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290-295
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@@ -4735,33 +4735,25 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="break"/>zu Zürich.</address>
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<letterText letter="291"><align pos="right">Neuenburg d. 10ten Julius 177<del>6</del><note>7</note>.</align>
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<letterText letter="291"><page index="1"/><align pos="right">Neuenburg d. 10ten Julius 177<subst>7<del>6</del></subst></align>
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<line tab="1"/>Noch einmal muß ich Ihnen mein theurester Freund und Gönner! mit einem Briefe und einigen Zumuthungen beschwerlich fallen, zu denen mir nur Ihre mir bisher erzeigten Gütigkeiten Muth genug einflössen. Ich habe bey Hn. Hofrath Schlosser einen seiner alten Bekannten, einen Baron v. Hohenthal, Sohn des Chursächsischen Ministers angetroffen, der sich längst vorgenommen eine Reise durch die ganze Schweitz zu machen und sich zu dem Ende schon mit den hinlänglichen Adressen versehen; dieser bewegte mich ihn auf derselbigen zu begleiten und die Hofnung einige der interessantesten Aussichten die ich in meinem Leben gehabt wieder zu sehen, hauptsächlich aber meine würdigen Bekanntschaften in Zürich wieder zu erneuren und gründlicher zu benutzen, machten mich bald einwilligen. Wir machten den Anfang mit der französischen Schweitz und schon im Wagen zwischen Solothurn und Neuburg, noch mehr aber hier, wo der Rath einiger Bekannten des Barons dazugekommen ist, haben
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<page index="2"/>wir unsern Entschluß nicht sowohl geändert als erweitert, das heißt uns vorgenommen, wenn wir über Genf Lausanne Vivis durch das Walliser Thal nach dem Furka gekommen, von dort über den Gotthard und von da – in das glückliche geliebte Italien zu gehen, dort so geschwind als möglich und als es uns die Jahreszeit die wir zur Rükkehr abpassen müssen, erlauben wird, alles zu sehen was sehenswerth ist und was wir erreichen können, das heißt zum allerwenigsten Mayland, Florenz, Rom – wo möglich auch Neapel – und wenn uns Zeit übrig bleibt Venedig u. Genua – doch die letztern Oerter stehen noch auf der <aq>terra incognita</aq> unserer Reisekarte, die drey erstem aber sehen wir <ul>gewiß</ul> und Neapel, wenn die Hitze uns nicht abhalten sollte, mit vieler Wahrscheinlichkeit. Der Baron hat schon Verfügungen in Ansehung seiner Geldremessen getroffen, das einzige was uns fehlte und womit er sich nicht versehen hat, sind anderweitige Empfehlungen an gute Häuser in diesen
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<page index="3"/>Hauptorten, weil wir schon auf dem kurzen Anfang dieser Reise erfahren gelernt, mit welchen unschätzbaren Vorzügen diese eine Reise auszeichnen, die nicht wie die meisten der Herrn Engländer und Franzosen ein bloßes Postlauffen und Begaffen, sondern eine Spekulation für unsere ganze Weltkenntniß und künftiges Leben seyn soll. Hier also mein würdiger Freund ist es, wo wir Ihrer Hülfe bedürfen. Sie haben Italien gesehen und kennen darum mehr als die <aq>Cicerone:</aq> nach Mayland haben wir von hier Kaufmannsadressen, aber die Wege zu Bekanntschaften von Leuten die Ihnen ähnlich sind in Mayland Rom Neapel, sind uns noch nicht geöfnet, zu Leuten auf deren Kenntnisse wir bauen, deren Herz uns ihre Gefühle für das was wir aus der Entfernung oft nur unter Nebeln erkannten, mitzutheilen, Liebhaber der Menschheit genug ist. Wir möchten gern auf unsere Reise stolz, wieder zurück in Ihre Arme fliegen und Ihnen mittheilen, was Sie jetzt durch unsere Augen, zwar wie durch schlechte Ferngläser, zum andernmal sehen sollen. Wollen Sie meine Bitte erhören, so schicken Sie
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<page index="4"/>uns einige Briefe nach Rom, Neapel <aq>etc.</aq> ins Urserental an Herrn <ul>Amman Meyer, </ul>der mich nun kennt, mit einigen Zeilen, sie uns aufzubewahren bis wir selbst abholen. Hoffentlich hat er meinen Namen nicht vergessen, wenigstens wird sich seine Tochter die ich abgezeichnet meiner erinnern. Sollten einige andere Ihrer u. meiner würdigen <insertion pos="top">Zürcher-</insertion>Freunde in Italien Bekanntschaften haben, und wollten ihre Gütigkeilen gegen mich bis dahin ausdehnen, so würd ich bey meiner Wiederkunft, wo ich meinen Reisegefährthen Ihnen bekannt zu machen hoffe, (er ist einer der gesetztesten jungen Edelleute die ich in meinem Leben gesehen, fast ein wenig zu ernst) Ihnen den empfindlichsten Dank dafür wissen. Wollten Sie so gütig seyn und noch eine kleine Instruktion, derjenigen ähnlich die Sie uns in die Berge mitgaben, von allen Merkwürdigkeiten und der Ordnung in welcher wir sie sehen sollen nebst anderweiten Aufträgen an verdienstvollen Leuten dieser Orte beylegen, und uns arme kaum flügge Reisende auf diese Art auf Ihren Flügeln über alle diese Wunder und Geheimnisse unterrichtend forttragen, wie Sie es schon in den Eißgebirgen gethan, so würde das Edle dieser That destomehr Genugthuung für Ihr Herz haben.
