diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml index 288e469..bf123e6 100644 --- a/data/xml/briefe.xml +++ b/data/xml/briefe.xml @@ -2717,6 +2717,53 @@ Sceenen acht haben in welchen Flavia vorkommt, u mir ihre Meinung drüber wissen lassen. ihr Gefühl allein soll mir der Probierstein all der weiblichen Characktere sein die ich mir vorzüglich geglückt glaube“ + + – – So führen Sie mich denn! Und da es einmal so weit gekommen ist, so muß ich Sie bitten, Sie + mögen an mir Beobachtungen und Entdeckungen machen, welche Sie wollen; entziehen Sie mir Ihre + Freundschaft nicht! Ich nehme das Wort in der strengsten, eigentlichstell Bedeutung; nichts mehr, + aber auch nichts weniger ist mein Herz stolz genug von Ihnen zu verlangen. + + Ein gewisser Leichtsinn, der oft nah an Unbesonnenheit grenzt, ist eine Gabe, die die Natur für gut + befunden hat mir besonders aufzuheben. Welchen Wert die hat, kann ich noch nicht bestimmen, + aber mir ist sie bisher oft unentbehrliche Wohltat gewesen. Ich lege mich immer zu Bett, als ob + ich den andern Morgen nicht aufstehen würde, und jedes Schicksal ist mir gleich. Sagen Sie mir, + könnten Sie die Freundin eines solchen Menschen seyn? So viel muß ich Ihnen dabey sagen, daß mir + andre Menschen, deren Wert ich erkannt habe, heilig sind. Mag auch das Leben noch so barocke Szenen + mir vorbehalten, und überhaupt das Schicksal über mich ergehen lassen, was es wolle, diese angenehme + Sensationen, und die Erinnerung derselben, kann es mir doch nicht nehmen, und das ist meine Genügsamkeit. + + Ich muß mich doch auch ein wenig ausstreichen; was meynen Sie? Damit Sie wissen, was Sie von + meinen Urteilen zu halten haben. So muß ich Ihnen denn sagen, daß ich nicht der einzige bin, der + Erkundigungen nach Ihnen macht; vielleicht nicht alle aus dem Motiv; indessen wer kann Motive beurtheilen. + Die Erscheinung einer Dame von Ihrem Range auf dem Pamaß, (die so viele andre Sachen zu thun hat,) mußte + jedermann aufmerksam machen. Mich ärgerte nichts mehr, als – Gott weiß, daß ich die Warheit sage, – als die + dummen Noten, die mich allemal bey den seligsten Stellen in meinem Gefühle unterbrachen, gerad als wenn einem + kalt Wasser aufgeschüttet wird. Gleich fühlte ich, daß in den Noten die Verfasserin nicht war; einige dunkle + Klätschereyen sausten mir um die Ohren, Sie hätten dem Umgange mit Wieland vieles zu danken; ich muß Ihnen aber + zur Beruhigung sagen, daß alle diese Nachrichten von Frauenzimmern kamen, bey denen ich die Quelle leicht + entdeckte. Verzeihen Sie mir! Auf den Punkt ist ein kleiner Neid auch manchmal bey edlen Personen Ihres + Geschlechts sehr natürlich, und mir also gar nicht einmal auffallend; nur ärgerte mich’s, daß ich Niemand + von meinem Geschlecht hörte, der gesunden Menschenverstand oder Edelmuth genug gehabt hätte, im Gegenteil zu + behaupten: Wieland müsse Ihrem Umgange alles – alles vielleicht zu danken haben, was ihn schätzbar macht. + Ich sagte noch neulich, (und das rechne ich mir nicht zum Verdienst an) einer Frau von Stande, die auch mit + dem zweideutigen Tone von Ihrer Sternheim sprach: „Wieland könnte wohl viel Antheil daran haben“ sehr trocken, + (ohne damals die geringste Nachricht zu haben,) ich hielte W. nimmermehr für fähig, in seinem ganzen Leben so + feine moralische Schattierungen zu mahlen; In der That muß es jedem nur halb gesunden Auge auffallen, daß sein + Pinsel viel zu grob dazu ist. Noch habe ich in einem Frauenzimmer-Briefe, (wo mit außerordentlichen Lobe von + Ihrem äußern Betragen gesprochen wird) die seltsame Bemerkung gelesen, Wieland könne Sie wohl bey seiner + Musarion in Gedanken gehabt haben. Das wußt’ ich wohl, daß er Ihnen unter dem Namen Danae, die Grazien + dedizirt hatte. Mit allen dem hätten Sie von einem ganz andem Pinsel gemahlt werden sollen, wenn er Reitze + der Seele zu malen verstanden hätte. Ein Rousseau – O geben Sie mir doch Schlüssel zum Verborgenen! Wie + hat Wieland Sie kennen gelernt? Und war seine Empfindsamkeit für Sie mehr Prahlerey, als innere Rührung? + Ich habe bisweilen wunderliche Ideen im Kopf, und bin nicht umsonst so aufdringend, so neugierig. Bedenken + Sie, daß auch ich älter werden kann, und daß der Wunsch jeder gut meinenden Seele Erhörung verdient, in den + Standpunkt gesetzt zu werden, hochgeschätzte Personen in ihrem
    wahren
Lichte zu sehen. Auf meine + Verschwiegenheit können Sie zählen; wenigstens
    die
Tugend hat mich meine Situation gelehrt, da ich als + Vertrauter junger Herren gereiset, und vier Jahre mich bloß dadurch bey ihnen erhalten habe. Ich habe keine + Maitresse, und keine Ergießungen des Herzens als vor Gott. Bisweilen auch an dem Busen meines Göthe, der nun + freilich viel von mir weiß. Was könnt’ ich nicht in dem Fall! Rosalia!– Erlauben Sie mir diesen Namen! – + Seyn Sie so gütig, und fahren fort. Ach welchen Tag, welche Sonne Sie in diesem + Herzen ausbreiten. – Rosalia!
diff --git a/data/xml/meta.xml b/data/xml/meta.xml index 289b6ad..ac7e11b 100644 --- a/data/xml/meta.xml +++ b/data/xml/meta.xml @@ -791,6 +791,20 @@ + + + + + + + + + + + + + + diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml index aea729b..6660ceb 100644 --- a/data/xml/traditions.xml +++ b/data/xml/traditions.xml @@ -327,6 +327,11 @@ + + + Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 56/I,6,1, Bl. 5r–6r, zg. Abschrift + +