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Einpflegung von Brief 372.
This commit is contained in:
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<adress><sidenote pos="bottom" page="2" annotation="am unteren Rand, spiegelverkehrt">Herrn Johann Christian Lenz. Sekretär des K. Gouvernements und Rath in <aq>Riga</aq></sidenote></adress></letterText>
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<address><sidenote pos="bottom" page="2" annotation="am unteren Rand, spiegelverkehrt">Herrn Johann Christian Lenz. Sekretär des K. Gouvernements und Rath in <aq>Riga</aq></sidenote></address></letterText>
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<letterText letter="372">
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<align pos="right">d. 11ten Jun. 1791</align> <line type="empty"/>
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<align pos="center">Mein zärtlichgeliebtester Bruder!</align> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Wahrscheinlich wirst du den Brief von deinem Freunde (ja wie hieß er?) der mit dem General
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Beklemscheff nach Orloff und Kursk reisete, und meinen Einschluß bereits erhalten haben. Wie
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erfreute mich diese Begebenheit und wie überraschend war mir dein Stillschweigen <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Allein mein Bruder! ich habe seit der Zeit vom Herrn A– – werinn noch keine Zeile oder Nachricht
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erhalten, weiß auch nicht wie er sich in der neuen Station gefallt. Seine artige höfliche
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Freundschaftsbezeigungen liessen mich hoffen, er werde auch aus der Nachbarschaft deinen Bruder
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nicht hindansetzen da er sich einen so warmen Freund von dir sagte. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Sollte Dir in Riga, oder unserm theuren Greise nicht ein Offizier der französischen Truppen
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bekannt worden seyn mit welchem ich durch Herrn Lavaters Vermittlung in Verbindung stand. Es
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schien, er suchte bey dem Hause des ehemaligen Feldmarschall Münnich, das in der Gegend von
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Dorpt und Ringen wie du weißt, Vornehme Verwandte hat,*<!-- Verweiszeichen --> ein Attachement vielleicht bey den
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Truppen die zur Bewahrung des Canals von Ladoga, imgleichen des zu Wischnei Wolotschok, (wo
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die neuen Städte Kreszi u. s. f. errichtet sind) bestimmt sind und würde, da er von dem
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Hofe begünstigt, und in Frankreich <ul>aus einer der besten Familien ist,</ul> durch seine nahe Verwandschaft
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mit dem hiesigen <ul>Direktor der Bezkischen Erziehungsanstalten</ul> (denn mit einem Wort, es ist
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sein Bruder) den Absichten der grossen Monarchinn zur Beförderung des innerlichen Handels
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und neuer Universitäten am zuverlässigsten entsprechen <line type="empty"/>
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<sidenote pos="left" page="1" annotation="am linken Rand">*<!-- Verweiszeichen -->Graf Solmes General Berg u. s. w. auch die Igelströhms</sidenote> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich hätte gern hierüber an den Bruder in Derpt darüber geschrieben, wenn nach dem Innhalt seines
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letzten Briefes zu urtheilen, überhaupt es rathsam wäre, Feuer zu Pulver zu thun, so wenig scheint
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er mich – und ich ihn zu verstehen. Vielleicht wenn Personen aus den Gegenden wo ich gelebt und
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bekannt und unbekannt war, durch Ehre und Schande, gute und böse Gerüchte gieng, öffterer mit
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ihm zusammen kämen, würde er, so wie vielleicht alle seine Freunde und Bekannten mich zu <ul>miß</ul>kennen
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aufhören. Was man schrieb und drukte war nicht immer das was an der Sache selbst war. Ich habe
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ihn nie zu lieben und zu schätzen aufgehört – allein es dünkte mich, Haussorgen machten ihn ein
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wenig zu mißmuthig und heftig in allen seinen Briefen und andern Äusserungen gegen mich und
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wiesen ihm alles was ich that aus einem falschen Lichte. Das hat so seyn müssen– und nun genug
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davon. Wenn ich reich wäre, würde von Herzen gern seinen Kindern helfen, wenigstens worinne durch
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mein Vorwort bey solchen Personen dienen kann, die mehr als ich vermögen, werde niemals an meiner
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Brudertreue was ermangeln lassen.<line type="break"/>
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<line tab="1"/>Es ist nun das 10te Jahr daß ich in Moskau an einem Mißverständnisse <ul>arbeite das ich nicht überwinden
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kann,</ul> und das wie ich neulich – wirst du lächeln, oder auch zweiffeln? wirklich wunderbare weise – in
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meinem Pult nach alten Puppieren krabelte – mir <ul>durch ein Blatt</ul> das ich den drey Fräulein <ul>Beharrn,</ul> die
