Einpflegung von Brief 326.

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GregorMichalski
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<ul>Dorpat</ul></aq></letterText> <ul>Dorpat</ul></aq></letterText>
<letterText letter="326"><align pos="right">St. Petersb. d. 27sten Merz</align><line type="empty"/>
<line tab="1"/>Mein schätzbarster Freund! Ich weiß diesen Brief nicht besser an Ihre Demoiselle Schwester gelangen
zu lassen, als durch Ihre Hand und bediene mich der Gelegenheit, so vielleicht die ersten und besten
Nachrichten von Ihrem allerseitigen Wohlbefinden zu erhalten. Ich hatte vor meiner Abreise ein Abschieds-
und Danksagungsschreiben an Ihre Mad. Schwester und zugleich an Ihr ganzes verehrungswürdiges Haus
aufgesetzt, da ich aber eben aus einer schweren Leibes- und Gemüthskrankheit, von der Sie vielleicht gehört
haben, genesen war, so mußte ich aus den Folgen schließen, daß Sie dasselbe nicht erhalten. Das ist die
Ursache, warum ich eine mir so angenehme Schuld itzt nachhole. Ich habe viel ausgestanden in der Krankheit
und auf der Reise, mein Körper und meine Munterkeit haben dadurch gelitten, das einzige was mir geblieben
ist die Erinnerung und das Gefühl für alle Freundschaft und Güte, die mir bey meiner Entfernung vom
Vaterlande wiederfahren. Ich wünschte nicht, daß Sie in ähnliche Situationen geriethen; so sehr ich von
Herzen wünschte, Ihnen worin dienen zu können. Ich erinnere mich von Ihrem Herrn Vater gehört zu haben,
daß Sie eine der deutschen Universitäten besuchen wollten. Sagen Sie mir welche es seyn wird; vielleicht
hab ich dort einige Bekanntschaft. Sollte Sie aber einmal mehr als Neugier, sollten merkliche Aussichten
Sie in unsere Gegenden herüberführen, so seyn Sie versichert, daß ich alles anwenden werde, was in meinem
Vörmögen ist, Sie meiner unveränderlichen Hochachtung und Erkenntlichkeit für Ihre ganze würdige Familie
zu überführen. Wahr ist es daß der Schwürigkeiten befördert zu werden, hier mehr sind als anderwärts,
Schwürigkeiten die ich als Einheimischer bis zur Aufgebung aller Hofnung erfahre und die einem Fremden
doppelt auffallen müssen. Eine Menge Leute von Talenten, die von allen Orten her hier zusammenfliessen und
durch Connexionen und Cabale jedem Unerfahrnem den Weg verbauen, ein hartes Klima, eine höchst theure
Lebensart, fremde Sprache und Sitten und eine Art von Zusammenverschwörung gegen den, der die beyden letztern
nicht kennt tausend Ungemächlichkeiten, die mich die eine Reise zu Land und Wasser von einigen 700 Stunden
bald vergessen machten. Alsdann der Pöbel und das Gesinde in einer grossen Stadt, der zu tausend Ausschweifungen
vertritt, und der Arbeit ungewohnt, wegen Diebereien und oft den grausamsten Verbrechen, eine Art von Feind
ist gegen den man beständig zu Felde liegt kurz alles alles lieber Freund was sich besser denken als sagen
läßt, machen die Versorgung hier unaussprechlich schwerer als anderwärts, so wie vielleicht kein Ort ist wo
man so leicht und so glänzende Hofnungen gibt, die das Unheil nur grösser machen. Nein mein Freund! wahres
Verdienst, Tugend und Wissenschaft müssen besondere Wege finden sich geltend zu machen an einem Ort, wo jeder
durch die seltsamsten Schicksale hergeworfene und verschmitzt gewordene Fremde sich das Ansehen von Verdienst
und Tugend zu geben weiß kurzum, wo man Gott dankt, daß man Othem holt. Es ist wahr daß die höchste
Monarchin und verschiedene Grosse hier einen unbestechlichen Sinn für wahren Werth haben aber der Weg zu
ihnen wird einen bis von den geringsten Personen auf eine solche Art verrammelt, daß eine Lebenszeit daraufgeht,
eh Glück oder Zufall ihn eröfnen. Dies muß ich Ihnen schreiben, weil eine gewisse Meynung die auswärts noch
von vorigen Zeiten herrscht, als Verdienste seltner waren, einen Fremden leicht verführen kann, sich die Sachen
bey weitem anders vorzustellen, als sie sind; eine Meynung, die tausend Unheil anrichten kann. Ich bin noch nicht
befördert und weiß noch nicht ob Petersburg oder Schweden mir nur den nothdürftigsten Unterhalt geben wird, den
man oft mit den glänzendsten Namen bezeichnet <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Empfehlen Sie mich Ihren <aq>Mlls.</aq> Cousinen und sagen Ihnen, daß ich keinen von Ihren und meinen Freunden in Curland
gesprochen, da meine Reise zu Wasser gieng. Von denen Herrn v. Kleist habe gehört, daß sie sich in Curland verheurathet:
von Herrn v. Medern weiß ich nichts zu sagen. In Kurland wenn man Bekannte unter dem Adel hat, giebts noch eher
Aussichten als hier, wo die ganze Welt möcht ich sagen sich zusammendrängt. Doch werden Sie selbst leicht errathen,
warum ich meine Verbindungen dort mit Fleiß abgebrochen, da sie von keiner Dauer seyn konnten. Für einen Fremden,
besonders für einen Juristen könnten sie es eher seyn, auch für Theologen, die die Landessprache lernen. Haben Sie
mir keine Nachricht von Herrn Ott zu geben? Der Minister bey dem er <aq>engagirt</aq> war ist jetzt in Moskau. Empfehlen Sie
mich Dero sämtlichen Angehörigen und lieben unaufhörlich <line type="empty"/>
<align pos="right">Ihren ergebensten Freund <line type="empty"/>
JMR. Lenz.</align> <line type="empty"/>
Dem Herrn Cousin, Herrn Amtmann Schöll meine verbindlichste Empfehlung</letterText>
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<date value="St. Petersburg, 27. März 1780" />
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FSt II 149151 (Der Brief erreicht Christian Brion nicht)
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