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@@ -215,9 +215,8 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" />unaufhörlich ergebenster Freund
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<line type="break" />J. M. R. Lenz.</align>
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<line type="break" /><note>Am Rand</note>Von Herrn von Kleist ein ganz ergebenstes Compliment. Wollen Sie so gütig seyn, mich Ihrer Tischgesellschaft zu empfehlen, vorzüglich Herrn <aq> Leibhold</aq> und <aq>Hepp</aq>.
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<line type="break" /><note>Nachschrift</note>Ich sehe daß mein guter Ott mich nicht versteht und durchaus glaubt, wenn ich nicht lustig bin, müsse ich unglücklich seyn. Benehmen Sie ihm doch dieses schlechte Zutraun zu mir, welches mich in der That schamroth machen muß. Der Himmel ist noch nie so strenge gegen mich gewesen, mir größeren Kummer aufzulegen, als wozu er mir Schultern gegeben, und wenn ich jetzt die feige Memme machte, der Ungedult und Thorheit über die Backen liefen, so verdient ich in Essig eingemacht zu werden, damit ich nicht in <aq>putredinem</aq> überginge. Ich fürchte, weil ich an ihn jetzt nicht mehr mit lachendem Munde schreiben kann, sein gar zu gutes und empfindliches Herz wird glauben, ich sey niedergeschlagen und ich bin es doch niemals weniger gewesen als itzt.
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<line type="break" /><note>Am Rand:</note>Von Herrn von Kleist ein ganz ergebenstes Compliment. Wollen Sie so gütig seyn, mich Ihrer Tischgesellschaft zu empfehlen, vorzüglich Herrn <aq> Leibhold</aq> und <aq>Hepp</aq>.
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<line type="break" /><note>Nachschrift:</note>Ich sehe daß mein guter Ott mich nicht versteht und durchaus glaubt, wenn ich nicht lustig bin, müsse ich unglücklich seyn. Benehmen Sie ihm doch dieses schlechte Zutraun zu mir, welches mich in der That schamroth machen muß. Der Himmel ist noch nie so strenge gegen mich gewesen, mir größeren Kummer aufzulegen, als wozu er mir Schultern gegeben, und wenn ich jetzt die feige Memme machte, der Ungedult und Thorheit über die Backen liefen, so verdient ich in Essig eingemacht zu werden, damit ich nicht in <aq>putredinem</aq> überginge. Ich fürchte, weil ich an ihn jetzt nicht mehr mit lachendem Munde schreiben kann, sein gar zu gutes und empfindliches Herz wird glauben, ich sey niedergeschlagen und ich bin es doch niemals weniger gewesen als itzt.
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<line tab="1" />Neulich als ich einige Stunden einsam unter einem Baum gelesen, sah ich unvermuthet eine erschreckliche Schlange ganzgeruhig zwei Zoll weit neben mir liegen. Ich flog schneller als ein Blitz davon, und dachte es muß doch noch nicht Zeit für dich sein – Diese Anekdote schreibe ich meinen Freunden nur darum, damit sie sich in Acht nehmen, unter einem Baum auszuruhen – denn sonst denk ich interessirt sie niemanden als mich.
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<line tab="1" />Ich schick Ihnen zur Ausfüllung einer vegetirenden Stunde nach dem Essen, eine kleine Romanze, die ich in einer eben so leeren Stunde gemacht habe.
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@@ -353,7 +352,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="4" />Nehmt euch in Acht, ihr Alten! störet
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<line tab="4" />Kein liebend Paar.
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<line type="break" /><note>Auf einem beiliegenden Zettel</note>
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<line type="break" /><note>Auf einem beiliegenden Zettel:</note>
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<line tab="4" />Man sagt daß keine Frau dem Mann die Herrschaft gönnt;
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<line tab="4" />So nicht Frau Magdelone.
