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Einpflegung vom französischen Brief 385 und Übersetzung.
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Zwei Briefe Ramond de Carbonnières an Lenz, Nr.
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<!-- Wird die Datierung des Briefs in der Übersetzung ausgelassen oder fehlt diese im Dokument? -->
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<align pos="center">Mein Herr und lieber Freund.</align> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Da die Nachricht von Ihrer plötzlichen Abreise aus Straßburg mir sehr großen Kummer bereitet
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hatte, hörte ich mit größtem Interesse die Neuigkeiten von Ihnen; mein Freund hat mir recht
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zufriedenstellende überbracht. Sie sind mit Ihrem berühmten Freund Goethe vereinigt und
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befinden sich unter den Augen und dem Schutz eines Fürsten, der Talente zu schätzen weiß
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und der ein bedeutender Mann wäre, auch wenn er kein Fürst wäre. Ich vergleiche die Vorstellung,
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die ich mir von seinem Hof mache, mit meiner tristen Bleibe. Talente brauchen eine Bühne und
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ich befinde mich in einer Wüste inmitten meiner lieben Mitbürger.<line type="break"/>
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Meiner kleinen Eigenliebe, mein lieber Freund, schmeichelt Ihre angenehme Art, sich an mich zu
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erinnern zu sehr, weswegen ich Ihrer Bitte sofort nachkomme; ich beauftrage meinen Freund, Ihnen
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mein Werk zu schicken; in vielerlei Hinsicht ist es das Ihrige, ich verdanke Ihnen Lektionen, ich
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hatte Ihnen schon welche zu verdanken, bevor ich Sie überhaupt persönlich kennengelernt habe;
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vergeben Sie dem Schüler seine Huldigung des Meisters. Wäre ich freier und glücklicher, wäre ich
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nicht unrettbar unterjocht, hätte ich vielleicht beschlossen, es Ihnen selbst zu bringen; ich hätte
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Sie gebeten, mich Herrn Goethe vorzustellen; man muss danach streben, die Bekanntschaft von Genies
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zu machen, die man bewundert, für den Geist ist der Umgang mit Ihnen gewinnbringend, noch mehr für
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das Herz. Ich wage es, Sie zu bitten, ihm meine Ehrerbietung zu überbringen und seine Schriften
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gebührend zu loben; aber ich fürchte sehr, dass er meinen Zuspruch geringschätzt; was ist denn meine
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Stimme gegen die Stimme von ganz Deutschland und den aller empfindsamer Herzen? <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Herr Spehner aus Berlin übernimmt den Druck meines Dramas; ich wage es. Sie waren so gütig, mich zu
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diesem Versuch zu ermutigen; ich habe mich allein auf Ihren Rat hin entschlossen; er wog alle anderen
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auf. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Inzwischen habe ich eine neue Arbeit übernommen; sie wird kraftraubend werden. Und ich hielt sie für
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geeignet, ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen, wenigstens durch das Genre. Aber aus tausend Gründen muss
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ich meine Arbeit ständig unterbrechen. Inmitten meines stürmischen Lebens habe ich nur kurze Hoffnungsschimmer;
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mal sind es die Leiden des Geistes, mal die des Herzens, mal sind es Überdruss und Mutlosigkeit, und dann
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heißt es Abschied nehmen von der Traumwelt, die man sich geschaffen hatte. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Sie sind nun ruhiger und glücklicher als ich. Pflegen Sie die Muse , um die empfindsamen Herzen zu bezaubern;
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sie verdanken Ihnen schon viel. Geruhen Sie, sich meiner gelegentlich zu erinnern. Ich werde niemals die
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wenigen angenehmen Momente vergessen, die wir zusammen verbracht haben; damals glaubte ich nicht, dass es
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die letzten wären. <line type="empty"/>
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Ich verbleibe mit treuer und unerschütterlicher Verbundenheit, mein Herr und lieber Freund, <line type="empty"/>
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<align pos="right">Ihr untertäniger und gehorsamer Diener.<line type="break"/>
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Ramond</align></app>
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<letterTradition letter="186">
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