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@@ -195,14 +195,13 @@ ohne-<page index="3" />dem ausgegeben haben, <insertion>so</insertion> daß ich
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<page index="1" />I. <aq>Ni Deus fere miraculum fecisset, hae pecuniae non confluxissent.</aq> 1) Ursachen, Wenigkeit der <aq>Communicanten</aq>: armselige Beschaffenheit, die größten Ausgeblieben, kein Rathsherr, keiner von den Aeltesten-Leuthen; <aq>excepto</aq> P.ker und Teller – das wenige Gesammelte zu Bezalung der Handwerker im Auditorium, die schon lange zu Halse gegangen. – – 2) Art u. Weise, wie sie zusammen geflossen. <aq>Fick</aq> 20 Rbl. – Treuer 20 Rbl. – Stryck – 10 Rbl. – Raths-<aq>Stipend.</aq> – 20 Rbl. – – 3) <aq>Distributio.</aq> a) <aq>Jacob Fick</aq> – 10 Rbl.– Raths–<aq>Stip.</aq>– 10 Rbl. – S. 20 Rbl. b) <aq>Christian Fick</aq> – 10. <aq>Treuer</aq> – 20. <aq>Stryck</aq> – 10. Raths-<aq>Stip.</aq> – 10. S. 50 Rbl.
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<line tab="1" />II. Hiermit aber sind auch nun die vorigen Quellen verschlossen. Jacob hat Boks u. der <aq>Baronne Wolf Stipendia</aq> weg – <aq>Fick</aq> sagte 50 Rbl. habe er destinirt, 30 Rbl. hätte er vorher gegeben, nun die letzten 20. – <aq>Treuer</aq> ein vor alle mal – das Raths-<aq>Stipendium</aq> für dich geschlossen, tritt nun So .. <aq>jun.</aq> an. – <aq>Stryck</aq> auch aufs letzte Jahr. – Auf mich gar keine Rechnung zu machen. Denn da meine Erntezeit nichts getragen u. ich also fast in allgemeinen Schulden sitzen bleibe, so ist auf die übrigen Teile des Jahres wenig zu rechnen: U. es wird e. Wunder-Gnade Gottes seyn, wenn noch so viel zusammen soll, als bis Michaelis nöthig ist.
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<line tab="1" />III. <aq>Porismata</aq> hieraus, daß sie 1) durchaus nicht länger als bis gegen Michaelis sich ihren <aq>Terminum Academicum</aq> setzen, denn es wird ohnehin schwehr genug seyn, sie noch so lange zu unterstützen 2) sich nicht in Schulden einfressen, sonst sich so vest fressen, da ich sie unmöglich würde lösen können u. da wären sie ganz verloren, denn ich könnte nicht, wenn sie auch ins <aq>Carcer</aq> kämen 3) daß sie mittlerweile sehr fleissig seyn pp.
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<line tab="1" />IV. Nachricht, so ich gehöret, daß Prof. Cant ihn nach Rehbinder in Danzig <aq>recommendiret</aq>.
