This commit is contained in:
gbabelo
2025-12-02 14:51:44 +01:00
parent 0eecaab957
commit 8fc95e3aff

View File

@@ -1310,17 +1310,17 @@ Und doch muß ich meinen Entschluß vor Ihnen verbergen.
</letterText>
<letterText letter="68"><page index="1"/>
<align pos="center"><note>Vermerk der Abschrift: Der Anfang dieses Briefes betrifft eine Erzählung der Fr. v. L. R., Der weibliche
Werther“ die Lenz handschriftlich erhalten hatte.</note></align>
<align pos="center"><note>Vermerk der Abschrift: („Der Anfang dieses Briefes betrift eine Erzählung der Fr. v. L. R., <ul>Der weibliche
Werther</ul> die <ul>Lenz</ul> handschriftlich erhalten hatte.)</note></align>
<line type="empty"/>
<line tab="1"/> Indessen deucht mich, ist doch die Natur der meisten Leidenschaften gewöhnlicher Seelen, nur ein vermischtes Gewebe von Eitelkeit und Gefühl des Werths im Gegenstande. Und ich kann doch antworten, dieser Mensch liebt aber eigennützig. Ich unterscheide ihn von dem hartherzigen M., der bloß aus Eitelkeit, geliebt zu werden wünschte. Dieser wünscht bloß zu erfahren, ob und wie das Herz empfinde, um es lieben zu können. Freilich bleibts unredlich.
<line tab="1"/>Ach! gnädige Frau! Wie oft liebte ich ohne Hoffnung! Wie oft mit der Hoffnung, und immer unglücklich! Meine gefährlichsten Bekanntschaften sind allezeit mit den liebenswürdigsten Personen Ihres Geschlechts gewesen. Jede neue Freundin kostet mich einen Theil meines Lebens. Doch kenn ich keinen glücklichem Tod. Kenne sonst kein Glück auf dieser Altagswelt.
<line tab="1"/>Ach! gnädige Frau! Wie oft liebte ich ohne Hoffnung! Wie oft mit der Hoffnung, und immer unglücklich! Meine gefährlichsten Bekanntschaften sind allezeit mit den liebenswürdigsten Personen Ihres Geschlechts gewesen. Jede neue Freundin kostet mich einen Theil meines Lebens. Doch kenn ich keinen glücklichern Tod. Kenne sonst kein Glück auf dieser Altagswelt.
<line tab="1"/>Was aber meines Herzens Geheimniß betrifft, so wird es mit mir begraben werden. Verzeihen Sie meine Offenherzigkeit und meine Discretion. Oder vielmehr, lassen Sie diesen schwachen Augenblick Niemanden bekannt von mir werden.
<line tab="1"/>Ich habe von Herrn <ul>Huber</ul> verschiedene kleine Umstände erfahren, die mir Ihr Bild viel vollkommener auszeichneten. Wenn es keine unverzeihbare Dreustigkeit ist, einige Züge Ihrer ersten Jugendjahre in dem Hause des Grafen sodann Ihrer ersten und zweiten Liebe, mir aus zu bitten Gnädige Frau! diese Gewogenheit wäre unschätzbar! Ich schwöre Ihnen ewige Verschwiegenheit, wenn Sie sie fodern, doch weiß ich, Sie verlangen keinen Eid von einem, dem Sie Gefühl zutrauen.
<line tab="1"/>Das Band womit Sie mich binden <aq>care laccie, amate pene</aq> mein Vaterland! Was werde ich in dir verlassen müssen?
<line tab="1"/>Sie haben Familie. Dürfte ich mir ein kleines Portrait davon ausbitten? Warum erlaubt mir mein Schicksal doch nicht, Sie in dieser liebenswürdigen Gruppe zu sehen? Das Portrait Ihres Gemahls habe ich in der Sternheim gefunden; eine Freundin gab mir den Schlüssel. Auch hat er das Bild seines Geistes in den Briefen über das Mönchswesen, für mich von einer Seite abgedruckt, die mich ihn ewig wird verehren machen.
<line tab="1"/>Meine Eltern sind ob böse auf mich, oder bloß kaltsinnig genug seit mehr als sechs Monaten schweigen sie mir. Meiner Mutter hab ich alle mein Phlegma mein ganzes Glück meinem Vater alle mein Feuer mein ganzes Unglück zu danken. Beide verehre ich als in ihrer Sphäre die würdigsten Menschen, die je gelebt haben. Beide hab ich Armer beleidiget muß sie beleidigen.
<line tab="1"/>Ich schreibe an einer Schulmeisterchrie in Knittelversen, in einer neuen Monatsschrift, die unter der Aufsicht des Hrn<ul>. Boje</ul> in <ul>Göttingen,</ul> herauskömmt. Meine Soldaten liegen in <ul>Herders</ul> Händen. Es kömmt eine Gräfin La Roche drin vor, der ich etwas von Ihrem Charakter zu geben versucht habe, wie ich ihn aus Ihren Schriften und Briefen kenne.
<line tab="1"/>Ich schreibe an einer Schulmeisterchrie in Knittelversen, in einer neuen Monatsschrift, die unter der Aufsicht des Hrn. <ul>Boje</ul> in <ul>Göttingen,</ul> herauskömmt. Meine Soldaten liegen in <ul>Herders</ul> Händen. Es kömmt eine Gräfin <ul>La Roche</ul> drin vor, der ich etwas von Ihrem Character zu geben versucht habe, wie ich ihn aus Ihren Schriften und Briefen kenne.
</letterText>
<letterText letter="69"><page index="1"/><align pos="right">D 29sten Sptbr.</align>