mirror of
https://github.com/Theodor-Springmann-Stiftung/lenz-briefe.git
synced 2025-10-29 17:15:31 +00:00
Einpflegung von Brief 217.
This commit is contained in:
@@ -8071,6 +8071,49 @@
|
||||
Kinder<line type="break"/>
|
||||
Stra</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="217"><line tab="1"/>Schon lange mein verehrungswürdiger Freund hätt ich Ihnen einige Zeilen zugeschickt wenn ich den
|
||||
Erinnerungen meines Herzens hätte folgen wollen; da meine Zeit aber mir nur zugemessen ist und ich
|
||||
in der Freundschaft die stillen und unbekantbleibenden Gefühle den wortreichen oder auch nur
|
||||
denen die sich produziren möchten vorziehe, so habe ich einen Mann wie Sie lieber der sich immer
|
||||
gleichbleibenden Ueberzeugung von unserer Hochachtung weil sie auf Werth gegründet ist und uns Werth
|
||||
giebt, lassen, als Ihnen durch unnütze Worte den Argwohn geben wollen, als könnt’ ich einen Augenblick
|
||||
Ihre gute Meynung von uns in Zweiffel ziehen.<line type="break"/>
|
||||
<page index="2"/><line type="break"/>
|
||||
<line tab="1"/>Darf ich Sie bitten sich gegenwärtiges Gedichts bey unserm Freunde Boje anzunehmen das hoffentlich die
|
||||
Aergernisse die ich dem Publikum in Ansehung Wielands gegeben wieder gut machen und denen Beherzigungen
|
||||
selbst die mich gezwungen über die Schnur zu hauen und die ich in der <ul>Vertheidigung</ul> dargelegt, mehr Gewicht
|
||||
geben wird. Sie als ein erfahrner Steuermann auf den Wogen desselben sowohl bey Sturm als <ul>Windstille,</ul>
|
||||
müssen mich aufs halbe Wort verstehen. <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand, vertikal"><line type="break"/>
|
||||
<line tab="1"/>Doch bitte ich vor allen Dingen Freund B. wenn ers ins Museum rückt, den Correktor anzuhalten daß ja kein
|
||||
Druckfehler unterschleiche. So bin ich neulich <ul>erschrocken</ul> über gewisse Sachen <insertion pos="top">(besonders Verse)</insertion> die in der
|
||||
Schweitz von mir herausgekommen sind, die ich kaum <insertion pos="top">selbst</insertion> verstund, geschweige wiedererkannte</sidenote> <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<line tab="1"/>Ich finde einen unaussprechlichen Reitz an der Einsamkeit, sie allein befriedigt alle meine Bedürfnisse doch
|
||||
find ich itzt Ihre Philosophischen Beobachtungen darüber mehr als <page index="3"/> jemals bestättigt. Ich wünschte von
|
||||
Herzen es erschiene einmal von <ul>einer Feder wie</ul> die Ihrige eine <ul>Psychologische Diäthetick</ul> für besondere Individiua
|
||||
und besondere Fälle in die sie gerathen können. <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<line tab="1"/>Unter diese mein Gönner! Gehört auch unser kranker liebenswürdiger Lindau von dem ich Ihnen doch sagen muß, daß
|
||||
ich ihn nicht ganz zu übersehen mich getraue, bis er ausgewirkt hat. Wer kennt alle die Keime in menschlichen
|
||||
Seelen – und kurz haben Sie die Gütigkeit, gegenwärtiges Brieflein, das ich ihm zur Ermunterung von verschiedenen
|
||||
seiner Freunde habe zusammenschreiben lassen, worunter Personen <ul>von Gewicht sind</ul> Herrn Stabss. Boje der mir das
|
||||
freundschaftliche Anerbieten gethan es zu besorgen, auf das angelegentlichste zu empfehlen. <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<align pos="right">Lenz.</align><line type="break"/>
|
||||
<page index="4"/><line type="break"/>
|
||||
<line tab="1"/>Ich hoffe zu Herrn Bojens Geschmack er werde der zwey Noten halben die das ganze Stück bey <ul>einer gewissen Gattung
|
||||
Leser an</ul> denen ihm bey seinem Musäum doch am meisten gelegen seyn muß, am meisten <ul>heben </ul>werden, keinen Anstand
|
||||
nehmen es einzurücken. <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<line tab="1"/>Die letzte scheint mir wegen einer gewissen Gattung neuer Schriftsteller die mit Wielands Manier wahre
|
||||
Abgeschmacktheiten sagen (so wie denn heut zu Tage jeder Mann von Werth seine Affen hat die sich dabey unvergleichlich
|
||||
befinden, derweil er die schwere Noth kriegen möchte und das Publikum wie ein Betrunkener nicht weiß hinter wen es
|
||||
taumeln soll) <ul>mehr als zu nöthig,</ul> doch kann es Herr B. darüber nach seinem Gutbefinden halten. Mich deucht er
|
||||
thut sich durch allzuviele Circumspecktion Schaden, sobald es Sachen gilt, worauf es was ankommt. Gerade da ist
|
||||
die größte Vorsicht oft die höchste Unvorsichtigkeit.</letterText>
|
||||
|
||||
|
||||
</document>
|
||||
</opus>
|
||||
|
||||
@@ -3260,5 +3260,20 @@
|
||||
<isDraft value="false" />
|
||||
</letterDesc>
|
||||
|
||||
<letterDesc letter="217">
|
||||
<date value="Berka, Juli 1776" />
|
||||
<sort value="1776-07-20" />
|
||||
<location ref="14" />
|
||||
<senders>
|
||||
<sender ref="1" />
|
||||
</senders>
|
||||
<receivers>
|
||||
<receiver ref="51" />
|
||||
</receivers>
|
||||
<hasOriginal value="true" />
|
||||
<isProofread value="true" />
|
||||
<isDraft value="false" />
|
||||
</letterDesc>
|
||||
|
||||
</descriptions>
|
||||
</opus>
|
||||
|
||||
@@ -1341,5 +1341,11 @@
|
||||
</app>
|
||||
</letterTradition>
|
||||
|
||||
<letterTradition letter="217">
|
||||
<app ref="4">
|
||||
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 17
|
||||
</app>
|
||||
</letterTradition>
|
||||
|
||||
</traditions>
|
||||
</opus>
|
||||
|
||||
Reference in New Issue
Block a user