mirror of
https://github.com/Theodor-Springmann-Stiftung/lenz-briefe.git
synced 2025-10-28 16:45:31 +00:00
FIX: doppelte page tags entfernt
This commit is contained in:
@@ -1042,7 +1042,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="48"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Ich höre, Du willst nach Strasburg kommen Lavater! Kupfer zu Deiner Physiognomik hier stechen zu lassen. Ich seegne diesen Vorsatz und wünschte ihn in die Zeit hinaus da Goethe gleichfalls sich vorgenommen hie durch zu seiner Schwester zu reisen, wohin ich ihn begleiten könnte. Das Haus in welchem Du ehemals hier geherbergt, wartet daß ich so sagen mag mit offenen Armen auf Dich, in der That darfst Du in Strasburg nirgend anders hin wohnen. Du würdest die Leutgen seufzen machen. Ich wohne zwar selbst nicht mehr da indessen steh ich doch noch immer in Zusammenhang mit ihnen und sie sind es die mir den Auftrag gethan, Dir zum voraus ein Liebesseil an den Hals zu
|
||||
<line tab="1"/>Ich höre, Du willst nach Strasburg kommen Lavater! Kupfer zu Deiner Physiognomik hier stechen zu lassen. Ich seegne diesen Vorsatz und wünschte ihn in die Zeit hinaus da Goethe gleichfalls sich vorgenommen hie durch zu seiner Schwester zu reisen, wohin ich ihn begleiten könnte. Das Haus in welchem Du ehemals hier geherbergt, wartet daß ich so sagen mag mit offenen Armen auf Dich, in der That darfst Du in Strasburg nirgend anders hin wohnen. Du würdest die Leutgen seufzen machen. Ich wohne zwar selbst nicht mehr da indessen steh ich doch noch immer in Zusammenhang mit ihnen und sie sind es die mir den Auftrag gethan, Dir zum voraus ein Liebesseil an den Hals zu
|
||||
<page index="2"/>werfen, damit Du unsern Hofnungen nicht entgehen könnest. Ich habe unter der Zeit manches erfahren und mich auch ein kleinwenig mit der Welt aussöhnen lernen, vielleicht weil mein Schicksal besser worden. So sind wir Helden, die ein Lüftgen dreht – Du aber bleibest wie Du bist. – Meine größten Leiden verursacht mir itzt mein eigen Herz und der unerträglichste Zustand ist mir mit alledem doch, wenn ich gar nichts leide. Viellleicht ist alle Glückseeligkeit hier nur immer Augenblick und Ruhepunkt den man nimmt um sich in neue Leiden zu vertiefen.
|
||||
<line tab="1"/>Lieber Lavater! ich muß hier abbrechen, Geschäfte bestürmen mich, denn ich führe mein Schiff itzt selber. Leb wohl.
|
||||
<line type="break" /><align pos="right">Lenz.</align>
|
||||
@@ -1318,7 +1318,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="71"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Warum ich schweige Herder? Weil die Freude keine Sprache hat. Weil die Liebe keine hat. Schweige mir gleichfalls.
|
||||
<line tab="1"/>Warum ich schweige Herder? Weil die Freude keine Sprache hat. Weil die Liebe keine hat. Schweige mir gleichfalls.
|
||||
<line tab="1"/>Den 30sten Sept. Es ist mein Namenstag Und heute heute erhielt ich Deinen zweyten Brief. Herr nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren. Vor dem Hafen lag mein Schiff– ein Sturm erhub sich – auf immer schiffbrüchig – und nun lauf ich ein –
|
||||
<line tab="1"/>Ach wenn du meine Soldaten hast, wenn Deine Frau ihn Dir vorliest – genug. Und auch Dich ehren die Könige? – Alles. – Aber quacken sollen sie doch, die Dich antasteten wenn ich meinen Fuß ihnen aufden Nacken setze.
|
||||
<line tab="1"/>Es war mein Bruder der Dich in Königsberg kannte. Und mein halber Feind. Doch hoff ich, auch er wird Freund werden . Ach ich darf nicht mehr schreiben, mein Herz schilt mich schon itzt. Aber gieb Deiner Frau einen Kuß wenn sie Dir die Soldaten gelesen hat. Unsere Seelen sind wahre Schwesterseelen. Und ich zittre vor Euer beyder erstem Anblick. Dann wird kein Wort gesprochen, keine Lippe muß das entheiligen.
|
||||
@@ -1329,7 +1329,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="72"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers, des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren – wäre Lästerung. Ihn durch dies Stück bekehren wollen – Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W. <ul>dem Menschen,</ul> nicht mit Wiel. <ul>dem Schriftsteller</ul> zu thun? Thu ich <ul>mir</ul> nicht den grösten Schaden <del>th</del> damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er <ul>frohlocken kann</ul> über mich? Und das meine eignen Freunde.
