Einpflegung von Brief 293.

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GregorMichalski
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durch Einschlag mit Bitte gütigstbaldiger Beförderung</letterText>
<letterText letter="293"><align pos="right">Basel am 19./22 Julius 1777</align> <line type="empty"/>
Lieber Lenz. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Nun Gott weißts das ist wieder einmahl ein Stückgen aus Ihrem eignen Hirn-Kasten um diese
ltaliänische Reise. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Extra Post muß das Ding gehen nacher Meyland, Florenz, Rom, Neapel, viileicht nach Sicilien und
Malta (denn das ist jezt Mode) und was hat Ihnen denn das Lieder und Mädgen reiche auf den Fluthen
schwimmende Venedig zu Laide gethan daß Sie dahin nicht wollen? Und im September wieder in Zürich.
Bravo! Da fährt mein Lenz immer zu einem Thor hinein u: zum andern gleich wied. hinaus, dann da ist
keine Zeit z …..<!-- Handelt es sich hier um Auslassungen des Autors? --> Aufenthalt zu verliren u. doch mags füglich November werden biß wir uns sehen
u. zwar in Basel, nicht in Zürich. Der See-Wein zerfräße mir den Magen wann ich dort auf Sie warten
müßte.<line type="break"/>
<page index="2"/><line type="break"/>
<line tab="1"/>Nein im Ernst. Vier Monath müssen Sie zu dieser Reise haben und da werden Sie noch keine Minute übel
anwenden dörffen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Bekandtschafften wollen Sie? Ja lieber Freund ich wills Ihnen natürlich sagen. Alte Bekandtschafften
sind in Italien kein Heller Werth. Vor Zehn Jahren wollte ich Sie an viele angesehene Leute, Prinzen
und Cardinäle empfohlen haben, aber nun mehr danke ich Gott daß Sie mich vergessen haben. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Hier sind 2 Briefe die Sie etwas nüzen können. Einer nach Meyland an einen Kaufman. KaufLeuthe sind zwar
in diesem müßigen Lande nicht sehr geachtet: Aber dieser ist nicht <page index="3"/> von gemeinem Schlage und
wird <del>Sie</del> <insertion pos="top">Ihnen</insertion> zu unterschiedlichen Bekandtschafften verhelffen können die Ihnen villeicht angenehm sind. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Mein Freundt Steiner wird sich ein Vergnügen daraus machen das Seinige zu Ihren Diensten beizutragen.
<aq>Primo</aq> weil er mein Freundt ist <aq>et Secundo:</aq> Aus Ursachen die Sie sehen werden wan Sie Ihn persöhnlich
kennen lernen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ihr Herr Baron soll seinen Nahmen ändern, denn dehn kan ja keine welsche Seele aussprechen. Er enthält
drey ltaliänische Diesonanzen. Ich erschrak als ich ihn schrieb. <aq>Baron dAlta Valle</aq> würde besser klingen
und schicklicher vor Ihn klingen als der pomposere <aq>Baron d alto Vallone</aq>. <line type="empty"/>
Mein Blatt mit Anmerkung können Sie benuzen oder zerreißen, wie Sie wollen.<line type="break"/>
<page index="4"/><line type="break"/>
<line tab="1"/>Ich gebs wie ichs habe in guter Intention. Ein Schelm ders besser gibt als ers hatt. Leben Sie wohl und
empfangen Sie einen freundtschafftlichen Gruß von meinem Weibgen. <line type="empty"/>
An Ihren Herrn Baron unsere Empfehlung. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Wissen Sie auch daß der Kayser dran Schuld ist daß dieser Brief 3 Täge späther kommt. Er war bey mir und
erwieß mir die Gnade eine halbe Stunde mit mir zu sprechen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Nun werde ich wohl auch ein vornehmer Herr werden! Nein davor bewahre mich der Himmel in Gnaden. Ihr Freundt
will ich seyn u. der Freundt von noch so einer kleinen Zahl guter Leutgen das wird besser behagen. Seyen Sie
immer auch der meinige. <line type="empty"/>
