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Einpflegung von Brief 277.
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als katholischer Mönch, eben sowohl ein Exjesuit als sonst was seyn, wie Sie aus meiner nächsten
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Veränderung sehen werden. Wie lange wird <note>Textverlust</note></letterText>
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<letterText letter="277"><align pos="center">An Lenzen zum Abschied.</align> <line type="empty"/>
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<line tab="5"/>Edler! Du gehst dahin <!-- Handelt sich hier um Verse? -->
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<line tab="5"/>Und mein tränendes Aug sieht Dir nach.
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<line tab="5"/>Genoßen und genoßen gehst Du nur halbgenoßen
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<line tab="5"/>Diesem unersättlichen, allaufzehrenden Herzen.
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<line tab="5"/>Hier ist nichts für mich in dem weiten All.
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<line tab="5"/>Viele sind mir nichts, können nichts mir seyn
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<line tab="5"/>Und der einzge, der vielleicht mir seyn könte
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<line tab="5"/>Was mich füllte mit überströmender Wonne
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<line tab="5"/>Will nicht.
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<line tab="5"/>Du läßt mich allein.
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<line tab="5"/>Edler! Wärs vielleicht beßer,
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<line tab="5"/>Hätt ich nie den Himmel in Dir mir dämmern sehn?
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<line tab="5"/>Ach! ich ahnde, ahnde in Dunkel,
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<line tab="5"/>Was Du mir seyn köntest, was ich vielleicht Dir.
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<line tab="5"/>Stolzer Gedanke!
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<line tab="5"/>Und doch nicht zu stolz für dies Herz,
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<line tab="5"/>Das mit ewiger Wärme
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<line tab="5"/>Umfaßen möcht allseine Lieben,
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<line tab="5"/>Verzehren sie, sich, im unlöschbaren Brand,
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<line tab="5"/>Das sich heben möchte hinan
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<line tab="5"/>Dorthin, wo der Cherub nicht weiter kann.<page index="2"/>
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<line tab="5"/>Unbändig, brennend für Wünschen
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<line tab="5"/>Und nicht gesättigt.
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<line tab="5"/>Ach! wie mir wohl wär,
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<line tab="5"/>Wenn ich, schwebend zwischen Himmel und Erde,
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<line tab="5"/>Zu groß fürs Thier, zu klein für die Gottheit,
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<line tab="5"/>Leidend vom unseigen Gefühl
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<line tab="5"/>Mittelding zu seyn;
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<line tab="5"/>Vom Druck,
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<line tab="5"/>Sich klein zu fühlen,
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<line tab="5"/>Gröser seyn zu wollenWenn
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<line tab="5"/>der Tod da käme,
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<line tab="5"/>Heute mit einem entzwei den Faden
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<line tab="5"/>Endete. auf ewig. <line type="empty"/>
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<line tab="5"/>Leb wohl, Heilger, denn du bist mirs,
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<line tab="5"/>Leb wohl. Geh Deine Straße.
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<line tab="5"/>Zertritt, zertrümre!
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<line tab="5"/>Aber schone des Schwachen,
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<line tab="5"/>Des lieben Schwachen
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<line tab="5"/>Der Gröse mehr als ahndet,
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<line tab="5"/>Der den Willen hat zu allen,
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<line tab="5"/>Der faßen möchte mit Adlers Klaun
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<line tab="5"/>Und die Kraft nicht hat, <page index="3"/>
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<line tab="5"/>Der umfaßen möcht das Weltall,
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<line tab="5"/>Und zu klein sich fühlt.
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<line tab="5"/>Geh Deine Straßen!
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<line tab="5"/>Brauß auf mit der schnellen Aar,
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<line tab="5"/>Wühl in den Trümmern von Habsburg,
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<line tab="5"/>Sauge Größ aus dem Andenken der Großen,
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<line tab="5"/>Die dort sich betteten;
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<line tab="5"/>Jauchz am Zürichersee,
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<line tab="5"/>Drück gegen der Alpen Last – <line type="empty"/>
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<line tab="5"/>Komm in meinen Arm zurück
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<line tab="5"/>Gröser und herrlicher,
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<line tab="5"/>Bring Leben und allmächtiges Wehen,
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<line tab="5"/>Geist und Kraft in meinen morschen Bau.
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<line tab="5"/>Fülle, fülle ganz mein Herz,
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<line tab="5"/><del>Daß es auflodre</del>
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<line tab="5"/>Leitre zu Feuer es,
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<line tab="5"/>Daß es auflodre
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<line tab="5"/>In ewigen Flammen. <line type="empty"/>
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<page index="4"/><line type="break"/>
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<line tab="1"/>Lieber, Sie haben mich hintergangen, gingen mit dem Vorsatz, nicht wieder zu kommen. Hatt ich
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doch die Ahndung. Ich lief im Zinuuer auf und ab, als Sie fortwaren, alles schwand um mich her,
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ich lachte, braußte und – wißen Sie ein Wort, das mehr sagt, geben Sie mir’s und ich will ihnen
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danken. Solcher Stunden hab ich nicht viele; ich triebs einige Zeit, dann macht ich mir Luft.
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Sie ehen was draus entstand. Es ist ganz der erste Wurf; ich habs Ihnen abgeschrieben, wies in
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meiner Schreibtafel steht, ich ändre kein Wort, es ist Herzensfülle. Zeigen Sies niemanden;
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warum -ist offenbar. Leben Sie 1000mal 1000mal wohl. <line type="empty"/>
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<align pos="right">Küttner.</align></letterText>
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</opus>
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