|
||||
<line tab="1"/>Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers, des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren – wäre Lästerung. Ihn durch dies Stück bekehren wollen – Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W. <ul>dem Menschen,</ul> nicht mit Wiel. <ul>dem Schriftsteller</ul> zu thun? Thu ich <ul>mir</ul> nicht den grösten Schaden <del>th</del> damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er <ul>frohlocken kann</ul> über mich? Und das meine eignen Freunde.
|
||||
<line tab="1"/>Jeder Autor <ul>hat ein Recht auf das was er</ul> geschrieben. Ich bitte euch also mirs zurückzuschicken und mich meinem Schicksal zu überlassen.
|
||||
<line tab="1"/>Ich schreibe dies mit dem kältsten Blut und der gelassensten Ueberlegtheit von der Welt.
|
||||
<line type="break"/><align pos="right">Lenz
|
||||
@@ -1388,7 +1388,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="76"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Wie begierig ergreiffe ich gegenwärtige Gelegenheit, Ihnen, mein liebens- und verehrungswürdiger Freund, das Vergnügen auszudrücken, das mir Ihre letztere gütige Zuschrift gemacht. Ihre kleine Capelle sollte mir in der That die erwünschteste Zuflucht für meine Weihnachtsandacht seyn, wenn sich meine äußerlichen Umstände nur im Geringsten darnach fügen wollten. So aber kann ich nur noch aus der Entfernung Ihnen zur völligen Wiederherstellung Ihrer Kräfte den herabströmenden Himmel anwünschen. So viel Nachrichten von Ihrer Person, von Ihren Schiksalen, von Ihrer Verbindung haben schon seit langer Zeit den Wunsch in mir rege gemacht, eine Wallfarth zu Ihnen anzustellen und Sie in der Sphäre, die Sie anfüllen, zu sehen; ich behalte mir diese Freude auf bessere Zeiten vor.
|
||||
<line tab="1"/>Wie begierig ergreiffe ich gegenwärtige Gelegenheit, Ihnen, mein liebens- und verehrungswürdiger Freund, das Vergnügen auszudrücken, das mir Ihre letztere gütige Zuschrift gemacht. Ihre kleine Capelle sollte mir in der That die erwünschteste Zuflucht für meine Weihnachtsandacht seyn, wenn sich meine äußerlichen Umstände nur im Geringsten darnach fügen wollten. So aber kann ich nur noch aus der Entfernung Ihnen zur völligen Wiederherstellung Ihrer Kräfte den herabströmenden Himmel anwünschen. So viel Nachrichten von Ihrer Person, von Ihren Schiksalen, von Ihrer Verbindung haben schon seit langer Zeit den Wunsch in mir rege gemacht, eine Wallfarth zu Ihnen anzustellen und Sie in der Sphäre, die Sie anfüllen, zu sehen; ich behalte mir diese Freude auf bessere Zeiten vor.
|
||||
<line tab="1"/>Dürft ich Ihnen einen Antrag thun. Es verbindet sich hier eine Gesellschaft schätzbarer Gelehrter, unter denen auch Offiziere und hier angesessene Personen sind, zur Verbesserung der hiesigen deutschen Mundart sowohl als zur möglichsten
|
||||
<page index="2"/>Bereicherung unsers in Schriften gebräuchlichen Hochdeutsch. Wollten Sie würdiger Mann mit von unserer Anzahl seyn. Herr Lizenziat Ott wird Ihnen mündlich eine ausführlichere Beschreibung von diesem Institut machen können. Wir erbitten uns von Ihnen nichts als von Zeit zu Zeit, sobald es Ihre Geschäfte verstatten, einige Zeilen als Beytrag zu einem Idiotikon vom Elsaß, Vorschläge etwan wie ein und anderes kräftiges Wort, der guten Sprache unbeschadet, in dieselbe aufgenommen und vor dem ewigen Verdammungsurteil Provinzialwort gerettet werden könnte. Ich muß Ihnen gestehen, daß bey dem ersten Vorschlag einer deutschen Gesellschaft im Elsaß mir der Beystand eines seiner ersten Schriftsteller unentbehrlich scheint und also dieser Antrag ganz und gar eigennützig ist. Herr Hofrath Schloßer wird Ihnen die
|
||||
<page index="3"/>erste Schrift mittheilen, die ich bei Eröfnung dieser Gesellschaft in dem Hause des Herrn Aktuarius Salzmann abgelesen. Sie sind so gütig, mir sie wieder, nebst einer geneigten Antwort auf unsern Antrag, zukommen zu lassen, weil sie in unser Archiv eingetragen <insertion pos="top">werden</insertion> soll und ich noch keine Abschrift davon genommen.
