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100-105
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@@ -1615,8 +1615,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<letterText letter="93"><page index="1"/><align pos="right">G. den 2. Jenner. 76.</align>
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<line tab="1"/>Mein erster Brief in diesem Jahre ist an Sie, liebster Lenz. Ich habe keinen Posttag versäumen wollen, Ihnen die Ankunft Ihrer Algierer zu melden und die versprochenen 4. Louisd’or zu schicken. Zwar hab’ ich noch keine Antwort von Seyler, aber ich bin gewiß, daß er mir für den Händel Dank wißen wird. Was ich sonst noch mit dem Stücke bey dem hiesigen oder Hamburger Theater erwuchern kann, sollen Sie ohne Verzug haben; alles mit dem gehörigen Anstand und Dekorum. Deshalb können Sie außer Sorge seyn. Übrigens seh’ ich aber nicht recht ein, warum wir Schriftsteller, da wir von dem Publikum überhaupt so wenig Belohnung zu hoffen haben, mit den Theaterdirektoren Komplimente machen oder vielmehr uns eines Händels schämen sollen, der in der ganzen Welt eingeführt ist. Doch wer hierunter Delikateße hat, muß geschonet werden. Goethe war vorige Woche hier; aber wie kurz! Er kam nach Mitternacht auf der Redoute an, brachte den folgenden Tag bey Hofe zu und reiste sodann mit der Weimarischen Herrschaft wieder zurück. Ich hab’ ihn in allem kaum eine Viertelstunde gesprochen. Er weiß noch nicht, wie lang er in Weymar bleiben wird, wo er den Günstling in bester Form und Ordnung spielt und den ihm eignen vertraulichen, nachlässigen, hingeworfnen Ton überall eingeführt hat. Ich muß ehestens hinüber, um mich selbst von dem Fuß zu über
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<page index="2"/>zeugen, auf welchem er mit Wiel. steht. Was man davon hier erzählt, ist nicht zum Vortheil des leztem.
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<line tab="1"/>Mein erster Brief in diesem Jahre ist an Sie, liebster Lenz. Ich habe keinen Posttag versäumen wollen, Ihnen die Ankunft Ihrer Algierer zu melden und die versprochenen 4. Louisd’or zu schicken. Zwar hab’ ich noch keine Antwort von Seyler, aber ich bin gewiß, daß er mir für den Händel Dank wißen wird. Was ich sonst noch mit dem Stücke bey dem hiesigen oder Hamburger Theater erwuchern kann, sollen Sie ohne Verzug haben; alles mit dem gehörigen Anstand und Dekorum. Deshalb können Sie außer Sorge seyn. Übrigens seh’ ich aber nicht recht ein, warum wir Schriftsteller, da wir von dem Publikum überhaupt so wenig Belohnung zu hoffen haben, mit den Theaterdirektoren Komplimente machen oder vielmehr uns eines Händels schämen sollen, der in der ganzen Welt eingeführt ist. Doch wer hierunter Delikateße hat, muß geschonet werden. Goethe war vorige Woche hier; aber wie kurz! Er kam nach Mitternacht auf der Redoute an, brachte den folgenden Tag bey Hofe zu und reiste sodann mit der Weimarischen Herrschaft wieder zurück. Ich hab’ ihn in allem kaum eine Viertelstunde gesprochen. Er weiß noch nicht, wie lang er in Weymar bleiben wird, wo er den Günstling in bester Form und Ordnung spielt und den ihm eignen vertraulichen, nachlässigen, hingeworfnen Ton überall eingeführt hat. Ich muß ehestens hinüber, um mich selbst von dem Fuß zu über-<page index="2"/>zeugen, auf welchem er mit Wiel. steht. Was man davon hier erzählt, ist nicht zum Vortheil des leztem.
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<line tab="1"/>Mein Urtheil über die Algierer? Noch kann ich nichts, als sie loben. Zum urtheilen muß ich erst ein wenig kälter werden. Wenn dieses Stück keine Würkung thut, so geb’ ich mich nie wieder mit theatralischer Nativitätstellung ab. Solch ein warmes, ungetheiltes Intereße! Solche gedrängte Handlung! Solche Einfalt in Gang und Sprache! – Mich dünkt ich höre schon Ekhof Alonzo. – Daß ich, durch Hülfe eines Mittlern Vorhangs die Akte zusammengerückt und aus fünf, 3. gemacht, auch ein paar Ausdrücke gelindert habe, werden Sie mir verzeihen. Und dann einen einzigen Einwurf. Pietro ist seinem Vater ungefähr in seinem zehnten, zwölften Jahr entrissen worden. Sollt’ er sich so sehr verändert haben, daß Alonzo nicht die geringste Spur von Ahnlichkeit mehr fände – und wenn das wäre, auch der Vater? – Pietro hört sich von seinem Vater nennen und sein Herr sollte diese bekannte Stimme nicht wieder erkennen?
