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Einpflegung von Brief 337.
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ist, lassen Sies aus der französischen Übersetzung weg. Ich würde dann müssen – müssen – mit allen Waffen die noch in
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meiner Gewalt sind – es ist Unsinn! <er><nr> </nr> <nr> </nr> <nr> </nr> <nr> </nr></er></letterText>
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<letterText letter="337"><align pos="right">Cronstadt. d. 20ten <insertion pos="top">May</insertion> 1780.</align> <line type="empty"/>
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Lieber Bruder! <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Du wirst mir verzeyhen daß ich diese Antwort des Obristen Ribas an Dich, so wie die an Papa solang
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aufgehalten und noch mehr daß ich beyde erbrochen habe. Es ist unmöglich Dir die gegenwärtige
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Lage meiner Umstände zu sagen, ich bitte Dich also Dein Urtheil darüber zurückzuhalten. Ich wollte
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Dir den Brief gar nicht schicken, ich fürchtete aber Du würdest den Obristen einer Unhöflichkeit fähig
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halten, welches sein Fehler nun wohl gewiß nicht ist. – Die Ursache des Briefes mochte wohl mit in der
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Offerte liegen, deren ich letzthin in einem Briefe an Dich gedacht, und um derentwillen ich jetzt hier
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bin. Soviel kann und darf ich Dir nur sagen, alles ist am Rande der letzten Gährung. Drey Aussichten
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unter denen ich nur eine wählen kann – und bey welchen allen vorsichtig verfahren werden muß. Ich habe
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Deinen Brief an eine bewußte Dame der Frau Obristin K. gegeben und sie kann eine sehr wirksame Mittelsperson
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zu meinem Glück werden. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Alles geht und muß gehen und eine dieser Offerten der andem durchhelfen, wenn es mir nur an dem Nothwendigsten
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nicht fehlt, am Gelde. Denn in welcher verzweiffelten Situation mich dieser Mangel trift, da er mich zwingt,
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eben da unthätig zu seyn, wo oft ein Schritt alles entschieden haben würde. Meine Freunde können mich länger
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nicht unterstützen, sie haben das letzte getan mich zu beschämen. Wär es möglich daß Du nur 25 Rubel <ul>Vorschuß</ul>
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noch mir – und zwar aufs baldigste auftreiben könntest. Stelle Dir vor, welch eine Quaal mein ganzes verhunztes
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Leben mir bereiten würde, wenn alles sich vereinigte mir aus der Schmach eines verunglückten Gesuchs herauszuhelfen
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und ich bloß aus Ohnmacht oder Mißtrauen meiner Verwandten die wenigen Schritte die man mir übrig lassen mußte, nicht
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thun konnte. Du hast gut rathen, wie Papa, von augenblicklichem Annehmen der ersten besten Information oder was anders,
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beste theureste, Ihr bedenkt nicht daß ich damit alles andere verderbe. Informiere wie ein Schulmeister und hoffe dann
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noch jemals wieder zu gefallen. Und ohne zu <page index="2"/> gefallen, ists doch unmöglich zu einem honetten Platz zu
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kommen, wo du auch mit einiger Ehre arbeiten kannst. Also glaub doch nicht, daß der Vorschuß vergebens ist, denn
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ich versichere Dich, daß das Gefallen von dem ich rede, nicht durch Müssiggang sondern durch Arbeit – erhalten
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wird – mit dem einzigen Unterschied, daß man dafür keine Bezahlung verlangen darf. Schreit nur nicht, Lieben! was
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denn da herauskommen soll wenn man nichts verdient etc. Es heißt hier mehr als jemals, wer seine Hand an den Pflug
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setzt und zurückzieht – entweder ich muß auf der Bahn fortfahren, oder ich hätte sie nie betreten sollen. Ich bitte
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Dich, schick diesen Brief Papa, mag auch da herauskommen, was wolle. Er wird wenigstens soviel Zutrauen zu mir haben,
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daß ich weder Verschwender noch Müssiggänger genug sey, auf dieser Laufbahn fortzugehen, wenn ich nicht wüßte, daß sie
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zum Ziel führen würde. Die Stetigkeit mit der ich auf dem Antrag im Landkorps beharrt bin, hat mir weder geschadet, noch
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wird sie mir in der Zukunft schaden, da wenigstens jetzt ganz Petersbg. überzeugt ist, daß das Fehlschlagen desselben
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mir bei dem Zusammenstoß von Umständen nicht zur Unehre gereichet. Mündlich könnt ich Dir 1000 Sachen mehr drüber sagen,
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wenigstens <ul>ich</ul> habe mich über den Obristen nicht zu beklagen, obschon er mich 100 Rbl. gekostet – vorjetzt nicht mehr,
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denn <aq>littera scripta</aq> – – –es giebt Körbe selbst, die uns mehr helfen als Bewilligungen– der einzige Fehler auf seiner
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Seite – (wenn es <ul>sein</ul> Fehler ist) wäre der, daß er mir sie nicht eher gegeben. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/><sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand der ersten Seite, vertikal">Noch einmal lieber Bruder, sage lgelstr. nichts von dem, was ich von Dir zu wissen begehre und glaube mir doch, daß ich
