From c8bfd73260f25cf2e52e6e855eff107d18aa24ee Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: GregorMichalski Date: Mon, 2 Dec 2024 17:40:19 +0100 Subject: [PATCH] Einpflegung von Brief 184. --- data/xml/briefe.xml | 217 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ data/xml/meta.xml | 30 ++++++ data/xml/traditions.xml | 7 ++ 3 files changed, 254 insertions(+) diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml index b5b9998..a1643a1 100644 --- a/data/xml/briefe.xml +++ b/data/xml/briefe.xml @@ -6920,6 +6920,223 @@ Herrn Archivarius in Gotha. + Liebster Bruder. Was denkst Du über mein Zögern? Es konnte aber alles auch Deinetwegen nicht eher + geschehen, und wann ich den Pack von Zürich abwarten wollte so könnt ich so wenig den diesen + hiesigen Pack abschicken und der erstere in dem unter andem auch die Siena eingepackt ist, würde + auch noch hier seyn vor ongefähr 4 Wochen that ich ihn auf den Wagen. Hastu ihn dann noch nicht + erhalten, schreib mirs doch. Den Pack von Zürich soll ich erhalten haben wie Du mir schreibst + daß Dir Lavater gesagt hätte, und ich habe keinen Staub davon gesehen. Hat ihn etwa der unstäte + Kaufmann mit gekriegt der von Winterthur nach Strasburg abreiste und nach seiner Manier eher + noch einmal nach Zürich zurück kommt. Sobald ich den Pack bekomme, soll ich ihn unerbrochen Dir + zuschicken, unerbrochen? und soll doch 2 Exemplare an Mslle König und 1 an Mslle Schoell und so + fort abgeben? ich muß Deinen letzten Willen gelten machen, und mich auf Deinen Glauben an meine +
    religiöse
Verschwiegenheit verlassen. + + Theuerster Bruder ich schwöre Dir bey dem einzigen Gran von gutem Herzen den Du bey mir vermuthest + daß ich nicht spasse mit dem ersten April O Lenz wie kannstu das von mir glauben? Warlich warlich + mit all Deiner großen Menschenkenntnis Du kennst mich kaum halb wann Du so was wähnen kannst, aber + ach theure liebe Seele wer kann Dir auch das zumuthen zu glauben, laß mich mit Dir weinen mit Dir + – ach – verstummen. Kennstu beyliegende Silhouette wovon an Lavater auch eines abgeschickt wurde, + und ich hab den Schattenriß selbst genommen und ihn ins kleine gebracht, und mich aufs sorgfältigste + dabey bemüht. – wie gesagt es war am ersten April in der neuen Kirche mittags um 12 Uhr. + + Die gnädige Frau hat wirklich das bewußte Portrait selbst gemalt aber Sie sagt es sey nach Potsdam + und nicht nach Weymar geschickt worden. Diese Woche wird sie nach Bußweiler abreisen mit dem gnädigen + Herrn und von da auf ihre Güther und so den ganzen Sommer über nicht zu Strasburg seyn. + + Lenz Lenz von der Vocation ins Philanthropin sag ich kein Wort, aber warum nimmst Du die zu Weimar + nicht an? Warum? gieb Acht wo die Ursache her kommt und wo sie hin führt. Lenz mein theuerster, Liebster + sey Lenz und vergieb meiner Liebe zu Dir, ich sage kein Wort mehr hievon, bin kein Redner für Dich. + – Freilich sollst Du wieder einmal herkommen und ohn den Gedanken wäre mir Deine Entfernung sehr hart, + aber fixiren kannstu Dich hier wohl schwerlich. + + Viel politische Neuigkeiten kann ich Dir wirklich noch keine von hier melden. Von Krieg wird nicht gesprochen, + der Hof ist noch immer zu viel mit sich selbst beschäftigt und scheint alle auswärtigen Angelegenheiten von + sich ablehnen zu wollen. Mr. Turgot hat seine Dimission bekommen, vermuthlich daß er sich durch verschiedene + Edicte viel Hasser gemacht denen seine ökonomischen Projekte (die an den meisten Orten bis zur Ausführung + reif waren) – für ihre besondere Ökonomie nicht anständig waren. Der König selbst soll, wie man mich + zuverlässig versichert hat, sein letztes Lit de justice bereuen. + + Beym Franzosen bin ich gewesen und hab die Interessen mit 24 Sous besorgt, so bald es sein kann will ich der + Relation ein Ende machen, seh aber noch nicht wann. + + + Unsere Besatzung. 