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gehors. Diener
Schenk
+ Bester Vater!
+
+ Es war die Mutter vom nunmehrigen geheimen Legationsrath Goethe, die ich in · Frankfurt auf der
+ Durchreise das erstenmal kennen gelernet, von der ich Mamaen das schrieb. Seine Schwester, eine
+ gleichfalls sehr würdige Dame ist lange verheurathet mit einem Manne der ihrer werth ist.
+
+ Ich Ihrer spotten – das ist ein Gedanke, der mich tödten würde, wenn ich nicht hoffen dürfte,
+ daß er nur aus Ihrer Feder, nicht aus Ihrem Herzen gekommen ist. Ich sehe mein Vater! daß es ein
+ Schicksal ist, das ich nicht ändern kann, wegen Entfernungen der Zeit und des Orts von Ihnen und
+ allen den Meinigen mißverstanden zu werden. Wie heilig mir Ihre Briefe sind, mag Gott Ihnen durch
+ einen andern Weg als durch meine Feder künftig bekannt machen, oder auch nur ahnden lassen. Fahren
+ Sie fort mir diese Beweise Ihrer Güte noch zuzuschicken wenn Sie mich dessen werth glauben.
+
+
+ Wie Goethe und die Seinigen sich zu allen Zeiten gegen mich bewiesen und wieviel ich ihnen schuldig
+ bin, kann ich nie genug erkennen und rühmen.
+
+
+ Goethe ehrt Sie wie ich. Die Welt ist groß mein Vater, die Wirkungskreise verschieden. Alle Menschen
+ können nicht einerley Meynungen oder vielleicht nur einerley haben. So unvollkommen
+ das was man in jedem Fach der menschlichen Erkenntniß nennt, seyn mag, so ist es, wie Sie selbst
+ mir nicht ganz absprechen werden, jungen Leuten doch nothwendig, sich hinein zu schicken, wenn sie
+ der Weit brauchbar werden wollen. Glücklich sind sie wenn sie Väter haben wie ich, deren Beyspiel auch
+ bey veränderten Umständen und Zeiten immer und ewig ihnen Muster bleiben muß. Das sage ich weder aus
+ Heucheley noch aus Schmeicheley, denn was für Vortheile könnte mir beydes bringen,
sondern aus Erkenntniß
+ der Wahrheit, aus inniger Verehrung und Anbetung des Geists der in Ihnen webt und würket.
+
+
+ Bitten Sie doch Bruder Carl um die mir in einer guten Stunde aus Ihrem und meiner
+ Mutter Munde historische Nachrichten von meinen Großeltern # sowohl von als von mütterlicher Seite
+ aufzuschreiben und zuzusetzensenden, er wird damit machen. Die Gnade dieses Fürsten
+ für mich ist Gottes Werk.
+
+
+ NB. # Wollten Sie mich etwas von Ihrer eigenen Lebensgeschichte dazuzuthun, würd ichs mit
+ dem höchsten Dank erkennen.
+
+ Die Briefe meiner Geschwister stärkten mich gleichfalls. Sagen Sie Fritzen ich werde Sorge für seinen
+ Auftrag haben, fürchte aber, er werde ein wenig unthulich seyn, falls nicht etwa ein Landsmann nach
+ Lief- oder Curland hineingeht, der einen Burschen mitnimmt. Mein Bruder Christian ist immer der einzige
+ Mensch der mich noch am besten verstehen kann; sein Glück, seine Zufriedenheit sind die meinigen.
+ Schwester Lottgen und Liesgen bitte ihre Munterkeit nicht zu verlieren, das Leben wird heutzutage immer
+ bitterer – und immer süßer. Ein Augenblick – ersetzt Jahre voll Kummer – auch ein Augenblick wie der
+ wenn ich Nachrichten von Ihnen erhalte. Schwester Norgen möchte ich sehen, Bruder Carl wird die Hofnungen
+ seines Vaters nicht so grausam hintergehen als ich. Dürft ich bitten alle ihre Schattenbilder zu nehmen,
+ und sie mir verkleinert mit einem Instrument das man Storchenschnabel nennt, im Briefe zuzuschicken.
+
+
+ ich küsse Schwester Norchen und bitte sie das Glück ganz zu fühlen und zu schätzen, der letzte Trost
+ ihrer Eltern zu seyn.
+
+
+ Ich muß noch hinzusetzen, daß ich jetzt durch die Bekanntschaft Wielands eines der grössesten Menschen
+ unsers Jahrhunderts, dessen Werth aber freilich nur erst die Nachwelt ganz schätzen wird – und ich darf
+ sagen durch sein Herz und seine Freundschaft eine der glücklichsten Aquisitionen meines Lebens gemacht.
+
+ Darf ich nochmals um Ihre Lebensgeschichte flehen. Nur auf einem Blättgen, wenns Ihre Zeit nicht erlauben
+ will. Ich küsse Mama und Ihnen die Hand und alle Geschwister tausendmal. Ihr gehorsamster Sohn
+
+ JMR Lenz.
+
+
+ im Merkur werden Sie mich bisweilen auch finden.
+
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+ Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 13
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