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Einpflegung von Brief 331.
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Er wird Ihnen meine Adresse sagen, doch besser wärs, Sie schickten ihm Ihren Brief zu.</letterText>
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<letterText letter="331"><align pos="center">S. T.<line type="break"/>
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Hochgeschätzter Freund</align> <line type="empty"/>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Die Gelegenheit, die sich mir anbietet, Ihnen zu schreiben, ist mir zwiefach willkommen, theils um
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mich einer nur zu lang aufgeschobenen Pflicht zu entledigen; für die ich ausser der Ihnen zur
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Gewohnheit gewordenen Güte und Theilnehmung gegen Fremde, keine Entschuldigung weiß; theils
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um einen Freund aus Petersburg, der sich selbst am besten empfehlen wird, zum Zeugen und
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Theilnehmer an meiner Erkenntlichkeit zu machen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Herr Bause, Lehrer an der Petri-Schule <page index="2"/> möchte eine Reise nach Deutschland thun, um alle
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den Kakochymischen Spleen, der sich bei gleichförmigen Arbeiten, die in die Welt keinen Einfluß haben,
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anzusetzen pflegt abzulegen und mit erneuter Munterkeit und vermehrter Kraft seine Lautbahn wieder
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anzutreten. Der Hypochonder, der gewöhnliche Feind der Schullehrer, besonders, wo ausländische Verhältnisse
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sie drücken (ein Verdienst, daß die Philanthropine um unsere Schulen haben) wird, durch den Anblick des
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Vaterlandes vielleicht, durch die Unterhaltung mit würdigen und verdienstvollen Gelehrten und durch
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Verbindungen mit ihnen verschwinden. Alles Wissenswürdige und Schöne wird dazu beytragen, das ist es
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was ihn hauptsächlich nach <ul>Weymar</ul> – und auf meinen Rath an Sie <page index="3"/> führt. Sollten Sie noch einigen
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Zusammenhang mit Dessau haben, so werden Sie ihn und vielleicht mehrere Personen verbinden wenn Sie
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ihm ein Verhältniß mit den dasigen Lehrern befestigen helfen. Sie brauchen einen Mitarbeiter an ihr
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Erziehungsjournal, der gesammelte und bewährte Erfahrungen aus derselben Laufbahn, wiewohl von einem
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andern Klima her, zu der ihrigen gesellte. Ein Mann der in dieser Absicht zu ihnen reist giebt ihnen
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Ehre, indem er von ihnen Ehre annehmen will und mich dünkt, es wäre einmal Zeit, daß sich die Philanthropine,
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auch wegen ihres Kredits in Rußland – an die Schule anzuschließen anfiengen. Herr Bause wird hier
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allgemein geschätzt – und einem Mann seines Schlages würde der Professor Titel bey ihnen, unter dem er an
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unsrer Schule fort arbeitete, statt aller Honorarien <page index="4"/> seyn. Man trug mir einmal auf, Schriftsteller
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beißym Philanthropin zu werden; ich kann mich nicht besser rächen als durch Empfehlung eines Tüchtigern. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Dem Triumvirat in W. darf ich nicht bitten, mich zu empfehlen. Sie haben zu viel zu thun, um an mich zu
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denken. Auch wär’s ihnen zu verargen, wenn sie die Gunst des freundlichsten der Fürsten minder beschäftigte.
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Ihnen darum keinen Vorwurf gemacht, wenn Sie auch mir einige Ihrer Neuigkeiten mittheilen. Der den Vorzug
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hat von einer Nation zu seyn, die vielleicht in der Krise der unverdorbensten Originalität steht. Eine
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Nation bey der Werther, der mißverstandne Werther in 24 Stunden vielleicht mehr <ul>Verwüstungen</ul> anrichtet,
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als an den geschwätzigen Ufern des Rheins u. der Donau in soviel Jahren wo aber auch die stummen Scenen
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Ihrer Elfride auf eine Art ausgeführt und <ul>sentirt</ul> werden, von der Sie vielleicht (so grosse Hochachtung ich
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für manche lndividua Ihrer Gegend habe) sich bey dem Gros der dasigen Karaktere keine Vorstellung machen
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können. Mit dieser Achtung nenne mich, nach verbindlichstem Empfehl an Ihre lebende Elfride<line type="break"/>
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<align pos="right"Ihren<line type="break"/>
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ergebensten Fr. und Diener<line type="break"/>
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JMR Lenz></align> <line type="empty"/>
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St Peterbg. d. 6ten April 1780 <line type="empty"/>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/><sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand, vertikal">Wenn Sie meinen Freund Hartknoch sehen, so grüssen Sie ihn von mir und sagen Sie ihm, daß wenn er erst Gesundheit
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aus Ihren Gegenden geholt, sich ihm die weissen Bären die er sich vielleicht in unsern Gegenden hinsetzt, noch wol
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einmal auf eine Art entzaubern könnten, die ihn überführte, daß wahre Schätzung des Verdienstes nur im Vaterlande
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(das nicht immer <aq>native soil</aq> zu seyn braucht) möglich sey –</sidenote></letterText>
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@@ -4974,5 +4974,20 @@
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<letterDesc letter="331">
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<date value="St. Petersburg, 6. April 1780" />
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 06/1126, Bl. 1–2
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