1 Regiment schwere Kavalerie von 350 Mann. + 1 – Dragoner + 1 Regiment Schweitzer-Salis + Elsaß + Anhalt + Quercy + Lyonnais in der Zitadelle + 350 Mann + 350 Mann + 1032 + 1032 + 1032 + 1000 + 1000 + + Das Artillerie-Corps nicht mitgerechnet #5796. Verte + + am linken Rand, vertikal Berechnungen von Lenz’ Hand + + + + Zu Flies werd ich nächstens gehen. Worinn besteht das Schletweinische Ursystem? ists theologisch? – hier + wird nichts Neues von der Art eingeführt, den Theologen hier ist die Ruhe lieb und zu dem verstehn sie + das alte System noch lange nicht genug, ich denke sie würdens alsdann noch eifriger beibehalten wann sies + nach seiner ganzen Spinnigkeit kennten. – ist’s politisch? bestehts in neuen Exercitien? so kann ich Dir sagen + daß die Sache nicht interessant seyn kann, denn es wird bald wieder ein Ende haben, sobald eines erlernt + ist kommt immer wieder ein neues auf. – ist’s ökonomisch? bestehts in der Vertheilung der Almenplätze und + in der Bearbeitung derselben zum Ackerbau, so kann ich Dir sagen daß man hier fast alletage fortfährt dieselben + zu versteigern. Unser Magistrat hatte bei jedem Viertel Frucht das in die Stadt kam ein gewisses Stück + Geld abzufordern das jährlich ein Einkommen von 40–50000 Gulden ausmachte und da nun dies auf Königsbefehl + wegfällt, so suchen sie sich durch Versteigerung der almen Plätze Ersatz. Wie sich alles das bey der Veränderung + des Herrn Turgot entwickeln werde? – mag Zeit lehren. + + Das Geld für die Brief Porto bey Schönfeld ist 6 l. Er grüßt Dich. Türkheim, Blessig grüssen Dich und von + allen Orten her habe ich Grüsse an Dich. Das Monument ist zum Theil schon angekommen, die Pyramide steht + schon aufgerichtet in einer Mauer á vue perdue beydes in schwarzem Marmor, die Statuen aber werden noch erwartet. + Unsere Esel von Dumherrn machen immer Difficultäten, sonst wäre Pikal schon längst hier und eher werden die + Statuen nicht kommen. Der Graf von Artois soll freilich auch herkommen aber bey gegenwärtiger Hofunruhe solls + noch ungewiß seyn. + + Das 2te und 1te Stockwerk des Lauthischen Hauses hat Freunde wahre Freunde von Dir die Dich grüßen, im 2ten + hören sie das Ablehnen Deiner Vokation zu W nicht gern, im ersten wissen sie nichts davon und sind ruhig. + Sie grüßen Dich beyde recht herzlich. + + Laß Dich erbitten mir Verzeichnisse von Deinen und Herrn D.Göthens neuen Stücken zu schicken. Claudine? + Von wo muß man’s kommen lassen? Dein Engländer? Was ist das? wer verlegts? Ist Dr. Faust fertig gedruckt? + + Wegen den Bauren auf dem Land muß ich erst noch nachfragen. Den Guibert hab ich empfangen, ich glaubte er + sey im Getümmel von Schlachten herum getragen worden – doch habe ich ihn dermaßen zurecht legen· und ausheilen + lassen daß man ihm nicht einmal die Wunde ansah die er vom Leser bekam und der Hr. Pr. Koch machte gar ein + freundliches Gesicht als er ihn sah und Deinen Brief bekam und läßt Dir ein höflich Compliment sagen. + + am linken Rand, vertikal Berechnungen von Lenz’ Hand + + Die Veränderung die man mit den Regimentern vornehmen wird. Jedes wird aus zwey Bataillons bestehen. Das erste + Bataillon kriegt 5 Compagnien. Jede zu 160 Mann gerechnet, davon eine Compagnie aus Grenadirs besteht, + die 4 andern aus Gemeinen. Das zweite Bat. hat statt Grenad. eine Comp. Jäger. Dann kommt noch eine Compagnie + auxiliaire zu jedem Regiment, diese