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<line tab="4" />Sie theilt mit ihm das Regiment:
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@@ -373,7 +372,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="1" />Heute reiset Mad. Brion mit ihren beyden Töchtern nach Sarbrücken, zu ihrem Bruder auf 14 Tage, und wird vielleicht <it>ein Mädchen</it> da lassen, das ich wünschte nie gesehen zu haben. Sie hat mir aber bei allen Mächten der L– geschworen, nicht da zu bleiben. Ich bin unglüklich, bester bester Freund! und doch bin ich auch der glücklichste unter allen Menschen. An demselben Tage vielleicht, da sie von Saarbrük zurük kommt, muß ich mit H. v. Kleist nach Straßburg reisen. Also einen Monath getrennt, vielleicht mehr, vielleicht auf immer – Und doch haben wir uns geschworen uns nie zu trennen. Verbrennen Sie diesen Brief – es reut mich, daß ich dies einem treulosen Papier anvertrauen muß. Entziehen Sie mir Ihre Freundschaft nicht: es wäre grausam mir sie jetzt zu entziehen, da ich mir selbst am wenigsten genug bin, da ich mich selbst nicht leiden kann, da ich mich umbringen möchte, wenn das nichts Böses wäre. Ich bin nicht schuld an allen diesen Begebenheiten: ich bin kein Verführer, aber auch kein Verführter, ich habe mich leidend verhalten, der Himmel ist schuld daran, der mag sie auch zum Ende bringen. Ich schließe mich in Ihre Arme als
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<line type="break" /><align pos="right">Ihr melancholischer Lenz.</align>
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<line type="break" /><note>am Rand</note> Haben Sie die Gütigkeit, der ganzen Tischgesellschaft meine Ergebenheit zu versichern. …
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<line type="break" /><note>am Rand:</note> Haben Sie die Gütigkeit, der ganzen Tischgesellschaft meine Ergebenheit zu versichern. …
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<line tab="1" />Ums Himmels, um meines Mädchens und um meinetwillen, lassen Sie doch alles dies ein Geheimnis bleiben. Von mir erfahrt es niemand als mein zweites Ich.
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</letterText>
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@@ -687,14 +686,14 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" /><address>Herrn <aq>Lenz</aq> durch Herrn <aq>Candid. Röderer</aq>, neben der Neu Kirch in Straßburg.</address>
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<letterText letter="39"><note>gedrucktes Rundschreiben</note>
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<letterText letter="39"><note>gedrucktes Rundschreiben:</note>
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<line tab="1"/>Ich muß, ich muß es allen meinen nahen und fernen Freunden und Gönnern sagen, daß ich nicht mehr im Stande bin, nebst meinen übrigen, ohne dieß sich täglich häufenden Geschäften, eine weitläufige Correspondenz fortzusetzen. Weder meine Zeit, noch meine Gesundheit, noch meine Vermögensumstände gestatten es. Zu dem kommen itzt besonders noch neue Hinderniße – Ohne alle Verletzung also der Menschenliebe glaub ich, mir wenigstens ein halbes Jahr alle Briefe von meinen bisherigen und etwa neuen Correspondenten, <it>sehr dringende Fälle ausgenommen</it> – brüderlich verbitten zu dürfen. Helfet mir, liebe Freunde, und alle die mir wol wollen, wieder zu der Ruhe, ohne welche ich weder mich, noch die mich hören ober lesen, selig machen kann. Wenn ich gar zu vieles sen soll, so bin ich keinem Etwas, und mir selber nichts. Am allermeisten bitt’ ich jeden, dem dieß zu Gesichte kommen mag, zuzusehen, daß mir mit Buchhändlerischen Aufträgen, Subscriptions-Sammlungen und dergleichen durchaus für ein allemal, und mit Zusendung aller Manuskripten zur Lesung und Beurtheilung — wenigstens bis Ostern 1775. gütigst verschont werde. Gott wird’s denen, die aus Liebe zu mir, mir diese Gefälligkeit erzeigen, gewiß nicht unvergolten lassen.
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<line type="break" />Zürich,
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<line type="break"/>den 1. des Herbstmonats. 1774.
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<line type="break"/><align pos="right"><aq>Johann Caspar Lavater.</aq></align>
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<line type="break" /><note>Lavaters Hand</note>
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<line type="break" /><note>Lavaters Hand:</note>
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<line tab="1"/>Nur ein Zeichelchen, daß ich an Dich, und Röderer, als liebe Brüder denke! Ich kann, ich kann nicht schreiben! Nicht danken! Ich habe nicht einmal Zeit, Arbeiten zusammen zu suchen, dich ich Euch auftragen möchte, für mich zu thun. Verzeihet mir, glaubet an meine Liebe, obgleich Ihr wenig oder nichts sehet. Schreibet mir viel, aber erwartet keine Antwort. – Macht Ihr physiognomische Beobachtungen; theilt sie mir <aq>Sans ápropos</aq> – halb, quart, <aq>octav</aq> – wie Ihr sie macht nur auf <aq>octav</aq>blätchen mit. Auch Monatgedanken hab’ ich keine mehr gemacht. Liebet einander Brüder, und mich, und grüßt alle und entschuldigt mich bey allen, daß ich – Ruhe suche, nicht die Ruhe der Trägheit.
