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330-335
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@@ -5474,13 +5474,14 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="break" /><align pos="right">Ihren
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<line type="break"/>ganzergebensten Diener
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<line type="break"/>J M R Lenz.</align>
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<sidenote pos="left" page="3" annotation="am linken Rand der dritten Seite, vertikal">Herr Aelster Schow wird nun wohl retunirt sein. Es war unvorsichtig vom Derptschen Magistrat mit dem Gouvernement zu hadern, da die Sache der Statthalterschaften noch seit Beginnung der Welt in Rußland auf keinem bessern Fuß gestanden. Sehr unvorsichtig!</sidenote>
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<page index="4"/>
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<line type="break"/><address><aq>A Monsieur
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<line type="break"/><hand ref="87"><address><aq>A Monsieur
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<line type="break"/>Monsieur Peuker
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<line type="break"/>Translateur du College des Affaires Etrangers – Maitre des Postes.
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<line type="break"/><ul>Dorpat</ul></aq></address>
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<line type="break"/><ul>Dorpat</ul></aq></address></hand>
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</letterText>
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<letterText letter="326"><align pos="right">St. Petersb. d. 27sten Merz</align>
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@@ -5532,6 +5533,7 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="break" /><align pos="right">Dein treuer Br.
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<line type="break"/>JMR Lenz.</align>
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<line tab="1"/>Sey doch auch so gut wenn Du Papa schriebst, ihn zu bitten, gelegentlich was einfliessen zu lassen, für all die Freundschaft und Güte die mir Brauers <ul>(u. Pflugs)</ul> hier zukommen lassen. Sie verdienen es doch wahrhaftig. Wäre es auch möglich daß Du an Hn. Major Igelstrohm, der Dich jedesmal grüssen läßt, für alles was er mir erzeigt hat, ein Paar Worte auf der Post schriebst würd ich es als ein Zeichen Deines brüderlichen Herzens erkennen. Von Papa selbst könnt ein Brief der so eingerichtet wäre daß ich ihn allen Gönnern und Freunden vorlesen könnte mir <insertion pos="left">auf einmal</insertion> sehr beförderlich werden. Bitt ihn doch daß er sich in demselben aber des allzuängstlichthuns enthalte, weil es in aller Absicht mehr schadet als nutzt und auf seinen Karakter ein <insertion pos="left">häßlich</insertion> falsches Licht wirft. Mit Klagen ist hier gerade <ul>alles zu verschlimmern</ul> und niemals was auszurichten, welches ich wohl erfahren – besonders wenn man weiß, oder zu wissen glaubt, daß der Klagende keine Ursache dazu hat.
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<line tab="1"/>Die Versäumniß dieser Stücke hat mir bisher schon <insertion pos="top">viel</insertion> geschadet. – viel bey allen –
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<line tab="1"/>Ich werde ihm nächstens selbst drüber schreiben. Ueberhaupt macht es eine unfreundliche Miene, daß ich von meinem Vater hier keinen Brief vorweisen kann – weil in den seinigen von Versinken in Schulden, Gefängniß Verfaulen in der Polizey u. s. f. die Rede ist – Ausdrücke die hier häslich könnten angesehen werden.
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@@ -5575,100 +5577,85 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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</letterText>
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<letterText letter="331"><align pos="center">S. T.
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<letterText letter="331"><page index="1"/><align pos="center">S. T.
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<line type="break"/>Hochgeschätzter Freund</align>
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<line tab="1"/>Die Gelegenheit, die sich mir anbietet, Ihnen zu schreiben, ist mir zwiefach willkommen, theils um mich einer nur zu lang aufgeschobenen Pflicht zu entledigen; für die ich ausser der Ihnen zur Gewohnheit gewordenen Güte und Theilnehmung gegen Fremde, keine Entschuldigung weiß; theils um einen Freund aus Petersburg, der sich selbst am besten empfehlen wird, zum Zeugen und Theilnehmer an meiner Erkenntlichkeit zu machen.
