From 28d1318941562d9ece24ae910f0e8ecff6eb2025 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: GregorMichalski Date: Mon, 4 Nov 2024 10:32:43 +0100 Subject: [PATCH] Einpflegung von Brief 63. --- data/xml/briefe.xml | 67 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ data/xml/meta.xml | 14 +++++++++ data/xml/traditions.xml | 5 +++ 3 files changed, 86 insertions(+) diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml index 726f8fa..39d2246 100644 --- a/data/xml/briefe.xml +++ b/data/xml/briefe.xml @@ -3001,6 +3001,73 @@ Auch das kann ich Gottlob noch fühlen. Nochmalen Dank für Goethens Silhouette Und nun leb wohl. Lenz. + + Straßburg, d. 31.Juli 1775. + + – – Wenn ich mich recht erforscht habe, so ist der höchste Wunsch unseres Geschlechts bey dem + Ihrigen auf eine
    schmeichelhafte
Art geliebt zu sein; vielleicht ist der höchste Wunsch des Ihrigen bei + unserm, auf eine vorzüglich edle Art geschätzt zu werden + + Ganz inwendige Thränen muß ich Ihnen über Ihren 37sten Brief schreiben, der die andern alle + verschlingt. Das Höchste und Beste, was eine weibliche Hand jemals nieder geschrieben hat. Ja, + meine Mutter! – Die Männer wollen nicht geliebt, nur geschmeichelt seyn. Die größesten sind für die + Besten Ihres Geschlechts verloren, und das kämmt, weil sie das schöne Gebiet des moralischen + Kreises zu durchwandern verachten. + + So wollustvoll mir der 27ste, so unterrichtend war mir der 25ste, der mit dem 26sten das Kleeblatt + ausmacht, das ich aus diesem Blumenstrauße vorzüglich an mein Herz drücke. Welch ein Licht wirft er + auf Ihr Bild, erhabene Seele! Ja! sollten Sie mich hassen, so würde mir Ihr Haß werter sein, als die + Liebe einer andern Frau. + + welcher Simplicität da eine Wahrheit in die Welt hineingewälzt ist, die so lange dauren wird, als + die Welt steht. In dem ganzen Briefe ist mehr Weißheit und tiefe Weltkenntniß, als in hundert + Alphabeten, die ein Wieland geschrieben hat, und schreiben könnte. + + Der hat eine vortrefliche Advocatin an Ihnen und ich wünschte, ich könnte mich nun wieder mit ihm + aussöhnen, obschon von seiner Seite dazu nun wohl keine Wahrscheinlichkeit mehr seyn möchte, + nachdem ich
    öffentlich
sehr polternd mit ihm gebrochen. Wie gesagt; er soll uns nicht Philosoph und + Lehrer des menschlichen Geschlechts seyn wollen, und seine Sachen für das geben, was sie sind. Die + Ursache, die Sie angeben, von dem Wege, den er genommen, macht mir ihn auf dieser Seite von neuem + liebenswürdig, und vom Himmel herab kann nichts anders zu seiner Vertheidigung gesagt werden. + + Warum gehen Sie denn so freundlich mit mir um, da ich in Ihrem Briefe, mit der gefaßtesten Seele, + nichts als den strengsten mütterlichen Tadel über mein Stück erwartete? Wie? Sie Ihren Einsichten + nicht trauen? – Oder wollten Sie vielleicht, so auf eine höchst feine Art, das wieder zurück nehmen, + was Sie mir zur Aufmunterung sagten, und das in der That mir für mein ganzes Leben neuen Schwung + gegeben hat. O! Sie, im allereigensten Verstande, meine Mutter! Lassen Sie mich nun auch Ihre + mütterliche Züchtigung erfahren! Ich keime den Zirkel der feinem Welt noch nicht so genau, oder + vielmehr, ich habe meine Achtsamkeit noch nicht so anhaltend auf denselben gewendet. Ihrem zarten + und feinem Gefühl muß manches in meinen Stücken hart, unanständig und ungezogen auffallen. Das + war es, was ich von Ihnen zu meiner künftigen Besserung zu erfahren wünschte; denn an meinen + einmal geschriebenen Stükken feile ich nie. Ich habe es einmal thun wollen, es hätte mich aber + fast das Leben gekostet, und Göthe ist auch da mein Retter gewesen. + + Dürfte ich Sie um Ihre Gouvernante Deutsch bitten, da Ihr deutscher Styl so unzählige Grazien hat – + was auch der mir
    darum
so verhaßte Wieland in seinen Vorreden darüber deraisonnirt. Sie können + das Feine und doch dabei so Simple, (das eigentlich das wahre Erhabene macht,) in Ihrem deutschen + Styl so wenig selber sehen, als Ihr Gesicht. + + Ich habe mit Göthen Göttertage genossen, von denen sich nichts erzählen läßt. Sie werden ihn, + meyne ich, nun bald sprechen. + + Um Wielands willen bitte ich Sie auf meinen Knieen, sagen Sie mir alles, was zwischen ihm und Ihnen + jemals vorgefallen ist. Ich möchte dem Mann nicht Unrecht tun, und wenn ich ihn zu hart gestoßen + habe, und er eher Mitleiden verdient, ihm gern wieder Genugthuung geben. + + N. S. Ich habe Ihren Brief erhalten, gnädige Frau. Ja! ich gehe nach Italien. Diesen Winter werde ich + wohl in Genf zubringen, um mich zu dem großen Fluge anzuschicken. Wenn ich in der Schweiz die + Berge, in Italien die Statuen, in Holland die Festungen, in Frankreich Rousseau, in Engelland das + Theater werde gesehen haben, so komm’ ich zurück zu Ihren Füßen; Sie, meine Muse, sollen mich auf + neue Bahnen leiten. O die Ruhe dann! – Götteraussichten, wie kräftig durchströmen, erfrischen Sie mich. + Wie? Sie wünschen mir eine Geliebte? Welche Güthe der Seele ließ Sie gerade den Wunsch thun. O daß + die – Ihr Bild trüge – obschon ich Sie beide nicht kenne. Nach Ihrer beider Briefen zu urtheilen, + muß eine wunderbare Übereinstimmung in Ihrer ganzen Art zu denken, zu leben, und die Sachen + anzusehen seyn. Eine Gnade! Fragen Sie nie nach ihrem Namen; auch Göthen nicht. + + Ihr Bild, gnädige Frau! Hintergangene Hoffnung ist das größte Unglück. Und wer kann wissen, ob ich + lebendig wieder komme. + +
diff --git a/data/xml/meta.xml b/data/xml/meta.xml index 2da9d43..e8be424 100644 --- a/data/xml/meta.xml +++ b/data/xml/meta.xml @@ -943,6 +943,20 @@ + + + + + + + + + + + + + + diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml index 2608a11..35e3464 100644 --- a/data/xml/traditions.xml +++ b/data/xml/traditions.xml @@ -393,6 +393,11 @@ + + + Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 56/I,6,1, Bl. 3v–5r, zg. Abschrift + +