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- Herrn Johann Christian Lenz. Sekretär des K. Gouvernements und Rath in Riga
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Herrn Johann Christian Lenz. Sekretär des K. Gouvernements und Rath in Riga
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+ d. 11ten Jun. 1791
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+ Mein zärtlichgeliebtester Bruder!
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+ Wahrscheinlich wirst du den Brief von deinem Freunde (ja wie hieß er?) der mit dem General
+ Beklemscheff nach Orloff und Kursk reisete, und meinen Einschluß bereits erhalten haben. Wie
+ erfreute mich diese Begebenheit und wie überraschend war mir dein Stillschweigen
+
+ Allein mein Bruder! ich habe seit der Zeit vom Herrn A– – werinn noch keine Zeile oder Nachricht
+ erhalten, weiß auch nicht wie er sich in der neuen Station gefallt. Seine artige höfliche
+ Freundschaftsbezeigungen liessen mich hoffen, er werde auch aus der Nachbarschaft deinen Bruder
+ nicht hindansetzen da er sich einen so warmen Freund von dir sagte.
+
+ Sollte Dir in Riga, oder unserm theuren Greise nicht ein Offizier der französischen Truppen
+ bekannt worden seyn mit welchem ich durch Herrn Lavaters Vermittlung in Verbindung stand. Es
+ schien, er suchte bey dem Hause des ehemaligen Feldmarschall Münnich, das in der Gegend von
+ Dorpt und Ringen wie du weißt, Vornehme Verwandte hat,* ein Attachement vielleicht bey den
+ Truppen die zur Bewahrung des Canals von Ladoga, imgleichen des zu Wischnei Wolotschok, (wo
+ die neuen Städte Kreszi u. s. f. errichtet sind) bestimmt sind und würde, da er von dem
+ Hofe begünstigt, und in Frankreich aus einer der besten Familien ist,
durch seine nahe Verwandschaft
+ mit dem hiesigen Direktor der Bezkischen Erziehungsanstalten
(denn mit einem Wort, es ist
+ sein Bruder) den Absichten der grossen Monarchinn zur Beförderung des innerlichen Handels
+ und neuer Universitäten am zuverlässigsten entsprechen
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+ *Graf Solmes General Berg u. s. w. auch die Igelströhms
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+ Ich hätte gern hierüber an den Bruder in Derpt darüber geschrieben, wenn nach dem Innhalt seines
+ letzten Briefes zu urtheilen, überhaupt es rathsam wäre, Feuer zu Pulver zu thun, so wenig scheint
+ er mich – und ich ihn zu verstehen. Vielleicht wenn Personen aus den Gegenden wo ich gelebt und
+ bekannt und unbekannt war, durch Ehre und Schande, gute und böse Gerüchte gieng, öffterer mit
+ ihm zusammen kämen, würde er, so wie vielleicht alle seine Freunde und Bekannten mich zu kennen
+ aufhören. Was man schrieb und drukte war nicht immer das was an der Sache selbst war. Ich habe
+ ihn nie zu lieben und zu schätzen aufgehört – allein es dünkte mich, Haussorgen machten ihn ein
+ wenig zu mißmuthig und heftig in allen seinen Briefen und andern Äusserungen gegen mich und
+ wiesen ihm alles was ich that aus einem falschen Lichte. Das hat so seyn müssen– und nun genug
+ davon. Wenn ich reich wäre, würde von Herzen gern seinen Kindern helfen, wenigstens worinne durch
+ mein Vorwort bey solchen Personen dienen kann, die mehr als ich vermögen, werde niemals an meiner
+ Brudertreue was ermangeln lassen.
