Einpflegung von Brief 105.

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GregorMichalski
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D 24. Jan: 76. <line type="empty"/> D 24. Jan: 76. <line type="empty"/>
J. C. L.</letterText> J. C. L.</letterText>
<letterText letter="105"><line tab="1"/>Fast sollte selbst das Äusserliche dieses Briefes Ihnen das unterscheidende und wenn mein Blick nicht
ganz trügt nicht eben Ihnen unangenehme meines Karackters vor Ihre Augen bringen. Der innigsten
Verehrung der Schönheit und ihrer Priester fähig zwingt mich eben diese Leidenschaft die ich für sie
trage und die im eigentlichsten Verstande die Leidenschaft des Liebhabers heissen kann eine meinem Gesicht
wiedersprechende Maske, die Maske des kalten Philosophen vielleicht wohl gar des unorganisirten vorzunehmen um den
zufälligen Schaden der durch zu grosse Sonnenhitze entsteht unwirksam zu machen um Ihnen m H. meine mir heilige
Pflanzen den Boden zu säubern und einem neben dem andern Platz zu machen. Sie kennen sich zu sehr und Ihr Publikum
zu wenig als daß Sie dieses Geschäft selber übernehmen könnten wenn jemand dazu tüchtig seyn konnte mußte ich es
seyn dessen eigene kauderwelsche Gestalt ihn von aller Partheylichkeit und Eigennutz freyspricht. Glücklich möcht
ich mein Vaterland gern sehen, glücklich durch Sie und Ihres gleichen weh Ihnen wenn Sie das nicht auch wollen.
Nur lassen Sie der Sie der Imagination alles absprechen sich nicht durch Ihre eigene zu schön gestimmte verleiten
Gedichte die entzücken für Wahrheit zu halten, die nur wie sorgfältige Eltern mit Ernst und Strenge langsam und
unmerklich beglücken kann und deren Dank nicht in dem Beyfall ihrer Zeitgenossen sondern im Beyfall ihres eignen
Herzens liegt. Geben Sie uns den Dichter W. wieder den wir durch unglückliche äussere Verhältnisse vielleicht des
Alters und einiger Ihrer Zeitgenossen verloren zu haben schienen und lassen Sie denen Philosophen die Sie zu
schätzen und zu fühlen wissen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn sie gleich oft die Leute für die keine andere Kur
da ist lehren müssen <page index="2"/> auf allen Vieren zu gehen. Eben diese sind es die Ihnen Ihr Publikum machen und Sie
sollten durch Ihre lucianische Gabe zu spotten nicht den Undank gegen sie soweit treiben daß er Ihnen am Ende selbst
gefährlich wird. Einem Nervengebäu das nicht gespannt ist kann Cramer und Lolli Jahrhunderte lang vorgeigen. Das
ist eine Frage ob ein heutiger Orfeus sich nicht lieber Höllenhunde und Furien zu Zuhörern wünschen wollte. Sie
also der Sie soviel kaltes Blut haben, sehen Sie also einmal Ihren eigenen Werth und Ihr eigenes Interesse mit kaltem
Blut an, setzen Sie sich in unsern Gesichtspunkt und fragen Sie nun nicht als Künstler sondern als Kunstliebhaber Ihr
eigen Herz ob Sie nöthig haben zu Ihren aufgestellten Gemählden <line type="empty"/>
<align pos="right"><aq>ultro emptorem adducere Pl. Poen.</aq></align> <line type="empty"/>
<line tab="1"/>ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die
Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit
der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen auff<note>fegen</note>assen nicht aber zu ihrem
eigenen und der Kunst und des <dul>Geschmacks</dul> Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen
bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden <line type="empty"/>
Ihr Freund und Diener <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Daß das was ich Ihnen hier sage nicht blosse Prahlerey sond. schon vollführte Handlungen sind,
werden Sie nun bald öffentlich erfahren. Und sollen es inskünftige noch besser erfahren wenn </letterText>
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<date value="Straßburg, Januar 1776" />
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 21
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