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<line tab="1" />1) Vorläufige Bestrafung, daß er nicht mit mir solche Sachen <aq> communicire</aq>, böses Gewissen: Ich würde ihm Väterl. und aus reifer Ueberlegung und Erfahrung rathen: Aber damit wäre ihm vielleicht nicht gedient, sondern Rath d. Jungen, die auch noch flüchtig denken u. sich durch den anfängl. falschen Schein, Dunst u. Glast blenden lassen.– Er mache es wie Rehabeam p.– Vielleicht unsere Väter- und mütterliche Zärtlichkeit würde es nicht zulassen, ob es gleich dein Bestes wäre: Aber a) <aq>Si Supponis</aq> so viel väter- u. mütterl. Zärtlichkeit; <aq>male</aq>, daß du nicht eben so viel Kindl. Zärtlichkeit hast, u. deine Eltern dadurch erfreuen wilst, daß du in deinem Vaterlande Gott und deinen Nächsten, ihnen zur Ehre und Freude nützl. seyn wilst – Zeigt wenig <aq>patriotismus</aq> an. – Ist doch auch wol e. Tugend – <aq>Exempl.</aq>
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<page index="3" />Griechen, Römer. Was haben wir, was alle Freunde, was alle deine hiesigen Compatrioten, bey denen du das beste Vorurth. erweckt hast, von allen ihren Erwartungen. b) Aber wenn es dein wahrer Vorteil wäre; <aq>abnegarem</aq> Alle mein eignes und der Meinigen Vergnügen p. So affenliebisch bin ich nicht pp. Allein <aq> Suppono</aq>, daß d. <aq>H. Resident</aq>, als <aq>Resident</aq> (denn das bringt diese s. <aq> Charge</aq> schon mit sich) in Danzig bliebe. Was wilst du dann bey ihm machen? – Erst Hofmeister, – das hier auch, – dann <aq>Secretair</aq>. Ein schlechter wol nicht, damit er dich abdanken könne. – Nein e. gut., folgl. e. ewiger <aq>Secretair</aq>, so wie dein Mutterbruder <aq>Neoknapp</aq>, e. ewiger freier Unterthan s. Hauses, der nie s. eignes anfangen, nie heiraten, nie selbst e. Wirtschaft führen kann, immer die Füsse unter e. fremden Tisch stecken muß. Taugst du nichts u. must ihn verlassen, so jägt er dich ohne <aq> Recommendation</aq> weg. – Taugst du was, u. hat er dich lieb, so wird er aus Eigennutz dich in s. Hause ewig festhalten wollen, u. ich weiß nicht, zu welchen <aq>emplois</aq> er dir in Danzig helfen könnte, da es doch dort wol von geschickten Landes Leuten krimmelt u. wimmelt, die nothwendig vor fremden den Vorzug haben. – Vielleicht rechnest du darauf, daß er dich dort in e. gute Pfarre helfen solle. In was für eine Etwa in e. Stadtpfarre in Danzig selbst? Nein dazu nehmen die Herren Danziger wahrhaftig <aq>praejudicio</aq> keinen blossen und noch dazu fremden Candidaten, wenn er auch Apoll selbst wäre, auch nicht jeden geschickten wahren Prediger einmal, sondern verschrieben sich immer große <aq>Professores</aq> und <aq>Doctores Theologiae</aq> von fremden <aq>Academien</aq>, wie so z.E. <aq>D.</aq> Kraft a.d. großen Pfarrkirche; und <aq>D.</aq> Bertling aus Helmstädt dahin kamen. Nun wo dann hin? Aufs Land, aufs Dorf. 1) kannst du das hier auch u. viel besser haben: denn wir haben hier 10mal bessere Land-Pastorate, als die dortigen Dorf-Pfarren sind, wo die armen Prediger fast das Hungerbrod fressen. 2) ist nichts Verachteteres, als e. dasiger Dorf-Pfaffe. <aq>In urbibus pastores magis honorantur,</aq>
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<page index="4" /><aq>quam hic. At in pagis quoque centies magis spernuntur, quam hic.</aq> – Es ist überhaupt die Frage, ob d. <aq>H. Resident</aq> dich dort zu e. geistl. od. weltl. Amt befördern könne, oder wolle: (1) ob er könne! Denn warum solten sie sich <aq>Subjecta</aq> von e. fremden Herrn vorschlagen lassen, da es ihnen weder an eignen <aq>consiliariis</aq> noch <aq> Subjectis</aq> zu Aemtern fehlet b) ob er wolle! Denn gefällst du ihm, so wird er kein Thor seyn, sich auf die Art von dir zu trennen u. sich selbst deiner guten Dienste zu berauben. Gesetzt du wollest da nicht länger bey ihm bleiben; wo dann hin! da du dort fremd u. unbekannt bist: hier aber (da dein Vat. überall und du auch schon zieml. weit und breit bekannt ist) dir das ganze Land offen steht. <aq>Ergo plane dissuadeo ut amicus, at si non vis,</aq> befehle ichs dir als Vater, daß du dies Project fahren lassest u. mit deinem Bruder hereinkommst.