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<line tab="1"/>Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Schweitzersängerinn aufs schönste, im gleichen Dero Hn. Vater u. sämtlichen Angehörigen und erfreuen mit einer Antwort Ihren ganz ergebenen Wanderer
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<line type="break"/><align pos="right">Lenz</align>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand, vertikal">Unbeschwert bitte doch Einlage Hn. Sarasin in Basel zukommen zu lassen und wenn er antworten sollte (worauf aber doch über 2 Posttage nicht zu warten bitte) seinen Brief gütigst dem Ihrigen an Landamman Meyer beyzuschliessen.</sidenote>
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<letterText letter="292">
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<letterText letter="292"><page index="1"/>
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<line tab="1"/>Theurester Freund und Freundinn, nur Augenblicke die mir noch dazu zugemessen sind, darf ich anwenden lhnen zu sagen, daß wir nach Italien reisen, von da wir gegen den September erst über den Gotthard nach Zürich zurückzukommen denken. Was uns zu dem Entschluß bewogen wäre für diesen Brief und Zeit zu weitläuftig ich darf nichts weiter bitten, als daß Sie diese Reise noch in Ihrer Gegend wegen des Barons als ein Geheimniß halten, auch wegen meiner und verschiedener meiner Freunde, die sich denn immer allerley Gedanken machen, wenn sie weit von den Sachen sind. Haben Sie einige Bekanntschaften in Italien, die uns nicht wegen Geldes – denn damit ist der Baron versehen – – sondern sonst wie ich versichert bin, ausserordentlich zu Statten kommen werden, um das Land kennen zu lernen – und wollten Sie uns mit Ihrer Gütigkeit bis über die Alpen hinaus verfolgen – so seyn Sie nur so freundschaftlich das was Sie an einen und andern Ihrer Freunde in Mayland, Rom, Florenz u. s. f. auch wol Neapel zu bestellen haben, Herrn Füeßli in Zürich zuzuschicken, aber
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<page index="2"/>mit <ul>ehester Post</ul> – dem wir unsere Adresse am Fuß des Gotthards gegeben haben. Den feurigsten Dank in Herzen die schon längst Ihre sind, bringen wir Ihnen wieder, vielleicht, wollte Gott! – in Zürich! Ach wenn zu Basel sich Ihre Reise nach Baden bis dahin aufschieben, oder wenigstens Ihr Aufenthalt bis dahin verlängern könnten. Der Himmel füge es so bey dem wir uns auch Ihrer Fürbitte empfehlen, daß uns die Witterung in so verschiedenen Klimas als die Schweitz u. Italien sind, günstig seyn wolle. O die Freude des Wiedersehens – wenn diese nicht wären, niemand würde schwerer zum Reisen zu bringen seyn, mit verzagterem Herzen dran gehen als ich – aber, ich sehe Sie wieder und in Zürich, mein Herz sagt mirs. Da wollen wir Ihnen recht erzählen, auch von Ihren alten Freunden und Bekannten in Italien.
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<line tab="1"/>Ihr Vorschlag einer Frauenzimmerschule hat mir zeither immer aufgelegen, je mehr ich ihm nachdenke, je schöner finde ich ihn, doch auch
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<page index="3"/>seine Ausführung desto schwerer. Vielleicht eröfne ich der Gesellschaft auch einmal schriftlich meine Gedanken darüber, wenn ich wiederkomme; mit der Bitte mich zu einem unwürdigen Mitglied anzunehmen.
