Bona nova, Novus annus recurrit, Novi adplausus votivi novo anno resonant. Meum ergo erit Gratulari Juveni Joanni Hamanno, amabili, desiderabili, Si vis scire laudes ejus, Est delectatio, Spes Parentum, Surculus fertilissimus floridissimus, Gratulatio ergo non sunt nocumenta sed documenta futurae eruditionis. Formosus, desiderat ingenium non sterile, sed formosum Adolescens bonae spei et indolis prout schola cathedralis testatur. Archivum non mortuum, sed vivum, In quo adservat non secus ac apicula ea, quae collegit. Emporium florentissum fertilissimas merces emendo, vendendo, et comparando sibi Thesaurum scientiarum. O mors inecorabilis! Parce huic Filiolo, dilectissimo, Parentum Deliciolo, huia prout dixi, non tantum omine sed nomine ejusmodi est. Votum meum est, Ut recens natus Jesus sit Medicus vester universalis, Protector optimas, sit recens natus Servator Tuis Parentibus, tibi, Mihi et omnibus vobis uno Omnia in omnibus Hoc vovet RegiomontiServus devinctissimus die XXXI Dei.Martinus Maletius MDCCXLIIII.L L Studiosus Auf der Rückseite von Hamann vermerkt: Der Autor dieser lächerl. Schrift istwar ein alter bettelnder Student, der nur deswegen neidwürdig seinist, weil er mir den Kopf mit seinen geheimen Künsten insbesondere der arte combinatoria des Jesuiten Knittels eingenommen hatte. Werthester Freund. Sie sind rachgierig? Nimmermehr hätte ich solches von Ihnen vermuthet; und auch jetzo, da Sie es selbst bekannt haben, kann ich es noch nicht glauben. Wie? Sie sind mit der mir so empfindlichen Strafe, da Sie mich so lange auf Ihre Antwort hoffen lassen, noch nicht zufrieden. Sie begehren gar, daß ich Ihnen wegen eines ich weis nicht wodurch erregten Schreckens, eine förmliche Abbitte thun soll. Dies wird nicht geschehen. Ich werde vielmehr schelten. Warum gehen Sie auch so unbarmherzig mit ihrer Tochter um. Was hat dieses liebenswürdige Kind Ihnen gethan, daß Sie es nicht für das ihrige erkennen wollen? Sie thun gar so unschuldig, als ob es nach der Chronologie nicht möglich wäre, daß dieses Mädchen Ihnen angehören könnte. Wofern Sie bey ihrem halsstarrigen Leugnen bleiben, so werde ich mich genöthigt sehen, Sie gerichtlich zu belangen. Ich will Ihnen im Vertrauen bekennen, daß ich mich mit diesem schönen Kinde schon verlobet habe, und Sie werden mich doch wohl hoffentlich zu ihrem Schwiegersohne annehmen wollen? Herr Hennings nahm dieses verlassene Mädchen in seinen Schutz, weil Sie von demselben nichts wissen wollten. Er war so großmüthig daß er mir sein Recht abtrat. Ich habe sie also zu mir genommen, und wir führen eine sehr vergnügte Ehe. Es gehet kein Tag vorbey, daß ich ihr nicht die feyerlichsten Versicherungen gebe, wie ich sie liebe und beständig lieben werde. Im Ernste die Daphne gefällt mir ungemein, und Königsberg kann es den witzigen Verfaßern dieser Sittenschrift nicht genug verdanken, daß Sie die Quellen eines gereinigten Witzes zuerst nach Preußen geleitet haben. Nach gerade wäre es Zeit, daß man den gothischen Geschmack, der so lange in Preußen geherrschet hat, verbannete, und die leichte und blühende Schreibart der Frantzosen mehr nach ahmete. Andere Gegenden Deutschlands sind uns hierinn mit gutem Exempel vorgegangen. Nur Preußen scheinet noch in einem tiefen Schlummer zu liegen, und an dem alten Wuste ein Belieben zu finden. Wenn der ehrliche Dach wieder aufstehen sollte, so würde er jetzt mehr Ursach haben, als er vielleicht zu seiner Zeit hatte, seinen Wustlieb und dessen getreue Gefährtin Domdeicke auftreten zu lassen. Doch gnug hievon. Sie möchten sonst gar auf den Einfall gerathen, als wenn ich eine Satire auf mein Vaterland machen wollte. Sie begehren, daß ich den Herrn Hennings zur Rückreise nach Preußen aufmuntern soll. Dazu hat er keine Aufmunterung nöthig. Er schicket sich in allem Ernste zur Rückreise an. Er hat gar den Tag dazu schon angesezet. Berlin will ihm seit einiger Zeit nicht mehr gefallen. Alles, ja die Luft selbst die er einziehet ist ihm zuwider. Unter uns gesagt er ist ein wenig hipochondrisch. Wenn er ein Schweitzer wäre so glaubte ich daß er das Heimweh hätte. Er ist finster und mürrisch. Sobald er aber an Preußen gedenket so fängt er an aufzuleben. Er stellet sich schon zum voraus das Vergnügen vor, welches er in seinem Vaterlande im Umgange mit seinen würdigen Freunden genießen wird. Er machet mir davon eine so reizende Abschilderung, daß ich tiefsinnig werde und seufze. Ich fange an ihm sein Glück zu beneiden und auf Mittel zu denken, die mir dereinstens das Vergnügen verschaffen könnten, ein Zeuge und vielleicht gar ein Mitgenoß eines so liebreichen Umganges zu werden. Allein noch zur Zeit sehe ich nicht ab wie ich meines Wunsches theilhaftig werden könnte. Sie werden leicht begreiffen daß mir die Abreise des HE Hennings sehr nahe gehen muß. Meine Freunde, meine liebsten Freunde werden mir nach und nach von der Seite gerissen, und der Himmel weis ob ich jemalen so glücklich seyn werde sie wieder zu umarmen. Sie haben ganz recht, daß der Bauren Sohn dessen Gedichte ich Ihnen letztens zu übersenden die Ehre hatte, eben derselbe ist, dessen HE v Hagedorn erwähnet. Ich weis nicht ob dieses letztern sein Horatz an ihrem Orte schon zu bekommen ist. Auf allen Fall lege ich hier ein Exemplar bey. Ich muß Ihnen aber aufrichtig gestehen, daß ich ein wenig eigennützig bin. Wollten Sie mir dagegen die schöne Laute des HE. Lausons zukommen lassen, so würden Sie dadurch meine Sammlung von kleinen Gedichten um ein merkliches bereichern. Da ich nicht die Ehre habe mit HE Lauson bekannt zu seyn, so muß ich Sie ersuchen, ihm nebst Versicherung meiner Hochachtung, in meinem Namen vor die in seinem Gedichte auf unsers Freundes Mutter mir angethanene unerwartete Ehre, den verbindlichsten Dank abzustatten. Ich verharre mit zärtlicher Hochachtung Werthester Freund Ihr aufrichtig ergebenster Freund und Diener Berlin d. 20. Aug. 1751.Sahme HochEdelgeborener Herr, HöchstzuEhrender Herr Hofgerichts-Advocat, Geschätztester Freund, Ich beziehe mich auf den Brief, den ich die Ehre gehabt Ihnen am 9h. zu schreiben, v den Ew. HochEdelgeboren ohne Zweifel p. Couv. werden erhalten haben. Die in demselben versprochenen Theile des Salthenischen Cathalogi sind eine Beylage von gegenwärtigem; Ob ich gleich Denenselben zum ersten neulich keine Hofnung mehr gemacht, weil Derselbe gantz vergrieffen worden, so habe doch noch diesen Theil zu gutem Glück erhalten. Er ist aber, wie Sie sehen werden, schon etwas verbraucht. Die übrigen Fortsetzungen dieses Bücherverzeichnißes werde nicht ermangeln für Ew. HochEdelgeboren gleichfalls zu besorgen; sie werden alle umsonst vertheilt, außer daß der besondere Catalogus von raren Büchern ist bezahlt worden, weil selbige nicht verauctionirt sondern an einen Liebhaber für einen ehrlichen Preis ausgeliefert werden sollen. Mein Vater ist sehr ungewiß, was das für Ausgaben sind, von denen er Ihnen Rechnung ablegen soll. Er bekennt daß er vom Postporto keine geführt habe; sondern es daßelbe nur von dem Gelde, was Ew. HochEdelgeboren noch bey ihm liegen haben, abgezogen habe. Sie versichern mich, daß bey HE. Debbert alles richtig abgegeben worden. Ich habe dieses selbst aus einem Briefe dieses Mannes ersehen, den ich nicht umhin kann ein für ein wenig unbescheiden zu halten. Das Buch war mir von Herrn Gundling committirt, das ich ihm überschickt habe. Er beschwert sich in seiner Zuschrifft an mich, daß ihm Ew. HochEdelgeboren hätten ohne zu wißen warum ½ rthl albertus abfordern laßen. Er versichert, michr nicht mehr beschwerlich zu werden, sondern die Fortsetzung dieses Buches mit der Post zu verschreiben. Ich weiß nicht, ob es lohnen soltet, noch selbst an diesen Mann zu schreiben, daß er vernünftig genung seyn solte mir des Fuhrmanns unbescheidene Forderung nicht zuzurechnen. Ich habe den Fuhrmann Reiß desfalls auch ein wenig zur Rede gesetzt, als ich ihn den Innhalt des Briefes vorlaß. Er schwur mir zu, daß er von Ew. HochEdelgeboren nicht mehr als einen Orth oder 1 fl. bekommen hätte. Ich kann daher nicht begreifen, wer daran schuld ist, daß der ehrl. Herr Debbert mir so aufgebracht geschrieben, daß er einem Menschen eine Ausgabe von etlichen Groschen zurechnen kann, der sich nicht hat verdrüßen laßen ihm unbekannter weise gefällig zu seyn. Der Herr von Sahme hat sein Rectorat vorigen Sonntag niedergelegt. Er parentirte darinn den alten Gesetzen v erhob die Vernunfft v Billigkeit, mit der selbige gestiftet worden wären. Die Gesetze unseres Landesherrn unterstand er sich nicht zu loben, weil sie über alle Erhebungen hinweg wären. Er wünschte in einigen Ausrufungen den streitenden Partheyen Glück, die bey wenigerer Zeit v Unkosten ihr Recht zu behaupten im stande seyn würden. Er nannte sich in seinem Titel huc usque Prof. Pr. v der Schluß seiner Rede war ziemlich beweglich, weil er sich bey in demselben auf seine graue Haare, v. auf die Vorsehung berief, auch die Akademie seine liebe Mutter nannte. Sein Nahme wird unterdeßen doch noch in dem Catalogo Lect. zu stehen kommen, ungeachtet der Trib. Rath Waga ihn hat verwarnen laßen, der dieses auch anfänglich zu thun willens gewesen ist, seine Meinung aber geändert hat, nach dem ihm daßelbe durch des HE. v. Gröben Ex. öffentl. ist wiederrathen worden. Der HE. HofgerichtsRath Ohlius hat in einem Gedichte schon vor einiger Zeit von der Acad. abgedankt, mit deßen Abschrifft man sich hier herumträgt, die ich aber noch nicht erhalten habe; dieser wird also auch in dem Verzeichniß der öffentl. Vorlesungen fehlen. Von mehreren Veränderungen weiß man hier noch nichts; unterdeßen glaubt man, daß noch manche auch der Akademie vorbehalten sind. Ew. HochEdelgeboren werden erlauben, daß ich mir noch eine Erklärung von einer Stelle in Ihrer letzten geneigten Zuschrifft ausbitte, die ich nicht recht begriffen habe. Sie betrifft einen Freund in Curland; ich kenne daselbst keinen, wenn Sie nicht etwa den HE. Schoen verstehen. Weil ich auf meine abwesende Freunde gerathen bin, so muß ich mich noch nach HE. Gregorovius v HE. Blank erkundigen, der letztere soll kürzlich Prediger geworden seyn. Nebst zwo Briefen, davon des HE. Pf. Nicolai seiner etwas lang bey uns gelegen hat, habe die Ehre auch zwey Gedichte Ew. HochEdelgeboren zu überschicken; der HE. M. Lindner, der sich denenselben empfehlen läst, ist Verfaßer von dem stärksten. Wenn ich wüste, daß ich Ihnen eine kleine Freude damit machte, daß ich auch ein Poet von neuem Schrot v Korn anfange zu werden; so würde ich Ihnen ohne viel Bedenken den Autor des freundschaftlichen Gesangs nennen. Die Tochter des unglücklichen Advoc. Rackmann, die Ihnen vermuthlich hier nicht unbekannt gewesen seyn wird, hat sich erhenkt. Ihres Vaters schlechte Umstände, ihr stoltz sich zu erniedrigen v die Nachbarschafft eines Menschen, der sie vorher geliebt v hernach eine alte Person geheyrathet hat, v aus einem Studenten nicht längst ein Mältzenbrauer geworden ist, sollen an Ihrer Melancholie schuld gewesen. Der HE. Prof. Bock hat seinen einigen Sohn heute verloren, den er ungemein bedauret. Er soll gantz untröstbar seyn. Ich weis nicht was Ew. HochEdelgeboren von meinem Geschmiere urtheilen werden. Ich bitte Sie deshalbt ergebenst um Verzeihung v bin nach demüthiger Empfehlung an Dero Frau Gemalin v. Mad. Tochter von mir, meinen Eltern v Freunden Ew. HochEdelgeboren gehorsamster Knecht. Königsb., den 9. Oct. 1751.Hamann. N.S. Weil ich mich gantz unvermuthet bedacht habe an HE. Gundling zu schreiben, so bitte Ew. HochEdelgeboren ergebenst die Innlage geneigt zu befördern. Die Addresse werden Sie vermuthlich wißen. Galanter Freund, Sie haben gegenwärtige Zeilen ihrem Herrn Eger zu verdanken. Er hat mir für eine viertelstunde eine sichere Gelegenheit an Sie zu schreiben angeboten. Ich war unentschlüßig mich derselben zu bedienen. Er hat mich zu beschämen gesucht durch Gründe, die sich von selbst auflösten. Er hat mich gedroht mich bey Sie zu verklagen. Seine Verrätherey beunruhigt mich eben so wenig. Wenn er sichs ja unterstehen solte mich als einen nachläßigen, kaltsinnigen etc. Freund bey Ihnen anzuschwärzen; so wird er sich durch keine neue Entdeckungen bey Ihnen verdient hat machen. Sie haben dies alles eher als er gewußt, v. demohngeacht mich niemals an Ihrer Neigung zweifeln laßen. Es ist nicht meine Sorge, ob dieselbe aufrichtig oder nicht gewesen ist. Ich habe die Würkungen derselben genoßen, sie sind haben mir angenehm v beneidenswerth geschienen. Ihre Ursache hab ich als aufrichtig vorausgesetzt. Eine nähere Untersuchung ist ihre Sache; ich schmeichle mir, daß Sie sich dieselbe nicht werden leyd thun laßen. Um allen Verdacht vorzukommen, muß ich erinnern, daß ich diese Stelle mit einer philosophischen v keiner hönischen Miene geschrieben habe. Ich habe Ihnen keine Neuigkeiten zu berichten v. an meinen Briefen wird Ihnen wenig gelegen seyn. Mit dieser Antwort hab ich den HErrn Eger zum Stillschweigen gebracht. Ist es aus Eigensinn oder aus einer kleinen Freude über meinen Sieg, daß ich einen Brief an Sie angefangen habe, davon ich den Innhalt noch nicht weiß. Doch an dem soll es auch nicht fehlen. In unserm Garten hab ich gestern zwey Mädchen gehabt, davon mir die jüngste mehr als sonst gefallen. Es hat mir an nichts als dem Willen gefehlt verliebt zu werden. Hüten Sie sich, lieber Freund, für den; der kommt unserm Verstande in unsern Neigungen immer zuvor. Mademoiselle Dorchen hat einen Mund, auf den ich zum ersten mal aufmerksam gewesen bin, v der, wie die Poeten sagen, zum Küßen geschaffen ist; so klein, von so einem artigen Zuschnitt, daß er mit nächsten die Probe aushalten soll, es mag kosten, was es will; Augen denen es nicht an Reitz fehlt, v die sehr unbehutsam sind; eine Miene, die übermüthig im höchsten Grad ist. Wenn Sie Ein wenig mehr Witz fehlt ihr bey ihrem Trotz; in Mangel des ersteren sieht der letztere etwas unartig aus. Kurz es ist ein Mädchen für die Sinnen, v für die Eitelkeit. Ihr Naturell ist nichts weniger als spröde; heftig, zur Wollust geneigt, voller Eigenliebe. Lauter Blößen, von denen der ungeschickteste Liebhaber Vortheil für sich ziehen kann, er ist sicher keinen Ausfall umsonst zu thun. Noch ein kleiner Umstand! wenn Sies nicht übel nehmen wollen. Sie kennt ihr Herz so schlecht als der Manns Leute ihrs. Ihre Erfahrung erstreckt sich nicht weiter als derjenigen Schäferinn ihre von 14 Jahren, die Hagedorn so liebenswürdig geschildert in einem von seinen Liedern, davon Sie den Anfang beßer wißen werden als ich ihn weiß; Unschuld von der einen Seite, Muthwillen v. Boßheit von der andern. Verdient sie bey diesen Eigenschaften eine Stelle in meinem Lebens Lauf? Ich will Sie nicht um Rath fragen; laßen Sie mir diese Frage nur selbst beantworten. Ich habe gestern auf einem kleinen Spatziergang den Herrn Hoyer gesprochen, v zurück begleitet. Der mir aufgetragene Gruß ist von mir richtig bestellt worden. Er ist Ihnen für ihr gütiges Andenken sehr verbunden. Ich bin von ihm gebeten worden Sie seiner Freundschafft zu besuchen versichern. Dasie beste Art ihm darauf zu antworten, wäre es, wenn Sie ihren Vorsatz ausführten an ihn zu schreiben, zu dem Sie sich anheischig gemacht. Ich habe ihn gewiß versprechen müßen vor meiner Landreise zu besuchen. Ohn daß ich Ihnen eine Schmeicheley sage; wenn es mit einem Brief von Ihnen geschehe, so könnt ich mir versprechen, ihm angenehmer, ja noch einmal so angenehm zu seyn. Thun Sie es doch. Brauchen Sie aber die Vorsicht ihre Einlage nicht zu stark zu machen, wenn Sie Verdacht bey mir verhüten wollen. Sie werden es nicht von mir umsonst verlangen, daß ich mir die Mühe gegeben sollen habe soll einen Charakter zu machen, (den Sie sich nicht unterstehen müßen zu rathen,) ohn daß ich mich dergleichen von allen den litthauschen Schönen von ihrer Feder erwarten solte, die Ihnen gefallen oder denen Sie das Glück haben zu gefallen. Ihre Empfindungen dabey bitte ich nicht zu vergeßen; als ein Freund kann ich diese Geheimniße von Ihnen fordern. Erlauben Sie mir noch, mein schöner Landjunker, daß S ich Sie Ihres Versprechens erinnere an mich zu schreiben; nichts vom Fluß- nicht vom Brust- Fieber; sondern von ihrem Vergnügen v von ihren Mädchen, sie mögen Brunetten oder Blondinen seyn, wenn sie nur schön oder wenigstens artig, artig will ich sagen oder wenigstens schön sind. Es würde mir vielleicht sehr gut laßen, wenn ich Ihnen zum Schluß ein paar verliebte Augen machte, die Hände sanfft drückte, Ihnen einige süße Worte von meiner Freundschafft sagte, mich über ihre Abwesenheit v meinen Verdruß darüber beschwerte. Ich hoffe aber daß Sie so klug seyn werden das letzte von sich selbst einzusehen, ohne daß ich Ihnen ein Compliment daraus mache, wie offt ich mich Ihrer in Königsberg erinnere, v öfterer als Sie in Litthauen an uns gedenken mögen. Das erste will ich einhohlen, wenn ich Sie in Person dasjenige thun werde, was ich jetzt in Gedanken thun muß. Ich umarme Sie mit dem aufrichtigsten Herzen in meinem v. meiner Freunde Namen. Leben Sie gesund v. vergnügt. Zum letzteren ziehen Sie weder einen gar zu zärtlichen Geschmack in der Wahl noch ein gar zu zärtlich Gewißen im Genuß zu Rath. Das Herzogthum Curland ist durch den Tod des Grafen von Biron ledig geworden; ich wollte Ihnen wohl rathen – – – Doch bleiben Sie lieber in Litthauen! Ich bin Ihr ergebensterHamann. Königsberg den 5. May 1752.der Ältere. Zu einer kleinen Uebung im Frantzoischen hab ich es mir nicht verdrüßen laßen Ihnen folgende Stelle aus dem Gresset abzuschreiben, die ich sehr empfunden habe. Sie sollen sie mir exponiren, wenn Sie wieder herkommen werden. Heureux, qui dans la paix secrette D’une libre et belle retraite Vit ignoré, content de peu, Et qui ne se voit sans cesse Jouët de l’aveugle Deesse Ou dupe de l’aveugle Dieu. A la sombre misanthropie Je ne dois point ces sentimens; D’une fausse Philosophie Je hais les vains raisonnemens, Et jamais la Bigotterie Ne decida mes jugemens. Une indifference suprème, Voilà mon principe et ma Loi: Tout lieu, tout destin, tout Système Par là devient égal pour moi; Ou je vois naitre la journée Là, content, j’en attens la fin Prêt à partir le lendemain, Si l’ordre de la Destinée Vient m’ouvrir un nouveau chemin. Pour opposer un gout rebelle A ce domaine souverain, Je me suis fait du Sort humain Une peinture trop fidelle: Souvent dans les champetres lieux Ce portrait frappera vos yeux; En promenant vos rêveries Dans le silence des prairies Vous voyez un foible rameau, Qui par les yeux du vague Eole, Enlevé de quelque arbrisseau, Quitte sa tige, tombe et vole Sur la surface d’un ruisseau: Là par une invincible pente Forcé d’errer et de changer Il flotte au gré de l’onde errante, Et d’un mouvement etranger: Souvent il paroit, il surnage; Souvent il est au fond des eaux; Il rencontre sur son passage Tantôt un fertile rivage Bordé de côteaux fortunés, Tantôt une rive sauvage Et des deserts abandonnés: Parmi ces erreurs continuës Il fuit, il vogue jusqu’au jour Qui l’ensevelit à son tour Au sein de ces Mers inconnuës Où tout s’abime sans retour. Der Betrug ist schlecht ausgedacht, werden Sie sagen, mit dem ich einen vollen Bogen von Ihnen erzwingen will. Nun Sie wißen, meine Absicht Ihnen eine frantzoische Stelle sehr zierlich v. mühsam abzuschreiben ist gut gewesen. Sie werden eine kleine Uebung der Sprache nicht für überflüßig für sich halten; v mir ist es ohnentbehrlich gewesen einen kleinen Versuch im Schreiben bey der Gelegenheit anzustellen, weil ich mich nicht besinnen kann in vielen Wochen etwas anders als deutsche Fliegen Füße gemahlt zu machen. Weil ich nicht über die Post schreibe, so werden Ihnen weder meine Thorheiten noch das weiße Papier, das mir aus Mangel der Gedanken übrig bleibt, etwas zu stehen kommen. Dank seys diesem Einfall, der meinem Brief so einen artigen Schluß giebt! Leben Sie wohl. Meine Eltern haben mir noch einen Gruß an Sie aufgetragen. Sie haben Ihre Ungedult, GeEhrtester Vater, so öfters merken laßen die Früchte Ihrer Erziehung, für die ich niemals erkenntlich genung werde seyn können, an mir zu erleben; daß ich selbst derjenigen Lebens Art, die Sie mir vorgeworfen haben, anfange überdrüßig zu werden. Ich habe mich daher längst nach einem Wege umgesehen, der mich weiter führte, als wie ich bisher gekommen bin. Es fehlt an nichts als an Ihrer Erlaubnis, daß ich mich jetzt entschlüße. Ich halte es daher für meine Pflicht diese Erlaubnis schriftlich von Ihnen zu erbitten, da ich eine Gelegenheit finde, die mit meinen Absichten und Ihren Wünschen ziemlich übereinkomt. Erlauben Sie mir daher, Liebwerthester Vater, daß ich mich mit derjenigen Offenherzigkeit erklären darf, zu der ich als Ihr Sohn mich am meisten verbunden zu seyn halte. Sie kennen die Neigung, die ich Ihnen mehr als einmal entdeckt habe; und ich versichere Sie, daß ich niemals mit mir zufrieden seyn könnte, in welchen Stand ich auch gesetzt würde, wenn ich auf der Welt seyn müste ohne von derselben mehr als mein Vaterland zu kennen. Ich habe diesem Triebe zu reisen gemäs mein Studieren eingerichtet, v mich daher nicht so wohl auf eine besondere Wißenschaft, die mir zum Handwerk dienen könnte, sondern vielmehr auf einen guten Geschmack in der Gelehrsamkeit überhaupt gelegt. So sehr wir Ursache haben Gott für das Gute zu danken, das er uns durch Sie hat zuflüßen laßen, so reicht doch weder ihr Vermögen da zu, daß ich meinen Vorsatz auf Ihre Unkosten ausführen könnte, v ich halte mein Alter selbst noch nicht reif genung dazu. Ich kann mich gleichfalls nicht schmeicheln in Königsberg eine vortheilhafte Gelegenheit zu meinem Endzweck zu finden, weil dem hiesigen Adel selbst diese Freyheit ziemlich beschnitten ist; eben so wenig kann ich mir versprechen, so lange ich hier v. in meiner lieben Eltern Haus bleibe, geschickt genung zum Umgange der Welt zu werden. Sie werden daher von selbst einsehen, daß mir eine kleine Ausflucht am besten dienen würde, mich selbst führen zu lernen, indem ich mich andere zu führen brauchen laße. So schlecht das Vertrauen ist, das Sie mich auf meinen Verstand und mein Herz zu setzen gelehrt haben; so darf ich doch nicht verzweifeln, daß die Freyheit mich meiner Gemüthskräfte zu gebrauchen dieselbe verbeßern möchte. Diese Freyheit zu denken v. zu handeln muß uns werth seyn, denn sie ist ein Geschenk des Höchsten v. ein Vorrecht unseres Geschlechts, und der Grund wahrer Tugenden und Verdienste. Gott selbst hat uns den Gebrauch derselben zugestanden, v ich schmeichele mir, daß Sie dieselbe bey meiner Erziehung niemals aus den Augen gelaßen haben; die Eingriefe, die ein Menschliches Ansehen in unsere Freyheit thut, bringen uns entweder zu einer Unempfindlichkeit, die niederträchtig oder verzweifelnd ist, oder zur Heucheley. Die Sittenlehrer bestätigen diese Wahrheit mit dem Beyspiel ganzer Völker. Der Herr Pastor Blank erkundigte sich bey mir, als er uns am Sonntage besuchte, nach Bekannten von mir, die zwo Conditiones in Liefland besetz annehmen könnten, die ihm zu besorgen aufgetragen wären. Die Wahrheit zu sagen, ich dachte damals gar nicht an mich. Mein Bruder hat mich zuerst bey dem Abschiede dieses guten Freundes auf den Gedanken gebracht eine anzunehmen. Ich schlug mich daher den andern Tag selbst vor, v er nahm meine Anerbietung mit Vergnügen an. Er setzte hinzu, daß er mit dem Herrn Belger zwar an mich gedacht, aber sich nicht hätte unterstehen wollen diesen Antrag selbst an mich zu thun. Er gedachte zugleich an die Schwierigkeiten, die ich bey meinen Eltern finden würde fortzukommen, v. besondern an das Vorurtheil meines lieben Vaters, das ihm bey seiner Abreise aus Königsberg am meisten im Wege gestanden hätte, aber an seinem dortigen Glück nicht gehindert hätte. Er hat es in meine Wahl gestellt, ob ich die Condition für 200 Albertsthrl. oder für 80 mir vorbehalten wolte. Die vortheilhafte Beschreibung, die er mir von dem Herren der ersteren machte hat die Schwierigkeit einer solchen Anführung, die philosophisch seyn soll v. zu einem Hirngespinste ausschlagen könnte, bey mir nicht überwogen. Ich habe mich daher lieber zu der kleinsten entschlüßen wollen. Meine Absicht ist bloß eine Probe meiner eigenen Aufführung zu machen; um eine Beförderung ist mir weder in Rußland noch in Liefland zu thun. Es wird mir wie ich glaube, dort an Zeit nicht fehlen in Wißenschaften dasjenige nachzuhohlen, was ich noch nicht weiß, oder bey meiner jetzigen LebensArt wieder vergeßen habe; v. nächstdem auf eine Gelegenheit zu lauren, die mich im stand setzt mit Beqvemlichkeit v. Nutzen die Welt zu sehen. Ein junger D. Juris aus Leipzig hat eine Condition unter eben dieser Bedingung dort, von der er 250 Albertsthrl. jährlich zieht; seine Wißenschaft v Aufführung machen ihn allenthalben beliebt. Ich glaube, daß ich Ihnen alle diese Vorstellungen nicht umsonst, GeEhrtester Vater, gemacht haben werde. Eine Veränderung des Orts v. der Lebens Art ist mir bey meinen jetzigen Jahren v nach meinen Umständen unentbehrlich. Nichts wird mich bewegen mich hier in etwas einzulaßen, das mich an Königsberg binden solte. Ich werde hier zu nichts weder Geschicklichkeit noch Lust jemals bekommen. Wenn gewiße Neigungen gar zu tief in uns stecken, so dienen sie öfters der Vorsehung zu Mitteln, uns glücklich, wo nicht doch klüger zu machen. Ich weiß, daß Ihnen an dem einen bey mir so viel gelegen ist als an dem andern. Ihre Zweifel, die Sie gegen diese Reise hegen werden, sind, wie ich gewiß versichert bin, in Ihrer Liebe zu mir gegründet. Für einige derselben dank ich Ihnen, v. einige erkenne ich für eben so wichtig wie Sie. Ich gestehe es, daß mir die Ausübung vieler guten Lehren, die Sie mir gegeben haben, schwer werden wird, weil ich sie lange aufgeschoben habe. Ich gebe Ihnen viele Schwierigkeiten zu, die sich mir unter der Hand entdecken werden, ohne daß ich an sie gedacht habe. Alles dieses muß ich mir auch bey der glücklichsten Veränderung zum Voraus versprechen; es dürfte mir aber nicht so beschwerlich werden, als wenn von Ihrer Seite weniger v von meiner mehr Zweifel wären; weil unsere eigene Wahl uns muthiger in unseren Unternehmungen macht. Ehe mich daher die Noth treiben solte Königsberg zu verlaßen v. vielleicht auf ein Gerathewohl, das mislicher als diese Entschlüßung wäre; so glaube ich doch, daß Sie diesen Weg vorziehen werden. Wenn unsere Einbildung nicht mit dem Ruff Gottes zu spielen gewohnt wäre; so würde ich Ihnen eine gewiße Uebereinstimmung zu Gemüth führen, die Gott bey dem Schicksal der Menschen zu beobachten pflegt. Der Herr Pastor Blank ist ein Mann, den ihre Neigung Gutes thun, worinn ich Ihnen ähnlich zu werden wünsche, in unserm Hause zu unsern Freunde gemacht hat. Er ist unter bösen Ahndungen von Ihnen aus Königsberg gegangen v komt jetzt mit beßern Erfüllungen zurück. Es scheint, als wenn er durch mich Ihnen Ihre Freundschaft zu vergelten hieher gekommen wäre. Ihre Einwilligung auszuwürken hat er mir überlaßen, v diese Behutsamkeit konnte ich ihm nicht verdenken. Mir selbst hat er auf sein Gewißen gegen meine Entschlüßung nichts einzuwenden gehabt, v. an dem Charakter der Dame weiß er nichts als ihren Geitz auszusetzen, der durch die Aufführung des vorigen Hofmeisters verwöhnt wäre. Wenn Sie die Vortheile dazu nehmen ihn zum Reise Gefährten unterweges, v. dort zur Gesellschaft, so offt ich es mir gefallen laßen will, zu haben, weil er nur eine viertel Meile davon entfernt ist, wo ich mich aufhalten werde; wenn Sie die Nähe des Orts von Riga, einemr Ort Stadt, gegen die mein Vorurtheil nicht so stark als ihres ist, weil ich jederzeit gute Freunde aus derselben bekommen habe; wenn Sie bedenken, daß Berlin aus ungleich stärkern Gründen Ihnen wenigstens noch einmal so gefährlich einmal vorkommen wird, v daß die ganze Welt im Argen liegt, wenn Sie bedenken, daß Ihnen Ihr Sohn durch eine gute Aufführung in der Fremde zehnmal lieber seyn wird als hier bey dieser LebensArt, in der ich weder in Sitten noch Einsichten so wachsen kann, als ich es selbst von mir wünsche; so werden Sie wenig Herzhaftigkeit brauchen Ja zu sagen, v. meine Mutter wird sich eben so gut zu finden wißen. Wenn von des Herrn Pastors Seiten nichts vorfällt, das diesen Anschlag zurücke treibt; so werden Sie mir erlauben, daß ich ihm Ihre Entschlüßung nächstens entdecken kann. Er hat mich darum gebeten, damit er wegen der Reisekosten, die in 15 thrl. bestehen sollen, schreiben kann. Wolten Sie auf die Ausstattung Ihres Sohns noch etwas wenden; so wird solche in einigen Büchern, einigen historischen Compendiis v. juristischen Handbüchern, einer guten Laute wenn es möglich ist, v. einem guten Reiserock, wenn Sie es für nöthig halten, bestehen. Ich werde mir den ersten den besten Weg gefallen laßen müßen Königsberg v. meinem Verdruß, der mich gegen alles Gute zuletzt unempfindlich machen wird, zu entfliehen; wenn Ihre Gründe so erheblich seyn solten mir eine abschlägige Antwort zu geben. Werden Sie Ihre Güte biß auf das letzte Werk meiner Erziehung erstrecken; so werde ich nichts von Ihrer väterlichen Liebe zwar mehr fordern, aber eine ewige Dankbarkeit gegen dieselbe aufbehalten, die mir Ihr Andenken Zeit Lebens werth machen wird. Diese Zufriedenheit wird sich in Glück v. Unglück biß auf die Vorsicht selbst v. Ihre Wege erstrecken. Solte selbige härter gegen mich werden, so will ich mich trösten, daß sie sonst gütiger gegen mich gewesen ist. Ihr Gebet wird mir bey Gott übrigens gute Dienste thun, wenn ich nicht verdienen solte von ihm erhört zu werden. Ich will weder Sie noch mich wehmüthig machen. Erlauben Sie daher mich noch zu nennen mit kindlicher Hochachtung zu nennen, Dero ergebensten Sohn. Mümmel. den 15 Nov. 1752. Herzlich geliebteste Eltern, Ich bin Gott Lob! in Memel gesund, glücklich und vergnügt angelangt. Unsere erste Nacht wird Ihnen ohne Zweifel Herr Wagner erzählt haben. Seine Gesellschaft hat mir die erste Meile von Königsberg gute Dienste gethan; dafür Sie so gütig seyn werden ihm in meinem Namen Dank zu sagen. Ein gewißer Kaufgesell, HE. Eckart, der gleichfalls nach Riga geht, v. weil er schon in Liefland bekannt ist, auch eine liefländische Lebens Art besitzt, nebst einem ehrlichen Armenianer aus Persien, der den guten Willen hat uns vieles aus seinem Lande zu erzählen, wenn er deutsch könnte, sind noch meine Reisegefährten. Die andere Nacht haben wir in Muscheln Lager gehalten; v. sind Dienstags darauf gegen 7 Uhr mit dem besten Winde, bey sehr trüben Wetter aber Nachmittags um 4 angelandet. Wir ließen uns so gleich Coffée machen, speisten mit unserm Wirth darauf; v unterhielten uns biß zum Schlafen gehen mit einem Unter Officierer aus Rußischen Diensten, einem Herrn von Palmstrauch. Meiner lieben Mama zu gefallen, will ich noch berichten, daß unser Wirth Sperber heist, ein Freund von den Königsbergischen v folglich zugleich von der Frau Schuberten seyn muß; seine Frau liegt in Wochen. Heute ist Mittwoch früh, meine Schlafgesellen liegen noch ruhig im Bette. Ich habe noch nicht den Herrn Diac. Hübner besuchen können, denke aber nach dem Frühstück zu ihm zu gehen. Wills Gott! in meinem zukünftigen Briefe will ich berichten, was er mir guts sagen wird. Mein Schreibgeräth ist nicht das beste; die Buchstaben können daher auch nicht gerathen. Ich hoffe übrigens, daß meine liebe Mutter sich zufrieden geben wird. Ich habe den besten Fuhrmann von der Welt, ein rechtschaffener, bescheidner v liebreicher Mann. Herr Eckart besitzt alle Artigkeit eines Menschen, der zu leben weiß, er hat mich die erste Nacht unter seinem halben Pelz schlafen laßen, v gestern damit gleichfalls auf dem Haafe gedient. Herr Gehrke kann noch nicht aufwachen; ich habe also nicht nöthig mit meinem Briefe zu eilen. Ich kann mich Gott Lob; lieber Papa, über nichts beschweren, als daß ich noch in Wirthshäusern ein wenig zu blöde v. leutescheu bin. Ich verlange mit Schmerzen über die Preußische Gränzen zu seyn, v. der Fuhrmann macht uns Hoffnung heute noch ins Polnische zu führen. Herr Gehrke wünscht mir eben jetzt einen guten Morgen, er hat mir seinen Gruß an meine liebe Eltern zu machen aufgetragen. Zu Mittag fahren wir fort. Ich küße Ihnen die Hände, u. bitte beyliegenden Brief an meinen Bruder zu bestellen. Ich bitte mich dem Andenken aller guten Freunde, insbesondere der Frau Lieutenantin, Jgfr. Degner, dem HE. Mag. Lindner, HE. Karstens, dem Rentzen- v. Zöpfelschen Hause zu empfehlen. Der liebe Gott erhalte Sie gesund, meine GeEhrteste Eltern; aus Liebau können Sie sich auch vielleicht ein paar Zeilen von mir versprechen. Ich vertraue mich der Göttl. Vorsehung u. Ihrem herzlichen Gebeth an, u. bin Ihr gehorsamster Sohn JG Hamann. Mietau. Sonnabends. den 25 Nov. 1752. Herzlich geliebteste Eltern, Heute zu Mittag bin ich hier Gott Lob! gesund angelangt; wiewohl ich mich nicht so aufgeräumt befinde, als ich es bisweilen unter wegens gewesen bin. Die Schuld kann vielleicht seyn, weil ich meiner Ruhe täglich näher komme, die ich mir auch bald zu wünschen anfange. Der Fuhrmann wird morgen nach der Mahlzeit weiter fahren, und ich verspreche mir Dienstags frühe bey Herrn Belger zu seyn. Weil ich nicht weiß, mit wie vielen Zerstreuungen meine Ankunft in Riga begleitet seyn wird, so will ich den Herrn Gehrke bitten gegenwärtigen Brief zu bestellen, in dem ich von meiner zurückgelegten Reise Rechenschaft geben will. Ich wurde Sonntags in Liebau mit meinem Gefährten von dem Herrn Licent Inspector Kolbe in die Kirche und auf zur Mahlzeit gebeten. Wir waren aus Unwißenheit zu frühe ausgegangen, weil der deutsche Gottesdienst vor 11 Uhr nicht viel angeht; weil wir daher einen kleinen Spatzierweg in der Stadt machten, und wir eben des Herrn Licent Inspectors Haus vorbeykamen, als er jemanden begleitete, der ihn besucht hatte; so musten wir eintreten. Ich mache mir ein Glück daraus, daß ich diesen Mann habe kennen lernen, der den schönsten Umgang von der Welt und eine sehr edle Art zu denken besitzt. Er hat bey meiner gnädigen Frau Baronin Vater 20 Jahre gedient, und beschrieb sie mir als eine Dame von 200 000 Albertusthrl., von Verstand und Schönheit. Der Baron von Buttberg hat sie als eine Wittwe des Herrn von Brevern geheyrathet. Unser Wirth schien mir zu verstehen zu geben, daß der Frau Baronin eben nicht damit gedient seyn möchte, wenn ich mir die Erziehung ihres Sohnes gar zu sehr wolte angelegen seyn laßen. Ich werde daher beyde schonen müßen. Die Erfahrung muß mich klug machen; wünschen Sie mir doch das gelehrige und aufmerksame Gemüth, mein lieber Vater, das man in dieser Schule nöthig hat, wenn man in derselben etwas lernen will. Wir wurden bey unsern liebenswürdigen Wirth vor und nach der Kirche mit einem Stutzerchen nach Kurländischem Gebrauch bewillkommt, den ich in Gedanken mit machte. Unsere Mahlzeit war weder prächtig noch überflüßig, aber desto schmackhafter und ungezwungen. Wir hörten den Mag. Tätsch von der Großmuth eines Christen predigen. Er ist ein wortreicher Mann, der auf der Kanzel ziemlich großthut, und weder sehr angenehm noch erbaulich zu hören ist. Ich habe unterwegens erfahren, warum er unter andern sagte, daß der Weg nach dem Himmel nicht mit Wirthshäusern besetzt wäre. In Kurland fehlt es eher an Kirchen als an Krügen. Der Herr Gehrke gieng dem Herrn Mag. Tätsch seine Aufwartung zu machen; mein Wirth, der Herr Wintziger, ist war ein grober Windbeutel, der sich auf die Ehre bey dem Herrn D. Bohlius Collegia gehört zu haben, und ein Chirurgus zu seyn so viel einbildete, daß ich ihm den Abend vorher den Badern zum besten einige Pillen geben und einige Grobheiten für lieb nehmen muste. Seine Gast Stube war voller, als eine rußische Badstube. Kurz ich nahm mir vor den vergnügten Tag, den ich gehabt hatte, mit einem vergnügten Abend zu beschlüßen. Ich wählte ein Wirthshaus, das richt über meine Herberge zum Glück stand, v wollte meine Einsamkeit mit einer beßeren Gesellschaft vertauschen. Madame Grundin sollte meine Wirthin seyn. Ich gieng gerade darauf zu, v frug nach Wein. Man zeigte mir ein Zimmer, in das ich mit einer kleinen Bestürzung tratt, weil ich keine Gesellschaft fand, die ich mir in einem öffentlichen Hause vermuthete. Ein Frauenzimmer saß dafür mit einem gestützten Arm am Tisch, das die Tochter im Hause war und laß eine Wochenschrift: der Menschenfreund, genannt. Ich war mit der Wahl zufrieden, die ich wieder die lange Weile angestellt hatte, und mit der sie sich die Zeit vertrieb. Der Herr Kegeln. den 7 9. Dec. a. S. 1752 Herzlich geliebtester Papa, Ich habe endlich das Glück Ihnen von meinem hiesigen Auffenthalt Nachrichten zu geben, die Sie sich vermuthlich schon längst gewünscht haben werden. Den 3ten h (Sie werden sich jetzt gefallen laßen müßen alles nach dem alten Kalender zu berechnen) bin ich von Riga abgegangen; und habe denselben Tag mehr Gefahr als auf meiner ganzen Reise auf einem Fluß, der Aa heißt, ausgestanden, weil das schlimme Wetter das Eiß so unsicher gemacht hatte, daß Pferd und Wagen am Ufer einbrachen. Einige Bauren mit kleinen Schlitten waren zu unserm Glück gleichfalls im Begrif überzusetzen, und so mitleidig unsere Pferde ausspannen zu helfen. Sie suchten anfänglich den Wagen überzuschleppen; nachher kam die Reyhe an mich v ich gieng in der Begleitung meines Bedienten und eines Bauren, die mich von beyden Seiten unter dem Arm gefast hatten, glücklich über. Meine 4 schöne Füchse kamen mir nach. Ich kann meiner gnädigen Frau Baronin zum Ruhm nachsagen, daß Sie es an nichts hat fehlen laßen. Ein gebratener Haase, und zwo Rephüner mit völligem Tafelzeug waren meinem Bedienten anvertraut, der ein sehr gutherziger Kerl ist, schon in Kurland und in Riga Herrschaften gehabt hat, das Peruquier Handwerk vollkommen genung versteht, auch einem den Bart um Gottes Willen herunter schinden kann. Den 4ten bin ich in Papendorf angekommen, und von dem Herrn Pastor Blanck recht freundschaftlich aufgenommen worden. Den 6ten als am Sonntage kam meine gnädige Frau Baronin wieder Vermuthen in die Kirche gefahren; und nach dem Gottes Dienste führte mich der Herr Pastor nach dem Hoff; weil sie mir beym Ausgang der Kirche die Wahl gelaßen hatte mit dem Herrn Baron zu fahren oder mit dem Herrn Pastor nachzukommen. Mein erster Eintritt machte mir Muth, und die liebenswürdige Unschuld des jungen Barons, der wie ein Wachsbild aussieht und seinen Adel vor der Stirn trägt, kam meinem Urtheil von seinem Charakter zuvor. Nach dem MittagsEßen ließ ich mich von ihm in meine Herberge führen, die ich mir nicht so gut, beqvem und angenehm vorgestellt hatte. Kurz, ich lebe recht zufrieden und vergnügt. Es scheint, daß ich über meinen lieben Baron schon etwas gewonnen habe, und daß ich mehr meiner Neigung als meiner Pflicht in dem Unterricht, den ich ihm zu geben gedenke, werde folgen können. Meine Arbeit geht mir beßer von der Hand, als ich es mir von ihrem Anfange versprochen hatte; und ich danke Gott dafür. Vielleicht kann ich mir den guten Fortgang derselben von meines Untergebenen und meiner Seite versprechen, den ich mir vorgesetzt habe. Der Herr Pastor Blank hat mir schon im Sonntage im Namen der gnädigen Frau Baronin den Vorschlag mich auf 2 Jahre wenigstens zu verbinden, thun müßen; ich will aber in diesem Stück nichts eingehen, was meiner Freyheit nachtheilig seyn könnte. Die Hoffmeister aus meinem Vaterlande haben sich hier ein wenig verdächtig gemacht, durch das Unglück, das neulich einem geschickten Menschen begegnet ist, der bey einem ObristLieutenant von Taube gestanden v. aus Liebe für ein Fräulein, das schon einen LandPriester zum Schwager hat, seine Vernunft eingebüßt. Man hat sich vor meiner Ankunft bey meinem Freunde erkundigt, ob man bey mir auch den Fehler verliebt zu seyn zu befürchten hätte. Sie haben sich die unnöthige Furcht aus meinem Briefe an meinem Bruder, lieber Papa, gemacht, daß ich ihm zu viel von Küßen geschrieben habe. Ich kann Ihnen aber frey bekennen, daß ich in Riga nicht so viele bekommen und genommen habe als ich Schälchen daselbst getrunken; denn vom Händeküßen wißen Sie, daß es zum dortigen Wohlstand gehört. Ein paar Tage vor meiner Abreise hat mich der Herr Fähndrich Schippaschoff zum Herrn Regiments Feldscherer Lau hingeführt. Er bat mich den folgenden Mittag zur Mahlzeit zu sich und ließ mich mit einem rußischen Schlitten durch seinen Sub-Chirurgus hinholen v. wieder zu Hause führen. Sie haben mich sehr gütig aufgenommen, und er war insbesondere ungemein vergnügt mich zu sehen. Sein Söhnchen von 1½ Jahr ist ein munteres Kind, das von des Vaters Lebhaftigkeit und seiner Bildung viel an sich hat. Er hat mich gebeten wegen des güldenen Portepée zu schreiben, das er noch nicht erhalten hat. Das erste mal habe ich bey ihm die Ehre gehabt seiner Frauen Bruder kennen zu lernen, der ein sehr artiger Offizier ist. Er wolte mich zu seinem Obersten hinführen, der mich wegen eines Hoffmeisters zu seiner Familie hat sprechen wollen; ich habe ihm auch versprechen müßen nach einem zu schreiben, der franzoisch und deutsch nebst der Music verstünde. Den Besuch selbst habe ich verbeten, v auf einandermal aufgeschoben. Weil sein Oberste ein Ruße ist, so wolte ich wohl keinem von meinen Freunden zu dieser Station rathen, und mich also ungeachtet der Lobsprüche, die er ihm gab, mit dieser ganzen Commission nicht viel zu thun machen. Suchen Sie doch durch den Herrn Magister, der vermuthlich von seinem HE. Bruder nähere Nachricht haben wird, die Sache abzumachen. Der Herr Pastor hat mein Reise Geld noch nicht erhalten; er hofft mir selbiges erst zu Weynachten zu verschaffen. Weil ich mein Gold nicht angreifen werde, so können Sie leicht denken, daß ich jetzt bloß bin. Er hat mir die Rechnung vom Herrn Hartung zu meinem Gebrauch angeboten. Ich habe aber solches abgeschlagen; und will Ihnen solches ganz mit der ersten Gelegenheit, die von hier nach Riga gehen wird überschicken. Er wird es mir wohl auszahlen, so bald ich es haben will. Mit der Post kann man nach Riga nichts sicher genung schicken; weil die Briefe dem Postillion im Kegelschen Kruge gegeben werden. Der Herr Adv. Belger hat mir übrigens versprochen, von dort alles aufs beste zu bestellen. Der Abschied aus seinem Hause ist mir auch nicht wenig nahe gegangen: ohngeachtet ich der faulen Lebens Art, die ich 5 biß 6 Wochen habe führen müßen, von Herzen überdrüßig war; so stieg ich doch vor seiner Thür, in meine schöne Land Halbkutsche, die für den reichsten preußischen Edelmann nicht zu schlecht war, und bey der es an guten Pferden, Geschirr, Fuhrmann, VorReuter, v zwey Hunden nicht fehlte, mit einer Schwermuth ein, die mich biß auf die Kegelsche Gräntzen verfolgt hat, wo ich auf einmal anfieng ohne selbst zu wißen warum, franzoisch, italienisch v. deutsch zu singen. Ich lachte über meine Thorheit v ließ solche mir zu einer guten Ahndung dienen. Kurz und gut, ich lebe hier recht vergnügt in meiner Einsamkeit v suche meine Zeit mit meinem lieben Herr Baron so gut ich kann anzuwenden. Meine Laute, die ich in Riga nicht habe zu recht bekommen können, und auf die ich von Herzen übel zu sprechen war, thut mir des Abends Mittags v. Morgens die besten Hoffdienste. Ich wünsche mir jetzt nichts mehr, als eben so vergnügte Nachrichten von Hause zu hören, als ich solche hinschicke. Meine Eilfertigkeit werden Sie nicht ungütig deuten. Ich habe gern viel schreiben wollen, und ich denke noch mehr zu verrichten, was mir theils die Freundschaft theils der Wohlstand auflegt. Königsberg, Riga, Berlin, und wie heist der Ort, wo mein Hennings lebt! Bitten Sie doch den Herrn Magister, daß er ihn mir ins Gedächtnis bringen soll. Wenn er doch so vergnügt seyn möchte, als ich in meiner Herberge bin! Mein junger Herr Baron ist eben jetzt zum AbendBrodt gegangen. Ich habe mir ein Butterbrodt durch meinen Bedienten auftragen laßen v. eine Weinsuppe abgeschlagen, die man mir anbieten ließ. Wie viel wolte ich Ihnen erzählen, wenn ich jetzt Zeit dazu hätte. Das Vergnügen, das ich aber habe darüber habe, daß ich sehe, daß meinem lieben Baron meine Gesellschaft nicht verhast ist, und ich ihn wenig aus den Augen verliere, ist mir viel zu werth, als daß ich ihm die Zeit solte lang werden v. allein sitzen laßen. Beten Sie, Lieber Papa, für einen künftigen Fortgang meiner Bemühungen, urtheilen Sie wenigstens von der Güte meiner Absichten jederzeit aufs beste; Laßen Sie mich niemals aus ihrem väterlichen Andenken geschloßen seyn. Ich küße Ihnen mit der kindlichsten Hochachtung und Liebe die Hände und bin Ihr gehorsamster SohnJohann George. Liebste Mama, Wenn Sie sich den Brief an meinen lieben Vater werden haben vorlesen laßen; so können Sie es mit diesem auch so machen. Ich war eben bey Herrn Behnke, wo eine Gesellschaft von guten Freunden zusammenkomt, die umsonst eine gute Abend Mahlzeit bekomt, das Bier aber gut bezahlt und von jeden Gewinst beym Spiel einen Fehrding in eine Spaar-Büchse steckt; ich war eben bey Herrn Behnke, sag ich, und spielte Blarrenkopf, davon ich Ihnen inskünfftige eine Beschreibung zu geben gedenke, wenn es mir an Materie zu einem Briefe an Sie fehlen solte; als mir ein Brief von meinen werthesten Eltern von dem Herrn Belger durch den Herrn Fähndrich Schippaschoff gebracht wurde. Sie können leicht denken, wie wohl mir zu Muthe war, als ich mich von meiner Mutter als einen artigen Sohn muste loben hören, der fleißig schriebe. Ich hätte mir gewünscht, gegenwärtig es zu seyn, da Sie dieses gesagt haben. Wenn mein lieber Vater seine Meinung nicht geändert hat; so solte ich fast muthmaßen, daß er vor 10 fleißige Briefe nur einen zierlichen von mir verlangte, und auf die Art könnte es geschehen, daß ich noch einmal so offt an Sie als an Ihn schrieb ins künftige schreiben würde. Ich habe außer meinen kleinen Baron noch seine jüngste Fräulein Schwester im Lesen, Schreiben, franzoischen, rechnen pp und ein artiges Kind, die eine Wayse seyn soll, von vorn Julchen, von hinten Mümchen heist, v glaub ich einen lüderlichen Studenten zum Vater hat, zu unterrichten. Sie wird von der gnädigen Frau Baronin am Tisch und ü- Kegeln den 15/26 Febr. 1753. Herzlich Geliebtester Vater, Herr Belger hat mir Dero angenehme Handschrift vom 7/17 Febr. überschickt v zugleich die Ablage von denen mir überschickten Sachen benachrichtigt; Dies war eben am 10/21 Febr. am Geburts Feste Ihro Königl. Hoheit des Groß Fürstens, da mir die Frau Baronin durch den jungen Herrn den Brief zuschickte, weil sie mit ihren Gästen, die wir ein paar Tage damals hatten auf die nächste Postierung gefahren war. Gestern habe ich als den 14/25 Febr. durch des Herrn Pastor Blanks Güte noch einen Brief von dem Herrn Belger mit einer visitirten Schachtel, einem geplünderten Buch Brief Papier, aber keinen Musicalien, die er im Briefe auch zwar numerirt hatte, v nicht beygelegen haben, erhalten. Er bittet mich darinn sich Sie wegen meiner außer Unruhe zu setzen; der Verweiß, den Sie mir selbst lieber Papa, deswegen geben v die Entschuldigung, die Sie zugleich beysetzen, sind mir so empfindlich gewesen, daß ich mir das Vergnügen Vermögen gewünscht habe einen Expressen mit meinem ersten Briefe zu schicken. Der vornehmste Grund, warum ich nicht geschrieben, liegt an unserer zurückgesetzten Reise nach Riga. Ein Begräbnis eines schon bey des Herrn Pastor Blanks dortigen Auffenthalt in Preußen gestorbenen Schwagers der meiner gnädigen Frauen, des Herrn Albediel, hat selbige anfänglich verhindert. Sie wurde nach Dorpat, wo seine Beerdigung mit Staat geschehen, von Ihrer Schwester gebeten. Der Besuch eines HE. von Aderkas, der ihre Stieftochter unlängst geheyrathet hat, v eines HE. Assessors von Bremse mit Ihren Gemahlinnen machten eine neue Hinderung; v jetzt ist der Weg durch ein zweytägiges Thauwetter so kahl geworden, daß wir zu Hause bleiben müßen, die Hoffnung aber bekommen haben nachgeholt zu werden, wenn Sie in Riga seyn v. es schneyen wird. Da meine erste Hoffnung also zu Waßer geworden ist; so können Sie leicht denken, daß ich mich selbst ärgere eine Pflicht aus einem so seichten Grunde aufgeschoben zu haben, die ich niemals aus Nachläßigkeit aus den Augen setzen werde. Gott weiß, wie mir nach Briefen von Hause gebangt hat, v Sie haben die rechte Zeit getroffen mir meine Grillen, die schon anfiengen zu hecken, zu vertreiben. Die schlimmen Ahndungen, die mir meine liebe Mutter in Ihrem Briefe entdeckt, machen mich wohl betrübt, wenn ich daran gedenke. Vielleicht irrte sie sich aber in Ihren bösen Vermuthungen v ich will Sie selbst bitten, daß Sie nicht krank werden soll, damit das Vergnügen an Sie zu denken nicht durch meinen diesen Kummer gestört wird. Ich danke Ihnen aufs herzlichste für die unverhofte Freude, die Sie mir mit Ihren Geschenken gemacht haben, da ich nicht im Ernst willens gewesen bin mir von Ihnen etwas auszubitten. Sorgen Sie jetzt, lieber Papa, für meinen Bruder auf die Art, wie Sie es bisher an mich gethan haben. Die Unruhe, die Siche sich gemacht haben mich womit zu erfreuen hat mich recht gerührt. Ich verlange weiter nichts von Ihnen als dasjenige väterliche Herz, deßen ich gewiß bin, v das Sie mir niemals versagen werden. Das mir überschickte Buch habe ich mir zu lesen gewünscht, v es mir auch vorgenommen mit der Zeit für mein Geld zu verschreiben. Sie können leicht denken, wie angenehm ich erschrocken bin, daß Sie meine Gedanken getroffen hatten. Mit dem untenliegenden Marzepan habe ich meinen lieben Baron v seine Fräulein Schwester einen Leckerbißen geschenkt; das übrige ist für den Herrn Pastor aufgehoben, den ich heute oder morgen vermuthe bey mir zu sehen. Seine Gesellschaft muß mir statt Ihrer u. aller meiner Freunde dienen. Außer der Zufriedenheit, die ich Gott Lob! öffters in meiner Arbeit selbst finde, sind Bücher v Laute mein einziger Trost, den ich mir, wiewohl sehr sparsam v bisweilen zu einer Zeit, da der Leib des Tages Last v Hitze fühlt, geben muß. Ein Buch vom Briefpapier hat der HErr Belger als Commissionair für sich behalten v eins habe ich durch den Herrn Baron seiner gnädigen Mama heruntergeschickt, weil Sie Ihr Gefallen darüber bezeigt, da ich dem jungen Herrn einen Brief an Sie auf demselben einmal habe schreiben laßen. Ich kann nicht leugnen, daß mir meine fehlgeschlagene Hoffnung nach Riga zu kommen ein wenig nahe geht. Außer der Bewegung v. kleinen Abwechselung, die mir bey meiner einsamen v. sitzenden LebensArt vielleicht ein wenig zuträglich seyn möchte, wünschte ich mir mit FuhrLeuten größere Paqvete überschicken zu können, die Frau Schultzin, von der ich gern mehr Nachricht zu haben möchte, selbst zu sprechen v endlich eine Kleinigkeit abzumachen, die mir anfängt unerträglich zu werden. Sie werden so gütig seyn, lieber Papa, die beyliegende 20 Thrl. an einen guten Freund, den Herrn Karstens, abzugeben v. die kleine Schrift von ihm zu fordern, die ich damals auf dieses vorgeschoßene Geld von mir gegeben habe. Ich hoffe nicht, daß Sie mir dieses heimlichen Streichs wegen böse seyn werden; v glauben Sie mir, daß ich durch die Unruhe, die ich gehabt habe meine Schuld nicht zu rechter Zeit tilgen zu können, gestraft genung bin. Meine Neigung zu diesem Instrument wird Ihnen nicht entfallen seyn, v weil selbiges, mir Herr Reichard, mehr aus Freundschaft als Eigennutz, wie ich gewiß versichert bin, für allen andern seiner Schüler gönnte: so schämte ich mich Ihnen diese Unkosten zuzumuthen, da ich sahe, daß meine Abreise genung derselben machte. Herr Karstens war so bereitwillig mir damit zu dienen. Die große alte Laute hat Herr Reichard für 10 Thrl. angenommen v die kleine will er suchen zu verhandeln; ich habe ihm das Geld für die kleine zu Unkosten auf Stücke v. Sayten angewiesen. Sie werden, lieber Papa, den letzten nicht in Verdacht haben, daß er mir die große Laute zu wenig angerechnet, da ich versichert bin, daß Podbielsky v. Weiß unter einer Decke stacken uns zu betrügen. Dem Herrn Karstens danken Sie in meinem Namen für Seine Freundschaft nochmals, v suchen Sie durch Gegendienste seine Gefälligkeit zu vergelten. Ich habe ihm franzoisch aber sehr flüchtig schreiben müßen, weil ich um Zeit zum schreiben zu gewinnen, und den Herrn Baron nichts zu entziehen, heute unten zum Mittage gespeist habe. Er bringt mir jetzt wieder nach Tische die Nachricht, daß wir bald nachkommen werden; ich glaube aber hievon nichts. Ich nehme die Erinnerungen mit Erkenntlichkeit an, die Sie mir geben treu in meinem Beruff zu seyn; wenn mir auch diese Treue, die ich vielleicht ein wenig von Ihnen, lieber Papa, geerbt habe, nicht denjenigen Dank verdienen solte, den sie werth ist. Da ich Gott Lob! bloß aus Neigung zu meinem Beruff v. meinen Baron arbeite v. es mir sauer werden laße, so glaube ich bezahlt genung zu seyn, wenn mir mein Gewißen die Beruhigung giebt alles gethan zu haben, v. vielleicht mehr, als mir bezahlt wird. Die Früchte des letzteren werden mich vollends wegen meiner Mühe schadlos halten, weil ich ihm mehr Erkenntlichkeit werde zutrauen können, wenn er älter werden wird, da ich jetzt schon versichert seyn kann, daß er Liebe v. Hochachtung für mich besitzt. Weil sich meine Briefe einander jagen werden, so wird Ihnen die Zeit nicht lang werden auf einen andern zu warten. Dieser wird durch die Fr. Baronin nach Riga kommen; die andern will ich morgen mit der Post an Herrn Belger schicken. Ich empfehle mich Ihrem geneigten v. väterlichen Andenken. Leben Sie jeder Zeit gesund v. zufrieden v lieben Sie mich als Ihren Sohn. Hamann. Es sind 3 Fed. d’or v 2 # weil ich den 4ten Fed. d’or nicht habe darzubekommen können. den 25 Febr./8 Marz. 1753. Geliebteste Eltern, Ich bin gestern des Abends nach Riga bey einer ziemlich verdrüslichen Reise gesund v. glücklich angelangt. Der Befehl, den der Herr Baron bekam nach der Stadt zu kommen, war uns recht unvermuthet. Wir hatten einen Paß PostPferde zu nehmen, der aber bey den ersten beyden Postierungen nichts ausrichtete, weil sich die Commissairs damit entschuldigten daß sie keine Pferde mehr hätten. Es gieng ein prächtiger Wagen nach der Ukraine, der Ihro Kayserl. Maj. geschenkt werden wird, v. von Paris an Fracht allein 1300 Rthrl. kostet. Sie gaben vor, daß sie alle ihre Pferde dazu hergeben müßen. Wir musten also mit schwachen BauerPferden, die nur eine eintzige Meile fahren sollten, gantzer 7 fahren. Da wir in einer großen Kutsche fuhren, v. der Weg schlecht ist; so können Sie leicht denken, wie uns bey diesem Fuhrwerk zu Muthe gewesen ist. Wir sind in zween Tagen doch früh genung hingekommen; auf der andern Postierung von Riga waren uns Pferde von der Frau Baronin entgegen geschickt. Ich habe gestern noch den HE. Belger besucht, v freute mich schon Briefe von Hause an mich zu finden. Der nächste PostTag wird mir gewis welche mitbringen! v lauter gute Nachrichten, wie ich hoffe v. wünsche! Ich bin Gott Lob! gesund v. bey dem Herrn Belger gestern recht vergnügt gewesen mit einem paar alten Bekannten, die ich bey ihm fand. Man hat mich schon halb gestern auf eine Hochzeit gebeten, die eine sächsische Junge Wittwe bald geben soll. Vielleicht werde ich sie heute als Braut bey dem Herrn Belger grüßen müßen. Die LebensArt, die ich mir mit Gottes Hülfe vorgenommen habe hier zu führen, wird mich gegen alle die Versuchungen, die Sie, liebste Eltern, für mich fürchten, in Sicherheit setzen. Wir sind hier in solcher Unordnung noch, daß ich für jetzt nicht im stande bin mehr zu schreiben. Unsere Sachen sind noch Unter wegens, v kommen erst heute oder morgen mit denen Troßen nach. In des HE. Belgers Hause war große v. unvermuthete Freude über meine Ankunft. Man herzte v küste mich von beiden Seiten etliche mal. Grüßen Sie doch meinen Bruder, meinen Magister, die Frau Lieutenantin, Jgfr. Degnerinn, auch die übrigen Tischgäste, wenn noch keine neue in der Zeit vorgefallen sind, insbesondere Mr. Holfheit für seine Kappuse, die übrigen guten Freunde nicht ausgeschloßen, HE Karstens, HE. Reichard, HE. Zuckerbecker v. seine Verlobte, das Zöpfelsche Haus ppp. 1. 10. 100. mal nach Verhältnis. Die Musicalien sind bey HE. Belger zurückgeblieben; mein Bruder kann ohne Sorge seyn. Warum hab ich nichts für meine Laute bekommen? Warum läßt HE. Reichard mich nicht mehr grüßen? Ich bin mit der kindlichsten Hochachtung v. Zärtlichkeit, wertheste Eltern, ihr gehorsamster Sohn. J. G.
à Monsieur Monsieur Hamann, Chirurgien bien renommé à Koenigsberg, p. Couv.
Riga den 8/19 März. 1753. Geliebtester Freund, Ich würde mich herzlich freuen, wenn Sie gesund und vergnügt lebten; ich bin Gott Lob! die meiste Zeit beides, v was Ihnen nicht fremde vorkommen wird, mehrentheils auf meiner Stube v. bey meinen Geschäfften. Wenn mich die letzteren auch bisweilen ein wenig unzufrieden machen, so genüße ich doch auch viele Augenblicke eine Wollust v. GemüthsRuhe, davon ich den Ursprung selbst nicht einsehe. Mein äußerliches scheint dieses vielleicht nicht allemal in andern Gesellschafften zu versprechen; genung daß ich in mir selbst keine Überwicht des Verdrußes in mir fühle. Das Andenken meiner Freunde macht mich zärtlich, v meine Mine schwermüthig; mein Herz wünscht sich unterdeßen zu der Ehre Glück, von Ihnen auch abwesend geliebt zu werden. Hier kann ich mich noch nicht rühmen neue erworben zu haben; ich habe mir auch noch nicht Mühe darum gegeben. Für so einen Weltweisen, wie Sie, lieber Freund, sind, könnte sich vielleicht Riga beßer paßen als für mich. Wenn Berens mein Berens hier wäre, der würde mir die beste Aussicht von seinem Vaterlande geben können. Ich sehe jetzt alle Tage fleißig nach seinen Geschwistern ohne daß ich ein eintziges kenne noch zu kennen wünsche. Sein Herr Bruder hat mich noch heute die Hosen anziehen gesehen; Sie können also leicht denken, wenn er selbst hier wäre, daß wir sehr genau auf einander Acht geben könnten. Des Herrn Belgers Haus ist das eintzige fast, das ich hier besuche, v. mehr aus Nothdurfft auszugehen v. meiner Beqvemlichkeit wegen, die ich daselbst finde, als aus Neigung, sie müsten denn eine kleine Gefälligkeit für meine Wittwe dazu machen, die ich da mehrentheils finde v. am Sonntage mit einem Amtmann Verlöbnis gegeben hat. Sic perit gloria mundi! Der lateinische Hexameter hat nur gedient die Seite voll zu machen; sie werden ihn daher für keinen Seufzer ansehen, der von Herzen gegangen ist. Herr Belger sagt mir Ihrentwegen an meinen Vater etwas geschrieben zu haben. Schreiben sie mir doch, worinn es bestanden hat. Der Herr President von Mengden hat sich durch den Prof. Baumgarten aus Halle einen Hofmeister verschrieben, an deßen Stelle ich Sie gewünscht hätte. Herr Gehrke dachte auch darann, daß Sie es vielleicht nicht würden abgeschlagen haben. Es ist aber schon vor meiner Zeit geschehen, v. wenn derjenige, der für diesen Posten bestimmt ist, noch nicht angekommen ist, wird er wenigstens mit ersten hier seyn. Der junge Herr ist sonsten von dem Pastor Blank geführt worden, v hernach bey dem LandMarschall von Igelström gegeben, wo Porsch mit schlechter Ehre gewesen, jetzt hat unterdessen der Vater selbst Hofmeister Stelle vertreten, der sich in der Geschichte, Sittenlehre v. Wirthschaftskunst für sehr gelehrt halten soll. Den Herrn LandMarschall von Igelström hab ich hier zu Mittage gesehen; er hat sich eine hohe Schule vorgenommen auf seinem Gute anzulegen, es sind dazu Profess. verschrieben worden. Ich habe ihn als einen sehr ehrgeitzigen Mann v zugleich als einen großen galanthomme bey dem Frauenzimmer beurtheilt. Er will seine Söhne keine Academien besuchen sondern sie zu Hause alles lernen laßen; v hierauf werden Sie denn reisen müßen. Sie können ihn sich ohngefehr unter dem Rath Schimmelpfennig vorstellen, etwas älter v ernsthaffter. Aus dem Einfall seine Kinder zu erziehen, können Sie ohngefehr seine Gemüthsart beurtheilen; an dem einen Sohn hat seine Weisheit gescheitert. Er hat sich in ein benachbartes Fräulein verliebt, Porschische Streiche angegeben, Ruthen v sie zur Frau bekommen. Er steht schon in den untersten Kriegs-Diensten. Gehen Sie doch, lieber Freund, mit meinen Briefen vorsichtig um! Der President von Mengden giebt 200 Alb. jährlich v. 50 belauffen sich die Reise Unkosten. Sie wären denn in meiner Nachbarschafft ein 4 Meilen ohngefehr gewesen. Die Frau Presidentin wird als eine gutthätige, aber herrnhutsche andächtige Frau beschrieben. Er soll selbst zur Noth einen guten Prediger abgeben können; von einem hitzigen v. verdrüslichen Gemüth, der weit gereist ist v diejenigen Länder vorzieht, wo er in der Jugend gewesen, dem, wo er jetzt lebt. Wer weis, wie es dem neuen Hofmeister bey ihm glücken wird. Tantzen, fechten, v. Reiten wird vermuthlich zum Contract gehören. Er hat sich nach Halle gewandt, weil er mit dem Colleg. Fried. nicht sonderlich zufrieden zu seyn scheint. Seine Gemalin ist eine Tochter des unglückl. München. Es ist von Königsberg ein Prediger v. Hofmeister für des letzteren Familie v. Kirche verschrieben worden, auf den Ssie übel zu sprechen sind. Dies ist HE. Carius; der von dem Insp. Schiffert recommendirt worden; man hat nach ihm ein ausdrückliches Fuhrwerk geschickt, das ledig wieder zurückgekommen, ohne daß man die Achtsamkeit gehabt einen Brief mitzugeben, worinn man sich wegen dieser Unbescheidenheit entschuldigt hat. Weder Carius noch Schiffert haben in der Zeit geschrieben, v sie wißen nicht, worann sie sind. Der Fuhrmann ist schon vor 4 Wochen v. länger wieder zurückgekommen. Erkundigen Sie sich doch durch Wolson um die Umstände etwas weitläuftiger; HE. Blank hat die Commission gehabt v. er ist selbst in dieser Sache verlegen, weil er mit Leuten zu thun, die weder Vernunfft noch Wohlstand verstehen, sondern wie er selbst sagt, sich auf den Heyland beruffen. Sie melden mir, liebster Freund, in dem letzten, das Sie meinem Bruder in die Feder gesagt haben, daß Sie mir viel zu schreiben hätten. Thun Sie es doch so bald, wie Sie können. Des HErrn Sahme Brief ist offen gekommen, wie es das zugegangen? Ihnen gebe ich ein für allemal die Freyheit es zu thun. HE. Hennings hat mir auch geschrieben. Was hat er von meinem ersten Brief aus Liefland gedacht? Ich glaube, er hat mich für trunken gehalten. Er mus denselben noch nicht erhalten haben, da er an mich geschrieben. Die Veränderungen, die in Königsberg in meiner Abwesenheit, nach seinem Bericht vorgegangen sind, sehen gar zu außerordentlich u zu plötzlich aus, als daß sie wahr seyn sollten. Ich werde Ihm antworten, wie ers verdient. Sein Brief hat mir mehr als ein Wunsch gekostet ihn ins Gesicht einen Betrüger nennen zu können. Hab ich Ihnen schon für den Esprit des Nations gedankt? Der Verfaßer hat mir in vielen Stücken sehr genung gethan; er ist den einfältigsten Begriffen in seinem Entwurf, mehrentheils gefolgt, wie er versprochen hat. Ich wünschte, daß er einige Gedanken in einer Fortsetzung v. einer besondern Anwendung seiner Grundsätze mehr entwickeln möchte. In einigen Stellen, die die Naturlehre betreffen, scheint er mir etwas unbestimmt v. dunkel zu seyn. Wenn ich ein gutes Buch zum ersten mal lese, so wißen Sie, daß ich es mehr zu verstehen als zu beurtheilen suche; v. der allgemeine Eindruck des Verfaßers macht mich gegen einige besondere Schwürigkeiten unempfindlich. Ich habe es aufmerksam gelesen; es hat mir sehr gefallen. Was Sie mehr dabey gedacht haben, erwarte ich von Ihnen, daß Sie es mir mittheilen sollen. Ich habe eben heute in den Hamburgischen Zeitungen außer dem Katzen v Kater Concert gelesen, daß die Sorbonne sitzt über den Esprit des Loix zu sprechen. Des Grafen Cataneo Versuch haben Sie ertappt; ich danke Ihnen recht herzlich für die Achtsamkeit, mit der Sie für mein Vergnügen sorgen. Sie glauben, ohne daß ich es nöthig finde zu beschweren, wie sehr ich wünschen möchte Ihnen von meiner Seite ein gleiches zu bezeigen. Ich mag lieber nichts meinen Freunden als bloße Complimente geben. An meinem guten Willen zweiflen Sie nicht; mein Herz hat einen ehrlichen Grund, auf den Sie sich verlaßen können, wenn Sie es brauchen wollen. Süßmilch, dieser gelehrte Buchhalter des Menschl. Geschlechts, hat auch einige Abhandlungen wieder den Montesquiou vorgelesen, die man auch vermuthlich in den Memoires der Berlinischen Academie wird zu lesen bekommen. Sie betreffen den Schaden, den die christl. Religion der Vermehrung der Menschen gethan. Als ein Catholik ist Montesq. genöthicht gewesen die Päbstl. Religion so zu nennen; v ich weis nicht, ob er denn Unrecht haben wird. Der Herr von Loen ist Geheimer Rath v. President der Grafschafft Tecklenburg v. Lingen geworden! Ob der Abt Prades sein Glück machen wird? Schreiben Sie mir doch, wie seine Schutzschrifft gerathen ist, die Sie vermuthlich werden gelesen haben, v alles theilen Sie mit, was Sie von dem HErrn Secretair Sahm bekommen. Unsere Freundschafft giebt mir das Recht alles zu fordern. Bedienen Sie sich der Erfindung öffters meinem Bruder zu dictiren, wenn Sie nicht selbst schreiben können. Erinnern Sie doch meinen Bruder, daß er mir die Erzählung beylegt, die zu Heilbronn kürzlich herausgekommen sind v. am die Untersuchung des Satzes, ob die Gottesleugnung v. die verkehrten Sitten aus dem System der Fatalität herkommen. Sie werden beide nicht viel austragen. Die Elemens des Sciences principales wünschte ich wohl zu haben, um dergl. Kleinigkeiten bey meinem Baron brauchen zu können, wenn ich weiter mit ihm im frantzoischen seyn werde. Eine so beqveme Logic v. Arithmetick als in dieser kleinen Schrifft gegeben wird, wünschte ich mir wohl gern zu besitzen. Die Dialogues Socratiques des Prof. Vernet für den Printzen von Sachsen Gotha schlügen auch wohl in mein Handwerk, wenn ich wißen werde, was sie davon urtheilen. Die Nachahmung des Popischen Lockenraubes, die den Titel führt: Sieg des Liebes Gottes werde ich mir von dem Herrn Lauson mit seinen Gedichten ausbitten, wegen eines Verses, der mir sehr darinn gefallen hat: Warum, wird ein Poet nicht, eh er schreibt, ersäufft? Ich will selbst an ihn schreiben; unterdrücken Sie daher diesen Einfall. Er könnte es vielleicht für keinen Scherz annehmen, daß ich ihm nach dem Leben stünde. Der Abt von Bernis ist mir heute eingefallen, weil man seine Unterhandlungen bey der Republick Venedig in den Zeitungen gelobt hat. Haben Sie noch nichts von seinen Gedichten zu sehen bekommen. Das Pastoral-Schreiben dieses franzoischen Abgesandten an die Marqvisin von Pompadour ist vielleicht so unbekannt, daß man nichts von dem Inhalt noch dem Werth dieser Satyre auf ihn in Königsberg zu hören bekommen hat. In allem Fall erinnern Sie sich meiner, wenn der HE. Sahme daran gedacht hätte. Haben Sie nicht selbst etwas gemacht, das Sie mir zu lesen schicken können! kein Liedchen, keine Erzählung. Die Schrifften der deutschen Gesellschafft fordere ich als ein Mitglied in Hoffnung. Schicken Sie mir doch selbige mit einer kleinen Historie v. Critick der enthaltenen Stücke über. Ich wollte gern ihre Rede von der Begeisterung in der Tugend bald lesen. Wenn werden Sie fertig seyn? bey Hartung? Ich habe schon in Kegeln einen Brief an Ihren Herrn Bruder fertig gehabt. Unsere darüber einfallende Reise nach Riga hat denselben bis hieher aufgehalten. Er liegt noch, weil ich unentschlüßig bin ihn, da er so alt ist, zu überschicken, v. mich für die Mühe fürchte einen andern zu schreiben. Ich hatte ihm in demselben eben den Vorschlag gethan uns einander zu sprechen; wenn der Winter nicht so geschwind abgegangen wäre. Er hätte nach Riga kommen müßen (man kann in einem Tage bey guten Wege hin v. zurück seyn) oder ich war willens selbst mir ein paar Tage Zeit dazu zu nehmen: oder wir hätten uns den halben Weg theilen v. uns in einem Kruge, wo es mir gefallen hat, einander sprechen wollen. Dies hätte mit aller Gemächlichkeit in einem eintzigen Tage abgemacht werden können. Bey jetziger Witterung ist nicht daran zu gedenken. Weil heute wieder Mittwoch ist (ich habe Ihren Brief schon gestern Abends angefangen) so ist heute bey uns Gesellschafft. Die ganze Woche ist hier fast zu dergl. öffentl. Zusammenkünfften ausgesetzt, in denen geeßen, getrunken, gespielt, v. bisweilen getantzt wird. Man findet sich da von selbst ein, ohne gebeten zu werden. Die LebensArt der Vornehmen hat hier etwas für unsern Ort zum voraus. Die Einbildung des Adelstandes ist hier vernünfftiger, v man macht sich aus dem von v dem gnädigen Titel sehr wenig. Der junge Herr von Osten, an dem ich in einem vorigen Briefe an meinem Vater gedacht habe, hat mich heute wieder besucht. Er ist aus Heßen Caßel, wie er mir heute erzählt hat; seine Mutter hat ihn vermuthlich aus Familien Umständen mit nach Riga genommen. Sie ist gekommen ihren Bruder, den HErrn Regierungs Rath von Vietinghoff zu besuchen. Der letztere ist ein Mann, der es hier allen durch seinen Geschmack v durch seine glänzende LebensArt zuvorthut, zu der seine Mittel hinreichen. Man hat mir von seinen Schildereynen so vieles vorgesagt, daß ich große Lust habe sie einmal zu besehen, dazu mir schon Hoffnung gemacht worden ist. Er ist eben ein so großer Liebhaber v vermuthlich auch ein Kenner der Musick, v. unterhällt seine eigene Musikanten. In Porcellain, Meublen, Kleidung v vielen andern hat er was zum voraus. Die Frau Baronin hat unlängst an ihn einen Speicher verkaufft, in dem er sich schlechtweg Vietinghoff genannt der Schele unterschrieben hat. Weil nur zweymal in unserm Hause diese öffentl. Gesellschafften gewesen sind; so habe ich sie ihnen noch nicht beygewohnt, da ich durch Arbeit daran bin verhindert worden, die jetzt wie Sie sehen in einem Briefe an Sie besteht. Ich habe aus dieser Ursache nicht heute einmal zu Mittage unten gespeist; v daß ich auch dazu gehöre, wird darf mir nicht wiederholt zweifelhafft seyn. Die Fräulein frug mich so heute, ob ich nicht unten kommen würde um mir eine gute Nacht zu sagen. Mein Baron, der mich für eine halbe Stunde besucht hat, erzählte mir, daß an 5 Tische unten gespielt würde, der 6te aber unbesetzt wäre. Der Herr von Meck wäre auch hereiningekommen, ohne weder jemanden zu sehen noch zu grüßen. Diesen Mann macht seine Neigung wie ich gehört habe zum Spiel unglücklich v närrisch, da es ihm sonst an Verstand nicht fehlen soll. Er ist der Verfaßer einer Wochenschrifft die in Riga herausgekommen v der ruhige Bemerker heißt. Mein Baron hat ihn selbst von Bedienten Geld leyhen gesehen um sein Spiel fortsetzen zu können, das ihn zuweilen ganz entblöst. Er hat Wagen v. Pferde verspielt; seine Frau kam heute in einem fremden Wagen v ich weiß, daß sie aus unserm Hause auch schon einmal mitgenommen worden ist. Ehegestern hat er sich mit Leib v. Seel für 1000 Thrl. ausgeboten. Vielleicht werde ich ihn einmal unten zu sehen bekommen. Ich habe mich über eine Stunde jetzt mit dem kleinen Osten die Zeit vertrieben. Er ist ein Kind von 7 biß 8 Jahren der aber eine ganz besondere Munterkeit besitzt v. einen klugen Hofmeister erfordert. Er lernte neulich bey mir des Helcken klein Gedicht auswendig: Die Pferde schmeißen pp v. ich bin heut nicht imstande gewesen ihn von den Kleinigkeiten loß zu bekommen. Er braucht das Buchstabiren noch im Lesen, er liest aber mit so einer action v. einem solchen affect, daß ich meine Kurzweil mit ihm gehabt habe. Sie würden für Lachen bersten, wenn Sie ihn hören sollten, das Stück daraus aufsagen: Gestern Brüder konnt ihrs glauben pp. das er heute fast ganz auswendig gelernt hat. Er schiebt beide Arme zurück, wenn er auf die Stelle kommt: Fort, du theurer Bacchus Knecht v weiß die folgende Strophe so kläglich zu machen, daß der Baron v. ich meine Lust daran gehabt haben. Er avancirt mit Händen v. Füßen, v. wir fürchten uns alle für ihn, als er auf die Stelle kam: Narre für Dein Gläschen Wein pp. Ich möchte meinem lieben Baron etwas von seiner Dreistigkeit v. Freyheit wünschen. Er ist ziemlich blöde v. jungferlich. Bosheit besitzt er nicht, so sehr ich ihn auch auf die Probe gesetzt habe. Er fällt mich um den Hals so offt ichs haben will. Ich möchte ihn gern ein wenig männlicher haben. Er hat mir schon Thränen genung vergießen müßen, mein Amts Eifer hat die meisten davon ausgeprest. Ich habe mich aus Noth mehr wie einmal härter gegen ihn anstellen müßen, als ich es gewesen bin, um ihn aufzumuntern. Wie eine Maschiene ist er erzogen worden. Da ich ihn nicht jünger in meine Hände bekommen habe; so muß ich wenigstens alles anwenden ihn weiter zu stoßen. An seiner Fähigkeit darf ich nicht verzweifeln. Sein Fortgang in der Historie, seine Neigung zur Malerey, die gewiß bey ihm recht stark ist, v zur Dichtkunst machen mich zu allem Hoffnung. Stellen Sie sich ein Kind vor, das Verse schreibt, ohne weder buchstabieren noch lesen zu können. Seine Einbildungskraft ist gut; v es fehlt ihm nicht an Mutterwitz. Was will man von einem Verstande fordern, der niemals gebraucht v. geübt worden ist? Ich sehe Gott Lob! mit vielem Vergnügen, daß er zunimmt, denken, überlegen v. aufmerksam seyn lernt. Wenn auch alles dieses nicht wäre, so halte ich mich doch mehr zum Mitleiden als zur Ungedult mit ihm verbunden. Er liebt mich recht zärtlich v ich gebe ihm an Freundschafft zu ihm nicht nach. Da ich ziemlich geübt worden bin in Scherzen die Wahrheit zu sagen; so zog ich ihn gestern ein wenig auf, nachdem ich ihm den Nachmittag sauer genung gemacht hatte, daß er mich gern verlieren würde. Er umarmte mich mit weinenden Augen. Ich entzieh mich daher allem Vergnügen, wenn ich meine Zeit für ihn brauchen kann; v ich sehe die Kräffte v. die Mühe nicht an, die es mich kostet. Ohne anders zu reden, als ich denke, ich finde auch meine gröste Zufriedenheit nicht selten in der Arbeit, die ich mit ihm habe. Meine Sprache ist mir bisweilen hinderlich; aber sie macht mich niemals zum Unterricht ungeschickt; v er hat auch hierinn eine Achtsamkeit, die mir von seinem guten Gemüthe versichert, in dem er mich sogleich zu helffen sucht. Ich habe mein Herz gegen Sie ausgeschüttet. Der meiste Theil meines Briefes wird Ihnen vielleicht gleichgiltig wo nicht gar ermüdend vorkommen. Doch nein! Die Freundschafft wird Sie mich bey Sie entschuldigen, mit der ich Sie von Grund des ♡s umarme v zeitlebens Ihr Hamann seyn werde. Riga den 17/28 Märtz. 1753. Herzlich geliebtester Vater, Ich habe heute eben einen Brief von Ihnen erhalten, darinn eine Einlage von HE. Mag. v ein kleines Papierchen von meinem Bruder gewesen. Sie bekommen durch einen Apotheckergesellen, den ich nicht kenne v bey einer Mad. Casserius in Diensten gewesen, gegenwärtigen Briefe mit einer Sammlung von mehreren, die ich gern größer v stärker gemacht hätte, wenn es mir möglich gewesen wäre. Weil dieser Mensch schon morgen wegreisen wird, v ich seine Abreise erst mit dem Ende dieser Woche vermuthete: so bin ich etwas übereilt worden. Ich werde das übrige durch einen andern Fuhrmann nachzuholen suchen. Den Herrn RegimentsQuartierMeister Link v HErrn Secret. Sahme insbesondere hätte ich gern geschrieben. Obgleich mein Herz nicht leer an Empfindungen ist, die ich für meine liebe Eltern habe; so wird doch dieser Brief nicht gar zu lang gerathen. Meine Nachrichten, die ich wöchentlich fortzusetzen willens bin, nehmen mir einiger maaßen die Materie dazu diesem Briefe weg. Ich will aber doch einige Sachen melden, die ich mich gefürcht habe über der Post zu berichten. Ein guter Freund, zu dem ich am meisten gehe, hat mir im Vertrauen v. als ein Staatsgeheimnis entdeckt, daß die auswärtigen Briefe hier alle entsiegelt würden, v. daß er selbst diese KunstStücke wüste. Er will sich hierüber gar nicht auslaßen v. giebt vor den Augenblick es einem Briefe anzusehen, der diese Probe ausgehalten hat. Ich bin jetzt auf das Siegel immer sehr aufmerksam, thun Sie doch ein gleiches. Die Geheime Cantzelley soll sich damit hier beschäfftigen. Diese Erzählung kommt mir, die Wahrheit zu sagen, ziemlich verdächtig v. unglaublich vor. Er hat mir zugeschworen, daß alle Briefe, die ich aus Kegeln an ihn geschrieben, erbrochen v. auch bisweilen mit dem Post Siegel offenbar wieder zugemacht worden wären. Der Zusatz, v die Versicherung, die er mir giebt, daß er gewiß wüste, die seinigen würden damit verschont, befremdt mich noch mehr da er so übel mit zufrieden zu seyn schiene, daß Sie in Ihrem letzten an ihn eines Briefes gedacht hätten, der mit einem Fuhrmann gekommen wäre. Sie solten in ihren Briefen niemals an dergl. Sachen gedenken, weil dieses aufs schärfste untersagt wäre, mit Fuhrleuten zu schreiben. Es kann dieses vielleicht eine bloße Erdichtung einer eingeschreckten Einbildungskrafft v. einer Neigung zu eingebildeten Staatsgeheimnißen seyn; oder es muß mehr darunter stecken. Herr Belger hat mir neulich einen Brief von seinem Herrn Swiegervater mitgetheilt, der ihn sehr misvergnügt machte. Er war so lamentable geschrieben, als Sie jemals einen von dem Preller, meines Bruders ersten Schulmeister bekommen haben v. ein rechter Bettelbrief. Er bestürmt ihn mit Briefen von der Art, die ihm das dritte Theil von demjenigen bald, was er ihm überschicken kann, kosten an Post Geld kosten. Seine güldene Praxis hat in Riga aufgehört; er hat jetzt andere Wege im Sinn sein Glück beständiger zu machen. Gott gebe, daß sie ihm gelingen! An Feinden fehlt es ihm nicht v es giebt in Riga andere Feinde als in Königsberg. Sie sind feiner v. grausamer. Sein Haus ist jetzt ungewöhnlich leediger geworden, als wie ich das erste mal da war. Es kann seine damalige Krankheit die häufigen Besuche verursacht haben. Das Haus, das er gekauft hat v davon der Zahlungs Termin mehrentheils aus seyn wird, scheint Ihnen auch viel Sorge zu machen. Die Straße, worinn es steht, ist schlecht, wenn es erst recht ausgebaut seyn wird, so wird es sehr viel Beqvemlichkeit haben. Es fehlt nicht an kleinen v. hinlänglichen Stuben, wenn diejenigen dazu kommen werden, die er willens ist, zu bauen. Gute Einfahrt, Ställe v ein ziemlich geraumer Hoff, machen daßelbe noch brauchbarer. Der Mann, von dem ers gekauft hat v der auch bey ihm speist, hat die obere Gelegenheit mit seinen Leuten ein; er heist HErr Pantzer, v ist von einem sehr angenehmen phlegma im Umgange, voller schleichender Einfälle, wegen der er in Gesellschaften insbesondere vom Frauenzimmer gern gesehen wird. Sie berichten mir die Abreise des Herrn von Volckersaamen mit seiner Gnädigen Mutter. Ich habe schon hier davon gehört, man sagt gar, daß sie ihn wieder mitbringen wird. Sie ist an einen gewesenen General Oeconomie Directeur von Mengden, einen Bruder deßen, wo HE. Blanck in Condition gestanden, verheirathet gewesen und hat sich von ihm scheiden laßen. Ihr gewesener Gemahl wohnt nicht weit zur Miethe von HErrn Belger; v ist mir als ein Mann von einem fürtreffl. Gemüthe v. Verstande beschrieben worden, sie hingegen als eine Frau, deren Menschenliebe v Leutseeligkeit gegen das männliche Geschlecht sich bisweilen sehr herunter laßen soll. Andern Nachrichten zu folge ist er ein Mann, der keine, oder eine poßierliche oder eine schiefe Nase haben sollt, der kein engelreines Leben führt, auf deßen Stuhl man sich zu hüten in Acht nimmt, v. deßen Anblick ziemlich eckelhafft seyn soll. Diese Urtheile, die Menschen über Menschen fällen, sind für einen Sammler, wie ich bin, v der so unpartheyisch ist, sehr belustigend. Ich brauche sie mein Vorurtheil wieder die Welt damit zu nähren. Meine Lebens Art ist übrigens so einförmig, liebster Papa, wie ich selbige Ihnen immer beschrieben habe. Herr Gericke besucht mich bisweilen, er ist aber schon öffterer bey mir als ich bey ihm gewesen. Herr Lado, der nach Ostern ordinirt werden wird, v in seinem Priesterrock schon geht, hat mich auch einmal besucht. Herrn Belger, HE Reißmann v Herrn Pantzer habe ich auch einmal des Abends bewirthet. Eben jetzt bin ich von HErrn Gericke v einem seiner Anverwandten, der seinen Sohn mit brachte, gestört worden. Sie haben mich wegen des schönen Wetters eine halbe Stunde spatzieren geführt nach der neulichen Brandstätte in der Vorstadt. Ich habe mich bey Ihnen mit meinen Geschäfften entschuldigt v Sie haben Ihren Besuch daher kurz gemacht. Ich will noch an meine liebe Mutter v Bruder schreiben. Die Uhr schlägt 5 v. die Briefe sollen noch heute von mir selbst zu HErrn Belger gebracht werden. Mit der morgenden Post will ich mit Gottes Hülfe Ihnen wieder etwas zu lesen schicken. Beten Sie für mich, liebster Vater, daß es mir wohl gehe; ich kann bisher noch immer dem Himmel danken für das Gute, das er mir thut. Wenn er meine Eltern gesund v. mit mir zufrieden erhällt; so weiß ich nichts, was ich mir mehr wünschen kann, als meine Arbeit hier zu seegnen. Er wird mir auch die Früchte derselben sehen v genüßen laßen, da ich mir bewust bin, daß ich das meiste aus gutem Triebe thue, v. weder aus Eigennutz noch einem lasterhaften Hochmuth arbeite. Leben Sie gesund v. vergnügt, halten Sie mich beständig in Ihrem väterlichen v. treuen Andenken. Ich will dafür zeitlebens seyn Ihr dankbarster v. gehorsamster Sohn.Johann George Hamann. er sie neugierig darnach gemacht, v für deßen Mittheilung die Frau B. befugt gewesen wäre mit Maulschellen zu bedanken. Sie können sich von dem Hofmeister, den Sie haben, einen Begrif machen, unter deßen Aufsicht ein solches Stück verfertigt worden. Dem Maler, der auch meinen jungen Herrn jetzt im Zeichnen unterrichtet, habe ich es gleichfalls vorgehalten, v. ihn höflich gebeten für meinen jungen Herrn Stücke von beßeren Geschmack auszusuchen; er zuckte die Schultern dazu, als wenn das erste nicht an ihn läge. Ich bin versichert, daß diese Sache von der Frau Baronin sehr übel aufgenommen werden würde, v. denen Herrn von Beyer gewiß das Haus höflich verboten werden möchte, wenn ich den Brief an Sie hätte gelangen laßen; ihr Hofmeister möchte selbst nicht mit Ehren bestehen. Ich habe ihn gestern bey HErrn Belger näher kennen gelernt v gefunden, daß er seine Untergebenen nach seinem Geschmak bildet. Ohne vielleicht viel von der Sittenlehre zu wißen v. einen klugen Satz gehörig schreiben zu können, sind sie schon in der Baukunst, in Sonnen Uhrmachen pp. erschrecklich bewandert v. voller Eigendünkel. Das war ein kluges Volk, das seine Sclaven in Gegenwart der Kinder voll v. toll saufen lies und sie ihnen dies Laster zu vereckeln; v. dasjenige Wesen ist weise, das so viel menschl. Ungeheuer auf der Welt geboren werden v. leben läst, damit diejenigen, die ihre Vernunft v. Gewißen liebhaben, die Bosheiten v. Thorheiten, die sie an andern anspeyen, an sich selbst nicht ertragen lernen. Ich habe bey dieser moralischen Betrachtung aufgehört, v. weil es 7 Uhr v. mein Herr Baron in Gesellschaft war, bin ich ein wenig bey Herrn Belger gegangen. Die Herren von Bayer v die Printzen von Dolgorucki haben ihn mehr als 6 mal überschickt hinzukommen, v er hat mir von beiderseits kleine Briefe geschrieben gewiesen, mit denen sie ihn eingeladet haben, v ihm drohen böse zu werden. Seine Hartnäckigkeit nicht hinzugehen hat diejenigen befremdet, die von der genauen Freundschafft wißen, in der er sonst mit ihnen gelebt hat. Wir haben unsere Abendandacht gehalten und er ist schlafen gegangen. Ich weiß jetzt nichts mehr, was ich Ihnen zu berichten hätte, v. was ich noch weis, muß ich zu den nächsten Briefen laßen, die ich über die Post zu schreiben gedenke. Mein lieber Baron besucht wohl ziemlich fleißig Gesellschaften; ich sehe es aber nicht ungern, weil ihn solche so nöthig als die Schule sind, v. weil seinen v. meinen Arbeiten eben nicht einen merklichen Eintrag thun. Es geschieht in der Gesellschafft seiner gnädigen Mama, v. er besitzt noch viel Blödigkeit v. steifes Wesen, das nach einer LandErziehung aussieht. Grüßen Sie doch, liebste Eltern, alle gute Freunde, insbesondere das Rentzensche, Zöpfelsche pp Haus, den Herrn Karstens Frau Lieut. v. Jgfr. Degnerinn pp. von mir. Ich empfehle Sie dem lieben Gott v mich Ihrer Liebe v Zärtlichkeit. Leben Sie so gesund, vergnügt v zufrieden als ich, v. erkennen Sie mich jederzeit für Dero gehorsamsten Sohn. Johann George Hamann. Riga den 20/31 März. 1753. Liebwerthester Vater, Ich habe vorige diese Woche ein klein Paquet mit Briefen abgefertigt, die ein Apothecker Geselle, den ich nicht kenne, mitgenommen hat, v. unterdeßen die Ihrigen zu meiner großen Zufriedenheit erhalten. Ich freue mich herzlich, daß Sie Gott Lob! alle gesund sind. Der Höchste stärke Sie, lieber Papa, bey Ihrer Arbeit und seegne selbige. An Herrn M. HE. Karstens, Lauson, Wolson, Hennings pp habe ich geschrieben. Weil ich noch Zeit zu haben glaubte, so ließ ich die Briefe an meine liebe Eltern zu letzt, um mich auf alles das besinnen zu können, was ich zu schreiben hätte. Meinem Bruder hatte ich auch einen ziemlich ausführlichen Brief zugedacht. Ich bin aber so unvermuthet v. ohne Noth übereilt worden, daß ich Mühe hatte mit dem nöthigsten, an Sie, meine liebe Mutter v. Bruder fertig zu werden. Eine Antwort an HE. Secr. Sahme v. ein Brief an Herrn Regim. Q. M. Link hat gar unterbleiben müßen; so sehr ich es mich auch gegen den erstern Freund vorzuwerfen habe, so hat es doch nicht angehen können. Wird der ehrliche Franz oder Fuhrmann Reiß nicht bald einen Brief an mich bringen, damit Sie nur mein Logis kennen lernen v ich Sie angewöhne sich bey mir zu melden, wenn sie ankommen v. abgehen wollen. Herr Gericke hat mir die erste Nachricht von des HErrn von Marschall Tode gebracht, die mich gewaltig erschreckt hat. Er hat sie aus den berlinischen Zeitungen erfahren, wie ich sie nachher auch in der hamburgischen gelesen habe. Man kann sich ohnmöglich einiger Betrachtungen bey diesen Todesfall erwehren, wenn man die Geschichte dieser Familie ein wenig kennt. HE. Linck wird mehrere vielleicht machen können. Daß die Vorsehung auch die ihrigen über die Handlungen der Menschen macht, ist für denjenigen, der eine glaubt, keine gleichgiltige Sache. Papa mit seinem Pfeifchen, die 3 L’hombre Spieler, der Freund um 9 des Abends mit einer wollenen Peruke, meine liebe Mutter beym Spinnrocken! ich kann sie mir noch alle vorstellen. Die Frau Lieut. habe ich im Geist nach des Herrn M. Peruqve lauffen gesehen um sie recht betrachten zu können; v die Jgfr. Degner habe ich eine viertelstunde nachher lachen gehört. Es hat keiner als ich gefehlt. Herr Gericke besucht mich öfters genung; ich bin nicht mehr als einmal bey ihm gewesen. Ich halte mich an Herrn Belgers Haus. Er hat einen sehr tollen Brief an Sie geschrieben (die meinigen mit Gelegenheit sind durch ihn bestellt worden) wie er sagt v will mich bey Ihnen verklagen, wie er mir gestern gedroht hat. Ich habe Ihn gebeten Ihnen kein blindes Schrecken mit einer falschen Conduite Liste einzujagen. Sein Gemüth hat etwas ehrl. das er niemals verlieren wird; v dies macht ihn eben zu einem eignen v. unglückl. Staatsmann. Ich bin gewiß, daß ich von meinen lieben Eltern reden höre, so offt ich ihn besuche. Der Herr Baron läst seinen verbindlichen Gruß Ihnen abstatten. Wie sehr wünschte ich mir, ihn selbst mit der Zeit in das Haus meiner lieben Eltern einmal führen zu können! Kaum ist es mir glaublich, daß ich schon über ein viertel Jahr hier gewesen bin; den 7 Dec. alten Styls bin ich nach Kegeln gekommen; Montags darauf habe ich meine Arbeit angefangen. Ist das halbe Jahr um; so will ich mich melden. Ist man mit mir zufrieden, so bleibe ich noch. Ob ich auf 100 Thrl. dringe? Die geringste Schwierigkeit wird mich verekeln. Meine Empfindlichkeit in diesem Stück kennt niemand wie ich. Ich danke Gott, daß ich meine Zeit nicht umsonst hier weder für mich selbst noch für meinen lieben Baron zugebracht habe. In demjenigen, womit ich mit ihm nicht zufrieden bin, liegt die wenigste Schuld an ihn. Liefländische Erziehung! Mutter! auch zum Theil Hofmeister! So hart wie ich ihm bisweilen seyn muß; so zärtlich bin ich gegen ihn. Er wird mich gewiß nicht vergeßen, v. mich eben so ungern verlieren wollen. So sehr ich mich an die Kinder halte; so entfernt bin ich noch von allen denen, die mich nichts angehen, v. meinen Grundsätzen, Denkungs Art v Neigungen entgegen sind. Der Gruß, den Sie mir unten aufgetragen haben, lieber Papa, ist daher nicht von mir bestellt worden; der Begrif einer feinen Achtsamkeit v. wahren Höflichkeit ist für den Stoltz ein Räthsel Simsons. Wenn Sie in Riga wären, lieber Papa, ich zweifele fast nicht, daß sie in Gnaden bey ihr stehen würden; denn sie ist bey allem dem eine Dame, ohngefehr wie die Gräf. Gesler, die aber nur gegen ihre Schuldn. grausam ist. Ich sehe, daß ich bey dem Geheimnis, das ich aus meinem Charakter mache, zu am besten fahre, v ich will dabey bleiben. Man kennt einige gute Eigenschafften von mir, man vermuthet bisweilen andere, die es nicht sind; im übrigen weis man selbst nicht recht, was man aus mir machen soll. Die Kinder lieben mich, weil ich sie liebe, v. weil ich niemals streng gegen Sie bin, als biß ich sie überführt habe, daß ich es Ursache habe zu seyn; es fehlt mir auch niemals daran mit ihnen aufgeweckt umzugehen v sie spielend arbeiten zu lernen. Uebrigens erhällt mich der liebe Gott gesund. Hat man Ursache sich über etwas auf der Welt zu beschweren, so lange man diese Wohlthat genüst. Es fehlt mir an nichts bisher v. ich bin von einem zufriednen Herzen. Ich umarme Sie aufs herzlichste, lieber Papa, v wünsche Ihnen alles Gute. Leben Sie wohl, mit meiner lieben Mutter will ich auch noch ein Wort reden. Herzlich geliebteste Mama, Sie haben Seife gekocht; sie haben meine Jgfr. Muhmchens bey sich gehabt. Haben Sie auch Waffeln gebackt? Haben auch die Jgfr. Muhmchens meine Gesundheit getrunken? Ich habe gestern bey HErrn Belger gepunscht, v. recht gut darauff geschlafen. Wißen Sie auch schon, daß ich auch ein Jgfr. Muhmchen hier habe; ich glaube gewiß, daß ich es Ihnen noch nicht geschrieben. Sie ist auch schon meine Braut gewesen; nun will ich sie aber nicht haben, ohngeacht ihr Vater ein Advocat ist. Lorchen, die mich ihren Cousin Amen nennt, v. mir manchen Musching, aber mir doch nicht so viel als ihren übrigen Bräutigams gegeben hat, Lorchen, die sonst so viel von meinen blanken Knöpfen gehalten hat, sieht weder mich noch meine blanke Knöpfe an, wenn ich den HErrn meinen Baron mitbringe, der einen rothen Rock v eine blauseidene Weste in seinem Staat trägt, die mit einer goldenen Espagne besetzt sind. Ihnen wird, liebe Mama, gewiß nicht mit einer Schwiegertochter gedient seyn, die so wenig von mir hällt. Wollen Sie mir nicht die Erlaubnis geben, daß ich mir eine beßere Braut aussuchen darf. Ehe ich aber mit ihr breche, will ich warten, biß ihre Mutter mir ein paar Hand Manschetten wird ein wenig geflickt haben, die ich ihr gestern brachte. Ich bin recht verlegen, geben Sie mir doch einen guten Rath, was ich thun soll. Wenn Ihnen der liebe Gott Gesundheit schenkt; so leben Sie doch vergnügt v. vergeßen Ihren Sohn nicht. Joh. George Hamann. Riga. den 31 Martz/11 April 1753. Herzlich Geliebteste Eltern, Ich habe heute angenehme Briefe von Hause bekommen; die Augen Krankheit meiner lieben Mutter hoffe ich wird schon gehoben seyn. Es thut mir leid Ihnen ein blindes Schrecken mit einem Geschwür unter dem Arm eingejagt zu haben; es ist Gott Lob! nichts daraus geworden, v ich befinde mich übrigens recht gesund. Ich bin gestern auf die Hochzeit als Marschall gewesen; v. diese Arbeit ist auch vorbey, ohne das Vergnügen genoßen zu haben, das ich mir dabey vorgestellt. Ich habe diese gantze Nacht nicht geschlafen; weil ich vermuthen muste zu spät nach Hause zu kommen v hier in der Ruh zu stören, da sich überdem das jüngste Fräulein schon ein 14 Tage an Fieber krank befindet: so hatte ich mich die Nacht lieber ausgedungen. Weil die Hochzeit klein war, so gieng ich, mein Ober Marschall, ein Sachse v. gleichfalls Hofmeister nebst HErrn Belger, HE. Pantzer zu dem letzteren auf die Stube v vertrieben uns die Zeit bis 7 Uhr; von da wir unsern Morgenbesuch dem jungen Paar ablegten v. ein jeder seine Straße gieng. Ich zu meinem Schaaf v jener zu seinen Böcken. Sie werden einen Brief von mir nächstens mit einem Dantziger Kauffmann Miltz erhalten, mit dem ich noch ziemlich lustig den letzten Tag seiner Abreise bey HE. Belger gespeist habe. Den Abend vorher erfuhr ich erst selbige v. lernte ihn kennen; ich habe daher wenig schreiben können. Sie werden so gut seyn v den Mann einen Abend oder Mittag aufzunehmen suchen. Er wird meinen Eltern berichten können, daß ich nach des HErrn Belgers Urtheil zugenommen haben soll pp Die Gewißensfragen, die Sie mein lieber Vater aus so einer zärtlichen Sorgfalt an mich thun, sind eben solche, die ich mir selbst oft genung zu beantworten suche. Ich bin weder zum Heuchler noch zum ruchlosen geboren. Ohne mich zu schmäucheln, ich finde einen Beruff v einen Geschmack zur Tugend in mir, der mich tausend Wollüste in guten Handlungen empfinden läst, v. mir jede Ausschweifung zum Laster schwürig und eckel macht; so gut als ich Neigungen an mir erkenne, die übertrieben werden können v. eine gar zu große Leichtgläubigkeit zu den Versuchungen der Einbildungskraft. Die Ehrfurcht, die ein Lehrer für seinen Untergebenen haben mus, v. die alle die Orter, wo dieser sich befindet, gleichsam zu Heiligthümer macht, erhällt mich in der Achtsamkeit auf mich selbst v auf die Sittenlehre. In ihrem Schreibebuch steht diese Vorschrift, die zugleich eine für mich ist, von der ich am ungernsten abweichen möchte: Die Tugend ist des Lebens werth zu achten Und wer sie treibt, erfüllt der Vorsicht weises Ziel. Ihr Stand ist der, wornach die Klugen trachten, Und Witz ist ohne sie ein leeres Schattenspiel. Kein Lehrer kann der Welt mit Nachdruck rathen, Er lehre denn zugleich mit seinen Thaten. Ich habe meinem Bruder ein Tagebuch meiner Arbeiten versprochen, das ich ihm nächstens mittheilen will. Endlich habe ich dazu kommen können den HErrn Karstens zu mir zu bitten. Ich habe einen sehr vergnügten Nachmittag, so kurz wie er auch war, in seiner Gesellschaft gehabt. Er war so gütig mir zugleich einen Hamburger mitzubringen, der Hofmeister in seines Herren Hause ist, den ich mit Vergnügen durch ihn zu meinen Bekannten zählen kann, weil er ein geschickter Kopf ist. Ehstens will ich meinen Gegenbesuch ablegen. Sie werden so gut seyn Ihrem Domino Karstens meinen ergebensten v. freundschaftlichsten Grus zu vermelden. Ich weis weder den Namen des Fuhrmanns, Geliebteste Eltern noch habe ich den Namen des Apotheker Gesellen erfahren können, der ihnen diese Briefe mitbringen wird. Er ist ein Bekannter von Herrn Herling v Herr Belger hat ihm die Bestellung jener aufs beste empfehlen laßen. Ja, lieber Vater, ich stottere noch, bisweilen sehr, bisweilen wenig, v. öffters garnicht. Dieser Fehler macht mich in Gesellschafft zum verschwiegnen v. heimlichen Menschen, hindert mich aber wenig im Unterricht. Ich glaube aber, daß derselbe andern nicht so beschwerlich ist als ich es mir einbilde, v ich stottere mehrentheils, wenn ich mich fürchte zu stottern. An den ehrlichen Nachbar Wagner werde ich mit ersten schreiben; diese oder künfftige Woche habe ich dazu ausgesetzt mit Fuhrleuten Briefe zu schicken. Verdingen Sie doch, liebster Vater, mit ihnen dorten; ich fürchte mich gewaltig für die Unverschämtheit derselben, die mir hier ist unerhört beschrieben worden. Ein bloßer Brief wird kaum mit einem Ort nach ihrem Sinn bezahlt. Meine Laute ist nicht im stande sich für das Compliment zu bedanken. Ich habe sie in 14 Tagen v. drüber weder spielen noch hören können; weil mir Seyten zum 4ten 5ten cet. fehlen. Ich habe welche gekauft, die ganz unnatürlich klingen. Herr Reichard hat mich auch nicht gar zu gut versorgt. Es ist hier ein Secretair Würfel, der viele Stärke in der Musik besitzt, v der eintzige Lautenspieler in Riga ist. Er hat sich mich auf ein Lauten Gericht zu sich bitten laßen; ich werde aus Noth ihn beschmausen v zu Gast kommen müßen v. ihm meine Laute zur Pflege geben. Ich erwarte mit dem äußersten Verlangen, daß HE. Reichard die versprochene Stücke überschicken wird v. laß ihn nebst den werthensten Seinigen im voraus aufs beste grüßen. Ein gleiches thun Sie, liebwertheste Eltern, allen Genoßen v. Freunden unseres Hauses, Nachbarn v. Nachbarkindern. Ich küße Ihnen 1000 mal die Hände v. bin Ihr gehorsamstes Kind. Lieber Bruder. Um die gestrige Nacht bin ich in diesem Monat zu kurz gekommen. Strumpfbänder bekommen die Marschälle hie nicht. Drey junge Cavaliers sind heute immer oben v unten gelaufen. Ein kleines allerliebstes Fräulein, eine Schwester des kleinen von Osten hat mich mit zwey jungen Jgfrn von 14 Jahren besucht. Sie selbst ist 5 Jahre alt; Hände v. Füße haben Einfälle bey ihr. Sie läst sich von keinem küßen als meinem Baron; die andern bekomen Maulschellen, ihn rufft sie: mein lieb Budbern – Aus eignem Trieb gab sie seinem Hofmeister v. Deinem Bruder auch ein Mäulchen. Heute ist Mittwoch v. also Gesellschaftstag in unsern Hause. Das gelehrte pro memoria in der Sache des HE. Lauson habe ich durch HErrn Gericke Vorsorge gelesen. Ich habe es mir in Gedanken recht emphatisch v. nach dem Leben von dem Prof. Bock recitiren laßen. Schreibart, die Vertheidigung des Staats, die professions Anmerkungen über die Reime v. bedrängten Zeiten laßen einen nicht viel rathen nach dem Verfaßer. Lauson kann sich gut vertheidigen, wenn er will. Riga Am grünen Donerstage 1753. Herzlich Geliebteste Eltern, Ich bin durch eine gütige Gewohnheit, die Sie haben Ihre Briefe zu franciren bey dem letztern nicht wenig beunruhiget worden; v es hätte nicht viel gefehlet, so hatte ich sie nicht für Briefe von Hause erkannt. Mein Kerl, den ich auf die Post geschickt hatte, kam zurück v brachte mir die Antwort, daß man 8 Dütchen dafür forderte. Ich wolte mich dazu nicht entschlüßen, weil ich von der Ordnung im Postwesen nicht das beste hier gehört hatte, v weil ich ein wenig verwöhnt worden war v. mir Briefe aus einem andern Ort vorstellte. HE. Belger schickte mir unterdeßen selbige zu, weil ich ihn hatte bitten laßen selbige sie mir zuzustellen. Ich kannte die Hand v machte mir hundert Ursachen ehe ich ihn erbrach, warum er nur bis Mümmel francirt war, biß ich endlich von der Hand meiner lieben Eltern nichts fand. Ich muste selbst über die Unruhe lachen, die mir diese Kleinigkeit gemacht hat, v ich habe sie Ihnen daher mittheilen wollen, liebste Eltern, daß Sie mich auch ein wenig auslachen sollen. Denken Sie unterdeßen nicht, daß ich die Absicht habe Ihre Briefe durch diese kleine Geschichte mir inskünftige immer frey zu machen. Ich glaube das Vergnügen etwas von den Meinigen zu lesen nicht theuer genung bezahlen zu können. Sie werden unterdeßen auch meine geschwinde Zuschrifft durch den Dantziger-Züchner oder Krämer erhalten. Er handelt mit Leinwand oder andern Kleinigkeiten, mit welchen Waaren man hier sehr viel soll verdienen können. Der HE. Regierungs Rath von Kampenhausen hat mir die Ehre eines langen Besuchs auf der Schule gegeben; v. ich will die Absicht v den Inhalt deßelben mit ehsten berichten. Vorigen Sonntag habe ich ihn mit dem jungen Baron Vormittags besuchen müßen; er war so gnädig uns seine Tafel anzubieten v er hätte uns auch schwerlich weggelaßen, wenn wir nicht selbst zu Hause nicht Gäste gehabt hätten. Heute wollen wir seinen den jungen Herrn von Kampenhausen unsere Aufwartung zusammen machen, ein Kind von 7 Jahren, das aber viel Munterkeit besitzt v so viel schon wie ein kleiner Magister redt. Die Frau Baronin ließ heute frühe den jungen Herrn unten ruffen v mich ersuchen, wenn ich nach Königsberg schriebe mich um den Preis eines Lies ℔ 1.) geschließener Federn v. 2.) Daunen zu erkundigen. Wenn Sie so gütig seyn wolten mir einen kleinen Zedel mit dem ersten Briefe einzulegen, auf den der Preis von beiden geschrieben wäre, auch eine kleine Nachricht von den Sorten derselben; ich glaube wohl, daß es feine v. grobe Daunen giebt. Die Mad. Belger hat einen Speckkuchen gebackt, von dem sie mir auch einige Schnitte zuschickte. Ich schickte für die jüngste Fräulein auch etwas unten, die das Fieber bisher gehabt hat. Er war aber nicht gerathen v hat doch gut genung geschmeckt wie ich gehört habe. Ich v. der HE. Pastor Blank haben einmal gescherzt uns von meiner lieben Mutter einen zu verschreiben, weil man hier auch eine Art Speckkuchen hat, die den Namen in der That führen, aber nicht sonderlich nach meinem Geschmack sind. Ein klein Recept von diesem Kuchen wollte ich mir wohl bey Gelegenheit für die Wirthschaft meines lieben Nachbars ausbitten. Der liebe Gott laße Sie die Feyertage in seiner Ruhe v. in guter Gesundheit endigen was ich insbesondere meiner lieben Mutter erbitten will, die noch unpäslich ist. Ich v. mein junger Baron haben heute unsere Kirche zu Hause aus dem Saurin halten müßen, v wir haben eben eine schöne Abtheilung von denen Weißagungen der großen Erlösung des Menschl. Geschlechts gehabt. Ich empfinde nicht selten das hohe v. liebenswürdige in der Religion selbst, mit dem ich ihn zu rühren suche, v ich glaube, daß man am glücklichsten mit eigener Ueberzeugung andere lehren kann. Ich habe lange nicht eine Zeile von meiner lieben Mutter gesehen; wird Sie mir nicht bald schreiben können? Gott gebe Ihnen alles das Gute, das für Sie erbittet Ihr gehorsamster Sohn. Johann George. Liebes Brüderchen, Wenn Du meinen letzten Brief für 6 juristische Punkte schiltest, so möchte ich bald in Ernst einige gravamina wieder den Deinigen aufsetzen. Du schreibst mir nicht das allergeringste wie meine Freunde meine Briefe aufgenommen, v ob sie mir antworten werden. HE. Lauson hat doch wohl verstanden, daß ich mit ihm gescherzt habe. Du schreibst mir nicht, wo mein Vater hingefahren ist, ob meine Mutter bettlägerig ist; du hast nicht einmal einen Gruß von der letztern mir gemacht. Ich glaube ganz gewiß, daß sie mich lieb genung hat denselben nicht vergeßen zu haben. Ich weiß, daß der Abt Bernis Gesandter pp ist; du schreibst mir aber nicht, wo du die Satire herhast, noch ob sie gedruckt oder nur geschrieben ist. Du betrügst Dich sehr, wenn du den Abt Bernis für den Verfaßer hältst; wenn du sie verstanden hast, so hättest du sie auch von selbst für eine Satire auf den Abt v auf den gantzen frantzoischen Hof beurtheilen können. Schreib mir doch, wo du sie herhast, du must sie aus einer Handschrift haben, die ein wenig schlecht geschrieben gewesen ist. Nimm mir nicht übel, Herzensbrüderchen, es sind viele Schreibfehler darinn, die du von selbst hättest corrigiren können, v die mehr aus Unwißenheit der Sprache als Nachläßigkeit herzukommen scheinen. de mentez z. E. ist ein bekanntes Wort das zusammen gehört. Ich will dich entschuldigen, v glauben, daß ich im Engl. jetzt von dir so viel möchte lernen können als ich dich im frantzoischen corigirt habe. Du wirst diese kleine Erinnerungen mit einer brüderl. Freundschaft aufnehmen, v es solte mir leid thun, wenn du über meine Freyheit ein wenig empfindlich seyn soltest. Ich erkenne die Dienste, die du mir mit dieser kleinen Schrift gethan hast, v die ich mir noch inskünftige verspreche, gar zu sehr, als daß ich es mit dir verderben solte. Um dir zu sagen, was du mir mit diesem Hirtenbrief für einen Gefallen gethan hast, will ich nichts mehr melden, als daß ich ihn wohl 5 mal nach einander durchgelesen habe; v daß ich den Nachmittag gleich HE. Gericke zu mir bitten lies, der sich gleichfalls dafür gegen Dich bedanken läst; Er läst dich recht sehr ersuchen den 4ten Theil von Lilienthal mit beizulegen. Ich bin gestern Abend sehr vergnügt mit ihn gewesen. Meine Eltern läst er gleichfalls ergebenst grüßen. Ist der Böhmische Catal. schon gedruckt? Er möchte ihn gerne haben. HE. Pastor Blank, an dem ich einen rechtschaffenen Freund habe, hat mich gleichfalls ersucht, wenn ich etwas bekäme, auch einige Bücher für ihn zu verschreiben. Ich glaube gewiß, daß Dir dergl. Commissiones v. meinen Eltern einige Unruhe machen, v. dir nichts einbringen, lieber Bruder. Es thut mir selbst leid, daß ich meine gute Freunde hier auf andere Rechnung dienen soll. Du kannst aber gewiß glauben, daß ich selbige auf beßere Zeiten anschreiben werde. Der Buchladen ist Dir auf die Nähe; v. mein lieber Vater wird so gut seyn auch das Geld unterdeßen vorzuschießen. HE. Pastor hat die halbe Fracht auf sich genommen. Ich wolte ihm gerne ein Geschenk mit den Memoires machen; er hat mir dies halb zu verstehen gegeben. Hüner mag ich für ihn nicht wie der vorige Hofmeister einkaufen. Schreibe mir, ob nicht eine Hand Edition ausgekommen frantzoisch nemlich, wo die Zueignungsschrift dafür steht. Man mag so uneigennützig seyn wie man will; so ist es doch gewiß, daß die Freundschaft sich durch Gegendienste erhällt, v. gestärkt wird. Das Geld von dem HE. Pastor möchte ich wohl schwerlich so gleich auszahlen können. Wenn ich hier noch in Riga bin; so muß er erst die Rechnung haben, eh er mir solches überschicken kann. Und bin ich wieder auf Kegeln; so versteht es sich ohnedem, daß ich es erst nach Riga schicken muß, ehe es nach Königsberg kann befördert werden. Mit Wißen v. Willen soll mein Vater nicht Schaden leiden; v ich habe nicht einmal Recht das Gute, das er mir noch thut, von ihm zu fordern. Ich glaube, daß ich alle diese Achtsamkeiten mit Dir nicht einmal nöthig hätte; da du von Rechts wegen mich auswendig kennen soltest, wie der Konig von Frankr. die Marq. pp. Sie sind gar zu empfindlich‥ sagte der HE. von Kampenhausen zu mir. Doch noch ein paar Commissiones! Leg mir des Ulrichs Sendschreiben auf des Völkersams Abreise bei, ich glaube, daß er mit anderm Kalbe gepflügt hat. v. vergis nicht die Lettres au public; wenn es möglich ist. Der 1. Theil der Hamburgischen Beiträge zu den Werken des Witzes v der Sittenlehre kosten mir 1 fl. So viel werde ich auch noch von dem meinigen mißen können. Die Fortsetzung soll mein junger Herr halten; der heute zum erstenmal von selbst die Aufmerksamkeit gehabt hatte meine lieben Eltern v. dich grüßen zu laßen. Noch eins. Ich glaube, Du hast nicht so viel Recht Dich über meine kurzen Briefe zubeschweren. Eine leedige Seite habe ich diesmal bezahlen müßen. HE. Gericke hat mir den Rath gegeben deinen Brief wieder retour gehen zu laßen v. von dir auch die andere voll zu fordern. Meiner Eltern v. Freunde Briefe werden auch für Dich… gelt seyn. Ich kann ja nicht an jeden daßelbe wird schreiben; v. das versprochene will ich halten. Noch einmal    Dank für des Bernis Hirten Brief! Er verdient, daß du ihn abgeschrieben v daß ich ihn besitze. Ich schreibe gew   eignen Fuhrmann. Lebe wohl v. liebe Deinen aufrichtigen v. ehrl. Bruder, wie er dich liebt. Grüße M  . Empfiehl mich auf das ergebenste dem HE. v. Charmois. Ich will ihn schreiben, sobald ich kann. Ich habe diese Woche ein Rhabarber Pulver eingenommen. Der natürl. Stuhlgang erfolgte erst wieder Gewohnheit des Abends    Kräfte etwas verloren. Ich befinde mich aber    dar    Riga den 28 Ap. 1753. Lieber Bruder, Du wirst das Schicksal gegenwärtigen Briefes schon wißen; ich habe denselben in meiner Krankheit in meinem Schlafrock immer bey mir getragen. Ich will mich lieber weitläuftig auf den Innhalt desselben erinnern, als ihn von neuen durchlesen. Einige Anmerkungen v. Vertraulichkeiten über den Hofmeisterstand in dem ich insbesondere stehe, sind darinnen enthalten. Der Verdrus v. die Mühe, die mit diesem Geschäffte unvermeidlich sind, haben mich ein wenig mehr als sonst aufgebracht, weil ich die Hitze meiner Unpäßlichkeit schon fühlte. Der Bücherkasten war ein Umstand, der mir sehr nahe gegangen. Ich sehe aus dem Erfolg, daß man nicht alles nach der Strenge beurtheilen muß. Man kann sich in den Qvellen der Menschl. Handlungen sehr leicht betrügen. Es ist vielleicht nicht so viel Bosheit v. Niederträchtigkeit in der Art den Herrn B. v durch ihn den Hofmeister zum Besten zu haben, als ich vermuthet habe, dahinter gewesen. Man hat mich vielleicht nur ein wenig begieriger machen wollen, man hat sich vielleicht gefürchtet mich zu klug zu machen, man hat auf seinen guten Willen vielleicht gewartet mir einen Gefallen zu erweisen. Mein Baron ist auch wohl selbst schuld daran gewesen, daß man es ihm abgeschlagen hat, weil er noch nicht vernünftig zu bitten weis. Es fehlt den Kindern hier gewaltig an Lebens Art; sie werden sich selbst v. dem Gesinde gar zu sehr überlaßen. Ich habe Dinge genung hier, die ich gern in diesem Stück abgeschafft haben wollte; für das Gegenwärtige hüte ich so viel ich kann: die Folgen des vorigen laßen sich nur mit der Zeit heben. Ansehen genung hab ich im Hause, v. ich kann nicht klagen im Gesicht ein eintzigmal mit Vorsatz beleidigt zu seyn! Alle die unter mir sind, such ich durch Höflichkeit v. wenn es angeht durch kleine Dienste mehr auf meine Seite zu ziehen. Das Gesinde, mit dem ich in Verbindung stehe, laße ich nicht gern umsonst mir aufwarten. Das Beyspiel, das ich meinem jungen HE. zu geben schuldig bin, verbindet mich einigermaaßen dazu. Mit dem übrigen mach ich mir nichts zu thun, als daß ich mich hüte sie niemals grob zu begegnen. Mein Kerl zur Aufwartung ist ein fauler Taugenichts, v. ein freundlicher Heuchler oben ein, den ich es nicht werth halte mir viel aufzuwarten. Die Frau Baronin hat sich ein paar mal in der Einbildung einer recht feinen Achtsamkeit vergeßen; ihr Charakter ist in dem Briefe an meine Eltern geschildert. Sie ist eine Frau, die das nicht thun kann, was sie gern will. Ich lebe daher zufrieden genung, Brüderchen; ich bin gesund v. recht vergnügt, wenn es mir mein Baron zu seyn erlaubt. Mein halb Jahr wird bald zu Ende seyn v ich werde sehen, wie die Sache gehen wird. Ich fühle, wenn ich mit meinem lieben Baron Religion v. Sittenlehre rede, daß uns beide allein werth v erträglich machen können Menschen zu seyn. Gott der unsere verfloßenen Jahre eingerichtet hat ist für die künftigen, die er uns leben laßen will, weise genung. Wie viele Menschen hat es gegeben, denen er das nothdürftige gege entzogen hat v. die sich darüber beschweren können? Wie viele Menschen hat es gegeben, für deren Mistrauen v für deren Begierden er hat genung thun können? Sie tragen eine Hölle in ihrem Herzen, die unersättlich ist v. niemals alles verschlingen will. Die Augen wollen mehr eßen, als der Magen in sich nehmen kann. Du wirst dasjenige von selbst unterscheiden können, was du nöthig hast auf meinen vorigen Brief zu beantworten. Ich habe nicht Zeit einen neuen zu schreiben v ich fürchte mich ihn durchzulesen. Ich bin jetzt eben in der Hälfte des Lebens Mahomets, das der Graf von Boulainvilliers geschrieben hat. Dieser Prophet, der Alexander M. in seinem Alcoran auch dazu gemacht hat, verdient, daß man ihn genauer kennen lernt. Du wirst vermuthlich wißen, daß Boulainvilliers sich durch dieses Buch seine Religion verdächtig gemacht hat. Es gehört einiger maaßen mit zu denen seltenen. Er glaubt, daß man dem Mahomet zu schlecht beurtheilt ihn für einen bloßen Betrüger zu halten v daß mehr als dies dazu gehört das zu thun was Mahomet gethan hat. Die Kirchen Geschichte seiner Zeit lehrt den Verfall der Christl. Religion. Man muste seiner Vernunft v seinem Gewißen abgeschworen haben um das zu seyn was damals ein Χst hieß. Er hatte nicht Urtheil genung das wesentl. des Χstenthums von denen Misbräuchen, die in der Griechischen Kirche herrschten zu unterscheiden; v aus Staatsklugheit beqvemte er seine neue Religion nach denen Gebräuchen, Vorurtheilen v. Neigungen desjenigen Volks, dem er Gesetze geben wollte. Montesquiou glaubt, daß Gott selbst dieses in denen bürgerl. Gesetzen gethan, die er dem Volk Israel gab. Das Gesetz Moses, schreibt er, war sehr hart. Exod: XXI. 20. 21. Was für ein Volk war dieses, wo das natürliche Gesetz dem bürgerl. nachgeben muste! Das Gesetz der Vielweiberey im Alcoran hat in dem Temperament Mahomets, wie Boulainvilliers v. in der Gewohnheit der arabischen Völker ihren Ursprung. Der Verbot des Weins wird vom Montesquiou als ein weises Gesetz des Clima angesehen, das in die Diaetetic der Morgenländer gehört, deren Gesundheit hitzige Getränke nachtheiliger sind. Wenn ich mit dem Boulainvilliers fertig seyn werde, will ich das Leben des Mahomet vornehmen, das Jean Gagnier eines Lehrer der morgenländischen Sprachen zu Oxford geschrieben hat, vornehmen v. dem ersteren entgegen gesetzt zu seyn scheint. Es ist zu Amsterdam in 2 Octav Bänden 1732 herausgekommen. Der Alkoran des Mahomets von du Ryer übersetzt ist gleichfalls hier. Er ist zu Amsterdam in 2 8vo 1734 herausgekommen. Zu meiner Gemüths Ergötzung lese ich jetzt Rome Galante ou Histoire Secrete sous les regnes de Jules Cesar et d’Auguste. in 2 Theilen à Paris. 1696. Weil der Druck etwas fein, so kann ich den Abend nicht dazu nehmen. Ich bin mit dem ersten Theil fertig. Dieser Roman ist sehr sinnreich v die römische Historie ist auf eine sehr geschickte Art zum Grunde gelegt. Der Verfaßer hat die Liebe des Cesar zu Nicomedes dem König in Bithynien, die diesem Helden so viel Spöttereyen zugezogen, v des Virgils eben so heidnische, die den Grund eines Hirten Gedichts abgiebt, sehr fein einzukleiden gewust. Mich wundert, daß der Frantzose, der so vielen Witz gebraucht hat zu erdichten, die Liebe des Cesar zu der Cleopatra so nachläßig berührt hat. Was Plutarch von ihr erzählt, hätte in diesem angenehmen Roman füglich seinen Platz finden können. Ihre Art v List das erstemal zu Cesar zu kommen v ihm ihre Noth zu klagen ist so sinnreich, daß ihn dieselbe eben bewegt haben soll sie zu lieben. Sie hat sich in einem Boot gesetzt mit Apollodor einem ihrer Bedienten gesetzt um nach dem Schloß Alexandriens, wo Cesar eingeschloßen war durch die Armee des Achilles eines Verschnittenen des Königes Ptolomäus, zu kommen. Er muste sie als ein Ball seines Geräthes auf den Rücken nehmen um die Egyptische Schildwache zu betrügen, v sie also biß für des Cesar Augen tragen. In der Histoire de deux Triumvirats, die ich habe v. unvergleichlich geschrieben ist, sind viel besondere Umstände dieser schönen v. bulerischen Aegypterinn enthalten. Das Glück des Antonius ist außerordentlich gewesen, der eine Octauie zur Frau v. eine Cleopatra zur Maitresse gehabt. Man könnte diese Geschichte zu einer sehr witzigen Abhandlung brauchen um die erste zum Muster einer tugendhaften Gemalin v die andere einer reitzenden Bulerinn zu machen. Vielleicht will ich selbst einige müßige Stunden dazu brauchen. Die Geschichte der beiden Triumvirate muß ich Dir als eins der schönsten v fürtreflichsten Bücher über die Historie empfehlen, in denen alles verbunden ist, was man von einem gründlichen v. angenehmen Geschichtschreiber fordern kann. Die Historie des Augustus durch den Larrey, die den 4ten Theil davon ausmachen soll, gefällt gewaltig dagegen herunter, so gut es auch sonst ist. Die Anecdotes galantes et tragiques de la Cour de Neron. 12. Amsterd. 1735. sind in eben diesem Geschmack geschrieben. Der Verfaßer hält sich aber genauer an die Historie. Die Caraktere sind ziemlich natürlich v. mannigfaltig. Die Erzählung erhält den Leser in beständiger Aufmerksamkeit v es gereut ihn nicht, wenn er aufhören mus, gelesen zu haben. Nero, seine Mutter, seine Gemalin, Burrhus, ein niederträchtiger Seneca, Epicaris, eine tugendhafte Freygelaßenin, die das Herz eines tugendhafteren Printzen verdient hätte, Popäa, die Frau des Otto, die verdiente werth war von Nero geliebt zu werden, treten darinn nach der Reyhe auf, v. man nimmt an denselben allemal Antheil. Reponse à toutes les Objections principales qu’on a faites en France contre la Philosophie de Newton par Mr. de Voltaire. Amsterdam 1740. Dies ist eine Vertheidigung seiner Elemens de Newton, die vermuthlich den Platz in seinen Oeuvres nicht verdient hat. Combat de Mr. de Voltaire contre Mr. l’Abbé des Fontaines ohne Ort v Jahr. Der Druck dieses Bogens ist krügelicht v. sieht recht elend aus. Der Innhalt v. die Absicht des Verfaßers billig v. vernünftig; es ist ein ehrlicher Mann, der mit ein paar gelehrten Leuten ein Mitleiden hat, die sich beide zu Narren machen. Er predigt Ihnen Vernunfft, v. stellt Ihnen beiden die Schande für, die ihnen ihre Aufführung bey der Welt macht. Er fast den einen beym Knopf v sagt, daß er den andern zu viel thut v sich ein wenig besinnen soll. Wenn er diesen loß läst, nimt er die andere Parthey vor v. stellt ihr eben das vor. Le Preservatif ou Critique des Obseruations sur les Ecrits modernes. à la Haye 1738. Dies scheint eine Schrifft von denjenigen zu seyn, über denen Hochwohlgeborne Frau, Gnädige Frau Baronin, Weil ich nicht mehr weiß, was ich dem Herrn Baron nachdrückliches sagen soll; so bin ich ganz erschöpft v verzweifele bey ihm etwas auszurichten. Ich sehe mich noch täglich genöthigt ihn lateinisch lesen zu lehren und immer das zu wiederholen, was ich schon den ersten Tags meines Unterrichts gesagt habe. Ich habe eine Menschliche Säule vor mir, die Augen und Ohren hat ohne sie zu brauchen, an deren Seele man zweiflen sollte, weil sie immer mit kindischen und läppischen Neigungen beschäfftigt und daher zu den kleinsten Geschäfften unbrauchbar ist. Ich verdenke es Ew. Gnaden nicht, wenn Sie diese Nachrichten für Verläumdungen und Lügen ansehen. Es kostet mir genung die Wahrheit derselben stündlich zu erfahren und es giebt Augenblicke, in denen ich des Herrn Barons künfftiges Schicksal mehr als mein jetziges beklage. Ich wünsche nicht, daß die Zeit v. eine traurige Erfahrung meine gute Absichten bey Ihnen rechtfertigen mag. Ich bin genöthigt weder an Rechnen, worinn der Herr Baron so weit gekommen, daß ich ihn habe Zahlen schreiben v. aussprechen lehren müßen, noch an frantzöisch noch an andere Nebendinge zu denken, weil er nur immer zerstreuter werden würde, so verschiedenere Dinge ich mit ihm vornehme. Ein Mensch, der nicht eine Sprache lesen kann, die nach den Buchstaben ausgesprochen wird, ist nicht im stande eine andere zu lesen, die nach Regeln ausgesprochen werden muß, wie die franzöische. Ich nehme mir daher die Freyheit Ihro Gnaden um ein wenig Hülfe bey meiner Arbeit anzusprechen. Man wird dem Herrn Baron ein wenig Gewalt anthun müßen, weil er die Vernunfft oder Neigung nicht besitzt seine eigene Ehre und Glückseeligkeit aus freyer Wahl zu lieben. Gewißenhaffte Eltern erinnern sich bey Gelegenheit der Rechenschafft, die sie von der Erziehung ihrer Kinder Gott und der Welt einmal ablegen sollen. Diese Geschöpfe haben Menschliche Seelen, v. es steht nicht bey uns sie in Puppen, Affen, Papagoyen oder sonst etwas noch ärgeres zu verwandeln. Ich habe Ursache die Empfindungen und Begrieffe einer vernünfftigen v. zärtlichen Mutter bey Ew. Gnaden zum voraus zu setzen, da ich von dem Eifer überzeugt bin, den Sie für die Erziehung eines eintzigen Sohnes haben. Sie werden seinem Hofmeister nicht zu viel thun, wenn Sie ihn als einen Menschen beurtheilen, der seine Pflichten mehr liebt, als zu gefallen sucht. Setzen Sie zu dieser Gesinnung noch die aufrichtige Ergebenheit, mit der ich bin pp. N.S. Nehmen Sie nicht ungnädig, wenn ich bitte dies als keine Vorschrifft anzusehen. Es scheint, daß Sie, Hochwohlgeborne Frau, eine wohlgemeinte Vorsicht gegen des Herrn Barons Sitten als Eingrieffe in ihre Sitten angesehen haben, v. aus der Ursache einen Umgang, den ich für nachtheilig gehalten angesehen, jetzt selbst zu unterhalten scheinen. Ich habe wenigstens geglaubt, daß der Herr Baron füglich das Alter zu denjenigen Sünden, die er mir gestanden hat, abwarten könne. Es beruht übrigens auf Ew. Gnaden, ob Sie den Innhalt gegenwärtigen Briefes nach einigen wieder mich gefaßten Vorurtheilen oder nach der redlichen Absicht deßelben beurtheilen wollen. Ich bin gefaßt mir alles gefallen zu laßen. Riga den 29 April/10 May 1753. Liebster Freund, Gegenwärtigen offenen Brief an HE. Secret. Sahme vertraue ich Ihnen an zu bestellen, so bald Sie ihn können. Grüßen Sie unsern Freund u den lieben Hennings noch einmal besonders von mir. Die Bitte, die ich am Ende deßelben thue, werden Sie so gut seyn zu erfüllen. Ich bin krank gewesen v dachte nicht so gut davon zu kommen. Gott Lob! daß es nicht mehr zu sagen hat. Ich habe einen kranken Magen mitgebracht v. werde meinem Vater bey mehreren Jahren ähnlich werden. Die jetzige Witterung befiehlt mich noch einzuhalten v ich bin auch noch zu matt dazu. Es hat heute geschneyt wie im Winter nach dem schönsten Wetter, das wir schon hier gehabt haben. Wegen des Vorschlags bey HE. Mengden ist es jetzt unnöthig mit Ihnen zu reden; weil ich dies eher über der Post zu thun gedenke. Ich habe diese Woche wieder ein heis Eisen angreifen müßen, v weil ich noch nicht unten gespeist habe, an die Frau Baronin schreiben müßen, um mich über meinen jungen HErren zu beschweren v ihr einige nöthige Wahrheiten zu sagen. Weil mein halbes Jahr bald um seyn wird; so hab ich diesen Versuch mit Fleiß gethan um sie v. mich auf die Probe zu stellen. Ich kann mich über keine übele Begegnung beschweren; ich will aber mein Amt mit gutem Gewißen führen v allen Vorwurf, die man mir hernach machen könnte, so viel möglich zuvor zu kommen suchen. Ich weiß, daß ich einer Frau schreibe, die mich v. meine Absichten nicht versteht, sie hat aber die Schwachheit bey andern Rath zu holen, die mehr Einsichten wie sie haben. Man hat nicht das Herz mir etwas ins Gesicht zu sagen, v. ich habe ein Kind, das nicht sich noch mich ein wenig zu behaupten weiß; ein Kind aber, das mit der Zeit in seinem Vaterlande viel bedeuten soll v. kann. Sie hat bey meinem Briefe die Farbe gewaltig verändert; ist eine gantze Stunde mit demselben bey ihren Beichtvater gewesen v hat sich vorgenommen den hiesigen General Superintendenten darüber gar um Rath zu fragen. Ihr Oracel der HE. von Kampenhausen ist auf dem Lande. Ein Herr, der viel Vertraulichkeit gegen mich neulich stellte, oder auch wirklich hatte. Ich will das meinige thun v im übrigen alles einer höheren Hand überlaßen, die das Schicksal der Menschen in ihrer weisen Macht hat. Meine Absicht ist theils diejenige, die ich Ihnen schon erst entdeckt habe, theils den Baron durch die Furcht der Schläge empfindlicher zu machen, die ich eben nicht Lust habe in Ernst zu brauchen. Sie wißen, wie der Herr v. Charmois einen guten Freund schilderte, es ist ein imbecile v diesen Charakter hat mein Baron. Ich habe mehr Mitleiden mit ihm als daß ich ihn wegen sr. Fehler aufhören solte zu lieben. Er macht aus allen seinen Arbeiten ein Spiel, über Kleinigkeiten außer sich, ohne Achtsamkeit auf das geringste das er redet oder thut, in dieser beständigen Ohnmacht von klein auf erzogen. Mein meister Zorn ist verstellt, er geht nicht von Herzen; er thut aber dem Leibe, wie ich merke eben den Nachtheil, weil ich mich in eben die Bewegungen zu setzen suche, die dieser Affekt mit sich bringt, wenn er ernsthafft ist. Alte Weiber Thränen sind se. beständige Zuflucht, die ihm niemals versagen. Heute ist ein rußischer Bediente für ihn gemiethet, wie ich höre v wir werden noch einen undeutschen Jungen zu uns. Auffwartung bekommen. Ein großer Saal wird in diesem Hause gleichfalls jetzt gantz neu gebaut werden. Sie scheint ihren Staat jetzt auszudehnen, man redt von einer großen verlornen Schuld, die ihr aus Petersburg oder vielmehr ihres verstorbnen Bruders Erben wegen des Herzogs Biron soll ausgezahlt werden. Wie glücklich könnte sich mein junger Baron machen, wenn er sich wollte geschickt machen laßen seine Reichthümer zu brauchen. Ich will Ihnen eine Abschrifft meines Briefes, wenn ich Zeit haben werde, mittheilen; weil ich meine Eltern damit nicht beunruhigen mag v die Wirkung deßelben geruhig abwarten. Die Nachschrifft geht auf ein paar junge Herrn von Boye, die ihn in der Sünde der Selbstbefleckung angefangen haben Unterricht zu geben. Ich fieng einen Brief auf, der mir recht schien zugedacht zu seyn, in dem der jüngste sich erkundigte, wie ihm die S…reuision bekommen wäre, die sie gestern zusammen gehabt hatten. Sie können sich den Auftritt vorstellen, den ich genöthigt war, mit meinen Untergebenen vorzunehmen. Er hat mir mit 1000 Thränen versprochen nicht mehr hinzugehen v verwünschte diese Spiel Brüder kennen gelernt zu haben. Es sind windige Taugenichts, deren Umgang die Fr. Bar. bey Tafel einmal selbst nicht gut geheißen hatte; der Aßeßor Zimmermann ein Oncle stimmte damit überein. Der HE. von Kampenhausen gestand mir sich wegen dieser Leute mit ihr beynahe verzürnt zu haben. Er hat ihr den Brief gegeben. Sie halten Tanzstunde mit dem jungen Baron. Den andern Tag, wie sie kommen, bittet sie sie selbst zum Abend Eßen. Kann man sich in so eine Frau finden? Ein närrischer Eigensinn ist an statt Vernunfft, nach der sie handelt. Sie schämt sich gutem Rath zu folgen v einfältiger als andere zu seyn. Was für ein Ehrgeitz! wie abscheulich! wie tum ist derselbe? Der B. scheut sich aus Furcht für mich zu Ihnen hinzugehen v sie sucht die Zeit des HE. Barons durch ihre Gesellschafft so offt sie kann zu verschwenden. Gedult! Dämpfen Sie das Feuer ihrer jungen Jahre! sagte mir der HE. von Kampenhausen bey seinem ersten Abschiede. Ich versprach selbige in Ansehung ms. Untergebnen aber nicht deren in Ansehung derjenigen, die an des Herrn B. Erziehung mit mir arbeiten sollen. Ich begreife nicht, wie ich mich die Gunst dieses HE. zugezogen habe; da er nicht die geringste Ursache gehabt hätte mich wie einen Menschen, den er nicht kennt zu schonen v. wenigstens etwas einzubilden, das ich mir hätte gefallen laßen müßen, wenn er auch Unrecht gehabt hätte. Ich verzweifele übrigens die Fr. Baronin klüger zu machen, v. traue mir dieses unmöglich zu. Wie schlecht wäre ich daran, wenn ich mir etwas vergeben hätte! Man kann mich mit gutem Gewißen nichts ins Gewißensicht beschuldigen v man hat das Herz auch Gott Lob! noch nicht dazu gehabt. Einfältige Auslegungen, Einbildungen, Verläumdungen, die man mir hinterrücks thut, dagegen darf ich mich nicht verantworten, v die gehen auch von selbst zu Grunde. Weiß man noch nichts in Königsberg von mir, gehen keine Nachrichten aus Liefland von mir über? Ich habe mich schon längst bey Ihnen erkundigen wollen. Belustigen Sie mich doch einmal damit, wenn Sie etwas wißen. Es kann seyn, daß man bisweilen bekannter ist, als man es sich einbildet v. Lust hat zu seyn. Schonen Sie mich nicht, es mag so kunterbunt seyn als es will. Was machen Sie? was machen Ihre v. meine Freunde? Grüßen Sie Lauson, Wollson v. ihren Herrn Bruder herzlich von mir. Dem Mietauer habe ich noch nicht schreiben können v ich schäme mich fast es Ihnen zu sagen. Ich habe gar zu wenig Zeit v. wenn ich welche habe, bin ich gar zu untüchtig dazu. Dieser Brief hätte vielleicht kürzer seyn sollen, liebster Freund? Ich will Ihnen recht geben. Man mag sein ♡ aber gar zu gerne ausschütten v ich habe es nöthig gegen Sie so vertraut zu seyn. Ich fordere von Ihnen mir weniger als andern meine Ausschweifungen übelzunehmen. Hab ich Recht dazu. Meine Eltern fodern Rechenschafft von mir; v ich halte mich für schuldig dazu. Mein Bruder will lange Briefe; v das ist das wenigste, was ich jetzt für ihn thun kann. Leben Sie wohl, Grüßen Sie Marianchen, wird Sie mir antworten v unter mehreren andern auch HE Gothan. Ich umarme Sie herzlich v. ersterbe Ihr Freund Hamann. Hochwohlgeborne Frau, gnädige Fr. B. Da ich nicht mehr weiß, was ich mehr nachdrückliches dem Herrn Baron sagen soll, als ich bisher gesagt habe; so bin ich ganz erschöpft v. verzweifele etwas bey ihm auszurichten. Ich sehe mich täglich genöthigt ihn noch lateinisch lesen zu lehren v immer das zu wiederholen, was ich schon den ersten Tag meines Unterrichts gesagt habe. Ich habe eine menschliche Säule vor mir, die Augen hat ohne zu sehen, Ohren ohne zu hören, an deren Seele man zweiflen sollte, weil sie immer mit kindischen v. läppischen Neigungen beschäfftigt v. daher zu den kleinsten Geschäfften unbrauchbar ist. Ich verdenke es Ew. Gnaden nicht, wenn Sie diese Nachrichten für Verläumdungen v Lügen ansehen. Es kostet mir genung die Wahrheiten derselben stündlich zu erfahren; v es giebt Augenblicke, in denen ich mehr des Herrn Barons künftiges Schicksal als mein jetziges beklage. Ich wünsche nicht, daß die Zeit und eine traurige Erfahrung meine gute Absichten bey Ihnen rechtfertigen sollen. Ich bin genöthigt weder an Rechnen, in dem der Herr Baron so weit gekommen ist, daß ich ihn anfänglich habe Zahlen schreiben v. aussprechen lernen müßen, weder an frantzoisch noch an andere eben so wichti nöthige Dinge in Ernst zu denken; weil er nur immer zerstreuter werden würde, je verschiedenere Sachen ich mit ihm vornehmen wollte. Ein Mensch der nicht eine Sprache lesen kann, die nach den Buchstaben ausgesprochen wird, ist nicht im stande eine andere zu lesen, die nach Regeln ausgesprochen werden mus. Ich nehme mir die Fr gerechte Freyheit dahero Ew. Gnaden um ein wenig Hülfe bey meiner Arbeit anzusprechen. Man wird dem HE. B. ein wenig Gewalt anthun müßen, weil er die Vernunfft oder Neigung nicht besitzt seine eigene Ehre v. Glückseeligkeit zu lieben aus freyer Wahl zu lieben. Gewißenhaffte Eltern erinnern sich bey Gelegenheit der Rechenschafft, die sie für Gott v. der Welt von der Erziehung ihrer Kinder ablegen sollen. Diese Geschöpfe haben menschliche Seelen v. es steht nicht bey uns sie in Puppen, Affen, Papagoyen oder in etwas noch ärgeres zu verwandeln. Ich habe Ursache die Empfindungen v. Begrieffe einer vernünfftigen v. zärtl. Mutter bey Ew. Gnaden vorauszusetzen, da ich von dem Eifer versichert bin, den Sie für die gute Erziehung eines eintzigen Sohnes haben. Sie werden seinem Hofmeister nicht zu viel thun, wenn sie ihn als einen Menschen beurtheilen, der seine Pflichten mehr liebt, als zu gefallen sucht. Setzen Sie zu dieser Gesinnung die vollkommene Ergebenheit, mit der ich bin pp. N.S. Nehmen Sie nicht ungnädig, wenn ich bitte dies als keine Vorschrifft anzusehen. Es scheint, daß Sie, hochwohlgeborne Frau, eine gut gemeinte Vorsicht gegen des Herrn Barons Sitten für Eingrieffe in Ihre Einsichten angesehen haben v aus dieser Ursache, einen Umgang, den ich für nachtheilig gehalten, jetzt selbst zu unterhalten suchen. Ich habe wenigstens geglaubt, daß der HE. Baron das Alter zu dieser Art Sünden füglich abwarten können. Haben Sie die Gnade gegenwärtiges Schr Es wird auff Sie ankommen, ob Sie gegenwärtigen Brief nach meinem Endzweck oder nach einigen Vorurtheilen wieder mich beurtheilen wollen. Ich bin gefast mich nach Dero Entscheidung zu richten. nicht einmal auf das Land reisen laßen. Da aber meine äußerl. Gesundheit ziemlich wiederhergestellt war v die Neigung meines jungen Herrn so wohl als das gerechte Mitleiden, was ich mit allen seinen Fehlern haben muste mich alles übrige erträglich machten; die Ehre, die man übrigens darinn findt ohne Erkenntlichkeit anderer auch bey der grösten Unbilligkeit ihrer Vernunft v. Aufführung seine Pflichten zu thun, erhielte mich. Die Land Luft v die Bibliothek, die ich jetzt zu brauchen hofte waren auch in meinen Augen Vortheile, die mich zu derjenigen Treue in meinem Amt, die ich mich beständig zu bezeigen befließen habe, aufmunterten. Wir kamen also nach Kegeln nach einigen Kleinigkeiten, mit denen Sie mich zu demüthigen geglaubt hatte. Sie wollte mich durch einen unvermutheten Abschied ein rechtes Schrecken einjagen; ich wuste denselben schon v. wollte sie ihre Rolle ausspielen laßen. Den 14. h. am Freytage, an dem die Frau B. fastet, bekam ich gleich nach dem Eßen folgenden eigenhändigen Brief durch die HausJgfr; nachdem der junge Herr wie eine Leiche eine Viertelstunde vorher herunter gekommen war; ich hatte unten gespeist. Herr Hamann, Da die Selben sich gahr nicht bey Kinder von Conducion zur information schicken, noch mir die schlechte Briefe gefallen wor in Sie Meinen Sohn so auf eine gemeine und niederträchtige Ahrt abmahlen vielleicht kennen Sie nicht anders Judiciren als nach Ihrem Eugenem Pohtré, ich Sehe Ihnen auch nicht anders an als eine Seuhle mit vielen Büchern umbhangen welches noch gahr nicht einen Geschickten HoffMeister aus macht, und mir auch schreiben Ihre Freuheit und GemüthsRuhe zu lieb haben sie auf eine Anzahl von Jahre zu verkauffen, ich will weder Ihre so vermeinte Geschicklichkeit noch Ihre Jahre verkauft in meinem Hause sehen, ich verlange Ihnen gahr nicht bey meinen Kindern machen Sie sich fertig Monntag von hier zu reußen. B H V Budberg. 5 Mohnat sind Sie hier gewest 18 Thl habe an HE. Pastor Blanck bezahlt, kommt Ihnen also noch 12 zu so hier beygehen. Ich furchte mich, selbst oben zu gehen; es fiel mir ein diese 12 Thrl. zum Inspector zu schicken, der auch fortkommt v. ein alter Hoffmann ist, der viel Erfahrung, Verstand v Lebens Art besitzt. Er wog sie ab v ließ mir sagen, daß 3 unwichtig wären, der 1 um 1 Mark, der 2te um 2 der 3te um 3 Mark. Ich schrieb daher nichts als folgende Qvittung. Daß von Ew. Gnaden an Reisekosten von Königsberg nach Riga zu kommen 18; und für einen halbjährigen Unterricht weniger 3 Wochen nebst einigen andern HofDiensten 9 wichtige und 3 unwichtige Thaler erhalten, bescheinige hiemit. Da aber die Reisekosten nicht zum Gehalt gehören und mir 80 Thrl. das Jahr ausgemacht sind, so werden mir 40 zukommen. Es thut mir leid in einem so vornehmen Hause eine so…. Generosité zu finden. Ich bin mit dem schuldigen Dank für das Empfangene und in guter Erwartung desjenigen, was mir noch zukommt Ew. Gnaden gehorsamer Diener. Man hatte den jungen Baron sogleich oben ruffen laßen, als ich meinen Lauff Zedul bekam. Die Frau Baronin war in die Badstube den Abend gegangen; ich wuste nicht, warum mein junger Herr nicht unten kam. Ich lies ihn daher, als sie sich badete, herunter ruffen. Er kam mit weinenden Augen zu mir, und entschuldigte sich, daß er nicht schuld wäre, er hätte einige mal die Frau Baronin gebeten ihn unten zu laßen; sie hätte es ihm aber verboten mich ferner zu sehen. Ich hatte ihm deswegen noch nicht einmal zu Rede gestellt. Er fiel mich mit Thränen um Hals, v seine Treuherzigkeit machte mich auch weich. Ich hielte ihm ungefehr folgende Parentation: So sehr ich Ihnen, lieber Baron, für die Zärtlichkeit danke, die Sie über meinen Abschied bezeigen; so wenig kann ich Ihnen die gar zu viele Thränen übersehen. Sie scheinen damit ihrer gnädigen Mutter einen Vorwurf zu machen, der mit derjenigen Achtsamkeit nicht bestehen kann, die Sie für selbige haben müßen. Ich habe Ihnen noch heute die Verbindlichkeit des vierten Gebots erklärt. (Ich hatte mir, ich weiß nicht aus welcher Ahndung, die Zeit genommen eine Wiederholung der gantzen χstl. Glaubens- v. Sittenlehre nach der letzten Abtheilung in Saurins Catechismus mit ihm vorzunehmen; weil er überdem eine Stunde früher wie sonst aufgestanden war. Ich war im stande diese Wiederholung mehrentheils selbst auf eine Art zu thun, die seine Aufmerksamkeit auf selbige zu ziehen schien.) Die Frau Baronin hat den Rath vernünftiger Leute gefolgt, wie ich gehört habe. Sie hat Ihre Entschlüßung an einem Tage ausgeführt, der ihr und dem lieben Gott heilig seyn soll (Sie fastet alle Freytage). Sie wird die Pflichten der Eltern aus dem Catechismus wißen, v Liebe genung für ihre Kinder haben über jede Ungerechtigkeit zu zittern, die Sie ihrem Nächsten thut. Ich habe Ihnen noch heute Gott als einen starken v. eifrigen Gott aus den zehn Geboten kennen lehren, der die Mißethaten der Eltern an den Kindern heimsuchet; v Ihnen zugleich aus dieser Drohung es als eine Schuldigkeit hergeleitet für unsere ihre Eltern zu beten, daß sie sich an Gott nicht versündigen sollen, daß unsere Eltern nicht in Versuchung mögen geführet werden, daß Gott Ihnen Ihre Vergehungen erkennen v. bereuen laßen wolle. Wenn Sie je glauben, daß die Fr. Baronin mir zu viel thut, wenn sie nach ihrer Einsicht dies dafür halten; so danken Sie Gott, daß es nicht einem andern widerfahren ist, der von allen Freunden v. Hülfs Mitteln entblößt wäre. Sie würde sich sonst ungleich mehr versündigt haben. Laßen Sie sich, liebster Baron, nicht mit meiner Person zugleich alles dasjenige Gute verdächtig machen, was ich Ihnen gesagt habe pp. Ich wendete diese Viertelstunde so gut mit ihm an als ich konnte v. lies ihm noch alle die Zärtlichkeit v. Redlichkeit sehen, die ich für seine Erziehung gehabt hatte. Er drückte mich mit den häufigsten Thränen aufs stärkste an sich. Die Frau B. die in der Badstube war, die gerade über meine Schule ist, bekam zu hören, daß ihr Sohn bey mir wäre. Sie ließ ihn daher so gleich zu sich ruffen. Sie hatte ihn von neuem verboten mich zu sehen. Er kam durch den Garten unvermuthet an das Fenster, klopfte an v. wünschte mir mit einer Wehmut die ich für aufrichtig halten kann, eine gute Nacht. Den Sonntag war er im Garten, da ich von dem Herrn Pastor kam; die Gegenwart der beyden Fräulein v. einige Auftritte, die ein neuer rußischer Bediente mit der Fr. B. Kammermädchen angab, erlaubten mir nicht mit ihm sonderlich ernsthaft zu reden. Den Sonnabend vorher hatte er mir ein paar Briefe aus seinem Gefängniße geschrieben, davon ich den einen beantwortete. Monntags sollte ich abreisen; ich schickte meinen vorigen Bedienten oben um mich bey der Fr. B. zum Abschied anzumelden, gieng ihm aber auf dem Fuße nach, weil ich noch meinen Baron zu sprechen hoffte. Ich kam in das Vorhaus, wo sich ein musikalischer Landläufer mit Fingern v. dem Munde in Gegenwart der Fräulein v. Hoff Mägde hören lies; der Bediente brachte mir die Antwort, daß sich die Fr. B. Geschäfte wegen entschuldigen v. mir alles Gute anwünschen ließ. Ich machte der Fr. meinen Bückling v. gab dem B. einen Wink, der oben in der Stube stand; er kam zu mir gelauffen v ich umarmte ihn. Wie ich schon im Wagen saß, oder in derjenigen HalbChaise, in der ich war ausgehohlt worden, kam er noch zu mir gelauffen v fiel mir einige mal um den Hals. Herr Pastor hat mir sein Wagenhaus zum Auffenthalt angebothen; ich bin ihm einige Achtsamkeiten schuldig. Er hat mir die Anerbiethung gethan mich mit seinen Wagen v. Pferden herausholen zu laßen, wenn es mir in Riga nicht gefiel. Herr Belger ist so gut gewesen mich aufzunehmen. Seine Prophezeyung, die er mir gleich bey meiner Ankunft that, der kleine Verweis, den er dem HE. Pastor Blank gegeben, da er ihm erzählte, daß er mich für die Fr. B. geworben habe, sind theils erfüllt, theils gerechtfertigt worden. Ich bin bey dem HE. Regierungs Rath von Kampenhausen gewesen; ich habe ihm meine Noth geklagt. Er ist erstaunt über einige Stückchen die ich ihm von der Erziehung der Kinder v. der Fr. B. Aufführung gegen dieselbe erzählt habe. Sie hat einen rußischen Bedienten angenommen der seinen Dienst bey vornehmen Leuten vollkommen versteht, aber weder für der Fr. B. Haus noch für den jungen B. ist. Seine Gegenwart würde mir unzählichen Verdrus gemacht haben, wenn ich länger geblieben wäre. Dieser Kerl, der die besten Tage von der Welt bey uns hat, hat sich schon einige mal die Haare ausgerauft, weil er nicht dasjenige hier zu thun bekommt, was er bey andern vornehmen Herrschaften zu thun gehabt hat. Es ist ein Kerl, dem man seine gantze Wirthschaft anvertrauen kann, der die Stelle einer Haushälterin bey einem vornehmen Herrn zu vertreten im stande ist, der über andere Bedienten Zucht zu halten weiß, der seinen Herrn durch Einfälle aufzuwecken weis, wenn er verdrüßlich ist, v der zu Schelmstücken v. ernsthaften Geschäften Verstand und Erfahrung besitzt. Er versteht kein deutsch; er hat mir in 8 Tagen eine Hand schreiben gelernt, über die man erstaunen mus, v ich hätte mir seine Dienstfertigkeit mir rußisch zu lernen zu Nutz gemacht, wenn ich länger da geblieben wäre. In dieser Absicht für den jungen Herrn ist er auch von der Fr. B. angenommen worden. Bey dem Alter deßelben v. bey den Diensten ist es der die er dem Baron thun kann, ist er ist ihm mehr nachtheilich als vortheilhaft. Den letzten Sonntag grief er die Kammermagd der Fr. B. in Gegenwart der beiden Fräulein oben v. unten; v. ich habe Ursache für die älteste ein Ärgernis der Welt zu versprechen. Deßelben Abends badet er sich in Gegenwart der Fr. Baronin v ihrer gantzen Familie mit allen Vortheilen dieser Kunst, auf dem Bauch v dem Rücken. Dergl. Sitten sind nicht vornehm v. was will ich von der Aufführung in diesem Hause sagen. Ich habe zu thun genung gehabt meinen jungen Baron ein wenig artiger bey fremden Leuten, insbesondere gegen seine Geschwister v bisweilen auch gegen seine Mutter selbst zu machen. Hundert Dinge könnte ich Ihnen erzählen v Sie haben Ursache für mein jetziges Schicksal Gott zu danken. Kurz die Frau Baronin scheint in einem Hofmeister die Eigenschaften eines Kammerdieners v Hoffnarren gesucht zu haben. Der Herr von Kampenhausen steht mit ihr nicht gar zu gut, ein Herr der ihr unendlich zu schmeicheln weiß um sie in einigen Stücken gelehrig vernünftig pp zu machen. Er hält es für sie am besten, gar keinen Hofmeister zu halten v. giebt ihre Kinder für verloren aus. Auf meinen jungen Herren will er selbst mehr Verdacht werfen, als ich mit guten Gewißen gegen ihn haben kann. Wenn er boshaft wenn er gegen mich hätte niederträchtig seyn wollen, warum hat er nichts über die Ohrfeigen geklagt, warum ist ihm mein Abschied so nahe gegangen? Alle seine Fehler sind durch seine Liebe zu mich erträglich für mich geworden. Alle seine Fehler sind mehr Absichten v Folgen einer unverantwortl. Erziehung, in der er aufgewachsen ist pp. Ohne demjenigen, was sie mir an Geld entzogen hat, bin ich von in den vornehmsten Häusern von ihr verläumdet worden. Warum hat sie niemals das Herz gehabt mir ins Gesicht Vorwürfe deswegen zu machen? Sie hat sich der Angeber, sie hat sich derjenigen Leute selbst geschämt, die sie sich auf die niederträchtigste Art zu Ohrenbläsern v Zeitungsträgern v Aufsehern gehalten hat. Ein Junge der mit der Fr. Baronin Undankbarkeit seine eigene zu beschönigen gedenkt, eine Magd oder HausJgfr pp. Der Herr v. K. ihr eigener Schwager hat mir gleichsam die Erlaubnis gegeben sie zu verklagen v zu einer andern Condition Hoffnung gemacht; es ist mir noch eine vorgeschlagen worden; v in der Angst habe ich an HE. Lindner in Mietau geschrieben um auch für mich zu sorgen. Es fehlt hier an Gelegenheiten nicht wieder besetzt zu werden; v Sie können deshalb unbekümmert seyn. Eine kleine Unordnung in meiner Wirthschaft ist zu vermuthen, da ich anstatt 40 nur 12 Thrl. bekommen habe die leicht wieder ersetzt werden können. Eben jetzt, da ich mein Hexen Mährchen von 2 Bogen zu Ende gebracht habe, komt der liebe Herr Karstens, ich fuhr fort v habe ihm einen halben Bogen gegeben an seinen Herrn Bruder zu schreiben. Er hat einen etwas ähnlichen Zufall mit seinem HErrn gehabt. Herr Karstens will mich zu sich nehmen. Ich will daher nichts mehr thun als meinen lieben Vater v meine liebe Mutter aufs herzlichste, aufs kindlichste, aufs nachdrücklichste aufs allerbeste zu bitten sich über dieser Kleinigkeit kein grau Haar wachsen zu laßen. Sie verdienet nicht die geringste Sorgen; es thut mir um alle die ernsthaften Betrachtungen nicht leid, die ich über diesen Zufall gemacht habe. Meine liebe Eltern werden aber dieselbe füglich ersparen können. Wer weiß die Wege Gottes wenn ihn Moses nur von hinten zu sehen bekomt, wozu wollen wir seiner Vorsehung ins Gesicht sehen. Ich habe mich von allen übrigen Personen bey meinem Posten so weit als möglich zurückzuziehen gesucht; v alle Pflichten nach meinen Kräften, alle meine Lebens Geister auf meinen lieben Baron insonderheit angestrengt. Wenn ich mir das geringste vorzuwerfen hätte; würde ich das Herz gehabt haben von der Frau B. Abschied zu nehmen? Wozu hat sie sich deßelben geschämt. Ihr Gewißen giebt ihr zum Trotz Einsichten und Empfindungen, mit denen ihr aber nicht gedient ist. Ein Mensch, das sich zu keiner Pflicht als zu dem Geld versteht Das schämt sich ewig nicht. Dies ist das Ende vom Lied. Ich danke Ihnen 1000 mal für überschickte Sachen. Das eincassirte Geld, wenn des Herrn Pastors dazu kommen wird, ist Ihnen gewiß. Der letztere verlangt Gellerts schwedische Gräfin v die Philosophische Gedanken mit der Beyschrift: Dieser Fisch ist nicht für alle in blau Pap. planiert noch dazu. Das erste könnte ein frantzoisch Bändchen nach HE. Pastors Art kriegen; wenn man Pygmalion v Elise oder nach des HE. M. Geschmack etwas dazu nähme. Wie habe ich meiner Freunde Briefe gelesen, da ich nach Riga kam? Ich werde selbige mit nächsten beantworten. Danken Sie Ihnen doch, lieber Papa, für den guten Credit, in dem ich bey Ihnen noch stehe. Den HE. M. thut es mir leid mit meinem unzeitigen Vorschlag Materie zu denken gegeben zu haben. Ein anderer Hofmeister ist wieder Vermuthen unterwegens. Ich will ihm selbst ehstens schreiben. Meine liebe Mutter wird hunderterley Verdacht wieder mich schöpfen; laß Sie sich doch begnügen mit der Ehre einen ziemlich ehrl. Sohn zu haben, um viel zu lernen um in der Welt weiter als andere zu kommen, um beßer als andere zu seyn, muß man sich viel gefallen laßen. Herr Pastor Blank wird ehstens schreiben. Ich empfehle Sie herzlich Geliebteste Eltern, dem lieben Gott v mich Ihrem herzlichen Gebet. Ich bin gut aufgehoben, habe mich ziemlich wieder getröstet, verspreche mir gerechtfertigt zu werden pp. Grüßen Sie aufs Beste alle gute Freunde v. Freundinnen. Mein Nachfolger heist Sehrwold, ist ein Thüringer oder was mehr Ehre macht, ein Sachse. Ein Philosoph, und wie er selbst sagt, ein Epikuräer; gegen 40 Jahre. Wir gefielen uns in der ersten Viertelstunde, da wir uns einander sahen. Ich gieng ihn besuchen um ihn bloß kennen zu lernen. Ich hatte mir vorgenommen mich gar nicht auszulaßen sondern ihm meinen Baron zu empfehlen. Mein Anschlag scheiterte, weil ich einen sehr gesetzten Menschen an ihn fand, v der nach meinem Geschmack war. Er ist auf einer eben so grausamen Art aus seiner Condition gekommen; besitzt im frantzoischen viele Stärke, einige Ähnligkeit vom Herrn Link in seinem äußerl. v auch Umgange, nur daß seine Züge im ersten Stück nicht so stark sind, Herr Link ist mit mehr Fleiß v. Kunst ausgearbeitet. Im Umgange mehr Freundlichkeit v. einen nicht so fließenden Vortrag. Leben Sie wohl. Ich werde vielleicht einen Hirten Brief für die meinigen, mit denen ich mich gegen die Fr. B. versündigt habe, zu erwarten haben. Nicht zu viel Mistrauen, auch wenn ich bitten darf, nicht gar zu viel Antheil; Sie müßen mich jetzt schon dem lieben Gott v mir selbst überlaßen. Der erste wird ihre Stelle vertreten, und ich will der Ueberlegung v. dem Gewißen folgen. Ich küße Ihnen 1000 mal die Hände v bin Ihr Zeitlebens gehorsamer Sohn. Hamann. Meinen Bruder v. HE. M. grüßen Sie aufs zärtlichste von mir. Herrn Lauson danke für seine Gedichte. Herzlich geliebteste Eltern, Ich habe Johannis Fest auf dem Garten eines guten Freundes gefeyret, in deßen Hause ich schon viele Höflichkeiten unverdient genoßen, v auch noch heute mit vieler Güte überschüttet worden bin. Es trift sich eben der Zufall, daß Herr Richter, ein Herr Stiefsohn des Herrn Barbers, der mein unser gütiger Wirth ist, Abschied nehmen gekommen, um nach Wien zu gehen. Herr Belger hatte den geschwinden Einfall mich an meine Eltern ein klein Empfehlungs Schreiben dieses guten Freundes anzubefehlen. Ich erachte mich daher für verpflichtet, meine liebste Eltern in möglichster Eil auf das inständigste zu ersuchen, gegenwärtigen guten Freund auf das beste v so gut wie es Ihnen möglich ist aufzunehmen. Da ich nicht im stande bin die Erkenntlichkeit, die ich mich diesem Hause schuldig zu seyn erkenne, selbst auszuüben; so werde ich es meinen lieben Eltern überlaßen es an meiner Stelle zu thun. Ich umarme Sie 1000 mal v bin Ihr gehorsamster Sohn Joh George Hamann.
à Monsieur Monsieur Hamann Chirurgien bien renommé à Cönigsberg. par faveur, In der heiligen Geist Gaße.
den 16 Dec. 1753. Herzlichgeliebtester Vater, Ich habe gestern Dero werthen Brief vom 1 h. erhalten, der mich anstatt zu erfreuen, sehr unruhig gemacht hat. Wie grausam ist ihr Verdacht, daß ich meiner Eltern Hauß vergeßen haben sollte! Ich habe neulich geschrieben v. die Bestellung des Briefes dem Herrn Doct. Lindner überlaßen. Ich begreife nicht, wie es zugeht, daß Sie ihn nicht erhalten haben. Es war eine Antwort an meine Liebe Mutter v. Bruder zugleich darinnen. Weder Sorglosigkeit noch irgend ein Misvergnügen über meine hiesige Umstände, noch Krankheit oder eine schlimme Ursache sind schuld, daß meine Briefe nicht häufiger bishero gewesen. Man hat sich schon 8 Wochen lang hier vorgenommen nach Mietau zu reisen, und ich habe daher immer meinen Vorsatz weitläuftiger nach Hause zu schreiben aufgeschoben. Unsere Abreise hat sich aber bisher verzogen, und ich glaube, sie ist noch diese Woche gewiß. Des Herrn General Excell. sind auf die Güter, v in Ansehung seiner Zurückkunft ist die Frau Gräfin Willens sich nach Meyhoff oder Apollonienthal zu begeben. Jene soll aber noch ausgesetzt seyn. Man schickt den Augenblick zur AbendMahlzeit nach mir; ich habe mich aber entschuldigen müßen, so übel es mir auch ausgelegt werden kann, weil Fremde da sind, v ich dringend von dem HE. Rittmeister von Oven ersucht wurde, den ich unendlich hochschätze, v ein Mann von gantz seltnen Verdiensten ist. Sie werden daher auch meine Eilfertigkeit zu Gute halten. Ich habe Ihnen gehorsam seyn wollen. Die Veränderungen, die in unserm Hause vorgefallen seyn sollen, werden vermuthlich zu Ihrer Zufriedenheit v. Besten gereichen. Wie ungedultig bin ich selbige zu erfahren! Ich lebe hier einsam aber sehr zufrieden v habe das Glück, daß die Frau Gräfin v. der HE. General sehr gut von mir urtheilen. Der letztere hat mich vorige Woche durch ein gnädig Schreiben davon versichert; v. die letztere erweist mir viel Achtsamkeiten. Gestern machte sie mir ein niedlich Present mit einem Etuit zu Zahnenstochern, das ich Ihnen gern zeigen möchte, wenn es angienge. Es scheint daß mich Gott in so ein Haus geführt hat, wie ich gewünscht habe. Meinethalben, liebste Eltern können Sie sich vollkommen befriedigen; und die geringste Sorge für mich wäre eine Unerkenntlichkeit gegen die Vorsehung. Es herrscht hier Ordnung, Vernunft v. Christenthum nebst einer sehr feinen LebensArt. Ich werde Ihnen mehr schreiben; v so bald ich in Mietau oder auf dem Höfchen nebenbey seyn werde, melde ich Ihnen gewiß meine Ankunft. Noch habe ich Hofnung, daß es diese Woche geschehen wird. Des HE. Doct. Lindners Umstände müßen sich jetzt unzweifel geändert haben; weil ich selbige aber noch nicht weiß, so will ich warten, biß ich ihn selbst sehe v. höre. Was macht sein lieber Bruder, der Magister. Bitten Sie ihn doch, daß er zum Fest vor die lange Weile an mich schreibt. Ich werde nicht ewig sein Schuldner im Antworten bleiben. Gott gebe Ihnen zum WeynachtsFest 1000 Gutes an Seel und Leib; er erfülle Alles das, was Ihre Kinder und Freunde Ihnen Gutes wünschen v selbst thun möchten, wenn es in Ihrem Vermögen wäre. Ich küße Ihnen beyderseits 1000 mal die Hände, v. vertraue mich nebst Gott Ihrem Gebet und liebreichen Andenken als Ihr lieber, ehrlicher und gehorsamer Sohn. Leben Sie wohl. Meine Addreße habe ich Ihnen schon im vorigen Briefe gemeldet. Gouverneur des Messieurs les Barons de Witten à Grünhoff. per Mietau. Die kurländische Edelleute piquiren sich alle Barons zu seyn. Die Briefe nach Grünhoff werden wöchentl. alle vom Mietauschen Postamt richtig bestellt. Leben Sie wohl. Liebster Freund, Sie haben mich in Ihrem neulichen Briefe Gott weiß nicht in welchem Winkel der Welt gesucht; da ich geglaubt hätte, daß ich ganz nahe immer bey Ihnen v Ihrem Andenken zur Hand wäre. Sie werden schon längst durch Ihren HE. Bruder wißen wo ich bin, den ich ehstens bey mir zu haben denke, um Erzählungen der alten Weiber durch den Augenschein zu wiederlegen, daß es mir hier nach Wunsch geht. Ich wolte, daß es ihm ebenso gienge, v traue anderen Berichten nichts. Der Tod des D. Bornwasser hat eine gantze Trift Ärtzte nach Mietau gezogen; v er wird nichts als seine Gesundheit nöthig haben und alle auszustechen. Diese soll im zieml. Stande wieder seyn v also hoffe ich, daß sein Glück unsern Wünschen v. seinen Verdiensten bald die stange halten wird. Gott weiß, er hat unsäglich viel an seinem Leibe ausgestanden v kann sich mit seiner Jugend trösten. Sein Kreutz hat ihm den lieben Gott kennen gelehrt. Er hat den Vortheil gehabt eine schöne Bibliotheck bey seinem Wirth brauchen zu können; der ein ehrlicher Mann ist. Er gestand mir, daß sie ihm viel Einsichten in des D. Suchlands Vorlesungen gegeben hätte, die für ihn nicht unbrauchbar v überflüßig wären, v er urtheilte von seiner jetzigen Erkenntnis beßer als von derjenigen, die ihm in Königsberg hinlänglich geschienen hätte. Sehen Sie, lieber Freund, wie klug uns die Erfahrung v wie unwißend v. eitel uns die Schule macht. Unsere Umarmungen von beyden Theilen sind gewiß recht zärtlich v. aufrichtig gewesen; v ich freue mich schon im Voraus ihn in Grünhof zu sehen. Er liebt sie jetzt, bester Freund, noch einmal so viel als sonst; v wir haben in unsern Gesprächen wenigstens eben so oft an Sie als an uns selbst gedacht. Meine Umstände sind sehr gut hier; 100 Thrl. v mit dem Neujahrs Geschenk kann ich auch zum Anfange zufrieden seyn. Die Frau Reichs Gräfin ist eine Dame von vielem Verstande, eine Marquisin von Rambouillet oder Lambert. Sie liest gerne, hat eine artige Bibliotheck, die ich aber noch nicht selbst zu sehen bekommen habe, sie hat mir aber selbige zum Gebrauch angeboten. Ich habe ein kostbares Werk jetzt zum Gebrauch daraus bekommen. Es ist das kriegerische Leben des Eugens, Marlborough v. Prinzens von Nassau Friesland; in zwey großen Royal Folianten mit prächtigen Kupfern. Du mont hat des erstern Schlachten beschrieben; das übrige ist von dem bekannten Rousset, Die Frau Gräfin hat unstreitig vielen Verstand v. viele Verdienste, die ihre zarte Gesichtsbildung schon verspricht. Sie schreibt artige Verse, v besitzt beynahe eine gar zu große Delicatesse im Umgange. Man muß ihr Weyrauch streuen, v sie nimmt es nicht übel, wenn man ihr das Rauchfaß auch vor die Nase hält. Sie ist die Seele ihres Hauses, v besitzt eben so viel Sanftmuth als Entschlüßung. Sie wird von ihrem Gemahl v von allen denjenigen die sie kennen bewundert v. verehrt. Ihr Geist zeigt, daß sie die Tochter eines großen Generals ist. Acht Kindbetten haben ihr den Glantz ihrer Schönheit noch nicht benommen, v sie wird einmüthig für die beste unter ihren Geschwistern erkannt; nachdem die General Stuartin tod ist. Von den HE. von Firx habe ich gestern v heute einen Gruß bekommen; ich habe mit dem ältesten in Mietau gespeist; v er begegnete mir sehr höflich er bat mich zu sich v hat mich jetzt wieder bitten laßen. Sein Gut liegt 2 Meilen von hier. Ich bin mir so viel Höflichkeit von einem kurländischen Cavalier auf seinen 4 Pfälen nicht vermuthen gewesen. Er erkundigte sich nach mir Sie v nach übrigen guten Freunden. Zeigen Sie diese Stelle keinem LandsMann noch Nachbar. HE. Poehling habe hier gleichfalls auf dem Pastorat aber noch als Hofmeister gesprochen; ich habe nicht Lust mit ihm Bekanntschaft einzugehen. Er sagte, daß man die Wiederkunft des HE. von Groethuysen hier vermuthete. HE. M. Hase ist eine halbe Meile von mir. Ein Mann von Ihren Jahren, der eine ungemeine Stärke auf dem Clavier, Violoncello v ein großes Genie zu allem besitzt, linguist, Philosoph, Mathematiker, Maler v. alles, auch ein großer Einfällist ist. Er ist Hofmeister bey einem HE. von Buttler, der ein reicher Cavalier von 16 Jahren aber überdem ein Klotz ist, aus dem der beste Praxiteles keinen Mercur schnitzen wird. Sein Gehalt ist wie meines; er wird wie man mir erzählt von seiner HErrschaft auf den Händen getragen. Er ist ein Abgötz der lieben Dummheit v läst sich zu viel herunter um ihr zu gefallen. Dies ist das einzige, was mir an ihm nicht ansteht. Das Alter wird vielleicht seiner Eigenliebe beßere Augen geben. Wir haben uns über Ihre Venus Metaphysique einen Abend ziemlich gestritten; er hatte Lust sie zu einem heiml. Materialisten darüber zu machen. Ich habe Ihre Parthey so gut als mögl. gehalten. Einmal ist er bey uns gewesen; der Frau Gräfin und dem Ober Parlament aber fiel dieser Besuch zum besten aus. Ich habe ihn noch nicht besucht; sondern bisher immer im Pastorat versprochen. So artig wie sein Umgang so abgeschmackt ist sein Briefstyl. Er hat mir einmal frantzoisch geschrieben; es war eine schlechte v. künstl. Übersetzung übertriebener deutscher Gedanken. Ich bewundere dies an einem Menschen, der einen allgemeinen Geschmack in den Wißenschaften besitzt, v vieles sehr vieles in den schönen gelesen hat v beurtheilen kann. Sie wollen liebster Freund, nach Göttingen gehen; ich weiß den Zusammenhang dieser Entschlüßung nicht v will ihre eigene Erklärung abwarten ehe ich es glaube. Schreiben Sie mir doch wenn Sie etwas Neues wißen v geben Sie mir etwas von demjenigen ab, was Sie mißen können. Sind Ihre Gedichte schon in Berlin fertig. Was macht mein Hennings v. Sahme. Ich glaube daß keine Entschuldigung im stande ist meine Aufführung gegen Sie gut zu machen. An den letzten habe ich schon für ein viertel Jahr 3 Bogen geschrieben, die ich beynahe cassiren werde. Ist lauter Poschwinn, wenn Sie dies polnische Gericht kennen. Grüßen Sie alle beide tausendmal recht herzlich von mir, v versichern Sie beide, daß ich trotz Ihrem Groll, den ich von Ihnen verdient habe, Ihr Freund leben v sterben werde. Sie sollen ehstens von mir bedacht werden. Hat Voltaire nicht im Namen des Publici geantwortet. Wenn Sie den Schlüßel zu diesen Geheimnisvollen Briefen haben, so theilen Sie mir doch selbigen mit. Ich bitte Sie äußerst darum. Schreiben Sie mir doch; ich beschwöre Sie darum. Mit nächster Post erwarte ich eine kleine Beylage von Ihnen bey dem Briefe meiner Eltern. Grünhof den 11. Jenner 1754. Herzlich geliebtester Vater, Ich habe wieder ohne meine Schuld zum Lügner werden müßen. In meinem letzten Briefe machte ich die gewißeste Hofnung von Mietau so weitläuftig als mögl. zu schreiben. Unsere Anstalten waren zur Abreise völlig fertig. Die Mädchen waren schon zum voraus abgereist zu unserer Ankunft alle Beqvemlichkeit v. Reinlichkeit zu besorgen. Der Kutscher brach aber den Tag vorher die eine Armröhre entzwey v alles wurde hiedurch zu Waßer. Zu meinem Glück bekam ich hiedurch Zeit ein FlußFieber mit einem schlimmen Hals abzuwarten, das mich 3 oder 4 Tage ziemlich in Gliedern gelegten hat. Es hätte nur an mir gelegen mich in dieser kleinen Unpäßlichkeit recht zu pflegen; weil die Frau Gräfin Ihre Sorgfalt für meine Gesundheit v. Appetit mir sehr öfters aufs gnädigste bezeigen ließ. Eine strenge Diät v die Wärme haben mir aber die beste Dienste gethan. Des HE. General Excell. kamen wieder Vermuthen noch ganz spät am heil. Abend vor Weynachten zu Hause; v ich habe jetzt wenig Hofnung in der Gesellschaft des Hauses nach Mietau zu kommen. Die Fest- und Neujahrs-Zeit bin ich mit GlückwünschungsSchreiben beschäftigt gewesen, die ich für meine junge Herren v. den HE. General habe thun müßen. Diese Arbeit ist auch vorbey v. ich habe mich recht gesehnt etwas von meinen lieben Eltern zu lesen oder Ihnen etwas zu lesen zu geben. Ich bete, Geliebteste Eltern, für Sie und wenn Gott mein Gebet erhört, so werden wir von beyden Theilen glücklicher v zufriedner auf der Welt seyn, als uns alle Wünsche des Wohlstandes irgend machen können. Wenn ich alles dasjenige zusammennehme, was ich bey diesem neuen Jahr für andere habe wünschen müßen; so ist es gegen dasjenige viel zu leicht, was die Erkenntlichkeit v. Gegenliebe der besten Eltern von mir verlangt v. fordert. So schwer mein Herz wird, wenn ich an meine Freunde gedenke; so wenig scheint es mir demjenigen ein Genüge zu thun, was ich Ihren Verdiensten um mich v Ihrer Zärtlichkeit schuldig zu seyn glaube. Ich hoffe übrigens, daß Ihre beyderseitige Gesundheit, Geliebteste Eltern so beschaffen seyn wird, daß ich nur nöthig habe eine dauerhafte Fortsetzung derselben zu wünschen. Sie können, lieber Papa, auf mein Wohlergehen, wenn sie so gut seyn wollen, sicher ein Glaß Wein mit frohem Herzen allemal austrinken. Ich verehre die Wege des lieben Gottes, der mich in ein Haus geführt hat, wo ich in den meisten Stücken das Gegentheil desjenigen antreffe, in dem ich eine gute Probe ausgestanden habe. Ich habe mir unterdeßen vorgenommen, mein ganzes Leben als Lehrjahre anzusehen, um mich wieder alles gesetzt zu machen. Das Hauß des HE. Belgers ist mir vielleicht eine eben so nöthige Schule gewesen um die Blöße falscher v. schwacher Freunde kennen zu lernen. Ich hoffe Ihre Freundschaft auf der Welt nicht mehr nöthig zu haben v. würde mich eher zu allem entschließen, als zu derselben meine Zuflucht zu nehmen. Ich wiederhole meine Versicherung, daß ich keine Schulden gemacht v das was bey HE. Belger angelaufen ist, bezahlt habe. Sie können sich, lieber Papa in diesem Stück vollkommen zufrieden geben. Ich beruffe mich auf meine Aufrichtigkeit, die ich noch nicht verleugnet habe. Sie wißen, daß ich ein Viertel Jahr von meinem Gehalt zum voraus aufgenommen, v davon meinen Rest meinem Wirth bezahlt habe. Wenn ich übrigens noch etwas richtig zu machen hätte, so würde es mir allemal frey stehen das 2te Viertel Jahr gleichfalls aufzunehmen, da ich so schon gegen ein halbes Jahr bald hier werde gewesen seyn. Ich hoffe aber dieses nicht einmal zu meinen künftigen Ausgaben nöthig zu haben. Des HE. General Excell. haben mir 10 Alb. Thrl. zum Neuen Jahr mit den gnädigsten v. recht zärtl. Versicherungen Ihrer Zufriedenheit mit mir gegeben. Die Frau Gräfin hat es gleichfalls nicht daran mangeln laßen. Man erkundigte sich gestern nach meinem Freund den D. Lindner, er hat mir durch den Candidaten Ruprecht des Pastors Sohn auf Grünhof Hofnung zu seinem Besuch machen laßen. Sie versicherten mich, daß es Ihnen lieb seyn würde ihn hier zu sehen; v. ich bin deswegens willens ihn noch heute zu schreiben v darum zu ersuchen. Er wird im stande seyn alsdenn das beste Zeugnis von den Eigenschaften der Frau Gräfin v. der Ordnung dieses Hauses ablegen zu können. Der Tisch ist hier der kurländischen Wirthschaft zuwieder sehr ordentlich, schmackhaft, gesund v reich. Morgensittags v. Abends habe ich meine Carafine Wein; v der ordentliche Besatz ist von 5 oder 6 Gerichten. Meinen beyden jungen Herrn fehlt es nicht an Munterkeit; sie reden fertig franzoisch v man hält hier einen franzöischen Bedienten zu ihrer Übung im Reden. Der älteste hat einen sehr geschwinden Kopf; er ist ein Schooßkind der Eltern. Ich habe mich in großer Furcht wegen ihrer Lebhaftigkeit setzen müßen. Es macht aber den Eltern viel Vergnügen, daß sie mich demohngeachtet lieben. Kurz ein Hofmeister darf nicht verzagen mit ihnen Ehre einzulegen; v man hat wenigstens von ihrem Fortgang unter mir vortheilhaftere Gedanken als ich selbst. Ich kann mir dieses Vorurtheil gern gefallen laßen. Madame, Vous voilà enfin avec Mr. votre Epoux au comble de vos voeux! Je vous en felicite sincerement. L’interet, que je prends à votre contentement repond à votre attention de m’en faire part. Le coeur d’un si honnete homme que mon ami a merité, Madame, Votre foi et le bonheur, qu’il goutera dans cette alliance. Je Vous embrasse tour à tour, Vous, mon aimable amie et mon cher Lindner en pensée. L’idée de Votre satisfaction et de vos fetes m’a donné de vrais vapeurs de Suisse. Au reste, Madame, mes sentimens sont au moins aussi vifs que les desirs de Mr. votre Epoux, dont Vous Vous plaignez mal à propos n’en Vous deplaise. Au lieu de le corriger de sa malice, je lui voudrois bien du mal de faire queue à vos charmes. Le plaisir pique au jeu et la beauté du terrein reveille le laboureur. Vous, autres belles, laissez vos amans sur la bonne bouche; et vous vous plaignez à tort s’ils font leurs choux gras de vos friandises après le benedicité du pretre qui consacre la victime et convie le jeune epoux à la bonne chere. Le titre de Maman Vous agrée, Madame et vous dedaignez d’en faire les frais. Comme l’ainé de vos fils, je Vous demande, ma Mere mignonne, bientot une petite soeur, qui m’amusera à mon retour. Ne Vous degoutez jamais, charmant couple! de la vertu; c’est à elle que Vous etes redevable de cette volupté, qui comme un doux Zephyr ridera les flots de votre vie à venir. Dieu sera propice à vos souhaits, si vous vous opiniatrez de vous en rendre dignes par une tendresse et fidelité, qui ne demente pas le noviciat de Votre amour. Aimez-moi, je Vous en supplie, le souvenir de votre amitié me donne des fremissemens, dont la jouissance Vous berce. Que mon cher Lindner est hureux! Vos soins, Madame, retabliront sa santé et les douceurs d’un mariage si bien assorti remettront son esprit dans son assiette. J’ai été Madame cette semaine à Mietow pour l’amour de Votre frere. Il etoit parti et de retour je n’ai babillé qu’une petite heure avec lui et le plus sur votre compte. Il vous rend justice et applaudit de bon coeur au choix et à la resolution de son frere. Ses affaires lui firent tourner la tete; c’est une malade de qualité qui ne manquera point à etablir sa renommée et à faire meme sa fortune; s’il y reussit. Ce seroit un coup de la Providence pour faire valoir ses talens en depit de ses rivaux. Pour moi, ma très chere amie, je suis içi à mon aise. Mdme la Comtesse est une femme de beaucoup d’esprit. La devotion et l’ambition lui tiennent lieu des qualités plus grandes. Elle est l’ame de sa famille, jamais desoeuvrée elle emploie quelquesfois son tems à la bourgeoise et aux bagatelles du menage. Son gout pour la lecture est un petit brin fanfaron et en general fou de colifichets. Elle fait des jolis vers sur un theme d’eglise; mais au bout de l’aune faut le drap. Mr. le General lui doit son education et ses moeurs. Voila le plus grand merite d’une femme, et qui seul la rend respectable. Malgré huit couches son teint se sent encore de la fraicheur de jeunesse et sa beauté est appetissante. Dieu veuille Vous faire la meme grace, ma bonne Maman! Après ce petit soupir je Vous baise les mains et me recommande à votre bienveuillance. J’y pretends par l’amitié la plus sincere et tendre, avec la quelle je serai toute ma vie Votre très humble valet de Grunhof ce 28 Fevr. 1754.Hamann. Grünhof den 6. März 1754. Herzlich Geliebtester Vater, Ich war in Mietau v suchte voller Ungedult Briefe auf der Post. Ein Bote kam aus dem Wirthshause kam mit einer für mich betrübten Antwort zurück. Den Sonntag gieng ich frühe selbst vor der Kirche nachzufragen; v ich fand leider! nichts. Den Montag kam HE D. Lindner von einer Patientin auf dem Lande zu Hause v händigte mir die Erfüllung meiner sehnlichen Wünsche ein ohne daß ich noch weiß, wie er dazu gekommen ist, weil franco Mietau darauf stand. Der Anfang Ihres Briefes v die ungewöhnliche Länge deßelben machten mich sehr unruhig. Sie m gachtben mir gleichwol Hofnung zu einer sich anlaßenden Beßerung, die in Dero zweiten lieben Briefe nicht so bestätigt wird, wie ich darum gebetet habe. Ich danke unterdeßen Gott aufrichtig mit Ihnen, daß er Ihnen Gedult giebt. Er schlägt die Seinigen mit der Behutsamkeit eines Vaters und Sein Gnädig Antlitz läst uns die Schmerzen weniger empfinden, die uns sein strafender Arm verursachen könnte. Verzeihen Sie, liebster Papa, wenn ich die Absicht dieser Krankheit zu Ihrem Besten auslege. Vielleicht dient Sie Ihnen, Ihrem Körper ins künftige liebreicher zu begegnen, v ihn nicht der Verkältung, Entkräftung so auszusetzen, die Sie selbst für die Ursachen Ihrer Zufälle angeben. Man hat sich bey einer Ruhe, die man sich aus einer billigen und vernünfftigen Liebe zu sich selbst von denen Geschäften giebt, weniger Vorwürfe zu machen, als bey derjenigen die uns die Noth oder eine selbstgemachte Unvermögenheit bisweilen auflegt. Jene ist angenehmer v süßer, weil sie willkührlich ist, wenn uns die letztere unruhig macht, weil sie gezwungen ist. Genüßen Sie, Herzlichgeliebtester Vater, beßer Ihres Geistes v Ihres Gemüths, v laßen Sie auch die Ihrigen deßelben ins künftige mehr genüßen. Ziehen Sie nicht alles zu Ihrem Beruf; Gott besitzt mehr Billigkeit gegen die Menschen, daß ich so sagen darf, als sie gegen sich selbst no hachben, er fordert das nicht von uns, was uns diese öfters zumuthen, v er befiehlt uns selbst unsern Nächsten nicht mehr zu lieben als uns selbst. Die Vorstellungen und zärtlichen Sorgen meiner liebreichen Mutter werden diesen Betrachtungen mehr Nachdruck geben v hoffe zu Gott, daß er Ihre Gesundheit jetzt wiederhergestellt haben wird. Ich danke Ihnen tausendmal, Gütiger Vater, daß Sie sich auf Ihrem SiechBette mit meinem Andenken die Zeit vertreiben. Wenn es Ihnen doch so viel Zufriedenheit mittheilen wolte, als ich aus dem Ihrigen bisweilen schöpfe! Vielleicht glückt es mir bald genung Ihren Wunsch zu erfüllen; es soll nicht an mir liegen Ihnen meine Erkenntlichkeit noch mündlich bezeigen zu können. Gott wird Ihnen und mir diese Freude nicht versagen. Laßen Sie sich diesen Sommer noch, Ihre Zeit nicht lang werden; mit künfftigen Winter wäre nichts leichter als auf ein paar Tage uns zu sehen, v dem D. Lindner Gesellschaft zu machen, wenn die Witterung einschlägt v kein Zufall dazwischen komt, den die menschliche Klugheit weder vorhersehen noch verhüten kann, mit einem Wort wenn es Gottes Wille ist. Wie herzlich vergnügt wollen wir denn seyn! Jetzt laßen s Sie, lieber Papa, Ihre eintzige Sorge Ihre Gesundheit seyn, wie dies mein einziger Wunsch und Bitte an Gott ist. Ich bin Gott Lob gesund v lebe hier recht zufrieden. Das Wachstum meines ältesten Eltern Herrn macht den Vater entzückt, stoltz auf ihn v gegen mich erkenntlich. Er redt mit naßen Augen von uns beyden bisweilen gegen andere, v er giebt mir auf alle mögliche Art zu verstehen, wie viel er von mir hält. Die Frau Gräfin ist zu der Frau Erb Marschall. Excell. Ihrer Mutter seit 14 Tagen nach Riga gereist. Weil der HE General bey Ihrer Abreise auch nicht zu Hause war v sie in Apollonienthal erwartete, so bat sie mich Ihr von der Gesundheit der kleinen Fräulein von 5 Viertel Jahren Nachricht zu geben, die an Zähnen schwer arbeitete. Ich schrieb dahero an Sie nach Meyhof, ließ meine junge HE einen Brief beylegen v weil sich die Fräulein gebeßert hatte, in Ihrem Namen den jüngsten schreiben. Es war ein närrischer Brief in der Sprache der Kinder, die sie selbst machen, v in der mein Bruder timm v bamm an statt eßen v. trinken sagte. Es ist eben Gesellschaft da gewesen, v der Einfall hat mir sehr viel Lobsprüche eingebracht. Die Frau Gräfin hat nicht Tristesse für Lachen spielen können, so bald sie an den Brief gedacht hat. Ich gebe sonst niemals als auf Rechnung der jungen Herren einen Witzling macht ab, weil dies Eltern mehr schmäuchelt v. mir mehr Achtsamkeit giebt. Sie hat mir durch den Herrn General versprechen laßen selbst zu antworten, welches aber wegen Ihrer Geschäfte v der Gesellschaft v Unpäßlichkeit Ihrer Mutter ausgeblieben ist. Wenn es geschehen wäre; so würde ich selbigen überschickt haben, weil sie ziemlich schöne Briefe schreibt. Wir erwarten Sie jetzt alle Tage. Da man in HE. Belgers Hause von meinen guten Umständen gehört hat; so glaubt man jetzt keine Gefahr mehr zu laufen, wenn man mir jetzt wieder viele FreundschaftsVersicherungen giebt. Sie hat an mich geschrieben, v ich habe ihr franzoisch geantwortet. Ich erinnere mich jetzt des HE. Pastor Blank; sie meldten mir, daß er an Sie geschrieben hätte, haben Sie Ihm, lieber Papa geantwortet oder durch meinen Bruder antworten laßen? Er möchte sonst unangenehme Argwöhne von Ihnen v. mir schöpfen. Ich will ihm auch diese Woche schreiben. Ich bin Sonnabend vor 8 Tagen in Mietau gewesen in HE. Ruprechts Gesellschaft der predigte v habe einen angenehmen Schlafgesellen im Wirthshause an M. Hase gehabt; Montags Abend kam wieder zu Hause. Meine Haupt Absicht war durch diese Mühe Briefe von Hause zu verdienen, die ich nicht mehr länger abwarten konnte v meinen Freund den D. Lindner zu sprechen. Das Unglück wollte, daß er eben fortgefahren war, als ich ankam. Des HE. Oberburggrafen v. Howen Tochter lag auf dem Tode v man hat mehr aus Verzweifelung als Vertrauen seine Zuflucht zu ihm genommen. Er ist zum Erstaunen v der grösten Dankbarkeit der Eltern glücklich gewesen v. kann sich was rechtschaffenes für seinen guten Namen v. seinen Geldbeutel von dieser Cur versprechen. Weil er um ein paar Stunden wieder fort muste so habe ich nichts mehr als eine kleine voller Unruhe mit ihm sprechen können. Sind Sie nicht, lieber Papa, auf meines Mag. Hochzeit gewesen. Er wird sie doch wohl gebeten v. gewiß gerne darauf gesehen haben. Ich hoffe, daß Sie mit seiner Wahl zufrieden seyn werden v meine liebe Mutter ihr gleichfalls ihre Freundschaft nicht versagen wird. Danken Sie doch auf das freundschaftlichste den HE. Diac. Buchholz für das gute Andenken, in dem ich bey ihm stehe v für den Antheil, den er an meinem Wohl nimmt. Die geistlichen v. leiblichen Fürbitten eines so würdigen Hirten werden mir zu großem Trost als Aufmunterung jederzeit gereichen. Den Herren Renzen grüßen Sie aufs ergebenste von mir nebst dem herzlichen Wunsch, daß der Höchste mein liebes Vetterchen ihm zur Freude so lange erhalten wolle biß er im stande ist die sorgfältige Liebe seines Vaters zu erkennen und zu vergelten. Grünhof den 4 May 1754. Herzlich geliebteste Eltern, Wenn werden Sie mich aus der Unruhe reißen, in der mich die lange Abwesenheit und der ungewohnte Mangel einiger Nachrichten von Hause setzet? Mein erster Brief ist von Ihnen ohne Zweifel schon erhalten worden; der zweite gleichfalls, und ich weiß selbst kaum mehr was ich denken und meinen betrübten Muthmaßungen zu meiner Beruhigung entgegensetzen soll. Gott gebe, daß die morgende Post was für mich mitbringt, und bitte noch mehr, daß es nichts als Gutes sey. Ich habe meinen Brief mit so viel Verwirrung und Eilfertigkeit neulich geschrieben, daß ich deshalb um Verzeihung bitte, wenn auch gegenwärtiger nicht beßer gerathen sollte. Ich wünsche, daß sich meine GeEhrteste Eltern wenigstens so gesund als ich befinden möchten; und daß eine angenehme Verwirrung, oder die ich mir so leidlich als möglich vorstelle, an den Aufschub Ihrer mir so unentbehrlichen Zuschriften allein schuld sey. Bald ersinne ich mir Besuch vom Lande, bald behelf ich mich mit der wahrscheinlichen Erdichtung, daß Sie zu eben der Zeit, wenn ich an meine liebste Eltern und Freunde denke, an mich schreiben und ich nichts als die Post abwarten darf. Dieser Gedanke hat mich aber schon etliche mal betrogen, daß ich selbigem nicht mehr trauen kann. Unter allen grausamen Ahndungen, die mich qvälen, ist dies die leidlichste, daß sich alle biß auf meinen Bruder fest vorgenommen hätten mich zu vergeßen. Wenn ich mich von dieser Zusammenschwörung überzeugen könnte; so würde ich jede Woche zweymal Sie wieder Willen nöthigen an mich zu denken. Die Bewegung, ohngeacht die jetzigen Tage noch nicht alle dem ersten May ähnlich sind, scheint meiner Gesundheit ziemlich gute Dienste und meiner Hypochondrie Abbruch zu thun. Das Clima scheint das ganze Land mit einer Art von dieser Krankheit zu drucken. Ich habe in einem gewißen Buch, welches gesellschaftliche Erzählungen heist und mir von der Frau Gräf: mitgetheilt worden eine ziemliche Nachricht von diesem Übel gelesen, gegen welches eine unbarmherzige Diät als die beste Cur vorgeschrieben wird. Ein kleiner Anfang dazu ist schon von mir gemacht worden, den mir aber beynahe unwiederstehliche Versuchungen ziemlich schwer machen, und den ich auch im strengen Verstande nicht ausführen kann ohne für einen Sonderling angesehen zu werden. Die Reise nach Riga soll uns nahe seyn und vielleicht werden auf selbige noch mehrere nach den übrigen Gütern folgen, die an den polnischen Gränzen liegen. Jetzt ist ein neues in der Nachbarschafft von Mietau dazu gekauft, welches auch groß seyn muß. Ich habe zu diesem Handel meine Feder ziemlich glücklich gebraucht, wofür man mir eine thätliche Erkenntlichkeit versprochen. Man ist übrigens so zufrieden mit mir Gott Lob! als ich es wünschen kann. Ich suche nichts als das Meinige zu thun v werde michr die Gunst der vornehmen niemals durch Niederträchtigkeit zu erwerben suchen, weil ich selbige für so eigennützig als die Neigung unserer Bedienten halte. Die Ausnahme ist sehr selten und jeder Stand hat leyder! seine Vorurtheile, die ihre Nicken nicht ablegen. „Wen ich brauchen kann, sagt der Löwe, wenn er mit dem Esel auf die Jagd geht, dem kann ich ja wohl meine Seite gönnen. So denken die Vornehmen wenn sie einen Niedrigern Ihrer Freundschaft würdigen.“ Heute reisen Ihre Excell. nach Mietau ihre Andacht zu halten, wohin Sie der älteste begleiten wird. Ich habe mir gleichfalls dieses Werk auf künftige Woche gewiß ausgesetzt; und bin nochur ungewiß ob ich einen Werktag oder den Sonntag dazu erwähle, weil ich die Einrichtung dieser Kirche hierinn noch nicht weiß und ohne Noth bloß meinethalben den alten Pastor nicht beschweren will. Gott mache mein Vorhaben gewiß und bereite mein Herz dazu. Meine Buße und mein Glaube werde mit seiner Gnade und Vergebung belohnt. Sie werden mir GeEhrteste Eltern nach Ihrer Liebe auch die Vergeßenheit alles desjenigen zu gestatten nicht ermangeln, womit ich Sie auch abwesend betrübt haben möchte. Gott der uns durch Fleisch und Blut verbunden, wolle uns auch im Geiste vereinigen und an derjenigen Gemeinschafft mit ihm Theil nehmen laßen, die uns einmal nach diesem Leben glücklich machen soll. Meine liebe Mutter hat mir aufgetragen Ihr von meiner Wirthschaft bisweilen Rechenschaft zu geben. Ich will ihr also auch hierinn meinen Gehorsam bezeigen. Sie werden sich erinnern, GeEhrteste Mama, daß die Frau Gräfin mir ein halb Stück feine Leinwand zu Weynachten gegeben; daß ich jetzt zu Halbhemden brauchen will, weil meine Manschetten besonders viel gelitten haben; und nur noch einige Paar ganz sind. Ich glaube daß ich das Hintertheil derselben zu Halsbinden werde gebrauchen können. Ich weiß aber nicht, ob aus meinen Kragen oder viertelhemden nicht ganze Halbhemde gemacht werden können. Was meynen Sie? Um ein paar Schnupftücher bin ich in Liefland gekommen. Es fehlt mir aber noch nicht daran; außer daß ich mir bey Gelegenheit seidene oder halbseidene oder baumwollene ich weiß selbst nicht welche anzuschaffen gedenke. Mit Stiefeln und Schuhen bin ich noch ausgekommen und ich habe mir nur ein paar Pantoffeln hier machen laßen müßen, die auch schon entzwey sind; weil ich selbige am meisten brauche und sie überdem rußische Arbeit waren, die wohlfeil aber an Güte der Nürnberger bey uns gleichkomt. Sie wißen daß ich einen leichten Sommerrock von Hause mitgebracht; zu den mir eine Weste fehlt, die ich mir auch diesen Sommer wo mögl. anzuschaffen gedenke. Was ich dazu wählen werde, weiß ich noch nicht. Eine Perücke habe ich auch mir machen laßen, die ich aber noch nicht aufgesetzt v nur aus Erkenntlichkeit bestellt hatte; weil der Meister derselben ein Nachbar von HE. Belger war, in deßen Hause ich vielen Coffée getrunken v. allerhand Höflichkeiten genoßen habe. Sie ist ein Meisterstück im Zuschnitt, die alle übrigen die ich bisher getragen, verdunkelt, auch nur zum Sommerstaat dient. Zu den Königsberg. werden sich schwerlich in Liefl. v Curl. Liebhaber finden. Sie werden diesen Scherz niemanden lesen laßen. Er ist nichts als eine höfliche Entschuldigunge, daß es mir nicht mögl. ist welche verschreiben zu laßen, wie ich bey meinem Abschiede versprochen habe. Mit meinem Schlafrocke werde ich auch noch diesen Sommer auskommen; auf den Winter wird ihn ein Schlafpeltz oder Talup ersetzen. In Riga will ganz gewiß meine Schuld Ihnen abtragen. Es hat mir mehr als einen wiedrigen Gedanken gekostet, daß ich die Commission von meiner lieben Mutter, die einzige noch von Hause, noch nicht habe ausrichten können. Ich habe mich schon entschuldigt, und werde daran nicht mehr denken, biß der Wolf selbst kommt. Der beste den ich finden und bezwingen kann. Künftiges Jahr hoffe ich etwas zurückzulegen, wovon ich lebe, v denn will ich auch Buch halten. Dieses Jahr will auskommen und etwas zum Ausgeben für kleine und zufällige Ausgaben behalten. Ich bin jung und lebe niemanden als mir. Ich will weder so alt noch so reich als der Gelehrte Mann in Copenhagen sterben, von dem Sie in den Zeitungen werden lesen gehört haben. Ich liebe weder Staat noch Ausschweifungen; von ehrlichen und angenehmen Ausgaben kan ich kein Feind seyn und werde es auch nicht werden. Ich bin lecker aber niemals für mich noch auf meine Unkosten. Den Wein kann ich entbehren und das hiesige Waßer schmeckt mir recht gut; auch öfters schwarz brodt beßer als weißes. Ich müste schon recht viel im Voraus haben ehe ich mir mit guten Gewißen entschlüßen könnte ein blankes kleid zu tragen. Ein Buch, einem Freund zu dienen, mir einen Menschen gut zu machen, der mir einen kleinen Dienst thut, eine ℔ Schnupftoback, ein Pfeifchen, zum letzteren habe ich neulich 4 Cartausen umsonst bekommen v für das erstere werde ich auch einige Wochen nichts ausgeben dürfen. Die Frau Gräf. selbst hat mir ein paar mal mit ihrem Haupttoback versorgt, der aus Cubeben besteht, v mir nicht uneben thut. Baumwollene v zwirnene Strümpfe werde ich noch brauchen; und damit holla! Ich erinnere mich übrigens der Erfahrung die ich in Riga gehabt habe, noch öfters mit Vergnügen. Ich war dem Mangel nahe genung, ohne daß er mich unruhig gemacht haben sollte, v ohne ich wuste demselben abzuhelfen. Ich hatte mir aller Hülfe in diesem Stück von meinen Eltern begeben v. eben so wenig Herz gehabt weder einen halben noch ganzen Freund darum anzusprechen. Demohngeachtet gab ich mit dem Vertrauen Kleinigkeiten aus, als wenn ich mich auf Offenbarungen verlaßen könnte. Der Gedanke der Vorsehung, ihre Aufmerksamkeit auf die Zeit, wenn sie den Menschen helfen kann sind keine bloße Einbildungen. Ja sie verzeiht es denjenigen v nimt sich deren an, die auch ein wenig dummdreist sich auf sie verlaßen. Ich erwarte meine Schüler und muß daher zum Schluß eilen. Werde ich bald, GeEhrteste Eltern, mir eine Antwort von Ihnen versprechen können? Ich bitte darum. Gott erhalte Sie und stärke Sie an Leibs und Gemüthskräfften. Er mache mich Ihrer Zärtlichkeit würdig. Schlüßen Sie mich in Ihr Gebet ein und vergeßen Sie nicht Ihren Sohn, der Ihnen mit der kindlichsten Ehrfurcht die Hände küst und sich Ihrem theuren Andenken Zeit Lebens empfiehlt. Johann George Hamann. Alle gute Freunde bitte ergebenst v. herzlich zu grüßen, besonders unsere Hausgenoßen und unter denselben die Jgfr. Degnerinn. Das Zoepfelsche Haus, meinen lieben Zuckerbecker, Liborius Nuppenau, süßen Andenkens. Meine Gönner, HE. Diac. Buchholz, HE D. Lilienthal pp. Mein seel. Rappolt fällt mir ein. Wird mir mein Bruder seinen Catalogum v seinen Lebenslauf schicken, der im Intelligent Blatt steht. Wie viel hat er an den Mann verloren v seinen Tod nicht einmal berichtet, daß ich ihn auch hätte beweinen können. Wie mag es seiner Wittwe v Waysen gehen. HE Karstens bitte ich gleichfalls freundschaftl. zu grüßen; v mich noch diesen Posttag zu entschuldigen. Leben Sie wohl Geliebteste Eltern; ich bin zeitlebens Ihr gehorsamster Sohn. Riga den 16 Junius. 1754. Herzlichgeliebteste Eltern, Der Brief meines lieben Vaters hat mich unendlich erfreut. Gott sey Dank, der Ihnen so weit geholfen hat. Er wird auch das übrige thun. Die zwey Briefe von Mietau habe noch nicht erhalten ohngeachtet ich deswegen an HE D. Lindner geschrieben, der mir nicht hat antworten können v den ich wegen seiner Geschäfte entschuldigen muß. Wir werden den 22 h. (ich schreibe alles nach dem N. Styl.) wiederabreisen v heute um 8 Tage also in Mietau seyn. Ich sehne mich recht aus Riga v kann mich hier wenig Vergnügens erfreuen. Den 7 h. habe einen Anfall Nachmittags vom Fieber bekommen. Sonntags war wieder mein schlimmer Tag, ich war an demselben bey dem Regierungs R. v. Campenhausen Mittags mit meinen jungen Herrn zu Gaste. Sie können leicht denken wie mir zu Muthe gewesen. Die Kälte war leicht überstanden; die Hitze kam mit gewaltigen Kopfschmerzen dergl. ich noch nicht gefühlt nach der Tafel. Der Hofmeister ist ein Sachse, ein liebenswürdiger Mann vom Umgange der sich für einen Vetter im weitläuftigen Verstande von Gellert ausgiebt; dieser suchte mich auf alle mögl. Art durch Spiritus v dergl. Mittel zu Hülfe zu kommen. Seine Gesellschafft war mir so angenehm daß ich das Fieber nur halb gehabt habe. Dienstags kam es förmlich wieder; Donnerstags gleichfals v gestern ist es auch glückl. überstanden. Ein Husten v ein Schmerz in der linken Seite, der beym Othemholen v besonders beym Husten zu Stichen wird, sind mit demselben begleitet. Der Magen hat keinen Appetit, verabscheuet alles v das geringste was er genüst wird ihm zur Last. Ich habe mich bisher bloß Gott und meiner Natur überlaßen v. nicht das geringste gebraucht außer ein paar öhmischen Balsamtropfen auf Zucker die mir heute im Munde gesteckt worden. Es hat mich ziemlich schon angegriffen. Ich denke noch biß zu uns. Abreise auszuhalten da ich mich denn in Mietau dem HE. D. Lindner anvertrauen werde; weil ich merke, daß ich eine ganze Cur nöthig habe v die Hypochondrie bey mir zunimmt. Ihrem Rath liebster Papa! würde ich mich am liebsten unterwerfen. Suchen Sie mir doch wenigstens ihre Meynung über mein Fieber v die HülfsMittel dawieder mitzutheilen. Vielleicht wird es meine Natur auf einen beßern Fuß setzen, wenn ich es werde mit Gottes Hülfe überstanden haben. Mein voriger Wirth befindt sich mit seiner Frau gleichfalls unpäßlich ppp. Des HE. Generalen Excell. besuchten mich selbst gestern v man qvält mich mit Eßen v Artzeneyen. Die hiesige Lufft v Witterung ist ungesunder wie in Grünhoff. Wir werden uns wenigstens 8 Tage in Mietau auf dem Höfchen aufhalten. Ich werde gleich mit meiner Ankunfft schreiben. Ist mein Bruder schon zu Hause gekommen; auf dem Lande wird er Zeit gehabt haben Gedanken für mich zu sammlen, die ich mir bald schriftl. zu sehen verspreche. Meiner lieben Mutter kann berichten daß mein erstes Hemde fertig ist; ich wollte es aber nicht gern anziehen als biß ich gesund würde. Macherlohn nach unserm Gelde für das Stück 2 Orth. Ein paar Schuh 5. v ein p. Stiefel 5 biß 6 Alb. Thrl. Die Preise sind von den unsr. sehr ungl. Einen Haarbeutel habe mir auch hier angeschafft. Meine Weste soll biß zu künfftigen Sommer wills Gott! aufgehoben seyn. Herr Karstens bezeigt sich hier gegen mich sehr freundschaftl. v. gefällig. Ich untersage mir fast allen Umgang v. alle Bekanntschaft, weil hier selbige nachtheilig v. kostbar; ich auch wenig geschickt dazu bin. Darf ich lieber Papa wohl wegen der Laute Anfrage thun? In Ansehung der Barbier Meßer, die Sie mir gütigst anbieten, bedanke ich mir schon im voraus; weil ich selbige höchst nöthig habe. So gut wie mögl., wenns Engl. seyn konnten. Einen guten Stein wünschte auch dabey zu sehen. Ich empfehle mich Dero Väterl. v Mütterl. Gebet v küße Ihnen beyderseits voll kindl. Ehrfurcht die Hände als Dero gehorsamster Sohn. Meinen Bruder umarme. Jfr Degner., v übrige Hausgenoßen nebst allen guten Freunden bitte herzl. zu grüßen. Dem HE. M. v seiner Frau Liebste meine Antwort ehstens zu versprechen die ich durch durch des HE. Bruders Schuld ein wenig spät erhalten habe. Leben Sie wohl v. lieben Sie mich. Meyhoff. den 26 Junii 1754. Herzlich Geliebtester Vater, Ich mache jetzt einen Brief fertig, deßen Bestellung durch einen Fuhrmann ich dem D. Lindner überlaßen werde. Ein guter Freund hat mir einen andern Pelz eingekauft der an Güte ungl. beßer ist. Wenn meine Umstände reicher seyn werden so will ich mit Gottes Hülfe einen beßern besorgen. Vertragen Sie unterdeßen diesen mit Gesundheit. Meinen andern habe an HE Belger verkauft v 2 Thrl. mit Vergnügen daran fallen laßen um ihn loß zu seyn. Ich habe dafür ein Buch von 8 Theilen angenommen das ich mir längst gewünscht habe; es sind Pitavals berühmte Rechtshändel. 8 Thrl. ist er mir an Gelde schuldig; davon er 3½ Thrl. Alb. für ein Paar Stiefel (die ersten die ich hier habe machen laßen) und 5 Orth für ein Paar Schuhe auszahlen wird. Urtheilen Sie, wie das Geld hier verschwinden muß. In Mietau muste am Johannistage 18 gl. geben um meine Perücke accomodiren zu laßen. Die Arbeit war aber auch was werth v wenn es theurer ist so hat man hier dafür Handwerker, denen die unsrigen nicht beykommen noch das Waßer reichen. Was meine Gesundheit v. übrige Umstände anbetrift so werden Sie mit diesem v folgenden Posttagen davon neuere Nachrichten haben. Ich habe gestern 12 Pillen eingenommen die oben v unten brav Luft gemacht haben des Abends ein Pulver v heute frühe auch eins. Meine Unzufriedenheit wird mich beynahe auf den Entschluß bringen dieses Haus zu verlaßen. Der Rath des HE. D. Lindners in Ansehung meiner Gesundheit bewegt mich auch dazu. Ich habe selbige durch Arbeit hier etwas heruntergesetzt v. er hat mich in ein Haus in Vorschlag gebracht, wo ich ruhiger, reicher, zufriedner werde leben v. meine Wißenschafften nicht ganz aus den Augen setzen können. Morgen habe ich mir vorgenommen mich dem HE. General zu erklären; ich bin begierig zu sehen wie er meinen Antrag aufnehmen wird. Meinen Endzweck zu reisen werde in diesem Hause nicht erreichen v es würde mir so viel Kräfte kosten daß ich dazu ungeschickt würde; wenn etwas vorfallen sollte. Ich will mich der Göttl. Fügung v. den Umständen überlaßen. Man hat meine Bescheidenheit gemisbraucht; ich mag mich aber so wenig zu nahe kommen laßen als ich es andern thue. Mit Leuten die ihre Achtung bey mir verlieren kann ich nicht leben als auf Unkosten meines Gewißens v meiner GemüthsRuhe; und ich liebe beyde zu sehr als daß ich selbigen Feßel anlegen sollte. Das verschwendete Lob des HE. Generals wird meine Rechtfertigung seyn, wenn ich ein ander Hauß suche. Ich glaubte hier in mehr Ordnung leben zu können als in Riga; es ist aber das Gegentheil. Da ich nicht neues weiß, was ich nicht mit nächster Post in Ansehung HE Belgers, Ihres Briefes, lieber Papa, der mir 100 Sorgen macht, meiner Cur pp zu schreiben gedenke; so werde ich mich zum Schluß wenden, mich Ihrem Gebet kindlichst empfehlen und mit der ehrerbietigsten Ergebenheit mich nennen Ihren gehorsamsten Sohn. Johann George Hamann. Herzlich Geliebteste Mutter, Ich schreibe Ihnen aus einem Orte, in dem die Natur viel Vergnügen v. Wollust für einen gesunden v zufriednen Menschen zubereitet haben würde. Ein schöner Hof, tägl. Gesellschafften die schönste Gegend, die die Kunst kaum so vollkommen hätte bilden können v eine viertel Meile von der Stadt. Meine vorgestrige Erschreckniß hat mich aber etwas kränker gemacht; die Artzeneyen verbieten mir den Gebrauch der unschuldigsten v angenehmsten LebensMittel. Ich wohne in einer Herberge die unordentl. ist v für einen polnischen Hofmeister beqvem genung seyn würde. Mit meinem Unterricht geht alles krebsgängig; heute ist Mittwoch; noch habe ich diese Woche mit meinen jungen HE. nicht was vornehmen können noch wollen. Man bringt mir Klagen von Ihrer Ungezogenheit, die mir empfindlich sind v. alles geschieht unter Aufsicht v. auf Rechnung der Eltern, die mit Auszahlung ihres neuen Gutes so beschäfftigt sind, daß sie sich kaum des lieben Gottes dabey erinnern können. Die Fliegen und Mücken stechen mich bald zu Tode; v meine beyde Hände sind so wund daß sie einer bösen Krankheit ähnlich sehen. Ich bin dieser Gefahr auch ausgesetzt, daß ich in einem Hause gehen muß wo man in einer sehr unreinen Haut Höflichkeiten pp annehmen muß erweist. Noch bin ich verschont geblieben Gott Lob! Für den Baptist zu 5 Hemden habe 4 Thrl. Alb. 3½ Orth wo ich nicht irre 4½ Alb. Thrl. zahlen müßen; er soll aber gut seyn. Die Qvarder Stücke mitgerechnet. Macherlohn das Stück zu 2 Orth; ausgezackt 4; ich trage sie am wohlfeilsten. Meine alte Briefe will ich beylegen die nicht damals mitgegangen sind, da ich meinen koddrigen Pelz schicken wollte, der mir noch 4 Thrl 1 Orth auf dem Portorio kosten sollte. Ich küße Ihnen mit der kindlichsten Ehrfurcht die Hände. Gott gebe Ihnen Gesundheit v. viel Freude an Ihren Kindern unter denen ich Johann George Hamann der älteste zu seyn die Ehre habe. Adieu. Grünhof den 6 Aug. 1754. Zärtlich geliebteste Eltern; Ich setze mich an meinen Schreibpult v. fange diesen Brief mit dem herzlichen Wunsch an, daß Sie derselbe gesund und in einem zufriednem Augenblick antreffen mag. Meinen letzten werden Sie ohne Zweifel erhalten v den Inhalt deßelben nicht gemisbilliget haben. Ungeachtet ich mir schon eine Antwort darauf versprochen, so erwarte ich gleichwol selbige mit erster Post; v ich hoffe, daß meine liebste Eltern so zufrieden seyn werden als ich es bin. Herr Berens ist unerhört geschwinde gereist v ich habe ihn leyder verfehlt; er ist den Dienstag nach seiner Abreise aus Königsberg schon in Mietau des Abends gewesen v. Mittwochs zu Mittag nach Riga abgegangen, hat in dem Wirthshause nach mich gefragt mich grüßen laßen v. versprochen mit ehsten wieder in Mietau zu seyn. Ich hatte ihn wegen der schwülen Tage 10 Zeit gegeben v habe also um 3 wenigstens zu viel gerechnet. Die rußischen Fuhrleute halten ihr Wort nicht immer so genau. Der preußische mit s meinen Sachen wird auch vermuthlich itzt angekommen seyn; weil mir HE. D. Lindner endl. einmal geschrieben, daß er einen gefunden. Die halbe Baranke, die noch fehlt, wird gewiß noch vor dem Herbst oder Winter gleichfalls ihre Aufwartung machen. Von uns. Rigischen Freund kann nichts zu hören bekommen, ob er schon sein Exilium angetreten oder nicht. Hat mein Bruder nicht erfahren, welcher Landsmann auf das HE. D. Funck Recommendation nach Curland kommen wird. Man macht mir von meinem Tausch viel gute Hofnungen; welche die Zeit bestätigen wird. Ich bin sehr ersucht worden die Ankunft meines Nachfolgers aus Leipzig zu erwarten v man hat neue Anerbietungen gethan mich diesem noch vorzuziehen, wenn ich mich entschlüßen könnte. Wenn man sich Zeit genommen hat zu überlegen; so ist es kein Eigensinn oder Fehler unbeweglich zu seyn. Meinen lieben Herrn Rittmeister hoffe auch noch vor meinem Abschied hier zu sehen; ich weiß nicht, wie er von dem Credit, den ich bey meinem Bruder habe v. von den guten Eigenschafften, die ihn zu einem dienstfertigen Freund machen, urtheilen wird. Wenigstens wird er vermuthen, daß ich zu Hause übel angeschrieben seyn muß ohngeachtet der Zärtlichkeit, mit der ich jederzeit gegen ihn an meine Freunde gedacht v. die ich gegen ihn als einen Kenner mehr wie einmal ausgeschüttet habe. Ich habe ihm unterdeßen neulich meine eigene Laute zum Bürgen gegeben, v da ich die Wahrheit v. mein Wort so ziemlich liebe, so wird ihn dies vielleicht zum Mitleiden bewegen, daß ich darunter nicht leide. Wo nicht; so werde ich eine aus Lübeck müßen verschreiben müßen v es wird mir leid thun, daß mein Bruder den Dank eines schätzbaren Mannes nicht verdienen will. Ich sehe mich genöthigt, Geliebtester Vater, meine Zuflucht in einer andern Angelegenheit zu niemanden anders als zu Ihnen zu nehmen, und ich traue hierinn Ihrer Güte desto zuverläßiger, da es Ihnen am leichtesten seyn wird diese Bitte mit der gehörigen Vorsicht zu erfüllen. Es ist ein Werk der Menschenliebe, um welches ich Sie bitte. Ich habe schon längstens hierinn einem guten Freunde zu Gefallen Anschläge gemacht, die aber zu weitläuftig gewesen, als daß ich selbige hätte ausführen können, wie sich jetzt eine Gelegenheit dazu zeiget. Ein guter Freund, dem seine Geburt ein Geheimnis ist v kein Mittel hat das Räthsel seines Standes aufzulösen; durch gegenwärtige Schrift aber den Stand, den Namen seiner Eltern pp. zu erfahren vermuthet. Seine Neigungen v. die dunkeln Erzählungen anderer verrathen keine schlechte Abkunfft. Ich habe mich anheischig gemacht ihm für seine Freundschaftsdienste zu dieser wichtigen Entdeckung zu verhelfen; mir auch Wege dazu schon ausgedacht, die aber alle ziemlich unbeqvem sind. Weil der Anfang dazu durch Übersetzung gegenwärtiger Handschrift gemacht werden muß; an derselben ihm aber viel gelegen ist; so vertraue ich selbige Ihnen GeEhrtester Papa an. Die Abgesandten in Warschau machen mir dieses Mittel sehr leicht durch einen von Ihren Dollmetschern den Inhalt derselben zu erfahren. Herr Hävelke ist in Pohlen sehr bekannt; v würde wohl dorten einen sichern Freund finden, der dafür stände, daß selbige nicht verloren gienge v so bald wie mögl. eine Verdeutschung derselben verschafft werden könnte. Sollten dazu Unkosten gehören; so nimmt sie dieser Freund auf sich, wiewohl dieses ohne selbige anfängl. wohl wird abgemacht werden können. Wenn es mir nicht an Zeit fehlte; so würde ich eine Copey davon genommen v selbige aus Vorsicht nur überschickt haben. In Ihren Händen v durch selbige wird sie aber so gut als bey mir selbst aufgehoben seyn. Ich glaube nicht, daß weder D Prof. Kypke noch der getauffte gelehrte Jude hiezu geschickt sind. Man könnte sich durch HE M. Lindners Güte bey beyden hierüber erkundigen ohne sich in die geringste Erörterung auszulaßen. Vielleicht kann letzterer (der Jude) eine Copie davon nehmen v so wäre es mir lieber daß das Original zurückbliebe v. mir auf das sicherste wieder zugestellt würde. Es sind Umstände bey dieser Sache, aus denen man sich vermuthen kann, daß diese Entdeckung nicht fruchtloß seyn wird, v welche den Innhalt dieser Schrift vielleicht alle entwickeln wird. Ich bitte daher nochmals auf das feyerlichste sich dieser Sache so gut als möglich anzunehmen v mir so wohl eine Antwort als Erfüllung meiner Bitte mit ehsten zu gewähren. Mit erster oder nächster Post werde wieder schreiben v. meinen Bruder auch HE. M. Lindner nicht vergeßen, die ich beyde umarme. Des letzteren Brief habe erhalten. Mein Gebeth geht auf die Erhaltung meiner besten v. liebsten Eltern v ich schließe mit selbigem wie ich damit angefangen habe. Uebrigens beschwöre ich Sie nochmals weder im Bösen noch mit Gram an mich zu denken. Wenn Sie mich ja für ein Kind ansehen, liebste Eltern, das nicht gerathen ist; so freuen Sie sich wenigstens, daß ich nicht verdorben bin. Ein paar schlechte Würfe machen noch keinen Spieler verzagt, noch kein Spiel verloren. Es ist eben so lächerlich über sich zeitl. Umstände als bey einem Trauerspiele über sich das erdichtete Unglück eines acteurs zu weinen Gemüth gehenzu laßen. Ich küße Ihnen 1000 mal die Hände Sie mögen wollen oder nicht als Ihr gehorsamster v. bester Sohn. Johann George Hamann. Alle gute Freunde v. Jgfr. Degnerinn grüßen Sie von mir. Grünhof, den 29 August. 1754. Was machen Sie liebster Freund, wie leben Sie mit Ihrem Marianchen? Die Liebe, oder an deren Stelle die Freundschaft wird Sie für alle die Streiche fest machen, die Ihnen das Glück leiden laßen kann. Ich wünschte die Gemüthsverfaßung zu wißen, in der Sie jetzt stehen, da Sie vielleicht alle Augenblicke ein kleines Geschöpf erwarten, das Sie für Ihre Mühe liebkosen wird. Da ich nur für 2 Tage mein Geburtsfest gefeyret habe; so sind mir noch die Empfindungen im frischen Andenken, die ich über das Glück gehabt, von ehrl. von rechtschaffenen Eltern geboren zu seyn. Ungeachtet der kleinen Grausamkeit, mit der mich die meinigen lieben, ungeachtet der erschreckl. Demüthigungen, die mir Ihre herzliche Neigung gegen mich kostet; so werde ich doch Ihre Erhaltung v Ihre Zufriedenheit als das gröste Gut, das mir die Vorsehung in meinem Leben genüßen laßen kann, jederzeit ansehen. Ich bin in der äußersten Unruhe mein Liebster Lindner, über Ihr langes Stillschweigen; Gott gebe, daß an dem daßelben nichts anders als eine Strafe für meine letzten Briefe, die man vielleicht nicht oder unrecht verstanden, v für die darinn enthaltene Nachricht v. Betrachtungen, seyn möge. So schwer auch diese Strafe ist v so wenig ich mich überführen kann diesen Unwillen jetzt verdient zu haben; so gern will ich mir doch selbige gefallen laßen. Wenn ich diesen Bann, in den mich meine nächsten Freunde zu legen scheinen, durch meinen Gehorsam lösen kann: so werden Sie mich auch hiezu willig finden, so sehr ich auch darunter leide. Ich unterstehe mich fast nicht zu Hause zu schreiben; weil ich noch keine Antwort auf meine letztern Briefe habe v mich von denen Gesinnungen mr. lieben Eltern keinen Begrief machen kann. Ich bin in Ansehung Ihrer vielleicht in eben dem Irrthum als Sie in Ansehung meiner. Ich stelle mich Selbige vielleicht mehr aufgebracht gegen mich vor, als v. Sie machen sich von mir v. meinen Umständen weit schlechtere Vorstellungen machen, wie wir beydes es nöthig haben. Die Briefe meines Vaters sind seit einiger Zeit so vorsichtig, so gleichgiltig, so unbestimmt gewesen, daß ich er beynahe vermuthen muß, daß se. Gedanken oder se. Briefe mit mir nicht sicher genung sind. Die Post ist hier sicher v nicht wie weiter hinauf. Im letzten bezieht er sich auf HE. Berens, dem er sich entdeckt hätte; durch den ich aber noch nichts erfahren können. Ich wende mich also an Sie, mein lieber Lindner; melden Sie mir doch, was man von mir denkt v. worann es liegt, daß ich so ganz vergeßen werde. Sollten Klatschereyen, sollten Verläumdungen… doch ich weiß nicht wie v. nicht durch wen?… oder sollten Krankheiten. Gott behüte dafür! Mein Bruder kommt mir in meinen Augen ohne Entschuldigung vor. Kein einziger meiner Freunde begegnet mich mit der Kaltsinnigkeit v Nachläßigkeit, die er mir bezeigt. Nimmt er nicht meine Parthey oder wenn er S sie nicht nehmen kann ist es ihm so gleichgiltig mich leiden zu sehen, daß er sich nicht alle einmal die Mühe nimmt mich darum zu Rede zu setzen oder zu erinnern. Ich traue mir nicht zu ohne einige Bitterkeit ihm diese Verweise selbst zu geben. Geben Sie ihm doch wenigstens etwas zu verstehen. Verdient meine Neugierde die Welt zu sehen den Haß meiner Eltern v ist dieser Endzweck lasterhaft. Gesetzt daß mir die Mittel dazu was kosten, daß mir die Wege meine Absicht zu erreichen sauer gemacht zu werden. Wenn ich damit zufrieden bin; so könnte meine Beständigkeit vielleicht mehr ihren Beyfall als das Gegentheil verdienen. Um mich bey ihnen aber aus allem Verdacht zu befreyen, daß meine Aufführung ungeschickt oder ärgerl. gewesen; so kann ich Sie nicht beßer überführen, als wenn ich die wiederholten Anerbietungen dieses Hauses annehme. Ich bin zu diesem Opfer halb entschloßen; kein anderer Bewegungsgrund dringt mich dazu, als der meine Eltern zufrieden zu stellen. Man hat die halbe Hofnung die ich hier dazu gemacht mit so einer Art aufgenommen daß die Erkenntlichkeit allein mich dazu verbinden wird selbige ganz zu erfüllen. Melden Sie also meinen Eltern (ich hoffe, daß Sie unser Haus bisweilen noch besuchen v mit eben dem Vergnügen v Zärtlichkeit oder wenigstens aufrichtiger Gutherzigkeit als sonst darinn gesehen werden) als eine eigenhändige Nachricht von mir oder als eine Zeitung des HE. Doctors, daß ich hier bleiben werde um die Aufnahme dieses Antrages zu erfahren. Antworten Sie mir doch, wie dieses aufgenommen werden wird mit erster Post. Geschieht hiedurch meinen Eltern Genüge; so entschlüße mich dazu um Sie auf alle andern Fälle zufrieden zu sprechen v Sie von meiner Aufrichtigkeit in meinen Briefen zu überführen, die ich ins künftige werde einschränken müßen. So schwer es mir auch wird gegen Freunde vorsichtig zu schreiben v mit Zurückhaltung. Ich danke denen die an meine Umstände Antheil nehmen. Ich verlange aber im Glück nicht solche als Schmäuchler sind v. in wiederwärtigen Fällen nicht solche, die mir durch unzeitige Verweise v. übertriebne Klagen noch mehr unglücklicher beynahe machen. 120 Thrl. Man hat mich umarmt v auf die tiefste Art heruntergelaßen. Die Frau Gr. machte mir heute 4 ℔ Coffée pp. Ich habe eine neue Stube v gewiß ein Haus das Vorzüge hat; es würde aber vor jeden andern beßer als für mich seyn weil ich meinen Endzweck hier nicht erreichen kann. Wenn ich mich ja entschlüße; so soll es nicht länger als auf ½ Jahr seyn, v damit, mein lieber HE. Magister‥ Gott befohlen. Eigennützige Anträge machen mich nicht gefälliger; v selbst die Noth würde mich eher stolzer als niederträchtig machen. Ich würde Sie mit einem Briefe, der ganz aus dem Gleise geht, nicht beschwert haben, wenn ich mich anders zu helfen wüste v wenn ich nicht das gute Vertrauen behalte Sie so wenig verändert in Ihrer alten Neigung als mich selbst zu wißen. Mit nächstem will ich Ihnen v. Ihrer liebenswürdigen … ich wollte Hälfte schreiben; v. besann mich nicht daß S sie gegen Ihren armen Mann jetzt ⅔ ist. Umarmen Sie doch mein liebes Mütterchen, danken Sie Ihrem guten Herzen gegen ihren Sohn, der sein künfftiges Geschwister schon im Geist biß auf ein Dutzend bewillkommt. … Verzeyhen Sie meinen Scherz; Gott gebe‥ Ich wollte Sie so glückl. daß Sie auch keine Wünsche mehr bedürftig wären. Der HE. D. Ihr Bruder wird diesen Brief vielleicht mit er. Nachricht seiner eigenen Umstände begleiten, die ich nebst vielen ehrl. Leuten ihm beständiger v glücklicher gegönnt hätten. Schreiben Sie mir bester Freund, v grüßen Sie meine übrigen. Ihrem Schatz küße die Hände. Hamann. Oben auf der ersten Seite: Mit nächster Post liebster Freund Antwort; haben meine Eltern das türkische Mssc. erhalten v schon Anstalt zu Übersetzung deßelben gemacht. Grünhof. den 27 Octobr. 1754. Herzlich Geliebtester Vater, Endlich, endlich, endlich bin ich mit einem Briefe erfreut worden, der meinem langen Kummer ein geschwindes Ende gemacht hat. Gott erhalte v. seegne meine liebste Eltern an Gesundheit v. Gemüthskräften. Wenn ich davon v ihrer Liebe gegen mich überführt seyn kann; so würde ich Sie bisweilen gern der Mühe überhoben wißen an mich zu schreiben. Ich weiß nicht, womit ich den HE. D. L. entschuldigen soll; verzeyhen Sie ihm es aber. Ich freue mich herzlich über die Nachricht meines Bruders in Ansehung der Laute v. warte mit jeder Woche auf Fuhrmann Arensberg. Der Preis derselben soll mit dem ersten zurückgeschickt werden. Es liegt an den oder an meinen Freund, daß die halbe Blame noch nicht abgegangen; sie ist schon längst eingekauft. Wenn sie nicht völlig mit dem andern übereinkommen sollte so liegts nicht an mir. Ich habe von dem Gelde, was ich dazu bestimmt, noch 2 Thrl. Alb. zurückbekommen. Laßen Sie sich dies Unterfutter, Liebster Papa, auf ein paar Winter gut seyn; vielleicht kann ich Ihnen in der Zeit was ungleich beßeres für Sie verschaffen. Gott erhalte Sie nur v mache mit mir, was er will. Vielleicht würden Sie mich in der Nähe nicht so lieben als jetzt in der Ferne… Ich habe in der Angst um nicht lange gestört zu werden ein Glas engl. Bier ausgetrunken, welches man mir unten schickte, weil ich heute zu Mittag nicht oben gespeist habe. Vielleicht thut mein lieber M. mit seiner Frau um eben diese Stunde ein gleiches bey Ihnen. Es ist Sonntag v. Mittag. Es mag Ihnen allen so gut schmecken als mir! v uns allen gut bekommen!!!!! Ich wiederhole meine Bitte in Ansehung des orientalischen Schreibens; Befördern Sie Liebster Papa, die Copey deßelben; ich will die Kosten dafür gut thun v. erwarte so bald als mögl. die Nachricht daß es nach Holland abgegangen v alsdann eben so bald die Übersetzung davon. Ihre gebrauchte Vorsicht das Original nicht auf ein Gerathewohl aus den Händen zu laßen ist nöthig gewesen. Kurz ich verspreche mir alles von Ihrer Güte für Ihren Sohn v. seine Angelegenheiten. Ich weiß daß Sie so gütig seyn v. mit dem Fuhrmann accordiren werden; es ist den Leuten natürl. v mit I ihnen nöthig unverschämt hier zu seyn, mir aber unmögl. Ich leide also allein darunter. Was ich aus guten Herzen gebe, thue ich gerne. Dingen Sie aber nicht zu sehr mit Ihnen damit sie nicht abgeschreckt werden. Ich bin übrigens Gott Lob! gesund; wie ich diesen Winter überstehen werde weiß ich nicht. Bey den Gefängnißen hat man Wiesen und Plätze, wo man Luft schöpfen kann. Des HE. Rittmeisters Qvartir hat mir voriges Jahr dazu gedient. Er ist aber jetzt einige Meilen weiter. Ich habe vor 8 Tagen eine Nacht bey ihm logirt in Mietau. Was für ein gefälliger Mann! Auf Weynachten bin ich ein 8 Tage mit Gottes Hülfe in Riga v noch ein Besuch ist beym Schlittenwege in des erstern Winterqvartier zugedacht. Dies ist mein Vorrath auf den ganzen Winter; ich kann mich damit behelfen. Mein Bruder wird mir zu einer Antwort von seinem Jgfr. Muhmchen verhelfen. Ich kann diesen Dank für meine Mühe von ihm fordern. Ich erinnere mich, daß Sie mir von einem Vetter schrieben, der in unserm Hause wäre; s Sie schienen mit seiner Aufführung zufrieden zu seyn. Ich habe bisher vergeßen Ihn grüßen zu laßen. Wiederholen Sie es doch jetzt. Ich wünsche daß er die gute Hofnung erfüllen mag, die Sie von ihm gefast haben. Ist M. Zink noch bey Ihnen? Was macht das Zöpfelsche Hauß? Ist Lorchen artig geworden; wo nicht so wird Sie Gesellschaft an mein gewesenes Rigisches Muhmchen bekommen, die auch diesen Namen führt. Wenn es mir nicht an Zeit fehlen sollte; so hoffe ich noch an die Jgfr. Rentzen zu schreiben. Mein Bruder hat mich einmal daran erinnert. Unserm ehrlichen HE. Karstens habe geantwortet v ich bitte Beylage an ihn bestens zu befördern. Ich schreibe ehstens wieder, empfehle mich Ihrem Gebet, küße Ihnen 1000 mal die Hände v bin Zeitlebens Ihr gehorsamster Sohn. Zärtlichste Mutter, Vergeben Sie mir den Kummer, den ich Ihnen ohne meine Schuld durch mein langes Stillschweigen gemacht habe. Sie versichern mich eigenhändig Ihrer schätzbaren mütterlichen Liebe. Diese Zeilen haben höheren Werth bey mir als die Ausfertigung des grösten Amtes, was Sie mir wünschen könten. Ich danke Ihnen kindlichst dafür. Wenn Ihnen weder der Ehrgeitz noch die Geschicklichkeit anderer Söhne schmäuchle, so laßen Sie sich mein gutes Herz wenigstens gefallen, welches den Werth der besten Mutter gewiß erkennt und Selbige niemals zu verehren aufhören wird. Mein Vetter Nuppenau steht in Begriff eingekleidet zu werden; ich wünsche Ihnen bald eben diese Zufriedenheit in Ansehung meines Bruders, der Ihre Absichten eher und geschwinder, wenn Gott will, wird erfüllen können. Eben dieser gute Gott schenke Ihnen Gesundheit und ein zufriednes Herz, Liebste Mama. Ich kann ihm jetzt für beydes danken. Seine Vorsicht nehme sich aller unserer Anschläge und Wege an! Sie mache diese richtig und jene lauter! Außer dem Beyfall meines Gewißens soll mir keiner schätzbarer seyn, als den ich von meinen lieben Eltern erhalten kann. Ich ersterbe mit diesen Gesinnungen und mit den Trieben einer ewigen Erkenntlichkeit Ihr gehorsamster Sohn. Johann George Hamann. Ich habe kürzlich einen sehr weitläuftigen Brief vom HE. B. aus Liebau erhalten. Er hat ein großes Gerüste von Complimenten v. freundschaftl. Vertraulichkeiten aufgeführt um mir eine Bitte anzubringen, die ich ihm weder mit guten Herzen gewähren kann, noch von der er sich so viel versprechen kann als er sich schmäuchelt. Weil er in Berlin wegen seines Gutes etwas zu suchen hat, so ersucht er mich ihm den Namen meines dortigen guten Freundes zu melden v eine Art von EmpfehlungsSchreiben ihm zuzuschicken, in deßen Begleitung er ihm sein Gesuch dort behülflich zu seyn vortragen könnte. Ich mag meine Freunde nicht gern mit meinen eignen noch weniger ohne Noth mit fremden Angelegenheiten beschweren, insbesondere, einem andern eine Carte blanche geben ihnen auf meine Rechnung Ungelegenheit zu machen. Er hat mir seinen Brief mit einem Fuhrmann überschickt, der zum Postgeld ein Stoff Wein gefordert. Ich will ihm selbst mit erster Gelegenheit antworten im fall er sich an Ihnen schlüge werden Sie so gütig seyn ihm den Namen meines dortigen Freundes nicht zu melden. In Ansehung der Ohrgehänge läugne ich nicht, daß mir ein sehr großer Gefalle geschehe selbige durch den ersten Fuhrmann besorgt zu sehen. Ich habe die Laute, lieber Papa, nicht unter dem vortheilhaften Kauf verlangt, für den Sie mir selbige überschickt haben; also sehen Sie meine Freyheit, mit der ich Ihnen gegenwärtig wieder beschweren müßen als keinen Misbrauch Ihrer Freygebigkeit an. Ich ersuche Sie herzlich darum mir hierinn keine Unverschämtheit beyzumeßen. Es würde mir leyd thun, wenn dieser Verdacht zu einigen Klagen in Ihrer letzten Zuschrift Anlaß gegeben hätten. Sollte Ihnen Liebste Eltern, ihrer Kinder wegen an Ihrer Einnahme mehr als sonst gelegen seyn; sollten Sie, Liebste Eltern, Ihrer Kinder wegen bey Ihren Ausgaben ängstlicher geworden seyn, v denen zu Gefallen kümmerlicher v unruhiger den Seegen des Himmels ansehen: so habe ich mir in diesem Briefe eine unanständige Freyheit genommen Ihnen anstatt aufrichtiger Erklärungen unverschämte Lügen zu sagen, so müsten sie uns weniger lieben, als wir es uns überreden, so hätten wir niemals Ihre Zärtlichkeit verdient. Ich traue meinem Bruder in diesem Stück gleiche Gesinnungen mit mir zu. Ich freue mich in Ansehung des arabischen bald die lang erwünschte Uebersetzung zu erhalten v. bitte mir die abgenommene Copey zugleich mit aus. Nun meinen lieben Magister denke auch mit ehsten zu umarmen. Wie entzückend wird es für mich seyn einen so alten redlichen Freund wiederzusehen! Ich will ihm noch selbst ein paar Worte schreiben. Gott gebe mir bald die angenehme Nachricht, daß Sie mir mit frischen Kräften v Herzen wieder schreiben können. Ich schmachte selbige zu lesen v empfehle Sie seiner liebreichen Vorsorge, so wie sich Ihrem Gebet und väterlichen Liebe auf Zeit Lebens empfiehlt Ihr gehorsamster Sohn. Herzlich Geliebteste Mutter, Ich leide bey dem neuen Kreuze, was Ihnen Gott aufgelegt hat. Er hat es uns nicht verschwiegen, wie wir es aufnehmen und womit wir uns trösten sollen. Wir wollen uns, liebe Mama, beyde darnach richten. Derjenige Freund, der uns seiner in guten und bösen Tagen erinnert, deßen Liebe zu uns eifersüchtig ist, laß er seine Freundlichkeit Ihnen auch in dieser Krankheit, mit welcher er Sie heimsuchet, fühlen. Ich bitte und ruffe ihn um Ihre Gesundheit an; und nenne mich nach einem kindlichen Handkuß mit der zärtlichsten Hochachtung Dero Ihr gehorsamster Sohn. Johann George Hamann. Erlauben Sie mir noch auf das eilfertigste zwey Worte an meinen Bruder anzuhängen. Ich danke Dir mein lieber Bruder für den Anfang Deines Schreibens; es thut mir leyd daß du durch Kopfschmerzen verhindert worden selbiges zu Ende zu bringen. Besorge mir eine baldige Antwort von HE. Magister. Künfftig ein mehreres. Vergiß Deine Fortsetzung nicht. Ist des seel. Rappolts Catalog schon fertig. Du böser Mann hast mir sein Leben von D. Lilienthal nicht mitgeschickt auch keinen Auszug deßelben. Gieb doch dem HE. M. selbiges v HE. Trescho Abhandlung vom Genie mit. Lebe wohl. lebe wohl nach drey v vier Umarmungen. lebe wohl grüße Deine v. meine Freunde. Jgfr Degnerin pppp Ohmchen v Muhmchens Geliebtester Freund, Ich umarme Sie schon in Gedanken tausendmal; v. freue mich daß Sie schon so weit sind. Um des Himmels Willen! vergeßen Sie nicht meinen Nachfolger mitzubringen. Ich sterbe für S so viel Verlangen Sie zu sehen als erlöst zu werden. Ein wenig Feuer wird ihm nöthig seyn. Ich wünsche ihm etwas Anstand und mit desto mehr meinen Abschied zu erhalten. Vielleicht wird mir Ihr Haus diejenigen Dienste thun, welche ein Gefangener von einer Wiese hat, auf die er spatzieren gehen kann. Gott weiß ich muß mich erholen, wenn ich nicht ganz von dem Geschlecht der Menschen, meiner lieben Mitbürger, mit denen ich noch auf der Welt leben soll, ausarten will. Ich fürchte mich Sie zu sehen bey allem dem Vergnügen, das ich mir dabey vorstelle. Wie werden Sie Ihren Freund finden; wenig gebeßert, vielleicht ärger, als Sie denken. Machen Sie sich fertig; ich verlaße mich auf Ihre Freundschaft. Melden Sie mir ja Ihre Abreise v. vermuthliche Ankunft. Sie werden mich doch auch besuchen. Wenn Sie doch einen Rußischen Fuhrmann bekommen könnten, um einige Tage v Beschwerlichkeiten zu ersparen. Haben Sie Reisegeld vom Magistrat erhalten? HE. B. meynte daß Sie dies fordern könnten. Er wird Ihnen selbst daran gedacht haben. Ein paar Zeilen Antwort, Liebster Freund, wenn es Ihnen mögl. ist. Haben Sie die letzten Briefe an HE. Hennings v. Sahme erhalten per Couv. des HE. Bruders? Ich schreibe gewaltig eilfertig. Entschuldigen Sie mich. Die Gelegenheit wartet, ich habe kaum mr. Mutter Brief schließen können. Vielleicht mit erster Post mehr, doch ich will erst Ihren Brief abwarten. Leben Sie wohl, bleiben Sie mir gewogen. Ihr liebes Matuschkachen grüßen v. küßen Sie von mir tausendmal, biß ich es selbst werde thun können. Eylen Sie, eylen Sie, wie ich es thue, bedienen Sie sich des guten Winters. Ich ersterbe Ihr treuer v aufrichtigster ergebenster Freund. Hamann. Ich erwarte selbige mit ehsten; lieber Papa. Der Weg über Danzig mit der Übersetzung wird doch nicht gar zu sehr in die Länge geschoben werden. Ich muß hundert Dinge unterdrücken, die sich niemals so gut schreiben als reden laßen; so gern ich das erste thue. Entschuldigen Sie meine Eilfertigkeit; versichern Sie sich von meiner ewigen Erkenntlichkeit. So furchtsam ich bin Sie zu beschweren; so sehr ich auch Alle die Unbeqvemlichkeiten weiß, die überhaupt mit anderen Angelegenheiten v insbesondere für Sie verbunden sind: so sehr verlaße ich mich gleichwol auf Ihre Liebe für Ihren Sohn v auf das gute Vertrauen daß ich Sie ohne Noth v bey leichteren Mitteln v. andern Umständen nicht überlästig seyn würde. Ich wünsche mir kein größer Glück als das Ende Ihrer Tage durch meine Hülfe Ihnen noch einmal angenehm zu machen v zu verhindern daß Sie sich Ihrer Zärtlichkeit gegen mich nicht gereuen laßen v ich bitte v hoffe diese Gnade von Gott. Bey meiner Jugend fordern Sie noch nichts mehr als den guten Willen v. bey der Erfahrung die Sie von den Wegen der liebreichen Vorsehung haben, versprechen Sie sich alles von derselben. Ich küße Ihnen mit der kindlichsten Ehrfurcht die Hände, empfehle mich Ihrem Gebet v. väterl. Herzen als Ihr gehorsamster Sohn. biß an mein Ende. Zärtlichste Mutter, Wenn es auf meine Wünsche ankäme, wie gerne wollte ich Ihnen alles Gute auf einmal gönnen. Ich bitte unterdeßen Gott, daß er Sie an Seel und Leib mit allen denjenigen begnadigen wolle, was Sie zu Ihrer geistl. v leibl. Wohlfart, v. was zu Ihrer Zufriedenheit gereichen kann. Der Sinn alles desjenigen, was ich Ihnen wünschen v schreiben könnte, fliest aus einem kindl. Herzen, das Ihre mütterliche Wohltaten v Zärtlichkeit ewig erkennen v nichts als Ihnen v der Vorsehung gnädig zu danken künftig lieber thun wird. Es fehlt mir jetzt an Zeit mehr zu sagen; es ist spät v. die Gelegenheit geht morgen in aller Früh ab. Setzen Sie Ihre bisherige Liebe Ihr treues Andenken, in dem Sie bisher so fest eingeschloßen haben, gegen mich fort. Sie überführen mich davon durch die Vorsorge, die Sie für meine kleine Wirtschaft tragen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit; v habe schon so viel Erfahrung daß uns Hemde nöthiger öfters als Rock, Westen v. Uhr sind. Noch bin ich zur Noth versorgt; unterdeßen lebe ich in keiner Wüste wie die Kinder Israels. Sie wißen daß ich 5 Hemde feine nämlich, mir habe machen laßen die ich bisher wenig getragen. Ich kann Ihnen aber meinen ganzen Etat (verzeyhen Sie Ihren lieben Sohn Fidibus ein klein franzöisch Wörtchen) jetzt nicht aufsetzen v behalte mir also den Gebrauch Ihrer geneigten Anerbietung künfftig vor. Gott erhalte Sie in allem erwünschten Wohl ohne daß Sie aber so viel für mich sorgen dürfen als Sie vielleicht jetzt thun. Ich küße Ihnen 1000 mal dafür die Hände v ersterbe Ihr g. S. Joh. George Ham. Grünhof den 5 Jenner 1755. GeEhrtester Freund, Ich habe wegen ausgebliebener Gelegenheit nach der Stadt zum Glück noch Zeit Ihnen auch zu schreiben. Schon ein paar Posttage her hab ich es gewünscht ohne dazu kommen zu können. Ihren angenehmen Brief habe eben von meiner Rückkunft aus Riga in Mietau erhalten. Ihre Freunde freuen Sich alle darauf Sie bald zu sehen; v ich sollte nicht denken, daß Ihnen unüberwindliche Hinderniße darinn in den Weg gelegt werden könnten. HE. Berens wird Ihnen vermuthl. schon geschrieben haben; seine Beßerung wird ihn schon so weit gebracht haben, daß er dieses ohne Kopfschmerzen wird thun können. Diese waren es, worüber er sich am meisten beklagte. Erlauben Sie mir unterdeßen, daß ich dasjenige, was ich theils durch ihn theils durch andere gehört, in der Geschwindigkeit auf allen Fall zusammen nehme. 1.) Sie dienen sich selbst nicht, wenn und legen sich chimärische Verbindlichkeiten gegen Leute auf, denen Sie nichts zu danken haben, wenn Sie Ihren Ruff als ein Werk der Barmherzigkeit ansehen v denselben durch unrechte Gönner sich günstiger zu machen suchen. Der Magistrat; v besonders der Bürgermstr. v. Scholiarch sind die Hauptpersonen, deren Beystand Freundschaft v Nachdruck Sie bey Ihrem künftigen Amte nicht entbehren können. Der Ob. Pastor ist ein Mann, der ohne Ansehen v dem Sie auch als einem Freunde nicht trauen können, der Ihnen aber jetzt als Feind nicht schaden kann. Er ist aufgebracht, daß man seine Stimme in ihrer Wahl gänzl. vorbeygegangen v giebt Ihnen Jugend, Freygeisterey v den die Auseinandersetzung ihres Schwagers schuld. Ich würde Ihnen dies nicht so dreist sagen, wenn ich glaubte, daß seine Urtheile Ihnen bey vernünfftigen Leuten nachtheilig v ihnen selbst empfindlich seyn könnten. Der HE. v. C. hat sich mit vielem Eifer Ihrer angenommen der Ihnen Sie mehr hätte verdächtig als beliebt machen können. Die Stadt sieht ihn als den gefährlichsten Mann für sich an; man fürchtet seinen Einfluß in allen Händeln v sieht selbige immer als Absichten an, Eingrieffe zu thun, ja selbst zu schaden. Urtheilen Sie selbst wie man bey einer solchen Eifersucht v. nöthigen Behutsamkeit gegen ihn, diejenige Vorschläge, die ihm am meisten scheinen am Herzen zu liegen aufnimmt. Ich bin bloß aus dieser Absicht bey sm. Hofmstr. einem weitläufftigen Vetter des Gellerts, HE. Richter, gewesen um daselbst vielleicht etwas zu erfahren, aber nichts mehr als die grösten Lobsprüche ss
    Gnädigen
HE durch ihn gehört. 2.) Sie haben viel Freunde in Riga, die sich alles von Ihnen versprechen v Ihnen zutrauen die Stadtschule in Aufnahme zu bringen. Für allem werden Sie einen geraden Weg daselbst zu gehen nöthig haben v sich besonders gegen Ihre Amtsbrüder in eine gute Stellung setzen müßen, deren Umgang v. Vertraulichkeit Sie vermeiden v Ihren ersten Versuchen Sie einzuschrecken oder sich Ihrer zu bemächtigen, besonders mit Nachdruck wiederstehen müßen. Bey meinem jetzigen Aufenthalte war ein großer Streit zwischen dem Cantor v. Subrector gewesen, die sich für Sch‥ v. Hundsv… geschimpft hatten in Gegenwart der Schüler also zum Ärgernis der ganzen Stadt. Urtheilen Sie wie nöthig es seyn wird sich gegen solche Leute zu setzen v sie so wohl als die Schüler in Gränzen zu halten. Wie ungl. hier der Umgang vom Königsbergschen ist, werden Sie bald sehen. Man ist kaltsinniger, ungezwungener v gleichgiltiger. Man sucht sich weniger zu unterscheiden v zu gefallen. 3.) Unser Freund hatte den Einfall wenn Sie dadurch ihren Paß erhalten könnten, daß Sie versprächen diejenige, die aus Ihrer Schule künfftigen gehen würden, nach Königsberg v d. hohen Schule ssr Länder zu recommendiren. Dergl. Cameralvorstellungen pflegen dort sehr ins Auge zu fallen. 4.) Zu dem Griechischen v. ebräischen v ihrer Theologie werden Sie nöthig haben noch einige Zeit zu wenden. Man hat in der ersten Sprache hier profan-Scribenten. Machen Sie sich nicht zu gar zu vielem anheischig v vermehren Sie die Stunden nicht ohne Noth sich damit selbst zu überhäufen. Ich glaube daß es am meisten auf eine andere Einrichtung überhaupt v. auf einen ordentl. Fleiß derjenigen, die unter ihnen sind, ankommen wird. Das letzte wird Ihnen am meisten kosten. Die Treulosigkeit des Prof. Flottwell ist vielleicht eine bloße Wirkung des Neides. Ich warte mit Schmerzen, was Sie mir für besondere Umstände davon zu melden versprechen. Müßigen Sie sich doch eine kleine halbe Stunde des Abends ab so oft als mögl. an mir schreiben zu können. Nehmen Sie mir meine Freyheit nicht übel in Ansehung meiner Gedanken die ich aufgesetzt habe. Die Kürze hat sie vielleicht ein wenig plump v. geradezu gemacht. Theilen Sie solche niemanden mit; vergleichen Sie selbige mit anderer Nachrichten um sie desto richtiger zu beurtheilen. Denken Sie an HE. B. nichts daran noch an Rigische Namen auf eine zweydeutige Art. Die Post in Liefland ist neugierig v. argwöhnisch in Curland desto sicherer auch nicht so kostbar. Schreiben Sie nach Riga fleißig; so oft wie Sie können an ihren Freund durch Couv. es Kaufmanns. Er sieht den Titel eines Candidaten nicht gar zu gern. Joh. Christoph. heist er; die addresse unweit der Reformirten Kirche. Wiewohl in Ansehung der Aufschrift können Sie es auch beym alten laßen. Fordern Sie von mir, Liebster v GeEhrtester Freund, daß ich diese umgewandte Seite zu einem Catalogo von Gütern machen soll, die ich Ihnen zum Neuen Jahre wünsche? Sie werden von meinen Gesinnungen gegen Sie v. von meinem Eifer gegen alles dasjenige, was Sie angehet, überführt seyn, ohne daß ich damit pralen darf. Gott helfe Sie zuförderst glücklich aus der gegenwärtigen Verwirrung, in der Sie jetzt ohne Zweifel leben, er laße es weder Ihren Absichten noch Anschlägen fehlen, er laße es Ihnen an Feinden nicht fehlen, die Ihre Verdienste v Vorzüge, Ihre Einsichten und Tugenden der Welt brauchbarer, und schätzbarer und augenscheinlicher machen; noch weniger an wahren Freunden, an großen Freunden, deren Herz und Hände wohlthätig und unerschöpflich sind. Die Küße, die Zärtlichkeit, die Umarmungen ihrer liebenswürdigen Marianne versiegeln Ihr Glück! Sie sey die Morgen v. Abendröthe Ihrer Tage! Wie freue ich mich über Ihre gegenseitige und künfftige Zufriedenheit! Wie sehr hängt meine eigene davon ab! Lebt glücklich, lebt ewig glücklich und vergest nicht, daß ich es euch, liebes Paar, mehr als mir selbst gönne. Nun laßen Sie mir noch ein paar Worte von mir selbst reden. Ich seufze über mein Schicksal, das mir vielleicht günstiger ist als ich es verdiene; unterdeßen ich seufze. Vielleicht thue ich mir selbst zu viel, wenn ich ich sage; weil ich mich weniger als sonst fühle. Mein Hennings fällt mir jetzt öfters ein v. seine Klagen werden mir jetzt durch die Erfahrung wahrscheinlicher. Der Mangel an Umgange, durch den Witz v. Herz verrostet, ein Ehrgeitz, dem es an Kräften fehlt, ‥ kurz ich kann selbst nicht aus mir klug werden. Ich verlaße mich auf Ihre Vorsorge v hoffe auf das späteste daß Sie mir einen Nachfolger mitbringen werden. Man hat mich auf das dringendste gebeten mich so lange wenigstens aufzuhalten; v ich habe mein Wort auf 3 biß 4 Wochen über meine Zeit gegeben. Meinen vorigen Zügling habe in Riga gleichfalls mit vieler Rührung gesprochen. Wie lieb ist er mir noch. Nichts als eine andere Mutter v ich würde aus Neigung mir alles gefallen ihn zu erziehen. Er hat gar keinen Hofmeister jetzt; man hat Gellert durch sn. erstgedachten Vetter aufgetragen, der auch schon wirkl. jemanden gehabt. Die Antwort ist zu lange außen geblieben. Ich habe seine Briefe darüber alle mit vielem Vergnügen gelesen. Wie kurz, wie zur Sache, wie redlich pp wie empfindlich ist er in dem letzten! Ich werde einige Zeit nöthig haben mich zu erholen. Vielleicht werden Sie mir dazu die beste Gelegenheit verschaffen. Wenn Sie als mein alter Freund hieher kommen so werden Sie mir eine kleine Zuflucht in Ihrem Hause nicht abschlagen. Doch sorgen Sie nur erst für Ihren Abschied und Ihre Ankunft. Berens hat ohnedem Absichten gern etwas in Riga durch uns gedruckt zu sehen. Wie steht es mit Ihrem Journal. Ist meine kleine Streitschrift eingekommen. Sie haben an nichts gedacht. Antworten Sie mir den ersten Abend, bey Ihrem Pfeifchen, umarmen Sie Ihre Liebste Freundin in meinem Namen. Ich habe Mühe diesen Brief zu Ende zu bringen v wollte v könnte noch vieles schreiben. Bald mehr; v denn zugl. an meinen Sahme v Hennings die Sie im voraus herzl. von mir grüßen können. In Ansehung des oriental. thuen Sie doch für mich bey meinem Vater einen Vorspruch; daß das Original mir mit erster Post zurückgeschickt v die Übersetzung der Copie in Holland auf das eiligste besorgt wird. Auch die Ohrgehänge für die Fr. Gräfin. Mit wie viel Kleinigkeiten belästige ich Sie. Ich weiß daß Sie zu gut dazu sind mir etwas übel zu nehmen. Noch eins! Mein lieber Vater hat einen Auszug meiner Antwort verlangt; ich habe mich anders darüber erklärt daß keiner nöthig ist. Im Fall kann mein Bruder sie abschreiben, die in ( ) eingeschloßene Erklärung ist aber nur für meinen Vater v für niemanden anders. Was machen meine Freunde? Wolson wird Ihnen gewiß einmal als Collega folgen können. Grüßen Sie alle von mir viel v herzlich. Ich umarme Sie mit den Gesinnungen der aufrichtigsten Freundschafft v ersterbe der Ihrige Hamann.
