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Translateur du College des Affaires Etrangers – Maitre des Postes.
+ St. Petersb. d. 27sten Merz
+
+ Mein schätzbarster Freund! Ich weiß diesen Brief nicht besser an Ihre Demoiselle Schwester gelangen
+ zu lassen, als durch Ihre Hand und bediene mich der Gelegenheit, so vielleicht die ersten und besten
+ Nachrichten von Ihrem allerseitigen Wohlbefinden zu erhalten. Ich hatte vor meiner Abreise ein Abschieds-
+ und Danksagungsschreiben an Ihre Mad. Schwester und zugleich an Ihr ganzes verehrungswürdiges Haus
+ aufgesetzt, da ich aber eben aus einer schweren Leibes- und Gemüthskrankheit, von der Sie vielleicht gehört
+ haben, genesen war, so mußte ich aus den Folgen schließen, daß Sie dasselbe nicht erhalten. Das ist die
+ Ursache, warum ich eine mir so angenehme Schuld itzt nachhole. Ich habe viel ausgestanden in der Krankheit
+ und auf der Reise, mein Körper und meine Munterkeit haben dadurch gelitten, das einzige was mir geblieben
+ ist die Erinnerung und das Gefühl für alle Freundschaft und Güte, die mir bey meiner Entfernung vom
+ Vaterlande wiederfahren. Ich wünschte nicht, daß Sie in ähnliche Situationen geriethen; so sehr ich von
+ Herzen wünschte, Ihnen worin dienen zu können. Ich erinnere mich von Ihrem Herrn Vater gehört zu haben,
+ daß Sie eine der deutschen Universitäten besuchen wollten. Sagen Sie mir welche es seyn wird; vielleicht
+ hab ich dort einige Bekanntschaft. Sollte Sie aber einmal mehr als Neugier, sollten merkliche Aussichten
+ Sie in unsere Gegenden herüberführen, so seyn Sie versichert, daß ich alles anwenden werde, was in meinem
+ Vörmögen ist, Sie meiner unveränderlichen Hochachtung und Erkenntlichkeit für Ihre ganze würdige Familie
+ zu überführen. Wahr ist es daß der Schwürigkeiten befördert zu werden, hier mehr sind als anderwärts,
+ Schwürigkeiten die ich als Einheimischer bis zur Aufgebung aller Hofnung erfahre und die einem Fremden
+ doppelt auffallen müssen. Eine Menge Leute von Talenten, die von allen Orten her hier zusammenfliessen und
+ durch Connexionen und Cabale jedem Unerfahrnem den Weg verbauen, ein hartes Klima, eine höchst theure
+ Lebensart, fremde Sprache und Sitten und eine Art von Zusammenverschwörung gegen den, der die beyden letztern
+ nicht kennt – tausend Ungemächlichkeiten, die mich die eine Reise zu Land und Wasser von einigen 700 Stunden
+ bald vergessen machten. Alsdann der Pöbel und das Gesinde in einer grossen Stadt, der zu tausend Ausschweifungen
+ vertritt, und der Arbeit ungewohnt, wegen Diebereien und oft den grausamsten Verbrechen, eine Art von Feind
+ ist gegen den man beständig zu Felde liegt – kurz alles alles lieber Freund was sich besser denken als sagen
+ läßt, machen die Versorgung hier unaussprechlich schwerer als anderwärts, so wie vielleicht kein Ort ist wo
+ man so leicht und so glänzende Hofnungen gibt, die das Unheil nur grösser machen. Nein mein Freund! wahres
+ Verdienst, Tugend und Wissenschaft müssen besondere Wege finden sich geltend zu machen an einem Ort, wo jeder
+ durch die seltsamsten Schicksale hergeworfene und verschmitzt gewordene Fremde sich das Ansehen von Verdienst
+ und Tugend zu geben weiß – kurzum, wo man Gott dankt, daß man Othem holt. – Es ist wahr daß die höchste
+ Monarchin und verschiedene Grosse hier einen unbestechlichen Sinn für wahren Werth haben – aber der Weg zu
+ ihnen wird einen bis von den geringsten Personen auf eine solche Art verrammelt, daß eine Lebenszeit daraufgeht,
+ eh Glück oder Zufall ihn eröfnen. Dies muß ich Ihnen schreiben, weil eine gewisse Meynung die auswärts noch
+ von vorigen Zeiten herrscht, als Verdienste seltner waren, einen Fremden leicht verführen kann, sich die Sachen
+ bey weitem anders vorzustellen, als sie sind; eine Meynung, die tausend Unheil anrichten kann. Ich bin noch nicht
+ befördert und weiß noch nicht ob Petersburg oder Schweden mir nur den nothdürftigsten Unterhalt geben wird, den
+ man oft mit den glänzendsten Namen bezeichnet
+
+ Empfehlen Sie mich Ihren Mlls. Cousinen und sagen Ihnen, daß ich keinen von Ihren und meinen Freunden in Curland
+ gesprochen, da meine Reise zu Wasser gieng. Von denen Herrn v. Kleist habe gehört, daß sie sich in Curland verheurathet:
+ von Herrn v. Medern weiß ich nichts zu sagen. In Kurland wenn man Bekannte unter dem Adel hat, giebts noch eher
+ Aussichten als hier, wo die ganze Welt möcht ich sagen sich zusammendrängt. Doch werden Sie selbst leicht errathen,
+ warum ich meine Verbindungen dort mit Fleiß abgebrochen, da sie von keiner Dauer seyn konnten. Für einen Fremden,
+ besonders für einen Juristen könnten sie es eher seyn, auch für Theologen, die die Landessprache lernen. – Haben Sie
+ mir keine Nachricht von Herrn Ott zu geben? Der Minister bey dem er engagirt war ist jetzt in Moskau. Empfehlen Sie
+ mich Dero sämtlichen Angehörigen und lieben unaufhörlich
+
+ Ihren ergebensten Freund
+
+ JMR. Lenz.
+
+ Dem Herrn Cousin, Herrn Amtmann Schöll meine verbindlichste Empfehlung
+
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+ FSt II 149–151 (Der Brief erreicht Christian Brion nicht)
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