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<line tab="1"/>Herr Bause, Lehrer an der Petri-Schule
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<page index="2"/>möchte eine Reise nach Deutschland thun, um alle den Kakochymischen Spleen, der sich bei gleichförmigen Arbeiten, die in die Welt keinen Einfluß haben, anzusetzen pflegt abzulegen und mit erneuter Munterkeit und vermehrter Kraft seine Lautbahn wieder anzutreten. Der Hypochonder, der gewöhnliche Feind der Schullehrer, besonders, wo ausländische Verhältnisse sie drücken (ein Verdienst, daß die Philanthropine um unsere Schulen haben) wird, durch den Anblick des Vaterlandes vielleicht, durch die Unterhaltung mit würdigen und verdienstvollen Gelehrten und durch Verbindungen mit ihnen verschwinden. Alles Wissenswürdige und Schöne wird dazu beytragen, das ist es was ihn hauptsächlich nach <ul>Weymar</ul> – und auf meinen Rath an Sie
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<page index="3"/>führt. Sollten Sie noch einigen Zusammenhang mit Dessau haben, so werden Sie ihn und vielleicht mehrere Personen verbinden wenn Sie ihm ein Verhältniß mit den dasigen Lehrern befestigen helfen. Sie brauchen einen Mitarbeiter an ihr Erziehungsjournal, der gesammelte und bewährte Erfahrungen aus derselben Laufbahn, wiewohl von einem andern Klima her, zu der ihrigen gesellte. Ein Mann der in dieser Absicht zu ihnen reist giebt ihnen Ehre, indem er von ihnen Ehre annehmen will und mich dünkt, es wäre einmal Zeit, daß sich die Philanthropine, auch wegen ihres Kredits in Rußland – an die Schule anzuschließen anfiengen. Herr Bause wird hier allgemein geschätzt – und einem Mann seines Schlages würde der Professor Titel bey ihnen, unter dem er an unsrer Schule fort arbeitete, statt aller Honorarien
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<page index="4"/>seyn. Man trug mir einmal auf, Schriftsteller beißym Philanthropin zu werden; ich kann mich nicht besser rächen als durch Empfehlung eines Tüchtigern.
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<line tab="1"/>Dem Triumvirat in W. darf ich nicht bitten, mich zu empfehlen. Sie haben zu viel zu thun, um an mich zu denken. Auch wär’s ihnen zu verargen, wenn sie die Gunst des freundlichsten der Fürsten minder beschäftigte. Ihnen darum keinen Vorwurf gemacht, wenn Sie auch mir einige Ihrer Neuigkeiten mittheilen. Der den Vorzug hat von einer Nation zu seyn, die vielleicht in der Krise der unverdorbensten Originalität steht. Eine Nation bey der Werther, der mißverstandne Werther in 24 Stunden vielleicht mehr <ul>Verwüstungen</ul> anrichtet, als an den geschwätzigen Ufern des Rheins u. der Donau in soviel Jahren wo aber auch die stummen Scenen Ihrer Elfride auf eine Art ausgeführt und <ul>sentirt</ul> werden, von der Sie vielleicht (so grosse Hochachtung ich für manche lndividua Ihrer Gegend habe) sich bey dem Gros der dasigen Karaktere keine Vorstellung machen können. Mit dieser Achtung nenne mich, nach verbindlichstem Empfehl an Ihre lebende Elfride
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<line type="break"/><align pos="right">Ihren
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<line type="break"/>ergebensten Fr. und Diener
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<line type="break"/>JMR Lenz></align>
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<line type="break"/>JMR Lenz</align>
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<line type="break" />St Peterbg. d. 6ten April 1780
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<line tab="1"/>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand, vertikal">Wenn Sie meinen Freund Hartknoch sehen, so grüssen Sie ihn von mir und sagen Sie ihm, daß wenn er erst Gesundheit aus Ihren Gegenden geholt, sich ihm die weissen Bären die er sich vielleicht in unsern Gegenden hinsetzt, noch wol einmal auf eine Art entzaubern könnten, die ihn überführte, daß wahre Schätzung des Verdienstes nur im Vaterlande (das nicht immer <aq>native soil</aq> zu seyn braucht) möglich sey –</sidenote>
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</letterText>
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<letterText letter="332"><align pos="center">S. T. Hochgeschätztester Freund!</align>
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<letterText letter="332"><page index="1"/><align pos="center">S. T. Hochgeschätztester Freund!</align>
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<line tab="1"/>Ihre Prophezeyung ist eingetroffen; die Seereise hat mich gesund gemacht. Bewegungsgründe genug für Sie, Ihre Frau Schwester, der ich endlich Ihre Bestellungen ausgerichtet, zu besuchen, wenn <del>Sie,</del> Ihre Patienten <insertion pos="top">Sie</insertion> selbst werden krank gemacht haben. Der Herr Ueberbringer dieses Briefes reist nicht in so freundlicher Jahreszeit, obwohl fast in ähnlicher Absicht. Er möchte sein Vaterland wieder sehen, die Seinigen umarmen, seine altert Verbindungen erneuren und neue schliessen, die seinen Zustand hier angenehmer machen und seinen Kräften mehr Spiel geben könnten.