Grünhof den 12 Jänner 1755, Herzlich geliebteste Eltern, Gestern habe endlich die durch den Fuhrmann angekommenen Sachen erhalten. Ich wiederhole meinen Dank auf kindlich- und herzlichste für die viele Mühe, die Sie sich gegeben mir Ihre Zärtlichkeit auch in der Fremde zu zeigen. Gott vergelte Ihnen selbige und laße es Ihnen an keinem Guten auf der Welt fehlen. Mit der Laute bin sehr zufrieden; weil der Herr Rittmeister nicht mehr bey uns steht, sondern einige Meilen weiter, so denke morgen selbige nach ihn abzufertigen. Ich habe sie heute rechtschaffen gebraucht und sie scheint mir eine sehr gute Lage in der Hand zu haben. Des HE. Generals Excell. boten mir schon heute einen expressen an sie ihm zu überschicken; weil ich aber vermuthe daß er jetzt in Mietau ist, so will ich sie nach der Stadt befördern. Herrn Reichard bitte von meiner Erkenntlichkeit jetzt mündlich zu versichern; ich werde eine schriftl. v. thätliche auch nicht vergeßen. Seine Concerts habe heute mit Entzücken versucht v ich warte mit Schmerzen meinen Nachbar den HE. M. Haase um das Vergnügen zu genüßen sie vollkommener zu lernen v. zu hören. Mit dem Marzipan habe ich meinen jungen HE. v der gnädigen Fräulein ein angenehmes Geschenk machen können. Des HE. Generals Excell. besuchten mich heute nach Ihrer Gewohnheit v erkundigten sich mit vielem Antheil nach meinen lieben Eltern Wohlbefinden. Weil ich nicht heute oben gespeist habe, wie man dies schon von mir gewohnt ist Geschäffte v. meiner natürl. v. GemüthsFreyheit wegen, so werde ich noch einige Compli von der Gnädigen Gräf. morgen zu erwarten haben, die s Sie sich zum voraus sehr abgemeßen v leutseelig vorstellen können. Den Gebrauch des Papiers v Lacks werde ich zu Ihren Willen anwenden, v ich wünsche daß Sie alle meine Briefe, wozu ich beydes brauchen werde mit Zufriedenheit v Freude erbrechen v. lesen mögen. Mein Bruder hat sich mehr Mühe im Schreiben gegeben als ich ihm selbst hätte zumuthen dürfen. Wenn mir Gott was auf der Welt zugedacht hat; so soll ihm v. meinen Freunden alles zu Gebot v. zum Genuß stehen. Ich wünsche mir thue bloß für andere, für würdigere als ich bin, diesen Wunsch, dasjenige was man Glück nennt, zu besitzen. Wie lieb wäre mir eine Zeile von ihm gewesen? Kann er mit gutem Gewißen sich entschuldigen daß er übereilt worden; v hätte er mehr als eine viertelstunde nöthig gehabt an seinen Bruder zu schreiben. Nicht der geringste Unwille nimmt an dieser Klage Theil, ich weiß daß sie sich zu dem Dank, den ich ihm schuldig bin, nicht reimt, ich mag aber lieber mein Herz rein ausreden als zurückhalten. Ich glaube daß wir auf diese Art uns beyde am besten verstehen v am aufrichtigsten lieben können. Ich hoffe, daß Sie meine beyde letzte Briefe werden erhalten haben v HE. Magister auch den seinigen nebst einem Couvert mit Einschlüßen. Letzteres ist durch seinen HE. Bruder gegangen. Antwort habe ich auch schon heute erwartet v biß jetzt; die Hofnung aber dazu ist mir benommen. Vielleicht ist meine neue Commission mit Börnstein schuld daran; Sie haben vielleicht erst abwarten wollen daß ich überschickten erhalten möchte‥ und dies wäre mir lieb. Ich werde mich also wegen derselben jetzt deutl. erklären können. Ich habe selbigen noch zurück behalten v Arm v Halsbänder für unsre gnädiges Fräulein bestimmt; wenn selbige in meine Schule wird getragen werden, wie dies öfters geschieht, weil ich nicht gern mit diesen Kleinigkeiten das Ansehen haben will ins Auge zu fallen sondern mit der unschuldigsten v einfältigsten Art selbige gern anbringen möchte. Die Ohrgehänge sind aber nicht, wie sie die Frau Gräf. wünscht v daher habe mich von selbigen nichts merken laßen. Sie hat welche gesehen, die ihr außerordentl. gefallen haben v von der Art wünscht sie sich welche. Ich habe sie mir beschreiben laßen. Sie sind unten ganz traubenförmig oder rund v gehen oben wie eine Birne zu; 6 auf jeder Seite. Ich bitte Ihnen aufs äußerste um Verzeyhung, wenn Sie meine zu frische Bitte als unverschämt ansehen. Mein Wille ist es nicht so zu seyn und wenn Sie mich ja im Verdacht haben so soll es das letzte mal seyn, daß ich Ihnen dazu Anlaß zu geben gedenke. Wenn Sie so gut seyn, so schicken mir S selbige Geliebteste Eltern auf der Post; ich will das Porto gern bezahlen. Man ist hier gegen dergl. Dinge nicht gleichgiltig v da man die Absicht meinen Begierden v Neigungen in allem zuvorzukommen sich zutraut v mir gern zu verstehen geben will, so glaube ich zu einem gleichen Gegenbezeigen genöthigt zu seyn. Voller Vertrauen auf Ihre günstige Gesinnungen gegen mich verspreche mir die Gewährung dieser Bitte; v bin eben so meiner vorigen in Ansehung des persischen Originals gewiß. Ich umarme meinen lieben Bruder von Grund der Seelen, er wird mir meine freye Erklärung nicht übel nehmen, v ersuche ihn in Ansehung meines lieben Magisters mir etwas zu schreiben oder ihn selbst dazu zu bewegen. Gott laße Ihre Schritte und Tritte, Liebste Eltern, von seinem Seegen begleitet seyn. Meine Regungen laßen sich nicht ausdrücken, mit denen ich Sie verehre v. liebe. Schreiben Sie selbige keinem andern Bewegungsgrunde als der Erkenntlichkeit v Hochachtung zu, mit der ich biß an mein Ende seyn werde Ihr gehorsamster Sohn Johann George Hamann. Freunde und Freundinnen grüße schuldigst. Jgfr Degnern, das Zöpfelsche Haus, was macht der ehrl. Zuckerbecker. Seine Arbeit ist als was seltenes hier bewundert worden. Wird er mich nicht bald zur Hochzeit bitten können? Leben Sie alle gesund v. vergnügt. Leben Sie wohl! Grünhof den 19. Jänner 1755. Herzlich Geliebteste Eltern, Da meine Briefe bisher so häufig durch die Post gegangen sind; v ich heute noch selbst zu schreiben gedenke; so erlauben Sie in gegenwärtigen bloß meinen kindlichen Handkuß Ihnen abzustatten. In Ansehung des Caviars werde Sie schon meine Entschuldigung gelesen haben. Gott erhalte Dieselben in allem Wohl. Erinnern Sie sich meiner so wohl bey Ihrem Gebet als im Genuß des Vergnügens, welches Ihnen Gott schenkt. Leben Sie erwünscht wohl v lieben Sie mit einem väterl. und mütterlichen Wohlgefallen Ihren gehorsamst ergebensten Sohn Johann George Hamann. Adresse:
Von meinen lieben Eltern liebreichst zu erbrechen.
Erhalten-Vermerk von Johann Christoph Hamann (Vater): 1755 den 12. Febr. durch einen Fuhrmann.
Geliebtester Freund, Ich ruffe Ihnen ein prophetisches Glück zu! in Ihrem neuen Amte, Hause und Vaterlande von Grund des Herzens entgegen. Wenn ich gewust hätte daß Sie die Nacht in der Oloy zubringen würden, in einer so lieben Gesellschaft, wer weiß wozu ich mich entschloßen hätte? Mir ist kein Vergnügen gegönnt v mit demjenigen, was mir unter Händen ist, verstehe ich leyder nicht umzugehen. Vielleicht würde ich das Ihrige auch nur verdorben haben. Wie kurz ist dasjenige gewesen, Sie zu sehen? Und wer weiß, wenn ich es wieder genüßen werde? Wenigstens ist es mir unendl. angenehm Sie jetzt nahe zu haben; v. wie herzlich will ich mich immer freuen, wenn Sie mir gute Nachrichten von sich geben können. Machen Sie jetzt den Anfang, ich bin recht ungedultig darnach. Diese ganze Woche habe noch mit meiner Gesundheit v mit schwereren Grillen als sonst zu thun gehabt. Die erste ist jetzt leidlich. Was meynen Sie wozu ich mich entschloßen habe? Noch 2½ Monath zuzulegen. Ja in dieser Zeit werde ich Sie schwerlich zu sehen bekommen. Wie viel traurige Betrachtungen stelle ich des Tages über mich und meine Umstände an; ich glaube daß kein einziger meiner Gedanken richtig ist, weil selbige mehr Affekten als Urtheile sind. Ich will jetzt mein möglichstes thun mich aufzumuntern. Haben Sie mit HE. Wilde sich näher eingelaßen, als dieser Brief zeigt. Ich habe nur die Hand v den Anfang sehen laßen. Man ist wieder ihn eingenommen, weil man sich fürchtet, daß er die Praxin anstatt der Schule treiben möchte. Es würde eine Unbilligkeit seyn sie ganz im bloßen zu laßen; ich würde auf seine Ankunfft vielleicht demohngeachtet einige Wochen warten müßen v für uns beyde ist es eine Erleichterung für keine Wahl gutsagen zu dürfen. Meine gröste Angelegenheit beynahe ist jetzt die Einbildung meiner lieben Eltern zu befriedigen. Ich glaube daß es auch dadurch einigermaaßen geschehen kann, wenn ich noch eine kurze Zeit an einem alten Orte bleibe. Es ist mir eingefallen an HE. Bucholz zu schreiben, vielleicht wird der sie ein wenig zufrieden sprechen können. Ich habe es auch heute schon gethan. Sie können sich die Verlegenheit nicht vorstellen, in der ich gewesen bin mich zu entschlüßen. Mein Gemüth macht mich zum Narren. Ich bin wie ein Gefangener, der die Freyheit liebt wünscht und sich geben kann, der aber das Herz dazu nicht hat anderer Ruhe v Ehre mit seinem Glück zu stören. In Ansehung Ihrer habe ich auch nachgedacht, daß meine zu geschwinde Ankunft Ihnen vielleicht auch einiger maßen beschwerlicher hätte seyn können. In ein paar Monathen werde ich Sie ruhiger und eingerichteter finden. Wenn Sie mich denn aufnehmen können v. wollen, so würde es für uns beyde beßer seyn. Ich thue gewiß Unrecht Ihnen so viel von mir selbst hinzuschwatzen, da Ihnen der Kopf von Ihren eignen Geschäften voll genung seyn wird. Darf ich wohl Ihrer Freundschaft deswegen eine Entschuldigung machen? Ich ersuche Sie dafür recht sehr, mich mit gleicher Münze zu bezahlen. Darum ist es mir lieb gewesen Ihnen durch Gelegenheit schreiben zu können, weil Sie sicherer als mit der Post sind. Schicken Sie mir doch etwas von Neuigkeiten z. E. den Ragout à la mode, wenn Sie können. Ich habe Ihre Redekunst in 2 Abenden mit sehr viel Vergnügen zu Ende gebracht; biß auf Ihre eigene Ausarbeitungen hinten, die ich heute noch zu lesen gedenke. Hätte der Rector nicht dem ältesten auf dem Titel vorher gehen sollen? Ich habe Ihnen schon dies immer in Mietau fragen wollen; v nicht dazu kommen können. Die Qvellen des Geschmacks, auf die Sie immer darinn verweisen, machen allein dies Buch zum brauchbarsten und neusten. Sie haben fast keinen einzigen Autor vergeßen, der jungen Leuten nützlich seyn kann, und zu den schönen Wißenschaften gehört. Demjenigen Titel, den Sie mir darinn gegeben zufolge, behalte ich mir die Freyheit vor Ihnen noch einige kunstrichterl. allgemeine Anmerkungen oder Fragen aufzugeben; zu denen ich heute nicht Zeit habe und der ich mich auch noch enthalte, weil ich noch nicht zu Ende bin. Ich habe heute die Recension eines schönen Buchs von Mr. Estéve in den Hamburgischen Zeitungen gelesen, um das wir uns Mühe geben wollen. Berichten Sie mir doch so viel es Ihre Zeit zuläst, wie Ihre Aufnahme gewesen, Ihre Introduction abgelaufen v. was dabey vorgefallen. Sie können sich leicht vorstellen, wie neugierig ich nach allen diesen Dingen bin? An unsern lieben Berens werde gleichfalls noch schreiben. Melden Sie mir doch wie oft Sie bey ihm gewesen sind. Gestern habe ich Ihnen beyden in Gedanken Gesellschaft gemacht. Hab ich recht gerathen? Ich hätte an Ihr liebes Marianchen eher gedacht, wenn ich nicht im Sinn hätte noch selbst an Sie ein klein franzöisch Compliment anzuhängen. Sie ist doch wohl gesunder angekommen, als sie von Mietau abreiste. Ich bin zu müde v zu schläfrich fortzufahren. Laßen Sie mich Abschied nehmen. Ich umarme Sie. Leben Sie wohl v denken Sie so oft an mir als ich an Sie denke. Ewig der Ihrige. Was meynen Sie, wie ich zu Hause fuhr begegnete mir M. Haase, mein erwünschter Nachbar, auf halbem Wege um uns zu beschleichen. Sie werden sich gewiß einander hoch halten wenn Sie sich kennen lernen werden. Weil er von mir erfuhr, daß Sie schon abgereist wären, so kehrte er um v. machte sich aus Lust zu meinem Ischwonick. Er hat mich auch wie ein ehrlich Mann gefahren. Nun will ich Ihnen auch das letzte Adieu in diesem Briefe sagen. Ihr Frauchen kann biß Morgen warten wozu verkroch sie sich letzt vor mich da Sie mir hätte entgegen kommen sollen wie ihr lieber Mann that. Am unteren Rande der zweiten Seite: NB. Sie haben den Alembert angeführt; Liebster Freund, wenn Sie seine Memoires de Litterature haben, schicken Sie mir doch ja selbige. Aimable moitié de mon Ami, La coeffure Livonienne comment Vous va-t-elle? Comment Vous plaisez Vous au nouveau cercle des soeurs de Caffé, et comment Vous accommodez-Vous de Votre ménage? Pardonnez, Madame, ma curiosité impertinente et regardez-la comme un desir impetueux de Vous vouloir content et à Votre aise. Mais treve de paroles! Mes sentimens leur font nargue; car je suis et serai toujours avec une amitié aussi respectueuse que tendre Madame Votre très humble et très devoué serviteur Grunhof. ce 17. Mars. 1755.Hamann. Meyhof den 5 April 1755. Herzlich Geliebtester Vater, Sie sehen wo ich bin v dies wird mein bisheriges Stillschweigen entschuldigen. Ich habe Dero letztere zärtliche Zuschrift vom 26sten März in Mietau erhalten wie ich eben aus Riga ankam, wo ich auf einen ganzen Tag und 2 Nächte mit HE. D. Lindner gewesen war um unsere dortigen Freunde zu besuchen. Vorigen Donnerstag wollten wir nach Hause reisen; wir kamen mit Lebensgefahr biß an die Bäche und noch mit noch größerer, die Gott Lob glücklich überstanden, des Abends hier wieder zurück. Ich habe also auch einen kleinen Versuch vom demjenigen gehabt, was unsre Fuhrleute im Fluch kursche Wege nennen. Dem Himmel sey Dank, daß ich nur für Angst gebadet hier mit meiner gnädigen Gesellschaft wieder angelandet bin. Die junge HE. saßen Ihrem Vater v. mir gegenüber. Mir sind fielen die Verse eingefallen, die Sie uns bisweilen vorsagten, in denen der Fall eines Elepfanten beschrieben war und die Gefahr einen solchen Beysitzer zu haben, lag mir immer im Sinn. Vergeben Sie mir meine kleine Bitterkeit; ich glaube berechtigt dazu zu seyn. Was waren die Gründe, die diese Reise unumgänglich v. Menschen gegen sich selbst, Eltern gegen ihre Kinder, Herren gegen ihre Leute gleichgiltig machten. Fugen ohne Überlegung, wirthschaftliche Angelegenheiten so klein, so klein, als man sich selbige kaum vorstellen kann. Alle Genungthuungen, alle Geberden, mit denen man nach geschehener That sein Mitleiden, seine Unwißenheit v Erstaunen ausdrücken will, kommen mir obenein als die niederträchtigste Falschheiten vor. Was für ein Land, in dem die Menschen so impracticable als die Wege sind! Nach so einem verdrüßlichen Eingang erlauben Sie mir, lieber Papa, daß ich Ihnen noch ein paar Worte von meinem genoßenen Vergnügen in Riga sage. Ich habe daselbst Gott Lob Freunde gefunden, die mich mehr als jemals lieben; v ich kann mich noch nicht besinnen in der Fremde so vergnügt als diese kurze Zeit gewesen zu seyn. Der liebe M. wird dort mit viel Beqvemlichkeit v Zufriedenheit leben können. Er hat ein recht schönes Haus v. auch eine Stube darinn vor mich bestimmt, wenn ich selbige annehmen will. So ungern ich andern verpflichtet seyn mag, so gern will ich es wahren Freunden seyn. Ursache mehr sie zu lieben, wenn sie gleichsam unsere Gläubiger v. Wohlthäter sind. Sie sind ohnedem die Werkzeuge unsers Glückes, das wir auf der Welt besitzen können. Diese Spatzierfahrt also, unser zurückgegangener Vorsatz nur 8 Tage hier zu bleiben v die schlechte Einrichtung, in der wir uns auf diesen Fuß gesetzt haben, sind die Hinderniße gewesen, warum nicht eher habe schreiben können und mögen. Man ist zwar willens in einigen Tagen wieder einen Versuch zu machen um nach Grünhof zu kommen. Derselbe wird aber von selbst verboten seyn, weil die gröste Fluth noch erst nachkommt, da die Mietauer und wir vollends Insulaner werden müßen. Jetzt komme auf die Antwort, die ich Ihrer letzten sehr gütigen Zuschrift schuldig bin. Ich freue mich herzlich, Geliebtester Vater, daß Sie wieder ausgehen können und wünsche Ihnen von Herzen so wohl Kräfte zu Ihrem Beruf als den Willen erstere zu schonen und sich letzteren nicht zu schwer zu machen. Gott gebe, daß Sie mit so viel Seegen als Gemüthsruhe arbeiten mögen! Ihre heilige Osterfeyer möge durch nichts gestört worden seyn und dasjenige Gebet auch von Gott erhört v gnädig erfüllt werden, was meine liebe Eltern auch für Ihre Kinder dem Himmel gebracht haben. Der Glaube an denjenigen, der ewig lebt uns zum Trost, zur Hofnung, zur Freude, nachdem er an unsere Stelle gelitten hatte v. gestorben war, wälze alle Traurigkeit von Ihrem Gemüthe, v weke Ihren Geist zu einer Seeligkeit auf, die Ihnen ein langer Vorschmack der künfftigen seyn möge, v. die Ihnen noch lange die Welt, in einer christlichen Freyheit von allen irrdischen Sorgen, genüßen laße! Die Beßerung des HE. Renzen wird wohl zur Gesundheit ausgeschlagen seyn; ich bitte ihm Glück dazu zu wünschen. Über die gute Aufnahme meiner Briefe bin sehr vergnügt; um desto mehr da ich mir selbige selten vermuthen kann. Die Antwort auf sie wird mich davon noch völliger überführen. Die Nachbarschaft des HE. Berens bringt mir jetzt den Vortheil eines franzöischen Briefwechsels ein, der mir zwar noch bisweilen einige Mühe macht, die ich aber desto lieber auf mir nehmen um in dieser Sprache desto geübter zu werden. Außer dem Lesen ist dies die einzige Arbeit, die ich bey meinen Geschäften v. Umständen abwarten kann. Ich sehne mich daher nach einer Muße, die mich wieder ein wenig zu studieren erlauben wird. Ich habe mir damit geschmäuchelt, daß ich meinen lieben Eltern einen Gefallen thun würde, wenn ich noch einige Zeit hier bliebe. Diese einzige Betrachtung hat mich auch dazu bewegen können. Ich habe aber nicht mehr als ein viertel Jahr zugelegt v jetzt möchte wohl mein Vorsatz unwiederruflich seyn. Mit dem Maymonath geht mein Termin zu Ende. Sie werden meine Gesinnungen erfahren und vielleicht billigen. Ich werde bey selbigen so viel möglich bleiben, weil ich denen Absichten , die meine meiner lieben Eltern vielleicht mit mir haben, nicht gewachsen bin. Die Vorsehung kann mich vielleicht bald nach Königsberg führen. Wenn ich einen kleinen Umweg in der Welt werde genommen haben, könnte ich mich vielleicht von selbst dazu entschlüßen. Mit dem Frühling denke ich wills Gott! in Riga zu seyn; vielleicht kann ich Ihnen dann mehr schreiben. Gesetzt daß ein guter Freund noch eine Reise nach meinen Wünschen thäte v mir gut genung wäre meine Gesellschaft sich gefallen zu laßen, und mich zu seinem Gefährten zu verlangen; würde ich denn nicht mit mehr Genungthuung, Nutzen, Ehre und Zufriedenheit denen besten Eltern mich zeigen können, wenn ich selbige zurückgelegt hätte? Umsonst bemühen sich unsre Gedanken, unsre ängstliche Gedanken in die Entschlüße der Vorsehung Eingrif zu thun. In ihren Mantel gewickelt und von ihr geführt geben uns Meere v. Klüfte sichere Fußsteige. Ein Habacuc wandelt kann in der Luft ruhiger wandeln, als nicht ein Kind am Leitband unter der Hand der vorsichtigsten Wärterinn kriechen kann. Der Höchste wolle, Geliebtester Vater, Ihr Alter stark und meine Jugend weise machen. Er nehme sich unserer Schwachheiten und Thorheiten an. Ich sehe dem langen Briefe, den Sie mir zu schreiben versprechen, mit großer Sehnsucht entgegen. Ihre Lebensvorschriften sollen mir unendlich schätzbar seyn; und Ihr eigen Beyspiel unvergeßen. Ich ersterbe mit der innigsten Zärtlichkeit Geliebtester Vater, Dero gehorsamster Sohn. Herzlich geliebteste Mutter, Ich nehme an der Unruhe, die Ihnen durch das Unglück der ehrlichen Jgfr. Degnerinn betroffen, den aufrichtigsten Antheil. Bezeigen Sie ihr doch mein herzliches Mitleiden v wünschen Sie selbiger in meinem Namen eine leichte und baldige Genesung. Das Andenken ihrer Ehrlichkeit ist mir theuer; wie lieb wäre es mir sie thätlich davon zu überführen. Noch kann ich nicht und ich weiß auch nicht womit anders als mit meinem eifrigen Wunsch, daß sie Gott erhalten wolle; da durch ihre Handreichung Ihnen, liebste Mama auch manche Erleichterung zuwächst. Da ich in Riga gewesen, hat Frau Magist. meine liebe und werthe Freundin die ich jetzt in ihrer Ehe noch 3mal so lieb halte als vormals, Maaß zu Hemden genommen v. wird Ihnen selbiges zuschicken. Ich danke Ihnen auf das kindlichste für Ihre mütterl. Vorsorge, und kann um desto aufrichtiger seyn, weil mir selbige sehr zu statten kommt. 5 feine Hemde sind 14 Tage höchstens 3 Wochen; denn meine Handmanschetten sind mehrentheils in 3 Jahren auf den Lauf gegangen. Mit Dingen, die in die Gerichtsbarkeit des Frauenzimmers laufen, mag ich mich so ungern abgeben und sie wißen, das liebe Wirthschaften ist niemals meine Sache gewesen. Unterdeßen kleine Stürme machen gute Schifsleute; v leyder! kann man auf der Welt der lieben Erfahrung, ja selbst der Noth so wenig als der Vernunft entbehren. Doch stellen Sie sich nichts ärgeres vor; ich bin bisher noch so ziemlich ehrlich durchgekommen, und sehe alles gegen ein gut Gewißen v. Gesundheit für Kleinigkeiten an, durch die man sich das Blut nicht muß dicke machen laßen. Die Ohrgehänge sind noch in der Mache v werden in einigen Wochen nicht fertig werden. Ihre Einfaßung allein kostet 8 Ducaten. Ich bin sehr neugierig sie an Ort v. Stelle zu sehen. Wenn ich dies Glück haben werde, will Ihnen Nachricht geben. Jetzt ist mir mit mir mehr daran gelegen Sie meiner kindlichsten und ergebensten Hochachtung zu versichern, mit der ich Ihnen die Hände küße und die mich Zeitlebens machen wird zu Ihren gehorsamsten Sohn Johann George Hamann. Meyhof den 11 April 1755. Geliebtester Freund, Ihr Herr Bruder wird Ihnen vielleicht schon eine witzige Beschreibung unserer Rückreise mitgetheilt haben. Wenigstens überlaße ich ihm diese Arbeit, cui impar ego. Ich erkenne auf das zärtlichste die Freundschaft, die ich in Ihrem Hause genoßen; weil ich selbige als eine Fortsetzung der alten ansehen kann: so darf ich Sie durch meinen Dank nicht mehr aufmuntern damit fortzufahren. Auch ohne dieser Betrachtung, Geliebtester Freund, würde ich mich dem Vergnügen an Sie zu schreiben nicht so lang entzogen haben, wenn es mir eher möglich gewesen. Die Feyertage habe ich bey dem lieben HE. D. zugebracht v wir haben uns beyderseits die Zeit lang und kurz wie wohl auf eine ziemlich angenehme Art werden laßen. (Ich habe mich gewundert, daß er seinen Geschmack an der Einsamkeit oder kleinen Gesellschafften die einförmig und ungezwungen sind, für ihm sind, noch nicht verloren) Den letzten wurde ich von meinen jungen HE B. in einem neuen, funkelneuen und prächtigen Schlitten nach Hause geholt. Weil unsere Absicht war gleich nach den Feyertagen in Grünhof zu seyn, so war ich weder mit Schreibergeräth versehen noch sonst im stande dazu. Unser Versuch lief verzweifelt ab. Seitdem bin ich 8 Tage wie im Arrest hier, wenigstens mit dem Verdruß eines Gefangenen. Seit gestern finde ich mein Geblüt Blut und mein Gemüth etwas leichter. Es verdrüst mich am meisten Ihrem HE. Bruder so nahe zu seyn v ihn nicht besuchen zu können. Wir sind hier beynahe fast umschwommen, von der Stadt v also von Stadtbesuchen abgeschnitten; v wegen der Dauer uns. Auffenthalts in der grösten Ungewisheit. Mit der ersten Möglichkeit der halsbrechenden Gefahr ausgesetzt nach unsern Kedarshütten zu wandern. Sie können unterdeßen Ihre Briefe addressiren wo sie wollen, (am besten nach Grünhof) weil sie gleich sicher v. gewiß gehen. Damit ich die meinigen nicht übersetzen so will ich die Entschuldigungen nicht weiter anführen, an die ich schon in meinem Briefe an HE B. gedacht habe. Ich vermuthe, daß selbiger gegenwärtiger morgen früh abgehen wird v daß ich die von einem lieben Mutterchen geliehene Serviette werde beylegen können. Meinem Willen nach und meiner Schuldigkeit gemäß auch noch einige Danksagungszeilen an Ihr. Ich kann gewiß für nichts gut sagen, ob ich eine Zeile oder eine Seite in einer Stunde schreiben kann weiß ich eben so wenig als was. Ich fand eben bekamm eben als in Mietau ankamm, einen Brief von Hause, in dem meine Eltern besonders v mein Bruder Sie aufs herzlichste grüßen und 1000 sage tausend Gutes anwünschen laßen. Glauben Sie, daß diese Alten es Ihnen eben so als ich selbst gönne. Unsere beyde Briefe haben sich Gesellschaft auf der Post gemacht v mein Vater hat sich sehr darüber gefreut in beyden gute Nachricht zu erhalten. Sie müßen ihm unsere späte Mitausche erste Unterredung ihrer Länge nach gemeldt haben. Er schreibt daß er uns gerne hätte im Winkel biß 2 Uhr des Nachts zuhören mögen. Meine Briefe an HE D. Lilienthal v Diac. Bucchholz sollen eine sehr günstige Aufnahme gefunden haben; in Ansehung des letzteren werde ich selbige am besten aus seiner Antwort schlüßen können. Ihr erster Brief, Liebster Freund, aus Riga ist sehr kurz gewesen. Ich hoffe nicht, daß selbiger das Maas seiner Nachfolger seyn wird. Schmieren Sie wie ich, wenn Sie nicht schreiben können. Ich beschwöre Sie darum. Wie ist Ihre Introduction abgegangen? Wovon haben Sie geredt? Ist der Wein, den wir Ihnen ausgetrunken, schon wieder ersetzt worden? In Ansehung der Histor. select. v. der Eclogae Ciceronis von Olivet können Sie selbst urtheilen, daß ich selbige noch nicht habe mitschicken können weil sie in Grünhof sind. Sind sie mit Ihrer neuen SchulEinrichtung schon fertig? Besteht selbige in neuen Misbräuchen oder wirkl. Verbeßerungen. Mein Bruder hat mich sehr gebeten der Unterhändler uns. Briefwechsels mit HE Secr. Sahme zu seyn. Er hat noch me. letzten Briefe zurückbehalten; weil er se. addresse nicht weiß. Wenn eine nöthig ist; so melden Sie mir doch selbige; damit ich ihn darauf antworten kann. Wir wollen diesen redlichen Freund nicht vernachläßigen. Vergeßen Sie nicht diesen Punct. Haben Sie meinen Nachfolger abgeschrieben; meine Eltern wißen schon davon. Sie werden es gleichwol noch bey Gelegenheit thun können Geliebtester Freund. Ist meine künfftige Stube schon geräumt? und Ihre Bibliotheck schon in Ordnung? Es thut mir leyd mich nicht beßer daraus versorgt zu haben, weil es mir hier daran fehlt. Die Ihrigen werden Sie bey meiner Rückkunfft v ein wenig mehr Ruhe mit dem ergebensten Dank, den ich Ihnen dafür schuldig bin erhalten? An HErrn Gericke werden Sie meine freundschafftl. Grüße nicht vergeßen haben pp was ich Ihnen an denselben aufgetragen. (Entschuldigen Sie meine Feder, ich habe kein Meßer sie zu beßern.) Sind die Entretiens historiques vor mir erstanden? Sollten Sie von St. Real seyn, so werden Sie selbige dem HE. Berens mittheilen; ich bin in Ansehung des Titels ungewiß. Er wird diesen Schriftsteller vielleicht noch nicht kennen v nicht weniger lieb seyn ihn zu lesen als St. Mard der ihn mit Recht seinem Zeitgenoßen dem St. Evremond vorzieht. Wiederholen Sie dem HE. Gericke die Versicherungen meiner aufrichtigen Ergebenheit; v bitten ihn um eine Nachricht der für meinen Nachbar erstandenen Bücher nebst der bey Gelegenheit gütigen Ueberschickung derselben. Die von HE. Berens mir aufgelegte Buße in Ansehung des Toppe ist von mir gewißenhaft übernommen v. ausgeübt worden. Ich laß selbiges v muste bekennen daß ich mir zu sehr hatte einnehmen laßen. Die Schuld liegt sehr an dem Sylbenmaaß, daß mich beständig irre macht v worinn ich gar nicht geläufig bin. Ich habe nachher gefunden, daß er in den Wißenschafften sich über diese einsylbichte Freyheit, wie er es nennt, erklärt hat. Mein Ohr ist wenigstens damit nicht zufrieden. Der Rythmus v der Wohlklang deßelben ist bey Gedichten wesentl. als der Reim. Ich war also schon wie Sie sehen auf meines Freundes Seite. Des Zachariä Epische Gedichte fielen mir darauf in die Hände, sie verdarben meinen Geschmack v die ersten Eindrücke sind gar zu lebhafft dadurch bey mir geworden, daß ich nicht anders als auf mein erstes Vorurtheil wieder zurückschlagen sollte. Einzeln ist des Toppe… in Vergleichung weniger als mittelmäßig. Wie schön hat Horatz den Satz bewiesen, für den unsere Empfindung kein Meyersches W. Z. E. keine Ästetic nöthig hat; nec Dii nec columnae concessere poetas esse. Ich habe die Gerichte vergeßen, die er seinen Leser aufträgt um ihren sinnl. Geschmack zu probiren. Die Stelle wird Ihnen bekannter als mir seyn. Ich nehme noch eine seiner Regeln zu Hülfe um meinen Eigensinn zu rechtfertigen. Kleine Fehler, sagt er, beleidigen mich nicht wo mich das ganze entzückt. Sollte dieser Satz nicht eben so wahr als richtig von abgesonderten Schönheiten seyn. Zieren oder verstümmeln Sie? nicht so gut einen Toppe als einen Noah? Laß uns einen Stutzer wie Horatz einen Tischgast darüber um Rath fragen. Das Gedicht über die Wißenschafft hat ähnl. in Ansehung der Materie und der Erfindung noch größere Mängel. Ich habe ihn selbst nicht bey Hand v kann mich auf nichts beruffen sondern muß bloß meinem dunkeln Gedächtnis v Vorstellungen nachschreiben. Melden Sie wenigstens uns. Freunde, daß seine Bekehrungsmittel nicht haben anschlagen wollen; nicht aber daß ich mich vorgenommen mein Herz selbst zu verstocken. Wozu führt mich meine Schwatzhafftigkeit? Dank sey es meinem Glück, daß ich an Freunde schreibe, die demjenigen Muster gleich sind, deßen Idee das zum schönsten Trauerlied einem Dichter an die Hand gegeben
    Die Zeit
,
    Entfernung
,
    Glück
, Was ich geredt was ich gehandelt Selbst meine Schwachheit nie verwandelt. Wenn Sie sich sehen, umarmen und lieben; so denken Sie an mich, liebster Freund, wie derjenige, den wir beyde mit gleicher Zufriedenheit so nennen. Schreiben Sie mir so bald es Ihre Geschäffte zulaßen; so viel als mögl. so gerüttelt v geschüttelt als ich es Ihnen zubringe. Entschuldigen Sie mich, beurtheilen Sie mich nach meinen Gesinnungen, wir haben alle ein Dintenfaß v eine Feder im ganzen Hause. Ich habe wahrhafftig nicht beßer schreiben können als ich geschrieben. Mein Anderes Genius wird Sie Ihnen lesen lehren helfen. Leben Sie wohl. Ich bin Zeitlebens Ihr aufrichtigster Meyhoff den 11 Aprill 1755.Freund Hamann.
Madame, Je suis autant penetré et touché de Vos bontés, que j’en ai eté comblé pendant l’agreable sejour que j’ai fait chez Vous. Agréez, Madame, qu’à la reconnoissance, que je dois à Vos amitiés, j’ajoute l’ouverture de mon coeur. Je ne saurois me refuser cette satisfaction malgré la hardiesse ou la franchise de mes sentimens. Eh bien! Madame, j’ai eu tort de Vous admirer autrefois. Que je suis detrompé à present! Les charmes d’une amante font nargue aux graces d’une epouse tendre. Je me dedis des eloges, que je Vous ai pretés ci-devant, pour les multiplier maintenant. Ils marchent du pair avec mes voeux. Oui, Vous meritez les uns et les autres plus que jamais. Aimez, Madame, toujours Votre epoux sans haïr ses amis et celui des siens, qui Vous rend aujourdhui la serviette avec mille baisemains et avec le respect, qu’il Vous doit en qualité de Votre fils et très humble serviteur. du Vallon d’Apollonie. ce 11. Avril. 1755.Hamann. Am Längsrande der zweiten Seite von Hamann:
Pour Madame Lindner née Courtan.
Grünhof. den 28 April. 1755. GeEhrtester Freund, Dies ist der dritte Brief, auf den ich mich wenigstens einer Antwort versehe. Der Herr von Völkersamb ist Ueberbringer deßelben. Einlage werden Sie so gütig seyn nebst beyliegenden Büchern an HE. Berens zu bestellen. Ich weiß wahrhaftig nicht, was ich von Ihrem hartnäckigen Stillschweigen, Liebster Freund, denken soll. Ich schreibe meine Federn an Sie stumpf ohne eine Zeile seit dem letzten Bußtag, den wir bey Ihnen gefeyret, erhalten zu haben. Selbst Marianchen nimmt ihren Mann zum Muster; sie ist mir als Braut keine Antwort schuldig geblieben. Seitdem sie einen Gelehrten Beyschl… hat, fällt ihr das Schreiben so schwer als mir, einem armen ledigen Menschen. Beßern Sie nicht sich, wenn ich nicht ehsten Tags zu Fuß nach Riga kommen soll um zu sehen, was für ein Leben sie leben, bey dem man seine Freunde vergeßen kann. In Ansehung des HE. Wilde ist meine Abrede schon geschehen. Es ist mir lieb, daß Sie v ich von dieser Commission v der Ant Verantwortung einer ungleichen Wahl befreyt sind. Gott helf mir mit gutem aus diesem Hause. Des Herrn General Excell. haben wieder Lust zu demselben bekommen; ich habe ihm aber dieses gänzlich aus dem Sinn geredt. Morgen wird sein Herr Bruder abreisen mit sr Gemalin nach Riga, dem man vermuthlich auftragen wird sich nach einem Hofmeister umzusehen. Er hat mir heute einen besondern Besuch in der Schule gegeben. Ein sehr vernünftiger v. braver Herr Mann! Sonntags hat der HE. General einen Brief erhalten von einem Menschen, der sich zu der Hofmeisterstelle in seinem Hause aufdringen will. Erlauben Sie mir einen Auszug aus demselben Ihnen mitzutheilen. Sie werden ihn vermuthlich kennen. Es ist der Lebenslauf dieses Avanturiers. – – je suis gentilhomme de Prusse née d’un Pere qui a eté Conseiller privé du Roi, de la religion Catholique, donc j’ai fait profession de cet loi avec attachement chretien et avoir fait mes etudes dans des differents Universités, j’ai vu de differents pays etrangeres avec le consentement de mon Pere et au retour de 3 ans de mon voyage je me suis mis au service par ordre de Sa Majesté le Roi de Prusse, militaire et avoir eté dans un Regiment de Cuirassie, j’ai eté obligé de prendre la partie de quitter ses services, ne voyant pas mon avantage, après j’ai cherché et trouvé de services chez Monseigneur le Grand General de la Couronne Praniztki en qualité du Capitain et ayant servi 5 ans sans voir un avancement j’ai eu lieu de quitter encore ses services et il me fut offert par Monsgr. le Prince Radziwill Palatin de Nowogrod d’etre gouverneur auprès son minorin jeune Prince Radziwill, quel place j’ai accepté, mais malheureusement cet Palatin à manqué et mort environ 3 mois ensuite les parens de mon Eleve ont jugé à propos de mettre cet jeune Prince dans un College, par consequence je me vois sans employ. Ainsi si j’ai l’honneur de plaire à Votre Excell. de mon schavoir, schachant la langue latine francoise et allemande avec les autres sciences necessaires à un jeune Cavalier de haute naissance et education convenable à un jeun Seigneur. A l’egard de ma Conduite je me suis sans vanité d’écrire, je me suis toujours bien emporté dans mes fonctions, comme V. E. verra cela par mes certificats authentiques. Je ne saurois assez exprimé combien de plaisir j’aurois d’etre au service d’un gratieux Seigneur, du quel on parle tant de bien et de la regularité et actitude de sa maison. Pour les abontements il me seroit impossible de servir svivant mon petit Etat moin de 160 ecus alb. en ayant 100 Duc: faut d’honet d’homme et ce n’est pas payé trop cher, si Vos enfans profitent de cet talent que j’ai reçu de la grace de mon Dieu. Si V. E. voudroit bien me daigner d’un reponse avantageûse au plus vit, car la reponse gratieuse de Monseigneur sous l’adresse à Mons: de Negelein Capitain du Roi de Pologne decidera mon voyage pour Warsowie. Je me recommande cet. cet. Ich habe mich erinnert, daß dieser HE. von Negelein auch ein Stück von Secretair bey dem Grafen von Hülsen gewesen. Sie werden vielleicht mehr von seinen Umständen wißen. Er muß catholisch geworden seyn. Nehmen Sie mir nicht übel, daß ich Ihnen mit so viel gleichgiltigen Dingen beschwerlich bin. Sie werden es wenigstens lesen, weil ich einigermaaßen Antheil nehme; was den Brief anbetrift, so habe ich geglaubt, daß er Sie belustigen würde. Sie haben an Ihren HE. Bruder geschrieben, daß Sie für HE Wilde schon andere Vorschläge hätten. Ersterer kennt ihn. Werden Sie für ihn gut sagen können? Wo haben Sie den HE. v. Reuter kennen gelernt? oder ist es Ihnen durch die dritte Hand aufgetragen worden? Wollen Sie mich aufnehmen, wenn ich um 4 oder 5 Wochen zu Ihnen käme. Ich mag daran nicht denken, was aus mir werden wird. Mit viel Wiederwillen möchte mich zu einer neuen Condit. wieder entschlüßen, wenn ich sie nicht meiner Hofnung weiter zu kommen gemäß wäre. R. ist mir der ekelste Ort von der Welt v außer meinen Freunden würde nichts seyn, was mich wieder dahin locken könnte. Das ist auch das einzige, was ich daselbst eine Zeitlang genüßen will. Mein Vater schreibt mir jetzt nichts von nach Hause kommen, erinnert mich aber immer indirecte daran, indem er in jedem Briefe von der Abnahme seiner v ihrer Kräfte v Gesundheit redt. Stellen Sie sich meine LebensArt vor? Wie traurig ich meine Tage hinbringe was ich nicht alles vornehmen v anfangen muß um das Leere was um mir ist nicht zu empfinden v für langer Weile zu sterben. M. Haase ist auf die andre Güter ss Hauses. Ich habe keinen Rittmstr. Oven in der Nähe wie vorigen Jahres. Vielleicht lebt er den letzten Frühling. Wie gern würde ich ihn in seiner Krankheit besuchen, wenn er nicht 5 Meilen von mir wäre. Also bin ich ganz allein, ohne die geringste Aufmunterung, ohne Gefühl des Vergnügens, selbst des Frühlings. Noch ein viertel Jahr würde mich um so viel älter machen als Tithon von einer jeder Umarmung der Aurora wurde. Ich werde also mit dem Ende des May gewiß frey seyn. Schreiben Sie mir aufrichtig ob Sie v Ihr Marianchen mich noch haben wollen. Vielleicht sind in der Zeit Umstände vorgefallen, die ihrer Freundschaft Einspruch thun. Nun ich sehe mit Verlangen einmal einem Schreiben von Ihnen entgegen. Ich hoffe daß ich viel mit uns. Gelegenheit von Neuen Büchern erhalten werde; da ich diese Nacht schon von ihren Büchern geträumt habe. Die Gelegenheit muß heute oder morgen kommen. Haben Sie die Weisheit des Menschen nach der Vernunfft von May gelesen. Wenn Sie es nicht haben, schaffen Sie es sich doch an. Ein Buch, welches zu Vorlesungen für Leute die nicht studieren, sehr beqvem seyn sollte. Es ist ein ganzes Compend. der Philos. nach einem guten Begrief von dieser Wißenschaft. Sie werden sich ihn nicht leyd thun laßen. Wißen Sie auch, daß die freye Gesellschaft gleichfalls einen Theil ihrer eignen Ausarbeitungen, der eben so stark als der kgl. ist, jetzt herausgegeben. Ich habe ihn bloß gesehen. HE. Prof. Kypke hat eine kleine Abhandlung des Locks aus dem Engl. übersetzt. Ich glaube es ist dieselbe welche Knutzen willens gewesen herauszugeben. Ihre Redekunst ist sehr zahlreich nach Mietau gekommen. Ich traue ihr guten Abgang unter meinen Amtsbrüdern zu. Den Versuch vom Schönen habe jetzt auch deutsch gelesen. Flottwell hat unstreitig die Vorrede gemacht. Ich traue der Uebersetzung nicht ganz. Ist der 2 Abschnitt von HE. Secre. Sahme. Am Anfang deßelben ist ein lächerl. Fehler stehen geblieben, den ich damals schon bemerkt habe, wie ich Original v Uebersetzung von Ihnen hatte. Die Rede ist von der Schönheit. ein
    gar zu muntres Wesen
, eine gar zu starke Nahrung, übermäßige Arbeit oder
    Traurigkeit
Wie kann l’air trop vif, hier was anders heißen als eine gar zu strenge Luft, der Articel v der sensus zeigt es Indolence Traurigkeit? zu wenig Bewegung, zu vieles Sitzen. pag: 33. depayser, irre führen? in ein unbekanntes fremdes Land führen werde pp. Es sind sehr viele Stellen geschwächt ungeachtet ich nur damals biß auf die Helffte mit meinen Anmerkungen gekommen war. Mich wundert, daß Sie mein HE. Ältester! diesen Fehlern kein † gesetzt haben. Die große Absicht des HE. Herausgebers v der große Wunsch Seufzer, mit dem er der Welt diese Arbeit überreicht, decken beydes alles zu, wie die Größe meiner Briefe ihre Güte derselben entbehrlich macht. Ich bitte Sie deswegen nicht kürzer v beßer zu schreiben. Leben Sie wohl, Sie v. Ihr erwünschtes Frauchen! Lebt wohl! Lebt wohl! Lebt wohl!
Grünhof. den 4 May 1755. Herzlich geliebteste Eltern, Ich komme meinem neulichen Versprechen nach und hoffe dasjenige mit ein wenig mehr Zeit zu ersetzen, woran es mir letzthin gefehlt. Weil ich mich nicht mehr den Innhalt meines letzteren Briefes deutlich besinnen kann; so entschuldigen Sie nach Ihrer Güte die begangenen Uebereilungsfehler darinnen. Gott gebe daß Sie sich, Zärtlichst geliebte Eltern, gesund befinden. Ich bitte denselben darum v wünsche es Ihnen täglich. Ich habe mir eine kleine FrühlingsCur zu brauchen vorgenommen, die ich aber wieder meinen Willen noch bisher habe aufschieben müßen. Der Anfang mit einem Laxativ ist schon dazu gemacht; nichts als das Aderlaßen hält mich auf, dazu ich noch nicht kommen kann. Ich habe eine Schläfrichkeit v einen Appetit einige zeitlang gefühlt, davon mir beyde von Vollblütigkeit herzurühren schienen. Bey unsern Auffenthalt in Mietau auch einige Tropfen durch die Nase verloren. Ohngeachtet ich jetzt mich ziemlich erleichtert davon fühle; so halte ich es doch als ein Gerüst zu meiner Cur als auch vor sich selbst für nothwendig. Der HE. RegimentsFeldscherer Parisius, ein Halbbruder des HE. Gericke, ein sehr liebenswürdiger v rechtschaffener Mann und mein guter Freund, hat mir versprochen herauszukommen, weil er ohnedem als der ordentl. Artzt in unserm Hause gebraucht wird; welches bißher noch nicht geschehen. Auf das späteste denke nach Himmelfahrt wills Gott! anzufangen, weil ich an diesem Tage mir vorgenommen meine Andacht zu halten. Meine Cur selbst soll in einer Art von Molken bestehen oder in mit Löffelkraut, in Ermangelung deßen Brunnenkreße, aufgekochten Milch. Meine Zähne an deren Reinigkeit ich es ohne sie eben zu putzen nicht fehlen laßen, zeigen einen Scorbut an, den mein hiesiger Freund auch zu einem Grunde meiner Hypochondrie einigermaßen macht. Ich habe schon zu Hause selten meine Zähne ein wenig reiben können ohne daß sie Blut gegeben hätten. Ich bitte mich, mein lieber Vater, Ihren Rath v. Meinung darüber aus. Wenn ich ja etwas krank bin; so ist meine Krankheit nichts als zu wenig Bewegung des Leibes v vielleicht zu viel des Gemüths. Wie viel würden meine liebe Eltern zur letzteren beytragen, wenn Sie mir Ihre Furcht, Ihre Unruhe v Ihre Sorgen mitzutheilen fortfahren werden. Ein kleiner Aufenthalt in Riga wird mir an statt Pyrmont v. Aachen dienen. HE. M. hat mir schon zu Arbeiten, die er im Sinn hat, eingeladen. Die Furcht einen Müßiggänger an Ihren Sohn zu haben, darf Sie also nicht beunruhigen. Ohngeachtet mein Sinn ehmals in Ernst nach Petersburg zu gehen gewesen; so werde ich mich doch in nichts einlaßen. Wenn sich aber eine Gelegenheit fände jemanden dort auf einen Monath Gesellschaft zu machen; so möchte ich nicht gern eine Beqvemlichkeit fahren laßen einen der vornehmsten Nordischen Höfe zu sehen oder wenigstens mich einer großen Stadt wieder zu erinnern. Dies ist eins. 2.) HE. B. hat (im Vertrauen) noch Lust eine kleine Reise zu thun v eben so viel Freundschaft mich als seinen Begleiter mitzunehmen. Ich habe niemals geglaubt einen so beflißenen v. mir recht ergebenen Freund an ihn zu behalten. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr er sich meiner annimmt, v sich alles desjenigen angelegen seyn läst, was mich angeht. Wenn dies geschehen sollte, so würde ich geschwind genung das Verlangen meiner lieben Eltern mich wiederzusehen erfüllen können; v ich würde mich um so viel weniger Ihren Wünschen v Befehl entziehen, weil ich mich alsdann freuen könnte die Absicht, warum ich Selbige verlaßen, einigermaßen erreicht zu haben. Ich überlaße mich v mein Schicksal der göttl. Vorsehung gänzlich. Sie hat Triebe in unserer Natur gelegt, die wenn sie nicht lasterhaft sind und mit unsern Pflichten streiten, nicht selten als unsere Bestimmung als der Ruf zu ihren Absichten angesehen werden können. Mit wie viele Ruhe und Zufriedenheit für 100 andern kann derjenige leben, der keinen andern Endzweck hat als wie ein vernünftiges v. wie ein theuer erlöstes Geschöpf als Mensch v Christ seinen Verbindlichkeiten ein Genüge zu thun. Mit viel Vergnügen habe ich mir bey dem Lebenslauf meines Lehrers, den mir mein Bruder zugeschickt, seine Gemüthsart vorgestellt. In einem kleinen Bezirck der Welt nützlich, zu einem weit größeren geschickt; ihr unbekannt v verborgen, der sich, die Natur v Ihren Urheber aber desto beßer kennte, sich selbst verleugnete, der erstern bescheiden und unermüdet nachgieng v den letzteren in einer kindl. Einfalt verehrte. An HE. M. habe, lieber Papa, Dero letzten Gruß bestellt. Er erkennt mit viel Zärtlichkeit das Andenken, welches Sie ihm noch gönnen, v. wünscht sich das Glück Sie noch einmal zu sprechen. welches vielleicht bey einem Besuch, den er einem künftig Ihnen v mir geben könnte nicht so unmöglich oder unwahrscheinlich wäre. Er scheint sehr zufrieden zu leben. Denken Sie an die Kette von Wiederwärtigkeiten, an die sein Glück endlich geknüpft worden. Würde er ohne dem unglückl. Sendschreiben jetzt den Unterscheid seines Schicksals, selbst ohne denjenigen Fehlern, die Lasterhafte zum Grund ihrer Verfolgung machen v durch die ein rechtschaffener Mann gebeßert, selten in der Welt bestraft wird, mit so viel Zufriedenheit empfinden können? Ich hoffe daß sich die Fr. Saturgin beßer befinden wird; und sehe mit vielem Verlangen allen den Nachrichten entgegen, zu denen einmal ein langer Brief bestimmt seyn soll. HE. D. Lilienthal v Diac. Buchholtz werden mir vermuthlich, der letzte besonders, antworten. Bey Gelegenheit bitte ihn so wohl als erstern meine Ergebenheit zu versichern. Was machen das Zöpfelsche Haus, HE. Renzen v seine liebe Familie, die HE. Arndts, ihr redlicher Vater v HE. Pf. Keber? Kommt letzterer noch nach Königsberg bisweilen? Ich grüße alle gute Freunde herzlich. Meine liebe Mutter wird Ihre eigene Augen doch mit meinen Hemden verschonen. Ich verdiene diese Mühe nicht. Wenn Sie was recht gutes aber was recht englisches von Meßern für meinen starken Bart haben; so werde ich Ihnen sehr dafür erkenntlich seyn v bitte selbige künftig beyzulegen. Die alten haben beynahe ausgedient. Sie werden erlauben noch folgende Seite an meinen Bruder anzuhängen. Ich empfehle Sie Geliebteste Eltern, der Vorsorge Gottes und mich Ihrer Liebe und Gebet. Mit einem kindlichen Handkuß nenne mich Zeit Lebens Ihren gehorsamsten Sohn. Johann George Hamann. Die Jgfr. Degnerinn wird sich vermuthlich jetzt schon gesund befinden. Ich bitte selbige herzlich zu grüßen. Mein lieber Bruder, Du hast mich unendl. verpflichtet mit der Mühe die Du Dir gegeben den Aufsatz abzuschreiben. Ich nehme Deine Güte mir die gedruckten Stücke selbst aus den Intelligenz Blättern zuzuschicken nebst dem Catalogo zum voraus mit allem Dank an v bin mir derselben gewiß gewärtig. Deinen Freund, den ich auch mit seiner Erlaubnis zu meinem mache, hoffe höchstens in Riga bald zu sprechen. Ob in Mietau kann ich nicht versprechen. Grüße ihn von mir v verbitte die anerbotene Vorsorge für meine Laute; ich muß selbige wenigstens auf Deine Rechnung annehmen. Seine Gefälligkeit einem unbekannten zuvorzukommen ist sehr uneigennützig v ich lege selbige als ein großes Merkmal der Liebe aus, die er für Dich hat. Auf was für einen Fuß er herkommt hast Du mich nicht geschrieben; vermuthl. auf ein Comtoir. Dein Compliment habe bestellt. Er v Sie haben mir geschrieben. Auf meinen letzten Brief erwarte diese Woche Antwort. Wenn er sich durch die Bestellung etwas ausbitten sollte; so melde Dir mit ersten. Ich weiß nichts, mein lieber Bruder. Wenn Du etwas Neues besonders im franzöischen hast; so wird es mir lieb seyn; wo nicht, gleichfalls. Es fehlt wohl meiner Bibliothec noch ein zieml. unentbehrl. Schulbuch. Weil ich aber nächst Gott die Hofnung habe mich vielleicht ein wenig von diesen Arbeiten ausruhen zu können; v wenn ich ja eine erwünschte Stelle annehmen müste, noch Zeit genung es zu verschreiben übrig wäre. So ist mir daran nicht unumgängl. gelegen. Ich habe es jetzt geliehen v habe mit meinem ältesten HE. einen Anfang damit gemacht um auf einen künfftigen etwanigen Versuch daraus zu urtheilen; werde es also bald wieder geben können v. nicht mehr nöthig haben. Ich freue mich auf die Encyclopedie; welche mir in Riga zum Gebrauch des Durchlesens versprochen worden. Vielleicht möchte ich die Gelegenheit ergreifen den HE. D. Lil. um einige Handschriften des seel. Rappolts zu bitten. Hat er selbige? Ich glaube nicht daß er es mir abschlagen würde. Wie herzlich wünschte ich die öffentl. Bekanntmachung seiner Schriften, zu welchen er sich anzuerbieten scheint. Der rechtschaffene Mann! Er hat wichtigere Einsichten beseßen als diejenigen, welche ich mir am meisten zu Nutz gemacht. Ich meine seine physischen v oeconomischen, deren Wichtigkeit ich jetzt beßer als sonst einsehen lerne. Wie geht es den Seinigen? Sie werden wie ich hoffe v gehört, nicht verlaßen seyn. Hast Du an HE. Secret. Sahme geschrieben. Ist nichts von HE Hennings eingelaufen? Was machen unsere Freunde? Wolson v Lauson. Sey sorgfältig uns die Antworten der beyden ersteren zu bestellen v unsere Briefe abzufertigen. Was hast Du aus der Rappoltschen Auction erstanden. Wie geht es mit Deinem Predigen? Thut Dir dein Gedächtnis v Lunge gute Dienste bey dieser Arbeit. Was machen Deine Schüler v Schülerinnen? Erfülle die Hofnung unserer Eltern. Du bist geschickter als ich dazu; die Pflicht dazu liegt Dir auch daher mehr ob. Wirst Du bald bey der Schule, Akademie, oder Kirche anfangen. Entdecke doch Deine Gesinnungen, wozu Du am meisten Lust hast v Dich zubereitest. Dein Glück soll mir immer mehr am Herzen liegen als das meinige. Schicke mir doch Deine Kanzelreden; wenn Du Dich nicht die Mühe einer Abschrift nehmen willst, sollst Du sie wieder zurück bekommen. Ich verspreche Dir gewis selbige zurück. Hörst Du mein lieber Bruder; ich bekomme selbige mit HE. Vernizobre. Schreibe mir bald v viel. Gott seegne Dich v unser ganzes Haus. Liebe mich wie ich Dir mit dem aufrichtigsten Herzen ergeben bin als Freund v Bruder. Schreibe mir bald, v lebe wohl, recht wohl. Ich umarme Dich nochmals. J. G Grünhof den 28 May 1755. Herzlich geliebtester Freund, Auf wenig Augenblicke nur. Sie werden wie ich hoffe einen andern von mir geschriebenen Brief durch erhalten, den ich gestern noch ganz spät mitten in den Schlüßen des Oest vertieft, auf wiederholtes Ersuchen in der Eil abfertigte. Sie würden mich hiedurch auch einiger maßen verbinden, wenn Sie sich noch einmal dieser Sache annehmen. Ich weiß nicht was ich für langer Weile anfangen soll um bald bey Ihnen zu seyn. Was für einen Abend haben Sie mir mit Ihrer Predigt gemacht? Ich danke Ihnen unendlich dafür ich habe nichts anders gethan als in Gedanken mit Ihnen geredt, daß mir das Blut ins Gesicht stieg. Treiben Sie keinen Scherz mit einer Postille; sie können leicht dazu kommen wieder ihren Willen. Ich möchte beynahe wetten, daß Sie schon zu einer andern gebeten sind. Heute frühe habe ich Ihren Brief an HE. Bruder abgefertigt an den ich eine Woche nicht geschrieben meiner Cur, v Grillen wegen, die beyde jetzt aufgehört haben. Es ist auch in der Zeit daß ich ihn erhalten keine Gelegenheit abgegangen, mit der ich hätte schreiben können. Was macht denn Ihr liebes Marianchen, mein junges Mütterchen. Befindet sie sich wohl? Die Haare haben mir bey dem Schrecken zu Berge gestanden daß Sie gehabt haben. Gott Lob daß alles vorbey ist! Es ist ein alter Einfall, daß die Erinnerung eines genoßenen Glücks nicht bisweilen so angenehm ist als einer überstandnen Gefahr. Ihren Vernünftler habe durchgelesen; nicht ohne Vergnügen. – – Meine Stunden sollen angehen. Ich weiß nicht was ich schreiben soll. Die Sammlungen zum N. v. V. sind eine schöne v neue Sittenschrift. Ich hielte Oest für einen Rasenden v war begierig sein Todt amphibisches TodtenGespräch zu durchlaufen. Jetzt wird es geheftet v ich erhalte es heute wieder, da ich meine Nachlese halten werde. Begnügen Sie sich an dem Urtheil des Plato über den Heraclitus. Ich bin sehr geneigt ihn zu entschuldigen. Ist Ihnen die Nachahmung des Baumelle nicht auch in die Augen gefallen in sehr viel Wendungen seiner Schlüße? Die Streitschriften derselben sind zusammen gedruckt v würden uns mehr Licht geben. Ein groß Unglück, daß Ditton falsch schlüst, leidt die Unsterblichkeit der Seele darunter? Was dünkt Ihnen von dem angehängten Gedicht; als ich zum ersten mal es in die Augen bekam versprach ich mir nichts von dem ganzen Werk. Es schien mir aus Bedlam, der Engell. Tollhaus datirt zu seyn; ich beurtheilte darnach die ganze Schrift. Wenn der Materialismus nicht der Vernunft begreiflicher wäre; wozu hätte uns das Gegentheil durch eine besondere Offenbarung ausgemacht v entdeckt werden müßen. Die Vernunft eine Kunst der Menschen. Ich finde einen großen Sinn in diesem Gedanken oder Ausdruck. Genung. Was macht unser liebe Berens? Sagen Sie ihm, daß ich nicht nach Riga kommen werde, wenn er mich nicht auch ein gut Wort schriftl. darum gönnt. Er soll sich unpäßl. befinden. Ich glaube dieser Nachricht nicht so schlechterdings. Nun liebster Freund, wenn Ihnen so viel daran gelegen ist mich wieder zu sehen als mir an Ihnen: so werden Sie sich einige Mühe geben. Um meinet auch einiger maßen um Ihrer selbst willen. So wenig ich mir jedermann zum Freunde wünsche; so gerne sähe ich, daß die ganze Welt Sie so hoch halten schätzen v. verbunden seyn müste, als ich. Genung. Wollen Sie mir die andern Theile des Vernünftlers schicken; so wäre es mir lieb. Den verlangten Hume sollen Sie mit erster Gelegenheit haben; mit einem Brief an unsern Freund, den ich jetzt auf das herzlichste zu grüßen bitte. Meine Cur v lauter Schaarwerk, der Anfang zum Einpacken pp haben mich abgehalten ihm noch nicht zu schreiben v jetzt ist es s zu spät. Wie vergnügt wollen wir leben? Wollen Sie mich auch recht im Ernst so gern haben als Sie mir schreiben. Was meynen Sie, ich habe beynahe in 3 Wochen nicht an meine Eltern schreiben können? Dem letzten nach waren Sie gesund. Haben Sie gute Nachrichten von Hause. Ich bitte um alles, worum Sie bitten, v will Ihnen jederzeit 10 v 100 fältig mehr als mir selbst wünschen. Freund! und Freundinn! Ich küße Euch Mund v. Hand! Lebt wohl! Lebt wohl. Am Rande der ersten Seite: Einlage bitte abzugeben an meinen ehrl. Baßa. Grünhof den 10 Jun. 1755, Herzlich Geliebteste Eltern, Ich kann es mir selbst zuschreiben, wenn ich so lange keine Nachrichten von meinen lieben Eltern, an die ich täglich denke, v tägl. habe schreiben wollen, bekommen habe. Wenn Ihnen mein langes Stillschweigen einige Sorgen gemacht, bitte ich um Verzeyhung derselben. Meine Entschuldigungen liegen bloß in Zeit v. Umständen. Die Cur, welche ich glücklich zu Ende gebracht, hat mich ein wenig magerer aber Gott Lob! leidlich gesund zurückgelaßen. Man ist hier auf die andern Güter gereist v ich erwarte sie diese Woche, bin daher mit meinen jungen Heerschaften allein. Daher gehen seltener Gelegenheiten, unordentlicher wegen der Feldarbeit v dieser Abwesenheit; sie kommen des Nachts v sind mit anbrechendem Tage schon wieder auf dem Wege pp. Mehr Aufsicht, weniger Einsamkeit, indem ich sie beständig um mir haben muß; folglich verdrüslicher und müder dadurch ppp. Mein lieber Vater haben mir neulich einen sehr langen Brief geschrieben; in dem er Sie die glückliche Genesung seiner Ihrer Entkräftung mir gemeldet v die Geschichte eines Freyers, des ehrl. Zinks, mir erzählen, dem ich nebst seiner jungen Wittwe viel Glück v Seegen wünsche. Er wird doch wohl mit seinem Nebenbuler in keine Verdrieslichkeiten kommen; ich wundere mich, daß dieser Mensch sich noch in Königsberg aufhalten darf, von dem ich lange geglaubt, daß er ich weiß nicht wo? wäre. Uebrigens, lieber Papa, glauben Sie nur vor der Zeit ganz ruhig, daß die Ehrlichkeit da aufhört, wo der Eigennutz anfängt, daß die meisten Menschen die vierte Bitte im Vater Unser wie die jungen Raben thun, daß Gott auch ihre Stimme erhört, aber noch weniger den Gerechten und seinen Saamen es an Brodt fehlen läst, v daß wir uns bey geseegneten Bißen glücklicher als gemästeten Ochsen befinden. Ich wünschte, v ich habe die Hofnung immer gehabt, daß Sie einen Entschluß, den Sie schon so frühe gefast v. an den ich Sie jetzt nicht erinnern mag, ausführen würden. Würden Sie nicht ruhiger leben können? Haben Sie an Ihren Kindern nicht genung gethan, daß Sie selbige erziehen laßen? v. der Welt Stadt zum Besternn im Großen genung gearbeitet. Sollten Sie sich nach einem Stande nicht sehnen, wo Sie nicht von z so viel Leuten abhängen dürfen, für deren Aufenthalt, Aufführung v. Geschicklichkeit sie arbeiten v sich ärgern müßen, die sich selbst vielleicht mehr als Ihrem Herrn verdienen v bisweilen mehr zerstreuen als einbringen? Wenn Sie jemandem alles abtreten möchten, zu dem Sie Vertrauen hätten, würde der nicht andern die Stange halten und bey Ihrem Namen sich die Gunst der Leute zu Nutz machen v s Sie aller Verdrüßlichkeiten v entkräftender Geschäfte überheben können. Sie scheinen mit demjenigen, der jetzt an Zinks Stelle getreten, zufrieden zu seyn. Vergeben Sie mir, wenn mir dieser Plan jetzt noch möglicher v. nöthiger scheint als Ihnen vor so viel Jahren. Ich glaube nicht, Sie hiedurch beleidigt zu haben, daß ich mich dieser angenehmen Vorstellung eines ruhigen Alters vor Ihnen so weit nachgehängt. Meine liebe Mutter befindet sich GottLob gesund ich freue mich darüber; sie liebt mich noch, ohngeachtet sie nicht an mich schreibt. Sie wird mir wenigstens bald einen Aufsatz von Leinwand schicken, den ich hier noch wo es mögl. lieber als später zu erhalten wünschte. Herr Vernizobre muß schon abgegangen seyn; ich freue mich auf alle die Antworten, die er mir auf meine Fragen wird geben können. Es ist mir lieb, daß mein Bruder fleißig ist. Ich werde ihm selbst ein paar Worte beylegen. Die Gelegenheit eilt zum Abbruch. Ich habe zu einer außerordentlichen Zeit schreiben müßen; weil selbige unvermuthet sich findt v bald abgehen wird. Gott schenke Ihnen Herzlich geliebteste Eltern, beyderseits Gesundheit. Wir möchten vielleicht, so bald Ihre Excell. zu Hause können, nach Meyhof gehen; addressiren Sie ihren Brief nach Mietau auf sicherste: abzugeben bey des HE. D. Lindners HochEdelgeb. Lieben Sie mich, beten Sie, aber sorgen Sie nicht für mich. Ich empfehle mich Ihnen mit einem tausendmaligen Handkuß v bitte alle gute Freunde auch die Jgfr. Degnerinn zu grüßen. Mit der kindlichsten Hochachtung nenne mich Ihren gehorsamst ergebensten Sohn. Johann George Hamann. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe Ihren Brief in der Nacht, da ich kurz ins Bett gestiegen war, mit vielem Vergnügen gestern gelesen. Sie haben mir nichts geschrieben von dem meinigen, den Sie bey Anwesenheit Ihres HE. Bruders vermuthl. erhalten haben müßen. Ich habe selbigen in der grösten Eilfertigkeit, weil mein Nachbar der junge Pastor bey mir war, v Unordnung ablaßen müßen. Er war theils in vielen Stücken vertraulich in Ansehung der Ihnen aufgetragenen Commission v des vorgeschlagenen HE. Ruhig theils verdrüßl. geschrieben. Es ist mir viel daran gelegen zu wißen, ob Sie ihn erhalten haben; v. im das Gegentheil sehr unangenehm. Sie sollen niedergeschlagen seyn ohne zu wißen warum? Diese Nachricht hat mich selbst dazu gemacht. Ich hoffe doch nicht, daß wegen des Anfanges Ihrer Haushaltung meine Ankunfft auch einige Sorgen machen möchte. Wenn ich Ihren Brief überlese, so scheint es Sie haben meinen letzten nicht erhalten. Ich hatte Ihnen die Mühe nach Kgsb. deswegen zu schreiben Ihnen darinn wiederrathen; v Sie scheinen davon nichts zu wißen. Ich weiß nicht warum HE. L. nicht bey Ihnen gewesen. Man wartet hier auch mit äußerstem Verlangen auf ihn. Sie können sich nicht vorstellen wie sehr ich meinen ehrl. Baßa vermiße. Ich würde sonst schon eingepackt haben v noch einmal so vergnügt v. ruhig jetzt leben. Die Zeit wird mir unerhört v. unerlaubt lang. Ich weiß sie mir mit keinem andern als mit ihm zu vertreiben. Man geht heute unvermuthet nach Mietau um einem angekommnen Großen seine Aufwartung zu machen. Ich habe 2 Ihrer Briefe nach zu Ihrem HE. B. geschickt. Der eine war an ihn. Auf dem andern soll er ein and Couv. machen. Ich habe dies für nöthig v. beßer gehalten; besonders wegen der Versetzungen von ein paar Worte, die man vielleicht unrecht auslegen könnte. Man schreibt nicht M. G. sondern General-Major aux armées de S. M. l’Imp. de toutes les Russies, Cheval. de l’Ordre de Ste Anne, Seigneur de ses terres a Grunhof. Dies ist ein Arrende Amt v. kein erbl. Gut. Da haben Sie zugl. den ganzen Titel auf künftigen Fall. Vorige Woche habe hier auch einen Hofmeister kennen gelernt, der auf Brodt ausgieng. Ich hatt ihn Lust hier vorzuschlagen, weil ich ihn im Pastorat antraf. Er war den andern Morgen aber durch priesterl. Barmherzigkeit schon weiter gebracht, wie er mit daselbst angekommen war, um sich an einem Ort anzubieten wo er von einer Vacantz gehört. Ein Schlesier, hieß Blasche, s. Bruder ist M. in Jena. Ein Idiot mit dem Ansehen eines reisenden Handwerksburschen, den ich gleichwol gern hier praesentirt hätte Ihnen Sie diejenige kennen zu lernhren, die Ihre ergebenste Dienste aufdringen. HE. Ruhig soll gestört seyn v seine wunderl. selbst bisweilen blasphemische Grillen nicht an sich halten können in seinen bösen Stunden. Sonst wäre er gut, wenn dies nicht wahr wäre. Ein Herrenhuter s mag er seyn, nur kein Mißionair seiner Brüderschaft. In meinem letzten habe mehr von ihm geschrieben. Meine Abreise ist auf alt Joh. festgesetzt. Die Gelegenheit ist alsdann gar zu beqvem für mich. Ich hoffe alsdann ganz gewiß bey Ihnen zu seyn. Tage v. Stunden werden mir länger als einem Liebhaber oder einer Braut oder einem jungen Mann, der auf die 6 Wochen sr. lieben Frau rechnet v rechnen läst. Hier sollt ich geschwind abbrechen v mich nach meiner zärtl. Pflegmutter erkundigen, von deren Gesundheit Sie mir nichts gemeldet haben. Ich will aber erst ausreden v denn gl. darauf kommen. M. Hase, der junge HE v. Buttlar; der junge Pastor; zu denen fehlt der 4 Mann v der soll v will I ich seyn. Sie werden gewiß dem ersten so gut werden als ich es ihm bin v. als er s Sie schon hat. In deren Begleitung werde ich also Sie sehen v. wieder sehen können; wie jene Riga in meiner. Was macht denn Ihre v. meine liebe Wirthinn? Wird Sie vergnügt leben können, wenn Sie es nicht sind. Wie glücklich will ich mich halten wenn mein Vergnügen was zu Ihrer Zufriedenheit beytragen kann. Ich küße Ihr hundertmal die Hände – – Diesen Augenblick bin durch Ihro Excell. gestört worden. Man wundert sich. Ich habe den Brief jetzt nicht abgeben können. Ich weiß jetzt den Knoten. Die Schuld liegt an… HE Offic. von Ess. v HE. Huhn haben einen andern in Vorschlag, der jetzt im Lande erwartet wird. Sehen Sie, daß Sie nicht hätten mehr thun sollen als man verlangte, v nicht nach Kgsb. zu schreiben. Es verdriest mich um Ihrentwillen, daß ich unrecht von Ihnen bin verstanden worden. Wie viel vergebene Mühe! wie viel unerkannte Redlichkeit! Warum muß ich am dem ersten v andern am zweiten schuld seyn! Wenn es mögl. ist laßen Sie den HE. L. S. (bey Dump hält er sich auf) zu sich bitten um ihm die von Kgsb. angekommene Sachen abzugeben. Reden Sie so gesetzt v. vorsichtig mit ihm als Sie können. Warum hat er Sie nach Kgsb. schreiben laßen? anderen Antrag angenommen ohne Ihnen etwas zu wißen zu thun? Ich habe Ihnen nichts vergeben wollen, vergeben Sie sich selbst nichts Liebster, Freund. Ich bin um meinen letzten Brief an Ihnen besorgt, melden Sie doch, ob Sie ihn erhalten haben. HE. L. hat die Bestellung deßelben auf sich genommen. HE. B. erinnert sich meiner noch, schreibt mir aber nicht mehr. Sollte ich es worinn versehen haben, so entdecken Sie es mir. Ich bin gewaltig zerstreut. Vorige Woche habe endl. an me. Eltern einmal schreiben können. Ist Leinenzeug von mir mit Mr. Vernisobre angekommen? Was ist er für ein junger Mensch. HE. D. Buchholz ist ein sehr rechtschaffener Mann. Sie hätten seinen Brief sicher erbrechen können. Er hat sich des ihm aufgetragenen redl. angenommen. Von dieser Seite bin jetzt also Gott Lob! ruhig. Meine künftige Schritte kommen mir je länger je ernsthafter vor. Warum bin ich kein Alchymist geworden? Wenigstens kann ich mein Glück gegen deßen Hofnung vertauschen. Wir wollen uns Freund! mit Popen trösten: Tell, (for You can) what is it to be wise? ’T is but to know, how little can be known; „To see all other faults, and feel our own Condemn’d in business or in Arts to drudge „Without a Second or without a Judge. Sie fragen mir, was meine Musen machen? Nichts. O wenn diese mir günstiger wären. Ich habe mir niemals Genie v. Erfindung zugetraut. Ein wenig Geschmack mit viel Mühe erworben, der mir so oft in meinen eignen Arbeiten untreu gewesen. Er ist stumpfer wie sonst; v. vielleicht ist seine Lebhaftigkeit Neid oder Eitelkeit jederzeit gewesen. Ihre Muse v. Freundschaft würde wird meine stürmische Leidenschafft sanfter machen. Ihrem Umgange v. einigen ruhigen sorglosen Wochen werde ich die Wiedergeburt meines Witzes v mehr mein Gleichgewicht des Gemüths zu danken haben. Unsre Jeder Abende sollen eine Encyclopedie vom Vergnügen seyn. Grüßen Sie doch unsern lieben Berens bey dieser Stelle von mir. Fragen Sie ihn auch bey Gelegenheit von ungefehr ob er sich meiner zu schämen anfängt? Sie verzeyhen es mir, Liebster Freund, wenn ich mir allen Ausschweifungen überlaße durch die ich mir zerstreuen kann. In der Hälfte dieses Briefes habe ich es sehr nöthig gehabt. Ich bin mir einer baldigen Antwort von Ihnen versehen. Wird Ihre liebste Marianne jetzt Ernst machen. Gott erhalte Sie beyderseits. Grüßen Sie Selbige nebst meinen Freunden herzl. von mir. Ich umarme Sie v bin Ihr aufrichtig ergebenster Hamann. Leben Sie wohl v vergnügt! Wo predigen Sie Pfingsten? Füllen Sie die Kirche? N.S. Es ist e. Gelegenheit gestern ohne m. Wißen nach Riga gegangen mit der ich gern Hume mitgeschickt hätte. Auf die Woche wird wohl wieder e. gehen. Grünhof den 15. Junius 1755. Mietau bey HE. D. Lindner. den 1 Jul. 1755. Lieber Bruder und ewig werther Freund, Laß uns zum Abmarsch blasen. Wir haben lange genung gestritten. Unsere Arme sind entkräftet unsre Waffen abgenützt. Weder der Sold noch die Ehre hat unsern Muth so lange erhalten. Der Himmel laße uns geübter v erfahrner dieses Feld verlaßen v gebe uns zu unsern künfftigen Ausfällen mehr Glück v Geschick. Ich kündige Dir meine Abreise oder Flucht oder Rückzug, wie Du es nennen willst, ziemlich martialisch an. Schade daß im Lande der Cosacken v. Hottentotten keine Lorbeeren wachsen. Gesetzt Sie wären, Cäsar selbst würde seine kahle Scheitel zu Gute für selbige halten. Freue Dich, mein lieber Bruder, wir sind von uns. Commission loß. Man hat schon einen, man will nicht daran, vielleicht würde ein verschriebener beßer seyn. Vielleicht ist man klug, vielleicht ist man höflich, wenn man so redt. Ich danke Gott. Wenn er mein Leben erhalten will, so wird er auch selbiges Ihm v. meinen Nächsten zum Besten anzuwenden wißen andere Wege weisen oder die Steine des Anstoßes aus dem Wege räumen, mein Herz oder meine Umstände ändern. Wird jenes gebeßert; diese mögen so arg so tumm seyn als sie wollen. Ich habe genung gewonnen; alle meine Wünsche sollen alsdann erfüllt werden seyn. Denke ich unrecht oder handele ich anders als ich denke. Wer hilft mir zu dieser Selbsterkenntnis. Ich schreibe in der grösten Unordnung. Die Kutsche soll gleich kommen mich abzuholen; v muß also abbrechen. Komme ich noch nach der Stadt; so geht dieser Brief ab; wo nicht mit der ersten Post. Montags oder den 7 Jul. 755. Nun Gott Lob! meine Feßeln sind jetzt glücklich gebrochen. Den 1. war Examen ganz unvermuthet v wir giengen nach Grünhof ab. Den 2 gieng ich nach Mietau mit meinen Sachen zurück. Letztere werden schon in Riga seyn; ich gehe heute in Gesellschaft des HE. Lieut. von Fölckersamb des Abends v denke morgen früh an Ort v. Stelle zu seyn kommen. Mein Nachfolger ist ein Rostocker v heist Attelmeyer; ein 30jähriger, 13 in Kurland Hofmeister, er kennt die hiesige Luft v ist kein Lehrling in seinem Handwerke. Ich habe mich mit ihm nicht näher einlaßen wollen daß ich mehr von ihm urtheilen könnte. Der Erinnerung meines lieben Vaters zu folge habe meinen Abschied so gelind als mögl. zu machen gesucht. In Betrachtung seiner bin in einigen Dingen leichter gewesen, als es meine Grundsätze v. Gemüthsart erlauben. Die jungen HE. musten mich biß ins nächste Wäldchen begleiten v der älteste war ziemlich wieder mein Vermuthen wehmüthig, der jüngste zärtlicher. Der HE. General umarmte mich noch – – – –. Ich kann Dir nicht alles schreiben, weil es lauter Kleinigkeiten betrift, die an sich sehr gleichgiltig sind. Um meine liebe Eltern zu beruhigen ist dies hinlänglich daß ich alles gethan um auf eine gute Art loß zu kommen. Daß ich dies als ein Glück ansehe; weil die Gesinnungen von beyden Theilen nicht die beqvemsten dazu waren. Man hat die Niederträchtigkeit gehabt einen von meinen Briefen aufzufangen den ich an einen guten Freund geschrieben hatte, daß man in demselben einige nicht gar zu angenehme Wahrheiten angetroffen pp. daß ich alle Mühe gehabt meine Heftigkeit über dies Verfahren zu unterdrücken, daß ich mich zieml. überwunden auch einigermaßen gerechtfertigt, daß ich auf die Zeit appellirt, welche die große Kunst verstünde Ihro‥‥ zu bekehren pp. Ich habe an meinem schwachen Magen in Mietau wieder ein wenig flicken müßen; Gott Lob mit zieml. Erfolg, v. denke bald völlig dem Leibe v Gemüthe nach hergestellt zu seyn. Jetzt eben erhalte meine Apotheckrechnung von einem Manne, in deßen Hause ich unendl. Höflichkeiten genoßen v mir kaum die Hälfte des Werthes der Recepte angesetzt. Mein lieber Vater wird ihn auch gekannt haben. Er heist Hipperich v ist bey Hoppe wo ich nicht irre, oder Haupt gewesen. Ich wünsche Dir zu Endigung Deiner akademischen Arbeiten Glück wie auch zu dem Vorsatz, den Du mir in 2 Worten zu verstehen giebst. Erkläre dich doch darüber. Ich freue mich daß meine liebe Eltern dir noch einige Akademien zu besuchen vermuthlich erlauben werden. Du wirst dazu über ein Jahr nicht nöthig haben. Geh doch Göttingen nicht vorbey. Schreibe mir doch mehr hierüber; wenn du v wie du diesen Entwurf auszuführen gedenkst. Genung auf heute. Meine Verwirrung wird bald ein Ende nehmen. Dann werde ich mit mehr Ruhe schreiben können. Küße unsern lieben Eltern in meinem Namen aufs kindlichste die Hände v lege eine kräftige Vorbitte in Ansehung meiner Wäsche ein. Ich glaube meine alte Mutter künftig hiemit auch verschonen zu können. Ein paar gute engl. Scheermeßer wird Papa beylegen. Leben Sie wohl. Grüße alle Freunde. Bleibe der Meinige dem Herzen nach wie ich der Deinige bin. Ich wünsche Dir v allen Gesundheit v den Seegen desjenigen, durch deßen Geist wir leben weben v sind. Ich umarme Dich v ersterbe Dein treuer Bruder. George. Mein lieber Bruder, Aus Pyrmont angekommen, von meiner Gesundheit v einigen Arbeiten abwechselnd beunruhigt habe ich nicht eher als jetzt an dich schreiben können. Ich habe die schönste Stube, ihre Aussicht geht auf den Kirchhof v sie ist selbst einer. Meine Tapeten sind ausgesuchte Bücher des seel. Rectors. Meine Freunde lieben mich mehr, wenigstens – – nein nach meiner Empfindung
    mehr
als in meinem Vaterlande, v ich beunruhige mich es weniger als sonst zu verdienen. Du wirst einen bald von meinen außer Landes erworbnen zu sehen bekommen, den ich Dir als mich selbst empfehle; ein Mann von einem so großen Geist als Herzen, der aber beydes sehr enge zusammen zu ziehen weiß v den ich in Kurland als einen Cameleon kennen gelernt habe. Kurz du kannst den HE M. Hase bald in Kgsberg zu sehen vermuthen. Denke daß der mich selbst umarmt; v sein Anblick sey Dir so erfreulich als mein eigener. Er kommt mit dem jungen HE. von Buttlar an. Ich wünschte daß ihm meiner Eltern Haus recht gefallen möchte v er alle ihre Zärtlichkeit genöße. Ich habe ihm in Kurland versprochen noch Briefe nach Hause v HE. Sahme mitzugeben. Meine Cur hat mich daran gehindert. Diese Woche geht Gelegenheit ab vielleicht kannst Du ihm noch das zugedachte einhändigen daß er es mitnehmen kann. Erkundige Dich bey jedem Fuhrmann, ob er angekommen. Er möchte aus Empfindlichkeit daß ich mein Wort nicht gehalten ihn zu schreiben Dich v unser Hauß sonst vorbey gehen. HE. Porsch ist hier, nicht in der besten Gesellschaft. HE. Gericke ist Pastor hier geworden in Riga. HE. Lado von den habe ich gehört, daß er seit kurzen verheyrathet ist. Der HE. M. hat selbst an Dich geschrieben. Wir leben als Glieder einer Kette, einer Familie mit einander. Was für ein Gut ist die Freundschaft. Ich habe selbige früh schmecken gelernt, jetzt ihren Werth erkennen. Den Buchführer Petersen habe hier auf dem Lande gesehen v gesprochen. Ein Mann von Muth zu Anschlägen, der auch auf meine Kleinigkeiten Ansprüche macht. Wenn ich nur nicht so arm an Geist jetzt wäre. Deinen Brief kann jetzt nicht beantworten, nicht Zeit, nicht Aufmerksamkeit genung dazu. Künftig mehr. Ich umarme Dich als Dein treuer Bruder. Lebe wohl v vergiß mich v Deine Freunde nicht. Bestelle einliegendes an HE Trescho v grüße ihn unbekannt von mir.
Riga den 25. Octobr. alten Styl. 1755. Herzlich Geliebteste Eltern, Ich bin Gott Lob! mit meinem Magen völlig wieder beßer und mit meinem Kopf wieder ausgesöhnt. Ungeachtet ich keine Schmerzen an dem letzteren weiß; so befinde doch immer eine Dummheit und Schläfrigkeit in demselben, wenn der erste verdorben ist. Mein letzter Brief war in einem Augenblicke geschrieben, in dem mich meine Hypochondrie mehr als jemals qvälte. Seit 14 Tagen hat mich selbige ziemlich verschont, ungeachtet ich mehr als sonst geseßen. Sie sehen selbige vermuthlich, Geliebtester Vater, für Anfälle des Heimwehes an. Und Ihre Bitte umzukehren soll vermuthlich das Hülfsmittel seyn, welches Sie mir für meine Krankheit vorschlagen. Beruhigen Sie sich daß ich gesund und kein Müßiggänger bin. Würde ich Ihnen lieb seyn, wenn ich zu Hause das Gegentheil von beyden wäre? Womit kann ich Ihr Alter unterstützen; vielleicht mit neuen Sorgen für mein Glück befördern, für ein Glück, das ich nicht dafür erkennen kann. Ich überhebe Ihnen jetzt dieselben, entschlagen Sie sich selbst solcher, die mir meine Tage bisweilen betrübter machen, wodurch Sie nichts erreichen, und die Ihrer und meiner Ruhe nachtheilig sind. Die Erde ist des Herren, seine Gegenwart und die Vorstellung meiner Pflichten, denen ich lebe, möge mir allenthalben gleich nahe seyn. Können Sie mich für Laster und Unglücksfälle hüten? – – Vergeben Sies mir, herzlich Geliebteste Eltern, wenn Ihnen meine Denkungsart ein wenig zu hart und eigensinnig zu seyn scheint. Ich erkenne mehr als zu sehr die Zärtlichkeit, die der Grund Ihrer Vorstellungen und Wünsche sind, Wohlthaten, die unsere Leidenschaften andern aufdringen, wo wir nicht den Sinn des andern sondern allein unsere Liebe zu Rathe ziehen, kann man solche Wohlthaten nicht verbitten ohne undankbar ohne ungehorsam zu seyn. Sie wißen meine Absichten warum ich Sie, liebste Eltern, verlaßen, ich sage nicht, mein Vaterland verlaßen, weil ich mit Ihnen hierinn in gleichem Fall bin. Sie wißen daß selbige noch nicht erreicht worden. Wenn derjenige, der sich etwas vornähme, nach einigen Versuchen sich sein Vorhaben gleich vereckeln ließe nicht Ihr Sohn wäre, würden Sie ihm dies zum Guten oder zum Besten auslegen! Ich bin der Welt nicht unnütz gewesen; ich habe einen guten Saamen wenigstens in jungen Gemüthern auszusäen gesucht, die s mich der vielleicht später meine Redlichkeit belohnen weirden. Mit voriger Post habe aus Curl. einen Brief erhalten, der mich ein wenig aufgemuntert. Man wünscht nicht nur meinen Nachfolger loß zu werden, sondern soll sehr oft sagen: wenn doch H. noch bey uns wäre! Man hat mir eine unverdächtige Probe von dem jüngsten beygelegt um mir zu beweisen, daß man nicht die Absicht hat mich zu schmäucheln, sondern daß es sehr natürlich sey, wenn man mir Gerechtigkeit wiederfahren läst. Vielleicht würde mein Glück schon fertig seyn, wenn ich theils niederträchtig, theils nachläßiger gegen mich selbst und andere hätte seyn können. Mein weniges Vertrauen auf mich selbst, meine Furchtsamkeit meine Schwierigkeit mir v andern genung zu thun, der Eindruck den ich von Menschen bekommen habe, die ich nicht anders als bedauren, verachten v haßen habe können, daß ich selbst unter diese Menschen gehöre, daß man so oft wieder seinen Willen v aus Schwäche ihnen nachgeben muß, haben mich leutscheu, unumgänglich gemacht, demüthigen und nähren wechselsweise meinen Stoltz, entfernen mich von der Welt gegen andere Triebe, die mich zu selbiger anziehen. Würden Ihren Sohn Freunde noch lieben, die in ihrer Wahl so zärtlich sind, die ihn seiner Fehler wegen so wenig genüßen können, daß er sich selbst noch wundert, wie er welche haben v. erhalten kann, die ihn aufsuchen wenn er sich Ihnen entziehen will. Sehen Sie womit ich mich tröste, wenn ich mir selbst unerträglich bin? Da ich mir selbst so viel Unruhe auflege, warum vermehren Sie Liebste Eltern selbige durch Vorwürfe, durch Klagen und Zumuthungen, die mich noch verlegener machen, weil ich nicht weiß, womit ich selbige beantworten soll. Ich habe noch Herz genung mehr zu erfahren, mehr zu leiden, mehr zu übernehmen; unterdrücken Sie selbiges nicht. Ihr Beyfall soll mich beleben und Ihr guter Rath auf dem Wege den ich mir gewählt, forthelfen und nicht aufhalten. Wenn Sie den Verdacht haben daß ich meinem lieben Freunde dem M. beschwerlich bin; so thun Sie ihm theils Unrecht, theils mir. Ich kenne meine Freunde, und werde sein
    Schuldner
nicht bleiben. Ein anderer hat mir seine Stube angeboten wenn ich die geringste Ursache oder Lust hätte ihm diesen Verdruß zu machen. Ein ganzes Haus würde mich mit vielen Freuden aufnehmen. Auch diese Besorgnis, imfall Sie selbige haben sollten, wird Ihnen bald benommen seyn; weil ich im Begrif bin mich zu verändern. Ich habe meine Entschlüßung, auf die man dringt, aus einigen Ursachen nur noch aufschieben müßen. Sie sollen selbige aber mit nächsten erfahren. Es ist mir ein Haus vorgeschlagen worden, welches mit unter die besten im Lande gehört, ein einziger junger Herr, Ich will mich auf eine ganz freye und ungebundene Art einlaßen. Ist er nach meinem Sinn; so würde ich weniger Jahre als Jacob wenigstens brauchen und meine liebe Eltern wenigstens, wenn ich mich ein wenig festgesetzt, auf eine anständigere v. leichte Art besuchen können. Die Verbindung mit Ihnen auf der Post würde mir eben so beqvem seyn ohngeachtet ich weiter aufrückte, v dem Ort, den ich noch immer in diesen Gegenden zu sehen wünsche, etwas näher. Genung hievon. Meine liebe Mutter erkundigt sich wegen der Wäsche. Eins von den Unterhemden habe schon angehabt v es hat nichts daran gefehlt. Die Plätthemde schone ich noch v ich hoffe daß S sie eben so gut paßen werden. Ich will schreiben, wenn ich die Probe dazu machen werde; in Riga schwerlich. Für Ihre Sorgfalt küße Ihr kindlichst die Hände. HE. Berens dankt freundschaftl. für Ihr gütig Andenken v hat mir seine Gegengrüße aufgetragen. HE. Gothan sehe sehr selten; seine Fr. Schwester ist heute bey uns mit dem jungen HE. P. Gericke, den ich nebst seinen Eltern sehr hoch schätzen muß. Die redlichsten Alten von der Welt. Man hat mich schon unten nöthigen laßen zur Gesellschafft zu kommen. Ich nehme also Abschied um noch an meinen Bruder zu schreiben. Gott erhalte meine liebste Eltern gesund. Ich verspreche mir von meinem lieben Vater einen Brief in dem er einen Wiederruff seines letzteren thun wird. Möchte er gleich kürzer als der letzte seyn; so würde ich mich freuen, wenn der Innhalt dieser wäre: „Mein lieber Hans, ein eigensinniger Junge bist du allemal gewesen; wenn es nun aber Dein Ernst ist ein ehrlicher Kerl zu bleiben: so kannst Du allemal von Deinen Eltern versichert seyn, daß Sie so einen Sohn lieber in der Fremde haben wollen als einen Sch… in ihrem Hause zu ernähren. Dein Exempel soll uns wenigstens lehren, daß wir deinen Bruder nicht eher loß laßen, biß er diejenige Freude erfüllt, die wir an Dir zu sehen wünschten. Halte Wort und lebe wohl.“ Ich will beydes thun Liebste Eltern, indem ich Ihrem Andenken und Ihrer Liebe empfehle. Ich bin zeitlebens Ihr erkenntlichster Sohn Johann George Hamann.
Riga am Tage Elisabeth 755. Herzlich Geliebteste Eltern, Gott schenke Ihnen Gesundheit und Stärke. Ich hoffe, daß meine Mutter schon für die Erfüllung dieses Wunsches dem Höchsten wird danken können. Ich befinde mich jetzt in einer eigenen Verlegenheit, die ich Ihnen herzlich Geliebteste Eltern mittheilen will, weil selbige vielleicht zu Ihrer Zufriedenheit und meiner Rechtfertigung etwas beytragen kann. Es ist ein Auszug eines Briefes von HE. Doct. L. aus Mietau, den ich vor ein paar Tagen erhalten: „Ihr letzter Brief schien mir etwas unwillig zu werden, ich wollte mich entschuldigen, ich muß ihnen aber nur aufrichtig sagen, daß die Wichtigkeit der Sache mich lange aufgehalten ehe ich mich entschlüßen können weiter darinn zu verfahren. Meine eigne Geschäfte gleichfalls. Die Sache selbst ist diese. Empfangen Sie alles Vergnügen welches ein wahres Verdienst nur immer nach sich ziehen kann – – – kurz der HE. General v. Witt. thut alle nur ersinnl. Schritte um Sie wieder zu haben. Wenn Sie es verlangen, M. W. Fr. daß ich in der Sache weiter gehen soll: so sollen Sie bald ein Einladungs Schreiben unter den allervortheilhaftesten Bedingungen haben. Das Gehalt sollte vermehrt werden. Niedriger Bewegungsgrund pp. Der junge Herr denkt mit Thränen an Ihnen, der älteste. Wer hätte das von ihm gedacht; er schüttet sein kleines Herz gegen mich aus, welches von 1000 Lobeserhebungen gegen Sie v 1000 zärtl. Empfindungen voll war. Ich gestehe es Ihnen daß mich dies gerührt hat. Ich weiß, sie lieben pp. Kurz Hoffnung in 2 Jahren zu reisen v alles was ich vorschreiben möchte; Erkenntlichkeit vorn und hinten. Ich habe hierauf heute geantwortet ohne mich zu erklären. Daß es Ihr Ernst ist, habe ich aus eben diesem Antrage, den der Artzt in dortigen Hause der Halbbruder des HE. Past. Gericke an mir in ihrem Namen gethan hat. Ich kann Ihnen herzlich Geliebteste Eltern, noch nichts vom Verlauf oder Erfolg dieser Sache berichten. Sie sey der Vorsehung heimgestellt. Wenn ich dahin bestimmt bin; so möge m sein Wille geschehen. Ich werde nichts thun um mich einzuschleichen. Der Bruder der Fr. Gräfin ist hier. Ich habe mich verspätet; die Post wird gleich abgehen. Ich habe Ihnen dies wenigstens melden wollen. Meinem Bruder werde ich nicht schreiben können. Mit nächster Post mehr. Ich empfehle meine Herzlich Geliebteste Eltern der Göttlichen Obhut, sie wache über Sie und alle das Ihrige. Beten Sie für mich. Ich küße Ihnen tausendmal die Hände v bin zeitlebens Ihr gehorsamster Sohn Hamann. Einlage bitte meinen lieben Bruder sogl. nach Jena zu bestellen. Die Aufschrift ist: à Monsieur Monsieur Hase Maitre des Arts et des belles lettres à Jena. Dürfte ich um das Postgeld bitten? wenigstens biß nach Berl. Auf der Adreßseite: Mein lieber Bruder Nächstens Dir. Nur ein ander Pittschafft auf M. Hases Briefe aufgedrückt. Herzlich Geliebteste Eltern. Aus Grünhof; den 18 Dezember:) gestern Mittags angekommen. Gott gebe, daß Alles gut und nach seinem Willen gehe. Ich habe heute nicht Zeit mehr zu schreiben; und wünsche mir mit erster Post die besten Nachrichten von Ihrem allerseitigen Wohlbefinden. Sind Sie mit meiner Entschlüßung zufrieden? Hier scheint man es wenigstens sehr zu seyn. Es gehe, wie es gehe, pp. Ich hoffe die beyden Bücher mit HE. Lindner zu bekommen. Ernesti ist wieder vermuthen in Mietau, wo ich ihn jetzt durch den jungen HE. habe holen laßen. Beßer wenn ich ihn selbst dabey habe, v es ist ohnedem hier nur ein einzig Exemplar. Schreiben Sie mir doch bald, Geliebtester Vater, und recht viel. Es wird mir eine große Aufmunterung seyn, von Ihnen gebilligt zu werden. Ich küße Ihnen mit der kindlichsten Hochachtung und Zärtlichkeit die Hände und ersterbe mit den Gesinnungen eines gehorsamen Sohnes. Johann George Hamann. Nachschrift an meinen Bruder. So sieht ein Römer, den seine undankbaren Mitbürger verjagt, seine Vaterstadt wieder weder durch die Schande seiner Verweisung noch durch die Ehre seines Rückrufs gerührt, als – – mach den Nachsatz selbst, mein lieber Bruder. Dienstag vor 8 Tage aus Riga abgereist bey einem fürchterl. Wege von Eißschollen und Fluthen, 2 Nächte im Kruge zugebracht und den dritten Tag erst angekommen; alles aber sehr angenehm in der Gesellschafft des besten Reisegefährten und Freundes, ich meine den HE. Regimentsfeldscherer Parisius. Meine Absicht war mich ein paar Wochen bey dem HE. Doktor in Mietau aufzuhalten. Man hörte meine unvermuthete Ankunfft und ich erhalte unvermuthet vorgestern einen Wagen, der mich gestern in Gesellschafft eines hiesigen Hofgerichts Advocaten hergebracht hat. Me voici! Mehr wird die Zeit lehren. Ich wünsche nichts als zum Nutzen der jungen Herren hier seyn zu können. Vielleicht kann ich mir mehr von meiner Mühe als jemals versprechen, ohngeachtet ich öfters genung dafür bin geschmäuchelt worden. Schreibe mir mit ehesten, mein lieber Bruder. Ich werde jetzt mit Ernst jetzt an meine Abhandlung gehen. sie mag mir kosten was sie will. Melde mir doch Neuigkeiten, nur keine portugiesische Anecdoten, die sind gar zu traurig für unser Geschlecht und für unser Zeitalter. Wo ist der Weise, der dem Bilde des Horatz ähnlich sehen kann bey einem solchen Falle. Ich habe nicht Zeit übrig. Lebe Sie gesund, und vergnügt. Gott wache über unser Haus! Grüße alle gute Freunde; Jgfr. Degnerinn v andere. Ich umarme Dich und bin zeit lebens Dein Freund und Bruder Hamann. N. S. M. Hase hat nichts erhalten. Du must nicht ordentlich bestellt haben, mein lieber Bruder. Ist noch keine Antwort oder irgend andere Nachricht von M Secr. Sahme eingelaufen? Lebe wohl, lebe wohl. Grünhof Freytags zu Mittag. Geliebtester Freund, Ich hätte schon aus Mietau an Sie geschrieben, wenn ich nicht unvermuthet wäre abgeholt worden; und mich der Ungedult anderer hätte beqvemen müßen. Nun bin ich wieder zu hause; ein kleines Flußfieber nebst neuen Zähnschmerzen wie ich bey Ihnen gehabt habe, macht mir die Zeit etwas verdrüßlich; im übrigen bin sehr zufrieden. Sie vermuthen von mir keine lange Danksagungen; ich erkenne alle die Freundschafft, die ich von Ihnen so wohl als meiner lieben Freundinn genoßen. Schreiben Sie es meinem Schicksal zu, wenn ich derselben länger gemisbraucht, als es Ihnen beqvem und mir anständig gewesen wäre. Die Vereinigung unserer Gemüther hat es uns an Vergnügen nicht fehlen laßen, welches den Verdruß sich einander zu nahe zu seyn immer überwogen hat. Worte genung, die Fortsetzung soll durch Handlungen geschehen. Alle Gelegenheiten meiner Dankbarkeit ein Genüge zu thun sollen mir angenehm seyn um eine Freundschafft zu bestätigen, deren Gründlichkeit ich mir jederzeit gewünscht habe. Der Herr Bruder in Mietau befand sich zeit meines Aufenthalts an einem Flußfieber unpäßlich; ich erwarte heute die Nachricht von dem Abschiede eines beschwerlicheren Gastes als ein Freund ist. Wie geht es mit Ihrer Gesundheit? Und Ihre Frau Liebste, meine gütige Wirthinn – – Darf ich Ihr die Mühe auftragen für den Empfang meiner Sachen, ein wenig Sorge zu tragen. Die Lise wird meine accomodirte Peruque nicht vergeßen in den Schloßkorb zu legen. Man hat mir gesagt, daß man einen Freyzedel für meine Coffres in Riga bekommen kann, daß sie auf die Postirungen nicht geöfnet werden dürfen. Ich weiß nicht wo und wie? Ist es leicht und ohne Mühe; so wäre es mir lieb; die Unkosten will gern bezahlen. Wo nicht; gleich viel. Melden Sie mir doch, wie sich die Frau Past. Gericke befindt. Meine herzlichen Wünsche für Ihre Gesundheit und freundschafftl. Grüße für das ganze Haus besonders den jungen HE. Pastor trage Ihnen auf. Letzteren denke mit erster Gelegenheit zu schreiben. Entschuldigen Sie mich bey HErrn Porsch, daß ich ohne Abschied ihn habe verlaßen müßen. Wen er sich in Mietau aufhalten möchte, wäre es mir lieb die Nachricht davon zu haben; noch lieber wenn es angienge daß er mich auf einen Tag besuchen könnte;
    ohne Familie
NB. Grüßen Sie ihn bestens von mir. Haben wir auch Hofnung Sie hier zu sehen. HE. D. und Petersen werden mir das Vergnügen Ihrer Umarmung nicht entziehen. Des letzteren Laden habe ein paar mal besucht. Die Kälte und seine Eilfertigkeit erlaubten mir nicht alles durchwühlen zu können. Er scheint sehr viel artige Neuigkeiten im franzöischen gehabt zu haben, die alle mehrentheils schon vergriffen sind. Die an mich überschickten Bücher von denen er mir nicht alle hat sagen können oder wollen, befördern Sie mit jetziger Gelegenheit. L’histoire politique de ce Siecle ist noch hier gewesen; ich habe also ein Exemplar davon bekommen. Wenn es was taugt, so theilen Sie es ihres HE. Berens mit. Für ihn habe nichts gefunden als den Hume französisch; ich weiß nicht ob er ihn lieber als deutsch haben möchte. Wenn ich das gewust hätte, so würde mit ihm getauscht haben. An Diogene d’Alembert werden Sie nicht so viel finden. Schlägels Schaubühne habe ich, davon der erste Theil ausgekommen. Himmel! sein Canut! hat Deutschland so ein Meisterstück. Ich verstehe jetzt des Gellerts Note in seiner Rede über die Comedie, die er bey Gelegenheit seines Amtsbruders macht; der seinem Vaterland zu früh gestorben. Seneca ein Trauerspiel Petersen sagt von HE. von Kleist‥‥ taugt dem Urtheil des HE. Bruders v meinem flüchtigen Anblick auch nach nicht den Henker. Merope soll von Rost übersetzt seyn, wenn HE. P. Nachrichten glaubwürdiger als se. Erzählungen sind. Er hat viele große Werke, die Decorationes eines guten Buchladen sind; z. E. Muschenbroeck Experimental Physic, eine große Concordantz, prächtige Ausgaben von alten Autoren pp. – – Die Annales de l’Empire können Sie auch haben, wenn sie Ihnen oder HE. Berens anstehen sollten. Er ist in einem sehr guten Hause sehr wohlfeil auf alle Beqvemlichkeiten des Tisches v der Wohnung vermiethet. Der Laden ist etwas entfernt v im Winter weil er nicht zu heitzen v kein NebenCabinet dabey, beschwerlich. Er hat ihn aber nur nöthig so viel Stunden abzuwarten als er will des Tages. Er schmäuchelt sich mit Gönnern und polnischen Privilegien und einem hinreichenden Auskommen. Seine Correspondentz v VerlagsUnkosten belaufen sich hoch, (wie er mir gesagt) die Woche über. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der Gelehrte Kram an so einem Orte wie Mitau einem Buchhändler nicht die Zeit so besetzen kann, daß er nicht zu den Ergötzlichkeiten des Landes, Gesellschaften und einem kleinen Spiel genung übrig haben sollte. Dergl. Zerstreuungen können ihm also dorten nicht so viel Abbruch thun als anderwerts wo er mehr Kunden v Nebenbuler hätte. Er wird alles was ich Ihnen schreiben kann, bald selbst mündlich erzählen; mehr habe ich mich um seine Umstände nicht bekümmern können. In Ansehung des D. F. scheint er unschuldig zu seyn. Er hat einmal durch Gelegenheit geschrieben, die Briefe müßen aber untergeschlagen geworden seyn. Der Münzmeister, sein Anverwandter hat vor ihm gut gesagt v seine Schuld zu bezahlen auf sich genommen. Wie HE. D. F. zu ihm gekommen hat er von nichts wißen wollen. Der Rath Crusemark v seine Gemalin sind Zeugen davon gewesen v haben ihm auch Geld vorstrecken wollen. Er hat die Summe schon lange an Münz Direct. übermacht v mir einen Brief von ihm gewiesen, in dem er ihm den Empfang deßelben versichert. Wenn die Auszahlung also zu spät erfolgt; so hat es an diesem gelegen. Hier ist also der ganze Knoten aufgelöst. Ich wünschte Ihnen die Hälfte als Freyersmann von dem Both, den er auf seine Braut in Riga that. Ist keine Hofnung was auszurichten. Ich habe sie ihm weder zu benehmen noch zu verstärken gesucht. Grüßen Sie den HE. Runtz und alle gute Bekannte von mir, Geliebtester Freund. Ihre und Ihrer Liebe Gesundheit habe eben jetzt in ein Glase Wein getrunken. Mein kleiner Fluß macht mich zum Stubenhüter. Ich hoffe daß es nicht zu Geschwür ausschlagen wird. Was machen Ihre jungen HE., ist Ihre Anzahl gewachsen; ist die Erkenntlichkeit des Schwagers oder der Mutter beträchtlich gewesen? Künfftig mehr, leben Sie wohl v vergeßen Sie nicht Ihren ergebnen Freund und Diener Hamann. Ich höre den Augenblick, daß im Portorio ein solcher Freybrief zu bekommen; damit 2 Kuffer mit Kleidern und Büchern frey passiren können. Es soll einige Sechser kosten, die ich gern gut thun will. Besorgen Sie es doch wo mögl. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, / Recteur de l’Ecole / Cathedrale de et / à /
    Riga
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    Abzugeben am Dohm
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Grünhof den 28 Christm. 755. Herzlich Geliebteste Eltern Eben bin mit meinen Neujahrs Wünschen fertig; für Freuden weiß meine Zeit nicht beßer anzuwenden als Dero liebreichen Brief, den über Riga diese Woche erhalten, jetzt zu beantworten. Aus den wenigen Zeilen die ich neulich in der grösten Eil aufgesetzt, werden Sie schon meinen Tausch wißen. Ich bin wieder hier v finde viel Zufriedenheit darinn, daß Ihre Wahl meine Entschlüßung billiget. Das übrige werde von dem entschieden, unter deßen Vorsehung unser Schicksal steht. Wie angenehm sollte es mir seyn die Freude zu erfüllen, die Sie sich schon zum voraus auf meine Rechnung machen. Ich habe die Höflichkeit bey Ihro Excell. angebracht, die Sie so gütig gewesen in Ihrem Briefe anzubringen. Man war für diese Aufmerksamkeit erkenntlich, man gedachte zugleich, daß man sich schon vorgenommen hätte an Sie nach Königsb. zu schreiben um mich wieder zu haben. Es ist mir lieb, daß man diese Mühe nicht nöthig gehabt. Ein paar Tage nach meiner Ankunfft bin hier zu meinem Verdruß unpäßlich worden und muß leyder! noch die Stube hüten. Verkältung vermuthlich ist schuld daran. Eine geschwollene Hälfte vom Gesicht nebst einem Flußfieber, verdorbener Magen, verhärteter Leib jetzt wieder seit 4 Tagen. Gott Lob daß ich nicht völlig das Bett hüten darf. An Pflege fehlt es mir nicht, wie Sie leicht denken. Es läge an mir noch mehr zu haben. Man hat mir einen Artzt aus Mietau anbieten laßen, den ich zu einer solchen Kleinigkeit nicht für nöthig halte. Ich will heute Abends ein abführend Pulver das man hier hat v Morgen früh wieder einnehmen. Mein Zahngeschwür scheint zeitig zu seyn, und ich wünschte den Aufbruch deßelben befördern zu können. Man erwartet den jüngsten HE. Grafen von Lacy morgen, der das Neue Jahr hier zubringen wird; ein Liebling seiner Schwester. Meine Krankheit wird mich schwerlich vor dem NeujahrsTage verlaßen. Wenn nur mein Magen beßer wäre – – ein großer Appetit der von Schärfe herkommen muß, eine enge Kehle von Blähungen v Schlappigkeit des Magens; nebst einer Spannung im Zwergfell oder in der Brust. Ich hoffe nicht daß dies viel auf sich haben wird, mein harter Leib ist gleichwol eine Seltenheit. Das hiesige Bier hat mich mit Blähungen zugesetzt, weil es nicht gut gegohren; ich trinke daher Waßer mit geröstetem Hausbrodt und meine Portion Wein mehrentheils dabey. Sollte es an Getränke liegen? Der Winter ist abgegangen, die Gelegenheiten nach der Stadt sind seltner. Ich weiß nicht, wenn dieser Brief abgehen wird. Bey beßerem Wege hätten Sie ihm am ersten NeujahrsTage, Geliebteste Eltern erhalten sollen. Nun glaube ich daß ihn erst die Post dann wird mitnehmen können. Wenn meine Wünsche verspäten, so verlieren Sie gleichwol nichts von Ihrer Kraft. Ohne eine Liste von allen den Gütern zu machen, die der Menschen Glück befördern nehmen Sie die Aufwallungen meines kindlichen gehorsamen dankbaren Herzens an statt großer Reden an. Gott kennt unser aller Nothdurft am besten, seine Weisheit und Güte, die er auf einen größeren Schauplatz für uns als das kurze und elende Leben ist uns in ihrer Größe zu zeigen aufbehalten, wird uns auch in diesem Raupenstande nicht vergeßen. Er mache unsere Seelen gegen Satan, Welt und uns selbst stark, und führe uns zu seiner Ehre und unserm ewigen Glück heraus. Wenn unsere Schwachheiten einmal aufhören werden, wenn ein neuer Leib uns umgeben wird, deßen Last unser Geist nicht fühlen wird; dann laß er uns mit jenen Kranken, die sein Wort gesund machte, mit einander ausruffen: Der Herr hat Alles wohl gemacht. Biß auf diesen schönen Augenblick, der uns absondern unterscheiden und belohnen wird, gönne er uns das Gute seiner Geschöpfe und unsers jetzigen Auffenthalts in ihm zu genießen, auch hier in Glück und Unglück zu sehen und zu schmecken, wie freundlich Er der Herr ist: So lange uns Gott auf seinem Grund und Boden hier erhält, Liebste Eltern, laßen Sie uns unsere gegenseitige Verhältnis zum Trost und Aufmunterung dienen. Meine Entfernung ist vielleicht selbst eine unerkannte Wohltat der Vorsehung, und giebt Ihnen Vortheile vielleicht, denen Sie meine Gegenwart berauben würde. Ein Brief, eine gute Nachricht von mir, die Hofnung mich wieder zu sehen… sind dies nicht Arten von Vergnügen, die Ihrem väterl. Herzen wenigstens zum Zeitvertreib gereichen können. Feinde und Verfolger, lieber Papa, verschonen Ihr frommes Alter nicht. Sie vertrauen mir Ihren Gram darüber, den ich kindlich mit Ihnen theile. Wie oft und wie muthig haben Sie sich auf selbige beruffen, das tägliche Brodt, das Ihnen der liebe Gott zuschneidt, wird niemand als Sie zu genüßen bekommen. Es gedeye Ihnen desto beßer und der Fluch ihres armen Nächsten wird sich in einen zu lauter Seegen in ihren Körben verwandeln. Denken Sie an uns weniger als Sie vielleicht thun, laßen Sie es sich aus Liebe zu uns an einem zufriednem Herzen mit einem bescheidnem Theil nicht fehlen. Der Himmel wird uns Jungen auch wohl versorgen, wenn wir ihn anruffen. Meine eigene Erfahrung sagt mir, daß er noch nicht aufgehört hat Wunder zu thun. Ist derjenige König arm oder geitzig geworden, der nicht jedes Jahr den Tag seiner Huldigung als den ersten durch Schaumünzen und allgemeine Freygebigkeit seiner Schätze feyret? Sein Reichthum flüst nützlicher ohne öffentl. Aufruhr in die Häuser seiner Unterthanen. Es ist Zeit hier meine Betrachtungen abzubrechen. Sie sind meine liebste Gesellschafft. Glauben Sie nicht, daß ich Ihnen bloß zu Gefallen ernsthafft ja auch als ein Christ denke. Mein eigner Wunsch stellt mir letzteren als das letzte Ziel unserer Menschlichkeit für. Ich fürchte mich, daß ich mich künfftig an meiner Schoosneigung zu Büchern wie die Kinder Israel am Manna vereckeln werde. Wenn meine Leidenschaft zu den Wißenschaften aufhören sollte, so weiß ich keine in mir so stark, die diese ersetzen könnte. Wie theuer soll mir der Wink seyn zu einem Göttlichen Geschäffte. Das Beyspiel eines guten Freundes, den ich hier unvermuthet gefunden, und deßen Schicksal mir nahe geht, hat einen wehmüthigen Eindruck bey mir gemacht. Der Höchste lacht unserer Keckheit, unsers leichtsinnigen Muths, wie unsers Verstandes. Ihre Erinnerung in Ansehung des letzteren möge bey mir nicht fruchtlos seyn. Weil heute noch eine Gelegenheit nach Mietau abgeht, so muß schließen. Ich habe noch fast nichts von meiner hiesigen Einrichtung sagen können. Daß meine Aufnahme hier sehr feyerlich gewesen, läst sich gleich vorstellen. Ich habe mich weder zu einer gewißen Zeit noch unter der Bedingung des Reisens verbindlich gemacht. Wer kann mir für den Ausschlag meiner Bemühungen gut sagen? Dies muß die Zeit lehren. Wenn ich zum Nutzen der jungen Herren hier seyn und was gutes bey Ihnen ausrichten kann; so soll mir kein Ort und keine Gelegenheit die Welt zu sehen lieber als gegenwärtige seyn. Wenn das erstere nicht eintrift; so fällt das letztere von selbst um. Seyn Sie mit dieser Gleichgiltigkeit, Liebste Eltern, zufrieden; sie ist wenigstens sehr ehrlich und unschuldig. Die kurze Zeit verbietet mir jetzt noch eine weitere Aussicht, da ich ohnedem kaum mich wegen meiner Unpäßlichkeit recht habe in Falten legen können. Mit dem ersten Fuhrmann erwarte die Sachen. Ich hätte wohl noch gern etwas um meine Dienstfertigkeit hier zu bezeigen. Die Fr. Gräfin hat gewünscht einige Insecten Stücke von Börnstein Ihrem HE. Bruder dem HE. Grafen zum Andenken zu geben. Wenn ich unvermuthet damit zuvorkommen könnte; so würde dies sehr gut aufgenommen werden. Es müßen aber ausgesuchte Stücke seyn, die mit dem ersten Fuhrmann überkämen; weil ich ohnedem mit Schmerzen auf die andern warte. Ernesti habe hier im Buchladen angetroffen; seine Rhetoric nicht. Der junge HE. hat sie also schon, wenn ich ihn unterdeßen auch bekäme, könnte es nicht schaden. Seine Philosophie könnte vor der Hand wenigstens entbehren. Auf die andern Sachen warte aber mit Schmerzen. Gott sey mit Ihnen, herzlich Geliebteste Eltern. Er seegne Sie Beyderseits und unser ganzes Haus im geistl. und leibl. Alle gute Freunde nebst Jgfr. Degnerinn grüße herzlich. Ich küße Ihnen tausendmal die Hände mit der kindlichsten Ehrfurcht und ersterbe Ihr gehorsamster Sohn. An meinen Bruder. Frölich Neu Jahr. Ein frölich Herz, ein gesunder Leib, ein gut Gewißen. Auf wie lange ich Dich, mein lieber Bruder Christel, praenumeriren soll, weiß ich nicht; du auch nicht. Der Himmel zieh also unser Loos. ponderentur, non numerentur, laß uns unsere Jahre als Zeugen ansehen, auf deren Gewicht mehr ankommt als auf Ihre Menge. Ich habe nicht Zeit aufzuschlagen. Wenn diese Stelle fehlt: so muß sie so heißen:
    eine willkührl. Kopfsteuer
(Was Poll seyn soll weiß nicht besinne mich auch gar nicht in einem Exemplar gefunden zu haben; mein engl. Dictionair ist noch nicht hier)
    die zwar mittelmäßig aber in ihren Folgen gefährlich ist, weil es leichter fällt eine schon eingeführte Abgabe zu vermehren als eine ganz neue einzuführen
. Ich weiß noch nicht ob HE. Lindner angekommen. Er hat seinem Bruder ein gewißes Gedicht pucelle wo ich nicht irre mitbringen wollen wovon ich auch ein Exemplar wohl gehabt hätte. Ob es geschehen weiß nicht. Besorge doch meine Sachen mit dem ersten Fuhrmann v lege mir Lilienthals neueste Auflage von seinem Gesangbuche bey. Ich halte dies für die beste v nützlichste Arbeit meines Wohlthäters v habe schon lange es zu haben gewünscht. Du würdest mich betrüben wenn Du es vergeßen möchtest. Schreibe ohne Rand v leeren Raum an mir, mein lieber Bruder. Gott mache mich nur gesund, daß ich so wohl meinen Beruf als Nebenarbeiten abwarten kann. Mein Nachbar der HE. Pastor ist Bräutigam. Wirst Du nicht bald Pastor adjunctus seyn. Grüße alle Freunde. Künftig mehr. Du wirst in Bestellung meiner Briefe saumseelig gewesen seyn. Doch St‥ zum Neuen Jahr will ich mich nicht mit Dir zanken. Lieb mich und vergiß Deinen Freund nicht; der es dem Blut und dem Herzen nach ist und bleiben wird. Johann George Hamann. Den 29. Decembr. Schreib an unsre liebe Freunde in Riga.
Grünhof den 29 Dec. 755. Geliebtester Freund, Ich befinde mich noch schlecht. Fast die ganze Zeit über daß ich hier bin ein Stubenhüter, der auch zum Bett seine Zuflucht nehmen muß. Bey einem großen Appetit einen verdorbnen Magen und zum andern mal eine seit 4 Tagen verstopft, daß bey mir sehr selten ist. An Pflege v Beklagen fehlt es mir hier nicht. Ein Zahngeschwür, das endlich einmal der Zeit aufzubrechen nahe zu seyn scheint. Schade um Ihre Mühe für den Freyzedel für meine Sachen. Man hat einen Coffre, Schloßkorb und Laute wenn letztere nicht bey Ihnen vergeßen worden, auf der Postirung arretirt. Die Feyertage und der jetzt abgegangene Winter machte ihre Befreyung unmögl. Ich weiß nicht warum meine Eltern nicht biß Riga francirt haben. Wenn ich sterben soll, so weiß nicht, wie viel das Porto mehr kostet. Melden Sie es mir, damit ich per Post oder Gelegenheit Ihnen ersetzen kann. Ich habe alle Feyertage an Sie Geliebtester Freund v HE. Berens schreiben wollen. Meine Krankheit hat mich daran gehindert. Sind Sie beßer dem Leibe nach bestellt; und Ihre liebe Rahel. Ich weiß nicht, ob Ihr HE. Bruder schon angekommen Umarmen Sie Ihn noch einmal in meinem Namen. Sie haben die histoire politique de ce Siecle; ich habe auch noch hier ein Exemplar gefunden. Berichten ob Sie auch nur den 1. Theil davon bekommen. Der 2te fehlt; sollte meynen, daß er schon heraus ist weil der Innhalt davon schon dasteht. An HE Petersen habe desfalls noch nicht schreiben können. Ich muß alle Augenblicke aufspringen; so beklommen ist mir die Brust. Habe noch beynahe kein Buch in Grünhof ansehen können. Befindt sich HE B. v P. Gericke gesund. Was macht des ersteren Bruder v des letzteren Mutter. Jener wird sich schon erholt haben. Ist Ihr Actus gut abgegangen. Melden Sie mir doch etwas davon. Noch ein Hauptpunct. Ob keine Condition in Riga offensteht. HE. W. traue ich nicht ein lang Glück zu. Sollte der kleine Huhn nicht jemanden nöthig haben. Gehen Sie doch mit Ihren Freunden v Bekannten zu Rath. Es betrift die Rettung eines armen Manns, den ich hier sehr verändert angetroffen v zu mir auf eine ungemein bewegl. Art seine Zuflucht genommen. Ihm ist um nichts als einen sichern Aufenthalt zu thun; ich sollte meynen, daß man den in Riga genüßen könnte. Weiter kann ich mich nicht erklären. Ein Mensch, der in sehr gutem Ansehen als Hofmeister pp in Curland bekannt v. beliebt ist, ein intriguanter Kopf in Geschäfften v entschloßener Kerl in Händeln; wiewohl in den letzteren mit mehr Ehre als in den ersten. Wenn dieser Mensch zu retten, brauchbarer zu machen und bey seinem gesunden Verstand zu erhalten ist: so thut man vielleicht ein Werk der Menschenliebe. Antworten Sie mir doch mit nächsten auf meine Anfrage; auf eine Art die ich aufweisen könnte; und mit der Hofnung, daß Sie alles mögl. thun werden ihm so wohl als mir behülflich zu seyn. Außer dieser Sache bedenken Sie wie nöthig ist ich es selbst als ein kranker habe von meinen Freunden ein wenig aufgerichtet zu seyn. Ich bedaure den weißen Raum den ich noch laßen muß. Der Wille ist gut aber das Vermögen fehlt. Noch eins meine Eltern laßen Sie in meinem letzten Briefe zu wiederholtem mal recht sehr zärtlich v freundschafftl. grüßen. Leben Sie wohl. Meinen Handkuß an Ihr liebes Frauchen. Vergeßen Sie selbst nicht Ihren Freund v erinnern Sie andere auch an ihn. Wenn der Winter gut geblieben wäre, hatte ich an HE. B. selbst geschrieben. Jetzt nicht eher als in einem neuen oder auf den Frühling. Trinken Sie meine Gesundheit aufs Fest; ich habe es schon gethan. Unser Uebermorgen geht Sie nichts an; auf einen Neujahrswunsch darf also noch nicht denken. Grünhof den 21. Jenner 756. Geliebtester Freund, Ich bin Gott Lob gesund, aber noch kaum 10 Schritte aus meiner Stube gewesen. Die verdrüßlichen NeujahrsArbeiten, von denen ich noch kaum loß bin. Mein ältester ist kränklich; dies hat mir einige Tage ein wenig mehr Zeit gelaßen, die ich mit Hanway, Keyßler, Young Centaur (wenn Sie ihn haben wollen, melden Sie es mir) Hervey erbaulichen Betrachtungen über die Herrlichkeit der Schöpfung v die Mittel der Gnade 2ten Theil der in Gesprächen besteht v sehr vortreflich ist pp zugebracht. Wie freute ich mich, als ich von Ihnen v HE. B. gestern Briefe erhielt. Letzterer hat Wächtlers Schreiben beygelegt. Scheint er Ihnen nicht auch ein braver Mann zu seyn, der zu unsers Freundes Absichten der beste ist. Ein wenig zu viel Antheil an das Journal etranger gefällt er mir nicht, daßs er zu oft
    unser
Werk nennt. Ihre Ode hat mir HE. B. mitgetheilt. Sie wird doch auch gedruckt werden… Fällt Ihnen nicht der Zweifel ein, daß derjenige, der Ihnen solche ehmals aufgetragen, sie schon nach Petersb. geschickt haben möchte. Ich würde wenigstens dafür besorgt seyn; doch Sie wißen schon, daß meine Scrupel öfters nichts als Hypochondrie sind. Von i Ihrem actu habe schon gehört, wie viel Beyfall Sie durch selbigen erhalten. J’ai eu un plaisir infini d’entendre rossignoler à M. L. son ode par la quelle il couronnoit l’acte solennel de son ecole. Il avoit un cercle brillant à ses pieds. Mr. de Villeb. etoit de ce nombre; schrieb mir rathen Sie wer. Man hat Ihre Ode hier gleichfalls mit vielem Vergnügen gelesen. Ist eine Wendung aus einer der schönsten, die Ihre Freunde entzückt v Ihre Feinde ehmals bewundert, nicht durch in dieser letzteren nachgeahmt? Des Schluß ist vortreflich v. ich habe sie selbst mir so wohl als andern etl. mal vorgelesen. So aufrichtig ich Ihnen mein Lob sagen, so gütig werden Sie eine kleine Erinnerung annehmen, mit der ich das erstere desto wahrer machen will. Sind nicht einige unordentliche Wiederholungen in Ansehung der Völker darinnen, die sie so schon geschildert haben? Haben Sie nicht gepredigt, Liebster Freund, ich vermuthe dies s v eine glückliche Folge das Herz Ihrer Mitbürger auch hiedurch noch mehr gewonnen zu haben. Gott gebe Ihnen nur Gesundheit und Kräfte, rechtschaffene Freunde v Gönner werden Ihnen niemals Fehlen. Wie leicht ist es zu bewundern v wie viel gehört dazu, wenn man verdienen soll bewundert zu werden. Die Verhältnis zwischen beyden ist wie ein Redner als Sie gegen den ganzen Haufen ihrer seiner Zuhörer. Wie steht es jetzt, Liebster Freund, mit der Inspector Wahl? Melden Sie mir doch etwas, wenn es von Anschlägen zur Ausführung kommen wird. Ich wünsche daß die Erkenntlichkeit der Rigschen Ihren Muth unterstützen v aufmuntern möge. Mir ist ein Wort entfallen, das mich an meine eigene Verbindlichkeiten die ich Ihnen schuldig bin, erinneret. Trauen Sie meinem Gedächtniße so viel als meinem Herzen zu. Ich will mich nicht gern in Verlegenheit setzen noch Geld zum Voraus aufnehmen. Sie wißen daß ich mich auf ein viertel Jahr in Ansehung dieses Gehaltes gesetzt v daß dieses noch nicht verfloßen ist, v daß ich aus Riga fast kahl ausgegangen bin, daß ich mich jetzt noch sehr einschränken muß. Wenn Sie aber oder Ihr Marianchen was ausdrücklich wünschen, wenn in der letzteren Küche etwas fehlt oder ich sonst worinn dienen kann; so werde ich schon vor der Hand Rath schaffen v es mir eine Pflicht machen Ihnen in allem zu willfahren. Ich thue Ihnen diese Erklärung so gerade heraus, damit Sie Ihre Antwort darnach einrichten können. Habe ich nicht Ursache gehabt mich dieses armen Freundes anzunehmen, stellen Sie sich die Auftritte vor, die seine 2 Besuche mir gekostet. Seine Reise nach Riga befremdet mich. Ich weiß nichts davon, nichts von ihm, nichts von seinen jetzigen Umständen noch Aufenthalt. So viel als ich für ihn thun können, habe gethan. Ich hätte sehr gewünscht ihn noch einmal zu sprechen, v. thue diesen Wunsch nicht umsonst. Meine Zärtlichkeit das Vertrauen anderer zu misbrauchen oder Ihnen den Verdacht einer eigennützigen Gefälligkeit zu geben hat mich abgehalten ihm sein Geheimnis auszuholen, das er alle Augenblick im Begrief war mir zu entdecken. Je näher er dieser Versuchung wahr; je mehr wiederstand ich derjenigen, die mir meine Neugierde legte. Vielleicht könnte man ihm mehr helfen, wenn man mehr wüste. Vielleicht besteht sein Uebel in einer erschreckten Einbildungskraft. So viel weiß ich, daß er nichts weniger als alle die Leidenschaften verleugnet hat, von denen er sich freyzusprechen sucht; v daß sein Gewißen in der Wuth derselben besteht oder in den Schwierigkeiten gar zu wohl verschanzte Feinde aus dem Besitz ihres Vortheils zu bringen. Das sind vielleicht jene Höhen des Menschl. Herzens, welche die Eroberung deßelben so schwer machen, als ein Volk in Gebirgen unter das Joch zu bringen. – – Wenn ist er in Riga gewesen v wie lang hat er sich aufgehalten? – – Er hat mich gebeten sn. Namen nicht zu verrathen; ich habe auch dies nicht gethan. Seine Züge sind so kenntlich gewesen, das Sie ihn verathen haben. Ich sah mich genöthigt wenigstens etwas zu sagen, weil ein Unbekannter uns gleichgiltig ist. Sie werden die gehörige Behutsamkeit in Ansehung meiner als seiner so wohl von selbst gebraucht haben. Sehe oder höre ich von ihm; so will ich Ihnen weiter melden, wenn es der Mühe lohnt. Sind die überschickten Sachen für mich oder ein bloßes Darlehn? Die Arzeneyen sind sie schon angekommen. Die Meinigen haben sich entschuldigt daß Sie es dem HE. Bruder nicht abgegeben. Wie befindt sich der letztere in seinem Hause. Man wird mit ihm sehr zufrieden seyn, ist er es auch. Es giebt Häuser, in denen man sehr dumm denkt, in denen man glaubt, daß man bloß deswegen da ist, daß man ihre Zufriedenheit erhalten kann ohne sich darum zu bekümmern ob es der andere Theil auch ist oder es mit ihnen seyn kann. Was geht mir die eurige an, lach ich in meinem Herzen, die meinige ist mir näher; wenigstens sollte euch eben so viel v mehr an der letzteren gelegen seyn als mir an der ersteren. Ist Ihre Familie vermehrt? Wie befindt sie sich? Grüßen Sie selbige. Unsere liebe Ältermutter insbesondere, der ich die Hände küße. Ich werde Sie so lange Ältermutter nennen biß eine – – wie hieß des Sophroniskus Gemalin die den Sokrates zur Welt brachte? die erste Hälfte ausstreichen wird. Ich warte recht ängstlich auf die Sammlung Ihrer Reden. Themata, Gedanken, historische Anmerkungen – – von mir? Ho! Ho! Herr Vetter. Grillen, Vocabula, Syntaxis – – das laß ich gelten. HE. D. ist unpäßlich; ich schreibe heute an ihn. HE. Trescho Gedicht ist mir von ihm selbst zugeschickt. Ich will an ihn schreiben ihm zu danken. Ach! ach! Bernis! Wenn du zu kaufen wärst, die letzten Dütchen! Mit der ersten Post sollten Sie ihn wieder haben. Auf nichts mehr als einen Abend hab ich ihn nöthig. Wenn ich an HE. B. Beylagen machen sollte; so wird er Ihnen selbige mittheilen. HE. Reg. Felds. Parisius ist hier gewesen v wird wieder erwartet dem Ältesten si Diis placet Würmer abzutreiben. Wenn Sie reisen schreiben Sie mir. Ohngeachtet ich mir vorgenommen diesen Winter nicht auszufahren; so werde ich eher als Sie da seyn. Grüßen Sie alle gute Freunde besonders die HE. P. Gericke. Schreiben Sie doch bald. Ich umarme Sie mit der Zärtlichkeit eines wahren Freundes v bin zeitlebens Ihr ergebenster Hamann.
Grünhof den 21. Jenner 756. Herzlich Geliebteste Eltern, Gott gebe daß Sie sich gesund befinden. Ich habe mit 2 Posttagen nach einander Briefe von Ihnen erhalten, davon nur der erste ziemlich lang ausgeblieben. Die Ursache meiner Ungedult lag theils in der Furcht, daß meine Bitte in Ansehung des Börnsteins übel aufgenommen werden möchte, theils in einem lächerlichen Gerüchte, das man in Königsb. auch eine Art von Erdbeben verspürt. So zuverläßig man durch Briefe von dem letzteren versicherte; so zuverläßig schien es mir als ich es hörte, nur nachgeahmte Lügen zu seyn. Unterdeßen bey dem Schauder, den die ganze Erde empfunden und gehört ist die Einbildungskraft von traurigen Eindrücken solcher Art eingenommen. Wenn wir vor dieser Art Göttlicher Gerichte sicherer als andere Menschen seyn können; so sind wir doch alle der Göttl. Ruthe gleich nahe. Ich danke auf das kindlichste für die überschickten Börnsteinstücke; sie sind noch zu rechter Zeit angekommen, und ungeachtet der HE. Graf schon abgereiset, so giengen seine Sachen erst den folgenden Tag des Empfangs ab. Ich ließ im Namen der Gnädigen Fräulein von dem jüngsten einen Brief schreiben im franzoischen v man hat meine Aufmerksamkeit sehr gütig aufgenommen. Gestern erhielt durch Einschluß den zweeten Brief meines lieben Vaters, in dem ich mit der Erwartung neuer Sachen erfreut werde. Gott bezahle Ihnen Liebste Eltern die Freude, welche Sie mir zu machen suchen, durch zehnfältige andere. Ich bin diese Woche den Fuhrmann gewärtig. In Ansehung mehrerer Börnsteinstücke geben Sie sich keine Mühe. Diese Gelegenheit ist allein beqvem dazu selbige zu übermachen. Die Anzahl ist hinlänglich v ich bin mit den Stücken auch sehr zufrieden gewesen. Mit meiner Gesundheit ist es Gott Lob sehr leidlich; wiewohl der heutige Tag mir durch Blähungen viel zu schaffen gemacht. Ich bin durch ein windbrechendes Pulver zu Hülfe gekommen, das man hier im Hause hat v mir von der Hand eines Geistl. überbracht wurde. Noch bin nicht aus dem Hause gewesen. Theils meine Unpäßlichkeit, theils die elende Witterung, theils meine Arbeiten halten mich gefeßelt. Gott gebe Kräfte, der Wille fleißig zu seyn ist gut genung. Ich habe heute an meine Freunde in Riga geschrieben, die mich nicht vergeßen, deren redliche v gefällige Gesinnungen gegen mich ich nicht genung erkennen kann. Das sind Berens v Lindner. Es ist mir schon entfallen ob ich Ihnen den Tod der Frau P. Gericke gemeldt. Ihr Mann, ein Ebenbild meines seel. Rappolts, dem äußerl. sowohl als in vielen Stücken dem innerl. nach, hat mir die unvermuthete Ehre angethan mir Ihren Tod zu notificiren. Ich habe die Frau kindlich verehrt. Eine ehrwürdige Alte von einem sehr zufriednem Herzen; in dem die muntere Gleichgiltigkeit der Jugend mit der Standhaftigkeit einer geprüften Christin vereinigt war, die ihr ganzes Haus durch den zärtlichen rührenden Abschied den sie von jedem genommen erbaut und sich ihrem Andenken empfohlen hat. Dies Haus ist das zwote beste gewesen das ich in Riga gehabt. Ich bin selten da zum Eßen gewesen, daß man sich meiner lieben Eltern nicht auf einer sehr zärtlichen Art jederzeit daselbst erinnert hätte, sich nach Ihnen erkundigt, Gutes gewünscht v einmal darauf getrunken. Im Vorbeygehen zu sagen, HE. Gothan hat sich aller der Verbindungen durch seine Denkungsart v Aufführung gegen mich unwürdig gemacht, die ich ehmals mit ihm gehabt habe. Von meinen Freunden auf Dinge zu kommen, die mir auch nahe sind, melde meiner lieben Mutter, daß aus dem schönen Stück Leinwand welches ich von der Fr. Gräfin bekommen, 8 Hemde gemacht werden können, mit denen ich mich nicht schämen dürfen werde mich Ihr künfftig zu zeigen. Es ist ein Maler Schön hier gewesen, von dem ich durchaus auf Bitten Ihro Excell. beyderseits abgemalt werden sollte. Zum Glück ist nichts daraus geworden, weil der ehrliche Mann nicht länger Zeit hatte sich in Grünhof aufzuhalten. Wenn es zum Sitzen künfftig kommen sollte: so will ich mein Gemälde beschreiben. Mein ältester Baron befindt sich unpäßlich schon länger als 8 Tage v kann nichts im Leibe behalten sondern wirft alles aus. Es müßen Würmer schuld daran seyn. Ein bloß verdorbener Magen würde so lange nicht anhalten. Ein Arzt hat es hier schwer. Gesunde und starke Leute sind mehrentheils Verschwender ihrer guten Natur; die Unmäßigkeit ist eine Folge oder zufällige Eigenschaft derselben; sie scheint bey einigen Menschen mit zu ihrer Complexion zu gehören. Man hat das lächerliche Vorurtheil, daß die Diät den Körper schwäche und daß Kinder dadurch hart werden, wenn sie ohne Maaß und Unterscheid eßen und trinken. Ja unsere eigene Erfahrung, unsere Kindheit – – – Eure Erfahrung ohne Verunfft ist ein Auge an dem der Sehnerve verletzt ist. Wist ihr von eurer Jugend nichts mehr als wie ihr geeßen und getrunken habt? so verlangt nicht von euren Kindern, daß sie mehr behalten sollen. Gönnt ihr ihnen eben die Thränen, die ihr jetzt vergüßet. Hier haben Sie ein Stück von einem Selbstgespräch, zu dem mich mein Amt bisweilen veranlast. Wie viel Erkenntlichkeit bin ich der Vorsehung schuldig die meine Erziehung beßeren Eltern anvertraut hat, als die ich bisher kennen lernen. Gott gebe diesen mehr Liebe v vergelt derer ihre, die ich niemals aufhören werde mit kindlichem Herzen zu verehren v denen ich jetzt die Hände küße als Ihr zeitlebens dankbarer v gehorsamster Sohn. Joh. Georg H. Grünhof den 3 Februar 756. Herzlich Geliebtester Freund, Zu meinem großen Vergnügen soll heute eine Gelegenheit abgehen, bey der ich Ihnen ein paar Worte schreiben kann. Sind Sie und Ihr Haus gesund? Zwey Sonnen- und Winter Tage – – Werden wir uns nicht bald einander sehen. Ich lebe ziemlich vergnügt; aber noch nicht aus dem Hause gewesen. Ich merke Veränderungen an meinem Leibe, von denen ich abwarten muß, wozu sie ausschlagen werden; wie wohl sie mich nicht eben beunruhigen. Zwo dringende Bitten an Ihnen, von denen ich mich erst erleichtern muß. Mein Petron ist mir defect, liebster Freund. Der 2te Theil davon. Er muß bey Ihnen geblieben seyn. Ist er in des seel. Manns Bibliothec gerathen. Porsch hat ihn gehabt, mir aber meines Wißens wiedergegeben. Halten Sie doch deswegen eine kleine Hausvisitation v erfreuen mich damit. Zum andern. Meine Eltern haben mir mit Fuhrmann Rehhahn einige Kleinigkeiten an Schulbüchern e. g. Hederichs Lexicon cet. geschickt, die mir unentbehrl. sind und auf die ich ängstlich warte. Sie sind an HE. Doct. addressirt; die Frachtkosten habe auch demselben schon zugeschickt. Er ist ich weiß nicht warum durch Mietau durchgegangen ohne es abzugeben. Wollen Sie so gut seyn v ihn deswegen beschicken, in Mitau wird er sein Geld finden v erhalten. Daß ich die Sachen nur gut verwahrt erhalte. Er kann sie Ueberbringer dieses, oder Sie, wenn Sie ihnen es auf sich nehmen wollen, sicher anvertrauen. Besorgen Sie mir doch den Empfang durch Thomas. Unser Haus hat tiefe Trauer an HE. Geheimde Rath Lieven einen Schwager bekommen. Eine Schwester, die Gener. Browne liegt ebenfalls gefährl., v eine andere des HE. Generals gleichfalls. Mein ältester liegt noch am Magen oder Würmer. So viel aus Grünhof. Melden Sie mir dafür mehr v beßere aus Ihren Gegenden. An HE. B. schreibe nicht, v mit Fleis. Ich wünschte mit gegenwärtiger von ihm die
    lehrreiche Nachrichten für einen Reisenden
mitzubekommen. Vergeßen Sie ihn doch nicht herzl. zu grüßen v um dies Buch zu bitten. Ich schrieb Ihnen neul. für von einer Beylage an ihn, die er Ihnen mittheilen würde. Sie bestand in einer Ode de main de maitre sur la mort, die mir Petersen als eine große Seltenheit zugeschickt. Er möchte es übel genommen haben wenn ich ihm das Verdienst entzogen hätte Sie beyde damit aufzuwarten. Ich schickte ihm also selbige wieder zurück mit der Bitte, daß er sie Ihnen auch mit erster Post überschicken möchte. Urtheilen Sie nicht auch, daß es ein Betrug mit diesem Gedicht ist. Das Ende daran ist offenbar angeflickt v reimt sich so wenig dem Verstande nach als dem Sylbenmaas zu dem übrigen, daß ein halber Leser sich daran stoßen muß. Ein paar Stellen sind ganz unverständlich durch druckfehler z. E. chemins anstatt humains. Lesen Sie doch so bald Sie können den zweeten Theil des Hervey. Wenn Sie sich dazu entschließen; so werden Sie mir für die Empfehlung v Aufmunterung dazu danken. Er gehört gar nicht zum ersten Theil. Wenn Sie mir an Journalen oder andern Neuigkeiten was mittheilen können; so werden Sie mir dadurch einen großen Gefallen thun. Das Schooshündchen liegt bey meinem Nachbar; er hat ihn noch nicht lesen können. Sie sollen ihn bald wiederbekommen. Ich hoffe jetzt bald mit meiner Arbeit fertig zu seyn v will selbige nicht eher verlaßen, biß ich zu Ende bin. Es ist hohe Zeit einmal zu eilen. Ist es wahr daß HE B. v Gothan nach Mietau diese Woche kommen werden? Den ersteren grüßen Sie noch einmal von mir. Ich will ihm nicht gern einen leeren Brief schicken, daher schieb es noch auf. Vergeßen Sie nicht meinen
    Petron
noch mein
    Paket
, noch
    lehrreiche Nachrichten
. Werden Ihre Reden bald fertig seyn. Erfreuen Sie mich damit gantz naß. Ist Schulzen oder Ihr Catalogus schon gedruckt. Schicken Sie mir doch beyde. Ihre Excell. haben Lust zur allgemeinen Weltgeschichte. Ich möchte sie gern in dies Haus einführen. Ist wenigstens ein Werk, das der längsten langen Weile gewachsen ist. Haben Sie die Arzney bekommen von meinen Eltern? Hat mein Vater oder Bruder geschrieben? Mamma meinen Handkuß. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtiger v ergebenster Freund. Adresse mit Mundlack:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie / et des belles lettres, Doyen de la Societé allemande de / l. et Recteur du College / de et / à /
    Riga
. /
an der Domkirche.
Grünhof. den 11 Februar. 756. Herzlich geliebtester Freund, Sie können leicht erachten, daß ich Ihren ersten Brief von den 2 letzteren nicht vor Abfertigung des meinigen erhalten. Sonst würden Sie ihren Bernis schon bekommen haben v ich würde auch keine Entschuldigung in Ansehung des mir aufgetragenen machen dürfen. Es sind heute eben 8 Tage, daß ich erst ihr Schreiben nebst der ChocoladeTafel empfieng; und ich bin vorigen Sonnabend in Mietau gewesen um Sie vielleicht daselbst zu umarmen. Unterwegens benahm mir schon mein mir t entgegenkommender Greis, der aus Riga zurückkehrte die Hofnung Sie selbst anzutreffen. Ihr Bernis war in der Tasche er hat die Reise unterdeßen nicht umsonst gethan v ist mein treuer Gesellschaffter gewesen; weil ich in einem beqvemen Schlafwagen fuhr. Ungeachtet jetzt das ganze Amt fast aufgeboten worden um nach Riga zu gehen; so sind sie doch alle mit Korn v Getrayde beladen. Nicht ein einziges Achtel Butter darunter. Mit der letzteren Fuhr ist desto mehr gewesen. Wie leyd thut es mir Ihnen nicht zuvorgekommen zu seyn. Mein treuer Commissair macht mir unterdeßen zu einer baldigen andern Fuhr Hofnung, da meine Waare auch darunter seyn soll. Es ist kein anderer Weg sonst gewesen, als an die Frau Gräfinn selbst zu gehen. Der Himmel behüte mich für jede Gelegenheit sie in Versuchung zu führen. Wenn sie selbst welche abschickt; so ist es mir leicht ohne Vorbewust anderer Ihnen gefällig zu seyn. Ich danke Ihnen unterdeßen recht herzlich, Liebster Freund, für Ihre Aufrichtigkeit. Wenn ich Ihnen in diesem Fall werde ein Genüge gethan haben; so wiederholen Sie selbige. Mit gleichen Gesinnungen bin Ihnen für den zärtlichen Dichter verbunden. In Ansehung der Zeit werde schon entschuldigt seyn. Der späte Empfang deßelben, ihre wenigstens vermuthete Mitausche Reise. Erfüllen Sie doch mit ehstens diesen Vorsatz in Gesellschaft des HE. Berens. Durch ihn werden Sie auch die Arzeneyen bekommen; die so lange ausgeblieben. Verzeyhen Sie meinen Irrthum wegen der mir überschickten Sachen. Ich bin unschuldig daran. Nachdem ich 14 Tage ruhig die Ankunfft des Fuhrmanns nachgerechnet hatte, wurde ich ungedultig, schrieb deswegen mit jeder Gelegenheit, deren damals häufige abgiengen nach Mietau. HE Bruder hatte nichts erhalten sondern vermuthete daß Rehan des schlimmen Weges wegen geeilt nach Riga zu kommen. Dies kam mir wahrscheinl. vor. Ich ließ mich anderwerts erkundigen, wo ich diese Muthmaßung an statt einer gewißen Nachricht erhielt. Daher nahm ich meine Zuflucht zu Ihnen. Ungeachtet ich alle Posten nach der Stadt abpaste, waren meine Sachen nebst Ihren Briefen einige Tage durch die Unwißenheit der Bauern bey dem HE. Doct. liegen geblieben. Daher erhielt ich solche so spät, dafür aber alles auf einmal. In Mitau habe den HE. Doct. krank angetroffen; sein Leib scheint siech zu werden. Ich habe nicht bey ihm logirt sondern bey dem HE. Rittmeister, der mich ausdrückl. bitten laßen ihn nicht vorbeyzugehen. Sonnabends kam spät an v reiste Sonntags nach dem Mittagseßen wieder ab gesunder als ich angelangt war. Mein Gesicht ist flüßig v die Geschwulst an der einen Seite hatte wieder zugenommen. In Ansehung meiner Gesundheit habe mich zu räthselhaft ausgedruckt. Die Veränderungen in meiner Natur bestehen in einem gar zu großen Appetit v einer ungewöhnlichen Sparsamkeit der Absonderungen. Ich schreibe das letztere einem Waßer Getränke zu deßen ich mich
    jetzt
an statt des hiesigen blähenden Biers bediene. Ich habe niemals in meinem Leben von Verstopfungen gewust v. s. befremden mich desto mehr, weil ich stark dabey eßen kann. Meine Laute ist hier; aber mein verlorner Petron oder vielmehr mein verlaufener‥ er hat einen weißen gelblichen Pergamen Band v ist von kleiner Oktavform. Youngs Centaur hat der HE Regimentsfeldscher Parisius, sonst würde er beyliegen. Gedachter Freund ist recht schlecht daran, sieht als ein schwindsüchtiger aus v hat seine Stimme fast ganz verloren. Noch soll es nicht beßer mit ihm seyn. Er muß sich, da er nicht mehr kann, aus Noth schonen und zu Hause das Bette hüten. Mein Bruder hat den überschickten Sachen keinen Brief beygelegt. Sie bestanden in einigen Näschereyen, einem lateinischen Wörterbuch v andern Kleinigkeiten. Das neuste ist das politische Testament des Mandrin, welches HE. Berens hat v in eine glücklichen Einkleidung einige starke Wahrheiten dem franzöischen Gouvernement sagt. Die Leichenrede könnte meines Erachtens beßer seyn. Es steht bey Ihnen ob s Sie selbige durchblättern wollen; ich möchte sie gern mit dieser Gelegenheit wieder haben. HE. Trescho hat ein Gedicht auf Lißabon drucken laßen, das ihm ganz unähnl. ist. Der Anfang hat einen fast Lausonianischen Schwung, hart ungleich pp Doch Sie werden es selbst schon haben. Ich habe Oestens Wochenschrift nebst den dazu gehörigen Schriften bekommen. die er selbst gesammlet v herausgegeben näml. Schreiben an Doris. Dem Ditton v Oest ist ein besonderer Bogen vorgesetzt der den Titel führt Streitschriften über die Schlüße eines Materialisten in den Bremischen Wochenblättern 754. wo er das Programma des Gymnasii in Bremen verdeutscht v einige sehr bescheidene v artige Anmerkungen gemacht hat. „Jede Streitschrift muß das Original in der Schreibart pp nachahmen so viel als möglich.“ Die Schlüße beschreibt er also: „Es sind ernste Minen voller Ironie. Schlüße denen die Vordersätze fehlen; er vergleicht sie den Springern im Schach, die keine Linien schlagen aber unmittelbar dem Könige oder den unbesetzten Hauptleuten Schach bieten v manchmal dem Könige v. dem Elephanten zugleich.“ Dero eigenen Critic Ihrer Ode, Liebster Freund, habe ich nichts entgegen zu setzen. Man liebt sich selbst, wenn man strenge gegen sich ist. Ich werde gewiß selbige jetzt ganz neu zu lesen bekommen. Versäumen Sie doch nicht so bald es auskommt damit zu erfreuen. In der Rußischen Gelehrtenhistorie bin ich ein größerer Fremdling als ihrer politischen. Peter des Großen Gedanken in Ansehung der Wißenschaften, die er in einer Rede ausgedrückt hat, die in
    Webers verändertem Rußland
steht v ich in den Moscowitischen Briefen vom Uebersetzer angeführt gefunden habe, wird ihnen bekannt seyn. In Hanway werden Sie einen gelehrten Rußen finden, im ersten Buch, der viele historische Mst. nachgelaßen. Noch besinne mirch in Cantemirs Satyren eine an den
    Patriarchen von y
gelesen zu haben; der auch zu den Wiederherstellern der Wißenschaften gehört. Kuhlmanns Tod in Moscau trift in das erste Regierungsjahr Peter des Großen. Er kann mehr als ein Märtyrer seines schwärmerischen Kopfs als der Wißenschaften v Gelehrsamkeit oder Barbarey dieses Landes angesehen werden. Ich habe in Reimann einige Umstände dieses seltenen Manns gelesen die sie auch im Gelehrten Lexico finden werden vermuthlich. Rollin hat meines Wißens in der Bibliothec immer gefehlt, ich habe geglaubt, daß ihn Eßen hätte. Youngs Love of Fame ist jetzt auch ins Deutsche übersetzt. Hartung hat beyde Theile der histoire politique des Maubert. Haben Sie auch nur den ersten allein bekommen? Sollte P. mir den andern Theil aus Vergeßen mitgenommen haben? Er ist jetzt in Königsb. Sie schreiben wohl schwerl. an ihn. Ich habe eine kleine Schrift: l’art de faire des garçons ou nouveau tableau de l’amour conjugal par M… D. en Medec. de l’université de Montpellier. Daselbst 755. 8. von Petersen genommen, werde sie aber nicht behalten. Sie ist der Sprache v dem Innhalt nach schlecht. Ein Gegner des Maupertuis. Hier haben Sie die Cap. 1 von den verschiedenen Meinungen über die Zeugung. 2. gegen die Seministen 3. Animalisten 4. Ovisten. 5. Von den Secten der letzteren die er in Infinitovistes, Unovistes, Animovistes et Seminovistes eintheilt. Das letztere ist sein System. Im 6. wiederlegt er die ersteren v im 7. Cap. trägt er ss. vor. 8. Von der Ähnligkeit 9. von der Unähnligkeit der Kinder 10. Von den Misgeburthen. 11. von dem Mittel Mädchen zu erzeugen. Jeder testiculus oder ovarium gehört für ein gewißes Geschlecht. Die Mannsleute sollten sich denjenigen abschneiden laßen, der zur Erzeugung des andern nicht nöthig wäre. Wie viel Nutzen würde man davon haben wenn man hinter dies Geheimnis käme. Weil es bey den Frauenzimmern auf die Lage ankommt so würden sie in das Geschlecht des Kindes sich einen großen Einfluß geben können. Hanway bekam von Carl II. einen Hirsch v Rehgehäge, er machte den ganzen Parc zu Wittwen um durch die Anatomie der Böcke hinter das Geheimnis zu kommen. Wenn doch ein Sultan so grosmüthig wäre v eins von seinen Serails einem Anatomikus zu ähnl. Untersuchungen überlaßen möchte. Der Autor gönnt diese nützl. Bemühung dem Galanten Verfaßer der Venus physique. Letztes 12 Cap. Von der Ursache des Vergnügens. Ich werde ihm diese brochure wiedergeben; sie ist gehefftet. Er wird sie Ihnen immer communiciren können. Entschuldigen Sie mich bestens bey meiner lieben Freundinn, die ich aufs herzlichste umarme; Ihren HE. Bruder gleichfalls. Ich bin zeitlebens der Ihrige. P. S. Habe ich nicht neulich schon von HE. H. geschrieben. Ich weiß mich nicht zu erinnern. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie / et des / belles lettres et Recteur du College / de et / à /
    Riga
. /
Nebst einer bunten / Schachtel mit / Arzeney. /
Hab ich dir nicht einen Catalogum geschickt von meinen Büchern. Den versprochenen Zusatz sollst du auch bekommen. Gieb mir auch von deinem Zuwachs Rechnung. Das Engl. Bibelwerk gönnte ich Dir wohl nebst Saurins Discours über die Bibel. Studierst du fleißig? Da ich das andere Blatt angefangen so will ich solches suchen voll zu machen. Um dir Materie zu geben mir zu antworten, will ich Dir auftragen mir Dein Urtheil aus einigen neuen Büchern des Catalogi den Du mir geschickt zu melden. Was ist an dem Abend, der Nacht, dem Morgen v Mittag auf dem Grabe? Wie sind die Briefe an Freunde welche zu Danzig ausgekommen? wie auch der Briefwechsel über wichtige Sachen der heutigen Gelehrsamkeit. Frkf. Ist die offenbarte Deisterey aus dem Engl. übersetzt v die berühmte Schrift in Gesprächen, die man in den Zeitungen so sehr erhoben? Die moralischen Kleinigkeiten werden vermuthl. vom Abt Coyer seyn; was ist der Inhalt der darinn enthaltnen Schriften. Das wunderbare Jahr v die Insel der Frivoliten kenne ich von ihm. Knittels neue Gedanken von den allgemeinen Schreibfelern in den Handschriften des N. T. worinn bestehen diese neue Gedanken. Des Grafen Lavini Neuste Weltwißenschaft. Ist das Italienische auch dabey. Windheim ist nicht der Uebersetzer vermuthlich? Was sagt er in der Vorrede. Ist die Uebersetzung gut v das Werk selbst. Was sagt Masch in seiner Abhandlung von der Grundsprache des Evangelii Matthäi? Was sind die Meisterstücke der berühmtesten Männer dieser Zeit? Frkf. Die Ritter v Riesen? Pope ein Metaphysiker? Rosts vernünfftiges Urtheil über Frankens Gedicht vom Lobe des Schöpfers; ist doch wohl nicht von dem deutschen Anakreon? Scholzens Versuch einer Theorie von den natürl. Trieben möchte ich auch gern näher kennen. Vor allen aber
    Gespräch eines Europäers mit einem Insulaner
. Freron, der fürchterl. Freron jetziger Verfaßer hat von einem Werk welches eben diesen Titel führt folgendes Urtheil gefällt: Dies ist eine Sammlung von nützl. Wahrheiten; eine gründl. Beurtheilung der Staaten von Europa, ein Muster der Regierung v zwar ein solches das nachzuahmen ist; eine Schule der Völker v der Könige. Wenn eine Privatperson der Urheber dieser Schrift ist; so verdiente er von den Fürsten zu ihrem Minister gewählt zu werden. Ist es ein Monarch; so führe er den Scepter über die ganze Erde“. Laß dies das erste Buch seyn was du liest v melde mir deine Gedanken davon. Den Terraßon wirst du ohnedem schon durchgedacht oder nachgedacht haben. Lehrreiche Unterredung eines Vaters mit seinem Sohne über die ersten Gründe der Religion v der Sittenlehre wie auch die patriotische Vorschläge, die zu Berl. ausgekommen mache mir ihrem Werthe nach bekannt. Unter den Engl. lies doch den Nazares. Ich hoffe daß du noch ein guter Freund v Nachbar von HE Wagner seyn wirst, der Dir gern nach v nach etwas für unsere beyder Neugierde nachsehen wird. Was macht HE. Diakon. Buchholz. Er ist vor ein viertel jahr Vater geworden. Der junge Vernisobre meldte es mir noch in Riga. Du gehst doch wohl noch wie sonst zu ihm. Grüße ihn herzl. von mir bey künfftiger Gelegenheit. Was M. Vernisobre anbetrift so habe zu wenig Umgang mit ihm gehabt um aus ihm recht klug zu werden. Er scheint ein ehrlich v dienstfertig Gemüth zu haben. Der engl. Sinn ist bey ihm in verjüngtem Maasstabe. Das kindische mit dem altklugen sticht in seinen Sitten so ab, als sein Ansehen mit seinen Jahren. Sein Vater würde ihn gleich wol auf solchen Fuß nicht reisen laßen, wenn er ihm gesunde Vernunft v Aufmerksamkeit nicht zutrauen könnte. Er meynte mit dem Frühjahr nach St. Petersburg zu gehen. Daß HE Carstens Bruder schon lange in Liebau gestorben, werde ich Dir geschrieben haben. Ich erinnere mich seiner um nach unsern Freund mich zu erkundigen. Ist er noch in Lübeck v hast Du keine Nachrichten von ihm gehabt. Mein Hennings, Sahme v M. Haase vergeßen mich ganz. Ist von keinem etwas eingelaufen. Ich begreife nicht, woran es liegt. Der erste muß eine Frau, der andere ein Amt bekommen haben für den letzten weiß ich keine Entschuldigung als das Jus talionis. Melde mir wenn meine beide erste Muthmaßungen erfüllt seyn oder werden sollten. Was macht Daniel Nuppenau? Ist er klüger geworden. Der Nachschmack des Marzipans sollte mich zuerst an den sittsamen Liborius erinnert haben. Hat er Brodt v theilt er selbiges schon mit einer eignen Haushaltung. Beschreibe mir doch ein wenig den schwedischen Doktor. Hält er sich noch in Königsberg auf. Das Programma macht einen zweydeutigen Begrif von ihm. Ist er ein Gelehrter? Der junge Kypke hat einen großen 8. Band schon ausgegeben. Ich verspreche mir viel nützliches wenn ich ihn lesen werde. Du besitzest ihn ohnstreitig selbst. Wenn ich in deiner Stelle wäre v Deinen Beruf hätte, ich würde ihn mir zum Freunde machen um mich im Griechischen v allen orientalischen Sprachen unter ihm üben. Ein kluger Schüler, der diesen Mann ein wenig zu regieren wüßte, müste bald v. viel bey ihm lernen. Tempus abire mihi est. Wer hat bey euch Akademisten solche römische Brocken; oder hast du auf Deine eigene Unkosten mich bloß ärgern wollen, weil du mich als Schulmeister für sehr zärtlich gegen die grammaticalische Fehler hältst. Ich habe auch Zeit zu schließen. Die Pferde werden schon eingespannt, mit denen mein Brief abgehen soll. Glückl. Reise. Wenn werden wir uns sehen, lieber Bruder. Der Himmel weiß, wie kurz wie eitel auch diese Freude seyn würde. Schaff dir ein Haus, worinn du mich künfftig einmal aufnehmen kannst. Das soll die letzte Herberge meiner Wanderschafft oder wie Bernis sagt mein Louvre seyn. – – Abgebrochen. Man fährt schon. Ich umarme Dich tausendmal, grüße meine Freunde allesammt v liebe Deinen Bruder v Freund. Noch vor Schluß dieses Briefes erhalte aus Mietau die Nachricht daß HE Doktor Lindner schwach danieder liegen soll. Gott helf ihm. Künftig mehr. Laß keinen von meinen Puncten aus sondern beantworte Alles.
Herzlich Geliebtester Freund, Heute vor 8 Tagen erhielt ich durch den ein Billet des HE. Rittmeisters die traurige Nachricht, an der Sie so viel Antheil genommen weil sie das Leben Ihres lieben Bruders betraf. Ich beweinte ihn schon, einen Tag vorher hatte ich ihn schon ein paar Zeilen geschrieben, die mir eine Ahndung eingeflöst haben mußte v. ein Recept eines Kranken an den andern waren; er hat sie nicht zu lesen bekommen v sie kamen zurück. Ohngeachtet ich nur den vorigen Sonnabend in Mietau gewesen; so gieng ich schon mit den Gedanken um mich wieder hinzustehlen. Hätt ich ihn helfen können mit meiner Gegenwart? Verlangt er mich auch oder hat er auch meiner eben es sey wozu es wolle nöthig? Ich hörte vom Friesel; für mein Theil fürchte mich nicht, würden aber nicht andere über einen solchen Besuch schwierig gewesen seyn? Mein Freund Baßa leugnete aus Klugheit, daß er bey ihm gewesen, weil man über seine Krankheit zusammenfuhr, ohngeachtet er den HE D. selbst nicht gesehen noch gesprochen hatte. Man hat niemand vor ihm kommen laßen, ohngeachtet ich bey jeder Gelegenheit nicht ermangelt zu ihm zu schicken. Endlich hat mich gestern HE. Petersen mit der Botschaft von seiner Beßerung erfreut. Er hat diese Nacht bey uns geschlafen v ist heute frühe weggefahren. Gestern Abend erhielte zugl. Ihren letzten Brief, nebst einem von meinem Bruder, der mit den Sachen hatte mitkommen sollen, sich aber ich weiß nicht wie vermuthlich durch Schuld des Fuhrmanns verspätet hat. Ich habe Ihnen schon gemeldt daß nicht eine Zeile bey dem Packet gelegen; von der Arzney war also selbst zweifelhaft, weil ich glaubte, daß sie solche schon hätten v. schickte nur um das gewißeste zu spielen. In diesem Briefe finde, daß Mandrin Ihnen zukommen soll nebst dem Gedicht des HE. Trescho. Das letztere habe schon HE Petersen mitgegeben um es Ihnen entweder einzuhändigen oder zu überschicken. Ueber Post hatte mir mein Bruder nichts geschrieben als daß meine Sachen unter Bedeckung des Mandrin ankommen würden mit dem v dem Fuhrmann nebst dem Tag sr. Abreise v desr Fracht. Ich bin also bona fide ein Besitzer davon gewesen v wenn Sie mir ihn anbiethen so mach ich keinen Scherz daraus, sondern danke mit einem Salamalec. Ich bin sehr geneigt Ihre Muthmaßung liebster Freund anzunehmen, daß die Leichenrede eine Nachahmung der Voltairischen seyn mag, die ich meines Wißens nicht gelesen. Ohne dieser Absicht kommt mir der Witz gar zu ungl. vor gegen denjenigen der in der Schrift selbst herrscht. Dieser Anhang bezieht sich nicht auf selbige; der Verfaßer muß also was anders dabey im Sinn gehabt haben. Wenn dies nicht seyn sollte, so möchte ich selbige lieber für eine wirkliche Arbeit eines R. P. oder viri obscuri halten, der Gasparini heißen v Mandrins Beichtvater mag gewesen. Sie denken heute in Mietau zu seyn v ich? – – ich weiß noch nicht wo ich seyn werde. Sie werden es ohnfehlbar wißen bey Lesung dieser Zeilen. Ihr Herr Bruder ist Gott Lob außer Gefahr, der Winter, der periodische Winter – – Der erste wird bald ganz gesund seyn v der letzte noch einen Ansatz zu unsern allerseitigen Vergnügen machen, der länger Stich halten wird. Wiewohl mein Rath wird nach geschehener That kommen. Wir wollen sehen ob unsere Gedanken eintreffen werden. Zum Glück, zu großen Glück habe heute ein Achtel Butter für Sie beschlagen können; ich ärgerte mich schon wieder. Ich glaubte nicht, daß einige abgehen würde. Man hat dort wenige bestellt. Das beste Achtel ist für Sie ausgesucht worden mit .H.M.L. bezeichnet. Für Ueberbringer deßelben, meinen ehrl. Wagger, bitte von Mutter Marianchen das beste Schälchen aus, was sie im Hause hat. Die Butter muß in Riga selten seyn, und möchte es noch mehr werden, daher ist es mir um desto lieber eines von den bestellten Achteln unterschlagen zu können. Ich freue mich recht, daß ich keine appellation an die höchste Instanz nöthig gehabt um Ihnen dienen zu können. Was sollen Sie aber damit beträufeln? Aus Wohlstand hätt ich auch dafür sorgen sollen, Liebster Freund. Es ist mir aber nicht mögl. gewesen etwas mehr beyzulegen. Noch zu dumm noch zu unvermögend dazu. Die Frau Gräfinn ist mit einem schlimmen Halse schwer befallen v bisher bettlägerich gewesen, befindet sich aber jetzt beßer. Der älteste kann nichts verdauen, noch eßen und bricht sich noch alle Tage. Weiß der Himmel, was daraus werden wird. Ich fürchte schlimme Folgen. Man hat geqvaksalbert, qvacksalbert noch, bey der geringsten Beßerung sorglos v sicher, beym Rückfall unentschloßen v ängstlich pp. Fordert von Arzt v Arzeneyen Wunder v setzt denselben andere Wunder gleichwol entgegen. Am Mittwoch strafte uns Gott mit einem Schrecken, der in eine große Gefahr hätte ausschlagen können. Unser Schorstein brannte rein aus, des Abends um 7 Uhr ohne Schaden unserer höltzernen Schachtel, in der unsere theuren Personen und Schätze eingeschloßen sind. Die Schornsteinfeger waren 14 Tage vorher vom Hofe gejagt v die Leitern zu Brennholtz entzwey gehauen worden; v zwar beydes auf hohen Befehl. Wir liefen also mit den Jagdhunden um die Wette auf dem Gehöffte herum, bellten wie sie v trösteten uns mit der Vorsehung, die denjenigen Geschöpfen einen weisen Instinckt geschenkt, denen sie die Vernunft entzogen. Auf dies Lustfeuer folgte das gewöhnliche Ceremoniel, deßen man sich nicht entziehen kann, wenn sich Gott und der Nächste um uns verdient machen. Kurz die ganze Sache kam auf den Schorstein an, der so klug gewesen war auszuhalten. Ich habe mich mehr verkältet als erschrocken bey diesem Zufall. Die Füße waren mir ganz naß geworden weil ich in löcherichten Pantoffeln ausgelaufen war und mich eine Weile besann Stiefel anzuziehen v eine Mütze aufzusetzen. Die ganze Woche ist für mich sehr misvergnügt gewesen. Ich weiß mich aber fast so gut darein zu schicken als ein Rigischer junger Kaufgesell ins Schwärmen. Mein Nachbar ist noch in Goldingen, es sind schon 3 Wochen daß er sich verloben läst. Heut oder morgen muß er zu Hause oder bey mir seyn. Sonst würden Sie Ihren Zuzu schon bekommen haben. mit dieser Gelegenheit. Herr Regimentsfeldsch. Parisius beßert sich Gott Lob! ziemlich v hat mir gestern einen Brief von seinem HE. Bruder geschickt; den ich auf das freundschaftlichste zu grüßen und mit dieser Zeitung zu erfreuen bitte. Ich zweifle daß ich Ihm so wohl als HE. B. werde schreiben können so gern ich auch beyden wollte. Der gestrige Abend ist durch den Besuch des HE. Petersen besetzt gewesen; ob der heutige zum Abschreiben bestimmt seyn wird, weiß ich nicht. In einer Stunde muß ich fertig seyn. Unserm Freunde B. geben Sie den Arvieux ab, das letzte Exemplar, ich weiß nicht was er kostet. Ich hoffe daß ihn meine Wahl nicht gereuen wird; weil er mir einen angenehmen Zeitvertreib gemacht. HE. Petersen wird Ihnen den Preis oder ihm selbst melden. Selbiger wird Ihnen den Oest v die franzöische brochure verschaffen. Wegen des HE. H. habe letztens nicht geschrieben weil ich mich nicht besinnen konnte, ob ich es nicht schon gethan. Mein Verdacht ist so gut als bestätigt worden durch den letzten Besuch mit dem er vor einigen Wochen bey mir Abschied nahm. Nach der Zeit habe nichts von ihm gehört v ich halte ihn schon in Preußen. Das Gewißen war eine Nebensache, Vergnügen einen Theil des Vermögens an Lohn v Waaren gerettet zu haben, Sorge ein Land zu finden, wo man so eine Summe Thaler als in Curland bey Seite legen könnte, eine gesetzte Reue um ich weiß nicht wie viel, die man verloren, ungemein viel Zufriedenheit mit den Anschlägen, womit wir die Sachen auf einen erträgl. Fuß gesetzt, kleine Kunstgriffe der Eitelkeit, die mich bald mitleidig bald ungeduldig machten. Wenn ich alles betrachte, so kann ich seine Veränderung für nichts als eine crisis der Menschlichen Natur oder desjenigen was die Engl. Selfishness nennen, halten. Ich fand ihn beynahe in demjenigen Selbst, woran ich ihn sonst gekannt habe. Sein Abschied war ziemlich beweglich und meine Wünsche aufrichtiger als er sich einbilden mochte. Er gestand mir, daß seine Schwermuth mit unter die Erfindungen gehört hatte, wodurch er sich aus seinem Hause loszuwickeln gehoft, daß er damit aber wäre wirkl. gestraft worden womit er nichts als zu spotten gedacht hätte, anderer Kleinigkeiten zu geschweigen. Gesetzt Liebster Freund, daß ich mich in Ansehung sr. betrüge, so bin ich gegen niemand als Sie hier so aufrichtig. Ich vertheidige ihn gegen jeden andern ohne daß ich seiner lächerl. Bitte hierinn nöthig habe um dies zu thun. Wenn der Zeigefinger von uns andern auf uns selbst zurück weist, so lehrt er ohne zu beleidigen. Nicht der Spiegel sondern unsere eigene Gestalt darinn macht muß uns auf selbigen aufmerksam machen. Wenn Sie ein junger Autor wären, liebster Freund, so würde ich Sie weder so lange auf nach meinem Beyfall noch meiner Critic schmachten laßen. Sie werden meiner Stimme zu dem ersteren entbehren können. Ist Ihnen aber das Vergnügen nicht gleichgiltig, das Sie mir mit Ihrer Sammlung gemacht haben; so urtheilen Sie selbst, wie herzlich ich an dem Eyfer Antheil nehme, womit Ihre Arbeiten aufgenommen v. belohnt worden und wie angenehm es mir ist, daß der Geschmack und die Gerechtigkeit an statt Gunst v Freundschafft diesem Urtheil unterschreiben muß. Keine Kunst zu tadeln, wenn man ohne Absicht arbeitet. Denn zeigt eure Griffe, mein guter Critikus, wenn wir auf unserer Hut sind, wenn wir uns eine Lage geben, bey der wie uns Anstand, Sicherheit und Sieg versprechen. Ihr müßt vom Leder ziehen; oder unsere Ausforderung auf lapsus memoriae, linguae, styli und was ihr ausklauben könnt annehmen, wenn wir künfftig eure Angriffe für rechtmäßig halten sollen… So fangen sich die Händel an. Ihr Buchdrucker wird wohl thun ein Schwiegervater unsers Hofbuchführers zu werden, wenn ich alle seine Setzerfehler auf Ihre Rechnung schreiben soll. Die franzöische Rede ist am meisten von ihm verstümmelt worden, unterdeßen dies entzieht dem Geist des Verfaßers und dem Sinn derselben wenig. Zwo Anmerkungen sollen Sie gleichwol haben. Erlauben Sie mir, Liebster Freund, ich bin ein wenig für Ihre Censoren beunruhigt worden, da ich pag: 23 las praeter asperitatis vitium telluris genio contractum: Ich glaubte durch einen zweydeutigen Verstand dieser Stelle hintergangen zu seyn. Es findt aber keiner statt; nein, es findt keiner statt. Ist nicht schon vitium zu viel. v asperitas ein Synonimum der Grausamkeit wenigstens einer unerlaubten Strenge. Dies aber gar zum nationalfehler öffentl. zu machen. Er besaß die Tugenden aller seiner Vorfahren, außer dem Laster der Strenge, gesetzt Fehler; Unter die Tugenden können sie selbige nicht zählen v virtutes durch Eigenschafften auch nicht geben… zu welcher er durch die Gemüthsart seiner Unterthanen genöthigt war, oder dadurch entschuldigt werden kann, haben Sie sagen wollen, dies haben Sie gewiß gedacht auszudrücken. Ihre Worte sind der Wahrheit gar zu gemäß gerathen telluris genio contractum heist ganz was anders v. ist eine verbotene Wahrheit. Würde man bey uns wohl leiden wenn man den Vater eines Königs loben wollte, der alle Tugenden sr. Vorfahren beseßen den Fehler der Sparsamkeit ausgenommen, welchen ihn die Verschwendung der vorigen Regierung nöthig machte. Schön für einen Geschichtschreiber, falsch für einen Lobredner. 2) Wie ist die Anmerkung zur franzöischen Rede hinter die Druckfehler v Irrungen gerathen? v die aus den Zeitungen in den Beschluß des Rektors. Hätten Sie nicht Ihren Platz füglicher tauschen können? Das alles in 10 Bogen! Auf mein Gewißen thue Ihnen zugleich das Bekenntnis, daß ich alle Schönheiten derselben geschmeckt, daß ich meinen Freund in allen Verwandlungen erkannt und Glück gewünscht. Noch eins! Ist es wahr, daß Ihre letzte Predigt schon in Königsb. gehalten worden v eine Abschrift davon nach Riga bey Ihrer Vocation gekommen. Ich zweifle daran. Mussii Porten, Pappa Schwestersohn ist der nach Ihrer gehaltenen Predigt in Mietau gewesen, oder vor derselben. Ihn muthmaße für den Urheber dieses Gerüchts. Der Coffe kommt; es ist Zeit einen Brief abzufertigen. Young ist noch in Mietau; sonst hätten Sie ihn jetzt. Soll ich Mandrin behalten; oder ist es nur Ihr Scherz gewesen? Schreiben Sie mir doch bald. Was macht Ihr jüngster Bruder. Ich bin des meinigen wegen besorgt. Fragen Sie doch den ihrigen, ob letzterer misvergnügt oder mit einem stillen Gram lebt. Der arme Schelm wünscht mir mündl. se. Umstände entdecken zu können. Was für eine Thorheit. Sie dient mir gleichwol zur Unruhe. Schicken Sie mir doch Liebster Freund, seine Briefe künfftig, wenn Sie so gütig seyn wollen. Grüßen Sie HE. Berens, die Seinigen v die HEren Pastoren Gerike freundschafftlichst von mir. Den Arvieux geben Sie ab. Bernis werden Sie auch schon bekommen haben. Leben Sie wohl, denken Sie nebst Ihrer Freundinn an mich, die ich herzlich grüße und küße. Leben Sie wohl. Die Feder wehrt sich. Geh zum Henk… mit deinem Geschmiere. Zahlen Sie mir mit gleicher Münze. Entschuldigen Sie mich bey meinen beiden Freunden, die ich nebst Ihnen nochmals umarme. Ich bin unverändert der Ihrige.Hamann. Grünhof den 21. Febr. 1756. Noch ein Exemplar, wenn es möglich ist, von ihrem actu. Grünhof den 28 Februar 756. Herzlich Geliebteste Eltern, Gestern Abends habe dero letzte zärtliche Zuschrift erhalten; in welcher mir die Nachricht von dero beyderseitigen Beßerung sehr getröstet. Gott sey Lob für den glücklich überstandenen Friesel; den armen Docktor Lindner habe auch schon beweint; er ist aber derselbigen Krankheit für diesmal glücklich entkommen, die hier im Lande gefährlicher als bey uns ist. Mein ältester ist auch schon beßer zu meiner großen Erleichterung; der jüngere hat ihn abgelöst, noch weiß man nicht, wohin die fieberhaffte Zufälle bey ihm hinaus wollen. Wir haben vorigen Mittwoch vor 8 Tagen ein Schrecken gehabt, das übel hätte ablaufen können. Der Schorstein brannte an unserm hölzernen Schloße. Die Fr. Gräf. lag zu Bett, v wir waren ohn die geringsten Anstalten dem Zufall ausgesetzt, der mit Gottes Hülfe nicht wieder uns ausfiel. Wie viel gehört dazu ein Hausvater, ein Wirth, ein Herr zu seyn. Ich habe mich weniger erschrocken, als geärgert und verkältet, doch ohne Nachtheil meiner Gesundheit, die auch jetzt leidlich ist. Meine Natur kommt in Ansehung der Verstopfungen wieder in Gange; sollte sie Hülfsmittel nöthig haben; so will mich der vorgeschriebenen bedienen, für die ich kindlichst danke. Ein hiesiger Landarzt hat mir einen Kräuterthee empfohlen, den ich Ihnen hier abschreiben will, um Geliebtester Vater, Ihr Gutachten darüber zu hören. Salvey, Ysop, Leberkraut Betonika, jedes eine Handvoll. Flores primul. ver. Centaur. minor. jedes eine halbe Handvoll. Ich wäre geneigt mich deßelben zu bedienen, wenn er mir auch nur bloß dazu dienen helfen möchte um mir den Coffé abzugewöhnen, der mir schmeckt auch weder an Schlaf noch Appetit fehlen läßt. Sie richten mich mit der Hofnung eines gesunden Alters auf. Ich glaube, daß man niemals zu früh sich alt und reif zu werden wünschen kann, wenn man nicht umsonst lebt oder gelebt hat. Wenn dies nur an mir erfüllt würde! Traurige Beyspiele umgeben mich, bey denen ich für mich selbst zittere. Vielleicht bist du eben das, was du in andern verabscheust; eben der Gräuel vielleicht in einer andern Gestalt; oder sie haben vielleicht dem Schein nach den traurigen Vortheil ruhiger und sorgloser bey ihrer Gefahr und Schande zu seyn. – – Den 29. Hier habe ich des Abends der heißen Stube wegen aufhören müßen, die mir Kopf v. Rumpf ganz mürbe gemacht. Ich bin heute daher auch leider mit Wehtag an dem ersteren v einem Fluß an der rechten Seite aufgestanden, der hoffentlich bald übergehen wird. Zur Schule gehören jetzt zwo Stuben, v die eine ist vor 2 Jahre mehrerer Beqvemlichkeit wegen ganz neu angebaut worden im Winter aber nicht zu hitzen u. dient die andern ungesunder zu machen wegen des Zuges, der durch alle mögliche Ritzen durchweht. Ein Kurscher Bauer ist Hofcalefactor und mein Bedienter ein Kalmuckischer Mursa oder Edelmann, der sein höchstes Gut im Trunk oder Schlaf findt, auch schlecht gehalten wird. Außer einem treuen Freunde hier im Hause, der ein Türke ist, würde ich jetzt von allem menschl. Umgange abgeschnitten seyn. Mein Rittmeister hat nur einen Winter v zwar den ersten mir angenehm gemacht; der junge Pastor schwärmt schon fast einen Monath um eine Braut, mit der er verlobt ist, v ihr Haus das Pastorat habe noch nicht besucht, ohngeachtet sie es nicht weiter als der Roßgarten liegt. Ich erhole mich also mehrentheils von einer Arbeit an einer andern von der schweren an der leichteren, von der verdrüslichen an der angenehmen, von der nothwendigen an der freywilligen. Diese einförmige Ruhe oder Anstrengung nutzt den Geist und den Leib, oder macht wenigstens beyde schläfrich. Vielleicht würden Sie also, Lieber Papa, einen eben so trägen Socius an mir haben, als mein Bruder ist; ich unterstehe mir wenigstens nicht mich mit mehr Munterkeit und Feuer zu schmäucheln. 30 Jahre kommen mir schon als eine ungeheure Frist des menschl. Lebens vor. Ich freue mich, daß die Zeit verflüßt und wenn ich zurückrechne, erstaune ich wie ein Schuldner für seinen Termin. So widersprechend sind wir in unsern Wünschen. Wenn wir Meister derselben und unsers Glücks wären, wie schlecht würde uns dadurch geholfen seyn? Sie wünschen, herzlich Geliebtester Vater, meine Briefe. Ich werde Ihren Befehl nachleben und so oft als ich kann schreiben; Ihre Antworten abwarten, auch im Nothfall zuvorkommen. Wie gern möchte ich den Innhalt derselben Ihnen neuer und angenehmer zu machen suchen. Wie gern möchte ich Ihnen etwas schreiben, was Ihnen Sie auf dem Krankenbette aufmuntern, und wodurch Ihnen die Mühe meine Briefe zu lesen und zu beantworten erleichtert würde. Wie vielen Appetit habe ich nach den Leberkuchen gehabt, an den Sie sich erqvickt haben. Hat meine liebe Mutter noch eine gesunde Gehülfin an die treue Jgfr. Degnerinn? Machen Sie Liebste Eltern, daß Ihnen beyderseits Ihr Alter durch Pflege und Gemüthsruhe so erträglich als möglich werde. Hören Sie auf für Ihre Kinder zu sorgen; wie glücklich sind diejenigen, die dies für Ihre Eltern thun können? Gott erhalte in uns beyden den eyfrigen Willen dazu, er würdige uns denselben auch ausüben zu können. Mein Beruf zum Amt ist bey mir weniger als jemals; zu arbeiten, nützlich zu seyn, mich selbst zu unterrichten, mich selbst zu beßern. Komme ich hierinn weiter und weit genung; so wird es mir an Gelegenheit nicht fehlen mit diesem Fortgang anderen zu dienen. Ich freue mich, keine schwerere Verantwortung auf mir zu haben, als bey der meiner Freyheit keine Eingriffe geschehen. Der Eyfer würde mich bey einer Last verzehrt haben, die ich weder hätte tragen noch ablegen können. Gott erhalte meine liebste Eltern, Ihr Glaube, Ihre Geduld, Ihr Muth sey mir ein Beyspiel in guten und bösen Tagen. Seine väterliche Vorsehung wache über uns, führe uns und mache uns stark alles zu überwinden. Wir wollen uns mit unserm Gebeth einander beystehen und unsere Hofnung auf einen Herrn setzen, der uns befiehlt alle Vortheile dieses Lebens für unsern Schaden anzusehen. Wehe uns, wenn wir unser Gutes hier genüßen. Wehe uns, wenn uns hier nichts fehlt. Erfreuen Sie mich bald, Liebste Eltern, mit guten Nachrichten; noch sind wir Gränznachbarn. Ich küße Ihnen tausendmal die Hände und bin zeitlebens mit der kindlichsten Ehrfurcht Ihr gehorsamster Sohn. Johann George Hamann. Grünhof den letzten Februar 756. Geliebtester Bruder, Ich habe gern mit der ersten Post antworten wollen ungeachtet ich weder viel Zeit noch Geschick dazu habe. Die Gelegenheit wird gleich abgehen. Diese Woche habe erst einen Brief von Dir erhalten, der vermuthl. mit dem Fuhrmann hätte mitkommen sollen, er muß ihn vergeßen haben. Daher ist das Misverständnis wegen des Mandrins pp hergekommen. Es ist alles jetzt richtig. Dein Wunsch mich mündl. zu sprechen ist mir theils lächerl. vorgekommen theils hat er mir Unruhe gemacht. Wie genüße ich meiner Freunde anders als du sie genüßen kannst. Ich schreibe mir die Finger krumm an Ihnen. Du meldest mir von einem Gedicht, das du ausgeben wirst; ich freue mich schon darauf u verspreche mir eine gute Fortsetzung davon. Wenn Du Neigung zur Poesie hast, so vernachläßige solche so wenig als dein musikalisch Talent. Du biethst mir Zachariä an. Hundert gute Werke für eins darum. Mit 9 Bogen Fortsetzung von meiner Arbeit bin ich fertig v wieder über meine eigne Abhandlung her. Die erste besteht in dem Auszug eines Werks über Spanien. Ich habe mich betrübt keine Zeile Anschluß von Dir in dem Briefe meines lieben kranken Vaters gefunden zu haben, der ungeachtet seiner Unpäßlichkeit so viel v ziemlich vergnügt an mir geschrieben. Gott erhalt uns unsre Eltern; lieber Bruder. Wie gern wollt ich einen Monath mit dir tauschen. Mir ist viel an den Antworten auf meine Anfragen die ich gethan, gelegen v zwar an einer baldigen Antwort. HE. M. ist mit seinem jüngsten Bruder in Mitau gewesen vor 8 Tagen wegen des abgehenden Winters aber mit viel Gefahr v geschwind nach Hause reisen müßen. Der Doktor ist beßer; Einschluß soll mit erster Gelegenheit bestellt werden, nach Riga. Ich habe gestern neue Briefe von M. erhalten. Seine Reden auf dem Schulactum sind ausgekommen; er wird sie dir selbst schicken; wo nicht, ich. Antworte mir, wie stark die Uebersetzung werden wird, ob sie nach meinem Willen abgedruckt worden. Sey ein scharfer Corrector, v sieh auf Sprachfehler; ich bin nicht sicher darüber, Du hast doch wohl Gottscheds Grammatic, die preuß. Constructions Dat. für den Accus. hängen mir an. Vor dem aequinoct. denke mit der Abhandlung auch einzukommen. Sie möchte ein wenig stoisch und verwegen gerathen. Hast Du noch deine Condition bey HE. Kade? Darf ich dich wenn Du mir Zachariä oder Dein Gedicht schicken willst um die Gespräche des Insulaners bitten. Youngs Liebe zum Ruhm kostet nur 18 gl. Ich will dafür Dein Recensent seyn. Du siehst wie kindisch ich bin, wenn ich jemanden um etwas bitten soll. Ich wollte lieber ein Holzhacker als ein Bettler seyn, lieber Bruder, ungeachtet sich große v reiche Leute des letzteren sich nicht schämen. Doppelt bezahlt v doppelt gedruckt. Was für ein Thor, wie wenig weiß der zu leben. Sich biß zum Staub verächtlich gemacht, für einige Ferding niederträchtig und denn über des andern Leichtgläubigkeit gefrolockt, der vielleicht alles geben möchte um eure Schande nicht sehen zu dürfen um des Verdrußes, den eure Niederträchtigkeit ihm macht, überhoben zu seyn; und ihr frolockt noch über eure Klugheit v euren Gewinn. Wenn du mir eine Freude machen willst mit etwas; so geschehe es mit dem ersten Fuhrmann v wo mögl. planirt v gehefft. Vielleicht bin ich bald imstande, bald, bald, ein Stuffenjahr ist mir auf den Hacken. Mir ahndet eine Veränderung meines Schicksals. Die Probezeit währt mir unterdeßen noch nicht zu lange; wenn sie mir nur zum beßern und klügern Gebrauch meines übrigen Lebens dient. Dies ist der ganze Nutzen, den ich mir davon wünsche. Wie bald wird man des Mantels überdrüßig, bey Sonnenschein, der uns bey Sturm und Ungewitter Wind und Regen vortrefliche Dienste gethan. Du weist den Mantel von dem Horatz redet, nicht die Livree des Philosophen, sondern das Kleid des Weisen, was die Blöße des Menschen deckt. Ich werde mit dem Mosheim bald fertig seyn; gestern habe die Vorrede der Obseruat. des Kypke angefangen; er verspricht viel nützliches und Neues v ist imstande sein Wort zu halten. Urtheil und Ordnung verbindt er mit einer mühsamen Belesenheit. Warum müßen solche nützliche Köpfe für die Wißenschafften, um Brodt schreyn. Man sollte von seiner Dürftigkeit so wohl als von seinen Verdiensten schweigen, wenn man von beyden nicht mit einer guten Art zu reden wüste, mit Anstand. Die Unverschämtheit entzieht ihnen anderer Mitleiden, und zeigt zugl. daß sie die Gabe haben sich in ihre Umstände zu schicken. Wie oft denk ich an jenen Lehrer, den wir gehabt haben, der beßer wuste arm und weise zu seyn. Ich muß schlüßen, und bitte dich nochmals um ein Schreiben mit der ersten Post, in dem alle meine Fragen aufgelöst sind. Willst du Italienisch lernen, so bediene dich ja Molters Sprachkunst. Der beste Anführer, und ein ächter Sprachmeister. Lebe wohl, mein lieber Bruder, schreibe bald, viel und befriedige meine Ungedult. Ich umarme Dich mit den zärtlichsten Gesinnungen einer ewigen Freundschaft. Kannst du einige Probebogen von der Uebersetzung beylegen, wird es mir sehr lieb, recht sehr lieb seyn; aber befördere alles mit dem ersten Fuhrmann. Willst du jemand doppelt verbinden; so verbinde ihn bald, sagt Martial. Meine Erkenntlichkeit soll so wenig aufhören als meine brüderl. Liebe. Ich bin und bleibe Dein treuester Freund v Bruder. Johann George. Grünhof den 3 März. 756. Geliebtester Freund, Sie werden vermuthlich meine letzten Briefe durch Besorgung des Herrn P. schon erhalten haben. Die Ursache davon von dieser Unordnung habe Ihnen schon gemeldt. Von der Butter weiß ich nicht, ob sie gut oder böse ist. Der Baßa hat mir das erste gewiß versichert. Es giengen nur einige Stück ab, die theils bestellt waren. Ich ließ eins für den dortigen Preis besprechen, u das Geld sollte ihn hier ausgezahlt werden. Er wollte gegen Abend weggehen; ich kann nach dem Mittagseßen nicht sogl. arbeiten v hab es auch jetzt ganz abgeschafft. Ich wurde daher nicht eher als 4 Uhr fertig. Der schlimme Weg hat ihn gleich nachmittags fortgetrieben. Gott Lob! daß Ih der Herr Bruder beßer ist. Ich habe an ihn geschrieben, ich habe Boten an ihn geschickt. Mein Billet noch diese haben ihn nicht zu sehen bekommen. Durch HE. P. bekomme ich also die Berichte. Heute hoffe ich zum ersten mal wieder an ihn selbst zu schreiben. Ich habe Sie 1000 mal bey dem schlimmen Wege bedauert. Geahndet hat es mir, daß sie in Mitau seyn würden. Wie haben Sie den HE. Regimentsfeldscherer vorbey gehen können. Herr Cammerherr von Buttlar ist Annenritter. Ihr Marianchen wird sich rechtschaffen geängstigt haben. Ein Glück daß Sie noch in guter Gesellschafft gefahren sind. Mit letzter Post habe diese 2 Briefe Einschluß erhalten. Der eine soll schon etwas verlegen seyn. Nun Sie haben nicht einmal den Buchladen in Mitau zu sehen bekommen? Mit dem Mann scheinen Sie auch nicht zum besten zufrieden zu seyn. Ich glaube daß es zuletzt leer in der Tiefe aussehen möchte. Seine so genannten holländischen Waaren haben aus ziemlich zusammen geraften theils etwas verlegenen theils nicht gar zu absetzenden Zeuge bestanden. Der HE. Cammerjunker, ihr Correspondent in Apollons Angelegenheiten, will ihm wie er mir gesagt einen Ausschuß von Büchern verhandeln, den er geneigt schien anzunehmen. Sie werden vielleicht dem Laden par honneur dienen können. Er wird jetzt bey Kaufmann Fehrmann hinziehen wie ich gestern gehört. Herr B. hat mir auch aufgetragen ihn wegen des HE. D. Funk zu Rede zu setzen. Ich habe ihm nicht als eine ausdrückl. Commission dies mit Fleiß wollen zu verstehen geben v kann auch damit auf diesen Fuß nicht fügl. abgehen. Wenn die Klugheit v Ehrlichkeit des Kaufmanns auf seinen Handel schließen läst v den Fortgang deßelben; so hat er mir von dem ersteren nicht die besten data gegeben. Von seinem Handel selbst weiß ich nichts v was er davon sagt, ist mir alles verdächtig. Wie ich aus Riga nach Mitau ankam redte er mir von Dangeuil; schien zweifelhafft wegen des Abganges zu seyn v sehr geneigt die Einrichtung des Titels als ein Vorrecht des Buchhändlers sich anzumaßen. Ich war damit nicht zufrieden, ich sagte ihm die Wahrheit v er bat mich nichts an HE B. davon zu melden, v sich alles, was ich ihm vorschriebe, gefallen zu laßen. Dies hat mir gleichwol nicht angestanden v ich hatte mir ohnedem schon vorgenommen hierinn auf meiner Hut zu seyn v bey meinem Kopf zu bleiben. Letztens habe wieder an ihn deswegen geschrieben, da ich einen Zusatz von einem Bogen zur ersten Uebersetzung fertig habe. Ich habe es bey ihm gesetzttellt, ob er es das Werk übernehmen wollte oder nicht. Wäre er zweifelhaft möchte er sich nur gerade heraus erklären. Das Mst würde ich ihm nicht eher schicken als biß er mir verspräche es gleich nach Königsb. zu befördern. Er hat mir ziemlich tumm darauf geantwortet; v ich werde ihm mit der Zeit das Geschwür noch beßer aufdrücken. Driest hat mir unter der Hand einen andern Verleger anbieten laßen; er hat ihm ohnedem noch nichts bezahlt v scheint die Arbeit ganz vernachläßigt zu haben. Gleichwol glaube ich daß Funk noch sicher seyn kann; hier haben ihn seine Gläubiger näher. Vielleicht verdient er noch etwas auf seinen großen Verlagwerken mit denen er sich pralt. Pauli Richtergeschichte ist nicht jedermanns Waare. In Ansehung deßelben hat er sich ohnedem schon eines Uebereilungsfehlers gegen mich schuld gegeben daß er es nicht auf praenumeration ausgegeben. Ich sollte meynen daß dies bey einem solchen Buch am sichersten v besten wäre. Es möchte gerathen wie es wollte so könnte er wenigstens den gewißen Gewinn dabey berechnen. Bey dem stutzen scheint es so darauf angesehen zu seyn daß der eine den andern mit seinem Verlag zu hintergehen sucht. Ich wünschte ihm nur mehr Ernst mehr Eyfer zu seinem Beruf, den er mir sehr nachläßig v kalt zu treiben scheint. Seine Gesellschaften sind so beschaffen daß sein Beutel v seine Ehre darunter leidt. Wie ich mit ihm sr Sachen wegen redte: so erinnerte ich ihn, daß ich nicht aus Neugierde mich darnach erkundigt hätte, daß sie mir nichts angiengen, und bat ihn nur mit mehr Aufrichtigkeit sich gegen diejenigen auszulaßen, die sich künfftig mit mehr Recht darnach erkundigen würden und sich nach seinen Erklärungen berechtigt glauben würden ihn entweder zu unterstützen oder die Unruhe anderer für ihr Geld auf seine Gefahr zu heben. Meine Warnung scheint ihn nicht viel geholfen zu haben, er ist von der abgeschmackten Eitelkeit andere so leichtgläubig anzusehen als er selbst ist v hat ein unüberwindlich Vertrauen auf seine Kunstgriffe, die ihm nachtheilig sind. Wie soll ich dem HE. B. von dem Zustand seines Handels Nachrichten verschaffen. Er selbst wird mir selbige gewiß nicht geben. Seine Handlungen v Reden sind wieder ihn. Wer bekümmert sich übrigens in Mitau darum. Draußen sind die grösten Bären v die wachsamsten Hunde. Ich habe des Mylius Schriften gelesen. Die Briefe des Leßings verdienen daß sie sich selbige anschaffen. Seine prosaischen Abhandlungen habe nicht die Gedult gehabt zu lesen. Unter seinen Gedichten haben mir die Homileten gefallen. Kypke hat Obseruationes in N. T. geschrieben die ihnen brauchbarer seyn möchten. Belesenheit mühsame mit einem guten Urtheil. Zum griechischen Wortverstand sehr behülflich. Ich habe nur den Anfang damit gemacht. Das Stockholmische Magazin werden Sie behalten, falls es HE. Berens nicht ansteht. Besorgen Sie das Geld für Arvieux v Pütter. Diese letzten habe ohne HE P. Wißen vor der Hand mitgeschickt. Er wird es nicht übel nehmen, wenn er sie absetzen kann. Des Buffons Naturgeschichte den I. Theil möchte sehr gerne haben. Werden Sie selbst meinem Bruder Ihre Rede schicken. Melden Sie mir es doch. Young hat HE Regimentsfeldscheer. Ich will ihn bitten daß er es seinem HE. Bruder zuschickt. Dann können Sie es durch ihn bekommen. Antworten Sie mir doch mit ein paar Zeilen. Mein ehrlicher Baßa ist nicht zu Hause. Er hat Ihnen seinen ergebensten Gegengruß gewiß zugedacht. Leben Sie mit Ihrem lieben Frauchen wohl. Ich umarme Sie mit einer unveränderten Aufrichtigkeit eines wahren Freundes. Hamann. Grünhof den 13. März 756. Herzlich Geliebtester Freund, Ich bin schon diese ganze Woche krank, jetzt aber Gott Lob mit der Hofnung einer baldigen Beßerung. Ihren Brief empfieng in den schlimmsten Tagen meines Zufalls v hat mich sehr aufgemuntert. Durch Gelegenheit habe leyder weder von Ihnen noch HE B. eine Zeile bekommen. Der Schildreuter ist so dumm gewesen das was ihm HE B. abgegeben bey Dump zu vergeßen. Er wird es jetzt selbst mitbringen können, oder der Postillon hat es heute. Meine Krankheit fieng sich Sonntags an; sie hatte sich einige Tage vorher schon durch einen verlornen Appetit v verstopften Leib angemeldt. Sonntags bekam aber Grieseln, Brechen in den Gliedern v fieberhaffte Zufälle ich legte mich mit viel Unruhe nieder, zwang mich aber Montags zum Aufstehen hielt mit genauer Noth biß auf den Abend aus. Dienstags stand wieder auf; wurde aber von Kopfschmerzen v Hitze nach einer kleinen Frist zu Bett niedergeworfen so sehr ich mich auch wehren mochte. Dieser Tag war für mich sehr schwer. Ich war für mein Haupt besorgt, das mir zerplatzen wollte, ohne Schweiß in der glühendesten Hitze, verstopft gegen alle trotz zwey Kegeln von Seife. Wollten die Kegeln nichts helfen; so muste die Reyhe an den Kugeln kommen; die schafften mir Luft. Den andern Tag befand mich leidlicher im Bett; so offt ich aus Noth aufstehen muste wandelten mir Ohnmachten v Uebelkeiten an. Der Schlaf fand sich nicht, obgl. ich einige Nächte schon so zugebracht hatte. Einige Viertelstunde, wo ein Traum den andern vertrieb. Diese Nacht hab ich einige ganz gesunden v ruhigen Schlafes genoßen. Dieser Umstand ließ mich immer auf einen Ausschlag argwohnen, der hinterherkommen würde. Jetzt schreibe ich meine Schlaflosigkeit keiner malignität sondern der Vollblütigkeit zu. 8 Tage nichts geeßen v getrunken als Habertum und noch 8 Tage v 14 dieser Diät mit Gottes Hülfe bestimmt. Coffée v Thee nicht sobald gekostet geschweige getrunken! Schälchen aus Noth v keinen Wein als weißen und der gesund ist! Die Mäßigkeit soll mir künfftig lieber als jemals seyn. Viel geseßen, zum Theil gearbeitet, dem Appetit zu viel gefolgt unter dem großmüthigen Schein sich zu erqvicken und mit dem Trost, daß es schmeckt v bekommt. Da sitzt der Grund meiner Krankheit. Ich habe bisher keine Arzney in meinen Mund genommen v bin meiner Genesung vielleicht nahe. Meinen Vorsatz will gewiß halten. Die Warnung ist mir zu rechter Zeit geschehen. Wäre sie später gekommen so wäre das Uebel von größerem Erfolg gewesen. Heute habe zum erstenmal lesen und mit Gedanken schreiben können. Der HE. Bruder ist so gut gewesen v hat mich mit Mitteln versorgt. Er setzte nichts als ein klein kalt Fieber zum voraus v hatte se. Verordnungen darnach eingerichtet. Weil er sich aber hierinn geirrt; so durfte nichts anrühren v es thut mir nicht leyd allen dienstfertigen Qvacksalbereyen anderer widerstanden zu haben biß auf einen Umschlag für den Kopf, der mir gute Dienste gethan. Außer meiner Verstopfung, die seit vorgestern wieder da ist der HE, bin ich vor nichts mehr besorgt; v dafür erwarte ich heute Rath von HE Doktor, an den ich vor einige Stunden ein paar Worte geschrieben. Er klagt nicht weniger über se. Gesundheit. Scorbutisch Fieber pp. Gott helf ihm. Ich dachte heute nicht so viel zu schreiben v glaubte mit Mühe ein paar Zeilen an HE B. fertig zu machen. Die Gelegenheit bleibt noch eine Viertelstunde hier. Ich will sehen wie weit ich komme. Meine Eltern v Bruder grüßen alle herzlich mit Anwünschung vielfältigen Seegens. Mein Vater nimmt vielen Theil an des HE D. Beßerung. Er ist selbst am Friesel hart krank gewesen v meine Mutter wieder am Blutspeyen. Ja Ihren Brief habe gleich den andern Tag fortschicken können nach Mitau. Mad. Kade ist mit einer jungen Tochter entbunden v die Fr Kriegsräthin von Wegner hat einen Sohn so groß wie einen Potsdamer bekommen, schreibt mir mein alter Vater. Ich theile Ihrem lieben Frauchen beyde Nachrichten zu einer guten Nachahmung mit. Daß die älteste Jgfr. Hartungin verlobt ist werde Ihnen schon gemeldt haben an einen Priester in Oberland oder Marienburgschen. Ich habe ihre Briefe nicht zur Hand v schreibe auf den Bett. Entschuldigen Sie also wenn ich den ersten nicht gehörig beantworte v wenn ihnen meine Buchstaben mehr Mühe als sonst machen. Sie erklären S sich in ihrem Briefe wegen des einen Einwurfs, den ich Ihnen gemacht. Weil er schon geschehen ist; so darf ich desto weniger Liebster Freund, Bedenken tragen, da sie ihn selbst gut aufgenommen daß ich meine Zweifel über Ihre Erklärung Ihnen mittheile. Ich habe eben das zu Ihrer Rechtfertigung mir selbst gesagt, was Sie für sich sagen; und ich freue mich auch, daß ich mit Ihnen gleich denke. Erstlich, wenn sind Sie über diese Stelle erschrocken, da Sie siche geschrieben hatten; so stand es bey Ihnen sie auszulaßen oder sich weitläuftiger zu erklären. 2.) hab ich Ihnen gesagt von einer Zweydeutigkeit, die sie scheint zu haben, aber wenn man sie beym Lichten besieht, nicht haben kann. Ihre Worte sollen entweder sagen Peter der große hat alle Tugenden sr. Vorfahren gehabt, nur nicht
    ihre
Rauhigkeit: oder Peter hat alle sie gehabt, sie waren bey ihm aber rauh er hatte aber den Fehler der Rauhigkeit. Ueber den Begrief des Wortes asperitas v vitium bin ich mit ihnen vollkommen einig, außer daß das letzte doch allemal füglicher notam oder suspicionem oder sonst hätte heißen können. Die letzte Erklärung scheint mir allein richtig zu seyn; sie schützen sich mit der ersten. Diese habe ich im Sinn gehabt aber sie ist mir ungereimt vorgekommen; ich weiß nicht aus logischen oder grammatikalischen Gründen. Belehren Sie mich liebster Freund über diese Kleinigkeit, die ich Ihnen durch ein Exempel habe zu verstehen geben wollen, weil ich nicht Zeit hatte die Sache selbst deutl. auszudrucken. Sie tadeln dies Exempel v folglich sich selbst. Sie fragen mich ist Sparsamkeit ein Fehler und ich habe Sie fragen wollen Ist asperitas eine Tugend? Es kommt darauf an. Kann es mit einer richtigen Redekunst bestehen einen solchen Satz auszudrucken. Peter hat alle Tugenden seiner Vorfahren geerbt, ihre Rauhigkeit ausgenommen. Kann ich einen Satz durch eine Species einschränken, die unter einem genere gehört, das einem vorigen, von dem die Rede ist, gerade wiederspricht? Kann ich sagen: Titius hat alles Silberzeug geerbt, die alte Wäsche des N. ausgenommen. Ungeachtet beyde unter dem allgemeinen Begrief der Meubles stehen können und noch nicht so entgegengesetzt sind. Sie werden jetzt meinen Sinn wenigstens beßer faßen. Ich will nur so viel sagen, daß es nicht
    ihre
Rauhigkeit heißen kann, wie sich ohne Noth und wieder den historischen Charakter dieses Helden erklären wollen. Denn dies geht gar nicht an, weil alsdann unstreitig sine stehen müßte. Praeter me nil poteris sagt man nicht ohngeachtet diese beide Wörter Synonima sind. Es kann also nichts anderes heißen, als was wahr ist, daß Peter die Tugenden unendlich übertroffen sie aber in dem Fehler der Rauhigkeit zu sehr nachgeahmt habe. Dies ist recht, es liegt alles an einem geschwinden Ausdruck, der nicht allemal nach unserm Willen geräth. Was ich dem Clima zuschreibe, kann fügl national genannt werden und hierinn liegt kein Unterscheid ich habe das tellus eben so wie sie genommen. Die Stelle Ihrer Rede bey Seite gesetzt, erörtern Sie mir doch die Schwierigkeit die ich noch Ihnen v mir mache. Schicken Sie mir aber dabey noch ein Exemplar für meinen Bruder. Ihre Anerbietung mir den Bernis zu verschaffen nehme mit vielem Dank an v mit unendl. mehrerem den mir schon geschenkten Mandrin. An HE Petersen habe Ihrer Rechnung wegen geschrieben. Mit dem Arvieux habe geglaubt HE. B. einen Gefallen zu thun. Es ist nur ein Exemplar hier gewesen und sind einige fürtrefl. Stücke darinn e. g. der Mufti der seinen Vater abprügeln läst, hat mich sehr gerührt. Ferner habe eine Auslegung von dem Worte Salamalec von ohngefehr darinn gefunden, deßen Erklärung ich bisher umsonst gesucht v in ein paar gantz neuen Romans gefunden. Tout ce qu’il y avoit de gens un peu comme il faut me vinrent faire leur salamalec. Der Henker hatte es für ein türkisches Wort halten soll. Die Franzosen werden die Gastfreyheit in ihrer Sprache bald zu weit treiben. Wiewohl der Sultan als Bundesgenoße des Allerchristl. Königs verdient einen Eingang mit seinen Höflichkeiten. Wenn ich jetzt den 1. Theil des Büffons bekommen könnte, darf ich auch bey Ihnen, liebster Freund ein Vorwort einlegen. Wo nicht, kaum darf ich, aber den ersten Theil von Saurins Betrachtungen möchte ich gern lesen über die Bibel. Was meynen Sie. Schlagen Sie ab wenn Sie nicht wollen. Ich bitte mir künfftig was leichters aus. Leben Sie wohl, Grüßen Sie Ihr Frauchen tausendmal von mir. Wir erwarten hier den HE Regimentsfeldscheer mit ersten. Grüßen Sie die HE Pastor Gericke v leben Sie vor allen recht gesund und vergnügt, wenn beyde zusammen stehen können. Ich umarme Sie und bin mit einer ewigen Freundschaft der Ihrige. Hamann. Was macht HE Runz? Adieu.