+
+ Es ist nun das 10te Jahr daß ich in Moskau an einem Mißverständnisse arbeite das ich nicht überwinden
+ kann,
und das wie ich neulich – wirst du lächeln, oder auch zweiffeln? wirklich wunderbare weise – in
+ meinem Pult nach alten Puppieren krabelte – mir das ich den drey Fräulein die
+ aus dem Lande nach Zweybrük giengen über eine Theaterpiése eines Freundes bey Hofe zustellte, ganz
+ besonders aufgieng. Dieses waren 3 Schwestern, an die ich die gewöhnlichen Floskeln verschwendete und
+ die wahrscheinlich von diesem Wisch Gebrauch gemacht. Es war in Petersb. in einem Hause das viel Verbindungen
+ hat – alle diese Umstände machten mich erst nach vielen Jahren aufmerksam; besonders da ihr Vater in Moskau
+ einer der ersten Rechtsgelehrten gewesen, wo man gern allerley kleine Quinten drehen mag, um zu zeigen daß
+ man den Justinian gelesen. Ich kann vor Gott bezeugen daß ich an nichts arges gedacht habe; ausser meinem
+ Freunde Vergnügen zu machen
+
+ Doch genug davon und von der Art wie in Rußland (Liefland) gelesen wird. Habe die Gutheit mir nur recht
+ umständlich zu melden, was unser lieber Vater macht, ob Mama noch munter ist, ob sie Freunde haben die sie
+ besuchen ob du offt bey ihnen bist, ob unsere Schwester Elisabeth nicht wieder an eine Heurath denkt und das
+ dasige Liceum noch keinen neuen Regenten erhalten?
+
+ Ich bitte knieend alle lieben Geschwister, mich mit allem was Schulen und betrift zu
+ verschonen.*
+
+ *Ist dir niemals eine Familie Grefnitz aus Oesel bekannt geworden. Es war hier ein Obristl. von diesem Namen,
+ den ich allemal mit einem v. Krefting verwechselte mit dem ich zusammenstudiert habe. Er hatte einen sehr
+ artigen Gesellschafter aus Sachsen bey sich, aber aus sachsen aus Leipzig, der ein Jurist war.
+
+
+ Da ich hoffentlich deinen Freund in dessen Nachbarschafft ein besonders lieber Gönner von mir Güter hat, auch
+ einmal sehen werde, so gestehe dir gern lieber Bruder daß mich gegenwärtig in einiger Verlegenheit befinde.
+ Die letzthin aus eurer Güte mir übermachten 25 Rbl. mußte zu einem Kleide verwenden und bin seit der Zeit nicht
+ wenig an Leib und Seel angegriffen worden von allerley wunderlichen Sorgen; so daß dein Freund mich auch
+ vielleicht ein wenig melankolisch dir abgeschildert haben wird. Sollte der Ueberbringer eines langen weitläuftigen
+ Briefes, aus Kadom, ein geborner Curländer der über Pieskau reisete, sich auch wohl bey dir eingefunden haben? Er
+ verreisete ohne daß ich ihm Reisegeld ausmitteln konnte, und es war ziemlich kalt, daß ich für ihn viel Unruhe
+ gehabt. Allein ob derselbe in Liefland oder Pieskau geblieben, ist mir unbekannt. Ob er mit dem Bruder in Derpt
+ gesprochen ist noch zweiffelhafter. Und doch hätte es gewünscht weil ein hiesiger sehr artiger junger Russischer
+ Gelehrter der aber verheurathet ist und ein Dictionnär herausgiebt, einige Offiziere hier beherbergte, die dahin
+ giengen um die Aufsicht über ein Gymnasium zu übernehmen. Man sagt die Monarchin werde dasselbe in eine hohe Schule
+ verwandeln. – Sollte Papa von dem neuen Bibelwerk meine Ideen gut gefunden haben
und sich Unterschriften auch in
+ Liefland hoffen lassen? Doch ich breche hier ab um Dich und deine würdige Gemalinn unbekannt aufs zärtlichste zu
+ umarmen, noch immer verfolgt vom der und allen seinen Freunden einen scheint geschworen zu
+ haben. Aber auch betrübt
+ Dein treuer Bruder
+ JMRLenz
+
+ In der Woche der hoffentlichen Eröfnung eines depot de litterature.
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+ Moskau, 11. Juni 1791
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+
+ Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 27
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+
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 29
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+
+ Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 43
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