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<line type="break" /><address>An Herrn Lenze im Finkweiler, in <it>Straßburg.</it></address>
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@@ -1131,10 +1130,10 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line type="break" /><align pos="right">Lenz.</align>
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</letterText>
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<letterText letter="56"><note>Katalogstext</note>
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<letterText letter="56"><note>Katalogstext:</note>
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<line tab="1"/>Lenz empfiehlt Lindau die Nachbarschaft Lavaters auszunutzen, er erwähnt Goethe u. Schlosser, Goethes Schwager, die grüßen lassen, u. spricht von einer weiten Reise, die er vielleicht Ende des Winters vornehmen wird.
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<line type="break" /><note>Nachschrift Lavaters</note>
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<line type="break" /><note>Nachschrift Lavaters:</note>
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<line tab="1"/>Zwei Dinge sind unter der Sonne, die du zu meiden hast – allzustille Einsamkeit u. allzulautes Geräusch – dass du in jener nicht dich selbst, in anderer nicht andre versehrest. d. 29. Jul. 75.
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</letterText>
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@@ -1968,17 +1967,17 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<page index="3"/>Ich hoffe ich glaube ich lebe. Komm bald Herr Jesu!
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<note>Schnörkel</note>
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<align pos="center"><note>Schnörkel</note></align>
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<line tab="1"/>Aus Deiner Göttingerstelle nichts geworden? Schüttle den Staub über sie!!!
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<line tab="1"/>Ist denn die Regierung Gottes arm? Oder fehlts ihm an Werkzeug und Mittel? Bedaur und belächle der ohnmächtigen Thorheit Rache.
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<note>zwei Schnörkel</note>
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<align pos="center"><note>zwei Schnörkel</note></align>
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<line type="break" /><align pos="right">Lenz.</align>
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<note>horizontaler Strich</note>
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<align pos="center"><note>horizontaler Strich</note></align>
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<line tab="1"/>Grüsse <dul>sie.</dul> – die einzige. Und küß Dein Söhnlein
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<line tab="1"/>Verzeyhung daß ichs solang behalten, es war mir zu lieb. Wenn wirds gedruckt? Wenn darf es in die Welt?
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</letterText>
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@@ -1995,7 +1994,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
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<line tab="1"/>Du siehst selbst Schaz daß das nöthig ist, wenn ich was guts liefern will thu’s also!
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<note>zwei horizontale Striche</note>
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<align pos="center"><note>zwei horizontale Striche</note></align>
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<line tab="1"/>Was anlangt den innern Werth der Stücke selbst, so schweig ich. Von <ul>Dir Dir!</ul> Dessen Werth ich kaum (wie Goethe auch nicht) kaum in den Augenblicken der trunkensten Phantasey aussprechen kann! – laß mich. Ich weiß was die Welt an Dir hat. Fluch ihr! weil sie fähig ist Dich zu verkennen. Lieber laß Dir genügen an uns Deinen Treuen! O unser hiesiger kleiner Hauf, der <ul>Gott in Menschengestalt unser Lavater</ul> – da bist Du oft mitten inne. Wir wißen was Du bist! Amen!
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<line type="break" /><align pos="center"><fn index="8"><anchor>×</anchor></fn><!-- Verweiszeichen? --> <ul>Klinger</ul></align>
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<page index="3"/>
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@@ -2694,9 +2693,8 @@ Doch muß ich auch Straßburg Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich habe hier ne
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<line tab="1"/>Briefwechsel dreyer akademischer Freunde. (Ulm bey Wohler) – – – fließend; doch etwas matt fließend; Bisweilen süßlicht, und etwas fade. Übrigens voll Gutherzigkeit und für Studenten eine treffliche Lektüre. Sehr selten Geniespuren, desto mehr nüzliche Erinnerungen. Über die vielen Urtheile über lebende Personen – urhteilen wir nicht, nur kann hierüber allen Jünglingen in öffentlichen Schriften die überlegteste Behutsamkeit – nicht genug angerathen werden.
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<line type="break" /><align pos="center"><note>doppelter waagrechter Strich</note></align>
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<line tab="1"/><ul>Ephemeriden der Menschheit</ul> oder Bibl. der <ul>Sittenlehre und Politik.</ul> Erstes Stück 76. Basel. Wirthschaft, Sitten, Freyheit – der Gegenstand dieser Monatschrift. – Dieß Stück enthält viel Merkwürdiges. Das Beste – der Brief von <ul>Schloßer</ul> an <ul>lselin</ul> über die <ul>Philanthropinen.</ul>
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<line type="break" /><note>doppelter waagrechter Strich</note>
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<line type="empty" />
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Auf den <ul>Mist</ul> mit, wenn’s nicht gefällt.
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<align pos="center"><note>doppelter waagrechter Strich</note></align>
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<line tab="1"/>Auf den <ul>Mist</ul> mit, wenn’s nicht gefällt.
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</letterText>
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