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OPUS.md
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OPUS.md
@@ -180,7 +180,7 @@ gr Text in griechischen Buchstaben
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hand Text fremder Hand
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hand[@ref] Verweis auf opus/definitions/handDefs/handDef[@index]
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hb Text in hebräischen Buchstaben
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insertion Von Hamann nachträglich eingefügt (transkribierte Originale)
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insertion nachträglich eingefügt (transkribierte Originale)
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note Anmerkung der Editor:innen
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nr Unentziffert
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sub Tiefgestellter Text
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briefe.xml
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briefe.xml
@@ -113,13 +113,13 @@ a l’eglise de St. Jean </aq>
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<letterText letter="4">
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<align pos="center">Verehrungswürdigster Herr Papa! </align "center">
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<align pos="center">Verehrungswürdigster Herr Papa!</align "center">
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Ich weiß nicht, ob der Bruder bey seinen Amtsgeschäften, Catechisiren etc. Zeit haben wird, an Sie zu schreiben: ich nehme mir also die Freyheit, Ihnen abermals von dem was uns angeht, gehorsamst Nachricht zu geben. Der Bruder ist wie gesagt, sehr beschäftigt, befindet sich aber bey seinen Arbeiten noch immer Gottlob! recht gesund und vergnügt. Auch mir bekommt meine Kur recht gut und außer der kleinen Unbequemlichkeit, die mir der <aq>Diät</aq>, das Warmhalten, das Laxieren u. dgl. <page index="2" />machen, bin ich hier so vergnügt, wie man es in der Einsamkeit sein kann. Ich lese, oder schreibe, oder studire, oder tapeziere oder purgiere, nachdem es die Noth erfodert. Uebrigens hoffen und wünschen wir beyde von ganzem Herzen, daß dieser Brief sowohl Sie, als meine hochzuehrende Frau Mamma recht gesund, vergnügt und zufrieden antreffen möge.
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Doch! eine Bitte, gütigster Herr Papa! zu der mich die Noth und Dero väterliche Gewogenheit berechtigen. Ich habe bey der neulichen Herreise empfunden, wie wenig ein bloßer Roquelor bey Reisen in kühler und windiger Witterung vorschlage. Ich kann mir also leicht vorstellen, wie es anziehen muß, wenn man im Winter im bloßen Mantelrock reiset. Ich weiß wirklich nicht, wie ich einmal nach Derpt zurückkommen oder falls des Bruders Hochzeit im Janauar seyn sollte, zu der er mit seiner Equipage mich mitnehmen will, wie ich die Reise dorthin werde thun können. Ueberdem ist mir ein Pelz allezeit nöthig: ich nehme mir also die Freyheit, Sie ganz gehorsamst zu bitten, ob sie mir nicht könnten für 3 Rubel das Futter dazu, nämlich einen Sak ˕schwarzen˕ Schmaßchen aus den Russischen Buden ausnehmen lassen. Das Oberzeug darf nur Etemin seyn: und da Sie in dieser Zeit sich <page index="3" />ohnedem ausgegeben haben, ˕so˕ daß ich mich billig gescheut haben würde, mir von Denenseiben was gehorsamst auszubitten, wenn mich nicht die Noth zwänge: so könnte es ja solange in Peukers Bude auf Conto gesetzt werden, bis es Ihnen weniger beschwerlich fiele, das Geld dafür zu bezahlen. Ich überlasse dies übrigens ganz Ihrer eigenen gütigen Disposition und werde mich auch alsdenn zufrieden geben, wenn die Umstände es für diesmal nicht erlauben sollten.