<align pos="right"><aq>Jacob Sarasin.</aq></align><line type="break"/>
<page index="5"/><line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Pro Memoria</aq> <line type="empty"/>
Zu einer Reiße nach Italien von Sarasin an Lenz</align><line type="break"/>
<note>linke Spalte</note><!-- Tabelle? --><line type="break"/>
<aq>Haupt Züge</aq><line type="break"/>
<line tab="1"/>Beym Italiäner gewinnen Sie viel wann Sie geschwind u. feurig sind. Dauerhafftes erwarten Sie nichts, aber in
der Hize bekommt man alles von ihm. <line type="empty"/>
Gegen Niedere u. Bedienten immer scharfsehend u. ernsthafft: Ist höchst nötig. <line type="empty"/>
Bey keiner Gelegenheit muß man verzagt seyn sonst ist man der Narr im Spiehl. <line type="empty"/>
Von Grossen erhält man alles wann man sie bey der Ehre nimmt. <line type="empty"/>
Durch Pfaffen ist Zutritt zu allem u. bey Pfaffen leicht Zutritt, man muß aber gern u. viel sprechen. <line type="empty"/>
<ul><aq>Modestie ist schlechter Kram in diesem Land.</aq></ul> geht wieder die Natur des Bodens. <line type="empty"/>
<line type="empty"/>
Aussert Mayland u. Parma nichts französisches: Ist überall verhasst. <line type="empty"/>
<note>[rechte Spalte]</note><line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Weiber.</aq></align> <line type="empty"/>
Hüten Sie sich vor genauer Bekandtschafft mit fürnehmen Weibern. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Gegen die meisten sind Lohndirnen Engel. Wann Sie ja zur Neugirde oder aus <aq>fatalitaet</aq> eine ähnliche Bekantschafft
machen so nehmen Sie sich gleich vor, kein wahres Wort zu sprechen und scheiden Sie nie als auf Wiedersehen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ich denke Ihre Schwester in Apollo Corilla soll nicht mehr gefährlich seyn. Sie hat ehedessen einen meiner besten
Freundte ins frühe Grab gestürzt. <note>Zeichnung eines Kreuzes auf einem Hügel</note> <line type="empty"/>
<line tab="1"/><del>Tes</del> Teutsches Phlegma mit flüssigem Glas zusammen zu schmelzen ist doch ein lustiges <aq>Experiment.</aq> Gehört eben behutsamkeit
zu allen Chymischen <aq>Operationen.</aq> <line type="empty"/>
Versuchen Sies von der 60. jährigen<line type="break"/>
<page index="6"/><line type="break"/>
<note>linke Spalte</note><line type="break"/>
<line tab="1"/>Abtissin biß zum 6-Jährigen Flügel Rock hinunter: Wann Sie eine andere helle Idee als <ul>Liebe</ul> heraus ziehen so bin ich ein
Bernhäuter. <line type="empty"/>
Darauß können Sie schliessen daß <aq>Petrarca</aq> eben keine so schwere Arbeit hatte. <line type="empty"/>
<align pos="center"><aq></aq>Milano.</align> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Da ist alles halb Welsch halb französisch. Ein unseeliges Mittelding das nur amusiert so lang man nichts bestimmteres
kennt. Wenden Sie <insertion pos="top">sich</insertion> da hauptsächlich auf Empfehlung. vors übrige Italien. <line type="empty"/>
Bey <aq>Brunati</aq> empfangen Sie von mir fernere Briefe und bestellen die meinigen durch Ihn. <line type="empty"/>
<align pos="center"><aq>in Bergamo</aq></align><line type="break"/>
Ist im August eine Messe die Sie sehen sollten. Da ist ein abentheurliches Zeug von <line type="empty"/>
<line tab="1"/><note>rechte Spalte</note> lächerlichem Adel. Eine solche Messe kan man sich nicht einbilden ohne Sie gesehen zu haben. Steiner ist
ein Biedermann!<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>in Genua</aq></align><line type="break"/>
sehen Sie Paläste<line type="break"/>
<align pos="center"><aq></aq>in Bologna</align><line type="break"/>
<line tab="1"/>Gelehrsamkeit auf Stelzen und unseeliger finsterer Zwang zwischen welchem man sich doch mit Lust durcharbeiten kan.
