Einpflegung von Brief 21 in "briefe.xml".

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GregorMichalski
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<note>nicht identifizierte Hand</note>
Capitaine Lieutenant Salomon Bodmer in der Mühle zu Wölflingen im Canton Zürich.<!-- "<hand>" benötigt zwingend eine Referenz. Wie kann dabei in dem Fall vorgegangen werden, wenn keine Hand identifiziert wurde? --></letterText>
<letterText letter="21"> <line tab="1"/>Herr Simon kommt zurück eh ich ihn haben will: ich kann Ihnen also das Versprochene nicht
zuschicken. Es war mein Trauerspiel, welches ich jetzt eben für Sie abschreibe. Ich werde schon eine
andre Gelegenheit finden es Ihnen zukommen zu lassen. Nicht einmal einen langen Brief erlaubt mir
seine beschleunigte Abreise. Gut, daß ich dann und wann, bei Lesung des Leibnitz ein hingeworfenes
Blatt für Sie beschrieben habe. Vergeben Sie mir, daß ich es nicht abschreibe und meine Gedanken in
Ordnung bringe. Ihnen, als einem unverwöhnten Auge, darf ich sie auch im Schlafrock zeigen; wenn
sie wahr sind, werden sie Ihnen auch alsdann besser gefallen, als falsche in einem Gallakleide. Wie
ich Ihnen gesagt habe, meine philosophischen Betrachtungen dürfen nicht über zwo, drei Minuten
währen, sonst tut mir der Kopf weh. Aber wenn ich einen Gegenstand fünf-, zehnmal so flüchtig
angesehen habe, und finde, daß er noch immer da bleibt und mir immer besser gefällt, so halt ich
ihn für wahr und meine Empfindung führt mich darin richtiger als meine Schlüsse. Nro. 11. ist eine
Apologie meines allerersten Briefes über die Erlösung. Nachdem ich aber Ihre Antwort wieder
durchgelesen, finde ich, daß wir fast einerlei gedacht und dasselbe mit andern Worten ausgedrückt
haben. Sie haben mich unrecht verstanden, wenn Sie glaubten, ich ließe Gott die übeln Folgen der
Sünde auf den Mittler lenken, bloß um seine strafende Gerechtigkeit zu befriedigen. Leibnitz dieses;
er sagt, es ist eine Convenienz, die ihn zwingt Gutes zu belohnen und Böses zu bestrafen. Ich denke
aber, es geschieht bloß um unsertwillen, weil, auf das moralische Uebel kein physisches Uebel, als
eine Strafe folgt; wir lieber Böses als Gutes tun würden, da das Böse leichter zu tun ist. Und warum
Gott das Gute für unsere Natur schwerer gemacht hat, davon ist die Ursache klar, damit wir nicht
müßig gehen; unsere Seele ist nicht zum Stillsitzen, sondern zum Gehen, Arbeiten, Handeln
geschaffen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Doch <aq>seriosa in crastinum</aq>. Ich werde hoffentlich noch mit Ihnen diesen Winter zusammenkommen;
wiewohl das Regiment jetzt die letzte Ordre erhalten hat, hier zu bleiben. Wenn ich Sie Sehe Jetzt
fühle ich, daß die ideale Gegenwart eines Freundes die persönliche nicht ersetzen kann, so werde ich
Ihnen viel zu sagen haben. Meine Seele hat sich hier zu einem Entschlusse ausgewickelt, dem alle Ihre
Vorstellungen dem die Vorstellungen der ganzen Welt vielleicht, keine andere Falte werden geben
können. Wenn ich anders ihn einem Menschen auf der Welt mittheile, ehe er ausgeführt ist. Mein
guter Sokrates, entziehen Sie mir um dessentwillen Ihre Freundschaft nicht; bedenken Sie, daß die
Welt ein Ganzes ist, in welches allerlei Individua passen; die der Schöpfer jedes mit verschiedenen
Kräften und Neigungen ausgerüstet hat, die ihre Bestimmung in sich selbst erforschen und hernach
dieselbe erfüllen müssen; sie seie welche sie wolle. Das Ganze giebt doch hernach die schönste
Harmonie die zu denken ist und macht daß der Werkmeister mit gnädigen Augen darauf hinabsieht
und <it>gut findet</it> <!-- Handelt es sich hier um einen Kursivschreibung in der Drucküberlieferung, da hier nicht-lateinische Wörter kursiv gesetzt sind? -->was er geschaffen hat. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Nicht wahr, ich rede mystisch, Ihnen fehlten die Prämissen, um meine Folgesätze zu verstehen. Sie
werden sie verstehen, nur Geduld. In der Erwartung will ich Ihnen nur mit der größten logischen
Deutlichkeit sagen, daß ich von ganzem Herzen bin und bleibe <line type="empty"/><line type="break"/>
Ihr drollichter <aq>Alcibiades</aq>. <line type="empty"/>
Sagen Sie doch dem Ott, daß er den <aq>Lenz</aq> nicht über dem <it>Herbst</it><!-- Handelt es sich hier um einen Kursivschreibung in der Drucküberlieferung, da hier nicht-lateinische Wörter kursiv gesetzt sind? --> vergesse.</letterText>
</document>
</opus>