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ausruhe und sterbe. Ich behalte mir den Platz aus mein Bruder! willigen Sie drin meine Schwester? So
seegne sie Gott für den guten Willen Amen.
Jakob Michael Reinhold Lenz.
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+ NachtSchwärmerey
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+ Ach rausche rausche heiliger Wasserfall
+ Rausche die Zeiten der Kindheit zurück in mein Gedächtnis
+ Da ich noch nicht entwöhnt von deinen Brüsten
+ Mutter Natur mit dankbar gefühliger Seele
+ Dir im Schoos lag dich ganz empfand
+ Schämst du dich Wange von jenen Flammen zu brennen
+ Schämst du dich Auge, von jenen geheimen Zären
+ Jenen süssen süssesten aller meiner Zären
+ Wieder still befeuchtet zu werden?
+ Nein so hab ich, so hab ich die Menschheit
+ Noch in der wilden Schule der Menschen
+ Nein so hab ich sie noch nicht verlernt.
+ Kann gleich mein Geist mit mächtigerm Schwunge
+ Unter die Sterne sich mischen die damals
+ Nur als freundliche Funken mich ganz glücklich
+ Ganz zum Engel lächelten.
+ Aber itzt steh ich, nicht lallendes Kind mehr,
+ Itzt steh ich dar ein brennender Jüngling,
+ Blöße mein Haupt vor dem Unendlichen
+ Der über meiner Scheitel euch dreht
+ Dank ihn, opfr ihm in seinem Tempel
+ All meine Wünsche mein ganzes Herz.
+ Fühle sie ganz die große Bestimmung
+ All diese Sterne durchzuwandern
+ Zeuge dort seiner Macht zu seyn.
+ O wenn wird er, wenn wird er der glücklichste der Tage
+ Unter allen glücklichen meines Lebens
+ Wenn bricht er an, da ich froher erwache
+ Als ich itzt träume – o welch ein Gedanke
+ Gott! – noch froher als itzt! ists möglich,
+ Hast du soviel dem Menschen bereitet
+ Immer froher – tausendmal tausend
+ Einen nach dem andern durchwandern und – immer froher
+ O da verstumm ich – und sink in Nichts
+ Schaffe mir Adern du Allmächtiger dann! und Pulse
+ Die dir erhitzter entgegen fliegen
+ Und einen Geist der dich stärker umfaßt.
+ Herr! meine Hofnung! wenn die letzte der Freuden
+ Aus deiner Schaale ich hier gekostet
+ Ach denn – wenn nun die Wiedererinnrung
+ Aller genossenen Erdenfreuden
+ Unvermischt mit bittrer Sünde
+ Wenn sie mich einmal noch ganz überströmt
+ Und dann, plautz der Donner mir zu Füßen
+ Diese zu enge Atmosphäre
+ Mir zerbricht, mir Bahn öfnet, weiter –
+ In deinen Schoos Unendlicher
+ Ach wie will ich, wie will ich alsdenn dich
+ Mit meinen Glaubensarmen umfassen
+ Drücken an mein menschliches Herz
+ Laß nur ach laß gnädig diesen Antheil von Erde
+ Diese Seele von Erde mich unzerrüttet
+ Ganz gesammlet dir darbringen zum Opfer
+ Und dein Feuer verzehre sie. –
+ Ach dann seht ihr mich nicht mehr theure Freunde,
+ Lieber Göthe! Der Freunde erster
+ Ach dann siehst du mich nicht mehr.
+ Aber ich sehe dich, mein Blick dringt
+ Mit dem Strahl des Sterns zu dem ich eile
+ Noch zum letzten mahl an dein Herz
+ An dein edles Herz. – Albertine
+ Du auch, die meiner Liebe Sayte
+ Nie laut schallen hörtest, auch dich
+ Auch dich seh ich, seegne dich – wär ich
+ Dann ein Halbgott, dich glücklich zu machen
+ Die du durch all mein verzweiflungsvoll Bemühen
+ Es nicht werden konntest – die du vielleicht es wardst
+ Durch dich selbst – ach die du in Nacht mir
+ Lange lange drey furchtbare Jahre
+ Nun versunken bist – die ich nur ahnde –
+ Euch mein Vater und Mutter – Geschwister
+ Freunde Gespielen – fort zu vielfache Bande
+ Reißt meine steigende Seele nicht wieder
+ Nach der zu freundlichen Erde hinab. –
+ Aber ich sehe dich dort meine Doris
+ Oder bist du vielleicht – trüber Gedanke!
+ Nein du bist nicht zurückgekehrt
+ Nein ich sehe dich dort ich will in himmlischer Freundschaft
+ Mit dir an andern Quellen und Büschen
+ Sternenkind! ach wie wollen wir Kinder
+ Hand in Hand dort spazieren gehn! –
+ Aber Göthe – und Albertine –
+ Nein ihr reißt mich zur Erde hinunter
+ Grausame Liebe! ihr reißt mich hinunter.
+ Reißt denn geliebte! reißt denn ich folge
+ Reißt – und macht mir die Erde zum Himmel!
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+ Hier mein Bruder ein Brief den ich Dir schicken muß, warm wie er aus dem Herzen kommt. Dich wird
+ das Porto nicht dauern lieber obschon kein Geschäft darinnen ist außer eine Commission von Hafner
+ der mich lange gebethen hat. Ist doch uns kein höher Glück auf der Erde gegönnt als uns zu
+ unterreden – mir ists das höchste. Denn alle meine Wirksamkeit ist für andre – aber mein Gefühl für
+ Dich und einige Liebe ist für mich.
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+ Warum gibst Du uns denn nicht Neuigkeiten von Dir. Haben genug in unsern Briefen itzt von meinen
+ Schmieralien gesprochen – nun laß mich wieder ausgehen von dem kleinen Dreckhauffen Ich und
+ Dich – finden
+ Lenz
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+ Ich habe viel in der Societät zu überwinden, auf einer Seite ists Unglauben, Zerrüttetheit, vagues
+ Geschnarch von Bellitteratur wo nichts dahinter ist als Nesselblüthen: auf der andern steife leise
+ Schneckenmoralphilosophie die ihren grosmütterlichen Gang fortkriecht, daß ich oft drüber die Geduld
+ verlieren möchte. Da konnte Götz nicht durch dringen, der beyden gleich abspricht. Daher fing ich an
+ ut vates den Leuten Standpunkt ihrer Religion einzustecken, daß itzt unter viel Schwürigkeiten vollendt
+ ist, die Erfolge wird die Zeit lehren. Und nun stürm ich mit Ossians Helden hinein das alte Erdengefühl
+ in ihnen aufzuwecken, das ganz in französische Liqueurs evaporirt war. Daß wirs ausführen können was
+ ich mit ganzer Seele strebe, auf Heid und Hügel Deine Helden wieder
+ naturalisiren.
+ Addio –
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@@ -255,6 +255,13 @@
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+ Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, NL Lenz, Bd. 2, (Nr. 193), Bl. 10–11
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