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<line tab="1"/>Ihrer Frau Gemalinn küssen Sie in meinem Namen tausend tausendmal die Hände, so Ihren herzigen Kleinen Empfehlen Sie mich doch auch Herrn Rathschreiber Iselin aufs schönste, auch Mecheln und andern Freunden. Unsere Komödie soll dessen ungeachtet gespielt werden. Mein Baron versichert Ihnen allen gleichfalls seine wärmste Hochachtung und Ergebenheit. Ihr Haus ist der Hauptgegenstand unserer meisten Unterhaltungen im Wagen gewesen. Nochmals tausend Grüsse Ihrer lieben Frau – und der Himmel führe Sie nach Zürich in die Umarmungen
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<line type="break" /><align pos="center">Ihres</align>
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<line type="break" /><align pos="right">mit Herz und Seele Ihnen zugewandten Lenz</align>
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<line type="break" />Neuburg den 10. Julius. 1777.
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@@ -4777,42 +4769,27 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="break" />durch Einschlag mit Bitte gütigstbaldiger Beförderung
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</letterText>
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<letterText letter="293"><align pos="right">Basel am 19./22 Julius 1777</align>
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<letterText letter="293"><page index="1"/><align pos="right">Basel am 19./22 Julius 1777</align>
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<line type="break" />Lieber Lenz.
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<line tab="1"/>Nun Gott weißts das ist wieder einmahl ein Stückgen aus Ihrem eignen Hirn-Kasten um diese ltaliänische Reise.
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<line tab="1"/>Extra Post muß das Ding gehen nacher Meyland, Florenz, Rom, Neapel, viileicht nach Sicilien und Malta (denn das ist jezt Mode) und was hat Ihnen denn das Lieder und Mädgen reiche auf den Fluthen schwimmende Venedig zu Laide gethan daß Sie dahin nicht wollen? Und im September wieder in Zürich. Bravo! Da fährt mein Lenz immer zu einem Thor hinein u: zum andern gleich wied. hinaus, dann da ist keine Zeit zum Aufenthalt zu verliren u. doch mags füglich November werden biß wir uns sehen – u. zwar in Basel, nicht in Zürich. Der See-Wein zerfräße mir den Magen wann ich dort auf Sie warten müßte.
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<line tab="1"/>Nein im Ernst. Vier Monath müssen Sie zu dieser Reise haben und da werden Sie noch keine Minute übel anwenden dörffen.
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<line tab="1"/>Bekandtschafften wollen Sie? Ja lieber Freund ich wills Ihnen natürlich sagen. Alte Bekandtschafften sind in Italien kein Heller Werth. Vor Zehn Jahren wollte ich Sie an viele angesehene Leute, Prinzen und Cardinäle empfohlen haben, aber nun mehr danke ich Gott daß Sie mich vergessen haben.
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<line tab="1"/>Hier sind 2 Briefe die Sie etwas nüzen können. Einer nach Meyland an einen Kaufman. KaufLeuthe sind zwar in diesem müßigen Lande nicht sehr geachtet: Aber dieser ist nicht
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<page index="3"/>von gemeinem Schlage und wird <del>Sie</del> <insertion pos="top">Ihnen</insertion> zu unterschiedlichen Bekandtschafften verhelffen können die Ihnen villeicht angenehm sind.
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<line tab="1"/>Mein Freundt Steiner wird sich ein Vergnügen daraus machen das Seinige zu Ihren Diensten beizutragen. <aq>Primo</aq> weil er mein Freundt ist <aq>et Secundo:</aq> Aus Ursachen die Sie sehen werden wan Sie Ihn persöhnlich kennen lernen.
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<line tab="1"/>Ihr Herr Baron soll seinen Nahmen ändern, denn dehn kan ja keine welsche Seele aussprechen. Er enthält drey ltaliänische Diesonanzen. Ich erschrak als ich ihn schrieb. <aq>Baron d’Alta Valle</aq> würde besser klingen und schicklicher vor Ihn klingen als der pomposere <aq>Baron d’ alto Vallone</aq>.
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<line type="break" />Mein Blatt mit Anmerkung können Sie benuzen oder zerreißen, wie Sie wollen.
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<line tab="1"/>Mein Blatt mit Anmerkung können Sie benuzen oder zerreißen, wie Sie wollen.
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<line tab="1"/>Ich gebs wie ichs habe in guter Intention. Ein Schelm ders besser gibt als ers hatt. Leben Sie wohl und empfangen Sie einen freundtschafftlichen Gruß von meinem Weibgen.
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<line type="break" />An Ihren Herrn Baron unsere Empfehlung.
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<line tab="1"/>>An Ihren Herrn Baron unsere Empfehlung.