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<line tab="1"/>Es ist zu vermuthen, daß er zurück kommen wird. – und das macht unsere Reise verschieden. Können Sie ihm in Lübeck behülflich seyn, wenn er vielleicht krank dahin kommt, werden Sie sich ein neues Verdienst um mich machen, dessen Interessen freylich vor der Hand nur noch meine Brüder in Riga abtragen können. Das Kapital bezahlt Ihnen Ihr Herz und wenn ich das Zielmeiner Bestimmung weiß und Sie nach Liefland kommen die ganze Werthachtung des Meinigen.
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<line tab="1"/>Sie haben mir in Lübeck nicht gesagt, daß die bekannten Dichter Grafen v Stolberg sich dort in der Nähe aufhielten. Können Sie diesem Freunde ihren Aufenthalt nicht sagen. Sie erzeigen vielleicht beyden einen Gefallen, wenn Sie ihm behülflich sind, sie zu sehen.
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<line tab="1"/>Nach bester Empfehlung an Ihre Frau Gemalinn und schätzbare Familie, nebst deren Führer und allen Lübeckschen Freunden nenne mich mit wahrer Ergebenheit
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<line type="break" /><align pos="right">Meines hochgeschätztesten
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<line type="break"/>Freundes
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<line type="break"/>verbundenster Diener
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<line type="break"/>JMR Lenz</align>
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<line type="break" />St Petersbg. d. 8ten Aprill 1780.
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<line type="break"/>Die Nonnenklöster in Lübeck nicht zu vergessen.
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<line tab="1"/>Wenn Sie als Arzt Predigten über die Blatterneinimpfung von einem der ersten Redner unsers Landes lesen und allgemeinmachen helfen wollen, so wird Ihnen Herr Bause den Subskriptionsplan dazu geben können.
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</letterText>
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<letterText letter="333"><align pos="right">St Petersbg d. 15 April 1780</align>
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<letterText letter="333"><page index="1"/><align pos="right">St Petersbg d. 15 April 1780</align>
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<line tab="1"/>Endlich Theurester Lavater! kann ich Ihnen aus Petersburg schreiben Ihnen der meinem Herzen so nah liegt, an dem Tage wo ich die heiligen Pfänder der höchsten Liebe genoß, ohne Zerstreuung schreiben. Ich weiß nicht, ob Sie meinen Brief als Coúvert aus Riga erhalten ich habe den Mann itzt selbst kennen gelernt, dessen Brief er damals einschloß, es ist wie alle Schweitzer, auch in den verschiedensten Klimas noch immer ein guter echter Schweitzer, der Ihre Lieder gelesen. Er wird bald zurückkommen, wo sein Herz schon voranfliegt und ich hörte mit Vergnügen ihn seine Eleven ermahnen sich so aufzuführen, daß sie dessen werth seyn, die Schweitz zu sehen. Prof. Güldenstedt führte mich zu ihm, der Ihr ungeheuchelter Freund ist – auch unsers Freundes Kaufmann sich offt noch mit vieler Wärme erinnert; mir die Plätzgen gewiesen, wo er spazieren zu gehen gewohnt war und durch ihn für Ihr ganzes Vaterland als mehr als Buchstaben- und Bücherfreund gestimmt scheint. Ich bin stolz auf diesen <ul>Landsmann</ul> in Petersburg. Seine Reisen bis an den Caukasus haben ihn auf einer andern Abdachung der Erde (daß ich mich des <ul>gemeinen</ul> Ausdrucks bediene) Gott erkennen lehren. Er wohnt beim alten verehrungswerthen Euler und dessen gelehrten – Sohn im Hause, von welchen Personen allen, wie auch besonders der Frau des letztern ich Ihnen die Silhouetten wünschte. Vielleicht schicke ich sie durch Füesli; vielleicht haben Sie sie auch schon. <fn index="1"><anchor>F<note>Verweiszeichen 1</note></anchor></fn> Ein interessanter Mann ist mir auch einer der hiesigen Grössern geworden, der Vizepräsident im hiesigen Reichsjustizkollegio. <fn index="2"><anchor>FF<note>Verweiszeichen 2</note></anchor></fn> Herr Kreidemann – dem ich mehr als einen Abend von Ihnen
