From 7244a180c321c71fdfb3435364057909482a7473 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: gbabelo <123087977+gbabelo@users.noreply.github.com> Date: Mon, 26 May 2025 11:33:06 +0200 Subject: [PATCH] 70-75 --- data/xml/briefe.xml | 47 +++++++++++++---------------------------- data/xml/traditions.xml | 10 ++++----- 2 files changed, 19 insertions(+), 38 deletions(-) diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml index b17eb36..d9493c9 100644 --- a/data/xml/briefe.xml +++ b/data/xml/briefe.xml @@ -1279,6 +1279,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767. Vermerk der Abschrift:Der Anfang dieses Briefes betrifft eine Erzählung der Fr. v. L. R., „Der weibliche Werther“ die Lenz handschriftlich erhalten hatte. + – – Indessen deucht mich, ist doch die Natur der meisten Leidenschaften gewöhnlicher Seelen, nur ein vermischtes Gewebe von Eitelkeit und Gefühl des Werths im Gegenstande. Und ich kann doch antworten, dieser Mensch liebt – aber eigennützig. Ich unterscheide ihn von dem hartherzigen M., der bloß aus Eitelkeit, geliebt zu werden wünschte. Dieser wünscht bloß zu erfahren, ob und wie das Herz empfinde, um es lieben zu können. Freilich bleibt’s unredlich. – Ach! gnädige Frau! Wie oft liebte ich ohne Hoffnung! Wie oft mit der Hoffnung, und immer unglücklich! Meine gefährlichsten Bekanntschaften sind allezeit mit den liebenswürdigsten Personen Ihres Geschlechts gewesen. Jede neue Freundin kostet mich einen Theil meines Lebens. Doch kenn’ ich keinen glücklichem Tod. Kenne sonst kein Glück auf dieser Altagswelt. Was aber meines Herzens Geheimniß betrifft, so wird es mit mir begraben werden. Verzeihen Sie meine Offenherzigkeit und meine Discretion. Oder vielmehr, lassen Sie diesen schwachen Augenblick Niemanden bekannt von mir werden. @@ -1313,23 +1314,19 @@ Tarwast den 9ten November 1767. -Warum ich schweige Herder? Weil die Freude keine Sprache hat. Weil die Liebe keine hat. Schweige mir gleichfalls. - +Warum ich schweige Herder? Weil die Freude keine Sprache hat. Weil die Liebe keine hat. Schweige mir gleichfalls. Den 30sten Sept. Es ist mein Namenstag Und heute heute erhielt ich Deinen zweyten Brief. Herr nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren. Vor dem Hafen lag mein Schiff– ein Sturm erhub sich – auf immer schiffbrüchig – und nun lauf ich ein – - -Ach wenn du meine Soldaten hast, wenn Deine Frau ihn Dir vorliest – genug. Und auch Dich ehren die Könige? – AIIes. – Aber quacken sollen sie doch, die Dich antasteten wenn ich meinen Fuß ihnen aufden Nacken setze. - +Ach wenn du meine Soldaten hast, wenn Deine Frau ihn Dir vorliest – genug. Und auch Dich ehren die Könige? – Alles. – Aber quacken sollen sie doch, die Dich antasteten wenn ich meinen Fuß ihnen aufden Nacken setze. Es war mein Bruder der Dich in Königsberg kannte. Und mein halber Feind. Doch hoff ich, auch er wird Freund werden . Ach ich darf nicht mehr schreiben, mein Herz schilt mich schon itzt. Aber gieb Deiner Frau einen Kuß wenn sie Dir die Soldaten gelesen hat. Unsere Seelen sind wahre Schwesterseelen. Und ich zittre vor Euer beyder erstem Anblick. Dann wird kein Wort gesprochen, keine Lippe muß das entheiligen. J M R Lenz. + Es will und
    darf
kein Mensch meine Wolken drucken lassen Sobald ich aber zu Gelde komme laß ichs auf meine Kosten drucken in Kehl, wo ich Götter, Helden und Wieland drucken ließ. Dann sollst Dus haben. Bis dahin– ich beschwöre Dich schweig davon.
-Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers, des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren – wäre Lästerung. Ihn durch dies Stück bekehren wollen – Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W. nicht mit Wiel. zu thun? Thu ich nicht den grösten Schaden th damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er über mich? Und das meine eignen Freunde. - +Ihr wollt die Wolken Wiel. zuschicken. Lieben Freunde, wo ist euer Verstand, wo ist eure Freundschaft für mich? Was hab ich mit W. zu schaffen! Kennt Ihr die süßlächelnde Schlange mit all ihren Krümmungen noch nicht. Unsere Feindschaft ist so ewig als die Feindschaft des Wassers und Feuers, des Tods und des Lebens, des Himmels und der Hölle. Und ihn zu bekehren – wäre Lästerung. Ihn durch dies Stück bekehren wollen – Freunde ich fahre aus der Haut. Alle seine Absichten befördern, sagt, und mich zerhauen, im Mörser zusammen stossen. Schreib ich denn das Stück für mich? Oder hab ich hier mit W.
    dem Menschen,
nicht mit Wiel.
    dem Schriftsteller
zu thun? Thu ich
    mir
nicht den grösten Schaden th damit? Und jetzt W. in die Hände geben, damit er
    frohlocken kann
über mich? Und das meine eignen Freunde. Jeder Autor
    hat ein Recht auf das was er
geschrieben. Ich bitte euch also mirs zurückzuschicken und mich meinem Schicksal zu überlassen. - Ich schreibe dies mit dem kältsten Blut und der gelassensten Ueberlegtheit von der Welt. Lenz verte @@ -1338,7 +1335,6 @@ Tarwast den 9ten November 1767. Und W. der euch allen im Herzen Hohn spricht, die Achseln über Euch zuckt u lächelt – mit dem wollt Ihr Vertraulichkeit machen, sobald es wieder ihn geht. Liebe liebe Freunde – überlaßt mich wenigstens mir allein. Wieland der Mensch wird einst mein Freund werden – aber Wieland der Schriftsteller, das heißt der Philosoph der Sokrates – nie. – - Schickst Dus aber ihm so ist es seyn sein und euer aller Verderben. # Mit einer Welt Dukaten kannst Du mir dies Stück nicht abkauffen. @@ -1346,59 +1342,46 @@ Tarwast den 9ten November 1767. # # Wenn ist mir selbst noch unbekannt. -mit Abstand Lieber, laß uns doch nicht alle unsere Köpfe über einen Leisten schlagen wollen. Gott hätte sonst nur einen Menschen auf dem ganzen Erdboden schaffen müssen Ich seegne euer Projekt und bin voll Erwartungen. -Lavater erster aller Knechte Gottes, wenn Du noch Freundschaft für mich hast, so schweig schweig ewiges tiefes Stillschweigen von den Wolken und leg’ dies auch Passavanten auf. Er ist ein guter Junge, unser aller Freundschaft leidt hiedurch kein Haar, gewinnt – aber ich
    kann, will
und
    werde
die Wolken drucken lassen # # und
    begehre sie hiemitzurück.
# Nicht aus meiner Autorität, sondern aus einer
    höheren.
- -Was Du von den Individuen sagst, ist vortreflich, aber paßt nimmer und in Ewigkeit auf Wieland, nimmer und in Ewigkeit auf diesen Fall. Ich hab hier eben grad mit keinem einzigen Individuum auf der ganzen Welt zu thun, sondern mit dem Ganzen, das mir am Herzen liegt. - +Lavater erster aller Knechte Gottes, wenn Du noch Freundschaft für mich hast, so schweig schweig ewiges tiefes Stillschweigen von den Wolken und leg’ dies auch Passavanten auf. Er ist ein guter Junge, unser aller Freundschaft leidt hiedurch kein Haar, gewinnt – aber ich
    kann, will
und
    werde
die Wolken drucken lassen # # und
    begehre sie hiemitzurück.
# Nicht aus meiner Autorität, sondern aus einer
    höheren.
+Was Du von den Individuen sagst, ist vortreflich, aber paßt nimmer und in Ewigkeit auf Wieland, nimmer und in Ewigkeit auf diesen Fall. Ich hab hier eben grad mit keinem einzigen Individuum auf der ganzen Welt zu thun, sondern mit dem Ganzen, das mir am Herzen liegt. Daß ich Dein admonitorium einst Gottern zuschicken wollte, war nicht, um ihn zu bekehren, sondern, um ihm zu weisen, wie sehr ich ihn mit samt seinen Lobeserhebungen und Autoreinfluß und Macht verachte. – Er sollte widerrufen – das
    kann
aber W. nicht.