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<line tab="1"/>Wissen Sie auch daß der Kayser dran Schuld ist daß dieser Brief 3 Täge späther kommt. Er war bey mir und erwieß mir die Gnade eine halbe Stunde mit mir zu sprechen.
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<line tab="1"/>Nun werde ich wohl auch ein vornehmer Herr werden! Nein davor bewahre mich der Himmel in Gnaden. Ihr Freundt will ich seyn u. der Freundt von noch so einer kleinen Zahl guter Leutgen das wird besser behagen. Seyen Sie immer auch der meinige.
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<line type="break" /><align pos="right"><aq>Jacob Sarasin.</aq></align>
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<note>Tabelle</note>
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<line type="break"/><align pos="center"><aq>Pro Memoria</aq>
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<line type="break" />Zu einer Reiße nach Italien von Sarasin an Lenz</align>
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@@ -4904,49 +4881,34 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="break" />Hals u: Magen verwahrt.
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<line type="break" />Den Magen bey der Hize nie überladen, u: das Eiß geflohen.
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<page index="9"/>
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<line type="break"/>Verzeihen Sie daß ich Sie überall als Poet ankünde. Es schadt nichts ich weiß wohl was ich thue.
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<line tab="1"/>Verzeihen Sie daß ich Sie überall als Poet ankünde. Es schadt nichts ich weiß wohl was ich thue.
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<line tab="1"/>Wann Sie wieder kommen so wollen wir zu meiner Stärkung mein Promemoria zusammen durchgehen. Möchte unsere Ideen zusammen vergleichen.
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<line type="break" />Schreiben Sie mir und solltens nur Zeilen seyn.
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<line type="break" />Villeicht finden Sie in Meyland noch einen Brief von mir.
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<line tab="1"/>Schreiben Sie mir und solltens nur Zeilen seyn.
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<line tab="1"/>Villeicht finden Sie in Meyland noch einen Brief von mir.
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</letterText>
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<letterText letter="294"><align pos="right">Bern d. 7 August 1777
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<letterText letter="294"><page index="1"/><align pos="right">Bern d. 7 August 1777
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<line type="break"/><gr>εν πιστει</gr>.</align>
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<line tab="1"/>Lavater! ich bin hier in einem theuren Wirthshause und ohne Geld – und erwarte von Dir – daß Du mir gleich nach Ansicht dieses eine Louisd’or und einen Dukaten zuschickest Schiebst Dus einen Posttag auf, so gerath ich in Schulden und andern Händeln die noch schlimmer sind. Wie ich hie hergekommen, frag nicht, alles das läßt sich im Briefe nicht füglich sagen. – Ich hoffe Schlosser hat Dir für mich schon Geld von Weygandt zugeschickt; ists geschehn, so wieg ich Deinem Arm desto weniger, der mich in dem Fall in dem ich itzt bin, ganz allein stützen kann
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<line tab="1"/>Ich werde nicht in Zürich bleiben können. Ausgenommen daß vor der Hand – meine Wirthschaftsumstände dort richten werde und mir deshalb ein acht Tage Aufenthalt in Deinem Hause ausbitten muß. Kanns aber nicht seyn so sags nur ohne Rückhalt, <ul>denn Du bist ohnehin geplagt genug.</ul> Deine jetzige Hülfe aber muß ich haben, weil auf die Schleunigkeit derselben eine unendliche Menge Nebenumstände beruhet, die für mich eben sowohl von den besten als von den entsetzlichsten Folgen seyn könnten
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<line type="break" /><align pos="right">Lenz.</align>
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<sidenote pos="left" page="1" annotation="Am linken Rand, vertikal">Ich habe mich hinter Sitten von Hohenthal getrennt, von dem ich kein Geld habe nehmen wollen.</sidenote>
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<line tab="1"/>Meine Adresse ist in der Krone zu Bern. Ich verlasse mich drauf, aufs späteste künftigen Donnerstag als den 14ten eine Antwort von Dir zu haben, wie mir Pestalotz der Jüngere, der diesen Brief mitnimmt, versichert hat. –
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<line tab="1"/>Gegenwärtigen Zettel laß doch Bester – Kaisern – aber nicht dem Römischen – <ul>aufs geschwindeste</ul> zukommen. Vielleicht will er meine Adresse, die ich ihm zu geben vergessen, alsdenn bitte sie ihm zu sagen. <aq>a rivederti.</aq>
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</letterText>
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<letterText letter="295"><align pos="right">Bern d. 9ten August 1777.</align>
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<letterText letter="295"><page index="1"/><align pos="right">Bern d. 9ten August 1777.</align>
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<line tab="1"/>Da bin ich nun durch wunderbare Schicksale und Abentheuer, mit denen ich Sie und Ihre Frau Gemalinn mündlich zu unterhalten gedenke – von meinem Reisegefärthen getrennt und habe vor der Hand statt Italiens noch nach Bern linksum gemacht, obschon ich bereits am Fusse des St. Plomb war; Hier leb ich immer noch als Ihr dreyfacher Schuldner – auch in Ansehung der schätzbaren Bekannten die mir Ihr Brief an Herrn Wilhelmi verschafft, in einer Stadt wo mir die Merkwürdigkeiten allein zwey Tage genommen haben. Mein glücklicher Stern waltet immer fort über meiner Reise und zu dem hoffe ich, daß ich Sie und Ihre verehrungswürdige Hälfte noch in diesem Monath – vielleicht gar auf einem der reitzendsten Berge in Zürichs Nachbarschaft, wohin ich künftige Woche abzureisen gedenke wiedertreffen werde.
