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@@ -19,7 +19,6 @@ Ew. HochEdelgebh: haben mich durch die neue Probe von Dero schätzbaren Gewogenh
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Von Hause, d. 2 Jenner, 1765.
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<align pos="right">gehorsamsten Diener
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<line type="break" />Jacob Michael Reinhold Lenz</align>
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@@ -97,6 +96,7 @@ Von Hause, d. 2 Jenner, 1765.
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<line type="break" />Jacob Michael Reinhold Lenz</align>
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Tarwast den 9ten November 1767.
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<sidenote pos="left" page="1" annotation=" am linken Rand der dritten Seite, vertikal">Der Frau Obristin und ihrem würdigsten Hause, wie auch dem Herrn Pastor Oldekopp bitte unser beyder gehorsamste Empfehlung zu machen und letzterem zu seinem Namenstage zu gratuliren. Ich werde meine Kur erst mit der künftigen Woche anfangen und mache mir deswegen in der jetzigen bisweilen eine <aq>Motion</aq>, mit Reiten und Spazierengehen. Auf den Sonntag wird der Bruder teutsch predigen.</sidenote>
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<page index="4" /><address><line type="break" />Dorpat.
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@@ -124,6 +124,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" /><align pos="right">gehorsamster Sohn
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<line type="break" />Jacob Michael Reinhold Lenz. </align>
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<line type="break" />Tarwasts Pastorath den 24ten November 1767
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<page index="4" /><line type="break" />P. S. Der Bruder läßt sich nochmals gehorsamst entschuldigen, daß er diesmal nicht mit geschrieben. Er hat gestern den ganzen Tag mit Brautsleuten und Lehrlingen zu thun gehabt, gestern abend um 12 Uhr in aller möglichen Eile noch nach Reval geschrieben, welchen Brief er gehorsamst zu bestellen bittet und ist heut früh schon bey dem scharfen Frost den wir seit einiger Zeit gehabt haben und bey dem Schnee und Sturm der verwichenen Nacht, catechisiren mit Schlitten gefahren. Er läßt unterdessen Ihnen und seiner würdigsten Frau Mama seinen kindlichen Handkuß und allen seinen Geschwistern besonders dem jungen Paar, wie auch allen guten Freunden seinen zärtlichsten Gruß versichern.
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<line tab="1" />
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<hand ref="3">P. S. Theurester Papa. Diesen Augenblick komme von der Catechesation. Von 8 Uhr heute Morgen bis 4 Uhr Nachmittag habe ich in der Kälte zugebracht, und bin vom Frost und Ungestüm so durchgenommen, daß ich kaum die Fingern rühren kann. Ich bin sonst Gottlob gesund, und werde mich innigst freuen, wenn Sie und meine geliebteste Frau Mama es auch sind. Sie haben doch meiner gehorsamsten Bitte gemäß schon nach Reval an meine Schwieger-Eltern geschrieben, und für mich eine Vorbitte in puncto der Hochzeit im Januario eingelegt? 100000 Grüße und Küße an <insertion>Sie beyde verehrungswürdigten</insertion> alle Geschwister Freunde und Gönner von Ihrem gehorsamsten Sohn. F. D. Lenz. Mit steifen Fingern </hand>
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@@ -133,7 +134,6 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<page index="1" /><align pos="center">Mein liebstes junges Paar!</align>
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<line type="break" />Wie sind Sie angekommen? Wieviel Glieder und Sinne haben Sie noch übrig? (denn Ihren Leuten wird wohl Verstand und alle Sinne erfroren seyn). Wie haben Sies zu Wasser und zu Lande gehabt? Sind Sie auch geirret? Und wie haben Sie alles zu Hause gefunden? Wie lassen sich die Schwedischen Reichsräthe an? Und wie gefällt Ihnen, meine liebe junge Frau, das einsame Tarwast?
