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This commit is contained in:
@@ -2327,62 +2327,50 @@ Doch muß ich auch Straßburg Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich habe hier ne
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<line type="break"/>Christian Heinrich Schmid.</align>
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<line tab="1"/>Als ich den Antikensaal in Mannheim sah Bruder Goethe so durchdrung durchbebte überfiel mich Dein Geist, der Geist alles Deines Thuns und aller Deiner Schöpfungen mit einem Entzücken dem sich nichts vergleichen läßt. Ich sah Dich an meiner Seite stehn ich sah wie sich Dein Blick an den Zähren letzte die ich vor Laokoon vergoß wie alle die himmlische Begeisterung dieser Gestalten denen ich – o wie gern die Ehre der Anbetung erwiesen hätte auch Dein Herz zu höherer Freundschaft für mich emporhub da ich ihrer nun würdiger war. Ach wer sollte den Gott in diesen Bildern nicht anbethen, wer sollte das Herz haben das Idololatrie zu nennen – Nur Du auf der Rechten und sie die Hofnung meiner letzten Seeligkeit an meinem Herzen fehlten mir noch um nun wirklich das erstemal die Freuden des ewigen Lebens zu fühlen
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<line tab="1"/>Und Sie Freundin von Fräulein Waldner und Vertraute ihrer Geheimnisse und können zugeben daß sie einen Mann heurathe, der ihrer nicht werth ist, den ihr Herz nicht wählen kann. Sie die alle die fürchterlichen Folgen von dergleichen Verbindungen nicht allein durch ihr eigenes Gefühl sondern durch soviel neue Erfahrungen einsehen – Sie können den Ausdruck brauchen, auf Ostern wird ihr Glück entschieden mir das offen zuschicken –
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<line tab="1"/>Ich habe keinen Namen meine Verachtung und meine Wuth auszudrücken. Sie mir
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<page index="2"/>das zuschicken – und lachend – um mir den Antheil zu belohnen den ich an Ihrer Freundinn Schicksal genommen? Also beleidigte Sie das? Und Sie nennen sich Freundinn? Und Ihre freundschaftlichen Rathschläge haben vermutlich den Entschluß des Fräuleins bestärken helfen.
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<line tab="1"/>Nun wohl! da die Sache nicht mehr zu hintertreiben ist so hinterlaß ich Ihnen dies Blättgen zur schuldigen Danksagung. Mein Schicksal ist auch entschieden
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<line tab="1"/>Mein Antheil war kein andrer als den jede edle Seele an dem Schicksal eines Frauenzimmers wie das nehmen mußte: Ein Teuffel müste ich seyn ruhig zuzusehen, daß sie unglücklich seyn soll</sidenote></p>
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<sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand der zweiten Seite, vertikal">
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<line tab="1"/>Mein Antheil war kein andrer als den jede edle Seele an dem Schicksal eines Frauenzimmers wie das nehmen mußte: Ein Teuffel müste ich seyn ruhig zuzusehen, daß sie unglücklich seyn soll</sidenote></pe>
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<letterText letter="148"><align pos="right">Einige Stunden hinter Frankfurt nach Weymar.</align>
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<letterText letter="148"><page index="1"/><align pos="right">Einige Stunden hinter Frankfurt nach Weymar.</align>
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<line tab="1"/>Lavater! mitten auf meinem Wege bekomm’ ich den Todesstreich, die Nachricht daß Fräulein v. Waldner Braut, ist mit einem <dul>Menschen</dul> der sie nicht <ul>verdient,</ul> nicht zu schätzen weiß, ohne <ul>Nerven</ul> für schön und <ul>gut,</ul> bloß eigennützig vielleicht unter der Maske der <ul>Liebe.</ul> Mein Schicksal ist nun <ul>bestimmt,</ul> ich bin dem Tode geweyhet, will aber rühmlich sterben daß weder meine Freunde noch der Himmel darüber erröthen soll. Aber sie – sie in den <dul>Armen eines andern</dul> und <dul>unglücklich</dul> – zu wissen das ist ein <dul>verdammender</dul> Gedanke. Strecke aus Deine Hand Knecht Gottes und rette nicht mich – sie – damit ich ruhig gehen kann
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<line tab="1"/>Stelle ihr vor, ich flehe Dich, welch ein Schritt, welch ein Schritt es sey den sie thut – von welchen Folgen für ihre ganze Ruhe – für ihren Charackter – für den Reitz selber der ihre große Seele jetzo von den Sklavenseelen des Unglaubens auszeichnet – für alle ihre Vollkommenheiten die sie auf immer aufopfert – Gott und wem? Sie ist für die Welt verloren wenn sie keinen Mann hat der sie zu schätzen weiß, sie ist vielleicht auch für die Zukunft verloren, der Schritt ist entscheidend, Lavater rette wenn Schönheit mit allen Eigenschaften der Seele vergesellschaftet je Anspruch auf Mitleiden und Enthusiasmus machten. Mit welcher Wollust sterben wollte ich
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<page index="3"/>wenn ich wenigstens wüste daß sie in dem Besitz eines Mannes wäre, der sein Glück zu fühlen zu schätzen, der sie durch seine innige Verehrung auf der Laufbahn zu erhalten wüste, auf der unsichtbare Engel sie geleitet – die jetzt vergeblich um sie zittern, sie von einem Irrwege abzuleiten der ihnen eine Schwester entreißt. Ach Lavater! wenn Du je eine edle That gethan hast, so ist es diese, ein Sterbender bittet Dich darum, ein Sterbender der Dir lieb war, dem Du Beurtheilung und Vernunft zutraust, selbst wenn er dem unerträglichen Gewicht seiner Schmerzen erliegt. Thu was Du kannst, und Du hast alles gethan – thust Dus nicht so wird Dichs reuen. – Ein Frauenzimmer von ihrem Stande, von ihrem Vermögen –