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<line tab="1"/>Endlich Theurester Lavater! kann ich Ihnen aus Petersburg schreiben Ihnen der meinem Herzen so nah liegt, an dem Tage wo ich die heiligen Pfänder der höchsten Liebe genoß, ohne Zerstreuung schreiben. Ich weiß nicht, ob Sie meinen Brief als Coúvert aus Riga erhalten ich habe den Mann itzt selbst kennen gelernt, dessen Brief er damals einschloß, es ist wie alle Schweitzer, auch in den verschiedensten Klimas noch immer ein guter echter Schweitzer, der Ihre Lieder gelesen. Er wird bald zurückkommen, wo sein Herz schon voranfliegt und ich hörte mit Vergnügen ihn seine Eleven ermahnen sich so aufzuführen, daß sie dessen werth seyn, die Schweitz zu sehen. Prof. Güldenstedt führte mich zu ihm, der Ihr ungeheuchelter Freund ist – auch unsers Freundes Kaufmann sich offt noch mit vieler Wärme erinnert; mir die Plätzgen gewiesen, wo er spazieren zu gehen gewohnt war und durch ihn für Ihr ganzes Vaterland als mehr als Buchstaben- und Bücherfreund gestimmt scheint. Ich bin stolz auf diesen <ul>Landsmann</ul> in Petersburg. Seine Reisen bis an den Caukasus haben ihn auf einer andern Abdachung der Erde (daß ich mich des <ul>gemeinen</ul> Ausdrucks bediene) Gott erkennen lehren. Er wohnt beim alten verehrungswerthen Euler und dessen gelehrten – Sohn im Hause, von welchen Personen allen, wie auch besonders der Frau des letztern ich Ihnen die Silhouetten wünschte. Vielleicht schicke ich sie durch Füesli; vielleicht haben Sie sie auch schon. <fn index="1"><anchor>╒</anchor></fn> Ein interessanter Mann ist mir auch einer der hiesigen Grössern geworden, der Vizepräsident im hiesigen Reichsjustizkollegio. <fn index="2"><anchor>╒</anchor></fn> Herr Kreidemann – dem ich mehr als einen Abend von Ihnen
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<page index="2"/>habe vorerzählen müssen, der mir auch ein Briefgen an Sie geben wollte, um keines Geschäfts willen, wie sich der ganz liebe Mann ausdrückte, sondern um Ihnen seine <ul>Hochachtung zu bezeugen.</ul> Das Briefgen konnt er nun wohl seiner überhäuften Geschäfte wegen (da wirklich die Last des ganzen Gerichts – das ausser dem Senat für alle liefländische Sachen die letzte Instanz ist, fast auf ihn allein ruht, weil in Rußland gemeinhin die Collegia mit verdienten Militärpersonen besetzt werden, die von Recht keine Ideen haben.) nicht schreiben, aber die wärmste und herzlichste Empfehlung folgt von ihm mit. Er erkundigte sich nach Ihrer Physiogn. umständlich, auch nach der französischen Uebersetzung von der hier alles voll ist. Bester Gönner von der letzten wußt ich ihm nichts zu sagen und Ihnen wahr zu gestehen, begreif ich sie kaum: Vielleicht hat der wackere Waffenträger Ehrmann Theil daran – er kann stolz darauf seyn, denn in der That es ist das einzige Mittel, Ihre Ideen bei einem gewissen Theil von Vornehmem in Gang zu bringen, der oft zu ihrer Ausführung und Benutzung der wichtigste ist. Ich machte Kreidemann Hofnung zu Ihrem Werk von den Phys. Linien und dem Gebrauch derselben, das Geschick unbekannter Personen zu ihrer künftigen Bestimmung zu erfahren. In Petersburg, fiel auch er bei, würde dieses hauptsächlich nöthig seyn – und ich denke, er selbst würde viel Gebrauch davon machen. Sein Gesicht ist sehr blaß – vom Arbeiten sichtbar angegriffen also nicht in der natürlichen Farbe – die Stirn aber ungemein hervorstechend über den Augknochen, das Auge erstaunend ausgearbeitet: der Mund fast ein wenig Sokratisch ungestalt, wenn er lacht, aber doch nicht ohne Reitz. Güldenstedt hat ungemein viel