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<line tab="1"/><ul>Meine</ul> theatralischen Sachen lohnen des Postgelds nicht, sonst schickt’ ich sie Ihnen mit Vergnügen; aber sobald sich eine Gelegenheit zeigt, solls geschehen. Das Beste darunter ist noch nicht gedruckt; der <ul>Jahrmarkt,</ul> eine Operette und <ul>Mariane,</ul> ein bürgerliches Trauerspiel, nach der Melanie des Ia Harpe, aber so umgearbeitet, daß ich es
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<page index="3"/>so gut mein nennen kann, als Racine seine aus dem Euripides gestohlnen Tragödien. Ich weiß selbst nicht, warum <insertion pos="top">ich</insertion> es noch nicht über mich gewinnen kann, nach eignem Plane zu arbeiten.
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@@ -1732,69 +1731,53 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break"/>á Cassel.</aq></address>
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<letterText letter="101">
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<letterText letter="101"><page index="1"/>
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<line tab="1"/>Lieber Bruder! ich bin in grausamer Beklemmung. Es ist die Frage ob ich v lieben darf. Sie ist diesen Morgen so mächtig in meinem Herzen worden daß sie mir das innere Leben meines Geistes anzugreiffen drohte. Ich fragte mich ist es nicht Eitelkeit, Eigennutz oder noch was schlimmers was in deinem Herzen dies unheilige Feuer angezündet hat – warum willst Du der ganzen Welt und allem was darinn auf Liebe Anspruch macht Unrecht thun. Die innenwendige Moralische Schraubenbewegung ward aufs höchste getrieben – ich lag auf der Folter. Gott der Gedanke in dem ich eben Trost meines Lebens fand – dieser einzige Gedanke Sünde. Etwas für sie zu thun – Du weißt daß dies noch das einzige war das mich an dies Leben band. Denn für andre glaub ich auch nach dem Tode wirken zu können.
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<line tab="1"/>Ich bin wieder hergestellt. Die Ungewißheit konnte nicht dauern und gottlob der unsre Seelen so eingerichtet hat. Einem Leiden von der Art wenn es anhielt wär auf der Welt nichts zu vergleichen und endliche Kräfte zu schwach dafür
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<page index="2"/>Ich bin nicht gehalten etwas zu lieben, das nicht einen mir fühlbaren Werth hat. Und das was ich bis auf den Grad meiner Geliebten lieben darf muß einen Werth haben, der sich auf mich bezieht. Sonst müst ich die ganze Welt heurathen. Ich bin also fest entschlossen meine heilige Grille sie mit keinem Geschöpf auszutauschen in den Sarg mitzunehmen – sag mir drüber was Du willst. Denn ihren Werth kann und wird sie hoffe ich nicht verlieren u. wohl mir wenn sie mich nie liebt als nach Beziehung des Meinigen auf sie.
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<line tab="1"/>Was ihr Werth in Beziehung auf mich ist? – Alles. Ich behalte keinen Werth übrig wenn ich den ihrigen zu lieben aufhöre. Meine Existenz ist vergeblich. Ich handelte für sie – sie allein ist und kann zuverlässige Richterin meiner Handlungen seyn und wer mein Verhältniß zu ihr versteht. Ob sie es seyn wird ist die Frage nicht.
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<letterText letter="102">Mein bester Lavater!
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<letterText letter="102"><page index="1"/><align pos="center">Mein bester Lavater!</align>
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<line tab="1"/>Eben habe ich ein paar Seiten in Deiner Gastpredigt gelesen Auch ich hoffe ich baue auf dem Grunde in welchem Jesus Christus der Eckstein ist. Alle Verschiedenheiten aber wird und muß Gott einigen.
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<line tab="1"/>Ich habe Lindau an mein Herz gedrückt. Er ist viel besser zurückgekommen als er hinreiste und sein Herz fühlt sehr sehr dankbar gegen Dich. Könnt ich Dir nur mehrere zur Kur zusenden –
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<line tab="1"/>Hier hast Du eine Layenepistel von Schlossern, hast Du einen ruhigen Augenblick so ließ sie und sag mir wie sie Dir gefallen hat. Ich muß sie wieder haben weil sie weiter geht.