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Doch! eine Bitte, gütigster Herr Papa! zu der mich die Noth und Dero väterliche Gewogenheit berechtigen. Ich habe bey der neulichen Herreise empfunden, wie wenig ein bloßer Roquelor bey Reisen in kühler und windiger Witterung vorschlage. Ich kann mir also leicht vorstellen, wie es anziehen muß, wenn man im Winter im bloßen Mantelrock reiset. Ich weiß wirklich nicht, wie ich einmal nach Derpt zurückkommen oder falls des Bruders Hochzeit im Janauar seyn sollte, zu der er mit seiner Equipage mich mitnehmen will, wie ich die Reise dorthin werde thun können. Ueberdem ist mir ein Pelz allezeit nöthig: ich nehme mir also die Freyheit, Sie ganz gehorsamst zu bitten, ob sie mir nicht könnten für 3 Rubel das Futter dazu, nämlich einen Sak <insertion>˕schwarzen˕</insertion> Schmaßchen aus den Russischen Buden ausnehmen lassen. Das Oberzeug darf nur Etemin seyn: und da Sie in dieser Zeit sich <page index="3" />ohnedem ausgegeben haben, <insertion>˕so˕</insertion> daß ich mich billig gescheut haben würde, mir von Denenseiben was gehorsamst auszubitten, wenn mich nicht die Noth zwänge: so könnte es ja solange in Peukers Bude auf Conto gesetzt werden, bis es Ihnen weniger beschwerlich fiele, das Geld dafür zu bezahlen. Ich überlasse dies übrigens ganz Ihrer eigenen gütigen Disposition und werde mich auch alsdenn zufrieden geben, wenn die Umstände es für diesmal nicht erlauben sollten.
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<line tab="1" />
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Uebrigens küsse ich Ihnen und meiner besten Mamma ganz gehorsamst die Hand und bin nach 1000 Grüßen an allen meine Geschwister und nach gehorsamen Empfehl an die Frau Obristin Albedille nebst Ihrem ganzen würdigsten Hause, an den Herrn Pastor Oldekopp und alle übrige Gönner und Freunde
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<align pos="right">Meines verehrungswürdigsten Herrn Papas</align "right">
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@@ -133,14 +133,13 @@ P. S. Der Bruder läßt sich nochmals gehorsamst entschuldigen, daß er diesmal
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<note> < Friedrich David Lenz’ Hand > </note>
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<hand>P. S. Theurester Papa. Diesen Augenblick komme von der Catechesation. Von 8 Uhr heute Morgen bis 4 Uhr Nachmittag habe ich in der Kälte zugebracht, und bin vom Frost und Ungestüm so durchgenommen, daß ich kaum die Fingern rühren kann. Ich bin sonst Gottlob gesund, und werde mich innigst freuen, wenn Sie und meine geliebteste Frau Mama es auch sind. Sie haben doch meiner gehorsamsten Bitte gemäß schon nach Reval an meine Schwieger-Eltern geschrieben, und für mich eine Vorbitte in puncto der Hochzeit im Januario eingelegt? 100000 Grüße und Küße an ˕Sie beyde verehrungswürdigten˕ alle Geschwister Freunde und Gönner von Ihrem gehorsamsten Sohn. F. D. Lenz. Mit steifen Fingern </hand>
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<hand ref="3">P. S. Theurester Papa. Diesen Augenblick komme von der Catechesation. Von 8 Uhr heute Morgen bis 4 Uhr Nachmittag habe ich in der Kälte zugebracht, und bin vom Frost und Ungestüm so durchgenommen, daß ich kaum die Fingern rühren kann. Ich bin sonst Gottlob gesund, und werde mich innigst freuen, wenn Sie und meine geliebteste Frau Mama es auch sind. Sie haben doch meiner gehorsamsten Bitte gemäß schon nach Reval an meine Schwieger-Eltern geschrieben, und für mich eine Vorbitte in puncto der Hochzeit im Januario eingelegt? 100000 Grüße und Küße an <insertion>˕Sie beyde verehrungswürdigten˕</insertion> alle Geschwister Freunde und Gönner von Ihrem gehorsamsten Sohn. F. D. Lenz. Mit steifen Fingern </hand ref="3">
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</letterText>
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<letterText letter="5">
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<align pos="center">Mein liebstes junges Paar! </align "center">
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<align pos="center">Mein liebstes junges Paar!</align "center">
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@@ -161,33 +160,33 @@ Oder besser: ich wünsche auch, daß Sie möchten zu einer glüklichen Stunde ge
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Oder dito feiner: Wünsche auch, daß der barmherziger Gott verleihen wolle einen kräftigen Geist des <aq>Danielis</aq> und wenn es sollte dermaleinst zum Jahre des Nestors kommen, dieselben; Sie gehen nimmer aus meinem Gemüthe weg. Anbey wünsche auch daß in künftiger Zeit benebenst guter Gesundheit dermaleinst mancher kleiner Herr Söhnlein um die Eltern wimmeln mag, benebst den Oelpflänzlein um dero Tisch, sie grünen und blühen. Abkürze hier meine Gratulation, dieweile der drange Raum mich verweigert, hierüber weiter herauszulassen.
