diff --git a/data/xml/briefe.xml b/data/xml/briefe.xml
index b01f849..201c603 100644
--- a/data/xml/briefe.xml
+++ b/data/xml/briefe.xml
@@ -7203,6 +7203,119 @@
Vergeßen Sie mir Ihre Adresse nicht.
+ Wie es zugeht lieber Lavater! daß ich das bewußte Bild noch nicht erhalte, da Du es doch Rödern für
+ mich zugeschickt haben willst, begreiffe ich nicht, macht mir aber viele Herzensquaal. Das einzige
+ worinn ich auf der Welt (ausser eurer Freundschaft) einen Werth setze, das einzige das mich in einer
+ selbstgewählten Einsamkeit von der ganzen Weit vergessen, erhalten sollte, zum Besten manches guten Menschen
+ erhalten – soll ich denn durchaus auf äusserste gebracht seyn. Ich verlange nichts, fodere nichts als
+ einen Schatten – einen Schatten der mich allein an diese Welt binden kann die mich in allen meinen
+ Verhältnissen peinigt. Ich will nicht müssig gehen in meiner Einöde, aber ich muß etwas haben das meine
+ Kräfte aufrecht erhält, das mich dem grossen Ziel entgegenspornt um des willen ich nur noch lebe. Ich weiß
+ sehr wohl daß dies daß es ein Traum, daß es Betrug ist, aber laß – wenn es nur seine Wirkung
+ thut. Und wenn die vorher bestimmten Schläge durch die unsichtbaren Mächte die mich
+ brauchen wollen, geschehen sind: was ist darnach an dem Instrument gelegen! Das vermuthlich zum
+ Unglück bestimmt war.
+ Wende um
+
+
+
+ Ich habe Deinen 2ten Teil Physiognomik nur flüchtig mit dem Herzog durchlauffen können, ihn bey manchen Stellen
+ aufmerksam gemacht, ihm vorgelesen und mich gefreut. Sobald ich Ruhe finde geh ich es mit geweyhter Seele durch,
+ jetzt bin ich auch selbst dazu unfähig. Du bist der Einzige dem ich diese Art meiner Existenz klagen kann, und
+ nicht einmal darinn finde ich Trost. Eine gänzliche Taubheit meiner Nerven, die nur wenn ich arbeite, mich alle
+ Stacheln des Schmerzens fühlen lassen. Sage mir ein Wort insbesondere, das wird wohlthun: aber um alles in der
+ Welt schone mich nicht. Das macht bey mir alles nur schlimmer. Ich bin auf den Punkt verschwiegener unangenehmer
+ Nachrichten scharfsichtiger als Du glaubst. Wahrheit ist immer der einzige Trost für mich gewesen.
+
+
+
+ Wie ich itzt so klein so schwach gegen ehemals mich fühle. Gieb mir mehr wirkliche Schmerzen damit mich die
+ imaginairen nicht unterkriegen. O Schmerzen Schmerzen Mann Gottes, nicht Trost ist mein Bedürfniß. Diese Taubheit
+ allein kann ich nicht ertragen.
+
+ Du bist in Carlsruhe gewesen, wie mir Herr von Edelsheim, Minister am dortigen Hofe, der die Trauerpost von der
+ russischen Großfürstin Tode hieher brachte, erzählt hat. Wie hat dirs dort gefallen? Und solltest Du nicht den Weg
+ über Strasb. genommen haben? Und solltest Du niemand dort gesehen und gesprochen haben?
+
+ Bode ist eben von hier abgereist der Uebersetzer von Tristram Schandy. Goethens Erwin ist mit der Musik von der
+ Herzogin Mutter Ietzt hier aufgeführt worden. Frage doch Kaysern ob er mich ganz vergessen hat? Hier warten soviele
+ auf das Familiengemählde.
+
+ Wie wir mit WieI. stehen, soll das Publikum nächstens öffentlich erfahren. Wie wärs, wenn er frömmer wäre als wir
+ alle? Ein wunderbarer Mann, dessen Erkenntniß mir hier sehr wohlthut. Im Musäum (doch sags ihm nicht) laß ich bald
+ etwas über ihn einrücken. Ich bin ihm sehr gut und seiner Frau u. Kindern.
+
+ L.
+
+
+ Adresse
+
+ Herrn
+ Herrn JC. Lavater
+ Pfarrer am Waysenhause
+ zu
+
+ Hier mein treflicher Freund und Gönner die gedruckte Kopey eines Gedichts das der von Seiten seines
+ Herzens wahrhaftig liebenswürdige Lindau kurz vor seinem Abmarsch nach Amerika (der nun
+ würklich erfolgt ist) gemacht hat. Er äusserte in seinem letzten Briefe den Wunsch oder
+ vielmehr er beschwur uns, wenn wir mittelbar oder unmittelbar eimgen Zusammenhang mit Amerika
+ hätten, es dahin an den D. Franklin oder General Washington kommen zu lassen und ihnen zugleich
+ einige Personalien von dem Verfasser zu melden. Wir wissen uns (Wieland, Goethe und ich) bey dieser
+ Foderung an niemand zu wenden, als an Sie mein Theurester und da Sie die Sache der Freiheit
+ auch unter allen Verhältnissen lieben, so glaube ich wenn Sie es füglich thun können, werden Sie
+ auch diesen letzten Willen des treflichsten aller Don Quichotte vollziehen helfen, da in der
+ That wie ich glaube den Kolonieen eine Erscheinung dieser Art nicht anders als willkommen und
+ aufmunternd seyn kann. Und man überhaupt nicht weiß was ein ausgeworfener Saamenstaub für gute
+ Folgen haben kann.