Liebster Freund, Ihre Arzeneyen habe gestern erhalten und danke Ihnen unendlich dafür. Ich bin ihrer höchst bedürftig noch keinen offenen Leib gehabt, seitdem ich Ihnen geschrieben. Gestern Abends v heute frühe 2 eingenommen, noch nichts gewürkt als einige pets laches wie der Franzos sagt die nicht so trocken und drell als sonst waren. Sie verbieten mir Denken, Lesen, studieren warum nicht auch die übrigen Bedürfniße des Lebens. Ich werde mir so viel Bewegung machen, Gott weiß ob wir vor Pfingsten Frühling haben werden. Viel vorgenommen zu thun, wozu ein gesunder Leib und leicht Herz gehörten. Man muß sehen. Ich freue mich daß mein Arzt sich wieder beßer befindt. Wenn er mich doch bald besuchen könnte. Des Morgens halte mich noch im Bett; Appetit genung. Eben kein saurer oder fauler Geschmack beschwert mich. Ein reines v starkes Aufstoßen bisweilen das nach den genoßenen Speisen schmecket. An meiner Tumm vereckle mir noch nicht. Die kann doch wohl nicht stopfen. Grüßen Sie Herrn Petersen; ich will mich auf sein Wild zu Gast bitten. Auf die Woche schreib ich ihm unfehlbar und schicke ihm alles was ich noch abzutragen habe. Laß er doch für das Buch der Frau Gräfinn sorgen. Wenn es heute mitkommen könnte. Der Pastor ist 2 mal in seinem Buchladen gewesen um ihm für den Kypke zu bezahlen ohne ihn zu finden. Der Driest ist ein Mann von gleichen Gelichter, ein Verläumder v Vertrauter unsers verehrungswürdigen. Wenn Petersen wollte; es ist ihm kaum zu helfen: er hat es vielleicht darauf angelegt v kalt Blut genung dazu von der Ehrlichkeit zu reden. Das Gewitter wird auffziehen; er ist gewarnt worden. Kommt er noch fleißig zu Ihnen. Leben Sie wohl, liebster Freund. Ich umarme Sie mit einer aufrichtigen Zärtlichkeit nach ergebenen Grüßen meiner jungen HE. v aus diesem Hause. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Docteur en Medecine / à /
    Mitow
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Geehrtester Freund, Meine Briefe jagen sich einander. Der Innhalt des jetzigen ist eine Bitte, eine neue Bitte, bey der ich mich auf Ihre Denkungsart v. freundschaftl. Gesinnungen was zu gute thue. Ist es in aller Welt möglich, so besuchen Sie mich morgen früh. Wenn Sie um 8 Uhr abfahren sind Sie in einer Stunde hier. Ich werde Ihnen die Ursache sagen, v. warum ich auch so verfahre. Sie kennen mich und daß ich gegen meine Freunde wesentl. Achtsamkeiten niemals vergeße, daß ich selbige mehr in Handlungen als Worten zu bezeigen suche. Das übrige werde Ihnen bey unserer wechselweisen Umarmung näher erklären. Ich wollte gern das Ansehen eines freundschaftl. Besuches einem Dienste geben, den Sie mir Amts wegen thun können. Unser gnädiges Fräul. hat ein schlimmes Auge; des HE. General Excell. sind nach Weitenfeld verreist; ein kleiner Punkt am Augapfel macht die Frau Gräfin sehr besorgt. Sie weiß sich weder zu helfen noch wem Sie Ihr Vertrauen schenken soll. Gott weiß, ich wollte nicht gern, daß dieser kleine liebenswürdige Engel an seinem Gesicht Gefahr liefe. Thun Sie mir zu Gefallen v Liebe, diese kleine Spatzierfahrt. Urtheilen Sie beßer von Leuten, die Ihnen noch zu unbekannt sind; von mir, wie zu alten Zeiten. Ich wünsche also nichts mehr als Ihren Besuch. Sie können wenigstens Ihr Urtheil über diesen Zufall fällen v. einen WundArtzt vorschlagen, der in dergl. Krankheiten glückl. v. am geschicktesten ist. Es ist mir lieber daß Sie meinem Wink v einem zärtl. Triebe uns einander zu sehen als einen ordentl. Ruf fordern. Das erste wird Ihnen keinen Anlaß geben misvergnügt zu seyn. Sie können in einem Tage frühe genung zurückkommen um Ihre Patienten noch alle zu besuchen. Ich kann Ihnen nicht alles sagen schreiben was Ihnen mündlich zu sagen mir vorgenommen. Hundert andere Angelegenheiten werden mir Ihren Besuch angenehmer machen. Beyliegendes Buch schicken Sie zum Vetter mit der Entschuldigung, daß selbiges unplanirt wäre. Er weiß daß ich keine solche Bücher halte, mit der Anfrage was der vorige Band für die Historie der Constitution kostet. Weil ich Sie morgen selbst zu sehen gedenke so werde keine Antwort als eine persönl. v mündl. erwarten. Ich bin voller Erwartung voller Vergnügen auf Ihre Umarmungen Dero ergebensterHamann. In der größten Eil. Es soll Ihnen um die wenigen Stunden, nicht leyd thun, die S wir hier zusammen zubringen wollen. Adieu. Kein Zwang! Lauter treuherzige Freundschafft v Freyheit! Adresse mit rotem Lacksiegelrest
à Monsieur / Monsieur Lindner / Docteur en Medecine à /
    Mitow
/
Mit einerm /Paudel Buch. /
Grünhof, den 17. März 756 Herzlich geliebteste Eltern, Der betrübte Nachrichten von Ihrer beyderseitigen Unpäßlichkeit habe auch auf dem Bette zu lesen bekommen, und muß selbige noch daselbst beantworten, wiewohl in der guten Hofnung selbiges mit Gottes Hülfe ehstens verlaßen zu können. Diese Krankheit wird mir gute Dienste thun und die Stelle einer Frühlingskur vertreten können. Sonntags vor 8 Tagen bekam nachdem ich schon einige vorher den Appetit verloren, einen Anfall von Flußfieber, der mich zu Bette trieb. grieseln, brechen in den Gliedern nebst Hitze. S Montags stand auf und erhielt mich biß gegen Abend. Dienstags wieder, bekam aber Anwandelungen von Kälte die ich im Herumgehen überwand, von der Hitze aber überwältigt wurde, daß ich mich gegen Mittag nicht länger halten konnte. Dies ist mein schwerster Tag gewesen ich glühte; der verstopfte Leib hatte schon einige Tage fortgedauert. 2 Stuhlzäpfchen verschlugen nichts. Man hat hier Muskus Pillen oder Kugeln die ich mir applicirte und Luft verschaffte. Mittwochs offen Leib mit Schmerzen v Uebelkeit so oft ich auffstehen muste. Ein Umschlag für die Hitze um den Kopf hat mir gute Dienste gethan. HE. Doktor Lindner schickte mir einige Pulver einen gelinden Schweiß abzuwarten die ich Sonnabends einnahm v Sonntags ein Tränkchen, das mir einige starke sedes verschaffte. Montags gelinde Spuren des Fiebers von neuem. Ich such das Uebel so viel ich kann durch die Diät am meisten zu schwächen. Anfangs nichts als Pflaumensuppen seit dem Habertumm zum Frühstück, Mittag v Abend bisweilen mit ein paar Zwieback eingebrockt genoßen; v diese Woche denke noch in dieser Ordnung fortzufahren. Der Mangel des Schlafs kam mir anfangs verdächtig vor v gab mir den Argwohn eines Ausschlags. Freytags Nacht hörte diese Unruhe auf, in der mein Blut war; v jetzt ist mein Schlaf so ruhig v natürlich als ich mir nur wünschen kann. Weiter in meinem Tagbuch. Diesen Montag bekam des Morgens wieder leichte Anwandelungen von Kälte, heute weiß ich nicht, ob ich etwas sicheres von Fieber gefühlt. Mein letztes Pulver hatte eingenommen der Schweiß schien sich aber zu währen v kälter zu seyn oder klamm, wie man es nennt. Gott Lob! jetzt glaub ich meiner Beßerung immer näher zu kommen. Nach dem schlimmen Dienstag hab ich eine sehr scharfe v durchdringende Transpiration bekommen, die mir Empfindung auf der Haut verursacht v die meiste Schärfe nothwendig abgeführt haben muß. So einen zierlich geschriebenen Brief ich auch in Gedanken entworfen; so sehe ich doch, herzlich Geliebteste Eltern, daß Sie bey diesem gegenwärtigen noch einen Vorleser nöthig haben werden, weil ich ihn in einer unbeqvemen Lage schreiben muß. Künfftig will Ihrem Befehl beßer nachleben. Ihre Erinnerungen, Liebster Vater, haben mich sehr aufgenüchtertrichtet. Sie haben meine Hypochondrie gemerkt; und erklären mir Ihre Gesinnungen auf eine Art, die mir zu einer großen Aufmunterung gereicht. Der Himmel behüte, daß ich die zärtlichen Sorgen meiner liebsten Eltern mit Undankbarkeit und Verdruß aufnehmen sollte. Alle Leidenschaften, die mit der Religion bestehen und durch das Christenthum eingeschränkt werden, können uns weder beschwerlich noch nachtheilig seyn. Wie leicht können wir aber nicht durch diejenige Triebe selbst verführt werden, welche die Natur uns vorzüglich geschenkt und die Vernunfft auf ihre Seite haben. Ich stelle mir meine liebe Eltern bisweilen in einer Verlegenheit, in einer aufgebrachten Unruhe vor, mit der Sie sich fragen: wo bleibt denn unser Sohn? was wird denn aus ihm? Wenn er uns doch gefolgt hätte! Wie ist seine Aufführung, sich selbst überlaßen? Wohin gehen seine Absichten? Straft der schlechte Fortgang sie nicht ihrer Eitelkeit? Ich könnte mich gegen allen ihren Verdacht vielleicht rechtfertigen, meine Grundsätze entschuldigen. Ohne mir die Zeit lang werden zu laßen wünschte mir bisweilen alle diese Zweifel mit einer Nachricht beantworten zu können, die meine liebste Eltern zufrieden spräche: hier ist das, was ich durch meine Gedult zu verdienen gewartet. Es kann seyn, daß die Krankheit in Gliedern meine Hypochondrie vermehrt; es kann seyn, daß selbige zum Theil in meinen Umständen liegt. Ich verzweifle hier daran meinen Endzweck zu erreichen. Der älteste ist gesund, man schont seine Gesundheit nicht v die Unmäßigkeit macht selbige sehr mißlich. Die Fähigkeit seines Kopfes, die Lebhafftigkeit und Geschmeidigkeit seiner Einbildungskraft hintergeht die Eltern. Man legt mir alle Hinderniße, die ehedem meine Mühe vereitelt haben; und ich liege denselben wieder Willen unter. Die Welt will betrogen seyn. Es ist nicht jedermanns Sache sich diesem Verlangen zu bequemen. Was sagt Gewißen, Pflicht dazu. Siegt über alles! Der eine Theil weiß gar nicht was Erziehung ist. Der andere weiß nicht was Söhne sind. Braucht zu einer Tochter Schminke und Eitelkeit. Wenn ihr nicht Tugend haben wollt, last wenigstens Ehre in das Herz eines Kinds und seine Vernunft gesund seyn; weil ein Mann aus ihm werden soll. Man hat mich gekannt; bin ich nicht lange genung hier gewesen um mich kennen zu lernen. Da man mich wieder verlangt; konnte ich nicht muthmaßen, daß man meinen Absichten Recht wiederfahren ließe und sich ändern würde. Ich habe keine Ursache dazu gehabt. Glaubt ihr daß ich für euch lebe und euch zu Gefallen auf den Kopf gehen soll; weil ihr deßelben euch so wenig als eurer Füße gehörig bedienen könnt. Ich sehe zu, schweige und wundere mich. Mit diesem Monath ist mein erstes Vierteljahr zu Ende. Die Zeit wird mehr lehren. Sie sehen hieraus, Geliebtester Vater, daß ich meinen Beruf mit Ernst treibe. Der äußerliche Beyfall genügt mir nicht, der Schein auch nicht. Ich kann weder kalt noch lau seyn. Ich schütte mein Herz gegen Sie aus, damit Sie mich desto richtiger beurtheilen können. Der Coffe ist ganz abgeschaft. Ich werde mich der Pferde auch bedienen und will meine Wege der Vorsehung anvertrauen. Der kürzeste v. sicherste Richtscheid! Mein Gemüth ist ruhiger übrigens als Sie vielleicht denken. Es thut mir bisweilen leidt, daß man sich um seinen Nächsten so sauer werden laßen muß ihm die Liebe aufzudrängen, die man gegen ihn hat. Die ganze Welt kommt mir alsdann als jene Stadt vor, die Jesus mit Thränen ehmals anredte: Wenn Du wüßtest zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Besten dient. Wir Menschen wißen es nicht und verlangen es auch leyder! nicht. Wir qvälen diejenigen, die uns gut wollen und sehen unsere Feinde für unsere besten Freunde an. Wird dem Teufel selbst nicht mehr als Gott gedient und jenem größere Opfer als unserem Schöpfer gebracht – – Ich habe ein klein Schnittchen Brodt mit weichen Eyern geeßen v hat mir sehr gut geschmeckt. Meine Adern sind noch ebenso voll ich hoffe wenigstens mein Blut etwas leichter und dünner gemacht zu haben. Auf die Woche erwarte meinen werthen Freund den HE. Regimentsfeldscherer Parisius, der auch ein hart Lager ausgestanden, einen sehr behutsamen v vernünftigen Arzt. Wegen des Aderlaßens werde ich seinem Rath folgen. Ich glaube nicht deßelben entbehren zu können. In was für Freuden wird das Kadsche Haus seyn. Wie spät das Gute kommt. Gott helf Ihnen bald lieber Papa um Ihrer Neigung und Wünschen genüge thun zu können. Lesen Sie meine Briefe zu einem Zeitvertreib, wie ich einen darinn finde sie zu schreiben. Ich empfehle meine besten Eltern der Göttlichen Vorsehung, die über uns alle wacht. Gott gebe Ihnen tausend Gutes. Mit erster Post mehr und so Gott will frisch und gesund aus dem Bett und voller Freuden. Ahmen Sie mir hierinn nach. Ich küße Ihnen 1000 mal die Hände und ersterbe nach den aufrichtigsten Grüßen Dero gehorsamster und kindlich ergebenster Sohn. Grünhof den 27 März. 756. Herzlichgeliebtester Vater, Ich versäume diese Post nicht, um Ihnen die Unruhe zu benehmen, in die mein letzterer Brief Sie gesetzt haben möchte. Diese Woche habe schon Gottlob das Bett wieder verlaßen. Ungeachtet meine Verstopfungen noch nicht aufhören, so thun mir doch des Herrn D. Lindners Digestiv Pulver gute Dienste. Seine Freund- und Nachbarschaft kommt mir sehr zu statten; wiewohl wir uns wechselsweise beklagen müßen, so können wir uns auch dafür einander wieder trösten. Er hat nach seinem Lager noch viele Anfälle aushalten müßen, mit denen es sich allmälich zur Beßerung anläßt. Fühle heute ohngeachtet einiger Oefnungen eine Spannung an den Unterrippen, die mir aber nicht beschwerlich ist. Ich habe gestern über mein Vermuthen glücklicher und stärker arbeiten können. Wenn einem dies von statten geht, genüst man sein Leben recht und freut sich, daß man da ist. Ich wünsche nichts so sehr, Geliebtester Papa, als gleich gute Zeitungen von Ihnen zu lesen, für die ich Gott danken kann. Die Folgen der Witterung äußern sich hier sehr; unser Haus ist davon nicht verschont geblieben. Genüßen Schöpfen Sie dort einer beßerne Luft? Die Abwechselungen, die wir haben, können das leichteste Blut schwer und bisweilen stockend machen. Derjenige, in dem wir leben und sind, erhalte und stärke Sie! Wind und Wetter fechte Sie so wenig als jede andere Wiederwärtigkeit an. Jene sind das wenigste von der Welt, die wir zu überwinden haben; und uns lange so nahe nicht als Fleisch und Blut. Ich küße Ihnen tausendmal die Hände und empfehle mich Ihrem Gebet und väterlicher Liebe als Ihr gehorsamst ergebenster Sohn. Herzlich geliebteste Mutter, Ich wünsche Ihnen zu einer wiedererlangten Beßer Gesundheit Glück und melde Ihnen Gott Lob! die meinige mit gleichmäßigen Vergnügen an. Der Frühling wird mich völlig wieder aufmuntern; er gereiche Ihnen auch zu einer Erquickung und Pflege der Natur! Ich hoffe den Weg nach Königsberg in unsern umliegenden Thälern und Büschen zu Fuß und Pferde abzulaufen; nur schade, daß er nicht in die Richt gehen soll. So krumm und in die Runde ich auch das Jahr noch spatzieren werde; kann der Weg nicht künftigen Sommer gerader werden? Wie will ich mich freuen, wenn ich meine liebe Eltern eben so alt und in eben so guter Gesellschaft ihr Haus, als jener junge Israelite wiedersehe, vor dem sein kleiner Hund hersprang. Sollt ich gleich nicht so willige Gläubiger, wie er, noch so freygebige Gastwirthe antreffen; desto lieber werd ich Ihnen, beste Mutter, seyn. Handschriften und Sara will ich demjenigen gönnen, der meine Stelle jetzt bey Ihnen vertritt. Ich mache auf nichts als Ihr zärtliches Andenken Ansprüche. So oft ich an Ihnen denke, Liebe Mama begleite ich diese Vorstellung mit den eyfrigsten Seegenswünschen für Ihr Leben und für Ihre Zufriedenheit. Ich füge Sie jetzt mehr mit dem Herzen als mit der Feder hinzu und empfehle mich Ihrem Gebet und Ihrer Zuneigung mit der Ehrerbietung des gehorsamsten Sohns. Johann George Hamann. Lieber Bruder, Gott Lob beßer und No 2. mit meiner Arbeit so gut als fertig. Der Termin, der letzte Augenblick, thut bey mir große Wirkungen. Wenn ich auch arbeiten will, die Vorstellung daß ich Zeit habe macht mich so schwierig so kalt, daß ich nicht aus der Stelle kommen kann, mag wollen oder nicht. Ist aber kein Rath mehr aufzuschieben; nun denn muß es, und eine Stunde bringt mir bisweilen verlorne Wochen ein. Sie ist weit unter der Anlage gerathen; die Idee davon ist lange nicht in der Ausführung erreicht. Dergl. Betrug seiner selbst muß sich der Mensch gefallen laßen; er dient zu vielen Guten. Fontenelle sagt: Man würde dasjenige nicht thun, was man kann wenn wenn man nicht die Hofnung hätte mehr zu thun als man kann. So hängt der Gebrauch unserer Kräfte mehr von unserer falschen Einbildung als unserm Willen ab. Ich bin in 2 Abenden mit Abschreibung derselben fertig geworden und sie ist gestern Nacht mit einem Expreßen auf die Post abgeschickt worden um nach Riga zu gehen. Die letzte Hand fehlt noch daran; die wird mein B. dazu thun. Er hat zu vielen Antheil an meinem Entschluß das Werk selbst zu übersetzen als auch an dem Inhalt des Anhanges. Ich glaube sie wird 3 oder höchstens in allen 4 Bogen austragen. Hinten kommt noch die Rede des HE. von Dangeuil angehängt bey seiner Aufnahme in die Akademie zu Stockholm. Ich Sie steht im Hamburgischen Correspondenten. Wenn du den gelehnt bekommen kannst vom vorigen Jahr: so wollte ich die Nummer Dir anzeigen, damit ich die Zeit v. Mühe des Abschreibens ersparen könntest. Melde es mir mit der ersten Post. Ich habe sehr um geschwinde Zurückschickung des Mst. aus Riga gebeten. So bald ich es bekomme, bringt es Dir die erste Post mit. Vielleicht geht es noch mit dem Ende der nächsten Woche ab. Driest muß arbeiten; die Hände haben keine Stunden wie der Kopf. Auf den Fleiß eines Handwerkers kann man eher dringen als auf den Fleiß eines Autors wenn er auch nichts mehr als ein Uebersetzer ist. Du wirst eine Rhapsodie von Ein- v Ausfällen zu lesen bekommen die Dich vielleicht so bald als mich ermüden wird. Ich wollte meinen Namen gern so viel als möglich vertuscht wißen. Noten versteht sich so; die Menge. Mein Text hat sie vielleicht so nöthiger gehabt als mancher Autor Claßicus. Die Münztabelle zu Ulloa muß auf einer Seite auskommen; und mit kleinen Lettern gedruckt werden. Das unterstriechene die allerkleinsten. Sorge mein lieber Bruder für alles. Ich hatte Dir auch ein stillschweigend Compliment zugedacht aber wieder ausgestrichen. Die Ehre Corrector zu seyn ist eine Gefälligkeit Deiner Freundschaft und ich habe meine Leser gebeten die eingeschlichene Fehler zu entschuldigen. Würde man sich nicht daher an Dir gehalten haben? Mein Versprechen werde gewiß halten; und den Ausschuß der Bücher meine erste Arbeit seyn laßen, wenn ich jene abgefertigt habe. St. Evremond, das Leben Julians, der Abt Villiers cet. werden Dir lieb seyn. Vergiß dafür Dein Wort und meine Bitten nicht, die ich an dir gethan. Ist es wahr daß L’Academie des Graces von der Schönheit handeln. Wenn mir Gott Gesundheit giebt, so möchte wohl eine andere Arbeit mehr nach meiner Neigung übernehmen. Muß sehen ob die Aufnahme dieser mich dazu ermuntern wird. Ein Theil eines guten Urtheils wird auf meine Dunkelheit und Unwißenheit meines Namens beruhen. Sorge dafür daß ich nicht verrathen werde. Es sollte mir sehr verdrüßen wenn keine Exemplaria auf Postpapier abgedruckt wären. Ich habe sie bestellt und mich darauf verlaßen. Ich bin gewiß sehr neugierig den Abdruck zu sehen. Schicke mir doch denselben sobald ich die andern Sachen bekomme. Man muß schlechterdings vor Ostern fertig werden. Melde mir doch wie weit man mit dem Auszuge ist und wenn man damit zu Ende kommt. Dringe mit Ernst darauf, daß Driest fördert. Der Narr dringt auf meine Fortsetzung v stellt sich ängstlich wartend an; da noch 3 Bogen von alten Mst übrig sind. Wenn ich ihm schreiben sollte ich könnte ihm nicht anders als die Nase wischen. Mein lieber Bruder! Nimm Dir meine Sachen so viel wie Du kannst an. Ein wenig Feuer, wenn ich bitten darf. Ernst genug bist du. Brauche Deine künfftige Amtsminen. Wenn Du nach meinem Sinn alles gemacht hast, ich will Dir recht gut dafür seyn. Du hast mich niemals um Erklärung gebeten; verstanden wirst du mich also allemal haben. Ich lese die leeresten Briefe zehnmal durch wenn Sie die geringste Kleinigkeiten betreffen, wo ich den Sinn des Schreibers außer seinen Worten recht verstehen will. Bey meinen Briefen hast du wegen der Flüchtigkeit Unordnung Kürze mehr Mühe v Auseinandersetzung nöthig. Mit erster Post erwarte von Dir. Denke wo ich die Zeit hernehme alles zu schmieren. Gott! gieb Gesundheit und Ruhe! Was machst Du? Ja noch eins. In Ansehung der schwedischen Schrift über den Verfall der Gothischen Regierung in Spanien bin ungewiß; ob Bachmanson Autor davon ist. Die Zeitungen haben es nur gesagt; v ihn als einen jungen Mann genannt. Ich zweifele daran. In der ersten Zeile seiner Abhandlung beruft er sich auf ein ander Werk was er geschrieben. Er fängt so an: In meiner Anatomia et Scrutam. Status politiae et oeconomiae Suecanae Tom. I. Cap. 2 ist erwähnt worden ppp. Ungeachtet alles Nachsuchens habe auch dies Werk nirgends angeführt finden können, deßen Verfaßer unmögl. unbekannt seyn kann. Weil es nun eben derselbe von der historischen Beschreibung ist; so bekümmere Dich doch. Der schwedische neue Doktor Theol. könnte Dir vielleicht Nachricht geben. Vergiß dies nicht. Mich wundert daß Achenwall in seinen Schriften das Buch über Schweden nicht angeführt. Gieb Dir alle Mühe du hast allenthalben Hülfsmittel dies zu erfahren. Mir fehlt es daran. Das lateinische Werk kann unmögl. unbekannt v muß wichtig seyn. Melde mir denn mit nächsten, was du davon eingezogen. In allem Fall könntest Du dich an Buchholtz schlagen der bey dem schwedischen Theolog sich darnach erkundigen könnte. Haben mich die Zeitungen in Ansehung des Namens betrogen v er ist schon abgedruckt so kann hinten ein Errata gemacht werden. Darum wollte ich auch gern den schon geschehenen Abdruck haben um was da wäre noch gut zu machen. Was machen Wolson v Lauson? Grüß den ersteren v complimentire den letzteren. Heut kommt ein neu Federmeßer an. Meine künfftige Briefe werden wenigstens alle beßer geschnittene Keile haben. Mit genauer Noth noch einen an meine lieben Eltern hobeln können. Dies hatte mich bald bewogen an Sie mit dieser Gelegenheit nicht zu schreiben. Ich fürchte mich aber daß Sie für meine Krankheit v hypochondrische Grillen die mir auf dem Bett entfahren waren, unruhig seyn möchten. Mit beyden ist es beßer; oder vielleicht höchstens abwechselnd. Gieb Ihnen so viel zu thun mit deinem eigenen Glück und Ihrem Antheil darüber, daß Sie desto ruhiger an mir denken. Die Natur hat uns Menschen an der äußerl. Gestalt und dem inneren Sinn unterschieden. Ihre Mannigfaltigkeit ist so gut Weisheit als ihre Einfalt; sie bedient sich beyder zu ihren Absichten, die immer das gemeine beste zum Augenmerk haben. Ich weiß daß mein Sinn ziemlich unbiegsam ist, der sich so wenig in seine eigene Denkungsart als in anderer ihre allemal schicken kann. Er hat aber auch seine Schneide und seinen Rücken. Man kehr mich um, sagt ein äsopisch Meßer zu seinem Herren, die andere Seite wird dir mehr Bißen schneiden, als Du brauchst um satt zu werden. Wenn du mich ich Dir brauchen willst dienen soll, so mach die Augen auf und sieh wozu und wie? Hüt Deine Finger, Deine Gedult ist Dummheit; und ich bin Stahl wo ich es seyn soll. Lebe wohl, lieber Bruder, das Meßer machte seinen Herren klüger ohne daß es reden durfte. Er sah; wenn er hätte sehen können, so würde er auch gedacht haben. Ich umarme Dich. Die Seite ist voll. Man muß doch was schreiben um das Postgeld nicht halb umsonst zu bezahlen. Ein guter Wirth hierinn ist Dein Bruder. Von Johann Christoph Hamann (Bruder): Bru meus frater den 7. beantwortet. Grünhof. den 10. April 756. Herzlich geliebteste Eltern, Die Gesundheit und Zufriedenheit ist der einzige Wunsch, mit dem ich meine Briefe anzufangen und zu schließen weiß. Ich genüße Gott Lob! beyder wieder und bin heute durch das Andenken eines Freundes erfreut worden, an den Sie herzlich geliebteste Eltern auch Antheil nehmen werden. Ich habe nämlich einen Brief von HE. Karstens erhalten, der mir seine Niederlaßung zu Lübeck und sein dortiges Glück meldt, das ihm noch bisher auch ohne Frau gefällt. Es ist eine große Beruhigung für mich, daß mich ehrliche Leute auf der Welt noch würdigen sich meiner zu besinnen, wenn es ihnen wohl geht; und wenn sie es mir noch auch dazu wünschen, so glaub ich es nicht nur zu verdienen, sondern auch alles zu schon zu besitzen, was mir noch zu fehlen scheint. Erkennen Sie, herzlich geliebtester Vater, hieran Ihren Sohn, der sich eben so leicht zu trösten als zu beklagen versteht. Es giebt Menschen, die sich selbst das Ziel mit so viel Beqvemlichkeit setzen und von andern setzen laßen, daß es eine Schande ist; es giebt hingegen welche, die weder so feig gegen sich selbst sind, noch diesen Schimpf anderer Willkühr überlaßen. Ich bin hier in einem Hause, wo man mir die Laufbahn meiner Pflichten so leicht und kurz machen möchte, als man sich selbst selbige eingeschränkt hat, und Blumen dazu betreten könnte. Vergeben Sie es mir, daß ich diese Seite meiners Zustandes, die vielleicht für die Augen die frölichste ist, niemals bisher geschildert. Es ist deswegen geschehen, weil ich sie am wenigsten liebe; nur weil sie mir weniger am Herzen liegt als jene rauhe, die ich bearbeiten soll. Es ist vielleicht eine Thorheit treuer zu seyn in fremden Angelegenheiten, als man uns verlangt. Ich will aber diese Verantwortung lieber auf mich nehmen als die Schuld derer, die an ihrem eignen Antheil gleichgiltig sind; die den Schutt häufen, den sie selbst sorgen sollten aus dem Wege zu schaffen, die aus der Pflicht aufzumuntern sich eine verkehrte daraus machen diejenige einzuschläfern und träge zu machen, an deren Munterkeit ihnen gelegen seyn sollte. Wenn ich meinen lieben Eltern alsdann glücklicher vorkommen könnte, im fall ich Sie und mich durch ein wenig Eitelkeit und Tändeleyen hintergehen ließe; so könnte ich so viel zu meinem Vortheil sagen und vielleicht mehr, als mir mein Verdruß jemals eingegeben, ohne die Wahrheit zu beleidigen, deren Liebe ich Ihnen, Bester Vater, zu danken habe und die mir mit der Milch meiner Mutter eingeflößt worden. Seyn Sie also meinetwegen unberuhigt; meine Gesundheit wird der Frühling mit Gottes Hülfe völlig wiederherstellen. Das Aderlaßen ist von meinem Arzt nicht für rathsam befunden. Sein Augenschein hat mich nur bewegen können es zu unterlaßen. Ich lese jetzt Schaarschmidts Diätetic und wünschte mir über einige Dinge Ihre Erfahrungen, lieber Papa, zu Rathe ziehen zu können. Das bevorstehende Fest sey Ihnen ein Sabbath von Ruhe und Seegen. Wie glücklich sind wir alle, wenn wir mit ihm leiden können um mit ihm zu leben! Ich küße meinen liebsten Eltern beyde die Hände und ersterbe mit der zärtlichsten Ehrerbietung Ihr gehorsamster Sohn Johann George Hamann. den 10 April 756. Grünhof. Mein liebster Bruder, Ich habe gestern morgen meine Abhandlung an Dich abgefertigt, die Du jetzt schon erhalten haben wirst. Die Zeit und Müdigkeit erlaubte mir nicht alles gehörig auseinanderzusetzen. Ich glaube nicht mit meinen Erinnerungen schon zu spät zu kommen. I. Gewiße Ungleichheiten in der Schreibart sieh nicht für Fehler an. e. g. Geschehen im Bregenzer Walde pp. außer wo der Augenschein ausdrücklich eine Kleinigkeit lehrt. II. Die unterstrichne werden unterschieden mit andern Typen; die Commate gehörig gesetzt, an einigen Stellen fehlt es; leserlich genung wird es für dich wenigstens seyn ich habe auf der letzten Seite dies noch einigermaßen zu ersetzen gesucht. III. Eine Hauptsache. Ich schrieb Dir neulich einige Noten, die hinter den Dangueil kommen sollten. Ich glaube daß Deinem Bericht dazu nach nicht Raum gewesen. Ich habe sie in der Beylage bey Gelegenheit eingerückt. Deine erste Nachricht ist doch zuverläßig, damit sie nicht doppelt erscheinen. IV. Einige Hauptveränderungen A.) in der Stelle von Familien Kindern, muß es heißen: trotz ihrer Dummheit und Nichtswürdigkeit. Beyde Wörter sind richtiger und nachdrücklicher. Das erste muß hauptsächlich deswegen geändert werden weil Unwißenheit kurz darauf komt. Ich glaube, dieser Brief holt ganz gewis diese Stelle noch ein. Vergiß sie also nicht zu ändern. Ihr werdt euch ohnedem nicht übereilen, noch zu Tod arbeiten. Ja noch eine vorhergehende Von dem Einfluß des Handels in die Ungleichheit der Stände… ist gleichsam die Schaufel welche das Geld wie das Getrayde umsticht, die es welche es erhält – lebt es für die Menschen. Das Austheilen geht nicht auf die Ähnligkeit der Schaufel. Die Hauptstelle aber kommt jetzt: sie ist der Transitus meiner Anmerkungen auf die Nachricht von den übersetzten Werken. Hier ist ein Irrthum vorgegangen den ich corigiren muß, und mehr als einer, davon ich erst heute Wind bekommen. Ich habe diese Stelle im Abschreiben hinzugesetzt, sie fehlt in meinem Kleck, unterdeßen muß sie so kommen: Wie viele Vortheile – –, Von diesen Diese Vortheile mag kann der jenige reden mir beweisen der welcher im stande ist seiner Vaterstadt ein Gemälde ihrer Handlung zu entwerfen, der imstande ist seinen Mitbürgern sowohl über die wahren Grundsätze derselben allgemeinen, als über die einheimischen Misbräuche und Fehler Mängel der einheimischen Handlung,und die Kunst selbige sowohl der seinen Mitbürgern ihnen über Schlüßel sowohl die letzteren einzusehen und zu verbeßern beurtheilen über die Prüfungen und die Richtschnur weiser und nützlichen Einrichtungen mit einer scharfsinnigen Deutlichkeit zu erleuchten als mit den Regungen Grosmuth der Selbstverleugnung den Aufwallungen eines patriotischen Seele Herzens für ihr Bestes und dem Muster Vorzug den er in seiner Selbstverleugnung findt aufzumuntern. Damit ich der Versuchung nicht unterliege einen solches seltnen Schriftsteller Beyspiel Geist Muster hier öffentlich zu meinen und zu umarmen pp Ich will diese Stelle auf folgende Art rein abgeschrieben Dir beylegen. Die Rede des HE. Dangeuil kommt, wie meine Handschrift zeigt, angehängt. Die Ordnung selbst will ich Dir noch melden in Ansehung des ersten Bogens. 1. Der Haupttitel 2.) alsdenn der Inhalt des ganzen Buchs. Anmerkungen über d. pp Vorbericht des Verfaßers, Anmerkungen über die Vortheile von Frankr. und das Verzeichnis wie folget, wo ich mir Deine Hülfe ausgebeten; doch richte dich mehr nach dem inwendigen des Buchs; wie die Titel da lauten. Es fehlen einige die nicht abgesetzt sind, die lieber klein gedruckt werden können. Ich will einen nur anmerken, den Du französisch laßen kannst. Von den Fonds d’Amortissement. Diese Arbeit habe ich Dir ganz anvertraut. Alsdann kommt der Innhalt des spanischen Werks; den du nur abschreiben darfst und die Seiten wo von den Capiteln gehandelt wird hinzuzusetzen. Das hindert nichts mein lieber Bruder, daß ich die meisten zusammen gezogen, nämlich 2 auf einmal. Der Verstand zeigt die Gränzen eines jeden und Du wirst hierinn nicht irren können. Das letzte allein im Ulloa könnte Dich verführen. Es fängt sich an mit dem gebrannten Waßer aus Zuckerröhren in Amerika dem Schaden deßelben v der einzuführenden Freyheit daselbst Weinberge zu pflanzen. Ob die drey Theile des ganzen Buchs nämlich die 3 Haupttitel: Dangeuil, Ulloa v Beylage roth gedruckt werden können weiß ich nicht in dem Innhalt um die Zergliederung eines jeden zu unterscheiden. Es müßen wenigstens dazu so große Buchstaben als möglich genommen werden. Daher habe selbige 3 mal unterstrichen. Nach dem Innhalt des ganzen Buchs komt ein neuer Titel, der besondere für den Dangeuil ist; und alsdann der Vorbericht des Verfaßers unter dem er sich John Nickolls nennt. Findst du Schwierigkeiten, handle nicht auf ein Gerathewohl, mein lieber Bruder. Dein Urtheil über meine Arbeit wird mir nicht gleichgiltig seyn. Ich habe nicht Zeit genung gehabt. Die letzte Stunde hat mir beßer geglückt als ich ihr zugetraut. Wer mich versteht, wer mich
    recht
aufnimmt, dem könnte ich auch vielleicht gefallen. Zween Fehler, die ich selbst einsehe, und denen ich mich mit mehr Geschicklichkeit hätte überlaßen sollen. Der eine ist die Gelehrsamkeit der andere die Schwärmerey. Der Abstich dieser beyden Dinge ist ein wenig sonderbar. Das sonderbare ist vielleicht auch bisweilen ein Verdienst. Du mischest Dich in fremde Händel, sagt vielleicht jemand, Du sagst vielleicht Wahrheiten, von denen einige nützlich sind, mit einer Härte mit einer Empfindlichkeit aber, die dir nicht zukommt. Dem antworte ich: humani nihil a me alienum puto. Des Nächsten Unrecht ist für keinen eine fremde Sache. Wenn so ein Kerl, wie ich, der den Belohnungen der Welt renunciret, nicht dadurch wenigstens sich verdient zugl. v schadlos machen kann. Sapienti sat. Was geht dich der Betrüger, der Narr, der Bösewicht an. Sey selbst sein Antipod v. laß ihn in seinen Würden, bist Du beßer als jene, was hat er dir gethan? Viel recht sehr viel. Setz einen ehrlichen Kerl, der so gern lernen als leben will, unter Tölpeln wird er sich über eine Gesellschaft nicht beschweren dürfen von der er nichts lernen kann v die selbst nichts lernen wird. Wird er sich wenigstens nicht einen beßeren Umgang wünschen dürfen. Setz einen ehrl. Kerl, der sein Gewißen wie seinen Verstand liebt, unter Leute die alle seine Handlungen als Satyren der ihrigen fürchten, die ihm Hände v Füße binden, die er zum guten brauchen will; v dann vergönn ihm seiner selbst wegen ein anathema über das Schlangen v Ottern Gezüchte auszusprechen. Ein Wunder gegen das andere; laß wenigstens Moses Stab die egyptischen verschlingen. Sey gesund und vergnügt. Ich bin beydes und umarme Dich als Dein treuer Freund v Bruder. Wie viele Vortheile – – Von diesen Vortheilen mag derjenige beweisenzeugen, welcher im stande ist seiner Vaterstadt ein
    Gemälde
ihrer Handlung zu unterwerfen, seinen Mitbürgern über die
    wahren Grundsätze der allgemeinen
und die
    Mängel und Misbräuche der einheimischen
, über den
    Leitfaden
, die
    letzteren einzusehen und zu entdecken
, über die Richtschnur und
    Schätzung weiser und nützlicher Einrichtungen
, und einer scharfsinnigen Deutlichkeit sowohl seinen Mitbürgern sowohl die Augen zu öfnen und Verbeßerungen; welcher der sage ich, ich hierüber im stande ist hierüber seinen Mitbürgern hierüber so wohl mit einer
    scharfsinnigen Deutlichkeit
die Augen zu öfnen, als selbige durch die
    Aufwallungen eines patriotischen Herzens
und das
    Beyspiel einer edlen Selbstverleugnung aufzuwecken aufzuwecken
. Damit ich der Versuchung nicht unterliege ein so seltnes Muster öffentlich zu nennen und zu umarmen; so ppp. anstatt     Labyrinth Das abgeschriebene sieht bald dem Original ähnlich. Unterdeßen wirst du es doch lesen können. Sieh, mein lieber Bruder, den Autor, der ewig streicht eh etwas ihm gefällt. Du wirst doch wohl lesen können: über die Schätzung nützl. Einrichtungen und Verbeßerungen, der sage ich, im stande ist
    hierüber
seinen pp. Raum ist da; ich will noch weiter schreiben. Eben jetzt habe eine heilige Rede in Maßillons Fastenpredigten gelesen über die Versuchungen der Großen. Der Text war Jesus in der Wüsten. Sprich daß diese Steine Brot werden. Die Lüste deren Stillung den Großen leicht gemacht wird. Erste Versuchung der Wollust. Wenn Du Gottes Sohn bist. Der Verführer ein Schmäuchler. Zwote Versuchung. Ich will Dir alle Reiche geben. Der Ehrgeitz; die dritte. Wenn der Teufel über diese Pralerey und die lästerliche Zumuthung, welche er zur Bedingung seiner Freygebigkeit im Versprechen macht, nicht roth geworden: so verdient er in dieser Betrachtung auch der
    Fürst
dieser Welt und der gröste Unterthan seiner Unterthanen zu heißen. Ich wünschte daß Du diesen großen Mann selbst lesen könntest, ich meyne den Maßillon. Der Anfang den ich gemacht giebt mir viel Geschmack für ihn. Seine Reden sind kurz aber sehr reich an Gedanken und Empfindungen. Die Kindheit Ludwichs XV und seine Bildung ist ein Gegenstand der im I. Theil enthaltenen. Eine besondere Freymüthigkeit, die nichts zurückhält oder halb sagt, welche die Wahrheit mehr liebt als diejenige fürchtet, welche sie beleidigen kann. Eine tiefe Kenntnis des menschlichen Herzens, die mehrenteils gebraucht wird die Rechte des Amts mit mehr Klugheit, als mit mehr Nachdruck zu gebrauchen. Dies ist die parrhesie, welche die Boten des Geistes von den weltlichen Rednern mehr als andere Eigenschafften unterscheiden sollte; und welche sie seltener als diese auszuüben wißen. Zu welcher Unverschämtheit sind sonst die Kanzeln in polemischen Reden gemisbraucht worden; diese ist noch schlechter angebracht als in moralischen, wo man sich selten über größere als gleichgiltige am meisten ereyfert hat z. E. Moden, Schauspiele. Ich habe vorige Woche Schuckfords Abhandlung vom Sündenfall Adams gelesen, die mir viel Genüge gethan. Hier kenne ich den ersten Menschen in seiner Einfalt und Unschuld, als einen Lehrling der Natur und seines Schöpfers; die Weisheit desjenigen, der ihm Gesetze giebt, sie seinen Kräften zuwiegt und die Blindheit des Uebertreters mit neuen Wohlthaten, das ich so sage, straft. Dieses Aufthun der Augen, das Eva vielleicht wünschte den Unsichtbaren zu sehen, zeigte sie blos vor Augen. Was fangen wir an, (man erfuhr keine Wunderwirkungen der genoßenen Frucht) damit uns der nicht sieht dem wir unser Wort nicht hielten, der uns warnte ungehorsam zu seyn. Sie beflochten sich um vor Bäume gehalten zu werden. Dies war noch nicht sicher genug; laß uns hinter denselben verborgen seyn. Dies war für Geschöpfe klug genug gedacht, für die ein sinnlich Gebot noch hinlänglich war, oder zu schwer war sie zu üben. Die Schlange wird hier nicht ihrer Füße beraubt, keine Strafe gegen sie; die Verachtung dieses Thiers, das Eva für listiger als alle auf dem Felde gehalten hatte ohngeachtet sie die Merkmale ihrer Niedrigkeit vor der Stirn trägt. Der Gedanke des Autors hat mir insbesondere sehr gefallen, daß dieser Fall über den ersten Menschen verhängt worden, den seine Kindheit noch retten konnte, daß er durch ein Gebot gefallen, deßen Innhalt mit seinem Glück nicht unmittelbar zusammenhing. Wär es ein wenig gleichgiltiger Gebot, ein nothwendigeres, das man sich dieser Behältniswörter bedienen darf, als wir Thörichten zur Rettung der göttlichen Weisheit und Gerechtigkeit zu verlangen scheinen: so würden wir ohne Hülfe der Strafe deßelben vielleicht unterliegen müßen. Hätten wir es bey mehr Einsichten von Gott und später gebrochen: so wäre der Fall gleich und unsere Schuld muthwilliger gewesen. Worüber beschweren wir uns endlich. Hat uns Gott nicht genung gethan an statt daß wir ihm hätten bezahlen sollen. Leben wir kürzer wie unsere ersten Eltern; so reichten ihre langen Jahre ihrer Unerfahrenheit kaum zu den wenigen Erkenntnißen zu die uns jetzt eine Woche schaffen kann. Dankt Gott daß euch weniger Zeit zu sündigen gelaßen wird. Ich will dich neugierig hiedurch machen um diese Schrift selbst zu lesen. Die Materie v sie verdient es. Ungeachtet eine gewiße Aufmerksamkeit und einige Einschränkungen seiner Sätze nöthig sind: so scheint er mir doch die besten und natürlichsten Wege genommen zu haben. Jetzt beschäftigt mich des Büffons Naturgeschichte. Mein lieber Bruder, ein Werk, das ich Deiner Bibliothec wünschen möchte. Noch ist es Zeit dazu. Ein großes Werk von einer ungeheuren Unternehmung. Man hat eine Bibel der Natur, die ein Misbrauch dieses Titels ist. Das wovon ich rede, möchte ich eher ein apocryphisch Buch derselben nennen. Ich will es mit dem andern Theil von Hume vermischten Schriften abwechseln, den ich heute erhalten; und mein Versprechen in Ansehung der Dir zukommenden Bücher ehstens ausführen. Du kannst davon völlig versichert seyn; und mich selbst als den ungestümsten Erinnerer hierüber ansehen. Ich umarme Dich nochmals und bin Dein bester Freund und Bruder. Sorge aufs beste für den Druck v gieb mir bald Nachricht davon. Die Censur wird hoffentl. keine Schwierigkeiten machen. Für diesen gantzen Bogen den ich Dir vollgeschmiert leg mir ein Buch Postpapier ein. Anderes brauch ich nicht, das hab ich hinlängl. v beßer.
den 12. April. 756 Herzlich geliebtester Freund, Nachdem ich s Sie schon so oft umarmt in Gedanken, als ich den Büffon zugemacht: so ist es Zeit auch jetzt schriftlich zu thun. Jetzt befinde mich Gott Lob! leydlicher, vorige Woche mit einem neuen Fluß am Gesichte und einem dabey verbundenen Flußfieber qvälen müßen. Der April macht sich zum May, wenn man nur bald der Luft und der Natur genüßen könnte. Und Sie Liebster Freund, befinden sich nicht beßer freuen Sie sich nur wie ich auf den Frühling; er wird alles wieder gut machen. Unser Streit ist zu beyder Zufriedenheit beygelegt; bald was frisches. Wie sieht es mit den Veränderungen Ihrer Schule aus? Neid und Bosheit machen uns Ehre, sie geben uns den Genuß unserer Tugenden. Ich glaubte, Sie wären schon so bekannt mit diesen Feinden, daß sie ihre Schwäche ruhiger verachten könnten. Es kostet, sagen Sie‥ ja es bringt aber auch was ein. Ob wir unser Leben so oder so abnutzen. Ohne Klippen thun wir diese Fahrt nicht. Laß uns an unsern Gütern Schiffbruch leiden, wenn wir unser Leben retten und damit erkaufen können. Meine Eltern haben mir viel Sorge gemacht. Sie lösen sich beyde in Ihrem Siechbette ab. Gott helfe Ihnen; ich hoffe Sie noch zu sehen auf der Welt. Sie denken in Ihren Briefen immer an Sie, diese ehrlichen Alten. Es ist mir lieb, daß Sie auch von Ihnen nicht vergeßen werden. Die Vorige Woche ist mein Anhang und alles übrige zur Uebersetzung, dem Himmel sey Dank abgegangen. Die letzte Stunde hat mir noch einige Dienste gethan. Meine Krankheit, die beynahe 3 Wochen gedauert, war nicht in Ueberschlag der Zeit gebracht. Ich habe mich übereilen müßen; v darum Ihnen auch die Durchsicht meiner Arbeit weder mittheilen können noch wollen. Zu gewißenhafft meinen Stunden etwas abzubrechen, habe ich beynahe 2 Nächte daran setzen müßen, da ich noch nicht scheine ausgeschlafen zu haben. Bey diesem etwas zu anhaltenden Fleiß habe ich die Würkungen der Hypochondrie recht sichtbar gefühlt recht schmecken können. Die Augen hielten aus, der Kopf die letzte Nacht auch beßer als ich dachte, ungeachtet ich mich anzulegen hütete, glaubte ich von Brustschmerzen ganz zusammen gezogen zu werden; ein Geschmack eines verdorbenen Oels schien mir den ganzen Schlund zu benetzen. Demohngeachtet glücklich überstanden. Dies ist zugleich die Ursache warum ich nicht eher habe schreiben können. Gestern wollte. Maßillon mein Früh- und Büffon meine Vesperprediger biß auf den Abend, da ich nicht mehr konnte. Wie sehr dank ich Ihnen für den letzteren. Eine Zeit von 14 Tagen ist der Termin den Sie mir setzen. 8 Tage hab ich ihn jetzt. Diese Woche feyre ich halb. Wenn ich unsere Ostern dazu nehme; so möchte ich reichlich gerechnet gewiß auskommen. Dann bekommen Sie ihn nebst dem Gelde für Schuckford; v dann erwarte ich aus Ihrer Freundschafft den 2ten Theil. Wie viel sind doch heraus. Seine Theorie, von deren Beweisen ich die Hälfte schon gelesen, hat mich gestern bald rasend gemacht. Trift ihn aber nicht eben der Tadel, den er über die Sündflutherklärer ausstreut. Ist die Schöpfung ein weniger Wunder als diese? Was wird aus dem
    Werde:
was Gott sprach. Warum leidt die Schöpfung der Erde eine Theorie, wenn die Sündflut keine leiden soll. Die Eyfersucht gegen die Systeme anderer, die seinem an Erfindung und Witz nichts nachgeben, hat ihn hierauf nicht aufmerksam gemacht, doch der kleine Kläffer, ich meyne Kästner in seinen Noten hat ihn hierüber verschont; und ich will ihn nicht suppliren. Hallers Vorrede über den Nutzen der Hypothesen ist ein Meisterstück. Haben Sie nicht mir nähere Nachrichten zu geben von der Muthmaßung eines gewißen M. Profe über die Ursache der Erdbeben aus einer Conjunction vieler Planeten im vorigen Jahr. Was ich davon gehört, ist sehr unvollständig, und mir nicht hinlänglich. HE. Regimentsfeldscheer Chirurgus Parisius wird in Riga seyn und vielleicht den kleinen Zuzu mitgebracht haben. Ich habe ihm denselben gesgeben v gesagt daß ich ihn gern Ihnen wiederzustellen möchte. Wofern es nicht geschehen erhalten Sie ihn gewiß mit dem Büschingffon nebst dem Catalog. raisonné, in dem ich sehr viel altes gefunden. Haben Sie schon an den Hamburgischen Buchhändler geschrieben; ob man nicht die Dissertation sur le vieux mot patrie: et la nature du peuple; den Essai sur la liberté de produire ses sentiments v die pensées sur l’interpretation de la Nature bekommen könnte. Ich begreife nicht, warum Sie vergaßen mir den Catalogum ihrer auction zu überschicken. Es sollte mir leyd thun, schon versäumt zu haben. Aus dem Kopf bitte ich aufs beste mir die schöne Edition des Athenaei in groß fol. mit Casauboni Anmerkungen zu erstehen. (Scapulae) wo ich nicht irre ist fein wie Faber gedruckt, Lexicon wenn es gut fortgeht. Scheffer de re vehicularia cet.
    Bodinus de republica
vor allen andern (auch sein theatrum naturae). Die gute Edition des Lucians, des Isocrates, des Pindarus (in 4) Erasmus de ratione discendae lat. et graec. linguae v einige noch hierinn schlagende Handbücher, die ich mir nicht besinnen kann, worinn sie meinen Geschmack treffen und auf den Preis sehen werden. Holmanns philosoph. lateinische Werke, Crusius Chatelet Physick, die Geometrie des Franzosen Clairant. Addisons Gespräch von Münzen. Auf einen quartanten de mysteriis numerorum geben Sie auch Achtung. Ich weiß nicht ob die Auction angegangen, wie weit man darinn. Es sollte mir leid thun den Athenaeum versäumet zu haben. Ist man schon darinn so beschweren Sie den HE. Parisius, den ich herzlich zu grüßen bitte, mit etws vom eingekauften und verhelfen mich wenn es mögl. zum Athenäus. Da war noch ein Grieche, aus deßen Band etwas ausgerißen war, der aus Briefen v physischen Abhandlungen bestand. Ein unbekannter für mich. Für die Bezahlung soll gleich gesorgt werden. Ja Ilse verlangten Sie noch; dafür Wolsons Stückchen. Hier ist sie: Die Liebe weiß von keinem Stande Sie wählet sich was ihr gefällt Der Stoff zu Ihrem Wunderbrande Ist
    allerdings
die ganze Welt Ich halt mich nicht an unserm Städtchen Es darf ja keine Chloris seyn. Ein frisch gedrungnes Bauernmädchen Ist gleichfalls Adams Fleisch v. Bein. 2. Was fehlt der Ilse, die ich liebe Sie hat ein Recht auf unser Herz Wie alle andern Herzensdiebe Und, was mir lieb, sie stiehlt aus Scherz. Hier fürcht ich keine Bulerschlingen Sie will an meinem Glücke nicht, Mit Tanzen, Singen kitzeln, bürzeln, springen Ist unser ganzes Werk verricht. 3. Sie hat an wesentlichen Gaben Und wenn sie auch nicht Ilse wär Nicht weniger als andre haben Und keine andre hat nicht mehr. Von vorne, hinten, oben, unten, Hab ich bey Mädchen in der Stadt Noch kein Amerika gefunden. Die Ilse hat, was Chloris hat. 4. Spielt wie ihr wollt mit Geist und Reitze Ihr Schönen aus der großen Welt O ich versteh die Vogelbeitze Wozu die List den Habicht hält. Die Katze kennt man an der Schelle. Wascht Kinder, wascht euch nicht zu rein. Ich kann vielleicht ein Junggeselle So wie ihr möcht Vestalen seyn. 5. Ich seh in Ilses wilden Blicken Die Liebe blind und nackend gehn Sie weiß es nicht und kann entzücken Sie sieht es nicht und ist doch schön. Wir gehn getrost die gleiche Straße Wir traun uns ohne Pfand und Schwur Wer mich und Ilse sieht im Grase, sieht in das Centrum der Natur. Haben Sie den Schuckford gelesen? Er verdient es. Ich gefalle mir den ersten Menschen so unvollkommen so eingeschränkt zu sehen als die Erde nach Büffons System; ihre Seelenkräfte mit ihrem Boden wachsen. Was nutzt so viel Land für eine Familie, die Jahrhunderte erst zu Völkern machen sollen. Wie reimen sich diese für Geschöpfe, die eben so wenig zu denken mehr übrig hatten, als wir. Wie reimt sich ein blos sinnlich Gebot für einen Weisen, über deßen Wißenschaften wir Zeit haben ganze Bücher zu lesen. Folgender Gedanke des Schuckfords hat mir so stark als neu geschienen: Wenn Gott sich Adam so sehr als uns offenbart hätte, wenn die Erkenntnis deßelben bey ihm so geläutert gewesen wäre, als wir selbige jetzt genüßen; ferner, wenn das Geboth, das er übertrat, so wichtig gewesen wäre als wir es vielleicht zur Rechtfertigung Gottes wünschten, und folglich mit der Glückseeligkeit des Menschen näher verknüpft als das Eßen eines Baums gewesen: hätten wir nicht denn nicht in dem Fall gestanden, darinn jene Geister sind, die keiner Erlösung fähig waren, und denen die Mittel zur Wiederannehmung abgeschnitten sind. Mir fällt ein närrischer Einfall über dasjenige ein, was uns von den beyden ersten Eltern entdeckt wird. Wir wißen von Adam nichts mehr, als daß er über die Fortpflanzung des Menschl. Geschlechts klüger geworden. Ein Denkmal davon hat er seinen Nachkommen überlaßen, weil er seiner Frau einen andern Namen gab. Von dieser hingegen nichts mehr, als daß sie einen Bösewicht an einem Sohn erzog, den sie für den Mann den Herren ansah, und daß sie sich leicht über den Verlust Abels durch die Geburt eines neuen Sohns zu trösten wuste. Würden uns. ersten Eltern nicht empfindlicher gewesen seyn, wenn sie mehr Einsichten gehabt hätten. Die Lehre vom göttlichen Ebenbild ist vermuthlich der Grund geworden von allen den Vorurtheilen, die uns die Wahrheit über den Zustand des ersten Menschen verdunkelt haben. Wenn die Poeten die Kunst besitzen die Lügen wahrscheinlich zu machen so ist es vielleicht ein Vorrecht der Philosophen der Wahrheit ihre Glaubwürdigkeit zu entziehen oder sie selbst unwahrscheinlich zu machen. Sie erfüllen ihr großes Versprechen unsere Augen aufzuthun mit verbotenen Früchten, die uns klug machen. HE. Richter ist hier in Condition bey dem neuen Obersten HE von Gaugräben. Es wird Ihnen leicht seyn Ihr Gedicht folglich wieder zu bekommen. Wer ist an seine Stelle dort? Es geht keine Gelegenheit heute ab die meinen Brief morgen früh bestellen kann. Ich wollte noch an Herrn B. schreiben; habe noch Zeit genung übrig gegen die erste die beste mit der künfftigen Post fertig zu seyn. Es thut mir leyd, daß mein Brief so spät kommen muß, wegen der Auction. Meinen freundschaftlichen Handkuß an Ihre liebe Hälfte, meine Umarmungen an Ihren Herrn Bruder. Werden Sie nicht bald nach Mitau kommen. Diese Hundstage hoffe ich Sie alle in Grünhof zu sehen. Vielleicht geht es schon auf Pfingsten an. Wenn das Glück gut ist, oder der Augenblick des Entschlußes nicht fehlt bin ich das Fest über in Mitau. Leben Sie wohl; ich umarme Sie mit der Zärtlichkeit des aufrichtigsten und ergebensten Freundes. Hamann. Bin ich diesen Frühling nicht selbst in Riga; so schicke gewiß einen repraesentanten an meine Stelle. Herr Carstens hat mir einen franzoischen Brief geschrieben aus Lübeck, in dem er sich Ihnen empfehlen läßt. Die addresse ist an Ihnen gewesen; ich weiß aber nicht wie ich ihn erhalten. Dem HE. Bruder habe lange nicht schreiben können, hoffe v. wünsche ihn bald mündlich zu sprechen. Er ist gesund v hat eine glückl. Cur im Buttl. Hause gethan.
Grünhof den 19 April. 756. Herzlich geliebtester Freund, Ich schreibe Ihnen um mein Herz gegen Sie auszuschütten in Ansehung eines Menschen der jetzt vielleicht Ihr Gast ist. Wenn Ihnen der Innhalt meines Schreibens auch zu nichts dienen kann; so werden Sie doch wenigstens als ein guter Freund an meinem Verdruß Antheil nehmen und sich selbst keinen künftigen Vorwürfen auszusetzen hüten können. Eben jetzt erhalte einen Brief von HE. Doktor, dem ich mich entdeckt er hat meine Unruhe noch durch verdrüslichere Nachrichten vermehrt. Ich wollte erst nach Mitau kommen, es gieng nicht an, hoffte ihn zu mir heraus zu bewegen; das kann er auch nicht. Unser beyderseitig Verlangen uns zu sehen ist gleich groß und ein paar Lumpenmeilen ungeachtet sind uns im Wege. Daß ich mit meiner Abhandlung fertig bin, habe ich Ihnen geschrieben. Jetzt komme ich auf die Hauptsache, zu der ihr Abdruck Gelegenheit giebt. Sie wißen, Liebster Freund, ich arbeite schwer und niemals fast leicht als auf die letzte Stunde. Was Schularbeiten sind, verstehen Sie auch und meine Ängstlichkeit in Ansehung desjenigen, was zu meinen Pflichten von mir gerechnet wird. Ich verließ mich auf die letzte Zeit und überließ mich ruhig allen mögl. Zerstreuungen in Büchern, doch so, daß ich mir fest vornahm 4 Wochen vor Ostern fertig zu seyn, die zum völligen Abdruck des noch fehlenden mir hinlänglich schienen. Meine dazwischen kommende Krankheit, die mich 14 Tage ganz im Bett hielt, verruckte in etwas meine Rechnung. Wie ich etwas aufstehen konnte, hab ich mit tausend Vorwürfen gegen mich selbst alle Augenblicke meiner Nebenstunden auf meine Beylage angewandt. Ich wurde Freytag vor 8 Tagen mit aufgehender Sonne fertig und schickte einen Expreßen ab, der noch vor Abgang der Post in Mitau seyn sollte, ersuchte zugl. HE. P. stehenden Fußes wo mögl. einzuschlüßen. Ich weiß nicht, ob die Gelegenheit verspätet, oder ob der Buchführer auf der Jagd gewesen oder von der Jagd ausgeschlafen. Kurz ich habe nichts erfahren ohngeachtet ich mit jeder Post an meinen Bruder einige wichtige Correctiones nachgeschickt; insbesondere wegen eines Irrthums, wozu ich unschuldig aus Kürze der Zeit pp verleitet worden. Jetzt meldet mir der HE. Bruder, (welcher mir im vorbeygehen eben so melancholisch wie ich zu leben scheint) daß P. gestern nach Riga abgereist, daß er vor 4 Tagen meine Abhandlung bekommen, daß er sie vor 4 Tagen nach Königsberg geschickt und von Driest die Unmöglichkeit des Abdrucks wegen Kürze der Zeit zur Antwort bekommen. Und dies alles in vier Tagen; doch ich sage das wenigste von ihm, wenn ich sage, daß seine Fertigkeit im Lügen mit einem unglückl. Gedächtnis begleitet wird. Ich höre ihn niemals von seiner Ehrlichkeit und seinem Charakter zuverläßig reden, daß mir nicht kalt unter die Fußsohlen wird. Driest v P. beruffen sich also mit gleicher Unverschämtheit darauf, daß das Mst. zu spät kommt. Jetzt will ich Ihnen sagen, wie ich mich gegen den letzteren bewiesen und wie sich ich den ersteren gegen mich kennen gelehrt hat gelernt habe. Als ich aus Riga abreiste, hatte ich schon einen Abend Gelegenheit mich P. ernsthaffter zu erklären, weil er die Freyheit den Titel meiner Uebersetzung zu machen als ein Vorrecht eines Buchhändlers sich zueignen wollte und er sich auf seinen Versuch hierinn vielleicht was zu gut thut. Kurz es sollten wieder Reitzungen für die Leser angeschlagen seyn. Vielleicht dachte er auch schon auf eine Zueignungsschrift, die er sich machen laßen, alsdann verbeßern und seinen Namen darunter setzen könnte. Wenn dies nicht wäre, so ist kein Glück bey seinem Verlag. Guter Herr, sie sind dumm genung das erste das beste zu übernehmen, und noch tummer, wenn sie glauben daß ihre Käufer anstatt Bücher Titel zu kaufen bekommen. Gereut Ihnen der Verlag, so erklären Sie sich… konnt ich mehr thun. Hierauf hieß es man hätte bloß wie ein guter Freund geredt; es gäbe gewiße Dinge worauf ein junger Buchhändler sehen müste, und die zum Handwerk gehören pp. Man bat mich recht sehr nichts davon an meine Rigische Freunde zu melden. Dies habe auch gehalten. Weil noch ein Auszug zum Dangeuil von mir gekommen aus einem Werk über Spanien, das er übersetzt; so hielt ich es noch einmal für meine Schuldigkeit mich hierüber rund und gerade auszulaßen. Wenn er das geringste Mistrauen oder Besorgnis eines Schadens bey dem Verlag hätte; so würde ich seine Aufrichtigkeit loben und ich böte ihm selbst die Freyheit an noch zurück zu ziehen. Er hat es blindlings auf sich genommen, blindlings angefangen. Er versteht nicht ein Urtheil zu fällen; er hat mir selbst eine Rede hier mit den grösten Lobsprüchen, womit sie ihm der Edelmann eingehändigt, gebracht die er eine viertelstunde darauf mit mir zu verachten anfieng. Eine nähere Kenntnis könnte ihm mein eigenes verdächtig gemacht haben. Er hat große Werke unter Händen, für vor deren Kosten die Heerings v Saltzkrämer erschrecken, die er beym Lombre beßer von seinen Waaren als sich selbst zu unterrichten sucht… Auf diesen gutgemeinten Antrag bekam keine Erklärung sondern eine unbescheidene v. einfältige Antwort nebst einer sogl. darauf folgenden Wiederruffung derselben. Ich nahm mir anfangs vor ihm die Nase blutig zu wischen; Sirachs Grützmühle fiel mir ein. Hierauf ihn mit mehr Sanftmuth eines beßeren zu belehren; das war Scherben zum ganzen Topf machen. Mein Mst gieng unterdeßen ab und ich schwieg auf seinen Brief. Ich konnte auf seine freye Erklärung dringen, weil ich wohl gewußt was ich mit dem angefangnen Verlag hätte anfangen wollen. Von ihm waren noch keine Kosten dazu getragen; v ich war sicher daß Hartung mir den Verlag abgenommen hätte. Dies konnte ich nicht thun oder mochte vielmehr nicht, als wenn er mir ausdrückl. gesagt, daß ich ihm einen Gefallen thäte, wenn er mir den Verlag zurückgäbe, und mit Vernunft oder wenigstens einem Schein derselben. Driest aber auf den zu kommen erhielt die Fortsetzung des Msts näml. den Auszug, ehe er noch mit dem Dangeuil fertig war. Die wahre v sichersten Nachrichten hat mir mein Bruder gegeben, der die Aufsicht des Druckes hat. Dies werden schon mehr als 10 Wochen seyn. Zu der Zeit meldete sich Funk bey uns. Freund. Dieser erkundigte sich nach den hiesigen Umständen; ich wußte nichts als übele Berichte und Muthmaßungen. Mein Bruder schrieb mir auch von Driest, daß er über P. gewaltig klagte, daß in Kgsb. von nichts als sn schlechten Umständen geredt würde v dieser Mann in großer Verlegenheit wegen seines Geldes v der
    ganzen
Handschrift wäre, daß er mir selbst einen neuen Verleger anböte, wenn ich ihm das übrige vom Mst. zusenden möchte. Ich hatte mit Driest Mitleiden v wollte seine Vorschläge selbst hören. Mein Bruder schickte mir einen Brief von ihm, worinn er wunder glaubte wie Driest gegen P. aufgebracht seyn würde. Dieser Kerl hatte mir eine Seite mit da da da angefüllt, die mich eben so klug machte als vorhin. Endlich beschloß er daß man in K. schlecht von P. Umständen redte; die Welt wäre voller Falschheit eben. Dieser Spitzbub hat das größte Geschrey von ss Gleichen gemacht v redt mir noch dazu wenn es zur Sache kommt von der falschen Welt was vor. Dorn war ein klügerer v ehrlicherer Kerl als dieser Narr, den ich nur dadurch entschuldigen kann, daß er nicht getrieben und befriedigt worden. Als Ulloa kam oder der Auszug des Spaniers, ist Dangeuil noch nicht fertig gewesen v dem Bericht meines Bruders nach, der vorige Woche an mich geschrieben, fehlen auch noch 3 Bogen an dem letztern. Meine Beylage nebst allem wartet anstatt daß es also das heißt; sie komt zu spät. Sie sehen hieraus, wie viel Sie, liebster Freund, allem was Sie hören werden trauen können. Hier ist sein Lebenslauf, wie ich ihn heute bekommen. Oft ist er 8 biß 10 Tage gar nicht im Laden; weil wenig oder nichts darinn ist; er bekommt gar keine Bücher, es müste denn nach der Meße geschehen. Sonst sagt der ganze Adel auch se. besten Freunde, er sey gar zu windig pp. Man wartet ½ Jahr auf die gemeinsten Bücher umsonst er muß schlechten Credit draußen haben. Alle Tage auf der Jagd wozu manchmal 2 Tage v Nächte in eins gehen. Seine ganze Hoffnung beruht auf die reiche Heyrath die er jetzt zu machen denkt pp. Sie können diese Nachrichten mit so viel Behutsamkeit brauchen als Sie wollen weil sie von HE. D. kommen. Sie sind mir alle noch vorige Woche durch sn. Jagdwirth dazu bestätigt worden, der mit seinem Schützenglück und Verstand noch lustiger sich machte. Ich melde Ihnen dies alles, Liebster Freund, aus Gründen die Sie selbst einsehen werden. Wenn es darauf ankäme einem ehrl. Mann zu helfen, der Lust zu seinem Beruf hatte, der sich kümmerlich nähren müßte und unterdrückt würde, deßen Absichten man zu was ernsthafftem brauchen und anwenden könnte: so einen Mann zu gefallen könnte man sein Gewißen in einigen Kleinigkeiten aufopfern. Untersuchen Sie selbst ob einem Mensch Geld zu verwüsten dient, der sein Brot selbst mit Füßen tritt, der anstatt sich genöthigt ist Leuten die es gut mit ihm meynen einen blauen Dunst zu zeigen v selbst leichtgläubiger ist, als er andere dafür ansieht. Ehe Sie die Ringe wechseln, halten Sie ihm ein wenig eine Cabinetspredigt v bitten andere darum, die ihnen beystehen können, daß er zur Erkenntnis komt. Glauben Sie, daß ich noch zu wenig geschrieben. Entschuldigen Sie einen Brief der die Absicht hat eine Liste von Thorheiten zu seyn. Schreiben Sie mit ehesten. Ich warte auf den Gebrauch, den Sie von meinen Nachrichten werden gemacht haben und wünsche davon einen Nutzen, dem ich den meinigen gern aufopfern will. Ich umarme Sie v Ihren lieben Freund. Leben Sie wohl. Grüßen Sie den HE. Bruder. Ich bin Ihr ewig ergebener Freund.
Herzlich Geliebtester Freund, Jetzt kommt Büffon zurück. Den Augenblick höre von einer Gelegenheit, die morgen früh abgehen wird. Ich bin schon dafür besorgt gewesen. Ist die Zeit zu lange gewesen. Ich habe ihn dafür jetzt zum 2ten mal geschloßen. Werd ich auf den 2ten Theil mit dieser Gelegenheit hoffen können? Wie geht es mit Ihrer Auction. Hab ich noch Hofnung etwas daraus zu bekommen. Wie unruhig muß es bey Ihnen seyn. Haben Sie noch Zeit zu leben? Ich sehe mich gegen die Last Ihrer Geschäfte wie einen Müßiggänger an, v es fehlt mir daran. Gestern habe von Königsberg Sachen erhalten, wo auch Einlagen an Sie sind. Beykommende Briefe. Voltaire Pucelle d’Orleans, die ich gestern Abend zu Ende gebracht, ohne sie aus der Hand zu legen um meiner unnützen Neugierde nur loß zu werden. Ich glaube nicht, daß es Maubert Ausgabe ist, wenn dem Baumelle zu glauben; sondern vielmehr die Frankfurter, die er selbst veranstaltet. Nichts auf den Salomon de Nord cet. finden können; wovon jener redt. Zu den Gelehrten Beylagen zum Hamb. Correspond. habe schon zum voraus aus den Schles. Zeitungen eine lange Recension gelesen, worinn einige Anecdotes zu finden sind, die aber nicht deutlich genug erklärt werden. An Greßet ist daselbst auch gedacht. Dies ist vermuthlich das Stück, welches Menoza anführt unter dem Titel Pucelle auf die Mutter Maria warum er aus Frankr. vertrieben worden. Es bleibt ein scandalös Gedicht voller frechen Bilder v schändl. allegorien oder Parodien. Was urtheilen Sie von dem Briefe dieses alten Zahnbrechers v dem unglückl. v in seinem Unglück großmüthigen Baumelle. 2 Theile gratis; gratis; das lohnt zu subscribiren. Wie aufgebracht die armen Schriftsteller durch das Geschmeiß von Buchführern werden können, davon hab ich Ihnen auch eine kleine Probe neul. gegeben. Mein Bruder hat mir die Uebersetzung geschickt; so weit sie fertig ist. Ich will noch heute darüber hergehen. Das äußerl. könnte zur Noth ein wenig beßer seyn. Vom 5. April ist nichts als der erste Bogen vom Spanier fertig gewesen. In einer neuen Verlegenheit. Ich weiß nicht, warum ich keine Antwort mit der Post aus Königsb. erhalte. Ich zweifle liebster Freund, daß P. das Mst hingeschickt. Entdecken Sie mir doch, was er Ihnen darüber gesagt; vielleicht hat er es Ihnen gar zur Durchsicht erst gebracht. Meinem Bruder habe einige mal über ein paar Stellen auf der Post geschrieben; v ihn dringend um Antwort gebeten, die ich schon wenigstens vor 10 Tage hätte erhalten können. Das Mst muß noch nicht abgegangen. Ein paar wichtige Veränderungen dazu, weil ich die Rigische Schriften über den Handel für öffentl. hielte, v ich wollte sie in meine Handschrift niemanden gern in dem Zustand worinn sie ist, lesen laßen. Sehen Sie mein letztes Schreiben als keine Wirkung eines aufgebrachten Affects an. Der Autor Herr Doctor hat mir Nachrichten gegeben, die mir vielleicht die Gesinnungen des HE. P. etwas näher entdecken in Ansehung meiner Beylage; welche mir sehr gleichgiltig sind und seyn werden. Ich bekümmere mich nicht einmal um sein Urtheil, geschweige daß es mich rühren könnte. Wenn ich mich fürchte; so erstreckt sich meine Furcht nur auf Kenner v Richter; es ist mir niemalen im Scherz eingefallen ihm nur den Schatten davon einzuräumen. Von dieser Seite bin also ganz ruhig. Hätte er nicht wenigstens das Recht offenherzig gegen mich zu seyn; wie ich es gegen ihn gewesen bin. Nur dies verdrüst mich am meisten daß er mich allenthalben schon mit sm. Verlag v künfftigen ausgeschrien; da doch meine Arbeit vielleicht durch die Dunkelheit des Verfaßers hätte gewinnen können, wenigstens darnach eingerichtet ist besonders an denjenigen Orten, wo sie am ersten vielleicht gelesen werden könnte, v wo sie noch am verständlichsten seyn könnte. Melden Sie mir wenigstens, Liebster Freund, alles was Sie wenigstens in Ansehung derselben von ihm haben ausbringen können; an dem Glück seiner Freyerey ist mir wenig gelegen. Ich würde mich am meisten freuen, wenn ich mich in meinen Gedanken über ihn betrogen hätte v mich gern ihm zu Gefallen zum Lügner wünschen um ihm mein Unrecht mit einer wahren Freundschaft ersetzen zu können. Ja ich würde mir aus meiner Freymüthigkeit einen Vorwurf machen, wenn ich die Möglichkeit zur Beßerung bey einem Menschen zu hoffen wäre, der so geneigt ist sich selbst als andere zu betrügen. Nun ich komme auf ein ander Muster. Lesen Sie doch die kleine Misgeburth von Watson. Um sich zum Krüpel zu m lachen, was uns dieser große Mann vom Fabricius erzählt v wie ästhätisch er seinen Canitz v Haller anzubringen auch den Boileau v Juvenal. Que diable a-t-il mangé? sagt der Franzose. Dieser Junge, der die Ruthe vor den H… haben sollte, wird den steifen Bock einmal succediren; v ist schon Prof. Poes. extraord. Wolson hat mir fünftehalb Zeilen geschrieben v verlangt mich in seinem Leben nicht in Königsb. zu sehen. Der ehrliche Kerl sieht sich mit viel Gelaßenheit als das Sühneopfer aller seiner verlornen Freunde in seinem Vaterlande an. Er seegnet uns alle wie ein sterbender älterer Bruder seine jüngern, die er für glücklicher glaubt, ohne Neid v Misgunst. Warum halten Sie die abeille du Parnasse nicht. Ich verdenke es Ihnen sehr. Der König Stanislaus ist der Verfaßer des entretiens d’un Europeen, die das Geschrey verdienen was man von ihnen gemacht. Wenige Bogen, die vielleicht so schwer als der Machiavell v Antimachiavell zusammengenommen sind. Noch kann ich sie nicht mißen. Erst heute den Anfang gemacht. Und Zachariä Tageszeiten‥ mich an ihren Kupfern erfreut. Verzeyhen Sie es mir. Ich wollte Sie am liebsten in Ihrer Gesellschaft lesen. Was macht HE. Berens? Umarmen Sie ihn für mich. Schreiben Sie mir mit erster Post, wenn es Ihnen mögl. wenigstens mit dieser Gelegenheit. Jetzt gehe mit vieler Besorgnis an die Durchsicht meiner Uebersetzung; ich zittere für das Misvergnügen, was mir Druckfehler oder die zweite v eine zu späte Correctur machen werden. Ist P. noch da. Im Fall fragen Sie ihn im Ernst aus, ob meine Beylage… Courage. Den Augenblick erhalte Briefe von meinem Bruder v Berens. Leben Sie wohl. Ich laße diesen zumachen um in Ruhe das Vergnügen zu genüßen. Das Mst ist da; so viel ersehe aus der ersten Zeile. Ich küße Sie v Ihre liebe Frau v Bruder mit der aufrichtigsten Freundschafft. Leben Sie wohl, leben Sie wohl. Noch eine Nachschrift. Einen herzlichen Gruß von Hause. Meine Mutter befindet sich schlecht leider! Gott helf Ihr. Meines unruhigen lieben Vaters Brief hat mich sehr gerührt. Wer tröstet mich, mich einsamen, mich traurigen, der mit seinem Leben sich selbst so wenig als andern zu dienen bisher beruffen zu seyn scheint. Mit wenig Hofnung angewandt; mit desto mehr Hofnung aufgegeben. Leben Sie beßer. Längs am linken Rand der ersten Seite: Zuzu nächstens. Beylage nebst dem Mst. bitte an HE Berens zu bestellen. Meinen ergebensten Gruß an die HE. P. P. Gericke. Grünhof den 28. April 756 Herzlich geliebter Bruder Ich habe am heil. Abend an mi Euch geschrieben, ich weiß nicht warum Du nicht an diesen Brief gedacht hast. Ist er angekommen
    von heil. Abend
datirt. Von einer Einlage, die ich an Dich allein nach Mietau geschickt einige Tage vorher zweifle ich daß sie glücklich ankommen wird. Noch 2 Erinnerungen waren darinn die ich zum voraus nehme, auf daß ich selbige nicht vergeße. den Ruhm ihrer Taten Setze das
    Andenken
weil das Wort Ruhm hernach sehr öfters vorkommt. Im Anfang des Fragments an statt unsere oder diese Stadt wie dort steht, setz R – – g – – Hat euer Buchdrucker nicht längliche Striche, wie die Engl. in ihren Büchern brauchen. Wenn es mögl. ist wollte ich sie gern in meiner Beylage angebracht haben. Nun antworten. Die erste Antwort geschieht mit einer Anerkennung für überschicktes, welches ich Sonntags erhalten. Mit Zachariä werde mir einen rechten guten Tag machen; bisher habe mir nur noch am Anschauen ergötzt. Hast Du das Gespräch nicht gelesen? Mich wundert. Es ist voller großer v neuer Begriffe; wenn es die natürlichen sind, die zu unsern Zeiten sehr seltene Schriften unterscheiden. Aus der Vorrede hättest Du Deinen Irrthum oder Ungewißheit dir heben können worinn der König Stanislaus als Verfaßer davon genannt ist. Dem HE. M. habe alles richtig gestern zugeschickt. Ich habe mich erst geach den Tag darauf besonnen, daß Young noch fehlte. Unterdeßen ist Zeit genung. Mit dieser Woche so Gott will mache meinen Tausch an Dir fertig. Kant ist ein fürtrefl. Kopf. Leg mir doch seine Arbeiten auf. Seine erste Dissert de principio contradictionis fürneml. diese. Ich bitte Dich recht sehr darum auf die Gelegenheit welche den ganzen Dangeuil mitbringen wird. Mit der Durchsicht deßelben bin fertig. Was soll ich sagen, mein lieber Bruder. Ich kann Dich nichts mehr als entschuldigen. Die Durchsicht deßelben von mir ist mit Fleiß nur flüchtig geschehen um mich nicht zu vertiefen. Ich bin Dir für den Verdruß Dank schuldig, den Du meiner Arbeit wegen übernommen hast. Du schreibst ungern, so hätte ich wenigstens auf einige Dinge vorbereitet seyn können. Ich habe gebeten das Papier nicht zu schonen. Die Hauptabschnitte abzusondern. Es ist alles in einem Stück v auf einer Schnur gefädelt. Auf Puncte v andere Zeichen gar nicht gesehen. Unterdeßen dies mögen Kleinigkeiten seyn. Offenbare Sprachfehler, v solche die den Verstand verwirren sind bloß mein Augenmerk gewesen; und dazu wird ein Verzeichnis von Druckfehlern unumgänglich seyn. An einigen bin selbst Schuld. Ich habe Dich um einige Dinge Erörterung gebeten, Dich über andern furchtsam gemacht v ungewiß, damit Du desto aufmerksamer v genauer seyn möchtest. Ich glaube daß ich Dir mehr Dank hierinn schuldig bin als ich selbst weiß, weil mein Gedächtnis mir nicht eine so strenge Vergleichung deßelben erlaubt was Du gethan hast als der Augenschein mir dasjenige weist was unterlaßen worden. Z. E. warum ist man von meiner Handschrift wenigstens abgegangen, da selbige mit meinem Exemplar zugl. übereinkommt v hat besondere Abtheilungen von den Vortheilen Frankreichs gemacht, die doch im Context bey mir zusammenhängen. Sind sie in Deiner Auflage so unterschieden? melde mir doch. Ferner ich sollte fast glauben daß man im spanischen die Zeichen ═ ═ ═ ausließe bisweilen, an denen doch viel gelegen. Weil der Leser sonst einen Zusammenhang suchen möchte, wo keiner wäre. Ich wiederhole noch einmal mein lieber Bruder die Erinnerung, daß in meiner Beylage grobe — Striche kommen sie sind in deutschen Büchern schon häufig genug. Die kurzen feinen Strichen wirken nicht auf das Auge v sind beßer eine Zerreißung oder Trennung als Stillstand auszudrücken. Ist mir auch nicht lieb, daß die Einleitung mit großen Buchstaben gedruckt worden. Dies wird eine Misverhältnis in Ansehung des zweiten Theils verursachen; welcher es jetzt zu spät seyn wird abzuhelfen. Man könnte dem Register der Druckfehler einen kleinen Anstrich geben, wenn man vorn etwas vorsetzte. Ungefähr so. Der Verfaßer dürfte vielleicht mehr als einige seiner Leser über die Menge der Druckfehler geärgert aufgebracht werden. Er hat sich Ich sehe ihn aber selbst auf v die letzteren auf den Verdruß darüber zubereitet. Meine Umstände verboten haben mir nicht alle die Zeit erlaubt, welche seine unleserl. Handschrift forderte. Ich glaube mein Unrecht einigermaßen durch gegenwärtiges Verzeichnis ersetzen zu können, das ich nicht eher als erst nur nach geschehenem Abdruck aufzusetzen nachzuholen Zeit gehabt. Oben könnte
    Erinnerung des Herausgebers
kommen v dies wäre das letzte Blatt des Buchs. pag: 12. Stan ließ Standesmäßige gemäße Gründe. Die Wörter v Zeilen mein lieber Bruder magst Du aufsuchen. Es steht im franzöischen de convenance d’etat. pag: 14. überhaupt betrachten deleatur ausgestrichen. Der Augenschein v die Vergleichung mit dem franzoischen giebt es daß dies ein Schreibfehler. Du hättest das franzoische mehr zu Rath ziehen sollen. An diesen Stellen bist du einigermaßen mehr unschuldig als an den folgenden. Das falsche Wort wird immer hingesetzt v nach dem
    ließ
das rechte. Ich habe 2 Wörter öfters geschrieben um das beste hernach auslesen zu können v nicht zu vergeßen; das Ausstreichen des rechten aber bisweilen vergeßen. pag: 24. linea 3.
    ließ
der. ib: die eine Stelle: es sollten ihrer daher so wenig als mögl. seyn. pag: 26.
    bedacht
ist
    gewesen
ausgelaßen. Man kann lieber so setzen. Man
    hat
darauf gedacht pag: 27. nützlicheren. 31.
    Endlich
hat man. Steht: mit einem Wort ist meine Schuld. 34. soll heißen
    eigene
. Sonst kein Verstand. pag: 39. seiner. 42. Ausschweifung darinn. 43. diesen deleatur 44. könnten; es steht könnte. Verfall ist kein Verstand evenement Vorfall 61. linea 3. bloß steht am unrechten Ort soll heißen,
    bloß
suchen dürfen. 66. ein weit größeres Aufkommen. 68. den Ueberfluß daran 77. an statt Waare ließ
    Gattung
oder
    Productes
. 85. ebenfalls. 91. Raleigh. 97.
    die
deleatur Ich konnte nicht eher verstehen laß hin v zurück biß ich das franzoische zu Hülfe nehmen mußte 109. in ihren Schooß. 120. Wo kommen die Einkünfte her? ließ Producte.
    wäre
ließ
    wären
. 121. Derselben ließ demselben. 141. li ihrer ließ ihren. 146. der Königl. Herrschaft ließ eines Königlichen Vorzugsrechtes 149. ihr ließ sie. 167. gewaltigen ließ gewaltthätigen. 174. Eintheilung ließ Vertheilung. 176. ließ welche pp Vertheilung den Menschen ihrer Gesundheit und ihrem Leben am zuträglichsten sey. 182.
    dafür
an statt dadurch sonst kein Verstand. 186 sich durch seine Arbeit zu unterhalten, dadurch, daß man der pp. 187. wiewohl unser Fleiß pp. 214. der
    ließ
durch  daß ließ wie  möchte ließ könnte. pag: 223. ließ unsers niedrigen Geldwechsels. 234 Text v Note heist Civiliste nicht Livilliste. 235. Wie fehlt hier vom 25 Dec. 1750 v vom 25. Dec. 1757. Es gehören beyde Jahre. Das folgende erklärt es. Sollte es in deiner Ausgabe ausgelaßen oder geändert seyn. 245. von dem außerordentlich aufschlagenden Preise. Sonst kein Sinn; ein offenbarer Schreib oder Druckfehler, den der Leser aber nicht einsehen kann. 247. Deker nicht Decker. 249. zu beklagen ließ beklagen kann. 281. Note kommt einige mahl e. g. fünfeinhalb. Wer redt im Deutschen? Denn müßen Zahlen seyn 26½. So ein Fehler kommt noch einmal vor. 283. den ausländischen – – und den spanischen. mihi oportet. Ich werfe mir öfters diese Ungewißheit in meiner Muttersprache besonders was die praepos. betrift als eine unverantwortl. Ungewißenheit vor; v man muß dergl. Fehler auch niemanden als dem gemeinen Mann oder Ausländer übersehen. Neue Mühe mein lieber Bruder, die bald geendigt seyn wird. Treibe doch mit so viel Eyfer als möglich auf hurtigen Abdruck, daß die Sache einmal zu Ende kommt. Auf Deine Anfragen will zuerst antworten. pag. 27. versteht sich am Rande, daß
    nicht
ausgelaßen. Ich habe Tuckers wegen nach Holl. v Engl. schreiben laßen. Wegen der Note habe schon im vorigen geschrieben. Sie wird mit einem kleinen Buchstaben empfangen; weil sie als eine Fortsetzung des Textes anzusehen, den man nicht hat unterbrechen wollen ergäntzt *mit dem VIII.
    Vortheil;
welcher desto größer ist, weil er in dem Nationalcharakter des Volks v einem herrschenden Vorurtheil für die Ueberlegenheit seines Geschmacks liegt. – – Geschmiedigkeit * die dem Franzosen natürl. ist v seinen Manufacturen günstig ist pp. So kann diese Anmerkung kommen. Wegen der andern Stelle hast Du ganz recht, Sie muß so abgebrochen werden wie Du meldest: wie viele Vortheile – – Der Innhalt betrift das ganze Buch mein Bruder v nicht den Dangeuil allein. Das hab ich schon genung erklärt. Dangeuil Ulloa Beylage v alles. Dies sind die 3 Haupttheile des ganzen Werks; von jedem kommt der Innhalt; v ich möchte meiner Arbeit auch wohl die Ehre gönnen, damit man sehen könnte, daß ich wenigstens nicht ohne Plan geschrieben. * frag Wolson Geschmiedigkeit oder Geschmeidigkeit. Inhalt der Beylage. Beylage. Allgemeine Betrachtungen des Verfaßers über vermischte Gegenstände…
    Aussichten des Handels…
    Nothwendigkeit
den
    Kaufmann
selbst zu
    bilden
Vom
    Stande
deßelben… Von den
    Sitten
deßelben… Vom
    Familiengeist
wie er auf das gemeine Beste überhaupt und den Handel insbesondere angewendet werden sollte… Fragment… Anmerkungen Gedanken über die beyden Werke beyde Schriften, darin das eine Uebersetzung des einen und den Auszug des anderen Werkes zur Uebersetzung des ersten und zum Auszug des andern zweiten Werks. Anmerkungen zur
    Uebersetzung
des ersteren und zum
    Auszug
des zweiten Werks… Rede des Herrn
    von Dangeuils
pp‥‥ Die Seiten davon werden Dir leicht zu finden seyn. Man könnte dieser Eintheilung zufolge die Abschnitte der §. die zu jeder Materie gehören oder womit sich jede Materie anfängt ein wenig tiefer abrücken. z. E. wie ich jetzt anfangen werde. Auf Dein Urtheil von meiner Abhandlung zu kommen, mein Lieber Bruder; so dank ich Dir erstlich dafür. Ich wünschte wenn Du Deine Erinnerungen ernsthafter abgefaßt hättest, oder daß ich wenigstens ernsthafter darauf antworten könnte. Was die Gleichgiltigkeit des Anfangs betrift; so bin ich dafür unbesorgt. Ich rede von der Freundschaft. Dies ist vielleicht nur ein gleichgiltiger Gegenstand für jemand, der seiner Freunde beraubt ist oder der abwesend sich nicht gegenwärtig durch einen angenehmen Betrug seines Herzens zu machen weiß. Ich rede wenigstens von der Freundschaft mit etwas Empfindung, die nicht bloß nachgeahmt ist. Ist es nicht eben so gleichgiltig, wenn Milton seiner Blindheit eine große Elegie hält? oder gewißen lesern ist die Gestalt des Zuschauers eben so gleichgiltig gewesen v andern was Montigue von sich selbst sagt. Du wirst übrigens einer gewißen Art allgemeine Wahrheiten individuel vorzutragen um sie desto sinnlicher v lebhafter zu machen nicht ungewohnt seyn. Ich sollte fast einen Theil Deiner Critik dem Wolson beylegen. 2. Der Spott über einen Beruf, den man sich fehlt, das Frolocken über eine fehlgeschlagene Hofnung sollte mich rühren. Wer frohlockt über ehrl. Hofnungen, wie ich meine bestimmt habe. Du hast die Hofnung bey meinem Beruf mit weniger Antheil gelesen als ich sie ausgedruckt. Wirst Du Dich Deines Mantels v Kragens schämen weil man lange genug darüber gespottet hat v vielleicht mit mehr Grund. Der besoffene Bauer frolockt auch bisweilen am Sonntag über seines Priesters Eyfer für seine Beßerung v sein Glück. 3. Wer ist der Censor, den die Familiensucht treffen sollte. Vergiß die Correctiones nicht die ich Dir darüber gemeldet trotz ihrer Dummheit. Ich beziehe mich auf meinen vorigen Brief. 4. Die veraltete Blume im Bregenzer Walde kannst Du bey HEn Diac. Buchholtz aufsuchen der den Keysler hat. Die Naiveté des Bauern hat mir gefallen. Bey solchen Leuten muß man die Originale der Menschl. Natur suchen. Der Wohlstand hat mir verboten mich anders als durch Anführung des Geschichtsschreibers zu erklären. Sapienti sat. 5. Ich gestehe es daß es nicht an Lesern fehlen wird, die fragen können: wer ist dies Muster? v denen es nicht mögl. seyn wird darauf zu antworten. Davon ist die Rede aber nicht; sondern was hat er gethan v dies ist von mir erklärt. Das Fragment ist nicht romanhaft; es ist durch wenige Züge nur etwas mit Fleiß unkenntl. gemacht. So wenig ein ehrl. Mann ein romanhafter Begrif ist so wenig ist es eine solche Familie. Ich kenne sie v wenn ich nicht vom Handel hätte reden sollen, deßen Umfang ich nicht einsehe: so hätte ich ganz anders geschrieben. Es ist das Berenssche Haus. Deine Neugierde werde künftig näher befriedigen auch noch in anderen Stücken. Wenn die Welt einige haben sollte; so wäre es desto besser. Vielleicht würde ihr auch Genüge geschehen. Von künftigen Dingen mehr. Sollte mein erster Versuch gut aufgenommen werden, wiewohl mir dies noch mißlich scheint; sehr mislich: so könnte ich vielleicht etwas Muth bekommen öffentl. zu arbeiten. Gott geb mir nur Gesundheit. Ich bin nichts weniger als ein Projectmacher, nichts weniger als ein Menschenfreund. Man ist mit sich unzufrieden wenn man sich liebt; v so geht es mit andern auch; Gott v seinen Nächsten zu lieben. Was für eine einfältige Sittenlehre; v was für große Begriffe liegen in diesen 2 Gegenständen derselben; wovon die sich der eine beide auf unsern gegenwärtigen v künfftigen Zustand beziehen. Nicht umsonst gelebt; das ist der einzige Beruf, der ächt ist. Die Art v Weise gründet sich auf die Freyheit uns. Natur; so wie diese auf jenes Gesetz. Denn ohne Gesetze giebt es keine. Ließ Hervey, mein lieber Bruder. Ich wünsch mir auch den 3. Theil zu lesen. Vertreib unsern lieben alten Vater des Abends mit diesem Buche die Zeit. Es handelt von dem Grunde unsers Glaubens. Gott erfreue uns alle bald mit der völligen Gesundheit unserer lieben Mutter. Ich umarme Dich herzlich als Dein treuer Freund v aufrichtig ergebener Bruder. Am Rand der zweiten Seite: Antworte mit ersten; Dein langes Stillschweigen hat mich sehr beunruhigt. Grüße den ehrl. Wolson ich werde ihn auch schreiben mit nächsten.
Geliebtester Freund, Endlich einmal ein Schreiben von Ihnen bekommen. Die Dissert. v Kleinigkeiten der stillen Gesellschaft gehören Ihnen. La pucelle auch. Behalten Sie also ja selbige. Ich weiß nicht wo mir der Kopf gestanden, daß ich Ihnen dies zu melden vergeßen habe. Mein Bruder hat mir ausdrückl. gemeldet daß diese Sachen Ihnen gehört v mit nächsten mehr theils zu schicken theils selbst zu schreiben versprochen. Ich bin sehr unzufrieden mit ihm v sehr unruhig. Im Vertrauen v wenn es mögl. für sich ganz allein v HE. B. ich werde nach Hause reisen, wenn weiß nicht so geschwind als mögl. Meine Eltern flehen mich darum an v ich habe neul. einen Brief von meinem alten Vater bekommen, der mich trauriger als jemals gemacht.
    Vor Johannis
wird es nicht angehen. Man fleht bittet mich so liebreich an, daß ich diesen unumgängl. Aufschub fast für eine Sünde ansehe. Man nimmt alle mögl. Bewegungsgründe zu Hülfe, da ich derselben zu meinen Pflichten entbehren kann. Sie können von meiner Verlegenheit übrigens selbst urtheilen. Sie erstreckt sich auf alles; ich reise aber desto gewißer; weil hierinn ist das einzige Verdienst bey meinem Entschluß beruht. Für den Bodinus danke recht sehr mit ihm ist mir eben so gedient als mit dem Athenäus besonders der Ausgabe des Casaubonus gewesen wäre. Auf alle übrigen thue aber beynahe einen Rückruf; die wenigsten die brauchbarsten v wohlfeilsten ausgenommen. De causis magnitudinis vrbium besehen Sie doch ob was daran ist. Laß die autores classicos biß auf beßere Zeiten v mehr Bequemlichkeit ruhen. Ich werde mehr als Sparsamkeit nöthig haben um die Reisekosten pp bestreiten zu können. Kleiden will ich mich nicht; ich finde eine Verleugnung theils v Achtsamkeit drinnen in meinem alten Rock desto eher kenntlich den Meinigen zu seyn. Es ist schon der 2te
    Monath über das erste Qvartal
; ich habe noch nichts bekommen und schäme mich mehr das was ich verdient einzufordern, als zum voraus bezahlt zu nehmen. Wie lächerlich ich bins Gottlob gesund – – zufrieden mit mir selbst – – andere mit mir – – im übrigen sorglos genung, und wenig müßig. Güter genung, die alle Nullen verschlucken. In Ansehung Ihrer noch nicht rein. An meinem Willen hat es nicht gelegen. Ein Theil meiner ersten Einkünfte ist dazu bestimmt gewesen. Wären sie gefallen, so würde ich vielleicht nichts mehr übrig haben. Wollen Sie wohl, daß uns der Wille erkenntlich zu seyn gereuen soll. Denken Sie mich lieber undankbar. Die Freundschaft ist ein Capital, von dem die Zinsen niemals verloren gehen. Meine alte Mutter sieht I ihr Ende und wünscht mich – Mein Vater jammert über I ihren Verlust v sie dieses Trostes beraubt zu sehen; mein Bruder scheint von allem diesen nichts zu wißen, v ist aus seinen Briefen nichts von seinem Zustande nichts von uns. Hauses zu errathen. Was soll ich denken. Kurz ich reise v komme in 3 Wochen wieder. Behalten Sie ja alles für sich. Ihre Nachricht von Buffons Schicksal ist mir ungeachtet Ihrer Gleichgiltigkeit dabey so unangenehm als mögl. Es hilft mir nichts mich auf meine Unschuld zu beruffen und dem alten Weibe dafür eine glücklichere Rückfahrt zu wünschen. Selbst meine Neugierde wie viel der Schaden auf sich hat haben Sie verschonen wollen. Der Catalogue raisonnée ist in der Rappuse vergeßen wollen. Er soll hier gut biß auf nächste Gelegenheit aufgehoben seyn. Zachariä Tageszeiten haben Sie also selbst ich dachte schon darauf sie Ihnen mit dem Gespräche des Europäers zuzuschicken, das Sie mit ersten bekommen sollen. Darf ich mit dieser Gelegenheit die noch bey dem Organisten an Jacobi Kirche Frau Kettlern, Ausspeiserinn bey der Fr. General. W. da seyn wird. Dunciade, Terraßon insbesondere v Büffon hätte gern mit; wenn der andere Theil nicht durch die Gefahr des ersten abgeschreckt worden. Voltairens Gedicht wünschte ich zu haben. Wo soll ich Grünhöfscher die freyen Urtheile herbekommen. Aus dem ersten Theil des Büffons möchte noch gern den Engl. v die Pflanze wißen (im Abschnitt von den Winden) der von ihren Ausdünstungen selbige hat herleiten wollen. Mit Kantens Dissertation scheinen Sie nicht so vergnügt zu seyn als ich dachte. Ich traute ihm zu daß er unterschiedene Betrügereyen der Einbildungskraft glücklich umgeworfen, daß er reiner als andere über den Begrif des Raums pp abstrahirt hätte. Ich glaube daß es natürlicher ist elastische, anziehende und zurückstoßende als vorstellende Kräfte den Monaden zuzuschreiben; daß man alle phenomena der Körper nicht aus der Zusammensetzung der ersten Theile, nicht aus derselben Einfachheit allein, sondern noch mehr Voraussetzungen erklären muß. Epikur v Cartes hat deren zu wenig, Plato v Leibnitz zu viel angenommen. Jene sind zu furchtsam gewesen die Oberfläche der Körper zu verlieren, Ausdehnung, Figur, Bewegung. Diese machten es wie die Stahlianer beynahe; die ihre Einsichten zum Theil demjenigen einräumten, was sich e nicht erklären sollten laßen wollte v sich auf den halben Weg theilten die Natur v der Artzt. Ich habe mich wenigstens sehr oft bey Kantens Einfällen selbst gefragt: warum hat man nicht eher so gedacht; da es so leicht zu seyn scheint zu seiner Meynung überzutreten. Vielleicht wird uns die Fortsetzung beßere Materien bringen, die ich neugierig bin zu lesen. Von HE. P. weiß noch nichts als daß er in Mitau ist. Ich habe den Anfang des Werks jetzt bekommen. v zweifle viel Ehre mit meiner Uebersetzung einzulegen. Viele Druckfehler übrig geblieben, v ein Register davon ist unentbehrl. Papier ist gespart wieder mein Bitten und unansehnl. Vielleicht bekomme ich Muth diesen mislungenen Anschlag mit zu ersetzen, noch weiß nicht recht, womit. Ich habe den Einfall gehabt Briefe eines Hofmeisters anzufangen. In einigen Stunden Materie genung dazu die Welt über die Erziehung aufzuwecken, auch vielleicht einige neue Versuche in diesem Handwerk. Vielleicht würde es mir glücken diesen Entwurf so nützlich als lebhaft auszuführen, weil er mir am Herzen liegt. Einige Articel der Encyclopedie habe ich auch zur Uebersetzung bestimmt, deren Abschrift ich durch den HE. Berens zu erhalten hoffe; ich wünschte sie aber so bald als es angeht zu haben. Meine Einsamkeit, meine Verlaßenheit auf der Welt scheint mir mehr Fleiß als sonst zu geben; wie wohl ich kann über anderer Arbeiten länger als meiner eigenen aushalten. Etwas im franzöischen zu wagen, gehören gar zu viele Versuche noch v eine geübtere Feder. Mach ich je einen Anfang darinn; so will ich Ihnen mittheilen. Ich fürchte mich aber für meine eigene Wahl fast. Vielleicht kann ich etwas Arbeit zur Zerstreuung machen, da es mir an allen andern fehlt. Wie gern möchte ich Ihre Einladung annehmen um mir an einem Rinder- oder Sauerbraten recht satt zu essen oder auch mich in Ihrem Ungarschen Keller zu tränken. Das erste will in Königsberg zu Hause bestellen und von dem letztern heben Sie mir eine Bouteille auf wenn ich wieder zurück komme. So lange, ja so lange wird wohl mein Besuch ausgesetzt seyn müßen. Wir sehen uns desto neuer einander. Werden Sie nicht
    auf Pfingsten in Mitau
seyn? Die abeille du parnasse ist eben die welche Sie meynen. Aus In dieser steht gleichfalls l’entretien d’un Européen nebst einer Lebensbeschreibung des Verfaßers unter dem Titel: Senestal histoire Dumocalienne. Diese periodische Schrift verdiente wohl daß man sie nach Riga ziehen möchte. Die Wahl von Stücken hat mir auch damals sehr gefallen. Ich zweifle daß die Fortsetzung der Piece des V. sur les mensonges imprimés die ich daselbst gelesen, in seiner neuen Ausgabe steht; in meiner wenigstens nicht. Vergeßen Sie doch nicht sein Gedicht auf Lißabon abschreiben zu laßen. Die stille Gesellschaft in Königsberg verspricht etwas. Sie hat gute Mitglieder. Ob man einen Versuch ihrer Ausbreitungen mit dieser oder künfftigen Meße zu lesen bekommen wird. Den Clairaut auf ein paar Tage zu lesen wäre mir wohl viel gelegen. Ob dies anginge; ich denke hier auch bald die Geometrie angefangen; ein gut Stück in der Arithmetic ist schon zurückgelegt. Ihre übrigen Anerbietungen behalte mir künftig vor. Was macht Ihr Frauchen? Sie hat jetzt 2 Artzte, die ihr vielleicht jetzt beyde nach dem Puls fühlen. Das arme Geschlecht! wenn sie die Männer genung mit wiederholen gequält haben, werden sie von den Doktors mit Aufsagen gedrillt. Wie bequem haben es die, welche keine Frauensleute geworden sind noch welche nöthig haben. Leben Sie mit Ihrer Hälfte recht vergnügt und zufrieden. Was machen Ihre Pflegekinder. Man hat uns hier von einem neuen erzählt. Ist es wenigstens wahr daß der junge v. C. in ihrer Schule geht. Haben Sie von seinem vorigen Hofmeister das Gedicht wiederbekommen? Sein Oberster ist hier gewesen, habe ihn aber nicht gesehen. Ein braver Mann seyn.     Was macht Ihr Herr Bruder? Wird er nicht einmal Mitau besuchen. Ich wünschte nach allem dem Guten was ich von ihm gehört, ihn nicht nur selbst wieder zu kennen sondern auch zum Freunde zu haben. Grüßen Sie Ihn v den HE. P. Gericke aufs ergebenste. Ich umarme Sie alle v bin der Ihrige Zeitlebens. Hamann. Ich dachte Youngs Love of Fame von Hause zu bekommen ist aber ausgeblieben. Vergeßen Sie nicht Buffon, Terrasson v Dunciade. Der Catalogue v Dumocalienne komt mit ersten den Sie dem HE. Berens mittheilen v mir sobald als mögl. zurückbesorgen werden.
Grünhof den 20 May 756. So oft ich auch die Briefe meiner Freunde zu überlesen gewohnt bin, so hat doch keiner diese Probe mehr ausstehen müßen, liebster Freund, als der Ihr letzterer. Die Empfindungen gegen mich und meine Eltern haben mich sehr gerührt, mit denen Sie selbigen einweyhen. Der Saame des Gerechten; noch ruht Davids Seegen auf ihnen; noch erfüllt Gott, was er durch seine Propheten ihm versprochen. Es ist kein Tag, an dem mich nicht die Begeisterung eine Viertelstunde wenigstens, unter die Meinigen versetzt. August konnte zwischen seinen zwey ewigen Dichter nicht zufriedner seyn, als mich diese Augenblicke der Schwermuth machen, die ich zwischen den Thränen und Seufzern meiner zwey Alten zubringe. Mein Vater hat mir wieder geschrieben, mit mehr Ruhe als neulich. Dieser Brief ist abgegangen, ehe mein letzter angekommen, in dem ich S sie zu besuchen versprochen. Er hat sich wieder unvermuthet die Ader öffnen müßen neuer Zufälle wegen; er kann seinen Beruf noch möglich abwarten und was mir am meisten freut, so ist er mit den Leuten die er jetzt hält sehr vergnügt. Ich kenne ihn in diesem Stück gar zu genau, als ich mich über diese Nachricht nicht freuen sollte. Meine liebe Mutter hat eben geschlafen, sie kann zu keinen Kräften kommen. Gesundheit auf dieser Welt ist nicht mehr für sie zu hoffen; Gott aber wird sie wenigstens noch erhalten. Nur noch einmal, noch einmal, bittet mein Vater wehmütig in seinem vorigen Briefe. Verzeyhen Sie Liebster Freund, daß ich so umständlich bin. Ich bin es nur für Sie. Haben Sie meine Eltern nicht in Verdacht, daß Sie die Absichten im Schilde führen mich zu behalten, wenn Sie mich nur erst bey sich haben. Diese List traue ich Ihnen nicht zu; und ich wollte diesem Anschlage lieber selbst zuvorgekommen seyn als veranlaßt haben, daß meine Eltern ihn gefaßt hätten. Ich gestehe, wenn ich etwas beylegen können, womit ich mir zutraute auf meine eigene Hand zu leben: so sollte mich nichts abhalten von freyen Stücken Ihnen zeitlebens Gesellschaft zu machen. Ich hätte wenigstens einen Grund jeden Einfall wie man sagt, mich versorgt zu sehen, gut abzulehnen. Außer Ihre Zärtlichkeit möchte es wohl seyn, das sie das letzte thun wollen, womit sonst die Väter ihre Kinder für die ihrigen erkennen und erklären. Ich denke Ihnen nicht Zeit zu laßen zu diesem Ceremoniel; mein Aufenthalt soll ihnen kurz genung werden. Uebrigens ist meine Reise so Gott will gewiß fest gesetzt auf das Ende des Junius nach dem neuen Styl. Alles was Sie zu bestellen haben, oder sonst wünschen an die Ihrigen v Meinigen befehlen Sie nur, liebster Freund. Mein Bruder denkt in seinem letzten Briefe an unserer Mutter Umstände und des Vaters Trostlosigkeit, an meine Reise aber nichts. Ich vermuthe beynahe, er weiß nichts davon; und daß er es nicht eher den seinigen zu sagen sich vorgenommen als biß er meine Antwort darüber erhalten haben wird. Mit dem Fuhrmann werden Sie nächstens Briefe von meinem Bruder bekommen, die ich mir mitzutheilen bitte, wenn Sie so gut seyn wollen. Nun Sie haben an meinen Sorgen Theil genommen; s Sie nehmen es auch an meiner Zufriedenheit und an den Anschlägen, die Ihnen ein grosmüthiger Freund meinetwegen entdeckt. Hören Sie, lieber Freund, ich verstehe, was Sie gesagt haben und sagen wollen. Last uns alles absondern, so bleibt die Wurzel und der Stamm desto ehrwürdiger und schöner. Kurz ich beneide diejenigen die im stande sind so edel zu handeln, und ich ehre diejenigen, die verdienen ein Gegenstand der ersteren zu seyn. Gönnen Sie mir diese Eigenliebe, auf die sich mein Werth gründet. Es ist mir immer leichter geworden mich ein wenig zu erheben als herunter zu laßen. Der Grund dieses Antrages legt mir also schon alle Verbindlichkeiten auf, die und ich bin wenigstens schuldig bin einen ebenso sichern Grund entgegen zu setzen. Das ist eins. Wir machen Schlüße als Dichter als Redner und Philosophen. Jene sind öfterer der Vernunft näher als die in der logischen Form. Wenn sich das Herz erklärt, so ist unser Verstand nichts als klügeln, wenigstens entscheidt jenes eben so laut als dieser zweifelt. Wenn ich nichts als meine Gesinnungen zu Rath gezogen hätte; so würde ich selbst gekommen seyn anstatt der Mühe mich schriftlich zu erklären. Wenn wir Menschen nichts mehr als den Willen nöthig hätten; so könnten wir fast der mühsamen Nothwendigkeit zu überlegen, überhoben seyn. Das ist No. 2. Ich bin ein freyer Mensch, der keine andern Gesetze als Pflichten und Umstände erkennt. Von meinen Entschlüßungen hängt niemanden sonderlich ab; meine Ehre von meinem Gewißen, mein Glück von meiner Wahl. Ich kann niemanden als mir selbst nachtheilig seyn. Bey der Freyheit ist jeder Schaden zu ersetzen und jeder Versuch macht uns klüger. Das ist No. 3. Sie werden sich selbst erinnern, wie oft ich bedauert nicht eine Nebensache aus den Wißenschaften gemacht zu haben und wie oft ich gewünscht ein Kaufmann geworden zu seyn; noch ehe ich gewust, wie viel Einsichten dazu gehörten. Vielleicht ist dieser Wunsch nicht von ohngefehr geschehen. Vielleicht ist dies der Knoten, den mein Schicksal auflösen wird. Sie haben einen alten Mann auch erzählen gehört der sein Glück in einem Lande gefunden, von dem er niemals gut zu reden gewohnt gewesen, und der auch nicht die beste Meynung von einem Orte hatte, wo sein Sohn vielleicht das seinige von ohngefehr finden kann. Das ist das vierte. Mein Eigensinn übrigens insofern er aus meiner Gemütsart flüst, beruht auf 2 Stücke. Nichts oder alles zu thun; das mittelmäßige ist meine Antipathie; eher eins von den äußersten. Das andere ist dies: ich bin entweder zu gut oder nicht groß genung mich in jede willkürliche Lage zu schicken. Auf alle Hauptpuncte habe ich mich übrigens gegen HE. B. selbst erklärt. Das engl. macht mir Sorge, wenn ich aber bedenke, daß zu einem bloßen Briefwechsel in Geschäften nicht eben die größte Stärke in der Sprache erfordert wird, daß ich noch Zeit habe mich darinn zu üben pp. Ist seine Reise nach Engell. fest gesetzt? Er beruft sich darauf. Erinnern Sie ihn doch selbst daran. Doch er will nach Mitau kommen – – v ich verlaß mich auf sein Wort; wenn es ihm möglich ist. Noch einen wichtigen Punct. Er redt von einer Reise anderwärts. Ich wünschte mir die Möglichkeit dazu. Aus diesem Hause denke vor meiner Kgb. Reise nicht zu kommen; ich mag sinnen wie ich will. Unsere Fahrt nach Mitau geht gewiß vor sich. Die Noth v Lebensgefahr treibt uns dahin. Der G. befindet sich krank v. die Ärtzte reden von der Waßersucht. Man hat einen neuen angenommen um vielleicht sich den Tod desto willkommener zu machen. Heute geht eine Gelegenheit unvermuthet ab, die ich nicht versäumen kann, weil ich nicht weiß ob vor Sonnabend eine andere seyn wird. Melden Sie mir doch, ob man mit meiner Erklärung zufrieden ist; und sagen Sie ihm das wichtigste von dem was ich Ihnen geschrieben. So unvermuthet mir dieser Entwurf kommt; so angenehm ist er mir gewesen. Was wollen Sie mit ihren Blumen sagen, die beßer als Salomo in seiner Herrlichkeit gekleidet sind; liebster Freund; ist ihr hervorbringen weniger groß, weil sie verwelken müßen; und lieben wir die Rosen weniger, weil sie nicht mit uns gleich lange leben. Tadeln wir die Natur, die sie erzeugt, deswegen? Ihr Terraßon hat mich entzückt. Den Hume habe selbst. Sie sollen alles mit nächsten wieder haben. Werden Ihre Reden wieder gedruckt werden? Hat C. einen Hofmeister oder geht s. Sohn in der Jacobi Schule. Melden Sie es mir doch, liebster Freund. Geht der junge B. auch noch dort? Er hat auch eine Rede gehalten. Ist die   Sein Hofmeister zu seyn, die Correspondence… Ich bin mir immer ungewiß ob ich Ihnen so viel Nutzen schaffen kann als man erwartet. Sorgen Sie daß ich hierin überführt werde. Wie befinden sich die Patienten am Fieber dort? Ich hoffe daß sie gesund sind. Sie bleiben es auch liebster Freund! Was für Ursache haben Sie misvergnügt zu seyn? Schicken Sie Buffon, wenn es mögl. Ist Ihr Frauchen gesund. Ich habe nichts mehr hinzuzusetzen als die Versicherung einer unveränderten Freundschaft, mit der ich ersterbe der Ihrige. Leben Sie vergnügt und zufrieden. Ich habe Ihnen noch viel zu schreiben was ich aufs nächste laßen muß. Ich umarme Sie nochmals v die Ihrige. Grüßen Sie herzl. den HE. Bruder. den 20 May 756. Fortsetzung des vorigen. Meine Stunden sollten angehen. Ich eilte. Der Besuch eines Gastes, der sich hier aufhält, hat mich verhindert auf die Gelegenheit Acht zu geben. Man vertröstet mich auf eine morgende, die abgehen soll. Ich bin der Gelegenheiten wegen bisweilen sehr verlegen. 3 wenn ich nichts zu bestellen habe, oder nichts erwarte. Ist mir daran gelegen; so findt sich keine. Doch ein ganzer halber Bogen, wie will den füllen und womit haben Sie die Strafe verdient, liebster Freund, den Verstand zusammenzusuchen. Meine Hand verträgt sich schlecht mit meinem Project. Auch diesen Einwurf habe ich mir schon gemacht. Das Schreibgeräth ist aber auch darnach. Nicht Zeit Buchstaben zu mahlen; wenn ich es auch könnte. Laßen Sie mich noch ein wenig von dem was schwatzen, wo ich in der Hälfte gestört worden bin. Aus meinen No. haben Sie ersehen, daß ich abstract genung die Sache untersucht habe. Ich entferne mich nicht ganz von meinem Beruf. Der junge Berens ist immer mit ein Augenmerk von denjenigen Diensten, die ich dort erzeigen könnte. Man ist bisweilen glücklicher, wenn man nicht alles zu verantworten sich übernehmen muß. Das Vorurtheil der übrigen nimmt mich für seine Gemüthsart und Fähigkeit ein; überdem hab ich gemerkt daß er ein Liebling des unsrigen ist. Sollte ich in Ansehung der Correspondence nicht alles ausführen können; so glaube ich Ihnen doch wenigstens auch nicht ganz unnütz zu seyn. Und gesetzt, nichts gelingt; so weiß ich und kenne diejenigen, mit denen ich zu thun habe. Ich würde auch nicht so tumm seyn meine Unvermögenheit gar nicht zu merken und mir von andern die Augen erst hierüber öfnen zu laßen. Ich erinnere Sie noch einmal an meinen Wunsch, den Sie öfters gehört, daß ich die Wißenschaften als eine Gemütsergötzung treiben könnte. Ein purus putus in einem eintzigen Zweige der Gelehrsamkeit zu seyn wiederspricht eben so sehr meiner Neigung als die Möglichkeit mich hinlänglich auszubreiten meinen Kräften. Ich weiß das wenigste was man der Schande wegen mehr als des Nutzens wegens wißen muß. Das verdriest mir und ich kann mich als ein studierender niemals selbst deswegen rechtfertigen. Die Zeit dazu ist versäumt und die Kosten würden der Mühe nicht werth seyn. Wie viele Dinge die ich jetzt mitnehmen muß um mich in dem Gleise zu erhalten, worinn ich bin; wie viele andere, denen ich mich nicht genung nahen darf, weil sie mich gleichfalls davon zu sehr entfernen würden. Aus allen diesen entgegengesetzten Kräften müßen nicht nur sehr krumme Linien sondern selbst solche entstehen, die keine Gleichung erklären kann. Meine Bereitwilligkeit alles einzugehen wird Sie desto weniger befremden, wenn Sie überlegen, wie viel ich bey dem Tausch meines Zustandes gewinne. Für wenig Menschen gemacht, schreiben Sie mir, wenn ich es doch für die wenigsten wäre! Meinen Freunden gehöre ich gewiß ganz zu. Sie wißen als ein Philosoph und als ein Christ, wer die wenigsten sind. Ich gehe wenigstens nicht wie ein Diogenes dem gemeinen Mann entgegen, wenn er von der Schaubühne kommt; ich erlaube mir aber mit dem Horaz: profanum vulgus odi et arceo zu sagen. Ich verzweifle hier mit einer guten Art fortzukommen. Keine merklichere Ahndung habe in meinem Leben gehabt als der letzte Eintritt in daßelbe gewesen. Vielleicht thun die Umstände das, was meine Klugheit sich nicht zutraut. Die Entwickelung pflegt bey mir der letzte Augenblick günstiger zu machen als die Ueberlegung. Ich will mich also auf den hierinn auch ein wenig verlaßen. Es wäre mir lieb wenn ich einen kleinen Umweg nehmen könnte ehe ich nach Riga zurück kehrte. Noch sehe ich nicht das geringste ab. HE. B. scheint mir das zu verstehen zu geben. Mein Wunsch wäre dies es gleichfalls, meiner selbst so wohl als anderer wegen. Genung hievon. HE. Peters. hat mir vor einem Wirthshaus zuruffen laßen mich in Ansehung des Briefes zu erklären den ich an Ihren HE. Bruder geschrieben. Ich werde es selbst thun, wie ich hoffe ohne die Feder für ihn deswegen ansetzen zu dürfen. Mein Bruder macht mir Hoffnung ehstens mit der Uebersetzung fertig zu seyn. Auf ein reiches Verzeichnis von Druckfehler machen Sie sich nur gefast. Wie gefällt Ihnen der Dumocalaner? und der Schweitzer? Ist es nicht Schade, daß die Menschen es beßer meynen können als es sich thun läßt? Für den geretteten Bodinus danke ergebenst. Ich will noch abwarten, ob Sie vielleicht etwas mehr für mich erhascht haben ehe ich Ihnen das Geld dafür übermache. Wovon Sie mir übrigens ein Stillschweigen auferlegt haben, davon will ich nicht denken. Melden Sie mir doch wie Ihr Aktus abgelaufen. Wie sind Sie auf die Cometen gekommen? Für die Mühe in Ansehung der Encyclopedie bitte um Verzeyhung. Ich habe dieser Tagen einen Anfang gemacht, der vermuthlich sehr langsam von statten gehen wird. Ich denke fast dies zu meiner Reisearbeit zu machen. Wenn ich nicht zu spät komme; so möchte ich wohl noch für den Artikel Critique bitten. Ist es schon vorbey so ist nicht viel daran gelegen. Auch in Meyhof möchte vielleicht Zeit haben die selbst abgeschriebenen Artikel zu übersetzen. Beau, Art v Composition nämlich; wenn noch Certitude, Corvée v höchstens Critique dazu kämen; so würde nebst einer Vorrede an einem Versuch genung seyn. Dem Artikel
    Art
möchte ich das kleine Gespräch wohl vorher setzen was dem Batteux angehängt ist. Der Besuch eines Mannes ist nun schon angemeldet der aus Tag Nacht v vice versa macht. Ich muß also darauf gefast seyn um meine Briefe fertig zu machen halten. Es heist morgen in aller Früh wird jemand abgehen. Ich umarme Sie und Ihr liebes Frauchen. Leben Sie wohl v lieben Sie Ihren Hamann. Ich erwarte nächstens ein paar Zeilen von Ihnen.
Meyhof den 1 Junius. 756. Herzlich geliebtester Freund, Es ist mir heute von der Fr. Gräfin eine Gelegenheit angemeldet worden, die morgen abgehen soll. Ich eile um solche nicht vorbeygehen zu laßen, weil es mit selbigen sehr unsicher ist. So übereilend als zaudernd bisweilen für meine Beqvemlichkeit. Ein Brief den ich vorige Woche erhalten macht mich so besorgt. Mein letzteres Couvert v alle damit verknüpfte Unordnungen, die ich selbst nicht mehr weiß, wird davon gezeigt haben, daß ich nicht Zeit gehabt daran zu denken. Gesetzt auch so war unschlüßig über die Post selbige gehen zu laßen; weil ich nicht weiß was für Einlagen darinn sind. Mein Bruder schickt Ihnen wo ich nicht irre einige Kleinigkeiten von neuen Sachen, v verweist meine Neugierde an selbigen auch Theil zu nehmen auf Ihre Güte. Für letzt überschickte, die beyliegen danke aufs ergebenste. Alemberts Sache scheint von keiner Wichtigkeit zu seyn. Auf den Orphelin v Henault warte mit Schmerzen mit dieser Gelegenheit. Vergeßen Sie nicht, Liebster Freund; ich verlaße mich gewiß darauf.
    Terraßons Philosophie
ist ein unvergleichlich Werk; ich muß selbiges franzöisch haben. Hume habe selbst. Sulzers Anmerkungen sind nichts weniger als überflüßig, aber nicht vollständig genung. Er wirft sich gar zu sehr auf die entgegen gesetzte Seite des Engländers. Für Wolfianer ist es sehr schwer eklecktisch genung zu seyn, so wie ein Freygeist im Sceptizismo immer zu weit geht. Ein paar Stunden verschwatzt, Liebster Freund, so vergeht die Zeit. Ein Raub, über den man sich bisweilen wie ein Mädchen über einen Kuß beschwert. Ich befinde mich leidlich gesund. Die schlechte Witterung hat meinem Leib einige fieberhafte Eindrücke gegeben, die nachgelaßen; es fehlt mir gleichwol nicht an Stunden, wo mir mein Körper Materie zum Denken und reden giebt. Von meiner Reise verspreche mir erwarte gute Dienste wieder meine Hypochondrie. Ein Grund, den mir mein Vater schon angeführt. Noch bleibt selbige zu Ende dieses Monaths festgesetzt. Machen Sie alles so bald wie mögl. fertig. Wie ich nach Riga kommen kann, sehe nicht ab. HE. B. hat mir versprochen hieher zu eine Spatzierfahrt zu machen. Diese wird mich entschlüßen. Ich wünschte liebster Freund, wenn Sie sich mit mehr Entschl Offenherzigkeit gegen mich ausgelaßen hätten in Ihrem letzten Schreiben. Ohne an mir selbst zu denken, bin ich nur für diejenigen besorgt, denen ich genüge zu thun verbunden bin. Weil ich dies nicht versprechen kann so sehe mich genöthigt Ihr Urtheil auf guten Glauben anzunehmen. Ich scheue mich für diese ängstliche Prüfung. Wie soll ich zu Unkosten Anlaß geben, ehe ich weiß, daß ich im stande seyn werde mich in diejenige Geschäfte zu finden, durch deren Verwaltung ich jene ersetzen kann. Sie schrieben mir, Liebster Freund, daß ich biß Michaelis zum Antritt Zeit hätte. Ich richtete mich darnach. Von meiner Reise und der darauf folgenden Veränderung habe hier schon Worte gemacht. Es hat das Ansehen, daß ich mit einer ziemlich guten Art loskommen werde. Ich habe Sie aber biß Michaelis noch Hoffnung gemacht auszubleiben v folglich diesem Vierteljahr das mit Ende des Junius aus ist, ein drittes zuzulegen. Dies wäre alles was ich thun könnte. Mit Ihrer jetzigen Begegnung kann nicht anders als zufrieden seyn. Wenn sie sich nicht ändert, so werde alles von meinem Theil thun Sie gleichfalls durch meinen Abschied zu befriedigen. Ehe ich meine Eltern gesehen, möchte ich nicht gern alles schon verabredet haben. Ich habe gestern einen Brief bekommen, der mich sehr traurig zu Bett trieb. Mein Vater setzt mir sehr zu bald zu kommen wenn ich nicht zu spät kommen will. Es muß sehr schlecht wieder stehen. Gott helf Ihnen und mir. Bitten Sie doch den HE. B. daß er wo mögl. unsere neue Pfingsten hieher kommt. Es wird mir zu einer großen Erleichterung gereichen Ihn hier zu sehen. Ich will ihn selbst schreiben. Mein Vater muß noch was auf dem Herzen haben in Ansehung meiner, das ich wenigstens wißen muß. Vielleicht kann ich auf meine eigene Hand einen kleinen Umweg nehmen, der in unsere Entwürfe einschlägt. Neu Johannis muß ich wenigstens schon unterwegens seyn, das heist in 3 Wochen. Der Rückweg wird mir nicht verlegt werden können. Wenn ich mit einem Sekretairtitel meinen Paß nehme! Auch hierüber bitte mir Ihre Meynung aus. Einen Fuhrmann möchte am liebsten aus Riga haben. Die hiesigen sollen nicht so viel taugen. Vielleicht werde ich Sie ersuchen einen zu verdingen oder verdingen zu laßen. Erkundigen Sie sich doch wie viel HE. B. gegeben und ob ich ihn in Königsb. auf mich warten laße oder Hofnung haben kann einen andern dort zu finden um die Zeit. Ich glaube das letztere. Vergeßen Sie doch keins von diesen Punkten in Ihrem nächsten Schreiben zu beantworten. Vielleicht beschwere ich Sie auch noch mir eine
    Taluppe
einzukaufen; ich glaube mir selbige unterwegens nützlicher als einen Schlafrock. Bringen Sie Ihre Zeit so ruhig und vergnügter mögl. auf Ihrem Höfchen zu mit guter Wirkung für Ihre Gesundheit. Was macht Ihr liebes Frauchen? Ihre kleine Verdrüßlichkeiten werden zu Ihrer Zufriedenheit ausschlagen; zweifeln Sie nicht dran. Heben Sie mir ja den Bernis auf. Ich behalte ihn ganz gewis. Das halbe 100 Prophezeyungen auf das gegenwärtige Jahr ist nicht uneben. Der große Duns ist ebenfalls gewaltig darinn mitgenommen. P. habe noch nicht gesprochen. Ich bin wenig imstande zu lesen noch zu arbeiten. Sie können sich dies leicht vorstellen. Meine Umstände beschäftigen mein Gemüth mehr als ich es selbst glaube. Schicken Sie mir doch das versprochene. Ich umarme Sie und nach einem freundschaftl. wiederholten Gruß an Ihre werthe Liebste und HE. Bruder ersterbe der Ihrige. Den 2 Junius. Ist die schöne Cantata etwa aus Danzig von pp.
Geliebtester Freund, Ich übergehe alle die Bewegungen, worinn der für mich so wichtige Innhalt Ihres letzten Schreibens mich gesetzt hat, und drücke meinen Dank durch meine Entschlüßungen aus, worinn in welchen ich Ihrem dringenden Antheil und Vorschlage zu meinem Glück, an Aufrichtigkeit und Neigung nichts nachzugeben gedenke. Glauben Sie, Bester Freund! alle Ihre Anerbietungen sind meine höchsten Wünsche, Wünsche, die mir meine Einbildungskraft niemals so reitzend und wahrscheinlich hätte vorstellen schaffen können, als Sie sich Mühe geben mir die Erfüllung derselben durch alle Kunstgriffe der Freundschaft und des Witzes annehmungswerth und leicht zu machen. Ich eigne mir dieer guten Meynung von mir zu, womit Sie mich aufmuntern, weil derselben thut wenigstens der Eyfer, mit dem ich diese schätzbare Familie ehre und liebe, ein Genüge thut ich eigne mir also selbige zu. Kann ich mich aber von der reitzenden Vorstellung, die ich darinn finde, daß ich gut genung seyn soll in Ihren Schoos aufgenommen zu werden und an Ihren Angelegenheiten Gemeinschaft zu haben kann ich mich von dieser Vorstellung wohl so hinreißen laßen ohne Ihren eigenen Bewegungsgründen wenigstens meine Bedenklichkeit entgegen zu setzen. Alles macht mich nur gar zu geneigt von meiner Seite dem Ruffe, wie Sie ihn nennen zu folgen. Ich verlange nichts mehr als den Zweifel gehoben zu sehen, ob man nicht vielleicht großmüthiger gegen mich als gegen sich selbst ist. Weil ich eher ich weiß nicht was als dies gute Vertrauen auf meine Treue und Ergebenheit gegen Sie und Ihre Herren Brüder verscherzen wollte; so wünschte ich wenigstens nur mit so starker Ueberzeugung von folgenden zwey Puncten versichert zu seyn, als ich es von meinen Gesinnungen bin; nämlich ob Ihrem Herrn Bruder, der diesen Antrag in Ansehung meiner so geneigt aufgenommen, wirklich mit einem bloß ehrlichen Menschen viel geholfen wäre? ob Sie mir mit gutem Gewißen die Fähigkeit Ihm behülflich zu seyn einräumen können. Bestimmen Sie mir die Antwort dieser Fragen, Liebster Freund, etwas näher so nah wie möglich, damit ich Ihrem Herrn Bruder mit eben so viel Muth Ja sagen, wie ich es schon mit dem besten Willen gesagt habe. Am unteren Rand der ersten Seite: Versichern Sie ihn, daß ich jetzt es bedaure nicht den geringsten Vortheil ihm jetzt aufopfern zu können, da er aber mir die grösten anzubieten im stande ist, daß ich mit desto mehr Zufriedenheit und Ehrgeitz Ihm brauchbar und nützlich zu seyn wünschteen müße. Ich kann mich übrigens nicht stärker v ähnlicher selbst erklären als wenn ich sage, daß ich unendlich glücklich halten würde der Leibeigene eines klugen v rechtschaffenen Mannes zu seyn v eben so unglücklich der Günstling solcher Leute die nicht. Mein HochzuEhrender Herr, Mein Entschluß mich Ihnen und dem Handel zu wiedmen, gründet sich gar zu sehr auf meine Neigungen, als daß ich die gar mir denselben wiederruffen sollte, so lange Sie noch damit zufrieden sind. Wie glücklich würde ich mich schätzen, wenn ich alles dasjenige erfüllen könnte, was in Ihre Absichten v Wünsche einschlägt, und im stande wäre durch würkl. Dienste dasie Vertrauen Wahl rechtfertigen bestätigen könnte, dasie Sie so wohl, mein hochzuEhrender Herr, als Dero eine Familie, der welcher ich mich vollkommen unendlich ergeben bin weiß kenne, zu meinem Vortheil erklärt bestimmt hat getroffen. Mein Verlangen mich von Ihnen näher unterrichten zu laßen wird mir fast unmöglich seyn eher als nach meiner abzulegendengelegten Reise zu befriedigen. Ich verleugne So sehr ich die Einsichten verleugnen muß welche Sie mir beymeßen; so viel liegt mir daran die Sie von den Gesinnungen in der That durch meine Handlungen zu überführen, die mich Ihnen das Vertrauen mich am meisten berechtigent haben michr Dero geneigten Vertrauen zuzueignen. und mich Ich bin mit der aufrichtigsten Hochachtung Meines hochzuEhrenden HErrnHoch HöchstzuEhrender Herr, Der freundschaftliche Besuch des Herrn Bruders hat mich von der Verlegenheit befreyt, worinn mich die Schuldigkeit einer mündlichen Abrede setzte, zu welcher Sie neulich so geneigt waren mich einzuladen. Außer den Unbeqvemlichkeiten meiner Stelle, beschäftigen mich der ganz nahe Termin meiner Abreise und die damit verknüpfte Zerstreuungen zu sehr, als daß ich nicht hätte befürchten sollen, dasjenige in Ihrer guten Meynung persönlich zu verlieren, was ich mir jetzt versprechen kann, durch meines Freundes Unterhandlungen gewonnen zu haben. Ich unterschreibe alle die Bedingungen, die Sie mir, HöchstzuEhrender Herr, haben bestimmen laßen, ohngeachtet sich meine Verbindlichkeiten jetzt nicht weiter als auf den Wunsch erstrecken künftig für Ihre Vortheile aus Pflicht, Neigung und Erkenntlichkeit so aufmerksam seyn zu können, als Sie im voraus aus Freundschaft auf die meinigen gewesen. Ein Mensch, der bisher unter seiner Arbeit sich hat müßen besolden laßen, bringt eine gewiße Blödigkeit des Gewißens in eine Verbindung mit, die ihn auf einmal über seine Ansprüche und Verdienste belohnen soll. Schonen Sie selbige wenigstens so lange, biß ich mit meinen Geschäften bekannter seyn werde. Die Ausflucht, wodurch Sie mich auf meine neue Lebensart vorzubereiten bedacht sind, wird gewis einen Einflus auf meine Gesundheit und Gemüthsverfaßung haben. Schlägt solche zugleich in jene und Ihre Absichten beßer ein, als ich es vermuthet; so geschieht meine Zurückkunft nach Michaelis oder in einem Vierteljahr. Wo nicht, werde ich meine Abwesenheit lieber verkürzen als Zeit und Kosten verderben. Wir sind also hierinn richtig und ich beqveme mich mit Vergnügen Ihren ferneren Maasregeln, die ich am füglichsten in meinem Vaterlande werde erwarten können, wo ich ihrer Ausführungen näher als hier bin. Die Vertraulichkeiten, deren mich der Herr Bruder gewürdigt, nehmen mich übrigens immer mehr für meinen gefaßten Entschluß ein. Ich weiß für einen Märtyrer seines guten Willens keine fürtreflichere Zuflucht als eine Familie, deren Absichten und Schicksale Erfahrungen eine ähnliche Qvelle gehabt. Vielleicht hat dies der letzte Knoten seyn sollen, von deßen Entwickelung mein Glück abhängt. Kaum daß ich mich zu den Wißenschaften bekannt, und ungeachtet meiner allgemeinen Neigung zu denselben, für die ich so viel Schwachheiten als ein Stutzer für das Geschlecht begangen, hat es mir öfters leyd gethan nicht ein Kaufmann geworden zu seyn, bisweilen ernsthaft genung um diese Gedanken nun wie eine Ahndung und den günstigen Anlaß zu ihrer Erfüllung mit einem kleinen Aberglauben vorzusehen. Ich gebe Ihnen bis auf meine Ausschweifungen Rechenschaft. Ein wenig Thorheit ist zu allen menschlichen Anschlägen nöthig, das heißt den Boden füttern, auf dem sie gedeyen sollen. Scheint es nicht, als wenn ich mich rechtfertigen will, daß ich mein Wort von mir gegeben? Um es wahr zu machen, werde ich niemals aufhören mit der aufrichtigsten Ergebenheit zu seyn HöchstzuEhrender Herr, Dero gehorsamst verpflichtester Meyhof. den 15/4. Jun. 7556.Joh. Georg. Hamann. Geliebtester Freund, Ich bin heute Morgens ohne Ursache übereilt worden. Der HE. L. wollte sogl. wegreisen; nachher wurde es biß nach der Mittags Mahlzeit verschoben. Ich habe unten gespeist v in der Zeit an HE. B. schreiben können, will auch noch an Ihnen ein paar Worte beylegen. Des HE. Gen. Exc. waren heute bey mir, dankten mir, v. baten mich noch besonders auf das beste die Besorgung eines Hofmeisters Ihnen zu empfehlen. Ich wurde gestern fast des Nachts, (weil man hier spät schlafen geht,) noch einigemal von der Fr. Gräf. beschickt mit einer etwas sophistischen Art, der ich bald durchfuhr. Ich würde nicht schreiben; Sie wären noch in Riga unbekannt, mein Ansuchen keinen Glauben mehr bey Ihnen verdienen, v Sie besorgen einen Fehlstreich durch eine neue Wahl zu thun wie mit der vorigen. Man ließ mich noch einmal bitten. Nach einigen Erklärungen, warum nicht; aber nicht mehr in meinem Namen. Sehr gut. Ich bekam dafür heute einen angemeldeten guten Morgen v Dank dafür von ihr, v von HE G. mündl. Ich schreibe Ihnen dieses aus keiner andern Ursache, als weil ich mich v Sie am meisten durch Ihre Begegnung in Ansehung desjenigen Menschen den Sie sich die Mühe gegeben auszusuchen für beleidigt halte v Ihnen diese Genugthuung zu schaffen. Sie werden meinen Brief darnach auch einigermaßen eingerichtet finden, so schläfrich v zerstreut ich auch war. Anderer Kleinigkeiten jetzt nicht zu gedenken. Die Uhr ist 2. Ich hätte noch Zeit genug zu schreiben. Es meldet sich noch niemand. Ich habe den ganzen Mittag geseßen. Eine Bewegung bey der leidl. Witterung wird mir nöthig seyn; daher will ich aufhören. Ich wünschte daß Sie jemanden fänden; ich habe schon allen vorgebaut. Als ein Fremder war ein 2., Sie könnten nicht als auf er. Akad. in Riga wählen. Wo es mögl. besorgen Sie jemanden; v antworten Sie bald dem HE. Gen. Sie wißen ohnedem, nicht unter meinem Couvert. Den Titel können Sie von HE Lieut. oder Bassa erfahren. Er ist nicht Graf. Hochwohlgeborner HE. HöchstzuEhrender HE. General Major v Ritter; Ihro Excell. Nennen Sie ihn nicht auf dem Couv. Monsgnr. Doch das würden Sie ohnedem gethan haben. Der HE. Gen. hat mich gebeten s. Haus zu recommendiren. Dies kann ich fügl. thun. Ein jeder anderer würde vielleicht zufriedner darinn gewesen seyn als ich. Und Sie dürfen nur sagen; relata refero. Ich küße Sie v. Ihr liebes Frauchen herzlich. Leben Sie wohl v lieben Sie mich. Der HE. L. ist ein braver Mann, ein wenig rückhaltend. Ich halte ihn für meinen Freund, v er giebt sich dafür auch aus. Sagen Sie ihm wenigstens im Scherz, daß Sie mich gern in Riga haben wollten. Wenn man mir die geringste Sprünge gemacht hatte oder noch machen würde, so bin ich auf alles gefaßt gewesen. Da man aber sehr behutsam geht, so will ich mich nach Ihnen richten. Unterdeßen wünsche ich von Herzen erlöst zu seyn. So wenig viel Sie dazu beytragen können, thun Sie es doch. Wenn Sie weniger Vergnügen als Sie hoffen von mir haben, will ich wenigstens Ihnen alle Beschwerde zu machen beyderseits so vorsichtig als mögl. seyn. Wenn ich ein reicher Kerl werden sollte, wie ich mir beynahe bisweilen einbilde, so sollen alle Ihre Kinder die meinigen seyn. Leb wohl, ehrlicher Alter! Du und Dein Marianchen. Wie vergnügt werde ich die erste Nacht bey euch schlafen. Lebt wohl, lebt wohl! Lebt wohl. Auf der zweiten Seite die Adresse:
à Monsieur / Monsieur Lindner / mon très cher ami / cet. / à / Riga. / par Couv.
GeEhrtester Freund, Ich habe mit letzter Post Ihro Excel. v des ältesten Barons Brief beantwortet. Ich hoffe daß man mit meiner Erklärung zufrieden seyn wird. Was macht mein ehrlicher Baßa? Er antwortet v schreibt mir nichts. Wenn Sie ihn sprechen oder sonsten Gelegenheit haben sollten ihm etwas sagen zu laßen: so möchte mir den Schlüßel zu dem Coffre der hier steht von ihm ausbitten. Wenn Sie mir was Neues zu melden haben: so schreiben Sie doch noch vor meiner Abreise an mich. Ich hoffe schon diese Woche bey Ihnen morgen oder übermorgen zu seyn. Das traurige Wetter, der kurze Winter… Ich wünschte herzlich mich einige Tage in Mietau bey Ihnen aufhalten zu können. HEn Petersen grüßen Sie bestens von mir. Ich bin gleichfalls sehr begierig mit ihm zu sprechen. Ich danke zum voraus für zugedachtes. Wenn es doch schon hier wäre. Meine Empfehl an HE. Hipperich v andere gute Freunde. Der HE Bruder reist übermorgen aus Königsberg ab. Wenn ich ihn doch auch in Mietau zu sehen bekäme. Wie vergnügt wollen wir zusammen seyn. Schießen Sie eine gute Tracht Wildbret zusammen damit ich was zu eßen finde. Ich komme mit einem guten Magen… Doch Magen hin Magen her… Es sey eine neue Antithese gewagt mit einem noch beßeren Herzen Ihrer Freundschaft zu genüßen. Ich bin Liebster Freund mit einer unveränderten Hochachtung v Zärtlichkeit Zeitlebens der Ihrige. Hamann. Mitau den 29 Jun. 756. Herzlichgeliebteste Eltern, Ich komme eben von Riga um nach Meyhof zu fahren und mich mit meinen Sachen einzupacken. Gott laße meine Reise geseegnet seyn und zu unser aller Zufriedenheit ausschlagen! Ich sehe mit tausend Entzückung dem Glück Ihnen die Hände zu küßen entgegen. Der Himmel mache deßelben in acht Tagen würdig Ihren gehorsamsten Sohn. Joh. George Hamann. Mein lieber Bruder, Mit einer kleinen Commission komme mir selbst zuvor. Ich bin sehr ersucht worden einen Hofmeister zu verschaffen der außer den gewöhnl. Bedingungen wo möglich Zeichnen, in so fern es zur Mathematic gehört v etwas Music verstünde. Franzöisch am Rande, so viel zum Unterricht nöthig. Suche HE. Trescho dazu zu bereden. Ich hoffe in 8 Tagen Dich selbst zu umarmen. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à
    Coenigsberg
. / Franco Mummel. /
Von Johann Christoph Hamann (Vater) vermerkt: den 5 July 1756
GeEhrtester Freund, Ich habe heute Dank sey es dem heyl. Jakob! Feyertag. Ich schicke Ihnen eins Ihrer Bücher zurück v wünschte die Bibl. Policey in 4. die oben steht das 2te in der Ordnung zum Durchblättern. Sie werden es heute noch wiederhaben; ich fand gestern eine Stelle, die ich noch nicht vergeßen kann v daher wünsche ich das Buch überhaupt kennen zu lernen. Nehmen Sie mir meine Freyheit nicht ungütig v entschuldigen Sie meine Lüsternheit. Ich weiß daß Sie mir me. Bitte nicht abschlagen werden v die übrigen Bücher mir auch noch einige Tage laßen. Empfehlen Sie mich Ihren GeEhrtesten Eltern v laßen Sie es sich gut schmecken. Prost die Mahlzeit! GeEhrtester Freund, Ich schreibe auf ein Blatt, das Ihnen bestimmt gewesen. Wenn ich ein anderes zur Hand hätte; so würde die hinterste Seite blank seyn. Sapienti sat. Weil ich eben vom Eßen komme v meine Natur in voller Arbeit mit der Verdauung ist; so denken fürchten Sie sich nur nicht, daß ich auf meinen Brief viel nachdenken werde. Sie werden auch müde seyn, da Sie Ihrer Gemeine heute die Leviten v. Samaritaner haben lesen müßen. Für die Meisterstücke sage Ihnen den verbindlichsten Dank. Ich habe nur die engl. v poetischen Stücke gelesen; v meine Urtheile darüber schon vergeßen. Das 7 Blatt besinne mich mit vielem Entzücken gelesen, den Horatz darinn vermißt,‥‥ v. hier kommt ihr Maler, der die Wirkung in Ansehung meiner thut, welche der Canonen Schuß dem Traum des engl. Schweitzers verursacht. Ich habe mich heute der Ruhe gewiedmet, welche einige Geschäfte ausfüllen werden; zu denen ich durch die Abwesenheit der jungen HE. alle Beqvemlichkeit jetzt habe, die der gnädigen Gräfin entgegen gefahren sind. Ich bin in meinem Nachtkleide v also allein. Wenn die Wahl unter meinen Geschäften auf mich ankäme, so sollten diejenige mir die liebsten seyn, an welchen Sie mir helfen würden. Haben Sie schon das Vorspiel auf Gottsched gelesen; wo nicht, so kommen Sie ja heute. Wer weiß wo ich morgen bin. Ich werde Ihnen also entgegenkommen v will noch 2 Anmerkungen in Ansehung des geliehenen Buchs hinzusetzen. Das neunte Blatt enthält ein Gedicht, auf Veranlaßung einer franzoischen Ode; die der HE von Creuz unter dem Titel philosophischer Betrachtungen übersetzt oder paraphrasiert hat. Die Erfindung des 10. Blatts ist unvergleichl. Das die Menschen in das Recht ihres Vermögens Nachkommenschaft v. Verdienste setzet. Die Beschreibung eines galanten Manns im 17. Blatt. Am Ende des 26 aus dem Guardian einen schönen Gedanken gegen die Freygeister. Im 2 Theil 7 St. der Schluß eine nachdrückl. Vorstellung der Menschenliebe. Die letzte Hälfte des 23. Blatts; worinn ein Auge vorkommt, das unter dem schönen v. buntscheckigten keinen Unterscheid zu machen weiß. Meine Ergebenheit an Dero geEhrteste Eltern. Ich bin der Ihrige. Auf der Rückseite des Blattes von Hamann notiert: weil es alsdenn gut seyn wird    ist ausgelaßen. Ich habe in der Schule eines unter ihnen. empfunden hätte. Die ganze Zuschrift ist zerstümmelt v mehr einer unglückl. paraphrasi als reinen Übersetzung ähnlich. 1) Furcht v Hofnung sind Empfindungen. Es muß daher heißen: verbannen die erstere dieser Empfindungen v. laßen uns die andere genüßen. 2) sie gehen mehr mit uns sehen uns mehr wie solche an, die des Glücks als die der Tugend fähig sind. 3) man hat auch daher wohl pp. II. indem er über alle Alten v. Länder pp. ein richtiges v. genaues Tagebuch pp. III. durch von einem eingeschränkten Geist, der nur halbe Neben Absichten hat, als wenn er durch einen blöden regiert wird, der nur halbe Entschlüßungen fast. IV. die nöthige Anzahl von der Glückseeligkeit ausschlüße oder im Elende laße.
    bedient
von diesem Grundsatze entfernt; daher haben auch ihre Gesetze der Zeit nicht lange wiederstanden. Licurg der – – – hätten auch in Ansehung der Iloten hierinn weniger abweichen sollen. Der Deutsche verräth hier wie an andern Stellen se große Unwißenheit in der Geschichte. Die Iloten waren den Lacedämoniern, was die Pennbey den Theßaliern, die Gibeoniten den Kindern Israel, die Unteutschen in Curland v. Liefland v die Schwartzen in America sind. Nicht Ilier sondern Iloten.
    aller Stände
nicht aller Befehle wie der einfältige Übersetzer hier ordres giebt. VI. Die Data (Sätze der Aufgaben) im gegenwärtigen anstatt
    anjetzo
. VII. Das eingeschloßene soll eine Anmerkung des Übersetzers seyn die unglückl. weise im Text steht.
Ich kann Ihnen meine Danksagung nicht anders als ganz kurz abstatten, weil ich Stunden habe. Der Mangel macht mir aber Ihre Achtsamkeit desto werther; v ich verspreche eine gleiche Dienstfertigkeit von meinem Theil, wenn ich die eine eben so glückliche Ahndung wie von Ihrem Geschmack haben werde als Sie von meiner Nothdurft. Ich bin nebst meiner ergebenen Empfehlung an dero GeEhrte Eltern v Jungfer Schwester unter Anwünschung eines guten Morgens von meinen jungen Herrn mit der aufrichtigsten Hochachtung Ihr verbundenster Freund v. Diener. Hamann. Weil die Diplomatick nach des HErrn Pastor Geschmack gewesen; so nehme mir die Freyheit sein Urtheil über ein ander Buch vom Römischen Rath mir auszubitten, waselches Ew Sr. HochwohlEhrwürden vielleicht noch unbekannt seyn wird. GeEhrliebtester Freund, Ich wünsche Ihnen zu einer glückl. Nachhausekunft vieles Glück; v habe Ihnen deswegen schon heute ein mündl. Compliment machen laßen. Das schlimme Wetter hat mich daran gehindert Ihnen selbst aufzuwarten. Beylagen hat Ihr Bedienter selbst bestellt, weil er sie meinen Händen nicht anvertrauen wollte. Sie werden die Thorheiten des meinigen dafür mir gleichfalls nicht anrechnen. Er ist unterwegs Ihnen die Zeitungen zu bringen v sich das kleine Buch vom Schachspiel wieder auszubitten. Ueber eine artige Frau, die uns auf Befehl des Mannes bewillkommen muß, kann man Vater v Mutter, geschweige Wort v. Wetter vergeßen. Ich bin solchen Versuchungen nicht ausgesetzt sondern schmäuchele mich jetzt mit der Hofnung bald eine kleine Reise zu nach Ihnen zu thun; im fall meine unsere Taradeicke eher von Riga kommt als ihre Equipage vom Schmidt. Nach einem ergebensten Empfehl an Dero GeEhrteste Eltern habe die Ehre mich Dero ergebensten Diener zu nennen. Leben Sie wohl v. schlafen Sie gesund! GeEhrtester Freund, Ich wünsche, daß Sie jetzt mit Ihrem Schlaf fertig seyn mögen. HE Hofmann wird vermuthlich schon zu Hause seyn; wenn er Ihnen zu Gefallen noch geblieben wäre, so vermelden Sie Ihm meine freundschaftl. Morgen- Gruß. Ich schicke Ihnen denas gestern versprochene Buch. Der Auftritt in der Abtey de la Trappe ist rührend. Adelaide drückt ihre Zärtlichkeit v. unglückl. Gemüthsfaßung beynahe wie die berühmte Liebhaberinn des Abälards aus. Ich werde Ihre Schwermuth durch denie Donna Quixotte zu vertreiben suchen, so bald ich mit selbiger fertig seyn werde. Meine Ergebenheit. Leben Sie wohl. GeEhrtester Freund, Des HErrn Generalen Excellenz haben mir selbst aufgetragen Sie Ihres gegebenen Versprechens uns von Ihrer Abreise zu besuchen zu erinnern. Wir erwarten Sie also vor der Mahlzeit ich vielleicht mit der Entschlüßung Sie zu begleiten. Adio. Meinen Empfehl geseegnete Mahlzeit. GeEhrtester Freund, Ich bin eben im Begrief gewesen mich nach Ihnen erkundigen zu laßen weil mir Ihre wenige Entschloßenheit gewiße verlorne Worte zu erfüllen, bekannt ist. Sie kennen meine gestrige Ungedult, die Sie aufs höchste getrieben haben, da ich Ihnen eine viertel Meile zu Fuß v der älteste HE v. W. zu Pferd ½ entgegen gegangen. Gestern Abend um 10 bin ich Ihrentwegen noch aufgesprungen v vor der Thüre gelaufen. Erstlich also Genungthuung. (Meinen Coffée will nicht annehmen, weil ich ihn selbst ausgetrunken habe ohngeachtet er für Sie gemacht war.) Zweytens Nothwendigkeit Sie bey mir zu sehen; der ich nicht abhelfen kann, weil heute mein Tag Besuche anzunehmen aber nicht abzulegen ist. Ich habe Ihnen etwas aus Mietau mitzutheilen v erwarte also von Ihrer Güte, daß Sie um 4 Uhr bey mir seyn werden. Meine ergebenste Empfehlung an Dero GeEhrteste Eltern. Geseegnet Frühstück; weil ich Ihnen mündlich Geseegnete Mahlzeit zu wünschen gedenke. Adio. GeEhrtester Freund, Es ist mein Vorsatz gewesen Sie heute zu besuchen; ich bin aber gestern darinn durch einige Geschäfte abgehalten worden, die ich von Riga aus unvermuthet erhalten. Diese würden Ihrer gütigen Einladung wegen auch wohl einen Aufschub leiden; aber ich befinde mich hundert Kleinigkeiten wegen nicht im stande vor Leute mich heute sehen zu laßen. Erkundigen Sie sich durch Ueberbringer dieses, in was für einem Staat er mich gefunden. Ich kan es Ihnen bey meinem Barte beschwören, daß es heute nicht möglich ist an dem Vergnügen, das mir bestimmt ist, Theil zu nehmen. In Gedanken soll es geschehen, wenn einige derselben mich anklagen sollten, so werden mich andere entschuldigen. Die Ihrigen werden alle von der letzten Art seyn. Ich bitte Sie darum und füge meine ergebenste Empfehlung an Dero GeEhrteste Eltern v. Gäste die aufrichtige Versicherung bey, daß ich mit aller Hochachtung bin GeEhrtester Freund Dero Ihrige Hamann. Es thut mir leyd, Werthester Freund, daß Sie mir alle Hofnung benehmen vor und in den Feyertagen zu sehen. Undique circumdatus sum fluctibus; schlimmer Hals, Zahnschmerzen, Blätterchen an der Zunge pp. Gott weiß wie ich die Feyertage werde halten können. Für die Paßions Betrachtungen bin Ihnen unendl. verbunden. Grüßen Sie ergebenst die GeEhrten Ihrigen und erinnern Sie sich wenigstens Ihres Freundes, wenn Sie morgen für die ganze Christenheit beten werden. Leben Sie wohl. GeEhrtester Freund, Ich habe Sie gestern v. heute vergebens erwartet v den betrübten Schluß daraus gezogen, wie gleichgiltig Sie nicht allein mich sondern auch gegenwärtige Neuigkeiten ansehen, die ich die Ehre habe Ihnen zu überschicken. Ich habe von beyliegenden nichts als das Leben der Ninon gelesen; v Sie werden aus demselben vermuthlich auch Lust zu Ihren Briefen bekommen, die zu einem Bändchen gehören. Den Bruyere v Batteux hoffe von Ihrer Güte zu erhalten, wenn sie eingebunden seyn werden; weil Sie mich von beyden versichert, daß ich Ihnen einen Gefallen thun würde sie zu überlaßen. Ich würde keinen von beyden mißen; wenn ich nicht den ersten selbst vom Uebersetzer erhalten oder am liebsten franzöisch besitzen möchte. Der andere hat gleichfalls die letzte Ursache nebst der Unbeqvemlichkeit des Formats, welches ich so viel mögl. vermeide in mr. Bibliothec anwachsen zu laßen. Der Name beyder Verfaßer fällt für die Güte ihrer Schriften ein gar zu günstiges Vorurtheil, als daß Sie das meinige dazu nöthig haben. Ich bin über den meinigen in voller Arbeit, v werde gleichwol genöthiget seyn ernsthafftern wegen sie ein paar Tage bey Seite zu legen. Ihr Vergnügen bey Lesung derselben möge ungestörter seyn! Ich begleite diesen Wunsch mit Vermeldung eines guten Abends v. meiner Ergebenheit an Dero GeEhrteste Eltern v bin mit aller Hochachtung Dero ergebenster Diener v Fr. Hamann. Sehen wir uns morgen auf ein klein Stündchen des Abends um mich bey Ihnen zu entschuldigen zu können? NB damit ich mich praepariren kann. Zur Anklage oder Vertheidigung. GeEhrtester Freund, Ich schicke Ihnen den versprochenen Roman des Marivaux, den ich jetzt zu Ende gebracht v wünsche Ihnen viel Vergnügen bey Lesung deßelben. Des Franzosen Schreibart ist schwer zu übersetzen; v ich traue dieser Schrift ungleich mehr Schönheiten in der Grundsprache zu. Seine Marianne scheint mir aber doch biß auf die beyden letzten Bücher beßer zu seyn. Ich möchte Ihr Urtheil so bald wie mögl darüber hören, weil ich das Buch gern wiedergeben wollte. Sie werden daher fleißig seyn. Mein gestriger Spatziergang ist durch die schlechte Witterung v. durch beyliegendes Buch ausgeblieben. Vielleicht sprechen wir uns heute. Nach Anwünschung eines guten Morgens v. meines ergebensten Compliments bin der Ihrige. Hamann. Die väterl. Briefe folgen hiebey. Der glücklich gewordene Bauer soll Ihnen morgen zu Diensten stehen, Geliebtester Freund; weil Sie an dem Grammont noch lesen so hoffe ich selbigen jenen in der Zeit zu Ende zu bringen. Ehe ich Ihrer Bitte in Ansehung Ihrer räthselhaften Zuschrift genung thue, werde mich erst eine Erklärung darüber heute von Ihnen ausbitten, wenn die Witterung es leidt. Meine Ergebenheit an Dero GeEhrteste Eltern, v Jgfr. Schwestern, denen ich eine angenehme Erinnerung des gestrigen Tages v Vergnügens wünsche. Ich bin nach einem verbindl. Gruß von dem HE von Witten an Allerseits mit der gewöhnlichen Hochachtung Dero ergebenster GeEhrtester Freund, Ein kleiner Schauder, den ich der kühlen Witterung zuschreibe, macht mich übel aufgeräumt auszugehen, sonst hätte ich Ihnen ein kleines peripathetisches Gespräch heute zumuthen wollen. Ich erinnere Sie an Ihr Versprechen in Ansehung des glückl. Bauren v wo es mögl. des Grammont; weil ich Gelegenheit vermuthe morgen beyde fortschicken zu können. Ist es Ihnen nicht ungelegen; so möchte ich mir wohl Moldenhawers Alterthümer ausbitten. Ich werde heute mit denjenigen von meinen Büchern fertig werden, die ich ungebunden zu lesen mir vorgenommen. Morgen sehen wir uns vielleicht bey gutem Wege v. Wetter. Laßen Sie sich Ihre Abendmahlzeit gut schmecken v. empfehlen Sie mich Dero GeEhrtesten Eltern. Leben Sie wohl. Die Mühe in Ansehung
    meiner Gedanken
möchte nicht lohnen; ich habe den Anfang dazu gemacht, werde aber nicht mit fertig werden können. Wollen Sie selbige lieber wieder haben? Auf der Rückseite: Vergeben Sie noch einen Einfall; mir nämlich den Stockhausen biß morgen früh auszubitten.
GeEhrtester Freund, Ich wünschte die Nachricht von Agostino Gabrini zu lesen, wenn Sie mir Ludwichs Historie auf ein paar Stunden mittheilen können. Er ist derjenige Nicolaus Gabrini oder Cola di Rienzi nicht, von dem ich bisher in so wenigen Büchern habe finden können. Ich wundere mich, daß dieser merkwürdige Mann in denen historischen Handbüchern ausgelaßen ist. Er ist eines Gastwirths Sohn gewesen v hat es biß zu der Würde eines Königs zu Rom gebracht, der in seinem Glück von denen Fürsten, seinen Zeitverwandten geehrt v. bewundert worden. Fortefiocca hat sein Leben v. ein franzöischer Autor seine Verschwörung beschrieben; ich gebe mir schon seit einiger Zeit Mühe beyder Bücher habhaft zu werden, ohngeachtet ich mich keines besinnen kann bisher noch gesehen zu haben. Sein Leben muß voller merkwürdigen Auftritte seyn v. wenn er keine Stelle unter die wahrhaftig große verdient; so gehört er wenigstens unter die besonderen v. außerordentlichen Köpfe. Ihre Ritter der Offenbarung Johannes bringen mich auf eine ebentheuerliche Secte, die Pattalorochynten genannt, deren Glauben so lächerlich als ihre Andacht muß gewesen seyn; so wenig man auch ausch vom ersteren weiß. Was meynen Sie, lieber Freund, soll ist der gelehrte Stoltz oder der gelehrte Fürwitz in den Augen eines gleichgiltigen Weltweisen lächerlicher? Wir wollen diese Aufgabe im Spatziergehen auflösen. Bringen Sie mir Bruyere oder Young mit. Leben Sie wohl. Ich habe gestern meine Bücher erhalten, unter denen auch einige von Ihnen sind. Ihr Versprechen mich heute zu besuchen, GeEhrtester Freund, würde vielleicht nicht in Erfüllung gehen wenn ich selbige nicht zurück hielte. Heut ist Feyertag; ich erwarte Sie allso gleich nach dem Eßen. Ich schicke Ihnen zur Probe Mosheims Pastoral Theologie um Sie auch zu den übrigen lüstern zu machen. Ich erwarte Sie gewiß. Empfehlen Sie mich Ihren GeEhrtesten Eltern und leben Sie wohl. GeEhrtester Freund, Ich bin eben mit dem Prideaux fertig geworden, den ich nebst den beiden römischen Dichtern mit der grösten Erkenntlichkeit an Dero geEhrtesten Papa besonders zurückschicke, zu deßen Genesung ich Hofnung mit Wünschen verbinde. Wenn es mögl. ist: so werde Sie von neuen beschweren den Schuckford sich für mich auszubitten unter der Bedingung ihn bald wiederzugeben. Soll ich Sie heute nicht GeEhrtester Freund, bey mir erwarten? ich ersuche Sie darum v bin nach ergebenstem Gruß v. Vermeldung eines guten Morgens Ihr ergebenster Fr. v Diener Hamann. Klein Friedrichshoff gehört zum Pfarrdienst v hat also noch se. alten Besitzer. Ich thue Wiederruff. GeEhrtester Freund Nach Anwünschung eines guten Morgens und einer angenehm zurückgelegten Spatzierfahrt überschicke Ihnen den Schuckford v bitte meinen ergebensten Dank für Mittheilung deßelben so nachdrücklich als möglich abzulegen. Ich habe in demselben eine Uebersetzung von Prideaux mit Löschers Vorrede angeführt gefunden v daß derselbe sein Werk biß auf Constant. M. Zeiten beschloßen haben soll. Was ich durch Ihre Güte zum Gebrauch bekommen geht nur biß auf die Zerstörung Jerusalems v hat meines Wißens keine Vorrede von Löscher. Erkundigen Sie sich doch, ob noch eine andere Uebersetzung von Prideaux heraus, v ob des Tittels seine unvollkommen ist. Es scheint beynahe. Dero GeEhrteste Papa wird Ihnen wohl Nachricht davon geben können. Der einliegende Zedel bittet sich eine Erklärung der aufgeschriebenen Worte von Ihnen aus, GeEhrtester Freund. μετρος v. ιχθυων weiß ich pars et piscis die beyden andern Wörter aber nicht. Schaffen Sie mir doch eine Erklärung derselben. Was für Hypotheses! v was für eine Kunst sie wahrscheinlich zu machen. Die Meynung die Arche in Indien zu setzen ist eine der schönsten. Das Ansehen des Cato ist mit ein wenig Hinterlist von ihm angeführt. Sie werden auch keine Anführung dabey anfinden. Nicht Cato sondern Annius Viterbiensis. pag. 67. Ich glaube daß es mit mehreren Anführungen der Alten so gehen möchte, wenn man selbige alle nachschlagen wollte; weil ich es mit einigen der heil. Schrift versucht, die der Autor seinen Meynungen zu gefallen ziemlich zwingt. Er macht den Aberglauben den Freygeistern zum Trotz, die ihn für ein Geschöpf der Priester halten, zu einer Geburth die welche dem Hofe und den Staatsleuten ihren Ursprung zu danken hätte. Und er hat es auch dieser Schooßmeynung nicht an Gründen fehlen laßen, sondern erinnert sich öfters bei allen Gelegenheiten genung derselben. Nimrod, Semyramis, Ninyas v seine Nachfolger, die man den Kindern in Schulen so nichtswürdig vorstellt v Esau sind ganz anders als im gemeinen Büchern charakterisirt pp. Ich werde mit Ihrer Erlaubnis den 3ten Theil von oben bitten laßen v. Ihnen selbigen auch zu befördern suchen; v bin nach einem ergebensten Empfehl an Dero GeEhrteste Eltern v in Erwartung Ihres heutigen Besuchs, der Ihnen mit einer guten Gesellschaft die Sie hier finden werden, belohnt werden wird, mit aller Hochachtung Ihr verbundenster Hamann. GeEhrtester Freund, Ist die gestrige Abendluft Ihnen gut bekommen? Ich hoffe eine mündliche Antwort darauf heute zu hören; da mir des HE. Generalen Excellence aufgetragen haben Sie hieher zu bitten, weil er was nöthiges zu sprechen hätte. Ich sagte zwar, daß ich Sie heute vermuthete; er erinnerte mich aber Sie in Ansehung seines eigenen Verlangens noch einmal begrüßen zu laßen.
    Meine Gedanken
dienen zu nichts als der Seltenheit wegen beygelegt zu werden. Der Uebersetzer gehört unter die unwissendensten v. unverschämtesten Schriftsteller, die sich jemals haben einfallen laßen der Vernunfft zum Trotz ihre Cruditäten bekannt zu machen. Sie werden es daher bloß in dieser Absicht aufheben v es sich nicht leyd thun laßen, daß ich es ein wenig beschmiert habe. Es wird Ihnen nicht viel daran gelegen seyn die Verbesserungen des Tex zu lesen. Es sind noch viele grobe übrig geblieben v. dasie ganze Buch Uebersetzung ist ein Stall Augias. Ich werde mir einiger Dinge wegen den Zedel wieder ausbitten, der beyliegt. Lesen Sie wenigstens auf desr letzten Seite v suchen Sie meine Bitte in Ansehung des Rienzi durch Dero GeEhrtesten Papa historische Bibliothec oder mündl. Nachricht zu stillen. Ich erwarte Sie also v bin nach Anwünschung einer geseegneten Mahlzeit v meinem ergebensten Empfehl an dero GeEhrteste Eltern von mir v. meinen jungen HErrn mit aller Hochachtung Ew. HochwohlEhrwürden Hamann.
Königsb. den 28. Jul. 756. Geliebtester Freund, Sie werden sich über mein Stillschweigen gewundert aber den Anlaß dazu auch vernommen haben. Alles machte meine Reise günstig ich war den 4.ten Tag in Mümmel gieng nach einer Stunde ab v langte denselben Tag gegen die Nacht in Muschlers an den folgenden in dem Hause meiner Eltern. Mein alter Vater laurete mir geruhig mit dem Pfeifchen im Fenster entgegen um mich so wohl als meine Mutter zuzubereiten, mit der es sich denselben Tag sehr verschlimmert hatte. Sie empfing mit vieler Zärtlichkeit bey der grösten Entkräftung und einer völligen Verleugnung alles Zeitlichen. So elend hatte ich sie mir nicht vorgestellt, sie war nichts als ein Gerippe, in dem Gott noch den Odem erhielt. Sechs Tage lebte sie noch, in denen sie so schlecht war, daß mancher Augenblick mir der letzte für sie zu scheinenien, der es nicht seyn sollte. Ich habe wenigstens kommen müßen ihr noch einige Handreichung zu thun, die ihr niemand so gut als ich machen konnte; und mein Vater glaubte auch in meiner Gegenwart eine große Erleichterung erhalten zu haben. In der letzten Nacht vor Ihrem Ende konnte sie ihn nicht entbehren, er muste ihr Bett nicht mehr verlaßen, wo sie ihn beständig zurückrief und durch Liebkosungen festhielte; biß auf die Viertelstunde, in der sie verschied. Weil ich mir Ihres Abschiedes lange gewärtig gewesen war, so erlaubte mir mein Schmerz Aufmerksamkeit genung auf alle die Bewegungen, die der Tod in ihr verursachte. Ihre Krankheit v langwieriges Lager hatte der Natur alle Stärke fast benommen, sie lief daher wie eine Uhr ab. Einige unmerkliche Zuckungen des Mundes, die einem Lächeln ähnlich waren, machten sie mir im Tode weit kenntlicher, wie in ihrer Krankheit, die sie ungemein entstellt hatte. Ihre Gestalt hat mir auf dem Leichenbrette so gerührt als sie mirich auf ihrem Siechbette mitleidig gemacht. Ihr erstes beynahe womit sie mich empfing, war, daß sie mich zu Grabe bat; und dieser traurige Dienst hat mir viel gekostet. Wer weiß aber wie viel? wenn ich sie nicht noch gesehen hätte. Ich habe mehr Empfindlichkeit, als ich selbst weiß, und die sich selbst meinen dunkeln Vorstellungen mittheilt. Meinen Vater verzehrt ein geheimer Gram, die ungewohnte Last der Haushaltung v. alles, was Sie selbst von ihm wißen. Ich glaube ihm noch einige Zeit nöthig zu seyn, bey ihm zu bleiben würde uns beyden überlästig werden, er prophezeyt sich nichts als uns auch bald zu verlaßen, und tröstet sich damit. Ich wünsche mich tausendmal umsonst in den einen Stand, wodurch ich ihm sein Alter ruhiger machen könnte. Vielleicht wird dieser Wunsch aber doch noch erhört. Noch habe ich nichts in Königsb. fast thun können; er will mich wenigstens zu Hause haben, wenn er mich auch nicht um sich haben kann. Verzeyhen Sie mir liebster Freund, daß ich mich so umständlich gegen Sie auslaße; es gereicht mir wenigstens zu einer kleinen Erleichterung. Ihre liebe Mama habe besucht und richtig gemacht; 7 fl. 15 gl. hat mein Bruder an S. Blancard bezahlt; die übrigen 3 Thrl. Alb. nebst einigen Mk. habe richtig abgegeben. Sie wird Ihnen selbst die Berechnung davon gemeldet haben. Ein Brief an Sie hat in einem eingelegen der in Mitau ist ich hoffe daß Sie durch den HE. D. denselben bekommen den ich deswegen gebeten. Bey Kannholtz bin gleichfalls gewesen und hat mir folgenden Aufsatz von seinen Instrumenten gegeben, die er Ihnen liefern kann, v wovon er sich mit nächsten von Ihnen selbst Nachricht ausgiebt. Ich habe ihn ersucht auf Treu v Glauben mit Ihnen zu handeln und er hat es mir versprochen. Ein Magnet der 10 ℔ trägt — —50 fl. dito à       5 ℔    — —24 fl. dito à       2½ ℔10 fl. Laterna magica mit 12 praesentat.60 fl. Microscopium compositum verguldt100 fl. Eine electrische Kugel mit Zahn, Trieb v Spindel36 fl. Sie können alsdenn eines höltzernes Rades entbehren v brauchen ein bloßes Gestell ichst auch leichter zu bewegen. Eine kleine Berlinische Luftpumpe ohne haemisph. Magdeburg50 fl.                    mit den haemisph. Magdeb.90  Die Siphones will er gern umsonst beylegen besorgt aber wegen des Einpakens; ich glaube auch daß Sie solche dorten eben so gut bekommen können. Die Luftpumpe kann er Ihnen vor den Winter nicht versprechen. Schreiben Sie ihm selbst deswegen; so kann ich das übrige mit ihm verabreden. Den HE. Ref. Wulf habe besuchen müßen wo ich den HE. D. Funk v M. Kant fand. Den ersteren auf P. sehr aufgebracht und überaus unruhig darüber daß er nicht auf die Meße gereiset wäre. Ich habe selbst einen Abend bey ihm in eben der Gesellschaft speisen müßen, wo es sehr vergnügt zugieng. Der Senat hat seine Criminal Jurisdict. wie man sagt verloren wegen des Langermanns, der bey uns im Hause gewesen, und für 2 Früchte die er abgetrieben mit 10 Thrl. bestraft worden. Er sitzt noch und erwartet seinen Spruch, den man noch nicht weiß, ob er streng oder gelinde seyn wird. Meine gröste Verlegenheit ist jetzt einen Hofmeister zu bekommen. Ich kann hier keinen auftreiben. Was macht der jüngste HErr Bruder? Wenn es ihm nicht gefiele, wo er ist, könnte er meine Stelle nicht einnehmen und sich auf alle die Bedingungen verschreiben, die man mir ehemals angeboten. Ich habe seiner Mamma von ihm keine Rechenschafft geben können v glaube daß er sich jetzt munter befindt. Sie kam mir recht aufgelebt vor, und wird Sie künfftig Jahr besuchen. Ich werde Sie noch vor meinem Abschiede besuchen, wie ich es I ihr versprochen. Sie kam für Ungedult Nachrichten von Ihnen zu hören nach unserer seel. Mutter Tod zu uns; ich war aber eben ein wenig bettlägerich daß ich Sie nicht sprechen konnte. Wolson hat mich heute besucht v scheint mir zieml. vergnügt zu leben. Er ist nicht mehr im Coll. Fr. v redt nicht viel Guts davon. Hätte der Phrygier dies nicht eher wißen sollen. Er läßt Sie herzlich grüßen v für die Rede danken. Lauson auf dem alten Fuß wie es mir scheint, ein wenig trübsinniger und in sich gehender; so arg aber nicht als er beschrieben wird; jetzt vielleicht mehr verachtet als gefürchtet. Ein gewißer Liefl. Graf ist hier gestorben im schlechten Gerücht v großer Dürftigkeit. HE. Wulf hievon mehr, der im vorbeygehen ein allerliebster Mann v so stark im Jure als ehmals in der philosophie geworden. Er hat ein
    ehrwürdig Mädchen
, für das er zittert v bebt, die Leute sagen eine Braut. Küßen Sie Ihr Frauchen in meinem Namen, ich habe allenthalben ausgebracht, daß sie im Begrief steht Mutter zu werden. Laß Sie mich nicht zum Lügner werden. Ich umarme Sie beyderseits und bin nach dem herzlichsten und freundschafftlichsten Gruß von meinem alten Vater und Bruder, den ich nicht erkannte und über mein Wiedersehen beschwiemte (sottises de deux parts). Leben Sie wohl v lieben Sie unverändert Ihren Hamann.
Geliebtester Freund, Sie glauben mir zuvor gekommen zu seyn, unterdeßen Sie meinen Brief etwas später werden erhalten haben. Ich werde durch das Andenken meiner Freunde immer sehr aufgerichtet; wie sollte ich es nicht durch Ihr zärtliches Schreiben seyn? Ihren Brief wollte vorgestern da ich ihn erhielt sogleich bestellen laßen. Mein Bruder hat ihn aber auf dem halben Weg wieder zu Hause bringen müßen. Ich gieng daher den folgenden Tag als gestern zu Ihrer lieben Mama, die ich voller Unruhe fand. Der ganze Roßgarten hat durch eine Feuers Noth gewaltig gelitten, dergl. man sich hier nicht besinnen kann. Der hefftige Sturm breitete selbige so ungemein aus; v die Angst einiger großen Häuser die in Gefahr waren machte daß man die andern dabey verwahrloste. Es fieng sich in der Weißgerbergaße an v gieng beynahe bis an die Kirche. Man ist wenigstens für selbige schon besorgt gewesen. An der Schwanen Brücke hat es vorn auf dem Roßgarten mit dem großen Hause, in dem ehmals ein President wohnte, aufgehört welches ganz abgebrannt hinten aber desto weiter um sich gefreßen. Die Fr. Consistorial Räthin ist auch schon geflohen mit ihren Sachen zu den Predigern. Weil sich der Wind aber umgewandt, haben diese wieder ihre Zuflucht zu ihr genommen. Beyde sind mit der bloßen Angst davon gekommen. Die Jgfr. Schwester befindt sich am Blutspeyen bettlägerich. Die Mama aber Gottlob recht munter und frisch. Die Ursache des Feuers weiß man nicht. Es ist bey einem Fuhrmann ausgekommen der seine Wand angesteckt haben soll um der Wantzen loß zu seyn. Das Uebel biß auf die Wurzel ausgerottet. Andere meynen daß es angelegt, wozu der Verdacht sehr groß anfängl. gewesen weil es in kurzer Zeit an 3 Orten zugl. gebrannt v wie man sagt nicht zu löschen wie andere Feuersbrünste gewesen; woran der Sturm ohne Zweifel schuld gewesen. Unser ehrl. Wagner der Schwabe sprach die Wandläuse unschuldig hatte aber die Franzosen in Verdacht, die näml. die das Fort Philipp eingenommen. Er hat die Empfindungen nicht; ich habe ihm ihren Zeddel gegeben. Gestern ist Feuer auf dem Haberberg angelegt worden. Man hat es noch zu rechter Zeit entdeckt auch den Thäter davon, der einer Frau die ihm kein Bier mehr auf Credit geben wollen, diesen Schrecken zugedacht v den Haberberg auch willens gewesen so kahl als den Roßgarten zu machen. St. Blancard hat mir ein klein Verzeichnis an Sie geschickt das ich nicht einmal mitschicken wollen la belle allemande les egaremens de Julie v dergl. mehr. Von den übrigen Commissionen gab habe in meinem vorigen Rechenschafft gegeben. Ich weiß nicht daß eine Akademie hier ist. Wolson scheint sehr vergnügt zu leben; mit ihm einmal in Schulzen Garten gewesen wo ich den M. Kant HE Schultz Freytag v Prof. Kypke fand. Der letztere logirt jetzt in ihrem Hause v hält se. eigene Wirtschafft jetzt, worinn er sehr zugenommen. Man erzählt hier von einem Testimonio das er von einer Magd hier gegeben, die er sonst gelobt aber dabey angemerkt daß sie obstinata und voluptuosa wäre. Man muß diesen Worten seinen Accent v seine Miene finden um alle das kurzweilige darinn zu finden, worüber man lacht, wenn es einem erzählt wird. Mein alter Vater wird Gott Lob ein wenig ruhiger er wird Ihnen selbst schreiben; v wünscht Ihnen v allen den Ihrigen viel tausend Gutes mit mir. Sie können sich leicht vorstellen wie viel der Abschied kosten wird. Er wird mich wenigstens so lange aufhalten als es ihm mögl. seyn wird; v mir. Ich v mein Bruder küßen Marianchen die Hände v empfehlen uns Ihren HE Brüdern. Erkundigen Sie sich doch bey dem jüngsten wo er die 2 Theile vom Schaupl. der Natur hingegeben, die ihm meiner geliehen. Ich bin mit dem meinigen sehr übel zufrieden, wie er mit meiner Bibliothec hausirt hat. Leben Sie wohl v leben Sie vergnügt. Ich umarme Sie als Ihr wahrer und beständig aufrichtiger Freund. den 4. Aug. 756.Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie / et des bell: lett: et Recteur / du College Cathedral / de et / à /
    Riga
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Geliebtester Freund, Eben bin mit einem schönen Journal zu Ende, das bey Klüter auskömt und voriges Jahr den Anfang gemacht. Es heißt: Melanges litteraires et philosophiques. Ouvrage periodique par une societé de gens de lettres. Omnibus aequi. Die Wahl, das Urtheil und die Schreibart unterscheiden sich darinn. Ich möchte es Ihnen wohl empfehlen; und Sie für ein anderes Journal epistolaire bey Bourdeaux warnen, das so elend als jenes vorzüglich ist. Es sind gleichfalls 2 Tom. davon heraus, die ich mit viel Eckel durchgelaufen. In dem ersteren habe einen Auszug von den Briefen über die Empfindungen gelesen, die hier nicht mehr zu haben. Der Beschluß davon ist dieser: Nos lecteurs seront peut-etre surpris d’apprendre qu’un auteur aussi judicieux dans ses reflexions que poli dans l’expression est un jeune homme d’un metier qui ne lui permet de donner aux muses que les heures que d’autres emploient au sommeil et au repos et d’une Nation dont le triste esclavage sous le quel elle gemit sembleroit devoir la rendre incapable de travaux litteraires. C’est un phenomene digne de toute l’attention du Public. Er ist aber nicht genannt. Leßings Vertheidigung seines Lustspiels ist also vielleicht von eben demselben und keine Erfindung, dafür Sie solche sonst gehalten. Eben diese Melanges litteraires melden Pope ein Metaphysicker! als eine Schrift Leßings an, die den Verfaßern damals noch ungelesen gewesen seyn muß. Ich wünschte Ihre Recens. darüber zu sehen. Sie steht noch nicht im 2ten Theil, der hier noch dazu defect im Buchladen angekommen. Die Schrift habe selbst gelesen. Pope ein Metaphysiker! Dies Signum exclamandi soll vermuthlich des Horatz sein risum teneatis amici ausdrücken. In dem Vorbericht wird die Gelegenheit dazu angegeben. Die Akad. der Wißenschafften hat eine Aufgabe gemacht die Ihnen bekannt seyn wird. Es werden zwey Verfaßer davon angegeben um keine Eyfersucht zwischen Freunden zu erzeugen die zu ihrem Sinnspruch den Vers des Virgils Compulerunt – – greges Corydon et Thyrsis in unum hätten wählen müßen hat man diese Gedanken der Gefahr eine Preisschrift zu werden nicht aussetzen wollen. Es sind einige sehr feine und zweydeutige Züge auf die Akademie darinn, die dem critischen Geist des Leßings vollkommen ähnlich sehen. Der letzte ist sehr beißend. Es wird eine Stelle des Pope angeführt wo er über den philosophischen Bart in einem Briefe an Swift scherzt, den er sich in dem Versuch über den Menschen angemast. Pope würde sich also sehr wundern, schlüst der Autor, wenn er das Schicksal erlebt hätte, daß eine berühmte Akademie diesen seinen falschen Bart für werth erkannt hätte ernsthaffte Untersuchungen darüber anzustellen. Diese ganze Schrift ist lesenswürdig. Sie fängt mit einer Vergleichung eines Systems und Gedichts, eines Poeten und Metaphysikers an; und theilt sich hierauf in 3 Abschnitte der akademischen Aufgabe gemäs. Man sucht ein analogon eines Systems aus Popens Gedicht herauszubringen; das in 13 Sätzen besteht. Die Schlußfolge davon heißt nach Pope: what ever is, is right. Zweydeutigkeit der franzoischen Uebersetzung, tout ce qui est, est bien, welche die Akademie angenommen. Pope hat nicht sagen wollen ist gut, sondern ist recht, ist so wie es seyn soll, hat diejenige Stelle die ihm zukommt. Nun kommt eine Vergleichung des Pope mit Leibnitz in ihren Lehrsätzen. Der erste versteht den Zusammenhang des gantzen anders als der letzte. Pope in der gradation in der Leiter der Geschöpfe, Leibnitz in der Verbindung der Dinge vermöge des zureichenden Grundes. Pope schlüst à priori, Gott hat Menschen schaffen müßen weil sonst eine Stelle v Stuffe in der Reyhe der Wesen leer gewesen. Leibnitz à posteriori, weil Menschen sind so müßen sie zur besten Welt gehören. Beyde haben eben so verschiedene Begriffe der besten Welt. Pope ist dem Malebranche gefolgt. Der dritte Abschnitt ist eine Prüfung der Popischen Sätze, die in nichts weniger als eine Wiederlegung des Leibnitz ausfallen kann. Die Gottschede sagen, sie werde denn ganz was anders seyn, als die Akademie verlangt. Doch was geht es ihn was die Gottschede sagen; er will sie demohngeachtet unternehmen. In dieser Prüfung werden die Wiedersprüche, die Pfauenfedern v die Schwäche der Popischen Lehrsätze entdeckt. Hierauf ein Anhang, in dem gewiesen, daß Pope aus allen mögl. Systemen das sinnlich-schöne geborgt, den Malebranche, vornehml. den Shaftesbury, welchen Leibnitz beßer verstanden.          nächstdem des Kings Buch de origine mali        Cynegeticon oder Gedicht von der Jagd ist übersetzt ich habe es aber nur gesehen; it. ein Anfang einer prächtigen Uebersetzung vom Horatz, die einen Staatsmann zum Urheber haben soll. Das latein. richt über. Romanzen v Fabeln, die man dem Gleim zuschreibt, aber nicht werth zu lesen seyn. Bocks Gedichte mit einem Sendschreiben von HE. Hgr. R. Ohlius, Eine Vignette auf der die Dichtkunst in der Gestalt seiner Jungf. Tochter erscheint. Man lobt ein Sinngedicht Die Anstalten der Melinde, die in ihrer Küche Lerm gemacht, als wenn sie einen Kayser bewirthen sollte und dem HE. Verfaßer ein halbgewärmtes Bier aufgetragen. Ich rathe Ihnen eben so wenig sich selbige anzuschaffen als die Uebersetzung der satyrischen v ernsthaften Schrifften des Schwifts, davon der erste Band ein Horribilicribrifax vom Schwätzer ausgegeben. Weil die Geschichte des Bulls v die Briefe des Tuchhändlers darinn, so sind sie mir als ein Geschenk angenehm genung gewesen. Die Fable des abeilles v l’art d’aimer wird Ihnen mein Bruder besorgen auch ein Gedicht des V. über die natürl. Religion, das nach 2 Handschriften abgedruckt worden. Ich habe eine andere Ausgabe davon gelesen, die hier im Buchladen. An die Werke des Arnauld dachte neul. Sie kennen noch gar nicht die Stärke dieses Dichters. Meine Ausgabe war zu Berl. von 751. in 3 Duodez Bänden. Seine Elegien sind schön; in zärtl. Stücken verdient er mit Gresset Chaulieu v Bernis ein Nebenbuler zu seyn. Gedichte die mich entzückt haben, zu viel und in allen Arten. Dies ist der einzige Fehler den man ihm vorrücken kann. Ein Haufen Klaglieder die er in der Bastille gemacht. Schäfergedichte, Hirtenlieder, Gelegenheitsgedichte, eine Tragedie die den Anfang macht Coligny. Der erste Theil benimmt einem den Muth anfangs die übrigen zu lesen. Man wiederrufft sich selbst, je weiter man komt. Er führt öfters eine Comedie von sich an: le mauvais riche die aber nicht dareinsteht. Die neuste Auflage wird gewaltige Veränderungen gelitten haben, die man versprochen. Der Autor wird wenigstens mit den Lobsprüchen auf Volt. wie das Volk zu Athen mit des Tyrannen v Sophisten‥ Bildsäulen umgegangen seyn. Wars Phalereus? Noch ein Roman in gantz neuen Geschmack. La nuit et le moment ou les Matines de Cythere. Dialogue. Ein junger HE. tritt in Schlafrock bey einer Dame im Schlafzimmer. Dies ist die Auszierung des Schauplatz. Sie reden alle mögl. Sprachen. Dies ist die Handlung. Die Episoden sind so mannigfaltig als die es Mittelfarben zwischen schwarz und weiß giebt. Mit einem Wort, ein kleines Meisterstück in der monströsen Art; das dem Cyclopriapo sehr ähnlich ist, von dem ich heute gelesen habe. Eller hat eine Beschreibung eines Monstri in der Akademie der Wißenschafften zu Berl. vorgelesen, worüber eine artige Abhandlung in den gedachten Melanges steht. Eine Zegeunerin hat ein Kind zur Welt gebracht, das ein Auge mitten im Kopf, keine Nase und über den Augen einen priapum gehabt Der Autor nimmt daher Gelegenheit über die vortheilhaffte Lage dieses Gliedes zu legen reden, weil das sensorium des Vergnügens dem Gebiet der vernünftigen Seele so nahe gelegen. Er hält dafür dies Werkzeug bezeuge sich der Vernunft so wiederspenstig indem es sich in den Vortheilen einer Provinz befände, die dem Hauptsitz der Regierung sich durch ihre Entfernung gewißermaßen aus dem Gesicht verlöre v dergl mehr. Man sollte ein Hospital für die Misgeburten unter der Aufsicht eines Philosophen gründen wegen der nützl. Entdeckungen die man dadurch machen würde v sie der Grausamkeit der Eltern zu entziehen, die solche Kinder verabscheuen v mit Fleiß öfters ums Leben bringen. Bey einer andern Misgeburt von 2 Köpfen läst sich der Autor über die Unbeqvemlichkeiten eines solchen Zufalls aus; v glaubt daß es angenehmer wäre für einen Kopf 2 Leiber zu haben. Die Brüder, ein Trauerspiel des Youngs nebst der Uebersetzung seiner Satyren welche die Ruhmbegierde zum Gegenstand haben, die aber keinen Ebert gefunden, werden Sie vermuthlich selbst besitzen. Mein Dangeuil ist hier mit einem Haus Arrest belegt; sonst würden Sie schon ein Exemplar erhalten. Ich habe mit genauer Noth einige Sünden ausgewunden; unterdeßen wird Ihnen das Ihrige auch werden. Wenn Sie das eine was nach Riga schicken können gelesen, so melden Sie mir zugl. Ihr unpartheyisch Urtheil. Dies wird einen Anlaß geben mich weiter zu erklären. Ich habe an P. geschrieben, daß er        von sich geben soll. Er antwortet     der Orphelin de la Chine ist von mir nicht gesehen worden nachdem ich ihn dem HE Bruder mitgeteilt. Er hat ihn sich auf einen Tag ausgebeten. Ich werde an HE. D. deswegen schreiben. Er hat von mir gleichfalls einige Bücher bekommen die er suchen sollte loßzuschlagen. Diese hat er gleichfalls an Ihren HE. Bruder ausgeliehen v einen andern angegeben, von dem er sie hätte. Daß er also selbst nicht weis was ihm noch andern gehört. Mir ist es damals nicht mit gewesen, daß er dies Stück bekommen. Wäre es da, so hätte ich es durch Baßa nebst den andern Sachen bestellen laßen. HE. P. Gerike wird den Jacobi v Brown christian Morals durch diesen Freund vermuthl. erhalten haben, dem ich alles übrige anvertraut, was mir nicht gehörte. Von meinem
    Denkmal
liegt Ihr Exemplar längst fertig um mit erster Gelegenheit abzugehen. Einige Gedanken darinn sind das Facit von einer ganzen Reyhe Betrachtungen, die mir im Sinn gewesen v die ich habe auslaßen müßen. Es hat mir nicht geglückt einige Dinge auszudrücken, auf die meine Hauptabsicht gegangen; das außerordentl. das wunderbare das göttl. in einer alltägl. Begebenheit aufzuschlüßen, bey der die Gewohnheit die Menschen zum Erstaunen gleichgiltig v leichtsinnig macht; ferner das physische von dem moralischen bey dieser wichtigen Erscheinung gehörig auseinander zu setzen. Was Büffon über den Tod sagt würde kaum für einen Menschen hinlängl. seyn der sich einen Zahn ausreißen laßen wollte. Gesetzt liebster Freund der Genuß des Lebens machte uns selbiges lieb; wie viel Fälle wo er uns daßelbe vereckelt? v vielleicht sind deren mehr als der ersteren. – – HE. Lauson hat mich besucht, und bittet Sie um Ihre Antrittsrede v die von Ihnen in Riga ausgegebenen Gedichte. Jetzt komme ich auf den wichtigsten Punct in Ihrem letzten Briefe, der mir ein unbeschreiblich Vergnügen gemacht. Ich habe auf frischer That die Nachricht davon an HE. Gen. geschrieben. Danken Sie dem HE. Bruder für den Dienst den er mir erzeigt in meine Stelle zu treten. Ich glaube nicht, daß ihn dieser Tausch gereuen wird; und habe ihm schon zuvor bedungen in alle meine Rechte zu treten, das heist so viel Gehalt als ich zu bekommen und die Hoffnung die jungen HE. in ein Paar Jahren außer Landes zu bringen. Man wird ihm vermuthlich beydes mit Vergnügen einräumen. Nichts als die lange Zeit bis Weynachten ist nur noch ein kleiner Anstoß. Wäre es nicht möglich eher los zu kommen. Ersuchen Sie ihn über meine Absichten dort so viel möglich ein tiefes Stillschweigen oder Unwißenheit anzunehmen. Ich denke bald von hier abzugehen und vorher noch selbst an ihn alles zu schreiben was er zu wißen verlangt. Vor der Hand aufs beste empfohlen. Vielleicht hat er schon jetzt einen Brief von dort erhalten. Mein Gesuch darum ist dringend gewesen. Mein Vater ist auf gutem Wege mich bald ziehen zu laßen. Sie können sich die Versuchungen leicht vorstellen, und wie viel Anfälle er auf mich gewagt. Nehmen Sie die Grillen und Pralereyen anderer hinzu, die sich um fremde Angelegenheiten bekümmern, die sie nichts angehen. Hievon läst sich nichts schreiben, desto mehr erzählen. Ich habe hier keinen vertrauten Freund, nein, niemanden, den ich zu Rath ziehen kann; und brauche die meiste Zeit um meinen alten Vater zu seyn, der sich jetzt ein wenig erholt, wenn ihn die Haushaltungs Sorgen nicht so viel Verdruß machten. Um 10 zu Hause sondern auch zu Bett. Sie können leicht denken, daß dieser Zwang meinem Vergnügen so wohl als meinen Arbeiten großen Abbruch thut. Es kann aber nicht anders seyn; und ihm zu Liebe breche ich beyde ab. Den ganzen Tag zerstreut oder gestört. Wenn das gar zu lange währt, so würde ich in eine gänzl. Unordnung oder Schläfrichkeit kommen. Kgsb ist ge     todt für mich. Unser Fr. Hs ist     v Secr. Sie wißen wo? Sie wißen die jetzige Umstände ungefehr. Wie oft wir uns sehen, können Sie also leicht erachten. Er hat immer zu thun v ich fürchte mich ihn zu stören. Geschäfte geben der Freundschaft eine gewiße Kälte im äußerl. die zwar auf das Herz keine Wirkung hat davon unterdeßen die Vergleichung der Einbildungskraft nicht gefällt. Ich bin jetzt übrigens ziemlich in guter Verfaßung des Gemüths wieder und fast zu einer Reise beßer aufgelegt wie ich gedacht. Die Witterung wird ein wenig zu frühe rauh. Ich wünschte wenn ich schon unter Weges wäre. Diese Woche der Anfang, wenn Gott hilft mit künftiger müßen alle Reiseanstalten zum Aufbruch fertig seyn. Ob von hier oder Dantzig nach Amsterd. Ich fürchte mich im letzteren Ort aufgehalten zu werden v auf einen Schiffer lauren zu müßen. Die Hofmeister haben sich verabredet sich mit mir zugl. hier einzufinden; v alle als meinem Aeltermann unter ihnen die Ehre ihres Besuchs angethan. HE Reusch der bey der Gräf. von Fink ist HE. Hoyer und HE. Radke bey einem HE. von Schlabberndorf in Insterburg. Sein Bruder ist aus Saltzburg mit einer Summe von 24 000 Thrl. für die hiesigen Emigranten eingekommen die ihnen ausgezahlt werden sollen. Unsere ganze Stadt hat jetzt numerirte Häuser. Das unsere ist No. 172. in der Altstadt. Radke Schwester hat ein Paarchen zur Welt gebracht, beyde zu früh v sie ist mit genauer Noth davon gekommen. Der Diak. Buchholtz hat seine liebe Frau plötzl. an den Pocken verloren. HE. Trescho kenne noch nicht; ich habe ihn bitten laßen mich zu besuchen, er ist aber nicht gekommen. Weil ich wuste oder erfahren, daß er keine Stelle außer Landes annehmen würde; so habe nicht weiter daran gedacht ihn zu suchen. HE D. Funk hat mir am meisten Höflichkeiten erzeigt, die ich wegen seiner verbindlichen und rechtschaffenen Begegnungen gegen mich nicht genung zu erkennen weiß. Heute vor 8 Tagen mit Keller v Hennings bey ihm gespeist, und sehr vergnügt gebischofft. Entschuldigen Sie meinen alten Vater, daß er noch nicht geantwortet. Er ist HE. B. noch eine schuldig; und ist voller Arbeit. Sie werden es nicht so genau mit ihm nehmen. Sein Herz kennen Sie und das wird an Ihrer Freude allemal so viel Antheil nehmen als Sie an seinem Leid genommen haben. Er wird sich aber gewiß selbst entschuldigen. Grüßen Sie Ihr Schätzchen tausendmal von mir und unserm ganzen Hause. Mein Bruder wird ehstens selbst schreiben. Vernet ist nicht für Sie gewesen. Mit… werden Sie nicht mehr auf dem Leiterwagen fahren und umwerfen können. Ich habe sie bedauert, weil ich ihr gut gewesen. Sie war ein braves rasches Mädchen, die beste Seele, das verdient hätte von Ihnen parentirt zu werden. Vielleicht ist es geschehen. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie und werde Ihnen wenigstens noch einmal schreiben. Antworten Sie bald. Für Bernis danke unterdeßen. Schreiben Sie was er kostet; so können wir hier abrechnen. Ich bin ewig Ihr ergebener Freund und aufrichtiger Hamann. Königsb. den 18. Aug. 756. Verschonen Sie mich mit Ihrem Scavant très renommé. — homme de lettres, s’il Vous plait.
Mein lieber Bruder, Ich habe Dir schon neul. Posttag schreiben und das memoire raisonné mitschicken wollen, es hat nicht angehen können. Und das letztere werdet ihr schon wenigstens deutsch haben. Ich bin Gott Lob recht gesund und schwärme den Tag zieml. herum. Vormittags zu Hause oder bey HE. Grafen Fink. Nachmittags aber sehe mich um; biß gegen Abend die ich mehrentheils für mich zubringe. Ein Concert hat mich HE. Baro und die größten Hofmusikos kennen gelernt. Es wird Freytags bey HE. Janitzsch gehalten. HE. Baro ist auf 8 Tage mein Lehrmeister auf der Laute geworden. Mehr denke nicht daran zu wenden. Dieser alte Mann der dem Tausche zieml. ähnlich ist im Eigensinn übertrift er ihn, scheint mir zieml. gewogen worden zu seyn, und ich glaube von seinen Sachen vielleicht mehr aufweisen zu können als sich andere bisher rühmen können. HE. Schuster ist Professor bey der Maler Akademie geworden und logirt in eben dem Hause mit ihm. Er giebt jetzt ein Werk von Kupferstichen in der schwartzen Kunst aus worinn die größten Künstler unserer Zeit nebst ihrem Lebenslauf kommen sollen. Er hat mir das erste Probeblatt durch HE. Dubuisson Kgl. Blumenmahler geschenkt und Benda ist auch jetzt fertig; den ich auch noch von ihm zu erhalten hoffe. Er hat mich heute besucht; und sich durch das Tombeau des Weiß sehr einnehmen laßen. HE Kammermusikus Baro ist auf unsern drollichten sehr übel zu sprechen v hat sich deswegen mit dem Gr. F. verzürnt der nicht leiden kann daß man seinen Lehrmeister verachtet. Die Stücke die ich aufgewiesen haben mir und den Meinigen desto mehr Aufmerksamkeit zugezogen; der Neid selbst hat sie billigen müßen wieder Willen. HErrn Reichard thue die Versicherung daß ich mein Wort in Ansehung derselben halten werde sie nicht gemein zu machen. Ich habe eine Hauptstimme von dem Durantschen Concert die Flöte wo ich nicht irre aber vergeßen und bitte Dich also mit erster Post sie mir zu überschicken. Ich denke noch immer daß ich Gelegenheit haben werde mich vielleicht öffentl. damit hören zu laßen. Vergiß es daher nicht mein lieber Bruder. Wenn Du noch etwas beylegen könntest. Das große zum Exempel was ich zu Hause gelaßen oder das Schwartzsche nach HE. Reichards Verbeßerung; oder den Melancholicum den er auf der Laute absetzen wollen: so wäre es mir um so viel lieber. Ich denke noch 14 Tage wenigstens hier zu bleiben. Gedruckte Sachen kosten hier weniger auf der Post und die Music blüht hier unter allen schönen Künsten. Versag mir das Vergnügen und das Hilfsmittel mich ein wenig zu zeigen nicht, wenn es Dir mögl. ist. Die Buchladen habe hier alle biß auf des Waysenhauses ihren besucht. Mit den Franzosen ist nicht auszuhalten. Jasperd ist der verdrüslichste unverschämteste Kerl auf der Welt. Neaulme hat ein altes holländisches Weib hier, die ich gestern schön bezogen. Bourdeaux ist noch der einzige mit dem zu handeln. Klüter hat einen Haufen Kinder, und scheint in schlechten Umständen zu seyn. Ein Mann der ganz Europa v die Levante mit zum Theil durchstrichen hat. Ich fand ihn an dem Memoire rais. arbeiten aus Lust und für die lange übersetzte einen Bogen in der Geschwindigkeit. Gestern komme von ungefehr zu ihm er will eben taufen laßen und bittet mich mit zum Schmauß. Ich habe den Abend mit viel Zufriedenheit hingebracht und hatte ein Theil der Nacht mit angesetzt. Anstatt die Sechswöchnerin im Bett zu finden, saß sie im vollen Putz und gieng frischer im Hause als die gesundeste Frau herum. HE. Sahme hat mir heute ein freundschaftl. Billet geschrieben. Ich habe ihn nicht seit den 2 Abenden gesehen die ich bey meiner Ankunft mit ihm zugebracht. Der geheimte Rath ist zu Hause und er mit Arbeiten überhäuft. Den jungen HE. von Beausobre habe bey Gr. F. gesehen. Er hat die Correctur der Zeitungen; und außer der Ehre ein Eleve du Roi zu heißen der ihn hat auf seine Unkosten reisen laßen ist er der Autor der Songes d’Epicure; die du in Königsb. gesehen. Den ältesten von Krokau habe eben daselbst gestern gesprochen auch mit einem engl. Sprachmeister M. Mountel Bekanntschaft gemacht. den 30 Octobr. Ich bin heute übereilt worden. Werde alles bestellen. Mache Couverts um diese Briefe und erwarte nächstens mehr. Grüße 1000 mal meinen alten lieben Vater ich bin mit Deinem Schreiben an HE. B. sehr zufrieden gewesen den Umstand mit Funk verstehe nicht. Du must Dich selbst hierüber eine Erklärung ausbitten.
à M. H. H. homme de lettres.
de Londres ce 14. Janv. 1758. Monsieur, Il est très naturel de se defier autant d’un homme, qui nous est inconnu, que de celui que nous ne connoissons que par ses endroits foibles. Je Vous crois dans le premier cas vis à vis de moi; mais c’est avec mortification, que je me trouve moi-meme sous des preventions plus fortes à l’egard de Vous. Neanmoins je Vous suppose
    Anglois
, je veux dire, Monsieur, que ce grain de reflexion, cette touche de sentimens, qu’on pense si essentiels au caractere de Votre Nation, mes rassurent sur le pas difficile, que je m’en vais faire. Agreez en retour de me supposer
    homme
, tel qui malgré son air sombre et misanthrope a cultivé cet instinct de l’humanité, qui nous appelle à faire tout le bien et à empecher tout de mal, que nous pouvons. Vous prenez un brouillard, que le jour vient de percer, pour une nuit à couvrir les Secrets de Votre honte et un Mystère d’iniquité – – Vous Vous amusez – – sur le bord d’un gouffre – – avec un monstre –. Malheur à tout enfant gaté et ingrat, qui ose jetter une main parricide sur l’Ordre de la nature, de cette mere sage et bienfaisante, de cette tendre nourrice – – –! J’ai etudié l’homme, Monsieur; le degré, au quel le coeur humain peut s’avaler, et la portée, à laquelle il est capable d’atteindre, me remplissent tour à tour de crainte et d’envie. Cette connoissance a donné à mon esprit des plis bien serieux. Ajoutez-y quelques revers de mon Sort en Vous resouvenant de ce qu’un de Vos Genies a dit: A thinking Soul is punishment enough But when ’t is great and wretched too; Then ev’ry Thought draws Blood. Dryden. Me voici dans un pays etranger abandonné de toute ressource et de tout appuy. L’amitié, graces au ciel! je n’ai jamais connu que celle qui est fille de la Vertu et Soeur d’un vrai Bonheur, cette Amitié a eté la guide et la compagne de ma première jeunesse. Helas! il m’a fallu encore languir ici sans ses conseils, sans ses soulagemens, sans ses secours. Je vois perir mon peu de talens comme une vigne faute d’autre echalassé. Enfin ce qui fait le comble de mon chagrin j’ai eté forcé, en depit de moi-meme, de me depayser sur le compte d’un seul – – que j’ai pratiqué ici avec toute la bonne foi d’un honnete homme et avec toute la delicatesse d’un ami. J’ai à rougir à present de notre familiarité et je m’en dois faire les reproches les plus humiliantes. Après m’avoir rendu si souvent le martyr de sa stupidité et de sa bassesse, la duppe de sa fanfaronnade et de son effronterie, il s’est lassé lui-meme de
    sa
masque, et moi, j’ai eu le degout et le desespoir de l’attraper dans sa forme reelle. Prenez garde de Vous-meme et de ce que Vous avez à craindre d’un vilain, qui se vend soi-meme à des fantaisies les plus monstruenses – – qui fait sans doute un usage digne de Votre liberalité – – qui Vous a trahi mille fois par son indiscretion et par ses mensonges – – Croyez un Dieu vengeur des crimes (le Diable meme sauroit-il croire moins?) croyez-le, dis-je, et tremblez! Je ne saurois entrer dans aucun detail ni de mes sentimens, ni de mes decouvertes. Le Ton de cette Lettre Vous apprendra bien aisement, qu’elle se fonde sur des
    preuves
, dont la vuë et l’ouverture Vous feroit peut-etre glacer. L’accueil, que Vous ferez à celle-ci, reglera mes mesures. Ce n’est pas une lettre anonyme; la medisance ni le ressentiment n’en sont point les motifs. Je veux satisfaire et l’homme en question et Vous, si le contenu de cette lettre Vous jugez le contenu de ces lignes digne de Votre attention ou le depositaire de quelques faits et papiers, qui Vous interessent, digne de Votre egard. Ne brouilliez rien, je Vous en supplie; il y a trois personnes, que Vous devez menager. C’est lui, c’est Vous-meme, c’est moi. Je finis cettre lettre enveloppée et accablante avec un avis et un Compliment hardi, dont Hamlet se servoit dans un Situation à peu près egale à la mienne Repent what ’s past,
    avoid what is to come
And do not sprend
    the compost on the weeds
    To make them ranker. Forgive me this my Virtue
For in the fatness of these pursy Times Virtue itself of Vice must pardon beg Yea, curb
    and woo
, to do for
    leave to do it good
. Je suis avec une Consideration infinée.
Londres ce 24 Janv. 1758. Monsieur, Il y a huit jours, que je Vous ai ecrit une lettre, la quelle je trouve à propos de suppleer par celle-ci, et j’aurai fini avec Vous. Je Vous rends justice, Monsieur, sur deux points. Dieu! quel embarras, quelle peine de s’arracher aux furies d’une passion, qui n’auroit pris racine sans avoir auparavant ecrasé avec une violence barbare et tyrannique, la moindre etincelle d’une conscience et pour ainsi dire, toutes les Enseignes de notre Espèce – – Je fremis en m’arretant sur ce sujet et je me sens d’autant plus de compassion pour Votre situation etat. L’autre point me regarde moi- meme. Vous etez ou abusé sur mon caractere, ou Vous Vous plaisez de le meprendre à dessein par des soupçons inutiles frivoles. J’ai vecu avec l’homme en question toujours dans une ignorance entiere de c ses engagemens avec Vous. Je me pique d’une discretion pointilleuse pour les affaires de ceux, que je vois sur un pied de familiarité, je me defends meme de penetrer leurs details. S’ils me jugent digne de leur confidence, je leur paye mon retour par la chaleur et par la cordialité, avec la quelle j’epouse leurs interets. Votre indigne
    Commilito
se ressouviendra de mon honneteté envers lui, de ma facilité et de mon ardeur dans les Services, que j’ai eté en etat de lui rendre. Ainsi l’ingratitude sera plutot de son coté, s’il est assez lache de m’en accuser. Je lui remettrai son instrument, dont j’ai toujours refusé le present, et une paire de boutons, qu’il m’a offert une fois donné en reconnoissance – – à fin d’avoir rien qui me rappelle le Souvenir d’un Sot, d’un vilain, d’un Scelerat, pour le quel j’ai profané la qualité d’ami et la dignité d’honnete-homme. Il me faut condescendre à ces pauvretés-là, parcequ’il m’a entretenu quelque fois de sa generosité, dont il Vous a comblé p. e. robbe de chambre, precieuse canne d’Espagne. A l’egard de ces 2 tableaux, dont il Vous a fait present, il a eté assez sincere de m’avouer, qu’il Vous les offroit pour Vous gagner quelques Guinées, qu’il vouloit feindre d’avoir payé pour la voiture d’un Coffre. Mais le coffre et les livres furent à moi et je me suis preté à plusieurs de ses folies pour menager son imbecillité et
pour me le gener pas trop par l’inegalité de nos principes et de nos moeurs. Pendant son voyage de Bath il s’eleva un bruit entre quelques femmes, qu’il fut entretenu par Vous et sous des conditions aussi scandaleuses que honteuses; qu’on Vous avoit epié dans le lit avec lui dans une visite de midi &c. J’en fus petrifié et je fis tout pour m’eclairir. Vos lettres me dirent la meme chose, sa dependance de Vous &c. Vous le chargez de l’attendre à 11 heures avant midi entre les draps &c. enfin je reconnus le meme caractere d’ecriture, la meme fureur de passion, que ce nigaud m’avoit fait voir au commencement de notre connoissance dans quelques lettres, qu’il pretendoit etre ecrites par une fille de qualité, que je connois. Ce n’est pas à Vous, Monsieur, de juger de ma surprise, de mon indignation et de la rage, dans la quelle cette decouverte me jetta. Je voulois rompre brusquement avec lui et eclater; enfin apres une foule de resolutions tumultueuses, je m’avisai de me decouvrir à lui et dissayer des voies plus douces – – Il fallut m’emparer d’une elite de vos lettres les plus masquées pour la conviction de sa mechanceté et les plus convenables à ces dessein important mon usage – –. I fallut encore renouer avec lui, truover l’opportunité la plus favorable à cet dessein important – Il s’est apperçu d’un changement dans ma conduite, it s’en est douté, it s’est rassuré enfin il s’est determiné avec un aveuglement, avec une bassesse – – Et moi, Monsieur, je me suis determiné aussi, mais par desespoir de reussir dans mon Heroisme pour supporter plus longtems et pour sauver ce Monstre amphibie – – Encore un coup, je suis determiné, mais par desespoir – – C’est pourquoi j’ai pris le parti de m’adresser à Vous pour ne me passer d’aucun menagement possible; car il ne s’agit pas seulement de faire le bien mais encore de le bien faire. Je ne veux que rompre ces chaines de Belial – – c’est la seule satisfaction, que je me veux permettre à moi meme contre un malhureux qui est à tous egards au dessous de mon attention et de ma vengeance, qui me fait pitié sans meriter meme mon mepris. Vos Secrets ont deja eté dans la bouche de 3 femmes que je connais et à la merci de trois domestiques; et j’ai des preuves assez authentiques et suffisantes à soutenir leur temoignage. Ne me provoquez point aux extremités. Je Vous assure sur ma parole et sur ma foi, que je n’ai aucun autre but de mes demarches, que de Vous detromper, que de Vous tirer d’une alliance, dont les Suites ne manqueront jamais de Vous ruiner d’une manière ou d’autre et enfin d’avancer un divorce par des considerations de Votre honneur et de Votre interet, que Vous serez assez tot forcé de faire par crainte, par honte ou par des motifs plus pressans. Je Vous donnerai aurez une preuve de ma sincerité par dans la remise volontaire de ces les ces lettres qui Vous interessent, que je ne veux garder ai que jusqu’au moment où je serai convaincu de Vos resolutions. Mais parler raison à des ames raccornies, eteintes, mortes à tout sentiment de nature et de conscience; n’est-ce pas precher, comme St. Antoine, l’Evangile aux poissons? Pour etre entendu des hommes, il faut les eveiller par des traite plus piquans. Donnez le paquet au sens commun, à la morale, à la religion – – autant en emporte le vent – – – A la bonne heure; en voici pour la force! * * Ne soyez point surpris, Monsieur, qu’il m’a montré lui-meme Vos poulets; il a eu la betise de me faire lire une lettre, ecrite de sa propre main d’un pretendu Baron de – – – à son frere – – – qui a couru le monde sous la qualité d’un menetrier. Personne ne sauroit etre Je n’ai jamais eté la duppe de cette forgerie grossiere; car les sentimens de cette lettre respiroient trop la roture et so le style ressembloit trop au baragouin ou Pedlar-French due vrai son auteur veritable pour le meconnoitre. Ce n’est pas peut etre le defaut de son education, qu’il ne sache epeler la langue de son pays; ni non plus le defaut de la bonne compagnie, qui m’a juré d’avoir vu à Paris qu’il n’en ait pris ni le ton ni les manières. On m’a fait un conte assez plaisant de sa Tabatière garnie du portrait d’un homme qu’il qualifie de son Pere – – Pendant que Vous encensez son petit idole en miniature, par des soupirs, par des larmes, par des caresses idolatres, dans des agonies voluptueuses pour l’absence de l’original – – l’ingrat se joue de Votre Copie en chargeant son crime par l’idée d’inceste – à Dieu ne plaise que Vous fussiez et son
    quod dicere nolo
. Je ne connais à Mr. le Baron de – – – aucun autre Parent en Angleterre qu’un Cousin très proche en vertu de
    Cocuage
. Ce Cousin dont Vous n’avez rien peut-etre entendu jusqu’à present, est l’infortuné Chevalier – – – le Cadet, qui a eté disgracié et cassé cassé de la manière la plus criante malgre l’universalité de ses talens, l’unanimité de coeur et d’esprit et les services signalisés, qu’il lui a rendu en Camerade, en Favori, en valet de chambre, en Cuisinier, en Maquereau, en Ministre d’industrie… Oui, Monsieur, en Ministre d’industrie. En voici une preuve qui Vous fera juger que ce garçon honnete avoit un genie fertile en ressources de Finance – Mr. le Baron a un Banquier à Londres, qui reçoit les revenues de ses terres, qu’il m’a decrit tant de fois comme l’homme le plus heteroclite, le Diable le plus anglois, qui il l’a fait peter si souvent contre tout ce pays, et qu’il a eté obligé d’attraper toujours par des ruses, des tours d’adresse. Son fidele Ecuyer fut l’inventeur de celui-ci. Il fallut feindre une perte accidentelle de l’argent, qui lui avoit eté remis, pour rendre ce mensonge probable il en fallut publier un avis dans les Gazettes et accorder une recompense raisonnable au trouveur d’une bourse qu’il n’avoit jamais perdu pour avoir plus d’argent à perdre. Car je connais Mr. le Baron comme excellent Chymiste de ses gages. Sur le fait d’alliance du Baron avec le dit Chevalier it ne vaut pas la peine de m’expliquer. Le principe de Charité est communicatif; il employe une partie de celle, qui le fait vivre lui-meme, pour entretenir… J’ai eté bien surpris, il est vrai de son aveuglement et de son insensibilité dans une matiere ordinairement assez delicate; je fus meme assez bete de prendre plus vivement part de que lui-meme de son affront et de son malheur: mais à present je reconnais toutes les choses dans leur ordre et dans leur vrai jour. – – Le Public sera peut – etre bien aise de se rejouir de la Caricature et des Anecdotes d’un homme si extraordinaire, si unique, si merveilleux. Il est dommage, qu’un merite si superieur soit enseveli dans l’obscurité. Non, il est digne d’etre affiché aux femmes publiques en taurreau banal et aux courtisans de S… et G… en che… d’homme. Je ne Vous ecrirai plus, Monsieur. J’ai ajouté le Comique au ton serieux. Prenez Vos resolutions – – – Je m’en lave les mains et suis Votre très humble serviteur.
S. T. Voici Votre lut, dontu quel j’ai toujours refusé le present don; Vos boucles, que Vous m’avez offert d’une maniere si gauche, qui me les a fait toujours dedaigner, et que je les j’ai presenté par cette raison plusieurs fois à Votre fille Dulcinée; et un livre, qui n’a jamais eu une place entre les miens – – Je Vous ai rendu justice dans les deux lettres, que j’ai ecrit sur Votre sujet. La derniere visite, que Vous m’avez payé avec quelques Shelings avant-hier, à mis le sceau à l’idée, que j’ai donné de Vous. Je suis degouté de m’entrenir plus longtems avec Vos folies; je m’en suis servi comme un malade prend Opium pour etourdir un mal plus cuisant – – Il n’auroit pas valu la peine de venir me voir; je suis assez convaincu, que Vous etes un imbecille, pour m’en donner encore des preuves. C’est avec le meme sang froid, que se peux m’ entendre d’un Prince m’appeller
    fou
d’un prince, que et
    chien de Francois
d’un galant homme, qui me rencontre à la ruë. Un bon-mot, dont on fait une femme la depositaire, n’est pas un secret assez digne d’etre relevé; mais Votre foiblesse d’esprit Vous fait manquer toujours Votre le but. Pour le languages des Halles, dont Vous Vous etes prevalu contre moi, c’est un defaut de moeurs, qui est trop particulier à la Canaille, ce ne sont que les lieux communs des coquins. Je ni debaucherai jamais ma bouche comme Vous, pour la rendre l’Echo de Vos injures et des bassesses, dont ne Vous ne savez meme rougir. Vous savez entendez ce que je pouvois mettre en parallele de vos diners‥ Mes bagatelles emporteroient peutetre la balance sur les votres. Ce fut pour Vous ranger, pour mettre Votre belle à l’abri des poursuites de Cadet, que je poursuivois ce garçon-la. Ce fut à l’egard de Vous que je fus mal aise de n’etre point satisfait – – Je Vous fis un rapport de cette affaire, au lieu de m’etre obligé pour ma bonne intention, Vous m’ ecrites la lettre la plus stupide, la plus grossière. Cela me piqua, je Vous repondis dans un ton ironique. Je me
recommendois à Votre Protection, que Vous m’aviez promis pour me vanger d’un malheureux, qui ne me regardoit point du tout, et que j’aurois dedaigné negligé sans Votre egard. Pour Vous parler sans figure, je Vous ai fait plusieurs amitiés, dont Vous n’avez jamais rien compris et qu’on ne sauroit comprendre sans avoir un coeur fait pour les sentir.
    He’s for a Jig or tale of Bawdry, or he sleeps
. Laissez Vous expliquer ce motto par Votre fille;
parceque’il renferme les bornes de Votre esprit et de Votre jugement. Je me respecte trop moi-meme pour entrer dans un detail de toutes les vilainies, que Vous avez craché l’autre jour dans un chambre chez moi, avec cet air, avec une cette contenance pitoyable, qui ne convient qu’à des ecoliers, qui bravent la verge de leurs fessiers. Ce n’est pas mon sang, mais mes principes, qui me rendent poltron; mais je Vous connnois tel par temperament par flegme d’ame par lacheté de coeur – – En cas de convenance je saurois manier une chasse – mouche ou un fleau correctif mieux, que jamais aucun Baron de Pournoaille les armes de sa noblesse. J’ai e n’ai point abusé de Vos pris garde de n’abuser point Vos confidences. Pour celle de Vos tableaux j’ay ai eté forcé parce que je Vous ai toujours soupçonné d’avoir fait croir. Mr. Shist que Vous m’aviez donné ce coffre et ces livres, qu’il a vus chez Vous. Je Vous pourrois Vous satisfaire sur tout le reste de ma conduite envers Vous – – mais je ne veux perdre ni mon tems ni ma peine. Ce seroit du Grec pour Vous. Vous comprenez à present la verité de ce que je Vous ai dit tant de fois; que Vous n’aurez jamais un vrai ami, parceque Vous n’en etes pas indigne de n’avoir. Un honnete homme risque beaucoup avec un villain; mais vous voyez que celui-ci a encore plus à craindre d’un homme de probité. Je defie à présent tout Votre esprit d’intrigue; c’est à dire, toute Votre insolence de mentir, de medire, de tromper – car ce sont les seules armes, dont Vous pouvez Vous servir contre moi. Je m’en suis moqué, etant Votre ami; j’ose à l’heure qu’il est en rire tout hautement sous Votre barbe. Mais voici les dernieres epreuves de mon bon-vouloir que je Vous porte. Profitez en, s’il Vous plait. Vous ne savez Vous pas, combien je serois en etat de Vous nuire, mais il faut que Vous sachiez aussi; combien peu je suis enclin à le faire – – J’ai des ressources, dont ne Vous ne Vous doutez point – – Ne Vous perdez point Vous meme par Votre indiscretion, par Votre folie et par Votre mechanceté. Un coeur corrompu et mechant comme le Votre manque toujours de lumieres pour voir ses interets. Communiquez la lecture de cette lettre à celui qui Vous a fait lire les siennes. Je m’en vais faire les honneurs du jour qu’on fete ici – – Helas. Je Vous abandonne à Votre honte, à Vos remords, à Vos reproches, à la vengeance du Ciel et de la Nature – – Que je Vous plainds. Si Vous n’en sentez rien; tant pis pour Vous. Je suis Votre trés sincere Serviteur. ce 24. Janv.
Mein Herzenslieber Bruder, Mit Mutter Händen leitet er die Seinen stetig hin und her. Gebt unserm Gott die Ehre. Gott erzeigt Dir viel Gnade, und ein größer Glück wird Dir angebothen, als du hattest erwarten können. Danke ihn von Herzen und nimm es nicht an, als biß Du Dich seinem Willen ganz gewiedmet hast und Dir Seinen Beystand von oben dazu versprechen kannst. Wenn es sein Wille ist, und Dein Ernst Dich demselben zu ergeben, so wird Dir alles gewährt werden, ja selbst das was uns entgeht, dient denn zu unserm Besten. Wir müßen als Sünder Gott bitten, als unwürdige und dürftige; nicht als Geschöpfe, sondern als Erlöste. Gott will uns nicht anders hören, annehmen, und erkennen als in seinem Sohn. Ohne den ist unser Gebeth ein Abscheu, und alles Gute, das wir thun und ihm vorsetzen nicht beßer als das Brodt, das er den Propheten Ezechiel zu eßen befahl; Speise mit unserm Unflath gebacken. Ich schreibe Dir nicht als ein Schwärmer, nicht als ein Pharisäer, sondern als ein Bruder, der Dich nicht eher hat lieben können, solange er Gott nicht erkannte und liebte; der Dich aber jetzt von ganzen Herzen wohl will, und seit dem er beten gelernt hat, nicht vergeßen auch für Dich zu bitten. Alle Zärtlichkeiten des Bluts, der Natur sind leere Schaalen, die denen nichts helfen, die wir lieben. Wir können unserm Nächsten nicht anders als Schaden thun und sind wißende und unwißende Feinde deßelben. Durch Gott allein liebt unser Herz die Brüder, durch ihn allein sind wir reich gegen sie. Ohne Jesum zu kennen, sind wir nicht weiter gekommen, als die Heyden. In dem würdigen Namen, nach dem wir Christen heißen, wie der Apostel Jakobus sagt, vereinigen sich alle Wunder, Geheimniße und Werke des Glaubens und der wahren Religion. Dieser würdige Name, nach dem wir genannt sind, ist der einzige Schlüßel der Erkenntnis, der Himmel und Hölle, die Höhen und Abgründe des Menschlichen Herzens eröfnet. Ließ das herrliche Lied: Beschränkt Ihr Weisen dieser Welt p mit wiederkäuen, und laß Dir den Ton meiner Briefe nicht anstößig seyn. Du wirst mich als keinen Kalmäuser antreffen, wenn ich die Freude haben sollte Dich zu sehen. Ich lebe jetzt mit Lust und leichten Herzen auf der Welt und weiß daß die Gottseeligkeit die Verheißung dieses und des zukünfftigen Lebens hat und zu allen Dingen nützlich ist. Seit dem ich Gottes Wort als die Artzeney, als den Wein, der allein unser Herz fröhlich machen kann und unser Gesicht glänzend von Oel, als das Brodt, das das Herz des Menschen stärkt kennen gelernt habe, bin ich weder ein Menschenfeind, noch hypochondrisch, noch ein Ankläger meiner Brüder, noch ein Ismael der Göttlichen Regierung mehr. Das Böse auf der Welt, das mir sonst ein Aergernis war, ist jetzt in meinen Augen ein Meisterstück der Göttl. Weisheit; und der Befehl des Erlösers: Wiedersteht dem Bösen nicht, ein Kleinod der Göttl. und Christlichen Sittenlehre. – – Mit Deiner Antwort, welche die Ehre gehabt dem hiesigen Magistrat zu gefallen, bin daher auch zufrieden biß auf die kritischen Züge, die Dir darinn entfahren. Unterdrücke dergl. Einfälle so viel möglich. Du weist wie sehr ich an der Läusesucht des satyrischen Witzes siech gelegen. Wenn es Gottes Wille ist Dich hier zu haben, so beschleunige Deine Abreise so viel wie möglich. Sende alle Deine Bücher lieber mit einem Schiffer ab, um so leicht als möglich zu Lande zu gehen. Bringe meine 2 Lauten mit, ich hoffe, daß aus Lübeck die zerbrochene mit meinen Büchern angekommen; wo nicht, würdest Du mich verbinden um selbige zu schreiben. Ich denke es gleichfalls zu thun. Die Postküßen die ich dort gelaßen um selbige überzuschicken, gehören HErrn Hennings, deßen Bruder oder Freunden Du selbige einliefern kannst. Bringe Dir Eßigs Historie, mein lieber Bruder durchschoßen und unbeschnitten mit. Erkundige Dich, ob Marschalls Evangelisches Geheimnis der Heiligung ins Deutsche übersetzt, und schaffe Dir dies Buch an. Es ist schon im vorigen Jahrhundert im Engl. ausgekommen. Siehe Herveys Urtheil im 2 oder 3. Theil des Aspasio um Dich zur Lesung deßelben aufzumuntern. Falls es nicht übersetzt, will so ich mit Gottes Hülfe diese Arbeit thun oder Dir überlaßen. Bringe von Schrifften und Musikalien so viel mit als Du kannst. Wenn Dir unser liebe Vater Luthers Schrifften überlaßen will, so laße diesen Schatz nicht zurück. Zu Schiff wird die Fracht wenig kosten. Gott lenke alles nach Seinem Gnädigen Willen. HE. Pastor Gericke der Vater freut sich sehr über Deine Wahl, und ich – – ich – – ich, mein lieber Bruder, ich denke von Dir beßer als mir Selbst und zweifele nicht, daß Gott viel Gutes, recht sehr viel Gutes zum Besten Seines Hauses und seiner Heerden, sie mögen in Cammern oder Schaffen bestehen, im Sinn hat durch Deine Hand auszurichten und selbige dazu stärken wird. Wie froh bin ich über die Gnade gewesen, die mir Gott durch Dein Glück und Gegenwart so unvermuthet bereitet hat. Ich erschrock als ich von Deiner Ueberkunfft hörte, weil ich glaubte, daß ein gleicher Sinn mit dem meinigen Dich hiezu antriebe – – und ich unsern alten lieben Vater nicht gern verlaßen wißen wollte. Als ich aber die Umstände erfuhr, war ich desto angenehmer entzückt. Ich umarme Dich herzlich und empfehle Dich der Gnädigen Obhut unsers himmlischen Vaters und unsers liebreichen Erlösers, der Seinen guten Geist reichlich über Dich ausgüßen und Dich mit allen Tugenden deßelben salben wolle. Amen. Ich ersterbe Dein treuer Bruder. Johann George. Berenshoff, den 25. August 1758. Geliebtester Freund, Der Ort aus dem ich schreibe läßt Sie leicht erachten, mit wie wenig Muße es geschehen kann. Der erste Zug den ich im Vergnügen des Landlebens in Grünhof gethan, hat mir geschmeckt – – wünschen Sie mir, daß ich den Rausch wenigstens gut ausschlafen möge, und daß alles gut bekomme, worinn man hier viel thut. Der Winter wird lang genung seyn um das Andenken des Sommers auszuwittern. Es wird durch den Bedienten ein stark Paquet von Briefen an mich gekommen seyn, daß ich sehr zu lesen nöthig habe um zur rechten Zeit darauf antworten zu können. Sie werden mir daher mit
    ehster
und
    erster
Post zurückschicken, weil mir viel daran gelegen. Ich habe kaum Zeit Ihnen für alle Merkmale der Freundschafft Dank zu sagen. Sie verlangen keinen Aufsatz von Artigkeiten, die man sich in solchen Fällen einander sagt. Entschuldigen Sie mir meinen Fehler in Ansehung Ihres lieben Barons, dem ich alle Zärtlichkeiten und Erkenntlichkeiten mit dem besten und ergebensten Herzen durch Ihre Hand zum voraus ankündige, biß ich im stande seyn werde meiner Schuldigkeit und Versprechen gemäß selbst an Sie zu schreiben. Herr Bruder ist vor einer Stunde hier angekommen – – Er läßt Sie grüßen. Ich habe an meinen geschrieben spornstreichs, wie Sie sehen. Vielleicht wird ihn Herr Doctor nach Riga begleiten, der mich alleine reisen laßen mußte. Umarmen Sie meinen treuen Freund Baßa von mir; ich werde mit ersten so bald ich in Riga ankomme bey Dumpen bestellen. Ersetzen Sie alles in Gedanken, was in diesem Briefe vergeßen worden. Ich bin mit der aufrichtigsten Hochachtung Dero ergebenster Freund. Hamann. Schicken Sie doch mit ersten das Buch der beyden Siegeslieder oder die Abschriften davon mir über. Der älteste HE. Baron würde Ihnen und mir zu Gefallen eine Schreibstunde daraus machen. Leben Sie wohl.
à Monsieur / Monsieur Lindner / Gouverneur de Mrs. les / Barons de Witten / à Grunhoff par Mitow.
Geliebtester Freund, Ich komme eben von unserm Hofe ein und erhalte das Paquet von Briefen worauf ich gewartet. Es ist vorige Post liegen geblieben, weil s Sie keine addresse darauf gemacht. Inskünfftige werden Sie mich homme de lettres nennen und abzugeben bey HErrn Carl B. Ich bin voller Unruhe – – und etwas hypochondrisch. Sie werden mir daher mein Geschmier entschuldigen; weil ich überdies wieder auszugehen gedenke. Unordnung in meiner Lebensart und diese ewige Peiniger – – Menschenfurcht und Menschengefälligkeit. Artzt hilff Dir Selber werden Sie sagen. Ich kenne meine Krankheit und meinen Artzt; und will zu seinen Recepten wieder Zuflucht nehmen. Studieren Sie noch so grimmig? Liebster Freund. Schonen Sie Ihren Leib und sichten Sie meine Schwärmerey. Gehen Sie um Gottes Willen zu Ihrem Beruf zurück, und werden Sie selbigem nicht untreu. Ich kann jetzt anders nichts als Hirtenbriefe schreiben. Falls Sie das Paquet gelesen haben, was Sie aus Uebereilung erbrochen, werden Sie Ihre Lust gehabt haben mich so von einem Freunde gehetzt zu sehen. Ich wünschte wenn Sie es gethan hätten. Ich bin selbst einmahl in eben den unschuldigen Fehler gefallen, daß ich die Möglichkeit deßelben weiß. Sie würden keine Geheimniße darinnen angetroffen haben, die ich Ihnen nicht Selbst laut vorlesen wollte. Laßen Sie sich den Briefwechsel mit den jungen Barons keine Qvaal noch Arbeit seyn. Sie mögen schreiben was Sie wollen, so ist es gut für mich, und ich will Sie bald gewöhnen mit meinen Briefen gleichfalls fürlieb zu nehmen, wenn und wie sie kommen. Die Fr Gräfin v der Herr General werden keine Schreiben von mir erwarten – – falls – – werden Sie mich im Vorbeygehen zu entschuldigen wißen. Ich müste nichts als Complimente schreiben – – und die kann ich nicht, habe auch nicht nöthig solch Schaarwerk zu thun. Den jungen Herrn werden Sie ein wenig die Uebersetzung und die Worte meines Briefes ein wenig in den Mund zu drehen und zu erheben suchen. Es fällt einigen Leuten so schwer Empfindungen zu verstehen als andern Worte ohne Sinn zusammen zu schreiben. Ich werde jetzt zu Herrn Bruder gehen um zu hören ob was von meinem Bruder angekommen. Ich habe nichts vor mich gefunden, so gewiß ich mir auch darauf staat machte. Weil Sie und B. Freunde sind, so werde ich mir denselben immer als Ihren Schatten vorstellen und daher meine Briefe an ihn in Ihren einrücken. Sein Geld habe eben abgezahlt und soll heute oder mit ersten gewiß bestellt werden an die Dumpin. Bitten Sie ihn, daß er jetzt mehr Ursache als jemals hat dem Rath, den ich ihm gegeben, buchstäblich zu folgen. Um ihn daran zu erinnern, will ich ihn wiederholen – – Gott zu vertrauen, mit dem Gegenwärtigen zufrieden und dankbar dafür zu seyn, ohne Murren alles zu ertragen und nicht ein Haar breit von den Pflichten der Treue und der Stimme seines Gewißens und Herzens abzuweichen. Falls eine Veränderung in seinen Umständen geschehen sollte, für nichts zu sorgen. Falls ihn Gott austreiben will, ist Stelle und Brodt für ihn fertig. Das zehnte Geboth muß uns ehrwürdiger als Jonathans Seele seyn. Der Apfel, die reife Frucht, die abfällt, soll uns hier recht gut schmecken. Das Reiß muß erst dort abgehauen werden, ehe wir uns unterstehen müßen aufzunehmen, uns es zuzueignen und in uns. Garten einzupropfen. Der Stein muß erst von jenen Bauleuten verworfen werden, ehe er als ein Eckstein in unserm Gebäude gebraucht werden kann. Ich würde das Herz nicht haben so viel zu sagen, wenn ich nicht wüste, daß diese Offenherzigkeit ihn jetzt ungedultiger machen wird seine Feßeln mit Gewalt zu zerbrechen oder durch Künste abzufeilen. Falls er dies misbrauchen will, muß er wißen, daß er sich gewärtig halte mich als einen Lügner zu finden. Sapienti sat. Ich möchte ihn sehr gern mit einer Commission beschweren, die niemand so gut als er für mich bestellen kann. Mein lieber Wirth ist ein großer Liebhaber von Wild, er wird so gut seyn, wenn er was gutes für mich aufkaufen kann und eine Gelegenheit dazu ist, mir solches zuschicken. Das Geld dafür soll gleich übermacht werden. Er wird wenigstens sich darüber erklären, ob er es kann und will thun ohne gar zu große Unbeqvemlichkeit. Melden Sie mir seine Herzens Meynung darüber. Grüßen Sie das Pastorath, das Alte und Neue, aufs ergebenste von mir mit einem wiederhohlten Dank für alle daselbst erzeigte und genoßene Höflichkeiten. Ich höre auf, weil ich weder Materie noch Zeit mehr übrig habe zu schreiben. Sie werden es eben so machen. Lieben Sie mich trotz aller meiner Fehler; desto mehr Verdienst und Dank für Ihre Freundschafft von demjenigen, der sich von Grund des Herzens nennt Ihren aufrichtigen und verpflichtesten Diener und Freund. Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Gouverneur des Messieurs / les jeunes Barons de Witten / à / Grunhoff. / par faveur.
