HochEdelgeborner Hochgelahrter Herr Secretair VerEhrungswürdigster Gönner! Ew. HochEdelgebh: haben mich durch die neue Probe von Dero schätzbaren Gewogenheit ausserorndtlich beschämt. Meine Feder ist zu schwach, Denenselben die regen Empfindungen meines Herzens darüber zu schildern. Ich weiß Ew. HochEdelgebh: meine Dankbegierde auf keine andere Art an den Tag zu legen, als daß ich meine gestrigen Wünsche für Dero Wohlseyn wiederhole, und die gütige Vorsicht um die Erhörung derselben anflehe. Der Herr überschütte Dieselben und Dero werthes Hauß im künftigen Jahr mit tausend Seegen und Heil. Er erhalte Ew. HochEdelgebh: bis zu den spätesten Zeiten im ersprießlichsten Wohlergehen. Er bewahre Ew. HochEdelgebh: für alle wiedrige Zufälle in den künftigen Jahren, und lasse mich noch lange das Glük geniessen, Dieselben in dem blühendsten Wohlstande zu sehen, und mich mit dem erkenntlichsten Herzen nennen zu dürfen HochEdelgebohrner Hochgelahrter Herr Secretair Verehrungswürdigster Gönner Ew. HochEdelgebh: Von Hause, d. 2 Jenner, 1765. gehorsamsten Diener Jacob Michael Reinhold Lenz Bester Bruder! Wie kann ich einen Augenblick anstehn, Dir bey der freudigsten Begebenheit Deines Lebens ein Bruderherz auszuschütten, das von Seufzern und Tränen wallet! Ich preise die Vorsicht mit Dir, die Dir die liebenswürdigste Gattin zuführt und unsere Familie in einem Jahre mit sovielem Glük überhäufft, daß wir für gar zu grosser Freude wie betäubt sind und nichts als jauchzen und stammeln können. So sind denn nun Deine Wünsche erfüllt: so schmeckest Du nun zum erstenmal alles Süsse, alles Entzükende einer Liebe, die keine Angst, kein Kummer, keine Träne verbittert. So belohnt denn die ächte, die reine, die wahre Zärtlichkeit endlich einmal ein Herz, das nur für sie geschaffen war und das schon von Jugend auf sich heimlich nach einem Gegenstande hat sehnen müssen, dem es sich ganz überlassen könnte. – O gütige Vorsicht! so erhöre denn alle unsere Wünsche, alle unsere Tränen, für dis Paar, das Du selbst durch wunderbare Wege geknüpft hast. Lebe, liebster Bruder! lebe lange, lebe glüklich in den Armen Deiner Cristinchen: seyd ein Muster der wschönsten Ehe, ein Trost eurer für Freude weinenden Eltern, eine Freude eurer Geschwister: jeder eurer Tage müsse mit neuem Entzüken für euch geschmückt seyn, jedes eurer Jahre müsse so heiter hinfliessen, wie ein Bach, der durch Rosen fließt. Nie müsse ein Gram eure Seele umwölken, nie müsse ein Elend euch niederschlagen, da es euch nicht mehr allein, sondern verbunden, von der Hand Gottes verbunden, trifft, da eure Zärtlichkeit und eure Küsse euch trösten und selbst im Unglück beglücken werden. Eure Liebe sey so feurig, so rein, aber auch so unauslöschlich, wie das Feuer der Vesta: sey so dauerhaft, als ein Felsen, auf den das Meer vergeblich loßstürmt: eure Liebe lebe mit euch, sie leide mit euch: ihr werdet zwar sterben, aber eure Liebe wird so wie eure abgeschiedenen Seelen ewig währen, sie wird um euer Grab wachsen, und so wie eure Seelen dereinst wieder mit euren Körpern vereinigt werden; alsdann kann kein Tod sie mehr aufhalten, alsdann dauert sie bis in undenkbare Aeonen. Ich seh euch schon im Geist, ihr liebenswerthen Beyde, Ihr wandelt Hand in Hand durch Tarwasts frohe Flur. Aus euren Mienen lacht nur Freude, Und reine Lust und Lieb und Unschuld nur. Euch wird der Lenz sich jetzo schöner schmüken, Ihr findt ihn auf der Flur, findt ihn in euren Bliken. Euch wird der Bach jetzt mit mehr Anmuth rauschen, Mit froherm Ohr werdt ihr aufs Lied der Wälder lauschen, Und mit entzükterm Blick, werdt ihr von goldnen Höh’n, Die Morgensonn zur Erde lächeln sehn. Und weht der stürmsche Herbst und tobt der kalte Winter So wird nur euer Herz und eure Lieb entzündter; Im ländlich stillen Sitz werdt ihr, auch ganz allein, Auch unter Schnee und Sturm, euch durch euch selbst erfreun: Und wird denn in der Stadt der Tage zu trübe seyn, Dringt ihm die Nacht zu früh herein, Wird er des Abends Länge scheun: Dann werdet ihr bey sanftem Lampenschein Euch selbst Gesellschaft, Lust und Scherz und Frühling seyn. Wird euch ins künftige ein neues Glüke lachen, So werdet ihr vereint, es euch noch süsser machen: Und naht ein Unglückssturm euch zärtlichen Erschroknen, So wird des einen Trän des andern Tränen troknen. Und einst wenn Jahre euch, wie Tage hingeflossen, Und ein unschuldig Kind hält eure Knie umschlossen Und stammelt seinen Seegen euch: Dann ist nicht Ehr und Gold, dann ist nicht Thron und Reich Dann ist kein Glük dem euren gleich. Dann soll sich eur Geschlecht dem unsrigen begegnen Und unsre grauen Eltern seegnen: Dann wollen wir uns freun, wie sich ein Engel freut, Voll Wehmuth und voll Zärtlichkeit, Voll Wonne und voll Dankbarkeit. – Und werden einst … Gedank voll Bitterkeit! Und werden einst sich eure Augen schliessen, (Doch dann erst, Gott! wenn sie das Alter halb schon schließt). Dann drükt mit traurigen und doch noch traurig süssen, Und euch im Tod noch angenehmen Küssen Euch eure Augen zu. – O Bild voll Schmerz! Dann fließt! Ihr Tränen meiner Wang, fließt um sie! Dann begießt Ihr mir geliebtes Grab, aus seiner Erde schießt Dann eine Ros herfür, die traurig reitzend blühet, In der mein Aug das Bild von ihrer Ehe siehet. Dann sag ich – – – doch mein Lied, zu traurig Lied! halt ein! Sonst muß ich dieses Blatt mit Tränen überstreun. Ich umarme Dich und küsse Dich 1000mahl als Dein allergetreuester Bruder Jacob Michael Reinhold Lenz. Dorpat den 11ten October 1767. Verehrungswürdigste Eltern! Nach einer langsamen und ziemlich beschwerlichen Reise sind wir endlich am verwichenen Mittwochen Nachmittags um zwey Uhr glüklich und gesund zu Tarwast angekommen. Der Weg ist fast inpaßabel, und die ersten Tage hatten wir ungemein starke Stürme und Regen. Wir wurden von der Wittwe recht artig aufgenommen und speiseten den ersten Abend mit dem Lieutenant Krüdner von Arrohoff und seiner Gemahlin, die sich Ihnen empfehlen liessen und mit dem Rittmeister Pietsch und der Fräulein Krüdner. Wir werden auch noch immer zum vor und nachmittäglichen Kaffee und zur Mahlzeit hereingebethen, weil der älteste Bruder mit seiner Wirtschaft noch nicht völlig im Stande ist und wir erst mit dem Anfange der künftigen Woche unsre eigne Menage anfangen wollen. Die Wittwe ist eine simple Frau mit der der Umgang ziemlich langweilig wird: aber die Kinder sind rechte Unholde, und ich habe sie noch in meinem Leben so ungezogen nicht gesehen. Die jüngere Tochter strich ohne uns zu grüssen mir wie ein Wirbelwind vorbey und nahm ihren Weg gerade nach dem Tisch zu, auf den sie mit einem Satz sich heraufschwung und die Aelteste machte es eben so, nur mit dem Unterschied daß sie bei jedem Schritt eine Art von Kniks machte, wie ihn ihr die Natur gelehrt hatte. Bey Tisch schreyt alles so untereinander, daß wir stumm seyn müssen, weil wir unser Wort nicht hören können. Der Bruder läßt sich recht sehr entschuldigen, daß er nicht mitgeschrieben: er ist von Morgen bis Abend zu mit Arbeiten und Bräutigammen und Lehrlingen überhäufft, überdem auch mit seiner Wirthschaft beschäftigt, mit der es noch nicht in den Gang kommen will, weil die alte Jungfer noch immer Rasttage hält und überhaupt ein bisgen unlustig ist, weil sie, wie sie sagt und sich einbildt, unter lauter Feinden hier leben muß. Er befindet sich aber sonst nach der Reise, so wie auch ich und die Jungfer, Gottlob recht gesund und läßt Sie, das junge Paar und alle Geschwister aufs ehrerbietigste und zärtlichste grüssen. Ich bitte gleichfalls den Neuverbundnen und allen Geschwistern meinen zärtlichsten Gruß zu vermelden und küsse Ihnen die Hand als Meiner verehrungswürdigsten Eltern gehorsamster Sohn Jacob Michael Reinhold Lenz Tarwast den 9ten November 1767. Der Frau Obristin und ihrem würdigsten Hause, wie auch dem Herrn Pastor Oldekopp bitte unser beyder gehorsamste Empfehlung zu machen und letzterem zu seinem Nahmenstage zu gratuliren. Ich werde meine Kur erst mit der künftigen Woche anfangen und mache mir deswegen in der jetzigen bisweilen eine Motion, mit Reiten und Spazierengehen. Auf den Sonntag wird der Bruder teutsch predigen.
Dorpat. A Monsieur Monsieur
    Lenz
Prevot ecclisiastique et Ministre du St. Evangile a l’eglise de St. Jean
Verehrungswürdigster Herr Papa! Ich weiß nicht, ob der Bruder bey seinen Amtsgeschäften, Catechisiren etc. Zeit haben wird, an Sie zu schreiben: ich nehme mir also die Freyheit, Ihnen abermals von dem was uns angeht, gehorsamst Nachricht zu geben. Der Bruder ist wie gesagt, sehr beschäftig, befindet sich aber bey seinen Arbeiten noch immer Gottlob! recht gesund und vergnügt. Auch mir bekommt meine Kur recht gut und ausser der kleinen Unbequemlichkeit, die mir der Diät, das Warmhalten, das Laxiren u. dgl. machen, bin ich hier so vergnügt, wie man es in der Einsamkeit seyn kann. Ich lese, oder schreibe, oder studire, oder tapeziere oder purgiere, nachdem es die Noth erfodert. Uebrigens hoffen und wünschen wir beyde von ganzem Herzen, daß dieser Brief sowohl Sie, als meine hochzuehrende Frau Mamma recht gesund, vergnügt und zufrieden antreffen möge. Doch! eine Bitte, gütigster Herr Papa! zu der mich die Noth und Dero väterliche Gewogenheit berechtigen. Ich habe bey der neulichen Herreise empfunden, wie wenig ein blosser Roquelor bey Reisen in kühler und windiger Witterung vorschlage. Ich kann mir also leicht vorstellen, wie es anziehen muß, wenn man im Winter im blossen Mantelrok reiset. Ich weiß wirklich nicht, wie ich einmal nach Derpt zurückkommen oder falls des Bruders Hochzeit im Janauar seyn sollte, zu der er mit seiner Equipage mich mitnehmen will, wie ich die Reise dorthin werde thun können. Ueberdem ist mir ein Pelz allezeit nöthig: ich nehme mir also die Freyheit, Sie ganz gehorsamst zu bitten, ob sie mir nicht könnten für 3 Rubel das Futter dazu, nämlich einen Sak schwarzen Schmaßchen aus den Russischen Buden ausnehmen lassen. Das Oberzeug darf nur Etemin seyn: und da Sie in dieser Zeit sich ohne-dem ausgegeben haben, so daß ich mich billig gescheut haben würde, mir von Denenselben was gehorsamst auszubitten, wenn mich nicht die Noth zwänge: so könnte es ja solange in Peukers Bude auf Conto gesetzt werden, bis es Ihnen weniger beschwerlich fiele, das Geld dafür zu bezahlen. Ich überlasse dis übrigens ganz Ihrer eigenen gütigen Disposition und werde mich auch alsdenn zufrieden geben, wenn die Umstände es für dismal nicht erlauben sollten. Uebrigens küsse ich Ihnen und meiner besten Mamma ganz gehorsamst die Hand und bin nach 1000 Grüssen an alle meine Geschwister und nach gehorsamen Empfehl an die Frau Obristin Albedille nebst Ihrem ganzen würdigsten Hause, an den Herrn Pastor Oldekopp und alle übrige Gönner und Freunde Meines verehrungswürdigsten Herrn Papas gehorsamster Sohn Jacob Michael Reinhold Lenz. Tarwasts Pastorath den 24ten November 1767 P. S. Der Bruder läßt sich nochmals gehorsamst entschuldigen, daß er dismal nicht mit geschrieben. Er hat gestern den ganzen Tag mit Brautsleuten und Lehrlingen zu thun gehabt, gestern Abend um 12 Uhr in aller möglichen Eile noch nach Reval geschrieben, welchen Brief er gehorsamst zu bestellen bittet und ist heut früh schon bey dem scharfen Frost den wir seit einiger Zeit gehabt haben und bey dem Schnee und Sturm der verwichenen Nacht, catechisiren mit Schlitten gefahren. Er läßt unterdessen Ihnen und seiner würdigsten Frau Mama seinen kindlichen Handkuß und allen seinen Geschwistern besonders dem jungen Paar, wie auch allen guten Freunden seinen zärtlichsten Gruß versichern. P. S. Theurester Papa. Diesen Augenblick komme von der Catechesation. Von 8 Uhr heute Morgen bis 4 Uhr Nachmittag habe ich in der Kälte zugebracht, und bin vom Frost und Ungestüm so durchgenommen, daß ich kaum die Fingern rühren kann. Ich bin sonst Gottlob gesund, und werde mich innigst freuen, wenn Sie und meine geliebteste Frau Mama es auch sind. Sie haben doch meiner gehorsamsten Bitte gemäß schon nach Reval an meine Schwieger-Eltern geschrieben, und für mich eine Vorbitte in puncto der Hochzeit im Januario eingelegt? 100000 Grüße und Küße an Sie beyde verehrungswürdigten alle Geschwister Freunde und Gönner von Ihrem gehorsamsten Sohn. F. D. Lenz. Mit steifen Fingern Mein liebstes junges Paar! Wie sind Sie angekommen? Wieviel Glieder und Sinne haben sie noch übrig? (denn ihren Leuten wird wohl Verstand und alle Sinne erfroren seyn). Wie haben Sies zu Wasser und zu Lande gehabt? Sind Sie auch geirret? Und wie haben Sie alles zu Hause gefunden? Wie lassen sich die schwedischen Reichsräthe an? Und wie gefällt Ihnen, meine liebe junge Frau, das einsame Tarwast? Zum andern befinden wir uns alle so, wie Sie uns gelassen haben. Papa ist Papa, und Mamma ist Mamma, und Moritz und seine Frau und alle übrige sind gesund und vergnügt, und ich, ich sey Jacob. Zum dritten, vierten und zehnten habe ich auch die Ehre zum Geburstag zu gratuliren und zu wünschen mmmmmmm und wieder der Herr mmmmm und wieder der Heiland mmmmm und wieder sitzo. Mamma bittet den Sak zurük in welchem Dein Junge Salz mitgenommen hat. Sie grüsset Sohn und Tochter aufs zärtlichste und bittet sehr um angeführten Sak. Oder besser: ich wünsche auch, daß Sie möchten zu einer glüklichen Stunde geboren seyn ….. und nicht nur dieses sondern viele folgende zu erleben und mit Gesundheit zu verzehren. Oder dito feiner: Wünsche auch, daß der barmherziger Gott verleyhen wolle einen kräftigen Geist des Danielis und wenn es sollte dermaleins zum Jahre des Nestors kommen, dieselben; Sie gehen nimmer aus meinem Gemüthe weg. Anbey wünsche auch daß in künftiger Zeit benebenst guter Gesundheit dermaleinst mancher kleiner Herr Söhnlein am die Eltern wimmeln mag, benebst den Oelpflänzlein um Dero Tisch, sie grünen und blühen. Abkürze hier meine Gratulation, dieweile der drange Raum mich verweigert, hierüber weiter herauszulassen. Ernsthaft zu reden so ist es Schade, daß wir an diesem Tage nicht hier zusammen vergnügt seyn konnten. Doch ich bin jetzt im Geist auf Tarwast und schwatze Ihnen was vor, dann werde ich ganz ernsthaft und wünsche Ihnen beyden soviele und so angenehme Geburtstage, als Sie sich selbst wünschen, und soviel Vergnügen, als Ihnen die ersten Umarmungen in Reval gaben, an dem heutigen Tage. Es sey euch dieser Tag an tausend Zärtlichkeiten An tausend sanften Freuden reich. Mit Küssen grüsset ihn: spielt ihm auf sanften Sayten Ein zärtlich Lied und unter Zärtlichkeiten Verfließ er euch! Dis ist der Tag, müß jetzt Ihr Fritzchen sagen, Der Dich mir gab, mein Leben, meine Lust. Für mich hat unter ihrer Brust Die beste Mutter Dich getragen. Für mich hat Deinen ersten Tagen Gott jene theure Pflegerin geschenkt Die zärtlicher, als hundert Mütter denkt Und deren Abschied noch Dich kränkt. Für mich wuchs Deine holde Jugend Wie Frühlingsrosen auf: und Zärtlichkeit und Tugend Keimt’ damals schon für mich in Deiner Brust empor. Dann müß auch sie mit sanften Küssen sagen: Geliebter, ja, ich bin nur da für Dich. Für Dich fing dis Herz an zu schlagen Und ewig schlägt es nur für Dich. So sey euch dieser Tag an unschuldsvollen Freuden, So sey er euch an Liebe reich. Wie mancher Hagstolz muß euch eure Lust beneiden, Wie manches Ehepaar wünscht heimlich eure Freuden! Werd ich einst auch ein Mann, will ich euch nicht beneiden: Allein zum Muster nehm ich euch. Neuigkeiten! Madem. Smoljan und die Majorin Graß sind weggereiset. Die Oldekoppin ist recht böse auf Dich, lieber Bruder, und auf Deine junge Frau, daß ihr nicht bey ihr gewesen seyd. – Papa und Mamma, die sich Gottlob! noch erträglich befinden, Moritz und seine Frau, die vielleicht selbst auch schreiben werden, Lieschen, Christian und die kleinen Geschwister, alle Freunde besonders die Frau Obristin und die Fräuleins grüssen und küssen 1000mal Fräu- und Männlein. Auch wird die alte Jungfer begrüßt. Leben Sie gesund und vergnügt mein liebstes Paar! und behalten Sie immer lieb Ihren Ihres Herrn Bruders seine grüsse von mich sind zu kalt, hier folgen die zärtlichsten die aufrichtigsten die feurigsten von mich und meiner Tochter, von meiner eigenen Hand.
    Albedyll
zärtlichsten Bruder Jacob Michael Reinhold Lenz Am Geburtstage. 1768. P.S. Wenn Du, liebster Bruder! einige Exemplare von den hochzeitlichen Gedichten hast, so schike sie mir doch, ich habe kein einziges. Onkel Kellner vergaß auch uns welche mitzugeben. Die Capit. Sege und die Lieutnantin Brandt von Fetenhof und die Majorin Toll von Wissus haben junge Söhne. Die alte Oldenkoppin ist ziemlich krank. Heut hat H. Rektor für Reichenberg gepredigt. Adieu! Dieses am Sonntage.
Königsberg 1769. Octbr 14. Gütigster Herr Papa. Um den Brief nicht überflüssig groß und dik zu machen, muß ich mich begnügen, nur gegenwärtigen kleinen Zettel in denselben an Sie einzuschliessen. Christian wird vermutlich in seinem Schreiben weitläuftiger zu seyn und ich habe also nur noch einige kleine Supplemente zu meinem vorigen Briefe zu geben. So sehr ich Ihnen für die gütige Besorgung eines Theils meines jährlichen Fixi verbunden bin, so sehr sehe mich genöthigt, Sie nochmals gehorsamst um die sovielmöglich baldige Beförderung dessen, was Ihre Gütigkeit zu unserer Kleidung bestimmt hat, zu bitten. Pranumeration ist nothwendig, wenn ein Student gut wirthschaften will und also ist ihm im Anfange des Jahrs immer Geld unentbehrlich. Noch einige Ausgaben habe Ihnen schon vorhin specificiren wollen, für die ich gleichfalls von Ihrer Gewogenheit einigen Ersatz hoffe, wenn es Ihre Umstände zulassen. Der Band einiger Exemplare meiner Landplagen, insonderheit der letzte, der nach Petersb. bestimmt und den ich schon dem Herrn v. Schulmann an Sie mitgegeben: kostet mir wenigstens bis 2 Dukaten. Hernach haben alle Landsleute zum Begräbniß des seel. Herrn Langhammers was beytragen müssen: weil seine Mutter eine Wittwe ist, die sich selbst nicht ernähren kann, und derjenige, der ihn studiren lassen, nicht einmal soviel, als zu den Ausgaben, an Doktor p. in seiner Krankheit erfordert worden, überschikt hat. Dieser Beytrag war bis über 4 Thlr. – Wenn Sie von dem Obristen Bok was gehört haben, so seyn Sie so gütig, es mir bey Gelegenheit zu melden. – Neulich haben wir einen gewissen Bar. Cloth, Ihren gewesenen Eingepfarrten, 2 Bar. v. Baranow und den jungen H. D. Stegemann, der vielleicht schon jetzt in Dorpat angekommen seyn, allhier gesprochen. – Der Catalogus lectionum ist zwar jetzt heraus, allein ich fürchte er würde den Brief zu sehr anschwellen, wenn ich ihn hier beylegte. Ich werde dieses halbe Jahr, ausser den philosophischen und andern Collegiis von theologicis das Theticum bey D. Lilienthal und ein Exegeticum über die Ep. Pauli an die Römer bey D. Reccard hören. Die andern theologischen Collegia bedeuten in diesem halben Jahr nicht viel. Ueberhaupt wenn man nebst einigen wenigen Professoren die Magister von Königsberg nähme, würde die Akademie wenig oder gar nichts werth seyn. Nächstens werde weitläuftiger sein. Vergeben Sie unser öfteres unverschämtes Geilen nach Geld: die Noth lehrt hier beten und betteln. Gegen den Winter kommen viel neue Ausgaben. Holz: ein neuer Schlafrock, Tisch – – – Grüssen Sie doch alle Verwandte u. Freunde, besond. aber meine theureste Frau Mama 100000mal von Ihrem gehorsamsten Sohn J. M. R. Lenz. P. S: Wenn Sie an den Tarwastschen Bruder schreiben, so sagen Sie ihm doch, daß ich recht sehr begierig bin, einmal einen Brief von ihm zu sehen. I. Ni Deus fere miraculum fecisset, hae pecuniae non confluxissent. 1) Ursachen, Wenigkeit der Communicanten: armselige Beschaffenheit, die größten Ausgeblieben, kein Rathsherr, keiner von den Aeltesten-Leuthen; excepto P.ker und Teller – das wenige Gesammelte zu Bezalung der Handwerker im Auditorium, die schon lange zu Halse gegangen. – – 2) Art u. Weise, wie sie zusammen geflossen. Fick 20 Rbl. – Treuer 20 Rbl. – Stryck – 10 Rbl. – Raths-Stipend. – 20 Rbl. – – 3) Distributio. a) Jacob Fick – 10 Rbl.– Raths–Stip.– 10 Rbl. – S. 20 Rbl. b) Christian Fick – 10. Treuer – 20. Stryck – 10. Raths-Stip. – 10. S. 50 Rbl. II. Hiermit aber sind auch nun die vorigen Quellen verschlossen. Jacob hat Boks u. der Baronne Wolf Stipendia weg – Fick sagte 50 Rbl. habe er destinirt, 30 Rbl. hätte er vorher gegeben, nun die letzten 20. – Treuer ein vor alle mal – das Raths-Stipendium für dich geschlossen, tritt nun So .. jun. an. – Stryck auch aufs letzte Jahr. – Auf mich gar keine Rechnung zu machen. Denn da meine Erntezeit nichts getragen u. ich also fast in allgemeinen Schulden sitzen bleibe, so ist auf die übrigen Teile des Jahres wenig zu rechnen: U. es wird e. Wunder-Gnade Gottes seyn, wenn noch so viel zusammen soll, als bis Michaelis nöthig ist. III. Porismata hieraus, daß sie 1) durchaus nicht länger als bis gegen Michaelis sich ihren Terminum Academicum setzen, denn es wird ohnehin schwehr genug seyn, sie noch so lange zu unterstützen 2) sich nicht in Schulden einfressen, sonst sich so vest fressen, da ich sie unmöglich würde lösen können u. da wären sie ganz verloren, denn ich könnte nicht, wenn sie auch ins Carcer kämen 3) daß sie mittlerweile sehr fleissig seyn pp. IV. Nachricht, so ich gehöret, daß Prof. Cant ihn nach Rehbinder in Danzig recommendiret. 1) Vorläufige Bestrafung, daß er nicht mit mir solche Sachen communicire, böses Gewissen: Ich würde ihm Väterl. und aus reifer Ueberlegung und Erfahrung rathen: Aber damit wäre ihm vielleicht nicht gedient, sondern Rath d. Jungen, die auch noch flüchtig denken u. sich durch den anfängl. falschen Schein, Dunst u. Glast blenden lassen.– Er mache es wie Rehabeam p.– Vielleicht unsere Väter- und mütterliche Zärtlichkeit würde es nicht zulassen, ob es gleich dein Bestes wäre: Aber a) Si Supponis so viel väter- u. mütterl. Zärtlichkeit; male, daß du nicht eben so viel Kindl. Zärtlichkeit hast, u. deine Eltern dadurch erfreuen wilst, daß du in deinem Vaterlande Gott und deinen Nächsten, ihnen zur Ehre und Freude nützl. seyn wilst – Zeigt wenig patriotismus an. – Ist doch auch wol e. Tugend – Exempl. Griechen, Römer. Was haben wir, was alle Freunde, was alle deine hiesigen Compatrioten, bey denen du das beste Vorurth. erweckt hast, von allen ihren Erwartungen. b) Aber wenn es dein wahrer Vorteil wäre; abnegarem Alle mein eignes und der Meinigen Vergnügen p. So affenliebisch bin ich nicht pp. Allein Suppono, daß d. H. Resident, als Resident (denn das bringt diese s. Charge schon mit sich) in Danzig bliebe. Was wilst du dann bey ihm machen? – Erst Hofmeister, – das hier auch, – dann Secretair. Ein schlechter wol nicht, damit er dich abdanken könne. – Nein e. gut., folgl. e. ewiger Secretair, so wie dein Mutterbruder Neoknapp, e. ewiger freier Unterthan s. Hauses, der nie s. eignes anfangen, nie heiraten, nie selbst e. Wirtschaft führen kann, immer die Füsse unter e. fremden Tisch stecken muß. Taugst du nichts u. must ihn verlassen, so jägt er dich ohne Recommendation weg. – Taugst du was, u. hat er dich lieb, so wird er aus Eigennutz dich in s. Hause ewig festhalten wollen, u. ich weiß nicht, zu welchen emplois er dir in Danzig helfen könnte, da es doch dort wol von geschickten Landes Leuten krimmelt u. wimmelt, die nothwendig vor fremden den Vorzug haben. – Vielleicht rechnest du darauf, daß er dich dort in e. gute Pfarre helfen solle. In was für eine Etwa in e. Stadtpfarre in Danzig selbst? Nein dazu nehmen die Herren Danziger wahrhaftig praejudicio keinen blossen und noch dazu fremden Candidaten, wenn er auch Apoll selbst wäre, auch nicht jeden geschickten wahren Prediger einmal, sondern verschrieben sich immer große Professores und Doctores Theologiae von fremden Academien, wie so z.E. D. Kraft a.d. großen Pfarrkirche; und D. Bertling aus Helmstädt dahin kamen. Nun wo dann hin? Aufs Land, aufs Dorf. 1) kannst du das hier auch u. viel besser haben: denn wir haben hier 10mal bessere Land-Pastorate, als die dortigen Dorf-Pfarren sind, wo die armen Prediger fast das Hungerbrod fressen. 2) ist nichts Verachteteres, als e. dasiger Dorf-Pfaffe. In urbibus pastores magis honorantur, quam hic. At in pagis quoque centies magis spernuntur, quam hic. – Es ist überhaupt die Frage, ob d. H. Resident dich dort zu e. geistl. od. weltl. Amt befördern könne, oder wolle: (1) ob er könne! Denn warum solten sie sich Subjecta von e. fremden Herrn vorschlagen lassen, da es ihnen weder an eignen consiliariis noch Subjectis zu Aemtern fehlet b) ob er wolle! Denn gefällst du ihm, so wird er kein Thor seyn, sich auf die Art von dir zu trennen u. sich selbst deiner guten Dienste zu berauben. Gesetzt du wollest da nicht länger bey ihm bleiben; wo dann hin! da du dort fremd u. unbekannt bist: hier aber (da dein Vat. überall und du auch schon zieml. weit und breit bekannt ist) dir das ganze Land offen steht. Ergo plane dissuadeo ut amicus, at si non vis, befehle ichs dir als Vater, daß du dies Project fahren lassest u. mit deinem Bruder hereinkommst. V. Anderwärtiger Vorschlag, den ich ihm gebe. D. H. Obrister Bok bey mir, hat e. Schwester in Lettland, nomen nescio hat noch klein. Kind., fordert nur den ersten Unterricht in Bstabiren, Lesen, Schreiben, Rechnen u. sonderl. im französischen, offerirt selbst nicht das Salarium: du solst es fixiren. Ich meine im ersten Jahre, da die Kind. klein 150 rthl. Alb. (weil dort im lettischen Alberts-Tahler) so nach Rubeln doch zum allerwenigsten 180 Rbl. ausmachen, und dabey 20 Rthl. zu freyem Thee und Zucker. – Im andern Jahre wenn du bleiben wilst und kanst, aber 200 rthl. Alb. welches zum allerwenigsten 240 Rbl. ausmachet, u. abermal 20 rthl. Thée und Zucker. Ich wil auch suchen das Reisegeld für dich mit zu verdingen, weil ich sorge, ich möchte es kaum aufbringen können. Wilst du dies, so wil ich an Bok schreiben. Denn er wartet sehnl. auf Antwort u. bittet sehr darum. Wer weiß, wo dieser Gönner auch wegen s. grossen Bekanntschaft mit den Größten des Hofes u. Einfluß bey d. Majestät selbst dir hier noch beförderl. seyn könnte? Antworte bald. – Das Salarium däucht mir convenable. Man darf den Bogen nicht zu hoch spannen, weil er dir in d. Noth geholfen p. Du hast Freiheit, kanst bleiben u. auch gehen, wenn dir die condition nicht länger ansteht. VI. Der Mamma Zustand: Marter von Viel. 1000 Plagen, schlechtes Oster-Fest. – Meine Gesundheit auch schlecht. Kopfschmerzen vom Dunst. VII. Meine neue Verfolgung, wegen 1) d. Ober-Consistorial-Schrift 2) des Kirchenbuches. VIII. Erbärml. Zustand d. Sczibalski auf Rüggen. Sie werden wol nicht mehr sehen. Extract aus den beyden letzten Sczibalskischen Briefen. – Unsere vielen Tränen. IX. Lieschen 3 Tage schon krank. – Ueberhaupt dort viel Patienten, desgleichen in Lemsal von den Recruten. X. Gestorben: 1) General Di..t.. ..: Schreckl. Krankheits-Umstände seel. Tod. Grots Leichen-Predigt 2) Landrath Igelstrohm 3) Axel Bruiningk 4) d. Candid. Hoffmann, d. euch auf dem Claviere informirte, in Lemsal 5) d. junge Reichenberg. – Ejus ultima – Vorm Jahr d. junge Helm. XI. Neuer General-Superint. Sein guter Character. Nicht ein solcher Pedant. – Neuer Grund einzukommen. XII. Copulandi Inspect. Petersen mit e. Jungfer Rosenthal. XIII. Frage, obs wahr, daß die Preußen in Curland eingerückt sind? – Ob sie communiciret haben u. wann? XIV. Schluß-Ermahnung. 3 Stangen fein. schwarzen Lak. Zu 40 Trauer-Briefen Pappier mit schwarzen Ränd. 2 Buch Pappusch Pappier von No. 1. Theurester Freund! Sie werden mir ein kleines Stillschweigen zu gut halten, das auf eine Abreise ohne Abschied seltsam genug aussieht. Die gegenwärtige Lage meiner Seele wird mich entschuldigen. Sie kriecht zusammen, wie ein Insekt, das von einem plötzlichen kalten Winde berührt worden. Vielleicht sammelt sie neue Kräfte, oder vielleicht ist dieser Zustand gar Melancholey. Sey es was es wolle, ich befinde mich eben nicht unglücklich dabey, es ist kein Schmerz den ich fühle, sondern bloß Ernst und obschon dieser den Jüngling nicht so sehr ziemet als den Mann, so denk ich, ist er auch für jenen unter gewissen Umständen vortheilhaft. Geben Sie mir doch Nachricht von Ihrem Befinden, ändern Sie Ihr sonst so gütiges Zutrauen gegen mich nicht. Meine Umstände können meine Oberfläche zwar ändern, aber der Grund meines Herzens bleibt. – Ich beschäftige mich gegenwärtig vorzüglich mit Winkelmanns Geschichte der Kunst, und finde bei ihm Genugthuung. O daß dieser Mann noch lebte! Schaffen Sie sich sein Werk an, wenn Sie einmal auf Verschönerung Ihrer Bibliothek denken. Wenn seine Sphäre nur nicht von der Art wäre, daß er sich durch einen großen Nebel von Gelehrsamkeit in derselben herumdrehen muß, der den gesetzten und edlen Flug seines großen Geistes merklich niederschlägt. In der Jurisprudenz hab ich nur noch eine kleine Sayte in meiner Seele aufgezogen, und die gibt einen verhenkert leisen Thon. Der waltende Himmel mag wissen, in was für eine Form er mich zuletzt noch gießt und was für Münze er auf mich prägt. Der Mensch ist mit freyen Händen und Füssen dennoch nur ein tändelndes Kind, wenn er von dem großen Werkmeister, der die Weltuhr in seiner Hand hat, nicht auf ein Plätzchen hingestellt wird, wo er ein paar Räder neben sich in Bewegung setzen kann – Ist Ihre Abhandlung schon vorgelesen? Und wie haben sich Ott und Haffner das letztemahl gehalten; ich zähle auf Ihr Urtheil davon. Ihre weisen Rathschläge über einen gewissen Artikel meines Herzens, fang ich an mit Ernst in Ausübung zu setzen: allein eine Wunde heilt allemahl langsamer, als sie geschlagen wird. Und wenn ich die Leidenschaft überwände, wird doch der stille Wunsch ewig nicht aus meinem Herzen gereutet werden, mein Glück, wenn ich irgend eines auf dieser kleinen Kugel erwarten kann, mit einer Persohn zu teilen, die es mir allein wird reitzend und wünschenswerth machen können. Ich habe heut einen dummen Kopf, aber ein gutes und geruhiges Herz: aus der Fülle dieses Herzens will ich Ihnen sagen, daß ich bin Ihr unaufhörlich ergebenster Freund J. M. R. Lenz. am Rand: Von Herrn von Kleist ein ganz ergebenstes Compliment. Wollen Sie so gütig seyn, mich Ihrer Tischgesellschaft zu empfehlen, vorzüglich Herrn Leibhold und Hepp. Nachschrift: Ich sehe daß mein guter Ott mich nicht versteht und durchaus glaubt, wenn ich nicht lustig bin, müsse ich unglücklich seyn. Benehmen Sie ihm doch dieses schlechte Zutraun zu mir, welches mich in der That schamroth machen muß. Der Himmel ist noch nie so strenge gegen mich gewesen, mir grösseren Kummer aufzulegen, als wozu er mir Schultern gegeben, und wenn ich jetzt die feige Memme machte, der Ungedult und Thorheit über die Backen liefen, so verdient ich in Essig eingemacht zu werden, damit ich nicht in putredinem überginge. Ich fürchte, weil ich an ihn jetzt nicht mehr mit lachendem Munde schreiben kann, sein gar zu gutes und empfindliches Herz wird glauben, ich sey niedergeschlagen und ich bin es doch niemals weniger gewesen als itzt. Neulich als ich einige Stunden einsam unter einem Baum gelesen, sah ich unvermuthet eine erschreckliche Schlange ganzgeruhig zwei Zoll weit neben mir liegen. Ich flog schneller als ein Blitz davon, und dachte es muß doch noch nicht Zeit für dich seyn – Diese Anekdote schreibe ich meinen Freunden nur darum, damit sie sich in Acht nehmen, unter einem Baum auszuruhen – denn sonst denk ich interessirt sie niemanden als mich. Ich schick Ihnen zur Ausfüllung einer vegetirenden Stunde nach dem Essen, eine kleine Romanze, die ich in einer eben so leeren Stunde gemacht habe. Piramus und Thisbe. Der junge Piramus in Babel Hatt in der Wand Sich nach und nach mit einer heissen Gabel Ein Loch gebrannt. Hart an der Wand, da schlief sein Liebchen, Die Thisbe hieß Und ihr Papa auf ihrem Stübchen Verderben ließ. Die Liebe geht so wie Gespenster Durch Holz und Stein. Sie machten sich ein kleines Fenster Für ihre Pein. Da hieß es, liebst du mich? da schallte Wie lieb ich dich! Sie küßten Stundenlang die Spalte Und meynten sich. Geraumer ward sie jede Stunde Und manchen Kuß Erreichte schon von Thisbens Munde Herr Piramus. In einer Nacht, da Mond und Sterne Vom Himmel sahn, Da hätten sie die Wand so gerne Beyseits gethan. Ach Thisbe! weint er, sie zurücke: Ach Piramus! Besteht denn unser ganzes Glücke In einem Kuß? Sie sprach: ich will mit einer Gabe, Als wär ich fromm, Hinaus bei Nacht zu Nini Grabe, Alsdann so komm! Dies darf mir der Papa nicht wehren, Dann spude dich. Du wirst mich eifrig bethen hören, Und tröste mich. Ein Mann ein Wort! Auf einem Beine Sprang er für Lust: Auf Morgen Nacht da küß ich deine Geliebte Brust. Sie, Opferkuchen bei sich habend, Trippt durch den Hayn, Schneeweiß gekleidt, den andern Abend Im Mondenschein. Da fährt ein Löwe aus den Hecken, Ganz ungewohnt, Er brüllt so laut: sie wird vor Schrecken Bleich wie der Mond. Ha, zitternd warf sie mit dem Schleyer Den Korb ins Graß Und lief, indem das Ungeheuer Die Kuchen aß. Kaum war es fort, so mißt ein Knabe Mit leichtem Schritt Denselben Weg zu Nini Grabe – Der rückwärts tritt, Als hätt ein Donner ihn erschossen. Den Löwen weit – Und weiß im Grase hingegossen Der Thisbe Kleid. Plump fällt er hin im Mondenlichte: So fällt vom Sturm Mit unbeholfenem Gewichte Ein alter Thurm. O Thisbe, so bewegen leise Die Lippen sich, O Thisbe, zu des Löwen Speise Da schick ich mich. Zu hören meine treuen Schwüre Warst du gewohnt; Sey Zeuge wie ich sie vollführe, Du falscher Mond! Die kalte Hand fuhr nach dem Degen Und dann durchs Herz. Der Mond fing an sich zu bewegen Für Leid und Schmerz. Ihn suchte Zephir zu erfrischen, Umsonst bemüht. Die Vögel sangen aus den Büschen Sein Todtenlied. Schnell lauschte Thisbe durch die Blätter Und sah das Graß, Wie unter einem Donnerwetter, Von Purpur naß. O Gott, wie pochte da so heftig Ihr kleines Herz! Das braune Haupthaar ward geschäftig, Stieg himmelwärts. Sie floh – hier zieht, ihr blassen Musen, Den Vorhang zu! Dahinter ruht sie, Stahl im Busen: O herbe Ruh! Der Mond vergaß sie zu bescheinen, Von Schrecken blind. Der Himmel selbst fieng an zu weinen Als wie ein Kind. Man sagt vom Löwen, sein Gewissen Hab ihn erschröckt, Er habe sich zu ihren Füssen Lang hingestreckt. O nehmt, was euch ein Beyspiel lehret, Ihr Alten, wahr! Nehmt euch in Acht, ihr Alten! störet Kein liebend Paar. Auf einem beiliegenden Zettel: Man sagt daß keine Frau dem Mann die Herrschaft gönnt; So nicht Frau Magdelone. Sie theilt mit ihm das Regiment: Behält den Zepter nur und lässet ihm die Krone. Fort-Louis, den 3. Juni 1772. Mein theuerster Freund. So nenn’ ich Sie, die Sprache des Herzens will ich mit Ihnen reden, nicht des Ceremoniels. Kurz aber wird mein Brief werden, denn sie ist lakonisch, lakonischer als Sallustius, lakonischer als der schnellste Gedanke eines Geistes ohne Körper. Darum hasse ich die Briefe. Die Empfindungen einer so geläuterten Freundschaft als Sie mich kennen gelehrt, gleichen dem geistigen Spiritus, der wenn er an die Luft kömmt, verraucht. Ich liebe Sie – mehr verbietet mir mein Herz zu sagen, der plauderhafte Witz ist nie sein Dollmetscher gewesen. Ich bin wieder in Fort-Louis, nach einigen kleinen Diversionen, die meine kleine Existenz hier, auf dem Lande herum, gemacht hat. Ob ich mein Herz auch spatzieren geführt – – – Ich habe die guten Mädchen von Ihnen gegrüßt: sie lassen Ihnen Ihre ganze Hochachtung und Ergebenheit versichern. Es war ein Mädchen, das sich vorzüglich freute, daß ich so glücklich wäre, Ihre Freundschaft zu haben. Mündlich mehr. Ich komme in der Frohnleichnamswoche zuverläßig nach Straßburg. – Schon wieder eine Visite – und schon wieder eine – Ich bin mit einigen Offiziers bekannt und diese Bekanntschaft wird mir schon, in ihrer Entstehung lästig. Ich liebe die Einsamkeit jetzt mehr, als jemals – und wenn ich sie nicht in Straßburg zu finden hoffte, so würde ich mein Schicksal hassen, das mich schon wieder zwingt, in eine lärmende Stadt zurückzukehren. Was werden Sie von mir denken, mein theuerster Freund? Was für Muthmaßungen – Aber bedenken Sie, daß dieses die Jahre der Leidenschaften und Thorheiten sind. Ich schiffe unter tausend Klippen – auf dem Negropont, wo man mir mit Horaz zurufen sollte Interfusa nitentes Vites aequora Cycladas. Wenn ich auf einer dieser Inseln scheitre – wäre es ein so großes Wunder? Und sollte mein Salzmann so strenge seyn, mich auf denselben, als einen zweiten Robinson Crusoe, ohne Hilfe zu lassen? Ich will es Ihnen gestehen (denn was sollte ich Ihnen nicht gestehen?), ich fürchte mich vor Ihrem Anblick. Sie werden mir bis auf den Grund meines Herzens sehen – und ich werde wie ein armer Sünder vor Ihnen stehen und seufzen, anstatt mich zu rechtfertigen. Was ist der Mensch? Ich erinnere mich noch wohl, daß ich zu gewissen Zeiten stolz einen gewissen G. tadelte und mich mit meiner sittsamen Weisheit innerlich brüstete, wie ein welscher Hahn, als Sie mir etwas von seinen Thorheiten erzählten. Der Himmel und mein Gewissen strafen mich jetzt dafür. Nun hab’ ich Ihnen schon zu viel gesagt, als daß ich Ihnen nicht noch mehr sagen sollte. Doch nein, ich will es bis auf unsere Zusammenkunft versparen. Ich befürchte, die Buchstaben möchten erröthen und das Papier anfangen zu reden. Verbergen Sie doch ja diesen Brief vor der ganzen Welt, vor sich selber und vor mir. Ich wünschte, daß ich Ihnen von Allem Nachricht geben könnte, ohne daß ich nöthig hätte zu reden. Ich bin boshaft auf mich selber, ich bin melancholisch über mein Schicksal – ich wünschte von ganzem Herzen zu sterben. Den Sonntag waren wir in Ses.; den Montag frühe gieng ich wieder hin und machte in Gesellschaft des guten Landpriesters und seiner Tochter eine Reise nach Lichtenau. Wir kamen den Abend um 10 Uhr nach S. zurück: diesen und den folgenden Tag blieb ich dort. Nun haben Sie genug. Es ist mir, als ob ich auf einer bezauberten Insel gewesen wäre, ich war dort ein andrer Mensch, als ich hier bin, alles was ich geredt und gethan, hab ich im Traum gethan. Heute reiset Mad. Brion mit ihren beyden Töchtern nach Saarbrücken, zu ihrem Bruder, auf 14 Tage, und wird vielleicht ein Mädchen da lassen, das ich wünschte nie gesehen zu haben. Sie hat mir aber bei allen Mächten der L– geschworen, nicht da zu bleiben. Ich bin unglücklich, bester bester Freund! und doch bin ich auch der glücklichste unter allen Menschen. An demselben Tage vielleicht, da sie von Saarbrücken zurückkömmt, muß ich mit Herrn von Kleist nach Straßburg reisen. Also einen Monat getrennt, vielleicht mehr, vielleicht auf immer – Und doch haben wir uns geschworen uns nie zu trennen. Verbrennen Sie diesen Brief – es reut mich, daß ich dieß einem treulosen Papier anvertrauen muß. Entziehen Sie mir Ihre Freundschaft nicht: es wäre grausam mir sie jetzt zu entziehen, da ich mir selbst am wenigsten genug bin, da ich mich selbst nicht leiden kann, da ich mich umbringen möchte, wenn das nichts Böses wäre. Ich bin nicht schuld an allen diesen Begebenheiten: ich bin kein Verführer, aber auch kein Verführter, ich habe mich leidend verhalten, der Himmel ist Schuld daran, der mag sie auch zum Ende bringen. Ich schließe mich in Ihre Arme als Ihr melancholischer Lenz. am Rand: Haben Sie die Gütigkeit, der ganzen Tischgesellschaft meine Ergebenheit zu versichern. Ums Himmels, um meines Mädchens und um meinetwillen, lassen Sie doch Alles dieß ein Geheimniß bleiben. Von mir erfährt es Niemand als mein zweites Ich. Fort-Louis den 10ten Junius. Guter Sokrates! Schmerzhaft genug war der erste Verband den Sie auf meine Wunde legten. Mich auszulachen – ich muß mitlachen, und doch fängt meine Wunde dabei nur heftiger an zu bluten. Nur fürchte ich – soll ich Ihnen auch diese Furcht gestehen? Ja da sie mein Herz einmal offen gesehen haben, so soll kein Winkel Ihnen verborgen bleiben. Ich fürchte, es ist zu spät an eine Heilung zu denken. Es ist mir wie Pygmalion gegangen. Ich hatte mir zu einer gewissen Absicht in meiner Phantasie ein Mädchen geschaffen – ich sah mich um und die gütige Natur hatte mir mein Ideal lebendig an die Seite gestellt. Es gieng uns Beiden wie Cäsarn: Veni, vidi, vici. Durch unmerkliche Grade wuchs unsere Vertraulichkeit – und jetzt ist sie beschworen und unauflöslich. Aber sie ist fort, wir sind getrennt: und eben da ich diesen Verlust am heftigsten fühle, kommen Briefe aus Straßburg und – Vergeben Sie mir meinen tollen Brief! Mein Verstand hat sich noch nicht wieder eingefunden. Wollte der Himmel, ich hätte nicht nöthig, ihn mit Vetter Orlando im Monde suchen zu lassen. Ich bin um mich zu zerstreuen, die Feiertage über, bei einem reichen und sehr gutmüthigen Amtsschulz in Lichtenau zu Gast gewesen. Ich habe mich an meinem Kummer durch eine ausschweifende Lustigkeit gerächt: aber er kehrt jetzt nur desto heftiger zurück, wie die Dunkelheit der Nacht hinter einem Blitz. – Ich werde nach Straßburg kommen und mich in Ihre Kur begeben. Eins muß ich mir von Ihnen ausbitten: schonen Sie mich nicht, aber – lassen Sie meine Freundin unangetastet. Der Tag nach meinem letzten Briefe an Sie, gieng ich zu ihr: Wir haben den Abend allein in der Laube zugebracht; die bescheidne, englischgütige Schwester unterbrach uns nur selten und das allezeit mit einer so liebenswürdigen Schalkheit – Unser Gespräch waren Sie – ja Sie, und die freundschaftlichen Mädchen haben fast geweint für Verlangen, Sie kennen zu lernen. Und Sie wollten, mit gewaffneter Hand, auf sie losgehen, wie Herkules auf seine Ungeheuer – Nein, Sie müssen sie kennen lernen und ihre Blicke allein werden Sie entwaffnen. Ich habe meiner Friedericke gesagt, ich könnte für Sie nichts geheim halten. Sie zitterte, Sie würden zu wenig Freundschaft für eine Unbekannte haben. Machen Sie diese Furcht nicht wahr, mein guter Sokrates! Uebrigens thun Sie was Ihnen die Weisheit räth. Ich will mich geduldig unterwerfen. Es ist gut, daß Sie meinen freundschaftlichen Ott nicht mit meiner Thorheit umständlich bekannt machen. Ich verbärge mich gern vor mir selbst, nur nicht vor Ihnen. Leben Sie wohl! Gestern ist der Herr Landpriester bei mir zu Gast gewesen. Er ist ein Fielding’scher Charakter. Jeder Andere würde in seiner Gesellschaft Langweile gefunden haben; ich habe aber mich recht sehr darin amusirt; denn ein Auge, womit ich ihn ansah, war poetisch, das andere verliebt. – – Er läßt sein Leben für mich und ich für seine Tochter. Fort Louis, d. 15 Junius n. St. Mein theurester Vater! Abermal muß ich eine Gelegenheit kahl aus meinen Händen laßen, mit der ich in Ihre Arme zu fliehen hofte. Wenigstens soll mein Brief mitgehen, wenn ich mein Herz in denselben einschließen könnte, ich thät es mit Freuden. Ich schreibe jetzt unter den grausamsten Kopfschmerzen an Sie, die die hier jetzt unausstehliche Hitze und zugleich die Weindiät verursachen, und von denen ich sonst, wie von andern Krankheiten, Gott sey Dank! nichts weiß: obschon äussere Umstände, Sorgen, Kummer und Geschäfte mir sie oft genug hätten zuziehen können. Noch immer bethe ich die Vorsehung an, und noch immer muß ich Sie aufmuntern, sie mit mir anzubethen und alle Ihre zärtliche Sorgen auch in Ansehung meines Schicksals auf sie zu werfen. Bedenken Sie daß wir in einer Welt sind, wo wir durch tausend in einander gekettete Mühseligkeiten zum Ziel gelangen und niemals eine vollkommene Befriedigung auch unserer unschuldigsten und gerechtesten Wünsche erwarten können. Wenn ich so eitel seyn darf, zu glauben, daß meine Abwesenheit eine kleine Wunde in Ihrer Seele macht: welch eine Wunde muß denn die Ihrige in der meinigen machen? Die Abwesenheit meiner theuresten Mutter und Geschwister, meiner zärtlichsten Freunde – die allezeit Arme und Herz für mich offen hielten, da ich sie jetzt als Fremdling allenthalben für mich verschloßen sehe. Umstände dazu, die ich Ihnen weder schildern will noch kann – – dennoch, dennoch halte ich meine Augen zum Vater im Himmel emporgerichtet, der mir an jedem Ort nachfolgt, und wenn ich entfernt von Himmel und Erde wäre und Leib und Seele mir verschmachtete. Im Herzen rein hinauf gen Himmel schau ich Und sage Gott, dir Gott allein vertrau ich Welch Glück, welch Glück kann größer seyn. Nur daß keiner meiner Briefe zu Ihnen gelangt, daß Sie durch dieses Stillschweigen nicht allein an meinen Schicksalen, sondern auch an meinem Charakter irre werden: das kränket mich. Ich habe seit Ihrem letzten Briefe schon zweymal an Sie geschrieben, und dennoch krieg ich einen Vorwurf über den andern wegen meines Stillschweigens. Und können Sie glauben, daß mein sonst doch weiches Herz sich auf einmal in einen Stein verwandelt – Gott, du weißts. Ich schätze kein zeitliches Glück so hoch als dasjenige, Sie noch einmal zu sehen. Was soll ich Ihnen sonst noch von meinen äussern Umständen sagen. – Die Vorsehung Gottes hat mir einen liebenswürdigen Cirkel von Freunden geschenkt, mir Ihren Verlust zu ersetzen: sie sind aber das was die Wachslichter gegen das Tageslicht sind. Einen Nahmen muß ich Ihnen hersetzen, damit Sie seiner in ihren Seufzern für mich erwähnen: er ist mir zu theuer.
    Salzman
– o wenn ich einen so erfahrenen liebenswürdigen Mentor nicht hier zur Seite gehabt, auf welcher Klippe würde ich jetzt nicht schon schiffbrüchig sitzen? – Wenn
    Ehre
ein wahres Gut ist, so bin ich glücklich, denn die wiederfährt mir hier genug, ohne daß ich sie verdienet habe. Sie ist aber vielmehr ein Joch, als ein Gut, und sie allein würde mich nie abhalten, in den stillen Schooß meines Vaterlandes unbemerkt wieder zurückzukehren. So aber sind mir jetzt noch Hände und Füße dazu gebunden, ich möchte lieber sagen, abgehauen. Ich bringe meinen Sommer in Fort Louis, einer Festung sieben Stunden von Strasburg zu, auf den Winter werde ich wieder dahin zurückkehren. Jetzt bin ich also in einer fast gänzlichen Einsamkeit. Auf den künftigen Frühjahr hoffe ich mit Nachdruck und Succeß an meine Heimreise zu denken. Bis dahin, theuresten Eltern, geben Sie sich noch zufrieden. Ich wünsche Ihnen den großen Gott, auf den ich bisher noch nie zu meinem Schaden gerechnet, und, ich glaube es unverändert, auch niemals ins künftige rechnen werde. Wenn ich meine Lebens Geschichte aufsetzte, würde sie vielen unglaublich scheinen. Ich setze dis aufs Alter aus – vorher aber auf unsere mündliche Unterredung. Freuen Sie sich in dieser Zeit Ihrer wohlgerathenen anwesenden Kinder, theurester Vater, schließen Sie einen abwesenden Flüchtling in Ihr Herz und Gebeth, aber schließen Sie ihn aus Ihrer Sorge, und übergeben ihn dem großen Gott, der am besten weiß, was für ein Gefäß er aus ihm machen will – Ich falle Ihnen und meiner theuresten Mama mit den zärtlichsten Thränen in die Arme, als Ihr bis ins Grab gehorsamster und getreuester Sohn Jac. Mich. Reinh. Lenz.
Fort-Louis, den 28. Juni. Gütigster Herr Aktuarius! Ich habe einen empfindlichen Verlust gehabt, Herr Kleist hat mir Ihren und meines guten Ott’s Briefe recht sorgsam aufheben wollen und hat sie so verwahrt, daß er sie selbst nicht mehr wieder finden kann. Ich bin noch zu sehr von der Reise ermüdet, als daß ich Ihnen jetzt viel Vernünftiges schreiben könnte. Denn ich habe noch fast keine Minute gehabt, in der ich zu mir selbst hätte sagen können: nun ruhe ich. Eigene und fremde, vernünftige und leidenschaftliche, philosophische und poetische Sorgen und Geschäfte zertheilen mich. Mein Schlaf selber ist so kurz und unruhig, daß ich fast sagen möchte, ich wache des Nachts mit schlafenden Augen, so wie ich des Tages mit wachendem Auge schlafe. In Sesenheim bin ich gewesen. Ist es Trägheit oder Gewissensangst, die mir die Hand zu Blei macht, wenn ich Ihnen die kleinen Scenen abschildern will, in denen ich und eine andere Person, die einzigen Akteurs sind. Soviel versichere ich Ihnen, daß Ihre weisen Lehren bei mir gefruchtet haben und daß meinen Leidenschaft dieses Mal sich so ziemlich vernünftig aufgeführt. Doch ist und bleibt es noch immer Leidenschaft – nur das nenne ich an ihr vernünftig, wenn sie mich zu Hause geruhig meinen gewöhnlichen centrischen und excentrischen Geschäften nachhängen läßt, und das thut sie, das thut sie. Die beiden guten Landnymphen lassen Sie mit einem tiefen Knicks grüßen. – – Mein Trauerspiel (ich muß den gebräuchlichen Namen nennen) nähert sich mit jedem Tage der Zeitigung. Ich habe von einem Schriftsteller aus Deutschland eine Nachricht erhalten, die ich nicht mit vielem Golde bezahlen wollte. Er schreibt mir, mein Verleger, von dem ich, durch ihn, ein unreifes Manuscript zurück verlangte, habe ihm gesagt, es wäre schon an mich abgeschickt. Noch sehe ich nichts. Lieber aber ist mir dies, als ob mir Einer einen Wechsel von 1000 Thalern zurückschenkte. Lesen Sie dieß andere Blatt in einer leeren Stunde. Unsere letzte Unterredung und die darauf folgende schlaflose Nacht, hat diese Gedanken veranlaßt. Schreiben Sie Ihr Urtheil drüber Ihrem ergebensten Lenz. Fort Louis, d. 13ten Jul. 1772. Liebster Bruder! Deine Vorwürfe würden mir so empfindlich nicht seyn, wenn ich sie nicht verdient hätte: aber sie nicht verdient zu haben und doch kein Mittel wissen, die üble Meinung abzulehnen die alle meine vorige Bekannte meines Stillschweigens halber von meinem Herzen zu fassen anfangen das ist in der That niederschlagend. So mürbe ich aber auch von den Streichen des Schicksals bin, so soll doch kein einziger, das hoffe ich zu Gott; mir meinen Muth rauben. Ich habe öfter an Dich geschrieben als Du an mich – wen soll ich anklagen, daß meine Briefe nicht zu Euch kommen? Ich freue mich über Dein morgenröthendes Glück – das meinige liegt noch in der Dämmerung. Es mag ewig darinne liegen bleiben – Dir nähere Nachrichten von meinen Umständen und Begebenheiten zu geben, ist mir unmöglich. Sie geben das anmuthigste Gemählde von Licht und Schatten, wiewohl der letzte bisweilen ein wenig tief ist. Aber im Briefe kann ich Euch nichts davon mittheilen: und ich halte es für besser Euch lieber zu schreiben daß ich noch gesund bin und lebe, sonst nichts, als Euch mangelhafte und unvollkommene Nachrichten zu geben, aus denen Ihr Muthmassungen und Schlüsse ziehen könntet, die Eurer und meiner Ruhe schaden würden. Ich habe mit Deinem Briefe einen sehr lamentablen von unserm guten Frohlandt aus Königsberg bekommen, worin er mir meldet, daß fast die ganze Landsmannschaft
    davon gelauffen.
In der That, ich werde bald anfangen zu erröthen, mich aus unserm Vaterlande zu bekennen, wenn unsere Landsleute sich Deutschland in einer solchen Gestalt zeigen. Baumann, Hesse, Zimmermann, Hugenberger, Kühn, Meyer – ich habe meinen Augen nicht trauen wollen. Und der arme Frohlandt ist in der That fast aufs äusserste gebracht – Hipprich und Marschewsky sind gleichfalls aus Berlin mit Schulden davon gelauffen, der letzte hat dieses schon in Leipzig und Jena gethan. Das sind denn die würdigen Subjeckte, mit denen in unserm Vaterlande Ehren- und Gewissens-Aemter besetzt werden. Ich wünschte meine FVerwandten und Freunde heraus, in der That, ich wendte keinen Blick mehr hin. Doch will ich Deinen Vorschlag mit der Condition überlegen und Dir in dem nächsten Briefe von meinem völligen Entschluß Nachricht geben, bloß um nur noch einmal, einmal das Glük zu haben meine Eltern und Euch alle wiederzusehen. Vor künftigen Frühjahr, also jetzt über 10 Monathe kann ich mich auf keine Weise allem Anscheine nach von Kleists loß machen. Ins künftige wenn Du schreibst, so laß Sie doch grüssen, liebster Bruder! es ist in der That zu spröde, daß Du thust, als habst Du sie nie gekannt. Ich dependire einmal in gewisser Absicht von ihnen. – Kurz in meinem nächsten Briefe werde ich Dir von meinem Entschluß positivere Nachricht geben. Reisegeld aber würde der Herr Etatsrath mir wohl schiken müssen, denn die
    Reise
macht legt meiner Zurükkunft die größte Schwierigkeit in den Weg. Du weißt die Oekonomie der jungen Herrchen und wie viel sie baar liegen haben. – Von Henisch kriege ich noch beständig Briefe, von Miller aber keine, auch von Pegau nicht, wenn Du an einen von ihnen schreibst, so grüsse doch beyde von mir 1000mahl und sage ihnen, daß ich gegen alle meine Freunde unter allen meinen Umständen der alte Lenz bleibe. Vielleicht thu ich mit dem ältesten Herrn v. Kleist auf den Herbst eine Reise auf einen Monath nach Nancy und mit dem jüngsten auf den Winter eine auf ein Paar Monathe nach Mannheim. Warum hast Du die Bedienung in Dorpat nicht angenommen. Eine gute Einschränkung versp erwirbt oft mehr als ein hohes Gehalt und wenn zu dem ersten die Gesellschaft der zärtlichsten Freunde kommt und bey dem andern jede Freude des Lebens darbt, so sollte billig der erste Zustand der vorzügliche seyn. – Jetzt kann ich unmöglich weiter schreiben – die Post Gelegenheit geht – o Himmel wie viel muß ich unterdrüken! Das sey aber versichert, mein theurer Bruder, daß ich Dich vorzüglich liebe und unter allen Umständen meines Lebens lieben werde. Die Gelegenheit mit der ich Dir diesen Brief schicke ist der Baron von Grothusen, welcher Morgen nach Curland zurükreiset und mit dem ich anfangs mitzugehen mir schmeichelte, diese Hofnung ist aber durch allerley Contretems zu Wasser geworden. Die vorigen Briefe habe ich Dir theils auf der Post, theils durch Pegau (wo mir recht ist) theils durch einen Landsmann der auch nach Hause reiste, theils durch Herrn v. Sievers zugeschickt. Daß keiner angekommen, weiß ich auf keine Art zu begreiffen. Schreibe mir durch Frohlandt oder H. v. Sievers, fast möchte ich itzt die erste Gelegenheit für besser – oder nimm doch die andere – Mache wie Du es für gut findst. Meine Adresse ist an H abzugeben beym Herrn Actuarius Salzmann, nahe bey der Pfalz. Actuarius ist hier eine der ersten Magistratsbedingungen, nicht wie in Liefland – Ich muß schliessen. Ich hoffe gewiß daß wenigstens dieser Brief Dich antreffen wird. Melde mir doch wie die Bedingungen Deiner Condition lauten. Bitte Papa um ein paar Zeilen von seiner Hand, dis ist die einzige Wohlthat die ich mir von ihm ausbitte. Küsse ihm und Mama 1000mal die Hand allen meinen theuren Geschwistern Freunden und Freundinnen 1000000mal den Mund von Deinem zärtlichsten Bruder Lenz. Kleists lesen alle meine Briefe. Wir sind aber Freunde und Du darfst alles frey schreiben, nur nichts von ihnen.
Sie bekommen heut’ einen sehr elenden Brief von mir, darum wollt’ ich anfangs lieber gar nicht schreiben. Aber non omnia possumus omnes dacht’ ich, mit Herrn Rebhuhn und geantwortet muß doch seyn. Ich komme eben aus der Gesellschaft dreier lieben Mädchen und einer schönen, schönen Frau und in allen solchen Gesellschaften wird das Fleisch willig und der Geist schwach. Wie dieser Brief in Ihre Hände kommt weiß ich noch nicht. Es soll ein Hauptmann nach Straßburg gehen, der dorthin allerlei mitnehmen wird, unter anderm Ihren Hobbes civem Malmesburgiensem, den ich mich nicht überwinden kann zu Ende zu bringen. Es geht mir wie einem Kinde, das über ein neues Spielzeug eines alten vergißt, das es doch so fest mit seiner kleinen Patsche umklammert hatte, als ob es ihm erst der Tod herausreißen sollte. Der Zustand meines Gemüthes ist wie er ist; den Haß kann man wohl auswurzeln, aber die Liebe nie, oder es müßte ein Unkraut seyn, das nur die äußere Gestalt der Liebe hätte. Wenn mir Einer Mittel vorschlagen wollte, Sie nicht mehr zu lieben, glauben Sie, daß diese Mittel bey mir kräftig seyn würden? Vergeben Sie mir mein böses Maul, ich wünschte es allemal böser als mein Herz. Ich habe einen vortrefflichen Fund von alten Liedern gemacht, die ich Ihnen, sobald ich nach Straßburg komme, mittheilen werde. Wollen Sie meine letzte Uebersetzung aus dem Plautus lesen, so fodern Sie sie unserm guten Ott ab, denn ich glaube schwerlich, daß sie so bald in der Gesellschaft wird vorgelesen werden. Sie haben mir keine Nachricht gegeben, wie sie mit der letztern gegenwärtig zufrieden sind. Vernachläßigen Sie diese Pflanzschule Ihrer Vaterstadt nicht, theurer Freund, vielleicht könnten wohlthätige Bäume draus gezogen werden, auf welche Kindeskinder, die sich unter ihrem Schatten freuten, dankbar schnitten: Auch dich hat Er pflanzen helfen. Es sieht noch ziemlich wild und traurig in Ihrer Region aus – aber der erste Mensch ward in den Garten Eden gesetzt um ihn zu bauen. Wollten Sie wohl einst so gütig seyn, mir, zum aequivalent für Hobbes, noch eine glühende Kohle aufs Haupt zu sammeln und etwa Puffendorfs historiam juris schicken. Oder ein anderes juristisches Buch, denn Jurist muß ich doch werden, wenn mir anders die Theologie nicht verspricht mich zum Papst von Rom zu machen. Ich halte viel auf die Extreme und Niklaus Klimm’s aut Schulmeister aut Kaiser ist eine Satire auf Ihren Ihnen stets ergebenen Lenz. Herr von Kleist befindet sich wohl und empfiehlt sich Ihnen bestens. Mein theurer Sokrates! Ich umarme Sie mit hüpfendem Herzen und heiterer Stirne, um Ihnen eine Art von Lebewohl zu sagen, das in der That nicht viel zu bedeuten hat. Einige Stunden näher oder ferner machen, für den Liebhaber erschrecklich, für den Freund aber nichts. Der Erste ist zu sinnlich eine körperliche Trennung zu verschmerzen, der andere aber behält, was er hat, die geistige Gegenwart seines Freundes, und achtet die zwei Berge oder Flüsse mehr oder weniger nicht, die zwischen ihm und seinem Gegenstande stehen. Nur das thut mir wehe, daß ich nicht so oft werde nach Straßburg kommen können, indessen soll es dafür jedesmal auf desto längere Zeit geschehen. Ich denke, Sie werden mich nicht vergessen, meinerseits sind die Bande der Freundschaft so stark, daß sie noch hundert Stunden weiter gedehnt werden können, ohne zu reißen. Bis in mein Vaterland hinein – bis ins Capo de Finisterre, wenn Sie wollen. – In Ihrem letzten Briefe haben Sie mir Unrecht gethan. Wie, mein liebenswürdiger Führer, ich sollte wie ein ungezähmtes Roß allen Zaum und Zügel abstreifen, den man mir überwirft? Wofür halten Sie mich? Ach jetzt bekomm’ ich einen ganz andern Zuchtmeister. Entfernung, Einsamkeit, Noth und Kummer, werden mir Moralen geben, die weit bitterer an Geschmack seyn werden, als die Ihrigen, mein sanfter freundlicher Arzt. Wenn ich mit Ihnen zusammenkomme, werde ich Ihnen viel, sehr viel zu erzählen haben, das ich jetzt nicht mehr der Feder anvertrauen kann. Auftritte zu schildern, die weit rührender sind, als alles, was ich jemals im Stande wäre zu erdichten, Auftritte, die, wenn Sie Ihnen zugesehen haben würden, Sie selbst noch (meinen Sokrates) zu weinen würden gemacht haben. Noch ist meine Seele krank davon. Sie sind mein bester Freund auf dem Erdboden, Ihnen, aber auch nur Ihnen, will ich Alles erzählen, sobald ich Sie spreche. Zeigen Sie diese Stelle meines Briefes, nicht meinem guten Ott – wenn er nicht noch Jüngling wäre, wenn er die Stufe der Weisheit erstiegen hätte, würde ich über diesen Punkt nicht gegen ihn zurückhaltend seyn. Heute komme ich von Lichtenau, aus einer sehr vergnügten Gesellschaft, in welcher ich vielleicht allein die Larve war. Ich will meinen Brief an Sie bis zum Ende bringen, ich erwarte heute Abend noch einen Gnadenstoß. O lassen Sie mich, mein beschwertes Herz an Ihrem Busen entladen. Es ist mir Wollust zu denken, daß Sie nicht ungerührt bei meinem Leiden sind, obschon es Ihnen noch unbekannt ist. Denn Trennung ist nicht die einzige Ursache meines Schmerzens. – Wir wollen von andern Sachen reden. Ich werde noch, vor meiner Abreise, einmal aus Fort-Louis an Sie schreiben und alsdann aus Landau, sogleich nach meiner Ankunft. Mein Studiren steht jetzt stille. Der Sturm der Leidenschaft zu heftig. Ich wünsche mich schon fort von hier, alsdann, hoffe ich, wird er sich wieder kümmerlich legen. In Landau will ich, so viel es mein zur andern Natur gewordenes Lieblingsstudium erlaubt, das Jus eifrig fortsetzen. Auf den Winter denk’ ich mit Herrn von Kleist, der sich Ihnen gehorsamst empfehlen läßt, einige Monate in Mannheim, einige in Straßburg zuzubringen. Wo zuerst weiß ich nicht. Seyen Sie so gütig und sagen es der Jungfer Lauthen noch nicht, daß ich von Fort-Louis weggehe, ich will es ihr, wenn ich noch einen Posttag abgewartet, selber schreiben. Das weibliche Herz ist ein trotzig und verzagt Ding. Leben Sie wohl bis auf meinen nächsten Brief. Ich bin von ganzem Herzen Ihr Sie ewig liebender Alcibiades J. M. R. L. Mein theuerster Freund! Auf einem Fuß, wie ein reisefertiger Kranich, steh’ ich jetzt und schmiere Ihnen mit dem andern mein Adieu auf’s Papier. Ich glaube zum wenigsten, daß dieß mein letzter Brief von Fort-Louis seyn wird. Ich gehe jetzt nach Sesenheim hinaus, um den letzten Tag recht vergnügt dort zuzubringen. Recht vergnügt – Nicht wahr, Sie lächeln über meine stolze platonische Sprache, mittlerweile mein Herz mit dem Ritter Amadis (oder was weiß ich, wie der Liebhaber der Banise hieß) von nichts als Flammen, Dolchen, Pfeilen und Wunden deklamirt. Was soll ich sagen? Ich schäme mich meiner Empfindungen nicht, wenn sie gleich nicht allezeit mit festem Schritt hinter der Vernunft hergehen. O! und Salzmann bedauert mich – sehen Sie die Schürze von Feigenblättern, die meine gefällige Vernunft mir allezeit vor die Blöße meines Herzens bindet. Ich habe in Sesenheim gepredigt, sollten Sie das glauben? Den Sonnabend Nachmittags karessirt; nach Fort-Louis gegangen; das Thor zu gefunden; zurückgegangen; den Pfarrer am Nachtessen unruhig gefunden, daß er so viel zu thun habe; mich angeboten; bis vier Uhr in der Laube gesessen; mich von meinen Fatiguen erholt; eingeschlafen; den Morgen eine Bibel und eine Concordanz zur Hand genommen und um 9 Uhr vor einer zahlreichen Gemeine, vor vier artigen Mädchen, einem Baron und einem Pfarrer gepredigt. Seh’n Sie, daß der Liebesgott auch Candidaten der Theologie macht, daß er bald in Alexanders Harnisch wie eine Maus kriecht, bald in die Soutane eines Pfarrers von Wackefield, wie ein der Liebesgelahrtheit Beflissener. Mein Text war das Gleichniß vom Pharisäer und Zöllner und mein Thema die schädlichen Folgen des Hochmuths. Die ganze Predigt war ein Impromptu, das gut genug ausfiel. – Himmel die Uhr schlägt sechs und ich sollte schon vor einer Stunde in S. seyn. Diesmal sollen Sie mich dort entschuldigen. Ihren Heineccius nehme ich mit. Ohne Erlaubniß – ach, mein Freund, dura necessitas läßt mich nicht erst lange fragen, ich greife zu – aber ich gebe auch wieder. Allein was werden Sie sagen, wenn ich Ihnen Ihren Tom Jones noch nicht zurückschicke? Ich bin schuld daran, daß ihn mein faules Mädchen noch etwas länger behält, er soll sie für meinen Verlust entschädigen, denn wenn man gute Gesellschaft hat, sagte sie, so kann man nicht viel lesen. Ich habe so brav auf Ihre Güte gethan, daß ich ihr mein Wort drauf gegeben, Sie würden es verzeihen, wenn sie Ihnen denselben erst durch Mamsell Schell zuschickte; ja Sie würden sogar so gütig seyn und ihr noch die zween letzten Theile alsdann dazu leihen, wenn sie die ersten wieder gegeben. Das heißt gewagt, mein bester Sokrates, aber Jugend ist allezeit ein Waghals, und bricht doch nur selten den Hals; ich denke, Sie werden meine tollkühne Freundschaft noch nicht fallen lassen: wenn sie älter wird, soll sie weiser und vorsichtiger werden. Für Ihre Adressen in Landau danke ich Ihnen unendlich, wer weiß, wozu sie gut sind. Ich hoffe eher nach Straßburg zu kommen, als nach Mannheim. Ich kann nicht mehr, theuerster, bester, würdigster Freund! ich bin schon ein Jahr über meine bestimmte Stunde ausgeblieben. Leben Sie recht sehr glücklich; mein Großfürst heirathet eine darmstädtische Prinzessin; leben Sie allezeit gleich heiter und vergnügt; ich möchte gerne den Namen des Russischen Envoyé an diesem Hofe wissen; erinnern Sie sich meiner zuweilen; der Friede soll auch schon geschlossen seyn; grüßen Sie die Lauth’sche Gesellschaft und die Mademoiselles tausendmal; doch was berichte ich Ihnen Neuigkeiten, die bei Ihnen schon in der Hitze werden sauer geworden seyn – und bleiben Sie gewogen Ihrem verschwindenden Alcibiades J. M. R. L. Weissenburg im Elsaß d. 2ten Septbr: 1772. Mein Vater! Ich schreibe Ihnen diesen Brief auf dem Marsch von Fort Louis nach Landau, wohin das Regiment Anhalt, bey dem sich der H. von Kleist, (der jüngere) befindt, den letzten des vorigen Monaths aufgebrochen. Weil der letztere, dessen zärtliche Freundschaft für mich täglich zunimmt, mich immer um sich haben will, so thue ich mit ihm und zugleich mit dem Regiment, zu Pferde eine zwar sehr langsame aber auch nicht minder angenehme Reise. Ich bin Ihnen noch einige Striche von meinem Lebens-Lauf in Fort Louis schuldig, denn meinen letzten Brief schrieb ich Ihnen, als ich eben dahin abgieng. Ob ich gleich nicht weiß, ob jemals einer von meinen Briefen in Ihre Hände gekommen ist, oder kommen wird, so will ich doch meiner Seits nichts ermangeln lassen. Vielleicht trägt ein gutherziger Wind doch eine Nachricht von mir wie ein Blumenstäubchen fort, läßt sie noch bey Ihnen niederfallen, und zu einer kleinen Blume der Freude aufgehn. Ich spähe hier vergebens jeden Winkel nach Nachrichten von Ihnen aus, fast keinen Fremden, der aus Norden kömmt, laß ich entwischen, allein von Dorpat habe ich doch seit einem halben Jahr nicht das mindeste erfahren können. Es ist mir in Fort Louis recht sehr wohl gegangen: eine Wirkung Ihres Väterlichen Gebeths und der Verheißung Gottes, frommen Eltern auch an ihren Kindern noch wohlzuthun. Denn was meine Person betrift, so bin ich viel zu gering alles dessen was die Barmherzigkeit des Herrn an mir gethan hat. Je länger ich mit d. Hrn. von Kleist umgehe, desto mehr spühre ich, daß seine Freundschaft zu mir wächst, anstatt wie es sonst bey jugendlichen Neigungen gewöhnlich ist, durch Gewohnheit und Sättigung zu erkalten. Ich habe mit seinen Nebenofficiers, die fast alle Deutsche sind, einen recht sehr artigen Umgang, ob schon ich mich soviel möglich allezeit in mich selbst zurückziehe. Nahe bey Fort Louis war ein Dörfchen, das ein Prediger mit drey liebenswürdigen Töchtern bewohnte, wohin sich die Unschuld aus dem Paradiese schien geflüchtet zu haben. Hier habe ich den Sommer über ein so süßes und zufriedenes Schäferleben geführt, daß mir alles Geräusch der großen Städte fast unerträglich geworden ist. Nicht ohne Thränen kann ich an diese glückliche Zeit zurück denken! O wie oft hab ich dort Ihrer und Ihres Cirkels erwähnt! O wie gern wollte ich in den schönen Kranz Ihrer Freunde eine Rose binden, die hier in dem stillen Thale nur für den Himmel, unerkannt blühet. Ich darf Ihnen diese Allegorie noch nicht näher erklären, vielleicht geschieht es ins künftige. – Mündlich dereinst hoffe ich, Ihnen das ganze Gemälde von meinem Lebenslauf aufzustellen, das in einem Briefe Ihnen viel zu seltsam und romanhaft vorkommen würde. Glauben Sie mir aber, daß die menschliche Einbildungskraft lange nicht so viel erdichten kann, als das menschliche Leben oft erfahren muß. Ich habe an diesem Orte kurz vor meiner Abreise eine Predigt, fast aus dem Stegreif gehalten. Sie fiel für den ersten Versuch und für ein Impromptu gut aus, allein ich entdeckte einen wesentlichen Fehler fürs Predigtamt an mir, die Stimme. Ich ward heiser und fast krank, und jedermann beschuldigte mich doch, zu leise geredet zu haben, da überdem die Kirche eine der kleinsten war. Was für eine Stelle mir also dereinst der Haus Vater im Weinberge anweisen wird, weiß ich nicht, sorge auch nicht dafür. Noch arbeite ich immer nur für mich, und lerne von den Vögeln frey und unbekümmert auf den Armen der Bäume den Schöpfer zu loben, gewiß versichert, das Körnchen das sie heute gesättigt, werde sich Morgen schon wieder finden. Nach Straßburg schicke ich von Zeit zu Zeit kleine Abhandlungen an eine Gesellschaft der schönen Wißenschaften, die mich zu ihrem Ehrenmitgliede erwählt hat, und die davon mehr Aufhebens macht, als mir lieb ist. Ob sich auch in Landau für mich ein Feld eröfnen wird, in dem ich ein wenig graben kann, weiß ich nicht. Ich werde keinen Wink der Vorsehung aus der Acht laßen, aber auch nicht murren, wenn ich dort noch eine Weile unerkannt und ungedungen am Markt stehen bleibe. Meine Freundschaften und Verbindungen in Strasburg werden durch diese Reise, die mich Ihnen einige Stunden näher bringt, nicht zerrißen, sondern nur noch enger zusammengezogen, da auch bey Freunden und Gönnern immer das Sprichwort wahr bleibt. Major ex longinquo reverentia. Doch seit einiger Zeit, (ich rede von Herzen mit Ihnen) bin ich ziemlich gelassen auch bey den empfindlichsten Trennungen und Verlusten. Ich habe ihrer schon so viel erfahren. Einige menschliche Thränen, und alsdenn fröhlich wieder das ganze Herz dem übergeben, der uns für den Verlust einer Welt entschädigen kann. Die große Moral, die ich aus meinen bisherigen Schicksalen mir abgezogen, soll immer mein Hauptstudium bleiben: Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erden. Jetzt will ich hier abbrechen und den Beschluß auf einige Tage weiter spahren, da ich Ihnen auch etwas von Landau melden kann. Landau den 2ten October. Viele Vorfälle, die mich ganz foderten, haben mir nicht soviel Zeit gelassen, meinen Brief an Sie zu endigen. Hier muß ich ihn eben stehendes Fußes zum Ende bringen, da sich eine gute Gelegenheit findet, ihn fortzuschaffen. Ich habe in Landau noch sehr wenig Bekanntschaft gemacht. Der Senior Herr Mühlberge, ein Schwager meines geliebten Freundes, dH. Licentiats Salzmann in Straßburg, scheint ein wackerer Mann zu seyn. Ich bin bey ihm gewesen, habe ihn aber nicht angetroffen. Seyn Sie doch so gütig, und lassen einliegenden Brief nach Reval kommen, er ist von einem Feldwebel aus unserm Regiment, der mein Landsmann ist, und als solcher mich gar zu inständigst gebethen, doch einmal einen Brief von ihm an die Seinigen zu schaffen. Er ist itzt schon 30 Jahr von Hause, verschiedene Landsleute haben seinen Brief angenommen, keiner aber bestellt. O dacht ich, so werden deine saubern Landsleute es mit deinen Briefen auch gemacht haben – wenigstens will ich so leichtsinnig nicht seyn. Sie werden mir vergeben, daß ich Ihnen dadurch Kosten mache. Der Mann heißt Hönn, ist eines Predigers Sohn, und hat unter die Soldaten gehen müßen, weil seine unmenschliche Stiefmutter, sogleich nach dem Tode seines Vaters, ihm da er kaum 1 Jahr auf der Akademie gewesen, weder Geld noch Brief noch Anweisung mehr geschickt. Er macht noch Ansprüche auf das Vermögen seines Vaters, wenn anders welches da ist, indem sie sich verheyrathet haben soll und zwar an einen gewissen Past. Oldekop: ich kann nicht begreifen, ob dieser Past. Oldekop ein weitläuftiger Verwandte von unserm liebenswürdigen Freunde seyn sollte. Übrigens führt dieser Mensch sich ganz ordentlich. Jetzt muß ich abbrechen, wenn Sie anders diesen Brief noch erhalten sollen. Es heißt, das Regiment soll auf den Winter nach Straßburg. Wenn ich nach Liefland komme, weiß Gott, indessen sorgen Sie nie für mich, überlassen Sie dieses ihm. In dessen Vorsorge ich auch Sie empfele. Tausend Grüße an alle gute Freunde, tausend Küsse an alle meine Geschwister. Meine beste Mama! o könnte mein Gebeth Sie gesund machen. Ich küsse Ihr und Ihnen aufs zärtlichste die Hände als Dero gehorsamster Sohn J. M. R. Lenz Landau, den 7. September. So wenig Zeit mir auch übrig ist, so muß ich Ihnen doch sagen, daß ich Sie in Landau noch eben so hoch schätze, eben so liebe, als in Fort-Louis. Unser Marsch war angenehm genug: vor Tage zu Pferde, und vom Mittag, bis in die Nacht gerastet. Ich möchte so durch die Welt reisen. Weißenburg hat mir gefallen, die dortige Schweizergarnison glich den Priestern der Cybele, so erfreute sie die Ankunft eines deutschen Regiments. Landau kann in der That das Schlüsselloch von Frankreich heißen, da es nur zween Thore hat, eins nach vorne, das andere nach hinten. Unsern Ausgang segne Gott, unsern Eingang – – Ich wohne bei einem Herrn Schuch, der ein naher Verwandter vom Herrn Türkheim seyn will. Seine Frau und er spielen mir alle Abende Komödie, wobei mein Herz mehr lacht, als bei allen Farcen des Herrn Montval und Ribou. Er ist ein gutwilliger Schwätzer, gegen seine Frau, ein rechter Adventsesel und auch gegen die Füllen bei ihr. Sie trägt Hosen und Zepter, eine Teintüre von Andacht und koketter Prüderie – in der That, meinen kleinen Plautus hinterdrein gelesen und ich brauche kein Theater. Melden Sie mir doch, was das Ihrige in Straßburg macht und ob dort kein deutsches zu erwarten sey. Beim Herrn Senior, der fast die alleinige Materie des Gesprächs meiner Wirthsleute ist (ausgenommen den gestrigen vortrefflichen Abend, wo wir lauter Haupt- und Staatsaktionen ausmachten) bin ich noch nicht gewesen. Der Bürgermeister Schademann soll schon seit geraumer Zeit todt seyn. Vielleicht erlange ich die Bekanntschaft seines Sohnes, der sehr reich seyn soll. Ein Rektor bei der hiesigen Schule, der im Kloster einen Sohn hat, der schon Magister ist (wo mir recht ist, hab’ ich ihn dort gesehen) soll eine gute Bibliothek haben: da muß ich suchen unterzukommen. Seyen Sie doch so gütig und schreiben mir in Ihrem nächsten Briefe den Namen des Churfürsten von der Pfalz; wie auch den Charakter und die Adresse des Herrn Lamey, ein Name, den ich in Straßburg oft gehört. Sie lachen – wozu das? Nun, nun, es hat nichts zu bedeuten, ein guter Freund hat mich um beide in einem Briefe ersucht. Einen Nachmittagsprediger habe ich hier gehört, der keine Pfeife Toback werth vorgebracht. Ich gieng nach Hause und las Spalding, vom Werth der Gefühle im Christenthum. Welch ein Kontrast! Dieses Buch müssen Sie auch lesen, mein Sokrates! es macht wenigstens Vergnügen zu finden, daß Andere mit uns nach demselben Punkt visiren. Ich freue mich, daß man in einem Tage von hier nach Straßburg kommen kann, wer weiß wenn ich Sie überrasche. Fahren Sie fort mit Ihrer Gewohnheit für mich. – Lenz. Landau, den 18ten. Guter Sokrates! „Ohne mich nicht ganz glücklich“ – Fürchten Sie sich der Sünde nicht, einen jungen Menschen stolz zu machen, dessen Herz noch allen Passionen offen steht und durch Zeit und Erfahrung nur noch sehr wenig verbollwerkt ist? Da ich so tief in Ihr System geguckt, da ich weiß, daß Ihre Religion die Glückseligkeit ist – so konnte mir kein größeres Compliment gemacht werden, als, daß ich im Stande sey, mit etwas dazu beizutragen, wenn’s auch nur so viel ist, als ein Mäuschen zum Rhein. – Spaß bei Seite, die Glückseligkeit ist ein sonderbares Ding, ich glaube immer noch, daß wir schon hier in der Welt so glücklich seyen, als wir es nach der Einrichtung unseres Geistes und Körpers werden können. Die Tugend ist das einzige Mittel diese Glückseligkeit in ihrer höchsten Höhe zu erhalten und die Religion versichert uns, sie werde auch nach dem Tode währen und dient also dieser Tugend mehr zur Aufmunterung, als zur Richtschnur. Da kommt nun aber die verzweifelte Krankheit, von der Sie schreiben und wirft mir mein ganzes Kartenhaus über den Haufen. Allein sie muß doch auch wozu heilsam seyn, vielleicht, wie Sie sagen, ist sie das Fegfeuer unserer Tugend, wenigstens macht sie uns die Gesundheit desto angenehmer und trägt, durch den Contrast, also zu dem Ganzen unserer Glückseligkeit auch mit das Ihre bei. Wiewohl, ich habe gut philosophiren, da ich sie, dem Himmel sey Dank, schon seit so langer Zeit, blos vom Hörensagen kenne. Ich bin jetzt auch von lauter Kranken eingeschlossen und denke dabei beständig an Sie. Wiewohl ich aus dem Schluß Ihres letzten Briefes zu meiner Beruhigung schließe, daß Sie jetzt wieder völlig hergestellt seyen. Sie werden von Herrn Ott hören, wie ich mich amusire. Wenig genug und doch sehr viel. Wenn man Käse und Brod hat, schmeckt uns die Mahlzeit eben so gut, als wenn das Regiment de Picardie traktirt, vorausgesetzt, daß wir in einem Fall, wie im andern, recht derben Hunger haben. Um also glücklich zu seyn, sehe ich wohl, werde ich künftig nur immer an meinem Magen arbeiten, nicht an der Mahlzeit, die ich ihm vorsetze. Die Umstände, in denen wir uns befinden, müssen sich schon nach uns richten, wenn wir selbst nur fähig sind, glücklich zu seyn. – Bin ich doch ganz Philosoph geworden, werden Sie nur über mein Geschwätz nicht von Neuem krank! Den Herrn Senior habe ich nur in seiner Kirche besucht und noch nicht recht das Herz, ihn näher kennen zu lernen. Den Rektor der hiesigen Schule hab’ ich in seinem Hause besucht und möchte wohl schwerlich wieder hingehen. Ich fragt’ ihn nach den hiesigen Gelehrten: er lachte. Das war vortrefflich geantwortet, nur hätte der gute Mann die betrübte Ahndung, die dieses Lachen bei mir erregte, nicht bestätigen sollen. Er beklagt sich über den Schulstaub und die häuslichen Sorgen – da, da, mein theuerster Freund, fühlte ich eine Beklemmung über die Brust, wie sie Daniel nicht stärker hat fühlen können, als er in den Löwengraben hinabsank. In seiner Jugend, sagt’ er, hätte er noch fait vom Studieren gemacht, jetzt – o mein Freund, ich kann Ihnen das Gemälde nicht auszeichnen, es empört meine zartesten Empfindungen. Den heiligen Laurentius auf dem Rost hätt’ ich nicht mit dem Mitleiden angesehen, als diesen Märtyrer des Schulstandes, eines Standes, der an einem Ort wie Landau, mir in der That ein Fegfeuer scheint, aus dem man alle guten Seelen wegbeten sollte. Er hatte seine Bibliothek nicht aufgestellt, es waren bestäubte, verweste Bände, die er vermuthlich nur in seiner Jugend gebraucht – ausgenommen die allgemeine Welthistorie figurirte, in Franzband eingebunden, besonders. – Vielleicht daß ich da mich einmal bei ihm zu Gast bitte. Er scheint übrigens der beste Mann von der Welt – o Gott, eh’ so viel Gras über meine Seele wachsen soll, so wollt’ ich lieber, daß nie eine Pflugschaar drüber gefahren wäre. Jetzt bin ich ganz traurig, ganz niedergeschlagen, blos durch die Erinnerung an diesen Besuch. Nein, ich darf nicht wieder hingehen. Wie glücklich sind Sie, mein Sokrates, wenigstens glänzt eine angenehme Morgenröthe des Geschmacks in Straßburg um Sie herum, da ich hier in der ödesten Mitternacht tappend einen Fußsteig suchen muß. Keine Bücher! ha Natur, wenn du mir auch dein großes Buch vor der Nase zuschlägst (in der That regnet es hier seit einigen Tagen anhaltend), was werd’ ich anfangen? Dann noch über die Glückseligkeit philosophiren, wenn ich von ihr nichts als das Nachsehen habe? Doch vielleicht kriegt mich ein guter Engel beim Schopf und führt mich nach Straßburg. – – Meine Lektüre schränkt sich jetzt auf drei Bücher ein: Eine große Nürnbergerbibel mit der Auslegung, die ich überschlage, ein dicker Plautus, mit Anmerkungen, die mir die Galle etwas aus dem Magen führen und mein getreuster Homer. Ich habe schon wieder ein Stück aus dem Plautus übersetzt und werd’ es ehestens nach Straßburg schicken. Es ist nach meinem Urtheil das beste, das er gemacht hat (doch ich kenne noch nicht alle). Noch an eins möcht’ ich mich machen: es ist eine Art von Dank, den ich dem Alten sage, für das herzliche Vergnügen, das er mir macht. Ist es nicht reizend, nach so vielen Jahrhunderten, noch ein Wohlthäter des menschlichen Geschlechts zu seyn? Heut’ möcht’ ich Ihnen einen Bogen voll schreiben, aber ich besinne mich, daß das, was mir ein Präservativ für eine Krankheit ist, Ihnen leicht ein Recidiv geben kann. Ich bin ganz der Ihrige Lenz. Arensburg in der Insel Oesel d. 24. Septbr: a. St. 1772 Mein zärtlich geliebter Bruder, Um die Freude auszudrücken, die Dein Brief mir verursachet, müste ich mehr Muße und einen größern Raum haben. Der Anblick einer Hand, die ich zwey lange Jahre, zu sehn entwöhnt bin, war das für mich, was Robinson auf einer wüsten Insel der erste Anblik einer Menschen-Gestalt nur immer seyn konnte. – Ich weiß jetzt daß Du lebst, daß Du wo nicht glücklich doch auch nicht gantz unglücklich bist, und dieß ist alles. – Aber die Schicksale, die Du verschweigst, mir verschweigst, in deßen Busen Deine Geheimniße, wenn Du welche hast, so gut verwahrt wären, wie in der Deinigen, gewiß diese machen mich unruhig. Gott weiß, daß ich Dein Glück wünsche, und so sehr wünsche, als es vielleicht keiner außer mir thut. Könnte ich zu Deiner Zufriedenheit was beytragen, wie sehr würde meine eigne vergrößert werden. Sey offenhertzig gegen mich, wenn Du von meiner Zärtlichkeit überzeugt bist; Und der Himmel verzeyhe es Dir, wenn Du es nicht bist. Sollte vielleicht Deine Rückreise durch kleine Verwickelungen aufgehalten werden, so entdecke Dich mir, vielleicht kann ich Mittel erfinden, Dir zu helfen? Denn was würde ich nicht dran wenden, Dich noch einmahl zu sehen, einmahl alle meine bisherigen Schicksale in Deinen Busen auszuschütten, und aus Deinem Munde die Deinigen zu hören, die mich wo nicht mehr doch eben so sehr intereßiren wie meine eignen. – Unser guter alter Vater, ich weiß, daß er Dich sehr liebt, es würde ihn tief beugen, wenn Du Hülfe nöthig hättest, und er Dir nicht helfen könnte. Verschone ihn also, wenn Du in Verlegenheit bist, eben so wie unsere Geschwister, die selbst in Schulden, eben so wie er begraben sind. Wende Dich an mich, mich wird die Last nicht niederdrücken, die ich für meinen Bruder trage, den meine gantze Seele liebt. Ich bin auch jünger wie sie, und habe keine Frau u. Kinder, die mir Vorwürfe machen können. – Was für ein Verdienst, Dich unserm Vaterlande, unsern frommen Eltern, unsern frohen Geschwistern und Freunden wiederzugeben, wie weit überwiegt es alle Ungemächlichkeiten! – Und dieß erwarte ich von Deiner Liebe, wenn es wahr ist, daß Du mich liebst. – Laß mich immer bey meiner Einbildung daß unter den vielen Ursachen, die Dich bewegen müßen, zurückzukommen, ich auch eine kleine seyn könnte. Ich zweifle nicht, daß Du ebenso ungeduldig bist, meine Geschichte zu hören, wie ich die Deinige. Ich mache Dir keinen Vorwurf. Aber – genung es ist traurig für mich, so wenig von Dir zu wißen. Du weißt, daß ich in meiner vorigen Condition einen Antrag zum Fiscalat in Dörpt bekam, den ich aus vielen kleinen Ursachen ausschlug, die die Vorsehung vielleicht mir zu meinem Glück in den Weg legte. Einige Wochen drauf kam ich in Vorschlag zum Stadts-Secretariat in Arensburg. Wunderbar hat unser große u. gute Vater mich bisher geführt. Alle Hinderniße musten gehoben werden, und seit dem Anfange des vorigen Monats bin ich würklich ein 20jähriger Secretaire. Einige Ausarbeitungen, die ich loco eines examinis machen muste, geriethen gut, weil ich mühsam in der Condition das nachgeholt hatte, was ich auf der Akademie versäumt. Turzelmann, Ratsherr, u. ein Mutterbruder von unsrer Tarwastschen Schwiegerinn ist das Werkzeug meiner Beförderung, bey dem ich wohne u. speise, und der mich in allem was mir noch am Schlendrjan fehlt, unterstützt und leitet. Meine Bedienung trägt 300 Rbl. auch wohl bey guten Jahren gegen 400 Rbl. ein, ernährt also, wenn eine gute Advocatur dazu kömmt, ihren Mann. Aber gegen 500 Rbl. die ich schuldig bin, und die ich ehrlich bezahlen will, und die schlechten, armseeligen Zeiten werden mich lange noch nicht in den Stand setzen, meine eigene Hütte, zu verstehen mit einer zärtlichen Freundinn, die die Mühseeligkeiten dieses Lebens mit tragen hilft, zu bewohnen. Es sey drum. So groß mein Begriff von einer solchen Glückseeligkeit ist, so ist doch die Erfüllung unsrer Pflichten, und das nicht Bewustseyn einer bösen Handlung eine nicht viel kleinere. – Der Character dieser Nation, die Beschaffenheit der Stadt u. des Landes, und die kleineren Umstände meiner Geschichte, verspare ich bis zu unserer – Gott gebe baldigen Umarmung. Ich wiederhole noch einmahl, was ich wegen der Hinderniße die Dich abhalten könnten, so bald als möglich in unsre Arme zurückzufliegen, gesagt habe. Eile mein Bruder. Du bist Dich Deinem Vaterlande schuldig – mir – u. o wie vielen anderen. Der Himmel wird Dir hier schon Brodt geben, u. vielleicht, gleich sobald Du ankömmst. Ich erwarte bald Nachricht von Dir. Wenn sie aber so wäre, daß sie unsern Vater kränken könnte, so adreßire den Brief nicht an ihn, weil er ihn aufbrechen würde, sondern schicke ihn durch den jungen Sievers in Strasburg, wenn Du sicher bist, daß er ihn gut bestellt. Ich unterhalte mit einigen aus dem Hause eine Corres- pondence, und bekomme ihn also gewiß, wenn er nur von dort abgeht. Sein Vater ist Land-Rath u. auf Euseküll. Wenn Du ihn nicht kennst, so mache eine Gelegenheit zur Bekanntschaft. Ich habe viel Gutes von ihm gehört. – Die Condition, von der ich Dir schrieb, u. die ich gehabt habe, ist nun besetzt. – Meine Geschäfte, deren eine ungeheure Menge ist, laßen mir nicht Zeit, mehr zu schreiben. Ich wünsche, daß dieser Brief zu Dir komme. Doch aus Deinem Briefe sehe ich, daß meine Briefe immer angekommen sind. Aber die Deinigen – ein feindseeliger Dämon läßt Sie nicht zu mir. Dieß war der erste, wer weiß wie lange ich wieder werde schmachten müßen. Ein froher Tag wird es seyn, wann wieder ein Brief von Dich kömmt. Unser leichtsinniger Freund Begau hat alle Einlagen an Papa u. an mich, ich weiß nicht wo gelaßen. Er ist in Curland in Condition u. hat seinen Vater verloren. – Genung für dießmahl. Lebe wohl. Der Himmel erfülle die Wünsche, die die wärmste, feurigste Zärtlichkeit eines Bruders für Dich thut. Es ist um desto schmertzhafter, daß die besten Hertzen nicht die glücklichsten sind, weil ihrer so wenige sind. Ich umarme Dich. Wie kalt ist diese Umarmung! O Gott! wenn wird sie würklich werden. Wie dunkel ist die Zukunft unsrer Schicksale! Eine Anlage die ich immer zur Melancholie gehabt, macht mich traurig, und beklemmt mich, wenn ich an eine so große Entfernung denke, u. an alle Möglichkeiten, alle die Fantomes die sich schaarenweise einer aufgebrachten Einbildung vordrängen. Wenn wird dieser frohe Tag kommen? – Oder wird er jemals kommen? – Wozu der Vorwitz? Die Wege der Vorsehung führen uns am besten. Und noch ein Lebewohl, ein Abschieds-Kuß, eine wollüstige kleine Thräne mit der Versicherung meiner innigsten Zärtlichkeit, u. daß die Deinige eine der grösten Glückseeligkeiten meines Lebens ist. Johann Christian Lenz. Tausend Grüße an die Herrn v. Kleist. Ich wünsche sehr, u. mit dem aufrichtigsten Hertzen, daß sie meine Freunde sind, u. sich meiner noch erinnern. – Sey glücklich! mein Bruder. – Von der Seite der Freunde bist Du es mehr als ich. Traurig genung, daß ich keinen eintzigen Busenfreund habe. Und was ist ein Leben ohne Freundschaft? Du hast es nie empfunden, ich liebe Dich auch zu sehr, um es zu wünschen. Laß mich bald in Dir meinen ersten und meinenfast meinen eintzigen Freund wiederbekommen.
A Monsieur Monsieur J. M. R. Lenz. Kandidat der Theologie, presentement á Fort Louis P. Cond.
spiegelverkehrt: Capitaine Lieutenant Salomon Bodmer in der Mühle zu Wölflingen im Canton Zürich.
Herr Simon kommt zurück eh’ ich ihn haben will: ich kann Ihnen also das Versprochene nicht zuschicken. Es war mein Trauerspiel, welches ich jetzt eben für Sie abschreibe. Ich werde schon eine andre Gelegenheit finden es Ihnen zukommen zu lassen. Nicht einmal einen langen Brief erlaubt mir seine beschleunigte Abreise. Gut, daß ich dann und wann, bei Lesung des Leibnitz ein hingeworfenes Blatt für Sie beschrieben habe. Vergeben Sie mir, daß ich es nicht abschreibe und meine Gedanken in Ordnung bringe. Ihnen, als einem unverwöhnten Auge, darf ich sie auch im Schlafrock zeigen; wenn sie wahr sind, werden sie Ihnen auch alsdann besser gefallen, als falsche in einem Gallakleide. – Wie ich Ihnen gesagt habe, meine philosophischen Betrachtungen dürfen nicht über zwo, drei Minuten währen, sonst thut mir der Kopf weh. Aber wenn ich einen Gegenstand fünf, zehnmal so flüchtig angesehen habe, und finde, daß er noch immer da bleibt und mir immer besser gefällt, so halt’ ich ihn für wahr und meine Empfindung führt mich darin richtiger als meine Schlüsse. Nro. 11. ist eine Apologie meines allerersten Briefes über die Erlösung. Nachdem ich aber Ihre Antwort wieder durchgelesen, finde ich, daß wir fast einerlei gedacht und dasselbe mit andern Worten ausgedrückt haben. Sie haben mich unrecht verstanden, wenn Sie glaubten, ich ließe Gott die übeln Folgen der Sünde auf den Mittler lenken, blos um seine strafende Gerechtigkeit zu befriedigen. Leibnitz glaubt dieses; er sagt, es ist eine Convenienz, die ihn zwingt Gutes zu belohnen und Böses zu bestrafen. Ich denke aber, es geschieht blos um unsertwillen, weil, auf das moralische Uebel kein physisches Uebel, als eine Strafe folgt; wir lieber Böses als Gutes thun würden, da das Böse leichter zu thun ist. Und warum Gott das Gute für unsere Natur schwerer gemacht hat, davon ist die Ursache klar, damit wir nicht müßig gehen: unsere Seele ist nicht zum Stillsitzen, sondern zum Gehen, Arbeiten, Handeln geschaffen. Doch seriosa in crastinum. – Ich werde hoffentlich noch mit Ihnen diesen Winter zusammenkommen; wiewohl das Regiment jetzt die letzte Ordre erhalten hat, hier zu bleiben. Wenn ich Sie Sehe – Jetzt fühle ich, daß die ideale Gegenwart eines Freundes die persönliche nicht ersetzen kann, so werde ich Ihnen viel zu sagen haben. Meine Seele hat sich hier zu einem Entschlusse ausgewickelt, dem alle Ihre Vorstellungen – dem die Vorstellungen der ganzen Welt vielleicht, keine andere Falte werden geben können. Wenn ich anders ihn einem Menschen auf der Welt mittheile, ehe er ausgeführt ist. – Mein guter Sokrates, entziehen Sie mir um dessentwillen Ihre Freundschaft nicht; bedenken Sie, daß die Welt ein Ganzes ist, in welches allerlei Individua passen; die der Schöpfer jedes mit verschiedenen Kräften und Neigungen ausgerüstet hat, die ihre Bestimmung in sich selbst erforschen und hernach dieselbe erfüllen müssen; sie seye welche sie wolle. Das Ganze giebt doch hernach die schönste Harmonie die zu denken ist und macht daß der Werkmeister mit gnädigen Augen darauf hinabsieht und gut findet was er geschaffen hat. Nicht wahr, ich rede mystisch, Ihnen fehlten die Prämissen, um meine Folgesätze zu verstehen. Sie werden sie verstehen, nur Geduld. – In der Erwartung will ich Ihnen nur mit der größten logischen Deutlichkeit sagen, daß ich von ganzem Herzen bin und bleibe Ihr drollichter Alcibiades. Sagen Sie doch dem Ott, daß er den Lenz nicht über dem Herbst vergesse. Würdiger Mann! Ich sehe in Ihrem Raritätenkasten – alles, was uns die Herrn Modephilosophen und Moralisten, mit einer marktschreierischen Wortkrämerei, in großen Folianten hererzählen, in zwei Worten zusammengefaßt und so glücklich zusammengefaßt, daß sich dazu weder zusetzen noch davon abnehmen läßt. Das ist vortrefflich – also das Ziel ist gesteckt, nun Ihre Hand her, mein Sokrates, wir wollen darauf zugehen, wie auf ein stilles und friedelächelndes Zoar und die hinterlassenen Vorurtheile immer in Feuer und Schwefel aufgehen lassen, ohne uns darnach umzusehen. Mögen furchtsame Weiber sich darnach umsehen und drüber zu Salzsäulen werden. Um noch eine Stelle Ihres ohnendletzten Briefes zu berühren, wo Sie mir zu bedenken aufgaben, ob Gott wohl uns das Gute könne schwerer machen, als das Böse, oder (um mit Ihren Worten mich auszudrücken) ob er wohl die vim inertiae in uns stärker könne gemacht haben, als die vim activam, so antworte ich, daß ich keine vim inertiae glaube. Bedenken Sie doch, mit welchem Fug, wir wohl für die Unthätigkeit eine Kraft annehmen können? Vereinigung einer Kraft ist sie, Vernachläßigung der vis activa, welche in Wirksamkeit und Thätigkeit zu setzen, allemal in unserm Belieben steht oder nicht. Es ist aber die Natur einer jeden Kraft, daß sie nur durch Uebung erhalten und vermehrt, durch Vernachläßigung aber, so zu sagen eingeschläfert und verringert wird. Und daß die Uebung dieser Kraft schwerer, als ihre Vernachläßigung sey, liegt in der Natur der Sache und konnte von Gott nicht verändert werden. Positio ist allemal schwerer als negatio, wirken schwerer als ruhen, thun schwerer als nicht thun. Was die Einwirkung Gottes in die Menschen betrifft, so kann ich mir nur vier Arten davon denken. Er unterstützt und erhält die in uns gelegten Kräfte und Fähigkeiten – diese ist natürlich, das heißt, unsere Vernunft kann sie auch ohne Offenbarung erkennen; und unmittelbar – hernach, er leitet die äußern Umstände und Begebenheiten in der Welt so, daß eine oder die andere Fähigkeit in uns entwickelt oder vergrößert werde, je nachdem es sein Rathschluß für gut befindet, diese ist gleichfalls natürlich aber mittelbar. Zum dritten wirkt er durch die in uns geoffenbarten Wahrheiten – diese ist also, ihrem ersten Ursprung nach, übernatürlich, aber zugleich mittelbar und den Gesetzen der Natur gemäß. Zum vierten wirkt er übernatürlich und unmittelbar, wie in den Propheten und Aposteln; diese Einwirkung ist über die Gesetze der Natur erhaben, läßt sich also nicht mehr erklären (wiewohl wir auch nicht das Recht haben, sie noch jetzt aus der gegenwärtigen Welt auszuschließen, im Fall die Gottheit gewisse außerordentliche Endzwecke dadurch befördern wollte, welchen Fall aber, meiner Meinung nach, unsere Vernunft nie determiniren kann, sondern vielmehr jedes Phänomen für verdächtig halten muß, welches nicht die dazu erforderlichen Kennzeichen bei sich hat). Jetzt möge meine philosophische Muse ruhen, sich still zu Ihren Füßen setzen und von Ihnen lernen. Spekulation ist Spekulation, bläset auf und bleibt leer, schmeichelt und macht doch nicht glücklich. Zusammen mögen sich die Fittige des Geistes halten, und im Thal ruhen, ehe sie, wenn sie der Sonne zu nahe kommen, in zerlassenem Wachs heruntertröpfeln und den armen Geist, welcher auf dem Lande so sicher und lustig hätte einher gehe'n können, aus der Luft in das Meer herab wirft. – – Hier ist mein Trauerspiel mit dem Wunsch: möchte dieser Raritätenkasten des Ihrigen werth seyn. Das beste ist, daß wir beim Tausch nicht verlieren, denn unter sympathisirenden Seelen ist communio bonorum. Es ist wahr, meine Seele hat bei aller anscheinenden Lustigkeit, jetzt mehr als jemals, eine tragische Stimmung. Die Lage meiner äußern Umstände trägt wohl das Meiste dazu bey, aber – sie soll sie, sie mag sie nun höher oder tiefer stimmen, doch nie verstimmen. Eine sanfte Melancholei verträgt sich sehr wohl mit unserer Glückseligkeit und ich hoffe – nein ich bin gewiß, daß sie sich noch einst in reine und dauerhafte Freude auflösen wird, wie ein dunkler Sommermorgen, in einen wolkenlosen Mittag. Auch fehlen mir jetzt öftere Sonnenblicke nicht, nur kann freilich ein Herz, dem die süßen Ergötzungen der Freundschaft und – der Liebe – sogar einer vernünftigen Gesellschaft genommen sind, bisweilen einen Seufzer nicht unterdrücken. An den Brüsten der Natur hange ich jetzt mit verdoppelter Inbrunst, sie mag ihre Stirne mit Sonnenstrahlen oder kalten Nebeln umbinden, ihr mütterliches Antlitz lächelt mir immer und oft werd’ ich versucht, mit dem alten Junius Brutus, mich auf den Boden niederzuwerfen und ihr mit einem stummen Kuß für ihre Freundlichkeit zu danken. In der That, ich finde in der Flur, um Landau, täglich neue Schönheiten und der kälteste Nordwind kann mich nicht von ihr zurückschrecken. Hätt’ ich doch eines göttlichen Malers Pinsel, ich wollte Ihnen gleich einige Seiten von diesem vortrefflichen Amphitheater der Natur hinmalen, so lebhaft hat’s sich in meiner Fantasei abgedrückt. Berge, die den Himmel tragen, Thäler voll Dörfnern zu ihren Füßen, die dort zu schlafen scheinen, wie Jakob am Fuß seiner Himmelsleiter. – Doch ich würde nur schwärmen, wenn ich fortführe und dafür muß ich meinen Geist in Acht nehmen. Ich hatte vor einigen Tagen einen Brief an Sie fertig, aber ich verbrannte ihn, denn ich hatte darin geschwärmt. Ich habe schon viel Papier hier verbrannt – ein guter Genius hat über dies Trauerspiel gewacht, sonst – und vielleicht hätten Sie nichts dabei verloren. So viel muß ich Ihnen sagen, daß ich es bei diesem ersten Versuch nicht werde bewenden lassen, denn ich fühle mich dazu – Ich muß abbrechen und Ihnen gute Nacht sagen. Möchten Sie doch aus Ihren Träumen lachend erwachen, wie ich heute Morgen aus den meinigen. Lenz. Ich will Sie auch drücken, mein Sokrates, aber erst, wenn ich Sie ganz kennen gelernt und von ferne bewundert habe. – Recht so – wir stehen ganz beisammen; allen Ihren übrigen Meinungen unterschreibe ich. Wir müssen das Ordentliche von dem Außerordentlichen, das Natürliche vom Uebernatürlichen unterscheiden, nur müssen wir das Uebernatürliche nicht für unnatürlich halten, oder aus einer Welt verbannen, in der Gott nach einem höhern Plane arbeitet, als unser kurzsichtiger schielender Verstand übersehen kann. Ich bin sehr für das Ordentliche, für das Natürliche – nur eine aufmerksame Lesung der Briefe Pauli (der wirklich ein großer – ein übernatürlicher Mann war) zwingt mich eine übernatürliche Einwirkung nicht allein für möglich, sondern auch in gewissen Fällen (wie das z. E. da die Religion erst im Keimen war) für nothwendig zu halten. – – Um auf dem hohen Berge nicht stehen zu bleiben, sondern auch im Thale herumzuhüpfen – muß ich Ihnen sagen, daß Friedericke aus Straßburg an mich geschrieben und mir gesagt hat, sie habe dort eine besondere Freude gehabt, die ich vielleicht boshaft genug seyn würde, zu errathen. Und das war die, Sie am Fenster gesehen zu haben. Sie schreibt ferner, sie wäre durch Ihren bloßen Anblick so dreist geworden, nach dem andern Theile des Tom Jones zu schicken und bittet mich sie desfalls zu entschuldigen. – Ist das nicht ein gutes Mädchen? – Und doch muß ich meinen Entschluß vor Ihnen verbergen. – Was ist das für ein Zusammenhang? – Ein trauriger – Ich bin dazu bestimmt, mir selbst das Leben traurig zu machen – – aber ich weiß, daß, so sehr ich mir jetzt die Finger am Dorne zerritze, daß ich doch einmal eine Rose brechen werde – Zu allem diesem werde ich Ihnen die Schlüssel in Straßburg geben – Der älteste Hr. von Kleist hat mir geschrieben, daß Briefe von meinem Vater da wären; er schickt sie mir aber nicht, ich soll sie selbst abholen. Nun aber stößt sich meine Hinreise noch an vielen Dingen. Ich muß schließen, ich sehe, ich kann dieß Blättchen nicht mehr zusiegeln, aber wenn es auch nicht unser Freund Ott wäre, durch dessen Hände es gienge, so sind unsere Briefe von der Art, als die spartanischen Ephori an ihre Feldherrn schickten, die an einen gemeinschaftlichen Stab müßten gewickelt werden, wenn man sie lesen wollte. Ich bin bis ins Grab Ihr Lenz. Mein – – Doch ich will, von jetzt an, immer ohne Titel an Sie schreiben. Wenn Geister zu einander treten und sich miteinander besprechen, so können sie, mein’ ich den Scharrfuß wohl weglassen. Ich schreibe an Sie, um Ihnen eine Veränderung zu melden, die mit mir vorgegangen. Ich bin ein Christ geworden – glauben Sie mir wohl, daß ich es vorher nicht gewesen? Ich habe an allem gezweifelt und bin jetzt, ich schreib’ es mit von dankbarer Empfindung durchdrungenem Herzen, zu einer Ueberzeugung gekommen, wie sie mir nöthig war, zu einer philosophischen, nicht blos moralischen. Der theologische Glaube ist das complementum unserer Vernunft, das dasjenige ersetzt, was dieser zur gottfälligen Richtung unsers Willens fehlt. Ich halte ihn also blos für eine Wirkung der Gnade, zu der wir nichts beitragen, als daß unser Herz in der rechten Verfassung sey, sie anzunehmen; diese Verfassung aber besteht in einer vollkommen ernstlichen Liebe zur Tugend, zum Wahren, Guten und Schönen. Dieser Glaube ist eine nothwendige Gabe Gottes, weil bei den meisten Menschen die Vernunft noch erst im Anfange ihrer Entwicklung ist, bei vielen aber niemals entwickelt wird. Je mehr sich aber unsere Vernunft entwickelt (das geht bis ins Unendliche), desto mehr nimmt dieser moralische Glaube, der in der That mehr in den Empfindungen als in der Erkenntniß gegründet ist, ab und verwandelt sich in das Schauen, in eine Ueberzeugung der Vernunft. Ueberhaupt bedürfen wir nicht mehr und nicht weniger moralisch zu glauben, als zur Seligkeit nothwendig ist, das Uebrige haben wir immer noch die Freiheit in suspenso zu lassen. Aber auch dieses müssen wir viel mehr suchen in Erkenntniß und Anschauen zu verwandeln, weil, nach Ordnung Gottes, unser Wille sich nach unserer Erkenntniß richtet. Dieses sind die Prämissen, die ich Ihnen voranschicke, um Ihnen eine vollständige Idee von meiner Ueberzeugung von unsrer Religion zu geben. Ich habe bisher die Erlösung unsers Heilands für nichts, als ein in die Augen fallendes Beispiel der Folgen der Sünde gehalten, das uns an der Person des vollkommensten Menschen, zur heilsamen Warnung aufgestellt worden. Denn, hab’ ich gedacht, die Idee eines Verdienstes, und wär’ es auch des vollkommensten, widerspricht der allervollkommensten Barmherzigkeit Gottes, als welche nicht braucht erst durch ein Verdienst sich die Vergebung unserer Sünden gleichsam abfodern und abzwingen zu lassen. Aber ich habe gefunden, daß ich sehr irrte. Gott ist die Liebe – allein die übeln Folgen der Sünde aufzuheben (denn das heißt Sünde vergeben) ohne die Sünde durch eben diese übeln Folgen zu strafen, hieße die Natur dessen, was gut und böse ist, verändern und uns eben so viel Aufmunterung zum Bösen, als zum Guten, geben. Aber – diese übeln Folgen der Sünden einer ganzen Welt, auf einen dritten Gegenstand lenken, das konnte Gott, das wird der Vernunft nicht schwer zu begreifen, das war das einzige Mittel, Sünde zu vergeben, ohne sie zu strafen. Und eben dieß läßt seine Barmherzigkeit in dem nemlichen Glanze. Freilich könnt’ es scheinen, daß sie, gegen diesen dritten Gegenstand, welchen wir so lange unsern Heiland nennen wollen, nicht ausgeübt worden, allein eben dieses ist der Gegenstand unsers Glaubens, hier kann die Vernunft nicht weiter. Die Offenbarung sagt uns, dieser Heiland sei ein ganz reiner vollkommener Mensch, vielleicht das Ideal der menschlichen Natur gewesen, dem sich die Gottheit selbst, auf eine, uns unbegreifliche, Weise offenbart und mitgheteilet (das Wort vereinigt find’ ich nicht in der Bibel und ist schon ein Schritt zu weit von unsern Theologen), den die Gottheit selbst, zu diesem großen Geschäft unterstützt; den die Gottheit selbst, nach Vollendung desselben belohnt und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist. Dieser Heiland aber, hat uns, außer seiner Lehre und Beispiel, auch sein Verdienst gelassen, dessen er uns durch die Sakramente theilhaftig macht. Indem er sich besonders durch das Sakrament des Abendmals auf eine, zwar unbegreifliche, aber doch der Vernunft nicht widersprechende, Art, mit uns geistig verbindet, so daß wir jetzt gleichsam Alle an seiner vollkommnen menschlichen Natur Antheil nehmen. Die Pflichten des Christenthums aber, laufen alle dahin zusammen, diese Wahrheiten, die Christus uns verkündigt, zu glauben, gegen ihn voll Liebe und Dankbarkeit sein Leben immer besser zu studiren, damit wir ihn immermehr lieben und nachahmen, von ihm aber (welches die Hauptsache ist) zu Gott, als dem höchsten Gut, hinauf zu steigen, ihn immer besser erkennen zu lernen, ja, alle Erkenntnisse, die wir hier erwerben, zu ihm, als dem letzten Ziel zu lenken, um ihn als die Quelle alles Wahren, Guten und Schönen mit allen Kräften unserer Seele zu lieben und (das ist die natürliche Folge davon) seinen Willen auszuüben, d. h. ihn von ferne, im Schatten, nachzuahmen, wie er ganz Liebe und Wohlthätigkeit gegen das menschliche Geschlecht, so kein größeres Glück kennen, als andere glücklich zu machen. Sehen Sie hier den Extrakt meiner Religion, das Fazit einer aufmerksamen Lesung der Evangelisten, deren göttliche oder menschliche Begeisterung ich unausgemacht lasse, und sie bloß als aufrichtige Erzähler ansehe. Denn dieses ist gut zu wissen, aber nicht verderblich nicht zu wissen. Ich habe es für nöthig gehalten, Ihnen den Zustand meiner Seele zu schildern, damit wir uns ganz kennen lernen. Ich bin also jetzt ein guter evangelischer Christ, obgleich ich kein orthodoxer bin. Kann ich in meiner Ueberzeugung weiter kommen, so will ich dem Gott dafür danken, der es weiß, daß dieses das Lieblingsstudium meiner Seele ist und ewig bleiben wird. Doch hoffe ich, niemals Prediger zu werden. Die Ursachen – da müßt’ ich Ihnen Bogen voll schreiben. Ich fühle mich nicht dazu. Dieß ist aber kein dunkles, sinnliches – sondern das Gefühl meines ganzen Wesens, das mir so gut als Ueberzeugung gilt. – Aber ich fühle mich als Ihren Freund Lenz. Hier haben Sie wieder ein Blättgen mit einer Hypothese. Untersuchen Sie sie, halten Sie sie an den Probierstein der Wahrheit – Der menschliche Verstand muß von der höchsten Wahrscheinlichkeit zur Wahrheit übergehen; ich habe zu dieser schärfern Untersuchung keine Zeit – auch keine Fähigkeit, ich überlasse sie Ihnen. Sie sagten in Ihrem letzten Briefe, Gott thue alles zu unserer Besserung mittelbar und könne dazu nicht unmittelbar in uns wirken. Ich bin Ihrer Meinung, doch nur in einer gewissen Einschränkung. Sie sollen sie sogleich hören. Leibnitz, da er den Ursprung des Bösen mit der höchsten Güte Gottes reimen will, hält viel auf diese unmittelbare Einwirkung, oder Einfluß der Gottheit, welchen er eine immerfortwährende Schöpfung nennt. Er vergleicht ihn einem Strom, der seinen Lauf hält, die Freyheit des Menschen aber einem Boot auf diesem Strom, das, je nachdem es schwerer oder leichter beladen, langsamer oder geschwinder auf demselben fortgeht. Da die Sünde eigentlich in einer Privation des Guten besteht und also die Quelle derselben nichts als Trägheit ist, die von unsern Fähigkeiten nicht den gehörigen Gebrauch machen will, so gleicht diese Trägheit der Last oder Schwere des Boots und kann die Schuld warum letzteres nicht so geschwinde fortgeht, nicht dem Strom, sondern dem Boot zugeschrieben werden. Man kann ihm aber, und mich deucht mit Recht, einwenden, warum der Strom nicht mit einer solchen Geschwindigkeit und Kraft fortfliesse, daß er die kleine Schwere des Boots überwinde und aufhebe? und da bleibt bei Zulassung des Bösen von Seiten Gottes immer dieselbe Schwürigkeit. Ich glaube weit sicherer zu gehen, wenn ich mich bei der einmal angenommenen Lehre von der Erhaltung Gottes (welche allerdings wahr ist), an dem Wort Erhaltung halte, und also keine fortwährende Schöpfung unter derselben verstehe. Fortwährend ist freilich ein Begriff, der der Gottheit angemessen ist, allein eine solche Schöpfung nicht. Wenigstens kann sich unser Verstand keine Schöpfung denken, die in Ewigkeit fortgeht, denn Schöpfung ist nach der einmal angenommenen Bedeutung des Wortes, eine Hervorbringung aus Nichts, die nur einen Augenblick währen könnte, nemlich den, da Gott sprach: Es werde! Bildung dieses Etwas, die kann fortgehen in Ewigkeit, aber nicht die unmittelbare Schöpfung. – Nun hat Gott uns gewollt, das heist er hat uns geschaffen, als freywillige und selbstständige Wesen, versehen mit gewissen Kräften und Fähigkeiten, von denen wir einen Gebrauch machen können, welchen wir wollen, und wenn wir einen Einfluß Gottes in uns annehmen wollen (welches uns Vernunft und Offenbarung heißet, weil wir abhängige, geschaffene Wesen sind), so ist dieses kein anderer, als der allgemeine, den Gott in die ganze Natur hat, vermöge dessen er nach den ewigen Gesetzen der Natur, die in ihr gelegten Kräfte und Fähigkeiten unterstützt, erhält, daß sie nicht ins vorige Nichts zurückfallen. Wenn wir diese Handlung auch eine Schöpfung nennen wollen, so mag es hingehen, nur muß man alsdann die fortgehende Wirksamkeit Gottes von diesem Begriff absondern. Diese Einwirkung Gottes ist die allgemeine und wird schon in der Bibel, durch den mystischen Ausdruck angezeigt: der Geist Gottes schwebte auf den Wassern. Ich kann diese Stelle nicht anders erklären als: die allerhöchste Kraft Gottes unterstützte die in die Natur gelegten Kräfte, daß sie ihre ihnen beschiedenen Wirkungen hervorbringen konnten. Bei dieser Erklärung bleibt also Gott in Ansehung des Ursprungs des Bösen vollkommen gerechtfertigt. Wir konnten unsere Kräfte gebrauchen oder nicht, in der von ihm gesetzten oder in einer entgegen gesetzten Ordnung gebrauchen; er konnte nicht anders thun, als da er nach seiner Allwissenheit unsern Fall voraussah, ihm durch äussere Mittel zu Hülfe kommen. Hier ist das Geheimniß unsrer Erlösung, das in der That immer ein Geheimniß bleibt und wir ganz zu entziffern uns nicht unterstehen dürfen. So viel ist aber klar dabey, daß durch die Offfenbarung seiner Gnade in Christo Jesu, er nichts anders abzwecken will, als unsere Wiederherstellung in den Stand der Unschuld, welches gleichsam die weisse Tafel ist, welche hernach beschrieben werden soll, und aus diesem in den Stand der Glückseeligkeit, der Aehnlichkeit mit ihm, der höchsten Liebe zu ihm, und der höchsten Freude, die aus der zunehmenden Erkenntniß seiner Vollkommenheiten und der immer näheren Annäherung zu ihm fliesset. Christus redt aber auch von einem Geist Gottes den Er uns senden will, der uns alles vollkommen lehren und unsere Freude vollkommen machen soll, den auch wirklich die Apostel in hohem Maaß empfiengen. Dieses kann nicht anders erklärt werden, als durch eine unmittelbare Einwirkung der Gottheit, die unseren natürlichen Fähigkeiten – wenn wir sie unermüdet recht anwenden –zu Hülfe kommt, doch allezeit in dem Grade, als es der höchsten Weisheit Gottes und der Uebereinstimmung der von ihm angerichteten Schöpfung angemessen ist. Die Wirkungen dieses Geistes sind vorzüglich: der unerschütterliche Glaube an Gott, als die höchste Liebe (es mögen alle äusserlichen Anscheine auch dem zuwider seyn), an Christum, als den Vermittler dieser Liebe, der sie uns nicht allein kennen gelehrt, sondern auch in gewissem Sinn erworben; hernach eine aus diesem Glauben fliessende Liebe zu Gott, denn wer sollte den nicht lieben, von dem er glaubt, daß er ihn unendlich glücklich machen will und eine geschwinde Fertigkeit, dem von ihm erkannten Willen nach zu leben. Diese Wirkungen des Geistes Gottes müssen wir aber nicht mit Augen sehen wollen, oder darauf warten; sie sind Trost und Belohnung unserer guten Aufführung, auch Aufmunterung (dies scheint vorzüglich ihre Absicht), weil die menschliche Natur so viel Trägheit hat, daß sie in den allerbesten erlangten Fertigkeiten doch wieder müde wird, sie sind das complementum moralitatis und können uns in diesem ganzen Leben dunkel und unerkannt bleiben und uns dennoch ohne unser Wissen, forthelfen und glücklich machen, wie ein unbekannter Wohltäter, der einem Bettler Speise und Trank reichen läßt, ohne daß er weiß, wo es herkommt; genug er befindet sich wohl dabey und überläßt es der Zukunft ihm seinen Wohltäter zu zeigen, damit er ihm alsdann den Dank ins Gesicht sagen kann, den er jetzt für ihn in seinem Herzen behält. Ich gebe diese Hypothese, die noch dazu so roh und undeutlich ausgedrückt worden, als sie in meinem Verstande ausgeheckt ward, Ihnen hin, sie zu bearbeiten, alles zu prüfen und das Beste zu behalten. Wenigstens müssen wir doch suchen in die Ausdrücke der Bibel einen Sinn zu legen, der mit unserm Verstande übereinkommt; Geheimnisse bleiben immer Geheimnisse, doch müssen die Linien unserer Vernunft hineinlauffen und sich hernach drin verlieren, nicht aber eine Meile weit seitwärts vorbeygeführt, hernach mit Gewalt hineingebogen werden, welches eine krumme Linie geben würde. Um über eine so wichtige Materie mit der höchsten Aufrichtigkeit zu schreiben, muß ich Ihnen nur schreiben, daß ich bey meiner einmal angenommenen Erklärung der Lehre vom Verdienst Christi bleibe, und daß ich mir keine andere denken kann, die mit dem was die Schrift davon sagt und mit dem was unsere Vernunft von Gott und seinen Eigenschaften erkennt, übereinkommt. Lassen Sie uns sie nur deutlicher machen und Sie werden mir Recht geben. Was ist das Gute anders, als der gehörige und rechtmäßige Gebrauch, den wir von unsren Fähigkeiten machen? Und das Böse, als der unrechtmäßige übelübereinstimmende Gebrauch dieser Fähigkeiten, der, wie ein verdorbenes Uhrwerk, immer weiter im verkehrten Wege davon fortgeht; so wie der gute Gebrauch immer weiter in dem graden und richtigen Wege. Wir sind selbstständig – Gott unterstützt die in uns gelegten Kräfte, wie in der ganzen Natur, ohne sie zu lenken – Wir (sey es nun die Schuld einer uns angebohrnen Trägheit, die die Theologen Erbsünde nennen, oder des bösen Beyspiels, welche ich fast eher dafür halten möchte), wir brauchen die Fähigkeiten verkehrt. Gott kommt durch eine ganze Folgenreihe äusserer Mittel (welche ich Gnade nenne und wohin in der Jugend besonders die Tauffe und das Wort Gottes zu rechnen), wozu besonders auch die zeitlichen Umstände gehören, in die er uns versetzt. Wir hören nun, daß ein vollkommener Mensch gelebt hat, durch den sich Gott uns ehemals sichtbar geoffenbart und angekündigt hat; daß, wenn wir den rechten Gebrauch von unsern Fähigkeiten machen wollen, wir schon hier – und in Ewigkeit glücklich oder seelig sein sollen –; wir hören, daß, nach dem Ausdruck der Bibel, alle bisher begangenen Sünden der Menschen auf ihn gelegt werden, daß er sie trägt (was kann dies Anderes heißen, als daß alle üblen Folgen der Sünde auf ihn gelenkt worden? Darin bestand sein Leiden) – Wir sollen nur glauben, daß Gott uns um seinetwillen gnädig sey; dies soll uns also nicht mehr beunruhigen, nicht mehr zurückhalten an unserer Besserung mit allen Kräften unserer Seele zu arbeiten, weil das Alte alles vorbey und wir gleichsam jetzt neue Glieder an einem großen Ganzen sind, wovon der allervollkommenste Jesus das Haupt war (hieher geht eine gewisse geistliche Vereinigung vor, die mir im Abendmahl scheint zum Grunde zu liegen, denn wer wollte alle Geheimnisse der Religion ergründen?) Also, voilá tout. Wenn wir diese Hülfsmittel alle, die uns die Gnade darbeut, annehmen, bon ça, es soll nicht dabey bleiben; wir sollen einmal einer unmittelbaren göttlichen Einwirkung fähig werden, die in der Bibel die Sendung des h. Geistes heisset, die uns Gott immer mehr erkennen und lieben lehren wird, die uns, wenn wir dazu reif, zum Anschauen Gottes bringen wird – aber dazu gehört freilich Zeit! Lenz. Es scheint, daß Sie dazu gemacht sind, mir meine kleinen Systeme alle zu zerstören und zu schleifen. Kaum habe ich eine recht artige bunte Seifenblase vor dem Munde, so fahren Sie unbarmherzig drüber her und lachen mich aus, wenn ich stehe und den Kopf kratze. Ich muß Ihnen aber auch sagen, daß ich meine Kartenhäuser gern niederreißen lasse, weil in einer Stunde wieder ein neues da ist. An mir ist von Kindesbeinen an ein Philosoph verdorben, ich hasche immer nach der ersten besten Wahrscheinlichkeit, die mir in die Augen flimmert, und die liebe, bescheiden nackte Wahrheit kommt dann ganz leise von hinten und hält mir die Augen zu. Eine lange Kette von Ideen, wo eine die andere gibt, bis man, wenn man eine Weile gereist hat, die letzte find’t und sich seines Zieles freuen kann, ist für meine Seele eine wahre Sklavenkette – wie glücklich bin ich, wieder an Ihrer Hand zu gehen, wenn ich lange genug auf blumigten Wiesen herumgesprungen. – Welch’ ein Wust von Allegorien! kann ich doch nicht davor, daß meine Seele jetzt so gestimmt ist. Mein Hauptsystem bleibt dennoch unverrückt, und das ist freilich einfach genug, aber darum für meine Seele zuträglicher, weil sie Pein empfindet, wenn sie sich lange bei Wahrheiten aufhalten soll. Und das ist dieß: es geht mir gut in der Welt und wird mir in Ewigkeit gut gehen, so lang ich selbst gut bin, denn ich habe dort oben einen sehr guten Vater, der alles was er gemacht hat, sehr gut gemacht hat – und wenn sich dieß letztere mir nicht allezeit so darstellt, so liegt die Schuld an meinem dummen Verstande. Eine gewisse Offenbarung bestätigt dieß mein Gefühl – tant mieux! sie sagt mir, das anscheinend und wirklich Böse, in der Welt, fange jetzt schon an und solle dereinst ganz aufgehoben werden, und das hab’ ich dem Sohne Gottes zu danken, ob nun seiner Lehre allein, oder auch wirklich seinem Verdienste (wenn anders, um von Gott nicht menschlich zu reden, bei Gott ein Verdienst statt finden kann, denn bei ihm ist Alles Gnade), tant mieux! sage ich, das ist eine schöne frohe Botschaft (Evangelium); ich glaube sie herzlich gern und freue mich darüber und dieß, denk’ ich, ist der Glaube, der mich selig machen soll und schon hier glückselig oder selig macht, denn diese beiden Wörter, denk’ ich, sind auch eins. So werden wir, denk ich, in dem Extrakt unserer Religion ziemlich nahe bei einander stehen. Freilich haben Sie in vielen Punkten, die ich mir unterstrichen habe, mich so unter sich gekriegt, daß ich mich kaum noch rühren kann, in andern bin noch in suspenso, als daß Gott gar nichts in uns wirken kann u. a. m., wovon ich mündlich mehr mit Ihnen zu reden hoffe. Das Eine bitt’ ich mir aus, nicht so verächtlich von dieser Welt zu sprechen. Sie ist gut, mein Gönner, mit allen ihren eingeschlossenen Uebeln, das Reich Gottes, wovon Christus immer red’t, ist nicht allein in jenem Leben zu hoffen, denn er selbst hat uns im Vaterunser beten gelehrt „dein Wille geschehe im Himmel, wie auf Erden“. Wenn’s Glück gut ist, bin ich noch immer ein heimlicher Anhänger vom tausendjährigen Reiche, wenigstens glaub’ ich gewiß, daß der Zustand unserer Welt nicht immer derselbe bleiben wird. Und christlich–physisches Uebel muß immer mehr drin abnehmen, wenn das Moralische darin abnimmt, und das wollt’ ich beinahe beweisen, wenn anders eine Seele, die immer entrechats macht, wie eine Närrin, in ihrem Leben jemals etwas wird beweisen können. – – Eine Lieblingsidee haben Sie, mein Theurer, und das freut mich, weil ich auch eine habe. So bin ich Ihnen doch in einem Stück ähnlich, denn, wenn es auf eine Aussicht in eine aneinanderhangende Reihe von Wahrheiten ankömmt, da kann ich mich mit Ihnen nicht messen. Wissen Sie worin unsere Lieblingsideen bestehn? Die Ihrige ist – die Liebe – und die Meinige, die Schönheit. Vielleicht stehn diese, beide, nahe bei einander, oder fließen gar zusammen – – wenn nur meine Brille schärfer wäre! So viel ist gewiß, daß die letztere die einzige Idee ist, auf die ich alle andern zu reduziren suche. Aber es muß die echte Schönheit sein, die auf Wahrheit und Güte gegründet ist, und in der höchsten und faßlichsten Uebereinstimmung – der Henker mag sie definiren; ich fühle sie und jag’ ihr nach; freilich tritt sie mir noch oft hinter eine Wolke, aber ich werde sie einmal finden – diese allein kann mein Herz mit Liebe gegen Gott (die Schönheit in abstracto) und gegen alles was geschaffen (die Schönheit in concreto) füllen. Freilich so nach Graden, so wie die Schönheit selber Grade hat. Da haben Sie meine Brille – Ihre ist vortrefflich, aber ich kann noch nicht dadurch sehen, darum sind wir Individua. Genug, wir passen in das Ganze das Gott geschaffen hat und das ihm gefallt, so verschieden wie es ist, denn in der Natur sind keine vollkommene Aehnlichkeiten, sagen die Philosophen. Genug, ich fühle eine Affinität zu Ihnen, die ganz erschrecklich ist und obgleich ich die Lichtstralen, die Sie mir zuschicken, nicht mit den meinigen vereinigen kann, so mag ich sie doch gern damit verschwägern. Nun ist’s Zeit, daß ich vom Pegasus herabsteige, sonst wirft er mich ins Meer. Kaum hab’ ich so viel Athem Ihnen zu sagen, daß ich, zu der höchsten Uebereinstimmung der Welt das Zutrauen habe, daß sie mich nach Straßburg in Ihre Armen führen wird. Lenz. Landau d. 10. Dec. 1772. – Der Ausdruck in einem Briefe an meinen Bruder, mein Glück mag ewig in der Dämmerung liegen bleiben, ist mir leid: doch hab’ ich nur damals an das zeitliche Glück gedacht und dieses braucht freilich nicht zu glänzen und kann dennoch solid seyn. Dass ich mir auch selber wohl viele Leiden zugezogen, gestehe ich gerne, und wer sollte wohl so weislich handeln, dass er nie erst durch Erfahrung nöthig hätte klug zu werden. Die Liebe eines in der That liebenswürdigen Frauenzimmers kann ich aber keine Klippe nennen, an der meine Tugend Gefahr gelaufen. Soviel ist richtig, dass die Klugheit will, dass ein Reisender sein Herz auch vor der reinsten Leidenschaft verwahre, und das war der Rath meines Mentors, meines weisen Salzmanns für den ich keine Bewegung meiner Seele geheim hielt. Schade, dass er diese zu spät erfuhr, denn das kann ich nicht läugnen, dass sie bey aller ihrer Süssigkeit, ihre Bitterkeiten hat. Unglücklich aber macht sie mich nicht und soll auch in dem Plan, den die gött· liche Schickung mir zu durchlaufen vorgezeichnet hat, nichts verändern, sollte gleich die Wunde, die sie in meiner Seele zurückgelassen, unheilbar seyn. Wie traurig ist es für mich, dass ich Ihren Vorschlag, ungesäumt in’s Land zu kommen, nicht so schnell vollziehen kann, als es Ihr Vaterherz zu wünschen scheint. Aber – Sie schreiben mir, Sie wünschten mich vor Ihrem Ende noch zu sehen und zu seegnen – haben Sie denn nur einen Seegen, mein Vater? Ich hoffe zu Gott, dass er Ihr und meiner besten Mutter Leben noch eine Weile fristen wird. – Meine Verbindungen mit dem Herrn von Kleist sind von der Art, dass ich den eigentlichen Zeitpunct meiner Zurückkunft nicht bestimmen kann. Der älteste besonders will nichts davon hören, dass ich ohne ihn heimreise. Sie werden mir vergeben, dass ich über diesen Punct ein Stillschweigen beobachte das ich – für meine Pflicht halte. Noch einmal aber bitte ich Sie, sich über mein Schicksal und meine gegenwärtigen und zukünftigen Umstände, keine vergebliche Unruhe zu machen. Dem guten Herrn Pastor Müthel danke ich für das schmeichelhafte Zutrauen, das er in mich zu setzen beliebt. Er könnte sich aber auch vielleicht irren, wenn er zu viel Gutes von mir erwartete. Wenn ich im Lande wäre, sollte mich nichts abhalten so freundschaftliche und vorteilhafte Anträge anzunehmen. Solange das aber nicht ist, wird er die Bildung seines Sohnes dem überlassen, der ihn erschaffen und auch die unscheinbarsten Mittel zu seinen ewig nothwendigen Zwecken anzuwenden weiss. – – – Versichern Sie diesen mir so werthen Mann übrigens von meiner ganzen Hochachtung, und sagen ihm, dass ich nicht ohne Widerspruch meines Herzens, welches in schöner Uebereinstimmung mit dem seinigen, gern für seinen Sohn voll süsser, kleiner Sorgen klopfen möchte, seinen Vorschlag ablehne. Andere Sorgen fordern dieses Herz, die sich freilich nicht so durch sich selbst belohnen, wie jene wohl tun würden. – Kann ich aber in der Folge der Zeit irgend etwas beytragen seine Wünsche zu befördern, so will ich es mit Freuden thun. Mein Schatten soll Ihnen Rö– schiken ich bin froh mich Ihnen als Physiognom nur im Profil zeigen zu dürfen, von meinem Brustbild machte Ihnen die Güte Ihres Herzens eine viel zu vortheilhafte Zeichnung. Dafür bin ich aber Herz genug gewesen, das Ihrige an meine Lippen zu drüken u: einen Wunsch gen Himmel zu schiken, den Mann von Angesicht zu sehen, mit dem ich einen Briefwechsel scheüe, bis ich ihn inniger u: vertrauter – führen kann – das heißt bis Ihre gute Meynung von mir nicht mehr Vortheil ist. Ich bin den Armen eines Vaters entschlüpft, der so redlich dachte als Sie, obgleich nicht so aufgeklärt. Seyen Sie mein Vater! Lenz. Hören Sie liebster Papa! ich habe eine Schrift von Ihnen gelesen die den Tittel führt … Keine Versöhnung geschieht ohne Blutvergießen – – ich sag Ihnen nichts von den schönen Sachen die ich drin gefunden – selbst die Hauptidee die vielleicht manchen kalten Grübler erwärmen – – – aber mir gefällt es nicht, daß Sie unsern Gott wollen sterben lassen, weil es so seyn muß und in dem ganzen Naturreich alles Leben durch Tod eines andern erhalten werden muß Wie wär es, wenn wir den Tod Christi vielmehr als ein Symbol und Vorbild von den Erfolgen unsrer Mor – – – oder Immoralität ansähen? Die Idee ist apostolisch, das weis ich, zweyten Thessalonicher lesen Sie nur. Christus war Gesetzgeber mehr durch sein Leben und Thaten als durch seine Worte. Er heilte Kranke mit seinem Athem, mit seinem Anrühren (hier kommen Sie mir zu Hülfe) alles symbolisch, ich bin der Herr dein Arzt nennt er sich im 2 Buch Mose und ίησουσ in den Evangelisten. Heißt: folgt ihr meinen Gesetzen voll Liebe, so verlieren sich, verschwinden alle Krankheiten Cörpers und Geistes (merken Sie wohl die unsaubern Geister) jenachdem ihr meinem Cörper
    homogener
werdt (siehe Lavater) Das ist gelallt. Uebersetzen Sie es in Männersprache. Ich küsse Ihnen die Hand für den Februar und bitte um weiters. Adieu Adieu JMR Lenz
Hier, meine liebe Freunde Lenke und Röderer – den März. April ist noch nicht gemacht. – Habt ihr Herders älteste Urkunde des Menschengeschlechts, so lest miteinander, und sättigt Euch, und wärmt euch an der Morgensonne. Ach! daß er mir – mein tiefster Wunsch – so gut würde, dieß Jahr Euch auch nur eine Stunde zu sehn – Lebet und leidet, und liebt! – L. Den 22. April 74. O ihr gute Kinder – nicht
    meine
– Gottes!! Kinder, denn wir alle sind
    Brüder
, – wie gewinn’ ich euch so lieb! wie gern mögt’ ich euch sehen u: ans Herz drücken– und ich glaub’, es wird uns so gut – u: wenn’s nur in 16. Wochen – u: dann nur ein Stündchen möglich ist, ists VaterZärtlichkeit deßen, in dem wir leben, weben u: sind – Wenns Gott ausführt, was er angefangen hat, so reis’ ich in 7. oder 8. Wochen ins Schwalbacher, oder ein ander Bad in der Gegend. Auf Briefe, die ich alle Posttage von Zimmermann erwarte, wirds ankommen, wohin eigentlich, wann u: welchen Weg ich reisen werde? Aber entweder in der Hinreise oder Rückreise werd’ ich, wenn’s Gott will, über Straßburg gehn – nun mögt’ ich ehestens, so sicher wie möglich wißen– Wann es Ihnen, mein lieber Lenkze, am schicklichsten wäre, daß ich Sie besuche? Wann ich Sie am wenigsten verfehle? am sichersten genießen könne? in 6 oder in 12. Wochen? Sodann – – wie’s zu machen, daß ich den einen, oder die anderhalb Tage, die ich zu Straßburg seyn soll, denn länger kann ich nicht, – Sie unter der Zahl der 6. oder 8. Freunde, die ich besuchen soll u: will, nicht verliere. Mir ist ein wenig bange. Den schwachen ehrlichen Seelen mögt’ ich zum Seegen seyn; es liegt mir viel dran – – aber, wo mehr Freyheit ist, mögt’ ich ruhen. Rathen Sie mir, wie ichs einrichten soll! – könnten Sie allenfalls mir erst ein paar Meilen entgegenkommen – oder mich sodann ein paar Meilen begleiten – oder, wo ich aussteigen, Logis nehmen soll. Salzmann hat mich zu sm Vater eingeladen. Herr Hebeisen wird mich vermuthlich auch wollen. Ich aber sehe, daß ich schrecklich schenirt wäre, wenn ich zu dem einen oder andern, oder irgend einem meiner Bekannten gienge. Also werd’ ich, wo möglich, in ein öffentliches Wirthshaus gehen, das Ihnen am nächsten u: bequemsten ist. In welches? Sodann wollen wir reden, was wir im Herzen haben, wie wenn wir schon 30. Jahre mit einander auf und niedergiengen – und uns unsers Seyns, und Miteinanderseyns u. Ewigseyns freuen – Aber Ihr Bild muß ich noch vorher haben von der Hand, die Röderern zeichnete, etwas größer als seins seins u: schärfer gezeichnet. Weiter schreib’ ich izt nichts. Mein Vater ward vorgestern begraben. Ich erhielt Ihren Brief eben, da sein Sarg verschlossen war. Des redlichen Manns Todtenbild sollen Sie haben. – Grüßen u: Küßen Sie Röderer. Er ist mir Bruder. Weil ich entweder vor oder nach Schwalbach durchs würtembergische muß, so muß ich bäldest meine Einrichtungen machen, u: also schnell Antwort von Ihnen haben. Ich bin, so lang ich bin, Ihr Lavater Zürich d. 10. May 1774. Haben Sie die Sachen erhalten? Ihre
    Comödie
u: den
    März?
