Einpflegung von Brief 64.

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GregorMichalski
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anzusehen seyn. Eine Gnade! Fragen Sie nie nach ihrem Namen; auch Göthen nicht. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ihr Bild, gnädige Frau! Hintergangene Hoffnung ist das größte Unglück. Und wer kann wissen, ob ich
lebendig wieder komme.
lebendig wieder komme.</letterText>
</letterText>
<letterText letter="64">D 28sten August
<line tab="1"/>Herder und es ward das Wort des Herrn zu mir es ist Herder Kein Mensch hat mir, Vater! etwas
Deiner Geschichte erzehlt gehabt itzt sieh in die Wolken aber Dich Dich ich schwörs bey dem der
oben herrscht, hab ich immer im Busen gehabt dabey wenn Herder lieben sollte, freyen sollte
müßts ihm so seyn. Und wie heilig wäre mir die Scene mit dem Baum wenn die Wünschelruthe des
Dichters historische Wahrheit entblößt haben sollte. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Nimm hier meinen Dank. Am meisten für <ul>die Belehrungen</ul>. Ach ich bin in einer fürchterlichen grausen
Einöde lange gewesen. Kein Laut überall edler Empfindung, die aus dem Herzen kommt, die nicht
Wiederhall ist. Und mit den Guten, die ich immer die Grossen nenne, durft ich mich noch nicht
anbinden. Kann auch, wenn das Gefühl meines Unwerths mich nun verliesse, nach meinem Beruf
nicht. Das wirst Du wohl einsehn grosser göttlicher der Männer. Ich webe und wühle unter den
elenden Hunden um was aus ihnen zu machen. Daß Aristophanes Seele nicht vergeblich in mich
gefahren sey, der ein Schwein und doch bieder war. Du sollst auch die erste <page index="2"/> Abschrift <ul>meiner</ul>
Wolken bekommen, über welche sich wohl das Blatt umkehren und ich von Sokrates vergiftet werden könnte. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Du hast meine Soldaten, ein Wörtlein Deines Gefühls darüber, zur Stärkung auf der langen
dreyjährigen einsamen Reise, die ich mit einem Juden machen werde. Das ist nach dem strengsten
Verstande wahrer Geschichte in den innersten Tieffen meiner Seele aufempfunden und geweissagt.
Aber so hoffe ich maskiert, daß das Urbild selber, (das nun kein Herder ist ) sich nimmer wieder
darin erkennen wird <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Was für Sümpfe habe ich noch zu durchwaten. <insertion pos="left">Wenn wird</insertion> Wenn wird die Zeit kommen da ich Dich
von Angesicht sehen werde Herr der Herrlichkeit in Deinen Erwählten. Ach so lange ausgeschlossen
unstet, einsam und unruhvoll. Den ausgestrekten Armen grauer Eltern all meinen lieben
geschwistern entrissen. Meinen <page index="3"/> edelsten Freunden ein Rätzel mir selbst ein Exempel der
Gerichte Gottes, der nie unrecht richtet und selbst wenn er züchtigt, mir einen Heraufblick zu
ihm erlaubt. Das hatte ich um Sokrates verdient. Bedaure mich Herder und liebe mich <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Wie kann ich Dich loslassen? Du der mir zum Trost in diese Einsamkeit herabgesandt worden, mir ein
paar Tropfen himmlischer Stärkung zu geben. Schick mir Dein Gesicht Deiner Frauen Gesicht Ach
wie ich meinen Menoza aus dem Innersten meines Schranks wieder hervorlangte und Gott dankte
denn ich war mutloß daß ich ihn geschrieben und er nicht erkannt worden war. Auch Fromme wenden
ihr Antlitz von mir dacht ich <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ich verabscheue die Scene nach der Hochzeitsnacht. Wie konnt ich Schwein sie auch mahlen. Ich der
stinkende Athem des Volks, der sich nie in eure Sphäre der Herrlichkeit zu erheben wagen darf.
Doch soll mirs ein Wink seyn. O ja auch ich werde mein Haupt aufheben. Daß Du im Coriolan eben
die Scene aufnimmst, die ich gestern der Königin übersetzt, über die ich seit drey Tagen brüte. <line type="empty"/>
<page index="4"/>
<line tab="1"/>Es ist als ob Coriolan bey jedem Wort daß er wieders Volk sagte, auf mich schimpfte und doch kann
ich ihn ganz fühlen und all seinen Grundsätzen entgegen handeln. <line type="empty"/>
<line tab="1"/><aq>worthy voices</aq> das Wort des Herrn das höchste Ziel alles meines Strebens ach <aq>worthy voices</aq> und
es waren doch Philister, aber der Gott hatte sie gezwungen. Sieh das, das mein Herder <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Laßt mich an euren Busen sinken, erste der Menschen, laßt mich von eurem Ambrosia schlürfen ach
sehn sehn eine Scene der Liebe wie sie mein Geist nicht ahnden konnte denn er hatte noch kein
Vorbild gesehn. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Jetzt ahnd ich sie besser aber schweige schweige bis zur grossen ehrenvollen Zeit da ich reden
werde zum Volk von den Edlen die unter ihm wandeln, die sein todtes Auge nicht sehen kann. Da ich
in ein himmlisches Band sie ziehn und ihm darstellen stille. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Niemanden was davon. Ich muß Dich und Dein Weib einmal sehn. O ich hab all ihre Briefe an ihre
Freundinn aufgehascht. Welche Jagd! Gott mache mich der Offenbarungen würdig. <line type="empty"/>
Ich werde nicht sterben sondern leben und des Herrn Werk verkündigen <line type="empty"/>
<align pos="right">J M R Lenz</align> <line type="empty"/>
<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand, vertikal">
Ich befehle Dir den ich anbethe daß Du mir Dein und Deiner Frau und Deines Sohns Gesicht schickest
denn <ul>ich brauche sie.</ul></sidenote></letterText>
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<date value="Straßburg, 28. August 1775" />
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 44/69, Bl. 12
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