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nicht ganz mit der Stange im Nebel herumfahre. Es hat Ursachen die ich Dir nicht sagen kann schriftlich. Antworte mir
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aber ja aufs schleunigste, damit ich Papa schreiben kann und andern Personen, an die es schon lang nöthig war.</sidenote> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Gott warum machen doch 40 Meilen solchen Unterscheid – Ich kann und. darf jetzt nichts sagen, als schick mir itzt so
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schnell <page index="3"/> als möglich 25 Rb. und ich bin auf immer geholfen, und Du und Behrens in Riga bekommt euer Geld vor
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dem Winter wieder. Kannst Du nicht, so kann Papa vielleicht; bitt ihn seinen Sohn aus dem Schiffbruch seiner Ehre und
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seines Glücks zu retten. Noch einmal, dies ist die letzte Foderung, die ich an Papa und Dich thue. Und meine Gründe dazu
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zu sagen ist – unmöglich. Ich denke Du wirst den Sinn dieser Worte leicht einsehen, sobald Du nur ein wenig die
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gegenwärtige Lage der öffentlichen und besondern Angelegenheiten eines jeden allhier – überdenkst und wie die erstern
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auf das Schicksal des allerletzten Bürgers mitwirken müssen. Gottlob daß alles itzo ruhig und glücklich ist – auch das
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ein Beweis der allenthalben hindringenden Weisheit unserer höchsten Gesetzgeberin – und daß ein jeder gleichsam wieder
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wie von ferne zu leben und zu wirken anfangen kann. Du wirst aus dem Datum sehen, wie lange des Obristen Briefe bey mir
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gelegen. Schreib mir Deine Meynung darüber nicht – und <ul>bitte Papa,</ul> daß er sie mir auch nicht schreibt. – <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Man kann und darf niemals von Handlungen oder Sachen urtheilen, wenn man die kleinsten Ursachen derselben nicht weiß;
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und das Muthmaßen kann oft unwiederbringlich weiter fehl führen, als die vorsetzlichste Mißdeutung. <page index="4"/> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Soviel muß ich Dir sagen daß weder beim hiesigen Landkorps alles vorbei ist, da es sich noch immer an dem stößt daß man
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<ul>keine neue Stelle kreiren will,</ul> noch auch sonst es an Versorgungen fehlet. Das Seekorps in Cronstadt ist von nicht
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wenigerer Wichtigkeit als das Landkadetten Korps und meine Beförderung an demselben oder in einem andern Fach hängt
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lediglich von der Rückkunft der Monarehin ab. Du wirst aus beygelegtem Briefe an den <insertion pos="top">Herrn</insertion> Kammerherrn Igelstrohm
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mehr ersehen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Hier folgt auch ein Briefgen an Moritzsche und Schmidsche den ich aufs schleunigste zu befördern und zu unterstützen
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bitte. <line type="empty"/>
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Dein Weibgen und Deine Kinder aufs zärtlichste umarmend als <line type="empty"/>
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<align pos="center">Dein</align> <line type="empty"/>
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<align pos="right">getreuer Bruder<line type="break"/>
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J M R Lenz</align> <line type="empty"/>
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<line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Mit nächster Post schreibe an Papa, vorher aber muß – aufs schleunigste NB Nachricht <ul>von Dir haben, ob</ul> der
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Herr G. Gouverneur <ul>Braun</ul> mit der Monarehin gereist oder ob er in Riga, und sie vielleicht auf der Rückreise
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wieder wo sehen werde; imgleichen ob General Berg mit gewesen und ob Du ihm mein <ul><aq>Exposé</aq></ul> zugeschickt.
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<note>Verweiszeichen</note> Lieber Bruder, Eure Ängstlichkeit und Mißtrauen in mich schadet mir unaussprechlich,
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ich darf – gewisse Sachen nicht schreiben, die Euch über meine Handlungen mehr Licht geben würden: da
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ist <ul>Zutrauen nothwendig.</ul> Und auch das, <ul>daß du nicht grad jeden fragst.</ul> Der Rath einer gewissen Person,
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die Du mir empfahlst hat mir geschadet. Antworte doch bald ich bitte Dich. <line type="empty"/>
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<sidenote pos="left" page="4" annotation="Am linken Rand, mit vertikalem Strich abgetrennt"><note>Verweiszeichen</note> NB. Dies kann nicht schaden, lgelstrohm mag sein was er will. Es hätte mir schon viel genutzt</sidenote></letterText>
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</document>
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@@ -5065,5 +5065,20 @@
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<isDraft value="false" />
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="337">
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<date value="Cronstadt, 20. Mai 1780" />
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<sort value="1780-05-20" />
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<letterTradition letter="337">
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 20
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Reference in New Issue
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