<align pos="center"><aq>in Livorno</aq></align><line type="break"/>
<line tab="1"/>ein <aq>Compendium</aq> der Handtlungs Geschichte von ganz Europa. In meinen Augen äusserst merkwürdig. NB. Müssen dort offt bey
Kauff Leüthen speisen.<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>von Fiorenza</aq></align><line type="break"/>
sage ich nichts. Ist seit meiner Zeit umgegossen. <line type="empty"/>
<align pos="center"><aq>vor Lucca u: Sienna</aq></align><line type="break"/>
müssen Sie einige Tage nehmen. Wenn Sie Glück haben, können Sie dort <del>glückliche</del> herliche Stunden durchleben.<line type="break"/>
<page index="7"/><line type="break"/>
<align pos="center"><aq>in Rom.</aq></align><line type="break"/>
<line tab="1"/>Besehen Sie Altes u: Neues wie Sie wollen, nur das beste vergessen Sie dort nicht, das einzige das noch von dieser zur
Terzianerin gewordenen Welt Seherseherin in ihrer alten Grösse zeugt.<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Das römische Frauenzimmer.</aq></align><line type="break"/>
<line tab="1"/>haben gut Spiehl dazu: Sie lieben die Teutschen sehr. Da können Sie noch sehen daß es möglich war, daß eine römische Dame
einen König ausschlug. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Wann mein alter Antiquario Dr. franeo Alfoni noch lebt so grüßen Sie ihn in meinem Nahmen. Er ist ein großerkennerund kan
Sie viel nüzen. <line type="empty"/>
Unter der vorigen Regierung spiehlte er eine grosse Rolle und war Proto Notarius der Com. wieder die Jesuiten. <line type="empty"/>
Den Abato Pietro Chiari sehen Sie zur <aq>Curiositaet.</aq> <line type="empty"/>
NB. Tivoli u: Frescati nicht vergessen, auch Villa Albani. Ist mein Lieblings Ort: Müssen mir davon erzehlen.<line type="break"/>
<note>linke Spalte</note>
<align pos="center"><aq>nach Napoli</aq></align><line type="break"/>
<line tab="1"/>Kommen Sie schwehrlich. Wanns geschieht so verderben Sie weder Zeit noch Strümpfe mit Klettern auf den Vesuv. Lohnt sich
nicht. <line type="empty"/>
In Portici einen Consum in Antiquitäten zu machen ist besser, braucht aber einige Tage vors recht zu machen. <line type="empty"/>
<align pos="center"><aq>von Loretto</aq></align><line type="break"/>
nichts<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Rimini Ancona Fanno Ferara</aq></align>
Interessante Schaupläze zu Intermezzen wann man Zeit hat. Wo sich Liebes u. Ritter Farcen gut sehen und spiehlen lassen.<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Venedig.</aq></align><line type="break"/>
Sonderbar.<line type="break"/>
<align pos="center"><aq>Haus undGesundheits Regeln.</aq></align><line type="break"/>
Wenig Wein und wo er am besten ist, keinen ohne Wasser. <ul><aq>Nulla reg. sine except:</aq></ul><line type="break"/>
<page index="8"/><line type="break"/>
<note>linke Spalte</note><line type="break"/>
Wer Ihnen Mylord sagt vor dem wehren Sie sich wie vor einem Schelm der Sie plündern will. <line type="empty"/>
In Officiers Kleidung kommt man auf der Straß am besten fort. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Halten Sie sich an Franzosen nie, an Engländer wenig. Ein Fremder ist bey der Nation immer mehr geachtet wann er
selbstständig ist. <line type="empty"/>
Fast immer ist Post fahren oder besser noch die <aq>Cambiatura</aq> das wohlfeilste. <line type="empty"/>
Halten Sie sich anfangs keine Stunde unnüz auf. Je weiter Sie forttraben, je besser werden Sie die Zeit nüzen können. <line type="empty"/>
Hals u: Magen verwahrt. <line type="empty"/>
Den Magen bey der Hize nie überladen, u: das Eiß geflohen.<line type="break"/>
<page index="9"/><line type="break"/>
Verzeihen Sie daß ich Sie überall als Poet ankünde. Es schadt nichts ich weiß wohl was ich thue. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Wann Sie wieder kommen so wollen wir zu meiner Stärkung mein Promemoria zusammen durchgehen. Möchte unsere Ideen zusammen
vergleichen. <line type="empty"/>
Schreiben Sie mir und solltens nur Zeilen seyn. <line type="empty"/>
Villeicht finden Sie in Meyland noch einen Brief von mir.</letterText>
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<date value="Basel, 19.22. Juli 1777, Basel" />
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 5b
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