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<line tab="1"/>Goethe hat mir ein Zettelgen aus Weimar geschrieben und ist sehr zufrieden mit Wielanden. Bindet mir auch ein, ich soll ihn ungeschoren lassen. – Er hat mich auf meinen Posten nicht hingestellt, und ich kann nicht wider meine <aq>Consigne</aq> handeln, was auch Freund und Feind dazu sagen mag. Soviel weiß ich aber daß Wiel. mein Freund werden wird wenn alles unter uns abgethan ist. Nur das letzte Wort darf ich ihn nicht behalten lassen, weil es nicht meine Sache ist die ich treibe. Sobald der Streit nur mich
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<page index="2"/>angeht, werd’ ich zu schweigen wissen. Das kannst Du allenfalls auch Wiel. selber sagen und ihm das Schwert gegen mich in die Hand weyhen. Nur schone er was heilig ist unter <ul>Göttern</ul> und <ul>Menschen,</ul> ich will nicht geschonet seyn.
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<line tab="1"/>Lavater! möchtest Du ein Bild in Deine Physiognomik, mit dem Du das Ideal weiblicher Vollkommenheit ausgedruckt bekommst. Von einem erhabenen Stande, durch persöhnliche Eigenschaften unendlich weit über denselben erhaben, die Gelassenheit, die Bescheidenheit, die Aquieszenz in alles was die ihr gewiß innig vertraute Gottheit über sie verhängt – mit allem Feuer des ungewöhnlichsten erhabensten Genies, den scharfen Blick durch das Innerste aller Sachen, das Eigentümliche, das unumstößlich Feste, das Weitumfassende aller ihrer Urtheile, die Kenntniß der Welt die sich nicht allein auf die Denkungsart der Grossen deren Herzen sie alle wie in Händen hat, sondern bis auf das Fassungs- und Empfindungsvermögen des Allergeringsten ausdehnt, so daß alle ihre Befehle und Aufträge
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<page index="3"/>an ihre Untergebenen aus den Wünschen derselben hervorgeholt scheinen, so daß sie eine Welt regieren könnte ohne daß sie es inne würde – alles dieses, alles alles – und mehr – willst Du sie – bethe –
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<line tab="1"/>Durch verborgene Wirkungen höherer Mächte muß sie dazu gebracht werden – denn es ist nicht falsche Bescheidenheit – es ist das zärteste Gefühl weiblicher Schüchternheit, das sie so gänzlich abgeneigt macht, irgend einem Menschlichen Anhalten ihren Schattenr<tl></tl> mitzutheilen. Gott welche Seele mahlt sich in dem Profile – welch ein Meisterstück von edler Erziehung unter den Grossen, mit alledem verbunden was ein unauslöschlicher Durst nach allem was vollkommen ist, was Kenntniß heißt und das Herz eröfnet, aus uns selber machen kann. Und denn alle die Hülfsmittel, die Constellation aller äußern Umstände – auf dem Lande gepflanzt, erzogen, an einem Hofe zur Reiffe gebracht und jetzt in seiner ganzen Liebenswürdigkeit vollendet um Tausend Elend und Einen zu einem Gott zu machen –
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<line tab="1"/>Verzeyh mir Lavater! die Romantische Sprache. lsts Idololatrie so kann sie mir Gott nicht zurechnen, es ist sein Geschöpf: sein Bild. In einem Jahr reis’ ich wohl nach Italien um alles das an den todten Werken der Kunst zu vergessen zu suchen. Noch ist mein Reisegefährt zu sehr an Strasbg. geheftet.
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<line tab="1"/>Vorher komm ich aber gewiß noch zu Dir und lasse mich heilen, weyhen und stärken Ob zu Leben oder Tod ist hier nicht nöthig zu fragen, Euripides sagt, vielleicht ist das Leben ein Tod und der Tod das Leben – Sey glücklich lieber Herzensforscher und antworte mir ob Du das Bild möchtest. Dein Glaube erzwingt Dirs gewiß. Immerweg und ewig Dein Lenz.</sidenote>
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<page index="4"/><address>Herrn Herrn Joh. Casp. <ul>Lavater</ul>
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<address>Herrn Herrn Joh. Casp. <ul>Lavater</ul>
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<line type="break"/>Pfarrer am Waysenhause <ul>zu Zürich.</ul>
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<line type="break"/>Durch einen Freund.</address>
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</letterText>
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<letterText letter="103">
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<letterText letter="103"><page index="1"/>
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<line tab="1"/>Hier haben Sie lieber Freund meine Aussöhnung mit Wielanden, die Sie sogleich Herrn Hellwing in Lemgo zuschicken werden, sie an die Wolken andrucken zu lassen. Sie ist zwar ein wenig Normännisch, wird aber wie ich hoffe zu seiner wahren Beruhigung mehr beytragen, als tausend leere Lobeserhebungen.
