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Einpflegung von Brief 105.
This commit is contained in:
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J. C. L.</letterText>
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J. C. L.</letterText>
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<letterText letter="105"><line tab="1"/>Fast sollte selbst das Äusserliche dieses Briefes Ihnen das unterscheidende und wenn mein Blick nicht
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ganz trügt nicht eben Ihnen unangenehme meines Karackters vor Ihre Augen bringen. Der innigsten
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Verehrung der Schönheit und ihrer Priester fähig zwingt mich eben diese Leidenschaft die ich für sie
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trage und die im eigentlichsten Verstande die Leidenschaft des Liebhabers heissen kann eine meinem Gesicht
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wiedersprechende Maske, die Maske des kalten Philosophen vielleicht wohl gar des unorganisirten vorzunehmen um den
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zufälligen Schaden der durch zu grosse Sonnenhitze entsteht unwirksam zu machen um Ihnen m H. meine mir heilige
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Pflanzen den Boden zu säubern und einem neben dem andern Platz zu machen. Sie kennen sich zu sehr und Ihr Publikum
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zu wenig als daß Sie dieses Geschäft selber übernehmen könnten wenn jemand dazu tüchtig seyn konnte mußte ich es
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seyn dessen eigene kauderwelsche Gestalt ihn von aller Partheylichkeit und Eigennutz freyspricht. Glücklich möcht
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ich mein Vaterland gern sehen, glücklich durch Sie und Ihres gleichen – weh Ihnen wenn Sie das nicht auch wollen.
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Nur lassen Sie der Sie der Imagination alles absprechen sich nicht durch Ihre eigene zu schön gestimmte verleiten
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Gedichte die entzücken für Wahrheit zu halten, die nur wie sorgfältige Eltern mit Ernst und Strenge langsam und
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unmerklich beglücken kann und deren Dank nicht in dem Beyfall ihrer Zeitgenossen sondern im Beyfall ihres eignen
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Herzens liegt. Geben Sie uns den Dichter W. wieder den wir durch unglückliche äussere Verhältnisse vielleicht des
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Alters und einiger Ihrer Zeitgenossen verloren zu haben schienen und lassen Sie denen Philosophen die Sie zu
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schätzen und zu fühlen wissen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn sie gleich oft die Leute für die keine andere Kur
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da ist lehren müssen <page index="2"/> auf allen Vieren zu gehen. Eben diese sind es die Ihnen Ihr Publikum machen und Sie
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sollten durch Ihre lucianische Gabe zu spotten nicht den Undank gegen sie soweit treiben daß er Ihnen am Ende selbst
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gefährlich wird. Einem Nervengebäu das nicht gespannt ist kann Cramer und Lolli Jahrhunderte lang vorgeigen. Das
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ist eine Frage ob ein heutiger Orfeus sich nicht lieber Höllenhunde und Furien zu Zuhörern wünschen wollte. Sie
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also der Sie soviel kaltes Blut haben, sehen Sie also einmal Ihren eigenen Werth und Ihr eigenes Interesse mit kaltem
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Blut an, setzen Sie sich in unsern Gesichtspunkt und fragen Sie nun nicht als Künstler sondern als Kunstliebhaber Ihr
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eigen Herz ob Sie nöthig haben zu Ihren aufgestellten Gemählden <line type="empty"/>
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<align pos="right"><aq>ultro emptorem adducere Pl. Poen.</aq></align> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die
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Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit
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der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen auff<note>fegen</note>assen nicht aber zu ihrem
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eigenen und der Kunst und des <dul>Geschmacks</dul> Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen
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bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden <line type="empty"/>
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Ihr Freund und Diener <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Daß das was ich Ihnen hier sage nicht blosse Prahlerey sond. schon vollführte Handlungen sind,
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werden Sie nun bald öffentlich erfahren. Und sollen es inskünftige noch besser erfahren wenn –</letterText>
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@@ -1575,6 +1575,20 @@
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<letterDesc letter="105">
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<date value="Straßburg, Januar 1776" />
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<sort value="1776-01-30" />
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<letterTradition letter="105">
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Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 21
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