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<page index="3"/>Reinheit und Redlichkeit in seinem Gesicht – der Spiegel seines Betragens (ich wäre begierig, ob Sie sie der Beschreibung nach erkennten, ohne sie genannt zu lesen:) um zu sehen ob ich etwas Physiogn. Sinn bey Ihnen gewonnen, womit ich mich wenigstens hier breit mache. Nun damit wir die Leiter heraufmachen – von unsern Grossen kenn ich noch zu wenig vielleicht läßt sich künftig mehr sagen. Aber die Landesherrschaft – Freund und Vater! – soviel ich mich erinnere hat sie – hat sie keinen Platz in der Physiognomik, kann auch nach den Carrikaturen von Kupferstich die von ihnen kursiren, keinen haben. Künftig mehr von diesem Punkt: er ist mir heilig – –
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<sidenote pos="bottom" page="1" annotation="am unteren Rand der ersten Seite"> <fn index="1"><anchor>F<note>Verweiszeichen 1</note></anchor></fn> eben höre von ihnen selbst, daß Sie sie schon haben
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<line type="break" /><fn index="2"><anchor>FF<note>Verweiszeichen 2</note></anchor></fn> dem obersten Collegio nach dem Senat</sidenote>
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<sidenote pos="bottom" page="1" annotation="am unteren Rand der ersten Seite"> <fn index="1"><anchor>╒</anchor></fn> eben höre von ihnen selbst, daß Sie sie schon haben
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<line type="break" /><fn index="2"><anchor>╒╒</anchor></fn> dem obersten Collegio nach dem Senat</sidenote>
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<line tab="1"/>Ich erinnere mich ein und des andern Mündlichen – – und daß Sie damals <ul>fehlten.</ul> Wie konnts auch anders, denn was ist aller Schatten, durch soviel Hindernisse zu Ihnen gelangend, gegen Wirklichkeit. <ul>Stärke</ul> z. B. mein Gönner! – wo Sie Hang <ul>zur Wollust</ul> fanden, der auch freylich wie beym Sokrates kann überwunden worden seyn. Ich habe sie nur einmal nahegesehen (als sie die Deputierten der neuen Provinzen in Polen zur Audienz ließ – ein interessanter Anblick) – und ich sah die – –<ul>Gesetz</ul>geberin – und die Gesetzgeberin eines halben Theils der Erde. Und worauf ich am kühnsten bin – die unmittelbare – das spricht aus ihrem Blicke. Sie ist alle Morgen vor 6 auf und arbeitet allein – und die Zeit ihrer Vergnügen ist – (ein beyspielloses Muster –) ausgemessen. Auch reden alle ihre Entwürfe Plane und Ausführungen mit ihrem Gesicht überein – das wahrhaftig im strengsten Sinn des Worts – Kayserlich ist – Ich schwärme nicht. Ihr Blick hat nicht das schröckende Feuer des alten Friedrichs aber doch genug um den zu Boden zu werfen, der’s vergessen wollte daß sie einen halben Welttheil durchdringt. Im Nacken
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<page index="4"/>in der Haltung des Kopfs, in der Brust alles voll Kraft und <ul>fortwährender</ul> Anstrengung – – der Großherr ist der Pendant zu ihr. Soviel ähnliches von Mutter auf Sohn hab ich selten gesehen nur ist Güte der Seelen am Munde, wenn er nicht angestrengt ist noch das Zeichen, das ihm die Sorgen der Haltung eines ganzen Reichs fehlen. Man sieht ihm am Gesicht an, daß er unermüdet arbeitet – auch soll er in allen Fächern der Wissenschaften seine Meister suchen. Sein Geschmack ist so rein und ohne Fehl und Eigensinn, daß ich von der Seite uns Glück wünschen wollte, wenn wir die Arrangements der Deutschen und Ausländer nur hier ganz so hätten, was Städte Bücherumsatz p. betrift. Doch künftig hiervon ein mehrers und besseres; wie von unsern Grossen überhaupt, von denen ich die wenigsten kenne. Der geheime Rath und Ritter Betzky ist ein würdiger Greis, dem Heiterkeit und stille frohe Thätigkeit aus jeder Miene leuchtet. Er hat so ganz das Schweitzerhaffte – mehr aber doch aus den Bernergegenden her. So seine Tochter und sein Schwiegersohn, von denen ich Ihnen ein andermahl schreibe: wenn meine Situation und deren Entscheidung mich näher mit ihnen bekannt gemacht, denn ich hoffe beym Cadetkorps anzukommen. Den Sächsischen Minister besuche ich oft, dessen Gesicht viel richtigen Verstand u. ein offenes u. wohlwollendes Herz weist. Vielleicht auch von dem eine Silhouette. Einige der Günstlinge des Großfürsten schickte u karakteriserte ich Ihnen gern – vielleicht kann ichs künftig besser. Ob Kaufm. Urtheile mit meinen übereinstimmten, wär