Ich glaube Fränkel hat sie bekommen.
2. Worte! – Nur Ihr seyt m: Herzen nahe, kommt mir aber kommt mir allein – wenn ichs Euch sagen werde bis auf Basel entgegen: Ich gedenke, so Gott u: m. Gesundheit will in 4. Wochen abzureisen. bin ich solche Freunde zu haben – doch ist mir bange, Kinder, daß Ihr Waßer aus der Dürre, u: Leben von dem Todten erwartet – o wie tief unter aller Erwartung bin ich – ob’s falsche oder wahre Bescheidenheit uns – oder
    Wahrheit
sey, werdet Ihr sehen. Doch bring ich Euch ein redlich offenes Herz, das eures schrecklich gern kennt – giebt durchs Empfangen u: empfängt durchs Geben –
    Lentz
bey Dir also steig ich ab – bey Dir leb’ u: wes’ ich, aber ach! Nur einen Tag u. einen Sonntag – Sagen darf ich’s hoff’ ich
    Dir
o daß ich vor einigem Wiederwillen würde, wenn Du etwas mehr als Teller Waßer, Gabel u. Löfel – um meinetwillen auf Deinen Tisch legen würdest.
    Goethe
– will mich auch bey sich haben – in Erfurth – thu, was du willst – ihn fortzureitzen: doch wär’ ich vielleicht der
    Schwächere
Straßburger Freunde wagts – denen ich
    Freyheitsgeist
mitbringen mögte, – doch thue was du willst. Gott stärke dich Du edler Schwacher! Es ist eine der bittet, daß dein Glaube nicht abnehme u: der ist mehr als L–
Wir haben Deinen Brief vom 29ten zwey Tage später erhalten als den vom 4ten Junii – Mein ganz Conzept ist verrückt durch Deine beschleunigte Kunft. Neue Geduldübung für Dich – ich sehe Du kennst weder mich noch Röderer der Situation – nur dem Herzen nach. Und wir haben beide oft die Augen größer als den Bauch. Ich bin Gesellschafter eines Curländischen Cavaliers der im Begrif steht nach Hause zurückzugehen, mich hierzulassen. Ich zählte drauf wenn Du laut Deiner vorigen Briefe in drey vier Wochen abreisetest, er würde gegen diese Zeit verreist und ich frey – seyn. Also würden wir Dir förmlich entgegen reisen, dich herholen können etc. So aber muß grad itzt das Schicksal seinen jüngern Bruder der bey einem andern Regiment steht mit seinem Regiment gegen den Tag Deiner Abreise hieherführen (den 11ten haben sie Ordre erhalten auszumarschiren) der Bruder erwartet ihn um ihn noch das letzte Mal vor seiner Heimreise zu sprechen und ich in die allergeringsten ihrer beyden Geschäfte verwickelt darf mich nicht von ihnen trennen – besonders da diese Reise in dem ganzen Lebenslauf des ältesten Epoque macht. Jetzt mein lieber theurer Lavater – wirst Du noch zürnen daß ich nicht Wort halten kann? Die Deutschen faßten ihre Entschlüsse im Rausch und überlegten sie nüchtern. Aber hör etwas. Wir wollen uns – so Gott es will – mit Röderer aufmachen und nach Colmar gehn, wo Du Donnerstags (falls Du mit der Diligence) zu Mittag eintreffen mußt. Da essen wir zusammen und reisen bequemlich nach Strasburg wo Du nichts desto weniger (wenn nicht in meinem Hause, in dem anstoßenden, das schon gerüstet dazu und noch bequemer weil Du keine Treppen zu steigen und bessere Aussicht hast) absteigst, damit wir allein – sein, frey ununterbrochen. Siehst Du da feyren wir den ganzen ersten Abend und drauf folgenden Morgen in süßer stiller Einsamkeit, hernach wird freilich das Geräusch Deiner Bekanntschaften angehn, das Du nicht ganz vermeiden kannst. Das Begleiten ins Schwalbacher Bad ist nun ganz unmöglich, mein Herz und alle meine Wünsche sollen Dich begleiten, aber – ich bin nicht frey – ich bin vieles nicht. Nimm vorlieb wie ich bin, Du der Du vom Apostel Paulus auch Verträglichkeit mußt gelernt haben, meine Freiheitsstunde (das hoff ich zu Gott) wird auch schon einmal schlagen und dann will ich anders seyn. Das Gesicht von Deinem verklärten Vater hab ich alleweile vor mir und kann mich nicht satt dran sehen. Solche Köpfe können nur in einer Republick gebildet werden, das sind Züge die in keinem monarchischen Staat gesehen noch gehört noch empfunden werden können. Ach daß er lebte! Hat er uns doch seinen Sohn gelassen und ein Brutusherz in ihm. Lebe wohl! JMR Lenz ich wünscht ich könnte den Kopf in mein innerstes Herz hineinzeichnen damit er mir zu allen Stunden und Augenblicken gegenwärtig wäre Sollte das Schicksal meinen Willen bis auf den Grad zwingen – daß ich auch nicht bis Colmar entgegen, wie denn grad die Tage kritisch sind und überhaupt ich nicht gern mehr versprechen als halten mag – so kommt doch Röderer gewiß, der kein Diener des göttlichen Worts noch; – doch seine Verhältnisse wird er Dir selbst detailliren. Ich Röderer umarme Sie tausendmal und will auch itzt lernen zufrieden seyn in mancherley Fügungen – Es genese Ihr Knabe! Guter Gott erfreue einen Vater der schon manche Freude manchen denen Kindern gemacht hat.
An Herrn Herrn Diaconus Lavater zu Zürich
Morgen also, Sonntags den 12. und nicht Montags vereis ich auf Basel – bin ich nicht wenn ihr kommt, Brüder, bey den 3. Königen, so bin ich bey Hrn. Wilhelm Brenner bey der St. Clara in Basel. Ihr seyd das Ziel meines Verlangens – Ihr – meine künftigen baldigen Mitarbeiter – Kommt sobald ihr könnt, trefft ihr mich nicht mehr in Basel an, weil ich Euch entgegen eile, so ists auf dem Wege, daß ich Euch treffe – am Staub Eures Wagens wird ich Euch kennen und das Schnauben Eurer Rosse wird auch nicht täuschen. – Am Montag Mittag bin ich q. g. in Basel – also verlirt keine Zeit, wenn ihr micht sehen wollt. Lebet und liebet Z. den 11. Jun. 74. Lavater.
An Herrn Röderer, Candidat, bey der neuen Kirche in Straßburg
Seelen! Ich komm erst am Donnerstag Abend auf Straßburg. Wenn ihr dieß leset, bin ich in Colmar bey dem blinden Pfeffel zu erfragen – Ich kann nicht anderst. Lieber Lenz, schenire dich keinen Augenblick! Du kannst nicht glauben, wie’s mich freut, wenn du an meinen Gauben, an mich glaubest. – – Euere Umstände sagt Ihr mir so, wie hr sie fühlt. Ich kann wenig, nichts ändern, aber tragen helfen, durch Mitgefühl. Adieu. Passavant – ist auch ein Mensch. Was du willst will ich dir erzählen. Adieu. Den 14 Juni 74. spät. Liebster Bruder! Ihre zwo Sturmtage sind vorbey, und Sie wieder fort. Sie reisen ja wie die Apostel, und die Ruhe die Sie haben bleibt in den Reiswägen sitzen wo sie noch obendrauf der Staub stöhrt. Mag die Lebenskraft Gottes ob Ihnen schweben und den Saamen befeuchten den Sie ausstreuten, mag vstündiger Schlaf bey Ihnen die Wirkung von längerem haben und Ihnen der Glaube helfen der mir Wunderglaube ist. Ihnen folgt mein Herz nach nicht meine Worte. Dunkle! – dunkle Wünsche drinne die ich denen zugesellen die mir noch immer erfüllt wurden. Sie waren mir so nahe so nahe! so sprachvoll und so stumm! Nicht Mangel an Vertrauen war’s, denn ich weiß es, mein Herz steht Ihnen offen – aber ich weiß es was es ist: meine Empfindung ist noch nicht aufgelöst! Und ich seufze nach dem. Wo’s geschehn wird weiß der der über meine Existenz wacht und in dem ich allein ruhen möchte!! Dort drüben denke ich, wohin mir ein Alpenhohes Gebürg den Blick verbeut. Ich bin nicht unruhig – ängstlich wollt ich sagen – bin ich nicht, aber – ich strebe. O mein lieber! Nicht stöhre itzt Mitgefühl die ganze Wonne, die ich über Sie hin wünsche und die Ihnen der Geber schenkt! Grüssen Sie Goethe. Eine Ode auf Erwins himmeldeutenden Finger versprachen Sie. Ihr … Herr Pf. bekommt am [Planetensymbol für Mittwoch] Ihr Billet in einem von Lenz und ein Paar Worte von mir laufen mit. Ihnen aber blick ich nach und bin O mein Theuerster! Ihr Röderer. Straßburg d. 18. Junius 74. Physiognomik lehrt – Gott von Angesicht zu Angesicht schauen. Gott und Natur effervesciren mit einander auf unaussprechliche Arten, die sich nie unter allgemeine Regeln bringen lassen. Das neue Testament ist mir eben so dürre Wüste ohne das alte, als das alte ohne das neue. Die Opfer waren kein Vorbild auf Christum – aber Christus war ein Gegenbild der Opfer. Die Opfer waren Gesetzgebung für die Juden, Schwung ihre Gesetzgebung in Gang zu bringen. Christus hob die Opfer auf um durch diese Wohlthat uns die Gottheit lieb zu machen. Das Leiden Christi ist ganz und gar symbolisch. Die Juden litten für ihre Sünden am Vermögen, wir an Leib und Seele – und Christus leidet mit uns. Tauffe und Abendmahl haben gar keinen Zweck, wenn sie nicht täglich wiederholet werden. Die Worte: „Das ist mein Leib“ sind unter allen Worten Christi ganz allen buchstäblich zu verstehen. Bey jedem Bissen den ich in Mund stecke, jedem Tropfen den ich trinke, wünscht’ ich so zu denken – meinen Genuß zu vergöttlichen. 1 Joh. III. 9. οτι σπερμα αυτου εν αυτω μενει – ist das gründlichste was jemals von Psychologie ist gesagt worden. In Röderers Brief hin – – wie, was von Dank? Ich Dir – ja ich Dir – tausend Dank – für tausend tröstliche Gedanken, die Du mir in meiner Einsamkeit nachgelassen – alle auf die Zukunft –verfolge Deinen Weg – am Ziel hängt der Kranz, am Ziel und wenn Du fortstürmst, wird Dich niemand überholen. Hier gehst Du durch gute u. böse Gerüchte, wie es allen Warheitsausbreitern, wo Licht hinfällt tritt die rückweichende Nacht desto dichter zusammen. Die Kopfhänger ärgern sich daß Du grade gehst, weissagen Dir Hochmuth und Fall – falsche Propheten. Der bessere Theil Menschen bewundert Dich, liebt Dich – viel fragen nach Dir, die Dich nie gekannt – heut ist ein Franzos bey mir gewesen sich Deine Schrift wider den Landvogt Grewel auszubitten. Die Geistlichen sind zwar noch über Dich geteilt doch hast Du bei den meisten durch Deine Gegenwart Dich unaussprechlich legitimirt Lies Röderers Gedanken und schreib ihm zurück drüber Meine Hausleute wollten ihren Augen nicht trauen daß Du sie grüßtest und danken mit Tränen u. Enthusiasmus. Mit Tränen haben manche Deine Klage wider den Landvogt schon angehört und Dich geseegnet. Fleuch fort fleuch auf Deinem Wagen Lavater! und laß Dich von niemand überholen. Lenz Willstu mir eine süsse Stunde machen so schick Kleisten einen Gruß. - Aber bring bring Göthen von mir – – was? Dich. Ich möcht ihm meine Seele schicken denn ich habe Hofnungen zu ihm, die wie die Sonne vor Tage nur noch den Antipoden sichtbar. Ach ich leide – aber Bruder Eure Hofnung schimmern mir in meiner Nacht, daß ich den zögernden Tag nicht anklage. Johann Caspar Lavater berichtet von einem Lenz-Brief an Goethe und zitiert ein Gedicht daraus. „Herrliches Briefchen von Lenze an Goethe etc.“: Giebst mir ein, ich soll dich bitten. Wie der König Salomo. Herr, ach, Herr was soll ich bitten, Geh hinauf zu deinem Himmel, Bitt’ um dieses Stückgen Himmel! Und ein wenig Sonnenschein! Aber laß mir Bruder Goethen, den du mir gegeben hast. Dessen Herz so laut zu dir schlägt. O für ihm bitt’ ich mit Thränen Halt ihm nur den Rücken frey Platz wird er sich selber machen Nur beschirm mit deinem Schilde Ihn vor Feinden, mehr vor Freunden Die an seinen Arm sich henken Und den Arm ihm sinken machen Ach! bewahr ihn nur vor Freunden Die ihn nicht verstehn, und gerne Ihn zu ihrem Bilde machen. Oder kanns nicht seyn, so mache Mich nur nicht zu seinem Freunde! Zürich, Mittw. den 31. Augstm. 1774. An Deinen Brief vom 12. Aug. den ich so gern weitläufig beantwortete; meine Umstände wollen’s nicht und ich muß mit Ernst nach einer laconischen Kürze ringen, sonst muß ich mir manche dergleichen Freuden, wie z. B. Briefe an Dich, versagen. Von meinen Vorlesungen nichts mehr; sie sind gewiß nüzlich: aber ich sollte mehr wißen, vor mich und das Publikum, denn mundus vult decipi. O hätt ich Gelehrsamkeit genug, um mit mehr Ansehen zu zeigen, daß man ohne Gelehrsamkeit – Philosoph – Christ – Kenner des Geistes der Götti. Offenbarungen – glückselig seyn kann. – Raisonnir mir, mein Liebster, über den Menschen so viel Du willst; nur vergiß künftig nie: daß, wenn der Mensch, das Menschengeschlecht – allenfalls in einem Zustande des Verfalls, der Krankheit ist, und aus diesem Gesichtspunkte angesehen wer· den muß, – daß dieß alsdann – in manches Urtheil vom Menschen gewaltigen Einfluß hat. So, wenn der Mensch krank ist, so darf man ihm Diätregeln vorschreiben, über die er sich nicht als eine grausame Einschränkung seiner Freyheit zu beschweren hat. Nimm, Lieber! den Begriff der menschlichen Freyheit aus dem Reich der Idealen herunter ins Reich unserer schlecht und rechten Wirklichkeiten! so wirst finden: Ohne Befehle und Verbote kannst kein Kind auferziehen; also Einschränkung der Freyheit. Es werde nur Liebe und Zutrauen zum Vater zum Grundtrieb gemacht. Wär’ nun Analogie zwischen Vater und Kind, und Gott und Menschen (und ich glaube es ist größer als man denkt) so muß geboten und verboten sein; nur liege auch da Liebe und Zutrauen zum Grund, sonst ist’s Sclaverey (und doch auch so wäre nur noch die wenigste, erträglichste und unumgänglichste Sclaverey wovon die Schuld nur einseitig ist). Aber freylich hat Gott nicht so eingeschränkt, als der Eremit und die Nonne es wähnen; darüber, Liebster, sind wir ganz einig. Weinen mögt ich mit Dir, wie die Mönchstugend tausend gute Samen in der Menschennatur erstickt. Ich irrte ehedem hierin auch sehr. Gott zog zurück. – „Christus hat nichts ausrotten wollen, was Kraft und Anlage im Menschen ist!“ Goldene – bestäubte verkannte Wahrheit! Aber, Liebster! wie manches Scrüpelchen, das Dir vielleicht doch mehr als recht ist, im Wege steht, müßt wegfallen, wenn wir uns nur einige Zeit sähen. Von d. Apocalypse izt nichts. Aber „draußen sind die Hunde etc.“ das ärgert dich? – Gibts einst eine Sammlung der Guten die sich einen Himmel machen, willst Du denn die Hunde wider drinnen haben, und die Ehebrecher? u. die Bösewichter? – In den Spital mit ihnen, und sie curirt mit scharfen Mitteln, wenns so seyn muß. pppp. Donnerstag morgen um 7 Uhr. So eben empfang ich Deinen Brief an mich und Paß. und Clavigo. Bin ich nicht ein gerechter Mensch, daß ich Clavigo liegen lasse und erst gehe den Brief an Dich zu vollenden? Noch eins auf den vorletzten. Man hat’s in unseren Tagen besonders sehr schwierig machen, wie Jesus – und daß er nicht buchstäblich zu verstehen sey pp. und ist die Sache so simpel! – so schlecht und recht, so buchstäblich wie möglich, nur ohne Eulenspiegel-Chicane, alles in der Bahn des gemeinen bon sens – wie Kinder einen Vater verstehen. (Ausgenommen was seiner Natur nach räthselhaft seyn mußte, prophetisches und was er genirt war herauszusagen.) Z.B., wenn ich Dir sagte, ich hab Deinen Hofmeister neulich gelesen – ich rathe Dir, schreib nichts mehr!“ (was ich aber weder in der gegenwärtigen, noch zukünftigen Welt nie zu Dir sagen werde). Nun sieh, wie simpel buchstäblich das zu verstehen wär. Wie gefiel uns nun folgendes Raisonnement (der neumodischen Theologen) darüber: „das könne unmöglich im eigentlichsten Wortverstande genommen werden, daß Du keine Feder mehr anrühren, keinen Brief u.s.w. schreiben dörfest u.s.w. also, weil’s nicht buchstäblich zu verstehen sey, so werde es sagen wollen, Du sollest eben keine Folianten mehr in Druck geben, bisweilen ein Drama habe just nichts zu sagen, es sey ja nicht buchstäblich zu verstehen – das nichts“ etc. Lav. ist höchst vergnügt von seiner Reise zurückgekommen, hatte herrliche Seelen angetroffen – Engelseelen in weiblicher und männlicher Gestalt – die Dich, Bruder, mit der Welt aussöhnen würden. pp. Aber des Wiedersehens Wonne, o mein Lenz! – hättst Du auch einen Lavater, von dem Du Dich 10 Wochen trennen könntest, und ihn wiedersehen! – Sonst hast Du Lavatern, so sehr Du ihn haben kannst. Er spricht mit Enthuasiasmus von Lenzen. Und wir werden uns alle noch recht nahe kommen. Studierst Theologie? predigest? bist ordinirt? etc. Sag mir was hievon. Schick mir auch Deine und Röderers Silhouettes. Grüß mir ihn brüderlichst. Paß. wird selbst schreiben. Wie verstehst das „Was Gott an Goethe getan –“? Doch versteh ich’s vielleicht, wenn ich Clavigo gelesen habe. Verzeih mein Sudeln. Mein Kopf und Herz und Hand sudeln bisweilen. Siehst meine offenen Arme? Komm ich drücke Deine Brust an meine, und küsse Dich! Kannst beten, so bitt auch für mich. Conr. Pfenninger. Deine Schriften erwart’ ich mit Verlangen. Es ist kein Zürcher so verliebt darein, wie ich.
Herrn Lenz durch Herrn Candid. Röderer, neben der Neu Kirch in Straßburg.
gedrucktes Rundschreiben: Ich muß, ich muß es allen meinen nahen und fernen Freunden und Gönnern sagen, daß ich nicht mehr im Stande bin, nebst meinen übrigen, ohne dieß sich täglich häufenden Geschäften, eine weitläufige Correspondenz fortzusetzen. Weder meine Zeit, noch meine Gesundheit, noch meine Vermögensumstände gestatten es. Zu dem kommen itzt besonders noch neue Hinderniße – Ohne alle Verletzung also der Menschenliebe glaub ich, mir wenigstens ein halbes Jahr alle Briefe von meinen bisherigen und etwa neuen Correspondenten, sehr dringende Fälle ausgenommen – brüderlich verbitten zu dürfen. Helfet mir, liebe Freunde, und alle die mir wol wollen, wieder zu der Ruhe, ohne welche ich weder mich, noch die mich hören ober lesen, selig machen kann. Wenn ich gar zu vieles sen soll, so bin ich keinem Etwas, und mir selber nichts. Am allermeisten bitt’ ich jeden, dem dieß zu Gesichte kommen mag, zuzusehen, daß mir mit Buchhändlerischen Aufträgen, Subscriptions-Sammlungen und dergleichen durchaus für ein allemal, und mit Zusendung aller Manuskripten zur Lesung und Beurtheilung — wenigstens bis Ostern 1775. gütigst verschont werde. Gott wird’s denen, die aus Liebe zu mir, mir diese Gefälligkeit erzeigen, gewiß nicht unvergolten lassen. Zürich, den 1. des Herbstmonats. 1774. Johann Caspar Lavater. Lavaters Hand: Nur ein Zeichelchen, daß ich an Dich, und Röderer, als liebe Brüder denke! Ich kann, ich kann nicht schreiben! Nicht danken! Ich habe nicht einmal Zeit, Arbeiten zusammen zu suchen, dich ich Euch auftragen möchte, für mich zu thun. Verzeihet mir, glaubet an meine Liebe, obgleich Ihr wenig oder nichts sehet. Schreibet mir viel, aber erwartet keine Antwort. – Macht Ihr physiognomische Beobachtungen; theilt sie mir Sans ápropos – halb, quart, octav – wie Ihr sie macht nur auf octavblätchen mit. Auch Monatgedanken hab’ ich keine mehr gemacht. Liebet einander Brüder, und mich, und grüßt alle und entschuldigt mich bey allen, daß ich – Ruhe suche, nicht die Ruhe der Trägheit.
An Herrn Lenze im Finkweiler, in Straßburg.
Straßb. d. 7 Novbr. 1774. Konnt’ ich mein edler Bruder! einen bessern Gebrauch von Deinem Briefe (den ich erst im August erhielt) machen, als daß ich ihn einem zweyten Du, durch die Bande der Freundschaft näher mit mir verbunden als durch die Bande des Bluts, meinem Bruder Goethe# in Frankfurt zuschickte und Dein Glück mit ihm theilte. Wie ich denn nichts geheimes für den haben kann. Dafür ward aber auch Deine Verbindung von zwey gleich warm theilnehmenden Seelen hier doppelt gefeyert. Was soll ich Dir viel drüber sagen? Glückwünsche zeigen von einer armen Seele, deren Leerheit der Witz und strafbare Gefälligkeit zu bepappen sucht, aber das wahre Gefühl bindet die Zunge, kehrt die Augen gen Himmel und läßt Tränen reden. Verstehst Du diese Sprache mein Brüderchen! Einziger aus meiner Familie der mich versteht. Der Himmel belohnt Dich dafür. Er gab Dir ein Weib und ich beneide Dich nicht. Ich segne ihn, daß er Dich vorzüglichen Glücks würdigt da Du es vorzüglich verdienst. Kein wildes Zielen nach einem ungewissen Zweck, edles starkes Bestreben einen kleinen glücklichen Zirkel um dich her zu machen und von ihm wiederbeglückt zu werden. Dein vorjähriger Brief mit diesem zusammengehalten welch ein Gemählde von Deinem Herzen stellt es mir auf! Dein letzter Wunsch,
    „eine eigene Hütte mit einer Freundin die die Mühseeligkeiten dieses Lebens“
p. er ist erfüllt, Du bist belohnt, edler Freund! kleiner – großer Mann in Deiner Genügsamkeit. Du wirst nach Deinem Herzen gewählt haben, also glücklich – täglich neue Vorzüge werdt Ihr aneinander entdecken, täglich neuer Beruf zu lieben und geliebt zu werden. Und so unsterblich, noch übers Grab hinaus – o ich muß mich wegwenden von Eurem Glück, wem zu essen versagt ist steht mit Verzweiflung vor dem Gemähld eines Banquets. # Verfasser des Goetz v. Berlichingen, Clavigo, Leiden des jungen Werthers und einiger Kleinigkeiten. Du willst mein Schicksal wissen. Liebe Seele! was ist Dirs gedient damit. Daß ich Dich liebe weist du, darum hätt ich immer noch länger schweigen können. Ich bin jetzt frey, athme das erstemal dreist aus. Der älteste Kleist ist nach Kurland gereist, um wiederzukommen, woran ich doch schon itzt zu zweifeln anfange. Sein jüngster Bruder aus Frankfurt Oder kam grad an als der andre abgieng und ich mußte ein viertel Jahr bey ihm bleiben. Jetzt bewohn ich ein klein Zimmer allein, speise täglich an einem Tisch wo einige meiner Freunde mitessen (die einzigen die in Straßb. Liebhaber der ächten Wissenschaften zu sein sich nicht schämen) und unterhalte mich ein wenig mühseelig von Lektionen die ich meinen Landsleuten in der deutschen Sprache und in der Geschichte ihres Vaterlands ich meine Pohlen Curland Rußland gebe, da hier sehr theuer zu leben ist. Mein Herz geht nicht müßig. Ich hab einige vorzügliche Freunde und Freundinnen und denk auch oft an Euch. Wiewohl mir Papa und der Tarwaster das zum Verbrechen machen wollen. Grüße Papa! Sag ihm nur daß es mir ein wenig fremd vorkam, da ich nichts von ihm foderte – nichts von ihm erwartete, als Erwiederung meiner warhaftig zärtlichen Gesinnungen für ihn und meine Blutsfreunde, mich dafür von ihm und Fritzen mit Ruten abpeitschen zu sehen. Ich will Dir hier ein klein Verzeichniß meiner Schriften anhenken, damit Du sie Dir anschaffest und mich und meinen Lebenslauf daraus beurtheilest. Auf Kosten der Sozietät wurden gedruckt: Lustspiele des nach dem Plautus. Auf Kosten der Weygandschen Buchhandlung: Der Hofmeister, oder Vortheile der Privaterziehung, eine Komödie. Darnach, der neue Menoza oder Geschichte des Cumbanischen Prinzen Tandi, eine Komödie. Darnach Anmerkungen über Theater, nebst angehängtem Shakespearischem Stück. Diese drey könntest Du Dir zusammen binden lassen. Ostern kommt mein letztes Stück heraus: der Poet, Weg zum Ehemann, das meinem Herzen am nächsten ist . Auch werden herauskommen Meynungen eines Layen zum Besten der Geistlichen: und Stimmen eines Layen auf dem letzten theologischen Reichstage. Die Du Dir anschaffen sollst. wovon aber der Verfasser unbekannt bleiben will. Laß Dir die drey Komödien zusammen binden, den Hofmeister, den Menoza und den Poeten und schenk sie Deiner lieben Frauen auf den Nachtisch als ob sie von mir kämen. Schreib ihr hinein von meinetwegen Fühl alle Lust, fühl alle Pein Zu lieben und geliebt zu seyn So kannst du hier auf Erden Schon ewig seelig werden. Und nun lebt wohl lieben Kinder! und laßt mich euch um den Hals fallen und mein Gesicht zwischen euren verbergen. Laßt mich eure Küsse euch zubringen und indem ich so euch beyde zwischen meine Arme an mein Herz drücke und Gott um Unsterblichkeit bitte für euch – so schickt eure warmen brüderlichen Seufzer auch für mich empor, daß auch mir es so gut werde – oder wenn ich dies Glück nicht verdiene daß ich müd von des Tages Hitze einst am Abend meines Lebens in euren Armen ausruhe und sterbe. Ich behalte mir den Platz aus mein Bruder! willigen Sie drin meine Schwester? So seegne sie Gott für den guten Willen Amen. Jakob Michael Reinhold Lenz.
NachtSchwärmerey Ach rausche rausche heiliger Wasserfall Rausche die Zeiten der Kindheit zurück in mein Gedächtnis Da ich noch nicht entwöhnt von deinen Brüsten Mutter Natur mit dankbar gefühliger Seele Dir im Schoos lag dich ganz empfand Schämst du dich Wange von jenen Flammen zu brennen Schämst du dich Auge, von jenen geheimen Zären Jenen süssen süssesten aller meiner Zären Wieder still befeuchtet zu werden? Nein so hab ich, so hab ich die Menschheit Noch in der wilden Schule der Menschen Nein so hab ich sie noch nicht verlernt. Kann gleich mein Geist mit mächtigerm Schwunge Unter die Sterne sich mischen die damals Nur als freundliche Funken mich ganz glücklich Ganz zum Engel lächelten. Aber itzt steh ich, nicht lallendes Kind mehr, Itzt steh ich dar ein brennender Jüngling, Blöße mein Haupt vor dem Unendlichen Der über meiner Scheitel euch dreht Dank ihn, opfr ihm in seinem Tempel All meine Wünsche mein ganzes Herz. Fühle sie ganz die große Bestimmung All diese Sterne durchzuwandern Zeuge dort seiner Macht zu seyn. O wenn wird er, wenn wird er der glücklichste der Tage Unter allen glücklichen meines Lebens Wenn bricht er an, da ich froher erwache Als ich itzt träume – o welch ein Gedanke Gott! – noch froher als itzt! ists möglich, Hast du soviel dem Menschen bereitet Immer froher – tausendmal tausend Einen nach dem andern durchwandern und – immer froher O da verstumm ich – und sink in Nichts Schaffe mir Adern du Allmächtiger dann! und Pulse Die dir erhitzter entgegen fliegen Und einen Geist der dich stärker umfaßt. Herr! meine Hofnung! wenn die letzte der Freuden Aus deiner Schaale ich hier gekostet Ach denn – wenn nun die Wiedererinnrung Aller genossenen Erdenfreuden Unvermischt mit bittrer Sünde Wenn sie mich einmal noch ganz überströmt Und dann, plautz der Donner mir zu Füßen Diese zu enge Atmosphäre Mir zerbricht, mir Bahn öfnet, weiter – In deinen Schoos Unendlicher Ach wie will ich, wie will ich alsdenn dich Mit meinen Glaubensarmen umfassen Drücken an mein menschliches Herz Laß nur ach laß gnädig diesen Antheil von Erde Diese Seele von Erde mich unzerrüttet Ganz gesammlet dir darbringen zum Opfer Und dein Feuer verzehre sie. – Ach dann seht ihr mich nicht mehr theure Freunde, Lieber Göthe! Der Freunde erster Ach dann siehst du mich nicht mehr. Aber ich sehe dich, mein Blick dringt Mit dem Strahl des Sterns zu dem ich eile Noch zum letzten mahl an dein Herz An dein edles Herz. – Albertine Du auch, die meiner Liebe Sayte Nie laut schallen hörtest, auch dich Auch dich seh ich, seegne dich – wär ich Dann ein Halbgott, dich glücklich zu machen Die du durch all mein verzweiflungsvoll Bemühen Es nicht werden konntest – die du vielleicht es wardst Durch dich selbst – ach die du in Nacht mir Lange lange drey furchtbare Jahre Nun versunken bist – die ich nur ahnde – Euch mein Vater und Mutter – Geschwister Freunde Gespielen – fort zu vielfache Bande Reißt meine steigende Seele nicht wieder Nach der zu freundlichen Erde hinab. – Aber ich sehe dich dort meine Doris Oder bist du vielleicht – trüber Gedanke! Nein du bist nicht zurückgekehrt Nein ich sehe dich dort ich will in himmlischer Freundschaft Mit dir an andern Quellen und Büschen Sternenkind! ach wie wollen wir Kinder Hand in Hand dort spazieren gehn! – Aber Göthe – und Albertine – Nein ihr reißt mich zur Erde hinunter Grausame Liebe! ihr reißt mich hinunter. Reißt denn geliebte! reißt denn ich folge Reißt – und macht mir die Erde zum Himmel! linke Spalte Hier mein Bruder ein Brief den ich Dir schicken muß, warm wie er aus dem Herzen kommt. Dich wird das Porto nicht dauern lieber obschon kein Geschäft darinnen ist außer eine Commission von Hafner der mich lange gebethen hat. Ist doch uns kein höher Glück auf der Erde gegönnt als uns zu unterreden – mir ists das höchste. Denn alle meine Wirksamkeit ist für andre – aber mein Gefühl für Dich und einige Liebe ist für mich. Warum gibst Du uns denn nicht Neuigkeiten von Dir. Haben genug in unsern Briefen itzt von meinen Schmieralien gesprochen – nun laß mich wieder ausgehen von dem kleinen Dreckhauffen Ich und Dich – finden Lenz rechte Spalte Ich habe viel in der Societät zu überwinden, auf einer Seite ists Unglauben, Zerrüttetheit, vagues Geschnarch von Bellitteratur wo nichts dahinter ist als Nesselblüthen: auf der andern steife leise Schneckenmoralphilosophie die ihren grosmütterlichen Gang fortkriecht, daß ich oft drüber die Geduld verlieren möchte. Da konnte Götz nicht durch dringen, der beyden gleich abspricht. Daher fing ich an ut vates den Leuten Standpunkt ihrer Religion einzustecken, daß itzt unter viel Schwürigkeiten vollendt ist, die Erfolge wird die Zeit lehren. Und nun stürm ich mit Ossians Helden hinein das alte Erdengefühl in ihnen aufzuwecken, das ganz in französische Liqueurs evaporirt war. Daß wirs ausführen können was ich mit ganzer Seele strebe, auf Heid und Hügel Deine Helden wieder naturalisiren. Addio – D 8ten Aprill 1775. Hier mein theurer Eifferer für unser Haus einige Versgen die ich dies Jahr in Calender setzen lasse. Ueber die kritischen Nachrichten vom Zustand des deutschen Parnasses (der Verf. ist Gotter der bey Dir war
    Gotter.
Es wimmelt heut zu Tag von Sekten Auf dem Parnaß
    Lenz
Und von Insekten. Ueber die Dunkelheiten im Klopstock und andern
    Der Schmecker.
Ich bitte gebt mir Licht Herr ich versteh euch nicht Antwort. Sobald
    ihr
mich versteht Herr, bin ich ein schlechter Poet. Klopstocks Gelehrten Republick Ein götterhaft Gerüst Der Menschen Thun zu adeln Wer darf, wer mag da tadeln? Antwort Wems unersteiglich ist. Nichtsdestoweniger aber wünscht’ ich, daß Deine herzhafte Prügelsuppe den Leuten ganz warm über die Schultern regnete und will deshalb eine Abschrift dieser Rezension Gottern grad zuschicken sie in den deutschen Merkur zu rücken – Wielanden vielmehr, mögen die es verdauen so gut sie können und zu ihrer Besserung anwenden denn es ist unerträglicher Leichtsinn daß ein solcher Schmecker sich untersteht von solchen Sachen auch nur einmal zu reden, geschweige so abzuweisen. # Ich schick es Gottern nicht eher als bis Du mir die Erlaubnis gegeben hast. Sonst wollt ich schon für ein vehiculum sorgen ihm die Medicin beyzubringen Hier noch was von Goethe über diese Abgeschmacktheiten in seiner neusten Satyre, die ich zugleich die glücklichste nennen möchte: „Prometheus Deukalion und seine Rezensenten“ bey Gelegenheit der Deraisonnements in Deutschland über seinen Werther Plötzlich erscheint Herr Merkurius pp Wirst hier kritische Nachrichten hören Kannst dich wahrhaftig des Lachens nicht wehren Sehn aus als wärens im hitzigen Fieber gemacht Haben hübsch alles in Klassen gebracht – Aufgeschaut und nit gelacht. Merkur Sieh da ihr Diener Herr Prometheus Seit Ihrer letzten M – Reis Sind wir ja Freunde so viel ich weiß Ist mirs vergönnt den Sporn zu küssen Prometheus (Verf. des Werthers Werd euch zur Zeit damit zu dienen wissen Wie stehts um d. Fenster die ich eingeschmissen Merk. Mein Herr wird sie halt machen lassen müssen Waren ja über das nur von Pappier etc. – – Seegen Gottes über Dein Amt! Wer bin ich, daß ich Dir Glück wünsche? Dich, Deinen Standpunkt, Deinen Wirkungskreiß nach Würden erkenne und ausmesse. Wirkt miteinander Du und Dein Pfenninger und betet für einen betrübten Verlassenen Warum hast Du mir denn nicht die Vollendung Deines Mskpts. für Freunde zugeschikt? Doch Dank dafür! Und für alle die reichhaltigen Gedanken in diesem Mkspt. ewigen Dank. Ich bin bey Zimmermann gewesen und freue mich über seine Freude über Dir. Er hat einen wakern Stubengesellen, den Sohn des Meckels der seinen Vater kurirt hat. Es hat mich in der Seele gerührt so den Geist der Liebe der Väter auf den Kindern ruhen zu sehen. Sie fühlen beyde dies schöne Verhältniß, wie mich deucht, die edlenjungens. Wieviel haben wir auch von Dir und Deiner ersten Erkennung mit Zimmermann in Schinznach gesprochen! Der Herzog von Weymar kommt (wie ich nun leyder gewisse Nachrichten eingezogen) in 4 Wochen zurück, aber nicht über Lyon und durch die Schweitz, weil er sehr kränkelt und daher nach Hause eilt. Hast Du ihm was zu sagen, meld mirs, wenn ich Knebeln hier spreche, solls sicher bestellt werden. Wie sehr wünscht’ ich nur einen Tag bey Dir zu seyn, wenn Du Physiognomik arbeitest. Ich freute mich schon im Geist Dich vielleicht mit einem Exemplar hier zu sehen, doch werd ich das Buch wohl zu sehen bekommen, nur des Verf. Erläuterungen fehlen. Klopstock ist auch wieder nach Hause gekehrt zu seinen alten Freunden, ich hatt ihn so nahe und sah ihn nicht. So waltet ein uns unbekanntes Schicksal über unsre liebsten heiligsten Wünsche und Neigungen und leitet sie nach seinen Absichten. Goethe schweigt auch gegen mich, vermutlich weil ihn Geschäfte überwältigen. Nächstens sollst Du eine Künstlerromanze von ihm lesen, die ich seiner Schwester zugeschickt. Melde mir doch aufs eheste ob der Herzog von Weymar mit unter den Subskribenten auf Deine Physiognomik ist. Und für wieviel Exemplare? – Und denn ob ich die Wielandias dem Gotter schicken darf, dem ich eine Antwort schuldig bin. Grüß den edlen Passavant und dank ihm mit der heissesten Umarmung für all seine Freundschaft für mich. Die Lieder von denen er mir schrieb sind meistens nicht von mir, sondern von einem jungen Schweighäuser einem Jüngling von vollem Herzen. Dank ihm noch mehr für seine schönen Mühwaltungen für meine Kosakin, die ihm selbst auf einem Zettel ihren Dank stammeln wollte, aber jetzt krank zu Bette liegt. Sie hat von dem bewußten Freunde nun auch schon selbst seine Adresse in London erhalten, indessen bittet sie Passavanten doch gütigst fortzufahren, und sobald er Neuigkeiten erfährt, sie ihr mitzutheilen. Grüß den theuren Pfenninger und sag ihm, ich arbeite gegenwärtig an einer neuen Auflage meines Menoza mit sehr wesentlichen Verbesserungen, der liebe Kritiker soll ihn zuerst haben. Überhaupt bitte ich meine Freunde mir ungeheuchelt und strenge ihre Meinung, ihr wahres uneingenommenes Gefühl über alle Stücke die ich künftig dem Publikum vorlegen werde zu schreiben. Es ist der gröste, der einzige Liebesdienst, den sie einem Künstler erweisen können. Und wißt Ihr lieben Brüder, daß der Tadel des Publikums auch auf Euch zurückfällt? „Hat er denn nicht Freunde?“ Und nun, Lavater, laß mich Dich an mein Herz drücken, solang ich noch nahe bey Dir bin und Dir ein Wörtgen über die Schweitzerlieder zurufen, von denen ich neulich wieder gesprochen. Mit dem Büchlein in der Tasche komm’ ich einmal in eure Gebirge. Tausend Grüße Deiner verehrungswürdigen Gehülfin. Daß doch das Blatt schon zu Ende ist Lenz. Der gute Röderer Nathanael empfiehlt sich euch allen aufs zärtlichste. Adieu! Adieu!
Den 14. Aprilis 75. An Lenze. Grüße
    Röderern
, den edeln! – Dank für
    Zimmermann,
daß Du ihn besuchtest; Laß ihn Dir sehr empfohlen seyn! Prometheus kennen wir. Mir gefällt er nicht. Was soll ein Autor, der so gelesen wird, spotten? Sende
    Gottern
meinen Aufsatz,
    nicht zum Druck,
aber sonst als eine unterdrückte Effusion des Herzens – dann in die Flamme! So eben ist ein
    Sendschreiben
herausgekommen wider mich von einem geistlichen Mitbürger. Ein Denkmal des rasendsten Neides vollgestopft von Lügen, die mich der ganzen Welt lächerlich machen sollen. Soll ich schweigen? Soll ich reden? Noch will ich schweigen und warten. aber, das heißt doch wirklich rasen! – doch wieder wen? – wider sich selbst! adieu! Johann Caspar Lavater.
auf dem roten Lacksiegel: παντα δυνατα τῳ πιστευοντι Eine und viele der seeligsten Stunden meines Daseyns hab’ ich Ihnen, sey Sie wer Sie wollen, zu danken. In einer Lage, wie’s wenige giebt – am Sterbebeth einer nahen, eben nicht warm doch redlich geliebten Schwägerinn – fieng ich an, Ihre wolerhaltnen Meynungen eines Layen, zu lesen, mit inniger Freud’ in der Stille der Mitternacht – – Meine Schwägerinn entschlummerte sanft – Ich ging schnell nach Hause; an einem hellen doch kühlen Frühlingsmorgen – fuhr sogleich, morgens vor 5 Uhr fort zu lesen; vor Freude zu zittern, vor Freude zu weynen, bald eine Zeile draus an meinen Bruder Pfenninger, der auf dem Lande ist, zu schreiben! Sturm von Seite der Cabale, die das Sendschreiben eines zürcherschen Geistlichen geboren hat – stürmte dazwischen! aber Ihre prophetische Geisteskraft trug mich. – Nun hab’ ich’s vollendet; – nun liest’s neben mir Passavant – und den Abend noch – (warum ich nicht an seiner Seite) Pfenninger? – Ich kann nichts, nichts sagen, als – Sie sind mein Freund, ich bin der Ihrige. Nicht bitt’ ich Sie um Ihre Freundschaft; nicht trag ich Ihnen die meinige an – wir sind schon Freunde. Lichtstral darf nicht Lichtstral bitten: „Fließe mit mir zusammen.“ Das geschieht, in dem sie einander begegnen – aber das ist ein Ziel meiner Bitte, daß Sie mir bäldest eine Zeile schreiben und zu mir sagen: „Lavater! hier und dort hast du geirrt; das Ziel nicht erreicht, vorbey geflogen – bist angeprallt. Vor dem hüte dich! da ist Quell deines Irrthums! da Fallstrick für deine Imagination, deinen Verstand, dein Herz –“ Dann will ich auch sagen, welche Zeilen Ihrer Schrift unter die Gottesgeistigkeit herabsinken, hinausgleiten, nach meinem Sinn. Den 20 April 75. Lavater Zürich, Donnerstags, Abends nach 3 uhr.
An den Verfasser der Meynungen eines Layen schleunigst – abzugeben.
Dein kostbares Briefgen habe erhalten ist mir ein theures theures Zeugniß der Güte und innern standhaften Grösse Deines Herzens die keiner falschen Bescheidenheit braucht um damit Cabale zu machen. Lache doch Lavater der Wolken die Freunde und Feinde an Dir vorbeyziehen lassen, Du wirst immer durchscheinen. Durchscheinen durchscheinen mein lieber Getreuer bis auf lange Nachwelt hinunter. Mich freut der Eiffer Deiner jungen Freunde. Fürchte nichts von mir, ich konnte und kann Dich nie kompromittieren, mein Blut ist kalt, aber mein Herz fühlt warm. Alles das was Du mir schreibst hat mein Herz grade so geahndet, das war mir ein Siegel, daß auch ich Dein oder Deines Gottes bin. Ich konnte aber – und werde nun keinen üblen Gebrauch davon machen, dessen sey sicher. Laß Deine Freunde machen was sie wollen und für gut und nöthig finden, ich mische mich nicht darunter, gewiß nicht aus Menschenfurcht, denn was können mir Deine Menschen helfen oder schaden. Aber was ich in einer Entfernung für Dich hinaus thun kann, das thu ich – und nichts kann mich abhalten. Ich kenne Deine Sphäre nicht, aber ich kenne die Fassungsart und Gesinnungen der meinigen, in die ich freilich sehr langsamen und halb imperceptiblen Einfluß habe. Also hast Du nichts von mir zu hoffen noch zu fürchten gegenwärtig. Deine Physiognomik – lieber der Wunsch mir ein Exemplar geben zu können, was geb’ ich Dir dafür? Mein ganzes Herz – mehr hat mir der Himmel nicht gelassen. Ich glaube aber dennoch, ich glaube, ich werde sobald es heraus ist, hier eines zu Gesicht bekommen und das ist ja
    alles
was ich wünsche. Lebe wohl mein lieber Leidender! Meine Freunde werden mir denn erst recht theuer, wenn sie ein wenig dulden und schweigen müssen und das ist das Gefühl aller honetten Leute. Also nutzen Dir Deine Feinde bei der honetten Welt – und bey der erleuchteten können sie Dir auch nicht schaden. Was bleibt ihnen denn übrig, als ein halbgelehrter schaler feindseliger Anhang, den
    ich Dir
nicht wünschen möchte. Leb wohl hier ist ein physiognomischer Gedanke der mir durch den Kopf gezogen ist und über den ich Deine Meynung zu hören wünschte. Es ist manchmal gut allerley
    anzuhören,
wenn man über gewisse Sachen nachdenkt – also wirst Du mir mein Gelall und Gestammel nicht übel nehmen. Grüsse Passavant (dessen Enthusiasmus für Dich mich entzückt), Pfenninger, das Kind Gottes in Blumen spielend und Kaysern. Ich erwarte von den beyden ersten die nächsten Briefe mit vieler Sehnsucht. Lenz. In unsern Tagen ist eine gewisse Faulheit und Niedergeschlagenheit besonders in monarchischen Ländern so
    häuffig
anzutreffen, daß die Gesichtszüge daher fast alle auf eins hinauslauffen und von keiner Bedeutung sind. Die zu geläuterten Religionsbegriffe, die übermässige Verfeinerung in den Künsten und Zweiffel und Ungewißheit in den Wissenschaften geben ganz andere Gesichter und ganz andern Ausdruck der Empfindungen als ehemals. Das Feuer sitzt bey uns nur in den Augen, bey den Alten aber in allen Mienen und der Stellung derselben. Ueberhaupt scheinen mir alle heutige
    bedeutende
Gesichter nur
    aufgeschürzt
, das heißt die
    herunter
gesunkenen Lineamenten mit Mühe wieder
    empor
gearbeitet – da die Alten das zu wilde Emporsteigen der Mienen vielmehr zu hemmen und zu mässigen suchen mußten. Das waren
    gesammlete Gesichter
, bey uns sind es
    angestrengte.
Derselbe Unterscheid, der zwischen einem
    berittenen
wilden Hengst und einem mit
    Sporn und Kourierpeitsche in Galopp
gebrachten Karrengaul ist.
D. 1sten May 1775. Gnädige Frau! Ich halte mich für eben so berechtigt Ihnen zu schreiben, als ein freyer Geist über alle Unterscheidungszeichen und Verhältnisse in der Welt herausgehoben, Ihnen seinen Beyfall zulispeln würde, wenn er Sie irgend eine edle grosse Handlung ausüben sähe. Ich habe von Ihnen weder zu hoffen noch zu fürchten, und um Ihnen die Warheit dessen und die Ungezwungenheit und Freywilligkeit meines Urtheils zu beweisen sollen Sie meinen Namen nicht erfahren, aber erlauben Sie mir auch jetzt mit aller der Hochachtung zu Ihnen zu treten, die das Anschauen Ihrer wundernswürdigen Eigenschaften in mir rege macht. Ich habe hie und da Nachrichten von Ihnen eingezogen die alle dunkel und unzuverlässig waren, besser wust ich mich nicht zu wenden als an Goethe der mir einmal einen Brief in Coblenz aus Ihrem Dintenfaß geschrieben hat. Und wie entzückt ich darüber seyn muß die Züge Ihrer Hand in meinen Händen zu sehen, dieser Hand die die Sternheim schrieb, und von dieser soviel Gütiges für mich!
    „Das Gleichgestimmte meines Carakters“
– wissen Sie auch was das auf sich hat gnädige Frau? Die göttliche Güte hat mich, da ich eben durch andere Vorfälle meines Lebens und Verirrungen meines Kopfs und Herzens bis zu Boden gedrückt war, auf einmal wieder erhöhen wollen, ich fühle ein neues Leben in mir, neue Aussichten, neue Hoffnungen und ach Gott! wie selten kommt mir das, etwas von Ihrer Selbstzufriedenheit. – Erschrecken Sie über dies Wort nicht, Sie allein können es ohne Gefahr brauchen. Solange konnten Sie zusehn daß Ihre Sternheim unter fremdem Namen möchte ich beynahe sagen vor der Welt aufgeführet wurde und mit halb sovielem Glück, als wenn jedermann gewußt, aus wessen Händen dieses herrliche Geschöpf entschlüpfte. O wahrhaftig starke Seele, müssen doch Männer Ihnen erröthen und zittern. Lassen Sie mich aufrichtig reden, der Name des Verfassers komischer Erzehlungen war keine gute Empfehlung für einen Engel des Himmels der auf Rosengewölken herabsank das menschliche Geschlecht verliebt in die Tugend zu machen, dieser Name warf einen Nebel auf die ganze Erscheinung und ich danke Ihnen eben so eyfrig, daß Sie ihn mir von den Augen genommen als ich Ihnen das erstemahl für Ihre Schöpfung gedankt haben würde. Und wie es mir in die Seele hinein Vergnügen macht, daß ich mich in der Ahndung auch um kein Haar verschnappt, W. habe nur die Noten und die Vorrede gemacht, denn sie sind so ganz sein würdig. Ich verkenne diesen Mann nicht, aber er hätte mit mehrerer Ehrfurcht dem Publikum ein Werk darstellen sollen, dessen Verfasserin zu groß war selber auf dem Schauplatz zu erscheinen und dies soll geahndet werden. Gnädige Frau! nennen Sie Ihr Mädgen nicht phantastisch, ich hoffe es werden Zeiten erwachen die itzt unter dem Obdach göttlicher Vorsehung schlummern, in denen Leserinnen von Ihnen Ihr Buch das sie jetzt noch als Ideal ansehen, zur getreuen Copey machen werden. Wenn Sie doch für jedes # Alter dergleichen Ideale schüfen! Sie würden alle einen Thon haben, weil sie aus Ihrem Herzen kämen, das sich in dergleichen Gemählden nur selbst abdruckt. Liebe gnädige Frau! der Himmel belohne Sie. – Wär’ es auch nur für all die wollüstigen Tränen die Sie mir haben aus den Augen schwärmen machen und in denen die ganze Welt um mich her verschwand # weibliche Wenn ich bedenke, daß und womit ich Ihnen Freude gemacht habe, so werde ich stolz auf mich selber und danke dem Himmel für die Stunde in der er mich hat geboren werden lassen, für die Leiden, den schönen krummen Pfad durch den er mich bis zu Ihnen hinaufführte, daß ich wenigstens Ihr Angesicht sehen kann. Ich habe nur den ersten Brief in der Iris gelesen und Sie gleich wieder darin gefunden. Lebt solch eine Freundin wirklich die mit den geheimsten Bewegungen Ihrer grossen Seele vertraut ist, so sei sie dem Himmel gesegnet, mit Ihnen die Zierde unsers Säculums. Was sollen wir schmeicheln liebe gnädige Frau, mich däuchte der erste Brief mit mehr Feuer geschrieben als die nachfolgenden. Binden Sie doch Goethen ja recht ein, mir wenns möglich die nächstfolgenden im Mskpt mitzutheilen, ich werde mit diesem Heiligthum gewissenhafter umgehen als W. Nicht ein Wort in diesem ganzen Briefe habe ich gesagt, das nicht mit der vollen Empfindung meines Herzens ausgesprochen, das ich nicht vielleicht weit stärker gebraucht haben würde wenn ich in einer andern Himmelsgegend und Zeitraum
    von Ihnen
gesprochen hätte ☓ ☓ ☓ Alles alles schicken Sie mir was Sie gemacht haben, auch das französische. Ich muß Sie ganz kennen lernen und das grad in dieser Lage meines Herzens. Hier ist meine Adresse. Was kannֹ’s mir auch schaden Ihnen meinen Namen zu sagen. Es ist so der
    kürzeste
Weg. Und ich habe viele Namensvetter, die auch Goethen kennen.
Mein Lenz Ich schreib Dir aus dem Bett, wo ich den zweiten Fieber paroxysmus erwarte. Kaum war Lindau weg, so gieng ich nach Ihringen; schon seit Deiner Ankunft lag aber das Fieber in mir. Durch die Bewegung brachs aus, das wollt ich! Ich must in Ihringen fast Tag und Nacht zu Bette liegen. Am Dienstag macht ich mich fort, und ritt zuruk, 5 Stunde in zwo. Als ich ankam fand ich meine Frau besser. Ich must mich aber legen weil ich Kopfweh hatte wie ein Teufel der in mir hämmerte. Ich thats und fiehl die Nacht zum zweitenmahl in einen Schweis worinn ich wie schwomm. Mittwochs kam das Fieber ordentlich an. Ein Syberischer Frost schüttelte mich 4 Stunden lang, die Hitz war gering. Nun denk dir mich mit allen meinen Arbeiten am Hals, und angenagelt im Bett. Ich schrieb mitten im Frost dem Doktor; wie etwa Alexander – aber es war kein Philippus. Ganz sachtgen kam er geschlichen und sagte ich müßte purgiren. Vomiren, sagt ich Herr Doctor, vomiren, den Teufel wegspeyen – das geht schneller. Aber es war umsonst, und so gros ist unsre Sclaverey daß wir nicht einmahl vomiren dürfen wans uns lüstet. Gestern war also der Evacuations Tag. In der Nacht schlief ich wenig, aber heut ist mirs erträglich; wenn nicht das Fieber sich wieder meldet. – In der Nachtinsomnie hab ich Verse gemacht. Hier hast Du sie, wenn sie Dir gefallen, so laß sie in einen Almanach wandern; gefallen sie Dir nicht, so schenk sie sans façon dem Herrn Kamm. Meine Verse sind lauter Huren Kinder denen man nicht einmahl gern die Alimente giebt. Über Werthers Leiden an seine Widerleger, Berichtiger, Vertheidiger und Recensirer. Ist’s Bild; so hats Urania gemahlt; Lebt er; so streute sie des Jünglings Grab mit Rosen. – Trübt nicht den Glanz der Himmlischen, der Grosen, Ihr wüst wie selten sie uns strahlt. Die Journalisten. Da sitzen sie und sprechen Wie Stimm der Nation, Um den Geschmack zu rächen Stürzt niemand sie vom Trohn? Wie Püter decidiret Und Götz andächtig flucht, Und Kästner calculiret Und Haller Kräuter sucht; Das möchtet ihr durchsichten Und messen Tag und Nacht; Hier darf der Kaltsinn richten, Der Kaltsinn hat’s gemacht. Wann Gott den Dichter wärmet, Wann seine Seele glüht, Da fragen: wo er schwärmet Und wo er Wahrheit sieht; Wie Schülern auf den Bänken Dem deutschen Weib und Mann Beschreiben was man denken Und fühlen wird und kann, Wohl gar die Gränz vormachen Wie weit man fühlen soll, Ist selbst in Aristarchen Blasphemisch oder toll. Wen Gott für künftge Welten Zum Dichter eingeweiht, Hör nicht ihr Lob und Schelten, Seh nur die Ewigkeit. Samstags. Ich hab dem Doktor sehr Unrecht gethan! kaum hatte ich gestern so weit geschrieben so befiehl mich eine Üblichkeil die sich gerade auf die Art äuserte als ich wollte. Ich hoffe das Fieber ist zu allen Henkern. Ich aß gestern Abend schon wieder ein wenig; schlief ruhig und habe nun wirklich Hunger! – Meine kleinen Leiden werden durch die wieder täglich wachsende Gesundheit meiner besten Frau wieder doppelt vergolten, und auch an mir werden sies, denn ein Fieber, wenns fort ist, läßt immer die beste Gesundheit nach sich. – – Adieu, lieber Lenz, auf den Herbst also sehn wir Dich gesünder, fröhlicher, besser wieder. – Versags uns nicht! Wie sollst Dus? Da wirds eine wirklich seelige FamilienGruppe werden – Hier hast du die vermutl. Übersetzung aus einem Englischen Stük von der Collection, die du drin hast liegen lassen. Ich hätte das Original gern finden mögen, sie scheint mir sehr glükl. Hier ist auch die Übersetzung der Sappho an Phaon; oder vielmehr die Nachahmung – der ganze Unterschied besteht aber nur daß das ein Bube zum Mädchen sagt, was man der Sappho zum Buben gesagt zu haben zuschreibt. Zevs der auf den Wolken fart Ist nicht seelger als wer hier, Holdes Mädchen, neben Dir, Deine süße Stimme hört Und Dein himmlisch Lächlen sieht Das mein schmelzend Herz durchglüht. Götter, als ich sie gesehn, Stockte mir die Zung, die Ohren Klangen mir, von Sehn zu Sehn Rollten Flammen und ein Flohr Zog sich beyden Augen vor. Kalter Schweis des Todtes tropfte Von der Stirne, Schauer klopfte Mir im Busen, starr und bleich Wurden Mund und Wang zugleich, Und wie wenig fehlte mir, Ach! so starb ich neben ihr! Wenn Dus billigst, so laß auch das in einen Almanach laufen, aber in keinen als Boyes. Ich mag mit den Hrn. Hölty und Consorten nichts zu thun haben. Die Kerls haben die Lehrjungen gespielt, und richten nun einen eigenen Shop auf; das ist mir nicht geniesbar. Noch einmahl adieu; grüß die Jungfer Königen vielmahl von uns beyden. Meine Frau wird ihr bald wieder schreiben – Als ich heut nachmittag auf dem Bett lag, rauschten meine alten Ideen vom Selbstmord wieder vor mir vorbey. lch schick sie Dir, mach mit was Du willst. Höhr ist Herr Kamm nicht so etwas von einem Juden? Ich hab einen Ring davon der Raupstein Nacre marin, von sehr schönen Grün, rund um mit Brillanten schön coronoisirt, ist, er ist etwa von der Form und Gröse ...... Um 8–9 D’ or geb ich ihn! Will er, so schik ich ihn dir. Adieu Ich höre, Du willst nach Strasburg kommen Lavater! Kupfer zu Deiner Physiognomik hier stechen zu lassen. Ich seegne diesen Vorsatz und wünschte ihn in die Zeit hinaus da Goethe gleichfalls sich vorgenommen hie durch zu seiner Schwester zu reisen, wohin ich ihn begleiten könnte. Das Haus in welchem Du ehemals hier geherbergt, wartet daß ich so sagen mag mit offenen Armen auf Dich, in der That darfst Du in Strasburg nirgend anders hin wohnen. Du würdest die Leutgen seufzen machen. Ich wohne zwar selbst nicht mehr da indessen steh ich doch noch immer in Zusammenhang mit ihnen und sie sind es die mir den Auftrag gethan, Dir zum voraus ein Liebesseil an den Hals zu werfen, damit Du unsern Hofnungen nicht entgehen könnest. Ich habe unter der Zeit manches erfahren und mich auch ein kleinwenig mit der Welt aussöhnen lernen, vielleicht weil mein Schicksal besser worden. So sind wir Helden, die ein Lüftgen dreht – Du aber bleibest wie Du bist. – Meine größten Leiden verursacht mir itzt mein eigen Herz und der unerträglichste Zustand ist mir mit alledem doch, wenn ich gar nichts leide. Viellleicht ist alle Glückseeligkeit hier nur immer Augenblick und Ruhepunkt den man nimmt um sich in neue Leiden zu vertiefen. Lieber Lavater! ich muß hier abbrechen, Geschäfte bestürmen mich, denn ich führe mein Schiff itzt selber. Leb wohl. Lenz. Ich imaginire mir Deine Physiognomischen Beschäftigungen in der Stille so reitzend daß ich daran nicht denken kann ohne in Feuer zu gerathen. Du wirst bald den Herzog von Weymar sprechen, in dessen Gefolg ein Mann ist, der ausserordentlich von dieser Gesichtsschwärmerei auch angesteckt ist – und dessen Bekanntschaft überhpt Dich freuen muß. Hier ein Paar meiner Gesichtsanmerkungen wieder, über die wie über die vorigen Du mir Deine Meynung mündlich sagen magst. „Alle Linien die heraufgehen zeigen Vergnügen, alle die heruntergehen Verdruß und Traurigkeit an. Es scheint der Himmel hat den Menschen auf die Gesichter zeichnen wollen, wo der Sitz der Freuden zu suchen wäre. „Je kleiner der Mund, desto unschuldiger das Herz; je grösser, desto erfahrener. P
An Lavatern. in Zürich.
Strasb. den 10ten May 1775. Es ist wohl wunderbar daß ich einen Brief vom Jenner erst im May beantworte: aber ich muß Ihnen gestehen Gotter, daß ich Sie im Verdacht hielt, Sie hätten die kritischen Nachrichten im Merkur gemacht und die gefallen mir nicht. Darum schwieg ich. Meine Autorschaft läßt mir gute Ruh und kann mich einen Freund nicht vergessen machen. Das ist kein Vorwurf für Sie mein Lieber, denn Sie hatten mich darum nicht vergessen, obschon Sie mir nicht schrieben und auf die Versprechungen der Freundschaft halte ich so streng nicht, weil ich mich selbst auf den Punkt nichts zuverlässiger kenne. Wir sind in gewissen Augenblicken so seelig, so trunken vom Gefühl unsers Daseins daß wir die ganze Welt mit einem Blick übersehen mit einem Schritt überschreiten da fühlen wir uns eine gewisse Größe unmögliche Dinge in einem ganz leichten Roman zu kombiniren wie meine Reise nach Gotha war. # Nehmen Sie das Projekt für ein Zeichen meines Vergnügens in Ihrer Gesellschaft an wie ich Ihr Versprechen mir aufs geschwindeste zu schreiben dessen Erfüllung und die Nachrichten von Ihrer fürtrefflichen Schwester mir nun ein unvermutetes Geschenk sind wofür ich sehr danke obwohl etwas spät. Was aber langsam kommt kommt gut und mein Dank ist aufrichtig. Ich habe alle Ihre Aufträge ausgerichtet und von alle den Herrn viel Gegenkomplimente zu versichern. Gerhardi ist Rath worden bei den Prinzen von Hessen die er itzt hofmeistert. Ich hab ihn seit unsrer guten letzten Zusammenkunft nur einmal gesehen und von beyden Seiten sehr zerstreut. Ich gehe so meinen Gang fort über Stock und Stein und bekümmere mich eigentlich nur um die Leute deren Herz und Geschmack sich mit meinem berühren kann. So waren Sie mir recht was Sie mir auch übern Menoza schreiben können, den ich selber eine übereilte Comödie zu nennen pflege. Mein Theater ist wie ich Ihnen sage unter freyem Himmel vor der ganzen deutschen Nation, in der mir die untern Stände mit den obern gleich gelten die pedites wie die equites ehrenwürdig sind. Findt sich niemand in meinen Stücken wieder so bedaure ich Oel und Mühe – ob sie übrigens spielbar sind bekümmert mich nicht, so hoch ich ein spielbares Stück schätze wenn es gut gerathen ist. Sich nächst an die Natur hält und doch Herz und Auge fesselt. Neugier auf einen Grad der Leidenschaft zu treiben weiß und doch durch Befriedigung derselben mich nicht unlustig macht, weil ich sie möglich und wahr finde. Das letzte könnte Thema zu einer Kritik meines Menoza geben und ich danke Hn. Wieland für einige Winke in der seinigen. Wiewohl er hoffe ich bei der nächsten Auflage das zu harte:
    „Mischspiel“
zurücknehmen wird. Ich hatte bloß versäumt einige Erzehlungen deutlicher zu machen die
    das Ganze
in ein besseres Licht stellen – # Der Kurländer sitzt schon lang unter seinen Hausgöttern und ist auf dem Wege gestorben und wieder auferstanden. Ich war wirklich auf den Punkt ihn zu begleiten, aber all meine Anstalten wurden zu Wasser. Doch trag ich mich immer noch mit einer Ausschweiffung nach Deutschland. Warum haben Sie mir denn nichts von Ihnen zukommen lassen? Das Versprechen hätten Sie doch halten sollen. Sie wissen wie es uns armen Poeten geht, die die Bücher lesen wie Vögel unter dem Himmel ein Korn finden. Ich habe noch keins von Ihren Stücken in die Hände bekommen Von der Seilerschen Gesellschaft verseh ich mir sehr viel Gutes Gott weiß wenn ich exul wieder einmal deutsches Schauspiel zu sehn bekomme Grüßen Sie mir Ihre verehrungswürdige Schwester und den lieben Doktor. Wenn Sie aber nach Lyon schreiben, oder Himmel führe Ihre Hand alsdenn, meiner im besten zu gedenken. Kann ich nicht erfahren wenn sie zurückkommen. Lieber Freund! wären doch alle Oerter in der Welt so nah bey einander als in Shakespears Stücken! Lion, Strasburg, Gotha – ich denk’, ich erwarte Sie alle. Was sagen Sie zu all dem Gelärms übern Werther? Ist das erhört einen Roman wie eine Predigt zu beurtheilen. O Deutschland mit deinem Geschmack!
Straßburg, d. 20. May, 1775. Sie sind vielleicht schon jezt auf der Reise, deren Sie in dem Briefe an Göthe Erwähnung thaten. Nehmen Sie dahin meinen Dank mit, (wenn anders der Dank eines Menschen wie ich, Sie erwärmen kann,) für den braven Mylord
    Allen;
ein Portrait, das ich in meiner Gallerie hoch anstelle. Er hat Erdbeben in meinen Empfindungen gemacht. Lassen Sie sich das neue linke Wort nicht verdrießen; ich rede einmal so, wenn ich mich nicht zwingen mag. Und gegen Sie zwinge ich mich nicht eher, als bis Sie mir dazu winken. Darf man mit Personen, die außer unserm Stande sind, nicht reden, wie’s einem um’s Herz ist, sage ich immer. Wie traurig wäre ihr Loos dann? Wenn Göthe bey Ihnen ist, so möcht’ ich eine Viertelstunde zuhorchen. Warum lassen Sie ihn denn so viel Operetten machen? Freilich kann mein kaltes Vaterland großen Antheil daran haben, daß ich mehr für das Bildende als Tönende der Dichtkunst bin. Doch kann ich auch weinen bei gewissen Arien die mir ans Herz greifen, und verloren bin ich, (wenigstens in jeder Gesellschaft von gutem Ton,) wenn sie gerad die Stimmung meiner Situation treffen. Wenn Sie denn doch seine Muse seyn wollen, so verführen Sie ihn in ein
    großes
Opernhaus, wo er wenigstens
    Platz
für seine Talente finden könnte, wenn man es erst von
    Metastasios
Spinneweben rein ausgefegt hätte. Nur weiß ich nicht, wie Göthe über’s Herz bringen sollte, Helden anders als im Rezitativ singen zu lassen; oder die Arien müßten von einer Art seyn, wie ich sie mir nicht zu denken im Stande bin. Ich schreibe
    Ihnen
das, weil er
    mir
ganz stille schweigt. Was mir wieder einmal eine Zeile von Ihrer Hand seyn würde – das darf ich Ihnen doch nicht erst sagen. Aber nur, wenn es Niemand, Niemand Eintrag thut. Ich will gern hinten an stehen.
Hier hast Du die Seele m: Seele – die immer geheime Triebfeder alles deßen was gut u: wirksam an mir ist – ohne die ich als ein kalter toter Klumpe dahinfallen würde, der nur die Erde zu beschweren nicht aber zu beglüken im Stande ist, mit der ich, wenn ich eine Weile lieber Flamman so weit ich reichen kann ausgebreitet vor ihr gern als ausgebrante Asche hinsinken will, glüklich genug m: Zeitraum hindurch von ihr erwärmt worden zu seyn. Sie kann mehrere so Erwärmte so begeistert haben, aber niemand mit der ungetheilten Empfindung als mich. Ich kenne auf der Welt nicht’s Schöneres als Sie, ein Gedanke an ihr ist mir Belohnung, der ich nichts auf der Welt zu vergleichen weiß. Und so gehen alle meine Arbeiten so ruhig so heiter, so frey von andern Leidenschaften, u: doch so munter u: voll der großen Hoffnung irgend einmahl ihren Beyfall zu erhalten – Ach L.! wie glücklich! wenn der Zustand dauern könnte. Wenigstens will ich mich durch meine Handlungen auch des Vorzugs würdig machen, sie geliebt zu haben u: ihr nicht Ursache geben darüber zu erröthen – Doch wenn Du nicht m: Unglück willst, schweige, sie ist in einer Lage u: unter Menschen, wo diese Gedanken selber zu denen sie weiter nicht die geringste Gelegenheit gegeben, aber dadurch daß sie so vollkommen ist, ihr zum äußersten Nachtheil ausgelegt werden würde. Mit allen Talenten geschmükt die das weibliche Herz nur bilden können, sie spricht 5. Sprachen, auch das Latein sie macht zeichnet als eine Meisterin, sie spielt den Flügel treflich, sie tanzt, reitet jetzt sogar – u: hat täglich alle ihre Sunden so eingetheilt – daß keine Minute unangewendet bleibt. –Und diese tiefe Empfindung von Religion – von Familien Banden – von freundschaftlichen Verhältnißen – selbst fast zu partheyische Vaterlandsliebe. Ich werde Dir einmal einige ihrer Brfe lesen die ich erbeütet habe (ich habe m: Freundin einige durch besondere Wege gestolen) sie schreibt gern u: immer aus Bedürfniß sich mitzutheilen, nie aus kalt erschriebner Höflichkeit oder eigennuzer Veranlaßungen ehe sie m: Namen wußte u: die zuerst m: ganze Seele ausgespannt ein solches Frauenzimmer von Angesicht zu sehen. Mehr als 4 Wochen habe ich eine andere überall für sie angesehen, weil ich nicht Gelegenheit hatte in ihre Gesellschaft zu kommen. So wenig war es körperlicher Reiz allein der mich feßelte, hätte sie in der Marke einer Olinde gestekt, ich würde sie verehrt haben. Wie sehr wünsche ich Du kämest nach Strasburg u: hättest Gelegenheit wie sie Dir – denn nicht fehlen kann sie zu sehen u: zu sprechen. Eben höre ich daß Göethe nach Italien gereist sey, für die Wahrheit dieses Gerüchs kann ich nicht stehen. Seye daran was es wolle, was er thut ist mir immer recht, ich erwarte nächstens schriftliche Nachrichten davon – Viel u: mancherley Weh ruht an diesem Herzen Königs Brief an Madame Hess vom 14. Juni 1775 enthält folgende Notiz. „Lentz hat mir auch geschrieben; die Achtung von Herder u seiner Frau rührt ihn gar sehr, er sagt mir“: ich bitte sie sagen Sie doch der theuren Herderin viel Gutes von mir, u welche Aufmunterung u Erquickung mir ihr Beyfall ist. ich wünschte ich kennete ihren Geschmack u könnte für sie allein ein Stück schreiben, sie sollte mir so viel werth seyn als das ganze Publicum. sagen Sie ihr ich habe eine Lucretia geschrieben, vieleicht daß Götte sie drucken läßt, sie möge alsdann auf die Sceenen acht haben in welchen Flavia vorkommt, u mir ihre Meinung drüber wissen lassen. ihr Gefühl allein soll mir der Probierstein all der weiblichen Characktere sein die ich mir vorzüglich geglückt glaube – – So führen Sie mich denn! Und da es einmal so weit gekommen ist, so muß ich Sie bitten, Sie mögen an mir Beobachtungen und Entdeckungen machen, welche Sie wollen; entziehen Sie mir Ihre Freundschaft nicht! Ich nehme das Wort in der strengsten, eigentlichstell Bedeutung; nichts mehr, aber auch nichts weniger ist mein Herz stolz genug von Ihnen zu verlangen. Ein gewisser Leichtsinn, der oft nah an Unbesonnenheit grenzt, ist eine Gabe, die die Natur für gut befunden hat mir besonders aufzuheben. Welchen Wert die hat, kann ich noch nicht bestimmen, aber mir ist sie bisher oft unentbehrliche Wohltat gewesen. Ich lege mich immer zu Bett, als ob ich den andern Morgen nicht aufstehen würde, und jedes Schicksal ist mir gleich. Sagen Sie mir, könnten Sie die Freundin eines solchen Menschen seyn? So viel muß ich Ihnen dabey sagen, daß mir andre Menschen, deren Wert ich erkannt habe, heilig sind. Mag auch das Leben noch so barocke Szenen mir vorbehalten, und überhaupt das Schicksal über mich ergehen lassen, was es wolle, diese angenehme Sensationen, und die Erinnerung derselben, kann es mir doch nicht nehmen, und das ist meine Genügsamkeit. Ich muß mich doch auch ein wenig ausstreichen; was meynen Sie? Damit Sie wissen, was Sie von meinen Urteilen zu halten haben. So muß ich Ihnen denn sagen, daß ich nicht der einzige bin, der Erkundigungen nach Ihnen macht; vielleicht nicht alle aus dem Motiv; indessen wer kann Motive beurtheilen. Die Erscheinung einer Dame von Ihrem Range auf dem Pamaß, (die so viele andre Sachen zu thun hat,) mußte jedermann aufmerksam machen. Mich ärgerte nichts mehr, als – Gott weiß, daß ich die Warheit sage, – als die dummen Noten, die mich allemal bey den seligsten Stellen in meinem Gefühle unterbrachen, gerad als wenn einem kalt Wasser aufgeschüttet wird. Gleich fühlte ich, daß in den Noten die Verfasserin nicht war; einige dunkle Klätschereyen sausten mir um die Ohren, Sie hätten dem Umgange mit Wieland vieles zu danken; ich muß Ihnen aber zur Beruhigung sagen, daß alle diese Nachrichten von Frauenzimmern kamen, bey denen ich die Quelle leicht entdeckte. Verzeihen Sie mir! Auf den Punkt ist ein kleiner Neid auch manchmal bey edlen Personen Ihres Geschlechts sehr natürlich, und mir also gar nicht einmal auffallend; nur ärgerte mich’s, daß ich Niemand von meinem Geschlecht hörte, der gesunden Menschenverstand oder Edelmuth genug gehabt hätte, im Gegenteil zu behaupten: Wieland müsse Ihrem Umgange alles – alles vielleicht zu danken haben, was ihn schätzbar macht. Ich sagte noch neulich, (und das rechne ich mir nicht zum Verdienst an) einer Frau von Stande, die auch mit dem zweideutigen Tone von Ihrer Sternheim sprach: „Wieland könnte wohl viel Antheil daran haben“ sehr trocken, (ohne damals die geringste Nachricht zu haben,) ich hielte W. nimmermehr für fähig, in seinem ganzen Leben so feine moralische Schattierungen zu mahlen; In der That muß es jedem nur halb gesunden Auge auffallen, daß sein Pinsel viel zu grob dazu ist. Noch habe ich in einem Frauenzimmer-Briefe, (wo mit außerordentlichen Lobe von Ihrem äußern Betragen gesprochen wird) die seltsame Bemerkung gelesen, Wieland könne Sie wohl bey seiner Musarion in Gedanken gehabt haben. Das wußt’ ich wohl, daß er Ihnen unter dem Namen Danae, die Grazien dedizirt hatte. Mit allen dem hätten Sie von einem ganz andem Pinsel gemahlt werden sollen, wenn er Reitze der Seele zu malen verstanden hätte. Ein Rousseau – O geben Sie mir doch Schlüssel zum Verborgenen! Wie hat Wieland Sie kennen gelernt? Und war seine Empfindsamkeit für Sie mehr Prahlerey, als innere Rührung? Ich habe bisweilen wunderliche Ideen im Kopf, und bin nicht umsonst so aufdringend, so neugierig. Bedenken Sie, daß auch ich älter werden kann, und daß der Wunsch jeder gut meinenden Seele Erhörung verdient, in den Standpunkt gesetzt zu werden, hochgeschätzte Personen in ihrem
    wahren
Lichte zu sehen. Auf meine Verschwiegenheit können Sie zählen; wenigstens
    die
Tugend hat mich meine Situation gelehrt, da ich als Vertrauter junger Herren gereiset, und vier Jahre mich bloß dadurch bey ihnen erhalten habe. Ich habe keine Maitresse, und keine Ergießungen des Herzens als vor Gott. Bisweilen auch an dem Busen meines Göthe, der nun freilich viel von mir weiß. Was könnt’ ich nicht in dem Fall! Rosalia!– Erlauben Sie mir diesen Namen! – Seyn Sie so gütig, und fahren fort. Ach welchen Tag, welche Sonne Sie in diesem Herzen ausbreiten. – Rosalia!
vous pouvez vous fier a ma parole d’honneur que ladite feuille ne sera jamais publiée avec ma bonne volonté. Aussi n’etoit elle ecrite qu’ après le point de vue d’une grande partie de vos lecteurs, dont les caquets au sujet de vous et de vos ecrits ne parviennent jamais jusqu’a vous. Je n’aurois pas crú, que cela pourroit te faire quelque peine, je ne te l’ ai communiqué que pour sonder tes façons d’envisager ces choses lá, pour pouvoir a l’ avenir dire quelque chose de plus raisonnable la dessuzis. Voila mes intentions, j’ai tout employé de supprimer cela et je te puis assurer d’ avance qu’il ne verra jamais le jour. Nous en parlerons davantage. Le. Remerciemens pour la peine que vous vous etes donnée avec les Lindaviana Eulenspiegel Fotzenhut Dreckfincke Saumagen Faselhans Blaufincke – halb klein Hanswurst beym Freyschmausen Hundsfut Gast Rolle Ahlke Pöleke die dumm ist und war n’a Kropfliesgen. von Harz Metze Dreyhaar Alte Hure Kupplerin Schlinschlanschlodi, kommt von Akademien Metze Magen Regenwurm Ganz Magen Wurstfresser aus dem Scheishaus.
    Piphahn.
Margaretlin Madre de tuti I Santi
    Galloch Schalloch
Leisekentritt. Schleicher. Lasueangel. Laus. Angel. Hengst mensch von einer Prinzeß
Luise Königs Hand: Strass. d. 13t julii 75 Eben komme ich von Buchsweiler zurück. desswegen eine so späte Antwort auf Ihr liebes herrliches Briefehen – ja wohl Briefchen! – aber liegt nicht Dein gantzes, liebendes Herz darinne dies ersetzt mir alles – meine ganze Seele umfaßt Dich dafür, u. seegnet laut – Amen Amen! – ich habe Freunde in Buchs. verlassen – den würdigen Rathsemhausen verlassen, ländliche Freuden – u doch ist mir wohl daß ich hier bin – ich bin in, meinem Eigenthum. diess geht mir über alles– Raths. will ich soll ihn in Ihr Andenken zurückrufen, es ist ihm kostbar, er verehrt Sie, dann er kennt Ihren ganzen Wert – er hat es mir oft wiederholt ihn nicht bei Ihnen zu vergessen – dieser liebe Mann! warum kann ich nicht immer um ihn leben! so einen Mann – u ich heurate noch – unsre Rehfeldin ist noch immer das muntre schwindliche Weib, aber dabei redlich u gut – ich habe ihr die Stelle aus Ihrem Brief für sie gelesen u es hat ihr wohl gethan – sie wollte mir einen Brief für Sie mitgeben, aber unter den Freuden u Herrlichkeiten des Lebens, vergass sie ihn. unsre beyden jüngern Printzen waren da, die haben alles froh gemacht – hat Ihnen unsre Hessin die Stelle aus Lentzens Brief an mich, ausgeschrieben? hier ist noch einmahl „ich bitte sie sagen Sie doch der theuren Herderin viel Gutes von mir, u welche Aufmunterung u Erquickung mir ihr Beyfall ist. ich wünschte ich kennete ihren Geschmack u könnte für sie allein ein Stück schreiben, sie sollte mir so viel werth seyn als das ganze Publicum. sagen Sie ihr ich habe eine Lucretia geschrieben, vieleicht daß Götte sie drucken läßt, sie möge alsdann auf die Sceenen acht haben in welchen Flavia vorkommt, u mir ihre Meinung drüber wissen lassen. ihr Gefühl allein soll mir der Probierstein all der weiblichen Characktere sein die ich mir vorzüglich geglückt glaube“ – u dencken Sie diessen neuen lieben Freund verliehre ich vielleicht bald – u auf lange – hier fühle ich mich wieder in der Welt, ob ich schon in Augenblicken von oben herunter auf sie blicke – ich soll eine Fürbitte bey Ihnen für ihn einlegen – Eurer beyden Schattenriß soll ihm Stärkung Trost u Freude auf seiner langen Reise seyn – wären sie auch nur halb gut – er will das übrige hinzusetzen u glücklich dabey seyn – doch hier kommt er selbst, zu bitten – zu flehen – ich will ihm noch einmahl die Conditionen weisen unter welchen er sie haben soll – aber dafür will ich davon frey sein – selbst mein Gesicht das Sie kennen, sagt Ihnen warum – u dazu – habe ich es unsrer Fridericke abgeschlagen, sie hat die Ursachen gebilligt, sie mag sie Ihnen sagen – kriechet immer mit Eurem Buben auf Teppichen herum – da wo Agesilaus unter seinen Kindern auf einem Steckenpferde herum reitet, ist er mir am grössten Luise. Das Geld ist ganz recht, noch rechter daß Sie mit mir zufrieden sind. Lenz’ Hand: Ich bin itzt ganz glücklich da ich das beste Paar unter der alles anschauenden Sonne auch das glücklichste weiss. Die Freude die aus Ihrem ganzen Briefe athmet würdigste Sterbliche! und die selbst mehr Tugend als Genuss ist, hat auch mein Herz das ihr nun lange schon verschlossen schien, wieder erfüllt und erwärmet. Gönnen Sie mir Ihr und Ihres Mannes – und Ihres Kindes Gesichter. Wenn kein unsichtbarer Zug dem Maler die Hand führen sollte, so schicken Sie mir sie auch halb ähnlich, ich hoffe noch so viel Imagination übrig zu haben, aus dem was ich von Ihnen gelesen und gesehen mir das übrige zu ergänzen. Sagen Sie Ihrem Mann, er soll mich wenn ich weit bin, unter seine Kinder aufnehmen und manchmal einen freundlichen Wunsch für mich thun. Ich kann nicht mehr schreiben, Goethe ist bey mir und wartet mein schon eine halbe Stunde auf dem hohen Münsterthurm. Lenz. Katalogstext: Lenz empfiehlt Lindau die Nachbarschaft Lavaters auszunutzen, er erwähnt Goethe u. Schlosser, Goethes Schwager, die grüßen lassen, u. spricht von einer weiten Reise, die er vielleicht Ende des Winters vornehmen wird. Nachschrift Lavaters: Zwei Dinge sind unter der Sonne, die du zu meiden hast – allzustille Einsamkeit u. allzulautes Geräusch – dass du in jener nicht dich selbst, in anderer nicht andre versehrest. d. 29. Jul. 75. – – Ich sage immer: die größte Unvollkommenheit auf unsrer Welt ist, daß Liebe und Liebe sich so oft verfehlt, und nach unsrer physischen, moralischen und politischen Einrichtung, sich fast immer verfehlen muß. Dahin sollten alle vereinigte Kräfte streben, die Hindernisse wegzuriegeln; aber leider ist’s unmöglich. Wer nur eines jeden Menschen Gesichtspunkt finden könnte; seinen moralischen Thermometer; sein Eigenes; sein Nachgemachtes; sein Herz. Wer den Augenblick haschen könnte, wo sich seine Seele mit der andern zu vereinigen strebt. Wer seine ganze Relation von seinem Character absondern, und unterscheiden könnte, was er zu seyn gezwungen ist, und was er ist. Stille, Stille gehört dazu; stille, heitre, ruhige, göttlichertragende Beobachtung. Rosalia! In jeder Gesellschaft zieht nichts mein Aug’ auf sich, als Sie, wenn Sie einem andern zuhören, und etwas aus ihm heraus zu schweigen suchen. Fahren Sie so fort, meine liebe Gnädige; es wird Ihnen immer wohler dabei werden. Aufzumuntern – ist eine göttliche Eigenschaft, und was muntert mehr auf, als Aufmerksamkeit hochachtungswürdiger Personen. Ihre deutsche Diction bewundre ich. Personen aus Ihrer Sphäre, (das will noch ganz etwas anders sagen, als: von Ihrem Stand) sollten doch unsrer treuen Muttersprache die Hand bieten. Wär es auch nur, um einen gewissen Ton in unsre Gesellschaft zu bringen, wo deutsch-französisch Geplauder mit rätselhaften Kränzchen-Witz abwechseln, und so mancher ehrliche Fremde auf der Folter liegt, welches einen am Ende ganz und gar mistrauisch in seinen eigenen Verstand machen kann. Ich häre eine Deutsche mit Vergnügen fremde Sprachen wie ihre eigene reden und schreiben; aber Schriftstellerin darin zu werden, ist doch zu viel Herablassung. Werden Sie nicht glauben, ich höre mich gern, daß ich so viel rede? Ach freilich, so ist es! Mit gewissen Personen fühlt man sich so offen, besonders wenn es selten kömmt. Wenigstens lernen Sie nun auch mich ertragen, der freilich es selbst wohl fühlt, wie sehr er nicht mit Wieland allein, (denn das würde mir Ehre machen,) sondern mit hundert Tausend bessern Personen absticht. Bei allen dem bin ich mir keiner Absichten bewußt, und das erhält mich. Ihr Ausdruck: neuer Freund, soll mich lange, lange durch heiße Sandwüsten begleiten und erfrischen, denn ich sehe deren vor mir. Ich will niemals fodern; aber ich bitte Sie, ach! gnädige Frau, sagen Sie mir Ihre ganze Meinung; aber ich werde mich niemals ändern. Modifiziren kann sich der nur, der nicht von Jugend auf, wie ich, mit dem Kopf gegen die Wand gerennt ist. Aber sagen Sie mir alles; ich beschwöre Sie. Ewig Ihr Freund und Verehrer, M. R.
    Lenz.
Den 22. Jul. 75 Nun hast Du Zimmermann, und ich die Grafen von Stollberg genoßen. Zimmermann ich die andere Woche. Dank für Deine Freude. Ich leb itzt im Taumel. Nachher die Ruhe herrlich. Ich sammle itzt Kraft. Mehr physiognomische Bemerkungen! Lieber! Sie sind trefflich, die Du mir sandtest. auch 1 schweizerliedchen! Itzt mach ich ein Drama Abraham zurecht adieu Lavater. Hier, Hierophant! in Deinen heiligen Händen das Stück, das mein halbes Dasein mitnimmt. Es ist wahr und wird bleiben, mögen auch Jahrhunderte über meinen armen Schädel verachtungsvoll fortschreiten. Amen. Den 23. Julius 1775. Respectable pauvreté! J’apprendrai par mon experience a ne jamais blesser vos caurs par des idees et des termes insultants. Da wollt’ ich Sie haben, gnädige Frau! Hier leg’ ich Ihr Buch zu, und umarme Sie im Geist. – Sehen Sie da den ganzen Plan meines Lebens, meines Daseyns, meines Comödienschreibens, vielleicht einst meines Todes. Ach, fürtrefliche Frau! So ist denn dieser Nerve des Gefühls bei Ihnen auch angeschlagen. Könnten aber Personen von Ihrem Stande, Ihren Einsichten, Ihrem Herzen, sich jemals ganz in den Gesichtskreis dieser Armen herabniedrigen, anschauend wie Gott erkennen, was ihnen Kummer, was ihnen Freude scheint, und folglich
    ist,
und ihren Kummer, der oft mit einer Handwendung eines erleuchteten Wesens, wie der Stein von dem Grabe Christi weggewälzt werden könnte, auf die ihnen eigenthümliche Art behandeln. Ach! das große Geheimniß, sich in viele Gesichtspunkte zu stellen, und jeden Menschen mit seinen eigenen Augen ansehen zu können! Sie wären die erste Frau von Stande, die das gefühlt hätte. Ich bitte Sie, lassen Sie mich Sie umarmen. Sie sollen einmal ein Stück von mir lesen:
    Die Soldaten.
Überhaupt wird meine Bemühung dahin gehen, die Stände darzustellen, wie sie sind; nicht, wie sie Personen aus einer höheren Sphäre sich vorstellen, und den mitleidigen, gefühlvollen, wohlthätigen Gottesherzen unter diesen, neue Aussichten und Laufbahnen für ihre Göttlichkeit zu eröffnen. Dazu gehört aber Zeit, und viel Experimente.
    Menoza
ist ein übereiltes Stück, an dem nichts als die Idee schätzbar ist. Das hier beygelegte ist gleichfalls nur ein Gemählde aus meinem Leben heraus gehoben. Sie könnten mir keinen höhern Beweiß Ihrer Freundschaft geben, als wenn Sie mir Ihr strengstes Urtheil darüber zuschickten. Sie haben recht; Ihre Anmerkung über meine Stücke habe ich mir zuweilen selbst gemacht, und in meinen künftigen sollen auch keine solche Schandthaten mehr vorkommen. Doch bitte ich Sie sehr, zu bedenken, gnädige Frau! daß mein Publikum das ganze Volck ist; daß ich den Pöbel so wenig ausschließen kann, als Personen von Geschmack und Erziehung, und daß der gemeine Mann mit der Häßlichkeit feiner Regungen des Lasters, nicht so bekannt ist, sondern ihm anschaulich gemacht werden muß, wo sie hinausführen. Auch sind dergleichen Sachen wirklich in der Natur; leider können sie nur in der Vorstellung nicht gefallen, und sollen’s auch nicht. Ich will aber nichts, als dem Verderbnis der Sitten entgegen arbeiten, das von den glänzenden zu den niedrigen Ständen hinab schleicht, und wogegen diese die Hülfsmittel nicht haben können, als jene. Sie sehen, warum ich Wieland als Menschen lieben, als komischen Dichter bewundern kann, aber als Philosophen hasse, und ewig hassen muß. Er glaubt, den Menschen einen Dienst zu erweisen, wenn er ihnen begreiflich macht, ihre Kräfte seyn keiner Erhöhung fähig. Und wer läßt sich das nicht gern einbilden, und beharrt gern auf dem Sinnlichen, zu dem er die meiste Gravitation fühlt. Daß W. Sie lieben, und doch so philosophiren konnte, bleibt mir, wie viele andre Dinge in seinem Character, noch immer ein unauflösliches Räthsel, wenn ich nicht den Aufschluß in dem großen Motiv aller im Schwang gehenden Autoren fände, daß er seine Rechnung dabei findet. Ich verdamme ihn deswegen nicht, ich zittre nur vor der Gefahr, einst in dieselbe Schlinge zu fallen. Er liebte Sie in seinem siebenzehnten Jahre; – O Wieland! daß du diese Eindrücke heilig gehalten hättest, daß sie sich nie aus deinem Herzen und Imagination verwischt hätten. Freundschaft ist nicht genug; er hätte Sie sein ganzes Leben durch lieben sollen, und er hätte die Tugend geliebt. Sie hätten allen seinen Gemälden die hohe himmlische Grazie gegeben, die man izt an so vielen vermißt. Sagen Sie mir, welche Bewandniß hat es mit seinem Agathon, und spielen Sie auch eine Rolle darin? Durch welche wunderbare Mechanik in dem Kopfe des Dichters, ward Psyche so in den Schatten gestellt? Und ist Danae dieselbe, der die Grazien gewidmet wurden? Er malt sie so vorteilhaft als möglich, und doch schlägt jedes Herz für Psychen, so gern auch die Phantasey bey der Hauptfigur verweilet. – Wie war seine erste Liebe, und wo lernte er Sie kennen? Verzeihen Sie meine Effronterie. Doch mein Herz straft mich, so bald ich mich darüber entschuldige. Das aber verzeihen Sie mir, daß ich Ihnen durch manche Ausdrücke meines letzten Briefes Ihr Publicum wider meinen Willen verleumdet habe. Wölkchen hangen immer noch vor Ihnen, (wie es denn auch so seyn muß, von Moses Zeiten an, dessen Angesicht das Volck nicht ertragen konnte); aber ganz verkannt sind Sie doch auch nicht, besonders von denen, die Sie gesehen und gehört haben, wie denn das sich auch leicht begreifen läßt. Überhaupt red’ ich auch nur einseitig, und der Zirkel meiner Bekanntschaften ist immer eingeschränkt gewesen. Ihre Erzehlung: die Gouvernante, ist ganz vortreflich, und gerad das Seltsame des Einfalls veranlaßt die rührendsten Situationen. Ich liebe alle seltsame Einfalle; sie sind das Zeichen nicht gemeiner Herzen. Wer in dem gebahnten Wege forttrabt, mit dem halte ich’s keine Viertelstunde aus. Nur, meine liebe gnädige Frau, wie kommen doch alle Ihre Heldinnen dazu, die heilige Sternheim ausgenommen, sich immer nur auf Hörensagen zu verlieben. Es freut mich; aber sollte das wirklich ein Zug in dem Character aller empfindsamen Damen seyn? Ich kann mir’s freilich wohl denken: Ihre Phantasey erschafft sich den Gegenstand sogleich in der glücklichsten, gefalligsten Gestalt. Aber sollte das allemal der beste Weg seyn, und könnte er nicht manchmal sehr fehl führen? Wie wär’s, wenn Sie einmal ein Exempel von der Gegengattung dichteten, liebenswürdige Schwärmerin! (O Gott! ich kenne keine höhere Klasse erschaffener Wesen!) auf allen Fall auch zu warnen, wenigstens vorsichtig zu machen. Denken Sie, wenn ein Geschöpf wie Ihre Gouvernante, in die Klauen eines gewöhnlichen Officiers gefallen wäre – doch weg mit diesem Gedanken! Er zieht mich von der Sonne ins Meer hinab.
Lavater! ich habe Dir einen Vorschlag. Du hast einen Buchhändler dem Du aufhelfen möchtest. Ich habe ein Gedicht das mir am Herzen liegt, hier ist eine Probe davon. Ich möchte Deinem Buchhändler das Gedicht schenken, wenn er mir sauberen Druck, sauberes Pappier und allenfalls ein Paar gutgestochene Vignetten, die zum Text paßten und bey denen Du ihm mit Deinem Geschmack zu Rathe giengest verspräche. Es wäre mir sehr viel dran gelegen das Gedicht noch vor meiner Abreise in fremde Länder fertig zu sehen, um es jemanden überreichen lassen zu können, der sehr viel Antheil daran nehmen wird. Antworte mir bald mein würdiger Bruder! Ich hoffe und wünsche mein Brief werde Dich an keinem Geschäft unterbrechen. In die Iris ist nun der Anfang gemacht worden meine Uebersetzung von Ossianen einzurücken Ich habe nach Liefland geschrieben, Dir Subskribenten zur Physiognomik anzuwerben. Ich hoffe es geht. Mit Gott. Sollte ich einst fort seyn, erkundige Dich nur bey Röderern L – Laß das Blatt Gedicht nicht aus Deinen Händen kommen. Wie schmeckt Dir die Ruh auf den Lorbeern! D. 29sten Julius Schreibe Lavater! Fridrich Stollbergen, daß ich mich freue ihn von Angesicht kennen gelernt zu haben und mir wohl seine Silhouette wünschte. Nenn’ ihn deutschen Alcäus in meinem Namen, biet’ ihm Deine Hand. Sag ihm daß eine deutsche Seele ihn empfunden hat, die zwar im Verlöschen ist, aber doch in sich fühlt daß auch sie Glanz und Wärme hatte. Ich ein Schweitzerlied – und ist dies nicht genug an diesem Theurer! Und wenn Du diese Foderung thun wolltest, sie ar: mir? einem verunglückten Komödienschreiber. Laß den bittern Spott weg. Ich dank danke Dir für die Silhouette, sie hätte mir nicht gelegner kommen können. Schicke mir Dich und Deine Frau noch einmal. Vielleicht verreise ich gegen den Winter. Danke auch Kaysern für seine Freundschaft. Ich habe nichts von seinen Musikalien gesehen. Weil Dus so haben willst, so heft ich einige meiner Phys.
    Beobachtungen
an. Weise aber ich bitte Dich diesen Brief niemanden. Es würde sonst über den Lacher allenfalls gelacht werden, und dazu ist es ihm zu weh ums Herz. Behalt mich in Deiner Liebe oder Freundschaft oder Mitleiden wie Dus nennen willst. – Noch einmal, es ist Rede eines Sterbenden: Deine Physiognomik ist das Werk Deiner Werke und, der Zweck, auf den Du losgehst der, den nur die erhabenste Seele sich vorsetzen konnte. Du weißt es vielleicht selbst so nicht. Auch das kann ich Gottlob noch fühlen. Nochmalen Dank für Goethens Silhouette Und nun leb wohl. Lenz.
Straßburg, d. 31. Juli 1775. – – Wenn ich mich recht erforscht habe, so ist der höchste Wunsch unseres Geschlechts bey dem Ihrigen auf eine
    schmeichelhafte
Art geliebt zu sein; vielleicht ist der höchste Wunsch des Ihrigen bei unserm, auf eine vorzüglich edle Art geschätzt zu werden Ganz inwendige Thränen muß ich Ihnen über Ihren 37sten Brief schreiben, der die andern alle verschlingt. Das Höchste und Beste, was eine weibliche Hand jemals nieder geschrieben hat. Ja, meine Mutter! – Die Männer wollen nicht geliebt, nur geschmeichelt seyn. Die größesten sind für die Besten Ihres Geschlechts verloren, und das kämmt, weil sie das schöne Gebiet des moralischen Kreises zu durchwandern verachten. So wollustvoll mir der 27ste, so unterrichtend war mir der 25ste, der mit dem 26sten das Kleeblatt ausmacht, das ich aus diesem Blumenstrauße vorzüglich an mein Herz drücke. Welch ein Licht wirft er auf Ihr Bild, erhabene Seele! Ja! sollten Sie mich hassen, so würde mir Ihr Haß werter sein, als die Liebe einer andern Frau. welcher Simplicität da eine Wahrheit in die Welt hineingewälzt ist, die so lange dauren wird, als die Welt steht. In dem ganzen Briefe ist mehr Weißheit und tiefe Weltkenntniß, als in hundert Alphabeten, die ein Wieland geschrieben hat, und schreiben könnte. Der hat eine vortrefliche Advocatin an Ihnen und ich wünschte, ich könnte mich nun wieder mit ihm aussöhnen, obschon von seiner Seite dazu nun wohl keine Wahrscheinlichkeit mehr seyn möchte, nachdem ich
    öffentlich
sehr polternd mit ihm gebrochen. Wie gesagt; er soll uns nicht Philosoph und Lehrer des menschlichen Geschlechts seyn wollen, und seine Sachen für das geben, was sie sind. Die Ursache, die Sie angeben, von dem Wege, den er genommen, macht mir ihn auf dieser Seite von neuem liebenswürdig, und vom Himmel herab kann nichts anders zu seiner Vertheidigung gesagt werden. Warum gehen Sie denn so freundlich mit mir um, da ich in Ihrem Briefe, mit der gefaßtesten Seele, nichts als den strengsten mütterlichen Tadel über mein Stück erwartete? Wie? Sie Ihren Einsichten nicht trauen? – Oder wollten Sie vielleicht, so auf eine höchst feine Art, das wieder zurück nehmen, was Sie mir zur Aufmunterung sagten, und das in der That mir für mein ganzes Leben neuen Schwung gegeben hat. O! Sie, im allereigensten Verstande, meine Mutter! Lassen Sie mich nun auch Ihre mütterliche Züchtigung erfahren! Ich keime den Zirkel der feinem Welt noch nicht so genau, oder vielmehr, ich habe meine Achtsamkeit noch nicht so anhaltend auf denselben gewendet. Ihrem zarten und feinem Gefühl muß manches in meinen Stücken hart, unanständig und ungezogen auffallen. Das war es, was ich von Ihnen zu meiner künftigen Besserung zu erfahren wünschte; denn an meinen einmal geschriebenen Stükken feile ich nie. Ich habe es einmal thun wollen, es hätte mich aber fast das Leben gekostet, und Göthe ist auch da mein Retter gewesen. Dürfte ich Sie um Ihre Gouvernante Deutsch bitten, da Ihr deutscher Styl so unzählige Grazien hat – was auch der mir
    darum
so verhaßte Wieland in seinen Vorreden darüber deraisonnirt. Sie können das Feine und doch dabei so Simple, (das eigentlich das wahre Erhabene macht,) in Ihrem deutschen Styl so wenig selber sehen, als Ihr Gesicht. Ich habe mit Göthen Göttertage genossen, von denen sich nichts erzählen läßt. Sie werden ihn, meyne ich, nun bald sprechen. Um Wielands willen bitte ich Sie auf meinen Knieen, sagen Sie mir alles, was zwischen ihm und Ihnen jemals vorgefallen ist. Ich möchte dem Mann nicht Unrecht tun, und wenn ich ihn zu hart gestoßen habe, und er eher Mitleiden verdient, ihm gern wieder Genugthuung geben. N. S. Ich habe Ihren Brief erhalten, gnädige Frau. Ja! ich gehe nach Italien. Diesen Winter werde ich wohl in Genf zubringen, um mich zu dem großen Fluge anzuschicken. Wenn ich in der Schweiz die Berge, in Italien die Statuen, in Holland die Festungen, in Frankreich Rousseau, in Engelland das Theater werde gesehen haben, so komm’ ich zurück zu Ihren Füßen; Sie, meine Muse, sollen mich auf neue Bahnen leiten. O die Ruhe dann! – Götteraussichten, wie kräftig durchströmen, erfrischen Sie mich. Wie? Sie wünschen mir eine Geliebte? Welche Güthe der Seele ließ Sie gerade den Wunsch thun. O daß die – Ihr Bild trüge – obschon ich Sie beide nicht kenne. Nach Ihrer beider Briefen zu urtheilen, muß eine wunderbare Übereinstimmung in Ihrer ganzen Art zu denken, zu leben, und die Sachen anzusehen seyn. Eine Gnade! Fragen Sie nie nach ihrem Namen; auch Göthen nicht. Ihr Bild, gnädige Frau! Hintergangene Hoffnung ist das größte Unglück. Und wer kann wissen, ob ich lebendig wieder komme.
D 28sten August Herder – und es ward das Wort des Herrn zu mir es ist Herder – Kein Mensch hat mir, Vater! etwas Deiner Geschichte erzehlt gehabt – itzt sieh in die Wolken – aber Dich Dich ich schwörs bey dem der oben herrscht, hab ich immer im Busen gehabt dabey – wenn Herder lieben sollte, freyen sollte – müßts ihm so seyn. Und wie heilig wäre mir die Scene mit dem Baum wenn die Wünschelruthe des Dichters historische Wahrheit entblößt haben sollte. Nimm hier meinen Dank. Am meisten für
    die Belehrungen
. Ach ich bin in einer fürchterlichen grausen Einöde lange gewesen. Kein Laut überall edler Empfindung, die aus dem Herzen kommt, die nicht Wiederhall ist. Und mit den Guten, die ich immer die Grossen nenne, durft ich mich noch nicht anbinden. Kann auch, wenn das Gefühl meines Unwerths mich nun verliesse, nach meinem Beruf nicht. Das wirst Du wohl einsehn grosser göttlicher der Männer. Ich webe und wühle unter den elenden Hunden um was aus ihnen zu machen. Daß Aristophanes Seele nicht vergeblich in mich gefahren sey, der ein Schwein und doch bieder war. Du sollst auch die erste Abschrift
    meiner
Wolken bekommen, über welche sich wohl das Blatt umkehren und ich von Sokrates vergiftet werden könnte. Du hast meine Soldaten, ein Wörtlein Deines Gefühls darüber, zur Stärkung auf der langen dreyjährigen einsamen Reise, die ich mit einem Juden machen werde. – Das ist nach dem strengsten Verstande wahrer Geschichte in den innersten Tieffen meiner Seele aufempfunden und geweissagt. Aber so hoffe ich maskiert, daß das Urbild selber, (das nun kein Herder ist –) sich nimmer wieder darin erkennen wird Was für Sümpfe habe ich noch zu durchwaten. Wenn wird Wenn wird die Zeit kommen da ich Dich von Angesicht sehen werde Herr der Herrlichkeit – in Deinen Erwählten. Ach so lange ausgeschlossen unstet, einsam und unruhvoll. Den ausgestrekten Armen grauer Eltern – all meinen lieben geschwistern entrissen. Meinen edelsten Freunden ein Rätzel – mir selbst ein Exempel der Gerichte Gottes, der nie unrecht richtet und selbst wenn er züchtigt, mir einen Heraufblick zu ihm erlaubt. Das hatte ich um Sokrates verdient. – Bedaure mich Herder und liebe mich – Wie kann ich Dich loslassen? Du der mir zum Trost in diese Einsamkeit herabgesandt worden, mir ein paar Tropfen himmlischer Stärkung zu geben. Schick mir Dein Gesicht – Deiner Frauen Gesicht – Ach wie ich meinen Menoza aus dem Innersten meines Schranks wieder hervorlangte und Gott dankte – denn ich war mutloß daß ich ihn geschrieben und er nicht erkannt worden war. Auch Fromme wenden ihr Antlitz von mir dacht ich – Ich verabscheue die Scene nach der Hochzeitsnacht. Wie konnt ich Schwein sie auch mahlen. Ich der stinkende Athem des Volks, der sich nie in eure Sphäre der Herrlichkeit zu erheben wagen darf. – Doch soll mirs ein Wink seyn. – O ja auch ich werde mein Haupt aufheben. Daß Du im Coriolan eben die Scene aufnimmst, die ich gestern der Königin übersetzt, über die ich seit drey Tagen brüte. Es ist als ob Coriolan bey jedem Wort daß er wieders Volk sagte, auf mich schimpfte – und doch kann ich ihn ganz fühlen und all seinen Grundsätzen entgegen handeln. worthy voices – das Wort des Herrn – das höchste Ziel alles meines Strebens – ach worthy voices und es waren doch Philister, aber der Gott hatte sie gezwungen. Sieh das, das – mein Herder – Laßt mich an euren Busen sinken, erste der Menschen, laßt mich von eurem Ambrosia schlürfen – ach sehn sehn eine Scene der Liebe – wie sie mein Geist nicht ahnden konnte – denn er hatte noch kein Vorbild gesehn. Jetzt ahnd ich sie besser aber schweige – schweige bis zur grossen ehrenvollen Zeit da ich reden werde zum Volk von den Edlen die unter ihm wandeln, die sein todtes Auge nicht sehen kann. Da ich in ein himmlisches Band sie ziehn und ihm darstellen – stille. Niemanden was davon. Ich muß Dich und Dein Weib einmal sehn. O ich hab all ihre Briefe an ihre Freundinn aufgehascht. Welche Jagd! – Gott mache mich der Offenbarungen würdig. Ich werde nicht sterben sondern leben und des Herrn Werk verkündigen J M R Lenz Ich befehle Dir den ich anbethe daß Du mir Dein und Deiner Frau und Deines Sohns Gesicht schickest – denn
    ich brauche sie.
Lavater! Du hast mir jüngst etwas von Herrscher geschrieben. Hier etwas das unserer ganzen Litteratur wohl andern Schwung geben möchte. Und somit ihrem Einfluß auf die Gemüther. Thut darnach was Ihr wollt. Nur setzt mir ein Denkmal von Rasen und ein weisses Steinchen drauf. Da liegt dessen Laune bey all seinem harten Schicksal die Riesen von dem Schauplatz lachte. Daß die Edlen drauf wurzeln und grünen hoch über das Gesträuch hinaus. Nesseln vorweg zu hauen ist von Jugend auf mein höchstes Vergnügen gewesen. Kann ich das, sterb ich seelig. Der Buchhändler wirds an Pappier und Druk hauptsächlich aber an Korrecktur nicht ermangeln lassen. Und mir zehn Dukaten Honorarium zahlen, damit’s doch heißt, es ist verkauft worden und er den Umsatz des Dinges eyfriger betreibt. Darauf kommt alles an. Lenz. # verte D. 3 September. 1775. – Zwölf bis funfzehn Exemplare bekomme ich. Bin ihm aber Bürge dafür, daß
    die
nicht nachgedruckt werden sollen.
Die Hauptsache ist die Korrecktur. Und sollt er mir nichts geben, ich bins auch zufrieden, besorgt er mir die Correcktur nur mit der größten Genauigkeit, bey einem sehr verständigen Correcktor und der meine Hand kennt. Ein Buchstabe fließt mir oft dicker und grösser in die Feder als der andere und wenn das Auge der Figur nicht nachgeht wie sie ursprünglich gewesen ist, kann sie leicht für eine andere genommen werden. Wenn Passavant den Liebesdienst übernehmen wollte, er verbände mich ihm auf ewig. Nur muß es niemand bey ihm zu sehen bekommen, bevor es gedruckt ist. Oder laß Dir den Korrektor erst offenherzig schreiben, ob er das Ganze gelesen und jedes Wort drin verstanden. Was er nicht verstanden schreibt mir nur, zugleich Akt und Szene – und wie er es verstanden.
Hast Du Masuren gelesen, Lavater! die elendeste Satyre die je auf Goethen, Dich, Klopstock und andere ist geschmiedet worden? Hast Du die Zeitungen gelesen in denen Herder auf die niederträchtigste Art gemißhandelt wird? Fühlst Du ganz welch eine Wirkung der über Frömmigkeit hohnlachende Verfasser des Notbankers aufs Publikum haben muß. Ernst ist kein Waffen dagegen, je ernsthafter man sich gebehrdet, desto lauter lachen sie. Es muß wieder gelacht werden, und lauter als sie – oder Ihr müßt beschämt vom Schauplatz wo euch niemand hören mag. Euch niemand hören – und wen denn? – Wehe über mein Vaterland, wenn die Wolken nicht gedruckt werden. Laß Dich durch nichts irre machen Frommer! was drin vorkommt; kühne Striche sind nothwendig oder das ganze Bild wird ein Schild am Wirthshause. Und sind wir nicht frey? Und soll Gewissenhaftigkeit uns binden, gerecht zu seyn? Gewissenhaftigkeit uns zu Sklaven machen? Daß doch das nicht der Fall bey den meisten Christen wäre. Es bleibt also und wird ewig meine grosse Bitte an Dich bleiben, die Wolken drucken zu lassen. Alle Folgen nehme ich auf mich. Und aufs geschwindeste und ohne Entgeld, mag sich Steiner Vortheile davon machen, wie er am besten kann. Wenn es nur balde in Deutschland herumkommt. Noch diese Messe und nothwendig diese Messe, schick mir ein Giftpulver lieber als daß Du mir diese Bitte abschlägst. Werd’ ich gewürdigt für dies Stück zu leiden, wer ist glücklicher als ich? Und gerad itzt muß es ins Publikum, oder alle Gemählde verlieren ihre Anzüglichkeit Stärke und Wahrheit. Du darfst Dich nicht damit bemengen. Verbiete dem Buchhändler zu sagen, daß Dus ihm gegeben hast, nenn’ ihm meinen Namen, weiß ihm diesen Brief. Bitte Passavant daß er die Korrektur übernimmt, er muß aber eydlich versichern es niemand zu weisen, auch Kaysern nicht, ders nicht zurechtlegen kann. Wenns gedrukt ist, dann theilts alle den guten Seelen aus – Auch Goethen sag nichts davon, diesmal laß uns was alleine thun. Desto mehr Freude hat er dran wenn er überrascht wird. Ich hab ihm geschrieben ich arbeitete – aber nicht was? παντα δε δυναμενα δια την πισιν. Es ist Gegengift Lavater! das mir lang auf dem Herzen gelegen und wo ich nur auf Gelegenheit gepaßt es anzubringen Diese Gelegenheit ist meine Persönliche Schriftsteller-Rache – aber (es bleibt bey uns):
    diese Gelegenheit hab ich selbst gemacht.
Geradzu läßt das Publikum seiner Sinnesart, seinem Geschmack nicht gern wiedersprechen, man muß einen Vorwand, eine Leidenschaft brauchen, sonst nimmt es nimmer Antheil. Und meine Kunst, meine Religion, mein Herz und meine Freunde alles fodert mich jetzt dazu auf – jetzt ausgelassen, auf ewig ausgelassen. Wer ersetzt mir den Schaden? Wer ersetzt ihn euch. So genug, Du der Du Landvögte in ihrem Frevel antastetest, für Dich. Es muß einmahl ein Ende haben oder wir arbeiten alle vergeblich und die Thoren ruffen laut, es ist kein Gott. Ich kenne die Lässigkeit des Publikums und daß wer am lautesten ruft immer recht bey ihm behält. Und sollten wir uns scheuen zu ruffen? Wir uns irre machen lassen – Lavater, wenn sie nicht gedruckt werden, so hab ich kein Theil an Dir. In eine Wüsteney will ich gehn zweiffelhaft über wen ich seufzen soll. Gute Nacht! Wie süß werde ich träumen! wie leicht morgen an meinen Frohndienst gehn Donnerstags. 1775 J M. R. Lenz.
Herrn Herrn Johann Caspar
    Lavater,
Pfarrer am Waysenhause in
    Zürich.
Mein allerliebster Jacob Wie vergeblig habe ich nun so viele Jahre auff Deine zu Hause Kunft gewartet, wie oft habe ich nicht umsonst aus dem Fenster gesehn, wenn nur ein Fragtwagen ankam, ob ich Dich nicht erblickte, allein vergebens. Wie manche Tränen und Seufzer, habe ich nicht zu Gott geschickt, das er Dich führen und leiten mögte. Ach wenn ich Dich auch noch ein mahl sehen könte, vor meinem Ende, und Dich segnen, ehedenn ich sterbe, so wollte ich zufrieden sein. Wie lange wiltu so herum irren, und Dich in solche nichtswürdige, Dinge vertiffen, ach nimm es doch zu Herten was Dein Vater Dir schreibt, es ist ja die Wahrheit, nimm es nur zu Hertzen, und dencke nach, was wil aus Dir werden? ich billige alles was Papa geschrieben hat. Melde mir auch, ob Dujetzo gantz gesund bist mit Deinen Halse und Zähnen, ich bin Deinentwegen sehr besorgt gewesen. Pastor Oldecob und seine Frau laßen Dich hertzlig, grüßen, sie wohnen jetzt im Garten Hauß weil sie ganz abgebrannt sind und alles verlohren haben die Häuser auff dem Margt sind alle abgebrannt, wie auch das Rathaus, und Löwensterns Haus, die Russische Buden und straffhalter, nebst der großen Brücke sind alle abgebrant. es ist alles wüste Die Frau Oberst Albedill ist noch in Curland, sie hat ihre älste Freilen Tochter, als Hoff Freilein bei der Alten Herzogin, hingebracht, wir warten sie täglig zurück. Ubrigens Grüße und Küsse ich Dich Zährtlig mein liebes Kind. Gott segne Dich und leite Dich auff seinen wegen. Verbleibe Deine Zärtliche Mutter Dorothea Lenz Vermerk der Abschrift: Der Anfang dieses Briefes betrifft eine Erzählung der Fr. v. L. R., „Der weibliche Werther“ die Lenz handschriftlich erhalten hatte. – – Indessen deucht mich, ist doch die Natur der meisten Leidenschaften gewöhnlicher Seelen, nur ein vermischtes Gewebe von Eitelkeit und Gefühl des Werths im Gegenstande. Und ich kann doch antworten, dieser Mensch liebt – aber eigennützig. Ich unterscheide ihn von dem hartherzigen M., der bloß aus Eitelkeit, geliebt zu werden wünschte. Dieser wünscht bloß zu erfahren, ob und wie das Herz empfinde, um es lieben zu können. Freilich bleibt’s unredlich. – Ach! gnädige Frau! Wie oft liebte ich ohne Hoffnung! Wie oft mit der Hoffnung, und immer unglücklich! Meine gefährlichsten Bekanntschaften sind allezeit mit den liebenswürdigsten Personen Ihres Geschlechts gewesen. Jede neue Freundin kostet mich einen Theil meines Lebens. Doch kenn’ ich keinen glücklichem Tod. Kenne sonst kein Glück auf dieser Altagswelt. Was aber meines Herzens Geheimniß betrifft, so wird es mit mir begraben werden. Verzeihen Sie meine Offenherzigkeit und meine Discretion. Oder vielmehr, lassen Sie diesen schwachen Augenblick Niemanden bekannt von mir werden. Ich habe von Herrn
    Huber
verschiedene kleine Umstände erfahren, die mir Ihr Bild viel vollkommener auszeichneten. Wenn es keine unverzeihbare Dreustigkeit ist, einige Züge Ihrer ersten Jugendjahre in dem Hause des Grafen – sodann Ihrer ersten und zweiten Liebe, mir aus zu bitten – Gnädige Frau! diese Gewogenheit wäre unschätzbar! Ich schwöre Ihnen ewige Verschwiegenheit, wenn Sie sie fodern, doch weiß ich, Sie verlangen keinen Eid von einem, dem Sie Gefühl zutrauen. Das Band womit Sie mich binden – care laccie, amate pene – mein Vaterland! Was werde ich in dir verlassen müssen? Sie haben Familie. Dürfte ich mir ein kleines Portrait davon ausbitten? Warum erlaubt mir mein Schicksal doch nicht, Sie in dieser liebenswürdigen Gruppe zu sehen? Das Portrait Ihres Gemahls habe ich in der Sternheim gefunden; eine Freundin gab mir den Schlüssel. Auch hat er das Bild seines Geistes in den Briefen über das Mönchswesen, für mich von einer Seite abgedruckt, die mich ihn ewig wird verehren machen. Meine Eltern sind – ob böse auf mich, oder bloß kaltsinnig – genug seit mehr als sechs Monaten schweigen sie mir. Meiner Mutter hab’ ich alle mein Phlegma – mein ganzes Glück – meinem Vater alle mein Feuer – mein ganzes Unglück – zu danken. Beide verehre ich als in ihrer Sphäre die würdigsten Menschen, die je gelebt haben. Beide hab’ ich Armer beleidiget – muß sie beleidigen. Ich schreibe an einer Schulmeisterchrie in Knittelversen, in einer neuen Monatsschrift, die unter der Aufsicht des Hrn
    . Boje
in
    Göttingen,
herauskömmt. Meine Soldaten liegen in
    Herder’s
Händen. Es kömmt eine Gräfin La Roche drin vor, der ich etwas von Ihrem Charakter zu geben versucht habe, wie ich ihn aus Ihren Schriften und Briefen kenne.
D 29sten Sptbr. Herder! Ich will und muß ein Recepisse haben, ob Du
    Die Soldaten, eine Komödie
erhalten hast, ich habe sie Dir schon seit acht Wochen unterm Couvert der Jungfer König über Darmstadt zugeschickt, wie das Pandemonium: es ist mein
    einzig Manuskript
und wenn es verloren ist, so ist mein Leben mit verloren. Reiß mich aus diesem quälenden Zweiffel durch eine kleine Erkundigung bey Herrn Geh. Rath Heß und durch die geschwindeste Antwort, nur in zwey Zeilen. Lenz. Ich darf in dieser Gemüthslage keinen Menschen grüssen lassen. Ich rase nicht. In guter Prosa: Die Soldaten eine Komödie habe ich Dir über Darmstadt zugeschickt und will wissen,
    wo
sie ist. Meine Reise ist auch wahr. Vor einem Jahr wenigstens darf sie aus tausend Ursachen nicht gedruckt werden. Mehr als ein Leben verlier ich damit –
Herrn Herrn Herder Consistorialrath in Bückeburg
Hier ein Briefchen von Herder Lavater! Er ist gebeugt #. Gott zögert hinter der Wolke. Wenn wird er wieder mild umfliessen die Seinen! Daß Du Welt kennetest Lavater – – Ich habe aus dem Zettelchen geahndet Du habst was wider Fränkeln, dessen Umstände da er am Ende seiner Laufbahn ist, Empfehlung brauchen. Seine Führung kenne ich freilich ganz und gar nicht, da ich den ganzen Tag wie ein Postpferd herumlauffe und Lektionen gebe. Ich sehe seegnend entgegen euren Entwürfen. Wünschte freilich bisweilen unsichtbar hinter Dir zu stehn und Dir über die Achsel ins Ohr zu flüstern, wenn Dich Dein gutes Herz – nicht alle trefliche Jungen scheinen treflich. Leb wohl und erfreue mich bald durchs Anschauen Deines 2ten Theils Physiognomik. Ich warte sehnlichst auf Nachrichten aus Liefland Lenz. D 29sten 7br # tief – gebeugt. Warum ich schweige Herder? Weil die Freude keine Sprache hat. Weil die Liebe keine hat. Schweige mir gleichfalls. Den 30sten Sept. Es ist mein Namenstag Und heute heute erhielt ich Deinen zweyten Brief. Herr nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren. Vor dem Hafen lag mein Schiff– ein Sturm erhub sich – auf immer schiffbrüchig – und nun lauf ich ein – Ach wenn du meine Soldaten hast, wenn Deine Frau ihn Dir vorliest – genug. Und auch Dich ehren die Könige? – Alles. – Aber quacken sollen sie doch, die Dich antasteten wenn ich meinen Fuß ihnen aufden Nacken setze. Es war mein Bruder der Dich in Königsberg kannte. Und mein halber Feind. Doch hoff ich, auch er wird Freund werden . Ach ich darf nicht mehr schreiben, mein Herz schilt mich schon itzt. Aber gieb Deiner Frau einen Kuß wenn sie Dir die Soldaten gelesen hat. Unsere Seelen sind wahre Schwesterseelen. Und ich zittre vor Euer beyder erstem Anblick. Dann wird kein Wort gesprochen, keine Lippe muß das entheiligen. J M R Lenz. Es will und
    darf
kein Mensch meine Wolken drucken lassen Sobald ich aber zu Gelde komme laß ichs auf meine Kosten drucken in Kehl, wo ich Götter, Helden und Wieland drucken ließ. Dann sollst Dus haben. Bis dahin– ich beschwöre Dich schweig davon.
Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers, des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren – wäre Lästerung. Ihn durch dies Stück bekehren wollen – Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W.
    dem Menschen,
nicht mit Wiel.
    dem Schriftsteller
zu thun? Thu ich
    mir
nicht den grösten Schaden th damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er
    frohlocken kann
über mich? Und das meine eignen Freunde. Jeder Autor
    hat ein Recht auf das was er
geschrieben. Ich bitte euch also mirs zurückzuschicken und mich meinem Schicksal zu überlassen. Ich schreibe dies mit dem kältsten Blut und der gelassensten Ueberlegtheit von der Welt. Lenz verte Und W. der euch allen im Herzen Hohn spricht, die Achseln über Euch zuckt u lächelt – mit dem wollt Ihr Vertraulichkeit machen, sobald es wieder ihn geht. Liebe liebe Freunde – überlaßt mich wenigstens mir allein. Wieland der Mensch wird einst mein Freund werden – aber Wieland der Schriftsteller, das heißt der Philosoph der Sokrates – nie. – Schickst Dus aber ihm so ist es seyn sein und euer aller Verderben. # Mit einer Welt Dukaten kannst Du mir dies Stück nicht abkauffen. # # Wenn ist mir selbst noch unbekannt. Lieber, laß uns doch nicht alle unsere Köpfe über einen Leisten schlagen wollen. Gott hätte sonst nur einen Menschen auf dem ganzen Erdboden schaffen müssen Ich seegne euer Projekt und bin voll Erwartungen. Lavater erster aller Knechte Gottes, wenn Du noch Freundschaft für mich hast, so schweig schweig ewiges tiefes Stillschweigen von den Wolken und leg’ dies auch Passavanten auf. Er ist ein guter Junge, unser aller Freundschaft leidt hiedurch kein Haar, gewinnt – aber ich
    kann, will
und
    werde
die Wolken drucken lassen # # und
    begehre sie hiemitzurück.
# Nicht aus meiner Autorität, sondern aus einer
    höheren.
Was Du von den Individuen sagst, ist vortreflich, aber paßt nimmer und in Ewigkeit auf Wieland, nimmer und in Ewigkeit auf diesen Fall. Ich hab hier eben grad mit keinem einzigen Individuum auf der ganzen Welt zu thun, sondern mit dem Ganzen, das mir am Herzen liegt. Daß ich Dein admonitorium einst Gottern zuschicken wollte, war nicht, um ihn zu bekehren, sondern, um ihm zu weisen, wie sehr ich ihn mit samt seinen Lobeserhebungen und Autoreinfluß und Macht verachte. – Er sollte widerrufen – das
    kann
aber W. nicht.
Herrn Herrn J. C. Lavater Pfarrer am Waysenhause zu Zürich.
Lies es durch bester Schlosser! Dann mach’ damit was du willst, aber nie, nie müsse es bekannt werden. Kehl am 2. Oct. 1775 Ich schreibe dieß auf deutschem Grund und Boden. Sie sind ein Deutscher und ein Mann. Ich danke Ihnen für Ihr Zutrauen. Ich habe keine kritischen Aufsätze, habe aber in Strasburg eine Gesellschaft junger gelehrter Freunde die ich durch Ihren Brief aufgemuntert habe, etwas fürs Vaterland zu arbeiten. Aus dem was sie bei unsern Zusammenkünften schon vorgelesen, läßt sich viel viel hoffen und welche Wonne würde ich haben, mit dieser Baumschule dereinst Ehre einzulegen. Ihrem Urtheil wird es anheim gestellt seyn, anzunehmen oder zu verwerfen, was Ihnen zugeschickt wird. – – Nun noch ein Wort unter uns beyden. Sie haben Buchhändlerverbindungen, ich will kann und werde nie welche haben. Vielmehr suche ich Journalisten und Buchhändler zu turlupiniren so viel ich kann, bis sie gescheidter werden, und denen Leuten, von denen sie Leben und Othem haben, mit mehr Ehrfurcht begegnen lernen. – Können Sie mir, deutscher Mann, – einen Jungen in die Welt bringen helfen, der rasch und wild und frey ist wie sein Vaterland? Sie sollen einst spät seinen Dank dafür haben. Alles was Sie für ihn einnehmen, ist Ihre oder der Leute, denen Sie es gönnen wollen. Mir ist nur darum zu tun, daß er in die Welt kommt wirkt und lebt, sollt er seinem Vater auch selber durch seinen Muthwillen den Hals brechen. Er heißt die Wolken, aus dem Griechischen des Aristophanes. Lerm macht er das ist gewiß denn ich habe kein Feuer an ihm gespart – und der Ausgang wird gut seyn. – Sie haben alle Ansprüche auf die Erkenntlichkeit eines zärtlichen und besorgten Vaters. Können Sie ihn nur die schröckliche Küste der Censur vorbeiführen. Denn Anomalien sind genug darin. Wäre das nicht, so würd ich ihn nicht für meinen Sohn erkennen. – Ich erwarte aufs geschwindeste eine kategorische Antwort damit ich meine Maßregeln nehmen kann! Denn hier ist periculum in mora. Sollte denn in Deutschland keine Presse sein, wo etwas unzensiert könnte gedruckt werden. Auch in Lemgo nicht z. E. oder in irgend einer Reichsstadt? Wie gesagt, ich nehme keinen Heller, nur daß mein Name vor der Hand verschwiegen werde. Jacob Michael Reinhold Lenz. Ich bitte um baldmöglichste Antwort. Den 5. Oct. 1775. Lenz! Du bist ’n braver Junge! Lieb’ Dich noch ’n mahl mehr seit den Wolken; kann’s aber doch nicht finden, daß Du durch
    Ungerechtigkeit
gerecht handelst! .. und dann denken wir von
    Wieland
verschieden. Ich hab’ ihn noch nicht gesehn; also behalt ich mir Urtheil vor. Hätt’ ich ihn
    gesehn,
spräch’ ich ab. Hast Du ihn gesehn, gelte Dein Urtheil. Ich hab’ ihn wohl gesehn vor 20. Jahren; aber das war nichts. Ich halt’ ihn für das Reizbarste, wankelmüthigste – Geschöpfe, aber für keinen Heuchler; keine Schlange. wär ers – hohl’ ihn der Schlangenzüchter! Bitte, lieber Lenz – kämpfe, aber kämpfe mit wahrheit, und unterdrüke das Gute nicht! Hierauf hast Du mir nicht geantwortet. Sey so strenge Du sein willst; nur sey nicht
    ungerecht.
Kann ich lieber, weniger sagen? Ich habe Paßavanten noch nicht gesehen. Aber ich weiß zum voraus, daß er noch gerechter ist, als ich. Er wird die Wolken nicht zum Druck befördern. Das weiß ich. Thut Ers, mag er! Ich bin rein. Kannst’s läugnen, Bruder, daß W. unendlich viel um den deutschen
    Geschmack
verdient hat. Und ist
    Geschmack
nicht
    Glückseligkeit?
– Sollst ihn nicht bessern, wenn Du ihn unverbeßerlich glaubst; aber sollst ihn auch nicht mit Füßen treten, der doch, hab er geschadet, so viel er will, so viel genützt hat, und so viel hat nüzen
    woIlen.
Wielanden fürcht’ ich nicht. Würd ers in meinem Sinne verdienen, und ich hielt ihn für unverbeßerlich; # Ich will Wielanden nicht schonen; aber ich will nicht ungerecht seyn. Du hast Macht über Dein Mspt. – Du sollst Deine eigne Wege haben. Habe sie, und handle nicht nach den unsrigen! Aber handle gerecht! Du sollst nicht denken, wie ich – aber Du sollst Dich, wenn Du strafest, zehnmal fragen: „Straf ich nicht ungerecht?“ – Handle; Ich bin Dein Richter nicht. Ich will Dich nicht verdammen. Aber freundschaftlich will ich Dir weißagen: „Du bereust’s,
    wenn die Wolken gedruckt werden!“
# ich ließ die Wolken druken. Wielanden send’ ich sie nicht, ohne Deine Erlaubniß; obgleich tausend gegen Eins wette, daß Wieland, der Schriftsteller dadurch gebessert, und Wieland der Mensch nicht verschlimmert würde. Dank für Herders Brief und die Nachricht. Schreibst Du auf Erfurt, so laß Dir den
    Abraham
senden. Nun kommts bald an den II. Teil der Physiognomik. Stollberg hat mir die Schweizerlieder vollenden geholfen. Nun noch geistliche Lieder. – Dann noch eine kleine Reise auf Marschlins. Dann – verschlossen in die Physiognomik. Inzwischen – Die Hieroglyphen sind im Folgenden aufgelöst, vgl. Haustein, Jens: Jacob Michael Reinhold Lenz als Briefschreiber. In: Stephan/Winter 1994, S. 337–352, hier S. 349: Plan zu grossen allgegenwärtigen Würkungen- Lindau hab’ ich angeworben. Stolbergs werd ich anwerben. Dein Brief an Kayser treflich! Röderers Schuldner bin ich noch immer. Adieu.
    J. C. L.
Wie begierig ergreiffe ich gegenwärtige Gelegenheit, Ihnen, mein liebens- und verehrungswürdiger Freund, das Vergnügen auszudrücken, das mir Ihre letztere gütige Zuschrift gemacht. Ihre kleine Capelle sollte mir in der That die erwünschteste Zuflucht für meine Weihnachtsandacht seyn, wenn sich meine äußerlichen Umstände nur im Geringsten darnach fügen wollten. So aber kann ich nur noch aus der Entfernung Ihnen zur völligen Wiederherstellung Ihrer Kräfte den herabströmenden Himmel anwünschen. So viel Nachrichten von Ihrer Person, von Ihren Schiksalen, von Ihrer Verbindung haben schon seit langer Zeit den Wunsch in mir rege gemacht, eine Wallfarth zu Ihnen anzustellen und Sie in der Sphäre, die Sie anfüllen, zu sehen; ich behalte mir diese Freude auf bessere Zeiten vor. Dürft ich Ihnen einen Antrag thun. Es verbindet sich hier eine Gesellschaft schätzbarer Gelehrter, unter denen auch Offiziere und hier angesessene Personen sind, zur Verbesserung der hiesigen deutschen Mundart sowohl als zur möglichsten Bereicherung unsers in Schriften gebräuchlichen Hochdeutsch. Wollten Sie würdiger Mann mit von unserer Anzahl seyn. Herr Lizenziat Ott wird Ihnen mündlich eine ausführlichere Beschreibung von diesem Institut machen können. Wir erbitten uns von Ihnen nichts als von Zeit zu Zeit, sobald es Ihre Geschäfte verstatten, einige Zeilen als Beytrag zu einem Idiotikon vom Elsaß, Vorschläge etwan wie ein und anderes kräftiges Wort, der guten Sprache unbeschadet, in dieselbe aufgenommen und vor dem ewigen Verdammungsurteil Provinzialwort gerettet werden könnte. Ich muß Ihnen gestehen, daß bey dem ersten Vorschlag einer deutschen Gesellschaft im Elsaß mir der Beystand eines seiner ersten Schriftsteller unentbehrlich scheint und also dieser Antrag ganz und gar eigennützig ist. Herr Hofrath Schloßer wird Ihnen die erste Schrift mittheilen, die ich bei Eröfnung dieser Gesellschaft in dem Hause des Herrn Aktuarius Salzmann abgelesen. Sie sind so gütig, mir sie wieder, nebst einer geneigten Antwort auf unsern Antrag, zukommen zu lassen, weil sie in unser Archiv eingetragen werden soll und ich noch keine Abschrift davon genommen. Herr Lerse ist nach Zweybrücken abgegangen, und ich habe leyder bey meinen häufigen Zerstreuungen seines Umgangs nicht so häuffig genießen können als ich wohl gewünscht hätte. Empfehlen Sie mich unbekannter Weise Ihrer würdigsten Gemalin und Familie. Ich bin mit der ungeschminktesten Hochachtung Dero ganz ergebenster Diener u. Verehrer J M R Lenz. Strasb. den 13ten 8br 1775.
Herrn Herrn Hofrath Pfeffel in Colmar.
Empfangsnotiz Pfeffels: M. Lenz Den 13.8.br 1775.
Lieber Müller, ich kann mich nicht halten, ich muß in dem Augenblick da ich Ihren Satyr Mopsus lesen, in dem Augenblick der Leidenschaft Ihnen schreiben. Ich umarme Sie. Sie haben eine so muthige so feuervolle Sprache, daß mirs kalt und warm wird. Und brünstig wär’ ich den
    Maler
zu sehen – der so
    schreiben
kann. Daß Ihnen doch weder Lob noch Tadel der Kritiker weder Wind noch Sonnenhitze schadeten und der Nachkomm’ unter Ihrem Schatten fröhlich ruhte. Lenz. rechte Spalte Dank für das Lied in der Schafschur vom Garten der Liebe – ewigen Dank! linke Spalte Dem jungen kühnen Maler in
    Mannheim.
Ich danke Ihnen für Ihre Freundschaft und Ihr Andenken. Mein Schicksal ist jetzt ein wenig hart. Ich gebe vom Morgen bis in die Nacht Informationen und habe Schulden. Alles was ich mit Schweiß erwerbe fällt in einen Brunnen, der fast keinen Boden mehr zu haben scheint. Mein Glück in meinem Vaterlande ist verdorben, weil es bekannt ist, daß ich Komödien geschrieben. Sehen Sie dies offenherzige Gemählde meines Zustandes als einen Beweiß meiner Freundschaft an und gehn behutsam damit an. Sie haben kein Herz, das eines unglücklichen Freundes Vertrauen zu mißbrauchen, achzehnjährhundrigt genug seyn könnte. Ich habe in der That ein kleines Stück in meinem Schrank liegen das allenfalls auch spielbar seyn würde. Fragen Sie Herrn Seideller, ob er mir sechs sieben Dukaten dafür geben möchte, ich bin nie gewohnt gewesen, meine Sachen zu verkauffen, die höchste Noth zwingt mich dazu. Doch hoff ich Herrn Seidel Seiler wird der Kauf nicht reuen. Es ist eine Nachahmung der captivei im Plautus. Noch einmal Gotter – Verschwiegenheit. So umarmet Sie Lenz. Strasb. d. 23ten 8br. 1775. Sie machen, höre ich, eine Sammlung von Ihren Gedichten. Das wird mich freuen. Auf Subskribenten könnten Sie hier zählen. Geben Sie mir allenfalls Nachricht davon.
Herrn Herrn
    Gotter
Archivarius in
    Gotha.