Mein Gütiger Herr Baron, Ich habe alle Tage an Sie geschrieben, weil es aber nicht mit der Feder in der Hand geschehen, so ist nichts auf Papier, und folglich eben so wenig Ihnen zu Händen gekommen. Darüber erhielte Ihren schmeichelhafften Brief mit letzterer Post, worinn Sie meinen Bedingungen unterzeichnet haben. In dem Gewühl von Gegenständen, die sich zur Unterhaltung unsers abgeredeten Briefwechsels anbothen, ist mir die Wahl schwer geworden. Wir wollen das Faß erst wo anzapfen; wenn die erste Probe ein wenig trübe aussieht, so wird es bald klarer laufen. Es fiel mir unter andern ein, Ihnen einige Gedanken über den Beruff eines kurländischen Edelmanns mitzutheilen. Da ich aber im Begriff war mir selbige abzufragen; so fühlte ich mich zu schwach mich an diese Materie zu wagen. Die Sache selbst schien mir doch einer Aufmerksamkeit und Untersuchung würdig zu seyn. Helfen Sie mir die Zweifel auflösen, die ich mir selbst gegen meine Aufgabe machte. Kann man dem Edelmann wohl einen Beruf zuschreiben, oder paßet sich dieser Begriff bloß auf den Bauren, oder Handwerker, oder Gelehrten? Um hierauf zu antworten, müßen wir uns einander erklären, was wir durch den Beruff verstehen. Ist dies ausgemacht, daß der Edelmann einen Beruff hat, der ihn von andern Ständen und gesellschafftlichen Ordnungen unterscheidt, und zu einer besondern Art derselben macht und bestimmt; so wollen wir unsere Neugierde weiter treiben, biß wir finden, worinn denn der Beruf eines Edelmanns bestehe? Jetzt würden wir einen guten Weg zu unserm Ziel zurückgelegt haben. Meine Gelehrigkeit, meine Freude Ihnen nachzugehen wird Sie aufmuntern sich die andere Hälfte Ihrer Arbeit nicht verdrüßen zu laßen. Sie werden einige Hauptzüge entwerfen, wodurch sich der Adel Ihres Vaterlandes von dem Bilde eines Edelmanns überhaupt und den Kennzeichen besonderer Völker und Staaten unterscheidet. Hier würden Sie einige historische Nachrichten und politische Beobachtungen nöthig haben, die Sie aus der besten Bibliothek nicht so geschwinde sammlen würden, als die Belesenheit Ihres würdigen Hofmeisters sie Ihnen im Vorbeygehen anbieten wird. Nun würden Sie meinen Vorwitz, Lieber Herr Baron, so weit gegängelt haben, daß wir das Augenmerk deßelben erreicht haben. Sie würden aus den vorangeschickten Sätzen im stande seyn meiner Anfrage ein ziemlich hinlänglich Genüge zu thun, und mir Ihren Sinn über den Beruff eines kurländischen Edelmanns erklären können. Hier haben Sie den Zuschnitt zu einer Reyhe von Briefen, die ich von Ihnen erwarte: Sie werden über den Innhalt eines jeden, den Sie mir schreiben wollen, eine kleine Unterredung mit Ihrem Herrn Hofmeister anstellen und seine Begriffe mit Ihrem eigenen Nachdenken zu Hülfe nehmen. Es wird aber Ihre eigene Arbeit seyn selbige aufzusetzen und auf eine deutliche Art in Worten auszudrücken: Aufmerksamkeit und Ordnung in Ihren Gedanken wird sich wenigstens durch einen natürlichen Verstand desjenigen, was wir sagen wollen und eine gehörige Rechtschreibung der Wörter zeigen. Sie sehen, wie der Satz, über den wir beyde unsern Kopf und unsere Feder ein wenig üben wollen, die Frage ist: Worinn der Beruff eines kurländischen Edelmannes bestehe? Diese läst sich ohne Mühe in gewiße Theile spalten, absondern, und stückweise ansehen. 1. Was ist ein Beruff. 2. Was ist der Beruff eines Edelmanns. 3. Was ist ein kurländischer Edelmann. 4 Was ist der Beruff deßelben?? Die ganze Kunst zu denken besteht in der Geschicklichkeit unsere Begriffe zergliedern und zusammensetzen zu können. Das beste Uebungsmittel unserer Vernunfft besteht darinn, Schule in sich selbst zu halten. Die Fertigkeit zu fragen und zu antworten ertheilt uns das Geschick eines Lehrers und ernährt zugleich die Demuth eines Schülers in uns. Der weiseste Bildhauer und Meister der Griechischen Jugend, der die Stimme des Orakels für sich hatte, frug wie ein unwißendes Kind, und seine Schüler waren dadurch im stande wie Philosophen zu antworten ja Sitten zu predigen, ihm und sich selbst. Sie werden sich keine Gebirge von Schwierigkeiten in der Uebung vorstellen, die ich Ihnen aufgebe. Muth und Gedult gehören zu den Schularbeiten, und durch diese werden jene reif, wenn sie zu Kriegs-exercitiis und Feldzügen einmal da seyn sollen. Liuius wird Ihnen erzählt haben, womit Hannibal die Alpen schmeltzte. Die Gedult ist eine Tugend, die uns sauer zu stehen kommt; und aus mislungenen Versuchen entsteht wie der Eßig aus umgeschlagenen Getränken. Die Tapferkeit selbst ist nichts als die Blüthe der Gedult. Haben Sie welche mit meinem Briefe, der die Geschwäzigkeit eines Alten nicht uneben nachahmt. Ich werde zu diesem Charakter keine Maske nöthig haben. Nach meiner unterthänigsten Empfehlung an Dero Gnädige Eltern, die ich mit den herzlichsten Wünschen alles hohen Wohlseyns begleite, verharre mit der aufrichtigsten Neigung Ew. Hochwohlgebornen ergebenster Diener und Freund. Riga. den 15. Septembr. 1758.Hamann. Mein lieber Baron, Fahren Sie fort in Ihrer Denkungsart; und laßen Sie sich zum voraus zu Ihrem künfftigen Wachsthum Glück wünschen. Ein ehrlicher Mann sey Ihnen immer schätzbar! Hören Sie ihn gern, so rauh auch seine Stimme, so gerädert auch seine Aussprache seyn mag. Der Nutzen, den Sie von seiner Rechtschaffenheit ziehen können, ist ganz der Ihrige. Wer Schmeichler zu entbehren weiß, ist werth Freunde zu haben. Ein einziger überwiegt die Schätze Indiens. „Wo liegt Indien?“ Wird Ihnen der Herr Hofmeister fragen. Sagen Sie nur auf meine Verantwortung: „In der alten und neuen Welt.“ Der Herr Bruder traut mir entweder viel Faulheit oder seinen fähigen Kopf zu; daß er mir schon wieder vorschlägt bald zu Ihnen zu kommen. Ich denke jetzt mit Gottes Hülfe recht fleißig zu seyn; und Sie würden eben so verdrüslich seyn aussehen in Ihrem Eyfer auf das Latein und die Historie gestört zu werden. Unsere Abrede, mein lieber Herr Baron, war uns nicht einander eher zu sehen, biß wir beyde einige Prüfetage ohne wechselsweiser Furcht und Schaam auszuhalten im stande sind. Ich traue Ihrem Wort ohne eine Handschrifft darüber zu fordern. Ich Endesunterschriebener – – – – – Unter uns! sub rosa – Dies würde eben so poßierlich klingen, als es in das Gesicht fällt ohne Augenmaas eine Seite im Briefe einige Zeilen höher und oder tiefer als die gegenüberstehende anzufangen. Ihr Brief, mein kleiner Herr Baron, ist so ordentlich regelmäßig und rein geschrieben, daß ich mich schäme meinen eigenen dagegen zu halten. Ich schreibe mit meinen dunkeln Augen bey Licht, und zwar noch ohne Brille, weil ich mir durch ihren Druck nicht meinen Sinn des Geruchs schwächen will. Wie würde ich dies gegen die Blumen und den Wein verantworten können? Vermelden Sie meinen unterthänigsten Respect an der Gnädigen Frau ReichsGräfin und des Herrn Generalen Excell. Excell. und sagen Sie die verbindlichste Grüße der Fräulein Schwester wie auch Ihrem kleinen Chevalier in meinem Namen vor. Ich bin mit einer wahren Neigung Dero ergebener Diener und Freund. Riga den 15. Sept: 1758.Hamann. Hochwohlgeborner Herr, Gütiger Herr Baron, Ich werde Sie in diesem Briefe mit der Nachricht eines berühmten Streites unterhalten, der vor ein paar Jahren in Frankreich über die Frage entstand: ob der französische Adel eines Berufs zum Handel fähig wäre? Ein gewißer Abt Coyer, der Verfaßer einiger moralischer Tändeleyen, gab eine Schrift heraus, die den Titel führte: La noblesse commerçante. Hier sind die Hauptbegriffe derselben. Der Adel in Frankreich hat das Vorurtheil, daß nur zwey Stände mit der Ehre deßelben bestehen können. Miles aut Clerus, sind die gebahnte Wege um sein Glück zu machen, wie es öfters die letzten Entschlüßungen der Verzweifelung sind. Diese beyden Stände, welche eigentlich auf Unkosten des Staats leben, und von den Reichthümern deßelben unterhalten werden müßen, haben nicht Stellen genung in Verhältnis des ganzen Adels überhaupt – – und des dürftigen unter demselben besonders. Ein Ueberwuchs dieser beyden Äste entvölkert ein Land, und erschöpft die öffentlichen Einkünffte deßelben. Man vergleiche hingegen den großen Einfluß des Kaufhandels in die Stärke, in das Glück und den Ruhm einer solchen Monarchie, als Frankreich seiner Lage an der See, seines fruchtbaren Bodens, seines Umfanges, seines Interesse nach mit den Nachbaren deßelben ist: so wird die Ehre, die Macht, der Glantz und Ueberfluß, die durch den Handel dieser Monarchie zuwachsen müßen, die Begriffe und Triebe der Ehre in ihrem Adel beßer bestimmen. Hat der Umfang zweener Meere, deren Wellen an euren Ufern brüllen, nicht mehr Gefahren um euren Muth zu üben als das größte Schlachtfeld? Hat die Ruhe, womit ein nützlicher Kaufmann Unternehmungen und Unterhandlungen zwischen den Bedürfnißen ganzer Familien, Städte und Nationen entwirft, und seinen Gewinn dabey berechnet, nicht mehr Reitz als die unfruchtbare Muße und die vom Aberglauben öffters erbettelte Ueppigkeit eines Klosterlebens? Ist es nicht mehr Ehre und Lust die Wirtschafft und den Nutzen großer Waarenläger und Capitalien zu zeigen, und ist es nicht Baurenstoltz eure Ahnen, eure verwünschte Schlößer dem Verdienst und der reinlichen Pracht eines Handelsmannes entgegenzusetzen, wenn ihr euch nicht schämt selbst euer Vieh und Erndte zu Markt zu führen? Seht den Adel in England an, fährt der Herr Coyer fort, der Bruder eines Abgesandten an unserm Hofe lernte zu gleicher in Amsterdam aus. Die Geschichte und die tägliche Erfahrung, Klugheit und Noth, die Ehre eures Adels und die Unmöglichkeit denselben ohne Mittel zu behaupten, das Vaterland und eure häusliche Umstände rücken dem franzosischen Adel die Thorheit und den Schaden seines Vorurtheils gegen den Handel vor. Der Verfaßer dieser Schrift, von deßen Gründen und Denkungsart ich Ihnen hier eine kleine Probe mitgetheilt, machte so viel Aufsehen, daß er sich genöthigt sahe im vorigen Jahr ein Developpement et Defense du Systeme de Noblesse Commerçante in zwey Theilen herauszugeben, die mir noch nicht zu Händen gekommen. Unter der Menge von Abhandlungen, zu denen gegenwärtige Anlaß gegeben, will ich nur 3 anführen. La noblesse militaire ou le patriote francois; die Aufschrift erklärt den Innhalt. Sie hat die Fehler und den Eckel der Declamation; und ihres Verfaßers unwürdig, wenn es der Chevalier d’Arc seyn sollte, deßen Lettres d’Osman ich Ihrer künftigen Neigung zu lesen so wohl als Ihrem Geschmack empfehlen möchte. Die zweyte ist la noblesse oisive – – von der ich Ihnen nichts zu sagen weiß. Die letzte heißt: la noblesse commerçable ou Ubiquiste, worinn der Einfall, den Adel selbst zu einer Waare zu machen, und die Ahnen wie das papierne Geld mit Wucher circuliren zu laßen, mit einem munteren und leichtfertigen Witz von allen möglichen Seiten gedrehet und gewendet wird. – – Es ist eine Mode des jetzigen Alters über den Handel so philosophisch und mathematisch zu denken als Newton über die Erscheinungen der Natur und Fontenelle über die Würbel des Descartes. Einzelne Menschen und ganze Gesellschafften und Geschlechter derselben sind gleichem Wahn unterworfen. In der Fabel vom Hut lesen wir die treue Geschichte unserer Erkenntnis und unsers Glücks. Egypten, Carthago und Rom sind untergegangen. Der Eroberungsgeist hat seinen Zeitlauf gehabt; die im finstern schleichende Pestilenz eines Machiavells hat sich selbst verrathen; wie weit die heutige Staatskunst durch die Grundsätze der Wirthschafft und die Rechnungen der Finanzen kommen möchte wird die Zeit lehren. Die beste Kunst zu regieren gründet sich wie die Beredsamkeit auf die Sittenlehre. Alle Entwürfe hingegen der Herrschsucht entspringen aus einer Lüsternheit nach verbothenen Früchten, die den Saamen des Unterganges mit sich führen. Unsere Erziehung muß nach dem herrschenden Geschmack der Zeiten, des Landes und des Standes, zu denen wir gehören, eingerichtet werden; dieser herrschende Geschmack muß aber durch gesunde Einsichten und edle Gesinnungen geläutert werden. Die Frage also, die ich Ihnen aufgelegt, ist unserer Untersuchung würdig. Der Inhalt des gegenwärtigen Briefes zeigt, daß der Adel so gut als andere Stände seinen Beruff habe, daß derselbe gleichfalls Unwißenheit und Vorurtheilen aufgeopfert wird; daß die Wirkungen davon unter verschiedenen Völkern gleichfalls verschieden sind, als die Denkungsart des engl. und franzosischen Adels in Ansehung des Handels. Die Verdienste eines spanischen Edelmannes sind lange in einer romanhafften Liebesritterschafft und einer Neigung zur Guitarre eingeschränkt gewesen; des Pohlen Adel besteht mit der Liverey und dem Pfluge. Zweifeln Sie also nicht, daß sich etwas gründliches, wenigstens zu unserer Anwendung über meine Aufgabe denken und sagen ließe. Laßen Sie sich durch gegenwärtige Anmerkungen dazu aufmuntern. Nach meinen unterthänigen Empfehlungen verbleibe, Mein Gütiger Herr Baron, Dero ergebener Diener und Freund. Riga. den 16/27 Septembr. 1758.Hamann. Mein lieber Bruder, Beyliegende Briefe bitte an die Frau Consistorial Räthin zu bestellen; Selbst wo möglich. Du bist unserm Freunde Ihrem Sohne viel schuldig. Wenn Du schwarz Siegellack hast, schlüße beyliegenden Trauer Brief zu und gieb ihn gleichfalls seiner Mutter ab. Beschleunige, so viel Du kannst, Deine Ueberkunfft. Bringe mir du Bos reflexions mit, die Du aus Lübeck erhalten haben wirst. Versiegele beyliegenden Brief an Vetter Nupp. v befördere ihn. Ich wünsche baldige Antwort und Nachricht von HErrn von O. Er ist unser gemeinschafftl. Freund gewesen. Du wirst mir einen Gefallen thun wenn Du alle meine LautenBücher besonders die LiederBücher mit bringst – – Mache alles in Ordnung, was Du nachgeschickt haben willst. Vergiß vor allen nicht den Seegen Deines Vaters mitzunehmen. Er gehört zu Deinen Beruff und künfftigen Glück. Verqvackele Dich in nichts. Thorheiten im Herzen bringen Grillen im Kopf hervor. Ich schmachte nach dem Glück Dich zu umarmen; und hoffe Dich als einen Bruder zu finden, der offenherzig und freundschafftlich mit mir umgehen wird. Wenn Du mit mir und meinen Freunden vertraut leben willst, so wirst Du dich ein wenig absondern. Ob Du Dir dies willst gefallen laßen, kommt lediglich auf Dich an. Weder ich, noch jemand anders wird Dich zwingen. Mündlich wills Gott! ein mehreres. Ich möchte gern Xenophons deutsche Uebersetzung von einigen seiner politischen Abhandlungen mitgebracht haben. Erkundige Dich im Buchladen von den Einkünfften Athens, der Pferdezucht pp. Mein Wirth wünscht selbige zu haben. Vergiß nicht Shafftesbury v Pluche zu ergänzen, ehe Du abgehst. Laße nichts in Unordnung. Schreibe vor Deiner Abreise und melde uns den Tag und Fuhrmann. Gott begleite Dich und sey Euch und uns allen gnädig. Ich ersterbe Dein treuer Bruder. Riga den 16. Sept.1758.Hamann. Herr Rector L. hat mich heute zweymal besucht und speist mit uns. Er nebst meinen Freunden grüßen Dich und bitten Dich zu eilen. Lebe wohl und grüße alle gute Freunde von mir bey Deinem Abschiednehmen. Ich wünschte Wolson zum Gesellschaffter meines lieben Vaters. Umarme ihn und sage ihm das in meinem Namen, mit Bewilligung unsers Vaters. Wenn sich keiner findt, so wird sich Gott Selbst Seiner desto mehr annehmen. Lebt die ehrl. Jgfr. Degnerinn noch? Geliebtester Freund, Von meinem Bruder noch keine Nachrichten; ich habe heute ganz gewiß einige erwartet. Gott wolle ihn bald und gesund herbringen. Ich weiß, daß Sie diesen Wunsch mir nachbeten. Warum vergeßen Sie mich gantz. Heißt dies die Pflichten der Freundschafft erfüllen? Ich habe nicht Zeit, sagen Sie – – Schaffen Sie sich welche durch eine beßere Anwendung derselben und durch eine größere Herrschafft über Ihre Begierden. So werden Sie niemals zu viel noch zu wenig sondern immer genung haben. Wie viel kann der Weise entbehren, der nicht mehr zu wißen verlangt er als zu seiner Nahrung und Nothdurft nöthig hat, und nicht zu Steinen spricht, daß sie Brodt werden sollen; dabey aber glaubt, daß Gott aus Steinen uns Kinder erwecken kann. Ehe es mir entfällt, versäumen Sie doch nicht mit erster Gelegenheit mir meine Laute, meine Schlüßel, meine 3 Hemde, Klopfstocks Lieder v das schon erbetene Leipziger Journal überzuschicken. Die Frau Rectorin hat uns heute einen Staatsbesuch abgelegt; Sie so wohl als Ihr Herr Bruder haben mir immer einen sehr argen Begriff von Ihrem Glück und Gedächtnis in Kleinigkeiten und Commissionen zu machen gewußt. Eine alte Serviette klagt ihre Noth über Sie, demohngeachtet blieben Sie unerbittlich – – Ich nehme mir zugl. die Freyheit eine Fürbitte für ihre Loslaßung und Heimsendung einzulegen. Sie werden mich als einen eben so unbarmherzigen Treiber und Preßer erfahren, wie Sie ein zurückhaltender und aufschiebender Erfüller sind. Ich überlaße es Ihnen und ich hoffe nicht, daß Ihnen diese Arbeit beschwerlich seyn wird aus Freundschafft für mich und Gefälligkeit gegen Ihren jungen HE. Noten und Kreutzer zu meinen Briefen zu machen, als Dollmetscher und Kunstrichter mit meinen Einfällen und Schreibart umzugehen. So toll Ihnen auch der Eingang meines Briefwechsels vorkommen mag, so könnte doch vielleicht derselbe mit der Zeit klüger werden und ein Zusammenhang wie von ungefehr darinn entstehen, wenn ich einigen Beystand von Ihrem Zügling erhalte. Werden Sie also so gütig seyn selbige lieber Selbst aufzuheben – – auf allen Fall, daß ich weiter käme, als ich jetzt noch absehe. Bleiben Sie nur genau bey den Punkten, die ich mir ausgebeten. Ich will mir gern dafür diejenige Gesetze gefallen laßen, denen Sie mich unterwerfen wollen. Es ist mir lieb, daß ich jetzt geschrieben, weil ich Arbeit bekomme, von der ich nicht weiß, wie lange sie mich beschäfftigen wird. Gott wolle mir Kräffte geben, und alle die gute Hoffnungen erfüllen, die er uns von weiten zeigt. Er muß uns gutes und böses tragen helfen; erlösen von der Gefahr des Glücks und stärken zur Arbeit des Leidens. Ich bin Gott Lob! gesund und zufrieden; und wünsche Ihnen gleichfalls beydes zu seyn. Was macht mein ehrlicher Baßa? Reden Sie bisweilen von mir – – doch in allen Ehren – – denn ich bin auf meinen guten Namen so zärtlich als eine Jungfer; aber zugl. so grosmüthig als jener Feldherr gegen das, was im Gezelt gesprochen wird. Grüßen Sie bey Gelegenheit im Pastorath und erkennen mich allemahl für Dero aufrichtig ergebenen Freund. Riga den 16/27 Sept. 1758.Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegel:
à Monsieur / Monsieur Lindner / mon / ami à Grunhoff. par fav:
Gütiger Herr Baron, Ich danke Ihnen für die Gefälligkeit, womit Sie sich zu meinen Einfällen beqvemen. Da ich mir Ihren Nutzen zum Endzweck unsers Briefwechsels gesetzt; so werden Sie mir eine freye Beurtheilung desjenigen Schreibens, das ich die Ehre gehabt von Ihnen zu erhalten, nicht übel deuten können. Erlauben Sie mir, lieber Herr Baron, bey dem Äußerlichen den Anfang zu machen. Dies ist das leichteste und einfachste bey einem Briefe; der Wohlstand und der Gebrauch hat darinn eine gewiße Ordnung eingeführt, worinn wir nicht unwißend noch nachläßig seyn müßten. Nach diesem Handwerksleisten und Schlendrian allein zu schreiben, ist aber mehr Schulfüchserey denn Wißenschafft. Der gute Geschmack besteht sehr offt in der bloßen Geschicklichkeit Ausnahmen von Regeln anbringen zu wißen; und es gehört zu Ihrem Stande, sich bey Zeiten zu einem feinen Urtheil im Anständigen und in Achtsamkeiten zu gewöhnen. Wenn sich der Innhalt meiner Briefe, und der vertrauliche, offenherzige, freundschafftliche Ton, in dem ich mir vorgenommen Ihnen zu schreiben, mit dem förmlichen Zwange und Zuschnitte der Curialien zusammenreimte; so würde ich ein Muster von Ihnen nehmen. Jetzt muß ich selbiges aber zu Ihrem und meinem Nachtheil auslegen. Entweder Sie sind zu steif sich in die unschuldige Freyheit und Ungebundenheit zu schicken, in der ich mit Ihnen umgehen will, oder Sie haben mir einen künstlichen Vorwurf daraus machen wollen, daß ich mir selbige gegen Sie herausnehme, und ohne rechten Titel auch viel zu hoch nach meinem Stande meine Briefe an Sie anfange, oder Sie wollen mir einen kleinen Betrug spielen, um mir die Kürze Ihres Schreibens nicht merken zu laßen. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß die Sprache, die wir in unsern Briefen mit einander führen wollen, sich nicht zu den Schau-gerichten gedrechselter Höflichkeit schicke. Sie sollen ein Beyspiel davon aus den ersten Zeilen Ihres eigenen Briefes haben. Ist ein HochEdelgeborner Herr wohl vermuthend mit einer Nachricht von offenen Munde angeredet zu werden? Ich traue Ihnen so viel Geschmack zu, das darinn liegende Misverhältnis empfinden zu können. Dieser Einfall würde seine rechte Stelle gehabt haben, wenn er auf einen: Mein Herr, oder auch Wehrter Freund, gefolgt hätte. In dem Mangel eines solchen Urtheils und Empfindlichkeit über das Anständige liegt der Grund, daß man einem Schmeichler und bloß höfflichen Menschen so selten eine gute Lebensart zuschreiben kann. Wer wird nach den Schönheiten des Witzes und der Beredsamkeit auf Stempel-BogenPapieren suchen? Jetzt komme ich auch auf Ihr Schreiben selbst, und muß mich gleich Anfangs darüber beschweren, daß Sie mir zu hoch schreiben. Ungeachtet aller meiner Mühe ist es mir nicht möglich gewesen Sie zu verstehen, wenn Sie zur Entschuldigung Ihres Stillschweigens
    einen Schlag
anführen, der
    anderswohin traff, als Sie sichs vorstellten
. Ich weiß nicht ein lebendig Wort von dem, was Sie mir hiemit sagen wollen. Sie wollen mir entweder Absichten und Gedanken aufbürden, die mir niemals in den Sinn gekommen; oder sich vor der Zeit in witzigen Wendungen üben. Was die ersteren anbetrifft, so werden Sie so gütig seyn mir immer die besten und unschuldigsten zuzutrauen, besonders gegen Sie, lieber Herr Baron; was die letzteren anbetrift, so glauben Sie nicht, daß die Güte einer Schreibart hauptsächlich in Briefen darinn besteht. Deutlichkeit, Einfalt des Ausdrucks, Zusammenhang sind mehr werth als drey seltene Worte und noch einmal so viel sinnreiche Einfälle. Was für ein Aufhebens machen Sie mir von einer Schulfüchserey, die man analysiren nennt? Sie geben mir bey dieser Gelegenheit die Ehre mich einen Freund zu nennen, sehen mich als einen Bürgen für den Nutzen dieser Uebung an, und ich als ein Freund soll
    desto mehr Antrieb seyn dem analysiren zu folgen
. In allen dem ist weder rein deutsch noch ein rechter Sinn. Endlich heißt es: Meine Meynung ist – – und an statt derselben kommt ein kleines rundes Unding zum Vorschein, das man wo ich nicht irre, eine Definition nennt. Und mit diesem Gerippe von einer Maus (Sie wißen daß jener kreischende Berg eine hervorbrachte, die wenigstens Fleisch und Fell hatte) ist die Frage beantwortet, worinn der Beruff bestehe? Das übrige, was Sie mir sagen, läuft auf entferntere Betrachtungen hinaus, davon einige eine so trotzige Miene haben, als des Euclides seine Axiomata und Theoremata. Uns Schulmeistern müßen Sie ein wenig Gelehrsamkeit und den Gebrauch der Kunstwörter eher als Sich Selbst erlauben. Oeil wird mit einem einzigen l geschrieben, weil oculus das Stammwort ist. — Wer mit Hintansetzung seines Beruffs sich um fremde Sachen bekümmert, kann leicht lächerlich oder lasterhafft werden; oder kann sich leicht lächerlich und unglücklich machen. Das Wort abscheulich ist zu hart. Das erste traf einen Abt St. Pierre – – Ich habe weniges von seinen Schrifften gelesen, weiß aber, daß selbst Staatsmänner mit Bescheidenheit und Hochachtung von seinem Herzen geurtheilt haben; daher würde ich mich unbestimmter ausdrücken, und lieber sagen: das erste soll an einen Abt eingetroffen seyn. – – Das letzte an einen andern Gelehrten, deßen Name mir jetzt nicht beyfällt; der aber vor seinem Ende ein Distichon hinterließ, worinn er die Lehre gab: Fuge Polypragmosynen. Ich habe nicht mehr Raum, muß daher abbrechen. Entschuldigen Sie meine freye Beurtheilung, v sehen Sie solche als eine Wirkung der Freundschafft an, mit der ich verharre Dero ergebenster Diener Hamann.
Geliebtester Freund, Der Herr Bruder hat mich diesen Vormittag besucht und verläßt mich eben mit der Hoffnung mir nach der Mahlzeit Gesellschaft zu machen. Der Herr Doctor hat sich in Riga lange aufgehalten, uns seine Gesellschaft aber wenig genießen laßen. Ich habe gestern Abend an Ihre jungen Herren geschrieben. Durch diesen Briefwechsel habe keine Absicht Ihnen beschwerlich zu fallen. Mit dem jüngsten Baron wird es nur ab und zu nöthig seyn anstatt einer Schreibstunde mir zu antworten. Den ältesten werden Sie sich ihm Selbst und mir ganz allein überlaßen. Er hat mit einer schlechten Feder, und mit einer Symmetrie geschrieben, die ich in des jüngsten Briefe berührt. Laßen Sie nur alle Fehler, die er thut, begehen ohne sich damit zu qvälen. Ich werde ihm nichts schenken. Wenn Sie eine Viertelstunde mit ihm über den Innhalt desjenigen, worüber er schreiben will, reden und darüber raisonniren; so ist das alles, was Sie von Ihrer Seite dazu nöthig haben. Sie werden dies als eine Bedingung bey Ihrer Excell. die ich Ihnen gegeben, anzubringen wißen und sich besonders im Anfange darnach richten und daran binden. Sehen Sie mit der Zeit, daß es der Mühe lohnt ihn ein wenig zu helfen, so können Sie es allemal so viel thun als Sie Lust haben. Ich will jetzt aber durchaus Meister in diesem Spiel seyn und freye Hand darinn haben. Die Ursachen, warum ich dies fordere, werden Sie selbst einsehen ohne mich darüber weitläufftig erklären zu dürfen. Mehr Nutzen für den jungen Herren. Und wir beyde mehr Freyheit gegen einander. Sie würden mir zu Gefallen Ihren Zügling und sich selbst zwingen; und ich mehr zurückhalten, oder unrecht treffen. Was machen Sie denn? Ich hoffe gesund. Nicht eine Zeile, noch einen Gruß von Ihnen erhalten. Ich bin in ziemlicher Unruhe meines Bruders wegen gewesen und noch. Er geht erst in 8 Tagen von Hause ab. Halten Sie ihn daher ja nicht auf sondern laßen Sie ihn in Gottes Namen ungestört abreisen. Da ich ihn selbst zu sehen gewiß diese Woche hoffete, und dadurch allein sein langes Stillschweigen entschuldigen konnte; kommt ein Brief, von dunklen schlüpfrichen Ausdrücken den man sich qvälen kann zu erklären, und davon man sich bey jezigen Umständen allerhand gefährl ängstliche Auslegungen machen kann. Gott helffe ihn gesund, bald und glücklich her. Die Schule wartet auf ihn. Der Sub-rector ist diese Woche schon beerdigt. Ein Grund mehr, der seine Ankunfft hier nöthig macht. Sagen Sie doch, daß es mir noch nicht möglich gewesen die Spornleder zu meinen Stiefeln zu finden. Ich habe selbige Ihre Excell. zu schicken versprochen. So bald ich selbige in Händen komme, werde mein Wort halten. Ich wünschte meine Schlüßel und das Leipziger Journal hier zu haben. Wie weit sind Sie in Ihrem Bücherschmause gekommen? Ich werde als ein Tellerlecker zu Gast kommen, und ihre besten Bißen, die Ihnen am meisten gefallen haben, vor der Nase wegnehmen. Die Keulen vor das Volk, die Knochen vor die Hunde. Wenig und was gutes gefällt dem Geschmack und bekommt am besten. Die unersättlichen sind immer die unfruchtbarsten. Geben Sie mir einmal in einem Briefe einen Extract von dem, was Ihnen so viel kostbare Stunden und süße Nächte und heitere Tage gestohlen. Geht es unserer Seele wie dem Leibe, der ohne Stuhlgang und Ausdünstung nicht Blut machen kann. Nun so laßt uns das ausschwitzen, was wir mit so vieler Lust gekaut und mit so viel Mühe verdaut haben – – durch alle mögliche Poren. Wer der Natur gemäß lebt, braucht keine leidigen Artzte. Die durch die Arzeney leben müßen, die Gott aus der Erde wachsen läßt, sind selten im stande sie selbst zu sammlen. Würden wir bey der Diät des 6. Geboths die Wunder des Mercurs nöthig haben? Was machst Du denn du ehrliche Haut vom Kerl und Freunde? Deine 7 Thrl. sind richtig bezahlt; die Handschrifft ist mit Deiner Gläubigerinn eigenen Händen entzwey gerißen. Was hält Dich denn jetzt ab nach Riga zu kommen? Willst Du den Winter erst grau werden laßen? Sorge nur für Deine eigene schwartze Haare, und laß Dir Zeit ihm ähnlich zu werden. Bekümmere Dich nicht um mich; ich will mich um Dich ebenso wenig bekümmern. Wir wollen beyde unsern geraden Weg fort gehen und uns an nichts kehren. Gott geben, was Gottes ist, dem Kayser, was des Kaysers. Zu dem Hunde, der das Herz hat sich anzubellen, schrey nur mit vollem Halse: Kur loop – – wie sich die Pastorathskläffer für meinen Nachtwächtergriff fürchten, wirst Du Dich auch noch zu besinnen wißen. Wenn Du in Deinen Beruffsgängen Hum! hinter Dich hörst, so denke daß ich diese Losung in den Feldern zurückgelaßen habe, für die Du sorgst. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. So geht es Dir, wenn Du meynst, daß ich klüger werden soll. Ich will es nicht seyn, wenn ich dafür zufrieden und glücklich bin. Willst Du es auch seyn; so machs der Herr wie ich – – Du meynst wohl gar daß ich Papiermüllerchen mit Dir im Briefe spielen will. Warum nicht gar? Keine Papiermühle, noch weniger eine Windmühle, eine Waßermühle soll es seyn. Wenn ein Schelm so gut als der andere ist, so möchte ich Dich doch lieber Gevatter Müller als Gevatter BretSchneider nennen, wenn Du mich einmal nach langen Jahren mit einer weißen Perücke und einer kupfrichen Nase besuchen willst. Du must aber nichts anders als Holtz mahlen und mein ganzes Haus frey an Sägespäne halten. Willst Du? Ich muß aber erst Waßer zu meiner Mühle haben. Waßer ist da, aber wir wißen nicht wie viel? Deins ist faul, das weiß ich auch, güße es aber nicht eher aus biß – Ein guter Amtmann weiß alle Sprüchworter im Dorf. Man darf keins anfangen, in das er nicht einzufallen und zu schlüßen weiß. Leben Sie wohl, meine Freunde! Vergeßen Sie nicht den Ihrigen. Meinen herzlich ergebenen Gruß an das sämtliche Pastorath, das antique und moderne. Ich bin zwischen Geschäfften und Zerstreuungen so zertheilt, daß ich nur so viel thun kann als ich unumgänglich muß, und niemals so viel als ich will oder möchte. Daher kann ich Selbst an den jungen Herrn Pastor noch nicht schreiben. Von Gottlob Immanuel Lindners Hand: Eine kleine Zwischenscene! Lieber Bruder! Es läuft mir ein gewisser Gedanke im Kopf herum, den die itzigen kritischen Zeiten und die Erinnerung eines gewissen Mannes beflügelt haben. Ich habe zuweilen unsrer lieben guten Mutter etwas zur Erqvickung geschickt. Damit dies aber desto regelmässiger gehe, so will mir von nun an ein Gesez machen, ihr alle Qvartale 10 fl. zu schicken. Was drüber geschehen kan, hängt von häusl. Umständen ab. Mit Fritzen habe auch darüber gesprochen. Er kan eben so viel geben. Und es wird besser seyn, sich hierinn an eine bestimmte Zeit, Summe und Gesez zu binden, als nur nach einem Einfall und Beqvemlichkeit zu handeln. Selbst in der Liste der Ausgaben wird es ein fester Artikel den man vorher besorgen kan. Ich meine nun so. Ich 40 fl. der Bruder auch, und du nach guter oeconomischer Taxation und Repartition deiner Einkünfte 20 fl. iährl. So hat Mama ein Wittwengehalt von 100 fl. Das keinem unter uns schwer fallen kan. Was du aus löbl. Stolze mehr thun willst, steht in deinem Belieben. Dies fürs erste und festgesezte. Meine 10 fl. kindl. Contribution gehn heute herüber als das Michael Quartal. Ich habe von dir noch 5 fl hier liegen. Du darfst also nur Ja sagen, so fliegt es nächstens dorthin. Der richtige Spediteur will ich immer seyn, und wenn dein Beutel schwer ist, so kanst du bey mir praenumeriren. Lebe wohl. Meinen Gruß an HE Bassa. Lebe wohl. Lindner. Den Brief an Fritzen, weil er ähnl. Inhalts ist, befördere bald, und siegle ihn zu. Riga. den 4. Octobr. 1758. Lieber Herr Baron, Fehlt es Ihnen an Lust oder Herz, zu denken? Sind der Stand und das Vaterland, zu dem Sie gehören, der Mühe nicht werth einige Betrachtungen oder Untersuchungen darüber anzustellen? Giebt es keine Pflichten, die aus diesen doppelten Verhältnißen unserer Geburt herfließen? Oder wollen wir solche nicht wißen, damit wir mit desto mehr Ruhe selbige aus den Augen setzen oder ihnen entgegen handeln können? – – Verzeyhen Sie diesen ungedultigen Ausbruch meinem Schreibepulte. Ich muß seit einigen Tagen einen ziemlich starkes Flußfieber auf dem Bette abwarten. Es fängt sich Gott Lob! an zur Beßerung anzulaßen, und ich mache den Versuch, ob ich schon die Feder für die lange Weile hin und her führen kann. Laßen Sie sich, mein Herr Baron, den Schwung nicht befremden, den ich meinem Briefwechsel gegeben habe. Brauchen Sie nicht die Ausflucht gegen mich, daß Sie demselben noch nicht gewachsen sind. Ein guter Vorsänger zieht mit Fleiß seine Stimme einen halben Ton höher, weil er aus der Erfahrung weiß, daß seine Gemeine geneigt ist zu tief herunterzusinken. Erlauben Sie mir, Sie an ein häuslich Beyspiel zu erinnern, um Ihnen dadurch meine Meynung desto deutlicher zu machen. Wie die Gnädige Fräulein noch auf den Armen Ihrer Wärterinn getragen wurde, ersuchte sie durch einen Wink Ihren Herren Bruder in Ihrem Namen einen kleinen Brief zu schreiben. Er beqvemte sich darinn Ihrer selbstgemachten Sprache, und ahmte ihre willkührliche Wörter und die Idiotismen der ersten Kindheit so gut als möglich nach. Fragen Sie ihn, wenn er jetzt in dem Namen seiner Fräulein Schwester schreiben sollte, ob er seine Schreibart nicht so einrichten würde, daß man sie nach selbiger einige Jahre älter beurtheilen würde, als Sie würklich ist. So lange Kinder noch nicht reden können, läßt man sich zu ihrer selbstgemachten angenommenen Sprache herunter. Diese Gefälligkeit hört aber auf, so bald sie recht reden lernen sollen. Eben diese Bewandtnis hat es mit dem Denken. Sie sind schon in dem Alter, lieber Herr Baron, wo man Ihrem Verstande zumuthen kann, sich ein wenig auszustrecken, und daß ich so sage, mit selbigem auf dieen Zehen zu stehen um das zu erreichen, was man Ihnen vorhält. Ich kann Ihnen diese Uebung desto sicherer geben, da Sie das Glück haben einen Hofmeister zu genüßen, dem nicht nur seine Einsichten sondern auch die Sympathie unserer Gesinnungen den Schlüßel zu meinen Briefen geben mittheilen, der Unpartheyligkeit und Freundschafft genung gegen Sie und mich besitzt hegt um die Lücken meiner Gedanken auszufüllen, die Schwäche meiner Urtheile und Einfälle aufzudecken, und selbst über die Fehler meiner Schreibart Erinnerungen zu machen. Sie wißen, daß ich im Fall der Noth mich gern dazu brauche, mein eigener Kunstrichter zu seyn. Arbeiten Sie also, so viel Sie können, an der Aufgabe, die ich Ihnen vorgelegt. Von ihrer Auflösung könnte vielleicht der Plan meiner übrigen Briefe abhängen. Ein wenig Vorrath habe ich in meinem letzteren Schreiben Ihnen an die Hand gegeben. Es war ein Auszug eines fremden Schriftstellers, deßen Gedanken ich Ihnen mitgetheilt, deren Wahrheit und Last ich aber nicht auf mir genommen. Sind darinn Dinge die den kurländischen Adel eben so sehr als den französischen treffen, so ist es nicht meine Schuld. Sollte der erstere wohl ein kützlicher Ohr haben oder empfindlicher über den Fleck der Ehre als der letztere denken? Dann würde es nicht rathsam seyn in Kurland dasjenige zu übersetzen, was ein Pabst, Pius II. in seinen Werken hat über den Adel überhaupt einflüßen laßen. – – Genung für einen Kranken. Ich sage Ihnen noch dies als eine vorläufige Anmerkung, daß kein vernünfftiger Mensch ein Bilderstürmer der in der Welt eingeführten Vorurtheile ist, daß er die Nothwendigkeit, den Werth und Nutzen derselben erkennt, und selbst von den Misbräuchen in ihrer Anwendung mit Anstand und Mäßigkeit denkt, redet und schreibt. Entschuldigen Sie die Runzeln dieses Briefes, und laßen Sie den Verfaßer deßelben Ihrem geneigten Andenken empfohlen seyn. Ich bin mit der aufrichtigsten Hochachtung Ew. Hochwohlgeboren ergebenster Diener und Freund. Hamann. Mein lieber Baron, Apollo aurem vellit, sagt ein römischer Dichter. Das heißt nicht: Apollo kratzt sich hinter den Ohren. Solche Sitten laßen sich an einen ehrlichen Bauren, einen kranken Briefsteller, oder unachtsamen Schüler übersehen; schicken sich aber für keinen Apoll. Apollo aurem vellit, heißt: Der Apoll zupft den Dichter beym Ohr. Ist denn dies artiger? werden Sie sagen. Sie haben freylich nicht gantz unrecht. Ist aber Apoll allein zu tadeln, wenn es der Poet darnach macht. Diese Leute, ich meyne, die Poeten haben bey ihren großen Gaben auch ihre lieben Mängel. Sie sind zerstreut, gutherzig in ihren Versprechungen, aber auch vergeßam sie zu erfüllen – – können Sie es nun dem Apoll verargen, wenn er ein wenig vertraut mit seinen Freunden umgehen muß? Wollen Sie so gut seyn und im Namen des Apollo, aber auf eine liebreichere Art Ihren Herrn Bruder fragen; warum er mir mit dieser Gelegenheit nicht den Topf mit Honig geschickt, zu dem er mir den Mund in Grünhoff wäßericht gemacht hat? Apoll wird sich rächen und ihm seine Eingebung zu den Briefen versagen, die er mir schuldig ist. Apoll wird ihn durch mich züchtigen, und mir an statt Süßigkeiten, herbe und bittere Worte einflüstern. Ich werde ihm wieder meinen Willen gehorchen müßen, und Ihr Herr Bruder wird sehen, mit wem er es zu thun hat. Apoll möge sich selbst für Ihre gute Unterhandlung in dieser Sache, mein lieber Baron, gegen Sie erkenntlich und gefälliger bezeigen! Die Bildsäule der schönen Künste v Wißenschafften führt seinen Namen. Vermelden Sie meinen unterthänigen Respect an der Hochgebornen Frau ReichsGräfin und des HErrn Generalen Excellence Excellence, und erkennen mich als Dero aufrichtig ergebensten Diener. Riga. den 4. Octobr.Hamann. 1758. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Joseph le Baron / de Witten / à /
    Grunhoff
.
Riga den 5. Octobr. 1758. Geliebtester Freund, Eben werde von unserm Freunde aufgeweckt; habe heute versucht ein wenig aufzustehen, es hält aber noch schwer. Gott wolle mir bald wieder zu meiner Gesundheit helfen, die ich zu einigen Kopfarbeiten nöthig habe. Wie geht es Ihnen? Es thut mir leyd, daß Sie gleichfalls ein wenig haben aushalten müßen. Ich wünsche Ihnen einen gesunden Winter, machen Sie sich an demselben so viel Bewegung als möglich. Sparen Sie Ihren Schlaf und schonen Sie Ihre Augen. Ihre Diaet mit Habergrütze wird Ihnen sehr gut thun. Was für ein Faullenzer im Lesen sind Sie gewesen? Nicht einmal Klopfstocks Lieder zurück. Meine lateinischen Dichter bitte mir bald aus. Sie sollen kein Hamburgisch Magazin bekommen, nicht ein gedruckt Flick von hier, biß alles zurück ist. An keinen Rapin zu denken, biß die andern Poeten wieder zurück sind. Vergeßen Sie nicht Saurins Catechismus; und mein lateinisch Wörterbuch? Mein Bruder ist diesen Dienstag mit Fuhrmann Törner abgereißt. Mein lieber Vater klagt über seine Saumseeligkeit; wie viel Ursache haben wir also dazu? Er hat dafür schön Wetter Gott Lob! und kann so viel Tage eher hier seyn als er Wochen später abgegangen. Mein Kopfweh erlaubt mir nicht Ihren freundschaftl. Brief zu beantworten, nicht einmal alle Stellen daraus zu verstehen. Weil ich mich gestern leidlich befand, schrieb ich an Ihre junge Herren in puncto des Honigs NB in Wachs und versuchte heute aufzustehen; es fällt mir aber noch zu sauer. Gehen Sie keinen Schall nach; der Schall geht weder Sie noch mich an. Wozu wollen wir uns ohne Noth beunruhigen. Seyn Sie ganz gleichgiltig. Ich werde meinen Schritt so lange fortgehen, als er mir gefällt v ich sehe dadurch nützl. zu seyn. Von Urtheilen, von Erkenntlichkeit ist hier nicht die Rede. Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß wir unsern Nächsten um Gottes Willen dienen müßen v daß alle Freundschafft die wir von andern genießen, weder eine Würkung noch ein Verdienst unserer ist, sondern von ihm kommt. Wenn wir dies glauben, so haben wir nicht nöthig unzähl. viele Dinge zu wißen, zu vermuthen, zu errathen, zu argwohnen e. g. wie uns. Kleinigkeiten aufgenommen werden, was die Absichten bey anderer Beyfall v Gunst Bezeigungen sind. Aeneas Sylvius der Pabst Pius II. Pasqvill auf den Adel steht in meiner Beylage zu Dangeuil angeführt. Leben Sie wohl biß auf beßere Gesundheit v lieben Sie mich als Ihren aufrichtigen Freund Hamann. Vmtl. von George Bassas Hand: Liebster Freund; Ich schreibe dieses im beysein ihres Herrn Bruders und HE Hamans und daß bey einer Taße Coffe, um unsern Freund welcher fast bettlägerig ist, zu trösten. Meine wenige Geschäfte die ich auch hier habe machen mir nichts destoweniger viele Sorgen, und ich weiß fast selbsten nicht wenn zu stande kommen werde; der Himmel sey mein Mitwerber, sonst kommt der arme um seinen ehrlichen Nahmen. Peltz und Kufer wenn der Preiß nur nicht gesteuert wird, werde für Sie Liebster Freund mit vielem Vergnügen besorgen. Eine dringende Bitte die ich an Sie habe, ist diese vor alles andre, daß Sie ihren HE Bruder bey dieser Gelegenheit erinnern um die 24. ellen Palie Grisette anstatt des Stoffes aus HE I & B. Bude zu nehmen, vergeßen Sie es doch ja nicht Liebster Freund, die Frau Schwester ist ganz chagrin sie glaubt mann vernachläßiget ihre Bitte. Sie wüßen wohl wie viel Angst diese commission mir schon verursacht hat. a
    propos
die Salfiette wird unausbleiblich citiret. Leben Sie wohl liebster Freund, ich umarme Sie und bin nach einem herzl. Gruße von der Frau Schwester p ich bin mit aller aufrichtigkeit Der ihrige B.
Adresse mit rotem Lacksiegel:
à Monsieur / Monsieur Lindner mon ami / à / Grünhoff.
Riga den 8. Octobr. 1758. Herzlich Geliebtester Vater, Ich wünsche und hoffe, daß Sie sich gesund und zufrieden befinden. Gott erhalte oder schenke Ihnen beydes nach Seinem Gnädigen Willen. Diese ganze Woche bin beynahe bettlägerig gewesen an einem Flußfieber, das mit hypochondrischen Zufällen, Wallungen und Verstopfungen verknüpft gewesen. Ich bin heute Gott Lob! den ganzen Tag auf und sehr munter gewesen. Vorigen Sonntag erhielt Dero Briefe vom 26. pass. und den Montag darauf durch Einschluß einen einzigen von Ihrer Liebwerthen Hand vom 23sten ej. Ich weiß nicht bey wem er eingelegen hat, aus der Unordnung der Abgabe achte es nicht rathsam künfftig Ihre Briefe ebendemselben Couvert ferner anzuvertrauen. Herr Rector Lindner ließ mir heute durch ein Billet ersuchen Sie zu bitten, dem Stud. Borchert in dem Hause des
    Herrn Fishers an der Kittelbrücke
melden zu laßen, daß er sein nöthiges Geld biß nach Riga zu reisen bey dem HErrn Commercien-Rath Jacobi heben, das übrige
    hier
zu seiner weiteren Expedition erhalten kann. Mein Bruder wird mit Gottes Hülfe jetzt schon unter wegens seyn. Sie beten, Herzlichgeliebtester Vater, für ihn, und ich auch. Im Namen desjenigen, der uns geliebt hat, ehe der Welt Grund gelegt war, und sein Wort beym Abschiede von sich gab, bey uns zu seyn biß an das Ende derselben, wird uns alles gewährt und über unser Bitten und Gebeth, überschwenglich mehr zugestanden. Der Segen eines redlichen Vaters wolle ihn begleiten! Das Wort des Herren über den Saamen des Gerechten wahr zu machen, sey das Geschäffte unserer SchutzEngel, jener Dienstbaren Geister, die Feuer und Flammen in ihrem Beruff sind, und wenn sie es nicht wären, Gott dazu macht, weil Er sie aussendet zum Dienst derer, die Erben seines Himmels und seiner Seeligkeit seyn sollen. Ich sehne mich recht meinen Bruder bald zu umarmen. Weil ich jetzt einige Arbeiten unter Händen habe, so will ich selbige gegen die Zeit seiner Ankunft aufzuräumen suchen, damit ich das Vergnügen darüber mit desto mehr Geschmack und Muße genüßen kann. Er wird bey den Herrn Rector logiren, das einzige Haus, das ich hier sehe. Die Liebe meiner Freunde ist mir ein so süßer und reicher Seegen, daß ich keine mehrere Bekanntschafften verlange, geschweige suche. Mein lieber Christoph Berens aus Petersburg fehlt uns noch – – Gott wolle ihn gleichfalls bald in unsere Arme werfen. Herr Pastor Blank, an den Gelegenheit genommen zu schreiben, läßt Sie herzlich grüßen. Er ist verheyrathet, und scheint seine Nahrungs Sorgen gehäuft zu haben, an statt sich die Last derselben zu erleichtern. Sein Brief kommt mir gleichwol vor in einem eben so gutherzigen als vergnügten Ton geschrieben zu seyn. Gott seegne und erhalte Sie, Herzlich Geliebtester Vater – – Ist es deßen Wille, so sehen wir uns noch. In Ihrer jetzigen Einsamkeit werden Sie die Gnade seiner Gemeinschafft, seiner vertraulichen Gegenwart, und den Seegen seiner Einwohnung mehr als jemals schmecken und erfahren können. Wie entbehrlich, wie überlästig ist uns die Welt, selbst dasjenige, was sonst unser Schoos Kind in derselben gewesen, wenn dieser hohe Gast einen Blick der Zufriedenheit mit unserer Bewirthung, so kümmerlich sie auch ist, uns sehen läßt. Ich küße Ihnen mit kindlichster Ehrerbietung die Hände und ersterbe Ihr gehorsamst verpflichtester Sohn. JGH. Falls Mad. Belger noch bey Ihnen seyn sollte wieder mein Vermuthen, ertragen Sie selbige so lange Sie können. Sie hat es an mir gethan. Falls sie ihnen aber zu größerer Last gereichen sollte, als Ihre Gesundheit und Ruhe es leyden, sagen Sie es ihr lieber mit runden Worten, als verdeckt und durch Minen. Leben Sie wohl. Bitte Einlage bald und bestmöglichst zu bestellen.
Mein lieber Herr Baron, Es heist sub littera B. in dem berühmten Autore classico, auf deßen Bekanntschafft sich der kleine Herr Bruder freuet; Wie grausam ist der wilde Bär Wenn er vom Honigbaum kommt her. Sie wundern sich vielleicht, warum der Bär so viel Geschmack am Honig hat. Wie kann ich Ihnen das nun sagen, da ich nicht einmal von meinem eigenen daran, Ihnen Red und Antwort geben könnte? Vielleicht braucht seine Zunge diese Erqvickung des wegen, weil man erzählt, daß seine Jungen so unförmlich zur Welt kommen, daß er nöthig hat selbige erst durch das Lecken zu bilden. Bey dieser Gelegenheit fällt mir ein Mährchen von einer Bärin ein, die sich mehr Mühe gab, als sich eine Mutter von diesem Geschlecht jemals gegeben. Endlich vergieng ihr die Gedult, und sie sprach zu dem kleinen lebenden Klumpen vom Kinde, das vor ihr lag: Geh, Unart, wenn ich mir auch an dir die Zunge aus dem Schlunde leckte, so wirst du doch niemals so artig als ein Affe werden. Um nichts umsonst zu hören und zu sehen, suche ich aus jeder Sache, die mir vorkommt, was zu lernen und einen Nutzen für mich daraus zu ziehen. Nachdem ich mich also lange genung gefragt hatte, wie ich diese kleine Fabel auf mich selbst anwenden möchte, gab ich mir endlich folgende Antwort: Du würdest nicht klüger als diese Bärinn hattendeln, wenn du die Rauhigkeit und Unförmlichkeiten deines Naturells zu verwandeln dich bemühen wolltest. Es würde mir niemals gelingen den mürrischen Ernst meiner Vernunfft in den gaukelnden Witz eines Stutzers umzugießen. Laß diejenigen, die zu den Höfen großer Herren geboren sind, weiche und seidene Kleider tragen; derjenige, welcher zu einem Prediger in der Wüsten beruffen ist, muß sich in Kameelshaaren kleiden und von Heuschrecken und wilden Honig leben. Werden Sie es auch so machen, wie ich, mein lieber Baron und mir dasjenige mittheilen, was Sie für sich Selbst aus meinem Mährchen für eine Sittenlehre gesogen haben. Sie wusten ehmals einige Verse, in denen Sie sich anheischig machten die Bienen nachzuahmen. O möcht ich doch wie ihr, geliebte Bienen seyn An innerm Geiste groß, obschon an Körper klein pp. Da Sie sich so dreist an die Gnädige Gräfin gewandt haben um die Vergeßenheit Ihres Versprechens gut zu machen; so werden Sie so gut seyn auch die Entschuldigung dieser Freyheit auf sich zu nehmen, und meinen unterthänigsten Dank für die huldreiche Herunterlaßung zu unsern kleinen Angelegenheiten, in meinem Namen mit aller Ehrfurcht bekennen. Ich wünsche zugleich Ihro Excellenz dem Gnädigen Herrn General eine glückliche Zurückkunfft von Ihrer Reise, der ich nach den verbindlichsten Grüßen an die Fräulein Schwester und kleinen Herrn Bruder verharre Meines lieben Barons, ergebener Diener. Riga. den 17. Octobr. 1758.Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Joseph le Baron / de Witten, / à Grunhoff.
I. Brief Mein Herr, Wenn mir Ihr Briefwechsel mehr zur Last als zum Zeitvertreib gereichen sollte; so geschieht dies wieder Ihre Absicht und ohne Ihre Schuld. Sie nehmen beynahe alle Unkosten der Erfindung auf Sich, und ich habe nur nöthig Ihre eigene Briefe zu plündern um auf selbige zu antworten. Um mir die Mühe zu ersparen lange nachzusinnen,
    worüber
und
    wovon
ich an Sie schreiben könnte, legen Sie mir selbst eine Frage in den Mund und hierauf thun Sie mir einen Vorschuß von Gedanken, welche mir dienen können selbige aufzulösen, daß ich also nicht einmal weit zu suchen brauche,
    was
sich über Ihre Aufgabe ohngefehr sagen ließe. Sie laßen mir die Freyheit so oft und selten, als ich Lust haben werde, und so lang oder kurz zu schreiben, als ich im stande bin zusammenzubringen. Ich wi soll mich dafür eben so wenig daran kehren, wie geschwind oder langsam Ihre Briefe einlaufen, und werde es sehr gut und ohne Eyfersucht aufnehmen, daß Ihre Feder geschwäziger und geläufiger als meine ist. Erlauben Sie mir Sie noch Mein Herr Sie an Ihre eigene Erklärung zu erinnern. Sie verlangen keine guten Briefe von mir; je schlechter, je mittelmäßiger sie sind, desto mehr Hofnung haben Sie mir gegeben, beßere mit der Zeit schreiben zu lernen. Ich will mir also die lächerliche und schädliche Eitelkeit nicht in den Sinn kommen laßen gelehrte, witzige und schöne Briefe zu schmieden. Warum sollte ich mich schämen, natürlich, einfältig, schlecht und recht zu schreiben, wenn dies das einzige Mittel und der geradeste Weg ist sich eine gute Schreibart zu erwerben? Ist es Ihnen nicht eben so gegangen, und geht es Ihnen nicht noch bisweilen so? Ja vielleicht sind einige Ihrer Briefe und die Schreibart derselben wirklich nicht so gut, als selbige von andern aufgenommen werden. Ich weiß, Sie scheuen sich nicht nach Ihren eigenen Worten und Urtheilen gerichtet zu werden. Was ist der Beruf eines kurländischen Edelmanns? Diese Aufgabe kam mir anfangs etwas seltsam für. Ich war ungewiß, ob ich Sie in Ernst oder Scherz verstehen sollte. Ihnen Selbst kann es sehr gleichgiltig seyn, zu was für einen Rang vernünfftiger Geschöpfe ein kurländischer Edelmann gehört, und worinn die Pflichten bestehen, die er seinem Stande und Vaterlande schuldig ist. Es kann mir daher ebenfalls gleich viel seyn, ob Sie bey Ihrem Einfall die Nase gerümpft oder die Stirne gerunzelt haben. In Ansehung meiner hingegen kommt es mir jetzt anständiger und erheblicher vor, Sie für die Wahl dieser Materie zu danken, solche einer Untersuchung zu würdigen und mir Ihre Handreichung darinn gefallen zu laßen. Ich glaube, daß wir schon das Wort Cavalier oft genung in unsern Windeln hören, in wie weit es hilfft ihre Farbe zu erhalten und zu schonen, mögen unsere Ammen wißen. Diejenigen, die es uns am meisten einprägen, sind mehrentheils desto zurückhaltender uns zu erklären, was ein Cavalier ist, ob er mehr oder weniger Vernunft, beßere Sitten oder schlechtere als ein anderer Mensch besitzen muß. Wir junge Herren haben also Grund zu denken, daß zum Cavalier nichts mehr gehört, als zu wißen und zu glauben, daß man einer ist. Das läuft aber auf denjenigen Aberglauben aus, da man mit gewißen Wörtern, die weder Sinn noch Verstand haben, Zaubereyen und Wunderkuren zu treiben meynt. Durch das Wort v. den Namen Cavalier kann der Geist deßelben so wenig mitgetheilt werden, als jenem kayserlichen Leibpferde mit dem Titul und den Ehrenzeichen die Seele eines Römischen Consuls. Um offenherzig gegen Sie zu seyn, ich habe mich wenig darum bekümmert oder darüber nachgedacht, was eigentlich zu einem Cavalier gehöre, und worinn der Begriff, die Natur und das Verdienst des Adels bestehe, worauf unsere Zunge pocht. Ich bin durch das Gefühl und Geständnis dieser meiner Unwißenheit gedemüthigt, aber ich fürchte mich zugleich selbige durch eine vernünfftige Untersuchung gehoben zu sehen. Vielleicht gehören Eigenschafften, Verbindlichkeiten, Vorzüge zu dem Stande eines wahren Edelmannes – – daß ich es für einen Verweiß ansehen müste, was ich sonst für eine Schmeicheley ansehe, an meine adliche Würde erinnert zu werden. Eine Vorstellung, die mir ehmals Dünste und Wind in den Kopf setzte, wird mir jetzt Bescheidenheit predigen. Ich werde lernen müßen roth zu werden, mich zu schämen und an mich zu halten entschuldigen, bey Schwachheiten, deren Wiederschall ich sonst mit einem ehrerbietigen Zeichen beantwortete. Gesetzt aber, ich käme auf Wahrheiten, die meiner Eitelkeit wehe thäten; soll ich durch selbige beleidigt scheinen? Dies wäre ebenso einfältig, als wenn ein Ritter die Schläge, welche mit Empfang eines Ordens verknüpft sind, für Beschimpfungen ansehen sollte. Sie machen es wie ein guter Wirth, der sich nicht die Mühe verdrüßen läßt, auch dasjenige vorzuschneiden, was er seinem Gast auftragen läßt. Ich bin recht sehr damit zufrieden, daß Sie mir alles so beqvem und leicht als möglich machen; und will mir Ihre Handgriffe merken, wie man Gedanken und Sätze zergliedern soll. Nehmen Sie mit dieser Einleitung in meine folgenden Briefe fürlieb. Der nächste soll die erste Frage beantworten, die in Ihrer Aufgabe enthalten ist. Ehe ich vom Beruff eines Edelmannes überhaupt und eines kurländischen insbesondere etwas sagen will, muß ich vorher ein wenig untersuchen, was man unter einen Beruff versteht, und was in dieser Stelle darunter verstanden wird. Ich fürchte mich schon für die philosophischen Gesichter, die ich über diese Materie schneiden werde. Ungeachtet der Verzuckungen, denen mich dieser erste Versuch aussetzen möchte, werden Sie nicht aufhören mich zu erkennen für Dero gehorsamen Diener.
    Zweeter Brief
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Mein Herr, Sie wißen, daß ich einen kleinen Anfang in der Physick gemacht. Ich habe dabey bemerkt, daß die Naturforscher einen Körper in allerhand Verbindungen setzen, auf die Veränderungen deßelben unter solchen Umständen Acht geben, und durch dergleichen Versuche Entdeckungen von Ihren Eigenschafften machen. Ebenso habe ich es mit dem Worte Beruff angegriffen, es in mancherley Redensarten eingeflochten und diejenigen Begriffe wahrgenommen, die in meinem Verstande entstehen, wenn jemand sagt: das ist mein Beruff, das gehört nicht zu meinem Beruff, ich habe keinen Beruff dazu, ich sehe es als einen Beruff an v. s. w. In allen diesen Redensarten versteht man eine Verbindlichkeit, die entweder aus gewißen Gründen folgt, oder sich auf gewiße Pflichten bezieht. Dies ist aber noch zu allgemein; denn nicht jede Verbindlichkeit wird ein Beruff genannt, sondern nur eine solche, welche den Gebrauch unsers Lebens zu einem gewißen Endzweck, und die Anwendung unserer Kräfte zu gewißen Uebungen, Geschäften und Handlungen, betrift. Die Gründe also, die mich bewegen diese oder jene Bestimmung von meinem Leben, und allem dem, was dazu gerechnet werden kann, zu machen, werden als ein Beruff angesehen. Dies scheint mir die erste Bedeutung des Wortes zu seyn. Der Beruf zu einer gewißen Lebensart liegt öfters in einer Neigung oder Lust, in einer herrschenden Leidenschaft, der ich ein Genüge zu thun suche, in Naturgaben v Fähigkeiten, in dem Willen derjenigen, von denen wir abhängen, in dem Exempel derer, mit denen wir umgehen; in Umständen, Zufällen, Vorurtheilen liegt die Ursache, warum ich mein Leben diesem oder jenem Gegenstande oder Endzwecke wiedme, und alle die Kräfte und Zugehör meines Lebens den Mitteln diesen Endzweck zu erreichen. Daß aber eine Sache zu einem Bewegungsgrunde werde diese oder jene Wahl in den Absichten und Beschäfftigungen des Lebens zu treffen, oder daß eine Verbindlichkeit des Beruffs daraus entstehe – hiezu ist nöthig in einer solchen Sache eine gewiße Beziehung, Uebereinstimmung und Füglichkeit auf uns Selbst oder die Liebe die wir uns schuldig sind, wahrzunehmen. Hierin würde also die erste Bedeutung des Beruffs bestehen, deßen allgemeiner und abgesonderter Begriff im gemeinem Leben auf einige Ämter eingeschränkt wird. – Laßt uns jetzt die Anwendung davon auf den Beruf des Edelmanns machen. In diesem Verstande würde derselbe ungefehr folgende Frage in sich schlüßen: Giebt es in dem Stande und in der Natur des Adels gewiße Bestimmungen, die sich auf einige Gegenstände mehr als auf andere beziehen? Was sind das für Gegenstände, zu denen ein Edelmann mehr Ursache hat, mehr Gelegenheit, eine fügligere Lage, wie der Bürger und Bauer, und die ihn verbindlich machen eine besondere Richtung seinen Kräfften und seinem Fleiß zu geben? Gesetzt der Adel wäre nichts als ein Vorurtheil oder eine Hypothese, so behielte er gleichwol sein Augenmerk, das man niemals aus dem Gesichte verlieren muß, um den grösten Nutzen davon in der Gesellschafft zu ziehen und den besten Gebrauch davon zu machen. Aus diesem Gesichtspunct muß der Edelmann die Bestimmung betrachten, nach der er sich zu bilden, und die Ehre seiner Geburt wahrscheinlich zu machen suchen muß. Alle Theile seines Lebens müßen sich auf diesen Gegenstand als ihren Mittelpunct beziehen. – – Die zwote Bedeutung eines Berufs zeigt eine Verbindlichkeit zu gewißen Pflichten an, die aus meiner getroffenen Wahl folgen, nach der ich schuldig oder willens bin meine Kräffte und meine Zeit anzuwenden, oder meine Fähigkeiten und Handlungen einzurichten. Alles dasjenige was aus dieser Wahl folgt, gehört zum Beruff; was aber selbige aufhebt oder ihr zuwieder ist, entfernt mich von demselben – – Ich will mich jetzt nicht damit aufhalten, die Ähnlichkeit und den Unterscheid dieser letzten Erklärung von der ersteren genauer anzusehen, gegen einander zu halten, noch zu untersuchen, in wie fern der letztere von dem ersteren abhänge. Es gehört mehr zur Sache die Anwendung jetzt auf den Edelmann zu machen. In diesem Verstande wird durch seinen Beruf eine Reyhe von Pflichten entstehen verstanden, die aus dem Vorzug seiner Geburt folgen, aus dem Range, den er in der Gesellschaft genüst und den Vortheilen, die damit verbunden sind. Seine Einsichten, seine Sitten, seine Denkungsart, Grundsätze pp. müßen mit seinem Stande übereinstimmen. Je mehr daher seine Erziehung nach seinem Stande eingerichtet seyn wird, je früher und gründlicher er in seiner Jugend von demjenigen, wozu ihn seine Geburt berufft unterrichtet wird, desto beßer wird er demselben in späteren Jahren nachzuleben wißen. Sie haben jetzt das Beste, was ich im stande bin Ihnen zu sagen. Ich erwarte jetzt die Verbeßerung und Ergänzung, die Sie für nöthig finden um meine Anmerkungen richtiger und deutlicher zu machen. Ich will noch einige eine einzige hinzufügen, die mir mitten in meiner Arbeit eingefallen. Sollte es den Philosophen, wenn sie die Zeichen der menschlichen Begriffe erklären und recht bestimmen wollen, nicht öfters als den Kindern gehen, die sich Mühe geben das Qvecksilber fest zu halten? Ich bin mit aller Hochachtung Mein Herr, Ihr gehorsamer Diener.
Lieber Herr Baron, Ich weiß die Zufriedenheit mit Ihrem letzten Briefe nicht beßer auszudrücken als durch eine geschwinde Beantwortung deßelben. Wegen der Aufnahme meines letzten Packs bin etwas besorgt gewesen, weil ich weiß, daß man mit den besten Absichten zuweilen in der Art selbige zu erreichen sehr ungeschickt oder unglücklich seyn kann. Sie werden recht wohl thun sich immer zu erinnern, daß Sie vermöge Ihres Standes Gott, dem Nächsten und sich Selbst Pflichten schuldig sind und in der Ausübung derselben Ihren Ehrgeitz und Ihre Wollust setzen. Ich habe Sie ersucht, Lieber Herr Baron, diejenigen zwo Briefe ins reine zu schreiben, mit Verbeßerung meiner Fehler, und mir selbige mit Ihrer Unterschrift zuzuschicken, falls Sie solche derselben nicht für unwürdig erkennen, und bitte Sie nochmals darum, weil ich Ihnen von dieser Mühe einigen Nutzen versprechen kann. Sie werden darinn auf eine reine Rechtschreibung sehen, und ihre Hand so abzumeßen suchen, daß Sie mit jeden auf einem halben Bogen auskommen, wie ich es gethan. Die Frage vom Beruff möchte jetzt zu unserer Materie hinlänglich erschöpft seyn. Wir wollen also auf den Edelmann jetzt kommen, und ich erwarte davon Ihre Gedanken nach Gelegenheit, wenn Sie mit der ersteren Arbeit fertig sind, nämlich, die beyden ersten abzuschreiben. Jetzt will ich noch einige nichtsbedeutende Anmerkungen über Ihr letztes Schreiben auf das Papier werfen. „Was der Beruf sey, so ist selbiges – – Das erste ist kein Deutsch, man sagt beßer, was den Beruf anbelangt, oder betrift. Das letzte ist ein polnischer Druckfehler. Beruff ist männlichen Geschlechts, es muß daher heißen, selbiger. Sie werden auf der gleichen handgreifliche Schnitzer sich bey Zeiten gewöhnen Acht zu haben, weil solche ein deutsches Ohr sehr beleidigen. Nächste kommt von nahe her. Sie haben also Unrecht Nechster zu schreiben. Commata werden Sie gehörig anzumerken suchen. Es sind ein Dutzend in Ihrem Briefe ausgelaßen; die Puncta stärker zeichnen. Es dient so wohl zur Zierde als zum Verstande. „Folglich ist es ein der Grund zu einem wahren Beruf, welches auch ein kurländischer von Adel auszuüben „schuldig ist“ – – Wenn das:
    welches
auf Beruf geht, so ist es der schon oben angemerkte Fehler. Geht es aber auf alles vorhergehende, so ist es gleichfalls undeutlich und übellautend. Wie aber diese drey Theile in eines wahren Erfüllung zu bringen, comma– oder Semicolon. Hier ist entweder etwas ausgelaßen oder verschrieben. Namen und Ort mit deutschen Buchstaben. Der Monath November wird mit keinem w geschrieben; sondern mit einem v. Sollten wir nicht schon lange über dergleichen Kleinigkeiten hinweg seyn? Und wird es uns nicht leicht werden denken zu lernen, so bald wir im stande seyn werden aufmerksam zu seyn? Was können wir von unserm Verstande fordern, wenn uns unsere Sinnen nicht ein mal gehören? Diese 3 Fragen laßen Sie sich nicht umsonst geschehen. Sie füllen das übrige Leere meines Briefes aus. Ist es ein bloßer Gedächtnis Irrthum oder haben Sie Ursachen von der gewöhnlichen Rechtschreibung des Wortes überzeugen abzugehen, welches bey Ihnen überzeigen aussieht. Wir haben 2 Wörter im Deutschen, die einen sehr ähnlichen Laut haben, in der Bedeutung und Buchstabierung aber unterschieden sind. Zeigen, wenn es die Handlung eines Fingers, der davon auch seinen Namen führt, und die Vorrichtung eines Theils von der Zählscheibe einer Uhr anzeigt bedeutet, wird mit dem i geschrieben. Zeugen aber, wenn es die Außage eines Menschen, der etwas gesehen oder gehört, in sich schlüßt, mit einem u. Wir werden am besten thun, wenn wir es bey dem alten bewenden laßen und das Wort überzeugen von dem letzteren herleiten. Den ich überzeugen will, muß von meiner Meynung abweichen. Es kommt also auf Gründe an, wie bey Gericht auf Zeugen, und wie fern ich meinen Gegner an der Menge und dem Ansehen derselben überlegen bin. Es liegt also ein sehr lehrreiches Bild von der Art jemand zu überzeugen, in der Etymologie dieses Worts. Man sagt aber auch überweisen, oder beweisen, wie im lateinischen demonstrare et probare. Ich könnte Ihnen noch mehr Schulfüchsereyen hier sagen, die hieher nicht gehören. Ich erwarte die Abschrift so gut und rein, wie Ihnen möglich. Sie werden sich einen Zeitvertreib daraus machen. Meinen unterthänigen Respect an Dero Gnädige Eltern beyderseits nebst meinen verbindlichen Empfehlungen an Dero sämtliches Hochwohlgebornes Geschwister. Grüßen Sie Herrn Lindner, von dem ich eine Antwort und meine Bücher nebst Laute erwarte, um die ich neulich gebeten. Ich bin mit einer aufrichtigen Hochachtung und Zuneigung Gütiger Herr Baron Ihr ergebenster Diener. Hamann. Riga den, 28. Octobr. 1758.
Geliebtester Freund, Ich höre daß Posten von Grünhof abgehen werden, bitte mir also mit selbigen und falls Sie zu lange werden sollten auch mit der Post ein Buch aus, das ich unumgängl. brauche. Nämlich Vernets kleine Historie, die neben der Joachimschen Abhandlung von den Münzen beygebunden. Wenn Sie letztere noch nicht durchgelesen, so kann Ihnen an dieser Materie nicht so viel gelegen seyn um mir das erstere zu versagen, das ich höchst nöthig habe. Mit den Posten werden Sie so geneigt seyn auch für meine Laute Sorge zu tragen; weil mir mein Bruder keine mitgebracht und ich ein wenig Zeitvertreib v Abwechselung mir an der Musick zu geben gedenke. Sie wißen daß mein Bruder angekommen, falls er heute zu mir kommt, soll er selbst an Sie schreiben. – – Ich freue mich sehr ihn um mich zu haben. Gott schenke mir die Freude v den Nutzen von seinem Umgange, den ich mir verspreche, und laß uns in aufrichtiger Friede und Liebe mit einander leben. Was machen Sie, Geliebtester Freund? Ich hoffe v wünsche Sie wieder gesund. Ein neuer Fluß an einer geschwollenen Wange hält mich ein; sonst bin Gott Lob! munter und zufrieden und glücklich, so lange als Gott will; bey meinen Umständen mehr Muth und Lust zu leben, als ich jemals gehabt. Aristoteles amicus, Plato amicus, sed veritas maxime amica – – und das nach der Melodey: Mag es gleich der Welt verdrüßen. Dies ist eine Nachahmung von einem Lausonschen Einfalle. An Ihren ältesten Herrn Baron habe ich mir selbige als ein Ritter vorgestellt. Die Wahrheit heißt es, macht uns frey. Wir müssen also wie die Römischen Sclaven einige Maulschellen fürlieb nehmen um den Hut tragen zu dürfen. Vielleicht wage ich einige, oder habe es schon nach Ihrer Meynung schon gethan, an Ihnen Selbst. Sie werden mich daher mit gleicher Münze bezahlen. Ich suche die Furcht für Gesichter und Mienen so viel ich nur kann, zu unterdrücken und zu verleugnen. Sie wollen Hobbii Opera lesen, ich habe selbige nicht – – und wenn ich solche hätte, so würde ich ein Bedenken tragen sie Ihnen mitzutheilen. Wie wenig wollen Sie sich durch mein Beyspiel warnen laßen? Sie werden den Schaden davon tiefer als ich empfinden und er wird bey Ihnen vielleicht schwerer zu ersetzen seyn. Sie haben ein größer Genie, das Sie schonen müßen, und das weniger fremden Zusatz nöthig hat als ich. Sie haben einen stärkeren Beruf und gezeichnetere Gaben zu einem Amte und zu einem öffentl. Stande als ich habe. Hören Sie, wenn es möglich ist Sie aus dem Schlummer Ihrer Hypochondrie zu ermuntern. Schonen Sie Ihre Gesundheit – – Dies ist eine Pflicht, zu deren Erkenntnis v. Ausübung Sie keinen Leviathan nöthig haben; von der die jezige Anwendung Ihrer Selbst und der künfftige Gebrauch Ihres Lebens und der Wucher ihrer Pfunde abhängt. Ersparen Sie sich die Mühe des Grabens, und den Aufwand eines Tuches – – nehmen Sie zur Wechsel Bank Ihre Zuflucht, wo wir all das unserige anbringen und umsetzen können. Denken Sie an Ihren Beruf; denken Sie daß Sie einen zwiefachen haben. Hast Du mich lieb? Weide meine Lämmer. Hast du mich lieb? Hast du mich lieb? Weide meine Schaafe, weide meine Schaafe. Wem viel vergeben ist, liebt viel. Socrates vergaß mitten unter den Wirkungen des Gifts die ihn zu lähmen anfiengen des Hahns nicht, welchen er dem Esculap zu opfern versprochen hatte. Denke an den, deßen Gekrähe Dich an meine Verleugnung erinnerte, und an den Blick der Liebe, den Dein Herz schmolz. Thun Sie alles dasjenige, was zu Ihrer Pflicht gehört? Woher entstehen alle die Lüste nach fremden Gewächsen – – das Murren des Volks – – Ich komme Ihnen vielleicht allzugerecht und allzuweise vor – – Sitzen aber die Pharisäer selbst nicht auf Moses Stuhl, und gesetzt, ich straffte mich jetzt selbst, hört dasjenige, was ich Ihnen sage, auf wahr und recht zu seyn. Sagen Sie also nicht in Ihrem Herzen zu mir: Artzt hilff Dir selber! – An dieser Krankheit sterben alle Ärtzte, und der gröste litte diesen Vorwurf auf seinem Siechbette, dem Creutz. Thue das hier, auf diesem Grund und Boden, was man in Capernaum von Dir erzählt. Laßt uns arm werden – – Wittwen werden – – wie Naeman den Rath eines Dienstmädchens nicht für gering achten um eine Reise zu thun, den Rath unserer Unteren nicht für zu schlecht um den Jordan zu besuchen. Ist es was großes, was der Prophet von uns fordert. Ist es eine Lügen, was der Apostel sagt, daß alles Koth – – ja Schaden ist – hat es Moses jemals gereut die Schmach seines Volkes für die Weisheit v Ehre in Egypten vertauscht zu haben. – –: So wird eben das in Ihrem Nazareth geschehen. Fragen Sie den gelehrten Heumann, was Xantippe für eine Frau war? Um in dieser Verkleidung einen Freund zu beurtheilen, fühlen Sie sich recht nach dem Puls – – Verzeyhen Sie mich, ich rede in lauter Brocken an Sie, an denen Sie wiederkäuen mögen. Gott hat mir Muße und Ruhe geschenkt. Ich suche die Zeit die ich jetzt habe wie ein Altflicker anzuwenden. Zwo Stunden sind bisher für mich besetzt gewesen, davon ich eine wieder verloren. Die erste war gewiedmet ein Kind lesen zu lernen, die andere einen jungen Menschen, den ich als meinen Freund und Bruder ansehe, ein wenig französisch. Ich habe den letzten jetzt nur, und habe die Hofnung das erste wieder zu bekommen, und will so bald ich mit Gottes Hülfe wieder ausgehen kann, einen Besuch thun darum zu betteln, daß man es mir höchstens ein paar Stunden des Tages wieder anvertraut. Wollen Sie mir glauben, daß ich ganze halbe Stunden herumgehen kann um mich zu den Lection, welche die möglichst leichteste sind, vorzubereiten und nachzubereiten, daß ich so sage. Sie werden mich verstehen und soviel davon als nöthig anwenden auf das, was ich sagen will. Als ein Freund von Ihnen erlaube ich mir gegenwärtige Freyheiten, und suche die Vorwürfe einer Nasenweisheit zu mildern. Als mein Nachfolger bey denjenigen Kindern, die ich ehmals gehabt, werden Sie das Spiel, das ich mit Ihnen angefangen, nicht auf die strengste Art wie einen Vorwitz um ganz fremde Dinge beurtheilen können. Mein Bruder und Freund Baßa haben Thée mit mir getrunken. Der erste hatte nicht Zeit zu schreiben. Der Herr Rector, der niemand beleidigen will, hat ihn rechtschaffen die Runde gehen laßen. Ich bin mit alle dem sehr zufrieden, was mir auch als überflüßig vorkommen sollte. Er lehrt dadurch seine Oberen kennen, und kann dadurch vielleicht einen künfftigen Vortheil ziehen, an den unser bestgesinnter Freund jetzt selbst nicht denken mag. Ich weiß Gott wird meinem Bruder gnädig seyn und ihm alles zum Besten dienen laßen. Unsere eigene Fehler und die Fehler anderer sind öfters ein Grund von unserm Glück; so wie wir bisweilen so sehr durch unsere Selbstliebe als Freundschafft anderer gezüchtigt und geprüft werden müßen. Freund Baßa lebt hier mit mehr Verdruß als Vergnügen; weil er seine Waaren nicht anbringen kann. Gott hat mir Gnade gegeben auch mit ihm richtig zu machen. Um wieviel ℔ mein Herz dadurch leichter geworden, mögen Sie Selbst berechnen. Ich sehe von meinen Wünschen einen nach dem andern in Erfüllung gehen, ohne Selbst das Wunderbare darinn begreifen zu können. Die Thränensaat einer Nacht verwandelt sich öffters in ein Erndte und Weinlese Lied des darauf folgenden Morgens. Ich will mich einmal tumm anstellen, oder ein wenig blödsinnig, und die Schmeicheleyen, die Sie mir in Ansehung meiner Briefe machen, nach dem Buchstaben nehmen. Nach dieser Voraussetzung geht es füglich an Sie um die Prüfung meines letzten Packs ein wenig zu ersuchen. Ich habe Kinder, Eltern und Hofmeister vor Augen gehabt, und mich selbst nicht vergeßen. Dies wären 4 Seiten, nach denen ich Sie solche in Augenschein nehmen müßen, um meinen ganzen Entwurf zu übersehen. Daß
    mein Schlag anders wohin getroffen
– – Der Verstand dieses Einfalls ist mir nicht entwüscht, ich kann Ihrem jungen HE. noch nicht die Stärke zutrauen in wenig Worten soviel zu sagen. Meine Mühe Sie zu errathen ist mir schlecht vergolten worden. Anstatt diese Einbildung aus dem Sinn und der Feder Ihres Züglings auszureden, nehmen Sie an selbiger Antheil und bestärken ihn auf eine feine v witzige Art darinn. Das heist ein Kind der Schönheit wegen schielen zu lehren. Ich habe mich daher so weitläuftig dabey aufhalten müßen ihm seinen künstl. Irrthum zu benehmen, der mir Schande macht, und mit meinen Absichten nicht im geringsten bestehen kann. Ich habe nicht den Vorsatz gehabt so viel Philosophie zu verschwenden, und fast über meine Kräffte v. Neigung den 2ten Brief geschrieben. Ihr Ton hat mich dazu verführt. Sentimens bey Kindern herauszubringen, die Hebammen Künste, die Bildhauer Handgriffe, welche Socrates von seinen 2 Eltern vermuthlich abgestohlen – – Dies muß immer der Endzweck unseres Amtes seyn, und wir müßen dies mit eben so viel Demuth v Selbstverleugnung treiben, als er die Weltweisheit – – Daß alle Kinder Sprünge nichts helfen um Kinder zu lehren, wißen Sie aus der Erfahrung. Daß Sie unsere Lehrer sind, und wir von ihnen lernen müßen, werden Sie je länger je mehr finden. Wenn Sie solche nichts von uns lernen wollen noch können; so liegt allemal die Schuld an uns, weil wir so ungelehrig oder so stumpf sind sie nicht in der rechten Lage anzugreifen. Je mehr ich mich selbst in Ansehung des jüngsten HErrn untersuche, je mehr finde ich, daß die Schuld an mir gelegen. Ich möchte Ihnen anrathen dasjenige auszuführen, was ich Ihnen hier vorschlage. Sie werden auf manche Entdeckungen kommen. – – Gewöhnen Sie Ihren jungen HErrn so viel Sie können an eine bescheidene Sprache. Der entscheidende zuversichtl. Ton gehört nur vo für Sophisten. Meine Meynung ist: Ein Beruff ist pp. Er muß weder römische Gesetze noch italienische Concetti schreiben lernen. Fast nicht ein einziger Period der nicht das harte der ersteren und das gedrehte und gewundene der andern an sich hat. Der junge Herr kann ohnmögl. Lust zu dieser Arbeit haben, falls Sie ihm solche Muster und Stoff zu seinen Briefen geben. Er muß in seinem Herzen sich über uns beyde aufhalten, wenn er in dem Laut fortfahren soll, worinn er angefangen. Ihre Aufnahme v der Gebrauch dieser Anmerkungen wird mich so oder so bestimmen; ich werde mich dabey winden so gut ich kann. Sie müßen eben so aufrichtig seyn als ich, und mir sichere data geben – – nach denen ich mich gern beqvemen will. Ich habe bey meinen Urtheilen das Consilium des lieben HE Bruders zu Hülfe genommen, weil meinen eigenen Geschmack für zu eigensinnig halte. Er
    schien
mehrentheils gleicher Meynung mit mir zu seyn. Erfahrungen, deren Eindrücke bey mir tief seyn müßen v deren Beyspiele mir noch immer gegenwärtig sind, sollten mich vielleicht behutsamer machen. Ich halte s Sie für gesetzter und gründlicher, als daß Sie gegen mich zurückhalten sollten. Falls Ihnen meine ganze Arbeit als eine Frucht des Eigendünkels vorkommt, falls Sie an der Wendung derselben zu viel Antheil nehmen sollten, so sagen Sie mir es. Ich werde für diese Probe Ihrer Freundschafft Ihnen verbindlich seyn und auf eine Art abbrechen, die Ihnen alle Genugthuung schaffen soll. Ich bitte nochmals um Vernets Historie v mein lateinisch Wörterbuch, weil Ihr Faber hier nebst Virgil mitgekommen, die Sie mit ehsten erhalten werden. Meinen Empfehl an Ihre Excell. Excell. Grüßen Sie Ihre junge HErren und die Pastorathe. – – Leben Sie wohl und erkennen mich für Dero ergebenen Freund und Diener. Hamann.
Lieber Herr Baron, Hier haben Sie die verlangten Verse, an deren Wiedererinnerung Ihnen scheint gelegen zu seyn: O möcht ich, so wie ihr, geliebte Bienen seyn, An innerm Geiste groß, obwohl von Körper klein! Möcht’ ich so schnell wie ihr; so glücklich im Bemühen, Der Wißenschaften Feld, so weit es ist, durchziehen: So stark durch Emsigkeit, als fähig durch Natur Von Kunst zu Künsten gehn, wie ihr von Flur auf Flur; Bemüht den treuen Freund durch Nutzen zu ergötzen, Bereit dem kühnen Feind den Angel anzusetzen. Wie sehnlich wünscht mein Herz, daß jetzt mein Schulgebäu An Kunst und Ordnung reich, wie eure Cellen, sey, Daß meines Umgangs Mark, wie euer Honig, flüße, So nahrhaft für den Geist, als wie für die Sinnen süße. Erinnern Sie sich, mein lieber Baron, daß von Ihrem jetzigen Schulfleiß, das künfftige Gebäu Ihres Glückes abhängt, der späteste Genuß Ihres Lebens welchen Sie selbst und andere einmal davon haben sollen. Derjenige, von dem jene kleine Insekten ihre Bau-kunst und Cellen-Ordnung her haben, lege den
    sehnlichen Wunsch
des Dichters auch in Ihr Herz, und erhöre denselben aus Ihrem Munde! Ich wage es diese Erinnerung Ihrem Gemüth noch ein etwas tiefer einzudrucken, gesetzt daß ich Ihnen auch vorkommen sollte seit meinen jüngsten Briefe auf einmal um ein Jahrhundert älter und ernsthafter geworden zu seyn. Die Schule, in der an Gott gedacht wird, ist so gesegnet als das Haus des Egypters, wo da Joseph aus- und ein-gieng. Sonst arbeiten umsonst, die an uns bauen, mein lieber Baron; sonst wachen die Wächter umsonst über unsere Seelen. Gott hilft einem Noah an seinem Kasten, einem Moses an seiner Stiftshütte und einem Salomo an seinem Tempel. Als ein Mensch unter uns, hieß er des Zimmermanns Sohn. Ich könnte Ihnen mein eigen Beyspiel zum Beweise anführen, daß Er den Wehmüttern, die ihn fürchten, noch heute Häuser baue. Laßen Sie Ihn daher an Ihrem Schulgebäu Antheil nehmen, so wird die Mühe Ihres treuen Lehrers anschlagen, und die Erndte für Sie desto einträglicher und gesegneter seyn. Folgen Sie mir jetzt, mein lieber Baron, in Aesops Garten, deßen Anmuth an keine Jahres-Zeiten gebunden ist. Ein kleiner Spatziergang wird uns gut thun auf die starken Wahrheiten, womit ich Sie unterhalten habe. Wir kommen eben zu rechter Zeit, um ein Gespräch der Frau Gärtnerinn mit einem Honig-Fabrikanten abzulauschen. Eine kleine Biene flog Emsig hin und her, und sog Süßigkeit aus allen Blumen. „Bienchen!“ spricht die Gärtnerinn, Die sie bey der Arbeit trift „Manche Blume hat doch Gift Und Du saugst aus allen Blumen?“ „Ja“ – sagt sie zur Gärtnerinn, „Ja – das Gift – laß ich darinn.“ Sie werden so gütig seyn Sich dieser Biene bey Lesung meiner Briefe zu erinnern, und gegenwärtige Fabel als eine Antwort auf einige Stellen Ihrer letzten Zuschrift anwenden. Nach einem unterthänigen Empfehl an die Gnädige Frau Reichs-Gräfinn und des HErrn Generals Excell. Excell. und den verbindlichsten Grüßen an Fräulein Schwester und den kleinen Baron, verharre mit der aufrichtigsten Zärtlichkeit Dero ergebenster Diener. Hamann. Riga den Nov. 1758. Ihre Briefe sind so gut buchstabiert, daß ich mich darüber freue. Ich wünsche Ihnen, mein lieber Baron, von Herzen Glück dazu, und verspreche Ihnen, wenn Sie darinn fortfahren, eben einen so guten Erfolg in der Kunst zu denken, Ihre Gedanken auszudrücken – – ja in der wichtigern und größeren Kunst zu leben. Sapienti sat – wird ein Gönner von mir in seinem Herzen sagen, und mit Augenmaaß, aufmerksamen Sinnen zu einer anderen Abschrift sich Zeit nehmen.
Geliebtester Freund, Sie erhalten einen zurück, den ich immer um mich zu haben wünsche. Erinnern Sie sich meiner in Ihren vertrauten Gesprächen, und qvälen und lieben Sie sich, wie es zärtlichen Eheleuten und Freunden zukommt. Ich habe Ihnen unzählich viel zu schreiben. Abbitte, Ehrenerklärung und was Sie wollen. Es hat mir an Angst so wenig als Ihnen Selbst gefehlt. Hat es nicht eben dies unsere Mütter gekostet – und doch waren sie uns gut, so bald wir da waren – ja vergaßen solche, und gaben uns Brüder, die Ihnen eben so theuer zu stehen kamen. Sie haben selbst schlecht von sich gedacht – Sie sind unwillig auf Sich selbst gewesen – Daher kommt die Voraussetzung in Ansehung meiner. Ich kenne diese Modefiguren. Ich unterstand mich nicht so laut als Ihr Herr Bruder von dem Briefe des ältesten Barons zu denken, den ich weder lesen noch verstehen können, daher auch nicht beantworten kann. Er glaubte Galle darinn zu finden – ich wiedersprach ihm ohne ihn wiederlegen zu können. Er machte mir den Einwurf einer polypragmasie, Nasenweisheit, Oberklugheit und Obergerechtigkeit, eines Sichelgebrauches auf fremden Ackern – – kurz alle die vernünfftige Gründe, die dem David von seinem älteren Bruder geschahen, wie er sich um Dinge bekümmerte, die ihn nichts angiengen – – Sie haben sich durch Ihre letzte freundschafftl. Zuschrifft gegen Ihren Herrn Bruder legitimirt, und mir Muth und Herz eingeflößt. Ich danke Ihnen dafür, daß Sie diese Probe meiner Freundschafft ausgehalten haben. Man fühlt als ein Christ tägl. was Paulus sagt: auswendig Streit, inwendig Furcht. Die Kinder sind da, klagte Hiskias, aber es fehlt an Krafft sie zu gebähren. Er klagte nicht umsonst, sondern erhielt eine entzückte Liebeserklärung wie eine junge Buhlerinn von einem alten Liebhaber vom Manne erwarten konnte, an statt einer Antwort. Die Gedanken und Empfindungen zittern und beben darinn, so wuste der Prophet die Freude Gottes nachzuahmen und sinnlich zu machen. Ich bin jetzt unendlich mehr gedemüthigt durch einen, der mir am nächsten ist. Gott sey uns allen gnädig! und vergebe uns die Sünden unserer guten Absichten und guten Werke. Es muß ja – – es muß ja Aergernis kommen. So unvermeidlich dies ist, so wahr ist das Wehe! Gott Lob! daß dieser Spies nicht uns sondern die Wand trift. So viel ich auch leide v. noch leyden solle, so laße er mir den Trost derjenigen Gerechtigkeit, auf welche Hiob pochte – – Ich werde mich so gut schicken wie ich kann. Sehen Sie auf nichts als auf das Buchstabieren des ältesten Barons. Das ist alles. Sein eigener Brief ist abscheulich geschmiert, ich mag an den nicht denken. Die Abschrift meines ersten Briefes ist eben so voll Fehler und ohne Unterscheidungszeichen, ohne allen Augenmaas. Da Sie mir jetzt ein wenig Luft gemacht haben, will ich sehen, wie ich ihn am Besten ankommen kann. Ich weiß noch selbst nicht; so viel weiß ich, daß ich weder schonen noch hinken kann; so viel weiß ich, daß man so am sichersten fährt, wenn es auch noch so schief geht. Folgen Sie meinem Rath – laßen Sie Leßinge und Rapine liegen. Geben Sie Ihr Geld, (Kräffte und Zeit) nicht für Dinge aus, die kein Brodt sind. Gehen Sie zu Ihrer Theologie zurück, und bleiben Sie in Ihrem Beruff. Der Arbeiter sind wenig und die Erndte ist groß. Hören Sie Jakobs Stimme und laßen Sie sich durch Esaus Hände nicht irre machen. Es steht bey Ihnen mich zu richten – – ich mache mich aus dem Urtheil der Menschen nichts, sagt der Apostel. Ich weiß daß ich mich selbst verdamme – – immerhin, wenn es nicht anders seyn kann, es kann mir auch nicht schaden, nicht Sie, nicht mein Nächster, nicht ich selbst, sondern der Herr ist Richter. So werden wir durch dasjenige aufgerichtet was uns niederschlägt und durch den getröstet, der uns betrübt. Verzeyhen Sie mir, liebster Freund, schreiben Sie mir fleißig. Ich bin Ihr aufrichtiger Freund v Diener. Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Candidat en Theologie / à / Grunhoff. / par ami.
Herzlich Geliebtester Vater, Wir sehnen uns nach guter Nachricht von Ihrer Beßerung. Gott erhöre unser Gebet und erhalte Sie nach Seinem Gnädigen Willen, und helfe Ihnen das Joch und die Last dieses Lebens tragen. Schonen Sie Ihr schwaches Haupt so viel als möglich, und seyn Sie wegen Ihrer zärtlichen Zuschriften an Ihre Kinder unbekümmert. Wir verstehen selbige vollkommen, und ich für mein Theil kann nicht die geringste Spur der Zerstreuung, worüber Sie klagen, entdecken. Gott wird Ihnen gnädig seyn, legen Sie, wie jener Knabe, der seinem Vater über sein Haupt klagte, selbiges auf den Schoos der mütterlichen Vorsehung, und harren Sie Seiner und Ihrer Hülfe. Läßet auch ein Haupt sein Glied, Welches es nicht nach sich zieht? Ich bin heute auch zum ersten mal diese Woche ausgegangen, weil ich seit 8 Tagen mit starken Flüßen beschwert gewesen. Ich danke aber Gott, daß ich jetzt an meinen letzten Feind und Wohlthäter eben so oft und mit eben so viel Freude als in meiner ersten Jugend denken kann. Wir wollen uns durch dies finstre Thal, Liebster Vater, an einem Stab und Stecken halten, der uns beyde trösten soll, und mit dem unsere seelige Freundin vor uns über diesen Jordan gegangen ist. Ich danke auf das kindlichste für Ihre gütige Versicherung das bestellte zu besorgen, und verlaße mich darauf. Wenn Sie etwas überschicken, bitte ich alles an meinen Bruder zu addressiren, weil ich nicht gern mit den Fuhrleuten etwas zu thun haben will. Youngs Schriften hatte ich gern mit HE. Borchard gesehen, den ich noch nicht kenne, sich aber noch etwas hier aufhalten wird. Ist es noch Zeit, so bitte mir Rambachs kleine Sammlung von Luthers Schriften beyzulegen, die mir mein Bruder vergeßen. Sie ist im braunen Bande in 800 und steht im schmalen Schranke. Meine kleine Schülerinn, die Sonnabends und Sonntags in Ihrer Eltern Hause zubringt, besuchte heute, und klagte über fieberhafte Zufälle. Der liebe Gott erhalte mir dieses liebe Kind! Mein Bruder hat sein Schulexamen überstanden, und möchte wohl künfftige Woche in sein Amt eingeführt werden. Es ist wichtiger, als er sich selbiges vielleicht vorgestellt, weil er zur Verbeßerung der ganzen Schule geruffen worden, und so wohl den Kindern als Lehrern zum Gehülfen gesetzt wird. Er hat Ursache sein Unvermögen wie Salomon zu erkennen, und sich selbst als ein Kind anzusehen, das weder seinen Ausgang und Eingang weiß, damit er um ein gehorsam und verständiges Herz bitte, das mächtige Volk zu richten, das ihm anvertraut wird, um die Heerde zu weiden mit aller Treue und zu regieren mit allem Fleiß. Ich habe zu viel Ursache ihn auf den zu weisen, der so gar unser Gebeth, das wir im Schlaf und den Träumen deßelben thun erhört, der Weisheit giebt ohne es jemanden vorzurücken; und suche ihm alle die bunten Stäbe mitzutheilen, die Er mir darinn machen gelehrt. Menschenfurcht und Menschengefälligkeit sind die zwo gefährliche Klippen, an denen unser Gewißen am ersten Schiffbruch leyden kann, wenn unser Lehrer und Meister nicht am Ruder sitzt. Ich vertraue auf den, der meine Hoffnung nicht hat noch wird laßen zu schanden werden; und der um treue Arbeiter zu seiner Erndte uns zu beten befohlen, und selbige Selbst dazu schaft und bereitet. Ich freue mich von Grund des Herzens, daß er jetzt anfängt, wie es scheint, sich ein wenig von der Gleichgiltigkeit aufzumuntern, die mich anfänglich bey ihm ein wenig beunruhigt hat, und der ich alle mein natürlich Feuer entgegenzusetzen gesucht habe. Ich habe für ihn so wohl als mich selbst gezittert; weil es leicht ist von einer Gleichgiltigkeit in eine Fühllosigkeit zu verfallen, und selbige bey dem Eintritt unsers Berufs am wenigsten zu entschuldigen, auch an gefährlichsten ist, da wir ohnedem Anlaß genung in der Folge bekommen auf selbige zu wachen, und uns von unseren natürlichen Hange zur Trägheit und Schläfrichkeit und dem reitzenden Beyspiel anderer nicht täuschen zu laßen. Mit unserm Eyfer hingegen geht es uns wie Moses, daß wir leicht beyde Gesetz Tafeln darüber entzwey brechen – Wir werden aber von demjenigen getröstet, der uns demüthigt, und fröhlich gemacht durch eben die, welche von uns vielleicht betrübt werden. Ich weiß, daß Gott unsers Herzens Wunsch erfüllen wird, nach seinem Willen, der allein der beste ist, und nach der Hand des Herrn unsers Gottes über Uns. Er giebt dem HErrn Rector jährlich 100 Thrl. Alb. für Logis, Tisch pp dem er als dem Werkzeug seines Ruffes alle mögliche Erkenntlichkeit nächstdem schuldig ist. Mein lieber Bruder besucht mich fast alle Abend, die wir allein unter uns zubringen, weil ich ihn mit Fleiß noch etwas entfernt in unserm Hause halten will. Den Sonntag haben wir beyde als unsern Familientag abgemacht. Wir gehen zusammen in die Kirche, und darauf trinken wir unsern Thee, er ist der Vorleser einer englischen Predigt, und spielt ein Lied auf dem Clavezin meines Zimmers zur Abwechselung. Seine Zeit ist ordentlich biß 9 Uhr; und unsere Abendmahlzeiten gewöhnlich in einem Honigbrodt, weil uns das am besten schmeckt, wozu wir einige Gläser Wein trinken, wenn wir Lust haben. Mit dieser Ordnung bin sehr zufrieden, weil sie weder mir noch meinen Freunden beschwerlich fällt, deren Gutherzigkeit uns jederzeit lehren soll desto bescheidener zu seyn. Ich habe mein Herz gegen Sie, Geliebtester Vater, ausgeschüttet. Sie werden uns beyde in Ihr Gebeth und Liebe einschließen. Gott erhalte, stärke und seegne Sie an Seele und Leib. Grüßen Sie die gute Jgfr. Degnerinn. Ich ersterbe mit kindlichstem Handkuß Ihr gehorsamst verpflichtester Sohn. Joh. Ge. H. Riga. Sonnabends. den 1 Dec. 1758. Riga. den 8/19 Christm. 1758. Herzlich geliebtester Vater, Eben jetzt verläßt mich mein Bruder, welcher mit nächster Post schreiben wird. Wir sind beyde durch Ihre letzte Zuschrift sehr erfreut worden. Gott erhalte uns Seine Gnade, und mache uns für die sichtbaren und zeitlichen Merkmale derselben erkenntlich; er laße diese Lockstimme seiner Wohlthaten dazu dienen, unsern Glauben zu stärken, daß Er unser rechte Vater sey und wir Seine rechte Kinder. Auch die Züchtigungen dieses geistlichen Vaters mögen uns zu Nutz gereichen, auf daß wir Seine Heiligung erlangen. Hebr. XII. Ich bin unter Seiner Gnade diesen Sonntag zum Tisch des HErrn gewesen, und wurde durch den Prediger, der meines Beichtvaters Stelle wegen seiner Unpäßlichkeit vertratt, sehr aufgerichtet und getröstet. Witterung und alle äußerliche Umstände haben sich zu diesem großen Werk beqvemen müßen, das Gott meiner Seele wolle gedeyhen laßen! Amen! Ich bin Gott Lob! sehr gesund und lebe so zufrieden als möglich. Zu meinen kleinen Geschäften außerordentlichen Seegen und Beystand. Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gieb Ehre, um Deine Gnade und Wahrheit. Warum sollen die Heyden sagen: Wo ist nun Ihr Gott? Er wird meinen lieben Bruder auch helfen, der diese Woche schon einen blanken holländischen Dukaten von dem Vater eines Kindes bekommen, um ihn zu seiner pflichtmäßigen Aufsicht über seinen Sohn desto mehr aufzumuntern. Sein Eyfer und Treue im Amte möge auch hiedurch angefeuret und geläutert werden. Ich nehme mir nochmals die Freyheit, Sie an die Besorgung des versprochenen zu erinnern. Herr Wagner hat mir zu den bestellten Büchern durch den HErrn R. Hofnung machen laßen; ich werde dafür richtig werden. Gott laße auch die Feyer dieses Weynachtfestes an Ihnen, den Ihrigen und uns allen geseegnet seyn, Er fülle unsern Mund mit neuen Liedern, und laße uns mit den Engeln und Hirten ein gemeinschaftlich Chor ausmachen, und um die Wette mit einander singen: Er will – und kann – euch laßen nicht; Setzt nur auf Ihn eur Zuversicht. Es mögen euch viel fechten an, Dem sey Trotz, ders nicht laßen kann. Zuletzt müßt ihr doch haben Recht, Ihr seyd nun worden Gott’s Geschlecht; Des danket Gott in Ewigkeit Gedultig – – frölich – – allezeit. Dieses alte Jahr werde auch in Ihrem Hause, Herzlich Geliebtester Vater, mit frischen Proben Seiner Wahrheit und Barmherzigkeit versiegelt. Er gedenke derselben und helfe Seinem Diener Israel auf, wie Er geredet hat unsern Vätern, Abraham und Seinem Saamen ewiglich. Grüßen Sie mit den herzlichsten Wünschen Jgfr. Degnerinn und alle gute Freunde und Bekannten. Ich ersterbe mit dem zärtlichsten Handkuß kindlicher Ehrerbietung Ihr gehorsamst verpflichtester Sohn. Johann George Hamann. Auf der Adreßseite:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à / Coenigsberg / en Prusse. /
    franco Mummel
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Rotes Lacksiegel J. G. H. Von Johann Christoph Hamann (Vater): den 25 Dec. 1758
Von Johann Christoph Hamann (Bruder): Riga den. 12. Xbr. 1758. Herzlich Geliebtester Vater! Ich freue mich, daß Gott Ihnen wiederum Gesundheit geschenkt hat, Ihre Denk- und Feyertage zufrieden und vergnügt zu begehen. Die Erinnerung derselben macht mich auch in der Ferne bey demjenigen des Dankes schuldig, der als ein Kind sich herabgelaßen hat um uns als Kinder zu sich zu ziehen. Er möge sich auch in denen Tagen, die diesem Gedächtniße gewidmet sind gewesen, in dieser Gestalt Ihnen am freundlichsten und leutseeligsten gezeiget haben und Sie auf eine solche Art seine Wirkungen an Ihrer Seele verspüret haben, daß Sie Ihren Geburtstag ebenfalls nicht ohne Seegen feyren mögen. Wird Ihr Alter gleich mühsam und sorgenvoll, so ist er doch noch immer mit Vortheilen für den Nächsten beschäftiget und ein nuzbares Leben. Unterwerfen Sie sich also auch darinn dem Willen desjenigen, der am besten weiß, wenn unser Leben ihm allein zugehöret. Ich habe hier schon eine unverdiente Wolthat von einem Manne erhalten, der mir sein Kind auf der Klaße anvertrauet und mir deßhalb einen in diesem Jahre geprägten holländischen Ducaten geschenkt hat. So gut geht es Ihrem Sohn, lieber Vater, daß Sie von aller Sorge für seine Erhaltung befreyet seyn können; noch vielweniger für seine Gesundheit, wenn er gleich um einige Unzen Visceral-Tropfen, die mit Wein abgemacht sind, bittet. Der HE. Rector wünschet dieselbe bey Gelegenheit von dorten erhalten zu können, weil die hiesigen nicht von so gutem Geschmack und Nutzen sind. Sie können zu unserm allgemeinen Gebrauch dienen; das Geld übermache ich. Um meinem Bruder ein Pläzchen zu laßen muß ich schließen und bin nach herzlichem Anwunsch alles ersprießl. Wohlergehens Ihr treuster Sohn. J. C. Herzlich geliebtester Vater, Ich komme eben jetzt zu meinem Bruder gelaufen um noch eine kleine Nachschrift anzuhängen. Den Young habe heute richtig erhalten und zahle den Dank meiner Freunde, die sich Ihrer öfters mit dem besten Herzen erinnern zum voraus. Keine Rechnung dabey gefunden. Ich schreibe zu den Wünschen meines Bruders ein herzliches Amen! Gott schenke Ihnen an Seele und Leib alles was Ihnen gut und nützlich ist. Die PostGlocke schlägt; ich küße Ihnen mit der kindlichsten Ehrfurcht die Hände und ersterbe Dero gehorsamst verpflichtester Sohn. Johann George Hamann. Entschuldigen Sie meine Eilfertigkeit und das schlechte SchreibeZugehör. Leben Sie wohl, gesund und zufrieden, und beten Sie für uns. Riga den 9/20 Jänner 1759. Herzlichgeliebtester Vater, Gott gebe Ihnen gute Gesundheit, Leben und Seegen. Ich hoffe und wünsche, daß Sie sich beßer befinden. Herr Buchholtz hat diese gute Nachricht meinem Bruder gemeldet, daß er Sie leidlicher angetroffen. Grüßen Sie ihn als meinen alten Lehrer, Wohlthäter und Freund aufs herzlichste von mir. Ich denke Ihm bald Selbst zu schreiben. Gott hat mir den letzten Tag des vergangenen Jahres mit vielem außerordentlichen Seegen beschlüßen, und das Neue eben so denkwürdig anfangen laßen. Er läst meinen Becher überlaufen, Er wird mir alles schenken, was mir seelig und nöthig ist, Er wird mich alles genüßen – – aber auch alles verleugnen lehren, wenn es Sein Gnädiger Wille ist. Ich erhielt den 27. Dec. pass. Ihren lieben Brief, in dem Sie mir erlaubten zu heyrathen, und mir Glück dazu versprachen, wenn ich es mit Gott anfienge. Den Tag darauf schrieb ich also meine LiebesErklärung, und zwar in einem Briefe an meinen Freund in Petersb. dem ich meldete, daß ich seine Schwester heyrathen wollte, – – Ich schickte denselben unten und ersuchte Sie entweder die zerrissene Stücke davon mir zuzuschicken oder ihn unter ihrem Couvert einzuschlüßen. Sie hat das letztere gethan – – und ich erwarte heute die Antwort meines Freundes. Es scheint bey ihr Ernst zu werden; ich will es aber noch nicht wißen. Gott wird alles lenken und mich für allen Thorheiten behüten, und vom Bösen erlösen. Er wird mir Gnade geben auf dem rechten Wege zu bleiben, und mich auf Seinen Fußsteigen erhalten, daß meine Tritte nicht gleiten. Ich hoffe aber darauf, daß Du so gnädig bist, mein Herz freuet sich, daß Du so gerne hilfest. Ich will dem Herrn singen, daß Er so wohl an mir thut. Ich legte ein klein französisch Billet an meine Freundinn bey dem Briefe an Ihren Bruder bey, worinn ich Sie auf Gott wies, und ihr versicherte, daß er den Stummen als Taub, und den nur den Tauben als stumm vorkäme. Ihm sey Lob für Seine unaussprechliche Barmherzigkeit! Er ist für uns beyde weder stumm noch taub gewesen. Den Sonntag nach dem Neuen Jahre haben wir eine Predigt des Morgens gehört, die für mich und unsere Schwester recht von Gott bestellt zu seyn schien; und am heil. Dreikönigsfeste hat unser Rector Lindner, der von nichts weiß, eben so viel, ja recht auf uns beyde abzielendes von der Führung Gottes mit den Seinigen vorsagen müßen zu unserem Unterricht und Aufmunterung. Mein Bruder ist so gut mir diese Predigt abzuschreiben. Wird Sie meine Frau, Herzlich Geliebtester Vater, so wird Sie es durch und nach Gottes Willen, und ich habe eben so viel dabey gethan, als daß Sie Mein Vater geworden – – ich wiederhole es Ihnen, ich habe eben so wenig dabey beygetragen, als daß Sie unsere Seelige Mutter zu Ihrem und unserm Besten gewählt haben. Ich weiß, daß dieser Gnädige Gott auch diejenige Liebe in mein Herz pflanzen wird, und die er selbst fordert, nach der ein Mann seinem Vater und seine Mutter verlaßen soll um seinem Weibe anzuhangen, und sie werden seyn ein Fleisch. Ich weiß noch mehr, daß Sie mir hierinn nichts nachgeben wird. Gott wolle durch Seinen guten Geist auch unsere Herzen läutern und heiligen, und die Ermahnung der morgenden Epistel auch in uns kräftig und thätig seyn laßen, daß wir unsere Leiber begeben zum Opfer, das da heilig, lebendig und Gott wohlgefällig sey. Sie bekommt nichts mit mir; ich fordere aber auch nichts von mit Ihr. Alles was ich ihr anbieten kann, schrieb ich dem Bruder, ist mein Herz, mein Leib und mein Name. Wir haben beyde nicht nöthig an ein eigen etablissement zu denken und dafür zu sorgen. Sie soll die Haushälterin Ihres Bruders Karl bleiben, und ich Sein Handlanger. Wenn es Gott gefällt eine Änderung zu machen, dann wird es auch meine Schuldigkeit seyn Sie zu ernähren. Und dafür wird der auch Rath schaffen, der mir Ihre Schwester zur Frau geben wird und will. Sie möchte mit mir von gleichem Alter seyn. Ob Sie ein Paar Jahr jünger oder ein halb Jahr älter; dies habe ich Ihr niemals ansehen können, viel weniger jetzt, da ich auf gutem Wege bin in Sie verliebt zu werden. Sie ist in meinen Augen schöner als die stoltzeste Lilie; wenn Sie ist es nicht ist wäre, so würd Sie meine Liebe dazu machen, daß Sie es für mich wenigstens seyn wird. Und Sie wird es immer seyn, so lange ich Sie lieben werde – – und ich werde Sie ewig lieben. Ist sie in anderer Augen nicht schön genung; desto beßer für mich. Erhalte ich heute Briefe, herzlich geliebtester Vater, so bin ich vielleicht mit Gottes Hülfe Ihnen im stande mit nächster Post den Tag meiner Verlobung zu bestimmen. Sie werden nicht unterlaßen denselben zu feyren, und einige Arme an Ihrer Freude Theil nehmen zu laßen. Bewirthen Sie Ih unsere nächsten Blutsfreunde wenigstens in der Stille, es wird Ihnen beßer als ein notifications-Schreiben schmecken. Sieben Jahre um Ihre beste Schwester zu dienen, schrieb ich an meinen Freunden, sollen mir so kurz als eine Kirmeswoche vorkommen; denken Sie des wegen nicht, daß ich auch nur einen Augenblick verlieren werde um mein Glück voll zu machen. Ohngeachtet ich heute im stande wäre den Ring zu bestellen; so wird mir doch Gott auch im Gegentheil die Gnade geben die Hand und Herz zurück zu ziehen, wenn er mir Seinen Willen dazu zu erkennen geben wird. Er wird mich denselben lehren lieben und Kräfte schenken ihn zu erfüllen. Ich empfehle Sie der liebreichen Obhut unsers himmlischen Vaters, der uns leitet wie die Jugend. Er schenke Ihnen bald Ihre Gesundheit wieder und erhalte und stärke Sie nach Seinem gnädigen Wohlgefallen. Ich küße Ihnen mit kindlichster Ehrfurcht und Zärtlichkeit die Hände und ersterbe Ihr gehorsamst verpflichtester Sohn. Johann George Hamann. Jgfr. Degnerinn, HE. Blindau nebst allen guten Freunden grüße zum Neuen Jahr. Am Rande der zweiten Seite: Ohngeachtet ich mich auf Ihr gütiges Versprechens in Ansehung des wilden Schweines verlaße; so nehme mir doch die Freyheit wieder daran zu erinnern – Riga den 13/24 Jänner 1759. Herzlich geliebtester Vater, Die Nachricht von Ihrer fortdaurenden Unpäßlichkeit hat uns beyde sehr betrübt; ich freue mich aber zugleich, daß Sie sich dem Willen Gottes aufopfern. Er wird Ihnen gnädig seyn. Ich bin unter Seiner Gnade entschloßen diesen Sonntag zum heiligen Abendmal zu gehen und habe mich vorgenommen Montags oder Dienstags darauf, so Gott will und ich lebe, Ihrem Wunsche gemäs abzureisen. Gott wolle mein Herz regieren und mir Kraft geben alle Hindernisse zu überwinden und Seinen Willen mir in allem gefallen zu laßen. Will Er Sie uns zur Freude und Seegen, noch länger erhalten; so wird meine Gegenwart und Ankunfft wenigstens Ihre Genesung mit befördern helfen – und da Sie es wünschen und mich nichts abhält, so sehe ich es als meine Pflicht an Ihnen gehorsam zu seyn. Ist es Gottes Wille Sie uns nicht länger hier auf der Welt genüßen zu lassen: so sey es Er Ihnen und uns allen gnädig – und ich komme Ihren väterlichen Seegen zu meinem künfftigen Leben von Ihren Händen zu empfangen – oder Ihnen auch die letzte kindliche Pflicht und Liebe zu erzeigen. Gott regiere alles und laße Sie Seiner väterlichen Obhut empfohlen seyn. Beten Sie für mich und meinen Bruder, so lange Ihnen Gott noch den Odem dazu schenket. Er sey Ihnen und uns allen gnädig um Seines lieben Sohnes Jesu Christi Willen Amen! Ich ersterbe mit dem kindlichsten Handkuß und der zärtlichsten Ehrerbietung Ihr gehorsamst verpflichtester Sohn. J. G. H. Von Johann Christoph Hamann (Bruder): Herzlich geliebtester Vater! So betrübt mir die Nachricht von der Dauer Ihrer Unpäßlichkeit gewesen, so empfindlich ist mir der Entschluß des Bruders mich so bald zu verlaßen. Doch die Pflicht, die er Ihnen, liebster Vater, schuldig ist, ist der meinigen weit vorzuziehen und sein Gehorsam werde durch Ihre baldige Genesung reichlich belohnet. Gott begleite ihn und laße ihn mit vielem Seegen und Trost vor Ihnen kommen. Er mache ihn und mich zu allem gefaßt, was sein heil. Wille mit Ihnen beschloßen hat. So wunderbar derselbe auch öfters ist, so führet er ihn doch herrlich hinaus, damit wir ihn erkennen und liebgewinnen lernen. Ueberlaßen Sie sich demselben in Geduld und warten Sie auf seine gnädige Hülfe, die Ihre Erfahrung und Ihr Glaube sich noch mehr versprechen kann. Vielleicht wird uns neue Gelegenheit gegeben seinen Namen für Ihre Erhaltung zu verherrlichen. Gott lenke unterdeßen alles zu unserm Besten. Er erhöre Ihr Gebet welches Sie so wohl für sich als für die Ihrigen thun und laße Sie in der Gegenwart meines Bruders Trost und Zufriedenheit finden. HE. Blindau, den ich herzl. grüße, wird ersuchet den Brief an HE. Past. Carrius bestens zu besorgen. Ich küße aufs zärtlichste Ihre Hände, die gewiß bis an Ihr das Ende Ihres Lebens für uns beten werden und bin zeitlebens mit kindlichster Hochachtung Dero ewig verpflichteter Sohn J. C. Hamann. Der Brief nach Marienburg wird unfranquirt auf die Post gegeben. Geliebtester Freund, Ich habe vorige Woche erstl. Ihren Brief erhalten. Sie werden die Absicht meiner schleunigen Abreise schon längst erfahren haben. Gott Lob! Mein geschwinder Gehorsam auf den Wink meines lieben Vaters ist dadurch belohnt worden, daß ich ihn über Vermuthen beßer gefunden. Er hat auch schon einen Versuch auszugehen gemacht, womit er aber einhalten müßen; heute mit Gottes Hülfe einen neuen, wo ich wie ein Pappelbaum ihm zur Seiten gehen muß. – So weit von meinen hiesigen Angelegenheiten; ich weiß daß Sie an dem Leben meines Alten Antheil nehmen und an meiner Zufriedenheit darüber. Ihre liebe Mama habe gleich bey meiner Ankunft besucht und bin gestern gleichfalls bey ihr gewesen. Sie befindet sich Gott Lob! munter. Hat ihr Hauskreutz an ihrem Gast, das sie mit viel Gedult träget. Sie ist sehr vergnügt über Ihren Entschluß zur Theologie zurückzukehren, schien aber etwas über die Heftigkeit, womit Sie sich auf die entgegengesetzte Seite Ihrer bisherigen Denkungsart zu werfen scheinen, besorgt zu seyn. Ich habe Sie deswegen so gut ich konnte beruhigt, und es war mir lieb, daß unsere Gedanken überein trafen. Erlauben Sie mir, Geliebtester Freund, noch eine kleine Erörterung derselben hinzuzufügen, weil dadurch ohnedem eine Beantwortung einiger Stellen in Ihrer werthen Zuschrift geschieht. Ich habe gehört, Sie wollen Ihre jetzige Stelle verlaßen, und sich nach Riga begeben pp. weil Sie glauben, daß die gegenwärtige Verfaßung Ihrem Entschluß zur Gottesgelahrtheit zurückzukehren im Wege stünde. Es ist eine Pflicht mit der Stellung zufrieden zu seyn, worinn wir uns finden; und je schwerer sie uns wird, desto größer der Sieg über uns selbst und der Beystand Gottes ihn zu erhalten. Ohne die wichtigsten Gründe verlaßen Sie also Ihren gegenwärtigen Posten nicht. Wenn Ihnen eine andere Verfaßung nöthig und nützlich seyn wird; so wird Sie Gott wohl darein versetzen, wie Sie an meiner jetzigen Verruckung ein Beispiel haben. Frau Consistorial Räthin, war schon für ein wenig Schwärmerey bey Ihnen besorgt und ich weiß an mir selbst, daß wir diese Klippe vorbey müßen, daß aber keine Gefahr dabey ist, so lange der Meister auf unserm Schifflein ist, gesetzt daß er auch wieder seine Gewohnheit – auf einem Polster – schlafen sollte. Laßen Sie ihn schwärmen, sagte ich, der liebe Gott wird es wohl seinem Feinde und Freunde verbieten einen Schwärmer aus ihm zu machen. Hier muß ich eine Lehre mir selbst so wohl als Ihnen sagen. Wir müßen uns des Menschensohnes und seines Bekenntnißes nicht schämen; aber auch nicht die Perlen seiner Lehre jedermann vorwerfen. Eylen Sie daher nicht Ihr Licht aufzudringen, bauen Sie nicht auf die Empfindung Ihres Glaubens denn die ist öfters ein Betrug uns. Fleisches und Blutes, und hat die Vergänglichkeit deßelben mit dem Grase und den Blumen des Feldes gemein – noch weniger beurtheilen Sie andere nach den ersten Erfahrungen, durch die Sie Gott geführt hat und führen wird. Sie haben mir erlaubt und mich zum Theil aufgemuntert ernsthafft an Sie zu schreiben; ich habe es daher gethan und Sie werden mir die Ihnen mitgetheilte Erinnerungen, so leicht und gering sie auch sind, als wohlgemeint zu gute halten. Sie schreiben mir von ihrem Wege in Wüsteneyen. Der Psalmist aber sagt: Die Wohnungen in der Wüsten sind auch fett – daß sie triefen. Ψ 65. Ich freue mich herzlich über den Hunger und Durst, den Sie von sich bekennen. Die Unersättlichkeit aber ist der Genügsamkeit – wie in irrdischen also auch in himml. Dingen entgegen gesetzt. Nicht der Brodte wegen, nicht der Aufwallungen wegen, der guten Gedanken und Bewegungen wegen – Gott mag uns den Brodkorb so hoch hängen als er will, gesetzt daß er uns auch die Brosamen versagt – Derjenige, dem alle Macht im Himmel und auf der Erden gegeben, der bey seinem Abschiede versprochen allenthalben bey uns zu seyn, nicht nur allenthalben sondern auch keinen Tag unsers Lebens biß ans Ende deßelben ausgenommen, legt uns alles aus, wenn er uns allein, so allein daß wir uns selbst fehlen, antrift – wie ers mit seinen Jüngern machte. Sein Geist soll uns in alle Wahrheit leiten – und diese allein macht uns frey – und sollt ihr etwas anders oder sonst halten, das laßet euch Gott offenbaren      Regel, darein wir kommen sind, wandeln und    Phil. III. 15, 16. Wenn Sie auch ohne Frucht arbeiten müßen, so fahren Sie nur getrost fort in Ihrem jetzigen Beruf. Entschlagen Sie sich aller Vereckelungen, die Sie anwandeln, und glauben Sie, daß Ihnen dasjenige von Gott befohlen worden, was Sie jetzt thun, weder in Betracht auf Ihr eigen Selbst, noch Kinder, noch Eltern, noch Freunde pp. Eine selbstgewählte Ordnung zu leben, die man sich mahlt, und die man sich zu erschwingen bemüht, ist wie ein selbstgewählter Gottesdienst dem Herrn ein Gräuel. Sie werden sehen wie viel Zeit Sie übrig behalten werden, wenn Sie sich aller Nebendinge – selbst in Ihrem jetzt erneuerten studio Theol. entschlagen werden. Wenn wir bitten: Gib uns heute unser tägl. Brodt; so bitten wir zugl. daß uns Gott jeden Tropfen Schweißes jeden Tag zuzählen soll, mit dem wir daßelbe eßen das heist, verdienen oder erwerben sollen nach der Weltsprache. Denn eigentl. zu reden weiß kein Christ etwas davon vom Brodte, das er verdient oder erwerben sollte; alles ist für ihn nur Gabe Gottes, die er mit Lob und Dank gegen den genüst, der es verdienen und erwerben muste, da er zitterte, zagte, und Blut schwitzte. Sie haben mir viele dunkle Betrachtungen gemeldet, die sich auf facta zu gründen scheinen, davon ich nichts weiß. Was wollen sie sagen, daß es schwer sey die Unschuld zu retten. Wer hat Ihnen dies schwere Geschäfte aufgetragen; das gehört für irrende Ritter, wie mir ein guter Freund öfters vorgerückt hat. Weßen Unschuld meynen Sie? Ihre eigene? Sind Sie derselben so gewiß, oder ist Ihnen so viel daran gelegen unschuldig zu leiden. Sokrates sagte zu seiner Frau: Wünschest Du lieber, daß ich schuldig leiden soll. Anderer Leute ihre Unschuld? Diese geht Sie noch weniger als Ihre eigene an. Sie wißen, daß mein Briefwechsel längst aufgehört hat. Warum fällt es Ihnen so spät ein, mich darum zu ersuchen? Zu was für Veranlaßungen hat er Ursache gegeben? Haben Sie etwa den Dienst schon aufgesagt, und meynt man daß ich Sie aufrührerisch gemacht? Gesetzt daß man mir auch dies aufbürdete, was wäre mir daran gelegen? Es wird mir lieb seyn etwas von Ihren Verlegenheiten und der jetzigen Stellung in Ihren Hause zu wißen, wenn es Ihnen gefällt mich zum Vertrauten darinn zu machen oder es der Mühe lohnt die Feder dazu anzusetzen.      jemals an, ob man mir Recht oder Unrecht thut. Ich hänge ja nicht mehr von ihnen ab; und ich danke Gott daß ich weder über das Recht noch Unrecht meiner Handlungen mehr wie ehemals grübele und mich darüber ohne Noth beunruhige. Handle ich Recht; was habe ich mich darauf einzubilden oder das zu verfechten. Handle ich Unrecht; so geht das Gott allein an, und ich glaube einen Gott der nicht mit uns ins Gericht gehen wird, gesetzt daß uns Menschen, und unser eigen Herz verdammen – Wie viel kostet es uns Menschen nicht von der gesetzlichen Furcht loß zu werden, und zu der Freymüthigkeit und Freude zu gelangen, die uns in Christo gegeben ist, und die eine Wirkung seines Geistes ist. Was wollen Sie für große Anstalten zu Ihrem neuen studio haben. Drey Leibbücher wären für mich hinlänglich, das erste lesen Sie und schmecken Sie schon, und wenn Sie solches als ein Christ lesen, so wird Sie Ihnen als einem Gottesgelahrten mehr zu statten kommen als ein Auszug der besten Ausleger. Das zweyte Buch wäre Rogalls und Schultzens Gesangbuch; Sie kennen noch zu wenig unsere KirchenPoesie, dieser Schatz liegt auf einem offenen Felde – demohngeachtet wenigen entdeckt und noch von wenigern wird ein Besitz davon gemacht und ein rechter Gebrauch. Da Sie ein Dichter sind, so sey dies Ihr klaßischer. Das dritte ist die Sammlung von Luthers kleinen Schrifften, die Rambach herausgegeben. Ich werde selbige ehstens meinem Bruder mitschicken. In diesem Buch finden Sie über die Hauptlehren unsers Glaubens dieses Vaters uns. Kirchen, außerlesenste und körnichste Gedanken und Erklärungen, die zugl. polemisch und praktisch sind. Was für eine Schande für unsere Zeiten, daß der Geist dieses Mannes, der uns. Kirche gegründet, so unter der Asche liegt. Was für eine Gewalt in der Beredsamkeit und Ausdruck – was für ein Geist der Auslegung – was für ein Prophet – Wie gut wird Ihnen der alte Wein schmecken, und wie sollten wir uns. verdorbenen Geschmacks schämen. Was sind Montaigne und Baco, diese 2 Abgötter des witzigen Frankreichs und tiefsinnigen Engl. gegen ihn. Carpzov Critica Sacra ist in Ihres Nachbars Bibliothec. Verbinden Sie die Lesung deßelben mit einem guten System und oder Compendio der Kirchengeschichte und besonders der Reformation. Mosheim und Seckendorf etwa. Wenn Sie eine Stunde des Tages hiezu verwenden, so ist es überflüßig. Das Ebräische und griechische möchte Ihnen gern so viel ich kan empfehlen aber in beyden Sprachen nicht weiter zu gehen als man nöthig hat die Bibel fertig genung lesen zu können. Rauens Grammatick mit Kypke Anmerkungen sind die beste und hinlängl. Anweisung zum hebräischen; ich glaube nicht daß Sie selbige einmal werden nöthig haben zu wiederholen – Diese kann Ihnen der HE. Bruder in Riga mittheilen, hebräische Lexica hat Ihr alter Nachbar. Zum neuen Testament wird Ihnen eben derselbe Kypke Annotationes oder Obseruationes mittheilen. Wenn Sie 2 höchstens 4 Stunden die Woche zu diesen Sprachen wiedmen, so werden Sie spielend bey einem anhaltenden Fleiße derselben stärker werden, als Sie gedacht. Er fördert das Werk unserer Hände, ja das Werk unserer Hände fördert Er, wenn wir in Seinen Namen daran gehen und nicht unsere Namen zum Endzweck uns. Mühe machen – Ueberlegen Sie selbst wie viel Stunden Sie außer Ihrem Unterricht zur Zubereitung und Schaarwerk deßelben, zu Spatziergängen, Besuchen und Epoquen übrig behalten. Ich habe mich unterstanden Ihnen diesen kindischen Plan mitzutheilen. Sie werden mich des wegen nicht auslachen. Ein Auge zugemacht, wenn wir scharf sehen und treffen wollen, mit Einfalt, das heist mit einem einzelnen Auge gearbeitet, das auf den gerichtet ist, welcher der überaus große Lohn derselben seyn wird, und von dem der Seegen, der Frühe und Spatregen abhängt. Ihm nicht die Zeit der Früchte vorgeschrieben, auch nicht den Leib, die giebt er Seinem Saamen und dem unsrigen wie er will. Unsere Blätter sollen nicht verwelken. Gottes Brünnlein, so verächtlich es aussieht, hat Waßers die Fülle, unterdeßen der sich weitergießende Nil versiegt und die auf den Wegen Thema und auf den Pfaden im Reich Arabiens sehen – und warten – wenn sie am sichersten sind einen Strom zu finden sich und ihre Heerden zu tränken; aber zu schanden werden und sich schämen, wenn sie dahin kommen. Hiob. VI. Sie verlangen von mir einen Aufsatz von französchen Redensarten – Soll ich Ihnen Collectanea geben, die hab ich nicht und nützen nicht daher will ich auch keine machen. Das müßen Sie selbst durch eine kleine Aufmerksamkeit im Lesen; und daran wird es Ihnen nicht fehlen, sobald Sie weniger lesen werden. Ich glaube daß es Ihnen noch mehr an den Grundsätzen und Geschmack der franzosischen Sprache als an Redensarten fehlt. Ich habe einen Anfang einer Sprachlehre in Riga gemacht, worinn aber nur biß auf die Lehre von den Pronoms gekommen und ich hätte wohl Lust diese Arbeit zu Ende zu bringen. Wenn Sie einmal nach Riga kommen, kann Ihnen mein Bruder selbige zu lesen gegeben, ich habe solche dem jüngeren HE. Berens zum Gebrauch mitgetheilt. Suchen Sie bey Gelegenheit Mauvillon und Girard Synonimes zu lesen und lernen Sie etwas beßer die Grammaire des Dames kennen, wo Sie Stellen den Kindern vorzugeben und aussuchen können, bey denen Sie selbst lernen. Mein Bruder wird Ihnen gern die Gefälligkeit in Ansehung des Vernets erweisen. An dem Buch ist mir viel gelegen, weil selbige hier nicht zu haben, sonst hätte ich es von dem andern zu ihrem Gebrauch losreißen laßen, daß Sie es behalten könnten. Ich will ihm selbst deswegen schreiben. Halten Sie mir meine Geschwätzigkeit zu gut, und glauben Sie, daß die Qvelle davon eine wahre und herzliche Freundschaft ist. Ihre Briefe werden mir sehr angenehm seyn; die Nachläßigkeit darinn die Sie sowohl als mein unartiger Bruder gegen Ihre Freunde haben, ist immer ein Fehler gewesen, worüber ich mich aufgehalten und ein Zeichen, daß Sie beyde, Meine Herren, in andern Dingen eben so zerstreut unordentl. und saumseelig sind. Beßern Sie sich also auch darinn. Wir wollen uns nicht auf Einfälle oder große und seltene Empfindungen in unsern Briefen einander zu Gaste bitten; sondern uns Scherz und Ernst einander gerade heraus schreiben, wie uns die Feder denselben eingiebt. Ich umarme Sie und empfehle Sie der Obhut und Regierung des guten Gottes und Seines Geistes. Grüßen Sie, wo Sie es für gut befinden – wenigstens meinen ehrl. Baßa, wenn ich ihm nicht jetzt antworten könnte. Ich bin Ihr treuer Freund. H. Königsberg. den. 10. März. 1759. Herzlich geliebtester Freund, Ich danke für Ihre gütige Zuschrift, die mich recht sehr erfreut. Mein Vater ist heute zum erstenmal allein ausgegangen und läst s Sie auf das zärtlichste grüßen. Ihre liebe Mama habe vorgestern morgen besucht, zum theil in Angelegenheiten Ihres HE. Bruders in Mitau, ich konnte nicht viel mit ihr reden, weil der Pastor da war. Sie hat mich gestern bitten laßen Sie mit nächsten Nachmittag zu besuchen, wo Sie immer allein, welches ich auch thun werde. Ihre beyden Brüder haben an mir geschrieben und ich habe Ihnen mit dieser Post b geantwortet. Ich freue mich herzlich über des HE. Doct. Beßerung und wünschte den Grünhöfer zufriedner – helfen Sie mit dazu. Nun Ihr Haus voll ist, muß die Wirthin nicht kränklich seyn. Ich wünsche, daß sie sich jetzt beßer befindet. Gott schenke Ihnen beyderseits gute Gesundheit und helfe Ihnen alle Bürden so wohl des Amts als der Haushaltung tragen. Ich freue mich herzlich über Herrn Berens Ankunft; und wünsche herzlich daß Seine eigene Zufriedenheit und des ganzen Hauses Ihre dadurch vollkommen seyn möge. Ich habe keine Ursache von meinem Entschluß abzugehen, den ich gefast an ihn nicht zu schreiben – und seine Briefe weder zu erbrechen noch zu beantworten. Ich erkenne alle seine Freundschaft, – das sie ihm fruchtlos und überlästig von meiner Seite gewesen noch ist, ist meine Schuld nicht, auch nicht einmal meine Sorge. Als einen Freund haße ich ihn und fürchte ich ihn gewißermaßen, als einen Feind liebe ich ihn. Es ist mir nicht einmal möglich Herrn Karl in einer Kleinigkeit zu dienen, zu der mein Vater v ich mich anheischig gemacht. Es verdrüßt mich, ich schäme mich deswegen, aber ich frage nichts darnach. Es ist wahr, ich habe Dinge gethan, die mir selbst unerklärlich sind, und ihm noch unverständlicher. Ich sage aber so viel: „Wenn ihrs begreifen könnt, so wolt ich ungern der Sachen theilhafftig seyn; vielweniger wollt ich ein Anfänger dazu seyn. Gott hat sie an einen Ort gesetzt, den ihr in eurer Rhetoric nicht findet, auch nicht in eurer Philosophie noch Politic findet derselbe Ort heist Glaube, in welchem alle Dinge stehen, die wir weder sehen noch begreifen können. Wer dieselbe will sichtbar, scheinlich und begreiflich machen, wie ihr thut, der hat das Herzeleid und Heulen zu Lohn, wie ihr auch habt, ohne unsern Willen.“ Dies sind Worte unsers Vaters Luther an Melanchthon, ich lese diesen Kirchenlehrer mit ungemeiner Vertraulichkeit, und habe mir vorgenommen alle seine Werke durchzugehen – weil ich hier nichts anders zu thun habe und nichts beßeres für mich bey langer Weile zu thun weiß. Mein Gemüth ist Gott Lob! sehr ruhig und heiter, und in einem Gleichgewicht – – An diesem Gleichgewicht ist mir aber auch nicht gelegen – – Freylich, Geliebtester Freund, ist unser Herz der gröste Betrüger, und wehe dem, der sich auf selbiges verläßt. Diesem gebornen Lügner zum Trotz bleibt aber Gott doch treu. Unser Herz mag uns wie ein eigennütziger Laban so offt täuschen als es will; so ist Er größer als unser Herz. Unser Herz mag uns verdammen und schelten wie es will; ist es denn Gott, daß es uns richten kann. Ich will diese Materie ein mal für alle mal mit einem Verse schlüßen, den ich Sonntags mitgesungen: Hält mir mein Gott die Augen zu Kann ich nicht weiter sehen Als was ich gegenwärtig thu (auch das nicht immer) So laß ichs gern geschehen Kommt die Vernunft mit ihrer Zunft In ausgeschmückten Gründen So muß ich überwinden. Ich habe D. Funck gestern besucht und ihm einen Gruß von Ihnen mitgebracht. Er hat mich sehr liebreich aufgenommen, blieb aber nur eine viertelstunde bey ihm, bat sich aber die Freyheit aus mich bey gelegener Zeit ruffenn zu lassen. Der junge Baron v. B. hat bey ihm logirt ist aber vor 8 Tage abgereiset. Wolson hat selbst geschrieben, ich sehe ihn wenig; und lebe so einsam als möglich. Lauson besucht mich fleißiger und scheint in sich gezogener zu seyn. Pr. Watson ist auf der letzten Redoute hier in Pedellen Maske erschienen und hat dabey Gedichte seiner eigenen Muse ausgetheilt. Viel Glück zu Ihrem neuen Kostgänger! – Ich danke für richtige Bestellung des aufgetragenen Grußes an Herrn Arend. Die Bedeutung seiner Aufnahme schickt sich gut zu der Absicht, warum ich es Ihnen aufgetragen. Es ziehen Wolken zusammen, an Zeichendeutern fehlt es nicht. Man lebt in einer Erwartung wichtiger Dinge. Gott wolle uns allen gnädig seyn. Dieser Wunsch geht sie vielleicht so nahe an als uns. Cramer hat Paßionsreden ausgegeben, deren Absicht ist das ganze Leben unsers Heilandes als ein beständiges Leiden vorzustellen. Ich habe allein die erste gelesen und sie nur gestern vom Buchbinder erhalten. Die Abschnitte derselben waren wie die Theile einer Chrie oder die Uebergänge einer Ode in einander geflochten. Ich werde mir Hillers System aller Vorbilder von Christo im alten Testament kaufen. Ein Prediger in Schwaben, dem Gott die Stimme zu seinem Amt entzogen und der in diesen betrübten Umständen seine Zuflucht zu Gottes Wort genommen. Das allgemeine in seinem System ist gründlich und brauchbar, die Gründe davon müsten noch mehr entwickelt werden oder könnten es seyn, dies würde zu einer beßeren Anwendung v. Beurtheilung seiner Gedanken dienen. Die Ehrfurcht, die Bescheidenheit und Aufrichtigkeit machen mir das Herz dieses Schriftstellers schätzbar; er schreibt dabey mit viel Kürze und Nachdruck. Er hat mich nach des seel.
    Bengels
Schriften neugierig gemacht, um die ich mich auch bekümmern möchte bey Gelegenheit. Besorgen Sie nicht, liebster Freund, daß ich mich zum Theologen studieren werde; ohngeachtet ich gestehen muß, daß ich mich freue, wenn ich hie und da ein Buch zu meiner Erweckung und zur Erweiterung auch meiner geistl. Erkentnis ausklauben kann. Ich schone meine Zeit, meine Augen und Gesundheit so viel ich kann; und weil ich nicht nach meiner jetzigen Verfaßung für Brot oder den Leib arbeiten darf; so wird die Mühe nicht ganz verloren seyn; die ich auf Dinge wende, welche in den Augen der Welt für müßige und unbrauchbare Leute gehören. Leben Sie wohl, ich umarme Sie herzlich und Ihre wertheste Frau meine Freundinn. Seyn Sie gesund und zufrieden. Man hat sie für tod und misvergnügt hier ausgeschrien. Ich habe alle diese Lügen so nachdrückl. als mögl. wiederlegt indem ich Sie für noch einmal so gesund und glücklich ausgeschrien, als Sie selbst halten mögen. So muß man Lügen mit Lügen vertreiben. Es wird mir alle mal lieb seyn, daß meine die Oberhand behalten mögen. Unter Anwünschung alles was Ihnen nützlich und seelig ist, ersterbe Ihr aufrichtig treuer Freund Hamann. Grüßen Sie Ihre ganze Familie von mir. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre des Arts et Recteur / du College Cathedral de et / à /
    Riga
.
Königsberg, den 14. März 1759. Herzlich geliebter Bruder, Ich habe Dir neulich ein zieml. Pack Briefe geschickt und an Dir nichts mehr als das Couvert füllen können. Die kurländische Post hatte mich so lange aufgehalten, daß Du zu kurz darüber kamest. Unterdeßen hast Du einige Zeilen von unserm lieben Vater erhalten, der gern oft und viel von Dir zu lesen wünschet. Gottlob! daß Du Dich beßer befindest und daß Du Deine Krankheit mit weniger Unruhe hast abwarten können. Es ist mir lieb, daß Du dich im Engl. mit mir üben willst, Du wirst mir aber nicht zumuthen, daß ich Dir antworte, weil ich nicht lust habe in der Sprache zu schreiben. Laß Dir dies nicht abhalten in dieser Uebung fortzufahren, ich werde Dir einige Anmerkungen mittheilen. Let God comfort his legs, comfort heist trösten, strengthen stärken; beßer God may. Allemal den Accus. nach dem verbo; ein Fehler auf den Du sehr Achtung geben must, weil er Dir sehr geläufig und hierinn ist die engl. Construction so gebunden als die französische. Nicht Thou shall me very oblige sondern
    You
shall greatly oblige me.
Der Engl. braucht eben so wenig Du als der Franzose. Wenn Du in Erskine was findest, womit Du nicht fortkommst oder worinn Du ungewiß bist, so melde mir. Ich habe gestern bey Diac. Bucholtz zu Mittag gespeiset. Sonntags schickte die Fr. Consist. R. Lindner voller Unruhe zu mir, man wäre sie condoliren kommen über des HE. Rectors Tode; ich werde sie Ihrem Ersuchen nach diese Woche besuchen und sie mit Deinem Briefe desto mehr Beruhigung geben. Heute denke bey HE. v. Charmois zu gehen, so ungern ich es thue, so wünsche ich doch einige Nachricht bey ihm von dem jüngeren Berens zu haben, der sich hier aufhalten soll, und den ich ungeachtet alle Mühe nicht habe ausfragen können. Weil er dort Bekanntschaft hat, so denke mit einiger guten Nachricht seinetwegen nach Hause zu kommen. Erfahre ich etwas, womit seinen Herren Brüdern gedient seyn möchte, so würde Anlaß nehmen an Herrn Carl zu schreiben; sonst nicht. Ich danke Dir für deine gutgemeinte Erinnerung hierinn und werde selbige in allen Dingen jederzeit gut aufnehmen; Du wirst mir aber dabey erlauben, daß ich selbige nur in so weit folge, als mein Herz und die Umstände es mir erlauben werden. Gehe mein lieber Bruder, Deinen Weg gerade fort und mache Dir aus keinen fremden Angelegenheiten einige Bedenklichkeit. Gesetzt daß man mich für undankbar und grob oder was man will auch allgemein erklärte, so laß Dich nichts anfechten. Gewöhne Dich frühe als ein Christ gegen Menschenfurcht und Menschengefälligkeit zu streiten. Warte Dein Amt um Gottes willen ab – diene Deinem Nächsten um Christi willen – dulde, ertrage, entschuldige, lehre, strafe, ermahne – donnere und träufele – sey ein brausender Nord und säuselnder West. Erkennen wir uns immer als Werkzeuge einer höheren Hand, die ohne Ihn und Seinen Geist nichts thun können: so mögen wir uns selbst und andern vorkommen wie wir wollen. Wenn eine Mutter nicht einmal weiß, was die Natur in ihrem Eingeweide bildet: wie sollte unsere Vernunft etwas davon begreifen können, was Gott in uns würkt, würken kann und will – Sie mag Uebelkeiten, Wehen, seltsame Einfälle fühlen. Dein Brief machte mich ein wenig Nachdenkend und krank; ich befinde mich Gott Lob! völlig munter und stark wieder. Suche auch, mein lieber Bruder, die jetzige Fastenzeit ihrem Endzwecke nach und der Kirche ihrem gemäß öffentlich und in der Stille anzuwenden. Habe im Gedächtnis Jesum den Gekreutzigten – der unter die Uebelthäter gerechnet wurde – Sollten wir nicht ehrgeitzig darauf seyn gescholten, in Verdacht gezogen, verachtet und geschmähet zu werden; und bey allen unsern inneren und äußeren Verlegenheiten, bey jedem Schlangenbiß aufsehen auf Jesum den Anfänger und Vollender des Glaubens. War er nicht Gott, daß er sich Freuden hätte schaffen können? Giebt es keine im Himmel, was will uns die Erde welche geben. Er zerriß den Himmel um sich zu erniedrigen biß zum Tode am Kreutz – Er erduldete das Kreutz und achtete der Schande nicht, und ist geseßen zur Rechten auf dem Stuhl Gottes. Das ist der Weg also, die Wahrheit und das Leben. Was für Wiedersprechende und alberne Dinge für Griechen. Gedenket an Den, der ein solches wiedersprechen von den Sündern wieder Sich erduldet hat – daß ihr nicht in eurem Muth matt werdet und ablaßet. Ich bete und arbeite ungeachtet ich weder weiß, was ich beten noch was ich hier arbeiten soll. Mir gefällt es in meines Vaters Hause so gut als in meiner Freunde. Ich kann dem ersteren so wenig helfen noch zur Hand gehen als den letzteren. Demohngeachtet glaube ich dem ersteren lieber und nöthiger als den dortigen zu seyn – und ich kann und werde unsern Vater nicht verlaßen. Er ist nicht neugierig alle meine Verknüpfungen zu wißen und ich bin nicht im stande, würde es auch nicht seyn, habe auch wenig Lust ihn mehr davon zu sagen, als er weiß. (Es ist mir lieb, daß er darüber so gleichgiltig und ruhig ist als ich es bin.) Man wird nicht im stande seyn, meine die Räthsel so bald aufzulösen, die ich nach mir gelaßen. Man will mit meinem Kalbe nicht pflügen. Ich kenne den Frieden aus dem Genuß, der über alle Vernunft ist. Wältze Deinen Weg auf den Herrn, und hoffe auf Ihn, Er wirds wohl machen – und wird Deine Gerechtigkeit hervorbringen wie das Licht und Dein Recht wie den Mittag. Sey still – dem Herrn – und warte – auf Ihn. Bin ich nicht mitten unter ihnen und in ihrer Gewalt gewesen; warum hat mich keiner beißen können. Wenn S sie mir jetzt die Zähne weisen wollen, so wäre ich befugt zu lachen. Lerne mein lieber Bruder, an meinem Beyspiel, daß Menschenhülfe nichts nüze sey, und ihr Zorn ein noch eitler Ding. Was für ein Spuck kann der Teufel mit einer Blase machen, gesetzt daß er nicht mehr als 3 Erbsen in selbige gelegt hätte NB dem, der an Spucken glaubt und sich dafür fürchtet. Ich schreibe zu meiner Erleichterung und vielleicht zu Deinem künftigen Gebrauch. Wenn Du auch jetzt mit einiger Gleichgiltigkeit dergl. Empfindungen ansiehest und Dir lieber dafür einige gelehrte, critische Gedanken und Neuigkeiten dafür zu lesen wünschen möchtest: so kann vielleicht bald eine Zeit kommen, wo Gott Dich auch prüfen und läutern will – wie das Silber durch Feuer oder freßende Feuchtigkeiten oder an harte Steine – und denn ist nichts bewahrt als das Einzige – der Eckstein, – der Geplagte, an dem wir sonst keine Gestalt noch schöne finden. Wie tod ist das was Menschen uns von ihm sagen, von Seiner Gnade und Wahrheit, was Fleisch und Blut uns davon offenbart gegen das, was uns Gott selbst darinn lehrt. Wie würden wir uns sehnen nach der Taufe, wie Er für uns zu leiden, damit auch seine Herrlichkeit an uns offenbar würde. Wenn Gottes Gerichte Länder treffen, so gehen sie auch Häuser, Familien und die Glieder derselben an. Es heist im Gesetz: Der Herr wird Dich schlagen mit Wahnsinn, Blindheit und Rasen des Herzens; und wirst tappen im Mittage wie ein Blinder im Dunkeln und wirst auf Deinem Wege kein Glück haben – Und man kann die Worte dieses Fluches hören und dennoch sich selbst in seinen Herzen seegnen und sprechen: es gehet mir wohl, weil ich wandle wie es mein Herz lüstet – weil die Trunkenheit den Durst vermehrt. Ich mag mir selbst also und euch als ein Schwärmer aussehen: so bleibt Gottes Wort wahr und der Zeuge getreue, der den Philadelphern droht, die sagen, sie sind Christen – und sinds nicht – der allein unsere Werke weiß, und ob wir siedend oder kalt sind – der die lauen ausspeyen wird aus seinem Munde, und die er liebt straft und züchtiget daß sie fleißig seyn v Buße thun sollen. Deine Uneigennützigkeit bey Deinem Schulamt gefällt mir, laß selbige aber nicht unlauter seyn, wir müßen das, was uns Gott zugedacht hat, nicht vorsätzlich auch ausschlagen. Gott hat Dir ein Pfund gegeben, und eine Wechselbank angewiesen, wo Du selbiges anlegen und damit wuchern kannst, bitte ihn auch um Treue, Fleiß und Klugheit, ihn mit dem Gebrauch des anvertrauten zu erfreuen, und um Gnade daßelbe zum Nutz und Dienst des Nächsten anzuwenden. Dienst kann bisweilen sehr schwer seyn, besonders der selbstgewählte und vernünftige und natürl. den uns unser gutes Herz und die Leidenschafften lehren – der Nutzen sehr gering, bisweilen Schaden: so wie man ohne Frohndienst – ohne Dank, ohne Wißen unsers Nächsten ihm nützlich seyn kann. In solchen Fällen muß Gott allein unser Schild – und unser großer Lohn – beständig in unsern Glaubenshänden und vor unsern Augen seyn. Ließ zu den jetzigen Zeiten fleißig den Trost Jeremiä an Baruch im 45. Cap. dieses Propheten. Ich sagte dem Diac. gestern ganz gleichgiltig, daß es mir nicht leyd thäte herüber gereiset zu seyn. Er sagte mir kurz aber mit viel Nachdruck: ach! sagt er, das gehört in einen ewigen Plan. Das unvermuthete dieser Antwort rührte mich recht tief. Freylich ist unser Leben ein ewiger Plan, und alle Handlungen deßelben termini medii einesr Schlußsatzesfolge. Freylich hat er uns von Ewigkeit her geliebt – Laß alle unsre Projecte und Anschläge als Sperlinge auf die Erde fallen – Unsere Bücher werde nicht eher als mit Gottes Hülfe bey wärmerer Witterung in Ordnung bringen können. Das verlangte sollt Du haben. Die aus Engl. mitgebrachte Bücher sind mit ihrem Gelde bezahlt, und gehören also da zu bleiben, wo sie sind. Ich brauche sie nicht und wenn ich etwas davon nöthig haben sollte, werde ich mich melden. Einrichtung darüber zu machen komt mir nicht zu, kann und werde es auch nicht thun. Ich habe dem Schatt seinen kleinen Coffre behalten; hast Du Gelegenheit, so möchte ich folgende Verfügung wohl machen, daß Du meinen großen Coffre der dort nur im Wege stehen wird, Dich ausbittest und Deinen Coffre dafür dem Schatt gäbest. Du kannst dazu Gelegenheit abwarten – Maintenon habe ganz. Lilienthals 3ten Theil und Schaupl. der Natur will besorgen. Du wirst vielleicht noch nicht so bald etwas durch einen Fuhrmann erhalten. Sammle unterdeßen was Du auf einmal zu haben wünschest. Wegen meiner Perücke werde gleichfalls mit der Zeit sorgen.
Herzlich geliebtester Freund, Ich bin gestern bey HE. Hofrath von Baumann gewesen, zweymal, es war aber unmöglich anzukommen, weil Ihre Excell. des HE. Feldmarschalls zu Schloße speisten; heute frühe wieder vergebens. Es wird schwer seyn anzukommen während des letzteren Aufenthalts. Ich habe mir Mühe genung gegeben den jungen B. zu sprechen, er hat Charmois versprechen laßen mich sogl. zu besuchen, auch im Schloßkeller sein Wort gegeben. Bey dem ersteren kommt er nicht mehr, und bin bisher nicht im stande gewesen ihn aufzufinden. So viel können Sie glauben, daß mir unendl. viel gelegen ihn selbst zu sehen – und mich nach seinen Umständen zu erkundigen. Ich habe gehört, daß er vor einigen Wochen auf der Wache geseßen und alle seine Zeit an öffentl. Oertern zubringen soll. Man hat ihn mir allenthalben als einen gewaltigen Windbeutel beschrieben. Relata refero. Er hat durch einen Irrthum seinen Bruder Christoph gewaltig beweinet, weil er die Nachricht von des jungen Schwartzen Tode auf den ersteren misverstanden. Dieser Umstand von seiner Zärtlichkeit macht mir noch einige Hofnung, da ich weiß daß dieser Bruder ihn gleichfalls vorzügl. geliebt. Mdme Weßel erzählte mir, daß ihr Sohn wo ich nicht irre, ihm die Nacht durch Gesellschaft leisten müßen, wo er nicht zu trösten gewesen. Diese Frau, die sich noch bey HE. von Charmois aufhält, hat mir gleichfalls auf das dringendste eine Commission aufgetragen, worinn ich ihr versprochen mich an Sie zu wenden, ob es nicht möglich eine Stelle für ihren Sohn in einem dortigen Laden zu finden oder in Petersb. ihn zu einem Kaufmann zu recommendiren. Ich ersuche Sie, Geliebtester Freund, daher sich alle Mühe zu geben und HE. Berens mit zu Hülfe zu nehmen – an Goth. mag nicht denken in dieser Angelegenheit – ob dies mögl. ist dort oder in Petersb. auszuwirken. Laßen Sie sich doch diese Sache empfolen seyn; weil man mir die Ohren darüber so voll gewinselt und gepinselt. Der
    ehrl. Mann
liegt mit der Schwiegermutter im argen Proceß, weil sie kein Geld herausgeben will – er hat seinen guten Freunden sagt D. Funk auf Leib und Seele zugeschworen, daß er wie ein
    vernünftiger Mann
heyrathete. Man ist ein Narr solche Leute zu beklagen und ein Unmensch sie nicht zu beklagen. à Dieu hierüber. Sie sehen, liebster Freund, warum ich heute noch nicht an die HErren Berens schreiben kann; weil ich noch nichts in Ansehung Ihres Bruders Ihnen melden kann, deßen Schicksal mir sehr zu Herzen geht. Ich werde nicht eher schreiben, als biß ich Ihnen einige Genugthuung über seine Umstände geben kann. Für Ihre Einleitung in seinem Briefe bin Ihnen sehr verbunden. Was Sie Heftigkeit in unsers Freundes Zuschriften nennen, kenne ich nicht. Ich sehe alles als eine Wirkung seiner Freundschaft an, und diese als ein Geschenk so wohl als Prüfung Gottes. Er droht oder verspricht mir, mich nicht aus dem Gesichte zu verlieren; ich ihn und sein Haus auch gewiß nicht. Er soll sich aber um mich so wenig bekümmern, als ich um ihn. Ich gönne ihm seine Geschäfte; und Er soll mir meine Muße gönnen. Laß ihn Gott danken, daß er arbeiten kann; und ich bin ihm für die Ruhe, die er mir giebt eben so viel schuldig. Prahlen und triumphiren muß er nicht. Doch diesen Spruch versteht er eben so wenig mitten im Gewühl seiner Arbeiten, als Croesus unter seinen Reichthümern, was ein wahnsinniger Grieche zu ihm sagte. Alle seine Briefe, die er mir
    geschrieben hat
, und noch
    schreiben kann
, selbst diejenigen, die er nicht imstande ist zu Papier zu bringen, habe ich schon gelesen und auswendig gewußt, ehe ich
    einen Schritt
aus Engl. gesetzt. Also bedaure ich recht sehr die Nächte, die er darüber zugebracht; sie sind für mich verloren – für ihn selbst aber nicht. Sie werden ihm vergolten werden und er wird den Nutzen selbst davon einmal genüßen können, den er mir jetzt zugedacht hat. Sein eigener Gewinn aber wird immer der meinige seyn. Unser Freund ist ein guter Botanist, er versteht sich auf Blumen und Pflantzen. Seine Augen und Nase sind für das Feld gemacht – seine Decocte und Säfte sind herrlich in ihrer Art. Im mineralischen Reich aber ist er ein Fremdling und ein Chymist wird er niemals werden. Wozu man Stofe und Pfunde von den ersteren nöthig hat, das kann der letzte mit Granen und Qventchen von Mercur und Antimonium ausrichten. Wahrheiten sind Metalle die unter der Erde wachsen. Graben mag er nicht – das allein heist arbeiten, man mag es mit einem Pfluge oder Spaten thun, ohngeachtet diese Arbeit in nichts besteht als Wegräumen der Erde und Schwitzen des Antlitzes – daß ich mich nicht zu betteln schäme, kann ihm sein Herr Bruder sagen, weil ich aus politischen Gründen weiß daß 100 Bettler einem Staat mehr so viel Nutzen bringen, als 1 Pächter ihm Schaden verursacht. Warum die Marktschreyer und Springmeister und Opernsänger so unverschämte Bettler, wie ich und meines gleichen, das liegt an der Unwißenheit und Geschmack. Mächtige Sultane haben Veziere nöthig, die noch mächtiger sind. Ich schleudere meine Gedanken weg. Von Gebirg zu Gebirg sollte der Odenschreiber gehen, aber nicht der Briefsteller. Unser Freund verlangt, ich soll alle seine Briefe nach dem Buchstaben nehmen. Was er mir vom Loch vorsagt, wo nicht Sonne nicht Mond scheint, und wohin er mich zu meiner Beßerung will setzen laßen – – wenn ich das auch nach dem Buchstaben nehmen soll: so wäre das alberner und kindischer von ihm gedacht und geschrieben, als mir je etwas in meinem ganzen Lebenslauf entfahren seyn mag. Lieber Herr Magister, wie heist folgende Figur in der Rhetoric: Um nicht Hunger zu sterben, hatten Sie die Bibel nöthig, um sich zu überwinden herzukommen. Soll das nicht ein hysteron proteron von einer Methathesis seyn. Hat er nicht schreiben wollen: Um nicht Hungers zu sterben, hätte ich nöthig gehabt wieder zurückzukommen, um mich zu überwinden aber die Bibel. Dies hat er in Gedanken gehabt – das ist auch
    wahr
. Was er in der Figur redet, aber
    noch wahrer
, und ich laße es bey den Worten, so falsch des Autors Sinn gewesen seyn mag: daß meinen Hunger nichts anderes als dies Buch gestillt, daß ich es wie Johannes geschluckt, und die Süßigkeit und Bitterkeit deßelben geschmeckt habe – und daß ich mehr Ueberwindung zu meinem Entschluß nöthig gehabt, als ihm mein Lebenslauf sagt, ich ihm selbst jemals sagen kann und sagen werde. Das weiß derjenige beßer, der nicht nur Herzen sondern auch Nieren prüft – diese Absonderungsgefäße unserer natürl. Unreinigkeiten pp – beßer sage ich, als ich selbst und Er. Ob meine Gedanken mit den Seinigen nicht beßer hätten einschlagen können ohne Verletzung meines Gewißens? Wenn das eine Aufgabe ist, so laß ihn einen Preiß darauf setzen, daß ich weiß, wie viel ich mit meiner Arbeit verdiene. Ich soll mich
    rechtfertigen
– – das werde ich nicht, wenn ich es auch noch so gut könnte. Mit seinen Anklagen kommt er auch zu spät, und wird nichts damit für sich Selbst noch wieder mich ausrichten. Ein Geist zum Niederreißen, nicht zum Bauen; darin besteht der
    Ruhm
eines Hume. Unser Niederreißen und Bauen – Alles hat seine Zeit, so eitel wie es ist. Ein frommer Mensch ist also ein unbrauchbarer und undankbarer – weil ich es bin. Undankbarkeit wurde nur in Egypten wie ein Verbrechen bestraft; große Leute laßen ihre undankbare Clienten mit einem gedruckten Briefe jetzt laufen und bekümmern sich nicht um sie. Unbrauchbar; schrien die Glieder über den Magen. Wenn ich zu Journalen, Praenumerationswerken – und Handlungsbüchern unbrauchbar bin – wenn mich die Welt wie ihren Auskehricht ansieht; desto beßer für mich. Ohne die Mühe einer Martha das beste Theil! Ich kann und will arbeiten – und habe gearbeitet – aber wie ein unnützer Knecht: am liebsten für meine Freunde und Wohlthäter – nicht wie ein Heyde und Zöllner – die haben ihren Lohn dahin: Ehre und Undank. Wie lange ist Rom Babel gescholten worden und besteht noch – die starke Stadt! Sie hieß zu alten Zeiten Valentia und die Trojaner nannten sie in ihrer Sprache Roma. Publicum, Commercium, Familie! Willst du Hercules, Apollo oder Mercur heißen; sagte jener Bildhauer zu seinem Klotz. Ich danke Ihnen für ihren Unterscheid zwischen
    Wollen
,
    Geitzig wollen
, und eine Sache mit den gehörigen
    Mitteln wollen
. Unser Wille ist verderbt und unser Gewißen witzig, vernünftig, gelehrt, katholisch, lutherisch – Was geht mir also mein und anderer Gewißen an. Es heißt nicht: was nach dem Gewißen nicht ist; sondern was nicht aus dem Glauben kommt ist Sünde; und der Glaube ist nicht jedermanns Ding, sondern
    Gottes Werk
. Weil man das Vertrauen zu Ihnen hat mich auszuholen oder deutlicher zu verstehen, so will ich noch einige Erinnerungen bitten unserm Freunde zu Gemüth zu führen. Er bleibt immer bey seinem Gesichtspunkt und fürchtet sich so bald er denselben verliert, daß alles dabey mit verschwindet, weil er Sich selbst darinn nicht mehr zurückgeworfen findet. Ich kenne seine Lage so genau, weil ich selbst darinn gewesen bin, ich kenne die Befremdungen, die Wüste, worinn wir gerathen, wenn wir aus der Sclaverey uns. Leidenschafften ausgehen, und durch wie viel Fratzengesichter wir eingeschreckt werden – – Laß ihn doch nur bey allen den gründl. Entdeckungen die er über mein Herz gemacht, in seinem eigenen Busen fühlen und sich so gut für einen Mischmasch von großen Geiste und elenden Tropfe erkennen, als er mich mit viel Schmeicheley und Treuherzigkeit erklärt. Ist er nicht ein Mensch so gut wie ich – und dazu mein Freund, der Nächste – Sollten ihn diese einfältigen Vorstellungen nicht zurück führen – Wenn ich ihm zu schlecht zu dieser parallel bin, hat er nicht Brüder, deren Bruder er ist, und die er lobt und schilt – Sein Lob und Tadel ist aber partheyisch, er liebt Geschenke so gern als er sie giebt. Laß ihn aufhören so ein groß Lärm mit meinem Beten, Händefalten, Beichten pp zu machen. Arbeite, was hast du mit der moralität meiner Handlungen zu stehen? So reden nicht Freunde unter einander, sondern der Herr mit seinem Sclaven. Wahrheiten kommen uns grob vor, wie die Zeichnungen der Natur ohne es zu seyn; Lügen hingegen sind gedrechselt und polirt für das Auge wie die Werke der Kunst, und sind ungehobelt. Behalten Sie nur so viel Religion zur Noth – – dies ist ein weiser Rath, wie Hiobs Weib seiner ihrer, die nicht Gott wollte geflucht, sondern
    geseegnet
haben. Cartes konnte die Kunst, er vergaß und leugnete alles und hielt nichts für Wahrheit – – außer den schlauen Kunstgriff einen Catechismum und Sein eigen Selbst als 2 wichtige Wahrheiten zum Grunde zu legen. Cartes hat die Wahrheit nicht gefunden, niemals geliebt, auch niemals erkennen können. Diese
    Methode
, wie er sie nennt, ist gut zu einem Projekt und Würbelsystem. Arbeiten zu suchen – die Mühe darf man sich nicht geben. Aus Gefälligkeit habe ich sie gesucht, oder mich suchend gestellt. Arbeit suchen ist ein eben so ängstlich Ding als die Luft erst suchen wollen, die man schöpfen soll. Laß unsern Freund doch zurück denken auf die Begriffe die er ehmals von Handelssachen gehabt – Wenn es uns in irdischen Dingen so geht, wie wird es in geistlichen Dingen gehen. Der irdische Mensch, der natürliche vernimmt nichts vom Geist Gottes, es ist ihm eine Thorheit – eine Aergernis. Die Gottseeligkeit ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung auch des gegenwärtigen Lebens, gesetzt, daß uns jenes nur alsdann angienge, wenn wir keinen andern Rath mehr in diesem wüsten. Ich kenne Gichtel und Böhme so wenig wie unser Freund; sie sind Menschen gewesen, das ist genung für mich. Gottes Wort und Gottes Werk ist alles, worauf ich mich gründe, dem ich glaube – Lukretz singt: die Götter sind Schlafmützen und Spinoza: Mechanismus, was ihr Gott zuschreibt. Anstatt daß Moses schreibt: Am Anfang schuff Gott; beweist Büffon: Am Anfang fiel ein Comet auf die Sonne, daß die Stücke davon flogen. Wenn unser Freund meine jetzige Gemüthsverfassung für sehr bedaurenswürdig ansieht, so laß er meine Schwärmerey nicht als ein alienum quid ansehen, das ihn nicht befallen könne. Unruhig darf er für mich s nicht seyn, ist ihm mit meiner Zufriedenheit gedient, so genüße ich sie jetzt, und werde sie in jeder Veränderung meines Schicksals haben, das ich Gott empfolen seyn laße; und in deßen Schoos alle meine Sorgen liegen – Ein Pardel bin ich, m seine Seife wird meine Flecken nicht anders machen. Ein Hofmann, wie er, erniedrigt sich sehr biß auf meine Geschwüre, seine Hunde werden mir selbige nicht heil lecken. Wenn man nichts anders als Sonden zu brauchen weiß, es gehören auch Pflaster und Balsam dazu. Alle Schmeicheleyen, die er mir macht, thun mir weher, als seine beißende Einfälle. Das sind Sonden, mit denen er fühlen will, ob ich noch bey gesunder Vernunft bin und Ehrgeitz besitze. Wenn ein Enthusiast ein Thor ist; so fragen Sie ihn bey guter Laune, ob er nicht bisweilen sich selbst in seinen Absichten und besten Werken dafür erkennen muß. Ob ich die neuste Sekte – oder Er das gröste Haus aufrichtete: sottise de deux parts. Die Menschen lieben – das heist für sie leiden, ihrentwillen gekreutzigt werden. Die beste Parthey also, die man ergreifen kann, ist um Gotteswillen arbeiten; leben, weil er es so haben will, arbeiten, weil er es so haben will, ruhen – Wenn er ja wißen will, was ich jetzt thue; so sagen Sie ihm, daß ich
    lutherisire;
es muß doch was gethan seyn. Dieser ebentheuerl. Mönch sagte, zu Augspurg: Hie bin ich – ich kann nicht anders. Gott helf mir Amen. Mein alter Vater erholt sich Gott Lob! von Tage zu Tage. Ungeachtet ich ihm zu nichts nütze bin, kann er meiner nicht entbehren. Ich kann und werde ihn daher nicht verlaßen. Dies ist jetzt mein Beruf ihn zu warten und ein wenig durch meine Gesellschaft zu pflegen. Ist es Gottes Wille; so werde ich eben so geschwind zu meinen Freunden zurücklaufen, als ich ihnen entwischt bin – sie mögen mich gerne sehen oder nicht – daran ist mir nichts gelegen. Wollen Sie mich einlaßen – gut – wollen Sie nicht – geh ich weiter. Ist es nicht Gottes Wille: so werden alle Stricke nichts helfen. Nicht mein Bogen, der reicht nicht biß zu Gottes Thron, wenn ich auch Gebet auf Gebeth abdrücken könnte, nicht mein Arm – nicht seine Briefe, nicht seine Executionsbefehle – werden mir hier ein Stück Land Erde erwerben, geschweige jenes Land der Verheißung. Sein Gebet und das meinige, seine Arbeitsamkeit und Freygebigkeit, und meine Unbrauchbarkeit und Undankbarkeit, Seine Gerechtigkeit und meine Beichten sind nicht die Schlüßel weder zu Hölle noch zu Himmel. Die sind in Davids Hand. Bitten Sie ihn, daß er davon künftig nicht ein Wort redt. Hat er Recht: so laß ihn den Lohn davon erwarten? Hab ich Unrecht: so verlaße ich mich auf Gnade. Gnade geht bey großen Herren vor Recht – er lobt die den ungerechten Haushalter, weil er klug war; und er allein macht die
    albernen
klug – und lehrt die
    elenden
recht. Daß ich an keine Träume glaube, kann ihm meine ganze Aufführung zeigen. Wenn er sich darum erkundigen will, und unpartheyisch davon urtheilen; so würde er leicht urtheilen können, daß ich ganz entgegengesetzt gehandelt haben würde, wenn ich mich auf Dinge gründete, die über meine Sinnen und Begreiflichkeit sind. Ich bin ein myops – das mus mir nahe kommen, was ich sehen soll – alles was ich noch sehe, geschieht aber Gott Lob! noch durch natürl. Augen. Mein Gesicht Auge ist kurzsichtiger, aber aushaltender – – es könnte beßer seyn. Ich will es lieber schonen und kein Autor werden, als mich auf die Künste eines Hillmers und Taylors verlaßen, mich dazu vorzubereiten, oder den Schaden zu ersetzen. Mein Lebenslauf läßt sich nicht durchblättern – und mit Eckel lesen. Einem Freunde zu gefallen muß man nicht so eckelhaft seyn. Er kann von meinem Vertrauen schlüßen, daß ich selbigen dem Zufall ihn in die Hände zu gerathen überlaßen. Herr Berens wird noch Zeit nöthig haben und ganz andere Erfahrungen, als er bisher gehabt oder kennt, ehe er vieles darinn, so wie in meinen Briefen, verstehen kann. Fleisch und Blut sind hypothesen – der Geist ist Wahrheit. Ihre Gedult wird ausreißen, Geliebtester Freund! Ich werde Sie künftig mit dergl. Briefen verschonen. Kurz und rund. Der Bescheid ist der. Ich bin Ihnen bisher unbrauchbar gewesen und bin es noch; daher ist es mir lieb, daß ich wenigstens nicht im Wege bin – und dies würde gewiß seyn, wenn mich Gott nicht herausgerißen hätte. Jetzt gehe ich meinem alten Vater zur Seite, und frage nicht darnach, wie viel Abbruch oder Vortheil ich ihm schaffe. Gott erhalte ihn, und so lange er in den jetzigen Umständen ist, fehlt ihm ein Sohn, ein solcher Müßiggänger und durchfahrender Kopf wie ich bin. In dieser Verfaßung kann ich nichts ordentl. anfangen, und werde es auch nicht. Was mir Gott jeden Tag zuschneidet will ich thun, wie es mir in die Hand fällt. Ich bete und arbeite, wie ein Christ, wie ein Pilgrimm, wie ein Soldat zu Friedenszeiten. Meine Bestimmung ist weder zu einem Kauf- Staats- noch Weltmann. Ich bin nichts, und kann zur Noth Allerley seyn. Bibellesen und Beten ist die Arbeit eines Christen, wie Romanen und der Putztisch eines Stutzers. Jedes Buch ist mir eine Bibel und jedes Geschäfte ein Gebeth. Das sind keine Einfälle – Das Pfund ist von Gott, der Gebrauch deßelben von Gott, der Gewinn gehört ihm. Meine Seele in seiner Hand mit allen moralischen Mängeln und Grundkrümmen derselben. Ihre Richtigkeit ist das Werk eines Geistes, eines Schöpfers, eines Erlösers; und sie gerade und gesund zu machen, gehört weder für mich noch für meinen Freund; gehört auch nicht für diesen Leib und für dies Leben. Staub, Erde und Asche werden wir drey werden und sind es schon. Ich sterbe täglich. Ihre liebe Mama habe gestern besucht und eine Frau Hartin bey ihr gefunden. Sie ist gesund. Sie meldete mir, daß der jüngere HE. Bruder aus Grünhof fort wäre – nach Grottendorfs Bericht. Ich zweifele daran. Melden Sie mir doch. An Baßa habe aus Mitau und von hier aus geschrieben und an seine engagements erinnert – er sollte schon an HE. Arend geschrieben haben nach meinem Rath. Das ist alles, was ich thun kann. Biß Johannis hieß es. HE Doctor grüßen Sie herzlch. Bitten Sie beyde Kurländer mich zu schreiben. Ich umarme Sie herzlich in Gesellschaft meines lieben Alten, der Ihren Brief mit Vergnügen selbst gelesen. Drey Mäulchen für Jgfr. Marianchen. Leben Sie wohl. Ich ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Freund. Königsberg. den 21. März. 1759.Hamann.
Königsberg den 31. März. 1759. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe meinem Freunde nicht antworten, noch Sie beschweren wollen sich in fremde Händel einzulaßen. Er will wegen Seiner Geschäfte sich mit mir einzulaßen verschont seyn und Sie sollen sich ich weis nicht womit in Ansehung meiner abgeben. Wenn es auf die Wichtigkeit und Menge von Arbeit ankomt; so weiß ich nicht, wie die Waagschaale ausfallen möchte. Aus sehr vielen Umständen sehe ich leyder! viel falsche und zweydeutige Schritte, die ich nicht berechtigt bin ihm vorzuhalten, weil sie mich nichts angehen, und weil diese Aufrichtigkeit ihn zu sehr aufbringen würde, ohne ihm zu helfen. Ich zittere für Iihn und Seinen Bruder Karl, daß sie beyde wieder in das Labyrinth gerathen werden – Wenn ich mir alles erlauben wollte zu schreiben, wie er es thut; so sollte er ganz andere Briefe von mir lesen; um seiner Beschuldigung, als wenn ich nichts als declamirte und nach hypothesen schlöße, keine Nahrung zu geben, muß meine Feder wieder ihren Willen einen ganz andern Schwung nehmen. Weil mein Brief schlecht geschrieben ist, und er Ihnen den seinigen anvertraut hat; so ersuche Sie um die
    große Gefälligkeit
denselben ihm vorzulesen, und
    wo
Sie können ein Exeget zu seyn. Er übertrift mich in dem Eyfer Gottes, er ist aber ohne Erkenntnis, wie es bey den Juden unter den Römern war – er will mich der Welt nutzbar und zum Bekehrer der Freygeister und Libertiner machen pp. Er will meine Religion sichten von Aberglauben und Schwärmerey – seine Brüder schadlos machen – Welcher Meskünstler kann alle die radios zählen, die aus einem Punkt gezogen werden können. Seine Absichten, die er mit mir und seinen beyden ältesten Brüdern im Sinn hat, sind sehr unter einander verschieden – und alle sehr gut und löblich. Ich sage ihm aber mit viel Zuversicht zum voraus, daß er mit keinem seinen Endzweck erreichen wird; wenn er nicht vernünftiger, klüger und langsamer zu Werk gehen will, wenn er auf nichts als seine
    Mittel
und
    Absicht
sein Augenmerk richten will pp. Den Beweis davon kann ich nicht führen; ungeachtet ich viele data davon verstehe – das schickt sich aber nicht für mich davon zu reden, weil
    ich nicht Gott bin
, und nach meiner Einsicht oder Gutdünken Dinge einschlagen können; das schickt sich nicht, weil ich
    ihm als ein Freund
, und aus allenandern Verhältnißen Achtsamkeit schuldig bin, auf deren Gränzen ich genauer sehe, als er es mir zutraut. Er aber hat auf seine vaguen und unbestimmte Absicht so ein Vertrauen, als wenn er ich weiß nicht wie viel Klafter in sein und anderer Herz sehen könnte, daß seiner Aufmerksamkeit nichts entwischen müste, als wenn er Herr von seinen eigenen Leidenschafften und anderer ihren wäre; und eben die Unwißenheit, Uebersicht, die aus Unstätigkeit, Trägheit, Furcht entsteht – nebst den daraus folgenden Affekten betrift die Mittel – die Ordnung und den Gebrauch derselben, ohne der Mittel Hinderniße oder wenigstens nichtig sind. Daß sein Urtheil über Grobheiten pp die er mir beschuldigt, partheyisch seyn muß, daß ich für jede Wahrheit am meisten büße und leide, die ich ihm sagen muß und er sich wie ein galant-homme in kleinen Wendungen und Schelmereyen gegen sein beßer Wißen und Gewißen mehr erlaubt, so ist es der Wohlstand eines Stutzers sich an keinen zu binden und an anderer ihrer sich zu ärgern oder lustig zu machen. – Er kommt also an mir zu kurz, wenn er Antworten auf seine Briefe erwarten will, nach seiner eigenen hypothese, da er sich voller Geschäfte angiebt und mich wie einen Müßiggänger ansieht. Ist das wahr, so muß er vieles übersehen, deßen ich mich zu Nutz machen könnte Wundern Sie sich nicht über das Eigene meiner Briefe; es wäre mir ungl. leichter kürzere und ordentlichere zu schreiben. In allem dem Chaos meiner Gedanken ist ein Faden, den ein Kenner finden kann, und mein Freund vor allen erkennen würde, wenn er sie lesen könnte. Ihre Erinnerungen darüber unterdeßen sollen mir lieb seyn. Eben besucht uns sein Bruder, der sich hier aufhält. Er gieng des Abends um 10 von uns und hat das Unglück gehabt von 2 sr Compagnie überfallen zu werden, die er aber erkannt und heute dafür gestraft worden. Er ist glücklich entkommen, und ich habe den ganzen Nachmittag mit ihm gestern Domino gespielt. Heist das nicht seine Zeit beßer anbringen als Journale schreiben. Ich wünschte ihm Vertrauen zu mir zu geben und ihn von andern Gesellschafften abzuziehen; weil ich ihn sehr liebe und das beste von ihm hoffe. Mein Freund weiß vielleicht noch zu wenig was arbeiten und müßiggehen ist, wie leicht das erstere und schwer das letztere ist, wie wenig man mit seinen Arbeiten zu pralen und wie stoltz man wie Scipio auf ein otium seyn kann. Alles was Sie thun können um meinen Freund in Ansehung meiner zu beruhigen, thun Sie aus Liebe für uns beyde. Wenn ich keine andere Ursache habe wieder nach Riga zurück zu kommen; so wird mich die Noth – wie aus Engl. – wieder zurück treiben. Wer kann bey den jetzigen Umständen für seinen Weinberg sicher seyn, und welcher Kluge wird jetzt wie Elias zu Gehasi sagte, an Weinberge und große Dinge denken. Ich lebe hier übrigens in meines Vaters Hause sehr zufrieden. Eben erhalte Einschluß von meinem Bruder. Was macht der ehrliche Junge? Melden Sie mir doch etwas von ihm. Er ist nicht recht gesund, nicht recht zufrieden. Ich werde ihm in 8 Tagen erst antworten. Laß ihn zufrieden seyn, beten und arbeiten, und ein Beyspiel von Ihnen nehmen. Ich bin jetzt nicht im stande ihm zu antworten, durch seinen Brief aber unruhig gemacht. Laß ihn doch auf Gott vertrauen – und die ganze Welt auslachen. HE. Watson wird eine öffentl. Abschieds Rede hier halten vor seiner Abreise, auf Befehl Ihro Exc. des HE Gouv. HE Trescho hat 2 Hofmeister; er wollte an Sie schreiben, hat aber nichts geschickt. Ich muß alles unterdrücken, was ich Ihnen noch zu melden hatte, weil ich darinn gestört worden. HE Wagner wird alles besorgen. Mein Vater grüst Sie auf das herzlichste. Fr. Hartungen hat Verlöbnis gehabt vorigen Sonntag. Laß den Doctor in Gottes Namen herüberkommen. Ich sollte nicht meynen, daß es ihm gereuen wird. Ich umarme Sie und Ihre liebe Marianne nebst nochmal. Gruß von meinem Alten auch den jungen Sergeanten. Meinen Bruder bitte nicht zu vergeßen. Leben Sie wohl und lieben mich.
Königsberg. den 31. März 1759. Herzlich lieber Bruder, Dein Brief macht mich unruhig. Ich kann die Ursache davon nicht verstehen, Erkläre mir selbige und schütte Dein ganzes Herz gegen mich aus, wenn Du Dich meines Raths bedienen kannst und willst – Du siehst zu viel auf Nebendinge. Vertraue Gott, und ob es Dir gleich sauer wird mit Deinem Ackerwerk und Pfluge, so laß es Dir nicht verdrüßen. Das ist Dein Wille gewesen, da Du ein Amt gesucht und Gottes Ordnung im Schweiß Deines Angesichts. Ich habe Dich immer gewarnt, Dich nicht zu überhäufen – wenn Du und auch Menschen und die liebsten haßen sollten, so müßen wir nichts gegen unser Gewißen thun, und die Leuchte deßelben muß Gottes Wort seyn. Wie lange hast Du gearbeitet und Du siehst schon auf Belohnung. – – Ich schäme mich dieser Stelle in Deinem Briefe; bitte doch Gott, daß er Dich mit Seinem guten Geist regiere und führe. Lerne doch durch anderer Erfahrung klug werden. Du hast einen Feind mehr wie ich. Es fehlt Dir nicht an Hochmuth, so vergraben er auch unter der Asche bey Dir liegt; aber denke daß der Geitz, die Liebe des Goldes und dergl. Kleinigkeiten, eine Wurzel alles Uebels sey. Gieb auf gar zu merkl. Ausbrüche deßelben Acht, so viel kann Vernunft und Klugheit thun, ja so viel sollte Dich Dein Eigennutz selbst lehren. Das Herz, das Innere davon zu läutern ist allein Gottes Werk. Was könnte meine Gegenwart Dir helfen, wenn ich auch da wäre. Sind Dir die Stunden so überlästig, die Du aus Liebe zu mir übernommen hast. Weiß ich, ob ich wiederkommen werde. Kann ich nicht eher als mein Vater sterben? Gott Lob! Der befindt sich sehr leidlich. Mit P. Carius werde abmachen; und Du kannst es abrechnen. Die Peruque kostet doch 3 Thrl. Alb. Melde mir doch, ob Du meines Freundes Briefe an mich gelesen. Man ist sehr neugierig meine Antwort zu lesen; man wird sich sehr betrogen finden. Wenn ich nicht einen Gott glaubte, ohne deßen Willen kein Sperling vom Dache fällt, der unsere Thränen uns versprochen selbst abzuwischen und sich nicht schämt den Seinigen die Füße zu waschen – wie würde ich ohne diesen Glauben fortkommen. Ich würde hundert thörichte Dinge anfangen, mich irre machen und dem großen Haufen auf der großen Straße nachlaufen – jetzt bin ich ruhig, erwarte was mir Gott noch auflegen will und hoffe, daß er mir die Last jeden Tages wird tragen helfen. Was willst Du für Dich selbst thun? hast Du nicht Zeit gehabt für Dich selbst zu arbeiten und nichts gethan. Seinem Nächsten aus Liebe gegen Gott dienen, wenn auch Zeit, Ehre, Geld und Gut darüber untergehen sollte – – das heißt für sich selbst arbeiten; weil unser Lohn alsdenn groß seyn wird. Unser lieber Vater verlangt sehr nach Deine Briefe. Du weist am besten, wie er sich sonst meine ehmals gewünscht hat. Vergiß ihn doch nicht – Erkläre Dich näher oder laß mir mehr Zufriedenheit in Deinen Briefen finden. Gott sey Dir und uns allen gnädig. Ich empfehle Dich Seiner Obhut und der Regierung Seines guten Geistes. Danke Gott, daß Du arbeiten kannst, und daß er Dich brauchen will zu Seinen Lämmern um Dich dadurch zu Seinen Schaafen geschickter zu machen. Einen herzlichen Gruß von unserm lieben Vater. Ich umarme Dich und ersterbe Dein treuer Bruder v Freund. Adresse mit Rest vom roten Lacksiegel J. G. H.:
à Monsieur / Monsieur Hamann / mon très cher Frere / à /
    Riga
Mein lieber Bruder, Gott schenke Dir Gesundheit und Kräfte zu Deinem Beruf. Sey in Ansehung meiner in keiner Verlegenheit. Gott wird es wohl machen. Ich wünschte, Dein ganzes Vertrauen zu haben, sey nicht zurückhaltend noch scheu gegen mich. Alles was Dich angeht, wird zugl. meine Freude und Sorge seyn. Ich bin Gott Lob! leidlich gesund, den jungen Berens habe zu meinem großen Vergnügen gestern bey uns gehabt. Ich wünschte, daß er den ganzen Sommer hier bleiben könnte; und habe noch viel Hofnung von ihm. Unser alte Vater befindt sich Gott Lob! erträgl. Zöpfel aber sehr krank, und in Gefahr. Gott helf ihn! Ich habe gestern Abend ein neu Trauerspiel: Philotas gelesen und heute schon Wagner gebeten es für den HE Rector beyzulegen. Ein wunderschön Ding! Er wird es Dir und meinem Freunde B. mittheilen. An Hauskreutz fehlt es unserm lieben Alten nicht; deswegen freue ich mich, daß ich hie bin und bitte Gott um Klugheit und Gedult für Ihn so wohl als mich. Gestern waren uns. beyde Leute als beseßen – heute wieder außerordentl. manierl. Was für ein ungl. und wetterwendisch Geschöpf ist der Mensch – ich und Du – der kluge wie tum, und der tumme wie gescheid. Die beyden Seiten von einer Tapete können nicht so ungl. einander wegsehen als die Leidenschaften unsers Herzens und ihr Gewebe in unsern Handlungen. Jeder von unsern Entschlüßen kommt auf eine wunderbarere Art zur Welt als die Erzeugung v Geburt des Menschen ist – auch von jenem heist es: im verborgenen, in der Erde gebildet – Wir wollten diese Woche unsere Andacht halten. Gott gebe uns diese nächste Woche Glück und Seegen dazu. Ich trug jetzt eben einem Bettler sein Gebühr entgegen, der mir dafür das Evangelium von der wunderbaren Speisung vorlas. Der Schluß davon heist: er entwich beyseit alleine. Melde mir doch, wenn Du etwas vom HE. Doctor in Mitau und s. Bruder in Grünhof erfährst; und schreibe uns bald. Ich umarme Dich aufs herzlichste, und bitte Deinen lieben Wirth nebst Seinem ganzen Hause aufs zärtlichste zu grüßen. Verschweige mir Deine beyläufige Gedanken über vorfallende Umstände nicht. Ich habe an HE Karl geschrieben, und werde bey ein wenig mehr Muße an meinen Freund kurz oder lang, lustig oder ernsthaft, heulend oder pfeifend antworten. Lebe wohl, vergiß mich nicht, habe im Gedächtnis Jesum Christum den gekreutzigten – Bruder, Vater, Freund, Weiberliebe alles flüßet in Ihm zusammen – Kramers Paßionsreden sind bisweilen unser Abendbuch – Etwas zu viel vom Schulredner und Schulgelehrten. Die übrigen Abende ersetzen jetzt die Zeitungen die Karten. Du übersetzst – Dein
    Thun
und
    Laßen
seegne Gott! Ich ersterbe Dein treuer Bruder und Freund. Adresse mit Rest von rotem Lacksiegel:
à Monsieur / Monsieur Hamann / mon Frere / à
    Riga
. / par
    faveur
.
Königsberg, den 27. April. 1759. Lieber Herr Rector, Unter dieser Courtoisie hatte Ihnen einen Brief zugedacht, den ich aber nicht willens war
    sobald
an Sie zu schreiben; weil mir manch hartes und grobes Wort hätte entfahren müßen. Die Zärtlichkeit aber hat der Gerechtigkeit ihre Augenbinde abgenommen, und sie, wo nicht entwafnet, doch den Nachdruck ihres Arms gelähmt. Wie es von drey Männern Gottes in der Schrift heist, daß Gott ihnen
    vergab
und ihr
    Thun
strafte Ψ 99. Zwey entgegengesetzte Begriffe, die sich einander aufzuheben scheinen: so werden Sie mir erlauben, nicht nur die Formeln, sondern auch die Empfindungen einer redlichen Geflißenheit zu erneuren und zu bevestigen; wie folget: Geliebtester Freund, Haben Sie wohl an die Rechte und Verbindlichkeiten dieses Titels gedacht, da Sie sich zu einem Unterhändler und Boten solcher Briefe brauchen laßen, deren Innhalt und Ton Sie selbst verlegen gemacht – Wie kann man bey der Nächstenliebe die Sie besitzen, dergleichen offenbare Verläumdungen unbeantwortet laßen, selbst seinen Witz dazu brauchen solche mit Scheinentschuldigungen zu bemänteln, und mit gutem Gewißen solche Briefe offen, ich sage
    offen
, demjenigen überreichen, der dem Uebel nicht wiederstehen kann. Mit was für einem Herzen haben Sie s mich versichern können, daß Sie neutral sind. Heist das neutral seyn wenn man sich zum Steuermann eines alten Orlogsschiffes brauchen läst, daß ich mich Ihres eigenen Ausdruckes bediene. Heist das neutral seyn, wenn ich geharnischte Männer unter dem Dach meiner Briefe einnehme, und mein Couvert zum hölzernen Pferde machen – Wer zieht andern Gerichte zu, der sie ihnen entdeckt und nicht mit seinen eigenen Worten, sondern mit den
    ewigen Worten des Richters
, verkündigt, und Gott täglich um Abwendung derselben anruft, der sich in ihrem Namen
    dafür fürchtet
– oder der mit lautem Munde seegnet, den die Furcht bald zu Christo treibt, ihm ein Wortchen ins Ohr zu sagen, und die Gefälligkeit zum
    Volk
, das mit falschem Herzen sich rühmt treue Unterthanen des Kaysers zu seyn; der ihn für unschuldig erkennt, und doch geißelt, noch einmal bekennt und doch verdammt, ihn verdammt, ungeachtet er weiß, daß der König der Juden zugleich ein König der Wahrheit ist, der den Furchtsamen, und allen die
    Lügen lieben
und thun, die
    Thür weiset
, ihn verdammt und sich doch die Hände waschet – Weil Sie sagen:
    man muß nicht andern Gerichte zuziehen
. So antworten Sie mir, wenn ich Sie frage: Wer zieht andern Gerichte zu? Derjenige, welcher sagt: es ist nicht recht, daß Du pp. welcher den Gottlosen keinen Frieden verspricht, weil er der Herr gesagt hat oder, welcher den Leuten Küßen unter die Arme, und Pfüle zu den Häuptern macht, das Herz der Gerechten
    fälschlich
betrübt, und die Hände der Gottlosen stärkt um einer Handvoll Gersten und Bißen Brodts willen? Sind Sie nicht ein Priester, der jetzt in den Augen der Leute, im Gesetz nicht irren kann, ein Weiser, der nicht fehlen kann mit Rathen, und ein Prophet, der nicht unrecht lehrt. Und ist durch ihren Beytritt nicht der Entschluß in ihnen gestärkt worden: kommt her, laßet uns ihn mit der Zunge todschlagen und nichts geben auf alle seine Rede. Jer. 18. Sie haben mich in einem Ihrer Briefe versichert, daß Sie mich bisweilen gerne gehört, und ohne sich an das Eigene meiner Lebens- und Denkungsart zu ärgern, erbauliche
    Einfälle
unterhalten haben. Johannes war heftig, er vergaß die Achtsamkeit, die man dem Wohlstande, der Gesellschaft, den Fürsten schuldig ist. Das Gefängnis war eine gnädige Strafe, die er sich selbst zugezogen; und das Schicksal seines Hauptes die Wirkung eines Gastgebotes, eines zu breiten Versprechens, einer väterlichen Aufwallung, einer gewöhnlichen Achtsamkeit eines guten Wirths, der seinen Charakter seinen Gästen empfehlen will, und endlich einer
    seltenen Gewißenhaftigkeit
gegen die Religion eines Eydes – Wie ist es möglich daß ein solch Ungeheuer als die Herodias eine so tugendhafte Tochter hat zur Welt bringen können? Wo würden wir jetzt ein Beispiel von ihr antreffen, die bey dem Verdienst einer guten Tänzerinn, doch erst ihre Mutter um Rath fragen würde und ein halbes Königreich einem solchen Gerücht aufopfern würde möchte, als das Haupt eines so ebentheuerl. Staatsgefangenen war. Ihr Vater dachte: was werden die Leute sagen? hätte die Tochter nicht mehr Recht gehabt sich diese Frage zu machen. Wie viel Herz gehört dazu, eine so lächerliche und zugl. grausame Bitte zu thun, als diejenige war: Gib mir des Täufers Haupt in der Schüßel. Und doch that sie es – als ein gehorsames und
    gefälliges Kind
. Es ist eines Christen Pflicht sich nicht fremder Sünden theilhaftig machen, und etl. Sünden sind offenbar, daß man sie vorhin richten kann; etl. aber werden hernach offenbar also auch umgekehrt von guten Werken. Bey vielen wird gefragt: wozu dient dieser Unrath? Du könntest Deine Zeit beßer anwenden, wenn Sie z. E. Ihre Schulhandlungen und ich z. E. meine Briefe unterdrückten. Durch beyde würde gl. viel ausgerichtet, könnte ein Unpartheyischer und neutraler Kunstrichter sagen, und beyde geben zu gleich viel Verwirrungen und Ueberflüßigkeiten Anlaß. Unterdeßen, liebster Freund, so leichtsinnig, lose und überhin sich über die wichtigsten Dinge und Handlungen unsers Lebens sich denken läst: so ein großer Unterscheid muß doch unter Thorheit und Weisheit, unter d Sünde und Gerechtigkeit bleiben. In dieser Absicht ist es eine Art von Nothwendigkeit, die mir Vernunft und Freundschaft auflegt, Ihr Verhalten gegen mich in allem demjenigen, was Sie darinn gethan, zu misbilligen und recht sehr zu empfinden, so wohl, daß Sie sich so leichtsinnig darinn haben verwickeln laßen, als auch, daß Sie sich auf eine so gantz besondere Art gegen mich darinn gezeigt haben. Hätten Sie nicht wenigstens so klug seyn können sich für den Verdruß zu hüten, der Ihnen durch meine Aufnahme und Seltenheit der Grundsätze, die Sie so gut zu kennen und sich darauf im
    Nothfall zu beruffen
wißen, zuwachsen müste. Wenn Menschen ein aspirirtes S von einem puren unterscheiden können, und sich durch die Sprache Kanaans nicht hintergehen laßen, wird sich Gott an unserm Herr Herr sagen kehren, oder kann er es mit den Menschen nicht so genau nehmen, weil er deren zu viel zu hüten hat. Sie haben ein öffentliches Amt, das den grösten Kopf ganz allein über und über beschäftigen könnte: s Sie haben so viel häusliche Geschäfte, die den gesundesten Menschen bald stumpf machen würden: Sie haben so viel Verantwortung in diesen beyden Dingen auf sich, daß man es in keiner einzigen Nebensache mit Ihnen genau nehmen muß, und jeder vernünftiger sich schämen und fürchten muß Sie womit zu beschweren, und sind doch mit so viel dergl. überhäuft, daß Sie als bloßer Commissionnair sich um das Publicum verdient machen und eine Besoldung dafür genüßen könnten. Ist es Ihnen denn gleich viel, was und wie Sie thun, und sollen andere auch damit zufrieden seyn. Und wenn die ganze Stadt es mit Ihnen wäre, und alle Leute, denen Sie alle Tage was zu Gefallen thun; so bin ich es nicht, und muß Ihnen rund heraus sagen: Thun Sie mir lieber nichts, als daß Sie das verhudeln, was Sie zu thun auf sich nehmen. Das, was ich Ihnen auf eine freye Art unerschrocken ins Gesicht sage,
    urtheilt
jeder von denen, (die ihre Freunde und Gönner sind, und die Sie bald als ihren Schaarwerker bald als sonst was brauchen,)
    in seinem Herzen
, und was mit lauen Freunden anzufangen, haben Sie erfahren, und werden es noch erfahren müßen. Es heist ja: zu Nutz und Dienst des Nächsten, das heist nicht ein Bote eines jeden seyn, der mich schicken will, und das Werkzeug eines jeden, der mich brauchen will. Ich muß ja wißen, was mein Nächster thun will, das verstehen, was er von mir haben will, ob es mit meinen Verhältnißen, gegen Gott und andere, bestehen kann und die Schultern wenigstens fragen, wie viel die tragen können: Wenn ich bey jedem Antrag, den mir jemand thut, denken will; das kannst du
    sacht
thun ihm zu Gefallen: so wird die ganze Welt Lust kriegen mit mir zu handeln, ich werde aber nichts
    recht
thun können, und das Ende des Liedes wird seyn, entweder alle meine Kunden zuletzt für Schelme zu erkennen, oder von ihnen dafür mit allem Recht dafür gescholten zu werden. Ein solches Schicksal ist in crisi gut, und macht einen fürtreflichen Knoten im Laufe einer Sache, aber für die letzte Entwickelung wünsche ich Ihnen so wenig als mir selbst ein solches Loos. Sie können leicht denken, daß ich weder aus Frevel noch Kützel noch Leidenschaft solche Sayten berühren muß, welche den Ohren wehe thun; ich setze mich durch diese Freymüthigkeit einem Schaden und Abbruch an Ihren guten Gesinnungen aus, die mir immer unendlich schätzbar seyn werden – kann ich wißen, ob Sie stark genung seyn werden solche Wahrheiten zu hören und zu verstehen; und nicht noch mehr dadurch an mir geärgert zu werden. Und wie kann man Thorheiten an seinen Freunden zu nahe treten ohne selbst zu leiden, und sich in Ihnen zu erkennen. Aus diesen 2 Ursachen wählen Sie daher lieber mit Ihren Freunden zu heucheln, und ich würde Sie bewundern und nachahmen, wenn wahre Klugheit, Witz und Empfindlichkeit in einer solchen Aufführung Statt finden könnten. Personen ansehen ist nicht gut; denn er thät übel, auch wol um ein Stück Brodt. Wer einen Menschen strafet, wird hernach Gunst finden mehr denn der da heuchelt. Daß Sie mir durch Ihre Neutralität haben heucheln wollen und die gröste Partheylichkeit gegen sich selbst – den Beweis von diesen will ich Ihnen nicht führen, ich begnüge mich bloß darauf angespielt zu haben. In Ihrem letzten Brief führen Sie mich wieder ipsissima verba Ihres Freundes an; als wenn Sie wunder was für eine Genauigkeit und Schein des Rechts dadurch bezeigen wollten. Und Sie haben nichts dazu gesagt? sind sie in ihren Augen so wichtig, daß Sie das geringste entdecken, das einer gründl. Beschuldigung ähnlich sähe: so ist es eine Verrätherey gegen die Wahrheit, daß Sie selbige als verba praetereaque nihil anführen – Ist nichts darhinter, so solten Sie sich schämen, Ihren Freund durch Anführung seiner nichtsbedeutenden Reden in meinen Augen zu beschämen. Wenn mir jemand eine Schmähschrift gegen Sie in die Hände gebe, die ich Ihnen überreichen sollte, und ich noch so überführt wäre, daß Sie eine kleine Züchtigung Ihres Geschmacks und Ihrer Sitten verdient hätten: so würde ich wenigstens gegen den Verfaßer derselben, wenn er der Pabst wäre, die Freyheit mir nehmen alle Lügen darinn zu unterstreichen, und das, wovon ich nichts wüste unbeurtheilt laßen, das aber, wovon ich gewiß überzeugt wäre, daß ich andere Nachrichten darüber hätte, mit Kreutzen und ich weis nicht womit bezeichnen oder exceptionen und Protestationen dagegen machen. Sie haben Billette bekommen, und ich sehe nicht
    eine Zeile Antwort
    darauf
, als wenn Sie das alles für genehm hielten und nicht im stande wären ein Wortchen dazuzusagen; ungeachtet viele Artikel den Catechismus betreffen, und zu vielen Perioden weder Logic noch Rhetoric nöthig ist. So sieht es also mit Ihrer Neutralität aus, und ich würde, Liebster Freund, gern die Gefälligkeit, womit Sie HE. B. gedient, für eine Folge der Menschen und Nächstenliebe ansehen, wenn diese ohne der Liebe und Furcht Gottes bestehen könnte. Wenn
    Sie Gott ein wenig
wahrer vielleicht liebten, würden Sie mit Gleichgiltigkeiten Stellen, die Sie selbst als Lästerungen erklären, annehmen, mir überschicken und so casuistisch darüber commentiren können. Möchte nicht Ihre Furcht durch meine
    unerkenntliche und mürrische
Handlungen das Ansehen des Christenthums verdächtig zu machen, und die Ehre der Bibel Preis zu geben, die so edel aussieht, ein
    sehr feiner Sauerteig
der Pharisäer und Sadducäer seyn. Wenn diese Leute nicht auch für das Ansehen des Gesetzes, und für Mosen und die Propheten eyfrig gesinnt, die durch die Deutung,
    welche der Mißethäter
auf sich machte, von ihrem Ansehen etwas zu verlieren schienen. Sagten Sie nicht auch zu ihm: Was
    machst Du aus Dir selbst?
Sahen ihn nicht selbst seine ungläubige oder schwachgläubige S Jünger für ein Gespenst und für einen Geist an. Erklärten Sie nicht, die Stimme Gottes für eine
    Würkung eines
Gewitters, für eine natürl. Begebenheit höchstens
    eines Engels
, das
    Gefühl der Kraft
die aus ihm gieng, als eine nothwendige einfältige Folge des Gedränges, die neue Zungen der Apostel als einen Rausch süßen Weines pp. Als Herr B. Ihnen meinen Brief wieder zurück zu schicken auftrug, hätten Sie nicht wenigstens ihn fragen können: was Er
    damit sagen
und
    mir zu verstehen geben
wolle? Ich habe über den Grund einer solchen Handlung schon öfters grübeln müßen ohne ihn entdecken zu können. Was ich geschrieben, habe ich geschrieben und bleibt geschrieben bis an den jüngsten Tag, alle unsere unnütze Worte werden registrirt – und alle
    todte
und
    unfruchtbare
Werke der
    Finsternis
werden alsdann in einem Lichte gesehen werden – Er hat ihn gelesen; der Geist der Versucher erinnert uns an das, was geschrieben worden, wenn wir uns von dem Geist, dem Ueberzeuger unserer Sünde, der wahren Gerechtigkeit, die alle uns. ehrl. Absichten zu Schande und zum Fluch macht, und des Gerichts, das dem Fürsten dieser Welt zugedacht ist, dieser Welt, die den Geist der Wahrheit nicht empfahen kann, denn sie siehet ihn nicht und kennet ihn nicht, wenn wir uns von dem Geist, dem Tröster nicht wollen in
    alle
Wahrheit leiten laßen. Ich habe mir vorgenommen einen Auszug aller der Stellen aus des HE. B. 2 Briefen an mich zu machen, denen Sie schuldig gewesen wären zu wiedersprechen wenigstens Schandehalber, und die ein Freund von mir sich niemals unterstehen sollte einem andern gegen alle Wahrscheinlichkeit und Wahrheit, die in Gottes Wort und Vernunft und Erfahrung gegründet ist, zur Last zu legen. Ich werde aber nicht einmal Ihre eigene Beylage darüber näher untersuchen, und freue mich daß Sie der
    Weisheit Gamaliels
    zu ruhen und Stille zu sitzen
– Recht wiederfahren laßen. Von so einer weitläuftigen, vermischten und
    verwickelten
affaire, als die Angelegenheiten des Hauses überhaupt als zum Theil in Beziehung auf mich betrift, läßt sich ohne einen genauen detail, der weder discursive noch aesthetisch mitzutheilen ist, kein Begrif machen, geschweige ein gesundes Urtheil fällen. Die Spieler darinn sind
    eigene
Leute – das ist alles, was Sie von Ihnen zu sagen wißen, und näher möchten Sie mit Ihrer Untersuchung ihnen kaum jemals kommen. Wenn dies Eigene eine qualitas occulta ist; so ist nichts dadurch erklärt, und möchte auf das herauslaufen, was der gemeine Mann:
    wunderliche Heilige
nennt. Daß Sie mich so beurtheilen, kann ich auf eine handgreifliche Art aus dem Dialog sehen, den Sie mir über den Antrag Ihnen einige Bücher auszusuchen, in den Mund legen. Das
    Eigene
mag also seyn was es wolle, Lob oder Tadel: so sage ich in einem Fall mit David: Ich danke Dir darüber, daß ich
    wunderbarlich
gemacht bin, und im andern Fall: Bewahre meine Seele, denn ich bin
    heilig
, das heist nach Luthers Gloße, ich
    werde verdammt
und verachtet
    als ein Ketzer
. Ψ. 86. Daß HE. B. mir wie ein Bär begegnet, dem seine
    Jungen
geraubt sind – und daß jene mich wie Bienen umgeben, und mich wie ein Feuer in Dornen dämpfen und löschen wollen – Was bewegt
    Sie
aber in
    Schaafskleidern
zu mir zu kommen? Ich
    habe die Ströme
seines guten Herzens in Blut verwandelt, daß sie ihre Bäche nicht trinken können; und das hat er durch Kunst nachthun wollen. Ist das Religion? – Stoltz, Einfalt, Betrug. Das ist seine eigene Religion, die
    natürl
., und sofern mein Fleisch und Blut ist, geb ich ihm darinn Recht. Durch diesen Beweiß
    verdammt er sich
aber selbst und macht seinen ganzen Gottesdienst und Sittengebäude zu schanden; wie jene Zauberer sich ihre Mitbürger durch ihre Kunst selbst straften. Was bewegt Sie aber, und was haben Sie für einen scheinbaren Grund für sich, daß Sie mir seine Prügelsuppe selbst überreicht, und seine Verachtung
    meiner redlichen Absichten
zu ihrer eigenen Sache gemacht haben. Alles was Sie ihm zu Gefallen haben thun können und mir zum Nachtheil, haben Sie genau erfüllt; und da ich nicht mehr als eine einzige Bitte an Sie gewagt, eine Kleinigkeit in Ansehung der Gefahr, worinn HE. B. Sie gesetzt; haben Sie mich nicht einmal gewürdigt, darauf zu antworten und den allergeringsten Bescheid zu geben. Ich muß daher nochmals förmlich Sie darum befragen: Haben Sie mir die große Freundschaft erwiesen dem HE. B. den Brief vorzulesen, weil er übel geschrieben war, und meiner Härte und Grobheit, ja seinen Misdeutungen derselben, nicht als ein gelehrter, vernünftiger, christlicher Mann, sondern als ein
    alter gefälliger Freund
von mir, nicht als ein Artzt und Mittelsmann; sondern in Einfalt des Herzens und aus
    ungefärbter
Liebe, abzuhelfen gesucht? Das haben Sie nicht gethan, das will ich Ihnen beweisen. Das sind nicht HE B. Worte, sondern Ihre eigenen, die Sie mir überschreiben: ich hätte hart und grob geschrieben. Wenn Sie die Wahrheit niederschlucken wollen, als wenn es Ihr Speichel wäre, so muß uns beyden freylich nichts als die Schaalen derselben übrig bleiben. Und in dieser Theilung sind Sie freylich neutral. Laßen Sie mich albern im Reden seyn – und wenn Sie klug sind, müßen Sie mit meiner Narrheit fragen. Sind das Schlüße? Der eine hat Recht – der andere hat Recht – der eine hat Unrecht, der andere hat Unrecht – Urtheilen must Du, Du willst nicht richten, Du kannst doch aber etwas thun. Du must
    beyden den Peltz waschen
, weil sie beyde Narren sind – Du mußt Dich aber hüten
    keinen naß
zu machen, weil sie beyde so klug sind wie Du. Richten Sie was ich sage? und sehen Sie das Gericht Ihres Nächsten, als eine Züchtigung des Herren an, auf daß wir nicht samt der Welt verdammt werden. Der Mann, der nicht zuschlagen wollte, da ihn der Prophet darum bat, wurde von Löwen gefreßen. Zeigen Sie Ihre Wunden, die ich Ihnen schlagen muß, dem Mann den es angeht, und zürnen Sie nicht mit mir, sondern vergeben Sie mir als ein Christ, den Schmerz, den ich Ihnen machen muß. Nichts natürliches in Ihrer Denkungsart, sagen Sie. Ihre Einbildungskraft macht ein Geschlecht von Geschöpfen zu
    Enakim
und
    Heuschrecken
. Das war nicht Einbildungskraft, sondern
    Unglaube
. Das natürl. Auge sieht freylich an den mikroscopischen Rißen der Insekten, des Schnees pp grobe Lügen, Hyperbeln, die kein Maler und Dichter wagen darf. Was dem Auge Lügen scheint, sind dem Verstande Entdeckungen, medii termini einer höheren als blos sinnlichen Erkenntnis. Moses brauchte nicht seinethalben, sondern des Volkes wegen, eine Decke. Als die Verführer, sagt der Apostel, und doch wahrhaftig – als die Unbekannten, und doch bekannt – Wenn dieser Charakter und Wiederspruch nur Aposteln zukommt: so ist es doch wenigstens
    für Sie und mich wahr:
Ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen pp Gehet aus von Ihnen, und sondert euch ab, spricht der Herr – und der Apostel der Liebe befielt uns
    hart
und
    grob
zu seyn, die für Atheisten und Uebertreter anzusehen, die nicht in der Lehre Christi bleiben.
    Wer ihn grüst, wer
    Friede
zu ihm sagt, macht sich theilhaftig seiner bösen Werke.
    Sagen Sie mir, liebster
Freund, wie der gute Name eines
    höflichen und mäßigen Mannes
mit dem
    Bund eines guten
Gewißens bestehen kann, den wir in der Taufe mit Gott gemacht haben pp und ob Sie nicht der Religion so viel Schandflecke durch ihren
    menschenfreundlichen Wandel
anhängen als ich durch meine
    cynische
Denkungsart. Wehe mir, wenn Sie mein Richter seyn sollten; Wehe Ihnen, wenn ich der Ihrige wäre.
    Gehe nicht ins
Gericht mit Deinen Knechten, denn für Dir ist kein Lebendiger gemacht. Dies im Geist und Wahrheit zu beten ist schwerer als
    seiner Mutter
ein Denkmal zu setzen, diese Absicht
    Gottes bey dem Tode
seiner Amtsgehülfen zu verstehen, ist ein Geheimnis, das man nur im Heiligthum erkennt, unterdeßen auch Heyden eloges academiques im Vorhof der Vorsehung und ihren weisen verborgenen Wegen opfern. Wenn es allen meinen Freunden um Wahrheit zu thun wäre, wahrhaftig um Wahrheit zu thun; so könnte ich
    frey heraus
mit Ihnen reden. Die Wahrheit ist aber nicht Ihre Sache;
    ihre Lüste
– verdrehen alles; und machen aus
    Eli Elias
, und doch beruffen Sie sich auf die Worte des Verführers, um theils ihn dadurch zu fahen, theils ihre Erfüllung zu nichte zu machen. Warum
    redte David, als wenn er Meßias
wäre, und der Meßias eignete sich die Worte Davids zu? Antworten Sie mir, wenn Sie ein Lehrer in Israel seyn wollen. Wie konnte Paulus sagen: Ich lebe nicht, sondern was ich lebe – Alles ist euer, es sey Paulus oder Apollo, es sey Luther oder die Welt, es sey das Gegenwärtige oder das Zukünftige – Alles ist Euer; Ihr aber seyd Christi, Christus aber ist Gottes. Ist nicht der Kleinste im Himmelreich jetzt größer pp Muste nicht Paulus erst denjenigen durch eine wunderbare Erscheinung kennen lernen und sind die nicht seeliger, die an ihn glauben ohne dergl. sinnliche Begebenheiten. Und sind unsere Zeiten nicht eines größeren Lichtes fähig als Luthers seine waren – Niemand also verachte meine T Jugend. 1 Tim. IV 12 cet. Ist die Wolke der Zeugen nicht größer geworden für mich als S sie für jene war – und unsere Verbindlichkeit stärker zu laufen, wie denn? durch Schaffen, Arbeiten, gute Werke, Liebesdienste? Nein! Durch zu laufen durch
    Gedult
in dem Kampf der uns verordnet ist. Sollten wir beyde nicht mit mehr Klarheit und Freude auf Jesum sehen, der nicht
    Menschentage
in seinem
    Hirtenamt
suchte,
    Creutz
, Schande vorzug. Sollten wir uns an das
    Wiedersprechen
der Sünder kehren, unsern Muth matt werden laßen – Haben wir schon bis aufs Blut über dem Kämpfen wieder die Sünde wiederstanden, und sollte ich seines Trostes vergeßen – Wenn uns Menschen nach Gutdünken züchtigen; wie sollten wir nicht Gottes Züchtigungen zum Nutz annehmen, auf daß wir Seine
    Heiligung
erlangen, ohne welche niemand den Herren sehen wird noch kann. Wenn ich so lange über
    einen
Tyrier schwatzte, der vom Gärtner zum Könige durch Alexander erhoben wurde, würde Ihnen mein Geschwätz vielleicht erlaubter und erträglicher vorkommen. – Doch nein, liebster Freund, Sie erfahren in ihrem Umgange tägl. Uebungen der
    Verleugnung
, daß ich den Verlust einer Stunde über Lesung dieses
    labyrinthischen
Briefes, als ein klein Opfer der Freundschaft von Ihnen fordern kann; und Ihnen
    pflegt ein Glaß Waßer
zur Artzeney zu dienen, wie ich mich durch ein Glas Wein des Tages stärken muß.
    Cäsar
wollte nicht abergläubisch seyn. Ein Astrolog hatte ihn für die Idus gewarnt – Dem zum Trotz gieng er auf das Rathhaus, nicht zum Tod, sondern zur höchsten Würde, zu deren Erreichung er so viel angewendet hatte. Hatte er im Leben die Träume der Sterndeuter verachtet, wie fluchte er als er seinen Lügenpropheten in den elisäischen Feldern ankommen sahe. Wenn Du mir nicht Deine Grillen nicht mitgetheilt hättest, so würde ich nicht meinen Eigensinn gegen selbige zu brauchen nöthig gehabt haben.
    Ich kann es eher
dem
    Brutus als einem solchen
Narren wie Du vergeben – Wenn Du Lügen
    geglaubt
hättest, sagte der Astrolog, so würdest Du selbige
    nicht wahr
gemacht haben. Jetzt hast Du Dir selbst den größten Schaden gethan, und den Ruf meiner falschen Kunst bey Abergläubigen vermehrt. Wenn Du
    geglaubt
hättest, so hättest Du
    Deine Absicht erreicht
, meinen Credit zu schanden gemacht, und Dich selbst erhalten können. An Deinem Leben hätte Dir wenigstens mehr Gelegen seyn sollen als an der Eitelkeit, meine Träumereyen zu wiederlegen und an meinem Namen zum Ritter zu werden und über meine Schemata zu spotten. Was hatte also Caesar für Ursache, die Ursache seines Todes dem Astrologen zur Last zu legen – und doch behaupten Sie mir, daß
    die Rede eines Thoren
dem vernünftigen und herzhafften Caesar das Schicksal des merkwürdigen Tages zugezogen. War es denn so eine große Sache für Caesar,
    einen
Tag zu Hause zu sitzen. Besuche, zu denen uns
    Vernunft
und Ehre antreibt, laßen sich nicht gerne aufschieben und Tage zu wählen ist alter Weiber ihr Kram. Meine Feder würde nicht so überflüßen können, wenn mein Herz nicht voll wäre. Freunde sind eine Gabe Gottes; ich habe meinen Köcher derselben voll gehabt. Soll er leer werden; so werde ich ihren Verlust wie ihren Besitz mit Dank annehmen, und mich für niemanden als Gott demüthigen. Es ist nicht gut sich auf Menschen verlaßen – soll die eine Seite meiner Erfahrung zur Aufschrift haben. Was können wir Menschen thun? wird die andere bekommen. Ich will rühmen
    Gottes Wort
– ich will rühmen des
    Herren Wort
. Nimm ja nicht von meinem Munde das Wort der Wahrheit, denn ich hoffe auf Deine Rechte. Die Stoltzen haben ihren Spott an mir, dennoch weich ich nicht – – Ihr Pöbel fällt Ihnen zu, und läuft ihnen zu mit Haufen wie Waßer, und sprechen: Was soll Gott nach jenen fragen? Was soll der Höchste ihr achten. Siehe, das sind die Gottlosen, die sind glückseelig in der Welt und werden reich. Wenn der Meister und Herr so oft hat schreyen müßen: Wer Ohren hat zu hören der höre! Wenn er gesagt:
    Seelig
ist, wer sich
    nicht
an mir
    ärgert:
Was sollen seine Jünger und Nachfolger von den Urtheilen der Welt und
    falschen Brüder
über ihre Stimme und Hände, erwarten. Wenn er selbst mitten unter sie wäre, meynst Du, daß er Glauben finden würde? Ich werde mit dieser Seite hierüber schlüßen. Ich weiß, daß der Herr wird des
    Elenden
Sache und der Armen
    Recht
ausführen; daß man in den Zechen von mir singt. Sind Gräber der Ort, wo man Deine Güte erzählt; und kann man im Verderben Deine Treue erkennen – Deine Wunder in Finsternis – und Deine Gerechtigkeit, im Lande, da man an nichts denkt, als seine Lüste? Legen Sie bis auf die Fehler meiner Schreibart alles zum Besten aus. Ich habe viel und über schwere Dinge zu schreiben gehabt; daher habe ich mich bemüht
    kurz
zu seyn und ich
    nicht erreichen
können meine Gedanken
    deutlicher
zu machen, als daß ich die Grundzüge derselben
    so stark als möglich
andrücke, v sie auf
    fremde
Gegenstände übertrage. Ich werde mit Gottes Hülfe aller der Feßeln, unter denen ich jetzt schreiben muß, entledigt seyn, wenn meine Freunde mit mehr Liebe zur Wahrheit den Grund meiner Handlungen zu erkennen Verlangen bezeigen werden. –
    Alle die Spaltungen zielen
darauf
    eine Heerde und einen Hirten
hervorzubringen; wenn und wie das geschehen soll, gebührt uns nicht zu wißen. *  *  * Jetzt erlauben Sie mir, Geliebtester Freund, mit leichteren Zügen die Feder an Sie zu führen. Ihrer Bitte um einige Schriften bin schon zuvorgekommen und habe einige Kleinigkeiten für Sie ablegen laßen. Außerordentl. ist mir bisher noch nicht in die Hände gefallen. Ein klein Gedicht des HE. von Croneck; die Einsamkeiten gehört hieher. Philotas ist das Beste, was Sie erwarten können. Zwey Programmata des M. Hähn habe gleichfalls der Mühe werth geachtet, über Subtilität in Schulsachen; einige Stellen des Comenii, die er anführt, sind werth ausgesucht und nachgedacht zu werden. Das Verdienst dieses alten Philosophen und Schwärmers und Schulmeisters ist ziemlich ausgestorben. Ich habe eine vortrefliche Predigt des M. Hähns über den Glaubensgehorsam wahrer Christen bey den kümmerl. Führungen Gottes gelesen; sie ist aber nicht mehr zu haben. Ueber das Evangel. nach dem Neuen Jahr. Wenn man in Bethlehem bleiben will, muß man nach Egypten wandern – sich wieder seine Neigung länger da aufhalten – und wenn man Hofnung hat ins Land Israel zu kommen, doch im beschrieenen Lande der Galiläer aushalten. Der berühmte Jacobi hat eine ganz kleine Sammlung einiger geistl. Reden bey außerordentl. Fällen kürzl. ausgegeben, die ich ihnen auch habe beylegen laßen Ich ziehe seine Beredsamkeit der Kramerschen sehr vor. Chladenius hat Bibl. Untersuchungen herausgegeben, die ich Ihnen herzlich gern zugedacht hätte, weil sie was außerordentliches sind an Gründlichkeit und analytischer Kunst. Zwey Abhandlungen über Projecte stehen drinnen, die ich dem HE. B. gewünscht hätte mitzutheilen. Ich habe sie gelesen, als wenn sie mein Gewißensrath aufgesetzt hätte, und mir daher als Regeln ausgezogen – Was ich noch im Buchladen finden sollte, und der Mühe werth achten möchte, werde auf guten Glauben beylegen. Sollte meine Wahl nicht immer gelingen; so bitte mir Erinnerungen darüber aus; die mir gesetzten Gränzen werde nicht überschreiten. Von einigen andern Kleinigkeiten will jetzt nicht zum voraus melden. Der junge Hartung ist in 8 Tagen gesund und tod gewesen. Trescho hat ihn parentirt. Der junge Mensch hat viele neue Unternehmungen im Schilde geführt, die vielleicht zu seinem eigenen und andern Besten nicht haben reif werden sollen. Der Bräutigam der Wittwe ist ein liebenswürdiger Mann und heist Woltersdorf. Ich gönnte die Tochter dem HE. D. in Mitau. Wenn er herüberkommen könnte, möchte nicht schaden. Kleinigkeiten müßen uns keine Hinderniße seyn; er hat selbst die Bedenklichkeiten seine Reise vorzunehmen für Kleinigkeiten erklärt. Da ein Mädchen von ihrem Alter sich in einer besonderen Verlegenheit in Ansehung ihres jungen Stiefvaters seyn muß; so möchte sie jetzt leicht zu übertölpeln seyn. Da Ihr HE. Bruder sie kennt, Neigung zur Ehe hat und zu ihr auch vielleicht behalten haben könnte, seine Umstände wahrscheinl. Weise dadurch eher verbeßert als verschlimmert werden möchten: so laß ihn bedenken, mit was für Gemüthsverfaßung er zugreifen will, und nicht zaudern. Vielleicht würde er beßer einer Buchdruckerey vorstehen können als ein Hofgerichtsrath. An einer beqvemen Praxi würde es ihn nicht fehlen, sollte ich denken. Wir haben hier 2 merkwürdige Actus gehabt; der Lausonsche auf Simon Dach wird gedruckt, und war eine Comedie larmoyante, ein weinerliches Lustspiel – Einfälle wie der Reif im Herbst Büsche und Thiere ziert oder wie der schwarze Rock eines alten Stutzers voller Puder liegt. Der Watsonsche Actus ist nicht zu beschreiben – daß seine Rede gedruckt werden soll, nicht zu begreifen. Ein jämmerl. Auszug von Stockhausens Bibliothek, die er seinen hohen Zuhörern und ihren Comitat vorschlug. Dieser Comitat bestand aus Dames. Hierauf kam sein Lebenslauf, worinn er alle die Akademien erzählte, und Höfe nannte die er gesehen hat. Der Gebrauch der vielen französischen Wörter ist an einem politischen Redner wo nicht eine Zierde doch ein Brandmark, an dem man ihn erkennen sollte und beurtheilen als einen solchen. Ihre mir mitgetheilten Exempl. habe richtig erhalten und ausgetheilt. Die meisten sind durch HE. Lauson abgegeben worden. Ich habe aber selbst an den HE Kriegsr. L’Estocq sein Exemplar hingebracht; der sich wunderte gar keinen Brief noch Antwort von Ihnen dabey zu erhalten, weil er durch HE. Scheffner vor einigen Monathen eine ganze Sammlung von gedruckten Sachen an Sie hatte übermachen laßen. Ich glaube nicht daß Sie solche müßen erhalten haben; weil ich nichts davon wuste und es zu meiner Zeit doch hatte eintreffen müßen oder kurz vor meiner Ankunft. Sie haben mir neulich ein P. S. in Ansehung des Sergeanten geschrieben, worauf ich nichts zu antworten weiß, weil mir weder sein Vormund, noch seine Schulden, die er in Riga gemacht und mit seinem eigenen bezahlt worden etwas angehen. Den Mittwoch nach dem Osterfeste ist er das letzte mal bey uns gewesen; wir gaben ihm um 10 Uhr Laterne und Mantelrock mit, weil es schlecht Wetter war; nach der Zeit haben wir ihn nicht gesehen, desto mehr Unruhe aber die ganze Woche über von seinen Maj. gehabt. Die Umstände davon will ihnen kürzl. erzählen. Er geht nach Hause und findet einen andern Sergeanten in seinem Qvartier, den er durch die Laterne gewahr wird. Für Angst über diese Erscheinung, die ihm nichts gutes versprochen, läuft er weg, der Kerl ihm nach, so bald er in seinen Rock hat kommen können. Man hat ihn noch um 12 Uhr in unserm Hause aufsuchen wollen und deßwegen mit Macht angeklopft; davon mein Vater aber zum Glück nicht erwacht ist; unser Haus ist darauf die ganze Nacht besetzt worden, als wenn er zu selbigen seine Zuflucht genommen hätte. Den Tag darauf kam ein Soldat nach dem andern, wir sollten ihn schaffen, da wir doch von nichts wusten. Ich muste noch Donnerstags des Abends um 8 Uhr zum Maj. hinkommen, ohngeachtet ich ein Laxativ eingenommen; Morgens darauf wieder, da er schon anfangen wollte, grob zu werden. Er muthete uns zu wir sollten alle unsere Leute nach ihm in der Stadt ausschicken, weil er es sonst vor Gott und seinen Anverwandten nicht verantworten könnte, daß der junge Mensch zeitlebens sich selbst unglückl. machen sollte, da er ohne den allergeringsten Anlaß entlaufen wäre und ihn als einen Deserteur angeben müste. Freytags Abends schickte er wieder mit einem Billet an mir, wir sollten ihn die Nacht über suchen laßen, oder wir würden unglücklich seyn; worauf ich so ernsthaft, als es sich thun ließe, Bescheid gab. Sonnabends hatten wir Ruhe, und den Tag darauf schrieb der Sergeant selbst an mir, und meldete, daß er nicht länger bey sn Maj. hatte aushalten können, und jetzt in der Kanzelley seiner Compagnie von Morgens biß auf den Abend seyn müste – – Ich hatte hierauf nichts zu antworten, sondern ließ ihn bitten, wenn er abkommen könnte, selbst herzukommen. Man hat ihn auf der Straße herum gehen sehen, bey uns aber ist er noch bisher nicht gewesen. Mein Vater hat er mir etl. mal schon angeredet ihn zu besuchen, ich habe es aber noch nicht thun wollen, und weiß nicht, ob ich diese oder nächste Woche mich in seinem Qvartier nach ihm erkundigen werde. Da seine Brüder klug thun sich seiner zu entschlagen – so bin ich durch seine
    kindische
Versteckung auch eingeschreckt, und muß alle Unruhen und Weitläuftigkeiten vermeiden, die auf meinen alten Vater zurück fallen können. In unserm Hause ist er von allen geliebt worden und er wuste sich in alles zu schicken. Ich habe blos 2 Dinge an ihn bedauert, daß er gar zu wenig aus der Schule gebracht, und ganze Tage ihm nicht lang wurden ohne etwas zu thun. Eins hängt mit dem andern zusammen. Da er schon an unser Haus gewöhnt war, so hätte ich ihn nicht länger müßig darinn gelaßen; sondern nach dem Fest war unsere Abrede das französische anzufangen, und ein wenig die Fortification. Ungeachtet ich nichts von der letzteren verstehe; so hätte ich schon aus Liebe zu ihm die Anfangsgründe davon ihm beybringen wollen. Dieser Plan ist zu rechter Zeit zerrißen worden. Nichts als
    Noth
kann ihn bilden. Noth und Zucht sind 2 Dinge. Wenn seine Brüder ihn der ersteren überlaßen wollen; so müßen sie sich mit der letzteren nicht abgeben. Will ihn Herr B. ins Zuchthaus setzen laßen; so muß er seinem Bruder Karl um die 120 Thrl. bitten, die er ihm jährlich versprochen. Wenn man das eine thun will, so findt das andere nicht statt. So genau kann man nicht urtheilen, wenn nach
    Neigung
und
    Ehre
zugleich handeln will. Willst Du Deinem Bruder Vernunft zeigen, so verleugnest Du Dein Herz gegen ihn; willst Du ihm Dein gut Herz zeigen, so verleugne Deinen Verstand und Deine Klugheit gegen ihn. – Ihre Leidenschaften, die ihre Lehrer sind, müßen gestürzt werden über den Fels; so wird man
    denn
    denn
– hören können, meine Lehre, daß sie lieblich sey. Ψ 141. Warum würde man meine Briefe zurück schicken, wenn nicht glüende Kohlen drinnen wären, die ihrem Kopf wehe thun. Gedenke, sagt Elihu, daß Du sein Werk nicht wißest, wie die
    Leute singen
. Er schreckt die Leute mit Blitz und giebt doch Speise die Fülle. Ein Thörichter glaubet das nicht, und ein Narr achtet solches nicht. Was denn? Daß Deine Werke so groß, und
    Deine Gedanken
so sehr tief sind. Ich kann den Einfall nicht vergeßen, daß man nicht andere Gerichte zuziehen muß. Ist da ein Schein von Wahrheit drinnen; so überführen Sie mich.
    Ich kann nicht eine Laus
machen; und sollte Gerichte hervorbringen können. Jesaias fängt die ersten Zeilen seiner Weißagung an: O wehe des sündigen Volkes – Was soll man weiter an euch schlagen, so ihr des Abweichens nur desto mehr macht? und doch hört er nicht eher auf. Warum steht diese Frage nicht am Ende seiner Weißagung. Dieser Zweifel machte ihn eben desto eyfriger. Ich weiß, daß ich in ihren Augen wie Pestilenz aussehe, und ihnen alles nach Gift schmecken muß. Ich will ihnen also gern so weit bleiben als sie wollen, wie wird es aber
    ihren Boten
gehen, werden die nicht an
    meiner Plage
oder ihrer
    Verstockung
Theil nehmen. Daß ich nicht
    eße von dem, das ihnen gelüstet
– und Sie laßen sich doch zum Ceremonienmeister brauchen, und tragen mir ihre Schaugerichte auf. Ich
    liebe meine Feinde
, aber ich
    haße meine Freunde mit rechten
Ernst, darum sind sie mir feind. Sie sollen mit allen dergl. Umschweifen künftig verschont werden. An gegenwärtigen Briefe haben Sie genung und zu viel. Ich halte mein Wort, und würde es auch gegen HE. B. gehalten haben, seine Briefe nicht zu erbrechen, noch zu lesen, noch zu beantworten. Durch Ihre List habe ich mein Gelübde zu brechen mich verleiten laßen; daß Sie sich darinn verwickeln laßen, wird ihnen leyd genung thun. Ich weiß
    daß Ihre Freundschaft
eine beßere Constitution hat, als es ihr anzusehen. Sie haben die Freyheit alles aufzunehmen, wie Sie wollen; ich werde mich in keine weitere Erörterung einlaßen. Ich werde mich freuen und Ihnen dafür danken, wenn Sie meine Heftigkeit mit Sanfmuth, meinen Unsinn mit Liebe aufnehmen werden; meine Rachsucht mit Versöhnlichkeit und Grosmuth. Ich wiederhole diese Bitte. Mein künftiger Briefwechsel soll ein bloß freundschaftlicher und Zeit verkürzender Umgang seyn, der sich auf Ihre Absichten beziehen soll. Ich werde Ihnen von meiner langen Weile bisweilen Rechenschaft geben. HE. Trescho hat versprochen morgen zu schreiben. Ich habe einigen Umgang mit ihm, der aber blos wie es scheint in einer Art von Handwerksvertraulichkeit bleiben wird. Arbeiten läßt sich bey meinen Umständen nicht. Gott wolle meinen alten Vater erhalten, und ihm ein ruhig Alter geben. Er läst s Sie herzlich grüßen, und wünschet Ihrem ganzen Hause alles Gutes. Bey aller meiner Trägheit, der ich hier nachhänge, kann ich Gott Lob! manchen Abend mit aller Zueignung mir ins Ohr schreyen: Herz! freu dich! Du sollst werden vom Elend dieser Erden und von der Sünden Arbeit frey. Ich genüße in gleichem Maaß das Leere und die Fülle der Menschlichkeit. Ich habe mich auf diesen Frühling mit einer Neugierde gespitzt, als wenn er der erste wäre, den ich erleben sollte; ich wünschte ihn als den letzten schmecken zu können. Die Einsamkeit meiner Gartenhütte und Kürbislaube sind kein Tausch gegen den Jahrmarkt der Rigischen Höfchen. Ich
    scheue meine Wünsche als Sorgen
– und verwandele meine Sorgen in Wünsche; so verflüst
    eine Stunde nach der
andern ohne Leyer, ohne Pinsel und Freund. Mein Vater ist mein einziger Wohlthäter und Zuchtmeister, den ich jetzt lieben und fürchten darf. Ich biege mich siebenmal zur Erden vor ihm, ehe ich mich unterstehe ihm ins Gesicht zu reden. Ich eße mein Brodt bald mit
    tummen ernsten Tiefsinn
oder
    im Springen
, wie ein Ochs oder Kalb Gras und Heu frist, ich
    gehe auf Raub
mit Grimm und Grosmuth wie ein Löwe, und weil ich ein
    Zaunkönig
bin, so trägt mich
    mancher Adler
von starken Flügeln und Augen weiter als er selbst reicht; ich diene auch meinem Nächsten, wenn ich kann, am liebsten ohne Körper und Schatten, und nicht
    auf meine Rechnung
, sondern wie es einem
    dienstbaren Geist
anständig ist, wie
    Wind
und
    Feuer
dem Menschen. Dachte der kluge Bauer an den Handel, der beßer Wetter machen wollte als Jupiter; oder hinderten die Flüche des Schiffers den Seegen seiner Erndte? Gedultiges Element! man sieht, man fühlt dich nicht. Jeder Körper trägt dich in seinem Schoos. Wenn der
    Dornbusch
Dich zum Bundesgenoßen hat, so sind die
    Cedern Libanons
Asche und Staub für ihn. Ich habe auf der Flottwellschen Auction nichts erhalten, und hätte die Oeuvres de St. Real gerne gehabt, es ist aber alles außerordentl. hoch fortgegangen. Doch habe ich noch den deutschen Martial, Wernicke bekommen. Die Vorrede hat mir gefallen, wenig sonst darinn gelesen. Ich erinnere mich einer Sinnschrift über die bekannte Geschichte von Xantippens Nachtgeschirr, da er zu seinen Freunden sagte: Ich wuste wohl, daß auf ein solch Gewitter ein Platzregen folgen würde. Wenn Du das gewust hast, Socrates, so hast Du als ein Thor gehandelt, daß Du nicht mit Deinem Freunden der Träufe aus dem Wege gegangen. Was meynen Sie, liebster Freund, von diesem Einfall des Dichters. Socrates redete nach einem bekannten Schleichgriff, da wir uns überreden dasjenige zu wißen, was wir wißen könnten oder auch sollten. Weil man alles dasjenige, was man im gewißen Verstande
    thun muß
oder
    leicht thun kann
als schon geschehen ansieht. Ein solches vitium subreptionis ist leicht in Worten und Handlungen zu entdecken, aber wenn es in Gedanken geschieht. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte. Leben Sie wohl, und vergeßen Sie nicht Ihren Freund. Den 1. May.