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Griechen, Römer. Was haben wir, was alle Freunde, was alle deine hiesigen Compatrioten, bey denen du das beste Vorurth. erweckt hast, von allen ihren Erwartungen. b) Aber wenn es dein wahrer Vorteil wäre; <aq>abnegarem</aq> Alle mein eignes und der Meinigen Vergnügen p. So affenliebisch bin ich nicht pp. Allein <aq> Suppono</aq>, daß d. <aq>H. Resident</aq>, als <aq>Resident</aq> (denn das bringt diese s. <aq> Charge</aq> schon mit sich) in Danzig bliebe. Was wilst du dann bey ihm machen? – Erst Hofmeister, – das hier auch, – dann <aq>Secretair</aq>. Ein schlechter wol nicht, damit er dich abdanken könne. – Nein e. gut., folgl. e. ewiger <aq>Secretair</aq>, so wie dein Mutterbruder <aq>Neoknapp</aq>, e. ewiger freier Unterthan s. Hauses, der nie s. eignes anfangen, nie heiraten, nie selbst e. Wirtschaft führen kann, immer die Füsse unter e. fremden Tisch stecken muß. Taugst du nichts u. must ihn verlassen, so jägt er dich ohne <aq> Recommendation</aq> weg. – Taugst du was, u. hat er dich lieb, so wird er aus Eigennutz dich in s. Hause ewig festhalten wollen, u. ich weiß nicht, zu welchen <aq>emplois</aq> er dir in Danzig helfen könnte, da es doch dort wol von geschickten Landes Leuten krimmelt u. wimmelt, die nothwendig vor fremden den Vorzug haben. – Vielleicht rechnest du darauf, daß er dich dort in e. gute Pfarre helfen solle. In was für eine Etwa in e. Stadtpfarre in Danzig selbst? Nein dazu nehmen die Herren Danziger wahrhaftig <aq>praejudicio</aq> keinen blossen und noch dazu fremden Candidaten, wenn er auch Apoll selbst wäre, auch nicht jeden geschickten wahren Prediger einmal, sondern verschrieben sich immer große <aq>Professores</aq> und <aq>Doctores Theologiae</aq> von fremden <aq>Academien</aq>, wie so z.E. <aq>D.</aq> Kraft a.d. großen Pfarrkirche; und <aq>D.</aq> Bertling aus Helmstädt dahin kamen. Nun wo dann hin? Aufs Land, aufs Dorf. 1) kannst du das hier auch u. viel besser haben: denn wir haben hier 10mal bessere Land-Pastorate, als die dortigen Dorf-Pfarren sind, wo die armen Prediger fast das Hungerbrod fressen. 2) ist nichts Verachteteres, als e. dasiger Dorf-Pfaffe. <aq>In urbibus pastores magis honorantur,</aq>
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<aq>quam hic. At in pagis quoque centies magis spernuntur, quam hic.</aq> – Es ist überhaupt die Frage, ob d. <aq>H. Resident</aq> dich dort zu e. geistl. od. weltl. Amt befördern könne, oder wolle: (1) ob er könne! Denn warum solten sie sich <aq>Subjecta</aq> von e. fremden Herrn vorschlagen lassen, da es ihnen weder an eignen <aq>consiliariis</aq> noch <aq> Subjectis</aq> zu Aemtern fehlet b) ob er wolle! Denn gefällst du ihm, so wird er kein Thor seyn, sich auf die Art von dir zu trennen u. sich selbst deiner guten Dienste zu berauben. Gesetzt du wollest da nicht länger bey ihm bleiben; wo dann hin! da du dort fremd u. unbekannt bist: hier aber (da dein Vat. überall und du auch schon zieml. weit und breit bekannt ist) dir das ganze Land offen steht. <aq>Ergo plane dissuadeo ut amicus, at si non vis,</aq> befehle ichs dir als Vater, daß du dies Project fahren lassest u. mit deinem Bruder hereinkommst.
