mirror of
https://github.com/Theodor-Springmann-Stiftung/lenz-briefe.git
synced 2025-10-29 17:15:31 +00:00
Einpflegung von Brief 198.
This commit is contained in:
@@ -7570,6 +7570,43 @@
|
||||
|
||||
<align pos="center"><aq>Ddd.</aq></align></letterText>
|
||||
|
||||
<letterText letter="198"><hand ref="46">
|
||||
|
||||
Mittwoch. Weimar. <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<line tab="1"/>Lieber Bruder! hier bin ich seit zwey Tagen unter den großen Himmels Göttern und kann Dir fast
|
||||
nichts reden, so reich, so voll, so leer bin ich an Worten – an Gefühl. Ich pakte auf einmal zusammen
|
||||
und machte mich fort, und bin iezt hier gehalten. Was soll ich Dir sagen, von Goethe, von Wieland?
|
||||
Am Montag kam ich hier an – lag an Goethes Hals u. er umfaßte mich innig mit aller Liebe
|
||||
„Närrischer Junge! und kriegte Küße von ihm. „Toller Junge! und immer mehr Liebe. Denn er wußte kein
|
||||
Wort von meinem Kommen, so kannst Du denken wie ich ihn überraschte. O was von Goethe ist zu sagen!
|
||||
ich wollte eher Sonn und Meer verschlingen! Gestern brachte ich den ganzen Tag mit Wielanden zu.
|
||||
Er ist der gröste Mensch den ich nach Goethe gesehen habe, den Du nie imaginieren kannst als von
|
||||
Angesicht zu Angesicht. Größe, Liebe, Güte, Bescheidenheit – Steinige den Kerl der ihn verkennt wenn
|
||||
er ihn gesehen, an seiner Brust geliegen hat, sein Geist um faßte u. ihn begriff. Hier sind die
|
||||
Götter! Hier ist der Siz des Großen! <del>Goethe ist Geheimer Legations Rath mit 2000 <er><nr> </nr></er></del> Auch hab ich
|
||||
einen großen Menschen am Presidenten von Kalb gefunden – Lenz wohnt unter mir u. ist in ewiger
|
||||
Dämmerung. Der Herzog ist vortreflich u. werd ihn bald sehen. Glaub von allem nichts was über das
|
||||
Leben hier geredet wird, es ist kein wahres Wort dran. Es geht alles den großen, simplen Gang u. Goethe
|
||||
ist so groß in seinem politschen Leben daß wirs nicht begreifen – u. Wieland! glaub nicht daß ich
|
||||
überspannt bin – ich häng an dem Menschen so stark daß ichs nie möglich hielt an einem Menschen
|
||||
so zu hängen, er will mich nicht mehr fortlaßen. Weiß viel von Dir u. liebt Dich – Laß Dich von nichts
|
||||
drücken u. quälen – sie werden mich hier ruhig machen. Wo ich hin seh ist Heilbalsam für meinen
|
||||
Geist u. Herz – Adieu! KI.</hand> <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<page index="2"/>
|
||||
|
||||
<hand ref="1">
|
||||
<line tab="1"/>Entschuldige mich doch guter Kaiser bey unserm theuren Lavater, von dem ich durch Ehrmann viel erfreuliches
|
||||
gehört, daß ich in einer Seelenlage bin, in der ich ihm lange nichts werde schreiben können, wo michs aber
|
||||
immer stärken und aufmuntern wird, von andern gute Nachrichten von seinem Befinden zu hören. Ich danke ihm
|
||||
tausendmal für alle Proben seiner Güte gegen mich, die sichtbaren und unsichtbaren, bitte nochmals <ul>sobald
|
||||
es möglich seyn wird</ul> um das ihm bewußte Päckgen dessen Adresse er nur an Goethen macht (weil ich aufs Land gehe)
|
||||
und mir zur Stärkung ein Paar Worte von sich und seinem Befinden beylegt. Gleicherweise empfiehl mich
|
||||
Pfenningern. Und behalt auch Du mich lieb <line type="empty"/>
|
||||
|
||||
<align pos="right">L.</align></hand></letterText>
|
||||
|
||||
|
||||
</document>
|
||||
</opus>
|
||||
|
||||
Reference in New Issue
Block a user