|
||||
@@ -1413,7 +1413,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="77"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Lieber Müller, ich kann mich nicht halten, ich muß in dem Augenblick da ich Ihren Satyr Mopsus lesen, in dem Augenblick der Leidenschaft Ihnen schreiben. Ich umarme Sie. Sie haben eine so muthige so feuervolle Sprache, daß mirs kalt und warm wird. Und brünstig wär’ ich den <ul>Maler</ul> zu sehen – der so <ul>schreiben</ul> kann. Daß Ihnen doch weder Lob noch Tadel der Kritiker weder Wind noch Sonnenhitze schadeten und der Nachkomm’ unter Ihrem Schatten fröhlich ruhte.
|
||||
<line tab="1"/>Lieber Müller, ich kann mich nicht halten, ich muß in dem Augenblick da ich Ihren Satyr Mopsus lesen, in dem Augenblick der Leidenschaft Ihnen schreiben. Ich umarme Sie. Sie haben eine so muthige so feuervolle Sprache, daß mirs kalt und warm wird. Und brünstig wär’ ich den <ul>Maler</ul> zu sehen – der so <ul>schreiben</ul> kann. Daß Ihnen doch weder Lob noch Tadel der Kritiker weder Wind noch Sonnenhitze schadeten und der Nachkomm’ unter Ihrem Schatten fröhlich ruhte.
|
||||
<line type="break"/><align pos="right">Lenz.</align>
|
||||
<page index="2"/><note>rechte Spalte</note> Dank für das Lied in der Schafschur vom Garten der Liebe – ewigen Dank!
|
||||
<line type="empty" />
|
||||
@@ -1421,7 +1421,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
|
||||
</letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="78"><page index="1"/>
|
||||
<line tab="1"/><page index="1"/>Ich danke Ihnen für Ihre Freundschaft und Ihr Andenken. Mein Schicksal ist jetzt ein wenig hart. Ich gebe vom Morgen bis in die Nacht Informationen und habe Schulden. Alles was ich mit Schweiß erwerbe fällt in einen Brunnen, der fast keinen Boden mehr zu haben scheint. Mein Glück in meinem Vaterlande ist verdorben, weil es bekannt ist, daß ich Komödien geschrieben.
|
||||
<line tab="1"/>Ich danke Ihnen für Ihre Freundschaft und Ihr Andenken. Mein Schicksal ist jetzt ein wenig hart. Ich gebe vom Morgen bis in die Nacht Informationen und habe Schulden. Alles was ich mit Schweiß erwerbe fällt in einen Brunnen, der fast keinen Boden mehr zu haben scheint. Mein Glück in meinem Vaterlande ist verdorben, weil es bekannt ist, daß ich Komödien geschrieben.
|
||||
<line tab="1"/>Sehen Sie dies offenherzige Gemählde meines Zustandes als einen Beweiß meiner Freundschaft an und gehn behutsam damit an. Sie haben kein Herz, das eines unglücklichen Freundes Vertrauen zu mißbrauchen, achzehnjährhundrigt genug seyn könnte. Ich habe in der That ein kleines Stück in meinem Schrank liegen das allenfalls auch spielbar seyn würde. Fragen Sie Herrn Sei<del>del</del>ler, ob er mir sechs sieben Dukaten dafür geben möchte, ich bin nie gewohnt gewesen, meine Sachen zu verkauffen, die höchste Noth zwingt mich dazu.
|
||||
<line tab="1"/>Doch hoff ich Herrn <del>Seidel</del> Seiler wird der Kauf nicht reuen. Es ist eine Nachahmung der <aq>captivei</aq> im Plautus. Noch einmal Gotter – Verschwiegenheit. So umarmet Sie
|
||||
<line type="break" /><align pos="right">Lenz.</align>
|
||||
|
||||
@@ -69,6 +69,13 @@
|
||||
</xs:sequence>
|
||||
<xs:attribute name="letter" type="xs:nonNegativeInteger" use="required" />
|
||||
</xs:complexType>
|
||||
<xs:unique name="uniquePageIndex">
|
||||
<xs:annotation>
|
||||
<xs:documentation>Pflicht: Jede Seite hat eine eindeutige Index-Nummer innerhalb eines Briefes.</xs:documentation>
|
||||
</xs:annotation>
|
||||
<xs:selector xpath="lenz:page" />
|
||||
<xs:field xpath="@index" />
|
||||
</xs:unique>
|
||||
</xs:element>
|
||||
|
||||
</xs:schema>
|
||||
Reference in New Issue
Block a user