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Einpflegung von Brief 93.
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Geheimde-Räthin von <ul>La Roche</ul><line type="break"/>
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in Coblenz.<!-- französischer Brief --></letterText>
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<letterText letter="93"><align pos="right">G. den 2. Jenner. 76.</align> <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Mein erster Brief in diesem Jahre ist an Sie, liebster Lenz. Ich habe keinen Posttag versäumen wollen,
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Ihnen die Ankunft Ihrer Algierer zu melden und die versprochenen 4. Louisd’or zu schicken. Zwar hab’
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ich noch keine Antwort von Seyler, aber ich bin gewiß, daß er mir für den Händel Dank wißen wird.
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Was ich sonst noch mit dem Stücke bey dem hiesigen oder Hamburger Theater erwuchern kann, sollen
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Sie ohne Verzug haben; alles mit dem gehörigen Anstand und Dekorum. Deshalb können Sie außer
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Sorge seyn. Übrigens seh’ ich aber nicht recht ein, warum wir Schriftsteller, da wir von dem
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Publikum überhaupt so wenig Belohnung zu hoffen haben, mit den Theaterdirektoren Komplimente
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machen oder vielmehr uns eines Händels schämen sollen, der in der ganzen Welt eingeführt ist.
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Doch wer hierunter Delikateße hat, muß geschonet werden. Goethe war vorige Woche hier; aber wie kurz!
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Er kam nach Mitternacht auf der Redoute an, brachte den folgenden Tag bey Hofe zu und reiste sodann
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mit der Weimarischen Herrschaft wieder zurück. Ich hab’ ihn in allem kaum eine Viertelstunde gesprochen.
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Er weiß noch nicht, wie lang er in Weymar bleiben wird, wo er den Günstling in bester Form und Ordnung
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spielt und den ihm eignen vertraulichen, nachlässigen, hingeworfnen Ton überall eingeführt hat.
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Ich muß ehestens hinüber, um mich selbst von dem Fuß zu über<page index="2"/>zeugen, auf welchem er mit
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Wiel. steht. Was man davon hier erzählt, ist nicht zum Vortheil des leztem. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Mein Urtheil über die Algierer? Noch kann ich nichts, als sie loben. Zum urtheilen muß ich erst ein
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wenig kälter werden. Wenn dieses Stück keine Würkung thut, so geb’ ich mich nie wieder mit
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theatralischer Nativitätstellung ab. Solch ein warmes, ungetheiltes Intereße! Solche gedrängte
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Handlung! Solche Einfalt in Gang und Sprache! – Mich dünkt ich höre schon Ekhof Alonzo. – Daß ich,
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durch Hülfe eines Mittlern Vorhangs die Akte zusammengerückt und aus fünf, 3. gemacht, auch
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ein paar Ausdrücke gelindert habe, werden Sie mir verzeihen. Und dann einen einzigen Einwurf.
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Pietro ist seinem Vater ungefähr in seinem zehnten, zwölften Jahr entrissen worden. Sollt’ er
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sich so sehr verändert haben, daß Alonzo nicht die geringste Spur von Ahnlichkeit mehr fände –
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und wenn das wäre, auch der Vater? – Pietro hört sich von seinem Vater nennen und sein Herr sollte
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diese bekannte Stimme nicht wieder erkennen? <line type="empty"/>
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<line tab="1"/><ul>Meine</ul> theatralischen Sachen lohnen des Postgelds nicht, sonst schickt’ ich sie Ihnen mit Vergnügen;
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aber sobald sich eine Gelegenheit zeigt, solls geschehen. Das Beste darunter ist noch nicht gedruckt;
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der <ul>Jahrmarkt,</ul> eine Operette und <ul>Mariane,</ul> ein bürgerliches Trauerspiel, nach der Melanie des Ia Harpe,
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aber so umgearbeitet, daß ich es <page index="3"/> so gut mein nennen kann, als Racine seine aus dem
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Euripides gestohlnen Tragödien. Ich weiß selbst nicht, warum <insertion pos="top">ich</insertion> es noch nicht über mich gewinnen
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kann, nach eignem Plane zu arbeiten. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Ihre Anmerkungen wegen des von den beyden Freunden zu beobachtenden Spiels sind vortreflich
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und ich werde sie gehörigen Orts mittheilen.<line type="empty"/>
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Empfehlen Sie mich den beiden Hhn. Salzmann u. H. Michaelis, wenn sie ihn sehen. <line type="empty"/>
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Mein Freund Sulzer ist auf einer Reise ins Hannöverische, um die Beschaffenheit der dortigen
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Viehseuche zu untersuchen. <line type="empty"/>
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<line tab="1"/>Und meine Schwester in Lion – bald hätt’ ich Ihre ver<note>Textverlust</note>liche Nachfrage nicht beantwortet –
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befindet sich wo<note>Textverlust</note> wünscht aber sehnlich, künftiges Frühja<note>Textverlust</note> land
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zurückzukommen. Es wäre freylich <note>Textverlust</note> ich ihr bis Straßburg entgegen reisen kön<note>Textverlust</note>
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Die Stollberge sind schon vor einigen Woch<note>Textverlust</note> gereist und haben sich nur zwey Tage
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a<note>Textverlust</note> Fahren Sie fort mein Freund und von der Red<note>Textverlust</note> meines Herzens überzeugt zu
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seyn! Der Himmel laß es Ihnen sowohl gehen, als es Ihnen wünscht <line type="empty"/>
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<align pos="right">Ihr G.</align> <line type="empty"/>
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<page index="4"/>
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<note>Adresse</note>
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An Herrn<line type="break"/>
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Herrn <ul>Lenz</ul><line type="break"/>
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mit 4. Louis’dor<line type="break"/>
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in <ul>Strasbourg.</ul><line type="break"/>
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abzugeben bey Jngfer <ul>Lutte</ul> in der Knoblochsgaße.</letterText>
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</document>
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</opus>
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@@ -1395,6 +1395,20 @@
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<isDraft value="false" />
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</letterDesc>
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<letterDesc letter="93">
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<date value="Gotha, 2. Januar 1776" />
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<letterTradition letter="93">
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Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 14
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