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<line tab="1"/>Die beyden Sachen gehören ganz nothwendig zusammen, eins steht und fällt mit dem andern und ich habe bloß <insertion pos="top">darum</insertion> damit bisher zurückgehalten um einige Nachrichten aus dem Publikum einzuziehen
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<line tab="1"/>Hier ist auch etwas von Schlossern für Ihre Sammlung das Ihnen gewiß Vergnügen machen wird. Sie dürfen das Geld dafür mit dem dem für dem ersten Mskpt. Sobald Sie es bequemlichst thun können, ihm unmittelbar nach Emmedingen zu schicken. Darüber aber ist er ein wenig empfindlich gewesen, daß Sie seinem ausdrüklichen Verbot zuwieder, seinen Namen bekannt gemacht und ihn so mit Wielanden über den Fuß spannen. Von diesem können Sie ihn immer als Verfasser nennen.
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<line tab="1"/>Aus unserer Gesellschaft die täglich anwächst, kann ich Ihnen mit der Zeit einige <ul>sehr artige</ul> Sachen mittheilen. Verschiedene Professoren unserer Akademie haben sich zu uns gethan von denen wir auch allerley hoffen. Herr Blessig schreibt hier an einem Strasburger Wochenblatt, <ul>der Bürgerfreund,</ul> das aber ganz und gar <ul>lokal</ul> ist. Auch ich schreibe hinein. Aber wie Sie sich wohl vorstellen können, alles <aq>ad captum</aq> unserer Leute. Indessen wollen wir hoffe ich andern Schriftstellern dadurch Feld bearbeiten. Leben Sie wohl u. antworten Ihrem
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<sidenote pos="left" page="1" annotation="am linken Rand der ersten Seite, vertikal">
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<line tab="1"/>Das Soliloquium des Wetterhahn könnte füglich wegbleiben. Es ist <ul>zu</ul> schmutzig. Sorgen Sie doch dafür bester! <ul>Wenigstens muß er in Kleidern</ul> am Tisch sitzen. es wäre mir <ul>aber sehr lieb</ul>wenns ganz wegbliebe. <aq>verte</aq></sidenote>
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<page index="2"/><align pos="right">Den 21sten Jenner</align>
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<line tab="1"/>Eben jetzt erhalte Nachrichten, daß Herr Leibarzt Zimmermann in Hannover bey jemand nachfragt, ob die Wolken von mir seyn. Sollte er sie gesehen haben?
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<line tab="1"/>Soeben läßt er mir durch seinen Sohn sagen, er habe ein Mskpt von mir in Händen, das er in Leipzig bey Reichen werde drucken lassen. – Sollten das etwa gar die Wolken selber seyn? – Es sey was es wolle so geben Sie mir Nachricht davon und wenn Sie etwa auf die Art der Freundschaft für Hn. Wieland eine Schmähschrift hätten unterdrücken wollen, <ul>die ihm soviel Ehre macht</ul> und mit der ich <ul>ganz andere</ul> Zwecke zu erreichen hoffe, als die Schriftstellerreputation eines Mannes herunterzusetzen von dessen wahrem Werth kein Mensch in Europa eine so anschauende und richtige Erkenntniß haben kann als ich – – so bedaure ich daß Sie meine wahren Absichten – meine Einsichten – und mein Herz – so mißkennet haben – und bitte mir beydes Pasquill – und Apologie – die wie gesagt beyde <ul>nothwendig</ul> waren, beyde ohneinander nicht <ul>bestehen konnten</ul> ungesäumtst wieder zurück. So ist eines der edelsten Anschläge meines Lebens über den Hauffen geworfen.