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<page index="2"/>
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<line tab="1"/>Ich hoffe Herr Pfarrer Lavater wird Ihnen den erneuerten Wechsel, zu dem mich Ihr gütiges Anerbieten in Schintznach dreist genug gemacht hat, zugesendet haben. Verzeihen Sie, Werther! einem Reisenden und noch dazu einem reisenden Poeten in dem Morgen seiner Autorschaft daß er mit der Genauigkeit die er wünschte und Sie fordern können nicht Termin halten konnte, auch bitte ich, meiner nicht zu schonen, sondern mir bei Bezahlung Ihres allzugütigen Darlehens, Handlungsprocente vorzuschreiben. Auch will ichs Ihnen lieber vorausgestehen, daß ich fürchte, die Bezahlung werde sich gar noch einen Monath nach dem zuletzt angesetzten Termin, aber gewiß nicht länger verziehen können (auf welchen Fall den ich noch nicht bestimmt vorhersehe, ich aber den Wechsel wenn Sie es verlangen umschreiben will) weil die Herren Buchhändler mit denen ich in Traktaten stehe weit von mir entfernt sind und die Remessen zuweilen nicht so prompt gehen als mans verlangt. Ich muß mich Ihrer Güte und Nachsicht in Ansehung alles dessen gänzlich überlassen, hoffe aber durch den Erfolg Ihnen zu beweisen, daß ein Dichter vielleicht mehr als jeder andere das Zutrauen seiner Freunde nicht zu mißbrauchen, sich verbunden fühlt.
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<page index="3"/>
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<line type="break"/>
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<line tab="1"/>Herr Wilhelmi hat mir die angenehme Neuigkeit gesagt daß Sie den Kaiser in Ihrem Kamin gehabt, ein solcher Schinken fällt einem nicht alle Tage auf den Herd und ich gratuliere Ihnen und Ihrer Frau Gemahlinn zu einer Ehre, die der <aq>grand Voltaire</aq> mit großen Zurüstungen die er in Ferney gemacht, als ich in Genf war, und einem Compliment das eines starken Geistes würdig war, sich nicht hat erwerben können. Vermutlich wird er sich darüber, wie an unserm Herrgott, der ihm auch viel Streiche wieder seine Erwartungen gespielt haben mag, durch eine Plaisanterie zu rächen suchen.
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Möge der Himmel alle mögliche Koketterien um Sie verschwenden, Sie und Ihre Likoris noch in diesem herrlichen Monath zu einer Spatzierfahrt nach Zürich zu verführen. Oben auf dem Gipfel des Rigi werd ich Ihnen einige Anmerkungen die ich über Ihr der wolhtätigen Gesellschaft vorgetragnes allerphilanthropinischtes Projekt zu Pappier gebracht, vorlesen und wie mit doppelten Kräften so mit doppelter Achtung und Ergebenheit seyn Ihr
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<line type="break"/><align pos="right">zugewandtester
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<line type="break"/>Lenz.</align>
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@@ -2175,37 +2175,37 @@
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<letterTradition letter="291">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, Ms. M 1.183, Nr. 4
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Zürich, Zentralbibliothek, Ms. M 1.183, Nr. 4. Einlage nicht ermittelt.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="292">
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<app ref="4">
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 5
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 5.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="293">
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<app ref="4">
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 5b
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 5b. Beigelegte Briefe nicht ermittelt.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="294">
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<app ref="4">
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 25
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 25.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="295">
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<app ref="4">
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 6
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Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 6.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="296">
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<app ref="4">
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Schmidt, Lenziana, S. 1017 (Entwurf); FSt hat andere Lesarten
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Schmidt, Lenziana, S. 1017 (Entwurf); FSt hat andere Lesarten.
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</app>
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</letterTradition>
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