Einpflegung von Brief 72.

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GregorMichalski
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auf meine Kosten drucken in Kehl, wo ich Götter, Helden und Wieland drucken ließ. Dann sollst Dus
haben. Bis dahin ich beschwöre Dich schweig davon.</letterText>
<letterText letter="72"><line tab="1"/>Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft
für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren
Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers,
des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren wäre Lästerung. Ihn durch
dies Stück bekehren wollen Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und
mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W.
<ul>dem Menschen,</ul> nicht mit Wiel. <ul>dem Schriftsteller</ul> zu thun? Thu ich <ul>mir</ul> nicht den grösten Schaden <del>th</del>
damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er <ul>frohlocken kann</ul> über mich? Und das meine eignen Freunde. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Jeder Autor <ul>hat ein Recht auf das was er</ul> geschrieben. Ich bitte euch also mirs zurückzuschicken und
mich meinem Schicksal zu überlassen. <line type="empty"/>
Ich schreibe dies mit dem kältsten Blut und der gelassensten Ueberlegtheit von der Welt. <line type="break"/>
<align pos="right">Lenz <line type="break"/>
<aq>verte</aq></align> <line type="empty"/>
<sidenote pos="left" page="1" annotation="am linken Rand, vertikal">
<line tab="1"/>Und W. der euch allen im Herzen Hohn spricht, die Achseln über Euch zuckt u lächelt mit dem wollt
Ihr Vertraulichkeit machen, sobald es wieder ihn geht. Liebe liebe Freunde überlaßt mich
wenigstens mir allein.</sidenote>
<page index="2"/>
Wieland der Mensch wird einst mein Freund werden aber Wieland der Schriftsteller, das heißt der
Philosoph der Sokrates nie. <line type="empty"/>
Schickst Dus aber ihm so ist es <del>seyn</del> sein und euer aller Verderben. <line type="empty"/>
# Mit einer Welt Dukaten kannst Du mir dies Stück nicht abkauffen. <line type="empty"/>
# # Wenn ist mir selbst noch unbekannt. <line type="empty"/>
<line type="empty"/>
<note>mit Abstand</note>
<line tab="1"/>Lieber, laß uns doch nicht alle unsere Köpfe über einen Leisten schlagen wollen. Gott hätte sonst nur
einen Menschen auf dem ganzen Erdboden schaffen müssen Ich seegne euer Projekt und bin voll
Erwartungen. <line type="empty"/>
<page index="3"/>
<line tab="1"/>Lavater erster aller Knechte Gottes, wenn Du noch Freundschaft für mich hast, so schweig schweig
ewiges tiefes Stillschweigen von den Wolken und leg dies auch Passavanten auf. Er ist ein
guter Junge, unser aller Freundschaft leidt hiedurch kein Haar, gewinnt aber ich <ul>kann, will</ul> und <ul>werde</ul> die
Wolken drucken lassen # # und <ul>begehre sie hiemitzurück.</ul> # Nicht aus meiner Autorität, sondern aus
einer <ul>höheren.</ul> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Was Du von den Individuen sagst, ist vortreflich, aber paßt nimmer und in Ewigkeit auf Wieland,
nimmer und in Ewigkeit auf diesen Fall. Ich hab hier eben grad mit keinem einzigen Individuum auf
der ganzen Welt zu thun, sondern mit dem Ganzen, das mir am Herzen liegt. <line type="empty"/>
<sidenote pos="left" page="3" annotation="am linken Rand, vertikal">
<line tab="1"/>Daß ich Dein <aq>admonitorium</aq> einst Gottern zuschicken wollte, war nicht, um ihn zu bekehren, sondern,
um ihm zu weisen, wie sehr ich ihn mit samt seinen Lobeserhebungen und Autoreinfluß und Macht
verachte. Er sollte widerrufen das <ul>kann</ul> aber W. nicht.</sidenote> <line type="empty"/>
<page index="4"/>
<note>Adresse</note>
Herrn <line type="break"/>
Herrn J. C. Lavater <line type="break"/>
Pfarrer am Waysenhause <line type="break"/>
zu Zürich.</letterText>
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<date value="Straßburg, Ende September 1775" />
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Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 15
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