Einpflegung von Brief 322.

This commit is contained in:
GregorMichalski
2025-01-20 09:03:18 +01:00
parent a768b737d4
commit 25831bb3ff
3 changed files with 101 additions and 0 deletions

View File

@@ -11592,6 +11592,86 @@
<line tab="1"/>Mein Vater ist für mich reich, so auch meine Geschwister. Daß also das nicht in Anschlag <line tab="1"/>Mein Vater ist für mich reich, so auch meine Geschwister. Daß also das nicht in Anschlag
kommen darf.</letterText> kommen darf.</letterText>
<letterText letter="322"><align pos="right">Dorpat. D. 6ten Jenner 1780.</align> <line type="empty"/>
Mein theuerster Herr Papa! <line type="empty"/>
<line type="empty"/>
<line type="empty"/>
<line tab="1"/>Eben komme von Hn. Grafen Manteuffel wo wir mit dem Dorpatschen Bruder und seinem Weibgen
und Kindern zu Mittag gegessen. Die Post geht in einigen Sekunden und dieser Brief ist dringender als
je einer war, um Ihnen zu berichten, daß, da ich itzt schon den halben Weg gemacht und noch die
Versäumniß bey des Herrn Assessor Bergs Sohn nachzuholen seyn wird, ich mit einer guten Gelegenheit
gerade nach Petersburg zu gehen denke, um wenigstens die Lage der Sachen einmahl in der Nähe zu
übersehen. Darf ich Sie nun wohl theurester Herr <page index="2"/> Papa! um aller Güte und Liebe willen die
Sie noch für mich haben, bitten, daß Sie <insertion pos="top">sogleich sich aufs Schloß verfügen und</insertion> ein gutes Wort für
mich bey Sr Erl. dem Hn. General-Gouverneur einlegen, ihm meinen Entschluß melden, und wie unentbehrlich
und für mein ganzes Glück entscheidend wohl jetzt ein Paar Worte Empfehlung von seiner Hand mir in
Petersburg <insertion pos="top">an den Herrn Geh. Rath Betzkoi</insertion> seyn werden, wo meine natürliche Schüchternheit, die Unbekanntschaft
mit der Sprache, folglich auch mit den Sitten, mir tausend <page index="3"/> Hindernisse in den Weg legen, gesetzt auch
daß ich von keinem Mitkompetenten, welche zu befürchten hätte. Se Erl. wissen besser, als ich es nöthig habe
zu sagen, wieviel bey der Schätzung der Kenntnisse und Brauchbarkeit eines jungen Menschen auf den ersten
Debüt ankommt und auf die Gelegenheit die man ihm macht, sie zu zeigen. Nicht die vollkommene Erfüllung
dessen was man sich von ihm versprochen, sondern nur die Fähigkeit, sich diesem Ideal durch eigenen Fleiß
künftig bis zur Vollkommenheit nähern zu <page index="4"/> können, ist das was man zu seiner höchsten Empfehlung
sagen kann. Geschichte, und Philosophie die den Staatsmann; Mathematick und Bekanntschaft mit den
Erfahrungen der alten und neuen grossen Feldherrn, die sie in ihren Tagbüchern hinterlassen, die den
künftigen Kriegshelden, bilden hoffe ich im Stande zu seyn, mit den dazu gehörigen alten und neuen
Sprachen zu dociren: vielleicht können Sr. Erlaucht schon aus der übersetzten Schrift beurtheilen, mit
welchem Glück in Ansehen Vortrages und Methode. … Eben kommen Freunde mich zu bewillkommnen. Verzeyhen
Sie theurester Vater daß ich bey der Eilfertigkeit der Post mit abbrechen muß, eh ich Ihnen noch gesagt,
mit welchen tausend Seegenswünschen und Grüssen Ihre sämtlichen lieben Kinder in Neuhau- <line type="empty"/>
<line tab="1"/><sidenote pos="left" page="2" annotation="am linken Rand der der zweiten Seite, vertikal">Ich lege das vom Hn. Gen. Gouverneur verlangte Blatt bey, worüber mir mit umlaufender Post aus Ihrer
Gütigkeit nur mit zwo Zeilen Antwort bitte, wenigstens sobald es seyn kann, weil die Reise nun mehr als
zu sehr pressirt. Ich werde noch acht Tage hier bleiben um die Briefe aus Riga zu erwarten. Theurster
Papa! bedenken Sie gütigst, daß dieser Schritt für mein ganzes künftiges Leben entscheidet und alle übrige
Aussichten schwankend und unsicher sind, auch immer bey dieser bestehen können.</sidenote> <line type="empty"/>
x<line type="break"/>
<line tab="1"/><sidenote pos=" left" page="4" annotation="am linken Rand der der vierten Seite, vertikal">sen und Dorpat Ihnen beyderseits die Hände küssen. Ich hoffe das nächstemahl mehr und umständlicher zu schreiben,
der Bruder hat Moritzens geschrieben, daß sie auch herüber kommen. Was für Grüsse hätt ich Ihnen nicht noch von
