Einpflegung von Brief 191.

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GregorMichalski
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Strasburg abgegangen eins davon einzupacken und unserm lieben Fritz Stollberg zuzuschicken mit der
Nachricht daß ich hier und sehr wohl sei, aber sehnlich auf seine Ankunft warte.</letterText>
<letterText letter="191"><align pos="center">Auszug einer Stelle aus einem Briefe des Herrn<line type="break"/>
Klinger aus Giessen, eines gebohrnen Frankfurters<line type="break"/>
an Lenzen.</align> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Hier haben Sie meine Geschichte. Soviel ich von meinem Vater weiß, war er ein wunderbarer feuriger
Mann, der nicht an seinem Platz war. Dabey von edlem Sinn. Gott weiß wie seine Seele die Richtung
bekam. Ich verlor ihn in meinem achten Jahr da er an einem Fall starb, das so zu gieng. Er <aq>etc.</aq> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Nach seinem Tode wird meine Mutter krank auf 18 Wochen für Kummer. Wir Kinder all, und fremde Leute
nahmen das bisgen weg das noch übrig war. Meine Mutter von der Liebe zu uns gestärkt ermunterte sich.
Arbeitet mit ihren Händen, ernährt drey unmündige Kinder, ohne zu vermeiden, nicht in Schulden zu kommen.
Als ich heranwuchs bat und flehte ich mich in die Lateinische Schule zu halten. Das geschah, sie konnte
mir nichts abschlagen. Noch erinnere mich daß sie mein erstes Schulgeld nicht bezahlen konnte und es
borgen mußte. Das gieng so fort. Sie erhielt mich bis ins 19 Jahr in allem, denn was ich mit Informiren
und vom Chor bekam war sehr gering. Zwey Jahr erhielt ich mich und gab ihr was ich konnte. Nun wollte<page index="2"/>
ich auf Akademieen gehn, hatte keine 100 fl. Ich ward mit Goethe bekannt: Das war die erste frohe Stunde
meiner Jugend. Er bot mir seine Hülfe an. Ich sagte nicht alles und ging so, weil ich lieber sterben wollte
als unverdient was annehmen. Die 100 fl. waren bald all. Der grosse Goethe drang in mich, machte mir Vorwürfe
und nun leb ich schon ein ganzes Jahr von seiner Güte o Lenz, bin ich Ihnen nicht verächtlich? Ich wäre
tausendmal´lieber gestorben, kann ich Ihnen sagen was michs kostete. Aber Goethe, oh wenn ich seiner werth würde,
wenn ichs ihm erstatten könnte, um froh zu sterben. Ich bin nicht Herr über mich bis das geschehen ist. Und die
Angst er möchte sich manchmal einfallen lassen, meine Liebe zu ihm rühre aus Intresse her. Liebster, bin ich
nicht unglücklich? Und meine von Schulden u. Elend gedrückte Mutter, meine leidende Schwestern wovon die eine
ein herrliches Geschöpf ist, die alle auf mich warten <aq>etc.</aq> <line type="empty"/>
<note>doppelter, zentrierter Querstrich</note><!-- Querstrich -->
Lassen Sie Goethen nicht merken gnädige Frau! daß ich Ihnen das verrathen habe.<line type="break"/>
L.<line type="break"/>
Ich danke Gott, daß Arundel lebt.</letterText>
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<date value="Weimar, Mitte 1776" />
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 28/356, [Nr. 133] (Der Brief an Charlotte von Stein, der die
Abschrift eines Briefes von Friedrich Maximilian Klinger an Lenz enthält, liegt einem Brief von
Katharina Elisabeth Goethe an ihren Sohn vom 18. Januar 1802 bei (vgl. Briefe an Goethe.
Gesamtausgabe in Regestform. Bd. 4. Weimar 1988, S. 33, Nr. 22).
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