Königsb. den 5 May. 1759. Herzlich geliebtester Bruder, Deine Briefe haben mir ungemeine Zufriedenheit gegeben, da ich Deinetwegen eine Zeit lang recht schwermüthig gewesen; und in Schulzens Garten gestern an Dich am meisten gedacht. Wie ich zu Hause kam wurde ich von meinem Vater mit einer Nachricht von Dir erfreuet. Gott laße den Tisch des Herren an Deiner Seele geseegnet seyn und Deinen Glauben an Liebe und guten Werken – die in Gott geschehen, fruchtbar seyn. Er wird Dir Gesundheit, Eyfer und Weisheit schenken, und will Dich an Erfahrung, Gedult und Hofnung reich machen. Zu Deinem bevorstehenden Examine wünsche ich Dir herzlich Glück. Wenn Du eine Rede zu halten hast; so rede so, daß Dich die Kinder verstehen können; und siehe mehr auf die Eindrücke, die Du ihnen mittheilen kannst als den Beyfall gelehrter und witziger Maulaffen. Du nennst Deine Arbeit ein Joch – Es ist ein köstlich Ding einem Manne, daß er das Joch in seiner Jugend trage. pp. Thren. III. Vielleicht hättest Du die Erinnerung Deines und meines Lehrmeisters, Beichtvaters und Vormundes nicht so bald vergeßen sollen; Dich ja nicht im Anfange mit Arbeit zu überhäufen. Ich weiß, und habe es gewußt, wie viel ich Dir an Hänschen schon aufgegeben, und die hätte Dich etwas entschuldigen können. Doch
    alles
muß uns zum Besten dienen, wenn wir nur unsere Fehler erkennen, und auf Gott uns verlaßen, der andere und uns regiert, und ihnen und uns öfters den Zügel schießen läßt – nicht uns zu stürzen, sondern Ehre an unserer Schwachheit einzulegen. Wo ist Madame B. hingezogen? Vergiß nicht meinen ergebensten Empfehl an beyderseits zu vermelden. Daß HE. Christ. an mich nicht denkt, ist mir ein Gefallen. Er wird schon wieder an mich denken, wenn es
    Zeit
ist. Für Deine Aufmunterung danke herzlich – Gott Lob! ich bin sehr ruhig und zufrieden, und habe die besten Tage. Meinem Vater ist ein Sohn zur Seite unentbehrlich und es würde ein Fluch für mich seyn, wenn ich jetzt an etwas anders als an ihn denken wollte. Ich werde meine Briefe mit der Zeit so nutzbar als mögl. für Dich einzurichten suchen; und es soll Dir an Auszügen nicht fehlen. Ich wollte heute etwas an HE. Mag. abschicken; es ist nicht gar zu beqvem. Für Dich habe nichts gefunden – ich erwarte aber mit der Meße etwas das ich bestellt und Dir zugedacht. Ich sage es Dir zum voraus, damit Du nicht meynst, daß ich
    Dich vergeße
, und für
    andere mehr
sorge als für meinen Bruder. Willst Du etwas haben; so melde mir. 6 Unterhemde sind hier für Dich gemacht; an feiner Wäsche wird es Dir nicht fehlen, weil hier noch viele ganze Stücke feiner Leinwand von uns. seel. Mutter liegen. Noch haben wir beyde eben nicht nöthig. Das Silberzeug ist nicht rathsam, weil Du es nicht aufheben kannst. Der St. Omer ist schlecht und Du hast an Deinen Lübecker wie ich hoffe noch einen Spediteur. Wo nicht; und Du willst, so melde mir. An Büchern will ich Dir nicht erst was schicken, da Du ohnedem alles brauchen kannst, was der HE Mag. bekommt. In der Historie könnte ich noch eine Tabelle beylegen, die Du in der Schule anschlagen, oder auf Pappe geklebt, brauchen könntest. Von Kleist werde ein neues Gedicht beylegen, das zu den übrigen Werken von ihm, die bey Dir oder mir sind, gehört. Das übrige wird an HE. Mag. und B. seyn, dem noch ein Paar franzosische Bücher, die hier liegen geblieben, zukommen. Der junge Kade besuchte mich vorigen Sonntag und brachte den Spectator zu Hause. Wo hast Du Mancini Reden gelaßen aus dem ital. übersetzt. HE. Trescho hat mir schon einige mal darnach gefragt – Er besucht mich heute mit dem jungen v. Korm. HE M. Brief an Scheffner habe ihm abgegeben heute; er ist aufs Land gereist und Secret. bey dem Prinzen v. Holstein, Herzog Michel genannt. Ist das Gespräch eines Dumocalaners nicht hier gewesen – hast Du es ausgeliehen – it. die Brandenburg. Denkwürdigkeiten? Für Lilienth. 3. Theil habe Sorge getragen aber noch nicht erhalten. Marpurgers Journal habe hefften und werde bey Gelegenheit continuiren laßen. Bitte den HE. M. daß er HE. B. erinnert die 2 ersten Stücke der Danziger Beyträge nicht zu verwerfen, weil ich die Continuation davon hier habe biß No. 50. und fortsetzen werde. Das Musikale Der jüngste und mittlere L. sind wie Du. Schreibe doch an HE. Trescho bey erster müßigen Stunde; weil ich sein guter Freund hier bin, und mir viel von Deinem Umgange mit ihm weiß gemacht. Baut HE A. B.? Wenn Baßa gewiß Johann sein Haus verläßt, so laß ihn kein anderes wählen als das Vertrauen zu ihm hat, und ihn schätzen und vergelten kann. Ich denke selbst an ihn zu schreiben, vertrete meine Stelle und erzeige ihm alle Gefälligkeit, die Du im stande bist. Du machst Compl. mein lieber Bruder, wegen der 11 fl. und beschwerst Dich doch in Ansehung des Postgeldes. Warum hat die Frau Consistor. Räthin Deinen Brief einschließen müßen, wo fr. Mummel aufgestanden. Ich habe Bassa eine Kleinigkeit vorgeschoßen, denkt er daran, so
    nimm das Geld; hat er es vergeßen
, so habe ich es auch vergeßen und Du. HE. B. hat meinen letzten Brief nicht beantwortet, und thut recht klug daran. Der letzte an unsern Freund L. wird auch einige Bewegungen bey ihm machen. Sie mögen ausbrechen, wozu sie wollen; so bin ich gefaßt dazu. Er wird
    verurtheilt
, heist es von dem Gerechten; aber der
    Herr
verdammt ihn
    nicht
. Ψ 37. Kehre Dich an nichts, gehe Deinen Weg fort; und siehe meine Angelegenheiten v Verbindungen als fremde Dinge lieber an, ehe Du Dich darüber beunruhigen oder Dich selbst irre machen solltest. Ich denke an Loths Weib; und werde nicht zurück sehen. Vom Sergeanten habe nichts erfahren, und werde mich auch nicht so leicht darum bekümmern. Sapienti sat. Laß ihn seine Runde laufen, dies müßen wir alle, biß sich Gott unserer erbarmt. Wenn alte Leute sich recht kennten, so würden sie nicht über Kinder die Schultern zucken. Jgfr. Degner läßt Dich vielmals grüßen. Zöpfel ist völlig wieder gesund und ist ohne Frucht krank und wieder dem Tode nahe gewesen. So werden wir härter, anstatt weich zu werden. Wohlthaten und Züchtigungen verderben und verstocken uns wechselweise. Lieschen kommt eine Stunde des Abends zu mir, oder vielmehr eine viertelstunde um lesen zu lernen. Der vorige blanke Brief ohne Aufschrift ist an den HE. Mag. gewesen, nicht an den Herrn Doctor. Entschuldige mich doch deswegen bey dem ersteren. Wenn Du etwas zu bestellen hast, mein lieber Bruder, so melde mir mit der ersten Post. Ich umarme Dich herzlich unter den zärtlichsten Wünschen alles Geistl. und leiblichen Guten. Meine freundschaftl. Grüße an HE. Mag. und Deine gütige Frau Wirthinn. Ich ersterbe Dein treuer Bruder und Freund Joh. Georg Hamann.
Königsberg. den 1 Junius. 1759. Geliebtester Freund. Sie werden wie ich hoffe ein klein Billet von Ihrer lieben Mama aus Mitau erhalten haben. Ich habe an den Herrn Doct. geschrieben und ihm einen Einschluß an meinen Bruder anbefohlen, worinn ersteres gelegen. Sie hat noch kein Geld erhalten, und HE Wagner hat mir vor 4 Wochen einen Brief gewiesen, worinn ihm oder
    mir
aufgetragen wurde Geld zu heben, aber ohne Namen des Kaufmanns von dem es gehoben werden sollte; so wie Sie auch mir nichts davon gemeldet in Ihrem letzten. Sie werden uns oder jemanden unter uns eine Erörterung hierüber geben. Vorgestern kam HE. Beggerau, der meinen Vater kennt, Abschied nehmen, den ich schon lange glaubte unterwegens zu seyn. Er bringt einige Sachen von mir mit – zu dem versprochenen ersten Theil des Swifts habe aus dem Buchladen den 2. dazulegen laßen; der dritte ist nicht mehr da. Eine kleine Piece, die nicht mehr zu haben, werden sie auch finden; sie war schon einer andern beygebunden, von der ich sie losreißen müßen. Sie ist das Beste, was ich über die
    Sache
gelesen. Lutheri kleine Schriften und die historische Tabelle ist für meinen Bruder; Cissides und Paches gleichfalls, weil die übrigen Werke des Kleist dort sind. Considerations sur le Commerce, Pensées sur le Comm. Philos. v. patriotische Träume, le Reformateur reformée, Relation historique de Lisbonne und la noblesse commerçable et ubiquiste werden Sie bey Gelegenheit unter meine dortige Bücher einschieben; bitte mir aber dafür mit erster Gelegenheit alle meine Musicalia aus, die oben im bureau liegen. Ich habe schon meinem Bruder davon geschrieben, ich weiß aber daß es schwer ist durch ihn etwas zu erhalten. Sie werden Geliebtester Freund, daher an dieser Kleinigkeit Antheil nehmen, weil ich dem Reichard selbige versprochen, der mir meine alte Luxmachersche Laute diese Woche zu Hause bringen wird, die ich unterwegens erbeutet. Ich habe nicht viel vor Sie gefunden, ob in dem wenigen, was ich Ihnen durch Wagner beylegen laßen, etwas nach ihrer Erwartung seyn wird, werden Sie beym Empfang am besten beurtheilen. Die Erläuterungen der Psalmen machen 2 kleine Lagen aus, es steht bey ihnen sie fortzusetzen. In unserm Buchladen ist nichts mehr davon als die 2 ersten Stücke. Sie müßen mit dem Eyfer des Verfaßers gegen die Chiliasten Gedult haben und sich dadurch das gründlichere in dieser Schrift nicht vereckeln laßen. Ich lege nichts bey für Sie, das ich nicht selbst vorher gelesen habe. Künftige Vorschriften über meine Wahl und nähere Bestimmungen Ihres Geschmacks im überschickten werde mit Verbindlichkeit annehmen. Aus Vorwitz habe alle Schriften des Chladenius durchblättert, die hier zu haben sind; und nur seine Predigten und ein paar kleine Abhandlungen darunter gefunden, die ihnen darunter anständig seyn möchten. Seine Logica Sacra ist gewaltig scholastisch, und seine Anweisung zur Auslegung der Schriften und Reden ist eben so eckel durch die Methode. In der ersten sind einige neue Theorien oder essays als Außenwerke angebracht, die sie aus seiner Philosophia Definitiua, die unter meinen Büchern ist, zum Theil kennen lernen können. Seine Abhandlung vom Wahrscheinl. sind nicht mehr; wenn sie wie seine Hermeneutic und Auslegungskunst geschrieben; so verlange sie nicht zu lesen. Unter seinen philosophischen Werken möchten also wohl seine Philosophia definitiua und allgemeine Geschichtswißenschaft die stärksten und ausgearbeitesten seyn. Ob sie diese bey Gelegenheit künfftig einmal haben wollen, können sie sich allemal melden. Ich habe noch seine opuscula gelesen, die mehrentheils in programmatibus und kleinen Abhandlungen bestehen, deren Innhalt den Leser neugierig macht, nicht aber gleich befriedigt. Es ist eine darunter über eine Stelle des Augustinus, worinn er seine Gedanken über die Schreibart Moses und der heil. Schrift überhaupt entdeckt. Sie stehen in seinen Confessionen, und sind wirklich so außerordentlich, daß man diesen Kirchenlehrer entweder durch Empfindung verstehen muß, oder noch so viel über seine Worte commentiren kann, ohne ihren Sinn hinlängl. zergliedern zu können. Er bittet von Gott um eine solche Beredsamkeit, daß der Ungläubige nicht seine Schreibart verstehenwerfen könne, weil sie ihm zu schwer zu verstehen wäre, der Gläubige hingegen, wenn seine Denkungsart noch so verschieden wäre, doch einen Zusammenhang und eine gewiße Uebereinstimmung derselben mit den Worten des Schriftstellers erriethe. Mit dieser Stelle vergleicht Chladen eine andere aus eben dem Buche: Ego certe, si ad culmen authoritatis scriberem, sic mallem scribere, vt quid veri quisque de his rebus capere posset, mea verba sonarent quam vt vnam veram sententiam ad hoc apertius ponerem, vt excluderem ceteras, quarum falsitas me non posset offendere. Chladenius scheint mir noch lange nicht bis auf den Grund desjenigen gekommen zu seyn, was Augustin hat sagen wollen. Er nimmt einen Einfall des Lucilii zu Hülfe, den Cicero in seinem Buch de Oratore anführt, welcher gesagt: malo non intelligi orationem meam, quam reprehendi, und weder von ganz unwißenden noch gar zu gelehrten gelesen werden wollen, weil die ersteren ihn gar nicht verstehen, und die letzteren ihn über den Kopf weg sehen würden. Ein solcher Wunsch, und eine solche Schreibart gehört für einen Staats- und Schulredner, der nichts als Beyfall und Händeklatschen sucht, und zu so witzigen oder geschwäzigen Redekunst wird man in Schulen und im Umgange geübt; darinn fehlt es weder an Lehrern noch an Mustern, weder an Ciceronen noch Atticis. Sollte aber nicht ein ehrlicher Mann bisweilen eine Schreibart nöthig haben, die er lieber getadelt als
    gemisbraucht
wünschen möchte, und wo er genöthigt ist zu wünschen: Ich will lieber gar
    nicht als unrecht
verstanden werden. Die Begriffe die Augustinus annimmt wiedersprechen gewißermaaßen den ersten Grundgesetzen, die wir von einer guten Schreibart anzunehmen gewohnt sind. Er nimmt anstatt, daß die
    Wahrheit
bestehen könne mit der grösten Mannigfaltigkeit der Meynungen über einige einzige und dieselbe Sache, indem er sich so zu schreiben wünscht, daß diejenigen, welche durch den Glauben einen Begrif von der Schöpfungskraft Gottes hätten, in quamlibet sententiam cogitando venissent, eam non praetermissam in paucis verbis tui famuli reperirent et si alius aliam vidisset in luce veritatis, nec ipsa in iisdem verbis intelligenda deesset, das würde ohngefähr heißen, er möchte ein Cartesianer oder Newtonianer, Burnets oder Buffons Hypothesen aufgenommen haben, und die Natur in dem geborgten Lichte dieses oder jenes Systems ansehen, gleichwol in den kurzen Worten des begeisterten Geschichtschreibers Spuren einer mögl. Erklärung nach seinen Schooßlehren darinn fände, zu Anspielungen darauf entdeckte. Die Wahrheit ist also einem Saamenkorn gleich, dem der Mensch einen Leib giebt wie er will; und
    dieser Leib der Wahrheit
bekommt wiederum durch den
    Ausdruck
ein
    Kleid
nach eines jeden Geschmack, oder nach den Gesetzen der Mode. Es ließen sich unzähliche Fälle erdichten, die einen neuen Schwung der Schreibart bestimmen könnten. Ein kleiner Zusatz neuer Begriffe hat allemal die Sprache der Philosophie geändert; wie die
    Reitzbarkeit
in medicinischen Büchern und Dissertationen zu circuliren anfieng. Eben so wird ein diplomatischer oder pragmatischer Schriftsteller, der gleichfalls gewißermaaßen ad culmen autoritatis schreibt, sich an die
    Worte
der Urkunden und Vollmachten halten, Mönchsschrift und Runische Buchstaben in ihrem Werth laßen, und nicht mit dem Donat sondern mit seinem Kayser Schismam reden. Unter eben so einem Zwange befindet sich ein Autor der in einer Sprache schreibt, die nicht mehr geredt wird, weil sie
    tod
ist. Er wird seinen Zeitverwandten als Verfälschern nicht trauen, den genium seiner Muttersprache oder der lebenden, die er gelernt hätte, verleugnen, und nichts als seine Bekanntschaft mit den Alten, seine
    Urtheil
und sein
    Glück
ihre
    Formeln anzubringen
und
    zusammenzuleimen
den Kennern zeigen können. Wenn ein solcher gekünstelter Römer von einem ehrl. Mann sagen wollte, der den öffentl. Besten vorstünde: Optime sentit, sed nocet interdum Reipublicae; loquitur enim, tanquam in republica Platonis, nec tanquam in faece Romuli oder Saeculi. Würde man an dieser Schreibart etwas auszusetzen finden, und dem Briefsteller vorrücken, daß er dem Cato sein Lob gestolen, und dadurch einen Narren entschuldigte, an den kein einziger Römer in seinen epistolis familiaribus gedacht hätte. Nach den Gedanken des Augustinus von der Schreibart, sollte man den grösten Fehler in eine Schönheit verwandelt sehen; die Klarheit in einen unbestimmten vieldeutigen Sinn. Der Philosoph, der aber gar zu klar von der grösten Wahrheit näml. der Unsterblichkeit der Seelen redete, brachte den Entschluß des Selbstmordes, des grösten Lasters, in seinen Zuhörern zu wege. Wenn man also sich nicht anders als eine verkehrte Anwendung deutl. Wahrheiten versprechen kann, so erfordert es die Klugheit sie lieber einzukleiden, und den Schleyer der Falscheit wie Thamar auf Unkosten seiner Ehre zu brauchen und sie mit der Zeit desto nachdrücklicher zu rächen, auf Unkosten seiner Ehrliebenden Richter. Ich theile Ihnen nur die zufälligsten Gedanken mit, weil Sie in einigen Zusammenhang mit meiner franzosischen Grammatic stehen, in der ich einige allgemeine Gedanken Betrachtungen über die Menschliche Sprache überhaupt zum voraus anzubringen gedenke; zu denen ich einigen Stoff gesammlet, den ich aber Mühe haben werde in Ordnung zu bringen. Erinnern Sie doch, Geliebtester Freund, meinen Bruder, daß er die angefangenen Bogen davon den Musicalien beylegt. Ich habe das neue Journal des Formey; Lettres sur l’Etat present des Sciences et des Moeurs gelesen. Es ist so schlecht als möglich. Es wird zu Bruxelles ein Journal de Commerce und wo ich nicht irre zu Koppenhagen eine neue Ausgabe von Savary Dictionnaire auskommen, auf welchen noch Zeit seyn wird zu praenumeriren, falls sich Liebhaber zu Riga dazu finden. Eine Abhandlung des Voltaire war gleichfalls eingerückt, die eine Schutzschrift des Saurin gegen das Journal Helvetique in sich hielt. Dieser Saurin war der Feind des Rousseau; Voltaire kann also nicht anders als ein pathetischer Menschenfreund und Sittenlehrer die Asche dieses Mannes rächen. Ich will Ihnen den Beschluß dieser beredten Apologie hersetzen: Par quel excès incomprehensible avez Vous pû Vous laisser emporter jusqu’à taxer de Deisme et d’Atheisme le service charitable rendu à la memoire d’un mort et à la reputation de ses enfans (der Paedagogus dieses Jahrhunderts hat dies in der Geschichte des vorigen gethan). Sentez Vous toute l’absurdité et toute l’horreur de Vos raisonnemens? Vous qui ne songez qu’à nuire, Vous appellez Athée celui qui ne songe qu’à servir. Vous qui croyez faire des Syllogismes, vous confondez ceux qui adorent la Divinité avec ceux qui la nient; et ne connoissant ni la
    force
des
    termes
, ni les
    bienseances
, ni les hommes, dont Vous osez parler ni les
    loix
, qui peuvent Vous
    punir
, vous couvrez du nom de zele la temerité barbare de Vos outrages. Nous n’avons que deux jours à vivre sur la terre. Dieu ne veut pas que ses enfans consument ces deux jours à se tourmenter impitoyablement les uns les autres. Nous sommes prets de paroitre Vous et moi devant son Tribunal. J’espere que je n’y
    tremblerai
pas d’
    avoir
    secouru mes
    Freres
et qu’il Vous pardonnera à Vous, quand Vous aurez gemi de leur avoir mis le couteau dans le coeur et d’avoir dechiré leurs blessures. P. S. L’auteur de cette Declamation n’a repondu au Libelle anonyme inseré dans le Journal Helvetique que parcequ’il s’agit de defendre l’honneur d’une Famille. On lui a dit qu’il y a d’autres articles personnels contre lui inserés dans le meme Journal; il ne les a jamais lus et d’ailleurs il n’y repondroit jamais parceque’ils ne regardent que Lui. Rousseau, Citoyen de Geneve à Monsieur Alembert, l’homme à longue queue
weil alle Academien darauf folgen deren Mitglied er ist über den Article Geneve im Dictionaire Encyclopedique. Dieser Brief ist die Abschiedsschrift des Autors aus der gelehrten Welt. Wenn ich bekomme, will Ihnen selbige schicken. In der Vorrede vertheidigt er die Genfer Theologen gegen die Beschuldigung des Socinianismus; der Brief streitet gegen die Errichtung eines Schauplatzes in seiner Vaterstadt, thut dafür andere wunderl. Projecte von öffentl. Bällen in Gegenwart der Aeltesten und die Errichtung einer Cour d’honneur um die Duelle abzuschaffen. Ein junger Parlaments Rath, der kürzl. gestorben Mr. Goguet hat 3 Quartanten de l’origine des Loix, des Arts et des Sciences et de leur Progrès chez les Anciens voriges Jahr ausgegeben. Das Werk wäre neugierig zu sehen. Wenn es ihr Nachbar sich verschreiben sollte so melden Sie mir doch etwas davon. So viel von gelehrten Neuigkeiten. Der Serg. soll abgereiset seyn hat gewis versprochen uns zu besuchen ist aber nicht gewesen. Er begleitet die General. Stoffeln nach Riga. Ich bin einmal in seinem Qvartier gewesen mich nach ihm zu erkundigen. Der Maj. soll seine Sachen gepfändet haben wie und warum, weiß ich nicht. Ob er sie zur Reise ausbekommen, kann auch nicht sagen. Leben Sie gesund v. zufrieden, Geliebtester Freund. Ein gesegnetes Pfingstfest. Ich habe alle Lust verloren auf Land zu gehen; mein kleiner Garten ist mein Gut; mit HE. Trescho habe den Morgen darinn zugebracht, und schreibe jetzt darinn. Mein Vater läßt Sie herzlich grüßen, ist ziemlich gesund und gutes Muthes. HE. Justitiarius Wulf hat mich 2 mal besucht, bin aber noch nicht bey ihm gewesen, nach dem Fest will ihn auch besuchen und einen Kuß von seiner jungen Frau abholen, die sich mit Ihrer lieben Hälffte tröstet. Umarmen Sie Sie in meinem Namen. Ich ersterbe mit der redlichsten Hochachtung und Ergebenheit Ihr verpflichtester Freund. Hamann. Habe heute mit viel Vergnügen unter der Sammlung des Trescho ein Gedicht von Ihnen gelesen über entfernte Freundschaft, das ich mir Mühe geben werde noch ein wenig näher zu untersuchen. Leben Sie wohl. Gott befohlen. Schlüßen Sie Uns auch in Ihr Gebet ein.
den 5 Junius. 1759. Herzlichgeliebter Freund, Ich habe Ihren Brief gestern erhalten, und sehe selbigen als das schätzbarste Denkmal Ihrer Redlichkeit. Was für ein Göttlich Geschenk ist Freundschaft, wenn sie alle die Prüfungen aushält, die unsere schon durchgegangen, und wenn alles dasjenige, was auf ihre Vernichtigung zu zielen scheint, nichts als Ihre Läuterung und Bewährung hervorbringt. Sie ist alsdann eine Frucht des Geistes, der auch
    Freund
und Tröster heißt. Er, den wir nicht sehen, ob er gleich mit uns, in uns und unter uns ist, Er, der den Raum füllt, der uns beyde von einander trennt, wolle unsere Herzen auch seinen Gruß hören laßen: Friede sey mit Euch! uns senden zu seinem und seines Vaters Geschäfte und unser ganzes Leben mit der Würde und Treue seiner Gesandten und Botschafter uns führen hei laßen. Er laße uns auch durch das Blasen seines Athems – so verborgen uns auch der Aus- und Hingang deßelben bleiben wird und seyn möge – den heiligen Geist hinnehmen, und in Kraft deßelben Sünde
    erlaßen
, und die Vergebung derselben dieenjenige zu genüßen laßen geben, denen wir sie erlaßen, und Sünde hingegen behalten, und den Zorn derselben diejenigen t schreffcken laßen, denen wir sie behalten. Dieses schrieb am letzten Tage des Festes, welcher der herrlichste war. Wie schlecht verstehen Sie mich noch, Liebster Freund, wenn Sie sich im Ernst Mühe geben sich gegen mich zu rechtfertigen. Wenn nur zwischen von uns die beyden die Rede wäre, so sind Sie in jedem Stück gerechter als ich; so haben Sie die größte Freyheit und Befugnis mir alle mögliche Vorwürfe zu machen; die ich nicht anders als mit Stillschweigen und Schaam zu beantworten wüste. Ich bin der vornehmste unter den Sündern, sagte der gröste Apostel; nicht ich war, sondern ich
    bin es noch
. Und in dieser Empfindung seiner Schwäche lag eben die Stärke des Trostes, den er in der Erlösung genoß. Was kann uns mehr drücken und unser Gewißen mehr beschweren als ein unzeitiger Eyfer für Gott, ein unreifer Enthusiasmus. Gott! Dein Name wird durch selbigen mehr gelästert als geheiligt, Dein Reich mehr aufgehalten als die Ankunft deßelben befördert pp. Wie
    feyerlich
übergab er im ersten Briefe einen öffentlichen Sünder dem Satan zum Verderben des Fleisches. Wie ungleich ist er sich im andern Briefe, da er seine Gemeine
    ermahnet
, daß sie diesen Bösewicht
    trösten
sollten – War dies Leichtsinn? oder ein Wiederspruch fleischlicher Anschläge, die aus seinem Temperament floßen? Nein; daß ich euch in so einem harten und seltenen Ton geschrieben, das ist nicht geschehen um des willen der beleidiget hat – auch nicht um des willen, der beleidiget worden, sondern darum, daß eure
    Neigung, euer Herz gegen uns offenbar würde vor Gott
. Gott wollte versuchen, was in meinem Herzen die Liebe Christi gegen euch für Bewegungen hervorbringen würde, und was die Liebe Christi in euch gegen uns hervorbringen würde. Denn der Lohn, der einen der Geringsten im Namen seines Meisters aufnimmt, ist bey Gott hoch angerechnet, wenn die Sache auch die geringste Kleinigkeit beträfe. Was für ein Gemisch von Leidenschafften hatte dies in dem Gemüthe Pauli so wohl als der Corinther zu wege gebracht? Erschrecken Sie nicht liebster Freund!
    Verantwortung, Zorn, Furcht
, Verlangen, Eyfer,
    Rache
. Wenn der natürl. Mensch 5 Sinnen hat; so ha ist der Christ ein Instrument von 10 Sayten. Und ohne Leidenschaften einem klingenden Ertz ähnlicher als einem neuen Menschen. Kein beßer Schwerdt als Goliaths; so braucht der Christ die Ironie um den Teufel damit zu züchtigen. Diese Figur ist die erste in seiner Redekunst gewesen; und mit dieser Figur führte Gott die ersten Eltern zum Paradiese heraus; nicht sie sondern ihren Verführer damit zu spotten. Für
    die
ersten mag dieser Einfall vielleicht damals verloren gewesen seyn, oder sehr dunkel geblieben, wenn ihn der Glaube nicht aufgeklärt; der letzte mag ihn zu seiner Unruhe mehr nachgedacht haben. War Goliath nicht so witzig als die schönen Geister oder die großen unserer Zeit: Bin ich ein Hund pp. Der Prügel that ihm nichts, sondern die Schleuder, und sein eigen Gewehr. Zur
    Unzeit reden
. So zerbrach ein Weib ein Glas mit köstl. Waßer zur Unzeit und ärgerte die Jünger mit ihrem Unrath. Die Weiber, die aber frühe aufgestanden waren, glaubten die
    rechte Zeit
getroffen zu haben. Die Engel sagten ihnen aber: Was sucht ihr den Lebenden unter den Todten. Ich führe das bloß an, um von weiten zu zeigen, wie mislich unser Urtheil ist, über das, was uns
    Unzeit
und
    Unrath
vorkommt. Daß
    selbst
Jünger Christi hierinn falsch denken, und daß alles, was im Glauben geschieht, Gott gefällt, daß es im geistl. schwer ist die Geister zu prüfen, da es in natürl. Dingen so öfters den scharfsinnigsten Kennern mislingt pp Daß wir alle diese Künste nicht nöthig haben, wenn wir glauben, daß alle Dinge denen, die Gott lieben, zum Besten dienen müßen, und nicht Zeit nicht
    Zeug
was wieder uns ausrichten kann; daß Sünde Tod und Teufel in den Händen und der Gewalt desjenigen sind, der Leben und Gnade auszutheilen hat. Du, du
    schaffest
es
    alles
, was ich
    vor
oder
    hernach
thue. Kein
    Wort
auf meiner Zunge, das Du Herr! nicht wißest. Du
    zählst
meine
    Flucht
, Du sammlest meine Thränen – Solches Erkenntnis ist mir zu wunderlich und zu hoch – – Ich weiß, daß ich über der Abgötterey des Volkes die Tafeln des ganzen Gesetzes zerbrochen habe – und daß mir Worte entfahren sind – und daß ich mit unreinen Kleidern vor dem Engel stehe, und daß ich mein Gewand besudelt, da ich in meinem Zorn gekeltert und in meinem Grimm zutreten, und daß ich mich so vieler fremden Sünden theilhafftig gemacht – Desto größer aber die Gnade; und je mehr Vergebung, desto mehr Liebe. Sie haben mir einen Gefallen gethan, Liebster Freund, in Entdeckung einiger Gloßen, mit denen Sie bisher so zurückhaltend gewesen. Hätten Sie nicht dies mit lauterer Freundschaft ehe thun können; ist Ihnen an der Wahrheit nicht ehe gelegen, als biß Sie durch Empfindlichkeit zum Geständnis und zum Zeugnis gebracht werden müßen. Je mehr ich Ihren Brief lese, desto mehr bewundere ich ihren Witz, mit dem Sie sich in meinen Schwung zu setzen wißen. Ich weiß, wie natürlich Ihnen dies ist, und daß Sie bald beßer allegorisiren würden wie ich. Gott hat mich zum
    bibelfesten
Mann gemacht – Aus ihrem Munde sollen Sie gerichtet werden. Und Sie werden bibelvest um mich zu versuchen, und richten Sich Selbst, indem Sie mich anklagen. Ich soll Ihnen beweisen, daß ich in
    aller
meiner bisherigen Aufführung
    alles
Recht auf Ihrer meiner Seite gehabt. Und wenn ich
    wüste
, daß ich
    Gottes Sohn wäre
, was darf ich den
    Wiedersacher Beweise
davon führen. Ist es meine Schuld, daß Gott irdische, schwache Gefäße zu seinen Werkzeugen wählt, die durch
    ihre Thorheit
die Weisheit der Schriftgelehrten zu Schanden machen soll. Ich soll
    Göttl
. und
    Menschl
. Dinge unterscheiden. Die gröste Stuffe des Gottesdienstes, den Heuchler Gott bringen, besteht in der Verfolgung wahrer Bekenner; und der Christ thut alles in Gott; Eßen und Trinken, aus einer Stadt in die andere reisen, sich darinn ein Jahr aufhalten, und handeln und wandeln, oder darinn stillesitzen und harren sind göttl. Geschäfte und Werke. Wer Arges thut, haßet das Licht – Wer Wahrheit liebt, kommt an das Licht, daß seine Werke offenbar werden – denn sie sind in Gott gethan. Laßen Sie mir meinen Stoltz in den alten Lumpen. Diese alte Lumpen haben mich aus der Gruben gerettet, und ich prange damit wie Joseph mit seinem bunten Rock. Alexander dachte edler als der Verfälscher der Socratischen Weisheit. Sturm, Affekt, Bitterkeit, Wuth, als es nützlich ist. Ihr Urtheil soll also die Wage seyn. Thun wir zu viel, so thun wirs dem Herrn; sind wir mäßig, so sind wir euch mäßig. Verflucht sey, wer des Herrn Werk nachläßig treibt, Verflucht sey, der sein Schwert aufhält, das nicht Blut vergüße. Haben Sie nicht Galle, Saltz, Affekt, da es ihre Haut galt. Würden Sie über
    Schmerzen
an einigen Stellen klagen, und meiner Hand das zuschreiben, was der Eiter in eu Ihren Beulen thut. Myrrhen sind von Natur bitter, sie schmecken wie Galle, aber ich habe nicht nöthig gehabt die meinigen damit aufzukochen. Sturmwinde, die des Herren Wort ausrichten. Ψ. 148, 9. Der Sturm weiß freylich nicht, was er thut, aus deßen Munde er kommt, hat ihn in seiner Gewalt. Jer. VIII. Herr, du hast mich überredet – Sint ich geredt, ist mir des Herrn Wort zum Spott worden – – Jer. XX. Paule! Du warst nicht
    schuldig
. Welcher Teufel setzt den Leuten im Kopf, daß ich sie mit Sprüchen bezahlen will, mit dem letzten Heller, den mir Gott und mein Vater auf der Welt geben wollen. Warum muste Moses an einem Hofe gehen, wo er alles Gute genoßen hatte, fürstl. auferzogen war, wo er als ein Mißethäter, der einen Egypter tod geschlagen, erscheinen muste. Worinn bestand sein Beruf: Ich will Dich zum Gott über Pharao machen – Aaron soll Dein Mund seyn. Rede ich meine Worte – Nein ich nehme es nicht von dem Meinigen. Suche ich meine Ehre – es ist aber einer, der sie sucht – War es Mahomet, ein Mensch, von dem Moses sagte: Einen Propheten wie
    mich
    aus euren Brüdern
. Er braucht ja Menschen ihn vorzustellen, und wie er Selbst kam, nahm er die Gestalt des sündlichen Fleisches an. Auch
    verklärt
, hatte Er Fleisch und Bein, wie sie es sahen und fühlen konnten. Freylich hab ich gesagt: Ihr seyd Götter – aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zu Grunde gehen. Antworte ihnen – aber antworte ihnen nicht; sagt mir mein Genius. Aus Deiner närrischen Antwort sollen sie sehen, daß ihre Fragen Narrheiten sind. Was sind das für Fragen: Du lehrst den Weg Gottes recht. Christus ist die Thür, und nicht Moral, bürgerl. Gerechtigkeit, freundschaftliche Dienstbeflißenheit, Menschenliebe – Du siehst nicht das Äußerliche des Menschen an. Ist es recht, daß man dem gemeinen Wesen, seiner Familie, seinen Bürgern, seinen Brüdern diene. Soll ich sagen: Ihr Heuchler! Das kann Gott thun durch sein Wort und seinen Geist, ich nicht, ich bin selbst einer. Soll ich Menschl. und Göttl. Handlungen distinguiren; so sagt χstus: Ihr seyds, die ihr euch selbst rechtfertiget für den Menschen aber Gott kennet eure Herzen. Was hoch ist unter den Menschen, das ist ein Gräuel vor Gott. Luc. XVI. 15. Was Göttl. gut, weise ist, dafür eckelt Gott und dem Geiste Gottes als für Menschendreck, Thorheit pp. Ihr irrt, ihr verschreibt euch – wir wollen uns beyde
    Gottes Regierung so wie dem Taumel
der Welt empfehlen. Ihr seyd die kleinen Füchse, die meinen Weinberg verderbt. Durch euch will ich mich eben an meinen Feinden rächen. Keine Niederträchtigkeit, biß auf diejenige, die Simson zu Timnath begieng, soll mich abschrecken mich an den Philistern zu rächen. Mein Vater und Mutter, meine Freunde und Brüder wißen es nicht, daß es vom Herren ist war p. Jud. XIV. 4. Ich habe Gift im Munde – Was hilft euch eure Butter im Munde, wenn das Herz Gift kocht. Ich antworte euren Gedanken, nicht euren Ausdrücken. Ich richte mich nach euren Schalksaugen, nicht nach der Lage, in der ihr die Klinge anlegt. Sara lachte, Abraham lachte; die erste wurde darüber zur Rede gestellt, bey dem letzten war es eine Freude seines Glaubens, oder wurde ihm wenigstens von Gott nicht zur
    Sünde gerechnet?
Warum? weiß ich nicht. Es stehet geschrieben, wuste der Versucher auch; und Ahas war bescheiden, da er sprach: Ich will kein Zeichen fordern – Was sagte der Prophet: Ists euch zu wenig, daß ihr die Leute beleidiget, müst ihr auch meinen Gott beleidigen. Jesaias drung sich vielleicht, da er sprach: hie bin ich, sende mich. Und Gott sprach: Gehe hin und sprich zu diesem Volk – – Worte, von denen der
    Weltmann
nicht versteht, wie sie
    hieher gehören
. Jes. VI. 9. 10. Laßt sie immerhin
    nichts
vernehmen – es kommt der Geist der
    Erinnerer, der Tröster
, der die Welt
    strafen
wird – Er lehrt seine Zeugen
    wie?
und hernach was sie sagen wollen. Er richtet sich nach dem Geschmack der Menschen, die immer mehr auf die
    Art
als die
    Sache
selbst sehen, und durch die erste mehr als die letztern bewegt werden. Die Leute haben niemals die Bibel gelesen – und daß sie sie jetzt nicht lesen werden, soll mich mein Misbrauch derselben daran schuld seyn. Durch das Grabmal, das Sie mir bauen, und durch die Ehre die Sie meinen Knochen, meinem Staube, meiner Asche anthun, rechtfertigen Sie also ihre Verschwörung gegen mein Leben. Mach dich auf, zeuch mit den Männern – sagte Gott zu Bileam. Der Prophet war gehorsam, und doch ergrimmte der Zorn des Herren über ihn, weil sein Weg verkehrt war. Die Eselin wird scheu; hatte sie nicht Ursache auszuweichen, sie sahe was der Mann von Geben nicht sahe, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte. E Sie drückt ihm den Fuß, weil sie nicht anders konnte an
    der Mauren der Weinberge
– Er laß ihr einen neuen Text aus der Moral, mit der man Roß und Mäuler zieht. Jetzt fällt sie auf die Knie, da kein Weichen statt hatte – Beten willst du, rief der Prophet, gehen sollst du. Du
    hörst
mich. Wie beweglich fieng die Eselin an zu reden und ihm die Dienste vorzustellen, die sie ihm als
    Eselin
gethan hatte. Philosophen wundern sich nicht, daß Thiere reden; so dumm ihnen ihre Sprache auch vorkommt, laßen sie sich doch zu einem kurzen Gespräch mit ihnen ein. Und der Engel des Herrn sprach zu ihm: Warum hast du deine Eselin geschlagen dreymal. – – Als Könige noch auf Eseln ritten, und kaltes Blut die erste Tugend der Helden, selbst der cholerischen war, so prangten sie in den Metaphern der Dichter. Jetzt würde das eben so abgeschmackt seyn als mit einem begeisterten Apostel über so eine
    weltliche
und
    bürgerl
. Sache als der
    Kopfputz des Frauenzimmers
ist, Gründe aus der Geisterlehre und Recht der Natur zu klügeln. Bin ich nicht furchtsamer, wie Sie, Liebster Freund! Wankelmüthiger wie Sie? Habe ich mich in das Haus meiner Freunde eingeschlichen oder aufgedrungen? Wie sollte ich mir denn jetzt in unendlich höhere Angelegenheiten aus eigenem Durste mischen. Meynen Sie nicht, daß zu dem Werk außerordentliche Prüfungen nöthig sind, Offenbarungen göttlicher Kräfte und Fäustenschläge des Satans – Unser Leben ist verborgen – Es ist noch nicht erschienen, was wir seyn werden. Davon weiß kein Agrippa, kein
    beynahe ein Christ
. Die Furcht für die Christen ist das Uebel was einen Jünger Christi druckt, wie damals die Furcht für die Juden. Die Namen werden bloß verändert, die Sache ist dieselbige. Der Schauplatz 1000 Jahre ist nur bloß von dem Gemälde eines einzigen Tages dem Raum dem Maasstab und andern zufälligen Bestimmungen nach unterschieden. Wenn wir wie Anacreons mit den Lüsten des Lebens scherzen, so kann uns vielleicht auch ein Stein von seinem Gewächs einmal unvermuthet ersticken. Und wenn ich noch so ordentlich, noch so gründlich und bündig denken könnte und meine Gedanken aufsetzen: so wird mir Gott Gnade geben mich deßen so viel möglich zu entäußern – Soll nun meine Vernunft das Licht seyn, darnach sie sich richten sollen. Das wäre gefährlicher als da sie jetzt ihre eigene zur Richtschnur und Bleygewicht Göttlicher Wege machen. Ein Narr achtet das nicht und ein Thörichter glaubt es, wie tief Gottes Gedanken und wie groß ihre Summe gegen uns ist. Ist das mein Wort – oder predige ich es aus Neid. So mag mich Gott dafür züchtigen; ich weiß aber daß Seine Barmherzigkeit Sein Name ist, und Gnade Seine Gerechtigkeit. Wer Sie ängstiget, ängstiget Ihn heist es; wer sie erbittert, erbittert ihn. Ich weiß, daß ich unnütz bin, aber es ist Sünde auch über den geringsten Racha! auszuschreyen. Gott kann uns Narren schelten aber kein Bruder den andern. Ich predige nicht in Gesellschaften, weder Catheder noch Kanzel würden meiner Länge etwas hinzufügen. Eine Lilie im Thal und den Geruch des Erkenntnißes verborgen auszuduften, wird immer der Stoltz seyn, der im Grund des Herzens und dem innern Menschen am meisten glühen soll. Wenn es auf eine Rechtfertigung ankäme, so könnte ich Gott dafür danken, daß er mir eine Aufmerksamkeit und Gegenwart auf feine Gegenstände gegeben, die in seinem Licht am meisten erkannt werden und die er durch ihre Beziehung auf mich und andere nicht ohne Frucht seyn laßen, wenn sie gleich übersehen werden. Ich weiß daß es meinen Freunden wie dem Alphonsus geht, der ein falsches Schul- und Zeit-System für den Plan der Natur ansahe, und durch diesen Irrthum sich klüger dünkte als der Baumeister. Unglaube ist Unwißenheit; eine Finsternis die durch nichts als das Wort am Anfange Licht! werden kann – daß unser Evangelium verdeckt ist in denen, die verloren werden, bey welchen der Gott dieser Welt der Ungläubigen Sinne verblendet hat. Nicht der Wille des Geb nicht der Wille des Fleisches, nicht der Wille des Mannes – sondern aus dem Thau der Morgenröthe und von Gott müßen wir geboren werden. Kinder sind eine Gabe Gottes; seine eigenen vor allen andern. Joseph mit Maria verlobt seyn, er muß ihr aber nicht zu nahe kommen; sondern der heilige Geist muß sie überschatten. Dieser Geist der Liebe sucht die Einsamkeit gleich irdischen Liebhabern, das dunkle, die Schatten, das Geheimnis. Er spricht durch
    Blicke
, durch
    Winke
, und Seufzer. Die Spiele seines Witzes sind
    gleich
den Namenszügen, die beym ersten Schnitt der Rinden kaum ins Auge fallen, und mit den Jahren der Bäume auswachsen, daß jeder der vorüber läuft, sie lesen kann. Fern vom Weltgetümmel, wo Stille, Ruhe, Friede, Liebe und Einigkeit herrscht Da ist sein Tempel aufgericht Da dient man Ihm nach rechter Pflicht Da giebt er Klugheit und Verstand Da wird der
    Sprachen Grund
erkannt Der Zungen Feuereyfer glimmt. Er zeigt, was
    niemand sonst
vernimmt. Schenkt das
    Vermögen auszusprechen
Was der
    Vernunft
, dem Witz
    der Frechen
Und aller
    List
Zu
    mächtig ist
. Ich habe im Schweiß meines Angesichtes an diesem Brief gearbeitet; Sie werden in eben der Ordnung denselben lesen müßen. An dieser tumultuarischen Antwort des Ihrigen werden Sie sich begnügen, und mir unter allen Gestalten Ihre Freundschaft zu erhalten suchen, die mir immer verehrungswürdig und theuer seyn wird. Moses war der sanftmüthigste Mann und der Apostel der Liebe hieß der Donnersohn. Wulf hat heute Abschied genommen; ich habe ihn nicht besucht auch seine Frau nicht kennen gelernt. Wolson kennt mich nicht mehr und flieht mich als einen Miethling, als einen abentheuerlichen, der den Staub von seinen Schuhen schüttelt und davon geht. Lauson hat mir diesen Einfall aus Ihrem Briefe an Wolson vorgesagt – Ich glaube nicht, daß Sie an mich dabey gedacht haben; unterdeßen ist dieser willkürl. Misbrauch und Deutung auf mich geschehen. Ich habe mit letzterm mehr Umgang. Seine Metromanie ist vorbey oder schläft wenigstens: Der Fürst dieser Welt kommt und hat nichts an mir. Wenn er nicht bald das Gleichgewicht in Europa herstellt; so wird die Noth des Staats all unser Gold und Silber ausfegen. Ich umarme Sie und wünsche Ihnen Gesundheit, Friede und Freude.
Mein lieber Bruder, Weil du glaubst, daß ich Zeit genung zum Schreiben übrig habe: so soll es meine Pflicht seyn, mich Deiner guten Meynung an meiner Muße, so viel ich kann, zu beqvemen. Wir haben uns herzlich über Deine letzte Nachrichten von Deiner Gesundheit gefreut, die uns so willkommen waren als ein Jahrmarktsgeschenk. Gott erhalte Dich, und laße es Dir an keinem Guten fehlen! Er lehre Dich die Welt brauchen, daß Du derselben nicht misbrauchst, weil das, was in unsern Augen als das Wesen derselben aussieht, das Alter einer Mode, Fashion sagt der Engländer, aushält. Unsere Vernunft kann sich gleichwol, wie unser Auge an einem gewißen Zuschnitt der Kleider gewöhnen. Es ist mir lieb, daß ich Dir was nützliches an der historischen Tabelle geschickt. Ich ziehe Vernets Historie noch immer vor und wünschte, wenn Du mit Hänschen selbige vornehmen könntest. Mir gefällt nicht, daß Du S sie mit conjugiren qvälst, sie und Dich selbst. Denn die Arbeit, die ein Lehrer dem Schüler macht, fällt immer auf den ersteren wieder zurück. Warte mit dem Conjugiren biß sie schreiben kann, und dann wird sie mit mehr Gründlichkeit, Leichtigkeit und Lust lernen; indem Du ihr zugleich die Etymologie der temporum sinnlicher machen kannst, und die characteristic der Endungsarten, der Personen pp. Du willst aber nichts von dem anwenden, was man Dir an die Hand giebt, sondern bleibst auf dem Gleise den andere gehen und der Dir schon bekannt ist; und bist so wohl zu furchtsam als zu schläfrich nähere Wege zu gehen versuchen. Ist das Buchstabierbüchlein von Dir eingeführt worden? Deine Schüler werden Dich immer nachahmen, und nichts recht lernen wollen, weil Du sie nicht recht lehren willst. – Du bist so geheim mit Deinen Schulsachen gegen mich, als wenn es Staatsgeschäfte wären, oder als wenn Du Deinen Kindern durch Dein Beyspiel hierinn vorgehen wolltest nicht aus der Schule zu schwatzen. Wenn Du von der Wichtigkeit Deines Amtes recht eingenommen wärest; würde diese Lust und die Idee davon nicht in hundert Kleinigkeiten hervorbrechen, in Fragen, Anmerkungen, Beobachtungen. Eine Leidenschaft zu einem Gegenstande verräth sich bald; sie sucht sich wie Galathe zu zeigen, ehe sie Apfel wirft, sie verräth sich selbst durch ihr Verstecken, und spottet über ihr eigen Winkel und Buschspiel. Du wirst doch wohl Deine Schule mit andern Augen ansehen können, wie ich die Londener Börse, auf der ich mehr die Menschen und Bildsäulen bewunderte als um die Kaufleute bekümmerte, und mich wie Demosthenes beym Geräusch der Wellen übte englisch mit mir Selbst zu reden. Wenn es Dir ängstlich fällt als ein Lehrer Deine Stunden anzuwenden, so gehe als ein Schüler in die Claße und siehe Deine Unmündige als lauter Collaboratores an, die Dich unterrichten wollen, gehe mit einem Vorrath von Fragen unter ihrem Haufen, die sie Dir beantworten sollen: So wirst Du die Ungedult der Wißbegierde beym Anfange Deiner Lection in Dir fühlen, und das Nachdenken eines solchen Schülers mit Dir nach Hause bringen, der eine ganze Gesellschaft von Lehrern auf einmal vergleichen und übersehen kann. Werden Dich Deine Kinder als einen solchen Schüler selbst erkennen; so werden sie sich bald nach deinem Muster bilden, und dieser Betrug wird sie bald geneigt machen sich in einen Wettstreit mit Dir einzulaßen. Die gröste Vortheile sind allemal von Deiner Seite. Du bist der älteste unter ihnen, und einen Kopf höher. Du kannst mehr lernen wie Sie, weil Du so viele Lehrer hast, die Du gegen einander halten kannst. Wer von Kindern nichts lernen will, der handelt
    tumm und ungerecht
gegen sie, wenn er verlangt, daß sie von ihm lernen sollen. Kannst Du sie durch Dein Wißen nicht aufblähen, desto mehr Glück für Sie und Dich, wenn sie durch Deine Liebe erbaut werden. Je mehr Du mir Muße zutraust, mein lieber Bruder, desto genauer werde ich auf Deine Unterlaßungsfehler seyn. Der hundertäugige Argus war ein Mensch ohne Geschäfte, wie sein Name ausweiset. Es ist daher kein Ruhm, daß ein Zuschauer von einigen Dingen beßer urtheilen kann als die sie unter Händen haben; und keine Schande für diese, ihre Handgriffe nach den Beobachtungen eines Müßiggängers zu verbeßern. Nur Leute, die zu arbeiten wißen, kennen das Geschenk der Ruhe, diese Gabe, diese Einsetzung, diese Nachahmung des Schöpfers. Die leersten Köpfe haben die geläufigste Zunge, und die fruchtbarste Feder. Man darf nur eine allgemeine Kenntnis der Gesellschaften und Bibliotheken haben, um zu wißen, wer am meisten zu reden und zu schreiben gewohnt ist. Glückliche Compilatores zu seyn; darinn besteht das Verdienst eines Bayle und Montesquieu, und Homer soll selbst einer gewesen seyn, nach der Meynung der besten Kunstrichter Dixeris egregie, notum si callida verbum Reddideret punctum nouum – – Eine schlaue Verbindung von Wort und Wort, Redensart und Redensart, Begebenheit und Vergleichung, Empfindungen und Urtheile – Erlangt man dadurch die Unsterblichkeit, und muß der Endzweck nicht an Mitteln gemäß seyn, beyde eitel und thöricht. Und doch fällt es uns wie muthwilligen Kindern so schwer still zu sitzen. Verleugnen wir nicht dadurch den Rang, den uns Gott angewiesen und machen uns zu Lastträgern und Gibeoniten seines Staats, die wir Herren, Zuschauer und Aufseher der Schöpfung seyn sollten.
Königsberg. den 22. Jun: 1759. Herzlich geliebter Freund, Ich habe vorigen Dienstag Ihre Einlage nebst dem Gelde, das HE Wagner gehoben, an Ihre liebe Mama richtig ausgezahlt, die recht verlegen deswegen gewesen. Herr Beggerow ist endl. angekommen; durch Jakobi Predigten werde künftig hin behutsamer seyn, unter deßen wird es Ihnen leicht seyn sie dort anzubringen. Schlegel hat Clausnitzers heil. Reden über die Erhöhung Christi mit einer Vorrede herausgegeben von den Vorzügen der christl. Beredsamkeit für der heidnischen, die mir sehr von Trescho empfohlen wurden als Muster der Kanzelberedsamkeit, worinnen aber unser Urtheil sehr unterschieden. Ich ziehe des Cüstrinschen Archi-Diaconi (Gründler) Zeugniße der Wahrheit in 10 Predigten vor. Forstmanns Schriften werden mir sehr schätzbar seyn, den ich jetzt aus seinen erfreul. Nachrichten für die Sünder kennen lerne, und der Name eines Herrenhuters, mit dem man ihn gebrandmarkt, soll mich nicht irre machen die Wahrheiten dieses Mannes und seine rührende Schreibart zu schmecken. Der bekannte Dichter Giseke hat 2 Predigten ausgegeben, die Kramers Beredsamkeit ausstechen, so eckel mir auch die Zueignung an ihn vorgekommen, die mit der eiteln Vertraulichkeit eines franzosischen Abbé geschrieben. Jesus als die eine wiedergefundene köstl. Perle über das Evangel. am 1. Sonntage nach Epiphanias in der Schloßkirche zu Berum von Adam Ludwich Giese, Hofprediger Copenhagen 1754. Diese Perle in ihrer Mutter möchte ein Kenner gegen 9 Schnüre eines nordischen Chrysostomus vertauschen. Tantum. Lesen Sie denn gar keine Dichter mehr? werden Sie mir zulächeln. Ja, liebster Freund. Ich lese sie nicht nur, sondern gehe jetzt auch mehr wie sonst mit Poeten um. Von 7–10 heute mit HE. Trescho und von 10–12 Uhr mit Lauson zugebracht. Der erste geht zu seinen Eltern mit nächsten, damit Sie sich darnach zu richten wißen und wird es Ihnen selbst vor seiner Abreise melden. Des letzten Reise nach dem warmen Bade wird ausgesetzt seyn wie es scheint, und hat ein Pack gesammelter Schriften für Sie bey mir abgegeben. Weil ich keine Gelegenheit zu
    freundschaftl. Gesängen
habe; so räche ich mich durch den Neid gute Gedichte zu verderben, wie beyliegendes Blättchen davon eine Probe in sich hält – – Die Sehnsucht in der Freundschaft hat mir so gefallen, daß ich gern die letzte Hand daran gelegt, bin mit der einen Hälfte fertig geworden, und glaubte, zu der letzten und schwersten durch einen ingenium casus, durch einen sinnreichen Zufall, den man sich öfters nicht träumen läßet, aufgemuntert zu werden – jetzt möchte nichts daraus werden. Haben Sie die geraubte Europa von Moschus und eben dieselbe von Nonnus. Ein Gedicht von 2 Bogen mit einer Vorrede, das man Bodmern zuschreibt. Sie verdienen gelesen zu werden. Man könnte über diese 2 ungl. Stücke ein ganz Colleg. der Poesie lesen und den Unterscheid des wahren, natürl. und verdorbenen künstl. Geschmacks im ganzen und jeden Theil derselben zeigen. Wenn ein Moschus mit so viel Anstand ein mythologisch Mährchen zu erzählen weiß; woran liegt es doch, daß ein Wieland den geprüften Abraham nicht mit eben der Sittsamkeit sondern so viele Ariostische episoden, alcoranische und talmudische Zierrathen – die nichts als das Vorurtheil der Mode, und den einmal angegebenen Ton rechtfertigen kann. Hat man da Erdichtungen nöthig, wo die Geschichte reich genung ist; und soll man Dinge nachahmen, die schon dadurch um ihre ganze Anmuth gekommen, weil sie jedermann nachahmt, von denen sollte man sich
    entfernen
, und seinen Mustern entgegen arbeiten. Endlich, wenn man sich ohne Erdichtung nicht behelfen kann; so sollte man doch den besten Gebrauch davon machen. Wozu wird man Ismael zu so wiedersinnigen und unnatürl. Auftritten von ihm gebraucht. Wozu wird der Charakter eines
    Spötters
ihm mit so viel Unverschämtheit geraubt und in ein Muster Helden kindl. v brüderl. Liebe verdreht. Ich halte mich bey dem geprüften Abraham so weitläuftig auf, weil es der Mühe lohnt einen solchen Verfaßer und ein solch Gedicht zu tadeln und zu beurtheilen. Nichts als eine blinde Gefälligkeit gegen die herrschenden Sitten unserer jetzigen Dichtkunst, oder eine durch die Gewohnheit erlangte Fertigkeit, die unser Urtheil partheyisch macht, und unsere Sinnen bezaubert – und der Trieb zu gähnen, weil wir andere gähnen sehen – können dergl. Gaukeleyen so ansteckend machen, daß die besten Köpfe davon hingerißen werden. Geben die Beywörter, welche den Parasiten gleich sich bey jedem Hauptwort zu Gast bitten, nicht dem Ohr einen weit ärgerne monotonie, als die man dem Geklapper der Reime zugeschrieben? Wird nicht die
    geistige Maschinerie
gröber angebracht als das Spiel der Knechte bey den alten, und des Scapins bey den neueren Römern? Moschus führt uns in das Schlafzimmer der Europa und erzählt uns einen Traum, den sie in der dritten Nachtwache hat, ein Schattenbild ihres Schicksals, über das sie mit klopfendem Busen erwacht, darüber nachdenkt, erstaunet, und den Olympier um eine glückliche Erfüllung deßelben anruft. Hierauf geht sie ihre Gespielinnen aufzusuchen, deren jede mit ihrem Körbchen erscheinen; sie gehen gemeinschaftlich in den Fluren am Ufer des Meers Blumen zu lesen. Der Dichter mahlt hier en miniatur das Körbchen der Europa, das wunderartig und prächtig gewesen, ein herrlich Werk des Vulcans – – Sie kommen an die blumichten Ufer; jede hat ihren Liebling, den sie pflückt; das fürstliche Kind steht in der Mitte bey dem Purpur der Rose. Da erblickte sie Zevs – v wie schlug ihm das Herz, wie fühlte er die Pfeile der Cypris – sie allein kann ihn besiegen. Aus Furcht für die eyfersüchtige Juno und das zarte Gemüth des Mädchens durch List zu erobern Leget er Jouem ab, und ward verwandelt zum Stiere, doch nicht dem Stiere des Landmanns ähnlich, sondern mit gewißen Zeichen, die der Dichter bestimmt, und die von solcher Art sind, daß Mädchen nicht durch selbige scheu, sondern neugierig und lüstern gemacht werden. Er bleibt vor der Europa stehen und leckt ihr den Hals mit sanften schweigenden Schmeicheln; sie streichelt ihn oder nimmt vielmehr das Herz ihn anzufaßen und mit
    freundlichen Händen
ihm den
    Schaum vom Munde
zu wischen und giebt ihm
    kostbare
Küße. Damals brüllt er
    so etwas holdes
, daß man hätte schwören sollen, eine helle mygdonische Flöte zu hören. Er legt sich vor ihre Knie und giebt ihr
    umgewandt
sanfte Blicke und zeigt
    ihr die Breite des Rückens
. Europa schlägt ihren Gespielinnen einen Lustritt vor, und versichert sie, daß er
    wie ein Schiff sie alle
tragen würde In ihm lebt ein Gemüth wie eines denkenden Menschen Und ihm fehlt nur die Stimme. Sie setzt sich lachend auf ihn, unterdeßen die andere ihr nachklettern wollen, springt der Stier auf und eilt zum Ufer. Sie wendt sich um, sie ruft nach ihren Schwestern, streckt die Hände nach ihnen. Umsonst, die Mädchen vermochten nicht dem Flüchtigen nachzukommen. Er geht ins Waßer wie ein schneller Delphin. Ein Trupp Nereiden um ihn herum; an der Stirn des Heeres Neptunus der die Wellen sich legen heist und dem
    Bruder
die Wege durch sein Gebiet weiset – – ein getreuer Führer der seltsamen Fahrt. Europa hält sich mit der rechten an eins seiner Hörner fest und zieht mit der andern besorgt ihr Purpurgewand zusammen. Dieses ist ein schöner Zug, da die Liebe der Kleider und des Putzes ein Mädchen nicht in der grösten Gefahr verläst und ihr nicht die Aufmerksamkeit darauf entzieht; und wie ein schöner Geist sich seines Witzes bey den dunkelsten Untersuchungen erinnert. Da sie
    kein Land
mehr sieht, fängt Europa an mit ihrem Stier zu reden; druckt ihm ihre Verwunderung darüber aus, daß er mit
    gespaltenen Füßen
die See nicht scheut? frägt ihn nach den Hafen, wo die Reise hingehen soll, wo er Futter unterwegens herbekommen wird. Vielleicht fliegst du in die blaue Luft, wenn es dir einfällt. Erschrickt über ihre Gefahr und empfiehlt sich in den Schutz des Neptuns, tröstet sich den Gott bald zu sehen, der die Fahrt mit ihr hält. An diesen Gedanken hält sich ihr Glaube. In Wahrheit, ich fahre Ohne der Götter einen nicht über die waßerne Tiefe. Hierauf antwortet ihr der Stier mit den silbernen Hörnern: Mädchen! sey wohl getrost, und scheue die Wege des Meers nicht Der dich führt ist Zevs und nur ein Stier der Gestalt nach Denn ich kann die Gestalt annehmen, die mir je beliebet. Mich vermocht nur die Liebe,
    die in die Brust mir geseßen
, Daß ich das
    hohe
Meer in der
    fremden Bildung
durchstreifte Bald wird Creta in seinen Schoos dich nehmen, die Insel, Die mich erzogen – – Also sagt er, und
    was er sagte, ward alles erfüllet
Zevs vertauschte den Stier mit einer würdigern Bildung Alsdann lößt er dem Mädchen den Gürtel auf und
    die Stunden Decketen unter dem Gott das Brautbett‥
Wenn s Sie hiermit die Erzählung des Nonnus vergleichen, so hat diese weder Anfang noch Ende. Er läßt einen achaischen Schiffer im vorüberschiffen wunderseltsame Einfälle sagen, die mit den seinigen so überein kommen und ein Stück ausmachen, daß man diesen achaischen Schiffer für den Verfaßer des ganzen Gedichts halten sollte. Den Anfang macht er damit, daß er uns auf das Gebrülle eines Ochsen aufmerken läßt, und zwar daß es ein
    gehörnter Stier
gewesen, daß aber Jupiter seine
    Zunge gebraucht
um den Schmerz der Liebe zu brüllen, und von dieser Zunge macht er uns die Anmerkung, daß es
    nicht die ächte
Zunge, ich weiß nicht, des Jupiters oder des gehörnten Stiers gewesen. Auf dieser sitzt die Schöne, und sieht ihn
    mit
    scheuen Augen an
, warum nicht mit großen Kuhaugen? Sie hält sich mit
    Schenkel und Hand an seinen Rippen fest
. Aus diesen 4 Anfangszeilen urtheilen Sie das Uebrige. Ist eine der Entäußerungen, liebster Freund, zu denen Zevs die Liebe gebracht, derjenigen gleich, die unsere Religion uns offenbart. Kunstgestalt – ein Wurm und kein Mensch. – Ich weiß nicht wo ich im Hervey eine Anmerkung über den Wohlstand der Gleichniße, die man auf Gott brauchen darf, gefunden. Finden wir aber nicht im Hosea: Ich bin dem Ephraim eine Motte und dem Hause Juda eine Made. Verwandelt er sich nicht öfters in einen
    güldenen Regen
um die Liebe eines Volkes und einer Seele zu gewinnen. Ist seine Gerechtigkeit nicht eyfersüchtig über die Eingeweide seiner Erbarmung und seiner Lust an den Menschenkindern. Und was für große Entwürfe hat er nöthig gehabt um die erstere, daß ich so menschlich rede, zu blenden – wie viel Bulerkünste braucht er um uns empfindlich zu machen und treu zu erhalten. Muß er uns nicht
    entführen
, muß er nicht öfters wieder seinen Willen
    Gewalt
brauchen – Sagen Sie mir, wie hat es den Heyden einfallen können die Ehre ihres Olympus in das Gleichnis eines Ochsen, der Graß ist, zu verwandeln? Kann ein Lügengeist in ein Haus, oder in ein Volk eingehen, ohne von ihm geschickt zu werden? Steht der Wiedersacher, der das Land durchzieht, nicht wie ein Engel des Licht oder wenigstens unter ihnen vor seinem Thron. – Trift uns nicht alle das Lächerliche des bürgerl. Edelmanns, der Prosa redete ohne es selbst zu wißen, wie Kaiphas göttl. Rathschlüße. Wie oft bin ich in meinem Leben darüber erstaunt, daß Saul unter den
    Propheten
ist. Wenn man weiß wer
    ihr Vater
ist, so hat man die Auflösung dieses Räthsels. Jedes Phoenomenon des natürl. und bürgerl. Lebens, jede Erscheinung der sichtbaren Welt ist nichts als eine
    Wand
, hinter der e Er steht, ein
    Fenster
, wodurch e Er sieht, ein
    Gitter
, wodurch e Er guckt; e Er belauret so gut unsere Scherze wie der König der Philister – Niemand als der Christ
    meynt
und
    erhält
das tägliche Brodt seines Vaterunsers, das
    wahre
, das
    überwesentliche
, an deßen Buchstaben und Schatten der irrdische Mensch sich satt ist. Er behilft sich mit der Uebersetzung Luthers ohne seine Auslegung oder die Qvellsprache zu Hülfe zu nehmen. Darf man sich eines so seltsamen Bulers schämen, und die Gefahr einer so lächerl. Fahrt fürchten, wenn ein breiter Rücken uns fest sitzen läßt, wenn er uns sein Horn – ist des Altars heiliger? anbiethet – wenn der Gott des Meers dem Bruder und Freunde die Wege seines Gebietes weiset; ist Europa so sicher als Petrus. Eine Gesellschaft von Geistern auf Seeroßen sitzend fuhr um sie herum; und die
    krumme
Hörner der Tritons bliesen Hochzeitlieder – krumm wie die Tropen der Staatsredner, die nichts geradezu sagen, und den Wind ihres geschwollenen Gesichts durch die Schnörkelgänge ihrer Beredsamkeit mit starker Anmuth – – Fragen Sie mich
    also
nicht mehr, ob ich keine Dichter lese. – Das verlangte habe im Buchladen bestellt. HE. B. ist vorige Woche angekommen. Ich habe ihn weder den ersten noch zweyten Jahrmarktstag zu Hause finden können. Mein Vater hat ihn begegnet, dem er versprochen uns zu besuchen; das will ich also abwarten. Ich fand hier von ungefehr eine Uebersetzung eines platonischen Gesprächs zwischen Sokrates und Alcibiades über die Menschliche Natur; das ich ihm zu lesen gebracht, weil die jetzigen Conjuncturen darinn sehr genau mitgenommen sind. Socrates wird ihm als einen abscheulichen Sophisten vorkommen, der die Wahrheit zum Quodlibet macht, und sie alle augenblick zu einer Autocheirie verführt, so wie Alcibiades die Rolle eines Ideoten spielt. – – wenn ein honichter Schlummer Auf die Augbraunen sitzt – – Denn wäre ist es freylich beßer Platonische Träume zu schreiben, als Rechnungen zu machen. Man dankt aber heutzutage eher für eine Nimmse Schnupftoback als für eine gute Zeile aus einem Dichter; und Leute, die
    wißen
, warum sie
    niesen
, danken auch für den Seegen. Ich umarme Sie und Ihre liebe Frau. Leben Sie wohl und denken Sie an Ihren Freund.
Königsberg, den 3. Julii. 1759. Herzlich geliebter Freund, Ich habe heute frühe Einlage durch HE. Wagner erhalten; und danke Ihnen für die Zeit die Sie sich nehmen mich Ihres gütigen Andenkens zu versichern. Jedes Denkmal und Wahrzeichen davon ist mir unendlich schätzbar. Ich habe heute eine Kur angefangen, die sich auf eine Flasche Seidlitzer Waßer erstrecken wird und also diese Woche geschloßen werden dürfte. Gestern die Zubereitung dazu gemacht – ich werde eilen um nicht die Erdbeerenzeit zu versäumen. Wie angenehm der gestrige Abend für mich gewesen, können Sie selbst leicht erachten da ich ihn in der Gesellschaft unseres Freundes, des Herrn Berens zugebracht, der mich unvermuthet beschlich. Er hat nicht gewust, daß ich ihn drey Tage nach einander aufgesucht; und ich nicht, daß er mich zu sehen wünschte. Heute komme eben von ihm, aber ohne ihn zu Hause angetroffen zu haben. Ihre liebe Mama hat mir versprochen schon vor 8 Tagen einen Einschluß zu schicken; warum es nicht geschehen, weiß nicht. Ich habe sie seit der Zeit einmal besucht; aber sie müßen alle ausgewesen seyn. Ich weiß, liebster Freund, daß
    eine Unwißenheit von beyden Theilen
über gewiße Dinge uns zu einem Misverständniße vieler Kleinigkeiten und zu einem frevelhaften Urtheil über amphibische Dinge verleitent kann hat. Eine appellation an Caesar, den großen Eroberer – menschlicher Vorurtheile und Anschläge –
    die Zeit
– ist meine erste und letzte Zuflucht. Sie lieben mich noch, mein Freund auch noch – Zufriedenheit genung für mich; wofür ich Gott danke. Schwung, Witz und alle das Zeug sind
    entzückende
Dinge, und sehr willkommene Vorzüge, wenn wir die erste, die beste Leiche oder Hochzeit Schönheit zu besingen haben; wenn Witz, Schwung und alle das Zeug aber zu
    höheren
Gegenständen gebraucht wird, und zu
    wahreren
als Theaterfabeln: so ist es eine
    vernünftige Raserey
und eine
    extatische Selbstliebe
ein
    eccentrischer Stoltz
. Wie ich mit Wörtern spiele, so giebt es Leute, die mit Begriffen spielen. St. Real wird zum Lügner werden an Voltaire; seine Weißagung wird zu Schanden werden. Ein solcher Taubenkrämer, der mit guten Gedanken und Empfindungen Wucher treibt, wird zur Welt hinaus gegeißelt werden von
    Dem
, deßen Tempel er zur Mördergrube gemacht hat. Der Geist der Liebe – ist ein Geist der Wahrheit, die im verborgenen liegt. Wenn derselbige kommt, steht in meiner Bibel, der wird die Welt
    strafen
– – Ich habe euch noch viel zu sagen, ihr könnets aber jetzt nicht tragen; sind Worte, wie Sie wißen, des
    Menschensohns;
der
    Sünder
aufnimmt und mit
    ihnen ißet
. Herr Lauson hat mich heute besucht, ich habe ihm vorgelesen, daß
    ihm die Stille vortheilhafter seyn wird als der vorige Tumult
. Er ist der einzige von meinen alten Freunden, der michr hier übrig geblieben, und nimmt alles von mir für lieb. Mit seiner Reise nach dem Bade sieht es weitläuftig und ungewiß aus. Der Ausdruck in Wolsons Briefe ist eine bloße Neckerey von mir gewesen. Sie haben nichts davon verstanden und es ist
    der Mühe nicht werth Ihnen
darüber eine weitläuftige Erklärung zu geben. Herr Trescho ist vorige Woche abgereiset nach Hause, der Gesundheit wegen. Ich habe nicht Abschied von ihm nehmen können weil ich mit meinem Alten nach Kathrinhöfchen aus war. Er hat im Intelligenzblatt mit allgemeinen Gedanken eines Christl. Weltweisen über die Zufriedenheit Abschied genommen. In seiner Schreibart sind mehr Farben als Zeichnung. Wir haben öfters uns einander die Frage aufgeworfen von der
    Unverträglichkeit der schwesterlichen
Künste, Poesie und Rethorick. Cicero war ein schlechter Dichter v. das an Poeten fruchtbare Engell. zählt wenige Redner. Ich freue mich, daß Sie mit überschickten zufrieden sind. Wagner hat einige nach sn. Geschmack beygelegt; die Nürnberg. Br. sind mir ganz unbekannt pp.
    Cissides
habe nicht mitgeschickt, weil ich wuste daß er dort erscheinen würde. Von Swift haben Sie vergeßen, daß ich den ersten Theil als ein Geschenk versprochen bekommen und Ihnen versprochen die Last der Fortsetzung Ihnen dabey zu übertragen, wenn Sie den ersten Theil als eine Kleinigkeit annehmen wollen. Chladenius wird Ihnen in seinen neuesten Schriften einen ganz beßern Begrif von seiner Denkungsart geben und ich behalte mir vor Ihnen die wöchentl. Untersuchungen, falls sie hier ankommen, beyzulegen und will für mein Urtheil schon ein blau Auge wagen. Es ist ein Magazin für einen Cavalier ausgekommen, dafür ich Sie warne. Eine elende unverdaute Rhapsodie von Lehren und Exempeln, von alten v. neuen Geschmiere. Richelieu Instructions pour un jeune Seigneur habe schon wie ein Kind gelesen v besitze sie in einer Ausgabe vom vorigen Jahrhundert. Niemeyer ist nicht mehr, wie mir HE. Wagner gesagt. Madame Beaumont hat ein historisch und geographisch Kinderbuch ausgegeben, das ich wünsche kennen zu lernen. Ich bin mit Humes zweyten Theil fertig, die ich ohne Sulzer gelesen. Seine Versuche habe mehrentheils zum Frühstück gelesen, oder wie man bey Remus Schach spielt. Wie die Natur den Boden giftiger Kräuter mit Gegengiften in der Nähe beschenkt; und der Nil den Crocodil mit seinem Meuchelmörder zu paaren weiß; so fällt Hume in das Schwerdt seiner eigenen Wahrheiten. Zwey davon sind allein genung das ganze Gewebe seiner Schlüße in seiner wahren Schwäche zu verrathen. I. „Die letzte Frucht aller Weltweisheit ist die Bemerkung der Menschlichen
    Unwißenheit
und
    Schwachheit
.“ Derjenige Theil, der sich auf unsere Verstandeskräfte und Erkenntnis beziehet, zeigt uns, wie unwißend, der sittl. wie böse und seicht unsere Tugend ist. Dieser Eckstein ist zugleich ein Mühlenstein, der alle seine Sophistereyen zertrümmert. Unsere Vernunfft ist also eben das, was Paulus das Gesetz nennt – und das Gebot der Vernunft ist heilig, gerecht und gut. Aber ist es sie uns gegeben – uns weise zu machen? eben so wenig als das Gesetz der Juden sie gerecht zu machen, sondern uns zu überführen von dem Gegentheil, wie unvernünftig unsere Vernunft ist, und daß unsere Irrthümer durch sie zunehmen sollen, wie die Sünde durch dieas Gesetz zunahm. Man setze allenthalben wo Paulus vom Gesetz redt – das Gesetz unsres Jahrhunderts und die Losung unserer Klugen, und Schriftgelehrten – die
    Vernunft:
so wird Paulus mit unsern Zeitverwandten reden; und seine Briefe werden nicht mehr einer Trompete ähnlich seyn, nach deßen Schall sich keiner zum Streit rüstet, weil sie unverständlich das Feldzeichen giebt. II. im Versuch von den Wunderwerken. „Die christliche Religion ist nicht nur mit Wunderwerken am Anfange begleitet gewesen; sondern sie kann auch
    selbst heut zu
Tage von keiner
    vernünftigen Person
ohne ein Wunderwerk geglaubt werden. Die bloße Vernunft ist nicht zureichend uns von der Wahrheit derselben zu überzeugen; und wer immer durch den Glauben bewogen wird derselben Beyfall zu geben, der ist sich in seiner eigenen Person eines
    beständig fortgesetzten, ununterbrochnen Wunderwerkes bewust
, welches alle
    Grundsätze seines Verstandes umkehrt
, und demselben eine Bestimmung giebt das zu glauben, was der Gewohnheit und Erfahrung zuwieder und entgegen gesetzt ist.“ – Hume mag das mit einer hönischen oder tiefsinnigen Mine gesagt haben: so ist dies allemal Orthodoxie und ein Zeugnis der Wahrheit in dem Munde eines Feindes und Verfolgers derselben – Alle seine Zweifel sind Beweise seines Satzes – – – – – – Hat das Gesetz nicht mit der Vernunft einen gleichen Ursprung. Jenes waren ritus, Satzungen, entlehnte Gebräuche, wie Spencer will, von andern Völkern; sind unsere Vernunftlehren und Erkenntnis was anders als Traditionen der Sinne, der Väter ppp – – – – Da ich den dritten Theil von Hume nicht Gelegenheit gehabt zu bekommen: so ist jetzt Baco mein Philosoph, den ich gleichfalls sehr schmecke. Da ich die Encyclopedie und einige der franzosischen Neulinge Schriften kenne; so ist mir angenehm die Qvelle selbst zu versuchen, aus der jene geschöpfet, und die Anwendung zu sehen, die sie von seinen Einfällen gemacht. Vielleicht hievon künftig mehr. Die Frau Belgerinn ist bey uns mit ihrer kleinen Tochter. Dieser Besuch ist schon eben recht zu meiner Brunnenkur. Haben Sie Gedult, liebster Freund, mit meinem Bruder. Herr Berens hat mir viel gutes von ihm vorgesagt. Sie müßen nur nicht müde werden ihn aufzumuntern. Gott wolle Sie und ihn stärken! Mein alter Vater grüßet Sie und Ihre Liebste aufs herzlichste. Ich umarme Sie beyderseits. Melden Sie mir doch etwas aus Kurland. Ihre Herren Brüder vergeßen mich ganz. Den HE. Doctor entschuldige; den jüngsten, meinen Nachfolger, weiß nicht womit? und wollte doch gern. Baßa hat mich auch vergeßen. Ich werde mich bald über die guten Leute hermachen und mit einem Cartel herausrücken – Leben Sie wohl, grüßen Sie meinen Bruder, und lieben Sie Ihren alten ergebenen Diener und Freund. Hamann. Haben Sie meinen letzten Brief erhalten, worinn ich Ihnen einen Auszug von Moschus Gedicht mitgetheilt. Durch die Unordnung, die jetzt in unserm Buchladen herrscht, habe ich selbiges als eine einzelne Piece Ihnen angegeben, da es nur ein Anhang von Coluthus Gedicht ist, und zu selbigen gehört. Falls Sie daßelbe nicht haben, möchte es Ihnen wohl beylegen. Leben Sie wohl. Alle Musicalia, liebster Freund, wenns nicht mit der beqvemsten, doch mit der geschwindesten Gelegenheit. Was das übrige anbetrift; so brauche ich nichts. Es liegt dort so gut als hier. Alles was man damit anfängt, wird mir unterdeßen angenehm und willkommen hier seyn. Grüßen Sie HE. Carl, sein sämtlich Haus und das Arendsche auf das ergebenste von mir, so bald Sie Gelegenheit haben dahinzugehen. Das erste Wiedersehen des HErrn Berens ist ein Glück für mich gewesen, das ich mit aller mögl. Empfindlichkeit genoßen. Ich kann die Elegie des Dichters in ein Paean übersetzen oder in einen andern Schlüßel transponiren und den Refrain umkehren Den Freund, den hab ich funden. Nicht Zeit, nicht Entfernung, nicht Fehler, nicht Umstände haben bisher unsern Neigungen geschadet und alles künftige wird uns gleichfalls zum Besten dienen müßen. à Dieu. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre és Arts et Recteur du / College Cathedral de la Ville Im- / periale de et / à
    Riga
. /
    par faveur
.
Königsberg den 16/5 Julius 1759. Herzlich geliebtester Bruder, Ich bin
    vorgestern
unter Göttl. Hülfe mit einer Arbeit zu Ende gekommen, die ich hier aus Muße angefangen, und mit vielem Eyfer fortgesetzt; nämlich das Neue Testament im Griechischen durchzugehen, wozu ich mich durch eine flüchtige Wiederholung der Grammatick zubereitet. Zu diesem Gebrauch fand ein durchschoßen Leusdeniarisch Testament und habe Daries Wörterbuch, das Prof. Kypke herausgegeben, mit Nutzen gebraucht. Wenn ich ersteres nicht mehr brauchen werde, will es Dir überschicken; es ist jetzt wenigstens zum analytischen Verstande beschrieben genung. Man hat im Buchladen ein Exemplar des Wörterbuchs dem HE. Rector zugedacht, um wo er es zum Schulbuch geschickt findet, es dort einzuführen. Es ist Schade, daß es nicht mit mehr Ordnung und Aufsicht geschrieben; so würde es um die Hälfte kleiner, und noch einmal so viel nutzbarer seyn. Mit dem Ende dieser Arbeit bin so zufrieden gewesen, daß ich gestern mir einen ganzen Feyertag gemacht, und Nachmittag eine kleine Kindergesellschafft in unserm Garten zusammengebeten und bewirthet. Die beyden Töchter des HE. Diac. Buchholtz und den kleinen Fritz der Frau Hartungin. Herr Woltersdorf ist gestern frühe nach Hause gekommen. Du wirst nicht übel nehmen, mein lieber Bruder, daß ich Dir neulich eine so kurze Einlage und übel geschrieben durch den HE. Rector habe einhändigen laßen. Nimm meine brüderl. Erinnerungen mit Sanftmuth auf; Du hast mir den Anfang Deines Gesprächs deswegen mitgeschickt, daß ich darüber urtheilen soll. An den Sprachfehlern ist mir nichts gelegen, sondern ich habe mein Augenmerk auf die Gemüthsverfaßung gerichtet, die aus dem Schwung oder der
    Bildung
und der
    Tracht
Deiner
    Gedanken
sich verräth. Wenn Du auf die Empfindungen und Bewegungen Deines Gemüths Achtung gegeben, womit Du meinen Brief gelesen; so wirst Du vielleicht erkennen, daß ich mich in meinen Vermuthungen nicht geirrt. Nimm an den Urtheilen anderer über mich keinen Antheil; als ein Bruder entschuldige mich wenigstens in Deinem Herzen, und kehre alles zum Besten. Laß Dich kein Ansehen und keine Vernunft und kein
    Name der Freundschaft
verführen noch mit hinreißen. Warte nicht auf mehrere Erfahrungen, und denke durch
    künftige
klug zu werden, wenn Dich da vergangene und gegenwärtige nicht klüger gemacht haben; so werden alle künftige gleich verloren seyn. Dem
    unwißenden
oder
    Ungläubigen
kommt alles
    übertrieben
vor, was aus der größten Einfalt flüßet und mit derselben bestehen kann; der Weise, der Gott
    fürchtet
und
    Gott
zu gefallen sucht, erreicht auch das: nil admirari, das der Welt- und Schulmann affectirt. Haben sich die ersten Christen so wohl als die Säuglinge der Reformation das Ende der Dinge als nahe vorgestellt; wie viel mehr Recht als jene haben wir daran zu denken, und uns nicht an das Gelächter unserer ruhigen Freunde, die auch Jünger sind zu kehren. Ist es nicht ein alter Einfall, den Du oft von mir gehörst: Incredibile sed verum. Lügen und Romanen müßen wahrscheinlich seyn, Hypothesen und Fabeln aber nicht die Wahrheiten und Grundlehren unseres Glaubens. Was für ein schaaler Glaube, der aus der Begreiflichkeit und Sinnlichkeit der Predigt entsteht. Mir geschehe wie Du gesagt hast – – wie wiedernatürlich den Begriffen eines Mädchens, das von den Winderzeugungen eines Hills nichts wuste – wie nachtheilig ihrer Tugend und ihrem guten Namen, und doch glaubte sie nicht nur, sondern wünschte auch die Erfüllung des
    Unsinns
und
    Spottes
, den
    Engel reden
, die vor Gott stehen. Ihre philosophische Neugierde: wie mag das zugehen, war biß zum Stillschweigen durch den
    alltäglichen Grundsatz
aufgelöset: Bey Gott ist kein Ding unmöglich. Was ist an meiner Ehre gelegen; die Ehre der Menschen ist ein Spiel ihrer Einfälle und Bosheit. Der Schimpf, den meine Brüder nach dem Fleisch, meine Glaubensgenoßen, die Juden, und die Evangelisten ihrer Synagoge, die eine Schule des Satans ist, nachreden wird durch die abgöttische Ehre einer Stadt, die ich nur aus dem Scepter kenne, den sie mein Land fühlen läßt, Roms, deßen Unterthanen ich und mein Volk sind, zu einem Gleichgewicht der Ehre Eitelkeit und des Nichts gebracht. Die
    Saage
der Hirten zu Bethlehem, und die
    Reisebeschreibung
der Weisen zu Morgenland: hier liegt das Zeugnis von der
    Herrlichkeit
meiner
    Niederkunft
. – – In solchen Erscheinungen des Glaubens, thun sich die Gräber der Heiligen und der Propheten für Christen auf, und in solchen Prosopopaeen reden die Züge ihrer Gemälde in der Heil. Schrift zu uns. So werden die Brocken derselben in Körbe verwandelt, und die Monosyllaben der Sprache des heiligen Geistes so Sach- und Sinn-reich, daß wir mit Johannes die Unmöglichkeit fühlen das zu erzählen was wir gewiß wißen, weil die Welt die Bücher nicht begreifen würde, die zu beschreiben wären. Warum sollten wir nicht an das Ende der Dinge mit eben so viel Trost denken können, als an unser eigenes? Ist die Zeit der Entbindung nicht aus den zunehmenden Wesen der Schöpfung zu vermuthen; und fühlt sie der Christ nicht stärker als irgend ein Volk oder Geschlecht? Loth
    gieng aus
, und redete mit seinen nächsten Blutsfreunden: Rettet eure Seelen – aber es war
    ihnen lächerlich
. Und was die Weiber den
    eilf
verkündigten, dauchte ihnen als
    Mährlein
und glaubeten ihnen nicht. Luc. 24, 11. Laß Dich, mein lieber Bruder, aufmuntern aus eben der Qvelle zu schöpfen, aus welcher ich Trost, Ruhe und Zufriedenheit trinke. So eigen Dir und andern meine Verfaßung vorkommen mag; so giebt mir Gott Kräfte in Verhältnis der Versuchungen, denen ich ausgesetzt bin, und ich will mir an seiner Gnade genügen laßen, die nicht aufhören wird seine Kraft in meiner Schwachheit zu offenbaren. Du wirst also meine Briefe ansehen, wie Horatz in einer Stelle die Tafeln des Lucilius beschreibt – Ich habe nach selbiger gesucht, aber nicht finden können; ich wünschte wenn Du einigen Gebrauch von den Empfindungen, die meine Feder so dromedarisch machen, auf Deine gegenwärtige Umstände anwenden ziehen könntest. Quum flueret lutulentus, erat quod tollere velles. Schäme Dich weniger Deiner Fehler; so wirst Du Dein Gutes mehr mittheilen können. Es ist mein eigen Ich, das ich Dir verrathe. Dein Umgang ist daher so zurückhaltend und kalt; und Deine Briefe haben ein gleiches von diesem Zwang, den der Witz nicht übertünchen kann. Daher schreibst Du nicht gern, weist nicht was Du schreiben sollst, und willst wenigstens gleich thun, wenn Du nicht übertreffen kannst. Denke an Deine Kindheit, und an Deine Buchstaben – und laß Dich gerne von andern, wenn es auch Deine eigenen Schulbrüder wären, ausschelten und auslachen, gieb aber Dein Krummschreiben nicht gar aus Verzweifelung auf: so wirst Du zeitig genung mit Gottes Hülfe
    deutlich
und
    schön
schreiben lernen. Wenn wir an das Ende dächten, sagte Buchholtz bey dem besondern Todesfall eines des Jagemanns hier, wie klug würden wir Menschen in allen unsern Angelegenheiten handeln. Semper ad euentum festinat, et in medias res Non secus adc notas, auditorem rapit: et quae Desperat tractata nitescere posse, relinquit. So schreibt der Dichter, der für die Ewigkeit schreibt; so lebt der Mensch, der für die Ewigkeit lebt. Er weiß Schönheiten, Vortheile aufzuopfern – durch seine Nachläßigkeiten, Fehler, Schwachheiten gewinnt er – wie Homer durch den Schlummer seiner Muse. Der Zorn des Achills, der sich auf seinem
    Ruhebette
wältzt, dem
    Heerführer
seinen Gehorsam entzieht und die Liebe zu seinem Volk und der Ehre deßelben verleugnet – Dies ist sein Mittelpunct, in den er seinen Leser versetzt, als wenn er die Geschichte der Belagerung von Troja, der Sclavin pp schon alle erzählt hätte, und der Zuhörer schon den mannigfaltigen Innhalt künftiger Gesänge überstanden hätte. Solch ein lehrreich Geschwätz, solch einem Göttlichen Mährchen wird unser Leben ähnlich, wenn eine höhere Muse den Faden deßelben von der Spindel der ersten Schicksalsgöttin biß zur Scheere der letzten regiert – – und in das Gewebe ihrer Entwürfe einträgt – – Meinen herzl. Gruß an Deinen lieben Wirth und Wirthin. Es ist mir gestern ein Gedicht zugeschickt worden aus dem Buchladen, das ein fremder Herr aus Riga mitgebracht. Ich habe es gelesen, und danke den Herrn Rector für jedes Merkmal seines geneigten und freundschaftlichen Andenkens. Auf Erhaltung des Gedichts lief gestern frühe gleich nach des Sergeanten Qvartier; sie wusten aber noch nichts von ihm. Er muß also von seiner Begleitung der Fr. General von Stoffel noch nicht zu Hause gekommen seyn. Montags ist der erste Jahrmarkts Tag; vielleicht werde ich denselben zu Staats Besuchen brauchen. Der älteste Herr Hennings geht durch Riga nach Peterb. wie ich gehört schon abgereiset. Du wirst ihn nicht unterlaßen in Begleitung des Herrn Rectors ein Compliment zu machen, wie ich hoffe und Dich darum ersuche, alles das in Acht zu nehmen, was ich nicht gewohnt bin noch mich gewöhnen können zu thun. Unser alter Vater hat selbst an Dich geschrieben. Gott Lob! für alle das Gute was er ihm erweiset und noch ferner erweisen wolle! Herr Wagner bittet um geschwinde Antwort. Ich umarme Dich und empfehle Dich Göttlicher Obhut und der Regierung und Gemeinschaft Seines Guten Geistes, der ich ersterbe Dein treuer Bruder. HE. Dommisch, ein alter Schulbeamter sucht Condition in Riga oder Liefland; er scheint ein gesetzter Mensch geworden zu seyn. Jgfr. Degnerinn läßt Dich grüßen; HE. Trescho nicht mehr.
Königsberg Trutenau. den 12. Jul: 1759. Herzlich Geliebter Bruder, Ich bin heute frühe in Gesellschaft Zöpfels und Nuppenau hieher gegangen um des Sommers zu genüßen. Frau Belgerin wird heute auch vermuthlich segelfertig geworden seyn. Mein Vater hat mir Hofnung gemacht hier abzuholen. Gott Lob! leidlich gesund aber von häusl. Verdruß so umringt, daß er kaum Luft schöpfen kann. Was machst Du denn? heute wird hoffentlich ein Brief von Dir ankommen, auf den Du uns schon lange hast warten laßen. Bete und arbeite! Die Menge Deiner Geschäfte und Stunden siehe Dir durch Ordnung und Mäßigkeit zu erleichtern. Ordnung ist die innere Oekonomie, Mäßigkeit die äußere. Die erste ist der Kunst gleich dasjenige zu zerlegen, was in der
    Schüßel
ist, die letzte ist der Art gleich das zu zerschneiden, was auf dem
    Teller
für uns liegt; jene muß
    regelmäßig
, diese
    sittlich
seyn. Ehe ich vergeße, mein lieber Bruder, besorge doch den Schlafpeltz für Herrn Putz; ich habe Dich schon daran erinnert. Geht es mit den Lauten Sachen an; so wäre es gut. Ich will die Hälfte der Kosten gern tragen. Die Fracht könntest Du auf das genaueste accordiren mit dem Fuhrmann und hier bezahlen laßen. Suche aber was gutes aus, und siehe auf die Breite, weil Du weist daß er nicht lang seyn darf. Wenn meine Lautenstücke noch nicht abgegangen, möchte wohl Johnsons Dictionaire beygelegt haben. Sind sie schon fort, so denke nicht einmal daran; falls nicht, so wird es das einzige Buch seyn, das ich hier brauchen könnte um das engl. nicht ganz zu vergeßen. Ich bin am Anfange dieser Woche in Gesellschaft des Herrn B. und Mag. Kant in der Windmühle gewesen, wo wir zusammen ein bäurisch Abendbrodt im dortigen Kruge gehalten; seitdem uns nicht wieder gesehen. Unter uns – unser Umgang hat noch nicht die vorige Vertraulichkeit, und wir legen uns beyde dadurch den grösten Zwang an, daß wir allen Schein deßelben vermeiden wollen. Die Entwickelung dieses Spieles sey Gott empfolen, deßen Regierung ich mich überlaße und von ihm Weisheit und Gedult dazu bitte und hoffe. Ich habe schon vorige Woche der Frau Consistor. Rath L. versprochen zu schreiben, ich weiß nicht, wie es mir unter unsern häusl. Verwirrungen, die durch Besuch p veranlaßt worden entfallen; daher sehe mich genöthigt jetzt zu schreiben um Einlage zu befördern. Ich bin hier nicht gesammelt noch muthig dazu. Müdigkeit vom heutigen Gange, die warme Witterung, das faselnde Vergnügen zerstreut mich zu sehr. Wie lang ich hier bleiben möchte, weiß noch selbst nicht. Gott wolle mir auch diese Landluft in Seiner Furcht genüßen laßen. Hat Herr Magister schon die lyrische, elegische und epische Gedichte, die zu Halle diese Meße ausgekommen? Ich hätte sie gern hier gelesen, aber der Buchbinder ist nicht fertig geworden sie zu hefften. Melde mir doch, ob ihr sie dorten durch Kayser erhalten habt. Schreibe uns doch bald, laß Baßa und Lindner dort bey Gelegenheit an mich erinnern. Grüße Deinen liebreichen Wirth und Wirthin – Ich empfehle Dich Göttlicher Obhut und ersterbe Dein treuer Bruder. Joh. George Hamann Von Johann Christoph Hamann (Vater): Königsb. den 13 Julii 1759 Hertzvielgeliebter Sohn! Deinen Brief habe gestern mit viel Freude und Vergnügen erhalten ob er gleich nicht an mich sondern an Deinen Bruder war, die attresse aber an mich. Ich freue mich Deines Wohlbefindens, Gott erhalte Dich dabey und gebe Dir was Dein Hertze wünscht Dein Bruder ist gestern frühe nach Trutnau gereiset, und zwar zu Fuß u. hat HE. Zöpel u HE. Liborius mit genommen, die aber gestern Abend wieder gekommen. Er will den Sommer gernen genissen und gerne Erdberen essen. Gott bringe Ihn bald gesund zu rücke. Gestern ist auch die Fr. Adv. Belgern von uns mit Lohrgen abgereiset. Gott begleite Sie. Heute 14 Tage fanden wir Sie als wir aus Catharinenhefen kamen, alda ich den HE. Kade zur Ader ließ. Die Fr. Hartungen hat am Dienstag Hochzeit gehabt und zwar am Ruschischen Feste, mit HE. Woltersdorff. Ich habe heute noch einen Brieff aus Riga erhalten an Deinen Bruder, ich weiß aber nicht von wem, ich werde Sie nebst Deiner inlage behalten biß er wieder kompt. Gott sey Dir doch genedig und gebe Dir Seinen Seegen in Zeit u ewigkeit. Den 14 Julii. Gleich ietzo bekomme einen Packetgen von dem Herrn Mag. Lindner von 3 Studirenden die von Riga kommen sindt welches auch an den Bruder soll, und nun habe 3 Brieffe die auf Ihn warden, Gott Seegne Dich und Sey Dir Gnädig in Zeit und ewigkeit und laß es Dir wohl gehen. Gedenke auch an mich und Schreibe mir wen Du Zeit hast. ich ersterbe Dein treuer Vater Joh Christoph Hamann. Grüße alle gute Freunde absonderlich den HE Mag. Lindner u. seine Gemahlin adieu.
Trutenau den 16 Julius 1759. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe gestern Ihre liebreiche Zuschrift erhalten, und die Nachricht, daß ein Packet von Ihnen gleichfalls zu Hause auf mich wartet, das durch 2 junge Leute abgegeben worden, die vermuthlich aus Ihrer Schule kommen. Ich denke morgen oder übermorgen von meinem Vater hier abgeholt zu werden. An statt Scenen in der Natur zu meiner Aussicht zu haben oder zu machen, liegen Hogartsche Zeichnungen zu Sirachs Haus und Sittenbuch um mich herum, die meine Aufmerksamkeit von den ersteren abziehen. Ich würde vielleicht in der gaukelnden Lüsternheit des Müßigganges hier ausschweifen ohne diesen moralischen Kappzaum von Betrachtungen – über Familienhändel und den Umgang meines Wirths mit unsern großen Mühlenbaumeister Dietrich. Der letztere hat jetzt Wälder hinter Kaunen in Pohlen auf 6 Jahre gekauft und ein Gut gepacht – Der erste Versuch hier in dieser Art. Weil unsere Erfahrung (die im gewißen Verstande die wahre Philosophia atomistica ist) durch dergleichen kleine Beobachtungen wächst; so will ich immerhin die Augenweide des Landlebens etwas weniger hier genüßen. Ich weiß, Herzlich Geliebtester Freund, daß ich Ihnen noch eine Antwort in Ansehung meines Bruders schuldig bin. Da Sie jetzt selbst auf die Spur kommen, ist es mir lieb mit wenigen mich zu erklären. Um Gedult Sie zu bitten, würde vielleicht jenem andern, der Sie kennte, lächerlich vorkommen, gleichwol habe ich es im letzten Briefe gethan, und thue es noch. Sein letzter Brief ist sehr gut geschrieben; aber so künstlich und in Falten gelegt, daß die Furcht und Scham einer Blöße sich durch seinen gesetzten Witz verräth, und ich finde allenthalben Beweise von dem, was Sie mir sagen, und Spuren, aus dem ich, wie der weise Memnon, merken kann, was für Ohren das Hündchen trägt, das man sucht pp. Ich thue das beynahe in jedem Briefe, warum Sie mich ersuchen – und ich werde mich näher erklären, da er mir selbst Anlaß dazu gegeben. Weil ich aber auch den Verdacht bey ihm schon mehr als einmal erweckt, daß ich mich
    zu viel um fremde Dinge
bekümmere, und
    von dem gemeinsten Lauf
der Dinge und Geschäfte nicht
    anders als übertrieben
denken kann: so thue ich durch dies Vorurtheil nichts als Fehlschläge. Er schickte mir den Anfang des franzosischen Gespräches zu, das er auf das Examen gemacht hatte und versprach mir die Fortsetzung davon; weil er nicht Raum und Zeit gehabt hatte es in einem Briefe zu Ende zu schreiben. Ich beurtheilte es, weil er mich
    darum gebeten
hatte und zeigte ihm die
    grammaticalische Fehler
– und verwies ihm, daß er es Ihnen nicht vorher zur Durchsicht gewiesen hätte. Er hat mir hierauf nicht ein Wort geantwortet noch das übrige geschickt ohngeachtet ich ihn darum gebeten, und ihn in 2 folgenden Briefen mit aller möglichen Wendung und Munterkeit ein wenig Luft und Freymüthigkeit zu machen gesucht hatte. Er hat an meinen Briefen sehen können, wie bey den entferntesten Materien mir meine eigene Angelegenheiten im Sinne liegen um ihn zur Nachahmung aufzumuntern, und ihm zu zeigen, wenn uns unser Beruf am Herzen liegt, daß uns jede Kleinigkeit dazu rufft und wir den geringsten Umstand zu kleinen Werkzeugen brauchen können. Da Sie Amts wegen und aus Gewißens Pflicht, ja selbst aus Hausvaters Recht und Freundschaft, so frey und rund mit ihm reden können, als Sie es für nöthig fanden, da Sie ein Augenzeuge seiner Nachläßigkeiten und Nebenwege sind, und im stande ihn alle Augenblicke auf der That zu ertappen; da Sie übrigens die gute Meynung der Mäßigkeit und Lindigkeit für sich haben: so werden Sie es mir um so viel weniger verdenken, wenn ich Sie ersuche sich gegen ihn ernsthaft zu erklären, und ein wenig Gewalt dazu zu brauchen, um ihn zur Selbsterkenntnis und Selbstprüfung zu bewegen. Ich werde fortfahren aufrichtig gegen ihn zu seyn und Sie für alle die Winke herzlich danken, die Sie mir von seiner Aufführung geben, solche auch zu seinem Besten ohne jemandes Nachtheil anzuwenden suchen. Sein phlegma und kalt Blut ist nichts als eine falsche Brustwehr seines Stoltzes und seiner Beqvemlichkeit – und so gut Blendwerk als meine aufwallende Hitze. Wenn unser
    Riechen
nicht in der Furcht des Herrn ist: so wird der gegründeteste Verdacht gegen unsern Bruder zum ungerechtesten Blutgerichte. An statt ihn zu strafen verdammen wir uns selbst, und richten das Gesetz und den großen Geber deßelben, denen wir doch selbst unterworfen sind. Nichts als der Name Gottes und Jesu kann uns Recht, Herz und Glück geben, Vater und Mutter und Bruder zu haßen, und sie im Glauben Abrahams Gotte zu opfern. Wenn wir mit Leuten Wahrheiten reden müßen, deren Vernunft von Irrthum, Unwißenheit und Lüsten gefangen gehalten wird: so muß man sich nicht schämen seine eigene Vernunft zu verleugnen und Wahrheiten zu kollern, oder wie Solon im Unsinn Gedichte zu singen. Was kann ich mit meiner Vernunft gegen einen Stoltzen, Wollüstigen und Habsüchtigen ausrichten, da seine meiner allemal überlegen ist, weil der Arm der Leidenschaft sie führt, und sie listiger, vorsichtiger, stärker und wütender als meine macht, die als natürlich menschlich, schwach und nackt ist. Doch, wenn wir des
    Leidens Christi
viel haben – und gehört es nicht mit zu seinen Leiden, daß Seine
    Brüder
an diesen Mann der Schmerzen nicht glaubten, und die Seinigen ihn nicht aufnahmen: so werden wir auch reichlich getröstet durch Christum. – – Königsberg den 20. h: Ich habe Ihre liebe Mama Einlage an Mlle Steink eingehändigt. Ihr Herr Bruder aus Curland hat mir geschrieben. Er steht jetzt in dem Hause sehr gut, wie ich auch durch Baßa gehört, worüber ich mich herzlich freue. Ich habe mich herzlich gewundert, daß man dort ein ander Wort in meinen Briefen das nicht weit vom Adel gestanden, für Canaille gelesen, und darüber so böse geworden; und muß Ihren HErrn Bruder für seine Treuherzigkeit ein wenig auslachen, daß er sich diesen Einfall so heftig angenommen. Ich bin dergl. Misverständniße schon gewohnter als er – Es war ein kützlicher Witz in meinen Briefen, den weder Eltern noch Kinder verstehen, der aber freylich am meisten auf ihren Hofmeister gemüntzt war, wie er es auch selbst bemerkte; und wodurch
    seine Eitelkeit des witzigen Studierens
und die unterlaßene
    Anwendung davon zur Hauptsache
, nämlich der Erziehung ein wenig gestraft werden sollte. Ich nahm mir zugleich die Freyheit meinen Muthwillen als
    eine Gelegenheit
Ihnen an die Hand zu geben, sich an meinen eigenen Bruder
    zu rächen auf gleiche
Art. Mein lieber Alter hat mir selbst ihr Packet herausgebracht, daß ich also Ihre Rede noch in Trutenau lesen konnte. Die Exemplare sind vertheilt biß auf Trescho, dem ich bey erster Gelegenheit seins überschicken will. Für meins danke herzl. Einige freye Erinnerungen wag ich immer, die ich aber nicht für gründlich halte, weil ich sie nicht aufmerksam genung habe lesen können. Die Schulweisheit ist
    mehr
per arsin als thesin erklärt – zu viel Spott mit
    kleinen
Thoren – voller
    Schulgelehrsamkeit:
die Application hat mehr Schulweisheit. Ich verstand anfänglich nicht, was Sie damit wollten:
    Sie wären willens gewesen von etwas andern zu reden
und wünschte, daß Sie bey der Materie geblieben wären. Herr Berens erklärte mir, daß sie einigen guten Freunden ihr Thema schon gesagt, daß es in Riga ruchtbar geworden, und daher diese Entschuldigung für einige ihrer Zuhörer nöthig gehabt, welche andere nicht verstanden, wie ich und auswärtige oder fremde Leser. Herr Berens versichert mir, daß Sie den
    Endzweck eines Redners
erreicht, zu gefallen und zu rühren. Und wenn Sie auch keinem einzigen gefallen, auch keinen einzigen gerührt hätten: so gebe Gott, daß alle Ihre Gehülfen und Kinder
    schulweise
werden mögen – gleich den Lampen der klugen Jungfrauen – die auch das Oel in ihren Gefäßen mitnahmen. Bist Du nicht, gesitteter Diogen! (denn nach der Zergliederungs Sprache hast Du so gut kleine Hundszähne als Du mir meine Hauer vorwirfst) – Bist Du nicht selbst der Schulweise, den Du suchst – oder ist es der papierne Mensch, den der Philosoph mit zerbrochenem Bein, wie Du, deinen Schulweisen definirte und zeichnete – – Freylich müßen wir, wie Gott, klagen, daß unser Wille nicht auf Erden wie im Himmel geschieht, und was wir in der
    Ausdehnung
unserer Ideen wünschen und wollen, durch die
    Nichtigkeit
unserer eigenen Kräfte, durch die
    Niedrigkeit
unserer Hülfsmittel und Werkzeuge vereitelt wird. Genung. Ich danke Ihnen für Ihre kleine Rhapsodie von gelehrten Neuigkeiten. Für mich ist Saft und Mark genung darinn. Keine Entschuldigung mehr von der Art für mich. Jedes Wort ist ein Urtheil für mich, und jede Kleinigkeit, womit mich ein Freund unterhält unendlich kostbar. Nicht das Gepränge, sondern die aisance der Empfindungen ist meine Sache; und mit gleichen Gesinnungen wird Ihnen die Gedult mein Geschmier zu lesen – wie ich mich schmäuchele – zu einem Zeitvertreib. Freundschaft – unter jedem Contrast – Harmonie – die im Gebrauch der Dissonantzen besteht und wie die Italiener halbe Töne liebt – das sind die Qvellen, die mich so briefreich an Sie allein machen, unterdeßen ich andern, wie eine lybische Wüste, auf den Scheitel und unter den Fußsohlen brenne – ohne Schönheiten der Aussicht, und ohne Früchte weder der Sonne noch des Monds. Wenn Sie die lyrischen, elegischen und epischen Gedichte nicht haben, die zu Halle ausgekommen; so haben Sie das neuste in dieser Meße noch nicht kennen gelernt. Ich schicke Sie Ihnen über auf Gerathe wohl. Besitzen Sie solche; so könnten Sie selbige an HE. Carl Berens oder seine Mlle Schwester anbringen; wo die nicht,
    soll
sie mein Bruder Ihnen abkaufen. Die Gedichte gehören zu Meisterstücken; in der Theorie ist der Verfaßer auf guter Spur und überläuft beynahe seinen Liebling Batteux. Die Eitelkeit gleich Systeme zu machen, und der verfluchte Mechanismus unserer neueren Philosophie, die Ungedult seine Eyer auszubrüten und den Termin des Sitzens auszuhalten, der zur Reife und Zeitigung der Natur gehört. Vorn sind Anmerkungen, hinten sind Briefe. Die letzten wiederlegen und ergänzen zugleich die ersten. In seinen Briefen ist eben der Fehler und πρωτον ψευδος das in den Anmerkungen herrscht. Sie werden hier meine Beobachtung in einem Beyspiel sehen, wie eine Reyhe neuer Begriffe eine neue Sprache hervorbringt. Ich habe das Buch in einem Othem gelesen, daß ich mehr davon keichen als reden muß. Sie werden selbst die Schwärmereyen und die üppigen Äste dieses zu fruchtbaren genies ihrer Aufmerksamkeit würdigen. Ich habe den ersten Theil des Nordischen Aufsehers durchblättert. Klopstocks Stücke unterscheiden sich darunter und erheben allein das Werk. Eine Ode über die Allgegenwart Gottes, die sich ohne einem heil. Schaudern nicht lesen läßt. Es ist wahr, daß er ein eben so fürtreflicher prosaischer Schriftsteller ist – Luther, Opitz und Haller ist sein deutsches Triumvirat. Gedanken über die beste Art von Gott zu denken 1.) nach metaphysischen Begriffen 2.) in Betrachtungen 3.) in Begeisterung; als ein Sophist, Philosoph und
    Christ
oder
    Poet
. Wundern Sie sich nicht, daß dies Synonima sind. Das zweyte Stück von ihm sind Anmerkungen s über den poetischen Ausdruck, Sprache oder Period. Lauson erschrack, daß so ein Geist wie Klopstock auf den Ort Achtung giebt, wo eine so nichts bedeutende Interjection als das Ach! ist, stehen soll. Dafür hat er heut erfahren müßen, daß er noch lange nicht so viel als Gottsched von der Poesie versteht, den er so verächtlich beurtheilt. Endlich hat er einige Betrachtungen über das Publicum gemacht, näml. das Gelehrte, welches er in
    Richter
und
    Kenner
eintheilt, und worinn er seine eigene Geschichte mit dem bescheidenen Stoltz eines Richters und Kenners seiner eigenen Werke emblematisch erzählt. Dies Publicum was für ein Protheus ist es? Wer kann alle die Verwandlungen erzählen, und alle die Gestalten, unter denen es angebetet, und durch die abergläubische Leser betrogen werden. Ein blessirter Officier, der für die lange Weile – ich weis nicht was? lieset. Dies ungenannte sind die Briefe die neueste Litteratur betreffend, die ich mit eben so viel Vergnügen gelesen, als man einem Patienten kaum zutrauen kann, der seinen Arm in der Schärfe trägt. Sollte aber wohl das Publicum von
    Richtern
und
    Kennern
dergl. Einfälle billigen, die gar zu deutl. verrathen, daß nicht der Mann, an den diese Briefe gerichtet sind sondern der Schriftsteller ein solcher temporair Invalide ist, der seine eigene lange Weile vertreibt – und seine gesunde Urtheilskraft zur Lust oder aus eigennützigen Absichten, wie die Bettler, zum Krüppel macht. Kein Bergmann wird durch diese Briefe gebeßert werden; der ist zu tumm sie zu lesen; kein Wieland an seinem guten Namen viel verlieren, vielleicht dadurch für sich und seine Leser oder Anhänger gewinnen – kein Philosoph einem Witzling mehr zutrauen als einer privilegierten Academie. Der wie Pythagoras den olympischen Spielen zusieht, hat so wenig Lust als Geschick mitzulaufen; er sieht aber auch ohne Neid den Sieger und ohne Mitleiden seine Nebenbuhler und sich selbst an. Haben Sie
    Rachis im Kloster
ein Schauspiel, in der Realschule aufgeführt? Die Fabel und die Ausführung ist für gelehrtere Zuhörer, als dort sind. Es gehört wenigstens in Ihre Schulbibliotheck. Es scheint mir mit zu viel Fleiß und Sorgfalt geschrieben zu seyn, als daß es gefallen sollte. Forstmann soll diesen May gestorben seyn – Seine erfreul. Nachrichten für die Sünder sind nicht mehr, werden aber wieder verschrieben; alsdenn sollen Sie selbige haben. Ich kenne keinen größeren Redner unter den Neueren. Kein Wunder, was sind die Angelegenheiten eines Demosthenes und Cicero gegen das Amt eines Evangelisten, eines Engels, der nichts weniger und nichts mehr seinen Zuhörern zu sagen hat und weiß, als: Laßet euch versöhnen mit Gott und sie mit der Liebe, mit der Gewalt, mit der Niedrigkeit dazu ermahnet, als wenn er Christus selbst wäre. Und zu diesen königlich priesterlichen Geiste wird d wie Petrus sagt, jeder Christ geweyht und gesalbt, ein Prediger der Gerechtigkeit, ein Zeuge und Märtyrer der Wahrheit mitten unter dem unschlachtigen und verkehrten Geschlecht der Sünder, hier wie der König der Juden verworfen und mit Dornen gekrönt, dort Sohn und Erbe, als Richter über die 12 Stämme, eine Krone der Herrlichkeit auf dem Haupte. Dies sind Empfindungen, die mit zu denen gehören, an die sich, wie Klopstock sagt, kein prosaischer Schriftsteller wagen kann noch darf. Wer kann Dinge nachahmen, die durch keinen von den fünf Sinnen geschöpft werden können. Dies sind Empfindungen, die in kein ander Feld gehören, als in die Poesie, und in keiner andern als der Göttersprache allein ausgedruckt werden können. Sie kommen aus dem Munde Gottes und gehen in Gottes Ohr zurück. Wie das Opferfeuer des Herren vom Himmel fällt und gen Himmel steigt – Gedanken, die der Christ im Schlummer und in den Träumen
    seiner Ruhe
mitten unter den Gefahren der Nacht und eines offenen Feldes – ungeachtet des Steines, des harten Polsters wie Engel auf der Engel Leiter Jakobs von Gott und zu Gott steigen sieht. Den Begriffen des Klopstocks zu Folge besteht das physische Wachen in demjenigen Zustande eines Menschen, da er sich seiner selbst bewust ist; dies ist aber der wahre Seelenschlaf. Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich
    Gottes bewust, ihn denkt
und
    empfindt
; und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdruckt. Ein Mensch der in Gott lebt wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen. Ein tiefer Schlaf ist dem Tode am nächsten ohne alles Nachdenken, ohne alle Thätigkeit. Ein Träumender kann lebhaftere Vorstellungen als ein wachender haben, mehr sehen, hören, denken als er; sich derselben bewust seyn, mit mehr Ordnung träumen, als ein wachender denkt; ein Schöpfer neuer Gegenstände, großer Begebenheiten. Alles ist
    wahr
für ihn und doch ist alles Betrug: Alles was um ihn vorgeht, derjenige der mit ihm redt, die Gefahr, die ihn umringt, das Glück das auf sein Aufwachen wartet, ist ihm aber nicht gegenwärtig und
    Nichts
für ihn. Er sieht, er hört, er versteht nichts, in der Theorie seiner Träume vielleicht unendlich mehr als der wachende an seinem Bett. Der Mondsüchtige ist vollends das Bild eines praktischen, geschäftigen Manns, der mit aller Vorsichtigkeit, Ueberlegung und Zusammenhang redet, handelt, gefährlichen Unternehmungen mit mehr Sicherheit ausführt als er mit offenen Augen thun
    könnte
und thun
    würde
. Es giebt Träumende, die sich ausfragen laßen, und mit Verstand antworten. Wenn ein wachender in diesem Fall es mit dem ersten versuchen möchte, und ihn über seinen eigenen Zustand zu Rath früge: so wäre die Verwechselung der Ideen sehr leicht, und das von sich selbst sagte, was den wachenden angienge, und umgekehrt. Gesetzt, der wachende ließ in der Hitze das Wort entfahren: Du träumst, lieber Freund. So könnte vielleicht ein großer Wortwechsel zwischen diesen beyden entstehen – Ist jetzt die Frage, ob es wohl in aller Welt möglich wäre, daß ein Wachender der Träumenden,
    so lange
er nämlich schliefe, davon überführen könnte, daß er schliefe? Nein – Wenn Gott selbst mit ihm redte, so ist er genöthigt das Machtwort zum voraus zu senden und es in Erfüllung gehen zu laßen: Wache Wache auf, der Du schläfst – Der erste Schlaf des ersten Menschen war eine Erfindung und Geschöpf Gottes. – Es ist daher eine Unanständigkeit schlafende zu stören – und der
    achtsame Freund
und Liebhaber unserer Seelen beschwert die Töchter Jerusalems, die bey den Rechen oder bey den Hinden auf dem Felde sind, eine Seele, die seine Freundinn ist, nicht aufzuwecken nicht einmal anzurühren, biß es ihr selbst gefällt. Der Träumer war der Sohn, an dem Jakobs und Gottes Seele wohlgefallen hatte – und jeder Gefangene in Zion, den der Herr erlöset, sieht wie ein Träumender aus – der Mund voll Lachens – die Zunge voll rühmens: daß ihn die Welt nach einem lateinischen Sprüchwort unter die Narren zählt oder wie einen Großprahler verachtet. Aber die Mondsüchtigen, in die die wandelbare Gestalt und der Geschmack des Publici und des Jahrhunderts und des öffentlichen Ruhms und Beyfalls würkt – Von denen heist es: Ich der Herr bin Dein Artzt. Drey Krankheiten, mit denen er sich am meisten abgab: die Beseßenen, die Mondsüchtigen, die Gichtbrüchigen zählt Matthäus, und er machte sie alle gesund. Diese Gabe gesund zu machen hinterließ er seinen Jüngern; sie hat nicht aufgehört, weil er versprochen hat unter uns zu seyn und
    mit
uns alle Tage biß an das Ende der Aeonen. Melden Sie mir doch wie viel Ihnen la Science de gens de robe von Massuet kostet? Ferner, wie es mit dem theologischen Examen meines Bruders aussieht, NB aufrichtig, ist er abgewiesen worden, oder ist es ausgesetzt? Ich wundere mich über Ihre Gleichgiltigkeit in Ansehung unsers gemeinschaftlichen Freundes. Er besuchte mich den Tag nach meiner Rückkunft vom Lande. Ich habe kein Mistrauen in Ihre Redlichkeit und Freundschaft, daß ich nicht mein Herz in Ansehung Seiner ein wenig entledigen sollte. Mein Urtheil über seine Verfaßung kann nicht richtig seyn, weil ich keine völlige Einsicht von seinen hiesigen Absichten habe. Er beschuldigt mich, daß ich mir nicht zu nahe will kommen laßen; und daß ist vielleicht seine eigene Furcht für sich selbst, die ihn und jede ernsthaffte Untersuchung über unsere Angelegenheiten entfernt. Ich zittere für seine Gesundheit – bey der jetzigen Jahreszeit arbeitet er wie ein Taglöhner den ganzen Morgen in Papieren – den ganzen Nachmittag in gesellschafftl. Zerstreuungen. Er hat in beyden eine Heftigkeit, der ich nicht fähig bin, weil ich einen schwächlichern Leib und feigere Triebe habe. Eine Legion von Zweifeln im Kopf, für deren Auflösung er sich fürchtet – Die Weisheit hat sich ihm fürchterlich gemacht, weil sie sich unter ihrem Schilde für ihn verdeckt; und dieser Schild, wie Sie wißen, trägt einen Medusenkopf – Die Weisheit hat sich bey ihm verächtlich und lächerlich gemacht, weil sie einen schlechten Geschmack und zu wenig Urtheil in der Wahl ihrer Lieblinge unter den Vögeln zu erkennen s giesbt. Da er, wie ein artiger Mann, den Göttinnen ihren Geschmack laßen sollte, wie die Götter den Sterblichen hierinn ihren freyen Willen laßen. Ein
    heimlicher
Groll gegen mich, den der stärkere Genius unserer Freundschaft in Feßeln hält – ein
    bitterer
Gram um seinen hiesigen Bruder, den er für verloren hält, und im Wiederspruch mit dieser Einbildung, retten will und zu retten glaubt – – Bey so viel Schmerzen ist es kein Wunder, daß man seine Tage im Wältzen und im Laufen der Hände zubringen muß, wie ein Kranker seine Nächte – die halbe Nacht auf harten Matrazzen, und die andere Hälfte auf stachlichten Rosen. Gib Deinen Bruder auf: so bist du ruhig. Willst du ihn nicht aufgeben: so
    glaube
, daß er zu helfen ist und brauche die
    rechten
Mittel: so wird Dir nach Deinem Glauben geschehen und die Mittel werden geseegnet werden. Bin ich Dein Freund: so denk, so handle wie ich, so folg mir nach – so glaub, daß Gott mit mir ist, und wenn ich gleich wandele im finstern Thal, wo Du und ich gleich viel sehen – Wer Gott im Gesicht sieht, wird der nicht alles drüber vergeßen – Ist keine Schönheit, keine Güte in seinem Antlitze? Willst du mein Feind seyn: so sey es von Herzen, und setz mich in den Schuldthurm, in das
    Arbeithaus
, wohin ich nach Deinem Urtheile gehöre. Mach den Anfang zu reden und zu handeln. Ich will nicht der
    erste
seyn, ich will mich nach Dich richten – Wenn ich stoltz wäre, möchte ich nicht anders handeln? Der Splitter des Stoltzes ist also nichts als das Bild des Sparrens, was aus Deinem eigenen Auge in meins zurückscheint. Wenn der Blinde im Evangelio zu seinem Artzt gesagt hätte: Meynst du daß der Dreck, den Du von der Erde nimmst, und Dich nicht schämst mit Deinem Speichel zusammen zu rühren – Bleib mir damit vom Leibe? hast Du nicht mehr s Sitten gelernt – Meynen Sie, daß er sehend geworden wäre. Ich besuchte ihn einen Abend, wo er in große Unruhe, die er mir immer ins Gesicht leugnete, ohngeachtet er gegen den Lügengeist seines Bruders eyferte. Ich suchte ihn damit zu beruhigen, daß Gott sich um unsere Wege bekümmere und unserer am meisten auf krummen wartete und hütete. Er fuhr darüber so auf, daß ich ihm unbegreifliche und unverständliche Einfälle vorsagte, daß ich mich freute mit gesunden Gliedern die Treppe herunterzukommen – Bey einem solchen Haß und erbitterten Gemüthe, über die unschuldigste Worte, die mir in der Angst entfuhren, kann mir, Liebster Freund, freylich bey seinem Umgange nicht gut zu Muthe seyn. Ich muß aus Furcht die Thüren meines Herzens versiegelnchlüßen, und meinen Mund hüten und versiegeln laßen, als wenn er
    das Grab
eines
    Betrügers
und
    Verführers
wäre. Ich muß mich, wie die ersten Jünger biß in das dritte Stockwerk meines Witzes verkriechen, wo mir Gott die Gnade giebt Paulum zu hören, bey deßen langen Briefen mancher junge munterer Kopf Christ, doch ohne Seinen Schaden, sich des Schlafes nicht erwähren kann. Act. XX. Ich weiß nicht mehr, Liebster Freund, welcher an den Erklärungen ihrer Rhetorick alle Farben auslöschen, und sie dafür in reines Licht verwandelt zu sehen wünschte – weil ihnenm in den meisten ein figürlich Wort und uneigentliches Zeichen eines Begrifs zu seyn schiene. Wenn Sie diesen Fehler an meinen Perioden, an einigen ausgesuchten, heben und ihnen das tropische, das dichterische, und schwärmerische abschälen – sie in neue reine, flüßige deutliche – aber nicht sinnliche, sondern bloß den Verstand überzeugende – auch nicht pathetische und herzliche – sondern sanft küzelnde und die Oberhaut des Herzens gleichförmig berührende Curialien übersetzen könnten: so wäre dies ein recht freundschaftlich Sendschreiben an Ihren alten Zuhörer. – – currente rota, cur vrceus exit? werden Sie mir, liebster Freund, zulächeln. Wenn s Sie auch noch so erträgliche Wahrheiten sagen, werden Sie mir vorwerfen, so kann Ihnen Ihr Werk nicht anders als mislingen, daß Sie über kleine Neben-Dinge gern Anlaß nehmen zu spotten – Nun so will ich mit dem Töpfer über meine Ungeschicklichkeit oder Unglück trösten. So geht es allen, die in Leim arbeiten. Jedes Ding bey seinem alten Namen zu laßen, ist das sicherste. Wenn Calligraphus nicht Collaborator geworden wäre: so wäre die Stelle besetzt. Jetzt erwarten Sie vielleicht von mir Briefe eines Schönschreibers: und ich schreibe so weitläuftig, flüchtig, selbst mit humor, als wenn es AmtsSachen beträfe. Das Publicum, der bleßirte Officier und ein guter Freund wollen vielleicht auf gleiche Art amusirt seyn. – Unter den Bedingungen werde ich in Ewigkeit kein Autor. Ich will lieber wie ein einsamer Vogel auf dem Dache leben und mit David verstummen und still seyn, selbst meinen Freunden schweigen und mein Leid in mich freßen. Mein Herz ist entbrannt in meinem Leibe, und wenn ich dran denke, werd ich entzündet, ich rede mit meiner Zungen. Laß sie daher gehen wie ihre Schemata, und sich viel vergeblicher Unruhe machen – Bewahre mich, mein Gott, in dem Wort m Deiner Lippen – für Menschenwerk – auf dem Wege des Mörders. Höre mein Gebet Herr! und vernimm mein Schreyen und schweige nicht zu meinen Thränen; ich bin beydes so wohl Dein Pilgrimm als Dein Bürger – wie meine Väter. Ich darf mich meiner Ahnen und Familienchronick auch nicht schämen. Mein Alter läßt Sie herzlich grüßen nebst Ihrer lieben HausEhre. Ich umarme Sie Beyderseits und ersterbe mit der aufrichtigsten Hochachtung und Ergebenheit Ihr treuer Freund. Hamann.
den 27. Julii. 1759. HöchstzuEhrender Herr Magister, Ich lege es Ihnen nicht zur Last, daß Sie mein
    Nebenbuler
sind, und Ihren neuen Freund ganze Wochen genüßen, unterdeßen er sich nur bey mir auf wenige zerstreute Stunden wie ein LuftErscheinung oder vielmehr wie ein schlauer Kundschafter sich sehen läßt. Ihrem Freunde aber werde ich diese Beleidigung nachtragen, daß er sich unterstanden Sie in meine Einsiedlerey Selbst einzuführen; und daß er mich nicht nur der Versuchung, Ihnen meine Empfindlichkeit, Rache und Eyfersucht merken zu laßen, sondern Sie so gar dieser Gefahr ausgesetzt, einem Menschen so nahe zu kommen, dem die Krankheit seiner Leidenschaften eine Stärke zu denken und zu empfinden giebt, die ein Gesunder nicht besitzt. – Dies wollte ich
    Ihrem Buler ins Ohr sagen
, als ich Ihnen für die Ehre Ihres ersten Besuchs dankte. Sind Sie Socrates und will Ihr Freund Alcibiades seyn: so haben Sie zu Ihrem Unterricht die Stimme eines Genii nöthig. Und diese Rolle gebührt mir, ohne daß ich mir den Verdacht des Stoltzes dadurch zuziehe – Ein Schauspieler legt seine Königliche Maske, seinen Gang und seine Sprache auf Steltzen ab; so bald er den Schauplatz verläst – Erlauben Sie mir also, daß ich so lange
    Genius heißen
und als ein Genius aus einer Wolke mit Ihnen reden kann, als ich
    Zeit
zu diesem Brief nöthig haben werde. Soll ich als ein Genius aber reden, so bitte ich mir wenigstens die Gedult und die Aufmerksamkeit aus, womit ein Erlauchtes, Schönes, Witziges und Gelehrtes Publicum jüngst die Abschiedsrede eines Irrdischen über die Scherben einer alten Urne, auf der man mit Mühe die Buchstaben BIBLIOTEK entziffern konnte, überhorchte. Es war ein Project schöne Leiber denken zu lehren. Das kann nur ein Socrates, und kein Herzog, keine Landstände werden durch die Kraft Ihres obrigkeitl. Berufs und Vollmacht ihrer Wahl einen Watson zum genie creiren. Ich schreibe episch, weil Sie die lyrische Sprache noch nicht lesen können. Ein epischer Autor ist ein Geschichtschreiber der seltenen Geschöpfe und ihres noch seltenern Lebenslaufes; der lyrische ist der Geschichtschreiber des Menschl. Herzens. Die Selbsterkenntnis ist die schwerste und höchste, die leichteste und eckelhafteste NaturGeschichte, Philosophie und Poesie. Es ist angenehm und nützlich eine Seite des Pope zu übersetzen – zu einer in die Fibern des Gehirnes und des Herzens – Eitelkeit und Fluch hingegen einen Theil der Encyclopedie durchzublättern. Ich bin noch gestern Abend mit der Arbeit fertig geworden, die Sie mir in Vorschlag gebracht. Der Artikel über das Schöne ist ein Geschwätz und Auszug von Hutchinson. Der von der
    Kunst
ist seichter also süßer als das Gespräch des Engl. über nichts als ein
    Wort
. Bliebe also noch einziger übrig, der würklich eine Uebersetzung verdiente. Er handelt von dem Schaarwerk und Gehorcharbeitern. Jeder verständige Leser meines Heldenbriefes wird die Mühe derjenigen aus der Erfahrung kennen, über solche Leute gesetzt zu seyn, aber auch das Mitleiden mit allen Gehorcharbeitern haben, was der Verfaßer meines Artikels mit ihnen hat, und die Misbräuche zu verbeßern suchen, wodurch es ihnen unmöglich gemacht wird gute Gehorcharbeiter zu seyn. Weil ich aber selbst keiner zu werden Lust habe, und sein Amt von der Art auf der Welt verwalte, wo ich von der Laune dererjenigen, die unter mir sind, abhangen darf: so wird dieser Artikel Uebersetzer genung antreffen, die einen Beruf dazu haben. Ein Mann von der Welt, der die Kunst Visiten zu machen versteht, wird immer einen guten Intendant über entreprisen abgeben. Auf unsern lieben Vetter wiederzukommen. Aus Neigung können Sie diesen alten Mann nicht lieben; aus Eitelkeit oder Eigennutz. Sie hätten ihn kennen sollen zu meiner Zeit, da ich ihn liebte. Damals dachte er wie Sie, höchstzuEhrender Herr Magister, über das Recht der Natur, er kannte nichts als großmüthige Neigungen in Sich Selbst und Mir. Sie treffen es, diese schielende Verachtung ist noch ein Rest von Liebe gegen Ihn. Laßen Sie sich warnen und mich der Sappho nachgirren At Vos
    erronem
tellure remittite
nostrum
    Nisiades matres,
    Nisiaedesque
    nurus.
Neu vos decipiant blandae mendacia linguae Quae dicit Vobis, dixerat ante mihi. Ich glaube, Ihr Umgang ist noch unschuldig, und Sie vertreiben sich bloß die langen Sommer und August Abende. Können Sie mir nicht die Verwirrung und die Schaam eines Mädchen ansehen, das ihre Ehre ihrem Freunde aufgeopfert, und der mit meinen
    Schwachheiten
und
    Blößen
, aus denen ich ihm unter vier Augen kein Geheimnis gemacht, seine Gesellschaften von gutem Ton unterhält. Frankreich, das Hofleben und sein jetziger Umgang mit lauter Calvinisten sind an allem Unglücke schuld. Er liebt das Menschliche Geschlecht wie der Franzmann das Frauenzimmer, zu seinem bloßen Selbstgenuß und auf Rechnung Ihrer Tugend und Ehre. In der Freundschaft, wie in der Liebe, verwirft er alle Geheimniße. Das heißt den Gott der Freundschaft gar leugnen, und wenn der Ovid, sein Leibdichter, ad amicam corruptam schreibt, ist er noch zärtlich genung, ihr die Vertraulichkeit eines
    Dritten
vorzurücken über Ihre LiebesHändel. Haec tibi sunt mecum, mihi sunt communia tecum In bona cur
    quisquam tertius
ista venit. Daß er anders denkt als er redet, anders schreibt als er redt, werde ich bey Gelegenheit eines Spatzierganges Ihnen einmal näher entdecken können. Gestern sollte alles öffentlich seyn, und in seinem letzten Billet doux schrieb er mir: „Ich bitte mir aus, daß Sie von alle dem, was ich Ihnen als ein redlicher Freund schreibe, nicht den geringsten Misbrauch zu unserm Gelächter machen – Unsere HausSachen gehen Sie gar nichts mehr an – wir leben hier ruhig, vergnügt, menschlich und christlich.“ Ich habe mich an diese Bedingung so ängstlich gehalten, daß ich mir über unschuldige Worte die mir entfahren und die keiner verstehen konnte, ein Gewißen gemacht. Jetzt soll alles öffentlich seyn. Ich halte mich aber an Seine Handschrift. Es wird zu keiner Erklärung unter uns kommen. Es schickt sich nicht für mich, daß ich mich rechtfertige. Weil ich mich nicht rechtfertigen kann, ohne meine Richter zu verdammen, und dies sind die liebsten Freunde, die ich auf der Welt habe. Wenn ich mich rechtfertigen sollte; so müste ich beweisen, 1. daß mein Freund eine falsche Erkenntnis Seiner Selbst hat, 2. eben so falsch von einenm jedenm seiner
    Nächsten
beurtheilt, 3. eine falsche von mir gehabt und noch hat 4. die Sache unter uns, im Gantzen und ihrem Zusammenhange, ganz unrichtig und einseitig beurtheilt. 5. von demjenigen weder Begrif noch Empfindung hat, was ich und Er bisher gethan und noch thun. Daß ich ihn in dem übersehen kann, was ich weiß und nicht weiß, daß er gethan und noch thut, weil ich alle die Grundsätze und Triebfedern kenne, nach denen er handelt, da er nach seinem eigenen Geständnis, aus meinen Worten und Handlungen nicht klug werden kann. Dies muß Ihnen als eine Prahlerey vorkommen, und geht gleichwol nach dem Lauf der Dinge ganz natürlich zu. Ich bin noch zu bescheiden, und kann ganz sicher gegen einen staarichten mit meinen triefenden rothen Augen prahlen. Gegen die Arbeit und Mühe, die ich mir gemacht, würde es also eine Kleinigkeit seyn, mich loßgesprochen zu sehen. Aber unschuldig zum Giftbecher verdammt zu werden! so denken alle Xantippen,
    alle
Sophisten – Socrates umgekehrt; weil ihm mehr um sein Gewißen der Unschuld, als den Preiß derselben, die Erhaltung seines Lebens, zu thun war. An einer solchen Apologie mag ich aberlso nicht denken. Der Gott, den ich diene, und den Spötter für Wolken, für Nebel, für vapeurs und Hypochondrie ansehen wird nicht mit Bocks- und Kälberblut versöhnt; sonst wollte ich bald mit dem Beweis fertig werden, daß die Vernunft und der Witz Ihres Freundes wie meine, ein geil Kalb und sein gutes Herz mit seinen edlen Absichten ein Widder mit Hörnern ist. Was Ihr Freund nicht glaubt, geht mich so wenig an, als ihn, was ich glaube. Hierüber sind wir also geschiedene Leute, und die Rede bleibt bloß von Geschäften. Eine ganze Welt von schönen und tiefsinnigen Geistern, wenn sie lauter Morgensterne und Lucifers wären, kann hierüber weder Richter noch Kenner seyn, und ist nicht das Publicum eines lyrischen Dichters, der über den Beyfall seiner Epopee lächelt, und zu ihrem Tadel still schweigt. Peter der Große war vom Olymp eingeweyht, die schöne Natur anderer Nationen in einigen Kleinigkeiten an seinem Volk nachzuahmen. Wird man aber durch ein geschoren Kinn jünger? Ein bloß sinnlich Urtheil ist keine Wahrheit. Der Unterthan eines despotischen Staats, sagt Montesquieu, muß nicht wißen was gut und böse ist. Fürchten soll er sich, als wenn sein Fürst ein Gott wäre, der Leib und Seele stürzen könnte in die Hölle. Hat er Einsichten, so ist er ein tummer unglückl. Unterthan für seinen Staat; hat er Tugend, so ist er ein Thor sich selbige merken zu laßen. Ein Patricius einer griechischen
    Republick
durfte in keinen Verbindungen mit dem Persischen Hofe stehen, wenn er nicht als ein Verräther seines Vaterlandes verwiesen werden sollte. Schicken sich denn die Gesetze der Ueberwundenen für die Eroberer? Der Unterthan ist durch selbige unterdrückt worden? Gönnst Du ein gleiches Schicksal Deinen Mitbürgern? Abraham ist unser Vater – – Wir arbeiten nach Peters Entwurf? wie der Magistrat eines kleinen Freystaats in Italien Commercium und Publicum lallen gelernt hat – Thut eures Vaters Werke, versteht das was ihr redet, wendet eure Erkenntnis recht an und setzt euer Ach! am rechten Ort. Durch Wahrheiten thut man mehr Schaden als durch Irrthümern, wenn wir einen wiedersinnigen Gebrauch von den ersten machen, und die letzten durch routine oder Glück zu modificiren wißen. Wie mancher Orthodox zum Teufel fahren kann, trotz der Wahrheit, und mancher Ketzer in den Himmel kommt, trotz dem Bann der herrschenden Kirche oder des Publici. In wie weit der Mensch in die Ordnung der Welt würken kann, ist eine Aufgabe für Sie; an die man sich aber nicht eher wagen muß, biß man versteht, wie unsere Seele in das System der kleinen Welt würket. Ob nicht harmonia praestabilita wenigstens ein
    glücklicher Zeichen
dieses Wunders ist, als influxus physicus den Begrif davon ausdrückt, mögen Sie entscheiden. Unterdeßen ist es mir lieb, daß ich daraus abnehmen kann, daß die Calvinische Kirche unsern Freund so wenig zu ihren Anhänger zu machen im stande ist, als die lutherische. Diese Einfälle sind nichts als Äpfel, die ich wie Galathe werfe um ihren Liebhaber zu necken. Um Wahrheit ist mir so wenig als Ihrem Freunde zu thun; ich glaube wie Socrates alles, was der andere glaubt – und geh nur darauf aus, andere in ihrem Glauben zu stöhren. Dies muste der weise Mann thun, weil er mit Sophisten umgeben war, und Priestern, deren
    gesunde Vernunft
und gute Werke in der Einbildung bestanden. Es giebt eingebildte gesunde und ehrliche Leute, wie es malades imaginaires giebt. Wenn Sie aus den Recensionen des Herrn B. und meinem Schreiben mich beurtheilen wollen: so ist dies ein so unphilosophisch Urtheil als Luther aus einer Brochure an den Herzog von Wolfenbüttel von Kopf zu Fuß übersehen wollen. Der eines andern Vernunft mehr glaubt als seiner eigenen; hört auf ein Mensch zu seyn und hat den ersten Rang unter das seruum pecus der Nachahmer. Auch das größte menschliche genie sollte uns zu schlecht dazu seyn.
    Natur
, sagt Batteux, man muß kein Spinosist in schönen Künsten noch StaatsSachen seyn. Spinoza führte einen
    unschuldigen Wandel
, im Nachdenken zu furchtsam; wenn er weiter gegangen wäre, so hätte er alle Wahrheit beßer eingekleidet. Er war unbehutsam in seinen Zeitverkürzungen, und hielt sich zu viel bey Spinneweben auf; dieser Geschmack verräth sich in seiner Denkungsart, die nur klein Ungeziefer verwickeln kann. Was sind die Archive aller Könige – und aller Jahrhunderte – Wenn einige Zeilen aus diesem großen Fragment, einige Sonnenstäubchen von diesem Chaos im stande sind uns Erkenntnis und Macht zu geben. Wie glücklich ist der, welcher das Archiv desjenigen, der die Herzen aller Könige wie Wasserbäche leiten kann, täglich besuchen kann, den seine wunderbare Haushaltung, die Gesetze seines Reichs pp nicht umsonst einzuschauen gelüstet. Ein pragmatischer Schriftsteller sagt davon: Die Rechte des Herrn sind köstlicher denn Gold, und viel – fein – Gold, süßer denn Honig und des Honigseims tröpfelnde Faden. – Das Gesetz Deines Mundes sind mir viel lieber denn viel 1000 Stück Gold und Silber. – Ich bin gelehrter, denn alle meine Lehrer, denn Deine Zeugniße sind meine Rede – Ich bin klüger denn die Alten, denn ich halte – Du machst mich mit Deinem Gebot weiser denn meine
    Feinde
sind; denn es ist ewiglich mein Schatz. Was meynen Sie von diesem System? Ich will meine Nächsten um mich glücklich machen. Ein reicher Kaufmann ist glücklich. Daß Sie reich werden können, dazu gehören Einsichten und moralische Tugenden. In meinem mimischen Styl herrscht eine strengere Logic und eine geleimtere Verbindung als in den Begriffen lebhafter Köpfe. Ihre Ideen sind wie die spielende Farben eines gewäßerten Seidenzeuges, sagt Pope. Diesen Augenblick bin ich ein Leviathan, der Monarch oder der erste Staatsminister des Oceans, von deßen Othem Ebbe und Fluth abhängt. Den nächsten Augenblick sehe ich mich als einen Wallfisch an, den Gott geschaffen hat, wie der gröste Dichter sagt, in dem
    Meere zu scherzen
. Ich muß beynahe über die
    Wahl eines Philosophen
zu dem Endzweck eine Sinnesänderung in mir hervor zu bringen, lachen. Ich sehe die beste Demonstration, wie ein vernünftig Mädchen einen Liebesbrief, und eine Baumgartsche Erklärung wie eine witzige Fleurette an. Man hat mir gräuliche Lügen aufgebürdet, HöchstzuEhrender Herr Magister. Weil Sie viele Reisebeschreibungen gelesen haben, so weiß ich nicht, ob Sie dadurch leichtgläubig oder ungläubich geworden sind. Die Urheber derselben vergeben ist, weil sie es unwißend thun und wie ein comischer Held Prose
    reden
ohne
    es zu wißen
.
    Lügen
ist die Muttersprache unserer Vernunft und Witzes. Man muß nicht glauben, was man sieht – geschweige was man hört. – Wenn zwey Menschen in einer verschiedenen Lage sich befinden, müßen Sie niemals über ihre sinnliche Eindrücke streiten. Ein Wächter auf einer Sternenwarte kann einem in dritten Stockwerk viel erzählen. Dieser muß nicht so tum seyn und ihm seine gesunde Augen absprechen, komm herunter: so wirst Du überzeugt seyn, daß Du nichts gesehen hast. Ein Mann in einer tiefen Grube, worinn kein Waßer ist, kann am hellen Mittag Sterne sehen. Der andere auf der Oberfläche leugnet die Sterne nicht – er kann aber nichts als den Herrn des Tages sehen. Weil der Mond der Erde näher ist, als der Sonne: so erzählen Sie Ihrem Monde Mährchen von der Ehre Gottes. Es ist Gottes Ehre, eine
    Sache verbergen:
aber der Könige Ehre ist eine Sache erforschen. Wie man den Baum an den Früchten erkennt: so weiß ich daß ich ein Prophet bin aus dem Schicksal, das ich mit allen Zeugen theile, gelästert verfolgt und verachtet zu werden. Ich will auf einmal, Mein Herr Magister! Ihnen die Hofnung benehmen sich über gewiße Dinge mit mir einzulaßen, die ich beßer beurtheilen kann wie Sie, weil ich mehr data darüber weiß, mich auf facta gründe, und
    meine
Autoren nicht aus Journalen sondern aus mühsamer und täglicher Hin und Herwälzung derselben kenne; nicht Auszüge sondern die Acten selbst gelesen habe, worinn des Königs Interesse sowohl als des Landes debattirt wird. Jedes Thier hat im denken und schreiben seinen Gang. Der eine geht in Sätzen und Bogen wie eine Heuschrecke; der andere in einer zusammenhängenden Verbindung wie eine Blindschleiche im Fahrgleise, der Sicherheit wegen, die sein Bau nöthig haben soll. Der eine gerade, der andere krumm. Nach Hogarts System ist die Schlangenlinie das Element aller malerischen Schönheiten; wie ich es aus der Vignette des Titelblattes gelesen habe. Der attische Philosoph, Hume, hat den Glauben nöthig, wenn er ein Ey eßen und ein Glas Waßer trinken soll. Er sagt: Moses, das Gesetz der Vernunft, auf das sich der Philosoph beruft, verdammt ihn. Die Vernunft ist euch nicht dazu gegeben, dadurch weise zu werden, sondern eure Thorheit und Unwißenheit zu erkennen; wie das Mosaische Gesetz den Juden nicht sie gerecht zu machen, sondern ihnen ihre Sünden sündlicher. Wenn er den Glauben zum Eßen und Trinken nöthig hat: wozu verleugnet er sein eigen Principium, wenn er über höhere Dinge, als das sinnliche Eßen und Trinken urtheilt. Durch die
    Gewohnheit
etwas zu erklären – Die Gewohnheit ist ein zusammengesetzt Ding, das aus
    Monaden
besteht. Die Gewohnheit heist die andere Natur und ist in ihren Phoenomenis eben so räthselhaft als die Natur selbst, die sie nachahmt. Wenn Hume nur aufrichtig wäre, sich selbst gleichförmig – Aller seiner Fehler ungeachtet ist er wie Saul unter den Propheten. Ich will ihnen eine Stelle abschreiben, die ihnen beweisen soll, daß man
    im Scherz
und ohn sein Wißen und Willen die Wahrheit predigen kann, wenn man auch der gröste Zweifler wäre und wie die Schlange über das zweifeln wollte, was Gott sagt. Hier ist sie: „Die christl. Religion ist nicht nur mit Wunderwerken am Anfange begleitet gewesen, sondern sie kann auch selbst heut
    zu Tage
von keiner
    vernünftigen
Person
    ohne ein Wunderwerk
geglaubt werden. Die bloße Vernunft ist nicht zureichend uns von der Wahrheit derselben zu überzeugen, und wer immer durch den Glauben bewogen wird derselben Beyfall zu geben, der ist sich in seiner eigenen Person eines beständig
    fortgesetzten ununterbrochnen
Wunderwerkes bewust, welche
    alle Grundsätze
seines Verstandes umkehrt und demselben eine Bestimmung giebt das zu glauben, was der
    Gewohnheit und Erfahrung
am meisten zuwieder und entgegen ist.“ Bitten Sie Ihren Freund, daß es sich für Ihn am wenigsten schickt über die Brille meiner ästhetischen Einbildungskraft zu lachen, weil ich mit selbiger die blöden Augen meiner Vernunft wafnen muß. Ein zärtlicher Liebhaber läßt sich bey dem Bruche einer Intrigue niemals seine Unkosten gereuen. Wenn also vielleicht nach dem neuen NaturRecht alter Leute die Rede vom Gelde wäre: so sagen Sie ihm, daß ich jetzt nichts habe, und selbst von meines Vaters Gnade leben muß; daß ihm aber alles als eigen gehört, was mir Gott geben will – wornach ich aber nicht trachte, weil ich sonst den Seegen des vierten Gebots darüber verlieren könnte. Wenn ich sterben sollte: so will ich ihm obeninn meinen Leichnam vermachen, an dem er sich wie Egyptier pfänden kann, wie in dem angenehmen Happelio Griechenlands, dem Herodot, geschrieben stehen soll. Das leirische der lyrischen Dichtkunst ist das Tireli der Nach Lerche. Wenn ich wie eine Nachtigall schlagen könnte; so muß sie wenigstens an den Vögeln Kunstrichter haben, die immer singen, und mit ihrem unaufhörlichen Fleiß prahlen. Sie wißen, HochzuEhrender Herr Magister, daß die Genii Flügel haben und daß das Rauschen derselben dem Klatschen desr Menge gleich kommt. Wenn sich über Gott mit Anmuth und Stärke spotten läßet; warum soll man mit Götzen nicht sein Kurzweil treiben können. Mutter Lyse singt: Die falschen Götzen macht zu spott Ein Philosoph sieht aber auf die Dichter, Liebhaber und Projecktmacher, wie ein Mensch auf einen Affen, mit Lust und Mitleiden. Sobald sich die Menschen verstehen einander können Sie arbeiten. Der die Sprachen verwirrte – und die Schemata des Stoltzes aus Liebe und politischen Absichten, zum Besten der Bevölkerung, wie ein Menschenfreund strafte – vereinigte sie an dem Tage, da man Menschen mit feurigen Zungen als Köpfe berauscht vom süßen Wein lästerte. Die Wahrheit wollte sich von Straßenräubern nicht zunahe kommen laßen, sie trug Kleid auf Kleid, daß man zweifelte ihren Leib zu finden. Wie erschracken sie, da sie ihren Willen hatten und das schreckl. Gespenst, die Wahrheit, vor sich sahen. Ich werde diesen Brief ehstes Tags in Person abholen kommen.
Königsberg. den 7. Aug. 1759. Mein Herr; Ich will Ihnen eine kurze Liste der
    Zerstreuungen
hersetzen, aus denen seit meinem letzten Briefe die
    Arbeit meiner Tage
bestanden. Diesen Donnerstag vor 14 Tagen bin mit meinem Vater zum heil. Abendmal gewesen, erhielte denselben Abend einen wichtigen Besuch zween guter Freunde, gieng den folgenden Tag wieder Vermuthen auf eine Hochzeit, die nächste Nachbarschafft machte es zu einer
    Pflicht
und die
    Neugierde
die Braut kennen zu lernen zu einer
    Eitelkeit
. Vorige Woche muste die
    Leiche
einer Börnsteindreherinn begleiten, die eine alte Bekannte von meiner seel. Mutter gewesen. Am Ende derselben habe an alle meine gute
    Freunde
aus
    nach Kurland geschrieben
. Gestern Nachmittag habe meinen Bauch ermüdet mit Durchblätterung einiger Neuigkeiten, davon Sie
    eine
bey Gelegenheit sollen zu lesen bekommen, weil sie die einzige ist, die ich Ihrer Aufmerksamkeit würdig halte. Heute morgen haben den Lucas in meiner griechischen Stunde Gott Lob! zu Ende gebracht, die immer die
    erste
meines
    Tageswerkes
ist und hierauf ein paar Abschnitte in Bacons sermonibus fidelibus voll von fremden Gedanken überlaufen; weil ich an meinen Schreibepult dachte. Hier haben Sie meine Memoires von beynahe vierzehn Tagen. Schreiben muß ich Ihnen; das ist eine
    Pflicht
und
    Vergnügen
für mich. Ich weis aber nicht, was ich schreiben soll. Regeln wißen Sie beßer als ich; und Exempel darnach zu machen, dazu haben Sie nicht Lust. Einfälle verstehen Sie nicht und Wahrheiten sind nicht nach Ihrem Geschmack. Mit Ihnen zu lachen, will ich auf Ihren Hochzeittag versparen – es wird aber Zeit genung seyn an den zu denken, wenn sie erst eine Braut haben. Personalien auf Sie zu machen, ist bey Ihrem Eloge funebre Zeit genung, und daß muß der Schreiber der Academie thun, dem ich nicht als ein illiteratus ins Amt fallen will. Ihr Nachruhm würde ohne dem dadurch verlieren, weil ich nicht Witz genung Romane zu schreiben, nicht einmal mehr zu lesen, und nicht Herz genung Geschichten zu erzählen, weil es mir jetzt ohnedem an Neugierde und Gedult fehlt ihren nöthigen detail zu wißen. Was soll ich armer Jürgen also thun? Schreiben muß ich – und ich weiß und fühl nicht was. Ich würde Ihnen einen langen Brief mahlen und nichts mehr in demselben thun als mich
    im Kopf und hinter den Ohren kratzen;
und ich weiß nicht was eher in meinen Haaren als Antworten auf Ihre schreckichte Briefe finden. Weil sich das aber so wenig im Umgange als Briefwechsel, besonders unter so Herzensfreunde, als Sie, Mein Herr! und ich sind, schickt und anständig ist: so würden Sie die Leere meiner Empfindungen durch die Aufrichtigkeit meines Geständnißes vielleicht entschuldigen. – Doch jetzt fällt es mir ein was ich thun will. Ein fauler Laboratorein stoltzer Bettler ist verloren. Doch Faulheit und Stoltz schaden nicht dem Handwerk, wenn man nur klug ist und Witz hat, wie ein Kind der Welt. Es meldete sich ein ehrlicher Mensch zum Todtengräber Dienst; weil er sahe, daß er zum Graben so wenig als zum Prediger geboren war: so wurde er Küster, und hatte mehr so viel Ehre hinter dem Pfarrer herzugehen, als ein geschickter Uebersetzer hinter seinem Original. Dieser Mensch hatte sehr gute Gedanken, so lange er den Kanzelmann nach seinem Ort begleitete; so bald aber die Predigt angieng, erlaubten ihm seine Küstersorgen nicht aufs Wort zu merken. Unterdeßen hing lag ihm sein mislungener Todtengräber Versuch so sehr immer im Kopf, daß er auch sein Küsteramt darüber schlecht verwaltete. Graben mag ich auch nicht; vielleicht läge in meinem Herzen eben die Ader, die andere Aecker reich macht. Graben mag ich
    wohl
, wenn es darauf ankommt mein Pfund in einem Schweißtuch zu verbergen, um einen strengen Richter wenigstens von meine
    Treue
zu überführen, wenn es nicht durch meinen wuchernden Fleiß geschehen kann. Zu
    betteln
schäme ich mich, wie ein alter Mensch in die Schule zu gehen, und ohngeachtet ich Dichter lese, so sind die
    Ältesten
und Besten nicht eben meine Sache, weil man in ihnen wohl Sprüche, aber nicht die Gemälde und Schildereyen meiner Zeitgenoßen findt. Z. E. Cur male pudens – – Anderen ihre Empfindungen nachzuahmen, ist gleichwol nichts als Betteley, und die Sprache der Liebe ist ein Galimathias, einer monotonischen Sayte; wie der Apostel Petrus dies selbst an der schweren Schreibart paulinischer Briefe zu tadeln scheint und ihr Verfaßer selbst sich für ein
    Allerley
– ausgiebt, das Allerley zu seyn drung ihn aber die Liebe. Weil ich also ein Schulknabe (wenn Sie mein Herr kein Schulmann sind; so werden Sie doch aus Erfahrung wißen, daß Sie einer Schüler gewesen sind und wie einem solchen zu Muthe ist) zu beqvem bin zu graben, und zu stoltz zu lernen: so weiß ich mich nicht anders zu rathen, als daß ich mich an die
    Schuldner meines Herren
mache, und in sie dringe, die Zahlen ihrer Schuldbriefe herunterzusetzen. Weil mein Herr dadurch nicht arm wird, sie aber am meisten dabey gewinnen: so wird mich ihr
    Gläubiger
für meinen Witz loben, und seine Schuldner, wenn sie anders ihr Bestes kennen und lieben, mit der Zeit dafür danken. Da Sie in einer Ruhe leben, mein Herr, die einem tiefen Schlaf näher kommt, als einem Schlummer; ich hingegen in lauter Zerstreuungen: so bin ich nicht im stande meine Gedanken zu ordentlich wie Sie zu sammlen. Unterdeßen wird es keine vergebl. Uebung für Ihre Lunge seyn meine langen Perioden und Pneumata laut zu lesen, so laut, biß Sie im stande sind sich selbst zu hören. Es fiel mir also vor eine halbe Stunde ein aus Noth – aus äußerster Noth – an Materialien, Sie mit einem Brief meines einzigen Bruders, den ich auf der Welt habe, zu unterhalten. Da Sie aber bey dieser Abschrift durch meine Schuld seine Calligraphie einbüßen: so werde dies durch die Anmerkungen eines Anonymi ersetzen, der ihn, wie Gott, liebt; weil er ihn
    züchtigt
. Riga den 26 Jun:/7 Jul: 1759. Herzlich geliebtester Bruder Deine beyden Briefe sind mir richtig eingehändiget worden, die mir desto angenehmer gewesen, da sie mich von unsers alten Vaters und Deiner eigenen Gesundheit versicherten. Gott erhalte dieses unser bestes Geschenk, was wir noch mit einigem Grunde von ihm bitten können, wenn wir es wohl anzuwenden suchen. So andächtig der Briefsteller auch redt; so leuchtet doch nichts mehr als die Andacht eines Heyden aus seinem Gesichte. Ist er ein Theolog, so studiert er wenig oder gar nichts in den symbolischen Büchern. Was will er damit sagen: die Gesundheit ist unser
    bestes
Geschenk. Gieb uns Gesundheit; für die Tugend wollen wir schon selbst sorgen; war das Gebeth eines stoischen Heuchlers oder epicurischen Dichters. Was will er sagen:
    mit Grund
. Ist χstus deswegen gestorben und in die Höhe gefahren und weiß er die Gabe nicht, die er für die Abtrünnigen, die weder an ihren Tauf- noch Blut-Bund mit Gott denken. Wenn böse Eltern Gaben zu geben wißen ihren Kindern, sagt χstus, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den
    heiligen Geist
– da er nicht einmal seine Kehle braucht, um Gott zuweilen ein Morgen und Abendliedchen zu singen, und nicht untern Bart zu beten, sondern zu trillern: Gesunden Leib gieb mir und daß in solchem Leib ein unverletzte Seel und rein Gewißen bleibt. Wenn ihn nun Gott einen ganzen gesunden Leib giebt, und nicht Kehle allein; wie sieht es mit seinem Gewißen aus in Ansehung des Gebrauchs, den er von jedem Gliedmaße deßelben macht. Sind es Waffen der Gerechtigkeit oder der Ungerechtigkeit. Wer da weiß, daß Gott Gesundheit giebt als ein Geschenk, das wir gut anzuwenden suchen sollen; wird für diese Erkenntnis doppelte Streiche leiden müßen. Was macht er mit seiner Gesundheit? Wie brauchst Du Deine Augen, Deine Ohren, Deine Zunge, Deine Hände, Deine Schulstunden, Deine Nebenstunden?
    Bereitest
Du Dich, und
    wiederholst
Du so fleißig, als Deine schlechtesten oder besten Schüler thun. Würdest Du nicht von beyden beschämt werden, wenn sie gegen Dich auftreten solten. Was hilft es Dich, daß beyde Briefe Deines Bruders Dir eingehändiget worden, wenn du auf keinen zu antworten verstehst noch Lust hast. Wenn Du sie umsonst liesest, meynst Du, daß sie umsonst geschrieben worden. Anstatt zu fragen: Wie schreibt der Mensch? solltest du dich selbst fragen:
    Wie liesest
Du, was er schreibt, und was im Gesetz geschrieben steht. Wenn Du auf die Frage verstummst: wie Du Deine Gesundheit zu Deinem Beruf als Schulmann und Candidat der GottesGelahrtheit brauchst? wie wirst du die andere beantworten: wie brauchst Du deine Gesundheit zu ihrer Erhaltung. Du machst Dir aus Deiner Schande einen Ruhm. Du willst beßer als andere Leute seyn und brauchst den Sommer nicht, wozu er andern Menschen gegeben – die Freundlichkeit Gottes zu
    sehen
und zu schmecken. Was Narren schreiben, darum bist Du neugieriger als was Gott thut; ja, wenn Du auch nur jene zu verstehen und anzuwenden wüstest. So bleibt aber alles tod und unfruchtbar in Dir. Anstatt Deine Seele zu nähren, nährst Du Ihre Krankheiten. Bist Du nicht, Deinem Beruf nach, zum Umgang und Gesellschaften, zum bürgerl. Leben, zum Wohlstand verbunden. Fehlt es Dir nicht
    daran
, daß Du Dich eher dazu drängen, als zu viel zurückziehen solltest. Wird Deine Gesundheit nicht bald bey Deinen verstohl. Frohndiensten und bey dem Wurm, den Du dadurch in Deinem Gemüthe nährst, verbraucht werden. Dein Wirth, Dein Rector, Dein Wohltäter, vertritt jetzt
    Gottes Stelle
für dich und ist
    Dein Nächster
. Den sollst Du
    nachahmen
, den sollst Du
    lieben
. Was geht Dir ein Mensch an, v sein Bild, der so weit von Dir ist, und mit dem Du nichts zu theilen hast? Gott laße mich daßelbe niemals durch Unordnung, Ausschweifungen und Misbrauch des Guten
    von sich
stoßen, sondern bey mannigfaltigen Gelegenheiten deßelben die Vernunft immer unsere Führerinn seyn. Deine Vernunfft redt noch schlecht Deutsch mit dem lieben Gott. Sie kann daher eine schlechte Führerinn abgeben.
    Von sich
sollte heißen: von mir. Menschen können wir Lügen, Complimente und Wendungen vorsagen, aber dem nicht, der das Ohr gemacht, und auf die Stimme unsers Herzens beßer horcht, als auf das höltzerne Clavier unserer Lippen. Die Ubersetzung des Grundtextes würde so lauten: Gott sieht die Unordnungen, Ausschweifungen v Misbrauch des Guten, die Blindheit meiner Vernunft und die Thorheit derselben. Er wird aber seinen Namen nicht verleugnen; denn er ist langmüthig – gedultig – und von großer Güte und Treue. Er giebt mehr als wir bitten, unaussprechlich mehr als wir Verstand haben zu beten. Er wird mir seinen Geist geben, der mein finsteres Herze erleuchte, denn wird meine
    Vernunft
und mein
    Gewißen
erleuchtet werden und nicht mehr im Finstern bleiben; denn in keinem andern Lichte, als Seinem Lichte und dem Licht seines Wortes und des Glaubens an einen Fürsprecher sehen wir das Licht und die Farben unserer eigenen Gestalt und der Dinge, die uns umgeben. Ich habe meine JohannisFerien auf der Stube zugebracht, und da fast die ganze Stadt ihr Vergnügen im freyen sucht, das Meinige zwischen den 4 Wänden gehabt. Dieser Ruhm ist nicht fein. Das ist Strafe der Sünde. Wenn andere mit gutem oder bösen Gewißen sagen können: Deus nobis haec otia fecit. So weist du, daß du selbige nicht verdienst, und thust daher Hausbuße und legst dir selbst einen Stubenarrest auf. Diese Hausbuße und diese willkührl. Penitenz ist aber eine neue Sünde; womit willst Du die büßen? Ich habe theils was die Meße neues geliefert, ein wenig durchgeblättert, theils einen guten Theil meiner Uebersetzung zurück gelegt. Wenn Du Meßen gelesen oder Pater Noster ein wenig durchgeplappert hättest – so hättest Du mehr nicht so viel als ein Catholick verdient. Wenn man Buße thun will, mit seiner Uebersetzung zu tändeln schickt sich eben so wenig als zu Fastnacht bey seiner Köchin zu schlafen.
Königsberg. den 8 Aug. 1759. Herzlich Geliebtester Freund, Meinem Vater und seinen guten Freunden schmeckt Ihr Lachs recht sehr gut. Ich habe mich kaum getraut davon zu kosten, weil ich nicht wuste, ob alle 4 Stücke vor für uns seyn sollen. Heute würden Sie Ihre Lust sehen, wenn Sie unser Gast wären. Sie müsten aber als
    Freund
und
    Zuschauer
kommen, nicht als
    Richter
, sonst würde ich für einen großen
    Freßer
von Ihnen gescholten werden, wie geschrieben steht. Dafür kann ich auch Briefe schreiben und Tischreden halten, – die so lang als Ihre Lächse sind – und auf die ein Trunk schmeckt, wie Wagner sagt. Womit ich Ihre Lächse verdient daßs weiß ich eben so wenig, Liebster Freund, als was ich Ihnen wieder dafür schicken soll. Beydes mag Ihre Sorge seyn; die ganze Welt meiner Freunde wird mich zuletzt als einen durchtriebenen Schuldner brandmarken. Meine Schuld ist es nicht, daß sie gutherziger sind als ich; dafür muß ich aber klüger als meine Gläubiger oder Wohltäter seyn. Die Hälfte hat ihre liebe Mama erhalten, weil sie von der Bestimmung des Ueberschickten Nachricht hatte, wir nicht. Von Ihrer Lustreise nach Mitau habe schon zur Zeit ihres dortigen Daseyns Nachricht erhalten. Zur nächsten wünsche Ihnen Glück. Ich habe von meiner einen Husten nach Hause gebracht, der mich und die Meinigen an meine seel. Mutter bisweilen erinnert. Er giebt sich aber Gott Lob! und ist vermuthlich dem gar zu kalten Springwaßer zuzuschreiben. Lauson ist hier, und bleibt es auch vermuthlich, muß aber noch nichts erhalten haben, er hat mir vorgestern nichts gesagt. Wegen Schultz und Wernerin werde mich erkundigen. Daß 2 Leute bey unsern Vater
    hingestürmt
und ihm die geringste Unruhe gemacht, ist nicht wahr, wenn es gl. mein leibl. Bruder sagt. Der eine ist ein hiesiger und der junge Sanden gewesen, vermuthlich der, welcher bey Wolson logirt und hat den andern hingeführt. Es thut mir leyd, daß ich den andern nicht habe kennen lernen und daß ich sn Namen weiß. Ich habe den jungen Holtz zu mir gebeten, weil er mir ein Compliment von Ihnen brachte; er ist aber nicht gekommen. Der Umgang mit jungen Fremdlingen ist mir allemal angenehm und aus Ihrer Bekanntschaft macht sich mein Alter und ich eine Ehre. Mein Bruder druckt sich noch in Worten, geschweige in Minen, sehr unrein und uneigentl. aus. Wenn er dergl. Fehler begeht, so bitten Sie sich nur gl. seine eigene Erklärung darüber aus; und wenn er das nicht thun kann: so ist es Unwißenheit, die man nicht nur entschuldigen, sondern auch zurecht weisen muß. Er ist der älteste Sohn Ihres Hauses. Wie schlecht w Sie mich aber theils kennen; und wie falsch Sie mich beurtheilen, kann ich aus dieser Kleinigkeit sehen. Sollte ich Ihnen das übel nehmen; gesetzt, daß ein Bestellter von Ihnen sich worinn versehen? Wenn Sie völlig befriedigt seyn wollen; so laßen Sie sich die Stelle aus meinem Briefe zeigen. Ich weiß nicht, daß Sie die geringste Spur zur Nachricht meines Bruders oder zu Ihrer Aufnahme deßelben darinn finden werden. Uebrigens wünschte ich, daß Ihr Glaube von meiner Freundschaft, so stark als meiner von der Ihrigen wäre, die ich nicht als ein verzärtelt Kind ansehe, das von jedem Winde Flüße bekommt, sondern von gesunder Constitution wie ein Bauermädchen, das man sicher für Lust in die Backen kneifen kann, ohne, daß sie den Krebs für Schrecken davon bekommt. – Mein Vater ist übrigens der beste Mann, gegen Leute, mit denen er nichts mehr zu thun hat als umzugehen; aber mit denen er leben soll, das
    müßen andere Krebse seyn
; nach dem Wahrsager in Krügers Träumen. Sehen Sie, liebster Freund, die Abwartung Ihres meines Briefwechsels als kein Gesetzwerk an. Ich bitte Sie recht sehr darum. Der Fall mit uns beyden ist sehr ungl. Ich habe nichts zu thun v kann Ihnen ich weis nicht wie viel hinschreiben, und Ihre Gedult es zu lesen und zu ertragen ist schon ein Opfer der Freundschaft. Sie mögen gegen alle andern mit Ihren Antworten pünktlich seyn; ich erlaße Sie hiemit förml. davon; und werde deswegen nicht mehr nicht weniger schreiben, als was mir meine Muse, die Erinnerung Ihrer Freundschaft dictirt. Ich werde mich jetzt bloß bey einigen Puncten Ihres Briefes aufhalten, worann mir am meisten gelegen; warum mir daran gelegen, hievon künftig. Daß mir aber würklich daran gelegen, müßen Sie vor der Hand glauben. Sie wißen nichts von dem Misverständniße meiner Briefe in Grünhof? Gut. Mein Nachfolger dort hat mir jüngst geschrieben und
    scheint
Ihnen darinn zu wiedersprechen. Dies kann aber ein bloßer Schein seyn, wie es auch ist. Es kostet Mühe, wenigstens für mich, seine Briefe zu verstehen. Meine entfernte Absicht für Ihren Herrn Bruder ist nicht
    ganz fruchtlos
gewesen. Das
    nicht ganz fruchtlos
kann ich aus seiner Denkungs und Schreibart sehr gut erklären. Aber daß dieses eine
    entfernte
Absicht von mir gewesen; hierinn muß ich Ihnen wiedersprechen; insbesondere da Sie es noch einmal sagen: daß Sie dieses
    Nebenaugenmerk
meines Muthwillens
    damals
nicht hätten
    errathen
können, oder
    so weit
herholen. Sagen Sie mir um Gottes willen, liebster Freund, wie ich mit Ihnen reden soll, und was das für eine neue Zunge und Sprache oder Schreibart seyn soll, in der Sie mich verstehen werden. Rede ich
    fein
, so sind es Dinge, die man errathen oder weit herholen müßen. Rede ich klar; so sind es Personalien, Anzüglichkeiten, Humor. Bin ich aufrichtig und sage: das ist meine
    wahre
Absicht gewesen; so werde ich Lügen gestraft und man sagt mir: Nein! Das ist eine
    entfernte
Absicht, ein
    Nebenaugenmerk
Deines Muthwillens gewesen. Bin ich als ein
    Verführer
und doch wahrhaftig; so ärgert man sich an meinem Muthwillen, Unlauterkeit, Heftigkeit, und
    Schlangen
gestalt. Wenn Sie Richter über mich wären oder im stande wären es zu seyn; so würde der Teufel den Freund und Zuschauer bald holen. Dieses NebenAugenmerk
    meines Muthwillens haben Sie damals nicht errathen oder so weit herholen können
. Ich muß es Ihnen hier sagen: daß nicht ein wahres Wort von Ihnen geschrieben ist. א   Sie haben dies
    Nebenaugenmerk meines
Muthwillens recht sehr gut empfunden, ohne daß Sie nöthig hatten darauf als ein Räthsel zu studieren oder es weit herholen zu dürfen hören. Warum waren Sie damals auf meine Briefe empfindlich, bitter, lasen Sie halb mit einem SchalksAuge, halb mit einem Auge der Freundschaft und des Geschmacks. Warum sind das rückten Sie mir vor, daß ich mich in
    fremde Händel
mischte, und weißagten mir mit Frohlocken den Undank der Eltern? Sehen Sie das Vertrauen, die Offenherzigkeit, die Unerschrockenheit, die Verleugnung seines guten Namens und seiner Gemüthsruhe, v. d. gl. auch
    für Sächelchen
an, und die Pflichten eines Nachfolgers, ihn zu rathen, ihn aufzuwecken, für
    Nebenaugenmerke
, zu denen nichts als ein wenig Witz und Muthwille gehört. Sie laßen gern in
    solchen Sächelchen jeden ungebunden
und nach seinem Gutdünken handeln; ob einer mit Vertrauen oder Zurückhaltung falsch oder heimtückisch mit Ihnen mir handelt. Diese Denkungsart ist witzig und tändelnd, scheint demüthig und grosmüthig; schickt sich aber für keinen Rector, für keinen Magister, für keinen, der ein Freund seyn will, und es durch Opfer beweiset, für keinen Pythagoras, der den Olympischen Spielen zusieht. Homo sum, nil humani à me alienum puto. Ihres Herrn Bruders Gemüthsverfaßung, damals und jetzt, seine
    Lage in dem Hause
worinn ich ihn gebracht, sein künftig Glück, sein künftig Gewißen, zu dem seine gegenwärtige Einsicht und Treue eine Stuffe ist, sind keine
    fremde Händel
für mich. Wenn Sie dies an Ihrem leibl. Bruder für fremde Händel ansehen, wie kann ich Ihnen meinen leibl. Bruder und Ihren Urtheilen und unverholenen und liebreichen Ermahnungen trauen. Gott hat mir Gnade gegeben den
    Götzen in seinem
Herzen anzugreifen, dem Sie nicht das Herz haben nahe zu kommen, weil er
    Ihr eigener Abgott
ist. ב   Ungeachtet Sie also das Räthsel selbst trafen, ohne es weit herzuholen: so habe ich doch noch zum Ueberfluß es Ihnen selbst auf meiner Stube so wohl als in Ihrem Hause – am Spiegel, ich weiß die Stelle noch – gethan, und Sie darum gefleht:
    Thun Sie an meinem Bruder, was ich an Ihren gethan. Sie haben mehr Recht zu meinem Bruder, als Untergesetzten, wie ich zu Ihrem als bloßen Freunde und Nachfolger
. Ich muste meinen Witz auf Unkosten setzen, Leuten zu nahe kommen, die ich lange genung kenne, und ich wuste mein Schicksal so gut als Sie: das hätten und haben Sie noch alles nicht nöthig bey meinen Bruder. Ich habe ihn selbst geschrieben und wie ein Anonym ihm angefahren, um die
    Freude Josephs
bey seiner Wiedererkennung zu schmecken. Der Name eines Christen ist ein Name, den niemand kennt, als der ihn empfähet. Die den Gerechten haßen werden
    schuld
haben. Der Herr erlöset die Seele Seiner Knechte, und alle, die auf ihn trauen, werden
    keine Schuld haben
. Mit Ihrem Schreiben an Ihren gewesenen Zuhörer sind Sie meiner letzten Erinnerung schon zuvorgekommen. Er hat mir den Anfang deßelben vorgelesen. Sind Sie nicht
    kühn Staatskunst
mit ihm zu reden? Was denkt ein
    Hannibal
von einem
    Schulweisen
, der die Sichel in sein Feld schickte. Ich laß mich nicht durch
    Namen
so wenig als
    durch Wörter
hintergehen. Meine Menschen sind nicht helfenbeinern; sie müsten mich den für
    einen Elephanten
selbst schelten. Nicht Cadauera, nicht Klötzer nicht todte Bäume – sie fühlen und schreyen Gott Lob und überführen mich, daß ich sie nicht von fern ausspeculire, sondern sie mit
    meinem Dolch so gut als Bogen treffe
. Gott ist in den Schwachen mächtig; das sind aber keine schwache Leute, die ihre Nächsten so leblos beurtheilen, und an statt
    Hirten
    lebendiger
Lämmer sich anzusehen, sich für
    Pigmalions
halten, für große Bildhauer, deren liebreiches Herz den
    Othem des Lebens
ihnen mittheilen wird, si Diis placet. Treue ist da, ich sage Nein und leugne rund aus, daß sie so wenig im tummeln und herumschmeißen, noch laßen Händen und schlaffen Knien besteht. Was sie Treue nennen, ist vor für mich ein unbekanntes Wort, ein ens
    ihrer
Vernunft und guten Herzens. Wo Treue ist; da hört nicht nur eine
    gewiße
, sondern auch alle
    Läßigkeit
,
    Schlendrian
und
    Vergeßenheit
auf. Der Geist der Wahrheit
    erinnert
uns an alles. Ein
    Fonds von Misanthropie
und ein
    steifes Wesen
kann nicht gut seyn bey einem Schulmann, besonders bey einem öffentl. Ein
    Menschenfeind und Freund dieser Welt
ist beydes ein Feind Gottes. Ich lache Sie dafür aus, daß Sie ihm mehr Beqvemlichkeit einräumen, als Sie selbst haben; oder ich glaube Ihnen auch nicht. Du sollst Deinen Nächsten lieben als
    Dich selbst
.
    Ein Gemisch
von
    Bathos
und
    Schwulst
ist nicht die
    erhabene Moral
unsers Fürsprechers. Sie verderben ihn durch Ihre Gefälligkeit; laßen Sie ihn selbst für sein Examen und meine Grammatic sorgen. Wir müßen nicht in
    allem
dienen, sondern das
    als unnütze
Knechte thun, was uns befohlen ist. Durch den Diebstal kleiner nöthigen Ausgaben, sich die Strafe größerer zuziehen, heist in ihrer Sprache eine zu
    gekünstelte
Sparsamkeit; bey mir eine
    tumme
und nachtheilige. Daß unsere Urtheile nicht übereinkommen; ist sehr gut und daran kehre ich mich nicht. Ich prophezeye ihnen aber, daß Sie am Ende uns. Briefwechsels und unserer Reyse übereinkommen werden.
    Stark
und
    schön
ist alles, was ich bey einem Gedichte fordere und ein solches nenne ich ein Meisterstück. Die Uebersetzungen der Psalmen mögen sehr
    edel
seyn; sie kommen mir aber nicht genau genung vor, und ich sehe mehr bey einer Uebersetzung auf das letztere denn auf das erstere. Die hinterlaßene Schriften der Meta sind ein sehr
    philosophisch Werk
, das nicht für die Welt geschrieben, und dafür sie desto mehr danken sollte, daß es ihr mitgetheilt wird, weil dergl. Arbeiten die seltensten und originalsten sind. Nußknicker und galanthommes sind nicht das Klopstocksche Publicum. In seiner Sprache heist Nußknicker ein Richter und galanthomme ein Kenner. Diese Woche ist ein Pack an Sie abgegangen. Von Forstmann habe etwas mitgeschickt. Wenn er Ihnen nicht gefällt: so könnte ihn HE Bruder in Grünhof behalten. Seine Nachrichten für Sünder sind nicht mehr hier. Ich soll mich HE B. in Frieden nähern? Was Friede, ruffe ich Ihnen noch zu guter letzt mit dem rasenden Jesu zu. Ich bin so ein guter Patriot als Urias. Damons Bürgschaft, ein Gesprächspiel in einer berlinischen Schule oder Kindergesellschaft habe Ihnen beygelegt. Es übertrift Rachis; weil der Innhalt von einer Chimäre handelt, dergl. wir lieber lesen als spielen mögen; eine pythagorische Freundschaft. Ihr Exemplar ist einem Narren in die Hände gefallen, der Wände und Thüren so gerne bemahlt als ein Nußknicker v. galanthomme Fensterscheiben. Alle Zeigefinger des Griffels laßen sich sehr leicht mit ein
    wenig Waitzenbrodt
auslöschen. Herzl. Dank und Gruß von meinem Alten. Ich küße Ihre liebe Frau. à Dieu. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 155 (I 388/19): Ich hatte ihr zänkisch humeur bedenken sollen, das reibt sich an allem. Sie wollen sich nicht an Wörter binden. Errath ich: auf wirkl. Unterricht der Kinder. Am Rand zu HKB 155 (I 389/2): Not. der Freiheit näml. an den jungen A zu schreiben sollte
    Gesez
seyn an s. Bruder zu rächen. Wer dachte dies? 1) Resp. fratris mei merkte es, nicht sui. 2) Ich merkte Stolz, richterisch Ansehen ohne Sanftmuth. 3) Witz u. Witz ist verschieden. Jeder mit s. Gabe. Hatten sie deutsch reden wollen, so schreiben sie gerad u. nicht mit Schwung u. Funken. 4) Ich sehe auf das (?) Gewissen ist s. Art zu studiren. Im ersten sind wir eins. Im andern ist Neckerey, superioritaet u. fremde Händelsucht eines unruhigen Kopfes der s. Nachbar immer aufschreit Feuer Feuer, ohne daß es brennt oder er löschen soll.
Zu HKB 155 (I 389/12): Das waren nicht fremde Händel, das habe nicht gesagt. Rath an Freunde, aber Hofmeister über andre. Dies ist der? eines unerträglichen Aristarchs. Man darf mit Liebhabern nicht säuberl. verkehren, wenn es Abscheu ist. Der David wollt es doch, wegen Folgen. Zu HKB 155 (I 389/23): das habe auch verstanden u thue es aus christlicher Liebe nicht mit Poltern u. Ausfahren u. Schnauben. Vergälte alles zu sagen. ? sich über Kinder lustig zu machen das erbittert. Wenn ich so thäte, so entfernte das Gemüth u. machte es kaltsinnig. Zu HKB 155 (I 389/31): NB. Es sind nur Nebenzufälle, ich rede nicht Stundenlang oder laufe (?)… die Wälder der Staatsk. durch u. thue nichts. Er wird es nicht übel nehmen. Zu HKB 155 (I 390/4): Ein Hirte ist liebreicher Boni past. est pp. Mordstiche fühlt man. Ich rede von Umg. mit Menschen überh. und der Klugheit die ein Lehrer kann. Zu HKB 155 (I 390/10): Resp. Homo sum pp. Treue ist da. Schwacher Glaube ist arm, im Glaube dazu muß man alt werden im Wissen (?). Darum stehts se. Schulen. Zu HKB 155 (I 390/23): Künste lernen werden nachtheilig.
Königsberg den 9 Aug. 1759. Geliebtester Freund, Ich habe Ihre gütige Zuschrift vom 13 Junii erst vor 14 Tagen ohngefehr erhalten, da ich mich in Trutenau aufhielt. Wie selbige über einen Monath alt geworden, weiß nicht. Weil ich aber lange darauf gewartet, ist sie mir desto angenehmer geworden. Ich habe um Sie zu entschuldigen nichts mehr nöthig als meinen leiblichen Bruder zu denken. Sie haben mir geschrieben laut dem Anfange Ihres Briefes um mich aus meiner Unruhe zu ziehen, die ich über einige zweydeutige Briefe Worte Ihres vorigen Schreibens bezeigt. Wenn ich darüber unruhig gewesen, ist es nicht eine kleine Grausamkeit, einen guten Freund so lange darinn zu laßen? Ich mache mich aus den Urtheilen über meine Briefe nichts, und sehe das darüber entstandene Misverständnis der Eltern als eine wohlverdiente Züchtigung an. Die sind zu alt um durch Vorstellungen gebeßert zu werden; und ihre Kinder zu jung um meine Moral zu verstehen. Meine ganze Absicht war meinen lieben Freund, und Nachfolger, ihren Hofmeister, ein wenig aus der Schlafsucht aufzumuntern; und die Eltern haben ein ganz verdienstlich Werk gethan sich Ihrer Ehre gegen meinen Unfug anzunehmen und mich dafür ein wenig zu strafen. So lieb es mir unterdeßen gewesen das
    Wort
zu wißen, was man für ein gemeines Schimpfwort gelesen, dergl. ich nicht brauche, so lange ich witzige Umschreibungen davon machen kann: so gleichgiltig bin ich darüber, daß Sie es vergeßen. Ich wünschte unterdeßen, wenn Sie im stande gewesen wären diesen Lesefehler zu rectificiren – Daß Sie sich aber zu weit meiner Unschuld angenommen; dafür bin ich Ihnen Dank schuldig, doch nur in so weit, daß ich dabey die Erinnerung anhängen darf, Ihre Nächstenliebe nicht weiter zu treiben, als Sie sich Selbst zu lieben
    schuldig sind
. Ueber Ihren Entschluß so lange in Grünhof auszuhalten, als es Gott gefällt, bin sehr zufrieden. Wenn wir um Gottes willen leben und arbeiten, ist beydes am gesegnetesten. Ich habe meinen Nachbar von Luthers kleinen Schriften gesagt; er zweifelte, daß sie noch da wären. Sind sie es gewesen, so erhalten Sie selbige mit dem ersten Fuhrmann, der diese Woche abgegangen. Kommen sie nicht mit, so fehlen sie; und mein Bruder würde Ihnen mit seinem Exemplar auf einige Zeit lang dienen. Lilienthals Gesangbuch habe bestellt – Spruchkästchen
    vergeßen;
Spener mit Fleiß nicht mitschicken wollen, weil er neu zu viel kosten wird. Herr Rector erhält einige Sachen von Forstmann, die ich Ihnen empfehle. Dieser evangelische Prediger soll diesen May gestorben seyn. Ich habe dem HE. Rector Lyrische, Elegische und epische Poesien beygelegt, die Ihre Aufmerksamkeit verdienen, weil sie Meisterstücke an Gedichten und neue Aussichten in die Theorie der Dichtkunst darinn finden werden. Da die schönen Wißenschaften mit zu Ihrem jetzigen Beruf gehören; so glaube ich nicht, daß Sie selbige ganz bey Seite setzen werden. Ihr Genie, ihre Kenntnis darinn, und ein Rest der Neigung werden selbige Ihnen noch werther halten. Die hinterlaßene Schriften der Margarethe Klopstock gehören gleichfalls für Sie, Geliebtester Freund. Sie ist als eine Heldin im Kindbette oder vor demselben an den Wehen und Operations Schmerzen gestorben. Sollte es unserm Heldendichter auch so gehen, daß Seine Muse an der Meßiade unterläge? Dieses kleine Werk, das aus Fragmenten von Briefen zum Theil besteht, ist aus mehr als einem Gesichtspunct merkwürdig. Was machen Sie im Grünhöfschen Pastorath? Sind Sie schon Gevatter, oder wartet man auf meine Zurückkunft. Ist das neue Haus schon meubliert? Ich lebe hier so ruhig und zufrieden, als möglich. Es fehlt mir hier an Prüfungen nicht. Die Welt mag die beste seyn oder nicht – wenn nur Gott darinn regiert, oder in unserm Herzen vielmehr; so werden seine Wege unsern Augen allemal wohlgefallen. Dieses Wohlgefallen an den Wegen der mütterlichen Vorsehung sey auch Ihr Trost und Trotz! und Sein Heiliger Name Ihre Sonne und Schild! Sie haben mir nicht ein Wort an meinen Freund Baßa gedacht? Er hat mir selbst geschrieben; und ich empfehle Sie Einlage zu eigenhändiger Bestellung. Weil ich hier keine Amtsgeschäfte habe, fiel es mir ein das Griechische vorzunehmen. Ich bin mit dem Neuen Testament einmal zum Ende gekommen, und wiederhole es jetzt. Sind Sie auch schon so weit? Unstreitig weiter? Wenn Gott hilft, kommt die Reyhe vielleicht an das hebräische. Ich habe noch zu wenig Kenntnis von der griechischen Sprache; den Mangel ihrer Grammatiken möchte bald aber beurtheilen können. Ihre Abweichungen kommen von der Ungeschicklichkeit der angenommenen Regeln her. Je weniger Regeln, desto weniger Ausnahmen. Eine Sprache, welche die gröste Anomalien hat, sollte die nicht die allgemeinste Principia zu ihrer Bildung angenommen haben? Weil man nicht auf die letztere gekommen, hat man mehr ihre Analogie mit andern Sprachen als ihre innere Natur zum Fundament der Grammatic gemacht. Dialecten und Figuren muß man kennen um griechisch zu verstehen; hierinn besteht ihre Schönheit und Schwierigkeit. Dialecten gründen sich auf eine philosophische oder experimentalische Kenntnis der Laute; Figuren auf eine logische Syntax Etymologie. Wenn Sie diese kurze Beobachtung nicht für ein Galimathias halten wollen, so denken Sie in Ihren griechischen Stunden daran, die Ihnen behülflich seyn werden das zu erklären, was ich sagen will. In der Sprache jedes Volkes finden wir die
    Geschichte
deßelben. Da das Geschenk zu reden unter die unterscheidende Vorzüge des Menschen gehört; so wundert mich, daß man noch nicht die Geschichte unsers Geschlechts und unserer Seele von dieser Seite näher zu untersuchen einen Versuch gemacht. Das unsichtbare Wesen unserer Seele offenbart sich durch Worte – wie die Schöpfung eine Rede ist, deren Schnur von einem Ende des Himmels biß zum andern sich erstreckt. Der Geist Gottes allein hat so tiefsinnig und begreiflich uns das Wunder der sechs Tage erzählen können. Zwischen einer Idée unserer Seele und einem Schall, der durch den Mund hervorgebracht wird ist eben die Entfernung als zwischen Geist und Leib, Himmel und Erde. Was für ein unbegreiflich Land verknüpft gleichwol diese so von einander entfernte Dinge? Ist es nicht eine Erniedrigung für unsere Gedanken, daß sie nicht anders sichtbar gleichsam werden können, als in der groben Einkleidung willkürlicher Zeichen und was für ein Beweiß Göttlicher Allmacht – und Demuth – daß er die Tiefen seiner Geheimniße, die Schätze seiner Weisheit in so kauderwelsche, verworrene und Knechtsgestalt an sich habende Zungen der Menschlichen Begriffe einzuhauchen vermocht und gewollt. So wie also ein Mensch den Thron des Himmels und die Herrschaft deßelben einnimmt: so ist die Menschensprache die Hofsprache – im gelobten – im Vaterlande des Christen. Heil Uns! Freylich schuf er uns nach Seinem Bilde – weil wir dies verloren, nahm er unser eigen
    Bild
an – Fleisch und Blut, wie die Kinder haben, lernte
    weinen
– lallen – reden – lesen –
    dichten
wie ein wahrer Menschensohn; ahmte uns nach, um uns zu Seiner Nachahmung aufzumuntern. Auch die Heyden hatten ein Wörtchen von diesen Geheimnißen, in ihre Mythologie einzuflechten, vernommen. Jupiter verwandelte sich um die Gunstbezeigungen seiner rechtmäßigen Gemalinn zu genüßen, in einen elenden, mit von Regen träufenden, zitternden und halbtodten Guckuck – Der Jude, der Christ verwirft daher seinen König, weil er wie eine Henne um seine Keuchlein girrt, und in sanftmüthiger, elender Gestalt um die Rechte seiner Liebe wirbt. Der Heyde, der Philosoph erkennt die Allmacht, die Hoheit, die Heiligkeit, die Güte Gottes; aber von der
    Demuth
seiner
    Menschenliebe
weiß er nichts. Als ein schöner Stier, als ein Adler, Schwan und güldener Regen theilte sich Jupiter seinen Bulerinnen mit. Wenn ich in meiner Einbildungskraft ausgeschweift; so ist die Aussicht meines verwilderten Gärtchens schuld daran, in dem ich schreibe. Daß er auch der Heyden Gott ist; dafür haben wir Gelegenheit ihm auch zu danken, wenn wir mit Thoma ihn ganz allein uns zu eigen machen, und ihm nachsagen:
    Mein
Herr und
    Mein
Gott. Ueberlaßen Sie sich der Führung des Guten Hirten, der Sein Leben läßt für Seine Schaafe, und aus deßen Hand uns kein Feind rauben kann. Meinen Gruß vermelden Sie an Ihre jungen Herren – Ich bin mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebener Freund. Hamann. Herr Lauson und der kleinen Profeßorin Sohn HE Becker, der in Pohlnischen Diensten Auditeur geworden, und sich seiner hypochondrischen Gesundheitumstände hier aufhält, haben mich besucht und gebeten Sie zu grüßen. Mein lieber Vater befindet sich Gott Lob! leidlich und wünscht Ihnen alles Gute für Ihre freundschaftl. Erinnerung Seiner. Im Nordischen Zuschauer Aufseher habe einige schöne Stücke von Klopstock gelesen. Critische Abhandlungen, desgl. wir wenige haben über den poetischen Ausdruck und Period. Eine Ode über die Allgegenwart. Als Der mit dem Tode gerungen Mit dem Tode! Heftiger gebetet hast! Als Dein Schweiß und Dein Blut Auf die Erde geronnen war; In
    der
ernsten Stunde Thatest Du jene große Wahrheit kund Die Wahrheit seyn wird So lange die Hütte der ewigen Seele Staub ist! Du standest und sprachst Zu den Schlafenden: Willig ist eure Seele Allein das Fleisch ist schwach. Golgatha sein Musenberg; und der am Creutz der Schlüßel aller göttl. Eigenschaften, besonders der Allgegenwart. Mit
    Flügeln der Morgenröthe
wagt er sich in dies Meer; und fällt in eben den Ton, aus dem er seinen Gesang angefangen: Der für mich mit dem Tode rang Den Gott für mich verließ Der nicht erlag, Als ihn der Ewige verließ Der ist
    in mir
! Gedanke meines tiefsten Erstaunens Ich bete vor dir! Da die Winde gewaltiger wehten Die höhere Wog’ auf ihn ströhmte Sank Kephas! Ich sinke! Hilf mir, mein Herr und mein Gott! Ich habe diese Blume abgebrochen – mit heiligem Schauer, wie der Dichter sagt: Mit heiligem Schauer Brech ich die Blum’ ab! Gott machte sie! Gott ist, wo die Blume ist. Er nahm es der Maria nicht übel daß sie Ihn für den Gärtner ansahe – Leben Sie wohl.
Königsberg, den 18 Aug. 1759. Herzlich geliebtester Freund. Ich setze die Antwort Ihres letzten Briefes fort und fange vom P. S. an. Wegen der Frau Stadtr. Wernerin kann Ihnen noch keine Nachricht geben. HE. Schultz logirt aber bey dem Peruquier Vogt, und ich glaube daß er der Sohn des Auction-Secret. ist, der aus Ihrer Schule dimittirt worden, aus der lustigen Beschreibung, die die Magd seines Wirths uns. Hausjungfer von seiner Munterkeit gemacht, welche s Sie nicht für authentic aufnehmen müssen, wenn ich sie gleich schreiben möchte. Ich kann mich seiner nicht erinnern und würde ihn nicht kennen, wenn ich ihn auch sehen oder begegnen möchte. Sie haben nicht eigentl. verstanden, was ich in meinem letzten vorigen Briefe von einem Schreiben an ihren alten Zuhörer und von der Calligraphie habe sagen wollen, und nennen meinen Sinn daher humor. R. Meine erste Erinnerung ist schon geschehen und ich bin mit selbiger zu spät gekommen. Ihr alter Zuhörer ist – – rathen Sie wer? und der jetzige Collaborator schreibt zur Noth eine schöne Hand, zu schön wenigstens für seinen jetzigen Charakter, da er das seyn sollte, was er genannt wird; kein bloßer Calligraph sondern ein guter Collaborator. Meine Briefe sind vielleicht schwer, weil ich elliptisch wie ein Griech, und allegorisch wie ein Morgenländer schreibe. Ungelehrigkeit, die keine Anwendung von meinen Figuren machen und meinen Fleiß im analysiren auf sich deuten will, ist eben so eine schlechte Exegesis als Leichtfertigkeit, wodurch der Sinn meiner Einfälle nur noch mehr vereitelt wird. Der comische Dichter mag immer lachen, so geht seine satyrische Nase nicht den Zuhörer an; sondern zu dem sagt er: Ich arbeite bey meinem Lachen. Warum lachst du aber? Du bist selbst der Mann der Fabel, derie meiner Nase
    Tropfen
und
    Runzeln
giebt. Ein Lay und Ungläubiger kann meine Schreibart nicht anders als für
    Unsinn
erklären, weil ich mit mancherley Zungen mich ausdrücke, und die Sprache der Sophisten, der Wortspieler, der Creter und Araber, der Weißen und Mohren und Creolen rede, Critick, Mythologie, rebus und Grundsätze durch einander schwatze, und bald κατ’ ἀνθρωπον bald κατ’ ἐξοχην argumentire. Der Begrif, den ich von der Gabe der Sprachen hier gebe ist vielleicht so neu, als der Begrif, den Paulus vom Weißagen giebt, daß nämlich selbiges in der parrhesie und ἐξουσια also zu strafen und also zu richten bestünde, daß das Verborgene des Herzens offenbar würde und der Laye auf sein Angesicht fiele, Gott anbetete und bekennete, daß Gott wahrhaftig in uns sey. Es ist freylich ein großes Geheimniß, daß der erhabene Geist eines Locke und Newton und Montesquieu Schmerzen empfindet, und mitten in dem Bau vielleicht ihrer erhabenen Lehrbegriffe zu schreyen anfängt, wenn ein Unvorsichtiger eine empfindliche Leichdorne seiner Zehen beleidigt. Wie außerordentlich muß es uns daher nicht vorkommen, daß wir Juden sind, die den Herrn der Herrlichkeit kreutzigen, wenn wir dem Geringsten der Seinigen zu verstehen geben, daß er keinen Dank mit seiner unnützen Arbeit, und eher Steine als einen Trunk kalten Waßers verdiene; und daß wer Ihnen zu nahe träte, Gott selbst in die Augen schlüge. Und doch können die Aufwallungen des Bluts und die damit verbundene Heftigkeit der Leidenschaften durch nichts kräftiger gebrochen werden, als durch einen Trunk kalt Waßers. Ein
    Krüger
würde bey einem Durstigen damit mehr Dank verdienen, als mit seinen gelehrten Träumen über die Leidenschaften ppp. Sie können mir nicht beschuldigen, daß ich meinen Ausfall gethan, weil Sie geredet, sondern weil Sie geschwiegen haben. Und wenn jeder reden wollte wie ich, so würden wir bald einig seyn. Wenn ich antworte, so nennt man das einen Ausfall; weil man gewohnt ist so zu reden, daß alle Leute still dazu schweigen müßen, so ist man dieser Freyheit bey jedem Punct ungewohnt, und man will seine Worte und Schlüße auf guten Glauben angenommen haben. Wenn es auf Logic in unserer Sache ankäme, so weiß ich nicht, wer sie mehr auf seiner Seite; und wenn man alle Regeln derselben beleidigt; so wird begehe ich vielleicht nur die Uebertretung der angeführten: nemo tractet personalia. Sie wollen vielleicht aus lauter universalibus Ihren Beweiß führen, und was man particularia sonst nennt, heißt hier vielleicht personalia. Der
    Freund
wird mein
    Richter
seyn; weil ich weiß, an wen ich glaube. Wenn Sie das Herz hätten ein Freund zu seyn, so würde Ihnen in unserer Sache an der Klugheit eines Richters gewiß nicht fehlen. 1 Cor. VI. 2, 3. steht in meinem Schatzkästchen. Wenn der
    Zuschauer
nicht Richter seyn will; wer denn? Die Kämpfer? Alle ihre schönen Reden schmecken mir wie lau Waßer; und ihre Wirkung müßen Sie nicht mir zur Last legen. Ich lese rücklings, wie Ihnen schon gemeldet. Diesen Punct verstehe nicht und wünschte im rechten Ernst denselben erklärt zu sehen. Ob er eine veritas uniuersalis oder personalis seyn soll. „Ist es Gottes Wille, so verfliegt das Dunkle: Es werde Licht! Licht, wo es nöthig ist, Glaube, wo er seyn soll.“ Warum sie das Wort des ersten Tages
    dunkel
nennen; und was Sie hier darunter verstehen, wenn es verfliegen soll, weiß nicht. Uebrigens denke ich, ist das Licht in der Finsterniß am nöthigsten, und der Glaube an Dinge, die nicht gesehen noch vernommen werden können vom natürl. Menschen; nicht ἀτοπος, sondern an seinem rechten Orte. Sie hoffen nicht, daß B. hart gegen mich seyn wird, weil dies seine Art nicht ist. Hier scheint eine freundschaftl. Unruhe hervorzuleuchten. Wenn Ihnen im Ernst Angst dafür ist, daß mir hart sollte von ihm begegnet wäerenden – – so ist es kein Wunder, daß nach der falschen Kenntnis, die Sie von
    meiner Art
haben, ihre Freundschaft einen ganz falschen Geschmack und Farbe annehmen muß. Ich wünschte nichts mehr, als daß HE B.
    hart gegen mich wäre
und die Maske der Freundschaft niederlegen wollte, daß ich nach den Gesetzen des Maskeraden nicht länger unter meiner schwitzen dürfte. Ich werde aufhören sein
    Wiedersacher
zu seyn; so bald er den Glanz eines Engels des Lichts ausziehen wird. So lange wir aber unter unserer Verkleidung bleiben; ist es
    gut
, daß wir uns einander meiden, und ganz
    natürlich
, daß ich Kohlen rede und er schimmernde sanft säuselnde Wahrheiten und Sittensprüche, ich einen Pferdfuß, bald des Bucephali bald des Pegasi, zu meiner Maske Rolle borge; er hingegen mehr Lust Gefallen als Aristoteles an seinen eigenen Beinen haben kann. Wenn er so hart gegen mich seyn wollte, als ich gegen ihn gewesen; so hätten wir uns schon lange einander erkannt und wir würden schon im V. Actu unsers Lustspiels seyn. Als ein Engel des Lichts, wißen Sie, kann er mir keine Gewaltthätigkeit thun, so große Lust er unter dem Theaterkleide er auch dazu öfters hat; unterdeßen mir das meinige allen nöthigen Unfug berechtigt. Er besuchte mich sehr lange – ich weiß die Zeit nicht, daß ich ihn gesehen – mit dem HE Mag. Kant, durch den er meine Bekehrung wie durch Sie versuchen wollte. Es war eben Feyertag für mich, an dem ich meine Maske nicht brauchen wollte; und die Wahrheit zu sagen; es war ein Glück für mich ich hatte auch nichts weniger nöthig, denn die seinige war so zerlumpt, daß der weiße Engel beynahe von dem durchschlagenden schwarzen Engel Schatten eclipsirt wurde. Ich versprach mich bey seinem neuen Freunde in der Zeit von 2 Tagen zu einem Colloquio einzustellen. An statt selbst zu kommen, rief meine Muse den Kobold des Sokrates aus dem Monde herab und schickte ihn in meinem Namen mit einer Granate, die aus lauter kleinen Schwärmern bestund. Weil ich seinen kleinen Magister so sehr liebe und hochschätze, als Ihr Freund; so macht ich ihm dies Schrecken, um zu verhindern, daß er sich nicht weiter einlaßen sollte. Sie sagen ganz recht: Mund gegen Mund, denn ist freylich die dritte Person nicht nöthig. Und dies gab ich auch dem kleinen Socrates und großen Alcibiades so gut zu verstehen als ich konnte. Alle meine Syrenenkünste sind umsonst; mein Ulysses hört nicht, die Ohren voll Wachs und am Mastbaum angebunden. Ich will also Ihren guten Exempel folgen und weiter nichts stimmen. Endlich geben Sie mir die Versicherung, daß ich alles ganz sicher in den Schoos Ihrer Freundschaft niederlegen kann, was ich Ihnen entdecken will – – Machen Sie aber aus Ihrer Freundschaft kein Schweißtuch, sondern wuchern Sie mit dem, was Ihnen anvertraut und bey Ihnen deponirt wird. Eine Treuherzigkeit ist der andern werth. Für das, was ich Ihnen im Vertrauen gesagt habe, wollen Sie mir auch sagen, was HE. B. meynt, denn so weit kann Ihre Ordre gehen. Er klagt nämlich, daß ich heimlich stoltz und eigensinnig bleibe. Diese kleine Brut will ich noch zertreten und denn auf immer schlüßen. 1.  Wenn Sie meynen, daß ich aus der Schule plaudere um Sie gleichfalls auszulocken; so müßen Sie diese kindische Lüsternheit nicht durch halbe Bißen nähren; sondern wie ein Lehrer mir den Kützel verweisen, oder wie ein Freund mir nichts vor entziehen, wenn ich alles wißen muß. 2.  Was Ordres unter gute Freunde sind, verstehe ich gar nicht. Sie haben Züge, bey denen man blind seyn müste, wenn man sie verkennen sollte. Meinem Umgange wurde auch das erste mal da wir uns sahen Gesetze von XII. Tafeln vorgelegt – Ich verlange keinen Umgang. Ich schäme mich davon zu reden. Wenn Sie zehnmal meine Worte verstehen über die Pflichten der Freundschaft; so werden Ihnen dadurch nicht die Empfindungen derselben mitgetheilt werden. Wenn HE. B. ein Patricius gleich ist, so ist er doch noch kein Archont; und es heißt in Solons Gesetzen: πειθαρχειν δει Θεω μαλλον η ἀνθρωποις. 3.  Wenn er Ihnen klagt daß ich heimlich stoltz bin – so hintergeht er Sie. Ich habe nicht nöthig heimlich stoltz zu seyn, als einer der sich seines eigenen Stoltzes schämt oder mit selbigen andern Schaden thun will. Ich habe nicht nur eingestanden, daß ich stoltz bin; sondern auch die guten Gründe, die ich habe es zu seyn und mit Gottl. Hülfe darinn zu verharren. Eigensinnig war sein Vater; eigensinnig heist eine Frau, die sich nicht für einen Stutzer auf den Rücken werfen will; eigensinnig heist alles, was uns im Wege stehet. Einer auf dem breiten Wege findet vielleicht weniger Eigensinn, noch hat selbigen so nöthig, als ein Mensch, der auf einem schmalen Pfade geht, und ohne Lebensgefahr nicht ausweichen noch um sich gaffen kann, sondern
    Wiederstehen
und auf seinen Weg wachen muß. 1 Petr. V. Sie werden einige Schriften erhalten haben. Die Hällischen Gedichte v Klopfstockin wird mein Bruder zusammenheften laßen und für sich behalten; wie viel sie kosten, weiß nicht. Nächstens werde selbst ihm darüber schreiben. Ich habe ihm den Massuet gekauft, und dachte ihm damit ein recht nützl. Andenken zu machen. Er kostet mir hier 15. Thrl. Er verdient nicht dem Spectacle der Natur an die Seite zu stehen. Wenn Sie an überschickten, Liebster Freund, etwas zu erinnern finden; so bitte mir solches aus. Ich hatte Ihnen lieber die fröhl. Nachrichten des Forstmanns geschickt als dies Werk. In den Personalien herrscht ein gewißer Ton, der einige Ohren beleidiget. Ich habe hier den Anfang gemacht zu einem kleinen Aufsatz über einige Denkwürdigkeiten in Sokratis Leben. Sollte ich mit selbigen weiter kommen; so möchte mir die Freyheit nehmen Ihnen zur Durchsicht zu überschicken. Vielleicht den ersten halben Bogen mit ersten; aber ich müste ihn wieder zurück haben. Sie wißen wie schwerfällig ich arbeite, und daß ich mehr mit umgekehrten Griffel als mit dem spitzen Ende deßelben schreiben muß. 3 Bogen wären stark genung. Mein Vater grüßet Sie freundschaftl. nebst Ihrer Frau Libsten, die ich nebst Ihnen gemeinschaftl. umarme. Entschuldigen Sie mich bey meinem Bruder. HE. Lauson hat erhalten, danke für das Meinige, Trescho soll schlecht seyn. Leben Sie wohl.
Vergib mir, mein lieber Bruder, meine List, und laß mich nicht länger als eine blinde Kuh Dir nachlaufen. Es ist Zeit umzukehren mit dem verlohrnen Sohn, sein Elend zu erkennen. Gib mir, mein Sohn! Dein Herz und laß Meine Wege Deinen Augen wohlgefallen. Soll Gott Dir Selbst vom Himmel reden; kann Er eine nähere Stimme dazu brauchen, und eine natürlichere Sprache, als wenn er seinen Ruf durch den einigen Bruder, den Er Dir auf der Welt gegeben, Dir hören läst. Verstock Dein Herz nicht länger dagegen. Dein gestriger Brief hat mich sehr gerührt. Was für eine kindische Begeisterung über dasjenige, was Du nach der Einfalt Deines Herzens für mein Glück ansiehst; unterdeßen Du so sorglos für Dein eigenes dahin lebst. Der Vater, der Freund, das Haus – und die Braut, die ich Dir auf Deinen Wunsch in diesem Briefe zuführe: ist Dein Gott und Dein Mann, Bein von Deinem Bein und Fleisch von Deinem Fleische, in deßen Tod Du begraben worden, mit dem Du wieder auferstanden, und deßen Leib und Blut Du so oft geeßen und getrunken. Wache auf, der Du schläfst und stehe auf von den Todten: so wird Dich Christus erleuchten. Sey ein lebendes Glied an Seinem Leibe und erkenne ihn für Dein Haupt. Laß Deinen Willen dem Seinigen unterworfen seyn. Lauf nicht zu Menschen, wenn sie auch Hohepriester wie Eli wären; es ist Gottes Stimme. Höre; was Er redet. Der rollende Donner, der lispelnde Bach, und die kühle Abendluft im Garten; sind Zungen seiner Eigenschaften. Was sind alle Sonnen und Erden mit ihrer Harmonie; und die Sprache der Morgensterne unter Engeln und Menschen. Ein tönend Erz – gegen die Liebe, die aus dem Blute Seines Sohnes, Unsers Bruders, des Lammes, das von Anfang der Welt für Uns geschlachtet worden, redet. Laß Sein Blut, daßs für Dich vergoßen, und der Saame Seines Göttlichen Wortes, nicht länger auf die Erde fallen; sondern fange es mit durstiger Seele, mit zerknirschten und gläubigen Herzen auf. Ich bin des Schwertes müde, das mir Gott in die Hände gegeben; wozu muß ich mich in einen grausamen gegen Dich verwandeln? Laß Dir Jesum für Augen gemahlt seyn, als für Deine Sünden zum Fluch am Kreutz gemacht; Laß die Bibel Dein täglich Brodt seyn, nimm hin und iß es, als wenn es zu Deinem Unterricht allein vom Himmel gefallen wäre. Suche nicht Gott mit langen Gebeten, andächtigen Uebungen, Kasteyungen und guten Werken zu versöhnen. Er ist schon versöhnt – nicht heute – von Ewigkeit her – und es ist alles für Dich bereitet in diesem und in jenem Leben. Genüß es mit Empfindung Deiner Unwürdigkeit und mit Dank gegen Den, der es Dir erworben, und bitte Gott, daß Er Seine Liebe durch Seinen guten Geist reichlich ausgüßen wolle. Dann wird Dir im Gesicht Deiner Feinde ein Tisch bereitet werden, und Dein Becher wird überlaufen. Anstatt Dornen und Disteln wird Dein Acker Feigen und Trauben tragen. Es wird Dir weder des Morgens an Früh- noch des Abends an Spatregen fehlen. Und wenn gleich der Feigenbaum nicht grünen wird, und kein Gewächs seyn wird an den Weinstöcken wenn gl. die
    Arbeit
an Oelbaum fehlt, und die Acker keine Nahrung bringen, und die
    Schaafe
aus den
    Hürden
    gerißen
werden, und
    keine Rinder
in den
    Ställen
sind: so wirst Du Dich doch des Herren freuen können und fröhlich seyn in Gott, unserm Heyl. Denn Der Herr ist meine Kraft und wird meine Füße machen wie Hirschfüße, und wird mich in die Höhe führen, daß ich singe auf meinem Seytenspiel. Habacuc. Deine Zeit wird Dir zugemeßen werden; jede Stunde wird die Länge haben, die zu ihrem Werk nöthig ist. Ein neues Leben in Dir – und außer Dir. Selbst eine Neue Creatur: wird die ganze Schöpfung um Dich herum Neu werden. Du wirst Dich Deines Berufs freuen – Engel werden Dich auf den Wegen deßelben auf ihren Händen tragen, daß Du Deinen Fuß an keinen Stein stoßest. Alles wird Dir zum besten dienen müßen; alle die Fehler und Irrgänge, worüber Dir jetzt die Augen aufgehen werden, und die Dir als Strafen Deiner Thorheit und Unglaubens schrecklich dünken – sind im Grunde nichts als Entwürfe Göttlicher Weisheit und Güte, die Du ohne Dein Wißen erfüllt. Bleibe nur bey Gottes Wort, und übe Dich darinn, beharre in Deinem Beruf, und nähre Dich redlich, und verlaß Dich auf den Herren von ganzem Herzen. Er wirds wohl machen und Dich nicht verlaßen noch versäumen. Er will weder Dich noch Menschen zu Baumeister Deines Glückes haben. Er hat Himmel und Erde und ihre Heere für Dich bereitet. Der stumme Geist wird ausfahren, und dein Mund wird voll Lachens und Rühmens seyn. Liebe, Aufrichtigkeit,
    Vertrauen
gegen Deine Nächsten; davon wird Dein Mund überflüßen, aus der Fülle und dem reichen Schatz Deines Herzens, das nicht mehr einem Kieselstein ähnlich seyn wird, der
    Sand zum überstreuen
giebt, mit dem sich aber nicht schreiben läßet. Entschlage Dich aller Deiner Nebenarbeiten. Schul- und theologische Studia laß Dein Haupt Augenmerk seyn und bitte Gott, daß er Dir alle Lüste des alten Menschen überwinden hilft. Vergiß Deine Pflichten nicht gegen Deinen Wirth; ich habe gedacht Dich durch ihn Gott anzuwerben. Laß Dein Licht leuchten, wirf den Scheffel des Eigennutzes und das Bett der stoltzen Ruhe um – und laß es leuchten vor den Leuten in Deinem Hause – vor den Lämmern Deiner Weide, daß der Name Deines himmlischen Vaters auch durch Dich und an Dir gepriesen und geheiligt werden möge. Nicht uns, Herr! Nicht uns; sondern Deinem Namen gieb Ehre. Amen!
Königsberg, den 31. Aug. 1759. Herzlich geliebtester Freund, Auf die Woche wird Ihre GeEhrte Mama Ihnen überschicken einige Sachen, wo die Fragmente der erzählenden Dichtkunst, Damons Bürgschaft und Reichels Jesaias mitkommen werden. Ich werde mit dem letzten aufhören, weil ich glaube, daß ich bald die mir angesetzte Summe werde erfüllt haben. Was den Jesaias anbetrift, so hat mir der Anfang davon so gefallen, daß ich aus Zufriedenheit, die ich darüber geschöpft, Sie gern habe wollen daran Antheil nehmen lassen. Sollte es wieder Vermuthen Ihnen unnütze seyn, so denke der Herr Bruder in Grünhof würde es brauchen können. Wegen des letzt erhaltenen habe noch zu erinnern, daß die epischen lyrisch pp Gedichte nebst der Klopfstockinn meinem Bruder zugedacht sind. Von Logau und dem übrigen weiß nicht ein Wort, dies ist also ein Einfall meines Nachbarn, das Vaterunser in 100 Sprachen gleichfalls und was Sie noch sonst mögen erhalten haben. Von alle dem, was ich schicke, thue in meinen Briefen Erwähnung. Wornach Sie sich ins künftige zu richten haben. Ich werde Ihnen vor der Hand nichts mehr schicken, als was ich Ihnen vorher ankündigen werde; es müste denn etwa eine Kleinigkeit und etwas seyn, davon ich wüste, Sie könnten solche nicht haben. Daß mein Bruder Logau behalten, ist mir lieb. Von Forstmann hätte Ihnen weit lieber die Nachrichten für die Sünder zugedacht, als das stärkere Werk. Jene sind aber nicht mehr zu haben, und aus Neigung gegen diesen evangelischen Mann habe die Unkosten der 3 Theile gewagt. Ich hoffe, sie werden Ihnen nicht leyd thun. Einige Personalien müßen in Ansehung ihres Innhalts nach der Liebe ausgelegt werden. Ich lese jetzo noch den ersten Theil und habe den 3ten noch garnicht gesehen. In seinen Zueignungsschriften findt sich ein neuer und freymüthiger Schwung, der mir sehr b gefällt. Haben Sie die
    Arzeneyen;
es herrscht ein beißender Witz in denselben, der aber nicht immer rein und die besten Gegenstände seines Spottes wählt. Theils Empfindung, theils Nachahmung. Qvacksalbereyen wäre noch ein beßerer Titel; unterdeßen sind sie zur Noth zu lesen. Weiter habe nichts auf dieser Meße gefunden. Kennen Sie ein Schauspiel die
    Lisbonner
? Ich habe bloß eingegukt. Wielands seine Johanna Gray werden Sie schon haben. Ich habe sie gelesen, ohne daß ich weiß was ich davon sagen soll. Ich bin jetzt mit einem Werk beschäftigt, das in ihre Bibliothek gehört. Des Presidenten von Goguet de l’origine des loix, des Arts et des Sciences. Es ist ein Zwilling von Rollins alter Geschichte. Gelehrsamkeit, ein gesunder Gebrauch davon; und das Alte ist durch den gegenwärtigen Zustand der wilden Völker immer erklärt. Weder in Betrachtungen noch Einfällen ausschweifend. Kurz, recht sehr brauchbar, und ein Cornu copiae für einen Philosophen so wohl als Leser von Geschmack. Der Sergeant ist gestern in Gesellschaft des HE. Cornette von Dreyling zur Armee abgegangen und besuchte uns noch um einen zieml. wehmüthigen Abschied zu nehmen. Ich begleitete ihn nach Ort und Stelle wo ich seinen Bruder fand, den ich mich herzlich freute wiederzusehen. Machte mich auf seine Gesellschaft den Nachmittag Staat; es fiel ihm aber ein in die Kanzeley anzusprechen. Künftige Woche denke ihn zu besuchen; weil ich mit meiner Arbeit fertig, und bloß noch die Abschrift davon noch einmal unternehmen möchte. Meinem Nachbar habe heute selbige gebracht, der sehr geneigt schien sie zu übernehmen. Weil ich den Anfang des Persius O curas hominum & Quis leget haec aut
    duo
aut
    nemo
so habe
ich zwey Zuschriften an
    Niemand
und
    Zween
dazu gemacht. Das ganze Werk ist mimisch und besteht in einer Einleitung, 3 Abschnitten und einer Schlußrede. Ich habe die vornehmsten Umstände aus Sokrates Leben mitgenommen, und mich bey einigen besonders aufgehalten, die ich von so viel Seiten als möglich untersuchen wollen, und zugl. eine Probe von einer lebendigeren Art die Philos. Geschichte zu studieren versuchen geben wollen. Es wird mir aber wie den
    Poeten
gehen, welche durch das Vergnügen, was sie ihren Lesern zu geben suchen, den Unterricht derselben verlieren. Sind die Poeten schuld daran? War Ezechiel einer, daß Gott zu ihm sagen muste: Du bist für Dein Volk der Liebesgesang eines Menschen der eine gute Stimme hat, und wohl auf ein Instrument spielen kann; denn sie hören Deine Worte, und wollen sie nicht thun. Wenn es aber geschehen wird (siehe es wird geschehen!) denn werden sie wißen, daß ein Prophet unter ihnen gewesen Cap. 33. Eine Stelle in Ihrer letzten Zuschrift giebt mir zu dieser Anführung Anlaß. Ich danke Ihnen herzlich für die Gedult, die Sie bisher mit mir gehabt, und werde selbige nicht länger misbrauchen. Sie werden mir erlauben, Geliebtester Freund, mit einer nochmaligen Wiederholung und Erklärung über einige Puncten zu beschließen. Sie irren
    vielleicht
in einigen Dingen; und weil diese Irrthümer, wo nicht Ihnen, doch mir nachtheilig seyn können: so wünschte ich, daß Sie meiner Zweifelsucht ein wenig nachahmten. Sie setzen in meinem bisherigen Betragen
    lautere
Absichten und die
    Nothwendigkeit der klügsten
und
    weisesten
Mittel zum voraus; oder fordern dies wenigstens von ihrem Freunde. Diese
    Voraussetzung
ist grundfalsch und daher kein Wunder, daß sie allenthalben facta finden, die mit ihrer Hypothese von meinem guten Herzen und Klugheit zu handeln streiten. Eine
    Forderung
davon zu machen aber ist ungerecht, weil sie der menschlichen Natur ihre Kräfte übersteigt. Alles anstößige was Sie daher an mir finden, trift mich nicht, und kann mich auch nicht treffen, weil es nichts als Folgen unrechter Grundsätze sind, die sie hintergehen. Wenn ich mich noch so
    vernünftig
und
    gewißenhaft
in allem verfahren und handeln könnte: so könnte meine Vernunft Thorheit und mein Gewißen Schande und Blindheit seyn. Sobald Paulus ein Geist wurde, hielte er alle seine Unsträflichkeit und Strenge, alle seine Klugheit und Eyfer, für Schaden und Koth. Christum lieb haben, war seine Weisheit und Sittenlehre. Diese erlöset uns von dem Fluch des göttl. Gesetzes; geschweige daß wir nicht von Menschensatzungen
    frey
seyn sollten. Wenn ein Christ sich denselben unterwirft, so geschieht es auch nur um Gottes willen. Die Freundschaft soll geradezu sprechen, wenn sie lehren will. Ist ihre Methode; die ich wünschte, daß sie immer von Ihnen getrieben würde, und für die ich Ihnen vor allen ihren Freunden Dank wißen wollte. Ich will Ihnen meine Gedanken über diesen Lehrsatz mittheilen. Wir sind Freunden unter allen übrigen die meisten Achtsamkeiten schuldig; daher müßen wir unsern Unterricht gegen sie mit mehr Achtsamkeit treiben als gegen andere. Freundschaft beruht auf
    Gleichheit
; Unterricht hebt dieselbe auf. Hier ist also kein geradezu gehen möglich, ohne einem und dem andern den Rücken zuzukehren, oder beyde aus dem Gesicht zu verlieren. Freundschaft legt uns Hinderniße im Wege, die ich bey fremden und Feinden nicht habe; und hiezu gehören
    neue
Regeln; wodurch ihre Methode ziemlich verdächtig gemacht wird, oder es ist eine Methode, die Sie selbst so wenig gebraucht haben, daß sie ihre Natur nicht kennen. Was hat aber die Freundschaft mit
    lehren
,
    unterrichten
,
    umkehren
und
    bekehren
zu schaffen? Ich sage:
    nichts
. Was hätte ich ihren Bruder lehren können, was er nicht selbst gewußt hätte; was kann ich meinen lehren, daß er nicht eben so gut wißen mag als ich? Ich glaube, daß keiner den Catechismus so schlecht weiß wie ich, und daß wenn es aufs Wißen ankäme, ich die wenigste Ursache hätte aufgeblähet zu seyn. Ein Lügner weiß beßer als ich es ihn überführen kann, daß er lügt; er weiß eben so gut als ich, daß er nicht lügen soll. Ist hier also die Rede von Lehren und Unterrichten. Guter Freund, sey so gut und lüg nicht, und schneid nicht auf, und thu dies und jenes nicht, was du nicht laßen kannst – – Sieh, sieh die Folgen davon haarklein – – hör, was der und jener davon urtheilt, was Vernunft, Gewißen, Welt pp davon sagt. Red Folianten mit deinem Freunde, unterricht ihn, wiederleg ihn; du zeigst daß du ein gelehrter, vernünftiger, witziger Mann bist, aber was hat die Freundschaft an allen diesen Handlungen für Antheil. Eine Empfindung seines Gewißens predigt überzeugender als ein ganz System. Ist lehren also nicht das Augenmerk der Freundschaft, was denn? Lieben, empfinden, leiden – Was wird Liebe, Empfindung, Leidenschaft aber eingeben und einen Freund lehren? Gesichter, Minen, Verzückungen, Figuren, redende Handlungen, Stratagems, Fineßen – – Schwärmerey, Eyfersucht, Wuth – Aus eben dem methodischen Herzen Ihrer Freundschaft flüßt Ihr guter Rath geschiedne Leute zu werden, wenn ich nicht in einem Joch mit ihm ziehen will. So klug bin ich alle Tage; und es ist kein Freund dazu nöthig. Der Weg ist eben so leicht. Ich würde aber der niederträchtigste und undankbarste Mensch seyn, wenn ich mich durch seine Kaltsinnigkeit, durch sein Misverständnis, ja selbst durch seine offenbare Feindschaft so bald sollte abschrecken laßen sein Freund zu bleiben. Unter allen diesen Umständen ist es desto mehr meine Pflicht Stand zu halten; und darauf zu warten, biß es ihm gefallen wird, mir sein voriges Vertrauen wiederzuschenken. Es fehlt an nichts als hieran, daß wir uns einander so gut und beßer als jemals verstehen. Als galante Leute müßen wir uns wechselsweise manche Grobheiten zu gute halten; als Freunde wird es aber niemals so weit kommen. Zur Schande der Galanterie muß ich Ihnen noch sagen, daß sie ihre Artigkeiten bisweilen nicht so gut aufzusagen weiß als die altvätersche Philosophie. Sie machen mir noch ein theologisch Compliment, daß ich immer mit meinen Freunden streiten möge; aber mich hüten soll in die Welt einzulaßen. Ja, ich kämpfe und stäube mit meinen Freunden, wie Jakob – und bitte für diejenigen, die mir Gott gegeben hat und nicht für die Welt. Wenn es auf einige ankäme, so würden sie bald zur Welt übertreten, und die erste die beste Gefälligkeit, mit mehr Dank als meine Fürbitte erkennen. Die Welt würde eben das mit mir thun, was sich alle Zeugen der Wahrheit haben müßen gefallen laßen, leiden an ihrem guten Namen pp. So lange ich in der Wüsten lebe, fehlt es mir auch an neugierigen Zuhörern nicht, die ich nicht immer durch Schmeicheleyen für ihren Besuch danke. Sollte ich wieder mein Vermuthen ein Hofredner werden; so würde ich gefällig genung seyn der Geschicklichkeit einer liebenswürdigen Tänzerinn ihren Preiß nicht zu versagen. Ich nehme mir noch die Freyheit Ihnen eine Frage vorzulegen, die nichts als ein Zweifel ist: Sollte es nicht möglich seyn, daß es mit meinem Stoltz so gut Betrug wäre, als mit meiner Brüder Demuth? Und so viel Wind in meiner Heftigkeit als in anderer Sanftmuth? Ich will wie ein großer Kayser, mit der Ehre eines Acteurs mich gern begnügen, und mich freuen, daß ich meine Rolle so gut gespielt, daß mich meine nächsten Freunde unter der Maske mehr als einmal verkannt haben. Auf die Art wäre ich ein beßerer Hofmann als Ihr Freund, und ein beßerer Weltmann, wie Sie. Wenn es meine Absicht gewesen den HE. B. zu bekehren; so schäme ich mich, daß ich mein Geschäfte bisher so saumselig getrieben. Da ich wieder mein Vermuthen gezwungen werde Ihnen mehr als meinem eigenen Bewußtseyn zu glauben: so ist Ihre Ueberzeugung davon mein Beruf. Um dazu geschickt zu werden, wird Gott den seinigen an mir Selbst täglich vollführen, daß ich nicht andern predige und selbst verwerflich seyn möge. Ich habe so viel Vertrauen zu Gottes Gnade als Paulus, und sage ihm nach: Ich vermag
    alles
durch den, der mich mächtig macht – Er kann durch seine Zeichen an mir so viel thun als durch das
    Bild
einer ehernen
    Schlange
. So geschehe Sein Wille! Amen. So wenig sich ein zärtlicher Ehemann ein Gewißen daraus macht seine Frau mit einem verzogenen Gesicht zu erinnern; so werden meine hämische Mienen auch der Freundschaft Abbruch thun. Daß meine Einfälle Saltz haben, ist ihnen mit den Thränen gemein, die man deswegen nicht verdammt. David wurde es von Gott nicht zugerechnet, daß er vor der Bundeslade wie ein loser Mann taumelte, und seine Blöße dabey nicht achtete. Michal redte wie eine gesittete Frau, und wurde dafür von ihrem Mann geflucht – – Wir würden freylich von unzählichen Dingen anders urtheilen, wenn wir nicht beym Ansehen stehen blieben. Unterdeßen ist es uns nicht verbothen Leuthen in die Augen zu sehen. Cicero gab auf Piso Achtung, wenn er ihm antwortete: Respondes; altero ad frontem sublato, altero ad mentum depresso supercilio, crudelitatem tibi non placere. Wenn Piso ein Augbraun wie das andere gezogen, so würde ihm das vielleicht nicht Grausamkeit geschienen haben, was er so nannte. Wenn wir also urtheilen wollen; so laß unsere Wagschaale nicht so ungleich als Pisons Augenbraunen seyntehen. Was macht Ihre liebe Frau? Denkt sie an mich? Sie grüßen wohl immer; ob es aber bestellt oder untergeschoben ist, weiß nicht. Ich schlüße, und werde künftig meine gelehrte Corresp. wieder fortsetzen. Mein Alter ist Gott Lob! leidlich und denkt beym Gläschen Wein an Ihr Haus. Sollte ich einen offenen Zedel an meinen Bruder schreiben; so werden Sie so gütig seyn denselben zu lesen ehe Sie ihn überreichen. Leben Sie wohl und lieben Sie mich trotz aller meiner Fehler. Können Sie das? Warum nicht. Ich bin nicht schlechter, Sie nicht beßer geworden. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Am Rand zu HKB 159 (I 405/9): Aus den Worten wirst du gerichtet. Vgl. HKB 161 (I 416/21). Zu HKB 159 (I 405/22): Freundsch. will Gleichheit. … Gesichter schneiden Geberden machen ist zweydeutig, warum das? Vgl. HKB 161 (I 416/33). Zu ZH 159 (I 406/19): Lindner dazu: Ich widerrathe nicht Stand zu halten wenn man gesucht wird sondern geschieden zu bleiben, wenn man nicht Lust zum erstern hat und das letztere für Sünde hält und den der uns sucht fliehen muß. Vgl. HKB 161 (I 417/16). Zu HKB 159 (I 406/31): Recep. de petit lettres. Zu HKB 159 (I 407/2): Welt sind Menschen überhaupt immer schlimm mit ihnen zu kämpfen. Vgl. HKB 161 (I 417/30). Zu HKB 161 (I 407/20): hämische und erinnernde Menschen sind zweyerley. Vgl. ZH 161 (I 418/29).
Königsberg, den 11 Sept. 1759. Herzlich geliebtester Freund, Ihre Käse sind glückl. angekommen. Der GeEhrten Mama Ihr Pack hoffe wird gleichfalls. Herr Lauson ersucht Sie 1.) um Ihre erste Antritts Rede 2.) um ihr Gedicht auf den Oberpastor Schultz. 3.) um des Pastor von Eßen Leichenpredigt auf den alten HE von Campenhausen. Frau Str. Werner wohnt, wo ihres guten Freundes und seiner Schwester Hoff Eltern ehmals gewohnt, soll eine gute Frau seyn v die Mahlzeit à 9 gl. einer kleinen Gesellschaft von 8 oder 10 Personen auftragen laßen. Mehr habe von ihr nicht erfahren. Wenn Sie mehr data verlangen, bitte mir solche zu specificiren. HE. B. hat mich den 10. h. besucht am Tage Alexander Newsky. Morgen denke ihn meinen Gegenbesuch abzustatten; wenn ich ihn zu Hause finde. Ich habe mich zur Ader laßen und ein wenig arzeneyen müßen; wünsche daß Sie beydes, liebster Freund, nicht nöthig haben oder zu rechter Zeit thun mögen wie ich. Befinde mich leidlich, arbeite aber an Congestionen. Eine junge Frau, die ihre Sechswochen überstanden und – – Daß etwas ähnliches mit mir vorgegangen, werden Sie aus folgenden Scelett ersehen, das Sie wie die Egypter zu ihrem Nachtisch brauchen werden, um sich auch ihrer Sterblichkeit dabey zu erinnern. Sokratische Denkwürdigkeiten für die lange Weile des Publicums zusammengetragen von einem Liebhaber der langen Weile. Nebst einer doppelten Zuschrift an
    Niemand
und
    Zween
.
    Einleitung
. Schicksale der philosophischen Geschichte. Kritick über Stanley, Brucker und Deslandes. Verbindung der Philosophie und ihrer Geschichte. Projekt die philosophische Historie zu schreiben. In Ermangelung deßelben, ein ander Projekt sie beßer zu studieren und zu brauchen, als bisher geschehen. Exempel Erläuterung davon. Was die Geschichte überhaupt für einen Endzweck habe. Der Unglaube macht Dichter und Romanschreiber in der Geschichte an 2 berühmten Beyspielen bewiesen. Ob ein Denkmal der vorigen Zeiten verloren gegangen, woran uns was gelegen seyn könne. Abfertigung und Trost der Gelehrten; die über verlorne Werke klagen. Baco und Bollingbroke angeführt. Was des Autors Absicht ist. Mangel einer guten Lebensbeschreibung von Sokrates. Kleine Anecdote von dem Umgange dieses Weisen mit einem Nach Ausruf des Verfaßers. I. Abschnitt. Was Sokrates Eltern gewesen. Was er von seiner Mutter gelernt? Was von seinem Vater. Sokrates wird ein Bildhauer; Betrachtungen über seine Statuen. Ob Sokrates, als ein Bildhauer, des Zimmermanns Sohn vorgezogen werden müße. Sein Geschmack an wohlgewachsenen Jünglingen. Von Wiedersprüchen. Von Orakeln und Meteoren. II. Abschnitt. Kriton, Sokrates Wohlthäter. Hat viele Lehrmeister und Lehrmeisterinnen zu besolden. Vergleichung eines Menschen, der nichts hat und der nichts weiß. Vergl. der Unwißenheit des Sokrates mit der Hypochondrie. Sokrates Sprüchwort zusammengehalten mit der Ueberschrift des Delphischen Tempels. Anmerkungen über die Didascalie des Apollo, oder seine Methode zu unterrichten. Kunstgrif der Hermenevtick. Einerley Wahrheiten können mit einem sehr entgegengesetzten Geiste ausgesprochen werden. Mannigfaltigkeit des Sinnes, mit dem Sokrates sagte; ich
    weiß nichts
, nach der verschiedenen Beschaffenheit der Personen, zu denen er es sagte. Versuch einer Umschreibung von den Gedanken eines Menschen, der uns sagt: ich
    spiele nicht
, wenn er zu einer Lombreparthie aufgefordert wird. Sokrates Unwißenheit mit der Sceptiker ihrer gegen einander gehalten. Unterscheid zwischen Empfindung und einem Lehrsatz oder Beweise deßelben.
    Glauben
geschieht eben so wenig durch Gründe als
    Schmecken
und
    Sehen
.
    Phantasie
ist nicht Glaube. Ein
    Siegel
und
    Schlüßel
zu des Sokrates Zeugniße von seiner Unwißenheit. Beweiß, daß es Leute von Genie allemal erlaubt gewesen
    unwißend
und
    Uebertreter der Gesetze zu seyn
. Ueber den
    Dämon
des Sokrates. Sonderbarkeiten seiner Lehr und Denkart als Corollaria seiner Unwißenheit. Palingenesie der Geschichtschreiber. Einige Wahrzeichen, daß Sokrates für die Athenienser gemacht war. III. Abschnitt. Von Sokrates 3 Feldzügen. Von seinen öffentl. Ämtern. Warum Sokrates kein Autor geworden. 1.) Grund der Uebereinstimmung mit sich selbst pp 2.) Unvermögenheit. 3.) seine Haushaltung. 4.) aus Muthmaßungen über seine Schreibart. Eine von seinen Parabeln und Anspielungen angeführt, und auf unsere Zeiten angewandt. Sokrates wird als ein Mißethäter verdammt. Seine Verbrechen. Wie er sich vertheidigt. Ein Einfall erleichtert das Gewißen seiner Richter. Ein Fest giebt ihm 30 Tage Zeit sich zum Tode zu bereiten. Erscheinung nach dem Tode. Spuren seiner Göttl. Sendung, nach Platons Meynung in seiner freywilligen Armuth, noch mehr aber in seinem Ende, und der Ehre, die allen Propheten nach ihrem Blutgerichte wiederfahren.
