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Date: Fri, 23 May 2025 10:51:08 +0200
Subject: [PATCH] 43 44 45
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@@ -827,7 +827,7 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
Addio –
-D 8ten Aprill 1775.
+D 8ten Aprill 1775.
Hier mein theurer Eifferer für unser Haus einige Versgen die ich dies Jahr in Calender setzen lasse.
@@ -901,48 +901,39 @@ Tarwast den 9ten November 1767.
Der gute Röderer Nathanael empfiehlt sich euch allen aufs zärtlichste. Adieu! Adieu!
-Den 14. Aprilis 75.
+Den 14. Aprilis 75.
An Lenze.
Grüße , den edeln! – Dank für daß Du ihn besuchtest; Laß ihn Dir sehr empfohlen seyn! Prometheus kennen wir. Mir gefällt er nicht. Was soll ein Autor, der so gelesen wird, spotten?
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Sende meinen Aufsatz, aber sonst als eine unterdrückte Effusion des Herzens – dann in die Flamme! So eben ist ein herausgekommen wider mich von einem geistlichen Mitbürger. Ein Denkmal des rasendsten Neides vollgestopft von Lügen, die mich der ganzen Welt lächerlich machen sollen. Soll ich schweigen? Soll ich reden? Noch will ich schweigen und warten. aber, das heißt doch wirklich rasen! – doch wieder wen? – wider sich selbst!
adieu!
-
-Johann Caspar Lavater.
+Johann Caspar Lavater.
- An den Verfasser der schleunigst – abzugeben.
+ An den Verfasser der Meynungen eines Layen schleunigst – abzugeben.
παντα δυνατα τῳ πιστευοντι
-
-Eine und viele der seeligsten Stunden meines Daseyns hab’ ich Ihnen, sey Sie wer Sie wollen, zu danken. In einer Lage, wie’s wenige giebt – am Sterbebeth einer nahen, eben nicht warm doch redlich geliebten Schwägerinn – fieng ich an, Ihre wolerhaltnen Meynungen eines Layen, zu lesen, mit inniger Freud’ in der Stille der Mitternacht – – Meine Schwägerinn entschlummerte sanft – Ich ging schnell nach Hause; an einem hellen doch kühlen Frühlingsmorgen – fuhr sogleich, morgens vor 5 Uhr fort zu lesen; vor Freude zu zittern, vor Freude zu weynen, bald eine Zeile draus an meinen Bruder Pfenninger, der auf dem Lande ist, zu schreiben!
-
-Sturm von Seite der Cabale, die das Sendschreiben eines zürcherschen Geistlichen
geboren hat – stürmte dazwischen! aber Ihre prophetische Geisteskraft trug mich. – Nun hab’ ich’s vollendet; – nun liest’s neben mir – und den Abend noch – (warum ich nicht an seiner Seite) – Ich kann nichts, nichts sagen, als – Sie mein Freund, ich bin der Ihrige. Nicht bitt’ ich Sie um Ihre Freundschaft; nicht trag ich Ihnen die meinige an – wir sind schon Freunde. Lichtstral darf nicht Lichtstral bitten: „Fließe mit mir zusammen.“ Das geschieht, in dem sie einander begegnen – aber ist ein Ziel meiner Bitte, daß Sie mir bäldest eine Zeile schreiben und zu mir sagen: „Lavater! hier und dort hast du geirrt; das Ziel nicht erreicht, vorbey geflogen – bist angeprallt. Vor dem hüte dich! da ist Quell deines Irrthums! da Fallstrick für deine Imagination, deinen Verstand, dein Herz –“ Dann will ich auch sagen, welche Ihrer Schrift unter die Gottesgeistigkeit herabsinken, hinausgleiten, nach meinem Sinn. Den 20 April 75.
-Lavater
-Zürich, Donnerstags, Abends nach 3 uhr.
+Eine und viele der seeligsten Stunden meines Daseyns hab’ ich Ihnen, sey Sie wer Sie wollen, zu danken. In einer Lage, wie’s wenige giebt – am Sterbebeth einer nahen, eben nicht warm doch redlich geliebten Schwägerinn – fieng ich an, Ihre wolerhaltnen Meynungen eines Layen, zu lesen, mit inniger Freud’ in der Stille der Mitternacht – – Meine Schwägerinn entschlummerte sanft – Ich ging schnell nach Hause; an einem hellen doch kühlen Frühlingsmorgen – fuhr sogleich, morgens vor 5 Uhr fort zu lesen; vor Freude zu zittern, vor Freude zu weynen, bald eine Zeile draus an meinen Bruder Pfenninger, der auf dem Lande ist, zu schreiben!
+Sturm von Seite der Cabale, die das Sendschreiben eines zürcherschen Geistlichen geboren hat – stürmte dazwischen! aber Ihre prophetische Geisteskraft trug mich. – Nun hab’ ich’s vollendet; – nun liest’s neben mir Passavant – und den Abend noch – (warum ich nicht an seiner Seite) Pfenninger? – Ich kann nichts, nichts sagen, als – Sie sind mein Freund, ich bin der Ihrige. Nicht bitt’ ich Sie um Ihre Freundschaft; nicht trag ich Ihnen die meinige an – wir sind schon Freunde. Lichtstral darf nicht Lichtstral bitten: „Fließe mit mir zusammen.“ Das geschieht, in dem sie einander begegnen – aber das ist ein Ziel meiner Bitte, daß Sie mir bäldest eine Zeile schreiben und zu mir sagen: „Lavater! hier und dort hast du geirrt; das Ziel nicht erreicht, vorbey geflogen – bist angeprallt. Vor dem hüte dich! da ist Quell deines Irrthums! da Fallstrick für deine Imagination, deinen Verstand, dein Herz –“ Dann will ich auch sagen, welche Zeilen Ihrer Schrift unter die Gottesgeistigkeit herabsinken, hinausgleiten, nach meinem Sinn.