eilfte besteht aus Recrues die unter dem Kommando von 6 Officiers exerciert + werden und allemal die abgehenden Leute ersetzen. Aus Ursach dessen ist auch die Land Milize abgeschafft worden. + Jede Compagnie hat 2 Capitaine und 4 Officiere. Auch wird der jährliche Sold der Officiere vermehrt so daß statt + 500 l. die ein gemeiner Officier jährlich bekam er 700 bekömmt. Jedes Regiment wird also um 600 Mann ungefähr + verstärkt, dann 160 Mann in der Comp. X 11 = 1760 Mann und itzt hat ein Regiment ongefähr 1000 bis 1200 Mann. + + Ich bin beym H v Flies gewesen traf ihn nicht an, morgen. Hr v. Kleist sagt Dir ein Kompliment ich komm itzt. + täglich zu ihm. Zimmermann grüßt Dich, dankt Dir herzlich für den Brief, bittet um Frist zu antworten, hatte das + Fieber und eine recidive. liegt noch! und ich kann ihn kaum besuchen. – Alle Schweizer grüßen Dich auch. Hafner + grüßt Dich auch, predigt itzt zuweilen, aber nur französisch, sehr fließend über MoraJen sur la charité, sur la + médisance Völlig im französischen Geist. Man hört ihm seine Lektür und die Wendung die polie die sie seinem Geist + gab an. Was willstu für Akten? + + Die Iris wie Du itzt wissen mußt hat Hr Spener zu Berlin in Verlag genommen und sein Comissionair in Strasburg + ist Bauer & Treitel. Kann also nichts mit machen, nicht Dir zeigen daß Du nicht schreiben sollst
    „was du draus + hebst nimmst du zu erst für dich, denn
etc“ Lenz laß mich machen so lang ich machen kann + + + + Wohl bekomm Dir Dein Bucephalus! Bücher schick ich Dir keine, der Porto kommt Dich höher als sie werth sind. + Shakespear und mein Homer sind hier geblieben, ich hab dem Hr. Schlosser geschrieben daß er sie haben kann, + ich warte auf Antwort. Er ist aber zu Anfang des Monds nach Helvetien gereist. Die Frau Hofräthin ist allein, + vielleicht komm ich hin ich werd ohn das in die Gegend kommen. Wenn’s möglich ist so abonire mich für den + Merkur auf dies Jahr. Hier ist alles voll Sehnsucht. + + Hastu Lenz die Verse gelesen die Lavater der Frau von Oberkirch auf ihre Copulation geschickt hat ohne + Unterschrift des Namens, die sind herrlich ich will suchen eine Copie davon zu kriegen. Sie sagte sie könnten + nicht an sie adresirt seyn. + + Hastu mit dem Pack von hier nicht auch meine ersten demosthenischen Bögen erhalten, mache damit wie Du vor gut + findest nur sage mir was draus wird, findets An und Aufnahme im Merkur oder Musäum so fahr ich fort. Mit der + Zeit etwa eine Parallel zwischen Demosthenes und Isokrates, und von da eine Provinzialschrift für Prediger wo + ich viel auf dem Herzen habe das alles kann aber nicht miteinander ziehen, man mögte das letzte sonst gar nicht + fassen oder tragen können. + + Liebster Bruder noch Nachrichten die ich Dir sagen will von der gnädigen Frau. Gleich nach der Hochzeit wurde + sie auf ein paar Tage krank und bekam die Rötheln. Sie giengen drauf mit dem Herrn (der stark in den 40 ist, nicht + besonders kultivirt, ihren großen Werth kaum ahnden kann, keine Lektur goutirt, sehr eigennützig seyn soll – wie er + dann dieß vom alten Herrn Vater geerbt hat – doch soll er Ihr sehr attachirt seyn und schon bei 7 Jahren wie man + sagt immer Reflection auf sie gemacht haben – sie ist von den reichsten adelichen Familien) nach ihren Güthern, von + da kamen sie wieder in die Stadt, blieben einige Wochen bis diese hier, wo ich sie alle Sonntage in der Neuen Kirche + sah und mich an ihrer Devotion erbaute. Vor ein paar Tagen empfieng ich von Mslle König der ich gesagt hatte daß ich + mit Silhouetten umgehen könnte ein Billett, wo sie mich ersucht Lavatern und Dir zu Gefallen das