    Die Schlußrede
besteht aus einigen kurzen Lehren für diejenigen, die zum Dienst der Wahrheit geschickt sind und aus einem Prognostico, was sie sich zum Lohn ihrer Arbeiten versprechen können. Ich habe mich auf das Exempel des Aristoteles bezogen, der eine Schrift ausgab, von der er gestand, daß sie so gut
    als nicht ausgegeben
wäre; bin also nicht der erste, der das Publicum äfft. Meine Gesinnungen habe gegen daßelbe offenherzig ausgeschüttet, und neige mich bloß als Naeman für den Götzen seines Herrn, wenn er ihn aus Pflicht in den Tempel deßelben begleiten muste. Zweydeutigkeit und Ironie und Schwärmerey können mir nicht selbst zur Last gelegt werden, weil sie hier nichts als
    Nachahmungen
sind meines Helden und der sokratischen Geschichtschreiber Schriftsteller, besonders Bollingbroke und Schaftesbury. Der attische Patriotismus des ersten und die platonische Begeisterung des letzten sind die Muster und Antipoden, auf die ich meine zween hiesige Freunde gewiesen. In meiner Zuschrift an zween habe ich noch eine Muthmaßung gewagt über das, was Sokrates unter Lesern verstanden, die
    schwimmen
könnten; auch ihnen die Methode deßelben in Beurtheilung dunkler Schriften angepriesen, daß man darinn unterscheiden müße dasjenige, was man verstünde, von dem, das man
    nicht
verstünde. Als einem Freunde kann ich es Ihnen sagen, daß ich an dieser Abhandlung mit Lust gearbeitet, und daß sie mir nach Wunsch gerathen. Da ich also mit mir selbst zufrieden seyn kann; so ist mir an der öffentl. Aufnahme wenig gelegen. Man mag den Wahrheiten wiedersprechen; so ist dieser Wiederspruch ein Beweiß für sie. Man mag über ihre bunte Einkleidung spotten oder eyfersüchtig thun: so ist dies das Schicksal aller Moden, daß man sie weder versteht zu beurtheilen noch nachzuahmen. Ich mache mir eben so wenig Gewißen daraus mit meinem Witz zu scherzen als Isaac mit seiner Rebecca, ohne mich an das Fenster des lüsternen Philisters zu kehren. Meine Frühlingsfreude an
    Blumen
, und die gute Laune meines Herzens hat mich nicht gehindert an meinen
    Schöpfer
zu denken, an den Schöpfer meiner Jugend und ihrer Scherze. Ich sitze unter den Schatten des ich begehre, sagt meine Muse, und seine Frucht ist meiner Kehle süße. Er führt mich in den
    Weinkeller
, und die Liebe ist sein Panier über mir. Er erqvickt mich mit
    Blumen
, und labt mich mit
    Aepfeln
. Bald sind es Berge, bald Hügel, auf denen ie ich wie ein flüchtiges Reh springe und Staub mache. Sie wißen, daß meine Denkungsart nicht zusammenhangend, und so wenig als meine Schreibart κατα τὸ βουστροφεδον (ich weiß nicht ob ich ortographisch schreibe) nach der Methode des Pfluges geht. Sie warnen mich, liebster Freund, für meinen Geist. Es ist mir lieb an meine Sünden zu und Thorheiten zu denken, und daran erinnert zu werden, weil selbige mir immer wie dem Mundschenken des Pharao,
    Joseph
ins Gemüth bringen. Ist es kein guter Geist, der mich auf die Zinne des Tempels gepflanzt: so werde ich mich von selbiger auf ihre Zumuthung nicht herunterlaßen; sondern mit Paulo sagen: kein
    Hohes
, kein
    Tiefes
und keine
    Kreatur
kann uns scheiden pp oder mit David: bettete ich mich in die
    Hölle;
siehe! so bist Du da. Nehme ich
    Flügel der Morgenröthe
, und gienge an das äußerste Meer; so führt mich seine Linke und seine Rechte hält mich. Sie werden also mit meiner Schwachheit des Fleisches Gedult haben, und durch meine Ruhmräthigkeit sich nicht ärgern laßen. Sintemal Viel sich rühmen, bin ich auch in Thorheit kühn. Denn ihr vertraget gern die Narren, dieweil ihr so klug seyd. Ihr vertraget gern, so euch jemand zu Knechten macht, so euch jemand trotzt, so euch jemand ins Angesicht streicht. 2 Cor. XI. Alles, was ich daher Ihnen als schreibe, flüßet aus einem Vertrauen auf Ihre Freundschaft, an deren Stärke ich nicht verzweifele. Ich umarme Sie mit Ihrer lieben Hälfte und ersterbe Ihr treuer Freund und Diener.Hamann. Auf der Außenseite des gefalteten Briefes: Einen herzlichen Gruß meines alten Vaters habe vergeßen einzuschlüßen. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie et de belles / lettres, Recteur du College Cathedral / de la Ville Imperiale de et / à /
    Riga
.
Königsberg den 28. Sept: 1759. Mein wahrer alter Freund, Für Ihre Critick über die petites lettres sur de grands Philosophes bin verbunden. Ich habe vorige Woche meinen Jesaias vom Buchbinder bekommen, und habe selbigen jetzt durchlesen können. Da ich aus dem bloßen Anfange von der Güte dieses Werkes urtheilte; so bin ich jetzt desto mehr zufrieden, daß ich es Ihnen überschickt und empfehle es Ihrem Gebrauch. Es ist mir eine große Zufriedenheit meine eigene Empfindungen und Gedanken in anderer Schriften zurückgeworfen zu sehen. Wenn ich diese Werke und Männer, welche ich jetzt kennen gelernt vor meiner Reise in England, gelesen, so würde ich immer die Furcht haben, meine Erkenntnis als eine bloße Frucht einer menschlichen Belesenheit oder Umganges in ungleich mehr Zweifel zu ziehen. Jetzt sind alle meine Betrachtungen vor Sie gewesen, ohne daß ich es gewust, daß Sie meine Vorgänger gewesen sind. Ich habe besonders in dem Commentario dieses Dieners des Evangelii viele Wahrheiten in starkem Lichte gefunden, die ich mir vor einige Wochen Mühe gegeben zu schattiren; weil ich mir die Kühnheit dieses gesalbten Mannes nicht erlauben konnte noch wollte. Wenn ich wenige Wochen dies Buch eher gekannt hätte; so würde ich vielleicht dreister gewesen und weiter gegangen seyn. Jesaias lebte zu Zeiten, welche die Staatsleute und das öffentliche Wesen sehr nahe angiengen; und wo die Noth, nicht dem Kützel, Gelegenheit zu vielen Anschlägen geben muste. Sein Amt war zu strafen, seine Mitbürger auf Gott zu weisen, und Ihnen in seinem Namen die tröstlichsten Erlösungen zu versprechen. Er warnte sie zugleich, daß Gott seine Ehre mit Egypten nicht theilen würde; man müste ihm ganz allein trauen. Man kann sich die Wirkungen seiner Reden bey einem verderbten Volke, das blind und taub mit sehenden Augen und hörenden Ohren war, leicht vorstellen. Wer giebt Dir Recht uns zu strafen, hieß es? Bist Du beßer als wir? Die frechsten Bösewichter und die frömmsten Leute unter ihnen machten gemeinschaftliche Sache; von den ersten verlacht, von den letzten gehaßet, verläumdet und verfolgt. Wir glauben so gut einen Gott als Du, wir hoffen auch auf die Erscheinung eines Weibessaamens – – aber das sind Dinge, die nicht hieher gehören. Hier ist von Staatssachen, von Bündnißen, von Mitteln die Rede den Aßyrern zu wiederstehen. Du forderst, daß Gott Wunder thun soll; wir glauben an ihn wie Ahas ohne Wunder von ihm zu fordern; wir wollen ihn nicht versuchen. Er rief daher nach dem 41. Capitel Immer her mit euerer Controvers, spricht der Herr; bringt eure stärksten Waffen her, spricht der König in Jakob. Sie mögen es vorbringen und uns erzählen, wie es ablaufen wird; entweder erzählt uns, was der Ursprung davon ist, so wollen wirs verständig überlegen und erkennen, was es für einen Ausgang nehmen möchte; oder laßt uns einmal hören, wies künftig seyn wird. Zeiget an, was nachher erfolgen wird, damit wir erkennen, daß Ihr Göttlich seyd: O Ja! ihr werdet euch wohl halten, und einen solchen Schaden anrichten, daß wir erstaunen und es alle mit ansehen werden. Siehe, Ihr seyd weniger denn nichts, und Eure Thaten heißen vollends garnichts. Abscheulich ist, wer sich zu eurer Parthey schlägt. Derjenige, den ich aus Norden ruffe, daß er wieder kam, wird vom Aufgang der Sonnen an, meinen Namen predigen und wird über die babylonischen Fürsten dahin gehen wie über Leimen, und wie ein Töpfer den Thon unter sich tritt. Was du redst, soll immer als des Herren Wort von uns angenommen werden. Was thut denn der heilige in Israel selbst, daß wir ihm so blindlings glauben sollen. Wenn Du in Gottes Namen redetest, würdest Du mit so viel Affekt, Ironie und Verachtung gegen hohe Häupter reden. Wir sind keine frommen Leute wie du, wir wißen aber sanftmüthiger und mit mehr Mäßigkeit und Bescheidenheit das Zeugnis des Herrn abzulegen. So viel vom Jesaias. Was unsere Controvers, alter wahrer Freund! betrift; so sehe ich selbige nicht als einen Anhang meiner Briefe an. Glauben wir einen Gott im Himmel, und am Creutz, eine unsterbl. Seele, und ein ewig Gericht; so hat diese Controvers mit allen den Dingen den genausten Zusammenhang. Da ich heute sterben, und Sie morgen mir nachfolgen können: so will ich nicht mehr durch Gleichniße mit Ihnen reden. Paulus ermahnte seine lieben Brüder bey den Barmherzigkeiten Gottes, sich nicht dieser Welt gleich zu stellen, und zu
    prüfen
, welches da sey der
    gute
, der
    wohlgefällige
und der
    vollkommene Wille Gottes
. Meine Angelegenheiten mit jenen gehen Sie
    im strengen Verstande
nichts an, oder
    höchstens
nur so
    weit
, als es Ihnen wie einem alten wahren Freund
    beliebt
sich selbiger anzunehmen. Und dies wie
    weit?
dürfen Sie sich weder von mir noch der Gegenparthey vorschreiben laßen. Es bleibt also immer von beyden Theilen ein
    Misbrauch der Freundschaft
, wenn wir Ihnen den geringsten Nothzwang darinn anthun; und wenn ich in Ihrer Stelle wäre, so hätte ich mir von keinem zu nahe darinn kommen laßen, oder beyden gleich nahe treten müßen, wobey ich mich aber immer auf Leiden getrost gefaßt gemacht hätte. Ungeachtet aller dieser Grundsätze, die ich mir so viel möglich bestrebt nicht aus dem Gesichte zu verlieren, bin ich doch derjenige, welcher selbige am meisten übertreten hat; oder zu haben scheint. Meine Verdammung würde daher, im Gericht der Vernunft, größer als jener ihre seyn, die sich nicht diese Gesetze der Vernunft und Billigkeit vorgeschrieben. Hier muß ich Ihnen aber ein Rad in dem andern entdecken. Ich bin Ihnen deswegen wieder mein Gewißen und Gefühl so überlästig in unserer Privatsache gewesen, weil ich gehofft und gewünscht, daß Sie mehr
    Anwendung davon auf Sich
Selbst machen würden, und nicht bey mir und meinen Antipoden stehen bleiben. Wie oft bin ich aber an das Leyden unsers Erlösers erinnert worden, da seine Nächsten, seine Tischfreunde, der
    keines vernahmen
, und
    nicht wusten, was er redete
, noch
    ihnen zu verstehen geben wollte
. Man hat mich hart beschuldigt, daß ich Mittel verachtete und von Gott auf eine ich weiß nicht was für eine unmittelbare Art geholfen zu werden suchte. Verachtete ich Mittel, so wäre ich ein Verächter Göttl. Ordnung und ich würde meinem Gerichte ohne einen Fürsprecher nicht entgehen. Ob ich dies thue, weiß Gott am Besten, und sey Richter zwischen mir und Ihnen. Wenn ich Mittel verachtete, so würde ich keine Briefe schreiben, und nicht ein Wort mehr verlieren. Ich will ruhig, aber nicht unthätig seyn; ich will wuchern, aber nicht in die Erde graben. Wer ist aber ein Verächter der Mittel? Braucht Gott keine Mittel uns zu bekehren, und was für ein beßer Mittel als ein gläubig Weib für einen ungläubigen Mann oder Umgekehrt wie St. Paulus sagt. Was für ein beßer Mittel hätten sich meine Freunde von Gott selbst erbitten können, als mich, den man für einen alten wahren Freund ansieht, und immer angesehen hat, wenn er in seinem eigenen Namen kommt. Weil man aber den nicht kennt, der mich gesandt hat, so bin ich auch verworfen, so bald ich in seinem Namen komme. Wer ist also ein Verächter der Mittel? Ich setze etwas an den Mitteln aus, die Sie zu ihren irrdischen Absichten wählen; und Sie verwerfen den, den Gott dazu versiegelt hat, zum Dienst Ihrer Seelen und nicht Ihres Bauches; der ihr Gott ist, den ich versöhnen soll. Man mag mir also immer so viel Frevel und heimliche Sünden beschuldigen, als Hiob von seinen Freunden wurde: so freue ich mich das Ende des Herren zu sehen, und will nicht aufhören Seinen Tod zu verkündigen, biß daß er kommt. Das sey ferne von mir, daß ich Euch Recht gäbe. Biß daß mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Frömmigkeit ppp. Iob: XXVII. Mein erster Brief, den ich aus Engl. schrieb, war mit der fröhlichen Bothschaft angefüllt: Ich habe den funden, von welchem Moses im Gesetz, und die Propheten geschrieben haben – Des Menschensohn ist der Schöpfer, Regierer und Wiederbringer aller Dinge, der Erlöser und Richter des Menschlichen Geschlechts. Ich bin also nicht wie ein Mörder und Dieb sondern durch die rechte Thür eingegangen. Ich bin meinem Freunde mit meinen Religionsgrillen lange nicht so beschwerlich geworden in meinem Umgange als ich von seinen Handlungs und Staatsideen aushalten, wie ich noch keinen Begrif von diesen Schwarzkünsteleyen hatte, biß ich auch diese Geheimniße und ihre Eitelkeit ihm zu Gefallen kennen lernte, und vielleicht eben so weit in der Theorie davon als er hatte kommen können, wenn ich Lust und Liebe zur Practick gehabt hätte. Ich weiß, daß meinen Freunden eckelt für der losen Speise, die Sie in meinen Briefen finden. Was lese ich aber in Ihren, nichts als die
    Schlüße meines eigenen Fleisches und Blutes
, das verderbter ist wie ihr eigenes, nichts als das Murren und die Heucheley meines eigenen alten Adams, den ich mit meinen eigenen Satyren geißele, und die Striemen davon eher als Sie selbst fühle, länger als Sie selbst behalte, und mehr darunter brumme und girre wie Sie, weil ich mehr Leben, mehr Affekt, mehr Leidenschaft als Sie besitze nach Ihrem eigenen Geständnis. Und doch hält man sich über die Tropfen meines eigenen Blutes auf, mit dem ich mein Gewand im Keltern befleckt habe und noch beflecken muß. Das ist also Ihre Sünde, daß Sie nicht glauben an mich. Ich hätte mehr Gründe wie Sie; ich brauche Sie nicht, und sage lieber Einfälle, damit Sie nicht meinen Gründen glauben mögen. Wenn ich von mir selbst redete; wenn ich meine eigene Ehre suchte – – Daher ist Ihre Vernunft und Ihr Gewißen blind, so sehr Sie sich auf beyde immer steiffen, weil Sie nicht glauben können, daß Sie blind sind, sondern sich für sehend halten; und das Blut der Versöhnung umsonst ruffen laßen: Vater vergieb Ihnen, denn Sie wißen nicht, was Sie thun. Sie glauben nicht, daß Gott die
    unerkannte Sünde
vor sein Angesicht stellt, sondern wißen es beßer als Gott und sein Geist, was Sünde ist und nicht ist. Sie verfolgen den Du geschlagen hast, und rühmen, daß Du die Deinen übel plagest. Laß Sie in eine Sünde über die andere fallen, daß sie nicht kommen zu Deiner Gerechtigkeit. Dieser Fluch muß alle Feinde Gottes treffen; er steht im Buche geschrieben, davon nicht ein Iota vergehen wird, wenn Himmel und Erde vergehen, dieser Fluch läuft aus ihrem eigenen Munde und Herzen ohne daß sie wißen, was sie reden. Ich will nicht von himmlischen Dingen reden; sondern bloß von irrdischen, und wie Sie, auf das Sichtbare sehen. Sind Sie nicht der Verheißung dieses Lebens schon beraubt. Sind Sie nicht alle Holtzhauer und Waßerträger, Gibeoniten, die sich selbst durch ihre Lüste und Gesetzliche Gerechtigkeit, durch Sünden,
    aber noch mehr durch ihre Tugenden
und guten Werke
    ihre zeitl. Glückseeligkeit
vereiteln. Was kommt denn aus ihren Arbeiten heraus? Nichts, alles halb gethan, Verräther ihres beßeren Geschmackes, Verstümmeler ihrer Gaben. Nicht Kälte der gesunden Vernunft, nicht Feuer Wärme eines gesunden Herzens. Sie fürchten sich im Licht der Critick zu erscheinen, weil ihre Werke böse sind. Sie sind Pasqvillanten der Schulfüchse, und leiden keine Satyre auf die Schulfüchserey ihres Christenthums; und die jüngste Schrift ist ein Brandmark ihrer nächsten Schwester. Eine Mutter, die eine Scharfrichterinn ihres eigenen Kindes wäre, hätte wenig Recht sich über die Ruthenschläge eines Vaters zu beschweren, der seinen Sohn ziehen wollte. Ich sehe allenthalben Zeichen um mich herum, die meine Furcht für Gott und Sein heilig Wort vermehren. Was B. durch Sie umsonst an mir versucht, hat ihn nicht klüger gemacht; er hat nur das Instrument geändert. Diesem neuen Werkzeuge ist es nicht beßer gegangen. Ich habe ihn auch zu meinem Feind gemacht. Ein jeglicher in das Seine, und man läßt mich alleine. Aber ich bin es nicht, sondern mein Vater ist mit mir. Wenn wir uns alle nur entschlüßen wollten als vernünftige Menschen zu leben; so würde jeder dem andern kein Bedenken tragen die Gefahr des Irrweges und den Ausgang deßelben vorzustellen. Als bloß natürlich mitleidige Bürger oder gutherzige Freunde müßen wir uns einander nicht auslachen, sondern bedauren. Ich glaube, sagte David, darum rede ich; wenn ich aber rede, so fangen Sie Krieg an. Was würde aber in diesem Kriege Ihnen mit einem Waffenstillstande gedient seyn, um den Sie in Ihrem letzten Briefe bitten. Warum nicht lieber
    Friede
. Siehe drein und schilt, daß des Reißens und Brennens ein Ende werde. Ψ. 80. Sie sagen nichts mehr als 1.) aus Deinen Worten wirst Du gerichtet werden – Ja, das wünsche ich, weil ich zugleich durch selbige gerechtfertigt zu werden glaube. Da Ihre Sprache aber so verkehrt wie meine ist; so bleibt es bey dem Grundwort auf das ich gebaut habe und noch baue. Denn kann mich weder Ihre Zunge noch meine eigene verdammen, weder ihr Herz noch mein eigenes. Er ist größer als unser Herz und treu – – Wißen Sie aber auch was das heist: Der geistliche richtet alles und wird von niemanden gerichtet, und daß dies mit eine Wahrheit ist, die kein fleischlicher oder sinnlicher versteht noch vernehmen kann. Wißen Sie was es heist wenn Paulus sagt: Mir ist es ein geringes, daß ich von Euch gerichtet werde oder von einem
    menschlichen Tage
; auch
    richte ich mich Selbst nicht
. Ich bin wol
    nichts mir bewust
, aber
    darum bin ich nicht gerechtfertigt;
der Herr ists, der mich richtet. 2. Freundschaft fordert Gleichheit, die der Unterricht nicht zuläßt. Distinguo hiebey können auch Empfindungen der Liebe seyn bey einem und des Gewißens beym andern. Gesichterschneiden und Geberden machen ist zweydeutig, und warum das, wenn man reden kann. Ich verstehe diese Stelle nicht deutlich genung und will ihr keinen Verstand aufdringen, der willkührlich wäre. Distinctionen Affecten entgegen zu setzen, heist den Wellen des Meers den Sand zur Gränze setzen. Wenn Gesichterschneiden zweydeutig ist; so geht es den Distinctionen nicht beßer. Es ist also recht sehr gut, daß man die Wahrheit von Herzen redet weder durch Geberden noch durch Distinctionen sie verfälschet. Ob das Gesicht zweydeutiger ist wie der Mund, ist eine küzliche Untersuchung; weil man aus Minen mehr und sicherer öfters schlüst und dem Auge mehr Wahrheit zuzuschreiben gewohnt ist als der Zunge. Da ich aber an Temperamenten und physiognomie theils unwißend, theils ungläubig bin: so freue ich mich, daß das Gesichterschneiden und Geberden machen nicht schlechterdings von Gott als Sünde angesehen ist, weil er durch den Mund des Propheten sagt: Verachtet hat sie Dich, verspottet hat sie Dich, die Jungfrau, die Tochter Zions, den Kopf hat sie dir drein geschüttelt, die Tochter Jerusalems. 3.) Ich wiederrathe nicht Stand zu halten, wenn man gesucht wird, sondern geschieden zu bleiben, wenn man nicht Lust zum Ersteren hat, oder nach seinen Einsichten den, der uns sucht fliehen muß. Sie denken mir zu
    fein
, liebster Freund, und ich Ihnen vielleicht zu stark. Ich glaube, daß wir beyderseits uns Mühe machen einander zu verstehen, oder unsere eigene und des andern Worte so auslegen, wie wir am ersten mit fertig werden können. Ich verstehe keine Casuistic weder in der Moral noch in der Theologie und werde Sie auch nicht zu meinen Gewißensrath noch jemanden anders nöthig haben, als den, der mir, Augen, Ohren, die Sinnen und die Vernunft, und die 10 Gebote gegeben hat, daß ich die ersteren alle nach den 2 Tafeln brauchen soll. Man kann
    Lust haben gesucht zu werden
, und denn flieht ein bulerisch Mädchen auch. Wenn es aber darauf ankomt: Wiedersteht dem Teufel, so muß man nicht die Gloße machen, wenn Du Lust hast; sondern da muß man eben gegen sein eigen Fleisch und Blut mitkämpfen. 4.)
    Welt
sind überhaupt Menschen und es ist immer schlimm mit ihnen umzugehen. Ich bin versichert, nichts böses Ihnen gewünscht zu haben. Die Worte Ihres vorigen Briefes sind diese: Bitten Sie Gott, daß man nie nöthig habe sich in die Welt einzulaßen, und streiten sie immer mit Freunden; so bleiben sie noch erträglich. Ich soll mich also nicht mit Menschen überhaupt einlaßen, sonst würde ich ihnen unerträglich seyn. Ich soll immer mit Freunden streiten; in der Situation und Verhalten gegen sie bliebe ich erträglich. In dem Zusammenhange dieser Begriffe mag immerhin ein sensus hermeneuticus oder mysticus liegen, ich finde aber keinen sensum communem darinn. Die natürlichste Frage, die einem einfällt, ist die: Sind denn Deine Freunde keine Menschen überhaupt, haben Sie die Unart des menschlichen Geschlechts nicht an sich, daß Du sie mehr beleidigen kannst als einen jeden andern Nebenmenschen. Das müßen fürtrefliche Menschen sind, die zu Freunden hast, ein Ausbund der Menschen überhaupt. Und Du must boshafter als das ganze menschliche Geschlecht seyn, daß Du mit ihnen streiten kannst. Diese Empfindungen liegen in ihrem Schluß, es sind also keine Consequentzen, die ich daraus ziehe, sondern die Principia, aus denen ihre Begriffe entstanden. Ein Mensch der so aussieht hat freylich nöthig zu beten; aber was für ein Verdienst, das gegen sich gegen ihn seine Freunde machen können. Wie können Sie Gott danken, daß sie nicht solche Juden sind wie dieser harte Zöllner, der der Vernunft mit Grausamkeit eintreibt, was der Vernunft gehört. Wie mein Bruder aber ein Plagiarius dieser geheimen Gedanken geworden, begreife ich nicht. Er hat eben die Idee zum Grunde gelegt in seiner Antwort. Du hast gut, ein Pasquillant zu seyn, meldt er mir heute. Wenn mir Gott Deinen Witz und Deine Gaben gegeben hätte, sie wären beßer angebracht. Mit dem Glück, was er Dir durch Menschen hat zuflüßen laßen, bist Du eben so verschwenderisch umgegangen. Danke Gott, daß ich ein Christ bin und christliche Brüderliebe gegen Dich fühle, die dir alles bittere, alles anzügliche und hämische von Herzen vergiebt. Deine Absichten sind nicht zu tadeln; aber von Mitteln hast Du keinen Verstand, keinen Witz, und sie zu brauchen keine Klugheit. Du lebst auf Unkosten anderer Leute, und weist nicht wie einem Menschen zu muthe ist, der sein Brodt verdienen muß im Schweiß seines Angesichtes. Sey mein Nachfolger und lerne von mir Sanftmuth und herzliche Demuth: so wirst Du so ruhig wie ich leben können, und über das Allgemeine Wohl, Dein eigen Glück nicht aus dem Gesichte verlieren. – – 5. hämische und erinnernde Minen sind zweyerley. – Dies sey gesagt sine applicatione. Wenn ich es nicht anwenden soll; so müßen Sie mir wenigstens als von einem unnützen Worte Rechenschaft geben. Ich sage ja, daß ich zu hämischen Minen berechtigt bin. Niemand kann zween Herrn dienen; er muß den einen haßen und den andern lieben. Mein Glaube ist mir näher als die Freundschaft der Welt und ihrer Kinder. Ich haße die da halten auf lose Lehre. Ich haße ja Herr! die Dich haßen und verdreust mich auf sie, daß Sie sich wieder Dich setzen. Ich haße sie in rechtem Ernst, darum sind sie mir feind. Ob wir beßer oder schlechter geworden; aus diesem Einfall, mein alter wahrer Freund, wollen wir beyde eine ernsthafte Aufgabe machen, die einer reifen Untersuchung werth ist. Ich bin ohnedem zu einer Prüfung meiner Selbst desto mehr aufgemuntert, da ich künftige Woche zum Tisch des Herrn zu gehen willens bin, und mein Bündnis mit ihm, meine Gemeinschaft erneuren und bevestigen will. Jonathan gab David seinen Rock, seinen Mantel, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel. Er wird mich auch mit neuen Kräften zu Seinem Dienste ausrüsten und mir Gnade geben mich klüglich zu halten, wozuhin ich geschickt werde; Vater, Mutter, Bruder ja mein Leben zu haßen um seines Namen willen, nicht nur meinen Stoltz, sondern auch meine
    Demuth
zu verleugnen, nicht nur das Böse zu meiden, sondern
    mich auch von allem Guten
, das durch ihn geschieht,
    selbst auszuleeren
, und ihm allein die Ehre zu geben. Ich will ihm nicht nur meine Thorheit bekennen; sondern auch die Blindheit und Tücke meines guten Herzens, und nicht an Bathseba noch an Urias denken; sondern sagen: Dir, Dir allein habe ich gesündigt, und Unrecht vor
    Dir
gethan auf daß
    Du
Recht behaltest in
    Deinen
Worten und rein bleibest, wenn
    Du
gerichtet wirst – von meinen Unterthanen und Feinden. Seht da den Mann nach dem Herzen Gottes, ein Ehebrecher und witziger Mörder! Was soll man von den Psalmen denken, die er dichtet, oder von dem Gott, deßen Gnade er sich rühmt! Noch einen Punct aus Ihrem letzten Briefe. „Ich habe ihrem Bruder Nein! gesagt, wie Sie wollen und es gut ist.“ Das Nein! ist eine Antwort auf eine Frage die Sie mir nicht gemeldet haben. Ich wünschte, wenn Sie sich ein wenig näher über den Eindruck erklärt hatten, den ihm mein Brief gemacht, und insbesondere von dem Gebrauch, den Sie selbst davon in Ansehung seiner zu Ihren eigenen Absichten, meiner Entschuldigung und Seinem Vortheil angestellt, da ich auf Ihre Veranlaßung gewißermaaßen einen Hirtenbrief geschrieben. Jetzt ziehen Sie gleichsam den Kopf aus der Schlinge und sagen Nein! ohne daß ich weiß worauf? und das liebe Flickwort: wie Sie wollen und endlich: wie es gut ist, als das letzte, was man in Betrachtung ziehen und wieder seinen Willen gestehen muß. Wißen Sie nicht mehr, daß Sie mich dazu aufgemuntert? Ist dies der erste Versuch, den Sie von mir haben, daß ich heißen Brey vorher in das Maul nehmen würde, ehe ich ihm meine Meynung sagen würde. Glauben Sie nicht, liebster Freund, daß ich allein unerkannte Sünden begehe. Ist mein übertriebener Ernst, Eyfer eine? Was denkt Gott von Ihrem Leichtsinn, Lauigkeit, Furchtsamkeit; und zurückhaltenden Sinn, wenn man mit Posaunen reden muß. Der Schade, den ich mir durch meine Heftigkeit zuziehe ist ein bloß sinnlicher Betrug; ich gewinne dabey. Die Vortheile, die Sie durch Ihre Menschenfurcht und
    Leutseeligkeit
zu ziehen glauben, sind eben solche Scheingüter, die aber für Sie Schaden und Nachtheil zu Folgen haben. Ueberlegen Sie selbst, ob es mir nicht gleichgiltig, daß ich menschlich rede, seyn kann, man mag mein Zeugnis von Christo, oder mein Christenthum, für Schwärmerey, einen Deckmantel des Stoltzes und ich weiß nicht wofür halten. Richten die aber nicht, und lästern, die so davon urtheilen und auf diesem gefährlichen Urtheil trauen. Bin ich nicht bey meinen Strafpredigten gegen mich selbst mehr grausam, als gegen andere. Ist denn die Bibel ein Pasqvill, die das menschl. Herz für unergründlich böse beschreibt, und ist diese Wahrheit eine Satyre auf das menschliche Geschlecht. Ein Mensch kann nichts nehmen, es werde ihm denn gegeben vom Himmel. Wer sie ängstet, der ängstet ihn auch. Wer euch antastet, der tastet Seinen Augapfel an. Dies sind Worte der Schrift, und es mag Ihnen so fremde vorkommen als es will, daß ich ein Geschrey darüber mache, als wenn Gott selbst Leid wiederführe; so sehe ich daraus, daß Sie Christum wol als den Weg und die Wahrheit, aber nicht als das
    Leben
kennen. Wer meine Worte hält, wird die Erfahrung davon haben, und das
    Leben
ist das
    Licht der Menschen
. Ich schütte mein Herz gegen Sie aus, so viel ich kann. Sie werden dies als keine Schule sondern als ein Bekenntnis meines Glaubens ansehen, von dem ich auch meinem Nächsten schuldig bin Red und Antwort abzulegen. Habe ich irrige Grundsätze, so will ich aus der Schrift belehrt seyn, und sehr gern von Ihnen. Daß man aber ins Gelach hereinschreyt: Er geht in allem zu weit, ist für mich nichts geredt. Soll ich den Krebsgang gehen? Dafür wird mich Gott behüten. Was nennt ihr denn zu weit: Soll mir eure Vernunft die Gränzen meiner Pflichten setzen das leyde ich nicht von meiner eigenen, und die ist mir doch immer die nächste. Wenn ich der nicht glaube, wie könnt ich einer fremden glauben. Fehlt es mir denn an Licht auf meinem Wege. Es brennt wie die Sonne und es liegt an euch, daß ihr die Augen nicht muthwillig verschlüßt, oder Gott so lange anrufft biß er euch sehend macht. Einem Sehenden wird es aber nicht so leicht einfallen Gott um erleuchtete Augen zu bitten; und die Gesunden brauchen keinen Artzt nicht. Christen, denen die schwerste Pflicht, Feinden zu vergeben eine Kleinigkeit ist, ist die Beichte eine Staats Formel und ein Wort der Lippen. In dem Streit über den Leichnam Moses, erzählt uns eine petite lettre sur de grands philosophes, behielt Michael den Sieg. So geht es in allen Kriegen über die gesetzliche Gerechtigkeit, die auf Satzungen der Väter, und gute Werke beruht. Trescho hat mir geschrieben. Ich stöhne noch immer, aber
    ich sterbe nicht
. Mein Leben und ist zähe und hart. Diese Nachricht giebt er mir von seiner Gesundheit. Die unprophetischen Seelen schwimmen in Freuden Ihnen schwant nichts von der Hand des nahen Verderbens Die verräthrisch über dem Haupt der Schlafenden lauret. Ein beßerer Prophet bittet Gott ihn zu lehren, zu bedenken, daß er sterben müße, auf daß er klug werde. Ich umarme Sie als Ihr aufrichtiger Diener und Freund. Hamann. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 161 (I 418/37): Sie misbrauchen die Bibel, sie sollen nicht richten? vorher richtet alles. Ihre Rechthaberey und ihr Naturstolz ist gleich stark. Denken sie mit Paulo von ihrem Bruder nicht daß ichs ergriffen habe, sondern pp. Zu HKB 161 (I 420/21): Man tadelt das Menschl. an Ihnen, nicht ihr Christenth. Und ihr alter Adam schreit eben so gut… Selbstgerecht. Zu HKB 161 (I 421/4): Alle blind außer Sie. Sie selbst blind. 2 Blinde fallen in die Grube.
Königsberg. am Michaelis Tage 1759. Mein lieber Bruder, Du hast Deinem Vater nicht geschrieben, ohngeachtet es Dir würde leichter gewesen an Ihn als an mich zu schreiben. Du hast meiner Bitte und der Erinnerung Deines Freundes nicht nachgegeben und an ihn die Aufschrift gemacht und gleich mit Deiner Apologie angefangen, wodurch er so wohl als ich beunruhiget worden durch Deinen
    Grillenbrief
, wie er ihn nannte. Du kennst mein Gefühl für meine Freunde, und bringst jemanden mit ins Spiel, der gar nicht zum Innhalte meines Briefes gehört, der allemal so oft von Dir die Rede hier gewesen, Deine Parthey gehalten und Dir ein gut Zeugnis gegeben. Wenn es darauf ankäme, wer seine Zunge am meisten zähme, so weiß ich nicht, ob Du hierinn gerechtfertiget seyn wirst. Ich bin nicht gekommen zu richten, sondern das verlorne zu suchen; und wenn ich das erste thue, so ist es ein fremd Werk für mich, und nichts als die Stimme eines Predigers in der Wüste, der den Weg bereiten will dem Könige unserer Herzen und Neigungen. Mein Urtheil ist über Dinge gegangen, denen ich gewißermaßen mehr gewachsen bin, als worüber Du urtheilst. Es fehlt Dir an detail in unsern Händeln, und wenn Du auch den hättest an Kopf und Herz
    in der Art
, ich sage in der Art, daß Du keine Beleidigung darinn findest. Dein Gleichnis von 2 Qvecksilberröhren will nichts sagen. Ich rücke es deswegen auf weil Du scheinst damit viel sagen zu wollen. 2 Qvecksilberröhren werden nicht von selbst zusammenzustoßen, sondern ihr Zusammenstoß muß von einem Zufall oder Willen herkommen. Wir sind beyde in Gottes Hand, und der geht mit uns nicht ungeschickt, nicht unvorsichtig, nicht blindlings um. Ob es auf die Menge des Qvecksilbers und die Richtigkeit des Zeigens beym Zerstoßen ankommt, weiß ich nicht. Weißt Du, Bruder, was Du redest, wenn Du mir
    Sünde vergiebst?
Kannst Du Sünde vergeben. Ja, sagst Du, ich bin ein Christ; und Du hast nicht als ein Christ an mir geschrieben, sondern als ein witziger Satyrenschreiber. So ist mein Zeugnis von Christo, das sich auf den Spiegel des Gesetzes gründet, ein bloßer Betrug, ein Gespött. Kannst Du den Menschen, der mit Gott und Göttlichen spottet, der Christum zum Sündendiener macht, lieben, und ihm vergeben? Wollte Gott, ihr herrschetet, daß wir mit Euch herrschen könnten, sagt der Apostel Paulus. Ich will mir gern gefallen, der gröste Sünder zu seyn, von uns beyden, ich erkenne mich selbst dafür, wenn ich mich gleich rühme, in nichts meinen Amtsbrüdern nachzugeben. Wäret ihr Sünder, so hättet ihr keine Sünde; nun ihr aber sprecht, wir sind
    Christen
, bleibt eure Sünde; und die Sünde, daß Du Dich einen Christen nennst um mein Zeugnis von Christo dadurch zu entkräften, wird Dir Gott vergeben, wenn Du sie erkennen und Ihm bekennen willst. Du sprichst mir die christl. Bruder Liebe ab, dann ist mein Glaube tod, ein gemahltes, und kein brennendes und scheinendes Licht. Liebst Du Deine Kinder auch so, daß Du ihnen Nachläßigkeit, Unachtsamkeit, Unart durch die Finger siehst. Ja nach den
    Begriffen der Kinder
heist das lieben; aber nicht nach den Begriffen eines vernünftigen und redlichen Vaters und Lehrers, der die am meisten an Gottes Stelle züchtiget die er lieb hat. Weist Du auch was Moses in seinem Seegen zu Levi sprach: Lies es Deut: 33; 8, 9, 10, 11. Wer zu seinen Bruder sagt:
    ich kenne ihn nicht
, der an ihn schreibt, als wenn er mein Herr wäre, der und der, ich weiß nicht einmal wie er heist, ob er ein Ephraimite ist oder Schibboleth sagen kann – die halten Deine Rede, NB, nicht hören allein, sondern sie halten, und bewahren
    Deinen Bund
, an dem ihnen mehr als an Opfern gelegen, die werden Jakob Deine Rechte lehren, die haben den Beruf, die εξουσιαν, die parrhesie dazu – – Lies weiter: Herr! seegne Sein Vermögen, und laß Dir gefallen die Werke Seiner Hände – Lies weiter: Zerschlage den Rücken derer, die sich wieder ihn auflehnen – Der Glaube an Christum hebt das Gesetz nicht auf, sondern erfüllt es; das Gesetz aber ist geistlich, und dem Fleische zu hoch, das dem Buchstaben nicht einmal Genüge thun kann. Denn so wir uns selber richteten, sagt der Apostel, so würden wir nicht gerichtet. Wir sind aber immer Christen, und beßer als andere Leute, insbesondere beßer als die Zeugen von Gottes Gerechtigkeit, die kommen uns als ein Auskehricht vor. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir
    von dem Herrn gezüchtiget
– wie? von Gott, der die Liebe ist? was für eine verkehrte Liebe? mit der uns freylich nicht gedient ist – höre weiter, auf daß wir nicht mit der Welt verdammt werden. Was ist nun beßer, gezüchtigt werden oder auf ewig verdammt werden. Wer nicht glaubt, der ist schon gerichtet; und der Unglaube ist die einzige Sünde, warum die Welt verloren geht. Dieser Unglaube an Christum macht unsere Herzen kalt, verwirrt alle Begriffe unserer Vernunft, unterdeßen wir ich weis nicht was für ein gutes Herz in unserm Busen und eine vernünftige Denkungsart in unsern Handlungen träumen. Worinn besteht denn dies alles; bloß in der Uebereinstimmung mit andern Menschen, die auch so denken, so reden, so urtheilen, so handeln als wir und in deren Gesellschaft wir schreyen: hier ist des Herrn Tempel! hier ist des Herrn Tempel! hier ist Christus! Warum? ich vergebe, ich liebe, ich beleidige nicht – Ist alles erstunken und erlogen, nicht Menschen, sondern Gott ins Gesicht gelogen, der da sagt, alle Menschen sind Lügner; Christum ins Gesicht gelogen, der da sagt: Ich bin kein Artzt für Gesunde, ich bin kein Artzt, die die Wahrheit mit Füßen treten, und verwerfen, und lüstern für Gift ausschreyen, weil sie bitter schmeckt. Wer sein Leben liebt, der wird es verlieren, wer sein Leben haßet, der wird es finden. Wenn der heilige Geist sagt: Thut Buße Menschen; so ist dies keine Satyre auf unser Geschlecht; oder er kann nicht anders als Satyren auf uns arme Würmer schreiben. Wenn er sagt: glaubt an euren Erlöser, und an die die in seinem Namen kommen, und die er sendet, wie Er Selbst gesandt wurde von seinem Vater: so sind dies keine Chimären, so ist dies Kreutz kein Geschöpf des Witzes, und der Glaube keine Schwärmerey. Der Jude ärgert sich aber daran und der Grieche hält es für Thorheit. Seelig ist aber, der sich nicht an mich ärgert. Wenn wir die Biße der feurigen Schlangen erst zu fühlen anfangen, wir halten es denn für keinen Aberglauben auf das Bild einer ehernen Schlange, die uns Gott aufrichten laßen, hinzusehen. Was Du von meinen Gaben, Fähigkeiten, Gelehrsamkeit, Feuer und rechtschaffenen Stoltz sagt, muß ich wie das Lob eines Nikodemus anhören. Wenn Du an michr glaubtest, mein lieber Nikodemus, so könnte ich mich darauf was zu gut thun, und mir überreden, daß Dein Lob mit
    Urtheil
und mit
    aufrichtigen
Herzen verbunden wäre. Ich habe weder ein brüderlich noch christlich Herz; und doch gute Absichten. Ich habe Verstand und Witz, und bin doch verkehrt im Gebrauch aller meiner Mittel und in der Beurtheilung aller Lebenspflichten. Wenn ich selbst der Schmidt meines Glücks seyn wollte, oder als einen Raub darnach trachten; so würde ich Ursache haben mich hinter die Ohren zu kratzen. Du frägst mich, warum ich mich Deines Amtes entzogen, noch ehe Du angekommen? Ueberlege doch Bruder, was Du schreibst und thust. Und glaube daß alle gute Gabe von Gott kommt, daß er uns giebt, ehe wir noch darum bitten, daß er Dir Dein Amt gegeben, Beruf und Fähigkeiten dazu, und daß von einem Haushalter nicht mehr erfordert wird als
    treu
zu seyn, daß dies eben im Wege steht, wenn uns nicht mehr gegeben ist noch wird. Daß die bloße Erkenntnis unserer Untreue Gott freygebig macht und daß ich ein Mittel in seiner Hand gewesen Dir selbige aufzudecken. Beiß also nicht in den Stein, sondern siehe auf die Hand, welche Dich aufwecken will, und die Dich nicht damit hat Schaden thun, sondern bloß stutzig und wachsam zur Zeit der Gefahr hat machen wollen. Ich will Dich bloß auf Christum weisen. Μιμηται μου γινεσθε, καθως καγω Χριστου. 1 Cor. XI. 1. Ich achte alles übrige an mir und in der ganzen Welt für Koth und Schaden, und wünsche nichts mehr als an seiner Erkenntnis und an Seiner Liebe reich zu werden. Amen. Ich empfehle Dich Seinem guten Geiste und habe diese Erörterung für nöthig erachtet. Bete und arbeite, vertraue Gott und laß ihn sorgen, denn er sorget für uns, hütet und wacht. Es steht alles in seiner Macht. Sey gesund und vergnügt, wie ich. Der Friede Gottes ist höher denn alle Vernunft und alle Pflichten, die sie uns vorschreibt.
Königsberg, den 12. Octobr. 1759. Seine Strafe, Seine Schläge, ob sie mir gleich bitter seynd, dennoch, wenn ichs recht erwäge, sind es Zeichen, daß mein
    Freund
, den ich
    liebe
, mein gedenke, und mich von der schnöden Welt, die uns
    hart gefangen
hält, durch das Kreutze zu ihm lenke. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit. Ich bin erst gestern mit meinem Vater zum Abendmal gewesen, ohngeachtet unser Vorsatz war vor acht Tagen zu gehen. Heute erhielt Ihren Brief, und habe auch Ihre liebe Mama besucht, die ich aber nicht lange aufhalten wollte, weil sich die Jungfer Braut putzte mit ihrem Herrn Bräutigam Besuche abzulegen. Ich habe mich nebst meinem Alten herzlich über die Nachricht gefreut, und wünsche Ihnen gleichfalls Glück dazu. Vielleicht ist dies eine Zubereitung für Ihren alten Vorsatz die Frau Consistorial Rähtin nach Riga zu locken oder nach Mitau; wie Gott will. Was macht Ihr Herr Bruder, unser Doctor. Ich habe ihm neulich
    meines Wißens
einen ganz galanten Brief geschrieben, um ihm zu zeigen, daß seine Feder an mich nicht
    muckern
darf. Soll ich nach der Strenge urtheilen; so hat er kein gut Gewißen; nach der Liebe, keine Zeit noch Lust. Das letzte geht bey der Freundschaft nicht an. Gute Freunde zu besuchen, halbe Stunden lang, hat man in einem Vierteljahr immer Anfechtung und läst lieber einen Patienten sitzen zu laßen, ehe man derselben wiederstehen solle. Meine Gesundheit ist erträglich, und ich wundere mich selbst darüber, da ich fast gar nicht ausgehe, mit Leidenschaften, Grillen und tollen Einfällen belagert bin, ein großer Freßer, für züchtigen Ohren zu reden, und täglich Wein, Waßer, wieder Wein trinke, und ein Bierkännchen zum Schlafküßen mache. Magister Weymann hat hier de mundo non optimo disputirt. Ich habe bloß hineingeguckt in seine Dissertation, und die Lust vergieng mir zu lesen; ich gieng ins Auditorium und die Lust vergieng mir zu hören. Bleib zu Hause, dachte ich, damit Du dich nicht ärgern darfst und sich andere an Dich ärgern. Herr Mag. Kant ist zum opponiren ersucht worden hat es aber verbeten; und dafür eine Einladungsschrift zu seinen Vorlesungen über den Optimismus drucken laßen, die ich für s Sie aufhebe. Er hat mir auch ein Exemplar davon zugeschickt. Seine
    Gründe
verstehe ich nicht; seine
    Einfälle
aber sind blinde Jungen, die eine eilfertige Hündinn geworfen. Wenn es der Mühe lohnte ihn zu wiederlegen; so hätte ich mir wohl die Mühe geben mögen, ihn zu verstehen. Er beruft sich auf das
    Gantze
, um von der Welt zu urtheilen. Dazu gehört aber ein Wißen, das kein
    Stückwerk
mehr ist. Vom Gantzen also auf die Fragmente zu schließen, ist eben so als vom Unbekannten auf das Bekannte. Ein Philosoph, der mir also befiehlt auf das
    Ganze
zu sehen, thut eine eben so schwere Forderung an mich, als ein anderer, der mich befiehlt auf das
    Herz
zu sehen, mit dem er schreibt. Das ganze ist mir eben verborgen, wie mir Dein Herz ist. Meynst du denn, daß ich ein Gott bin? Du machst mich dazu durch Deine Hypothese, oder hälst dich selbst dafür, daß du in Dein und Mein Herz sehen kannst. Ob der Stoltz nicht öfters ein Kind des Leichtsinns ist, gehört für die Kenner des Menschlichen Herzens; um wie viel Grad aber ein leichtsinniger Stoltz für einen steifen beßer oder schlechter ist, damit mag sich ein Seelmeßer abgeben. Die Unwißenheit oder Flüchtigkeit im Denken macht eigentlich stoltze Geister; je mehr man aber darinn weiter kommt, desto demüthiger wird man, nicht im Styl, sondern am inwendigen Menschen, den kein Aug sieht und kein Ohr hört, und keine Elle ausmißet. Der Anfang im Christenthum macht uns daher reich an guten Werken, daß wir unser Bibellesen, unsere Eingezogenheit, unsere Nutzbarkeit dem lieben Gott anrechnen, und unsern Nächsten verachten, nicht mit der Zunge, wie ein Spötter und Ismaelit, der aus dem Heiligthum unserer Hände heraus muß, sondern, wie Sie selbst sagen, in der Tiefe unseres Herzens, die Gott allein ergründet. Sie erhalten ein Pack, worunter einige Sachen an meinen Bruder sind, mit dem Sie sich wegen der Fracht vergleichen werden. Ich habe die Werke des Maillard beygelegt, weil ich glaubte, daß sie in Ihre Bibliothek gehören. Sie sind von mir ganz flüchtig durchblättert worden. Ein lateinisch Gedicht hat mir darinn gefallen, das dem Cassius, dem Mörder des Caesars zugeschrieben wird und Orpheus heist. J’aime mes amis, schreibt Rollin an ihn de tout le coeur et je ne compte d’amitié que celle qui sera eternelle. J’espere que la notre sera de ce gout. Ich habe die Erinnerungen an eine Freundinn als ein sehr schätzbar Gedicht beygelegt, auch den Brief des Rousseau an Voltaire, weil ich meynte, daß wenn Sie ihn hätten, Sie nicht ermangelt haben würden es mir zu melden. Im Fall, so ist es eine Kleinigkeit, die Sie bald loß werden können. Die Lisbonner nebst 2 Gedichten auf Gottsched, die ich nicht einmal gelesen, habe bloß beygelegt, weil Sie mehr Scartecken von der Art erhalten werden. Die Idee in der Insel der Pucklichten ist in meinen Augen sehr philosophisch und noch leidlich genung eingekleidet. Die Predigten des Baumgartens über die Lüsternheit sich selbst zu helfen, habe vorher selbst gelesen, ehe sie Ihnen beygelegt worden. Sie werden sich 14 Tage zu seinen Anmerkungen Zeit nehmen. Er ist ein philosophischer Gesetzprediger des Evangelii. Wer denken will und sich auf die Gabe zu denken beruft, muß so denken wie er, und sich doch noch immer
    Schwäche
und
    Ungewißheit
bewußt seyn. Wenn man wie die Kinder hinten nachdenken und andern nachplappern will und sich doch für auf das Forum der Vernunft beruft, der muß gegeckt und nicht wiederlegt werden, muß mit der Schule der Roße und Mäuler für lieb nehmen, muß zum Narren gemacht werden, und sich schämen lernen, wenn er nicht denken lernen will. Die Stelle des Cicero hat wo ich nicht irre Toland in ihr Licht gesetzt. Sie werden sie in Olivets Eclogen dieses Autors finden und steht wo ich nicht irre in seinem Buch de natura Deorum. Mein Bruder wird Olivet haben, wo Sie selbige auf den ersten Blättern finden werden. Es steht eine franzosische Anmerkung darunter. Ich weiß nicht, daß man von Cicero Blindheit redet, warum hat man Cicero so lange gelesen, und dies Witzspiel, die Beziehung seiner Worte mit der Buchdruckerkunst, nicht eher bemerkt. Die petite lettre sur des grands Philosophes, worinn von dem Streit des Michaels geschrieben steht, ist die Epistel Juda coll: 2 Petri. Sie lesen die Bibel, Forstmann und Reichel mit Geschmack –
    Wie
liesest
    Du?
ist eine Frage des Gewißens, die man niemanden thun darf, und worauf man niemand zu antworten nöthig hat. Ich muß mir gefallen laßen, daß Sie meine Briefe lesen, wie Sie wollen. Ehe ich aber ein Controversienschreiber werde, will ich lieber stumm seyn. Wenn der Titel meines vorigen Briefes
    ruhmräthig
gewesen; so ist es eben derselbe, den Sie mir Selbst in Ihrem letzten Briefe am Ende gaben. Da Sie mich: alter wahrer Freund! nannten, habe ich dies Wort aufgeschnappt wie die Gesandten eines geschlagenen Königes in der Schrift aus dem Munde seines Ueberwinders. Sie schelten andere, die mit Gnade prangen, und
    rühmen sich selbst
der Barmherzigkeit, die Ihnen wiederfahren. Sie sind bey aller Armuth des Geistes, auf einmal so reich, so satt, so herrschend worden wie die Korinther 1 Cor. IV. 8. Wollte Gott, sagte Paulus, und dachte eine weinende Ironie dabey. Sie üben sich in Gottes Wort, und sind ein Schriftgelehrter ohne
    Schrifttoll
zu seyn. Sie beweisen ihren Glauben durch
    Tugend
, und in ihrer Tugend
    Bescheidenheit
, und
    Mäßigkeit
, und
    brüderliche
Liebe und
    allgemeine
Liebe. So bald können die Armen reich werden, und die Hungrigen mit Gütern überfüllt. Hüten Sie sich für die Klippen, für die Sie mich so treuherzig gewarnt. Je heiliger Sie werden, desto beißiger. Es fehlt nicht viel, so fallen Sie in Offenbarungen. Sie sind nicht Herr mehr von Ihrem Geiste, ungeachtet Paulus den Propheten dies beylegt. Sie wißen nicht,
    warum
Sie schreiben oder
    wozu?
aber Sie
    sollen
es schreiben? und was denn? daß ich in Armen Schulen auftreten soll. Sie kommen mit diesem Einfall zu spät, aufrichtig zu sagen. Meine Gründe Ihnen darüber zu sagen, lohnt nicht der Mühe. In der AbschiedsPredigt, die mir ein Knecht des Herren in Engl. halten muste, hieß es: Iß dein Brot mit Freuden und trink Deinen Wein mit gutem Muth ppp. Mein Vater giebt mir alles reichlich, was zur Leibes Nahrung und Nothdurft gehört; und hat mich nicht her geruffen, mich in die Armen Schulen zu verpflanzen, sondern zu seiner Handreichung. Und ich wiederhole das Wort: Ich muß in dem seyn, das meines Vaters ist. Gott wird seine armen Schulen schon mit tüchtigen Leuten besetzen; und die unwürdigsten sind die besten für ihn. Wie der Fürst dieser Welt seine Ämter nach Gunst und nicht nach Verdienst besetzt: so ist der Beruf Gottes in seinem Reiche auch, nicht nach Gaben, nicht nach Werken, sondern heilig, wunderbar und
    verkehrt
. Wenn ich auch alle Stunden meines Tages zu
    Bißen
machte, und sie unter den Armen Schulen austheilen wollte, und ließe nicht nur wie Scaevola meine Hand, die lauter Fehlstiche thut, sondern meinen ganzen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mirs nichts nütze. Wer frey ist und seyn kann, soll nicht ein Knecht werden; und wem Gott ein Erbtheil unter den Häuptern seines Volks und Eigenthums zugedacht, soll nicht ein Gibeoniter aus Demuth werden. David verließ nicht seinen Thron bey seinem Thürhüter Dienst im Tempel. Daß mich Gott in ein
    Feld
getrieben hat, das
    Disteln
und
    Dornen
trägt, erkenne ich mit Dank und Demuth. Ihre Anmerkung ist sehr richtig, daß der Leichtsinn uns nicht erlaubt stoltz zu seyn; er macht uns aber desto
    eitler
. Und die Eitelkeit ist ein Affe des Stoltzes, eine lächerliche Copie eines schlechten Originals. Ein Herz ohne Leidenschaften, ohne Affeckt ist ein Kopf ohne Begriffe, ohne Mark. Ob das Christenthum solche Herzen und Köpfe verlangt, zweifele ich sehr. Wie Sie beten können: Ich bin blind, lehre mich o Gott Deine Rechte und doch dabey so klare Augen haben Licht und Finsternis in mir auf ein Haar zu unterscheiden, was der Geist und das Fleisch in Ihnen so wohl als mir thut, begreife ich nicht. Treiben Sie die Verleugnung ihrer Vernunft und Phantasie nicht zu weit. Vernunft und Phantasie sind Gaben Gottes, die man nicht verwerfen muß. Das Saltz ist eine gute Sache es muß aber nicht tum seyn; sonst ist es Saltz und kein Saltz. Ein ungesaltzen Saltz und ein christlicher Sokrates gehören in eine Klaße. Sie fällen über die Schulfüchserey ein Urtheil, daß sie nicht gut sey und bitten gleich darauf um eine Erklärung der Schulfüchserey. Wie kann man sagen, daß eine Sache gut und nicht gut ist, die man nicht versteht? Der Sokrates, deßen Denkwürdigkeiten ich geschrieben, war der gröste Idiot in seiner Theorie und der gröste Sophist in seiner Praxi. Lesen Sie nur das Gespräch mit Alcibiades. Verstehen Sie eben den Sokrates, oder vielleicht einen andern, der ein Prahlhans der weisen und klugen Leute ist, und die Maske starker Geister. Mein Sokrates bleibt als ein
    Heyde
groß, und nachahmenswürdig. Das Christenthum würde seinen Glanz verdunkeln. Er starb als ein Verführer der Jugend. Für ein solch
    Gerücht
und
    Gnadenlohn
wird uns der Himmel wohl behüten. Er lief weder in Armen Schulen noch Präbenden; sondern zog Alcibiaden und Platonen. Ihre
    andere Welt
von Nabaliten und Abimelechs ist mir so unbekannt als Weymans non optimus und Kantens Optimismus. Chimären haße ich wie die entia der Vernunft. Zu Hirtenbriefen gehören 2 Griffel, der Griffel Wehe und der Griffel s Sanft. Wir müßen die Bibel nicht nach §. sondern ganz lesen; es ist ein zweyschneidig Schwert, und Gott muß uns Gnade geben es recht zu
    theilen;
zur Rechten und zur Linken damit umzugehen. 1 Cor. 4, 21. Ja, das ist meines Herzens Wunsch, mit dem Magister Kant, nicht §. weise sondern das ganze, was man geschrieben, und gelebt, zu überlegen, damit das tumultuarische nicht das Gute ersticke. Sind wir aber nicht Kinder am Verstande. Wir ersticken an Ungeziefer und trauen uns zu Kamele zu verschlucken. Wir sind zu ungedultig und fladderhaft seidene Faden durch das Nadelöhr zu treffen, und fordern Schiffseile. Halten wir uns selbst für Hexenmeister, oder wißen wir nicht daß wir Betrüger sind. Wir sind arme blinde Menschen, denen es leichter fällt sich und andere zu hintergehen, ohne daß wir wißen was wir thun, als Wunder zu schaffen. Mit unserm
    Leichtsinn
, der über alles wegglitschet, wird unsere
    Unwißenheit
aufhören, und mit unserer
    Unwißenheit
unsere
    Eitelkeit
. Ich habe Dir gesagt Mensch! was gut ist, und was der Herr Dein Gott von Dir fordert, nämlich Gottes Wort halten – Wie können wir es halten wenn wir es nicht verstehen? Wie können wir es verstehen, wenn wir nicht glauben wollen. Wir halten es so schlecht als wir es verstehen. Wenn wir es nicht verstünden, oder wüsten, daß wir blind dagegen wären; so wäre es beßer für uns. Denn kommt Liebe üben – hat es den Verdammten daran gefehlt. Sie waren sich bewust, daß sie mehr gethan hatten, als die Auserwählten – und endlich demüthig seyn
    vor deinem Gott
. Als ein Unterthan kann ich mit Pharao, meinem Wohlthäter, deßen Tochter mich erzogen, Blut, Hagel, Feuer, Heuschrecken, Finsterniß, Blattern, Läuse und Mord und Todschlag reden. Was geht Dir thörichten Mann das an, daß heut zu Tage viel Knechte ihren Herrn entlaufen? Du brauchst nur Deine Vernunft, wenn du Schwachheiten, Menschlichkeiten entschuldigen und tadeln sollst. Ist aber von Wahrheit die Rede, so ist deine Vernunft ein platonischer Mensch ein Federloser Hahn; und eine Flügel gelähmte Einbildungskraft. Unterdeßen ist es mir lieb, wenn Christus geprediget wird ειτε προφασει, ειτε αληθεια; das gehört für den Herzenskündiger, der die Menschen richten wird nach dem Rath ihres Herzens, und das Verborgene ans Licht bringen. Ich will nichts erklären. Ihr gutes Herz ist der beste Exeget meiner schweren Stellen; und Sie haben einen schnellen Zeugen an Ihrem Gewißen. Ob es eitle Schulweisheit ist in Gleichnißen und Sprüchwörtern zu reden, mögen Sie als ein Prediger dieser Weisheit am besten wißen. Ob die Moral durch äsopische Larven eckel gemacht, und wenn die Gottseeligkeit alles niederreist, warum haben die Evangelien Bücher so viel Parabeln. Rede mit uns frey heraus, damit wir Dich kurz und gut steinigen können als einen Gotteslästerer; so wirst Du leichter sterben als am Kreutz nach Recht und Gerechtigkeit. Unser Leben ist uns nicht deswegen geschenkt, noch verlängert, weil es
    Gott nützen kann;
sondern achtet
    die Gedult des
Herren und die Fürbitte eines treuen Gärtners für eure Erhaltung, und last euch durch den Reichthum seiner Güte zur Buße leiten. Gott wird mit den Scherben einer Wittwe für lieb nehmen, die ich ihm heilige; und mir Gnade geben seinen Bund mehr zu achten denn Opfer. Der L Psalm handelt vom wahren Gottesdienste. Da unser Briefwechsel immer mehr ausarten möchte, und man weder auf die Schranken Acht geben
    kann
noch
    will
, die ich mir setze. Da ich die Gränzen ehre, für denen sich die Wellen meines Stoltzes legen müßen; und meine Freunde wie Spreu vom Wirbelwinde über die Zäune und Hecken der Logick, der Moral, des Gewißens und Wohlstandes wegwirbeln laßen. Da mir meine Briefe
    Arbeit
kosten, die
    Tage kurz
und die
    Nächte lang
für mich werden, ich
    Beschäftigungen
so wohl als
    Nebendinge
nach dem
    Maas meiner Zeit
und
    Kräfte
habe; so wünschte ich, daß wir uns eine Weile ausruhten. Wollen Sie noch hierauf antworten: gut; lieber nicht, doch wie Sie wollen. Haben Sie mir etwas aufzutragen, oder zu melden; so bin zu Ihren Diensten der
    nächste
und
    schuldigste
. Fällt mir etwas vor; so bediene mich gleicher Freyheit. Herrn Magister Kant 1.) denke noch
    nicht so bald zu besuchen
. Er wird sich freuen mit einem Schreiben von Ihnen Selbst beehrt zu werden. 2.) Fürchte ich mich zu urtheilen, und
    anderer Urtheile
durch
    meine Feder
fließen zu laßen. 3. Weil der Vater durch
    Nachrichten
, wie Sie mir melden,
    beruhigt
seyn will; so muß man nach dem Sprüchwort nicht den Teufel an der Wand mahlen, weil sich gutherzige Leute mehr für den gemahlten Teufel als den Geist deßelben fürchten. Sie sind vielleicht zu bescheiden mir einen Waffenstillstand unter den Bedingungen eines gänzlichen Stillschweigens aufzulegen; ich will mein Werk durch diese
    Grobheit
krönen. Da Ihre Antworten mehr aus einer
    gesetzlichen Gefälligkeit
zu flüßen scheinen; so sind dies keine Pflichten der Freundschaft, die alle Menschensatzungen wie die Noth und Liebe bricht und keine Gesetze kennt, sondern wie die Luft, der Othem unsers Mundes, frey seyn will. Ein natürl. Hang zur Freyheit ist mir gewißermaßen mehr natürlich als Ihnen; ich liebe also auch in dieser Absicht das Christenthum als eine
    Lehre
, die meinen
    Leidenschaften
angemeßen ist; die nicht eine Saltzsäule, sondern einen neuen Menschen verlangt, und verspricht. Wo der Geist Gottes ist, da ist Freyheit. Und die Wahrheit macht uns frey. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch; an den sich ein Streiter wie ein Mäcänas an seinen dissoluto habitu, losen Tracht gewöhnt. Ich habe Ihren Herrn Schwager noch nicht gehört, und wähle mir keine Prediger mehr, sondern nehme für lieb mit dem der liebe Gott giebt. Baumgarten, Forstmann, Reichel, Paulus, und Kephas sind Menschen, und ich höre öfters mit mehr Freude das Wort Gottes im Munde eines Pharisäers, als eines Zeugen wieder seinen Willen, als aus dem Munde eines Engels des Lichts. Für Leute, die blöde Augen haben, ist die schwarze Farbe eines Predigers erträglicher, als ein glänzender Talar und mit Ihrer pragmatischen Regel
    kranke Augen
durch das
    Licht
zu stärken bin nicht einig. Schirme, Vorhänge, gefärbte Gläser, Wolken, und ein Wiederschein im Waßer, sind Methoden der Natur, der Vernunft und Geschmacks; wie ihre morgenländische Erzählungen, romanische Dialogen, Schauspiele gleichfalls Abweichungen Ihrer Theorie sind. Hier strafen auch die Kinder den Vater und treten wieder ihn auf. So bald ich meine sokratische Denkwürdigkeiten erhalte, schicke ich ein Exemplar. Wer sich daran ärgert, thut sich selber schaden. Wahrheiten, Grundsätze, Systems bin ich nicht gewachsen. Brocken, Fragmente, Grillen, Einfälle. Ein jeder nach seinem Grund und Boden. Ich warte mit Ungedult auf den Abdruck. Mein Vater grüst herzl. Sie und Ihre liebe Hälfte, die ich umarme. Ich bin jusqu’à revoirIhr Freund in petto. Adresse:
A Monsieur / Monsieur Lindner. M. A. / Recteur du College Cathedral / de et / à
    Riga
.
HE. Justiz Rath Trescho hat mir ein Compliment an Sie aufgetragen. Johann Gotthelf Lindner notierte einige Stichworte am Schluss des Briefes, zu HKB 163 (I 431/36): Ich zwinge dich nicht, aber daß der Sünder nicht bleibe. Bis ich frdl. werde scheinen. Um nicht gesezl. zu schreiben so kurz gut zu theilen nach dem Schwert drohen? ihr Schwert Menschen trifft aber Petrus hieb das Ohr ab. Optim. Socrat. Seine Strafe sind Schläge. Damit nicht Bitterkeit werde Gibeoniter sind gute Schleuderer gewesen Ich danke dir Gott daß du mich gedemüthigt hast Bassa Woltersdorf
Königsberg. den 24/13 Octobr. 1759.   ber Bruder,   en in meinem vorigen Briefe wiederruffen. Den Zuckerstrauß bey     bestellt, habe weder gesehen noch gekostet, ohngeachtet ich 8   ihn besucht, und es an mein Erinnern nicht habe fehlen laßen. Er     res Hochzeitsgeschenk nach Dichterart dem jungen Paar gemacht haben, es nicht der Mühe werth geachtet ihm den Nachtisch ins Haus zu schicken. Du siehst aus dieser Kleinigkeit, wie die am besten gelegten Entwürfe des Geschmacks und der Lüsternheit wie Sperlinge vom Dache fallen. Aus Liebe zur Wahrheit habe mich zum Wiederruf verbunden geachtet. Unser Nachbar, Herr Woltersdorf, ist gestern begraben worden, allen blühenden Jünglingen zum NB; worauf man aber als Marginal Schrift im gemeinen Leben nicht Achtung zu geben gewohnt ist. Ich bin durch eine dunkle Ahndung zu seinem Schicksal vorbereitet worden, daß ich also nicht nöthig gehabt wie andere darüber zu erschrecken. Sonntags vor 14 Tagen war er zum Abendmal, ich sehe mich von ungefehr im Fürstenstand um, und sehe ihn schlafen, weil ihm die Krankheit schon vermuthlich in Gliedern, und nach meinem Eindruck, in den Zügen lag. Es fiel mir wieder meinen Willen die Beobachtung Pauli ein: Viele unter euch
    schlafen
– – Nicht Paulus, der Beobachter, sondern Christus, der Erwecker und Lebendigmacher, wolle von uns allen einmal sagen; wie zu seinen Jüngern vom Lazarus:
    Unser Freund schläft
. Am Mondtage bekamen wir einige Paar Haselhüner von Tilse geschickt, davon ich die Hälfte gern mit meinem abreisenden Freunde B. verzehren wollte. Ich gehe alle Tage hin, ihn zu mir zu bitten, ehe sie zu alt werden. Auf Morgen Mittag Hofnung bey meinem heutigen Morgenbesuche, von dem ich jetzt eben komme. Er reiset diese Woche mit dem letzten Tage ab. Du warst besorgt, mit was für einem air Du ihn wiedersehen solltest; als den
    Freund
und
    Wohlthäter
Deines
    einzigen Bruders
, der Dich auch liebt, Deiner Selbst wegen, weil er viel gute Eigenschaften in Dir glaubt, die im stande wären mich für einen Feind einzunehmen, und daher die Bande der Natur für mich noch ehrwürdiger und schätzbarer machen. Heute thut die Schwester Deines liebreichen Herrn Wirths Hochzeit. Ich habe seine Mama Montags besucht, und mir ausgebeten, daß sie alles, was zu bestellen vorfallen würde, mir anvertrauen sollte, wie ich gleichfalls durch dich den Herrn Magister ersuchen laße, mir alle Commissionen an Sie zu überlaßen. Sie wird aufs Land gehen, und findet also unser Haus als die beste addresse. Ich werde nichts an
    Sorgfalt
in
    richtiger Bestellung
ermangeln laßen. Er kann sich darauf verlaßen, wenn er will. Will er sich nicht auf mich verlaßen, so beleidigt er mich, und ich laß mich nicht ungerochen beleidigen. Herr Lauson hat einige alte Schriften zur Stiftung der Realschule für ihn gesammelt, denen ich noch einige andere aus dem Buchladen beygelegt; nebst 3 Exemplarien von Gesners Encyclopedie, eins für ihn, das 2te für seinen HE. Bruder in Kurland, der    seinem jungen Herrn vornehmen könnte, und das dritte für Dich. Ich habe ein    genommen, und es nach einem flüchtigen Ueberblick als ein sehr brauch   Ist mein Freund Baßa schon in Berenshof. Ich denke an ihn zu    seiner neuen Stelle Glück zu wünschen. Einlage befördere gleich an jungen HE Be und bitte ihn mündlich    mich zu schreiben, und alles durch einander, es mag sich schicken oder      ein Muster ihm in meiner Antwort gegeben – weil ihm nichts als     einen guten Briefsteller, und zur Gabe seine Gedanken schriftlich auszudr    selbst diese Stelle vor, damit sie desto mehr Eindruck in ihn macht. Montags Mittags hatten wir einen Gänseschmauß mit dem Zöpfelschen Hause; mein alter Vater hat einen Husten, der ihn bisweilen müde macht, geht aber Gottlob! aus, und ist noch nicht gewiß, ob er an Dich schreiben kann. Seinen herzl. vaterl. Gruß auf allen Fall. Der liebe Gott erhalte und stärke ihn! amen; das heist, es werde wahr pp. Weil ich diese Woche mit dem N. T. fertig zu werden gedenke; so hoffe künftige die Grammatic der griechischen Sprache mit allen mögl. Hülfsmitteln anzufangen, und den jungen Trescho zu meinem Mitarbeiter darinn zu wählen. Ich habe des berüchtigten Bernds Leben gelesen; und ein Paar von seinen Schriften durchblättert, die mich das übrige zu sehen keine Lust machen. Das erste ist das einzige Buch in seiner Art. Nach dem Bilde des Mannes von sich selbst urtheile ich. Es fehlte dem Mann an Urtheilskraft 1.) in der Erkenntnis seiner selbst 2.) in seinen Sätzen und in seinem Styl. Geitz und Eitelkeit guckt allenthalben hervor, ohngeachtet er beyde Leidenschaften an sich niemals erkannt. Aufrichtig ist er gewesen, daß er nichts von sich verschwiegen. Was ein Mann also nicht weiß, kann er nicht sagen. Sein schwach Iudicium hat ihn also wieder Willen zu einem Heuchler gemacht. Und was offenbare Lügen sind, ist an ihm bloß Schwäche des Verstandes. Ein gesetzlich Christenthum kann man gleichfalls in dem Leben dieses Mannes sehen und die mühsamen Wege, die uns daßelbige stolpern lehrt; die Furcht des Todes, in der uns daßelbe sitzen läßt pp. Durch das ganze Buch bin bestätigt worden in meiner alten Ansicht Hypothese; daß Hypochondrie in Leidenschaften ihren Ursprung nimmt. Ein Gewebe von dergl. ist in der Leibesbeschaffenheit dieses Mannes als ein Erbgut anzusehen. Sein Vater ein epicurischer Christ, seine Mutter eine stoische Christin. Ich rede nicht anders als nach den bloßen Idéen eines Schriftstellers, und der Mensch oder vielmehr der Christ geht meine Critick nicht an. Diese Memoires sind sehr brauchbar, wenn man Kleinigkeiten mit Verstand ansehen und anwenden kann; sonst bleibt es, ein langweiliges oder albernes Buch, das weder Vergnügen noch Nutzen geben kann; einem leichtsinnigen Leser Eckel und Gelächter erweckt, einen hypochondrischen aber Angst und bange macht, ohne ihn klüger zu machen. Fällt es Dir einmal in die Hände, und Du hast Lust es zu lesen, so können Dir diese kurze Anmerkungen an statt eines guten Leitfadens dienen. Der junge Arndt hat uns gestern besucht, und läßt Dich herzl. grüßen. Er hat halbe Lust die Condition bey der Fr. v. Rosen anzunehmen. Mit seiner Aufführung bin sehr zufrieden. Weist Du nähere Bedingungen, so melde mir. Vergiß es nicht. Ich ersterbe Dein treuer Bruder. Auf der ersten Seite zwischen Datum und Anrede: an Euer Haus und dortige gute – von mir und von hier. Frage den HE Mag: ob er schon den 2ten Theil von Stockhausens Briefsammlung hat. Des Buchbinder Brandt einz. Tochter ist gestern gestorben. Jungfer Vetterinn!
Königsb: den 30. Octobr. 1759. Mein lieber Bruder, Ich habe zweyerley Anliegen an Dir, womit ich den Anfang machen will. Das erste betrift eine Erinnerung einer alten Bitte und Versprechens nach Trutenau einen Schlafpeltz zu besorgen; gleich dem meinigen. Du weist wie gefällig sich diese ehrl. Leute immer gegen uns bewiesen. Fällt es Dir zu schwer; so will gern die Hälfte des Preises bezahlen. Sein Wort muß man aber halten, und gute Freunde nicht vergeßen. Weil dies aber aufgewärmter Kohl ist, und ich bloß Deinen überhäuften Geschäften die Ermangelung Deiner Pflicht in dieser Kleinigkeit zuschreibe; so will mich nicht länger damit aufhalten. Mein zweyter Antrag betrift eine ganz neue Gefälligkeit, und ich wage denselben bloß aus gutem Vertrauen auf Deine Gesinnungen. Baßa hat mir mit voriger Post geschrieben, daß er Geld braucht vor der Hand zu seinen nöthigen Ausgaben; und ersucht mich darum ihn zu dienen. Ich habe bloß zu dem nothdürftigsten Gebrauch und zwar nicht viel übrig. Da ich nicht vermuthe, daß Du Dein Geld angegriffen; so wirst Du beßer thun damit zu wuchern. Es ist eben so gut, als wenn Du es mir vertrauest, und Du hast mehr Sicherheit bey ihm als bey mir. Höre meine Gründe, und denn urtheile. 1.  Ich sehe mich dadurch als durch ein Merkmal seiner Freundschaft geehrt, daß er zu mir seine Zuflucht nimmt. 2.  Ich bin ihm verbunden, es sey wie es wolle zu dienen, da er mir mit gleicher Grosmuth gedient. 3.  Ich müste meinen Vater darum ansprechen, und denn wäre es doch von dem
    Deinigen
, oder von dem Unsrigen. Dies würde aber theils weitläuftig und zu umständlich seyn, theils muß ich Unsern Alten von aller irrdischen Sorge und Unruhe abhalten, die ihn ohnedem schon zu sehr drückt. 4.  Ich entziehe Dir dadurch eine Gelegenheit Dich einen ehrl. Mann, der mein Freund ist, verbindlich zu machen, und die Anerbietung, die ich Dir jetzt thue, Deinen Nächsten zu dienen, wirst Du als ein
    Glück
nicht aus der Hand laßen. Weil Du Dein Gold nicht gern verlieren wirst; so gieb es ihm als ein Pfand und laß es bey dem HE Mag. versetzen. Wenn dieser ehrl. Mann auch weiß, daß Du 50 # hast, so wirst Du ihm kein Staatsgeheimnis verrathen, noch eine Blöße geben. Ich überlaße Dir und Baßa die Art wie ihr das einfädeln wollt. Kann er Dir Interessen geben, so nimm sie sicher an; wo nicht, so schenk sie mir. Ich bin willens einen offnen Brief an Baßa einzulegen. Dies darf Dich nicht hindern, wenn es Dir unmögl. oder unthunlich fällt, ihm abzuschlagen. Nur eins bitte mir als eine wesentl. Bedingung aus, davon keinen Senf in Deiner Antwort zu machen, und im vorbeygehen, ja oder nein, mir zu melden, oder die Nachricht davon dem HE Baßa selbst zu überlaßen. Vergiß das nicht. Ich wünschte, daß ich meinen Vater selbst darüber sprechen könnte; ich halte es aber für beßer ihn mit nichts zu beunruhigen. Er ist seit einiger Zeit mit einem Husten beschwert, der ihn sehr mürbe macht, und ich fürchte, daß ihn ein Lager wieder bevorsteht. Bete für Ihn und für mich. Gott sey Ihm und uns allen gnädig, und lehre uns Seinem heiligen Willen uns zu unterwerfen. Eben jetzt fangen die Glocken an die Jgfr Brandtin zu belauten, auf die Lauson parentiren wird. Herr lehre uns bedenken, daß wir sterben müßen, auf daß wir klug werden! HE. Rectors Brief habe gestern erhalten, der mir Dein Wohlbefinden berichtet. Ich werde ihn nicht antworten. Es bleibt bey meinem Vorsatz unsern Briefwechsel zu unterbrechen auf eine Zeit lang. Wiederhole meine Versicherung in Ansehung deßen, was für seine liebe Mama kommen soll. Dergl. Commissionen werde gern für ihn übernehmen, und worinn ich sonst mit gutem Fuge dienen kann. Außer vielen äußerl. Gründen, an deren Erklärung niemanden gelegen, hören die beyden inneren Bestimmungen meines Briefwechsels auf. Meine Commission an ihn ist zu Ende; ich habe ihm nichts mehr zu sagen. Die andere Ursache hat gleichfalls aufgehört. Mein Freund ist Sonntags abgereiset, und schickte gestern den Mag. Kant uns nochmals grüßen zu laßen. Ich preise Gott für alle Gnade, die Er mir erwiesen. Herr B. hat mir alle mit die
    Achtsamkeit
, Redlichkeit und
    Zärtlichkeit
erwiesen, die gute Freunde sich schuldig sind, wenn sie sich gleich genöthigt sehen nach verschiednen Entwürfen zu leben. Ich kann ihm nichts darinn zur Last legen, muß aber die Ehre davon auch dem Geber aller guten Gaben, worunter auch das tägliche Brodt der Freundschaft gehört, allein zuschreiben. Ich lese jetzt den Chrysostomus, und werde Dir eine Stelle abschreiben, die ich heute in ihm gelesen: „Du must Dir Freunde machen? Mache Dir Freunde Gott zur Ehre. Du must Dir Feinde machen? Mache Dir Feinde, Gott zur Ehre. Wenn wir uns auch nicht solche Freunde gewinnen, durch welche wir Reichthümer erlangen, deren Tisch wir genüßen, und durch welche wir mächtig werden können; so wollen wir diejenigen
    aufsuchen
, und uns zu Freunden machen, die unsre
    Seelen immer in Ordnung halten
, die uns
    zur Erfüllung unserer Pflichten ermahnen
, die uns
    bestrafen
, wenn wir sündigen, die uns
    aufrichten
, wenn wir straucheln, und die uns mit
    Gebet
und
    Rath
beystehen,
    um uns zu Gott zu bringen
. Wiederum dürfen wir uns um Gottes Willen
    Feinde
machen. Wenn Du einen Schwelger und
    Unreinen
siehst, einen Menschen voll Bosheit,
    voll irriger Lehren
, der dich
    zum Fall zu bringen
und
    Dir zu schaden sucht:
so weiche von ihm und
    fliehe zurück
. Das verlangt
    Christus
von Dir: Wenn Dich Dein rechtes Auge ärgert; so reiß es aus, und wirf es von Dir. Er befiehlt Dir
    Deine liebsten Freunde
, die
    Dir so theuer als Deine Augen
und Dir bey
    den Geschäften dieses Lebens
eben so
    unentbehrl. sind
, auszureißen und wegzuwerfen, wenn sie Dir an
    Deiner Seeligkeit
hinderlich sind.“ Ich habe gestern seine 6 Bücher vom Priesterthum mit viel Zufriedenheit gelesen. Weil das Christenthum in einem
    Königl. Priesterthum
besteht, so ist dies ein Buch für jeden Christen. Ein Kunstrichter wird mehr Hypochondrie als Beredsamkeit darinn finden. Was für
    ängstl. schwülstige, übertriebene
Begriffe machte sich dieser Mann von seinem Stande; und wie furchtsam und schlecht dachte er von sich selbst. Ich habe eine schwache kleine Seele, schreibt er, die nicht allein vielen Leidenschaften, sondern der
    bittersten
unter allen, der
    Misgunst
leicht unterworfen ist, die weder die
    Schmach
noch die
    Ehre
gelaßen ertragen kann, sondern von dieser über die Maaßen aufschwillt, und von jener allzusehr erniedrigt wird. Meine Entschuldigungen unsern Briefwechsel biß auf längere Tage auszusetzen, oder biß auf einen dringenden Grund sind nicht zum Schein. Es fehlt mir gewiß an Zeit unnütze Briefe zu schreiben, von denen ich Rechenschaft ablegen soll; und mein Gemüth ist durch allerhand Sorgen meiner ersten Munterkeit beraubt, zu der ich mich sammlen will und muß. Ich habe nicht aufs ungewiße gelaufen, noch in die Luft gefochten, sondern ein Ziel und Gegenstand gehabt, die ich erreicht. Wenn der Ackersmann seine Saat ausgestreut, so findt er seine Ruhe in kleinen Hausgeschäften, und überläst sein Ackerwerk dem Seegen Gottes. Chrysostomus hat 5 Predigten über die
    Unbegreiflichkeit Gottes
geschrieben, durch deren Lesung sich die Philosophen ein wenig unterrichten können, welche aus
    den Eigenschaften des
höchsten Wesens so viel große problematische Wahrheiten herzuleiten im stande sind. Die Idee, die sich Schulmännergelehrte von Gott und seinen Eigenschaften machen, ist vielleicht schlechter als der Athenienser ihr Altar, auf dem sie einem unbekannten Gott dienen. Doch wenn der Philosoph nur weiß, daß Gott das höchste Wesen ist, so flüst aus diesen Begrif seine höchste Weisheit und Güte, das
    Urtheil
über seine
    Werke
, wie eine Zigeunerinn aus den Zügen der Hand den ganzen Lebenslauf eines Menschen, oder ein Moralist aus dem gegebenen Charakter den ganzen Mechanismus sittlicher Handlungen herleiten kann. Wer also den Beweiß einer besten Welt auf die Eigenschaften eines unsichtbaren, und unbegreiflichen Wesens gründen will, der versteht seine Frage nicht, und in welches Fach sie gehört. Ich habe gestern das griechische Testament wieder Gott Lob! anfangen können, und eine griechische Grammatic von ein Paar Bogen gefunden, wie ich sie gewünscht. Der Verfaßer heist Wagner. Man muß sie mit ein wenig viel Aufmerksamkeit lesen, wenn man ihren Nutzen und Gebrauch einsehen will. Ich habe ein Exemplar für Dich v HE. Rector abgelegt, weil sie einige gl. kostet, und für mich kein kleiner Fund ist. Ein Grundriß von der Art hat mir immer im Kopf gelegen. Es hat alle die Vollkommenheiten in sich, die ich an einem Schulbuch wünsche;
    kurz, rund
und
    trocken
. Es gehört beynahe eben so viel Mühe aber dazu
    dergl. Bogen zu lesen
als
    zu schreiben
. Mein alter Vater ist jetzt so gut gewesen mir Deinen Brief an Ihn vorzulesen. Das Buch hab
    ich
bezahlt und Dir geschickt, weil ich es als eine Hälfte zu Pluche angesehen; ich habe mich aber sehr in der Güte deßelben betrogen. Was den Einfall Deiner Muse betrift; so kann dazu nichts sagen. Das hängt lediglich von Deinem Herzen und Deinem Glück ab. Es ist keine Schuldigkeit 2.) zieh Deine Geschäfte und Deine Zeit zu rath. 3.) auch Deine Ehre und einen feinen Geschmack. Wache über Dein Herz in den kleinsten Lüsten von der Art, die öfters viel Folgen haben. Bleibe bey dem
    Sanften
in Deiner Schreibart, und suche nicht das Starke. Zieh den Magister zu Rath, laß aber sein Urtheil erst die Probe einer Critick aushalten, ehe Du demselben traust. Wegen Forstmanns Schriften werde mit HE Wagner reden; und denke morgen HE. Mag. Kant zu besuchen. Genung auf heute. den 31. als am Gedächtnistage der Reformation, der zu Wittenberg gefeyert wird, wie mein Vater mir heute erzählt. Einen Gruß vom HE Praecentor Radtke, der uns heut frühe 2 Hasen und ein Birkhuhn geschickt. Er erhält eine Predigerstelle. Ich habe jüngst Opitzens Büchlein von der Deutschen Poeterey gelesen, das er in 5 Tagen geschrieben. Dies ist leicht mögl. bey einem Mann, der von seiner Materie Meister ist. Ich habe auch dabey
    die Genüge und Ruhe empfunden, welche man schöpft aus dem geheimen Gespräch und Gemeinschaft der großen hohen Seelen, die seit hundert ja tausend Jahren mit uns reden;
wie er sich selbst ausdrückt. Die Gelehrten haben, was sie in Poeten
    aufgemerkt
, nachmals durch richtige Verfaßung zusammen geschloßen, und aus vielen
    Tugenden
eine
    Kunst
gemacht. Die Poeterey ist nichts als eine verborgene Theologie und Unterricht von göttl. Sachen. Daß ihr Wandel nicht das beste Gerüchte hat, kann die Ursache wohl
    zum Theil
seyn, daß ihre
    poetische Gemüther
unterweilen etwas
    sicherer
und
    freyer
sind, als es eine und andere Zeit erlaubt leidet, und nach des Volkes Urtheil nicht viel fragen. Sophokles warf dem Eschilus vor, daß nicht er, sondern der
    Wein
seine Tragedien gemacht habe. Damit Ronsard sein französisch desto beßer
    auswürgen
könnte, hat er sich mit der Griechen Schriften ganzer zwölf Jahre
    überworfen
. Die
    Erfindung der Dinge
ist nicht anders als eine sinnreiche Faßung aller Sachen, die wir
    uns einbilden können
, der himml. v irrdischen, die Leben haben und nicht haben, welche ein Poet sich zu beschreiben und hervorzubringen vornimmt. An dieser Erfindung
    hänget stracks die Abtheilung
, welche besteht in einer
    füglichen
und
    artigen
Ordnung der
    erfundenen Sachen
. Lyrische Gedichte erfordern zuförderst ein
    freyes lustiges
Gemüth und wollen mit
    schönen
Sprüchen und Lehren häufig gezieret seyn wieder der andern Gedichte Gebrauch, da man
    sonderl. Maaße
wegen
    der Sentenzen
halten muß, damit nicht der
    ganze Körper
nur lauter Augen zu haben scheine, weil er auch der andern Glieder nicht. Bey den Wörtern hat man zu sehen 1.) auf die Zierlichkeit ihrer Auslesung. 2.) auf ihre Zusammensetzung 3.) auf ihre Dignität, Würde und Ansehen. Ach! ach! wie glücklich ist, dem es so wohl gelingt Daß er mag Richter seyn! Wie ofte ruft er wohl, Daß Ganymedes ihm den Mund so machen soll Als einen Stein, durch den der Goldschmied Urtheil spricht; Ob auch gewiß das Gold recht gut sey oder nicht. Eine Stelle des Theocrits übersetzt; warum ein Kunstrichter hier den Ganymed zu seinen Patron erwählt, weil er Mundschenk des Zevs ist? oder aus einer andern mythol. Grille, möchte wohl wißen. — —
    Die freye Dienstbarkeit
Die
    sichere
Gefahr, das
    tröstliche
Beschweren Ermuntert meinen Geist, daß er sich höher schwingt Als wo der Pöbel kriecht, und durch die Wolken dringt Geflügelt mit
    Vernunft
und
    muthigen Gedanken
.
Königsberg. den 7. Nov. 1759. Liebster Freund! Weil man mir bey HE. Kade in Rubel auszahlen wollen, habe nichts angenommen. Ich sollte wieder ansprechen; ob Sie mir vielleicht mit einem Imperial dienen könnten. Man hätte keine. Sie werden mit dem HE. Ältesten Johannigk, der artiger und gefälliger ist seinem Nächsten auch in Kleinigkeiten zu dienen wie ein reicher Holländer, deswegen reden. Meine häusliche Lebensart macht meinen Leib gegen jedes Lüftchen so empfindlich, daß der gestrige Gang mir einen starken Schnupfen zugezogen, und ich ganz flüßig zu Hause kam. Weil Sie daher mit nächster Post an HE Wagner schreiben wollen; so wäre es mir lieb, daß Sie ihn ersuchten von Kade Comptoir den Imperial abzuholen,
    falls er da gehoben werden soll, und kann
. HE Wagner wird dies gerne thun, und mir das Goldstück abgeben, da ich es alsdenn sicher zu befördern suchen werde. Einlage hat mir die Frau Consistor. R. zugeschickt. Ueberbringerinn ist so früh heute hier gewesen, daß ich nicht selbst mit ihr gesprochen. Ihre liebe Mama ist auf dem Lande und war so gütig mir noch den Tag Ihrer Abreise zu besuchen, und mit mir zu verabreden. Sie werden also so gütig seyn alles was von Briefen oder Sachen an Sie kommen soll an mich zu addressiren; ich werde alle mögl. Sorgfalt tragen. Von Joseph Andrews und der neuesten Uebersetzung des Destouches habe gleichfalls mit HE Wagner geredt. Er ist jetzt allein im Buchladen, weil Thorwald wenige Tage nach sn. HE. gleichfalls gestorben. Ich hoffe, daß beydes hier seyn wird. Von Joecks Beyträgen ist ein dritter Theil hier, und von Eskuche der 20. Versuch. Wenn dem alten Pastor R. so viel an dieser Nachricht gelegen; so können Sie ihn Geliebtester Freund, damit dienen; auch mit den Büchern selbst, wenn er sie haben will. HE. M. Kant wird erst heute Ihren Brief erhalten, ich werde zu ihm gehen. Wir stehen so untereinander, daß ich bald in eine sehr nahe, oder sehr entfernte Verbindung mit ihm zu haben voraussehe. Er kennt keinen Schultz unter seinen Zuhörern. Mein alter lieber Vater läßt Sie herzl. grüßen. Er hat sich zeither mit einem Husten geqvält, der ein wenig nachgelaßen, wobey er aber immer hat ausgehen können. Gestern Abend klagte er sehr, und wurde wieder mit einem Schleim den er nicht loß werden konnte, Wallungen nach dem Kopf und Stichen beschwert, daß er schon vor seiner gewöhnl. Zeit zu Bett gehen wollte. Er hielte sich aber auf, und hat heute Gott Lob! wieder ausgehen können. Er wird gewaltig engbrüstig, und der Othem wird ihm recht schwer. Gott wolle ihn stärken, und seinen Gnädigen Willen auch an ihm erfüllen! Ihre liebe Hälfte grüßen wir gemeinschaftl. aufs zärtlichste. Ich verbleibe Lebenslang Ihr ergebener Freund und Diener. Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie et / de belles lettres et Recteur du / College Cathedral de la Ville Imperiale de et/ à /
    Riga
. / par
    Couv:
Königsb: den 20. Nov. 1759. Βη δε κατ’ ουλυμποιο καρηνων αϊξασα Die blauaugichte Minerua stieg von den Scheiteln des Olympus – – αϊξασα – stracks war sie da – geschwinder wie die Räder des
    Sturms
rollen, und die
    Gemsen
klettern. Mit eben so einem αϊξασα! melde ich Dir, heute das dritte Buch der Odyssee angefangen zu haben. Homer ist also mein erster Autor, und es thut mir nicht leyd ihn gewählt zu haben. Ich könnte Dir schon einen ganzen Brief von den 2 Büchern schreiben; ich will aber so lange warten, biß Du die dreybogichte griechische Grammatick erhalten wirst, die mit den übrigen Büchern erst abgehen soll. Dem HE. Rector melde vor der Hand, daß ich den Posttag darauf einen Imperial von HErrn Kade ins Haus geschickt bekommen, daß ich 2 Qvittungen darüber unterschrieben, und so gleich eine Nachricht davon an die Frau Consistorial R. nach Steinbeck; daß heute Mag. Siebert durch einen Gesellen des HE. von Acken auf seine Handschrift den Imperial erhalten, und alles jetzt seine Richtigkeit habe. Ich habe es für überflüßig geachtet bloß wegen dieser Kleinigkeit zu schreiben, da ich gedacht, daß er die Nachricht davon durch HE. Ältest. Johanningk am besten erhalten könnte, dem meine Qvittung vermuthlich wird überschickt seyn. Ich war darüber aufgebracht, weil ich den klugen Kaufmann und seine Leute in dem Irrthum sah, als wenn mir der Imperial als ein Gratial überschickt würde. Sie hätten also keine Complimente zu machen, und ein litteratus nähme das erste das beste Geld für lieb. Ihre Einbildungen mögen gewesen seyn wie sie wollen, so hätte es sich für ordentl. Leute geschickt mir zu sagen: Wir haben kein solch Geld, wollt ihr den Werth davon annehmen, aber nicht das letztere mir aufdringen wollen, als wenn Rubel und Imperial einerley wären. Ich habe mit zu wenig Aufmerksamkeit die Qvittung angesehen und hatte doch gleich wol die Neugierde zu wißen wie hoch der Imperial angerechnet. HE Kade hat zu meinem Vater von 10 Rubel gesagt; ob HE Kade sich verredet oder der letztere unrecht verstanden, weiß nicht. Lauson hat mir von Schwink Comptoir zu 10 Rthrl. für ganz gewiß angeboten. Hat HE Mag. Gelegenheit oder Lust unter der Hand darnach zu fragen: so möchte wol den rechten Grund wißen. Die lateinischen Grammaticken sind ausgegangen werden aber in 8 Tagen aus der Preße kommen; in welcher Zeit das verlangte erfolgt. Destouches ist gewiß da; von Andrews weiß nicht. HE Rector kann sich verlaßen daß alles richtig bestellt werden soll. Popowitsch ist nicht hier; ich wünschte, wenn er sich seine Grammatick so wohl als insbesondere sein Buch vom
    Meer
aus Hamburg verschriebe. An dem letzten wäre mir viel gelegen, daß
    er es
hätte.
    Johann Ehrenfried
Wagner bezieht sich auf seine lateinische Grammatick, die auch nicht hergekommen. Sie muß nach der griechischen Sprachlehre zu urtheilen ein sehr nützlich Büchlein seyn. Ich weiß, daß er mit Keyser in Corresp. steht. Du könntest zugl. den letzten Theil von Pluche Schaupl. der Natur mitkommen laßen, der hier gleichfalls nicht zu haben, und wer weiß wenn? einkommen möchte. In Popowitsch vom Meer sollen viel Philologica vorkommen.
    Aichinger lese
ein wenig ehe er abgeht. Der Anfang hat mir gefallen. – Auf das Reisegeld wird hier gewartet. – Ich hoffe nicht daß HE Rector Vechneri Hellenolexicon hat; es kommt mit, weil ich es für ein sehr brauchbar Buch zur lateinischen Sprache und für einen Schulmann ansehe. Hat ers, so muß es mit erster Post abgeschrieben werden. NB. Des sonderbaren Innhalts wegen habe noch Luthers merkwürdigen Brief vom Dollmetschen, den Peucer mit nicht zu verwerfenden Anmerkungen herausgegeben, für den HE. Mag. beygelegt. Es ist eine kleine Schrift und kostet einige gl. Mit was für Recht ein alter Gottesgelehrter dieses Sendschreiben
    Göttlich
genennt, und jedes Wort davon erhoben, möchte manchem ein Räthsel seyn. Luther hat darinn seiner Heftigkeit und seinem Feuer recht den Zügel gelaßen. So wenig ich von des Helvetius Schrift de l’Esprit mache, so sind doch einige Kapitel über die Leidenschaften nicht zu verachten. Der Franzos hat eine Geschichte seines eigenen uns beschrieben, der im Gedächtnis und einer physischen Empfindlichkeit besteht, die den herrschenden Ton der Modeschriftsteller in Frankr. ausmacht. Er weiß angenehm zu erzählen, und überhebt seine Leser der Mühe nachzudenken, weil diese Mühe mit seiner physischen Empfindlichkeit vermuthlich streiten muß. Was das für eine ungezogene Moral ist, die die Leidenschaften verwerfen will, und ihrer Tochter die Herrschaft über sie einräumt. Die Leidenschaften müßen schon die Schule ausgelernt haben, wenn sie der zarte Arm der Vernunft regieren soll. Doch diese Moral wird eben so bewundert als die Politick, welche das Eigenthum der Güter aufzuheben sucht – von Papageyen, die ihr χαιρε und sonst nichts dem Kayser zu sagen wißen. Brauch Deine Leidenschaften, wie Du Deine Gliedmaßen brauchst, und wenn Dich die Natur zum Longimanus oder Vielfinger gemacht, so wird sie und nicht Du verlacht; und Deine Spötter sind lächerlicher und mehr zu verdammen als Du mit Deiner längeren Hand oder mit deinen sechs Fingern. Trescho hat mir wieder geschrieben; nichts als witzige Wendungen. Noch keine Antwort auf das was ich schreibe, bisher von ihm gesehen. Er trägt mir immer eine Liste von Titeln auf, über deren Innhalt er mein Urtheil wißen will, so wenig ich Lust habe selbige selbst zu lesen. Ich werde mir Zeit laßen an ihn zu schreiben; weil ich einem solchen Briefwechsel wol das Beywort ατρυγετον geben möchte, was Homer dem Meer anhängt, wo weder Erndte noch Weinlese statt findet, nichts für die Tenne, nichts für die Kelter, nichts für den bon-sens, nichts für den Geschmack oder das Herz; nichts fürs Gedächtnis, nichts für die sinnl. Empfindsamkeit. Lauson läßt HE. Mag. herzl. grüßen und ist zu faul ihm noch zu antworten. Von Gundling weiß er vor der Hand nichts. Weil meine Augen vom Griechischen zieml. mitgenommen werden, so habe das Nöthige für ihn an Dich addressirt. So bald ich an HE. B. schreibe, werde auch an Ihn schreiben. Nicht ehe, meines Erachtens. Vermelde beyden meine freundschaftlichsten Grüße, und wünsche Deinem HE Wirth gute Beßerung seines Fußes. M. Weimanns Disput. werde ihm nächstens beylegen; ich habe sie nicht gelesen, und halte es nicht der Mühe werth, weil die Materie außer meinem Bezirck liegt. Ich habe mein Organon verlernt; und es thut nichts zur Sache. Sic volo sic iubeo; das konnte Doctor Luther sagen, ohne daß er einen Schuldienst nöthig hatte es zu lernen. Lies seinen despotischen Brief vom Dollmetschen; er ist recht lustig theologisch geschrieben. Luther wäre eher ein Abraham von St. Clara geworden, aber kein Melanchthon ein Luther, weil Philipp ein gelehrter feiner Mann war aber ohne Leidenschaften; oder von sehr mannigfaltigen, die sich untereinander selbst vernichteten, oder von kälterer Vernunft und gesetzteren Wesen als sein ehrlicher A große Lust habe diese Epoche für – einen Staatsmann. Ich habe an Pr. dazu geborgt; noch sich gegen meine weiter zu trei ich selbst dem trauen kann. Immanuel Chry Europäischen Für nicht fortkam, blie Verfall der Phil verächtlich gema Wiedervergeltung besonders eines muß, so fin theils
    erleichter
nöthig; s und für uns ses nicht ge Ich habe sch besucht, au thek und Beyhn ben, daß die Wunder von hoffen wede fällt eben s werden. I schen Regier also fast nich ebenso we und formar der Aoristen. Wo so e Oeconomie Sprachen ei nicht genau Neuigkeiten. Eine Plan, Collin, Com re gefallen von Prof. Kyp iechisch lernen solltest, den. Ich müste jedes kranz herbeten; kindische oder ge- mpf werden. Jetzt Kinder von ihren
    hat werden lernen
, zu legen als Tele stieg voran in setzte da den losen West, 1752. Zu Halle änzen des ganzen Seiten davon ausgegeben. lich mittheilen pfen folgst, hschießen laßen. Deinen Brief an gesagt, daß ewesen; jetzt Wenn dem schlecht er Was sagt so bleibe ich hmen zu laßen, weil er meine Sprache versteht. – äßest und das it er nicht fort beiten mir bersetzen, et- Abhandlung nicht zur Haupt- euer Bruder. Vor dem Datum: Grüße meinen lieben General Baß in Berenshof.
– – ah! miser, Quanta laboras in Charybdi Digne puer meliore flamma! HORAT. Die Gönner Ihrer Verdienste würden vor Mitleiden die Achseln zucken, wenn Sie wüßten, daß Sie mit einer
    Kinderphysick
schwanger giengen. Dieser Einfall würde manchem so kindisch vorkommen, daß er über die Unwißenheit Ihrer eigenen Kräfte, und den schlechten Gebrauch derselben spöttern oder wohl gar auffahren würde. Da ich nicht weiß, daß Sie Satyren über Ihre Lehrbücher lesen; so glaube ich auch nicht, daß Sie unter den Kindern Ihrer Naturlehre Leute von guter Gesellschaft verstehen. Ich nehme also an, H. H. daß Sie in Ernst mit mir geredt, und diese Voraussetzung hat mich zu einem Gewebe von Betrachtungen verleitet, die mir nicht möglich ist auf einmal auseinander zu setzen. Sie werden das, was ich vor der Hand schreiben kann, wenigstens mit so viel Aufmerksamkeit ansehen, als wir neulich bemerkten, daß die Spiele der Kinder von vernünftigen Personen verdienen, und erhalten haben. Wenn nichts so
    ungereimt
ist, das nicht ein Philosoph gelehrt, so muß einem Philosophen nichts so
    ungereimt
vorkommen, das er nicht prüfen und untersuchen sollte, ehe er sich
    unterstünde
es zu verwerfen. Der Eckel ist ein Merkmal eines verdorbenen Magens oder verwöhnter Einbildungskraft. Sie wollen mein Herr M. Wunder thun. Ein gutes, nützliches und schönes Werk, das nicht ist, soll durch Ihre Feder entstehen. Wäre es da, oder wüßten Sie, daß es existirte, so würden Sie an diese Arbeit kaum denken. „Der Titel oder Name einer Kinderphysik ist da, sagen Sie, aber das Buch selbst fehlt.“ Sie haben gewisse Gründe zu vermuthen, daß Ihnen etwas glücken wird, was so vielen nicht gelingen wollen. Sonst würden Sie das Herz nicht haben einen Weg einzuschlagen, von dem das Schicksal Ihrer Vorläufer Sie abschrecken könnte. Sie sind in Wahrheit ein Meister in Israel, wenn Sie es für eine Kleinigkeit halten, sich in ein Kind zu verwandeln, trotz Ihrer Gelehrsamkeit! Oder trauen Sie Kindern mehr zu, unterdessen Ihre erwachsene Zuhörer Mühe haben es in der Geduld und Geschwindigkeit des Denkens mit Ihnen auszuhalten? Da überdem zu Ihrem Entwurf eine vorzügliche Kenntniß der
    Kinderwelt
gehört, die sich weder in der galanten noch akademischen erwerben läßt; so kommt mir alles so wunderbar vor, daß ich aus bloßer Neigung zum Wunderbaren schon ein blaues Auge für einen dummkühnen Ritt wagen würde. Gesetzt Kützel allein gäbe mir den Muth gegenwärtiges zu schreiben; so würde ein Philosoph wie Sie auch dabey zu gewinnen wissen, und seine Moralität üben können, wo es nicht lohnte seine Theorien sehen zu laßen. Meine Absichten werden Sie unterdessen übersehen; weil die wenigsten Maschinen zu ihrem nützlichen Gebrauch eine mathematische Einsicht erfordern. Gelehrten zu predigen, ist eben so leicht als ehrliche Leute zu betrügen: auch weder Gefahr noch Verantwortung dabey, für Gelehrte zu schreiben; weil die meisten schon so verkehrt sind, daß der abentheuerlichste Autor ihre Denkungsart nicht mehr verwirren kann. Die blinden Heiden hatten aber vor
    Kindern
Ehrerbietung, und ein getaufter Philosoph wird wissen, daß mehr dazu gehört für Kinder zu schreiben als ein Fontenellischer Witz und eine buhlerische Schreibart. Was schöne Geister versteinert, und schöne Marmor
    säulen
begeistert; dadurch würde man an Kindern die
    Majestät
ihrer
    Unschuld
beleidigen. Sich ein Lob aus dem Munde der Kinder und Säuglinge zu bereiten! – an diesem Ehrgeitz und Geschmack Theil zu nehmen, ist kein
    gemeines
Geschäfte, daß man nicht mit dem
    Raube bunter Federn
, sondern mit einer freywilligen Entäußerung aller Überlegenheit an Alter und Weisheit, und mit einer Verläugnung aller Eitelkeit darauf anfangen muß. Ein philosophisches Buch für Kinder würde daher so einfältig, thöricht und abgeschmackt aussehen müssen, als ein
    Göttliches
Buch, das für Menschen geschrieben. Nun prüfen Sie sich, ob Sie so viel Herz haben, der Verfaßer einer einfältigen, thörichten und abgeschmackten Naturlehre zu seyn? Haben Sie Herz, so sind Sie auch
    ein Philosoph für Kinder
. Vale et sapere AVDE!
Von erwachsenen Leuten auf Kinder zu schlüßen; so traue ich den letzteren mehr Eitelkeit als uns zu, weil sie unwissender als wir sind. Und die catechetischen Schriftsteller legen vielleicht, diesem Instinct gemäß, die albernsten Fragen dem Lehrer, und die klügsten Antworten dem Schüler in den Mund. Wir müssen uns also dem Stoltz der Kinder wie Jupiter sich der aufgeblasenen Juno bequemen, die er nicht anders als in der Gestalt eines vom Regen triefenden und halbtodten Gugucks um die
    Pflicht
ihrer
    Liebe
angesprochen haben soll, unterdessen er zu seinen Galanterien sehr anständige und sinnreiche Verkleidungen wählte. Das größte Gesetz der Methode für Kinder besteht also darinn, sich zu ihrer Schwäche herunterzulaßen; ihr Diener zu werden, wenn man ihr Meister seyn will; ihnen zu folgen, wenn man sie regieren will; ihre Sprache und Seele zu erlernen, wenn wir sie bewegen wollen die unsrige nachzuahmen. Dieser practische Grundsatz ist aber weder möglich zu
    verstehen
, noch in der That zu
    erfüllen
, wenn man nicht, wie man im gemeinen Leben sagt, einen Narren an den Kindern gefressen hat, und sie liebt, ohne recht zu wissen: warum? Fühlen Sie unter Ihren Schooßneigungen die Schwäche einer solchen Kinderliebe; so wird Ihnen das Aude sehr leicht fallen, und das sapere auch flüßen: so können Sie, H.H. in Zeit von sechs Tagen sehr gemächlich der Schöpfer eines ehrlichen, nützlichen und schönen Kinderwerks werden, das aber kein T – – dafür erkennen, geschweige daß ein Hofmann oder eine Phyllis aus Erkenntlichkeit Sie dafür umarmen wird. Diese Betrachtungen gehen darauf hinaus, Sie zu bewegen, daß Sie auf keinen andern Plan ihrer Naturlehre sinnen, als der schon in jedem Kinde, das weder Heyde noch Türke ist, zum Grunde liegt, und der auf die Cultur Ihres Unterrichts gleichsam wartet. Der beste, den Sie an der Stelle setzen könnten, würde menschliche Fehler haben, und vielleicht größere, als der verworfene Eckstein der mosaischen Geschichte oder Erzählung. Da er den Ursprung aller Dinge in sich hält; so ist ein historischer Plan einer Wissenschaft immer besser als ein logischer, er mag so künstlich seyn als er wolle. Die Natur nach den sechs Tagen ihrer Geburt ist also das beste Schema für ein Kind, das diese Legende ihrer Wärterin so lange glaubt, bis er
    rechnen
,
    zeichnen
und
    beweisen
kann; und dann nicht Unrecht thut, den Zahlen, Figuren und Schlüssen, wie erst seinen Ammen zu glauben. Ich wundere mich, wie es dem weisen Baumeister der Welt hat einfallen können uns von seiner Arbeit bey dem großen Werk der Schöpfung gleichsam Rechenschaft abzulegen; da kein kluger Mensch sich leicht die Mühe nimmt Kinder und Narren über den Mechanismus seiner Handlungen klug zu machen. Nichts als Liebe gegen uns Säuglinge der Schöpfung hat ihn zu dieser Schwachheit bewegen können. Wie würde es ein großer Geist anfangen, der einem Kinde, das noch in die Schule gienge, oder einer einfältigen Magd von seinen Systemen und Projecten ein Licht geben wollte. Daß es aber Gott möglich gewesen, uns zwey Worte über den Ursprung der Dinge vernehmen zu laßen, ist unbegreiflich; und die würkliche Offenbarung darüber ein eben so schönes Argument seiner Weisheit, als ihre scheinende Unmöglichkeit ein Beweis unsers Blödsinns. Ein Weltweiser lieset aber die drey Kapitel des Anfanges mit eben solchen Augen, wie jener gekrönter Sterngucker den Himmel. Es ist daher natürlich, daß lauter eccentrische Begriffe und Anomalien ihm darin vorkommen; er meistert also lieber den heiligen Moses, ehe er an seinen Schulgrillen und systematischem Geist zweifeln sollte. Schämen Sie sich also nicht, H. H. wenn Sie für Kinder schreiben wollen, auf dem hölzernen Pferde der mosaischen Geschichte zu reiten, und nach den Begriffen, die jedes Christenkind von dem Anfange der Natur hat, ihre Physick in folgender Ordnung vortragen: I. Von Licht und Feuer. II. Von der Dunstkugel und allen Lufterscheinungen. III. Vom Wasser, Meer, Flüssen. IV. Vom festen Lande, und was in der Erde und auf der Erde wächst. V. Von Sonne, Mond und Sternen. VI. Von den Thieren. VII. Vom Menschen und der Gesellschaft. Mündlich mehr! – – Neglectum genus et nepotes  Respicis AVTOR  Heu nimis longo satiate ludo.  HORAT.
GeEhrter Freund, Dieser Name ist nicht ein leeres Wort für mich; sondern eine Qvelle von Pflichten und Entzückungen, die sich auf einander beziehen. Aus diesem Gesichtspunct werden Sie Beylage beurtheilen. Es gehört nicht immer ein Scheffel Saltz zu dem Bündniße, das man Freundschaft nennt. Ich schmäuchele mir also, daß ich mit dem Handvoll abkommen werde, womit ich gegenwärtigen Brief habe würzen müßen. Ihr Stillschweigen über gewiße Dinge, wo die Redlichkeit einem Stummen die Zunge lösen würde, ist eine Beleidigung für mich, die ich eben so wenig erklären kann, oder so schlecht erklären muß, als Sie meine auffahrende Hitze. Ich habe Lust an dem Werke zu arbeiten, davon die Rede unter uns ist. Für einen einzigen ist es zu schwer, und zwey sind beßer als drey. Wir möchten auch vielleicht von einigem Geschicke dazu seyn, und von einem Zuschnitte, der zusammen paßete. Wir müßen aber unsere
    Schwächen
und
    Blößen
so genau kennen lernen, daß keine Eyfersucht noch Misverständnis unter uns möglich ist. Auf Schwächen und Blößen gründet sich die Liebe, und auf diese die Fruchtbarkeit. Sie müßen mich daher mit eben dem Nachdruck zurückstoßen, womit ich Sie angreife; und mit eben dieer Gewalt sich meinen Vorurtheilen wiedersetzen, womit ich die Ihrigen angreife: oder Ihre Liebe zur Wahrheit und Tugend werden in meinen Augen so verächtlich als Bulerkünste aussehen.
    Einigkeit
gehört also zu unserm Entwurf. Die darf nicht in Ideen seyn, und kann darinn nicht gesucht noch erhalten werden, sondern in der Kraft und dem Geist, dem selbst Ideen unterworfen sind; wie die Bilder des rechten und linken Auges durch die Einheit des Gesichtsnerven zusammenflüßen. Ich wünschte daher, daß Sie mich über meine 2 Briefe von dieser Materie zur Rede gesetzt hätten. Es ist Ihnen aber nichts daran gelegen, mich zu verstehen, oder nicht zu verstehen; wenn Sie mich nur so ungefehr erklären können, daß Sie dabey nicht zu Schanden werden, noch ich nicht alle gute Meynung verliere. Das heist nicht philosophisch, nicht aufrichtig, nicht freundschaftlich gehandelt. Meine Anerbietung war die Stelle des Kindes zu vertreten. Sie sollten mich daher ausfragen: wie weit ich gekommen? wie und was ich wüste? und Ihr Gebäude darnach einrichten? Sie setzen aber schon zum voraus, daß das Kindereyen sind, was ich gelernt. Dies ist gegen alle Menschenliebe eines Lehrers, der sich auch den schlechtesten Grund bey seinem Schüler gefallen läßt, und ihn durch das, was er schon weiß, und wodurch er ihn überführt, daß er es schon weiß, aufmuntert mehr und weiter und beßer zu lernen. Sapienti sat. Wißen Sie jetzt, warum die Jesuiten so gute Schulmeister und feine Staatsleute sind? Beylage Soll ich nicht
    brennen
, wenn jemand an mir
    geärgert
wird? und worann denn? An meinen Stoltz. Ich sage Ihnen, Sie müßen diesen Stoltz fühlen, oder wenigstens nachahmen, ja übertreffen können; oder auch meine Demuth zum Muster wählen, und die Lust der Autorschaft verleugnen. Oder beweisen Sie mir, daß Ihre Eitelkeit beßer ist als der Stoltz, der Sie ärgert, und die Demuth, die Sie verachten. Es ist ein Zug des
    Stoltzes
an Cäsar, meines Wißens, daß er sich nicht eher zufrieden gab, biß er alles gethan hatte, und nichts übrig blieb. Wo andere zu schwach sind, Hinderniße zu machen, wirft er sich selbst Alpen im Wege, um seine Gedult, seinen Muth, seine Größe zu zeigen. Ehre ist ihm lieber als Leben. Ein kluger Geist denkt nicht so, und handelt ganz anders; viel weniger ein weiser Mann. Wenn Sie sich
    schämen
, oder
    vielleicht unvermögend
sind
    stoltz
zu seyn: so laßen Sie Ihre Feder schlafen, wenigstens zu dem Werk, woran ich Antheil nehmen soll. In diesem Fall ist es über Ihren Gesichtskreys, und Ihren Schultern überlegen. Fürchten Sie sich nicht für Ihren Stoltz. Er wird genung gedemüthigt werden in der Ausführung des Werkes. Wie würden Sie aber ohne diese Leidenschaft die
    Mühe
und
    Gefahr
Ihres Weges überstehen können? Es gehört Stoltz zum
    beten;
es gehört Stoltz zum
    arbeiten
. Ein
    eitler
    Mensch
kann weder eins noch das andere; oder sein Beten und Arbeiten ist Betrug und Gaukeley. Er
    schämt
sich zu graben und zu betteln; oder er wird ein betender Battologist und polypragmatischer Faulenzer. Alembert und Diderot haben dem Nahmen ihrer Nation zur Ehre eine Encyclopedie aufführen wollen; sie haben
    nichts
gethan. Warum ist es ihnen mislungen? und warum ist es ins Stecken gerathen? Beyde Fragen hängen zusammen, und haben eine gemeinschaftl. Auflösung. Die Fehler ihres Plans können uns mehr unterrichten, als die guten Seiten deßelben. Wenn wir an einem Joche ziehen wollen; so müßen wir gleich gesinnt seyn. Es ist also die Frage; ob Sie zu meinem Stoltz sich erheben wollen, oder ob ich mich zu Ihrer Eitelkeit herunterlaßen soll? Ich habe Ihnen schon im Vorbeygehen bewiesen, daß wir Hinderniße finden werden, denen die Eitelkeit zu schwach ist ins Gesicht zu sehen, geschweige zu überwinden. Mein Stoltz kommt Ihnen unerträglich vor; ich urtheile von Ihrer Eitelkeit weit gelinder. Ein Axiom ist einer Hypothese vorzuziehen; die letztere aber ist nicht zu versetzen verwerfen; man muß sie aber nicht wie einen Grundstein, sondern wie ein
    Gerüste
gebrauchen. Der Geist unsers Buchs soll moralisch seyn. Wenn wir es selbst nicht sind, wie sollen wir denselben unserm Werke und unsern Lesern mittheilen können. Wir werden, als Blinde, Leiter von Blinden zu werden uns aufdringen, ich sage uns aufdringen, ohne Beruf und Noth. Die Natur ist ein Buch, ein Brief, eine Fabel (im philosophischen Verstande) oder wie Sie sie nennen wollen. Gesetzt wir kennen alle Buchstaben darinn so gut wie möglich, wir können alle Wörter syllabiren und aussprechen, wir wißen so gar die Sprache in der es geschrieben ist – – Ist das alles schon genung ein Buch zu verstehen, darüber zu urtheilen, einen Charakter davon oder einen Auszug zu machen. Es gehört also mehr dazu als Physik um die Natur auszulegen. Physik ist nichts als das Abc. Die Natur ist eine Aequation einer unbekanten Größe; ein hebräisch Wort, das mit bloßen Mitlautern geschrieben wird, zu dem der Verstand die Puncte setzen muß. Wir schreiben für eine Nation, wie die französischen Encyclopedisten; aber für ein Volk, das Maler und Dichter fordert. Mediocribus esse poetis Non homines, non di, non concessere columnae; Dies ist kein Einfall des Horatz, sondern ein Gesetz der Natur und des guten Geschmacks. Alle Ideen aber stehen in Ihrem Verstande wie die Bilder in Ihrem Auge umgekehrt; Einfälle sehen Sie für Wahrheiten, und diese für jene an. Mit dieser umgekehrten Denkungsart werden wir unmöglich zusammen fortkommen können. Sie sind stoltz, Ihnen die Wahrheit zu sagen; ich nicht, oder ich muß Ihnen so vorkommen. Mit W. mögen Sie umgehen, wie Sie wollen; als ein Freund fordere ich eine andere Begegnung. Ihr Stillschweigen in Ansehung seiner ist heimtückischer und verächtlicher, als seine tumme Critick über Ihren Versuch. Sie begegnen mir auf gl. Fuß; ich werde Sie aber dafür nicht ungestraft laßen. Seine Einwürfe zu wiederlegen, ist Ihnen zu schlecht. Ein neuer Beweiß, gegen den alle Einwürfe von selbst wegfallen, macht Ihnen in Ihren Augen mehr Ehre. Sie haben auf meine Einwürfe nichts geantwortet, und denken vielleicht auch auf einen neuen Plan. Der Plan, auf den ich gehe, gehört mir nicht, sondern ist das Eigenthum jedes Kindes, und hat Mose zum Urheber; deßen Ansehen ich beßer im Nothfall vertheidigen will, als mein eigenes. Wenn Sie ein Lehrer für Kinder seyn wollen; so müßen Sie ein väterl. Herz gegen Sie haben, und dann werden Sie ohne roth zu werden auf das höltzerne Pferd der Mosaischen Mähre sich zu setzen wißen. Was Ihnen ein holtzern Pferd vorkommt, ist vielleicht ein geflügeltes – – Ich sehe leider, daß Philosophen nicht beßer als Kinder sind, und daß man sie eben so in ein Feenland führen muß, um sie klüger zu machen; oder vielmehr aufmerksam zu erhalten. Ich sage es Ihnen mit Verdruß, daß Sie meinen ersten Brief nicht verstanden haben; und es muß doch wahr seyn, daß ich schwerer schreibe, als ich es selbst weiß, und Sie mir zugeben wollen. Es geht meinen Briefen nicht allein so, sondern mit dem platonischen Gespräch über die Menschl. Natur kommen Sie auch nicht fort. Sie saugen an Mücken und schlucken Kameele. Steht nicht drinn geschrieben und ist es nicht gründlich genung bewiesen, daß keine Unwißenheit uns schadet; sondern bloß diejenige, die wir für Eitelkeit halten. Ich setze noch hinzu, daß keine Unwißenheit uns verdammen kann, als wenn wir Wahrheiten für Irrthümer verwerfen und verabscheuen. Ist es Dir nicht gesagt; wird es dann heißen; ja es ist mir gesagt, ich wollte es aber nicht glauben, oder es kam mir abgeschmackt vor, oder ich hatte meine Lügen lieber. Sehen Sie immer meine Parrhesie für den Frevel eines Homeromastix oder für eine cynische Unverschämtheit an. Sie sind Herr, Dingen Nahmen zu geben, wie Sie wollen – – Nicht Ihre Sprache, nicht meine, nicht Ihre Vernunft, nicht meine: hier ist Uhr gegen Uhr. Die Sonne aber geht allein recht; und wenn sie auch
    nicht recht
geht, so ist es doch ihr Mittagsschatten allein, der die Zeit über allen Streit eintheilt. Wenn Sie ein Gelehrter Eroberer wie Bacchus seyn wollen; so ist es gut, daß Sie einen Silen zu Ihrem Begleiter wählen. Ich liebe nicht den Wein des Weins wegen, sondern weil er mir eine Zunge giebt Ihnen in meinem Taumel auf meinem Esel die Wahrheit zu sagen. Weil ich Sie hochschätze und liebe, bin ich Ihr Zoilus; und Diogen gefiel einem Mann, der gleiche Neigungen mit ihm hatte; so ungl. die Rollen waren, die jeder spielte. Wer eine beste Welt vorgiebt, wie Rousseau, und eine individuelle, atomistische und momentanen Vorsehung leugnet; der wiederspricht sich selbst. Giebt es ein Zufall in Kleinigkeiten; so kann die Welt nicht mehr gut seyn, noch bestehen. Flüßen Kleinigkeiten aus ewigen Gesetzen; und wie ein Saecul. aus unendl. Tagen von selbst besteht; so ist es eigentl. die Vorsehung in den
    kleinsten
Theilen, die das
    ganze
gut macht. Ein stoltzes Wesen ist der Urheber und Regierer der Welt. Er gefällt sich selbst in seinem Plan; und ist für unsere Urtheile unbesorgt. Wenn ihm der Pöbel über die Güte der Welt mit klatschenden Händen und scharrenden Füßen Höflichkeiten sagt und Beyfall zujauchzt, wird er wie Phocion beschämt, und frägt den Kreys seiner wenigen Freunde, die um seinen Thron mit bedeckten Augen und Füßen stehen; ob er eine Thorheit gesagt, da er gesprochen: Es werde Licht! weil er sich vom gemeinen Haufen über seine Werke bewundert sieht. Nicht der Beyfall des gegenwärtigen Jahrhunderts, das wir sehen, sondern des künftigen, das uns unsichtbar ist, soll uns begeistern. Wir wollen nicht nur unsere Vorgänger beschämen, sondern ein Muster für die Nachwelt werden. Wie unser Buch für alle Klaßen der Jugend geschrieben seyn soll; so wollen wir solche Autors zu werden suchen, daß uns unsere Urenkel nicht für kindische Schriftsteller aus den Händen werfen sollen. Ein eitles Wesen schafft deswegen, weil es gefallen will; ein stoltzer Gott denkt daran nicht. Wenn es gut ist, mag aussehen wie es will; je weniger es gefällt, desto beßer ist es. Die Schöpfung ist also kein Werk der Eitelkeit; sondern der Demuth, der herunterlaßung. Sechs Worte werden einem großen Genie so sauer, daß er 6 Tage dazu braucht, und den siebenten sich ausruht. Ex
    noto
fictum carmen sequar; vt sibi quiuis Speret idem; sudet multum, frustraque laboret Ausus idem.
Ex
    noto
fictum carmen sequar;
Wenn Du einen Heidelbergschen Catechismum schreiben willst; so fange nicht mit einem Philosophen vom Herrn
    Christo
an, denn er kennt den Mann nicht. Und wenn
    Du
deinen Zuhörern einen Beweiß geben willst, daß die Welt gut ist; so weise sie nicht auf das gantze, denn das übersieht keiner, noch auf
    Gott
, denn das ist ein Wesen, das nur ein Blinder mit starren Augen ansehen kann, und deßen Denkungsart und moralischen Charakter sich nur ein eitler Mensch zu erkennen zutraut. Ein aufrichtiger Sophist sagt, je länger ich dran denke, desto weniger kann ich aus ihm klug werden. Ich will meinen Beweiß noch mit einem Dilemma schlüßen, und Sie dadurch zur Freymüthigkeit und Offenherzigkeit gegen mich aufmuntern? Warum sind Sie so zurückhaltend und blöde mit mir? und warum kann ich so dreist mit Ihnen reden? Ich habe entweder mehr Freundschaft für Sie als Sie für mich? oder ich habe mehr Einsicht in unsere Arbeit wie Sie? Sie fürchten sich selbst zu verrathen, und mir die Unlauterkeit Ihrer Absichten, oder den Mangel Ihrer Kräfte zu entblößen? Denken Sie an den Bach, der seinen Schlamm auf dem Grunde jeden zeigt, der in denselben sieht. Ich glaube; darum rede ich. Ueberzeugen
    können
Sie mich nicht; denn ich bin keiner von Ihren Zuhörern, sondern ein Ankläger und Wiedersprecher. Glauben
    wollen
Sie auch nicht. Wenn Sie nur meine Einfälle
    erklären
können; so argwohnen Sie nicht einmal, daß Ihre Erklärungen närrischer und wunderlicher als meine Einfälle sind. Ich will gern Gedult mit Ihnen haben, so lange ich Hofnung haben kann Sie zu gewinnen, und
    schwach
seyn, weil Sie
    schwach
sind. Sie müßen mich fragen und nicht Sich, wenn Sie mich verstehen wollen.
Eine weise Regierung hat mehr Macht als das Clima den Charakter einer Nation zu veredeln. Es fehlt an Schriften nicht über das Clima; ich kann mich aber auf keine besinnen, die hieher gehört. Im Esprit des Nations möchte etwas zum Unterricht des Declamators stehen. Dies Buch ist deutsch übersetzt. Der Lebensbeschreiber des Hallers hat meines Wißens seines Helden Hypothese von der Reitzbarkeit mit der Lehre vom Clima vereinigen wollen. Dieser Schweitzer hat eine kleine Schrift vor einem Jahr ausgegeben, die wo ich nicht irre, auch in das Fach einschlägt. Ich besitze sie selbst, habe sie aber nicht gelesen, sie ist sehr historisch. Zimmermann heist meines Wißens der Autor. Ich habe nicht einmal den Esprit des loix hier, daß ich dies Buch zu Rathe ziehen kann. Seine Theorie gründet sich auf einige Versuche mit Ochsenzungen, und ihren Warzen, so viel ich mich besinnen kann. Nehmen Sie also mit einer Rhapsodie meiner eignen Einfälle für lieb. Sie werden sich nicht viel versprechen können, weil mein Gedächtnis die Spur der einschlagenden Begriffe verloren. Das Thema könnte ein wenig beßer und regelmäßiger bestimmt werden. Es fehlt demselben an
    Einheit
, die jedes haben muß, es mag so zusammen gesetzt seyn, wie es will. Damit ist dem geholfen, der es ausarbeiten, und jeder Art von Zuhörern. Wird Regierung dem Clima hier, wie Kunst und Natur entgegengesetzt? So hat man nicht den Montesquieu
    eigentlich
zum Gegner. Der sieht das Clima bloß als ein
    Mittel
an, das der Regierung zu subordinirt ist, oder als ein
    Hindernis
, das eine gesunde Politick zu überwinden hat. Die Staatskunst muß sich also gegen das Clima als
    einen Bundesgenoßen
oder als
    einen Feind
verhalten. Wo es keine Gesetze giebt, da giebt es auch kein
    politisch Clima
. In despotischen Staaten giebt es weder Sitten noch Charakter. Die zufällige Gemüthsart des Sultans und seines Großveziers machen eine solche Nation edel und verächtlich. Das Clima kann ihn über ihn einen Einfluß haben, aber keinen über sein Volk.
Weil das Idioticon Pruss. nicht mir gehört, sondern fortgeschickt werden soll; so werden Ew. HochEdelgeboren so gütig seyn Ueberbringer deßelben zu bestellen, wenn er wieder kommen soll es abzuholen, heute oder morgen nach der Beqvemlichkeit. Nehme mir zugl. die Freyheit ein engl. Buch bey zu legen, von dem ich Ew. HochEdelgeboren Urtheil wißen möchte, ob es eine Uebersetzung verdiente. Wenn ich das erstere werde abholen laßen, bäte mir zugleich eine kleine Erörterung über folgende Wörter aus: ανιειης, durch incitares übersetzt. à verbo? von Kypke: Von ἀνίημι Praes. Optat. act. οἴομαι, heist dies Wort auch so viel als expecto? von Kypke: Ja. So viel als προσδέχομαι divina vis Telemachi Τοισι δε και μετέειφ’ ἱερὴ ες τηλεμαχοιο· von Kypke: οιο pro ου in genit. dicitur Jonice et poetice. Hos vero interfatus est diuus Telemachus. von Kypke: ἱερὴ pro ἱερὰ Jonice ἱς Vis, robur Ist Telemαχοιο nicht der Genitiuus? und wo komt derselbe her? Was ἱερη der Construction nach hier ist, bin gleichfalls ungewiß. δειδισκω, finde nicht in meinem Wörterbuch, ist propiro übersetzt. von Kypke: heisset porrigo, praebeo. απαιθης, finde gleichfalls nicht, heist inscius in der Uebersetzung. von Kypke: Ist ein Druckfehler. Soll heißen ἀπευθης. βουν ἡνιν, ist bouem legitimam übersetzt, heist es nicht eigentl. von
    einem Jahr alt?
von Kypke: Ja. εποιπνυον, finde nicht, soll administrabant bedeuten. von Kypke: ποιπνυω, opus facio, et quidem sedulo. Valde occupatus sum. πειρατα τεχνης, administra artis. Was ist hier eigentl. der Begrif des Wortes πέρας πείρατα τέχνης, von Kypke: Instrumenta artis.
    Das Ende der Kunst
i. e. womit man die Kunst ausführet.
δεικνυμαι, heist dies auch die rechte Hand geben; oder bloß ausstrecken gleich einem Zeigenden von Kypke: heisset auch manum porrigere, comiter excipere. δυωδεος, soll odorifer heißen, was ist hier die Endigung δεος von Kypke: Das kan ich nicht lesen heist δεκτης auch ein Bettler? von Kypke: Ja. Νηπενθες, ist absque dolore übersetzt; und soll vermuthl. der Name eines Pharmaci seyn, dem Opium ähnlich. Χλαινας τ’ ενθεμεναι ουλας καθυπερθεν ἕσασθα, Lanasque imponere villosas ad supra cooperiendum. Das letzte Wort fehlt mir nun, von welchem Verbo kommt εσασθαι her. αδευκει ist auch inopinatus gegeben. Ich finde δευκος, dulcedo. Dies könnte auch ein epithetum zu ολεθρω seyn. Wenn es aber inopinatus heißen soll, ist mir die Etymologie des Worts unbekannt. Ich habe das gute Vertrauen, daß Ew. HochEdelgeboren meine Unverschämtheit zum besten kehren werden, weil Sie Lust zu lernen zum Grunde hat. Verbleibe mit der aufrichtigsten Hochachtung Meines höchstzuEhrenden Herrn Professors verpflichtester Diener H. von Kypke: αδευκης ist nicht allein amarus sondern auch inexspectatus und sodann leitet man es von δέκω oder δεχομαι her. ἕσασθαι, Infin. Aor. I. Med. von ἕσχω, colloco. Νηπενθες herbe cuius succus tristitiam discutit et malorum oblivionem inducit. Von Νὴ non, Πενος tristitia. Das Buch des Marshall ist gut zur Erbauung zu lesen und zur Uebung in der Sprache zu übersetzen, es aber zum Druck zu übersetzen, scheint es zu alt zu seyn, indem die erste Edition schon 1692 herausgekommen und der Auctor ist ausser England zu unbekant. Zur Erklärung der Wörter des Homer wäre gut gewesen, wenn Sie das Buch der Odyssé und die Zahl des Verses beyzufügen beliebt hätten. Ich hätte sodann die Stellen selbst nachschlagen können.
Königsberg. den 22 Dec: am Geburtstage unsers Vaters 759. Mein lieber Bruder, Dein letzter Brief hat mich recht sehr erfreut, weil ich so lange keine Zeile von Dir erhalten habe. Gott sey Dir gnädig und seegne Dich in allen Deinen Vornehmen, Ausgang und Eingang. Er gebe Dir was Dein Herz wünschet, und laße daßelbe
    richtig
seyn und Gottes Leiten folgen. Der die ganze Welt regiert, wenn Der der Gott und Herr und Meister unserer Seele ist, wie seelig ist sie! Unsere Wünsche für unsern Vater mögen über unser Wißen und Verlangen erfüllt werden. Er hat heute sein Geburtsfest mit vieler Munterkeit angetreten. Wir sind diese Woche zum heil. Abendmal gewesen und ich habe Dienstags bey unsern lieben Beichtvater gespeist. Er vereinige uns alle in seiner Liebe, nach dem Reichthum seiner Gnade! Amen! Es freut mich herzlich, daß Du das N. T. gleichfalls vorgenommen. Jeden Tag 3 Kapitel ist mein pensum, und Du kannst nicht glauben, wie ein langsamer anhaltender Fleiß fördert. Fahre nur fort, Du wirst den Nutzen selbst davon erkennen. Ich bin auch mit meiner Odyssee zu Ende, und habe gestern den Froschmäusekrieg nebst einigen Hymnen mit der Uebersetzung vergliechen, die in den lyrischen epischen v elegischen Gedichten steht. Die Hymnen scheinen des Homers nicht unwürdig zu seyn, und haben wenigstens das Gepräg eines alten Dichters. Mit Elsners Anmerkungen bin auch gestern Abend fertig geworden, daß ich also mit dem alten Jahr frohen Feyerabend machen kann; meine übrigen Nebenarbeiten sind von eben dem guten Zuschnitt gerathen. Giebt Gott Gnade zum Neuen, so denke mein griechisches Studiren fortzusetzen und die vornehmsten alten Autores nach der Reyhe durchzugehen, doch so, daß mit dem Frühling das Griechische auf den Nachmittag verlegt werden dürfte und ein anderer Hauptzweck meine Morgenstunden füllte. Kommt Zeit, kommt Rath. Sollte ich das Glück haben Euch wiederzusehen; so freue ich mich einen Vorrath neuer Kenntniße erworben zu haben, und denselben mit Euch theilen zu können, brüderl. v. freundschaftlich. Ich bin der Letzte auferwacht, las ich gestern im Syrach, wie einer der im Herbst nachlieset, und Gott hat mir den Seegen dazu gegeben, daß ich meine Kelter auch voll gemacht habe wie im vollen Herbst. Schauet, wie ich nicht für mich gearbeitet habe, sondern für alle, die gern lernen wollten. Was Gerundia v Supina heißen soll, kann ich Dir nicht sagen. Ich habe Goclenii Problemata Grammatica, unter meinen alten Büchern nachgeschlagen, da eine weitläuftige Auflösung der wichtigen Frage steht, ob diese beyde Redetheile zu den Zeit- oder Nennwörtern zu rechnen, worüber Frischl. v. Crusius einen bittern Krieg geführt, nichts aber über die Benennung darinn gefunden. Ist Dir mehr daran gelegen als mir, so pflegen in Hederichs latein. Wörterbuch die Etymologien zu stehen oder bitte Deinen Wirth um Sanctii Mineruam. Gerundiuus heist das erste eigentl. vielleicht wird Infinitiuus darunter verstanden; und das andere könnte ein Participium oder verbum supinum anzeigen. Finde ich etwas, was Dir mehr Genüge thun kann, so werde ich Dir künftig mittheilen. Ich habe mir Bengels kleine Ausgabe des N. T. und Hederichs griechisches Wörterbuch nach Ernesti Ausgabe zugedacht zum Weynachtsgeschenk. Ob sich mein Vater das wird gefallen laßen, weiß ich nicht. Das letzte gehört zu unsern Hederichschen Lexicis und kostet nach seiner Dicke nicht viel, nur 9 fl. Schevel hat mir bisher Genüge gethan. Ich wünschte in des HE. Rectors Bibliothek gleichfalls ein griechisches Wörterbuch. Das Meinige ist zugl. für Dich zum künftigen Gebrauch. Für Dich ist gleichfalls gesorgt, und so bald Deine Hemde fertig werden, wird man Dein Marcepan einpacken. Hänschen möchte gern mit einer Grammaire des Dames erfreuen, muß erst sehen. Erinnere Dich, daß Du aus keiner andern Absicht, als
    mir zu Liebe
, diese Information unternommen, und daß Du mir, wie ich Dir, zu dienen
    schuldig
bist. Der jüngere Tr. hat schon einige Wochen nicht bei uns gespeist, weil er unpäßlich gewesen. Er besuchte mich gestern, weil ich ihn öfters zugesprochen und will auch nach Hause reisen um dort gesund zu werden. Er ist in eben den Labyrinth worinn sein Bruder, und von gleichen Schlage. Ich habe auch Gelegenheit gehabt ihn auf die Probe zu stellen, sie hat ihm aber wenig Ehre und mir noch weniger Zufriedenheit gemacht. Es fehlt hier auch an allem. Er both sich an mir etwas abzuschreiben, weil er nichts zu thun hätte und gern schreiben, auch mir gern gefällig seyn möchte. Er hat mich aufgehalten und was er gethan, ist nichts nütze. Wenn man bey den Leuten ein wenig nach dem Grund sucht, so findt man Sand, Triebsand, worauf nichts zu bauen ist. Wer kann sich an
    gemahltem Feuer
wärmen, oder ein Licht anstecken; gestern kam er zu mir und hatte seine Abschrift vergeßen. Nichts als Nachläßigkeit, Untreue und Betrug ist der sich selbst gelaßene Mensch bey den besten Naturgaben und Neigungen. Lesen, denken und handeln sind nichts als lebhafte Träume eines wachenden. Der Seelenschlaf und das Fegefeuer ist ein Zustand, der in diesem Leben für die Menschen wahr genung ist! Herr! wecke uns auf, daß wir bereit sind, wenn Dein lieber Sohn kommt, ihn mit Freuden zu umfangen, und Dir mit reinem Herzen zu dienen! Ich lese jetzt des Abends, wenn keine Zeitungstage sind, Forstmanns Reden wie sichs ziemet mit vieler Sympathie. Herr Rector hat selbige, wo ich nicht irre, Du wirst die Weynachtsreden gleichfalls zu Deiner Erbauung an diesem Feste wählen können. Bucholz hat mir dies Buch geliehen. Der Mann sagt wohl mit Recht in der Vorrede: Was von Herzen kommt, geht wieder zum Herzen. Ich kenne keinen beßern Kabinetsprediger für mich als Forstmann. Schlage doch mein lieber Bruder in Johnsons oder dem alten kleinen engl. Wörterbuch das Wort Savana nach; ich habe Prof. Kypke davon eine Nachricht versprochen, der es in Locks Schrift, die er übersetzt gefunden, und es mir sehr häufig auf einer Landcharte einer engl. Kolonie gewiesen, er hat es der Connexion nach durch Wüste gegeben; ich halte es eher für eine neu angelegte Cultur oder Stück Feldes, v ein americanisches Provincialwort. HE. Putz hat uns diese Woche besucht und erwartet seinen Schlafpeltz. Ich erinnere Dich also nochmals daran und fordere jetzt einen von Dir als Gegengeschenk für das französische Buch, das ich Dir geschickt. Er braucht nicht zu lang, aber vollkommen im Umfange zu seyn und ein reich Fell. Du kannst die Fracht veraccordiren und sogl. nach Trutenau addressiren, wo sie bezahlt werden kann. Ich bin desto freyer Dir dieses zuzumuthen, weil ich mich erinnere, daß Du um diese Zeit im Jahr am freygebigsten bist. Ist der kleine Kalmuck noch bey euch? und hat euer Haus einen neuen Zuwachs bekommen? Lauson wird eine Tragedie aufführen laßen, die er gemacht, eine corsikanische Geschichte, die vor einigen Jahren vorgefallen, da ich die Gelegenheit auch vielleicht mitnehmen will die Schuchsche Gesellschaft zu sehen. Ich bin heute so trocken, daß ich nichts mehr aufzubringen weiß; will also schlüßen mit dem wiederholten Wunsch geseegneter Feyertage, eines glücklichen Eintritt ins Neue Jahr. Gott gebe Dir alles Gute im Geistl. und Leibl. den Sinn Christi und den heiligen Geist. Ich umarme Dich und ersterbe Dein treuer Bruder.
Konigsberg. den 2 Jänner 1760. Mein lieber Bruder, Dein Vater schickt Dir den Chrysostomus zum Weynachtsgeschenk. Ich habe denselben mit viel Vergnügen zum Theil gelesen, ich freute mich aber auch, daß ich damit zu Ende kam. Was Beredsamkeit betrift, so verdient er auch in dieser Absicht Aufmerksamkeit. Die Abhandlung von den Subintroducten ist ein Meisterstück, was Kunst in einer küzlichen Materie betrift. Vom Priesterthum habe schon geschrieben. Brauch ihn auch zu Deinen Nutzen. Die Anmerkungen der Uebersetzer sind öfters so schlecht als die seichten Stellen ihres Originals. Wer keine Leidenschaften hat, wird kein Redner werden; und diese verführen die
    Vernunft
so gut als die
    Einbildungskraft
. Ich habe mir zum Weynachtsgeschenk Bengels kleine Ausgabe vom Neuen Testament Hederichs griechisches Lexicon nach Ernesti Ausgabe, Moeridis Wörterbuch attischer Worte, eine schöne holländische Ausgabe, die 11 fl. kostet und einen ganzen Homer ohne Uebersetzung aber mit griechischen Gloßen gekauft. Gott wolle Deine und Meine Arbeiten in diesem Neuen Jahre geseegnet seyn laßen und uns Gnade geben unsere Zeit nach dem Willen Gottes anzuwenden, wie D. Schulz gestern darüber gepredigt. Endlich erhälst Du auch ein Exemplar von meiner Arbeit, das ich durchschüßen laßen, weil ich mir vorgenommen daßelbe voll zu schreiben. Die Lust dazu ist mir aber vergangen. Ich erhielte sie ganz unerwartet am heil. Weynachtsabend, und habe sie auch so abgefertigt, daß mein Freund zu gleicher Zeit selbige erhalten möchte. Jetzt wird sie nichts Neues mehr für Dich seyn, es wimmelt darinn von Druck und Schreibefehlern. Was für eine Last ist es ein Autor zu werden, und wie ist es möglich, daß wir einigen Ehrgeitz, Eitelkeit oder Lust darinn finden können. Ich weiß nicht, ob ich zu gut oder zu schlecht von dieser Arbeit denke, wenn ich mir vielen Wiederspruch vorstelle. Sollte ich ein gedrükt, gerüttelt und geschüttelt Maas erhalten, so weiß ich, daß ich es verdient habe. Milch gab sie, da Er Waßer forderte,
    Butter
bracht sie dar in einer herrlichen Schaalen. Sie grif mit ihrer Hand den Nagel und mit ihrer Rechten den Schmiedehammer. Tritt meine Seele! auf die Starken heist es in dem Liede Deborä. Das andere Exemplar für HE. Magister. Es hat mit dem Druk so lange gewährt, weil keine Censur in Halle mögl. gewesen zu erhalten, sie daher in Berl. hat besorgt werden müßen. HE. Vetter Pankokenbäker, ist hier um einzupacken. Ich habe heute nicht Lust zu schreiben. Lebe wohl. Gott seegne Dich. Unsere Priesterinn läßt Dich auch grüßen.
Königsberg. den 5 Jänner 1760. Mein lieber Bruder, Gott gebe Dir alles Gute an Seel und Leib. Ich befinde mich Gott Lob! leidlich gesund. Unser alter Vater wird vom starken Schnupfen beschwehrt, geht aber dabey aus. Deine Sachen sind eingepackt gewesen, sie haben aber nicht sollen mitkommen; weil Du ein expedirter Commissionair bist. Fuhrmann Schmidt geht auf die Woche und ist schon heute auf Montags bestellt worden um es abzuholen und zu accordiren. Die Grammaire des Dames ist nicht hier. Du bekommst ein gutes Weynachts-Geschenk an Wäsche, Papieren und Näschereyen. HE Schiffer Riese ist jetzt eben zum Eßen hier und läßt Dich grüßen. HE Lauson läst Dich auch zum Neuen Jahre Glück wünschen ppp. HE Mag. bekommt Hervey in duplo gleichfalls auf die Woche mit; ich denke ihm einige ausgesuchte Kleinigkeiten auch beyzulegen. Einlage befehle Dir wo möglich zur eigenhändigen Bestellung. Es ist ein Neujahrs Wunsch v Friedens Vorschläge darinnen; daß Du Dir kein Bedenken machen darfst selbst hinzugehen. Wenn Du nicht so viel Herz hast selbst hinzugehen oder so viel Lust mir einen Gefallen zu thun: so schicke es nur in Deiner Einfalt gerade ins Haus. Es wäre mir aber sehr lieb, wenn Du es Selbst thätest. Für den Innhalt sey so unbesorgt, als ich für die Wirkungen und Folgen. Gott gebe uns allen, was uns nützlich ist. Ich umarme Dich und ersterbe Dein treuer Bruder. Ist Dein Dintenfaß noch nicht aufgethaut? läßt Dich mein alter Vater fragen, der mit Schmerzen auf Deine Briefe wartet. Schicke ihm doch Caviar. Lebe wohl. Grüße Baßa herzlich von mir. Ich werde ihm nächstens ein gut Jahr wünschen. Jgfr. Hartung hat am ersten Neujahrstag mit HE. Fischer Verlöbnis gehabt. Du kennst ihn, er war unser Stubenkunde, sein Bruder Pauper im Kneiphof zu uns. Zeit. Konigsberg. den 9. Jänner 1760. Mein lieber Bruder, Gott laße die zurückgelegten Feyertage an Deiner Seele geseegnet seyn. Gestern erhielte mein Vater einen Brief von Dir und bezahlte 10 fl. Fracht für eine Paudel an Fuhrmann Schmidt, der heute abgehen wird. Unser Alter ist seit Sonnabends bettlägerich gewesen und hat ein starkes Flußfieber gehabt, von dem er sich aber heute schon sehr leidlich wieder befindet. Gott erhalte und stärke ihn! Du erhälst 6 Ober 6 Unterhemde; ein gebunden Buch, das unten liegt, etwas Confect. Herveys verlangte Schriften nebst den Fortsetzungen und 3 Kleinigkeiten die ich ihm ausgesucht, liegen oben. Ein Brief vom D. Luther, den ich unvermuthet vorige Woche hier gefunden von einem
    Möser
, der eine Tragedie: Arminius geschrieben unter den Titel: Advocat. p Patriae, Secret. der H. Ritterschaft des Hochstifts Osnabrüg v Mitgl. der Göttingischen Gesellschaft. 1749. Sein Styl im französischen muß beßer als im deutschen seyn. Von seinem Trauerspiel kann wenig gutes sagen, als daß man einen sehr gedrehten Witz und viele neue deutsche Wörter darinn findet. Sein Brief aber über Luther ist vorzügl. und ich habe ihn mit ungemeinen Vergnügen gelesen, weil ich einen Haufen meiner eigenen Gedanken darinn gefunden. Er beruft sich unter andern auf eine Stelle des Voltaire in seinem Versuch über den Menschen, die mit einer Stelle Luthers in der vortrefl. Vorrede seines Psalters, an der ich mich nicht müde lesen kann, sehr übereinstimmt. Ich will Dir letztere abschreiben, damit Du sie mit der ersten, wenn die Sachen ankommen vergleichen kannst. „Ein menschlich Herz ist wie ein Schif auf einem wilden Meer, welches die Sturmwinde von den vier Oertern der Welt treiben. Hier stößet her Furcht und Sorge für künftigen Zu Unfall: dort fähret Grämen her und Traurigkeit von gegenwärtigem Uebel. Hie webt Hofnung v. Vermeßenheit vom zukünftigen Glücke: dort bläset her Sicherheit und Freude in gegenwärtigen Gütern“ Voltairens Ausdruck ist Prose gegen dies Gemälde. Schützens Vergl. der römischen und gr. Dichter mit den alten nordischen Barden wird dem HE. Rector nicht unangenehm seyn und Winkelmanns Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst machen dem deutschen Genie in den schönen Künsten Ehre. Ich habe diese 3 Schriften für mich selbst ausgenommen nebst einigen andern, von denen künftig mehr. So viel vom überschickten. Melde mir doch mit erster Post ob Du vorige Post überschickten Brief gleich abgegeben oder abgeben laßen. Es ist mir viel daran gelegen, daß derselbe zu rechter Zeit eingetroffen, um alle wiedrige Eindrücke zu verlöschen, und daß du ohne
    Neugierde
und
    Mistrauen
gegen mich den Dienst der Bestellung mir erwiesen. Ich weiß, daß Du im Grund deines Herzens es mehr wieder mich als mit mir hältst. Gib mir also Nachricht davon, ich bitte Dich darum. Du siehst es als ein Versprechen an mit der Grammaire des Dames; da ich Dir doch sehr zweydeutig davon geredt. Mit dem Peltz ist es von Deiner Seite ernsthafter versprochen worden, und du bist mir so wohl als dem Putz denselben schuldig. Schäm Dich doch, wenn du kannst. Die Grammaire des Dames ist nicht hier ich lief noch am Heil Abend hin um sie auszunehmen; man hatte sie aber nicht. Was das deutsche Magazin für Hänschen soll, weiß ich nicht. Sie hat es ja franzosisch. Soll sie es Dir deutsch vorlesen. Meld mir doch, was Du mit der Uebersetzung für Hänschen anfangen willst. Jetzt ist es zu spät gewesen, sie dir zu schicken; ich will es künftig thun, wenn ich erst weiß, cui bono? und für wen? für dich oder für Hänschen? oder noch für jemand anders? Ich habe bey der Gramm. des Dames bloß für Deine Schülerinn gesorgt. Ich habe den Anfang mit der Iliade machen wollen. Weil mir diese Arbeit aber durch meine Ausgabe gar zu unangenehm gemacht wurde; so habe sie biß auf die Woche wills Gott aufgeschoben, und mir eine gute Edition der Iliad. angeschaft mit einer lateinischen Uebersetzung. Unterdeßen lese Dionis Chrysostomi Rede de Ilio non capto, die ich unter meinen alten Sachen gefunden. Traianus soll diesen Sophisten so lieb gehabt haben, daß er ihn auf seinem Triumpfwagen neben sich setzen laßen und zu ihm gesagt: amo te ut me ipsum. Meine alte Ausgabe des Homers, an den ich gedacht, ist sonst sehr nach meinem Sinn. Ich werde aber durch die Abbreuiaturen und griechischen Scholia zu sehr zerstreut, daß meine Aufmerksamkeit auf den Text dadurch geschwächt wird. Deswegen will ich mit einer Uebersetzung anfangen, weil dadurch meine Aufmerksamkeit auf das Griech. erleichtert wird. Meine Iliade ist Hageri Edition. Ich laufe jetzt ein Buch durch, deßen Titel und Recension, so viel ich mich deren aus den Zeitungen erinnern kann, sehr betrogen.
    Grundsätze und Anweisung
die Redner zu lesen. Besteht in 3. Büchern, kostet 3 fl. Du kannst Deinem HE. Wirth davon Nachricht geben, falls er dies Buch zur neuen Auflage seiner Rhetoric nöthig haben sollte. Es ist nichts als eine Redekunst, die aus den Alten zusammengesetzt oder vielmehr geflickt ist. Er rechnet zählet die politische, (oder Staats,) die militairische (oder Kriegs), die geistl. oder Kanzel- und die akademische oder Schulberedsamkeit. Ich dachte hier eine Anweisung zu finden besonders die Alten Redner zu lesen, und es fehlt uns auch an so einem Werke. Bey Durchlesung des Chrysostomus und bey der Critik seiner Uebersetzer sind mir öfters Betrachtungen von der Art eingefallen, die ich in diesem Buch auseinandergesetzt und entwickelt zu finden hofte. Wenn wir im stande wären die Alten nachzuahmen, dürften wir sie immer ausschreiben, wenn wir was gründliches sagen wollen; und ist es nicht Schande, daß alle unsere Redebücher oder Rhetoriquen schlechter sind, unendlich schlechter, als was Aristoteles und Quintil. davon geschrieben. Alle Anmerkungen des Winckelmanns über die Malerey v Bildhauerkunst treffen auf ein Haar ein, wenn sie auf poesie und andere Künste angewendet werden. Die Odyssee hat mir ein ganz neu Licht über die epische Poesie gegeben. Bodmer und Klopstock haben beyde den Homer gewis studiert; sie haben ihn aber nicht anders als im kleinen, im detail verstanden nachzuahmen. Der Vorwurf, den man ehmals den Griechen machte, daß Sie die Künste
    verrathen
,
    gemein
gemacht und
    entweyht
hatten, trift jetzt Frankreich. Ihm haben wir es zu danken, daß es keine Kunst mehr ist Gespräche, Lust und Trauerspiele und alles was man will zu schreiben. An so ein Trauerspiel, als dem Tode des Aeas, läst sich acht Tage lesen, und die Mühe gereut einen nicht so ein Stück zu zergliedern, um den mechanismum deßelben so viel möglich zu ergründen: Was ist Ulisses für ein Charakter! – – – Den letzthin überschickten Brief des HE. Mag. werde so lange aufheben, biß seine Mama herschickt. Sie ist meines Wißens noch auf dem Lande. Statte ihm im Namen unseres lieben Vaters und meinem eignen einen herzlichen Gegenwunsch ab. Zum Beschluß des Alten und zum Eingange des Neuen Jahres. Gott gebe ihm und seiner lieben Frau alles Gute, wenns auch ein junger Sohn oder junge Tochter wäre. Der Caviar wird mir herzl. schmecken, weil ich recht lüstern nach demselben gewesen: Gegenschicken kann ich hier nichts, – – Der junge Berens ist hier und hat uns eben jetzt grüßen laßen auch versprochen heute zu uns zu kommen. Sein General soll hier seyn. Mein Vater wird noch selbst ein paar Worte schreiben. Gott gebe Dir auch mit diesem Neuen Jahre neuen Eyfer, neue Treue, und neue Kräfte zu Deinem Beruf. Ich umarme Dich und bin Dein treuer Bruder. J G Hamann. Von Johann Christoph Hamann (Vater): Mein Allerliebster Sohn! Gott gebe dir zum Neuen Jahr was Dein Hertze und Ich dir wünsche, so wird dir nichts mangeln an irgend einen Gute, Er gebe dir was dir nützlich und seelich um Jesu willen Amen. Ich habe leider seit Sonnabend das Bette hütten müssen an einen entsetzlichen Husten das ich von mir selber nicht gewust habe, doch heute spüre ich einen Anfang guter Beßrung. Gott wolle mir helffen nach Seiner Liebe. ich sende dir etwas zum heilgen Christ, es ist aber in eine Schlechte Hand gekommen die es sehr unreine genehet und auch übel gewaschen; ich hoffe aber wenn Du Sie tragen würst werden Sie weiß werden. ich befehle dich Göttlich obhut und danke vor deinen liebreichen gestrichen Wunsch, Gott mache alles nach heilgen Willen, grüße HE. M. Lindner u Seine Fr. Liebste u. danke Ihm u. wünsche Ihnen alles Gutes. Ich ersterbe Dein treuer Vater J C. Hamann
Mein lieber Bruder, Ich bin krank seit ein paar Tagen; wiewohl ich schon seit 14 nicht recht habe schlafen können. Heute eine vortrefl. Nacht gehabt. Vorigen Sonntag erhielten wir den Caviar; statte unsern verbindlichsten Dank dafür ab. HE. Wagner hat D. Funck etwas abgegeben, der die Finger darnach geleckt und ich muß auch sagen, daß ich ihn niemals so gut und mit solchen Appetit geeßen. Ich hoffe Du wirst meinen Brief an Mad. B. bestellt haben. Mein Freund hat mir mit letzter Post geschrieben, aus seinem Briefe sollte beynahe schlüßen daß er nichts erhalten. Solltest Du aus Neugierde oder aus Klugheit den Brief zurückgehalten haben so wirst du so gut seyn und ihn jetzt abgeben. Ich bitte Dich darum und schreibe mir deshalb Antwort. Ich fordere ja keine stilisirte Briefe von Dir, daß du damit anhalten darfst. An meinen Wünschen muß dir also nichts gelegen seyn, über das, was mir nothig fällt, Nachricht zu erhalten. Unser alter Vater ist nach 14 Tagen heute wieder zum ersten mal ausgegangen. Gott erzeigt ihm viel Gnade. Laß uns den Dank nicht vergeßen. Deine Weynachtssachen wirst du schon erhalten haben. Grüße HE. Magister und sein Werthes Haus herzlich von mir. Ich bin den 19. Jan. 1760.Dein treuer Bruder. Adresse mit Lackrest:
An / meinen Bruder.
den 12 Febr. 1760. Mein lieber Bruder, Dein Vater wartet mit Schmerzen auf Briefe von Dir. Du schiebst Deinen Dank für überschickte Sachen lange auf. Der Pelz ist angekommen und Putz hier gewesen. Wir danken herzl. dafür. Ich habe Dir lange nicht ordentl. schreiben können; und will es heute suchen nachzuholen. Das letzte mal schrieb auf dem Bett. Ich habe mich 14 Tage einhalten müßen; jetzt befinde mich Gott Lob! gesund. Ich werde erst einige Antwort auf Dein letztes Schreiben geben; und von mir selbst anfangen. Du hast nicht nöthig in Gleichnißen mit mir zu reden. Ich werde Dir nichts übel nehmen. Es ist eine
    Gabe
Allegorien zu machen, und Allegorien auszulegen. Sie beziehen sich auf einander. Ich habe Dir schon bey einer andern Gelegenheit geschrieben, daß
    Nachahmen
und
    Nachäffen
nicht einerley ist. Die Verhältnis in der ich mit meinen Freunden stehe, ist ganz anders, als die Deinige, und vielleicht auch die ihrige gegen mich. Du magst selbst Anlaß nehmen, nachzudenken. Wenn wir nichts als ein Spiel des Witzes daraus machen, so üben wir uns dadurch in einem hämischen Witz, der Wahrheit und Liebe den Pflichten aufopfert, um sich hinter den Schirm kützeln zu können, gewöhnen uns an Verdrehungen, Doppelsinn. Ich habe für desto nöthiger gefunden diese Erinnerung Dir zu thun, weil ich sehe, daß klügere Leute sich nicht schämen meine Tadler und Nachfolger beydes auf eine nicht zu geschickte Art zu seyn. Es gehört also ein wachsames Auge auf sein eigen Herz so wohl als die Gegenstände, mit denen man zu thun hat; und nicht eine bloße Geschicklichkeit andern nachzuspotten. Einer kann sich Freyheiten aus Leichtsinn nehmen, und sich das Exempel eines andern zum Muster stellen, deßen Erkenntnis und Gefühl noch für ihn zu stark ist. Es ist uns befohlen, alles zu prüfen, und das Gute nur anzunehmen. Ich halte es nicht für nöthig Dir die Fehler in Deinen Anspielungen zu entdecken. Meynst Du, daß es eine Kurzweil ist, solche Schüler vor sich zu haben, die zu schläfrig sind geistl. Dinge zu hören, und die man ärgert, wenn man auf eine geistl. Art davon mit ihnen reden wollte, daß man sich zu irrdischen Bildern herunterlaßen muß, wenn sie einigen Begrif davon haben oder einige Lust dazu bekommen sollen. Wir können das Verderben unsers Nächsten nicht sehen ohne an unser eigenes zu denken und diese Rücksicht beugt uns; und diese Demüthigung giebt unserm Geiste Kräfte und macht uns zu Wendungen aufgelegt, die ein gerad und steif denkender Philosoph nicht nachzumachen im stande ist. Das zweyte ist Dein Urtheil über Wagners Grammatik. Heist das Urtheilen, mein lieber Bruder: „Sie ist
    sonst
sehr gut und kann zur
    Anleitung jeder Sprachlehre dienen
; aber etwas zu kurz und ein bloßes Gerippe. Ich ziehe Müllers vor.“ Deines Wirths Urtheil ist ein wenig feiner aber sieht nach eben dem Bilde und der Ueberschrift aus, und ist dieer verbeßerten Ausgabe eines Buchs gleich, das niemals gut werden kann, wenn es auch zehnmal verbeßert auskäme, weil es im Zuschnitt verdorben ist. Wir wollen nur so aufrichtig seyn und bekennen, daß wir alle drey nicht stark genung im griechischen sind um diese Grammatik zu verstehen; und daß sich ein Buch schwer Kindern erklären läst, dem man selbst nicht gewachsen ist. Ein Schüler kann sich bey einer mäßigen Lust und Fähigkeit mit Müllers Grammatik selbst helfen, ohne Praeceptor. Wenn wir also einen Schüler fragen möchten: welches Buch gefällt dir beßer? so würde er sich unstreitig für dasjenige erklären, das ihm am
    leichtesten
wäre. Denn alle Schüler haben Lust zu lernen, und
    Bequemlichkeit
, mit leichter Mühe zu lernen. Diese Denkungsart schickt sich für keinen Lehrer, der seine Gymnasiasten abhärten will, und daher selbst die Schwierigkeit nicht achten muß. Wenn lehren aber in nichts anders besteht, als daß ich ein Pensum meinen Untergebnen aufgebe, daß er ohne meine Mühe sich einprägen muß: so ist
    Müller
und
    Gottsched
ein vortreflich Muster, das Lehrern und Schülern nicht sauer wird. Ein Gerippe muß trocken und dem Gesicht unangenehm, von Adern, Sehnen und Fleisch entblößt; wiedrigenfalls ist es ein Aas oder Luder. Diese dürre Knochen muß eben der Geist des Lehrers
    bekleiden
und
    beseelen
. Das ist viua
    vox
im Unterricht, eine Tochter einer
    lebendigen Erkenntnis
, und nicht wie vox humana, eine Orgelpfeife. Gründliche Einsichten sind nicht leicht, sie müßen gegraben und geschöpft werden – – den 19 Fastnacht Wir feyren heute Fastnacht mein lieber Bruder. Gott laße auch diese Zeit an Dir geseegnet und heilige auch einige Augenblicke Deiner Tage dem Andenken unsers Mittlers und Fürsprechers. Ich habe Dir mit letzter Post nicht schreiben können; weil ich eben mit meinen Briefen an HE Arend B. fertig wurde. Dein Vater wartet mit Schmerzen auf Briefe von Dir, du hast in dem letzten ihm Hofnung dazu gemacht, und nicht Wort gehalten. HE Carl B. empfängt einen wilden Schweinskopf von mir; sollte schon vorige Woche abgehen, ist aber kein Fuhrmann gefahren. Jetzt eben hat HE Wagner eine Paudel dazu eingepackt an HE. J. C. B. addressirt, worinn aber nichts als die 10 Monathe vom Journal de Commerce an ihn sind, die gestern mit der Post angekommen. Das übrige ist an HE Mag. Ein Säckchen von seiner Mama mit Grütze; einige Stricknadeln. Riegers Paßionsandachten nebst einem lateinischen Buche habe für ihn hier ausgesucht. Die ersten kenne nicht; sind mir aber von HE Trescho, einem guten Recensenten, sehr gelobt worden, der mir auch ein mal eine einzige Seite daraus vorgelesen. HE. Diac. Buchh. der uns gestern besuchte hat mir dies Buch auch zu meiner Erbauung dieser Zeit versprochen. Lettre de Mr. Rouss. à Volt. schickt Kant zurück an HE B. Ich studiere jetzt mit viel Nahrung für mich Bengels Zeigefinger über das N. T. Dieser Autor hat sich durch seine Ausgabe des N. T. und durch seine chronologische Versuche in der historischen und prophetischen Zeitrechnung berühmt gemacht. Du weist daß ich die kleine Ausgabe des ersteren besitze, über die ich mich sehr freue. Die große habe gestern zum erstenmal gesehen, und ich würde sie allen andern vorziehen, der Vollständigkeit des Textes, und der Reinligkeit wegen, womit er gedruckt ist in 4. Er hat einen glücklichen Ausdruck in Sinnsprüchen; einer der seinigen ist gewesen: Te totum applica ad textum: rem totam applica ad te. Es ist ein υστερον προτερον in dieser Sentenz. Das erste muß das letzte. Je mehr der Christ erkennt, daß in diesem Buch
    von ihm
geschrieben stehet; desto mehr wächst der Eyfer zum Buchstaben des Wortes. Die Critik ist eine Schulmeisterinn zu Christo; so bald der Glaube in uns entsteht, wird die Magd ausgestoßen und das Gesetz hört auf. Der geistl. Mensch urtheilt denn; und sein Geschmack ist sicherer als alle pädagogische Regeln der Philologie und Logic. Der Titul von diesem Werk verdient daß ich ihn hersetze; weil der Autor den Inhalt seines Werks sehr genau beschrieben hat. Gnomon Noui Testamenti in quo ex natiua verborum vi Simplicitas, Profunditas, Concinnitas, Salubritas Sensuum coelestium indicatur operâ Joh. Alb: Bengelii. Tubing. 742. 4. In der Vorrede führt der Autor einen sehr merkwürdigen Ausspruch unsers Luthers an, der von dem philosophischen Geiste dieses Mannes ein Zeugnis giebt: Nil aliud esse Theologiam, nisi Grammaticam in Spiritus Sancti verbis occupatam. Diese Erklärung ist
    erhaben
und nur dem
    hohen
Begrif der
    wahren
Gottesgelehrsamkeit adaequat. Das Pathetische und das affectuoso in der Schreibart der Bücher des N. B. ist ein Gegenstand; τα ηθη, oder das Decorum der andere. Von dieser Seite hat man wenig Ausleger; und in dieser Betrachtung ist dies Werk ein Hauptbuch. Argumenta haben Ausleger genung: affectus und mores gar keine oder sehr wenige gehabt.
Königsberg. den 21. Marz. 1760. Mein lieber Bruder, Weil ich Dir lange nicht geschrieben; so habe ich Dir desto mehr jetzt zu melden. Ich wünsche, daß Du gesunder seyn magst als ich. Mein Leib erhält allerhand Warnungen und ich habe diese ganze Woche fast zu Mittag fasten
    müßen
und
    können
. Gestern sind wir zum heil. Abendmal gewesen; Gott wolle mich an Seele und Leib dadurch zu Seinen Dienst und zum Leiden darin gestärkt seyn laßen. Da ich ihm für alle Gnade nicht genung danken kann: so möge selbige durch meine Schwäche desto mehr geoffenbart und verherrlichet werden. Denke auch in Deinem Gebet an mich und Uns – und erfreue uns bald mit guten Nachrichten. Ich bin heute Gott Lob! mit den 19 Tragoedien des Euripides fertig geworden, und der Sophocles wird künftige Woche mit Gottes Hülfe meine Arbeit vor dem Feste beschlüßen. Er fördert das Werk meiner Hände; ja das Werk unserer Hände wolle Er fördern. Bengels Gnomon habe auch schon gestern zu Hause gebracht; nun möchte Heumanns
    Uebersetzung
und
    Erklärung
mitnehmen, da ich heute das N. T. wieder angefangen. Du siehst mein lieber Bruder, wie ich Dir immer von meinen Geschäften Rechenschaft gebe und wünsche ein gl. von Dir. Sind Deine Schularbeiten so trocken, und Deine Nebenstunden so tumultuarisch angewandt; der Bauer mit dem Pflug ist eben kein Beobachter, der Landmann aber, der ein Wirth ist, kann ohne Naturkunde nicht fortkommen und erwirbt sich bald mehr als der Physiker. Wir müßen uns nicht, sagt Paulus, als Schaarwerker sondern als Oeconomi des lieben Gottes in unserm Beruf und in unserm Wandel ansehen. Vergiß nicht bey dem Andenken dieser Leidenszeit, den, der
    alle Dinge weiß
, und der sich besonders darum bekümmert,
    ob wir ihn lieb haben
, und neugierig ist
    dies zu wißen
, darum zu bitten, daß Seine Liebe in Dein Herz durch Seinen heiligen Geist reichlich ausgegoßen seyn möge, damit Du als ein guter Hirte, als ein Liebhaber Jesu Christi, seine Lämmer weiden mögest, seine Heerde, die er sich mit seinem theuren Blute erkauft hat. Laß dir diese Brüderl. Ermahnung und Aufmunterung nicht umsonst gethan seyn. Ich will den heilsamen Kelch nehmen und des HErrn Namen predigen, stand in meiner vorgestrigen Beichte. Ψ. 116. Eben jetzt erhalte die große Ausgabe Bengels vom neuen Testament in groß 4. sehr sauber gedruckt, zu der sein apparatus als der 2te Theil gehört; Heumanns Uebersetzung und den 1. Theil von seiner Erklärung. Gott wolle auch diese Arbeit geseegnet seyn laßen! So sind die Müßigen reicher an Arbeit und Einkünften, als die von Professionen oder Wucher leben. Jetzt habe ein ander Anliegen, worüber ich Dich gleichfalls theils zu Rath ziehen theils zu Hülfe nehmen will. Ich habe meinen Verbindungen mit dem Berensschen Hause, nach meinem Maas und nach dem besten Willen ein Genüge gethan; daß nichts mehr übrig ist, als den Anspruch meiner Schulden wegen, auf einen ordentl. und vernünftigen Fuß zu bringen. Ich habe des wegen neulich an Herrn Arend geschrieben, um ihn zu dem Schritt, den ich jetzt mit Göttlicher Gnade thun will, vorzubereiten. Ich denke also jetzt an ihn zu schreiben, und will mir einen förml. Aufsatz darüber ausbitten; damit weder du noch ein anderer künftig dabey zu kurz komme. Dies ist der Inhalt des Briefes, den ich zu schreiben gedenke, und den ich Dir also als bekannt einzuhändigen bitte mit einer mündlichen Bitte mein Begehren hierinn, das nichts als billig ist, zu befriedigen, oder ihm nur ein paar Zeilen sch zuzuschicken, die ich Dir ohngefehr aufsetzen will. Hochwohlgeb. Herr HöchstzuEhrender Herr Mein Bruder hat mir über den Innhalt gegenwärtiger Beylage so viel Licht gegeben, als mir zu wißen nöthig ist; und dabey zugleich auf das inständigste gebeten, sein darinn geäußertes Verlangen mit ersten befördert v befriedigt zu sehen. Weil mir selbiges sehr billig vorkommt; so hoffe ich, daß Ew. Hochwohlgeb. von selbst geneigt seyn werden ohne meinen Vorspruch, ihn seines Wunsches zu gewähren. Ich habe die Ehre mit der schuldigsten Hochachtung zu seyn – – Du wirst hierüber keine Weitläuftigkeit machen, und wenn Du was nöthig findest mir zu melden es engl. oder so leicht als möglich thun, um meinen Vater nicht eher als im Nothfall zu beunruhigen. Du kannst leicht erachten, wie viel mir so wohl als Dir daran gelegen ist, daß ich nur weiß: wie viel ich schuldig bin, und daß ich darnach gewißer maaßen meine jetzige und künftige Lebensart mit einzurichten habe. Laß Dir diese Sache bestens empfohlen seyn. Ich bin zweymal Gevatter gewesen, mein lieber Bruder, im Kneiphof und Löbenicht. Wir haben hier das Unglück gehabt, daß der Altermann von den Gelbgießern einen Amtsbruder erschoßen; und diese Nacht ist Feuer auf dem Schloß gewesen und der ganze Flügel den Mühlenberg gegenüber soll abgebrandt seyn der nur kürzl. für den BauDirector neugebaut worden. Auf beßere Nachrichten zu kommen so habe hier eine arme Schuhflickerfrau besucht, die mit 3 Söhnen, Abraham Isaac und Jakob, entbunden worden. Ich kam als hingeschickt hin der Dürftigkeit dieser Leute durch ein klein Allmosen zu Hülfe zu kommen. Der Mann ist ein alter Hungar und Husar gewesen. Die Kinder hatten alle des Vaters Züge recht stark, klein aber recht ausgearbeitete Gesichterchen. Mein Vater hat eine taub und stummgeborne Magd zur Patienten am schlimmen Finger, der ein Mangel oder eine Leere an Begriffen nicht anzusehen ist. Ich lese Riegers Paßionspredigten mit viel Erbauung, er hat eine faßliche Gründlichkeit, eine Salbung, die von Forstmanns seiner sehr unterschieden, der eine Kühnheit, einen Schwung hat, die wenige erreichen können, und wodurch er kältern und blödern Lesern ärgerlich fallen muß. Eben die Mannigfaltigkeit der Geschöpfe herrscht in den Gaben der Gnade und sind ein Beweiß, daß ein Gott ein Geist ist, der außer uns und in uns schaft. Des alten Tilemanni Heshusii Explicatio Epistolae Pauli ad Galatas lag unter unsern alten Gemüll. Es thut mir nicht leyd sie gelesen zu haben. Die Lehre von der Rechtfertigung und guten Werken ist männlich und ritterl. darinn auseinandergesetzt. Bey Gelegenheit der Worte ανθρωπους πειθω η τον Θεον; sagt er: Wer
    sich Gott günstig machen
will, der verdammt die ganze Welt, läßt keinen Menschen ein gut Haar und muß Neid, Haß und Gefahr als natürl. Folgen seiner Lehrart ansehen. Das sind Früchte, über die er sich freuen muß. Fang nur an zu glauben; so wirst du wißen, daß der Glaube
    Gottes Wort
ist. den 22. Marz. Ich habe mein lieber Bruder eben die Bergpredigt gelesen. Voller Muth lege ich also die Hand an mein Versprechen und mache den Anfang Dir in Gottes Namen das mitzutheilen, was ich über das N. T. sammle und noch sammlen werde. Die Aufschrift der Evangelisten. κατα. Man hat viele Exempel aus profanscribenten gesammlet, daß diese Praeposition eine gewöhnliche Umschreibung des Genit. oder Abl. sey. Es ist hier aber mehr
    als
Umschreibung, oder dieser Ausdruck des Casus hat seinen Grund. Es ist nicht Matthäi oder Lucä Evangelium, noch von
    ihnen
; so wenig als die Offenbarung Johannis recht genannt wird, sondern Offenbarung Jesu Christi, zum Titel hat; also auch hier: Evangelium
    nach
Matthäi,
    nach
Marci,
    nach
Lucae und Johann.
    Erzählung
. Bengel merkt daher ganz recht an, daß es nicht 4 Euangelia giebt, sondern
    ein
Evangelium, das von 4 Geschichtschreibern oder in 4 Büchern V. 1. Prior pars versiculi Summam Noui Testamenti; altera ανακεφαλαιωσιν V. T. habet; sagt Bengel. βιβλος γενεσεως. Ueber diese Worte habe gestern Gelegenheit viel nachzudenken; der Schlußsatz ist, daß es beßer durch Geschlechtsregister, oder Verzeichnis, Stammbaum oder
    Geschlechtstafel
übersetzt werden müße. Wie sich das A. T. mit der genesi anfängt und das V. Kapitel des 1. Buchs Mos. so fängt sich das N. T. mit dem Ursprung J. C. nach dem Fleisch an. Alle Gründe jetzt aufzusetzen, die in dem folgenden Text und dem Matthäo liegen, wäre zu weitläuftig und überlaße Deinem Nachdenken. Matthäus hat Josephs; Lucas Mariae Geschlechtsregister. Matthäus fängt von Abraham an, weil er für Juden schrieb. Lucas hört bey dem Anfang aller Dinge auf; und ohne Betracht der Mütter, geht er bloß die Reyhe der
    Väter
durch, die im
    natürl
. Verstande Väter heißen. 11. μετοικεσιας βαβυλωνος) der Genitiuus bedeutet öfters motum ad locum; nach Babylon. 17. Aequalitas generationum non genealogica; sed chronologica; beweist Bengel. In periodis temporum, diuinitus definitis, perpetua est Analogia. 18. πριν η συνελθειν) vor der Hochzeit. ευρεθη) Die Griechen brauchen dies verbum als wir; es befand sich so; es war so. Maria wurde schwanger befunden, oder war schwanger vom heiligen Geist. 19. δικαιος, ein
    billiger
Mann; Heumann sagt: hatte ein gütiges Herz. Wie
    ungerecht
wir handeln, wenn wir unserer
    natürl. Billigkeit
überlaßen sind! Daß δικαιος öfters clemens, benignus bedeute, hat Elsner nach Hackspan und Homberg bestätigt. παραδειγματιζειν) prostituiren, ein Exempel an jemand statuiren, einen zum Spectacul machen. 20. παραλαβειν)
    accipere
,
bey den Lateinern; selbst unser deutsches Wort
    nehmen
hat eine besondere und genauere Bedeutung in dem Fall, wovon hier die Rede ist; die
    bürgerl
. Vollendung der Verlobung wie συνελθειν, beywohnen, die
    natürl
. Vollziehung der Ehe V. 18. το-γεννηθεν). Abstracta initiis occultis; concreta manifestationi congruunt. Bengel. Seinen
    Namen Jesus
.) Maria, Miriam, rebellio. Non in Mariae sed in JEsu nominis Etymo vis. Bengel. 23. η παρθενος) die, nicht unbestimmt eine 25. γινωσκειν, γνωριζειν, ειδεναι, haben diese Bedeutung auch bey profanscribenten. II. 2. ποῦ.) De re et
    tempore
certi. Scribae
    locum
sciebant. Notitia
    temporis
et
    loci debet
esse coniuncta B.
15. Bey Gelegenheit des Spruches aus Hosea fand in Heumann eine sehr schöne Anmerkung aus Hottingeri Primitiis Heidelbergens. die auch Bucerus schon gemacht haben soll: Parodiarum in N. T. omnia sunt plena;
    ubi impletae
dicuntur
    Scripturae
tum etiam, quum nulla historica aut typica est impletio, sed
    analogica
tantum.
16 εμπαιζω, äffen, α παις, Kinderspiel, jemanden zum Kind machen. 20. οι ζητουντες. Antipater, sein erstgeborner hat vielleicht an seines Vaters Anschlägen Antheil gehabt. Er verläumdete seine Brüder, Alexander und Aristobulus, die von Herodes liebster Gemalin gezeugt waren. Weil er aber auch seinem Vater selbst nach dem Leben stund; so ließ er ihn 5 Tage vor seinem eigenen Ende hinrichten. 22. εκει non tantum quietem in loco sed etiam motum ad locum. 23. Heumann zieht nach Glassius diesen Spruch auf Iudic. XIII. 5. Die Geschichtbücher heißen die
    vordersten Propheten
. III. 10. ηθη δε και) Jetzt nun schon; durch diesen Pleonasmum im deutschen ließe sich der Nachdruck dieser gehäuften particeln ohngefehr nachahmen. Die Axt in fascibus romanis. 15. πρεπον. Joseph von der menschl.
    Billigkeit
; hier Johannes Urtheil vom
    Decoro
.
16. αυτω) Heumann übersetzt es Johanni und setzt es auf ihn durch die parallelstelle Joh. I. 32. Eine Stimme vom Himmel; i. e. vox humana maior Tacitus lib. V. cap. vlt. histor. IV. 2. Hunger in der Wüsten; Durst am Creutz. 3. Ein Vertrauen auf uns selbst, ein fleischlich Vertrauen auf Gott, und ein Vertrauen auf das lügenhafte Wort des Satans sind noch die Versuchungen des Christen. Gott kann aus Steinen Abraham Kinder erwecken; bist du Sein Sohn, so sprich, daß diese Steine Brodte werden. Schaffe – laß dich herunter – – werde groß durch mich. Nein Satan! Eh ich schaffen soll Dir zu gefallen, deines Unglaubens wegen, will ich lieber hungern; ehe ich Deiner Heucheley wegen mich herunterlaßen soll, will ich lieber schwindeln; und wenn Du mir überreden willst durch Dich groß zu werden, so höre wohin du gehörst – hinter mir. 11. διακονειν) sie brachten ihm Speise, übersetzt Heumann. Eher sie kamen ihm
    aufzuwarten
. 15. Topographia prophetica admirabilis; latitudine et longitudine ad punctum conueniente. Bengel. Galilaea gentium i. e. ethnicis repleta seu ethnicis finitima. Idem. 16. ο λαος πορευομενος) ist die Marginal Leseart in Bengels Testament. 21. καταρτιζειν de instrumenta, quod vel ad opus paratur vel post opus reparatur. Prius loco magis conuenit. Jene laßen ihre Netze, diese ihr Boot und Vater im stich. 24. Beseßene, Mondsüchtige, paralytische.) 3 Hauptgeschlechter von Krankheiten. 25. οχλοι) pluralis ob multitudinem locorum. Bengel. Wenn du dir einigen Nutzen von dieser Arbeit versprichst, so werde ich solche in dieser Art fortsetzen. Gott laß diese heil. Zeit an Deiner Seelen geseegnet seyn. Trink ein wenig Wein Deines schwachen Magens wegen, und iß Dein Brot mit Freuden, und befiehl dem Herrn Deine Wege. Wer unsern Herrn Jesum nicht lieb hat, sey verflucht. Der Herr kommt! sey unsere Losung. Ich umarme Dich und ersterbeDein treuer Bruder. Unser Vater befindet sich Gott Lob! leidlich gesund und munter. Er läßt dich grüßen und hat nicht Zeit zu schreiben. Schiffer Riese und Jgfr. Degner grüßen gleichfalls. Beylagen sind schon etwas alt.
Zevs seegnete das fromme Schaaf uns es     gen. Mein lieber Bruder.2 April. 760. Gestern unvermuthet Deinen Brief erha    gewesen. Ich wünsche Dir von Herzen zur abgelegten    lige geseegnet seyn. Du beurtheilst mich unrecht,    ß nicht was für Unruhe zum voraus setzest. Ich bin     auf alles was Gott schickt und ich kann über keinen Mangel    undheit Arbeit und Freude sind das Kleeblatt meiner Tage. Battons le fer, pendant qu’il est chaud. Du hast mir diesmal wieder nicht recht verstanden, daß Du den Brief selbst abgegeben; sonst hätte mir nicht die Mühe gegeben Dir ein formular zum billet zu dictiren. Es ist mir aber recht sehr lieb, daß mein Wille nicht geschehen, und Dein Misverständnis hat auch zu meinem Besten gedient. Vielleicht bist Du neugierig den Innhalt der Antwordt zu wißen. Hier ist sie. Mein Herr, Der willkührlich förml. Abschied, den
    Sie von hier genommen
(soll heißen:
    den ihnen mein Bruder geschrieben
) und worauf wie Sie sagen mein Stillschweigen des Siegel gedrückt mag die Qvittung aller Verbindlichkeiten seyn, die jemals unter uns gewesen. Mit meinem Willen haben Sie die Reise nach Engell. in meinen Geschäften gethan, und was ist wohl billiger als daß ich die Reisekosten trage, die schon lange abgeschrieben sind. Thun Sie geruhig den Schritt, den Sie sich vorgesetzt, ich werde Ihnen nichts im Wege legen. (Man redt von einem künftigen Schritt, ich nannte die Freyheit meine Rechnung zu fordern, die ich mir nahm, also) Keiner nehme den andern in Ansprache; so sind wir gantzl. geschieden. Ich bin Dero ergebenster Diener. Du wirst jetzt vermuthlich alle meine Sachen erhalten. Ich vertraue Dir die Verwahrung meiner Bücher; sorge also dafür aufs Beste. Deine jetzige Lebensart weiß nicht; Deine vorige aber hat mir niemals gefallen. Es wäre mir lieb, wenn sie in dem kleinen Kämmerchen stehen könnten bey deiner Stube, wenn Du solches inn hast, oder darüber disponirst, oder es mit sichern Kindern besetzt ist. An meinen Büchern ist mir gelegen; und ich laß zugl. HE. Mag. um eine sichere Stelle ersuchen. Befriedige mich in diesem Stück. Wenn Schatt noch im Hause; so gieb ihm meinen großen Coffre oder falls deiner schlechter und Du tauschen willst, den Deinigen. Den schwartzen behalt, weil er von Baßa kommt. Meine Kleidung, seidene Strümpfe und engl. Stiefel nebst der neuen Perücke, auch Hut, sie liegen im schwartzen Coffre, wünschte mit
    ersten
Fuhrmann her. Kleider müßen getragen werden, und ich kann jetzt wie ein Freyherr ein wenig Wind machen. Ich verlang     Stiefel, Perücke, seidene Strümpfe mit dem
    ersten
    Hochzeit und die Contribution bevorsteht.     und beqweme Einpackung Sorge tragen, und dir hieri      Sey einmal     Bruder, und denn sollst Du eine Weile Ruhe haben    . Ich verlaße mich gantzl. auf Deine Treue     Klugheit geben wird, daß ich alles zu rechter Zeit erhalte. Ich freue mich herzl. daß ich griechische Buchstaben in Deinem letzten Briefe gelesen. Gott geb Dir guten Fortgang in Deinen Arbeiten und mache Dich zu einem tüchtigen Collaborator. Unser Buchladen hat endl. die Erndte der letzten Meße erhalten; ich werde davon auch für euch was aussuchen. Leßings Fabeln habe gelesen; das erste Buch derselben ist mir eckel gewesen. Die schöne Natur scheint daselbst in eine
    galante
verwandelt zu seyn. Seine Abhandlungen sind mehr zum Ueberdruß als zum angenehmen Unterricht philosophisch und witzig. Es sind Sticheleyen auf Rammler, unter dem Artikel von Batteux; er ist der mehr eckle als feine Kunstrichter. Der Tadel des la Fontaine geht ihn gleichfalls an, von dem Rammler ein großer Partheygänger. Wenn Leßing la Fontaine tadelt; so greift er ohne zu wißen, seiner eigenen Grundsätze Anwendung an. Fontaine ist deswegen so plauderhaft, weil er die indiuidualität der Handlung zur intuition bringt, und nicht wie Leßing ein miniatur mahler sondern ein
    Erzähler
im rechten Verstande ist. Seine Gedanken warum Thiere gebraucht werden und der größte Theil seiner Begriffe sind im Grunde falsch, und nichts als Einfälle; und der Fabulist faselt in der Vorrede und Anhang auf einer Leyer. Es ist fast keine Fabel über die man nicht den Titel setzen könnte, den Antonin seinem Buch gegeben: de seipso ad seipsum. Dies Selbst ist die
    Stärke
so wohl als
    Schwäche
dieses Autors. Wer ihn mit Nutzen lesen will und von ihm lernen will, der muß ihn mit mehr Gleichgiltigkeit ansehen als er den Breitinger. Weh dem, der solche Köpfe nachahmen will! weh dem, der sich untersteht sie anzugreifen, ohne sich einer Ueberlegenheit mit Recht anmaßen zu können. Weil ich gesehen, daß Du auch ein gar zu übereilter Bewunderer von Leßing bist; so hab ich das nil admirari des Horatz entgegen setzen wollen. Lebe wohl, und liebe Deinen Bruder.
GeEhrtester Freund, Gott gebe, daß Sie das Fest in Fried und Freud zurück gelegt haben. Bey gegenwärtigen Läuften ist uns das Andenken jenes Krieges lebhafter als sonst gewesen, des wunderbaren, da ein Tod den andern fraß, und ein Spott aus dem Tode, nämlich dem rechten, ward. Ich bin mit Arbeiten bisher so überhäuft gewesen, zu denen jetzt ein Zuwachs von neuen komt, daß mir alle meine Zeit beynahe beschnitten ist. Es wird Ihnen daran auch nicht fehlen, GeEhrtester Freund, und wenn man ei Gelehrten predigt, so darf man nicht dafür sorgen verstanden zu werden. Alle bisherige kleine Commissionen habe nach Möglichkeit besorgt und werde für alles übrige künftig gleichfalls thun. Mit dem Fuhrmann hatte wieder harten Verdruß, weil Sie ihm keinen Frachtzedel mitgegeben und er hier noch einmal bezahlt haben wollte, ich stopfte ihm aber mit Ihrem Briefe das Maul, und frug ihn: ob er lesen konnte? worauf der Kerl dreist Nein! sagte, das mir herzlich verdroß. HE Wagner ist bisher unpäßlich gewesen, hat erst diese Woche ausgehen können. An alles wird gedacht werden, jetzt sind die Sachen erst angekommen, die so lange in Lübek gelegen. Künftige Woche möchte aber erst etwas abgehen oder vielmehr nächstfolgende. Er meldete mir daß es wegen eines Paupers Mühe kosten würde, daß ihn HE. Freytag mit sn. Propositionen ausgelacht, und Cantor Cretlow ein Mann wäre mit dem nichts recht anzufangen. Mehr wird er Ihnen selbst melden. Dies habe nur so im Vorbeygehen auf W. Ersuchen vor der Hand communiciren wollen. Stricknadeln sind sorgfältig eingepackt gewesen, wie ich auch ersuchen laßen durch meinen Bruder unter den Papieren darauf Achtung zu geben. Der Käse ist noch hier. Die Frau Consistorial Räthin habe das letzte mal nicht zu sprechen bekommen können, ob ich gleich 2 mal bey ihr gewesen, weil ihr Geld von dem damals bettlägerichten W. auszuzahlen hatte. Da ich den ganzen Morgen lauter Frachtbriefe schreiben müßen; so habe ich es auch für meine Schuldigkeit erachtet Sie um eine Gefälligkeit zu ersuchen, die Sie mir ohne mein Bitten würden eingeräumt haben. Wenn näml. mein Bruder meine zurück gelaßene Bücher in seine Verwahrung
    bekommen sollte
; werden Sie diese verwaysten Exulanten gern unter ihr Dach aufnehmen und ihnen einen sichern Ort in meines Bruders Stube oder wo es am besten wäre anweisen. Für meine Bücher sorg ich wie ein alter Harpax für seine harten Thaler. Die Interessen davon werden Sie durch einen Gebrauch derselben abziehen. Grüßen Sie herzlich Ihre liebste Hälfte. Gott gebe Ihnen allerseits Gesundheit. Ich bin unverändert Ihr aufrichtiger Freund Hamann Königsb. den 12 April. 1760 In gröster Eyle. Alle verlangte Bücher werden bestens besorgt werden. Der Artzt ist jetzt erst angekommen. Diese Woche ist aber noch nichts zu thun im Buchladen, wegen der Meße. Adresse quergeschrieben:
An des / HErrn Rector Lindner / HochEdelgeboren /
Mein Lieber Bruder, Heute ist Jahrmarkt und gestern Gott Lob! die Hochzeit unsers Vetters glücklich überstanden. Deine neue Cousine ist eine sehr erwünschte Hälfte für ihn und unserer Freundschaft werth. An ihrer Bildung ist nichts auszusetzen und das Gemüth wiederspricht derselben nicht. Sie hat eine sehr brave Mutter, die ich recht schätze, versteht polnisch und allerhand Arbeiten, mit denen sie sich selbst forthelfen kann und in ihres Liebsten Hanthierung vielen Einfluß haben. Sie wird als eine Blumenmacherinn auf den besten Hochzeiten hier bekannt; wer also das eine braucht, wird das Zuckerwerk bey ihrem Mann auch mitnehmen. Gott erfülle den Seegen, der gestern auf sie gelegt worden. Aus der großen Kindergesellschaft, die hier gewesen, sollte man auf eine große Fruchtbarkeit dieses Paares schlüßen. Von allen den Kleinigkeiten die auf dieser Hochzeit vorgegangen ist meine Sache nicht Dir einen Bericht zu geben, der dich ohnedem nichts angeht. Bey den großen Zwischenfällen ist alles gleichwol ordentlicher zugegangen als man hatte denken sollen. Wir sind alle recht sehr froh darüber. HE Buchholtz und HE Rentzen beehrten uns mit ihrer Gegenwart. Des letzten Familie und eine andere von der Braut Seite haben sich eine lustige Hochzeit ausdrücklich bestellt, die man nicht willens war zu machen, und wozu unser Vater auch nicht sein Haus würde gegeben haben. Diese beyden Häuser sind aber ausgeblieben. Wenn sie es werth gewesen wären, daß man auf sie in der Anlage der Hochzeit reflectirt hätte; so dächte ich, hätten wären sie auch gekommen und hätten das Gute zu genüßen gehabt, das für sie bereitet war. Koch und Conditor haben viel Ehre eingelegt und war nichts am Gesicht und Geschmack der Tafeln auszusetzen. Zwey Stuben waren für die großen Gäste und die dritte für die Kinder fournirt. Wir hatten aber alle an unsere beyde Stuben genung und der dritte Tisch in der Gesellenstube gieng ein. Ich war Wirth in meinem Zimmer und recht vergnügt mit meiner kleinen Gesellschaft. Zu Fuß lief in vollem Putz hin und führte in Gesellschaft der Schwester in unser Haus ein, die Braut fuhr vor uns, die Mutter hinter uns. So bald die Musikanten erschienen, verschloß mich auf der Jungfer Degnerinn Zimmer und habe daselbst eine sehr ruhige Nacht gehabt, die ich meinem Vater gern gegönnt hätte, dem aber damit nicht gedient war und im vorderhause in seinem Bette biß 4 Uhr hat wachen müßen. Der Bräutigam kennt Dich und Du kennst ihn, Du kannst also des Ceremoniels mit ihm überhoben seyn; der Braut möchtest Du aber wohl schuldig seyn ein Merkmal Deiner guten Gesinnungen gegen alte und neue Blutsfreunde zu geben und die Aufführung Deines Wirths bey der Hochzeit seiner Schwester zum löblichen Muster nehmen. Auf das gestrige Vergnügen liegt uns heute ein Hauskreutz auf dem Halse. Unser Gesell muß das Bett hüten und seine ganze Kundschaft wird es der Hochzeit zuschreiben, auf der er aber nicht gewesen, sondern gestern ganz krank des Abends zu Hause gekommen, nachdem er einige Tage vorher geklagt hatte. Meine Sachen sind hier sehr gut und auf den
    rechten Augenblick
angekommen, wofür ich der Vorsehung und meiner Freunde Betriebsamkeit recht sehr im Herzen gedankt. Mich hat es gewundert, daß ich damals kein Wort von dir erhalten, und die Kosten der Fracht für uns zeitig genung gekommen wären, die mein Vater mit Freuden bezahlt, wenn sie auch noch einmal so hoch sich belaufen. Der Fuhrmann war der billigste, den ich jemals gesehen. Auf Dein Stillschweigen fand es daher für gut durch ein gegenseitiges Stillschweigen zu antworten. Weil Du aber ersteres durch einen recht verliebten Brief, den Du zuletzt an mir geschrieben hast gut machen wollen; so habe ich einen Posttag länger meine Erklärung auf selbigen abkühlen laßen müßen. Weil ich im Grunde vieles nicht verstehe, was du mir sagen willst, und ich alles was aus Freundschaft flüßt, lieber über seinen Werth schätze als heruntersetzen mag; so werde nichts nach Gerechtigkeit und Weisheit beurtheilen. Du kannst glauben, daß ich Gott für alles danke und in meiner gegenwärtigen Verfaßung nichts das geringste zu ändern wünsche, weder durch Hinzuthun noch Hinwegnehmen. Ich untersage mir so viel ich kann die Erkenntnis des Guten und Bösen als eine verbotene Frucht. Was ich und andere für die beste Seite ansehen, kann es vielleicht nicht seyn. Ist etwas guts geschehen, so muß es das Auge des Richters und nicht der Partheyen dafür erkennen, und die Ehre des Urhebers kommt nicht dem Werkzeug zu, als in so fern es in seinen Händen gewesen und noch ist. Ist etwas böses geschehen; so thut mirs leyd von Herzen, und eben derselbe der Richter ist, giebt den Sachwalter ab, den wir für einen mitleidigen Hohenpriester erkennen. Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben und Dein Rath in Ansehung der Schreibart kommt nach geschehener That. Ich werde das nicht wiederaufbauen, was ich selbst niedergerißen Gal. II. 18. Unsere Seele ist entrunnen wie ein Vogel dem Strick des Voglers, der Strick ist zerrißen und wir sind loß. Unsere Hülfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Wie die Träumende, ist unser Mund voll Lachens und unsere Zunge voll Rühmens. Der Herr hat großes an uns gethan; des sind wir fröhlich. Ich sehe mich noch genöthigt Dir noch eine alte Schuld im Buchladen vorrücken zu laßen; von der ich keinen rechten Begrif habe. Sie betrift ein französisch Buch, das Du für einen guten Freund verschreiben laßen, und das der seel. Hartung selbst mitgebracht, und Dir für den kleinsten Preis überlaßen. Wenn gute Freunde bezahlen sollen, muß man nicht aus Höflichkeit stum seyn sondern den Mund nach Beschaffenheit ihrer Ohren weit und weiter aufthun. Wenn man zu gutherzig ist zu reden, so muß man auch so gutherzig seyn den Schaden unsers Stillschweigens, der unserm Nächsten zuwächst, gedultig zu ertragen und auf Dich zu nehmen. HE. W. beschuldigte Deinen Vater Dich so kurz gehalten zu haben und glaubte bey Beßerung Deiner Glücksumstände zu einer Erinnerung verpflichtet zu seyn. Ich muste meinen Vater entschuldigen in diesem Stück, der schon einige große Rechnungen hier bezahlt, ohne die Handreichung von mir zu haben, die er an Dir gehabt. Die Rechnung lautet aus dem Ladenbuche wie folget HE Hamann Junior 1753 den 19 Junii Cleveland philosophe anglois 120 – – 12 fl. Du wirst HE Wagner durch HE. Rector bey erster guter Gelegenheit, wenn er etwas im Laden zu bezahlen hat, zugl. mit zu befriedigen suchen; oder falls Deine Umstände kümmerlicher sind als wir es hier immer meynen, mir davon Nachricht geben. Mein Alter würde sich gern verstehen diese Kleinigkeit abzumachen, ich wollte ihn aber damit nicht gern verdrüslich fallen, da Du ihn kennst. Soll ich es thun, so würde meinen letzten güldenen Achthalber dazu auswechseln laßen. Das Buch, das ich dir zum Andenken geschickt, ist von mir sogl. bezahlt worden, und mit dem Gelde, das ich mein eigenes nennen kann. Den Chrysostomus aber hat mein Vater auf meinen Vorschlag gekauft. Nicht Müßigkeit und Sparsamkeit, sondern die
    Furcht des HErrn
ist einer weisen Wirthlichkeit Anfang. Ich bin geitziger wie Du, und Du kannst freygebiger als ich seyn. Es liegt mir daran, daß
    uns alles zum besten dienen muß
, wenn wir es redlich mit dem meynen, in deßen Händen so wohl die Sünde als die Gnade unsers Lebens steht; zu rechter Zeit mit ihm zu rechten wißen, und zu anderer wieder schweigen unsern Mund nicht aufthun und seiner Hülfe harren. Ein bloßer Wink in deinem Briefe wird hinreichen mich zu bestimmen, ob Du selbst diese Kleinigkeit abmachen willst, oder ob ich es thun soll. Weil ich nichts brauche, so habe ich immer überflüßig, und mein Vater unterhält mich reich und milde, wird noch durch leiblichen Seegen erfreut und dadurch desto mehr aufgemuntert auszustreuen. Gott laße gleichfalls Deine Pfingstarbeit geseegnet seyn und gebe Dir Kräfte und Willigkeit dazu solche zu brauchen. Genüße des Sommers, so gut Du kannst, mein lieber Bruder und laß Dein Gemüth wie die Natur im Feyerkleide prangen, im festlichen in heiliger Freude und Heiterkeit. Was für ein geheimnisvolles glückliches Leben giebt uns die Weisheit von erster Hand. Spiel in der Arbeit, Arbeit im Spiel wie ein Rad im andern Rade nach dem Gesichte Ezechiels. Ich möchte noch gern an HE Rector schreiben und meinen Baßa auch danken für seine treue Besorgung; muß daher eher abbrechen. Du hast ohnedem nicht Zeit lange Briefe zu lesen, da sie Dir zu kurz ist ein paar Zeilen öfters zu schreiben. Ich habe bisweilen mehr nöthig zum Lesen als zum Schreiben, was Briefe anlangt. Von Prof. Meyer habe aus Halle endl. eine Antwort erhalten, mit der ich sehr zufrieden bin, weil er wenigstens die Achtsamkeit gehabt auf des masquirten Wagners Gesuch zu reflectiren. Vorgestern wie hier die Tische gedeckt wurden, brachte einen kleinen Versuch zu Ende, der in das hies. Intelligenz Werk kommen soll; woran ich noch sehr zweifle. Wenn hier nicht, soll er weiter gehen. Diese Arbeit ist mir eben so unvermuthet gerathen, als sie von mir entreprenirt worden. Vom Einfluß der Sprachen und Meynungen ein Bogen voll auf Briefpapier von Aristobulus, Königs Ptolemäi abgedankten Schulmeister. (2 Macc. 1.) Ist eigentl. gegen Michaelis gerichtet. Wenn ihr die Beurtheilung der Hülfsmittel zur hebr. Sprache werdet gelesen haben, so werde einen kritischen Brief über dies Buch schicken, den ich ehmals aufgesetzt, der in vollem Fluge geschrieben worinn Du aber noch hie und da ein gut Körnchen finden möchtest. Ungeachtet ich sehr gern das Lied singe, worinn vorkommt: Die falschen Götzen macht zu Spott und die Ironie, die in den Kindern des Unglaubens herrscht, mir sehr schwach gegen den Gebrauch den die Propheten von dieser Figur machen, vorkommt; so kann ich doch nicht leugnen, daß mir meine Schreibart selbst manchen Angstschweiß und glühend Gesicht macht und wie ein Podagrist deniesen Wein eben so sehr liebe als fürchte. Auch ein Sohn des Donners lag an Seiner Brust und wurde von ihm geliebt. Ich bin übrigens Gott Lob! gesund mein lieber Bruder und fülle täglich wie ein Schnitter meine Hand oder wie ein Garbenbinder meinen Arm. Ich habe heute die Geschichte Bileams dieses großen syrischen Dichters im Grundtext gelesen und werde das 4. Buch Mose mit aller Gemächlichkeit vor dem Fest schlüßen können, auch Gelegenheit gehabt den Propheten Joel dazwischen zu schieben, um des hällischen Richters Uebersetzung dann beurtheilen zu können. Vier hebräische Grammaticken warten auf mich, in denen ich den Anfang gemacht, und die ich bloß lesen will um alle Schulgerechtigkeit zu erfüllen und ein wenig zubereitet den Vater Schultens brauchen zu können. Mit Aristophanes bin auch acht Tage ehe fertig geworden, als ich meine pensa überrechnet. Der Hesiod läuft mir wie Waßer. Der Schild des Hercules und seine Mythologie ist mir noch übrig, mit dem ich gleichfalls vor dem Fest reinen Tisch zu machen denke. Er verhält sich zum Homer wie Jacob zum Esau. Das Recht der Erstgeburt zwischen diesen beyden Erzvätern der griech. Dichtkunst ist eben so schwer zu entscheiden. Er hat eine Einfalt und Unschuld, die ihn antiquer macht als den Heldendichter, in dieser Einfalt aber schimmert zugleich eine Cultur, die ihn um ein Jahrhundert zu verjüngen scheint. Seine Werke und Tage haben einen größeren Entwurf, als ich bisher gewust. Ein ungerathener Bruder hat ihm die Feder dazu geschnitten; den er auch in den feurigsten Stellen nicht anders als
    seinen sehr albernen
Persa nennt. Ich finde in diesem Beywort so viel Zärtlichkeit als Boileau durch den Schimpf-Namen eines Hofmanns erhielt der seine Bewunderung über eine glückl. Stelle durch Schmähworte sehr lebhaft ausdrückte. Sein System begreift Ackerbau und Schiffart in sich; Sittenlehre und Aberglauben. Ein Glaubens-Sitten-Buch und ein Kalender: was für ein zusammengesetzt Compendium! und was für eine Bauart gegen unser Cellen- und Fächerwerk! – – Genung auf heute. Das junge Paar erwartet mich. Ich wünsche Dir nochmals allen Seegen zum bevorstehenden Feste, und die Gemeinschaft des Geistes, den uns Gott gegeben, der nicht ein Geist der Furcht, als der Grundtrieb anderer Religionen angegeben wird, sondern uns mächtig, liebreich und klug macht zu jedem guten Werk in Jesu Christo unserm Herrn. Amen. Ich umarme Dich mein lieber Bruder und ersterbe Dein treuer Freund JGH.
HöchstzuEhrender Freund, Meinen herzlichen Dank für überschickte Sachen zum voraus, die alle nach Wunsch angekommen. Es thut mir leyd, daß Ihre Mühe weiter gegangen als meine Zumuthung gewesen. Die Sorge für meine Bücher hatte der Collaborator so wohl Ihrent- als meinetwegen auf sich nehmen sollen. Er redet von einem Aufsatz in seinem Briefe, der vielleicht vergeßen worden von ihm beygelegt zu werden; ich habe wenigstens nichts finden können. Alles was HE. Berens sich gefallen läst, ist mir lieb. Die Bücherschranken habe mit
    seinem Gelde
bezahlt und sind zur Stube aptirt. Was von Handelssachen unter meinen Schriften ist, kann ich alles entbehren. Ich verlange biß dato noch nichts herüber und bitte also um nichts als frey Qvartier. Meine jetzige Sorge betrift bloß wie ich den Pentateuchum bald zu Ende bringe und in die kleinen Propheten komme. Der von Böhmischbreda und das andere Buch gehört mir. Der Name des HE. Past. Gericke steht deswegen darauf, weil sein Buchbinder es hat heften müßen, und er diese beyde Schriften unter den seinigen für mich besorgt hat. Anti-machiavel und Herault gehören dem HE. Christoph Berens, der sich jetzt in St Petersburg aufhalten soll; dürfen aber nicht ausgeliefert werden, weil er gleichfalls einige von meinen Büchern zum Gegentausch mit sich führt. Ihr Brief ist nicht zur Hand, daß ich denselben genauer beantworten kann; hoffe gleichwol nichts auf Dero gütige Anfragen, GeEhrtester Freund! vergeßen zu haben. Gestern ist ein Tag des Wohllebens bey uns gewesen, von dem uns allen noch der Kopf brennt. Der Koch und der Conditor haben uns weidlich gespeiset, und die Braut nebst ihren Schwestern hat uns allen Freude gemacht. Ich habe mich ganz windig und artig aufgeführt, biß die Musikanten kamen; da war ich klüger als mein alter Vater, der sich im Bett und außer Bett schlecht behelfen müßen biß an den hellen lichten Morgen, unterdeßen ich wie eine satte Ratze auf unserer alten Hausjungfer Kammer, die ich auf 2 Nächte delogirt, nach Herzenslust geschlafen, um munter aufstehen zu können, so bald mein Vater erst zu schlummern anfangen würde. Weil mein Bruder eine Arbeit aufs Fest hat; so wollte nicht gern daß er meinen Brief eher als nach verrichter Arbeit lesen möchte; daher bitte denselben nicht eher einzuhändigen. Ist es erster oder dritter Pfingsttag, weiß nicht, so wüste ist mir der Sensus communis der Philologie. Eben daher habe auch lieber seinen Brief zum Einschluß des Ihrigen machen wollen als wie gewöhnlich. Herz und Lust Ihnen wieder zu dienen und gefällig zu seyn, davon ist wohl nicht Frage bey mir. Daß mir aber die verwünschte Gelegenheit dazu fehlt, hätte ich gesagt, dafür kann ich nicht. Ein Pack mit Schriften werden Sie jetzt schon erhalten haben. Ob gut gewählt, weiß nicht. Warburton hat mir in viel Dingen wenig Genüge gethan; ich habe aber geglaubt, daß er in Ihre Bibliothek gehöre. Die Auslegung des Elisäischen Buches aus der Eneide gehört mit zu Virgils Georgica. Ich habe diese Ausgabe bloß ansehen können. Sollten Sie Michaelis Einl. und Beurtheil. schon haben; so sind sie für meinen Bruder. Das erste Buch würde sehr vollkommen werden, wenn daßelbe durch viele solche Abhandlungen als Maschens seine rectificirt würde. 2 Vocab. v 2 Fascic. sind zur Registratur gebracht. HE Heling soll selbige mit bekommen; auf deßen Abreise Sie mehr bestellen könnten, wenn Sie zeitig kämen. Relata refero. Wagner. Letzter Brief von der GeEhrten Mama ist älter hier geworden als es von mir gewöhnt. Entschuldigen Sie mich deswegen und machen Sie keine Folge aufs künftige daraus. Sie hat uns neul. besucht, nach der Zeit habe nichts von ihr gehört, weil sie mehrentheils sich auf dem Lande aufhält. Wegen der Stricknadeln habe ausdrücklich gebeten beym Auspacken auf die Papiere Acht zu geben. Ich freue mich herzlich, GeEhrtester Freund, daß ich wegen meiner Sachen und der damit abhängenden Angelegenheit ins reine gekommen; damit ich von allen Verwickelungen so frey als möglich und nöthig seyn kann. Ein kluger Gebrauch des Gegenwärtigen überhebt uns der Sorge für das zukünftige. Briefwechsel und Bekanntschaften, die zerstreuen, würden mir die jetzige Gelegenheit zu erndten beschneiden. Ich sehe die Felder reif und weiß, wenn andere noch ich weiß nicht wie viel Monathe zur Arbeitszeit zählen. Ein fröhlich Fest. Mein Vater grüßet Sie und Ihre liebe Frau und Hälfte aufs herzlichste. Ich umarme Sie beyderseits und bin mit der ehrlichsten Hochachtung und Ergebenheit Ihr verpflichtester Freund und Diener. Hamann. HErr Bassa kann warten, biß ich mich werde mit einer jungen Frau, die meine Cousine und schon recht artig nach meinem Sinne ist, ein wenig werde ausbefreuet haben. Ich weiß, daß er Wunder meynt, wie zierlich ich ihm für seine Freundschaftspflicht in Besorgung meiner Sachen danken soll. Grüßen Sie ihn vor der Hand herzl.
Königsberg den 13 Junius 760. GeEhrtester Freund, Heute habe Dero Brief erhalten, auf den schon vorige Post gewartet; danke herzl. für Dero Wunsch, an dem das junge Paar nächstens Theil werde nehmen laßen. Gott laße gleichfalls den Reichthum Seines Seegens auf Sie und die Ihrigen ruhen. Wir haben in zieml. Zerstreuungen bisher in unserm Hause gelebt und müßen auf Johannis mehrere gewärtig seyn. Mein Vater ist hierinn jünger geworden als ich; und meine Muße verliert auch nicht viel dabey. Heute Gott Lob! den Jesaias zu Ende gebracht und den Jeremias angefangen. Er fördert, wie Sie sehen, das Werk meiner Hände. Die historischen Bücher v ersten Propheten habe mit ziemlicher Genauigkeit lesen können; jetzt aber ist kein Halten gewesen, der alte Evangelist hat mich mit sich fortgerißen, daß ich den Buchstaben wie ein mit rothen Seegeln auslaufendes Schiff das Land, darüber aus dem Gesichte verloren habe. Den Tag vor der Hochzeit brachte eine kleine Abhandlung über den Einfluß der Sprachen und Meynungen zu Ende, die die
    unverdiente
Ehre haben wird morgen in unserm Intelligentz blatt zu stehen. So bald selbige abgedruckt seyn wird, schicke ich ihnen solche über die Post über, da sie einen einzigen Bogen kaum füllen wird. Es ist mir lieb, daß Sie sich die Wahl meiner Bücher gefallen laßen; ich bin für etl. besorgt gewesen. Ich gehe mit meiner Zeit so karg um, daß ich nicht einmal die poes. diverses habe lesen wollen. Die holl. Ausgabe ist auch hier und habe sie bei Lauson gesehen. Was Michaelis anbetrift; so glaube ich, daß Sie einige kritische Gedanken, die ich nach Riga geschickt, werden gelesen haben über diesen Autor. Da Ihnen vermuthlich auch der Entwurf zu meinem griech. Studio zu Händen gekommen seyn wird; so darf selbiges nur jetzt als einen subordinirten Zeitvertreib ansehen. Unter den alten Sittensprüchen haben mir Theognidis sehr gefallen und bin jetzt im Theocrit, mit dem ich die poetische Claße zu schlüßen gedenke; weil Hippocrates auf mich wartet, von dem eine kostbare Edition in fol: erhascht für 33 gl. Diese Kinderspiele hat mir Gott gegeben um mir die Zeit Seiner Erscheinung nicht lang werden zu laßen. Meine rechte Arbeit, die niemand sieht, ist der Beruf meines Vaters, ihn nicht in seinem Alter zu verlaßen – – der Gottes Arm verkündigen möge Kindeskindern! Ich bin durch Dero Nachricht von meinem Bruder, GeEhrtester Freund, herzlich gebeugt worden; so sehr ich auch gewißermaßen auf Gottes Heimsuchung zubereitet worden. Auch diese väterliche Züchtigung wolle so gut zu meinem und derjenigen Besten, die daran Theil nehmen, als seinem eigenen gedeyhen. Ich habe ihm niemals mit meinen Angelegenheiten beschwerlich fallen wollen, (und dies auch zu thun nicht nöthig gehabt) weil er mit den seinigen so zurückhaltend gegen mich gewesen. Wo er also die finstre Eindrücke von meinem Schicksal hergesogen, weiß ich nicht. Auf meine Briefe kann mich beruffen, die mehr nach Freudenöl riechen als meiner Gesellen ihre. Ich würde der undankbarste Mensch unter der Sonne seyn, wenn ich im geringsten über meine jetzige Verfaßung in meines Vaters Hause klagen wollte, (den Himmel verlange ich auf der Erden nicht, der im Herzen, ist Himmels genung auch in der ärgsten Welt.) Unendlich zufrieden kann mit dem Ausgange meiner außwärtigen Angelegenheiten seyn; und ich habe wie ein trunckener Mensch darüber gejauchzt. Unendlich zufrieden über die Denkungsart derjenigen Leute, mit denen ich zu thun gehabt. Falls Sie alle meine Briefe an ihn durchlesen sollten, würden Sie nichts von demjenigen finden, was ihn beunruhigt.
    Nach der Wahl hab ich sie lieber
als irgend andere Menschen auf der Welt und ich schreibe auch an meinen leiblichen Bruder nichts, das sie nicht hören dürften, wenn es abgekanzelt werden sollte. Ich habe ihn immer gebeten, daß er sich um nichts bekümmern sollte, daß meine Sachen ihn nichts angiengen, und um desto sicherer diese fremde Gedanken von ihm v von mir in unserm Briefwechsel zu entfernen, hab ich beynahe affectirt lauter gelehrte SachPoßen und insbesondere ein Journal meines jetzigen Studierens ihm zu liefern und ihn immer um acta Scholastica dafür ersucht, ihn zugl. zum Fleiß, zum
    rechten Fleiß
aufzumuntern und an meinem eignen Exempel zugleich zu lehren, wie selbiger geseegnet ist und wie der, so hat, immer mehr empfäht. Wer glaubts, daß Gott so sehr zürnet, und unsere unerkannte Sünde ins Licht vor sein Angesicht stellt? Was für wir nicht für Sünde halten oder für Sünde glauben können, das braucht keiner Vergebung. Dieser Wahn ist ein Schlaftrunk, der unsern Fall beschleunigt. Wohl dem der so fällt, daß er wenigstens davon aufwacht, und sich für solcher Betrübnis der Seelen hüten lernt. Jer: VIII. 12. Gott mag sich seiner annehmen! Ich würde durch meine Herüberkunft, die er sich wünscht, ein leidiger Tröster für ihn seyn. Was können ihm meine Briefe helfen, der Buchstabe würde ihn immer mehr tödten, je mehr er demselben nachgrübelt ohne dem Geist, mit dem ich sie schreibe und mit dem er sie auch lesen sollte. Gott schicke Ihnen GeEhrtester Freund! Mitleiden und Gedult mit seinen Schwachheiten. Hätten Sie beym Antritt seines Amtes weniger gehabt; so würden sie jetzt vielleicht nicht so viel brauchen. Denken Sie daß Sie 2 Brüder haben, deren Wege eben so wenig scheinen gebahnt zu seyn, als bisher meiner und meines Bruders gewesen. Ich halte es für meine Schuldigkeit Ihnen noch einige Erläuterung über das Hirngespinst seiner Armuth zu geben. Sub rosa, er hat seinen Goldklumpen bisher, versetzt. 2.) hab ich ihm die Schuldigkeit eines Hochzeitgeschenkes nach ihrem Beyspiel zu verstehen gegeben. 3.) ist er hier viele Jahre im Buchladen 12 fl. schuldig geblieben, an die ich ihn mahnen müßen, für ein Buch, das der seel. Hartung für ihn verschreiben müßen. Er hat dies aus Freundschaft gegen Charmois gethan, der aus Freundschaft sein Schuldner geblieben, wie er aus guter Nachbarschaft dem Buchladen. Es kann also würkl. ihm am Gelde fehlen und er hat die Schaam sich zu entdecken. Er hat mir vor 4 Wochen einen so verwirrten Brief geschrieben, daß ich mich fast selbst an demselben verwirrt gelesen; der letzte war wieder empfindlich, und er redte darinn vom Raub seiner Güter, weil ich an seine kleine Schulden gedacht, und mich dazu anerboten selbige hier zu bezahlen. Sie werden so gut seyn meinen Brief zu lesen an ihn, ehe Sie ihm selbigen geben. An Nachrichten von ihm ist meinem alten Vater und mir viel gelegen; wir verlaßen uns hierinn auf Ihre Freundschaft. Am Besten wäre es, daß er von allen Nebenstunden jetzt loßgespannt und bloß bey der Schularbeit bliebe, mein Vater räth zur Brunnenkur. Tragen Sie die Last, die Ihnen Gott auferlegt hat, und nehmen Sich seiner an, nicht nach Ihrem guten Herzen sondern mit Weisheit in der Furcht des HErrn. Unsern Herzl. Gruß an Ihre liebe Frau. Ich ersterbe Ihr Freund.H. Mein Vater ersucht Sie herzlich, ihn sogl. zum Aderlaßen zu zwingen, wenn er sich daßelbe nicht als einen Rath gefallen laßen will; und die bittere Seydl. Brunnenkur zu brauchen, die erste Bouteille auf 4 Tagen. Er kann ein Paar Tage einhalten und wieder eine Kruke trinken. Gott wird uns nicht mehr auflegen als wir tragen können. Motion empfiehlt mein Vater. Ich weiß nicht was er unter meiner Herüberkunft, auf die er in einigen Briefen auf eine mir ganz unerklärliche Art gedrungen, eigentlich hinter sich hat. Ist es bloß Lüsternheit – – hat er mir was zu entdecken, laß ihn nur reden. Will er loß seyn; in Gottes Namen – Ich will ihm meine Stelle hier einräumen, und wenn mein Vater uns nicht alle beyde unterhalten kann oder Zank seyn sollte, die rechte und linke Seite zu wählen überlaßen. Ist ihm nicht Gott näher als ich; und wenn er mich liebt, wozu entdeckt er sich nicht, und schreibt mir ins andere Jahr nichts als vorsichtige Briefe. Traut er sich selbst oder mir nicht? Der treue Zeuge in den Wolken! den ich jetzt nach dem Abendeßen gesehen. Die heutige Sonnenfinsternis hat wegen des wolkichten Himmels kaum wahrgenommen werden können. Mein Vater ist sehr geneigt mir eine Reise nach Riga einzuwilligen, falls selbige nothwendig, das Versprechen oder die Erfüllung deßelben zu meines Bruders Wiederherstellung nöthig wäre. Melden Sie ihm dies zu seiner Aufmunterung. Gott gebe Ihnen Gedult und laße alles zu Seiner Ehre und unserm Heyl gereichen. Sein Wille geschehe. Er ist doch der Beste. In diese glückliche Gemüthsfaßung versetze uns Sein guter Geist alle, und laße unsere Traurigkeit Gottlich und unsere Freude im HErren seyn. Ich umarme Sie nochmals und empfehle Sie Göttl. Gnade. Versäumen Sie nichts an meinem Bruder, und seyn Sie ruhig. Seine Wege sind in großen Waßern und man kann ihre Fußstapfen nicht sehen. Leben Sie wohl mit Ihrem gantzen Hause. Gott empfohlen. Ich schreibe nächstens wie ich hoffe mit mehr Faßung. Wir gehen nächste Woche wills Gott zum Abendmal. Zu meiner Beichte gewählt: Wie ein Hirsch schreyet nach frischem Waßer.
כׇלּוּ תְפִלּוֹת דׇּוִד בֶן־יִשׇׁי das heißt: Ein Ende haben die Gebete Davids des Sohnes Isai. Hier mache ich eine Pause um ein paar Zeilen an Sie GeEhrtester Freund zu schreiben. Montags besuchte uns Frau Schwester auf einen Augenblick mit Bitte diesen Brief heute gewiß zu bestellen, welches ich auch gewiß versprochen und jetzt halte. Morgen erwarte Ihre Mama zu sehen. Wir haben mit letzter Post vergebens nach Briefe geschmachtet. So gewiß wir dachten; so gewiß war nichts. Er wird den
    Armen
erretten, der da schreyt und den Elenden, der keinen Helfer hat. Er wird gnädig seyn den Geringen und
    Armen
und den Seelen der
    Armen
wird er helfen. Die Übersetzung ist ganz richtig nach dem Grundtext. Ich wiederhole meine Bitte in Ansehung meines Bruders nichts zu versäumen und die Vormundschaft, die Sie in Ihrem letzten Briefe freywillig übernommen, gewißenhaft zu vollenden. Sollte es an Ausbrüchen fehlen und die stumme Schwermuth anhalten: so taugt der Trost nicht:
    Es wird sich schon geben
. Mein Vater und seine Freunde sind mit seiner Zurückkunft schon zufrieden und wenn Sie und er dadurch erleichtert werden könnten – – Das gemeine Beste befiehlt eben die Maasregeln. In gewißen Fällen bin ich ein so eifriger Anbeter des Publici als Jehu des Baals. So gewißenhaft bin ich auch nicht oder so blöde, daß ich mir nicht eben das Recht zutrauen sollte, ihn um ein Amt zu bringen, das Sie gehabt haben ihn in daßelbe zu helfen. Es ist mir um Antwort und Gewißheit desto mehr gelegen, weil ich hier wie ein Maulaffe sitze, mich halb zu Tode schlampampe halb zu Tode arbeite, Luft haben muß, den Sommer und die Erdbeerenzeit nicht verlieren will, allenthalben aufs Land genöthigt werde, und wieder meinen Willen theils absagen theils aufschieben muß, weil ich zu einer Reise nach einem Patienten gegürtet und gestiefelt gehe. Aut – aut ist also mein Wunsch! Der Prof. Eloquent. Ordinarius liegt auf dem Tod. HE. Doct. Buck giebt seine Stimme dem Prof: Hahn wie Lauson mir gestern erzählte. 1.) weil er als extraord. ein Recht dazu hat. 2.) weil es der Mann nöthig haben soll. 3.) weil wir schon schlechtere Leute gehabt, die diesen Posten bekleidet pp. So viel von Neuigkeiten. Ist mein Bruder kein Schulmann; (ein alter practicus wird hier nicht fragweise sondern entscheidend urtheilen können) so laßen Sie diese Gelegenheit die Ihnen Gott giebt, nicht vorbey gehen, nach ihrem Glauben und nicht nach Zweifeln zu handeln, und der Schule zu geben was der Schule gehört, der Freundschaft, was der Freundschaft gehört. An meines blöden Bruders Nachrichten werde ich nicht kehren, sondern meine Reise hängt lediglich von dem letzten Bescheid seines Curators ab. Ich beklage Sie GeEhrtester Freund,
    eben so sehr
als meinen Bruder, und Sie beyde
    mehr
als mich selbst und meinen alten Vater, der Sie herzl. grüßen läst. Ich ersterbe Ihr aufrichtiger Freund Hamann. Hat Baßa das hitzige Fieber, daß er nicht schreibt; im kalten läßenst sich noch an Fr. schreiben. Ich bin heute Gott Lob! zur Beichte gewesen, und warte morgen oder mit nächster Post auf Nachrichten von meinem Bruder selbst, oder Ihnen GeEhrtester Freund oder HE Baßa. Bin ich die Ursache (schuldig oder unschuldig, das geht mir so wenig als andere an) bin ich die Ursache seiner Schwermuth; so wird mich auch Gott zum Artzt derselben machen. Gestiefelt bin ich schon die ganze Woche gegangen. So bald meinem Vater nur gemeldet werden sollte, daß unser Patient auf sein Verlangen mich zu sehen besteht und ohne selbigen sich nicht zufrieden geben kann; oder daß meine Gegenwart ihm zur Entwickelung dienlich seyn könnte, wird er mich bald schicken. Beurtheilen kann nichts, weil ich nichts weiß. Weil ich als ein Dieb komme; so verrathen Sie mich an keinen Fremden. Ihre Freundschaft wird mir diese Bitte gewähren. Bey Baßa habe praeludirt. Wenn ein Tag so kurz für meine Geschäfte seyn sollte; so würden 3 überflüßig seyn. Ich habe heute den Ezechiel angefangen – Gestern 10. fl. von HE. W erhalten die für die Fr. Consistor. Räthin fertig liegen. HE. Zeise ist angekommen, bisher Buchhalter in uns. Nachbarschaft, was weiter geschehen wird, mag die Zeit lehren; scheint ein gesetzter Mann zu seyn, der mehr reel als brillant aussieht. Vielleicht lern ich diese Woche noch näher in meinem Garten kennen. Leben Sie wohl und grüßen Sie herzlich Ihre liebe Frau. Die freundschaftlichste Ergebenheit von meinem Alten. à Dieu. Wenn mein Bruder würkl. in Verlegenheit des Geldes seyn sollte so würde es mir verdrüßen daß er die 12 fl. mitgeschickt. In dem Fall würde Ihr Beutel für ihn nicht verschloßen seyn. Grüßen Sie ihn, und laß ihn schreiben wenn er will und kann. La 5me paire des nerfs se porte à plusieurs parties entre autres aux yeux, aux levres et aux parties destinées à la generation. Extrait de Willis. Weil die sokrat. Denkw. gut gegangen seyn sollen, so hat Mdm. Woltersd. um Erlaubnis gebeten von dieser Kleinigkeit einige für sich abdrucken v verschicken zu können.
Königsberg den 2 Jul: 1760. HöchstzuEhrender Freund, Dero letzter Brief ist mir so gut als ein Paß zu meiner Lustreise, die mir höchst nöthig und desto angenehmer ist, weil ich morgen mit Gottlicher Hülfe mein hebräisch Buch zu beschlüßen gedenke. Es thut mir nicht leyd Ihnen meinen guten Willen gezeigt zu haben; und mit der Dispensation bin ebenso sehr zufrieden. Da mein Bruder nicht mit einem Worte an seine Krankheit in dem Briefe an Seinen Vater gedacht; so muß es vielleicht nicht so viel auf sich haben, als ihre ersten Nachrichten mit sich brachten. Die zweyten stimmen mit seinem eigenen Stillschweigen überein. Ich wünsche, daß mein Bruder durch motion und Arzeneymittel nicht nur wiederhergestellt sondern auch ein uneigennütziger, treuer und weiser Schulmann werden möge, der nicht mehr nöthig habe den Rector zu seinem Collaborator zu machen. In der Angst giebt ein mitleidiger Dichter seinen halben Gulden hin, und ohngeachtet ich schon dreymal und Sie nur einmal den Weg von K. nach R. gemeßen, so vergaß ich doch daß 64 + 64 = 130 Meilen sind, und daß man Lustreisen wohlfeiler haben kann, Kreutzzüge aber mehr kosten. Die Fr. Consistor. Räthin, Ihre GeEhrte Mama, hat mich diese vorige Woche, aber erst Freytags besucht. Die Gegenwart des HE Lausons war uns gewißermaßen im Wege. Sie wünschte, wenn Sie sich entschlüßen könnten in der besten Zeit eine gl. Lustreise zu thun. Ich muste ihr gleichfalls alle Hofnung dazu benehmen und that ihr einen Vorschlag, auf den Sie nicht Achtung geben wollte. Mit Prof. W. hat es vielleicht eben so wenig Noth als mit meinem Bruder. Es ist daher nicht klug, daß man sich durch jeden Wind stellen läst bald nach Norden bald nach Süden. Drey Tage lang! – – Baders Sohn traut sich zu so ein glücklicher Doctor zu seyn. Ich freue mich, daß ich den Hippocrates noch nicht angefangen zu lesen, sonst würde man meine Eitelkeit gewiß auf die Lectur dieses alten autors geschrieben haben. Wenn man die
    unschuldige Ursache
einer Krankheit seyn kann; kann man auch nicht ein
    unschuldiger
    Artzt
seyn? Gott hat verheißen seine Kranken am dritten Tage, der sonst der schlimmste ist der Erfahrung nach, von ihren
    Wunden
, die am drittstenen Tage am meisten schmerzen, aufzurichten. Ihre Vermuthung ist mir sehr lieb, GeEhrtester Freund, daß die Symptomen durch motion und das emeticum unter der Signatur eines Laxativs nachlaßen werden. Gott gebe, daß alles nach Seinem heil. Willen und unserm Heyl gedeyhen möge. Ich nehme alle ihre hypothesen für
    wahr
an um mit einem leichten Herzen das Landleben genüßen und alte gute Freunde wieder sehen zu können. Da es jetzt auf medicinische Berichte ankommen möchte, so würde meinem
    alten Vater
, der sich auf die
    Versicherungen
und
    Proben
Ihrer
    Freundschaft verläst
, mit ein paar Zeilen
    nächstens gedient
seyn. Er wird alle Einlagen richtig bestellen. An mir zu schreiben würde jetzt zu mislich seyn, weil mein Auffenthalt ungewiß seyn wird, wie die Zeit meiner Wiederkunft. Ich habe mich heute auf Mohnkeulchen zu Gast gebeten und Brutus hat Lust zu schlafen. Nach B. habe vorige Post einige Exempl. des Versuches an die HE. Merian, Sulzer, Rammler, pour mon ami Moyse, le philosophe circoncis und 10. an die Voß. Buchh. geschickt. Meßgut ist noch nicht hier. Grüßen Sie Ihre liebe Hälfte herzl. und freundschaftlich von mir. Ich bin biß zur Zeit meiner Wiederkunft Dero verpflichtester und treuergebenster Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Pour / Mr. Lindner / Maitre de la Philosophie et / des belles-lettres, Regent / de l’Ecole Cathedrale &. / mon très cher Ami.
Mein lieber Bruder. Es würde mir herzl. lieb seyn wenn Du Dich wohl befinden möchtest. Ich bin netto 3 Wochen auf dem Lande in Friedland, Gerdauen, Schwansfeld und Friedeberg Gott Lob sehr vergnügt gewesen und letzten Freytag erst wieder nach Hause gekommen. Jetzt beyde Hände mit einer Arbeit voll, die ich gern diese Woche aus dem Weg haben möchte; muß daher kurz und confus schreiben. Unser alter Vater hat sich Montags Ader gelaßen und befindet sich heute sehr schläfrich, matt und verdrüslich. Er hat es diesmal wieder am Arm gethan. HE Diaconus Buchholtz wird hoffentl. mit nächsten antworten; und munterte sich zum voraus zur Gedult, Ruhe und Zufriedenheit auf; nach dem Spruch: Beharre in Deinem Beruf und übe dich darinn – Blindau ist auch die Woche meiner Zuhausekunft nach Tilse gegangen und Jgfr. Degnerin hält morgen ihre Andacht daß ich also das Haus allein hüten muß. Dein Gedicht habe gelesen. Einige gute Züge darinn ersetzen noch nicht den Mangel der Feile. Ich danke Dir herzl. für Mittheilung deßelben. Das schwere und erhabene ist nicht für Dich, und bisher noch mehr Schwulst als Natur. Es sollte mir leyd thun, wenn Du Deinen Leib und Dein Gemüth durch eine Anstrengung der Lebensgeister auf heterogenea noch mehr zu deiner gegenwärtigen und künftigen Verfaßung verhudeln solltest. Die Ode selbst ist wie der Titel
    nachgeahmt
oder sieht wenigstens einer imitationi seruili ähnlich. Ich bewundere Deine Biegsamkeit in die Feßeln des Reims und metri, und wünschte eine gleichförmige in sanftere und leichtere Bande, als Sylbenmaas und Reimklang immer für mich gewesen. Dr. L. hat mir seine Ode auf den Einzug eingeschickt, von der ich nur Anfang und Ende habe lesen können. Es war in meinen Augen ein Uebelstand einen comischen Dichter über das Motto zu finden. So zärtlich ist mein Gefühl oder so kindisch daß selbst ein großer Name am unrechten Ort mir verächtlich wird, wenn er sich nicht recht eben paßt. Der Anlaß von ihm einen Brief zu enthalten war die Empfehlung eines sehr sonderbaren jungen Menschen von 22 Jahren, der als Schreiber in Mitau ausgelernt und durch seine Hypochondrie 3 Jahre der elendeste Mensch gewesen, jetzt aber ins coll. Fridericianum verkauft worden, wo er auf klein Secunda sitzt. Weil er mir recommendirt worden von einem alten guten Freunde, so geht mir sein Schicksal desto näher. Sein Name weiß noch nicht, weil er mir nicht im recommend. Briefe gemeldet worden; ich hab ihn aber gebeten mich alle Tage auf eine Viertelstunde zu besuchen. Müste ich jetzt nicht die kleinste Zeit zu rath halten und von allen abstrahiren, so sollte er nicht bis Michel im Collegio bleiben und im vierteljahr consilium abeundi ad altiora erhalten auch vom Gewerkspatron losgesprochen seyn. Wenn ich des HE. Hofmedici Einladung ihn zu besuchen Gehör geben könnte; so würde ich gewiß einen hippocratischen aphorismum aus dem Buch: περι τεχνης, der sich zu dem casu mit dem jungen Menschen reimt, mitbringen. Beyliegender Brief ist bald 14 Tag alt; weil ich nicht zu Hause gewesen, vermuthl. an HE. Rector. Die Jgfr. Degnerinn hat vergeßen sich bey der Fr. Consistor. R. darnach zu erkundigen. Mein Vater verlangt mit Schmerzen auf Nachricht von Deiner Gesundheit, und Deiner Cur, ob du selbige angefangen, wie weit Du darinn gekommen und wie sie anschlägt pp weil in Deinem letzten Briefe nichts daran gedacht. Wir verlaßen uns hierinn auf des HE. Mag. gütiges Versprechen für dich zu sorgen. HE. Buchh. hat mir Deinen Brief nicht weisen wollen, sondern nur contenta daraus vorgesagt und einige katechetische Gewißensfragen an mir gethan, zu denen Du ihm Anlaß gegeben haben must, aus denen ich aber nicht klug werden können. 1.) Worinn
    mein Unglück
bestünde, das ich dorten gehabt hätte? Ich weiß von nichts als von dem Glück alle ersinnl. Freundschaft und Liebe in und von einem Hause genoßen zu haben, das ihre
    Wohlthaten
mit einer
    Qwittung aller ferneren Verbindlichkeiten
gekrönt. 2.) In welchen Stücken ich mich
    feindseelig gegen
Dich bezeigt? Mit meinem Wißen und Willen nicht anders als im Bekenntnis der Wahrheit, die ich mit Ernst und Scherz, süß und bitter, geredt und geschrieben. Hast Du viel Erfahrung gesammelt; so ist selbige allenthalben anzuwenden und brauchbar. Ein Prophet aber ist nirgends verachteter als in Seinem Vaterlande. Mein Vater ist sehr geneigt Dich aufzunehmen, und ich neben Dir zu wohnen oder auch Platz zu machen. Ob Brodt hier ist? Wer arbeitet soll auch eßen. Ich trinke in meines Vaters Hause alle Tage Coffée, Wein, so oft es mir einfällt, und habe heute zu Mittag Blaubeeren, Sauerbraten, Steinpiltzchen gegeßen, auch eine Melone ungerührt zurückgehen laßen, und mein Vater unser! wird täglich reichlich, nach Herzenslust erhört. Du hast an Stell und Ort einen Freund, zu dem Du Vertrauen hast. Er kann Dir mit Rath und That an die Hand gehen, und hat sich gegen uns dazu anheischig gemacht. Er ist Dein Nächster, der alle Umstände am besten beurtheilen kann. Giebt er Dir einen guten Rath; so folge ihm. Ich ersterbe Dein treuer Bruder. noch herzl. Gruß an Deinen liebreichen Wirth und S Deine Pflegmutter. Baßa bitte freundl. zu grüßen. Mit erster bester Gelegenheit werde auch an ihn 2 Worte schreiben.
den 12/23 Aug. 1760. Herzlich geliebtester Vater Gott Lob! heute in Riga glücklich angekommen; Bruder und Freund überrascht. Von meiner Reise auch ein Wort zu sagen, so ist selbige zieml. lustig gewesen. An der kurländischen Gränze bin sehr gut von einem Praepositus aufgenommen worden (ein Erzpriester in unserer Mundart) wir baten uns bey ihm Mittags zu Gaste, weil der Krug voll war. In Mitau habe bey HE. Doctor L. logirt und bekam den Tag meiner Ankunft ein Glückwünschungs Compliment von dem HE. General von Witten und der Fr. Gräfin Exc. Exc. die eben in Mitau waren und denen ich den Morgen darauf aufwarten und mich anheischig machen mußte sie auf dem Rückwege gewis zu besuchen. Für meinen Bruder sehe keinen beßern Rath, als daß er versetzt wird und je eher je lieber. So weit geht meine Abrede schon mit dem HE. Magister. Gott wird dazu Glück geben. Ich habe gute Hofnung von diesem kranken Baum, daß er wieder ausschlagen und von neuen grünen wird, so bald er verpflanzt werden möchte. Gott erfreue mich bald mit guten Nachrichten von Ihnen, herzlich geliebtester Vater, und stärke Sie an Seele und Leib. Mein Aufenthalt wird allem Anschein nach hier sehr kurz seyn, und ich denke am besten zu thun, wenn ich in Kurland den Ausgang der ganzen Sache abwarte, die zu unser aller Besten gereichen wird. An des HE. Archidiaconus Buchh. HochwohlEHrwürden vermelden Sie meine Ergebenheit, mit der Versicherung, daß ich aus Mitau an den HE. M. Macziewsky geschrieben und alles so gut als mögl. besorgt, weil wir uns nicht aufhalten konnten. Um baldige Nachricht wegen richtigen Empfangs habe gleichfalls gebeten. Vom erhaltenen Lachs werden Sie, liebster Vater, auch etwas mitgetheilt haben, noch die Pulver vom 21. vergeßen. Nach herzl. Gruß empfehle Sie Göttlicher Obhut, und Ihrem Gebeth und väterl. Andenken; der ich mit kindlicher Ehrerbietung ersterbe Dero gehorsamst ergebenster Sohn. Johann George. HE. Rector hat 2 Stunden vorher an mich gedacht ehe ich angekommen bin; meinem Bruder war ich aber unerwarteter. Mein Bruder ist gesund genung, aber ohne Leben und Munterkeit, – – Leben Sie wohl. Gott mit uns. Von Johann Christoph Hamann (Bruder): Herzlich Geliebtester Vater, Die Ankunft meines Bruders hat mich in eine besondere Freude gesetzet, insbesondere da er mich zugleich von Dero Gesundheit versichert hat. Gott erhalte dieselbe und gebe Ihnen, so lange es sein gnädiger Wille ist, Kraft und Stärke Ihrem Nächsten behülflich zu seyn. Ihr Gebeth, das Sie für uns und alle thun, befördere Ihren Beruf und gehe niemals unerhört von dem Geber alles Guten zurück. Der Antrag, den mir mein Bruder gethan hat, und die vielleicht die Absicht seiner Reise ist wird noch einigen Anstand erfordern ihn zu vollziehen. Ich empfehle mich indeßen Ihrem Gebethe und bin Zeitlebens mit der Kindlichsten Hochachtung Dero treusten Sohn J. C. Hamann. Herzlich geliebtester Freund, Zu meinen großen Vergnügen den jüngsten Herrn Bruder hier angetroffen, der heute frühe mit polnischem Abschied wieder abgereist um uns nicht im Schlaf zu stören, welches HE. Doctor höchlich verbeten. Vorgestern Abend noch bey guter Zeit angekommen, wurde aber in der Morgenstunde meines Geburtstages von einem Durchfall gestört, so, daß ich Trotz meiner Müdigkeit mit einem O ho! erwachte, und ungeachtet meines Zuruffens den Läufling nicht erhalten konnte. Es ist also in pleno consensu hier ad protocollum gebracht, daß Ihr guter Freund den 27 Aug. 1760 seinem respective Herrn Wirth ins Bett gesch… Dieses kleinen Unglücks ungeachtet, das ich mir mit dem Eintritt ins 30ste Jahr niemals hatte träumen laßen, befinde mich ziemlich munter, nachdem ich gestern früh Abend und morgen heute früh ein Rhabarberpulver einnehmengenommen können. Meine beyde jungen HE. habe auch schon wiewohl mit schlechtem Appetit auf Grünhof zu Gast zu kommen gesehen. Heute schon nach Hause an Vater und HE. Buchh. geschrieben und erwarte jetzt bald den jungen Pastor Ruprecht um einige Besuche abzulegen; welches ich blos aus herzl. Verdrus thue. Mein Bruder wird sich für vorgeschoßene 10 Thrl. an meine Schlafmütze Kopf und Halstuch schwerl. pfänden; bitte daher selbige bey erster Gelegenheit nach Mitau zu spendiren nebst Vernets kleiner Geschichte. Sein Entschluß und Ihre Briefe können am besten nach Mitau bey HE. Hipperich addressirt werden. Ich danke herzl. für alles genoßene Gute, wünsche Ihnen und Ihrer lieben Hälfte nebst sämtl. Hause Seegen die Fülle, und empfehle mich Ihrem geneigten Andenken, bin nach herzl. Umarmung von mir und HErn Doctor der das Geld mit einer Gesellschaft aus Riga überschicken wird, mit aller verjahrter Treue Ihr ergebenster Freund. Mitau. den 28 Aug. 1760.Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie et / des belles lettres et Recteur / du College Cathedral de et / à / Riga. / franco.