Ulm Hier aus dem Zimmer des liebenden Millers muß ich Dir lieber was schreiben. Ich kenne Deine
    Wolken.
Ich weiß daß Du sie gedruckt wolltest haben p p Ich bin sehr dafür portirt und
    liegt mir viel dran.
Hier hab ich nun durch Millern der mein
    wahrer
Freund ist, schon Gelegenheit gehabt, für mich und auch andern etwas geheim drukken zu lassen – und dieß wär hier auf die Art zu machen. Sage nun mein Freund Deine Meynung und Sinn. Millern kann man alles
    ohne
den Freundschaftseid anvertrauen.
    Er
liebt Dich sehr sehr! Trug mir längst auf, Dir’s heftig zu versichern. – Närrchen sey gut! Obwohl er Dichter ist, so ist er doch herrlich, und man kann immer die Liebe eines Kerls mitnehmen. Stolbergs die edle grosse Seelen haben mich gezwungen sie nach Schaffhausen zu begleiten, und da zwang mich Miller mit nach Ulm. So kam ich hieher! Ist mir sehr wohl. Finde in Schwaben viel Simplicität, Religion und Tugend. Mädchens sind Gotteskinder. – 50 fr wie Du sie fordertest will ich Dir für die Wolken schaffen. Schreib mir gleich nach Zürch wie Du meinst. Am Donnerstag geh ich hier ab, und treff dann gewiß Antwort von Dir in meinem Nest. Stolbergs sind
    Deiner Liebe gewiß werth.
Du hast kein Wort – nicht gedankt für den Freyheitsgesang. Mänchen Du bist ein eigen Geschöpf! Um Lavatern wirds mir Tag täglich wohler. Doch – ein ander mal in Zürch Antwort auf Deinen lezten Brief. Kuß und Gruß an Röderer. Ade! Den 13 9
    br
75. Kaiser. Hab Ordre von Klingern Dir ein Drama zu senden. Kommt nächstens. Lebe wohl Lieber!
Den 15ten Nov. 1775. ….. Deutschland wird in wenigen Jahren erstaunliche, unglaubliche Revolutionen in Litteratur, Geschmack, Religion u.s. f. erfahren. Ich weis, daß in fünf Jahren, denke dran 1780, wenn ich vielleicht nicht mehr bin, Deutschland alle Nationen um sich her und alle Zeitalter vor sich verdunkeln und überfliegen wird. Dieß ist nicht Weissagung, oder Gesicht des Propheten; es ist Vermutung, auf Data gegründet, die wenige wissen. ……. Gieb mir den gemißbrauchten Namen Gottes zurück Herder! mein böser Genius ließ mich das schreiben Die Soldaten können noch nicht gedruckt werden. Erröthen muß ich freilich über den Unverstand meines letzten Briefes. Gott wo war ich, als ich ihn schrieb. Mache Dir keine Gedanken über die Ebbe und Fluth meines Entschlusses. Es sind lauter Lokalverhältnisse die mich so peinigen. Die aber aufhören werden. Ein Poet ist das unglücklichste Wesen unter der Sonnen. Grüsse Deine Frau. Sollte ich von hier reisen oder sollte es einst Zeit seyn das grosse Trauerspiel aufzudecken, so werd’ ich Dir vorher schreiben. Bis dahin muß ich noch stumm die Zähne zusammenbeißen und die Leiden meines Volks in meinem verborgensten Herzen wüthen lassen. Strasburg den 18ten Nvbr. 1775. Lenz. Solltest Du es einst künftig drucken lassen, so muß auch alsdann mein Name im Anfange verschwiegen bleiben. Ich sag es Dir hier voraus, falls ich es etwa alsdann zu erinnern vergessen sollte.
Herrn Herrn
    Herder
Consistorialrath in
    Bückeburg.
Den 18ten November. 75. Mein Vater! Unaussprechl. glücklich haben Sie mich durch Ihren Brief gemacht und durch die Zeilen meiner Mutter. Fahren Sie fort, ich bitte Sie auf den Knien, mir ein zärtlicher Vater zu bleiben, Sie mögen sehen und hören von mir was Sie wollen. Weisen Sie mich aufs strengste zurecht, Sie, meine Mutter, meine lieben Geschwister; alles dient, alles frommt, und von Ihrer Hand mein Vater, die ich mit Thränen benetze, alIes
    doppelt und vierfach.
Fodern Sie aber nicht, daß ich auf alles antworte, es müßte mich
    zu weit
führen. Umstände verändern die Sache, ich kann nicht mehr sagen, aber alles, was Sie mir schreiben, was mir meine Mutter schreibt, sind güldene Aepfel in silbernen Schalen. Lange lange hab ich die Züge dieser Mutterhand mit stummer Innbrunst an meine Lippen gehalten – und in Gedanken war ich bey Ihnen und fühlte Ihre seegnenden Küsse an meinen Wangen. Ach wie viel haben Sie mir in diesem Augenblick geschenkt. Sie sind also wieder mein, Sie lieben mich noch. Durch zwey Freunde die diesen Brief bis Leipzig bringen. – Millionen Neujahrswünsche! – Grüße an alle gute Freunde, alle. Wie kann sie der Brief auch fassen. – – Und sind nicht abgebrannt – und sind so gesund daß Sie mir schreiben können – und sind so gerecht, daß Sie mich außer Landes nicht durch Gewaltsamkeiten nach Hause ziehen wollen, so lang ich den innern Beruf dazu nicht habe. Das ist mein höchster Wunsch gewesen. Wir sind in allen Stücken
    einerley Meinung,
beste Eltern, die Zeit wirds lehren. Wenn man zu einem Ziel schwimmen soll und Wasser liegt vor einem, muß man das Wasser nicht durcharbeiten? Trockenes Fußes konnten nur die Israeliten durchs rothe Meer gehen, als Gott der Herr noch Wunder that. Sie thun Herdern unrecht, er ist
    kein Socinianischer Christ.
Lesen Sie doch ich bitte Sie seine
    Urkunde
über das erste Kapitel I B. M. und seine Erläuterungen des Neuen Testaments. Er kommt als Professor der Theologie nach Göttingen. Haben Sie ein klein Büchelgen gelesen: Meynungen eines Layen zum Besten Geistlichen. Der Verfasser ist nicht bekannt. Wenn Sie können, lassen Sie sich die
    Iris
eine periodische Schrift fürs Frauenzimmer kommen. Die Frau geheime Staatsräthin Ia Roche, eine der ersten Frauen des Jahrhunderts, schreibt die freundschaftl. Briefe darinn, die Oper Erwin und Elmire ist von Goethen, die Uebersetzung des Ossians von mir.
Ihr Rath in Ansehung Strasburgs ist noch zur Zeit unausführbar; doch schwöre ich für die Zukunft nicht. Wenigstens schmeichelt mir die Freundschaft einer ganzen Stadt (die im Grunde mich allein ernährt) so sehr, daß ich sehr vortheilhafte Anträge von andern Orten wie mich dünkt mit Recht ausgeschlagen habe. Patria ubi bene. Doch hat es mich freilich Sorgen und Nachtwachen gekostet, es dahin zu bringen und noch jetzt, ich schwör es Ihnen, sind die Wißenschaften und das Theater selbst – nur meine Erholung. Was sagen Sie zu Lavaters Physiognomik? Haben Sie meinen Brief durch H. v. Medern nicht erhalten? Und können L. etwan bey Edelleuten um Dörpt herum Subskribenten verschaffen. Es ist freil. theuer, doch haben hier in Str. ganze Gesellschaften zusammen das Werk gekauft. Vielleicht thue ich auf den Frühjahr eine Reise nach Italien und Engelland in Gesellschaft eines reichen jungen Berliners (unter uns des Sohns des Münzjuden Ephraim) doch kränkt michs, daß ich den Hang dieses sonst so vortreflichkarakterisirten Menschen zu einer unüberlegten Verschwendung so stark sehe. Wer kann etwas vollkommen unter dem Monde wünschen. Und Gott der mich – ich muß es dennoch wiederholen – durch so viel geführt hat, bleibt meine Zuversicht. Herr v. Kleist ist wieder bey seinem Vater (durch meine lntriguen) um haushalten zu lernen. Daß ich von seinen hiesigen Verschwendungen keinen gar keinen Vortheil gehabt, daß er mich vielmehr bishero nur noch mit Versprechungen für alle mit ihm übernommene Müh u. Leiden belohnt hat, weiß der droben ist – bitte ich aber,
    beschwöre
ich Sie dennoch, für sich zu behalten. – Was uns hier entzogen wird, kommt uns an einem andern Orte wieder – Ans Heyrathen kommt mir noch kein Gedanke, es war Sturm der Leidenschaft der mich Ihnen die Briefe schreiben machte, die itzt in Freundschaft sehr ernsthafte Freundschaft verwandelt worden, aber nie wieder Liebe werden kann. Ich hatte damals nichts auf der ganzen Welt, an das ich mein Herz hängen konnte, meine Freundin war im nehml. Fall, unsere Herzen verschwisterten sich, ihren harten Stand einander erträglicher zu machen. Entfernung u. Umstände haben auf beyden Seiten vieles verändert, meine Dankbarkeit und Freundschaft aber bleibt ihr ewig. Meinen lieben lieben kritischen Moritz und sein dickes drolligtes rundes Weib küssen und seegnen Sie doch von mir. Sagen Sie ihm, Goethe könnte und müßte in Absicht seiner Sprache nur von seinen nächsten Landesleuten beurtheilt werden, und so lang Deutschland noch keine allgemeine Sprache hat, müsse er entfernten Provinzen noch solitär scheinen. Ich bitte mir aber dereinst sein Urtheil über meine
    Soldaten
aus, die jetzt in Herders Händen liegen und noch wohl ein Jahr liegen dürfte, weil ich nicht eben gut finde damit ins Publikum zu eilen. Und meine liebe Märtyrin Lieschen? War das der omineuse traurige Abschied den sie mir gab. Sagen Sie ihr, daß „
    Leiden
das große Geheimniß unserer Religion sey. Und daß ich für sie – grüßen Sie den Tarwaster und sein liebes Weibgen. Goethe hält besonders viel auf ihn. Vor allen Dingen aber vergessen Sie nicht meinen lieben Bruder Christian. Daß er doch mir näher käme – Ich werde Sie alle noch einmal sehen – hier, hier, wünsche, glaube, vertraue ich. Sie mein Vater, Sie meine Mutter – ich werde Gott schauen. J M R Lenz. Klopstocks Republik ist eine verborgene Geschichte und Gesetzbuch der deutschen Dichter und der deutschen Kritik. Alle diese Dunkelheiten waren nothwendig, nur niemand öffentl. zu beleidigen.
Ich freue mich himmlische Freude, daß Du mein Stück gerade von der Seite empfindest auf der ichs empfunden wünschte, von der Politischen. Doch es konnte nicht fehlen, überall auf Deine Meynungen und Grundsätze gepfropft Was die letzte Szene betrifft, so viel ich mich auf sie zurückerinnere, deucht mich könnte allen verdrießlichen Folgen durch Weglassung oder Veränderung einiger Ausdrücke des Obristen begegnet werden. Z. E. das mit den Konkubinen, medischen Weibern, könnte ganz wegfallen und der Obriste dafür lieber von Soldatenweibern sprechen, die wie die Landmilitz durchs Looß in den Dörfern gezogen würden und sodann wie die Römischen Weiber die nicht confarreatae waren, auf gewisse Jahre sich verheuratheten. Die Kinder erzöge der König. Sie giengen auch wohl wieder in ihr Dorf zurück und blieben ehrlich, es war sors. Doch darf und kann vor einem Jahr von diesem 20sten Novbr. an das Stück nicht gedruckt werden. Und auch dann wenn ich noch hier bin, frage mich. – Verzeyh Grosser! meine närrische
    Ordre.
Welch Wort!
Ordentliche Soldatenehen wollen mir nicht in den Kopf. Soldaten können und sollen nicht mild seyn, dafür sind sie Soldaten. Hektar im Homer hat immer recht gehabt, wären der Griechen Weiber mit ihnen gewesen, sie hätten Troja nimmer erobert. Ich hab einige Jahre mit den Leuten gewirthschaftet in Garnisonen gelegen gelebt handthiert Wenn Du anstehst Theurer, so schick mir die letzte Scene abgeschrieben zu, daß ich sie ändere. Doch könntest Dus so leicht thun, nur in den
    einen
Dialog des Obristen einschieben pp Laß mich die Fürsten erst fragen, ich will Ihnen mein Projeckt schon deutlicher machen. Was ich verlange? Nichts verlange ich, einen Dukaten zwey Dukaten was der Kerl geben will. Wär’ ich meiner kleinen Schulden erst frey, nähm’ ich durchaus auch gar kein Buchhändler
    honorarium,
das mir jedem Schriftsteller äusserst
    schimpflich
scheint. Mein Reisegefährt ist ein guter wachsweicher Mensch, der sich itzt so an Strasb. angeklebt hat, daß ich nicht weiß ob er je loßkommen wird. Es ist der Sohn des Münzjuden Ephraim, der sich aber nicht dafür ausgiebt, sondern Flies nennt. Sein voriger Reisegefährt hat ihn beym Mitleiden angepackt, da zappelt er nun. Ich sage kein Wort wie Du Dir leicht vorstellst – wer weiß ob ich gar reise. Abgötterey treib ich mit euren Silhouetten. Sage Deiner Frau, daß ich jeden Buchstaben von ihr küsse. Sie und die Schlossern (von der ich eben komme) sind die Frauen meiner Freunde, an deren Liebenswürdigkeit ich mich auf keine andere Art
    zu rächen
weiß als daß ich sie einmal wie Aristoph. aufs Theater ziehe. έλχειν – aber erschrick nicht. Auf
    meine
Art.
Sehen Sie wie mein armer Bube durch die Moralisten ist zugerichtet worden. Desto besser. Lassen Sie ihn ohne Namen in die Welt lauffen, jedermanns Hand seye wieder ihn und seine Hand wieder jedermann. Der Nachkomm dankts uns. Hier haben Sie auch was von Schlossern und einen Schulmeisterbrief in Knitteln. Schlossers Namen bitte nicht zu nennen. Lenz. Bitte mir die Bedingungen für Schlossern zu schreiben, damit sie ihm melden kann, weil ichs ihm abgeschwatzt habe. Er will, wie Ihr erster Brief es versprach, nur einen Louisdor für den Bogen. ich habe ein Mittel alles das bey Wiel. und seinem Publiko wieder gut zu machen, das ich aber in petto behalte. Ableugnen werd es gewiß nicht, so sehr ich vor der Hand meinen Namen verschwiegen wünschte. Daß doch der Abdruck des Possenspiels recht korrekt wird. ich kann und darf sie hier weder abschreiben noch abschreiben lassen. Sie sehen lieber Gotter! hier ein Stück wo alle Characktere gleichsam nur angedeutet sind, dem Schauspieler nur Winke geben was er zu thun habe und ihm auf keine Weise zuvorgreiffen. Ich habe alles wohl überdacht, es läßt sich nicht anders für ein heutiges Theater einrichten, es würde sonst zu lang, zu groß, zu unbändig. Wollten Sie den Herren vorschlagen einen Versuch damit zu machen, das Sujet ist wenigstens ganz neu und wie mich deucht geschickt genug die Talente eines Schauspielers zu üben. Die beyden Freunde handeln unendlich mehr als sie reden und ihr ganzes Spiel setzt langes Studium voraus. Zwey Leute die determinirt sind in allen Fährlichkeiten einander mit ihrem Leben beyzuspringen, müssen in jeder Bewegung in jeder Mine Enthusiasmus für einander weisen, sonst wird das ganze Spiel frostig und kalt. Auf diese kommt nun alles an, was das Stück heben oder fallen machen kann. Eben so enthusiastisch für seinen Sohn muß der Vater seyn, oder er wird abscheulich. Die Freude bey der Hofnung seinen Sohn wieder zu bekommen so ausschweiffend als die Wuth bey Fehlschlagung dieser Hofnung. Und das alles keine Grimasse unsers gleichgültigen Jahrhunderts, sondern wahres inniges Gefühl seyn. Unter diesen Voraussetzungen allein kann das Stück gefallen. Sechs Exemplare bitt ich mir aus. Verzeyhn Sie mir meine lange Paranäse, ich weiß wohl daß der Dichter viel vom Schauspieler lernen muß, aber wiederum kann er doch dem Schauspieler am besten in den Standpunkt stellen aus dem er gearbeitet. Findt Herr Seiler es unspielbar, so lassen Sie es etwa drucken, es möchte doch wohl auch im Lesen hie und da gefallen. Lenz. In der grösten Eilfertigkeit kann ich Ihnen nur bester Gotter sagen, daß ich Ihr edles liebes Schreiben erhalten, für Ihre Theilnehmung danke und Sie bitte mir das Schicksal und die Aufnahme meiner Captivei in zwey Worten zu berichten. Vor allen Dingen sagen Sie aber Goethen kein Wort von alledem, wenn Ihnen meine Freundschaft noch werth ist. Ich erwarte die Missive mit der fahrenden. Oder das Mskpt. wieder. Warum geben Sie mir denn keine Nachricht von Ihrer Fräulein Schwester. Werden wir nicht das Versprechen erfüllt sehen, daß Sie sich thaten, Strasb. zu dem Mittelpunkt ihrer Zusammenkunft zu machen. Und warum haben Sie an das nicht gedacht, woran mein Brief wenigstens Erinnerung seyn sollte? Ich sage Ihnen Sie erweisen Vaterlande und Freunden einen Dienst damit. Von Ihren theatralischen Sachen hör’ ich soviel reden u. kann sie kann sie nicht zur Ansicht bekommen. Leben Sie wohl Bester und antworten balde Ihrem äusserst zerstreuten aber stets redlichen JMR Lenz im Begrif zu Pferde zu steigen – Wenn Sie Stolbergs sprechen, tausend Empfehlungen von mir, die ihnen Lavater auszurichten vergessen hat. Ihr Urtheil! Es ist hier in großer Gesellschaft vorgelesen worden und hat Glück gemacht. – Doch ists das einzige Mskpt. das ich habe Ich schreibe Dir dieses unter dem Gestürm der Feuerglocken und Feuertrommeln in der Nacht um 4 Uhr. Kayser wenn Du Stollberg schreibst, so sag ihm, ich hätte Lavatern einen Dank für die mir überschickte Freiheitshymne geschrieben, den er ihm noch auszurichten hat. Doch mögt’ er bedenken daß ein guter Wein keines Kranzes bedarf, am wenigsten von meiner Thespishand. Es wird bald ein tüchtiges Geschimpf und Geschmäh über mich in Deutschland loßgehn. Kaiser! willst Du auch von der Parthey seyn? – Nein lieber Junge Du hast mich zu lieb, Du hast Dich zu lieb. Wenns überstanden ist, so lachen wir doch. Millern hab ich geschrieben, ich lieb ihn wie meinen Augapfel, er ist zum Poeten geboren. Schick mir Klingers Schauspiel, aber mit Gelegenheit. Ich bin durch meine Correspondenz hier in tiefe Schulden gerathen, die mir auch wacker zusetzen. Das sollte mich freuen, wenn Du was von Deinen Musikalien hättest drucken lassen, und das wär’ ich zu sehen, am meisten begierig. In Bojens Monathsschrift kommt eine Schulmeisterchrie in Versen von mir die Dich auch freuen wird. Bester wenn Du doch bey Gelegenheit Dich erkundigen könntest, was aus meinem Petrarch geworden ist. Es wäre der beste Wundstillende Balsam in diesem für mich kritischen Zeitpunkt um des Publikums Wuth gegen mich ein klein klein wenig zu besänftigen. Grüsse
    Lavatern.
Lenz. auch kommt bey Gottern ein neues Lustspiel nach dem Plautus von mir zum Vorschein, worinn ich dem Faß vollends den Boden ausschlage. Es muß diesmal bauen oder brechen auf immer. Ich bin zu allem gefaßt Unser aller Freiheit
    hängt vom Petrarch
ab. Wie schön man eben vom Münster ein Danklied abbläst. Das Feuer war grad der Kirche gegen über und ist Gottlob!! glücklich gelöscht. Herr Gott dich loben wir. Frage doch Lavatern ob er mein letztes Briefgen erhalten hat, in dem von der Physiognomik die Rede war. Ich gab ihn jemanden bis Basel mit, dessen mir bekannte Nachlässigkeit mir itzt Sorgen macht.
Ich habe noch etwas für Sie Boje! daß ich aber unter zehn Dukaten baare Bezahlung nicht herausgeben kann. Es ist eine Erzehlung in Marmontels Manier, aber wie ich hoffe nicht mit seinem Pinsel. Sie können (wie zu allem was ich Ihnen schicke) dreist meinen Namen nennen, wenn Ihnen das rathsamer deucht. Auch hat es in der That fünf Bogen, sehr kompreß geschrieben. Verzeyhn Sie mir meinen Ungestüm, ich sitzejetzt recht mitten in der Noth drin. Meine Schulden sind nach meiner Proportion beträchtlich und wenn ich nicht geschwinde Rath schaffe, muß ich befürchten an einem Ort wo meine Reputation mir bisher meinen ganzen Unterhalt verschafft hat, für immer und unwiederbringlich prostituirt zu werden. Leben Sie wohl Lieber! und antworten mir sobald es seyn kann. Sobald ich Ihre Meynung mit dem Vorschuß erhalte, sollen Sie meinen Zerbin unfehlbar ehe Sie sich umsehen, in die Arme schließen, der Ihnen mehr Freude machen wird als alles was Sie noch bisher von mir gesehen. Ihr Freund Lenz. Empfangen den 2ten Jan. 1776. Hier lieber Freund, Zerbin, den ich aber unverzüglich zurück haben muß, wenn Sie ihn nicht brauchen können, wollen, was weiß ich. Ich habe mehr als einen, der mir zehn Dukaten dafür giebt und was ich thue, thu ich um Ihrentwillen. Mit den Knitteln, dacht ichs doch daß es nicht gehen würde ’neinzuwerfen, Sie schicken mir aber, ich bitte, sie wieder, es wartet hier jemand mit Ungeduld auf sie. Meine grösseren Sachen können eine Weile ruhen, unterdessen bitte Hellwiegen einen warmen Gruß von mir zu sagen. Meinen letzten Brief an Sie und meine Umstände bitte verschwiegen zu halten. Herr Blessig den Sie noch aus Göttingen kennen werden arbeitet an etwas das wir Ihnen auch zugedacht haben und von dem er den ersten Bogen in einer unserer Versammlungen mit allgemeinem Beyfall vorgelesen. Sein Sujet ist die Bildung der Griechischen Sprache durch die Poeten und Philosophen und er sammelt noch fleissig Materialien zu künftiger Bearbeitung. Sie kennen vielleicht schon die ganze Feinheit und Stärke seiner Diktion. Unsere deutsche Gesellschaft vergrössert sich von Tage zu Tage. Schlosser ist auch davon und in Colmar Freyburg und andem benachbarten Oertern bekommen wir Zuwachs. In Erwartung baldiger Antwort und Nachricht von Zerbins Schicksal, das ich ganz ohne Umstände mir als ein Biedermann zu bestimmen bitte, bin mit wahrer FreundschaftIhr ehrlicher Fr. u. Diener Lenz. Ists möglich Herder, daß ich Dir, ich mit gesammter Vaterlandsstimme noch nicht für Deine Ursachen des gesunkenen Geschmacks gedankt habe. Aber so gehts mir mit alle Deinen Sachen, ich geniesse so freudig so feurig daß ich allemal den grossen Dank darüber vergesse. Vergesse? Verhüte der Himmel das abscheuliche Wort, den Dank meines Herzens mußt Du gefühlt haben, nur gehts mir wie einem blöden Liebhaber im Angesicht seiner Vollkommenen dem die Zunge mit Bleygewichten gebunden ist der zu reden zittert. Nein ich kann nicht reden. Kann nur immer mit tränendem Aug’ in die Wolken sehn fröhlich glücklich seelig, daß Du da bist, daß Dein Weib, das süssere Weibliche Du Dir zur Seite schwebt – also immer Werth – und Belohnung mit Blumenketten aneinander gebunden geht. Herr Herr Gott barmherzig und gnädig, von grosser Liebe und Treue. Ich hatte über die Geschichtsphilosophie ein Gestammel in Versen an Dich aufgesetzt, das ich aber als ein kindisch Lallen unterdrückte. Liebe Posaune des Erzengels, schmettere schmettere Tod und Gericht in tausend unbereitete Busen, mir bist Du Gesang ewigen ewigen Lebens. Daß ich einmal ein Mann würde und Ordnung um mich her sähe und mir die Schriften meiner Lieblinge alle nach ihrem individuellen Werth um mich her stellen könnte, wie groß und stark würde ich denn seyn. So aber genieß ich immer im Fluge, doch seelig – Darf ich Dir zu dem Hügel Glück wünschen auf dem Du itzt Batterien anlegen wirst, grosser Freund des Herrn? – Mein Herz wallt und schwingt sich für Freude über alle die Aussichten, ich aber ich mein Bruder – ach eine Träne aus Deinem Männerauge – ich werde untergehen und verlöschen in Rauch und Dampf. Doch will ich die Liebe mitnehmen. Sie allein wird mich # # zur Hölle hinabbegleiten u. noch da tröstend zur Seite stehn. – Meine Reise nach Italien könnte sich wohl noch machen, aber sobald nicht. Der Stein des Anstosses ist fort, nur hängt mein Mann noch zu stark an Strasburg. – Diese Reise ist mir eine wahre Höllenfahrt. Von allem mich loszureissen – und doch muß es gerissen seyn. Herder laß Deine Seele, Deine Vaterwünsche mir folgen, mich nie verlassen. Und Deiner Frauen – ach wenn sie mir wohl will, so kann ich Gott nicht unangenehm seyn. Lenz. Mein lieber Lindau zu Herrn v. Kniestätt. Er ist der einzige am Hof den ich kenne, und der wird Sie mit allen ehrlichen Leuten bekannt machen! – Ich küße Sie herzlich; hier haben Sie einen Brief für ihn. – Leben Sie wohl. Schl. E. d 23 Dec. 1775. Den Einschluß gieb doch Zuckerpüppgen unserm Goethe ab. Sollt er noch nicht da seyn, laß es nur seinen Eltern vive St. Thomas! Hier bester Lindau ein Paar Zeilen von Schlossern von denen ich wünschte, daß sie Dich noch vor Carlsruh ereilten. Ich hatte die Nacht mit jungen Franzosen geschwärmt und nach der Mette mit ihnen frühstücken müssen. Nach dem Frühstück legt’ ich mich schlaffen und erwachte erst um zehn, da ichs denn für zu spät hielt, zu Dir zu gehen. Deine Bestellungen zeugen von der Güte Deines Herzens, leyder hab ich bey all unsern drey Buchhändlern nach den angezeigten Büchern vergebens gefragt. Einer aber hat mir versprochen, sie mir aufs höchste in drey Wochen aus Leipzig kommen zu lassen. Solltest Du Deine Meynung ändern, so schreib mirs daß Schlosser das Geld abgeben kann. Er kommt vielleicht auf die Neujahr hieher. Ich habe auch noch das Original des Briefes von Deinem treflichen Freunde Greven hier, von dem Du mir erlauben wirst, eine Kopey zu nehmen. Ich schick es durch Goethe, versiegelt wieder; ihn hab ihn 2, 3 mal durchgelesen und kann mich nicht genug weiden daran. Dein Peter ist mir # auch immer vor den Augen und ich beneide Dich um den ganzen Fu Stolz solch eines Funds und solch eines Projeckts. Denk an mich, wenn Du Deine Schwester umarmst. Hernach vergiß mich, ich werde drum nie weniger seyn aus ganzer Seele Dein Freund Lenz An von Lindau. Lieber Lindau nur ein Wort auf diesen Brief. Seegne Dich Gott ferner mit gutem Glauben und Freude an Dir selbst. Wir sehn einander wohl wieder. Schreib mir nur ein Wort hierher wie Dir’s geht, und wohin Du ziehst grüse den Engel. Weimar d. 8. Jan 1776. Ich kann mich nicht enthalten gnädige Frau, Ihnen den ganzen ganzen Brief der Gräfin Waldner über den Beschluß Ihrer Henriette zuzuschicken. Sie werden in jedem Zuge das unaussprechliche sehen, das ich nicht als Mannsperson, das ich nach der kältesten Erkenntniß drin finde. Haben Sie die Gnade ihn mir wiederzuzuschicken, weil ich der Person der er gehört, ihn nur unter dem Vorwand abgeschwatzt habe um die Stelle die Ihre Henriette angeht, für mich auszuschreiben, nichtweniger die über Hn. von Bismark Denkmal auf seine verstorbene Frau, das ich bey dieser Gelegenheit Ihnen nicht genug empfehlen kann. il trouve bien toutes ses pensées toutes ses actions – il semble – denken Sie, il semble (wie wenig sie mit dieser Empfindung prahlen will) il semble qu’on voudroit avoir eté cette femme et etre morte pp. Kurz um gnädige Frau, ich werfe mich Ihnen zu Füssen, daß Sie mir dieses Heiligthum von Abdruck einer schönen Seele (wie wenig vermutet sie, ihren Brief in andern Händen zu sehen) wieder zukommen lassen, damit ich bey seiner Besitzerin kein Kirchenräuber werde. Sie schreibt alle ihre Briefe auf der Hand, grad wie sie ihr aus dem Herzen kommen, nun zählen Sie auf die Wahrheit der Ausdrücke ilest impossible de rendre und des j’y ai pleuré de bien
    bon coeur.
Ich darf Ihnen nicht mehr Zeit wegnehmen gnädige Frau nur eines bitten will ich noch, bitten und betteln, Nachrichten von Ihrer Familie – und die Wölkgen die vor Ihrem Angesicht hängen werden balde zerteilt seyn. Von mir darf ich nichts sagen, meine Reise nach Italien könnte durch die magnetischen Kräfte die meinen Reisegefährten an Strasburg heften, noch auf ein Jahr hinausgeschoben werden. Mittlerweile werden sich erschröckliche Nebelwolken vor meine Stirne lagern und ich Freunden und Feinden ein Ungeheuer scheinen bis Gott andere Zeiten schafft. Entziehen Sie mir, ich mag Ihnen erscheinen wie ich wolle, wenigstens nachdem was ich gewesen bin, oder Ihnen anfangs schien, entziehen Sie mir, gnädige Frau den kleinen Funken gütiger Achtung, Nachsicht nicht, den mein guter Genius in Ihrem Herzen für mich erhalten wolle, der immer immer mein ganzes Glück ausmachen wird. Bedenken Sie, ich flehe, daß ich grosse lange Büssungen im Fegefeuer vor mir habe – vielleicht mehr Lenz. Strbg d 28sten 10br 1775 Haben Sie die Gütigkeit Ihre mir unschätzbare Zuschriften künftighin immer unter folgender Adresse an mich kommen zu lassen A Messieurs Meuille et Perrin Marchands trés renommés pour rendre a Mr. Lenz a Kehl
An die Frau Geheimde-Räthin von
    La Roche
in Coblenz.
G. den 2. Jenner. 76. Mein erster Brief in diesem Jahre ist an Sie, liebster Lenz. Ich habe keinen Posttag versäumen wollen, Ihnen die Ankunft Ihrer Algierer zu melden und die versprochenen 4. Louisd’or zu schicken. Zwar hab’ ich noch keine Antwort von Seyler, aber ich bin gewiß, daß er mir für den Händel Dank wißen wird. Was ich sonst noch mit dem Stücke bey dem hiesigen oder Hamburger Theater erwuchern kann, sollen Sie ohne Verzug haben; alles mit dem gehörigen Anstand und Dekorum. Deshalb können Sie außer Sorge seyn. Übrigens seh’ ich aber nicht recht ein, warum wir Schriftsteller, da wir von dem Publikum überhaupt so wenig Belohnung zu hoffen haben, mit den Theaterdirektoren Komplimente machen oder vielmehr uns eines Händels schämen sollen, der in der ganzen Welt eingeführt ist. Doch wer hierunter Delikateße hat, muß geschonet werden. Goethe war vorige Woche hier; aber wie kurz! Er kam nach Mitternacht auf der Redoute an, brachte den folgenden Tag bey Hofe zu und reiste sodann mit der Weimarischen Herrschaft wieder zurück. Ich hab’ ihn in allem kaum eine Viertelstunde gesprochen. Er weiß noch nicht, wie lang er in Weymar bleiben wird, wo er den Günstling in bester Form und Ordnung spielt und den ihm eignen vertraulichen, nachlässigen, hingeworfnen Ton überall eingeführt hat. Ich muß ehestens hinüber, um mich selbst von dem Fuß zu über-zeugen, auf welchem er mit Wiel. steht. Was man davon hier erzählt, ist nicht zum Vortheil des leztem. Mein Urtheil über die Algierer? Noch kann ich nichts, als sie loben. Zum urtheilen muß ich erst ein wenig kälter werden. Wenn dieses Stück keine Würkung thut, so geb’ ich mich nie wieder mit theatralischer Nativitätstellung ab. Solch ein warmes, ungetheiltes Intereße! Solche gedrängte Handlung! Solche Einfalt in Gang und Sprache! – Mich dünkt ich höre schon Ekhof Alonzo. – Daß ich, durch Hülfe eines Mittlern Vorhangs die Akte zusammengerückt und aus fünf, 3. gemacht, auch ein paar Ausdrücke gelindert habe, werden Sie mir verzeihen. Und dann einen einzigen Einwurf. Pietro ist seinem Vater ungefähr in seinem zehnten, zwölften Jahr entrissen worden. Sollt’ er sich so sehr verändert haben, daß Alonzo nicht die geringste Spur von Ahnlichkeit mehr fände – und wenn das wäre, auch der Vater? – Pietro hört sich von seinem Vater nennen und sein Herr sollte diese bekannte Stimme nicht wieder erkennen?
    Meine
theatralischen Sachen lohnen des Postgelds nicht, sonst schickt’ ich sie Ihnen mit Vergnügen; aber sobald sich eine Gelegenheit zeigt, solls geschehen. Das Beste darunter ist noch nicht gedruckt; der
    Jahrmarkt,
eine Operette und
    Mariane,
ein bürgerliches Trauerspiel, nach der Melanie des Ia Harpe, aber so umgearbeitet, daß ich es so gut mein nennen kann, als Racine seine aus dem Euripides gestohlnen Tragödien. Ich weiß selbst nicht, warum ich es noch nicht über mich gewinnen kann, nach eignem Plane zu arbeiten. Ihre Anmerkungen wegen des von den beyden Freunden zu beobachtenden Spiels sind vortreflich und ich werde sie gehörigen Orts mittheilen. Empfehlen Sie mich den beiden Hhn. Salzmann u. H. Michaelis, wenn sie ihn sehen. Mein Freund Sulzer ist auf einer Reise ins Hannöverische, um die Beschaffenheit der dortigen Viehseuche zu untersuchen. Und meine Schwester in Lion – bald hätt’ ich Ihre verliche Nachfrage nicht beantwortet – befindet sich wo wünscht aber sehnlich, künftiges Frühja land zurückzukommen. Es wäre freylich ich ihr bis Straßburg entgegen reisen kön Die Stollberge sind schon vor einigen Woch gereist und haben sich nur zwey Tage a Fahren Sie fort mein Freund und von der Red meines Herzens überzeugt zu seyn! Der Himmel laß es Ihnen sowohl gehen, als es Ihnen wünscht Ihr G.
An Herrn Herrn
    Lenz
mit 4. Louis’dor in
    Strasbourg.
abzugeben bey Jngfer
    Lutte
in der Knoblochsgaße.
D. 2ten Jenner 76. Strabg Ich kann denen Leuten die meinem Herzen am nächsten sind am wenigsten sagen. Wir steuren vielleicht auf einer See unter dem nehmlichen Winde nach einem Ziel. Lassen Sie uns nie vergessen wenn Dunkelheit weit um uns her auf dem grossen Ocean liegt, daß wir uns lieben, wenn wirs uns schon nicht sagen können und alles für einander zu thun und zu leiden entschlossen sind. Daß einmal Schönheit an Höfen aufgehe, wenn der rasende Sturm sich gelegt hat, der itzt durch die schwüle Mittagshitze zusammengezogen wird. Innere wesentliche ewige Schönheit deren Reitz nicht veraltet. Lenz. ich höre Sie arbeiten an einem Trauerspiel etwa auch Pastoral? Oder aus der Welt? Oder aus der Geschichte? – Was es wolle, daß Sie nur unterstützt würden und ich mehr als Fauler seyn könnte dürfte der über seinen Wünschen stirbt. So aber da ich selbst in Ihrem Fall bin, fremd und ganz ohne Zuflucht hier ausser der in mir selbst – Courage! Lieber Bruder ich trag etwas im Sinn das ich Dir sagen will und wozu ich all Deine Liebe und Theilnehmung auffordre mir beyzustehn! Ich habe Bedürfniss nach einem Stück dramatischer Poesie, das ich ganz nach meinen Ideen und Phantasien voll und prächtig componieren mögte. Und lass Dir jezt klagen liebster Junge daß unter dem hellen Haufen gedrukten Wesens nicht ein Blatt für mich ist! Da bin ich drauf gefallen mich an Dich zu wenden und Dir mit allem trauen und wähnen die Grille zu entdecken, ob Du was machen willst. Es wär ein schönes Ding drum wann Du mir und Dir und allen die Du liebst, so was gäbst und ich drinn auch das treiben meines Geists da abreiben könnte. Ich mag für diessmal nicht lang von reden, denn alles beruht nur für erst darauf ob ich Dir so was zumuthen darf und wie sich Dein inneres darzu geberdet wann Du’s überdenkst. Es b nicht Cantate nicht Lied nicht rium und all das Ge solte würkliche Opera Drame heroique der Fühle hier meinen fürchte mich nicht mehr z wie ihr Leute seyd was das heißt: Vielleicht begegnet Dein Geist hier unmittelbar dem meinen und Du verstehst mich dann gleich. Könt ich Dir so sagen wie das doch Verdruss ist wann man so was braucht und nichts hat. Siehe das schöne heroisch, simple, verliebte Zeitalter der Griechen, und was so ein Süjet da heruasgenommen für liebe Reize darböte – Ich will nur schweigen! Bitte Dich antworte mir gleich auf meine Idee und lass es gut aus fallen. Wilst Du Dich mit einlassen so reden mehr, und wilst Du noch etwas weiter fragen wie ichs für die Macht der Darstellung der Musik am besten halte – so rede und ich antworte. Nur schlag mir wenigstens den Zunder nicht aus der so gut gefangen hat, und lass es dann während so langs will biss Feuer gibt. Adieu. Adieu. K. Göttingen. Den 10ten Januar. 1776. Wie soll ich Ihnen meinen Dank sagen für Ihre vortrefliche Erzählung, mein liebster Lenz! vortreflicher, als ich noch eine in unsrer Sprache kenne, und die, durch Ihre Freundschaft, in mein Museum! Ich habe das erste Stück noch nicht, und weiß nicht eigentlich, was darin steht. Da ich mehr Mspt schicken mußte, als hineingeht, fürcht’ ich hat der Verleger aus eigner Bewegung was ausgelaßen, was nicht ausgelaßen werden sollte. Ich habe ihm heut Ihren Zerbin zugeschickt, und er kömmt ins zweyte Stück. Aber, um des Himmels willen, Freund, laßen Sie sich nicht merken, was ich Ihnen schicke. Ich kann keinem andern das geben, oder ich bin verloren mit dem ganzen Unternehmen, von dem ich mir jetzt selbst schon was zu versprechen anfange. Dank für die schönen Aussichten, die auch Sie mir machen. Freylich kenn und schätz ich Herrn Bleßig. Er hatte schon hier, so viel ich weiß, die Idee, von der Sie mir schreiben, und es soll mir sehr willkommen seyn, wenn er die Ausführung ins Museum geben will. Grüßen Sie ihn. Ich freue mich, daß sie einander kennen. Ein herrlicher Einfall mit Ihrer Gesellschaft von Freunden der Litteratur! Ich werde, wo ich hinkomme, auch eine zu veranlaßen suchen, wenn ich gleich solche Aussichten nicht vor mir habe, wie Sie. Es ist fast entschieden, daß ich nach Hannoverunter recht guten Bedingungen komme. Indeß bleib ich noch diesen Monat hier. Sehr viel hab ich, bey meinem lezten Aufenthalt, mit Zimmermann von Ihnen gesprochen. Wo sehen wir uns einmal? Ich brenne vor Begierde, Sie persönlich kennen zu lernen. Sagen Sie mir Ihre Aussichten. Werden Sie je eine Bedienung suchen. Und von welcher Art? Daß das, was Sie mir lezt schrieben, bey mir bleibt, versteht sich von selbst … Ist Pfeffel in Colmar auch unter ihnen? Schloßer hat mir neulich durch Prof. Meiners, mit dem er in Kor-respondenz steht, etwas Neues versprechen laßen, welches ich mit Begierde erwarte. Nun Göthe sich mit W. verbunden, darf ich mir von ihm nichts versprechen. Voß schickt mir eben einen Almanach für Sie. Ob Sie damit zufrieden seyn werden, daß er Sie unter dem Epigram genannt, weiß ich nicht. Ich bin nicht Schuld daran. Da es nicht mehr Postgeld macht, und ich das Geld desto bequemer beypacken kann, schließ ich das Paket an Pfeffel bey, und bitte, es gütigst zu besorgen. Sie werden sich über die Nachricht freuen, daß Gerstenberg endlich aus seinem litterarischen Schlaf aufwacht, und daß wir diesen Sommer ein paar Bände Schriften, so viel ich weiß ungedruckte, von ihm zu erwarten haben. Es ist eine Oper darunter. Wißen Sie etwas von einem jungen Genie, das in Kostnitz aufgewacht seyn soll, und von dem mir Zimmermann sehr viel erzählt hat? Von Klopstock bekommen wir Ostern eine deutsche Grammatik. Wie weit es mit dem zweyten Theil der G. R. ist, weiß ich nicht. Ein Versuch über die Biegsamkeit unsrer Sprache, den ich daraus gelesen, war herrlich. K. hatte darin Stellen aus den besten Griechen und Lateinern, jede in ihrem eignen Ton, übersetzt. Eine vollkommere Uebersezung ist vielleicht nicht, als die von dem berühmten Briefe des Brutus an den Oktavius. Wie gefallen Ihnen Voßens Idyllen? Er macht izt neue. Und Stolbergs Felsenstrom im Alm? Sein Meisterstück nach meinem Gefühle! Wißen Sie, daß Claudius eine Bedienung im Darmstädtischen bekommt? Ich erwart ihn nächstens hier. Die Stolberge sind izt wieder auf ihrer Reise nach Dänemark. Die armen Kammerherrn in der Antichambre! Wenn das erste Stück des Museums in Ihre Hände kömmt, sagen Sie mir Ihre Gedanken. Anbey folgt der Schulmeister zurück. Ich hätte gern das Original als ein Andenken von Ihrer Hand behalten, und hab’s abschreiben laßen. Wenn die Abschrift leserlich ist, schick ich Ihnen die. Leben Sie wohl, und bleiben Sie mir gut. Ohne Falsch, ohne alle Nebenabsicht der Ihrige Boie. Von den W. noch keine Nachricht. Wüßt ich, daß sie bald kämen, hätt ich das Packet bis dahin aufgehalten, um Postgeld zu ersparen. Wenn Sie doch solcher Erzählungen, wie Zerbin, noch mehr machten! Auch den Anschluß an Hn. Schneider bitte zu besorgen. Ich habe keine Dukaten, und hoffe, Sie werden auch die L. brauchen können. 4 Louisd. machen 7 Duk. Ich schreibe Dir, lieber Lenz, dießmahl in einer wunderlichen Verfassung Ich habe da ein anderthalb Hundert Bürger um mich deren Wohlfart ich besorgen soll; und die doch selten selbst wissen was ihre Wohlfart ist – doch wer weis es? warlich, lieber Freund, es ist sehr schwehr, es ist fast unmöglich in der Welt Leute glücklich zu machen, die so in tausend und tausend Verhältnisse verwickelt sind, so in und ausser sich immer zu kämpfen haben, daß sie alle 2 Schritte anstoßen. Auch ist wirklich das Gebäude von menschlicher Mühseeligkeit so zusammen gesetzt daß an dieser dädalischen Maschine alle Augenblicke etwas fehlen muß. Doch in der That, mein Lieber, wenn ich mir recht auf den Puls fühle, so ist der gröste Defect an Glückseeligkeit meiner und ich glaube auch wohl aller Menschen negatif. Es ist nicht so viel Schmerz und Leiden, als vielmehr Oede an herzrührenden herzfühlenden Freuden, das uns drückt. Daher kommt das Gähnen – die größte Quaal des Lebens, das Jagen nach falscher Glückseeligkeit oder Freude, das Haschen nach Ehre, der Durst der Eitelkeit, das Koketiren des Mädchens, des Dichters, des Autors, und die tausend Schmetterlinge nach denen wir immer greifen, und die uns nie gnügen, wenn wir sie haben. Und woher dünkt Dich kommt das? Meinst Du daß es an Armut der Welt, oder glaubst Du daß es an Schlaffheit der Mode liegt? Sterben wir aus inedia oder ex fame? Mich dünkt es fehlt mehr an uns als an der Welt. Die Freuden der Liebe, der Freundschaft, des ächten Wohlthuns, des Lebens mit Gott, die Freude des Künstlers an Ton, an Farbe, an Gestalt, sollte uns das nicht überzeugen daß die Welt reich genug ist und daß nur wir zu schwache Magen haben. – Und ist’s nicht blos die Erziehung die uns diese geschwächt hat? Ich bin einmal in der Meinung daß kein Philister gebohren wird. In allen sind einige Nerven vorzüglich gespannt, die durch die Erziehung so vest und sicher gestimmt werden können, daß die seelige Vibration nie fehlen kann, wir mögen uns in der Welt hinwenden wohin wir wollen. Leb wohl! Der Augenblick den ich während des Schreibens des Actuarii erwischte, ist vorbey! – Ich küsse Dich herzlich! Du schreibst mir nichts von den Büchern die ich verlangte: Herodot, Diod. Sic. und Plutarch. Kannst Du sie nicht haben – Lindau ist ein Stockfisch. Ich habe ihm keinen Auftrag gegeben. Er soll sich besser erklären. Adieu. Schlosser. Auf dem Emmendinger Rathhaus, den 13 Jänner 1776, Abends 7 Uhr. Hochgeehrtester Herr! Hier die Offenbarung Johannis von Lavater – an Herder. Lavater grüßt Sie herzlich – hat nicht Zeit zu schreiben. Bittet Sie die Offenbarung, so bald möglich an Herder durch Hrn. Geheimen Rath Heß in Darmstadt – zu überschicken – nebst Stollberg – eins vor Sie samt Passavant und Pfenninger. Leben Sie wol. Ihr ergebener Diener bey Johann Caspar Lavater. befindt sich sehr wol. Zürich. d. 14. Jan. 76.
An Hrn. Lenz
Den 14ten Jenner Ich danke Ihnen mit ganzem Herzen, Bester! für die freundschaftliche Mühwaltung die Sie sich haben geben wollen, meinen Seeräuber in die Hosen zu bringen. Ich habe die Vier alte Louisdor richtig erhalten, für die mein Dank zurückkommt. Lassen Sie mir meine Gefühlsart (so übersetz ich Delikatesse) das mehrere was Sie dafür von den Schauspielern erhalten können, mehr um Sie nicht zu verwöhnen, als um zu gewinnen, Ihnen mein bester Freund zu Ihrem selbstbeliebigen anderweitigen Gebrauch anzubieten. Ich bin zufrieden mit dem was man mir freywillig gab. Da Sie doch einmal so freundlich sind und sich mit dem Buben zu thun geben wollen, so bitte ich Hn. Seiler oder wem Sie ihn anvertrauen auch noch folgende kleine Einschiebsel in den Dialog zuzusenden, die das Ganze überschaulicher machen und vielleicht manche kleine Hindernisse an die sich die Täuschung stieß, wegräumen werden. Etwa in der ersten Szene ersten Akts, sobald Alonzo Marianen den Anschlag entdeckt hat, den er mit dem Sklaven hat (wie die Stelle heißt kann ich mir nicht mehr erinnern) könnte der antworten, eh er ihm noch den Glückwunsch thut Meine Adresse ist an Hn Lenz, abzugeben bey Hn. Miville Vater und Sohn in Kehl.
    Mar.
Wie aber wenn Sie alles dies nicht nöthig hätten und Ihr Sohn etwa gar mit unter den Sklaven wäre, die der Ritter Ackton eingebracht hat
    Alonzo
Er würde mich sogleich aufgesucht haben
    Mar.
Er vermuthet Sie aber noch in Barcellona
    Alonzo
Würd’ ihm denn da nicht mein alter Freund Ramiro Nachricht von mir gegeben haben? – Hören Sie, er ist Ihr Correspondent, Sie könnten allenfalls doch, wenn Sie an ihn oder jemand anders in Barcellona schrieben, allenfalls Nachfrage thun. Sie erwiesen mir einen Dienst dadurch. – Doch was wollen wir uns mit Schimären den Kopf zerbrechen. Ich weiß daß sein Herr ihn nicht von sich läßt, wie sollte er denn jemals in Spanierhände gerathen? So aber bekomm’ ich ihn wieder und wenn er in Beelzebubs Klauen steckte. wenn es gedruckt wird bitt ich mir einige Exemplare für meine Freunde aus – ich wäre sehr begierig von einem nicht schonenden Freunde die Wirkung zu erfahren, die das Stück auf dem Theater thut. Es könnte vielleicht mir Gelegenheit geben Ihnen etwas anders zuzuschicken, daß sonst kein Mensch auf der Welt würde zu sehen bekommen haben. ich bin entsetzlich fürs
    gespielt werden
wenn es unbeschadet anderer Sachen seyn kann.
Und weiter unten etwa in der zweyten Scene zweyten Ackts, wo die Verwechslung der Kleider geschieht, als Osmann Pietro fragt: Und was soll aus dir werden? und dieser antwortet: Kümmerts mich doch nicht„ – könnte er frostig lachend hinzusetzen, „ich hab’ ja auch noch Verwandte in Spanien die ich aufsuchen kann wenns aufs höchste kommt“ Sie sehen daß dies die Folgen von Ihren Anmerkungen sind, für die ich Ihnen herzlichst danke. Doch Man arbeitet bisweilen so flüchtig weg, ohne sich genug umzusehen nach Lesern und Zuschauern und nach ihren Ideefolgen. Doch fällt Ihre Beschuldigung Plautussen unendlich mehr zur Last als mir, der ich durch die Veränderung des Auhalts des alten Alonzo, durch die lange Zeit des Ausbleibens, durch die türkische Kleidung, am meisten aber durch den alle andere Erinnerungen verschlingenden Enthusiasmus der Freundschaft in der Seele Pietros (wohin auch die Aufschrift des Stücks weiset) allen Störungen der Illusion wie mich deucht itzt wohl hinlänglich ausgebeugt habe. Für die Nachrichten von Goethen, Wieland, danke ich zärtlichst. Die von Ihnen bitte aber sobald es seyn kann mit Urkunden zu belegen, damit ich sie hier meinen Freunden mittheilen kann. Fahren Sie fort mir Ihren schätzbaren Briefwechsel zu gönnen, und von Zeit zu Zeit was von Ihrer Fräulein Schwester was einzumischen die ich dem leichtsinnigen Gallien mißgönne. Ich lebe hier ziemlich wohl und
    ausgebreitet,
nur muß ich alles was mich etwas preßt sehr sorgfältig verstecken. Meine Situation ist eine der wunderbarsten die ich mir jemals hätte können träumen lassen.
    Soviel
gesellschaftliche Freunde und keinen fürs Bedürfniß. Und beydes nimmt nach dem Maaß zu nach dem ich hier bekannter werde. – Es wird Ihnen nicht besser gehn nur daß die Stadt so groß nicht ist.
Herrn Herrn
    Gotter
Archivarius in Gotha.
Daß ich Deinem Peter viel sagen könnte ist wahr. Daß ich von ganzem Herzen gern seinem Genie den ersten Stoß und die erste Richtung geben, ihn bey seinem Eintritt in das was
    man WeIt
nennt begleiten, die neuen Gegenstände die er sehen wird all in ihrem wahren Licht weisen und mit allen den Muth herunterspannenden Gefahren die auf ihn warten bekannt machen möchte, ist auch wahr, denn es wäre Schade wenn ein Mensch wie der durch Gesichter die nicht denken wie er jemals heruntergespannt oder gleich im Anfange seiner Laufbahn für immer gelähmt würde Aber nun die Kosten lieber Lindau! die Kosten. Ihr seyd nicht reich, ich bin ein Bettler Apostolisch zu reisen leidet die Jahrszeit nicht. Ich muß hier hundert Bändergen zerhauen die ich nachher schwer wieder anknüpfen kann. Doch
    kann ich sie
anknüpfen und an eine Entschädigung will ich nicht denken, nur freye Reisekosten hin und zurück, freyer Aufenthalt in Weymar und Cassel sind Sachen die ich verlangen muß. Den Hof zu Weymar zu sehen, der jetzt ein Zusammenfluß der schönen Geister in Deutschland wie der Medicis ehemals in Florenz wird, wäre mir freylich mit eine große Belohnung für die Beschwerlichkeiten der Reise. Also rechnet nun nach dem Postkalender die Meilen, rechnet die Tage unsers Aufenthalts, rechnet die Rückreise, ein zwölf Louisdor werdt Ihr müssen in die Hand nehmen, von Ernmedingen nichts zu sagen und dem Umweg auch darüber. Ihr geht also sicher nach Amerika. Auch darüber hätt ich viel mit euch zu reden. NB. das läßt sich nur reden. Wenn ihr nach Amerika geht, müßt Ihr nicht
    umsonst dagewesen
seyn, so wenig als euer Peter der euch in allem unterstützen wird. Mein Rath soll Euch bis dahin begleiten Kennt Ihr Gaudi Anweisung für Offiziers von der Infanterie Feldschanzen anzulegen p. Schafft euch das an, es kann euch brauchbar seyn und ist nicht schwer. Hier ists nicht zu h sonst schickt’ ichs euch. Meldt mir wenigstens was aus eurem Projekt und aus eurem Peter wird und wenn ihr nach Weymar kommt, grüßt Goethen. Ists wahr daß er ganz dableibt? Sagt ihm ich könnte ihm noch nicht schreiben. Ihn mündlich zu sprechen wünschte sehr. Auch soll er Wieland grüssen von mir. Lenz. Seinen Egmond habe noch nicht bekommen.
A Monsieur Monsieur Henri Jules de
    Lindau,
chez Monsieur Logis Inspecteur des églises françoises de la Hesse á Cassel.
Lieber Bruder! ich bin in grausamer Beklemmung. Es ist die Frage ob ich v lieben darf. Sie ist diesen Morgen so mächtig in meinem Herzen worden daß sie mir das innere Leben meines Geistes anzugreiffen drohte. Ich fragte mich ist es nicht Eitelkeit, Eigennutz oder noch was schlimmers was in deinem Herzen dies unheilige Feuer angezündet hat – warum willst Du der ganzen Welt und allem was darinn auf Liebe Anspruch macht Unrecht thun. Die innenwendige Moralische Schraubenbewegung ward aufs höchste getrieben – ich lag auf der Folter. Gott der Gedanke in dem ich eben Trost meines Lebens fand – dieser einzige Gedanke Sünde. Etwas für sie zu thun – Du weißt daß dies noch das einzige war das mich an dies Leben band. Denn für andre glaub ich auch nach dem Tode wirken zu können. Ich bin wieder hergestellt. Die Ungewißheit konnte nicht dauern und gottlob der unsre Seelen so eingerichtet hat. Einem Leiden von der Art wenn es anhielt wär auf der Welt nichts zu vergleichen und endliche Kräfte zu schwach dafür Ich bin nicht gehalten etwas zu lieben, das nicht einen mir fühlbaren Werth hat. Und das was ich bis auf den Grad meiner Geliebten lieben darf muß einen Werth haben, der sich auf mich bezieht. Sonst müst ich die ganze Welt heurathen. Ich bin also fest entschlossen meine heilige Grille sie mit keinem Geschöpf auszutauschen in den Sarg mitzunehmen – sag mir drüber was Du willst. Denn ihren Werth kann und wird sie hoffe ich nicht verlieren u. wohl mir wenn sie mich nie liebt als nach Beziehung des Meinigen auf sie. L Was ihr Werth in Beziehung auf mich ist? – Alles. Ich behalte keinen Werth übrig wenn ich den ihrigen zu lieben aufhöre. Meine Existenz ist vergeblich. Ich handelte für sie – sie allein ist und kann zuverlässige Richterin meiner Handlungen seyn und wer mein Verhältniß zu ihr versteht. Ob sie es seyn wird ist die Frage nicht. Mein bester Lavater! Eben habe ich ein paar Seiten in Deiner Gastpredigt gelesen Auch ich hoffe ich baue auf dem Grunde in welchem Jesus Christus der Eckstein ist. Alle Verschiedenheiten aber wird und muß Gott einigen. Ich habe Lindau an mein Herz gedrückt. Er ist viel besser zurückgekommen als er hinreiste und sein Herz fühlt sehr sehr dankbar gegen Dich. Könnt ich Dir nur mehrere zur Kur zusenden – Hier hast Du eine Layenepistel von Schlossern, hast Du einen ruhigen Augenblick so ließ sie und sag mir wie sie Dir gefallen hat. Ich muß sie wieder haben weil sie weiter geht. Goethe hat mir ein Zettelgen aus Weimar geschrieben und ist sehr zufrieden mit Wielanden. Bindet mir auch ein, ich soll ihn ungeschoren lassen. – Er hat mich auf meinen Posten nicht hingestellt, und ich kann nicht wider meine Consigne handeln, was auch Freund und Feind dazu sagen mag. Soviel weiß ich aber daß Wiel. mein Freund werden wird wenn alles unter uns abgethan ist. Nur das letzte Wort darf ich ihn nicht behalten lassen, weil es nicht meine Sache ist die ich treibe. Sobald der Streit nur mich angeht, werd’ ich zu schweigen wissen. Das kannst Du allenfalls auch Wiel. selber sagen und ihm das Schwert gegen mich in die Hand weyhen. Nur schone er was heilig ist unter
    Göttern
und
    Menschen,
ich will nicht geschonet seyn. Lavater! möchtest Du ein Bild in Deine Physiognomik, mit dem Du das Ideal weiblicher Vollkommenheit ausgedruckt bekommst. Von einem erhabenen Stande, durch persöhnliche Eigenschaften unendlich weit über denselben erhaben, die Gelassenheit, die Bescheidenheit, die Aquieszenz in alles was die ihr gewiß innig vertraute Gottheit über sie verhängt – mit allem Feuer des ungewöhnlichsten erhabensten Genies, den scharfen Blick durch das Innerste aller Sachen, das Eigentümliche, das unumstößlich Feste, das Weitumfassende aller ihrer Urtheile, die Kenntniß der Welt die sich nicht allein auf die Denkungsart der Grossen deren Herzen sie alle wie in Händen hat, sondern bis auf das Fassungs- und Empfindungsvermögen des Allergeringsten ausdehnt, so daß alle ihre Befehle und Aufträge an ihre Untergebenen aus den Wünschen derselben hervorgeholt scheinen, so daß sie eine Welt regieren könnte ohne daß sie es inne würde – alles dieses, alles alles – und mehr – willst Du sie – bethe – Durch verborgene Wirkungen höherer Mächte muß sie dazu gebracht werden – denn es ist nicht falsche Bescheidenheit – es ist das zärteste Gefühl weiblicher Schüchternheit, das sie so gänzlich abgeneigt macht, irgend einem Menschlichen Anhalten ihren Schattenr mitzutheilen. Gott welche Seele mahlt sich in dem Profile – welch ein Meisterstück von edler Erziehung unter den Grossen, mit alledem verbunden was ein unauslöschlicher Durst nach allem was vollkommen ist, was Kenntniß heißt und das Herz eröfnet, aus uns selber machen kann. Und denn alle die Hülfsmittel, die Constellation aller äußern Umstände – auf dem Lande gepflanzt, erzogen, an einem Hofe zur Reiffe gebracht und jetzt in seiner ganzen Liebenswürdigkeit vollendet um Tausend Elend und Einen zu einem Gott zu machen – Verzeyh mir Lavater! die Romantische Sprache. lsts Idololatrie so kann sie mir Gott nicht zurechnen, es ist sein Geschöpf: sein Bild. In einem Jahr reis’ ich wohl nach Italien um alles das an den todten Werken der Kunst zu vergessen zu suchen. Noch ist mein Reisegefährt zu sehr an Strasbg. geheftet. Vorher komm ich aber gewiß noch zu Dir und lasse mich heilen, weyhen und stärken Ob zu Leben oder Tod ist hier nicht nöthig zu fragen, Euripides sagt, vielleicht ist das Leben ein Tod und der Tod das Leben – Sey glücklich lieber Herzensforscher und antworte mir ob Du das Bild möchtest. Dein Glaube erzwingt Dirs gewiß. Immerweg und ewig Dein Lenz.
Herrn Herrn Joh. Casp.
    Lavater
Pfarrer am Waysenhause
    zu Zürich.
Durch einen Freund.
Hier haben Sie lieber Freund meine Aussöhnung mit Wielanden, die Sie sogleich Herrn Hellwing in Lemgo zuschicken werden, sie an die Wolken andrucken zu lassen. Sie ist zwar ein wenig Normännisch, wird aber wie ich hoffe zu seiner wahren Beruhigung mehr beytragen, als tausend leere Lobeserhebungen. Die beyden Sachen gehören ganz nothwendig zusammen, eins steht und fällt mit dem andern und ich habe bloß darum damit bisher zurückgehalten um einige Nachrichten aus dem Publikum einzuziehen Hier ist auch etwas von Schlossern für Ihre Sammlung das Ihnen gewiß Vergnügen machen wird. Sie dürfen das Geld dafür mit dem dem für dem ersten Mskpt. Sobald Sie es bequemlichst thun können, ihm unmittelbar nach Emmedingen zu schicken. Darüber aber ist er ein wenig empfindlich gewesen, daß Sie seinem ausdrüklichen Verbot zuwieder, seinen Namen bekannt gemacht und ihn so mit Wielanden über den Fuß spannen. Von diesem können Sie ihn immer als Verfasser nennen. Aus unserer Gesellschaft die täglich anwächst, kann ich Ihnen mit der Zeit einige
    sehr artige
Sachen mittheilen. Verschiedene Professoren unserer Akademie haben sich zu uns gethan von denen wir auch allerley hoffen. Herr Blessig schreibt hier an einem Strasburger Wochenblatt,
    der Bürgerfreund,
das aber ganz und gar
    lokal
ist. Auch ich schreibe hinein. Aber wie Sie sich wohl vorstellen können, alles ad captum unserer Leute. Indessen wollen wir hoffe ich andern Schriftstellern dadurch Feld bearbeiten. Leben Sie wohl u. antworten Ihrem L. Das Soliloquium des Wetterhahn könnte füglich wegbleiben. Es ist
    zu
schmutzig. Sorgen Sie doch dafür bester!
    Wenigstens muß er in Kleidern
am Tisch sitzen. es wäre mir
    aber sehr lieb
wenns ganz wegbliebe. verte
Den 21sten Jenner Eben jetzt erhalte Nachrichten, daß Herr Leibarzt Zimmermann in Hannover bey jemand nachfragt, ob die Wolken von mir seyn. Sollte er sie gesehen haben? Soeben läßt er mir durch seinen Sohn sagen, er habe ein Mskpt von mir in Händen, das er in Leipzig bey Reichen werde drucken lassen. – Sollten das etwa gar die Wolken selber seyn? – Es sey was es wolle so geben Sie mir Nachricht davon und wenn Sie etwa auf die Art der Freundschaft für Hn. Wieland eine Schmähschrift hätten unterdrücken wollen,
    die ihm soviel Ehre macht
und mit der ich
    ganz andere
Zwecke zu erreichen hoffe, als die Schriftstellerreputation eines Mannes herunterzusetzen von dessen wahrem Werth kein Mensch in Europa eine so anschauende und richtige Erkenntniß haben kann als ich – – so bedaure ich daß Sie meine wahren Absichten – meine Einsichten – und mein Herz – so mißkennet haben – und bitte mir beydes Pasquill – und Apologie – die wie gesagt beyde
    nothwendig
waren, beyde ohneinander nicht
    bestehen konnten
ungesäumtst wieder zurück. So ist eines der edelsten Anschläge meines Lebens über den Hauffen geworfen. – Das Packet mit den 10 Dukaten habe erhalten und danke sehr für die schleunige und freundschaftliche Bezahlung. Aber wie gesagt ein Dolchstich von der Hand des Freundes wäre mir angenehmer als Hintertreibung
    guter und edler
Absichten – unter dem Schein sie zu befödern Doch wenn ich mich geirret habe so verzeyhen Sie! Oder sollte selbst im befürchteten Fall, Herr Leibarzt Zimmermann auch
    meiner Meynung
# seyn – O welche Freude für einen Jüngling, die Stimme eines solchen Mannes gewonnen zu haben. – Sonst mach ich diesen ganzen Lärm nicht eben um der Männer willen; die über Lärmen dieser Art gewöhnlich hinauszuseyn pflegen. Wenn sie aber Söhne haben – Söhne in meinen Jahren – und in meinem Fall – Söhne für die ich alles das thue – # und es ihm mit dem Druk in Leip. ein Ernst seyn L Den 22sten Wie gesagt, vor allen Dingen, wenn meine Furcht wahr ist, bitte mir die Apologie wieder. Sie ist meine einzige Schutzwehr, der einzige Schlüssel aller meiner Absichten, auf den ich alle meine Freunde die über diese Sache an mich geschrieben verwiesen. Bekomme ich sie nicht so bin ich in einer verzweiflungsvollen Lage – und das durch Freunde – denen ich mich ohne Zurückhaltung anvertraut – Lenz Bester Freund wenn meine Furcht ungegründet ist, so verzeyhen Sie nochmals bitte ich, den Ausbrüchen meiner Leidenschaft. Mir ist an Endigung dieser Sache und an Aufklärung des Publikums über meine Gesinnungen und Handlungen gegen Wiel. alles alles gelegen. Um dieses Schrittes willen – that ich all meine bisherigen Schritte – dieser Schritt entscheidet von allen meinen künftigen. Ich kenne mein Publikum, ich habe es vorbereitet – ich habe die ganze Wirkung berechnet die das thun
    kann
– thun soll und muß – und wenn nun am Ende der Unternehmug – – sich mir der Freund entgegen stellte und
    unter dem Schein
mir zum Ziele zu helfen – ich kann den Gedanken nicht aushalten – entreissen Sie mich dieser gewaltsamen Gemüthsverfassung durch die geschwindigste Zurücksendung des unglücklichen Manuskripts das sodann freilich nicht in Freundshände hätte fallen sollen. Viel lieber hätte ich Wiel. selber zugeschickt. Beruhigen Sie mich, ich beschwöre Sie Von Blessig und andern nächstens
Liebster Lenz, Dank für Deine Herzens Brief, Deine Herzenssachen. Nur dieß: wie kann ich den Schatten verlangen? vielleicht, wenn Du mir die Person nennest – kann ich, darf ich an sie schreiben? Sag mir, was Du willst u: kannst. Dein Petrarch ist endlich fertig. Aber hinten am
    Bücher Catalog,
ist zum toll lachen. Friz
    Stollberg
(Porträte von beyden bekommst Du durch Emmerich!) ist Cammerherr in Weymar. Bravissimo. Wann kommst Du? Du – u: Zimmermann. Schloßers Epistel herrlich, göttlich … aber nicht ganz. Muß alles ungöttliche weg. Solche Sachen halb, sind sehr schädlich. Soviel dießmal. Adieü. Paßavant ist wol u: brav, und ich ein zertretner Wurm – D 24. Jan: 76. J. C. L.
Fast sollte selbst das Äusserliche dieses Briefes Ihnen das unterscheidende und wenn mein Blick nicht ganz trügt nicht eben Ihnen unangenehme meines Karackters vor Ihre Augen bringen. Der innigsten Verehrung der Schönheit und ihrer Priester fähig zwingt mich eben diese Leidenschaft die ich für sie trage und die im eigentlichsten Verstande die Leidenschaft des Liebhabers heissen kann eine meinem Gesicht wiedersprechende Maske, die Maske des kalten Philosophen vielleicht wohl gar des unorganisirten vorzunehmen um den zufälligen Schaden der durch zu grosse Sonnenhitze entsteht unwirksam zu machen um Ihnen m H. meine mir heilige Pflanzen den Boden zu säubern und einem neben dem andern Platz zu machen. Sie kennen sich zu sehr und Ihr Publikum zu wenig als daß Sie dieses Geschäft selber übernehmen könnten wenn jemand dazu tüchtig seyn konnte mußte ich es seyn dessen eigene kauderwelsche Gestalt ihn von aller Partheylichkeit und Eigennutz freyspricht. Glücklich möcht ich mein Vaterland gern sehen, glücklich durch Sie und Ihres gleichen – weh Ihnen wenn Sie das nicht auch wollen. Nur lassen Sie der Sie der Imagination alles absprechen sich nicht durch Ihre eigene zu schön gestimmte verleiten Gedichte die entzücken für Wahrheit zu halten, die nur wie sorgfältige Eltern mit Ernst und Strenge langsam und unmerklich beglücken kann und deren Dank nicht in dem Beyfall ihrer Zeitgenossen sondern im Beyfall ihres eignen Herzens liegt. Geben Sie uns den Dichter W. wieder den wir durch unglückliche äussere Verhältnisse vielleicht des Alters und einiger Ihrer Zeitgenossen verloren zu haben schienen und lassen Sie denen Philosophen die Sie zu schätzen und zu fühlen wissen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn sie gleich oft die Leute für die keine andere Kur da ist lehren müssen auf allen Vieren zu gehen. Eben diese sind es die Ihnen Ihr Publikum machen und Sie sollten durch Ihre lucianische Gabe zu spotten nicht den Undank gegen sie soweit treiben daß er Ihnen am Ende selbst gefährlich wird. Einem Nervengebäu das nicht gespannt ist kann Cramer und Lolli Jahrhunderte lang vorgeigen. Das ist eine Frage ob ein heutiger Orfeus sich nicht lieber Höllenhunde und Furien zu Zuhörern wünschen wollte. Sie also der Sie soviel kaltes Blut haben, sehen Sie also einmal Ihren eigenen Werth und Ihr eigenes Interesse mit kaltem Blut an, setzen Sie sich in unsern Gesichtspunkt und fragen Sie nun nicht als Künstler sondern als Kunstliebhaber Ihr eigen Herz ob Sie nöthig haben zu Ihren aufgestellten Gemählden ultro emptorem adducere Pl. Poen. ob Sie bey diesem Betragen nicht Ihnen Schaden gethan ob Sie denen nicht Verbindlichkeit haben die Sie dieser Mühe überheben und zugleich Ihre Zuschauer in den Gesichtspunkt stellen wo sie bloß mit der stärkeren Phantasey das schöne Ganze Ihrer Produktionen aufffegenassen nicht aber zu ihrem eigenen und der Kunst und des Geschmacks Verderben an einzelnen Theilen derselben hängen bleiben die nur durch die üble Anwendung die man davon macht gefährlich werden Ihr Freund und Diener Daß das was ich Ihnen hier sage nicht blosse Prahlerey sond. schon vollführte Handlungen sind, werden Sie nun bald öffentlich erfahren. Und sollen es inskünftige noch besser erfahren wenn – Bester L. es ist die Gräfin Waldner Tochter des Presidenten der Ritterschaft im Sündgau u: Elsaß eine der innigsten Freundinnen der Prinzeßin von Fürstenberg in Mümpelgard, an welchem Hof sie sich den vorigen Sommer aufgehalten u: den nächst Kommenden wieder hingehen wird. Du darfst nur einen Brf: an sie machen, u: mir schiken, ich kenne eine hiesige Freundin von ihr, die sie sondiert hat, Du wirst große Freude damit machen u: die Silhouette mit einer Antwort sogleich erhalten, die Dir schmeken wird. Wirst Du mich für den Helden Metromanie halten? Sey es – wenn ichs einem Freund wie Dich habe, muß ich ihm alles bis auf m: Thorheiten gestehen. Ich befinde mich sehr wohl dabey, wenn es eine ist: nur hoffe ich wirst Du niemand Gelegenheit geben darzu erfahren was ich mir selbst zu gestehen kaum das Herz habe. Wenigstens soll mich alles das zu Handlungen führen die mir u: Dir m: Freund Ehre machen werden, u: nach deren Vollführung ich ger gelebt haben will. Kopenhagen d: 3ten Febr. 1776. Ich wollte daß ein Brief Ihnen sagen könnte, mein Freund! Wie sehr ich Sie liebe, u: so lebhaft es sagen könnte als ich es empfinde. Zwar hab ich Sie nur kurze Zeit gesehen, aber gleich liebte ich Sie herzlich, fand Sie gleich so wie ich mit Ahndung gehofft hatte sie zu finden. Seitdem hab ich viel gesehn, viel genossen, viel empfunden. Aber all das hat dem Eindruck welchen Sie auf mich machten im geringsten nichts von seiner Stärke genommen, ich fühle noch eben so lebhaft daß Ihre herzliche Freundschaft meinem Herzen ein Bedürfniß ist. Könnt ich doch einen Nachmittag nun mit Ihnen zubringen, es liegt mir auf dem Herzen daß Sie vielleicht es nicht
    ganz
sehen wie sehr ich Sie liebe. Das möchte ich Ihnen mündlich sagen. Auch möchte ich mit Ihnen schwatzen vom GottesLande Schweiz u: vom Gottes Manne Lavater. In Deutschland ist mir in Weymar vorzüglich wohl worden. Der Herzog ist ein herrlicher Junge, beide Herzoginen, Mutter u: Frau, sind zween Engel. Unser lieber Wolf lebt dort herrlich u: in Freuden, weil von allen geliebt, ist sogar ein Herzens-Freund von Wieland. Ich hätte wohl die erste Umarmung sehen mögen, mir kamen sie zuweilen vor wie der Herkules in der Alceste u: der Herkules in Wolfs Farce. Ich muß Ihnen doch sagen daß Wieland weit besser ist als ich dachte, sein Herz ist würklich gut. Er selbst würde ganz gut sein wenn man ohne Liebe für Religion u: Sitten es sein könnte. Ich habe viel öfter mit ihm sympathisiren können als ich geglaubt hatte, es gieng so weit daß ich, welcher so viel Gefallen sonst hatte an allem Herzeleid so Sie u: Voß ihm anthun, endlich Mitleiden mit ihm kriegte, u: es mir schien Sie beide hätten ihm zu viel angethan. Wolf geht viel weiter als ich, u: ist sein wahrer Herzensfreund. Ob ich ihm gleich gut geworden bin so wollte ich doch daß er nicht in Weimar lebte. Ich komme dorthin als Kammerherr, zwar traurig meine Geschwister u: eine Hand voll Freunde zu verlassen, aber froh das knechtische Dännemark mit meinem lieben Vaterland zu vertauschen. Unsern treuen Wolf hoffe ich oft zu sehen. Mit Klopstock haben wir seelige Tage gelebt, über die Belte sind wir mit Eisbooten gegangen, man zieht das Boot nach sich, u: springt hinein sobald das Eis bricht. Schwestern haben wir hier wie sie im Himmel nicht besser sein können. Mein Bruder liebt Sie zärtlich. Lieben Sie mich wie ich Sie liebe, u: verzeihen Sie wenn ich zu viel fodre. F. L. Stolberg.
Empfangen. Den 12 Febr. 1776. Bester Freund! Eben jetzt erfahre ich von Me. La Roche, was ich noch nie gewußt, daß sie einen Sohn bey Wiel. im Hause gehabt. Ein Donnerschlag hätte mir nicht empfindlicher kommen können als eine Nachricht, die so viel Beziehung auf meine Pasquinade hat, denn ich wollte eher alles in der Welt als diese Frau oder etwas das ihr angeht beleidigen oder kompromittieren. Können Sie es also auf irgend eine Art machen, daß die Wolken entweder gar nicht oder wenn dies
    unmöglich
ist, statt der deutschen Namen die Griechischen aus dem Aristophanes:
    Strepsiades und Phidippides
(für Leopold Sauk etc:) gesetzt und die Vertheidigung W. gegen die Wolken durchaus
    nicht an
    diese
angehängt, sondern
    detachirt
gedruckt werden als Palinodie nicht als prämeditirte versteckte Apologie derselben. Wie gesagt ich bin über die Nachricht ausser mir denn sie zertrümmert mein ganzes Projekt, das nichts weniger war als irgend eine Privatperson durch meine Possenreissereyen zu beleidigen sondern nur W. aus seinen Schriften turlupiniren wollte. L. Wenn der Druck der Wolken ganz inhibirt werden kann, ich gebe was darum. Die Palinodie kann und, muß deswegen doch in die Welt. Desto origineller ist sie. Man kann dazu setzen, der V. habe den Druck der W. verhindert und weil viele sie im Mskpt. gelesen, dies zu seiner Rechtfertigung geschrieben. Ich will nichts dafür.
Den 15ten Febr. 1776. Eben jetzt mein lieber bester Freund, erfahre ich von verschiedenen hiesigen Freunden, daß Sie Stabsekretär in Hannover werden. Es thut mir wehe, daß meine Privat- oder Publick-Geschäfte vielmehr mir so den Kopf eingenommen, daß ich mich bey Ihnen deßfalls nicht näher erkundigen konnte. Von ganzem Herzen umarm’ ich Sie, wünsche Ihnen Glück, wünsche Ihnen zur Vollendung Ihres Glücks eine Gattin die Ihr ganzes Herz auf ewig in Besitz nimmt und es so in Enkeln bis auf folgende Jahrhunderte hinausdehnt. Mir wird dies Glück sobald nicht werden, denn zu jedem öffentlichen Amt bin ich durch meine Schwärmereyen verdorben. Lassen Sie sich dies Wort nicht schröcken. Ich kenne Herr Wielands Unterscheid vielleicht besser als er,
    will aber
lieber Schwärmer für die Tugend als Enthusiast für das Schöne seyn, solang das Schöne sich mit der Tugend nicht vertragen kann. Sind die ersten Chymischen Operationen erst vorbey, so wollen wir auch schon sublimiren und ich hoffe mit ein wenig besserem Glück – aber das unter uns, es giebt Leute, wie Werther sagt, die das übel nehmen würden. Zu Ihrem Museum werde Ihnen mit Beyträgen die Ihnen lieb seyn werden nicht entstehen. Ich bin sehr begierig aufs erste Stück. Sorgen Sie nicht, Sie sollen meine Freunde hier, die sich durch Sie produziren, nicht mit Geld bezahlen. Lassen Sie, ich bitte Sie, wo möglich die Wolken nicht drucken, wenigstens verändern Sie die deutschen Namen dagegen soll und muß (vergeben Sie dem Patrioten, Ihrem Freunde, den Ton) die Vertheidigung Wiel. gedruckt werden, die seinen Hauptgesinnungen mehr schaden wird als alle Anschuldigungen. Ich kenne mein Publikum – – und jetzt ist es Zeit. Wenn das Eisen ausgeglüht hat, fällt der Hammer zu spät. Lassen Sie sich durch keinen menschlichen Rath davon abbringen, suchen Sie aber den Druck der Wolken zu hintertreiben (sollt’ es auch auf meine Kosten geschehen) wenn Sie mich und mein Wohlseyn lieb haben. Kann es aber nicht mehr seyn, so ists Schicksal und ich ergebe mich darinn. Nur die deutschen Namen, die Namen! und daß die Vertheidigung nicht angedruckt wird. Gotter läßt ein Schauspiel von mir drucken: Die Algierer, eine Nachahmung der Captivei im Plautus. Lavater hat ein Gedicht von anderthalb Bogen von mir herausgegeben:
    Petrarch
    aus seinen Liedern gezogen
. eine kleine Ergiessung des Herzens die Ihnen Freude machen wird. Beyde werden wohl in Leipzig zu haben seyn. Machen Sie mir doch die Freude und schicken mir einige Anzeigen von Ihrer MonathsWochenschrift nach der mich hier so manche Leute gefragt haben an denen Ihnen gelegen ist. Ihre Litterarischen Neuigkeiten sind mir und meinen Freunden sehr willkommen. Unsere deutsche Gesellschaft breitet ihren Wipfel immer weiter aus, so daß ich unter ihrem Wipfel vo Schatten von der Hitze des Tages offt herrlich abgekühlt werde. Einige Mitglieder derselben, unter andern eine sehr liebenswürdige Magistratsperson (Herr v. Türkheim) arbeiten an der Wochenschrift der
    Bürgerfreund
– der ich an manchen Orten Deutschlands Nachahmer wünschte. Besonders in Ansehung des Lokalen. In der Schweitz kommen auch noch flüchtige Aufsätze von mir heraus, in denen ein Familiengemählde: Die beyden Alten, ein Drama Ihre Augen füllen wird. Das Kostnitzergenie kenne ich nicht, in Colmar kenne ich einen jungen Franzosen, von dem ich etwas in Lausanne werde drucken lassen, das Ihnen die Beschaffenheit des Bodens im Elsaß zur Hervorbringung poetischer Köpfe näher bezeichnen wird. – Wissen Sie daß
    Stella
von Goethen in Berlin gedruckt wird und er in Gotha Weymar bleibt? – Vielleicht komm’ ich auch bald in Ihre Gegenden. Lieben Sie immer Ihren Freund Lenz. Herrn Zimmermann wenn Sie ihn sehen, meine ganze Hochachtung. Ich wünschte mehr Zeit zu haben, ihn in seinem Sohn zu geniessen.
Herrn Herrn
    Boje
Gelehrten in
    Göttingen
Den 9ten Februar Mein lezter Brief wird Dich geverwundert haben. Ich habe die Antwort noch nicht haben können weil ich noch nicht in Cassel gewesen bin: ich irre noch immer auf dem Lande herum. O daß sie doch nicht abschlägich ist! Die Ursachen warum ich es wünsche habe ich besser gefühlt als ich sie Dir jezt sagen werde. Erstlich, wird der kleine Lindau Gelegenheit haben (so kömmt es mir je vor) auf dieser Reise Bilder und Ideen zu samlen die vielleicht nun nicht mehr könten in seine Seele gebracht werden da wir Europa verlassen, und wahrscheinlich es nie wiedersehen; er kommt auch in eine ganz fremde Sphere; bräuchte wäre es ihm den nicht gar gut wen Du könntest bey ihm seyn. Du Sein Umgang mit Dir wär ihm vielleicht eine Vorrede zu einem Theil eines folgender Exißtenze künftigen Lebens. Zweitens köntest Du mir manchen guten Rath geben in Absicht auf die Art wie ich mit ihm umgehen soll. Wenn Du aber gerne bis nach Weimar gegangen wärest, Lieber, so habe ich gros Recht gehabt Dich für Schlösser in der Luft zu warnen. Mit diesen armselgen 9 Carolinen alles was ich missen kann muß Peter bis nach Frankfurt kommen. Nimm Du davon soviel möglich, und geh so weit mit als Du hin und her mit dem Gelde auf der Diligence zureicht. Könte es doch bis Mannheim zum wenigsten seyn und paste es sich so, daß Ihr köntet die Oper sehen! Da ich im Sch auf der Reise schlafe so wie in meinem ganzen Leben, weis ich gar nicht was es kostet. Der kleine Lindau ist nicht Officier geworden: weil er mir zu viel gekostet hätte: Ich nehme ihn blos als Reisegefährte mit. Ich hoffe er wird acht oder vierzehn Tage nach diesen Brief in Strasburg eintreffen. Es hat grosse Eile, den die Truppen marschieren vor Ende dieses Monats: und drey Wochen drauf embarquiren sie sich den Tag kan ich aber nicht bestimmen Wenn Du zum Unglük nicht m Peter Peter wird mich wohl schwerlich in Cassel noch antreffen und wird mir müssen nachreisen. Er muß sich dort an Herr Lagis adressiren. Wenn Du zum Unglück nicht mit kanst so wird der Peter Geld genug übrig haben, so sey doch so gut und kaufe ihm einen kleinen Degen mit einer guten Lane Lame a dos wenn Du eine kriegen kan, einen hübschen Chapeau corse, und hauptsächlich ein paar Stiefeln, wenn es moglig ist. Schreibe mir ja bald. In Frankfurt addres meldet Ihr euch gleich bey dem Herrn Rath Göthe. Ist Peter allein so wird er wohl bey ihm logieren Habe ich Zeit so will ich noch heute an Salis schreiben daß er Dir Nachricht von Peter giebt. Deine Ungewisheit thut mir Weh. Den 20 Febr. 76. Ich muß Ihnen bekennen, daß ich sehr mit den Wolken gefehlt habe. Ich habe an hunderttausend Sachen nicht gedacht die mir aus denselben auf ewig zur Last gelegt werden könnten und ich sehe jetzt nur zu sehr ein, wie gefährlich die Lesung eines Alten einem Jüngling werden kann der den Sturm der Leidenschaft im Busen hat. Seine Vernunft die ihm alle Gegenstände beleuchtete, verdunkelt sich, er sieht sich und seinen Feind allein und die ganze Welt nimmt eine andere Gestalt vor ihm an. Wenn Sie noch mein Freund sind Boje, wenn Sie noch Freund des Guten sind das ich aus allen Kräften zu befordern wünsche, hindern Sie noch den Druck dieser Mißgeburt meiner Galle. Warum mußte ich doch in dem Augenblicke überm Aristophanes sitzen, als Wiel. mich beleidigte. Wenn sie gedruckt wird, wünschte ich nicht mehr zu leben. Nicht wegen der Gefahr der ich mich aussetze, sondern wegen des Guten das ich sonst ausrichten könnte und das sie auf ewig verhindert. Schreiben Sie mir auf das geschwindeste Bester, o nun mein entscheidender Freund – ob das hintertrieben werden kann. Ich will gern alle Kosten tragen. Und verzeyhen Sie mir meine häuffigen Briefe und wie ich Sie mit alle den Aufträgen mißhandele. Ich hoffe daß einmal gut zu machen. Und schicken Sie mir, ich bitte das Mskpt der Wolken zu, damit es in keine andere Hände durch Zufall jemahls gerathen könne. Es verwölkt und umnebelt meine ganze Bestimmung alle meine Entwürfe auf immer. am rechten Rand aller Zeilen des direkt folgenden Absatzes wohl irrtümlich Anführungszeichen; sie sind wahrscheinlich erst für den darauf folgenden Absatz gedacht: Nichts destoweniger können und sollen die Blätter gedruckt werden die den Wolken als Anhang bestimmt waren: sie sind fürtrefflich und für unsere Zeiten, für Wieland, für die Kunstrichter und das Publikum nothwendig. Mit denen biete ich allen Gefahren die meinem Namen daraus entstehen könne frölich Trotz, von meinem eigenen Herzen gerechtfertigt. Wenn Sie doch Herrn Helwig bereden könnten die Wolken dagegen auszuwechseln und sie ungefähr mit folgendem Vorbericht drucken zu lassen. Der Verfasser dieser kleinen Schrift hatte mir ein Manuskript zugesandt, dessen Druck er aus wichtigen Gründen zu hintertreiben und es der für
    nöthig
gut fand. Da dieses Mskpt. aber doch durch verschiedene Hände gegangen war, fürchtete er es könnte bey einigen seiner Leser nicht nur wiedrige Eindrücke gegen die darin vorgestellten vorkommenden Personen sondern auch wieder den Verfasser selbst, der in dem Augenblick als ers schrieb seiner Einbildungskraft und seinen Leidenschaften Zügel anzulegen nicht im Stande war, zurückgelassen haben. Diese auszulöschen schrieb er folgende Vertheidigung der in den Wolken geschilderten vorgestellten Personen und seiner selbst, weil er einen Schritt den er in Aristophanischem Spleen zu weit gethan auf keine andere Art gut zu machen wuste, um zugleich durch sein Exempel allen seinen jungen Landsleuten die in ähnliche Umstände kommen könnten, einen Wink der Warnung zu geben. hinterlassen. Ich bitte Sie um baldige Antwort Boje, weil eine mir sehr wichtige Reise davon abhängt. Unterdessen umarmet Sie aufs zärtlichste Lenz.
Herrn Herrn
    Boje
Gelehrten in G
    Göttingen
Cassel den 16ten Feb. Es hat so keine grosse Eile mit eurem Marsch; mein lieber diese unsere Truppen marschiren nur den 15ten Merz zum frühesten Mit Erstaunen habe ich gesehen das Du die ganze Reise mit 12 Louisdór bestreiten willst. Ich werde Dich also noch vielleicht können umarmen, wenn mir möglich ist noch 3 nach Frankfurt zu schicken Reiset von dort nicht nach Cassel sondern nach Wommen das bey Eisenach liegt und wo ich zwei liebe Schwestern habe, von dort würdest Du auch können nach Weimar Reisen. Du weißt doch daß Grewen in Hanau Hanöwrischer Fändrich ist. Strasb. den 19ten Febr. 1776. Hier haben Sie etwas lieber Freund das Sie unserm Hellwieg für die unterdrückten Wolken anbieten können, die er denke ich nicht sehr bedauern wird. Ich habe deßwegen mit einem andern Buchhändler in Unterhandlungen gestanden der sich über 10 neue Louisd’or nicht mit mir einigen wollte, Herr Hellwieg aber als Freund soll es für den Dukaten den Bogen haben. Ich habe nicht Zeit gehabt, es abschreiben zu lassen, die kleinen Aenderungen aber die ich in dem Ausdruck hie und da gemacht sind deutlich genug als daß Ssie hoffentlich den Korrecktor verwirren könnten. Für Druck und Pappier lasse ich die Freundschaft sorgen. Ich wünscht es sobald als möglich gedruckt weil es schon in manchen Händen gewesen die sehr begierig auf die Bekanntmachung sind. Schreiben auch Sie mir Ihre Sensation. Ich umarme Sie vom ganzen Herzen u. ganzer Seele Lenz. Die Wolken bitte ich mir doch zurück. Vielleicht komm ich noch dieses Jahr in Ihre Gegenden. Mein Name wird nicht genannt. Daß mich Ihr gütiges, mehr als mütterlich herablassendes Zutrauen, gnädige Frau! bis zu Thränen gerührt hat, – warum muß ich es Ihnen so spät sagen? Anstatt meine fürwitzigen Erkundigungen mit dem Ernst der Weisheit abzuweisen, geben Sie Ihnen mütterlich gütig nach, und beschämen auf die Art meine Dreistigkeit bis zum Verstummen. Indessen war mir alles auf der Welt an diesen Nachrichten gelegen, und ich bedaure nichts weiter, als daß ich mit Einziehung derselben bisher so saumselig gewesen. Die geringste Kleinigkeit von Ihnen und Ihrer würdigen Familie Umständen, ist mir von jeher äußerst wichtig gewesen; nur waren die Nachrichten, die ich, als ein in diesen Gegenden völlig fremder, halber Lapländer, bisher davon hatte einsammlen können, alle so mangelhaft, so wiedersprechend, in einem so hohen Grade wiedersprechend gewesen, daß dieses Bedürfniß meines Herzens auf keine andre Art befriediget werden konnte, als von Ihnen selbst. Wollte Gott, ich hätte eher so glücklich seyn können! Werden Sie es einem Kopf, der von hundert nothwendigen, und zehn Tausend unwichtigen Dingen gezerrt wird, verzeihen, daß ich mit meinem Dank so spät komme? Und dennoch Keckheit genug habe, so viel es möglich, und so weit eine solche Bitte von mir, ohne unbescheiden zu werden, geschehen kann, Sie um nähere Aufhellungen einiger Stellen Ihres lezten Briefes anzuflehen? Wer war der Hohepriester, der bey dem Schicksal der liebenswürdigsten Person Ihres Geschlechts eine so unliebenswürdige Rolle spielte? Und war die Leidenschaft des Andern edel, die, wie ich aus allem ahne, unglückliche Folgen hatte? Ich las alle diese Worte, wie die Passionsgeschichte unsers Heilandes. Wie entzückt bin ich über die Familienportraite, die Sie mir aufgestellt haben. Noch oft spaziere ich in Gedanken in dieser Gallerie herum, und freue mich über die mannigfaltigen, und doch einartigen Abdrücke des treflichsten Vaters, (den ich zwar nur von der Seite seiner Erholungen und Vergnügungen, ich meyne die Briefe über das Mönchswesen, kenne, dessen ganzen Werth ich aber, nach Maaßgabe dieser, mit einem angenehmen Schaudern ahne,) und der fühlbarsten, weisesten und aller Verehrung würdigsten Mutter. Könnte ich Ihnen doch alles sagen, was mir auf dem Herzen liegt. So viel müssen Sie wissen, daß Ihre Nachrichten mir in einem Augenblicke kamen, wo sie mich fast zu Boden schlugen. Ich wußte nie, daß Sie einen Sohn hatten, geschweige einen würdigen Sohn, der bey Wieland im Hause gewesen, und also auch ihm manches zu danken hat. Mein Wiederwillen gegen W., schrieb sich bloß aus einigen seiner Schriften her; seine Privatverhältnisse habe ich nie gewußt, mich freilich mit großen Unrecht zu wenig darum bekümmert. Erst jezt geht mir über viele Stellen in Ihrer unsterblichen Sternheim ein Licht auf, das mich in einen wunderbaren Zustand versetzt, den ich Ihnen lieber, vielleicht sehr dunkel und unvollkommen, zu ahnen überlassen, als beschreiben will. Auch wären vielleicht noch viel fatalere Sachen erfolgt, wenn ich nicht, (ich denke, aus Fügung der Providenz,) noch im kritischen Augenblicke, diese Winke erhalten, die mir nun, von Ihnen, um so viel heiliger sind. Nehmen Sie mehr als wörtlichen Dank, würdige Frau! Ich hoffe, daß auch ich Wieland kennen lernen, und mit ihm, zwar zu seinem Vorteil, werde ausgesöhnt werden. Indessen hat doch alles das zu manchem gut seyn müssen. Gegenwärtig gehe ich mit einer kleinen Reise nach Deutschland um, die die nach Italien wohl noch vorher kreuzen, vielleicht ganz auf eine andre Zeit aussetzen könnte. Ich bin nicht so ganz Dichter allein, als Sie wohl glauben werden, und fühle es wenigstens sehr lebhaft, daß zum gut und artig seyn, auch nothwendig das
    seyn
gehöre.
Es hat mich gefreuet und geschreckt, daß die Soldaten bereits gedruckt werden. Indessen da es so ist, so hat es wohl so seyn müssen. Nur hab’ ich höchst wichtige Ursachen (nicht des Eigennutzes allein, sondern etwas mehrern) meinen Namen nicht bekannt werden zu lassen. Wollten Sie also die einzige Gewogenheit für mich haben, Herrn Reich zu bitten, daß er, um alles desto besser zu maskiren, auf den Titel setze: eine Komödie von Steenkerk aus Amsterdam; der drolligte Name wird nichts zu sagen haben, er hebt alle meine Privatbesorgnisse alIein. In der Folge wird es sich erweisen, warum diese Vorsicht nöthig war, und jeder Menschenfreund wird mir Recht geben. Auch bitte ich Herrn Reich meinen Namen nie zu nennen, denn Buchhändler schweigen nicht gerne, mag ihr persönlicher Charakter noch so edel sein. Wie können sie’s auch wissen oder ahnden, was für Wunden sie oft dem Verfasser schlagen. Ueber die Soldaten habe ich auch nachgedacht. Wäre es möglich Herrn Reich zu überreden, daß er das gantze Stück nicht eher als bis künftige Michaelismesse bekannt machte, so würde mir und ihm ein großer Gefallen geschehen. Ich habe etwas (nicht seit gestern) im Kopfe, das allem diesem ein größeres Gewicht und einen ganz andern Ausschlag geben soll. Zudem ist ein gewißer Privatumstand, den ich Ihnen nicht nennen kann, der diese Vorsichtigkeit mehr als notwendig macht. Wollen Sie die Gütigkeit haben und Herrn Reich nur sagen, Herr Steenkerk in Amsterdam bitte ihn angelegentlichst, er wollte zwar alles nur abdrucken lassen, aber wichtiger Ursachen halber nichts eher bekannt machen als auf die Michaelismesse. Liebster Lenz! Weiß gar nicht, was Dich ankommt, Lärm von mir zumachen. Bin so’n armer Tropf, als Einer seyn kann – Du kaum seyn kannst. Ich erwart’ also die Silhouette. Bitte Dich, n
    icht
Kaufmanns
    Nachricht,
d. i. von seiner Hand, an R. gesandt, sondern
    diese
hier zu verbreiten. Die erstere zerreiße. Diesen Brief, den Du, damit Du nicht nichts habest, lesen kannst, bitte Dich schleunigst, franco zu spediren, und Dir das Port von Emmerich bezahlen zu lassen. Verzeihe. Ich bin itzt ganz zerrißen. Also nichts von Deinen That-Entwürfen. Der erste Abend an meinem Arm – wollen wir Thaten bestimmen. D 28. Febr. 76. L.
Weise diesen Brief nicht Bester, wie alle meine Briefe. Lieber Lavater! mein Kopf ist eingenommen von tausend Dingen und ich kann Dir nichts weiter sagen, als ich liebe Dich, ich danke Dir. Hier ist der Brief von der C. Waldner# (ihr Onkel ist Graf, sie nur Baronesse.) kannst Du mirs verzeyhen daß ich, der vielleicht bald von hier reist, ihn erbrochen und mit meinem Siegel wieder zugesiegelt. Ich weiß wie innig sie Dich hochschätzt und ich wollte doch gern den Ausdruck davon lesen. Du mußt wissen, daß sie alle ihre Briefe französisch schreibt und ihr daher ein deutscher Brief an Dich nicht wenig Müh gekostet. Doch auch hier wirst Du ihre ganze schöne Seele finden die eben durch die für Dich so mühsam aufgesuchten Ausdrücke durchscheint, es ist die Sprache die nicht mit Worten redt Lavater, die Sprache die zwey befreundte Seelen stammeln die nicht von einer Nation sind. Ach wenn Du sie kenntest Ich gehe wohin mich Wink der Vorsicht ruft, mein Ziel kann ich Dir noch nicht bestimmen. Ich kenne es und der Tod soll mir Bruder seyn, wenn er mich dahin führt. Grüß Kaysern, sag ihm, es ist mir unerträglich daß ich an ihn nicht schreiben kann, nicht kann, so wenig als an den redlichen Kaufmann. Ich habe keinen Augenblick zu feyren. # sie hat ein Canonikat von dem sie sich schreibt. Sey vorsichtig. Doch beschwör ich den ersten bey Dir bey dem lebendigen Gott: und allem was ihm heilig ist, alles zu thun, was ich ihm gesagt habe. Stollberg schreibt mir aus Koppenhagen, schmachtet nach Nachrichten aus dem
    „Gotteslande Schweitz und vom Gottesmann Lavater“.
Ganz Dein Lenz
Hier ist die erwünschte Silhouette. Ich meyne in dem Leben u: der Blüthe der Farben wird sie Dir beßer gefallen; könntest Du das alles in die Physiog: übertragen. Mache doch beßer verehrungswürdiger, einziger – gemeinschaftlicher Freund unserer Seelen, daß ihr Gesicht von niemand geringerm als Chodowieki gestochen wird. Wer sonst könnte ihre Seele auf diesen meinen faßen. Wenn der Große Schlüßel der Natur zu allem was hier eingewirkt u: für die Zukunft verborgen liegt gefunden werden könnte – so ahnde – weiß ich Dein Urtheil zum Voraus. Schreib es mir heimlich – zu gleicher Zeit ihr wen Du es für gut findest – mir aber ohne Zurükhaltung. Noch einmal bitt ich Dich beherzige alle die Data die ich Dir in m: vorigen Briefen geben. Ich kann nicht anders als immer zu wenig schreiben. Dein übrigens sehr gedrükter L. Gnade und Seegen Gottes ruhen auf Dir Herder! eh ich ein Wort von Deiner Offenbarung sage zu der
    Du allein den Schlüssel
    geben konntest
muß ich ein Paar Worte Geschäfte bey Dir ins Reine bringen. In den Soldaten muß der Name Ia Roche in die Gräfin von Rochau verwandelt werden ich wußte es nicht daß sie einen Sohn hatte, geschweige einen der bey Wieland im Hause war. Daß Du doch immer so geistlich deutest und so einfach, wer hat Lob genug dafür? Ich hatte mir viele noch viel zu sinnliche Deutungen gemacht die ich nun gern aufopfere. Vor allen Dingen das Wort „Der Geist der durch alle Gemeinen blickt und in dem Herzen aller Gläubigen ruffet:
    das Sensorium
    Gottes in aller Welt:
Echo des Himmels in menschlichen Seelen. Seelig wem dies antwortende Ja, dieser Himmelsnachklang im tiefsten Grunde seiner Seele zur Zeit der Duldung wurde!“ – Herr, es sind Worte des ewigen Lebens. Am meisten freut mich die behutsame schöne Deutung des Endes der Dinge. Der heilige Mystische Schleyer – Gott seegne Dich – – Jetzt bin ich fertig. Als ichs gesehen und gehöret fiel. Ich nieder anzubethen. Wie wunderbar einig in allem! Wie Du alle meine dunklen Ahndungen mit Licht trifst. Ach das Bild vom neuen Jerusalem und seiner Sonne und Mond – tausend tausend Dank. Ich arbeite jetzt in mancherley Strömen wieder den Strom. Habe Licht und Hofnung im Herzen, die durch Deine Offenbarung auf Ewigkeiten hinaus gemehrt worden. Ist Dir das nicht angenehm. Ein Schaaf ist dem Hirten auch lieb wenn er gleich noch neun und neunzig in der Wüsten hat. Doch hab ich einen grossen alten Drachen in mir, mit dem ich noch viel zu ringen haben werde. Er soll immer hinunter. Ich hoffe ich glaube ich lebe. Komm bald Herr Jesu! Aus Deiner Göttingerstelle nichts geworden? Schüttle den Staub über sie!!! Ist denn die Regierung Gottes arm? Oder fehlts ihm an Werkzeug und Mittel? Bedaur und belächle der ohnmächtigen Thorheit Rache. Lenz. Grüsse sie. – die einzige. Und küß Dein Söhnlein Verzeyhung daß ichs solang behalten, es war mir zu lieb. Wenn wirds gedruckt? Wenn darf es in die Welt?
Ich habe Deine Manus. ewiglieber Freund durch Schloßern erhalten und was
    kann
was darf ich sagen? wie will ich was sagen? Du mir die Sachen schenken mir das Glück das ich noch vor einem Jahr kaum wähnen dürfte – daß Glück Dein Freund zu seyn, vor der Welt mich nennen zu dürfen? –
    Herausgeber
Deiner Sachen – – Warlich warlich ich muß schweigen! Ich kann nichts sagen – fühle mich! – Du weißt Theurer wie Du in meinem Herzen stehst, aber darf, kann ich das wollen, daß Du mir
    die Sachen gibst?–
Die Wolken sind unterdrückt. Verlaß Dich auf mein
    Blut
wenn’s nöthig ist, ists Dein! Diese flüchtige Aufsäzze hoff ich noch auf Ostern herauszubringen. Doch allenfalls schreib mir,
    wer
Dir Anträge gethan hat, wenn ja mein Buchhändler Mäuse machen solte. Schreib mir’s gewiß. Papier, Druck etc. wird werden;
    wie Petrarch?
Korektur
    ich selbst
!! Nur bitt ich Dich um alles berichtige mir folgendes: 1) Im Matz Höcker von der Stelle:
    D’ Bücher un nu’ und die Gesellschaften heuer
bis zu dieser:
    Sagt man sie sollen Schuld dran seyn.
2) Diese Stelle ebend: Und die Moral Aesthetik u. Tatik. Ist Tatik recht? Ich versteh das Wort nicht! 3)
    In den beeden Reden über die deutsche Sprache, all die französischen Stellen sauber u. korekt geschrieben.
Du siehst selbst Schaz daß das nöthig ist, wenn ich was guts liefern will thu’s also! Was anlangt den innern Werth der Stücke selbst, so schweig ich. Von
    Dir Dir!
Dessen Werth ich kaum (wie Goethe auch nicht) kaum in den Augenblicken der trunkensten Phantasey aussprechen kann! – laß mich. Ich weiß was die Welt an Dir hat. Fluch ihr! weil sie fähig ist Dich zu verkennen. Lieber laß Dir genügen an uns Deinen Treuen! O unser hiesiger kleiner Hauf, der
    Gott in Menschengestalt unser Lavater
– da bist Du oft mitten inne. Wir wißen was Du bist! Amen!
    Klinger
Das Drama ist ein Meisterstück. Aber die Musik war nicht dabey. Sende sie mir lieber – ob ich gleich nicht weiß ob sie mit darzu kan gedruckt werden. Die Vertheidigung der Wolken wird hier unter uns circulieren. Schloßer schrieb drunter: Helas tais toi Jean Jaq. ils ne t’entendront pas – und das ist herrlich wahr! Darf ich mich unterstehen Dir aufzutragen eine Empfehl. vor meines Goethes herrliche Schwester zu bringen. O! o! Kl. dankt Dir 1000 mal für Petrarch. Er hat an Petrarch diesen ter sein ganzes Labsal gefunden die Canzonette sorella übersetzt die Du einmal sehen sollst. Steiner wird Dir Expl. zugeschickt haben. Er grüßt Dich und ist Dein wie ich! Kaufm. macht mir viel Freude denn er ist eine kostbare Seele. Lavater wird immer mehr mein! O was er von seinen Feinden gepeinigt wird! Gut u. wohl Dir daß Du’s nicht so weißt. Du würdest Höllenangst für ihn leiden wie wir alle. Ich will was für ihn thun u. wär’s mein Blut und Leben, das ich ihm willig darbringe weil er ein
    Heiliger
ist. Harre es wird werden!!! Leb wohl ewiglieber Bruder. K Zürch 3 Merz 76.
    Herrn Lenz
abzugeben bey M. Röderer an der neuen Kirch zu
    Strasburg
Straßburg, den 6. März Hochwohlgeborner Herr, schätzbarster Freund und Gönner! Wie oft habe ich den Gedanken gefaßt und wieder fahren lassen, den Genuß der wenigen glücklichen Augenblicke, die Sie mir in Straßburg haben schenken wollen, wieder zu erneuern: aber verschiedene Rücksichten haben mich bisher zu schüchtern dazu gemacht. Unser Verhältniß ist nicht mehr dasselbe, dacht’ ich, es war vielleicht mehr die Neugier eines philosophischen Reisenden, der unterwegens nichts aus der Acht läßt, als wahre unbefriedigte Bedürfniß des Herzen und Geistes, was Ihre Aufmerksamkeit auf mich lenkte, und ich konnte Ihnen in meiner Situation wohl nicht anders vorkommen als ein Zeitungsblatt oder eine unbedeutende Broschüre, die man nicht gern zum zweitenmal liest. So resignirte ich mich endlich, in einem Herzen in Vergessenheit zu gerathen, das ich in den wenigen Stunden unsers Umgangs von so viel liebenswürdigen Seiten kennen gelernt hatte und das ich nicht so leicht vergessen konnte. Hundert Arten peinvolle Zerrungen der tausend kleinen Fäden kamen dazu, die an dem Nervensystem eines Menschen angeknötet sein müssen, der nur durch und in andern Menschen existirt – der Ihrige war einmal abgerissen, und ich sahe kein Mittel, bei einem verzettelten Knäuel seiner wieder habhaft zu werden. Vielleicht hat die Gegenwart meines Freundes Goethe durch die unerklärbare Association der Ideen einige schwache, dunkle Erinnerungen von mir wieder bei Ihnen rege gemacht. Ich muß diese Gelegenheit haschen, sollte ich sie auch nicht zu halten im Stande sein. Wenigstens habe ich denn alles gethan, was mein Herz von mir foderte. Sie haben in der Zeit viel neue Gegenstände aufgefaßt, die Ihrer Beobachtung und Bearbeitung würdiger waren, als alles, was Straßburg Ihnen (den Münsterthurm ausgenommen) anbieten konnte. Eine Stadt, deren Bürger nur die Ausgelassenheit der Sitten denen Franzosen scheinen abgelernt zu haben und mit den wahren Vorzügen dieser Nation unbekannter als Deutschland und Moskau sind. Nur auf dem Lande hätten Sie (wenn die Absicht Ihrer Reise es erlaubt,) vielleicht Charakter und Sitten angetroffen, die Sie zum Neide gegen einen Boden verleitet hätten, der, wenn er nicht verdorben wird, in seinen physischen sowohl als moralischen Producten einer der mildesten und reichhaltigsten unter der Sonne ist. am Rand: Doch muß ich auch Straßburg Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich habe hier neulich eine Dame von Adel kennen lernen, die nun freilich über alle mein Lob erhaben ist. Verzeihen Sie, daß ich alle Ränder vollschreibe; ich konnte es nicht über mein Herz bringen, diese große Ausnahme von der Regel nicht anzuzeigen. Wenn Sr. Durchlaucht der Herzog sich noch des unbedeutendsten aller Eindrücke zurückerinnern können, den ein Mensch in einem damals gewiß seltsamen Aufzuge und noch seltsamem Lage auf Sie gemacht haben muß, der, wie Diogenes aus seinem Schneckenhause geschüttelt, in einer sehr unphilosophischen Verlegenheit dastand, als ihm die zuvorkommende Herablassung eines solchen Prinzen alle seine weitausgesponnenen Ideen von Verläugnung der Welt mit einemmal zerschnitt und ihn außer der Sonne noch etwas Besseres schätzen lehrte, so legen Sie mich Höchstebenselben unterthänigst zu Füßen. Wie nicht weniger Sr. Durchlaucht dem Prinzen und unbekannterweise den Durchlauchtigsten Herzoginnen. Ich bewundere einen Hof, der Deutschland das erste Muster von Beschützung der deutschen Musen aufstellt, das in der bekannten Wanderung der Wissenschaften gewiß Epoche machen wird. Ich wollte lieber sagen, wie sehr ich ihn dafür verehre, wenn es hier nicht rathsamer wäre, meine Empfindungen in mein Herz zu schließen, als damit Geräusch zu machen und den Argwohn eines Clienten zu erregen. Haben Sie denn auch wohl so hübsche Mädchens in Sachsen, als unter unsern Flechten stecken? Ich weiß, daß Sie über die rothen Backen hier manche boshafte Anmerkung machten. Sie haben aber diese Nymphen der Diana noch nicht sprechen, noch nicht die O und A trotz den Italiänern schleppen hören, besonders wenn ihre Sittsamkeit, oder wie soll ich es nennen? Durch artige Sachen, die man ihnen vorsagt, in Verlegenheit gesetzt wird. Da soll mir einer sagen, daß die deutsche Sprache keines Wohllauts fähig sei. am Rand:Ich habe einen Petrarch geschrieben, für den mich die hiesigen Damen steinigen, weil sie alles das für geistliche Lieder halten. In Goethens Werther ist ihnen nur die Stelle verständlich, als er losdrückt und darnach im Blut gefunden und hinterm Kirchhof begraben wird. Wenn er nur ehrlich begraben wäre, hätt’ alles nichts zu sagen. Ich habe vergessen, Sie neulich zu bitten, den barokken Titel Komödie, der in einigen individuellen Grillen seinen Grund hatte, vor den Soldaten wegstreichen zu lassen und statt dessen darauf zu setzen: Ein Schauspiel von Steenkerk aus Amsterdam. Es könnte außer der Seltsamkeit noch den Schaden haben, daß ein ganzer Stand, der mir ehrwürdig ist, dadurch ein gewisses Lächerliche, das nur den verdorbenen Sitten einiger Individuen desselben zugedacht war, auf sich bezöge. Hannover. Den 8ten Merz. 1776. Empfangen Sie, liebster Lenz, meinen besten, warmen Dank für Ihr Schauspiel. Ich hab es mit Entzücken gelesen, und es hat mich gerührt und getroffen, wie irgend eines. Ich wollt es heute mit Zimmermann lesen, aber wir haben uns verfehlt, und aufhaltennwill ichs nicht, damit Helwing es ja früh genug erhalte. Sie sehen aus der Ueberschrift, daß ich hier bin. Ich habe meine Stelle angetreten, und befinde mich ganz wohl.darin, wenn ich nur erst aus dem Wirbel von Zerstreuungen heraus wäre, worin ich jetzt schwebe. Wenn ich nur erst die nöthige Routine in den mir ganz fremden militarischen Geschäften habe, werd ich auch Muße für mich zu leben und zu arbeiten find en. Zimmermanns Umgang, so wenig ich auch noch ihn genießen kann, ist mir große Wonne. Sie sind oft der Inhalt unsrer Gespräche gewesen. Er liebt Sie mit Wärme wie ich. Wären Sie doch bey uns! – – – Helwing hat mir endlich, zwar ziemlich verdrießlich und unzufrieden, aber doch geschrieben, daß er die W. unterdrücken will. Der erste Bogen der Vertheidigung war angedruckt. Auch der muß umgedruckt werden. Er verlangt 29 1/2 Rthl, so viel ihm Druck und Papier gekostet, zur Entschädigung. Das soll sich aber schon geben. Wenn er die Vertheidigung, für die ich, wie für die W. einen Duk. für den Bogen gefodert hatte, nun umsonst erhält, und für das Schauspiel nur 1 Duk. bezahlt, wird er sich schon zufrieden geben. Ich hab ihm geschrieben, der V. bekäme sonst 4. Ich habe die W. gedruckt, und würde sie Ihnen schicken, wenn ich nicht das Postgeld schonte. Die andern Exemplare sind versiegelt, und H. hat mir sein Wort gegeben, daß niemand sie gelesen hat, noch lesen soll. Auch mein heiliges Wort geh ich Ihnen hier. Doch dächt ich Z. dem Sie selbst davon geschrieben haben, könnte sie wohl lesen. Nach dem, was er mir gesagt, fürcht ich nur, daß sie durch die genommene Abschrift bekannt werden, und da wär’s doppelt Uebel. – – Stella hab ich endlich. Welch ein Stück! Welch ein Zauberer dieser Göthe! Ich hab auch versucht, auch gedichtet – – seitdem ich Euch beide kenne, lese, fühle, ihn und Dich, Du, zweyter Zauberer! nichts mehr versucht! Haben Sie denn nun unser Mus. gesehen? Ihr Zerbin ist nun ganz abgedruckt. Nochmals meinen besten, wärmsten Dank dafür! Hier hat er große Sensation gemacht, und allgemeinen Beyfall gefunden. Wenn Sie noch die Deklamation des Schulmeister Hieronymus nicht angebracht haben, so laßen Sie sie mir für eins der folgenden Stücke. Ich hab ihm Unrecht gethan. Schreiben Sie mir doch Ihre Meynung übers Mus. Haben Sienun nicht bald wieder was dafür! Zimm. hat mich, wie er sagt, bey Schloß. gerechtfertigt. Sobald ich vom Verleger Geld habe, schreib ich ihm und danke selbst. Gestern hat mich Lindau sehr unerwartet überrascht. Er geht, wie Sie vielleicht wißen, als hessischer Lieutenant, mit nach Amerika. Sonderbar und unbegreiflich! Von Herdern weiß ich lange nichts. Ob er nach Göttingen geht oder nach Weymar? Ihr Brief findet mich hier, unter der Adreße an den Stabs Sekretair Boie. Ich umarme Sie mit vollem Herzen. Ewig der Ihrige Boie.
Herrn Herrn
    Lenz,
Gelehrten in
    Straßburg
Ich danke Ihnen lieber guter Mann für Ihren treugemeynten Brief herzlich. Wir wollen also mit einander beginnen, u. es soll uns beyde nicht reuen. Laßen Sie sichs nicht leid seyn, daß die Leute Welt Ihren Namen kennen weiß. Sie haben mehr Freunde als Sie glauben, u. wer Ihre Bücher goutirt, ist ein guter Mensch. Denn den flachen Köpfen u. Herzen sind sie so unausstehlich. Und der guten Menschen giebts doch viel, u. der unverdorbenen, besonders unter den Weiblein. Hätten Sie nicht geschrieben, so wüßte z. E. unser Einer nicht zu seinem Troste, daß ein so guter Mensch mehr lebt, wie Sie, ob ich gleich glaube daß der Poeten mehr sind, die nicht schreiben, als die da schreiben, u. daß von jedes Menschen Empfindung so viel verraucht, biß ’s aufs Papier kommt u. dabel wird, daß nichts übrig bleibt als caput mortuum. Selbst Goethe mahlt oft mit Wasserfarbe Geschichte der Menschheit, wenigstens an manchen Stellen, um sein Fascikel voll zu machen. Das weis er auch selbst, und ich habs ihm auch gesagt. Mit ihm hab ich offt Ihre Liebes-Gedichte gelesen, u. gefunden was das ist, wahre Leidenschafft. Sie waren dem äussern Schnitt des todten Buchstabens nach Menantisch, Ta landrisch u. Gottschedisch, dafür hätte sie gewiß Ramler gebrandmarkt. Aber innen wehte der grose Wind heraus, der uns mitschaudern machte. – Von meinen Lumpreyen hab’ ich jezt nichts zum Absenden, weil ich so schreibe daß ’s kein Mensch lesen kan, u. zum Copiren hab’ ich keine Zeit eben. Dafür schick’ ich Ihnen Herders Rhapsodie. Sie ist von dem grosen Gebrauch sehr schadhaft geworden, bitte sie wohl in acht zu nehmen. Er hat sie gleich nach Empfang des Reimhards geschrieben. Ich hab den zweyten Th. begonnen, von dem nächstens. Etwas Rhypographisches auch von oder nach Swift. Die Romanzen führt Goethe alle in einem Bande mit sich. Ich habe keine weiteren Abschriften, u. die ersten Aufsäze sind mir alle verloren gegangen. Ich hab ihm aber darum geschrieben. Von Herdern hab’ ich noch viele Gedichte, die ich Ihnen alle nach u. nach sub Rosa mittheilen kan. – Wann ich künftig was schnizele sollen Sies sehen; ich denke es wird mir doch aufmunterung u. Trost seyn, wenns in Ihnen wiederhallt. – Könnten Sie uns nicht einmal besuchen, besonders wenn Claudius hier wird seyn? Bleiben Sie ja ich bitte Sie in Deutschland. Vor unser einem ist in Rußland kein Heil u. Seegen. Wir haben keine Körper, um in jenem Lande zu
    geniessen
mit vielem huren, spielen, fressen u. sauffen. Und
    unsere
Seelen, so wie alle Arten überhaupt, die auf etwas mehr als dem Miste thierischer Bedürfnisse wühlen, kann man dort ganz entbehren. – Ich lebe hier, wenn Goethe in Weimar bleiben solte, freylich auch auf einem verwünschten Sand
    fleck,
wo nie was gescheutes keimen kann u. wird. Aber die liebe Noth ist das beste täglich Brod. Die hat mir noch beständig mein Dach geflikt, u. wirds auch so fort fliken. Lebten wir im Überfluß, so würden wir Gens aisés, u. ennuyirten uns, hätten außer unsern eigen, noch standsmäßige obstruction. – Ausserdem bin ich zu verschiedene malen von Madame Fortuna tüchtig gewamset worden, wofür ihr aber mit Yorik herzlichen Dank sage. Ich gäbe meine jezige Existenz nicht um aller Welt Güter willen weg, u. wenn ich noch einmal in Mutter Leibe zurückgehen, u. die
    Reihe von mir selbst unabhängiger mich angehende Begebenheiten
wählen sollte, so solt’s in Gottes Namen nicht anders seyn, als es gewesen ist. Von Goethen hab’ ich allerley hübsche u. gute Sachen. Haben Sie das Stük von Wieland Goethe u. die jüngste Niobe Tochter? wo nicht will ichs schiken. Sie schreiben jezt dort Farcen (sub Rosa) die sie Matineés nennen, haben Sie nichts davon? Eine schöne Zeichnung von Krause hab’ ich auch wo er sizt, u. den Faust vorließt, der Herzog u. alle andere um ihn herum. Ich denke unter der Adreße der Mlle König u. der Frau Geh. Räthin Heße könnten wir immer einander schreiben, ohne daß es Postgeld verursacht. Leben Sie wohl u. gedenken Sie meiner offt z. E. wenn etwas von Ihnen nach Weimar geht, könnts nicht vorher ein bißchen hier anhalten? Ihre Posten hat mir Goethe nie wollen mittheilen. So eben scheint die liebe Sonne u. ich denke es ist besser Gottes Angesicht schauen als schreiben. Leben Sie wohl u. halten Sie Ihr Versprechen nächstens zu schreiben. Ihr ganz eigener Merck D. 8ten Mart. 1776.
Mit Schimpf u. Schande, lieber Lenz, schicke ich Euch – so spät – und doch nur einige Bogen Deiner Komödie – und noch ohne Geld. An demselben Tage, da sie mir kamen, kam Dein Brief, daß die La Roche v. Rochau werden sollte u. Du siehst selbst, Bruder, die Ändrung ist nicht möglich. Welcher Wahn oder Argwohn ists auch ändern zu wollen, als einer so weit hergesuchten Ursach. Wie die Ia Roche erscheint, ists ja wie ein Engel u. was gehört der andre hieher –? Nothfalls laß mich zeugen u. es bei ihr verantworten: das ganze Ding müßt umgedruckt werden u. welcher Kerl thut das? Dazu hab ichs (um nicht neu Gerede zu erwecken) durch einen andern (Zimmermann) besorget: daher die Trödelei, darüber ich mich genug geärgert habe. Der Kerl von Buchh. wollts nicht vor der Meße erscheinen laßen u. dazu hatte er wohl Recht: im Grunde war mir das auch lieb, aber mit den letzten Bogen sollst Du gewiß das Geld haben, den Bogen 2. Duk. so hab ichs ihm gegeben. Ich ärgere mich, daß ich in der ersten Kommission so läßig bestehe, liegt aber nicht an mir. Dank für Deine Kantate u. für Dein Wort über meine Apokalypse. Jedes Wort von Dir ist mir wahrhaftig Laut des Geistes, Zittern des großen Sensoriums auf Einer Saite. Auch Deine unorthodoxe Kantate hat uns enzückt. Mein Weib liebt dich 3.fach als Bruder u. mein Kleiner grinzt den Namen Lenz, wenn ich ihm Dein Schattenbild zeige, mit einem so feinen Ton aus, wie Du seyn mußt. Die Zurückziehung aus Gött. ist wahre Gotteserrettung. Den Tag, da die zweite Antwort aus London kam (mich ging die Sache von Anfang nicht an u. ich wünschte, daß sie zurückginge) kam mir Göthens Brief aus Weimar zur dortigen Gener.-Superint. Der Herzog hat feierlich bei mir angefragt, ich sage Ja u. nun stockts wieder – stockts! Gott wird mir helfen. Und Du, was zitterst Du, wie ein Irrlicht zu erlöschen. In Dir ist wahrlich Funke Gottes, der nie verlöscht u. verlöschen muß. Glaube! – Ach u. schriebst Du mir doch manchmal ein Wort, was Du machtest, würktst, dichtetst, sorgtst. Wie gern wollt ich Dir näher leben. Auch sehn wir uns einmal wahrlich! Ehgestern ging ich an meine Urkunde in Druck u. Nebel; am Tage da Dein Brief kam. Er zer schoß einen Stral hindurch! Gebe Gott daß ich thue, was ich thun soll. Hast Du die Meinungen des Layen geschrieben? Ich bitte Dich um Deines Herzens willen, sag mir. Gott mit Uns dort am Ufer des Rheins u. hier am Bach Krith, wo die Raben mich hacken statt mich zu ernähren. Schadt aber nichts und wird helfen! H. 9. Mz. Es freut mich daß gegenwärtiger Brief den mir Lavater offen für Dich zugeschickt hat, mir Gelegenheit giebt bester Herder! Dir in die Arme zu fallen. Zwar ein wenig zerrissner noch als er zu seyn behauptet, aber doch – meines Zwecks gewiß. Ich danke Dir daß Du die Soldaten zum Druck befördert hast, ich habe nun alle dem Uebel das daraus hätte entstehen können, vorgebeugt – ich
    danke Dir
– und für den Weg den Du sie hast nehmen lassen. Reich wird sie hoffentlich vor Michaelis nicht bekannt machen und alsdenn wird das mit Fingern deutende Publikum auf nichts mehr zu deuten haben. Auch – wenn Gott mein Gebeth aus der Tieffe erhört, von mir eins und anderes geschehen seyn, das denen die ich geissele, weist wo es ich mit ihnen hinaus will. Ich habe eine Schrift über die
    Soldatenehen
unter Händen, die ich einem Fürsten vorlesen möchte, und nach deren Vollendung und Durchtreibung ich – wahrscheinlichst wohl sterben werde. Gott laß mich mit Freudigkeit – Dein Wille – Grüsse und umarme Dein Weib. Geseegnete unter den Weibern. Lange mit Dir geseegnet. Ich hoffe euch zu sehen, eh ich gehe. Lebt wohl! Lenz Weise niemand diesen Brief. Er ist für kein Auge das nicht durchdringt. Selbst für Deines
    müssen
itzt noch Dunkelheiten bleiben.
Wegen der Soldaten sey ruhig! Ists wahr daß Du nach Weymar kommst so werde ich wieder einmal eine Freude haben. Eine.
Herrn Herrn Herder Oberkonsistoralrath in Bückeburg
Laß Dich umarmen – Es sey vergeßen das Unrecht das man meinem Gottheits Bilde anthat. Du hast mir das Leben wieder gegeben da Du ihr ihr Gesicht wiedergabst. So wie es sich m: Herzen auf ewig eingegraben hatte u: wunderbar! bis auf Züge die der Mahler Balay ganz u: gar unausgedrükt ließ. So ist das Auge – doch Du wirst glauben ich schwärme u: das ärgert mich. Dein Urtheil that mir entsezlich weh. Nimm mich krank wie ich bin auf Dein Herz, u: übe Dich an mir in der göttlichen Kunst zu verzeyhen. Sage mir ob Du nicht 2. Bilder von ihr unter meiner Aufschrift erhalten. Tausend Dank Vater! Ich kann jetzt kein Wort mehr sagen. Ach daß ich einen Wunsch äußern dürfte.s O wie theuer mir Dein Bild ist, Du Einziger der meinen Schmerz nicht entehrt. Es soll mich so wie das ihrige bis ans Ende der Erde begleiten. Deins u Goethens Den 11ten Merz 76. Wie wär’ es bester Freund! wenn Sie Die Freunde machen den Philosophen dem Herrn Leibarzt Zimmermann gäben (der mich schon darum angesprochen), daß er Sie bey Reichen in Leipzig noch auf die Ostermesse könnte drucken lassen. Von dem Honorario gäb’ er Ihnen soviel für Ihren Freund Herr Hellwieg ab, als ihm der Druck der Wolken gekostet,
    „zugleich
    versprächen Sie ihm aufs heiligste ein ander Stück
    von mir das vielleicht gegen Michael fertig wird
    gewiß, kann ich sagen, da es nur noch an der letzten Hand fehlt die ich dran lege“
Es wäre mir aus Ursachen die auch Herr Leibarzt Zimmermann weiß lieber die Freunde diese Ostern in Leipzig erscheinen zu sehen überdem muß ich Ihnen aufrichtig gestehen daß ich gegenwärtig durch Schulden und andere wunderbare Verwickelungen mich in einer Geldnoth befinde die
    üble Folgen
auf mein ganzes künftiges Schicksal haben könnte. Umarmung. Lenz. verte Herr Reich würde vielleicht auch die Correktur, Pappier und Vignetten besser besorgen können und bey meinem ersten Wiedereintritt in das Publikum seit meinen verdrieslichen Autorhändeln muß mir daran gelegen seyn. Wie befinden Sie sich in Ihrem neuen Zusammenhange. Die Nähe des Herrn Leibarzt Z. wird Ihnen sehr erquicklich seyn. Machen Sie diesem verehrungswürdigen Mann meine wärmste Empfehlung. Auch Herrn Hellwieg empfehlen Sie mich. Könnte ich auf das möglichst geschwindeste ein Exemplar der Vertheidigung W. sobald es schwarz auf weiß ist (oder vielmehr einige) bekommen, ich bin ihrer höchstbedürftig, besonders da ich Wielanden selber davon geschrieben und ihn von der Wahrheit meiner guten Gesinnungen gegen ihn überzeugen möchte. Die Wolken sind doch schon
    so gut als vernichtet
worden? Ich stütze mich auf Ihr Wort. Wollten Sie allenfalls sich selber die Mühe nehmen Herrn Wieland ein Paar Vertheidigungen ohne Namen und Ort zuzuschicken, damit er sie desto eher bekommt und sein Mißtrauen gegen uns entwaffnet wird. Womit habe ich es bey Ihnen verdient Sie so dreist mit meinen Commissionen zu beschweren. Sie einen Mann im Amt, ein wirksames Glied des Staats mit den Commissionen eines Ebentheurers. Doch hoffe ich wird es Sie
    am Ende
nicht gereuen, sich mit mir abgegeben zu haben. Ihr Musäum dürfen Sie nur dem ersten besten Buchhändler herschicken, für den Abg stehe ich Ihnen. Etwa Herrn
    Stein
oder Herrn
    Bauer
oder beyden, zugleich legen Sie noch einige Anzeigen für die auf dem Lande und in den andern Städten von Elsaß befindliche dabey, auch für Mümpelgard die Schweitz hinunter wo ich überall Zusammenhang habe. Auch dafür werde ich Sie künftig schon mit mehrerem versorgen. Keine Erzehlung wie Zerbin aber ein kleiner Roman in Briefen von mehreren Personen, der einen wunderbaren Pendant zum Werther geben dürfte. Doch ist alles dies nur noch Entwurf. Von Fremden aber hab ich manche interessante Aufsätze liegen. Melden Sie mir doch gütigst mehr literarische Neuigkeiten.
Herrn Herrn Staabssekretär
    Boje
in
    Hannover
abzugeben im
    Churhut
bey der Post.
Empf. den 16ten März. 1776. Ich danke Ihnen lieber wahrer warmer Freund! für alle Ihre freundschaftlichen, soll ich lieber sagen, patriotischen Mühwaltungen. Alles ist
    gegangen wie ichs wünschte
und das, weil das Geschäft Ihnen anvertraut war. Lassen Sie die abgedruckten Exemplare
    alle zu
sich kommen und heben Sie sie sorgfältiger
    als Schießpulver auf – #
bis ich Ihnen sage was damit anzufangen. Eins möcht ich doch zur Probe haben mehrere Vertheidigungen aber halte ich mir ja aus. Der Verlust kränkt mich nicht, so beträchtlich er für einen Poeten ist. Und nun nehmen Sie nochmals meinen Dank und meinen Kuß und meine Umarmung für das Vollziehenhelfen einer Sache deren Folgen ich alle zu rechter Zeit zu benutzen wissen werde. Jetzt will ich Ihnen gestehen, daß dem armen Hellwieg ohnehin bey den Wolken ein Nachdruck würde zuvorgeeilt seyn den ich mit allen Kräften die ich anwandte nicht würde haben verhindern können. Es hatte jemand durch die dritte Hand das Mskpt. bekommen eine Abschrift davon genommen und schrieb mir er würde es drucken lassen, ich möchte’s erlauben oder nicht. Jetzt ist auch das durch eine Aufopferung verhindert – # Kein Mensch darf sie zu Augen bekommen, oder unsre Freundschaft ist todt.
Ja lieber Lindau es ist geschehen das Luftschloß ist gebaut und auf Deine Unkosten. Sag mir nur wem ich die 9 Louisdor wieder einhändigen soll die Du mir geliehen hast. Deinen Fräulein Schwestern oder Schlossern oder Lavatern daß sie sie zur Erziehung Deines Peters anwenden. Sobald ichs im Stande bin will ich auch weiter für ihn sorgen und in Deine Stelle treten. Was sollte er auch jetzt in Amerika: Wenn er reiffer ist kann er Dir schon nachreisen. Ueberhpt hast Du mit Dir genug zu thun und so gern ich gewollt hätte, so war Deine Idee doch unmöglich auszuführen. Ich bekam das Geld erst den 15ten nach der Schweitz nach Zürch hätt es 8 Tage gehen müssen von da nach Marschlins, ehe Dein Bube in Straßbg ankommen wäre warst Du über alle Berge geschweige denn ehe wir beyde die Reise hinaufgemacht Zu dem hatte ich dringende Angelegenheiten die meine Gegenwart in Weymar nothwendig machten und die Du auch einmal erfahren und Dich drüber freuen sollst. Mach nur daß Du bald wieder nach Europa kommst. Sey brav aber nicht zu verwegen. Vor allen Dingen behalte kaltes Blut und Augenmaaß die Grenzen der Gefahr abzumessen und dann ihrer zu lachen. Gewöhne Deine Soldaten dem Musketenfeuer geschlossen und mit aufgepflanzten Bajonetten entgegenzugehen ihr werdt die Feinde aus der Fassung bringen sie werden schiessen aber nicht treffen. Kommt ihr nah so schießt auch aber zielt nicht zu hoch, in einer Entfernung von 50 Schritt zielt nach dem Bein. Vor allen Dingen marschirt fest und gerade daß die Linie nicht an zu schwanken fängt. Die kreutzenden Feuer sind die besten wenns doch geschossen seyn soll. Im Marschiren schießt gar nicht Könnt ihr den Feind mit Bäumen die halb umgehauen halb noch an den Wurzeln hängen und mit Strömen die ihr an einem Ort dämmen könnt, damit sie am andern austreten aufhalten so thut es. Kehrt Euch an die Kanonen nicht die mehr Lärmen machen als Schaden thun verändert eure Bewegungen und eure Märsche beständig so verwirrt und dekontenancirt ihr den Feind. Und seht ihr die Colonisten einmal so sagt ihnen daß sie Narren sind daß sie für eine Freiheit fechten die in der Natur der Englischen Verfassung nicht liegt die nur ein eingeschlichener Mißbrauch ist. Das Unterhaus hat nie Stimme im Parlament gehabt als da die Könige Geld von ihnen brauchten und den Adel scheeren wollten. Sie hatten nie ein anderes Recht als zu bitten Suppliken einzureichen und das behalten sie ja noch. Wenn der König sie nöthig hat und sie ihm Geld stossen wird er ihnen schon mehr bewilligen. Unterdessen gehabt euch wohl und Gottes Schutz walte über euch.
    Er wird walten über euch.
Und hab ich euch beleidigt verzeyht mir. Der Peter wär auch nur zur Last dort geworden und nach Europa sollt und müßt Ihr wieder zurückkehren mein lieber lieber Lindau. mit innigster Wehmuth Lenz Macht die Distanzen zwischen euren Divisionen immer grösser und grösser, so sehen sie euch immer für noch einmal soviel an. Ich schike das Geld Deinen Fräulein Schwestern mögen sie damit disponiren oder Lavatern wie Dus befiehlst. In der Magna charta von England steht kein Wort vom Unterhause. Nur durch das Geld das sie dem König Eduard stiessen brachten sie es bey ihm dahin Auch werden es die Kolonisten nicht lange machen alles rüstet sich wieder sie und das Geld wird ihnen in die Länge auch schon fehlen. Schreibt aus Amerika an mich wenn ihr euren Peter verlangt kann er künftiges Frühjahr ein wenig gescheuter mit den Schiffen zu euch kommen Greven ist bey euch, grüßt ihn feurig wenn er mich gleich nicht leiden kann.
Ich bin in der größten Verbüsterung herzlich geliebter innig geschätzter Mann! – wegen einer Reise zu der ich mich über Hals und Kopf anschicken muß und auf der ich auch Sie zu sprechen und zu umarmen hoffe Daß mir Ihr Brief Vergnügen und welches er mir gemacht könnte ich Ihnen doch jetzt nicht gleich so sagen wie ich es wünsche. Bey meiner Jugend Schwachheit und Thorheit führt mir der Himmel doch immer weise reiffe und grosse Freunde zu die mich wieder auf die Beine bringen. Für all die Nachrichten die den Grund meines Herzens interessiren danke tausendfach. Wenn ich von heut über acht Tagen nicht bey Ihnen bin, so schicken Sie mir, ich bitte, nur unter Adresse der Jgfr. König die versprochenen Manuskripte auch wenn es seyn kann das Kupfer, es soll gleich wieder zurück. Mir gehts wie Ihnen, ich bin arm wie eine Kirchenmaus, von verschiedenen Sachen die theils unter der Presse theils noch in Goethens Händen sind, hab ich gar keine Abschrift; die andern sind noch nicht gestaltete Embryonen denen ich unterwegs Existenz geben will. Meine Gemählde sind alle noch ohne Styl sehr wild und nachlässig aufeinander gekleckt, haben bisher nur durch das Auge meiner Freunde gewonnen. Mir fehlt zum Dichter Musse und warme Luft und Glückseeligkeit des Herzens das bey mir tief auf den kalten Nesseln meines Schicksals halb im Schlamm versunken liegt und sich nur mit Verzweiflung emporarbeiten kann. Alles das muß gut seyn, weil es mir in jenem geheimen Rath oben so zugesprochen ward. Ich murre nicht, habe auch nicht Ursach, weil ich alles das mir selber zugezogen. Vielleicht schreibe ich in dem ersten Augenblick wahrer Erholung eine Catharina von Siena mit ganzem Herzen – die schon in meiner pia mater fertig, aber noch nicht geschrieben ist – Aber Sie Sie und alles was werth ist kann ich schätzen, kann ich mit ungeschwächten Nerven fühlen und das ist mein Vorzug mein Glück und mein Hochmuth. Mündlich ein mehrers. Dank für Herders Knittelverse, ich wünschte mehr in der Art von ihm zu lesen. Ihren fortgesetzten Reimhardt aber will und muß ich zu mir reissen denn auf die Art Verse bin ich nun einmahl bestürzt, da heurig die ganz ausgeglätteten neuitalienischen so Mode wurden, besonders im Merkur die mir das Herzweh machten, eine Krankheit die sonst nur Frauenzimmer haben wenn ein unausgefülltes Leere in ihrer Brust ist. Sonst liebe Wieland von Herzen wegen seiner Jugendsünden und bitte mir sein Drama aus. Wohl ihm wenn er mit Goethen zusammen schmilzt. D. 14ten Merz. Lenz Der Dichter, verliebt. Ich
    dich
besingen Phillis? – Nein Ich fühle dich zu sehr, um jetzt nicht stumm zu seyn.
Herrn Herrn Merk in
    Darmstadt.
Empf. 23. März 1776. Den 15ten Merz Eine Reise deren Folgen für mein Vaterland wichtiger als für mich seyn werden, zwingt mich bester der Menschen Sie zu beschwören daß Sie bey Herrn Reich alles anwenden mir das Geld das er
    für die Soldaten
versprochen, sogleich durch Ihre gütige Vermittlung zu übermachen und zwar unter
    dem Couvert
    des Herrn Merk in Darmstadt
mit dem ich deswegen schon die gehörige Abrede genommen. Sollte es auch unter der mir schmerzlichen Bedingung seyn, daß er das Stück schon auf Ostern bekannt machen müßte. Ich brauche Geld nöthiger als das Leben und das zu einem entscheidenden Augenblick der hernach nicht wiederkommt. Könnt’ ich auch für die andere Piece etwas vorausbezahlt bekommen von der Ihnen Boje gesagt haben wird so geschäh mir
    auf ewig
eine Wohlthat. Ich bin auf der Hälfte des Weges der meine Laufbahn endet – und komme zu kurz. Helfen Sie! Ihrem aufs Äusserste gebrachten JMRLenz. Richten Sie den Brief nur an Herrn Merk in Darmstadt. könnte es aufs späteste in 14 Tagen da seyn. Verzeyhen Sie das erste und letztemal daß mich die Noth zwingt in dem
    Grad unbescheiden
zu seyn. Wie werd ichs in meinem ganzen Leben gut machen?
Herrn Herrn Leibarzt
    Zimmermann
in
    Hannover
Ehe Du die Pappiere ließst muß ich Dir sagen daß ich noch lebe und vors erste auch noch mit dem Quartier in der Welt verliebt nehme. Nun kannst Du lesen. Den dritten zweiten gieng ich zu meinem Vormund, den vierten und nach Cassel wo ich Gaudot auf meine Bitte gekommen war, um meinen lezten Willen zu vollbringen, und mich alles in Ordnung zu bringen helfen. Hier ist etwas von einem Brief den ich an Grewen schreiben wollte – … … . Still unsetteld Two cruel Days yet I must live for my affairs sake. Still unsetteld undetermined. Wether that I live or that I die. I must make great sacrifices. And what party I chose I will not be determined by weekness but by Strenth of soul. Great God that art in heaven send thou me that strenth I want yet. The third I have no strenth, whether to act, nor to omit the action Gaudot teils me I must expect the time, where I am far from my family. But no, this is the moment or not in a long while. Now I am to begin …….. (viel Uhrsachen) …… Now Death would be a new kind of life or a new kind of torture If I am obliged to try this yet, I shall be obliged to try all others till my death. But If I know myself enough for to be sure that I kan never get existentiam unoquoque momento debitam it ist weekness andfolly to wait for an other time ……… Now Death would be the seal of my existence, which else will never have a certain determination. Could all those ideas, be clear, active and lively in my soul at the last instant and till then, I would not be undecided. But this I pretend from my soul, before she fear can claim the right from my hand to break be untied from her prison. Gaudot machte mich immer mehr um wankelmüthig. Ich bekam Geschäfte denen ich der in Ungewissheit obliegen mußten. Ich reißte nach Zell. Der Engel, meine Schwester, die nur mich auf der Welt hat – neue Fesseln. Zimmermann den ich in Hannover gesprochen habe tadelt meinen Schlus w von dem Vergangenen auf das Zukünftige. Er will ich soll hoffen, und behauptet es sey mir noch erlaubt zu leben, Summa, ich wandle noch unter die Lebendigen. Du wirst nunmehr meinen Brief mit die 9 Carolinen benennenkommen haben und deine an Me Gothe in Frankfurt habe ich noch sechs geschickt. Von Peter höre ich aber noch nichts. Wollte Gott er käme nicht. Ich bin seiner nicht werth und eben deswegen wird er mir oft zu Last seyn. Ich habe Salis gebethen selbst zu entscheiden was ihm am zuträglichsten ist. Nach der Entscheidung also kommt er mit oder nicht. Schreib mir nur frey was Du mir zu sagen hast. O daß Du doch Gaudot kenntest. Gudensburg in Hessen den 16 Merz 1776 Darmstadt d. 17ten Mart. 1776. Nur ein paar Worte Freude u. Danksagung treflicher Mann über die gute Nachricht von Ihrer baldigen Ankunft. War das nicht ein herrlicher Einfall von Ihnen an mich zu schreiben, so daß wir einander nun als gute alte Bekannte umarmen können. Wo Sie hinreisen, möge Segen u. Glück Ihnen folgen, nur wünsche ich nicht daß Sie in die große Weltwirthschaft geworfen werden, wo alle Eigenthümlichkeit des Menschen verloren geht. Selbst die Lage in Str., worüber Sie in anderem Betracht Ursache haben, mißvergnügt zu seyn, machte Sie doch mit zum Dichter, der sich Drang fühlte, Menschen zu bilden, u. mit Geistern, mit Unbekannten zu reden, weil alles um Ihn her tod war. Jezo hab ich keine Zeit was abzuschreiben, kaum noch so viel Ihnen zu sagen daß ich Sie mit der wärmsten Umarmung erwarte. Mein Haus ist der nächste Nachbar am PostHaus, also sehn Sie’s ganz als das Ihrige, u. Gott gebe, auf etwas mehr, als kurze Zeit an. JHM. Hier, mein lieber L. sind Deine
    Soldaten
mit dem Refrain 15.