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<page index="4"/>von ihren in Strasburg ganz ganz verkannten höheren Vorzügen des Geistes kann und darf sich nicht übereilen, kann und <ul>muß wählen</ul> – Ach ich bin zu erschöpft von meiner Verzweiflung als daß ich mehr schreiben kann. Nur laß nicht merken daß <ul>ich es Dir gemeldet habe.</ul> Schreib ihr unmittelbar unter ihrer Adresse in Strasbg. Sie hat eine so weitläuftige Correspondenz daß sie Deinen Brief ohne Gefahr erhalten kann. <aq>(A Madame Madame de Waldner, Chanoinesse a Strasbourg)</aq> Nur wenn Du merken läßest daß ich dahinterstecke, so bin ich verloren. Red ihr als Geistlicher – als ihr Freund ans Herz – weiter nichts als daß Du sie auf die Wichtigkeit des Schritts aufmerksam machst – auf die Gefahren denen sie sich aussetzt einen Mann zu nehmen den sie nicht lieben kann, der sie nicht liebt wie sie es verdient.
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<line tab="1"/>Ich habe Deinen Abraham an die Prinzessin Louise mitgenommen. Wie glücklich wäre meine Reise wenn ich nicht die Hölle im Herzen trüge. Mit welchem Gesicht werde ich bei Hofe erscheinen! Herder kommt auch dahin, wird dort die Probepredigt halten. Goethens Eltern grüssen Dich zärtlich auch Merk. – Schick mir doch das Bild bald damit ich nicht untergehe. Durch Röder – lieber gerade.
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand, vertikal"> ihr Bild oder ich sinke eh alles gethan ist.</sidenote>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand der vierten Seite, vertikal">ihr Bild oder ich sinke eh alles gethan ist.</sidenote>
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<line tab="1"/>Wollen Sie eine Schrift, die ich unter Händen habe: <ul>Ueber die Soldatenehen:</ul> drucken. Ich verlange weiter nichts als 2 Dukaten den Bogen und saubern Druck und Pappier weil sie sich in Versailles und an andern Höfen produziren soll. Die Sache hat Eile und ich sähe gern wenn sie sobald als möglich im Meßcatalogus angezeigt werden könnte. Wüsten Sie mir allenfalls einen guten Uebersetzer ins Französische vorzuschlagen?
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<line type="break" />Weimar. Den 1. Aprill.
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<line type="break" />Weimar. Den 1. Aprill. Lenz Verf. der Soldaten.
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<line type="break" />Lenz Verf. der Soldaten.
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<page index="2"/>1776 .22. Aug. Weimar
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<page index="2"/>1776. 22. Aug. Weimar
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<letterText letter="150">Weymar d. 2ten Aprill 1776.
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<letterText letter="150"><page index="1"/><align pos="right">Weymar d. 2ten Aprill 1776.</align>
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<line tab="1"/>Wollten Sie mir doch lieber Freund! wo möglich das Geld für die <ul>Freunde machen p</ul>. ungesäumtst nach Weymar zuschicken, wo ich mich einige Zeit aufhalten werde und folglich zusammenraffen muß was ich bekommen kann.
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<line tab="1"/>Sagen Sie mir doch auch wenn Sie es wissen bey welcher Division hessischer Truppen Lindau engagirt ist und wenns seyn kann den Namen des Regiments. Auch wohin man sich zu wenden hätte, wenn man ihm etwa einen Brief nach Amerika zuschicken wollte.
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<line tab="1"/>Ich habe unterwegs viel wackere Leute kennen gelernt. Von denen allen wir ins künftige mehr sprechen wollen. Meine Adresse ist an Goethen weil der Name hier bekannter ist.
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<line type="break" />Nochmals daß doch die Wolken in keines Menschen Hände kommen mag darnach fragen <dul>wer </dul>da will. Sie sehen selbst die Nothwendigkeit davon ein lieber Freund.
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<letterDesc letter="148">
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<date when="1776-04-01">hinter Frankfurt, 1. April 1776</date>
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<date when="1776-04-01">Hinter Frankfurt, 1. April 1776</date>
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<letterTradition letter="146">
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 6
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 6.
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<letterTradition letter="147">
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 18
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 18. Entwurf in Bleistift.
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 10
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 10.
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Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Autographen K. 21 (Lenz)
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Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Autographen K. 21 (Lenz).
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<letterTradition letter="150">
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Hannover, Stadtarchiv, Autographen-Slg. Culemann, Nr. 1415
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Hannover, Stadtarchiv, Autographen-Slg. Culemann, Nr. 1415.
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