Mitau. den 4 1760 HöchstzuEhrender Freund, Ich habe aus Grünhof mit Schmerzen auf eine Erklärung von meinem Bruder und einen Brief von Ihnen erwartet. Weil es mir da nicht gefiel, und meine Ungedult nach Antwort zunahm, so bin vorgestern hier angelangt. Wollte mich in eine Stube hier einmiethen, erhielt auch vom HE. Fiscal die gütige Anerbietung in seinem Hause mich aufzuhalten, auf das ernsthafte Versichern des HE Doctors ist es mir lieber gewesen bey ihm einzukehren. Jetzt sitze hier auf Nadeln, und wenn mein Bruder die geringste Empfindung von der Pflicht hat sein Versprechen zu halten, oder das geringste Mitleiden mit meiner Verlegenheit und ganzen Verfaßung meiner Wallfahrt; so wird er so klug und barmherzig seyn mich nicht länger aufzuhalten. Sie wißen die Abrede, höchstzuEhrender Freund, die ich mit Ihnen in Ansehung seiner genommen. Sie haben alles gebilligt; jetzt muß ich darauf dringen, daß alles erfüllt wird. Acht Tage kamen Ihnen selbst zu lange vor, und ich habe diesen Termin aus Schwäche so lange ausgesetzt um die Beschuldigung meiner Heftigkeit nicht aufzurühren. Übermorgen sind 14; und ich bin noch eben so weit. Zu meinem und anderer Verdruß hab ich weder Lust noch
    nöthig
zu leben. Ich wünschte daß mein Bruder auch so menschlich dächte! Es ist mir gleichgültig, ob ich allein oder in seiner Gesellschaft heimkehre. Ich will mir in einem und andern Stück seinem Willen gern unterwerfen, so bald er mir selbigen offenbaren wird. Meines Herzens Meynung über seinen Zustand habe ihm von Grund der Seele entdeckt, und nichts von dem vorenthalten, was die Wahrheit mir im Mund gelegt. Meinen Rath habe ihn eben so wohlmeynend und freymüthig gegeben. Dies ist alles was ich thun kann. Will er meinem aufrichtigen Zeugnis keinen Glauben zustellen, noch einem brüderl. Rath folgen; so kann es mir selbst gleich viel seyn. Kennt er beßere Zeugen und ehrlichere Rathgeber; so thut er gut ihre Parthey zu ergreifen. Mir ist an seinem Wohl mehr als an meinem Urtheil gelegen. Bin ich auf das letztere eigensinnig, so macht mich die Liebe des ersteren dazu. Mein Vidi ist mit meinem Veni eingetroffen; ein langsamerer und späterer Sieg für mich wird ein desto größerer Verlust für meine Feinde seyn. Das Schlafzeug gestern richtig erhalten, wofür verbindlichst danke. Ich weiß nicht ob Sie gleich nach meiner Ankunft allhier die Nachricht davon bekommen; war mir eine Antwort darauf vermuthen. Jetzt werde nirgends als bey Ihrem HE Bruder in Mitau seyn. Habe vor 8 Tagen mit der Post geschrieben, melden Sie mir doch wenigstens ob Sie diesen Brief erhalten. Die Absicht deßelben war bloß Ihnen eine sichere addresse zu geben. Mein Paß geht, höchstzuEhrender Freund, in kurzer Zeit zu Ende; für seine Verlängerung würde eine neue Sorge seyn. Hat mein Vater gar nicht geschrieben? Ich weiß nichts von ihm. Liegt in Riga etwas: so laß doch mein Bruder nicht die Beförderung oder Communication vergeßen. HE HofDoctor befindet sich gesund. Mein Gemüth leidet sehr durch Entziehung der Nahrung, meines Tagewerks, und meine Gesundheit gleichfalls dadurch die ich durch eine Haberdiät bald wiederherzustellen denke hoffe. Nach herzl. Empfehl an Ihre Frau Gemalin ersterbe nach freundschaftlicher Umarmung Ihr ergebenster Hamann. Von meinem HE. Wirth folgt ein brüderl. Gruß pp. Er entschuldigt sich in Ansehung Ihrer Jungfer Schwägerinn nicht die verlangte Nachricht von den Umständen ihrer Krankheit und den vorgelegten Fragstücken erhalten zu haben. Haben Sie Geld und Brief durch Mad. Schäferin von ihm empfangen.
den 12 Sept. 1760 Herzlich geliebtester Freund, Mein freundschaftliches Beyleid. Gott tröste Sie und ersetze diesen Verlust – – – Eine Starostin giebt in diesem Hause einen Ball, zu dem der HE Doctor seine 3 Zimmer geben muß. Ich denke daher auch wills Gott! Montags das Haus zu räumen und mich vermuthlich bey Baacken einzumiethen, weil ich daselbst am besten Ankunft und Abgang der Fuhrleute abwarten kann. Gestern einen Brief von meinem Vater erhalten, der meine Rückkunft wünscht, wie ich seinem Wink entgegen zu eilen; auch gestern schon geantwortet. Brauche daher nichts weiter hier abzuwarten, als daß mein Bruder beym Magistrat eingekommen, und den Bescheid darauf. Erfüllen Sie mein Verlangen hierinn befriedigt zu seyn. Ich bitte sehnlich darum. Wird man dafür sorgen, daß ich nicht verfriere, so laß mir gemeldet werden bey Zeiten – wo nicht, werde so gut ich kann, mich fortzuhelfen suchen. Bin diese Woche in Platohnen gewesen und habe mit Vergnügen an der guten Verfaßung Ihres HE Bruders Theil genommen. Die Haushaltung dorten ist ein Antipod von Grünhof. Erhalte ich etwas von dorten – aber es muß bald und je eher je lieber geschehen, denn ich werde nicht fackeln: so bitte Epitre au Chevalier des Cygnes und beyzulegen; sie liegt in der Paudel in Ihrer Bücherstube. Abschrift davon will besorgen; an dem Exemplar aber ist mir gelegen als dem Andenken eines ehrl. Buchhändlers in Amsterdam. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte. Gott erhalte Sie beyderseits und Ihr ganzes Haus. Meinen Bruder bitte gleichfalls zu grüßen. Ersterbe Ihr ergebenster Freund Hamann Wenn mein Bruder nicht will daß mein Aufenthalt hier dem Vater 50 fl. mehr kosten soll: so laß er keinen Posttag versäumen mich zu befriedigen. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre és Arts et Re- / gent du College Cathedral de et / à / Riga. / franco.
Mitau den 13 Sept. 1760. Herzlich geliebtester Vater, Gott gebe, daß Sie sich wohl befinden mögen, wie ich. Schreibe Ihrem Verlangen gemäß wieder an Sie, weil ich Anlaß dazu zu haben glaube. Von Riga habe noch nichts erhalten, warte morgen oder übermorgen. Montags frühe wills Gott! werde aus meinem jetzigen Qvartier ausziehen, und bin entschloßen das Wirthshaus zu wählen, wo unsere Fuhrleute einkehren. HE. HofDoctor muß seine 3 Zimmer räumen, da sie zu einem Ball, der von einer hiesigen Starostin dem Hofe gegeben werden soll, gebraucht werden; dies Haus das größte und beste dazu in Mitau ist, diese Bedingung eingeräumt werden müßen vom Miethsmann. Mein künftiger Aufenthalt wird daher kostbarer und desto kürzer seyn. Hatte noch gern Antwort von Ihnen und HE. ArchiDiaconus auf mein letztes abgewartet – vielleicht ist es aber nicht nöthig. Werd ich aus Riga befriedigt, so gehe mit Gottes Hülfe mit ersten Fuhrmann zurück. Jahreszeit und Wunsch treiben mich ohnedem. Es ist hier alles so kostbar wie in Engl. Z. E. der Barbierer fordert für einen Bart 1 Tympf und läßt einen Sechser liegen, wie es dem Capitain meinem Reisegefährten hier gegangen; ein halb Buch Postpapier 1 fl. oder 2 Tympf pp. Die meisten Mahlzeiten habe mich hier mit Habergrütze begnügt; werde unterdeßen meinem Leibe nichts entziehen. Wenn ich nicht ausgehe, ist Butterbrodt mein schmackhaft Abendbrodtmahl, wofür ich Gott danke. Meine Gesundheit ist völlig wiederhergestellt und ich habe mich morgen bey HE Rathsverwandten Hipperich zu Gast gebeten, der mein alter guter Freund ist und wo ich für einige Medicamenten, die ich hier nehmen müßen eine kleine Rechnung habe. Meine Diät ist nicht mehr nöthig, schickt sich auch nicht in einem öffentl. Hause. Ich werde mich unterdeßen so gut einrichten als ich kann. – Erhalte eben jetzt eine höfliche schriftliche Einladung morgen Mittag; habe HE HofDoctor um gütige Besorgung eines Einschlußes für diesen Brief gebeten.
    Gegenwärtigen Brief
bitte nicht mehr zu beantworten, oder im widrigen Fall die Antwort an meinen Bruder nach Riga zu addressiren. Gott seegne, stärke und erhalte und gebe mir Gnade Sie bald wiederzusehen. Grüßen Sie alle gute Freunde und Hausgenoßen. Ich ersterbe nach kindlichem Handkuß Ihr gehorsamster Sohn. Johann George. Vielleicht verdinge mir bey HE. Hipperich einen Tisch die kurze Zeit meines Aufenthalts, wo ich gesunder und wohlfeiler als im Wirthshause auch ungebundener und angenehmer speisen kann. Ich bin ohnedem bisher von ihm mit Habergrütze nach Herzenslust gepflegt worden. Leben Sie wohl. Gott mit Uns. Adresse mit rotem Lackrest:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à Coenigsberg. / Altstadt in der / heil. Geistgaße. / per Couvert.
Herzlich geliebtester Freund, Meinen aufrichtigsten Dank zum voraus für die Erfüllung Ihres gütigen Versprechens. Ich nehme Ihre Treue in Besorgung des Abschiedes für meinen Bruder als ein Siegel zu allen den Beweisen der Freundschaft an, die ich bey allen Fällen so viele Jahre von Ihnen genoßen habe; und finde darinn zugleich eine Gewährleistung auf die Zukunft, daß kein Contrast der Umstände, kein Betrug von Vorurtheilen und Leidenschaften, unserm gemeinschaftlichen Wechsel Abbruch thun wird. Daß mein Wille stets geneigt gewesen die Schuld der Freundschaft in Rath so wohl als in
    That
Ihnen abzutragen; das weiß ich, und versichere Sie davon auf das zuverläßigste, im fall Sie einige Zweifel darüber hegen möchten. Der das Herz hat jemanden zu rathen, wird die geringere Gefahr und den sinnlichen Beweis von Thätigkeit gern auf sich nehmen, falls er von seiner Ungeschicklichkeit im ersten nicht abgeschreckt würde. Wem meine Denkungsart nicht gefällt, wird sich gewis noch weniger meine Handlungen als Früchte dieser Wurzel gefallen laßen. Ich kann mich aber nicht ohne Grund schmeicheln, daß ein solches Misverständnis unter uns weder statt gefunden hat noch statt finden kann. Da ich jetzt die Nachricht von der Befreyung meines Bruders habe; so ist der Zweck meiner Reise erfüllt. Ich bin daher reisefertig, ohngeachtet mein Vater und HE. Archidiac. B. mich anrathen wollen die Gesellschaft meines Bruders abzuwarten. Auf ihre Gründe habe so gut ich gekonnt, geantwortet; mein Bruder wird sich übrigens das Beyspiel meiner Eilfertigkeit nach Beschaffenheit der Umstände zu Nutze machen. Der Fuhrmann ist heute erwartet worden aber noch nicht angekommen. Ich verspreche mir das verlangte Geräth zu beßerer Beqwemlichkeit, und nehme in Hofnung, meinen Wagen morgen zu sehen und mit der Fracht kurz und gut einig zu werden, heute schon durch gegenwärtiges Abschied. Gott helfe Ihnen auch die Last künftiger Tage tragen, wie er Ihnen die verfloßene erleichtert,
    schenke
Ihnen Gedult, und
    belohne
Sie reichlich für die Ausübung derselben. Ohne daß ich Sie bitten darf, weiß ich, daß Sie nichts versäumen werden was zum Besten meines Bruders während seines Aufenthalts und zur Beförderung seines Aufbruches gereichen kann. Meine Bücher wünschte wohl, wenn sie mit ihm gehen möchten – doch ich
    überlaße dies Ihrer Verfügung
. Die Fracht derselben wird mein Vater tragen, und weil sie unterwegens geöfnet werden müßen, so würde meinem Bruder lieber als dem Fuhrmann den Schlüßel dazu anvertrauen. Was die epitre au Cheval. des Cygnes betrift; so hätte es bey Ihnen gestanden, da ich es Ihnen gegeben, auf Ihr Recht zu bestehen. Weil s Sie sich aber deßelben wieder begeben haben; so ist mir die Zurücklieferung deßen angenehm. Anfrage steht unter guten Freunden frey, wenn man sich ein Ja! eben so gut als ein Nein! gefallen läßt. Ich will mich mit den detail der kleinen Bewegungsgründe an diese epitre zu denken nicht aufhalten. HE Doctor hat erst gestern Gelegenheit gehabt an den jüngsten HE Bruder zu schreiben, der jetzt nicht einmal zu Hause seyn wird. Letzterer hat mir gestern auch geschrieben; ich bin aber wieder meinen Willen verhindert worden ihm ein Paar Zeilen zu antworten. Vielleicht sehe ich ihn noch vor meiner Abreise – der ältere läst sich alles gefallen, was Sie für recht erkennen. Ich werde ihn nochmals erinnern Sie nicht auf seine Antwort warten zu laßen. Ich empfehle Sie, Ihre liebe Hälfte und ganzes werthes Haus Göttlicher Obhut und Gnade; mich Selbst zu Ihrem treuen Andenken, als Ihren redlichen ewigen Freund. Hamann. HE Pastor Ruprecht hält sich gleichfalls hier auf und bringt, wenn das Glück gut ist, nach Dobbeln, wo er morgen Amts wegen seyn muß. Ach! daß der Fuhrmann da wäre. Ich bin überall Heim weh wie ein Schweitzer. Die verbindlichste Gegengrüße – – Mitau. den 22 Sept. 1760. Mein lieber Bruder, Mit Deinem letzten zugl. Briefe von meinem Vater erhalten. Gott Lob! gesund, wenigstens leidlich. Meldet nichts interessantes, als daß das schlechte Geld dort abgesetzt ist. Die Nachricht von Deinem Abschiede und die Abschrift deßelben hat mich herzl. erfreut. Du bist jetzt
    frey
und Dein
    eigener Herr
. Mache Dir Deinen jetzigen Stand beßer zu Nutz, und halte Dich an Gott überlaßen Seiner heil. Führung, die wir freylich jeder Zeit Ursache haben den rauhen Wegen brüderl. Liebe und freundschaftlicher vorzuziehen. Ich glaube jetzt das Ziel meiner Reise erhalten zu haben, und stehe jetzt auf dem Sprung heimzugehen. Gott begleite mich und Dich und bringe uns glücklich zusammen. Ein Vertrauen auf Gott giebt uns Parrhesie, Lust und Muth und Glück alles zu unternehmen. Dem Glauben ist nichts unmöglich – nichts unbegreiflich, – nichts befremdend. Ich bin mir gewärtig das verlangte vor mir zu finden. Grüße Baßa und danke für gute oder schlechte Besorgung. Es wird dir hoffentlich nicht beschwerlich seyn meine Bücher mitzubringen. HE Mag. Lindner wird deswegen mit Dir Abrede nehmen. Gott sey Dir gnädig und schenke Dir viel Freudigkeit des Geistes in Verlaßung zeitlicher Vortheile, die ohnedem unsichtbaren Verhältnißen immer zurückstehen müßen. Ich umarme Dich lieber Bruder und ersterbe mit herzlicher Zärtlichkeit Dein Freund und Diener. Hamann. Compliment von HE Pastor Ruprecht an Euch alle. Gott empfohlen und Seiner Gnade. Lebe wohl und freue Dich der Zukunft – – Ach wenn mein Fuhrmann doch nur da wäre! Grüße alle gute Freunde schuldigst und verbindlichst von mir. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre es Arts et Regent / du College Cathedral de et / à / Riga. /
    franco
.
Königsb: den 22 Octobr. 1760. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe gleich nach meiner Ankunft Ihnen Nachricht von derselben gegeben, die Sie vermuthlich werden erhalten haben. Meine schlimme Augen haben mir erst vorgestern erlaubt wieder auszugehen; sie sehen sich nach meinem Bruder müde, den ich erwarte, ohne zu wißen, ob und wenn er abgereiset. Gott begleite ihn und bringe ihn bald und gesund in unser Haus. Etwas von Ihnen hierüber bin vermuthen gewesen, und meine Unruhe hat in mein Gesicht Einfluß, hat mir auch verhindert bisher meine Arbeiten wieder vorzunehmen und fortzusetzen, welches ich von Herzen wünsche. Ihr Brief an die Mama ist erst gestern abgeholt worden und unterdeßen keine Gelegenheit hier gewesen – Die Schuld liegt also nicht an mir. Gestern wurde uns beyliegender zugeschickt mit Bitte ihn geschwind zu bestellen. Weil ich nicht zu Hause war, so schickte ihren Brief gleich nach, und es war Zeit genung, da die Gelegenheit erst in einer Stunde abgehen soll. Das Geld, das an HE Wagner übermacht, (10 fl.) liegt hier, und ich hoffe warte desto beßerer sicherer, da die gestrige Ueberbringerinn gesagt, daß die Fr. Consist. R. mit ersten überkommen würde. Sollte es länger werden, so werde eine sichere Gelegenheit mir dazu ausbitten. Schreiben Sie, Liebster Freund, nach Kurland, so denken Sie doch an meine Unpäßlichkeit, die mich entschuldigen wird daß noch an keinen habe schreiben können. Des HE. Fiscals Sachen gehen wills Gott! auf die Woche ab; es ist alles schon abgemacht. Mit nächster Post hoffe schreiben zu können. Aus Kurland habe einige sehr brauchbare Bücher für mich mitgebracht, die ich zum Theil spott wohlfeil aus Mitleiden mit nahm, von denen ich mir aber jetzt desto mehr Nutzen verspreche z. E. Bischoffs Cadmum, ein sehr nützlich Grammatik, wo in einem Haufen Spreu einige sehr allgemeine und applicable ideen, anzutreffen, ich durchblättere ihn jetzt. Wollii Ausgabe über die verba media; Posselii Syntaxin; Vegerium de idiotismis gr. lingu. Altingii orientalische Sprach Synopsis; eine kleine arabisch Compendium, zu dem ich hier noch ein beßeres zugl. über die türkische Sprache hier erhascht. Fabricii codicem apocryphum V. T. worinn sehr viel gelehrte Anmerkungen. Krebs über das N. T. aus dem Josepho; einen Holländer über die Leidensgeschichte der 4 Evangelisten prächtig gedruckt der aber kindisch von Wort zu Wort geht und die Etymologie eines jeden auf eine impertinente Art mitnimmt; Windheims Ausgabe über die hebräische Wörter die plus. num: gebraucht von einem holländisch Philologen; ein syrisch Testament pp. Bin diese Woche schon der Besitzer von 2 schönen Ausgaben des Pindars geworden, und einer prächtigen des Aeschylus, des ältesten Tragödienschreibers aber ohne Uebersetzung. Ich ersuche Sie Liebster Freund, bey dieser Gelegenheit für meinen griechischen und morgenländischen Geschmack gleichfalls zu sorgen. Platons Werke möchten besonders eine angenehme Beute für mich seyn und was Sie noch sonst wißen, daß mir fehlen möchte. Wo mag doch die kostbare Ausgabe des Athenaeus aus der Kinderschen Auction hingerathen seyn? Giebt Gott Augen wieder in ihrer Stärke, an Arbeit soll es ihnen nicht fehlen. Vorige Woche habe unter einem Kräutervorhange einige Vermischte Anmerkungen über die Wortfügung in der französischen Sprache zusammengeworfen und schon an Kowalewsky expedirt; auf deren Glück ich neugierig bin. Schlägt es mir diesmal ein; so habe ich sie zweymal getäuschet. Für 3 Stellen bin etwas besorgt; die erste ist schon in Gedanken geändert. Die zwote betrift die Kirchenmusik unserer hiesigen Kolonisten, und zur Schutzschrift derselben habe schon
    ein Sendschreiben an ein Frauenzimmer
halb fertig, in dem ich theils Voltairens epitre à Uranie theils Östens an Doris im Zuschnitt folgen werde. Die letzte geht die Mem. de Brand. an. Der P. de S. S. ist im zweyten Theil sr. Oeuvres so geschändet, daß ich denselben noch weniger als den ersten recht anzusehen Lust habe. In dem Briefe an seinen Hofnarren, dem er Stahlsche Pillen schickt, macht er seinen Lesern Lust de facto zu appeliren. Man darf nur einige Schriftsteller mehr hören, um unsre gute Meynung von ihnen zu verlieren; so wie es andere giebt, die man gleichfalls
    mehr
hören muß, um eine gute Meynung erst von ihnen zu erhalten. Jene sind Wolken an statt Gottheiten; diese haben Fleisch und Bein; und bieten sich dem Urtheil des gröbsten Sinnes an denjenigen an, die an ihrem Leben zweifeln. Ich umarme Sie, Liebster Freund, und Ihre liebe Hälfte. Schreiben Sie bald an mich. Einen herzl. Gruß meines alten Vaters an Sie und die Ihrigen. Ich ersterbe mit aller Hochachtung Ihr aufrichtig ergebenster Diener.Hamann.
Königsberg den 1 Nov: 1760. All Fehde hat nun ein Ende. Herzlich geliebter Freund, Heute zu Mittag ist mein Bruder Gott Lob! glücklich angekommen. Weil er nur ein Paar Stunden hier und mit Auspacken beschäftigt so schreibe in seinem Namen. Mein Vater so wohl als ich und er danken herzlich und schuldigst. Gott wolle uns allen Gelegenheit geben Ihnen ein gutes Herz gleichfalls thätlich zu zeigen. Zeit und Ruhe fehlt mir jetzt mehr zu schreiben; und es würde ohnedem der Mühe nicht lohnen. Der das künftige weiß, wolle es zu unser aller Bestes gedeyhen laßen. Er giebt mir Muth bey allen entfernten Uebel, wie er mir zu den überstandenen gegeben hat, und wird mir auch Weisheit und Klugheit schenken ritterlich zu ringen, durch Tod und Leben durchzudringen. Ich lebe sehr ruhig, vergnügt, zufrieden und glücklich. Diese Woche einen großen Schritt in meinen Arbeiten wieder thun können. Monntags das arabische angefangen und Mittwochs aufgehört, weil ich so weit fertig war als ich nöthig hatte und zu seyn erachtete um Schultens Schriften zu lesen, in denen ich schon einen starken Anfang seit vorgestern gemacht. Er fördert das Werk meiner Hände und wolle es fördern – – Die Fr. Consist. R. schickte gestern nach Briefen her, das mitgebrachte soll selbige richtig erhalten. Ihre liebe Hälfte hat meinen Bruder auch bedacht und ein Andenken mitgegeben. Baßas Brief hat mich niedergeschlagen. Ich will ihm antworten so bald ich
    kann
. Kürze und Verwirrung werden Sie mir heute zu gute halten. Künftig ausführlicher. Gott seegne Sie im Geistl. und leibl. helfe Sie aus allen Verwirrungen mit Ehren und unverletzten Gewißen, erleichtere Ihre Last, und mache das Band unserer Freundschaft immer fester, – HE Lauson tritt in die Stube; hat bekommen den Brief auf Gothan und die Knuzensche Hochzeit, die nächstens hingeschickt werden sollen. Ich umarme Sie und Ihre liebe Frau als unsere gütige Pflegmutter mit herzl. Handkuß. Den schuldigsten Gruß von Uns allen an die Ihrigen. Ich ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Freund.Hamann. Mein Vater wird heute entschuldigt seyn, behält sich mit ersten die Beantwortung Ihrer letzten gütigen Zuschrift vor. Leben Sie wohl und lieben Sie mich. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre és Arts et Regent / du College Cathedral / de et / à
    Riga
. / franco
    Mummel
.
Königsb: den 5 Nov. 1760. Herzlich geliebter Freund, Ich habe eben den Posttag nach Kurland expedirt, den so lange aufschieben müßen, und bin recht sehr zufrieden diese Arbeit abgelegt zu haben. Mein Vater will noch an Sie schreiben mit seiner Hand, was mein Bruder entworfen. So wenig ich also Zeit übrig habe, so will doch diese Gelegenheit nicht vorbeygehen laßen in mögl. Eil was beyzulegen. Was Heyrault betrift, so gehört er HE Berens; und ich mache auf keine fremde Bücher Anspruch ist auch niemals ein Ernst gewesen mir etwas von den seinigen zuzueignen. Antimachiavell ist gl. falls durch Versehen mitgekommen, sonst möchte kaum etwas von den seinigen darunter seyn. Was ich damals geschrieben, ist secundum hominem zu verstehen, und nicht per se. Alle diese Bücher hängen mit meinen jetzigen Arbeiten nicht zusammen, ich könnte also sehr gleichgiltig gegen alles seyn. Wolsons Lieder mögen Sie so lange behalten, als Sie
    solche nöthig haben
. Ihr Verfaßer ist mir ohnedem ganz fremde geworden. Für meine Abhandlung über die Wortfügung in der franz. Sprache bin jetzt sehr besorgt; muß abwarten und mir Umstände gefallen laßen. Meine übrigen Arbeiten haben Gott Lob! einen erwünschten Fortgang, der mir alle kleine Collisionen versüßet. Gott helfe mir den Winter gut überstehen, und erhalte mich an Leib und Gemüthe gesund. Schreiben Sie mir doch bisweilen nach Maasgebung Ihrer Zeit und Umstände, ich werde mich gleichfalls darnach richten, und durch schriftlichen Umgang den Mangel des mündl. ersetzen müßen. Mein Bruder wird schlecht fortkommen, wenn er sich nicht ändert, und nicht die guten Tage in seines Vaters Hause finden, die er bey Ihnen gehabt, weil er hier immer vor Augen seyn muß und scharfe Augen und freche Zungen zu Aufsehern hat. Ich habe Sie von einem Hauskreutz entledigt und meinem alten Vater und mir eine Ruthe aufgebunden. Mein Vater hat mir eben seinen eigenen Brief vorgelegt; er hat selbst geschrieben, so gut es ihm sein Kopf und Herz dictirt; muß also nicht mit dem Zuschnitt zufrieden gewesen seyn. Weil er das wuste; so ließ er sich bitten, sein Amt niederzulegen. Gesunder ist er wie ich, Appetit und Schlaf nach. Auch Munterkeit genung in seiner Unthätigkeit; aber so bald es zur Arbeit kommt, schwer und müde. Ein junger Mensch, der nicht Lust hat auf sich selbst Achtung zu geben, und die Schule des Umganges meidet, muß viele Unanständigkeiten sich angewöhnen, und in seinen Gewohnheiten hartnäckig werden. Ich muß rauh, hart und grob gegen ihn seyn, um mir im Anfange nichts zu vergeben, und habe eben so viel Ueberlegung nöthig, empfindlich zu thun als gleichgiltig zu seyn. Außer mir, giebt es in unserm Hause noch mehr Steine des Anstoßes, an denen ein harter Kopf sich üben kann, wenn er Lust hat weich oder blutig zu werden. Bey allen diesen Umständen können Sie leicht erachten, Liebster Freund, wie viel Trost ich in meinem Studieren schöpfen muß, und daß ich diesen Hafen zum Aus- und Ein-laufen, das erste bey gutem Wetter und Wind, das letzte im Sturm und zum Ueberwintern, sehr beqvem finde. So viel ich noch übersehe, ist es die höchste Zeit für meinen Bruder gewesen aus seiner Lage zu kommen – und je länger es gewährt, wäre für Sie gleichfalls nachtheiliger geworden. Wir können also alle zufrieden mit der Göttlichen Schickung seyn, die sich zu rechter Zeit über alles dasjenige legitimiren wird, was uns noch jetzt
    ungleich
vorkomt. Meinem Bruder ist angerathen worden hier Runde zu gehen und sich den Hohenpriestern zu zeigen. Ob es geschehen wird, weiß nicht, er scheint sehr willig dazu zu seyn. Zeit wird mehr lehren. Seine Rigische Candidatur wird ihn hier wenig helfen, anderer Folgen zu geschweigen. So weit sind wir jetzt. Ich bin bey alle dem gutes Muths und kehre mich an nichts. Wenn der Himmel fällt, so wird er uns zwar decken, aber nicht schrecken. Hiemit schliest mein dichterischer Kiel, und hängt noch eine Umarmung für Sie, und Ihre liebe Frau an. Gott seegne Ihr ganzes Haus. Ich ersterbe Ihr treuer Freund und Diener.Hamann. Grüßen Sie den Grillenfänger Baßa. Ich will ihm schreiben, so bald ich einen Rausch haben werde, und kurz seyn muß, weil ich mein Waßer nicht werde halten können. Johann Gotthelf Lindner notiert auf Hamanns Brief zu HKB 196 (II 48/28): Den Vater dort oben den wollen wir loben. Ich wünsche Ges. u. Kraft daß sie sich damit sättigen. Er lasse alles wohlgelingen. Ich sollte sie bey Wort. Mein Umgang Es wird Bruder mehr daß er Sie stets um sich hat. Gott Fürsprecher. Athen. bey mir Schuckford. D. ging mit unüberwindl. Trieb f. mit Handvoll wird gehalten. Des Witzes Gott liebt manche Seelen kahl an Leibe .
Königsberg den 21. Nov: 1760. Herzlich geliebtester Freund, Beylage ist einen Posttag länger geblieben als ich dachte. Es ist mir aber nicht gemeldet worden, daß es die gröste Eil damit hätte. Weil ich meine Arbeiten heute frühe zu Ende gebracht, so will ich mich jetzt an einem Briefe mit Ihnen erholen. Mein Bruder braucht den Seidlitzer Brunnen. Gott laße denselben anschlagen. Ich fürchte mich, daß mir die Haut schaudert, wenn ich an die Arbeit denke, die ich noch mit ihm haben werde, ehe er in Ordnung kommen wird. Gott mag helfen; bin schon im Begrif gewesen aus meines Vaters Hause auszuziehen, und einen Versuch auf meine eigene Hand zu machen, welches nicht hat geschehen sollen, und womit ich zufrieden bin. Habe schon manchen Ritt wagen, und manchen braven Stoß aushalten müßen – – Sapienti sat. Der Fortgang meiner Arbeiten, die Gesundheit und das fröhliche Herz, das mir Gott schenkt versüßet alle diese Kleinigkeiten. Schultens Grammatik habe mit viel Leichtigkeit durchlesen können, und ist ein eben so angenehm, deutlich als gründlich Buch. Weil es als ein Collegium über Alting anzusehen; so war es ein glückl. Zufall, daß ich deßen Institutiones aus Kurland mitgebracht. Mit Schultens Originibus und Simonis Arcano formarum bin gleichfalls fertig geworden, und habe mir heute wieder eine Ladung von Prof. Kypke zu Hause gebracht. Das arabische würde mir sehr von der Hand gehen, wenn ich meiner Lust dazu den Zügel schießen laßen wollte. Ich treibe es aber bloß als eine Nebensache, und fahre recht gut dabey, weil diese Sprache so viel Zauberey als die Algebra hat. Ich hoffe jetzt bald mit Eintheilung meiner Arbeit im Gange zu seyn, und habe vier Tage in der Woche zum Ebräischen oder oriental. Mitwochs und Sonnabends aber zum Griechischen ausgesetzt, bisher die Fragmenta der lyrischen Dichter gelesen, diese Woche aber einen guten Zug schon wieder im Hippocrates thun können, in dem ich mehr finde als mir vorgestellt, und deßen Register mehr als seine Werke selbst von den theologischen Philologen scheinen gebraucht zu seyn. Wie es meinen Anmerkungen über die franz. Wortfügung gehen wird, weiß noch nicht. Ihr Schicksal möchte aber bald entschieden werden. Sie würden mir einen großen Gefallen thun, wenn Sie den österreichen? Popowitsch vom Meer einmal durchgehen und das Beste darinn mit wenig Worten ausziehen auch mir mittheilen möchten. Es ist mir ebensoviel an dem gelegen, was die
    Sprache
betrift, als wofern etwas Neues und gründliches darinn vom Meer gelehrt wird. Sollte es der Mühe lohnen, so möchte ihn wohl selbst zu haben wünschen, und Sie würden Ihr Exemplar leicht durch Kayser ersetzen können. Kann hier mit den Buchladen den Preis abrechnen. Falls aber nichts vorzügl. darinnen, ist mir ein
    Auszug lieber
als das Werk selbst. An Athenäus denken Sie doch, wo der hingekommen aus der Kinderschen Auction, und melden mir etwas davon. Meine Engl. Bücher und das übrige, so für mich ist, denke auf der Jgfr. Degnerinn Stube zu verlegen, wo die ganze eine Seite mit meiner Bibliothek wills Gott bekleidet werden soll. Ich ersuche Sie nochmals, Liebster Freund, falls Ihnen etwas für mich aufstoßen sollte, an mir zu denken. Für Platons Werke im Griechischen, näml. eine gute Ausgabe davon, möchte hier verlegen seyn. Heute habe Gelegenheit gehabt die Sprache kennen zu lernen, in der ich Ihnen aus Mitau ein paar kleine zu Venedig gedruckte Bücher mitbrachte. Es ist armenisch. Sollte der Alkoran oder sonst ein arabisch Buch unvermuthet bey Ihnen aufducken, so werden Sie meine Stelle vertreten. Beym Lichtanstecken sind immer einige Kapitel im N. T. meine erste Arbeit, womit ich jetzt Kypke Obseruationes und Krebs seine ex Josepho verbinde. Nehmen Sie mir es nicht übel, daß ich so weitläuftig über mein Tagewerk bin. Weil es mir immer am Sinn und am Herzen liegt, und jeden Tag wenigstens um einen Zoll weiter komme, so freue mich darüber, und als Freund werden Sie an meiner Freude Theil nehmen. Mein Bruder mag seine Kur erst überstehen, habe den Anfang mit ihm gemacht jeden Tag ein Kapitel im N. T. zu analysiren. Er hat aber weder Lust noch Muth dazu, ohngeachtet er sich schon anerbothen hat im Colleg. Frider. in Sprachen zu dociren. Ihre liebe Mama ist letzthin in der Stadt gewesen, und bey uns angesprochen, da ich eben nicht zu Hause war. Ich wollte Sie besuchen den Nachmittag, wuste aber nicht, daß sie aus ihrer vorigen Wohnung ausgezogen, und hatte nicht Zeit ihren jetzigen Aufenthalt zu erfragen. Mit Ihrer Unruhe habe herzlich Mitleiden, die ich mir aus einigen Kleinigkeiten vorstellen kann, die ich Gelegenheit gehabt von ohngefehr aufzufangen. Ihren HE. Schwager habe bey mir und HE. Buchholtz Gelegenheit gehabt zu sprechen. Es gehört eine besondere Klugheit mit dergl. Leuten umzugehen, und wenn man mit ihnen zu thun hat, so muß man sich entweder gefallen laßen von Ihnen hinters Licht geführt zu werden, oder schlau genung seyn sie in ihren eigenen Schlingen zu fangen. Was ich jetzt schreibe, bezieht sich auf ganz frische Erfahrungen, die ich gehabt habe, und worinn es mir geglückt, die vielleicht Vorspiele von größeren Auftritten seyn könnten, wenn mich Gott dazu beruffen hätte, der ich aber so gern entübrigt seyn möchte als mein Bruder seines Gesundbrunnens, weil sie dem Geschmack nicht angenehm sind. Abstracta initiis occultis,
    concreta
manifestationi congruunt,
sagt Bengel. Es wird finster, und die Coffeèstunde naht sich. Ich werde also auf heute hiermit schließen; und wo mir morgen noch was einfallen sollte, fortsetzen. Leben Sie wohl. den 22. Ich füge nichts mehr als unsere ergebenste Grüße an Sie, Ihre liebe Hälfte und sämtl. Haus. Vergeßen Sie nicht Ihren Freund und Diener. Hamann. den 22 Herzlich geliebtester Freund, Mein Brief war schon zugesiegelt, da ich jetzt Ihr letztes erhalte. Die Post ist 24 Stunden länger geblieben wegen des Sturmes. Bitte mir ins künftige die Gefälligkeit aus, wenn Sie an meinen Bruder schreiben, seinen Brief an mir nicht offen zu laßen, weil ich mich um nichts von seinen Angelegenheiten bekümmere noch davon etwas wißen will; noch weniger werden Sie Ihre Briefe an mich offen einlegen wenn es Ihnen Geliebtester Freund einfallen sollte an ihn selbst zu addressiren. Wegen Heraults bitte gleichfalls nicht
    ein Wort an HE. Agenten zu denken
. Ich brauche ihn nicht, verlange ihn nicht, habe auch kein Recht dazu. Für mitgetheilte Gelehrte Neuigkeiten bin ergebenst verbunden, enthalten Sie mir nichts wenn Sie etwas antreffen was meiner Aufmerksamkeit würdig seyn sollte. Ihr gütiges Anerbieten nehme gleichfalls an. An Baßa will noch nicht schreiben, weil ohne Gift und Galle nicht im stande seyn würde ihm zu antworten, und meine Züchtigung nach dem Grade der Liebe, die ich ihm schuldig bin, eingerichtet seyn würde, das ist, stark. Zwey von den Rigischen Studenten sind so höflich gewesen meinen Bruder zu besuchen. Der eine war Willemsen, den ich bat uns zu besuchen, welches aber nicht geschehen. Er gab mir sehr gute Nachricht von dem jungen Schultz, die ich Ihnen und dem Vater zur Freude zu melden versprochen; daß er sich ganz geändert und sehr fleißig seyn soll, woran ich herzl. Antheil nehme. Mein Bruder ist als ein Stock mit den Leuten, und wird sich um selbige so wenig bekümmern, als ich um malabarische Mißionarien. An Besuchen und Umgang ist nicht zu denken, an Achtung geben auf
    andere
so wenig
    als auf sich selbst
. Meine jetzige Situation, Arbeit und Jahreszeit erlauben mir auch nichts zu versprechen. Was ich von ungefehr hören werde, melde doch mit der Bedingung: relata refero. Lauson werde bey seinem ersten Besuch Notice geben. Ich freue mich, daß es mit Acoluth gutgeht. Gott gebe Ihnen einen muntern und treuen Schulmann und Gehülfen. Wenn ich nicht viel Trost in der Rücksicht auf das vergangene und in der Aussicht auf das künftige ziehen könnte, so würde mich das Gegenwärtige unterdrücken. Ich danke Gott und freue mich, daß er ein gut Vertrauen zu mir hat. Sollte Er nicht ein gleiches von meiner Seite verdienen? Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Ich arbeite mehr als sie alle – und ich kann alles durch den, der mich mächtig macht. – – Schenkt mir Gott nur diesen Winter Gesundheit und guten Fortgang, so denke meinem Ziel nahe, sehr nahe zu seyn und habe den Berg überstiegen. Sollte meine Abhandlung hier nicht durchkommen, so möchte selbige nach Petersburg schicken; durch Ihre Hand. An statt Heraults sorgen Sie lieber dafür. Ob Sie diesen oder einen andern Freund wählen, mögen Sie selbst beurtheilen. Ich will durchaus aber noch incognito seyn, und Sie müßen mich nicht angeben oder sich das geringste merken laßen, daß Sie ein Freund des Verfaßers sind. Sie ist eigentl. gegen den HE. von Moser gerichtet, deßen tummes Memorial in der Waldeckschen affaire mich noch mehr aufgebracht. Funck hat ein Programma über die Methode das Ius zu studiren NB in Danzig drucken laßen weil es hier nicht passiren wollen, welches man ihm auch übel nimmt. Eine Schulrede von den Verdiensten der Preußen und Liefl. soll hier gl.falls gedruckt seyn und Ihr Name auch darinn stehen. Lauson wird vor das letzte wenigstens sorgen. Wenn Sie Athenaeus entbehren wollen und können: so hat es bis zu einer recht guten und beqvemen Gelegenheit Zeit, auch in Jahr und Tag, und so lange Sie wollen. Haben Sie ihn aber nöthig, so verlange ihn nicht eher, als aus Ihrer Auction; denn ich denke Sie noch zu überleben, (wenn Sie es mir nicht übel nehmen wollen,) trotz allem dem Verdruß und der langen Weile die mich hier auf der Erde verfolgt. Mein Vater grüst Sie herzl. und zärtl. Mein Bruder ist – – – – Ich umarme Ihr ander Selbst und ersterbe Ihr treuer Freund Hamann.
Königsb: den 30. Christm. 1760. Geliebtester Feyertage Freund, Geseegnete Feyertage, denen es an keinem Guten fehlen möge; einen glückl. Ausgang und Eingang des Jahres zum voraus. Heyl und Friede ruhe auf Sie und Ihr Haus. Für mich ist dieser heil. Stillstand recht abgemeßen gewesen, und die Ruhe der vorigen Woche nebst der jetzigen hat mich zugleich fühlen laßen, daß ich müde geworden, und nicht länger hätte aushalten können. Mein Gemüth hat dem Leibe gewaltige Erschütterungen gegeben, die Gott Lob! erwünscht überstanden, deren Folgen ich gedultig abwarte und neue Kräfte zu neuen Arbeiten hoffe. Sie sind noch der einzige meiner Freunde, der an mich denkt. Ich danke Ihnen herzl. dafür. Für mitgetheilten Auszug des Pop. gleichfalls, den noch nicht lesen können, weil mir die Bleiche der Dinte pp Mühe macht. Sie haben die Ihrige weiter ausgedehnt, als es meine Absicht gewesen. Von dem kritischen Wust bin ich kein Liebhaber. Komm ich mit meiner Erinnerung nicht zu spät, so bitte mit schwarzer Dinte nur diejenige Anmerkungen, die Sie im Lesen frappiren, aufzusetzen: Ob es der Mühe lohnen möchte Sie selbst inskünftige zu beschweren mir dies Buch zu
    verschreiben
, werde nach Uebersetzung des Auszuges beurtheilen und in allem Fall Sie um diesen Freundschaftsdienst bey Gelegenheit ersuchen. Ich habe mich gestern in Gesellschaft meines Vaters zur Ader gelaßen. Mein Blut sieht gut, aber zu nahrhaft aus und hat diesmal zu wenig Waßer gesetzt. Ich habe nur vor wenig Wochen dies Hülfsmittel gebraucht. Meine Ausgabe von Hippocrates ist von Anutio Foesio ein starker Foliant mit einem Lexicon hinten, das den Titel hat: Oeconomia Hipp. Alphabeti serie distincta. Geneu. 1657. Ich bin mit diesem Autor frühe genung vor dem Fest fertig geworden und Aristoteles soll wills Gott an der Reyhen, deßen Opera nach Casaub. Ausgabe wiewohl ohne Titelblatt kürzl. für 31 gl. bekommen. Das Medicinische habe so flüchtig als mögl. überlaufen. Erotianus hat die Werke Hip. in 8 Abschnitte eingetheilt. Der erste enthält einige Einleitungsschriften: Iusiurandum, legem, de arte, de prisca Medicina, de Medico, de Decoro Medici, Praeceptiones. Sectio II. τα σεμειωτικα III. τα φυσικα και αιτιολογικα IV. τα διαιτικα V. τα θεραπευτικα. VI. τα χειρουργουμενα. In diesem Abschnitt ist die erste Abhandlung κατ’ιητρειον de officina Medici ein vorzügl. Stück und würde Ihrem jungen Fossardier sehr zu empfehlen seyn. Die Sprache darinn ist sehr stark und von philosophischen Tiefsinn, ohngefehr wie Diderots Artickel über das Stricken pp. So weit geht der erste Theil. Im 2 sind der 7 Abschnitt τα επιμικτα, wohin seine Bücher von epidemischen Krankheiten und se. Aphorismi gerechnet werden. Sectio VIII. hält εξωτικα in sich, die in einigen Briefen pp bestehen. Der in denselben befindliche Roman des Democritus wird ihnen bekannt seyn und hat mir sehr gefallen, verdiente einen geschickten Uebersetzer. Der Verfaßer mag seyn wer er will, so ist er ein St. Mard seiner Zeit und ein feiner Sophist gewesen. Das erste Muster zugl. eines Romans in Briefen. Zuerst ist ein das Schreiben des Gemeinen Wesens zu Abdera, wodurch Hippocrates eingeladen wird zur Kur des Democritus. Eine Antwort des Artztes. Ein Brief an Philopoemen, bey dem er sein Qvartier bestellt, und seine Meynung im Vertrauen über die Krankheit ss Mitbürgers entdeckt. Hierauf ein Brief an Dionysius, den er einladet seine Stelle zu Hause zu vertreten und ihm zugl. die Aufsicht über die Lebensart sr Frau empfiehlt; an Damaget ein anderer, den er um ein Schiff zu seiner Reise bittet. Ein sehr allerliebster Brief an Philopoemen, wo er einen Traum erzählt, aus dem er eine gute Deutung von seiner Cur an Democr. ziehet; ein anderer an Kraten, einen großen Botanicker, wo er einige Kräuter und Wurzeln bestellt, falls er selbige nöthig haben sollte an se. Patienten. Ein weitläuftiger Bericht endl. an Damaget, wie er seinen Patienten angetroffen, von den Abderiten aufgenommen, und der sehr moralischen Unterredung die er mit ihm gehalten; voller starken Züge, die eines van Effen und Addisons nicht unwerth sind. Der kleine Briefwechsel zwischen Dem. v. Hippoc. ist nichtswürdig. Ein klein Stück des Democritus de Natura humana hat einige feine Stellen, und ist der kleinen Anatomie die Cicero in sm. Werk vom Menschen macht, an die Seite zu setzen. Melden Sie mir doch, wenn Sie einige Nachrichten davon einziehen können, ob diese Briefe irgend im französischen oder deutschen übersetzt sind. Sie wären es werth, es müste aber eine freye seyn wie Aristänet im Spect. erschienen. Diese Ausgabe ist sehr vollständig, was Text und Lesarten anbetrift, aber für Liebhaber des Handwerks und Freunde eines ächten Alterthums schlecht gerathen; indem offenbar viel untergeschobene Stücke und Strund unter Hippocrates Namen wie unter Aristoteles der Welt empfohlen worden. Man sollte wenigstens alles ungerathene für untergeschoben halten, wiewohl Hippocrates Schreibart ihr Gepräge hat, das sie zieml. kenntlich macht. Ein bloßer Philolog würde mit dieser Arbeit nicht fortkommen und Triller hätte sich damit eher die Zeit vertreiben können als mit seinen Fabeln. Doch vielleicht zu viel hievon. Voltairens Verse denke selbst bald genung zu erhalten, ich will sie also mit einem Auszug davon verschonen. Seine Uebersetzung von Hunsens Coffeehaus hat mir eine angenehme halbe Stunde gemacht. Ich wünschte das Engl. lieber. Beyliegende Kleinigkeiten mögen Ihnen willkommen seyn. Sie können selbige sicher verschenken, weil Ihnen ein ander Exemplar zugedacht habe mit erster Gelegenheit da Ihnen etwas übermacht werden soll. Wegen der Note mußte selbst zum K. gehen, der sich Ihrer erinnerte, und mir wieder Hoffen das Imprimatur gütigst ertheilte. Des Athenaeus wegen leben Sie unbekümmert. Es hat noch Zeit, eh ich ihn erreiche, und ob mir die Zeit wird gegeben werden, weiß Gott. Sie wißen, daß ich Muth habe einen
    freyen
Scherz zu wagen, und bisweilen auch das Glück einen
    feinen
zu
    verlieren
. Endlich in Schultens Hiob, wo ich das 10 Kap. vor die Feyertage zu Ende gebracht. Meine Gemüthsverfassung ist vielleicht ein beßerer Schlüssel und Commentator als das Arabische; das ich künftige Woche mit neuen Eyfer so Gott will anzufangen und fortzusetzen gedenke. Ein ehrl. Mönch Guadagnoli und ein arabischer Grammatikus, der Erpen übersetzt und herausgegeben versprechen mir viel; den ersten kenne schon halb. Alles übrige was ich gelesen, der neueste Koppenhager Kalle, Clodius, Reime cet. sind bloße Nachbeter des Erpen – Daß Schultens demselben gefolgt, wundert mich; zu seiner Absicht wäre es beßer gewesen eine andere Grammatik zum Grunde gelegt zu haben. Doch dies sind noch Reveries philologiques, von denen ich rede. Zeit und Glück werden mehr lehren, und Glauben in Schauen verwandeln, δοξην in επιστημην wie Hippocrates distinguirt. HE Lauson läst Sie herzl. bitten grüßen, hat heute etwas für Sie hergebracht und bittet um einen kleinen Rigischen Almanach de anno 1761. par occasion favorable. Er ist noch mein treuer Socius, der mich zuweilen sehen und aufmuntern kommt. Bey Lesung der Schultenschen Werke habe Simonis Lexicon immer verglichen, und den Werth dieses Buchs dadurch mehr schätzen gelernt. Falls Sie selbiges, Liebster Freund nicht haben, so erlauben Sie mir, daß ich es Ihnen nochmals als das nützlichste brauchbarste Handbuch in Ihre Bibliothek empfehlen kann. Wollen Sie, so werde es hier im Buchladen für Sie auslegen laßen. Was Sie meinem Bruder committiren, davon weiß nichts, werde mich auch nicht darum bekümmern. Bitte Sie aber sehr, falls er seiner Pflicht vergißt ihn so viel mögl. dazu anzuhalten und die Ermangel. deßelben mir nicht zur Last zu legen. Sapienti sat. Ich arbeite
    alleine
– – Keiner der mir mit seinen Einsichten, Urtheil oder wenigstens Geschmak zu Hülfe kommt. Sie können leicht denken, wie verlegen mich dies öfters macht. Aber auch von der andern Seite desto mehr Vortheile; und der Lohn meiner Mühe wird desto reicher seyn am Ziel meiner Laufbahn. Hier wird eine Wochenschrift Karoline herauskommen, deren Verfaßer schon zum voraus bekannt ist, nichts aber verspricht. Vielleicht brauche ich diesen Kanal, oder diesen Rinnstein vielmehr, um etwas durchschlüpfen zu laßen; denn für das Intelligentz
    Werk
hier schlüße ich mit dem: Ohe iam satis est. Heute habe die Nachricht erhalten, daß die Kgl. alumni oder Stipendiaten, die nicht im stande sind einen actum zu bestreiten mit einer Abhandl. darinn davonkommen sollen. Denn würde es den Namen einer
    milden Stiftung
im eigentl. Verstande verdienen, den ich ihm vor einigen Wochen im Geist schon gegeben habe. Ich schlüße, womit ich angefangen habe, unter Anwünschung alles ersprießl. Wohlergehens, grüße herzl. Ihre liebe Hälfte, umarme Sie beyderseits und ersterbe Ihr aufrichtig ergebener Freund. Hamann. Mein Vater empfiehlt sich gleichfalls Ihrem freundschaftl. Andenken mit dem Wunsch. den 31 Dec. 1760. Ich habe gestern noch für die lange Weile den Precis de l’Eccl. et du Cantique gelesen, und nichts darinn gefunden, ohngeachtet mir mit ein paar guten Zeilen zum Motto wenigstens wären gedient gewesen. Haben Sie schon Lardners vier Reden von den Beseßenen, die Caßel übersetzt. Dieser Caßel wählt selten ein gut Buch und ist noch unter Windheim. An Jortins Anmerkungen über die Kirchengeschichte hat er ein eben so entbehrl. Werk geliefert. Lardner möchte wohl für Sie seyn. Ich schlüße propter fugam vacui mit einem Verschen: Laß ferner Dich erbitten o Vater! und bleib mitten in unserm Kreutz und Leiden ein
    Brunnen
unsrer
    Freuden
. Gib mir und allen denen, die sich von Herzen sehnen, Nach Dir und Deiner Hulde, ein Herz, das sich gedulde. – – Und endl. was das Meiste, Füll uns mit Deinem Geiste pp. Meinen Kußhand an die Frau Gemalin. Eine Neujahrshöflichkeit an alle gute Freunde, die es nicht der Mühe werth halten sich meiner zu erinnern, worunter Herr George Baßa ggl. obenan steht.
Monsieur, Il est vrai Monsieur, Votre boete de Pandore me met dans mon tort, je Vous defie pourtant de me quereller au sujet de mon silence apres les excuses, que Vous m’avez fait sur le Votre; l’amitié de laquelle Vous m’honorez m’est trop precieuse, pour en chercher des autres. Je Vous dirai en ami qui se plaint de ses malheurs, que j’ai eté malade. Je fis le voyage pour Goldingen il y a trois semaines et ce n’est que depuis ce tems que je me trouve mieux, si je n’y puis pas reussir tout a fait, je me console avec Votre: Courage mon Cœur le printems va venir. Votre Boete vuidée je ne sçai ce que je Vous dois dire a l’occasion du nouvel an; au moins Monsieur vivez heureux et contant; je l’espere parceque Vous en savez le moyen. Je Vous suis très obligé des livres, que Vous m’avez envoyé, mais je Vous prie très instamment, d’en dire le prix a M. Daentler, qui le payera. Sans cela guerre declarée. S’il y a occasion d’acheter la Bibliotheque de Gesner, Vous me ferez beaucoup de Plaisir par l’acquisition de ce livre. Ma femme Vous fait ses complimens; elle est accouchée depuis 10 semaines d’un garçon, qui se port bien. Je vous prie Monsieur, de saluer de ma part Votre Veillard aimable aussi bien que Monsieur Votre frère, et d’agreer les sentimens de la plus parfaite estime et de tendresse, avec lesquelles je serai toujours Monsieur à Mitavie Votre tres humble et ce 15 de Janviertres obeissant serviteur 1761.Chr. Ant. Tottien J’ai lu avec plaisir vos traits sitiriques, et je Vous remercie de me les avoir envoyé; il me semble pourtant, que Vous deviez faire Votre paix avec ce Mr. M. Königsberg den 17 Jänner 1761. Herzlich geliebtester Freund HE Not. Wilhelmi schickte heute einen Brief an die Frau Consistorial Räthin, der bey ihr abzugeben gewesen, und so bald als mögl. befördert werden soll. Weil die Gelegenheiten in Kneiphof einkehren, so werden wir uns lieber darnach erkundigen laßen. Vor Bestellung gegen beyderseitiger Briefe ist jederzeit von mir aufs genaueste gesorgt worden. Einlage sollte schon vorige Post abgehen, ich habe aber an zwey Beyspielen an einem Tage gesehen, wie Dinge zurück gehen, die man sich noch so fest vornimmt, und wie gut ein Verzug ist. Der Mensch ist weder Herr von der Zeit noch von dem Weg, den und wenn er ihn gehen soll. Es hat mir anständig geschienen von unserm Intelligenzwerk auf eine solenne Art Abschied zu nehmen: Weil man sich eingebildet, daß ich vielleicht Entrepreneur davon werden könnte, wenn ich Lust hätte fortzufahren. Meine Feder weiß aber aufzuhören, und würde keinen Versuch anfangen, ohne das Ende vorher absehen und bestimmen zu können. Ich nehme mir die Freyheit, Geliebtester Freund, Ihnen zwey Exemplarien dieser Kleinigkeit beyzulegen, das eine für Sie selbst; dasem zweyten, wo eine kleine Zueignungsschrift von einer Zeile befindlich werden Sie die Liebe für mich haben, wenn es mögl. auf dem Nachttisch eines ledigen Frauenzimmers, die meine Wirthin in Riga gewesen, eine Stelle zu erschleichen, wenn Sie vorher ein Couvert mit
    schwarzem
Lack gesiegelt, ohne Aufschrift, darüber gemacht haben. Ich hoffe nicht, daß Sie sich ein Gewißen oder eine Schande daraus machen werden einem guten Freunde zu Gefallen den Unterhändler einer kleinen Autorgalanterie abzugeben. Ihnen wird eben so viel als mir an der Aufnahme derselben gelegen seyn. Man mag wie Michal oder wie Abigail davon urtheilen, so geht
    uns beyde
die Sache nicht weiter an. So viel unter uns; ohne daß ein dritter daran Theil nehmen darf. Die Arbeit selbst ist den
    monströsen Zeichnungen
gleich, von denen Sie wißen werden, daß selbige ihr ein verhältnismäßig Gesicht durch einen glänzenden Kegel erhalten, in dem man sie sehen muß, wenn man sie erklären will. Meine Arbeiten habe Gott Lob! diese Woche mit dem Evangelio vom 12jährigen Knaben angefangen und gestern den ersten Theil des Schultens über 20 Kap. des Hiobs beschloßen. Ich eile um mit diesem Buch fertig zu werden. Seine Weitläuftigkeit, womit er alle Ausleger zergliedert ist einem Qvalm ähnlich, wodurch Hiobs Gestalt verdunkelt wird und der Leser einer gleichen Prüfung der Gedult mit diesem Helden ausgesetzt wird – – und also auch
    Schultens
ein leidiger Tröster für Leser, die mehr als den Buchstaben sehen und sehen wollen. Unter allen Schriften dieses Mannes ist keine einzige die mir gefallen hat als seine Grammatik, und die auch würklich als ein Meisterstück dieses Mannes so wohl als in diesem Fach anzusehen. Warum ihm dies Buch so gerathen, vermuthe ich immer zur Ursache, weil er in demselben am Faden Altings gehen müßen. Mit der Eintheilung meiner Stunden bin sehr zufrieden. Des Morgens eine Parasche und das arabische darauf. Nachmittags Hiob und das N. T. womit immer mein Tagwerk beschlüße. Mittwochs und Sonnabens zur Fortsetzung des Griechischen. Ich freue mich nur, daß ich wieder im Gang bin, und hoffe mit Ostern noch eine gute Länge hinter mir zu haben. Ihr Brief an die GeEhrte Mama ist schon bestellt, weil zu HErrn von Aaken schickte, und Gelegenheit da ist, die in einer Stunde abgehen wird. Ich habe daher um Ihren Brief ein Couvert gemacht und selbigen fortgeschickt. Auf die Woche wird der alte Wagner, (mit dem ich nichts mehr zu thun habe, ungeachtet er meinen Vater noch des Abends ein oder zweymal die Woche besucht) Sachen an Ihnen abschicken, wo ich Lausons Beytrag beylegen werde, auch ein Paar die ich für Sie aufgehoben. X. Y. Z. ist hier fiscalisch gemacht und vom jungen Zülcher auf die Waltsonsche Hochzeit. Ihre HE Brüder vergeßen mich ganz. An HE Doctor geschrieben. Ich möchte gern wißen
    ob des HE. Fiscals Peltz gesund
angekommen. Fragen
    Sie doch den HE Doctor darum
und
    melden es mir
. Der Ihrige ist richtig abgegeben worden mit der Küßenbüre an die Mama. Mein Vater ist an einem Flußfieber und Schnuppen ein paar Tage unpäßlich gewesen und muß jetzt wieder mit einem kleinen Geschwür an der Lippe das Haus hüten; befindet sich sonst Gott Lob! ziemlich munter und wohl nach seinem Alter. Gott erhalte ihn. Er grüst Sie und Ihr werthes Haus aufs herzlichste. Ich umarme Sie gleichfalls und Ihre liebe Hälfte und ersterbe Ihr treuer Freund.Hamann. Wir haben Hofnung HE. Keber aus Gerdauen als Diaconus in Kneiphof hier zu bekommen ist wenigstens mit Grohnert und Weber auf der Wahl. Leben Sie wohl und grüßen Baßa, der mir zu Pfingsten, ein Neujahr wünschen soll. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Über HKB 200 (II 58/27) „Kegel“: Cylinder Zu HKB 200 (II 58/28): Je mehr man sieht je häsl. Zu HKB 200 (II 59/30): schicken mir Pechküchlein. Schwelgerey des Witzes. Engl. Dogge Capriolen und… ist gar zu nahrhaft.
Königsberg. den 7 Februar 1761. Par Dieu! point de permission, s’il Vous plait, Monsieur! die kleine Dedications-Zeile abzuschneiden und das verbannte Exemplar einem andern anzubinden. Wißen Sie nicht, Liebster Freund, daß man nicht seines Nächsten Gut begehren soll? Ich umarme Sie für Ihre gütige Nachricht, und verharre, des Reims wegen, wie ein Narre, bey meinen Sentimens: Je prefere le depit à l’oubli. Meynen Sie, daß meine Muse ein siebenjährig Kind ist, die nichts als lesen gelernt hat, sondern d sie versteht auch, was sie liest. Verzeyhen Sie es mir, daß ich diesen blinden Streich durch Sie habe ausführen müßen. Ich ersuche sie um nichts mehr als die einzige Freundschaft das Exemplar aufs beste zu ihrer
    Niederlage
zu machen, für die Sie michr
    gut stehen
müßen. Und diese Kleinigkeit ist mir so wichtig, daß ich ausdrücklich deswegen heute an Sie schreibe, woran ich sonst in Monaths Frist nicht würde haben denken können. Ihrem Herren Bruder gönne ich es nicht sich mit s meinen Papieren lustig zu machen; er hat edlern Zeitvertreib als an mich zu denken. Dem meinigen habe Ihre Nachrichten zweymal vorgelesen; ob er sie behalten wird, weiß nicht. Er hat gestern 2 Aderlaßlöcher im Arm bekommen, aber wollte kein Blut heraus. Heute soll er den Fuß hergeben. Feine Gefäße, die der hypochondrische Krampf noch enger macht, in denen die Säfte coagulirt wo nicht petrificirt sind. So beurtheile ich seinen Körper. Zum Saufen und zum Laufen ist er nicht zu bringen. Süßer Thee mit Schmant dient nicht zur Verdünnung und ist sein liebstes Getränk. Danken Sie Gott
    Ihrer selbst
und
    seinetwegen
, daß ich die Bande zerhauen. Er fängt jetzt an zu arbeiten, im
    Geschmack
seiner
    Kindheit
, woraus ich einige Hofnung schöpfe. Er bemahlt seine hebräische Bibel und fängt bey den Psalmen an; wie er die Buchstaben nachzog und Bücher verdarb, als er in der Schreibschule gieng und sein Praeceptor klagte, daß er nichts lernte. Weil ich
    Beständigkeit
und
    Treue
in dieser Arbeit sehe; so gefällt sie mir. Sonst ist sie nichts werth und der stockende Fleiß zu seinem Schaden. Er sitzt wie ein Galeerengefangener dabey.
    Gedult
ist die einzige Artzeney; und die giebt mir Gott so
    reichlich
als Eyfer. Die Liebe brennt, die Klugheit ist kalt. Man muß ein Genie seyn, um den Krieg der Elemente in der kleinen Welt zu ihrer Erhaltung regieren zu können. Der Glaube ist aber nicht jedermanns Ding. Noch eine große Bitte habe ich an Sie Liebster Freund, die Sie mir nicht abschlagen werden, weil ich Recht dazu habe. Um das kleine
    Pechkügelchen
, davon sie mir den Typum geschickt haben. Wenn es auch noch schwärzer aussehen sollte, als es Ihnen vorzukommen scheint. Nun Sie werden mir auch
    diese
Bitte nicht abschlagen. Ich habe es zu meinen Zauberkünsten unumgängl. nöthig; und will einen Talisman daraus machen. Wegen der Bestellung ihrer Briefe bin allemal so genau, als es mögl. und es beruhte auf ihr
    Vertrauen
, daß Sie niemanden mit einer Einlage oder sich selbst vielmehr damit beschweren dürfen. Die beyden letzten haben aber lange auf Gelegenheit wegen schlimmen Weges warten müßen. Ich wünsche Ihrer Sache eine glückliche Entscheidung und bedaure herzl. Ihre liebe Mama. Des Pelzes wegen halten Sie sich nicht nur an den HE Doctor. HE Fiscal und P. Ruprecht haben mir geschrieben, aber nicht daran gedacht. Daß er angekommen ist, hoffe ich wohl, aber wie? muß uns schon allen gefallen. Dies ist nur eine Gelegentl. Nachricht. Sie erhalten mit Fuhrmann Reiß, wo ich nicht irre, ein Paquet. Chladenius ist theuer aber des Geldes werth. Einfälle und Begebenheit sehr zeitvertreibend und angenehm hin und wieder. Das übrige habe auf gut Glück genommen. Werde jetzt eine Zeit lang wieder
    anhalten
. Ich hatte eine weitläuftige Beantwortung ihrer Kritik angefangen, sie ist aber mitten im Lauf unterbrochen worden durch eine Arbeit, die mir jetzt im Wege liegt. Schreiben Sie mir liebster Freund! so oft wie Sie können. Biß Ostern bitte mir aber eine Nachsicht in Antworten aus, als auf den höchsten
    Nothfall
. Die Anpreisung der Sokr. Denk. habe in den Briefen der N. L. gelesen. Die Vergleichung der Winkelmannschen Schreibart ist der schmeichelhafteste Zug für mich. Die seichte Kritik einiger Stellen macht die Zuverläßigkeit der Anpreisung sehr verdächtig. Als ein Antidot preise Ihnen das LVII. Stück der Hamburgischen Nachrichten aus dem Reich der Gelehrsamkeit an vom vorigen Jahr. Können Sie es nicht in Riga bekommen, so werde die Copie davon mit beqvemer Gelegenheit überschicken. Ich habe Hofnung dieser Jubilate Meße gleichfalls beyzuwohnen, aber incognito. Die Anstalten zur Reise sollen so heiml. als mögl. gehalten werden. Heben Sie ja das Exemplar mit der kleinen Dedicationszeile gut auf. Ich verlaße mich hierinn auf Ihre Freundschaft und umarme Sie und Ihre liebe Hälfte, nach herzl. Grüßen von meinem Alten Vater pp an Ihr ganzes Haus verbleibe Ihr ergebenster Freund und Diener Hamann.
Königsberg. den 7 März 1761. Herzlich geliebtester Freund, Ich danke Ihnen auf das zärtlichste für Ihre zweymalige Zuschrift – jetzt habe Luft um Ostern recht ruhig halten zu können. Den logischen Theil von Aristoteles Werken habe schon geschloßen; den Pentateuchum komme auch mit aller Gemächlichkeit wills Gott zu Ende – und Ruhe ist mir zu gönnen. Diese Woche erhielt aus Lübeck ein gleich klein Pack mit der adresse selbiges zu vertheilen vom
    Verleger
der
    Wolken
, der ein eben so großer Windbeutel seyn muß als ihr Autor. Sie meldeten mir gestern daß Popowitsch die
    Römer
dafür erklärt hatte und wenn Ihre die Rigische Meteoroscopie mit unserer übereinkommt: so wird es an Klagen über Wind in diesem Jahr nicht fehlen. Der Verleger meldet, daß der Anonymus im Contract mit ihm abgemacht an alle gelehrte Zeitungsschreiber in Deutschland und an alle seine gute Freunde in Europa ein Exemplar gratis zu übersenden. Auf der Liste stand auch der Name des HErrn I. C. Berens in St. Petersburg zum Hochzeitgeschenk. Sie werden also, Liebster Freund! die Freundschaft für mich haben durch eine unbekannte Hand auf beyliegendes die Addresse machen zu laßen, und es auf der Post abgeben zu laßen, ohne daß er weiß weder von Ihrem noch meinem Antheil daran. Die
    Hand Joabs
in dem Mährchen der Frau von Thekoa wird einem Kenner nicht unsichtbar bleiben. Ich bitte es auf der Post zu bestellen, weil ich glaube, daß
    gedruckte Sachen
    nur
    halb Porto gleichfalls dorthin zahlen
, und daß von Riga dorthin ohne
    Entgeld
Briefe angenommen werden, auch wie ich denke, das Porto nicht
    zu viel
ausmachen wird. Irre ich in diesen 3 Puncten: so überlaße es einer anderweitigen Besorgung, wünschte mir aber mit ehsten Nachricht davon aus, wie auch, was Sie
    für gegenwärtigen Brief an Porto geben müßen
. Bey der Abrede bleibt es, liebster Freund, daß Ihr Herr Bruder das Exemplar zurück schaffen muß, wie Sie mir versprochen, als eine Niederlage bey Ihnen. Das
    rothe Bändchen
ist am rechten Ort hingekommen ich meyne die Etrennes; die beygelegten Exemplarien waren zu Ihrer Disposition, wie Ihnen welche versprochen habe. So weit sind wir richtig. In Ihrem Exemplar der Wolken werden Sie zwey Blätter finden, die mit warmer Faust geschrieben worden und eine Antwort sind auf Ihre Kritik der 2 letzten Stück im Intelligenz. Sie werden selbige
    bey Gelegenheit
– mit
    ein wenig Muße
lesen. Ich wollte sie gar nicht schicken, habe sie aber doch vorgesucht, um Ihre Urtheile ein wenig zu
    rectificiren
. Die Freyheit werden Sie mir nicht übel nehmen. Sie gewinnen selbst dabey, wenn ich von meiner Seite verliere, oder auch in Ihrer guten Meynung verlieren sollte. Falls Ihnen daran gelegen, so haben Sie Gelegenheit mir tiefer in die Karte als andere zu sehen. Werd ich in Ihren Urtheilen mehr
    Richtigkeit
absehen: so werden sie mir brauchbarer, schätzbarer, nützlicher seyn können, als vor der Hand. Sie sehen, daß ich alles anwende, was
    für
und
    wieder
mich ist. Die Irrthümer anderer helfen mir, wenn jenen Wahrheiten nachtheilich sind. Dem Reinen ist alles rein. Ich will bloß
    verstanden
, bloß
    gehört
seyn: Am Recht
    haben
ist mir so viel als am
    kahlen Lob
gelegen. Beydes findet sich am beym Auskehr zeitig genung. Sie haben die Briefe der neusten Gelehrsamkeit gelesen, und werden also mehr verstehen, als denen die Anpreisung darinn fremde ist. Von den
    Memoires
ist der Schritt zum
    Drama
gewesen; das ist von der
    Historie
zur
    Poesie:
ob ich den letzten und steilsten zur
    Philosophie
des Sokrates wagen werde, mag die Zeit lehren. Fuhrmann Kruse bringt von hier die Frau Regimentsfeldscher Lauen mit, die ihren Mann im Schiffbruch verloren. Sie geht nach Petersb. hat einige Collectanea Lauson. und einen offen Brieflatt an die Fr. Magisterinn mit. Wenn sie im stande ist dieser jungen artigen
    Wittwe
womit zu dienen: so wünsch ich ihr, dafür ein alt Groß
    mütterchen
zu werden. HE Mag. Siebert ist Bräutigam mit des Hattensee Schwestertochter. HE. Conr. Saeman mit D. Cretlau Tochter. HE. Diac. Engelschmidt ist tod. Nicht Keber sondern Grohnert ist Diac. im Kneiphof geworden, wird Palmarum introducirt. Charfreytag predigt mein Bruder die Mette. Morgen ist Judica; bey ihnen komt er 5 Wochen später. Ihre Erinnerung in Ansehung der Bücher werde folgen. Die letzten wurden auf den
    Stutz
von mir zusammengeraft. Pierre le Grand hat Zeise beygelegt. Continuiren Sie mir ein Verzeichnis alles Neuen, das Sie erhalten. Ich werde mich darnach richten können. Candide gestern deutsch gelesen. Haben Sie schon die neue Übersetzung von Anakreons und Sappho Oden? Bengels Gnomon ist ein Originalbuch, das ich entbehren kann, weil ich ihn zieml. ausgezogen. Sie müßen seine Qvartausgabe vom N. T. mit dabey haben, die Ihnen eben so zu wünschen ist als mir die
    kleine
Genüge thut. Für Ihre Bibliothek ist die Qvart beßer und nöthiger. Mein alter Vater grüßt Sie herzlich und Ihre Frau Liebste. Mein Bruder wird nächstens schreiben. Vergeßen Sie mich nicht, ich umarme Sie herzlich und ersterbe Ihr treuster Freund und Diener. Hamann. Bury hat Bengels Titel aber nicht seinen Geist stehlen können. den 23 Jänner 1761. Bei Gelegenheit zu überlesen. Quod scripsi, scripsi. Was ich geschrieben hab, das decke zu. Was ich noch schreiben soll, regiere Du. So sehr ich auch die
    Dauer
meiner Schriften wünschen würde, wenn ein Autornahme mir wichtig genung schiene: so schwebt mir doch das memento mori bey allen
    Ahndungen der Unsterblichkeit
vor Augen. An statt es Ihnen übel zu nehmen, liebster Freund, wenn Sie
    rein heraus
reden so danke Ihnen dafür. Da Sie sich aber hinter so viel Feigenblätter verstecken, und bald eines leipziger Aristarchen Kernwort, bald eines deutschfranzösischen jungen Herrn bon mot – – bald
    armseeliger Schälke
, wie Sie sie nennen, unbarmherzige Randgloßen zu Hülfe nehmen, um Ihre Empfindungen rein herauszusagen: so sehe mich gleichfalls genöthig, mich Ihnen zu Gefallen aller dieser Fechterkünste zu bedienen, und bald mit meinem Freund in einem Ton zu reden, als wenn ich einen kritischen Gottsched, einen gewißen anonymum vom Freund – oder was mir am meisten leid thut einen von den armseeligen Schälken vor mir hätte, die über ihre Freude an einem Lustfeuer um Nasentuch, Hut und Perücke kommen. Daß Sie mich nach ihren
    Empfindungen
richten, daß sehe ich, und habe lange gewust. Daß unsere Empfindungen den Eindruck äußerl. Gegenstände verdunkeln, unsere Aufmerksamkeit schwächen und unser Urtheil verfälschen, wißen Sie selbst. Ehe unsere Empfindungen Richter seyn sollen, müßen Sie vorher einer sehr großen Prüfung unterworfen werden. Halten Sie diese aus, so verdienen sie zu
    herrschen
, und
    Gedanken
, die
    wie Engel aussehen
, müßen
    ihre Gerichtsbarkeit
erkennen. Die Empfindungen, mit denen wir das kleinste Urtheil abwiegen, zu sichten ist aber ein schwerer Werk als die tiefsinnigste Arbeit eines witzigen Kopfes zu zergliedern.
    „Das innerl. der Abhandlung hat seinen Werth, Würde und Schönheit
.“ Sie sagen, lieber Freund, zu viel oder nichts. Und in diesen Fehler des extremen fallen alle Critici, die in geistlicher Bescheidenheit einhergehen, und dann reden, was sie nicht sehen können noch wollen, denenjenigen hingegen wiedersprechen, die das zeugen, was sie wißen, und deren Zeugnis eben daher nicht angenommen wird. Würde iIhre Empfindung die
    Wurzel
für
    gut
erkennen: so müsten die Früchte ihren Empfindungen auch gefallen. Die Saalbaderey von der französischen Wortfügung ist nichts als ein vehiculum, den Triumph über die herrschende Mosersche Denkungsart desto glänzender zu machen. Je schlechter also das innerl. der Abhandl. wäre: desto gemeßener wäre es zur Absicht des Autors gewesen. Dieser ehrl. Mensch ist aber nicht so ökonomisch als die Nachahmer der
    schönen Natur
; sondern gar zu verschwenderisch, wie Sie wißen, und tadeln, und die wahre Natur, die er liebt, sein apokryphisch Muster darinn ist.
    Rechnen Sie, mein Herr! die Fragen zu den Inuersionen?
Ihnen zu Gefallen will ich sie mit rechnen, sonst unterscheide ich noch eine blos grammatische inuersion von einer logischen, oder von einem Tropo. Doch wie Sie wollen. Sie können eine Definition von der inuersion machen, die mir nicht einfällt; die meinige ist, wie sie mir gefällt. Jede Frage ist wohl eine Inuersion; aber nicht jede inuersion eine Frage. Der Begrif des einen deckt also nicht vice versa den Begrif des andern; sie sind also nicht gleiche Theile eines Ganzen, oder Distinctionen Classificationen eines generis. 2. Ich rede von inuersionen die
    willkührl. sind oder scheinen
. Bey einer Frage ist die inuersion eine unvermeidl. Sache. 3. Ich habe in Aristoteles Analyt. prioribus gelesen, daß er drey Gattungen von Sätzen macht. συλλογιστικη προτασις, απλως καταψασις η αποφασις τινος κατα τινος. Ein syllogistischer Satz ist eine bloße Bejahung oder Verneinung einer Sache von der andern. αποδεικτικη δε, εαν αληθης η και δια των εξ αρχης υποθεσεων ειλημμηνη; ein demonstrativischer Satz ist eine Wahrheit, die aus angenommenen Gründen folgt διαλεκτικη δε, πυνθανομενω μεν, ερωτησις αντιφασεως· συλλογιζομενω δε, ληψις του ψαινομενου και ενδοξου. Was ein dialectischer Satz ist in Ansehung eines
    Fragers
, und eines
    Denkers
, liegt in dieser Definition, die schwer zu übersehen ist. „Sie hätten
    etwas
noch genauer noch bestimmen können, daß die fr. Sprache auch einiger Inuersionen fähig sey.“ Ich hätte noch vieles und mehr als das, nicht etwas sondern ganz thun können, wenn ich Lust dazu gehabt, oder gründlicher zu reden, wenn es nöthig gewesen und zu meinen Schranken gehört hätte. Daß die franz. Sprache der Inuersionen fähig sey, weiß jeder Anfänger, und wird niemanden einfallen streitig oder zweifelhaft zu machen. „Die Nothwendigkeit der Stelle des Acc. in dem aus Pluche angeführten Ex. komt nicht so wohl von
    innerer Abhängigkeit
her sondern von der Ähnligkeit des Acc. und Nom. im Art. le.“ Wie liesest du? Wo hat mir von einer
    inneren Abhängigkeit
geträumt. Es steht geschrieben: man kann die (äußere) Abhängigkeit gewahr werden, wenn ein pleonastisch Beywort nöthig ist. Die Abhängigkeit gewahr werden ist eben das: den Accusat. erkennen und dafür ansehen können. Die
    Benennung der Casuum
habe mit viel Mühe vermeiden müßen, weil ich sie für eine Schleichwaare der lateinischen Etymol. erklärt. „Noch ist in dem Satz: alle nomina propria sind Beywörter etwas dunkeles“. Was Recht ist, von Rechts Wegen. Soll und kann nicht anders als dunkel seyn. Ist dies deutl. Alle N. P. können als adiectiua betrachtet werden, deren genus durch ein vulgo subintellectum bestimmt wird. Wenn Sie einmal Philosophen zu Schulknaben bekommen die s Sie fragen: warum alle Manns- Fluß pp Namen mascul. sind, so antworten sie pro ratione sufficiente, weil Sie nichts beßers wißen: Meine HE. müßen diese Worte als adiectiua ansehen die sich nach ihrem Substantiuo richten, welches vir, amnis heist pp. Individua und Species verhalten sich zu ihrem genere als praedicata zu ihren Subjecto pp. Der Ausfall mag
    grimmig
seyn oder nicht; so gründet sich mein Recht auf das Maas, womit Moser Herren und Diener gemeßen. Jener ist
    fern
, ihn geht dieser Grimm also nichts an, und trift ihn nicht. Seine gute Meynungen und Absichten sind mir unsichtbar, ich bin kein Herzenskündiger. Die Ausführung und die Ausdrücke, an die halt ich mich, und an seine es gut meynende Bewunderer. Die Mosers, die mir
    nahe
sind, haben mich in Harnisch gejagt.
    Sein Buch verdient nicht die Bewunderung, die es erschnappt
“. Wenn man was erschnappt, so muß man nicht nur Ersetzung thun, sondern auch dafür
    büßen
. Sie urtheilen über sein Buch und beschuldigen ihn eines Raubes ohne zu beweisen. Ich
    beweise
– nicht ein Urtheil, sondern eine licentiam poeticam, und man tadelt mich, daß ich die Mühe auf mich genommen ihr eigen Urtheil gründlich zu machen. „Die
    galante
Welt“ mag den Diogenes im Faß vorwerfen, was sie will. Daß Sie aber ein
    Wortführer
der
    galanten
Welt sind, und ihre Vorwürfe sich eigen machen, ist eben nicht ihre Rolle, auch der Diog. im Faß schon ein aufgewärmter Einfall für mich, den ich einmal mit jenem Wunsch Alexanders beantwortet habe – – Es geht aber der galanten Welt nicht allein so, daß sie bagatelles mehr liebt als Hieroglyphen. Die Pharisäer wollten eben nicht von der galanten Welt seyn und liebten demohngeachtet Münz, Till und Kümmel mehr, als die Zeichen der Gerechtigkeit im Urtheilen und der Liebe im lossprechen. Daß die licentia poetica zu weit geht, liegt schon in dem Ausdruck selbst, sonst wäre sie keine licentia, noch weniger poetica. Ob die patriotische Freyheit nicht zu weit und noch weiter geht, daran denkt man aber nicht, oder hat nicht lust beyde mit einander zu vergleichen. Wenn ein Sonnendiener und Mondsüchtiger Geheimniße der Sittenlehre predigen will; so muß er sein Schild aushängen, wie ich; ein Patriot aber muß mit Zittern und viel Klugheit, mit Schlangenlist und Taubeneinfalt seine Feder zu
    regieren
wißen. Wenn
    anschnarchen
Gottscheds Sprache ist, so mache ich mir aus ihrer Unwissenheit eine Ehre. Was dieser
    anschnarchen
nennt, hat in der ästhetischen Welt vielleicht eine sanftere Benennung. Mein treuer Genius wolle mich behüten mit Gottscheds Sprache aufzuhören, da ich in einem beßern Ton angefangen. Die galante Welt
    verachtet
eben so sehr bagatelles, als sie solche liebt. Sie schätzt Hieroglyphen hoch, so gleichgiltig sie sich gegen selbige
    anstellt
. Meine galante Welt, wenn mir die Wahl frey stünde, möchte die
    Nachwelt
seyn, deren
    Kräfte
die Kinder dieses Saeculi nicht zu schmecken im stande sind. Wenn ich die Maske des Scholiasten ablege, so urtheile ich ganz anders von des HE. v. Mos. Arbeit, und finde nicht bloße bagatelles, sondern eine Menge Hieroglyphen darinn, die seine Bewunderer vielleicht nicht verstehen, wie ich davon Proben habe, und die sein Tadler auch der Welt zeigen könnte, um die
    Schande der Blöße
in den bagatelles durch die
    Schönheit der Blöße
in den Hieroglyphen reichlich wieder gut zu machen und überflüßig zu ersetzen.
    anzuschnarchen
, da er doch weder
    Kabinet
noch
    Audienzsaal
kennt“. πως ουτος οιδε μη μεμαθηκως ταυτα Joh. VII. 15 steht dieser jüdische Syllogismus. Gesetzt ich wäre so ein Laicus in der Politik als Sie: so können wir uns mit dem Spruch des Horatz trösten: Interdum vulgus rectum videt – – 2. Macht das Kab. Audienz. und Kanzell. Staatskluge, so wären es lauter Gelehrte, die in der Schule giengen. 3. Wenn s Sie auch meinen Lebenslauf von Wort zu Wort gelesen und verstanden hätten; so möchten vielleicht Lücken darinnen seyn, wo jene Wörter auch ihre Stelle bekommen. Gottscheds Sprache geht mir so viel an als eines gewißen Freundes über solche Urtheile, qu’ils tranchoient trop du grand mot sans prouver le fait. Das trancher du grand mot ist mir so gut erlaubt als andern, und andere haben nicht mehr Recht dazu als ich. Das prouver le fait ist
    gar nicht nöthig
, wäre
    überflüßig
und
    vergeblich
. Handlung soll meinem Styl in nichts nachgeben, wenn es so weit kommen ist wird. Erst
    denken
ehe man
    redt
, erst sich
    anmelden
, ehe man ins Haus platzt. Wehe uns, wenn alle Blitze einschlügen. Fehlt es an solchen, die treffen? Sehen wir darum scheel, daß die Natur so gütig ist? „
    Doch ich verweise auf das Buch selbst“
. Correctio heist wo ich nicht irre, diese Figur. Nein ich verweise nicht auf das Buch sondern auf des HErrn von M. Namensvetter, auf die hab ich gewiesen mit dem Motto: Geschiet das am grünen Holtz, wie dürfen dürre Reiser des Feuers spotten? „Ich habe
    weiter nichts dagegen zu sagen, denn sie thun es für sich
heist es endlich. Nicht so, für das Publicum. Was ich für mich thue und thun will, mag ich keinem auf die Nase binden. Weil Sie sich wundern, daß man mir deshalb Gänge gemacht: so müßen Sie vergeßen haben, was ihr Sendschreiben Ihnen für Gänge, weite und vergebne Gänge gekostet. Ich habe alles erreicht und noch mehr als das. Sie sind ein schlechter Wahrsager meiner Denkungsart. Mein Urtheil, wenn es angegriffen werden sollte, würde nicht verfochten, sondern
    wiederruffen
werden. Die zweyte Schrift hangt mit der ersten nicht im geringsten zusammen. Eine Verbindung unter beyden zu suchen ist ein künstl. Sophisma. Die erste habe unter fremden Namen, die letzte unter meinem geschrieben. „Ihr Inneres ist wahr und schön.“ Der Beweiß von dieser Meynung thut mir nicht Genüge sondern läst mir das Gegentheil vermuthen. Daß Sie das
    emblematische
in Handlungen verstehen, sehe wohl, vom symbolischen altum silentium. Sokratische Körner soll affectirt und egoistisch seyn. Der
    Fehler sich selbst zu sehen
ist zur Selbsterkenntnis unentbehrlich. Viele Einfälle bleiben andern nicht nur sondern auch meinen nächsten Freunden Räthsel. Von denen es heist:
    Euch ist gegeben Geheimniße zu wißen, lesen wir auch: und sie vernahmen der keines, sie verstanden nicht, was gesagt war, es war vor ihren Augen verborgen
. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 202 (II 62/3): Der Geist ist wieder gewirbelt worden Zu HKB 202 (II 62/12): Welche Winkelzüge… und Chanal. Sie sind Autor und der Verleger angiebt, schiessen aus Wolken? sie beleid. so schreiben sie selbst? Räthselhaft? schickt man nicht durch unbr. Diener wo Verleger ist, hat er sie nicht beleid., so verantworten sie ihn besser mit dem Je prefere. Ich lasse Grund der Verantw. denn das Blatt ist bedenkl. aber jenes ist Staubmacherey Job ist nicht hieher zu ziehen. Joh. III wer die Wahrheit thut pp. ich schreib es. Widern. ob solcher Verstellungen die doch wohl nicht zum symbol. der Handl. gehören im reinen Ges. des Xsten? Gottes Weisheit? Sie warnten mich für Mörder? was sie schicken müßten? besorge nicht als Mitunterhandl. am Schleichhandel sondern als offenb. Commissair. Zu HKB 202 (II 64/3): Gott erfülle Wunsch. Wir leben oder sterben so sind wir des HE. Jener still trägt sein Kreuz dieser? συμμιμητης christl. und heidnische Gaukler diversi mimi? Zu HKB 202 (II 64/23): Richter? sondern das höhere Weisheit thut verwechsle nicht Menschen und δεων. HKB 202 (II 66/7): Daher auch fam. pro rat. sub. ουτε λεγει pp. sic. HKB 202 (II 66/19): Oelgötze der Einbild. Don. IV. Koller bey Auerhähnen die da pfalzen. Polyhistor der Dichterenthus. giebt monstra. Hinc illae lacrimae. Empfindl. Eigenliebe und
    Selbstblindheit
die allen
    Recht
abschneiden wollen ist zu theatral. wenn es Ernst ist. Schade daß der Verf. zu viel redet Schwelper Rapsodist.
Königsberg den 21 März. 1761. GeEhrtester Freund, Gestern, am Charfreytage Ihren Brief erhalten, und diese Woche die uns überschickten Sachen. Am Caviar recht geweydet. Daß Shakespeare denselben im Hamlet angeführt, werde Ihnen schon einmal gesagt haben, da er von einem Schauspiel sagt: The play, I remember, pleas’d not the Million, ’t was
    Caviar
to the general; but it was (as I receiv’d it and others, whose
judgment is in such matters cried in the top of mine) an excellent Play; well digested in the scenes, set down with as much
    modesty
as
    cunning
,
mit soviel Bescheidenheit als List, oder schlauen Witz. Weil meine Ferien noch sind, so nehme diese Gelegenheit noch heute mit; da ich ohnedem recht viel an Ihnen zu schreiben habe. Die Ruhe hat mir diese Woche recht Genüge gethan und ich habe selbige mit dem zweyten Theil von Milton, worinn sein Paradise regain’d und andere Gedichte in allen Sprachen, auch eine kleine Abhandlung von der Erziehung, die Wieland nachgeäft aber nicht übertroffen, ungeachtet er über ein Saeculum älter ist als der Engländer. Milton’s eigenes Urtheil scheint mir zuverläßiger als Addisons Trumpete vom verlornen Paradiese. Ich habe auch Zeit gehabt Ihre Schulhandlung etwas mehr als die vorigen überlesen zu können. Da ich die Regeln eines Schuldrama nicht kenne; so bin nicht im stande von der Vollkommenheit oder Güte Ihres Alberts zu beurtheilen. Das
    Decorum
,
sagt Milton, ist das große Meisterstück, das ein Autor und Kunstrichter zu beobachten. Das Decorum ist vielleicht auch die Seele der Action, die Demosthenes so erhob. In der eilften Sammlung erscheint endlich eine kleine Blüthe ihrer Mühe, die wie die Aloe anzusehen ist. Es herrscht viel Nachahmung in diesem kleinen Briefe, wie
    alle
    Schulexercitia
darauf führen. Ich kann mich nicht entbrechen die Kritik des Petrons über den Gegenstand anzuführen: Et ideo Ego adolescentulos existimo in Scholis stultissimos fieri, quia nihil ex iis, quae in vsu habemus, aut
    audiunt
aut vident, sed Piratas – et Tyrannos – sed responsa in pestilentiam data – sed mellitos verborum globulos et omnia dicta factaque quasi papauere et sesamo sparsa.
    Sauce verte agreable aux citoyens de Riga, ou le suc de pavot entre et celui du Sesame, espece de bled d’Inde
. Qui inter haec nutriuntur, non magis sapere possunt, quam bene olere qui in culina habitant. Petron
ist aber so liebreich die Lehrmeister zu entschuldigen. Minimum in his exercitationibus Doctores peccant, qui necesse habent cum insanientibus furere. Nam ni dixerint, quae adolescentuli probent, vt ait Cicero, SOLI IN SCHOLIS RELINQUERENTUR. – Sic Eloquentiae Magister, nisi tanquam piscator, eam imposuerit hamis escam, quam scierit appetituros esse pisciculos, sine spe praedae morantur in scopulo. Quid ergo est? Parentes obiurgatione digni sunt, qui
    nolunt
– – Quod si paterentur laborum gradus fieri, vt studiosi iuuenes
    lectione
    seuera
(ein sehr räthselhafter Ausdruck) mitigarentur (seuera und mitigarentur ist ein schön Oxymoron): vt sapentiae praeceptis animos componerent (dies ist dem Wirbel der tragischen Leidenschaften, die man in Kindern anzündt, und wenn sie uns hernach brennen, verdammt, nicht sehr günstig) vt verba
    atroci stilo
effoderent
(was Petron durch den atrocem stilum eigentlich versteht, abermal ein Haaken!) vt quod vellent imitari,
    diu audirent
; sibi nil esset magnificum, quod
    pueris placeret
. – – Nunc pueri in scholis ludunt, iuuenes ridentur in foro et quod vtroque
    turpius
est, quod quisquis perperam discit, in senectute confiteri non vult.
So weit Petron, dieser arbiter elegantiarum, der in meiner Jugend ein Liebling meiner Zuchtmeister gewesen, und der bey aller Galanterie seines Amts ein Schulmeistergesicht zu rechter Zeit, und nicht zur Unzeit zu schneiden weiß. Diese Episode wird Ihnen, GeEhrtester Freund, als einem Liebhaber und Lehrer des guten Geschmacks nicht unangenehm seyn. Um einigen Nutzen davon zu ziehen, wiederhole ich die Erinnerung, jungen Leuten nicht solche Uebungen aufzugeben, wodurch S sie in den Wirbel der Leidenschaften versetzt werden können, unwahrscheinlicher, romanhafter, seltener Unglücksfälle, die den Selbstmord als ein Hülfsmittel selbige zu ertragen, dem Gemüth mit einer Art falscher Grosmuth empfehlen. Es fehlt Ihnen nicht an Weisheit
    den sittl. Uebelstand aller dieser Thorheiten
einzusehen, wenn ein guter Freund so barmherzig ist Sie aufrichtig deswegen zu bestrafen. Die schöne Natur muß in einer tragischen Aufgabe nicht mit Hintansetzung des
    siebenten Gebots
nachgeahmt werden. Ahmt nach Kinder! aber stehlt nicht. Ahmt gute Muster nach aber nicht das in dem Anhang – Seht in eurem Mitschüler ein Beyspiel eurer Blöße, Dürftigkeit – Wenn man euch Lust zu schreiben und in der Declamation und im Styl zu üben geben will; so muß man zu thörichten Aufgaben seine Zuflucht nehmen. Ein
    Brief an seinen Mitschüler, an seinen Vater
würde dem Mr. S – – nicht gerathen seyn aber ein Brief an Croesus – – das macht euch Lust, das treibt euch Proben eines armen Witzes zum Zeichen eures Reichthums auszuhängen. So würde der
    gefährliche Oelgötze
der Eitelkeit bey Kindern zeitig unterdrückt und die Geschöpfe dieses Oelgötzens nicht die Nachwelt mit ihrer
    schädlichen Fruchtbarkeit
bevölkern können. Ich will jetzt von Personalien abstrahiren und auf Realia kommen. Der Brief nach Dantzig ist richtig bestellt, und weil Sie nicht Franco aufgeschrieben, so habe ich mich nicht
    unterstehen
wollen franco darauf zu setzen. Ihre GeEhrte Mama hat
    sehr oft Geld mitgeschickt
, wenn Sie nicht um Einschluß, sondern expedita Besorgung bitten laßen. Sie sind mir also nichts schuldig. Weil Sie mir ohne Rücksicht das Porto melden für mein letztes Pack; so danke für die Nachricht; und bitte um Verzeyhung, daß Ihnen die
    Poßen
so theuer gekommen. Ich dachte nur auf 2½ Orth höchstens. Wenn ich das gewust: so hätte aufgeschoben oder ganz franquirt. Es ist mir aber lieb, daß ich es
    nicht gewust
. Ein Mann von Ihrem Stande und Ihrem Herzen löst auch wohl einen guten Freund mit einem Ducaten einmal aus.
    Revange
dafür können Sie sicher nehmen. Ohngeachtet ich kein Geld verdienen kann; so fehlt es mir doch nie an zu den
    nöthigsten
Ausgaben. Ich muß mich aber sehr einschränken.
    Revange
dafür können Sie sich sicher nehmen.
    Ärgern
Sie sich nicht an meinen Detours, Ceremonien, krummen Wegen und wie Sie alles zu nennen belieben, was ich thue. Das Decorum ist die
    grand
master-piece to observe
für jeden, besonders den Dramatischen Dichter. Das höchste Decorum besteht öfters in Beleidigung des subordinirten; und
    Convenance
bricht öfters die feyerlichsten
    Conventions
.
Da
    meine Nächsten
schon einmal unter sich einig geworden jeden Zug der Wahrheit, der mir entfährt, eine
    Beleidigung
zu nennen, und das Recht Dingen Nahmen zu geben ein
    praerogativ
der menschlichen Natur ist, das eben so wie das
    Regale Münzen
zu schlagen geschändet wird: so muß ich schon diese Schwachheit so gut ich kann tragen, und mich in selbige zu schicken wißen. Der größte Liebesdienst den man seinem Nächsten thun kann, ist ihn zu warnen, zu bestrafen, zu erinnern, sein
    Schutzengel
, sein Hüter zu seyn; diesen
    Kreutzzug
hält nicht jeder Ritter aus. Die Rotte
    Dathan und Kora hatten
große Ursache ihrem Heerführer die
    krummen Wege
vorzuwerfen, die er sie gehen ließ. Das Zeugnis der Wolken und FeuerSäule war nicht stark genung sein Ansehen zu stützen. War Moses der Eyferer, der
    Mann mit Hörnern
, Schuld daran? Nein; er war ein
    sehr geplagter
und
    sanftmüthiger
Mann – – sondern das Volk, deßen Glauben Gott versuchte. Aber hier heist es abermal: Was machst Du aus Dir Selbst? Bist Du Moses? Du bist ein eitler Oelgötze und Deine Muse eine
    Mohrin
, eine
    Hottentottin
. Gesellen Sie sich nicht zu dem Haufen derer, die
    lästern, da sie nichts von wißen
, damit Sie nicht ein gleiches Urtheil mit ihnen empfahen. Sondert euch ab, heist es – – hab ich
    Leidenschaften
; so fürchten Sie diese
    Tischfreunde
. Haben Sie keine; so ist
    Horatzes
Bekehrung vom Epicurismo zum Stoicismo mit ihnen vorgegangen. Sie predigen mir immer die
    Liebe
. Ist die nicht die
    Königin der Leidenschafften
? Ein
    Kenner
nennt ihre Glut feurig und eine
    Flamme des HErrn
? Ihre Liebe hat aber,
    wie es scheint
, zum Symbolo:
    Thu Du
mir
    nichts
und ich thu Dir wieder nichts. Wenn Sie nicht
    Leidenschaften
haben: so fehlt es ihnen vielleicht an deren Stelle nicht an
    Lüsten
, die sind so gefährlicher als jene. Daß ich nicht meine eigene Ehre suche, hätten Sie wahrnehmen können, wie ich mit dem Lob in den Briefen der Literatur umgegangen bin. Diese Herren haben im Geist gesehen, daß
    Loben
eine
    gefährliche
Sache ist, wenn man nicht recht damit umzugehen weiß und daß jeder Autor nicht mit
    einem kahlen Lob
satt gemacht wird. Die Geißel womit diese Briefsteller gezüchtet worden ist
    empfindlicher
als die der Nachrichter hat fühlen müßen. Reden Sie nicht so leichtsinnig von
    Kindern des Lichts
– und
    pochen
Sie nicht so, daß ich ans Licht kommen soll. Wenn meine Stunde kommen wird; so wird
    meine Gerechtigkeit hell genung
hervorbrechen; aber mancher ihre
    Augen
werden es
    fühlen
und manche
    Liebesdienste
werden zu
    Werken der Finsternis
offenbar und ihr Todester Glantz vernichtet werden. Ich laße mit Fleiß vieles
    schlafen
, weil die Zeit noch nicht dazu ist. Unterdeßen die Athenienser von dem Schwanzlosen Hunde schwatzten, machte
    Alcibiades
mit ihnen was er wollte. Hatte
    Elihu
unrecht, der
    Hiob
für einen Spötter hielt; hatte
    Eli
unrecht, der
    Hanna
für eine trunkene ansahe: sollte mein Freund der HErr Rector Lindner in Riga
    nicht auch irren
können, der ohne Leidenschaft sich zutraut das Θειον und das menschliche Herz immer treffen zu können. Was schelten Sie Ihren Schwager? Sind Sie nicht selbst schuld daran, daß Ihre Mama und Brüder haben leiden müßen an ihrem guten Namen und Vermögen. Jetzt laß alles vergeben und vergeßen seyn. Ihre liebe Mama ist
    männlicher
, ist
    männlicher
– – Ihr Schwager ist
    ein kluger Mann
; Sind Sie ein Kind des Lichts und laßen Sich von ihm das Recht nehmen, was Ihnen Gott gegeben hat als ältester Sohn von Ihres Vaters Hause. Die Finger haben mir genung
    gejückt
einiges Vertrauens in dieser Angelegenheit von Ihnen
    gewürdigt
zu werden. Ich hatte die
    Schwäche
mich auch
    einmal in
meinen Briefen
    bloß
zu geben. Aber das alte
    verjährte Vorurtheil
, daß Hamann zu nichts zu brauchen ist und durch seine Hitze alles verdirbt, sich immer in fremde Händel mischt pp hielt mich zurück. Ich sauge das
    nicht aus dem Finger
was ich schreibe. Ihr eigen Gevollmächtigter hat mir einen Wink gegeben, daß HE Rector
    weder zum
Proceß noch zum
    Verlieren
geneigt wäre und den Mantel bald so bald anders trüge. Laßen Sie sich dadurch nicht aufbringen, liebster Freund! Meine
    Leidenschaften
würden Ihnen
    weniger verdächtig
und
    gehäßig
vorkommen, wenn
    Sie
mit mir wären. Da aber Ihr Gewißen Ihnen sagt; daß Sie
    halb mit den Hamb. Nachr
. halb es mit
    den Briefen
der
    Literatur
halten; so
    trauen
Sie
    mir nicht
und ich trau Ihnen wieder nicht. Der Grundsatz der
    Liebe
kann Ihnen nicht heiliger seyn als er mir ist. Aber die Anwendung muß uns nicht
    Fleisch
und
    Blut
lehren, nicht der Nächste – – Doch, warum nicht? Du siehest ja vor Augen da,
    dein Fleisch
und
    Blut
die Luft und Wolken lenken Da kennt man
    Vater und
Mutter
    Bruder
nicht, wie Moses von Levi sagt; da ist weder Freund noch Feind, weder Vorhaut noch Beschneidung von einigem Werth in unsern Augen. Ein Gott, Ein
    Nächster
– Ich flochte Ihm die Dornenkron, Ich sprach Ihm mehr als alle Hohn – Doch wiß, daß dieser Tod die Ursach ist, daß Er mein Freund geworden ist. Morgen ist Ostern, lieber Freund. Morgen werd ich mit singen können: Der HErr lebt und gelobet sey mein Hort: und der Gott meines Heils müße erhoben werden! Der Gott, der mir
    Rache
gibt und zwingt die Völker unter mich. Ψ. XVIII. Gedult! Gedult! Laßen Sie sich die Zeit nicht lang werden nach
    Licht
– Der
    Tod
ist der große Lehrer, den Du wir uns wünschen, wenn wir um Licht schreyen; wenn er Sonn und Mond auslöscht unsern irrdtschen und fleischlichen Augen, die kein ander Licht
    als dies erschaffene
erkennen wollen: so wird ein höheres, geistiges ewiges Licht aufgehen, wo alles Flecken zu Sonnen, und alles gemalte Licht hier zu Schatten werden wird. Gott weiß, was ich diese Woche gelitten habe.
    Mein Bruder
hat gestern gepredigt, in der Frühe. Hat sich dazu aufgedrungen, hat dazu ganzer 4 Wochen Zeit gehabt, und da er vor 6 halb Sechs schon noch bey Mag. Schönäich seyn sollte, schrieb er noch die letzten Worte zu seiner Predigt auf. Das ist meine Ruhe in der Paßionswoche gewesen, lauter Herzensstiche! Die Ostern werden desto freudiger seyn. Gott geb es! Und was kann ich über diesen Punct schreiben als:
    Finsternis
bedeckt das Erdreich! Wer hat ihn in den festen Schlaf eingewiegt,
    die Liebe
! Hat uns denn Gott
    Autorität
umsonst gegeben, und wer die
    liebt
, weil sie ihm
    Gott gegeben hat
– – Alles was ich ihm sage, ist Haß,
    Bitterschaft
, Feindschaft, ein Spiel der Leidenschaften – – Diese
    Synagoge
ist des
    Satans
Schule. Glauben Sie also mir, vor der Hand, daß ich eben so wichtige Ursachen habe das Licht noch zu scheuen und nicht offenbar zu werden, als andere haben mögen zum Gegentheil. Wenn Sie im
    Ernst sich ein Gewißen
gemacht haben meine Vorschriften, das eine Exemplar zu besorgen, nach
    meinem letzten Willen
zu erfüllen: so haben Sie Unrecht gethan es befördert zu haben. Aber Sie haben die Casuistic ausstudiert, halb dem Gewißen halb der Freundschaft ein Genüge zu thun. Mit einem getheilten Kind ist aber einer
    wahren
Mutter nicht gedient; daher werden alle unsere Opfer als todte vor Gott auch schon von Menschen, die
    ganze
Leute lieben im Umgange und in Geschäften, angesehen. Da ich ein- für allemal ihre
    Denkungsart
weiß,
    die ich in allen Würden laße
, weil
    das Gewißen nicht gebunden
seyn muß
    unter wahren
Freunden; so werde ich mich auf das strengste darnach richten. Und Sie sollen inskünftige nicht mit solchen
    passiven Liebesdiensten
beschwert werden. Das ist wahr, und nicht
    bitter
, was ich schreibe und wozu ich mich verbindlich mache. Um Ihnen alle Unruhe in Ansehung der Wolken zu benehmen; melde Ihnen, daß die Exempl. eben die Woche erhielt, da ich meine Andacht gehalten. Ich habe also die Erstlinge davon meinem
    Beichtvater
geopfert, unter einem Couvert, auf dem ich gemahlt und nicht geschrieben hatte: Sub Sigillo Confessionis, damit er dies wenigstens lesen könnte, wenn das übrige für Ihn zu fein geschrieben wäre. Er empfieng es zwey Tage vor meiner Beichte, den Tag vorher speiste bey ihm, er schalt mich nicht, ungeachtet wir darüber mit einander uns unterhielten. Den 11 März wurde von der
    Sündlichkeit meiner Leidenschaften
absoluirt, die ich mit dem 86. Psalm Gott gebeichtet. Wer will also verdammen? – – Dies sind
    Facta
und
    Personalien
, die ich Ihnen als Freund habe melden wollen. Das übrige Schicksal der Brochure geht uns beyden nichts an; als daß wir fortfahren dem Autor und den HErrn Kunstrichtern, die
    Herzen
und
    Nieren
prüfen können, aber Feinde vom
    Spiegel
sind, weil ihr Gesicht die
    Geistlichkeit der Engel
und ihre
    Unsichtbarkeit an sich hat
,
    erleuchtete Augen des Verständnißes
anzuwünschen. Da das
    Drama der Wolken
nicht für
    Kinder
sondern für
    Behemoth
und
    Leviathans
geschrieben ist: so werden S die
    an den Mücken nicht ersticken
, welche unter den Wolken in
    die Länge und in die Qveere tanzen
werden. Beylage ist ein Brief von Trescho, der einige heil. Reden vom
    Sünderheilande
drucken läst κατα
    Forstmann
auf Verlangen einer Gräfin, die ihm einen
    Silberservice
geschenkt haben soll. Sein Bruder, der hier speist hat es mir erzählt. Die Anecdote von Grohnert ist mir bekannt. Sein Vortrag wird sehr gelobt. HE Keber ist vergnügt in Gerdauen bleiben zu können und ich bin damit auch zufrieden. Er hat mich in
    meinen Absichten sehr gestärkt
, würde mich aber in
    Ausführung
derselben sehr
    gehindert
haben. HE Trescho Gedichte werden ein wenig später auskommen, als er selbige erwartet. Es ist auch eine
    kleine Fabel
auf den Verfaß. der Sokr. Denkw. vor der ich aber meinen Namen ausgestrichen, wovon ihm Nachricht geben laßen. Den Briefwechsel habe ganz aufgehoben; weil Ihr
    Urtheil
von ihm auch im
    vertrautesten Umgange
mit ihm mir immer im Sinn gewesen, und er mich zu seinem
    gelehrten Intelligence-Arbeiter
machen wollte. Weil ich aber nicht Lust hatte mich um alle
    moralische Kleinigkeiten zu
bekümmern und in meinem Herzen ein
    großer Feind von gelehrten Urtheilen
bin: so habe diesen Zeitverlust bey Zeiten eingesehen und mich darnach eingerichtet. Welches mir auch gelungen, ob zu meiner Ehre oder seiner Zufriedenheit, weiß nicht, geht mich auch nichts an. Meine Bibliothek habe zieml. oben in Ordnung. Es sind Lücken darinn die ich zum Theil bedaure. Wunder, daß nicht mehr. Ich bin genöthigt mich um einige Dinge bey Ihnen zu erkundigen. Einige Handschriften liegen mir am meisten am Herzen, die ich meinem Bruder besonders empfohlen, nicht ihres Werths wegen sondern meines Interesse dabey.
    Alle meine Papiere über die Bibel
sind
    verloren
gegangen. Wenn selbige bey Ihnen seyn sollten: so melden Sie es und heben sie auf. Ich hatte über jedes Buch einen papiernen Umschlag gemacht und betrug einen ziemlich Pack, das nicht so leicht verschwinden kann. Briefe muß er mir auch verschleudert haben. Es ist mir an beyden viel gelegen. In meinem Geschmier über die Bibel ist ein Haufen
    unrichtig
,
    anstößig
pp und doch noch viel, das mir jetzt nicht einfallen mag. Eine
    Revue
meiner eigenen
    Fehler
macht mir eben so viel Vergnügen als ein Hervey auf einem Kirchhof genüßt. Anti-Lucrez, scherzhafte Lieder, Bremische Gedichte, Gemmingen pp fehlen mir auch. Sollte dort oder in
    Kurl
. noch etwas seyn, so sammlen sie doch diese
    Zerstreuung
. An den
    Handschriften
denken Sie auch. Ihr Pro memoria habe noch gestern bestellt an den Wagner. Für Gnomon werde sorgen.
    Hallervord
lebt nicht mehr; bey
    Baar
werde nach den Feyertagen ansprechen. Zweifele aber. Bengel läst sich besonders angelegen seyn das
    Pathos
und
    Decorum
der heiligen Schriftsteller anzumerken. λογοι sind in Wolfs Curis der Hauptvorwurf. Ihre GeEhrte Mama hat den vorigen Brief noch nicht abholen laßen – – es liegen also 2 hier. Noch eines. Mit dem letzten haben Sie keinen
    Fracht Zedel
mitgeschickt. Legen Sie mir nichts von dem zur Last, was Sie mit ihm abmachen und Sie zween angeht. Ich weiß nicht ein lebendig Wort davon, bekümmere mich auch um nichts. Hat er seines eigenen Bruders Angelegenheiten, um die ich ihn
    gebettelt
, so schnöde sich angelegen seyn laßen: so wird er es mit seinen Freunden noch schlechter machen. Ich sehe es vor mir alle Tage – – und Sie wißen es beßer als ich es Ihnen melden kann. Wenn Sie ihm einen Gruß anvertrauen, woran Ihnen gelegen: so ist er zu
    faul
und
    untreu
dazu. Unser Umgang ist wie der
    Jude
mit einem
    Zöllner
und
    Sünder
, nicht die geringste Vertraulichkeit unter uns. Alle
    Liebe biß auf den Wohlstand
erloschen. I am very proud,
    revengeful
,
    ambitious
, with more offences at my beck than I have thoughts to put them in, imagination to
    give them shape
, or time to
    act them
in.
Weil es mir
    an Zeit nach den Feyertagen
fehlen möchte, wo meine Arbeiten mit neuem Leben Geist und Muth, den Gott geben wird, fortlaufen sollen: so habe bey Zeiten mein
    Herz gegen Sie ausschütten
wollen. Haben Sie nur Gedult, liebster Freund! Sie werden noch mehr erleben, als Sie glauben erlebt zu haben. Die
    rechten Jünger der Liebe
sind
    Donnerkinder
. Der im zweyten Aufzuge ein
    heidnischer Gaukler
gescholten wird, den erklärt der Epilog für einen ξυμμιμητην Χριστου. Finis coronat opus. Wenn Sie
    wahrhaftig Liebe
haben für mich; so wird Ihnen jeder Schein der Gerechtigkeit gut seyn meine
    Fehler
, meine
    Irrthümer zuzudecken
,
    zu entschuldigen
. – Ich weiß, daß Sie mit diesen Gesinnungen
    meine Freymüthigkeit
zudecken werden. Konnte
    Hiob
gegen seine
    nasenweise Freunde
Recht behalten, und war Gott damit zufrieden, daß Sie seinen Klagen über die
    dunkeln Wege der Vorsehung
den Mund stopfen wollten. Hiob mag dem
    Geschlecht Rom
so ein
    großer Pasquillant
seyn wie er will:
    Hiob
verliert in
    seinen Augen nichts von seiner Gerechtigkeit
, denn er weiß, daß Sein Erlöser lebt! Glückliche Ostern. Dank für Caviar und für alles Gute. Mein Vater grüst Sie herzl. Die Frau Kr. R. L’Estocq hat sich den Staar durch Mr. de Moser stechen laßen. Caviar ist sogl. besorgt worden; ihre Schulhandlungen sollen es gleichfalls werden. Gott empfohlen. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 203 (II 68/25): Caviar Pfeffer. 1 Brief Antwort. Erfahrung für. Zu HKB 203 (II 69/13): nicht
    alle
stoßen sie sich nicht… aus eigner Bewegung
Zu HKB 203 (II 70/4):
    Nase
des Sarmat. Barons kan ich nicht riechen.
Zu HKB 203 (II 70/13): Eben so sittl. Uebelstand als heidnische nubes in Xstiano. Sind das nicht Thorheiten? Zu HKB 203 (II 70, 21): Der Nachahmer soll ersetzen, uti veteres faciebant. NB Im Urtheil ist Lust zu
    klauben
, doch sie treffen meinen Anstoß… Ich habe auch so einen von.
Zu HKB 203 (II 71/26): Krallen zeigen. Und sie a Theismo und Anthropomor. Ich könte so gut wie sie der Gnade es zuschreiben. Zu HKB 203 (II 71/30): Salomo Deckmantel der Verliebtheit? Zu HKB 203 (II 71/32): Und du weißt nicht symb. Thut was ihr wollt NB. Sind ihre Leidenschaften ohne Lüste. Wie wir uns weißbrennen. Warum nicht? Ich sündige nicht, sondern die Sünde. Zu HKB 203 (II 72/15): Kann man nicht sich
    selbst
irren, Ecce homo!
Zu HKB 203 (II 72/19): Sie meinten erst selber daß ich zu gewesen. Zu HKB 203 (II 72/29): Vision! nicht aufrichtig? Sie wissen? Fahren Sie nicht
    so blind
zu. 1) Mama eignes Anliegen 2) Char. der war abwesend.
Zu HKB 203 (II 72/34): Proseliten. Was wollen sie
    von mir
Seel. zu schaffen. gleiche Sorgen, nicht eins von Hamannschen Übeln… Rom. 14–16.
Zu HKB 203 (II 73/25): Grillen! Rom. 17–19. Zu HKB 203 (II 74/6): lieber
    geradezu
.
Zu HKB 203 (II 74/16): Bravo! Wie Ravaileai Communion empfing? Der Herz und Nieren prüft. Zu HKB 203 (II 74/25):
    Stolz
der Thoren! oderint dum metuant
Zu HKB 203 (II 75/13): NB. sind ins
    Bruders Kasten
Zu HKB 203 (II 75/26): ηϑη Zu HKB 203 (II 75/30): ist auch nicht franco? Zu HKB 203 (II 76/12): Quale portentum Zu HKB 203 (II 76/20): Ecce Hiob!
Königsberg, den 11 April. 1761. Geliebtester Freund, Diese Woche Ihre Einlage selbst der Frau Consistorial R. eingehändigt, der es anzusehen, daß sie im Fegfeuer gewesen. Sie wünscht Ihre Söhne noch einmal zu sehen. Wird der jüngste nicht diesen Sommer mit seinem jungen HErrn ausgehen? Bengels Gnomon Ihnen ausgesucht. Die große Ausgabe des N. T. ist nicht hier. Das letzthin aufgetragene habe bestellen laßen. Mit Mstr. Wagner habe nichts mehr zu thun, und komme auch fast gar nicht in diesen Buchladen. Kanter hat Commission mir einige Sachen mitzubringen; vielleicht komt er dies Jahr auch in ihren Sprengel. Er gefällt mir beßer als Petersen, ist aber auch ein wenig zu viel von einem jungen HErrn, bezeigt aber Treue und Fleiß in Expedition seiner Sachen; so viel ich noch absehen können. Meine letzten blunders, wie der Engl. sagt, kommen jetzt an die Reyhe. Der Fuhrmann bracht nach einigen Tagen den Frachtzedel und da er einen Th. forderte, nahm er mit der Hälfte für lieb; weil die Schrift anders lautete als sein Gedächtnis. Meine Briefschaften und papierne Deckel sind endl. hier im Coffre. Im Coffre ist nichts – war die ewige Aussage. Die Hausjungfer confirmirte es auch. Sollt ich nicht glauben? Nein, ich hätte sehen sollen. Er suchte endlich, weil ihm meine Vorwürfe nicht Ruhe ließen und fand – Sie werden sich auch noch gewundert haben, daß Sie letzthin 2 Briefe erhalten, von der GeEhrten Mama mit meiner Aufschrift. Ich hätte ihn zur Einlage gemacht. Sie schickte ihn aber eben, wie meiner schon auf der Post lag, und ließ mich bloß um die Addresse ersuchen, weil sie ihren Schwiegersohn aus der Beicht nicht abwarten können. Für Ihren guten Willen gegen meine Empfehlung der Fr. Rgmfeldsch. Lauin danke Ihnen und Ihrer lieben Gemalin herzl. Hätte sie einige freundschaftl. Assistenz nöthig gehabt; sie würde Ihr Haus schon gefunden haben. Es fehlt ihr aber an Bekanntschaften nicht in Riga und ihre Abreise muß übereilt gewesen seyn. Sie ließ sich unser Haus recht sehr hier gefallen, weil sie sehr an Umgang entblöst war und sie hat mich manche liebe Stunde an meinen Wolken arbeiten helfen. So viel zu Ihrer und meiner Entschuldigung. An Popowitsch habe genung; ich befürchte, daß Ihnen diese Arbeit zu viel Zeit kostet. Melden Sie mir, was das Buch selbst kostet; vielleicht ersuche ich Sie, es mir von Hamb. zu verschreiben. Der Detail in diesem Werk muß das beste seyn; ein Auszug daher zu mühsam, man verliert auch zuviel dabey. Was Sie schon haben, bitte mir noch aus, und danke für Ihre Willfährigkeit. Ihre Anerbietung des Athenäus
    unter abgemachten Bedingungen
ist mir ein schätzbar Unterpfand Ihrer Freundschaft. Es hat damit noch Zeit – Wenn ich so weit seyn werde ihn entweder nöthig zu haben oder mein Theil zu erfüllen, melde mich. Wegen des
    nachgefragten
beunruhigen Sie sich nicht im geringsten. Was weg ist, mag seyn. Was sich finden wird, soll mir lieb seyn. Ich kann eben so gleichgiltig als eigennützig thun. Hat Rabener seinen apparatum von Perücken und Mst. bey der Belagerung von Dresd. verlieren können: so kann ich auch wie Diogenes mein Waßer mit der Hand schöpfen wie ein kleiner Junge; falls ich aber aus dem Faß nach Hof beruffen werden sollte, würde ich mir eben keine Schande aus einem weichen Kleide machen. Ich habe jetzt zum drittenmal auf mein arabisches angesetzt und acht Tage lang mit so guten Fortgang Sturm gelaufen, daß ich jetzt Hofnung habe bald Meister von meinen Absichten zu werden. Meine Knochen thun mir aber so weh, daß ich heute außerordentl. Rasttag halten muß. Auf die Woche habe mir noch vorgenommen einige Paradigmata mit schwarzer und rother Dinte abzuschreiben. Wenn ich auch mit dieser Arbeit biß zum ersten May zaudern sollte; so hoffe ich bereitet genung zu seyn den Alkoran anfangen zu können. Mit den physischen Schriften des Aristoteles habe auch schon nach den Osterferien einen guten Anbruch gehabt; die 8 Bücher de physica auditione zu Ende. Heute soll aber dies intercalaris seyn. Auf die Woche wills Gott! de coelo. Plato möchte also auf die kurze Tage bleiben; ich erwarte einen von draußen oder borge einen von der Altstädtschen Bibliotheck, wo er nicht fehlen wird. Eh ich vergeße, muß ich hier noch eine Bitte einschalten, die ich aber mit aller mögl. Klugheit auszuführen bitte, indem ich
    Zeit
und
    Gelegenheit
dazu gänzl. überlaße. Sie erinnern s Sich vielleicht eines kleinen Entwurfs, den ich über den Handel gemacht bey Lesung des Law. Er ist in quart ein paar Blätter; und muß
    oben
in dem meinem Bureau liegen, wo die Schriften waren. Ich weiß
    die Stelle
noch, wo ich ihn es mit
    Bedacht
hingelegt. In dem Schreibepult, oben in dem Fache. Es ist ein verloren Papier, das niemand brauchen kann, als der es geschrieben; und es möchte mir um die Spur zu thun seyn einiger Einfälle, die ich daselbst zurückgelaßen. Ich muß es Ihnen, wo ich nicht irre, selbst vorgelesen haben. „Sie könnten es also fügl. als eine Sache bitten, die Sie schon kennen, und wodurch Sie Ihre eigene Neugierde gern noch einmal befriedigen möchten. Sie hätten mich selbst darum angesprochen; ich hätte Ihnen aber gemeldet, daß es dort geblieben und da und da liegen müßen.“ In natura oder Abschrift, beydes ist mir gleichviel. Zum Zeitvertreib lese des Abends eine viertelstunde meine Engl. Ich habe des Sommerville Gedicht von der Jagd und seinem Pächterheld Hobbinol mit viel Vergnügen durchlaufen und habe jetzt Dyers Gedicht über die Wolle; das ein Original und Muster ist, dergl. wir Deutsche noch nichts aufweisen können. Die Natur
    der Dinge
ist einem
    Fabelchen ähnlicher
als einem Lehrgedicht. Die
    Schweitzer
geben uns nichts als die Schaalen der Engl. und malen uns nichts als die Oberfläche.
    Zergliederer
sind sie nicht. Als ein Mensch nachahmen, muß man schaffen, ein
    Töpfer wie Pygmalion
seyn, der sein Bild liebt, sich in selbiges
    vernarrt
. Hören Sie Dyer, wie er für die Lämmer sorgt; und seine kindische Zärtlichkeit den Schäfern und Hirten mitzutheilen sucht: – – when the new-tropt lamb Tott’ring with weakness by his mothers side Feels the fresh world about him – – Nimm ihn es für den Habicht, die Krähen, den Fuchs in Acht – – Nor trust the
    neighbour’s
dog, nor
    earth
, nor
    sky
Thy bosom to a thousand cares divide. – – Various as aether is the past’ral care Through slow experience, by a patient breast The whole long lesson gradual is attain’d By precept after precept, oft receiv’d With deep attention – – –
In Sommerville hat mir sein Gemälde von der
    Pardeljagd
besonders gefallen. Wenn dies scheckigte Thier den Jäger nachsetzt, so hat der letztere einen Spiegel, den er ihn vorhält. Da steht es auf einmal still. Unterdeßen es sich zum Zweykampf mit dem Schatten fertig macht, empfängt es die tödliche Wunde. Mein Bruder, melden Sie mir, hielt mich für einen
    armen
Schelm, da ich offenbar
    reicher
geworden war; und Sie bedanken sich, liebster Freund, für
    Pfeffer
, da nichts als Mohn- und Kanariensaat die Ingredienzen gewesen sind, die ich zu meinem letzten Gericht genommen. Weil ich meines Bruders Urtheil in einer fremden Sprache mehr als meinem eigenen in meiner eigenen Angelegenheit trauen kann; so habe ich seine Hypothese Lehnsweise mir zu Nutze gemacht, und mir Mühe gegeben meine eigene sentimens zu verleugnen. Ich bin dabey sehr gut gefahren, daß ich
    seine
Hypothese zum Grunde meiner Handlungen gelegt. Da mir mein Klagegedicht eingeschlagen um den letzten Knoten glücklich aufzulösen: so bin ich
    fertig
und kann der
    Ruhe
genüßen, die ich verdient. Es heist auch hier, wie dort: Du wirst ja nimmer eins mit dem schädlichen Stuhl, der das Gesetz übel deutet Ψ. XCIV. So sehr ich Ihnen für die Vertraulichkeit in Ihrem letzten Rechtshandel danke: so muß ich doch bekennen, und kann es nicht leugnen, daß sie jetzt zu spät kommt. Ich
    war noch in Kurland
, liebster Freund, wie sich der Handel? Todtentanz angieng und habe Ihres Schwag. Steinkopf erbaulichen Brief selbst gelesen. Hier lag der Knoten: Principiis obsta. Weil man uns christlich schrieb; so muste man auch christlich antworten, um dem Lästerer nicht in den Rachen zu fallen. Da für fürchte man sich aber, wo nichts zu fürchten war. – Doch ich freue mich herzlich, daß alles zu Ihrer Zufriedenheit abgelaufen. Und da ich weiß, daß uns alles zum besten dienen muß: so gebe ich Ihrem ganzen Betragen in Führung dieser Sache meinen aufrichtigsten Beyfall. Ich weiß, daß ich in der Lehre und im Leben ein verirrt Schaff bin; es ist mir aber ein großer Trost, daß ich zu einer Kirche gehöre, welche so wenig gute Werke als Orthodoxie zur Gerechtigkeit macht, die vor Gott gilt. Was meine Irrthümer anbetrift; so ist es mir sehr angenehm, daß Sie mir Liebster Freund einige Winke davon geben. Weil ich aber nicht angeklagt werde; so darf ich mich nicht verantworten. Ich halte keine Winkelschule und suche auch keine öfentl. Lehrerstelle. Bey einer feyerlichen Gelegenheit meine Irrthümer zu wiederruffen oder zu bekennen soll es mir an
    Freudigkeit
nicht fehlen die Gründe meiner Hofnung aufzudecken. Sie fragen mir, liebster Freund! ob Sie die Fabel ihrer Schulhandlungen künftig aus der heil. Schrift entlehnen sollen. Auf meine Entscheidung kann es hier garnicht ankommen. Rathen möchte ich Sie nicht dazu, wenn Sie den
    Schein
eines sittlichen An Übelstandes vermeiden wollen. In diesem Fall würden Sie sich eine
    schwerere Arbeit
aufladen, weil Gegenstände von der Art eine feinere, sorgfältigere, gewißenhaftere, neuere Behandlung fordern. Die Wahl Ihres
    Alberts
ist ungemein glücklich. Sie hätten alles aus ihm machen können, was Sie gewollt hätten – – ich laß, ich laß und der Held verschwindet in einem ganz gemeinen Popanz der Schaubühne, deßen Charakter noch unter den kleinen Görgel steht, deßen Lebenslauf Sie in der Einladungsschrift, zur Beschämung des
    feinen
Geschmacks, der in
    Riga nicht geleugnet werden kann
geliefert. Ich dachte dabey an
    die hiesige Armenschulen
, wo die Eltern eine Moral von der Art noch mit Dank erkennen können. Sehen Sie, Liebster Freund – das verdroß mich recht sehr, um Ihrer Selbst willen. Ich dachte daher: wag es einmal, wag ein blau Aug um deinen alten Kameraden ein wenig
    Blut
in die Augen zu güßen; daß er
    Feuer
fängt – – Ich kenn Ihr
    stoisch Herz
; es ist nur ein Jahr oder 2 älter wie meins. Wir sind noch lange nicht so alt als
    Barsillai
, daß wir unsers gelehrten Lebens überdrüßig seyn sollten, wenn wir nur – damit wirthschaften wollen. Fühlen Sie nicht umsonst die Last meiner Hände sondern laß die Gabe Ihres Genies dadurch erweckt werden. Nehmen Sie Ihre Fabel, wo Sie wollen; vom heil. oder gemeinen Grunde. Sie werden hierinn glücklicher seyn als Sie es durch meinen Rath werden können. Die ganze Sache kommt auf ein
    neu Geschöpf
an, und nicht ob es einen biblischen Namen oder einen profanen führt. Ein
    lebend Kind
muß es wenigstens seyn, deßen sich der Vater und die Mutter erfreuen kann, das die
    Muse
Benoni, das
    Publikum
aber Benjamin nennt. Ich umarme Sie und ersterbe   Ihr treuer Freund.Hamann. Vergeßen Sie nicht meine verlorne Blätter über den Handel.
    Zeit und Gelegenheit
überlaße Ihnen, um meinen Willen mit Klugheit zu erfüllen. Mein Vater grüßt herzl. Umarmen Sie Ihre liebe Frau. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 204 (II 80/8): mein Schaz! Wenn sie Thorheiten begangen, so ist alles recht und sie wissen wohl Rath. Zu HKB 204 (II 80/12): Bitterkeit, Thorheit, alter Groll Zu HKB 204 (II 80/19): Albert ist nicht der Hauptchar. sondern Ymant der
    ungestümer
der
    Popanz
der nur Spießlauf, doch ist Albert nicht
    müssig
uti Canut bei Schlegel.
Zu HKB 204 (II 80/25): Gorgel muß für die Einfältigen reden, die in Wolken nicht können. Der gute
    Armelle
ist besser als Socrates.
Zu HKB 204 (II 80/31): NB. Meine Randglossen? annotanda haben sie meine
    Antwort
gesehen? – Die Erkl. war
Königsberg den 29 April. 1761. Geliebtester Freund, Dem
    Frühling
hab ich es vermuthlich zu danken, daß Ihr Andenken von neuen auszuschlagen anfängt, und diesmal den Eichen zuvorkommt. Meine Hofnung Sie diesen Sommer noch hier zu sehen, ist aber durch Ihren Brief, in der Blüthe gestorben. Es freut mich herzlich, daß Sie zufrieden leben – und wie es scheint, gesund sind. Mein geheimer Verdruß, der mich bisher genagt wird durch die Entfernung meines Bruders vielleicht erleichtert werden, der eine Condition hier angenommen hat, auf Empfehlung des D. Schultz, in des Kriegsrath v. Wegners Hause. Ich bekümmere mich um seine ganze Lebensart fast gar nicht mehr; unterdeßen ist es doch natürlich, daß mir das Schweigen so sauer werden muß als das Reden. Wer nicht hören will muß fühlen, sagt ein alt Sprüchwort, und ein anderes: Wer Vater und Mutter nicht folgen will, wird dem Kalbfell Gehorsam leisten müßen. Sed transeant haec cum caeteris. Ihre Einlage habe gestern morgen selbst bey der Fr. Consistorial Räthin bestellt; und gegenwärtige mir von Ihr ausgebeten. Am Wittwenhause, wie ich wahrgenommen, wird stark gebaut. Weil Sie mit mir zugl. einen andern Besuch bekam; so wollte mich gar nicht aufhalten, habe Ihr aber versprochen bisweilen zu besuchen. Ich habe diese Woche meine Pfingstferien schon angefangen, und ich suche in denselben mit allen Nebenarbeiten fertig zu werden, um nach dem Fest allen Zerstreuungen in meinem Tagewerk überhoben zu seyn; das Gott Lob! glücklich fortgeht. Mit dem arabischen bin so weit fertig, daß der Alkoran in der Grundsprache und Golii arabisch Wörterbuch zum Gebrauch auf mich warten; und bey diesem Pfluge möchte ich meinen Augen wenig Erlaubnis geben, herumzugaffen. Vier Tage in der Woche hab ich zum morgenländischen ausgesetzt; Mittwochs und Sonnabends geht mein Griechisches fort; wo ich jetzt den Aristoteles durchlaufe und mit dem ersten Theil seiner Werke vor Pfingsten noch fertig zu werden gedenke, der Logica und physica, wie der zweyte die Sittenlehre, aesthetic und Metaphysic in sich hält. Jeden Tag erübrige ich noch zum Beschluß einiger Kapitel im Neuen Testament, womit ich jetzt die Horas hebraicas des Lightfoote verbinde, auch bald Schoetgenii seine dazu nehmen möchte. Mein Bruder hat die Opera des ersten; die letzten erwarte vom Professor Kypke, dem ich willens bin die Gelehrsamkeit seiner ganzen Bibliothek zu stehlen, unterdeßen er sein Haus zum Garten baut, und seine Profession eine Zeit lang brach liegen läßt. Weil ich nach dem Abendeßen nicht Lust habe was ordentlichs vorzunehmen: so ist es mir eingefallen meine engl. Bücher, besonders die Dichter, viertelstundenweise zur Gemüthsergözung zu wiederholen. Ich merke daß diese verlorne Arbeit auch das ihrige abwirft: und dieser Einfall
    hohe
Zeit gehabt, wenn ich mein Engl. nicht ganz hätte vergeßen wollen. Mein Umgang ist sehr eingeschränkt; so viel ich brauche, hab ich, und such ich zu erhalten oder fortzusetzen. Weil ich zu beqvem gewesen Ihren Gruß an meinen Bruder zu bestellen; so können Sie keinen entgegen erwarten. Mein Vater wünscht Ihnen mit aufrichtigem Herzen alles Gute, auch Sie noch wiederzusehen um sich wenigstens über Ihren guten Wuchs zu erfreuen. Sie wißen, daß dieser Umstand alten Leuten immer angenehm ist. Empfehlen Sie mich dem HErrn von Szoege aufs Beste und bitten Sie Ihm daß er unserer Akademie die Ehre anthut auf derselben zu überwintern. Ich umarme Sie und bin Ihr treuergebener Hamann.
Königsberg den 5. May 1761. Geliebtester Freund, Wir werden noch ein Jahr zusammen leben. Sie schreiben mir um einen Alkoran, und ich hatte Ihnen schon einen zugedacht. Sale seinen, nämlich, den Arnold aus dem Engl. übersetzt. Sie werden in demselben eine sehr weitläuftige Einleitung finden, die für mich sehr unterhaltend gewesen, und starke Noten zum Text. Unserer
    neuen Dichter wegen
, hatte ich Ihnen dies Buch zugedacht; gesetzt daß auch sonst nichts darinn wäre, das einen Gelehrten reitzen könnte. Daß Hinckelmann eine lateinische Uebersetzung ausgegeben weiß nicht, den
    Grundtext
aber, und diesen hab ich schon den Anfang gemacht vorzunehmen; auch schon versucht in Golii Lexico aufschlagen zu lernen. Ich bin sehr glücklich, daß ich alles Geräth, was ich nöthig habe, auf einen
    Pfiff
erhalten kann. Der Besitz davon wäre
    hiesiges Orts
unmöglich, sehr kostbar, mir überlästiger als das
    nützlichere
Leyhen, das uns den Gebrauch einer Sache mehr empfiehlt und denselben zugleich befördert. Hinckelmanns Vorrede zum arabischen Alkorann hat mich ganz begeistert, und ich habe fast Lust bekommen als Untercopist mit einem Abgesandten nach die Türkey zu gehen, ehe ich vierzig Jahr alt würde. Komt Zeit, komt Rath. Können Sie mir wohl einige Nachricht vom Johanne Eliberitano geben, der mit den Moren verjagt, aus Spanien nach Afrika gieng, zu Fetz fleißig war und darauf einige Jahre durch Asien und Afrika wanderte; auf seiner Rückreise zu den Seinigen nach Mauritanien aber nahe der Insel Lotophagite gefangen und dem Pabst Leo X übergeben wurde, und zwey Kardinäle, den Aegidius Viterbiensis, und Hyeron Seripandum; auch den Justinianum Nebiensem zu Schülern bekam. Dieser Johannes soll der erste Lehrmeister des Arabischen in Europa gewesen seyn; steht aber nicht in der alten Ausgabe des gelehrten Lexici? Ob in
    der neueren die Sie haben
? Daß sehr viele Liebhaber dieser Sprache
    irrende Ritter
geworden ihr zu Gefallen, zeigt der Lebenslauf der berühmtesten Gelehrten in diesem Studio. Zum Alkorann des Sale habe noch La Combe mit
    Joachims Anmerkungen
als die nützlichste Uebersetzung dieser kleinen Schrift beygelegt, in der Voraussetzung daß Sie solche noch nicht haben, und dort viel Liebhaber finden möchte. Selbst habe es nicht gelesen. So viel geht mich an in Ansehung des künftigen, was Sie aus dem Buchladen erhalten werden. NB. Ich werde zugleich besorgen daß
    einige Defect
Bogen aus dem Schauplatz der Natur für den jungen Pastor Rupr. Ihrem Pack beygelegt werden, damit er sie desto
    sicherer
und
    geschwinder
erhält. Sie thäten mir einen Gefallen,
    wann Sie dies Selbst bestellen möchten, so bald Sie für nöthig finden hier zu schreiben, daß Sie
, Liebster Freund! die
    Defect Bogen
für den Pastor Ruprecht dort
    erwarten
, und an ihn besorgen würden, als wenn der
    Pastor Rup. Sie selbst darum gebeten hätte
. Denn was ein Freund für den andern thut kann man immer verwechseln, wie der Verfaßer der Wolken Elisa Diener mit dem HErrn selbst. Mein Kaltsinn gegen Wagner geht Ihre Angelegenheiten im geringsten nicht an. Es wird mir allemal
    lieber
seyn, wenn Sie unter
    meinem Couvert
an ihn schreiben wollen, als vice versa. Haben Sie schon das Theater des Diderots. Ich habe meinen ganzen Nachmittag gestern an diesem Buch verschwendet, ohne mir es gereuen zu laßen, besonders da mir der
    zweyte Theil
noch ganz fremde gewesen. Die Abhandlung an HE Grimm kann sehr nützlich seyn für einen Schriftsteller, der in der dramatischen Dichtkunst arbeiten will. Man muß das Theater kennen, man muß es verbessern, wenn ein ehrlicher Mann dafür arbeiten will. „Wehe jedem, der sich
    beschäftigt
, wenn seine Arbeiten nicht die Qvelle seiner
    süßesten Augenblicke
ist, wenn er sich nicht mit dem Beyfall
    Weniger
befriedigen kann!“ Diderot kennt Regeln, so gut als der beste Schulmeister sie
    verstehen
und
    mittheilen kann
; aber dieser Philosoph sagt wie ein halber Mystiker, daß dasjenige, was unds
    führen
und
    erleichtern
muß, nicht Regeln sind, sondern ein
    Etwas
, das weit
    unmittelbarer
, weit
    inniger
, weit dunkeler und weit gewißer ist. Was für ein Galimathias in dem Mund eines Weltweisen wie Diderot ist. Der kleine Roman des idealischen Menschen, den Ariston von seinem 40 biß zum 55 Jahr die Zeit in seiner Einsamkeit so angenehm vertrieben ist ein kleiner Theaterstreich um den Vorhang seiner Abhandlung fallen zu laßen. Der Hausvater hat mich in einigen Stellen sehr
    erweicht
und
    gerührt
. Was
    Leßing
von den Fabeln und
    Diderot
vom Drama geschrieben, kann demjenigen sehr zustatten kommen, der die Qvellen der Poesie und der Erdichtung weiter entdecken will als diese beyde Schriftsteller sie haben nachspüren
    können
; weil sie das Irrlicht einer falschen Philosophie zur Wegweiserinn gehabt. Um das
    Urkundliche
der Natur zu treffen, sind Römer und Griechen durchlöcherte Brunnen. Von der FarbenTheorie eines Newtons ist noch eine große Kluft biß zur Lehre vom
    Licht
.
    Meynungen
sind bloß vehicula der Wahrheit, und nicht die Wahrheit selbst. Von dieser
    philosophischen Abgötterey
unser Jahrhundert zu überführen, ist unmöglich; kein Wunder, wenn die Aarons und die Hohenpriester des Publici selbst Götzendiener sind. Unter allen Leidenschaften sind diejenigen, sagt Diderot, die man sich am
    leichtesten
zu haben stellen kann, auch die leichtesten zu schildern. Die Grosmuth, (diese Leyer der Moralisten) verträgt überall etwas Erlogenes und Uebertriebenes. Ihr kennt die Tugend nicht, oder was ihr Grosmuth nennt und dafür gescholten wird, muß selbst eine Lügen seyn. Eine neue Moral, ein neu Sittengesetz, würde also unsern Geschmack, unsere Bühne, unsere Sitten bald ändern, – hiezu gehört aber eine
    göttliche Gedult
und ein
    Göttlich Ansehen
. Wie
    gefällt Ihnen dies Gleichnis des Diderots?
Die von der dramatischen Dichtkunst geschrieben haben, gleichen einem Menschen, der auf ein
    Mittel
sönne, wie er eine ganze Familie in Unruhe stürzen könne, diese Mittel nicht nach der Unruhe selbst, sondern nach dem
    abwägen
wollte,
    was die Nachbarn davon sagen würden
. O kümmert euch nicht, fährt Diderot fort, um die Nachbarn; „
    peinigt
nur eure
    Personen recht
, und seyd versichert, daß diese keinen Verdruß haben werden, an dem nicht jene Antheil nehmen.“ Ich möchte wißen, wie diese Stelle im französischen lautete. Der Autor ist ein gar zu großer Verehrer des Racine und hat gar zu starke Empfindungen der Menschlichkeit, als daß man ihm das kalte Blut zutrauen sollte, die Personen seiner Schauspiele recht peinigen zu können, oder dies Talent dramatischen Schriftstellern im Ernst zu empfehlen, denen an
    ihrer Kunst mehr
gelegen als an
    ihrem guten Namen
, und den
    Urtheilen in der Nachbarschaft
. Den grösten Prüfungen der Selbstverleugnung ist wohl ein Autor, (im weitläufigsten Verstande) ausgesetzt. Gehört nicht eine große Selbstverleugnung dazu ein Stück zu liefern, das durch
    so feine Empfindungen
, durch
    so flüchtige Gedanken
, durch so schnelle
    Bewegungen der Seele
, durch
    so unmerkliche Beziehungen
verbunden ist, daß es
    ganz ohne Verbindung
und besonders für diejenige
    ohne Verbindung
zu seyn scheint, die nicht dazu
    gemacht
sind, in den
    nemlichen Umständen
das
    Nehmliche
zu empfinden. Seine Arbeit ist für 99 Leser verloren; durch für diesen Verlust aber wird er durch den Gewinn des hundersten getröstet. Was für eine Blindheit gehört dazu 99 gegen 1 aufzuopfern; ganze Heerden, Schaaren und Völker in der Irre zu laßen, um mich gegen Indiuidua verdient zu machen. Da heist es wohl recht: Sapere aude! Weil Diderot ein Mann von Talenten, und vermuthlich auch von Erfahrungen ist, so bin ich heute ein so weitläuftiger Abschreiber gewesen, um dem Verdruß und dem Vergnügen, daß ich bey Lesung seiner Abhandl. reichlich genoßen, ein wenig Luft zu machen. Es fällt mir aber liebster Freund ein, daß diejenigen nicht so einfältig handeln, die für wenige als die so für viel schreiben; weil es das
    einzige Mittel ist die Vielen
zu gewinnen, wenn man die
    Wenigen erst
auf seine Seite hat; so wie auch derjenige Beyfall, zu dem man Zeit und Arbeit, Geschick und Klugheit nöthig gehabt, ein längeres Leben mehrentheils hat verspricht als der Ephemeriden ihrer, von dem es oft heist: So gekwommnnen; so zerronnen. Die gröste Sparsamkeit und Wirtschaft kann ein
    Kapital des Glücks
allein erhalten. Die
    Furcht Isaaks
ist der Seegen, den ich mir als Autor wünschen möchte, wenn es mein Beruf seyn sollte einer einmal zu werden. Ich danke Ihnen, Liebster Freund, für die Hofnung, die Sie mir machen zu meinen verlornen Blättern. Das Bureau ist das Schaff mit Glas; das
    mittelste
ist eigentl. was ich das Schreibefach genannt haben sollte. Da muß es liegen. Jetzt werden Sie mich verstehen. George B‥ ist der beste Kanal, den Sie wählen können. Grüßen Sie ihn bey Gelegenheit zugl. herzlich von mir, und ersuchen ihn, daß er mich nicht vergeßen soll. Er soll sich um nichts als seinen Handel bekümmern; für Wißenschaft würde ich so sorgen, daß ich ihm zeitig genung so viel überlaßen könnte, als er Lust und nöthig hat. Von der Stelle, die Sie sich erinnern, ist keine Spur mehr in meinem Gedächtnis; weil mir die ganze Wendung meiner Gedanken über diesen Gegenstand verflogen. Ich erwarte desto mehr von der Erneurung derselben. Am heil. Abend vor Himmelfarth schickte Prof. Teske zu mir und ließ mich zu sich bitten. Ich ließ mich
    entschuldigen
, weil ich mit der Post zu thun hatte, und nach Kurland schrieb. Freytags ließ mich frühe
    anmelden
, wo man sich meinen Besuch gleich gefallen ließ, zu dem ich schon fertig war. Ich wurde sehr höflich, außerordentl. gütig aufgenommen. Man that einen kleinen Antrag an mich, ob ich Lust hatte zween junge HE. auszuführen. Weil man aber eine Fertigkeit im franz. in mir zum voraus setzte, so hob diese Bedingung gleich eine weitere nähere Erklärung über diese Sache auf. Man redte mir Wunder von dem Hause vor, die mir lächerlich waren, und meine Neugierde unterdrückten, an statt solche zu reitzen. Aus dem ganzen Schwunge des Vortrages leuchteten Nebenabsichten hervor, daß man mich kennen wollte, und daß man an mir denken wolle, wenn ich Lust hätte. Das Gespräch fiel auch unerwartet auf die Religion, wo ich die zehn Gebote und Luthers Katechismum recht sehr anprieß. Ich war munterer als gewöhnlich, und schien einige beßere Eindrücke von mir zurück zu laßen, weil man mir auf der Treppe noch nachrief: Seyn Sie
    mein Freund
. Und so hatte die Komedie ein Ende, und gieng mit meiner Rolle recht sehr zufrieden weg, weil ich mit andern Ahndungen hingegangen war, und meine Ruhe öfters darüber verliere, daß ich sie allzu sehr liebe. Dergl. kleine Auftritte sind mir sehr angenehm und so unbeträchtlich sie aussehen, so sehr interessiren Sie mich, weil eine Einbildungskraft, die eine gute
    Kupplerinn
ist, aus der Verbindung solcher zufälligen Kleinigkeiten glückliche Wirkungen hervorzubringen sucht. Nichts geschieht umsonst; hingegen alles muß zu unserm Besten dienen. Zwey Grundsätze die fruchtbarer sind als das Princip. Contradict. und rat. suffic. für einen Menschen, der auf der Welt leben und denken soll, weil er Leib und Seele dazu bekommen hat. Vielleicht künftig mehr von Neuigkeiten. Um Treschos Autorschaft bekümmere mich nichts. Die Zuschrift einer Osterpredigt von seinem Busenfreunde ist ein eigen Zwitterding von zärtlichen Gefühl. Man hat mir gesagt, daß seine Versuche im Denken und Empf. Ihnen, liebster Freund, Krick. und Bor. zugeeignet. Das assortissement wäre nicht anständig. Doch wählen und urtheilen ist ein ander Ding als Denken und Empfinden. Daher ist es mir lieb in keiner andern als solchen Verbindung mit dergl. schönen Geistern zu stehen, als wo ich Ihnen so nah kommen darf als nöthig und ich sie von mir so entfernt halten kann, als ich will. Wolson war eben hier seines Bartes wegen und hat mir einen Gruß aufgetragen. Mehr weiß nichts von ihm weil ich seit langer Zeit keinen Umgang mit ihm gehabt. Da ich Ihnen GeEhrtester Freund, von meinen Arbeiten Schritt vor Schritt Rechenschaft gebe; so erfordert es das Recht der Wiedervergeltung mich auch an den Ihrigen Antheil nehmen zu laßen. Sie beurtheilen mich schlecht, wenn Sie mir keinen Geschmack an
    Schularbeiten
zutraun, da ich den Werth derselben mehr als die gelehrtesten Abhandlungen schätze. Jene
    nützlicher
zu machen, Geist Leben und Farben ihnen zu geben ist auch mein Wunsch und würde das Ziel meines Ehrgeitzes seyn. Sie wären
    Meister
von Ihrer
    Bühne
und es käme auf Sie an durch Ihre Kinderspiele den Geschmack größerer Theater zu verbeßern. Sobald Sie dieser Bestimmung Genüge thun werden; erlaub ich es Ihnen, liebster Freund, Ihre Schularbeiten dem Urtheil jener berühmten Gesellschaft nicht nur zu unterwerfen, sondern auch Trotz zu biethen. Anders aber nicht. Kann ich es als ein Patriot verschmerzen, daß einer meiner nächsten Freunde eine der grösten Zünfte in Deutschland so schnöde hintergehen und zum
    Ceremoniel
schmause nichts als aufgewärmten Kohl auftischen will. Que faire? fragen Sie mich. Wo nichts ist, da hat der Kayser sein Recht verloren. Würde nicht ihr Amt Ihnen ein Testimonium paupertatis gern unterschreiben. Armuth vergiebt man; aber der Bettelstoltz ist eine Sünde gegen den Staat, worinn kein Kamerad dem andern den Rücken halten muß. Arm ist er nicht, meine Herren! aber
    faul
ist er. Sein Hercules in bivio ist eine Fabel, die er auf sich selbst dichtet. Seine Declamation gegen die Faulheit wird nichts als eine Gegenceremonie seyn, die er seinen Schülern auslernen wird. Ich sehe die Ruthe mit Flittergold im Geist, die für dies Ungeheuer fertig liegt, das durch ihr Schmackostern noch mehr in seinem Muthwillen gestärkt werden wird. Lachen Sie nicht, wenn ich meine Herren! vermöge einer Ideenaßociation, an jene Stutzer denke, die ihren knotichten Stäben die Allmacht jener Keule zutrauen, von der man so grobe Lügen gedichtet, daß man sie mit Händen greifen kann. Soll man Riesenhelden Kindern zum Muster machen? Das thut kein
    Christian
, der schlecht und recht ist und für die Einfältigen schreibt. Herkules weiser Muth in bivio war der erste Schritt, der ihm den Weg in die Wolken eröfnete. Alle seine übrige Ebentheuer waren nichts als natürl. Corollaria dieses kindischen Anfanges. Soll man aber Kinder in die Wolken führen? Wenn es Herkules geglückt hat: so geht nach Kinder! Beßer in die Wolken, als in eine Grube wo kein Waßer ist – – Wo war ich? Auf der Bühne der Alten, da man Masken und Sprachröhre nöthig hatte, die unsere wohl entbehren können. Vergeben Sie mir diese kleine Episode, wenn Sie aufgeräumt sind. Einem Kenner ist ein roher Diamant schätzbarer als ein geschliffener böhmischer Stein. Mein freundschaftlicher Rath wäre also, liebster Freund, noch Gedult zu haben, nicht zu eilen, auf fruchtbare Augenblicke zu warten, die nicht ausbleiben werden. Es würde mir lieb seyn, wenn wir uns ein wenig über die Schulbücher noch unterhalten können. Der erste Einfall dazu wird mir gelegen seyn – – Ich habe über einen Monath an einem Schnupfen gearbeitet, der mir bisweilen den Kopf spalten will; sonst befinde mich leidlich, und gewinne vielleicht dadurch an meiner übrigen Gesundheit. Ihr jüngster HE Bruder aus Kurl. hat mir geschrieben. Die gute Gelegenheit gab mir den Vortheil an die Hand seinen Brief mit der ersten Post zu beantworten. Ich habe meine Schreibart so eben als mögl. zu machen gesucht und eine einfältige Specification meines Tagewerkes ihm mitgetheilt. Nehmen Sie seiner ein wenig wahr – – – und behalten Sie diese Vertraulichkeit eines guten Freunds vor sich. Gott gebe Ihnen Glück und Segen zu allen Ihren Arbeiten, laße alles zu Seiner Ehre und zum wahren Nutzen des Nächsten gedeyhen. Erst muß das Korn verfaulen, ehe es fruchtbar werden soll. Lästern Sie meine Parrhesie nicht; sondern laßen sich zu einer gleichen gegen meine Thorheiten aufmuntern. Ihren Wink in Ansehung der GeEhrten Mama werde zu Nutze machen. Komt Zeit, komt Rath. Mein Vater grüst Sie herzl. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte, und ersterbe Ihr treuer Freund Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 206 (II 88/33): Parenthyrsus Kollers nicht Gallsucht nicht Verachtung. Windbeuteley. Urtheil? nicht sondern bon sens d. besch. Vernunft. Ingressio der Leidenschaft.
Königsberg den 30 May 1761. Geliebtester Freund, Herr Lauson hat mich eben besucht; bey dieser Gelegenheit erzählte ihm mein Bruder, daß er nächsten Montag ausziehen würde zum HE Kgsr. v Wegner, wo er Hofmeister geworden durch Vermittelung seines Beichtvaters und D. Schultz. Dieser Neuigkeit wegen schreibe heute an Sie, weil ich weiß, daß Sie an dieser Veränderung Theil nehmen. Es ist mir herzlich lieb, daß ich im übrigen mich um nichts bekümmern
    dürfen
, und also von nichts weiß. Man scheint unterdeßen auch
    hier
in den Fehler gefallen zu seyn, daß man einen Menschen
    brauchen
will, den man sich noch nicht die Mühe gegeben zu
    kennen
. Die Folgen davon weiß Gott, der alles zu Seiner Ehre und unserm Besten gedeyhen laßen wolle! Meine Arbeiten haben nach den Feyertagen einen sehr glücklichen Fortgang gehabt. Den Jesaias habe seit Pfingsten angefangen und hoffe ihn künftige Woche zu schlüßen. Ein Drittel von Aristoteles zweyten Theil habe heute auch geschloßen, und fange nächstens seine politische Bücher an. Ein eben so scharfsinniger Beobachter und Geschichtschreiber in dem Sitten- als Naturreiche. Mit dem arabischen geht es beßer als ich dachte und habe schon 61 Verse des zweyten Kapitels im Alkoran absoluirt, ohngeachtet ich so träg als möglich diese Arbeit treibe. Die ersten 20 Suren sind die längsten und machen über die Hälfte des ganzen Buches aus, das über 100 zählt. Wegen des verlornen Papiers machen Sie sich keine weitere Mühe, ich bin damit recht sehr zufrieden, daß es nicht gefunden worden. Fällt es Ihnen durch einen Zufall in die Hände; so
    erhalten
Sie es mir. Im Buchladen habe ein paar Kleinigkeiten von Lauson hingeschickt, der sich bedanken läßt und ein Galimafré von meinem Freund
    Hintz
beygelegt, den ich im Engl. unterrichte; auch ein Gedicht des Kaysers, der Hofmeister des X.Y.Z. gewesen und deßen Philosophie in ein Banqueroute aufgehört. HE. Hinz führt die Jungen v. Korf, Mariannens Pflegkinder, die ich sehr liebe wegen einer gewißen natürl. Gutartigkeit, die ihnen ein sehr gesetztes Wesen giebt. Sie erhalten mit nächsten Skeltons offenbarte Deisterey. Ich wundere mich daß ich diesen Schriftsteller nicht eher kennen gelernt. Er ist der
    ältere Bruder
von Herveys Theron und Aspasio. Haben Sie ihn schon; so wird Pastor Ruprecht Junior Ihnen für das Buch dankbar seyn, das zur Zierde sr. Bibliothek gereichen wird. Der Tiefsinn ermüdet ein wenig den Leser, oder muntert ihn auf. Ich habe übrigens viele Ideen gefunden, die mit den meinigen eine Art von Sympathie haben und mich desto mehr für den
    Schäfer
und den Autor eingenommen. Lamberts gelehrtes Saecul. Ludw. XIV. hat mich sehr verdrüslich gemacht durch den
    einförmigen Leichenrednerton
, der in allen seinen Artikeln herrscht. Der zweyte Theil ist ein wenig angenehmer als der erste, weil Fontenelle mehr gebraucht werden können. Hambergers Nachrichten der Schriftstellergeschichte sind ein vortreflich Handbuch, das Sie vermuthlich schon besitzen werden. Die moralischen Beobachtungen und Urtheile habe erst jetzt kennen gelernt, und das Ende, welches einen Actum zwischen Vater und Sohn über Klopstock einrückt, giebt ein Muster zu einer neuen Art von Schuldrama. Ich habe dies kleine Fragment zweymal gelesen, und wünschte, wenn Sie es studieren möchten; weil es ein Original ist, das reiche Züge zur Nachahmung an die Hand geben kann. Zwey französische Kleinigkeiten habe mir angeschaft. Parallele des Tragedies grecs et francois 1760 kostet 1 Thrl. hier und macht noch kein Alphabeth. Der Autor scheint ein Jesuit zu seyn; er giebt seine Arbeit für nichts als ein Supplement zum Brumoy aus. Um den Vorzug der neusten französischen dramatischen Schriftsteller zu zeigen (ein Thema, das nach dem Geschmack des Jahrhunderts aussieht), untersucht er im ersten Theil die Alten, und zeigt ihre
    Ueberlegenheit
, indem er immer die Feßeln beschämt, die sich die Neuern selbst geschmiedet; im zweyten erhebt er die Geschicklichkeit, womit sich die letzteren selbst ihrer Sclaverey zur Ehre ihres Ruhms bedient haben, und daß die Stücke desr Alten eben den Regeln wiedersprechen, die man sich einbildet von ihnen entlehnt zu haben. Er schränkt sich besonders auf Racine als den Liebling des französischen Geschmacks ein. Derieser Plan dieses seines Buchs verräth schon die Politik eines Jesuiten. I. Ueberlegenheit der Alten in der Wahl der Fabel. Historie, Tradition, Erdichtung sind die drey Qvellen. Die alten waren nicht
    so abergläubisch gewißenhaft
gegen die Geschichte als wir sind; nicht so ungläubig und eckel gegen das wunderbare der Tradition. Dichten ist in unsern Zeiten eine philosophische Sünde. Aristoteles hat zu derselben seine Zeitverwandten sehr aufgemuntert, weil die bekanntesten Begebenheiten für den grösten Haufen der Zuschauer so anzusehen sind als wenn sie niemals geschehen wären. Die poetische Gerechtigkeit hat die Neueren aber am ärgmsten gemacht. Diese moralische Ungereimtheit bemüht sich der Autor am meisten zu zeigen. Exiger d’un poete qu’il purifie toujours le vice et qu’il fasse triompher la vertu c’est renverser l’ordre de la Prouidence qui permet tous les jours le contraire. – – Diese Gewohnheit hebt den ganzen Endzweck des Theaters auf. Qu’importe que le Spectateur s’en aille bien content du succès de la catastrophe c’est
    vouloir lui plaire au moment qu’il vous echappe
.
Ein wenig Nachdenken zeigt die ganze Ungereimtheit dieses Grundsatzes, der unserer gesunden Vernunft so wohl als unserer Religion Schande macht, die in jedem Zuseher ein künftig Gericht voraussetzt. Das Intereße der Umstände ist das wesentlichste; es zieht aber seinen Ursprung aus einem geheimen Intereße gegen die Personen. (Die Katholicken könnten eben den Gebrauch von ihren Heil. machen den die Griechen von ihren Helden) Tous les membres d’une seule famille, tous les Spectateurs s’imaginoient voir dans les Heros qu’on mettoit sur la scene un Ancetre dont la gloire rejaillissoit sur eux. – – C’etoit pour ainsi dire une tendresse filiale et comme un interet de parenté bien piquant pour des Atheniens et dans le centre du patriotisme. So viel von der Wahl des Grundes, auf den der Poet bauen will. Hierauf komt der Autor auf die
    Wahrscheinlichkeit
, den Eckstein seines ganzen Gebäudes; nicht was die Erfindung sondern die Einrichtung und Oekonomie des Stückes betrift. Leichtigkeit der Alten die Einheiten zu beobachten. Le grec avoit 1000 ressources que nous n’avons plus. Lorsque la raison, l’arbitre et la regle de la vraisemblance ne se pretoit a ses vues, il avoit tout le Ciel a ses ordres. La Religion, la
    Theologie
meme par un accord, qui ne subsiste plus sembloient lui tendre la main. – – Des songes, des sermens, des prestiges, des Oracles, une invincible fatalité, des
    Dieux mechans
qui ordonnoient le crime, des Dieux
    trompeurs
et si je puis m’exprimer ainsi des Dieux
    sorciers
etoient pour le Poete des ressources toujours sures, des machines toujours pretes
– – Daß uns diese Maschiney noch nicht untersagt ist, hat ein neuerlicher Versuch erwiesen, und daß es keine Kunst ist den Alten nachzuahmen, wenn man selbige nur kennt und versteht. Hieran fehlt es aber den meisten, daß Sie weder viel von der Wirtschaft verstehen, noch ihren Grund und Boden recht kennen. Hierauf folgt ein Kapitel vom
    Knoten
und sr Auflösung. On mene fort à son aise quand on sait qu’on ne sera point chargé de defaire le noeud. Der Autor hält sich lange über die Regel der 5 Aufzüge als ein Gesetz auf incommode au Poete et contraire à la pratique des Anciens. Wodurch haben wir die
    Chöre
ersetzt? par quelques mechans violons. Admirable equivalent! – – Nos privileges sont d’avoir plus de talens ou du
    moins d’en avoir plus besoin
.
Hierauf les moeurs – les sentimens. Nous voulons des emportemens
    reflechis
et
    compassés
, qui laissent à
    l’exterieur
toute sa
    decence
, à l’esprit trop de flegme et à la raison tout son empire. – – Nos poetes ne font pas assez d’attention, que le Parterre ne doit etre compté pour rien, qu’il n’est pas supposé present – – Diction – – Magnificence et etendue des Theatres anciens.
Das letzte Kapitel des ersten Theils zeigt die Qvelle der Vorurtheile, die bisher das neue französische Theater in der Knechtschaft erhalten haben, worinn wir es sehen. Les fondemens en furent posés par des hommes sans genie, sans connaissance de l’antiquité, sans aucune idée juste du Theatre. – –
    Le meilleur
et
    l’unique
parti qu’il y avoit à prendre, c’étoit de tout renverser, de creuser de meilleurs fondemens et de recommencer à nouveaux frais. – – Si Corneille eut pris une route opposée à celle qu’avoient tenue ses predecesseurs, c’eut été vouloir convaincre d’ignorance tous ses rivaux et de stupidité grossiere ceux qui les avoient sottement admirés. Le pas etoit glissant et Corneille n’osa peutetre pas le hazarder. Il se contenta de corriger le plan qu’on avoit suivi jusqu’alors; il sentit la gene mais il n’osa s’en affranchir. Le pouvoit – il avec honneur, dans un tems ou le merite poetique consistoit etc: etc: etc:
So weit mein Auszug aus dem ersten Theil; der zweyte deckt alle die Fehler auf, welche die Alten, nach unsern Regeln gemeßen, haben. Das andre Buch, davon ich Besitzer, ist l’art de peindre, ein Gedicht des Watelet mit kleinen Abhandlungen über die verschiedenen Theile der Malerey begleitet. Zwey philosophische Begriffe will ihnen aus den letzten mittheilen. La
    beauté
consiste dans une conformation parfaitement relative aux mouvemens qui nous sont propres. La
    grace
dans l’accord de ces mouvemens avec ceux de l’ame.
Hierauf folgt ein Brief, worinn dies Gedicht streng und zieml. richtig beurtheilt wird; und denn des Fresnoy und Abt von Marsy zwey lateinische Gedichte mit französischen Uebersetzungen das erste de arte graphica betitelt und ein steifer starrer Didacticker, das letzte pictura, Carmen; wo die Muse die Bitte des Dichters erhört: – – Da periculum, da Musa, colores. Die Ausgabe dieser kleinen Sammlung ist von diesem Jahr, und schmeichelt sehr das Auge durch den Druck und die Vignetten. Vorgestern erhielt ein confiscirt Buch, das mit einem Ducaten bezahlt wird, und von dem ich noch den ganzen Titel abschreiben will: Die unwandelbare und ewige Religion der ältesten Naturforscher und sogenannten Adepten oder geometrischer Beweiß, daß die Metaphysik die wahre theoretische und die Moral die wahre practische Gottesgelahrtheit sey, bestehend in einigen freyen Anmerkungen und Erinnerungen über das in dem I. II. und dem Vorbereitungstheile zum III. Stücke der höheren Weltweisheit enthaltene System der allgemeinen Gesellschaft der Wißenschaften und deren Einrichtung und Plan zur gründlichen Ueberführung aller seicht denkenden und köhlergläubigen Deisten und Naturalisten aufgesetzt von einem Liebhaber der Wahrheit an seinen Freund. Berl. und Leipz. 1760. in 8. 15 Bogen. Wenn Sie an dieser Titulatur noch nicht genung haben: so melden Sie sich, um Ihnen noch eine andere und etwas mehr daraus mittheilen zu können. Ich umarme Sie, und Ihre liebe Hälfte, und bin nach herzlichsten Empfehl ms. Vaters Ihr aufrichtigster Freund. Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 207 (II 89/12): werden zur Galeere.
Königsberg den 20 Junius 1761. Geliebtester Freund Für den Beschluß des Popowitsch danke. Wenn Sie etwas verschreiben, so laßen Sie das Buch für mich kommen, aber nach Ihrer Beqwemlichkeit, weil es niemals für mich zu spät kommen wird. Heute Gottlob! die Woche mit dem XLV Kap. Jeremiä beschloßen, mit drey Suren des Alkorans und den politischen Büchern des Aristoteles zu Ende; nun komt die Rhetoric, Poesie und Metaphysik. Ich habe mit viel Zufriedenheit Kantemirs Türkische Geschichte gelesen, und theils die Stärke dieses Mannes in der Kunst des historischen Vortrages, theils unendlich vieles darinn über den morgenländischen Geschmack und Sitten zu meinen jetzigen Arbeiten gefunden. Versprach mir ein ähnliches Vergnügen von Marins Geschichte des Saladins; der Franzose hat aber meine Erwartung nicht erfüllt. Es herrscht in der
    Anlage
des Buchs und der
    Verbindung der Materien
eine
    solche Unordnung
und
    Misverhältnis
, die durch keinen Firniß des Witzes ersetzt werden kann. Herr Lauson hat eine kleine Abhandl. des Rect. Pisansky vom Dichter Herrmann hier abgelegt, die ich nach den Buchladen schicken werde, wo ich auch den Discours sur le progrès des bellesaux arts en Russie für Sie besorgen laße. Ich besuche jetzt keinen mehr und habe weder im Kanterschen noch Woltersdorfschen was zu thun; und ich gewinne dabey, daß die Lüsternheit nach Neuigkeiten meinen Arbeiten keinen Eintrag thut. Was mir unterdeßen in den Mund geflogen kommt, nehm ich mit. Diese Woche habe einen sehr angenehmen Einkauf von Buxtorfs Chaldäisch-rabbinisch-talmudischen Lexico, opere XXX annorum, wie der Titel sagt, für 50 gl. gethan. Vom Meßgut habe mir bloß den
    Arleqvin
angeschafft, der schön philosophisch und gelehrt gestochen ist (durch den Möser, der den Charakter Luthers an Voltaire geschildert, nach meiner Vermuthung) und gestern nur
    Witting
von der Lehrart Pauli. Der Besitz dieser beyden Schriften ist mir lieb, weil ich ihre Verfaßer als Reisegefährten ansehen kann, und ihre Vertraulichkeit mir viel Licht über die
    Karte des Landes
ertheilt, in dem ich mich verirrt habe. Die Scheidewand, welche unsere Schriftgelehrten und Freygeister absondert, scheint derjenigen sehr ähnlich zu seyn, die Juden und Heyden trennte. – – Dii nostra incepta secundent Auguriumque suum: dabitur, Troiane! quod optas. Virgil. VII. 259. Dies waren αλλοτρια. Ich komme jetzt auf Dinge, die mich näher angehen, und Ihnen geliebter Freund, auch nicht gleichgiltig seyn sollen. Ob ich die Rolle des
    Brutus
bald werde ausgespielt haben, oder ob sie erst angehen wird, weiß nicht. Kommt es zum
    Spiel
; so wißen Sie, wie die
    Steine
stehen. I. Mein Bruder meldete durch die
    Schritte
seiner
    Ankunft
und
    seines
    Eintrittes
ins Amt die Nothwendigkeit ihm zu
    Hülfe
zu kommen, so nachdrücklich an, daß mir jede Saumseeligkeit und der kleinste Fehler gegen die große Lehre: Principiis obsta, ein Dolch im Herzen war. Meine Unruhe darüber, mein Ernst dem Uebel abzuhelfen, wurde verlacht, oder für Bitterkeit, Haß und Ungestüm erklärt. In dem Hause, wo ich damals lebte, hab ich schon damals das Ende des
    Liedes
besungen; und man gab mir damals Recht. II. Seit meinem Aufenthalt hier habe dem Wachsthum des Uebels immer zugesehen. Alle meine ernsthaffte Bemühungen wurden vereitelt, weil man das
    Göttliche
Urtheil über mein Herz sprach, und alle meine Liebesworte aus einer bittern Qvelle herleitete, und mich zum Garkoch haben wollte, da ich Arzeneyen zu verschreiben für nöthiger fand. III. Mit einer Vollmacht vom
    Vater
und
    Beichtvater
kam ich nach Riga geschickt. Wenn ich meinen Bruder länger hätte zappeln laßen; so würde ich
    klüger
gehandelt haben. Ehrlich war es, daß ich ihn loßmachte, und mich an das
    zweydeutige
Gesicht einiger Umstände nicht kehrte. Mein Bruder war ohnedem der grösten Gefahr jetzt ausgesetzt, da es schien, als wenn Sie es für rathsam würden gehalten haben
    Amtsstrenge
zu brauchen, ohngeachtet er zu der Zeit des Mitleidens am nöthigsten hatte. Ein υστερον προτερον von der Art würde der letzte Stoß für meinen Bruder gewesen seyn. Es war ein Glück für Sie und für mich, dafür ich Gott danke, daß Sie
    ehrlich
in
    Ausspannung meines Bruders aus seinem
Joche zu Werk giengen. Bey der geringsten Untreue hätte ich mir
    kein Gewißen gemacht
Ihre Freundschaft der Liebe zu meinem Bruder aufzuopfern – – IV. War Ihre Schule eine Scylla gewesen; so war hier eine Charybdis. Ich habe gearbeitet, daß mir die Haare zu Berge gestanden. Das weiß der
    unsichtbare
Richter, der
    keine Person
der
    Menschen
ansieht. Weil ich nicht krum gerad machen konnte; so wollte ich doch nicht so niederträchtig seyn, was krum ist, für gerad anzunehmen, und gerad zu nennen, weil es andere so nannten, die von keinem andern
    Kanon
was wißen wollen als von ihrem
    kanonisirten Augenmaas
. Mein Vater
    konnte
und
    wollte
nicht; mir waren die Hände gebunden. Ich redte so lange ich Odem hatte. Weil aber Ungehorsam und Unwille zunahm; so ließ ich – endlich – meinen Bruder in seines
    Herzens Dünkel
und in dem
    Wandel
nach
    eigenhändigen Rath
. V. Sein Weg gieng also aus seines Vaters Hause – Sie wißen wohin? Man hat
    hier
eben die Fehler begangen, der Sie sich
    dort
schuldig gemacht; von beyden Seiten. Vor alten Zeiten pflegte man hier zu sagen:
    Wir kennen
    den
    Herrn nicht
; mit
    Werkzeugen
, die uns
    fremd
sind, kann man nicht viel kluges ausrichten. Dieser Vorsicht hat sich D. S. in Ansehung meines Bruders überhoben. Wenn D. S. aber auch meinen Bruder nicht kennt, so hat dieser den Vortheil vielleicht vor ihm, daß er D. S. kennt. So weit sind wir jetzt; nämlich am Scheidewege, wo es heist: Aut – aut.
    Ändert
sich mein Bruder: so ist mein Wunsch erfüllt, und sein Herz wird sich zugl. gegen mich ändern. Es wird alle die Vorurtheile niederlegen, die es in Ansehung meiner gehabt hat – – es wird alle die heiml. Tücke verabscheuen, die ihm bisher im Wege gestanden, die
    Wahrheit
zu sehen. Will mein Bruder sich nicht ändern: so muß notwendig Uebel ärger werden; und der Karren tiefer hineinkommen wie er gewesen ist. Ich darf mich um den Lauf einer Sache nichts bekümmern, zu der ich nicht nöthig gehabt habe weder Ja noch Nein zu sagen. Geht es schief; so habe ich volles Recht die Leute zu Rede zu setzen, die meinen Bruder geführt haben. Ihr Blut sey auf ihren Kopf. Wer meinen Bruder
    verzieh
ent will, ist mein Feind; wer ihn aber
    verachtet
; soll es doppelt seyn. Wehe denen, die sich beyder Sünden gegen ihn schuldig gemacht haben! Die Zeit wird lehren, an wem es gelegen, an
    blinden Leitern
, die sich für
    sehend
halten; oder an einem Knaben, den man hätte gängeln sollen, wenn er gehen lernen sollte, den man selbst hätte hüten sollen drey, sechs Wochen oder Monathe lang, ehe man ihm eine Heerde anvertraut hätte. Wenn der Schiffer seinen Steuermann ausgelernt hat; denn kann er sich auf ihn verlaßen, aber nicht ehe, wie in meinem Mst. de prudentia scholastica geschrieben steht. Es kommt mir bisweilen vor, daß in meinem Bruder ein großes
    Pfund
verborgen liegt; ich
    traue
aber meinen Ahndungen so wenig als meinen Vernunftschlüßen. Eines Kenners Urtheil zeigt sich an
    rohen
Edelsteinen; und eines Künstlers Genie adelt sich an
    niedrigen
Subiecten. Er schauet von Seiner heiligen Höhe, hieß es diese Woche in meiner Beichte Ψ. CII und der HErr siehet vom Himmel auf Erden, daß Er das Seufzen des
    Gefangenen
höre – – Aus diesem Entwurf, der die Dinge von Anfang hergeleitet, werden Sie von meiner jetzigen Stellung gegen meinen Bruder hinlängl. urtheilen und damit
    auch
die Folgen der Zeit vergleichen können. Ich habe die Reise nach Elbing ausgesetzt, wohin mich mein Vetter abholen wollte, weil meine Gegenwart theils hier nöthig und nützlich ist, theils um den Gang meiner Geschäfte nicht aufzuhalten, da ich nicht weiß, wie lang oder kurz die Frist ist seyn mag, die mir noch zugedacht ist. Meine Neigung zur Ruhe macht mich arbeitsam, und ich liebe den Krieg als einen
    Vater
des Göttlichen
    Friedens
. HE Hinz ist mit dem Legat. Rath
    aufs
Land gereist gewesen; ich habe ihn seit seiner Rückkunft noch nicht gesehen und das Compliment an Sseine eleves bestellen können. Ich werde es bey erster Gelegenheit in Acht nehmen. – Meinen herzlichen Gruß an Ihre liebe Hälfte. Mein alter Vater empfiehlt sich gleichfalls. Ich umarme Sie und bin Ihr treuer Freund. Hamann. Ich habe die Pfingstwoche nach Kurland
    an den jungen
    Pastor
geblschrieben und den Brief
    ganz
franquirt; daher er wohl liegen geblieben seyn mag. Wenn Sie nach Kurl. schreiben; so bitten Sie doch den HE Bruder, daß er sich bey dem
    jungen Pastor
oder auf
    der
    Post
erkundigt. Der Kopf ist mir bisweilen voll. Sollte auch ein Versehen auf dem Couvert geschehen seyn. Ich hatte, glauchb ich, geschrieben Ruprecht, Fils. Vielleicht hat man Fils zum Zunahmen und Ruprecht zum Vornahmen gemacht. In diesem Fall könnte man sich nach einem Brief an den Pastor Fils erkundigen. Vale. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 208 (II 94/12): NB. Von Schrift französ. Parallele des Trag. Grecques et Franc.
Königsberg den 25 Jul: 1761. Geliebtester Freund! Schon 5. Suren Gottlob! über die Hälfte des Alkorans. Das geht spornstreichs. Sie können daraus sehen, daß mir mehr am Alkoran als dem arabischen gelegen; und die Uebersetzung mir anstatt des Wörterbuchs dient. Auf die Woche wills Gott! fange auch die Metaphysik des Aristoteles an. Noch habe keinen Plato. Ehe ich selbigen erhalte – möchte wohl den Aeschylus und Lycophron, den dunkeln dazwischen schieben. Die Uebersetzung des Sophokles mit Pindars Oden haben mir einige angenehme Stunden gemacht; in Ulyses sind einige Körner von Gold im Sande. Anlage und Ausarbeitung des Stückes selbst kommt mir sehr erbettelt und matt vor. An den
    Elegien
und
    Briefen
zu Straßburg habe mich nicht satt lesen können; und eben so das Genie als den
    ausgearbeiteten Fleiß
des kleinen Verfaßers bewundert, dem dies nicht anzusehen ist, wenn man flüchtig liest, da man die mühsamsten Stellen für nachläßig zu halten geneigter ist. Wagner war eben hier und versicherte mich Ihnen den Arleqvin schon geschickt zu haben; ich hab ihn gesagt noch einmal beyzulegen wenn es noauch geschehen seyn sollte. Der Gedächtnisfehler mag von seiner oder Ihrer Seite seyn so ist nichts daran gelegen, weil Sie diese Kleinigkeit bald loß werden können. Pastor Ruprecht wird Ihnen dafür danken. Den Sonderling habe auch gelesen und bin mit Ihnen einig. Der Autor hat zu wenig über seine Materie gedacht. Die Schwäche des Kopfs stärkt die Faust im schreiben. Eine englische Sterlingzeile giebt einer französischen Feder Stoff zu Seiten und Bogen. Um den Verfaßer aus seinen eigenen Worten zu richten, so könnte man von seiner Schrift urtheilen, wie er vom jetzigen Gelde, das die Juden bereichert und die Unterthanen drückt. Indem er einige Arten von Sonderlingen in seinen Schutz nimmt, werden die Begriffe, die er seinen Lesern mittheilt, sehr vielen ehrlichen Leuten nachtheilig, an denen vielleicht mehr gelegen als an seinen Klienten. Littleton habe schon lange gelesen; aber es nicht der Mühe werth gehalten ihn anzuführen. Er hat seinen Lobredner an dem Übersetzer gefunden, der im Urtheilen so viele Stärke als im Engl. zu haben scheint. Seine Personen
    sagen
auf; aber
    spielen
niemals. Die Kunst des Dialogs fehlt ganz. – Gute Gedanken kann man in jedem moralischen Buch lesen; aber
    einzelne
, die just für
    die
oder
    jene
Person in
    den
und
    den
Umständen gemacht sind, die sich hier und sonst nirgends paßen; die würklich die Mine haben, daß sie aus dem Reich der Schatten kommen. An statt eines Lucians sehe ich nichts als einen Engländer von Stande, der bey einer Punch Schaale ganz feine Urtheile mit seinen guten Freunden über allerhand Materien sagt, und Geschmack, Gelehrsamkeit, patriotische Gesinnungen pp sehen läßt; auch einige Sachen ganz artig zu wenden weiß. Wer dies für eine Nachahmung des Lucians hält, muß keine Zeile nicht einmal übersetzt von diesem Original gefühlt haben noch gelesen haben. Die Abhandl. von den Grundsätzen der Münzwißenschaft ist nach einer flüchtigen Durchsicht nicht uneben und eines Engl. werth. Es würde mir zu viel Mühe machen diese Schrift zu verstehen; ich begnüge mich daher selbige auf eine andere Zeit zu besitzen und andere darnach neugierig zu machen, denen an diesen Materien mehr als mir gelegen. Versuch über Simon den Zauberer, aus dem Holl. übersetzt hat mir sehr gefallen. Eine Art von liebenswürdiger Mäßigung Billigkeit und bescheidene Untersuchung beseelt die Schreibart. Schade daß der Verfaßer keine beßern Qvellen als Brucker und Cudworth gehabt; desto mehr muß man bewundern, daß er noch so weit gekommen. Aber daß diese nicht hinreichen, sehr verführen, werden Sie selbst einsehen können. Hier hat sich einige Zeit eine gelehrte Seltenheit aufgehalten, die von einigen unter dem Namen eines
    ägyptischen Studenten
bewundert worden. Ein Mann der 12 Jahr die Welt herumgestrichen, und zu seinem Unglück ein großer Linguist geworden, in Asien gewiß, einige sagen auch in Africa und America gewesen. Ich habe ihn gesehen in natura et effigie; ein Mann, der Beine wie ein Landstreicher hat, und eine Stirn, wie der Thurm zu Babel. Lauson sagt mir daß seine Physiognomie mit Hanovs in Dantzig biß auf die Tracht und den Anstand harmoniren soll. In effigie sollen Sie ihn auch kennen lernen, aus folgendem Titel, von dem ich die hebräische Anfangsworte auslaße. Genuina Linguae Hebraicae Grammatica siue uetus illa sine Masoretharum punctis hebraisandi uia. Quam prius (A. AE. Chr. MDCCLVI. MM. Sext. Sept.) ingenui Discipuli – – hier kam Ihre liebe Mama in die Stube; deren Besuch mir sehr angenehm gewesen, weil ich sie eine Zeit lang nicht gesehen, die mir ihre liebe Noth geklagt. Gedult!) sui admodum reuerendi P. Cyrilli, Equestris Academiae, quae
    Petropoli
est, Presbyteri, priuatum in vsum noua plane aptioreue methodo delineatam; domi demum suae compluribus iisque Criticis augtam Scholiis non modo discentium ac Docentium sed etiam eorum, qui ad
    Criticen sacram
se conferunt atque faciles in ea felicesque progressus desiderant, in gratiam publici iam iuris esse uult
    Georgius Kalmár
, Hungaro-Panon a Tapoltzafó. Imperatoriarum Academiarum Florentinarum adlegtus Socius. Ψ. XVIIII. 8. 9. Geneuae Typis P. Pellet Typographi MDCCLX.
7 Bogen. Die Vorrede mit dem Titel und langen Dedication an alle Universitäten in Deutschland, Engl. und wo nur welche sind, an hundert vornehme Gönner und einer spezial Zuschrift in neugriechischer Sprache an den Patriarchen zu Konstantinopel machen 3½ Bogen. Was ich in diesem Buch verstanden, ist elend Zeug, von dem ich auf das übrige schließe, daßs ich nicht Lust gehabt hab weder zu lesen noch näher anzusehen. Der Verfaßer will eine neue Schreibart einführen, für die er Gründe hat aus seiner weitläuftigen Erkenntnis der lebenden Sprachen. Ein Specimen davon giebt der Titel schon; gnota an statt nota, weil die Engl. vermuthlich know schreiben und das k nicht lesen. Hheth und Oin sind seine lange, He und Vau seine kurze, Aleph und Jod seine Zwitterselbstlauter. Hierinn liegt das Mark seines genuinen Systems. Erzählt beyläufig, was er an diesem und jenem Ort geredt, führt auch wo es nöthig diem et consulem, Tag und Monath an, wenn es geschehen; meldet auch, daß er zu Oxfort 1750 eine Dissert. Crit. Philol. Theolog. geschrieben, zu London aber M. B–e’s Answer to Dr. Sharp’s two Dissertations on Elohim and Berith answered: being a Vindication of the Etymology and true Meaning of the same Hebrew Words 1751. encore: A Short Reply to Mr. Holloway’s few Remarks upon Dr. Sharp’s Dissertation on the two hebrew words Elohim and Berith; noch eine Dissertationem criticam in Esai. VII. 14 die mit sn. ganzen Tractat in S. S. aufgelegt werden wird. Der Autor ist auch ein Cabalist. Sie können leicht erachten wie mir der Mund gewäßert hat einen solchen gelehrten Held zu sehen, der jetzt in sein Vaterland geht, um das zu werden, was Vossius von einem seiner Bekannten gesagt haben soll: Sacrificulus in pago et rusticos decipit. An Gaben Bauren zu unterhalten fehlt es dem Mann nicht. Eine Liste aller Gelehrten in Geneve stand vorn, die auf sein Werk subcribirt hatten loco viatici; die Vorrede war am ersten NeujahrsTage datirt. Diese Grammatic ist sehr rar und der Autor verschenkt bloß Exemplar. Unsere Akademie hat auch eins bekommen; was mir in die Hände gerieth war eins was unser neue Prediger le Fort nach Berlin schickte mit einer lateinischen Zueignung an einen dortigen Amtsbruder. Weil ich einige Monathe mich mehr als sonst eingehalten, noch gar nicht vor dem Thor gewesen bin, so habe mehr als gewöhnl. gelesen. Das
    Leben des Leibnitz von Joncourt
ist mir eine ganz neue Schrift gewesen. Ich habe in der Schreibart denselben Mann erkannt, der die Herrl. Titel in der Encyclopedie geschrieben. Dies Buch verdient doch, daß Sie es haben bey allen den schlechten Geschmack, den der Autor hat, sind Nachrichten und Fleiß darinn; iudicium aber setzt man beym Lesen zum voraus nach der bekannten französischen Schmeicheley. Geddes habe mir schon über den Platon verschreiben wollen; vielleicht thue ichs noch; ich werde gl. die Samml. vermischter Nachr. holen laßen, wenn sie zu haben sind. Auf meinen Bruder zu kommen; so war B‥ vergangen hier und sagte, daß Herr und Frau mit ihm zufrieden wären – Gut! das geht mir nichts an. Ist er es aber? und kann ich es mit ihm oder mit ihnen seyn? Das ist eine andere Frage. Freylich haben Sie sich, liebster Freund
    geirrt
; warum hörten Sie damals nicht, warum dünkten Sie sich klüger. Sie haben sich nicht nur geirrt; sondern Sie haben sich auch geschadt; und uns auf eine unverantwortliche Art, 1.) indem Sie meinen Bruder in seinem Bauerstoltz und Faulheit stärkten, 2. und alle meine Arbeit dadurch vereitelten, daß Sie ihn den Rücken hielten und mir entgegen waren, wie der Satan ein Kind des Lichts wird, und lästert, was er nicht versteht. Ich liebe Sie und meinen Bruder; ich wünsche daß Gott jedem gebe und eingebe, was ihm seelig und heilsam ist. Aber das kann ich Ihnen nicht vergeben, daß Ihre Herzen damals harmonirten um sich selbst zu hintergehen; besonders wenn es ihnen gut deucht denselben Weg fortzugehen und die Folgen nicht zu achten, die auf sie warten. Lauson hat durch Wagner geschrieben – von Premontval weiß nichts – Ihre GeEhrte Mama ist wieder in der Klemme. Gott helf ihr! Man ist nicht auf das inwendige der Schüßeln bedacht, und sorgt nur immer für die Außenseite. Der Tod in den Töpfen wird nächstens ankommen; ein klein Gemüse, das nach lauter Kolaqvinten schmeckt. Leben Sie wohl. Mein Vater grüst Sie herzl. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte. Gott empfohlen. Ihr treuer Freund. Hamann. In den Leipziger Zeitungen sind Treschos Empfindungen der Religion und Freundschaft gelobt, auf seines Lehrmeisters Unkosten, wie man mir erzählt. Trescho mag Sinngedicht schreiben, wie er auf einen Kandidaten eins gemacht hat; aber meine Leichenrede soll er mir nicht machen.
Königsberg den 7. Aug. 1761 Herzlich geliebtester Freund, HErr Kanter ist Ueberbringer dieses, den Sie als einen Deputirten von mir aufnehmen werden, weil ich dies Jahr nicht selbst kommen kann. Wißen Sie noch, daß es um diese Zeit war, wie wir uns die Zeit einander bald lang bald kurz machten. Denkten Sie noch an den merkwürdigen Morgen des 27ten dieses Monaths, da ich mich meiner Kinderstreiche auf eine so feyerliche Art erinnerte und ein apocrustisches holla! rief. Ich danke Gott für Gesundheit und Zufriedenheit. Wer die hat, kann alles entbehren, alles übrige Puppenwerk mit Füßen treten. Geld hab ich nicht, weil ich keins brauche. Vergnügen mag ich nicht, weil es mich in dem Spiel meiner Arbeit stöhren würde. Ehre, Ruhm, Stand – dazu ist der Bursch noch zu jung – ein groß Gewicht, das auf der Spitze einer Feder oder eines Dolchs ruht! – ein gut Lager ist beqvemer als ein hoher Stand – – – Wenn Sie alles haben, was mir fehlt; so tausche meinen Mangel noch nicht mit Ihrem Ueberfluß. Was machen Sie denn Hof-Sünden-Diener! Sind Sie schon in der Praxi so weit gekommen, daß Sie Ihre ganze Kunst für Marktschreyerey erkennen, oder sind Hippocratis, Boerhavens und Baglivis Aphorismi noch immer Göttersprüche in Ihren Augen? Laßen Sie diesen Glauben Ihren Apothekern und Patienten, die sich beßer dabey befinden als Sie. Gesetzt, liebster Freund, daß ich auch im Stande wäre in diesem Ton meinen Brief fortzusetzen: so will ich doch Ihre Stärke selbigen aushalten zu können, nicht auf die Probe setzen. Weil Sie mit Nachrichten von Ihrer Person sehr rückhaltend sind: sind Sie deswegen gegen das, was ich hier mache, gleichgiltig. Ich denke: Nein. Meine Lebensart ist so einförmig, daß Sie wenig Stoff zu Erzählungen an die Hand giebt. Das vornehmste wißen Sie schon. Es verdrüst mir manchen Augenblick, daß ich diesen Sommer nicht vor dem Thor und nur einmal im öffentl. Garten gewesen bin. Voriges Jahr desto mehr Abwechselungen und vielleicht zu viel gehabt, daß ich jetzt abrechnen kann. Wer weiß was künftiges auf mich wartet. Gedächtnis und Hofnung ersetzen das Leere des Gegenwärtigen. Ich habe diesen Monath vornemlich der Ruhe und Eingezogenheit gewidmet. Was für Vortheile oder Nachtheile ich davon ziehen werde, weiß ich nicht. Lauson und Däntler sind die einzigen, die ich sehe. Der letztere wird Michaelis die Schule verlaßen. Hohe Zeit für ihn – Er hat sich ziemlich erholt in Ansehung seines Körpers, ist aber noch nicht ganz heraus. Was macht Ihr Herr Bruder? – Der meinige ist bey Kriegs Rath v. Wegner Hofmeister. Ich muß in Ansehung seiner auch noch fasten, weil ich seinen Umgang eben so wenig als Kieselsteine verdauen kann. Gott helf ihm und mir! Mein alter Vater hat sich sehr erholt und genüst einer neuen Jugend. Er beschämt in Munterkeit und Feuer seine Söhne. Groß sind die Werke der Natur, wer ihr achtet, hat eitel Lust daran. Das weiß niemand so gut als die Herren Ärtzte – – Ihre liebe Mama habe auch kürzlich gesprochen. Ich beklage, daß Sie in neuen Verwickelungen ist. Wer hätte das
    denken
sollen, da die Sache mit so viel Vorsicht und Liebe ins reine gebracht war. Denken können, muß freylich zum voraus gesetzt werden; wenn
    schöne
Wörter nicht Masken seyn sollen. Ich werde die großen Leute, die ihre
    Feinde lieben
und ihre
    Freunde haßen
, nicht eher bewundern können, biß ich wißen werde, ob sie ihre Tugenden wachend oder im Schlaf ausüben. So bald ich über ihren
    Zustand
mehr Einsichten haben werde, soll es mir leichter seyn von ihren Handlungen zu urtheilen. Manum de tabula. Was macht der Herr Fiscal? Ich wollte auch schreiben; es schickt sich aber nicht und ich habe jetzt alle Mühe einen französischen Brief zusammenzubringen, weil ich alle Uebung in dieser Sprache bey Seite gesetzt. Und mein Deutsches ist so vertrackt, daß sich nur sehr vertraute Freunde oder das Publicum damit behelfen können, weil das letztere ohnedem Amts wegen die Gefälligkeit haben muß jeden Narren zu hören. Empfehlen Sie mich aufs beste dem HErrn Fiscal und Seinem geEhrten Hause, dem ich alles Gute von Grund des Herzens wünsche. Ich umarme Sie nach herzl. Begrüßung von meinem Vater und verbleibe mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster Freund und Diener. Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur
    Lindner
/ Doct Medecin de la Cour / de
S.A.R. Msgr. le Duc de / Courlande et Semgallie etc / à /
    Mitou
. par fav:
Freunde, mit der edlen Freymüthigkeit Ihres Herzens Ihre Gedanken. Bey Ihnen würde ich Selbst es mir zur Ehre rechnen, in die Schule zu gehen und in der Erkenntnis zu wachsen. Sie werden endlich so gütig seyn und dem HErrn Daentler anzeigen, daß Er Sich in Coenigsberg nach einem guten Burschen umbsehen möge, der gut schreibt und liest, und von einem guten Character ist, damit er denselben vor den HErrn Fiscal mitbringen könne. Ich schließe, nach einem herzlieben Gruß von dem HErrn Fiscal und deßen Hauße mit der unverbrüchlichsten Hochachtung als Dero getreu ergebenster Freund Ruprecht. Königsberg. den 25. Aug. 1761. Geliebtester Freund, Ihren Brief, Lachs v. alles richtig erhalten. Mein Vater und ich danken herzlich – Herr Ageluth habe nicht Gelegenheit gehabt kennen zu lernen, ungeachtet ich solches gewünscht. Ich erfuhr es zu spät, und hatte keine Neigung ihn aufzusuchen. Lauson erzählte mir, daß er hier wäre – Jener ist 14 Tage aufs Land gereist, daß ich also biß auf
    Einen
ganz allein bin, der mich alle Tage besucht. Da dieser Sommer eine Quarantaine für mich gewesen, so freue mich auf den Winter, wie der Landmann auf die Erndte oder der Winzer auf die Weinlese. Heute den Alkoran zu Ende gebracht, und vorige Woche habe meinen Aristoteles auch schon verwahren können. Sie sehen also, wie ruhig, wie vergnügt und dankbar ich den 27. h. werde feyren können. Bis hieher hat der HErr geholfen! – Es thut mir nicht leyd, daß ich mir eine kleine Fasten in Ansehung der SommerErgötzlichkeiten aufgelegt; ich habe vielleicht dadurch mehr gewonnen, als ich selbst übersehen und berechnen kann. Ein paar Tage verschleudert, so wäre das Ebenmaas verloren gegangen, worüber ich mich jetzt bey dem Abschnitte, den ich diese Woche machen werde, erfreuen kann. Diese Erfahrung muntert mich zu desto mehr Treue in Gebrauch derjenigen Zeit auf, die mir noch jetzt gegeben wird. Ich habe meinen Entwurf zum Winter schon gemacht, deßen Unterschrift ich einer höheren Hand überlaßen und unterwerfe. Wenn ich selbigen ausführen soll, so werden mir
    Zeit
und
    Kräfte
so genau beschnitten seyn, daß ich alle opera ad extra aufgeben muß. Das
    einheimische
ist schon darnach eingerichtet. Mein Bruder steht in einer solchen Entfernung, die mich in Ansehung seiner ganz gleichgültig läßt. Dies ist nöthig für mich selbst, und
    nützlich
für ihn. Scheitere ich, so ist es notorisch, daß er an nichts Antheil genommen, und meinen Fall wird seinem guten Urtheil Ehre machen, läßt seine Umstände ganz in saluo. Schlägt mir mehr ein als ich will: so ist auch nichts daran gelegen. Die Stellung, worinn ich mit ihm stehe, ist folglich nöthig und für ihn sicher und vortheilhaft: für mich aber eben so gut, die Kelter
    allein
zu treten. Sie werden sich daher garnicht wundern, liebster Freund! wenn Sie in langer Zeit schwerlich einen Brief von mir erhalten werden; weil ich vielleicht nur auf diesen Winter Rechnung machen kann, und occasio calua ist. Wenn sich unterdeßen Fälle finden sollten wo niemand als ich Ihnen hier dienen könnte: so werden dies Ausnahmen seyn; und den
    Gesetzen der
    Freundschaft
soll kein Abbruch geschehen, solchen nämlich, die im Geist und nicht im Buchstaben bestehen die Empfindungen des Herzens und nicht Satzungen des Gebrauchs sind. Ich habe mich einige Wochen ganz müde gelesen. Die neue Heloise hat den Anfang gemacht, und ich habe diesen
    Philosophen im Reifrock
mit so viel Gedult und Zufriedenheit ausgehalten, daß ich nicht eher müde wurde als bey dem letzten Bogen. Der erste Theil machte mich ganz unzufrieden, weil der italienische Witz niemals nach meinem Geschmack gewesen; ich habe aber jetzt einsehen lernen, wie
    unumgänglich
die Bekanntschaft dieser Schriftsteller ist, wenn man Gegenstände behandeln will, die zwar in der Natur aber nicht unter unserm Horizont sind. Die
    Schwärmerey
der
    Sinnen
, die
    Spitzfindigkeit
der
    Leidenschaften
, ein so sonderbar amalgama des Witzes, worinn die Römische Größe zerschmoltzen ist gleich dem
    Korinthischen
    Erzt
, sind vielleicht
    charakteristische
Schönheiten eines Romans und ihre Nachahmung kann nirgends so gut als bey den Welschen geschöpft werden. Sollte sich endlich nicht der Plan eines Romans nicht wesentl. von der Fabel eines bürgerl. Trauerspiels oder einer Komödie unterscheiden. Der gemeine Mann unter den Lesern ist freylich so wenig im stande die allgemeine Ähnligkeiten der Dinge zu sehen als ihre differentias specificas zu unterscheiden: aber von Kunstrichtern und Lehrern des Geschmacks kann man dies fordern. Weiter ist es Kunst, oder Dürftigkeit und Unverstand,wißenheit, wenn ein Autor die Geschlechter so verwechselt. Daß Rousseau in der Moral weiter gekommen als Richardson fällt eben so sehr in die Augen, als daß er die Regeln zu dichten tiefer einsieht, glücklicher und geschickter anzuwenden weiß. Ob aber die Heloise oder Clariße mehr Leser und Liebhaber finden wird, und welche die
    zuverläßigsten
seyn werden: das ist eine Kleinigkeiten, die keine Folgen für mein Urtheil hat und mich nichts angeht. Jedem mag gefallen, was ihm gut deucht; ich gönne jedem seinen und folge meinem Geschmack, nur insoweit, als ich ihn übersehen kann. An Richardson würde auch ein gemeiner Criticus leicht Ehre einlegen; Rousseau hat seine Fechterstreiche schon gezeigt, und zeigt sich wie ein Pompeius in seinem Dialog, von dem Sallust sagt: cum alacribus saltu, cum velocibus cursu, cum
    validis vecte
certabat.
Glücklich ist derjenige Autor, der von sich sagen kann: Wenn ich schwach bin, so bin ich stark. Es ist gar nicht Rede, ob ein Meisterstück Fehler hat: sondern wo die Fehler liegen und
    wie
sie angebracht sind. Jeder vernünftige Autor weiß seine Fehler zum voraus, er weiß ihnen aber die
    rechte Stelle
zu geben, wo sie wie der Schatten im Gemälde sich verlieren und abstechen, und daß ein philosophisch Auge den optimismum mit mathematischer Gewisheit herausbringen kann. Der zweyte Theil hat alle Stärke des französischen
    Urtheils
mit aller Feinheit des französischen Wohlstandes; wie niedrig, wie ungeschliffen, wie kurzsichtig verliert sich Muralt, der in seinen Briefen über die Engl. v. Franz. einen Schweitzer im eigentl. verstande vorstellt. Der dritte Theil erhebt sich zum englischen Ton; man muß sich wundern, mit was für Geschicklichkeit sich jeden Geschmack eigen zu machen, zu heben, zu mildern, zu verbeßern weiß; wie er alle seine kleine Ketzereyen sinnreich in das Gewebe seines Romans eingeflochten – Citoyen, tatons votre pouls! ich habe einige Tage lachen müßen, so oft mir das bon mot eingefallen, und die Artigkeit nicht genung bewundern können, womit er seine Schlafmütze abnimmt, und seine
    graue Haare
darauf antworten läßt. Ein Mann, der so viel Feuer in seine Schriften ausgüßen will, kann hat freylich nicht viel in unnützen Gesellschaften zu verlieren, und muß als ein Menschenfeind leben, wenn er die Menschen
    dienen
will, mit
    der Kenntnis
, die er
    aus seinen und anderer Ausschweifungen sich erworben hat
. Sie werden liebster Freund! ganz brauchbare Betrachtungen über die Erziehung, über das Studium der Historie und hundert andere Dinge finden – auch hast er cette morale
    criminelle
et
    servile
, cette mutuelle tolerance aux depens d’un maitre qu’un mechant valet ne manque points jamais de precher aux bons sous l’air d’une maxime de charité,
wovon ein
    verjüngter Abelard
auch seinen Roman schreiben könnte. Ist je der Lebenslauf oder die Geschichte einer Leidenschaft romanhaft geschrieben worden: so ist es diese. Das Ende der Heloise ist einer Komedie zieml. ähnlich und von gleichem Faden mit dem Anfange. Auch thut es mir nicht leid den
    vom Tod erweckten Protestanten
oder des einfältigen Bußpredigers
    Hans Engelbrechts
von Braunschweig Schriften gelesen zu haben, die in diesem Jahr auf Kosten einiger Freunde (von mystischen Schriften wie man sehen kann) neu gesammlet und ausgegeben worden. Dieser Tuchmacher verdient einige Aufmerksamkeit und ich wünsche mir Glück, daß der erste Mystiker, den ich in meinem Leben gelesen, Hans Engelbrecht seyn sollte, der in Engell. unter dem Namen des
    Deutschen Lazarus
bekannt ist. Poiret hat von diesem Schwärmer viel gehalten, und jeder Philosoph der sich um die Historie des menschlichen Verstandes, auch um die Natur der
    menschlichen Schreibart
bekümmert, kann hier was zu lachen, und was zu lernen, auch wenn er Lust hat, was zu grübeln finden. Das seltenste, was dieser Mann erlebt hat, ist dieser kleine Umstand: daß er 12 Stunden von unten auf sterbend erkannt, und in 12 Stunden von oben an wieder zu sich selbst gekommen. Er erzählt dies, als eine Sache, die er an seinem eigenen Leibe erlebt, und wovon ihm Beichtvater und die ganze Stadt Zeugnis geben kann durch den Weg des Gerüchts, ist aber so billig keinem Leser zuzumuthen, daß er es schlechterdings glauben soll. Wenn man sich ja darüber wundern will, so möge man bedenken, daß bey Gott nichts unmögl. – und daß er sich auch verbunden erachte ihm für erdichtete Wohlthaten sich dankbar zu erzeigen. Mitten in der thörichsten Einkleidung abgeschmackter Erzählungen geräth man auf Stellen, worinn ein Pathos herrscht, deßen nur Heldenleidenschafften fähig sind, und ein so erhabener Schwung der Urtheilskraft, die kein Sophist durch den feinsten mechanismum der Analytic und Synthetic so leicht erreichen wird. Es gehört aber eben so viel Gedult und kalt Blut dergl. Zeug zu lesen, als jungen Schülern Perioden machen zu lehren, oder eben so viel Geschmack als Democrit zu todten Körpern hatte und ihrer Zergliederung, der nach dem Urtheil der Abderiten über diese Arbeit seine Gesundheit und seinen Verstand verlor. In St. Foix Geschichte der Stadt Paris habe viel artige anecdoten gefunden, ein Commentarius über die Kartenbilder und hundert artige Kleinigkeiten, die auch einen gleichgiltigen Leser unterhalten, und einen ernsthaften interessiren können. Es verdient neben Herault abregé chronologique zu stehen; wie der Stallmeister hinter seinem Ritter. Ich verlange recht darnach die
    Beherzigungen
des HE. von Mosers recensirt zu sehen. Die Zeitungsschreiber, wie es scheint, fürchten sich dafür. Wer das Buch und die Vorrede versteht, dem wird der Titel nicht dunkel seyn, sondern dem Inhalt sowohl als dem Verfaßer sehr angemeßen. Es ist noch einmal so stark als der Herr und Diener. In dieser Vorrede dacht er ein sechzigjähriger zu werden; dort klingt der Vorbericht ganz anders, daß man seine Beherzigungen fast für sein politisch Testament ansehen sollte. Solchen Patienten muß man mit Pope zuruffen:
    Trinckt tiefer
, daß euch der Schwindel vergeht. In Schwaben ist eine Gesellschaft von beaux esprits, die sich nicht geschämt gemeinschaftlich ihre Versuche in Poesie und Prosa herauszugeben unter dem vielversprechenden Titel: Müßige Stunden zu Tübingen, Stuttgard und auf dem Lande. Sie sind dem Huber dedicirt, empfehlen sich durch eine Urkunde von einer Vorrede und was das ärgste ist vier Bogen ausmachen. Mit 3 wären dem Leser noch mehr gedient gewesen. O tempora! o mores! werden die Herrn Schildbürger in M – – – sagen. Sie haben ganz recht, der Verfaßer des Ulysses sollte Übersetzer geblieben seyn. In der Anlage herrscht eine sclavische Nachahmung, und die Erfindung besteht darinn, daß man rechts links und links rechts macht. Aber dieser Vogel hat einige Federn, wer die ausrupft und aufzustutzen weiß, kann so viel dabey verdienen, als ein Dutzend Käfichtsänger und gebratener Tauben zusammengerechnet werth sind. Ich habe die Vertheidigung seines Sophokles gelesen, die in der Bibliothek angefochten worden. Letztere habe nicht gelesen. Nach den Brocken sollte bald schließen daß M. Fischer just der Mann ist, der vom Sophokles so viel versteht, er mag griechisch oder deutsch schreiben, als das Echo eines Waldes, das zwar an der
    Stimme
aber nicht an den Empfindungen eines Liebhabers Antheil nimmt. Die Staatsschulfüchserey nach ihren ersten Gründen beherzigt von Achenwall habe zieml. flüchtig aus Mangel der Zeit durchlaufen müßen. Die Vorrede ist ziemlich beträchtlich und ein jesuitisch Meisterstück eines Schullehrers. Es lohnt Vorlesungen über dies Buch zu halten. Der politische Aberglaube ist eben so sehr darinn gehuldigt, als der patriotische Unglaube. Der Fürst lebt in einer
    vollständigen natürl. Freyheit
, wieviel Stunden laßen sich über diesen dunklen Satz
    weglesen
! und besitzt eine
    persönliche Majestät
. Das erklär mir jemand aus unserm Recht der Natur. Unterdeßen findet man wenigstens einige neue Staatsformeln darinn, deren Richtigkeit noch vom Glück dieses Krieges abhängt. Griselini Denkw. des berühmten Fra-Paolo Sarpi gehören in ihre Bibliothek. Der deutsche Uebersetzer hat den Autor selbst gekannt und verspricht noch mehr von dem was er auf sn Reisen in Welschland eingeerndtet hat. Was für einen großen Mann werden Sie in diesem
    Serviten
finden. Der Gelehrte erscheint vornemlich im ersten Theil, im 2 der Staatsrath, der Theolog einer Republik als Venedig damals war. Man muß über die allgemeinen Einsichten dieses Mannes erstaunen in der Philosophie, Mathematic, und dem ganzen Umfang der höhern Gelehrsamkeit. Monachus curiosissimi supercilii. Aus den Briefen des Cornaro wird ein lateinisch extemporalgedicht eines Jacob Hamans aus Hamburg angeführt auf den Sanctorius, als den Erfinder des Pulsmeßers, davon die Idée vielleicht dem Sarpius zukommt, der aber sehr uneigennützig mit seinen Entdeckungen und Einfällen umgegangen. Sarpi nennt die axiomata Hypolepses, dies hält ein Italiener für einen Schreibfehler, ich zweifele sehr daran. Der Uebersetzer hat einen dreyfachen Anhang gemacht. Das erste ist des Kardinal Passionei, deßen Tod jetzt angemeldet worden, Votum über die Canonisation des Bellarmins, die er verwirft, das letzte einige Anmerkungen des Fra-Paolo über römische Grundsätze, die schon der Mühe lohnen. Zu Heumanns Geist deutscher Gesetze habe so viel Vertrauen, daß ich es mir anschaffen werde; ohngeachtet ich nur den Anfang davon bloß ein wenig durchblättert habe. HE. Pastor Ruprecht hat mir gestern geschrieben und mir von dem verlornen Briefe Nachricht gegeben, daß er selbigen richtig erhalten; wie aber, davon weiß nichts. Sie müßen auch davon nichts wißen. Er hat die Defect Bogen aus dem Schauplatz der Natur noch nicht erhalten. Ich schreibe morgen wills Gott! an ihn, und denke am besten wär es, wenn er das Geld an Sie überschickte und s Sie es zu ihrer Rechnung beylegten, weil es ohnedem eine kleine Summe betragen wird. Ich habe noch einige Kleinigkeiten für ihn beygelegt, die ihm vielleicht nicht ungelegen seyn werden. Lutherus ante Lutheranismum von Jeremia Heraclito Christiano ist eine Sammlung von besondern Stellen aus Luthers Schriften, besonders den ersten, weil der Autor selbige der spätern vorzieht, und den ältesten Ausgaben. Diese kleine Schrift ist mit einem Anhang dies Jahr wieder aufgelegt worden, und hält einen Extract ketzerischer Lehrsätze in sich, die für die Urälteste evangelische Wahrheit angekündigt werden. Cohausens Hermippus rediuiuus muß im lateinischen nicht unangenehm gew zu lesen seyn. Der Autor ist Senior der Münsterschen Leibärtzte und hat mehr Tändeleyen geschrieben e. g. serium in fumis lusum, (müßen Sinngedichte bey einer Pfeife Toback seyn) Neotheam, picam nasi, Clericum deperucatum, Helmontium ecstaticum. Erstere Schrift erklärt eine Inscription aus Reinesio auf einen L. Clodium Hermippum, qui vixit annos CXV. dies V. puellarum anhelitu, quod etiam post mortem eius non parum mirantur Physici. Iam posteri hic vitam ducite. Des Autors Belesenheit ist altfränkisch; sein Witz aber recht angenehm und lebhaft. Er vermuthet daß dieser Mann ein Vorsteher oder Schulmeister bey einem römischen Mädchenwaysenhause gewesen Propert. Elegiarum III. 15. die
    Knechte
welche David die Sulamith aussuchten waren vermuthlich Aertzte coll. Genes. L. 2. Macht im Scherz wahrscheinl. daß Herm. ein Chymist gewesen, der den Hauch in Tropfen und Feuchtigkeiten concentrirt, und daraus viell. ein arcanum zur Verlängerung des Lebens verfertigt. Baco führt schon den Einfall eines Artztes an, der das hohe Leben der Schulleute den
    balsamischen Ausdünstungen
der Kinder zum Theil zugeschrieben; mich wundert, daß diese Anmerkung unserm Autor entwischt. Ohe! iam satis est – – Ich nehme jetzt Abschied unter abgemachten Bedingungen. Vielleicht kann mein Bruder die Lücke öfterer ausfüllen, er wohnt ohnedem in der Nachbarschaft
    Ihrer GeEhrten Mama. Ich werde selbige
bisweilen besuchen der motion zugl. wegen. Mein Vater grüßt Sie und Ihr ganzes GeEhrtes Haus. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte und ersterbe mit aufrichtiger Hochachtung ergebenster Freund
    Hamann
.
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 212 (II 103/19): Melancht. sc. graec. ad Alcor. 1550.
    Frankfuhrt
ist da, malt wie sie sind R. etres chimereux oder deren Enthous. doch etwas lächerlich haben. lehrt anders pp. hist. von Klopst.
Zu HKB 212 (II 109/13): Ex ungue leonem. v. Plut. c. 26.
Den 26. Aug. 1761. Geliebtester Freund, Die Fr. Consistor. R. schickte heute Einlage an HE D. mit der Bitte, daß er doch gleich solche erhalten möchte durch ihr Couvert. Darf ich bitten den andern an HE Past. Ruprecht mit einzuschließen. Er hat mir eine kleine Commission aufgetragen, die ich besorgt und einige Kleinigkeiten aus meiner Wahl mit beygelegt, Bengels Zeitrechnung von Böhmer, M Schreibers Erklärung Jes. L VII III. Bürklin vom Abendmal, historische Abhandl. von Ehgesetzen, Jacobi ursprüngl. Offenbarung. pp. Zu Simon dem Zauberer hätte gern den Versuch über die Verstörung Sodoms und Gomorrha,
    an dem Sie neulich
denken, weil ich die Gelegenheit gern mitnehmen wollte ihn zu lesen. Man kann ihn aber bey Woltersdorf nicht finden. Meine eigennützige List ist mir also fehlgeschlagen. Er muß nicht dies Jahr ausgekommen seyn oder einen andern Titel haben. Weil nächste Woche Ihr Student abgehen soll: so möchten wohl des HE. Pastoris Sachen mit zu Ihren gepackt werden. Sie können auf die Hälfte die Unkosten theilen oder nach Verhältnis. Die Zahlung kann auch durch Sie am besten remittirt werden. – Die Defect Bogen hat er noch nicht; er kann darauf dringen, daß Sie sein Geld so lange deponirt behalten, bis er jene empfängt. Dies mögen Sie abmachen, unter sich. – Weil ich diesen halben Bogen schon angefangen: so muß er voll werden. Ich habe überdem Muße; und Sie mögen, liebster Freund, so viel
    lesen
als Sie wollen.
    Lamberts Kosmologische Briefe
habe nicht aushalten können, ob es der Mühe lohnt seine neue Entdeckungen zu verstehen, zweifele aus dem wenigen was ich davon beurtheilen kann. Er scheint mit fremdem Kalbe stark gepflügt zu haben, in die Einkleidung des Briefstyls weiß er sich gewiß nicht zu schicken.
    Auserlesene Poesien aus den engl.
Dichtern sind für mich aufgewärmte kalte Küche. Von den
    Erläuterungen der Psalmen Davids
habe 6 Theile gelesen und hie und da was gefunden, das verdient gemerkt zu werden. Man muß wie ein Hahn nach einem Korn ein Haufen Unrath weg scharren. Einige Dissertationen von
    Dommerich
haben mir viel Neugierde erweckt mehr von diesem Mann zu lesen. In der einen liefert er die verschiednen Lesearten aus dem Fragment eines horazischen Codicis; und in der andern handelt er von dem Anfang der Satyre X. lib. I. der in den meisten Ausgaben als unächt fehlt. In Gesners muß es stehen und vindicirt es dem alten Dichter. M.
    Christlieb
hat sich vorgenommen einen ewigen Commentarium über einige Gedanken des Bengels zu schreiben. Er ist noch unter dem patriotischen Ortmann. Zum Autor gehört noch etwas mehr als eine gute Meinung. Bengels Offenbarung würde diesem Mann züchtiger klingen als Johannis Namen zu diesem Buch. Er thut sich viel darauf zu gut
    Fehren
auf seine Seite gebracht zu haben. Ich bin daher neugierig diesen Mann zu sehen, zu dem Crusius eine Vorrede gemacht. Noch habe keine Gelegenheit gefunden seine Anleitung kennen zu lernen; die ich auf eine andere Zeit aufschieben muß.
    Modestreiche eines Kavaliers
sind Gedichte, die aber wie Prosa in einem Stück gedruckt sind. Das Fabelchen vom Fuchs hat mir die angenehmste Vorstellung gemacht.
    Ringeltaubens Briefe an die Christen
in der Welt sind den Gespenstern gleich, die mehr poltern als sehen laßen. Fünf philosophische Formeln, die auf und nieder gehen in einem großen Dunst von Worten.
    Schabbalies wandernde
Seele, die vierte Auflage. So viel Auflagen, dacht ich, von einem Buch deßen Titel so eine ebentheuerliche Idee giebt. Ich habe den Anfang gelesen und mit mehr Zufriedenheit als ich mir versprach. Der gemeine Mann fordert auch seine Schriftsteller, und zwar solche, die sich seinen Vorurtheilen beqvemen. Ich habe einige recht malerische Züge gefunden. Ein ganzer Kopf aber gehörte dazu dies unedle Metall in Gold zu verwandeln. Ich stellte mir dabey solche Leser vor, wie der alte
    Putz
war, den Sie gekannt haben, neugierige und nachdenkende Leute giebt es unter den Bauren und Handwerkern genug. Eine praktische Weltgeschichte für solche Leute zu schreiben, ihre Einbildungskraft durch die Maschine ihres Standes und ihrer Erziehung zu unterhalten, und ihrem Verstand dadurch zu Hülf zu kommen, für solche wär ein Schabbalie ein schätzbar Buch. Ich muß hier abbrechen. Verzeyhen Sie mein Geschmier. Leben Sie wohl und lieben Sie Ihren alten Freund. Hamann.
Königsberg den 28 Aug. 1761. Liebwerthester Freund, Es ist mir recht sehr angenehm, daß ich Ihren Brief gestern erhalten, weil ich jetzt am besten im Stande bin ihn zu beantworten; da ich diese Woche eine kleine Pause gemacht, und also Muße genung übrig habe. Habe daher auch vorgestern an HE P. Rup. geschrieben unter Einlage des ältesten HE Bruders. Die Geschichte meines verlornen gehaltnen Briefes ist mir noch ein Räthsel, das mir der lose Pfaff nicht aufgelöst. Er meldt mir nichts mehr als daß Sie ihn bisweilen besuchen. Schulmeistern Sie ihn doch ein wenig dafür; ich hab es ohnedem für gut erachtet in meiner Antwort ein wenig zurückhaltend zu seyn. Worte verfliegen eher, aber man kann sie desto nachdrücklicher ausstoßen. Briefe sind Augenzeugen, und öfters ungeschickte Boten, denen man ihr Gewerb nicht auf guten Glauben anvertrauen kann sondern zuzählen und zumeßen muß. – Von Ihrer
    neuen Einrichtung
weiß schon. Wenn es nur dabey bleibt, daß wir uns nächst Frühjahr hier sehen: so werde ich den Verlust dieses Sommers einholen können, so Gott will und wir leben.
    Mein guter Rath
und ein gemeinschaftl. Wunsch der Hiesigen wäre es wohl, daß Sie sich mit dem ersten guten Wege aufmachten um hier ein paar Monathe wenigstens aushalten zu können. Vielleicht begleite ich Sie, wenigstens biß nach Dantzig. Ein großer Vortheil, den ich mir sehr zu Nutze machen werde, würde es für mich seyn in
    der Zeit
einen
    guten Freund in jenen Gegenden
zu haben. Dazu wären Sie der beste. Es fehlt mir an Kanälen nicht, die ich aber erst einrichten müste, und bey den jetzigen Zeiten würden die Unkosten die Früchte übersteigen. Der beste Rath ist immer derjenige, den die Umstände geben, und diese wollen wir, liebster Freund, beyde
    ruhig
und
    wachend
abwarten. Ihre Commission in Ansehung des Vernets, (den Sie zum Abt machen, aber meines Wißens D. Theol. in Genf ist und einen Catechismum geschrieben) habe im Buchladen bestellt; hoffe also daß Sie es mit den Sachen die HE Rector bekommen wird, erhalten werden. 2 Exempl. das eine kann dieser oder HE Pastor R. behalten. Komt es nicht; so liegt es nicht an meinem
    Bestellen
. Ich komm dem
    Buchladen
nicht gern nahe und gehe überhaupt wenig aus. Meinen Anfang über die franz. Grammatik möchte Ihnen gern schicken, wenn etwas daran wäre. Jetzt aber lohnt er der Mühe nicht. 1. Er ist im Zuschnitt verdorben. wodurch? wäre zu weitläuftig zu detailliren. Der Plan dazu ist einer Definition ähnlich die zugl.
    weiter
und
    enger
als ihr Definitum ist. 2. Er hält kaum die Etymologie in sich. Sie würden also nichts daran haben. Das Beste ist in den vermischten Anmerkungen ins kurze gezogen, und der
    Knoten
auch sichtbar, woran es liegt. Im Restaut finden Sie alles, aber dieser Mann hat nicht Herz genung gehabt das
    anzuwenden
, was er lehrt. Ihn zu
    entwickeln
und in ein
    wenig beßere Ordnung zu bringen
, dazu brauchen Sie meine Handleitung nicht. Ich habe alle Uebung im französ. verloren und beynahe aufgegeben; daher habe Ihrem Gesuch nicht willfahren können. Kürzlich erhielt eine Nachricht vom Portepée. Sie lernen mich den Herrn Lieutenant aus seiner Uniforme kennen, und ich danke Ihnen recht sehr dafür, denn das liebe Porte-epée, nachdem ich es lange genung besehen hatte, machte mich nicht klüger als ich vorhin gewesen war. Aus den kleinen Auszügen von seinen Briefen kann man auf den
    Menschen
schlüßen, an dem mir mehr als an dem Dorf gelegen, in dem er steht. Aus den Datis, die Sie mir mittheilen, kann ich die
    Folgen
nicht ziehen, die Sie beyfügen. Seine Empfindungen und Urtheile übertreffen recht sehr meine Erwartung. So lang ich junge Leute nur noch
    selbst denken
und
    Uebungen des Gefühls
an ihnen sehe: so lang lieb ich sie, und habe gute Hofnung. Richtigkeit und Klugheit muß man gar nicht fordern; genung für sie, daß sie die
    Mittel
noch lieben, zu dieser Frucht der Erfahrung durch Versuche und Fehltritte zu gelangen. Ich will Ihnen also meine Meynung sagen. Vielleicht wird die Zeit uns Gelegenheit geben unsere Muthmaßungen künftig einmal gegen einander zu halten. Für den ältesten wird die Schule der Welt weniger gefährlich, sondern höchst nützlich seyn. Eben so nützlich, als sie ihm nöthig war. Seine
    Ausschweifungen
waren im
    Grunde
nichts
    als eine
Lust
    sich zu bilden
und
    bilden zu laßen
. Mit dem jüngsten verhält es sich just umgekehrt. Geben Sie mir Achtung, wie der verdorben werden wird und in Prag mehr als in Warschau. Ein
    artig Kind
in ihren Augen, das nachläßig an seine Eltern schreibt; ein artiger Einfall, ein junges Blut, das noch stümperhaft buchstabiert und schreibt, nach Warschau und von da nach Prag reisen zu laßen.
    Polnische Bauren in schwarzen Kleidern
sind die rechten Praeceptores für einen jungen Edelmann, der unter so viel Hofmeistern so blutwenig gelernt hat und lernen wollen; nicht gelehrte, ehrwürdige und deutsche Patres im antiquen Gebäude. Was braucht so ein Subiect gelehrten ehrwürdigen und hochdeutschen Unterricht? und auf weßen Rath und Vorschlag ist diese Veränderung geschehen. Ey! Eltern. Euer Maior Domus wird euch auch verpflanzen. Last Kinder reden und schreiben was sie wollen, aber macht ihre Einfälle nicht zu Grundsätzen eurer Handlungen. Wenn ich in Kurl. gewesen wäre, ich hätte mich diesem Anschlag sehr entgegengesetzt. Wir wollen sehen, ob dieser
    übereilte Schritt
nicht bald mehr nach sich ziehen wird. Keine unsichtbare Dinte mehr, liebster Freund; in acht Tagen wird das Lob Ihrer Gedult, Unverdroßenheit und Munterkeit unleserlich seyn. Wie gut ist es, daß ich Ihren Brief heute beantworten kann. Sind die Galläpfel bey dem HErrn Rathsverwandten nicht gerathen? oder haben Sie mit Phosphorus geschrieben? Um nach einem kleinen Umweg auf Ihre
    neue Einrichtung
wiederzukommen. Ich freue mich, daß Sie mit der Reuolution zufrieden sind. Aus jener tiefen Klosterstille in einen Gasthof – und dies kommt auch von Ihnen und Ihrer freyen Wahl, die blos dieses zum Grunde hat:
    Was ist ihm gut?
Ihre Rücksicht auf sein Bestes erstreckt sich
    hier
so gar auf seine
    Domainen
. Wie reimt sich das alles mit dem was gleich darauf komt: der Fortgang ist langsam; doch die
    Nachwehen
, die ich Sie aus Grünhof mitgenommen, glauben Sie
    hier nie
zu empfinden. Da ihre freye Wahl von Schlüßen abgehangen: so erlauben Sie mir gleichfalls Schlüße zu machen. Denn ich bin ein Mensch so gut als Sie, und weissagen mag ich nicht, wenn ich auch könnte. Da ich diese Nachrichten von Ihrer eigenen Hand habe: so fordern Sie vielleicht nicht ohne Grund, daß ich Ihnen meine Neigung hierüber sagen soll. Die Frage: was ist ihm gut? setzt immer eine andere zum voraus nach Göttlicher Ordnung und menschlicher Schwachheit, nemlich: was ist
    mir selbst
gut? Wer mit dieser nicht fertig werden kann, muß sich nicht unterstehen jene aufzulösen. Sie melden mir zwar, daß Sie in Bl. so viel
    Erholungen
haben um die Stadt darüber entbehren zu können, aber Sie klagen zugl. über weniger Zeit zu Ihren eigenen Arbeiten. Dieser Umstand hält also die Stange, und Sie gewinnen und verlieren hier nichts bey Ihrer Reuolution. Es ist aber vielleicht nichts als eine fallacia sensus, die uns das
    Beste unsers Nächsten
abgesondert und im Gegensatz mit unserm eigenen
    Intereße
vorstellt. Ich glaube also zieml. zuverläßig, wenn Sie Ihr eigenes Wohl aus einem andern Gesichtspunct eingesehen hätten: so würde der Vortheil Ihres Mündels nichts dabey verloren haben. Keine andern
    Gründe
, keine andern
    Umstände
, als die
    Sie mir selbst
in die Hand geben, werden von mir in Betracht gezogen. 1. Verdenke ich es Ihnen, daß Sie Ihre platonische Grillen von ästhetischer Einfalt, von Schätzen in Gründen, von Wahrheit- und Geschmacks-Systemen mitgenommen haben. Die waren jener tiefen Klosterstille sehr angemeßen, aber verderben ohne daß Sie es wißen Ihren gegenwärtigen Aufenthalt im Gasthofe. 2. Die Unabhängigkeit ist ein großes Gut für den, der Gebrauch davon zu machen weiß, nichts würdig in den Augen deßen, der sie nicht kennt und anwenden kann. In Platohnen hätten Sie mehr sich selbst und Ihrem jungen HErrn leben können. 3. Er hat ein Schuljahr, wie Sie sagen, und Sie hätten ein
    Probejahr
mit ihm
    sehr nöthig
gehabt. Aus seiner Aufführung in dieser Lage hätten Sie seine künftige beurtheilen Aufführung beurtheilen und Ihre eigene darnach einrichten können. Sie hätten unendl. Vortheile von diesem Versuch ziehen können für ihn und für sich selbst. 4. Der wahre ästhetische Geschmack eines Herren von seinem Stande und seiner Bestimmung bezieht sich auf die Wirtschaft. Dies ist das vehiculum und der Endzweck zugl. Beydes haben Sie übersehen. Sein Aufenthalt in Platonen wäre immer die beste
    Schule
gewesen, der beste
    Zaun
um seine Domainen, der beste
    Boden
um das versäumte durch Sparsamkeit einzuholen, das beste
    Feld
um sein Jugendfeuer ein wenig verrauchen zu laßen. Ich fürchte immer, daß es Ihnen einmal ärger wie dem Mag. Haase gehen wird; Plutarchs parallelgeschichte bleibt immer ein nützlicher Buch als das beste Compendium der Sittenlehre die auf hohen Schulen gelesen wird. Sie finden aber an keiner Oeconomie Geschmack, als die in epischen Gedichten zum voraus gesetzt wird. Nun wohlan! denn. Milton habe gelesen in fonte. In Bodmers Übersetzung muß ich es
    glauben
, daß es ein herrlich Gedicht war. Die Sie jetzt lesen, hab ich noch gar nicht in Händen gehabt. Was Sie mir schreiben, ist ein klein Selbstgespräch, wo mehr Begeisterung als Kritick ist. Klopfstock scheint mir immer seinen Geschmack verdorben zu haben in dieser Qvelle. In seiner
    Geisterlehre
ist Milton offenbar sein Original gewesen, und dieser hat die Hexen-Legenden zu den Zeiten der irrenden Ritter und des Aberglaubens meisterhaft zu brauchen gewust. Ich habe nur kürzl. die Henriade gelesen und Voltairens Abhandl. über die epische Dichtkunst: Jardins! il faut que je vous fuye. Trop d’art me revolte et m’ennuye. J’aime mieux ces vastes forets. La nature libre et hardie Irreguliere dans ses traits S’accorde mieux avec ma fantaisie.
    Homer
bleibt immer der einzige Heldendichter für meinen Geschmack. Hureux Malheur, ruft Voltaire am Ende eines Kapitels aus, à qui l’imiterait dans
    l’economie
de son Poeme! Hureux qui peindrait les details comme lui! Et c’est precisement par ces details que la
    poesie
charme les
    hommes
;
nicht die alte, sondern die neue oder französische Poesie, nicht rechte männliche Leser, sondern weibische und kindische. Homer zu fühlen ist nicht jedermanns Ding; ey Homer zu verstehen – Muß man das nicht, wenn man ihn nachahmen will. Und nachahmen heist in schönen Künsten
    übertreffen
. Muß man sich nicht über den Geschmack des Alterthums ein wenig wundern, das seine Gedichte Rhapsodien genannt und drey
    Unmöglichkeiten
gedichtet, die erste
    Jupiter
seinen
    Donner
,
    Herkules
seine
    Keule
, und
    Homer
einen
    Vers
zu rauben. Doch ihr ich ruffe meine vorige Note zur französischen Anmerkung zurück. Die wahre Kunst zu detailliren flüst immer aus der Vollkommenheit der Grundanlage; wie eine gesunde Wurzel es dem kleinsten Sprösling an Saft und Nahrung nicht fehlen läst zu grünen und zu blühen. Gestern habe Glassii Philologiam sacram zu lesen angefangen und, die schon viele Wochen darauf gewartet und heute das 2te Buch darinn zu Ende gebracht, weil ich den Rath des Mosheims für gründl. gefunden die beyden ersten Bücher als die unvollkommensten zu überschlagen und das letzte de logica garnicht zu lesen. Es thut mir gleichwol nicht leyd selbige übersehen zu haben einiger canonum wegen über der prophetischen Schreibart, und über Johannis, und einer einzigen angeführten Stelle über Pauli Styl. Wenn Sie Witting kennen: so wundert mich, daß er nicht an die στιχους gedacht, die in einigen Ausgaben gezählt werden – oder vielleicht hab ich es schon vergeßen. Glassius redt davon am Ende des 1. Buchs. Im 2 habe einige Nachrichten von der Cabbala gefunden, welche die ersten und besten sind, die ich noch gelesen. In der Grammatica und Rhetorica dieses Autors verspreche mir eine reichere Erndte. Was macht der HE Doctor? Ich habe ihm vor 14 Tagen geschrieben einen Brief, den er nicht erhalten wird. Grüßen Sie ihn herzl. von mir. Mein Vater thut ein gl. Von der einen Seite heist es: Ignoti nulla cupido. Von der andern: Homo sum – – Wenn Sie es mit meinen künftigen Antworten nicht genau nehmen wollen: so schreiben Sie mir bald. Ich umarme Sie. Grüßen Sie alle gute Freunde und vergeßen Sie nicht Ihren ergebensten Diener Hamann. Eberts Uebersetzung oder vielmehr den Scholiasten habe ein wenig durchgeblättert. Die Noten könnten kürzer, ausgesuchter und um ein guttheil nützlicher seyn. Ein paar historische Anmerkungen von den Personen in den Nachtgedanken interessiren den Leser. Den beßeren Verstand einer Stelle habe ihm auch zu danken; die
    einzige
aber, die mir nicht mögl. gewesen, den Worten nach zu verstehen; ist ihm auch nicht gelungen herauszubringen. – Ich werde jetzt vom Lesen, worin ich mich seit ein paar Wochen vertieft wieder abstrahiren müßen, weil ich auf die Woch einen neuen Period von Arbeiten anzufangen hoffe. Ich habe mich daher ein wenig ausgeruht um meine Kräfte desto glücklicher jetzt anstrengen zu können: Auf! auf! braucht allen euren Fleiß Und stehet munter im Geschäfte – wird es denn heißen. Leben Sie wohl. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Candidat en Theologie / à
    Blancken
berg
    feldt
. / par Couv.