    Dukaten.
Eben schreibt mir Zimmermann, Dein grosser Freund, was Du mir eben in dem heutigen Briefe auch schreibst, daß Reich sie zur Michaelsmesse sparen soll. Er wird’s thun, glaub ich, wenn er sich nur nicht vor Nachdruck fürchtet, der seinem Vordruck zuvor kommt: die Leute sind ja vor einander nicht sicher. Halt also Deine Ex. wenigstens ein. Aber bist Du nicht zu sorgfältig und selbstquälend? Ziehst Spinnweb von Beziehungen im Kopfe herum, die niemand vielleicht als Du siehest u. wenn sie dann auch jemand sähe – Herostrat muß die Hand nicht zurückziehen, wenns nun brennen will. Und dann brennts ihm doch wohl zum Possen. Sei muthig u. hülle Dich in Deinen abgeschabten Mantel: alles geht vorüber u. dem Muthigen mehr vorüber als dem Sorgsamen. Ich höre, daß die Wolken nicht gedruckt oder unterdrückt werden sollen; gut, aber ich wollt doch ein Ex. haben. – Sei frohen Herzens, wie es auch gehe; gnug, Du hast sie nicht heraus wollen u. Deine Pflicht ist erfüllet. Das Ubrige ist nun Schicksal. Wie mich der stumme Wink Deines Briefes freut u. betrübet – was redst Du vom Verschwinden! Du mußt noch Morgenstern werden u. Gott loben. Deine Briefe sind mir, wie die Herzensbeicht eines Mädchens nach dem ersten Fehltritt, heilig! O daß ich näher an Dir seyn könnte. Mit Weimar stockts wieder (doch das unter uns) ich muß nach Ostern erst hin – denke! – Probpredigen. Nicht für den Herzog, versteht sich, sondern für die Stadtphilister u. mich ahndets, ich komme nicht los. Da werd ich sie alle sehen. Mein Paradies ist fertig – es geht zur Katastrophe – wollt’ es würd’ Ostern fertig, oder läge schon da! – Tausendmal wohl, lieber Junge, Gott mit Dir. H. Daß die Wolken Dein sind, weiß niemand: das Gerücht geht, es ist Göthe. Wir umarmen Dich beide. – Stella ist ein liebes Mädchen und Zug für Zug eine wahre Person. Das Stück hat Flügel der griechischen Aurora. Mz. Die anderen Ex. mit der Fuhrpost.
Lenz! Dir gebührt von mir Lob u: Dank u: Preis, um all Deine schöne herrlichen Dinger, die mir von Dir zu Durchsicht kamen – Zu Herzen kamen – für die Dinge, die Du mir letzten Sommer schenktest, u: für den letzten Gruß durch Röd: – o Lenz! wie ich allen die fern sind abgestorben bin, – ’s schmerzt bisweilen nicht wenig. Doch könnt ich nur Dich nahen, Dich nächsten genießen, daß es heißen könnt
    genuß!!
Liebster! Du sendest Kaisern bisweil ein Liedchen, worein unser einer schließen mögte, Du hättest viele, schwere, giftige Leiden; – Todeswunden – Ich leide oft mit Dir nach Maaßgab meiner Kälte. Laß uns auf das was kommen soll, das edle große Werk nicht sol „das in d. Leben Epoque machen soll“ – nicht so lange warten, als unser Herr Gott auf den Meßias. Und Du kommst gen Zürich! Das soll mir in meiner unseligen Abgeschiedenheit von Dir Trost seyn; so ich nicht krank seyn werde, u: das mich an Deinem Genusse stören sollte, wie ao 75 an Göthe p: Veracht’ die 2 Worte nicht; sie sind im Bethe geschrieben mit viel Liebe u: Anstreben Deiner – wovon Dinte nichts zeigt. Pf. Zürich 19 März 1776.
Herrn Lenz. abzugeben bey Herrn Mag. Röderer. an d Neuen Kirche in Straßburg.
Dein Abraham hat mich unendlich erbaut. Freylich ist alles mehr religiös als poetisch. Das letzte Gebeth Abrahams vor der Opferung hat mir die größte Sensation gemacht. Hannover, den 22ten März. 1776. Ich freue mich nicht wenig, daß Sie mit der Art zufrieden sind, wie ich’s gemacht habe. Auch Ihr Mspt. habe ich wieder, ich wills aber nicht so auf die Post geben, um Ihnen nicht unnöthige Kosten zu machen; es liegt versiegelt da; so bald Sie mir schreiben, liegts im Feuer. Ich schicke Ihnen das Exemplar der Wolken, das ich habe, und die Vertheidigung noch unkorrigiert, wie er sie mir geschickt. Auch die hat wieder umgedruckt werden müssen, wie Sie aus seinem letzten Briefe sehen werden, den ich der Seltenheit halber beylege, und mir wieder ausbitte, weil er bey den Akten bleiben muß. Sie sehen, daß er Göthen noch immer für den Verf. der W. hält. Vor der Meße muß ich ihm seinen Irrthum benehmen. Aber, wie kann ich, ohne Sie zu verrathen? Daß H. Zimmermann den Abdruck der W. gesehen, werden Sie nun auch aus seinem Briefe wißen, und können nichts dawider haben, eben so wenig, als Sie’s ihm verdenken werden, daß er mir die Soldaten gezeigt. Er sowohl, als ich, wollen, wenn sie erst ins Publikum kommen, gern den Holländer Steenkerk für den Verf. ausgeben. Aber wer wird’s glauben? Lenz ist in jeder Szene kennbar. Das Stück hat mir sehr viele Freude gemacht. Es ist ganz Natur, Wärme und Leben von Anfang bis zu Ende, und – bis zu den Fingerspitzen hervor. Ein paar Szenen sind mir nur zu sehr Soldatennatur. Ich – Sie werden mich auslachen – meyne nämlich, die Farben seien hie und da zu stark aufgetragen, und man könne nun keinem Mädchen das Stück vorlesen, oder sie’s lesen lassen. – So weit hatt ich geschrieben, als ich Ihren Brief vom 11. Merz erhalte. Lieber Freund, was Sie verlangen, ist, wahrlich! nicht möglich. Hellw. hat vielleicht izt schon einen Theil des Mspts. abgedruckt. Wird ers wieder hergeben? Die abgedruckten Bogen in Makulatur werfen? Und bey Reichen erhalten Sie nicht mal Ihre Absicht, wie Ihnen schon unser Zimmermann wird geschrieben haben. Auch ökonomisch betrachtet ist es besser, daß H. das Stück behalte. Hören Sie. 30 Rthl. verlangt er für seinen Schaden, wenn die W. nicht ins Publikum sollen. 15 Duk., die Sie von R. bekommen, machen 40 Rthl. 10 Rthl. bekämen Sie also heraus. Hier bekommen Sie noch 1 Duk. für den Bogen, und ich hoffe, es sollen 7 bis 8 werden, da das Stück weitläuftiger u. besser gedruckt, als der hier übersandte Probeabdruck der W. Ich geriet nur an Helw., mit dem ich sonst wenig bekannt war, weil ich dachte, es wäre besser, daß die W. in einem Winkel gedruckt wurden. Eine Vignette hätt auch Reich zur Messe wohl nicht fertig geschafft, wenigstens keine gute. … Könnt ich Ihnen sonst nützlich seyn zu Verbeßerung Ihrer Lage, mein liebster Lenz! Der Himmel weiß, wie warm, wie ganz ich diesen Wunsch thue. Wo Sie mich brauchen können, sagen Sie mirs ohne Rückhalt, ohne Besorgnis, wie Sie in dem lezten Briefe äußern, mir beschwerlich zu fallen, und was ich kann, geschieht gewiß. – Sobald Abdrücke der Vertheidigung fertig sind, schick ich sie Ihnen. Helw. Schrieb ich, eben so geschwind zwei Exempl. an Wieland zu senden. Vielleicht kostet das, was ich izt schicke, Ihnen zu viel Postgeld für was es ist, aber Sie wollen, und ich gehorche. Ich befinde mich in meiner neuen Lage hier ganz wohl, habe viele Bekannte, und schon einige Freunde, und hoffe, es soll mir immer besser werden. Zimmermann ist ein vortrefflicher Mann, mit dem ich immer mehr zusammenstimme, je länger ich ihn kenne. O wären Sie, wenigstens auf eine Zeit auch in unserm Zirkel! Es sollt Ihnen schon gefallen. Erst izt habe ich den Brief des Prinzen Tandi gelesen, und mit wieviel Vergnügen! Er wird so einzeln nicht genug bekannt. Warum war noch kein Museum, da er herauskam? An Ihren Freund Schloßer hab ich noch nicht schreiben können, weil Weygand mir noch kein Geld geschickt hat. Machen Sie doch bey dem würdigen Mann, daß er mir zuweilen noch was schickt. Ich, wenn ich ihm schreibe, kann nur danken; wie dürft’ ich mehr bitten? Aber, im Ernst, wenn Sie jezt ein Paket für mich zusammen hätten, thäten Sie mir einen Gefallen, wenn Sie’s bald schickten. An statistischen, historischen, philosophischen Aufsätzen fehlts nicht, aber für Unterhaltung hab ich noch wenig. Unsre Göttingischen Philosophen schreiben so wenig fürs allgemeine Publikum. … Von Bürgern indeß sollen Sie bald was Prosaisches lesen, das Ihnen Freude machen wird. Sie wißen vielleicht noch nicht, daß man in Weimar für seinen Homer eine Subskription von 65 Louisd. zusammengebracht, die zahlbar ist, so bald er ankündigt, daß er vollenden will. Der Herzog steht oben an mit 20. Göthe ist sicher der Urheber davon. Daß Herder nun auch dahin geht, wißen Sie wohl schon. Mir geht viel dadurch weg, da er mir jezt so nahe war. Claudius erwart ich nun alle Tage auf seiner Durchreise nach Darmstadt. Haben Sie für Voßens Alm. nicht einige kleine Beyträge? Sie erweisen mir eine Freundschaft, wenn Sie ihm welche geben. Göthe las mir in Frankf. vor zwei Jahren Verse an Ihren Badewirth vor, die mir sehr gefielen, und die Sie mir schicken müssen, wenn Sie sie noch haben. … Bald hätt ich vergeßen Ihnen für Ihren Petrarch zu danken. Ich habe mich sehr daran ergözt, ob ich gleich das Ganze nicht faße, vielleicht weil es zu unvollendet ist. Von Litteratur weiß ich eben nicht viel neues. Einer meiner Freunde läßt ein Trauerspiel Julius von Tarent, das noch Einen Deutschen mehr ankündigt, der der Nation Ehre macht. Eben da ich weiter schreiben will besucht mich H. Z. und zeigt mir Ihren Brief. Ich schicke diesen also auch nach Darmstadt, adressirt an H. Merk, dem Sie ja recht viel Gutes von mir sagen. Z. ist verhindert heut zu antworten, weil er eine Krankenreise thun muß. Er bittet mich, Ihnen mit dem wärmsten, freundschaftlichsten Gruße zu schreiben, daß er Geld u. 12 Ex. der Soldaten den 11ten März an Herdern geschickt, und ihm gestern gleich darum geschrieben, u. gebeten habe, beydes an Merk zu adressiren. Ich bin unendlich begierig, wieder von Ihnen zu hören. Der Himmel leite Sie. Könnt ich nur was mehr als wünschen! – Ich lege 6 Duk für den Philosophen bey, will mir sie von Helw. wiedergeben lassen, u. Ihnen das übrige nachschicken, wenn es mehr betragen sollte. Ich umarme Sie. Wunderlich Zeug hab ich da durcheinander geschrieben, und hatte noch mehr – aber ich reiße mich los. Ewig der Ihrige B. Lieber Lentz, alle Deine Briefe hab ich, verstehe sie und spotte Deiner nicht. – Ich habe
    ein
Bild von der Waldnern, nicht
    zwey
erhalten. Das von Baly – leicht u: schlecht gemahlt – übrigens noch
    so,
daß ich all Dein Zittern u: Sehnen verstehe u: natürlich finde. Es ist unmöglich, daß ich Dir izt was drüber sage. Es ist Samstag, u: ich kann nicht aufsehn. Das Engelsbild kam erst vorgestern. Hätt’ aber lieber eine bloße Silhouette gehabt. Das muß ein ganz ander Gesicht seyn, in der Wahrheit. Das Bild ist, wie sehr mans kenntlich nennen mag, abscheulich verschwemmt; der große göttliche Umriß so zaghaft unbestimmt herabgepinselt, daß ich über den Mahler recht unwillig wurde – unmöglich ists, Lieber, daß ich Dir das Bild mit der ersten fah Landkutsche zurücksende. Ich habe nur Eines. Dieß laß ich sogleich, so gut, als möglich kopiren. Ich erhielts erst Mittwoch Abends, Donnerstag ließ ichs anfangen. Soll ichs
    Dir
senden das Original, als
    Dein
oder
    mein
Eigentum. Hats die W.
    mir
oder
    Dir
geschenkt? Thut nichts, es ist immer
    Dein.
Nur daß ich, des Dankens wegen es wiße. Hierauf deutl. bestimmte Antwort. Vorläufig werd’ ich ihr schreiben. – Ihr Brief ist
    entsetzl. kalt.
recht so im Fürstenstyl – das thut aber nichts. Ihr Gesicht ist tausendmal beßer, als ihr Brief. Die Nase allein ist mehr werth, als tausend andre Gesichter, obwohl auch diese verzeichnet ist. Kayser wünscht zu wissen, wo Du bist. Ich bin ruhig. Er nicht so.
    Kaufmann
wird ein herrlicher Mensch
    werden.
Alles was ich izt schreiben kann.
    Lebe
u:
    Liebe.
Amen! D 22 Mz 76. L.
rn
    Lenz
in
    Straßburg.
Ew. Hoch Edelgebohren werden gehorsamst ersucht gegenwärtiges Päckgen gedruckter Sachen mit eilf Dukaten beschwert an Dero Herrn Bruder Hn. Hofrath Schlosser in Emmedingen aufs geschwindemöglichste gütigst zu befördern L. Lenz. D 25 Mertz Sagen Sie doch Lentz daß Frl. von Waldner eine Braut ist, mit einem Mann der nicht ganz ihrer werth ist, ohne die feinen Empfindungen die ihren Haupt Character bezeichnen und besser gemacht ein alltags Geschöpf glücklich zu machen wie
    sie
, ihr Hertz hat ihn auch nicht gewählt, Vernunft und starcke Ursachen die sich nicht sagen lassen, haben die Sache entschieden ich hoffe aber doch sie soll glücklich seyn wann sie will – ich ken dieß ist das Geheimniß das sie Lentz so sehnlich zu wissen verlangte, nun hat er es – es ist H. v. Oberkirch der älteste der ihn sie heurathet, gleich nach Ostern wird sie ihr Glück entscheiden, o es werde vollkommen!! – ich kann Ihnen heute nichts nichts sagen, ich habe keinen Augenblick Zeit dazu, doch wollte ich Lentzen den Antheil belohnen den er an meiner Freundin Schicksal nimmt. Versichern Sie ihn meiner Freundschaft Sie wißen daß Sie sie auf ewig haben Luise
Sub iuramento mysterii Darmstadt Ich will Dir alles sagen Herder! Das Mädchen das die Hauptfigur meiner Soldaten ausmacht, lebt gegenwärtig in der süßen Erwartung ihren Bräutigam, das ein Offizier ist getreu wiederkehren zu sehen. Ob der’s thut oder sie betrügt steht bei Gott.
    Betrügt er sie,
so könnten die Soldaten nicht bald genug bekannt gemacht werden um den Menschen zu zerscheitern oder zu seiner Pflicht vielleicht noch zurück zu peitschen.
    Betrügt er sie nicht,
so könnte vielleicht das Stück ihr ganzes Glück und ihre Ehre verderben, obschon nichts als einige Farben des Details von ihr entlehnt sind und ich das Ganze zusammengelogen habe. Das ist die Bewandniß nun entscheide! es ist mir Last der Verzweiflung wenn man meine Wolken Goethen auf den Rücken schieben wollte. Er weiß nicht einmal daß ich die
    Idee
gehabt welche zu schreiben. – Ueberhaupt stehe ich allein.
auf das Paradies wär ich begierig Könnt ichs nicht bekommen Vater Herder? Wenigstens müßte
    in ein Zeitungsblatt
gesetzt werden, das Stück wäre von einem gewissen Theobald Steenkerk aus Amsterdamm geschrieben worden, damit wenigstens bey den Stadtwäschern die nichts weiter als Detail drin sehen vor zu großen Unverschämtheiten eine Sperrkegel gelegt würde. Meine Exemplare kommen nicht aus den Händen. Für die Bezahlung danke. nichts von Schicksal hier! Solltest Du ein Exemplar der Wolken selber zu Handen bekommen, so halt es unter sieben Siegeln. Sie könnten mir alles verderben was ich thun will kann werde. Deinem Weibe Heil!!! Ich bin auf dem Wege nach Weymar wo ich auch Dich zu sehen hoffe. Armer Herder mit den verdrüßlichen Schritten die Du durch Koth machen mußt, da Du zum Fliegen Fittige und Bestimmung fühltest. Aber vergiß nicht Liebgen daß wir auch Thiere bleiben und nur Klopstocks Engel und Miltons und Lavaters Engel auf den Sonnenstrahlen reiten. Ich bin stolz darauf Mensch zu seyn. Ich hoffe heut beym Geh. Rath Dein und Deines Weibes Angesicht zu schauen und viel mehrers zu eurem Bilde zu sagen. Liebe mir doch den Merck bey dem ich dies schreibe. Lenz. Probebredigen? lustig genug aber sieh das als eine Farce an, und denk an Coriolan im Candidatenrock. Ulyß gar in Bettlerslumpen. – Küß Deinen Sohn!!! Die Wolken
    dürfen
nicht eher als nach meinem Tode ans Licht kommen. Es sind wahre Wolken voll Schnee und Hagel die Gott wegwehte. Der Anhang wird Dir besser gefallen, und
    den solltu haben
. –Grüsse Zimmermann.
Die Meynungen – sind von mir.
Herrn Herrn Oberkonsistorialrath Herder in Bückeburg.
durch Einschlag
Giesen, den 27sten Merz. 1776 Das Frankfurter Zeitungs-Unwesen hat doch was Gutes gestiftet, da mirs einen Brief von Ihnen erworben. Wenn Ihnen was dran gelegen ist, zu wißen, wie ich dran gekommen, so hören Sie. Mit Anfang 1775 beredte mich Doctor Bahrdt, das für Herrn Deinet zu thun, was er bisher gethan, nemlich die hier für ihn gemachte Recensionen einzusammeln, und zuweilen selbst eine zu machen. Ich probirte das einige Wochen, sah aber bald, daß Herr Deinet hineinsetzte, was er wollte; darum ließ ich unter meine Anzeigen meinen Namen setzen. In jenen ersten Wochen machte ich auch eine Anzeige von Herders Schrift über die G. d. M. unter der mein Name nicht steht, und die Sie überzeugen könnte, daß ich die Schrifft achte, wie sie es verdient. Desto frappanter war es, daß Ihr Aufsatz in ders. Z. mich beschuldigte, ich sehe Herder nicht über die Achsel an. Ueber den Aufsatz hätte ich ganz können, ich wollte aber zeigen, daß ich mich von einer Zeitung nicht sogleich los sagte, deswegen weil sie etwas gegen mich enthielt. Das Gerede wegen des Merkurs rührte von dem Verfaßer eines elenden Dramas Wilhelmine von Blondheim her, der da glaubte, niemand könne ihn tadeln, als gerade ich. Daß Götze in Hamburg sich selbst recensirt, weil Sie es gethan, ist freilich entsetzlich. Doch Nicolai in Berlin hat in diesen Tagen auch Sie über die Selbstrecension angebellt, so wie er überhaupt Ihnen, wie einem Schüler die Lection gelesen. Der Henker hole die Kritick, möchte ich da selbst als Kritiker ausrufen! Auch hat Nikolai die Brochure über den Götz wacker ausgeschändet. Eben derselbe hat auf meine Rechnung einen Aufsatz über Geßners Idyllen geschrieben, der in der F. Z. stand, als sie noch Herr Merk besorgte. Doch weg mit dem Geplauder über die Poßen. Die eigentl. Absicht meines Briefs ist, meine Freude zu bezeugen, daß
    Petrarch,
von dem bisher unter uns manche Karrikatur erschienen, durch Sie dargestellt worden, wie er ist. Ziehen Sie doch ja von
    Oßian
und
    Shakspear
Ihre Hände nicht ab. Ein Ehrenretter Petrarchs, Oßians und Shakspears gewesen zu seyn, ist eine Hauptblume in Ihrem Kranz. Im deutschen Museum habe ich eben Ihren Zerbin gelesen, und die Messe bringt uns wieder ein Schauspiel von Ihnen. Göthens Stella fliegt jetzo durch Deutschland. Herr Klinger hat ein Stück in Hamburg spielen lassen. Ein denkwürdig Jahr! In wenig Wochen wird Taschenbuchs sechste Abtheilung, unerachtet der vielen Almanache fertig, und, wenn ich öfters Geschenke, wie die von Ihnen erhalte, kann es noch lange dauern. Ich halte es für verdienstlicher, Taschenbücher und dergleichen zu sammeln, als zu kritisiren. Dies behauptet mit Aufrichtigkeit Ihr Verehrer Christian Heinrich Schmid.
Als ich den Antikensaal in Mannheim sah Bruder Goethe so durchdrung durchbebte überfiel mich Dein Geist, der Geist alles Deines Thuns und aller Deiner Schöpfungen mit einem Entzücken dem sich nichts vergleichen läßt. Ich sah Dich an meiner Seite stehn ich sah wie sich Dein Blick an den Zähren letzte die ich vor Laokoon vergoß wie alle die himmlische Begeisterung dieser Gestalten denen ich – o wie gern die Ehre der Anbetung erwiesen hätte auch Dein Herz zu höherer Freundschaft für mich emporhub da ich ihrer nun würdiger war. Ach wer sollte den Gott in diesen Bildern nicht anbethen, wer sollte das Herz haben das Idololatrie zu nennen – Nur Du auf der Rechten und sie die Hofnung meiner letzten Seeligkeit an meinem Herzen fehlten mir noch um nun wirklich das erstemal die Freuden des ewigen Lebens zu fühlen Und Sie Freundin von Fräulein Waldner und Vertraute ihrer Geheimnisse und können zugeben daß sie einen Mann heurathe, der ihrer nicht werth ist, den ihr Herz nicht wählen kann. Sie die alle die fürchterlichen Folgen von dergleichen Verbindungen nicht allein durch ihr eigenes Gefühl sondern durch soviel neue Erfahrungen einsehen – Sie können den Ausdruck brauchen, auf Ostern wird ihr Glück entschieden mir das offen zuschicken – Ich habe keinen Namen meine Verachtung und meine Wuth auszudrücken. Sie mir das zuschicken – und lachend – um mir den Antheil zu belohnen den ich an Ihrer Freundinn Schicksal genommen? Also beleidigte Sie das? Und Sie nennen sich Freundinn? Und Ihre freundschaftlichen Rathschläge haben vermutlich den Entschluß des Fräuleins bestärken helfen. Nun wohl! da die Sache nicht mehr zu hintertreiben ist so hinterlaß ich Ihnen dies Blättgen zur schuldigen Danksagung. Mein Schicksal ist auch entschieden Lenz. Mein Antheil war kein andrer als den jede edle Seele an dem Schicksal eines Frauenzimmers wie das nehmen mußte: Ein Teuffel müste ich seyn ruhig zuzusehen, daß sie unglücklich seyn soll Einige Stunden hinter Frankfurt nach Weymar. Lavater! mitten auf meinem Wege bekomm’ ich den Todesstreich, die Nachricht daß Fräulein v. Waldner Braut, ist mit einem Menschen der sie nicht
    verdient,
nicht zu schätzen weiß, ohne
    Nerven
für schön und
    gut,
bloß eigennützig vielleicht unter der Maske der
    Liebe.
Mein Schicksal ist nun
    bestimmt,
ich bin dem Tode geweyhet, will aber rühmlich sterben daß weder meine Freunde noch der Himmel darüber erröthen soll. Aber sie – sie in den Armen eines andern und unglücklich – zu wissen das ist ein verdammender Gedanke. Strecke aus Deine Hand Knecht Gottes und rette nicht mich – sie – damit ich ruhig gehen kann Stelle ihr vor, ich flehe Dich, welch ein Schritt, welch ein Schritt es sey den sie thut – von welchen Folgen für ihre ganze Ruhe – für ihren Charackter – für den Reitz selber der ihre große Seele jetzo von den Sklavenseelen des Unglaubens auszeichnet – für alle ihre Vollkommenheiten die sie auf immer aufopfert – Gott und wem? Sie ist für die Welt verloren wenn sie keinen Mann hat der sie zu schätzen weiß, sie ist vielleicht auch für die Zukunft verloren, der Schritt ist entscheidend, Lavater rette wenn Schönheit mit allen Eigenschaften der Seele vergesellschaftet je Anspruch auf Mitleiden und Enthusiasmus machten. Mit welcher Wollust sterben wollte ich wenn ich wenigstens wüste daß sie in dem Besitz eines Mannes wäre, der sein Glück zu fühlen zu schätzen, der sie durch seine innige Verehrung auf der Laufbahn zu erhalten wüste, auf der unsichtbare Engel sie geleitet – die jetzt vergeblich um sie zittern, sie von einem Irrwege abzuleiten der ihnen eine Schwester entreißt. Ach Lavater! wenn Du je eine edle That gethan hast, so ist es diese, ein Sterbender bittet Dich darum, ein Sterbender der Dir lieb war, dem Du Beurtheilung und Vernunft zutraust, selbst wenn er dem unerträglichen Gewicht seiner Schmerzen erliegt. Thu was Du kannst, und Du hast alles gethan – thust Dus nicht so wird Dichs reuen. – Ein Frauenzimmer von ihrem Stande, von ihrem Vermögen – von ihren in Strasburg ganz ganz verkannten höheren Vorzügen des Geistes kann und darf sich nicht übereilen, kann und
    muß wählen
– Ach ich bin zu erschöpft von meiner Verzweiflung als daß ich mehr schreiben kann. Nur laß nicht merken daß
    ich es Dir gemeldet habe.
Schreib ihr unmittelbar unter ihrer Adresse in Strasbg. Sie hat eine so weitläuftige Correspondenz daß sie Deinen Brief ohne Gefahr erhalten kann. (A Madame Madame de Waldner, Chanoinesse a Strasbourg) Nur wenn Du merken läßest daß ich dahinterstecke, so bin ich verloren. Red ihr als Geistlicher – als ihr Freund ans Herz – weiter nichts als daß Du sie auf die Wichtigkeit des Schritts aufmerksam machst – auf die Gefahren denen sie sich aussetzt einen Mann zu nehmen den sie nicht lieben kann, der sie nicht liebt wie sie es verdient. Ich habe Deinen Abraham an die Prinzessin Louise mitgenommen. Wie glücklich wäre meine Reise wenn ich nicht die Hölle im Herzen trüge. Mit welchem Gesicht werde ich bei Hofe erscheinen! Herder kommt auch dahin, wird dort die Probepredigt halten. Goethens Eltern grüssen Dich zärtlich auch Merk. – Schick mir doch das Bild bald damit ich nicht untergehe. Durch Röder – lieber gerade. Lenz ihr Bild oder ich sinke eh alles gethan ist.
Wollen Sie eine Schrift, die ich unter Händen habe:
    Ueber die Soldatenehen:
drucken. Ich verlange weiter nichts als 2 Dukaten den Bogen und saubern Druck und Pappier weil sie sich in Versailles und an andern Höfen produziren soll. Die Sache hat Eile und ich sähe gern wenn sie sobald als möglich im Meßcatalogus angezeigt werden könnte. Wüsten Sie mir allenfalls einen guten Uebersetzer ins Französische vorzuschlagen? Weimar. Den 1. Aprill. Lenz Verf. der Soldaten. 1776. 22. Aug. Weimar Lenz
Weymar d. 2ten Aprill 1776. Wollten Sie mir doch lieber Freund! wo möglich das Geld für die
    Freunde machen p
. ungesäumtst nach Weymar zuschicken, wo ich mich einige Zeit aufhalten werde und folglich zusammenraffen muß was ich bekommen kann. Sagen Sie mir doch auch wenn Sie es wissen bey welcher Division hessischer Truppen Lindau engagirt ist und wenns seyn kann den Namen des Regiments. Auch wohin man sich zu wenden hätte, wenn man ihm etwa einen Brief nach Amerika zuschicken wollte. Ich habe unterwegs viel wackere Leute kennen gelernt. Von denen allen wir ins künftige mehr sprechen wollen. Meine Adresse ist an Goethen weil der Name hier bekannter ist. Lenz. Nochmals daß doch die Wolken in keines Menschen Hände kommen mag darnach fragen wer da will. Sie sehen selbst die Nothwendigkeit davon ein lieber Freund.
Un inconnu Vous ecrit ceci, prenez cela plutot pour un avertissement du ciel. Je n’y peux pas avoir d’interet, parce que je ne me nomme pas. Qu’allez Vous faire trop aimable et charmante Baronne! epouser un homme qui n’est pas a portee de Vous, qui n’est pas en etat de Vous apprecier sacrifier jeunesse beaute graces talens richesses tout tout a une ame qui peut etre ne sait estimer que le dernier et le plus vil de ces rares avantages. Dieu ou en estes Vous, si spirituelle si penetrante que Vous etes de Vous laisser aller de la sorte a un sort aveugle cruel et injuste a un sort qui tôt ou tard coutera la vie a vos veritables amis parce qu’ils Vous voyent perdue sans ressource oui perdue adorable que Vous etes d’etre tombée dans les mains d’un homme ordinaire et consequemment froid et inconsequent, Vous femme extraordinaire en tout point. Ecoutez moi ecoutez moi, ne vous abandonnez pas si legerement, attendez au moins, eprouvez le, qu’ avez Vous a risquer: Voyez par mille experiences s’il peut un jour meriter Votre main pensez que c’est un pas pour Ia pas vie, un pas qu’on ne peut plus retracter Croyez moi, tout amour de la vertu commence de soi même, on ne peut plus se plaindre du sort, apres s’etre rendu malheureuse soi même Et quel malheur quel crime plus grand que de Vous donner Vous meme a des intentions douteuses, frivoles au moins a un cœur qui ne sait pas mourir de joie d’ avoir remporté un triomphe sans pareille, un cœur qui ne mette pas toute sa felicité a Vous adorer Mein Theurer, Lieber Lenz! Unser Philanthropin braucht itzt unumgänglich nothwendig einen besonderen Mann, als teutschen Schriftsteller. Da wir Ihre Talente und Ihr Herz kennen, glauben wir nirgends beßer, als an Sie uns wenden zu können. Helfen Sie mit ein Institut befördern, das das Wohl der Menschheit zum einzigen Gegenstand hat. Die Bedingungen sind: Mit uns glücklich zu leben, Ihre Kräfte zum allgemeinen Wohl mit den unsrigen zu vereinigen, und alle Vortheile mit uns zu theilen, die wir geniesen. Die Reiskosten sind frey, versuchen Sie ein bis zwey Jahre bei uns zu sein, sollten Sie alsdenn (wofür mir nicht bange ist) mit Ihrem Aufenthalt allhier nicht zufrieden seyn, so sollen Sie kostfrei hingeliefert werden, wohin Sie wollen. Alle Bedingungen, die Sie noch machen wollen, – da Sie keine andere als billige machen können, sollen erfüllt werden. Laßen Sie uns so bald als möglich wißen, ob und wann Sie kommen wollen. Werden Sie mit ein Vater des Philanthropins, lieben Sie dasselbe, und denjenigen, der im Namen desselben schreibt Ihren Simon Professor am Philanthropin
    zu Deßau.
Deßau d: 4ten Aprill
    1776.
am Karfreytage 1776. In diesem Augenblick, meine theureste Mutter! da ich der Mutter meines Goethe schreibe, in seinen Armen in seinem Schooß, schreib ich auch Ihnen, sag Ihnen, daß ich jetzt in Weymar bin, wo Goethe mich heut dem Herzoge vorstellen wird. Laßen Sie sichs nicht reuen daß ich immer noch so herumschweiffe. Gott führt jeden seinen Weg, es bleibt dabey daß ich Sie u. meinen lieben Vater überall im Herzen herumführe und Ihnen keine Schande machen will. Sagen Sie unserm lieben Vater, er soll alle unsere Geschwister und Freunde an einem Sonntage zusammenbitten und meines Bruders Goethe Gesundheit trinken. Alsdenn seiner Mutter, seiner Schwester, seines Vaters und dann meine. Die Rangordnung hat ihre Ursachen. Ich werde Papaen schreiben eh ich von hier wegreise, bitten Sie ihn daß er immer gleich zärtlich gleich gütig gegen mich bleibt. Küßen Sie alle meine Geschwister von mir. Und all unsere Freunde. Jakob M R Lenz. Was macht Schwester Liesgen?
    Abends.
Ich bin 2 Stunden beym Herzoge gewesen und werde Morgen Mittag bey ihm essen. Sehr gnädig empfangen worden. – Was für große trefliche Leute kennen gelernt! All das dank ich Ihnen mein Vater! bethen Sie ferner für mich.
Ja L.! sie hat Dir das Portrait zugedacht u: geschenkt, u: Du must Dich bey ihr dafür bedanken. Verzeih mir m: Wildheit, u: Unbesonnenheit, daß ich Dir die Nachricht nicht eher gegeben. Auch verdien ich freylich das Portrait nicht, aber ich weiß Du schikst mirs aus Gnaden. Ich werde täglich inniger u: vertrauter mit dem Herzog der einer der besten Menschen auf unserm Leidenshügel ist. Aber was hilfts mir? desto weher thut die Trennung. Und getrennt muß es seyn. Verzeih mir mein öfteres Schreiben. Du wird die Ursache leicht begreifen – Auch das ist Menschheit. Sonst dacht ich freylich lieber an Dich als ich Dir schrieb. Wie Lindau ihr wollt in den Lehrjahren Eures Lebens da Ihr auf alles das was groß und edel ist Ansprüche habt euch hinlegen und sterben? Warum nicht lieber ausschlaffen? Pfuy schämt euch solchen Entschluß weise zu nennen. Wißt Ihr denn nicht daß die Natur alles langsam reift, daß alles seine Stuffen u. Grade hinaufgehen muß also auch ihr. Die Schnecke kriecht und kommt endlich zum Ziel der Löwe läuft und kommt nicht weiter und nur auf das Auge kommt es an, so scheint euch der Löwe eine Schnecke. Wollt ihr übereilen was seiner Natur nach nicht übereilt werden kann? Wollt ihr im Alter von achtzehn jahren ein Greiß seyn? Wollt ihr Thaten gethan haben eh andere noch den Gedanken dazu fassen und wenn sie noch nicht gethan sind verzweiffeln? Verzweiffelt daß die Erde 365 Tage braucht eh sie um die Sonne geht, verzweiffelt an ihren Kräften. Eure Kräfte wirken unmerklich, aber eure abgeschmackte Phantasie macht Euch weis daß Ihr keine habt weil Ihr kein Atlas seyd. Wollt ihr euch todtschiessen lassen oder juckt euch die Haut so das Leben zu verlieren so geht nach Amerika und verliert es auf eine edle Art. Wollt ihr alles verlieren so setzt das Leben doch wenigstens auf die Karte und versucht ob ihr damit nicht alles gewinnen könnt. Verwünscht sey der Thomas wenn er euch nichts anders lehren kann als deklamiren und Testamenter machen. Ihr Testamenter machen in einem Alter von 18, 19 Jahren? Die Idee ist so kindisch als wenn die Mädchen die mit Puppen spielen sich verheurathen. Wer hat euch das Recht gegeben zu sterben da ihr noch nicht gelebt habt. Wer das Recht euer Vermögen zu testiren und wegzuwerfen, da ihrs noch nicht selber gebraucht habt. Wer das Recht fremde Kinder anzunehmen da ihr aus euch selbst noch alles mögliche zu machen habt. Ich hasse die Leute die andere erziehen wollen, jeder hat mit sich selbst genug zu thun. Das Schweben ist Mangel des Muths euch zu etwas zu bestimmen, seyd etwas oder seyd nichts. Geht nach Amerika oder bleibt zu Hause und baut euer Landgut bis euch was Besseres einfällt. Mich deucht aber euer Geist muß durchaus Beschäftigung haben, macht also meinthalben Projekte nur macht sie nicht so ungeheuer daß sie Traum bleiben müssen ihr macht euch und eure Freunde lächerlich dadurch. Fangt an auszuführen und solltet ihr auch zu Nicht gehen drüber, ein Tag giebt den andern. Euch ermorden und wißt Ihr mein Freund daß jedermann drüber lacht und wenns geschieht noch ärger lachen wird. Euch ermorden aus langer Weile wie der Engländer der sich vor den Kopf schoß weil er nichts neues in der Zeitung fand. So schlägt man Flöhe todt aber keine Menschen. So geht denn mit und macht die Expedition u. bedenkt daß die Natur es ist die Kräfte giebt nicht wir selber, daß sie sie im Augenblick der höchsten Ohnmacht giebt wenn wir uns nur in die Nothwendigkeit setzen welche zu haben u. dem Gott glauben der in ihr arbeitet. Ihr aber wollt Wasser auf den Berg leiten ohne zu pumpen und wenn es sich nicht von selber hinaufbegiebt verzweifeln und sterben u. Testamenter machen. Euer Peter ist ein Schurke wenn er euch feig oder mißtrauisch gegen euch selbst macht. Eure Imagination trägt das in den Jungen hinein was in eurer Seele liegt, ihr seyd der Peter u. eure Momentane Existenz wird erst unterm Gewehr in Amerika angehn. – Laßt was für den Peter zurück zur Erziehung u. denkt weiter nicht an ihn: wenn es euch wohl geht überm Jahr etwa oder in einigen Jahren könnt ihr ihn ja nachkommen lassen. Setzt eure Existenz nun einmal dran, im erheischenden Fall wird euch der Verstand u. die Gegenwart des Geistes schon kommen, euch herauszuhelfen das ist nun aber freilich das Kind das oft mit vieler Angst geboren wird Das ist mein Rath u. Goethens u. Wielands u. Salis und aller Menschen Thiere Engel Götter u. Halbgötter. Sterbt aber sterbt als Mann Lenz Hannover. Den 11ten Apr. 1776. Sie sind also nicht nach Darmstadt gekommen, liebster Freund? Dahin haben sowohl H. Zimmermann als ich Briefe und Geld geschickt. Beides wird hoff ich nun in Ihren Händen seyn. Sagen Sie mir doch bald, wie’s Ihnen in Weymar geht, und ob Sie sich da fixiren. Herr Steenkerk gilt hier, durch seine Soldaten, allethalben für einen sehr glücklichen Nachahmer von Lenz. Wir haben jetzt die Schrödersche Gesellschaft von Hamburg hier, und ich habe schon einige herrliche Abende in der Comödi zugebracht. Warum haben Sie nicht ein ungedrucktes Stück in Schröders Hände zu spielen gesucht? Er spielt künftige Woche eins von Klingern, das ich sehr neugierig bin zu sehen. Ich wollte, Sie ließen sich einmal verführen, uns hier zu besuchen. Herr Zimmermann wenigstens und ich würden Sie mit offnen Armen empfangen, und ich könnte Ihnen bey mir ein recht artiges Gartenstübchen anbieten, das Ihnen schon ge-fallen sollte. Von Ihren beyden Sachen, die Helw. hat, hab ich noch keine Bogen. Das andre ist von unsrer Seite völlig unterdrückt. Mein Verleger Weygand schickte mir vor einigen Tagen Anekdoten zu Werthers Freuden von Göthens Hand geschrieben fürs Museum zu, die ich wieder zurückgeschickt, weil ich sie Seinet- und Meinetwegen nicht drucken lassen möchte. Auch weiß G. vielleicht nichts davon, daß ich sie gehabt. Sagen Sie’s ihm, und bitten Sie ihn, sie wo möglich wegen hiesiger Freunde zu unterdrücken. Wider N. jetzt auch noch was zu sagen, da die Freuden längst vergessen sind, wäre ja zu spät. Grüßen Sie Göthen, und machen Sie, daß er mir ein paar Blättchen für Mus. gibt. Werden Sie ihm in W. auch nicht ganz ungetreu. Wenn Sie eine Woche später nach Darmstadt gekommen wären, hätten Sie Claudius da getroffen. Wir haben einen herrlichen Abend hier gelebt. Lindau ist Lieutenant im Wutgenauischen Regiment, das, so viel ich weiß, noch nicht in Marsch ist. Ein Brief, an seinen Vetter Lindau, Lieutenant in der Garde zu Kassel adressirt, kömmt gewiß in seine Hände. Künftig, wenn er in Amerika, können S durch mich so oft schreiben, als Sie wollen, ohne daß Ihnen was kostet. Schreiben Sie mir doch ein bischen v Ihrer Reise und Weymar, u. vergessen nicht ganz Ihres ergebensten Schreiben Sie mir künftig lieber über Braunschweig.
Herrn Herrn
    Lenz,
Gelehrten bey Dr. Göthen zu erfragen.
    Weymar.
Wie steht es liebe Freundin? Wollen Sie mir denn kein einig Wort schreiben? Ich hätte Ihnen tagelang zu erzehlen von alledem was ich gesehen und gehört und was seit der Zeit mit mir vorgegangen. Ich schweige aber auch wenn Sie mir schweigen. Ihre Bedenklichkeiteil sind (verzeyhen Sie mir) fast ein wenig geziert. In Deutschland wenigstens denkt das Frauenzimmer in dem Stück freyer glücklicher und erlauben Sie mir zu sagen vernünftiger Werfen Sie also ich bitte einmal das Vorurtheil des vorigen Jahrhunderts über den Zaun. Mein Herz würde hier auf Rosen liegen, wenn ein Gedanke an Strasburg nicht feurige Kohlen draus machte. Melden Sie mir doch ich bitte, allenfalls durch Röderer einige Neuigkeiten von dort aus, ohne die ich vergehen muß, da ich hier den ganzen Tag im Strudel des Hofs wie im beständigen Taumel lebe. Lenz. Ist Fräulein von Waldner noch in Strasburg? ist die Hochzeit schon vor sich gegangen? – Ich habe ihre Cousine hier neulich eine Oper spielen sehen, aber noch nie das Herz gehabt sie anzureden. Warum, ist mir selber unbegreiflich. Aber es ist mir unmöglich. Sonst kenn’ ich hier nun alle. Weimar d. 14ten April. Bester Lavater! Dein Kupferstecher hat sich an Fräulein Waldner versündigt. Wenn hatte sie den Mund (den auch Baley schon gemißhandelt) Daß ich Dir ihren Mund mahlen könnte und all die Güte die in ihm wohnt. Das gezwungene Lächeln ist ganz und gar außer ihrem Karackter. Eben so ist der Schatten der ihre Wange umschreibt ganz entstellend, auch B. hat ihn viel zu grob gemacht um den Zug von Menschenliebe auszudrücken der darauf wohnt. Das sagt auch der Herzog und Goethe. Wär’ es denn nicht möglich das zu ändern zu bessern Lavater, ich will gern das Bild noch ein Jahr lang missen, so sauer mirs ankommt. Hab’ ich doch ihr Bild im Herzen. Aber wenn Du mich
    Iiebst
schickst Du mirs sobald Du kannst. Ich bin hier verschlungen vom angenehmen Strudel des Hofes, der mich fast nicht zu Gedanken kommen läßt, weil ich den ganzen Tag oben beym Herzog bin. Aber mein Herz bleibt immer dasselbe und kann seine Richtungen nicht ändern. Das sage auch Pfenningern den Wieland und Goethe sehr lieben und ich unendlich werth halte. Dein Abraham ist sehr gnädig aufgenommen worden. Herzog u. Herzogin sind wirklich Engel, mehr hindert mich die Fülle meiner Werthachtung zu sagen. Goethe ist wirklich Mignon hier und ich ganz glücklich und ganz unglücklich Lenz. Deine Physiognomik habe ich mit einem der herrlichsten Geschöpfe auf Gottes Erdboden durchblättert, der Frau v. Stein Goethens grossen Freundinn. Aber auch nur durchblättert, drum kann ich Dir nichts drüber sagen. Wenn Du doch hier wärst! Wolltest Du doch die einzige Gütigkeit haben und Käisern bitten, daß er 2 Exemplare von den beyden Alten einpacke und nach Lausanne schicke unter der Adrese a Monsieur Monsieur Werthes Gouverneur du jeune Baron de Hompesch a Lausanne abzugeben beym Herrn Professor Appeln, wo mir recht ist, ich habe seinen Namen vergessen, Röder könnt’ ihn allenfalls unter meinen Briefen auffinden. Vielleicht weißt Du die Namen einiger Professoren in Lausanne. K. könnte ihm schreiben, daß ich itzt in Weimar, ihn aber beordert ihm das zuzuschicken und dem jungen Hn. v. Hompesch das eine beygeschlossen, dessen Hn. Vater dem Minister in Mannheim ich gewiß die Aufwartung gemacht haben würde, wenn er nicht eben mit dem Hofe auf der Jagd gewesen als ich durchgieng. Allenfalls kann er noch ein Exemplar für den Minister beischließen, das ich den jungen Herrn v. Hompesch ersuchte in meinem Namen seinem Herrn Vater zuzuschicken. Übrigens würde es mich sehr freuen von Werthes ein Briefchen hieher zu erhalten. Meine Soldaten müßt’ Ihr jetzt schon haben. Sie sind bey Weidmanns Erben gedruckt. Wo nicht so schick ich Euch bald einige Exemplare hinü Grüß den guten Kaiser. Sag Pfenniger! sein Zuruf soll nicht vergeblich gewesen seyn. und wie denn ein Mann wie er krank seyn könne. Umarme Deine Frau und Deine Kleinen glücklicher Lavater. Wielands Familie habe noch nicht gesehen – sie sind alle krank. Herder kommt balde Melde mir doch Bester! wenns möglich, was Lindaus Peter in Marschlins macht. Und was Herr v. Salis für ein Jahr zu seiner Erziehung braucht.
Herrn Herrn
    Lavater.
Pfarrer am Waysenhause zu Zürch
L! Verzeihe m: Leidenschaft alle thörichten Ausbrüche m: vorigen Briefe, u: laß es um des Himmels willen die nicht entgelten die die unschuldige gar zu edle Veranlaßung dazu ist. Laß es doch ich flehe Dich nicht an einer Antwort u: Dank an sie fehlen. Sie hat sich gegen mich noch im Augenblike m: Abreise so schön u: edel bewiesen daß ich ganz durchdrungen u: getröstet davon bin. Ich bin in einer Unruh die ich Dir nicht beschreiben kann, bis ich weiß daß Du in Briefwechsel mit ihr stehest. Auch braucht sie ein Freund deßen Achtung ihr Trost ist. Und wie könntest Du ihr die versagen? Nur von mir nicht’s merken laßen ich beschwöre Dich. W. d. 16 Aprill. Was werdt Ihr sagen bester Müller! und was wird Freund Rigol sagen, daß ich solang nichts von mir hören lassen. Aber ich bin so verschlungen in die wahren wesentlichen gewiß noch unvergleichbaren Annehmlichkeiten
    dieses Hofes,
daß ich meinen Freunden nichts anders als aufs höchste Gedanken habe widmen können. Grüßt doch alle die treflichen Seelen in Mannheim, Rigol oben an, all seine Freunde unsern wackern zur Nieden den ich in Fkfurt nicht habe besuchen können weil ich nicht aus Goethens Hause kommen bin. Schickt mir
    doch
    euren Golo,
ich hab ihn dem Herzog vorzulesen versprochen. Welch ein Herr ist das!! ich komme den ganzen Tag nicht vom Herrn weg. Lenz. Wie stehts mit dem Nationaltheater? Das müßt Ihr nun dort vor der Hand allein treiben. Mit Ekhof ist nichts, er befindt sich allzu wohl in Gotha. Von Wieland ein andermahl. grüßt Herrn und Madame Schwan Meine Soldaten werdt Ihr jetzt schon haben. Vielleicht seht ihr das nächste Vierteljahr was im Merkur von mir wenn ich soviel Zeit habe.
Mich freut’s liebster Mann wenn es Ihnen wohl gehet. Ihr Briefgen habe erhalten und ihre aufträge sind besorgt bis auf H: Fibich den ich noch nicht gesehen habe. Herr Prof. Koch sagt mir Sie hätten ein Buch von der Bibliothek, ich dachte Sie hätten alle nach Hause geschickt: Er hat es aber doch nicht zurück begehrt. Ich denke Sie kommen bald wieder wann nicht allenfalls eine beßere vocation Sie uns weg kapert. Vielen Empfehlungen an meinen Liebsten Goethe, H. V. Knebel, Graf Stollberg und unbekannter weis an Hn. Hofrath Wieland. Hetzler hat mir den 1ten Bogen von meinen Abhandlungen zugeschickt Sie werden auf die Meße fertig. Lieben Sie mich Saltzmann Strasburg den 16ten Apr:
    1776.
D 16. Apr. 76. Laß mich mit ein paar Worten dieß Blatt profaniren, meine Liebe zu Dir mag's wieder heiligen. Meine Seele frohlockt drob daß Dirs wohl geht. Deine Grüße sind ausgericht. Alle grüßen Dich wieder und sind herzlich froh daß sie drüber in die Höh springen möchten wann sie hören daß Du glücklich bist. Mslle. König. Lauthin. Fibich. Zimmermann. Mechel. Spener. Sano. Prinz grüßen Dich. Hier ist ein Brief aus dem Philanthr. von Simon und Schweigh: es soll eine Vocation drinn seyn für Herrn Lentz den man zum Schriftsteller fürs Philanth. wünscht. Schreibst Du ihnen Antwort, so gieb ihnen meinen Gruß ich werd ihnen bald auch schreiben. Wann ich die Woche das Pack aus Zürich nicht bekommen werde, so schick ich Dir Deine verlangten Strasb. Manuscripte und machs mit den Briefen wie Du verlangst. Nicht mit meinem Namen aber desto mehr mit meinem Herzen ehre und liebe ich alle verdienstvollen Männer. Insonders sag Dir wieder mit der wärmsten und immerbleibenden Zärtlichkeit daß ich bin Dein Röderer. Hastu noch nicht 2 Briefe von mir kriegt, der eine auf Darmstadt an Hn. Merk, der andere nach Weimar, in dem ich Dir sage daß Fräulein von Waldner mit Herrn von Oberkirch den 1sten April um 12 Uhr in der Neuen Kirch copulirt worden sind.
Manheim Lieber Lenz daß Du mir noch nicht geschrieben – eine gewaltige Unart – so viele vortrefliche liebe Freunde fragen, wollen wißen was Lenz macht – Kann weiter nichts drauf antworten als – ich weiß nichts – Liederlicher Teufel entweder Du liegst an Zaubrer Göthes Busen sinnlos in süßen Phantasien verwickelt und verstrickt – denkst im Wiegen und Liegen und Vergnügen aller Welt Freunde zum Guckguck hin – oder eine listige Hexe mit
    grün
schwarzen dämmernden Augen und einem erwärmenden seeligen MadonnaBlick, da für sie Gott seegnen wolle, hält meinen loßen Flattrer irgendwo gefangen – – aber närrisch daß ich eben Dir drum vorpredigen will – das arme Herz Bruder Lenz wie Kletten wirft sichs überall an – und ein Mädchen Gesicht – Gott sey bey uns bin auch seit Deiner Abreise wieder geschmolzen – ein Mädchen – o! ein Engel Lenz – ein Teufel von einem lieben Mädchen führt mich am Seile gefangen – schwärmen möcht ich gerne und arbeithen soll ich – o! Frühling und Liebe und jugend! – ich kreutzig und segne mich über und über und lese meinen Morgen- und Abend Seegen im Werther. Apropo mit dem National Teater wirds hier zu Stand kommen – habe einen Plan zur Anlegung einer Teater Schule machen müßen den ich Dir zuschicken will wenn Dus begehrst der Grund zu einem weitläuftigen prächtichen Schauspiel Hause wird in aller Hastigkeit gelegt diesen Sommer noch solls fertig seyn und zukünftigen January schon drauf gespielt werden. Sag kannstu mir nicht Adreße geben wo ich indessen einige guthe brauchbare acteurs und actrißen anwerben könnte, je geschickter je beßer für uns – zum Exempel für folgende Rollen Tabelle
    Mannspersohnen
    Frauenzimmer
Erster LiebhaberErste Liebhabrin BedienteSubrette VaterMutter. Zweiter Liebhaber oncle.
Da ich den Auftrag vom Hofe habe, würd ich gleich mit ihnen unterhandlen können, könnte mich auch dabey um so viel sichrer sagen einlaßen, da ich immer Deine Auswahl hierin die beste seyn wird – ein jeder der sich für hier her anwerben läßt soll nicht allein seine rechnung in ansehung der Besoldung finden, sondern auch, darauf hab ich in meinem Plane Hauptsächlich loßgedrungen, erhält einen rang, der ihm bey einer guten Lebensarth erlaubt, die besten Gesellschaften zu besuchen. Ich bitt Dich drum wenn Du kannst lieber sey nicht nachläßig – arbeithe mit es geht ja für die gemeine Sache – Schreib mir gleich wenn Du mir einige Schauspieler ausfündig gemacht die sich für mich schicken, daß ich mit Dir gleich unterhandle, oder sag ihnen daß sie mir selbst schreiben – findet noch Auswahl statt lieber Lenz so schicke mir diejenige, die am wenigsten Manier an sich angenommen wenn Sie Ihnen nur Feuer und natürliche Wärme vom Himmels Papa im Busen angezündet ist – An Eckhoff schreib ich so eben auch. Den anticken Saal hastu doch der Zeit nicht vergeßen Lieber – Du bist zu ehrlich und ich traue Dir viel zu viel Gewißen zu, als daß Du nicht manches Stündchen meinem L armen Laocon meiner lieben Niobe und meinem arme guten Glatiator widmen solltest – Sie sind mir gar zu lieb und ich könnte Dir drum feind werden wenn ich je so was von Dir erführe – pfuy das wär auch zu undankbar für einen Lenz der süßen Augen Blicke so zu vergessen, eher solltestu ein hundert von dem viel tausend Grüßen und Küßen an meine Liebe Wieland und Göthe vergeßen die ich Dir mitgegeben und beym Himmel das ist doch arg genug Frid.
    Müller
Empfangsnotiz Boies:Den 26 Apr. 76. Vernichten Sie die Wolken Boje und wenn Sie ein oder zwey Exemplare übrig behalten so lassen Sie sie keinem menschlichen Geschöpf zu Augen kommen weil sie mir zur Schande gereichen. Ich bin hier unendlich wohl. Die vorzügliche Gnade des Hofes und die Freundschaft so vieler herrlichen Geschöpfe Gottes beysammen machen mich in einem gewissen Grade seelig den nur mein eigen Herz mir verderben kann. Machen Sie doch daß ich die Freunde p. bald bekomme. Ich hoffe Helwig wird daraus zuviel lösen als daß er es übers Herz bringen kann mir nur 6 Dukaten dafür gegeben zu haben Lenz. Grüssen Sie unsern fürtreflichen Hn. Leibarzt Zimmermann und sagen ihm daß es mir wehe thut nicht gegenwärtig bey seinem Hn. Sohn in Strasb. seyn und ihm seinen Brief vorlesen zu können. Es geht Goethen freilich sehr wohl hier wie auch mir jetzt. Sobald ich aus dem lieben Strudel der mich fast bis zur Betäubung umdreht zu mir selber kommen kann, schreibe ich ihm. Unterdessen dank ich für all seine gütigen Mühwaltungen innigst. Das mehrere behalt ich mir vor. L. Der Herzog und der ganze Hof lesen Ihr Musäum mit vieler Liebe. Anfang nicht überliefert und gemeinschaftlich für ihr ganzes zukünftiges Leben zubereitet würden, so daß Gottes Namen dadurch verherrlicht und seine Liebe in aller Herzen gepflanzt würde – sehen Sie das schmeckt allen, Pietisten und Katholiken und Jansenisten und der Freygeist hat auch nichts dagegen einzuwenden. So machte es Zinzendorf und Sie müssen eine Kopfhängersprache reden und von Herzen oder ich prophezeye Ihrer Anstalt den Untergang. Wozu bekehren, wozu Erbauungen? Ist es nicht genug, nicht
    übererbaulich
genug, daß alle bey einander wohnen und bey einander
    wohnen lernen
wie in Gottes Welt. Gemeinschaftliche Geschäfte treiben, gemeinschaftliche Ergötzungen haben, laß sie doch meinthalben die Egyptische Katze anbeten. Ihre Tugend, Ihre Providenz richtet Sie zu Grunde Herr Professor, diese Namen sind odiosa obschon kein Mensch ist, der sie nicht im Herzen glaubt nur immer unter anderer Gestalt und anderen Benennungen. Also still davon. Und negotiiren Sie bey Pastor Götzen in Hamburg und bey allen Pietisten im Römischen und Russischen Reich, sie thun tausend mal mehr als die Großen, sie reißen die Großen mit fort. Sagen Sie, Sie hätten mit Ihren Schriften (denn auch die sind den meisten verhaßt) sich nur bei den Freygeistern den Weg bahnen wollen, auch sie in Ihre Parthey zu ziehen, damit wenigstens ihre
    Jugend nicht verloren gienge,
daher bäten Sie, dieß Geständniß nicht
    laut werden zu lassen
und ihnen
    ingeheim
mit ihrer Hülfe beyzustehn und alsdann, Herr Professor,
    alsdann
werden Sie Wunder sehen. Die Pietisten sind keine Spitzbuben, ich kenne sie besser. Sie
    thun alles
wenn man in ihre Ideen hineinzugehen weiß und sich nicht offenbar wieder sie erklärt. Nur die widrigen Gesinnungen der Herren
    Denker,
ihr Stolz, der Hohn die Geringschätzung mit der sie ihnen begegnen, erbittern sie und wen sollten sie nicht? Ich habe einen Vater der Pietist ist, er ist der treflichste Mann unter der Sonne. Schreiben Sie ihm, er wohnt zu Dörpt in Liefland, aber ich bitte, geben Sie ihm diesen Schlüssel zu Ihren Schriften und ganzem bisherigen Betragen und er, wie alle guten Pietisten, springen über die Mauer für Sie und Sie werden die Folgen sehen. Wenn die Leute irren, wenn ihr Kopf zu leicht und dafür ihr Herz desto voller, ihre Thätigkeit desto nachdrucksvoller und uneigennütziger ist, wollt Ihr Herren sie darum auslachen. Sollt Ihr nicht vielmehr diese höchst brauchbaren Leute suchen in Eure Parthey zu ziehn. Und was ist denn eure Tugend anders als die ihrige, nur daß eure Vorstellungskraft anders ist? Laßt doch den Leuten ihre verschobene Einbildungskraft, wie dem Kinde seine Puppe, und beweißt eure richtigere dadurch, daß ihr euch in sie hineinzusetzen wißt, ohne sie
    verändern zu wollen.
Eben die Ahndung die die Leute haben, daß sie sich durch ihre vorsetzliche
    Unvernunft
bey den Weltleuten verächtlich machen, welches sie als ein Leiden um Jesu willen ansehen, macht sie desto empfindlicher, desto argwöhnischer. Der geringste Ausdruck, der eine Bekehrungssucht verräth beleidigt sie, weil sie sich nicht bekehren wollen, bekehren können, so wenig als Ihr. Redt
    ihre Sprache
mit ihnen wenn Ihr beweisen wollt, daß Ihr mehr Vernunft und ein grösseres Herz habt. Nehmt sie in euer Herz auf und tragt sie, wenn ihr stärker seyn wollt als sie die euch zu tragen meynen. Nennt’s Busse und Glauben und Wiedergeburt, was ihr itzt Tugend u. Providenz nennt, sind es denn nicht nur Namen und für dieselbe Sache. Wenn die Engländer den Franzosen den Krieg angekündigt hätten und ein französischer Kaufmann hätte einen großen Handel in England zu machen, wär’ er nicht ein Thor, wenn er nicht mit den Engländern in ihrer Sprache redte, wenn er auch nur durch einen französischen Laut verriethe von welcher Nation er sey. Sind bey Ihrer Art Unternehmungen müssen Ihnen nicht alle
    Menschen gleich seyn.
Eben so müßten Sie es mit den Katholiken machen, eben so mit den andern, wie die Apostel jedem in seiner Sprache. Und in ihren öffentlichen Conspeckten von nun an versprechen alles was Tugend und Herz angeht (und was ist denn die Religion anders?) den Lehrern jeder Parthey zu überlassen. Die andere Erinnerung ist, daß nicht alle Sacherkenntniß der noch unreiffen Jugend heilsam ist. Gewiß lieber Herr Professor das schröckt eine Menge Eltern ab, würde mich selber abschröcken. Das Moralische darf eben so wenig übertrieben werden als das Physische.
    Anatomie
Kenntnis
    von
    Erzeugung der Thiere
und Pflanzen sind nicht für das Knabenalter. Eine glückliche Unwissenheit, bis Körper und Moralität zur Festigkeit und Stärke gelangt sind. Giebt es denn nicht andere Sachkenntnisse die diesen vorangehen können, giebt es denn nicht andere Motive der kindlichen Liebe? Liegen die stärksten nicht in
    der
    Natur?
Macht es denn die Natur selbst anders, hat sie nicht den Schleyer des Geheimnisses weißlich über die Sachen gebreitet. Laß es seyn daß auch der stärkere Geschlechterreitz in diesem Geheimniß liegt, auch
    der
muß Ihnen
    heilig seyn.
Lassen Sie den Kindern die wohlthätigen Alberkeiten der Ammen, klären Sie nur sonst ihre Phantasey auf. Laß sie sich immer über den Punkt zerrathen und die Köpfe zerbrechen, aber die
    starre Verweigerung aller möglichen Antwort darüber
die vorsetzliche Unwissenheit in der Sie sie darüber lassen, giebt diesem Triebe das
    heilige,
das mysterieuse das er haben muß, wenn ihre Kinder nicht Liliputmenschen werden sollen. Verspahren Sie alle Aufklärung hierüber und über alle Geheimnisse des Naturreichs, bis auf die letzten Wochen wenn sie auf die hohe Schule gehen, da Sie sie ihnen mit
    grosser Feyerlichkeit
eröfnen können. Mit Freymäurer- feierlichkeit und vorhergegangenem
    Schwur nichts auszuplaudern,
wenn ich was zu rathen hätte. Das wären Eleusina, die selbst bey verdorbenen Sitten das einzige Mittel zu ihrer Wiederherstellung wären. Denn laß es seyn, daß der Knabe selbst es bey unglücklichen Gelegenheiten schon früher erführe, es bliebe seiner Neugier doch immer noch was zu vermuthen, doch immer noch Zweiffel übrig, wenn man standhaft darauf bestünde, ihm vorher nichts davon zu verrathen. Uebrigens aber auf sein äusserliches Betragen die schärfste Aufmerksamkeit hätte und seine Phantasey mit andren Dingen auch mit Ergötzlichkeiten gehörig unterhielt und beschäftigte. – Bey der Entdeckung aber müßt’ er Ihnen einen Freymäurereid unter den fürchterlichsten äusserlichen Zurüstungen thun, nicht allein den jüngeren von dem was er erfahren würde nichts zu sagen, sondern auch keinen
    unrechten
Gebrauch davon zu machen. In weiterem Detail lassen Sie sich· alsdenn nicht ein, um keine Meineidige zu machen, sondern weisen ihm nur
    anatomisc
h die schädlichen Folgen der Debauche und überlassen das übrige seinem Gewissen. So werden Sie nicht allein aufgeklärte und liebenswürdige sondern auch gesunde und starke Weltbürger ziehen, deren glückliches Alter sie von selbst bewegt, ihre Kinder niemand als ihnen anzuvertrauen. Das ist von wichtigem Folgen für Ihre Anstalt, würdigster Mann! als Sie glauben werden. Ich kenne einen grossen Theil der Eltern auch in meinem Vaterlande. Ich weiß welch ein wichtiger Punkt einem zärtlichen väterlichen Herzen die Gesundheit seiner Kinder ist. Ich weiß fürchterliche Exempel vom Gegentheil, die den Eltern unaussprechlichen Gram gemacht haben. Ich bitte meine wortreichen Erinnerungen mit der Liebe aufzunehmen mit der sie geschrieben sind und diese nicht sowohl in meinen Ausdrücken als in dem Herzen zu suchen aus welchem sie kamen und das mit der wärmsten Ehrerbietung ganz Ihre ist. Lenz.
Brief über Wielanden und einige seiner Gedichte Hauptsächlich über Aga den neuen Amadis. Endlich hab ich den Mann kennen lernen der allen jungen Leuten in seinen Schriften sowohl als in seinen Handlungen ein wahrer Probierstein der Gesundheit ihrer Einbildungskraft so wohl alswie der Stärke ihrer Urtheilskraft seyn kann. Jene kann unersetzlichen Schaden an den ersteren nehmen, wenn sie schwach, kränkelnd, oder noch nicht zu ihrer gehörigen Reiffe gekommen ist, so wie diese wenn sie sich zu frühzeitig vermißt mit ihm fertig zu werden, erbärmlich scheitern und die ganze traurige Schule der Selbsterkenntniß zurückzumachen gezwungen seyn wirdeden kann. Dagegen kann jene unendlich an den erstem gestärkt werden und gewinnen, wenn sie sich gewöhnt gefährliche und reizvolle Gegenstände die ihr in der Welt so oft vorkommen aus ihrem rechten Licht und nicht mit der unreiffen Hitze und verstohlnern Kützel eines Knaben, sondern mit dem Ernst und der Kälte eines Kenners anzusehen, der nur denn warm wird wenn die Magie des allgewaltigen Spottes der aus der tiefsten Philosophie seine Bevollmächtigung und von dem schwelgerischsten Witz seinen Zauberstab erhielt, ihn mit zum Sokratisch mitleidigen Lächeln über die Thorheiten und Schwachheiten der Menschen dahin reißt So wie auch die Urtheilskraft an ihm und seinen Handlungen lernen soll sich nicht in ihren Schlüssen von Personen zu übereilen bevor sie uns in allen ihren Verhältnissen bekannt geworden sind. Wie oft verwandelt sich dann Nebel in Sonnenschein, Feindschaft in Uebereinstimmung der Gesinnungen, Haß in Liebe? Ich fange so ziemlich in dem Ton eines Schulmonarchen oder Professors der Moral an lieber Freund! aber ich finde ihn für nothwendig Ihnen meine wahre Meynung von diesem treflichen Mann ein für allemal aufzuklären und darzustellen. Mz Ich freue mich bester Graf daß ich Ihnen aus We. schreiben kann Da unsere Generation dem grossen Zeitpunkt näher rückt da Schwachheit selbst unverzeybares Verbrechen wird, so hoffe ich seine komischen Gedichte werden immer mehr zu lachen machen und immer weniger schaden Meine Grimassen gegen ihn verlang ich nicht zu entschuldigen Wenn ich Vater wäre und einen Sohn hätte der an der Schwelle der Pubertät stünde würde ich in seinen Morgenseegen eine Bitte um Reinheit und Festigkeit der Imagination setzen um ein mit Verstand und Entschluß bewafnetes Auge und ein mit zuversichtlichen Hofnungen gesichertes Herz, sich nicht nur an Statuen und Gemählden die einen momentanen Eindruck machen, sondern auch an Produkten des Geistes dieser Art üben zu dürfen Und ich hoffe ich brächte es dahin es durch sein Exempel zu bewähren daß die höhere Physiologie die die Nothwendigkeit der Stillung eines Triebes der wie alle menschlichen Triebe willkührlich ist, lächerlich macht allgemein zu machen wäre. Brief von Lenzen an Grafen Friedrich Leopold von Stollberg. Wundern Sie sich nicht bester Graf! statt einer geschriebenen eine gedruckte Antwort von mir zu erhalten? Sie werden begierig seyn zu wissen, wie Wieland mich empfangen hat, Wieland der einzige unter allen Menschen den ich vorsetzlich und öffentlich beleidigt habe. Sehen Sie da, ob sein Benehmen gegen mich nicht des menschenfreundlichsten Philosophen würdig ist. Als ich ihn das erstemal sahe, machte die zutrauenvolle vergnügte Bewegung, mit der er mich grüßte, mich schon wirre; es war, als ob’s ihm jemand gesagt hätte, ich sey um seinetwillen gekommen, obschon wir uns nur auf der Strasse antraffen. Wir speisten den ersten Abend am dritten Ort zusammen, es fiel kein Wort von dem Vergangenen vor und unser Gespräch ward so herzlich und munter ja als es später gegen die Nacht kam so freundschaftlich als ob wir Jahre lang in dem besten Vernehmen bey einander gewohnet. Diese Amnestie hat er bey allen Gelegenheiten so unverbrüchlich beobachtet, daß er sogar bei Hofe, wo er am ersten Gelegenheit gehabt, mich durch feine Vorwürfe aus der Fassung zu bringen und wo ich die Dreistigkeit soweit trieb, ihm über einige Stellen seiner komischen Gedichte meine Bedenklichkeiteil zu sagen er mich mit der größten Sanftmut und Ernst zurecht wieß und mir über verschiedene Dinge Aufschlüsse gab die ich nebst dem was ich durch weiteres Nachdenken darüber herausgebracht Ihnen mittheilen will. In der That bester Freund ist ein wesentlicher Unterscheid unter einem
    schlüpfrigen
und einem
    komischen
Gedicht, wie z. E. Wielands Erzehlungen und Ritterromane sind. In den ersten werden die Unordnungen der Gesellschaft ohne Zurückhaltung mit bacchantischer Frechheit gefeyert und ihnen daß ich so sagen mag Altäre gesetzt wie Voltäre und Piron thaten, in diesen werden die Schwachheiten und Thorheiten der Menschen mit dem Licht der Wahrheit beleuchtet und (wie könnte ein Philosoph sie würdiger straffen) dem Gelächter weiserer Menschen Preiß gegeben. Mich deucht der Unterschied ist sehr kenntbar und nur Leidenschaft konnte mich bisher blenden ihn nicht zu sehen. Man wirft ihm vor daß seine komischen Erzehlungen zu reitzend, gewisse Scenen darinn zu ausgemahlt sind. Ein besonderer Vorwurf. Eben darinn bestand sein größtes Verdienst und der höchste Reitz seiner Gemählde ist
    der ächteste Probierstein
    für die Tugend seiner Leser.
Tugend ohne Wiederstand ist keine, so wenig als einer sich rühmen darf, reiten zu können, wenn er nie auf etwas anderm als einem Karrengaul Packpferde gekommen ist. Eine solche furchtsame träge ohnmächtige Tugend ist bey der ersten Versuchung geliefert. Will also einer an diesem Eckstein sich den Kopf zerschellen, anstatt sich an ihm aufzurichten, so thut er’s auf seine Gefahr. Dasselbe würde ihm bey der ersten schönen Frau begegnet sein; darf er deßwegen den Schöpfer lästern der sie gemacht hat? Setzen wir diese nun auch in hundert noch reitzendere Verhältnisse; der Reine dem alles rein ist und der seinen Entschluß und seine Hofnungen unwandelbar im Busen fühlt, wird wenn wir sie zu Hunderten gruppirten, mit der Trunkenheit eines Kunstliebhabers wie unter Griechischen Statuen bey Ihnen vorbeygehn, ohne einen Augenblick zu vergeßen, daß nur eine ihn glücklich machen kann. Ueberhaupt schweigt der thierische Trieb je höher wir die Reitze auch der körperlichen Schönheit spannen und verliert sich unvermerkt in die seelige Unruhe und Wonne der Brust des Busens des Herzens das alsdenn von neuen menschenwürdigem entzückungsvollen entzückendern Gefühlen geht schwillt wohin ihn Wieland an hundert Stellen seiner komischen Gedichte so geschickt hat hinaufzubegleiten wußte. Welche Wohlthat er dem menschlichen Geschlechte dadurch erwiesen, wird ihm erst die Nachwelt danken: falls seine Gedichte etwa nicht unglücklicherweise anders gelesen werden sollten als er sie gelesen haben will. Sollten Sie nun vollends diesen Mann in seinen Häuslichen Verhältnissen wie ich fast täglich zu sehen Gelegenheit haben, wie er ganz Zärtlichkeit gegen seine Gattin und Kinder ist, deren feurige Augen die treflichste beste Wiederlegung aller derer sind, die j emals in seinen Gedichten schlüpfrige Stellen gefunden oder daraus nachtheilige Schlüsse auf seine Sitten gemacht, sollten Sie sehen, wie aufmerksam und nachgebend er gegen jeden Schatten von Verdienst, wie bescheiden obwohl immer gerecht gegen sich selbst, wie entfernt von allen Anmaßungen und Foderungen an andere, wie beynahe zu nachlässig für seinen Ruhm und die Erhaltung desselben, wo ihn nicht die äußerste Noth dazu zwingt (daher auch alle die falschen Lichter kommen, unter denen er sich bisher immer entfernten Personen gewiesen) wie eyfrig und emsig das Gute zu befördern wo und wie er kann: so würden Sie sich nicht wundern daß ich, der weder von Schriftstellern noch vom Publikum etwas zu erwarten hat, einem ohne mich schon berühmten Manne den Hof mache, ich der mit eben der Unbefangenheit Sorglosigkeit in meinem Haß und in meinen Unarten gegen ihn fortgefahren wäre wenn mein Herz mich nicht erinnert hätte. Ich wünschte sehr noch so lange hier bleiben zu können, daß ich auch Sie unter so viel treflichen und von sovielen Seiten sich auszeichnenden Personen, als diese glückliche Gegend einschließt, sehen und umarmen könnte Lenz.
Sie sind über Vermuthen geschwinde weggereist lieber Gotter! und ich habe sehr bedauert, daß wir einander so wenig haben geniessen können. Schicken Sie mir doch einmal einige von Ihren Sachen: Sie können sich drauf verlassen daß ich den behutsamsten und Ihnen gelegensten Gebrauch davon machen werde. Wenn Sie einen Abdruck von den Algierern haben, bitt ich mir ihn doch auch aus. Das Stück war eigentlich für gegenwärtige Zeitläufte geschrieben und verliert wenn es liegen bleibt. Meinen Empfehl der Demoiselle Schwester auch wenn Sie nach Lion schreiben den liebenswürdigen deutschen Damen in Frankreich. Lenz. Sollten Sie ein Exemplar des barbier de Seville besitzen so bitt ich Sie doch sehr es mir gütigst auf 8 Tage zu leyhen. Die Herzoginn Mutter ist sehr verliebt drinn und ich hab ihrs zu übersetzen versprochen damit wirs hier aufführen können.
Herrn Herrn
    Gotter
Archivarius in
    Gotha.
Hannov. 25sten Apr. 76. Mattei, der Ihnen diesen Brief giebt, ist mein Freund, und wünscht Sie kennen zu lernen. Ich hoffe, es wird Ihnen lieb seyn, daß ich ihn zu Ihnen führe. Es ist ein schazbarer, warmer rechtschaffener Mann, der Welt und Menschen gesehen hat. Kennen Sie nicht Charlotte Seidel? Von ihr sprechen Sie mit ihm, und von Ihrem Freunde Boie. Grüßen Sie Göthe. Vielleicht sind Sie nicht mehr in Weymar. So überschreib ich diesen Brief auch an Göthe, damit er wenisten Einen von Ihnen sehe. Mich verlangt nach Nachricht von Ihnen.
An Lenz oder Göthe Weymar.
Hier, liebster Lenz, hast Du einige Flicke in den Merkur. Verrathe mich nicht oder entschuldige mich wenigstens bei Wieland, daß ich an Ihn nicht schreibe, u. wähle vorsichtig aus – Eins oder Keins. Ich will keinen neuen Hundelärm haben u. Euer Merkur soll ihn nicht durch mich haben. Also wählt vorsichtig – so immer ein Flick zum Einschieben – bald schick’ ich was Anders. Dein Brief lieber Lenz u. Dein P Epilogus galeatus zur Urkunde hat mich u. Dich noch näher gebunden. Du bist der Erste Mensch, für den ich schreibe, und kannst Du herrlich durchblicken, entschuldigen, überblicken, rathen. Schicke mir doch das Stück, oder mach’ aus, daß der Merk. von diesem Jahr an mich geschickt wird ich will auch unter den Abonnenten seyn – und Du arbeite fleißig dazu, lieber Junge. Mit dem Zögern in Weimar gehts doch entsetzlich. Ich sitz hier freilich nicht auf St. Lorenz Kohlen, u. doch unsanft, denn das Geträtsch ist überall hier herum und ich sitze. Trage Du doch bei, daß das Ding so oder so ausgeht, nur daß was gethan wird. Soll ich predigen, wohlan – Und nun noch Eins, lieber Lenz. Da das Glück nicht wollte, daß ich Dich in Weimar vielleicht finde, so beschwör ich Dich, komm zu mir!!! wenn Du von dort zeuchst. Ich will Dir die Reis’ ersetzen. Ich wollt gern zu Dir halbenwegs kommen, aber dann sieht Dich nicht mein Weib, u. sie will Dich so gerne sehn u. was ist im Wirthshaus? Komm her, ich bitt u. flehe Dich, wenn Du nicht so lang in Weimar bleibst, bis wir erscheinen. Oder bleib immer da, da wir dann herrlich singen wollen Hallelujah. Nochmals gesagt, daß ich die Fabeln Dir vertraue. Leb wohl, lieber Lenz bester Junge. Grüß Göthen. Den 27. Apr. 76.
    Promemoria
an
    Wieland, Goethe, Lenz.
Ich kehre mein Viertelstündchen, u: bis es herunter gesandet hat, schreib ich Euch, lieben Drey, was mir einfällt.
    Wieland.
Den hertzigen Brief vom 15. Apr. empfangen! Dank! Freude – über die Wiedergenesung der Kranken!
    Werthes
sagte mir, was Du in solchen Fällen leidest. Ich bin Erstaunen gesund; aber mein stilles Weibchen hat viele, viele Leibesbeschwerden.
    Goethe.
Komm ich dann auch zu keiner Stunde, wo ich Dir wieder einmal mein gedrücktes Herz leeren kann! o Goethe – nur noch ein paar Stunden neben Dir aufm Obern Lindengraben – oder aufm Bett im Saale!
    Lenz.
Du hast nun die Briefe vom nochlebenden Lindau? Sey ruhig des Bildes wegen.
    Werthes
ist nicht mehr in Lausanne.
    Wieland.
Aus Mißverstand ist
    Pirkheimer
auf ein klein Täfelgen radirt worden. Ich behalte das vor mich, und laß einen andern machen.
    Goethe.
In
    Baden
und
    Weiningen
hab ich wieder einmal satt von Dir gesprochen.
    Goethe
und
    Lavater
sind der
    Text
des leztern
    Thema Publikums
für die
    liebe Studiosi.
    Wieland.
Ich bin, Gott weiß, äußerlich der glücklichste Mensch. Was meine Seele inwendig zerreißt – weiß nur
    Gott.
    Lenz.
Ich habe noch nichts von Deinen neuern Dingen gesehen. Ach! mein Lieber! wärst Du bey mir!
    Goethe.
In 8. Tagen hoff’ ich
    Schloßern
zusehen; verspreche mir viel von ihm.
    Goethe – Wieland u. Lenz.
Wollt’ Euch gern meinen
    Abraham
senden, wenns nicht mehr kostete, als im Buchladen. Verzeiht. Adieu – Ihr guten Lieben! Laßt uns würken, weils Tag ist! Es kommt die Nacht, da niemand würken kann. Amen. Den 27. Apr. 76. J. C.
    Lavat.
Der Wielandin Kuß für mein Weibchen hab ich noch in Petto – wollen erst eine Menge andre einziehen. Hab aber schon ein Lächeln zum voraus durch die Ankündigung erholt.
    Wieland.
    Kayser
wünscht seine Poesieen in Merkur gedruckt.
    Urtheile.
Briefwechsel dreyer akademischer Freunde. (Ulm bey Wohler) – – – fließend; doch etwas matt fließend; Bisweilen süßlicht, und etwas fade. Übrigens voll Gutherzigkeit und für Studenten eine treffliche Lektüre. Sehr selten Geniespuren, desto mehr nüzliche Erinnerungen. Über die vielen Urtheile über lebende Personen – urhteilen wir nicht, nur kann hierüber allen Jünglingen in öffentlichen Schriften die überlegteste Behutsamkeit – nicht genug angerathen werden.
    Ephemeriden der Menschheit
oder Bibl. der
    Sittenlehre und Politik.
Erstes Stück 76. Basel. Wirthschaft, Sitten, Freyheit – der Gegenstand dieser Monatschrift. – Dieß Stück enthält viel Merkwürdiges. Das Beste – der Brief von
    Schloßer
an
    lselin
über die
    Philanthropinen.
Auf den
    Mist
mit, wenn’s nicht gefällt.
Den 30sten Apr. 76. Ich schick Ihnen hier die Abhandlung oder Vertheidigung und die Komödie. Mit dem Druck der lezten zumal bin ich wenig zufrieden, aber, ich kann’s weder ändern noch helfen. Die W. sind vernichtet. Ich selbst habe nicht ’mal einen Abdruck. Von diesen beyden hab ich H. Zimmermann, der sich Ihnen empfiehlt, ein Exemplar gegeben. Es sind nur 5 1/2 Bogen geworden, u. ich hab Ihnen 6 Dukaten geschickt. Ich hatte den Druck wie in der Stella bestellt, u. rechnete auf mehr als 6 Bogen. Nach der Meße kommt H. erst hier, u. giebt mir Geld. Ich will mein möglichstes thun, Ihnen mehr zu verschaffen. Aber ich verzweifle. Ich kenne die Buchhändler, u. zumal in diesem Falle, wo wir ihn doch menagiren müßen. Ich selbst hab über 1 Duk. Auslage. Wenn Sie mehr Exempl. haben wollen, schreiben Sie an H. nach Leipzig. Von der Vertheidigung ist nun kein Exemplar an W. gegangen. Ich schicke Ihnen nächstens einen Freund von mir zu, von dem Sie hören können, was ich mache. Die verlangten Nachrichten sollen Sie haben, aber heut nicht. Sie kosten mich Nachsuchungen, zu denen ich nicht Zeit habe. Ich bin gewärtig von Schreybereien wegen der Musterungen wie erdrückt. Daß das Museum in Weymar gelesen wird, freut mich. Wenn ich nur mit keinem Buchhändler zu thun hätte! Der Meinige ist vollends ein Esel, der immer mit-sprechen will. Ich hoffe immer mehr intereßante Sachen zu liefern. Im May lesen Sie ja Lenardo und Blandine. Lic. Webers Beiträge sollten uns ganz willkommen seyn, wenn ich an ihn zu kommen wüste. Vergeßen Sie Ihre Freunde nicht! Wenn Sie Zeit haben, schreiben Sie mir weitläufiger, u. mehr von sich u. Weymar. Der Ihrige B. Weymar d. 30sten Aprill. 76. Haben Sie doch die Güte bester Freund bey Hn. Hellwieg zu kontremandiren, daß er keine Exemplare der Vertheidigung Wielanden zuschicke. Sie würden ihn nur beunruhigen und ich habe den Mann zu lieb, ihm nicht alles zu ersparen was seine ruhige Dichterexistenz, die er gewiß verdient wenn sie ein Mensch auf der Welt verdienen kann, unterbrechen könnte. Ich wünschte allen meinen Freunden daß sie diesen Mann kennen lernten, wie ich ihn nun kenne und ihn liebten in dem Grade als ers werth ist, sie würden sich dabey sehr wohlbefinden. Vom Musäum sprechen wir nicht eher, als bis ich aus Ihrer Liebe und Güte die erbethene Liste von den Appointements eines Hannöverischen Infanterie- und Cavallerie Regiments habe, woran mir alles gelegen ist. Ich befinde mich hier so wohl daß mir meine Existenz halb wie ein angenehmer Traum vorkommt. Nichtsdestoweniger werd ich einen Monathen aufs Land gehn um zu meinen Arbeiten wiederaufzuwachen. Ich umarme Sie nach viel Empfelungen an Hn. Leibarzt Zimmermann als Ihr aufrichtigster Freund Lenz Ich sehe mich genöthigt französisch zu schreiben werde also nicht allein längere Zeit sondern auch weniger Raum brauchen, da man französisch vieles kürzer sagen kann. Diese Umstände zusammengenommen nebst dem was ich bei meinem Aufenthalt allhier der mir zur Musse nothwendig ist zusetze und durch meine Abwesenheit in Strasburg einbüsse (wiewohl das letzte mir doch nicht bezahlt werden kann) möchten mich wohl nöthigen den Preiß für den Bogen höherzusetzen. Wir werden darüber schon zurecht kommen, wie ich hoffe, der Tittel wird Sur les mariages des Soldats Empfehle mich Ihrer ferneren Freundschaft. Weymar. D. 6ten May 1776 Lenz Am 8ten May Morgens 7 Uhr. Ich reite um Göthen zu sehen heute Morgen nach Ilmenau. Begleiten Sie mich Lieber Lenz bey dem schönen Wetter so wir haben dahin. Morgen oder Uebermorgen sind wir wieder zurück. Wenn Sie Sich zu dieser Reise entschließen so schicken Sie mir Ihr Nacht Zeug und halten Sich um 9 Uhr gestiefelt, ich besorge Ihr Pferd und hole Sie ab. Der Ihrige Kalb. Daß Sie mein Ausbleiben diesen Nachmittag nicht stuzig macht; noch einmal einen vergebnen Weg zu unternehmen: so erfahren Sie hiedurch bester Freund daß ich nunmehr auf dem Garten-Hauß bin, und Sie
    sehnlichst
erwarte. Einsiedel vertikal:
Meinen besten Dank, und könnt Ihnen an meinem Beyfal etwas liegen meinem ganzen Beyfal. Ich war heut früh bey der Herzogin, sonst würden Sie es eher wieder erhalten haben G. Weymar d. 12ten May Das letzte Wort das ich Ihnen sowohl als Ihrem Freund Hellwig dem ich dies zuzuschicken bitte über die Wolken schreibe, ist, daß Sie, wenn nicht wie ichs verlange und wie mirs ist
    versprochen
worden, alle noch daseyende Exemplare verbrannt worden, niemand grösseren Schaden thun als
    sich selber.
Zu geschweigen daß
    bloß unter diesen Bedingungen
Strephon der mir sonst unter 20 Louysd. nicht feil gewesen wäre Ihnen überlassen worden ist, so erkenne ich weder die Wolken noch die Vertheidigung derselben für meine Arbeit und nur mente captus könnte sie Goethen zuschreiben der in seinen gegenwärtigen Verhältnissen sie verabscheuen würde wenn er sie sähe. Sie würden also nur dienen den
    Herausgeber
völlig zu
    dekreditiren
der alles auf seine Hörner nehmen müßte und zwischen mir und ihm eine ewige und unwiederherzustellende Entfernung zu veranlassen die mich nöthigte mich öffentlich als seinen Feind zu erklären und alle meine Kräfte aufzubieten ihm in mehr als einer Rücksicht ein solches Verfahren reu zu machen. Welches mir nicht schwer fallen soll Lenz. Sie bekommen von nun an lieber Fr. eher keine Sylbe von mir als bis ich über die Wolken und ihre Vertheid. völlig beruhigt von Ihnen bin. Wo sie ein Mensch zu sehen kriegt, so weiß ich was ich thue
An Lenz. Du lieber Br. würdest mir höchlichst Unrecht thun, wenn Du mich zu einer Klaße von Menschen rechnen wolltest, die so immer in den Tag hineindenken und handlen ohne sich durch sichtbarliche Zeichen und Wunder eines anderen belehren zu lassen. d. i. Ich habe längst über gewisse Dinge ganz anders gedacht – und Dein Zettel aus Weimar trift mich nicht, so lieb er mir übrigens aus Deinen freundlichen Händen und Andenken ist. Die Wolk. warten auf Gelegenheit um
    wie Du verlangst
nach Strasburg zu gehen. Im übrigen I. Br. laß mich nicht lang schwazzen sondern
    traue
mir! Sey ohne alle Sorgen wenn ich was
    sage
so thu’ ichs auch! Auch wäre es brav wenn Du schriebst wie Dir’s sonst zu Sinn ist. Ob Du bleibst wo wir glauben – Und daß wir Dich also nicht nach Zürch bekommen, wo einige Deiner harrten, und Dich wahrlich mit Liebe hoch gehoben hätten. Auch gut so! – Schloßer war da und o Du warst auch mit dabey. Grüße Goethen. Deine flüchtige Aufsäzze sind längst verakkordiert und freylich weil der böse Feind überall sein Spiel hat, noch nicht angefangen zu drucken. Habe doch Geduld. Wenn’s kommt ists auch noch Zeit. Mann hat ja jezt erst einige Nouvellen von Dir wie ich höre aus Leipzig. Auf die Soldaten freu ich mich. Das ist ein trefflich Sujet für meine arme Seele. Hast Du meine Gefühle
    über Gluk
gelesen? Gluk hat mich niedergedrückt und liegt schwer auf mir. Ich habe Hofnung zu einigen ungedruckten Sachen von ihm aus Hermannsschlacht! Vielleicht komm ich ihm näher dem Herrlichen. 12 Exemplar – von den flüchtigen Aufs. an Dich! Wohin? – wenn sie fertig sind. Fahre wohl. Einen andenkenden Blick zu weilen auf Deine Zürcher! K.
Zitat aus einem Fremdbrief. „So schreibt er, unter andern, ganz cavaliérement:“ Madame! Schicken Sie mir doch einige französische Chansons; ich wünschte mich in den Abendstunden damit zu delassiren. Wenn Du die himmliche Freude u: Blüthe dieses Gesichts mit Farben in die Phy: übertragen kannst, so will ich Dir gern beyde noch lange laßen, aber das erste muß ich einmal wiederhaben – oder ich endige schröklich, meine Vorsäzte sind hierinn ganz kaltblütig u: m: Entschluß unveränderlich. Aber welchen Künstler wirst Du mit diesem Gesicht beschäftigen? Wenn Du den Schlüßel zu allen den Zügen hättest! Ach wo ist die Meisterhand – u: ein ganz himmelheitrer Augenblik für Dein Urtheil – Du verstehst mich, alles was Erziehung, glükliche Umstände von außen u: eigenthümliches Genie vereingen konnten. Nur daß ich das Bild wieder habe u: bald – Was wirst Du darüber sagen! Kann ich’s Voraus wißen u: insgeheime? Lieber mein Leben, tausend Leben, als das Bild. – Nim mir mein Geschwärm nicht übel, Du bist auf der Welt der Einzige gegen den ich so schwärmen darf. Und doch bin ich des in mich Hineinschließens an den Leuten hier so gewohnt, daß ich selbst gegen Dich – Wo Du aber gegen sie von alledem was merken läßest, bist Du nie mein Freund gewesen. Hannover. Den 19ten May. 76. Ich war im Begriff Ihnen zu schreiben, und Ihnen das zu schicken, worum Sie mich gebethen hatten, als ich Ihren Brief vom 12ten erhielt. Diesen Brief von
    Ihnen an mich!
– wo mir was in meinem Leben unerwartet gewesen ist, so war’s dieser Brief. Ich habe gewartet, bis ich kalt geworden bin, und will Ihnen nun auch von meiner Seite das lezte Wort in dieser Sache sagen, die mir wahrlich! von Anfang an keine Freude gemacht hat. Was hab ich davon gehabt? Mühe, Kosten, Verdruß, Plackerey! Und warum? Weil ich Sie schätzte, Sie liebte! Es war Uebereilung von mir, von Einer Seite nicht zu verzeihende Uebereilung, daß ich mich mit den W. einließ. Hernach hab ich mir nichts mehr vorzuwerfen. Wenn Sie in irgend einem Vorfall Ihres Lebens einen treuern, wärmern, uneigennützigem Freund finden, so wünsch ich Ihnen Glück. Mich hat mein Herz wieder zu weit geführt. Ich wills künftig fester halten. Mein Freund Helwing, wenn Sie wollen (aber nur durch Sie mein Freund! denn vorher kannt ich ihn nicht) ist ein ehrlicher Mann, und Sie haben von seiner Seite nichts zu befürchten, obgleich die gedruckten Exemplare der W. noch nicht in meinen Händen, und folglich noch nicht verbrannt sind. H. ist ein wohlhabender Mann, der um eines kleinen Vortheils willen, sein Wort nicht brechen wird; dabey bin ich ganz ruhig. Hier sind alle seine Briefe. Wenn ich vorausgesehen hätte, was nun geschieht, so hätt ich auch Abschriften von den Meinigen genommen, und sie ohne ein Wort weiter beygelegt. Bey kältern Blute würden Sie sich allein daraus Ihres Verdachts geschämt haben. Ich hab Ihnen längst geschrieben, daß er G. für den V. hielt, aber Sie haben nie darauf geantwortet. Daß G. im Meßkatalogus als V. der Comedie genannt ist, hat mich wie Sie bestürzt und geärgert. Wenn ich nicht endlich Sie ihm genannt hätte, hätte H. ihn auch auf dem Titel als Verfasser genannt. – Ich hatte H. geschrieben, mir die Exemplare der W. vor der Meße hieher zu schicken. Er war abgereist, eh ichs wuste, u. wir müßen nun warten bis er von der Messe zurück kommt. Da soll er sie mir gleich schicken, und sie sollen unter meinen u. Z.s Augen verbrannt werden, ohne daß Ein Exemplar übrig bleibe. Ich habe mich wohl gehütet, H. Ihren Brief zu schicken, da er noch das Schwert in Händen hat. Er möchte nicht so kalt seyn können als ich. Daß ich nicht mehr von ihm habe bekommen können, ist mir leyd genug. Aber kann ich die Buchhändler uneigennüziger machen? Ich habe versprochen, daß ich mehr zu erhalten suchen würde, wenn ich ihn hier sähe, und das Versprechen halt ich, wie das erste, daß ich nicht eher ruhen will, als bis die Exemplare verbrannt sind, die Sache mag eine Wendung nehmen, welche sie will. Sie können mich sogar angreifen, wenn Sie wollen, und deßwegen soll doch keiner durch mich die W. zu sehen bekommen, wie sie keiner gesehn hat, als Z. der vorher davon wuste. Ihre Drohungen will ich vergeßen. Es schmerzt mich nur, daß
    Sie
sie gegen mich brauchen
    konnten.
Ich habe keinen litterarischen Ruhm zu verlieren; also bin ich gleichgültig dabey. Das Bewustseyn als ein ehrlicher Mann gehandelt zu haben, können Sie nicht, kann mir keiner rauben. Boie
Wenn Sie lieber Freund! die
    Algierer
noch nicht weggegeben haben, so wollt’ ich Ihnen unmaßgeblich rathen sie Herrn Bode anzuvertrauen, der sie der Schröderschen Gesellschaft in Hamburg zu spielen giebt (die Ihnen gewiß reichlicher zahlen wird als keine andere) und sie sodann auch dort kann drucken lassen, woran mir am meisten gelegen da ich keine Abschrift davon habe und sie doch wieder einmal lesen möchte. Meinen Empfehl der Demoiselle Schwester. Weymar d. 20sten May 1776. Lenz. Ich hoffe daß Bodens Bekanntschaft Sie so freuen wird als sie uns Freude gemacht hat
Herrn Herrn Archivarius
    Gotter
in Gotha.
Liebster Bruder. Was denkst Du über mein Zögern? Es konnte aber alles auch Deinetwegen nicht eher geschehen, und wann ich den Pack von Zürich abwarten wollte so könnt ich so wenig den diesen hiesigen Pack abschicken und der erstere in dem unter andem auch die Siena eingepackt ist, würde auch noch hier seyn vor ongefähr 4 Wochen that ich ihn auf den Wagen. Hastu ihn dann noch nicht erhalten, schreib mirs doch. Den Pack von Zürich soll ich erhalten haben wie Du mir schreibst daß Dir Lavater gesagt hätte, und ich habe keinen Staub davon gesehen. Hat ihn etwa der unstäte Kaufmann mit gekriegt der von Winterthur nach Strasburg abreiste und nach seiner Manier eher noch einmal nach Zürich zurück kommt. Sobald ich den Pack bekomme, soll ich ihn unerbrochen Dir zuschicken, unerbrochen? und soll doch 2 Exemplare an Mslle König und 1 an Mslle Schoell und so fort abgeben? ich muß Deinen letzten Willen gelten machen, und mich auf Deinen Glauben an meine
    religiöse
Verschwiegenheit verlassen. Theuerster Bruder ich schwöre Dir bey dem einzigen Gran von gutem Herzen den Du bey mir vermuthest daß ich nicht spasse mit dem ersten April O Lenz wie kannstu das von mir glauben? Warlich warlich mit all Deiner großen Menschenkenntnis Du kennst mich kaum halb wann Du so was wähnen kannst, aber ach theure liebe Seele wer kann Dir auch das zumuthen zu glauben, laß mich mit Dir weinen mit Dir – ach – verstummen. Kennstu beyliegende Silhouette wovon an Lavater auch eines abgeschickt wurde, und ich hab den Schattenriß selbst genommen und ihn ins kleine gebracht, und mich aufs sorgfältigste dabey bemüht. – wie gesagt es war am ersten April in der neuen Kirche mittags um 12 Uhr. Die gnädige Frau hat wirklich das bewußte Portrait selbst gemalt aber Sie sagt es sey nach Potsdam und nicht nach Weymar geschickt worden. Diese Woche wird sie nach Bußweiler abreisen mit dem gnädigen Herrn und von da auf ihre Güther und so den ganzen Sommer über nicht zu Strasburg seyn. Lenz Lenz von der Vocation ins Philanthropin sag ich kein Wort, aber warum nimmst Du die zu Weimar nicht an? Warum? gieb Acht wo die Ursache her kommt und wo sie hin führt. Lenz mein theuerster, Liebster sey Lenz und vergieb meiner Liebe zu Dir, ich sage kein Wort mehr hievon, bin kein Redner für Dich. – Freilich sollst Du wieder einmal herkommen und ohn den Gedanken wäre mir Deine Entfernung sehr hart, aber fixiren kannstu Dich hier wohl schwerlich. Viel politische Neuigkeiten kann ich Dir wirklich noch keine von hier melden. Von Krieg wird nicht gesprochen, der Hof ist noch immer zu viel mit sich selbst beschäftigt und scheint alle auswärtigen Angelegenheiten von sich ablehnen zu wollen. Mr. Turgot hat seine Dimission bekommen, vermuthlich daß er sich durch verschiedene Edicte viel Hasser gemacht denen seine ökonomischen Projekte (die an den meisten Orten bis zur Ausführung reif waren) – für ihre besondere Ökonomie nicht anständig waren. Der König selbst soll, wie man mich zuverlässig versichert hat, sein letztes Lit de justice bereuen. Beym Franzosen bin ich gewesen und hab die Interessen mit 24 Sous besorgt, so bald es sein kann will ich der Relation ein Ende machen, seh aber noch nicht wann. Tabelle Unsere Besatzung. 1 Regiment schwere Kavalerie von 350 Mann. 1Dragoner350. 1 Regiment Schweitzer-Salis 1032. Elsaß 1032. Anhalt 1032. Quercy 1000. Lyonnais in der Zitadelle 1000. Das Artillerie-Corps nicht mitgerechnet #5796. 5796 Verte am linken Rand der ersten Seite vertikal Kalkulationen von Lenz’ Hand Zu Flies werd ich nächstens gehen. Worinn besteht das Schletweinische Ursystem? ists theologisch? – hier wird nichts Neues von der Art eingeführt, den Theologen hier ist die Ruhe lieb und zu dem verstehn sie das alte System noch lange nicht genug, ich denke sie würdens alsdann noch eifriger beibehalten wann sies nach seiner ganzen Spinnigkeit kennten. – ist’s politisch? bestehts in neuen Exercitien? so kann ich Dir sagen daß die Sache nicht interessant seyn kann, denn es wird bald wieder ein Ende haben, sobald eines erlernt ist kommt immer wieder ein neues auf. – ist’s ökonomisch? bestehts in der Vertheilung der Almenplätze und in der Bearbeitung derselben zum Ackerbau, so kann ich Dir sagen daß man hier fast alletage fortfährt dieselben zu versteigern. Unser Magistrat hatte bei jedem Viertel Frucht das in die Stadt kam ein gewisses Stück Geld abzufordern das jährlich ein Einkommen von 40–50000 Gulden ausmachte und da nun dies auf Königsbefehl wegfällt, so suchen sie sich durch Versteigerung der almen Plätze Ersatz. Wie sich alles das bey der Veränderung des Herrn Turgot entwickeln werde? – mag Zeit lehren. Das Geld für die Brief Porto bey Schönfeld ist 6 l. Er grüßt Dich. Türkheim, Blessig grüssen Dich und von allen Orten her habe ich Grüsse an Dich. Das Monument ist zum Theil schon angekommen, die Pyramide steht schon aufgerichtet in einer Mauer á vue perdue beydes in schwarzem Marmor, die Statuen aber werden noch erwartet. Unsere Esel von Dumherrn machen immer Difficultäten, sonst wäre Pikal schon längst hier und eher werden die Statuen nicht kommen. Der Graf von Artois soll freilich auch herkommen aber bey gegenwärtiger Hofunruhe solls noch ungewiß seyn. Das 2te und 1te Stockwerk des Lauthischen Hauses hat Freunde wahre Freunde von Dir die Dich grüßen, im 2ten hören sie das Ablehnen Deiner Vokation zu W nicht gern, im ersten wissen sie nichts davon und sind ruhig. Sie grüßen Dich beyde recht herzlich. Laß Dich erbitten mir Verzeichnisse von Deinen und Herrn D.Göthens neuen Stücken zu schicken. Claudine? Von wo muß man’s kommen lassen? Dein Engländer? Was ist das? wer verlegts? Ist Dr. Faust fertig gedruckt? Wegen den Bauren auf dem Land muß ich erst noch nachfragen. Den Guibert hab ich empfangen, ich glaubte er sey im Getümmel von Schlachten herum getragen worden – doch habe ich ihn dermaßen zurecht legen· und ausheilen lassen daß man ihm nicht einmal die Wunde ansah die er vom Leser bekam und der Hr. Pr. Koch machte gar ein freundliches Gesicht als er ihn sah und Deinen Brief bekam und läßt Dir ein höflich Compliment sagen. Die Veränderung die man mit den Regimentern vornehmen wird. Jedes wird aus zwey Bataillons bestehen. Das erste Bataillon kriegt 5 Compagnien. Jede zu 160 Mann gerechnet, davon eine Compagnie aus Grenadirs besteht, die 4 andern aus Gemeinen. Das zweite Bat. hat statt Grenad. eine Comp. Jäger. Dann kommt noch eine Compagnie auxiliaire zu jedem Regiment, diese eilfte besteht aus Recrues die unter dem Kommando von 6 Officiers exerciert werden und allemal die abgehenden Leute ersetzen. Aus Ursach dessen ist auch die Land Milize abgeschafft worden. Jede Compagnie hat 2 Capitaine und 4 Officiere. Auch wird der jährliche Sold der Officiere vermehrt so daß statt 500 l. die ein gemeiner Officier jährlich bekam er 700 bekömmt. Jedes Regiment wird also um 600 Mann ungefähr verstärkt, dann 160 Mann in der Comp. X 11 = 1760 Mann und itzt hat ein Regiment ongefähr 1000 bis 1200 Mann. Ich bin beym H v Flies gewesen traf ihn nicht an, morgen. Hr v. Kleist sagt Dir ein Kompliment ich komm itzt. täglich zu ihm. Zimmermann grüßt Dich, dankt Dir herzlich für den Brief, bittet um Frist zu antworten, hatte das Fieber und eine recidive. liegt noch! und ich kann ihn kaum besuchen. – Alle Schweizer grüßen Dich auch. Hafner grüßt Dich auch, predigt itzt zuweilen, aber nur französisch, sehr fließend über MoraJen sur la charité, sur la médisance Völlig im französischen Geist. Man hört ihm seine Lektür und die Wendung die polie die sie seinem Geist gab an. Was willstu für Akten? Die Iris wie Du itzt wissen mußt hat Hr Spener zu Berlin in Verlag genommen und sein Comissionair in Strasburg ist Bauer & Treitel. Kann also nichts mit machen, nicht Dir zeigen daß Du nicht schreiben sollst
    „was du draus hebst nimmst du zu erst für dich, denn
etc“ Lenz laß mich machen so lang ich machen kann am linken Rand der zweiten Seite vertikal Kalkulationen von Lenz’ Hand Wohl bekomm Dir Dein Bucephalus! Bücher schick ich Dir keine, der Porto kommt Dich höher als sie werth sind. Shakespear und mein Homer sind hier geblieben, ich hab dem Hr. Schlosser geschrieben daß er sie haben kann, ich warte auf Antwort. Er ist aber zu Anfang des Monds nach Helvetien gereist. Die Frau Hofräthin ist allein, vielleicht komm ich hin ich werd ohn das in die Gegend kommen. Wenn’s möglich ist so abonire mich für den Merkur auf dies Jahr. Hier ist alles voll Sehnsucht. Hastu Lenz die Verse gelesen die Lavater der Frau von Oberkirch auf ihre Copulation geschickt hat ohne Unterschrift des Namens, die sind herrlich ich will suchen eine Copie davon zu kriegen. Sie sagte sie könnten nicht an sie adresirt seyn. Hastu mit dem Pack von hier nicht auch meine ersten demosthenischen Bögen erhalten, mache damit wie Du vor gut findest nur sage mir was draus wird, findets An und Aufnahme im Merkur oder Musäum so fahr ich fort. Mit der Zeit etwa eine Parallel zwischen Demosthenes und Isokrates, und von da eine Provinzialschrift für Prediger wo ich viel auf dem Herzen habe das alles kann aber nicht miteinander ziehen, man mögte das letzte sonst gar nicht fassen oder tragen können. Liebster Bruder noch Nachrichten die ich Dir sagen will von der gnädigen Frau. Gleich nach der Hochzeit wurde sie auf ein paar Tage krank und bekam die Rötheln. Sie giengen drauf mit dem Herrn (der stark in den 40 ist, nicht besonders kultivirt, ihren großen Werth kaum ahnden kann, keine Lektur goutirt, sehr eigennützig seyn soll – wie er dann dieß vom alten Herrn Vater geerbt hat – doch soll er Ihr sehr attachirt seyn und schon bei 7 Jahren wie man sagt immer Reflection auf sie gemacht haben – sie ist von den reichsten adelichen Familien) nach ihren Güthern, von da kamen sie wieder in die Stadt, blieben einige Wochen bis diese hier, wo ich sie alle Sonntage in der Neuen Kirche sah und mich an ihrer Devotion erbaute. Vor ein paar Tagen empfieng ich von Mslle König der ich gesagt hatte daß ich mit Silhouetten umgehen könnte ein Billett, wo sie mich ersucht Lavatern und Dir zu Gefallen das Profil von einer Freundin zu nehmen welche beyder Verdienste sehr hoch schätzte, ich kam den Tag drauf auf bestimmte Zeit hin ’s war Sonnabend nach der Auffahrtsfeier zwischen 9 u. 10 Uhr morgens, Sie führte mich zur Gnädigen Frau die mich als Deinen Freund sehr gnädig aufnahm und in einem Zimmer wo man alle einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte machte ich den Schattenriß. Der Herr war um die Zeit an dem Rathauß dann er soll nichts davon wissen. Ich habe seit Deiner Abreise einige mal gepredigt und am letzten Himmelfahrtfest vor einer großen Versammlung, es gieng mir Gott sey Dank allemal gut, ich hatte nie die geringste Schüchternheit, u. schämte mich daß mir jemals für der Sache bang war, auch ist mir mein Gedächtnis getreu und nirgends habe ich mehr Lebhaftigkeit und Entgegenwallung des Herzens als auf der Kantzel. Das letzte macht mich oft mit allem Vorsatz extemporiren und dann komm ich immer mit présence d’esprit wieder aufs Conzept zurück. Ich glaub itzt mehr als jemals daß die Kanzeln nicht umsonst gebaut wurden und sie wichtige Bestimmung für den sind der sie würdig betritt, ich hoffe mit der Zeit unter die gezählt zu werden. Lebe wohl lieber Bruder! Gott tröste Dich! sey mit ihm Lenz wie er gewiß mit Dir ist mein lieber leidender Heiliger. Vergibe mir wann ich was sagte das in diesem Brief Dir widrigen Eindruck machen sollte entweder weils Misverstand wäre oder ich Deine Delicatesse nicht genug geschont haben sollte, ich schrieb in großer Unordnung, wie ich eine Seite Deiner lieben Briefe nach der andern wie sie mir vorfielen beantwortete. Vergieb das lange Zaudern und Zögern, wann ich Dich nicht kennte so würde ich glauben, daß deswegen ein fulminanter Brief auf dem Weg sey, aber liebe mich und glaube daß ich nicht sowohl Deine Freundschaft zu verdienen mit bestem Vermögen strebe als vielmehr meiner eigenen Liebe zu Dir Satisfaction zu geben bemüht bin Dein alter Röderer.
    Strasb. d. 23 May 1776.
Den Pack den ich Dir senden werde wird erst über 8 Tage von hier abgehen können, es mag alsdann das Paket aus der Schweitz da seyn oder nicht. Meine Hochachtung an H Dr. Göthe und wann Du mich nennen magst an Herrn Hofr: Wieland. Quisqui ubique habitat Maxime nusquam habitat schändliche kalte Tugend die uns zwingt Aufopferungen gegen einen Freund zu machen den wir hernach dafür nicht lieben könnten. Schicksal des Guten Einer der alles hingiebt zuletzt das Leben und nichts thut weil er nicht das Herz hat eines ☓ stumm der Weg zum
    Vater.
hat sie mich davon vorher warnen lassen durch ihn und ich suchte das nicht zu hindern nur wenn alles gethan ist den letzten Genuß um ihr sagen daß ich sie erwarte
An Herrn Lentz bey Herrn Doctor Goethe zu Weimar.
Gusne Joka J Sobald
    meinen Platz ein anderer
ausfüllen kann, warum ihn nicht verlassen? Sobald also dies gethan ist – geh ich. Es ist Gott der mich ruft. Im Frieden ist auch im Mil. nichts zu thun für mich. 1 Schnuptuch 2 Hemden 3 p. Strümpfe 3 Binden
zwei Profilskizzen
Colmar le 25 may 1776. Monsieur et Cher ami. J’avais appris avec trop de peine, votre départ subit de Strasbourg, pour ne pas recevoir avec le plus grand intérêt de vos nouvelles; mon ami m’en a donné de bien satisfaisantes. vous êtes réuni à votre illustre ami M. Goéthé, sous les yeux et la protection d’un prince qui sait estimer les talens, et qui serait un grand homme quand même il ne serait pas Prince. je compare l’idée que je me forme de sa cour, à celle de ma triste demeure. aux talens il faut un théatre et je suis dans un desèrt, au milieu de mes chers concytoyens. mon petit amourpropre est trop flatté, mon cher ami, de la manière agréable dont vous vous souvenéz de moi, pour ne pas accéder tout de Suite à votre demande; je charge mon ami, de vous M. Lenz à Weimar. adoremer mon ouvrage; il est à vous à plusieurs égards. je vous dois des leçons, je vous en ai dû, avant même de vous connaître personnellement; pardonnéz à l’écolier l’hommage rendû au maître. Si j’étais plus libre et plus heureux, si je n‘etais pas invinciblement assujétti, j’aurais peutêtre formé le projèt de vous le porter moi-même; je vous aurais prié de me présenter à M. Goéthé; on doit ambitionner la connaissanee des genies que l’on admire, on gagne à leur commerce pour l’ esprit. on y gagne encore plus du côté du cœur. j’ose vous prier de lui présenter mon hommage, et le tribùtde louanges que l’on doit à ses écrits; mais je crains bien qu’il ne dédaigne mon suffrage; qu’est ce en effet que ma voix, après la voix de toute l’ allemagne et de tous les cœurs sensibles? M. Spehner de Berlin se charge de l’impression de mon drâme; je me hazarde. vous avéz bien voulû m’encourager à cet éssay; je me suis détérminé sur votre avis seul; il vaut tous les autres ensemble. Depuis, j’ay entrepris un nouvel ouvrage; il sera d’haleîne. et je le croyais fait pour fixer un peu l’attention, au moins par son genre. Mais mille obstacles me font à chaque instant intérrompre mon Travail. Au milieu des orages de ma vie je n’ai que des eclairs d’espérance; bientôt viennent les peines d’esprit, les peines du cœur, la lassitude et le découragement, et adieu au monde imaginaire que l’on s’ était créé. Vous êtes maintenant plus Tranquille, et plus heureux que moi. cultiviéz les muses pour le charme des cœurs sensibles; ils vous doivent déjà beaucoup. Daigneéz vous Souvenir quelquefois de moi. je n’oublierai jamais le peu d’Instans agréables que nous avons Passé ensemble; alors je ne croyais pas que ce Seraient les derniers. J’ay l’honneur d’ être avec le plus sincêre et inviolable attachement, Monsieur et cher ami Votre très humble et très obeïssant Serviteur. Ramond Hier ist Lindaus Schwanengesang, den er sehr gern an Washington oder D. Franklin möchte gelangen lassen. Wie ist mir selber unbegreiflich. Vielleicht wissen Sie Auswege. Den Colonisten kann ein solch Produckt nicht anders als lieb seyn. Und Sie mein Freund, sind Freund der Freyheit – nur daß es nicht in unrechte Hände falle. Bode geht eben durch nach Frankreichfurt und weiter. Herder und Stolberg sind noch nicht da, letzter wird den Sommer noch bey seinen Schwestern zubringen. Bey einer alten Tante auf dem Lande Wo ich gehorsam mit Geduld und Tränen Und meinem Väterlichen Erb bezalen mußte Das sie verwaltete, wo keine Lust Auch nicht in Bäum’ und Blumen für mich blühte Weil überall mich Furcht begleitete. Und meine Seele die sich unaussprechlich Nach Menschen sehnte, nur von Heiligen Umgeben war die meine Schritte zählten Und Worte und Gebehrden folterten. Da kam er hin da sah da liebt er mich Da hatt ich auf der Stell nur ihn nur ihn – Ach wie viel Freuden hat er mir gemacht Und wie viel Leid, wie fühlt ich mich so anders So groß so herrlich da, so wohl so göttlich, Daß unter meinen Füssen oft die Erde Zu sinken schien, wo ich an seinem Arm hing Und ich wie unter Stromen schwebte. Alles Vor und um meinetwillen da, der Wald, die Wiese Auf die ich mich ehmals kaum zu treten traute War nur für mich geschaffen und die Blumen Bey denen ich wie vor dem Herrn vom Hause Sonst ehrfurchtsvoll vorbey schlich schienen nun Nur drauf zu harren daß mein daß mein Fuß sie knickten wie theilt ich ihr Schicksal Dafür theil ich ihr Schicksal itzt.
    Leipzig, den 26. May 1776.
Der Mann, durch welchen Sie diesen Brief eigenhändig, oder durch Uebersendung erhalten, bürgt mir für Ihre gute Aufnahme. Göthe ist mir sehr lieb, und dazu mein Freund; daß Ers von Ihnen, u. Sies von ihm sind, weis ich auch: allso mache ich auch auf Ihre Freundschaft Anspruch, und diese hoffe ich, werden Sie mir nicht versagen. Unser lieber Göthe mag Ihnen sagen, ws an meinem Herzen sit; auf diesen berufe ich mich, denn er hat mich doch ein wenig kennen lernen. Ich wünschte persönlich mit Ihnen Freundschaft errichten zu können; dann glaub’ ich sollten Sie mein Freund noch leichter werden. Bürger ists auch geworden, und das muß ein eben so vortreflicher Mann von Herzen, wie von Genie seyn. Zugleich bin ich so frey, Sie um etwas zu bitten, aber Sie dürfen nicht glauben, daß ich dieser Bitte wegen, Ihre Freundschaft wünsche. Ob Ihnen einige kleine u. grosse Produkte meiner Arbeit zu Gesicht gekommen, thut nichts zur Sache; aber ich gebe gegenwärtig eine Art von periodischer Schrift heraus, die weder in Absicht der Theile noch der Zeit, gewisse Bestimmung hat; soviel kann ich Ihnen sagen, daß ich sie wenigstns so gut zu machen suchen werde, als möglich. Bürger schickt mir etwas zu, und unsern theuren Göthen hab’ ich auch drum gebeten. Nun hätte ich freylich auch gern etwas von Ihnen, es sey was es wolle Wollten Sie mir wol was schicken? – Aber lieb wäre mirs, wenn ich noch etwas zum dem 1. Theil haben könnte. Ich halte Sie für gut, drum wünsche ich Ihre Freundschaft; und ob ich sie in diesem Falle verdiene, darum fragen Sie Göthen. Empfehlen Sie mich doch allen Ihren Freunden, und werden Sie vorzüglich der Meinige. Magister Becker, wohnhaft im Schloßgarten bey Madame Blanchard. Vergeßen Sie mir Ihre Adresse nicht.
Wie es zugeht lieber Lavater! daß ich das bewußte Bild noch nicht erhalte, da Du es doch Rödern für mich zugeschickt haben willst, begreiffe ich nicht, macht mir aber viele Herzensquaal. Das einzige worinn ich auf der Welt (ausser eurer Freundschaft) einen Werth setze, das einzige das mich in einer selbstgewählten Einsamkeit von der ganzen Weit vergessen, erhalten sollte, zum Besten manches guten Menschen erhalten – soll ich denn durchaus auf äusserste gebracht seyn. Ich verlange nichts, fodere nichts als einen Schatten – einen Schatten der mich allein an diese Welt binden kann die mich in allen meinen Verhältnissen peinigt. Ich will nicht müssig gehen in meiner Einöde, aber ich muß etwas haben das meine Kräfte aufrecht erhält, das mich dem grossen Ziel entgegenspornt um des willen ich nur noch lebe. Ich weiß sehr wohl daß dies
    Schatten,
daß es ein Traum, daß es Betrug ist, aber laß – wenn es nur seine Wirkung thut. Und wenn die vorher bestimmten Schläge durch die unsichtbaren Mächte die mich brauchen wollen, geschehen sind: was ist darnach an dem Instrument gelegen! Das vermuthlich zum Unglück bestimmt war. Wende um Ich habe Deinen 2ten Teil Physiognomik nur flüchtig mit dem Herzog durchlauffen können, ihn bey manchen Stellen aufmerksam gemacht, ihm vorgelesen und mich gefreut. Sobald ich Ruhe finde geh ich es mit geweyhter Seele durch, jetzt bin ich auch selbst dazu unfähig. Du bist der Einzige dem ich diese Art meiner Existenz klagen kann, und nicht einmal darinn finde ich Trost. Eine gänzliche Taubheit meiner Nerven, die nur wenn ich arbeite, mich alle Stacheln des Schmerzens fühlen lassen. Sage mir ein Wort insbesondere, das wird wohlthun: aber um alles in der Welt schone mich nicht. Das macht bey mir alles nur schlimmer. Ich bin auf den Punkt verschwiegener unangenehmer Nachrichten scharfsichtiger als Du glaubst. Wahrheit ist immer der einzige Trost für mich gewesen. Wie ich itzt so klein so schwach gegen ehemals mich fühle. Gieb mir mehr wirkliche Schmerzen damit mich die imaginairen nicht unterkriegen. O Schmerzen Schmerzen Mann Gottes, nicht Trost ist mein Bedürfniß. Diese Taubheit allein kann ich nicht ertragen. Du bist in Carlsruhe gewesen, wie mir Herr von Edelsheim, Minister am dortigen Hofe, der die Trauerpost von der russischen Großfürstin Tode hieher brachte, erzählt hat. Wie hat dirs dort gefallen? Und solltest Du nicht den Weg über Strasb. genommen haben? Und solltest Du niemand dort gesehen und gesprochen haben? Bode ist eben von hier abgereist der Uebersetzer von Tristram Schandy. Goethens Erwin ist mit der Musik von der Herzogin Mutter Ietzt hier aufgeführt worden. Frage doch Kaysern ob er mich ganz vergessen hat? Hier warten soviele auf das Familiengemählde. Wie wir mit Wiel. stehen, soll das Publikum nächstens öffentlich erfahren. Wie wärs, wenn er frömmer wäre als wir alle? Ein wunderbarer Mann, dessen Erkenntniß mir hier sehr wohlthut. Im Musäum (doch sags ihm nicht) laß ich bald etwas über ihn einrücken. Ich bin ihm sehr gut und seiner Frau u. Kindern. L.
Herrn Herrn JC. Lavater Pfarrer am Waysenhause zu
    Zürich
Hier mein treflicher Freund und Gönner die gedruckte Kopey eines Gedichts das der von Seiten seines Herzens wahrhaftig liebenswürdige Lindau kurz vor seinem Abmarsch nach Amerika (der nun würklich erfolgt ist) gemacht hat. Er äusserte in seinem letzten Briefe den Wunsch oder vielmehr er beschwur uns, wenn wir mittelbar oder unmittelbar eimgen Zusammenhang mit Amerika hätten, es dahin an den D. Franklin oder General Washington kommen zu lassen und ihnen zugleich einige Personalien von dem Verfasser zu melden. Wir wissen uns (Wieland, Goethe und ich) bey dieser Foderung an niemand zu wenden, als an Sie mein Theurester und da Sie die Sache der Freiheit auch unter allen Verhältnissen lieben, so glaube ich wenn Sie es füglich thun können, werden Sie auch diesen letzten Willen des treflichsten aller Don Quichotte vollziehen helfen, da in der That wie ich glaube den Kolonieen eine Erscheinung dieser Art nicht anders als willkommen und aufmunternd seyn kann. Und man überhaupt nicht weiß was ein ausgeworfener Saamenstaub für gute Folgen haben kann. Ich habe auf Ihren nur gar zu gegründeten Rath an Hellwieg durch unsern Freund Boje geschrieben (dem ich mich gütigst sehr zu empfehlen und ihm für die Mittheilung der Komödien und seines Freunds Matthei und der Herren von Holzschuh zu danken bitte) und mir die Bekanntmachung der Wolken sowohl als ihrer Vertheidigung sehr ernsthaft verbeten, hoffe auch daß dieser gute Mann Hellwieg Wort zu halten nicht für eine Sache halten wird, der ein Mensch auf der Welt sich überheben könne, besonders, sobald er handelt und in Verhältnissen steht. Zudem habe in der Vertheidigung Druckfehler gefunden die dem ganzen Dinge ein schiefes und häßliches Ansehen geben,
    gefühllos
anstatt
    gefühlig,
gewiß ich müßte selbst gefühllos sein, wenn ich die Bekanntmachung einer so nachteiligen Vertheidigung W. ertragen könnte. Statt N ist I und andere dergleichen Späsgen die mir den ganzen Zweck der Schrift verderben, die überhaupt bey unsrer gegenwärtigen Lage wenig Wirkung thun wird. Ich arbeite jetzt an einem Werk über die Soldatenehen das ich wohl französisch schreiben und die Reise werde nach Paris machen lassen. Ein Gegenstand den ich schon bey drey Jahren in meinem Kopf herumgewelzt. Bitte sehr unsern Freund Boje mir das Versprochene zukommen zu lassen. Er wird vielleicht von Schlossern etwas von mir in sein Musäum erhalten, das hier am Hofe viel Sensation gemacht hat. Wieland Goethe und ich leben in einer seeligen Gemeinschaft, erstere beyde Morgens in ihren Gärten, ich auf der Wiese wo die Soldaten exerziren, nachmittags treffen wir uns oben beym Herzog, der mit einer auserlesenen Gesellschaft guter Leute an seinem Hofe die alle (so wie auch wir) eine besondere Art Kleidung tragen und er die
    Weltgeister
nennt seine meisten und angenehmsten Abende zubringt. Goethe ist unser Hauptmann. Ich werde wohl bald den gar zu reitzenden Hof verlassen und in eine Einsiedeley hier herum gehen meine Arbeit zu Stande zu bringen, zu der ich hier nur Kräfte sammle. Sodann bin ich für die ganze Welt und für alle meine Freunde todt. Ich bitte sehr das keinen Unterscheid in unserm künftigen Zusammenhange machen zu lassen. Sagen Sie mir doch, mein Gönner, ob man in Hannover französische Sachen darf drucken lassen. Reich will nicht dran wegen der Schwürigkeit des Umsatzes. Auch wollte Sie gehorsamst fragen, ob die versprochenen Exemplare der Soldaten wirklich an mich nach Strasb. abgegangen, ich könnte sie hier gar zu gut brauchen besonders da hier soviel ich weiß weder Buchladen noch Buchhandel ist und ich sie nicht einmal für Geld bekommen kann, meinen Freunden aber Exemplare abzubetteln mich schäme. Auch Sie werden die traurige Nachricht von der russischen Großfürstinn wohl gehört haben, die ein gewisser Herr v. Edelsheim Regierungsrath am Carlsruher Hofe, ein artiger Mann und der sich einen Freund von Klopstock sagte, hieher gebracht hat. Der Herzog, besonders aber die Herzogin sind in der lebhaftesten Betrübniß darüber. Die Fremden gehen jetzt hier sehr häuffig. Ich habe auch unter denen viele wunderbare Gelegenheiten gefunden, Personen die ich zu sehen aufgegeben hatte wiederzusehen. So den geheimen Rath Vietinghof aus Liefland zum Exempel, der ins Bad und von da nach Frankreich England und Italien geht und durch den ich vielleicht meine Schrift in Paris überreichen lassen werde, wenn ich sie nur noch aufs höchste gegen den Oktober fertig gedruckt haben kann denn er bleibt nur die eine Hälfte des Winters dort, die andere Hälfte passirt er in Italien. Herder und Stollberg sind noch nicht hier, der letzte kommt erst auf den Herbst, warum der erste aber zögert begreiffe ich nicht. Ich wünsche ihn aus allen Kräften hieher, hoffe auch daß die letzten Steinehen des Anstosses bald weggeräumt sein werden. Der Herzog ehrt ihn ungemein. Im Merkur werden Sie künftig auch mich zuweilen sehen. Was ist doch die Frau v. Stein für ein Engel, deren Schatten Sie uns in Strasbg. wiesen
Ihre Empfindlichkeit über meinen letzten Brief ist mir ein schätzbares Zeichen Ihrer Freundschaft, ich mußte aber Ihrem Freunde Hellwig dem er bestimmt war ernstlich weisen wie nahe mir die Sache lag. Sie werden mir einen Gefallen thun, wenn Sie mir die noch hoffentlich nicht verkauften Exemplare der Vertheidigung zuschicken, die Exemplare der Wolken aber in Zimmermanns Gegenwart verbrennen. Dafür verspreche ich Ihnen
    einige Beyträge in Ihr Musäum
unentgeldlich und habe auch Schlossern geschrieben Ihnen ein
    Drama von mir „Der Engelländer“
das hier sehr goutirt worden, für 4 Louisd’or zu überlaßen. Weniger fordern kann ich nicht, da ich in Hamburg für die Vorstellung allein 100 Thaler erhalten und es mir sodann doch freystehen würde es einem Verleger zu verhandeln. Ich verlange nichts weiter für den Strephon als den Pack (nebst einer Zulage der erbethenen Nachrichten, um die ich nochmals sehr bitte) den Sie nur an Goethe adressiren, da ich bald von hier aufs Land gehe. Vergeßen Sie alles Vergangne und bleiben mein Freund Lenz. Sagen Sie Hellwigen doch, daß er ein sehr braver Mann ist. Nur soll er bedenken daß auch
    er
einen Mann wie Wieland zu menagiren habe, über den man nicht anders als deräsoniren kann, so lang man ihn nicht gesehen.
Empfehlen Sie mich doch Zimmermann bestens und geben ihm unbeschwert doch gegenwärtiges Gedicht von Lindau, das ich aber sonst sehr geheim zu halten bitte. Wenn Z. ihm schreibt, so bitte ich doch unendlich, es ihm zu schicken, ich will es gern sobald ers verlangt mit der fahrenden Post mit einem halben Duzend ersetzen. Auch bitt ich Zimmermann sehr, im Fall die mir vom Buchhändler noch zukommenden Exemplare der Soldaten noch nicht nach Strasburg abgegangen eins davon einzupacken und unserm lieben Fritz Stollberg zuzuschicken mit der Nachricht daß ich hier und sehr wohl sey, aber sehnlich auf seine Ankunft warte.
Auszug einer Stelle aus einem Briefe des Herrn Klinger aus Giessen, eines gebohrnen Frankfurters an Lenzen. Hier haben Sie meine Geschichte. Soviel ich von meinem Vater weiß, war er ein wunderbarer feuriger Mann, der nicht an seinem Platz war. Dabey von edlem Sinn. Gott weiß wie seine Seele die Richtung bekam. Ich verlor ihn in meinem achten Jahr da er an einem Fall starb, das so zu gieng. Er etc. Nach seinem Tode wird meine Mutter krank auf 18 Wochen für Kummer. Wir Kinder all, und fremde Leute nahmen das bisgen weg das noch übrig war. Meine Mutter von der Liebe zu uns gestärkt ermunterte sich. Arbeitet mit ihren Händen, ernährt drey unmündige Kinder, ohne zu vermeiden, nicht in Schulden zu kommen. Als ich heranwuchs bat und flehte ich mich in die Lateinische Schule zu halten. Das geschah, sie konnte mir nichts abschlagen. Noch erinnere mich daß sie mein erstes Schulgeld nicht bezahlen konnte und es borgen mußte. Das gieng so fort. Sie erhielt mich bis ins 19 Jahr in allem, denn was ich mit Informiren und vom Chor bekam war sehr gering. Zwey Jahr erhielt ich mich und gab ihr was ich konnte. Nun wollte ich auf Akademieen gehn, hatte keine 100 fl. Ich ward mit Goethe bekannt: Das war die erste frohe Stunde meiner Jugend. Er bot mir seine Hülfe an. Ich sagte nicht alles und ging so, weil ich lieber sterben wollte als unverdient was annehmen. Die 100 fl. waren bald all. Der grosse Goethe drang in mich, machte mir Vorwürfe und nun leb ich schon ein ganzes Jahr von seiner Güte – o Lenz, bin ich Ihnen nicht verächtlich? Ich wäre tausendmal´lieber gestorben, kann ich Ihnen sagen was michs kostete. Aber Goethe, oh wenn ich seiner werth würde, wenn ichs ihm erstatten könnte, um froh zu sterben. Ich bin nicht Herr über mich bis das geschehen ist. Und die Angst er möchte sich manchmal einfallen lassen, meine Liebe zu ihm rühre aus Intresse her. Liebster, bin ich nicht unglücklich? Und meine von Schulden u. Elend gedrückte Mutter, meine leidende Schwestern wovon die eine ein herrliches Geschöpf ist, die alle auf mich warten etc. Lassen Sie Goethen nicht merken gnädige Frau! daß ich Ihnen das verrathen habe. L. Ich danke Gott, daß Arundel lebt. Liebster Lenz! Hier noch eine Silhouette die besser ausgefallen ist im kleinen, weiter weiß ich keine Nachricht, das Päckgen hab ich an Mslle König abgegeben aber noch ohne weitere Nachricht. Mslle Kg. grüßt Dich. Ich danke Dir für den Brief auf dem rothen Papier, jeder Brief von Dir ist mir unendlich lieb, und wann er auf Kaiserspapier geschrieben wird kann ers nicht mehr seyn aber ich küsse Dich doch daß mir damit Freude machen willst. Ich widerrufe die Nachricht von Mr Turgot in sofern: Er hat zwar seine Dimission ist aber nicht in Ungnade, sondern hat nur des Lärms wegen seine Entlassung bekommen, übrigens aber wird der Oekonomieplan fortgeführt werden. Vor ein paar war ich überm Rhein drüben und hörte [Mondsymbol für Montag] abends daß Hr Hofrath zu Emmeding zurück sey, ging [Kreis mit nach rechts zeigendem Pfeil als Symbol für Dienstag] Morgens sogleich nach dahin machte 7 Stund Wegs, machte Hrn. Hofrath um 7 Uhr abends meine schwache Aufwartung und ging nach ein viertelstündiger Visite wieder fort wo ich herkam über Rust zurück, erfuhr bey Hr. v: Stöcklin, daß sich die Schöllin (wovon das verlangte Päckgen hier mit eingelegt ist) gar bey ihm gerühmt hätten als ob Herzog von Weimar selbhändig an ihre Niece geschrieben hätte etc. ich widerrief und sagte wie’s wahr ist daß Du wegen den Romanzen sie ersuchtest und sagtest es würde dem Herzog Vergnügen machen, dieß zur Lehre Bruder die eiteln lieben Leute könnten mißbrauchen – etc. Kaufmann ist von Emmedingen zurück und zum 1ten mal und gieng zum 2ten mal wieder hin. Er hat auch das Pack nicht gekriegt. Es war noch ein anderer Schweitzer theolog und Freund von Lav: und Pf: hier den ich sehr nah als einen braven Mann kennen lernte und liebe. Wer ist Deine Feindin hier red, so kann ich mich hüten ich kenne niemand. Mein Glaube an Dich wird nicht fallen, wann er’s sollte so werd’ ich Dich Bruder um Stärkung bitten. Lebe wohl. Dein alter Röderer. Tabelle linke Spalte Mache mit meinem Demosthenes was Du willst, nur wollt ich ihn bey Niemand eingebettelt haben, wann’s nicht gern angenommen wird von Männern dies besser als ich verstehn so zerreiß es. Tabelle rechte Spalte Zimmermann ist mit Häveli nach Zürich gangen. Kaufmann und Ehrmann werden Dich bald sehen. Lebe wohl. Strasb. den 4t Junius. 1776. Lieber Kaiser es freut mich um Deinetwillen daß Du mir meinen letzten Brief nicht übel genommen. Sey versichert daß ich Dich liebe und den Geist den ich aus den herabfallenden Blüthen Deiner Kompositionen ahnde zu ehren weiß. Sage Lavatern ich lasse über Wiel. jetzt noch nichts drucken. Die Herzoginn Mutter hat mir neulich eine Stelle aus seiner Physiognomik mit sehr vieler Empfindung vorgelesen und dabey den Wunsch geäussert ihn einmal persöhnlich kennen zu lernen. Grüsse den theuren Pfenninger und alle Gotteskinder in Zürch, auch Deinen Freund Klinger L. Weymar d. 7 Jun. W. d. 9. Junius 1776. Lieber Herder! ich habe von dem Präsidenten Lincker gehört, daß die Vokation Dir schon zugeschickt worden und man Dich aufs späteste auf Johannis hier erwartete. Wird also hoff ich es mir noch gewährt werden Dich und Dein Weib und Deinen Sohn in Weymar zu sehen und bedarf es keiner Reise. Ich habe Deiner Fabeln etliche Wielanden gegeben, etliche dem Herzog gewiesen, der mir sie aus der Hand riß und sie für sich insgeheim abschreiben ließ, zugleich mich bat das bei Dir zu entschuldigen und Dir zu versichern, daß sonst niemand sie zu sehen bekommen würde – Deine älteste Urkunde habe auch erhalten vermutlich von Dir und noch zu wenig darin gelesen ohne um darüber was erträgliches wiederhallen zu können – das übrige reden wir mündlich Möge Glückseeligkeit von oben herab Dich umathmen und Dich bald herüber zu uns wehen. Was soll ich Deiner Frau sagen, dem Engel der sich wohl nicht vermuthet wie sehr seine freundliche lichthelle Vorstellung von mir hintergangen werden wird. Sey es. Vor einigen Monathen war ich freylich in glücklicherer Stimmung aber mein Herz bleibt dennoch dasselbe Taub zwar itzt für die ganze Natur, ein hinschwindender Schatten, nicht einmal der Reminiscensen fähig. Komm bald Lenz Tausend Dank! Dürft ich doch fragen ob Zimmermann oder Merck die Exemplare von den Soldaten bekommen hat. Ich selbst habe keins, auch niemand schicken können und hier sind sie im Buchladen nicht. Nach Strasb. dürfen sie nicht gehen.
Herrn Herrn Herder Consistorialrath in
    Bückeburg.
Den 17. Jun. 1776. Ich schreibe, daß Sie mein Stillschweigen nicht andem Ursachen beymeßen, lieber L. Die Krankheit und izt der Tod meines Chefs des alten Feldmarschalls, der mich hieher gezogen, und viel guten Willen u. Freundschaft für mich hatte, hat mich sehr zerrüttet und verwirrt mich noch. Ich habe sehr viel zu arbeiten, u. kann nichts für mich thun, bis das Departement wieder einen Vorgesetzten hat. Gewinnen kann ich wenig dabey; verlieren viel. ten Sie doch Lindaus unbesonnenes Blatt nicht drucken lassen! Es kann ihm so leicht schaden, wenn’s bekannt wird. H. hat mir noch nicht geantwortet, aber seyn Sie ruhig. Sobald ich Antwort habe, schick ich sie Ihnen wenigstens gleich zu, wenn ich auch nicht dabei sollte schreiben können. Leben Sie wohl Boie. Ein Freund von mir Sprickmann aus Münster, wird durch Weymar reisen und Sie sehn. Nehmen Sie ihn auf als meinen Freund. Ihr Brief an Stolberg hat mich sehr gefreut. Z. hat alle 12 Ex. der Soldaten gleich an Herder geschickt, u. keines mehr. Haben Sie sie von H. nicht bekommen? Sagen Sie mir, kömmt der vortrefliche Mann nach W. oder nicht?
