diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml index 9fef971..68c93e7 100644 --- a/data/xml/briefe.xml +++ b/data/xml/briefe.xml @@ -5171,6 +5171,61 @@ Adresse Herrn Herrn Gelehrten in + + Ich danke Ihnen lieber guter Mann für Ihren treugemeynten Brief herzlich. Wir wollen also mit + einander beginnen, u. es soll uns beyde nicht reuen. Laßen Sie sichs nicht leid seyn, daß die + Leute Welt Ihren Namen kennen weiß. Sie haben mehr Freunde als Sie glauben, u. wer Ihre Bücher + goutirt, ist ein guter Mensch. Denn den flachen Köpfen u. Herzen sind sie so unausstehlich. Und der + guten Menschen giebts doch viel, u. der unverdorbenen, besonders unter den Weiblein. Hätten Sie nicht + geschrieben, so wüßte z. E. unser Einer nicht zu seinem Troste, daß ein so guter Mensch mehr lebt, wie + Sie, ob ich gleich glaube daß der Poeten mehr sind, die nicht schreiben, als die da schreiben, u. daß + von jedes Menschen Empfindung so viel verraucht, biß ’s aufs Papier kommt u. dabel wird, daß nichts übrig + bleibt als caput mortuum. Selbst Goethe mahlt oft mit Wasserfarbe Geschichte der Menschheit, wenigstens an + manchen Stellen, um sein Fascikel voll zu machen. Das weis er auch selbst, und ich habs ihm auch gesagt. + Mit ihm hab ich offt Ihre Liebes-Gedichte gelesen, u. gefunden was das ist, wahre Leidenschafft. Sie waren + dem äussern Schnitt des todten Buchstabens nach Menantisch, Talandrisch u. Gottschedisch, dafür + hätte sie gewiß Ramler gebrandmarkt. Aber innen wehte der grose Wind heraus, der uns mitschaudern machte. – + Von meinen Lumpreyen hab’ ich jezt nichts zum Absenden, weil ich so schreibe daß ’s kein Mensch lesen kan, + u. zum Copiren hab’ ich keine Zeit eben. Dafür schick’ ich Ihnen Herders Rhapsodie. Sie ist von dem grosen + Gebrauch sehr schadhaft geworden, bitte sie wohl in acht zu nehmen. Er hat sie gleich nach Empfang des + Reimhards geschrieben. Ich hab den zweyten Th. begonnen, von dem nächstens. Etwas Rhypographisches auch von + oder nach Swift. Die Romanzen führt Goethe alle in einem Bande mit sich. Ich habe keine weiteren Abschriften, + u. die ersten Aufsäze sind mir alle verloren gegangen. Ich hab ihm aber darum geschrieben. Von Herdern hab’ + ich noch viele Gedichte, die ich Ihnen alle nach u. nach sub Rosa mittheilen kan. – Wann ich künftig was + schnizele sollen Sies sehen; ich denke es wird mir doch aufmunterung u. Trost seyn, wenns in Ihnen wiederhallt. – + Könnten Sie uns nicht einmal besuchen, besonders wenn Claudius hier wird seyn? Bleiben Sie ja ich bitte Sie in + Deutschland. Vor unser einem ist in Rußland kein Heil u. Seegen. Wir haben keine Körper, um in jenem + Lande zu
    geniessen
mit vielem huren, spielen, fressen u. sauffen. Und
    unsere
Seelen, so wie alle Arten überhaupt, + die auf etwas mehr als dem Miste thierischer Bedürfnisse wühlen, kann man dort ganz entbehren. – Ich lebe hier, + wenn Goethe in Weimar bleiben solte, freylich auch auf einem verwünschten Sand
    fleck,
wo nie was gescheutes keimen + kann u. wird. Aber die liebe Noth ist das beste täglich Brod. Die hat mir noch beständig mein Dach geflikt, u. + wirds auch so fort fliken. Lebten wir im Überfluß, so würden wir Gens aisés, u. ennuyirten uns, hätten außer unsern + eigen, noch standsmäßige obstruction. – Ausserdem bin ich zu verschiedene malen von Madame Fortuna tüchtig gewamset + worden, wofür ihr aber mit Yorik herzlichen Dank sage. Ich gäbe meine jezige Existenz nicht um aller Welt Güter + willen weg, u. wenn ich noch einmal in Mutter Leibe zurückgehen, u. die
    Reihe von mir selbst unabhängiger mich + angehende Begebenheiten
wählen sollte, so solt’s in Gottes Namen nicht anders seyn, als es gewesen ist. + + Von Goethen hab’ ich allerley hübsche u. gute Sachen. Haben Sie das Stük von Wieland + Goethe u. die jüngste Niobe Tochter? wo nicht will ichs schiken. Sie schreiben jezt dort Farcen (sub + Rosa) die sie Matineés nennen, haben Sie nichts davon? Eine schöne Zeichnung von Krause hab’ ich + auch wo er sizt, u. den Faust vorließt, der Herzog u. alle andere um ihn herum. + + Ich denke unter der Adreße der Mlle König u. der Frau Geh. Räthin Heße könnten wir immer einander + schreiben, ohne daß es Postgeld verursacht. + + Leben Sie wohl u. gedenken Sie meiner offt z. E. wenn etwas von Ihnen nach Weimar geht, könnts + nicht vorher ein bißchen hier anhalten? Ihre Posten hat mir Goethe nie wollen mittheilen. + + So eben scheint die liebe Sonne u. ich denke es ist besser Gottes Angesicht schauen als schreiben. + + Leben Sie wohl u. halten Sie Ihr Versprechen nächstens zu schreiben. + + Ihr ganz eigener + + Merck + + D. 8ten Mart. 1776. +
diff --git a/data/xml/meta.xml b/data/xml/meta.xml index ade0abc..713a6c8 100644 --- a/data/xml/meta.xml +++ b/data/xml/meta.xml @@ -1890,6 +1890,22 @@ + + + + + + + + + + + + + + + + diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml index fd55f96..4691791 100644 --- a/data/xml/traditions.xml +++ b/data/xml/traditions.xml @@ -777,6 +777,11 @@ + + + Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 39 + +