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<line tab="1" />Zum andern befinden wir uns alle so, wie Sie uns gelassen haben. Papa ist Papa, und Mamma ist Mamma, und Moritz und seine Frau und alle übrige sind gesund und vergnügt, und ich, ich sey Jakob.
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<line tab="1" />Zum dritten, vierten und zehnten habe ich auch die Ehre zum Geburstag zu gratuliren und zu wünschen <aq> mmmmmmm</aq> und wieder der Herr <aq>mmmmm</aq> und wieder der Heiland <aq>mmmmm</aq> und wieder sitzo. <sidenote pos="left" page="1" annotation="am linken Rand der ersten Seite, vertikal">Mamma bittet den Sak zurück in welchem Dein Junge Salz mitgenommen hat. Sie grüßet Sohn und Tochter aufs zärtlichste und bittet sehr um angeführten Sak.</sidenote>
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@@ -168,14 +168,14 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="5" />Wie manches Ehepaar wünscht heimlich eure Freuden!
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<line tab="5" />Werd ich einst auch ein Mann, will ich euch nicht beneiden:
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<line tab="5" />Allein zum Muster nehm ich euch.
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<page index="4" /><line type="break" />Neuigkeiten! <aq>Madem. Smoljan</aq> und die Majorin Graß sind weggereist. Die Oldekoppin ist recht böse auf Dich, lieber Bruder, und auf Deine junge Frau, daß ihr nicht bey ihr gewesen seyd. –
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<page index="4" /><line type="break" /><line tab="1" />Neuigkeiten! <aq>Madem. Smoljan</aq> und die Majorin Graß sind weggereist. Die Oldekoppin ist recht böse auf Dich, lieber Bruder, und auf Deine junge Frau, daß ihr nicht bey ihr gewesen seyd. –
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<line tab="1" />Papa und Mama, die sich Gottlob! noch erträglich befinden, Moritz und seine Frau, die vielleicht selbst auch schreiben werden, Lieschen, Christian und die kleinen Geschwister, alle Freunde besonders die Frau Obristin und die Fräuleins grüßen und küssen 1000mal Fräu- und Männlein. Auch wird die alte Jungfer begrüßt. Leben Sie gesund und vergnügt mein liebstes Paar! und behalten Sie immer lieb
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<hand ref="7">Ihres Herrn Bruders seine grüsse von mich sind zu kalt, hier folgen die zärtlichsten die aufrichtigsten die feurigsten von mich und meiner Tochter, von meiner eigenen Hand. <ul> <aq>Albedyll</aq></ul> </hand>
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<hand ref="7"><line tab="1" />Ihres Herrn Bruders seine grüsse von mich sind zu kalt, hier folgen die zärtlichsten die aufrichtigsten die feurigsten von mich und meiner Tochter, von meiner eigenen Hand. <ul> <aq>Albedyll</aq></ul> </hand>
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<line type="break" /><align pos="right">zärtlichsten Bruder
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<line type="break" />Jacob Michael Reinhold Lenz</align>
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<line type="break" />Am Geburtstage 1768.
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<line type="break" />P.S. Wenn Du, liebster Bruder! einige <aq>Exemplare</aq> von <insertion> den</insertion> hochzeitlichen Gedichten hast, so schicke sie mir doch, ich habe kein einziges. Onkel Kellner vergaß auch uns welche mitzugeben. Die <aq>Capit. Sege</aq> und die Lieutnantin Brandt von Fetenhof und die Majorin Toll von Wissus haben junge Söhne. Die alte Oldenkoppin ist ziemlich krank. Heut hat H. Rektor für Reichenberg gepredigt. <aq>Adieu!</aq> Dieses am Sonntage.