Bey Herrn D. Göthe. Weym Herrn
    Lenz
Gelehrten
Entwurf zum Brief an Lauth vom 17. Juni 1776, zunächst um 180 Grad zur Adresse gedreht: 1) nicht ein Wort teutsch reden in Lyvrey gehen aufwärts bey Zürch kriegst 20 bis 25 # eine Livrey Obristen Kleidungsstücke an Wäsche Schuhe u. Strümpfen nicht sich wenigstens auf 3 Jahr engagiren läßt er sich ihrer uberwendig macht so wird ihm das Reisegeld vom Gehalt abgezogen Reisegeld von Strasb. nach Lübeck von da geht er zu Wasser nach Pernau. Ein gewisser Cap. Rennekampf erkundigt sich nach den Doctor Sax und Prof. Schütz die seine Freunde gewesen horizontal gespiegelt: Von Palloper. Er hat vor 26 Jahren als Hauptm. mit seinem Corps in Strasb. gestanden vertikal gespiegelt: 2 Binden 1 P. seidene Strümpfe 1 Hemd 1
Wenn Sie beste Jungfer Laudt mir in Strasb. oder der Gegend herum doch einen französischen Bedienten zuzurekommandiren wüßten, würden Sie mich außerordentlich verbinden. Er darf kein Wort Teutsch können und wird bloß dazu angenommen mit den Kindern meines Bruders in Liefl. französisch zu schwatzen. Er bekommt seine Liverey, alle kleinen Kleidungsstücke, ganz freye Station und die freye Reise von Strasb. nach Lübek zu Lande und sodann zu Wasser nach Pernau. Er darf selbst fadem wieviel er 'bis Lübeck verlangt, muß aber freilich mir Sicherheit stellen daß er das Geld nicht sonst verthut. Zudem giebt ihm mein Bruder 20 bis 25 Rubel jährlich Gehalt, welches in Liefland, wo man fast gar kein Geld braucht, viel sagen will Dagegen engagirt er sich 3 Jahr bey ihm zu bleiben, weil mein Bruder die Kosten nicht gern umsonst tragen will. Widrigenfalls ihm das Reisegeld am Gehalt abgezogen wird. Er hat dafür auf der Gotteswelt nichts zu thun als die Kinderchen ein bisgen zu frisieren mit ihnen zu schwatzen und bey Tisch aufzuwarten. Vielleicht wissen Sie oder Herr Salzm. oder einer von den andem Herrn bey Tisch einen solchen Menschen, besonders unter den abgedankten Soldaten oder sonst. Am besten ist wenn er kein Wort Teutsch kann. Seyn Sie so gütig wenn sich ein solcher findt und melden mir ob er sich dazu versteht und was er noch sonst zu fodern haben könnte. Vielleicht werden der Herr Notär am ersten in dem Stück mir einen gütigen Bericht ertheilen können, wofür meine Verbindlichkeit gegen ihn desto größer seyn wird. Im Kriege können die Weiber auf und mitgehn, die Kinder den Eltern lassen Soldatenweiber nähren sich mit ihrer Arbeit Offiziers von ihren Männern trennen Alle Anstalten wegen der Deserteurs fallen weg, Kinder zu hause Tout ou rien. Soldatenweiber machen die Marquatete Ich sah Weiber als Amazonen im Nothfall mitfechten und das stärkste corps de reserve machen Hier schick ich Ihnen mein schätzbarer Freund ein Exemplar von meinen Soldaten zur schuldigen Danksagung für alle mir in Mannheim erzeigte Liebe. Es sollte mich freuen, wenn es von Ihrer Schauspielerbaumschule als Uebungsstück deklamirt werden könnte. Daß alle Bürger itzt drauf rechen können daß die herzen ihrer Weiber an den Soldaten hängen die ledig sind. Ich habe Eckhafen hier auf einem Conzert bey Hofe gesprochen und viel von Mannheim mit ihm ger Er ist wohl zu alt und zu wohl in Gotha, als daß e ausserordentlich vortheilhafte Bedingungen zu Ihne translocirt werden könnte. Er erbietet sich aber g wenn Sie ihm junge Mannheimer zuschicken wollen, sie auf alle mögliche Weise zuzustutzen und er ist in der That der Mann dazu. Wie sehr wünschte ich unserm Freunde Müller eine Unterredung mit ihm. Es freute mich wie ein Geschenk, daß er über unsere gewöhnlichen Schauspieler und ihre Gebärdungen mit mir auf ein Haar zusammentraf. Sagen Sie doch das wenn es seyn kann einmal dem Graf Portia. Hier ist ein Liebhabertheater für Adel und Bürger, wo alle elende Schauspielerregeln verbannt sind. Ueberhaupt interessirt sich der Herzog und beide Herzoginnen ungemein für deutsche Litteratur, mehr als ich sagen darf. Daß es mir wohl geht brauch ich Ihnen nicht zu sagen, sonst blieb’ ich nicht so lange. Grüssen Sie doch alle guten Freunde und behalten mich lieb. Lenz Wieland ist ein herzguter Mann mit dem ich gleich zusammen geschmolzen bin. – – Auch sind sonst viel trefliche Menschen hier und die Liebhaberei allgemein weil der Hof das Exempel giebt. Grüssen Sie unsern lieben Müller doch. 2ter Theil wo die bürgerlichen Einrichtungen Alles kommt auf einen Numerische Eintheilung in Klassen an die durch die Feudalverfassung zu Grund gegangen, daß alle Classen sich die Hände bieten u. so allw Kräfte in Bewegung gesetzt werden Stuart schlägt vor. Ddd. Mittwoch. Weimar. Lieber Bruder! hier bin ich seit zwey Tagen unter den großen Himmels Göttern und kann Dir fast nichts reden, so reich, so voll, so leer bin ich an Worten – an Gefühl. Ich pakte auf einmal zusammen und machte mich fort, und bin iezt hier gehalten. Was soll ich Dir sagen, von Goethe, von Wieland? Am Montag kam ich hier an – lag an Goethes Hals u. er umfaßte mich innig mit aller Liebe „Närrischer Junge! und kriegte Küße von ihm. „Toller Junge! und immer mehr Liebe. Denn er wußte kein Wort von meinem Kommen, so kannst Du denken wie ich ihn überraschte. O was von Goethe ist zu sagen! ich wollte eher Sonn und Meer verschlingen! Gestern brachte ich den ganzen Tag mit Wielanden zu. Er ist der gröste Mensch den ich nach Goethe gesehen habe, den Du nie imaginieren kannst als von Angesicht zu Angesicht. Größe, Liebe, Güte, Bescheidenheit – Steinige den Kerl der ihn verkennt wenn er ihn gesehen, an seiner Brust geliegen hat, sein Geist um faßte u. ihn begriff. Hier sind die Götter! Hier ist der Siz des Großen! Goethe ist Geheimer Legations Rath mit 2000 Auch hab ich einen großen Menschen am Presidenten von Kalb gefunden – Lenz wohnt unter mir u. ist in ewiger Dämmerung. Der Herzog ist vortreflich u. werd ihn bald sehen. Glaub von allem nichts was über das Leben hier geredet wird, es ist kein wahres Wort dran. Es geht alles den großen, simplen Gang u. Goethe ist so groß in seinem politschen Leben daß wirs nicht begreifen – u. Wieland! glaub nicht daß ich überspannt bin – ich häng an dem Menschen so stark daß ichs nie möglich hielt an einem Menschen so zu hängen, er will mich nicht mehr fortlaßen. Weiß viel von Dir u. liebt Dich – Laß Dich von nichts drücken u. quälen – sie werden mich hier ruhig machen. Wo ich hin seh ist Heilbalsam für meinen Geist u. Herz – Adieu! KI. Entschuldige mich doch guter Kaiser bey unserm theuren Lavater, von dem ich durch Ehrmann viel erfreuliches gehört, daß ich in einer Seelenlage bin, in der ich ihm lange nichts werde schreiben können, wo michs aber immer stärken und aufmuntern wird, von andern gute Nachrichten von seinem Befinden zu hören. Ich danke ihm tausendmal für alle Proben seiner Güte gegen mich, die sichtbaren und unsichtbaren, bitte nochmals
    sobald es möglich seyn wird
um das ihm bewußte Päckgen dessen Adresse er nur an Goethen macht (weil ich aufs Land gehe) und mir zur Stärkung ein Paar Worte von sich und seinem Befinden beylegt. Gleicherweise empfiehl mich Pfenningern. Und behalt auch Du mich lieb L.
Sachen die hier bleiben Regenschirm (Philipp in die Post) Instruktion des Königs v. Preussen Ray de St. Genie geschweifte Klammer für die obigen beiden Einträge, daneben folgender Text: schickst du an Mühlgau. Theuerdank (Bertuchen)
    Die Zigeuner
(dem Herzog)
    Herders Fabeln
(Goethen zur Auswahl im Merkur)
    Wielands
Schriften an Wieland
    Der Hut u. die Strumpfbänder
(an Goethen)
    Yärros Ufer
(Goethen, dem Herzog vorzulesen) Ramonds Drame und den Soulier mordoré (den Herzoginn Mutter hat, der regierenden Herzoginn zu bringen) Sachen die ich mir ausbitte Alle Bücher auf dem Stuhl zweispaltige Tabelle, zunächst die rechte Spalte Polyb vies des peintres Stuart Büschings Geographie der Theil v. Frankreich Comte de Saxe Einige Kartengeschweifte Klammer für die obigen beiden Einträge die mir Bertuch DictionnaireAbt St. Pierregeschweifte Klammer für die obigen beiden Einträge verschafft Girards Grammaire Hamilton Crebillon Guibert (wozu ich wenns sein kann, den 1sten Theil u. die Kupfer) Instruktion der französischen Truppen Chevalier d’Eon. Vor allen Dingen u. mit dem drin liegendem Pappier Kriegsbaukunst
    Homer.
Julius Caesar
    Das Pack mit meinen 2 Brieftaschen
(unaufgemacht)
    Das Päckgen Catharina
v. Siena vor allen Dingen und unaufgemacht. Siegellack. Chokolate. Feuerwerke. Soldatenpuppen für die Baurenkinder. Wäsche (was die Wäscherin hat, 1 Hemd, 1 Schnupftuch, 1 P. seidne Strümpfe, einige Binden was da ist, ein Hemd, 3 Binden, 1 Schnupftuch, 1 P. seidne Strümpfe, 1 Nachtmütze, 1 P. zwirn Strümpfe, 1 P. schwarzseidne noch nicht da. Meinen Strasburger Frak mit Weste. Mein Nachtwämsgen u. Ueberrock Meinen Corsenhut Stiefel u. 2 Paar Schuh. Auch die neue Schuh die mir der Schuster bringen wird der bey Krausen wohnt. nicht fertig. Pappier, auch Postpappier Siegellack Seife Einen Haarkamm hätte noch nöthig und ein Scheermesser, weil ich mich sonst vor mir selber fürchten muß. 2 Schnupftücher v. mir 1 Hemd m. Manschetten v. mir 1 ohne M. v. Hern. G. L. R. 2 p. Unterstrümpf v. mir Scheermeßer v. mir (weiße seidne Strümpf) 3 Bindgen (1 Hemd und 1 Schnupftuch) 2 Schnupftücher von mir Scheermeßer Puder Pomade Frisirkam von mir Federmeßer und Rasierpulver von mir. Was ich da lasse und nicht zu eröffnen bitte Im Coffer. Briefe Zwey Päcke Pappier 1 livre d’amis 1 Samtrock West Hosen 1 Tuchrock West Hosen 1 Haarbeutel 1 P. weiß Englische Handschuh 1 Antolagenhemde Schnallen Sporen Ein Pack Pappier im Boden des Coffers der nicht e wird – Widderhörner 1 Degen 1 Klinge vom Herzog 1 silberne Uhr mit Berlok 1 Paar Ueberschuh (bey Kalb stehende) grüß Klinger vielmalen Wenn ein Vorhängeschloß vor meinen Coffre hättest wegen der Papiere wäre mirs sehr lieb. Dies schließt nicht ich habe den Schlüssel verloren
Herrn Geh. Leg. Rath Goethe
: Vor allen Dingen bitte Wieland die […] sobald er sie missen Bitte mir alles aufs bäldeste zu schicken Um die Wäsche bitte aufs eheste
Aus einem Brief von Anton Matthias Sprickmann an Heinrich Christian Boie vom 18. Juli 1776: ich geh aufs Land, weil ich bey Euch nichts thun kann Noch ein Wörtl, guter Liebster! Nach dem Empfang Deines Briefs, den ich heut über Tisch bekam. An Aktuarius hab ich den eingeschloßnen abgeben, der Dich grüßt, Dir dankt und bittet dem Hrn Dr Goethe in seinem Namen zum Platz oder Ehrenstelle zu gratulieren, das mich dann auch im Herzen freut; werde bald mein Bester sein Kollege oder des etwas. Ihr seid doch Zwilling. Aktuar fragt auch ob der Hr Leg Rath zu Weimar in
    der
Qualität fixen Aufenthalt habe? Man wollte hier von dortigen Mißhelligkeiten etc. das und jenes wißen, Gottlob, daß es entweder nie wahr war oder wenigstens nicht mehr wahr ist, auch sollte durchaus Herder nicht hinkommen, auch Gott lob daß es doch geschieht, ich will für ihre glückliche Niederkunft Sonntag bitten. Um den Mann mögt ich eine kleine Weile einmal herum zappeln. Kannstu mir der Urkunde 4t. Teil hermachen? Her mit! portos hin, portos her, ich erhäng mich nicht drum, nur unter Rausch Adresse # # zu Kehlich mag den andern Hrn. nicht gern Obligation haben, da ich sie nie sprechen kann.; Her mit der Urkunde 4t. Teil, lieber Lenz! her mit! ich bitt Dich, ich flehe – u. Du kennst das infame Zögern unserer Buchhändler. – Für Lindau will ich auch beten aber nicht für die Britten, ich kann nicht glauben, daß sie recht haben und einem andern das nehmen wollen worüber mir’s so wohl ist daß ichs auch habe! – nun ich bin nicht Politiker aber Gott erhalte und segne Lindau und geb Sieg den Gerechten! Mit der Iris will ich alles machen, brauchst zu Weimar das Billett # # vom Treitel nicht zu besorgen, aber ich konnt und wollt noch nicht zu ihm gehn, weil ich ihm sonst noch schuldig bin, mit nächstem aber. Weder mein Vorname noch Nachnam soll vor die Rede, wann’s sein muß Johan Gottfried, ich sehe aber nicht, ich bitt Dich mit Wahrheit nicht heuchlerisch seyn wollender Bescheidenheit, ich kanns nicht ausstehen, laß mir’s bleiben, aber daß Du das Ding ins Museum introduziret ist mir sehr angenehm, u. dafür dank ich Dir herz- lich – aus wichtigen Gründen laß meinen Namen weg, die ich Dir mit Feder und Papier nicht sagen kann etc. etc. Deine Briefe versiegle ich sobald ich verreisen werde, trau mir indessen oder glaube meiner Occupation daß ich keine Zeile davon lesen werde. Spener ist verreist, Sano wirds nächsten [Symbol für Sonntag]. Hr v Kleist grüßt Dich wieder. Alle grüßen Dich wieder, auch die deutsche Gesellschaft. Lobstein hab ich noch nicht gesehn, der arme Schelm muß von der Minna viel leiden! Actuar: sagt er hab 2 Exemplar zu Frankfurt gelassen daß Du und Goethe (ich kann so geschwinder schreiben den Namen flugs weg, ist er doch mehr werth als Titulatur) sie nach Weim: bekommen sollten. Der Act: versteht nicht was das heißt: „Grüßen Sie Jgfr. Lauth
    auf Wiedersehen“
er meynt Du kommst wieder. Was soll ich Dir nun noch her waschen, weiß nichts von Neuigkeiten, denke! – Kaufmann ist hier, der ist ein treflicher Mensch ist jetzt zu Emmedingen, schreibt mir daß Pfenninger dort ist, wann ich – ich muß die Woche noch ‘nauf trotten. Sonnabend hier, Sonntag dort und Montag wieder hierher, das soll eine Erscheinung seyn von – mir? Dem Kaufmann hab ich ein paar Portraits zur Physiognomik, die er doppelt hatte aus seinem portefeuille gemaußt, hab auch Goethe bekommen weist den den ich wieder geben mußte für die zu Säsenheim, solltest sehn wie ich drüber stolziere und froh bin, er hengt in goldnem Rahm unter Luther. Die O …. ch lieber Bruder! ist wieder zurück, geht mit der Kg – [Symbol für Donnerstag] nach Quagenheim und nach Schweighausen ins Oberland, wo ihrs Vaters Güter sind, kommt dann den ganzen Sommer nicht mehr zurück. Sag mir doch ob Du sie nach meinem Ietztern ungeschnitzelten Profil erkannt und gleich gefunden hast, wo nicht, so bekomm ich wann’s meine Finanzen gestatten einen Stuhl wie sie zu Zürich haben (den ich hier schon für jemand anders nach einem kleinen Muster machen ließ) und dann solls nicht fehlen, sie muß noch einmal sitzen. Jgfr Kg thuts uns. kommende Michaelis reiß ich nach Göttingen, wenigstens reiß ich, das ist ausgemacht, seh Dich vielleicht – dann Liebster hastu (siehstu ich bitte Dich aufn Knieen) heitere Miene, bist alsdann Lenz und ein etablierter Mann und Adieu! Glaubstu daß ich Dich liebe? Dein Röderer. Nun noch ein paar Blicke in den Courier du bas Rhin, find ich was so kriegsts. Paris 9 17 Juin. On travaille en France a 15 Vaisseaux de Lign. & 11 fregates. precaution pour la tournure que pourra prendre la guerre de l’Amerique. On va rifondre les ordonnances anciennes de la marine pour etablir une nouvelle discipline. Hast dann nichts so zu lesen? ists nöthig daß ich so ausschreibe? Courrier du b. Rh. kommt mein ich zu Mainz heraus. De Landres du 14 Juin. Du coté des Royalistes. 2 Vaisseaux de Ligne. 8 de 50 canons, 3 de 44 Fregates 7 de 32 can. 11 de 28. 4 de 24 can. 5 de 20. corvettes 3 de 18 can. 3 de 16. 4 de 12. 3 de 10. 2 de 8. Chaloupes armes 27. un brulot et une bombarde. total des batiments 82, Matelots100578. soldals de marine 2112. Etat des troupes nationales & Etrang. Nat: 30700. Etrang: 12 000 de Hesse. 668 du Pr. hered. de Hesse. 4 300 Brunswich. 600 du Pr. Waldeck. tot. 17 s68. tot. general = 48 268. Ajoute encore 9 Compagnies d’Artillerie a 75 homm. & 2000 homm. de marine. de sorte 51–52000 homm. Masse enorme qui ne peut manquer d’ecraser ou l’Amerique ou l’Angleterre; (ah qu’il me faul copier!) mais dont le Contrecoup retombera toujours sur cette derniere. Der Portug: Hof scheint von Engell. zum Zwist mit Span: aufgehutscht zu werden damit dieses nicht so leicht die Colonien begünstige bald bald muß es sich entscheiden u. Engelland kann doch Port. nicht unterstützen, und Spanien ist reich etc. u. hätte gern was ihm lieb ist Minorka Gibraltar etc. Sonst fand ich nichts, Leb wohl Bruder, schick mir wann’s seyn kann die Urkunde, Du bist liebender als ich, aber Du kannst mich kaum lieben wie ich Dich; liebe mich nicht mein David mein Bruder Du heiliges Kind Gottes liebe mich nicht aber sey ruhig, fasse Dich, sey stark, laß Dich die Rechte Deines und meines Gottes leiten, halten, stärken, sei stark so, wann Du schwach bist Dein Röderer.
Hannover. Den 2ten Jul. 76. In der Zerstreuung, worin ich lezt schrieb, hatt ich vergeßen, Ihnen, m.l. L. das Verlangte zu schicken, das längst fertig war, aber unter Papieren auf meinem Tische vergraben lag. Hier ist es, und zugleich den Brief von Helwing, den ich mit den vorigen mir zurück, oder zu vernichten bitte. Daß Sie sich merken lassen, von wem Sie die Designation haben, versteht sich von selbst. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen für das übersandte Stück von Herrn Röderer gedankt habe, sonst thu ichs noch. Von Schloßern hab ich Briefe, aber kein Wort von Ihren Engländern. Ich schreibe dieß wieder unter Arbeiten und in Erwartung der Englischen Post, die – aber da ist sie. Nun geschlossen! Leben Sie wohl, und behalten mich lieb Boie. ich muß euch zu eurem Trost sagen, bester Einsiedel! daß Melanide eine Erzehlung vom Armand ist, die auf sie vermutlich soviel Eindruck gemacht haben muß, daß sie sich den Karakter ganz zu eigen gemacht und folglich auch den ganzen Roman selbst hat spielen wollen. Adieu. L. Die Gleichen 2 mal abmalen eines für W.
    Sonntag.
Wielandias Jacobi schicken Montag zum Amtsschreiber
Welche Geduld das ganze Ding abzuschreiben und wie lebhaft muß es auf ihre Imagination gewirkt haben! ich glaubte anfangs sie hätte nur die Form nachahmen wollen
Voila Madame! la suite du poëme de Mr. Wieland que je prens la liberté de Vous presenter moi même pour Vous epargner l’embarras de lui en dire quelque chose de joli par complaisance. Plut a dieu que Vous eussiez assez de confiance en moi de m’adresser ce que Vous pourriez encore trouver a dire sur la fin de ce poëme, je ne manquerois certainement pas d’en user avec la plus religieuse discretion. Mon ami Goethe dans son nouvel emploi se trouve tellement surchargé d’occupations qu’il ne peut pas même profiter de la maniere gracieuse dont Vous vous etes ressouvenue de lui. Il vous en fait ses très humbles complimens en attendant qu’il soit d’humeur de Vous communiquer quelque nouvelle production de sa veine. J’ajoute ici la copie d’un portrait de l’aimable Turque dont le sort Vous a tant interessé dans Stella. Elle est enterrée a Erfort a coté de son epoux le Baron de Gleichen et de sa femme. Je ne manquerois pas d’ajoindre ici ce que de litterature Allemande me paroitroit digne de Vos attentions mais malheuresement pour Messieurs les libraires de cette foire je n’en ai pu rien trouver. Aussi ce n’est que la lecture Angloise qui actuellement est en vogue a notre Cour. Reellement j’ai fait cette observation que cette langue donne beaucoup moins de peine aux dames a apprendre qu’on ne s’imagine, surtout a celles qui possedent l’Allemand et le François dont elle est un composé. Mons. Lavater m’a envoyé le premier essay de Votre Silhouette gravée dont je suis mieux satisfait que de celle que Mlle Koenig a eu la bonté de m’envoyer. Cependant je vois qu’aucun artiste ne viendra pas a bout d’exprimer ces traits qui a la verité ne sont que pour la pensée. Je ne sais que penser trop genereuse amie de la Silhouette que vous avez eu la grace de m’envoier par mon ami Roederer. Il serait trop de presomption de ma part d’ajouter foi a ce beau conte de Fées qu’il m’a fait ladessus, cependant je n’ose m’avouer la verité et me priver du plus beau songe que j’eusse eu de ma vie. Permettez que je m’en tienne entièrement a votre bonté et qu’en le prolongeant autant qu’il me sera possible j’en profite pour vous faire une infinité de remercimens accompagnés des plus vives instances, parce que cette illusion fait tant de bien a mon imagination qu’elle fait honneur a votre cœur, de ne pas m’en detromper tournez Cependant permettez de vous dire, que cette copie que j’ai reçue de ladite silhouette destinée a Mr. Lavater, et apparemment tirée par vous même, n’a pas si bien reussie a Roeder, a qui je m’imagine vous avez donné la permission de la faire chez vous, que peut être le modèle n’a pu manquer de reuissir a vous. Il en a manqué tout a fait ce beau contour qui reellement est fait le desespoir de tous les peintres et graveurs, même du sieur Baley dont Lavater ne peut assez blamer le trop peu de precision, ce qui fait que la veritable expression des traits les plus signifians ne se fasse que deviner, et soit laissée plutôt a la pensée qu’exposée aux yeux Daignez ma très respectable amie presenter les continuations ajointes du Mercure allemand a Madame de Oberkirch, c’est Monsieur Wieland, l’editeur et auteur du poëme Liebe um Liebe, qui se recommand par lá a ses bonnes graces et tache de lui marquer le profond estime que tout ce qu’il a entendu dire d’elle, surtout de son ami Goethe, lui ont inspiré. Il seroit on ne peut plus satisfait de l’approbation d’une aussi parfaite connoisseuse, dont la nouvelle qu’assurément il merite, seroit la plus douce recompense d’un des premiers hommes de notre siècle. Ayez la grace de m’en faire part et de m’honorer enfin de vos ordres, si quelque chose de brochures Allemandes qui n’auroient pas encore percés jusqu’a Strasbourg pouvoit meriter votre attention. Ce seroit là la première faveur d’un sort qui jusqu’ici n’a cherché qu’à m’opprimer. Lenz Faites a Madame de Oberkirch, si elle veut bien le permettre, et si heureusement pour moi elle se ressouvienne encore de mon nom, mes très humbles respects. Ce que je vous prie aussi de ne pas oublier chez Madame Votre mere et Mademoiselle votre soeur. Encore une fois daignez me dire si quelque nouveau livre ou quelqu’autre nouveauté pouvait exciter la curiosité de Me: de Oberkirch Pour des nouvelles de Mlle. sa Cousine je n’en saurois actuellement lui donner excepté qu’elle soit allée avec Me: la Duchesse regnante a Belvedere sa maison de campagne; le Duc est a Illmenau; ou j’espere bientot le voir après avoir encore joui quelques semaines des douceurs de la solitude. Il s’ agit aussi de faire des Soldats et d’ Officiers pas des jeunes gens etourdis et effemines en meme tems, quelque fois de grends enfans, mais des hommes d’un courage male et affermis comme les vieux Romains – Mais assez de Preliminaires passans au fait. Quon pe me passe encore une seule et Ia derniere remarque preliminaire. Cest que de tout tems il est affermi par l’experience de tous tems et lieux et surtout de la France, que la guerre, soit heureuse ou malheureuse, ruine enfi Je pays qui Ia fait. Cest peut etre a Ia france qui depuis tous les tems par des arrangemens plus sages a donnee lois aux autres peuples, a les instruire comment enfin on peut faire Ia guerre au profit de son pays, comme les vieux les Romains les ont faits et en meme tems a Ia gloire du Roi. C’ est lorsque les Soldats comme chez les vieux Rom. combattent pour eux et pour leurs propres familles, songent a mettre a l’ecart le butin qu’ils font, et Je rapportent dans le Royaume ou apres ils circulent et l’enrichissent. Voila ce qui manquoit aux Louis 14 et ou les Colberts ne pouvoient pas remedier. Ce netoient que des palliatives qu’ils inventoient pour subvenir aux frais de Ia guerre, et qui n’ayant des canaux reduisants devoient a Ia fin, quelques sages que tous ces dispositions etoient prises, tarir les sources les plus fecondes. Voila actuellement tous ces perils d’une guerre prevenues de longue main parce que tous les moiens que les sujets ouvriront au tems de l’extreme necessité, vont retourner aux tems de Ia paix a leur propre profit. Car d’abord que l’armee revient elle reduit avec soi l’abondance et l’industrie arreté par Ia guerre. Brieftext um 90 Grad gedreht: Oserois je vous prier Madame! d’agréér ici la continuation du Mercure Allemand avec les assurances de son plus profand respect et parfait éstime de la part de Monsieur Wieland l’auteur. Si c’est de Votre permission, dequoi j’ai lieu de fort douter, que j’ai recú la copie de certaine silhouette, je ne demande pas pardon d’un silence qui seule pouvoit servir d’ expression a une reconnoissance qui comme le sujet qui l’ anime est au dessús de toute parole. Rien assurement me coute tant de peine qu’une lettre pour vous, quelqu’ingenu qu’il vous puisse paroitre un tel aveu, il n’est que trop reflechi, considerant le danger a qui je m’expose de peut étre Vous offenser. Il faut que je previenne avant d’entrer dans aucun detail de mon projetje previenne d’abord quelques doutes assez fortes peut etre pour empecher que je puisse etre Iu sans indignation jusqu’au bout de mon ouvrage. Ce sera dira ton qu’a mon plan une infinit. de villes et bourgs restera entierement sans garnisons, et que les autres memes les places les plus importantes et des frontieres n’en auront pas d’assez fortes seulement pour fournir des sentinelles encore moins pour fournir de Ia defense aux differentes parties des fortifications. Mais je supplie Monseigneur, de me preter seulement son attention jusqu’a Ia fin de ma premiere esquisse des Iegions, etje prens Ia liberte de l’assurer d’avance qu’alors je lui montrerai des mojens surs et infaillibles de vaincre tous ces obstacles ce qui seulement ici n’est pas encore le lieu d’exposer. Elle peut étre trés assurée que quelque peu que peut etre ma connoissance de Ia guerre je n’aie pas omis un seul pointsans y songer et reflechir, et que meme jene me sois pas abandonne a ce principe hazarde sur les anciens, que Ia defense des places ne soit pas un article aussi necessaire dans Ia guerre, que Ia disposition d’une armee pour Ia guerre ouverte en rase campagne, tant helles choses que pourroit deja etre debute la dessils constate pour la pluspart de l’ experience tant des anciens que des nouveaux. – Je me contente seulement d’allequer ici en passant ce que Je Comte de saxe dit par rapport aux magazins necessaires pour nourrir une garnison forte de trois 4 mille hommes, et Ia facilite que cela donne aux ennemis de prendre Ia ville par Ia famine. Ainsi ce n’est dorre quun vain apparreil pendant Ia paix que les gamisons aussi fortes sans que qu’on songe a la force principale du paysje veux dire de l’armee. Le secret principal d’une bonne discipline pendant Ia paix ou tout s’assoupit l’ardeur, l’ambition, les vues, ce seroit un mouvement continuel proportioené cependant aux forces humaines, avec des points de d’un repos choisi et d’assez de d’agremens pour pouvoir exciter a se soustraire subir pour lui a toutes peines et fatigues imaginables. II faut enfin que le soldat soit heureux pour etre bon, qu’il oublie son esclavage et le regarde comme un arrangement necessaire quil se prescriroit lui meme sil ne lui ser etoit pas prescrit quil ait a quoi tenir pour lui sacrifier ses forces et sa vie et qu’au comble d’encouragemens il fasse toute guerre en quelque facon pour soi meme. Voila ce qui a rendu les Romains les vainqueurs du monde; voila ce qui rendroit le Roi de France le plus terrible et le plus adore roi de Ia terreparce que chaque soldat defendroit se droits comme les siens propres. Mais passons ces declamations encore trop avancees. quil y soit eleve et qu il soit familiarises avec ces principes des sa jeunesse. Voila ce qui leve tout d’un coup tous les obstacles de la subordination Lieber Lenz, Hier wieder – hoff’ ein beßres Stück – So gut es bei der
    äußerst
flüchtigen unbestimmten Zeichnung möglich war. Es ist der erste Abdruck. Fehlt noch die letzte Revision. So ists immer eine der größesten Physiognomieen, die ich gesehen. Beßern Abdruck bald. Noch ein Wort. Lieber Lenz – wieg Deine Schritte, und thu nie nichts ohn einen Freund. Laß den Freund Deine Vernunft seyn. Sey zufrieden mit Deinem Herzen und Deinem Genius. Adieu. Ich bin – vieles und keines, und alle Tage nur wenige Momente meiner selber. Kaufmann und Pfenninger sind izt bey Schloßern. – Dein Lavater. Hegi, den 10 Julius 1776.
Hier ist der Guibert die andern Bücher sind nicht zu haben. Da ist ein Louisdor. Deine Zeichnungen sind brav fahre nur fort wie Du kannst. Leb wohl und arbeite Dich aus wie Du kannst und magst. G. Herr von Einsiedel wird Ihnen Morgen durch einem expressen antworten. Ich habe den Brief ohne jemands weiter wißen selbsten eingehändiget. Das Vertrauen deßen Sie mich zu würdigen belieben, zu verdienen, würde nichts vor mich zu kostbar seyn. und welcher Mensch, besäße er gleich das härteste Herz, sollte nicht die größte Hochachtung und Liebe haben, nach dem Ihnen gesehen und gesprochen. Beehren Sie mich ferner mit Ihrem Vertrauen, Ich kenne jezo kein größer Vergnügen als Ihnen zu dienen – Schenck Verbrenne das Billet. Wolltest Du doch das dem Herrn weisen, Liebgen, wenn Du meynest daß es ihm Spas machen kann. Sag mir doch, ob es ein Utopisches Projeckt wäre eine Handlung zwischen Frankreich und Weymar anzuspinnen. Wenn in W. eine Messe angelegt würde für französische Kaufleute,
    Manufaktürieurs
– laß seyn daß im Anfang die Balanz auf ihrer Seite wäre, es liessen sich mit der Zeit wol einige hier nieder und die Gäste – sollten auch willkommen seyn. Ihr könntet ja um das zu erhalten, wenn sie erst im Train drin sind auf einmal die Einfuhr fremder Waren mit höheren Zöllen belegen. Ihr seyd hier im Herzen von Deutschland und stoßt an viel Länder die noch ärmer an Industrie sind als Ihr. – Frankreich willig zu machen, wäre dann wieder eine Sache für sich. Es ist freilich keine Nation in der Welt schwerer und leichter zu behandeln. – Auch hättet ihr Naturprodukte entgegen zu setzen, Bergwerk, Lein, Wolle u.s.w. Dies sind nur noch Träume Bruder. Ob der Herzog deswegen Verträge mit den übrigen Sächsischen Höfen besonders mit Chursachsen thun dürfe, geht mich nichts an. Das wird wenigstens keinem Vertrage zu wieder seyn daß er Manufakturisten ins Land zieht. Und von wem hat Deutschland die je erhalten als aus Fr. Auch können keine andere in ihren Preisen so mässig seyn, weil sie mit dem compendio virium nicht arbeiten.
Ich muß Ew. Durchlaucht in tiefster Unterthänigkeit berichten, daß ich am Mittewoch Morgen ein Pack mit Wäsche und den Tag darauf Abends den Herrn Doktor Buchholz mit verschiedenen Arzeneymitteln richtig erhalten; da aber in unserm Dorf weder mit Gold bereiftes Pappier noch ein Formular zu einem Danksagungsschreiben, noch auch ein Dicktionär witziger und galanter Einfälle zu haben ist, so werden Sie gnädigste Herzogin! einem Kranken verzeyhen, daß er diesesmal nicht dankbar seyn kann. Der Ueberbringer Ihres huldreichen Geschenks hat, wie ich aus der Ankunft des Arztes geschlossen, vermutlich die Nachricht zurückgebracht, daß er mich zu Bette und weinend angetroffen, welches letztere er für eine Wirkung meiner Krankheit gehalten haben muß; da mir eine Mißdeutung von der Art noch öftere Besuche des Arztes zuziehen könnte, so habe ihr nur durch diese Zeilen zuvorkommen wollen. Es folgen zwei Seiten Exzerpte aus Stuart, Über das System und Frankreichs Bankrut, 3. Buch, Einl. p. 546; vgl. Schriften zur Sozialreform, Bd. 1, S. 396f. Adieu belle Chanoinesse, car telle je Vous ai vúe la derniere fois, telle je Vous reverrai un jour si non dans ce monde pourtant dans un autre. Soyez toujours aussi parfaitement heureuse que Vous serez adorée de moi et n’allez pas Vous imaginer qu’on peut etre malheureux avec des sentimens pareils pour Vous. Lenz au jour de Votre nom le 15 de Juillet 1776. j’espere de revenir um 90 Grad gedreht: Nimmermehr an sie
    zu schreiben
wo möglich alle Gelegenheiten zu vermeiden
    sie zu sehen
weil ich mir nicht trauen darf gelobe ich Gott.
Hier Bruder eins und das andere. Es wäre mir doch
    lieb,
wenn die Meynungen eines Layen im Merkur kürzlich recensirt würden, ohne Ansehen der Person. Sag’ Wieland nicht von wem sie sind. Sag mir doch ob Herder nicht bald kommt. Mein Herz ahndet ihm entgegen. Ich möcht ihn und sein Weib gern sehen – geniessen kann ich itzt nichts mehr. Sie Charakter von Sienas Freundin – tief – verb. – um sie nicht zu verderben weil sie ihr nicht ihre Neigung zu gestehen, weil sie wohl sieht daß jene als Delikatesse für sie gl. abtreten würde und ihr wie natürlich Liebe für ihn zutraut. Sie begegnet also Truf. mit der äußerersten Inegalität. Die falsche Delikatesse kreuzt sich wun- derbar mit Cath. an der es ihr immer ärgert daß sie Tr. nach ihrer Meynung nicht freundl. Genug und zwar aus pruderie denkt sie, begegnet. Endl. kommt sie zum Ausbruch und zu
    Vorwürfen.
(Grosser Krieg gegen die falsche moralische Delikatesse die die Herzen soweit entfernt und ihren Grund in Stolz haben. ☓ ☓ ☓ ☓ was es der Freundin kostet endlich
    zu gestehen daß sie ihn liebt.
wohin es im Stück doch getrieben wird.
Zeichnung eines liegenden Soldaten des pouvraint revendiquent leurs droit pretensions avec main forte
ich hab’ Euch versprochen es Euch sauer zu machen, Klinger, ja Maler Müller und Wagner selbst, den recht sehr schätze. Nehmt Euch also in Acht vor mir, parirt ja wohl und wenn Ihr Blöße findet, so stoßt hinein auf mich wie ihr wollt und wie ihr könnt. Göthe hat ein Pasquill von mir, worin Euch allen die Köpfe gewaschen werden – bis ihr gescheuter seyd Unter ausdrücklicher Bedingung daß Freund Lenz, bey ähnlichen Fällen wie der letzte war, seinen Weg allemahl durch Weimar und zwar übern Markt nimmt, will ich die verlangten Geheimnisse verrathen. Das Bataillon so der Herzog von Weimar im letzten Krieg zur Reichsarmée stellte hat aus 666 Mann Feuergewehr bestanden, welche in 3 Compag: eingetheilet waren. Reiterey giebt Weimar nicht wirklich, sondern es verträgt sich hierüber mit Gotha welches für sich und für Weimar 2 Compag. Dragoner stellt. In Weimar stehen 4 Compagn:, und stehen davon 68 Mann tägl. auf der Wacht. Außer Eisenach ist in unsern sämtl. Landen keine Festung. Auf den Land stehen in Weimar Eisenach und Jena 3. Bataill. Landmiliz, jedes Bataill. zu 300. Mann. Das Kriegs Collegium bestehet aus den Präsid: v.Kaufberg und den Kriegsrath von Volgstädt Zur Unterhaltung des sämtl. Weimarer Militärs werden jährl. von den Landständen 64 000 rhl. verwillget. Der Obriste hat Monatl. Gehalt 110 rhl. d. Oberstl. Lieutn. 64 rh. d. Capit. 43 rhl. d. Lieutnt. 19 rhl. der Fähndr. 18 rhl. Sollten Sie die neuen Verordnungen des Ministers St. Germain so die Französ: Truppen betreffen erhalten, so erbitte ich mir solche so wohl als die Designation von dem Gehalt der Hanöverischen Truppen. Geben Sie bald Gelegenheit Ihnen mündl. zu sagen daß ich bin Dero aufrichtiger Freund Wilkau Ich beantworte Deinen Brief mit
    wenig
Worten,
    viele
würden Dir kaum den Dienst thun. Von Mährlein und Spott weiß nur Dein Unglaube u Mißglaube. Vom Mitleid schweig ich. Ich habe den Fuß über des Engels Schwelle gesetzt, ist’s Verstimmung gewesen in der ich zeichnete, so will ich sie büßen ob ich gleich ohne Schuld bin. Keinen Spas hatten wir je mit Dir, wie kannst Du’s wähnen da Du mir selbst das Mitleiden nicht abläugnest. Tritt mit Füßen meine Moralen ich thu mir Gott weiß nichts zu Gut darauf, ich hab mir nie in Sinn kommen lassen Dich zu bekehren, und so oft ich so was sagte sah ichs als leere Worte für Dich an. Wann’s Dir leyd thun kann von Deinem Herzen mir jemals was gezeigt zu haben – was soll ich hier sagen Lenz! – Ueberhaupt mögt ich Deinen ganzen Brief lieber nicht beantworten. Aber ich darf Dich doch fragen: hab ich je in Dich gedrungen um ein Geheimniß? – Glaubst Du daß ich herum weise? – o Du! scheinst tausendmal mich zu miskennen, und tausendmal wieder zu kennen, zu kennen daß ich Dich vertrage und darum glaubst Du ungestraft mein Herz zerreißen zu dürfen, zerreise nur. Die Silhouette ist mit Deines Engels Wissen an Dich kommen und so gut als Deinetwegen gemacht worden als Lavaters halben. Lese dies beygefügte Billett v. Mslle K. Nachricht von
    Deiner W:
Sie ist noch immer zu Schweighusen bey ihrem Vater auf seinen Gütern. Der von O–ch hat sie besucht auf ein paar Tage, ist itzt wieder zurück, eine Stunde weit von da ist vor 14 Tagen in einem Dorf ein Brand gewesen 60 Häuser und 52 volle Scheunen wegbrannte. Einige Personen Weiber und werden gemißt, eine Strecke vom Ort weg kam eine Bauersfrau auf der ße nieder. Die
    W.
ließ ein paar Viertel Frucht mahlen und das Brod unter die Verunglückten austheilen. Wie sie an Mslle K. schreibt, so kommt sie den Leuten dort mer dicker vor, sie freut sich da zu seyn und erinnert sich in diesen Gegenden ihre ersten Jahre. Deinen Herder hab ich der Mamsell Kg überbracht samt dem Brief sie läßt Dich sehr grüßen. Sie sagte mir daß Du die folgenden Theile vom deutschen Merkur nach für die rau v. O. geschickt habest und ich schließe die ersten hast Du für sie bestimmt ich werd sie also hingeben. Besatzung ist hier 11000 Mann stark. 350 ziehen täglich auf die Wache von der Infanterie 26 von der Reuterey und 24 Dragoner. In der Citadell 36. Jedes Regiment giebt 80 Mann alle Tage. alle 6 Tage kommts an einen. Der Hr. v. Birch wird noch einige Ordonanzen erwarten und wann sie complet sind werd ich sie bekommen und mitnehmen. Deinen 2ten Brief hab ich auch bekommen. brauch Dir also nicht zu antworten weg. Deinem Projekt mit Wieland. Ich danke Deiner schwärmenden Freundschaft. Aber sie scheint doch kaum so schwärmend zu seyn daß Du mich für was mehr als ein Kind hältest. Wann ich Dir schreibe und nicht immer oder vielmehr nie mich genire und gerade zu wie’s mir vom Herz oder vom Eselskopf oder gar von der Hand kommt und Dir hernach mein Brief unverständlich oder nicht pünktlich genug oder weiß Gott wie vorkommt, was geht michs an. Ein andermal mehr. Halt mich vor was Du willst – ich bleibe Dein Freund R.
An Herrn
    Lenz
abzugeben bey Herrn Legationsrath Göthe zu Weimar
aufgeklebter Ausriss der Vorderseite: der Kinder Stra
Schon lange mein verehrungswürdiger Freund hätt ich Ihnen einige Zeilen zugeschickt wenn ich den Erinnerungen meines Herzens hätte folgen wollen; da meine Zeit aber mir nur zugemessen ist und ich in der Freundschaft die stillen und unbekantbleibenden Gefühle den wortreichen oder auch nur denen die sich produziren möchten vorziehe, so habe ich einen Mann wie Sie lieber der sich immer gleichbleibenden Ueberzeugung von unserer Hochachtung weil sie auf Werth gegründet ist und uns Werth giebt, lassen, als Ihnen durch unnütze Worte den Argwohn geben wollen, als könnt’ ich einen Augenblick Ihre gute Meynung von uns in Zweiffel ziehen. Darf ich Sie bitten sich gegenwärtiges Gedichts bey unserm Freunde Boje anzunehmen das hoffentlich die Aergernisse die ich dem Publikum in Ansehung Wielands gegeben wieder gut machen und denen Beherzigungen selbst die mich gezwungen über die Schnur zu hauen und die ich in der
    Vertheidigung
dargelegt, mehr Gewicht geben wird. Sie als ein erfahrner Steuermann auf den Wogen desselben sowohl bey Sturm als
    Windstille,
müssen mich aufs halbe Wort verstehen. Doch bitte ich vor allen Dingen Freund B. wenn ers ins Museum rückt, den Correktor anzuhalten daß ja kein Druckfehler unterschleiche. So bin ich neulich
    erschrocken
über gewisse Sachen (besonders Verse) die in der Schweitz von mir herausgekommen sind, die ich kaum selbst verstund, geschweige wiedererkannte
Ich finde einen unaussprechlichen Reitz an der Einsamkeit, sie allein befriedigt alle meine Bedürfnisse doch find ich itzt Ihre Philosophischen Beobachtungen darüber mehr als jemals bestättigt. Ich wünschte von Herzen es erschiene einmal von
    einer Feder wie
die Ihrige eine
    Psychologische Diäthetick
für besondere Individiua und besondere Fälle in die sie gerathen können. Unter diese mein Gönner! Gehört auch unser kranker liebenswürdiger Lindau von dem ich Ihnen doch sagen muß, daß ich ihn nicht ganz zu übersehen mich getraue, bis er ausgewirkt hat. Wer kennt alle die Keime in menschlichen Seelen – und kurz haben Sie die Gütigkeit, gegenwärtiges Brieflein, das ich ihm zur Ermunterung von verschiedenen seiner Freunde habe zusammenschreiben lassen, worunter Personen
    von Gewicht sind
Herrn Stabss. Boje der mir das freundschaftliche Anerbieten gethan es zu besorgen, auf das angelegentlichste zu empfehlen. Lenz. Ich hoffe zu Herrn Bojens Geschmack er werde der zwey Noten halben die das ganze Stück bey
    einer gewissen Gattung Leser an
denen ihm bey seinem Musäum doch am meisten gelegen seyn muß, am meisten
    heben
werden, keinen Anstand nehmen es einzurücken. Die letzte scheint mir wegen einer gewissen Gattung neuer Schriftsteller die mit Wielands Manier wahre Abgeschmacktheiten sagen (so wie denn heut zu Tage jeder Mann von Werth seine Affen hat die sich dabey unvergleichlich befinden, derweil er die schwere Noth kriegen möchte und das Publikum wie ein Betrunkener nicht weiß hinter wen es taumeln soll)
    mehr als zu nöthig,
doch kann es Herr B. darüber nach seinem Gutbefinden halten. Mich deucht er thut sich durch allzuviele Circumspecktion Schaden, sobald es Sachen gilt, worauf es was ankommt. Gerade da ist die größte Vorsicht oft die höchste Unvorsichtigkeit.
Meine Abreise aus Strasburg war so unvermuthet und meine Schicksale und Beschäftigungen kreutzten sich seitdem so wunderbar daß ich von den wie Blitzen an mir vorüberfliegenden Augenblicken bisher noch keinen habe haschen können, Ihnen zu sagen wie unwandelbar meine Hochachtung für Sie sey und wie alle Entfernung den Zusammenhang mit Männern von Ihrer Art nur etwas weiter ausdehnen, nie aber zerreissen könne. Um was Geschäft ist zuerst auf die Seite zu räumen, muß ich Sie bitten doch gelegentlich Herrn Neukirch zu sagen, er möchte die Rhapsodie, so er Ihnen vorgelesen, doch Herrn Schlosser zurückschicken, sie war für einen andern bestimmt. Ich hoffe aber mit diesem lieben Mann, wenn er Lust zu mir hat, in andere Unterhandlungen zu treten, die für uns beyde wichtiger seyn werden. Mr Lenz den 31 Juillet 1776. Itzt zu Ihnen und Ihrem Institut. Darf ich mir doch einige Nachrichten davon ausbitten. Sind auch französische junge Edelleute darinn?
    worinn werden sie unterrichtet?
Was andere zu vielen Lärmen machen, werther Freund! machen Sie zu wenig. Ob auch neue Seeschulen errichtet worden. Wollten Sie mir auch sagen, und Herr Prof. Lerse wird mir vielleicht darinn mehr Licht geben können, was eigentlich aus der
    ecole militaire in Paris
geworden ist, wo jetzt
    ecoles militaires
angelegt worden, was aus dem
    hotel des Invalides geworden ist,
wo die Invaliden jetzt verpflegt werden, was aus der
    Landmilitz geworden ist
und wozu sie anjetzt gebraucht wird, ich brauche alle diese Nachrichten nothwendig und aufs eheste. Verzeyhen Sie meine Unbescheidenheit, ich weiß sonst nicht an wen ich mich wenden soll. Herr Basedow hat mir die Ehre angethan mir einen Ruf als Schriftsteller ans Philanthropin zuzuschicken; ich mußte wirklich lachen über diese ganz neue Art zu komplimentiren. Indessen hoffe ich dennoch von dieser Anstalt in unseren Gegenden viel Gutes, wenn der Mann nur im Stande wäre sich die Grille der allgemeinen Religion aus dem Kopfe zu lassen, welches die meisten Eltern von ihm abschröckt und worüber er sich hoffentlich auf eines andern besinnen wird. Es ist für ihn, so wie für unzähliche Protestanten ein Unglück, daß jemals ein Luther gelebt hat. Nachdem er Berge ausgehoben, wollen sie mit eben dem Geräusch Strohhälmchen wegschaffen. Sie werden mich durch eine umständliche Nachricht von Ihrer Anstalt unendlich verbinden. Herrn P. Lerse bitte viel schönes zu sagen. Ich schmecke itzt die ganze Wollust der Einsamkeit auf den Kontrast des Hofes. Lenz. Meine Adresse ist in Weymar an Herrn geheimen Legationsrath Goethe, oder lieber an Hofrath Wieland, weil erster itzt gleichfalls auf dem Lande ist.
Ihr Brief hat mir viel Freude gemacht, lieber Freund! ich bin auf dem Lande und in mir selbst sehr glücklich, nach dem ich am Hofe fast verwittert war. Ihre Nachrichten sind mir sehr lieb und sehr leid, ich hoffe es soll bald besser thonen Wenn Sie doch die Schwärmer erst auf Ihrer Seite hätten und nicht die Tugendschwärmer die nur Lärm machen wollen, die andern, die Thoren, die Unglücklichen mit ihrer kauderwelschen pietistischen Sprache, – die aber thun. Ich bin von Herzen Ihr Freund Lenz Kein Wort vom
    lieben Heiland
in Basedows Nachrichten kein Wort wie es denen schmeckt, denen nun das ihr höchstes Gut ist und deren doch die größte Anzahl ist. Entweder ich schwiege ganz von Religion oder ich richtete sie mehr für den Schwärmer als für den Freygeist ein.
Den Tempel hab ich ihr lang in meinem Herzen gebaut und Sie mein würdiger Gönner haben ihn auf ewig fest darinn gegründet. Ihre Nachricht war mir sehr willkommen; aber eben darum macht sie mich in meinem Fragen immer kühner und unverschämter. Kalkulationen Les petites dearcharges dans les viles pas les grandes pertes larges Das Zeughaus besuchen und mich nach allem erkundigen. Ganz im Merkur. Unter Louis XIII. 15000 et 30000 cheraux also den 3ten Theile An Lenzen. Um der Götter willen Lieber laß uns doch nicht so verwirt mit einander haushalten. Wo’s nicht mit Zauber zugeht so must Du Briefe wissen die ich Dir nach Strasb. und Weimar wegen der flüchtigen Aufsäzze schrieb, Deinen Konsens hatte ich, daß sie im Drucken wären wußtest in einigen Zettel nach Weimar – Ein Exl. ist an Wieland für Dich abgegangen. Und jezt, bin ich schuld kan ichs ändern und ruckrufen wie Du wilst daß sie nicht gedrukt wären? Ich gehe einfach, ich that wie wir ausmachten, ich referirte Dir getreulich drüber – quäle mich nicht! quäle Dich nicht! Es ist so viel vorbey laß das mit drein gehen. Künftig geht vieles anders Eilf Exl. sind noch für Dich an Röderern abgegangen. – Sollte Dirs nicht dort wohl werden können wo hin ich Flügel der Morgenröthe haben mögte! in der Götterhaushaltung! Ich ahnde vielleicht mehr von Deinem Zustand Lieber als Du glaubst. Ich habe mich auch aus vielem herausgerissen und size jezt hier, und ich darbe zwar immer und immer und doch kanns einem gut dabey seyn. Pfenninger war in Emmendingen. Lavater treibt immer grosen verworrenen Gang. Ach es ist vielen Noth. Adieu. Schreib mir doch plan und deutlich Ade. Z. 24 Julius 76. Liebster! Hier nur ein paar Worte mit dem Brief der vermuthlich Deines lieben Papas. Die O. ist wieder vom Lande zurück, hat die Claudine gelesen und an Deinen Goethe geschrieben, also darüber nichts mehr. Aufm Lande wann Mslle Kg was lesen wollte, so wollte die O. immer sprachen und so kamen sie in der Lecture des Mekrurs u Herders nicht weit. Außer demn angezeigten Capitels die sie durchlaßen. Nu weiter! Beym zurück kommen gieng auch die von Mömpelgart hier durch nach P. und nahm auf ein Stück wegs die v. O. mit die vermuthlich gestern zurück kam. Die Amerikaner treiben ihr Sach gut, sollen verwichen 4 Deputirte derselben am Spanischen Hof gewesen seyn die ihr ein Kriegsschif wieder zurückführte. Schreibst Du mir wieder, so sey doch so gut u antwort mir auf die Frage von Claudine ob Musik dazu da sey u. was die Composition von Schönfeld über die beyden Alten mache und wo diese gedruckt werden oder worden sind. Da ist auch eine Abschrift von den Versen die ich Esel lezt vergaß Dir zu schicken. (Apropos weistu daß Pfenninger droben beym Hofrath ist? Nicht einen Sous hab ich itzt Geld im Sack sonst gieng ich den Augenblick einen Gaul zu leihen um hinzutrotten.) Ach du um die die Blumen sich Verliebt aus ihren Knopsen drängen Und mit der frohen Luft um dich Entzückt auch ihren Weyhrauch mengen, Um die jezt Flur und Garten lacht Weil sie dein Auge blühen macht. Ach könnt ich jezt ein Vogel seyn Und im verschwiegnen Buch es wagen Dir meines Herzens hohe Pein Die ohne Beyspiel ist zu klagen. Empfändest du die Möglichkeit Von dieser Qualen Trunkenheit Vielleicht daß jener Busen sich Zu einem milden Seufzer hübe, Der mich bezahlte daß ich dich Noch sterbend über alles liebe. Zimmermann ist nicht hier sondern zu Zürich bey Lavater. Eisenberg wird Dir dieß geben wann er noch hier ist wo nicht so geht’s (statt morgen mit Ihm) heute noch mit der Post ab. Leb tausendmal u nimm die Freude und die Ruhe und den Himmel den der ewige beste Freudengeber in jedes Herz schenken will das Ihm sich öffnet, o mein Lenz könnt ich nur etwas von der Ruh geben die ich habe! Dich grüßt die deutsche G. es geht alels gut, treflich. Wagner ist auch hier Adieu Dein Röderer. Strasb. Kalend. Julii 1776. Vom Lande Ich muß bitten lieber Freund! zu verhüten daß die Soldaten nicht etwa im Meßkatalogus unter meinem Namen angezeigt werden, da ich sonst nimmermehr mit Ihnen was zu theilen haben kann da sie ganz und gar
    wieder meinen Willen
gedruckt worden sind und es die
    aller nachtheiligsten Folgen von der Welt
für mich haben kann. Eben dadurch auch für den Verleger; der den Verfasser so wenig geschont hat. D. 26ten Julius 76 Lenz. Sie werden sich ohne Namen schon forthelfen. Mir gäben Sie einen wahren Beweiß der Freundschaft wenn Sie es noch unangezeigt liessen, könnt’ es aber nicht anders seyn, dazu setzten, von Steenkerk. Auch von dem andern Antrag bitte um Ihrer Freundschaft willen niemanden zu sagen. Die Sachen folgen so kurz aufeinander.
Herrn Herrn
    Weidmanns
Erben und
    Reich,
berühmten Buchhandlung in Leipzig.
1776. D. 2. Aug. Lenz.
Der Herr Geh. Leg. Rath läßt sie vielmals grüßen und wünscht daß Ihnen ihre Rhabarbera wohl bekommen möge. auch schickt er Ihnen hier 2 versiegelte Bouteillen Wein, und Sie mögten nur fleißig zeichnen. Die verlangte Bücher sind nicht in der Bibliothek. Kann man sie aber sonst auftreiben, so erhalten Sie sie nächstesmal. Von Briefen ist nichts hier. Ich habe nach Zitronen geschickt und denke sie wird mir bringen. – Hier sind drei. Es freut mich sie sind recht schön. Der eingeschlagene Brief und das Paquet gehen nächsten Posttag nach Strasburg ab. Ich bin ihr herzlicher Diener Philip mit 2 Bouteillen Wein und 3 Zitronen in Papier Tabelle, horizontal gespiegelt, linke Spalte Amalia sucht im Nebel die beyden Prinzen die aus diese zu erhaschen + die aus die fr. zu gradwegs waren gestürzt In dem Augenblick zertheilt sich der Nebel und sie stehen vor ihr + die sie für ein Bauernmädchen hielten, weil sie eben zu Kn. gekommen was der nun erfährt keuchend und schwitzend seine letzten Statuen zum Fenster hinaus warf. Ach meine Kinder sagt sie. Du führst sie zu Knebel den sie alle bedauern, dem die Weiber alle abschwörten in dem Augenblick Die wohlthätige Frau sie hat ihm eine ausgesucht, deren Gestalt die fürstliche Urganda es auf sich genommen um Knebel zu schwärmen sie gibt sie ihm und zwar eben deswegen wird sie nichts weniger als Statue ihn sie auf greif ists Pandolfo nde. Die wächst dich Weib. Ge an ihn will auch ein lang den und d de. Die Tabelle, nicht horizontal gespiegelt, rechte Spalte Sobald ich nach Weymar komme mein Ding für die Herzogin ausmachen sehr vortheilhaft für Pandp. und für sie Tabelle, horizontal gespiegelt, rechte Spalte Das von der Deutschen Gesellschaft im Merkur. Bitten Sie doch lieber Philipp daß H. Doktor in seinem Manuscript anstatt Henriette von Waldek schreibt H. von Warbek, Baron v. Warbek, und schreiben Sie es auch so ab. Es hat seine grossen Ursachen. Diese sollte der Milton war nun auch einmal gefallen, Newton lag auf dem Bauch als ob er noch in einer Berechnung der Geschwindigkeit der Centralkraft begriffen wäre und Locke schien sehr nachdenklich im Koth zu sitzen wie er wol zu dieser Begegnung könne gekommen seyn Lentz, Ein Gruß von mir aus heißer Seele. Küß Kaufmann von mir. Gieb ihm den Brief wenn er kömmt. Ich leide woran keine Seele denkt. Kannst Du bethen, bethe für mich. adieu L. D. 31 Jul. 76. L. Kaufmann, d. Brief blieb zurück. adieu. bezahle d. Port u. bleibe Lavatern. Halle den 3ten Aug. 1776. Ich hoffte selbst das Vergnügen zu haben, Sie , theuerster Freund, persönlich zu sprechen, verschiedene Umstände haben es aber nöthig gemacht, gerade nach Berlin und von da wieder hieher zu gehen; ich schike Ihnen also hier die Briefe, so mir Röderer mit gegeben; sollten Sie mich für würdig halten Ihre Briefe zu bekommen, wiewohl die fehlgeschlagenen Hoffnung einer Antwort auf meinem ersten, mich es fast nicht zu hoffen läßt, so bitte ich solche nur nach Halle zu adreßiren. Ich wünsche Ihnen alles mögliche WohlErgehn und Vergnügen und bin Ihr gehorsamter Diener Eisenberg Candidat en Droits. Empf. den 13ten Aug. 1776. Lieber Freund Boje! Die Soldaten sind nicht von mir, ich bleibe dabey, mögen die Herren die so geschwind mit dem Druckenlassen fertig waren, auch den Namen auf sich nehmen. Der Verf. des Hofmeisters darf Sie nicht irre machen, es ist nichts leichter geschrieben als eine Komödie von der Art, aber nichts schwerer verantwortet. Auch dächt ich hätten wir itzt Produkte in der vorgeblichen Manier die Menge als daß dieses itzt ganz nothwendig sollte und müßte auf den Verf. des Hofmeisters schliessen machen. Kurz ich habe selbst bey dem der es zuerst Hn. Leibarzt zugeschickt, meinen Namen nur für einen andern hergegeben der verborgen bleiben
    mußte.
Und den die Bekanntmachung dieser Rhapsodie über kurz oder lang zu Grunde richten wird, da all seine Verhältnisse drüber zum Teuffel gehen. Es thut mir weh genug und ich habe mir alle Mühe gegeben vorzubiegen. Vielleicht hilft dies noch. Verzeyhen Sie meine Länge über einen so uninteressanten Punkt für Sie. Es liegt mir zu sehr am Herzen als daß ich nicht bitten und geilen sollte um Stillschweigen. Verzeyhen Sie mein langes Stillschweigen, ich habe viel sehr viel zu thun und mich deswegen von aller menschlichen Gesellschaft abgesondert. Schloßer wird Ihnen vielleicht den Engländer schicken; aber unter angehängter Bedingung nicht meinen Namen zu nennen, denn auch ich will und darf nicht überall genannt werden. Wenn das Ding ohne Namen nichts nutz ist, so werfen Sies ins Sekret. Der Verf. der Soldaten
    heißt Steenkerk,
soll und muß so heißen ich darf auch
    meinen
Namen nicht länger hergeben da ich in zuviel Verdrüßlichkeiten dadurch gerathen würde und man von mir auf ihn rathen könnte. nur eine Scene ist von mir.
Thun Sie mir die Liebe und hindern die Publizität der Soldaten soviel an Ihnen ist, bitten auch Zimmermann drum. Nur nicht viel davon geredt, ich bitte, noch weniger geschrieben Es ist eine grosse Sache Lieber! andere Leute nie als lndividua sondern in und mit ihren Verbindungen zu behandeln. So wird einem oft ein Dolch ins Herz gedrückt und man weiß nicht über wen man sich beklagen soll. Ich rede hier nicht von
    mir;
aber der Verf. der Soldaten der Soldaten – wenn er weniger jung, weniger Hoffnungen gebend, mir weniger anhänglich gewesen wäre, welches Sie auch aus dem Styl sehen können, würde ich kein Wort sagen. Hätt er doch nie meine Bekanntschaft gesucht und das unglückliche Talent noch ein wenig ruhen lassen. L. nur daß dieser Brief nicht auch gedruckt wird. Ich danke für die Liste: sie kam mir zwar ein wenig zu spät. Wissen Sie mir nicht zu sagen, wohin man Briefe an Hn. v. Lindau adressirt und wenn wieder ein Schiff abgeht auch ob stark geworben wird.
Herrn Herrn Stabsekretär
    Boje
in
    Hannover
abzugeben im Churhut bey der Post.
Auf Deinen letzten Brief lieber Bruder weiß ich Dir weiter nichts zu antworten. Nur daß ich ihn mit keinem Pack von Göthe wie Du sagtest erhalten habe. Vor oder nach dem Empfang dieses Briefs, den Du durch den nach Dessau reisenden Kaufmann erhältst, wirst Du auch 8 Exemplare von Deinen flüchtigen Aufsätzen erhalten. Die Mademoiselle de Muralt eine liebenswürdige Dame von Zürich brachte mir sie mit und ersuchte mich um ein Exemplar. 2 davon behalte ich zurück und frag Dich wo ich mit hin soll, mir und Wagnern der mein lieber Freund ist hat Kayser eines geschickt. Auch fragt M Leypold, der Deinen Brief erhalten hat, u Dich grüßt: ob Du Geißlers Geschichte von Teutschland in 2 Quartbänden mitgenommen oder hier wo in andern geliehen hast? Salzmann schreibt Dir, Deine übrigen Freunde grüßen Dich, die Sozietät und H. v. Kleist. Vor 14 Tagen hab ich Pfenninger bey mir gehabt und bin mit ihm samt Blessig und Wagner nach Emmendingen wo wir Lavater antrafen und 2 Tage sehr vergnügt bey einander blieben. Hr Hofrat und seine Frau grüßen Dich herzlich, Du hättest wieder dabey seyn sollen als sie uns alte Romanzen sang und besonders die aus dem Faust. Pf. konnts kaum tragen in Strasburg Dich nicht zu sehen. Wann Du mir was zu schicken hast, so schicks bald wenigstens doch ein Briefchen, dann ich geh nach 6 Wochen aufs aller spätste von hier nach Göttingen, und bald drauf ohne lang da zu weilen werd ich durch Leipzig nach Dessau gehn wanns meine Finanzen zu lassen. Die Adresse ist (Du hattest es Iezt vergessen) bey Rausch zu Kehl. Lieb mich noch immer und sey glücklich. Dein Röderer. Strasb. den 8 Augst. 1776. P. S. Die gnädige Frau ist zu Schweighusen im Obern Elsaß auf ihres Papas Landgütern, befindt sich wohl weiters weiß ich nichts.
A Herrn
    Lenz
Herrn Legations
Lieber Schaz, was Du gern hättest kan ich Dir izt nicht schicken. Dafür schick ich Dir den Etat de france in 4. Oktavbänden, woraus Du viel detail lernen kannst. Hab Sorge zu den Büchern! Das Siecle de Louis XIV. verlang von der Herzogin-Mutter; sie wird Dirs gerne geben; oder von
    Kalb.
Cura ut valeas. Hab uns lieb, und mach daß Du bald wieder hier existirst. Du kannst hier so gut einsam leben als in Berka, wenn Du nur ein für allemal ein wenig arrangirt bist – Wozu alles was Dich lieb hat, herzl. gern behülflich seyn wird. Adieu. Wieland.
    27. August
Heute ist dem Hrn. G. Leg-Rath sein 27ter Geburtstag. Der alte Herr v. Kalb ist hier. Anbei Papier und ein Paket mit von H. HofRat Wieland und einen Billett von ihm nebst einem angekommenen Brief. Ich rekommandire mich. Dem alten Vt. ein Explar
    meiner Sold.
schicken sauber gebunden Auch m 2
    Fam. gemählde
Pack eines S. G. zu übermachen
Begreiflich machen daß er wohl noch mächtiger wäre durch Allianzen als zu main forte
Je Vous ai mille obligations du dessin parfaitement bienfait que Vous avez bien voullus joindre à la Lettre polie dont Vous m’avez honoré. Croyez moi Monsieur que j’y Suis três sensible et qu’il y a longtems que je n’ai vu une peinture tant analogue avec l’Ideal dont mon esprit s’occupe souvent d’un Lieux Sombre et doux où je passerai les moments les plus delicieux pour mon Coeur. Madame la Duchesse Vous remercie de Votre souvenir, mais Elle ne comprend rien aux graces et bienfaits dont vous parlé a son Sujet, elle m’a chargée de Vous faire ses Complimens. Je serai toujours três charmée d’avoir de Vos nouvelles, particulierement quand Vous me direz que Votre santé, pour la quelle nous avons crainte, est parfaitement retablie. Louise G. Vous parlez de m’arracher de ma solitude – et m’ alleguez pour cela d’aussi eloquentes raisons. Pensiez Vous bien Madame! lorsque Vous ecrites ces lignes, quels effets elles alloient faire sur moi. Sur moi qui ne savoit d’autres soulagemens a tous les maux qui m’oppriment que de pouvoir les cacher a l’univers. Pourquoi me contraindre de voir la lumiere afin d’y jouer un personnage odieux, même a l’ egard des personnes auxquels mon coeur prend a pris autrefois le plus d’interêt. ll est impossible de vous eclaircir tout le sanglant de ma situation, Vous en allez juger devinerez quelquechose par la contradiction de toutes mes actions, quoique mes sentimens tant pervers que Vous me engagez supposiez ne peuvent jamais etre reduits a se contredire. Convenez qu’il n’y a rien de si cruel, que d’agir contre son coeur; cependant j’y suis contraint par les actions des personnes même qui se disoient autre fois mes amis et qui sous ce pretexte se croyoient tout permis contre moi. Trahissez moi si Vous y trouvez de quoi satisfaire a Votre amour pour la vertu et a Votre haine pour le vice, que je Vous annonce en ma personne, procurez Vous ce plaisir des grandes ames de pouvoir contribuer au triomphe de l’une sur l’autre surtout dans des occasions aussi eclatantes ou le zèle d’avoir secouru l’un, et detruit l’autre Vous servira de trophée chez tout le public et peut etre chez la posterité même. Je Vous en fournis des armes je Vous ouvre mon coeur. Je me declare coupable de tous ces petits tours, de toutes ces ruses dont Vous me fites le dernier soir d’aussi vives reproches, je vous declarerai même que je ne rien moins que de changer si pas de conduite je la soutiendrai avec de la fermeté tant que les raisons qui m’y forcent ne voudront pas ont pas cesser. Vous deviez donc prendre garde a me fournir d’occasions de faire du mal sous les dehors de l’innocence et de la probité. Pourquoi, je Vous en supplie, me produire a la cour? Pourquoi m’ouvrir des vues aussi pleines de charmes lorsque j’etois resigné pour la campagne. Pourquoi en donner ombrage a des personnes qui jusqu’ici ont taché de m’en eloigner, afin d’etre a l’abri de mes petits tours et de mes ruses? Qui pour les prevenir, ou pour me corriger peut etre ont tout mis en usage du mepris, des petits tours de leur façon souvent plus fins ou du moins plus cachés encore, de la raillerie bien amiable et mieux encore placée et qui pour parler net, ont de très grand coeur abusé de ma complaisance de’l d ’angleleur de les egayer dans leur langueurs. J’ai fait joué au Colin Maillard avec eux et de trop grande amitie pour moi, a chase ils ont oubliée que je m’etois bandé les yeux moi même et tachent quoiqu’envain de me les fassciner encore. Il est bien naturel que rien peut flatter leur orgueil d‘avantage lequel je me suis proposé de ne plus menager. Il est aisé a prevoir que ce changement de conduite ne leur conviendra guere, après leur avoir donné tant d’avantage par celle que j’affectois en arrivant. Cependant je ne peux rien moins que la continuer telle quoique leur amitié m’en veuille persuader et quelqu’honneur que j’y mette de plaire a une Cour qui fixe a present les yeux de toute l’Allemagne et même de nos voisins, j’ai assez d’ambition de n’en vouloir plus faire le plaisant. Voila les sentiments avec lesquelles je ne peux m’empecher d‘y commencer ma nouvelle carriere. Ich bin zu glücklich Lieber als daß ich Deine Ordres Dir von mir nichts wissen zu lassen nicht brechen sollte; wollte Gott ich hätte Deine Art zu sehen und zu fühlen und Du zu Zeiten etwas von der meinigen, wir würden uns glaub ich beyde besser dabey befinden. Ich schreibe Dir dies vor Schlafengehen, weil ich in der That bey Tage keinen Augenblick so recht dazu finden kann. Dir alle die Feerey zu beschreiben in der ich itzt existire, müßte ich mehr Poet seyn als ich bin. Doch was soll ich Dir schreiben daß Du falls Schwedenborg kein Betrüger ist alles nicht schon vollkommen mußt geahndet gesehen und gehört haben. Wenigstens haben wirs an all den Gebräuchen und Zauberformeln nicht fehlen lassen mit denen man abwesende Geister in seinen Zirkel zu bannen pflegt; wenn Du nicht gehört hast, ists Deine Schuld. Mit dem Englischen gehts vortreflich. Die Frau von Stein findt meine Methode besser als die Deinige. Ich lasse sie nichts aufschreiben als die kleinen Bindewörter die oft wiederkommen; die andern soll sie a force de lire unvermerkt gewohnen, wie man seine Muttersprache lernt. Auch bin ich unerbittlich ihr kein Wort wiederzusagen was den Tag schon vorgekommen und was mich freut ist, daß sie es entweder ganz gewiß Lieber Bruder Du hast entweder selbst meine Brieftasche oder Philipp hat sie gefunden; schicke mir sie doch. Wenigstens Dein Gedicht, das ich hineingelegt hatte – alles, denn ich weiß selbst nicht mehr was drin ist. Schick doch auch sonst was mit für Frau v. Stein, etwa d. Jungs Autobiographie von der ich ihr erzehlt habe. Ich komm in der That hieher wie ein Bettelmönch, bringe nichts mit als meine hohe Person mit einer großen Empfänglichkeit; habe aber doch sobald ich allein bin grosse Unbehäglichkeiten über den Spruch daß Geben seeliger sey als Nehmen. Dein Bote gieng obschon er alle Kräfte anwandte die ihm Weib und Kinder übrig gelassen mit der Geschwindigkeit eines Mauleseltreibers; ich wäre eben so geschwind und ungefähr in eben der Gemüthsfassung mit blossen Knieen auf Erbsen nach K– gerutscht; Und doch war eben der Merkurius den andern Morgen als ich ihn wollte ruffen lassen, Dir Frau v. Stein Brief und Zeichnungen zuzuschicken, (obschon ichs ihm Abends vorher hatte notifiziren lassen) über alle Berge. Wofür Du ihn sermoniren kannst, damit ers ein andernmal in ähnlichen Fällen nicht wieder so macht. i beg thee to see frequently the spouse of the lady. I have a pressentiment thou willst thank me of having given thee a counsel needful. aAt least it is only given thou kno imagine all suffers constantly She must hea much deli tranquillity of mind Zeichnungen Weymar d. 20sten Sept. 1776. Meine theuersten Vaterbrüder! Seit vier Jahren, da ich Sie zum letztenmal sah, wälze ich mich nun schon in der Welt auf und nieder, bis mich die Vorsehung endlich nach Weymar geführt hat, welches ich wohl sobald nicht verlassen werde. Die Erinnerung von Ihnen hat mich überall hinbegleitet und ich werde nie aufhören zu fühlen daß ich für alle die Freundschaft und Güte die Sie mir in Cöslin und Colberg erwiesen, Ihr beständiger Schuldner bin. Der Himmel verwandle meine Wünsche für Sie und die Ihrigen in Seegen und Glück, bis er mir Gelegenheit giebt, mehr als Wünsche zum Beweise meiner unveränderlichen Zärtlichkeit besonders für die letzteren sehen zu lassen. Unter diesen erinnere ich mich besonders meines kleinen Vettern in Colberg, des allerjüngsten, der mir soviel Freude durch seinen Anblick gegeben hat. Ich bin schon seit dem Aprill in Weym. Bitte mir doch die Nachrichten
    sobald es möglich,
gütigst zukommen zu lassen. Von meinem Großvater erwähnen Sie nicht, wenn ich bitten darf.
Darf ich Sie zum Beweise daß Sie mich nicht ganz vergessen haben, bitten, mir doch alles was Sie von den Lebensumständen und Schicksalen Ihres seeligen Großvaters und Eltervaters wissen unter der Adresse des
    Hr. geheimen
    Legationsrath Goethe
in
    Weymar
mitzutheilen. Ich erinnere mich von meinem Vater soviel gehört zu haben, daß der erstere im dreyssigjährigen Kriege gedienet und der andere wo mir recht ist Staabsoffizier gewesen. Diese Nachrichten, wenn sie mir aufs eheste gegeben würden, könnten mir besonders jetzt ungemein vortheilhaft werden. Ich bin so frey besonders meinem jüngsten Hn. Onkel mit diesem Auftrage beschwerlich zu fallen, dessen Güte für mich schon bey so manchen Gelegenheiten mich ihm vorzüglich verbindlich macht. Sollten allenfalls die Vaterbrüder in Cöslin mehr Spezielles von
    Ihrem Grosvater
wissen so bitte doch, sich desfalls an sie zu wenden. Die Ursache warum ich gerade diese Nachrichten mir ausbitte, würde Ihnen auseinanderzusetzen die Grenzen eines Briefes überschreiten. Seyn Sie übrigens versichert daß es mir auch an diesem Hofe wohlgeht und daß ich wohin mich auch mein Schicksal verschlägt mich jederzeit mit der wärmsten Hochachtung Ergebenheit und Liebe nennen und zu beweisen suchen werde als Ihren ganz ergebensten Neffen Lenz.
Herrn Herrn Heinrich Jakob Lenz berühmten Handelsmann zu Colberg in Pommern
Mir ist sehr lieb bester Lenz dass Sie mein Schuldner sind ich finde meine Rechnung dabei. Bleiben Sie es immer so lange Sie wollen, so bekomm’ ich doch noch bisweilen ein Vertröstungsbriefgen. Ich denke wann das nicht wäre Sie würden mich gar vergessen. Was machen Sie und was macht Göthe? Ihr affengesichter! warum erfahr ich nichts was Ihr thut was Ihr schreibt was Ihr herausgebt? Die Soldaten hab ich gelesen und für Ihr Kind erkannt der gute Hauptmann B. ist auch drinn, alles sehr gut. Claudine hab ich auch gedruckt gelesen. Aber die neue Arria und der Sechste Act von Stella, sagen Sie mir doch ob die auch von Göthe sind, so will ichs zu seinen sachen binden lassen. Ihr Auftrag wieviel Bürger und Handwerker in Strasburg sind ist ein bisgen Schwer zu beantworten. Es sind 5300 Bürger ohne die Wittiben deren etwa 5 bis 600 seyn können, aber die anzal der Handwerker ist sehr weitläufig ausfindig zu machen dann es sind auch viele Weiber und viele ohnverburgerte lnnwohner die professionen Treiben jedoch die letzteren ohne Knecht oder gesellen. Ich glaube ihr Leute arbeitet an politischen projecten um den Türken aus Europa zu vertreiben oder gar den Mogol vom Thron zu stossen. Wir Strasburger Iassens gern beim alten wie Sie wissen. Da ist man ruhiger dabei. Doch ist meine leztere ohngedruckte Abhandlung über allgemeine oder gesellschaftliche glückseligkeit unvergleichlich gerathen und wenn Ihr mir gut wort gebt so schick ich’s euch Sie ist in der Gesellschaft gelesen und sehr approbirt worden. Ramond hat angefangen den Werther zu übersezen – ich glaube er wirds besser machen als alle andere. Ich küsse Sie liebster Lenz. Küssen Sie Goethe für mich Salzmann Act. Der junge Bernhard von hat banqueroute gemacht und davon geloffen sagen Sie das Göthe. D. 21. 7br.
Herrn Herrn Lenz bei H. Legations Rath Göthe in Weimar.
Hier Herr Lenz schicke Ihnen etwas Wäsche von Schenck wo ich iezo bin, Ich bin in einem grimmigen Zorn über die Wäschern die mich so herum zieht. 1 Hemd. 2 Halsbinden 1 P. Strümpf 2 Halsbindgen. 1 Sacktuch 1 P. Schuh. 1 P. Schuhschnallen Ihre Paar Sporen. und da schicken Sie doch mit dem nächsten dann Hr. G. L. R. seine Sporen wieder zurück. spiegelverkehrt: D 22 Septbr. Rechnung unbekannter Hand Von dreien Antwort. Den an Philipen habe durch die Boten Frau überbringen laßen. welche auch Antwort von demselben bringen wird. inliegend 1 gr. übrig gebliebenes Brief Porto. Ich fahre fort zu dienen mit dem unendlichsten Vergnügen und verharre Zeitlebens mit der grösten Hochachtung Ihr gehors. Diener Schenk Bester Vater! Es war die Mutter vom nunmehrigen geheimen Legationsrath Goethe, die ich in · Frankfurt auf der Durchreise das erstenmal kennen gelernet, von der ich Mamaen das schrieb. Seine Schwester, eine gleichfalls sehr würdige Dame ist lange verheurathet mit einem Manne der ihrer werth ist. Ich Ihrer spotten – das ist ein Gedanke, der mich tödten würde, wenn ich nicht hoffen dürfte, daß er nur aus Ihrer Feder, nicht aus Ihrem Herzen gekommen ist. Ich sehe mein Vater! daß es ein Schicksal ist, das ich nicht ändern kann, wegen Entfernungen der Zeit und des Orts von Ihnen und allen den Meinigen mißverstanden zu werden. Wie heilig mir Ihre Briefe sind, mag Gott Ihnen durch einen andern Weg als durch meine Feder künftig bekannt machen, oder auch nur ahnden lassen. Fahren Sie fort mir diese
    höchsten
Beweise Ihrer Güte noch zuzuschicken wenn Sie mich dessen werth glauben. Wie Goethe und die Seinigen sich zu allen Zeiten gegen mich bewiesen und wieviel ich ihnen schuldig bin, kann ich nie genug erkennen und rühmen. Goethe ehrt Sie wie ich. Die Welt ist groß mein Vater, die Wirkungskreise verschieden. Alle Menschen können nicht einerley Meynungen oder vielleicht nur einerley
    Art sie auszudrücken
haben. So unvollkommen das was man in jedem Fach der menschlichen Erkenntniß
    modern
nennt, seyn mag, so ist es, wie Sie selbst mir nicht ganz absprechen werden, jungen Leuten doch nothwendig, sich hinein zu schicken, wenn sie der Weit brauchbar werden wollen. Glücklich sind sie wenn sie Väter haben wie ich, deren Beyspiel auch bey veränderten Umständen und Zeiten immer und ewig ihnen Muster bleiben muß. Das sage ich weder aus Heucheley noch aus Schmeicheley, denn
    was für Vortheile könnte mir beydes bringen,
sondern aus Erkenntniß der Wahrheit, aus inniger Verehrung und Anbetung des Geists der in Ihnen webt und würket. Bitten Sie doch Bruder Carl um die
    einzige Freundschaft
mir in einer guten Stunde aus Ihrem und meiner Mutter Munde historische Nachrichten von meinen Großeltern # sowohl von
    Ihrer
als von mütterlicher Seite aufzuschreiben und zuzusetzensenden, er wird
    unserm Herzog
damit
    Freude
machen. Die Gnade dieses Fürsten für mich ist Gottes Werk.
NB. # Wollten Sie mich
    würdigen,
etwas von Ihrer eigenen Lebensgeschichte dazuzuthun, würd ichs mit dem höchsten Dank erkennen.
Die Briefe meiner Geschwister stärkten mich gleichfalls. Sagen Sie Fritzen ich werde Sorge für seinen Auftrag haben, fürchte aber, er werde ein wenig unthulich seyn, falls nicht etwa ein Landsmann nach Lief- oder Curland hineingeht, der einen Burschen mitnimmt. Mein Bruder Christian ist immer der einzige Mensch der mich noch am besten verstehen kann; sein Glück, seine Zufriedenheit sind die meinigen. Schwester Lottgen und Liesgen bitte ihre Munterkeit nicht zu verlieren, das Leben wird heutzutage immer bitterer – und immer süßer. Ein Augenblick – ersetzt Jahre voll Kummer – auch ein Augenblick wie der wenn ich Nachrichten von Ihnen erhalte. Schwester Norgen möchte ich sehen, Bruder Carl wird die Hofnungen seines Vaters nicht so grausam hintergehen als ich. Dürft ich bitten alle ihre Schattenbilder zu nehmen, und sie mir verkleinert mit einem Instrument das man Storchenschnabel nennt, im Briefe zuzuschicken. ich küsse Schwester Norchen und bitte sie das Glück ganz zu fühlen und zu schätzen, der letzte Trost ihrer Eltern zu seyn. Ich muß noch hinzusetzen, daß ich jetzt durch die Bekanntschaft Wielands eines der grössesten Menschen unsers Jahrhunderts, dessen Werth aber freilich nur erst die Nachwelt ganz schätzen wird – und ich darf sagen durch sein Herz und seine Freundschaft eine der glücklichsten Aquisitionen meines Lebens gemacht. Darf ich nochmals um Ihre Lebensgeschichte flehen. Nur auf einem Blättgen, wenns Ihre Zeit nicht erlauben will. Ich küsse Mama und Ihnen die Hand und alle Geschwister tausendmal. Ihr gehorsamster Sohn JMR Lenz. im Merkur werden Sie mich bisweilen auch finden.
Lieber Lenz, Da bin ich hier u. freue mich Dich zu sehen. Sonntag über 8 Tage werde ich vermuthlich, was Du zu wißen verlangst, zuerst predigen. Den Engländer gab mir Boje: „er könne es wegen des Endes nicht einrücken“. Vorigen Sommer hatte sich in Bückeburg die Kehle jemand abgeschnitten, daß nur noch einige Fasern hingen: sie wurde zugenäht: er riß sie sich 2 mal auf: es wurde eine Maschine gemacht, daß er den Kopf nicht regen konnte, u. in 4. Tagen war der Mensch besser. Er lebt noch u. befindet sich wohl u. freut sich, daß ihm das Kehlabschneiden nicht geglückt sei: so hätts
    Tot
auch werden sollen. Aber er ist tot wie sein Name anzeigt. Den Engel von dem Du schreibst u. um den Du lebst, habe ich nur eine Viertheilstunde, zerstreut u. verwirrt, gesehen – Diana im Chor der Nymphen u. Dryaden. Lebe wohl. Weib u. Kinder grüßen Dich. Mir ist wie allen Neuangekommenen, selbst im Elysium seyn muß. Ich habe Kaufmann hier gefunden, der morgen reist u. Dich sehr grüßet. H. Die
Es ist eines der merkwürdigsten Jahrhunderte in welchem wir leben. Generalsuperintendent Herder in der tiefsinnigsten aller Theologischen Schriften seiner Zeit citirt einen Komödianten. Was wird die Nachwelt von seiner Aeltesten Urkunde – oder von meiner Komödie denken? So lieb es mir übrigens seyn muß, daß die homogenen Teile wieder zu ihrem Ursprunge sublimert werden und dadurch die Streitschrift ihren wahren Stempel wiederbekommen hat. Der Engländer ward in ganz andrer Stimmung und aus ganz anderer Rücksicht geschrieben. Und ist das lustigste Nachspiel das ich zu diesen
    willkührlichen
Ausschweiffungen der Phantasey hätte erfinden können Herrn Bojens marktschreyerisches Benehmen, der Deine
Ankunft
    abwartet
um sich über das zu entschuldigen, worum ich ihn in zwey Briefen mit vielem Ungestüm und vieler Höflichkeit gebethen. Ich wußte daß es ihm Schlosser schicken würde und bat ihn demzufolge sehr dringend, es
    nicht einzurücken,
versprach ihm auch sogar etwas anders in die Stelle – und das alles nicht wegen des
    Schlusses
sondern wegen der
    Prinzessin von Carignan,
welche Unschicklichkeit noch lebende fürstliche Personen aufs Theater zu bringen, Herr Boje einzusehen nicht im Stande war.
Unsere Herzogin hat mir befohlen, ihr ein Briefgen an Dich mitzugeben. Ich bitte dabey von der Fürstinn zu abstrahiren und mit Deiner durchschauenden Phantasie aus diesem Zuge Dir das Gesicht
    der Frau
abzubilden die das, als
    Fürstinn,
verlangen konnte. Ich wünschte überhaupt Du suchtest die nähere Bekanntschaft dieser Dame, und ich habe das Herz ohne Augur oder Druide zu seyn beyden Teilen sehr viel Genugthuung davon zu versprechen. Soviel Großes habe ich nicht leicht in einem Karackter vereinigt gefunden, der ganz und gar auf sich selber ruht. Doch ich sollte mich billig nie unterstehen etwas auf der Welt zu loben. Le.
An keinem Orte keine Antwort. Herr Cästner mündliche Antwort, viele Compli. nebst Versicherung der besten Besorgung. Herr Herder hat um 12 noch nicht geschrieben will bis weitere Gelegenheit versparen Herrn Göthe habe eigenhändig Ihren Brief gegeben, auch ohne Antwort. Philip habe auf 3 mal nicht angetrofen und Bothenfrau, will – oder kann nicht länger warten. innliegend etwas, u. da es ein Hofbedienter gebracht. vermuthe daß solches von Herrn Göthe sei u etwan bei Durchl. Herzog geschrieben ist. Der Schneider ist nicht fertig. Philip hat es vielleicht vergessen Dürfte ich Ihnen ersuchen, alle Ihre Commiss. ohne Compliments an mich zu schicken. Jeder Tag da ich die Bothenfrau vermuthe ist vor mich ein Freuden Tag. Seyn Sie deß versichert. Leben Sie wohl. Der Brief ist nach Göttingen francirt kostet aber nur 3 g. also 1 g. zurück. Viele Compl. von Herrn von Kalb Schenck Liebster Bruder! So eben komm ich zu Göttingen an. Um Dir nicht länger das kleinere Briefgen vor zu enthalten das zu lang schon bey mir zögerte, schreib ich nur wenig. Laß mich bald doch wißen ob Du mich noch liebst, ich glaubs zwar aber hilf meinem Unglauben. Dein Röderer bey Fr. Profeßor Hambergerin an der Allee zu Göttingen.
An Herrn Herrn Lenz abzugeben bey Herrn GeheimLegationsrath Goethe zu
Kochberg, den 23sten Oktober 1776. Wollten Sie so freundschaftlich seyn, lieber Aktuarius, Röderern, falls er noch in Straßburg ist, zu sagen, er möchte mir das Paket von Herrn von Kleist, nur mit der Post zuschicken, weil ich sehr ungeduldig darauf bin; die Briefe könnt’ er mir selbst mitbringen. Ich bin in Kochberg bei der liebenswürdigsten und geistreichsten Dame, die ich kenne, mit der ich seit vier, fünf Wochen den englischen Shakspeare lese. Künftige Woche gehts leider schon wieder nach Weimar. Der Herzog hat neulich hier einen sonderbaren Zufall gehabt: er fiel von einem Floß im Schloßgraben ins Wasser, ich sprang nach und hatte das Glück ihn, ohne Schaden, heraus zu ziehen. Herder ist mit ihm hier gewesen und find't allgemeinen Beifall. Wer sollte ihm auch den streitig machen können? Er und Wieland sind, wie der Letzte es von Jedem seyn muß, Freunde und werden es noch immer mehr werden. Göthe hab ich nun lang nicht gesehen; er ist so von Geschäften absorbiert in W., daß er den Herzog nicht einmal hat herbegleiten können. Leben Sie wohl und grüßen alle guten Freunde, auch Jungfer Lauth. Lenz. am Rand: Wäre es nicht möglich, daß ich, durch Ihre Vermittlung einige der neuesten Allemanden in Straßburg abgeschrieben herbekommen könnte. Was Sie dafür auslegen, will ich wieder erstatten. Die von Edelmann würde Ihnen hier ein ewiges Denkmal setzen. mit Bleistift: Kennen Sie Kaufmann? Er ist, wie mir die Herzogin Mutter gesagt, durch Weimar gegangen und hat sehr gefallen. Auch ist er im Merkur. Grüßen Sie die deutsche Gesellschaft und melden Sie mir recht viel Neues aus Straßburg und Paris. Ist eine gewisse Exzellenz von Vietinghof durch Straßburg gegangen? Er ist ein Vetter von General bei Baviere. – Vielleicht sehen Sie mich einmal in herzoglich sächsischer Uniform wieder. Doch das unter uns. Melden Sie mir doch ob Herr Fries, mit dem ich nach Italien wollte, noch in Straßburg ist und grüßen ihn, wenn Sie ihn sehen. Sollte Röderer etwa gar das benannte Paket von Herrn von Kleist noch nicht erhalten haben, so seyen Sie doch so gütig und begrüßen ihn selbst darum. Er weiß schon wovon die Rede ist. Und versichern ihm von mir viele Empfehlungen. Da meine Muse ein für allemal an Geburts- und Namenstägen hartnäckig stumm ist, so habe Ew. Durchlaucht Geburtsfest wenigstens durch Darstellung des Felsen, vor dem Sie bey Ihrem Aufenthalt in Kochberg selbst bewunderungsvoll gestanden, zu feyern versucht. Sollte diese Sysiphusarbeit auch nur so weit gelungen seyn, daß sie Ew. Durchl. die Vorstellung des Felsen in der Natur, erleichterte, so wäre sie mir unendlich theuer, wenn ich auch nicht rechne, daß sie mich einige glückliche Tage im Anschauen der unerreichbaren Originalitäten der Natur hat zubringen lassen. Wenn ich diesen Namen von einem wahren Tempel brauchen darf, in dessen Schatten man ohne heiligen Schauer nicht stehen kann. Lieber Engel, da hast Du die Offenbarung Seb. Merciers – Deinem Vater – ach! lieber Lenz! Mein Gedächtnis! Meine ewigen Zerstreuungen! – Ich hab ihm nicht geschrieben – Es kam mir ganz aus dem Sinne – Schreib Du ihm etliche Zeilen und schick sie mir, mit seiner Addresse: ich will ein Brieflein von meiner Hand dazulegen, und so wirds am besten seyn. Herder ist ein Mann Gottes! Kaufmann ist ein edler, großer, guter Mensch. Er hat das Ding im Merkur das wir ihm zuschrieben, nicht gemacht, hat auch keinen Antheil dran. Meine Frau, ich selbst und alle unsre Kinder bevollmächtigen Dich, Lieber, unsrer liebsten Frau von Stein das Schönste was Du sagen kannst, in unserm Nahmen zu sagen. Wir lieben sie allesammt von Grund der Seele – auch wenn sie uns keine Biskuits geschickt hätte. Doch ist natürlich, daß die Biskuits nichts dran verderben. Dein Brief an Bode soll bestellt werden. Komm doch bald wieder, und bleibe bei uns! Denn es will Abend werden – Laß uns des Lebens genießen so lang es uns gegönnt ist. Ade. W. Ich weiß nicht wieviel Merkure Dir fehlen – komm und hole sie selbst – und den Brief Deiner französischen Dame, die soviel Lerms um Nichts macht. Verzeih mir lieber Herder, daß ich Deiner Frau eine Unschicklichkeit zumuthete. Bey uns magistris artium sind Kopf und Hand nicht immer beysammen. Es war mir wahre Belohnung daß der alte Vater Gevatter Bruder und Schwester Joseph Maria Herzens Wieland meinen Pietisten nicht unter die Bank geworfen. Denn er freute mich als ich ihn schrieb. Darf ich zum voraus anfragen lieber Episkopus, ob Du einem maitre de langues ein Paar Englische Bücher leyhen kannst, etwa auch eine Grammatik etc. Die Herzoginnen wollen den Winter Englisch lernen Empfiel mich Deiner Frau und Kleinen nebst Schwägerlein. L.
Herrn Herrn Generalsuperintendenten Herder in dessen Behausung.
Zwey Stücke Herr bitt ich von Dir In dem Merkur ein Ehrendenkmal für
    Luthern.
Beantwortung folgender Preißfrage „Wie weit der Zweiffel gehen dürfe bey Untersuchung der Wahrheit und was eigentlich Moralische Gewißheit sey. Das heißt die Grenzen des Verstandes und des Herzens zu ziehen und zu bestimmen, welche von beyden in
    Collisionen
am meisten gehört werden müssen, das heißt ob eine Evidenz imn Verstande durch
    das Gefühl allein
hervorgebracht werden könne – müsse? – Der Preiß wird das ganze Publikum seyn. Lenz vertikal:
An Herdern!
Mein allerbester alter Freund. Tausendmal dank ich dir für deinen Brief, oder will dir vielmehr danken, dann wie neu geschenket bist Du meiner alten Liebe und da magst du besser ahnden was mein Dank sey als Dirs meine Feder sagt. Meine Studien gehn hier besser als je in St. und ich finde hier mehr als ich vermuthete. Es sind Professoren hier die ich herzlich lieben muß, auch außer Ihnen ist der Kopf nicht allein der sich hier weyden kann Von altem schweige, liebstes großes Herz! um was ich dich bitte ist Glaube an meine starke unvermögende Liebe. Wenn ich weiter nicht gehen kann, so komm ich doch nach Weimar, sollt ich auch zu Fuß gehen und mit Brod und Wasser mich nähren. Ich muß Luthers Bruder predigen hören, und die Männer sehen die mein Herz ehret, und dich umarmen zum lezten mal und dann will ich gern nach St. zurück und an den Pflug. Lang kann ich ohn das zu W. nicht weilen. Soll ich dir sagen daß ich den Pack von Pirk nicht bekommen konnte, ob ich gleich viermal zu ihm gieng, ohn’ ihn anzutreffen, und allemal zur Zeit wo man mich kommen hieß. Ich will aber nach Straßb. schreiben daß du sie bekommen sollst, nur sag mir: was eigentlich? Deine Briefe hab ich alle zu Hauß in einen meiner Sécrétair Schränke gelegt und die Thüre davor versiegelt. Ich werd sie dir aber alle schicken wenn ich wieder zu Hauß bin. Das Gräfliche Hauß von Stollberg unterhält hier eine Anzahl Pursche die Freitisch haben und der König auch. Könntest du wohl durch deine Vermittelung bey Erstern oder etwa bey Hr. Leibarzt Zimmermann mir zu einem Platz verhelfen? ich würde dadurch in Stand gesezt meinen mir sehr nützlichen Aufenthalt hier zu verlängern. Deinen Petrarch hab ich hier du sollst ihn haben so bald du willst. Ich verbleibe ewig dein Treuer zärtlicher Röderer P. S. Kaufmann ist alles Lobs werth und mein inniggeliebter! Willstu Maler Müllers Schattenriß, ich hab herrliche Tage mit Ihm zu M. gehabt. O der Antiquiensaal!! Zu Frankfurt hab ich die Ehre gehabt die Frau Rath Goethe aufzuwarten! zu bewundern. Wagner ist verheyrathet.
Herrn Herrn Lenz abzugeben bey Herrn Geheimen Legations-Rath Goethe zu
    Weimar
you will perhaps wonder dearest lady of at my depart from W without taking my leave from you and repeating my thanks with all the warmth an human heart can bestow of, you would have permitted me to enjoy some months near your presence a manner of living almost unknown before to me enjoy that reason printed into mine heart with everlasting characters. I dare not make any excuses for it, for to say it i fear to i would find no words to that end
    or if i could find some prefer them with a manner
not becoming your delicacy. you will not believe it and yet it is true therefore i undertake to write to you and in English flattering myself your application to that language with the help of all the witchcraft of your charming fancy will impart to my weak expressions all that can render them worthy to be read of you. If there be in words some pleasure as to vent the delights and the cares of the heart, i am certainly much to complain of, not having even the very consolation, if goods me are withdrawn to give words at my feelings, being overwhelmd from a sort of dullness attended by a whole oblivion of all the happiness i have been blessd of. Nothing will remain of it as how much is fit to make the present the more painful by the comparison of the past.
Kalkulationen
I beg a thousand times your pardon, dear Madam! for having leav’d Weym without taking leave from your grace and repeating you the thanks which i can never pay sufficients to all the obliging civilities shown to me at my stay at Kochberg and engrav’d into my heart with everlasting characters. ‘Tis most true i could but once in my life be bless’ d in such an enchanting manner, which if the charm of it had lasted some days longer, would have make forget me all my relations and put me in the most doubtless persuasion, that i was in another world. I feal’d all my faculties hightend by your presence and thought myself a superior being, as i was sure to prove so, near the influences of your genius in all that i did undertake of. Therefore do not wonder at the roughness and infirmity of the very expressions of my letter, having even forgot all my English, by being no more inspired from as gracious a Scolar, of whom the very presence and her application to that tongue did improve me of all that i could teach her and to speak truly, have been much more profitable to me than all my instructions could have proued to her. I intreat you to remember the passage in Master Goethe’s Goetz from Berlichingen that there is something of divinity in the conversation of a Carrictura. I hope you will not need an explanation of this name nothing than your heart the bettest could make it, having so often put into shame Master Theobald’s and Warburtons learning in the explanation of great Shakespeare. I pray you to commend my respects to your most honorable husband and the whole family and flattering myself with some lines answer as you have given me the permission to do so, i am with the most sincere veneration Madam Your most humble and obedient servant Lenz. Berka the third of 9br. 1775. Gedruckter Text: Ich befinde mich abermal in der mir unangenehmen Nothwendigkeit, gegen alle und jede, welche die Gütigkeit hatten, mich mit Zuschriften zu beehhren, mich schlechterdings insolvendo zu erklären. So viel ich mich auch befließ, die eingehenden Briefe sogleich zu beantworten – Hundertmal war’s nicht möglich. Unterdeß haben sich nur im Laufe dieses Jahres die unbeantwortet gebliebenen Briefe dergestalt gehäuft, daß ich gewiß 3. volle Tage brauchte, sie alle nur wieder zu lesen – wie schlechterdings unmöglich in meiner Lage – wo ich kaum eine Stunde mir allein versichern kann, nur diese 3. Tage zu finden, wie vielweniger, Wochen zur Antwort. Also, bitt’ ich alle meine Freunde und Freundinnen, Gönner und Gönnerinnen in der Nähe und Ferne – mich gütigst zu entschuldigen und zu entschlagen. Ich darf und will keiner Seele verbieten an mich zu schreiben; aber alle bitten, ohne Drang des Herzens und des Bedürfnißes nicht zu schreiben, und, (aüsserste Nothfälle ausgenommen,) keine Antwort zu erwarten – und dann auch noch bitten, die Briefe bis Schafhausen oder Basel zu frankiren. Man kann leicht denken, Einer kann nicht so leicht tragen, was 300. bis 400. tragen können. Man kann sich vorstellen, wie sich das Postgeld in einem Jahre häufen, und wie’s mir schwer fallen muß, für so manchen oft äusserst unbedeutenden Brief 30 bis 40 kr. zu bezahlen; oft Pakete mit 1, 2, 3. fl. einzulösen. Man verzeihe; aber ich bin genöthigt, und es ist meine Pflicht – hierüber Maaßregeln zu nehmen, und alle Briefe, die nicht bis Schafhausen oder Basel frankirt sind, uneröffnet zurückzuschicken. Ich weiß, einzele werden drunter leiden. Ich will’s denen zu vergüten trachten. Aber, wer mich liebt, und sich in meine Lage denkt, der wird die Sache äusserst billig finden. Zürich, den 7ten Novembr. 1776. Mein lieber Lenz, mit einem Schwall unzähliger Briefe flog ich vor ein paar Tagen auf Baden u: las auch alle Deine wied. durch. Ach! wie wenig hab ich Dir geantwortet u. Zeit zu antworten … Könntest Du nicht zu uns kommen? wenig könntest Du mich, wenig könnt ich Dich genießen. Doch mehr wie so. Vielleicht hättst Du Quartier bei Statth. Kaufm. in Winterthur. Vielleicht hättst Du Ruhe u: Genuß. viel kann ich Dir nicht versprechen. Ich versprech überall nichts mehr. Geld hab ich keins. Ich bin arm in einem schönen reichen Hause – wo Du etwa auch Tage u: Nächte ruhen u: mir helfen kannst. Du kämst über Emmendingen. Wir alle haben Augenblicke zu wägen – doch Freundesanblick trägt uns. Komm u. siehe. So antwort ich auf alle Deine Briefe. Adieu. Den 13. Nov. 76 am Krankenbette meines Weibchens. L.
    an Lenzn.
Oserois je enfin Madame accompagner l’incluse du Sieur Wieland de quelques lignes seulement pour vous temoigner l’excès de joie et de satisfaction que j’ai du ressentir en Vous voyant assez de confiance en moi de me faire le porteur de la lettre que Vous aviez la bonté de lui envoyer. Jamais je ne vis un homme etonné comme il le fut de ce que Vous aviez voulu faire tant de cas d’un rien come il s’exprimoit et il vous prie d’agreer la continuation de ce petit poëme que votre approbation que reellement sa modestie l’a jusqu’ici empeché d’en sentir tout le prix lui rend d’autant plus cher a lui même. En vain j’ai l’assurer que j’etois en cela parfaitement de Votre avis et que je le prenois tout de bon pour son chef d’oeuvre, il s’obstina d’autant plus toujours que ce n’etait qu’indulgence de votre part qui Vous en fit juger si preferablement. Je pense que le meilleur moyen de le tirer de son aimable erreur sera de vouloir bien me permettre que je continuasse de Vous envoyer tous les suites du Mercure; en même temps et quoiqu’ il m’ait defendu de Vous dire qu’ils viennent de lui afin que Vous ne les critiquiez plus trop favorablement, je ne saurois Vous le deguiser, mais je Vous supplie en meme tems au grace de vouloir bien m’instruire par complaisance avec le moins de circonspection possible sans la moindre circonspection et sans aucun egard pour lui vous fiant tout a ma discretion, de tout ce que peut-etre Vous pourriez trouver a desirer en quelques endroits de son poëme, je ne manquerai pas de lui donner la dessus des avis dont il profitera. Pardonnez Madame cet enthousiasme pour mon ami et pour cet art ou de jour en jour il fait de nouveaux progres, quoique on auroit cru qu’il en avoit deja atteint le sommet plus haut degré de perfection. Plut a Dieu que dans le siecle ou nous sommes Vous ne voudriez pas etre inexorable d’accorder a l’Enthousiaste le plus desinteressé et le plus circonspect le bonheur de Vous admirer autant dans Vos lettres qu’il a fait jusqu’ici dans une Silhouette quoique mal copiée cependant suffisante a rapeller a son imagination les momens adorables ou il a joui du bonheur de Vous voir et de Vous entendre Mr. Lav. m’a depuis ce tems envoyé une autre de sa physiognomie, dont je ne suis pas non plus satisfait. Et quel artiste pourroit rendre ces traits qui a la verité ne sont que pour la pensée. J’ose esperer que Vous ne voudriez pas Vous facher de la delicatesse de mon ami W. que je viens de trahir en le decouvrant, ayez la grace de ne pas me rendre la pareille et d’agreer ce que je viens proposer de sa part desus Wenn Ihr nichts Beßers habt, und einmal Euer üppiges Fleisch kreuzigen wollt, liebes Brüderlein, so kömmt heute auf den Mittag und eßt eine Suppe mit mir. Vielleicht kömmt Göthe auch. Hier haben Sie ein neues Stück von mir. Ich verlange fünf neue Louisd’or. Bitte um geschwinden aber korreckten Druck und gut Pappier. Es wäre mir sehr dran gelegen wenn Sie mir die Zeit bestimmen könnten wenn ich das erste Explar erwarten darf. Sollte Ihnen zu diesen Bedingungen das Stück zu theuer seyn so bitte mir das Manuscript ohne es weiter sehen zu lassen baldigst zurück. Ich bin mit vieler Achtung Dero ergebenster Lenz. Weymar d. Empfangsnotiz Reichs: 1776 23 9bre Weymar Lenz. Verzeyhen Sie meine wertheste Mademoiselle! daß ich so lange angestanden Ihnen schriftlich zu sagen mit welchem Vergnügen ich mich auch hier bey Hofe noch der angenehmen Stunden erinnere, die ich in Ihrem Hause zugebracht. Die beständigen Zerstreuungen in denen ich bisher gelebt und die Ungewißheit, ob ich hier bleiben oder mich auf den Weg nach Strasb. zurückmachen würde, haben mich bisher abgehalten es zu thun. Da aber gegenwärtig sich meine Aussichten verändert haben und die Gnade des Fürsten und des ganzen Hofes, für die ich der Fürsehung Gottes Dank schuldig bin, mir allzuschmeichelhafte Fesseln anleget, so habe wenigstens schriftlich Ihnen für alle mir in Ihrem Hause erzeigte Freundschaft und Höflichkeit danken und Ihnen zugleich versichern wollen daß der kleine Rest den Ihnen noch für das letzte halbe oder ganze Jahr zu entrichten habe, sobald ich mit meiner Einrichtung ein wenig in Ordnung bin, ein sehr gut bey mir angelegtes Capital seyn soll. Haben Sie die Gefälligkeit für mich, mich Dero schätzbarsten Herrn Bruder und Demois. Schwester, sowie der ganzen Tischgesellschaft auf das verbindlichste zu empfehlen und seyn versichert, daß ich jede Gelegenheit aufs begierigste ergreifen werde Ihnen mit der Tat zu beweisen mit wie vieler Hochachtung und Ergebenheit ich sey Dero ganz verbundenster Diener Lenz. Weymar d. 23ten Novbr. 1776.
Herrn
    Reich
Ich habe mich vergriffen werthester Herr als ich unter andern Geschäften und Zerstreuungen unter meinen Pappieren etwas für Sie suchte. Es war nicht der Engländer, eine unvollendete Skizze, sondern gegenwärtiges Manuscript das ich für Sie bestimmt hatte. Sollte es Ihnen zu dem Preise nicht gefallen, so lege hier noch ein anderes bey: sollten aber beyde Ihnen kein Aequivalent scheinen, so bitte es mir zu melden und der Zurücksendung Ihrer Remesse versichert zu seyn. Vor der Hand bitte also noch mit dem Druck inne zu halten Ihr ergebenster Lenz. Berka d. 23sten 9br. 1776.
Hier schick ich ihnen etwas Aepfel Herr Lenz aus unserm Garten. sie sind eben nicht gar gut, probieren sie sie. Auch ein Brief kommt anbei. Am Donnerstag wurden Erw. u. Elmire und die Geschwister aufgeführt, es wäre mir unendlich leid wenn Sies nicht sollten gewußt haben und ich also Schuld dran wäre weil ichs Ihnen nicht am Mitwoch nicht sagen ließ. Ich habe, Fabricens Rolle ausgenommen die sehr elend war, nochnichts so Liebes gesehen. Das Maidel ich hätte sie nun auffreßen können. Sie war eben ganz Marianne und der Hr. Geh. Leg. Rath ganz Wilhelm. Ich kanns ihnen nicht sagen was es auch vor einen Eindruck auf alle Leute machte. Leben Sie recht wohl. Hr. Lenz. Das andere besorge ich richtig. Ich habe Ihren Brief und Nachricht einer Dame vom Hofe gegeben die ihn einer treflichen Dame von ihrer Bekanntschaft die eben mit ihrem Sohne zwischen Dessau und Salis unschlüssig war, zugeschickt hat. Verzeyhen Sie, daß ich in diesem Stück Ihre freundschaftliche Ordre überschritten, es war mein Herz das mir dazu rieth und dieses sündigt nie. Ich bin der Jahreszeit ungeachtet noch immer auf dem Lande weil man mich in W. nicht brauchen kann. Neulich glaubte sich ein Franzose der sich
    einen Zögling des grossen
    Voltaire
sagte, seiner Sache schon gewiß, als er mit einem großen Empfehlungsschreiben vom Prinzen aus Berlin, einem Verwandten unsers Hauses, worin derselbe den Geh. Legationsrath Goethe den deutschen Shakesp. und den teutschen Voltäre nannte und gegenwärtigen Fremden wegen seiner guten Sitten und Talente und Verse empfahl, sich meinem Freunde Goethe vorstellen ließ; weil unsere Einrichtungen aber nicht für Fremde sind, mußte der Zögling des grossen Voltaire mit Schimpf und Schande abziehn. Ich bitte diese Geschichte bekannt zu machen. Meine wärmste Empfehlung Ihrem Freunde Lerse dessen wir uns mit Goethe oft erinnert haben. Wie soll ich Ihnen meinen Dank ausdrücken für die gefällige Beantwortung meiner fürwitzigen Fragen? Ich weiß nicht welchen Antheil ich an Frankreich nehme, dem ich doch keine Verbindlichkeiten habe und ganz gewiß auch keine haben werde. Es gehört aber wie besagt auch dieses unter die Rätzel meines Herzens die ich mir selbst weder auflösen kann noch mag. Ich wollte Ihnen ein Exemplar
    der beyden Alten und andrer kleiner Aufsätze
beylegen, wenn es sich der Mühe verlohnte. Ich erwähne dessen nur, weil die Vorlesungen in unsrer Teutschen Gesellschaft die ich Ihnen im Manuscript zugeschickt, darin abgedruckt worden. Sie ist gegenwärtig mit einer Oekonomischen Gesellschaft im Hause des Hn. V. Türkheim verbunden, nicht vereinigt worden. Eine ähnliche Gesellschaft unter Ihrer Aufsicht würde Colmar und Ihnen Ehre und die Hochachtung der Teutschen erwerben, bey denen der Nationalgeist rege wird. Ihr aufrichtigster Freund u. Verehrer Lenz
Herrn Herrn Hofrath Pfeffel zu
    Colmar.
De Mr. Lenz. San date acc: le 4 Xbr. 1776.
Schriebs den 26 Nov. 76. Göttingen. Lieber Liebster mein Einziger! ich hab hier Deinen 2t Brief vor mir und Du sollst meine Antwort auf den ersten schon lang haben die ich durch Hr. Legations Rath an Dich adressirt habe. Hier unten Abschrift davon. Mich drückt nichts als was Dich drückt und daß ich nicht helfen kann. Gott spreche Seegen über Dich! Der Instruktionen wegen will ich mit morgender Post nach Strasburg schreiben. Ob ich Lessens Bekanntschaft gesucht habe? nicht gesucht und hab sie mehr als jede andre hier, ich suche hier keine kann aber durch Dr. Leß und wann Du Dich näher erklärst durch seine Frau die meine Landsmännin ist viel erfahren, aber ich sage nur was Du fragst. Durch sie komm ich in die besten Gesellschaften. Ich weiß Boje’s Adresse nicht, weiß ihm auch nichts weder von Dir noch mir zu schicken. Gib mir nähere Nachricht ob ich Deinen lieben Bruder vielleicht hier sehn werde. Ein trefflicher junger Mann Prof. Koppe der in Mitau stund u. dort eine Landsmännin von Dir eine sehr liebenswürdige Person geheyrathet hat, liest hier über die Apostelgeschicht und Briefe. Er kennt Dich von Leipzig her da Du mit den Baronen warst, weis aber durch mich nichts weiter von Dir. Soll ich ihn grüßen? Bürgers Meisterübersetzung kenn ich aus dem Musäum und werde sie so bald sie zu haben ist kaufen, hier Iab ich mich ander Odyssee u. lebe in der Urkunde die ich mitnahm und hier erst recht lese, hätten wir sie
    ganz vor
der Ausgabe der Meynungen gelesen! Mit Deiner Abendmahlschrift werd ich sobald möglich viel sagen das ich auf der Leber habe nur wünscht ich mir mehr Feuer, Aktivität, Energie. Walch ist mir hier der größte Mann bey dem ich
    viel viel
lerne, der liebenswürdigste Menschenfreund voll Bonhomie mit ewigem Sonnenschein im Herzen, unaussprechlich thätig, heiter wo seine Bemerkungen haben durchdringenden Scharfsinn.
    Nun die Abschrifft.
Abschrift des Briefes von Röderer vom Anfang November 1776: Tausendmal dank ich dir für deinen Brief mein allerbester alter Freund, oder will dir vielmehr danken, dann wie neu geschenket bist Du meiner alten Liebe und da magst du besser ahnden was mein Dank sey als Dirs meine Feder sagt. Meine Studien gehn hier besser als je in St. und ich finde hier mehr als ich vermuthete. Es sind Professoren hier die ich herzlich lieben muß auch außer Ihnen ist der Kopf nicht allein der sich hier weyden kann Von altem schweige, liebstes großes Herz! um was ich dich bitte ist Glaube an meine starke unvermögende Liebe. Wenn ich weiter nicht gehen kann, so komm ich doch nach Weimar, sollt ich auch zu Fuß gehen und mit Brod und Wasser mich nähren. Ich muß Luthers Bruder predigen hören, und die Männer sehen die mein Herz ehret, und dich umarmen zum lezten mal und dann will ich gern nach St. zurück und an den Pflug. Lang kann ich ohn das zu W. nicht weilen. Soll ich dir sagen daß ich den Pack von Pirk nicht bekommen konnte, ob ich gleich viermal zu ihm gieng, ohn’ ihn anzutreffen, und allemal zur Zeit wo man mich kommen hieß. Ich will aber nach Straßb. schreiben daß du sie bekommen sollst, nur sag mir: was eigentlich? Deine Briefe hab ich alle zu Hauß in einen meiner Sécrétair Schränke gelegt und die Thüre davor versiegelt. Ich werd sie dir aber alle schicken wenn ich wieder zu Hauß bin. Das Gräfliche Hauß von Stollberg unterhält hier eine Anzahl Pursche die Freitisch haben und der König auch. Könntest du wohl durch deine Vermittelung bey Erstern oder etwa bey Hr. Leibarzt Zimmermann mir zu einem Platz verhelfen? ich würde dadurch in Stand gesezt meinen mir sehr nützlichen Aufenthalt hier zu verlängern. Deinen Petrarch hab ich hier du sollst ihn haben so bald du willst. Ich verbleibe ewig dein Treuer zärtlicher Röderer P. S. Kaufmann ist alles Lobs werth und mein inniggeliebter! Willstu Maler Müllers Schattenriß, ich hab herrliche Tage mit Ihm zu M. gehabt . O der Antiquiensaal!! Zu Frankfurt hab ich die Ehre gehabt die Frau Rath Goethegesehen. Wagner ist verheyrathet. daselbst u. Advocat,
    von Schloßer sehr geliebt, war mit zu Emmendingen.
Es freut mich bester Herder! daß ich eine Gelegenheit finde Abschied von Dir zu nehmen. Freilich traurig genug, kaum gesehen und gesprochen, ausgestoßen aus dem Himmel als ein Landläuffer, Rebell, Pasquillant. Und doch waren zwo Stellen in diesem Pasquill die Goethe sehr gefallen haben würden, darum schickt ichs Dir. Wie lange werdt Ihr noch an Form und Namen hängen Ich gehe sobald man mich fort
    winkt,
in den Tod aber nicht, sobald man mich herausdrücken will. Hätt’ ich nur Goethens Winke eher
    verstanden.
Sag ihm das. Wie soll ich Dir danken für Deine Vorsprache beym Herzog. Er wird mein Herr immer bleiben, wo ich auch sey, ohne Ordres und Ukasen. Wollte Gott ein Schatten von mir bliebe in seinem Gedächtniß, wie Er und sein ganzes leutseeliges Wesen nimmer aus dem meinigen verschwinden wird. Ich weiß diese Versicherung ist ihm lieber als ein Danksagungsschreiben. Wolltest Du ihn mündlich bitten, mir huldreichst zu verzeihen, daß ich seine Bücher solange gehabt und gebraucht und daß ich die Dreistigkeit habe ihn untertänigst nur urp. einen Aufschub von einem Tage zu bitten – ich will gleich eine Supplique beylegen – um in dem einem aus dem Archiv die grossen Züge seines eigenen Karackters in denen seines grossen Ahnherrn Bernhard zu Ende studiren zu können. Schick doch diesen Brief sogleich ihm hin, ich flehe, der vorige hat
    Effeckt gethan,
wofür ich tausendmal danke. Er wird mir diese letzte Gnade nicht abschlagen, wenn ihm Goethe für die Reinheit meiner Absichten Bürge ist. Und der wird es seyn, so sehr ich ihn beleidigt habe. Ich dachte nicht daß es so plötzlich aus seyn sollte und hatte mir meine süssesten Arbeiten aufgespahrt. Diese Gelegenheit ist hernach aufimmer für mich verloren.
    Nur ein einziger Tag –
Umarme und seegne Deine Gattin; Seyd unbegrenzt glücklich – vergeßt mich. Lebt wohl! Von dem versiegelten Zettel an Goethen sag niemand. Nochmals – Lebt wohl! Könnt ich an eurem Halse liegen. Der redliche Kalb! wie treflich u. edel! Evtl. dazugehöriger Briefumschlag, in dem das erwähnte Pasquill enthalten gewesen sein könnte, GSA 44/69, Bl. 25: Meinem ehrwürdigsten Freunde Herder dieses einzigexistirende Manuskript zu seiner willkührlichen Disposition. Von einem armen Reisenden der sonst nichts zu geben hat.
Votre Altesse dans sa derniere a parú vouloir m’exiler de Weymar pour un plus long tems encore. J’ ai obei. Je la remercie de la lettre dont Elle a daignée m’adoucir cette peine. J’y vois des lueurs d’esperance qu’Elle ne quittera pas un projet dont l’ execution fera le plus sensible charme de ma vie. Non obstant les doutes que Mr. de Ein- siedel m’ ait exites sur ce sujet; en regardant l’ adorable Ich danke Ihnen mein verehrungswürdiger Freund und Gönner für die unangenehme Bemühung die Sie meinethalben übernommen und versichere daß mir eine Ordre wie die auch wenn ich sie verdienet durch die Hand die sie mir überbrachte, versüßt worden wäre. Da ich aber nach meiner Ueberzeugung erst gehört werden müßte, ehe man mich verdammte und meine Ehre die mir lieber als tausend Leben ist, mich durch Annehmung dessen was Sie mir von unbekannter Hand hinzugelegt eines mir unbewußten Verbrechens schuldig zu bekennen, nimmermehr erlauben wird, so verzeyhen Sie daß ich diese beygefügte Gnade nicht annehmen sondern um Gerechtigkeit bitten darf. Es ist nicht seit heute, daß am linken oberen Rand eine Kalkulation, spiegelverkehrt Eh S Au Abgeh Um G Und Ge Mit dies Hier ein kleines Pasquill das ich Goethen zuzustellen bitte, mit der Bitte, es von Anfang – bis zu Ende zu lesen. Ich habe Dir nichts zu sagen, als daß Kaufmann vorigen Posttag an mich geschrieben, wie er sehr wünschte, Dich nach der Schweiz mitnehmen zu können. Nach Dessau aber sollt Du beileib nicht kommen, sondern irgendwo in der Nachbarschaft hier, (etwa in Erfurt), seine Ankunft erfahren erwarten. Er ist auf dem Wege oder kommt bald. Hüt Dich aber, daß Du nicht nach Dessau gehst. Da (in Erfurt) sehe ich Dich vielleicht mit Kaufm. wieder. Sudle und laure aber nicht, sondern geh. Jetzt ist an Bernhard zu denken. H. Zeichnung von Bäumen und einer Weggabelung Lieber Herr Lenz ich habe weiter nichts zu erinnern als den Degen. Besinnen Sie sich doch es wär doch dumm wenns damit gehen sollte wie mit denen Coloschen. Und dann hat letzhin der Hr. Geh. Leg Rath nach der Laube gefragt ich weis nicht warum, wollts Ihnen aber doch sagen. Am vergangenen Donnerstag sind die Mitschuldigen gespielt worden. Die Rollen waren so ausgetheilt:
    Alzest.
Hr. G.L.R.
    Söller.
Bertuch
    Wirth
Musäus.
    Sophie.
Neuhaus.
    Keller.
Kozebue. Es soll wieder auserordentlich schön gewesen seyn. geh. Diener Seidel. D. 30ten Nov. 1776.
Lavater! mein Herz zerspringt mir wenn ich mir einbilde, daß meine Weigerung zu Dir zu kommen, von Dir mißverstanden werden könnte. Wenn auch die heiligste Zerstreuung nicht immer Zerstreuung wäre, so bald man auf ein Ziel zugeht; so kannst Du Dir vorstellen wo mich mein Herz wohl zuerst hinführen würde, wenn es allein zu wählen hätte. Keine Alpen und kein Eis sollten mich schröcken an Deinen Busen zu fallen Gottesmann und ein Grönland zwischen uns würde aufhören kalt zu seyn, sobald ichs zu Fuß in der Hofnung durchliefe am Ende der Wallfahrth Dich zu finden. Ich wünschte Du schriebst keine Physiognomick, Du wärest ein unbekannter vergeßner vereinzelter Mann und ich dürfte mit einer ganzen Welt durch Wüsten zu Dir eilen und ausrufen Hier! – So aber legt meine Einzelheit kein Gewicht in Deine Schaale und unser stilles Vergnügen, so geschmückt es brautgleich mir entgegentritt ist noch zu rein für ein Auge das – Dich wie Du bist – jetzt nicht ertragen, jetzt entheiligen würde. Für ein Auge das Gegenstände sich ganz zugeeignet haben, die von Dir und Deinem Wirkungskreise so verschieden als der Himmel von der Erde sind. Lebe wohl und zürne nicht – und liebe mich dennoch – und laß Deinen Seegen mich verfolgen. Aus dem nächsten Ort wo ich
    stehe
schreib ich Dir und harre auf Deine Antwort Lavater! wie ein Liebhaber! nicht wie der herumirrende Lenz
rzlichen Dank sag ich dir Liebster für deinen Dukat, er gefällt und dann ist er von Dir! Liebes Denkmal mir Mönchlein, und in mich daß du mich mißverstundst, mich in Mangel glaubtest und mir , vielleicht nicht von des reichen Mannes Tisch zu werfen wolltest, ster Freund, mein Bester den ich je hatte und haben werde, mich er nie noch das mindeste so daß es gedrückt heisse. Hast mich auch s Freytisches mißverstanden, ich käme in gar keine Relation rscher dann ich könnte mir’s Essen immer auf meine Stube bringen keiner an, hätte auch derwegen niemand hier die geringste d da ich nur bis Ostern bleibe so laß es wann du bisher schritt gethan hast, ist’s aber , so nehm ichs mit Dank an, und r aus Strasburg kann continuiren und hieher kommen, gehe. Ich kann die Pursche hier nicht gar wohl dulden und weder an mir noch ich an ihnen was finden konnten, waren gs, á charge. Sie schreyen immer ανтos εpa und – hab keiner Seel von dir weder geschrieben noch gesagt, als einen Gruß an die Gesellschaft, und wann du willst eine Abschrift deiner Epistel. Die hab ich auch Boje geschickt mit ein paar Zeilen von mir, vielleicht antwortet Er. # Dem kernhaften Müller werd ich erst noch schreiben, ich warte auf Antwort von Ihm. Aber sein Doktor wird sobald nicht gedruckt er arbeitet noch dran. Schade daß zwei Strasb. Theologen fast immer um uns waren, die schwer verdauen. Einen gräßlich schönen Hexenauftritt hat er mir draus gelesen. Schreib mir doch liebster Freund Nachricht von deinem Schicksal und setze mich außer Sorgen wenigstens aus der Unruh meiner Ungewißheit ich will ja weiters nichts wissen. Lebe wohl ich liebe dich. Hier hastu einen andern D. ich bat dich ja zu vergessen, bitte dich aber nie zu vergessen daß meinem Herzen nie wohler ist als wenn ich an dich denke als Freund, nur sey glücklich und sorgenfrei. Dein stäter Alter Röderer Deiner meisterhaften Epistel bin ich zu gering ein Compliment zu zu machen, gefallen aber hat sie mir ungemein. Röderer Göttingen d 9. Decemb 1776. # Vom 13 huius hab ich Antwort, Er dankt dir und schon ist deine Epistel zu Leipzig , wo er sie wie meine Demosth. Rede eingerückt im December zu sehen hofft. Ich mußte vor 8 Tagen diesen Brief wieder zurücknehmen, weil er nur mit fahrender Post geht und erst heute d . 15 dieselbe von hie abging. Lebe wohl mein Allerbester. P.S. Hr . Boje bietet mir seine Gefälligkeiten an, und sobald ich ihm wieder schreibe werd ich um den Freitisch für mich oder meinen Bruder ansuchen. Gieb mir nur auch bald Nachricht von dir mein allertheuerster liebster Freund.
An Herrn rn
    Lenz
abzugeben bey Herrn Hofrath Wieland
    zu Weimar
mit 1 Ducaten
Lieber Hafner! wenn Du oder Herr Otto unter Euren Pappieren etwas habt, dessen Bekanntmachung ihr wünschtet (vorausgesetzt daß es eurem eigenen höchsten Ideal von dem entspricht, was über die Sache gesagt werden könne so dürft Ihrs nur mit einem Briefe gerade an Wieland begleiten (Herrn Hofrath Wieland zu Weymar) er macht sich eine Freude daraus alles zu
    befördern
was im Elsaß Aufmerksamkeit verdient. Euer Zutrauen zu ihm kann unbegrenzt seyn, trauet dieses einem zu, der ihn gesehen, und nicht aus litterarischpolitischen Absichten sein Freund worden ist. Eine Kleinigkeit um die ich Euch aber bitten will insofern ich Euch nach unserer alten Freundschaft und als geborne Teutsche ansehe. Diese wäre, aus Gefälligkeit gegen Wieland den Namen unsers Vaterlandes künftig hin nicht mit einem weichen D. sondern mit einem harten T zu schreiben. Ich habe seine Gründe drüber gehört und mich aus eigner Willkühr entschlossen dem alten Schulmeister Gottsched zum Trotz und einem Mann wie Wieland zu Liebe mein Vaterland nicht mehr zu beschimpfen wenn ich es von Deut einem Niedersächsischen Wort das „eine Nichtswürdigkeit“ bedeutet herleite, da unser Stifter Teut hieß und die älteste Schreibart diese kleine aber liebenswürdige Grille Wielands rechtfertigt. Wenn jemand Recht hat, Brüder! wer wollte einen Augenblick anstehen ihm Recht zu geben. Solltet Ihr sonst jemand wissen, der nicht aus Eigennutz, sondern aus inniger Liebe zur lautersten Ehre, aus Begierde den Edelsten unsers Vaterlandes auf eine edle Art bekannt zu werden, etwas das dem Elsaß Ehre machte, in den Merkur wollte rücken lassen, der es auf die geschwindeste und einzig mögliche Art an unsern Höfen und in unsern besten Gesellschaften bekannt macht, so werdt Ihr mir einen Gefallen thun, mir Nachrichten von ihm zu geben, damit ich meine Einladung an ihn selber wenden könne. Adressirt die Briefe nur: an Herrn Hofrath Schlosser, in Emmedingen, abzugeben an Herrn Lenz. Sehr gut wäre es wenn Ihr zu allem was Ihr einschicktet, hinzusetztet:
    aus dem Elsaß,
es mögte mit Eurem Namen oder mit andern Buchstaben unterzeichnet sein. Ramond wird vermuthlich schon vom Herrn Aktuarius erfahren haben, daß Ihre Durchl. die Herzoginn Mutter sein Drama, nachdem sie mich darum gefragt, behalten haben. Ganze
    grosse
Dramen würde Wiel. schwerlich in den Merkur rücken können, wohl aber kleine. Ueberhaupt bitte ich, Euch kurz zu fassen.
Wenn Du zu Herrn von Türkheim gehst so mach ihm von mir viele der schönsten Empfehlungen, nicht bloß wie sie seine persönlichen Liebenswürdigkeiten, sondern hauptsächlich seine patriotische Wärme für seine Vaterstadt verdienen. Melde mir welch einen Gang der Bürgerfreund und die Teutsche und Französische Gesellschaft in seinem Hause nehmen. Herrn Blessig empfiehl mich gleichfalls und schreib mir von seinen Neuigkeiten. Ein Gleiches bitte den Herren Ramond u. Matthieu zu thun wovon ich dem erstem Glück wünschen lasse, falls er schon abgestiegen ist von seinem
    hölzernen
Pferde. Vermuthlich wirst Du bald hinauf steigen und dann einen glücklichen Ritt. E. den 13ten. L. Es steht bei Euch, Eure Namen zu Euren Ausarbeitungen herzugeben, oder vorher zu versuchen welch ein Glück sie bei Kennern machen. Der Himmel walte über Euch und regiere Euch.
Herrn Herrn
    Hafner
Candidaten der Theologie zu Strasburg gegenüber der neuen Kirche
Strasburg d. 20. Dezbr. 1776. Ihr Brief kam zuspäth lieber guter Lenz um weder Röderer noch Hrn. v. Kleist anzutreffen, der erste ist längst zu Göttingen und der lezte in Paris nachdem sein Regiment von hier nach Bitsch verlegt worden. Hier haben Sie zum Neujahrs Geschenk die neuesten Allemanden, welche Hr. Stork hat auftreiben können. von Edelmann habe ich durch Hafner der sich Ihnen empfiehlt nur die auf dem besondern Blatt bekommen. Ich wolte Ich könnte selbst bei Ihnen seyn und dies geschenk Ihrer Durchl. zum Zeichen meiner Hochachtung übergeben. Es ist mir aber doch lieb daß ich etwas zur Vermehrung Ihrer künftigen Carnevals-Lustbarkeit beitragen kann. Zu dem glücklichen Dienst den Sie dem guten Herzog geleistet haben gratulire ich Ihnen und bin gewis dass Sie von dem Hof nicht, wenigstens nicht mit leerer Hand wegkommen werden. Sie geben mir selbst einen Wink der mir ziemlich einleuchtet. Unter welcher Gestalt ich Sie aber wieder zu sehen kriege so wird Ihre gegenwart meinem Herzen Balsam seyn. Jgfr. Lauth die Sich Ihnen empfehlen bitten Sie, falls Ihre Rückkunft noch lange verschoben werden sollte, ihnen doch was schrifftliches zu schicken über das was Sie ihnen schuldig sind, es ist sagen sie für leben und todt. Hrn. Kaufmann kenne ich nur aus Reputation. Hr. von Vietinghof ist schon lange hier durch und hat seinen Sohn mitgenommen – Hr. Flies ist, weilen sein Vater todt krank worden schon lange nach Haus gereist. Die Gesellschaft bestehet noch auf gutem Fuss jetzo sind die Versammlungen bis in den Jenner eingestellt und werden alsdann bei Mag. Blessig welcher indessen Pädagog worden ist im Kloster fortgesetzt werden. Unsere Schweden Ütfal werden zu Ende des Jenners nach Paris gehen und Michaelis wird nächstens von da zurückkommen er ist von den dortigen gelehrten insonderheit D’alembert Diderot und Villoison sehr wohl aufgenommen worden. Der gute Rousseau ist vor ein paar Tagen wie man sagt an seinem unglücklichen Fall gestorben. Der Kaiser Joseph wird gegen den 20. jenner hier erwartet. Was macht mein Freund Goethe, sagen Sie ihm doch auch ein Paar Wörtgen von mir. Er soll mich lieben oder hassen nur nicht vergessen. Empfehlen Sie mich bey gelegenheit Hrn. Herder und Hrn. von Knebel wann er noch da ist. Kayser hat einige kleine pieces von Ihnen lieber Lenz drucken lassen die mir sehr gefallen nur die nachricht von der Societät hätte können draus bleiben weil sie noch nicht Consistenz genug hat um allgemein bekannt zu werden. Hr. Ramond der hier Licentiat wird und Hr. Matthieu Empfehlen sich Ihnen. Die hiesige Philanthropische Gesellschaft hat einen neuen plan gemacht zur bessern einrichtung, noch bin ich nicht dabei, ich habe noch nicht einsehen können, daß im ganzen Vieles dabei heraus kommen sollte. Aber wir wollen sehen. Adieu lieber Lenz! seyen Sie mir gut wie ich es Goethe und Ihnen bin Salzmann Act. an Herdern Lieber Herder! was kann, was darf ich Dir sagen. Es wäre betrübt für mich, wenn Du mein Stillschweigen nicht verstündest. Ich habe Dich gesehen und gesprochen, habe an Deinem Halse gehangen und Dir Lebewohl gesagt. Was bedarfs des Schauspiels Kaufmann ist noch nicht da, zweifle auch ob ich ihn sehen werde. Schick mir wo möglich noch einige Zeilen Stärkung derweil ich in Emmend. bin. Adieu! Grüß Weib und Kind! Adieu Herder! ich mache keine Entschuldigung. In der Christnacht bey Schlossern. Ihr Stillschweigen lieber Freund! zu einer Zeit da ich eben im Begrif stehe abzureisen, setzt mich in keine geringe Verlegenheit. Herr Hofrath Schlosser ist eben mit der Herrschaft in Rastadt, ich bitte also Brief und Geld mit einem Umschlag an den Herrn Posthalter Sander in Emmedingen auf das
    schleunigste
zu adressiren, Sie können ihm dabey schreiben daß Sies darum thäten, weil Sie wüsten daß H. Schlosser nicht zu Hause; und ich werde
    schon Sorge tragen,
daß niemand erfahren soll, wieviel es gewesen. Haben Sie aber Anstand mit dem Manuskript, so schicken Sie mirs eben so schleunig wieder, es sind soviel Hände darnach schon ausgestreckt und verzeyh Ihnen Gott Ihr Zögern. Lenz. Oder Sie könnten auch Brief und Geld an
    Herrn Hofrath Pfeffel in Colma
r adreßiren, wo es gewiß niemand erführe und mir durch ein ander Briefgen Nachricht davon geben. Sie dürften ihm nur schreiben, Sie wären meines jetzigen Aufenthalts nicht gewiß, da ich wirklich neulich noch in Colmar – so wie in Strasburg und Fort Louis gewesen bin
Es scheint Lieber! Du weißt nicht oder willst nicht wissen, wer die Ursache des ganzen Litterarischen Lärmens gegen Dich war. Ich ließ
    Götter Helden und Wieland
drucken und ohne mich hätten sie das Tageslicht nimmer gesehen. Ich hätte Dirs in Weymar gesagt, ich fürchtete aber es würde zu viel auf einmal geben. Einmal aber muß es vom Herzen ab und so leb wohl! Lenz. Hier eine kleine Romanze von Pfeffeln aus Colmar, die du wohlthun würdest deinem Merkur einzuverleiben. verte. Emma und Eginhard an Barthy Geh Betti schließ die Laube zu Und gieb die Harfe mir Von einem Fräulein schön wie Du Sing ich ein Liedgen Dir Der große Carl ein Teutscher Held Des Fräuleins Vater war Die Sachsen schlug er aus dem Feld Und manche Mauren Schaar Doch Emma war so furchtbar nicht Mild heiter Minnereich Ein Rosenbeet war ihr Gesicht Ihr Aug dem Himmel gleich Die schlaue Mutter hielt sie hart Kein Ritter kam ihr nah Bis auf den Junker Eginhard Den Schreiber des Papa.
Hab endlich wieder einmal eine Zeile von Dir gesehen und mich herzlich drüber gefreut. Und danke Dir für Deine Verse! sie haben mir wohl gethan, wie es nun so ein eigen Ding ist um das Liebhaben der Werke gewisser Menschen. Siehst Du so wolt ich was geben einige von Deinen alten Comödien deren Existenz und Namen ich weiss gelesen zu haben und wünsche mich Dir näher auch um das noch zu erhalten. Keine Schmeicheley lieber Bruder, ich bin davon entfernnt und ich sage Dir all Dein schriftstellerisch Treiben seit Menoza (die Freunde machen den Ph. ausgenommen) hat mir biss auf Dein leztes im Musem missfallen, und ich sehe nur immer den Menoza u. Hofmeister in Dir und liebe keinen Einsiedler pp und werde keinen lieben. – Wohl! wohl! ich komme weit im Text den kein Brief faßt – genug davon. – Componiren will ich Deine Sachen wenn ich mich angeweht fühle. Jezt nicht, vielleicht lang nicht. Ich weis nicht was Du über Kleinjopp von mir forderst. Ich war ein einzig mal bey dem Menschen aber im Taumel und andem Gefühlen und würde auch nie ein Wort über solch einen Menschen wagen. Du bist bey Schlossern der bey ihm war und der Mann darzu ist Dir viel über ihn zu sagen. Es gibt so viel ich weiss keinen Menschen hier der was zu leisten im Stand wäre wenn Schlosser nichts kann. Ich will aber noch mit Lavatern drüber reden der heut nicht hier ist. Adieu jezt. 20 Febr. Nachts. Das ist traurig dass nichts von Gluck da sey. Kaufmann hat mir doch so was gesagt vom Singen der Mad. Schlosser dass ich vermuthete sie hätte was das ich noch nicht hab. Wann Du leichtsinnig über meine Wünsche weggehst oder mir vorent hälst, thust Du übel an mir! Den 23. Lavater sagt es gäb keinen Menschen der über Kleinjopp schreiben könnte. Partout keinen. Du solst kommen, 8 Tag ihn sehen und hören und alles was er sagte niederschreiben. So würd ers machen. Das einzige Mittel! und das glaub ich mit Lavatern. Auch solst Du wissen dass der Bauer keine Zeile schreiben kann. Ich wünschte Dir und andern dass Ihr endlich einmal aufhörtet zu idealisiren und in keines Menschen Seele glaubtet in so Fällen wie bei Kleinjopp der nichts weniger ist als
    philosophischer
Bauer und Socrates. –
Colmar le 5. avuril 1777. J‘a appris à Strasbourg, Monsieur et cher ami, votre Séjour à colmar, et j’ai bien regretté de n’y pouvoir pas être avec vous. il fallait des affaires aussi essentielles que celles qui m’y retenaient pour m’ empêcher de vous y rejoindre. ce qui peut seul me consoler de ce ceontretems est l’espérance que vous avéz donné à Mrs. Pfeffel et Lersée de y vous y revoir. Je vous engage pour ma part à ne point manquer à vôtre parole; et je desire bien, être au nombre des Raisons qui vous Engageront à la tenir. Voicy, mon cher ami, mon pauvre drame, imprimé tant bien que mal; et accoutumé par les soufflets du correcteur aux soufflets des critiques. vôtre Nom est ce qu’il y a de mieux dans l’ouvrage, et vôtre approbation est son mérite. pour completter l’hommage, le faible hommage que ma dedicace rend à votre protection; je devais en exprimer la raison dans une Epître dédicatoire, mon ami mathieu n’a point Voulu le permettre; il m’ a dit que je ne pourrais nommer vos ouvrages ou parler de vos Monsieur Lenz à EmmendingenTalens sans compromettre ou vos Secrètes ou vôtre modestie .….. et quand aux qualités de vôtre coeur, c’est dans le coreur de vos amis qu’ elles Sont et doivent être consacrées, plutôt que dans un vain éecrit. daigné être le protecteur de celuicy, comme vous avéz été Son parrain; daigné être le mécêne de faibles Talens qui ont besoin de grands talens pour en être dirigés; daigné m‘associer pour quelque chose a votre réputation. Mon ami Mathieu, qui se glorifie d’êetre le vôtre me charge pour vous des plus Tendres assurances d’ attachement. il se reproche de ne vous avoir pas écrit depuis longtems; mais l’incertitude de votre demeure et de la direction de votre course, l’en a Empêché. depuis vôtre départ de Weimar il vous attendait toujours à Strasbourg, où vous avéz passée sans voir auceuns de ceux qui vous sont si sincèrement attachés; il me charge de vous en faire mille Reproches. Encore un mot. J’ai été bien flattée de l’approbation dont leurs altesses les duchesses de Weimar ont daigné honorer mon ouvrage, je vous dois ce triomphe, mon cher ami, et vous en dois des Remercimens; il ne me reste qu’ à vous demander Conseil sur la maniere de faire passer à cette cour quelques Exemplaires que je dois en hommage. vous avéz eû la Bonté de dire à mon frêre que vôtre ami l’illustre M. Goethé se chargerait de les présenter. est il nécéssaire, est il àpropos que j’ecrive aux duchesses; ou seulement a Made la douairiere, ou poin du tout? Je vous Supplie de vouloir bien m’ eclaircir là-dessus, vous me rendré un Grand Service. M. Schlosser vous remettra, Mon cher ami ce paquêt cy. J‘ai l’honneur de lui écrire et de lui offrir un éxemplaire de mon drame; je le prie en même tems de consentir à se dessaisir de vous pour quelques jours, et à vous envoyer à Vos amis de colmar, qui lui en auront la plus grande obligation. J’attend, Mon cher ami, l’instruction que vous voudréz bien me donner, pour prendre la libérté d’ écrire à M. Goethé et le prier d’ accepter un témoignage de ma Vénération pour sa personne et ses ecrits. J’ay l’honneur d’Être avec le plus sincêre et parfait attachement, Monsieur et cher ami, Votre très humble et très obéissant serviteur Ramond avocat au Conseil. Empfangen – den 22sten Apr. 77. Emmedingen. Es wundert mich ausserordentlich lieber Freund! daß ich noch nichts von Pfeffeln erhalte, der mir erst gestern schrieb. Sollten Sie das Geld etwa noch bey sich haben so schicken Sies jetzt nur gerad unter Schlossers Adresse her, der wieder da ist. Ich wollt es nach Colmar weil ich dahin zu gehen gedachte und von da weiter – So aber halten Sie mich allein zurück – Die Zerstückelung des Landpredigers war mir nicht die angenehmste Neuigkeit. Auch heißt er nicht Wangen- sondern Mannheim, welcher Name hoffentlich nicht dort herum sich finden dürfte. Herrn Zimmermann und Bürger meine Empfehlung. In Erwartung baldigster Nachricht bleibe Ihr ergebenster L. Bitten Sie doch Ihren Freund Dohm die Politischen Pasquille aus einer Schrift zu lassen die in so mancherley Hände kommen soll. Sie thun ihr mehr Schaden, als mans oft in seinem Kabinettgen glaubte – – Wie wär’s wenn Sie ihn Mannhardt tauften, im Fall etwa der erste Name nicht durchginge? D. 9ten Aprill. Wangenheim ist ganz fatal. Für Vossen habe an Kaisern in Zürich einige Sächelgen geschickt, der sie ihm mit der Musik geben wird Leben Sie wohl! Pygmalion An diesen Lippen, diesen Augen Die Welt vergessend, hinzuhangen Und aus den rosenrothen Wangen Des Lebens Ueberfluß zu saugen An dieses Busens reiner Fülle Die Schmerzen meiner Brust zu wiegen Und auf des Schooses Fried und Stille Mit tränenmüdem Haupt zu liegen Das war mein Wunsch – das ist mein Grämen – Und soll mir doch kein Schicksal nehmen.