ich begierig zu wissen. Besonders von den Grossen Orlovs – – Gallizin Schwäger Or. Der Gouverneur von Liefland würde Ihren ganzen Beyfall erhalten. Eine so gewölbte Stirn, soviel eherne Treue und ausharrende unzertrümmerliche Redlichkeit finden Sie nicht leicht in dem Gesicht– (auch in dem Karakter) eines andern Grossen. Seine Gemalinn – und einige Grosse von Riga werden Sie auch freuen, worunter die geh. Räthin Vitinghoff und die Vizegouverneurin Meyendorf Ihre Lieblinge werden würden. – Auch meine Familie hat Gesichter über die Ihr Urtheil zu wissen begierig wäre. <insertion pos="top">Mein Vater.</insertion> Mein ältester Bruder, den Kaufm. nicht kennt und der doch von ihm gekannt zu werden verdient – Doch ich behalte keinen Platz zur Erkundigung nach dem Befinden Ihrer teuresten Gattin u. Familie und zu der hochachtungs- und dankvollsten Empfehlung.
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<line tab="1"/>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand, vertikal">Der Fürst Kurackin das wahre Emblem des immer heitern Geistes – mehrere von denen ich künftig schreibe Die Post geht ab und ich weiß nicht, ob Ihnen daran gelegen ist durch eine andere Gelegenheit als die eines Reisenden wie die itzige, Nachricht zu erhalten von</sidenote>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand, vertikal">Der Fürst Kurackin das wahre Emblem des immer heitern Geistes – mehrere von denen ich künftig schreibe Die Post geht ab und ich weiß nicht, ob Ihnen daran gelegen ist durch eine andere Gelegenheit als die eines Reisenden wie die itzige, Nachricht zu erhalten von
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<line type="break"/><align pos="center">Ihrem</align>
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<line type="break"/><align pos="right">unverändert und Ihren Freunden ergebensten
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<line type="break"/>Diener
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<line type="break"/>J M R Lenz.</align>
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<line tab="1"/>Herrn D. Hirzel – allen Herrn Pfenninger – Herrn Schultheß und Gemalin Herrn Füeßli und Breiting, Herrn Schick Herrn Bodmer, Herrn Landvogt Lavater.
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<line tab="1"/>Herrn D. Hirzel – allen Herrn Pfenninger – Herrn Schultheß und Gemalin Herrn Füeßli und Breiting, Herrn Schick Herrn Bodmer, Herrn Landvogt Lavater.</sidenote>
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</letterText>
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<letterText letter="334"><align pos="center">Lieber Bruder.</align>
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<line type="break"/>
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<letterText letter="334"><page index="1"/><align pos="center">Lieber Bruder.</align>
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<line tab="1"/>Dein und aller Freunde Stillschweigen befremdet mich. Wirst Du auch böse werden, daß ich Dich mißbrauche, die Kouverts um meine Briefe zu machen. Aber ich erspare so zwey Dinge, die Zeit und die Postbeschwerde mit allzu dicken Briefen. Für den Graf Sakken arbeite ich schon – und es ist mir nützlich, mich in Routine zu setzen – nur wohnt er weit und Akkord haben wir auch noch nicht getroffen. Alles in der Nariskinschen Sache ist noch nicht vorbey, wenn man nur bey den entgegen stossenden Winden weiter käme. Nächstens wird im Corps öffentliches Examen der letzten Klasse seyn. Dazu werd ich nun wohl gern kommen. Das schlimmste ist, daß mirs als einhalber Vorwurf von R. gesagt wurde, er habe gehört, ich werde von N. befördert werden. Der geringste Schritt den ich thue, macht einen oder den andern aufsetzig und einem muß doch der Vorzug gegeben werden. Die Aussichten aber sind bey beiden immer noch entfernt und müssen mit Geduld erreicht und ausgeharrt werden, wiewohl sie wirklich beym Corps näher sind. Es muß ein drittes hier den Ausschlag geben welches mein guter Genius wissen mag.