Herrn -Herrn J. C. Lavater +Herrn J. C. Lavater Pfarrer am Waysenhause zu Zürich.
-Lies es durch beser Schlosser! Dann mach’ damit was du willst, aber nie, nie müsse es bekannt werden. +angeheftet an einen Brief von Heinrich Christian Boie; bezieht sich auf Lenz’ „Wolken“:Lies es durch bester Schlosser! Dann mach’ damit was du willst, aber nie, nie müsse es bekannt werden. -Kehl am 2. Oct. 1775 - +Kehl am 2. Oct. 1775 Ich schreibe dieß auf deutschem Grund und Boden. Sie sind ein Deutscher und ein Mann. Ich danke Ihnen für Ihr Zutrauen. Ich habe keine kritischen Aufsätze, habe aber in Strasburg eine Gesellschaft junger gelehrter Freunde die ich durch Ihren Brief aufgemuntert habe, etwas fürs Vaterland zu arbeiten. Aus dem was sie bei unsern Zusammenkünften schon vorgelesen, läßt sich viel viel hoffen und welche Wonne würde ich haben, mit dieser Baumschule dereinst Ehre einzulegen. Ihrem Urtheil wird es anheim gestellt seyn, anzunehmen oder zu verwerfen, was Ihnen zugeschickt wird. – – Nun noch ein Wort unter uns beyden. Sie haben Buchhändlerverbindungen, ich will kann und werde nie welche haben. Vielmehr suche ich Journalisten und Buchhändler zu turlupiniren so viel ich kann, bis sie gescheidter werden, und denen Leuten, von denen sie Leben und Othem haben, mit mehr Ehrfurcht begegnen lernen. – Können Sie mir, deutscher Mann, – einen Jungen in die Welt bringen helfen, der rasch und wild und frey ist wie sein Vaterland? Sie sollen einst spät seinen Dank dafür haben. Alles was Sie für ihn einnehmen, ist Ihre oder der Leute, denen Sie es gönnen wollen. Mir ist nur darum zu tun, daß er in die Welt kommt wirkt und lebt, sollt er seinem Vater auch selber durch seinen Muthwillen den Hals brechen. Er heißt die Wolken, aus dem Griechischen des Aristophanes. Lerm macht er das ist gewiß denn ich habe kein Feuer an ihm gespart – und der Ausgang wird gut seyn. – Sie haben alle Ansprüche auf die Erkenntlichkeit eines zärtlichen und besorgten Vaters. Können Sie ihn nur die schröckliche Küste der Censur vorbeiführen. Denn Anomalien sind genug darin. Wäre das nicht, so würd ich ihn nicht für meinen Sohn erkennen. – Ich erwarte aufs geschwindeste eine kategorische Antwort damit ich meine Maßregeln nehmen kann! Denn hier ist periculum in mora. Sollte denn in Deutschland keine Presse sein, wo etwas unzensiert könnte gedruckt werden. Auch in Lemgo nicht z. E. oder in irgend einer Reichsstadt? Wie gesagt, ich nehme keinen Heller, nur daß mein Name vor der Hand verschwiegen werde. -Jacob Michael Reinhold Lenz. -Ich bitte um baldmöglichste Antwort. +Jacob Michael Reinhold Lenz. +Ich bitte um baldmöglichste Antwort. Den 5. Oct. 1775. - Lenz! Du bist ’n braver Junge! Lieb’ Dich noch ’n mahl mehr seit den Wolken; kann’s aber doch nicht finden, daß Du durch
    Ungerechtigkeit
gerecht handelst! .. und dann denken wir von
    Wieland
verschieden. Ich hab’ ihn noch nicht gesehn; also behalt ich mir Urtheil vor. Hätt’ ich ihn
    gesehn,
spräch’ ich ab. Hast Du ihn gesehn, gelte Dein Urtheil. Ich hab’ ihn wohl gesehn vor 20. Jahren; aber das war nichts. Ich halt’ ihn für das Reizbarste, wankelmüthigste – Geschöpfe, aber für keinen Heuchler; keine Schlange. wär ers – hohl’ ihn der Schlangenzüchter! Bitte, lieber Lenz – kämpfe, aber kämpfe mit wahrheit, und unterdrüke das Gute nicht! Hierauf hast Du mir nicht geantwortet. Sey so strenge Du sein willst; nur sey nicht
    ungerecht.