Herrn Herrn Staabssekretär
    Boje
zu Hannover
baldmöglichst.
Innsonders HochgeEhrtester Herr, Schätzbahrster Freund! Unter den verschiedenen Briefen, die Ich, an Ihnen zu schreiben mir die Freyheit genohmen, wird doch endlich einer so glücklich seyn, in Ihre schätzbare Hände zufallen. Frey, ist es zwar von mir, sie auf solche Arth immer zu beunruhigen, alleine, das bewußtseyn, Ihrer vor diesem so überwiegenden Freundschaft gegen mir, nebst dem verlangen zu wißen, ob ich mich solcher noch izt würdig glauben darf, sind die jedesmahlige treibfeder meines Schreibens, und laßen mich nicht Hofnungslos, doch einmahl gewiß etwas von Ihnen zu vernehmen. Ein Gedichte von Ihnen, im teutschen Musaeum hat mir den Weg, zu Erfahrung Ihres jezigen Aufenthalts gebahnet, ich glaube Ihn gefunden zu haben, und höre nun auf, Sie bey Frau Dahlin in Strasburg zu suchen. Ob Sie sich meiner noch besinnen werden, ist bey mir nie ein Zweyfel geweßen, aber ob Ihr Freundschaftliches Herze, noch jezuweilen einen Schlag vor mich thue; diß ist durch länge der Zeit, zu einem geworden. jedoch nicht gar der Lehren reiche Brief – der lezte den ich vor 3 Jahren von Ihnen empfinge, der gantz in meine seele floß, und mich zu tägl. neuer verEhrung gegen Sie aufmahnt, erhält noch einen glimmenden Funcken, der Zuversicht unter der Asche. Gott, wie seelig würden mir die Stunden geweßen seyn, wo ich so oft, eingeschloßen, in den Gräntzen Ihres Hertzens, bey Ihnen saß, und Ihre Liebe genoß; wann nicht niedrige Emfindungen mich geleitet, und den Weg des Verderbens geführt hätten. Wie Lebten Sie dann, seit deme das lezte mahl die Ehre hatte sie zu sehen? Vermuthl. gut, gesund und vergnügt, Ich wünsche das wenigstens von grund meiner Seele. für' s vergangene und für' s zukünftige. Ich, meinerseits, bin, Gott sey’s gedankt seit meiner Abreiße von Strasburg – glücklicher geweßen, als verdiente, – habe die Bergwercke meinem Bruder in Lotharing. endossirt, und mich gäntzl. der Handlung gewiedmet. Stehe auch von da an allhier in Basel, in einer berühmtesten Band fabriquen, als bedienter unter den schönsten Bedingnießen in Condition. und bleibe vom Höchsten erwartend, wie mich seine Güte, den rest meiner Jahre, mit – vernunft vollends ausleben laßen wird –. Solte, wie Ich hofe, Ihre Freundschaft noch einen Funcken Herz zu mir haben. so machen sie mir das vergnügen. mich deßen schriftlich zu versichern; kann ich hingegen mich deren aufs neue würdig zu machen Ihnen viel angenehmes, in hiesigen gegenden erweißen, so befehlen sie über denjenigen der mit besonderer Hochachtung, Aufriebt Gesinnungen, und mit vollem warmen Hertzen, die Ehre hatt, sich ewig zu nennen Dero Gehorsamster und bereitwilligster Freund und Diener Emanuel Friederich Mayer bey Gedeon Bourcard. Basel, 9. April
    1777.
Monsieur Monsieur Lenz Pascus chez Monsieur Schloßer. Conseiller de S. a S. Monseigh. le Margrave de Bade Durlac.
    Emmedingen
Lieber Neukirch wenn Sie den Alessandro mit sich in Freyburg haben, so schicken Sie mir ihn doch gleich zu. Das übrige werden wir mündlich sprechen. Wer hat Ihnen denn gesagt daß Frate Pulito ein Kapuziner ist. Es kann eben sowohl ein griechischer als katholischer Mönch, eben sowohl ein Exjesuit als sonst was seyn, wie Sie aus meiner nächsten Veränderung sehen werden. Wie lange wird An Lenzen zum Abschied. Edler! Du gehst dahin Und mein tränendes Aug sieht Dir nach. Genoßen und genoßen gehst Du nur halbgenoßen Diesem unersättlichen, allaufzehrenden Herzen. Hier ist nichts für mich in dem weiten All. Viele sind mir nichts, können nichts mir seyn Und der einzge, der vielleicht mir seyn könte Was mich füllte mit überströmender Wonne Will nicht. Du läßt mich allein. Edler! Wärs vielleicht beßer, Hätt ich nie den Himmel in Dir mir dämmern sehn? Ach! ich ahnde, ahnde in Dunkel, Was Du mir seyn köntest, was ich vielleicht Dir. Stolzer Gedanke! Und doch nicht zu stolz für dies Herz, Das mit ewiger Wärme Umfaßen möcht allseine Lieben, Verzehren sie, sich, im unlöschbaren Brand, Das sich heben möchte hinan Dorthin, wo der Cherub nicht weiter kann. Unbändig, brennend für Wünschen Und nicht gesättigt. Ach! wie mir wohl wär, Wenn ich, schwebend zwischen Himmel und Erde, Zu groß fürs Thier, zu klein für die Gottheit, Leidend vom unseigen Gefühl Mittelding zu seyn; Vom Druck, Sich klein zu fühlen, Gröser seyn zu wollenWenn der Tod da käme, Heute mit einem entzwei den Faden Endete. auf ewig. Leb wohl, Heilger, denn du bist mirs, Leb wohl. Geh Deine Straße. Zertritt, zertrümre! Aber schone des Schwachen, Des lieben Schwachen Der Gröse mehr als ahndet, Der den Willen hat zu allen, Der faßen möchte mit Adlers Klaun Und die Kraft nicht hat, Der umfaßen möcht das Weltall, Und zu klein sich fühlt. Geh Deine Straßen! Brauß auf mit der schnellen Aar, Wühl in den Trümmern von Habsburg, Sauge Größ aus dem Andenken der Großen, Die dort sich betteten; Jauchz am Zürichersee, Drück gegen der Alpen Last – Komm in meinen Arm zurück Gröser und herrlicher, Bring Leben und allmächtiges Wehen, Geist und Kraft in meinen morschen Bau. Fülle, fülle ganz mein Herz, Daß es auflodre Leitre zu Feuer es, Daß es auflodre In ewigen Flammen. Lieber, Sie haben mich hintergangen, gingen mit dem Vorsatz, nicht wieder zu kommen. Hatt ich doch die Ahndung. Ich lief im Zinuuer auf und ab, als Sie fortwaren, alles schwand um mich her, ich lachte, braußte und – wißen Sie ein Wort, das mehr sagt, geben Sie mir’s und ich will ihnen danken. Solcher Stunden hab ich nicht viele; ich triebs einige Zeit, dann macht ich mir Luft. Sie ehen was draus entstand. Es ist ganz der erste Wurf; ich habs Ihnen abgeschrieben, wies in meiner Schreibtafel steht, ich ändre kein Wort, es ist Herzensfülle. Zeigen Sies niemanden; warum -ist offenbar. Leben Sie 1000mal 1000mal wohl. Küttner. Zürich. d. 11ten May 1777 Hier sind Pfeffels Lieder wieder, meine würdigste Freundinn! freylich muß ich mich schämen, daß ich so spät damit bin, Ihre Geduld und vielleicht Ihre Sanftmut selbst auf eine so unverschämte Probe gesetzt, doch wenn Sie alles wüßten was ich zur Entschuldigung sagen könnte und doch nicht sage, würden Sie mir das verstohlne Vergnügen etwas aus Ihrer Brieftasche bey mir zu tragen, vielleicht noch länger gegönnt haben. Ganz gewiß werden Sie sich den ersten Akt der verabredeten Comödie hiebey vermuthen so gewissenhaft ich aber daran gearbeitet so hab ich doch so wenige Augenblicke ganz zu mir selber kommen können, daß Ihr liebes Gedächtniß vor der Hand noch ein Weilgen Ruhe haben wird. Es kommt aber gewiß so wie alles was ich verspreche und ich hoffe etwas davon Herrn Sarasi (den ich schon unterwegens vermuthe) in Schinznach vorlesen zu können. Um eines aber habe ich Sie noch zu bitten, ich habe unter den Gedichten das artigste vermißt, eine Epistel an Sie, in der unser hellsehende Blinde ein so getreues Porträt von Ihnen machte. Wollen Sie mich in die glücklichste Laune setzen unser angefangenes Stück, woran Ihnen doch vielleicht etwas gelegen seyn wird, bald und zu Ihrer Genugthuung zu endigen, so lassen Sie mir dieses nebst ein Paar Zeilen von Ihnen, aber wohl zu merken im Schweitzer Teutsch, zu kommen, Sie können sichs nimmer vorstellen, wieviel Begeisterndes diese Sprache in Ihrem Munde für mich hat. Sie dürften Ihren Brief nur an Herrn Sarasi adressiren, daß er mir ihn nach Zürich, oder wo ich von da hingehen werde wenn ich von Schinznach zurückkomme, schickte, er wird mir eppen eine außerordentliche Freude machen und die Rolle die ich für Sie ausarbeite nur desto besser ausfallen. Empfehlen Sie mich allen Freunden Ihres Hauses die ich nicht in Schinznach zusprechen die Ehre haben sollte. Ihren kleinen Inokulierten druck ich manch herzliches Küßgen auf ihre Narben und höre Sie oft im Geist ihnen kleine Geschichtgen erzehlen. So habe ich auch dem letzten Ball unsichtbar zugesehen, Sie haben recht viel getanzt. Da lenkten im reitzenden Wirbel Die Grazien selbst Ihren Flug und machten dem schnappenden Tänzer Entzückender Schmerzen genug. Empfehlen Sie mich den Neuvermählten und Ihrem Hn. Schwager gleichfalls und bereiten sich nur auf eine recht beschwerliche Gedächtnißarbeit. Lenz. H. Pfr. Lavater Warum nicht bey uns? Ich suche Poeten für morgenden Spaß. Drum wandelt mein Auge von Nase zu Nas’ Ich bin bey der liebsten der lieben u. denk Der liefert mir morgen ein Verslingeschenk. H: Wegmeister Tobler in Zürich. H Pfarrer Weber in Bubigheim Zu Diener Stadthalter von Bubigheim. Lenz von deinem Auge kein Blick, du streckst nicht nach mir den Arm, reichst mir keine Hand! Doch du bist wohl lebe wohl, sieh auch nach mir. Mr Kittner Doit fl. 9. tz 3. Darf ich Sie um Ihrent- um meinetwillen bitten, das über die launigten Dichter noch nicht in Ihr Musäum zu rücken. Unser Publikum hat noch keinen Sinn dazu und es könnte entsetzlich mißverstanden werden. Heben Sies auf bis Zeit und Gelegenheit Beobachtungen günstiger sind, die durchaus auf keinen einzelnen Fall dürfen gezogen werden und wo diesmal die Anwendung auf Wieland, auf dessen
    wenigste
Sachen sie passen, unvermeidlich wäre. Wenn dies ins Museum kommt, darf ich Ihnen nie wieder etwas zuschicken. Ich schwärme in der Schweitz, habe in Schinznach vier goldene Tage gelebt, in Zürich Basel und Schafhausen viel Liebe genossen. Sagen Sie Zimmermann, daß seiner als Grundleger der helvetischen Gesellschaft mit vieler Erbauung ist gedacht worden und daß er an Hn. Doktor Stuker, einem würdigen Menschen unter den Würdigen, einen warmen Freund hat. Daß der Landpr. bald auf einander folgt freut mich, überhaupt würden Sie wohlthun, Ihre Sachen nicht mehr so zu zertrennen, worüber man mir hie und da und von sicherer Hand viel Beschwerden geäußert hat. Natürlich ists daß drey Vierthel von dem Eindruck des Ganzen verloren gehen. Wär’ es möglich noch die zwo Hälften zu verbinden, würden Sie sehr wohlthun denn wenn ich die Strahlen eines Brennspiegels auseinanderwerfe, kann kein Flämmlein erfolgen. Leben Sie indeßen wohl und empfehlen mich Zimmermann und allen Edlen Ihrer Gegend. D. 26sten May 1777. Lenz
Herrn Herrn Stabssekretär
    Boje
abzugeben im Churhut bey der Post. in
    Hannover.
Hier theureste Freundinn die ersten zwey Scenen des ersten Akts. Ich sollte mich zu Tode schämen daß ich auf Ihren küssenswerthen Brief so eilfertig antworten muß und noch nicht mehr von unserm Stück mitsenden kann. Aber in der unglaublichen Zerstreuung in der ich bin, wundert es mich, daß ich noch das habe fertigen können. Glauben Sie aber nicht, daß das Stück so ernsthaft und traurig endigen wird, als es anfangt, denn sonst hätte ich alle Ursach zu glauben, daß es Ihnen Langeweile machen würde. Wenn Sie den Schluß recht lustig haben wollen so schreiben Sie mir wieder ein Brieflein kurz oder lang wies Ihnen gelegen ist, doch so, daß ich ihn in die wilden Alpengebirge bekommen kann in die ich mich jetzt zu vertieffen gedenke. Adressiren Sie ihn nur an Lavatern. Morgen früh reise ich ab. Als Ihr erster Brief an mich kam war ich in Schafhausen. Herr Schlosser. hat mir gar keine nähern Umstände von der Kindtauffe geschrieben und ich weiß nicht einmal daß ich Pate bin. So gehts mit den Männern, wenn Sie ihn sehen so schelten Sie ihn brav aus dafür. Ich bitte doch recht sehr mirs zu schreiben wenn Ihnen eine oder die andere Stelle in diesen ersten Scenen, weil die Fortsetzung fehlt, noch unverständlich ist. Ihr Mann kommt hier noch nicht vor, er macht den Wadrigan und es steht bey Ihnen wen Sie zum Belmont wählen wollen. Schreiben Sie mir doch recht viel Neues von Ihnen von Ihren Angehörigen und Freunden von Ihrem Klavier und von Ihrer Gedult beym auswendig lernen. Der Himmel wirds Ihnen alles wiedervergelten, der ohnedem auf Ihrer Seite ist. Ich also Ihr Vetter? Nun dabey soll’s bleiben liebe Cousine, bis ich Basler Titsch von Ihnen gelernt habe und Sie in der Sprache besser tituliren kann. Zürich d. 2ten Junius. 77. Lenz. Der Schauplatz stellet die Allee eines kleinen Gartens vor, der überall mit Gebirgen eingeschlossen ist, auf denen man in einiger Entfernung Schlösser und Landhäuser entdeckt, die an dem Fusse derselben das Ufer eines in ihrer Mitte schlängelnden Flusses verschönern helfen. Sophie Detmond tritt auf, ländlich gekleidet Hier wär’ es denn wo mir dein Blick das erstemal Dein Mund o Wadrigan! die goldne Freiheit stahl Hier schien ein jedes Wort dir Zung und Herz zu brechen Und ich verstund dich doch. O möchtst du noch so sprechen. An jenem Birnbaum wars, dort in dem hohen Gras Wo ich in deiner Angst mein ganzes Glücke las Wo ist die Laube nun? wo sind die Zeugen-Bänke Du liessest das vergehn. O Wadrigan, ich denke Der Garten mag ein Bild von deinem Herzen seyn. Du kauftest ihn von mir als Detmont starb. – Allein; – Von dem verhaßten Lärm der Städte losgerissen, Ließ ich mit Wollust hier der Tochter Tränen fliessen Da kamst du Zauberer und trocknetest sie mir Und ich ein Kind ein Weib, ich ließ den Garten dir Zugleich mein ganzes Herz mit allen seinen Trieben Und wähnt’ es wäre Pflicht statt seiner dich zu lieben Und dieses Heiligthum, Gott! hätt ich das bedacht! Als du auf Reisen giengst, blieb in des Gärtners Macht Scheints doch so wie dein Herz mehr Kälte überkommen Als hätt die ganze Welt mit Theil daran genommen Wie alles fremd hier ward! Ist das der Reisen Frucht Ach! so bin ich ein Kind daß ichs nicht auch versucht Heut führst du Belmont her, du selbst hast ihn geladen Heut! – und bist du gewiß, er könne dir nichts schaden? Er hält es nicht geheim daß sein zerrißnes Herz Bey mir nun Lindrung sucht für alter Wunden Schmerz Bey mir den Abgott sucht den er drey Jahr besessen, Der ihm entrissen ward, bey mir den zu vergessen Bey mir – und Wadrigan – Gott ihr mißhandelt mich. Zweyte Scene. Belmont kommt.
    Belmont.
So ungelegen kam kein Mensch vielleicht als ich. Den Tag, der Sie gebar, im Stillen zu begehen Die feyrende Natur darüber froh zu sehen Begaben Sie sich her und ich –
    Sophie
Sie stöhren nichts
    Belmont.
O! wenn mir das Herz – genug Ihr Mund versprichts. Der zauberischste Mund der jemals hintergangen: O fühlten Sie, was solch ein Wörtlein aufzufangen Was das zuweilen ist: Ich stöhre nichts? Wohlan Das übersetz ich mir daß ich noch hoffen kann
    Sophie.
Mein Herr! Sie dauren mich. Würd ich Sie minder schätzen Würd michs nicht ängstigen daß Sie – falsch übersetzen
    Belmont.
(mit Heftigkeit) Falsch?
    Sophie
Sie verstehen mich nicht
    Belmon.
(die Hand auf das Herz) Falsch?
    Sophie
Unrecht Herr Belmont
    Belmont.
Du Engel höre mich (knieend)
    Sophie.
Das bin ich nicht gewohnt. – Ich bitte stehn Sie auf – es könnte jemand kommen Ich muß hinein – (sie will gehen, Belmont faßt sie flehend an der Hand)
    Belmont
Sie gehn? – (Sophie ergibt sich zu bleiben) Sie haben wahrgenommen In meinem düstern Blick vermuthlich was mein Herz So schlecht verhehlen kann, nur halb geheilten Schmerz Sie haben recht gesehn und weil Sie mein Gewissen So reitzend aufgeweckt –
    Sophie
Mein Herr –
    Belmont.
Sie müssens wissen Das letzte, ärgste, was, vor Gott sey es gesagt Von meinen Lippen sich noch nie herabgewagt Was ich – bewundernswert sind die Sophistereyen Des Herzens doch, – mir selbst nie wagte zu erneuen Was ich mir selbst verbarg, gleich Fieberträumen ich Nur Ruckweis wiedersah unkenntlich fürchterlich – Vor deinem Blick allein, mein Schutzgeist darf ich trauen Das Schreckenbild davon noch einmal anzuschauen Ein sanftes Wort von dir erhält mich –
    Sophie
(bey Seite) Wie michs quält Sein Selbstbetrug! und doch, wenn er sein Leid erzählt Erleichtert sichs vielleicht. Ich wünscht ich dürft es wagen Ihm meine Freundschaft, rein von Liebe, anzutragen Wenn du nur Wadrigan! mir nicht zu sicher wärst
    Belmont.
Es scheint Vollkommenste! du seyst gerührt, du hörst Theilnehmend Martern selbst die du nicht angerichtet O du, weit über das, was ich mir je erdichtet O du selbst über die, die ich so treu geliebt Sprich, ob zu meinem Leid es noch ein Beyspiel giebt Ein Freund, die Seele mir der glücklichsten Momente, Der Firniß der sie hob – für den ich sterben könnte In manchem Augenblick noch itzt – der Freund stiehlt mir Mein höchstes Gut nach ihm, ein Herz, Sophie – gleich dir
    Sophie.
Aufrichtig Belmont! wer hieß Sie mir das erzehlen? –
    Belmont.
(ohne zu antworten) Ein Herz – und Ach du war ein Gesicht, um seelig uns zu quälen. Unglaublich schröcklich ists wie ähnlich Sie sich sind Ich sah Sie jenen Tag mit Ihrer Schwester Kind, Sie hielten es im Schooß und lächelten drauf nieder Es schoß mir durch das Mark, ich sah mein Fannchen wieder So sang, so schmeichelte sie unsern Franz in Ruh Als ich noch Vater war. Gott! –
    Sophie.
Und wie gieng es zu Daß Sie es nicht mehr sind?
    Belmont
In Canadas Gefilden Sah ich mein Weib zuerst, ein Seraph unter Wilden Der Gouverneur des Orts, mein einzger Umgang, war Der tugendhafte Freund –
    Sophie
(mit Erstaunen) Der Gouverneur?
    Belmont
Barbar Im trunknen Augenblick der Lust selbst must du fühlen, Daß du ein Teuffel bist –
    Sophie
In Canada?
    Belmont
O spielen Sie nicht die Spötterin, ich bin gequält genug
    Sophie
(ihm mit Feuer um den Hals fallend) Mein Bruder
    Belmont
Göttliche, Sie ziehn zurück? was schlug An meinem Busen denn –
    Sophie
Ich bitte Sie, verlassen Sie mich – Ich kann mich noch, kann alles das nicht fassen
    Belmont
(ihre Hand an die Lippen drückend) Wie tröstend –
    Sophie
Gehen Sie, dort kommt Herr Hackly Dritte Scene Hackli zu den Vorigen. Hackli, Belmonten, der in der feurigsten Entzükung Sophiens Hand küßt, von hinten zu auf die Schultern schlagend.) So? Das geht ja Extrapost. Glück zu! Bravissimo Wie steht das Leben sonst? ists Reislein wohl bekommen Sie sind doch in der Zeit was Rechts herumgeschwommen; Nun unser Bardolft auch. Vergangne Freytag Nacht Hat er uns den Bachat zum letzten Stich gebracht Der ihre Schwester da, er kam mit seinem Vetter Den Weg und nahm sie mit von ihrer Tante. Wetter! Das war ein Anblick Herr! Der Willkomm. Ja wer heißt Euch Fratzen denn, daß ihr, wenn so was trifft, verreist. Ihr wißt das Kind, das ich einst mitnahm von der Tante Ihr Knab, was meynt der Herr ob sie der Bub erkannte? Ich schwör es ihm zu Gott, wie sie zur Stub’ eintrat Ha Mutter Mutter riefs (er präsentiert Belmont die Tobacksdose) Warhaftig – in der That! –
Mein Liebster Herr Lentz! Sollte allenfalls Herr Kaiser den nunmehr von Ihnen beschloßenen Tour nicht mitmachen wollen, oder Sie beyde Freunde noch einen dritten Gefehrten mitnehmen wollen, so bietet sich Herr Orell an, von dem ich Ihnen schon ein Wort geredt, u: der vermuthlich diesen Abend auf die gleiche Stunde, wo Sie, zu mir kommt. Wollten Sie hingegen den Tour lieber mit Hn Kaiser allein machen, so bitt ich um ein Paar Worte. T. á V. Füßli. In höchster Eil Bester! Kann ich Ihnen Abends um 12 Uhr vor einer Abreise die Morgen um 4 schon vor sich gehen soll in die wilden Cantons – nur einige Scenen von unserm Stück schicken, aus denen Sie das Ganze unmöglich noch beurtheilen können. Die Rollen die hier sind macht Herr Iselin Ihre Frau und wer die erste zweyte Liebhaberrolle kriegt – die erste bekommen Sie und zwar erst im zweyten Akt, das Theater verwandelt sich dann in ein Zimmer Wie Ihr Brief mir wohlgethan mag Ihnen Herr Füeßli sagen. Ich wünschte Sie schickten mir oft eine so launichte Basler chronick Besonders jetzt auf die Alpen. Nach Bern komm ich sobald nicht. Wenn ich vom Gotthard wieder komme, welches in 14 Tagen aufs längste ist, sollen Sie mehr von unserem Spiel zu sehen bekommen. Unterdessen herzlich umarmt von Ihrem Diener L. Geben Sie die Rolle Ihrer Frau und sorgen Sie doch, daß sie allenmorgen etwas davon einnimmt, etwa wie Latwerge in Thée. Lieber Lavater, lieber Lenz, lieber Pfenninger – unsre Hoffnung und Freude war umsonst. Mein armes Weib ist gestern gestorben! Ich kann euch die Geschichte ihres Leidens nicht erzäln! Es thut mir zu weh! Auf ein andermahl – Schlosser An Herrn Pfarrer Lavater in Zürch Ursener Thal an der Matte d. 14ten Jun. Sonntags. Wolltest Du Beßter! Gegenwärtiges doch cito citissime an Jakobi lauffen lassen, Du kannst denken was mir dran gelegen seyn muß da ich ihm vom Gotthard schreibe und dem Männlein doch gewiß keine Herzensergießung unter so bewandten Umständen zu machen haben. Dir aber mündlich alles was wir gesehen und genossen – und gelitten. Petern fanden wir in Meyringen, als wir aber vom Grindelwald dahin zurückkamen, hörten wir er sey schon wieder fort. Morgen gehts durch Urnerloch nach Hause. Daß wir müde und matt über den beschneyten Grimsel u. Furka kommen sind kannst Du Dir vorstellen. Also entschuldige. Herzlichen Kuß an Dich und all unsre Lieben. vom Sünder L. Wir sehen beyde aus wie die Gänse von hinten wenn sie gerupft sind und die letzten Härgens abgeschreyt. Kaiser sind beyde Augen verschwollen und ich kann auch nit viel sehen. So hat uns Schnee u Sonne zugerichtet. im Augenblick der Abreise Eine unvermuthete Nachricht die ich in Zürich vor mir gefunden, fodert meine schleunigste Abreise; verhindert mich, sogar Ihnen Schätzbarster Würdigster der Freunde mündlich für die uns mitgegebenen Zurechtweisungen und Hülfsmittel deren ganzen Werth wir erst an Stelle und Ort gelernet, Dank zu sagen. Ihre geschriebene Geschichte habe ich meinem Reisemantel mitgenommen, um noch ein wenig daraus nachzuholen, ich schicke Sie Ihnen mit
    ehester fahrender Post
nebst meinem Herzen wieder. Lenz
d. 24sten Juni Ich bin hier angekommen bester! Du kannst Dir vorstellen mit welchem Herzen, als ich überall mir entgegen schallen hörte, sie ist todt. Schlosser hat sich beruhigt, wie denn aller Verlust am Ende getragen werden muß – allein ich glaube nicht daß er ihn ausheilt. Mir füllt diese Lücke nichts – ein edles Wesen von der Art auf der Welt weniger kann sie einen schon verleiden machen. Hier hast Du einige meiner häuslichen Freuden, Balsamtropfen die
    Kaufmann
in meine Wunde goß. Er ist mir und meinen Eltern ein Engel gewesen, ich kann Euch nicht alles sagen, worinn. Sein Brief wird Dich lachen machen, schick mir ihn bald wieder und den von meinem Vater, der aufs Haar damit übereinstimmt. Verlier sie ja nicht, Du verlörst mir Unendlichkeiten. Vielleicht sehen wir uns wieder, ein Freyherr v. Hohenthal hat mir eine zweyte Reise durch die Schweitz angetragen, ich bin noch unschlüssig ob ich Schlossern verlassen
    darf.
Indessen hab die Gutheit, den Thormann v. Christophle in Meyringen (von dem Dir Kaiser den Brief an mich wird gewiesen haben) von Peters Schicksal berichten zu lassen, etwa eine Abschrift vom Testament, damit die Gemeinde seinesfalls beruhigt werde. Tausend Grüsse dem liebenden Pfenninger und allen Edlen zu Zürich. Kaisern innigen Dank für seine Aufmerksamkeit. Die Post geht zu schnell als daß ich antworten könnte. Dein Lenz. P. Füeßli wird meine Frechheit entschuldigen, ich schick ihm sein köstliches Darlehn Sonntag mit der fahrenden Schlosser grüßt, wird nächstens schreiben, itzt ists ihm unmöglich Kaufmann schreibt Schi. daß er glücklich bey dem Vater seines Russen angekommen und von da nach Petersburg gehen werde. Womit dank ich Dir Lieber und all den Deinen, für alle genossene Freundlichkeit Sollte Deine Gattin wieder da seyn, so sag ihr mehr als ich sagen kann für die Duldung die sie mit meiner unbehelfsamen Existenz gehabt. Ich muß leider noch schweigen
Ihr letztes Schreiben fand ich bey meiner Zurückkunft vom Gotthard kaum bey Lavatern, der verreist war, als ich den folgenden Morgen in der Frühe schon es befolgte. Immer glaubt’ ich, man hätte mich schröcken wollen, so wenig können wir uns überreden, daß das wahr sey was uns zu Boden schlagen soll. Jetzt bin ich da und nichts weniger als gestimmt, an unserm Lustspiel (denn der Ausgang sollte sehr drolligt werden) fortzuarbeiten. Bitten Sie also Mr. Sarasin und die andern Herren u. Damen, sich deßwegen nicht zu zerstreuen; denn was ich einmal anfange führ ich gern aus – nur jetzt noch einige Wochen Aufschub, eh ich wieder an so Etwas denken darf. Seyn Sie ruhig, der Himmel wird Ihre dunklen Ahndungen übertreffen. Unsere Freundin war für die Welt zu reiff – sie konnte hier keine Freude mehr haben, das einzige was uns alle tröstet, sie genießt jetzt des einzigen Glücks dessen sie noch fähig war. Ihr Geist war hier wie in einem fremden unbekannten Wohnort, in den er sich nicht zu fassen wußte. Alles drückte auf sie, diese heilige reine Seele mußte sich Luft machen – und in zwo ihrer Abdrücken blieb Trost für den Mann zurück. Indessen ist sein Schicksal schröcklich und er bedarf seines ganzen Muths es zu ertragen. Sie werden sein Stillschweigen entschuldigen. Ueberbringer dieses Briefes ist der Baron Hohenthal, der ein alter Bekannter von Schlossern und nach der entsetzlichen Kunde auf einige Tage zu ihm gekommen ist. Er will die Schweitz sehen; ich hab ihm versprochen, einen Brief an Sie mitzugeben. Vielleicht komme ich gar selbst nach Basel und mach einen kleinen Weg mit ihm hinab nach Lausanne. Doch das sind noch Luftschlösser die ein Hauch einwirft. Und Schlossern darf ich sobald nicht verlassen. Empfehlen Sie mich Ihrer Gemalinn und der von unserm allerseits verehrten und geliebten Pfeffel wenn sie noch bey Ihnen ist aufs beste. Von meiner Bergreise sag ich Ihnen mündlich was. Jetzt würde alles das sehr matt heraus kommen. Lenz Basel d. 4ten Julius. Ich kann nicht besser als von hier aus meine Entschuldigung machen, würdigster Freund! daß ich mich so spät von Ihrem unschätzbaren Manuskript trennen konnte, ich wußte es keinen bessern Händen anzuvertrauen, als denen Ihres Freundes Sarasin, aus einer Art von Dankbarkeit weil ich ihm Ihre Bekanntschaft schuldig bin. Er wird es wenn er sich von demselben Geist des Patriotismus der mich als einen Fremden daraus angesteckt hat (daß sobald ich in Ruhe bin, Tschudi mit seiner kronikalischen Umständlichkeit aus den Gesichtspunkten in die Sie einen stellen mein Spielzeug werden soll,) auf einer Cur die er trinkt ganz durchwärmt und gestärkt haben wird, Ihnen auch mit seinem Ihnen viel wichtigem Danke begleitet zusenden. Wenn ich nach Zürich komme, wär’ ich sehr begierig, etwas von der Fortsetzung, besonders von den Schweitzerkriegen gegen Burgund Mayland u. in den neuern Zeiten von ihrem Verhalten bey den Kriegen Ludwigs des 14ten in Ihrer Manier zu lesen, die den historiographes des princes et des cours Zerknirschungen machen sollte. Die einheimischen Kriege der Cantone werden Sie schwerlich einem Fremden weisen; obschon ich von einheimischen Gärungen in Republiken die schlimme Meinung nicht habe, womit die meisten Philosophen den Geist der Ruhe der das Bewußtsein der Kräfte einschläfert empfehlen. Wenn sie nur zu ihrer Schlichtung keine fremden Mächte einmischen die die έιρηυοποιοι so gerne machen, so empfindungsvoll für die ach! so traurigen, ach so wilden ungeregelten so ganz unmonarchischen Ausbrüche der „Anarchie“ ihrer Nachbarn sind; – so dünken mich Händel in Republiken und die darauf geschlossenen Verträge dem politischen Horizont so zuträglich als die Gewitter dem Physischen – doch ich bin nicht im Stande darüber eine befriedigende Meynung anzunehmen; bevor ich von einsichtsvolleren Republikanern darüber belehrt worden bin. Meine itzige Schweizerreise geht (in Gesellschaft eines Sächsischen Freyherrn v. Hohenthal) über Neuburg u. Yverdon nach Lausanne und Genf, von da ins Walliserland und zu den Eisgebirgen ؘ– sollten Sie etwa eine Marschroute für uns haben (wir denken auch nach Graubündten und von da nach Zürich zurückzukommen) so würden Sie sie nur gütigst Herrn Pfenninger abzugeben belieben, der sie mir schon nach Lausanne zukommen lassen wird. Bern, das Entlibuch, die freyen Aemter, wollen wir auf unsre Rückreise von Zürich über Bern u. Basel versparen. Mit den wärmsten Empfehlungen in Ihre Güte u. Freundschaft beharre in und ausser der Schweitz dero ergebenster Lenz.
Herrn Herrn
    Füesli
Professor der Geschichte zu Zürich.
Neuenburg d. 10ten Julius 17776 Noch einmal muß ich Ihnen mein theurester Freund und Gönner! mit einem Briefe und einigen Zumuthungen beschwerlich fallen, zu denen mir nur Ihre mir bisher erzeigten Gütigkeiten Muth genug einflössen. Ich habe bey Hn. Hofrath Schlosser einen seiner alten Bekannten, einen Baron v. Hohenthal, Sohn des Chursächsischen Ministers angetroffen, der sich längst vorgenommen eine Reise durch die ganze Schweitz zu machen und sich zu dem Ende schon mit den hinlänglichen Adressen versehen; dieser bewegte mich ihn auf derselbigen zu begleiten und die Hofnung einige der interessantesten Aussichten die ich in meinem Leben gehabt wieder zu sehen, hauptsächlich aber meine würdigen Bekanntschaften in Zürich wieder zu erneuren und gründlicher zu benutzen, machten mich bald einwilligen. Wir machten den Anfang mit der französischen Schweitz und schon im Wagen zwischen Solothurn und Neuburg, noch mehr aber hier, wo der Rath einiger Bekannten des Barons dazugekommen ist, haben wir unsern Entschluß nicht sowohl geändert als erweitert, das heißt uns vorgenommen, wenn wir über Genf Lausanne Vivis durch das Walliser Thal nach dem Furka gekommen, von dort über den Gotthard und von da – in das glückliche geliebte Italien zu gehen, dort so geschwind als möglich und als es uns die Jahreszeit die wir zur Rükkehr abpassen müssen, erlauben wird, alles zu sehen was sehenswerth ist und was wir erreichen können, das heißt zum allerwenigsten Mayland, Florenz, Rom – wo möglich auch Neapel – und wenn uns Zeit übrig bleibt Venedig u. Genua – doch die letztern Oerter stehen noch auf der terra incognita unserer Reisekarte, die drey erstem aber sehen wir
    gewiß
und Neapel, wenn die Hitze uns nicht abhalten sollte, mit vieler Wahrscheinlichkeit. Der Baron hat schon Verfügungen in Ansehung seiner Geldremessen getroffen, das einzige was uns fehlte und womit er sich nicht versehen hat, sind anderweitige Empfehlungen an gute Häuser in diesen Hauptorten, weil wir schon auf dem kurzen Anfang dieser Reise erfahren gelernt, mit welchen unschätzbaren Vorzügen diese eine Reise auszeichnen, die nicht wie die meisten der Herrn Engländer und Franzosen ein bloßes Postlauffen und Begaffen, sondern eine Spekulation für unsere ganze Weltkenntniß und künftiges Leben seyn soll. Hier also mein würdiger Freund ist es, wo wir Ihrer Hülfe bedürfen. Sie haben Italien gesehen und kennen darum mehr als die Cicerone: nach Mayland haben wir von hier Kaufmannsadressen, aber die Wege zu Bekanntschaften von Leuten die Ihnen ähnlich sind in Mayland Rom Neapel, sind uns noch nicht geöfnet, zu Leuten auf deren Kenntnisse wir bauen, deren Herz uns ihre Gefühle für das was wir aus der Entfernung oft nur unter Nebeln erkannten, mitzutheilen, Liebhaber der Menschheit genug ist. Wir möchten gern auf unsere Reise stolz, wieder zurück in Ihre Arme fliegen und Ihnen mittheilen, was Sie jetzt durch unsere Augen, zwar wie durch schlechte Ferngläser, zum andernmal sehen sollen. Wollen Sie meine Bitte erhören, so schicken Sie uns einige Briefe nach Rom, Neapel etc. ins Urserental an Herrn
    Amman Meyer,
der mich nun kennt, mit einigen Zeilen, sie uns aufzubewahren bis wir selbst abholen. Hoffentlich hat er meinen Namen nicht vergessen, wenigstens wird sich seine Tochter die ich abgezeichnet meiner erinnern. Sollten einige andere Ihrer u. meiner würdigen Zürcher-Freunde in Italien Bekanntschaften haben, und wollten ihre Gütigkeilen gegen mich bis dahin ausdehnen, so würd ich bey meiner Wiederkunft, wo ich meinen Reisegefährthen Ihnen bekannt zu machen hoffe, (er ist einer der gesetztesten jungen Edelleute die ich in meinem Leben gesehen, fast ein wenig zu ernst) Ihnen den empfindlichsten Dank dafür wissen. Wollten Sie so gütig seyn und noch eine kleine Instruktion, derjenigen ähnlich die Sie uns in die Berge mitgaben, von allen Merkwürdigkeiten und der Ordnung in welcher wir sie sehen sollen nebst anderweiten Aufträgen an verdienstvollen Leuten dieser Orte beylegen, und uns arme kaum flügge Reisende auf diese Art auf Ihren Flügeln über alle diese Wunder und Geheimnisse unterrichtend forttragen, wie Sie es schon in den Eißgebirgen gethan, so würde das Edle dieser That destomehr Genugthuung für Ihr Herz haben. Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Schweitzersängerinn aufs schönste, im gleichen Dero Hn. Vater u. sämtlichen Angehörigen und erfreuen mit einer Antwort Ihren ganz ergebenen Wanderer Lenz Unbeschwert bitte doch Einlage Hn. Sarasin in Basel zukommen zu lassen und wenn er antworten sollte (worauf aber doch über 2 Posttage nicht zu warten bitte) seinen Brief gütigst dem Ihrigen an Landamman Meyer beyzuschliessen.
Theurester Freund und Freundinn, nur Augenblicke die mir noch dazu zugemessen sind, darf ich anwenden lhnen zu sagen, daß wir nach Italien reisen, von da wir gegen den September erst über den Gotthard nach Zürich zurückzukommen denken. Was uns zu dem Entschluß bewogen wäre für diesen Brief und Zeit zu weitläuftig ich darf nichts weiter bitten, als daß Sie diese Reise noch in Ihrer Gegend wegen des Barons als ein Geheimniß halten, auch wegen meiner und verschiedener meiner Freunde, die sich denn immer allerley Gedanken machen, wenn sie weit von den Sachen sind. Haben Sie einige Bekanntschaften in Italien, die uns nicht wegen Geldes – denn damit ist der Baron versehen – – sondern sonst wie ich versichert bin, ausserordentlich zu Statten kommen werden, um das Land kennen zu lernen – und wollten Sie uns mit Ihrer Gütigkeit bis über die Alpen hinaus verfolgen – so seyn Sie nur so freundschaftlich das was Sie an einen und andern Ihrer Freunde in Mayland, Rom, Florenz u. s. f. auch wol Neapel zu bestellen haben, Herrn Füeßli in Zürich zuzuschicken, aber mit
    ehester Post
– dem wir unsere Adresse am Fuß des Gotthards gegeben haben. Den feurigsten Dank in Herzen die schon längst Ihre sind, bringen wir Ihnen wieder, vielleicht, wollte Gott! – in Zürich! Ach wenn zu Basel sich Ihre Reise nach Baden bis dahin aufschieben, oder wenigstens Ihr Aufenthalt bis dahin verlängern könnten. Der Himmel füge es so bey dem wir uns auch Ihrer Fürbitte empfehlen, daß uns die Witterung in so verschiedenen Klimas als die Schweitz u. Italien sind, günstig seyn wolle. O die Freude des Wiedersehens – wenn diese nicht wären, niemand würde schwerer zum Reisen zu bringen seyn, mit verzagterem Herzen dran gehen als ich – aber, ich sehe Sie wieder und in Zürich, mein Herz sagt mirs. Da wollen wir Ihnen recht erzählen, auch von Ihren alten Freunden und Bekannten in Italien. Ihr Vorschlag einer Frauenzimmerschule hat mir zeither immer aufgelegen, je mehr ich ihm nachdenke, je schöner finde ich ihn, doch auch seine Ausführung desto schwerer. Vielleicht eröfne ich der Gesellschaft auch einmal schriftlich meine Gedanken darüber, wenn ich wiederkomme; mit der Bitte mich zu einem unwürdigen Mitglied anzunehmen. Ihrer Frau Gemalinn küssen Sie in meinem Namen tausend tausendmal die Hände, so Ihren herzigen Kleinen Empfehlen Sie mich doch auch Herrn Rathschreiber Iselin aufs schönste, auch Mecheln und andern Freunden. Unsere Komödie soll dessen ungeachtet gespielt werden. Mein Baron versichert Ihnen allen gleichfalls seine wärmste Hochachtung und Ergebenheit. Ihr Haus ist der Hauptgegenstand unserer meisten Unterhaltungen im Wagen gewesen. Nochmals tausend Grüsse Ihrer lieben Frau – und der Himmel führe Sie nach Zürich in die Umarmungen Ihres mit Herz und Seele Ihnen zugewandten Lenz Neuburg den 10. Julius. 1777. Sie können sich vorstellen wie viel Ursach wir haben unsere Reise zu beschleunigen. Wenn sonst noch ein Freund von Ihnen uns Bestellungen an gute Leute mitgeben wollte, würd er uns sehr verbinden. aber bald! –
Herrn Herrn Gerichtsherr
    Sarasi
zu
    Basel.
durch Einschlag mit Bitte gütigstbaldiger Beförderung
Basel am 19./22 Julius 1777 Lieber Lenz. Nun Gott weißts das ist wieder einmahl ein Stückgen aus Ihrem eignen Hirn-Kasten um diese ltaliänische Reise. Extra Post muß das Ding gehen nacher Meyland, Florenz, Rom, Neapel, viileicht nach Sicilien und Malta (denn das ist jezt Mode) und was hat Ihnen denn das Lieder und Mädgen reiche auf den Fluthen schwimmende Venedig zu Laide gethan daß Sie dahin nicht wollen? Und im September wieder in Zürich. Bravo! Da fährt mein Lenz immer zu einem Thor hinein u: zum andern gleich wied. hinaus, dann da ist keine Zeit zum Aufenthalt zu verliren u. doch mags füglich November werden biß wir uns sehen – u. zwar in Basel, nicht in Zürich. Der See-Wein zerfräße mir den Magen wann ich dort auf Sie warten müßte. Nein im Ernst. Vier Monath müssen Sie zu dieser Reise haben und da werden Sie noch keine Minute übel anwenden dörffen. Bekandtschafften wollen Sie? Ja lieber Freund ich wills Ihnen natürlich sagen. Alte Bekandtschafften sind in Italien kein Heller Werth. Vor Zehn Jahren wollte ich Sie an viele angesehene Leute, Prinzen und Cardinäle empfohlen haben, aber nun mehr danke ich Gott daß Sie mich vergessen haben. Hier sind 2 Briefe die Sie etwas nüzen können. Einer nach Meyland an einen Kaufman. KaufLeuthe sind zwar in diesem müßigen Lande nicht sehr geachtet: Aber dieser ist nicht von gemeinem Schlage und wird Sie Ihnen zu unterschiedlichen Bekandtschafften verhelffen können die Ihnen villeicht angenehm sind. Mein Freundt Steiner wird sich ein Vergnügen daraus machen das Seinige zu Ihren Diensten beizutragen. Primo weil er mein Freundt ist et Secundo: Aus Ursachen die Sie sehen werden wan Sie Ihn persöhnlich kennen lernen. Ihr Herr Baron soll seinen Nahmen ändern, denn dehn kan ja keine welsche Seele aussprechen. Er enthält drey ltaliänische Diesonanzen. Ich erschrak als ich ihn schrieb. Baron d’Alta Valle würde besser klingen und schicklicher vor Ihn klingen als der pomposere Baron d’ alto Vallone. Mein Blatt mit Anmerkung können Sie benuzen oder zerreißen, wie Sie wollen. Ich gebs wie ichs habe in guter Intention. Ein Schelm ders besser gibt als ers hatt. Leben Sie wohl und empfangen Sie einen freundtschafftlichen Gruß von meinem Weibgen. >An Ihren Herrn Baron unsere Empfehlung. Wissen Sie auch daß der Kayser dran Schuld ist daß dieser Brief 3 Täge späther kommt. Er war bey mir und erwieß mir die Gnade eine halbe Stunde mit mir zu sprechen. Nun werde ich wohl auch ein vornehmer Herr werden! Nein davor bewahre mich der Himmel in Gnaden. Ihr Freundt will ich seyn u. der Freundt von noch so einer kleinen Zahl guter Leutgen das wird besser behagen. Seyen Sie immer auch der meinige. Jacob Sarasin. Tabelle Pro Memoria Zu einer Reiße nach Italien von Sarasin an Lenz Haupt Züge Beym Italiäner gewinnen Sie viel wann Sie geschwind u. feurig sind. Dauerhafftes erwarten Sie nichts, aber in der Hize bekommt man alles von ihm. Weiber. Gegen Niedere u. Bedienten immer scharfsehend u. ernsthafft: Ist höchst nötig. Hüten Sie sich vor genauer Bekandtschafft mit fürnehmen Weibern. Bey keiner Gelegenheit muß man verzagt seyn sonst ist man der Narr im Spiehl. Gegen die meisten sind Lohndirnen Engel. Wann Sie ja zur Neugirde oder aus fatalitaet eine ähnliche Bekantschafft machen so nehmen Sie sich gleich vor, kein wahres Wort zu sprechen und scheiden Sie nie als auf Wiedersehen. Von Grossen erhält man alles wann man sie bey der Ehre nimmt. Ich denke Ihre Schwester in Apollo Corilla soll nicht mehr gefährlich seyn. Sie hat ehedessen einen meiner besten Freundte ins frühe Grab gestürzt. Zeichnung eines Kreuzes auf einem Hügel Durch Pfaffen ist Zutritt zu allem u. bey Pfaffen leicht Zutritt, man muß aber gern u. viel sprechen. Tes Teutsches Phlegma mit flüssigem Glas zusammen zu schmelzen ist doch ein lustiges Experiment. Gehört eben behutsamkeit zu allen Chymischen Operationen.
    Modestie ist schlechter Kram in diesem Land.
geht wieder die Natur des Bodens.
Aussert Mayland u. Parma nichts französisches: Ist überall verhasst. Versuchen Sie’s von der 60. jährigen Abtissin biß zum 6-Jährigen Flügel Rock hinunter: Wann Sie eine andere helle Idee als
    Liebe
heraus ziehen so bin ich ein Bernhäuter.
lächerlichem Adel. Eine solche Messe kan man sich nicht einbilden ohne Sie gesehen zu haben. Steiner ist ein Biedermann! Darauß können Sie schliessen daß Petrarca eben keine so schwere Arbeit hatte. in Genua sehen Sie Paläste in Bologna Gelehrsamkeit auf Stelzen und unseeliger finsterer Zwang zwischen welchem man sich doch mit Lust durcharbeiten kan. Milano. Da ist alles halb Welsch halb französisch. Ein unseeliges Mittelding das nur amusiert so lang man nichts bestimmteres kennt. Wenden Sie sich da hauptsächlich auf Empfehlung. vors übrige Italien. in Livorno ein Compendium der Handtlungs Geschichte von ganz Europa. In meinen Augen äusserst merkwürdig. NB. Müssen dort offt bey Kauff Leüthen speisen. Bey Brunati empfangen Sie von mir fernere Briefe und bestellen die meinigen durch Ihn. von Fiorenza sage ich nichts. Ist seit meiner Zeit umgegossen. in Bergamo Ist im August eine Messe die Sie sehen sollten. Da ist ein abentheurliches Zeug von vor Lucca u: Sienna müssen Sie einige Tage nehmen. Wenn Sie Glück haben, können Sie dort glückliche herliche Stunden durchleben.
in Rom. Besehen Sie Altes u: Neues wie Sie wollen, nur das beste vergessen Sie dort nicht, das einzige das noch von dieser zur Terzianerin gewordenen Welt Seherseherin in ihrer alten Grösse zeugt. Das römische Frauenzimmer. haben gut Spiehl dazu: Sie lieben die Teutschen sehr. Da können Sie noch sehen daß es möglich war, daß eine römische Dame einen König ausschlug. Wann mein alter Antiquario Dr. franeo Alfoni noch lebt so grüßen Sie ihn in meinem Nahmen. Er ist ein großerkennerund kan Sie viel nüzen. Unter der vorigen Regierung spiehlte er eine grosse Rolle und war Proto Notarius der Com. wieder die Jesuiten. Den Abato Pietro Chiari sehen Sie zur Curiositaet. NB. Tivoli u: Frescati nicht vergessen, auch Villa Albani. Ist mein Lieblings Ort: Müssen mir davon erzehlen. linke Spalte nach Napoli Kommen Sie schwehrlich. Wanns geschieht so verderben Sie weder Zeit noch Strümpfe mit Klettern auf den Vesuv. Lohnt sich nicht. In Portici einen Consum in Antiquitäten zu machen ist besser, braucht aber einige Tage vors recht zu machen. von Loretto nichts Rimini Ancona Fanno Ferara Interessante Schaupläze zu Intermezzen wann man Zeit hat. Wo sich Liebes u. Ritter Farcen gut sehen und spiehlen lassen. Venedig. Sonderbar. Haus undGesundheits Regeln. Wenig Wein und wo er am besten ist, keinen ohne Wasser.
    Nulla reg. sine except:
linke Spalte Wer Ihnen Mylord sagt vor dem wehren Sie sich wie vor einem Schelm der Sie plündern will. In Officiers Kleidung kommt man auf der Straß am besten fort. Halten Sie sich an Franzosen nie, an Engländer wenig. Ein Fremder ist bey der Nation immer mehr geachtet wann er selbstständig ist. Fast immer ist Post fahren oder besser noch die Cambiatura das wohlfeilste. Halten Sie sich anfangs keine Stunde unnüz auf. Je weiter Sie forttraben, je besser werden Sie die Zeit nüzen können. Hals u: Magen verwahrt. Den Magen bey der Hize nie überladen, u: das Eiß geflohen. Verzeihen Sie daß ich Sie überall als Poet ankünde. Es schadt nichts ich weiß wohl was ich thue. Wann Sie wieder kommen so wollen wir zu meiner Stärkung mein Promemoria zusammen durchgehen. Möchte unsere Ideen zusammen vergleichen. Schreiben Sie mir und solltens nur Zeilen seyn. Villeicht finden Sie in Meyland noch einen Brief von mir.
Bern d. 7 August 1777 εν πιστει. Lavater! ich bin hier in einem theuren Wirthshause und ohne Geld – und erwarte von Dir – daß Du mir gleich nach Ansicht dieses eine Louisd’or und einen Dukaten zuschickest Schiebst Dus einen Posttag auf, so gerath ich in Schulden und andern Händeln die noch schlimmer sind. Wie ich hie hergekommen, frag nicht, alles das läßt sich im Briefe nicht füglich sagen. – Ich hoffe Schlosser hat Dir für mich schon Geld von Weygandt zugeschickt; ists geschehn, so wieg ich Deinem Arm desto weniger, der mich in dem Fall in dem ich itzt bin, ganz allein stützen kann Ich werde nicht in Zürich bleiben können. Ausgenommen daß vor der Hand – meine Wirthschaftsumstände dort richten werde und mir deshalb ein acht Tage Aufenthalt in Deinem Hause ausbitten muß. Kanns aber nicht seyn so sags nur ohne Rückhalt,
    denn Du bist ohnehin geplagt genug.
Deine jetzige Hülfe aber muß ich haben, weil auf die Schleunigkeit derselben eine unendliche Menge Nebenumstände beruhet, die für mich eben sowohl von den besten als von den entsetzlichsten Folgen seyn könnten Lenz. Ich habe mich hinter Sitten von Hohenthal getrennt, von dem ich kein Geld habe nehmen wollen. Meine Adresse ist in der Krone zu Bern. Ich verlasse mich drauf, aufs späteste künftigen Donnerstag als den 14ten eine Antwort von Dir zu haben, wie mir Pestalotz der Jüngere, der diesen Brief mitnimmt, versichert hat. – Gegenwärtigen Zettel laß doch Bester – Kaisern – aber nicht dem Römischen –
    aufs geschwindeste
zukommen. Vielleicht will er meine Adresse, die ich ihm zu geben vergessen, alsdenn bitte sie ihm zu sagen. a rivederti.
Bern d. 9ten August 1777. Da bin ich nun durch wunderbare Schicksale und Abentheuer, mit denen ich Sie und Ihre Frau Gemalinn mündlich zu unterhalten gedenke – von meinem Reisegefärthen getrennt und habe vor der Hand statt Italiens noch nach Bern linksum gemacht, obschon ich bereits am Fusse des St. Plomb war; Hier leb ich immer noch als Ihr dreyfacher Schuldner – auch in Ansehung der schätzbaren Bekannten die mir Ihr Brief an Herrn Wilhelmi verschafft, in einer Stadt wo mir die Merkwürdigkeiten allein zwey Tage genommen haben. Mein glücklicher Stern waltet immer fort über meiner Reise und zu dem hoffe ich, daß ich Sie und Ihre verehrungswürdige Hälfte noch in diesem Monath – vielleicht gar auf einem der reitzendsten Berge in Zürichs Nachbarschaft, wohin ich künftige Woche abzureisen gedenke wiedertreffen werde. Ich hoffe Herr Pfarrer Lavater wird Ihnen den erneuerten Wechsel, zu dem mich Ihr gütiges Anerbieten in Schintznach dreist genug gemacht hat, zugesendet haben. Verzeihen Sie, Werther! einem Reisenden und noch dazu einem reisenden Poeten in dem Morgen seiner Autorschaft daß er mit der Genauigkeit die er wünschte und Sie fordern können nicht Termin halten konnte, auch bitte ich, meiner nicht zu schonen, sondern mir bei Bezahlung Ihres allzugütigen Darlehens, Handlungsprocente vorzuschreiben. Auch will ichs Ihnen lieber vorausgestehen, daß ich fürchte, die Bezahlung werde sich gar noch einen Monath nach dem zuletzt angesetzten Termin, aber gewiß nicht länger verziehen können (auf welchen Fall den ich noch nicht bestimmt vorhersehe, ich aber den Wechsel wenn Sie es verlangen umschreiben will) weil die Herren Buchhändler mit denen ich in Traktaten stehe weit von mir entfernt sind und die Remessen zuweilen nicht so prompt gehen als mans verlangt. Ich muß mich Ihrer Güte und Nachsicht in Ansehung alles dessen gänzlich überlassen, hoffe aber durch den Erfolg Ihnen zu beweisen, daß ein Dichter vielleicht mehr als jeder andere das Zutrauen seiner Freunde nicht zu mißbrauchen, sich verbunden fühlt. Herr Wilhelmi hat mir die angenehme Neuigkeit gesagt daß Sie den Kaiser in Ihrem Kamin gehabt, ein solcher Schinken fällt einem nicht alle Tage auf den Herd und ich gratuliere Ihnen und Ihrer Frau Gemahlinn zu einer Ehre, die der grand Voltaire mit großen Zurüstungen die er in Ferney gemacht, als ich in Genf war, und einem Compliment das eines starken Geistes würdig war, sich nicht hat erwerben können. Vermutlich wird er sich darüber, wie an unserm Herrgott, der ihm auch viel Streiche wieder seine Erwartungen gespielt haben mag, durch eine Plaisanterie zu rächen suchen. Möge der Himmel alle mögliche Koketterien um Sie verschwenden, Sie und Ihre Likoris noch in diesem herrlichen Monath zu einer Spatzierfahrt nach Zürich zu verführen. Oben auf dem Gipfel des Rigi werd ich Ihnen einige Anmerkungen die ich über Ihr der wolhtätigen Gesellschaft vorgetragnes allerphilanthropinischtes Projekt zu Pappier gebracht, vorlesen und wie mit doppelten Kräften so mit doppelter Achtung und Ergebenheit seyn Ihr zugewandtester Lenz. Hier, gnädige Frau, eine kleine Scharteke, in der ich mich an allen Ecken und Enden selbst abgemalt habe, zufrieden, wenn in unserm so Schmerz- als Scherzbaren Jahrhundert wo ein jedes unter und ausser der Last seiner Pflichten hinschleicht, als ob eine Welt auf ihm allein läge, ich meinen Freunden wenigstens ein wenig das Zwerchfell zu erleichtern im Stande bin. Ew. Gnaden gehorsamster Diener Lenz. Meine zweite Reise in die Schweitz war an neuen Gegenständen und sonderbaren Schicksalen noch mannichfaltiger als die erste. Vielleicht unterhalt ich Ew. Gnaden ein andermal damit. Sagen Sie Goethen, ich hab ihn zu grüssen von der Reise und den Leuten die ihn drin haben wieder sehn. Denken Sie sich lieben Freunde! einen Menschen der über Stock und Stein, über Berg und Thal durch dick und dünn nach Zürich kommt und überall hören muß Wären Sie ein Paar Tage eher gekommen, hätten Sie Herrn Sarasin und seine Frau hier angetroffen Ey doch! sag ich denn mit einem giftigen Lachen über mich selbst und mein Schicksal das mich auch keine Silbe von alledem wissen noch ahnden ließ, hätt ich sie wirklich angetroffen wenn ich eher gekommen wäre? Sie sind recht vergnügt gewesen, sie sind bey mir gewesen sagte Herr Geßner, sie sind bey mir gewesen sagt Lavater und erzehlt mir vieles zwischen den Kaiser und Ihnen sie sind hier recht lustig gewesen, sagt Herr Escher aus dem Vollenhofe – – und ich Ja und ich – der sogern Ihren Cicerone zum Rigiberg hinauf gemacht, Ihnen von dort herab die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit – – verachten gelehrt hätte gegen das was Sie da gesehen haben würden Kurz ich kann für Grimm kein Wort mehr schreiben Leben Sie wohl! Lenz. Kehren Sie indessen doch um Tausend Dank für Ihre beyden Briefe die mir als eine wahre Herzstärkung – jetzt erst von Schlosser zugekommen sind. Wie Freundinn fühlen Sie die Wunde Die nicht dem Gatten blos, auch mir das Schicksal schlug Mir der nur Zeuge war von mancher frohen Stunde Von jedem Wort aus ihrem Munde Das das Gepräg der innern Grösse trug Ganz von der armen Welt vergessen Wie offt hat sie beglückt durch sich Auf seinem Schooß mit Siegerstolz gesessen Ach und ihr Blick erwärmt auch mich. Auch ich auch ich im seeligsten Momente Schlug eine zärtliche Tangente Zur grossen Harmonie in ihrem Herzen an Mit ihrem Bruder, ihrem Mann Wie hob mich das Gefühl auf Engelschwingen Zu edlern Neigungen empor Wie warnt es mich bey allzufeinen Schlingen Daß ich nie meinen Werth verlohr Mein Schutzgeist ist dahin, die Gottheit die mich führte Am Rande jeglicher Gefahr Und wenn mein Herz erstorben war Die Gottheit die es wieder rührte Ihr zart Gefühl das jeden Mißlaut spührte Litt auch kein Wort, auch keinen Blick Der nicht der Wahrheit Stempel führte Ach diese Streng’ allein erhält das reinste Glück Und ohne sie sind freundschaftliche Triebe Ist selbst der höchste Rausch der Liebe Nur Mummerey die uns entehrt Nicht ihres schönen Namens werth. Wie wenn ich itzt mein künftig Glück beschriebe? Wie wenn mir das an Ihnen bliebe Fürtrefliche! was ich an ihr verlor Wenn mir die Seelige in der Verklärten Chor Sie selber dazu auserkohr? O womit dankt ich ihr und Ihnen Womit, womit könnt ich dies Glück verdienen? Der Freundschaft unverdächtig Glück Die nur dem Werth den sie am andern kannte Und seiner Dauer nur den liebevollen Blick Und mit ihm Himmelsfreuden sandte Ich muß abbrechen weil die Post eilt. Mein Lustspiel wird eine Weile ruhen müssen, bis ich wieder lustiger bin, denn ach wir armen Phantasten können uns so wenig selber Gesetze vorschreiben als sie von andern annehmen. – Erhalten Sie nur, ich flehe, die Gesellschaft in guter Laune, bis mir auch da etwas zukommt. Herr v. Hohenthal wird, hoffentlich nicht versäumt haben, Ihnen seine Aufwartung zu machen. Er kränkelt zu viel, als daß er wagen dürfte in der Hitze nach Welschland zu gehen. Tausend Empfehlungen von Ihren hiesigen Freunden insonderheit Lavater. Die ich Ihrer theuresten Familie gleichfalls von mir zu versichern bitte. Ich sollte freylich Ihre Briefe noch unbeantwortet lassen und (wie es meine löbliche Gewohnheit sonst ist) so lange unbeantwortet lassen, bis ich mich Ihnen und Ihrer Frau Gemalinn wieder mit Ehren weisen könnte, so aber möchten Sie denken, ich wäre schon auf meiner dritten Schweitzerreise und da ich doch würklich noch in Zürich bin, kann ich mit meinem Gewissen nicht fertig werden, Ihnen den Dahk den Ihnen unter einer Menge Zerstreuungen mein Herz für Ihre Briefe und die Bekanntschaft mit unsrer zweyten Aktrisse hatte, nicht weiß auf schwarz (oder schwarz auf weiß vielmehr) hinzusetzen. Ich habe zwar zwey schöne Stunden bey unserm Füeßli an ihrer Seite gesessen, da aber die Gesellschaft zu groß war, bey weitem nicht in die Beziehung mit ihr kommen können, in der billiger Weise der Lügner mit den Personen stehen sollte, die freundschaftlich genug sind seinen Lügen den Werth der Wahrheit zu geben. Auf den Winter hoffe ich diese Bekanntschaft besser anzubauen und wie glücklich würde ich mich schätzen, Ihnen, freylich nur mit dem Vorbehalt daß Sie selbst und Ihre Freunde dabei das beste thun! ein Paar düstere Abendstunden wegscherzen zu können. Wie beschämt ich bin Ihnen eine Mühe die für mich so vortheilhaft gewesen wäre, umsonst gemacht zu haben, mag Gott der DonQuixotischen Laune verzeyhen in der Hohenthal und ich unsere Reise nach Italien entwarfen. Indessen bitte mir diesen Brief nebst dem Codizill wenn ich dessen würdig, als ein Denkmal Ihrer Gesinnungen für mich aufzubewahren bis ich nach Basel komme. Herr Usteri hat mir das Compliment ausgerichtet und mich nicht wenig glücklich damit gemacht. Sagen Sie Ihrer Frau Gemalinn daß Mad. Im Thurm aus Schafhausen, ein Herz das ihrer Freundschaft würdig ist, mit nicht weniger Stolz mir einen Brief von Frau Gerichtsherr Sarasi gewiesen, in welchem ich um meiner Poetischen Eitelkeit die uns doch zur Begeisterung oft so noth thut wie das Wasser einem Mühlrade, den höchsten Schwung zu geben, mit Triumpf meinen Namen fand. Eine liebe Patientin die mir noch jetzt so oft von den allzukurzen Augenblicken erzehlt wo sie die Bekanntschaft Ihrer Lykoris gemacht, hat ihre neue Freundinn aus Schafhausen so sehr an ihr Krankenlager gefesselt daß sie in Zürich keinen Augenblick finden konnte nach Basel zu schreiben und sich dieses schmeichelhafte Vergnügen auf Schafhausen vorbehielt Uebrigens ist die hohe See der politischen Angelegenheiten jetzt in Zürich ein wenig unruhig, der Tod des Statthalter Eschers und die Unzufriedenheit der Bürger mit der langen Verzögerung der Berathschlagungen des Magistrats mit ihnen über das Geschäft zu Solothurn, haben auf dem Rathhause in den Tempeln und in der Stadt manche Bewegungen verursacht, die mir als einem auflauernden Zuschauer und vielleicht einstigen epischen Dichter über Schweitz und Schweitzer
    angelegenheiten,
ausserordentlich interessant waren. Leben Sie glücklich und empfehlen mich Ihrer theuersten Frau Gemalinn als Ihren in höchster Eil ergebensten Zürich. d. 16ten Septbr. 1777. Lenz Tausend Empfehlungen von Lavatern
Ist es nicht eine Unglück theuerste Frau, daß ich Ihnen in einer Todesangst von Eile schreiben muß, da ich den bösen Füeßli nicht eher als eine kleine Weile vor Abgang der Post antreffen konnte. Die gegenwärtigen Bürgerlichen Unruhen in denen er eine Hauptrolle spielt, da er mit in der besonderen Commission gesessen, haben ihn, wie er sagt, ganz untüchtig gemacht an Sie zu schreiben, ich soll das gut machen, aber wie, da ich für eigene Sünden genug zu büssen habe. Künftige Woche setzt er sich hin, für Sie zu arbeiten und ich – stecke künftige Woche vielleicht in Appenzell. Wer wird mein Advokat seyn, daß ich solange anstehe, Ihnen meine Schuld abzutragen. Niemand als Ihr Herz das wenn es auch nicht sieht woran es liegt, doch glaubt daß es an zwingenden Hindernissen und weder an meiner Bereitwilligkeit noch an meinem Ernste gelegen. Ich bin ein Fremder, wie Schlosser sagt, unstet und flüchtig und habe soviele die mit mir unzufrieden sind. – Wenn Sie doch diesem guten unglücklichen durch einen Gruß das Herz ein wenig erleichtern könnten. Er kommt aufs Frühjahr in die Schweitz Frau Lavatern hat eine schlimme Woche gehabt, sehr gerührt von Ihrer Theilnehmung grüßt Sie Millionenmahl. Ich habe wahrlich keinen Augenblick länger, darf ich – doch alles das bleibt bis auf den nächsten Brief den ich Ihnen in einer glücklichem Lage meines Kopfes und Herzens schreiben werde. Hier ist Hn. von Hallers Silhouette statt der Meinigen, die wie alle meine Schulden noch folgen soll. Tausend Empfehlungen Ihren Kleinen und Herrn und Me. Hagenbach. Der Magen? Ey seit wenn. Im nächsten Briefe folgt ein Rezept dafür und eine Vorschrift die Linien Ihrer Hand zu studiren. Lenz Zürich. D. 28sten Sptbr. 1777. Hochedelgebohrner Herr Insonders hochzuehrender Herr Rathsschreiber Nur zu lange habe ichs anstehen lassen Ihnen mein verehrungswürdiger Freund und Gönner für alle Ihre mir in und ausser Basel erzeigten Gütigkeiten schriftlich meinen verbindlichsten Dank abzustatten, da ich mir diese Genugthuung bey meiner Unschlüssigkeit in Zürich zu bleiben, immer Persöhnlich vorbehielt. Die Personen an die Sie so gütig waren mir und Hn v. Hohenthal Adressen mitzugeben, der bey seiner Rückreise seine Aufwartung zu machen nicht ermangelt haben wird, verdienen in der That alle Aufmerksamkeit und Achtung der Reisenden, besonders Herr Tscharner in Rolle, von dem wir viele Gegenempfehlungen zu versichern haben. Herr Schmidt in Nion ist vollkommen so, wie Sie ihn beschrieben, doch hat sein lichtbraunes Auge bey all seiner Schüchternheit einen weiten Blick. Mein gegenwärtiger Aufenthalt in Zürich wird mir täglich interessanter und ich werde mich genöthigt sehen ihn zu verlängern, wenn ich alle die Vortheile daraus ziehen will, die er mir in mehr als einer Rücksicht anbietet. Die Nachbarschaft der kleinen Cantons macht ihn mir, solange die Witterung noch günstig, doppelt so wichtig und die Persöhnlichen Bekanntschaften die sich hier wegen mehrerer Zerstreuungen langsamer machen, sind desto anziehender, je länger man sie kultivirt. Die Streittigkeiten unter den Gelehrten sind ein blosser Nebel den unbehutsame Reisende durch herausdämpfung ihrer Eigenliebe um sie herumgezogen und der verschwinden würde so bald jeder sein ganzes Verdienst kennte. Das meiste aber wie gesagt, in diesem Zauber- und Schwindeltrank ist von Fremden hineingemischt, denen ich bey Gelegenheit eine kleine Lektion zu geben hoffe, damit sie uns andern die weniger Extrapost reisen, das Spiel nicht verderben Herr Brydone soll, wie mir Herr Geßner sagte, in Lausanne an Briefen über die Schweitz schreiben, ohnerachtet er in Zürich nur einige Tage gewesen. Vielleicht wissen Sie mehr davon. Der Reichthum seines Witzes und Phantasie kann uns freilich für vieles wahre entschädigen, das indessen doch auch seinen anderweitigen Werth behält. Von den hiesigen Unruhen werden Sie anderweitige Nachrichten haben, die ein Fremder nie mit der Gründlichkeit geben kann. Soviel dünkt mich, daß ein Kopf doppelt so wichtig seyn muß, der
    Plane
in Republicken ausführen will und dieser Kopf dünkt mich ist an der Spitze der Züricherregierung, auf dessen persöhnliche Bekanntschaft die ich in dieser Woche noch machen soll, ich mich zum voraus wo nicht Physiognomisch, doch Physiognomik ahndend freue. Daß Herr Lavater in einem Allmanach von Prof. Lichtenberg aus London angegriffen worden, wird Ihnen vielleicht baldigst bekannt werden. Desto besser fürs Publikum das mit seiner Gegenantwort hoffe ich zufrieden seyn wird. – Er hat neulich ein trefliches Christusgemälde von
    West
aus England zum Präsent erhalten, über die Worte: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder etc. Ich habe mich daran nicht satt sehen können, in den nächsten Band der Physiog. kommt ein Stich davon Das wären unsre hiesigen Neuigkeiten, erlauben Sie mir daß ich mit einer Bitte beschliesse. Hr. Geßner hat mir gesagt, es existirten noch eine ganze Sammlung von Briefen des seel. Kleist, die durch einen Kaufmann in Ihre Hände gekommen in Ihrer Verwahrung. Nicht um die Beziehungen die diese Briefe auf die Schweitz haben können, sondern nur um des Persöhnlichen willen, das von dem Charakter und Meinungen dieses mir aus hundert Ursachen doppelt wichtigen Dichters darinne durchscheinen muß, wünschte ich sie zu sehen und zu studiren. Ich wollte diese Neugier gern bis Basel zähmen, wenn nicht andere dringende Ursachen mir die Ansicht
    dieser Briefe in Zürich
wünschbar machten. Ich verspräche Ihnen wenn Sie es verlangten die heiligste Verschwiegenheit und Geheimniß mit diesen Briefen an Eydes statt. Er hat sich hier eine Zeitlang aufgehalten, wie er gesehen hat, wünschte ich zu sehen und das gleichfalls aus Ursachen die ich Ihnen nur erst in der Zukunft besser erklären kann. Herr Gerichtsherr Sarasi wird die Gütigkeit haben diese Briefe wenn Sie sie mir auf einige Wochen anvertrauen wollten, in Bürgschaft zu nehmen. Nach gehorsamsten Empfehlungen an die Frau Gemalinn und verehrungswürdiger Familie verharre Dero ergebenster Diener Lenz.
Ich sässe jetzt schon zwischen den Bergen von Marschlins oder in einem Tobel von Appenzell, wenn mich nicht die bürgerlichen Unruhen in Zürich zurückhielten. In der That wird der politische Himmel hier alle Tage merkwürdiger für einen Beobachter der Menschheit und ich musste mit Recht fürchten, dergleichen Gelegenheiten für einen dramatischen Spührhund in meinem Leben nicht wieder zu finden, wenn ich diese um des Hn. von Salis willen, den ich hauptsächlich unserm Freunde Pfeffel zu gefallen besuchen wollte, fahren liesse. Meine Reise in die Trümmer des Philanthropins bleibt also vor der Hand noch aufgehoben. Daß Sie von mir Schweitzerneuigkeiten verlangen und Schweitzerneuigkeiten die vielleicht von grösserm Einfluß aufs Allgemeine seyn werden, als hundert es zu glauben scheinen, hat meine Eigenliebe an dem empfindlichsten Fleckgen gekützelt. Nur Bester! glauben Sie nicht, daß ohngeachtet ich Freunde unter den Whigs und Tories habe (so nennt man hier die beyden Partheyen) mir nicht noch unendlich vieles verborgen bleibe, weil man leyder! welches ich sonst nur in den Monarchien zu finden glaubte, auch hier nicht gegen einander mit offenen Karten spielt – und dadurch unter uns, die Sachen nicht wenig
    verschlimmert
werden Darf ich Sie um Verzeihung bitten, daß ich Sie mit einem Päckchen für Hn. Schlosser beschwere. Vielleicht gibt es Gelegenheit, ein Paar Zeilen von Ihrer Hand hinzuzufügen und in seiner gegenwärtigen Lage muß ich auf alle mögliche Gelegenheiten passen, ihn glücklich zu machen. Es wird Ihnen nicht fremd seyn, daß die Zünfte, nicht mit dem französischen Geschäft selbst, sondern nur mit der Art, mit der man darüber mit ihnen zu Rath gegangen, gleich Anfangs ihre Unzufriedenheit bezeuget und da man auf ihr Ansuchen den Punkt in dem geschwornen Brief näher zu bestimmen, wenn und wie dergleichen Sachen vor dem Rath auf die Zunft gebracht werden sollten, mit Stillschweigen geantwortet erst in geringer Anzahl die sich aber bald bis auf 250 vermehrte ein Memorial aufgesetzt in welchem sie halb als getreue Kinder halb als gebieterische Gesetzgeber die Bestimmung dieses Gesetzes verlangten. Diese 250 aber hatten wie die Thebaner die sich den 30 Tyrannen wiedersetzten, ihre geheimen Anhänger in der ganzen Stadt, so daß in kurzer Zeit ihre Anzahl auf 1000 und am Ende für die gemeine Masse der Bürgerschaft geschätzt wurde, unter denen nur noch sehr wenig Rechtgläubige übrig blieben. Hierauf erfolgte nothwendiger Weise die Aufmerksamkeit des Magistrats, man fieng mit der Geistlichkeit an, die aber von den Kanzeln wie es gemeiniglich geht nur das Feuer heftiger anbließ, so daß man sie zwang, ihre Predigten herauszuliefern man fuhr fort sie in einem Bescheid zum Frieden zu ermahnen, den Weg des Memorials zu verrammeln und ihnen anzudeuten, sie möchten ihr Ansuchen durch Representanten dem Wortführenden Bürgermeister mündlich vortragen, dies geschah; dabey wurden die besondern Versammlungen der Mißvergnügten immer mehr, in denen ihr Muth und ihre Festigkeit in dem Grad zunahmen, daß der Magistrat einen Rathstag hielt, der bis Nachmittage währte und worinn eine Commission aus dem geheimen Rath, sechs grossen und sechs kleinen Räthen bestellt ward diese Händel zu schlichten. Diese Commission in der eben soviel Bürgerfreunde, als Esprit de corps waren, theilt sich wieder und ward noch ein Ausschuß davon niedergesetzt, der dann endlich eine öffentliche gedruckte Erklärung an die Bürgerschaft beschloß, die vom grossen Rath der abermals bis 3 Uhr Nachmittags versammelt war, genehmigt wurde, in der den Bürgern die Ursache des Verzugs der Deliberation mit ihnen angedeutet, ihnen auf die Zukunft alle mögliche Versicherungen ihres unbeschadeten Einflusses auf dergleichen Deliberationen gegeben und sie mit den höflichsten Worten zufrieden gesprochen wurden. Wie es aber bey alle dergleichen Sachen geht, daß je weiter man kommt, je weiter man hinaus will und immer glaubt noch nichts erhalten zu haben, wenn man alles erhalten hat – weswegen ich einem klugen Obern gerathen haben wollten, immer öffentlich weniger zu bewilligen als er wirklich zu bewilligen gesonnen ist – so geht es auch hier. Die Bürgerschaft ist ganz und gar mit dieser Erklärung nicht zufrieden und haben sich 14 Tage Bedenkzeit ausgebethen, vermutlich mehr um Anstalten zu Gegenvorstellungen zu machen als um sich zu bedenken, wozu man ihr 14 Jahre geben könnte – mittlerweile werden die einzelnen Stimmen der Opposition immer lauter, die Animositäten in Gesellschaften gegen Personen des Raths immer unverdaulicher und man spricht gar von ähnlichen Erscheinungen bey dem Landvolk den ganzen See entlang, welches denen die den Gang solcher Sachen einwenig kennen, bedenklicher vorkommt als dem grösten Theil von denen selbst die am meisten auf ihrer Hut seyn sollten. In 14 Tagen wird sich viel entwickeln wovor mir als einem Fremden banget, da zur Beendigung dieser Sache in den erhitzten Parthieen auf beyden Seiten, die beyde,
    grosse
Köpfe an der Spitze haben, noch keine Aussicht auch in der neblichtsten Entfernung sich weiset. Die Bürgerschaft scheint es, möchte bey nichts weniger aufhören wollen als bey einer Revolution, der Rath hingegen möchte gern Ausnahmen zur Regel machen und einen Schritt den er nur durch geheimnißreiche dunkle Ausdrücke von Nothwendigkeit der Umstände und wichtigen Staatsursachen entschuldigt, oder vielmehr der Entschuldigung ein für allemal überheben will, zur Bestimmung und Erleuterung des im Gesetz strittigen Punkts einsetzen. Sie sehen wie Ewigkeitenweit beyde Theile auseinander gehen, verhüte mir der Himmel der über das Schicksal des Schweitzerlandes von jeher gewacht hat, die Mittlerschaft eines dritten. Ich würde Ihnen die gedruckte Deklaration des Raths an die Bürger zusenden, wenn es mir möglich gewesen wäre, eine davon einem Bürger abzuschwatzen. Wäre sie vortheilhafter, so hätte ich sie ohne Fehl erhalten, so aber da sie nach ihrem Ausdruck nur lirum larum enthält, ward mirs aus einem besandem point d’honeur rund abgeschlagen. Auch muß ich Sie um meiner Zürcherbeziehungen willen bitten, diesen Brief nicht bekannt zu machen, damit er nicht etwa gar in einem Journal mich und all meine Freunde rasend macht, wie es wohl neulich ein Brief aus Basel, der sich weiß der Himmel wie ins deutsche Musäum verirrt hat, beynahe gethan hat, dessen Verf. auch was gescheuters hätte thun können als den armen Lavater fast mit allen Zürchern zusammenzuhetzen und in einer Zeit, wo das nur noch zu der allgemeinen Gährung fehlte. Ich sehe mich gezwungen diesen Anonymus öffentlich auf die Finger zu klopfen, da ich sonst wahrlich kein Mittel weiß Lavater und mich, die beyde mit am Teutschen Museum gearbeitet, ausser Verdacht zu setzen. Wenn Sie ihn kennen, so melden Sie mirs und warnen ihn doch ja, gescheut zu seyn und sich nicht merken zu lassen daß er Verf. zu einem Briefe sey der seiner Klugheit so wenig Ehre bringt, um nichts mehr zu sagen – Jetzt Theurester komm ich auf Ihre Frauenzimmerschule – der Himmel lasse Sie ganze glückliche Geschlechter aus dieser Pflanzung erleben und die schönsten Mädgen aus diesen müssen dereinst ihr Grab mit Rosen bestreuen – nur Freund! bedenken Sie daß ein Project die allerwichtigste – oder die allernichtswürdigste Sache auf Erden ist, wenn es ausgeführt wird – oder steken bleibt. Das war nun bey einem Sarasi freylich eine sehr überflüssige Erinnerung und muß mir verziehen werden, so wie meine ganze Existenz. Ich Ihnen aber darüber eine Abhandlung schreiben Freund! wo denken Sie hin, ich, ein Mensch der weder Vater noch Mutter Bruder noch Schwester – geistlicher weise mehr hat, kein Weib noch Weibesart hat u. s. f. auch niemals eins hoffen darf: Ich eine Abhandlung über die Frauenzimmerschule, gehts mir doch damit, wie den Gelehrten in Klims Unterwelt, die grosse Abhandlungen über den berühmten Kometen schrieben, den sie endlich in der Person des Hn. Klim selber vor sich sahn. Mit alledem, weil auch aus dem Munde der Unmündigen die Wahrheit bisweilen an Tag kommt, will ich Ihnen nicht verhehlen, daß selbst bey der Untersuchung der hiesigen Frauenzimmerschule und bey allen Frauenzimmerschulen in der Welt, mir für einen höchstwichtigen Punkt der Frauenzimmer nicht gesorgt zu seyn scheinet und dieser ist – ihr Physisches. Wie viel in dem Glück der Ehe, in der ihnen selbst so nöthigen Gemüthsheiterkeit, und hauptsächlich in der Kinderzucht darauf ankommt, brauch ich Ihnen nicht zu sagen. Mich dünkt eine Frau bedarf in aller Absicht eines stärkern, zu mehr Leiden abgehärteten Körpers als ein Mann – und nun nehmen Sie unsere meisten wohlerzogenen gelehrten, kranken Damen in Paris in Baumwolle eingewickelt und die kraftvolle Nachkommenschaft die von ihnen zu etwarten steht. Freund ich habe. es erfahren was es heißt von seinen Eltern mit körperlichen Kräften ausgesteuert seyn, oder sich in dem Stück über sie zu beklagen haben. Die meisten Leibesbewegungen die sich unsere Damen und Mädchen erlauben sind, das Gehen. Da dieses aber eigentlich nur eine Bewegung der Füsse ist, so ist sie im Grunde kein
    Tragen, tragen
müssen Ihre Mädchen alle Tage eine Stunde, Winter und Sommer und die Schönheit ihrer Haut ihrer Taille ihrer Glieder wird sich bis auf die Enkel des 1000sten Gliedes fortpflanzen. Ich habe keine schlankeren stärkeren gesunderen und schönern Geschöpfe gesehen als die Milchmädchen um Strasburg und das weil diese Stellung ihren ganzen Körper so vollkommen harmonisch stimmte daß jede von ihnen ein Modell hätte zu Akademieen geben können. Denken Sie was hilfts einer Frau wenn sie der Ausbund aller Eigenschaften
    eines Engels
ist und ihr fehlt das was sie alleine zum
    Menschen
macht. Und beurtheilen Sie nur ja nicht die weibliche Gattung unsers Jahrhunderts nach einer gewissen Ausnahme, die, ihr Magen mag beschaffen seyn wie er wolle, auch in dem Stück Ideal ist. Uebrigens wünschte ich auch ebensowohl daß von der frühsten Jugend an die Kochkunst ein wenig eifriger mit ihnen getrieben würde. Nicht daß sie einmal selbst kochen lernen, sondern daß sie alles wissen was zu einer guten Suppe gehört. Die gehörige Temperatur der Gewürze, die Abänderung der Gerichte nach den Jahrszeiten, die Planmacherey zum wohlfeilsten Einkauf der dazu gehörigen Provisionen sind doch wirklich die Fundamente einer guten Haushaltung, allzuoft der Gesundheit der Eltern und Kinder, und des ganzen Ehelichen Glückes. O wenn doch die mehrsten französischen Damen dafür weniger Griechisch und Briefstyl wüßten, weniger neue Bücher gelesen, weniger Preise für die tiefsinnigen Akademisten in Paris ausgetheilt hätten! Sollte ich zu irgend einer Kunst oder Wissenschaft bey Ihren Frauenzimmern rathen, so wär’ es das Zeichnen. Bey Blumen fiengen sie an und hörten bey Rissen aus der Baukunst auf; wohin ich auch die Gärten rechne. Da ist die eigentliche Sphäre des Geschmacks der Damen, aus der sie auf den unsrigen so allmächtig einwirken können, eingewirkt haben und einwirken werden. In der innern Einrichtung eines Hauses liegt die Seele alles unsers Glücks, der Keim aller unsrer Gefühle, Jugendeindrücke deren Gepräge uns bis ins späteste Alter bleibt. Ein unregelmässiges Haus macht unregelmässige Köpfe und Mangel des Geschmacks im Meublieren der Zimmer wirkt Zerstörungen in den Seelen der Kinder die oft durch Erfahrungen eines ganzen Lebens nicht wieder können zurecht geschraubt werden. Musik ist so unentbehrlich nicht, obschon ich wünschte daß diejenigen die Neigung dazu hätten, früh dazu an- gehalten würden. Alle aber müssen leidlich singen lernen. Warum wollte man dem Frauenzimmer nicht auch lehren sich auf eine eigene, ihnen anständige Art zu putzen. Ich hoffe darüber an einem anderrn Orte was zu sagen, besonders was die Schweitz betrifft. Die Nachäffung der fremden Moden würden alsdann wegfallen und alle giftige Folgen derselben auf die Sitten den Leichtsinn und die Weichlichkeit. Dieser Putz aber müßte überdacht seyn, auf Klima, Landesprodukte und besonders auf den Geschmack der jungen Schweitzerherren berechnet, denn ein Frauenzimmer das sich um Gottes willen putzt, ist ebenso ein unnatürliches Ding als eine die Arabisch spricht wie Madam Reiske. Mag es doch den lieben Kindern selbst aufgegeben werden über ihre Moden zu raffiniren, zu poetisiren wie sie wollen und alsdann passiren die Erfindungen die Censur ihrer Lehrerin. Die Bekleidung der Griechischen Statuen könnte bey einer gewissen Art von Kleidern, z. E. Nachtröcken, sehr gut zum Muster angenommen werden, das übrige überläßt man ihrem Genie. Darum wünscht ich auch sehr daß ein Frauenzimmerfreund eine auserlesene Sammlung guter Statuen in ihre Schule verehrte – es sind hundert Ursachen mehr warum ich dieses wünschte. Die Imagination Ihrer Schönen verliert sich, vergißt sich auf den schönen Formen – und wohl Ihrem Vaterlande, wenn sie sich daran vergißt. Eine harmonische Gestalt kann aber so wenig eine schlechte Seele herbergen, als ein wohlgestimmtes Instrument das Geschnarr einer verstimmten Zither hervorbringen mag. Tanz – und um Gottes willen lassen Sie keinen Prediger sich in Ihre Anstalt mischen, es giebt wenig Lavaters – – auch der Tanz muß früh mit ihnen getrieben werden. Wär es auch nicht weiter als um die Begriffe von Tackt und Ordnung in ihre Seele zu bringen – in denen sich die Welt dreht. Was hilfts aber wenn du die ganze Welt gewönnest und littest Schaden an deiner Seele, hättest kein Zeitmaas und kein Verhältniß darinn – – steht ja in der Bibel selber. Rechnen lassen Sie sie doch ja nicht anders lernen als nach
    Aufgaben aus der Haushaltung.
Sonst heißt das wirklich wieder sie Hebräisch lehren. Ich weiß Frauenzimmer, denen bloß wegen der abgeschmackten abstrakten Methode des Herrn Peschek, das Rechnen auf ihr Lebtage verleidet ist. Und wer kann es ihnen verdenken, sind sie doch dazu nicht geboren. Wenn man sagt, das schärft den Geist, so möcht ich die Ohren zuhalten und lauffen soweit der Himmel blau ist. Daß man doch immer vergißt, daß ein Frauenzimmer das Pretension auf Verstand macht, das unliebenswürdigste und furchtbarste aller existierenden Dinge ist. Und wozu anders soll sie sich mit unwesentlichen Zahlen plagen, die sie um all ihre Reitze und den Mann um ihr sein ganzes Glück bringen. Selbst Addition Subtraktion und die fünf Species darf sie nicht anders treiben als nach Aufgaben wie sie im gemeinen Leben vorkommen. Dazu find ich die kleinen Details unvergleichlich die Usteri in seiner Schule hat, von Stücken die in die Haushaltung gehören. Naturhistorie, Kenntniß von
    Pflanzen
und
    Thieren
auch Mineralien ist ihnen wohl
    unentbehrlich
, sowie die anatomische Kenntniß des Menschen, ohne der sie elende Kinder erziehen werden. Bedenken Sie wieviel in den ersten Jahren der Bildung von ihnen allein abhängt. Wieviel selbst in der Zeit von ihnen abhängt da das ganze Schicksal und das Leben des Kindes selbst als ein Depositum in ihrer Verwahrung liegt und wo über ihre Aufführung gegen dasselbe – auch durch Gedanken und Regungen der Seele die oft nur zu sehr auf ihren Foetus wirken, kein menschlicher Verstand entscheiden darf. Alle übrige Wissenschaften können Sie entbehren. Kleine Unwissenheiten in der Historie in der Geographie reitzen oft mehr als die Schönflecken. Wenn sie nur das Allererste davon wissen. Man muß ihren Männern auch was übrig lassen. Aber so habe ich Sie ja fast zu Tode geplaudert aber Sie wollten es so haben. Ich darf nicht um Verzeihung bitten die Schuld ist Ihre. Behalten Sie mich lieb und empfehlen mich Iseli. Lenz Brauchen Sie was zu brauchen ist – wo nicht für Ihre Schule so zu – anderem Gebrauch. Das Pappier ist einmal besündigt. Ich muß noch ein Blatt nehmen. Sehen Sie, welch eine Ruthe Sie sich auf den Rücken gebunden haben. Nehmen Sie diesen Brief per dosin ein – sonst ist er verloren. Schlosser wird Ihnen theurester Herr Gerichtsherr! nächstens etwas für mich schicken, von an dessen schleunigen Empfang (obgleich es nur Pappiere sind) mir ausserordentlich viel liegen wird. Wollten Sie die Gütigkeit haben, es durch die erste Gelegenheit zu mir her zu spediren, sollte er aber Ihnen meinen Coffre schicken, mir Nachricht davon zu geben, damit ich Sie bitten kann mir das was ich brauche, herauszunehmen; denn ich denke wirklich nicht den Winter hier zuzubringen, worüber ich mich in dem Briefe an Dero Frau Gemalinn näher erklären werde. Noch eins. Ich höre von Herrn Rathsherrn Geßner, Herr Rathschreiber lselin habe noch eine Sammlung origineller Briefe des seeligen von Kleist, Dichter des Frühlings liegen. Ich würde diesen vortreflichen Mann, dem ich noch in Ansehung meiner Reise im pays de Vaud soviel Erkenntlichkeit schuldig bin, in einem Brief um die Mittheilung derselben ersuchen, wenn ich es nicht für besser hielte, ihm lieber gar nicht zu schreiben und die Schuld meiner Verbindlichkeiten gegen ihn bis zur höchsten Höhe aufsummen zu lassen, als in der Eile in der ich gegenwärtig bin meine Correspondenz mit einem so würdigen Freunde mit einem Gesuch anzufangen– wiewohl er hoffentlich beyliegenden Brief, wenn Sie ihn ihm selbst einhändigen, besser aufnehmen wird. Vielleicht händigt er Ihnen die Briefe ein, um die ich ihn ersuche; wollten Sie alsdenn so gütig seyn sie gleichfalls mir aufs geschwindeste zu übermachen, ich bringe sie aufs heiligste wieder ungekränkt nach Basel zurück und einen Dank der nicht endigt Ihnen und unsern lselin zum Ersatze. Die Absicht wozu ich diese Briefe brauche können Sie sich beyde nicht vorstellen, könnt ich Ihnen beyden auch nicht begreiflich machen, da ich sie mir selber nicht in Worte fassen kann genug mir
    liegt unbegreiflich viel daran.
Meine beste Empfehlung wenn Sie ihm schreiben unserm Freunde Pfeffel und allen die sich in Basel meiner erinnern. Heben Sie meinen Brief doch auf. Es könnte seyn daß ich mir ihn in Basel wieder einmal von Ihnen ausbitten müßte, um verschiedene Erinnerungen hinzuzuthun. Hn. von Mechel gleichfalls meine besten Empfehlungen. Ich habe herzlich gelacht, über die Erzehlung eines Herrn aus Solothurn, der sagte daß er beym Rheinfall einen doppelten Adler mit dem Kayser gemacht. Diesen Kupferstich hätt ich sehen mögen u. drunter schreiben Das geht nur beym Rheinfall an
Bester Freund! ich erwarte mit nächster Post auf Zürich unter Herr Lavaters Adresse das Blättgen
    Ueber die launigten Dichter“
zurück, um Ihnen etwas bessers dafür über denselben Anlaß in die Stelle zu schicken. Sie haben durch das letztre Musäum einige Dissonanzen angeschlagen die ich wohl durch einen öffentlichen Schritt werde aufzulösen gezwungen seyn, weil ich sonst wenigstens solang ich in der Schweitz bin, Ihnen nichts mehr schicken dürfte. Lassen Sie also dadurch Ihr Zutrauen zu meinem Willen sowohl als Vermögen (welches in gewissen Fällen wenn man nicht abgewogen quid humeri valeant noch schlimmer ist.) nicht irre machen. Viele Empfehlungen Hn. Zimmermann. Ich habe Tissot in Lausanne gesprochen der mir leyder viel vergebliche Fragen seinethalben gethan hat. Einen Landsmann von Ihnen sprach ich hier, der Ihnen auch manches von hier erzehlen kann, worüber ich mich jetzt nicht auslassen darf. Ihr Freund Lenz. Zürich d. 29sten 7br.
Den 10. 8br. 1777. Ich befinde mich nicht wohl, lieber Freund! und will deßwegen Morgen eine kleine Reise zu Hn. von Salis thun. Füeßli war sehr gerührt über das Lob das Sie ihm beylegen. Herrn Rathschreiber Iselin bitte doch gelegentlich zu sagen, die Briefe die Herr v. Kleist empfangen haben könnte, würden mich eben so sehr interessiren, da überhaupt sein Leben selbst unter seinen Verwandten mit denen ich in Verbindung stehe viel zu wenig bekannt ist. Er wird mich dadurch ungemein verbinden. Was Küttner anbetrift, so muß ihm die Bekanntmachung eines Briefs aus seinem Portefeuille eben so unangenehm seyn, als mirs vorkommen würde, wenn man Particularbriefe von mir ohne mein Wissen drucken liesse. Er wird am besten thun, wenn er ganz stille dazu schweigt, es ist des Lärmens ohnehin genug. Hier folgen die verlangten Silhouetten mit den wärmsten Empfehlungen von dem mit Geschäften überladenen Lavater und seiner erst matt aufkriechenden Frau. Ihrer Frau Gemalinn aber in dem Zustande zu schreiben in dem ich bin, wage ich nicht. Dürft ich um Ihre beyden Silhouetten bitten, Lavater will sie mir nicht geben. Wohl Ihnen daß Sie mit Ihrer neuen Anstalt nicht so poetisch anfangen, wie der arme Salis den ich itzt besuchen will und der letzt hier war. Pfeffeln einen Kuß für mich, Herr Peil hat mir mit seinen Erzehlungen von Colmar viele Freude gemacht, besonders bey Geßnern wohin ich ihn führte u. wo er recht in der Laune war. Ist Schlosser bei Pfeffeln gewesen und in welcher Laune? – Seyn Sie so gütig mich darüber zu berichten. Hier in Ermangelung eines Liedgens an
    „Ihr Weib und Schinznach“
das ich schuldig bleibe bis Cörper und Gemüth bey mir in bessern Umständen sind – – (den Vornahmen der ersteren möchte’ ich mir doch ausbitten) ein Liedgen auf Schlossers jüngstes Kind. Lassen Sie sichs wohl seyn, der Himmel hat noch viel für Sie aufgehoben. JMR Lenz. Kaufmann muß allem Vermuthen nach hieher unterwegs seyn, es sind schon Briefe für ihn da. Er hat viel Ungemachs erlitten, Seesturm u. s. f. Willkommen kleine Bürgerin Im bunten Thal der Lügen! Du gehst dahin, du Lächlerin! Dich ewig zu betrügen. Was weinest Du? die Welt ist rund Und nichts darauf beständig. Das Weinen nur ist ungesund Und der Verlust nothwendig. Einst wirst du, kleine Lächlerin! Mit süsserm Schmerze weinen Wenn alle deinen treuen Sinn Gott! zu verkennen scheinen. Dann wirst du stehn auf deinem Werth Und blicken, wie die Sonne Von der ein jeder weg sich kehrt Zu blind für ihre Wonne. Bis daß der Adler kommen wird Aus fürchterlichen Büschen, Der Welten ohne Trost durchirrt – Wie wirst du ihn erfrischen! Viel Empfehlungen Ihren kleinen Eydgenossen in Pumphosen. Auch deren Namen schreiben Sie mir doch einmahl auf. Ich bitte die Verse nicht weiter zu weisen.
Hier lieber Sarasi sitz ich wieder an La-Vaters Tisch, darf mit seiner Feder an Sie schreiben, einen Gruß an Sie schicken, obschon er Ihren Brief nicht gelesen. Ihre Anmerkung über meine Silhouette hat mich traurig gemacht. Freylich muß ich suchen mich noch besser kennen zu lernen. Ich komme aus Marschlins wo ich nichts als Ruinen und so dann aus dem Valtelin, wo ich den Minister Salis fand. Von da über Bergen Gottes zurückeilte Bernina und Julier, in das Glarnerland, wo wieder, so wie überall, so viel Gutes und Böses durcheinander liegt. Immer Schauplatz, um Engel darauf handeln zu sehen und die handelnden Personen – grossentheils Teuffel, auch oft in Lichtsgestalt. – Wollten Sie so gütig seyn und den Coffre den Herr Schlosser mir geschickt hat, so gleich aufmachen und ein versiegeltes Buch an Herrn Lavater herausnehmen, das er ausserordentlich nöthig braucht. Sie sind so gütig es aufs schleunigste hierher zu übermachen mit reitender oder fahrender Post wie es am schnellsten geht. Ich habe keinen Augenblick weiter zu versäumen, die Post geht ab. Lenz Verzeyhen Sie die Eilfertigkeit. Verse künftig und viel Empfehlungen auch Pfeffeln u. Lersen Mein Lieber Lentz Ihr werthes kleines Briefgen hat mich aus vieler Unruh herausgerißen dan Ihre Berg Reiße und das kalte Wetter und daß ich dazu gerathen hat mir rechtschaffen bange gemacht Da Sie nun aber in Sicherheit ausert unserem gesegneten Land wider in der Christenheit sind so darf ich desto ehender frisch von der Leber weg mit Ihnen reden. Sie sind mir ein feiner Man. Sie haben Aufträge, Sie haben Absichten bey Ihrer Reise, und Sie sagen mir kein Worth davon. Etwas habe ich geargwohnt deswegen geargwohnt weil Sie mir von Ihrem Besuch bey dem Hn Bawier zu Chur nichts gesagt. geargwohnet weil mich die Verräthereyen vieler Halbfreunde besonders Grewens schreklicher Mißbrauch meines offen Herzens, gegen jederman mißtrauisch gemacht. Ich war denoch mehr als Zehen mahl auf dem Sprung mein Herz in Ihren Busen ganz auszuschütten dan ich leide unausstehliche Höllenpein, Höllenpein, bey der mir von Gott (kan ich das ohne Lästerung denken) oder von Menschen auferlegten Nothwendigkeit verschlossen seyn zu müssen. Genug – wir haben einander noch vieles zu gestehen und zu verzeihen. fangen Sie an mir zu sagen was Sie vor Absichten vor Aufträge bey Ihrer Reise gehabt haben mir zu erklären was die Vorwürfe bedeuten ich habe meine Undernemung bis dahin ohne Gott ausführen wollen und dan will ich mich Ihnen ganz zeigen so wie mich Gott kent und wie Sie mich am Tag des Hn. sehen werden. Biß wir so weit sind sende ich Ihnen keine Geschicht des Philanthropins, es würde ihr immer die unnachahmliche unauslöschliche Phisionomie der Wahrheit fehlen, dan wan ich Ihnen schon nichts gesagt habe das nicht wahr sey so hab ich Ihnen dennoch nicht alles was wahr ist gesagt. Ich umarme Sie mit wahrer Freundschafft Ihr. Salis Castion den 11 9bris 1777
An Herrn Herrn Lenz bey Herrn Lavater in
    Zürich.
Schloß Hegi d. 17ten 9br. 1777. Sie werden Ehrmanns Brief nun erhalten haben; wenn Sie mir den Coffre bald schicken kann ich das für Lavatern bestimmte selbst herausnehmen. Der Brief aus Zürich sollte eigentlich nicht an Sie fortgehen, weil ich die Einwohner von Glarus zu schlimm abgemahlt. Lavater der ihn nicht gelesen und wegen der Commission die er mir gegeben pressirt war, riß ihn mir, weil die Post eben abgieng unter den Händen weg, machte ihn schnell zu und verschwand damit aus dem Zimmer; welches mir hernach aus vielen Ursachen sehr leyd that, hauptsächlich um seinetwillen. Das Geld hoff ich Ihnen in wenig Wochen zu schicken. Grüßen Sie Ihre Gemalinn und Kinder. Einlage bitte an Lersen zu besorgen. Lenz. Schloß Hegi d. 26. 9br. 1777. Es würde meine innere Ruhe auf ewig stöhren, wenn ich, Verehrungswürdigster Herr Doktor! durch meine gutgemeinten Gespräche über Religiose Gefühle und dann über Ihren Freund Lavatern – Anlaß zu einigem Verdacht gegeben haben könnte als ob auch nur ein einziges Wort das ich gesprochen, durch etwas anders als die damalige Lage meiner Seele die durch meine eben vollendete Bergreise gespannt war, könnte veranlaßt worden seyn; auch bin ich überzeugt, daß Sie dieselbe in diesen Augenblicken so wenig verkannt haben, als Sie sie noch jetzt, wenn Sie sich alles das was damals vorgegangen, in einem ruhigen Augenblick vergegenwärtigen wollten, verkennen werden und können. Mein Aufenthalt in dem Hause des Herrn Pfarrers Lavaters sollte mich freylich in meinen Reden und Handlungen ein wenig fürsichtiger gemacht haben, wenn man bei einem dringendem Herzen nur fürsichtig bleiben könnte und ich durch fatale Schriftstellerverhältnisse hinaufgeschraubt, alle politischen Reservationes mentales für Cruditäten in meinem Gewissen zu halten, nicht beruffen gewesen wäre. So wenig aber Herr Pfarrer Lavater von meinem Besuch bey Ihnen wußte, da ich eben von ihm auszuziehen willens war und schon die Nacht ausser seinem Hause geschlaffen; so wenig, wie ichs mit dem theuresten Eyde bekräftigen kann, hat er an irgend einem Wort das ich bey Ihnen gesprochen Antheil gehabt, vielmehr bin ich versichert, daß er meine ganze Art zu seyn, nach seinem Gesichtspunkt diesesmal äusserst tadelhart ge funden haben würde. Da nun aber jeder für
    sich
Rede stehen muß und ich übrigens im Schooß Ihrer Familie für allen Mißdeutungen meiner Absicht sicher zu seyn glaubte; so habe ich diesesmal lieber eine scheinbare Unbescheidenheit wagen, als über gewisse Punkte Ihrer Art zu denken und zu fühlen unaufgeklärt und in meinem Urtheil von Ihnen falsch bleiben wollen. Nahmen Sie einen Anstand an dieser Behandlungsart, so bitte ich Sie ganz und gar an mir zu ahnden, als aus dessen Charakter und Genie sie
    ganz allein
geflossen, übrigens aber versichert zu seyn, daß mich fremde Meynungen, wenn sie nicht schon vorher in diesen gelegen, niemals verändern können – Uebrigens brauch ichs Ihnen, würdigster Herr Doktor! nicht zu versichern daß meine Absichten bey meiner Schweitzerreise, da das Richteramt mein Beruf nicht ist niemanden zum Schaden gereichen können. Mit der ehrerbietigstell Empfehlung an Ihre Gemalinn und Familie nenne mich Dero gehorsamsten Diener Lenz.
Winterthur. Den 12.ten Dcbr. 1777. Eine kleine Streiferey an den Bodensee herab, durch St. Gallen nach Appenzell von der ich eben wiederkehre hat die Nachricht von Empfang des durch Sie gütigst übermachten Coffres verzögert. Mich freut Ihre Entbindung mit der Frauenzimmerschule, die ich um sie ihrer Vollkommenheit näher zu sehen immer weiter von dem Plan der Zürichschen entfernt wünschte. Wir haben unter andern mit Hn. von Salis radotirt (schon in Schinznach, und itzt wieder im Valtelin) über eine Moralische Kochkunst, den Bedürfnissen des Körpers und der Jahrszeit angemessen, wozu denn freylich einige Kenntniß des Menschlichen Körpers und der Natur in Tier- und Pflanzenreich vorausgesetzt würde, die auch in hundert anderen Fällen, vorzüglich bey Erziehung der Kinder Dienste thun könnte. Allein ein Lehrer von dieser Art, NB. der sich den jungen Zöglinginnen verständlich machen könnte, wird sich auf der Baselschen Akademie wohl schwerlich finden. Und doch sind auch schon zur Selbsterhaltung die Medicinischen Kenntnisse, wären sie gleich nicht weiter als aus
    dem Arzt,
Tissot und
    Plattner
(ein Buch das ich nicht genug empfehlen kann) abgeschöpft, unentbehrlich. Diese werden gewiß in hundert Fällen bessere Dienste tun, als der Jgfr. Goswyl Commentar über Gellerts Oden (die ich übrigens weder tadle noch überflüssig finde) denn wie oft Moral nur von Diät abhängt, ist noch bey weitem nicht genug eingesehen geschweige ausgeübt worden. Plattners Handbuch der Physiologie, teutsch, in einem sehr angenehmen Styl, zu Leipzig herausgekommen Es ist ein Pasquill auf Lavatern und seine Freunde herausgekommen, in das ich nur flüchtige Blicke gethan und zu meinem grossen Leidwesen finde daß man sehr säuberlich mit mir umgegangen. Die Herren mit ihrer fingerlangen Vernunft wollen es dem lieben Gott durchaus nicht zugestehen, daß er über Bitten und
    Verstehen
thun könne. Doch läuft unter dem niedrigsten Zeuge, manche nöthige Wahrheit mit unter Empfehlen Sie mich der Frau Engelwirthin nebst den kleinen künftigen Bewohnern der Engelburg. Herren Rathschreiber Iselin machen Sie doch gelegentlich auch von mir viel Empfehlungen u. Glückwünsche zu der endlich beglückten Heurath seiner Dem. Tochter, die ich noch oft in Gedanken das Schweitzerliedgen in Meyenfels singen höre. Kaufmann und die Seinen empfehlen sich Ihnen allen. Die Einrichtung seiner künftigen ländlichen Haushaltung beschäftigt ihn – sonst führen wir alle ein sehr ruhiges u. still fröhliches Leben in Hofnung. Lavater wird Ihnen geschrieben haben; ich komme seit meiner letzten Glarnerreise fast nie wieder nach Zürich Lenz.
Wollten Sie, Würdiger Freund! die Gütigkeit für mich haben, mir, solange ich noch in diesen Gegenden zu bleiben gezwungen bin – wiewohl ohne irgend ein Versprechen von mir dagegen zu nehmen, als meinen herzlichsten Dank – einige Hefte Ihrer Schweitzergeschichte die ich noch nicht gelesen, einzupakken und unter folgender Adresse A Lenz, Schloß Hegi! durch den Winterthurerboten zuzuschicken, in 2–3 Tagen sollen Sie sie – hier wo ich keine andere als willkührliche Zerstreuungen habe, unfehlbar wiedererhalten. Etwa das vom Schwabenkriege Lenz wenn Sie etwa kein Plagiat – – – 777. 31. Xbr. in Basel Nun da der ganze stürmische Xbr. zu Ende ist u. ich ein ganzes Jahr Geschäffte ab mir geladen habe, muß ich noch ein paar Worte mit meinem Freundt Lenz reden. Ich danke Ihnen vor die Fragmente die Sie mir noch immer zur Frauenzimmer Schule lieffern. Vor
    mich
will ich sie benuzen, aber vor’s allgemeine da bin ich Ihr gehorsamer Diener. Ich habe jezt meine sämtliche Projeckte aus Händen gegeben. Sie liegen jezt hinter dehnen Weisen der Erde die sie untersuchen u. berathen sollen ob es rathsam seye etwas gutes zu stifften od. ob man
    besser
noch ein halb Jahr Hundert die Menschen auf bisherigen Fuß solle leben lassen An dehnen neu außgekommenen Streit Schrifften. Pro et contra habe ich wed. Freude noch Wohlgefallen. Man muß wenig Achtung vors ganze Menschen-Geschlecht haben um dergleichen Zeug aufzuhefften u. wann man noch vollends mit dergleichen Knäbel-Schlägen die
    Gerechte Sache
vertheidigen will so möchte man bersten. Die gerechte Sache braucht nie keine Vertheidigung – braucht nur ihren Weg gerade fort zu gehen. Stillschweigen ist da Triumph. Es freut mich daß Sie vergnügt leben. Fahren Sie im neuen Jahren so fort u: fahren Sie fort mein Freundt zu seyn. Grüssen Sie nun Kaufmann, schreiben Sie mir zuzeiten u. leben Sie wohl! Jacob Sarasin. Fast hätte ich in der Eile vergessen daß Sie mein Weibgen grüssen läßt. Sie war einige Tage krank, hat aber keine bößen Folgen. Pfeffel war vorgestern bey mir. Der liebe Mann war äusserst niedergeschlagen. Es ist ihm der junge Stocken gestorben den Er von Schinznach mitnahm.
Waltersbach. D. 22sten Jenner 78. Gott mit Dir Theurer! und dem guten Kinde, das Dir diesen Brief giebt. Ich darf Dir nichts weiter über ihn sagen, da Du ihn selber siehst, nur hätt ich um Deines Grusses willen gewünscht, daß Deine Reise nach Strasburg Dich seitab ins Steihntal geführt hätte. Sehr begierig wär ich, Dein Urtheil über verschiedene der Silhouetten zu hören, die er Dir mitbringen wird, die aber wie alle Schattenrisse so unendlich verschieden von den Originalen sind. Wenn Dich Dein Genius hierher versetzen wollte, würdest Du all das fehlende oder verkritzelte durch Deinen Blick ergänzen. Warst Du es nicht Lieber! der mir erzehlte, daß Apostel Johannes, in den Zwischenstunden da er das Evangelium schrieb, weiter nichts that, als mit seinem Sperber zu spielen. Und dabey gesagt ein Bogen der immer gleich gespannt bleibt, verliert zuletzt seine Schnellkraft. Woher hattest Du die Anekdote, ich bitte Dich. Tausend Grüsse Deinem edlen Weibe und Kleinen und viel Lebensgenuß und Abstracktion von tummen Zeuge das gar nicht die Ehre verdient, Dir einen sauren Augenblick zu machen. Grüß auch die guten Allerleys von mir. Und schick mir ein paar Zeichen Deiner Liebe. Lenz. Schlossers Hand: P. T. Ihnen unbekandt war ich lange Ihr Freund, durch Ihren Herrn Sohn. Drey Jahre sinds, daß ich diesen kenne, und, ob gleich wir nur selten beysammen seyn konnten; so waren wir doch Freunde. Ich ehrte sein Herz und seine Talente und liebte ihn darum; aber ich übersahe ihm seine Fehler nie, am wenigsten den, daß er sich so weit von Ihnen entfernte. Er fühlte sein Herz noch nicht rein und kindl. genung, meinen Rath zu folgen. Vor einiger Zeit schlug ihn Gott mit einer harten Krankheit. Mit dieser kehrte sein Erinnern an Ihre väterl. Treue und alle kindl. Gefühle zurück. Er war fest entschlossen, zurück zu kehren zu Ihnen, sich in Ihre Arme zu werfen und durch die Tugenden und den Werth seines männlichen Alters, Ihr Greisen-Alter glückl. zu machen. In diesem Vorsatz kam er zu mir. Ich bestärkte ihn darin und seine Abreise war auf gestern festgesetzt. Gott ließ aber ihm und uns allen zum Glück, am vorigen Dienstage seine Krankheit in ein hitziges Fieber ausbrechen, seegnete jedoch dabey unsere geringe Sorgfalt, so, daß er auf dem besten Wege der Beßerung ist. Nun bittet mich sein Herz, voll der wärmsten kindlichsten Liebe, Ihnen das zu schreiben. Er wünscht u. hofft, daß Sie an seinen Leiden herzliches Theil nehmen werden und versichert Sie nicht allein seiner kindlichen Liebe und der wahren Reue über seine Entfernung von Ihnen und seine Fehler, sondern auch von dem festen Entschluß, so bald Gott ihm die Kräfte giebt, wieder in Ihre Arme zu kehren. Ich, der ich nur zu gut fühle, daß, wenn der Mensch auf Erden glückl. seyn soll, es nur durch Liebe von, oder zu, seinen Kindern seyn kann, ich freue mich, Ihnen dieses zu schreiben, und bitte Sie inständig, mir bald einen Brief an Ihren mir immer lieben Sohn zu schicken. Sie können ihn am besten in seinen Leiden, die seine Seele selbst durchdringen, helfen und aufrichten und Gott wird Sie dafür mit dem Trost eines wohldurchlebten Alters und der größten Freude an allen Ihren Kindern segnen. Trauen Sie meiner Versicherung die wahre Hochachtung, mit welcher ich mich nenne Ew. Hochehrwürden ergebenster: Schloßer Markgräflich badischer Hofrath und Oberamtmann der Markgraffschaft Hochberg. Emmendingen in Breisgau bey Freyburg d. 9 Märtz 1778. Lenz’ Hand: Vater! ich habe gesündigt im Himmel und vor Dir und bin fort nicht werth, daß ich Dein Kind heiße. Jacob. Lenz. Schlossers Hand: Sie sehen die Schwermuth Ihres Sohnes. Ich bitte Sie, trösten Sie ihn bald. Wie ich höre, ist ein andrer Sohn von Ihnen in Leipzig, ich wollte, der käme und holte ihn ab. Wo nicht, so werde ich die Anstalt so machen, daß er sicher nach Leipzig kommt, so bald er gesund ist. Hoffen Sie das beste und seyn Sie Vater. Er ist äußerst bekümmert und braucht Aufrichtung. Gott wird alles seegnen. Schreiben Sie nur bald. Schloßer. Lieber Herr Sarasi es freut mich daß ich Ihnen wieder schreiben kann, ich habe eine grosse Bitte an Sie die Sie mir nicht abschlagen werden, daß Sie so gütig sind und meinem bestem Freunde und Cameraden dem Herrn Conrad Süß doch einen Meister verschaffen, wenn er ausser der Zeit nach Basel kommt, weil jetzt die Handwerksburschen stark gehen und ich den Herrn Hofrath bitten will, daß er seinem Vater zureden soll ihn noch länger als Johannis bey sich zu behalten, damit ich die Schusterey bey ihm fortlernen kann die ich angefangen habe und er ohnedem bey seinem Herrn Vater und mir viel versäumt. Es wird Ihnen das nicht schwer fallen, da er gewiß ein guter und fleissiger Arbeiter und sonst wohlerzogenes Kind ist und Sie werden mich dadurch aus vieler Noth retten, die ich Ihnen nicht sagen kann Auszugehen ist mir noch nicht gesund und was würd ich anfangen, wenn er auch fortgienge da ich gewiß wieder in meine vorige Krankheit verfallen muß. Hier bin ich dem Herrn Hofrath gegen über und ist mir so wohl bis es besser mit mir wird. Wenn es nur einige Wochen nach Johanni seyn könnte, melden Sie mir doch ob sich dort keine Meister finden die auf die Zeit einen Gesellen brauchten. Wenn Sie nur wollten probieren sich von ihm Schuhe machen zu lassen, ich bin versichert, daß er sie gut machen wird, besonders wenn er einige Zeit in Basel gewesen und weiß wie Sie sie gern tragen. Fleissig ist er gewiß, davon bin ich Zeuge und er arbeitet recht nett besonders wenn er sich angreift. Viel tausend Grüsse an Ihre Frau Gemalinn und an den Herrn Hofmeister und an die Kleinen. Ich bin bis ans Ende Ihr gehorsamster Freund und Diener Lenz. Er soll jetzt das erste mal auf die Wanderschaft und ich bin jetzt bey seinen Eltern ein viertel Jahr lang wie das Kind im Hause gewesen. Er ist mein Schlafkamerad und wir sitzen den ganzen Tag zusammen. Thun Sie es doch bester Herr Sarasi, lieber Herr Sarasi es wird Sie nicht gereuen. – Emmedingen, einige Tage vor Johanni, 1778. Ich könnte mich gewiß nicht wieder so an einen anderen gewöhnen, denn er ist mir wie ein Bruder. Lieber Herr Sarasi, ich habe ein grosses Anliegen ich weiß, daß Sie meine Bitte erhören werden. Es betrift meinen Bruder Conrad, der für mich auf der Wanderschaft in der Fremde ist: daß Sie ihm dazu verhelfen, daß er für Sie arbeiten kann. Er war schon fort als ich Ihr werthes Schreiben erhielt und seine Abreise war so plötzlich und unvermuthet, daß ich ihm kein Briefgen an Sie mitgeben konnte. Seitdem hab ich immer auf Nachricht von ihm gewartet, bis er endlich schrieb, daß er in Basel keine Arbeit bekommen sondern in Arlesheim, einem katholischen Ort anderthalb Stunden von Basel. Nun hab ich kein Anliegen auf der Welt das mich mehr bekümmert, als wenn ich nur so glücklich seyn könnte zu hören, daß er bey Ihrem Schuhmacher wäre und Ihnen arbeiten thäte, das würde mich in kurzer Zeit gesund machen. Erzeigen Sie mir diese Freundschaft und Güte, die Freude und der Trost den ich davon haben werde wird unaussprechlich seyn, denn das Wasser allein hilft mir nicht, wenn meine Freunde nicht mit wollen dazu beytragen. Ich kann Ihnen das nicht so beschreiben warum ich so ernstlich darum bitte, er ist auf Mannsschuhe besprochen und ich hoffe, wenn er nur erst Ihre Gedanken weiß, wie Sies gern tragen, Sie werden gewiß mit seiner Arbeit zufrieden seyn, wenn auch das erste Paar nicht gleich gerathen sollte. Herr Süß hat mir versprochen, so bald Sie ihn unterbringen, soll er seinem Meister in Arlesheim aufkündigen und ich bin versichert er wird es aus Liebe für mich thun und aus Liebe zu sich selber, welches einerley ist, denn ich werde keine ruhige Stunde haben, wenn er an
    dem Katholischen Ort bleibt
und wenn er jetzt schon weiter wandern sollte in
    der grossen Hitze
das würde mir auch keine Ruhe lassen. Es freut mich recht sehr, daß Sie wieder einen Hofmeister haben und Ihre Frau Gemalinn sich geseegnetes Leibes befindet, Gott wolle ihr eine glückliche Entbindung schenken, daß Ihre Freude vollkommen werde und Sie auf dieser Welt nichts mehr zu wünschen haben mögen. Dann werde ich auch gesund werden und wenn der Conrad für Sie arbeitet. Weiter weiß ich nichts zu schreiben, als ich gehe alle Morgen mit meinem
    lieben Herrn Süß
spatzieren und bekomme auch alle Tage den Herrn Hofrath zu sehen. Nun fehlt mir nichts als daß alles so bleibt und Gott meine Wünsche erhört und Sie meine Bitte erfüllen, daß der arme Conrad wieder zu seinen Glaubensgenossen kommt. Und ich verharre unaufhörlich und zu allen Zeiten Ihr bereitwilligster Diener und gehorsamster Freund J. M. R. Lenz. Ich trage Ihren Brief immer bey mir und überlese ihn offt er hat mir eine grosse Freude gemacht und daß Sie sich auch meines Conrads so annehmen.
An Herrn Herrn
    Jakob
Sarasi. Gerichtsherrn in Basel.
Ich kann in der Eile Ihnen theurester Herr und Gönner nichts schreiben als hunderttausendfältigen Dank für die Freundschaft und Güte, die Sie für mich und meinen lieben Conrad haben, an dem ich mir die Freyheit nehme einige Zeilen mit beyzulegen, und Ihnen zu melden, daß ich jetzt nach Wiswyl herausreisen soll, wo ich brav werde Bewegung machen können mit der Jagd und Feldarbeit. Ich bin so voller Freude über soviel glückliche Sachen, die alle nach meines Herzens Wunsch ausgeschlagen sind, daß ich für Freuden nichts rechts zu sagen weiß als Sie zu bitten, daß Sie doch so gütig sind und Ihr Versprechen erfüllen, dem ehrlichen Konrad Arbeit für Sie zu geben, weil es mir nicht genug ist wenn er bey Ihrem Meister Schuhmacher ist und er nicht auch für Sie arbeitet. Verzeyhen Sie meine Dreistigkeit, ich bitte doch um Nachrichten von Ihnen und Ihrer Familie auch nach Wiswyl, zwar ist der Herr Hofrath jetzt auch nach Frankfurt verreist, der Conrad wird mir Ihr Briefgen schon durch seinen Vater zuschicken ich werde wohl einige Zeit da bleiben. Hunderttausend Grüsse Ihrer Frau Gemahlinn und sämtlichen Angehörigen, auch dem Herrn Professor Breitinger. Ihr gehorsamster Freund und Diener Lenz. Eben jetzt theurester Gönner erhalte ich noch den Brief von Conrad zu dem Ihrigen und muß hunderttausend Dank wiederholen, daß Sie so gütig sind und für uns beyde soviel Sorge getragen und sich auch nach mir erkundigen wollen. Auch Herr Süß und seine Frau haben mir aufgetragen Ihnen doch recht viele Danksagungen zu machen für die Güte die Sie für ihren Sohn gehabt und daß Herr Hofrath nach Frankfurt verreist sey, sonst würden sie es auch durch ihn haben thun lassen. Gott wolle Ihnen alles das auf andere Art wieder vergelten, was Sie mir für Freude gemacht haben, ich habe jetzt auf lange Zeit genug an des Conrads Brief, den ich im Walde recht werde studieren können. Sagen Sie nur dem Conrad er soll Wort halten und seine Eltern vor Augen haben, am meisten aber Sie seinen Wohlthäter und denn auch Hn. Hofrath Schlosser und denn auch mich und meinen Zustand die Zeit her, daß es ihm nicht auch so ergehe, wenn er nicht folgt. Seyen Sie hunderttausend mal gegrüßt alle zusammen nochmals von Ihrem gehorsamsten Lenz. Wiswyl den 13ten August 1778. Es freut und beunruhigt mich theuerster Freund und Gönner! daß eine Commission mir abermals Gelegenheit verschafft mich schrifftlich mit Ihnen zu unterhalten; sie freut mich, weil ich sonst noch nicht im Stande bin, meine Briefe meinem Freund und Gönnern interessant zu machen, beunruhigt mich aber doch durch die Furcht, Ihnen unbescheiden und beschwerlich zu fallen. Sie betrift 4 Bücher großes fein geschlagenes Gold das zur Verguldung eines Schildes in dem Hause da ich wohne gebraucht wird; dieses Schild, das Sn. Durchlaucht der Herr Markgraf als sie durch Wiswyl reisten, persöhnlich dem Besitzer dieses Hauses, meinem nunmehrigen rechtschaffenen Kostherrn dem Hn. Förster Lydin bewilligt haben, als eine Gunst für dero Aufenthalt in diesem Hause, war schon halb fertig verguldet, als auf einmal die zwey Hn. Goldschläger in Strasburg die das Gold dazu geliefert; weil sie zu einer Kirche die auf Michäel fertig werden soll, verdungen worden, keines mehr hieher liefern konnten, Herr Lydin also, der auf baldige Vollendung des Schildes eben so sehr pressirt da er den Mahler dazu im Hause hat, sich nach Basel wenden muß, wozu ich ihm meine Intercession bei Ihnen oder Dero Herrn Bruder angeboten; wollten Sie also die Gütigkeit haben 4 Bücher großes feingeschlagenes Gold auf die fahrende Post nach Emmendingen unter dem Couvert des
    Posthalters Sander
dem es allenfalls mit ein Paar Worten zur
    baldigsten Beförderung nach Wiswyl
empfohlen werden kann, wohin er täglich Gelegenheit hat nur unter folgender Adresse,
    „an Hn. Lenz, abzugeben
    bey dem Förster Lidynn, zu Wiswyl zuzuschicken
und den genauesten Preiß hinzuzusetzen, das Geld soll auf das prompteste mit dem verbindlichsten Dank an Sie wieder nach Basel übermacht werden. Ich beschäftige mich hier unter Anleitung des Herren Lydinn mit dem Ackerbau und der Jagd, die mir tausend Vergnügen anbietet und meinen Kopf von Tag zu Tag mehr aufheitert, da die körperliche Bewegung, die Entfernung von Büchern und der Umgang mit einem Manne der in der Einrichtung seines Hauswesens und Ausfüllung der ganzen Sphäre in die ihn die Vorsehung gesetzt hat, mir auf jedem Schritt eine neue Wahrheit aufschließt; mir die Entfernung von meinem theuren Wohlthäter Schlosser, auf dessen baldige Wiederkunft ich dennoch zähle, ungemein versüßen. Da Wiswyl nur drey Stunden von Emmedingen ist, so hoffe ich wenn er von Frankfurt zurück gekommen ist, eine kleine Veranlassung mehr, zu seinem öftern Besuche hieher zu werden. Wollten Sie so gütig seyn mein Gönner! durch eine geneigte Sorge für meinen dreisten Auftrag, mir Gelegenheit zu geben, den braven und rechtschaffenen Mann bey dem ich wohne auch Ihnen zu verbinden, da auf diese Weise das begehrte Päckgen Gold schon künftigen Montag in Emmedingen seyn könnte – – so würde ich diese Gewogenheit mit zu dem grossen Conto setzen, auf welches ich zeitlebens nur die Interessen zahlen kann durch die Versicherung der aufrichtigen und beständigen Ergebenheit mit der ich beharre Ihr gehorsamer Fr. u. Diener. JMR Lenz. Dero Frau Gemahlinn und werthesten Angehörigen bitte mich bestens zu empfehlen, ingleichen dem neuen Führer der letzteren. Den Preis bitt doch ja hinzuzusetzen, da es nicht meine Sache ist – – – für die Güte der Ware brauche ich nicht zu sorgen
Nächstens bester Sarasi haben wir die Freude Ihnen das Geld für’s überschickte Geld selbst zu überbringen. Machen Sie nur daß mittlerweile alles gesund und vergnügt bey Ihnen bleibt und verzeihen Sie den langen Aufschub – – der diesmahl unvermeidlich – – – mündlich mehr. Sagen Sie niemand von unserm Projeckt; das sich eher nicht ausführen lassen konnte. Tasuend Empfehlungen an Ihr ganzes Haus. Auch von meinem Förster den Sie noch mehr lieben werden, wenn Sie ihn sehen. Ihr wärmster JMR Lenz Nur die Erwartung der Ankunft unsers Herrn Hofraths, theurester Herr Gerichtsherr und die darauf eingelauffene Nachricht von seiner Unpäßlichkeit, hat unsere Reise nach Basel verzögert und kann der unverzeyhlichen Inakkuratesse mit der mein voriger Brief an Sie abgelauffen zu einiger Entschuldigung dienen. Eben diese Ankunft die wir täglich erwarten wird unsere Reise aufs längste in zehn Tagen bestimmen, darf ich unterdessen im Namen meines Försters, wie Sie ihn zu nennen belieben, Sie um noch eine gütige Auslage, bestehend in einem viertel Centner mittleren Berner-Pulvers, das man hier und in Strasburg nirgend so gut haben kann, nebst dem genauesten Preyse zu ersuchen, welches mit eben der Gelegenheit hieher spedirt werden kann. Das Geld für beyde Artikel werde die Ehre haben Ihnen mit verbindlichstem Dank (vielleicht in Gesellschaft des Herrn Hofrath Schlossers und seiner Gemahlinn) mit meinem fürtreflichen Förster selbst einzuhändigen. Wie erwünscht die Zeitung von der glücklichen Niederkunfft Ihrer verehrungswürdigen Gattin – und wie reitzend Ihre Einladung in eine Baurenhütte am Mäyenfels einem Menschen unter meinen Umständen gewesen will ich Ihrer gütigen Freundschaft für mich lieber zu vermuthen überlassen. Auch bitte ich mir noch manchen guten Rath persöhnlich aufzuheben, der mein künftiges Leben, wenn der Himmel mich dessen würdigt und seine Zufriedenheit dem Ihrigen ähnlich zu machen fähig wäre. Leben Sie glücklich bis dahin und empfehlen mich Ihrer unverbesserlichen Hälfte. Dero gehorsamster J M R Lenz. Weisweil d. 30sten Septbr. 1778. N. S. Darf ich Sie gehorsamst ersuchen, doch gelegentlich den Meister des guten Conrads, der mir geschrieben, ingeheim erinnern zu lassen, er möchte wo möglich ihn noch nach Weyhnacht in Arbeit behalten. Meine theureste und Verehrungswürdigste Frau Mutter! Mit frohem Herzen, und mit innigem Dank gegen Gott gebe ich Ihnen zum ersten mahl diesen süßen Nahmen, den ich bis hierzu nie ohne Wehmut aussprechen konte. Doch Gott hat unser Gebeth erhöret, und uns in Ihnen wieder eine Mutter geschenkt, die schon lange gegen unsere ganze Famielie mütterliche Beweise Ihrer Liebe und Zärtlichkeit gegeben hat. Wie glücklich schätzen wir unsern theuren Vater, in dem Herbst seines Lebens, eine so treue mit seinem Herzen, und häuslichen Umständen schon bekannte, und durch so viele Proben schon bewährte Gefährtin gefunden zu haben, die die trüben Tage seines Alters aufheitern, seine schwächliche Gesundheit pflegen, und die Lasten des Lebens so liebreich mit ihm gemeinschaftlich tragen wird. Wie zärtlich werden Ihnen Kinder und Enkel danken, denen Sie einen so geliebten, einen so vortreflichen, so theuren Vater da durch noch manches Jahr erhalten, daß Sie Ihre Hand in die seinige legen, und er sein müdes silber weißes Haupt an Ihrer treuen Brust ausruhen kann. Ja, theures Paar! das schon auf manchen Dornen Wegen In dieser Pilger-Welt, mit Müh gewandelt hat Genieße nun im Herbst den ganzen Erndte-Segen Von jeder Prüfungs-Zeit, von jeder Trähnen-Saat. Zwar lacht nicht mehr der Herbst, so wie ein Frühlings-Morgen Der alles übersonnt, und Feld, und Fluhr verjüngt Nie schläft ein Silber-Haupt, so frey von allen Sorgen Wie noch der Jüngling schläft, dem alles Freude bringt; Dafür ist auch der Greis schon viele Schritt weiter, Schon manchen Berg – den noch der Jüngling steigen muß. – Auch ein November-Tag ist dankenswehrt, wenn heiter, Der Sonne Strahl ihn grüßt. – Dank auch dem kurzen Gruß! – So grüßet jetzt auch Euch nach manchen trüben Tagen Ein sonnigt froher Tag, der Freude bringend lacht. Und gleich der Nacht, entfliehn, vor ihm jetzt Schmerz und Klagen Und Freuden werden Euch glückwünschend dargebracht. – Dort rief einst Gott! – dein Knecht, o Sonne stehe stille, Und auf dein Allmachts-Wort mußt sie nicht untergehn. Sieh Kinder, Enkel, hier dir flehn: Ists Herr dein Wille, So laß dem theuren Paar, der Freuden Sonne stille stehn. – Sanft fließ er Ihnen fort, der Herbst des theuren Lebens Das dir geheiligt war. – Der Rest sey Sonnen-Schein, Und heiter jeder Tag, – uns Muster des Bestrebens Auch einst in unserm Herbst so from und froh zu seyn. – Riga d. 2ten 8br 1779 a. St. Theurester Bester! Verzeyhen Sie die Form dieses Briefs, wie die Zumuthung die er enthält und setzen beydes auf die Rechnung des strengsten Vertrauens nicht in Ihre Freundschaft und Güte für mich, die, wie ich aus Proben ersehen unbeschränkt ist – sondern in Ihre Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe. Ich bitte diese Worte nicht nach dem Herkommen gedruckter Stutzernomenklatur – sondern diesmal nach der Bedeutung der Einsamkeit und ihres Entschlusses auf immer zu nehmen. Also fort für diesmal mit allen äußern Verhältnissen, die die schnelle Sprache dessen was eine besondere Lage der Umstände jetzt auf mich wirken muß, nur höchst unfruchtbar aufhalten würden. Ich komme eben von einem Besuch in Gesellschaft meines lieben grauen Vaters und eines jüngeren Bruders, der Sie in Weymar gesehen, wo ich auf die sonderbarste Art von der Welt in die Enge gebracht bin. Die zärtesten Sayten meines Herzens und möcht ich sagen, einer gewissen Art von Ehre deren System ich eben nicht recht von mir geben kann, sind angeschlagen und – kurz ich bin diesmal in großer Verlegenheit – – die vielleicht durch diesen Brief noch vergrössert wird; aber genug, ich kann mir nicht helfen. Es ist lange vor meiner Ankunft in Riga von einer Besetzung des nur halb erledigten Rektorats der Dohmschule (von dem Hr. D. Schlegel sich den Theologischen Theil vorbehält) die Rede gewesen. Mir hatte man gleich bei meiner Ankunft ins Land verschiedene Vorschläge nach Petersburg gemacht, von denen mein Herz, weiß ich aus was für Besorgnissen, zurücksteuerte, doch ohne sie ganz aufzugeben. Ein Gönner meines Schwagers ein Edelmann der es auch ohne Geburt seyn würde, den soll ich sagen sein Herz oder sein Geschmak der auf Ambassaden bis nach Spanien, wohl hat ausgebildet werden können, auch mir sehr anziehend machen – schon damals gemacht hatten, als er von seinen ersten Reisen als blosser Cavalier durch Königsberg nach Hause zurückgieng; erscheint in unsers Freund Hartknochs Laden. Außer dem Anzüglichen seiner Person, hielt ichs in Ansehung meines Schwagers, der von dem Hause viel Güte genossen, für Pflicht, ihn – und zugleich dem Haupt dieser Stadt, seinem Schwiegervater die Aufwartung zu machen. Ich beredte, weil er von einem vorhabenden Besuch bey meinem Vater sprach, den Altgen mit dazu, ihm zuvorzukommen. Wir treffen ihn nicht zu Hause, wohl aber den Hn. Bürgermeister, einen der thätigsten und ausgezeichnetsten Patrioten der Stadt und – stellen Sie sich meine Verwirrung vor, als ganz unvorbereitet, ganz überraschend für mich und vermuthlich für alle die gegenwärtig waren, mit der Naivität von der Sie sich bey meinem Vater nur eine dunkle Vorstellung – auch Sie! machen können, er förmlich bey der Schule für mich anspricht, und wenn ihnen ein Subjekt dazu fehlte, mich – unparteyisch – welch ein Ausdruck – unparteyisch dazu empfielt. Herr Burgermeisters S. Miene die sich dabey sichtbar veränderte, machte mir den Mann noch einmal so ehrwürdig, denn nun hatte ich wenigstens meiner eignen Verlegenheit etwas zuzugesellen. Noch mehr aber seine langsame und geflissentlich überlegte Antwort: es sey deswegen an auswärtige Gelehrte geschrieben worden, von denen zwey abgesagt, itzt steh man mit einem dritten in Traktaten habe aber auch zugleich an Sie – geschrieben und wolle in dem Stück ganz und gar auf Ihre Empfehlung fussen. Itzt hätte mir wohl werden sollen, und mir wards – aber nicht so ganz – ich gehe zu einem Freunde wo ich von andern in das Fach hin einschlagenden Dingen sehr beunruhigt, aber ohne daß sie mich selbst angiengen, zu sprechen hatte, komme zurück und will sehen, was unsers Hartknochs sehr üble Brust heute macht und – find ihn an einer Post nach Leipzig die er expedirt, und mir Pappier und Feder hinlegt, wenn ich auch an jemand schreiben wollte. – An wen anders als an Sie – – mich zu empfehlen? nicht doch – Ihre Empfehlung zu erbitten, zu verbitten – auch nicht, kurz ich weiß selbst nicht was ich will, was ich soll – – aber an wen anders kann, darf ich das schreiben als an Sie – Freund Goethe – hat mich wohl vergessen – mag will wie ich sehe sich in keins meiner Angelegenheiten mehr mischen, wird vielleicht durch jede Art meiner Zuschriften selber soll ich sagen beleidigt? – – doch gewiß beunruhigt – und soll ich empfolen sein – wär ichs am liebsten von Ihnen. Guter Gott, aber Sie kennen, wenn Sie mein Herz ja kennen, weder mein Geschick überhaupt noch zu einer solchen Stelle in sonderheit. Soviel sag ich Ihnen frey und wills druken lassen, daß in
    meinem Vaterlande
mir eine solche Stelle die wünschenswertheste wäre. Und wem sollte sie es nicht seyn. Ich wollte solang wenigstens an mir pressen bis das was ich gutes und vortheilhaftes draussen eingesogen, ausgedrükt wäre, mögte man hernach mit dem löchrichten Herzen machen was man wollte. Bey alledem aber habe ich die Theologie – nicht gründlich studirt, kann auch keine grosse Theologen auf die grosse Bühne der Welt schicken. Dafür aber hab ich mich ein wenig in der Geschichte und Gesetzen meines Vaterlands umgesehen, die ich immer fleissiger mit Zuziehung der erfahrensten Männer zu studieren gedenke, will dabey gern in dem bißgen Griechisch und modernen Sprachen, was ich weiß, auch in der sogenannten schönen Kenntniß von Kunstwerken und Kunstsachen, auch wenn der Adel, der fast den zahlreichsten Theil unsers Landes ausmacht und um Unterricht verlegen ist, mit zu unsrer Bürgerschule gezogen werden soll, in besondern Stunden in dem historischen Theil der alten und neuen Taktik Fortifikation u. s. f. soweit Unterricht geben, daß er hernach praktischem Unterricht schneller nutzen kann, so auch in Staatsgeschichte und
    Staatswirtschaft
welches mir ein Hauptbedürfniß meines Vaterlands scheint – auch lateinische Autoren lesen, und Redübungen mitbetreiben helfen, nach meinen Kräften – Wissen Sie ein redlicheres, stärkeres und ausdaurenderes Subjekt für diese Anstalt deren Einrichtung so wie die Stärke und Umfang seiner Nerven, Kräfte und erworbenen Anlagen Sie kennen, so bezeuge ich hiemit vor Gott – den ich nicht leichtsinnig zum Zeugen nehmen mag – daß ich der Anstalt Glük wünschen und mit dem Schmerz hier nicht haben nützen zu können mich auch ahnen lernen werde ohne einen Gedanken von le den, Ihnen und Ihnen ähnlichen, mit voller warmer Hochachtung gewiedmeten wegzugeben oder ärmer an m Gefühl zu werden, mit dem ich auch schweigend mich jederzeit und überall nennen werde Ihren gehorsamstergebensten JMR Lenz. eingerahmt: Mein Vater ist – für mich – reich, so auch meine Geschwister. Daß also das nicht in Anschlag kommen darf.