den Herrn Pastor Frank und Pastor Saß zu überschicken die mich wie Bruder Schmidt mit Freundschaft überhäuft haben.
Auch Herr Graf Manteufel empfiehlt sich nebst seiner vortrefflichen Gemalinn.</sidenote> <line type="empty"/>
<page index="5"/><line type="break"/>
<line tab="1"/>Wollten Sie die Gütigkeit haben, gegenwärtige Punkte zu Sr Erl. mitzunehmen, um mit ihm darüber zu sprechen. Sollte
er aber sie selbst zu sehen verlangen, bitte sie doch von Bruder Carl gütigst abschreiben zu lassen, weil ich dies
hier nur in der Eil entworfen und es mir unmöglich ist, ins reine zu bringen, weil die Post abgeht.. <line type="empty"/>
<line tab="1"/>Noch eins mein theurester Vater! Die Hauptsache zu meiner Reise ist Geld ich habe mirs zum Gesetz gemacht, Ihnen
damit nicht beschwerlich zu fallen; eins aber können Sie thun und um diese väterliche Barmherzigkeit muß ich Sie
ansprechen; daß Sie so gütig sind und bey Hartknoch mit ein gut Wort für mich reden und für mich, wenn ers fordert
kaviren. Ich hab ihm geschrieben, was ich <page index="6"/> brauche und wie bald ich ihm die Summe wiedergeben kann, ich mag
nun in Petersburg bleiben oder zurückkommen, im ersten Fall wird es nicht schwer halten, ihn <ul>höchstens</ul> in 3, im
letzten Fall, höchstens in 4 Monathen völlig zu befriedigen da ich Monatlich auf 30 Thlr <aq>Alb.</aq> stehe. Sobald ich
Hartknochs Brief erhalte, schick ich ihm die Obligation; werde also demselben und ein Paar Zeilen von Ihrer Hand mit
der ungeduldigsten Erwartung entgegensehen, da ich ohne diese nicht aus dem Fleck kann und nicht immer die Gelegenheit
sich so findet, daß die mich zu sehen neugie- <page index="7"/> rigen Geschwister und Freunde mich von einem Ort zum andern
schiessen. Lassen Sie uns also bester Vater! die Sache sattsam und gründlich angreiffen und nicht länger auf Luft und
Schatten einer ungewissen Zukunft bauen, da das Gegenwärtige so nicht wiederkommt. Das Künftige was meinem Herzen näher
läge, wird schon von selbst kommen, wenn es kommen will und kommen kann, welches mein Herzens Bruder Pegau der so gern
sich mit Träumen abspeist, die er freylich nach seinem Gefallen einrichtet, so schwer begreiffen kann. <line type="empty"/>
<line tab="1"/><sidenote pos=" left" page="6" annotation="am linken Rand der der sechsten Seite, vertikal">Hartknoch giebt gewiß wenn Sie bürgen wo nicht alles wenigstens soviel er kann: 3/4: die Hälfte wenigstens.
Hier ist alles abgebrannt.</sidenote> <line type="empty"/>
<page index="8"/><line type="break"/>
<line tab="1"/>Hauptsächlich aber daß man eine Zeitlang gearbeitet und sich bey den Planen anderer Leute versucht haben muß, eh man
selbst Plane machen kann. Verzeyhen Sie meine Eile und Feder und erfreuen mich, wenn Ihnen mein Glück und Ihre Zufriedenheit
lieb ist, baldmöglichst mit einigen gütigen Zeilen Ihrer Hand über diese wichtigen Punkte meiner Reise und meiner Bestimmung.
Nach tausend Handküssen von uns sämtlichst an Ihnen und meine theureste Mutter <line type="empty"/>
<align pos="center">Ihr</align><line type="break"/>
<align pos="right">gehorsamster Sohn<line type="break"/>
J M R Lenz.</align> <line type="empty"/>
<line type="empty"/>
<line type="empty"/>
<line tab="1"/><sidenote pos=" left" page="8" annotation="am linken Rand der der achten Seite, vertikal">Tausend Grüsse von Oldekops und allen Freunden an Sie, Mama auch Bruder Carl. … Die gutkranke Schmidtin wird Ihnen mit der
Post geschrieben haben.</sidenote></letterText>
</document> </document>
</opus> </opus>

View File

@@ -4839,5 +4839,20 @@
<isDraft value="false" /> <isDraft value="false" />
</letterDesc> </letterDesc>
<letterDesc letter="322">
<date value="Dorpat (Tartu), 6. Januar 1780" />
<sort value="1780-01-06" />
<location ref="1" />
<senders>
<sender ref="1" />
</senders>
<receivers>
<receiver ref="4" />
</receivers>
<hasOriginal value="true" />
<isProofread value="true" />
<isDraft value="false" />
</letterDesc>
</descriptions> </descriptions>
</opus> </opus>

View File

@@ -2000,6 +2000,12 @@
</app> </app>
</letterTradition> </letterTradition>
<letterTradition letter="322">
<app ref="4">
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 18
</app>
</letterTradition>
</traditions> </traditions>
</opus> </opus>