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<line tab="1"/>– Das Packet mit den 10 Dukaten habe erhalten und danke <insertion pos="top">sehr</insertion> für die schleunige und freundschaftliche Bezahlung. Aber wie gesagt ein Dolchstich von der Hand des Freundes wäre mir angenehmer als Hintertreibung <ul>guter und edler</ul> Absichten – unter dem Schein sie zu befödern
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<line tab="1"/>Doch wenn ich mich geirret habe so verzeyhen Sie! Oder sollte selbst im befürchteten Fall, Herr Leibarzt Zimmermann auch <ul>meiner Meynung</ul> <fn index="5"><anchor>#</anchor></fn> seyn – O welche Freude für einen Jüngling, die Stimme eines solchen Mannes gewonnen zu haben. – Sonst mach ich diesen ganzen Lärm nicht eben um der Männer willen; die über Lärmen dieser Art gewöhnlich hinauszuseyn pflegen. Wenn sie aber Söhne haben – Söhne in meinen Jahren – und in meinem Fall – Söhne für die ich alles das thue –
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<line type="break" /><fn index="5"><anchor>#</anchor></fn> und es ihm mit dem Druk in Leip. ein Ernst seyn
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<line type="break" /><align pos="right">Den 22sten</align>
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@@ -1803,33 +1786,25 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" /><align pos="center">Lenz</align>
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<line tab="1"/>Bester Freund wenn meine Furcht ungegründet ist, so verzeyhen Sie nochmals bitte ich, den Ausbrüchen meiner Leidenschaft. Mir ist an Endigung dieser Sache und an Aufklärung des Publikums über meine Gesinnungen und Handlungen gegen Wiel. alles alles gelegen. Um dieses Schrittes willen – that ich all meine bisherigen Schritte – dieser Schritt entscheidet von allen meinen künftigen. Ich kenne mein Publikum, ich habe es vorbereitet – ich habe die ganze Wirkung berechnet die das thun <ul>kann</ul> – thun soll und muß – und wenn nun am Ende der Unternehmug – – sich mir der Freund entgegen stellte und <ul>unter dem Schein</ul> mir zum Ziele zu helfen – ich kann den Gedanken nicht aushalten – entreissen Sie mich dieser gewaltsamen Gemüthsverfassung durch die geschwindigste Zurücksendung des unglücklichen Mansukripts das sodann freilich nicht in Freundshände hätte fallen sollen.
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<line type="break" />Viel lieber hätte ich Wiel. selber zugeschickt. Beruhigen Sie mich, ich beschwöre Sie
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand, vertikal"> Von Blessig und andern nächstens</sidenote>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand der vierten Seite, vertikal">Von Blessig und andern nächstens</sidenote>
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</letterText>
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<letterText letter="104">
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<line tab="1"/>Liebster Lenz, Dank für Deine Herzens Brief, Deine Herzenssachen. Nur dieß: wie kann ich den Schatten verlangen? vielleicht, wenn Du mir die Person nennest – kann ich, darf ich an sie schreiben? Sag mir, was Du willst u: kannst. Dein Petrarch ist endlich fertig. Aber hinten am <ul>Bücher Catalog,</ul> ist zum toll lachen.
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Friz <ul>Stollberg</ul> (Porträte von beyden bekommst Du durch Emmerich!) ist Cammerherr in Weymar. Bravissimo. Wann kommst Du? Du – u: Zimmermann. Schloßers Epistel herrlich, göttlich … aber nicht ganz. Muß alles ungöttliche weg. Solche Sachen halb, sind sehr schädlich. Soviel dießmal. Adieü. Paßavant ist wol u: brav, und ich ein zertretner Wurm –
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<line type="break" />D 24. Jan: 76.
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<line type="empty" />
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<line type="break" />J. C. L.
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<line type="break" /><align pos="right">D 24. Jan: 76.
