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@@ -1778,6 +1778,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="1"/>Doch wenn ich mich geirret habe so verzeyhen Sie! Oder sollte selbst im befürchteten Fall, Herr Leibarzt Zimmermann auch <ul>meiner Meynung</ul> <fn index="5"><anchor>#</anchor></fn> seyn – O welche Freude für einen Jüngling, die Stimme eines solchen Mannes gewonnen zu haben. – Sonst mach ich diesen ganzen Lärm nicht eben um der Männer willen; die über Lärmen dieser Art gewöhnlich hinauszuseyn pflegen. Wenn sie aber Söhne haben – Söhne in meinen Jahren – und in meinem Fall – Söhne für die ich alles das thue –
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<line type="break" /><fn index="5"><anchor>#</anchor></fn> und es ihm mit dem Druk in Leip. ein Ernst seyn
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<line type="break" /><align pos="center">L</align>
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<line type="break" /><align pos="right">Den 22sten</align>
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@@ -1787,8 +1788,8 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" /><align pos="center">Lenz</align>
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<line tab="1"/>Bester Freund wenn meine Furcht ungegründet ist, so verzeyhen Sie nochmals bitte ich, den Ausbrüchen meiner Leidenschaft. Mir ist an Endigung dieser Sache und an Aufklärung des Publikums über meine Gesinnungen und Handlungen gegen Wiel. alles alles gelegen. Um dieses Schrittes willen – that ich all meine bisherigen Schritte – dieser Schritt entscheidet von allen meinen künftigen. Ich kenne mein Publikum, ich habe es vorbereitet – ich habe die ganze Wirkung berechnet die das thun <ul>kann</ul> – thun soll und muß – und wenn nun am Ende der Unternehmug – – sich mir der Freund entgegen stellte und <ul>unter dem Schein</ul> mir zum Ziele zu helfen – ich kann den Gedanken nicht aushalten – entreissen Sie mich dieser gewaltsamen Gemüthsverfassung durch die geschwindigste Zurücksendung des unglücklichen Mansukripts das sodann freilich nicht in Freundshände hätte fallen sollen.
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<line type="break" />Viel lieber hätte ich Wiel. selber zugeschickt. Beruhigen Sie mich, ich beschwöre Sie
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<line tab="1"/>Bester Freund wenn meine Furcht ungegründet ist, so verzeyhen Sie nochmals bitte ich, den Ausbrüchen meiner Leidenschaft. Mir ist an Endigung dieser Sache und an Aufklärung des Publikums über meine Gesinnungen und Handlungen gegen Wiel. alles alles gelegen. Um dieses Schrittes willen – that ich all meine bisherigen Schritte – dieser Schritt entscheidet von allen meinen künftigen. Ich kenne mein Publikum, ich habe es vorbereitet – ich habe die ganze Wirkung berechnet die das thun <ul>kann</ul> – thun soll und muß – und wenn nun am Ende der Unternehmug – – sich mir der Freund entgegen stellte und <ul>unter dem Schein</ul> mir zum Ziele zu helfen – ich kann den Gedanken nicht aushalten – entreissen Sie mich dieser gewaltsamen Gemüthsverfassung durch die geschwindigste Zurücksendung des unglücklichen Manuskripts das sodann freilich nicht in Freundshände hätte fallen sollen.
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<line tab="1"/>Viel lieber hätte ich Wiel. selber zugeschickt. Beruhigen Sie mich, ich beschwöre Sie
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand der vierten Seite, vertikal">Von Blessig und andern nächstens</sidenote>
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</letterText>
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@@ -1803,7 +1804,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="1"/>Fast sollte selbst das Äusserliche dieses Briefes Ihnen das unterscheidende und wenn mein Blick nicht ganz trügt nicht eben Ihnen unangenehme meines Karackters vor Ihre Augen bringen. Der innigsten Verehrung der Schönheit und ihrer Priester fähig zwingt mich eben diese Leidenschaft die ich für sie trage und die im eigentlichsten Verstande die Leidenschaft des Liebhabers heissen kann eine meinem Gesicht wiedersprechende Maske, die Maske des kalten Philosophen vielleicht wohl gar des unorganisirten vorzunehmen um den zufälligen Schaden der durch zu grosse Sonnenhitze entsteht unwirksam zu machen um Ihnen m H. meine mir heilige Pflanzen den Boden zu säubern und einem neben dem andern Platz zu machen. Sie kennen sich zu sehr und Ihr Publikum zu wenig als daß Sie dieses Geschäft selber übernehmen könnten wenn jemand dazu tüchtig seyn konnte mußte ich es seyn dessen eigene kauderwelsche Gestalt ihn von aller Partheylichkeit und Eigennutz freyspricht. Glücklich möcht ich mein Vaterland gern sehen, glücklich durch Sie und Ihres gleichen – weh Ihnen wenn Sie das nicht auch wollen. Nur lassen Sie der Sie der Imagination alles absprechen sich nicht durch Ihre eigene zu schön gestimmte verleiten Gedichte die entzücken für Wahrheit zu halten, die nur wie sorgfältige Eltern mit Ernst und Strenge langsam und unmerklich beglücken kann und deren Dank nicht in dem Beyfall ihrer Zeitgenossen sondern im Beyfall ihres eignen Herzens liegt. Geben Sie uns den Dichter W. wieder den wir durch unglückliche äussere Verhältnisse vielleicht des Alters und einiger Ihrer Zeitgenossen verloren zu haben schienen und lassen Sie denen Philosophen die Sie zu schätzen und zu fühlen wissen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn sie gleich oft die Leute für die keine andere Kur da ist lehren müssen
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<page index="2"/>auf allen Vieren zu gehen. Eben diese sind es die Ihnen Ihr Publikum machen und Sie sollten durch Ihre lucianische Gabe zu spotten nicht den Undank gegen sie soweit treiben daß er Ihnen am Ende selbst gefährlich wird. Einem Nervengebäu das nicht gespannt ist kann Cramer und Lolli Jahrhunderte lang vorgeigen. Das ist eine Frage ob ein heutiger Orfeus sich nicht lieber Höllenhunde und Furien zu Zuhörern wünschen wollte. Sie also der Sie soviel kaltes Blut haben, sehen Sie also einmal Ihren eigenen Werth und Ihr eigenes Interesse mit kaltem Blut an, setzen Sie sich in unsern Gesichtspunkt und fragen Sie nun nicht als Künstler sondern als Kunstliebhaber Ihr eigen Herz ob Sie nöthig haben zu Ihren aufgestellten Gemählden
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<line type="break" /><align pos="right"><aq>ultro emptorem adducere Pl. Poen.</aq></align>
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<line tab="1"/>ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen auff<note>fegen</note>assen nicht aber zu ihrem eigenen und der Kunst und des <dul>Geschmacks</dul> Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden
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<line tab="1"/>ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen auff<subst><del>fegen</del><insert>assen</insert></subst> nicht aber zu ihrem eigenen und der Kunst und des <dul>Geschmacks</dul> Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden
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<line type="break" /><align pos="right">Ihr Freund und Diener</align>
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<line tab="1"/>Daß das was ich Ihnen hier sage nicht blosse Prahlerey sond. schon vollführte Handlungen sind, werden Sie nun bald öffentlich erfahren. Und sollen es inskünftige noch besser erfahren wenn –
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