+
+ Ich habe auf Ihren nur gar zu gegriindeten Rath an Hellwieg durch unsern Freund Boje geschrieben
+ (dem ich mich gütigst sehr zu empfehlen und ihm für die Mittheilung der Komödien und seines
+ Freunds Matthei und der Herren von Holzschuh zu danken bitte) und mir die Bekanntmachung der Wolken
+ sowohl als ihrer Vertheidigung sehr ernsthaft verbeten, hoffe auch daß dieser gute Mann Hellwieg
+ Wort zu halten nicht für eine Sache halten wird, der ein Mensch auf der Welt sich überheben könne,
+ besonders, sobald er handelt und in Verhältnissen steht. Zudem habe in der Vertheidigung Druckfehler
+ gefunden die dem ganzen Dinge ein schiefes und häßliches Ansehen geben, anstatt
+ gewiß ich müßte selbst gefühllos sein, wenn ich die Bekanntmachung einer so nachteiligen Vertheidigung
+ W. ertragen könnte. Statt N ist I und andere dergleichen Späsgen die mir den ganzen Zweck der Schrift
+ verderben, die überhaupt bey unsrer gegenwärtigen Lage wenig Wirkung thun wird.
+
+ Ich arbeite jetzt an einem Werk über die Soldatenehen das ich wohl französisch schreiben und die
+ Reise werde nach Paris machen lassen. Ein Gegenstand den ich schon bey drey Jahren in meinem Kopf
+ herumgewelzt. Bitte sehr unsern Freund Boje mir das Versprochene zukommen zu lassen. Er wird vielleicht
+ von Schlossern etwas von mir in sein Musäum erhalten, das hier am Hofe viel Sensation gemacht hat. Wieland
+ Goethe und ich leben in einer seeligen Gemeinschaft, erstere beyde Morgens in ihren Gärten, ich auf der
+ Wiese wo die Soldaten exerziren, nachmittags treffen wir uns oben beym Herzog, der mit einer auserlesenen
+ Gesellschaft guter Leute an seinem Hofe die alle (so wie auch wir) eine besondere Art Kleidung tragen und
+ er die nennt seine meisten und angenehmsten Abende zubringt. Goethe ist unser Hauptmann.
+
+ Ich werde wohl bald den gar zu reitzenden Hof verlassen und in eine Einsiedeley hier herum gehen meine
+ Arbeit zu Stande zu bringen, zu der ich hier nur Kräfte sammle. Sodann bin ich für die ganze Welt und für
+ alle meine Freunde todt. Ich bitte sehr das keinen Unterscheid in unserm künftigen Zusammenhange machen zu lassen.
+ Sagen Sie mir doch, mein Gönner, ob man in Hannover französische Sachen darf drucken lassen. Reich will nicht
+ dran wegen der Schwürigkeit des Umsatzes. Auch wollte Sie gehorsamst fragen, ob die versprochenen Exemplare der
+ Soldaten wirklich an mich nach Strasb. abgegangen, ich könnte sie hier gar zu gut brauchen besonders da hier soviel
+ ich weiß weder Buchladen noch Buchhandel ist und ich sie nicht einmal für Geld bekommen kann, meinen Freunden
+ aber Exemplare abzubetteln mich schäme.
+
+ Auch Sie werden die traurige Nachricht von der russischen Großfürstinn wohl gehört haben, die ein gewisser
+ Herr v. Edelsheim Regierungsrath am Carlsruher Hofe, ein artiger Mann und der sich einen Freund von
+ Klopstock sagte, hieher gebracht hat. Der Herzog, besonders aber die Herzogin sind in der lebhaftesten
+ Betrübniß darüber.
+
+ Die Fremden gehen jetzt hier sehr häuffig. Ich habe auch unter denen viele wunderbare Gelegenheiten gefunden,
+ Personen die ich zu sehen aufgegeben hatte wiederzusehen. So den geheimen Rath Vietinghof aus Liefland zum
+ Exempel, der ins Bad und von da nach Frankreich England und Italien geht und durch den ich vielleicht meine
+ Schrift in Paris überreichen lassen werde, wenn ich sie nur noch aufs höchste gegen den Oktober fertig gedruckt
+ haben kann denn er bleibt nur die eine Hälfte des Winters dort, die andere Hälfte passirt er in Italien.
+
+ Herder und Stollberg sind noch nicht hier, der letzte kommt erst auf den Herbst, warum der erste aber zögert
+ begreiffe ich nicht. Ich wünsche ihn aus allen Kräften hieher, hoffe auch daß die letzten Steinehen des
+ Anstosses bald weggeräumt sein werden. Der Herzog ehrt ihn ungemein.
+
+
+ Im Merkur werden Sie künftig auch mich zuweilen sehen. Was ist doch die Frau v. Stein für ein Engel, deren
+ Schatten Sie uns in Strasbg. wiesen
+
diff --git a/data/xml/meta.xml b/data/xml/meta.xml
index 720069e..1f69176 100644
--- a/data/xml/meta.xml
+++ b/data/xml/meta.xml
@@ -2822,5 +2822,35 @@
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
diff --git a/data/xml/traditions.xml b/data/xml/traditions.xml
index 52a6b81..66dc664 100644
--- a/data/xml/traditions.xml
+++ b/data/xml/traditions.xml
@@ -1155,5 +1155,18 @@
+
+
+ Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 14
+
+
+
+
+
+ (Entwurf: Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 9)
+ Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 15; Entwurf
+
+
+