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<line type="break" /><line tab="1" />P.S. Wenn Du, liebster Bruder! einige <aq>Exemplare</aq> von <insertion> den</insertion> hochzeitlichen Gedichten hast, so schicke sie mir doch, ich habe kein einziges. Onkel Kellner vergaß auch uns welche mitzugeben. Die <aq>Capit. Sege</aq> und die Lieutnantin Brandt von Fetenhof und die Majorin Toll von Wissus haben junge Söhne. Die alte Oldenkoppin ist ziemlich krank. Heut hat H. Rektor für Reichenberg gepredigt. <aq>Adieu!</aq> Dieses am Sonntage.
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</letterText>
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<letterText letter="6">
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@@ -212,7 +212,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="1" />XIV. Schluß-Ermahnung. 3 Stangen fein. schwarzen Lak. Zu 40 Trauer-Briefen Pappier mit schwarzen Ränd. 2 Buch Pappusch Pappier von No. 1.
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<letterText letter="8"> Theurester Freund!
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<letterText letter="8"><align pos="center">Theurester Freund!</align>
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<line tab="1" />Sie werden mir ein kleines Stillschweigen zu gut halten, das auf eine Abreise ohne Abschied seltsam genug aussieht. Die gegenwärtige Lage meiner Seele wird mich entschuldigen. Sie kriecht zusammen, wie ein Insekt, das von einem plötzlichen kalten Winde berührt worden. Vielleicht sammelt sie neue Kräfte, oder vielleicht ist dieser Zustand gar Melancholey. Sey es was es wolle, ich befinde mich eben nicht unglücklich dabey, es ist kein Schmerz den ich fühle, sondern bloß Ernst und obschon dieser den Jüngling nicht so sehr ziemet als den Mann, so denk ich, ist er auch für jenen unter gewissen Umständen vortheilhaft. Geben Sie mir doch Nachricht von Ihrem Befinden, ändern Sie Ihr sonst so gütiges Zutrauen gegen mich nicht. Meine Umstände können meine Oberfläche zwar ändern, aber der Grund meines Herzens bleibt. – Ich beschäftige mich gegenwärtig vorzüglich mit Winkelmanns Geschichte der Kunst, und finde bei ihm Genugtuung. O daß dieser Mann noch lebte! Schaffen Sie sich sein Werk an, wenn Sie einmal auf Verschönerung Ihrer Bibliothek denken. Wenn seine Sphäre nur nicht von der Art wäre, daß er sich durch einen großen Nebel von Gelehrsamkeit in derselben herumdrehen muß, der den gesetzten und edlen Flug seines Geistes merklich niederschlägt. In der Jurisprudenz habe ich nur noch eine kleine Saite in meiner Seele aufgezogen, und die gibt einen verhenkert leisen Thon. Der waltende Himmel mag wissen, in was für eine Form er mich zuletzt noch gießt und was für Münze er auf mich prägt. Der Mensch ist mit freien Händen und Füssen dennoch nur ein tändelndes Kind, wenn er von dem großen Werkmeister, der die Weltuhr in seiner Hand hat, nicht auf ein Plätzchen eingestellt wird, wo er ein paar Räder neben sich in Bewegung setzen kann. – Ist Ihre Abhandlung schon vorgelesen? Und wie haben sich <aq>Ott</aq> und <aq>Haffner</aq> das letztemahl gehalten; ich zähle auf Ihr Urtheil davon.
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<line tab="1" />Ihre weisen Rathschläge über einen gewissen Artikel meines Herzens, fang ich an mit Ernst in Ausübung zu setzen: allein eine Wunde heilt allemahl langsamer, als sie geschlagen wird. Und wenn ich die Leidenschaft überwände, wird doch der stille Wunsch ewig nicht aus meinem Herzen gereutet werden, mein Glück, wenn ich irgend eines auf dieser kleinen Kugel erwarten kann, mit einer Persohn zu teilen, die es mir allein wird reitzend und wünschenswerth machen können. Ich habe heut einen dummen Kopf, aber ein gutes und geruhiges Herz: aus der Fülle dieses Herzens will ich Ihnen sagen, daß ich bin
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<line type="break" /><align pos="right">Ihr
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