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Einpflegung von Brief 68.
This commit is contained in:
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leite Dich auff seinen wegen. Verbleibe
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<align pos="right">Deine Zärtliche Mutter
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<it>Dorothea Lenz</it></align></letterText>
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<letterText letter="68"><line tab="1"/>– – Indessen deucht mich, ist doch die Natur der meisten Leidenschaften gewöhnlicher Seelen, nur
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ein vermischtes Gewebe von Eitelkeit und Gefühl des Werths im Gegenstande. Und ich kann doch
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antworten, dieser Mensch liebt – aber eigennützig. Ich unterscheide ihn von dem hartherzigen M.,
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der bloß aus Eitelkeit, geliebt zu werden wünschte. Dieser wünscht bloß zu erfahren, ob und wie das
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Herz empfinde, um es lieben zu können. Freilich bleibt’s unredlich. – <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ach! gnädige Frau! Wie oft liebte ich ohne Hoffnung! Wie oft mit der Hoffnung, und immer
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unglücklich! Meine gefährlichsten Bekanntschaften sind allezeit mit den liebenswürdigsten Personen
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Ihres Geschlechts gewesen. Jede neue Freundin kostet mich einen Theil meines Lebens. Doch kenn’
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ich keinen glücklichem Tod. Kenne sonst kein Glück auf dieser Altagswelt. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Was aber meines Herzens Geheimniß betrifft, so wird es mit mir begraben werden. Verzeihen Sie
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meine Offenherzigkeit und meine Discretion. Oder vielmehr, lassen Sie diesen schwachen Augenblick
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Niemanden bekannt von mir werden. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich habe von Herrn <ul>Huber</ul> verschiedene kleine Umstände erfahren, die mir Ihr Bild viel vollkommener
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auszeichneten. Wenn es keine unverzeihbare Dreustigkeit ist, einige Züge Ihrer ersten Jugendjahre in
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dem Hause des Grafen – sodann Ihrer ersten und zweiten Liebe, mir aus zu bitten – Gnädige Frau!
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diese Gewogenheit wäre unschätzbar! Ich schwöre Ihnen ewige Verschwiegenheit, wenn Sie sie
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fodern, doch weiß ich, Sie verlangen keinen Eid von einem, dem Sie Gefühl zutrauen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Das Band womit Sie mich binden – <aq>care laccie, amate pene</aq> – mein Vaterland! Was werde ich in dir
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verlassen müssen? <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Sie haben Familie. Dürfte ich mir ein kleines Portrait davon ausbitten? Warum erlaubt mir mein
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Schicksal doch nicht, Sie in dieser liebenswürdigen Gruppe zu sehen? Das Portrait Ihres Gemahls
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habe ich in der Sternheim gefunden; eine Freundin gab mir den Schlüssel. Auch hat er das Bild
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seines Geistes in den Briefen über das Mönchswesen, für mich von einer Seite abgedruckt, die
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mich ihn ewig wird verehren machen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Meine Eltern sind – ob böse auf mich, oder bloß kaltsinnig – genug seit mehr als sechs Monaten
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schweigen sie mir. Meiner Mutter hab’ ich alle mein Phlegma – mein ganzes Glück – meinem Vater
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alle mein Feuer – mein ganzes Unglück – zu danken. Beide verehre ich als in ihrer Sphäre die
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würdigsten Menschen, die je gelebt haben. Beide hab’ ich Armer beleidiget – muß sie beleidigen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ich schreibe an einer Schulmeisterchrie in Knittelversen, in einer neuen Monatsschrift,
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die unter der Aufsicht des Hrn<ul>. Boje</ul> in <ul>Göttingen,</ul> herauskömmt. Meine Soldaten liegen in <ul>Herder’s</ul> Händen. Es
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kömmt eine Gräfin La Roche drin vor, der ich etwas von Ihrem Charakter zu geben versucht habe, wie
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ich ihn aus Ihren Schriften und Briefen kenne.</letterText>
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<isDraft value="false" />
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="68">
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<date value="Straßburg, September 1775" />
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<sort value="1775-09-15" />
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<letterTradition letter="68">
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Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 56/I,6,1, Bl. 2v–3v, zg. Abschrift [„Der Anfang dieses Briefes
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betrifft eine Erzählung der Fr. v. L. R., „Der weibliche Werther“ die Lenz handschriftlich erhalten hatte.] <!-- Soll die Anmerkung über den Anfang mit aufgeführt sein? -->
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