Dorpat. D. 6ten Jenner 1780. Mein theuerster Herr Papa! Eben komme von Hn. Grafen Manteuffel wo wir mit dem Dorpatschen Bruder und seinem Weibgen und Kindern zu Mittag gegessen. Die Post geht in einigen Sekunden und dieser Brief ist dringender als je einer war, um Ihnen zu berichten, daß, da ich itzt schon den halben Weg gemacht und noch die Versäumniß bey des Herrn Assessor Bergs Sohn nachzuholen seyn wird, ich mit einer guten Gelegenheit gerade nach Petersburg zu gehen denke, um wenigstens die Lage der Sachen einmahl in der Nähe zu übersehen. Darf ich Sie nun wohl theurester Herr Papa! um aller Güte und Liebe willen die Sie noch für mich haben, bitten, daß Sie sogleich sich aufs Schloß verfügen und ein gutes Wort für mich bey Sr Erl. dem Hn. General-Gouverneur einlegen, ihm meinen Entschluß melden, und wie unentbehrlich und für mein ganzes Glück entscheidend wohl jetzt ein Paar Worte Empfehlung von seiner Hand mir in Petersburg an den Herrn Geh. Rath Betzkoi seyn werden, wo meine natürliche Schüchternheit, die Unbekanntschaft mit der Sprache, folglich auch mit den Sitten, mir tausend Hindernisse in den Weg legen, gesetzt auch daß ich von keinem Mitkompetenten, welche zu befürchten hätte. Se Erl. wissen besser, als ich es nöthig habe zu sagen, wieviel bey der Schätzung der Kenntnisse und Brauchbarkeit eines jungen Menschen auf den ersten Debüt ankommt und auf die Gelegenheit die man ihm macht, sie zu zeigen. Nicht die vollkommene Erfüllung dessen was man sich von ihm versprochen, sondern nur die Fähigkeit, sich diesem Ideal durch eigenen Fleiß künftig bis zur Vollkommenheit nähern zu können, ist das was man zu seiner höchsten Empfehlung sagen kann. Geschichte, und Philosophie die den Staatsmann; Mathematick und Bekanntschaft mit den Erfahrungen der alten und neuen grossen Feldherrn, die sie in ihren Tagbüchern hinterlassen, die den künftigen Kriegshelden, bilden – hoffe ich im Stande zu seyn, mit den dazu gehörigen alten und neuen Sprachen zu dociren: vielleicht können Sr. Erlaucht schon aus der übersetzten Schrift beurtheilen, mit welchem Glück in Ansehen Vortrages und Methode. … Eben kommen Freunde mich zu bewillkommnen. Verzeyhen Sie theurester Vater daß ich bey der Eilfertigkeit der Post mit abbrechen muß, eh ich Ihnen noch gesagt, mit welchen tausend Seegenswünschen und Grüssen Ihre sämtlichen lieben Kinder in Neuhau- Ich lege das vom Hn. Gen. Gouverneur verlangte Blatt bey, worüber mir mit umlaufender Post aus Ihrer Gütigkeit nur mit zwo Zeilen Antwort bitte, wenigstens sobald es seyn kann, weil die Reise nun mehr als zu sehr pressirt. Ich werde noch acht Tage hier bleiben um die Briefe aus Riga zu erwarten. Theurster Papa! bedenken Sie gütigst, daß dieser Schritt für mein ganzes künftiges Leben entscheidet und alle übrige Aussichten schwankend und unsicher sind, auch immer bey dieser bestehen können. ☓ sen und Dorpat Ihnen beyderseits die Hände küssen. Ich hoffe das nächstemahl mehr und umständlicher zu schreiben, der Bruder hat Moritzens geschrieben, daß sie auch herüber kommen. Was für Grüsse hätt ich Ihnen nicht noch von den Herrn Pastor Frank und Pastor Saß zu überschicken die mich wie Bruder Schmidt mit Freundschaft überhäuft haben. Auch Herr Graf Manteufel empfiehlt sich nebst seiner vortrefflichen Gemalinn. Wollten Sie die Gütigkeit haben, gegenwärtige Punkte zu Sr Erl. mitzunehmen, um mit ihm darüber zu sprechen. Sollte er aber sie selbst zu sehen verlangen, bitte sie doch von Bruder Carl gütigst abschreiben zu lassen, weil ich dies hier nur in der Eil entworfen und es mir unmöglich ist, ins reine zu bringen, weil die Post abgeht.. Noch eins mein theurester Vater! Die Hauptsache zu meiner Reise ist Geld – ich habe mirs zum Gesetz gemacht, Ihnen damit nicht beschwerlich zu fallen; eins aber können Sie thun und um diese väterliche Barmherzigkeit muß ich Sie ansprechen; daß Sie so gütig sind und bey Hartknoch mit ein gut Wort für mich reden und für mich, wenn ers fordert kaviren. Ich hab ihm geschrieben, was ich brauche und wie bald ich ihm die Summe wiedergeben kann, ich mag nun in Petersburg bleiben oder zurückkommen, im ersten Fall wird es nicht schwer halten, ihn
    höchstens
in 3, im letzten Fall, höchstens in 4 Monathen völlig zu befriedigen da ich Monatlich auf 30 Thlr Alb. stehe. Sobald ich Hartknochs Brief erhalte, schick ich ihm die Obligation; werde also demselben und ein Paar Zeilen von Ihrer Hand mit der ungeduldigsten Erwartung entgegensehen, da ich ohne diese nicht aus dem Fleck kann – und nicht immer die Gelegenheit sich so findet, daß die mich zu sehen neugie- rigen Geschwister und Freunde mich von einem Ort zum andern schiessen. Lassen Sie uns also bester Vater! die Sache sattsam und gründlich angreiffen und nicht länger auf Luft und Schatten einer ungewissen Zukunft bauen, da das Gegenwärtige so nicht wiederkommt. Das Künftige was meinem Herzen näher läge, wird schon von selbst kommen, wenn es kommen will und kommen kann, welches mein Herzens Bruder Pegau der so gern sich mit Träumen abspeist, die er freylich nach seinem Gefallen einrichtet, so schwer begreiffen kann. Hartknoch giebt gewiß wenn Sie bürgen wo nicht alles wenigstens soviel er kann: 3/4: die Hälfte wenigstens. – – – – – Hier ist alles abgebrannt. Hauptsächlich aber daß man eine Zeitlang gearbeitet und sich bey den Planen anderer Leute versucht haben muß, eh man selbst Plane machen kann. Verzeyhen Sie meine Eile und Feder und erfreuen mich, wenn Ihnen mein Glück und Ihre Zufriedenheit lieb ist, baldmöglichst mit einigen gütigen Zeilen Ihrer Hand über diese wichtigen Punkte meiner Reise und meiner Bestimmung. Nach tausend Handküssen von uns sämtlichst an Ihnen und meine theureste Mutter Ihr gehorsamster Sohn J M R Lenz. Tausend Grüsse von Oldekops und allen Freunden an Sie, Mama auch Bruder Carl. … Die gutkranke Schmidtin wird Ihnen mit der Post geschrieben haben.
Kraft dieser meiner Obligation bescheinige ich Endesunterschriebener, daß ich von Herrn George Behrens in Riga die Summe von 100 Rbl. sage Ein hundert Rubel Silbermünze zum nothwendigen Gebrauch als ein Darlehn empfangen und solche a dato innerhalb sechs Monathen, nebst den gehörigen Zinsen a 6 pro Cento dankbarlichst wiederzubezahlen mich anheischig mache Dörpat, den 18ten Jenner 1780. Jakob Michael Reinhold Lenz der mathematischen und schönen Wissenschaften Beflissener. Ich bin zufrieden mit den 100 Rubeln ohne Intereße G Berens gut für hundert Rubel Den 13. April 1781. habe ich diese 100 Rbl. schreibe hundert Rubel dem Herrn Berends bezahlt und ihm das Geld durch den jungen Ministerial Ehrenstreit zugesandt. C. D. Lenz Sen: Jamburg d. 30sten Jenner 80 Lieber Bruder! Ganz wieder Versprechen bekommst Du schon itzt einen Brief. Wie wir unsere Reise angefangen, wirst Du von unserm Verwandten Lieutenant Breyer erfahren haben. So giengs auch weiter und wir sind wenigstens 25 mahl umgeschlagen und würden’s noch öfter seyn, wenn nicht mein Reisegefärth wie ein Herkules gearbeitet den Schlitten zu halten. Er bietet mir auch sein Haus in Petersbg. an, bis ich ein Quartier ausgemacht, denn zu den grossen Aubergen London Demuth p will er mir durchaus nicht rathen. Ich werde sehr wohl zur Intrada mit ihm berathen seyn; nichts destoweniger schmerzt michs, daß ich Frau Obristin nicht gesprochen und sie gebethen, mir die Adresse des Herrn Rittmeister Uckrainer, oder ihm meine zu geben, auf den Fall daß ich Igelströhms nicht mehr vor mir finde. Ich denke er würde mir in Ansehung des Cadettenkorps und anderer Sachen die ausser der Sphäre meines Condottieri liegen, vielen guten Rath haben geben können. Doch die Vorsicht wird alles selber lenken; erschöpft wie ich von der Reise bin, kann ich mein Vertrauen nur auf sie setzen. Kannst Du mir aber, wenn Herr Rittmeister U – – bald nachkäme, die Satisfaktion ihn in Petersburg noch zu sprechen noch verschaffen, so wirst Du mir eine Freundschaft erweisen. Tausend Empfehlungen an alle theuren Freunde und Gönner, Frau Obristin Oldekops und Danksagungen ohne Zahl an Dein kostbares Weibgen; bis auf die nächste Zuschrift die ich unter Adresse des Herrn Brauers zu erhalten hoffe – – vielleicht mit Herrn Rittmeister Ukrainer, den ich sehr zu sehen mich sehne wie bis ins Grab Dein treuer Bruder J M R Lenz
Herrn Herrn Oberpastor
    Lenz
Assessor des Consistoriums und Inspekter der Schulen zu
    Dörpat.
St Petersburg. D. 11 Febr 80 Mein theurester Freund und Gönner Schon lange hätte Ihnen mit glühender Freundschaft für alle die Proben Ihrer unschätzbaren Güte für mich gedankt, wenn die gewöhnlichen Zerstreuungen von Petersburg und die noch hinzukommenden Sorgen meines Gesuchs mich nicht abgehalten. Gewiß, mein würdiger Gönner! es ist wahr was die Naturkündiger behaupten, daß sich in der ganzen Natur nur die ähnlichen Wesen vereinigen, und daß dieses Gesetz die Freundschaften ebensowohl schließt als die Verbindungen der Blutsfreundschaft. Ihre ganze Familie besteht aus Leuten wie Sie sind, das heißt Leuten, die die völligste Ehrerbietung unsers Herzens verdienen. Ich bedaure daß ich Ihnen noch nichts näheres von meiner Bestimmung schreiben kann, theils weil die Zeit zu kurz ist, theils weil ich noch weit vom Ziel bin. Indessen ist Hofnung da, es zu erreichen, wenn die Vorsicht die alle Herzen lenken muß – und wird – zu meinen Wünschen und Bemühungen Ja spricht. Seyn Sie unterdessen so gütig und übersenden mir unter dem Couvert des Herrn Schwagers eine nunmehr ausführliche Note von dem was Ihnen schuldig bin. Herr Brauer wird Ihnen gemeldet haben, daß die Schleiffen hier nicht für dismal gebraucht werden konnten, so wenig als die Knöpfe, weil sie von anderer Couleur als die Weste waren. Doch könnt es vielleicht seyn daß wenn Sie sie sonst nicht besser los werden, ich sie Ihnen künftig zu einem Wrak abnehmen kann. Wie besagt, die letzte Note von den Schnupftüchern, Hut u. s. f. nebst dem Zeuge zum Kleide und Futter habe noch zu erwarten. Darf ich so frey seyn ein kleines Briefgen beyzuschliessen, das ich auf keine andre Art nach Derpt zu bringen weiß. Der Frau Gemalinn bitte zu sagen, daß man sie stündlich auf den Sommer hier erwartet – Von meinen Umständen wird Ihnen der Herr Schwager nächstens und vielleicht gute Neuigkeiten schreiben. Ich höre der Herr Sohn sollen mit General Berg herüber kommen. Das wäre mir eine angenehme Neuigkeit die vielleicht selbst auf mich Einfluß haben könnte, wenn bis dahin nicht schon alles richtig ist. Empfehlen Sie mich Ihrer fürtreflichen Gemahlinn und samtlichen Angehörigen und behalten im freundschaftlichstgütigen Andenken Ihren ganzergebensten Diener J M R Lenz. Herr Aelster Schow wird nun wohl retunirt sein. Es war unvorsichtig vom Derptschen Magistrat mit dem Gouvernement zu hadern, da die Sache der Statthalterschaften noch seit Beginnung der Welt in Rußland auf keinem bessern Fuß gestanden. Sehr unvorsichtig!
A Monsieur Monsieur Peuker Translateur du College des Affaires Etrangers – Maitre des Postes.
    Dorpat
St. Petersb. d. 27sten Merz Mein schätzbarster Freund! Ich weiß diesen Brief nicht besser an Ihre Demoiselle Schwester gelangen zu lassen, als durch Ihre Hand und bediene mich der Gelegenheit, so vielleicht die ersten und besten Nachrichten von Ihrem allerseitigen Wohlbefinden zu erhalten. Ich hatte vor meiner Abreise ein Abschieds- und Danksagungsschreiben an Ihre Mad. Schwester und zugleich an Ihr ganzes verehrungswürdiges Haus aufgesetzt, da ich aber eben aus einer schweren Leibes- und Gemüthskrankheit, von der Sie vielleicht gehört haben, genesen war, so mußte ich aus den Folgen schließen, daß Sie dasselbe nicht erhalten. Das ist die Ursache, warum ich eine mir so angenehme Schuld itzt nachhole. Ich habe viel ausgestanden in der Krankheit und auf der Reise, mein Körper und meine Munterkeit haben dadurch gelitten, das einzige was mir geblieben ist die Erinnerung und das Gefühl für alle Freundschaft und Güte, die mir bey meiner Entfernung vom Vaterlande wiederfahren. Ich wünschte nicht, daß Sie in ähnliche Situationen geriethen; so sehr ich von Herzen wünschte, Ihnen worin dienen zu können. Ich erinnere mich von Ihrem Herrn Vater gehört zu haben, daß Sie eine der deutschen Universitäten besuchen wollten. Sagen Sie mir welche es seyn wird; vielleicht hab ich dort einige Bekanntschaft. Sollte Sie aber einmal mehr als Neugier, sollten merkliche Aussichten Sie in unsere Gegenden herüberführen, so seyn Sie versichert, daß ich alles anwenden werde, was in meinem Vörmögen ist, Sie meiner unveränderlichen Hochachtung und Erkenntlichkeit für Ihre ganze würdige Familie zu überführen. Wahr ist es daß der Schwürigkeiten befördert zu werden, hier mehr sind als anderwärts, Schwürigkeiten die ich als Einheimischer bis zur Aufgebung aller Hofnung erfahre und die einem Fremden doppelt auffallen müssen. Eine Menge Leute von Talenten, die von allen Orten her hier zusammenfliessen und durch Connexionen und Cabale jedem Unerfahrnem den Weg verbauen, ein hartes Klima, eine höchst theure Lebensart, fremde Sprache und Sitten und eine Art von Zusammenverschwörung gegen den, der die beyden letztern nicht kennt – tausend Ungemächlichkeiten, die mich die eine Reise zu Land und Wasser von einigen 700 Stunden bald vergessen machten. Alsdann der Pöbel und das Gesinde in einer grossen Stadt, der zu tausend Ausschweifungen vertritt, und der Arbeit ungewohnt, wegen Diebereien und oft den grausamsten Verbrechen, eine Art von Feind ist gegen den man beständig zu Felde liegt – kurz alles alles lieber Freund was sich besser denken als sagen läßt, machen die Versorgung hier unaussprechlich schwerer als anderwärts, so wie vielleicht kein Ort ist wo man so leicht und so glänzende Hofnungen gibt, die das Unheil nur grösser machen. Nein mein Freund! wahres Verdienst, Tugend und Wissenschaft müssen besondere Wege finden sich geltend zu machen an einem Ort, wo jeder durch die seltsamsten Schicksale hergeworfene und verschmitzt gewordene Fremde sich das Ansehen von Verdienst und Tugend zu geben weiß – kurzum, wo man Gott dankt, daß man Othem holt. – Es ist wahr daß die höchste Monarchin und verschiedene Grosse hier einen unbestechlichen Sinn für wahren Werth haben – aber der Weg zu ihnen wird einen bis von den geringsten Personen auf eine solche Art verrammelt, daß eine Lebenszeit daraufgeht, eh Glück oder Zufall ihn eröfnen. Dies muß ich Ihnen schreiben, weil eine gewisse Meynung die auswärts noch von vorigen Zeiten herrscht, als Verdienste seltner waren, einen Fremden leicht verführen kann, sich die Sachen bey weitem anders vorzustellen, als sie sind; eine Meynung, die tausend Unheil anrichten kann. Ich bin noch nicht befördert und weiß noch nicht ob Petersburg oder Schweden mir nur den nothdürftigsten Unterhalt geben wird, den man oft mit den glänzendsten Namen bezeichnet Empfehlen Sie mich Ihren Mlls. Cousinen und sagen Ihnen, daß ich keinen von Ihren und meinen Freunden in Curland gesprochen, da meine Reise zu Wasser gieng. Von denen Herrn v. Kleist habe gehört, daß sie sich in Curland verheurathet: von Herrn v. Medern weiß ich nichts zu sagen. In Kurland wenn man Bekannte unter dem Adel hat, giebts noch eher Aussichten als hier, wo die ganze Welt möcht ich sagen sich zusammendrängt. Doch werden Sie selbst leicht errathen, warum ich meine Verbindungen dort mit Fleiß abgebrochen, da sie von keiner Dauer seyn konnten. Für einen Fremden, besonders für einen Juristen könnten sie es eher seyn, auch für Theologen, die die Landessprache lernen. – Haben Sie mir keine Nachricht von Herrn Ott zu geben? Der Minister bey dem er engagirt war ist jetzt in Moskau. Empfehlen Sie mich Dero sämtlichen Angehörigen und lieben unaufhörlich Ihren ergebensten Freund JMR. Lenz. Dem Herrn Cousin, Herrn Amtmann Schöll meine verbindlichste Empfehlung Meine theureste Freundin Da Ihnen mein Abschieds und Danksagungsschreiben, das ich nach der Genesung aus einer schweren Krankheit an Sie schickte, vermuthlich aus dieser Ursache nicht zu Händen gekommen; so hoffe ich, diese Schuld aus der Entfernung wo nicht abtragen zu können, doch wenigstens durch mein Stillschweigen nicht zu vermehren. Sie und Ihre fürtrefliche Familie waren es, die in einem fremden Lande, auf immer, wie es schien, getrennt von den Meinigen, an einem kleinen ungesunden Ort, ohne Umgang, ohne Verbindungen den trübsten Stunden meines Lebens diejenige Aufmunterung gaben, deren Eindrücke mich über das Grab hinaus begleiten wer. den. Sie waren es, die mein Herz zu jedem zärtlichen Verhältniß wiederstimmten, das ich in meinem Vaterlande abgerissen. Der geschmackvolle und lehrreiche Umgang mit Ihren würdigen Cousinen, Ihre gegenseitige Freundschaft, die glücklichen Wendungen, die Ihr eigenthümlicher Geschmack, Ihr Witz und Ihre Empfindung jedem Zug in ihrem Karakter, so wie dem Karakter abwesender Freunde von denen wir uns offt unterhielten, zugeben mußte; mich anzuspornen wußte, ihnen nachzu eyfern, um Ihres unbestechlichen Beyfalls würdiger zu werden, waren damals die Muse meiner glücklichsten Stunden und sind nachher noch offt der Gegenstand meiner einsamen Unterhaltung gewesen. Sie hatten die Züge einer meiner geliebtesten Schwestern und wenn die Verschwisterung der Seelen keine Schimäre ist; so erlauben Sie mir, Sie unter diesem Karakter noch abwesend zu verehren. Ja theure sanfte Seele, wenn ich Sie mir unter diesem Klima denken könnte, hier wo der Mangel der lieblichen Witterung und Früchte, fremde Sitten und eine fremde Sprache, Ihren Lebensgeistern vielleicht den glücklichen Umlauf wehren und Sie hindern würden, Sie selbst zu seyn: so würd ich sie ganz in Ihnen allein ganz wiederfinden. Wenigstens sagen Sie denen, die itzt ein näheres Recht auf Ihre Theilnehmung und Freundschaft haben, daß der Eindruck Ihres Karakters, das Nachahmungswürdige desselben, mir offt die schwürigsten Knoten des Lebens habe lösen können: ein Vorzug, den Sie mit noch einer Freundin aus jenen Gegenden, die itzt in erhabenere versetzt ist – theilen. Meine Reise darf ich Ihnen nicht beschreiben: sie war, wie die Reise durch die Welt, langsam und beschwerlich, mit manchen angenehmen Ruhepunkten. Ich sah endlich die Thurmspitzen von Riga und die Ufer meines Vaterlandes mit einer wunderbar vermischten Empfindung. Alles fremdete mich an – – bis ich die Meinigen wiedergesehen, von denen ich dennoch einige bis jetzt noch nicht umarmt habe. So zerstreut sind sie und an so verschiedenen Enden des Landes haben sie sich niedergelassen. Gegenwärtig bin ich in einer der größten Städte, abermal wie ein Fremdling und es wird Zeit brauchen, ehe ich über Personen und Sachen gehörig urtheilen kann. Ach wie viel ruhiger und schöner ist es in dem Gärtgen zu S – – als an den getümmelvollen Häfen. Geniessen Sie dieses Glücks ohne erst durch den Contrast versuchen zu wollen, ob es auch wirklich wahr sey, daß man es der sogenannten großen Welt vorziehen könne. Unglücklich genug ist der, der durch seine Situation dazu gezwungen ist. Er hat sich aufgezehrt, eh er zu leben angefangen. Ich werde schwerlich die glücklichen Ufer des Rheins wiedersehen; sie die so viel Wesen, als die grossen Städte Schein haben – aber ich werde mich noch offt der Rheininseln erinnern, wo wir tanzten, des freundschaftlichen Lichtenau, wo die Freude wohnte, deren Maske hier niemand mehr betrügen kann, der Plätze alle, wo wir uns offt von ☓ ☓ besprachen, oder mit Ihren Cousinen ein gutes deutsches Lied sangen. Lassen Sie mich hier abbrechen und nur noch fragen, was Ihr Herr Bruder macht – – was Ihre würdigen Schwestern machen. Die schalkhafte Selma u. die altkluge Sophie – konnte es ein schöneres Conzert für Ihre weiche sanfte Seele geben, als der Rath, der Umgang die Laune solcher Schwestern. Wie? sie sollten sich verändert haben? Nimmermehr! so wenig als F. B. sich verändern kann – von den Veränderungen des Karackters zu verstehen, denn das andere, deucht mich, würde nur dann nicht zu verzeyhen seyn, wenn es eine Veränderung zum Schlimmen wäre. Empfehlen Sie mich Ihren theuresten Eltern und sagen ihnen, daß seit meiner letzten Krankheit meine Munterkeit so ziemlich hin ist – welches Sie auch meinem Brief wohl anmerken werden – und ich jetzt in den Pfänderspielen zu S. eine sehr traurige Figur machen würde. Ich habe eine Mutter verloren – ich habe mehr verloren – – Gegenstände genug, die mir das Grab anfangen könnten lieb zu machen – wenn nicht noch Personen auf dieser Oberwelt wären, an deren Glück ich anwesend oder abwesend von Herzen Theil nehmen könnte – es mich vielleicht anstecken würde mit Lebensfreude. Und so leben Sie denn wohl theureste Freundin und findet sich eine Gelegenheit mit einem reisenden Freunde oder sonst – mir eine Nachricht von Ihnen – von Ihnen allen zukommen zu lassen – von Ihren Strasburgschen Freunden nicht zu vergessen– so werden Sie mich sehr glücklich dadurch machen. Ich aber werde unter jeder Veränderung bleiben ein mit ganzer Seele theilnehmender Bruder J M R Lenz. St. Petersbg. den 27 Merz 1780. Dem verehrungswürdigen Herrn Onkel und ihren sämmtlichen fürtreflichen Strasb. Cousinen bitte meine beste Empfehlung zu versichern. Wenn Ihr Herr Bruder an mich schreiben will, so lassen Sie ihn nur die Adresse an meinen Bruder machen: den Oberpastor Lenz in Dörpat p. Francfort, Memel et Riga, weil ich noch keine Bestimmung habe StPetersburg d. 28sten Merz. 80. Lieber Bruder! Dein anhaltendes Stillschweigen macht mich nur immer dreister und weil der der einen Finger hat, nach Petersbg. Methode die Hand nehmen muß, wenn er sich und andere nicht in Verlegenheit setzen will, so schicke Dir noch einen Beytrag zu meiner nothwendigen auswärtigen Correspondenz, welcher sie aber auch wohl auf immer beschliessen wird. Wohin dieser Brief geht, wirst Du leicht errathen und was er mich gekostet, wird Dir Dein Herz sagen. Es hält schwer sich in abgerissene Verhältnisse hineinzusetzen, wenn einen die gegenwärtigen bis an die Seele einengen. Ich habe unrecht, daß ich diesen Brief nothwendig nenne, denn wegen der Personen die er angeht, ist er nur billig und schön, auch wohl nicht unerwartet, da ich ein 4 Jahr kontinuirlich das Haus, an dem ich Dir die Adresse gebe, wie ein Naturalisirter Strasburgischer Freund besucht und es von keinem Landsmann, der es gekannt, noch ohne diese Höflichkeit geblieben. Auch hab ich ihm die
    Flüchtigen Aufsätze
in gewisse Art dedicirt, die in der Schweitz herauskamen. Die Adresse des Briefes ist:
    A Mons. Brion, Etudiant en Philosophie a Strasbourg,
zu erfragen und abzugeben in dem Hause des Herrn geh. Rath Schöll in der Schlossergasse. Das Porto wirst Du noch dismal so gütig seyn, auf Deine Hörner zu nehmen – und mir mit dem für den vorigen zu berechnen. geheimen Rath Gestern macht ich mit einem aus Kamtschatka hieher zurückgekommenen kommandierenden Major Böhm einen Besuch bey dem bekannten Herrn Prof. Pallas, der mich sehr glücklich gemacht hat. Ich hoffe noch besser und näher mit ihm bekannt zu werden, obschon seine Wohnung so entlegen ist. Das einzige was mich abhalten könnte, wäre die Furcht, mit zu einer Bereisung der dortigen Gegenden (so vortheilhaft auch sonst die Bedingungen seyn mögen) angetreten zu werden. Es giebt gewisse Anträge die sich mit guter Art nicht ablehnen lassen – und das Beyspiel fast sämtlicher hiesigen Professoren und Adjunkten der Akademie Güldenstedt, Georgi, Pallas etc. – würde Aufmunterung oder Versuchung genug seyn – Gott lenke meine Wege nach seinem Rath! Pallas versichert, daß es ihm unter den Ostiaken besser gefallen als in Petersburg. ☓ Doch sag hievon niemand – es ist eine Grille, die von hundert Personen auf eine so schiefe Art ausgelegt werden könnte daß mir angst und bange werden würde. – Es ist indessen gut, alle Ressourcen von Petersburg zu kennen. Lieber Bruder! wenn Du doch einen der Liphardschen Häuser sprichst, laß gelegentlich was durchschwitzen, von dem befremdlichen, mit Petersburg nicht allein, sondern mit allem was in der ganzen Welt Handlung heißen kann, so barbaro modo unkundigen Betragen des Bar. Gustav Schulz gegen unsern liebenswürdigen Brauer. Er schreibt ihm einen Brief, als ob er ihn an seinen Domestiken schriebe, den er in Petersburg zur Bestellung seiner Brandweinslieferungen besoldet. Nun kannst Du Dir vorstellen was das in einem der ersten Handlungshäuser in Petersb. für Eindruck macht. Er hat ihm die erste Brandweinslieferung, wie er mir aus seinem Buch gewiesen, mit 8 Rubeln eigenem Schaden besorgen helfen, seine Unruhe Mühe Sorgen und Bestellungen ungerechnet, da er bey seinen anderweitigen ausgedehnten Geschäften noch so manche Versäumnis obeneinhat. Er hat den Inspektor den jener her geschikt ganz wieder die Regeln des Kaufmanns, als Freund des Barons selbst mit den Connexionen bekannt gemacht, von deren Verhehlung er seinen Profit hätte machen können: nun glaubt dieser, die Sache allein eben so gut ausrichten zu können worin er sich aber sehr betrügen wird. Er hat ihm Gelder ausgezahlt, die dieser, immer unbescheidsamer gemacht, bis zu der Prätension ausdehnte, für ihn Geldremessen an entfernte Personen in Liefland zu machen, deren Aufenthalt er nicht einmal weiß, ja sich für sehr gravirt hielt, daß es nicht so gleich und so prompt geschehen war. als er an fremdes Geld kommandirt hatte. Er nennt die Fastagenbrake die hier nothwendig ist, besonders da seine Fässer nicht nach dem Kransmaaß waren, die Reparatur seiner Pipen, die er doch selbst verlangt, das Bewachen seines Vermögens u s f. Schikanen und meynt man hätte mit 1/3 von 88 Rblendie er zu allem bewilligt, die Richter, unter denen Etatsräthe sind u s. f. die Pächter und alles bestechen können, sie ihm zu ersparen. Er glaubt daß der Transport in einem Ort wie Petersbg. so wie dort auf dem Lande umsonst geschehe, kurz daß hier jedermann sich zu seinen Diensten umsonst kommandiren läßt, wie seine Unterthanen. Auch ist der Brief an Brauer völlig in dem Ton eines Souverains den dieser mit Stillschweigen und Mitleiden erwiedert und abwartet; wie er sich bey dem Rath vermuthlich eines unvernünftigen Untergebenen, der die Sache die er durch Brauers Hilfe ausgerichtet, nun eben so leicht und vermutlich mit Vortheil für sich auszurichten meint, in kurzem befinden wird. Ob er alsdenn statt der billigen Erkenntlichkeit für die Sicherheit seiner Entreprise und für seinen Gewinnst den man ihm in Gold und Silber umgesetzt zuschickt, um den Insp. der sonst Monathlang hätte lauffen können, in einem halben Tage abzufertigen, kurz für Ansehen Credit und Connexionen womit Brauer ihn unterstützt hat, noch über Schikanen und aus Versehen in die Rechnung eingeführte Posten schreyen wird. er weiß vermuthlich nicht wieviel 1 Rbl. in Ptersb. macht. Er will nicht wissen, daß niemand hier einen Schritt umsonst thut und daß sein Schwiegervater d. H. Tulander Eymerweise bezahlt – Da des Schwiegersohns Eymer grösser, unbehandelsamer sind und beym Aufrollen jedes allein 8 Cop. beym Abrollen 7 gekostet, welches er auf soviel 1000 Eymer berechnen kann. Daß das Geld in der Festung in Kupfer ausgezahlt wird – soviel tausende – – daß das Zählen bewachen – – doch wer kann da für Verdruß endigen. Mag ers anders probiren! und sichs stehlen lassen Ich bin weder Kaufmann noch Liefrungsverständiger, soviel aber sehe aus dem Briefe den mir Brauer vom Baron gewiesen, daß er Petersburg nicht kennt und wenn ers auch durch keinen Unglüksfall für den er sich gar nicht in Acht zu nehmen nöthig zu haben glaubt zu seinem Schaden kennen lernt (da er meynt, Geld zehle, bewache und transportire sich selber) er wenigstens in kurzem einsehen wird daß der Staat den Handlungsstand so sehr zu schätzen weiß als den stolzen und dummen von entfernten Landsassen. Ich küsse Dein Weib und Kinder und bin nach 1000 Empfehlungen an alle Gönner und Freunde Frau Obr. Oldekop Peuker Dein treuer Br. JMR Lenz. Sey doch auch so gut wenn Du Papa schriebst, ihn zu bitten, gelegentlich was einfliessen zu lassen, für all die Freundschaft und Güte die mir Brauers
    (u. Pflugs)
hier zukommen lassen. Sie verdienen es doch wahrhaftig. Wäre es auch möglich daß Du an Hn. Major Igelstrohm, der Dich jedesmal grüssen läßt, für alles was er mir erzeigt hat, ein Paar Worte auf der Post schriebst würd ich es als ein Zeichen Deines brüderlichen Herzens erkennen. Von Papa selbst könnt ein Brief der so eingerichtet wäre daß ich ihn allen Gönnern und Freunden vorlesen könnte mir auf einmal sehr beförderlich werden. Bitt ihn doch daß er sich in demselben aber des allzuängstlichthuns enthalte, weil es in aller Absicht mehr schadet als nutzt und auf seinen Karakter ein häßlich falsches Licht wirft. Mit Klagen ist hier gerade
    alles zu verschlimmern
und niemals was auszurichten, welches ich wohl erfahren – besonders wenn man weiß, oder zu wissen glaubt, daß der Klagende keine Ursache dazu hat. Die Versäumniß dieser Stücke hat mir bisher schon viel geschadet. – viel bey allen – Ich werde ihm nächstens selbst drüber schreiben. Ueberhaupt macht es eine unfreundliche Miene, daß ich von meinem Vater hier keinen Brief vorweisen kann – weil in den seinigen von Versinken in Schulden, Gefängniß Verfaulen in der Polizey u. s. f. die Rede ist – Ausdrücke die hier häslich könnten angesehen werden. (auch an Past. Wolf könnt eine Erinnerung in Deinem Briefe nicht schaden, der mich so oft invitirt und so oft Deiner gedacht hat, auch mich nach Dir fragt. Schreib es Papa aber auf keine Art die ihn aufbringen oder auch nur verdrießlich machen könnte, wenn Du seine Ruhe und mein Leben lieb hast. Ich mag mich darüber selbst nicht beschweren, weil ich es fürchte es mit zu viel Heftigkeit zu thun. Besonders da er noch keine Ausgaben hier für mich gehabt hat; und mit Gottes Hülfe (wozu er aber doch wenigstens soviel beytragen muß, daß er mich mit seinem Ansehen unterstützt und nicht thut, als ob ich ein
    geborener Knecht
wäre) es doch in kurzem zur Entscheidung kommen muß Auf die Art schadet er mir mehr, da jedermann aufmerksam werden würde, warum er mir unfreundlicher als andern Geschwistern begegnet.
Hier ein Paar Briefe lieber Bruder! die ich Dir offen zur schleunigsten Bestellung überschicke, damit Du Ihren Innhalt mit erfahrest. Ich habe keinen Augenblick übrig, da ich nun erst die Ausarbeitung an Gen. Purpur machen will u. durch obige Anträge ohnehin noch gezerrt werde. Sollte ich hier bleiben müssen und sonst keine Retirade wissen, so werde ich noch einen kleinen Vorschuß bis zum Herbst etwa in Riga oder Derpt anzusprechen genöthigt seyn. Macht Igelström das mit dem Sachsischen Gesandten, so wär’s was anders. Es muß aber geheim bleiben. Narischkin verspricht mir einen Charakter und wenn ich wiederkomme, einen Platz im Reichskollegio. – Aber es sind Versprechungen Was soll ich wählen. Rathe mir und schreib mir bald. Empfiehl mich allen guten Freunden, der theuresten Frau Obristin, Past Oldekops vorzüglich. Sag der ersten daß ich mit Hrn Pflug ihrer Frau Schwester die Aufwartung gemacht, aber Herrn Rittmeister Ukräiner noch nicht angetroffen. – Gott wenn ich nach Schweden reisen sollte – – noch weiter – Lebewohl Lieber und rathe Deinem treuen und betrübten Bruder JMR Lenz. Hunderttausend Grüsse und Küsse Deinem lieben Nekasaika und sämtlichen Angehörigen.
Herrn Herrn F. D. Lenz Oberpastor und Assessor des Consistoriums zu
    Dörpat.
S. T. Schätzbarster Freund! Neue Situationen, öfnen neue Aussichten und knüpfen die alten Verbindungen freundlich wieder an. Ich nahm Abschied von Ihnen, als ich der Trödelbude der Welt müde, mich der Natur in der stillsten Schweitz in den Schooß warf. Sie hat mich in mein Vaterland zu führen gewußt, wo mir jede ehmalige Verbindung neuen Werth erhält. Ich bin bisher von allen litterarischen Neuigkeiten durch meine Schuld abgeschnitten gewesen. Sie werden mich verbinden, wenn ich deren einige und von Ihrer Hand erhalten kann, die für mich den Stempel der Zuverlässigkeit mehr als eine andere führt, da ich zu entfernt bin, als daß sich Leidenschaften zwischen uns einmengen könnten. Also werden Sie auch von mir welche erhalten, an denen Ihnen gelegen seyn könnte. Doch bitt ich zum voraus, keinen andern Gebrauch davon zu machen, als sich mit meinen Verhältnissen wird vertragen können, worüber mir die Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit Ihres Karakters bekannt ist. Was macht also zuförderst Vater Klopstock den ich durch ein Mißgeschick, wie soviele Edle auf meiner Reise habe verfehlen müssen. Und unser fürtrefliche Leibarzt Zimmermann von dessen Sohn ich noch aus Zürich gute Nachrichten mitgenommen. Es wäre unaussprechlich Schade um eine der feinsten und schönsten Seelen unsers Jahrhunderts gewesen, vielleicht durch blossen Kützel des feindseligen Witzes, der lang unter uns Ton gegeben, so ganz erdrückt zu werden. Ach wenn wird Thalia wieder lachen können, die nur das faule Fleisch wegätzt und der edlern Seele neue Lebenskräfte giebt. Sie die im Gefolge der Bachanten und Menaden das Angesicht verhüllen muß; wie jener Grieche bey der Aufopferung seiner Tochter. Von Ihrem Museum weiß ich fast nichts mehr so wenig als vom Merkur, da wir hier periodische Blätter mit näherer Beziehung auf Vaterland haben. Doch könnten sie sich vielleicht mit Ihnen zu ähnlichen Zwecken vereinigen, ohne einander im Debüt zu schaden, da die deutsche Litteratur, wenn sie mehrere Angelegenheiten Rußlands aufnähme, hier vielen Eindruck macht. Vielleicht gibt es in unseren entferntesten Gegenden, echtere Deutsche als bey Ihnen. Verzeyhen Sie mir diese Impertinenz, die wie alle Machtansprüche auch ihren Theil Wahrheit hat, da vielleicht unter keiner Regierung sich Expatriierte von allen Ständen und Fähigkeiten so genau an ein ander geschlossen und so freundliche Behandlung erfahren. Ich muß schliessen, weil mir kaum soviel Zeit übrig bleibt, Ihnen zu sagen, daß hier ein ehmaliger Eleve von Ihnen, Herr Legationsrath Claudes mir bekannt worden und ich mit ihm näher bekannt zu werden wünschte um Ihnen mit mehr Eindruck versichern zu können, daß ich nicht aufhören kann zu seyn Ihr verbundenster Fr. u. Diener J M R Lenz. Petersbg. D. 5ten April 1780. Wie befindet sich Herr Bürger – was machen Pfeffel und Schlosser, die zu weit von mir sind, um sie zu erreichen. Doch bitt ich dem letzten, Herrn Hofrath Schlosser zu schreiben, daß er sich eine unrichtige Vorstellung aus meiner
    eben so unrichtigen
Nachricht von meiner gegenwärtigen Situation macht; über die ich ihm, sobald ich es bestimmter thun kann, schreiben werde. Doch könnte das Kadettenkorps in Berlin und Herrn Rammlers Situation in demselben ihm ein richtigeres point de vue abstecken helfen. Von Herrn Bause der Ihnen diesen Brief vielleicht selbst abgiebt, vielleicht zuschickt, habe Ihnen noch nichts sagen können. Er geht nach Dessau, aus einem Zuge der Gemüther die mit gleichem Erfolg auf gleiche Zwecke arbeiten. Nur daß sein Standpunkt verschieden und ihrem Journal viele Mannichfaltigkeit und Nutzen mehr geben wird, in das er Beyträge von Petersbg. aus liefern will. Er wird Ihnen meine Adresse sagen, doch besser wärs, Sie schickten ihm Ihren Brief zu.
S. T. Hochgeschätzter Freund Die Gelegenheit, die sich mir anbietet, Ihnen zu schreiben, ist mir zwiefach willkommen, theils um mich einer nur zu lang aufgeschobenen Pflicht zu entledigen; für die ich ausser der Ihnen zur Gewohnheit gewordenen Güte und Theilnehmung gegen Fremde, keine Entschuldigung weiß; theils um einen Freund aus Petersburg, der sich selbst am besten empfehlen wird, zum Zeugen und Theilnehmer an meiner Erkenntlichkeit zu machen. Herr Bause, Lehrer an der Petri-Schule möchte eine Reise nach Deutschland thun, um alle den Kakochymischen Spleen, der sich bei gleichförmigen Arbeiten, die in die Welt keinen Einfluß haben, anzusetzen pflegt abzulegen und mit erneuter Munterkeit und vermehrter Kraft seine Lautbahn wieder anzutreten. Der Hypochonder, der gewöhnliche Feind der Schullehrer, besonders, wo ausländische Verhältnisse sie drücken (ein Verdienst, daß die Philanthropine um unsere Schulen haben) wird, durch den Anblick des Vaterlandes vielleicht, durch die Unterhaltung mit würdigen und verdienstvollen Gelehrten und durch Verbindungen mit ihnen verschwinden. Alles Wissenswürdige und Schöne wird dazu beytragen, das ist es was ihn hauptsächlich nach
    Weymar
– und auf meinen Rath an Sie führt. Sollten Sie noch einigen Zusammenhang mit Dessau haben, so werden Sie ihn und vielleicht mehrere Personen verbinden wenn Sie ihm ein Verhältniß mit den dasigen Lehrern befestigen helfen. Sie brauchen einen Mitarbeiter an ihr Erziehungsjournal, der gesammelte und bewährte Erfahrungen aus derselben Laufbahn, wiewohl von einem andern Klima her, zu der ihrigen gesellte. Ein Mann der in dieser Absicht zu ihnen reist giebt ihnen Ehre, indem er von ihnen Ehre annehmen will und mich dünkt, es wäre einmal Zeit, daß sich die Philanthropine, auch wegen ihres Kredits in Rußland – an die Schule anzuschließen anfiengen. Herr Bause wird hier allgemein geschätzt – und einem Mann seines Schlages würde der Professor Titel bey ihnen, unter dem er an unsrer Schule fort arbeitete, statt aller Honorarien seyn. Man trug mir einmal auf, Schriftsteller beym Philanthropin zu werden; ich kann mich nicht besser rächen als durch Empfehlung eines Tüchtigern. Dem Triumvirat in W. darf ich nicht bitten, mich zu empfehlen. Sie haben zu viel zu thun, um an mich zu denken. Auch wär’s ihnen zu verargen, wenn sie die Gunst des freundlichsten der Fürsten minder beschäftigte. Ihnen darum keinen Vorwurf gemacht, wenn Sie auch mir einige Ihrer Neuigkeiten mittheilen. Der den Vorzug hat von einer Nation zu seyn, die vielleicht in der Krise der unverdorbensten Originalität steht. Eine Nation bey der Werther, der mißverstandne Werther in 24 Stunden vielleicht mehr
    Verwüstungen
anrichtet, als an den geschwätzigen Ufern des Rheins u. der Donau in soviel Jahren wo aber auch die stummen Scenen Ihrer Elfride auf eine Art ausgeführt und
    sentirt
werden, von der Sie vielleicht (so grosse Hochachtung ich für manche lndividua Ihrer Gegend habe) sich bey dem Gros der dasigen Karaktere keine Vorstellung machen können. Mit dieser Achtung nenne mich, nach verbindlichstem Empfehl an Ihre lebende Elfride Ihren ergebensten Fr. und Diener JMR Lenz St Peterbg. d. 6ten April 1780 Wenn Sie meinen Freund Hartknoch sehen, so grüssen Sie ihn von mir und sagen Sie ihm, daß wenn er erst Gesundheit aus Ihren Gegenden geholt, sich ihm die weissen Bären die er sich vielleicht in unsern Gegenden hinsetzt, noch wol einmal auf eine Art entzaubern könnten, die ihn überführte, daß wahre Schätzung des Verdienstes nur im Vaterlande (das nicht immer native soil zu seyn braucht) möglich sey –
S. T. Hochgeschätztester Freund! Ihre Prophezeyung ist eingetroffen; die Seereise hat mich gesund gemacht. Bewegungsgründe genug für Sie, Ihre Frau Schwester, der ich endlich Ihre Bestellungen ausgerichtet, zu besuchen, wenn Sie, Ihre Patienten Sie selbst werden krank gemacht haben. Der Herr Ueberbringer dieses Briefes reist nicht in so freundlicher Jahreszeit, obwohl fast in ähnlicher Absicht. Er möchte sein Vaterland wieder sehen, die Seinigen umarmen, seine altert Verbindungen erneuren und neue schliessen, die seinen Zustand hier angenehmer machen und seinen Kräften mehr Spiel geben könnten. Es ist zu vermuthen, daß er zurück kommen wird. – und das macht unsere Reise verschieden. Können Sie ihm in Lübeck behülflich seyn, wenn er vielleicht krank dahin kommt, werden Sie sich ein neues Verdienst um mich machen, dessen Interessen freylich vor der Hand nur noch meine Brüder in Riga abtragen können. Das Kapital bezahlt Ihnen Ihr Herz und wenn ich das Zielmeiner Bestimmung weiß und Sie nach Liefland kommen die ganze Werthachtung des Meinigen. Sie haben mir in Lübeck nicht gesagt, daß die bekannten Dichter Grafen v Stolberg sich dort in der Nähe aufhielten. Können Sie diesem Freunde ihren Aufenthalt nicht sagen. Sie erzeigen vielleicht beyden einen Gefallen, wenn Sie ihm behülflich sind, sie zu sehen. Nach bester Empfehlung an Ihre Frau Gemalinn und schätzbare Familie, nebst deren Führer und allen Lübeckschen Freunden nenne mich mit wahrer Ergebenheit Meines hochgeschätztesten Freundes verbundenster Diener JMR Lenz St Petersbg. d. 8ten Aprill 1780. Die Nonnenklöster in Lübeck nicht zu vergessen. Wenn Sie als Arzt Predigten über die Blatterneinimpfung von einem der ersten Redner unsers Landes lesen und allgemeinmachen helfen wollen, so wird Ihnen Herr Bause den Subskriptionsplan dazu geben können. St Petersbg d. 15 April 1780 Endlich Theurester Lavater! kann ich Ihnen aus Petersburg schreiben Ihnen der meinem Herzen so nah liegt, an dem Tage wo ich die heiligen Pfänder der höchsten Liebe genoß, ohne Zerstreuung schreiben. Ich weiß nicht, ob Sie meinen Brief als Coúvert aus Riga erhalten ich habe den Mann itzt selbst kennen gelernt, dessen Brief er damals einschloß, es ist wie alle Schweitzer, auch in den verschiedensten Klimas noch immer ein guter echter Schweitzer, der Ihre Lieder gelesen. Er wird bald zurückkommen, wo sein Herz schon voranfliegt und ich hörte mit Vergnügen ihn seine Eleven ermahnen sich so aufzuführen, daß sie dessen werth seyn, die Schweitz zu sehen. Prof. Güldenstedt führte mich zu ihm, der Ihr ungeheuchelter Freund ist – auch unsers Freundes Kaufmann sich offt noch mit vieler Wärme erinnert; mir die Plätzgen gewiesen, wo er spazieren zu gehen gewohnt war und durch ihn für Ihr ganzes Vaterland als mehr als Buchstaben- und Bücherfreund gestimmt scheint. Ich bin stolz auf diesen
    Landsmann
in Petersburg. Seine Reisen bis an den Caukasus haben ihn auf einer andern Abdachung der Erde (daß ich mich des
    gemeinen
Ausdrucks bediene) Gott erkennen lehren. Er wohnt beim alten verehrungswerthen Euler und dessen gelehrten – Sohn im Hause, von welchen Personen allen, wie auch besonders der Frau des letztern ich Ihnen die Silhouetten wünschte. Vielleicht schicke ich sie durch Füesli; vielleicht haben Sie sie auch schon. Ein interessanter Mann ist mir auch einer der hiesigen Grössern geworden, der Vizepräsident im hiesigen Reichsjustizkollegio. ╒╒ Herr Kreidemann – dem ich mehr als einen Abend von Ihnen habe vorerzählen müssen, der mir auch ein Briefgen an Sie geben wollte, um keines Geschäfts willen, wie sich der ganz liebe Mann ausdrückte, sondern um Ihnen seine
    Hochachtung zu bezeugen.
Das Briefgen konnt er nun wohl seiner überhäuften Geschäfte wegen (da wirklich die Last des ganzen Gerichts – das ausser dem Senat für alle liefländische Sachen die letzte Instanz ist, fast auf ihn allein ruht, weil in Rußland gemeinhin die Collegia mit verdienten Militärpersonen besetzt werden, die von Recht keine Ideen haben.) nicht schreiben, aber die wärmste und herzlichste Empfehlung folgt von ihm mit. Er erkundigte sich nach Ihrer Physiogn. umständlich, auch nach der französischen Uebersetzung von der hier alles voll ist. Bester Gönner von der letzten wußt ich ihm nichts zu sagen und Ihnen wahr zu gestehen, begreif ich sie kaum: Vielleicht hat der wackere Waffenträger Ehrmann Theil daran – er kann stolz darauf seyn, denn in der That es ist das einzige Mittel, Ihre Ideen bei einem gewissen Theil von Vornehmem in Gang zu bringen, der oft zu ihrer Ausführung und Benutzung der wichtigste ist. Ich machte Kreidemann Hofnung zu Ihrem Werk von den Phys. Linien und dem Gebrauch derselben, das Geschick unbekannter Personen zu ihrer künftigen Bestimmung zu erfahren. In Petersburg, fiel auch er bei, würde dieses hauptsächlich nöthig seyn – und ich denke, er selbst würde viel Gebrauch davon machen. Sein Gesicht ist sehr blaß – vom Arbeiten sichtbar angegriffen also nicht in der natürlichen Farbe – die Stirn aber ungemein hervorstechend über den Augknochen, das Auge erstaunend ausgearbeitet: der Mund fast ein wenig Sokratisch ungestalt, wenn er lacht, aber doch nicht ohne Reitz. Güldenstedt hat ungemein viel Reinheit und Redlichkeit in seinem Gesicht – der Spiegel seines Betragens (ich wäre begierig, ob Sie sie der Beschreibung nach erkennten, ohne sie genannt zu lesen:) um zu sehen ob ich etwas Physiogn. Sinn bey Ihnen gewonnen, womit ich mich wenigstens hier breit mache. Nun damit wir die Leiter heraufmachen – von unsern Grossen kenn ich noch zu wenig vielleicht läßt sich künftig mehr sagen. Aber die Landesherrschaft – Freund und Vater! – soviel ich mich erinnere hat sie – hat sie keinen Platz in der Physiognomik, kann auch nach den Carrikaturen von Kupferstich die von ihnen kursiren, keinen haben. Künftig mehr von diesem Punkt: er ist mir heilig – – eben höre von ihnen selbst, daß Sie sie schon haben ╒╒ dem obersten Collegio nach dem Senat Ich erinnere mich ein und des andern Mündlichen – – und daß Sie damals
    fehlten.
Wie konnts auch anders, denn was ist aller Schatten, durch soviel Hindernisse zu Ihnen gelangend, gegen Wirklichkeit.
    Stärke
z. B. mein Gönner! – wo Sie Hang
    zur Wollust
fanden, der auch freylich wie beym Sokrates kann überwunden worden seyn. Ich habe sie nur einmal nahegesehen (als sie die Deputierten der neuen Provinzen in Polen zur Audienz ließ – ein interessanter Anblick) – und ich sah die – –
    Gesetz
geberin – und die Gesetzgeberin eines halben Theils der Erde. Und worauf ich am kühnsten bin – die unmittelbare – das spricht aus ihrem Blicke. Sie ist alle Morgen vor 6 auf und arbeitet allein – und die Zeit ihrer Vergnügen ist – (ein beyspielloses Muster –) ausgemessen. Auch reden alle ihre Entwürfe Plane und Ausführungen mit ihrem Gesicht überein – das wahrhaftig im strengsten Sinn des Worts – Kayserlich ist – Ich schwärme nicht. Ihr Blick hat nicht das schröckende Feuer des alten Friedrichs aber doch genug um den zu Boden zu werfen, der’s vergessen wollte daß sie einen halben Welttheil durchdringt. Im Nacken in der Haltung des Kopfs, in der Brust alles voll Kraft und
    fortwährender
Anstrengung – – der Großherr ist der Pendant zu ihr. Soviel ähnliches von Mutter auf Sohn hab ich selten gesehen nur ist Güte der Seelen am Munde, wenn er nicht angestrengt ist noch das Zeichen, das ihm die Sorgen der Haltung eines ganzen Reichs fehlen. Man sieht ihm am Gesicht an, daß er unermüdet arbeitet – auch soll er in allen Fächern der Wissenschaften seine Meister suchen. Sein Geschmack ist so rein und ohne Fehl und Eigensinn, daß ich von der Seite uns Glück wünschen wollte, wenn wir die Arrangements der Deutschen und Ausländer nur hier ganz so hätten, was Städte Bücherumsatz p. betrift. Doch künftig hiervon ein mehrers und besseres; wie von unsern Grossen überhaupt, von denen ich die wenigsten kenne. Der geheime Rath und Ritter Betzky ist ein würdiger Greis, dem Heiterkeit und stille frohe Thätigkeit aus jeder Miene leuchtet. Er hat so ganz das Schweitzerhaffte – mehr aber doch aus den Bernergegenden her. So seine Tochter und sein Schwiegersohn, von denen ich Ihnen ein andermahl schreibe: wenn meine Situation und deren Entscheidung mich näher mit ihnen bekannt gemacht, denn ich hoffe beym Cadetkorps anzukommen. Den Sächsischen Minister besuche ich oft, dessen Gesicht viel richtigen Verstand u. ein offenes u. wohlwollendes Herz weist. Vielleicht auch von dem eine Silhouette. Einige der Günstlinge des Großfürsten schickte u karakteriserte ich Ihnen gern – vielleicht kann ichs künftig besser. Ob Kaufm. Urtheile mit meinen übereinstimmten, wär ich begierig zu wissen. Besonders von den Grossen Orlovs – – Gallizin Schwäger Or. Der Gouverneur von Liefland würde Ihren ganzen Beyfall erhalten. Eine so gewölbte Stirn, soviel eherne Treue und ausharrende unzertrümmerliche Redlichkeit finden Sie nicht leicht in dem Gesicht– (auch in dem Karakter) eines andern Grossen. Seine Gemalinn – und einige Grosse von Riga werden Sie auch freuen, worunter die geh. Räthin Vitinghoff und die Vizegouverneurin Meyendorf Ihre Lieblinge werden würden. – Auch meine Familie hat Gesichter über die Ihr Urtheil zu wissen begierig wäre. Mein Vater. Mein ältester Bruder, den Kaufm. nicht kennt und der doch von ihm gekannt zu werden verdient – Doch ich behalte keinen Platz zur Erkundigung nach dem Befinden Ihrer teuresten Gattin u. Familie und zu der hochachtungs- und dankvollsten Empfehlung. Der Fürst Kurackin das wahre Emblem des immer heitern Geistes – mehrere von denen ich künftig schreibe Die Post geht ab und ich weiß nicht, ob Ihnen daran gelegen ist durch eine andere Gelegenheit als die eines Reisenden wie die itzige, Nachricht zu erhalten von Ihrem unverändert und Ihren Freunden ergebensten Diener J M R Lenz. Herrn D. Hirzel – allen Herrn Pfenninger – Herrn Schultheß und Gemalin Herrn Füeßli und Breiting, Herrn Schick Herrn Bodmer, Herrn Landvogt Lavater.
Lieber Bruder. Dein und aller Freunde Stillschweigen befremdet mich. Wirst Du auch böse werden, daß ich Dich mißbrauche, die Kouverts um meine Briefe zu machen. Aber ich erspare so zwey Dinge, die Zeit und die Postbeschwerde mit allzu dicken Briefen. Für den Graf Sakken arbeite ich schon – und es ist mir nützlich, mich in Routine zu setzen – nur wohnt er weit und Akkord haben wir auch noch nicht getroffen. Alles in der Nariskinschen Sache ist noch nicht vorbey, wenn man nur bey den entgegen stossenden Winden weiter käme. Nächstens wird im Corps öffentliches Examen der letzten Klasse seyn. Dazu werd ich nun wohl gern kommen. Das schlimmste ist, daß mirs als einhalber Vorwurf von R. gesagt wurde, er habe gehört, ich werde von N. befördert werden. Der geringste Schritt den ich thue, macht einen oder den andern aufsetzig und einem muß doch der Vorzug gegeben werden. Die Aussichten aber sind bey beiden immer noch entfernt und müssen mit Geduld erreicht und ausgeharrt werden, wiewohl sie wirklich beym Corps näher sind. Es muß ein drittes hier den Ausschlag geben welches mein guter Genius wissen mag. Dein J M R Lenz. Tausend Empfehlungen allen Freunden Gönnern und Geschwistern. An Hn. Past. Oldekop habe einen Antrag von der Oekonomischen Gesellschaft, bey der Herr Prof. Güldenstedt präsidirt. Wenn er nicht etwa bis zur neuen Errichtung der Statthalterschaften warten will
Monsieur Monsieur
    F. D. Lenz.
Premier pasteur et Assesseur au Consistoire de & á
    Doerpat
Hochwolgeborne Freyfrau Gnädige Frau! In wie vielen Rücksichten Ew. Exzellenz durch einen Schritt, der mir die zum Dank angesetzte Feder kraftlos aus der Hand stürzt, durch Hochdero großmüthige Vermittlung bey meinem Gesuch in Petersburg, die Herzen einer ganzen Familie von den beängstendsten Sorgen entlastet, wird Ihnen Ihr eigenes Herz am besten zu ahnden geben. Es war diesmal nicht das Gesuch allein sondern noch viele andere Mißverständnisse und Besorgnisse, die sich dadurch wie durch Dazwischenkunft der Sonnenstralen bey trüben Wolken aufgeheitert. Dieser Schritt ist ganz der grossen Seele würdig die das verworrenste Anliegen jedes Hülfsbedürftigen mit eben dem treffenden Blick durchschaut, mit eben der schnellen Großmuth ihm zuvorzukommen eilt, mit der sie schon in wichtigem Fällen der Gottheit nachzuahmen gelernet. Genießen Ew. Excellenz dieser Zufriedenheit die sich selbst allein belohnen kann und erlauben einem Beglückten, durch das Studium von Handlungen der Art sein eigenes Herz zu verbessern und der Ehrerbietung freyen Lauf zu lassen, mit der er sich unter Ew. Exzellenz Clienten rechnet als Hochwohlgeborne Freyfrau Gnädige Frau Eurer Excellenz unterthänigen und gehorsamsten Diener und Verehrer J. M. R. Lenz. Ich schreibe Dir auf der Copey des Briefes an Fr. v. Vietinghof und bin so besetzt, daß ich nichts hinzufügen kann, als Dich aufs höchste zu bitten, Einlage an Papa mit geflügeltester Eile zu besorgen, Couvert etc. drum zu machen. Der theure gute Altgen hat alles unrecht ausgelegt, wie ich befürchtete und seine Ge sundheit leidet drunter, wenn er im Mißverstande länger bleibt. Dies kränkt mich doppelt, da seine und Eure Briefe mir baares Geld sind. Nächstens mehr von Deinem treuesten JMRLenz St. Petersburg d. Ap. v. Lenz aus Riga. Werthester Herr und Freund! Ich ergreiffe die in meinem letzten Briefe an Sie erwähnte Gelegenheit, Ihnen einige Silhouetten aus meinem Vaterlande und aus Petersburg zuzuschicken muß aber, um die aufrichtige Sprache des Freundes zu reden, der nicht schmeichelt, Sie um Ihrer eigenen Grundsätze willen bitten, mir zu erlauben, daß ich bey dem Egyptischen Gedräng Ihrer Verleger, welches bey ehernen Nerven auch auf Urtheile und Ideen Einfluß haben muß, zu diesen Bildern, ohne zu sagen für welches sie gehören, welches ich Ihrem Kennerblick überlasse, einige karakteristische Züge hinzufügen kann, die den Perpendikul Ihrer einmal
    geschwungenen Empfindung,
der bey allen Nerven wie Liebhaber u. Kennernerven sind auf eine oder andere Seite überschlägt, womöglich ein klein wenig zu hemmen und in waagrechten Stand zu setzen. suchen sollen. Dies mein werther Freund! hat Ihrer Physiognomik schon manchen unangenehmen Stoß gegeben und Sie – erlauben Sie mir die Freyheit, Sie bey Urtheilen über entfernte Personen
    ungerecht
gemacht. Wie? Sie geben Ihre Wissenschaft selbst für das Resultat der aus Menschengesichtern mit ihrem Karakter zusammengehaltenen Erfahrungen? Und nun wollen Sie es umkehren und aus einigen wenigen datis in
    Ihrem
Vaterlande das ganze Erdenrund, so sehr verschieden an Klima, Regierungsform Denkart ein Land auch von dem Ihrigen seyn kann – und seine Individuen dem
    Karakter
nach beurtheilen. Erlauben Sie mir, Sie nochmals zu bitten, Ihren Verlegern flehentlich die güldenste der Bullen entgegen zu rufgen – – Richtet nicht, damit ihr nicht wieder – Sie wissen welche tieffe Hochachtung ich als Mensch, Kunstkenner und ich möchte sagen als Christ selbst für die Physiognomik habe, wiewohl ich sehr sehr wünschte, daß Sie mehr an dem was Sie auf dem Tittel versprechen als an den Geheimnissen der zukünftigen Welt hielten, zu der ja die itzige immer nur der
    Vorhang
bleibt. Wer wollte denn nach dem
    Vorhang
das Innere zu beurtheilen, darüber abzusprechen kühn genug seyn? Diese Bitte thue ich nicht ohne Ursache, da ich mich gezwungen sehen würde, im Fall Sie darin keine Aenderung träffen, etwas über Ihr Urtheil im 18ten und 21 Fragment öffentlich zu sagen, da die Mißverständnisse die es angerichtet (daß ich den gelindestell Ausdruck brauche) durch die Unvorsichtigkeit Ihrer Herrn Verleger öffentlich geworden sind. Lieber Lavater! nie, nie, daß ich Ihnen die Wahrheit sage, hätt ich geglaubt, daß Ihre mir sonst bekannte Mässigung und Klugheit (in dem besten Verstande des Worts) vielleicht von jungen vielleicht auch von ältern
    radottirenden
Freunden sich so aufs Eis würde führen lassen. Sie treten als Schriftsteller in einer neuen Wissenschaft auf – – und lassen sich auf einmal von Leuten die es nicht gut mit Ihnen meynen, eine Maske vorlegen, die so wenig zu Ihrem Gesichte paßt – Oder glaubten Sie Rußland – sey noch das Land das es vor fünfzig Jahren war und man könne über Gegenstände die dasselbe angehn, mit mehr Nachlässigkeit – – Nachsicht gegen unzuverlässige Berichte schreiben? Wie würden Sies aufnehmen, wenn ich ohne jemals dort gewesen zu seyn, eine Karakteristick der wichtigsten Schweitzer aus dem Munde einiger Landsleute machte, die sich ein Viertel Jahr dort aufgehalten – – eine Karakteristick, die nicht zu ihrem Vortheil gereichte? – Freilich muß man Sie persöhnlich kennen, um davon so gelind zu urtheilen als ich thue. – – Ich wünschte Ihrem Werk einige Brauchbarkeit für mein Vaterland mit
    zuhelfen
zu können: ich gestehe aber, daß ich meine Schultern nach dem Exordio des 18ten und 21 Fragments fast zu schwach dazu fühle. Ueber Gesichter zu urtheilen deren Karackter man nicht kennt – – – lieber Lavater! die Nächsten um uns zu Führern anzunehmen, aus ihren Gesichtern über die entfernten – abzusprechen? Wie? und fühlen Sie – Sie es nicht an Ihrem Herzen, daß Sie so gegen die ersten parteyisch – gegen die andern ungerecht werden
    müssen.
Doch daß ich Ihnen jetzt nicht als Gelehrter, sondern als Freund spreche: Sie thun sich den meisten Schaden. Und so – um wieder einzuhelfen, will ichs wagen, Ihnen zur Probe einige Karaktere aus meinem Vaterlande vorzulegen, die Sie selbst aus den Bildern aufsuchen werden. Glauben Sie aber nicht, daß ich alles sage, oder das meiste sage, ich zeichne nur einige Äußerungen die ich wahrgenommen – – das übrige mögen Ihnen die Grundsätze Ihrer Wissenschaft an die Hand geben. Ein junger Mann mit erstaunender Biegsamkeit der Seele, höchst reitzbaren Nerven fürs Vergnügen – hellen durchdringenden Verstand gerade soweit zu sehen, als seine Thätigkeit und Betreibsamkeit ihm Sphäre macht. Doch auch Vermögen aufzuopfern – und den höherenGenuß der Weißheit und des Himmels zu fühlen – wo die Erde für sein Herz zu wenig beut. Voll der schönsten und der Natur am ähnlichsten Ideale: die er in Wirklichkeit zu verwandeln Kraft hat. Voll Gelehrigkeit gegen andere, ein guter Vater, ein noch besserer Ehmann kurz ein guter Mann – – nicht aus Schwäche! Nur – zu schmeichelhaft gegen Leute von deren Werth er auch nicht überzeugt ist – aus Güte. Fähig Wahrheiten frey ins Gesicht zu sagen und mit einem Nachdruck, daß die Personen die sie getroffen verstummt sind. Ohne doch sich an ihm rächen zu können, weil er sie ihnen auf eine Art gesagt, daß sie sich im Unrecht fühlen mußten. Ein Freund und Vertheidiger der Physiognomik, ohne Lavatern anders als aus einigen Predigten zu kennen. – Sein thätiger und sich mittheilender Geist, mehr zum Einwirken als Spekuliren aufgelegt, fürchtet ein wenig die anhaltende Einsamkeit – und doch hat er lange Zeit in derselben zubringen müssen, wo er sie sich durch Anlegung von Gärten und Lustplätzen in Wildnissen verschönert. Eine Dame – von viel sehr abstechenden Schicksalen. Für die Schaubühne erzogen, ohne jemals auf derselben aufzutreten (dieses bitte ja nicht drucken zu lassen). Durch einen seltsamen Wechsel des Glücks in eine der besten Familien des Landes verheurathet. Den zärtlichsten den geliebtesten Gemahl verloren – und sich mit ihren Kindern, die alle ihre Denkart und Seele haben, ins Einsame gezogen, um der liebenswürdigsten Melancholie nachzuhängen. Voller Reitzbarkeit für die Freude, voll des feinsten Geschmacks – eines Gefühls, das jedes Härgen von Unordnung im Charakter drückt – darum der Welt entzogen, weil ihre Seele sich nie ganz mit gewissen Widersprüchen in Karaktern aussöhnen kann – Fähig der edelsten, der unabsichtlichsten Freundschaft, bloß aus Geschmack und Wahl – – – und Ueberzeugung von Werth – den sie gern bereit ist über den ihrigen zu setzen – Fromm – im treflichsten Verstande des Worts! – weil für sie hier unten wenig mehr zu wünschen ist – ich bin begierig ob Sie – das Bild zu diesem Karakter finden Ein junger Mann, das Bild dauerhafter Anstrengung und Geistesstärke die sich bis ins Unmögliche verliert wenn sie weiß daß sie auf Grundsätzen ruhet. Zu beugen ist sie nicht diese Stärke, wohl aber biegend um ihre vorige Richtung anzunehmen. Von diesem kann man im strengsten Verstande des Worts sagen, immer derselbe und das in einem Jünglingsalter. In dem Gesicht sehen Sie alle Geheimnisse feinerer – und doch frommer Erziehung denn freilich hat diese zu der Unbestechlichkeit seines Geschmacks in so weit das meiste beigetragen, als seine nachmaligen Reisen nur Fortsetzung derselben waren. Er hat die halbe Welt gesehen und mit der Ruhe mit der er – – itzt krank – – nichts als Salomons Ausspruch vor sich sieht. Dabei für keinen Seelenreitz unempfindlich, am wenigsten für den der Ehre bey Edlen. Nicht geräuschvoll und weit bekannt – aber den besten und würdigsten bekannt zu sein wünscht er. Wird er wünschen, auch wenn seine Sphäre sich noch so sehr erweiterte, noch so sehr verengte, weil er gern aus Geschmack gut wäre. Ein Freund der Physiognomik – ob selber Physiognomist zweifle ich. Ein besonderer Mann voll Tiefsinn und Frömmigkeit. Alle feurige Gefühle schockiren ihn, ob er sie gleich mit dem Kopf sehr wohl faßt. Liebt sonst das Melankolische, hat auch selbst einen Ansatz. Ist von Herzen fromm und wohlthätig. Ein
    Märtyrer
an Duldsamkeit wenn er mit verschobnen Karaktern zu thun hat. Welches er an einer Frau bewies, die ihn itzt durch ihren Tod befreit hat und dem Trunk sehr ergeben war. Keine Ader Falschheit in dem Manne. Einer der ersten spekulativen Köpfe in
    Europa.
Obwohl zu schüchtern und zu sehr lebender und thätiger Philosoph (denn er ist ein grosser Landwirth obschon er in der Stadt in einem geistlichen Amt steht und treibt seinen Garten wie Lavater die Physiognomik) seine Spekulationen von denen er große Hefte liegen hat, bekannt zu machen. Drucken läßt der – schwerlich. Könnt er sie aber ins Cabinet thun, daß sie gleich zum Ziel eilten, das wäre seine Sache. Dabei keinen Ehrgeiz – nicht den mindesten, als den das zu seyn was die in Griechenland mit Mantel und Bart waren.
    Keine
Schönheit irgend
    eines
Schriftstellers entgeht ihm – Goethe möchte der einzige seyn, der hiervon eine Ausnahme machte. Doch erkennt er ihn mit dem Verstande. Verzeihen Sie daß ich so ausführlich über diesen Mann bin ich kenn ihn von Kindesbeinen an. Seine Seele hat viel Aehnliches mit Güldenstedt. Seine Frau ist auch hier, ein Gesicht, in dem gewiß ihre ganze Seele ist. Seine
    zweyte Frau
nämlich. Da solln Sie rathen. Die drey Töchter der benannten Dame. Jede die Mutter auf eine andere Art. Ganz durch ihr Beyspiel und Gesinnungen gebildet. Fürtrefliche Mädchen alle drey und auf die ich meines Vaterlandes wegen stolz bin. Blos durch Natur gelehrt singen sie um einem das Herz zu zerschmelzen und grössere Kenner als ich bestättigen dis. Da ist kein falscher Ton. Die mittelste doch sehr fein und fast unmerklich, zum Stolz auf ihre Geburt geneigt. Die jüngste möchte der Mutter am nächsten kommen. Die älteste in gewissen Stücken sie noch übertreffen an Größe der Seele, so weit sie bei einem Frauenzimmer in ihrem Verhältniß sich äussern kann. Wiewohl sie eine kleine Anlage zur Satyre hat. Sie lieset am meisten. Fast ein wenig zu streng auf das was man die Ehre des Frauenzimmers nennt; doch darum nicht minder liebenswürdig. Die jüngste ist mir dennoch die wertheste wegen einer Art von
    himmlischer
Bescheidenheit. Ein Mann – in der That ein Mann – und edel im strengsten Verstande des Worts. Aktiv und nur hitzig in seinen Geschäften sonst die Güte und Langmuth selbst. Hilft und gleich auf der Stelle – O wie so mancher hülllose Fremde durch ihn gehalten erhalten bis er zu Brod kam. Hat gereist – nur um desto hülfreicher zu seyn. Ist durch Feuer
    um all sein Vermögen
gekommen und war doch einer der ersten, der sich wieder auf die Beine half. Ein allzu nachgebender Vater, welches seine Schwache Seite ist, denn sonst wüßt ich keine. Ein heller Kopf dabei ohne ein Gelehrter zu seyn und gründlichen Verstand, ohne viel zu lesen. Wird aber richtig urtheilen über alles was er liest. Seine Frau eine wackere Hausfrau. Treu – überhaupt redlich und standhaft in Gesinnungen. Einfach in Kleidung und Aufwand obschon in der Residenz erzogen. Voll Güte und Menschenliebe wie er. Nichts von den gelehrten Frauen und spricht gern von allen Menschen das beste. Eine seltene
    Tugend
bey den Frauenzimmer in Liefland, besonders in den Städten. Eine brave Frau. Noch eine Frau. Feuer und Flamme im Hauswesen und Thätigkeit. Keinen Augenblick müssig noch ruhend. Lacht immer nur im Fluge aber lacht nie als wenns ihr ums Herz ist, nie aus Gefälligkeit. Kann gar nicht gefallen: und gefällt. Es ist ihr nicht
    möglich
wenn sie wider einen Menschen was hat, es auf dem Herzen zu behalten. Sie sagts ihm und wenn es der König wäre. Hinter dem Rücken aber nie. Dies macht das eigentliche Süsse ihres Umgangs. Sie leidt ausserordentlich viel dabei denn wenn es Freunde sind quält sie sich solang damit bis es heraus ist und ich glaube sie würde sterben, wenn sies zurück behielte. Sie ist streng gegen ihr Gesinde, aber ihre
    Mutter
zugleich. Sie ist enthusiastisch für ihren Mann, so unzufrieden sie bisweilen sie mit ihm scheint wenn sie dabei ist. Auch kennt sie kein Mensch wie er: denn sobald er hitzig wird, ist sie ein Lamm. Ich habe nicht leicht ein so glückliches Paar gesehen. Ob Sie das Gesicht errathen! – Sie hatte eine Stiefmutter die beide in einander verliebt waren, wegen Aehnlichkeit des Karakters, zum Nachtheil der natürlichen Schwestern. Ihre Kinder. Der ältste lauter Witz und Gelehrigkeit. Biegsam allzubiegsam und voll Feuer. Viel vom kleinen Lavater; nicht völlig so enthusiastisch. Er wird sich nie unterdrücken lassen, wohin man ihn auch biegt, denn er ist lauter Elastisität. Der zweyte sein Gegensatz. Leicht zu drücken, weil er niemand drückt. Nachdenkend wie ein alter Mann, schwerfällig und standhaft in Empfindungen. Wenn er fühlt – ist es nicht möglich einen Laut aus ihm zu bringen. Daher lieben ihn die Eltern nicht. Ein herausgestohlnes Ach eine versiegende Träne, die Stimme mit der er singt, die Gebärde verrathen seine Seele nur dem scharfen Beobachter. Sie halten ihn alle für träge und er ist nichts weniger. Er überfühlt Eltern und Geschwister, wenn er sich gleich nie unterstehn wird sie zu übersehen. Ich war mit ihm in dem Galeerensklaven (dem rührenden Drama des Falbaire) er verlor sich so in das Stück daß er nichts erzehlen konnte und darüber die bittersten Beschimpfungen standhaft ertrug. Nur ein zurückgehaltener Seufzer bei den wärmsten Stellen die der Bruder unrichtig erzehlte, verrieten ihn mir. Ich wünscht’ es wäre mein Sohn. – Der dritte ist die Mischung der beyden ältesten doch ohne das Gefühl des zweyten und die Biegsamkeit des ältesten. Die Töchter sind ehrlich und böse wie die Mutter. Lächeln höchst selten und lachen gar nicht. Heiserkeit ist ihr Vergnügen. Nun noch einmal bester Herr und Freund! auf Ihr achtzehntes Fragment. Wenn ich von Privatpersonen so ausführlich bin, was soll ich da sagen. Um Gottes willen, waren Fürsten der Probierstein Ihrer Physiognomik, einer so bestrittenen, so neuen Wissenschaft. Fürsten – deren Gesichter Vorstellungen ihres ganzen Reichs – und des Hofes mit sind. Fürsten die unglücklich genug sind daß sie ihr Gesicht – – nicht weisen dürfen. Wo war Ihre Klugheit lieber Mann! – wo war – verzeihen Sie mir den Ausdruck – Ihre Gewissenhaftigkeit. Fürsten – dieses Räthsel der Zeit über das nur das folgende Jahrhundert entscheidet. Wohin wagten Sie sich bey Ihrer Entfernung – bey Ihre Unwissenheit unsrer Verhältnisse. Ich kann Gott weiß ich kann Sie nicht vertheidigen und kein kein Patriot. Entschuldigen – sehr genau. auch nicht Ich weiß nicht womit! – Wer foderte Sie auf – Welche Klippe zwischen Schmeichelei und Unklugheit, beide gleich unwillkommen, bei einer Fürstin wie unsere. Die Majestäten, die Majestäten, bester Lavater! es steht was in der Bibel davon – und jeder unvorsichtige Ausdruck sollte er auch noch soviel Lob enthalten wollen, kann so leicht durch die kleinste Mißdeutung Lästerung werden. Wenn Sie wenn ich einsehen werden wie das Glück sovieler Millionen an der Verbindung dieser Nerven ruht. Sie können alles gut machen – nur nicht
    bekehren.
Ueberlassen Sie das
    Bekehren
einem andern, der in den Wolken des Himmels kommt. Mischen Sie sich nicht in Politick. Um
    Gottes
willen wie kämen Sie und die Politik zusammen – – und das in der Physiognomik! Nur das möcht ich wissen, ob einer Ihrer auswärtigen Freunde Theil daran hat – ich könnte mit Wuth auf ihn herfallen und wenn es der grösseste aller deutschen Gelehrten wäre. Nicht aus Enthusiasmus sondern weil es ein Mislaut ist und die Verstimmung ewig bleibt– wenn Sie nicht selbst abhelfen. Aber wie? – – Das weiß Gott, das weiß ich nicht. Und die Saite noch einmal berühren, wäre 1000mal gefährlicher. Haben Sie denn etwas von unserer Fürstinn gelesen und ihren Karakter studirt? Haben Sie Rußlands Geschichte studirt? Oder urtheilen Sie nur nach hören sagen. Doch Sie urtheilten sagen Sie, über das Bild. Als Physiogn. Über den Künstler. Und was sollen die Köpfe im 21sten Fragment neben dem Holzschnitt solcher Fürstin. Was soll die nebengestellte Königinn – Ach Lavater Lavater! warum müssen Sie mirs nur schwer machen, Sie zu tragen. Ins Feuer möcht ich den ganzen Teil werfen. Kein Wort drin Ihrer würdig. Wenigstens um Ihrer selbst um alles willen was Ihnen heilig ist, lassen Sies aus der französischen Übersetzung weg. Ich würde dann müssen – müssen – mit allen Waffen die noch in meiner Gewalt sind – es ist Unsinn!
Cronstadt. d. 20ten May 1780. Lieber Bruder! Du wirst mir verzeyhen daß ich diese Antwort des Obristen Ribas an Dich, so wie die an Papa solang aufgehalten und noch mehr daß ich beyde erbrochen habe. Es ist unmöglich Dir die gegenwärtige Lage meiner Umstände zu sagen, ich bitte Dich also Dein Urtheil darüber zurückzuhalten. Ich wollte Dir den Brief gar nicht schicken, ich fürchtete aber Du würdest den Obristen einer Unhöflichkeit fähig halten, welches sein Fehler nun wohl gewiß nicht ist. – Die Ursache des Briefes mochte wohl mit in der Offerte liegen, deren ich letzthin in einem Briefe an Dich gedacht, und um derentwillen ich jetzt hier bin. Soviel kann und darf ich Dir nur sagen, alles ist am Rande der letzten Gährung. Drey Aussichten unter denen ich nur eine wählen kann – und bey welchen allen vorsichtig verfahren werden muß. Ich habe Deinen Brief an eine bewußte Dame der Frau Obristin K. gegeben und sie kann eine sehr wirksame Mittelsperson zu meinem Glück werden. Alles geht und muß gehen und eine dieser Offerten der andem durchhelfen, wenn es mir nur an dem Nothwendigsten nicht fehlt, am Gelde. Denn in welcher verzweiffelten Situation mich dieser Mangel trift, da er mich zwingt, eben da unthätig zu seyn, wo oft ein Schritt alles entschieden haben würde. Meine Freunde können mich länger nicht unterstützen, sie haben das letzte getan mich zu beschämen. Wär es möglich daß Du nur 25 Rubel
    Vorschuß
noch mir – und zwar aufs baldigste auftreiben könntest. Stelle Dir vor, welch eine Quaal mein ganzes verhunztes Leben mir bereiten würde, wenn alles sich vereinigte mir aus der Schmach eines verunglückten Gesuchs herauszuhelfen und ich bloß aus Ohnmacht oder Mißtrauen meiner Verwandten die wenigen Schritte die man mir übrig lassen mußte, nicht thun konnte. Du hast gut rathen, wie Papa, von augenblicklichem Annehmen der ersten besten Information oder was anders, beste theureste, Ihr bedenkt nicht daß ich damit alles andere verderbe. Informiere wie ein Schulmeister und hoffe dann noch jemals wieder zu gefallen. Und ohne zu gefallen, ists doch unmöglich zu einem honetten Platz zu kommen, wo du auch mit einiger Ehre arbeiten kannst. Also glaub doch nicht, daß der Vorschuß vergebens ist, denn ich versichere Dich, daß das Gefallen von dem ich rede, nicht durch Müssiggang sondern durch Arbeit – erhalten wird – mit dem einzigen Unterschied, daß man dafür keine Bezahlung verlangen darf. Schreit nur nicht, Lieben! was denn da herauskommen soll wenn man nichts verdient etc. Es heißt hier mehr als jemals, wer seine Hand an den Pflug setzt und zurückzieht – entweder ich muß auf der Bahn fortfahren, oder ich hätte sie nie betreten sollen. Ich bitte Dich, schick diesen Brief Papa, mag auch da herauskommen, was wolle. Er wird wenigstens soviel Zutrauen zu mir haben, daß ich weder Verschwender noch Müssiggänger genug sey, auf dieser Laufbahn fortzugehen, wenn ich nicht wüßte, daß sie zum Ziel führen würde. Die Stetigkeit mit der ich auf dem Antrag im Landkorps beharrt bin, hat mir weder geschadet, noch wird sie mir in der Zukunft schaden, da wenigstens jetzt ganz Petersbg. überzeugt ist, daß das Fehlschlagen desselben mir bei dem Zusammenstoß von Umständen nicht zur Unehre gereichet. Mündlich könnt ich Dir 1000 Sachen mehr drüber sagen, wenigstens
    ich
habe mich über den Obristen nicht zu beklagen, obschon er mich 100 Rbl. gekostet – vorjetzt nicht mehr, denn littera scripta – – –es giebt Körbe selbst, die uns mehr helfen als Bewilligungen– der einzige Fehler auf seiner Seite – (wenn es
    sein
Fehler ist) wäre der, daß er mir sie nicht eher gegeben. Noch einmal lieber Bruder, sage Igelstr. nichts von dem, was ich von Dir zu wissen begehre und glaube mir doch, daß ich nicht ganz mit der Stange im Nebel herumfahre. Es hat Ursachen die ich Dir nicht sagen kann schriftlich. Antworte mir aber ja aufs schleunigste, damit ich Papa schreiben kann und andern Personen, an die es schon lang nöthig war. Gott warum machen doch 40 Meilen solchen Unterscheid – Ich kann und. darf jetzt nichts sagen, als schick mir itzt so schnell als möglich 25 Rb. und ich bin auf immer geholfen, und Du und Behrens in Riga bekommt euer Geld vor dem Winter wieder. Kannst Du nicht, so kann Papa vielleicht; bitt ihn seinen Sohn aus dem Schiffbruch seiner Ehre und seines Glücks zu retten. Noch einmal, dies ist die letzte Foderung, die ich an Papa und Dich thue. Und meine Gründe dazu zu sagen ist – unmöglich. Ich denke Du wirst den Sinn dieser Worte leicht einsehen, sobald Du nur ein wenig die gegenwärtige Lage der öffentlichen und besondern Angelegenheiten eines jeden allhier – überdenkst und wie die erstern auf das Schicksal des allerletzten Bürgers mitwirken müssen. Gottlob daß alles itzo ruhig und glücklich ist – auch das ein Beweis der allenthalben hindringenden Weisheit unserer höchsten Gesetzgeberin – und daß ein jeder gleichsam wieder wie von ferne zu leben und zu wirken anfangen kann. Du wirst aus dem Datum sehen, wie lange des Obristen Briefe bey mir gelegen. Schreib mir Deine Meynung darüber nicht – und
    bitte Papa,
daß er sie mir auch nicht schreibt. – Man kann und darf niemals von Handlungen oder Sachen urtheilen, wenn man die kleinsten Ursachen derselben nicht weiß; und das Muthmaßen kann oft unwiederbringlich weiter fehl führen, als die vorsetzlichste Mißdeutung. Soviel muß ich Dir sagen daß weder beim hiesigen Landkorps alles vorbei ist, da es sich noch immer an dem stößt daß man
    keine neue Stelle kreiren will,
noch auch sonst es an Versorgungen fehlet. Das Seekorps in Cronstadt ist von nicht wenigerer Wichtigkeit als das Landkadetten Korps und meine Beförderung an demselben oder in einem andern Fach hängt lediglich von der Rückkunft der Monarehin ab. Du wirst aus beygelegtem Briefe an den Herrn Kammerherrn Igelstrohm mehr ersehen. Hier folgt auch ein Briefgen an Moritzsche und Schmidsche den ich aufs schleunigste zu befördern und zu unterstützen bitte. Dein Weibgen und Deine Kinder aufs zärtlichste umarmend als Dein getreuer Bruder J M R Lenz Mit nächster Post schreibe an Papa, vorher aber muß – aufs schleunigste NB Nachricht
    von Dir haben, ob
der Herr G. Gouverneur
    Braun
mit der Monarehin gereist oder ob er in Riga, und sie vielleicht auf der Rückreise wieder wo sehen werde; imgleichen ob General Berg mit gewesen und ob Du ihm mein
    Exposé
zugeschickt. Lieber Bruder, Eure Ängstlichkeit und Mißtrauen in mich schadet mir unaussprechlich, ich darf – gewisse Sachen nicht schreiben, die Euch über meine Handlungen mehr Licht geben würden: da ist
    Zutrauen nothwendig.
Und auch das,
    daß du nicht grad jeden fragst.
Der Rath einer gewissen Person, die Du mir empfahlst hat mir geschadet. Antworte doch bald ich bitte Dich. NB. Dies kann nicht schaden, Igelstrohm mag sein was er will. Es hätte mir schon viel genutzt
Neulich habe ich Herrn Nicolay (ein edler, denkender, solider Mann, von reifem Witz und Beurtheilungskraft und wie ich schließen kann aus den zwey Stunden ohne
    kleine
Leidenschaften) gesprochen und alle Ursache von der Welt mit dieser
    neuen
Bekanntschaft höchst zufrieden zu seyn. Auch hat er mir einige Vorschläge gemacht etc.
Theurester Vater! O warum muß die Post so verrätherisch eilen, mir einen so kurzen Ausbruch der zärtlichsten Empfindungen verstatten. Sie werden aus der Beilage sehen, warum ich mit dieser Post schreiben muß! Kein Wort weiter. Ich hab es an einem Ort gesagt, wo es der Welt bekannt werden soll, daß solch ein Vater und solch ein Freund die höchste Gabe der Vorsicht seyn! Theurester Vater! Sie werden mit der Vorletzten meine ungerechten Briefe erhalten haben. Sehen Sie aus dieser Beilage, was meine Ausdrücke so dringend und heftig machte. Ich ließ mich kurz vor der Abreise bey Sr. Exl. dem Herrn Graf Browne, Sohn – melden. Er nahm meinen Besuch an, ich sollte den andern Tag um sieben Uhr Morgens kommen. Unglücklicher weise arbeitete ich eben an dem Lyrischen Gedicht, womit ich nicht fertig zeitig genug werden konnte, also ihn schon nach Peterhoff verreist fand. Ich kann es ihm also noch nachschicken und er könnte es noch bekommen, wenn Sie die Gütigkeit haben wollten, es Ihrer Erl. der theuren Gemalinn unsers hohen Gönners zu übergeben oder durch sie den Weg erführen, es dem Herrn Grafen, entweder selbst zu übergeben, oder zuzuschicken. Es wird gewiß gut aufgenommen werden, da der Kaiser den ich Gelegenheit gehabt zu sehen – ein Freund der deutschen Musen, besonders der Klopstokischen ist – und es gern sieht wenn sie sich an ihn wenden. Die Veranlassung des Gedichts war eine Begebenheit in Peterhoff die hier allgemeine Sensation gemacht. Der Grosfürst spaziert mit dem Kaiser – er führt ihn in seinen Lustgarten, den die Grosfürstin anlegen lassen. Der Kaiser sieht Mäurer, fragt, was da gebaut werde. Der Grosfürst umarmt ihn, er solle den Grundstein legen. Es sey ein Tempel der Freundschaft, den er errichten wolle. Alle Umstehenden weinten – so wie der Kaiser und der unnachahmliche Grosfürst von Rußland. Der Tittel ist aus der heydnischen Mythologie, am besten geschickt, die Geheimnisse der Höfe einzukleiden. Semele bedeuten die Zuschauer und Rusland überhaupt. Sie bat sich von Jupitern dem Vater der Götter die Gunst aus, ihn ohne Wolke zu sehen. Sie ward ihr gestattet, und sie ward von dem Feuer verzehrt, das ihn umgab. – – – Das übrige wird Ihnen Freund Hartknoch mit errathen helfen, da bei einem lyrischen Gedicht eine gewisse Dunkelheit unvermeidlich ist, denn sobald man Erläuterungen dazu setzt, ist es nicht lyrisch mehr. Unverständlich wird es den Personen, die es angeht nicht seyn da es in der Sprache ihres Hofes und in Beziehung auf ihre Thaten geschrieben ist. Noch eins. Wenn Freund Hartknoch, an den ich mit dieser Post unmöglich Zeit behalte zu schreiben – es druken wollte – nur für Freunde – so steht es bei ihm. Nur bäte ich, die Interpunktion richtig zu besorgen und meinen Namen vorn wegzulassen. – Der Kaiser Deutschlands verdient bey Catharinen zu glänzen. – Doch ist mir die Uebergabe lieber als der Druk. Nun zum Schluß eine Bitte, die mir innigst am Herzen liegt. Schon lange bester Vater wünscht ich bei der Entfernung von Ihnen, wenigstens einen Schatten von Ihnen zu haben. Es ist der Wunsch meines Herzens. Ihr Porträt ist überhaupt nicht getroffen und es liegt uns Kindern, es liegt mehrern Menschen daran, etwas wahres von Ihnen zu haben. Thun Sie mir diese Väterliche Güte und lassen mir von Bruder Carl Ihre, meiner theuresten Mama, auch seinen eigenen Schatten, den Jakob, oder ein guter Freund zeichnen kann zukommen. Auch Hartknoch bitt ich sehr um seinen Schatten –. – Tausend zärtlichste Grüße bitte ihm zu sagen. Ich küsse Ihnen und meiner theuresten Mama tausendmal die Hände und bin nach zärtlichstem Gruß an Bruder Carl Ihr theuresten Herrn Vaters gehorsamster Sohn J M R Lenz. auch von Lottgen ein Schatten! – Peterbg. d. 5ten Jul 1780 Theurester Lavater! Mehr durch die zu voreilende Liebe meiner Gönner und Freunde auswärts, die mir allzuviel Gutes auf Hofnung beylegte und dadurch tausenden ungerecht wird, gegen welche meine Verschuldung nur
    Gott
kennt – als durch irgend auf der Welt etwas, leide ich. Ach Sie wissen nicht, Sie können es nicht wissen – – wie viel Edles im Stillen unbekannt und verborgen – und gekränkt durch verborgene Fehle der Jugend und Unbesonnenheit schmachtet. Da steh ich und meiner Freunde allzu vortheilhafte Meynung von mir will mir fast alle Gelegenheit aus den Händen reissen, die ersten Pflichten der Nächstenliebe zu beweisen. Sie wissen, Sie wissen es alle nicht, muß ich nochmals ruffen und an meine Brust schlagen: Gott! Gott! lasse mir diese Gnade wiederfahren – Nicht durch diesen Schlag sondern durch was anders und höhers gerechtfertigt hoffe ich, Gott wird auch da wo ich nicht zu seufzen vermag mich mit unaussprechlichen Seufzern zu vertreten wissen und die Herzen meiner Freunde lenken aus allzu gütigem Vorurteil für mich meinen Bitten nicht taub zu seyn. Ich werde Ihnen verständlicher werden wenn Sie eine neue NB von mir selbst, der Hand nach verbesserte Ausgabe von fünfen meiner Jugendarbeiten lesen werden: der
    Hofmeister.
    Menoza.
Die
    Soldaten.
    Freunde
machen den Philosophen und der
    Engländer.
Wie nah grenzen doch oft Geschmack und Religion an einander, wie nah und innig sind sie mit einander verbunden, wie weisen die Fehler gegen den ersten so sicher auf Fehler gegen die letztere. Jugendliche Unbesonnenheit, Sorglosigkeit, Sturm, Nichtachten der Verhältnisse, die wir oft durch einen unvorsichtigen Ausdruk unherstellbar zerstören – wie weisen sie sich in dem selbst, was geschrieben war, daß es dauerhaft, daß es so ewig gefallen sollte, als unserm kleinen Daseyn und Kräften jedem nach seinem Maas die Ewigkeit abgesteckt ist. Wie viel Edle, leiden unter den gehässigen Mißdeutungen die solche Flecken in unserm Werk veranlassen – und wie ist das alles die Folge der herumziehenden unsteten Lebensart, der der ruhig erwägende Blick auf alles Gute und Schöne um sich her, durch tausend unnöthige Unruhe getrübt und umnebelt ist. Nehmen Sie diese Herzensergießung in Liebe auf und seyn mir zu meinem Vorsatz auch nach Ihrem Wirkungskreise und Einsichten als Gottes- und Menschenfreund behülflich der ich nach tausend Empfehlungen an Ihre Gattin und Kinder beharre Dero beständig ergebener Verehrer Lenz Die von mir erhaltenen Silhouetten, worunter ich durch einen jetzt erst abreisenden Petersb. Freund auch die meines Vaters – meiner 2ten Mutter – meines Schwagers und sehr lieben Schwester zähle, lassen Sie doch Ihrem Kennerblick empfolen seyn. Was ich von den ersten geschrieben bitte doch ja nicht als fremdes Zeugniß verbotenus abzudrucken, sondern zum Ihrigen zu machen
Hoch Edelgeborner und Hochgelehrter Insbesonders Hochzuverehrender Herr Justizbürgermeister. Ich nehme mir die Freyheit Ew. Hoch Edelgeborenen schriftlich für die Mittheilung des beyfolgenden Buches meinen verbindlichsten Dank abzustatten und zugleich gehorsamst zu bitten, aus Ihrer Güte mir die Tittel von einigen Büchern Dero Bibliotheck gehorsamst auszubitten. Das Theatrum pretensionum und die Livonica, wie auch, das Werk von Schlegeln und die Sachen von Janotzky. Der schnelle Abgang der Post verhindert mich, Ew. Hoch Edelgeborenen die Ihnen schon von meinen frühesten Jahren her gewidmete Hochachtung auszudrücken, womit ich allen Mißverständnissen Trotz biete, die Nebenumstände in unserer sublunarischen Welt nur zu offt erregen und mit der, nach gehorsamstem Empfehl an Dero Frau Gemalinn beharre Hoch Edelgeborner Hochgelehrter Herr lnsonders hochzuehrender Gönner Dero gehorsamst ergebenster Diener J. M. R. Lenz. Aya, d. 26sten 7br. 1780 S. t. Liebe Eina! mein Vater hätte keinen bessern Advokaten wählen können als Sie. Auch haben Sie Ihre Zeit sehr wohl abgepaßt und diese Feinheit die ich in Ihrem Karakter so wenig gewohnt war – doch ich irre mich vielleicht, gewiß. Mein Herz das Ihren Bruder überall ahndet, o wenn man jemand fürchtet, so sieht man ihn überall Liebe Eina! mein Vater hätte keinen bessern Advokaten wählen können. Auch haben Sie Ihre Zeit sehr wohl abgepaßt und diese Feinheit die ich sonst in Ihrem Karackter so wenig gewohnt war, hätte mich bald vollends auf die Gedanken gebracht – zu einer Zeit Eina! da ich die Trennung von Ihnen so lebhaft fühle, so wenig im Stande bin mich zu vertheidigen. Oder glaubten Sie vielleicht die Wunde auf die man schlägt, blute weniger Empfindungen eines jungen Russen der in der Fremde erzogen seine allerhöchste Landesherrschaft wiedererblickte. So ward ich denn noch dazu aufgehoben Das Angesicht zu sehn, das unter Still und Nacht Und Sturm und Sonnenschein wie eine Gottheit oben So manches Tagewerk ausbildend schon vollbracht Und Völker, welche sie in hundert Sprachen loben Zu einer Nazion gemacht. Da stehn sie, um sie her, mit Flammen in den Blicken Die Glücklichen, den Seegen auszudrüken, Der ihr seit der Vereinigung, Von einer halben Welt gelung. – Da steht der große Geist: der, Muster von Regenten Doch, keine Mutter sah wie Hie die; Den Friedriche belohnen könnten Doch glücklich machen nicht, wie
    sie.
Sie, die das Ganze zu umfassen Selbst ihrem Scharfsinn wehrt, sobald er Wesen drückt, Die zu Maschinen sich einmal nicht brauchen lassen Und schienen sie noch so beglückt. Sie die so menschlich herrscht, daß jeglichem Talente Die Fessel von den Händen sinkt Sie Und die selbst da, wo Titus zwingen könnte Nie anders als durch Freiheit zwingt. – Da steht der schwache Kopf, für den, in dem sie denket Erstaunt, daß sies ergänzt, an seiner Statt vollendt, Worauf er hofnungslos die letzte Kraft verschwende Woran er sich zersann, verstiegne Plane daß sie den Schwindel lenket Und offt wie selbst den Phaeton sanft auf den Boden senket Damit er keine Welt verbrennt. ☓ ☓ ☓ So Und ist denn das die Frau, die über jedes Lob Das Schwachheit oder Furcht dicktirte Durch Thaten, die kein Lob berührte Und durch Bescheidenheit unsterblich sich erhob? – Die selbst die Schmeichelei durch unbesungne Schritte Womit sie nach der Wahrheit rang, Offt durch das Gegenteil, offt durch die weisre Mitte Zu heilsamer Beschämung zwang. Die jede Politick studierte, Zu lernen nie verschmäht’, auch wenn kein Lob es rieth; Selbst8 das erschuf, was sie kopierte, Der Fehler feinsten Anfang mied Und standhaft, wenn um sie die Staatskunst kabalirte Selbst da, wo offt ein Pitt nur Zweiffel kalkulirte Den feinen Schlangenpfad, der zur Vollendung führte Allzeit mit Sicherheit entschied. – Die still und sanft ihr Reich auf einen Felsen baute Auf zweyer Welten Schlangen trat Und dann – mit
    Petern
um sich schaute Auf einen ewigfesten Staat. Ist das die Frau! Die Frau die selbst in ihren Kriegen Noch Muster ist und Herzen nur besiegt Der die Sich die Bezwungnen selbst Dir froh mit Dank zu Füssen liegen Weil Du sie ihr Unglück nur bekriegt. ☓ ☓ ☓ Wie aber? – jener Blick voll Kraft und doch voll Güte Der Weise selbst zur Ehrfurcht zwingt, Mit wundervoller Jugendblüthe Die Mentors um sich her verjüngt: Ist das der junge Fürst, der schon so lang sie heget Gefühle jener Art, wie Peters Brust bewegt, Und sie verschließt – weil er die Kräfte wäget, Mit denen er die Welt einst trägt. O theurer Fürst! der Kenner wird sie finden Des Weisen schärfster Blick sie gründen In Deinem feinsten Zug, wenn er Dein Bild vergleicht Den Ahnherrn sieht, erblaßt – und schweigt. Geliebte Majestät! die durch verschwiegne Geliebte Grösse! die durch sanft verschwiegne Tugend Die durch zurückgehahne Kraft Schon jetzt sich eine Welt erschafft In der sie
    Vorbild
ist: sieh unsre beßre Jugend, Bekannt mit jedem Reitz der Tugend, Die still und froh in Deinem Beyspiel liest, Die es Der es, indem es sie zur Lust, wie zu dem zum Kampf begleitet, Sein Das Saitenspiel für sie, so wie den Bogen leitet, Sie in der Freunden Kreis begleitet In jeder Klasse Vorbild ist. Kurz, der, Du Mensch-Apollo bist. Für diese ists, daß Du die Triebe zwingest Die dich so menschlich sanft Die Dich zum Schutzgestirn erhöhn, Und dann im Geist hoch über Wolken dringest Bis Du auf einmal frei Dich über Wolken schwingest Zahllose Herzen glühn zu sehn. Für diese ists, daß sich in Unschuldstänzen Der süsse Pfeil Die Liebe Deines Volks in jeden Busen pflanzt Und Beyfall, womit nur die freisten Seelen offt kränzen Dein Herz, ganz Güte, sich ertanzt. Für diese ists, daß eitle Lorbeerreiser Dies Herz verschmäht und Alexanders Ruhm, Für einen Blick, der redlicher und weiser Dir sagt: Du bist wirst der Herzen Käiser Auch meines ist Dein Eige Heiligthum. Eigenthum. Daß das Tanzen, bei dem Zwange, in dem unsere Fürsten leben, die einzige Gelegenheit ist, sich dem Volk vortheilhaft zu weisen und ihre Liebe zu gewinnen, kann man nur beurteilen, wenn man lang an Höfen gelebt hat. Ja Prinz! die Frau, die Dich der Welt geschenket Ward dadurch Mutter auch für mich. Daß sie der Welten Zügellenket Ist groß, doch grösser nicht, als das: Sie schenkt’ uns Dich. Sie gab die Fürstino uns, die
    Paulen
glücklich machet ☓ ) Und durch ihn eine Welt, die, wenn er glücklich ist, Mariens Schatten seegnend küßt Von seiner Licht das Echo ist, Die den in
    ihr
verehrt, durch den die Erde lachet Der keines Staubs darauf vergißt Lenz. Hier lieber Bruder sind die Verse wieder und tausend Dank für die Erinnerungen, die ich zwar nicht alle habe brauchen können, die aber bei so manchen Stellen dennoch die Feile mir geführt haben. Du thätest mir einen Gefallen, wenn Du so wie es ist, sie an Papa schicktest und ihn auch um sein Urteil fragtest. Ich habe mir vorgenommen, es vor
    die Uebersetzung von Domaschnews Rede
zu setzen, schreib mir Deine Meynung darüber. Wenn Du es an Papa schickst, so laß es ja abschreiben. Gustelchen thut mir das wohl in einer Freistunde zu Gefallen. Wo nicht so schick mirs vorher selbst wieder Dies Exemplar behalt ich für mich. Lies sie doch auch der Frau Obristin ja vor und schreib mir ihr Urteil darüber, so wie sie jetzt sind Wirst Du nicht die Geduld verlieren, heut nichts als Verse zu lesen. Sei versichert, daß meine Ader Dir wieder sehr lange Ruhe lassen wird.
HochEdelgeborner Herr Insonders hochzuverehrender Herr Justiz-Bürgermeister! Da ich den Brief des Herrn Cabinetssekretair Nicolai gewisser Angelegenheiten wegen, Hn. Hartknoch zuschicken müssen: so nehme mir die Freiheit, Ew. HochEdelgeboren, das was Dieselben angehet, Auszugsweise zuzuschicken. Auszug aus dem Briefe des Hn. Nicolai. „Ich danke Ihnen recht sehr für die Mittheilung des Briefes von H. Gadebusch. Etliche Nachrichten aus seinem Briefe werde ich mir ausschreiben. Sie ziehen mich aus einer Verlegenheit, in welche mich die Ungewißheit des Schicksales gewisser Bücher versetzte, die ich für incomplet hielt und deren Fortsetzung ich begehren wollte, da ich nun sehe, daß sie niemalen geendiget oder fortgesetzt worden sind. Um meine Bekannt- schaft mit ihm zu eröfnen, so sagen Sie ihm, daß ich gleich jetzt an Verfertigung des Catalogi der Grosfürstlichen (ehemals Korfischen) Bibliothek arbeite, daß ich, sobald er fertig seyn wird, ihm diejenigen Artikel mittheilen werde, die für ihn interessant sein können. Ich denke, das wird insonderheit die Liefländische, Polnische, Schwedische und Russische Geschichte seyn. Und wirklich haben wir in jedem Fache ziemlich viel und seltene Bücher. Insonderheit aber kann ihm vielleicht angenehm seyn, wenn Sie ihm melden, daß wir auch einen artigen Vorrath von Manuscripten haben, von Livonicis, Curlandicis, Polonicis, Russicis, Suecicis und daß ich mich von Herzen anerbiete, ihm nicht allein ein vollständiges Verzeichniß von den darin enthaltenen Stücken zuzusenden, sondern auch ihm auf Begehren diejenigen Stücke abschreiben zu lassen, die etwa seine Neugier erregen könnten. Vermelden Sie ihm dabei meine Empfehlung und mein aufrichtiges Verlangen, mit ihm in nähere Bekanntschaft zu treten. Meine Familien-Umstände, so wenig interessant sie auch für andere ausser mir seyn mögen, will ich Ihnen bey erster Musse kürzlich zusammenfassen und übersenden.“ Sobald ich den Brief wiederbekomme, werde ihn Ew. HochEdelgeb. in der Handschrift weisen. Mich nach gehorsamer Empfehlung an Dero Frau Gemalinn nennend HochEdelgeborner Herr Hochmehrender Herr Justiz-Bürgermeister Ew. HochEdelgeb. aufrichtig ergebensten Diener J M R Lenz. Von Hause d. Novbr. 1780. Da bin ich nun auf dem Wege nach Ohlershoff ohne von einem einzigen Freunde Abschied genommen zu haben. So schön geht ihr mit mir um. Doch ihr wünscht euch Glück, es ist ein Drama von eurer Arbeit, eines von den
    starken
Trauerspielen: und wenn das nur fertig wird und alles so ziemlich honett bei der Zubereitung kann gedreht werden, was kümmerts die Schriftsteller, was die Folgen wirklich sind. Die da ihrer Sache am sichersten sind, übernehmen die Forcerollen, die Freygeister u. s. f. unbekümmert ob bei dem was man so spielt nicht ein bischen Wahrheit mit unterläuft. Laß meine Bücher und Sachen entweder zu Dir oder zum Conrektor tragen, bis die Fuhr nachkommt. Hentschel wird sie Dir abfolgen lassen. Der Graf Manteuffel ließ Dich grüssen bei dem wir gestern gespeist haben. So thut Erxleben, der gute redliche Junge, der recht sehr gut eingerichtet – aber sehr
    allein
ist. Er lässt Dich nochmals erinnern und bitten, ihm die versprochene Festgesellschaft mitzubringen. Dein aufrichtig treuer Bruder J M R Lenz Grüß alle Freunde die sich meiner erinnern mögen und schick mir doch ja bald was von meinen Sachen, da ich weder Wäsche noch Bücher habe und gar nichts von meinen Arbeiten, die Eile verlangen. Liphart wird hoffentlich nicht irresanabel seyn. Ich habe an den Sohn geschrieben.
HochEdelgebohrner Herr! Insonders Hochzuverehrender Herr Justiz-Bürgermeister! Da ich auf einige Zeit meinen Aufenthalt beym Herrn Assessor von Engelhardt nehmen werde: so nehme mir die Freyheit, Ew. Hoch Edelgebornen um eines der grösseren Werke aus Dero Bibliothek zum Durchblättern gehorsamst zu ersuchen, für dessen unschadhafter Zurücklieferung Denensebhen mein Bruder gut stehen wird. Sollten Dieselben Ihren Schlegel, oder das Theater der Ansprüche p. füglich entbehren können, würden Sie die Schuld meiner sehr frühen Verbindlichkeiten gegen Sie vermehren. In einem Briefe an den Herrn Kabinettssekretär N– kam ich auf die Derptsche Akademie, welche ich ihm als dem Zögling des großen Schöpflins des Stifters so mancher deutschen Akademieen ans Herz zu legen versuchte. In der That ist das Beyspiel des Russischen Adels beschämend für den unsrigen, der seinen Namen unsterblich machen und zugleich die Preise seiner Güter und der Landesprodukten erhöhen könnte. Man bedenke nur, was durch 500 Akademisten allein, die eine Menge feinerer Bedürfnisse aus dem väterlichen Hause mitbringen, für Geld in Umlauf kommen würde, wenn wir auch die erspahrten Summen nicht rechnen, die der Edelmann itzt mit seinen unverassekurirten Söhnen aus dem Lande schickt, oder lieber ins Wasser wirft. Ich wagte es, Herrn N. zu behaupten, daß wir Jena Leipzig und einer Menge sonst unwichtiger Städte in Deutschland ihren Flor gegeben. Ich wagte es, ihm die Parallele von Strasburg zu Frankreich und Derpt zu Rußland zu ziehn, die in sofern ziemlich passend bleibt, da wir sonst keine, Frankreich aber noch viele andere blühende Akademieen hat. Und doch kommen aus Gascogne und Languedoc Franzosen dahin um Deutsch und Lateinisch zu lernen. Zugleich studiren dort Ungarn, Russen, Pohlen u. s. f. Unsere einheimischen neuveränderten Rechte, Ukasen u. s. f. erfodern gewiß eben sowohl ihre eigene Doktoren, als der Körper Justinians: gleiche Ansprüche macht die sehr versäumte Vaterländische Geschichte, die Pastoraltheologie und Homiletik, wie sie für unsere Bauren paßt, samt den Landessprachen, die unsere Prediger oft erst für die andere Welt vollkommen erlernen; imgleichen der einheimische Landbau, über den bisher immer der Vorurtheilvolle sclavische Bauer und ausländische Bücher die uns nichts fördern, die letzte Instanz bleiben. Was den Plan anbetrift, so ist bei einer Sache die die Natur vorbereitet, kein weit aussehender Plan nöthig, als den sie selbst mitten unter der Ausführung an die Hand giebt, wie sie es bey allen Dingen macht, die nicht in der Idée sterben sollen. Man vergißt, daß die grossen Flüsse aus kleinen Quellen entstehen und wenn wir Müllers russische Geschichte lesen, kommt uns der ehemalige erste Fonds der Derptschen Akademie unglaublich vor. Ein einziges Kransgut würde zur ersten Besoldung der nöthigsten Professoren hinreichen und wenn wir die Mittelzahl von 500 Rbl., die jeder Student überhaupt in Derpt liesse annehmen (die in der That sehr geringe ist) sich bald bezahlt haben, wenn dis Geld auf einmal in die Cirkulation käme; kämen vornehme Russen dazu, die ohnehin von unsern Sitten mit Recht vortheilhafte Begriffe haben und an dem Umgang des umliegenden Adels bald Geschmack gewinnen würden, so würde Derpt in kurzem eine der mächtigsten Städte seyn. Und wieviel würde die Population unter allen Ständen gewinnen, durch die größere Menge der Domestiken, Familienannäherungen, Bekanntschaften, Verbindungen mehrerer Städte mit dieser p. Doch ich ermüde Sie mit einem Auszuge, der von lauter schon oft gesagten Dingen spricht. Ew. HochEdelgebornen gehorsamster Diener JMR Lenz. Ohlershoff d. 26sten Nov 1780. Meinen Respekt an Dero Frau Gemalinn. Mein Bruder aus Pernau wird Denenselben bereits geschrieben haben. Wenn Ew. HochEdelgeb. eines oder das andere der Petersb. Manuscripte zu sehen wünschten, so bitte mir nur Nachricht davon zu geben. HochEdelgeborner Herr Insonders hochzuverehrender Herr Justizbürgermeister. Die Abwesenheit des Hn. v. Liphardt hindert mich selbst zu kommen, welches mir auf den ersten freyen Augenblick vorbehalte; da meine Eléven itzt ganz allein meiner Aufsicht überlassen sind. Da ich eben an Hn. Nicolai schreibe, so nehme mir die Freiheit, wenn Ew. HochEdelgebornen an ihn schreiben wollten, Ihnen mein Couvert dazu anzubieten. Ich hoffe alsdenn nächstens, Ihnen von der Erfüllung seines Versprechens etwas überbringen zu können, da ihn Dero Liebhaberey für seltene Manuscripte bekannt ist. Mit vollkommenster Ehrerbietung nenne mich, nach gehorsamer Empfehlung Ew. HochEdelgebornen Meines hochzuehrenden Herrn ganz ergebenster Diener J M R Lenz. Von Hause den 28ten 10br. 1780.
Sr. HochEdelgebornen dem Herrn Herrn K. F. Gadebusch Hochachtbaren Justiz-Bürgermeister der Kaiserlichen Stadt Derpt in Dero Behausung.
Wohlgeborner Herr Insonders hochzuverehrender Herr Justiz-Bürgermeister! Da Se. Kaiserliche Hoheit balde nach Sarsko gehen, so hat mir Herr Kabinetssekretär Nicolai aufgetragen, Ew. Wohlgeboren zu berichten, daß wenn Dieselben eines oder das andere der liefländischen, kurländischen und Pohlnischen Manuscripte auszugsweise oder in Abschrift zu sehen begehrten, Sie so gütig seyn und mir in Zeiten hievon Nachricht geben wollten, weil die Bibliotheck den Sommer über verschlossen bleibt. In Erwartung alsobaldiger Nachricht von Ew. Wohlgeborenen habe die Ehre nach gehorsamer Empfehlung an Dero Frau Gemahlinn zu beharren Wohlgeborener Herr Insonders hochzuehrender Herr Justizbürgermeister Dero ergebenster Diener J M. R Lenz. St. Petersbg. D. 25. Merz 1781. Den Herrn General Bauer werden Dieselben nun bereits in Derpt gesehen haben. Liebster Bruder Eben komme ich dazu, an Dich zu schreiben, mehr um Dich und meine Freunde über mein Schicksal zu orientiren, als um ausführliche Nachrichten zu geben, die Du jetzt nicht von mir erwarten wirst. Ich habe das Glück gehabt, durch die Gnade des Hofes und meines theuresten Großfürsten dem Hause des Hn. Vizepräsidenten v. Böhmer vorgestellt zu werden, mit welchem sich jetzt der Ambassador v. Portugal verbindet, welcher eine der Fräuleins heurathet. Auch bin ich einer englischen Dame von der Verwandtschaft des Hn. Kabinetssekr. vorgestellt worden, die eine Gesellschaftsdame des englischen Ministers ist. So fangen sich meine Bekanntschaften an ein wenig zu bilden, und auszubreiten, welches mir zu einer Zeit, da ich mir ein Publikum von verfeinertem Geschmack erwerben möchte, keine geringe Aufmunterung für mich ist. Beruhige also meine Freunde über den Zwischenstillstand, den mein Schicksal schien genommen zu haben – weil man, um sich Bekanntschaft zu erwerben – bey der edlern Klasse von Menschen sich mehr leidend und ruhig, als unzeitig wirksam verhalten muß. Herr Baron v. Maltiz hat mich bey der Garde anzubringen versprochen, wo eine Kadettenschule – für meine Kenntnisse eben so viel Hebung verspricht, als der Dienst selbst für meine Gymnastik und die Gesundheit meines Körpers. Ich hoffe als endlich mentem sanam in corpore sano zu erhalten, welches Hn. Pastor Oldekopp zu sagen bitte. Dabey aber von Herzen wünschte – u. s. f. daß mir einmal ein einfaltiger Dienst geleistet würde. Die Bekanntschaft des Hr. Obristen v. Renkendorf in dem Hause S. Exzell. des General Bauer würde mich gereizt haben, Papa die Bitte zu thun, die Du mir einmal anriethest – wenn es nicht so schwer hielte, ihn um einen Brief zu bitten. Die würdige alte Dame en question ist dieses Frühjahr schwer krank gewesen. Danke
    Bruder Schmidt
bald für den Gouv. von
    Novogorod.
Dank also mit mir der Vorsicht für die Gnade der besten Fürstin, die wenn sie gleich so unendlich über mich erhaben ist sich in den Flüssen mahlt, die sie mit Glanz erfüllt Shsp. und hilf mir bethen, daß meine Führung derselben nicht ganz unwürdig sey. Uebrigens wünsche Deinem und Hr. Past. Oldekopps Garten bei herannahenden Frühling noch mehr Reiz für Euren Geschmack als der Häuserbau geben konnte, wider den ich sonst nichts habe, als daß er ein wenig steinern ist – und diese Eigenschaften auch unserm Zutrauen mittheilt. Indessen „ein jeder bei seinem Geschmack“ wird wol auch ein deutsches Sprichwort bleiben, und so bin ich aus Geschmack Dein treuer Bruder JMR Lenz 10ten Apr 81. es ist einer der vorzüglichsten Menschen, der Gouver. Siewers. Er wohnte beym General B. ist es denn nicht möglich, daß ich durch den Derptschen Fuhrmann Remmert Samuel, der in 8 Tagen hieher kommt, meine Sachen und Bücher, die bey Engelhardt, oder jetzt vermutlich bey Bürgerm. Vitl oder Hr. Haase in Walk stehn, erhalte. Ich denke doch, daß ich sie brauche! –
Daß ich Endesunterschriebener von Herrn Lawrens Brauwer jun. auf Ordre des Hn. Postmeister Peucker die Summe von funfzig Rubeln baar empfangen, bescheinige hiemit. St. Petersbourg: den 28sten May 1781. Jakob Michael Reinhold Lenz. St Petersbg. d. 2ten Jun 1781. Theurester Vater! Es ist hier eine Gesellschaft gelehrter Freunde und Kenner, die es unternommen hat ein Werk herauszugeben, das vielleicht das erste in Rußland und das erste in der Welt, für neuere Zeiten wenigstens könnte genannt werden. Dieses ist eine Sammlung von Lebensbeschreibungen merkwürdiger Männer für unser Vaterland, aber nicht von
    einer Feder
auch nicht von denen berühmten Männern die
    schon todt sind
sondern von lauter
    Lebenden.
Eben darum weil die Verfasser unbekannt und
    geschützt
sind dürfen sie frey, unpartheiisch und unbestechlich – mit Eiffer für die
    Wahrheit
und das
    Vaterland
– allein, von ihren Helden sprechen. In diese Sammlung theurester Vater bin ich mit um einige Beiträge gebethen worden. Von wem könnte ich sie wohl mit mehr Fug und ohne irgendeine Pflicht zu verletzen mit wärmerem Herzen liefern, als von meinem Vater. Seyn Sie also so geneigt, solange wir noch das Glück haben Sie diesseits des Grabes zu sehen mich (und in mir unsere ganze Familie) in ganz freyen offenen Stunden mit einem soviel möglich umständlichen Detail Ihrer merkwürdigsten Fata zu erfreuen die Sie von Ihrem Vaterlande an bis auf der Stuffe des jetzigen, das Sie mir gegeben haben, an Ihnen sowohl als den nächsten Ihrigen erlebt haben. – Ich erwarte dieses als ein freywilliges Geschenk Ihrer Vatergüte sobald es Ihnen möglich und werde eiffersüchtig auf jedes nicht sehr wichtige Geschäft seyn, das Sie an der Niederwerfung dieser Züge Ihrer Seele hindert. Auf den Styl bitte ganz und gar keine Sorge zu wenden – weil Sie doch wohl vermuthen können, daß ich als Sohn jede Art Ihres Ausdrucks verstehe und mirs einzig um die
    Sachen
zu thun ist. Ich bin dem Grafen schon bekannt; darf aber gleich am Anfange nicht Gage fodern. Bester Vater. Hartknoch wird Ihnen einen Brief von Wieland weisen, der Sie überführen wird, daß ich bald nicht mehr nöthig haben werde, Ihnen beschwerlich zu fallen. Lassen Sie Ihre Arme nur jetzt noch nicht müde werden, mich zu unterstützen, da ich Unterstützung brauche. Ich könnte Ihnen mehr sagen, wenn ich nicht wüßte, daß littera scripta manet. Der gute Geist gebe es Ihnen zu ahnden. – Sagen Sie doch dem Derptschen Bruder er soll nicht so
    eigensinnig
ungläubig seyn und mir einige seiner Predigten schicken, daß ich sie Weygand in Leipzig zusende. Ich thue diesem damit einen Gefallen.
Zugleich bitte Hartknoch gelegentlich etwas dieses Unternehmens aber sub sigillo amicitiae et taciturnitatis wissen zu lassen. Ich hoffe er kriegt den Verlag, wenn er ihm gelegen ist – wovon ich mir einen Wink ausbitte. Die ersten Namen die im ersten Bande vorkommen – doch ich werde ihm selbst darüber schreiben, wenn ich ihn willig merke, auch das äussere dieses Werks so zu besorgen, daß es
    diesen Namen
entspricht. Für die fünfzig Rubel statte tausend Danksagungen ab. Ich war in großer Noth. Mehr vom Derptschen Bruder zu erfahren. Dero gehorsamster Sohn J M R Lenz. Man räht mir hier von allen Seiten nach Moskau zu reisen, theils um die Sprache, theils um Herrschaften kennen zu lernen, besonders da Graf Panin jetzt dort ist, bey dem unser Vetter Lenz aus Cüstrin Leibarzt ist. Wie mach’ ich es dorthin zu kommen, da ich von den 50 Rbln alles für Schulden weggeben müssen. Die Reise kostet 25 Rbl. Dort finde ich schon Unterstützung am Grafen. Wie befinden sich die Augen und die Zähne meiner theuresten Frau Mama! – – Auch ihr küsse gehorsamst die Hand.
Hochwohlgeborner Herr Staatsrath Insbesonders hochzuverehrender Gönner und Wohlthäter! Der von Ew. Hochwohlgebornen mir geschehene Vorschlag mich morgen beprüfen zu lassen, um eine Information in einem vornehmen russischen Hause zu übernehmen, verdient meinen ehrerbietigsten Dank, da Ew. Hochwohlgebornen mich mit Dero wirksamen Empfehlungen zu unterstützen versprechen. Darf ich es aber wagen, Ew. Hochwohlgebornen vorher noch eine gehorsamste Bitte zu thun. Dieselben wissen, daß die eigentliche Absicht meiner Reise nach Moskau war, unter Dero Rath und Leitung die Geschichte des Vaterlandes (wofür ich Rußland halte) studiren zu können. Ich halte sie für ein unentbehrliches Stück von Erziehung, finde mich also noch nicht tüchtig nach meiner besten Ueberzeugung mich in ein Russisches Haus zu begeben, ehe ich wenigstens einige sichere Fortschritte in derselben gemacht, von denen ich hernach durch eigenes Studieren weiter kommen kann. Sollte mein Aufenthalt in Dero Hause oder auch meine Führung in demselbigen Ew. Hochwohlgebornen oder Dero verehrungswirdigen Gemahlinn einige Beschwerde verursachen oder zu andern Unannehmlichkeiten und Mißvergnügen Gelegenheit geben: so bitte mir’s als ein Zeichen Dero Gewogenheit und Menschenliebe aus, mir dieses bekannt zu machen, da ich dann keinen Augenblick säumen will, Ihnen die Ursache Ihres Mißvergnügens aus dem Gesichte zu bringen. Wollen Ew. Hochwohlgebornen aber noch ferner der Schuldherr meiner Erkenntlichkeit bleiben, für die ich freylich jetzt nur mit Worten Bürgschaft leisten kann, und mir wenigstens nur soviel Aufschub gönnen, daß ich nach Dero unschätzbaren Tabellen und andern gedruckten und ungedruckten Schriften die Russische Geschichte bis auf die neuern Zeiten mir einprägen kann, so werden Dieselben dadurch außer dem Dank meiner Eltern und aufrichtigen Freunde vielleicht auch noch den Beyfall erhabener edelmüthiger Gönner sich zu eigen machen und mich lebenslang bereit finden mich zu beweisen als Hochwohlgeborner Herr Staatsrath Geneigter Gönner Ew. Hochwohlgebornen gehorsamster Diener JMR Lenz. M d. 30 8br. 1781. Ich thue diese Bitte auch an Ew. Hochwohlgebornen Frau Gemahlinn und schmeichle mir, daß Dero Herr Sohn mir seine Fürsprache bei Ihnen beiderseits gleichfalls gönnen werde; da ich bisher schon von so vielen Proben Dero allseitiger Güte beschämt worden bin. Sollte ich im Stande seyn, Ew. Hochwohlgebornen oder Dero Herrn Sohn in der Zwischenzeit meines Aufenthaltes zu etwas brauchbar zu werden; so werden Ew. Hochwohlgebornen mich glücklich machen, wenn Sie mich davon benachrichtigen. Rußland. 82. Lavater wird vielleicht Lenzen, den unglüklichen Satyrenschreiben der in den Schooß der heiligen Schweizergebirge zu seinen Füßen Weisheit lernte,o der viel erlernen sollte schon vergeßen haben. Die gute Gesellschaft in der m: Brief kommt, wird ihn vielleicht bewegen dem Publikum das noch wie vor 1700 Jahren aus eben dem Athem Krüzige! rufen kann, aus dem es Hosanna rief, ein für allemal troken zu sagen, daß Lavater, Göethe, Herder, Wieland, u: wie die berühmten Männer in Deutschland sonst heißen die dieses Publikum so unbesonnen erhöhten um seinen Küzel auf eben so unbesonnene Weise an ihm auslaßen zu können, von dem was diese Personen in der That sind, so verschieden sind, als die thörichten Begriffe die die heutzutage so genanten herrschende Sichten in der Christenheit von einander haben u: mit starrem Eigensinn als ihre Felsen behalten, von dem was diese Sekten in der That sind, u: nach der Unvollkommenheit auf Erden seyn können. Müßen wir nicht alle unter diesen Ausschweifungen des menschlichen Eigensinns u: Stolzes schweigend unser Kreuz tragen, u: auf den harren der täglich vom Himmel herab seinen Zorn über aller gottlose Wesen der Menschen die Wahrheit durch Ungerechtigkeit aufhalten vergeblich offenbart? – – – Ach wenn Sie doch hier wären! – Nicht als Apostel, aber als Laurenz Sterne! Für Ihre Freyheit wollten wir sorgen – jetzt sage ich wir – u: Freiheit bleibt doch die erste aller Gottesgaben. Noch auf eine Abhandlung von Ihnen harre ich. Ob die Seel ihren Körper noch unser Mutterleibe zu bilden fortführt, u: wie weit sie darin gehen kann. Die deutlichsten mir vor Augen liegenden Erfahrungen fordern mich auf, Ihnen diese Bitte
    recht ans Herz
zu legen. Sehen Sie daß man sich Rußland nicht ungestraft nähert.
Theurester und Verehrungswürdigster Vater! Ihre geneigte Zuschrift habe schon durch verschiedene Gelegenheiten beantwortet, aber noch nicht die mindeste erfreuliche Nachricht von Ihrem uns allen so theuren Befinden weder durch meine lieben Geschwister noch durch sonst einen Freund erhalten können. Wie glücklich wäre ich, wenn der Herr Pastor Gerzimsky mein würdiger Seelsorger und Beichtvater, der mir diesen Einschlag in seinen Brief erlaubt, ein. Bewegungsgrund mehr wäre, mich aus der quälenden Unruhe dieser Unwissenheit durch einige gütige Zeilen zu reissen. Sie haben die Güte gehabt, mich an den Herrn Past. Brunnerund an dessen Verwandte und Freunde, die Herren Mahler und Kaufmann zu adressieren, welche, da Me. Exter ihre Behausung verändert, jetzt meine Nachbarn sind. Darf ich es aber wagen, theurester Vater! da Sie die Güte gehabt, mir vierteljährig aus Ihrer Väterlichen Milde eine kleine Zulage von 25 Rubeln zu versprechen (welche 30 ich schon einmal durch den H. Past. Bruner erhalten) Sie gehorsamst zu ersuchen, selbige diesesmal an meinen Beichtvater, den Herrn Past. Gerzimsky zu adressiren. Die Ursachen, so mich dazu nöthigen, sind folgende. Erstlich hat dieser würdiger Mann ☓ sowohl als der Herr Past. Bnmner, sich viele Mühe gegeben, meinem lieben Bruder in Derpt Subscribenten zu seinen geistlichen Reden zu verschaffen, unter welchen sich sogar verschiedene einsichtsvolle Personen von dem hiesigen Russischen Adel befinden. Mit vieler Beschämung muß ich Ihnen hier den Namen eines Major von Tschagin nennen, welcher so wie verschiedene hiesige vornehme Russen sich mehrere Jahre in Deutschland aufgehalten und da er Sprache und Sitten genau kennt, mir vielen Eiffer bezeugt hat, diese Reden zu lesen. Dieser würdige Gönner, der mich schon mehrere Jahre lang unverdienterweise mit Rath und That unterstützt hat, steht durch seine Schwester in Verwandschaft mit ihrer Erlaucht der Direktrice der Akademie der Wissenschaften. Der wenige Unterricht, den ich seinen Kindern gegeben, hat ihn zu meinem Freunde und Beschützer gemacht und ich weiß das viele Gute das dieser Menschenfreund mir, besonders als ich mit Sprache und Sitten allhier noch völlig unbekannt war, durch nichts als ein eyfriges Gebeth für sein Wohlseyn zu erwiedern; besonders da sein Beyspiel mehrere ädle Russen veranlaßt hat, sich meiner nicht bloß als eines Fremden, sondern mit Patriotischer Wärme anzunehmen.☓ ☓ Die zweite Ursache ist, daß Herr Rektor Lau (ein ehemaliger Universitätsfreund des Bruder in Derpt) bei der deutschen Schule, die unter der Aufsicht des Herrn Past. Gerzimsky steht, das fürtrefliche Elementarwerk des Herrn Basedow mit Kupfern besitzt, und mir dasselbige erst kürzlich, da wir das Glük hatten daß Sr. Durchl. der Graf v. Anhalt, der Mäzen aller Erziehungsanstalten in Rußland, hier durchgiengen, nicht allein sehen lassen sondern auch sich willig findet, mir dasselbe um einen billigen Preiß ganz abzustehen. Könnte ich, theurester Vater! Ihr gütiges Geschenk wohl besser anwenden, als durch den Ankauf eines Buchs, das mir gleichsam erst jetzt meine erste Moralische Existenz bei einer Erziehungsanstalt giebt, da es nicht bloß für Eleven, sondern hauptsächlich für diejenigen verfasset ist, die sich mit der Bildung derselben beschäftigen. Kann ich der
    rechtschaffenen Dame
in deren Anstalt ich mich betinde, und die mir erst kürzlich von neuem versprochen für meine Equipage Sorge zu tragen, dieser Dame, deren Vorsorge für 90 Eleven und 19 Lehrer, ihr noch Zeit übrig läßt für mich so freundschaftlich zu sorgen als etwa meine Schwester
    Möritzin
thun würde, meine Achtung und Erkenntlichkeit besser bezeugen, als wenn ich ihr dieses Buch anbiethe und die Erklärung desselben bei einigen unserer jüngsten und liebenswürdigsten Pensionärs deren Eltern uns mit Gewogenheit überhäuffen, selbst übernehme. Ich bin so glüklich gegenwärtig einige um mich zu haben, deren Eltern mit Personen, die die höchsten Würden in unserm Senat einnehmen in Verwandschaft stehen welchen ich mich sonst auf keine Weise nützlich zu machen oder zu empfehlen weiß. Zugleich halte es für meine Pflicht, da ich nicht im Vermögen bin, Me. Exter Geschenke zu machen, ihr für alles Gute das sie mir seit vier fünf Jahren in Moskau erwiesen, wenigstens meine Bereitwilligkeit zu zeigen, auch mein Scherflein zu dem Allgemeinen Besten, für welches ihre Anstalt eingerichtet ist, auf eine oder die andere Art beizutragen. Wollte Gott, es könnte ein Senfkörnlein seyn, unsern jungen Adel bei seinen anderweitigen liebenswürdigen Eigenschaften, ein wenig
    Liebe zum Detail
alles dessen was zum Menschlichen Leben gehört einzuflössen und ihnen zu fühlen zu geben, daß der allergeringste Mensch, wenn wir seine Fähigkeiten recht zu lenken wissen, wenn wir wissen, wie wir ihn beschäftigen dürfen und sollen, uns unaussprechlich nützlich seyn kann. Ich habe das unnennbare Vergnügen, diese Gesinnungen schon hier an einem jungen v. Wiäsemsky und andern vornehmen jungen Herrschaften von seinem Alter (worunter sich auch ein junger Fürst Gagarin befindet) zu entdecken: es fehlt nur noch an der
    Kenntniß
der Mittel, sie
    dermaleinst,
zur Hoffnung unsers gemeinschaftlichen Vaterlands, in Ausübung zu setzen. Der auf der Nachbarschaft des H. Brunners wohnt und mit ihm ein Herz u eine Seele ist ☓ ☓ Unter diesen muß ich besonders zwei junge Verwandte des Grafen von Soritsch zählen, welche, da sie schon einige Jahre vor mir in dieser Anstalt gebildet worden mit dem Sohn der Me. Exter eine
    ädle
Freundschaft errichtet und deren Onkel in einer der wichtigsten Angelegenheiten des Staats eine wichtige Rolle gespielt. Imgleichen einen teutschen Obristen, der von Petersburg hieher gekommen und seinen Reisegesellschafter bei uns eingeführt.
Ist es wahr, theurester Vater! daß Sie die Güte für mich gehabt, durch Herrn Hartknoch von hier eine Russische Bibel nach Riga zu verschreiben. Ich hatte eine herzliche Freude darüber, weil ich überzeugt war, daß Sie in derselben Ihr Bild finden würden; so wie es so viele ädle Russen, die auch an meinem Schiksal einen Menschenfreundlichen Anteil zu nehmen würdigen, darinne finden. Darf ich doch bitten Herrn Hartknoch gelegentlich gütigst zu fragen, ob er nicht einen Herrn von Töllner, Preußischer Offizier, kennt, welcher mir von Ihnen und dem Bruder in Dörpt zu meinem Troste sehr vieles erzehlt hat. Er rühmte mir ein gewisses Buch, dessen ich hier habhaft zu werden wünschte. Es heißt: Lebensläuffe in auf und absteigender Linie, von einem deutschen Plutarch, der aller Aufmerksamkeit und Nacheiferung würdig ist. Ein solcher Maler der Seelen und Sitten wäre hier am rechten Ort, wo sich
    täglich
in der Nähe und Ferne sovieler Stoff dazu anbietet. Ein Moralischer Chevalier de Luc würde den Reichtum der Karaktere allhier, mit dem Geschmak und der Kürze behandeln müssen, mit welcher jener den Reichtum der Schöpfung in den Schweizergebirgen behandelt hat. Wollte Gott, theurester Vater! ich könnte Ihren Seegen zu irgend einer Art von
    fixer
Existenz in dieser Mütterlichen Stadt herüberholen! Die Würde welche Sie bekleiden, wird durch Ihre Person erst interessant und erregt die sympathetischen Empfindungen aller derer, so sich in ähnlichen Verhältnissen befinden. Sprechen Sie wenigstens schriftlich ein Wort des Trostes über mich, werden Sie zum andemmal ein schöpferischer Vater meiner Ruhe und meines Glüks, zu dem ich in der Güte so vieler um mich verdient Edlen einige Anstalten zu entdecken hoffe. Ich habe das Glük gehabt, Sr. Excellenz dem
    Herrn Curator Cheraskoff
besonders empfolen zu seyn und beschäftige mich gegenwärtig mit einem Aufsatz über einige Schönheiten seiner Gedichte, insofern sie auf die Erziehung der russischen Jugend Einflüsse haben. Herr Hofrath
    Schade,
der bey der Kaiserl. Commission zur Untersuchung hiesiger Schulanstalten war, ein Mann von lebenslänglicher Erfahrung über diesen Gegenstand, hat mich dazu gütigst aufgemuntert. Vielleicht bin ich so glüklich, da die hiesige Käis. Universität sich unsrer Anstalt mit besonderm Eiffer annimmt, wenigstens dem Namen nach mit einige Ansprüche auf ein Art von Bürgerrecht bei derselben zu erhalten. Was meinen Muth und Zutrauen auf die allesbelebende Vorsicht unaussprechlich stärkt, ist der huldreiche Blick den der oberste Befehlshaber unserer Stadt auch auf unsere Anstalt zu werfen scheint. Soll ich Ihnen sagen, daß ich das Glük gehabt vor Sr. Durchl. dem Grafen Anhalt selbst vorgelassen zu werden und daß dieser herablassende Menschenfreundliche Herr sich fast eine Viertelstunde mit mir zu unterhalten die Gnade für uns hatte? Welch ein Gemählde in einer solchen Gallerie als sich mir hier von allen Seiten aufthut um mein Auge – und vielleicht bald – auch meinen furchtsamen Pinsel zu üben! – Herr Major Hüne – und andere Freunde, denen mich der Bruder aus Derpt empföhlen, befinden sich gesund und munter. Darf ich bitten, meiner theuresten Frau Mutter und sämtlichen geliebtesten Geschwistern und Freunden tausend warme Grüsse zum Neuen-Jahr zu sagen, Zeit, Raum und Umstände erlauben mir diesesmahl nicht ein mehreres. Ihrer geneigten Fürbitte bey dem höchsten Geber aller Weißheit und Gaben, den ich für die Erhaltung Ihrer uns allen so theuren Gesundheit, Ruhe und Zufriedenheit unablässig anflehe, empfehle auch in diesem Jahr meines theuresten und verehrungswürdigsten Vaters Moskau den 18ten November 1785. gehorsamsten Sohn Jacob Michael Reinhold Lenz.
Sr. Magnifizenz Herrn Herrn Christian David Lenz. Generalsuperintendenten des Herzogthums Liefland, und geistlichem Präsidenten im Käiserlichen Ober-Consistorium. zu Riga in Liefland. unter gütigem Einschluß.
Lieber Lenz, Dank für Deinen Brief, ohne Datum, samt den Beylagen von Silhuetten, die mich, schreklicher Zeitarmuth wegen2 weniger interessieren. Deine Urtheile als Charakter betrachtet, sind mir wichtiger. Denke nicht, daß ich Deiner vergessen. Quem amavi, nunquam non amabo. Hättest Du mir doch auch mehr von Dir, Deiner Person u: Lage, Deinem Thun und Leiden, Deinem Lieben u: Hoffen, Deinem Leben und Glauben Geschrieben.
    Göethe
ist izt in Neapel oder Rom, und arbeitet an der neuen Ausgabe seiner Werke, die Er um die Hälfte vermehren will. Wenn Er bald herkömmt, will ich Deinen Auftrag mündlich ausrichten. Etwas, was physiognomischen Linien ähnlich sieht, wird nun bald in Engeland von mir gedrukt. Ich bin nun neben Pfeningern an der Peterskirche, welches ein traumähnliches Glük für mich ist. Mamma ist gesund. Mein Sohn studiert Medizin in Göttingen. Meine zwo Töchterleins machen mir täglich Freüde. Meinen
    Nathanael
für
    Nathanaele
wünscht’ ich von einigen Christen in Deiner Gesellschaft gelesen. a Dieu Lieber! Lieber wenig, als die antwort aufgeschoben. Küß' Deiner Stiefmutter in meinem Namen die Hand. Wills Gott! Kann ich Dir auch einmahl schreiben – „Land! Land! Land!“ Freytags nachts 12. Uhr. Den 30. März, 1787. Lavater.
An Sr. HochEhrwürden den Herrn Consistorialrath Dingelstedt. In dieser Dunkelheit der Trennungen von Freunden In dieser Einsamkeit von ädlerem Genuß Umringt vielleicht, wie Du, von innem, äussern Feinden Wie Du – um kurz zu seyn – von Lebensüberdruß Ach treuer Dingelstedt! was kann, um Dich zu trösten Da wir am Grabe stehn, wo all Dein Glük itzt ruht Was kann ich sagen? – – – Ist die Hofnung der Erlösten Nicht unser bestes Rittergut? Sie liebte – Ach warum mit Bildern Dich bestürmen Die Dir des Freundes Hand, mit Recht itzt
    hart
– entzieht – Sie ist nicht mehr – – – Sie ist! sie wird Dich noch beschirmen Wenn rathlos sich Dein Geist um nach dem Hafen sieht. Und keinen finden kann, ich sage redlich, keinen Als immer nur den alten einen. Sie ist! Du zweiffelst Freund! nein Ädler! zweifle nicht! Es leben
    wenig
Freund’ auf Erden Und immer mehr wirds der Beschwerden Der Mißverständnisse, des Mißtrauns und des Wahns Des Wiederspruchs verschiedner Plans. Allein sie ist! und feiner, ädler, fester Lebt sie nun ganz für Dich, Du Bester! Ist ihnen nicht eine Umarbeitung von Bitaubes Geschichte Josephs bekannt, die in Deutschland herausgekommen seyn soll? Verzeyhen Sie daß ich Ihnen von dummen Zeuge spreche, weil ich in der That nichts ernsthaftes zu sagen weiß. Ich habe die Nachricht von dem Hintritt Ihrer Gemalinn in der Zeitung gefunden, die ich sehr
    wenig lese
und sehr selten ganz durchlese. Mein Herz schlug mir, daß ich Ihnen solange nicht geschrieben. Aber ach! dürfte ich in solchen Veranlassungen nie wieder die Feder an den in die Hand nehmen, der fähig war mir durch ein Wort der Kraft bey der Nachricht von dem Tode einer Mutter die ich wie mich selbst liebte, soviel Aufrichtung zu geben. Ich erinnere mich wenig mehr von den liebenswürdigen Kleinen, denen ich jetzt ein Dingelstedt zu werden wünschte. Könnte ich Ihnen ein mal alles das Gute vergelten, daß Sie mir in Riga erwiesen und setzte mich nicht ein bisgen ungerechter und unmarkvoller Fanatismus oder Gott weiß welcher Geist des Selbstbetruges in Lagen, die es mir fast unmöglich machen Freunden zu dienen, ja offt mich selbst aus der äussersten Verlegenheit zu retten. Die Freundschaft ist meinem Bedünken nach eine etwas standhafte
    Werthachtung
des andern, die durch keine Umstände und Glüks- oder Unglükslüftgen (so ein wenig Staub aufwehen) verändert wird. Hier wird weder die Presse befragt, noch der Bücherkatologus nachgesehen, obgleich auch diese Dinge einige Teilnehmung verdienen, aber die, wie mich deucht, beyweitem nicht von der
    entsetzlichen
Wichtigkeit ist. Ich kenne das ganze Hebezeug und Wirkungsmaschine dieser gelehrten Vereinigungen und achte sie nach dem sie es verdienen – aber das
    Persöhnliche
meines Freundes ist mir ein wenig schätzbarer, als der armseelige Hausrath von Drehzeug den er in die Gruft mit nimmt. Wir haben die besten Uhren von den geschiktesten Meistern, wir haben Teppiche und Gott weiß was, aber darum ist nicht jeder Teppichmacher ein Apostel u. s. f. nicht jeder Versemacher ein König und Prophet. Wie traurig wird Ihnen Ihr Haus itzt vorkommen, da die Seele in der Hausuhr fehlt – – – dann das bleiben die lieben Gattinnen doch immer, wenn ich gleich dis Glük noch nicht selbst bis auf den Grad erfahren. Die äussern Geschäfte, so unserm Geschlecht überlassen sind, drüken und quälen ohne einen innern Trost, ohne einen geheimen Freund, dem alles recht ist und der uns den Schweiß von der Stirne wischt. Und diesen Freund
    gönnt
uns das Verderben der Welt – und Gott! offt unsrer nächsten Freunde
    nicht.