Profil von einer + Freundin zu nehmen welche beyder Verdienste sehr hoch schätzte, ich kam den Tag drauf auf bestimmte Zeit hin ’s war + Sonnabend nach der Auffahrtsfeier zwischen 9 u. 10 Uhr morgens, Sie führte mich zur Gnädigen Frau die mich als Deinen + Freund sehr gnädig aufnahm und in einem Zimmer wo man alle einbrechenden Schimmer des Tags verstecken konnte + machte ich den Schattenriß. Der Herr war um die Zeit an dem Rathauß dann er soll nichts davon wissen. + + Ich habe seit Deiner Abreise einige mal gepredigt und am letzten Himmelfahrtfest vor einer großen Versammlung, + es gieng mir Gott sey Dank allemal gut, ich hatte nie die geringste Schüchternheit, u. schämte mich daß mir jemals + für der Sache bang war, auch ist mir mein Gedächtnis getreu und nirgends habe ich mehr Lebhaftigkeit und + Entgegenwallung des Herzens als auf der Kantzel. Das letzte macht mich oft mit allem Vorsatz extemporiren und dann + komm ich immer mit présence d’esprit wieder aufs Conzept zurück. Ich glaub itzt mehr als jemals daß die Kanzeln nicht + umsonst gebaut wurden und sie wichtige Bestimmung für den sind der sie würdig betritt, ich hoffe mit der Zeit unter + die gezählt zu werden. Lebe wohl lieber Bruder! Gott tröste Dich! sey mit ihm Lenz wie er gewiß mit Dir ist mein lieber + leidender Heiliger. Vergibe mir wann ich was sagte das in diesem Brief Dir widrigen Eindruck machen sollte entweder + weils Misverstand wäre oder ich Deine Delicatesse nicht genug geschont haben sollte, ich schrieb in großer Unordnung, + wie ich eine Seite Deiner lieben Briefe nach der andern wie sie mir vorfielen beantwortete. Vergieb das lange Zaudern + und Zögern, wann ich Dich nicht kennte so würde ich glauben, daß deswegen ein fulminanter Brief auf dem Weg sey, aber + liebe mich und glaube daß ich nicht sowohl Deine Freundschaft zu verdienen mit bestem Vermögen strebe als vielmehr + meiner eigenen Liebe zu Dir Satisfaction zu geben bemüht bin Dein alter Röderer.
    Strasb. d. 23 May 1776.
+ + Den Pack den ich Dir senden werde wird erst über 8 Tage von hier abgehen können, es mag alsdann das Paket aus der + Schweitz da seyn oder nicht. + + Meine Hochachtung an H Dr. Göthe und wann Du mich nennen magst an Herrn Hofr: Wieland. + + + Quisqui ubique habitat + Maxime nusquam habitat + + + schändliche kalte Tugend die uns + zwingt Aufopferungen gegen einen Freund + zu machen den wir hernach dafür nicht + lieben könnten. + + + Schicksal des + Guten + Einer der alles hingiebt zuletzt das Leben und nichts thut weil er + nicht das Herz hat + eines X stumm der + Weg zum
    Vater.
+ + + + + + + hat sie mich davon vorher warnen lassen ˕durch ihn˕ + und ich suchte das nicht zu hindern + nur wenn alles gethan ist den letzten Genuß + um ihr sagen daß ich sie erwarte + + Röderers Hand + Adresse + An Herrn Lentz + bey Herrn Doctor Goethe + zu Weimar. + + + + Gusne + Joka + J + + Sobald
    meinen Platz ein anderer
+ Ausfüllen kann, warum ihn nicht verlassen? + Sobald also dies gethan ist – geh ich. Es ist Gott der mich ruft. + Im Frieden ist auch im Mil. nichts zu thun für mich. + + 1 Schnuptuch + 2 Hemden + 3 p. Strümpfe + 3 Binden
+ + zwei Profilskizzen
+ diff --git a/data/xml/meta.xml b/data/xml/meta.xml index bbf1389..a2eb5c9 100644 --- a/data/xml/meta.xml +++ b/data/xml/meta.xml @@ -2747,5 +2747,35 @@ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml index 1701d97..14a5f1d 100644 --- a/data/xml/traditions.xml +++ b/data/xml/traditions.xml @@ -1129,5 +1129,12 @@ + + + Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 43 (erstes Blatt) u. Ms. 1113, F. 25, V. + 32, Nr. 42 (zweites Blatt) + + +