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Einpflegung von Brief 148.
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<line tab="1"/>Mein Antheil war kein andrer als den jede edle Seele an dem Schicksal eines Frauenzimmers wie das
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nehmen mußte: Ein Teuffel müste ich seyn ruhig zuzusehen, daß sie unglücklich seyn soll</sidenote></p></letterText>
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<letterText letter="148"><align pos="right">Einige Stunden hinter Frankfurt nach Weymar.</align>
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<line tab="1"/>Lavater! mitten auf meinem Wege bekomm’ ich den Todesstreich, die Nachricht daß Fräulein v.
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Waldner Braut, ist mit einem <dul>Menschen</dul> der sie nicht <ul>verdient,</ul> nicht zu schätzen weiß, ohne <ul>Nerven</ul>
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für schön und <ul>gut,</ul> bloß eigennützig vielleicht unter der Maske der <ul>Liebe.</ul> Mein Schicksal ist nun
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<ul>bestimmt,</ul> ich bin dem Tode geweyhet, will aber rühmlich sterben daß weder meine Freunde noch der Himmel
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darüber erröthen soll. Aber sie – sie in den <dul>Armen eines andern</dul> und <dul>unglücklich</dul> – zu wissen das ist ein
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<dul>verdammender</dul> Gedanke. Strecke aus Deine Hand Knecht Gottes und rette nicht mich – sie – damit ich ruhig
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gehen kann <page index="2"/> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Stelle ihr vor, ich flehe Dich, welch ein Schritt, welch ein Schritt es sey den sie thut – von welchen
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Folgen für ihre ganze Ruhe – für ihren Charackter – für den Reitz selber der ihre große Seele jetzo
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von den Sklavenseelen des Unglaubens auszeichnet – für alle ihre Vollkommenheiten die sie auf immer
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aufopfert – Gott und wem? Sie ist für die Welt verloren wenn sie keinen Mann hat der sie zu schätzen
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weiß, sie ist vielleicht auch für die Zukunft verloren, der Schritt ist entscheidend, Lavater rette
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wenn Schönheit mit allen Eigenschaften der Seele vergesellschaftet je Anspruch auf Mitleiden und
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Enthusiasmus machten. Mit welcher Wollust sterben wollte ich <page index="3"/> wenn ich wenigstens wüste daß
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sie in dem Besitz eines Mannes wäre, der sein Glück zu fühlen zu schätzen, der sie durch seine innige
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Verehrung auf der Laufbahn zu erhalten wüste, auf der unsichtbare Engel sie geleitet – die jetzt
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vergeblich um sie zittern, sie von einem Irrwege abzuleiten der ihnen eine Schwester entreißt. Ach
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Lavater! wenn Du je eine edle That gethan hast, so ist es diese, ein Sterbender bittet Dich darum, ein
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Sterbender der Dir lieb war, dem Du Beurtheilung und Vernunft zutraust, selbst wenn er dem
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unerträglichen Gewicht seiner Schmerzen erliegt. Thu was Du kannst, und Du hast alles gethan –
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thust Dus nicht so wird Dichs reuen. – Ein Frauenzimmer von ihrem Stande, von ihrem Vermögen –
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<page index="4"/> von ihren in Strasburg ganz ganz verkannten höheren Vorzügen des Geistes kann und darf
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sich nicht übereilen, kann und <ul>muß wählen</ul> – Ach ich bin zu erschöpft von meiner Verzweiflung als daß
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ich mehr schreiben kann. Nur laß nicht merken daß <ul>ich es Dir gemeldet habe.</ul> Schreib ihr unmittelbar
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unter ihrer Adresse in Strasbg. Sie hat eine so weitläuftige Correspondenz daß sie Deinen Brief ohne
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Gefahr erhalten kann. <aq>(A Madame Madame de Waldner, Chanoinesse a Strasbourg)</aq> Nur wenn Du merken läßest
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daß ich dahinterstecke, so bin ich verloren. Red ihr als Geistlicher – als ihr Freund ans Herz –
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weiter nichts als daß Du sie auf die Wichtigkeit des Schritts aufmerksam machst – auf die Gefahren
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denen sie sich aussetzt einen Mann zu nehmen den sie nicht lieben kann, der sie nicht liebt wie
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sie es verdient. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich habe Deinen Abraham an die Prinzessin Louise mitgenommen. Wie glücklich wäre meine Reise wenn
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ich nicht die Hölle im Herzen trüge. Mit welchem Gesicht werde ich bei Hofe erscheinen! Herder kommt
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auch dahin, wird dort die Probepredigt halten. Goethens Eltern grüssen Dich zärtlich auch Merk. –
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Schick mir doch das Bild bald damit ich nicht untergehe. Durch Röder – lieber gerade. <line type="empty"/>
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Lenz <line type="empty"/>
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<sidenote pos="left" page="3" annotation="Am linken Rand, vertikal">
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ihr Bild oder ich sinke eh alles gethan ist.</sidenote></letterText>
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</document>
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</opus>
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="147">
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<date value="Darmstadt, Ende März 1776" />
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<sort value="1776-03-29" />
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<letterDesc letter="148">
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<date value="hinter Frankfurt, 1. April 1776" />
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<letterTradition letter="148">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 10
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