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aus dem Lande nach Zweybrük giengen über eine Theaterpiése eines Freundes bey Hofe zustellte, ganz
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besonders aufgieng. Dieses waren 3 Schwestern, an die ich die gewöhnlichen Floskeln verschwendete und
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die wahrscheinlich von diesem Wisch Gebrauch gemacht. Es war in Petersb. in einem Hause das viel Verbindungen
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hat – alle diese Umstände machten mich erst nach vielen Jahren aufmerksam; besonders da ihr Vater in Moskau
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einer der ersten Rechtsgelehrten gewesen, wo man gern allerley kleine Quinten drehen mag, um zu zeigen daß
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man den Justinian gelesen. Ich kann vor Gott bezeugen daß ich an nichts arges gedacht habe; ausser meinem
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Freunde Vergnügen zu machen <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Doch genug davon und von der Art wie in Rußland <insertion pos="right">(Liefland)</insertion><!-- Einfügung rechts? --> gelesen wird. Habe die Gutheit mir nur recht
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umständlich zu melden, was unser lieber Vater macht, ob Mama noch munter ist, ob sie Freunde haben die sie
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besuchen ob du offt bey ihnen bist, ob unsere Schwester Elisabeth nicht wieder an eine Heurath denkt und das
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dasige <aq>Liceum</aq> noch keinen neuen Regenten erhalten? <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich bitte knieend alle lieben Geschwister, <ul><ru>xpncTa pa.un</ru>,</ul> mich mit allem was Schulen und <ul>Erziehung</ul> betrift zu
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verschonen.*<!-- Verweiszeichen --> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/><sidenote pos="left" page="3" annotation="am linken Rand, vertikal">*<!-- Verweiszeichen -->Ist dir niemals eine Familie Grefnitz aus Oesel bekannt geworden. Es war hier ein Obristl. von diesem Namen,
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den ich allemal mit einem v. Krefting verwechselte mit dem ich zusammenstudiert habe. Er hatte einen sehr
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artigen Gesellschafter aus Sachsen bey sich, aber aus <ul>Chur</ul>sachsen aus Leipzig, der ein Jurist war.</sidenote><line type="break"/>
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<line tab="1"/>Da ich hoffentlich deinen Freund in dessen Nachbarschafft ein besonders lieber Gönner von mir Güter hat, auch
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einmal sehen werde, so gestehe dir gern lieber Bruder daß mich gegenwärtig in einiger Verlegenheit befinde.
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Die letzthin aus eurer Güte mir übermachten 25 Rbl. mußte zu einem Kleide verwenden und bin seit der Zeit nicht
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wenig an Leib und Seel angegriffen worden von allerley wunderlichen Sorgen; so daß dein Freund mich auch
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vielleicht ein wenig melankolisch dir abgeschildert haben wird. Sollte der Ueberbringer eines langen weitläuftigen
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Briefes, aus <aq>Kadom,</aq> ein geborner Curländer der über Pieskau reisete, sich auch wohl bey dir eingefunden haben? Er
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verreisete ohne daß ich ihm Reisegeld ausmitteln konnte, und es war ziemlich kalt, daß ich für ihn viel Unruhe
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gehabt. Allein ob derselbe in Liefland oder Pieskau geblieben, ist mir unbekannt. Ob er mit dem Bruder in Derpt
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gesprochen ist noch zweiffelhafter. Und doch hätte es gewünscht weil ein hiesiger sehr artiger junger Russischer
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Gelehrter der aber verheurathet ist und ein <aq>Dictionnär</aq> herausgiebt, einige Offiziere hier beherbergte, die dahin
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giengen um die Aufsicht über ein <aq>Gymnasium</aq> zu übernehmen. Man sagt die Monarchin werde dasselbe in eine hohe Schule
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verwandeln. – Sollte Papa von dem <ul>neuen Bibelwerk meine Ideen gut gefunden haben</ul> und sich Unterschriften auch in
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Liefland hoffen lassen? Doch ich breche hier ab um Dich und deine würdige Gemalinn unbekannt aufs zärtlichste zu
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umarmen, noch immer verfolgt vom <ul>Asmodi</ul> der <ul>Göthen </ul>und allen seinen Freunden einen <ul>Junoneyd </ul>scheint geschworen zu
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haben. Aber auch betrübt<line type="break"/>
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<align pos="center">Dein treuer Bruder</align><line type="break"/>
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<align pos="right">JMRLenz</align> <line type="empty"/>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="am linken Rand, vertikal">In der Woche der hoffentlichen Eröfnung eines <aq>depot de litterature.</aq></sidenote></letterText>
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<date when="1791-06-11">Moskau, 11. Juni 1791</date>
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 27
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 29
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 29
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 43
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Reference in New Issue
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