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Einpflegung von Brief 330.
This commit is contained in:
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Oberpastor und Assessor des Consistoriums<line type="break"/>
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zu <ul>Dörpat.</ul></letterText>
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<letterText letter="330"><align pos="center">S. T.<line type="break"/>
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Schätzbarster Freund!</align> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Neue Situationen, öfnen neue Aussichten und knüpfen die alten Verbindungen freundlich wieder an.
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Ich nahm Abschied von Ihnen, als ich der Trödelbude der Welt müde, mich der Natur in der stillsten
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Schweitz in den Schooß warf. Sie hat mich in mein Vaterland zu führen gewußt, wo mir jede ehmalige
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Verbindung neuen Werth erhält. Ich bin bisher von allen litterarischen Neuigkeiten durch meine Schuld
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abgeschnitten gewesen. Sie werden mich verbinden, wenn ich deren einige und von Ihrer Hand erhalten
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kann, die für mich den Stempel der Zuverlässigkeit mehr als eine andere führt, da ich zu entfernt bin,
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als daß sich Leidenschaften zwischen uns einmengen könnten. Also werden Sie auch von mir welche erhalten,
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an denen Ihnen gelegen seyn könnte. Doch bitt ich zum voraus, keinen andern Gebrauch davon zu machen, als
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sich mit meinen <page index="2"/> Verhältnissen wird vertragen können, worüber mir die Zuverlässigkeit und
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Unbestechlichkeit Ihres Karakters bekannt ist. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Was macht also zuförderst Vater Klopstock den ich durch ein Mißgeschick, wie soviele Edle auf meiner Reise
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habe <insertion pos="top">ver</insertion>fehlen müssen. Und unser fürtrefliche Leibarzt Zimmermann von dessen Sohn ich noch aus Zürich gute
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Nachrichten mitgenommen. Es wäre unaussprechlich Schade um eine der feinsten und schönsten Seelen unsers Jahrhunderts
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gewesen, vielleicht durch blossen Kützel des feindseligen Witzes, der lang unter uns Ton gegeben, so ganz erdrückt
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zu werden. Ach wenn wird Thalia wieder lachen können, die nur das faule Fleisch wegätzt und der edlern Seele neue
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Lebenskräfte giebt. Sie die im Gefolge <page index="3"/> der Bachanten und Menaden das Angesicht verhüllen muß; wie jener
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Grieche bey der Aufopferung seiner Tochter. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Von Ihrem Museum weiß ich fast nichts mehr so wenig als vom Merkur, da wir hier periodische Blätter mit näherer
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Beziehung auf Vaterland haben. Doch könnten sie sich vielleicht mit Ihnen zu ähnlichen Zwecken vereinigen, ohne
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einander im Debüt zu schaden, da die deutsche Litteratur, wenn sie mehrere Angelegenheiten Rußlands aufnähme, hier
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vielen Eindruck macht. Vielleicht gibt es in unseren entferntesten Gegenden, echtere Deutsche als bey Ihnen.
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Verzeyhen Sie mir diese Impertinenz, die wie alle Machtansprüche auch ihren Theil Wahrheit hat, da vielleicht unter
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keiner Regierung sich Expatriierte von allen Ständen und Fähigkeiten so genau an ein ander geschlossen und so freundliche
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Behandlung erfahren. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich muß schliessen, weil mir kaum soviel Zeit übrig bleibt, Ihnen zu sagen, daß hier ein ehmaliger Eleve von Ihnen,
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Herr Legationsrath Claudes mir bekannt worden und ich mit ihm näher bekannt zu werden wünschte um Ihnen mit mehr Eindruck
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versichern zu können, daß ich nicht aufhören kann zu seyn Ihr<line type="break"/>
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<align pos="right">verbundenster Fr. u. Diener<line type="break"/>
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J M R Lenz.</align> <line type="empty"/>
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Petersbg. D. 5ten April 1780. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Wie befindet sich Herr Bürger – was machen Pfeffel und Schlosser, die zu weit von mir sind, um sie zu erreichen. Doch bitt
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ich dem letzten, Herrn Hofrath Schlosser zu schreiben, daß er sich eine unrichtige Vorstellung aus meiner <ul>eben so unrichtigen</ul>
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Nachricht von meiner gegenwärtigen Situation macht; über die ich ihm, sobald ich es bestimmter <dul>thun kann,</dul> schreiben werde.
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Doch könnte das Kadettenkorps in Berlin und Herrn Rammlers Situation in demselben ihm ein richtigeres <aq>point de vue</aq> abstecken
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helfen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Von Herrn Bause der Ihnen diesen Brief vielleicht selbst abgiebt, vielleicht zuschickt, habe Ihnen noch nichts sagen
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können. Er geht nach Dessau, aus einem Zuge der Gemüther die mit gleichem Erfolg auf gleiche Zwecke arbeiten. Nur daß
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sein Standpunkt verschieden und ihrem Journal viele Mannichfaltigkeit und Nutzen mehr geben wird, in das er Beyträge
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von Petersbg. aus liefern will. <line type="empty"/>
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Er wird Ihnen meine Adresse sagen, doch besser wärs, Sie schickten ihm Ihren Brief zu.</letterText>
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</document>
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@@ -4959,5 +4959,20 @@
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<isDraft value="false" />
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="330">
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<date value="St. Petersburg, 5. April 1780" />
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<sort value="1780-04-05" />
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<letterTradition letter="330">
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Baltimore, Milton S. Eisenhower Library, Ms. 2, Kurrelmeyer Collection
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