Einpflegung von Brief 308.

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GregorMichalski
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Dero gehorsamsten<line type="break"/>
Diener Lenz.</letterText>
<letterText letter="308"><align pos="center">Winterthur. Den 12.ten Dcbr. 1777.</align> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Eine kleine Streiferey an den Bodensee herab, durch St. Gallen nach Appenzell von der ich eben
wiederkehre hat die Nachricht von Empfang des durch Sie gütigst übermachten Coffres verzögert.
Mich freut Ihre Entbindung mit der Frauenzimmerschule, die ich um sie ihrer Vollkommenheit näher
zu sehen immer weiter von <insertion pos="top">dem Plan</insertion> der Zürichschen entfernt wünschte. Wir haben unter andern
mit Hn. von Salis radotirt (schon in Schinznach, und itzt wieder im Valtelin) über eine Moralische
Kochkunst, den Bedürfnissen des Körpers und der Jahrszeit angemessen, wozu denn freylich einige
Kenntniß des Menschlichen Körpers und der Natur in Tier- und Pflanzenreich vorausgesetzt würde, die
auch in hundert anderen Fällen, vorzüglich bey Erziehung der Kinder Dienste thun könnte. Allein ein
Lehrer von dieser Art, <aq>NB</aq>. der sich den jungen Zöglinginnen verständlich machen könnte, wird sich
auf der Baselschen Akademie wohl schwerlich finden. Und doch sind auch schon zur Selbsterhaltung die
Medicinischen Kenntnisse, wären sie gleich nicht weiter als aus <ul>dem Arzt,</ul> Tissot und <ul>Plattner*</ul>
(ein Buch das ich nicht genug empfehlen kann) abgeschöpft, unentbehrlich. Diese werden gewiß in hundert
Fällen bessere Dienste tun, als der Jgfr. Goswyl Commentar über Gellerts Oden (die ich übrigens weder
tadle noch überflüssig finde) denn wie oft Moral nur von Diät abhängt, ist noch bey weitem nicht genug
eingesehen geschweige ausgeübt worden. <line type="empty"/>
<sidenote pos="left" page="1" annotation="am linken Rand">Plattners Handbuch der Physiologie, teutsch, in einem sehr angenehmen Styl, zu Leipzig herausgekommen</sidenote><line type="break"/>
<page index="2"/><line type="break"/>
<line tab="1"/>Es ist ein Pasquill auf Lavatern und seine Freunde herausgekommen, in das ich nur flüchtige Blicke gethan
und zu meinem grossen Leidwesen finde daß man sehr säuberlich mit mir umgegangen. Die Herren mit ihrer
fingerlangen Vernunft wollen es dem lieben Gott durchaus nicht zugestehen, daß er über Bitten und <ul>Verstehen</ul>
thun könne. Doch läuft unter dem <dul>niedrigsten</dul> Zeuge, manche nöthige Wahrheit mit unter <line type="empty"/>
Empfehlen Sie mich der Frau Engelwirthin nebst den kleinen künftigen Bewohnern der Engelburg. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Herren Rathschreiber Iselin machen Sie doch gelegentlich auch von mir viel Empfehlungen u. Glückwünsche zu der
endlich beglückten Heurath seiner Dem. Tochter, die ich noch oft in Gedanken das Schweitzerliedgen in Meyenfels
singen höre. Kaufmann und die Seinen empfehlen sich Ihnen allen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Die Einrichtung seiner künftigen ländlichen Haushaltung beschäftigt ihn sonst führen wir alle ein sehr ruhiges
u. still fröhliches Leben in Hofnung. Lavater wird Ihnen geschrieben haben; ich komme seit meiner letzten
Glarnerreise fast nie wieder nach Zürich <line type="empty"/>
<align pos="right">Lenz.</align></letterText>
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</opus>