+Den 20 April 75.
+Lavater
+Zürich, Donnerstags, Abends nach 3 uhr.
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Dein kostbares Briefgen habe erhalten ist mir ein theures theures Zeugniß der Güte und innern standhaften Grösse Deines Herzens die keiner falschen Bescheidenheit braucht um damit Cabale zu machen. Lache doch Lavater der Wolken die Freunde und Feinde an Dir vorbeyziehen lassen, Du wirst immer durchscheinen. Durchscheinen durchscheinen mein lieber Getreuer bis auf lange Nachwelt hinunter. Mich freut der Eiffer Deiner jungen Freunde. Fürchte nichts von mir, ich konnte und kann Dich nie kompromittieren, mein Blut ist kalt, aber mein Herz fühlt warm.
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Alles das was Du mir schreibst hat mein Herz grade so geahndet, das war mir ein Siegel, daß auch ich Dein oder Deines Gottes bin. Ich konnte aber – und werde nun keinen üblen Gebrauch davon machen, dessen sey sicher.
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Laß Deine Freunde machen was sie wollen und für gut und nöthig finden, ich mische mich nicht darunter, gewiß nicht aus Menschenfurcht, denn was können mir Deine Menschen helfen oder schaden.
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Aber was ich in einer Entfernung für Dich hinaus thun kann, das thu ich – und nichts kann mich abhalten. Ich kenne Deine Sphäre nicht, aber ich
kenne die Fassungsart und Gesinnungen der meinigen, in die ich freilich sehr langsamen und halb imperceptiblen Einfluß habe. Also hast Du nichts von mir zu hoffen noch zu fürchten gegenwärtig.
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Deine Physiognomik – lieber der Wunsch mir ein Exemplar geben zu können, was geb’ ich Dir dafür? Mein ganzes Herz – mehr hat mir der Himmel nicht gelassen. Ich glaube aber dennoch, ich glaube, ich werde sobald es heraus ist, hier eines zu Gesicht bekommen und das ist ja was ich wünsche.
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Lebe wohl mein lieber Leidender! Meine Freunde werden mir denn erst recht theuer, wenn sie ein wenig dulden und schweigen müssen und das ist das Gefühl aller honetten Leute. Also nutzen Dir Deine Feinde bei der honetten Welt – und bey der erleuchteten können sie Dir auch nicht schaden. Was bleibt ihnen denn übrig, als ein halbgelehrter schaler feindseliger Anhang, den nicht wünschen möchte.
Leb wohl hier ist ein physiognomischer Gedanke der mir durch den Kopf gezogen ist und über den ich Deine Meynung zu hören wünschte. Es ist manchmal gut allerley wenn man über gewisse Sachen nachdenkt – also wirst Du mir mein Gelall und Gestammel nicht übel nehmen.
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Grüsse Passavant (dessen Enthusiasmus für Dich mich entzückt), Pfenninger, das Kind Gottes in Blumen spielend und Kaysern. Ich erwarte von den beyden ersten die nächsten Briefe mit vieler Sehnsucht.
-
Lenz.
+
In unsern Tagen ist eine gewisse Faulheit und Niedergeschlagenheit besonders in monarchischen Ländern so anzutreffen, daß die Gesichtszüge daher fast alle auf eins hinauslauffen und von keiner Bedeutung sind. Die zu geläuterten Religionsbegriffe, die übermässige Verfeinerung in den Künsten und Zweiffel und Ungewißheit in den Wissenschaften geben ganz andere Gesichter und ganz andern Ausdruck der Empfindungen als ehemals. Das Feuer sitzt bey uns nur in den Augen, bey den Alten aber in allen Mienen und der Stellung derselben. Ueberhaupt scheinen mir alle heutige Gesichter nur , das heißt die gesunkenen Lineamenten mit Mühe wieder gearbeitet – da die Alten das zu wilde Emporsteigen der Mienen vielmehr zu hemmen und zu mässigen suchen mußten. Das waren , bey uns sind es Derselbe Unterscheid, der zwischen einem wilden Hengst und einem mit Sporn und Kourierpeitsche in Galopp
gebrachten Karrengaul ist.
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@@ -194,7 +194,7 @@
- Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 18, zg. Abschrift
+ Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 18, zg. Abschrift.
@@ -266,32 +266,32 @@
Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, NL Lenz, Bd. 2, (Nr. 193),
- Bl. 10–11
+ Bl. 10–11.
- Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 22
+ Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 22.
- Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 21, zg. Abschrift
+ Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 572, Nr. 21, zg. Abschrift.
August Stöber: Johann Gottfried Röderer, von Straßburg, und seine Freunde. Colmar 1874, S.
- 83f.
+ 83f. Lavater schickte den Brief an Weygand, weil er den Verfasser der anonym erschienenen „Meynungen“ nicht kannte. Weygand leitete den Brief an Lenz weiter.
- Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 2
+ Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 2.