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Ernsthaft zu reden so ist es Schade, daß wir an diesem Tage nicht hier zusammen vergnügt sein konnten. Doch ich bin jetzt im Geist auf Tarwast und schwatze Ihnen was vor, dann werde ich ganz ernsthaft und wünsche Ihnen beyden so viele und so angenehme Geburtstage, als Sie sich selbst wünschen, und soviel Vergnügen, als Ihnen die ersten Umarmungen in Reval gaben, an dem heutigen Tage.
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<align pos="right">Es sey euch dieser Tag an tausend Zärtlichkeiten
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An tausend sanften Freuden reich.
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Es sey euch dieser Tag an tausend Zärtlichkeiten<line tab="5" />
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An tausend sanften Freuden reich.<line tab="5" />
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Mit Küssen grüßet ihn: spielt ihm auf sanften Sayten
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Ein zärtlich Lied und unter Zärtlichkeiten
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Verfließ er euch!
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Dies ist der Tag, müß jetzt Ihr Fritzchen sagen,
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Der Dich mir gab, mein Leben, meine Lust.
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Für mich hat unter ihrer Brust
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Die beste Mutter Dich getragen.
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Für mich hat Deinen ersten Tagen
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Gott jene teure Pflegerin geschenkt
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Die zärtlicher, als hundert Mütter denkt
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Und deren Abschied noch Dich kränkt.
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Für mich wuchs Deine holde Jugend
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Wie Frühlingsrosen auf: und Zärtlichkeit und Tugend
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Keimt’ damals schon für mich in Deiner Brust empor.
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<line tab="1" />Dann müß auch sie mit sanften Küssen sagen:
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Geliebter, ja, ich bin nur da für Dich.
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Für Dich fing dies Herz an zu schlagen
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Und ewig schlägt es nur für Dich.
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<line tab="1" />So sey euch dieser Tag an unschuldsvollen Freuden,
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So sey er euch an Liebe reich.
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Wie mancher Hagstolz muß euch eure Lust beneiden,
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Wie manches Ehepaar wünscht heimlich eure Freuden!
