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@@ -714,6 +714,7 @@ Und doch muß ich meinen Entschluß vor Ihnen verbergen.
<line type="break" /><align pos="center"><note>Lavaters Hand:</note></align>
<line tab="1"/>Nur ein Zeichelchen, daß ich an Dich, und Röderer, als liebe Brüder denke! Ich kann, ich kann nicht schreiben! Nicht danken! Ich habe nicht einmal Zeit, Arbeiten zusammen zu suchen, dich ich Euch auftragen möchte, für mich zu thun. Verzeihet mir, glaubet an meine Liebe, obgleich Ihr wenig oder nichts sehet. Schreibet mir viel, aber erwartet keine Antwort. Macht Ihr physiognomische Beobachtungen; theilt sie mir <aq>Sans ápropos</aq> halb, quart, <aq>octav</aq> wie Ihr sie macht nur auf <aq>octav</aq>blätchen mit. Auch Monatgedanken hab ich keine mehr gemacht. Liebet einander Brüder, und mich, und grüßt alle und entschuldigt mich bey allen, daß ich Ruhe suche, nicht die Ruhe der Trägheit.
<line type="empty" />
<align pos="center"><note>Adresse:</note></align>
<line type="break" /><address>An Herrn Lenze im Finkweiler, in <it>Straßburg.</it></address>
</letterText>
@@ -927,14 +928,15 @@ Und doch muß ich meinen Entschluß vor Ihnen verbergen.
<letterText letter="44"><page index="1"/>
<align pos="center"><note>auf dem roten Lacksiegel:</note>
<line type="break"/><gr>παντα δυνατα τῳ πιστευοντι</gr></align>
<gr>παντα δυνατα τῳ πιστευοντι</gr></align>
<line type="empty"/>
<line tab="1"/>Eine und viele der seeligsten Stunden meines Daseyns hab ich Ihnen, sey Sie wer Sie wollen, zu danken. In einer Lage, wies wenige giebt am Sterbebeth einer nahen, eben nicht warm doch redlich geliebten Schwägerinn fieng ich an, Ihre wolerhaltnen <it>Meynungen eines Layen</it>, zu lesen, mit inniger Freud in der Stille der Mitternacht Meine Schwägerinn entschlummerte sanft Ich ging schnell nach Hause; an einem hellen doch kühlen Frühlingsmorgen fuhr sogleich, morgens vor 5 Uhr fort zu lesen; vor Freude zu zittern, vor Freude zu weynen, bald eine Zeile draus an meinen Bruder <it>Pfenninger,</it> der auf dem Lande ist, zu schreiben!
<line tab="1"/>Sturm von Seite der Cabale, <it>die das Sendschreiben eines zürcherschen Geistlichen</it> geboren hat stürmte dazwischen! aber Ihre prophetische Geisteskraft trug mich. Nun hab ichs vollendet; nun liests neben mir <it>Passavant</it> und den Abend noch (warum ich nicht an seiner Seite) <it>Pfenninger?</it> Ich kann nichts, nichts sagen, als Sie <it>sind</it> mein Freund, ich bin der Ihrige. Nicht bitt ich Sie um Ihre Freundschaft; nicht trag ich Ihnen die meinige an wir sind schon Freunde. Lichtstral darf nicht Lichtstral bitten: „Fließe mit mir zusammen.“ Das geschieht, in dem sie einander begegnen aber <it>das</it> ist ein Ziel meiner Bitte, daß Sie mir bäldest eine Zeile schreiben und zu mir sagen: „Lavater! hier und dort hast du geirrt; das Ziel nicht erreicht, vorbey geflogen bist angeprallt. Vor dem hüte dich! da ist Quell deines Irrthums! da Fallstrick für deine Imagination, deinen Verstand, dein Herz –“ Dann will ich auch sagen, welche <it>Zeilen</it> Ihrer Schrift unter die Gottesgeistigkeit herabsinken, hinausgleiten, nach meinem Sinn.
<line tab="1"/>Eine und viele der seeligsten Stunden meines Daseyns hab ich Ihnen, seyn Sie wer Sie wollen, zu danken. In einer Lage, wies wenige giebt am Sterbebeth einer nahen, eben nicht warm doch redlich geliebten Schwägerinn fieng ich an, Ihre wolerhaltnen <it>Meynungen eines Layen</it>, zu lesen, mit inniger Freud in der Stille der Mitternacht Meine Schwägerinn entschlummerte sanft Ich ging schnell nach Hause; an einem hellen doch kühlen Frühlingsmorgen fuhr sogleich, morgens vor 5 Uhr fort zu lesen; vor Freude zu zittern, vor Freude zu weynen, bald eine Zeile draus an meinen Bruder <it>Pfenninger,</it> der auf dem Lande ist, zu schreiben!
<line tab="1"/>Sturm von Seite der Cabale, die <it>das Sendschreiben eines zürcherschen Geistlichen</it> geboren hat stürmte dazwischen! aber Ihre prophetische Geisteskraft trug mich. Nun hab ichs vollendet; nun liests neben mir <it>Passavant</it> und den Abend noch (warum ich nicht an seiner Seite) <it>Pfenninger?</it> Ich kann nichts, nichts sagen, als Sie sind mein Freund, ich bin der Ihrige. Nicht bitt ich Sie um Ihre Freundschaft; nicht trag ich Ihnen die meinige an wir <it>sind</it> schon Freunde. Lichtstral darf nicht Lichtstral bitten: „Fließe mit mir zusammen.“ Das geschieht, in dem sie einander begegnen aber <it>das</it> ist ein Ziel meiner Bitte, daß Sie mir bäldest eine Zeile schreiben und zu mir sagen: „Lavater! hier und dort hast du geirrt; das Ziel nicht erreicht, vorbey geflogen bist angeprallt. Vor dem hüte dich! da ist Quell deines Irrthums! da Fallstrick für deine Imagination, deinen Verstand, dein Herz –“ Dann will ich auch sagen, welche <it>Zeilen</it> Ihrer Schrift unter die Gottesgeistigkeit herabsinken, hinausgleiten, nach meinem Sinn.
<line type="break"/><align pos="center">Den 20 April 75.
<line type="break"/><it>Lavater</it>
<line type="break"/>Zürich, Donnerstags, Abends nach 3 uhr.</align>
<line type="break"/><line type="empty" />
<align pos="center"><note>Adresse:</note></align>
<address>An den Verfasser der <it>Meynungen eines Layen</it> schleunigst abzugeben.</address>
</letterText>