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<line type="break" />J. C. L.</align>
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</letterText>
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<letterText letter="105">
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<letterText letter="105"><page index="1"/>
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<line tab="1"/>Fast sollte selbst das Äusserliche dieses Briefes Ihnen das unterscheidende und wenn mein Blick nicht ganz trügt nicht eben Ihnen unangenehme meines Karackters vor Ihre Augen bringen. Der innigsten Verehrung der Schönheit und ihrer Priester fähig zwingt mich eben diese Leidenschaft die ich für sie trage und die im eigentlichsten Verstande die Leidenschaft des Liebhabers heissen kann eine meinem Gesicht wiedersprechende Maske, die Maske des kalten Philosophen vielleicht wohl gar des unorganisirten vorzunehmen um den zufälligen Schaden der durch zu grosse Sonnenhitze entsteht unwirksam zu machen um Ihnen m H. meine mir heilige Pflanzen den Boden zu säubern und einem neben dem andern Platz zu machen. Sie kennen sich zu sehr und Ihr Publikum zu wenig als daß Sie dieses Geschäft selber übernehmen könnten wenn jemand dazu tüchtig seyn konnte mußte ich es seyn dessen eigene kauderwelsche Gestalt ihn von aller Partheylichkeit und Eigennutz freyspricht. Glücklich möcht ich mein Vaterland gern sehen, glücklich durch Sie und Ihres gleichen – weh Ihnen wenn Sie das nicht auch wollen. Nur lassen Sie der Sie der Imagination alles absprechen sich nicht durch Ihre eigene zu schön gestimmte verleiten Gedichte die entzücken für Wahrheit zu halten, die nur wie sorgfältige Eltern mit Ernst und Strenge langsam und unmerklich beglücken kann und deren Dank nicht in dem Beyfall ihrer Zeitgenossen sondern im Beyfall ihres eignen Herzens liegt. Geben Sie uns den Dichter W. wieder den wir durch unglückliche äussere Verhältnisse vielleicht des Alters und einiger Ihrer Zeitgenossen verloren zu haben schienen und lassen Sie denen Philosophen die Sie zu schätzen und zu fühlen wissen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn sie gleich oft die Leute für die keine andere Kur da ist lehren müssen
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<page index="2"/>auf allen Vieren zu gehen. Eben diese sind es die Ihnen Ihr Publikum machen und Sie sollten durch Ihre lucianische Gabe zu spotten nicht den Undank gegen sie soweit treiben daß er Ihnen am Ende selbst gefährlich wird. Einem Nervengebäu das nicht gespannt ist kann Cramer und Lolli Jahrhunderte lang vorgeigen. Das ist eine Frage ob ein heutiger Orfeus sich nicht lieber Höllenhunde und Furien zu Zuhörern wünschen wollte. Sie also der Sie soviel kaltes Blut haben, sehen Sie also einmal Ihren eigenen Werth und Ihr eigenes Interesse mit kaltem Blut an, setzen Sie sich in unsern Gesichtspunkt und fragen Sie nun nicht als Künstler sondern als Kunstliebhaber Ihr eigen Herz ob Sie nöthig haben zu Ihren aufgestellten Gemählden
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<line type="empty" />
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<line type="break" /><align pos="right"><aq>ultro emptorem adducere Pl. Poen.</aq></align>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen auff<note>fegen</note>assen nicht aber zu ihrem eigenen und der Kunst und des <dul>Geschmacks</dul> Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden
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<line type="empty" />
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<line type="break" />Ihr Freund und Diener
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<line type="break" /><align pos="right">Ihr Freund und Diener</align>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Daß das was ich Ihnen hier sage nicht blosse Prahlerey sond. schon vollführte Handlungen sind, werden Sie nun bald öffentlich erfahren. Und sollen es inskünftige noch besser erfahren wenn –
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</letterText>
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@@ -491,7 +491,7 @@
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</received>
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<isDraft value="true" />
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="33">
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@@ -1507,7 +1507,7 @@
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</received>
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="100">
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@@ -608,7 +608,7 @@
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<letterTradition letter="93">
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<app ref="4">
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 14
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 14.
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</app>
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</letterTradition>
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@@ -658,37 +658,37 @@
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<letterTradition letter="101">
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<app ref="4">
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Tallinn, Eesti Ajaloomuuseum, Fondi 61, Nimistu 1, S/Ü 17, Bl. 85
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Tallinn, Eesti Ajaloomuuseum, Fondi 61, Nimistu 1, S/Ü 17, Bl. 85.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="102">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 7
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 7. Die beilegte „Laienepistel“ von Schlosser hatte Lenz am 2. Januar 1776 in der Straßburger Deutschen Gesellschaft vorgelesen.
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<letterTradition letter="103">
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<app ref="4">
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Biberach, Wieland-Museum, Nr. 1002
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Biberach, Wieland-Museum, Nr. 1002. Bei der beigelegten „Aussöhnung“ handelt es sich um die „Verteidigung der Wolken“.
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<letterTradition letter="104">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 23, zg. Abschrift
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Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 23, zg. Abschrift.
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="105">
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<app ref="4">
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 21
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 21. Nicht abgesandter Entwurf.
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="106">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 594.12 (1), Exzerptheft von Lavaters Hand
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Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 594.12 (1), Exzerptheft von Lavaters Hand.
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