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<line type="break"/>Dein
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<line type="break"/><align pos="right">J M R Lenz.</align>
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<line type="break"/>
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<line tab="1"/>Tausend Empfehlungen allen Freunden Gönnern und Geschwistern. An Hn. Past. Oldekop habe einen Antrag von der Oekonomischen Gesellschaft, bey der Herr Prof. Güldenstedt präsidirt. Wenn er nicht etwa bis zur neuen Errichtung der Statthalterschaften warten will
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<page index="2"/>
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<line type="empty"/>
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<line type="break"/><address><aq>Monsieur
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<line type="break"/>Monsieur <ul>F. D. Lenz.</ul>
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<line type="break"/>Premier pasteur et Assesseur au Consistoire de &
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<line type="break"/>á <ul>Doerpat</ul></aq></address>
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</letterText>
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<letterText letter="335"><align pos="center">Hochwolgeborne Freyfrau
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<letterText letter="335"><page index="1"/><align pos="center">Hochwolgeborne Freyfrau
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<line type="break"/>Gnädige Frau!</align>
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<line type="empty"/>
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<line type="empty"/>
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@@ -5689,17 +5676,10 @@ einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. D
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<line type="empty" />
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<line type="break" />unterthänigen und gehorsamsten Diener und Verehrer
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<line type="break"/>J. M. R. Lenz.</align>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>
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<sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand, vertikal">Ich schreibe Dir auf der Copey des Briefes an Fr. v. Vietinghof und bin so besetzt, daß ich nichts hinzufügen kann, als Dich aufs höchste zu bitten, Einlage an Papa mit geflügeltester Eile zu besorgen, Couvert etc. drum zu machen. Der theure gute Altgen hat alles unrecht ausgelegt, wie ich befürchtete und seine Ge sundheit leidet drunter, wenn er im Mißverstande länger bleibt. Dies kränkt mich doppelt, da seine und Eure Briefe mir baares Geld sind. Nächstens mehr von Deinem treuesten</sidenote>
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<line type="break"/><align pos="right">JMRLenz</align>
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<line type="empty"/>
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<line type="empty" />
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<line type="break" />
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<sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand, horizontal">
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<line tab="1"/>grüße Behage! und bitt ihn mir zu schreiben – mir überhaupt wie all meine Freunde – aber – weder zuviel noch zu wenig zuzutrauen. Wir waren hier besorgt seines langen Ausbleibens wegen.</sidenote>
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<line type="empty" />
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<line type="break" /><align pos="right">St. Petersburg d. Ap.</align>
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<line type="break" /><align pos="right">St. Petersburg d. Ap.</align></sidenote>
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</letterText>
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<letterText letter="336"> <align pos="center"><hand ref="10">v. Lenz aus Riga.</hand>
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@@ -2368,31 +2368,31 @@
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<letterTradition letter="322">
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<app ref="4">
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 18
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 18.
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</app>
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</letterTradition>
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<letterTradition letter="323">
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<app ref="4">
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana, Sammlung Autographa 7
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana, Sammlung Autographa 7.
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Frankfurt/Main, Freies Deutsches Hochstift, Nr. 25663
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Frankfurt/Main, Freies Deutsches Hochstift, Nr. 25663.
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 38
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 38.
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FSt II 149–151 (Der Brief erreicht Christian Brion nicht)
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FSt II 149–151 (Der Brief erreicht Christian Brion nicht).
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 19 (Der Brief erreicht
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Friederike
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Brion nicht)
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Brion nicht).
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 21
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 21.
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 44
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 44.
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Baltimore, Milton S. Eisenhower Library, Ms. 2, Kurrelmeyer Collection
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Baltimore, Milton S. Eisenhower Library, Ms. 2, Kurrelmeyer Collection.
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 06/1126, Bl. 1–2
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 06/1126, Bl. 1–2.
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 26
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 26.
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Frankfurt/Main, Freies Deutsches Hochstift, Nr. 12229
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Frankfurt/Main, Freies Deutsches Hochstift, Nr. 12229.
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 23. Der Br. an den Bruder
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 23. Der Brief an den Bruder
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steht am
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Rand der verso–Seite einer von Lenz selbst angefertigten Kopie seines Br. an Freifrau von
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Rand der verso-Seite einer von Lenz selbst angefertigten Kopie seines Briefes an Freifrau von
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Vietinghoff.
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Reference in New Issue
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