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Werd ich einst auch ein Mann, will ich euch nicht beneiden:
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Allein zum Muster nehm ich euch.</align pos="right">
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Mit Küssen grüßet ihn: spielt ihm auf sanften Sayten<line tab="5" />
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Ein zärtlich Lied und unter Zärtlichkeiten<line tab="5" />
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Verfließ er euch!<line tab="5" />
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Dies ist der Tag, müß jetzt Ihr Fritzchen sagen,<line tab="5" />
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Der Dich mir gab, mein Leben, meine Lust.<line tab="5" />
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Für mich hat unter ihrer Brust<line tab="5" />
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Die beste Mutter Dich getragen.<line tab="5" />
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Für mich hat Deinen ersten Tagen<line tab="5" />
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Gott jene teure Pflegerin geschenkt<line tab="5" />
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Die zärtlicher, als hundert Mütter denkt<line tab="5" />
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Und deren Abschied noch Dich kränkt.<line tab="5" />
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Für mich wuchs Deine holde Jugend<line tab="5" />
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Wie Frühlingsrosen auf: und Zärtlichkeit und Tugend<line tab="5" />
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Keimt’ damals schon für mich in Deiner Brust empor.<line tab="5" />
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<line tab="1" />Dann müß auch sie mit sanften Küssen sagen:<line tab="5" />
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Geliebter, ja, ich bin nur da für Dich.<line tab="5" />
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Für Dich fing dies Herz an zu schlagen<line tab="5" />
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Und ewig schlägt es nur für Dich.<line tab="5" />
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<line tab="1" />So sey euch dieser Tag an unschuldsvollen Freuden,<line tab="5" />
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So sey er euch an Liebe reich.<line tab="5" />
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Wie mancher Hagstolz muß euch eure Lust beneiden,<line tab="5" />
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Wie manches Ehepaar wünscht heimlich eure Freuden!<line tab="5" />
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Werd ich einst auch ein Mann, will ich euch nicht beneiden:<line tab="5" />
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Allein zum Muster nehm ich euch.<line tab="5" />
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Neuigkeiten! <aq>Madem. Smoljan</aq> und die Majorin Graß sind weggereist. Die Oldekoppin ist recht böse auf Dich, lieber Bruder, und auf Deine junge Frau, daß ihr nicht bey ihr gewesen seyd. –
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@@ -195,7 +194,7 @@ Neuigkeiten! <aq>Madem. Smoljan</aq> und die Majorin Graß sind weggereist. Die
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Papa und Mama, die sich Gottlob! noch erträglich befinden, Moritz und seine Frau, die vielleicht selbst auch schreiben werden, Lieschen, Christian und die kleinen Geschwister, alle Freunde besonders die Frau Obristin und die Fräuleins grüßen und küssen 1000mal Fräu- und Männlein. Auch wird die alte Jungfer begrüßt. Leben Sie gesund und vergnügt mein liebstes Paar! und behalten Sie immer lieb
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<note> < Albedylls Hand > </note>
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<hand>Ihres Herrn Bruders seine grüsse von mich sind zu kalt, hier folgen die zärtlichsten die aufrichtigsten die feurigsten von mich und meiner Tochter, von meiner eigenen Hand. <ul><aq>Albedyll</aq></ul></hand>
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<hand ref="7">Ihres Herrn Bruders seine grüsse von mich sind zu kalt, hier folgen die zärtlichsten die aufrichtigsten die feurigsten von mich und meiner Tochter, von meiner eigenen Hand. <ul><aq>Albedyll</aq></ul></hand ref="7">
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zärtlichsten Bruder <line type="break" />
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@@ -203,7 +202,7 @@ Jacob Michael Reinhold Lenz<line type="break" />
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Am Geburtstage 1768. <line type="break" />
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P.S. Wenn Du, liebster Bruder! einige <aq>Exemplare</aq> von ˕den˕ hochzeitlichen Gedichten hast, so schicke sie mir doch, ich habe kein einziges. Onkel Kellner vergaß auch uns welche mitzugeben. Die <aq>Capit. Sege</aq> und die Lieutnantin Brandt von Fetenhof und die Majorin Toll von Wissus haben junge Söhne. Die alte Oldenkoppin ist ziemlich krank. Heut hat H. Rektor für Reichenberg gepredigt. <aq>Adieu!</aq> Dieses am Sonntage.
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P.S. Wenn Du, liebster Bruder! einige <aq>Exemplare</aq> von <insertion>˕den˕</insertion> hochzeitlichen Gedichten hast, so schicke sie mir doch, ich habe kein einziges. Onkel Kellner vergaß auch uns welche mitzugeben. Die <aq>Capit. Sege</aq> und die Lieutnantin Brandt von Fetenhof und die Majorin Toll von Wissus haben junge Söhne. Die alte Oldenkoppin ist ziemlich krank. Heut hat H. Rektor für Reichenberg gepredigt. <aq>Adieu!</aq> Dieses am Sonntage.
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