Kann ich lieber, weniger sagen? - Ich habe Paßavanten noch nicht gesehen. Aber ich weiß zum voraus, daß er noch gerechter ist, als ich. Er wird die Wolken nicht zum Druck befördern. Das weiß ich. Thut Ers, mag er! Ich bin rein. - Kannst’s läugnen, Bruder, daß W. unendlich viel um den deutschen
    Geschmack
verdient hat. Und ist
    Geschmack
nicht
    Glückseligkeit?
– Sollst ihn nicht bessern, wenn Du ihn unverbeßerlich glaubst; aber sollst ihn auch nicht mit Füßen treten, der doch, hab er geschadet, so viel er will, so viel genützt hat, und so viel hat nüzen
    woIlen.
Wielanden fürcht’ ich nicht. Würd ers in meinem Sinne verdienen, und ich hielt ihn für unverbeßerlich; # Ich will Wielanden nicht schonen; aber ich will nicht ungerecht seyn. Du hast Macht über Dein Mspt. – Du sollst Deine eigne Wege haben. Habe sie, und handle nicht nach den unsrigen! Aber handle gerecht! Du sollst nicht denken, wie ich – aber Du sollst Dich, wenn Du strafest, zehnmal fragen: „Straf ich nicht ungerecht?“ – Handle; Ich bin Dein Richter nicht. Ich will Dich nicht verdammen. Aber freundschaftlich will ich Dir weißagen: „Du bereust’s,
    wenn die Wolken gedruckt werden!“
- - # ich ließ die Wolken druken. - Wielanden send’ ich sie nicht, ohne Deine Erlaubniß; obgleich tausend gegen Eins wette, daß Wieland, der Schriftsteller dadurch gebessert, und Wieland der Mensch nicht verschlimmert würde. - Dank für Herders Brief und die Nachricht. - Schreibst Du auf Erfurt, so laß Dir den
    Abraham
senden. Nun kommts bald an den II. Teil der Physiognomik. - Stollberg hat mir die Schweizerlieder vollenden geholfen. Nun noch geistliche Lieder. – Dann noch eine kleine Reise auf Marschlins. Dann – verschlossen in die Physiognomik. Inzwischen – - -Auflösung der Hieroglyphen, vgl. Haustein, Jens: Jacob Michael Reinhold Lenz als Briefschreiber. In: Stephan/Winter 1994, S. 337-352, hier S. 349 > Inzwischen – Plan zu grossen allgegenwärtigen Würkungen. +Auflösung der Hieroglyphen, vgl. Haustein, Jens: Jacob Michael Reinhold Lenz als Briefschreiber. In: Stephan/Winter 1994, S. 337-352, hier S. 349: +Inzwischen – Plan zu grossen allgegenwärtigen Würkungen- Lindau hab’ ich angeworben. Stolbergs werd ich anwerben. Dein Brief an Kayser treflich! Röderers Schuldner bin ich noch immer. Adieu. -
    J. C. L.
+
    J. C. L.
diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml index 2001b78..c3efac4 100644 --- a/data/xml/traditions.xml +++ b/data/xml/traditions.xml @@ -472,7 +472,7 @@ - Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 44/69, Bl. 5. + Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 44/69, Bl. 5. Lenz schickt die „Wolken“ mit. @@ -484,9 +484,7 @@ - Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana, Sammlung Autographa 1, Nr. 19 [angeheftet an - einen Brief - von Heinrich Christian Boie; bezieht sich auf Lenz’ Wolken] + Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana, Sammlung Autographa 1, Nr. 19. @@ -494,13 +492,13 @@ Karl Weinhold: Heinrich Christian Boie. Beitrag zur Geschichte der deutschen Literatur im achtzehnten - Jahrhundert. Halle 1868, S. 192 + Jahrhundert. Halle 1868, S. 192. - Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 22, zg. Abschrift + Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 22, zg. Abschrift.