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<line tab="1" />V. Anderwärtiger Vorschlag, den ich ihm gebe. <aq>D. H.</aq> Obrister Bok bey mir, hat e. Schwester in Lettland, <aq>nomen nescio</aq> hat noch klein. Kind., fordert nur den ersten Unterricht in Bstabiren, Lesen, Schreiben, Rechnen u. sonderl. im französischen, <aq>offerirt</aq> selbst nicht das <aq>Salarium</aq>: du solst es fixiren. Ich meine im ersten Jahre, da die Kind. klein 150 rthl. Alb. (weil dort im lettischen Alberts-Tahler) so nach Rubeln doch zum allerwenigsten 180 Rbl. ausmachen, und dabey 20 Rthl. zu freyem <aq>Thee</aq> und Zucker. – Im andern Jahre wenn du bleiben wilst und kanst, aber 200 rthl. Alb. welches zum allerwenigsten 240 Rbl. ausmachet, u. abermal 20 rthl. <aq>Thée</aq> und Zucker. Ich wil auch suchen das Reisegeld für dich mit zu verdingen, weil ich sorge, ich möchte es kaum aufbringen können. Wilst du dies, so wil ich an Bok schreiben. Denn er wartet sehnl. auf Antwort u. bittet sehr darum. Wer weiß, wo dieser Gönner auch wegen s. grossen Bekanntschaft mit den Größten des Hofes u. Einfluß bey d. Majestät selbst dir hier noch beförderl. seyn könnte? Antworte bald. – Das <aq>Salarium</aq> däucht mir <aq>convenable</aq>. Man
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<page index="5" />darf den Bogen nicht zu hoch spannen, weil er dir in d. Noth geholfen p. Du hast Freiheit, kanst bleiben u. auch gehen, wenn dir die <aq> condition</aq> nicht länger ansteht.
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darf den Bogen nicht zu hoch spannen, weil er dir in d. Noth geholfen p. Du hast Freiheit, kanst bleiben u. auch gehen, wenn dir die <aq> condition</aq> nicht länger ansteht.
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<line tab="1" />VI. Der Mamma Zustand: Marter von Viel. 1000 Plagen, schlechtes Oster-Fest. – Meine Gesundheit auch schlecht. Kopfschmerzen vom Dunst.
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<line tab="1" />VII. Meine neue Verfolgung, wegen 1) d. Ober-<aq>Consistorial-</aq>Schrift 2) des Kirchenbuches.
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<line tab="1" />VIII. Erbärml. Zustand d. <aq>Sczibalski</aq> auf Rüggen. Sie werden wol nicht mehr sehen. <aq>Extract</aq> aus den beyden letzten <aq>Sczibalskischen</aq> Briefen. – Unsere vielen Tränen.
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@@ -380,7 +379,7 @@ ohne-<page index="3" />dem ausgegeben haben, <insertion>so</insertion> daß ich
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<line tab="1" />Heute reiset Mad. Brion mit ihren beyden Töchtern nach Sarbrücken, zu ihrem Bruder auf 14 Tage, und wird vielleicht <it>ein Mädchen</it> da lassen, das ich wünschte nie gesehen zu haben. Sie hat mir aber bei allen Mächten der L– geschworen, nicht da zu bleiben. Ich bin unglüklich, bester bester Freund! und doch bin ich auch der glücklichste unter allen Menschen. An demselben Tage vielleicht, da sie von Saarbrük zurük kommt, muß ich mit H. v. Kleist nach Straßburg reisen. Also einen Monath getrennt, vielleicht mehr, vielleicht auf immer – Und doch haben wir uns geschworen uns nie zu trennen. Verbrennen Sie diesen Brief – es reut mich, daß ich dies einem treulosen Papier anvertrauen muß. Entziehen Sie mir Ihre Freundschaft nicht: es wäre grausam mir sie jetzt zu entziehen, da ich mir selbst am wenigsten genug bin, da ich mich selbst nicht leiden kann, da ich mich umbringen möchte, wenn das nichts Böses wäre. Ich bin nicht schuld an allen diesen Begebenheiten: ich bin kein Verführer, aber auch kein Verführter, ich habe mich leidend verhalten, der Himmel ist schuld daran, der mag sie auch zum Ende bringen. Ich schließe mich in Ihre Arme als
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<line type="break" /><align pos="right">Ihr melancholischer Lenz.</align>
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<line type="break" /><note>am Rand:</note> Haben Sie die Gütigkeit, der ganzen Tischgesellschaft meine Ergebenheit zu versichern. …
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<line type="break" /><align pos="center"><note>am Rand:</note></align> Haben Sie die Gütigkeit, der ganzen Tischgesellschaft meine Ergebenheit zu versichern. …
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<line tab="1" />Ums Himmels, um meines Mädchens und um meinetwillen, lassen Sie doch alles dies ein Geheimnis bleiben. Von mir erfahrt es niemand als mein zweites Ich.
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