Einpflegung von Brief 23 in "briefe.xml".

This commit is contained in:
GregorMichalski
2024-10-14 13:37:04 +02:00
parent 151b024a81
commit 4b907106c7

View File

@@ -1293,5 +1293,43 @@
erwachen, wie ich heute Morgen aus den meinigen. erwachen, wie ich heute Morgen aus den meinigen.
Lenz.</letterText> Lenz.</letterText>
<letterText letter="23"><line tab="1"/>Ich will Sie auch drücken, mein Sokrates, aber erst, wenn ich Sie ganz kennen gelernt und von ferne
bewundert habe. Recht so wir stehen ganz beisammen; allen Ihren übrigen Meinungen
unterschreibe ich. Wir müssen das Ordentliche von dem Außerordentlichen, das Natürliche vom
Uebernatürlichen unterscheiden, nur müssen wir das Uebernatürliche nicht für unnatürlich halten,
oder aus einer Welt verbannen, in der Gott nach einem höhern Plane arbeitet, als unser kurzsichtiger
schielender Verstand übersehen kann. Ich bin sehr für das Ordentliche, für das Natürliche nur eine
aufmerksame Lesung der Briefe Pauli (der wirklich ein großer ein übernatürlicher Mann war) zwingt
mich eine übernatürliche Einwirkung nicht allein für möglich, sondern auch in gewissen Fällen (wie das
z. E. da die Religion erst im Keimen war) für nothwendig zu halten. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Um auf dem hohen Berge nicht stehen zu bleiben, sondern auch im Thale herumzuhüpfen muß ich
Ihnen sagen, daß Friedericke aus Straßburg an mich geschrieben und mir gesagt hat, sie habe dort
eine besondere Freude gehabt, die ich vielleicht boshaft genug seyn würde, zu errathen. Und das war
die, Sie am Fenster gesehen zu haben. Sie schreibt ferner, sie wäre durch Ihren bloßen Anblick so
dreist geworden, nach dem andern Theile des <aq>Tom Jones</aq> zu schicken und bittet mich sie desfalls zu
entschuldigen. Ist das nicht ein gutes Mädchen?
Und doch muß ich meinen Entschluß vor Ihnen verbergen. <line type="empty"/>
Was ist das für ein Zusammenhang? Ein trauriger <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ich bin dazu bestimmt, mir selbst das Leben traurig zu machen aber ich weiß, daß, so sehr ich mir
jetzt die Finger am Dorne zerritze, daß ich doch einmal eine Rose brechen werde <line type="empty"/>
Zu allem diesem werde ich Ihnen die Schlüssel in Straßburg geben <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Der älteste Hr. von Kleist hat mir geschrieben, daß Briefe von meinem Vater da wären; er schickt sie
mir aber nicht, ich soll sie selbst abholen. <line type="empty"/>
Nun aber stößt sich meine Hinreise noch an vielen Dingen. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Ich muß schließen, ich sehe, ich kann dies Blättchen nicht mehr zusiegeln, aber wenn es auch nicht
unser Freund Ott wäre, durch dessen Hände es gienge, so sind unsere Briefe von der Art, als die
spartanischen Ephori an ihre Feldherrn schickten, die an einen gemeinschaftlichen Stab mußten
gewickelt werden, wenn man sie lesen wollte.
Ich bin bis ins Grab<line type="break"/>
Ihr<line type="empty"/>
Lenz.</letterText>
</document> </document>
</opus> </opus>