Was ist zu thun? Ueber den Sternen wird’s eine andere Philosophie geben. Wir suchen, wir wählen, wir betrügen uns und andere, bis wir endlich finden. Es ist einer, der Erbarmen mit unsem Schwächen fühlt. Er prüft doch auch nicht über Vermögen und lenkt Herzen wie Wasserbäche. Giebt es in Liefland Witwenanstalten für den Adel und die Priesterschafft? Es hat in Rußland ehemals geistliche Stiftungen gegeben, an welche Summen ausgezahlt und für diese Leibrenten entrichtet wurden. Sollten sich nicht in Liefland Fonds zu einer Handlungsgesellschaft errichten lassen, die denen Interessenten, besonders denen verheuratheten, oder die zu heurathen willens wären, jährliche Dividenden austheilten. Ich schmiere mehr um Sie zu zerstreuen, als Sie zu unterhalten. Das Elend ist allgemein, auch durch ganz Rußland, besonders für die so Vorurtheile in dies Land mitgebracht, die in einem gewissen Alter nicht mehr zu heben sind. Das Reich ist groß und so erschöpft nicht, es werden sich Mittel finden lassen, einem jedem Fremden in demselbigen sein Vaterland wieder darzustellen. Meine Schwester hatte mir offt von Permien geschrieben, allein ich begreiffe nicht, wie ich dahin kommen, noch was ich da machen soll. Die Härte der Grundsätze ist überall gleich und man trift freilich mit unter auch überall weichere und edler gestimmte Gemüther. Doch auch diese wünschten gern die ganze Welt nach sich umzustimmen diese Bekehrungskrankheit ist allgemein. Der Schöpfer liebt und will die Verschiedenheit bei aller Eintracht der Gesinnungen und wenn nun der ganze Leib Auge wäre, was würde der Fuß sagen? Warum richten und verdammen sich doch die Menschen untereinander ohne Ursache? – – Ich bin fast ganz von Kleidem und Wäsche gekommen, durch diese scharfsinnige
    Sucht nach Aehnlichkeiten,
die uns alle Individualität nimmt. Sollte denn Gott nicht helfen denen so tag und Nacht zu ihm schreyen über diese felsenfeste und Unbewegliche Bekehrer zu
    der kleinen Schimäre
mit der sie Morgens früh aus dem Bette aufstehen. Ich küsse Sie Ädler! mit dem innigsten Bedauren und bitte mir eine überlegte – aber niemals schwärmerische Theilnehmung in Liebe an meinem Schiksal aus, wenn Geschäfte Ihnen gleich nicht Zeit lassen zu schreiben an Dero auch abwesend gleich aufrichtigen und ungekünstelten Verehrer JMR. Lenz. N. S. Ich weiß, daß Sie auch
    ausser der Kirche
und dem öffentlichen Gottesdienst Geistlicher sind und bitte daher, sich meinen Brief an meinen Vater von demselben vorlesen zu lassen und in Ihre Berathschlagung zu nehmen. Wir haben in dem hiesigen Senat ein Camptair zur Untersuchung des Petersburgischen Justizkollegii und es läßt sich hoffen, daß bey der Commission zur Errichtung neuer Städte geistliche und Weltleute Platz nehmen können. Ich will nicht sagen, Gott berathe, Gott helfe Ihnen, ich will ihn lieber bitten, mich in den Stand zu setzen, auch entfernteren Freunden nützlich zu werden, die mich freilich wohl bisweilen verkennen mögen, weil ich wieder die
    Täge
so in der Russischen Kirche ursprünglich ausgesetzt waren, sich bey der Mahlzeit auch des Armen und Dürftigen zu erinnern, nicht mit dem schwärmerischen Eiffer zu Felde zog. Uebrigens ist wohl, bey der Einführung neuer Kalender – anjetzt alles so ziemlich gleich und die
    Herzens
härtigkeit das einzige allgemeine Uebel das durch Geduld überwunden werden muß. Die Rangtabellen Peter des Großen fangen an auch so
    ziemlich
menschlicher commentirt zu werden als bisher und vielleicht stehen einmal Geistliche auf, die das
    Ehre von einander
nehmen ein wenig besser auseinander setzen. – Gott schenke Ihnen und mir weniger schmarrende Lobeserheber und seltnere standhafte und aufrichtige Freunde! – d. 6te Jun. 87. Mosco.
In grosser Zerstreuung d Septbr. 1787. Wehrtester Freund! Es haben mich einige Mitglieder der hiesigen freyen Typografischen Gesellschaft bevollmächtigt, mit Ihnen über Theilnahme an derselben Briefe zu wechseln. Wahr ist es, daß wir hier deutsche Druckereyen haben, allein die Lektüre ist noch nicht so sehr ausgebreitet daß z. B. ein neuer Buchladen zu errichten wäre. Wer weiß, was geschieht, wenn die Sache in die Wege zu richten wäre, daß Kaufleute die nach Derpt zum Jahrmarkt reisen, dem Herrn Reimmann nachahmten und ihre Zeit so nähmen, daß sie von Riga nach Moskau und von hier nach Derpt giengen. Vielleicht wäre möglich zu machen daß der Jahrmarkt im Troitzkischen Kloster (denn in Moskau ist keiner) der am 15ten August anfängt, entweder verlegt, oder mit einem neuen vermehrt wird, der etwa sich an den im nahgelegenen Dorf Pawlow vom 26sten Oktober anschliessen könnte, wovon in der neuherausgekommenen Beschreibung des Moskowschen Gouvernements, die hier zu 1 1/2 Rbl. verkauft wird, nachgelesen werden kann. Man ist hier eben bemüht, eine Lesegesellschaft einzurichten, der alsdenn ein Buchhändler der neue Sachen aus Deutschland mitbrächte, willkommen seyn würde. Soweit darf ich in dieser Sache schreiben, da Herr von Kutusoff, dessen Silhouette ich nebst der vom Fürsten Trubetzkai und seiner Gemahlinn dem R. Allerley beilege, gegenwärtig nicht in Moskau ist, auch Herr Nowikoff sich auf dem Lande befindet. Nicht diese wirklich grosse und ädle Russen allein, sondern mehrere, unter denen sich Se. Excell. der Curator der hiesigen Universität selbst befindet, haben mich aufgemuntert, das Auserlesenste der neueren Russischen Litteratur unter dem Tittel Russisches Allerley auch den Ausländern mitzutheilen. Als der Graf Anhalt hier durchging, mußte demselben versprechen, einige Gesänge der Russiade oder Gedichts von Rußland in der Uebersetzung mitzutheilen, welches Gedicht ich dereinst besonders abzudrucken und als denn dem Grafen der als Original nicht so leicht weglieset, zuzueignen gedenke. – Sollten sich in Liefland und vielleicht in Kurland oder auch Preussen Subscribenten nicht Pränumeranten zu dem Allerley finden so würde mich es freuen , wenn Sie für Verlagskosten schadlosgehalten würden; sonst wird auch Rüdiger, der erst ganz kürzlich Blostschejewefs Beschreibung des Russischen Reichs von mir in der Uebersetzung drucken lassen den Verlag gern übernehrpen. Nach bester Empfehlung an die Frau Gemalinn Dero aufrichtigergebenster JMRLenz. Sr. HochEdelgebornen Herrn Brouwer fürnehmen Handelsherrn in Peterb. Мнлостнвый rocyаpы мои н покровинено Инконай Иьваанобнью! Verzeyhen Sie daß ich Ihnen diesen Namen gebe und Sie ihn noch dazu aus der Brieftasche des Grafen Anhalt bekommen Sie erinnern sich noch meines kurzen Aufenthalts in Petersburg, meiner Unentschlossenheit, Unwissenheit, Trägheit, Schöngeisterey, Schwermuth kurz aller der Fehler, welche gegenwärtig mit eben dem dringenden Eiffer und Ernst ein für allemal der Vergessenheit zu übergeben bitte, als mir die Geduld, Dienstbegierde, Nachsicht, Ermunterungen so Sie mir in Ihrem Hause gaben, ewig unvergeßlich seyn werden. Unter einige der vorzüglichsten Proben Ihrer Freundschaft zähle die Bekanntschaft, so Sie mir auf dem Musikalischen Klubb mit einem Herrn
    Ziero,
Freund des Herrn
    Weitbrecht
machten, durch welchen auch die Ehre hatte der Demoiselle Beausobre in dem Gräflich Tschernitscheffschen Hause aufzuwarten, deren Verwandter durch die fürtreffliche Schrift über das Finanzwesen, sich die Hochachtung der ganzen gelehrten Welt erworben. Ich hatte einen französischen Brief an diesen Herrn aufgesetzt, mit welchem ihm jetzt nicht beschwerlich fallen will, da ich weiß daß Sie auch französisch sprechen und ihm allenfalls die Stelle desselben so ich Ihnen hier in der Abschrift beilege, mündlich vorsagen oder auch vorlesen werden, falls Sie Gelegenheit haben, ihn zu besuchen oder auf dem Klubb zu sehen. Ein gleiches wird mit Herrn
    Bakmeister,
der in dem Hause des Etatsrath
    Schwebs
wohnte geschehen können, da ich seine itzige Charge nicht gleich auswendig weiß und Fehler in dem Briefe gegen das Etiquette zu begehen fürchte Sie haben doch wohl Bekanntschaft mit dem Herrn Obristen
    Boc,
welcher die Tochter eines Direktors des Baues der Isaacskirche geheurathet. Ich bin dieser ganzen Familie (denn wo ich nicht irre giebt es mehrere Brüder, von welchen einen
    jüngern in Liefland
auf dem Lande bei einer
    Dame
kennen gelernt, deren Schwester itzt Generalin bei der Flotte in Petersburg ist und deren
    Gemahl,
obgleich dem Namen nach wie es scheint von
    Schwedischer
Abkunft, dennoch in russischen Diensten, und wo ich nicht irre gegen die Schweden
    geblieben
) noch von den Jahren her Erkenntlichkeit schuldig, da sie meine Studien auf der Universität mit einer Beyhülfe unterstützten. Sie erinnern sich auch wohl noch, als Sie mich in Petersburg an den Hof nahmen daß ein Kammerherr
    Bok
und der Major Berg, Sohn des Generallieutenants in
    Riga,
eines vorzüglichen Gönners meines lieben Bruder und apostolischen Vikars in
    Derpt,
eine Art von Bollwerk vor uns machten, daß wir weniger beobachtet wurden und durch die kleinen Oefnungen so sie uns doch bisweilen liessen, besser und ungehinderter
    sehen
konnten. Der jüngere Herr von Boc war auch ein Freund des jungen Herrn von Behagels, Verwandten des schwedischen Ministers, den Sie in Petersburg gesehen haben. Ein Kammerherr Boc der in dem Demuthschen Gasthof abgetreten war, hat mir viel von seiner gefahrvollen Reise über Schweden erzehlt – alles dieses werden Sie vielleicht schon vergessen haben – ich erinnere mich aber noch, daß ich sogar in Liefland mit Ruhm erzehlen hörte, wie glüklich dieser Herr mit seinen
    Bauren
war, für welche er einige geschikte Handwerker aus fremden Ländern mit gebracht und viele derselben, so er an seinen
    Adelhof nahm,
eben so wohl zu guten Künsten als zu der deutschen Sprache anhalten lassen. Ein Beyspiel das in Rußland Nachahmung verdiente. Sollte ihnen nicht Herr Merslukin aus Biel bekannt seyn, oder Herr Biel, der, wo nicht irre eine Person ist? – Ich kenne nur seine Person. Er ist glaube ich nach Petersburg zurükgegangen und hat mir sehr wohl gefallen Das Alpendihlsche Geschlecht ist eines der ältesten und angesehensten in Liefland und das kleine Rüklehn, welches die Monarchinn der Wittwe des verstorbenen Obristen als ein
    Wittwengeschenk
für sie und ihre Töchter zur Anende gegeben, ward vormals von dem Assessor Hagmeister verwaltet. Sollte Ihnen, theurester Freund! des Zusammenhanges wegen vieles in meinem Briefe noch sehr undeutlich scheinen so muß Ihnen nur grade heraus meinen Fehler gestehen, daß ich meine
    eigene
Person aus
    dringenden
Ursachen von allem was meine Freunde Bekannte und Verwandte in Liefland darinne angeht, sehr
    bestimmt und deutsch
ausschliessen muß, weil ich weiß, daß man nach gewissen Verabredungen von mir als einem Schwärmer urtheilt und nach denen Briefen so ich Ihnen aus Liefland geschrieben und schon
    oft wiederruffen,
halten mußte. Ich war damals wirklich nicht
    recht bei mir,
wie ich schon oft erklärt habe,
    besonders denjenigen Herrn die besondre Geheimnisse der Freymäurerey in meinem Betragen
suchten. Eben entzükt mich eine neue Bekanntschafft, so ich von einem Reisenden der aus Peterb. angekommen, gemacht. Wollte Gott, ich hätte vier Pfenninge des Tages einzunehmen und könnte sie mit ihm theilen. Wäre doch die Moskwa der Rhein!
Herrn Bakmeister, wie auch Herrn Arndt bitte zu fragen ob ihre Russischen Bibliotheken schon Uebersetzer gefunden. Ist Herr Arndt verwandt mit dem V. der liefländischen Chronik? Man hat in Derpt noch das alte Gemäur einer sogenannten Schwedischen Kirche, welches Herrn Bakmeister, der mit allen Details von diesem Ort bekannt seyn muß, dessen Universität er beschrieben, nicht unbekannt geblieben seyn kann. Auch wird er wissen, daß Derpt zum
    Anseebunde
gehörte (der in Nowgorod zerstöhrt ward) und eine Verbindung durch Pernau mit der Ostsee hatte, so wie durch den Peipus und den Fluß Narwa mit dem Finnischen Meerbusen, folglich die
    Möglichkeit
einer
    Handelsschule
in Derpt, die freilich den Beystand des umliegenden Adels, der den Jahrmarkt oder die Messe daselbst besucht, nöthig hat, nicht so ganz völlig unter die eitlen Träume und Schimären verwiesen werden muß, zumahl da nach dem Plan der Monarchinn mit der Moskauschen Handelsschule des verewigten geheimen Raths von Demidoff die jungen Studenten dieser Handlungsakademie nach vollendeten Studien
    Reisen
erst
    innerhalb,
dann ausserhalb des Vaterlandes anstellen sollen, um den Handelszustand und die Produkte jedes Orts, den Karakter der besten Kaufleute u. s. f. kennen zu lernen und ihren künftigen Credit ein wenig zu befestigen. Sollten die Herrn
    Correktoren und Verbesserer
der Sitten und Denkart des Landes, besonders des Volks, in Lief Ingermannland und Finnland, die sonst unter dem altmodischen Tittel von
    Hofmeistern
ins Reich verschrieben worden, nicht Gelegenheit haben den Adel auch in Liefland zur Unterschrift
    einer Uebersetzung
der berühmten Bonnetschen Sammlungen der Naturgeschichte, des Pflanzen, Stein und Thierreichs in die
    Russische Sprache,
wahrscheinlich auch mit Beyträgen von einheimisch Russischen Produckten aus den drey
    Reichen,
zu welchen
    Künstler, Mahler ☓ ☓ und Kupferstecher
(ich habe im Elsaß sechs Wochen lang Kuhfleisch gegessen, welches mich sehr oft an die Geschichte Abrahams erinnerte, welche am Terek von den dasigen wilden Kosaken noch mit Schlachtung eines wirklich buchstäblichen
    Boks mit Hörnern, Fell und Klauen begangen
werden soll; so nöthig sind in unsren neuern
    geschliffenen Zeiten
richtige Erklärungen der Kunstwörter, deren
    Mißverstand
entsetzliche Folgen haben kann)☓ ☓ in
    Contracktmässigen Anspruch
genommen und wohl bezahlt werden müssen, durch ein gutes Wort zu gelegener Zeit, willig zu machen? – Der Adel und die Damen unterschreiben doch so gern zu allerley
    Kleinigkeiten und Possen
in Prosa und Versen, die nur zur Belustigung in trüben Stunden und wieder die Langeweile auf dem Lande auch zu einer
    künstlichen
angenehmen Melancholey dienen, aber eigentlich den
    wahren Nutzen
ihrer
    Haushaltungen, Kinderzucht Bediente
und
    Unterthanen,
ja sogar des Umsatzes ihrer Naturprodukte mit
    Ausländern,
niemals befördern werden. Solche Bilder mit Farben würden allen möglichen Arten von langues und Zungen, sie mögen nun oui, oder oc aussprechen, willkommen und verständlich seyn. Ich hoffe meinem lieben Bruder Vicarius und durch ihn und Herrn Pastor Oldekopp auch meinem theuren alten Vater gelegentlich davon zu schreiben, wenn der letztere schon sein kleines
    Bischofshoff noch nicht einmal besucht hat,
wo ich mich gern mit ihm zusammen fände, um auch ein Paar
    neue
Worte mündlich mit ihm wechseln zu können, über hundert Dinge, die hauptsächlich Schulen und Erziehungsanstalten betreffen, da Herr Pastor Gerzimsky und Lau das Vergnügen haben, zu hoffen, eine neue Handlungsschule in Moskau vor ihren Augen aufsteigen zu sehen, die mich sehr oft in
    stumme Bewunderung der Gnade der großen und unvergessamen eben
sowohl als
    unvergeßlichen Landesmutter
gegen das alte
    Lyceum in Riga
hinreisset, wo wie Ihnen bekannt sein wird, Herr Past. Dingelstädt und Moritz die Erziehung dirigiren. Sollten Sie nicht einen Herrn v. Neumann leiblichen Schwager des Holländischen und Französischenglischen lieben Herrn Prediger Brunners, der in Kriegsdiensten war und in Peterburg Seedienste nehmen wollte, kennengelernt haben? Herr Reimann, der Assistent des Herrn Hartknoch des Rigischen Bücher und Verlagsraths (der die Weissischen Schriften so ungemessen verehrt) wird Sie vielleicht auch besucht haben. Wir hätten ihn gern hier zu einer Leih- und Lesebibliothek, die noch nicht creirt ist, mit angestellt Ihnen persöhnlich verbundenen JM RLenz.
Mon bienfaiteur! Le voyage que Mons. Reimann a entrepris à mon insçú et sans me vouloir permettre de l’accompagner, me donne quelques faibles lüeurs d’éspérance; car à parler sincerement mon coeur se trouvoit bien abbatú. On pretend ici que S. A. J. Madame Ia Grande Duchesse doit se permettre fort rarement à rire: mais qu’à Ia pretension des Suedois, que toute l’armée devroit rendre ses armes, et que dans ce cas le Duc de Suderm. s’engagea à negocier Ia paix avec les Turcs, elle n’ait pû s’empecher d’éclater à rire. Ce trait m’a fourni le sujet d’un petit Drame, que j’ose presenter aux yeux du seul Censeur que je connoisse .. – – – – Czarlot qui pleure et Czarlot qui rit, petit Drame sur la guerre des Suedois Czarlot qui rit. On dit que toute notre armée a posé les armes. Czarlot qui pleure. Oui Maman hiiiii. Czarlot qui rit. Et les Suedois sont restés sous les armes Czarlot qui pleure. Oui da Maman hiiiiiii Czarlot qui rit. Mais qu’en sera-t-il. Toute notre armée sera prisonniere: et mon mari, bien loin de desarmer les Suedois leur fournira encore de nouvelles armes. Czarlot qui pleure. Comme ça Maman, ce fera une jolie histoire hihiiiii Czarlot (éclatant) Mais n’avez Vous pas entendú que les armes des Suedois consistent dans des ciseaux et mesures, et qu’ils travaillent à présent tous comme des insensés à fournir des culottes à toute notre armée et à mon mari même Czarlot qui pleure. Que veut dire cela, h i i i i – – toute notre armée desarmée Czarlot qui rit. Mais n’entends tu pas folle, qu’on ne peut pas venir à bout à leur faire des habits pendant qu’ils sont armés et combattent. S’il ne se trouve pas assez de ciseaux, on en fera venir de Toula Czarlot qui pleure. Mais le Duc de Sudermannland veut nous prendre nos terres, ce n’est pas risible Czarlot qui rit. Mais il nous donne des draps et du fer en echange et prend service lui même dans notre armée n’est ce pas assez. C’est un prisonnier armé de cap en pieds. Czarlot qui pleure. hiiiiii. Czarlot qui rit. Tu es bien folle, voudrois tu que cela nous eut couté du sang. Il en est assez de tes pleurs Czarlot qui pleure. Mais nos terres, nos terres Czarlot qui rit. Folle, elles restent à nous: nous les prêtons à un Ami qui en a trop peu et qui a une abondance d’habitans et d’artisans qui n’ont pas de pain Qu’ils viennent le chercher en Russie Czarlot qui pleure. Mais comme ça nous serons Suedois au bout du compte Czarlot qui rit. Folle les Suedois ne seront pas Russes et les Russes ne seront pas Suedois, mais ils vivront dorénavant en bons amis ensemble. Messager (tout essoufflé) Oh Malheur, sur malheur, les Suedois ont desarmé toute notre armée, et bien loin de se defendre, ils sont depouillés jusqu’à la chemise. Qu’on ordonne des prières publiques Czarlot qui pleure tombe dans un fauteuil: C’en est donc fait Czarlot qui rit. Mais ils viendront nous depouiller aussi. Czarlot qui pleure. Je me meurs! A parler serieusement, j’avois plus de raison que tout autre à jouer le role de Czarlot qui pleure, qui ne m’a peut être pas mal rëussi, connoissant mes relations dans toute leur valeur et poids. Cela me pesoit et j’avoue que si j’étois l’homme à inspirer mes sentimens à mes chers compatriotes du sexe masculin, je ne Ies ferois pas désarmer si vite. Ils ont des tailleurs tout comme Messieurs les Suedois qui du reste, trouveront du pain par tout l’Empire, sans trop nous incommoder. La Lettre cyjointe en donnera peut être des éclaircissemens; elle étoit adressée au Comte d‘Anhalt et si mon bienfaiteur peut Ia lui faire parvenir, ce sera un faible hommage que nos coeurs portent en secrèt au legitime heritier des droits du grand Pierre. ll auroit pu nous donner un Tubingue. On m’a dit que Mons. Gadebusch, natif de l’îsle de Rugen est decedé; je le regrette par rapport aux annales de Livonie, qu’il a eû Ia bonté de m’envoyer, quoique j’ai eû le malheur que Messieurs les Czarlots pleurants de Moscou m’aient derobé presque tous mes livres. Cela ne m’empechera pas de chercher quelque lecture qui put me fournir matière à des compositions que je mettrai aux pieds de Leurs A. J. au premier vent heureux. Lenz. Dieses bitte gehorsamst gleichfalls abzuschreiben oder abschreiben zu lassen. Erlauchter Graf Gnädiger Herr! Ew. Hochgräflichen Erlaucht werden den schwachen Versuch einer Uebersetzung einer der vorzüglichsten Geisteswerke in Rußland mit der Nachsicht aufzunehmen geruhen, die der Eiffer, Ew. Hochgräflichen Erlaucht dieses Werk bekannt zu machen, allein sich versprechen kann. In der That hat Rußland so gut als andere Nazionen Ursache auf Produkte dieser Art stolz zu seyn und der physische Boden dieses Landes das Ew. Hochgräflichen Erlaucht mit einem so nachahmungswürdigen Eyffer kennen zu lernen gesucht, würde nicht weniger undankbar seyn, wenn die Kräfte des Staats nicht bisher durch nothwendige Kriege auf den Grenzen wären angegriffen worden. Diese haben den Genius der Nation zu kriegerischen Unternehmungen umgestimmt, welchem ein geistlicher Friedensrath niemals unentbehrlicher seyn dürfte, als in einer Epoche, da Catharina die Grosse auf ihren bereits erworbenen Lorbeern der Ruhe zu geniessen wünscht. Da ich neulich den hiesigen Erzbischöflichen Sitz zu sehen das Glück hatte, den der bekannte Sergius gestiftet, von welchem H. v. Cheraskoff im ersten Gesange ein so liebenswürdiges Bild entwirft: so gestehe, daß der Anblick der schlechten Wohnungen umher mich in Verwunderung setzte und mir von dem Karakter des Oberhirten, den Ihro K. Majest. Dem hiesigen Gouvernement gegeben ein nicht weniger erhabenes Bild entwarf. Allein wenn die Füchse Gruben und die Vögel Nester haben, so konnte vielleicht eine zu schwärmerische Erklärung einer mißverstandenen Stelle h. Schrift die Baukunst mit unter die verbotenen Künste rechnen, so lang es Zimmerleute giebt, die das erhaltene Geld für ein schnell aufgesetztes Kartenhaus in den ersten drey Tagen vertrunken haben. Ich habe unter der Russischen Geistlichkeit verschiedene Mathematische Köpfe kennen gelernet, die auch im Mahlen nicht ungeschickt waren, aber den Riß ihrer eignen in den Boden sinkenden Häuser zu entwerfen nicht im Stande gewesen wären. Und selbst der Landmann in Ihro K. Majest. angrenzenden Domänen scheint üble Wohnungen für ein Zeichen der Frömmigkeit zu halten. Wenn gegenwärtiges Gedicht so glüklich ist, sich den Beyfall Ew. Hochgräflichen Erlaucht zu erwerben, so würde mir die geneigte Erlaubniß ausbitten, Hochderoselben preißwürdigen Namen einer kleinen Sammlung ähnlicher Russischer Originalwerke vorsetzen zu dürfen, die unter dem Tittel: Russisches Allerlei herauskommen soll, um eine kleine Ephemerische Schrift vor den Anfällen solcher Kritiker zu sichern, die auf die Verbindungen eines Schriftstellers keine Rüksicht zu nehmen gewohnt sind. Ew. Hochgräflichen Erlaucht ganz und gar unverdienten Gnade und Großmut empfielt sich mit derjenigen Ehrerbietung, die auf keinen Stand Rüksicht nimmt und dem Eigennutz der die Triebfeder der meisten Gunstbewerbungen ist, angewiesene Grenzen zu setzen weiß Erlauchter Graf Gnädiger Herr Ew. Hochgräflichen Erl. gehorsamster Diener Projet à mon frère ou à un de mes amis de St. Petersbourg, s’ils vouloient s’interesser pour moi chez Son Excellence Je Chancellier de Besborodko en suppliant la Cour d’une pension tant petite qu’elle pourroit être. Un auteur de quelques traductions, du Russe en Allemand se trouvant vers la septieme année à Moscou sans autre moyen de subsister que les secours d’un Père qui par rapport aux depenses que lui coutent ses autres enfants, ne sauroit lui accorder qu’un secours de 100 Rbl. par an, supplie tres humblement Son Excellence de daigner lui accorder quelque assistance par grace particuliere, parce qu’il se voit dans le dernier embarras et ne sauroit vendre les traductions qu’il fait, les frais d’imprimerie à Moscou lui ôtant tout ce qu’il s’en pourroit promettre de la liberalité des Libraires qui pourroient se charger de l’impression de ses traductions. Il n’a pas voulú même entrer la voye de la souscription parce qu’il croit en compromettre l’orgueil noble et legitime des auteurs des dites compositions, qui n’ont pas écrit pour s’en faire payer. S’il lui est possible, de faire un voyage à St Petersbourg ou en Livonie, il pourroit peut être disposer Mons. Weitbrecht ou Mr. Hartknoch à imprimer quelques extraits des meilleurs auteurs Russes, historiens et philosophes, et qu’il pense dedier à Leurs Altesses les jeunes Grands Ducs. Il disposeroit peut être la Noblesse de Livonie à s’y souscrire – mais tout cela à présent lui est impossible, il doit donc prendre recours à quelque grace particulière de la Cour qui ne laissera succomber un jeune homme, qui depuis ce tems s’est soutenú de quelques instructions qu’il a donné dans une pension de jeunes Elèves nobles, et qui l’ont logé et nourri. Ce n’est que le logement et la nourriture qu’il demande et promet de contribüer de sa part son possible à mettre en vogue un nouvel institut de pension de petits Ecoliers de Noblesse avec leurs precepteurs qui peut être sera accompagnée, si la Cour daigne y consentir, d’une élite des écoles Normales, mêlés avec quelques ecoliers de l’Ecole allemande du fauxbourg allemand, sous l’inspection de Mons. Lehmann Maitre és arts, qui leur enseignera la fortification reguliere et irreguliere avec les termes techniques en Allemand Russe et François, la Mechanique etc. et par l’exemple de ces Eleves excitera le zêle des jeunes pensionnaires nobles à se faire enseigner la même chose par leurs gouverneurs. La maison du Prince et Chambellan Beloselsky seroit très favorable à l’execution de ce petit plan d’education et je sais deux ou trois parens nobles qui consentiroient de bon coeur à y faire loger et enseigner leurs enfants tous jeunes encore avec leurs gouverneurs. Mons. Kitt venant de St Petersbourg a proposé de faire un plan à une nouvelle manufacture, qui pourroit se présenter à St Petersbourg et être combinée à ce petit Essai de Theatre d’education à l’imitation de Mons. Odinot de Paris Ce projet ouvriroit peut être une nouvelle branche au Commerce Russe, et par cette raison n’ose pas être melé à cette supplique qui ne regarde que ma personne et comme je n’ai aucun fonds à presenter pour soutenir ses idées solides et qui ne laisseront pas de satisfaire la Cour même, je ne saurois l’assister que de mes conseils tout à fait désinteressés. Dieses bitte gehorsamst einem recht guten Freunde in Petersburg zu zeigen oder einem meiner Brüder Carl oder Christian nach Riga zuzusenden, damit sie die Gütigkeit haben einen kleinen – Nd. aber viel kürzeren Aufsatz darüber zu machen und solchem durch meinen edlen Freund Brauer wo möglich an Se. Excellenz den Herrn Grafen Besborodko selbst gelangen zu lassen, in dessen Gunst wenigstens empfolen zu seyn wünschte. An den Fürsten, Graf
    Anhalt,
damals General-Gouv. von Moskwa Durchlauchtigster Fürst und Herr!
Ew. Hochgräflichen Durchlaucht fürchte beschwerlich zu werden wenn statt der ferneren Uebersetzung an welcher in der Stille arbeite, die aber wie die alten Chroniken der Israeliten, wegen unrechten Verstandes der wahren Absicht des Verfassers, der durch mehr als eine Sündfluth vertilgte Geschlechter von Menschen besang, noch viel Aufhaltungen findet, Höchstdenenselnen einige im Gouvernement überreichte Bittschriften anders als Auszugsweise unterthänigst mittheilte Vielleicht übernimmt mein Freund, Höchstderoselben getreuer Diener und Bevollmächtigter eine Mühe, für welche meine Kräfte zur Entschädigung nicht hinreichen. Es war die Rede von Errichtung neuer Bankcomptoire ausser den 2 in den Hauptstädten und den bekannten sieben in Jaroslaff Smolensk Welikoustjoug Nischnowgrod Wischneiwolotschok und Tobolsk, zu besserer Cirkulation der innren Reichthümer und Handels. Die Baltischen Provinzen z. B. schütten ihre Produkte in den Seehäfen auf, wo sie verderben, sie holen mit schweren Kosten die ihnen nöthigen ausländischen Waaren von dort ab, da sie vieles auf der Verkettung von 5 Flüssen über Moskau als einem Wolok oder Depositahandelsort von den südlichen Provinzen viel wohlfeiler haben könnten, wohin sogar einige Manufakturmaterialien besonders zu
    Strümpfen
leichten Zeugern (die sie doch von russischen Kaufleuten nehmen, aber durch einen
    gewaltigen Umweg
wodurch sie ihren Vorteil und die Manufakturen ihre
    Procente
verlieren. Ich unterstand mich vorzuschlagen, daß anstatt des unfruchtbaren Ankaufs von Ländereyen, die unwirthbar sind und wo der Reichthum nur in der Möglichkeit liegt, daher zum todten Capital wird, sie ihre Produkte an einem von Ihro Kais. Majestät vorgeschlagenen Ort anführen und die Art des Handels damit der Krone überlassen möchten. Selbige würde eigene Comptoirs und Consuls für diese Cirkulationsbank einheimischer Waare bestellen, welche aus derselben gegen gehörige Bürgschaft der Staatsmagistrate der übermässigen Anzahl auf fremden Namen handelnden Mestschanianen kleine Summen vorstreken würde, die erforderlichen Handelsbedürfnisse auf den Flüssen herbeyzuschaffen. Doch ich hoffe diesen Aufsatz Ew. Hochgräflichen Erlaucht in deutscher Französischer und Russischer Sprache gedrukt zueignen zu können. Ein anderer Aufsatz betraf die nöthigen Maurerarbeiten bey denen hiesigen Baukommissionen der hohen Krone und deren Repartition unter die hiesigen Mestschaninen deren Anzahl nicht allein in den Haupt- sondern auch in den kleinen Städten die der Kaufleute und des Adels so unendlich übersteigt, als nach des Baron Pöllnitz Briefe die der Bedienten in Paris und London die der Herrschaften. Ich that aus Allerhöchst kaiserlichen Ukasen, die Herr Tschulkoff in seiner fürtrefflichen Handelsgeschichte gesammlet, dar daß die vornehmsten Handelszweige Rußlands Potasche und Theer (für die Marine) seit 1737 einen so merklichen Abfall erlitten, daß es bey der
    erstaunlichen Menge von Aufwand des Holzes
nicht allein zu Branntwein sondern allen möglichen Sawoden, nicht allein zum Schiffbau auf Meeren und Flüssen, sondern auch zu unaufhörlicher Versplitterung und Vergeudung durch die überzähligen Zimmerleute, die ein Haus auf 2 Monathe bauen, zu geschweigen daß alle kleine Städte und Dörfer keine andere Handwerker kennen als die durch
    Holz
ihren Unterhalt gewinnen – unbegreiflich wäre daß Potasche und Theer überhaupt noch fabrizirt wird; wie denn wirklich, wo sonst 2495 Tonnen zu 30 Pud ausgeführt wurden, itzt 100 verkauft werden, welches im ganzen genommen erstaunende Summen macht. Ich schlug vor, daß Innungen der Maurer, nach Art der Feuergesellschaften in London errichtet werden möchten, wo die Mestschanianen und die Kaufleute mit denen sie sich assoziiren oder auf ihren Namen Handeln, eine Anzahl Ziegeln zu brennen und längst der Moskwa, Kliasma und andern kleinen Flüssen Ziegelhütten zu errichten, sich anheischig machten, wogegen die Krone anstatt ihnen als Tagelöhnern Arbeiten zu verdingen, ihnen eine Anzahl Ziegeln zu eignen kleinen Häusern versicherte. Da die Halljahre schon im alten Testament vorkommen, so würde die allerhöchste Käiserliche Huld und Milde vielleicht schwerere Arbeiten als Einfassung der Kanäle, Verbesserung der Stadtwälle u. s. f. denen Gefangenen überlassen, welche mit denen Maurerinnungen nicht vermischt werden dürfen. Alle diese Einrichtungen aber bedürfen der Unterstützung und des freywilligen Beytritts des Adels, zu welchen es wagte Se. Erlaucht den G. Gouverneur und den Sohn des verewigten Oberkammerherrn Scheremetjeff aufzufodem. Die Einrichtung neuer Universitäten würde wahrscheinlich verschiedene verstekte Genies aus den Klöstern oder befestigten Pastorathen in den Sommergarten herbeyziehn, wenn Ihro Kaiserl. Majestät die Stadt Moskau ihrer unterthänigsten Bitte gewährte, zur Errichtung einer vermittelnden Akademie der Sprachen fernerhin Allerhöchstderoselbe huldreichste Einwilligung und Vermittlung fortzusetzen. Peter der Grosse eröfnete die St. Petersburgische Akademie mit einem Anatomischen Theater in der Nachbarschaft des Sommergartens, ein Chemisches Theater aber würde in einem Staat wie Rußland mit einer Umwendung der Hand einer Selbsterhalterin so weit gestrekter Provinzen Millionen verschobene Haushaltungen und Küchen weit schneller in Ordnung bringen, als alle Reden die der bekannte Menenius Agrippa an das unruhige Volk über die Unentbehrlichkeit des Magens hielt. Dem Sommergarten fehlten einige Optische Vergnügungen, zu welchen hier fleissige Künstler die Fülle sind, welche Allerhöchst dieselben schon zu Ausmahlung von Klöstern und Kirchen bestellt hatten, vielleicht würde ein Magazin des bisherigen Geschmaks der Malerey in Rußland in der Nähe, eine Menge Künstler mehr aufmuntern, uns mit der Zeit bey dem
    Mangel
an Volkspromenaden Brüken oder Gärten nach Art der in Luzem zu liefern, wo ganze Lebensgeschichten von Heiligen vorkommen und Priester und Mönche zu Ciceronen und Auslegern für Fremde und der Landesgeschichte Unkundige dienen. Die Hauptsache aber wäre ein neuer Abdruk sowohl in deutscher als Russischer Sprache der bisherigen im Reich eingeführten Ostrogoschkischen Bibeln, wo Lesearten, Druk, Phrasen in beyden zu verbessern oder wenigstens durch
    Erklärungen
in besseres Licht für die
    Einfalt
zu setzen wären, da mehr als
    eine
tägliche Erfahrung uns von den
    traurigen
Folgen dieser
    Mißdeutungen
und
    Mißverständnisse
überführt, besonders wenn es in die
    Prophetischen
Bücher geht. Die Bakonen in unsem Klöstern wissen dieses so gut als wir aber sie haben das Herz nicht hervorzutreten, und ziehn sich vor einer unbesonnenen Menge immer wieder hinter ihre Schanzkörbe und Bilder zurük, welches die
    ersten
(aber nicht zulänglichen Waffen) gegen die alte
    Emblematische
Sprache waren, die aus
    Phrygien
zu uns kam, und welches eigentlich die Ur- oder Grundsprache aller Europäischen Staaten ist, die durch die
    Gallen
(Priester der Cybele) und Feinde der Priester des Bachus Sobi Sobachi am schwarzen Meer und in Italien, wo sie Sabini, Latini, Antiates hiessen überall verbreitet wurde, welches selbst das Wort φρησκεύειν Götzendienen und φρυóν ein Feigenblatt anzeigt, denn alle diese Emblemen sind so alt als der wahre Gottesdienst, es waren versebohne Nachbildungen der ersten Hieroglyfe der Sprache die damals noch nicht
    articulirt
wurde, von der
    verbotnen Frucht,
daher auch im neuen Testament der Erlöser den Feigenbaum verfluchte. Ein Götze heißt noch im Lateinischen ficulus Deus und alle Platte Sprachen patois haben übereinstimmende Worte, die anfangs sehr rauh und unison waren, weil sie nicht articulirt wurden und stillschweigen und handeln, oder
    zaubern,
das erste Gesetz der Druiden in Egypten, Tyrien, Carthago, Phrygien, ja auch hernach in Italien und Griechenland ward, wo dennoch die
    Theater
welche in den Gottesdienst aufgenommen wurden und wo man
    wagte
(welches damals sehr
    kühn
war) zwei und mehr redende, artikulirt sprechende Personen aufzustellen, noch eine Erleichterung verschafften. Daher hat der ganze Orient soviele
    Stumme,
besonders an denen Höfen des Fürsten und der Oberpriester oder Muftis und Lamas. Ich that dar daß die Bezeichnungen des Teufels oder bösen principii in den mehresten Sprachen vom Zaubern oder der Alt emblematischen Phrygischen Sprache abgeleitet worden, als tscharowat (лапобамб) im altceltischen und Neu oder Hoch- (das ist Goth Slavisch роеб
    Teutschen
) wovon auch Hofteutsch kommt, zaubern, zaabern, im Russischen тюгт, tshart,
    чермъ
Teuffel, vom Griechischen διαβαλλω, ich zaubere, verleumde unterjoche, wovon diabolus ein Wiedersacher, Verläumder, Feind und das Hofteutsche Tiefel, Teuffel, Satan, griechisch σαταν, in den wilden Sprachen шайманъ, Schaitan vom Griechischen εαζω ich unterjoche, mache zum Sklaven, bezaubre Sogar das Lettische oder Litthauische (denn es waren Phrygier die sich am Meerufer niederließen, das littus heißt) Kurrad vom Griechischen κορουιαw, ich bestreite, unterwerfe bezwinge im Russischen иокорямъ pocorat unterjochen, wovon pocornoi unterworfen, herkommt und короцп eine Erhebung der Spitze, daher auch die alten Slawen nichts von Kronen wissen wollten und lieber бБнечъ Wenez Kranz brauchten, wie aus dem alten Namen von Kronstadt erhellet, das бБнечъ землц
    wenez semli,
der Kranz, das Äusserste des Russischen Reichs hieß. Von diesem pocorat, kam kurit räuchern, weil wahrscheinlich die Christen die heydnischen Zaubereyen abzuwenden,
    räucherten,
auch mögen die Heyden geräuchert haben, denn Curland und Semigallien oder das Land der Gallen, der Phrygischen Priester war eins und es ist aus dem Livius bekannt, wie fürchterlich der Einfall dieser alten
    Gallen
in Italien und Rom war. Sie überschwemmten alle Länder und Küsten wie wir aus den Namen portus gallorzm Galiccien, den vielen Wallis, Cornugallia, Semigallia u. s. f. sehen: vuehen heißt fürchten, Englisch fear, Furcht, in der mehr articulirten Lateinischen Aussprache der Bachuspriester oder Sabiner und Sobier, Sabaer,
    pavor,
wovon das Russische боямся ехpацеr юе und von diesem der Name
    боъ
Gott kommt der sich vor diesen Phrygischen Zaubereyen fürchtete. Das deutsche oder guthisehe Gott aber kommt von
    Hüten,
im Esthnischen (denn die Aesthii nach dem Tacitus kamen auch aus der Gegend des schwarzen Meers)
    hoja, behueten,
    Huet
in der Schweitzer mundart, in der Holländischen oder Niederteutschen good, denn goold Gold heißt auch Gut und im Hofteutschen
    Gott
der vor den Zaubereyen behütete, beschirmte, wovon auch das altdeutsche
    Hort,
welches der Slawe, der alles mit der Kehle ausdrükt nachbethete
    choronit,
chranit,
    хpанцмъ
oder auch
    обоpнцмъ
oboronit,
wovon oborona, welches auch einen schattenden Fichtenbaum anzeigt, daher branny bor ein schützender Fichtenwald hieß. Es ist bekannt, daß unbekannte Wohlthäter zu einem wohlfeilem Abdruk des Cansteinschen Bibelwerks 1200 Rth. beytrugen, die vielen Staatsausgaben lassen dieses in Rußland nicht hoffen, aber wir haben eine unnütze Gloke, mit einer steinernen Einfassung aus welcher fast ohne alle Kosten eine Schmelzofen zu machen und das in der Glokenspeise befindliche Metall, z. B. wenn es Zinn, durch einen Zusatz von Bley, Gold durch einige Flüsse u. s. w. aufzulösen wäre, wenn die Gnade unsrer huldreichsten Monarehin zu einer
    stehenden Presse
denen beyden Brüdern Nowakow, die sich durch Beförderung sovieler Uebersetzungen und Schriften um Rußland verdient gemacht diese Gloke zu bewilligen geruhte, um sich ein ewiges Denkmal in den Herzen aller ihrer Unterthanen, besonders der Armen, in den Nonnal und Landschulen u. s. f. zu stiften. Die Hallischen Bibeln wurden ungefahr zu 45 Cop. das alte und 12 Cop. das neue Testament verkauft und eine grosse Menge weggeschenkt. Diese Operation, wie das ganze Bibelwerk könnte einige Assembléen des edelsten Teils der Nation im
    Sommergarten
veranlassen nach Art derer, die der berühmte Marchese Beccaria in Mayland stiftete, als er aus Rußland zurükkam, und von welcher, zu der Zeit als ich in der Nachbarschaft beim Minister Ulyß von Salis mich aufhielt, ein Wochenblatt unter dem Titel
    il Caffé
herauskam, besonders staatswirtschaftlichen Inhaltes. Es würden vielleicht für die jungen Großfürsten kleine Stuffen in das Palais abgeliefert werden um in Treibscherben und dazu errichteten Probieröfen Versuche im kleinen zu machen, wie man Metall reduciren soll, an welchen die hiesigen Adelichen Eleves des fast eingegangnen Gardendepots Theil nehmen würden. Wenn die drey Buchhändler von Moskau die v. Nowikoffs, Rüdiger, Bibel, denen eine Rathsherrn Würde gebührte, aufgemuntert würden, einige Bücher dazu zu thun, wie auch Herr Hofrath Schade eine fürtreffliche Büchersammlung in der Nähe hat, ausgenommen der grossen Archivbibliothek, würde diese Unterhaltung der Erziehung im ganzen Reich ein besser Ansehen geben und die 40 Professoren der Universität auch von vielem Schulstaube befreyn u. s. f. in tiefster Unterthänigkeit J.M.R. Lenz
Aus
    Moskwa
den ??
Geliebter Bruder! Lebt unser Vater noch? Ist er gesund munter? Denkt er noch an den 10ten Julius und liest er bisweilen in den Büchern Mosis vom zehnten Tage des siebenten Monden? Siehe lieber Bruder! den Menschen der unter allen die mißverstanden worden, am meisten mißverstanden wird und den die Hand Gottes noch erhält – ihm Freunde und Beschützer zuwendet und in keiner Noth gänzlich untergehen ließ. Ich höre vom jungen Herrn Reimmann daß Hartknochs Sohn den Handel seines Herrn Vaters fortsetzt. Wenn du ihn siehst, erzeige mir die Liebe und frage ihn, was unsere Schweizerfreunde machen – und wofür sie mich etwa wohl itzt halten? Ist Herr Füeßli sein Reisegesellschafter, den ich in Petcrsburg kennen lernte auch wiedergekommen? Ach wie werden einem doch so flüchtige Augenblike des Genusses als ich in der Schweitz beym Anschauen der Physischen und Moralischen bessern Natur hatte, offt wieder durch so viele Proben verbittert! Wie empfindlich ist es, von ausschweiffender oder verschrobener Phantasey solcher Personen zu leiden, die sich selbst den Genuß einer Seele frey von unruhigen Leidenschaften, die zum Schaden des Nächsten abzweken, auf dieser Unterwelt niemals zu gönnen scheinen. Von Personen die durch ihre Talente desto mehr Schaden anrichten, je mehr sie sich stellen uns nicht zu verstehen, um durch üble Auslegungen von Worten und Handlungen ausser allem Zusammenhang, unsägliche Schmerzen aufzulegen. Man sprach einige Zeitlang von neuen Universitäten in der Gegend um Pieskau und hier gegen den Dnepr in Zemigow, wo ein Erzbischoff und eine Drukerey ist, in welcher verschiedene Schriften der Geistlichen in Russischer Sprache herauskommen. Wenn Herr von Karamsin durchgeht, so erzeige mir die Freundschaft, mein Trauter! ihm wo möglich den Aufenthalt recht angenehm zu machen. Er liebt die deutsche Sprache vorzüglich, spricht und schreibt sie wie ein geborner Deutscher und könnte mit Hülfe des Herrn Bakmeister in Peterburg, da er itzt viel Bekanntschaft mit ausländischen Gelehrten gemacht, manchen guten Rath in Ansehung benachbarter Universitäten geben. Was macht der unglüklich ausgelegte noch viel mehr als ich mißverstandne Goethe und seine Autorschaft? Hört man nichts von ihm? Allein der Bibelabdruk, der in Ostrogoschk wo Augsspurgische Colanisten sind herausgekommen ist sehr alt und den meisten unverständlich. Es möchten sich im hiesigen Gouvernement Maaßregeln zu einem neuem finden, dem auch eine neue deutsche Uebersetzung mit Auslassung vieler Zweideutigkeiten der
    alten Sprache,
bey gefügt werden könnte, z. B. des öftern,
    er bethete ihn an,
wenn von Menschen gegen Menschen die Rede ist. Und Ehr. 7,10 die fürtreflichste und heiligste Stelle der ganzen Bibel, die ein wenig allzu unehrerbietig herauskommt. Zu geschweigen der poetischen Schönheiten in Psalmen und Propheten – wobey dennoch die alte Uebersetzung soviel möglich beyzubehalten wäre. Man hat hier einige Lateinische, wie mich deucht von vielem Werth. Lieber Bruder! kennest du nicht in Liefland oder vielmehr Riga einen
    Druschinin
für die Russischen Angelegenheiten und sollte sich nicht daselbst eine
    Cirkulationsbank für den einheimischen Handel
etwa gegen Polozk zu eröfnen lassen, von welchem Projekt dir vielleicht gar ein gedruktes Blatt zuzusenden hoffe, an dem ich selbst gearbeitet, daß einsichtsvollere Patrioten dasselbe verbessern können. Die Hauptursache ist der schwürige
    Transport in und von den Seehäfen,
die weit bequemere Eröfnung der sich überall berührenden Flüsse Rußlands und der die vielen vennittelnden kleinern
    Städte und Jahrmärkte
und reisenden
    Russischen Kaufleute
wegen weit bequemere
    Wechsel von Waare gegen Waare durch an diesen Orten bestellten Commissionärs
oder
    kleine Consuls.
Die Ausländer selbst würden an einen solchen vermittelnden Ort z. B. einer Rigischen Cirkulationsbank, in deren Nachbarschaft die einheimischen Produkte aufgeschüttet würden, mit welchen die Crone grosse Geschäfte machte und das Geld in kleinen Summen gegen Sicherheit an Russische Mäkler ausliehe sehr viele Bestellungen machen und von denen südlichen Provinzen am Dnepr gegen Zemigoff zu, ihrerseits wieder erhalten. Wir haben sieben Cirkulationsbanken, ausser den 2. in Moskau und Petersburg. 1. Jaroslaff 2. Smolensk 3. Welikiustjoug 4. Astrachan 5. Nischnowgrod 6. Wischneiwolotschk 7. Tobolsk – zwischen welchen nach Ditheys Wechselrecht Beständige Correspondenz und Uebermachung von Geldsummen ist, so daß, wer z. B. rohe Seide, Thee, Pelzwerk, Gewürz u. s. f. aufzukauffen an einem entfernten Ort begehrte, an dem nächsten das Geld dafür deponirt und die Waare durch Kaufleute auf den Jahrmärkten erhält. Umgekehrt kann ers mit Bestellungen z. B. aus Kleinrußland, Belgrood, Orel, durch rükreisende Kaufleute mit Waaren aus den Seehäfen eben so machen Dieses geht hauptsächlich denjenigen Adel an, der eigene Manufakturen anlegt, von denen einige kenne, zu welchen er die ersten Materialien hier aus der nächsten Hand erhält. Noch eine Freundschaft bitte mir zu erzeigen und mir zu berichten, welches itzt die weltlichen Mitglieder des Rigischen Oberconsistorium sind und ob noch Mitglieder aus dem Hofgericht dazu gezogen werden. Ich habe weder von dem Bruder aus Derpt, noch dem lieben französischen Bruder Moritz – so wenig als von unserm jüngsten Bruder aus Reval die mindesten Nachrichten, seitdem Freund
    Hüne,
der wo ich nicht irre Verwandte in Reval hat, aus unserer Stadt verschwunden ist. Wenn sie sich nur alle wohl befinden, wenn sie nur alle meine Thorheiten vergessen können, über welche die ganze Correspondenz unsers lieben theuren Vaters und Bruders durch Feuer verloren. O möchte doch in ganz Rußland alle alten Sauerteigserinnerungen ausgefegt und vergessen werden! – – Ist nicht Herr Huthoff durch Riga gereist und hat etwa bey dir eingesprochen? Er soll wie man mir gesagt, in Hannover seyn und wollte Briefe und Aufträge von mir mitnehmen, welche Gelegenheit aber entwischte. Ich hätte gern die ersten fünf Gesänge der Russiade (des alten Israelitenkriegs gegen Götzendiener längst durch Sündfluthen verwischter Generationen) ihm anvertraut, die vielleicht Herr Boje in das Museum gerükt haben würde, um doch das deutsche Publikum mit dem Genius der Russischen Epopée auch bekannt zu machen. So aber flog er davon und ich kann nicht einmal zu meinem Manuscript kommen, denn es scheint es kann hier in Moskau schwerlich abgedrukt werden, ohngeachtet das Russische Exemplar in jedermanns Händen ist, das für deutsche Leser einige Erklärung bedurfte. Da die Urussen ehemals selbst eine Tatarische Völkerschaft waren, so wäre es Wahnsinn und Aberwitz, da die vornehmsten Geschlechter in Rußland aus diesem Stamme sind, ein Gedicht dieser Art mit unsinnigen witzelnden Anwendungen und Anspielungen zu lesen. es gehen wo ich nicht irre schon itzt nach Dünaburg Rigische Wittinere mit Geträide für Peterburg und Moskau Man studiert überhaupt in Liefland zu wenig Russische Geschichte. Es würde dieses hunderttausend Schwürigkeiten und Steine des Anstosses heben, die durch verwirrenden und verfinsternden Wahn der Leidenschaften und des Mißverstandes gemacht werden. Auch kommen zu wenig Russische Bücher ins Land, z. B. Lebensgeschichte alter Russischen Geistlichen mit ihren Gesichtern und altfränkischer Kleidung, die in heutigen Zeiten nichts anstössiges haben sollte. Erfährst du lieber Bruder etwas vom verdienstvollen Herrn Topografen Hupel, so erkundige dich doch nach seinem Aesthiisch Phrygischen Wörterbuch. Ich habe einen Aufsatz liegen über die alte Emblematische Sprache des alten Phrygischen Götzendienstes der durch ganz Europa verbreiteten Gallen oder Priester der Cybele, wie auch der Vreesen, Frisen, (Phrygier) in Holland, der Esthier (Aesthii des Tazitus) und
    Litthuanier
oder Lateiner die an der
    Küste
wohnten, worinn ich die Verwandschaft aller Sprachen in Rußland vermuthe und aus einigen Proben dazuthun mich getraute. Z. B. alle Benennungen des Teufels oder bösen principii von zaubern, чермъ, чаровмъ, Διάβολος von διαβαλλω ich zaubre, verleumde, oatav, von εαζο ich unterjoche, bezaubere kurrad von иокорямъ, κορονιαο im Griechischen und Russischen ich bestreite unterjoche u. s. f. im gleichen die Benennung Gottes von Hut, Gut durch die Kehle gesprochen, hoja ich hüete, choronit im Slawischen das verwandelte
    Hort
der alten deutschen, tueor im Lateinischen wovon Deus und das Litthuanische (littus) Wort deaws kommt: denn die Priester des Bachus Sabeer, Sabier in Italien und Latien und am Schwarzen oder Sabachischen Meer und die Gallen oder Priester der Vesta und Cybele hatten beständige Kriege gegeneinander. Wir hoffen auf eine Akademie der Sprachen und auf eine allgemeine Bibelübersetzung mit stehenden Pressen, zu welchen hier eine alte Gloke gebraucht werden könnte. Diese wird die Ueberreste der alten Emblematischen Phrygischen und alle ihre schändlichen ehmaligen Mysterien bald ausfegen, wozu das Feigenblatt Anlaß gab das фрцскосъ hieß und im neuen Bunde verflucht ward. Doch ich plaudere zu viel und vergesse dich deine liebe Gemalinn und alle die deinigen und unsrigen tausendmal in Gedanken zu seegnen Lieber Bruder! ich leide – und darf nicht heraussagen, von welcher Seite her. Auch im äusserlichen drükt mich Mangel. Lebe wohl. Dein Freund JMRLenz Was macht Herr Rektor Hehn unser ehmalige Freund und seine liebe Gemalinn? Was macht unser lieber Sczibalsky? Melde mir doch einige Neuigkeiten, Verheurathungen u. s. f. wenn es Personen sind die ich kenne. Ich erinnere mich noch immer der Messe in Derpt und der Bärenhetze, wo die jungen Herrn hernach riefen: Aber wo werden wir essen? – Singt man in Liefland noch Kasike Kanike. Siehst du daß wir alle Tartarn sind? – Es giebt freilich auch was man gute Zauberey oder lieber Kenntniß der Natur nennt,
    aber
ъ
    Moskwa.
Mein ädler alter bewährter anonymisch mir wie weit unschätzbarerer Freund! Ich schreibe über die ursprünglicherste Sprache des Volksaufruhrs des Babel Kiton cité, und da aus diesen Befestigungen Aufnamen für Spitzbuben und Räuber wurden, in der
    Wiege der
drey bekannten ältesten Sprachen, der lateinischen, altceltischen und slawischen zwischen dem schwarzen und kaspischen Meer nicht – sondern in Palästina unweit des Tigre und Phrath, der Stat (von Тамъ ein Dieb) der allerältesten Städte und der allerersten aus Sodom und Gomorra uns noch in Spuhren sichtbaren abscheulichen Regeln ihrer
    Befestigungskunst
. Da finde Quellen allgemeinen Elendes, Heruntersetzung und Verstümmelung menschlicher Natur unter die Thierische zu der blassen Drehmaschine, die das verwünschte Holz ursprünglich war an welchem Christus gekreutzigt worden und auf welchem die Unbesonnenheit unsrer galanten Welt weil es lakirt übergoldet versilbert verzukert worden itzt mit sovielem Eigendünkel von Zügen 8–12 Pferden auf den Gassen herumbraust ohne sich zu erinnern, daß noch Spuhren der unseeligen ersten Erfindung in unsrer
    Sprache
und aus derselben
    entstehenden Begriffen
sind die die Menschheit in den Koth herabtreten wie Göthe sagte. Die Menschliche Natur ist in den Koth herabgetreten und schlägt und beißt gegen die hülfreiche Hand die sich ihr darbietet. Dieser Name waren die Schakali vom Ebräischen שקאלי das eine Komwaage bezeichnete, am Phrat und in Phrakien oder Thrazien, wo das Thier das zum Transport der Früchte gebraucht ward vom Griechischen χρωμικός Fortikos den Zelter den Namen Peerd gab, auch sonst von jeder Art
    Last
bey den Slawen ошабъ, bey den
    Ariffs
oder Weisen auf den Ryphäischen Bergen die Anfangs Juden waren, welches die Arithmetik und Al–geber beweisen, welches die Art zu rechnen mit Buchstaben statt Ziffern war die die älteste ist und bey Erklärung des Thargum oder Abschriften der Bibel mit Pharesäerglossen entsetzlich gemißbraucht ward allaschah hiessen – das hiessen denn wir heutzutage Börsen oder Schiffländen oder Werfte Schaikali Schaukeln Hozzeln im Französischen bernes und da die Druiden oder Volkslehrer sich bey diesem Handel häuffig einfanden und das Volk vom Werth und Transport der Waare unterrichteten so entstand daraus Schokola oder Schola das deutsche Schule. – Diese Schokeln nahmen ihren Ursprung in den edomitischen oder Ryphäischen Gebirgen bey KariathArbée der ersten bevestigten Vierstadt in der deutschen Bibel Hebronn, wovon das Slawische Kareta für die Fruchtwaagen mit Rädern, auch мБлБгы für Kälber und Vieh mit dem gehandelt ward und von Hebron обоpoца eine Bevestigung, die vor erschrökenden Götzen und einem noch schröklicheren Opferpriester der den Stier den Laban und Jacob opferten als sie einen Handelsvergleich schlossen vor der Dura Thunn Warte oder Bevestigung wie noch in Rom sehr pathetisch opferte, selbst als Riese gerüstet welche damals Chanaken (von Enoch dessen Geschichte Cham in schändliche Fabeln gewandelt) Simsone oder Samsummien, Raphaim von den Ryphäischen Gebirgen hiessen und durch ihren blassen Anblik ohnmächtig machten, weil der Aufgenommene oder Delinquent viele Tage vorher durch Hunger und dazu bereitete eigne bittere Speisen praeparirt das heißt fast um die menschliche Besinnung und Vernunft gebracht war. Das hieß in der Sprache des Phrats und Thraziens
    фpуpa
und
    фJpaммыц
Frura und
    frattin
itzt im Slawischen бopoчaмъ, wovon auch Pforten kommen das heißt befestigen und alsdenn drehen und wenden wie einen Selawen oder noch weniger wie einen Automaten, denn auf diesen
    Telegi
oder
    Schaukeln
wurden Menschen wie das Vieh verkauft und verhandelt, nach Pfunden und Gewicht, nach denen ihnen auch die Speisen
    zugewogen
wurden. Nun bitte ich diese Späsgen die sich aus Hebron und dem nahgelegenen Dorf Terebirth von mepe, das im Arabischen und Tatarischen ein Götze aber auch die Ernte heißt und von dem das deutsche drehen kommt und die Trionen der Scythen ein Gestirn, eben wie messes bei den Lateinern die Ernte, den Jahrmarkt und den Gottesdienst bezeichnet, und wovon wir das löbliche
    drehen
haben das nichts besser als das Slawische бopoчaмъ vom Phrat und barattare, Frucht gegen Frucht stützen ist, denn Schekel hieß auch eine Ernte eben wie agora von dem мopгoля kommt. So hieß Edel auch bey den Scythen idel. Der Tyrischen Bachischen Geheimnisse des Geschlechtreitzes und Visionen Das sage ich sich von da zum Tempel Jupiter Chams oder Ammons und von da durch den Seehandel dem die Anziatischen Bündnisse folgten bis ammonia oder Hamburg und übers waragische Meer durch den ganzen Norden verbreitete, ein wenig ernsthafter nachzudenken. Kinder durchs Feuer gehen lassen beym Moloch der das eherne Bild des Minotaur (oder dura) und seiner Priester war, hieß sie auf die Telegi spannen, die uns unsere erbaulichen Кaчeллц noch darstellen, welche durch einen Römischen Senatsschluß über die bachischen Mysterien oder Thiergeheimnisse im Livius abgestellt wurden, denn auf diesen Schaukeln wurden Sodomische Operationen vorgenommen, den Bewohnern neuer Städte die Wildheit zu benehmen, wie man das ausdrükte. Daher Beschneidung und Tauffe an ihre Stelle kamen. Das ist ungefähr das holdseelige Gesicht der ersten Sprache in der Völkerwiege und der altheydnischen Mythologischen Gelehrsamkeit die sich allen unsern Sprachen so innig vetwebt hat, daß ohne fleissige und wiederholte Lesung der Bibel und Wachsamkeit über sich selbst Begriffe Vorstellungsarten und Handlungen daraus entstehen, die schön lakirt und überfirnißt dennoch das Wesentliche der alten Greuel enthalten. Diese Kontrakte vor einem Götzen der Gebal, bey den
    Deutschen
und
    Armeniern
Jeman hieß diese Knechtschaften und servitaten die sich in das als ein Heiligthum
    venerirte
Römische Recht von Unholden und Abschaum der Natur aus der Kaisergeschichte, nicht nur eingeschlichen sondern ihre Themis priester und Aufopferer des menschlichen Geschlechts haben, diese Schulen die solchen unmenschlichen Geheimnissen eröfnet werden – was sollen wir zu dem allen sagen, ädler Freund! in einem Lande, wo die Bibel in einer alten Uebersetzung einer Sprache die die wenigsten heutigen Russen
    verstehen
geschweige lesen, völlig ein versiegeltes Buch und alte Gewohnheiten und Sprachgreuel ein furchtbares Heiligthum sind, dessen sich die Schönen, bellles oder Boalim, die streitenden und furchtbaren Götter und ihre Priester nach den bachischen Regeln der Befestigungskunst, die auch in die Kriegsbaukunst der Cohorns,
    Pagans,
Rempler aus
    Phrygien
oder
    Frisien
übergegangen, allein bemächtigt haben. Wo
    eine
Kanzel oder Lehrstul für den Theologen nur eine für 300000 Einwohner die in der Irre gehen, da ist und die Kanzeln lächerlich gemacht werden weil ανδραποδντχϛ andrapoditis oder Menschendiebe auf Schaukeln oder Skoli die in dem Briefe des Apostels Sodomitern zugezählt wurden, ein erlaubtes und sehr hochgehaltenes
    Gewerbe
ist und Lehrer und Aufseher gemiethet werden, die um eine Bouteille Halbbier oder einige Cop. zu starken Getränken durch die Gassen lauffen, Kinder zu fahen oder zu fischen u. s. w. Sollte es nicht göttlicher und menschlicher Ordnung gemässer seyn, daß Eltern die wirklich nicht recht wo hinaus mit dem schätzbarsten was sie auf dieser Unterwelt haben, wissen, bey einer Kirche vorführen, sollte es auch nur zur Nachahmung der Catechisis des hochwürdigen Erzbischoffs in der Akademie Saikonospass ein Lehrstuhl für Catechismusfragen in einem Privathause seyn, wo sich entweder Personen die zur Aufsicht über Erziehungen bestellt sind oder ihre
    Gevollmächtigten
– auch einfänden und dort, wenn sie die Predigt oder Catechisation gehört, mit ihnen
    Christlich
und vernünftig eine Abrede nähmen, über die Erziehung und Versorgung ihrer Jugend mit dem Nöthigsten wozu hauptsächlich auch Bücher gehören und ein vernünftiger Umgang. Alle unsre Rabbinische Calendereintheilung von Stunden nach Art der alten Neomenien oder Neumonden ist wirklich altjüdisch. Der Lehrer kommt nach der Uhr, geht weg, der Schüler sitzt von Morgens 8 bis Abends 8 auf einem Flek (warum? weil ein deutscher Gelehrter einem Nordischen Aufseher schrieb – und was
    heißt das?
) kurz er sitzt – nun wird er alle Weißheit aufgesammlet haben! – Grade das Gegenteil, die Milz vergrössert sich das Blut wird dik, die Nerven und der Umlauf ihres Safts unregelmässig und verwirrt, kranke Bilder von Dingen die er nicht begreift sondern nur den Schall von Worten hörte den er mechanisch nachspricht, solang bis durch öfteres Nachsprechen seine Organe sich gewöhnen diesen Laut hervorzubringen ohne einen einzigen deutlichen Begriff zu bekommen, welches man Gedächtniß heißt – sehen Sie da, die herrlichen Früchte unserer heutigen allgemeinen Erziehung in öffentlichen und Privatanstalten. Die Frau vom Hause geht herum und freut sich daß sie nur still sitzen, die Eltern fahren zum Besuch, sehn einen Lehrer herumgehn und schreyen und den Schüler die Lippen bewegen – ach wie erbaulich der Schein ist, denn ach! alles kam hier– auf den Schein allein an – und daß die Lehrer – auch dem Schein alleine nach – auch wohlbezahlt werden und das Herz nie haben dürften sich zu beschweren. Was ist dabei zu thun? werden Sie sagen! Ey ey – ein Rabbi in Israel und wissen nichts von den Geschichten die vorgefallen sind! – Lieber lieber ädler! Das Buch aller Bücher, die mit Blut erkaufte Freiheit Menschlichen Geschlechts und der Freymaurer aller Freimaurer an einem ver– Holz– wie unendlich über alle Modeme Mosesse und vermeynte Retter ihres Volkes. Ein Gott – und er hieng in Nacht und niemand kennet ihn – Sie wären also auch Aufseher Nordischer Aufseher – und wobey, wofür? Erziehen hieß
    kreutzigen
das griechische Wort ελκνω ich ziehe an die Schaukel auf wenn die Riesen vorher den Delinquenten auf den Boden geworfen hatten, ist die Mutter des
    deutschen
. Aber alles was deutsch ist ist göttlich – warum nicht alles was Sklaubonisch, was Gräzisch und Rhätzisch und reitzend aus den bachischen Geheimnissen, was Parisisch von dem Berg Ida und Apfel des Paris unter den Daktilen oder Cyklopen, was Frazisch, Frisisch und Menschen und Seelenverkäufferisch und niemals – niemals, was
    Christlich
ist – ich spreche Malabarisch, ja ich wollte lieber nicht sprechen ehe ich so spräche denn alles ist vergiftet und krank in unsem Sprachen und daraus gebildeten Begriffen so polirt und geschliffen sie – des
    Scheins
wegen – immer seyn mögen. Ich weiß die Einflüsse des Lichts und gefalliger Formen auf unsre Einbildung und daraus entstehenden Wünschen – aber die Kunst hat sich durch sich selbst entehrt und die Winkelmannen und wie die Virtuosen in allen Künsten weiterhiessen sind beym heidnischen Vorhang stehen geblieben ohne einen Schritt weiter zu thun und in die Pracht der Propheten zu treten die auf Golgatha erfüllet ward. Wo sind nun die Baalim oder hochherdonnernden Riesen altetrurischer Städtebevestigungen Opfer von Stieren und Minoturen und ihre erschrökenden Geheimnisse mit allen lügenhaften und gleissenden Formen des heidnischen Altertbums die menschliche Natur in den geheimsten Fäden ihres Nervenbaus anzugreiffen und zu entmannen. Ist dieses der – der das zerstossene Rohr nicht zerbrechen, das glimmende Tocht nicht auslöschen wollte? – Ein Aufseher eines öffentlichen Hauses ist eine Person der die Einrichtung und Berathung desselben anvertraut wird, der also an der Direktion Teil nimmt und ihr beygezählt wird. Er braucht keine Vorschrift als die ihm sein Gewissen und sein bekannter Karakter thun und die er nach Maaßgabe der Umstände alle Augenblik abändert, damit die
    Hauptsache
erhalten werde, denn auf diese kommt es an nicht auf Rabbinische Glossen und Schnörkel wie die Zahlenrechnung in den altjüdisch teutschen Sahbinischen Büchern war, wo nach dem Platz der Buchstaben Leben und Schiksale der Menschen unter ein ewiges Fatum der Gestirne gebracht und das Gewissen zu den grössesten Unmenschlichkeiten betäubt und künstlich
    erstikt
ward. Also die Räthe öffentlicher Erziehung – und was heißt das? – öffentlicher Menschenverkauf etwa in Metallgruben und Bleywerke? – Nicht ein Wort über die
    Bestimmung des Menschen
für dessen erste Organisation sie wachen sollen. Und wer soll oder darf davon reden. Die Universitäten haben ihre Stundenzettel, Uhr und Calender und damit Holla. Die einzige Wissenschaft auf derselben sind heydnische Alterthümer Fabbellehre und die lateinische Sprache (die sehr gut für Gelehrte ist und die abendländische Sprachen durch sie studiren wollen) aber wie gebraucht wird? Als ob wir in Rom wären wo der einzige Landesreichthum durch die Fremde die heydnische Kunstwerke besehen, erhalten wird – Und was lernen wir aus diesen Kunstwerken, den Abscheu der Natur, Greuel die noch in keine Worte gebracht sind – und das mit einem Wort heißt – Erziehung – Aber Philometor und der Pabst Sixtus die die Bibel übersetzen liessen und in den Schakali austheilten und nicht von Schulmeistem und Schakaliaufsehern, sondern von Geistlichen die das Studium ihres ganzen Lebens und aller schönen Künste heiligen Urquell nicht darinne fanden, erklären liessen, dieser arme Pabst, der ein Mönch ohne Familie war, dieser arme gelehrte Kaiser, der 72 Gelehrte aus Palestina kommen ließ, waren auch Pabst und Kaiser aber ohne moderne oder antiquitäten römisch lateinische
    Erziehungen.
Ein Lehrer der mit seinen Schülern in der Klasse auf und abspazierte und ihnen Vorlesungen aus der Bibel in mehreren Sprachen hielte die er mit Hülfe der Alterthümer erklärte und auf alle Stände und Beziehungen der itzigen Welt anwandte würde für wahnwitzig gehalten und fein nach dem tödtenden Buchstaben ins Tollhaus gesperrt werden. Die Aufseherinn würde kommen und sagen, der Mensch rast, gieb mir Herades sein Haupt auf der Schüssel. Eine Bibliothek bey diesen Erziellungen aus der man ein Buch zur Erläuterung aufschlüge und weiter nichts thäte als ein wenig discourirte würde angesehen werden, wie ein leerer Zienath des Hauses. Der Lehrer wenn er zu leben weiß würde dem Zuge der gefimißten Schakali folgen und 3 Meilen zu Fuß lauffen müssen um nach dem neuen Jerusalem zu kommen, 3 Meilen wieder zurük und die Uhr– du Gott! er war ein Тaмъ ein Delinquent und an der Kette in das öffentliche Schaarwerk verworfen, denn das sind unsere Raben und Arabische Ariffmetische Algebrisches von allen bewachte Erziehungsplätze. Ich breche ab Ihr ergebenster Diener JMRlenz Wir haben solche Lehrer bey Herrn von Nowicoff die dem geistlichen Stande und also der wahren Erziehung nach ihrem Beruf gewidmet sind und wöchentlich in Pensionen dejuriren können, aber nicht als Schakalmeister und Aberhutzer. Es ist aber ein Unterscheid unter Organisiren zum Selbstlernen, oder gleich zum Gelehrten machen, wie unvernünftige Eltern wähnen
Lieber Freund Claude! So eben komme von einer langen Konferenz die mit Herrn Rasberg hatte, (welcher mir gerathen allen Herren die zweydeutige Titel haben die Ergernuß stiften könnten wie ihm zu begegnen und keinen Titel zu geben, bis weiter –) über die Eröfnung der Rosengesellschaft von der Er für seine Person nichts wissen will doch von Breitkopf und den neuen Drukereyen im Rathhause mit dem Fürsten Tufukine sprechen wollte. Damit ein Haus und ein Heerd voll werden. Von der Damenzeitung und ihren 3 Sekretären nebst dem damit verbundneu Logenhause des Herrn Laugier wollte er nicht eher wissen als bis virgines parturiunt. Diese Anekdote die in unsern Zeiten nicht nach dem Buchstaben ohne sich und andre zu tödten genommen werden kann, wird ihnen aus der Biografie Augusts nicht unbekannt seyn, dessen Statuen alle umfielen. Wüßten Sie nun also in der Geschwindigkeit kein Mittel aufzuschliessen? Am besten ist Sie ziehen vor der Hand beide selbst dort ein, bis weiters. Dero ergebenster JMRlenz. Herr Roßberg verlangt von Ihnen den Plan eines Nazionaltheaters welchen Sie dem Theaterkalender versprochen und ob er nach den Ideen des Herrn Laugier mit Logen über den Coulissen aus zu führen ist. Sollten dieses nicht Climene und Angelika am besten ausmachen wenn Mlle xxx die berühmte
    Geheim
schreiberinn der ausländischen Rosenlogen sie das erstemal wird besucht haben. So wird denn wohl mein Lieber aus 2 mahl 2 endlich 4 und aus 2 mahl 4 endlich einmal 8 werden. Lassen Sie immer diesem seltsamen
    Bureau von Damenzeitung
im eigentlichen Verstande Gerechtigkeit wiederfahren Wo aber soll ich die Demoiselle auffinden die eine so seltsame Breit
    köpfinn
abgeben soll denn Sie wissen was man in Deutschland einen Kopf zu nennen pflegt, und hinzu setzt: Komm du mir her und hastu keinen Kopf? Wird sie mir auch die Schreibfeler korrigieren so wie die übrigen und mir beweisen daß sie eine gebohrne doppelte Rose ist? Und daß die nekische Einsprache die ihr von längst verheuratheten
    ehesatten
französischen Schwestern geschehen könnte bey ihrer Freundin der Hofräthin mit dem hölzernen Bein von keinem Belange seyn wird. Denn in der That ihre Erhöhung der Frisur des weiblichen Genius über die Grenzen des Möglich wahrscheinlichen fiele dann ins Pedantische derjenigen Pansophen die die Gesichter so gern verwischen daß der junge Van Touren selber mit seinen neuen Entdekungen eines noch neueren Gestirns dieses mal schwerlich auf ihre Seite treten möchte. Der rechte Friseur aller Köpfe ist noch nicht geschaffen und wird auch niemals geschaffen werden. Vivat faveas bitte mir auf diesem Pappier die Zeichnung des neu zu bauenden Hauses für die Schuldrukerey der Uebersetzungen in allen Sprachen aber ohne alle Stunden und Minuten regulus und dann auf der andern Seite des Nationaltheaters für 2 junge Prinzen nach ihrem Geschmak einzurichten und ihre jungen Maler Bräutigamme fleissig daran arbeiten zu lassen, daß die Sekler und Zikler einmal beschämt werden. Ist Ihr Freund Trittwitz schon bey Hofrath Schatten gewesen und hat sich von ihm die Manschurischen Alfabeten zeigen lassen die ihm die Fürstin Daschkoff durch einen ihrer Uebersetzer zukommen ließ? Sein Freund der Direktor der Akademie der Künste in Petersburg Herr v. Veltner würde ihm ftir einige seiner Stuffen verbunden seyn O wäre Engelhardt – O wäre Trubezkoi noch einmal zu vermählen Er würde wieder jung bei vier verbundnen Seelen. Sie glühen für den lieben Stern Er selber fahrt hier fort, sie glühen α/ω Das Haus ist noch nicht gebaut, nur deucht michs ein wenig lustig wenn die Gewohnheit zur andern Natur wird und die Herren so an dem Plan desselben Teil haben möchten und haben sollen, sich vor Physiognomiren fürchteten. Mich deucht es wird keine Schule draus was man eine Schule nannte, es müßte denn im allerältesten Verstande seyn, da hieß שקאלי der Ort wo man wog, Waaren wog und deren Werth bestimmte. Aus Sekel ward Scala wie aus Mna eine Moneta und Leschzi und Löschen heißt noch im Griechischen und Deutschen das Befrachten von Barken und Fahrzeugen. Also wäre auch dort ein Saal zur Lektüre für eine künftige
    Bibliotheck
die in die Nachbarschaft gestellt würde, wozu aber überhaupt noch nichts fertig ist. Denn meines Erachtens müßte mit Drukereyen und schon itzt praktischer Uebersetzung der Bibel in den Schulen aus mehreren Sprachen zur Aufmunterung der Schüler und Erleichterung der Geistlichen die auch zugleich Lehrer sind der Anfang gemacht werden. (Loge) auch Börsen u Versammlungssörter von Kaufleuten. Bey der Bibliothek wäre aber mehr auf Alte – mit und ohne sichtbaren Bart – als auf Kinder Rüksicht zu nehmen die immer beym Buch aller Bücher bleiben und langsam zu andrer Lektüre fortschreiten. Hier würde also der Uebersetzungscommission freystehen in diesem Saal der Lektüre zur Lesung wirklich nützlicher grosser Werke sich ein zu finden wann und wo sie wollte an das Damen Bureau für 2 Bräute im – – – Garten denen die übrigen schon nachfolgen werden
Tabelle kin burn Kin burn ein Kind brannte !!!!!! aber, aber Kin und burn nicht Kil aber wie und wofür? burn denn das heißt auf Englisch sengen und brennen. α/ω Ueberbringer dieses möchte gern Ihre Kirche besehen, auch wohl wenn Herrn Bergwitz ihn seiner Schwester empfelen will mit jungen Herrn in Dienste treten, ist aber seines Gewerks ein Schneider, wenn er schon auch frisirt und vielleicht auf Kundschaft spekuliert. Wenn Sie ihm erlauben wollen mit Ihrem нaбзцсpaмeль oder Aufseher der Knaben die Kirche (die aber keinen Lehrstul hat) zu besehen würde dieses als einen Beweis Ihrer noch nicht erloschenen Freundschaft für mich ansehen. Man verwirrt in Moskau immer den Grafen Münnich der den Ladogaschen Canal anlegte und dessen Sohn im Conseil des berühmten Cadetten
    corpus
ist, das meines Erachtens in unsenn Jahrhundert ein andres Gesicht macht als da Peter erst kürzlich Militärschulen einzurichten anfieng mit den Anstalten des hiesigen Gouvernements auch für öffentliche und die Erziehung des Adels an verschiedenen Plätzen, besonders zur Bildung des Mittelstands für welchen unser house of commons oder Unterhaus bereits lang fertig ist, aber einer Kanzel ermangelt, wo auch adliche Kinder bisweilen anfahren und den Erziehungen könnten abgegeben werden. Es ist der Walm, als ob der Kanal zwischen dem Dnepr und der Düna würde durch junge Herrn und Fräulein oder ihre Schulmeister (wie man sie sich vorstellt) allein in Gang gebracht werden, welches eine Verblendung ist. Die Deutschen verwechseln immer das Wort яслц welches eine Krippe mit cкpцикa eine Geige – und thun sich selbst damit den grössesten Schaden Herr P. Bause möchte Vorlesungen über allgemeine Erziehung und deren
    Zweke
eröfnen, wozu ihm Frau E– immer einen Saal eröfnen könnte. Auch hier – doch wer wird hieher kommen und eigentlich ists für
    Eltern.
Dieselbige ist aber nicht sehr zu bewundern, da sich die Ausländer mit Wiederherstellung des Seidenhandels aus Persien
    durch
Rußland, zu Aufname ihrer Manufakturen schmeicheln, welches von ihrem Betragen in Absicht der in Rußland zu treffenden neuen Einrichtungen des Bürgerstands und der häuslichen und geistlichen Baukunst abhangen wird. Denn diese glatten Herrn möchten so gern die Stupidität der alten Schaukeln und Rhegalen oder Rahboisehen Kogalen wieder einführen, wozu ihnen die Wagen und Vorfahren immer die Handhabe geben. Man soll Kinder fahen wie die Seelenverkäuffer u. s. f. Es geht die Rede die Besitzer der Sawoden in Orenburg hätten sich einverstanden zur Erneuerung der Kirche in Troitzk nach dem Modell der in Jerusalem oder Woskresensk mit einer Kanzel eine Steuer zusammenzulegen weil die meisten dieser Sawoden Bauren haben die auf Namen von Klöstern in Moskau zu den Arbeiten eingeschrieben sind. Auch würden alsdenn wohl Lieferungen an Tüchern für die Troitzischen Garnisonregimenter geschehen. Die Hauptsache wird wohl die Errichtung einer Bibliothek in Troitz seyn zu der Herr v. Nowacoff die deutschen und englischen Buchhändler, vielleicht auch Privatgelehrte wie Herr Hofr. Schade zusammenstehen sollten. Beilage ist etwas aus den Heften die zur Vorbereitung einer Poliglotte aus alten Völkergeschichten dient durch welche eine Sprache durchs ganze Reich, insofern diese aus den ersten Wurzeln so leicht gemacht wird, daß sie auch den Fremden durch Umgang und gegenseitigen Umgang erleichtert würde, wozu ein Klavier statt des A B C von 36 Consonanten mit 5 Consonanten jeder Sprache dient, die wie Klaviernoten anstatt der Halbthöne mit den Vokalen gespielt, das Wort darstellen-amEnde zu hoffen ist. Wie lernen Kinder ihre Muttersprache? Würden Kinder mehrerer Sprachen vermischt, so lernen sie sie ohne zu wissen, wie? Besonders wenn wir kleine Handpressen bekommen (aber ohne Druk) die das Auge an Unterscheidung der Buchstaben spielend gewöhnen. Haben Sie von Ihrem Herrn Sohn aus Kinburn keine Nachricht? Sollten unsre Benennungen aus heidnischen Zeiten, die dem Volk soviel wunderliche Ideen in den Kopf bringen, nicht abzuändern seyn? Es heißt ja: ärgert dich das Auge u. s. f. Ich unterschreibe mich gern Linz oder Lunz nur damit man bey meinem Namen nichts als meine Person denkt und auf keine albernen Nebenbegriffe kommt. Verzeyhn Sie mein kühnes Gewäsche, dem Verlangen Sie selbst einmal persöhnlich hier zu umarmen um dem neuen Bibelwerk beizustehen und eine Kanzel zu Catechisationen oder kurzen Volksreden unsern jungen Candidaten nach Art der in Seikonospaß einrichten zu helfen. Diese würden auch vielleicht wöchentlich dejourweise bei der Frau E. wohnen und abgeholt werden können. Ihr aufrichtig ergebenster JMRlands. vom Unterscheid der himlischen oder obren und der Phrygischen Befestigungen aus der Brandwache
Herrn Burner Bey den Bezkischen Anstalten zur Erziehung des Mittelstandes zu treuen Händen
ГOCПOДИНУ мoeму Пуpнepъ въ дoмБ пoкoйнaгo штaтcкaгo coвътникa Дeмгдoвa для учpeждeнг Кoммepчecькaгo coктoянгя пpи глaвнoмъ нaдзиpaгeлecъ дoмa Кapлу Ивaнoвичь г Буpнepъ
P.p. Werthgeschätzter lieber Kranker Hier ist das Gestrige ein wenig besser abgeschrieben, haben Sie die Güte es wo es sich thun läßt dem Innhalt nach auch Herrn Rüdiger mitzutheilen Dero allezeitergebenster Diener JMRLenz
въ двopБ Никитa Пaвлoвa Гocпoдину θиpнгaбepъ у Гocпoдинa Бибepa дa peмaнъ
auf den Seiten 2 und 3 befindet sich eine Sprachenklaviatur, vgl. die Abb. in Moskauer Schriften, Bd. 1, S. 527f. Auf das kleine Kraut Reinefarth an die Rosengesellschaft Tabelle linke Spalte Kleines Kraut der bösen Geister Gegengift, der treuen Meister Einzig ächte Panazee Bei dem fremde Sprachenlesen Von dem reinsten aller Wesen Eingesetzt zum Frauen Thee Pharisäer Sadducäer (die Theologen und Juristen der alten Juden) Pfarrensäer Seide dreher Brauten auch mit dir Caffée! Laß die Wortverdreher rathen Welche Fee dich mir geschenkt Welcher Magd der Hydrastarten, Sie dich in den Kranz gehenkt Besser nicht dis Lied gelesen Als mir seinen Sinn verdreht Das ist Folter feinrer Wesen Das sind Pfeile von dem Bösen Wenn man Scherze mißversteht. Fand einst Satan nicht Satyre Von der Scheitel bis zum Fuß An dem Hiob? Rezensire! Wenn der Märtrer scherzen muß Ihn befragt’ ein Weib sehr witzig Trägt man das Haupt die Magd Oder auf dem Haupt und hitzig Frägt er: Hab ich was gesagt? Laßts so gut seyn, werthe Frauen Was wir nicht so gleich verstehn Da zu trauen, nicht zu trauen Ist gleich mißlich und gleich schön Alle Stacheln einzuwickeln Alle Netzgen alle Zwickeln Alle Spitzgen, alle Kanten Prätendenten, Agremanten Esklavagen und Brillanten Aller Heilgen aller Seelen Kann der Weise Salmen fehlen Nachor Thara Abraham Müssen, knütet ihr die Ehen Wieder in die Schule gehen Wie ein junger Bräutigam Unser Herr Gott muß am Schopfe Denn sie fassen und beym Kopfe Zu dem Isch und Ischa fiihren Daß sie nennen, was er ist Heyde Tartar oder Christ. Ja wer scherzt muß Scherz verstehen Oder in die Schule gehen Aber es giebt eine Schule Die kommt aus dem Höllenpfule Des Apostels Moliere Und da fällt man liebe Fraun Und da ists nicht hübsch zu traun Und bringt Nasen keine Ehre rechte Spalte Kleider Speisen und Getränke Alles hat der Witz in Pacht Zupft an jeglichem Gelenke Zupft offt in die Grabesnacht Wenigstens zum Gotteskasten Bringet ihr ein Schärfgen Witz So gebietet nicht zu fasten Das Verbot ist gar zu spitz Schadewitz und ma.lle Witz Sind zwei Dinge lieber Fritz Die Versucher und Sophisten Die mit Sokrates und Christen Nicht sehr brüderlich gescherzt Hatten einen Witz der schmerzt Schon genug daß auf mein Conto Jemand seinen Witz beweist Aber bester König Ponto Und so wird der Talosmonto Mit Satyren abgespeist. Leib und Seele wird zum Geist. Witz ist wie ein scharfes Messer Ey je schärfer desto besser Doch der Teuffel hattauch Witz Hätt’ er können Brod aus Steinen Machen, würde der nicht weinen Den er ohne Noth versucht Ohne Witz giebts keine Kunst Ohne Witz giebts keine Frucht Ohne Witz geht alles unter Das Geschik erhält er munter Aber böser Witz ist Dunst Im Pallast des Wunderthäters Ohne Kunst und Hexerey Im Pallast des alten Peters Da vergeßt die Zauberey Laßt euch seine Bauart rühren Und wo Mauren noch die Türen Stehen, wird er Sinn bethüren Daß ein Haus drey Häuser wär. Denn man mag den Kopf verbinden Wie man will den Fuß zu schinden Ist damm nicht angenehm Buchstabieren und klawieren Fällt im Alter nicht bequem Und ein Wortanatomiren Appliziren dividiren Erst vertiren, dann halbiren Macht den Salamanda frieren Vögel schreyn: ist nicht an denen Also Göttinnen der Erde Und Herr Götte oben drein Macht daß Raum am Tische werde Richtet euren Witz so ein Daß man leben kann und freye seyn Ich will lieber nicht verstehen – Nicht verstehn ist aber dumm – Laßts so gut seyn – nur verdrehen Das ist Antimonium. Luthrisch Kaifisch und Catholisch Paulisch Kephisch Apostolisch Seyd nur bieder gut und rein Laßt den Rheinfall immer fallen Und das h, das unter allen Keinem Drechsler von Latein Jemals ist gefallen ein Aber liebe Fraun! seyd rein Ohne Arglist, Freundschaftschein Als gewönnet ihr, falsch zu seyn. Seyd die vier Evangelisten Liebe Frauen! küßt mich nichtLaßts so gut seyn – Wenn sie küßten! – Ich hab Schwären im Gesicht – Horchet Judas nicht ihr Frälen Laßt den armen Jonas seyn Den spricht ☓ ☓ kann nicht vermählen Das kann Sündfluth Witz allein.
Lieber Papa Die unglükliche Leidenschaft welche sich meiner in Liefland bemächtiget und ihre häuffigen ernstlich väterlichen Briefe nach Petersburg und Moskau mir so oft vergeblich ausgeredet die mein Bruder und alle meine Verwandte so heftig bestritten und die ich deswegen auch aus meinem Herzen zu reissen versuchte hat sich desselben wieder bemächtiget So spielt das Schiksal mit unserm Herzen und unsem Wünschen und der Rath meiner schreibenden bärtigen Freunde, die sich mir unter der Gestalt meiner angebetheten Julie welche denen Frauenzimmern Lieflandes ein Collegium von den Sitten der alten Teutschen aus dem Tacitus mit einigen teutschen und esthnischen Reimen unter meinem Fürsitze zu eröfnen nach Maurerischen Zeichen und Regeln sich endlich rühmlich entschlossen mich den Gebeinen des verewigten Zingischans und Tamerlans schwören lassen müssen und demzufolge alle die[sje unterirrdischen Geister in Anspruch und Einspruch genommen Es wird in diesem Collegio ein Oratorium vorkommen welches Medea heißt die den Jason verjüngerte und ihre Kinder umbrachte auch eine Hölle und ein Orpheus denn ohne diese giebt es weder Musikalisches noch Poetisches Vergnügen, weil nach dem Tode kein Vergnügen statt hat und Engel und Geist die Schimäre eines verborgnen Giftes sind Diese ehrwürdigen alten Geheimnisse aber, noch daß es ein Verbrechen ist sie anzutasten, versteht der überwitzige Geist unsrer Liefländischen Damen nicht welchen wir durch witzeln wieder in die rechte Leise setzen wollen und ihnen beweisen daß auf der ganzen bewohnten Erde unter Gelehrten und Ungelehrten noch Spuhren dieser ehrwürdigen Phrygersitte und des einzigen rechten seelig machenden Glaubens von welchem abzuweichen dem Schwerdte die weil er seinen eignen Schild und zwölf Apostel hat – – und alle die ihm nicht beypflichten wollen rundweg für Türken und Mameluken zu erklären das Recht hat - ja ihnen nicht nur öffentlich sondern auch heimlich nach Ehre guten Namen zeitlichen wo möglich ewigen Wolfarth zu stehen in den Weg zu treten zu äusern völlige uneingeschränkte Vollmacht und Gewissensfreiheit weil er von dem einzigen rechten Dienst der Phönizier und Anbeter des Herkules und Jason gewichen und zügellosen Leidenschaften und schwännerischen Einbildungen gleich des Oehlgötzen frohnet – Zärtlichgeliebte Geschwister vielgeliebte Schwester! Dein letzter Brief hat mich sehr gerührt, ich habe daraus ersehen daß du dich vollkommen wohl befindest, dein lieber Mann ist wieder gesund und munter, seine äusseren Umstände haben sich verbessert, eure Familie vermehrt, es fehlet euch also nichts zur irrdischen Glükseeligkeit als ein wenig Iangeweile oder wie du mir mit deiner so eignen Naivetät schreibst ein Virtuos, den zu zum Narren brauchen könntest wenn du schwermüthig wirst. Soll ich dirs rein deutsch heraus sagen noch obenein ein Liebhaber denn das kann bey allen andern Vergnügen nichts schaden wenn man einen Nothnagel auf schlimmes Wetter übrig behält. Liebe Schwester du bist sehr naif. Deine Offenherzigkeit freut mich mehr als die Scheinheiligkeit der Bethschwestern die ihre wahren Gesinnungen verbergen. Nach wem soll man sich denn umsehen wenn man in den Wagen steigt? Wer soll einem die Hand bieten wenn man in die Assemblee fährt. Diese Höflichkeiten will dir gerne gestatten, aber, aber – und wer soll bisweilen einen artigen Vers auf mich machen? – Wunder- 20 bare Grillenfängerin! muß denn das ein Liebhaber seyn? Ja sonst gefallen sie nicht und gerathen nicht. Umgekehrt! dem Liebhaber gerathen keine Verse, der artige Mann lügt mit kaltem Blut und viel schöner als es ein Liebhaber je thun kann, er lügt in des Liebhabers Namen. Die Regel ist nicht ohne Ausnahme, aber das ist zu verlässig, je besser gesetzt je feiner gereimt gedacht gerundet der Vers je mehr die Seele in der rechten Harmonie, desto weniger liebte der der ihn machte. Die Liebe begnügt sich wenn sie in den Fall kommt mit ängstlichen einzelnen Lauten, und behält das beste zurük: der schöne Geist und artige Mann wird ein freygebiger Gastwirth und stellt das letzte aus sieben Schüssern auf den Tisch, denn er ist großmüthig Was soll das Wimmern und Püsteln närrisches Weib wenn eins deiner Kinder kränkelt. Ist nicht jemand da einen Vers darauf zu machen? Er ist gewiß ein Narr denn er machte Verse auf ein Weib das ihn nicht lieben durfte sie also wie die Zukerdüten brauchte, die man doch annimmt wenn sie aus gutem Herzen kommen und auch in den Mund stekt wenn einem bitter wird. Aber er muß ein Liebhaber seyn und muß fallen sonst schmeken sie nicht – Schwester Schwester – Und du suchtest dir einen Geheimsekretär? vielleicht die Windeln deines Kindes zu troknen oder zu besingen – Ey ey! so böse hast du es doch nicht gemeint – Nicht alle Windeln sind Windeln – Und wenn du nur die Seele deines Geheimsekretärs auf dein Gewissen ladest. O dafür ist Rath, unsere heutigen Poeten wissen allem eine Farbe zu geben – Ganz gut aber was wird denn nun aus deinem Geheimsekretär – Dein Narr – das ist doch ein bisgen zu unfreundlich – danke ihm ab und mache ihn wieder zu dem was er war zu einem höflichen artigen Mann der nicht über den Wolken schwebt und nicht unten im Abgrund auf Tarnedans und Bajazeth und Zingischans Stuhl sieht denn das waren Heilige der ersten Ordnung die vielleicht auch Orden stifteten – Laß uns ehrlich sprechen, die heutige Welt weiß nicht was sie will. Alles möchte gern beliebt seyn und gefallen und daran ist nichts versehen denn du gefällst wenn du nicht zu gefallen meynst und wirst unleidlich so bald du es merkst daß du gefällst. Aber man möchte nicht gern daß ein andrer gefiele, damit haben wir alle zu kämpfen. Und warum nicht liebe Frau wenns ein ehrlicher Mann oder ein ehrliches Stük Weisbild ist das dir auch gut ist und nützlich werden kann. Aber wehe deinem Geheimsekretär wenn er ein Weib berührt – denn dein ganzes irrdisches Glük ist hin. Er mag sich auftausendmal fünfhundert Meilen weit von dir verheurathen, wo man nichts von deiner Schönheit gehört hat – Liebe Frau! Und was ist Schönheit – – Mach mich nicht zum Pilatus – dein Spiegel ist falsch – er zeigt dir dein Gesicht nie in dem
    Augenblik
wenn solche Gedanken in deiner Seele sind und diese entstellen deine sanfte liebreiche Gebehrde – Den Vorzug – ey da ist kein Vorzug – die wahre Liebe weiß von keinem Vorzug – der Liebhaber gefällt weil er liebt, die Geliebte weil sie geliebt wird. Der Liebhaber findt tausend Frauen schöner besser milder als seinen Gegenstand, aber er liebt seinen Gegenstand weil es so seyn muß, weil er gezwungen dazu ist er ist ein Unglüklicher! du kannst ihn bedauern aber du brauchst ihm nicht feind darum zu werden. Die andern Schwestern lachen darüber Aber was bleibt mir denn übrig, wenn er eine andre liebt? Nichts gar nichts! der Schurke bezahlet mir meine Rechnung nicht, er ist ein Betrüger Nicht so ganz als du meynst. Er hat sich nur versehen er glaubte dich zu lieben und liebt dich in einer andern. Sieh einmal er liebte dich auch vielleicht nicht bloß um der weissen Schürze willen, oder um sein Glük durch dich zu machen oder um Brod zu erhalten oder – doch was ist vom Geschmak zu reden jeder Mensch hat seinen Geschmak und man muß dem Geschmak seine Grillen lassen. Das ist eine Philosophie die kein Barometer ausschöpft - dem einen gefällt das natürliche, dem das künstliche, dem das eigennützige, dem das freye dem das eiffersüchtige, dem das unschuldige Was macht deine Freundin am Hofe? Oder ist sie schon wieder zurük? Hat sie nicht auch ein Paar geheim Sekretäre dort gelassen Sollte es möglich seyn daß dein Geheimsekretär liebte? Er müßte allen Gebrauch seiner Vernunft verloren haben und rasend geworden seyn. Weniger Naivetät Schwester! laß ihn leben. Die Grille wird übergehen und dann wird er wieder in deine Fesseln zurükkehren. Wenn er aber in vollem Ernst liebte? Nun dann ist er ein Türk und Mameluke, denn wie ist es möglich daß – halt ein wenig inne liebe Schwester! verdamme nicht – – – er kann seine Ursachen haben, laß ihn leben, ich bitte für ihn – Du liebst deinen Mann nicht recht oder vielmehr er hat Ursache ein wenig zu zürnen wenn du neben ihn noch einen Galeerensklaven halten möchtest der nicht dein Mann wäre. Du bist meine liebe Schwester aber die reinste heiligste Wahrheit ist mir noch lieber. Ich kann in denselben Fall gerathen und was wird aus mir wenn eine Dame sich meine Schwester zum Muster – Du bist ein Narr – Ey ey mir den Grandison ins Gesicht zu werfen Nun es ist doch gut daß du es mit guter Laune thatst – Wir wollen also einmal eine Ausname von deiner Immanoyukase machen und einem auf den Tod Gefangenen das Leben – ey pfuj doch, mehr, ich handle itzt – mehr mehr Schwester – pfuj schäme dich – mehr – um das rechte Leben – ich bin zufrieden
Hier ist an den Herrn Pastor Brunner und allen die ihm und seiner für ihn erschaffenen Gehülfen an Empfindung ähnlich sind die ungekünstelte Erzehlung eines mir in Liefland aufgehefteten von mir gegebnen Versprechens an ein adliches Fräulein, das mir und diesem Fräulein selbst zum äussersten Nachtheil nicht nur des Rufs sondern auch bey allen möglichen zu treffenden anderweitigen Verbindungen zur unvermeidlichen Hinderniß gereichen mußte. Dieses Fräulein war als ich Liefland verließ ungefähr 9 oder 10 Jahr alt, konnte also wenig sich meiner erinnern als ich nach mehr als 10 jähriger Abwesenheit wiederkam oder lieber nur durch Derpt nach Petersburg reisete. Ich hörte bei meinen Eltern und Geschwistern mit denen sie erzogen worden, daß sie sehr gut sänge und da wir einen Besuch bei ihrer Mutter ablegten die Wittwe eines Obristen der bey Hofe in keinem geringen Ansehen war ist und eine Schwester bey der Admiralität hat, die seit diesem Vorfall auf Assekuranz der Englischen Handlungskompagnie sich ein neues steinernes Haus auf Wasilei ostrow gekauft nachdem ihr Gemahl der sich in Cherson befindet zum General ist avanciert worden, hörte ich bemeldetes Fräulein singen und schikte darüber ein versifizirtes Monodrama aus Shakespear in eben der Gesangweise in das Lüneburgische Journal. Wenn Mr Pükter oder Mr d’Enbrad Herrn Capellmeister Siedler oder Gemalinn besuchen bitte von mir viele Grüsse zu sagen, der angenagelt ist durch einen kranken Zähen am Fuß, der garstig verschwollen ist wie ein elender Mensch, der nicht auftreten kann ohne zu schreyen zur neuen kleinen Kanzel für die Kaufleute + Kaufleute theilen sich in 2 Klassen, die erste handelt aus Buden oder Magasinen mit Commissionen von Materialien auch Waaren die andere mit eigenen ausgearbeiteten Waaren, ohne Gilde, denn guild aus Engeland ist darum nicht englisch und bedeutet obrok oder Abtrag einer Schuld. Hir her gehören ohne Untscheid ausser nach der Materie in der sie arbeiten l. In Marmor u. Elfenbein Bildschnitzer, Dreher In Diamanten Silber Gold. Juweliere, in schlichten Metallen Galanteriehändler in Tüchern Schneider (itzt vorzüglich rasch) in Häuten Schuster end ftir Reithosen in Seide und Leinwand Weber u. Stricker in Gold Posumentirer Dratzieher in Holz verschiedner Gattung Tischer Kanzelbauer Orgelbauer in Eisen Pferdärzte Schmiede für Küchengeräth und Schlosser. Die sich hier versammlen und Sonntags eine russische Predigt des Schwarzischen Seminarii hören. Zur Aufname neuer Städter. блa cмpoeния нoвыхъ
    гopoбoвъ
Nun fand ich daß das Lehngut dieser Dame nach der gnädigen Verordnung der Käiserin für Staatsoffizierenwittwen durch die Gegenwart einer Russin, der Schnur oder Sohnsfrau dieser Dame ein wenig beschwert war, weil die Gebäude nicht aufs beste dort eingerichtet schienen. Dieses gab zu manchen unangenehmen Auftritten Gelegenheit weshalb ich mich in Petersburg bey der Schwester dieser Dame zum Vermittler machen wollte, in der That auch meine Absicht war, sie zu bereden, daß sie ihre Nichte nach Petersburg an den Hof nähme, besonders da sie ein neues Haus gekauft. Dieses bestättigte sich noch mehr da mir mein Vater ausdrüklich nach St. Petersburg schrieb, diese junge Dame sei als Braut mit einem Offizier vom Cadettenkorps namens Prattje als Braut versprochen, der
    vor
mir in Derpt gewesen und den ich in dem Hause der Generalin Kurganoffsky als einen vollkommen artigen jungen Offizier kennen lernte. Man hatte mir in meiner Eltern Hause gesagt, es fehlen ihm die gewöhnlichen Blumen und Schmeicheleyen die eine Braut von ihrem Liebhaber erwartet, welches mich um so mehr veranlaßte die Verse druken zu lassen um in gewisser Weise sein Freywerber zu werden. Ueberbringer dieses ist ein Dorfbalbier der versetzlichen Juden Allein sie durfte nicht wol nach Pet. reisen, weil ihr bang war die Mutter werde das Gut verlieren, wenn die Töchter heuratheten. Nachher reisete ein Vetter von mir mit Namen Andree – der beym Ingermannländischen Regiment ist in der Suite der Herzogin von Kurland nach Petersburg, als ich auf Bitte des Kammerjunker Liphart und der Obristin Albedilla die selbst nach Petersburg gekommen war ihre Schwester zu besuchen eine Reise zum Kammerjunker Liphardt auf sein Landgut Aya gethan: diesem Vetter schrieb ich bey dem Hause der Generalin Kurganoffsky, die bey der Flotte was vermag nicht vorbei zu gehen und sich auch meiner dort zu erinnern. Er schrieb mir einen Brief, den ich für einen Scherz halten mußte, worin allerley ausschweiffende Projekte für mich vorkamen, wenn ich etwa selbst die junge Dame zu heurathen gedächte. Ich lachte über sein Mißverständniß denn vermutlich war er an den Ton des Umganges dieser Dame, die eine der geistreichsten und gewitzigsten Hofdamen daselbst ist, nicht gewohnt und nahm das alles so vollkommen nach dem tödtenden Buchstaben, wodurch er auch meine ganze Familie verwirrt hat. Es ist wahr daß die junge Dame die wirklich Braut war, noch 2 Schwestern hatte, von deren Verbindungen übrigens ich keine Notiz nehmen konnte noch mochte, weil ich nicht ihr Vormund war. und deren Haus eine hohe Schule sein sollte Nun war der Umstand der daß die Mutter fürchtete wenn die Tochter Hn. v. Prattje heuratbete würde sie das Gut verlieren, das der Wittwe nur geschenkt
    scheint
in Rüksicht auf die Töchter, daß sie gut können verheurathet werden. Sie raste aber sage ich und verstand den Ukase nicht. Das Gut ist ihre – solang sie lebte als Wittwe des Obristen Albedill u wenn ihre Töchter nach Petersb. reisen zu ihrer Tante und sie bleibt mit der Russischen Schwiegertochter allein, so bleibt ihr das Gut, die Töchter
    mögen heurathen
zu mal da es im Cadettenkorps ist, von wo Liefländer als Studenten auf die künftige Akademie zu Pieskau gehen. Also thäte sie wohl eine oder zwey oder alle drey Töchter nach Petersb. zur Tante zu schiken u. nicht kleingläubig zu seyn. Das ist der Verlauf der ganzen Sache, diesmal ganz einfältig und ohne Kunst – ja weil man mich durch Taubheit und Mißverstand zu allerley wunderlichen Schritten zwingen wollte – als in der Gegenwart Gottes geschrieben. Ich habe übrigens die grösseste Achtung sowohl für die Generalin Kurganoffsky als ihre Frau Schwester, die eine vieljährige Freundin meines Vaters war und hoffentlich noch ist und bleiben wird. Auch habe nicht ermangelt mich bey Hofe selbst durch Kanäle beym Cabinet für sie zu verwenden, daß das ihr zugesprochene Lehngut bey etwa vorfallenden Verfalljahren ihr noch erhalten werden möchte, da es ehemals eines der Universität in Derpt zugehörigen Güter gewesen und in sofern die Anwendung dergleichen Stiftungen an die Wittwe eines in vielen Schlachten verdienten Offiziers – dem göttlichen Willen gemäß ist. Und hirmit ein für allemal genug von diesen der Ehre dieser Dame sonst nachtheiligen Gerüchten da ich mit derselben ganz und gar nichts zu theilen habe :/:
Theurester mit unsterblichem Ruhm von oben geschmükter verehrungswerther Papa! Nicht Schmeichelei, die reinste Dankbarkeit beseelt meine Feder. Ich lebe – aber Ihnen die Wahrheit zu sagen, danke es nur dem allgegenwärtigen, daß ich noch athme – Herr Reimmann kann Ihnen sagen daß ich – doch er wußte es nicht – in der seltsamsten Lage von der Welt war, als ich Ihren Brief mit dem neuen Beweis Ihres Andenkens erhielt. Man verfolgt mich – und rathen Sie wer? – Ich habe niemals die Freundschaft verletzt die ich meinen frühsten Gönnern schuldig war. Aber – theurester Vater! ich winde mich als ein
    Wurm
im Staube und flehe um Erlösung von allen
    andern
Anmuthungen, die bei dem
    seltsamen
Nazionalcharakter hier– mir Gift werden. Man versorgt Petersb. von der Schifflände Gschat aus mit Waaren aus Briänsk Moskau u. s. f. Dahin könnten eben sowohl auch aus Liefland über die Düna Dnepr Trubschewsk Waaren für Moskau gebracht werden. Ich habe gefehlt, 1000mal gefehlt. Am meisten in Liefland – gegen Sie, gegen meinen ältesten Bruder der ungefähr mein Herz kannte und viel in demselben voraus las. Ein hiesiger Freund hat alle meine Briefschaften wer weiß ob nicht aus einem unzeitigen Eiffer
    verbrannt
weil er merkte daß sie mich angriffen. Was ich davon bisweilen
    rette
– ist mir Balsam in offne Seelenwunden – denn ich sehe nun erst spät hinterher, daß Sie mein Herz
    besser kannten
als ich selber. Nein, ich war nicht für Liefland gemacht und mein zärtlich geliebter Bruder Carl wird vielleicht eine neue Springfeder des Daseyns erhalten, wenn er alle Ansprüche die Liefland auf mich machen konnte, durch sein Daseyn vernichtet. Er weiß in welchem Zustande ich war als ich durch Liefland reisete. Hier ist das Land der heftigen Aeusserungen der Empfindungen und eines seltsamen Systems von Jurisprudenz das auf dieselben gebaut ist. Von der Seite also konnte man mir aus Liefland unaussprechlich schaden – und leider! es ist bisweilen hart genug geschehen. Denn man spricht mir meinen Taufschein ab. Ich lebe noch, allein bitte meine theure Verwandte und ihre holländischen und Englischen Korrespondenten zu bedenken daß ich ein Mensch war, der fehlen konnte und tausendmal gefehlt hat. Herr Bergmann, Herr Lavater, Herr Staatsrath Schwebs, Herr Kammerjunker Libhardt werden dis nimmer in Abrede seyn. Ich wollt in Liefland bleiben. Nun hat
    Gott
es anders gewollt.– Und soll ich darunter
    ewig
leiden? Und glauben meine lieben Landsleute daß ich Ihnen von hier aus niemals Dienste leisten kann oder sie Maaßregeln nehmen
    müssen
mich dazu zu zwingen, was ich von selbst time. Ich kenne
    ungefähr
den Zustand des dasigen auswärtigen und innländischen Handels. Ich weiß wie die hiesigen Bedürfnisse auf die dasigen passen – aber um deswillen der für alle Sünden genug gethan – keine Auslegungen weiter. Mit einem Wort – ich
    kann
aus Liefland
    nicht
heurathen. Helfen Sie mir bethen, theurester Vater! und alle Schimären weg und ins Fegfeuer bethen, die das Verhältniß in welchem ich mit Ihnen meinen theuren Verwandten Freunden u. s. f. stehe, zerstören, trübe und zu einem wahren Sklaven Joch machen. Herr Oldekopp Herr Hehn, Moritz u. wie alle die gelehrten Namen heissen, werden in meiner Achtung und Freundschaft dabei nichts verlieren, wenn auch kein einziges Consistoriale bei uns unterläuft. Die neue Bibelübersetzung auch mit deutsch und liefländischer Version würde auf diese Bank gegründet werden und ein Gott und ein Hirte seyn. – Aufgestanden aus den Armen des Todes. Helfen Sie mir bethen um Befreiung nicht ftir mich allein sondern für Christen – Christen wie Sie und völlig in der Stimmung als ich, die mit mir unaussprechlich leiden. Herr Eisen hat seine
    getrokneten diken Suppen
für Gegenden wo wenig gekocht wird und Kräuter für die Küche nicht wachsen, nicht an den Mann bringen. Für einen solchen
    Schokoladenhandel
weiß ich hier Absatz. Imgleichen für Liefländische Butter, Fische, Lächse, Butten, Austern Säfte mit Honig u. Zuker gekocht u. s. f. Ihnen fehlen allerley Russische Manufakturen, an wohlfeilen
    Cattunen Indiennen,
gedruckte Leinwand u. s. f. Damaste, Zeuger die man bis ans schwarze und Caspische Meer herab in allen Städten im Ueberfluß fabrizirt; Kumatsch genannt. Sie haben einige feine Liqueurs, Bücher, Moden aus England Hamburg Frankreich – sollte eine Bank fur Liefland in Moskau, um derentwillen in Petersb. Anregung gethan, nicht zum fasten, denn die Fasten sind aufgehoben– sondern eine Cirkulationsbank für Waare gegen Waare, in welcher von beiden Teilen Geld nieder legt wird – eine Schimäre seyn. Doch genug Dero gehor. Sohn Jacob R. M. Lenz
Moskau, den 9ten
    9br.
1791.
Mein theurester Bruder! Ich schike diesen Brief offen, weil ich nicht glaube Mißdeutungen zu besorgen zu haben. Erbetrift mit wenig Worten einen dem Ansehen nach armen und durch einen verstümmelten Körper doppelt unglüklichen Liefländer, der, in dem Hause beym Compt. der Assignationen unvermuthet aus Kadom erschien und sagte er wollte nach Riga und zwar über Smolensk Polotzk Witepck und
    Plescou
– reisen, ich möchte ihm Briefe mitgeben. Dieses that ich und schrieb (nachdem einige Anstösse von Unpäslichkeit gehabt, die mich hindem selbst zu Euch zu kommen), sehr weitläuftig, weil alles doch in einem hingeht. Nun erfahre ich daß seine Reise theils durch eingefallenes Thauwetter, theils wegen Mißverständniß mit seinem angenommenen Fuhnnann einen Stillstand gewinnt und da er mir eine silberne Uhr zum Verkauf anbot, schliesse, daß es ihm auch am Gelde fehlen muß. Seine Reise über Plescou war mir doppelt erwünscht, da ich dort an einem Herrn Albert oder Albrecht und am Baron Dietz Commendanten, dessen du dich aus den Kinderjahren – doch wohl vielleicht nicht mehr erinnerst – Bekannte habe und diese mit unserm Bruder in Derpt und dem dasigen Adel verschiedene Geschäfte von Wichtigkeit in Richtigkeit bringen könnten, die sich anders nicht einfädeln lassen, als durch einen Internuncius, wozu ich aus wesentlichen Hindernissen
    persöhnlich
diesmal nicht dienen konnte. Da mir also wirklich diese Reise gut und nützlich scheint, auch derselbe mehr Lust nach Riga wo er Verwandte hat als hier zu bleiben bezeuget, allein wahrscheinlich zu den Reisekosten Beyhülfe braucht, so habe mich des Couverts unsers gemeinschaftlichen Freundes Reimmann bedienen wollen, Dich und unsere sämtlichen Geschwister aufs inständigste zu bitten, etwa auf Abschlag der gütigen Beyhülfe, die mir durch Eure Güte und unsers lieben theuren Vaters zukommt, ihm, im Fall er in Umstände kommen sollte, seine Uhr zu versetzen, oder andere Schulden des Fortkommens halber zu machen, selbiges zu vergüten weil der Allwissende schon die Umstände so zu lenken wissen wird daß mir und Euch kein empfindlicher Verlust daraus erwachsen kann. Der Fuhrmann hat 26 Rubel bis Riga bedungen und ist ein gewöhnlicher, der nach Riga zu gehen pflegt: die besondren Umstände des H. v. Schröders sind mir nicht bekannt, er hat mir zwar einige Namen aus Curland genannt, die ich in Straßburg kennen gelernt, als einen von Bohlschwing mit dem er weitläuftig verwandt zu seyn aussagt. Ich hoffe daß er, welcher in 7 Tagen in Plescou seyn will und in 12 in Riga, wenn er auch Aufhaltungen findet, dennoch spätestens in 14 Tagen oder 3 Wochen bey Euch eintreffen und meine Briefe richtig abhändigen wird, woran mir mit alledem gelegen ist weil viele Dinge darinn auch meine eigene Persohn betreffen. Er hat Verwandte in Kockenhusen, wo, wenn ich nicht irre ein Prediger ist, dessen sich Bruder Carl erinnern wird, der allerley kleine Stükchen erzählte, als Papa der silberne Becher wegkam. Es war, wo ich nicht sehr irre damals ein Landtag oder Adelsversammlung in Riga, von der ich mit meinen hiesigen Zerstreuungen den eigentlichen Termin vergessen habe. Die Derplische Universität ist zu Wasser geworden, so sehr ich mich in St. Petersb. bey der Akademie bemüht, sie wieder in Andenken zu bringen, allein ich hoffe, der Liefländische Adel wird nichts dabey verlieren, weder der Rigische noch des Dörptschen Kreises bey welchem unser lieber Bruder Friedrich soviel Influenza hat. Ist nicht eine Verordnung daß der Adel zu gewissen Zeiten sich in Riga aufhalten muß, besonders der in Collegicis. Und dehnt sie sich nicht etwa auch auf die Landgeistlichkeit aus, die Geschäfte in Riga haben? – Ich küsse dich mein theurer Bruder und deine liebe Gemalinn und Haushaltung zum neuen Jahr mit tausend warmen Bruderküssen und bin ewig Dein getreuer obwohl offt kränklicher Bruder Jacob Michael Reinhold Lenz. Der Buchhandel würde auch bey Pieskau gewinnen, so wie die Bankgeschäfte, da diese Stadt mit allen Städten an der Düna durch die Polota, Ewst u. s. f. und durch den Urnensee mit dem Kanal und der Schifflände Gschat zusammenhängt, wo ein starker Handel von Moskau auch nach Liefland ist. Amnestie aller meiner alten Thorheiten in Liefland und ein neues Jahr. N.S. Es ist ein Schwager (Bruder der andren Frau) des Herrn Past. Brunner in St. Petersburg, der bey einem Feldregiment Offizier war und, wo ich nicht irre See Dienste bey den Landtruppen zur Bewahrung der Küste genommen: er heißt Neumann und hat viele Empfehlungen. Sollte derselbe dem Bruder Carl nicht zu Gesicht gekommen seyn? Oder den Kindem des Bruder Friedrich in Petersburg. Ich habe seine Adresse nicht aus der man mir ein Geheimniß macht, wenn er nach Liefland reiste, würde ihm gern einen Brief an den Herrn von Engelhardt in Odennyer auf den Gütern des Grafen Romanzoff mitgegeben haben: dieser Herr von Engelhardt ist dem Bruder Benjamin in Reval bekannt geworden, wo er Verwandte unter dem Adel hat. Ich habe noch einen Brief von ihm. Wie sehr wäre zu wünschen, daß eine hohe Schule im
    Lande
in der Nähe entstünde, wo die jungen Liefländer ehe sie herausreisten und ihr Geld in der Fremde verschwendten, ein oder zwey Jahre das
    Vaterland seine Sprache
und
    Gerechtsame
kennen lernten. Es sind nur
    20
die ins Cadettencorps aufgenommen werden. An
    Gelehrten
auch im
    Lande,
besonders auch in
    Moskau
wo viele gelehrte Russen besonders der
    Medizin
auch auf eigene und der Käiserin Kosten fremde Länder besucht haben und alle Sprachen, die deutsche nicht ausgenommen sprechen,
    fehlt es nicht
aber nur an
    Eltern
und
    Kindern
die ihre tausend und über tausendjährige Vorurtheile überwinden. ☓ ☓ ☓ Ich habe Pappa von dem neuen Projekt einer
    Polyglotta
oder allgemeinen
    Bibelübersetzung
in alle Sprachen mit stehenden Pressen zum Besten der Armen – geschrieben, welcher Vorschlag hier im
    Senat
– durchgedrungen. Dieser Brief importirt mir also – imgleichen von einer französischen
    Zeitung
die ich auszugeben gedenke, zur Erleichterung der allgemeinen Sprache für Rußland von der alle 44 nach Herrn Tschulkoff, als
    Dialekte
anzusehen, welches dem schönen Geschlecht das schon Sprachen kennt,
    spielend
zu beweisen mich getraue. Zugleich werden einige Fragmente der
    Geschichte,
zu der ich gesammlete
    Materialien
nicht bekannt machen darf, des allgemeinen
    Vaterlandes,
und Auszüge aus
    Herrn Tschulkoffs Handelsgeschichte
und den neusten Handelsverordnungen, mehr
    dem Sinn
der Gesetze nach als dem todten Buchstaben zum Besten der Landekonomie und des
    innern Handels auf Flüssen,
diese Blätter vielleicht auch in Liefland
    begehren
machen wo doch beinahe in jedem feineren Hause irgend eine Französinn oder Hofmeister ist (der kein
    Lauffer
war) und Französisch wenigstens gelesen wird. Sollte unsrer theurer Altgens bey Consistorialgeschäften sich seines Sohnes nicht erbannen und mein langes Geschmier etwa von Bruder Carl vorlesen lassen? Die Herrn Erzieher des Menschengeschlechts und die Theologischen Krittler und Zänker, welche aus
    Tag Nacht,
aus
    Erdichtungen Wahrheit
und aus Wahrheit Lüge machen möchten, nur um zu
    disputiren
und Recht zu haben ohn zu wissen
    was sie eigentlich wollen,
werden mir verzeihen, daß ich bey den
    unendlichen Schrauben
der sogenannten Gewissens und Ehrgerichte, an meinen
    Vater selbst Zuflucht
nehme und mir seinen Väterlichen Seegen ausbitten muß – welches zu einem neuen Jahr (mit der innigsten Reue über alle meine auch in Liefland begangenen Fehler, die ich aus dem was mir von seinen Briefen übrig geblieben, die vielleicht aus guter aber irrender Meynung ein Freund von mir ohne mein Wissen verbrannt hat, noch itzt ersehe) mir eine ganz neue und andere Existenz schaffen wird. Ich fürchte nur daß die Briefe
    nicht eher
in des Derpischen Bruders als in Eure Hände lieben Geschwister! gerathen, deswegen ich eins und das andere davon hier einführe, das wichtigste aber diesem Briefe nicht anvertrauen kann, welches meine ganze irdische und vielleicht
    zukünftige Existenz
betrift. Ich glaube bemerkt zu haben daß meine Rigischen Geschwister über diesen Punkt weit einsichtvoller und menschenfreundlicher denken, als die andem deren Herz umzulenken ich dem lieben Gott allein überlassen muß, weil ich kein Herzenskündiger bin. Vielleicht hat eine Lecture aus ganz verschobenen Gesichtspunkten und allzu rasche Schlüsse die durch eine alte liefländische Dame die taub war und über Pieskau nach Derpt zurükkehrte, dazu beigetragen – worunter ich allein am meisten und unsäglich leiden mußte, da diese Schlüsse sehr thätig und wirksam würden. Mit einem Worte, ich konnte und durfte mich mit keiner Liefländerinn verbinden.
Herrn Johann Christian Lenz. Sekretär des K. Gouvernements und Rath in Riga
d. 11ten Jun. 1791 Mein zärtlichgeliebtester Bruder! Wahrscheinlich wirst du den Brief von deinem Freunde (ja wie hieß er?) der mit dem General Beklemscheff nach Orloff und Kursk reisete, und meinen Einschluß bereits erhalten haben. Wie erfreute mich diese Begebenheit und wie überraschend war mir dein Stillschweigen Allein mein Bruder! ich habe seit der Zeit vom Herrn A– – werinn noch keine Zeile oder Nachricht erhalten, weiß auch nicht wie er sich in der neuen Station gefallt. Seine artige höfliche Freundschaftsbezeigungen liessen mich hoffen, er werde auch aus der Nachbarschaft deinen Bruder nicht hindansetzen da er sich einen so warmen Freund von dir sagte. Sollte Dir in Riga, oder unserm theuren Greise nicht ein Offizier der französischen Truppen bekannt worden seyn mit welchem ich durch Herrn Lavaters Vermittlung in Verbindung stand. Es schien, er suchte bey dem Hause des ehemaligen Feldmarschall Münnich, das in der Gegend von Dorpt und Ringen wie du weißt, Vornehme Verwandte hat, ein Attachement vielleicht bey den Truppen die zur Bewahrung des Canals von Ladoga, imgleichen des zu Wischnei Wolotschok, (wo die neuen Städte Kreszi u. s. f. errichtet sind) bestimmt sind und würde, da er von dem Hofe begünstigt, und in Frankreich
    aus einer der besten Familien ist,
durch seine nahe Verwandschaft mit dem hiesigen
    Direktor der Bezkischen Erziehungsanstalten
(denn mit einem Wort, es ist sein Bruder) den Absichten der grossen Monarchinn zur Beförderung des innerlichen Handels und neuer Universitäten am zuverlässigsten entsprechen Graf Solmes General Berg u. s. w. auch die Igelströhms Ich hätte gern hierüber an den Bruder in Derpt darüber geschrieben, wenn nach dem Innhalt seines letzten Briefes zu urtheilen, überhaupt es rathsam wäre, Feuer zu Pulver zu thun, so wenig scheint er mich – und ich ihn zu verstehen. Vielleicht wenn Personen aus den Gegenden wo ich gelebt und bekannt und unbekannt war, durch Ehre und Schande, gute und böse Gerüchte gieng, öffterer mit ihm zusammen kämen, würde er, so wie vielleicht alle seine Freunde und Bekannten mich zu
    miß
kennen aufhören. Was man schrieb und drukte war nicht immer das was an der Sache selbst war. Ich habe ihn nie zu lieben und zu schätzen aufgehört – allein es dünkte mich, Haussorgen machten ihn ein wenig zu mißmuthig und heftig in allen seinen Briefen und andern Äusserungen gegen mich und wiesen ihm alles was ich that aus einem falschen Lichte. Das hat so seyn müssen– und nun genug davon. Wenn ich reich wäre, würde von Herzen gern seinen Kindern helfen, wenigstens worinne durch mein Vorwort bey solchen Personen dienen kann, die mehr als ich vermögen, werde niemals an meiner Brudertreue was ermangeln lassen. Es ist nun das 10te Jahr daß ich in Moskau an einem Mißverständnisse
    arbeite das ich nicht überwinden kann,
und das wie ich neulich – wirst du lächeln, oder auch zweiffeln? wirklich wunderbare weise – in meinem Pult nach alten Puppieren krabelte – mir
    durch ein Blatt
das ich den drey Fräulein
    Beharrn,
die aus dem Lande nach Zweybrük giengen über eine Theaterpiése eines Freundes bey Hofe zustellte, ganz besonders aufgieng. Dieses waren 3 Schwestern, an die ich die gewöhnlichen Floskeln verschwendete und die wahrscheinlich von diesem Wisch Gebrauch gemacht. Es war in Petersb. in einem Hause das viel Verbindungen hat – alle diese Umstände machten mich erst nach vielen Jahren aufmerksam; besonders da ihr Vater in Moskau einer der ersten Rechtsgelehrten gewesen, wo man gern allerley kleine Quinten drehen mag, um zu zeigen daß man den Justinian gelesen. Ich kann vor Gott bezeugen daß ich an nichts arges gedacht habe; ausser meinem Freunde Vergnügen zu machen Doch genug davon und von der Art wie in Rußland (Liefland) gelesen wird. Habe die Gutheit mir nur recht umständlich zu melden, was unser lieber Vater macht, ob Mama noch munter ist, ob sie Freunde haben die sie besuchen ob du offt bey ihnen bist, ob unsere Schwester Elisabeth nicht wieder an eine Heurath denkt und das dasige Liceum noch keinen neuen Regenten erhalten? Ich bitte knieend alle lieben Geschwister,
    хpиcтa paди, mich
mit allem was Schulen und
    Erziehung
betrift zu verschonen. Ist dir niemals eine Familie Grefnitz aus Oesel bekannt geworden. Es war hier ein Obristl. von diesem Namen, den ich allemal mit einem v. Krefting verwechselte mit dem ich zusammenstudiert habe. Er hatte einen sehr artigen Gesellschafter aus Sachsen bey sich, aber aus
    Chur
sachsen aus Leipzig, der ein Jurist war.
Da ich hoffentlich deinen Freund in dessen Nachbarschafft ein besonders lieber Gönner von mir Güter hat, auch einmal sehen werde, so gestehe dir gern lieber Bruder daß mich gegenwärtig in einiger Verlegenheit befinde. Die letzthin aus eurer Güte mir übermachten 25 Rbl. mußte zu einem Kleide verwenden und bin seit der Zeit nicht wenig an Leib und Seel angegriffen worden von allerley wunderlichen Sorgen; so daß dein Freund mich auch vielleicht ein wenig melankolisch dir abgeschildert haben wird. Sollte der Ueberbringer eines langen weitläuftigen Briefes, aus Kadom, ein geborner Curländer der über Pieskau reisete, sich auch wohl bey dir eingefunden haben? Er verreisete ohne daß ich ihm Reisegeld ausmitteln konnte, und es war ziemlich kalt, daß ich für ihn viel Unruhe gehabt. Allein ob derselbe in Liefland oder Pieskau geblieben, ist mir unbekannt. Ob er mit dem Bruder in Derpt gesprochen ist noch zweiffelhafter. Und doch hätte es gewünscht weil ein hiesiger sehr artiger junger Russischer Gelehrter der aber verheurathet ist und ein Dictionnär herausgiebt, einige Offiziere hier beherbergte, die dahin giengen um die Aufsicht über ein Gymnasium zu übernehmen. Man sagt die Monarchin werde dasselbe in eine hohe Schule verwandeln. – Sollte Papa von dem
    neuen Bibelwerk meine Ideen gut gefunden haben
und sich Unterschriften auch in Liefland hoffen lassen? Doch ich breche hier ab um Dich und deine würdige Gemalinn unbekannt aufs zärtlichste zu umarmen, noch immer verfolgt vom
    Asmodi
der
    Göthen
und allen seinen Freunden einen
    Junoneyd
scheint geschworen zu haben. Aber auch betrübt Dein treuer Bruder JMRLenz In der Woche der hoffentlichen Eröfnung eines depot de litterature.
Tausend Dank für die Note meinem werthen Herrn Schottländer, woraus wie aus kleinem vermoderten Saamkömgen der so aus Nichts alles macht, viele Frucht schaffen kann. Nun in puncto der Musik der Gandarwen welches im Orient die Musik und der Taktschlag himmlischer Harfen war die die gewöhnlichen Ohren nicht berühren. – – Sie gehen nie in die Bosen oder Börse oder Gostinnaja und wissen auch wohl nicht wie manchen dieser armen Leute zu Muth seyn mag, die theure Zobel zu 100 150 Rubel mit grossen
    Reisekosten
in Sibirien aufkauffen und nicht wissen wie ihrer loß zu werden, denn sie stehen! Arme Kaufleute! wie Pferde auf einem Flek und warten daß man sie sucht. Durch colporteurs werden sie sie auch schwerlich in der Stadt los werden. Ich habe die Akten eines seltsamen Processes unter der Feder in Absicht der liefländischen und Pieskauischen Universitäten die noch blosse Wesen der Einbildungskraft sind, unterdessen im Cabinet schon ihre Wirklichkeit haben, wenn von unsrer Seite nur ein
    wenig
– ein klein wenig Hebammenkunst angewandt wird. Sie sind niemals in Derpt auf dem Jahrmarkt gewesen edler Freund? Und wissen also nicht, daß dort Kaufleute aus Ost und West 4 Wochen nach Weyhnachten ausstehen. Daß ich dort aus Frankreich und der Schweitz und Italien Kaufleute gefunden erinnere mich aus Kinderjahren. Nun steht unser Zobelverkäuffer hier u bethet zu Gott und niemand erhört ihn weil man seine Sprache nicht kennt. Er machte eine Reise die ihm mit eignen Pferden (nach Ihrer Ausrechnung wieviel?) auf der Post nach der Tage 16 Rubel kostete. Vielleicht wäre ihm Hin und Rükreise mit 30 Rbln. über und über bezalt denn Sie wissen wie Russen reisen ich habe Karamsin davon benachrichtigt u im Enricoffschen Haus Würde nun aber der Fürst Kurakine und eine gewisse Gräfin und eine gewisse Fürstin der Academie in Peterburg ihm wohl
    garantieren
daß er auf dieser Reise wenigstens 5 Zobelpelze verkauft, ehe die Liefländer sie aus Canada u von den Americanern suchen, ausser was er fürs Frauenzimmer absetzt, die Kragen, Besätze p von Zobel tragen. Sie kennen aber Mitscherlich nicht, den Buchhändler? Und hier wären junge Herrn Uebersetzer und Schriftsteller genug ihm einen Laden in Derpt zu formiren mit Uebersetzungen Journälen u. Auszügen! Unser Zobelhändler nähme also auch Bücher mit für
    Mitscherlich,
damit, wenn durch die Correspondenz des hiesigen Mitropoliten und der – sehr
    gelehrten
Mitglieder der hiesigen Theol. Fakultät – in Saikonospaß mit dem Rigischen Erzbischoff
    Innokentii
Zutrauen zwischen Deutschen und Russen herauskommt, die Fürstin
    Daschkoff
eine
    gelehrte Gesellschaft
des Dörptschen Adels stiftete, die eine deutsche und Russische Typografie nach Pieskau aus Oberpalen
    vermittelten
und ans statt ihre Kinder mit unsäglichen Kosten 1000 Meilen weit hinaus zu schiken, dort
    Gelehrte
zu Professoren mit Kostgängern anpflanzte – damit sage ich diese Liefländischen Herrn die 100 Rbl auf eine Charte setzen, sich dort wenigstens mit einem anständigen
    Pelz
weisen können. Nun ist es lustig mit meinem Proceß mit den dasigen schönen Damen verheuratheten und nicht verheuratheten, die Catholisch thaten und nicht heurathen durften damit sie ihre geistlichen Stiften nicht verlören. Sie dürfen glüklich itzt von der Sandbank abstossen und zu ihrer Tante der Generalin bei der Flotte nach Peterb. reisen um sich mit den Offizieren des Cadettenkorps zu verheurathen, weil zu vermuthen steht, daß auch Liefländer aus dem Corps nach Pieskau reisen werden ihre Studien dort zu vollenden. So giebt Gott Sieg und heut ein Bruder Dero aufrichtiger Diener JMRlenz. Das sind 5–600 Rubel profit.
d. Jenner 1792. Hochwolgebohrner Herr insonders hochzuverehrender Gönner Ich habe Russische Zobelhändler aufgesucht, um sie aufzumuntern, eine Reise nach Dörpt zu übernehmen, da ich weiß, daß der zahlreiche dasige Adel in der h.3. Köngismesse sich sonst mit Pelzwerk von Frankreich aus Canada versieht und ich nicht begreiffe, warum ein solcher Handel nicht mit Kaufleuten aus Moskau zu schliessen wäre. Allein ich ward krank über diese Jagd und da mir das Ausgehen durch heftige Schmerzen gewehrt blieb, so glaubte wenigstens durch einige Zeilen der Erinnemng genug zu thun, welche von Ew. Hochwolgeb. ersten Bekanntschaft auf der Schule in fremde Länder mitnahm und wo ich nicht irre auf einem Conzert im Löwensternschen Hause so überraschend angenehm in einem Jahrmarkt zu erneuren die Ehre hatte. Vielleicht reiset einer unsrer hiesigen holländischen Kaufleute hinüber und nimmt diese Waare mit sich; es war mir hauptsächlich daran gelegen, dem Liefländischen Adel welcher wie man mir gesagt, von der Akademie der Wissenschaften Winke erhalten, daß die Monarchinn entweder in Dörpt oder in Pleskau, wo die Ewst und Welika sich mit der Toropa vereinigen eine hohe Schule errichten wolle, einheimischen Adel in den Landessprachen und Rechten unterrichten zu lassen, eh er die Fremde besucht, etwa
    zur Einweyhung
eines neuen Gebäudes, wie der
    Domantische
Zauberpallast eines verwünschten Prinzen in Pieskau seyn soll, Vorschub zu thun. Man sprach von einer Drukerey, die aus Oberpalen hieher versetzt werden sollte, und in der That wäre Herr Past. Hupel, der sich so verdient ums Vaterland gemacht, nach der Beschreibung Hn. Bakmeister in Petersb. von der alten Akademie zu Derpt, der einzige Gelehrte der
    werth
wäre, an der
    Stiftung
einer Universität Teil zu nehmen, da es ihm, wenn er sich etwa im Sommer oder Wintersemester dort aufhalten wollte, an einem Adjunkt in Oberpalen oder auch in Pieskau oder Derpt nicht fehlen sollte. Es ist hier ein Fürst Gholizin der in Liefland Güter hat und von seiner Bekanntschaft weiß ich zwey liebenswürdige Gelehrte aus der Schweitz, die vielleicht gegen vortheilhafte Anträge aus Liefland nicht unempfindlich seyn würden. Im Vorbeigehen „oserois je bien demander, mon cher Baron, si Vous aviez quelques Iiaisons avec une certaine Dame Douairière, Soeur de Ia Generale Kurganoffsky de Ia flotte à S. Petersbourg. Sa Soeur, comme elle ne doit pas ignorer, s’est donné une superbe maison et je crois que Me. d’A ** feroit très bien, de lui confier une ou deux de ses filles, dont on m’a dit, qu’une avoit un promis, Officier au corps des Cadets, et que j’ai eû I’honneur de voir chez Me. de K**. Le scrupule comme si son fief de Ia couronne courroit risque en eloignant une de ses filles, cesseroit bien vite parceque ces sortes de donations sont pour Ia vie de Ia Douairière. De plus, ce jeune officier dont depuis mon sejour ici je n’ai Ia moindre nouvelle, se trouvera probablement encore au corps, oú une 20taine de
    Livoniens
sont élevés aux depens de I’Imperatrice. Ces Livoniens en sort
    ant du
corps, pourro
    ient con
tinuer leurs études
    à Plesc
ou, et Mons. de Pr
    attje se
faire un merite distingué, de les accompagner.“
Verzeihen Ew. Hochwolgeb. daß ich alle Mißverständnisse zwischen Rußland und Liefland auf die Rechnung alter Chronikenschreiber und Schulfüchse setze. Sie waren nicht viel besser als die Romanschreiber, die bei den häuffigen Pressen in Deutschland sich wohl oft der seltsamen Anwendungen ihrer Rittergeschichten von der runden Tafel nicht versehen würden. Die Schwürigkeiten der Sprache, die durch Sitten, Gebräuche, Speisen sich gern möchten
    errathen
lassen, wenn sie sich Feier in der Aussprache zu begehen scheuen, machen das einzige Mißverständniß. Die Russische Geistlichkeit in Petersburg versteht sich sehr wohl mit der deutschen und wenn Drukereyen in beiden Sprachen oder die Uebersetzung des nehmlichen Buchs in beyde – den Weg öfneten, so würde man bei dem Russen des nehmlichen Nervensystems und Blutumlaufs, auch die nehmlichen Gesinnungen antreffen. Ich befinde mich ein wenig in einer kritischen Lage, welche meinen lieben Brüdern und Schwestern nicht unbekannt seyn kann. Man hält mich hier überall für reich – da ich doch einen Vater habe, der bereits über dem Grabe schwebt, eine Wittwe als Tochter mit ihren Kindern bei sich hat oder in Petersburg unterstützt und von den starken Familien meiner übrigen wohlversorgten Geschwister gleichfalls in Anspruch genommen wird. – Es ist schwürig, mit meinen Geschwistern Briefwechsel zu führen, denn da ein Prof. in Giessen mir die Ehre erwiesen mich mit dem Romanschreiber – der aber in andem Aemtern dabei steht – Hn. Göthe in eine Liste zu setzen, so suchen und finden sie in allen meinen Briefen nichts als unverständliche Worte Poesie und Roman. Der Himmel wolle ihnen das wohlbekommen lassen und den Buchhandel in Liefland vermehren, damit sie auch den berühmten Rousseau vom Fuß der Pedemontischen Gebirge zur Ehre unsrer Nation in unsrer Sprache lesen können. Meine ziemlich ernsthafte Krankheit setzt dismal allen launigten Nebenausschielenden Anspielungen Grenzen, unser Leben ist freilich auf diesem Erdball nur allzuoft wunderbarer, als es sich das Hirn der Dichter und Leser von Gedichten vorstellen mag. – – Ew. Hochwolgeb. Wollen mir meine Geschwätzigkeit als einem Kranken und zum Jahrmarkte verzeihen da man gern viel spricht und ich hoffe, daß auch mein Bruder und Geschwister das Glük haben werden, denenseihen aufzuwarten. Man spricht von neuen Magazinen die einige reiche Entrepreneure von Metallgruben an verschiedenen Plätzen des Reichs errichten werden, welches da man in Liefland nur Branntwein nach Permien und Casan schikt, leicht zu einem solidem Handel mit Brod und Gerstensaft Gelegenheit geben könnte, woran es in den Berggruben zu mangeln scheint. Der Russische Tressenhandel würde z. B. nebst Kupfer zu Branntweinkesseln und Eisen zu andern Kesseln, gegen Lieferungen an Grütze, Malz u. s. f. über Pleskau, Toropez und Smolensk durch Agenten sehr wohl geführt werden, und manche Weitläuftigkeiten erspahren. Ich will vom Leinwand und Strumpfhandel schweigen, der auch aus benachbarten Ländern geführt wird, und da fast halb Rußland barfuß geht, bei Vereinigung der Düna mit dem Dnepr und der Moskwa mit vielem Vortheil, nebst dasigen Lächsen und gesalzenem Fleisch gegen Sibirische Fische geführt werden könnte, die man auf dem Wasser lebend erhalten kann. Sollten die Engländer mehr Bley und Zinn einführen, daß mehr Küchengeräth angeschafft werden könnte und sich etwa ihres Plüsch und Manchesterhandels wegen in Absicht der Geistlichen mit der
    Krone
in Verhandlungen einlassen, so würde der innere Handel auf den Liefländischen Märkten bald mehr Vergnügen machen, als selbst der entfernte. Ich breche ab um Ew. Hochwohlgeb. als ein Kranker die aufrichtige Achtung zu bezeugen, welche mir Ihr persönliches Bezeigen eingeflößt. Den Liphartischen Häusern bezeige meine Ehrerbietung gleichfalls, und den jungen von Löwenstern bitte gelegentlich beizubringen, daß ihr ehmaliger Hofmeister im Hause des D.
    Büsching
in Berlin schon vor mehrern Jahren den Schritt gethan, den wir alle einmal machen werden und welchem in diesen Tagen auch bisweilen nahe war. Ew. Hochwolgebornen gehorsamer Diener JMR Lenz. Moskau, d. 14ten Jenner 1792. Hn. Postmeister Peuker wird dieser Brief wo möglich zur Bestellung ergebenst empfohlen.
á Monsieur Monsieur le Baron de Stiernhielm possesseur des terres á Wasola