Königsberg den 10 Octobr. 1761. HöchstzuEhrender Freund, Es ist mir eingefallen ein paar Wochen halbe Michelsferien zu halten, weil selbige heute zu Ende gehen; so erlauben mir Zeit und Umstände an Sie zu schreiben. Ich habe die letzt aufgetragenen Bücher im Laden für Sie auslegen laßen; Beherzigungen, Griselini, Luther. ante Lutheranismum, eine Abhandl. vom Abendmal in eben dem Geschmack. Wegen des deutschen Lazarus erinnere nochmals, daß viel
    Gedult
und
    Demuth
dazu gehört um ihn ausdauren zu können, und daß nur
    Stellen
sind, die man aber
    treffen
muß; wie das
    Haff
nicht lauter
    Börnstein
auswirft, Stücke für das Kabinet, andere für die Werkstäte. Zu Ihrem Jesaias habe noch einen
    Jeremias
,
    Joel
und
    Hosea
gefunden, die ich auch für mich selbst ausgenommen, von
    Burscher
. Ich hoffe daß wir beyde mit diesen Ausleger zufrieden seyn können. Sein Styl scheint mir ein wenig weitschweifig – Ihr Student ist vor 14 Tagen abgegangen mit einer Französinn und möchte wohl mit diesem Briefe eintreffen. Letztere hat einige Kleinigkeiten an Sie. Mein Bruder ist diese Woche Collaborator im Löbenicht und soll zugl. die Aufsicht des Pauperhauses, wie ich gehört, bekommen. Hindersen hat für seinen Pathen gesorgt. Er schickte für seinen an meinen Vater, um einige Zeilen von sr. Hand zu haben, selbige dem Magistrat vorlegen zu können. Wir bekamen ein Qvartblatt, auf dem folgendes geschrieben war Nec quia desperes inuicti membra Glyconis Nodosa corpus nolis prohibere chiragra Est quodam prodire tenus, si non datur vltra. Eben dies Deutsch. Wenn Sie neugierig sind, die Uebersetzung von diesen Zeilen zu sehen, so blättern Sie in Lucas Weg zur Glückseeligkeit; da wird sie unten in den Noten vermuthlich in die Augen fallen. Ich erschrak und begriff nichts, warum er diese Stelle gewählt. Nachdem ich mich ein wenig erholt, konnte ich in einer halben Stunde für Lachen nichts anfangen. Die Stelle steht Horat. Epist. I. 1. Ich habe jetzt mehr Vertrauen als jemals, daß meine Einsicht von seinem Charakter, und meine darnach eingerichtete Verhaltungsart, nicht fehl schlagen werden. Diese kleine Veränderung ist mit so viel Nebenverwickelungen für mich verknüpft gewesen, die mich recht sehr beschäftigt haben, sich aber nicht beschreiben laßen. Dem Ansehen nach, scheint ihn mehr Gnade als
    Rache
der Vorsehung auf diese unterste Stuffe gesetzt zu haben. Da es uns an Kostgängern nicht fehlt, so habe mein Bestes thun müßen, um ihn so wohl als sn. jungen HE. unser Haus zu vereckeln. Jetzt werde mich auf neue crises wohl auch gefaßt machen müßen. D. Lilienthal erlaubte mir erst diesen Mittwoch den Plato abholen zu können. Weil er mir aber wieder vermuthen den Gefallen gethan ihn mir vorigen Sonnabend selbst ins Haus zu schicken: so habe diese Woche schon einen sehr glückl. Anfang in den 2 Folianten gemacht. Hohe Zeit, liebster Freund! Ich hätte den Plato
    halb ausschreiben können
ohne ihn gelesen zu haben – Wundern Sie sich darüber nicht. Gestern sagte Cratylus, daß Sokrates ihm alle seine Meynungen gestohlen hätte, noch eh er den Mund aufgethan. Ich bin mit der ersten Tetralogie schon zu Ende, die sehr schätzbar für mich ist, weil sie seine Reden vor dem Tod in sich hält. Fischer hat selbige apart ausgegeben, und ich hab sie mir angeschaft. Er verspricht alle Jahr ein klein Bändchen von 4 oder 5 Dialogen. 56 sind. Ich wünschte wenn einige Gelehrte zusammentreten und diese Ausgabe beschleinigen möchten. So würde sie vollkommener und geschwinder zustandekommen. In Berl. wurde mir eine Ausgabe für 6 Thrl. angeboten. Weil mir Oehlert aber ein Mann wie unser Moldenhauer vorkam, mochte ich mich nicht einlaßen, anderer Unbeqvemlichkeiten nicht zu gedenken. In Dantzig editio optima et rara für 35 Thrl. Da meine Umstände mir 3 oder 5 schwer machen: so nahm meine Zuflucht zur Altstädtschen Bibliothek. Ich brauche sie so lange als ich will. Es ist die berühmte Aldina, wo in der Zueignungsschrift an Pabst Leo X. die bekannte Stelle von dem Eyfer dieses Buchdruckers steht, daß er für jeden Druckfehler einen Ducaten zahlen möchte. Unterdeßen, sagt er, ich in anderer Augen wie ein Hercules arbeite, komm ich mir selbst wie ein Sisyphus vor. Marsilii Ficini Uebersetzung von Grynaeo herausgegeben ex officina Frobeniana verknüpfe hiemit. Dieser Uebersetzer ist viel zu abergläubisch gewesen, als daß er das geringste von seinem Autor verstanden haben sollte; und er hat ihn im eigentl. Verstande diuinum Platonem genannt nennen können. Schenkt mir Gott Gesundheit und Ruhe; so kann ich mir den angenehmsten Winter von der Welt versprechen. Ich habe keinen Autor mit solcher Intimität (ich weiß meine Empfindung nicht beßer auszudrücken) als diesen gelesen. – Und ich wünsche mir mehr als jemals Glück, daß ich die Sokratische Denkw. zum Grund meiner Autorschaft gelegt. Am Plan ist nichts zu ändern; an der Ausarbeitung noch sehr viel. Ehe ich mich daran mache, muß ich auch den Xenophon kennen. Die Wolken sind das, was sie seyn sollen.
    Eingebung
und
    Gelehrsamkeit
sind zwey stoltze Pferde, zwey Hengste, die ich hier zum Gespann gemacht. Die
    Kunst
kann nicht mehr übertrieben werden, als ich es hier gethan; wer Lust hat es von dieser Seite zu beurtheilen. Das
    Genie
kann nicht unbändiger seyn, als ich es mir hier erlaubt. Zwey so entgegengesetzte Gesichtspuncte zu vereinigen, ist nicht jedermanns Ding. Sie erhalten eine Abschrift von dem Urtheil in den Hamb. Nachr. und es hat mich nicht anders als schmeicheln können in der grösten Wuth von einem Feinde auf die feinste Art gelobt zu werden. Er thut mir nicht weniger Ehre, als daß er den Verfaßer der Wolken unsern
    Thespis
nennt, der sich mit Häfen das Gesicht besalbt und an statt des Karren den Dreyfuß einer Pythischen Priesterinn zu seinem Sitz erwählt. Ich kann mit dieser Genugthuung zufrieden seyn, und bin solchen Kunstrichtern immer geneigter als – – Auf die Woche fangen wills Gott! wieder meine Arbeiten an. Mein arabisches, und der zweyte Theil von Wolfii Curis philologicis, in dem eine Pause machen müßen, weil Prof. Kypke in sein neues Haus gezogen. Giannoni bürgerl. Geschichte von Neapel habe in der Zeit gelesen. Ein Rechtsgelehrter der die Geschichte des Juris ciuilis und canonici zu seinem vornehmsten Augenmerk macht. Der erste Theil ist nur heraus. Kanter denkt die übrigen zu verlegen. Vier starke Qvartanten möchte es betragen und nur ein Werk für große Bibliotheken. Der Autor hat im Gefängnis sterben müßen. Er führt einen Einfall, den ich auch einmal gehabt, als eine gelehrte Meynung an, daß die Sicilianer den Reim von den Arabern v von jenen die übrigen Italiener v. s. w. gelernt. Thomas Campanella hat ein sklavonisches Liedchen gewust, in dem auch gestanden haben soll, daß die Spanier von den Moren reimen gelernt. Ein guter Freund wollte mir versichern, daß Gemmingen in sn. Briefen eben dies sagt. Ich kann mich darauf nicht besinnen, weil ich seine Gedichte mehr als se. Briefe gelesen. Als eine historische Nachricht würde ich diese Meynung sehr zweifelhaft machen; für ein bon mot mag es gut genung seyn. Die Henriette der Fr. Lenox habe mit viel Vergnügen gelesen. Es ist eigen, daß sie so wohl als die neue Heloise, als die beyden wichtigsten Romanen den neuen philosophischen Lehrsatz von der universalprovidentz angreifen, und bestreiten. Die kleinen Versuche im Denken und Empfinden haben mir beßer gefallen, vielleicht hat die bloße Eitelkeit an diesem Beyfall Antheil. Es mag damit seyn wie es will, so fallen sie sehr ins Auge, und es sind einige Züge drinnen, die meinen alten Freund wieder kenntlich gemacht haben. Ich habe daher Gelegenheit genommen, selbst an ihn zu schreiben, um mich für sein Gedicht zu bedanken, und zum Theil seines Bruders wegen, der unser Tischgast ist und dem ich meinen Stubenburschen gegeben, insbesondere mich wegen des letztern zu erklären, und von meinen Handl. hierinn Rechenschaft abzulegen. Gestern habe den Hiob zu Ende gebracht. Weil ich auf die chaldäische Bücher komme: so werde es für nöthig ansehen mir jetzt die Anfangsgründe dieser Sprache aus Alting, und le Dieu wenigstens bekannt zu machen, die ich beyde selbst habe. Sie sehen liebster Freund, wie ich mit Augenblicken werde wirthschaften müßen um mein Tagewerk bestreiten zu können; in dem ich ohnedem eine ganz andere Einrichtung zu machen gedenke. Geddes ließ mir gestern aus dem Buchladen holen. Es ist mir lieb, daß man dies Buch jetzt im Deutschen hat, weil ich es mir schon aus Leipzig wollte verschreiben laßen. Er schreibt mehr wie ein Rhetor als Philosoph vom Styl der Alten. Der Anfang mit Plato ist noch zieml. kahl. Er hat mit Warburton zu thun. Seine Auszüge sind das Beste. Ich warte auf die Fortsetzung – aber noch mehr auf Lowths 2ten Theil de sacra poesi, der jetzt von Michaelis herausgegeben worden mit einem prächtigen Panegyrique in den Altonaischen Zeitungen. Wir wollen sehen. Von der Lettre neologique werde Ihnen noch ein Paar Exempl. beylegen. Es sind viele Flecken in selbiger, um die Jungferschaft der Muse zu legitimiren, wie geschrieben steht. Mit der Warschauer Post erhielt die Inoculation du bon sens mit beyliegender addresse: O Vos admoniti – – Virgl. Nimm hin! du sterbliches Gerippe Apollens! nimm hin dieses Buch und wage dich nie wieder über den Rubicon der Narrheit. Socrates der Jüngere. Jetzt werden Sie das Motto aus dem Lucan vor dem Auszuge verstehen. Ich vermuthe auf einen guten Freund in Schlesien, der mir diesen Streich gespielt. Wie weit dies eintrift, weiß ich nicht, bekümmere mich auch nicht. Erwählte also diesen Weg zu antworten, und machte mich diesen kleinen Wink eines Unbekannten so gut ich konnte zu Nutze. An einige Gelehrte sind Exempl. verschickt worden e. g. an Gellert mit der Inscription: à la muse veuve de Gellert qui amasse du bois pour faire encore un petit pâté de Morale avant que de mourir. Siehe sn Brief an Rabner. An diesen: à Mr. Rabner mon beau-frère en Apollon Concurrent au grand oeuvre. Mit dem Motto: Les violens le ravissent. An Premontval, mit einem Compliment über das
    Mollibit
des Horatzens. Sollte nach Priscian und HE. Schul- Collega – – heißen: molliet. Sind Sie so ein Fremdling im philosophischen Israel, daß Sie Leibnitz, Wolf und Crusius nicht entziffern können, der sich auch mit aller Gewalt anfängt unter die apokalyptischen Theologen zu mischen, und ein Bengelianer ist. Seine Vorrede zu Fehr habe noch nicht gesehen. Die vor Burschers Jeremias schien mir sehr matt. Eine kleine Anecdote in Mst. hat mich gegen Crusius ein wenig aufgebracht pp. Die lettre neologique ist nichts als coecus catellus; oder ein kleiner Spürhund, hinter den der Jäger bald nachfolgen muß, wenn es recht zugehen soll. Ich denke wohl bisweilen daran; aber noch habe kein Herz – – Die jetzigen öffentl. Verfaßungen sind meinen gegenwärtigen Umständen und Arbeiten mehr förderlich als nachtheilich. Sie sehen liebster Freund! wie nöthig ich habe der Zeit wahrzunehmen, im Gantzen weiter zu kommen, und nicht den geringsten Umstand vorbeygehen zu laßen, von dem ich einigen Gebrauch machen kann. Ich habe also den ganzen langen Winter der Muße und den Musen geweyht. Alles muntert mich mehr dazu auf. Mit dem Cratylus werde heute schlüßen. Der Innhalt dieses Dialogs ist sehr interessant für mich, er betrift den Ursprung der Sprachen. Das gantze System, den Buchstaben eine natürl. Bedeutung zu geben, ist nichts als eine platonische Grille. Wie unedel und grob ist selbige in der hebräischen Sprachlehre behandelt worden. Mit was für Würde denckt Sokrates über den Ursprung der menschl. Rede! Mit was für Anstand prahlt und lacht er über seine Einfälle! Die ersten sieben Tetralogien machen den ersten Band aus; die zwey letzten den andern Theil. Sie sind so stark weil die Bücher de politica v legibus darunter begriffen sind. Ich wünschte bald gute Nachricht von des HErrn D. Genesung. Gott erhalte Sie gleichfalls und gebe Ihnen gut Glück mit Ihrem Haushofmeister. Ich muß eilen, umarme Sie und Ihre liebe Hälfte nebst herzlicher Empfehlung meines alten Vaters. Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht Ihren aufrichtig ergebenen Freund Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 215 (II 117/13): Du verbirgst es den Klugen und offen. den Unmündigen.
Königsberg. den 7 Nov. 1761. GeEhrtester Freund, Falls Sie mich für den Abälard Virbius halten; so behalten Sie ja ihr Exemplar. Sie bekommen sonst kein anders. Von der
    Inschrift weiß nichts
, und muß
    durch einen Irrthum geschehen
seyn, weil mehr zu besorgen gewesen. Sie wißen meine gäntzl. Scheidung, die mir jetzt mehr als jemals zu statten kommt. Die Abfertigung des Hamb. Nachr. fand für gut nach P. zu bestellen, weil derselbe ein treuer Kopist der edeln Empfindungen war und wenn HE. B. durch HE. Mag. K. hatte die Recension bestellen laßen: so hätte sie nicht edler gerathen können. Denn Jakob Böhm bin ich in den Augen dieser Leute immer gewesen. Wenn man
    Poßen
und
    Calumnien
an statt Urtheile reden will; so bin ich dergl. Narrentheidungen beßer gewachsen, als diese kluge Kunstrichter. Ich wünsche auch meinen Feinden Weib und Kinder, Schaff und Rinder – mein bescheiden Theil auf der Wellt habe ich täglich, und bitte darum wie Agur, der allernärrischte unter allen Menschenkindern – Pro secundo; sagen Sie Herrn Baßa, daß ich mausetodt bin, wie eine ägyptische Mumie in lauter Specereyen eingewickelt liege, und weder Hand noch Fuß rühren kann. Seine Verbindungen mit meinem Bruder sind mir gäntzl. fremde, und da ich mich seiner wesentl. Angelegenheiten gäntzl. entzogen habe, so würde es sich am wenigsten schicken mich um seine Rechenpfennige zu bekümmern. Ich habe selbst 10 Thrl. in Riga von ihm aufgenommen und habe noch gar keine Lust an Bezahlung zu denken; es ist ihm auch noch gar nicht eingefallen mich darum zu mahnen. Bengels Erklärung habe bestellt, liebster Freund, – ich denke selbst, daß der Jünger im Schooß zu bescheiden gewesen indiuidua zu karakterisiren. Dergl. Freyheiten nehmen sich nur Zöllner und Sünder von Autorn, aber keine Heiligen. Ein wenig Schmeicheley mag auch wol in dem Herzen der Pharisäer gewesen seyn, da sie Christum beschuldigten, daß er nach niemand frage pp. Ich vertiefe mich aber nicht in Dingen die mir zu hoch sind; sondern bleibe bey irrdischen. Im Charakter Wolmars liegt das erhabene Komische, das nur Rousseau’s zu treffen malen wißen. Ein ruhiger, weiser, ehrl. Mann ohne Gott im Herzen. Ein solch glimmend Tocht in der Welt muß freylich kalt Blut haben. Ein solch Geschöpf ist einem Blinden gleich, der Farben
    fühlen
kann und eben so bewundernswürdig wie ein Mondsüchtiger, der sichere Schritte thut als ein wachender. Das Romanhafte im eigentl. Verstande mag wohl in dergl. Chimären und Illusionen bestehen, da man sich non – entia zu Mustern macht. Die Frau gewordene Julie sagt sehr alberne Einfälle auf dem Sterbebette, die nur ein Wolmar für würdig halten kann aufzuzeichnen und die nur ein frostig Gehirn rühren können. Als eine
    Hausmutter
über eine mystische Schriftstellerin zu urtheilen, ist eben so seicht, als wie ein
    Buchdrucker
von der Güte eines Buchs Autors zu urtheilen. Zum urtheilen gehört, daß man
    jeden
nach
    seinen eigenen Grundsätzen
prüft, und sich selbst in die Stelle des Autors setzen kann. Wer ein Richter der Menschen seyn will, muß selbst ein Mensch werden, und wer einen Herkules furiosum vorstellen will, muß selbst einer, caeteris paribus, zu werden im stande seyn. Den letzten Octobr. habe den ersten Theil von Platons Werken zu Ende gebracht v zugl. ein Gespräch vom 2ten mitgenommen das zur Einleitung sr. politischen dient. Ich dachte nicht gegen Weynachten mit fertig zu werden – Gott Lob! – Diese Woche habe geruht, und mir einen Galgen gebaut 50 Ellen hoch. Für diese Arbeit hat mich gegraut, und ich habe sie mir langweiliger, mühsamer vorgestellt. Fertig! fertig! Cui bono? wird jener alte Schulphilister sagen; Abaelard Virbius entschuldigt sich mit einem Spruch des Apelles: Ne sutor vltra crepidam. Feurige Roß v. Wagen! die kein Kleinmeister, wie Phaeton war, regieren wird. Wer sein Leben verleurt, sagt mein Apoll, der wirds erhalten. Komm ich um; so komm ich um. Gestern mir zur Ader gelaßen, heute die 7 chaldäische Kapitel im Daniel zu Ende gebracht, mit denen es jetzt zieml. gut gegangen. Er fördert das Werk meiner Hände – – Plato möchte wohl viel Muße biß Weynachten haben, weil ich noch eine Arbeit in der Zeit endigen muß, um wie Ianus bifrons das neue Jahr erleben zu können. Mein Vater empfiehlt sich Ihnen bestens. Von der geEhrten Mama v HE Wagner erwarte Einschluß. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte. Leben Sie wohl und denken Sie an Ihren Freund. Hamann. Ich werde Ihnen einige Sachen nach dem Buchladen schicken, auch 3 Ex. der Lettr. neolog. Das eine davon war nach Paris bestimmt, ist eben mit Fleiß zurückgeblieben. Sie können mit machen was Sie wollen Fidibus oder Schnupftücher – Bin heute mehr als halb krank, habe weder Appetit ein Buch anzusehen noch Koffee zu trinken, werde also auf dem großen Schlafstuhl die Woche beschlüßen. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 216 (II 123/4): Mondsüchtiger! fahre
    auf zu dem Vater
Apotheosis
Königsberg den 19 Χstm. 1761. Geliebtester Freund, Einen Kalender für unsern alten Schulbruder Lauson auf das künftige Jahr, und abermal einen von 1758. deßelben Formats. Bedingt sich dies WeynachtsGeschenk so lange aus, als die jetzigen Aspecten dauren werden. Ein für allemal. Auf! auf! mein lieber Verleger, gehen Sie für mich auf die Spur. Abaelardus Virbius ist glücklich recensirt in den Hamb. Nachrichten – – – Anfang eines Billets nach Erhaltung Ihres Briefes. Hab ich Sie recht verstanden, liebster Freund, ich bin recht neugierig dies zu wißen. Noch habe nichts davon gehört. Auf allen
    Fall
, wenn
    Sie mir bald schreiben
, bitte wo nicht
    eine Abschrift
, doch eine
    Anzeige des Stückes
aus. Einlage bitte nach Kurl. zu befördern. Machen Sie keine Entschuldigung mehr, wenn Sie mir welche einschließen. Es thut mir leyd, daß ich der Frau ConsistorialR. nicht habe Nachricht geben können, daß ich heute schriebe. Theils Vergeßenheit von meiner Seite, theils das elende Wetter, daß ich meinen gewöhnl. Mercur nicht schicken kann. Ich gehe gar nicht aus, nicht Sonntags, nicht Montags, nicht Donnerst. Die Commission an meinen Bruder werde durch Lauson bestellen laßen. Er ist vorgestern als 3. Collega introducirt worden und gestern zum 2. gewählt. Das geht ziemlich hitzig. Ich habe vorgestern meine Andacht in Gesellschaft meines Vaters gehabt und gestern meine hebräische Bibel zum 2 mal glücklich zu Ende gebracht. Mit dem N. J. möchte ich wohl Stückweise selbige vornehmen und mit den Propheten den Anfang machen. Stellen Sie sich mein Glück vor. Eine herrl. Ausgabe des Platons für 31 gl. erhalten und die besten von Proclus und Plotinus theol. Werken. Text und Uebersetzungen. Auch eine Ausgabe von Theophrastus Kräuterbuch mit den stärksten Commentariis Scalig. cet. mit Ihrem Athenaeus von gl. Gewichte; noch einen großen Folianten von der Cabbala, wo Reuchlinus cet. darinn stehen. Das ist eine reiche Erndte, zu der ich 10 Thrl. aufgenommen und im Nothfall auf mehr Geld gefaßt war, unterdeßen ich mit 6 fl. v einigen gl. für
    alles
davon kam, die mein Vater mit Freuden bezahlte. Nun ich wünsche Ihnen auch ein einträgl. Fest an allem Nothwendigen und Ueberflüßigen. Meine Bibliothek wächst, ich weiß selbst nicht wie – Noch ein arabisch Lexicon und ein Alcoran fehlen mir zwar, ich brauche sie aber noch nicht, weil ich sie habe. Mit dem I. Buch der politischen Werke des Platons habe eine Pause gemacht, und werde erst künftig aber ganz gemächlich fortfahren, weil man sich auch den Magen am Honig verderben kann, und man seinem Appetit Genüge thun aber auch halten machen muß. HE Trescho hat mir vorige Woche geschrieben und
    Näschereyen in die Visitenzimmer am Neujahrstage
zu besorgen geschickt, die gedruckt worden aber kleiner gerathen, weil das letzte Stück wegfällt; ein Sendschreiben des Keith an den Philos. von S. S. Er hat theils nicht Herz genung dazu, theils Lust es mit mehr Witz auszuarbeiten. Man muß sehen – Ich habe ihm gestern geantwortet und seinem Verlangen Genug gethan. Von sr. Sterbebibel habe auch die zweyte Durchsicht übernehmen müßen, die vielleicht den Götz ausstechen möchte und den Verlag reichlich bezahlen.
    Warm Brodt
schaft Beckern und
    Ärtzten
Kunden. Seine ersten Gedichte sind sehr weitläuftig in einem neuen Journal recensirt, das zu Berl. geschrieben v. zu Jena auskommt; den Titel weiß nicht mehr. Es ist eins der neusten. Die Recensenten wollen was sagen und sagen nichts, mit den besten Regeln von der Welt aber sagen sie nichts. In eben diesem Journal ward eine kleine Sammlung poetischer v prosaischer Gestalt als einem Genie zuerkannt. Die Probe, die sie anführten, bewieß das Gegentheil. Ich ließ mich verleiten, weil ich es eben wo fand, ein wenig durchzublättern. Das Mittelmäßige ist keinem genie eigen. Was meine Mühe gewißermaßen belohnte war nichts mehr als eine einzige
    Note
, eine anecdote scandaleuse von L. Gedichten. Die Verfaßer müßen Landesleute seyn, an Porsch dachte, den Comödianten, doch von sr. Schreibart fand keine Spur mehr. Ich habe ein Haufen neue Sachen durchlaufen, wenigstens eher zu viel als zu wenig, weiß aber fast nichts mehr davon. Bar ist mir ganz unkenntl. Den ersten Theil sr. valsoles habe nur gelesen. nomen et omen ist auch hier. Die kleine Abhandl. von der Ironie ist noch die beste. Sein Styl in prosa komt mir ungeschickter vor; vielleicht liegt es an meinem Ohr. Die Lebensbeschreibung des Loyola die er schon in sn epitres diverses lobt ist jetzt auch verdeutscht und das angenehmste Buch für mich gewesen. Es gehört aber mehr granum salis dazu als zum H. Engelbrecht. In Marmontels Erzählungen hat mir der Abt von Chateauneuf am meisten gefallen – und so weiter. Des Bücherschreibens ist kein Ende. Pastor Ruprecht hat mir den Todesfall meines gewesnen BrodtHE. am ersten angemeldet. Ich denk noch an ihn – Laß die Todten ihre Todten begraben. Er ist Seinem Herrn gefallen, der wolle Ihm gnädig seyn. Der erstere hat se. defectBogen noch nicht erhalten auch nicht den Versuch einer neuen Erklärung über einen Spruch des Jesaias. Wißen Sie nichts davon? haben Sie sein Pack nicht eröfnet? Mit meinen Arbeiten geht es Gottlob! langsam aber gut. Der Kern soll eine
    Rhapsodie
in
    kabbalistischer Prosa
seyn von ungefehr 3 Bogen. Weil es aber durchaus ein Bändchen seyn soll: so werde auch crambem
    bis coctam
zum Umschlage brauchen und Sie nachahmen, aber (nach meiner Art) unverschämter, alles zusammenraffen biß auf GelegenheitsGedichte und ein lateinisch Exercitium. Erschrecken Sie nicht, wenn Sie den Autor in effigie sehen werden. Werden wir uns diese Meße einander begegnen? Ich vertraue Ihnen das; laßen Sie sich nichts davon nach Morungen oder an seinen Freund K – – – merken. Allen Zufälligkeiten vorzubeugen mag ich lieber zu viel als zu wenig Vorsicht brauchen. Gott schenk Ihnen und Ihrer lieben Frau ein fröhlich Neujahr und laß es Ihnen an keinem Guten fehlen. Mein Vater sagt: Amen dazu. Ich umarme Sie und bin nach der herzlichsten Begrüßung Ihr ergebenster Freund. Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 217 (II 126/3): Prov.? aufgew. Kohl Von Lesern und Lehrern der Alten und Neuen
Wiederholen Sie, GeEhrtester Freund, meinen schuldigsten Dank dem mir unbekannten Gönner, deßen Remarques sur une lettre et. Sie mir mitgeteilt. Ich suche zugleich meine Erkenntlichkeit dafür selbst durch nachfolgende Erörterungen zu bezeigen, deren Flüchtigkeit Sie bestens entschuldigen werden. Sans avoir l’honneur de Vous connaitre; je reconnais au moins la politesse de Votre nation dans la grace que Vous m’avez faite par Vos remarques sur une lettre neologique et provinciale. Je suis humiliè, faché et embarassé de mes fautes; mais je me felicite toujours de leur
    decouverte
– Il ne faut craindre que les pieges, qu’
    on ne voit pas
; au reste je pense sur les lieux d’un ouvrage d’esprit, comme St. Paul sur les membres du corps: Ceux qui
    semblent etre les plus faibles
, sont les
    plus necessaires
, et il est juste de parer avec plus de soin les parties, que nous
    estimons etre les moins honorables au corps
et qui sont les moins belles à voir. L’Hercule me fait chagrin, le genre marqué dans les mots: Enigme, Sphinge (d’autant plus que la Chimère de ma composition porte
    une tête d’homme
, au lieu que l’antique montrait une face de femme) et Etude bevuë impardonnable! Ajoutez encore l’Accusatif du Verbe
    enseigner
. Voici des barbarismes, qui ecorcheront les oreilles françaises et qui proclament pour ainsi dire, l’étourderie de l’auteur. – – Au moins, je serai pret à me defendre, si la Critique descendrait à se meler de ce colifichet. Sur le reste je me sens assez tranquillez, parceque la plûpart de mes licences sont volontaires et faites à dessein. Exceptez sans encore le mot
    alloy
, que j’ai confondu avec
    alliage
, que j’ai medité. Vous avez raison Monsieur, qu’il vaudrait mieux dire p. 3. l. 4. je suis ou je me trouve: mais me
    voici
est plus convenable au
    ton
passioné et negligé, ton caracteristique de toute la lettre. Il me semble, que Vous avez glissé sur le titre de cette feuille volante, qui affiche l’idée principale ou le point saillant – – Comment voulez Vous, qu’on ecrirait une
    lettre neologique
sans se servir des
    mots
et des
    toms
, qui sont insupportables, alembiqués et tout ce que Vous voulez, hors de leur place; mais adaptés bien à propos et indispensables
    au pour
le Stile neologique; consultez-en le
    Dictionnaire
, que j’ai feuilleté il y a huit ans sur le
baragouin des beaux-esprits en France. L’auteur de ce petit ouvrage, à ce qu’on m’à dit, est Mr. Diderot, et il a recuilli nombre de lambeaux parmi les ouvrages de Fontenelle, Marivaux etc. Il sera donc necessaire de juger d’une lettre neologique sur les principes du langage neologique et non sur le sobre Purisme de la langue française. En second lieu, Monsieur, pardonnez-moi ma franchise, je ne Vous crois pas
    suffisant
à gouter l’elegance et l’Energie des pensées, qui ne sont faites que pour les Fous, les Anges et les Diables. C’est l’autre point de vuë, que Vous me paraissez avoir negligé dans Vos remarques.
Catullus. – sudaria
    Setaba ex Hiberis
Miserunt mihi muneri FABVLLVS Et VERANIVS; hoc amem necesse est VT VERANIOLVM meum et FABVLLVM.
Die 2 ersten Bogen des XII. Theils habe den 9. h. auf dem
    Bette
richtig erhalten. Von einem Invaliden erwarten Sie keinen Tanzmeisterbrief. – Der Vogel Namah, welcher Eisen verdaut, seine Eyer mit den Augen ausbrütet und deßen Federn dem allerjüngsten Herrn ein so ritterlich Ansehen geben, mag seinen kleinen runden Kopf verstecken wie er will; sein geflügelter Kameelleib verdirbt immer das ganze Spiel – Aber auf Ihren Fulbert Kulm zu kommen, er hat die Laune Ihres Freundes noch nicht von der
    besten Seite
gefaßt und hätte von den Blößen, die man ihm
    gegeben
, mehr Vortheil ziehen sollen; denn Schaamhaftigkeit und Weichherzigkeit kleiden keinen
    Athleten
– – – Sie haben Recht, mein lieber Moses, daß Sie mich für Ihren
    Freund
ansehen und der Ahndung des Herzens mehr als dem Blendwerk des Witzes trauen; aber die
    Menschlichkeit
meiner Seele macht mir meine Grillen so lieb, daß ich oft der Versuchung
    unterliege
diesen Grillen meine nächsten Bluts- und Muthsfreunde im Apoll (Moses, den
    Philosophen
und L – – den
    Propheten
) aufzuopfern. ( –
    Veraniolum
meum et
    Fabullum
.)
Respondes, altero ad frontem sublato, altero ad mentem depresso supercilio;
    crudelitatem
Tibi non placere
– „Als Kunstrichter hab ich ein Recht, sagt Fulbert Kulm, den
    starken Geist
zu spielen“: als Israelite, in dem kein Falsch ist, hätt ich ein Recht, sagt der Phantast, den
    Kindermörder
Abraham! – den
    Untertreter
Jakob! zu spielen – – Welche
    Opfer
sind
    grausamer
? –
    Demonstrativische
? oder
    parabolische
? – Der
    Beweiß
ist der Despotismus des Apolls; die
    Parabel
schmeckt nach der
    Aristokratie
der
    Musen
. Anakreon, der
    Sünder
– Anakreon, der
    Weise
– wird keine Regierungsform von
    neun Jungfern
verschmähen. Damit das Lächeln des Publici über die wechselsweise Thorheiten des Fulberts und Abälards nicht in ein Skandal ausarte; so ist das
    Stillschweigen
für beyde eine philosophische Pflicht. Meine Duplic besteht in einer Appellation an die
    Zeit
, die alle
    Fragen
beantworten wird
    in meinem Namen
; denn sie
    erobert
, aber sie erfüllt auch alles. – Palinodie ist ein Wort, das Sie mir aus dem Herzen und aus dem Munde geschrieben haben. Ja
    Palinodien
will ich
    singen
– aber nicht mit der
    belegten Brust
, womit ich
    Beleidigungen
keiche – Noch hab ich nicht auspraeludirt – – Ihre 2 Bogen kamen recht zu gelegener Zeit, nicht später nicht früher, als sie kommen sollten; da Virbius eben unter der Preße schwitzte. Die Zueignungsschrift der
    dritten
Auflage an Marruccinum Asinium war schon fertig. Unter den frater Pollio mögen die Exegeten den Hamb: Correspond: verstehen; est enim leporum Disertus
    puer
ac facetiarum.
Ich besorge nämlich jetzt (vermuthlich für den Verf. der Sokr. Denkw.) eine kleine Sammlung
    aufgewärmten Kohl
, zu dem
    Agorakrit
, den Sie aus dem Aristophanes kennen werden, zwo
    neue Würste
erfunden hat. „Abermal Schimmel!“ – Graut Ihnen nicht für eine Nachahmung a.) des
    hellenistischen
Briefstyls b.) der
    kabbalistischen
– – vox faucibus
haesit. Das letzte Scheusaal zu vergrößern, hat der Verfaßer den
    Kabbalisten
mit dem
    Rhapsodisten
zusammengeflochten. – Weil im
    ältesten
Verstande Ραψῳδοι Ερμηνεων ερμενεις waren: so wird Fulbert Kulm
    nach dieser ersten Grundbedeutung
den Zusammenhang der Rhapsodie mit der Kabbala nicht verfehlen können. Ich meide, mein lieber Moses! das
    Licht
vielleicht mehr aus Feigheit als Niederträchtigkeit.1.) aus
    Furcht
, die auch wie die Liebe
    von sich selbst
anfängt. 2. aus Furcht für meine
    Leser
, da ich feyerlich dem
    großen Haufen
und der
    Menge
resignirt habe. 3. aus Furcht für solche Kunstrichter als Fulbert Kulm, die nicht so viel Spleen und lange Weile zu verlieren haben als ich – Zeilen zu
    pflanzen
, deren Wachsthum von
    Sonne
,
    Boden
und
    Wetter
abhängt. Was ich aus
    Achtsamkeit
(nach meinem Urtheil) nach andrer Meynung hingegen
    ohne Noth
dem Augenschein entziehen muß, sind nichts als zufällige Bestimmungen, die sich von selbst gleich dem
    Unkraut
ersetzen; vehicula an deren Werth nichts gelegen. Ich erinnere mich hiebey einer Stelle, die ich wo gelesen: Auch in der
    Dunkelheit
giebts
    göttlich schöne Pflichten
Und
    unbemerkt
sie thun – – Ich habe Sie, Geschätzter Freund! bey der ersten Stunde unserer zufälligen Bekanntschaft geliebt, mit einem
    entscheidenden
Geschmack. – Die Erneurung dieser flüchtigen verloschenen Züge setze biß zu einer beqvemern Epoke aus, die uns der Friede mitbringen wird. Weil der Charakter eines
    öffentlichen
und
    privatautors
collidiren, kann ich mich Ihnen noch nicht entdecken. Sie möchten mich verrathen, oder wie der
    Löw
in der
    Fabel
bey jedem
    Hahnengeschrey
Ihre Grosmuth
    verleugnen
. Fahren Sie fort mein Herr! mit der
    Sichel
und Sie, mein Herr! mit der
    scharfen Hippe
– – meine Muse mit
    besudeltem Gewand
komt von Edom und tritt die Kelter
    alleine
– – Noch ein Wort von der Gelegenheit zum
    Spaß
, die an jedem Zaun wächst. Der Verfaßer eines kleinen
    dramatischen
Versuches (der sehr unzeitig der deutsche Thespis genannt worden; for the play I remember, sagt Hamlet, pleas’d not the Million, ’t was
    Caviar
for the
    general
– –) erhielt von einem Unbekannten ein billet-doux, von dem einiger Verdacht auf den Verfaßer der Briefe über die N. L. durch eine eitele praesumtion fiel – – Hierauf verglich jener bey einer müßigen Stunde die Aspecten des deutschen Horizonts mit den Grundsätzen Ihrer Kritik – – Das deutsche Genie schien ihm ein so schwaches Reiß zu seyn, wo die Gießkanne nöthiger wäre – – endlich, daß die Nachsicht gegen sich selbst zur Strenge gegen andere verführt – Man wagte also ein blaues Auge um einen
    homerischen
Schlummer nicht einwurzeln zu laßen, der Ihnen selbst mit der Zeit, der Ehre des deutschen Namens und der Unsterblichkeit der Neuesten Litteratur nachtheilig seyn könnte – – – So viel halte ich für nöthig, Geschätzter Freund, Ihnen NB. sub rosa mitzutheilen. Da Sie leyder wißen, daß ich nicht Mardochai heiße, so kann die alte addresse
    auf allen Fall
bleiben. à – – (homme de lettres) abzugeben in der heiligen Geistgaße. Leben Sie wohl. den 11. Februar. 1762. N.S. Es versteht sich am Rande, daß diese Erklärung
    Sie und einen Freund
, aber kein Publicum interessirt. Sie würden mich unterdeßen verbinden mir auf gl. Art zu verstehen zu geben: ob und wie Sie Ihren Freund verstanden – Vale. Adresse mit Resten von zwei Siegeln (Wappen und Kopf des Sokrates nach links) und Vermerk von Mendelssohn: 1762. Febr / Haman. /
à Monsieur / Monsieur Moyse / à /
    Bèrlin
. /
In Herrn Nicolai / Buchladen abzugeben /
    par faveur
.
Königsberg den 12 Febr. 1762. Geliebtester Freund, Den 1. Febr. habe erst meine Arbeiten wieder ein wenig anfangen können und den Tag darauf überfiel mir ein Fluß und Magenfieber, von dem zieml. wieder hergestellt bin; mein hebr. habe wenigstens dabey fortsetzen können und ein Paar Theile vom Voltaire wieder zum Zeitvertreib gelesen. Mit meinem arabischen geht es schläfrich, vielleicht kann ich auf die Woche continuiren. Weil mein Kopf schwach ist; so weiß nicht mehr den Innhalt meines letzten Briefes und ob der Ihrige eine Antwort darauf ist. Ich erkundige mich daher, ob
    Sie aus Kurland den letzten
erhalten haben, der eine
    Einlage unter
des HE Fiscals Couvert gewesen, weil mir auch
    daran gelegen, ob dieser meine Antwort auf sn. sehr sinnreichen Neujahrswunsch
erhalten. Diesen Dienstag wurde des Morgens unvermuthet durch einen Brief mit Nicolai Pettschaft erfreut, der die 2 ersten Bogen des XII. Theils der Briefe die neuste Litteratur betreffend, in sich hielt. Contenta des 192 Briefes vom 22 Octobr. „Diesen Spaß hat vermuthl. der Verf. der Sokr. Denkw. gemacht, man kennt keinen andern deutschen Schriftsteller der se. herrschende Laune mit einer so körnichten Schreibart die zugl. figürlich und spruchreich ist, zu verbinden pflegt. Das Saltz ist darinn mit vollen Händen gestreut und die immer fortgehende Ironie ist bisweilen so fein, daß man muthmaßt, der Verfaßer habe einigen unserer heftigsten Wiedersacher eine Nase drehen und sie glauben machen wollen, als wenn dieser Bogen eine bittere Satyre auf unsere Briefe wäre. Ein Ungenannter hat eine Antwort drucken laßen: Fulberti Kulmii Antwort an Abälardum Virbium im Namen des Verfaßers der 5 Briefe die neue Heloise betreffend. Gedruckt am zehnten des Weinmonaths 1761.“ Hierauf werden
    Abälard
und
    Fulbert
eingerückt. Der Name Kulm ist entstanden aus K. dem karacterischen Buchstaben und –lm sind die Anfangsbuchstaben von L–g und M–s. Fulbert hätte seine Sachen beßer machen können, er fängt an zu zergliedern, komt aber nicht weit – kleine Anspielungen auf die Wolken, den irrgläubigen Propheten Mahomet, Jachin und Broaz – Nachdem man meine Fragen
    vorbeygegangen
i–e. beantwortet hat: so komt die Reyhe an Fulbert auch zu fragen: warum ich parcus dearum cultor so selten auf den Altären der Musen opfere und nur einzelne vergängl. Blätter bringe die jedes Lüftchen verwehen kann. Warum ich mein Gebet in kurzen geheimnisvollen Seufzern ausstoße und meine Brust nicht zu einem längeren Othem gewöhne – warum eine Schreibart, deren Schönheiten nur mikroskopische Augen ergötzen. Hat die Natur keine Gegenstände, die der Nachahmung würdiger sind, als der
    Schimmel
? – – „Die Kenner loben an Ihren Ausarbeitungen Erfindung, Zeichnung und Ausdruck; aber sie vermißen die weise Vertheilung des Lichts und Schattens. Die Gegenstände sind wie in einer düstern Wolke verhüllt und nur hier und da durchstreifet ein Wetterstral, der die Augen blendet. Sie bekümmern sich so wenig als Sie mein Herr! um die Schönheiten, die man in
    Augenschein
zu setzen im stande ist; aber noch weniger um die Schönheiten, die man
    ohne Noth
dem Augenschein entzogen hat. Die Sinne vergehen für Spleen und Langeweile, wo der Witz beständig Räthsel aufzulösen hat.“ „Da Sie
    wie aus den Wolken
zu mir herab geredet: so muste ich mir aus meinem Staube eine ähnliche Wolke machen aufblasen um ihnen zu antworten. Wollen Sie sich aber von einem Unbekannten rathen laßen so treten Sie aus Ihrer Maschine hervor und zeigen sich den Zuschauern in menschl. Bildung. Gedrungene Kürze ist eine ästhetische Tugend, aber die Faßlichkeit muß nicht darunter leiden. Die feinste Anspielungen sind nur Schnörkel des Styls, sie müßen wohl angebracht und nicht gehäuft werden, wo sie nicht mehr verunstalten als zieren sollen.“ „Sie sehen ich rede schon wieder in dem Ton eines Gesetzgebers: Du sollst pp Sie wißen aber auch daß dieser Ton den Verf. der Br. schon zur zwoten Natur geworden. Der übermüthige Charakter, in welchem Sie sich festgesetzt, macht, daß der Vernünftige Sie von den gemeinen Pflichten bürgerl. Höflichkeit loßspricht und der gezüchtigte Autor findet einigen Trost in Ihrer natürl. Strenge. Er schmeichelt sich so elend nicht zu seyn, als ihn der spröde Geschmack dieser Tadelsüchtigen findet.“ Dies ist das
    Ende
, was ich Ihnen ganz habe mittheilen wollen. Sie werden sehen, daß ich gut genug durchgekommen bin. Einen neuen Aufzug hab ich wenigstens gemacht. An Moses habe heute geschrieben einen zieml. langen Brief geschrieben, der mir gut genug gerathen ist. Damit ich sie nicht unbereitet überrumpele, so hab ich mich angemeldt. Das übrige mag seinen Gang haben. In Ansehung des letztüberschickten hab ich mich schon entschuldigt, daß ich aus Mangel der Zeit sehr blindlings gewählt habe, und weil ich lange nichts ausgenommen auch nicht so bald was neues ankommen wird; so bin mit Fleiß ein wenig über die Schnur gegangen. Das französische habe selbst gelesen. Etoit-il trop grand? der Neugierde wegen beygelegt. Sticoti soll der Verfaßer seyn, der in Berl. allerhand Colifichets herausgiebt, die ich neugierig bin näher kennen zu lernen. Mes noirceurs, la Musique de l’ame ou la maniere de dire le bon jour von eben demselben sind mir versprochen worden. Es soll eine ganze Sammlung davon ausgekommen seyn, die ich zu meiner Neugierde gern auftreiben möchte. Dann werd ich mehr davon sagen können. Unser neue Prediger Mr. le Fort hat mir die Ehre angethan mich diesem kleinen Autor zu vergleichen, ohne eben die Absicht zu haben mir ein Compliment durch diese Parallele zu machen. Ich wußte nichts davon, da der Zufall mir Gelegenheit gab einen Auszug von dem erhaltenen zu machen und hörte nachher erst von dem Verfaßer pp. Ihre Erinnerung soll unterdeßen nicht umsonst seyn. – Von den vermischten Abhandlungen des Vettels Montesquiou pp weiß nichts – Man muß es Ihnen also aus eignem Einfall im Buchladen beygelegt haben. Wegen des Anti-Shaftesbury hätte auch unterlaßen; denn es ist nichts als der zweyte Theil von Mandeville Fabel der Bienen – die Sie glaub ich schon im fr. haben. De la Nature kostet auch gewaltig viel – ich mußt es nehmen aber der Preiß hat mir auch leyd gethan. – T. Näschereyen haben Sie von mir. Bruder Redner ist der Koch des Gallimafrees. Ich hab ihm Ihre Kritik selbst gewiesen, weil wir zieml. vertraut miteinand leben, und kein consilium fidele übel nimmt. Ihr Dessert und Schulstück sehe mit Neugierde entgegen. Nach Erhaltung deßelben werden Zeit und Umstände das übrige bestimmen. Aufgehalten soll das letzte durch mich nicht werden. Nuppenau hat seine Frau und ihre Mutter verloren; sie wurden zugl. begraben. Ich konnte nicht folgen – weil ich den Abend vorher die ersten Vorboten des Fiebers bekam. Der Wittwer hat ein Püppchen zum Andenken übrig. Das Kreutz scheint ganz in diese Familie eingekehrt zu seyn. – Auch Ihnen fehlt es nicht daran, liebster Freund, wie Sie mir melden. Gedult! Gestern Abend erhielt des
    Herkules Rasiel de Sylva Historie
des vortrefl. Don Inigo de Guipuscoa im französischen. Nouvelle Edition augmentée de l’Anti-Cotton et de l’histoire critique de ce fameux Ouvrage. à la Haye chez la veuve de Charles le Vier. 1738. in 2 Theilen. Der Anticotton fehlt in der Deutschen Uebersetzung. Der Besitzer des franz. Exemplars hat dabey geschrieben daß Hercules Rasiel das Anagramma des Buchführers Charles le Vier ist; de Selua
    Haag
bedeutet, und
    Prosper Marchand
diese Ausgabe besorgt. Weil mir das Werk so interessant ist so werde es mit Vergnügen im fr. noch einmal durchlesen. Ich habe selbiges aus Bar Epitres div. am ersten kennen gelernt und bin immer darnach neugierig gewesen. Winkelmanns Anmerkungen über die Baukunst der Alten sind mir nicht so unterhaltend gewesen als ich dachte; sie verdienen unterdeßen den ersten angehängt zu werden.
    Kochs
Pharos habe mir auch angeschaft; als ein Supplement von Prideaux und Shuckford gehört er auch in ihre Bibliothek. Der Verbindung wegen habe mir auch eiusd.
    Entsiegelten Daniel
angeschaft. Ich habe eine gute Vermuthung von diesem Autor. Er redt in der Vorrede von einer Erklärung über den Tempel in Ezechiel. Wenn selbige herausgekommen möchte auch solche gerne haben. Werde aber erst
    diese lesen
und dann mein Urtheil darüber näher bestimmen können.
    Boysens
Beyträge zu einem richtigen System der hebr. Philologie nach
    Michaelis
Grundsätzen habe mir auch angeschaft; als ein Supplement zu
    Simonis
Wörterbuch. Ersterer verspricht noch 3 Theile. Ich traue diesen Autor noch nicht viel er scheint sich wie
    Schwabe
zum
    Gottsched
zu verhalten oder Semmler zum Baumgarten, oder Windheim zu Mosheim. Mein griechisches und Plato habe dies Jahr noch gar nicht ansehen können. Mit meinen Kreuzzügen geht es auch schläfrich. Ungeachtet Kulm schon seit October heraus ist, kam er doch
    zu rechter Zeit
, da eben die dritte Auflage des Virbius unter der Preße war. Ich schrieb den Moses, daß es eine philosophische Pflicht für uns beyde wäre stille zu schweigen, damit das Lächeln des Publici über die wechselweise Thorheiten des Fulberts und Abälards nicht in ein Scandal ausarte. Ich habe sie auf einen neuen Anfall zubereitet und denn werd ich auch sagen:
    Dixi et libraui
animam meam.
Wer sein Leben
    wegschleudert
,
    erhält
selbiges öfters am sichersten. Auf diese 2 Würfel kommts an: ob ich aufhören oder erst anfangen soll? – Die Zeit wirds lehren, die Zeit, die wie ich an Moses schrieb, alles
    erobert
; aber auch alles erfüllt. Mein Vater grüst Sie und Ihre liebe Frau aufs herzlichste unter herzlicher Anwünschung alles Guten. Umarme Sie beyde gleichfalls und ersterbe Ihr treuer Freund. Hamann. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 220 (II 130/29): impertinente? Bocksfüssen Handel der Stänkerey machen will Zu HKB 220 (II 134/12): Popowitsch. Eine Kohle steckt die andre an. Neckerey? Scherze? Rouss.? entweder gesättigt und geschmacklos oder der nach Genuß der Jahre? Wollen nach starken Schlägen nicht böse, Ärger gegen andre doch Achtung? oft aber gleichgiltiger werdende Verhältnisse
    Moliere
Moi, votre Ami? Raïes cela de vos papiers! Unser öffentlicher so wohl als Privatcharacter zeigt angebohrne Gramschaft. Schriftsteller und Kunstrichter, Abälard und Fulbert,
    Haman
und ein hartnäckiger Mardochai. Ὡς οὐκ ἐστι λεουσι· και ανδρασιν ὁρκια πιστα Ὀυδε λυκαι τε και ἁρνες ὁμοφρονα θυμον ἐχουσιν Αλλα κακα φρονεουσι διαμπερες ἀλληλοισιν Ὡς οὐκ ἐστ’ ἐμε και σε φιλημεναι Die güldenen Tage sind meines Glaubens, noch nicht da, von welchen es heißt; וגר זאב עם כבש ונמר עם גדי Der Herausgeber unserer Briefe ist ein listiger Parteygänger, der Sie Freund nante um Ihnen das Feldgeschrey abzuloken. Nun sind sie gefangen, oder müßen Dienste nehmen. Ja ja! Dienste nehmen! Das ist das einzige Mittel zum Freundschafts Bündniß. Laßen Sie Sich in die Rolle unsers Rottmeisters einschreiben, und gehen Sie mit auf Beute aus. Sie wißen die Grundmaxime der Freybeuter, wer nicht mit uns ist, ist wieder uns. – Sie sind ein Invalide? – desto beßer? Da wir die Strafen sind, die den Gelehrten Mißethätern nachhinken; so schikt sich kein Tanzmeister in unsrer Rotte. Damit Sie aber Ihre Cammeraden nicht verkennen; so muß ich Ihnen zum voraus melden, daß der Brawe FABULLUS schon längst abschied genommen, und seine glänzenden Wafen, weit von uns, im Staube Bürgerlicher Arbeiten verrosten läßt. Die nunmehr die Ehre unsrer Fahne retten sind B. ein
    Satrape
im Despotischen Reiche des Apoll; R. ein freyer Bürger, von der Eidgenoßenschaft der Musen, und K., den Sie, ein anderer Diomed oder David, im Schlummer überrascht, oder vielmehr beschlichen und entwafnet haben. Aber wenn Sie nach erfolgtem Frieden zu uns kommen; So werfen Sie so wohl die Furcht, als die Gießkanne weg. Jene würde dem Asinio geziemen, und frater Pollio mag des schwachen Reises warten, das weder Früchte noch Blumen verspricht, und nur die Neubegierde zu befriedigen, im Treibhause aufbehalten wird. Feighertzigkeit kleidet keinen Athleten: Recht! aber auch die gar zu achtsame Schüchternheit, die uns zu Winkel kriechen, und
    göttlich schöne Pflichten
nicht anders als in Dunkelheit ausüben lehrt, kleidet keinen
    Freygebohrnen
Unter dem Schilde der Minerva scheuet die Eule selbst des Tages Licht nicht mehr. – Eine solche Schüchternheit ist es, mein Freund! die Ihre Muse (halten Sie Ihrem Bruder in Appoll die Freymüthigkeit zu gute!) sehr oft Räthsel keichen läßt, wo wir Bürger eines freyen Staats auf Demosthenische Reden lauren. – Die zufälligen Bestimmungen, meinen Sie, ersezen sich wie das Unkraut von selbst. – Was ist Unkraut? Haben Sie den Küchengärtner, oder den Naturforscher darum gefragt? Damit ich Sie in der stoltzen Einbildung stöhre, als wären Sie mir noch unbekant, so mercken Sie sich meine Politik. In der kleinen Stunde unsrer zufälligen Bekantschaft habe ich nicht nur ihr ruhiges Gesicht aufmerksam beschauet; sondern (weil die Leidenschaften den Menschen umbilden, wie ein Apoll wen er den Marsias schindet, anders aussiehet, als wen er die Flöte bläst) Gelegenheit gesucht auszuspähen, wie Sie sich in Gemüthsverwirrungen gebärden. Nicht umsonst wird Ihnen der freundschaftliche erschütterungsstoß gegeben, womit ein Naturforscher seinen Bruder grüßt. Ich wolte Sie in Furcht in Schrecken, und wen die Gefahr vorüber ist, wieder froh sehen. Bey einem zweiten Besuche soll ein socratischer Becher holdere Leidenschaften aus ihrer Brust loken. Leben Sie wohl und verwahren Sie meine Erklärung, wo ich die Ihrige verwahre, in petto. Mein Freund Nicodemus hat mit mir nur eine Seele, und wir wißen nichts von dem
    Billet
-doux,
daß den Verf. eines kleinen dramatischen Versuches beleidiget haben soll. Von den
    Wolken
haben wir aus Nachsicht für den schätzbaren Verf. der
    Denkwürdigkeiten
niemals ein Urtheil gefällt. den 2 Merz 1762.
Königsb: den 4. März 1762 Herzlich geliebtester Freund, Meine meiste Zeit habe bisher auf dem Bette zubringen müßen; noch bin ich nicht heraus. Doch scheint es, als wenn es sich zur Beßerung anlaßen will. Flußfieber und hypochondrische Anfälle – Magen und Unterleib –. Vorige Woche kam ein Fäßchen Caviar an, der erste, den ich gekostet, und ich habe kein Jahr als dies so viel Appetit dazu gehabt. Ich aß Mittags und Abends davon, den Tag aber darauf warf mich das Flußfieber mit aller Stärke über den Haufen – Ich danke Ihnen recht sehr für Ihr Andenken, mein Vater gleichfalls – Ich habe recht darnach gehungert und warte ebenso darauf dem Fäßchen den Boden bald ausstoßen zu können. Ich war eben über die Oeuvres des Savary erpicht, davon ich die Genfer Ausgabe von 1750 zum Anschauen bekommen hatte. Es fand sich ein Käufer – man holte mir also das Buch recht zu gelegener Zeit ab, worinn ich mich zu sehr vertieft haben würde. Biß littera B bin ich gekommen und habe genug, eine Idée von diesem Werk zu erhalten. Mehr brauchte ich auch nicht. Als dieser Ballast aus den Augen war, erhielte ihr Mst, das ich noch den Abend durchlaß zum guten Glück, weil ich den andern und die folgenden Tage nichts mehr vornehmen konnte. Ich hab es also geschwind genug befördern können. Ich habe es schon im halben Fieber gelesen – Mir ist das Stück sehr lang vorgekommen. Sie werden sich hierdurch unverdienten Vorwürfen aussetzen. Auch die
    Sprache
ihrer Schaubühne wird kaum unangefochten bleiben. Ein paar Erinnerungen einzelner Stellen werde noch machen. Wollen Sie nicht das Urtheil des Knaben ausstreichen, wo er dem Absolom ein
    teuflisch Gemüth
zuschreibt. Der Ausdruck ist überhaupt hart und für ein Kind zu naseweise. Der letzte Fehler drückte auch zieml. stark den Hofmeister, der eine sehr pedantische Denkungsart verräth. Der Schluß und die Entwickelung des Spiels kommen mir auch
    so abgezirkelt
vor, daß die poetische illusion gar zu sehr in die Augen fällt, und der Zuschauer findt sich mehr
    geäfft
als auf eine feine Art hintergangen. Ich weiß, daß Sie diese Freymüthigkeit, an statt mir solche übel zu nehmen, auf allerhand Art nutzen werden. Daß man auf
    Einwürfe zubereitet
ist, schadt niemals. Ich kann wohl eben die nicht vorausbestimmen, die das Publicum machen
    wird
. Man ist aber dem Publico immer gewachsen, wenn man sich auf alles gefaßt macht, was es uns einwenden
    kann
. Ein rechter Autor muß seine
    Leser
in ihrer Erwartung zu
    übertreffen
oder zu
    gewinnen
wißen: seinen
    Kunstrichtern
aber entweder
    zuvorkommen
oder ihnen zu
    entwischen
bedacht seyn.
    Stärke
und
    Klugheit
ist eine doppelte Schnur – und ex vtroque Caesar ein guter Wahlspruch – Trescho hat sn. Keithschen Brief an den neulich gedacht, doch zum Druck bestimmt und umgearbeitet – werde selbigen nicht eher sehen, biß er öffentl. wird – will auch gar keinen Antheil daran nehmen. Rapsodies en vers et en Prose habe ich beylegen laßen, weil sie nicht viel kosten und allerhand darinn ist. Eine Uebersetzung des Thomas à Kempis, die vielleicht in ihrem Hause zu gebrauchen. Nachrichten von alten Münzen – von Schildereyen. Ein Haufen singulaires, pedantisches, micrologisches Zeug, wobey dem Leser ungefehr so zu Muthe wird, als wenn Sie sich im Geist in unsers Freundes L – – s Bilderstube versetzen möchten. Weil der Marquis d’Argens seinen Ocellus als ein Supplement zur Philosophie du bonsens herausgegeben: so hab ich ihn gleichfalls beygelegt. – Die Jesuiten werden in den Noten stark allegirt – eine Lobrede der deutschen Literatur bey Gelegenheit des la Mettrie – und ein unverdaulicher Mischmasch, dem mir diese Ausgabe eines griechischen Autors recht eckel macht. Ni Queue ni tete, ouvrage à la Mode habe jetzt zu lesen bekommen und werde Ihnen einen Auszug von diesen 1½ Bogen mittheilen. Ein Franzos spatziert im Parc zu London herum und theilt seine Einfälle mit. Das Land gefällt mir – einem Pariser! – was für ein Verrath! Er hört ein Posthorn blasen – sieht einen alten Staatsman vorbeygehen – einen Matrosen eine Neige von seinem Getränk am Baum ausgießen, worüber ein Paar Nymphen im Lächeln den Kopf umdrehen – hört sich von einem Paar besoffnen Patrioten für einen französischen Hund schelten – einen Flüchtling über die Einnahme von Belle-Isle frolocken – Man überreicht ihm die Nachricht von Voltaire Krankheit – – er hört eine alte Jakobitin, die sich einbildt die französische Sprache
    par le fondement zu verstehen
– sieht einen Schmarotzer der in lauter Gold gekleidt geht – begegnet eine Dame mit 3 Schönfleckchen à la Prussienne. Ueber alle diese Dinge macht er Anmerkungen, biß er am Kanal bey Buckinghams Hause komt, wo sich die Engl. von Nov. biß zum Mars ersaufen sollen – bey den wilden Enten auf diesem Kanal denkt er an St. Evremond, der sie fütterte um das Vergnügen zu haben, sie über seine Bißen balgen zu sehen – Damit ihn die Moral nicht zu tief anfechten soll, setzt er sich zu einer liebenswürdigen Engl. die in der grösten Schwermuth da sitzt, weil sie vor wenig Tagen ihren Liebhaber zu Tyburn verloren, als einen
    Märtyrer von der Gleichheit
    der
    Güter
, der
    Ehrenstellen
und
    Ergötzlichkeiten
– – – Nachdem er sich vom Schrecken erholt und sie mit vielem Witz über den Verlust ihres Liebhabers getröstet, der auf dem Bett der Ehren, wie die Helden von seinem Schlage gestorben, komt folgende Apostrophe: Heloise, Heloise, ingenieuse et franche Catin, combien tu vas donner envie de faire un enfant à toutes les filles qui n’en auroient eu qu’avec leur mari! O lumineux Jean Jacques! pardonne à mes tenebres: ou diable ton cœur angelique a-t-il puisé un
    Wolmar
? Et d’ou vient pour soutenir
    dramatiquement
le caractere d’un Athée, nous donner jusqu’à la fin des leçons d’Athéisme? Comment veux-tu nous faire aimer toutes les vertus de l’honnete homme constipées dans l’ame d’un chien? Tes exemples sans cesse opposés à tes principes, font l’office d’un charlatan qui souffle sur sa main droite et m’empoisonne de sa main gauche. Ce sont là des jugemens bien plus que des injures. Après tout il est impossible à l’homme de bon sens, qui sait lire un peu, de ne pas maudire les blasphemes de deux amans trop coupables, hureux d’un bout à l’autre de leur course et qui n’emportent pour punition de leurs crimes, l’une qu’une paire de souflets delicieux, l’autre des voyages ou Mr. se divertit aux depens de toute la terre.
    Panglos
qui meurt infecté des faveurs d’une simple servante,
    Candide
fustigé chez les Bulgares pour un baiser qui prend à Cunegonde et devenu jambe de bois après avoir été violé en Perse; quelque revoltans que soyent ces tableaux, nous offrent une ecole cent fois moins ridicule et plus pure que tous ces longs repentirs si philosophiquement lubriques. Un Sauvage à 4 lieuës de Paris a beau se farder les fesses de crême à la fleur d’orange, il montre encore le cu d’un Sauvage. Stile elegamment faux et guindé; raisonnemens devots, mais impies; lambeaux de morale excellente et commune; idées amphigouriques sur tous les arts, ont enchanté le peuple des Lectromanes. Mais il faut peindre la belle nature, avoir du genie, une ame à soi pour penetrer un
    Badaut
d’estime et d’admiration. Touchez-là, Caporal des Sophistes: malhureux celui qui vous envie une celebrité, qui manquoit au triomphe du mauvais gout.
Er nimt se. schöne Republikanerinn in eine Taberne, trinkt Punch mit ihr, redt von Kleidern, Kopfzeugen Lügen, und Frieden – Die artige Wittwe thut ihm beym Abschied ein Gelübde. Songez, Mlle, sagt er zu ihr mit einem Scharrfuß, qu’auprès d’une femme vertueuse et sensée un pauvre benet jaloux de ne plaire qu’à sa maitresse doit toujours etre preferé à ces galans voluptueux et beaux – esprits, qui tot ou tard se font perdre à force d’etre aimables. den 5 – Gestern Abends erhielte noch einen Brief von Ihnen. Ich möchte gerne wißen, ob HE. Fiscal dies Jahr etwas erhalten hat. Dies wär das sicherste auch wegen Ihres gewiß zu seyn. Ich hab ihm ein ganz Päckchen geschickt, wo die
    Näschereyen
eingeschloßen waren. Vom Inhalt weiß ich nichts; sonst käm es auf die
    Frage
an: ob Sie dies Jahr einen Brief von mir erhalten hatten ohne der Aufschrift fr. Mummel. Weil ich aber besorgen muß, daß sie mir diese Frage durch ein opponenti incumbit probatio beantworten möchten: so ist es am sichersten, wenn ich nur einen Wink erhalte, ob HE. Fiskal am Anfange des Jan: was bekommen. Hat er das seinige gekriegt, so wird Ihre Einlage auch gewiß bestellt seyn. Da sie in beständiger und nächster Connexion mit Kurl. sind: so thäten Sie mir einen Gefallen mir davon Nachricht zu geben. Es ist
    mir wenigstens daran gelegen, daß er es weiß, daß ich ihm geschrieben
habe. Sollte das Päckchen verloren gegangen seyn, so wäre am Verlust
    nichts gelegen
. Ich bin gleich anfängl. darüber besorgt gewesen, weil ich eben an einem Posttage schrieb, wo die Petersburger Post vorher ausgeblieben war. Ich ersuche Sie also liebster Freund, hierüber um einige Nachricht. Mein junger Kurländer hat auch eine Einlage, und darinn die
    Nachricht vom Empfang überschickten Geldes
gegeben. Sollte dies alles nicht angekommen seyn, nicht
    Antwort
nicht
    Dank
dafür: so könnte es ohne Schuld uns zur Last gelegt werden pp. Sapienti sat. Erkundigen Sie sich aber nur
    unter der Hand als für Ihre Person darnach
; weil die kurl. Correspond. ein Chaos für mich ist, wo ich keine Ordnung erwarten kann.
    Popowitsch
behalte – Es hat damit Zeit, biß zu einer recht
    beqvemen Gelegenheit
. Was er
    komt
,
    melden Sie mir
. Auf einen Schlag kann ich aber nicht bezahlen. Ich habe alle mein Geld beynahe zu einem kleinen Handel destinirt. Ich werde das Geld im
    Buchladen hier
abgeben, ohne daß Sie mich eben dort
    annunciiren dürfen
. So bald ich es abgebe,
    melde es Ihnen
selbst, und dann werden Sie es auch aus dem Buchladen erstehen. Zu mahnen geb ich Ihnen die Freyheit, falls ich damit zu lang verzögern sollte; zu
    vergeßen
hoff ich es nicht; doch errare humanum
    also mahnen
ist keine Sünde auch gegen Freunde am wenigsten. Jugendl. Gedichte und Kampagnen Gedichte sind von Ihrem alten Schüler
    Schäfner
.
    Scherze
hatte hier, unterstand mich aber nicht selbige mitzuschicken, weil ich nichts darinn fand, das mir einiges Genügen that. Es ist meine
    Absicht gar nicht gewesen
, Roußeau zu vertheidigen – sondern die
    Schwäche
der
    Kritik
mit Anstand und Stärke aufzudecken. Zu dieser Absicht hab ich freylich eine Maske nöthig gehabt und einen
    halben partisan des Genfers
agiren müßen; weil ich meine Rolle ohne diese
    Erdichtung
nicht klüger zu spielen wuste. Transeant haec – zum Praeludio war dies gut genug. Fulberts
    Wind
wird meiner
    Schiffart
sehr günstig seyn; und ich habe jetzt noch einmal so viel Herz alle Seegel aufzuspannen. – – Mein alter Vater grüst Sie herzl. Werden wir Sie diesen Sommer zu sehen bekommen? Ich dank nochmals für den Caviar, mein alter taucht auch ein – Leben Sie wohl, grüßen Sie Ihre liebe Hälfte. Sollt ich nicht auf die Woche gesund seyn? Ich hoff es. Buon voiagio – Ich umarme Sie auf glückl. Wiedersehen. Lieben Sie Ihren alten Freund. Hamann. Entschuldigen Sie Einlage; sie ist von einem uns. Tischgäste. zum
    Deßert
richtig erhalten, bescheinige hiemit gleichfalls mit schuldigem Dank. Jetzt wäre es Zeit die Engl. Admiralität zu Gevattern zu bitten. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 222 (II 136/3): Ich wünsche Preussen zu sehen wie Amalec s. Schar nach 30 Jahren Zu HKB 222 (II 137/2): uti Philot. Zu HKB 222 (II 137/11): Muß
    sonderbar
seyn. Jedes ist er hypocl. verschieden Le? froid se plait à tout.
Königsberg, den 21. März 1762. Unter Ihrem Pettschaft (zweener Zeugen Aussage nach) habe ich gestern die Zuschrift eines
    Ungenannten
erhalten, und nehme daher diesen Wink an, Sie zum Mediateur in unserm Spiele, zu Hülfe zu ruffen. Alle müßige Einfälle und Verbeugungen, die in
    Geschäften
nichts als Schleichwaaren sind, bey Seite gesetzt; – Sie sind doch der Verleger der Briefe die neueste Litteratur betreffend, und zugleich ein Mann, der die kleinen Angelegenheiten des Autorstandes näher kennt, als durch den blossen Verlag
    fremder
Werke? In dieser Absicht kann es Ihnen daher nicht gleichgültig seyn, daß man einem Unbekannten (ohne recht zu wissen, ob er Scherz versteht), unter der Hand zu Ihrem
    schätzbaren
Journal
    anwerben
will. Glückt es mir nicht, Ihr Vertrauen durch die Entdeckung dieser kleinen Verrätherey, einem
    Unbekannten
zu gewinnen; so werden Sie sich wenigstens gefallen lassen, als Unterhändler meiner Gegenerklärung, solche jenem
    Ungenannten
mitzutheilen, dessen Zuschrift ich unter Ihrem Pettschaft erhalten. Um mich also ohne Rückhalt Ihnen entdecken zu können, will ich weder eine üble Aufnahme noch einigen Misbrauch meiner Gesinnungen besorgen. Ein wenig
    Selbstliebe
und eine andere Leidenschaft, welches ein altes Sprichwort
    Lust und Liebe zum Dinge
nennt, würden vielleicht meiner Schwäche zu dieser Arbeit aufhelfen, mir die Unhinlänglichkeit meiner Kräfte einiger massen ersetzen können. Die Lage meiner Umstände aber und das
    gegenwärtige
Ziel meiner Maasregeln untersagt mir jede Verpfändung meiner selbst, sie mag seyn unter welchem Titul sie wolle, schlechterdings. Der Beweis davon besteht in einem Detail, mit dem ich sie verschonen muß. Um gleichwohl etwas anzuführen,
    was zur Sache
    gehört
;
so leb’ ich als ein
    Fremdling
im Gebiethe der neuesten Litteratur, weil es mir auf meine alte Tage eingefallen, noch griechisch lesen und hebräisch buchstabiren zu lernen. – Das blinde Glück zur Rechten, und der inoculirte Verstand zur Linken, machen mir meine jetzige Muße so kurz und so edel, daß ich mich fast nicht umsehen kann, sonder Verlust bereits eroberter und noch zu hoffender Vortheile. Ich übergehe alle Schwierigkeiten, die sich selbst zeigen, ohne gewiesen zu werden, auch solche, die sich von selbst entwickeln müssen, ohne daß man ihre Zeitigung übereilen darf. So viel von der Unmöglichkeit,
    Dienste zu nehmen
. Da es mir also
    verboten
ist, eine
    handelnde
Person vorzustellen, und damit der
    Ungenannte
nicht umsonst gesagt haben möge: Stehe auf
    Nordwind
! so will ich andere Vorschläge thun, muß aber vorher die Nothwendigkeit eines Souffleurs unter unserm Himmelsstriche durch einige Gleichnisse noch wahrscheinlicher machen. Woher kommt es, daß Ihre schätzbare Kunstrichter, die Amsterdam und Paris überrumpelt haben, meines Wissens noch gar keine Beute in
    Preussen
gemacht? Sollte man nicht denken, daß
    Alpengebirge
, –
ja, daß zwischen uns und euch eine grosse Kluft befestiget wäre? Sind wir nichts als
    Siberien
? oder denkt man von unserm
    Pregel
, wie jener gewaltige Mann, der Deutsch zu reden die F… hatte, und die Wasser Amana und Pharphar zu
    Damaskon
für besser ansahe, denn alle Wasser in Israel? – Vergeben Sie das kleine Brausen, mit dem mein Brief aus seinen Ufern tritt, um die Aufmerksamkeit Ihrer Briefsteller dadurch mehr
    Nordwärts
zu ziehen, da die Hofsprache zu St. P… vielleicht
    deutsch
seyn wird, – auch die
    figürliche
und
    spruchreiche
Beredsamkeit des griechischen Erzbischofs.Von Heldengedichten auf
    Froschmäusler
zu kommen; so verdienen selbst die kleinen Herolde des Frühlings und
    Friedens
,
in jenem Sumpfe meiner Heimath, einige Achtsamkeit; nicht eben wegen ihres Gesanges, sondern bisweilen wegen ihrer
    natürlichen
    Geschichte
, die Ihr Ungenannter auch zu lieben scheint. Ich weis daher den Mangel an
    preussischen
und
    nordischen
Neuigkeiten, die Litteratur betreffend, in ihren XI Theilen und den 2 Bogen des XII. mit nichts sonst zu entschuldigen, als daß es den schätzbaren Verfassern an Kundschaft in unsern hyperboreischen Gegenden fehlen muß. Ob nicht mit der Zeit hierdurch einiger Nachtheil erfolgen könnte, und ob abwechselnde Aussichten den Lesern unangenehm seyn möchten, überlasse ich Ihrem eigenen Urtheile. Dieser Einleitung zufolge dürfte Ihnen mehr an einem Correspondenten hinter dem
    Schirm
,
als an einem Apelles bey der
    Leinewand
gelegen seyn; – und weil unser kalte Boden sich eben nicht überträgt, auch die kleinen Rollen in der Litteratur
    selten
sind, wo ein guter Acteur ohne einen
    Ohrenbläser
nicht füglich fortkommen kann; so würde es bloß auf einige
    Ziegel
zum Bau der neuesten Litteratur ankommen, die ich aus Liebe meines Vaterlandes mit eben dem Eifer liefern möchte, womit jene heilige Einfalt sich zum Scheiterhaufen eines Ketzers drängte.
Königsberg, den 5 März 1762. Αμὴν, ἀμὴν, λέγω ὑμῖν, wenn das Waitzen-Korn unserer
    Freundschaft
nicht in die Erde fällt und erstirbt, so bleibt es
    allein
; wo es aber erstirbt, so bringt es viel Früchte. – Ihr Scheidebrief war also schon ausgefertigt, ehe es Ihnen noch eingefallen seyn mag, mich durch einen französischen Vers darum zu ersuchen; auch jene
    Reden
, auf welche Sie lauern, und deren Nachahmung mehr als die Rache einer Weibernadel verdiente – aber alles
    wider
und
    unter
Ihre Erwartung, prophetischer Erfüllung gemäß. Die güldenen Tage sind meines Glaubens noch nicht da, daß Mardochai und der böse Agagite sitzen, und sich einander zutrinken werden. Die güldenen Tage sind meines Glaubens noch nicht da, von welchen es heißt, daß in denselben die
    Pardel
, welche den Triumphwagen des Bacchus ziehen, und die
    Böcke
, die seine Weinberge verderben, ihr Lager miteinander theilen werden. Kein
    Freygeborner
nimmt Dienste in einer
    fremden
Rotte von
    Unbekannten
, die das Tageslicht scheuen, und den פחד יצחק an ihren Brüdern lästern. Soll mir nicht die Haut schauern, wenn ich B. R. K. drey Buchstaben gegen einen oder keinen rechne, und wer sagt mir gut dafür, was für Legionen hinter diesen Masken stecken? Nicht einmal eine
    Gießkanne
, damit ich nur etwas in der Hand hätte, im höchsten Nothfall. – Sagt Ihnen diese Gießkanne nicht, daß ich ein Küchengärtner und praktischer Naturforscher bin? Was halten wir uns mit unnützen Fragen auf? Was Ihren Fabullum betrifft und seinen Abschied, den hätte ich wohl riechen können und sollen; doch der liebe
    Schnupfen
, den der Pole dem Deutschen nicht gönnt, war ja Schuld daran. Jetzt heißt es anders: Ergo Quintilium perpetuus sopor Urget? – Nulli flebilior quam tibi, Virgili! Doch pflegt man Gelegenheit zu machen, wenn man nicht mehr buhlen will, und belustigt sich mit Klatschen, wenn man des Reitens überdrüssig ist. Die
    Nachsicht
, aus der Sie sich ein Verdienst machen, ist eben die Beleidigung, die
    unerkannte Sünde
, die ich Ihnen nicht vergeben kann, noch vergeben will. Ich dringe darauf, mit dem Maße wieder gemessen zu werden, womit ich selbst messe, und brauche keines, als das ich finde. Ich gebe kein Quartier und nehme keines an. Behalten Sie ja die Regel: Principiis obsta, und handeln Sie nicht mehr nach kleinen Achtsamkeiten, sondern nach Grundsätzen. Ich habe diese Woche Gott Lob einen Strich unter meine Iuvenilia gezogen, und sehne mich von der Bühne nach meiner Zelle. Unter allen Eitelkeiten, die Salomo begangen, weiß ich keine größere, als seine Schwachheit, Autor zu werden. Er hat uns auch zur Lehre geschrieben. Doch wenn die Sechswochen vorbey sind, treibt man das Spiel oft ärger als vorher. Siehe, das ist auch eitel! Meine Iuvenilia mögen also aufhören. Ich habe zu viel, das ist genug gethan. Was eine Gans anfängt, mag der Schwan vollenden. Wir müssen ohnedem aufhören, weil uns Gott Gränzen gesetzt hat, durch die Natur der Dinge selbst, oder durch Kleinigkeiten, dergleichen es so viel giebt, als Sand am Meere. Wer sich daran
    ärgert
, muß mich nicht lesen. Wer einen
    beurtheilen
will, muß ihn ganz hören. Ein Acker, der Disteln und Dornen trägt, ist ein gut Feld für die Naturforscher. Wer sie aber ausjäten will, muß, wie David sagt, eiserne Handschuhe und Instrumente haben. Als Naturforscher wird man die ganze Geschichte meiner Autorschaft übersehen können, vom Most, der Jungfrauen zeugt, bis zum Essig, der Alpen aufthaut, wie Livius lehrt. Da ich dieses ganze neue Jahr mein Griechisch und Arabisch kaum ansehen können, so fange ich gleich nach Ostern mein Tagewerk an, das Versäumte einzuholen, um den Sommer durch zu meiner Erholung alle Zerstreuungen, die sich anbieten werden, genießen zu können. Briefe zu lesen, ist eine Gemüths-Ermunterung für mich; im Antworten werde ich nicht so pünktlich sein
    können
. Auf Fragen mag ich nicht gerne selbst warten, noch andere warten lassen.
Königsberg den 26 März 1762. Herzlich geliebtester Freund, Popowitsch ist gestern angekommen, wofür ergebenst danke. Ich hoffe recht sehr damit zufrieden zu seyn und werde so bald wie möglich das Geld abgeben. Es ist mir lieb, daß Sie meine freye Beurtheilung Ihres Schulstückes nicht übel genommen. Sie ist gut gemeynt gewesen. Sie bitten sich das Paar versprochene Erinnerungen aus. Hier findt sich ein Misverständnis. Es waren die beyde, die ich machte 1.) über das
    teufelische Gemüth
, welcher Ausdruck mir für ein Kind zu
    männlich
und zu roh vorkam 2.) über dasie abgezirkelte Entwickelung. Ich setze immer die Regel zum voraus: de gustibus non est disputandum, kein Geschmack ergrübelt sich. Absaloms Sünde war eine Strafe Davids für Ehebruch und Meuchelmord, die ein eben so
    teufelisch Gemüth im Vater
zum voraus setzten. Bey einem Kinde setze ich keinen rechten Verstand oder kein rechtes Gefühl derjenigen
    Schandthat
zum voraus, die er an seines Vaters Kebsweibern begieng. Ein christl. Kind könte sonst auch denken: warum hielt sein Vater so viel verhaßte Menschen? – Ein Kind muß mehr gewöhnt werden das Verderben seines eigenen Herzens aus der Geschichte kennen zu lernen, und nicht
    richten
sondern angeführt werden für sich selbst zu zittern. Quid damnas? de te fabula narratur. Dergleichen Sommerflecken in Ihren Carakteren lohnen nicht der Mühe, daß man sich dabey so lange aufhält, laßen sich auch durch äußerliche Reinigung nicht so leicht vertreiben. Es sind
    Cruditäten
, die in der
    Idee
liegen, in der Grundlage der idealischen intellectualischen Geschöpfe, die ein Autor dichtet naturam si expellas furca – eben so geht es mit dem Gantzen, und was im Plan selbst liegt; da hilft keine Feile mehr. Der Druck giebt vielen Dingen ein ander Ansehen wie ich selbst noch kürzlich erfahren habe. Seyn Sie also ruhig. Das Ihrige haben Sie gethan – – und was soll ich viel sagen, da es vielleicht bald mit mir heißen wird: Artzt, hilf Dir selber! u. s. w. Mit der Kurschen Correspondance geht es recht, wie Sie sagen. – Hat P. Rupr. schon erhalten seinen Bogen und haben Sie schon das Geld auszahlen können? Seitdem habe nichts mehr davon gehört. Prediction sur la n. H. habe gelesen. Ni Queue ni tete ist nicht mehr; sonst hätten Sie es schon. NB. Eine Bitte, worinn ich mich hier nicht befriedigen kann und die Sie dort mehr Gelegenheit haben. Was heißt
    Amphigouris
, amphigouriques
und Lazis eigentl., fürneml. das erste Wort. Sollte es nicht Mauvillon haben, oder im Diction. Encycloped. stehen, und wo mögl. die Etymologie, oder aus welcher Sprache es herkommt. Noch hab ich nicht aus dem Hause gehen können; ich bin so überhäuft, daß ich fast unterliege. Gott weiß wo alles herkommt. Dies ganze Jahr fast den Platon und das arabische kaum recht ansehen können; und doch soll der Sommer zu Ergötzlichkeiten bestimmt seyn. Mit meiner sauersten Arbeit geht es diese Woche wills Gott! zu Ende, und damit will ich auch pausiren. Alea iacta; jetzt kommt es darauf an, ob ich aufhören oder erst anfangen soll. Ich muß mich auf beydes wenigstens gefaßt machen und gehörig zubereiten. Mein Wahlspruch bleibt: Was ich geschrieben hab, das decke zu Was ich noch schreiben soll, regiere Du. In der deutschen Sammlung ist ein klein Wortspiel, das Sie nicht übel auslegen werden. Es war da,
    ehe
ich von
    ihrem Schuldrama
was wußte, und kann so wohl auf mich selbst als auf Sie gedeutet werden; zielt am meisten auf unser beyder Mutter, die liebe Albertine. Die Gelegenheit dazu gab mir mein lateinisches Exercitium, was hinter Ihrer Disputation steht, das ich auch habe zum Füllstein gebraucht. Meine Juvenilia stehen hier zusammen, und machen ein Iournal meiner Autorschaft; woraus Nachfolger ersehen können, wie der
    Wein
zu
    Eßig
wird. Der Aristobulos fängt an; das Denkmal auf meine Mutter beschliest das Werk, von 15 oder 16 Bogen. Stark genug! werden die Hamburgischen Nachrichten abermal sagen können. Heute habe zu meinem großen Vergnügen, aber zu meiner eben so großen Verwirrung oder Verlegenheit eine Antwort mit Nicolai Siegel erhalten. Da der Innhalt dieses Briefes in petto bleiben soll: so wollen wir uns
    beyde
darnach richten, biß ich Gelegenheit habe Ihnen mehr zu sagen. Gott wird auch Ihren Wünschen den Weg bahnen; ich würde mich herzlich erfreuen, Sie in meinem Vaterlande umarmen zu können. Schicken Sie doch Ihren Bruder, so bald wie möglich, statt Ihres Vorläufers. Sollte sich Rahel nicht durch einen kleinen Joseph legitimiren? Ich habe für 9 gl. eine schöne Stephansche Ausgabe von Athenagorä Apologie und Rede über die Auferstehung nebst Petri Bunelli (praeceptoris) Pauli Manutii (discipuli) et aliorum Gallorum pariter et Italorum epistolae Ciceroniano stylo conscriptae aus eben der Officin und eine recht reine Ausgabe von Demetrio Phalereo ohne Uebersetzung nebst beygebundnen griechischen Donat und lateinischen Gedichten erstanden – aus der Kongehlschen Auction. Moldenhauer will seine Erklärung über die H. S. drucken laßen; pro Bogen 16 fl. hat 18 Jahre daran gearbeitet. Ich habe eine Probe davon zur Durchsicht bekommen. Sie ist würklich ein Original in ihrer Art, ein eben so stilles als tiefes Waßer, wo der einfältigste Leser und der Gelehrte das seine findt. Sie bleibt immer bey dem Wortverstande mit einem kalten Blute, mit einer Deutlichkeit, die unnachahmlich ist. Ich bin sehr dafür, daß dies Werk bekannt würde; es wird aber viel kosten den Eigennutz des Verfaßers und den Geschmack der Leser zu gewinnen. Das letztere halte ich für leichter; das erstere hab ich dem Verleger überlaßen. Kunst und Natur sehen sich hier einander so ähnlich, daß es fast nicht möglich ist sie zu unterscheiden. Mein consilium fidele denke morgen darüber aufzusetzen. Vergeßen Sie doch nicht Amphigouris – Ich empfehle mich Ihrer Freundschaft und geneigten Andenken. Mein Vater grüst Sie aufs herzlichste. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte unter Anwünschung eines frölichen Osterfestes und ersterbe Ihr treuer Freund. Hamann. Auf die Woche fängt sich hier ein die Auction eines reformirten P Landpredigers an, wo sehr rare und ausgesuchte Schriften sind. Leben Sie wohl. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 225 (II 145/8): Absal. wiehernder Hengste Übermuth Zu HKB 225 (II 146/18): Leisetritt der Katze
    auf
Nußschaalen. Ruth verklärte Augen.
Königsberg den 16 April. 1762. Herzlich geliebter Freund, Einlage richtig erhalten; Sie werden mir gleichfalls eine bey Gelegenheit anvertrauen, weil ich ungern Unbekannten Verbindlichkeiten haben mag. Die Feyertage Gott Lob! glücklich zurück gelegt, wünsche von Herzen ein gleiches. Gott wolle es Ihnen an keinem Guten fehlen laßen! Auf die Woche fangen sich wills Gott! meine Arbeiten an; auf die ich desto hitziger bin, da ich mein Gr. v. Arab. das ganze Jahr kaum ansehen können. Ich habe Gelegenheit gehabt einen Bogen Ihrer Sammlung hier zu sehen, auf dem ihr kleines Provinzial Wörterbuch war, das mir sehr gefiel. Wegen Aplamdwatsch ist meine Vermuthung eingetroffen, daß es ein hybridisch Wort aus dem lettischen seyn würde. Ein Landsmann war eben bey mir, der mir versichern wollte; daß aplam, nimis zu viel folglich
    ausschweifend
närrisch bedeute. Die griechische Etymologie schien mir an sich schon übel angebracht. Sie haben nähere Gelegenheit sich darnach zu erkundigen. Weil mir der Bißen am ersten ins Gesicht fiel, so halte mich bey selbigen auf. Für Ihre Mühe wegen amphigouriques danke recht sehr, liebster Freund, ohngeachtet selbige fruchtlos gewesen. Erfahr ich etwas zuerst, so theile Ihnen gleichfalls mit. Meine Iuuenilia werden Sie auch schon erhalten haben. Das Glück muste sich fügen, daß ich Ihnen die
    Erstlinge
schicken konnte; noch ehe ich selbst ein Exemplar hatte, so warm gieng i Ihres ab – Der Abälard scheint den Litteratur Briefstellern ein eigen Schicksal zu drohen. Der Uebersetzer der neuen Heloise hat sich gleichfalls gemeldt, und ein Bändchen
    Anmerkungen für die deutschen Kunstrichter
verursachtanlaßt, aus dem ich nicht recht klug werden kann. Er kostet 3 fl. und ich wünschte auch Ihr Urtheil darüber. Die Anarchie in der gelehrten Welt scheint ihren Gipfel erreicht zu haben, und ein großes Apostem zeitig zu seyn. Zu meinem großen Leidwesen findt sich in diesen Anmerkungen auch Kabbala und blauer Dunst, und französische Schulmeisterstreiche. Die Ode an Cyrus soll einen Hermes zum Verfaßer haben, der in Morungen ist. Der Diaconus hat abermal 1½ Bogen über den Frieden drucken laßen; auch Pastoralmemoires. Letztere habe noch nicht gesehen; vermuthe selbige aber im Forstmannschen Geschmack. Erstere überschicke mit nächsten. Ich habe mich eben jetzt an einer deutschen Uebersetzung des Homers geweidet die in Frkf. am Mayn bey den von Düren ausgekommen; und lerne jetzt die
    Neue Sammlung
der merkwürdigsten Reisegeschichten aus eben der Officin kennen. Ein groß Werk, von dem ich mich beynahe schäme, daß es mir so lange unbekannt geblieben. HE von Loen hat die Aufsicht darüber geführt. Es ist vielleicht unter dem Titel der
    allgemeinen Reisegeschichte
bekannter. Ich habe von ungefehr ein defect Exemplar zum Gebrauch gefunden. Wenn Sie Gelegenheit haben es kennen zu lernen, so wird es Ihrer Neugierde nicht unwürdig seyn. Der erste Theil scheint an meinem Exemplar nicht ganz zu seyn und der 2 gar zu fehlen. Biß 7 Theile kann ich hier zählen. Wenn Sie was erfahren können von diesem Werk ob es aufgehört hat oder noch fortgesetzt wird, geben Sie mir doch einen Wink davon. Aus Kurl. bin schon vor Ihrer gütigen Nachricht befriedigt worden. Der Pastor hat mir selbst geschrieben, ich weiß aber nicht: wie? Ihren jüngsten Bruder bin recht neugierig zu sehen. Daß meiner 20 Zeilen geschrieben hat, darauf können Sie sich nicht wenig einbilden. Gott woll ihm helfen und uns allen gnädig seyn! Beyliegende Qvittung zeigt, daß
    Popowitsch
hier schon bezahlt worden. Lauson beschwert sich daß Sie ihm nicht die letzte Schulhandl. auf den letzten Geburtstag geschickt haben. – Wolson hat mich nach Jahr und Tag wieder ein paar mal besucht; unser Umgang dürfte kaum jemals zur ersten Vertraulichkeit zurückkehren. Hinz, der Gallimafrist ist jetzt der einzige mit dem ich am nächsten stehe. Die Ähnlichkeit der Seelen geht den Geist nichts an. Seine Verfaßung ist eine Gährung, die mit der Ruhe und Sicherheit der Freundschaft nicht bestehen kann. Desto mehr Nutzen kann ich von meiner Muße erwarten. Meine Bibliothek hat wieder einen kleinen Zuwachs an einer Amsterdamer Ausgabe von der Septuaginta iuxta exemplar Vaticanum, von Pselli Arithmetik, Geometrie, Archimedes v Procli Sphaera. Die beyde letztern sind nur lateinisch; sämtl. von Meurer zu Leipzig ausgekommen aus des Autors eigener Hand, an deßen galanten Bande man den Leipziger Stutzer erkennen kann. Endlich Rhetores Selecti von Gale ex Theatro Sheldoniano. Mornay’s Mystere d’Iniquité gleichfalls. Wenn Sie Mornay im Gelehrten Lexico aufschlagen, so bezieht sich selbiges auf Anecdoten in einem Buch, deßen Namen ich schon vergeßen habe. Wißen Sie mehr davon wie ich, so unterhalten Sie mich einmal damit, bey Gelegenheit, liebster Freund. Ich habe den Mornay kennen gelernt aus Danielis Gerdesii Introduction in Historiam Euangelii Saec. XVI. passim per Europam renouati Groning. 1744. Ich habe bloß den ersten Theil dieses Buchs bekommen können, und habe mit viel Vergnügen selbiges gelesen, weil ich theils einige Qvellen zur Reformationsgeschichte, theils viele particularia der Theilnehmer darinn gefunden. Erasmus beschloß einen Brief an Zwinglium, der überhaupt für mich sehr interessant geschienen mit den Worten: – videor mihi fere omnia docuisse quae docet Lutherus, nisi quod non tam
    atrociter
quodque abstinui à quibusdam aenigmatis et Paradoxis.
Als Staupitz eine Vorbitte für Luther einlegte bey dem Kardinal Caietanus, soll letzterer gesagt haben: Ego nolo amplius cum hac bestia loqui, habet enim profundos oculos et mirabiles speculationes in capite suo. Luthers Paradoxa haben mir ihres Tiefsinns sehr gefallen. Das 21ste unter den Theologischen war: Theologus
    gloriae
dicit malum bonum et bonum malum; Theologus
    crucis
dicit id quod res est. Petrus Mosellanus
hat einen Brief an Joh. Pflugium über die zu Leipzig gehaltene Disputation geschrieben, den Heumann sr Ausgabe von Sculteti Annalibus beygefügt, worinn Luther Carlstadt v Eccius geschildert sind mit einer Meisterhand. Meine Lüsternheit mich in dieser Reformations Geschichte näher umzusehen muß Zeit und Umstände wegen noch unterdrücken. – Eine kleine Registratur Ihrer
    Empfindungen
, womit Sie den Philolog. v die Essais lesen werden, erwarte ehstens von Ihrer
    Freundschaft
und
    Aufrichtigkeit
. Manum de tabula! bleibt jetzt mein Vorsatz. An Nicolai selbst unter meinem Namen und an Moses habe anonymisch schon vor den Feyertagen geschrieben. Ich glaube, daß der Briefwechsel jetzt aufhören wird; weil ich
    wenigstens
für mein Theil alle meine Hauptabsichten dabey erreicht habe. Denken Sie ja nichts daran an Krickende, daß ich in einigen Verbindungen dort zufällig gerathen bin. Mein wahres Interesse erfordert es noch
    unbekannt
und außer aller Connexion zu seyn. Schreiben Sie mir doch im Ernst, was Ihre liebe Frau macht. Ich umarme Sie herzlich und bin nach den zärtlichsten Grüßen von meinem alten Vater mit der aufrichtigsten Hochachtung Ihr ergebenster Freund Hamann. Ist Runtzen Advocat bey Ihnen geworden? Hippel steht in Condition bey dem Praesidenten von Schroeder, besuchte mich gestern mit seinem jungen Baron, bey deßen Vater ich heute speisen sollte,
    wenn
– ich Lust hätte.
Königsberg, den 7 May 1762. Geliebtester Freund, Der Plan von Karschen Gedichten, sagt Wagner, ist schon abgegangen. Von
    Formeys Quinteßenz
weiß nichts; machen Sie es lieber ein für allemal ab, was daß ich vorher gesehen habe mag. Was ich sende, davon bin immer gewohnt das vornehmste zu melden. Ein paar Kleinigkeiten von Sticoti, und Kochs ältesten Glauben habe letzt für Sie ausgesucht. Hermes Ode an Cyrus nebst dem Schreiben des Friedens sind letzt vergeßen worden, sollen mit nächsten beygelegt werden – Anmerkungen zum Gebrauch der Kunstrichter werden mit erster Post erwartet, und schon annotirt; müßen zum
    beßeren Verstande des beyliegenden vorausgesetzt werden
. Wegen des lettischen Wortes ist mir lieb, daß Sie gewiß sind. Weiter geht mich diese Kleinigkeit nichts an. Das Mst von Ihren Zusätzen habe erhalten. Dies Werk selbst durchzusehen; dazu fehlt es mir an Zeit. Die Correctur denke noch zu bestreiten, und will
    herzlich gern
übernehmen. Die lateinische Schreibart wird vielleicht weg bleiben können, und Namen deutsch geschrieben werden müßen. Canonisch, kanonisch. Apocryphisch mit k. Die Papistische oder katholisch soll nicht:
    römisch
dazu kommen? Ist die Ordnung nicht beßer, daß heidnische zuerst,
    jüdische
darauf und
    türkische
(ob dieser Name recht ist, weiß nicht) zuletzt folgt. Ob die
    Griechische
unter den Kirchen nicht oben an stehen soll könnte, aus eigentl. politischen v historischen Ursachen weiß nicht. Ob man Kindern nicht die Ursache sagen kann, warum man
    Testament
durch Bund giebt. Ob der Begrif von Eingebung nicht zu hoch ist, der kanonische v apokryphische zu unterscheiden. Bey der Etymologie der Worts zu bleiben wäre leichter und richtiger, daß die jüdische und christliche Kirche zum Kanon sie angenommen hat; die übrigen aber nicht dafür erkennt. Ich werde nichts ändern, wenn also
    Nachläßigkeiten
in der Schreibart bleiben sollten,
    Flecken
: so bitt ich zum voraus um Absolution
    Muthwillige
werde nicht begehen; sondern lieber den
    Druck
aufhalten, biß ich Nachricht darüber einholen kann, weil es nicht eilfertig seyn darf. Schmeichler, haben Sie corrigirt schmaücheln, soll schmäucheln heißen? Die Eintheilung in grobe und subtile Abgötterey würde ich als eine bloße Menschensatzung und Schuldistinction auslaßen, weil in Ansehung Gottes alles Groß und alles Nichts ist; und durch diesen Unterscheid das Gebot seine Kraft verliert, oder der Nachdruck immer auf das subtile fallen sollte, weil Gott ein Geist, ein subtiles Wesen ist; und unser Gesetzgeber eine grobe Ehebrecherinn loß sprach, hingegen das Liebäugeln zum wirkl. Ehebruch
    auslegte
. Sprüche hab ich nicht nachschlagen können; aber die Anführung einiger Exempel ist mir schwer vorgekommen.
    Ärtzte
beym fünften Geboth und
    Priester
beym eben demselben zu unterstreichen, heist mit Fingern zeigen. Im 5ten Geboth wird
    David
als ein Halter des Gesetzes, im 6.ten als ein Uebertreter angeführt, oder als ein Mann der seine
    Feinde
und die
    Bathseba
liebte. Einen keuschen Jüngling haben Sie in den kanonischen Büchern noch finden können, aber eine
    keusche Frau
war nirgens als in den
    apokryphischen
. So gieng es Salomo auch – – Der Unterscheid von
    bewegl.
und
    unbeweglichen
Gütern ist für Kinder zu gelehrt und aus dem Codex. Abspannen für abspenstig machen oder Ablocken, nicht beqveme Ausdrücke für Katechismusschüler.
    Herodes
spannte seines Bruders Weib ab. Ein gar zu sinnlicher Tropus. 2. Abdringen oder abpochen. 3. Abwendig machen tavtologisch. Vis et dolus ist schon in den ersten enthalten, und das letzte soll vermuthl. eine vermischte Art von beyden seyn. So weit ich gelesen, wünschte ich liebster Freund, daß den Kinder ihr Gedächtnis mehr mit den gewöhnl. Kunstwörtern der Stände pp verschont oder die Begriffe davon beßer aufgeklärt, und ihnen erleichtert würden. Da jedes Kind seine Bibel in der Hand hat; so könte auch die Anführung der Bücher eben so beqvem daraus gelernt werden. Und mit Erlernung der Titel die Institutiones anzufangen, benimmt vielen die Lust ihren Innhalt einzusehen. – – Ob Kinder viel oder wenig
    Antworten
können, daran ist nicht so viel gelegen, als daß Sie die einzige Frage
    verstehen
: Wer bist du? Sagen Sie liebster Freund! ist mir nicht der Schnabel recht zum Kunstrichter gewachsen? Wie wenig kennen Sie mich, wenn ich für das erschrecken soll, was Sie mir noch bisher über meine Iuuenilia zu verstehen gegeben haben. Das ist noch alles Kinderspiel in Vergleichung desjenigen, was ich mir selbst in finstern Stunden vorpredige. Ich dringe darauf, daß Sie biß auf den letzten Tropfen ihr Urtheil abzapfen, damit ich die Nagelprobe so rein machen kann, wie man Treue und Glauben an den Alten unsern lieben Vorfahren lobt – Aber sehen Sie doch den Pan, das allerliebste Gesicht recht an, und vergleichen Sie auf der Goldwaage Zug für Zug: ob er nicht nach dem Leben getroffen. Ja, werden Sie sagen, c’est le Pere tout craché – Nun, was wollen Sie mehr? die Rede war ja von Nachahmen: so hab ich also gewonnen, und der Preiß gehört mir, nach dem selbeigenen Urtheil meiner Feinde. Ein französisches Exercitium war in dieser Sammlung nicht nöthig; was Sie mir anführen, erkenne ich gar nicht für meine Arbeit und werde es auch niemals dafür erkennen. Aber das mosaische Exercitium kommt gewiß vom Philologen, der die Kreuzzüge geschrieben hat, und ist es nicht französisch? Nun, was wollen Sie mehr. Gleichwie der Magnet sich nach dem
    Nordstern
richtet, und das
    Eisen
an sich zieht: also der Staatsmann nach dem Herrn, und zieht das Volk an; also der Kunstrichter nach dem Autor, und zieht erst den Staub der Feile, allmählich ein Gewicht von Lesern an sich v. s. w. Daß ich immer einerley schreibe und die Penelope zu meinem loco communi mache, verdrüst s mich gar nicht, und der kluge Leser merkt den Unterschied zwischen einerley und einerley. – Weil ich der Mutter einen kleinen Streich zugedacht hatte, der ihr durch ein klein Beyspiel an einem ihrer grösten Söhne am sinnlichsten seyn würde: so vergeben Sie mir die kleine Bosheit, die ohnedem so zweydeutig ist, daß ich sie im Fall der Noth immer auf mich selbst nehmen würde. Sie haben sich aber bey dieser Kleinigkeit einen so sarkastischen Hieb erlaubt, den ich nicht abschreiben, sondern vergeßen will. Die aliena cornua fronti addita sind nichts als die Larve des Keiths, die der kleine Geck von Näscher sich unterstanden hat anzurühren. Und wenn er mir fragen wollte: wie er in dieser Löwenhaut aussähe? so würde ich ihm aus der Fabel antworten. Die Juden eyfern um ihre Religion, aber mit Unverstand; doch der Kunstrichter schläft nicht, der das Verborgene ans Licht bringen und den Rath der Herzen offenbaren wird. Ungeachtet meiner Aufmerksamkeit auf den Spruch LXXIII. ist ein X zu viel eingeschlichen. – Die hellenistische Briefe sind nichts als Füllsteine. Sie schreiben mir ein Geheimnis von einem gewißen Menschen, der einmal etwas gelesen, und sein Urtheil sagte: „daß er nicht wiße, wo der Autor oder der Leser zu Hause gehöre.“ Wollen Sie so gut seyn, und mir seine Wohnung sagen; meine addresse soll ihm gleich zu Dienst stehen. Wenn er kein Geograph ist, so wird er vermuthlich auch nicht wißen, in welcher Hauptstadt der bewohnten Welt Bedlam und Tyburn-Road zu suchen sind. Ist dieser Unbekannte ein Sprachmeister, der Kindern eine reine Ausrede beybringen kann; so will ich der erste seyn, der seine Collegia besuchen will. Wenn er das besitzt, das ich suche; so bitten Sie ihn daß er ein Werk der Barmherzigkeit thut und mir zu Gefallen eine Kinderlehre schreibt. Sie sagen, daß Sie Liebster Freund, mir im Vertrauen schreiben; können Sie mir nicht seinen Namen im Vertrauen melden? Schämen Sie sich nicht, ihn zu bekennen; wenn ich nicht argwohnen soll, daß Sie ihn mehr lieben als mich, und meine Eyfersucht in puncto der Freundschaft und Vertraulichkeit reitzen wollen. Das Waßer in der Düna geht mich jetzt weniger an, als das Waßer im Nilstrom; – und der Pregel hat auch seine Syrinx mit einer Wanne, die ich eben nicht beschreiben mag, aber zum Bade des Pans recht gemacht ist. Ohne Personalien wäre der erste Tag im Monath May mir nicht der glücklichste in diesem Jahr gewesen. Darinn bestehen eben meine Autor-Realien, und die Jungferschaft meines Publici. Auf die Verbeßerung der Gedichte habe mehr Zeit gewandt, als sie vielleicht lohnen. In
    Freundschaft
scheinen mir beyde Sylben lang zu seyn. In dem ersten Abdruck war folgender Dactylus am Ende: gi͞eßt he͝ut w͝ohl | th͞äti͝g – Beym Schaudern hab ich den
    sanftern Fall
verworfen, der Ihnen gefallen. – de͝rnd
    kurz
geht nicht an. Ein Gottschedianer wird diese harte Construction nicht ohne einen kleinen
    Schaudern
verdauen können; und eben darum wählte sie. In dem hinten für einen
    Druckfehler
erklärten Vers ist gar keine Scansion Nur | um Ver | dienst be | sorgt – | ohne Ver | suchung des | Stolzes. Die substituirte Stelle zielt auf eine vortrefliche Anecdote in Platons Phaedrus, wo ich nicht irre. Da dem Sokrates die Ketten abgenommen werden, vertreibt er sich den Schmerz durch ein sanftes Reiben, und stellt die feinsten Betrachtungen über die Verwandschaft der Natur in den entferntesten Dingen an, wie Lust und Unlust, Leben und Tod sind: daher freute ich mich, als ich den Vers fand: Zum eisernen Schmerz den Balsam philosophischen Kitzels. Zobel oder
    Goldfell
oder Hermelin waren die Ideen, die ich ausdrücken wollte um das Zierlichste des Geschmacks mit dem Männlichen der Tugend zu verbinden und zu paaren. Ob der
    Zobel
bloß für das weibl. Geschlecht ist, weiß nicht; hier bedeutet es einen
    weichlichen
und zugleich
    reichen
Putz; der eine männlich feste Brust deckt, wie das Schaafsfell die reißende Wölfe. Unsere jetzige Landesverbindungen brachten mich auf das Bild des
    Zobels
, unter dem der Leser nichts mehr denken darf als eine Art des
    köstliche Art
des Schmuckes, der aus
    Norden
gebracht wird. Warum red ich vom
    Gelehrten Schwärmen
; wenn ich nicht einmal
    dromedarische
Sehnsucht sagen darf? Wenn ich nicht ein haarbreit weiter gehen soll, als andere Zunftsbrüder; warum bin ich Autor worden? Wenn man
    alles
sagt; so hat der
    Leser
nichts zu thun. Wenn man alles recht schreiben sollte; wovon soll denn der
    Kunstrichter
leben? Der Muse des Philologen ist ihre Niederkunft mit einem kabbalistischen Knäblein so sauer worden, daß sie einer hebräischen Wehemutter, ich weiß nicht was, für Gelübde that – und doch treibt sie das ärger Spiel ärger als vorhin. Kaum daß die Tage der Reinigung verfloßen sind; so legt ein pet à vingt ongles ein abermaliges Zeugnis ab, das ihren Namen nicht wohlriechend machen wird. Weil geschehene Dinge nicht zu ändern sind; so muß man die Welt reden laßen, und keine Zeit versäumen, das glühende Eisen zu schmieden. Vielleicht kann ich noch zum zweyten mal mir den Ausspruch jenes Griechen zueignen, der gesagt haben soll: Nisi periissemus, periissemus. Die sicherste Art sein Leben zu erhalten besteht oft darinn, daß man es nicht achtet, sondern freywillig in die Schanze schlägt. Fahren Sie also nur, Geliebtester Freund, getrost mit Ihrer Kritik fort; schonen Sie nicht – ich ersuche Sie darum. Ich wünsche das Ende davon zu sehen. Was Sie bisher gesagt haben, ist blos ein Praeludium. Erst will ich Sie ausreden laßen, ehe ich mich in eine förmliche Vertheidigung gegen Ihre HauptAnklagen einlaßen mag. Mit meinen gewöhnl. Arbeiten habe wieder Gott Lob! einen glückl. Anfang gemacht, wiewol das Arabische diese Woche brach gelegen. Mit Platons Gesprächen de republica bin ich im 4 Buch, die ich nicht genug zu schmecken weiß; wie gut ich sie genutzt habe, sehen Sie selbst. Weiter bin ich nicht gekommen. Es lebt alles in diesem Buch für mich; und ich thu fast nichts mehr als unterstreichen. Des grösten Meisters in der Kriegskunst Anweisung habe fast mit weinenden Augen gelesen – das ist ein practisch Buch für jeden Liebhaber. Mit der allgemeinen Reisebeschreibung bin fertig; sie ist ein deutsch Original, ohne Plan; und zieml. entbehrl. für einen der die allgemeine Weltgeschichte hat. Das von Exiles übersetzte Werk ist mir bekannt und ganz verschieden. Burschers Auslegung über den Jeremias, die ich jetzt lese, ist ein sehr mager und seichtes Buch für mich. Es thut mir leyd Ihnen daßelbe angewiesen zu haben. Ich finde fast nichts darinn – – Was soll ich von Crusius halten? Bey Lindhammers, (eines Cansteinischen Amanuensis) Erklärung und Anwendung der Apostelgeschichte wird mir auch die Zeit zieml. lang. Es ist ein Foliant, in dem ich nicht aus der Stelle kommen kann. Mehr
    Treue
als Fähigkeit; daher ich ihn auszuhalten gedenke. Hie und da find ich daß ich ihn ausgeschrieben habe, ehe ich ihn kennen gelernt. So böse, wie Donat, bin ich aber nicht, der alles Unglück den Alten wünschte, die uns das Wort aus dem Munde nehmen. Ich glaube, es war Donat, der über bey einer Stelle des Terenz fluchte; daß man nichts Neues sagen könnte, was nicht einer der Alten schon im Sinn gehabt hätte. Für Popowitsch danke nochmals; ich habe ihn aber bisher bloß ansehen können. Die Alzaide gelesen, die auch von Sticoti scheint übersetzt zu seyn, oder nachgeahmt aus dem engl. Sein Jean Jacques behält kein gut Haar in seinem Bart – la nouvelle Heloise ne touchera jamais mon cœur meprisable que de l’indignation qu’on eprouve à la vue d’une dévergordée, prude et non philosophe, couverte d’oripeau, paitrie de mensonges et de contorsions et qui met, comme dit Mr. de Voltaire, le vice en action, et la vertu en parole. So drückt er sich in einem kleinen Discours, der nicht viel werth ist, den Littleton auch mitnimmt und wenig Kenntnis in der engl. Literatur verräth, worinn er sich eine Stärke zutraut, weil er kürzl. aus Engl. zurückkam. Das letzte Wort dieser kleinen Abhandl. ist: Ah! Jean Jaques! Er entschuldigt die Verachtung, womit er den Bürger zu Genf allenthalben aufsucht mit der vehemence, die man der Wahrheit schuldig ist, mit der
    raison animée
des St Evremond und den Sarcasmes des devoten Pascal. Mit Beschuldigungen und Entschuldigungen kann man bald fertig werden. Thorus und Schule macht Philosophen und Weltbürger. Für das bon mot dank ich Ihnen; es scheint mir wahrscheinl. zu seyn. Gott gebe Ihnen alles Gute, liebster Freund! Vielleicht sehen wir uns noch einmal, zufrieden und trunken, säbeln Gläser und singen Theodiceen – Umarmen Sie Ihre liebe Frau; ich verbleibe nach den herzlichsten Grüßen meines alten Vaters Ihr treuer Freund und Diener Hamann. Ist ihnen mit des HE. Beaumont Perücken Magazin gedient; so melden Sie sich. Die Figuren verdienen diese Kleinigkeit; die zur Bildung deutscher Köpfe geschrieben ist. Ein kleiner Kalender von 58. für HE Lauson; auch ein herzl. Gruß von HE Wolson. Der Brief an Daubl. ist bestellt. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 227 (II 150/31): adde Lehrer uti Paulus Eph. 2. – Dist. tempora. Zu HKB 227 (II 151/2): Von Menschen gilt abwendig machen hoc in praecepto Luth. Zu HKB 227 (II 152/29): nicht sagen ob Rachsucht vielleicht Spleen und Humor. Zu HKB 227 (II 154/9): Der Mann ist nicht Gelehrter, sondern homme sensé. Zu HKB 227 (II 155/23): großer Geist o Pan! humor Spleen Elender Mann! der seinen Vorgänger wissend genießt und sich versteckt und nachher nichts davon hat.
Königsberg den 29 May 1762. Geliebtester Freund, Ungeachtet ich ersehe, daß Sie meine neuliche Laune, mit der ich mich über ihr kleines Supplement aufgehalten habe, nicht recht gefaßt: so ist es mir doch lieb, daß Sie selbige nicht übel aufgenommen haben. Noch ist kein Bogen zur Correctur eingelaufen – Was auf mich ankomt, werde ich thun. In Ansehung der Zahlen setze ich alle mögliche Richtigkeit zum voraus, weil ich nicht alle Sprüche aufschlagen kann, und mein Gedächtnis gar nichts zum citiren daucht. Mit Platons Büchern de republica bin heute Gott Lob! vor den Pfingstfeyertagen fertig worden, wie auch mit Hosea nebst Burschers Auslegung, die ich nicht ausstehen kann, und von diesem Autor nichts mehr mir anschaffen, vielmehr das angeschafte loszuwerden wünschte. Meßgut ist auch schon hier angekommen. Die Amazonen Lieder sind nicht uneben. Der vierte Theil von Gesners Schriften ist fürtreflich, und für Sie sehr interessant, Muster für die Schulbühne. Das übrige habe nicht gelesen, außer
    die Nacht
, die hinter dem Daphnis im 2. Bande steht. Von Wielands Gedichten bloß die Vorrede. Mon chef d’œuvre von Sticotti, wo der ewige Jean Jaques wieder vorkommt und den Leuten im Hospital dedicirt ist. Weil sie alle die Krätze haben; so saget er bon soir und nennt sie mes chers miserables. Des Herrn von Hagedorns Betrachtungen über die Malerey haben mich warm gemacht – und meine ungezogene Muse hat abermals
    einen Schleicher
à vingt ongles begehen müßen. Ich dachte Ihnen schon heute das erste Exemplar, weil es nichts mehr als einen Bogen ausmacht zu überschicken; ich muß aber biß nach den Feyertagen Gedult haben. Es ist die andere Hälfte von Schriftstellern und Kunstrichtern; der Titel ist also
    Leser
und
    Kunstrichter
nach perspectivischem Unebenmaasse. Man muß des Herrn von Hagedorns Betrachtungen über die Malerey in 2 Theilen zum voraus setzen; weil mein Bogen sich zu seinen 2 Alphabethen verhält wie die
    Vorhaut
zum ganzen menschlichen Leibe, oder wie jener Daume eines Fußes, den ein Maler meßen ließ um den Leser auf die Größe des Riesen aufmerksam zu machen. Mehr als dreymal sind mir die Hände gesunken über dieser Arbeit; nun sie wieder mein Vermuthen und wieder meinen Willen gleichsam fertig worden: so mag sie in alle Welt gehen, und gleich der Hagar mit ihrem Ismael ihr Glück machen, so gut sie kann. Der Grundsatz der schönen Künste ist in ihrer Blöße darinn aufgedeckt. Weil die Ästhetik schöne Natur nennt, was Rost die Seele der Mädchen: so war ich genöthigt im Geschmack der Schäfererzählungen zu schreiben. Der Verfaßer der Anmerkungen zum Gebrauche deutscher Kunstr. soll
    Gellius
heißen, ein junger Mensch, der von Uebersetzungen lebt. Relata refero. Die Herleitung des Wortes
    Schächer
ist mir sehr bekannt, ich kann mich aber darauf nicht besinnen. So bald ich auf die Spur komme – – Kochs Stärke und Schwäche der Feinde der Offenbarung habe überlaufen, die aus 3 kleinen Theilen besteht, wozu noch ein 4ter fehlt. Er gehört auch wol in ihre Sammlung – Eine muntere Schreibart, die aber ungleich und nicht stark genung ist. Den alten Manilius, den Astrologen, habe jetzt auch gelesen und thut mir nicht leyd. So viel Lust ich noch zu der römischen Litteratur habe: so zweifele, daß ich das Fach jemals werde berühren können. Was mir aufstößt nehm ich mit, und befinde mich recht wohl dabey. Ich erwarte, liebster Freund! ein Exemplar Ihrer Schulhandlungen, und für Lauson gleichfalls gratis. Ihre übrige gute Freunde können bezahlen, Lauson, der mehr Geld als ich hat, war schon mit seinem Gelde herausgerückt, als ich ihm zurief: halt! – Ob ich Ihren Sinn getroffen, melden Sie mir. Laß ein jeder das Seine thun; der Kaufmann sein Comtoir, der Gelehrte sein Handwerk. Rachsucht war die schöne Natur, die Homer nachahmte. Was mein eigen Herz betrift; so trau ich demselben nicht, wenn es mich absolvirt, nicht wenn es mich verdammt. Gesetzt daß es mich verdammt; so ist Er größer als mein Herz. Herz gegen Herz gerechnet, liegt mir meins näher als meiner Nachbarn Herz. Wenn ich an selbiges appelliren möchte in einigen Augenblicken, in gewißen Schäferstunden: so würden Sie nicht mehr Herrlichkeit in Ihrem eigenen als in meinem finden. Schlechter Trost – und noch schlechterer Grund, auf den ich bauen soll! Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, der mich von allem Uebel erlösen wird, und auch von der Sünde, die mich wie meine eigene Haut umgiebt, mich träge macht und allenthalben anklebt – Ich weiß, daß meine Muse auf einer glühenden Asche singt, und ihre Feder statt einer Scherbe braucht um sich zu kratzen. – Ich weiß, daß die Erde meine Mutter und Würmer meine Brüder sind. Sie haben auch Ihr Hauskreutz und werfen die Gläser der Theodiceen weg, wenn sie am nöthigsten sind. Grüßen Sie Ihre liebe Hälfte, die sich auch an Stiefkindern alt tragen wird. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen gleichfalls. Fröhliche, vergnügte, geseegnete Pfingsten! Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund Hamann. den 11. Jun. Eben jetzt reise nach Elbing – Correctur wird besorgt werden. Entschuldigen Sie mich. Erörterung künftig. Leben Sie wohl. Gott sey uns allen gnädig! Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 228 (II 156/30): Ihm
    ist heiß
ruft man Pudeln zu und sie nehmen. Stänker
Micromegas Fiction Zu HKB 228 (II 156/33): Prov. 30. Blut zu viel Seele Zu HKB 228 (II 157/19): Noli disp. de corde Herz ist Betrüger. Zu HKB 228 (II 157/26): Anfechtung lehrt aufs Wort merken. ist Theodicee gl. … Jason Homme de lettres zurückgewiesen.
Herzlichgeliebtester Vater, Sie werden schon durch den Fuhrmann die Nachricht unserer glücklichen Ankunft erhalten haben. Wir sind alle Gott Lob! gesund und leben recht vergnügt in des Herrn Vetters Garten, der sich alle Mühe giebt uns nach Wunsch zu bewirthen. Nur ein einziges mal erst in der Stadt gewesen, heute denke das Gymnasium hier zu besuchen, da ich mit dem Professor Skubovius Bekanntschaft gemacht. Meiner Reisegesellschaft wegen werde ich kaum Lust haben nach Danzig noch Morungen kommen zu können. Ausruhen kann ich mich hier; und das hab ich mir auch gewünscht. An Zerstreuungen fehlt es mir nicht, daß ich also keine weitere suchen darf. Was machen Sie denn, Herzlich geliebtester Vater. Gott gebe, daß wir uns gesund und bald einander wiedersehen. Den Reise Paß habe richtig erhalten. Meine hiesigen Bekanntschaften sind lauter polnische Namen, die ich noch nicht auslernen kann, ein Ausschuß von vergnügten ehrlichen Leuten, die ander nichts übel nehmen.    hat mir vom HE. Belger geträumt; vielleicht ist er     tig bey Ihnen. Die Zeit unserer Abreise ist mit dem   er Woche wohl bestimmt, aber die Art noch nicht ausgemacht.    Land oder zu Waßer gehen werden, wird auf Umstände       ich allein hier; so würd ich mich vermuthlich ganz anders einrichten. Meine alte Muhme dringt aber darauf, daß ich sie wieder nach Hause begleiten soll; und wenn ich meinen
    freyen Willen
habe, so mag ich am liebsten mich andern beqvemen. Gott erhalte Sie und Ihr ganzes Haus. Nach dem herzlichsten Gruß, den mein Vetter mir ihm Sinn aufträgt, in deßen großen Laube ich schreibe, wie auch von meiner Caravane in Knicks und Handkuß, ersterbe mit der kindlichsten Hochachtung Meines herzlich geliebtesten Vaters gehorsamst ergebensten Sohn. Johann     In des Rathskypers zu Elbing Garten Mittwochs den 16 Jun: 1762. Was macht die Jungfer Degnerin? Bitte Sie     zu grüßen. Laßen Sie doch HE Wagner sagen, daß der Brief    aber weder Lust noch Gelegenheit bisher HE Notarius Mnioch zu reden. Notar   
Herzlich geliebtester Vater, Ich habe mich innigst erfreut über die gute Nachrichten von Ihrem Wohlbefinden. Gott erhalte Sie und schenke uns ein glückliches Wiedersehen. Meine Abr Reise nach Danzig und Morungen war schon ganz aufgegeben, und diese Woche war noch willens mit meiner Reisegesellschaft nach Hause zu kehren. Es hat dem Höchsten aber gefallen unsern lieben Vetter mit einer schweren Krankheit heimzusuchen. Der Anfang war ein Rosenhafter Zufall am Fuß, worüber er schon in Königsberg klagte, und welchen er theils der Erschrecknis auf der Hochzeit, theils dem engen Schuh zuschrieb. Unterwegens saß er auf dem Bock, und fuhr biß in die Nacht ohne die geringste Bedeckung. Wie sein Fuß nicht zur Rose ausschlug und wieder Vermuthen beßer wurde, bekam er Wehtage an den Mandeln mit Zahnschmerzen und fieberhaften Zufällen.
    Freytags
Nacht nahm er ein Rhabarber ein, das ihm sehr gute Dienste that. Er hatte Lust zum Aderlaßen und HE von Bergen rieth ihm dazu, eine kleine Portion am Arm. Hierauf brach eine Entzündung an der Nase aus, Schlaf verlor sich und die Hitze nahm immer zu. Nachdem er so viel Nächte schlaflos zugebracht hatte, wurde gestern ein Doctor angenommen, der ihm ein Aderlaßen auf dem Fuß erlaubte. Zur MittagsZeit fieng sich das Schrecken an, indem er auf einmal zu phantasieren anfieng, da die Frau Muhme allein mit ihm war, und ich unten mit ihren Kindern aß. Wir waren ganz allein, der Paroxysmus wurde so heftig, daß ich für Angst nach der Stadt lief, um die Doctores und die Hausgenoßen davon Nachricht zu geben. Diese Nacht hat er ein wenig Ruhe gehabt; und wir haben viel Hofnung, daß dies die Crisis der Krankheit gewesen ist. Puls, Urin, Schweiß, offener Leib geben lauter gute Kennzeichen. – Wir haben also Hofnung, daß er außer Gefahr ist, und sich bald wieder erholen wird. Mir hat die Zeit über ich weiß nicht was für ein Gewitter in Gliedern gelegen, von dem ich jetzt ziemlich erleichtert bin. Der Fuhrmann, der uns hergebracht, muste uns gestern zu gutem Glück aufstoßen. Er geht nach Danzig und versprach Freytags wiederzukommen. Die Frau Muhme ist also entschloßen mit ihm wieder zurückzugehen, und sie thut am besten daran. Ihr längerer Aufenthalt wird ihr selbst und den übrigen zur Last werden. Ob ich mitkommen werde, steht noch dahin. Sonnabends wills Gott! ist ihre Reise also festgesetzt, wenn der Fuhrmann Wort und Gott uns gesund erhällt. Da Sie den Fuhrmann schon kennen, und derselbe ein sehr braver Kerl ist, der mäßig und dienstfertig: so können sie ganz ruhig in seiner Begleitung seyn und würden mich füglich entbehren können. Ob meine längere Gegenwart hier noch nöthig seyn wird, weiß noch nicht, und werde mich darinn gänzlich der Göttlichen Regierung überlaßen, die alle Umstände zum Besten lenken wird. Kann ich; so komm ich lieber mit. Meynt man, daß ich hier noch zu gebrauchen bin; so werden Sie mir wohl erlauben, Herzlich geliebtester Vater, noch ein wenig hier abzuwarten. Weil ich zu beyden gleich viel Lust habe: so werden Umstände meinen Entschluß bestimmen. Auf den gestrigen Schreck nahm ein roth Pulver ein, und befinde mich Gott Lob! ziemlich munter. Ein klein Laxativ habe auch die Zeit meines Aufenthalts hier gebraucht, das mir gute Dienste gethan. Einer meiner hiesigen Bekannten, der sich die meiste Mühe gegeben uns zu bewirthen und mit Freundschaftsdiensten zu überschütten, hat mich um des Königs Gedichte ersucht. Ich werde selbige aus HE Kanters Laden nehmen laßen, und ersuche, daß Sie so gut sind selbige bey Blisters
    englisch
binden zu laßen, und so bald es möglich durch Vetter Bräutigam, dem ich herzlich Glück wünsche, hieher besorgen zu laßen je eher je lieber. HE Blindau wird so gütig seyn die Besorgung über sich zu nehmen. Hat HE. Hartknoch wieder Ich küße Ihnen Herzlich geliebter Vater, die Hände unter Anwünschung des Göttlichen Seegens, und bin nach zärtlicher Begrüßung von meiner Reisegesellschaft an alle gute Freunde mit kindlichster Hochachtung Ihr gehorsamst ergebenster Sohn Johann George. Im Keller Comptoir voller Eile und Unruhe um mich herum. Mittwochs den heiligen Abend vor JohannisTag. Muhmchen Lieschen trägt mir jetzt ein besonder Compliment auf, das ich noch nachholen muß.
Königsberg den 10 Jul. 1762. Herzlich geliebtester Freund, Vorigen Sonntag Gott Lob! aus Elbing zurück gekommen. Mein Vetter Nuppenau dortiger Rathskyper holte mich und seine Schwester Zöpfelin nebst ihren 2 Töchtern gesund ab, und wir haben ihn dort zu seiner Ruhestätte gebracht. Den Tag vor seiner Beerdigung kam ein Bruder von ihm aus Lübeck an, der in schwedischen Diensten Feldscherer gewesen – Sie können sich selbst die Unruhen vorstellen, die mit meiner Spatzierfahrt verknüpft gewesen. Gott Lob! für das, was überstanden, Er helfe weiter. Dieser blühende muntere Jüngling ist von allen bedauert worden die ihn gekannt haben. Er starb an einer hitzigen Krankheit, und ich habe mein Theil Beobachtungen auch machen können, so entfernt ich mich auch immer gehalten habe. Mein Leib ist ziemlich gesund, mein Gemüth leidt jetzt aber mehr als jemals – Verwirrungen, die ich weder erklären noch ihre Entwickelung absehen kann. Mein seel. Freund wurde durch eine recht sichtbare Kraft zu seinem Ende zubereitet und in seiner letzten Arbeit unterstützet. Sie haben auch Liebster Freund, eine Leiche währender Zeit in Ihrem Hause gehabt, die Ihnen Kummer genung gemacht haben wird. Des HE. Wille geschieht auf der Erde, nicht der Wille eines Mannes, noch des Fleisches; sondern was Gott thut, das ist wohl gethan. Ich gieng mit einer halben Verzweifelung nach Elbing und mit der grösten Bedürfnis Luft zu schöpfen, mich zu zerstreuen, zu besinnen und wieder zu erholen. Drey Wochen hab ich zugebracht, ich weiß nicht wie? Sie werden mich entschuldigen, daß ich die Beylage des Rigischen Katechismus nicht habe durchsehen können. Der erste Bogen kam eben an, wie ich aufsitzen sollte; ich wollte ihn noch durchsehen, mein Vater jagte mich aber zum Hause heraus, weil mein seel. Vetter auf meinen Abschied drung. Ich hoffe, es wird nichts dadurch versehen seyn, was zur Hauptsache gehört. HE Wagner übernahm es, durch HE Daubler alles aufs sorgfältigste besorgen zu laßen. Mit dem letzten Briefe ist ein klein Versehen vorgegangen, weil Leser und Kunstrichter demselben beygelegt werden sollten. Sie erhalten diesen Bogen nebst einigen französischen Sachen, die ich für Sie aufgesucht habe. Tant- mieux pour elle, ein klein Hexenmährchen. Falls es nichts taugt, ist ein es eine Kleinigkeit die Sie bald los werden. Au Roi Philosophe lohnt nicht sehr; doch des Titels wegen. Les songes d’Aristobule sind auch mittelmäßig – Noch habe nichts gefunden, was meiner Aufmerksamkeit recht werth gewesen wäre. Sie erhalten den hiesigen Catalogum, und werden mir Ihren dortigen Einkauf melden. Golii Lexicon und Hinckelmanni Alcoran habe recht nach Wunsch von Leipzig erhalten. Arbeitsgeräthe und wenig Lust dazu. Aus Elbing habe einen jungen Menschen mitgebracht eines polnischen Majors Sohn, Brodowski mit Namen, der künftig hier studieren soll, und die jetzigen Feyerlichkeiten mitanzusehen Lust hatte. Zeit seines Hierseyns werde wohl feriiren. Bock ist als Magnificus vorgestern gestorben, Lauson hat sich gemeldet, Watson wird auch erwartet – Es sind Freunde, die Ihnen diese Stelle gönnten, wenn s Sie Lust dazu hätten. Noch scheint Ihre Stunde nicht gekommen zu seyn. Montags ist der Friede hier publicirt worden. Lauson und der alte Schulmeister, von dem ich Ihnen ein Colloquium und Weynachtswunsch einmal beygelegt, Schröder haben ihn besungen. Gestern Abend traf die Regierung hier, heute von einem jungen Jester ein groß Compliment bekommen, deßen Titel ich nicht weiß. Wenn Hennings doch nachfolgte, der jetzt einen einträgl. Posten haben soll bey dem Prinzen von Würtenberg. Lausons Wunsch ist erfüllt. Er hat immer gebeten, daß der Prof. Poes. nicht eher sterben sollte, biß die Pr. Regierung käme, und meine Autorschaft ist jetzt auch zu Ende – Gott Lob! Wo der eine anfängt, hört der andere auf. Ihr Gedicht auf den Kayser habe weder gesehen noch gelesen. Ist mein Name nicht auch auf den langen Listen von Freunden gewesen, die bedacht worden sind? Für Ihre Schulhandlungen danke ergebenst. Noch habe selbige bloß durchblättert. Trescho hat mir geschrieben, dem ich heute zu antworten gedenke. Ich will ihm die Recension in den Thornschen Zeitungen empfehlen, von denen wöchentl. ein Stück herauskommt. In Elbing habe keinen Gelehrten als einen Prof. Scubovius kennen gelernt, der die berüchtigte Disputation unter Abt Schubart gehalten von der Kraft des göttl. Wortes. Ein starker Hypochondrist und purus putus. Die Bibliotheck auf dem Gymnasio habe auch besehen und den alten Senior Rittersdorf parentiren gehört bey der Leiche meines seel. Freundes. Sie haben mir lange nicht geschrieben. Ersetzen Sie es durch einen desto weitläuftigern Brief, liebster Freund. – Ich bin so zerstreut von innen und von außen, daß ich zu nichts geschickt bin. Gott wird mir meine gewöhnl. Heiterkeit und Ruhe aus Gnaden wiederschenken. Gedult ist uns noth – Ich empfehle Sie Göttlicher Obhut, und bin nach der herzlichsten Begrüßung von meinem alten Vater Ihr aufrichtig ergebenster Freund. Hamann. Ksberg den 24 Juli 1762. Herzlich geliebtester Freund! Tandem – schreiben Sie mir auch einmal wieder. Man hatte hier schon Wind, daß Sie selbst herkommen würden. Weil Sie aber gar nicht daran denken: so zweifele, daß Sie sich dazu entschließen können. Wo bleibt Ihr Bruder aber? – Der Zauderer – der Schläfer – der Spätling! Mein seel. Freund ist eben derselbe, den Sie gekannt haben und beschreiben. Ein munterer Kopf mit einem blühenden Gesichte – Unser alter Freund Hennings ist hier gewesen. Wo er ist, weiß ich noch nicht. Alles, worauf Menschen und Völker sich was zu gut thun, ist wie das Graß auf dem Felde, das morgen im Ofen geworfen wird. Liegt es an mir, oder am Meßgut. Ich bin ganz abgeschreckt was mehr zu lesen. Humens erster Theil von der Grosbrittan. Geschichte habe durchgeträumt und verlange nach der letzten Hälfte, worin Cromwell vorkommt. Der Autor hat das beste Stück der Historie gewählt, und wo er seine Vorurtheile am schönsten auskramen kann. Hierinn bewundere ich sein Glück oder seine Klugheit. Das Wort Enthusiasmus ist eine unbekannte Größe, und der Knoten des ganzen Werks. Schreiben an die Patrioten ist von Trescho. Kennen Sie das animal scribax nicht an der Pfote? Gellius ist jung, wie ich gehört und kann noch werden. Kanter ist nach Hause von Holland gekommen und hat mir Rousseau du Contract social oder seine Principes du droit Politique mitgebracht, als den dritten Theil sr Oeuvres diverses. Das Werk zu übersetzen ist nicht für mich, zu zergliedern auch nicht ein solch Gewebe von Sophistereyen, wie das Netz Vulcans, worinn er den Mars mit der Frau Gemalinn nach dem Olymp trug. Es soll mit sr. Emilie verbrannt, die ich auch zu kennen wünsche. Seine Principes sind ein bloß Stück von einem großen Werk, davon er das übrige unterdrückt. Ich möchte es doch wohl auf allen Fall behalten, weil es mir Kopfbrechen und Bauchgrimmen verursacht hat, und als eine würdige Hälfte zu einem andern Buch, das mir auch angeschaft. Recherches sur l’origine du Despotisme Oriental. Ouvrage posthume de Mr. B. I. D. P. E. C. Monstrum horrendum, informe, ingens… 1761. ohne Benennung des Orts, voller Bitterkeit gegen die Religion. In der Vorrede wünscht der Autor, daß man bald Europa
    vernünftig
nennen könnte, nachdem es
    wild
,
    heidnisch
und lange genug
    christlich
geheißen hat. Wenn ich das Blatt nur finden könnte, wo ich einige Grillen aufgesetzt, und um das ich schon Sie einmal ersucht habe. Ich weiß daß es nichts werth, aber die prima stamina eines ganzen Feldes lagen darinn vergraben, und ich kann ohne dies verlorne Blatt nicht auf die Spur kommen – Doch jetzt kann ich ohnedem nicht arbeiten, und nöthig hätt ich es mehr als jemals. Jene beyde französische Bücher sind aber das einzige Merkwürdige, was mir von Schriften aufgestoßen, und liegen mir im Kopfe, wie dem gemeinen Mann das Gespenst des Friedens. Ueber den guten Abdruck der Beylage zum Rigischen Katechismus freue mich herzl. Der Hof in Fabeln soll von Mosern seyn. Eine artige
    Prophezeyung
von den Tartarn hat Rousseau, und eine einfältige lustige
    Ahndung
von Corsica. Die Oeuvres diverses de Mr. Thomas habe auch gelesen. Der Autor ist vorher Professor zu Paris gewesen, jetzt hat er eine Staatsbedienung. Der erste Theil besteht aus 3 Poesien, worunter das Gedicht auf den Jumonville, der von den Engell. umgebracht wurde, das längste ist. Der andere Theil aus 3. gekronten Reden oder Preißschriften. Die auf den Grafen von Sachsen, und Daguesseau habe mit der meisten Aufmerksamkeit gelesen; die letzte geht einen Seehelden an. Aus Cleinows Auction habe ein arabisches Evangelium Infantiae von Sike mit Uebersetzung und Noten herausgegeben nebst 3 Fasciculis opusculorum quae ad Historiam ac Philologiam sacram spectant und zu Roterdam 1693 in 12 ausgekommen, erhalten. Dickinsons Delphi Phoenicizantes sind das erste Stück, das ich mir lange schon gewünscht. Schurmannii Opuscula habe selbst gehabt, wo sie sind, weiß nicht. Sie waren auch auf gemeldter Auction; vielleicht kann ich selbige Ihnen verschaffen. Wegen Woltersdorfs Schulhandl. habe mich im Buchladen gemeldt – Haben Sie das
    Neue gemeinnützige Magazin
, das zu Hamburg auskommt? Ich werde es heute durchblättern. Die Thornsche Zeitungen kann zum lesen bekommen. Die
    polnischen Sachen sind das Beste darinn
. Das pr. möchte auch wohl stark mitgenommen werden. In ihren übrigen Recensionen herrscht der liebe Schlendrian. Partheylichkeit und Dummdreistigkeit. Ein
    laues
Urtheil, das nicht kalt nicht warm ist; so weit ich sie kenne. Nicolai hat mir geschrieben und meldt, daß Moses verheyrathet ist. Ich bin mit sm Briefe recht sehr zufrieden. Antworten möchte wohl nicht eher, als biß sich die Zeiten ändern, daß man wenigstens weiß, woran man ist. Kanter hat mir den Tod des Sokrates aus Engl. auch verschrieben. Er hat mir einige freundschaftl. Winke von Gelehrten mitgebracht, die ich so und so annehme. Die Kreuzzüge sind bald aller. Mit einem kleinen Verlag war mir gedient. Noch hat sich kein Zeitungsschreiber gemeldt. Erfahren Sie was, so erwarte ich von Ihnen Nachricht ohne Furcht – weil ich gefaßt bin. Ich werde Ihnen auch mittheilen, was ich entdecken werde. Mein Vater grüst Sie herzl. und Ihr ganzes Haus. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte – Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht Ihren aufrichtigen Freund und DienerHamann. Heute Gott Lob! das fünfte Buch de Legibus zu Ende gebracht; die ich zieml. schläfrich lese. Der Sokrates fehlt in diesen einzigen Gesprächen, und ich fühle den Mangel seiner Gesellschaft. den letzten Julius 1762. Wagners Einlage ist so alt geworden, weil ich 8 Tage auf der Mama Brief gewartet habe und gern in Ihrer Gesellschaft schreiben wollen. Der Innhalt wird wie ich denke nicht so wichtig seyn, daß Sie HE Wagner von diesem kleinen Verzug nöthig haben zu melden, der 8 Tage beträgt. Die Briefe über die mosaische Schriften und Philosophie haben mit so viel Vergnügen gelesen, daß ich auch für Sie ein Exemplar gleich besorgt habe. Besitzen Sie selbige wieder Vermuthen schon, so ist HE Pastor Ruprecht gewiß ein Abnehmer. Wie hält es Liebster Freund! mit Ihrer Anherokunft? – Wenn Sie mich doch beschlichen! – Die dicken Wolken verziehen, wie es scheint, Gott gebe uns alles, was uns gut und seelig ist. Vom Lowth den zweyten Theil mit viel Gleichgiltigkeit und halben Verdruß gelesen. Diese Woche Gott Lob! meine Andacht gehabt und meinen Gast auch nach Elbing wieder zurück geschickt. Noch geht nicht recht mit der Arbeit. Gedult! Mit der Zeit hoffe wieder in den Gleis zu kommen. D. Schultz hat se Tochter an D. Teske verheyrathet, diese Woche Hochzeit gegeben. Haben Sie das gemeinnützige Magazin? Klingstäds Abhandl. von den Samojeden, die jetzt hier gedruckt wird, ist dort schon übersetzt. Leben Sie wohl, Liebster Freund! Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte nach den herzlichsten Begrüßungen von meinem alten Vater, und ersterbe Ihr treuer FreundHamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 232 (163/36): Rouss. Crocodil inter autores
Königsberg den 3 Aug. 1762. HochEdelgeborner Herr, HöchstzuEhrender Herr, Ew. HochEdelgebornen geneigte Zuschrift vom ersten Julii habe den 16. ei. erhalten, an einem Tage, der sich sehr kritisch für uns endigte, und alle Friedenslichter und Freudenlampen auslöschte. Der Verzug Ihrer Antwort hat mir selbige desto angenehmer gemacht, weil ich mir gar keine mehr vermuthen war und schon den Vorsatz gefaßt hatte Ew. HochEdelgebornen Stillschweigen zum Besten zu kehren. Ich bin Ihnen daher für die kleine Frist verbunden, die Sie mich haben warten laßen, weil mein Vergnügen und meine Erkenntlichkeit bey Empfang einer so freundschaftlichen Erklärung dadurch lebhafter geworden.
    Thyrsis
also spinnt Wolle, und
    Corydon
, der Moralist seines untreuen Freundes sitzt gar beym Butterfaß – Arcades ambo Et cantare pares et respondere parati Wie sind die Helden der Neuesten Litteratur gefallen? Jener läßt seine
    glänzende Waffen
“ verrosten, dieser verleugnet den Patriotismum eines Urias, und nimmt zu einer Parabel des N. Testaments seine Zuflucht. – Es ist mir leid um Dich, mein Bruder Jonathan! – – Ich habe meine vermischte Empfindungen über die Vermählung des HEn Moses nicht beßer auszudrücken gewust als durch diese schwärmerische Parenthese, und wünsche Demselben mit redlichen Herzen beym Genuß des Lebens in einem treuen Arm so viel Zufriedenheit, daß aller Neid der neun liebarmherzigen Schwestern, die man Musen nennt, dadurch vereitelt werden mögen. – Ohngeachtet ich meinen Schlaf einen Bruder des Todes nennen kann: so hat mir doch in meinem Leben einmal geträumt, und zwar von einer Frauen für meine rechte Hand, die ich aber geschwind wieder zurück zog. Unterdeßen hab meine linke Hand an einem Mädchen, das eine Nymphe eines Eichenstamms war, so schwer, daß ich über der Arbeit aufwachte mit einem: Ευφημει. An dem gar zu kühnen Ausdrucke des „
    Anwerbens
“ in meiner ersten Zuschrift hat mein Gedächtnis vielleicht mehr Schuld als mein Herz. Ich habe dieses Wort meines Wißens
    behalten
ohne es gesucht noch gewählt zu haben. Um die Ausschweifung meiner geäußerten Neugierde ein wenig zu mildern, muß ich Ew. HochEdelgebornen aufrichtig bekennen, daß selbige bloß ein Mittel gewesen Dero
    Vertrauen
gegen mich einiger maßen auszuholen. Ich ersehe, daß Sie mich deßelben nicht gänzlich unwürdig schätzen – und begnüge mich vollkommen mit der mir ertheilten Nachricht. Die Herren Verfaßer werden aus eigener Erfahrung so billig seyn niemanden eine Nachahmung der Verschwiegenheit über Kleinigkeiten übel zu nehmen. Warum sollte ich die Luft nicht andern gönnen, wenn ich für den Funken meines eigenen Lebens unbesorgt seyn kann? Ihre Vergleichung mit einer Demokratie giebt mir viel Licht über die Beschaffenheit des Werks selbst; aber desto schwerer wird es mir den Plan und die Absichten zu verstehen, welches kein Wunder ist, da ich noch keine Zeit gehabt einigen Gebrauch von den mir gegebenen Puncten zu machen. Wäre ich im stande
    Beyträge
zu liefern
: so würde ich allem Eigenthume darauf zum voraus entsagen, und mich niemals anders als wie den
    jüngsten Gehülfen
einer
    gemeinschaftlichen Arbeit
ansehen, den pudor aut operis lex, wie Horatz sagt, springen und rücklings gehen lehren müßen. Bey Gelegenheit der preußischen Gelehrten erinnern sich Ew. HochEdelgebornen sehr zufälliger Weise zweener Jünglinge, die mit einander Umgang gehabt haben. Der eine schreibt für seine Gemeine, glaubt ohne
    gute
Werke durch eine bloß thätige Schriftstellerschaft, ich weiß nicht, berühmter oder nützlicher oder glücklicher zu werden. Panem et ludos Circenses sollten die Herren Kunstrichter zu vergeben haben um gewiße Scribenten zu bekehren. Außer einer
    Sterbebibel
, geistl.
    Reden
    zum practischen
Christenthum und
    Denkmalen
zum Bau des Reichs Jesu zu Morungen in Preußen in Briefen Nachrichten und Aufsätzen entworfen, sind von eben demselben Verfaßer Gedichte unter einem schwarzen Titel, kleine Versuche, Näschereyen, ein elisäischer Brief, ein ironischer an Patrioten erschienen, jetzt
    Sommerstunden
unter der Preße – die man
    füglich abwarten könnte
, falls
    gegenwärtige Erinnerung nicht zu spät kommt
Umstände haben, wie es scheint, die gute Anlage verdorben, die jetzt unkenntlich ist. Weil er meine Sprache nicht versteht oder nicht mehr verstehen will: so stehe jetzt in keiner genaueuen Verbindung, und bekümmere mich um keine
    Gemeinen
, wo Jesus Syrach auch für einen kanonischen Schriftsteller gilt, dem es an Materie nicht fehlen konnte,
    noch etwas mehr zu sagen, denn er war wie ein voller Mond
– der ohne Beschwörungen abzunehmen pflegt. Da ich an der Herausgabe des Sokratischen Versuches Antheil nehmen müßen; so hab ich mich bisweilen mit der Aufgabe umsonst geqvält: Wie die Hamburgischen Nachrichten durch die Dunkelheit dieser Blätter so sehr haben beleidigt werden können? und wie es möglich ein Buch ziemlich gründlich beurtheilen übersehen zu können, ohne selbiges zu verstehen? wie geschwind man sich hingegen selbst vergeßen kann, wenn man Grund von seinem Geschmack angeben soll? – – Es sind noch mehr Schwierigkeiten in der Hamburgischen Recension für mich, die sich vielleicht bloß durch die
    Geschichte
derselben aufklären ließen. Daß man in den Briefen der neuesten Litteratur an sehr
    leichten
Stellen Anstoß gefunden, ist offenbar, und von dem Verfaßer der Wolken, welchen die Hamb. Nachr. im Enthusiasmo des Zorns Ihren Thespis nennen, mit aller nöthigen Verschwiegenheit angedeutet worden. Est et fideli tuta silentio Merces – –     Horat. Lib. III. od. 2. Die in meiner ersten Zuschrift geschehene Erklärung behält noch ihr völliges Gewicht, daß ich mich bloß auf
    Nachrichten
von wirklich merkwürdigen Werken einschränken muß – Unter dem neuesten Meßgut habe noch wenig gefunden, das meine Aufmerksamkeit stark genug gerührt hätte, ohne den 4 Theil von Geßners Schriften, die Recherches sur l’origine du Despotisme, Rousseau du Contract social, und die Briefe über die mosaische Schriften und Philosophie – Daß Lowths Praelectiones de Sacra poesi Hebraeorum meine Erwartung nicht erfüllen, und der 2te weniger als der erste mich befriedigt, liegt vielleicht mehr an meiner gegenwärtigen Gemüthslage – Ich habe schon viele Wochen in einer halben Vernichtung meiner selbst gelebt, und bin über eine Kleinigkeit so unruhig und verlegen, als wenn ein rothes Meer von mir und ich weiß nicht was für ein Heer von Sorgen hinter mir wäre.
    Genie
ist eine Dornenkrone und der
    Geschmack
ein Purpurmantel, der einen zerfleischten Rücken deckt. Virtus repulsae nescia sordidae Nec sumit aut ponit secures. Es fehlt nicht viel, daß ich diesen Brief, für den ich mich selbst schäme mit eben den Worten schließe, womit Tiberius seinen anfieng: Quid scribam vobis P. C. aut quomodo scribam aut quid omnino non scribam hoc tempore, Dii me Deaeque peius perdant quam perire quotidie sentio, si scio. Empfehle mich Dero geneigtem Andenken und ferneren Wohlwollen, der ich die Ehre habe mit der aufrichtigsten Hochachtung zu seyn Ew. HochEdelgebornen ergebenster Diener. Königsb. den 6 Aug. 1762.Haman. N. S. Des HE. CollegienRaths von Klingstädt Nachrichten über die Samojeden kommen jetzt hier im französischen heraus. Ich habe sie unvermuthet schon im Gemeinnützigen Magazin übersetzt gefunden. Ein Kurländisches Fräulein steht im Begrif eine französische Uebersetzung von den Briefen zur Bildung des Herzens, die ich nur nach dem Namen kenne, herauszugeben. Erhalten-Vermerk von Nicolai auf der letzten Seite des Briefes oben: 1762.   August / Hamann
Königsberg den 11 Sept. 1762 Herzensgeliebter Freund, Ich freue mich über Ihre glückliche Heimkunft, wie über Ihren vergnügten Besuch, von dem ich Ihnen gute Wirkungen für Ihr Gemüth und Gesundheit beynahe versprechen möchte. Dergl. menschliche Zufälle, als derjenige, der Sie bey Ihrer Ankunft alterirt, sind niederschlagende Pulver, die dazu dienen den zerstreuten Sinn wieder zu sammeln und in Ordnung zu bringen. Wenn Sie länger hier geblieben wären, würde Ihnen vielleicht Königsberg minder gefallen haben und der Reitz der Veränderung minder geschmeckt oder nicht so gut bekommen haben. Zum Genuß der Eitelkeit gehören Flügel. – Es ist mir angenehmer gewesen als ich es Ihnen zu verstehen geben kann, einen so alten guten Freund wieder
    umarmt
zu haben; und das war auch alles, was uns Zeit und Umstände erlaubten. Wir wollen mit diesem Vorschmack eines künftigen Glückes zufrieden seyn. Gedult bringt Erfahrung, Erfahrung aber bringt Hofnung. Hiemit wollen wir uns trösten unter einander. Daß ich meine Freunde liebe, sagt mir mein Gefühl, und vielleicht ein größerer Zeuge als mein Herz – Ich liebe Sie biß zur Grillenfängerey und öfters mehr, als es meinen Freunden lieb und vielleicht gut ist oder scheint. An diesen Empfindungen haben Sie ein so verjährtes Recht – den 18 Sept. Verzeyhen Sie die Zerstreuung, in der ich schreibe, und vielleicht fortfahren möchte. Ihr Herr Bruder hat sich noch kürzere Zeit hier aufgehalten. Gestern habe die GeEhrte Mama besucht, die recht munter aussahe. Lauson ist ein Paar Wochen am Durchfall sehr krank gewesen, erholt sich aber Gott Lob wieder. Zur Prof. Poes. sind alle 3 Subiecta abgewiesen worden, einige sagen von der Regierung, andere von Berlin. Es möchte also ein Auswärtiger, und vielleicht gar Rammler, hergeschickt werden. Ob das letzte ein Traum ist, den ich gehört habe weiß ich nicht. Schlegel gönnte Ihnen, liebster Freund zum Gehülfen. Er macht Schwierigkeiten, ich arbeite unter der Hand an seinem Entschluß. Den Emile erhalten Sie, brauchen Sie ihn nicht, so schicken s Sie ihn dem HE. Fiscal, dem gewiß damit gedient seyn wird. Schoppach de iure ciuili Romano hat HE Bruder hier auf Ihre Rechnung schreiben laßen, und ersucht Sie es an den HE von Kleist in Loegen zu expediren. HE Kanter ist gegen 14 Tage auch bettlägerich gewesen, erholt sich aber schon. Eine Condolentzabhandl. im Namen der kurschen Landsmannschaft von HE Hintz und eine ziemlich gut gerathene Hochzeitsarbeit von einem gewißen Schultz erhalten Sie nächstens. Mit meinem Plato bin Gott Lob! fertig, und unterhalte mich mit 2 gewaltigen Stoßen von Journalen. Die Bibliotheque des Sciences et des beaux-arts von 1754 biß auf das gegenwärtige hat mir sehr gefallen. Die nouvelle Bibliotheque angloise habe nicht aushalten können; denn sie ist von dem unerträgl. Joncourt und befürchte einen ähnlichen Ueberdruß an der nouvelle Bibliotheque Germanique, die ich gestern angefangen. Hieraus besteht der erste Stoß. Von dem 2ten werde künftig reden. Vom Guischardt habe außerordentl. Anecdoten gelesen, daß dieser zum Quintus Caecilius umgetaufte Held in seinem zehnten Jahr lateinisch, griechisch, hebräisch, arabisch, persisch und chinesisch verstanden, das französische auf seine eigne Hand und durch Umgang gelernt, daß er in 5. Jahren ein Autor in der Sprache hat werden können, engl. spanisch, italienisch gleichfalls versteht. Was für ein Philolog! und Martissohn. Ihre Fürsorge meinen Freund Däntler zu wärmen hat mich recht sehr gerührt. Er hat ein solch meuble auf den Winter höchst nöthig gehabt und ist auch eine Zeit lang wieder krank gewesen, daß er sich zweymal hat zur Ader laßen müßen. Da sein Körper sich wieder erholt hat, klagt er seine Noth, daß es ihm an Gemüthsruhe fehlt, und ich also volle Arbeit mit ihm habe. Ohngeachtet es auch bey mir eintrift: Artzt! hilf dir selber; so ist meine gröste Last andere zu tragen. Gott wird helfen. Mr. Tiphaigne de la Roche, ein Medicus der Facultät zu Caen hat den Amilec, l’amour devoilé ou Systeme des Sympatistes, Bigarrures philosophiques in 2 Theilen und die Giphantie geschrieben. Ein Holländer hat in seiner Landessprache unter dem Namen Aletofilus Fileusebus 1758 zu Amsterdam eine Wiederlegung des Optimismus ausgegeben, davon mir der Auszug ungemein gefallen hat. Ein Jesuit de la Borde hat ein elektrisches Clavecin erfunden. Graf von Algarotti hat Saggio di Lettere sopra la Russia zu Venedig in 8. ausgegeben mit dem Motto: Paucis vestris adnauimus oris. Der Autor des Adventurers heist Hawkeswerth und hat ein morgenl. Mährchen: Almoran und Hamet im vorigen Jahre geschrieben. Aus verschiedenen Erscheinungen, die in Frankr. in der Schweiz und in Italien zu gl. Zeit sich eräugnet, sollte man sich versprechen die ägyptische Alterthümer durch die chinesische Sprache aufzuklären. Steinbrückler heist der Uebersetzer des Sophokles, und wird als ein Schüler des Breitingers angeführt. Mc-Pherson hat ein episches Gedicht: Fingal aus der albischenten schottischen Sprache übersetzt herausgegeben und Spence den Charakter und die Gedichte eines zu Edinburg studierenden jungen Philosophen, Blacklock, der vom 6. Jahr an blind gewesen. So viel habe ich Ihnen aus dem ersten Journal mittheilen wollen. Gott erhalte Sie, Liebster Freund – ich kann nicht mehr schreiben. Mein Vater wünscht Ihnen tausend Gutes und empfiehlt sich bestens Ihrem treuen Andenken. Grüßen und küßen Sie Ihre liebe Hälfte. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtiger Freund und Diener Hamann. Grüßen Sie doch Ihren lieben Foissardier von mir v allen guten Freunden. Leben Sie wohl. M. Tetsch ist im Begrif se kurl. Kirchenhistorie auszugeben, davon ich den Anfang in dem Msst. ein wenig durchblättert und nicht uneben zu seyn scheint.
Königsberg den 6 Octobr. 1762. Geliebtester Freund, Da Sie heute vermuthlich die letzte Sentenz von HE Slegel erhalten werden; so thue ich Anfrage, ob ich Ihnen einen in Vorschlag bringen soll, der aus Freundschaft für mich sich würde bereden laßen in eine andere Verfaßung sich zu versetzen? Da ich meinen Mann genau kenne; so kann ich mit der Empfehlung deßelben ein wenig unverschämt seyn; und ich traue mir zu, daß dies der erste Collaborator ist, den Sie gesucht haben. Ich ersetze hiedurch den
    Nachtheil
, den Ihnen die erste Wahl zugezogen, und den
    Bruch
, mit dem ich selbige selbst ungültig gemacht. Das Subiect hat sich von den ersten akademischen Jahren mit Hofmeistern hudeln müßen, daher Erfahrung und
    Umgang
, Treue und Biegsamkeit. Er steht in eben dem Hause, wo Marianchen ehmals stand. Was meynen Sie, wenn ich Hinz, dem Gallimafristen, dem Bruder Redner, Lust machte unter Ihrer Fahne zu dienen? Sie wißen, daß die Leute, die ich meine Freunde nenne, zu der Gattung gehören, die Titan aus einem beßern Leim gebildet hat. Gefäße von Thon sind sie, aber nicht zur Unehre der großen Haushaltung. Er besitzt viel Schulwißenschaft, und Geschmack genung an schönen Wißenschaften, auch viel Neigung zu den nützlichen und die jetzt nach der
    Mode
sind. Er hat die Wirbel berührt, in denen ich gestrudelt habe; und ist ein sehr dienstfertiger Mann, der zu allem zu gebrauchen ist. Ein amphibium wie ich war, weder Theolog noch Jurist. Der Geck eines Freygeistes war eine Versuchung – er fängt aber an die schöne Natur zu verleugnen – Sie dürfen sich also für nichts fürchten, und wenn Sie einen geschickten und ehrlichen Gehülfen haben wollen, werden Sie ihn Jahr und Tag keinen auftreiben als den ich jetzt anerbiete.
    Vollmacht
und Vertrauen bitte mir aus; so soll die Sache mit einem
    einzigen Posttage
in völliger Richtigkeit seyn. Da ich Ihnen den letzten Freund, den ich hier noch habe, gewißermaßen aufdringe: so werden Sie daraus sehen, was für Antheil ich an allen Ihren Verlegenheiten nehme, und daß ich meine eigene Zufriedenheit im Nothfall der Ihrigen aufzuopfern fähig bin. Alles was ich weiß hab ich Ihnen aufrichtig gemeldt. Der
    Bruder
wird Ihnen kein Stein des Anstoßes seyn und
    Schwachheiten
müßen Leute haben, die wir regieren und brauchen sollen. Für die Erfüllung und Ausführung meines Versprechens laßen Sie mich sorgen. Gott wirds wol machen – Er legt uns eine Last auf, aber e Er hilft uns auch. Ich habe auch unter der meinigen einige Tage wieder Luft schöpfen können; und bin im stande gewesen einen halben Bogen zu übersetzen aus dem französischen. Das
    war ein kluger Pfiff
! Nachahmung eines asiatischen Mährchens auf die Hochzeit des Buchdruckers Kanter, die Hinz und Hippel mit einer kleinen Sammlung von Gedichten beehren wollen unter dem Titel: Maculatur zum bewusten Gebrauch. Wenn Sie das 61. Stück der Hamb. Nachr. gelesen haben, so werden Sie sich meine Freude über die Recension der Kreuzzüge vorstellen können. Sie ist mit so viel Sorgfalt und Fleiß aufgesetzt, daß ich selbige als einen Beweiß von der Liebenswürdigkeit unserer Feinde ansehen kann. Aber den 231. Brief in dem 14 Theile der Litteraturbriefe haben Sie gewiß noch nicht gelesen. „Was sagen Sie zu Schauspielen, die in den Schulen von Schülern sollen aufgeführt werden? Nicht wahr? mein preußischer Herr Officier, eben das was Sie sagen wenn Sie in den Reichsstädten die Bürger zum Exercieren aufziehen sehen? – „Nun ja doch! aber wie fallen Sie denn gerade auf diese Frage? Was geht mich eine Bühne in den Schulen an. Hätten wir nur erst eine außerhalb denenselben.“ Sie müßen wißen, daß ich eben eine Vorrede gelesen, darinn die Regeln für das Schuldrama gegeben werden; und darüber ich gern mit Ihnen plaudern wollte. Ueberhaupt ist meine Meynung, daß die Gattung niemals was taugen könne. Denn die Acteurs und Zuschauer sind entweder beyde Schüler, und dann bedenken Sie einmal, was für Handlungen aufgeführt werden können, an denen beyde einen wahren Antheil nehmen. Oder die Zuschauer sind würklich schon Erwachsene, nur die Acteurs sind Schüler, darunter ich in diesem Falle
    Kinder
verstehe: denn hat HE. Lindner zwar Recht, daß man die Charactere sorgfältig für sie auswählen müße, damit eine zu starke Nachahmung lasterhafter Caractere nicht in die Sitten übergehe: aber was die Zuschauer dabey empfinden, wenn es nicht Eltern oder Verwandte von den Acteurs sind, überlaße ich einem jeden zur Beurtheilung. HE. L. scheint nicht unerfahren in den besten Anmerkungen über das Drama, und die ganze Vorrede ist, einige
    steife Perioden und dergl.
ausgenommen, so ziemlich gut geschrieben. Nur um seine Lieblingsidee zu unterstützen, hat er sich gezwungen gesehen allenthalben die Anmerkungen einzuschränken, bis endl. das ganze Drama verschwindet. Ich weiß unter allen Stücken keines, das sich seinen Forderungen nach, mehr für die Schule schickte als den
    Philotas
. Und doch wird auch dieser sich nicht blos für Schüler schicken. Es müßen erwachsene Personen unter den Acteurs seyn. Soll also nichts weiter gezeigt werden, als daß junge Leute auch ihre Rollen in den Schauspielen haben können: so ist dies nichts neues: aber ganze Stücke, darinn alle Rollen für sie zugeschnitten sind, machen deucht mir immer was ungereimtes. HE. L. hat einige Stücke zur Probe angehängt. Ich gestehe Ihnen aber daß ich
    sie nicht gelesen habe
. Es mag seyn daß ich vom Vorurtheile dagegen eingenommen bin; oder auch, was würklich geschehen ist, daß mir die
    Rauhigkeit der Versification
, in dem
    ersten
Stücke, oder die
    schielenden
gar nicht der
    Natur des Menschl. Herzens gemäß gezeichneten Charaktere
des
    letzten
Stücks alles übrige verleidet haben. – Genug, ich mag sie nicht gelesen haben, will sie folglich auch nicht beurtheilen; meine Meynung aber über die Idee an und für sich konnte ich Ihnen nicht verschweigen und nunmehr erlauben Sie, daß ich den HE. L. verlaße um Ihnen einige Gedanken mitzutheilen, auf die ich bey Durchlesung der Vorrede von ohngefehr gekommen bin. Sie betreffen die moralisch vollkommenen Charaktere pp. hier kommt eine lange Tirade von einigen Seiten, die ich weder verdauen noch abschreiben kann. Die Nachschrift dieses Briefes ist eben so ungehörig und folgende: Indem ich Diderot nenne, fällt mir das von ihm angeführte Beyspiel des Witzes ein, den eine Bauerfrau im stärksten Schmerze vorgebracht. Diderot führt es als einen Beweiß an, daß man den Witz nicht durchaus im pathetischen für unnatürl. erklären soll. Und dies bringt mich auf einen Gedanken der mir diesen Tagen eingefallen. Erinnern Sie sich an die phönixische Frau im Evangelio. Sie war unstreitig über die Krankheit ihrer Tochter v. über die Versagung der gehoften Hülfe äußerst gerührt und doch findet sie die witzige Antwort: Wenigstens sind die abfallende Brosamen für die Hunde. Was sagen Sie zu diesem Beyspiel? 232. Brief. Damit Sie nicht denken, daß ich HE. L. Schrift blos für die lange Weile angeführt habe um unter dem Anscheine einigen Rechtes meine Gedanken über einen Theil des Drama anzubringen: so muß ich wohl nochmals auf ihn zurückkommen: und ich finde
    allenfalls
in seiner Schrift
    wohl noch etwas
, das die Mühe der Aufmerksamkeit belohnt. „Eine Abhandl. von der Sprache pp. Die Abhandl. selbst bedeutet zwar
    nicht eben so gar viel
; was HE. L. von der Sprache überhaupt sagt, ist
    vollkommen seichte
. Keine Beobachtung, die nicht unter die gewöhnlichsten gehörte, keine Frage, die nicht auf die gewöhnliche Art aufgelöst würde. Doch einige einzelne Anmerkungen zeichnen sich aus. Wollen Sie etwa die Haupt und Muttersprachen der 4 Welttheile auf einmal übersehen: so will ich sie nach dem V. hier abschreiben – – Wenn man sich darauf verlaßen kann, daß diese Sprachen der Indianer lauter eigene Sprachen sind: sollte es nicht die Vermuthung gegen Rousseau bestärken, daß ein kleines Volk welches einiger maaßen zusammenhält sich bald eine Sprache machen könne pppp (Eine lange Tirade). Der übrige Theil der Abhandl. des HE. L. ist beßer. Nur bin ich mit der Erklärung der Provinzialwörter nicht zufrieden. „Die einem Lande eigenthüml. Wörter“. Nun was sind denn diese eigenthüml. Wörter? Provinzialwörter: o ja! von vorne also! Wenn von gl. bedeutenden Wörtern oder Redensarten die ersten und herrschenden Scribenten einige ganz ungebraucht gelaßen, die zu ihrer Zeit noch üblich gewesen, so sind die ungebrauchten Provinzialwörter. Wären sie nicht mehr übl. gewesen, so sind es veraltete Wörter. Aller Vortheil den man von den Provinzialwörtern ziehen kann, besteht entweder in der Anleitung zur Etymologie oder in der genaueren Untersuchung der Synonymen; dadurch findet man zuweilen die Nuance eines Begriffs ausgedrückt, wozu uns immer ein Wort fehlt. Er führt einige Exempel aus ihnen an. Die meisten Provinzialwörter sind von Eigenschaften der Sachen selbst hergenommen, aber von scheinbaren, das heißt, von Phaenomenen und oft hat es nur an einem Schriftsteller gefehlt, der sie hätte brauchen sollen, oder am Muthe sie dem Pöbel gleichsam vor dem Munde wegzunehmen. Doch diese Materien gehören ja für die 20 berühmte deutsche Gesellschaften, von deren keiner ich leyder! ein Mitglied bin.    B. Dieser letzte Zug gilt vielleicht Ihre Dedication. Ich habe die stärksten Züge unterstrichen: et ab hoste consilium. Wißen Sie, was mir dabey eingefallen? Ich bin dadurch erinnert worden an meine alte Zusage Ihnen meine Einfälle über das Schuldrama mitzutheilen. Es könnten Briefe seyn das Schuldrama betreffend. Oder dieser Titel sollte vielmehr ein Mantel seyn mich ein wenig herumzutummeln, besonders aber die Würde der Schulen und den Nutzen des Drama für selbige – Ich würde das Ding umkehren, und das Theater sollte nach Kindern richten, nicht Kinder nach den Gesetzen der öffentl. Bühne.
    Einheit
und alle die Poßen, die man Grundgesetze nennt zerscheitern um Kindern zu gefallen. Daß man für den Pöbel und für unmündige Bühnen, nicht für gelehrte und weise Männer Bühnen aufführen müste; daß ein Lehrmeister nicht Kinder auf Pferde, sondern wie Agesilaus sich selbst auf einen Stecken setzen müße pp. Es würden da auch Brosamen für die Hunde abwerfen. Was meynen Sie zu dieser Idee? Kann ich, so will ich. – stulta clementia est – – – – periturae parcere chartae dient dem Nachrichter zur Antwort der das Papier beklagt zu 17 Bogen und einige Seyten mit der Recension eines unnützen Buchs doch selbst anfüllt. Ich bin willens mit Gottes Hülfe die Mathematik diesen Winter vorzunehmen und habe Kästners Handbuch gewählt – Wozu ich mich jetzt im Griechischen entschlüßen werde, weiß noch nicht. Grüßen Sie doch Ihren lieben Foissardier. Mein Vater empfiehlt sich herzlich Ihrem ganzen GeEhrten Hause. Ich umarme Sie und Ihre Hälfte. Schreiben Sie mit erster Post – Zweifel oder Bedingungen – Ihre Empfindungen oder Nachrichten – Ich ersterbe Ihr treu ergebener Freund Hamann. HE. Diaconus Buchholtz hat mich schon einige mal erinnert Sie zu ersuchen um eine Münze zum Andenken P. 3. sie mag Gold oder Silber seyn. Den Werth davon wird er gern erstatten, das pretium affectionis. Leben Sie wohl und denken Sie bey guter Gelegenheit daran. Sie verstehen das übrige wol. Morgen werde Einlage an Trescho seinem Bruder einhändigen zu weiterer Beförderung. Leben Sie wohl. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Am Rand zu HKB 235 (II 174/8): Naseweis. Mishandeln und Tadeln ist doch nicht einerley für gesittete Kunstr. Wenn nicht so viel Übermuth und Grobheit drinnen stecken pp. Def. de provinc. ist falsch zE. Schwall ist Prov. Wort, es brauchen es gute Scribenten, aber es ist nicht allenthalben. Zu HKB 235 (II 174/34): NB. nicht zu nackt ohne Kleider. Zu HKB 235 (II 175/35): Athenaeus NB. Vielleicht unser allmächtiger Rouss. der in s. Emile über bringt. Stücke des Gesner. Fulb. u. Virbius. Miß Sara Samson. artige Berliner Voß bürgerl. Young schrieb 1 Jahr lang Autor länger durch die Zeit. Quid Rom. NB. an K gegen Hamb. Nord Semiramis.
    Gottlob
schreiben.
Königsberg den 20 Octobr. 1762. Herzlich geliebtester Freund, Herr Hinz ist Gott Lob! fertig und ich wünsche Ihnen Glück dazu. Er hat durch eine kleine Catastrophe zu seinem Amte
    zubereitet werden
müßen, die unsern gemeinschaftlichen Absichten sehr zu statten kommt; weil er sehr plötzlich aus seiner Condition hat gehen müßen. Desto beßer für ihn selbst und für Sie; mir hat dieser Theaterstreich recht sehr erbaut. Er hat desto mehr Ursache Gott für seine Versorgung zu danken, desto weniger Bedenklichkeiten zu machen. Was Ihre Schule anbetrift, so denken Sie fast beynahe so cavaliermäßig davon, Liebster Freund, als der Litteraturrecensent von jeder Schule. Ich habe das gute Vertrauen, daß ich mit meiner Empfehlung und Wahl nicht zu Schanden werden, werde sondern Gott und Freunden und dem
    gemeinen Besten
dadurch ein Genüge thun werde. Unsichtbare Winke sind meinen Augen schätzbarer und gewißer als die sinnlichsten Grundsätze, und der Leitfaden der Vorsehung ein treuerer Wegweiser als die Größe des Haufens, der vorgeht und nachfolgt. Ein halb Jahr sauere Arbeit hätte dazu gehört den ersten Collaborator im Gleise zu bringen; hier möchten Sie mit einer Woche fertig werden. Mehr Lust, mehr Erfahrung, Geschick und Biegsamkeit. Eilen Sie jetzt mit der Vocation, mit Uebermachung des Reisegeldes und Besorgung seiner dortigen Einrichtung. Dies überlaße ich Ihnen und alle
    nöthige Bedingungen
, die Sie festzusetzen haben, und mich nichts angehen. Daß hier nichts versäumt oder verschlafen werden soll, dafür werde mit Gottes Hülfe möglichst sorgen. Herr Hinz hatte vielleicht, wenn ich ihn dazu aufgemuntert hätte, selbst geschrieben; es ist aber
    anständiger
, daß Sie ihn
    ruffen
und
    aufbiethen
. Das Jawort erhalten Sie von mir als gutem Manne noch vor der Anwerbung. Wären Sie nur ein wenig schwierig gewesen ihn anzunehmen; so hätt ich ihn nach Kurland geschickt, wo meine vorige Lehnspatronin einen Hofmeister auch von meiner Hand verlangt, der sich vielleicht auch finden wird. Die Schule Ihrer Gedult, Freundschaft und Demuth zieh ich aber vor für ihn vor; und Sie gewinnen einen treuen und geschickten Gehülfen und Arbeit. In der Mathematik hat er mehr getan als er nöthig hat, auch viel Lust dazu. Das französische ist das einzige, das ihm fehlt, worinn er sich gegenwärtig übt. Dieser kleinen Unbeqvemlichkeit kann leicht abgeholfen werden. Das
    polnische
dafür, welches in Riga vielleicht noch nöthiger ist. Es wird jetzt bloß auf Sie ankommen alles so geschwind wie mögl. abzumachen. Besorgen Sie doch gleich einen Schlafpeltz und Peltzmütze zu seiner Reise mit dem ersten Fuhrmann. Das Geld dafür können Sie bey den Reisekosten einziehen oder wird bey sr. Ankunft erstattet werden. Der Legations-Rath hat ihn abgezogen, und er hat noch ein kleines Kapital auf einem Gute, das jetzt loßgeschlagen werden soll aber noch nicht fällig ist, oder durch einen Proceß erst gesucht werden muß. Sorgen Sie also hierinn so viel Sie können für sein Interesse, da Sie die gegenwärtige Theuerung unter Weges aus der Erfahrung wißen. Melden Sie ihm alles, was zum Amt, zur Expedition pp gehört. Wegen des Bibliothecariats haben Sie auch HE. Schlegel geschrieben; wird ihm das gleichfalls zufallen? Ich gönne es ihm weil er Lectur und historiam literariam vorzügl. liebt. Wegen des alten Böhmen wundere ich mich, daß ein Freund ihnen einen solchen Menschen hat vorschlagen können. Unter der Hand kann Ihnen so viel melden, daß ich durch einen
    zuverläßigen Canal
alles mögl. nachtheilige von seiner
    Aufführung
und
    Fähigkeit
gehört. Er ist amanuensis des berühmten Baumgarten gewesen, von dem er aber nicht mehr weiß als die rechte Hand von dem was die linke thut. Das übrige unterdrücke, weil niemanden dadurch gebeßert wird. Er soll allen Vermuthen nach ein verlaufener Mönch seyn. Gesetzt daß auch dieses nicht wäre, so könnte ich nicht anräthig seyn die Probe mit ihm zu machen. Diejenigen, die
    sich selbst gemeldt
haben, werden Sie aus ihrem Ton auch einigermaaßen beurtheilen können. In Ansehung des D. Buchh. habe die ganze Sache dem Wagner aufgetragen, der alles abzumachen versprochen hat; daß ich mich also nicht weiter darum bekümmern darf. An meinen Bruder verschonen Sie mich künftig mit einer Commission. Sie wißen daß wir außer aller Gemeinschaft stehen. Mein Vater frug ihn wegen der Müllerschen Sammlung; er will sie aber selbst behalten. Eine Abschrift entweder oder die Bogen selbst Ihrer Recension sollen Sie so bald als mögl. erhalten. Der ganze Theil muß noch nicht heraus seyn. Es sind nichts als die Anfangsbogen Kanter zugeschickt worden ohne eine einzige Zeile – vielleicht zu meiner Notice – weil ich mich beschwert, daß noch kein Preuße in allen ihren Theilen vorgekommen wäre. Ich möchte das Blatt selbst nöthig haben, wenn es mir einfallen sollte das Schuldrama vorzunehmen. Sind Sie mit Ihrer Antwort fertig, so bitte mir selbige aus. – Ich werde Ihnen gleichfalls die Durchsicht mittheilen, wenn was zu stande kommen sollte. Wer
    Handwerksregeln
übertritt oder von sich wirft, ist deshalb nicht
    nackend
und
    bloß
. Ohne alle Regeln ist nicht mögl. zu schreiben. Neue Grundsätze werden für gar
    keine
gehalten, weil sie noch nicht gültig sind. Schicken Sie mir Ihren Aufsatz, so bald Sie damit fertig sind. Kann ich, so hinke ich nach. Das Schuldrama möchte bloß die affiche seyn, meinen Plan unter der Erde fortzusetzen. Herr Hinz hat mich eben besucht, und empfiehlt sich Ihrer jetzigen Vorsorge und künftiger Gewogenheit. Sie werden, nach meinem besten Gewißen, gut mit ihm fahren. Gott laß alles zu seiner Ehre und unserm Besten gereichen! Mein Vater grüst Sie herzlich v. ihr ganzes Haus. HE. Däntler hat gestern Ihren Brief an die Mama bestellt; er soll mir Ihren Pelz nicht umsonst tragen. Mit Spielfedern läst sich noch nicht fliegen. Ihren lieben Petersburger erinnern Sie auch unserer. Der Braunschweiger hat noch nicht geschrieben und ist ein Windbeutel. Umarmen Sie Ihre Mattuska und schreiben Sie bald wieder, daß die Sache ein gutes Ende gewinnt. Ich werde nicht eher ruhig arbeiten können, als biß mein Freund abgefertigt seyn wird. Leben Sie wohl. Ich ersterbe Ihr treuergebenster Freund. Hamann. Grüßen Sie tausendmal den alten ehrl. Baßa von mir und melden seine künftige Bestimmung, wenn es Zeit ist.         à Dieu.
Königsberg den 27 Octobr. 1762. Herzlich geliebtester Freund, Da erhalten Sie die verlangten Bogen – für gütige Mittheilung des Ihrigen danke gleichfalls freundschaftl. Mit erster Post wo mögl. erhalten Sie den Abdruck deßelben. In der Hauptsache habe nichts geändert, außer den Buchstaben der Correspondenten und einem Motto aus dem Juvenal zum Titel. In Ansehung der Adresse an N. könnten Sie mir die Uebersendung deßelben überlaßen, da ich mich als Ihren Correspondenten sub rosa ansehen kann. Mit etwas anecdotischen kann ich Ihnen nicht an die Hand gehen, da ich nicht weiß, ob Sie unter Ihrem Namen oder incognito schreiben wollen. Wollten Sie etwa sich bedanken, daß Sie als ein Preuße und jenseits ihrem Vaterlande der
    erste
wären, der die Ehre hätte in Ihren Briefen recensirt zu werden. Wollen Sie eine besondere addresse machen; so bitte
    um selbige mit erster Post
. Laßen Sie sich aber gegen Krickende nichts merken von dem gantzen Spiel, nicht einmal daß Sie die Recension der Litter. Briefe schon gelesen hätten. Vielleicht können Sie durch diese angenommene Unwißenheit und Gleichgiltigkeit einige nähere Umstände erfahren. Wird HE.
    Jakob Friedrich
Hinz der Weltw. und schönen Künste Beflißner oder Kandidat seine Vocation zur Collaboratorstelle bald erhalten? Eilen Sie mit allem und Besorgung des Reisegeldes so geschwind als mögl. Vergeßen Sie nicht den erbetnen Peltz und Mütze mit ersten Fuhrmann zu besorgen. An einer geschwinden Expedition ist uns allen gelegen. Die eine erhaltene GelegenheitsSchrift auf den Tod eines Liefl. ist von Hinz. Die Makulatur (nebst einer Rhapsodie von Hippel) liegen bey Hartung fertig; letztere wird nachgedruckt. Eine Kleinigkeit von M. Kant gleichfalls übersende. Eine andere Schrift von eben denselben ist in der Mache. Briefe das Schuldrama betreffend habe angefangen; ob selbige fortgehen werden, weiß Gott. Ich fühle jetzt ein wenig mehr Muth zur Arbeit als bisher. Noch will es nicht recht; unterdeßen Gedult überwindt alles. Mackenzies Historie der Gesundheit habe gleichfals bey Kanter bestellt. Es verdient Ihre Aufmerksamkeit und HE. Foißardiers noch mehr. Meine Journale habe mir vom Halse geschaft; wolte einige Stücke noch aus dem Nouvelliste übersetzen. Die Zeit wurde mir zu lang darüber und ich wurf alles über den Haufen. Zu meinem Freund Hinz habe viel Vertrauen, daß ich mit meiner Empfehlung gut bestehen werde. Er wird nicht unbereitet oder mit ungewaschnen Händen sn Beruf antreten. Gott wolle ihm beystehen mit seiner Gnade! Ich bin eben im Begrif mich über die Würde der Schulen ein wenig zu begeistern; vielleicht giest dieser Umstand Oel zum Feuer. Leben Sie wohl, umarmen Sie Ihre liebe Hälfte. Einen herzl. Gruß von meinem alten Vater. Ich ersterbe Ihr treuergebener Freund, Hamann. Wenn Sie
    Kästners Anfangsgründe
zur
    Mathematik
nicht haben; so möchte ich solche Ihnen wohl empfehlen, weil selbige jetzt angefangen habe zu lesen und mich zieml. gut dabey befunden. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner zu HKB 237 (II 178/31): NB. Daß ich gewünscht etwas
    anständiger
und tractiert zu werden.
Königsberg d. 18. Christm. 1762. Geliebtester Freund! Es freut mich herzlich daß Sie mit Ihrem Collaborator vor der Hand so ziemlich zufrieden sind; ich desto weniger. Er hat mich aber bestochen, daß ich meines Herzens Meynung nicht so heraus sagen darf, als ich gern wollte. Nehmen Sie sich unterdessen für ihn in Acht; er hat ein polnisches Ingeniumund – – Wir sind also Amtsbrüder geworden und collegen, gemeinschaftl. für den Herrn Prof. Zachariae. Ich habe kein Herz gehabt an diesen Mann zu schreiben, weil hier die Christl. Liebe oder die alten Louisd’or Schleichwaare sind. Seitdem aber Mdlle Amalia Joanna Louisa – – den Anfang gemacht und das Eis gebrochen: so habe ich gute Hoffnung, daß Ihr anhänglicher Name noch mehr in mein Netz ziehen wird. Sollten Sie in Petersburg nicht einige ankriegen können; und sollte nicht in Riga ein Käthchen seyn, daß einen alten Louisd’or auf’s Spiel setzen würde, um auch ihren Namen gedruckt zu sehen? Nach    habe schon geschrieben, daß wenn der dortige Colligent zu wenig Billets für mildthätige Leser hat, ich ihm meinen Ueberschuss verhandeln will. Und sollten Sie zu kurz kommen, so stehen Ihnen meine gleichfalls zu Diensten. Ich mache mich zum Gegensatz anheischig. Nach Thorn, Elbing, Morungen habe gleichfalls spedirt. Noch sind 23 übrig + 1 ist meine Liste gewesen. Auf die Woche wills Gott schreibe nach Berlin und Braunschweig. Jetzt bin so überhäuft, daß ich mich nicht umsehn kann. Aufs Neue Jahr wills Gott! was Neues – und mit mehr Ruhe und Muße. Ich empfehle Sie und Ihr ganzes Haus Göttl. Obhut. Mein alter Vater ist nicht zu Hause sondern in der Kirche. Daß er Ihnen tausend Guts wünscht weiß ich. Umarmen Sie Ihr liebes Marianchen, und Mütterchen. Ich ersterbe Ihr treuer Freund und Diener Hamann. Unser Lehrjunge ist uns fortgelaufen, und meines Vaters Gehülfe zaudert noch seit Michael in Elbing an seines Bruders    Erbschaft. Die Folgen für unsre Haushaltung können Sie leicht ermessen. Leben Sie wohl.
A Monsieur Monsieur Lindner M. A. et Rector etc. à Riga. P. fav.
Königsberg den 21 Christm. 1762. HochEdelgeborner Herr, / HöchstzuEhrender Freund, Ew. HochEdelgeboren habe die Ehre meinen Verbindungen gemäß die Erstlinge meines Vaterlandes zu bewusten Gebrauche zu übersenden. Sollte alles Maculatur in den Augen der Kunstrichter seyn: so ist wenigstens meiner Pflicht und meinem Willen ein Genüge geschehen. Das Wenigste von Beyliegendem habe bisher noch durchlesen können; und der einzige mögl. Beweisgrund hat eben die Preße verlaßen. Eben der Verfaßer ist willens seine Vorlesungen über die
    physische Geographie
drucken zu laßen Der Verfaßer der Rhapsodie heist
    Hippel
und hat nebst HE.
    Hinz
, meinem näheren Freunde, jetzigen Collaborator an der Domschule in Riga, an der Hochzeit Sammlung Antheil. Der Kroat ist ein gewißer Lieutenant Neumann, von dem ein Paar Stücke in Schäfners jugendl. Gedichten stehen; die ich nur ihrem Namen und dem Gerüchte nach kenne, weiter nicht. Die
    Sommerstunden oder Zerstreuungen auf Kosten der Natur
sind schon eine Weile heraus; habe aber meinemdem Verleger zu Gefallen kein Stück beylegen wollen, der durch eine vorläufige Anpreisung derselben an ihrem Abgange leiden möchte. Ew. HochEdelgebornen werden diese Achtsamkeit einem jungen Anfänger zum Vortheil anwenden, und vielleicht die Recension dieses Buchs, das ich bloß angesehen habe, biß nach der Meße aufhalten können. An dem
    Briefwechsel
habe weiter keinen Antheil genommen, als daß ich das Imprimatur aus dem Juuenal dazugeschrieben und die Anfangsbuchstaben der respective HE. Correspondenten vermittelst der Kabbala erfunden habe. Ew. HochEdelgebornen werden es
    mir
, und nicht dem HE. M. Lindner zur Last legen, daß Einlage unversiegelt geblieben. Er ist mein ältester bester Freund, der jedermann und mich auch durch alle mögl. Dienstbeflißenheit verbindlich macht, mit Geschäften von aller Art überladen, theils über sich, theils unter sich – Ich habe ihm kürzl. einen guten Schul- und Hausgehülfen zugeschickt, von dem die Zeit vielleicht mehr lehren wird, und den ich im blinden Spott meinen Aeschylum und Timotheum gehaltengescholten. Falls Ew. HochEdelgebornen einige müßige Augenblicke finden sollten, meinen Freund von dem richtigen Empfang dieser Einlage zu versichern: so wird es mir angenehm seyn, und Ihnen am beqvemsten Dero Antwort durch meine Hände gleichfalls gehen zu laßen. Was den Beytrag zu Schulhandl. anbelangt: so muß ich Ihnen freylich im Vertrauen bekennen, daß meine Empfindungen mit des Unbekannten Recensenten seinen sehr harmoniren (den man hiesiges Orts, wo ich nicht irre, für den HE. Moses hält) und ich gleiches Schicksal mit ihm in Ansehung der Stücke selbst, ein noch schlimmeres aber als er bey der Vorrede habe leiden müßen. Der Schluß aber mit dem Dolch auf eine ganze Gattung ist mir nicht eingefallen; auch hat mich der gelehrte Sermon über die Natur der Poesie überhaupt und der dramatischen Poesie insonderheit, nebst dem zufälligen Postscript leyder! mehr gekitzelt als erbaut. So lange man bey den bloßen Symptomen des verdorbenen Geschmacks stehen bleibt; wird das Verdienst der Kunstrichter immer zunehmen, aber der Endzweck weder auf das allgemeine Beste noch einzelnen kaum erreicht werden. Unter dem einzelnen verstehe ich
    einenden entscheidenden Vorzug einer geläuterten Urtheilskraft
. Zeit und Gedult werden diese Anmerkung theils auslegen theils bewähren. Von Pfingsten habe beynahe feriirt; oder vielmehr einheimische Angelegenheiten haben die tägliche Pflege des Lebens vervielfältigt. Ich lebe jetzt Gott Lob! ein wenig ruhiger. Das überstandene Jahr giebt mir Muth ein neues wieder anzufangen. Liegt nicht das Loos unsers Schicksals, nach Homers Zeugniß, auf den Knieen oder im Schooße des Vaters der Götter und Sterblichen? Ew. HochEdelgebornen vergeben, daß ich Sie mit bestmöglicher Besorgung dieser Einlage beschweren darf. HE. Pr. Zachariae hat mich durch einen Zufall zu einen seiner Allmosenirer erwählt; ich will mein Bestes thun, mich seines Vertrauens zu einem Unbekannten nicht unwürdig zu machen. Gedruckte Einlage interessirt einen dasigen guten Freund. Zu allen Gegendiensten bin verpflichtet und willig. Nach Anwünschung eines glücklichen und geseegneten Neujahrs, wie auch herzlicher Begrüßung meines Freundes Moses, den ich durch ein Misverständnis mich gefreut habe hier persönlich näher kennen zu lernen, empfehle mich Ihrer ferneren Wohlwollen, und bin mit aufrichtiger Hochachtung Ew. HochEdelgebornen ergebenster Diener. Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Nicolai / Negociant Libraire / à
    Berlin
.
Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1763. Jan. / Königsb. Hamann.
Königsberg den 5 Jänner 1763. GeEhrtester Freund, Die Abschrift der Götting. Recension erhielte am Neujahrstage des Morgens als ein sehr angenehmes Andenken Ihrer gütigen Aufmerksamkeit für meine Wünsche. Wenige Tage vorher hatte Nachricht davon bekommen und wurde mir auch eine Abschrift versprochen auf die ich aber lange hätte warten müßen; denn das Blatt selbst war ein Heiligthum, weil D. Bohlius der einzige ist, der sie hier hält. Es würde mir lieb sein zu wißen, ob sie schon alt und in welchen Monath des Jahres sie fällt ingl. was ungefehr mehr für Bücher in eben demselben Stücke recensirt seyn mögen. Ich habe eben jetzt
    Michaelis Fragen an
die arabischen Gelehrten gelesen und für Sie beygelegt. Der französischen Academie des Inscript. ihren Aufsatz habe nicht aushalten können; so pedantisch komt er mir vor. Die unüberwindl. Dunkelheit des Philologen möchte den Götting. Recensenten vielleicht eine ähnl. Menge von Fragen veranlaßen können. Aber der Philolog könnte sich vielleicht auch einige Fragen an den Götting. Recensenten erlauben. z. E. Leichtsinn v Misbrauch bibl. Redensarten sollten die nicht wieder die Religion oder vielmehr eigentl. zu reden gegen das Christenthum seyn? Mit diesem lächerl. Wiederspruch fängt man an, und die doppelte Zunge geht durch den gantzen Aufsatz durch. Dunkel v unbestimmt ist der Recensent per sympathie vermutl. Daß es recensirt ist in diesem Zeitungsblatt ist schon hinlängl. Um die Art und Weise, bekümmere mich gar nicht. Sollten die Litteraturbriefe den Ton angeben: so ist Zeit genung zu einer
    Palinodie
des Philologen. So viel ersehe, daß Mich. mich gelesen, mich versteht, aber nicht das Ansehen haben will mich zu verstehen; daß er mich nicht versteht, und weder verstehen kann noch darf, ist gleichwol auch wahr. Die unpartheyische Welt wird unterdeßen auch so billig seyn auf eines Recensenten Wort einen Schriftsteller nicht gl. zu verurtheilen ohne vorher zu sehen, was derselbe wirkl. geschrieben hat, da nicht ein einziges Stück aus diesen Kreuzzügen namhaft gemacht worden. Tantum. An Nicol. habe geschrieben, ihm die Maculatur, Kantens zwo Abhandl. die Rhaps. Briefw. v Hirtenbriefe auch wieder mein Wort die Sommerstunden überschickt, nebst Ihrem Briefe an ihn. An Sie habe gleichfalls als meinen ältesten besten Freunde gedacht, entschuldigt, Erinnerungen über die Recension gemacht mit aller Aufrichtigkeit von beyden Partheyen, daß weder Aristoteles noch die Wahrheit über mich klagen können, wenn beyde mich lesen sollten, weil ich wie ein Atticus den Händeln bloß zusehen mag, meine Freunde haßen und meine Feinde lieben kann. Das neue Jahr hat sich mit Braut und Bräutigam in unserm Hause angefangen. Der Nachfolger meines seel. Vetters in Elbing heyrathet Zöpfels Tochter, die als Haushälterinn bey jenem sich aufgehalten. Er hat sie hergebracht zu ihren Eltern, und die Hochzeit wird in einem Monathe, so Gott will, klein und bey uns seyn. Mein Unser neuer Vetter heist Becker, ein Schlesier, ein fähiger Kopf und feiner Mann im Umgange, der zwar als Gewürzhändler eigentl. ausgelernt, aber die Geschicklichkeit eines Contoristen besitzt und sich in seinen neuen Weinhandel gut zu finden weiß. Gott laße auch dies Jahr für Ihr Haus, GeEhrtester Freund, geseegnet seyn an himmlischen Gütern und irrdischen in Christo. Er laße es Ihnen an keinem Guten fehlen, und gebe auch unserer Freundschaft neue Stärke und neues Leben. Dem Kopisten der Recension wünschen Sie doch auch ein frölich Neujahr – Mein alter lieber Vater sagt zu allem: Amen! HE Gouv Secr. Hennings habe zum Beschluß des alten Jahrs zum ersten mal gesehen. Ich schickte ihm zum Weynachten meine Opuscula in zwey niedl. halb engl. Bändchen, deren einer die Denkw. Wolken und Essays mit der Aufschrift: Sokrat: der andere Kreutzzüge nebst allen folgenden nach der Reyhe biß auf das letzte mit der Aufschrift: Philolog in sich hielt. Beyde in Maculatur zum bewusten Gebrauch witzig und satyrisch eingewickelt. Hiebey schrieb ich einen Bettelbrief und legte den Plan bey. Siehe! da kam er zu mir des Abends ins Haus und kaufte mir zwey Praenumerations Zedel ab, und jeder von uns trunk 2 Gläser Champagner, aus einer einzigen Bouteille, die sich in unsern Keller seit langer Zeit verirrt hatte. Heut wird L’Estocq in den Senat eingeführt v dem alten Bolz adiungirt. Ein eyfriger Verehrer Seiner Verdienste kam eben zu mir gelaufen v ließ mir ein Carmen lesen, womit er ihn in den Senat begleiten wollte, worinn ergebenst gebeten wird, daß alle Dorfpfarrer Komödien schreiben dürfen, weil Young das Theater erbaut, und keinem Laico verwehrt seyn soll sich, wenn er will, durch eine Postille zu verewigen. Merken Sie nun, daß mein Herr Verleger ein Politicus ist, wie sein Autor ein Philologus, der von nichts weiß. Auf den Druiden zu kommen, so bin ich Ihnen längst eine Vertraulichkeit, liebster Freund! schuldig, die ich Ihnen zum Neuenjahr bezahlen will. Lieben Herren! erkennt doch daß der HErr seinen Philologen wunderlich führt. Der HErr hört, wenn ich Ihn anruffe. Arabisch und griechisch ist seit Pfingsten ziemlich dem Miswachs unterworfen gewesen; unterdeßen hoffe ich doch mit Göttl. Hülfe, daß ich jenes nebst den übrigen morgenländischen Dialecten noch zur Nothdurft einholen werde, ehe jene Araber wieder mit ihren Entdeckungen anlanden werden. Dem sey wie ihm wolle, so lebt der Mensch vom Brodt nicht allein – Häusliche und einheimische Angelegenheit haben mich in eine ganz andere Schule geführt, in der ich auch gutes Lehrgeld geben müßen. Die Hofnung daß auch diese Arbeit ihren Lohn oder Seegen mir einbringen wird, und zum Theil schon eingebracht hat, erhält mich bey Muth und schenkt mir neuen zur Vollendung meines Laufes. Mein Vater und seine Wirthschaft sind der vornehmste Gegenstand meines hiesigen Aufenthalts. Die Ruhe seines Alters ist das Ziel seiner und meiner Wünsche. Zu einer zweyten Ehe möchte er sich kaum entschließen. Mit unserer alten Haushälterinn geht es auch auf die Neige. Sie ist treu aber unvermögend. Von unsern Anverwandten ist keine, die ich als eine Schwester oder mein Vater als eine Tochter ansehen könnte. Es wäre also eine Schuldigkeit für seine Kinder diesem Mangel abzuhelfen. Der jüngste ist befragt worden, hat aber nicht Lust. Der älteste wurde nicht gefragt und hatte schon alle Anstalten dazu gemacht – kurz der Druide war schon fest entschloßen mit der linken Hand zu heyrathen, und hat seinem Vater und Beichtvater davon Nachricht gegeben, dem er eine schriftl. Ohrenbeichte übersandte, und darauf es ankommen ließ abgewiesen zu werden, aber mit dem XXX Ψ. von der Einweyhung des Hauses Davids reiche Erhörung empfieng und ganz allein zum heil. Abendmal gieng. Sein Vater gieng den Sonntag darauf und versprach ihm seine Magd, die ihm bisher treu und redlich gedient hatte, nicht muthwillig oder ohn Noth abzuschaffen, da er eben den Tag vorher auf seines Sohns Vorbitte einen Lehrbuben wieder angenommen hatte, der ihm über 8 Tage fortgelaufen war. Die Hamedryade ist ehrlich gesundes Bauermensch, das Anna Regina heist und künftige Ostern ein Jahrlang in der Stadt und bey uns für Köchin oder als einzige Magd dient. So sauer mir auch die Proben geworden sind, die ich mit ihr gemacht; so sehr habe ich Ursache mit dem, was ich bisher für sie gethan, zufrieden zu seyn. Ich denke des Marschalls von Sachsen Ehentwurf mit ihr zu erfüllen. Gott wird mir selbst dazu Mittel und Wege zeigen meinen Entschluß auszuführen, daß meines Vaters Ehre und der Jungferkranz, das einzige Gut eines armen Mädchens, in salvo bleiben, und ein dreyfaches Glück durch einen neuen Kreuzzug zusammengeflochten wird. Sie können leicht erachten, wie Ihrem armen Druiden bisher zu Muth gewesen. Er kann jetzt um ein groß Theil ruhiger seyn, da er die schwersten Zweifelsknoten ziemlich glücklich und nach Wunsch aufgelöst. Die Erhaltung meines Leibes und Hauses sind die Bewegungsgründe zu einer Gewißensheyrath. Eine bürgerl. ist meinen Umständen und meiner Gemüthsart nicht gemäß. Nun komt es auf einen Freyheitsbrief an, zu deßen Erhaltung ich noch Umstände und Zeit und Umstände Stunde abwarten muß. Vielleicht geb ich andern ein gut Beyspiel den Endzweck der Ehe und ihren Segen zu erhalten ohne an das knechtische Joch menschlicher Satzungen gebunden zu sein, durch den ein von Gott eingesetzter Stand zum Deckmantel des Geitzes, der Lüste und der Bosheit gemacht wird. Dies entdecke Ihnen noch, unter der Rose, liebster Freund. Ihre Empfindungen darüber theilen Sie mir als ein Freund, der an meinem Glück, guten Namen und Schicksal Antheil nimmt, mit. Guten Rath werde niemals verachten. Erläuterungen bin immer geneigt zu geben. Den Codex werde ehstens consuliren und von dem läst sich doch noch immer an den Gesetzgeber appelliren. An Materie zu lachen fehlt es freylich nicht auf der Welt; und die neue Auflage alter Rollen ist die Eitelkeit, worüber Salomo schon klagte. Mit meinem Looß bin zufrieden, und werde es mit Gottes Hülfe seyn. Einfältige Mittel sind nach dem Gesetz der Sparsamkeit. Von unten auf dienen, auch in der Liebe, macht gute Streiter – Leben Sie wohl, grüßen Sie herzlich Ihre liebe Hälfte, und vergeßen Sie nicht (ungeachtet des Intermezzo vom Druiden) Ihren alten treuergebenen Freund. Hamann.
à / Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de belles Lettres et / Regent du College Cathedral / de et / à /
    Riga
. / par Couv.
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 240 (II 184/36): Der eine will löffeln , der
    andre
will freyen.
Zu HKB 240 (II 185/37): Aus 1 Abw. in 10 andern Fällen. Zu HKB 240 (II 186/5): Ernst der Lebensart. Voila le tic. Zu HKB 240 (II 186, 26): Myst. d’iniquité Neron. Maintenon. Eitle Ehrsucht. Hamadrys. nahe an 1 Abgrund. Schleyer der Nacht. Freiheit zu wenn sie noch haspelt. der Providenz fleischl. Wohllust.
Königsberg den 26 Jan. 1763. GeEhrtester Freund, Vorgestern, da eben unsere alte Hausjungfer, die ehrl. Degnerinn, beerdigt wurde, erhielte ihren Brief. Mein alter Vater ist gleichfalls über 8 Tage bettlägericht an einem starken Flußfieber und Husten, beßert sich aber Gott Lob! Die Hochzeit geht auf die Woche in unserm Hause vor sich. Unter diesen Abwechselungen bleiben meine Felder brach, ich habe mich währender Zeit um Neuigkeiten bekümmern können. Und Sie erhalten einen zieml. Stoß von ausgesuchten Sachen, worunter auch propter to habere sind. Wenigstens bleiben Sie jetzt biß zur
    Ostermeße
von mir verschont. Das System der Erziehung erhalten Sie nicht, weil es zu viel kostet, biß auf ausdrückl. Verlangen.
    Winkelmanns
Sendschreiben über die herkulanischen Entdeckungen, der
    HE u Knecht
mit philosophischen Augen scheint von dem Verfaßer der Sittenlehre des Teufels zu seyn.
    Gelehrte Geschichte
des Ph. zu Sans-Soucy läst sich lesen.
    Gelehrte Anecdoten
sind von Raynal, der einen schlechten Uebersetzer gefunden, der eine Fortsetzung verspricht. Weil Sie den typischen
    Hiller
schon haben; so erhalten Sie seine Fortsetzungen gegen Clericum und Michaelis; die ich nicht habe ausstehen können; so wenig als
    Masch
von der Aufopferung Isaacs.
    Bensons
kleine Abhandlungen und
    Jephson
von Sabbath, der die
    Erziehung
mit zu den Sonntagspflichten rechnet.
    Zankapfel
am Baum des Erkenntißes und
    Etwas
über eben diese Geschichte sind 2 ebentheuerl. Schriften. Eines Schweitzers Versuch über
    Schönheit v Geschmack
in der Malerey von Fuesli ausgegeben und Winkelmanns dedicirt ist über das Mittelmäßige und hat viel Originelles. Der
    Anti-Hegesias
wird Ihnen auch gefallen.
    Lucians Traum
habe für Foßardier beygelegt, weil es sich für sn. Seelenzustand schickt. Der Verfaßer war in biuio und wuste nicht ob er Bildhauer oder patronus causae werden sollte. Das übrige sind Kleinigkeiten, die ich nicht alle, wohin noch
    Bellegarde
vollkommene Erziehung und der
    babioles
dritter Theil gehören, v Formeys Anti-Emile. Weil Kanter ihr Quodlibet besorgt; so hat er die Titel aller ihrer Schriften zusammen genommen, die HE Zeise mir gegeben, biß auf die
    Daphne
;
davon Sie ein Exemplar ohne Titel erhalten, weil ich vermuthe, daß Sie eines nöthig haben werden zur Besorgung einer neuen Auflage. Von des Morungschen Diaconi Handel wünschte einen nähern Bericht. Er hat mich neulich wieder erinnert ihm jemanden dort vorzuschlagen. Ich habe ihm den Rector und Collaborator empfohlen. Er meldt mir, daß er in den Litteraturbriefen recensirt worden, Sie können leicht erachten wie? und droht zugl. mit dem iure retorsionis einen Briefwechsel zwischen L. v H. zum apolog zu machen. Im französischen v deutschen Supplement zu den Oeuvres de Philosophe de S. S. ist Keiths Brief – Stellen Sie sich vor wie weit die Unverschämtheit v der Betrug der Verleger geht. Ich habe von einer französ. Uebersetzung gehört, die verbeßert unter des Verfaßers Aufsicht vielleicht herauskommen wird. Ihre Venus Metaphysique fand auch neulich im Catalogo der zu Wien verbotenen Bücher. Weymann hat Kantens einzig mögl. Beweisgr. zur Demonstration vom Daseyn Gottes wiederlegt. Ich habe das Mst. ein wenig von vorn v hinten angesehen. Letzterer hat Ursache sich vor sm. Gegner zu fürchten, und verdient eine exemplarische Ruthe. Vor einigen Wochen schon einen Brief an N. angefangen, in dem ich den M. Kant dem Verfaßer der philos. Schriften empfohlen, mit der Versicherung daß unser Landsmann ein Mann ist der die Wahrheit eben so sehr liebt als den Ton der guten Gesellschaft. Meine gegenwärtige Unvermögenheit zugl. aufrichtig bekant, unsern sinnreichen Philosophen übersehen zu können. Mein Verleger hat mich eben jetzt mit der Schau Ihres Quodlibets erfreut, daß biß auf die Falten v Rangirung der Blätter, worinn mehr Unordnung herrschen sollte, ein Meisterstück ist. Er ist auf der gestrigen Redoute in der Tracht eines alten Preußen erschienen mit einer Urne voll von einer kleinen Ode von Tr. die ich ein wenig ins kurze gezogen, aber sehr fehlerhaft abgedruckt ist. Er muste jetzt vor dem Senat erscheinen, wie es heißt, wegen der Hirtenbr: – Den Verfolg der Sache werde noch vor Schluß dieses Briefes erfahren. Ich habe jetzt ein Mst. über die Büchercensur in Händen als Materialien zu einer kleinen Abhandlung, die ich ausarbeiten soll. Gott gebe Glück und Seegen. Es ist von einem berühmten Rechtsgelehrten hier entworfen. Ueber die Einkleidung bin noch nicht einig. Einen Auszug von Zachariae Praenumerations-Plan habe Auszugsweise in das Intelligenzwerk rücken laßen und meinen Namen mit allem Anbehör darunter gesetzt. HE Kanter ist wieder hier gewesen. Man hat ihm ein Exemplar von den Hirtenbriefen gewiesen. Er hat sich für den Verleger bekannt, und weil er eine Handl. in Elbing hat: so soll er sich binnen 14 Tagen legitimiren. Hannas und Kaiphas, D. Schultz v seiner Tochter Schwiegervater Teske haben das Wort geführt. Wegen des
    gewißenhaften Geschmacks
, den er seinen Obern im IntelligentzWerk hat aufbürden wollen, hat man ihm gleichfalls Vorwürfe gemacht. Das Mst. von den Hirtenb. ist ihm aus Kurland überschickt worden v der Commissionair bedingt sich, daß sie nicht hiesiges Orts gedruckt werden möchten, weil sie näml. da costi datirt sind, damit der Verfaßer, der Wahrheit v Frieden liebt, nicht vor der Zeit durch diese Verrätherey beunruhigt werden möchte. – – Pictoribus atque poetis Quidlibet audendi semper fuit aequa potestas. Scimus et hanc veniam petimus damusque vicissim. Christiani hat sehr laut für HE. Kanter gesprochen, und man hat mit vieler Heftigkeit debattirt, ehe es zum Spruch gekommen, durch den man 14 Tage Zeit gewonnen sich zu legitimiren. Nach Ihrem Fäßchen Caviar wäßert mir der Bart – es verdrüst mich aber, daß ich immer Geschenke besonders von Ihnen annehmen muß und keine austheilen kann. Wer kann gegen sein Schicksal? Daß Jerusalem Verfaßer der Briefe über die Mosaischen Schriften ist, werden Sie wohl wißen. Die Recension ist zieml. richtig. Für das übrige danke gleichfalls ergebenst. Den Ton der Leipziger Zeitungen kenne ich; vielleicht hab ich Gelegenheit das Stück zu lesen, worinn Ihre Schulhandl. vorkommen. Ihre freundschaftl. Sermocination nehme mit erkenntl. Herzen an. Sie haben ein
    fremdes Licht
oder
    Kalb zu Hülfe
genommen. Alle Hypothesen, die Sie annehmen, um dies Rätzel zu entwickeln, sind mir bekannt. Sie sind weder einzeln noch zusammengenommen hinlängl. den Knoten aufzulösen. Sie loben am Anfange meine Offenherzigkeit, und ärgern sich am Ende über die Bemäntelung meiner Sünden. Man kann das Licht lieben, ohne ein Diogenes zu seyn, oder ohne den Markt zum thalamo zu machen. Auch an den Mann des Steele habe mehr als einmal gedacht. Aus den wiedrigsten Umständen gleich Dissonantzen ist die Harmonie des Glücks mögl. wenn ich
    das allein suchte
; wie man bey allem Ueberfluß unzufrieden seyn kann. Die
    einzelne
Vorsehung ist mein einziger Ruhepunct. Ich habe noch heute gefühlt, was ich laß Ψ 148 – und ist
    unbegreiflich
, wie Er regiert. Dieser
    Unbegreifl.
Gott wird auch an meinem Lebenslaufe nichts versäumen, daß ich ihn mit
    Ehren
und
    Freuden
schlüßen kann. Er laße Seine Gnade und Wahrheit über uns alle walten. Mein Vater grüst Sie herzl. Mlle Kurella den HE. Collaborator. Ich umarme Sie und Ihre liebe Frau, der ich ersterbe Ihr treuergebener Freund. Johann George Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rande: Dentler. Arzt.
Königsberg den 11 Februar 1763. Herzlich geliebtester Freund, Ihr herrlicher Caviar kam wie ich wünschte eben am Hochzeittage an. Unter den Gästen war auch ein guter Bekannter von Ihnen und P. Blank, HE Reusner bey Comm. R. Böttcher. Ich hatte alle Mühe eine kleine Neige aus Ihrem Fäßchen zu erhalten; denn wär es auf den Beyfall der Gäste angekommen, so hätten sie drey verzehrt. Mein Geschmack ist jetzt gestillt und ich wiederhole meinen herzlichsten Dank, der durch den Zusammenfluß der Umstände erhöht wird. Mit meiner Büchercommission bin ich mir einer kleinen Unordnung gewärtig gewesen. Was der Hamb. zurücknehmen kann, nehmen Sie ihm ab. Was Sie in Kurl. loß werden können an Fiscal oder P. Ruprecht, versuchen Sie. Das übrige wird sich mein Verleger gern gefallen laßen, der
    incognito
nach Elbing hat gehen müßen, um sich legitimiren zu können; weil er durch Briefe nicht dort nicht in Danzig das Imprimatur hat erhalten können. Seine Ehre hängt daran, wie Sie leicht erachten können. Kosten wird es immer; ob er das
    Geld
anwendt zur Strafgebühr oder selbige zu hintertreiben, ist dem Gelde zwar, aber nicht einem ehrl. Namen gleich viel. Hätte er mir gefolgt, und kein Stück hier gelaßen, so wäre es beßer. Die Leute wißen es nicht, daß man 99mal eine Vorsicht umsonst brauchen muß, um bey 100 die Zinsen zu ziehen. Phryges sero sapiunt und dann heist es: non putaram. Behalten Sie dies für sich. Sie haben schon 8 Praenumeranten, ich nur 3½. Haben Sie nichts in Petersb. anbringen können? HE Däntler ist jetzt ein wenig unpäßl. Aufgetragenes an ihn bestellt. Der 6. v 7. Theil vom
    Arzt
ist Ihnen neul. zugeschickt. An Morunger habe gestern geschrieben, weil er mir zu einem alten halben Fr. d’or Hofnung macht, der bey ihm fertig liegt vom Grafen von Dohna. Die Begebenheit seines Wechsels ist eigen. Ich habe ihn ersucht, sich über den Verlust er. Sache, die er noch nicht gehabt, zufrieden zu geben. Des Jesuiten
    Fritzen
Schauspiele sind Schulhandlungen, aus dem lateinischen übersetzt und zu Wien ausgekommen, die ich für Sie beygelegt habe, weil ich sie
    gelesen
habe. Vielleicht verdienen Ssie auch Ihre Aufmerksamkeit.
    Herveys
gottseel. Erziehung der Töchter ist ein kleiner platonischer Schattenriß einer Familie, an der das singulaire auch nicht fehlt z. E. den Abendseegen vor dem souper zu verrichten. Der Anti-Emile ist nichts werth.
    Bitaubé
hat eine Wiederlegung des Stücks mit dem Vicaire geschrieben, das ein wenig beßer. Die Schreibart hat nichts französisches an sich und Vernet ist sein Held, den er wie ein Kind empfiehlt. Diese 3 liegen hier fertig, warten aber auf Ihren Wink. Auf die Woche denkt mein Vater die frische Luft zu kosten; auch die
    Theilung
mit sn Kindern vorzunehmen. Hab ich Ihnen schon gemeldt, daß der Schulcollege Erbe uns. seel. Hausjungfer ist. Mit Abrechnung der Unkosten möchte sich doch Ihre Nachlaßenschaft auf 100 Thlr. ehe mehr als weniger belaufen. Sie können also leicht erachten, daß mein Bruder schon ein ansehnl. Capital zum voraus hat, auch etwas Silberzeug, das er sich in Rentzens Hause für Hofmeistern verdient – Den Seinigen giebt ers schlafend. Ich werde von vorn an müßen anfangen; kaum gehören 2 Fr. d’or in der Tasche mir ganz zu und das ist alles. Ich habe dafür
    reicher
und
    zufriedner
als mein Bruder bisher gelebt und darf ihm daher nichts beneiden sondern muß Gottes Vorsorge danken und
    Seine
Wege ohne
    Zweifel
verrathen, daß es Seine Wege sind, weil Er allein HErr ist. Meine Eltern sind beyde arm gewesen. Gott hat selbige über Nothdurft geseegnet. Was mein Vater sauer hat
    verdienen
; hat meine Mutter sauer
    erhalten
müßen. Ohne Ihre Wirthschaftlichkeit und häusliche Tugenden wäre er niemals so weit gekommen. Ich will also mit allem für lieb nehmen, was mir jetzt zufallen wird. Mein Vater hat jetzt einen
    Gehülfen
im Hause, dem er Willens ist die Badstube mit der Zeit abzutreten. Sobald ich mein
    Mütterl
. habe, bleibt er Herr von dem übrigen und kann damit machen was er will. Er hat das
    Seinige
und ist noch Gott Lob! im stande daßelbe zu verwalten; ich habe das
    Meinige
, und bin gleichfalls verbunden mit meinem Pfunde, so gut ich kann zu wuchern. Die
    Versorgung
meines alten Vaters mit einem jungen Gehülfen, der ein Blutsfreund ist, und meine
    eigene
durch den mütterl. Seegen, den ich in der
    Theilung
erwarten kann, geben jetzt meiner bisherigen Verfaßung eine andere Gestalt. Ich darf jetzt meinem Vater weniger beschwerlich seyn, und Gott giebt mir Anlaß an meine eigene Hütte zu denken. Biß hieher hat uns der HErr geholfen! kann ich auch mit Samuel ausruffen. Die Folge von allem diesem liebster Freund, wird seyn, daß ich jetzt geneigt bin mit Gottes gnädiger Hülfe nicht nur ein Amt
    anzunehmen
, sondern auch weil es der Lauf der Welt für nöthig findt, solches zu
    suchen
. Schul und akademisch Amt ist nicht für mich; weil ich nicht zum
    Vortrage
tauge; ferner keins, wozu Rechtsgelehrsamkeit und
    concipiren
erfordert wird. Ein bloßer Copist zu werden, würde meinen Augen zur Last fallen und meiner Gesundheit auch Neigung hinderlich seyn. Bliebe also Münze, Excise und Licent übrig. Zum letzten möchte mich am liebsten entschließen. Die Wahl meines Geschmacks wird mich hinlänglich gegen alle diejenige rechtfertigen, die mich im Herzen oder sonst beschuldigt haben, daß ich aus
    Hochmuth
oder
    Faulheit
eine Bedienung bisher ausgeschlagen habe. Weil ich aller dieser Sachen höchst unkundig bin: so seh ich es für ebenso
    unentbehrl
. als
    vortheilhaft
an mit meinem Freund Hennings darüber zu Rathe zu gehen. Er ist der einzige dem ich mich anvertrauen und mir mit Rath v That zugl. an die Hand gehen könnte. Ohngeachtet meines Eigensinns bin ich noch im stande zu
    hören
und zu
    folgen
. Man muß mit eben so viel Vertrauen sich dem
    Strom der Umstände
als dem
    Strom der Leidenschaften
überlaßen wenn Gott mit uns und unser Leben in Ihm verborgen ist. Der auch da war, da ich mir
    in die Hölle bettete
, und mir die
    Schande der Muße
überwinden half, wird mir jetzt in der
    Gefahr der Geschäfte
ebenso gegenwärtig seyn – Wenn Sie Ihren Freund unter der Liste der Zöllner sehen werden; so ärgern Sie sich nicht. Um Sie auf diese Veränderung vorzubereiten, oder Ihnen wenigstens die Ehre einer Vertraulichkeit anzuthun, hab ich Ihnen an meinen Maasregeln wollen Theil nehmen laßen. Am äußersten Meer werd ich bleiben, oder von unten anfangen zu dienen, so tief ich nur kann. Die Demuth der Tugend und ein kluger Stoltz zwingen mich dazu. Der niedrigste königl. Bediente kann auf seinen Rang pochen gegen einen Miethling des Magistrats; auf die Balanz der Einkünfte werde gleichfalls bedacht seyn. Zu der Zeit eben, da man in der Kirchen sang: der Schöpfer aller Kreatur nimmt an sich unsere Natur, verachtet nicht ein armes Weib – eben zu der Zeit schrieb der Druide seinem Beichtvater jene Parabel, von der Sie wißen. Er besuchte ihn den Tag darauf selbst, und redte so laut und stark als er nur konnte. Der Druide schien aufgebracht ohne es zu seyn und der ehrw. Vater war es, ohne es scheinen zu wollen. Dieser kam zu uns mit dem guten Rath nicht zum Tisch des Herrn zu gehen; der meinem Vater eigentl. ertheilt wurde, und mich folglich nichts angieng. Ich wurde mit großen Augen und Verdruß empfangen, machte
    wieder meine Gewohnheit
vor meiner Beichte eine
    Anrede
, warum ich käme und allein. Den Tag nach dem heil. Abendmal besuchte wiederum meinen Beichtvater, um ihn zu beruhigen, weil er sich für sehr alterirt durch meinen Brief ausgegeben hatte. Hierauf fieng der Druide, wie ein anderer Bileam seinen Spruch also an: Sie haben den Inhalt meines Briefes verworfen, weil derselbe 1.) wieder die Vernunft und 2. wieder das Gesetz ist. Mehr kann ich nicht thun als Ihrer Vernunft so wol als dem Gesetz recht geben, und mir die Verdamnis beyder gefallen zu laßen. Da ich die Erlösung vom Fluche des Gesetzes durch ihre eigene Hände habe versiegeln zu laßen: so erlauben Sie mir, daß ich Sie an das Amt der
    Versöhnung
und an die
    Predigt des Glaubens
erinnern darf, worinn ihr eigentl. Beruf besteht und mich über einige Dinge erklären darf, die ich
    hoffe
und zu den
    unsichtbaren
gehören, nach Pauli Erkl. an die Hebräer πραγματων ελεγχος ου βλεπομενων. Ich entdeckte ihm hierauf meine kindische Hofnung von dem Alter meines Vaters, die sich auf eine Weißagung meiner Großmutter gründet pp. ferner offenbarte ich ihm einige für ihn
    unsichtbare
Seiten unserer Haushaltung, worinn mein vornehmstes studium bisher bestanden hätte, und worüber ich auch von ihm einen zuversichtlichen Beyfall fordern müste. Endlich beschloß ich mit einer Erklärung der 2 Hauptbegriffe, die meinem Entwurf zum Grunde lägen. Ich habe ein Mädchen
    verführt
, heist nichts mehr, um ihre Gemüthsart kennen zu lernen hab ich mich so gemein mit ihr machen müßen, daß meine v ihre Ehre, mein v ihr Gewißen darüber in die gröste Gefahr und Verlegenheit gesetzt. Weil sie gleichfalls sein Beichtkind wäre, so hätte ich es mehr um ihrent und seinet als meinetwillen biß zu einer Ohrenbeichte kommen laßen. Nachdem ich den Begrif meiner H– gemildert hatte; muste ich den andern Begrif meines
    Weibes
so hoch spannen als ich konnte.
    Augenlust
hat meine Wahl nicht bestimmt; zur
    Fleischeslust
giebt es allenthalben gebahnte Wege. Das
    hoffärtige Wesen
gründet sich am meisten auf die bürgerliche und levitische Gerechtigkeit. Wer nach seinem
    Gewißen
den Endzweck der Ehe und ihres Stifters erfüllen will, kann nicht anders als die ganze Welt, die im Argen liegt, ärgern, hat aber bey aller seiner Angst den Trost des Ueberwinders. Meine Arbeit in der Liebe mag gelästert werden wie sie will; Gott wird sie erkennen und mich dafür seegnen. Er, der ins verborgene siehet, wohnt im Dunkeln, wo kein
    Ansehen der Person
gilt, und wirds vergelten öffentl. Ich weiß, daß ich wandele im dunkeln Thal – aber auch im dunkeln Thal fürchte David weder Tücke noch Unglück. Stecken und Stab trösteten ihn wider das Grauen der Nacht. Die Geschichte des Herzens hat gestern ihr Imprimatur erhalten vom Kirchenrath Süßmilch. Einen Brief des Kr. an den Verleger habe (hinter den Rücken) gleichfalls zu lesen bekommen, der derb geschrieben war, und worinn die Wahrheit mit eben so viel Nachdruck als Anstande unter der Nase gerieben wurde. Ich bin dem Briefsteller recht sehr verbunden dafür. Er war bloß mit den Anfangsbuchstaben unterzeichnet. Gestern habe des HE. Collabor. Einlage von HE. Zeise erhalten; ich hatte mir fest vorgenommen heute an ihn zu schreiben. Die Zeit ist aber verflogen, und ein kleiner Abendstreit mit unserm Gesellen hat mir die halbe Nacht v den gantzen Morgen in den Gliedern gelegen. Das Praenumerationsgeld richtig erhalten nebst den 2 kleinen Gedichten. Melden Sie mir doch einmal mehr von den D – – s. Am arabisch v griechisch ist jetzt kaum zu denken. Was ich mit der kleinen Schrift über die Censur anfangen werde weiß nicht, habe sie dem Morunger zur Ausarbeitung vorgeschlagen, mit Geheimhaltung des Verfaßers, den ich erst besprechen muß. Ein Briefwechsel ließe sich daraus machen. Der erste betrift die Censur überhaupt, deren Geschichte mit dem Pabsttum ganz genau zusammenhängt. Meine Antwort würde also von der Reformation des Luthers handeln. Der zweite Brief handelt von den Censorgesetzen unserer Akademie. Hier könnte ich meine eigene Weinberge hüten und ich könnte zum Glück alle Fehler meiner Schreibart durch die Gesetze der Censur rechtfertigen, denen ich ein Genüge gethan. Je mehr ich die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit der Censur für gute und schlechte Schriftsteller erheben würde; desto mehr Freyheit würde ich mir nehmen können die Untüchtigkeit der Censoren aufzudecken. Vielleicht nehm ich zum Motto das Wort des Stephani. Der aber seinen Nächsten Unrecht that, stieß Mosen von sich v sprach: – – Diese Schrift müste so seyn, daß sie hier durchaus die Censur nolens volens erhalten müste. Hic Rhodus, hic salta. Gruß hier v dort. Leben Sie wohl. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 242 (II 191/9): Br. erbte Sachen. Stellen im Lande. Ihr Erbtheil war Josephs. Zu HKB 242 (II 191/19): Tempora mut. Zu HKB 242 (II 192/10): Si qua sede sedes. Rouss. sedentem in telonio. Zu HKB 242 (II 192/19): Es sitzen Miethlinge… bey Königen. Kind mit ABC. Zu HKB 242 (II 193/35): M Kanter ob schicken Berens.
Königsberg den 4 März. 1763. HochEdelgeborner Herr, GeEhrtester Freund, Gestern bekam unvermuthet den XV Theil Ihrer beliebten Litteratur-Briefe aus meinem nachbarlichen Zeisischen Buchladen zu durchblättern, deßen Inhalt mich näher angeht, als ich dachte; und heute erhalte Ihre freundschaftliche Zuschrift nebst Beylage des erwünschten, wofür ich mit der lebhaftesten Aufmerksamkeit erkenntlich bin. Die Wahrheit ist die Waagschale der Freundschaft – und das Schwert bahnt den Weg zur Freyheit des Friedens – hanc veniam petimusque damusque vicissim. Der Herausgeber der Kreuzzüge des Philologen ist auf eine Unterdrückung oder Ausschließung seiner Grillenfängereyen auf einem aristokratischen Grund und Boden schon gefast gewesen: konnte durfte sich daher desto weniger erwarten, mit so viel Glimpf beurtheilt zu werden. Der Titel dieser ungezogenen Sammlung ist ein
    Provinzialscherz
und bezieht sich auf die hin und wieder her in Preußen diesem Königreich befindliche
    Labyrinthe
und derselben ihre
    Bedeutung
, welche nach dem ersten Theil des erläuterten Preußens p. 723 der
    Arglistigkeit
der ehemaligen Ordensbrüder und Kreuzherren ihren Ursprung zu verdanken haben. Vsu enim illis receptum erat, vbique in Prussia, in collibus
    editioribus
prope
arces
    nobiliores
figuram quandum
    labyrintheam
et intricatam terrae insculpere, quam
    Hierosolymam vocabant
. Hanc ipsi vel serui ipsorum coram eis
    hilaritatis
ergo post pocula et crapulas percurrebant et hoc pacto religione se solutos putabant, si pro defensione vera Hierusalem à Saracenis oppressae
    fictam
ludibundi percurrerent.
Was Tarquinius superbus in seinem Garten für die lange Weile mit den Mohnköpfen that sprach, verstand der
    Sohn
, aber nicht der Bote. Mithin kann ein Einfall, vor dem
    dienstbare Geister
die Augen niederschlagen, vielleicht
    Kinder
kützeln, und von den Brosamen, die Kindern entfallen, leben Hund und Katze – einträchtig biß zum Wunder in meiner kleinen Haushaltung, nach der ich, in
    Ermangelung eines beßeren Maaßtabes
, mein Publicum beurtheilen muß. Da Ew. HochEdelgebornen neulich mit einer Beylage nach Braunschweig an den Herrn Prof. Zachariae beschwert worden, und seitdem keine Zeile von meinem dortigen Freunde, einem Bruder des HE. R. Lindner (an den Ihre Antwort schon besorgt worden) erhalten:
    so beruhigt
mich die Unart meines Freundes im Briefschreibenwechsel wegen aller
    Zweifel
, daß meine Antwort an den Prof. Zachariae etwa liegen geblieben, oder meine Freyheit dieselben zu beschweren übel ausgelegt worden seyn sollte. möchte. Vielleicht hat D die Fülle des Gemüths von meinen privat Privatangelegenheiten hat mein letzteres Schreiben durch einen und der Ueberfluß eckler und unnützer Vertraulichkeiten mein letzteres Schreiben vereckelt, – doch ein ernsthafter Liebhaber deßen Leidenschaft deutscher Ernst ist, wirft die Gesetze des Wohlstandes
    als Einfälle
eines Spötters hinter sich, und die völlige Freundschaft treibt die Furcht aus. – Der Philolog verzagte dheramals nicht, da er von einem Unbekannten, Kulmius, wegen seinesr abentheuerlichen Styls Schreibart gestraft wurde, und freut sich auch jetzt noch auch diese Stunde noch daß die Verfaßer der Briefe den Vater der Geister nachahmen –, der einen jeglichen Sohn stäupt, den er aufnimmt. Was ein Uebersetzer des Shakespeare, was ein moralischer Briefsteller zur Bildung des Herzens ich weiß nicht wie auslegen; das wird der Philolog, falls er noch lebt erst zum eigenen, und hierauf zum gemeinen Besten anzuwenden suchen. deßen Adoption in einem kleinen Staupbesen besteht, den Paulus an die Hebräer μαστιξ nennt. Die Materialien zu einer Abhandl. über die Büchercensur, woran neulich dachte, habe einem Guten Freunde zur Ausarbeitung übersandt den die Sache mehr als mich interessirt. Ein alter Commilito von mir hat sich gelüsten laßen einen Paean von sieben Bogen mit Lateinischen Buchstaben in Groß Quart drucken zu laßen, der sich anfängt: Zevs niest – und ihn Friedrichs Palmen dedicirt mit der Frage: Kann – will – wird Er ihn hören? Der Verfasser verdiente die Prof. poeseos, die schon lange genug eine Akademische Wittwe ist, und die Frau Karschen zur Gehülfin im Extemporalreim. Itzt heist es wieder daß der Recensent der Lindnerschen Schulhandl. in Rinteln lebt, und ein gewißes Buch vom Tode für das Vaterland geschrieben haben soll. Seinen Namen, der mir auch mitgetheilet worden, habe nicht lesen können, muß mir daher fremde seyn. Entschuldigen s Sie mich bey dem Verfaßer der
    Phil. Schrifft
daß ich dem zweydeutigen Gerücht nachgeschrieben, ohne weiter einigen Theil daran zu nehmen. Vieleicht wird die Palinodie des Phil. (denn an einer Apologie lohnt es nicht der Weile zu denken) alles mit der Zeit wieder gut machen. Wenn mich die Eitelkeit ein
    Muster
zu werden anfechten solte: so würde ich der erste seyn darüber zu lachen. Von der
    Schuldigkeit
ein
    Original
zu seyn, soll mich nichts abschrecken. Ein Original schreckt Nachahmer ab und bringt Muster hervor. Den Geist eines Volcks oder Jahrhunderts anzubauen, und Aecker zu düngen oder fruchtbar zu machen geschieht durch
    ähnliche
Mittel. Im Stall eines Augeas, dem niemand als ein Herkules gewachsen ist, liegt das gröste Geheimniß der Landwirthschafft. Wenigstens sagen Sie, Geliebtester Freund, dem Recensenten der Kreuzzüge, den ich kenne, so viel statt eines aufrichtigen Bekentnüßes; „daß ich alle seine Vorwürfe in größerer Stärcke zum voraus gefühlt habe, als er selbige hat entwickeln können, und daß ich seine Gründe und ihre Unhinlänglichkeit übersehen kan“. Wenn ich aber seinen Beyfall nicht verdächtig machen will, darf ich die schwache Seite seiner
    Kritick
nicht aufdecken ohne einen gleichen Nachtheil für Uns beide. Um seinen Spieler bey Muth zu erhalten muß man Kleinigkeiten verlieren. Lieber mag ich gar nicht trinken; sagt der Bruder. Die Schwester sagt: Lieber mag ich gar nicht naschen. Und was soll ein Schrifftsteller sagen, dem sie seine
    LieblingsGrillen
verbieten? Wird ihm noch Lust und Krafft die Feder zu führen übrig bleiben? Drey Schritt vom Leib, Herr Recensent! Sie mögen seyn wer sie wollen – Wer dahin greift, wohin er griff, Der greift den Musen an die Seele. Wenn des Philologen seine kein Mädchen ist: so ist ihre gewiß eine Delila mit dem Schermeßer, die ihn erst zum Kalkopf und hernach zum Spott der Kinder machen will. – Gedult Ideen zu entwickeln muß man Leser lehren und kan bey Schrifftsteller von Selbstprüfung zum voraus setzen. Spinnen und ihrem Bewunderer Spinoza ist die geometrische Bauart natürlich? Können wir alle Systematicker seyn? Und wo bleiben die Seiden Würmer, diese Lieblinge unseres Salomo? – Durch welchen Zufall hat sich der Kunstrichter mit dem apocaliptischen Z des Antipoden charakterisiert? Ist es nicht der hochwürdige Doktor und Canonicus Ziegra, der die Hamb: Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit samlet und herausgiebt? In Karthago war es ein berühmtes Sprüchwort; daß Gamma neulich Beta, Beta nun Gamma verfolgt. Laßen Sie mich, höchstzuehrender HE, mit diesem Buchstabenspiel schließen. Es thut mir nicht leid an diesem Briefe einen ganzen Monath lang geschrieben zu haben, da mir die Beqvemlichkeit dadurch zugewachsen einen guten Freund zum Uberbringer deßelben zu machen, den Sie beßer kennen als ich selbst, den ich daher nicht nöthig habe ihn ihren guten Gesinnungen zu empfehlen. Grüßen Sie aufs zärtlichste den HE M u den Verfaßer der Beurtheilung. Ich bin pp frei am Grünen Donnerstage.
Königsberg den 5 März 1763. Herzlich geliebtester Freund, Gestern Ihren Brief erhalten und kurz darauf ein Päckchen aus Berlin, welches ich aber alles offen und ohne Umschlag erhielt, weil jetzt die schärfste Untersuchung auf der Post für nöthig gefunden wird. Aus dem Ihrigen ersehe, daß Sie ganz mistrauisch geworden sind durch den letzten Stoß von Büchern mir eine Fortsetzung in meinem bisherigen Mäklergeschäfte anzuvertrauen. Ihren Schaden verlange nicht; und den können Sie leicht vermeiden. Aber gegen die
    Nebenbuler
meines Verlegers laßen Sie mich ein wenig eyfersüchtig seyn. Die mögen so viel leiden als S sie wollen; besonders der Hamburger. Schicken Sie HE. Kanter zurück, was Sie schlechterdings müßen, und
    die andern beyden nicht mehr zurück
nehmen können. Ich ersehe, daß Sie meine letzten Nachrichten hierüber nicht aufmerksam genug angesehen haben; – ich versprach Ihnen schon Sie eine Weile lang ausruhen zu laßen. Petreade habe für Sie ablegen laßen, und alles künftige unter der
    ausdrückl. Bedingung
es Ihnen nicht eher zu überschicken, als ich Sie darum würde befragen. Dies Heldengedicht mag so schlecht seyn als es will; so gehört es in Ihre Bibliothek. Ich hoffe daher und bitte es mir aus, daß wenn sie es haben wollen, das für Sie bestimmte Exemplar nicht verschmähen. Da Kanter auf dem Wege ist ihr Nachbar zu werden und das Priuilegium in Kurl. zu suchen: so verdient er mehr Achtsamkeit als der Hamburger. Teller habe im Zeisi-schen Buchladen absagen laßen. Ihr Herr Bruder ist gestern Abend noch nicht aus Litthauen zurückgekommen gewesen, ohngeachtet er schon vorgestern erwartet worden der Abrede gemäß. Ich habe mich herzl. über se. unvermuthete Ankunft erfreut; er sieht gesunder und munterer aus, als jenes mal, und versichert mir auch von den guten Wirkungen auf Ihre Leibesconstitution von Ihrer letzten Reise. Der Morunger schreibt jetzt öfterer an mich in einem so interessanten Ton, den ich beantworten muß. Ich habe ihm neulich das Mst. von der Censur angeboten, wenn er es ausarbeiten will, und ich bin willens es ihm mit Erlaubnis des Verf. zu überschicken, weil ich am fremden Joch nicht ziehen kann. Für gütige Erinnerung an eine kleine Piece von der Büchercensur danke. Ich habe selbige holen laßen v betrift den Reichsfiscal, ist vom Esqu. Well und aus dem Engl. übersetzt. Nichts darinn was hieher gehört. Eben jetzt lese einen Auszug der Montfauconschen Alterthümer von Schatzen herausgegeben mit Semmlers Vorrede, besteht aus 150 Kupfertafeln, welche wol das Beste sind. Es ist als ein Schulbuch anzusehen. Könnten Sie es auf Ihre oder die Schulbibliothek anbringen, so melden Sie sich bei Kanter, oder
    besprechen
sie es wenigstens bey ihm nach Gelegenheit zu nehmen. Römische, griechische, ägyptische, morgenländische v mitternächtl. Alterthümer.
    Jüdische v christl
. werden als eine Fortsetzung versprochen, von der ich aber nichts weiß. Nächste Woche wills Gott! geht die Theilung vor sich, die mich in den stand setzen wird,
    wenigstens
den Anfang zu Tilgung meiner Schulden zu machen, um Ihres Orts zur Richtigkeit zu kommen. Der Herr hats gegeben, der Herr
    hats genommen
, sagte Hiob, und er bekam ein zwiefältiges aus eben der Hand des HErrn, an den er glaubte, ohne sich an den Satan zu kehren, der ihn durch Araber, Chaldäer und einen großen Wind von der Wüsten bloß von Rindern, Kameelen und Kindern gemacht hatte. War nicht der Satan an seinem Unglück schuld? Wie konnte Hiob mit gutem Gewißen sagen: Der HErr hats genommen. Wer bey
    Mittelursachen
stehen bleibt, seegnet Gott und stirbt. Welche Ihn ansehen und anlaufen, wie Sein Knecht Hiob, der Angesicht wird nicht zu Schanden. Sein
    Zorn
hingegen war
    ergrimmt
über Eliphas von Thema und über die Theodiceen seiner zween Freunde;
    denn ihr habt nicht recht von mir geredt
Herr N. hat mir das kürzl. fertig gewordene neue Bändchen der Briefe beygelegt, mit der höflichen Anrede: „Was wird der
    Philologe
zu der dreisten Beurtheilung seiner
    Kreuzzüge
sagen? Die Verf. der Briefe brauchen gegen ihre Freunde am wenigsten Nachsicht, und haben immer ein gemeines aber wahres Sprichwort im Munde: Amicus Plato! amicus Aristoteles; sed magis amica Veritas! Betrachtet man ihr Urtheil aus diesem Gesichtspuncte; so wird ihre ungeheuchelte Freymüthigkeit nicht misfallen – wenigstens erfahren die recensierten Schriftsteller die Empfindungen der Verfaßer ohne allen Zusatz pp.“ Dieser ganze Theil ist zieml. interessant für mich, weil so gar der Castratehen darinn gedacht wird. Eine Vertheidigung gegen Reimarus macht den Anfang, mit dem der Hamb. Correspondent die Recens. der Wolken verbunden hatte. Hierauf eine allgemeine Vertheidigung gegen verschiedene Beschuldigungen. Der dritte enthält allgemeine Betrachtungen über das Genie der Deutschen v den Zustand der Deutschen Litteratur. Hierauf kommen 6 über Süßmilchs göttl. Ordnung, hernach
    Anpreisung
der patriotischen Vorstellungen des Schweitzers. Nach der Beurtheilung des
    Sonderlings
, schliest der 254 Brief mit der
    Beur
theilung der Kreuzzüge des Philologen, die mit vielem
    Nachdrucke
und Fleiß und
    Kunst
aufgesetzt ist, daß ich vollkommen mit dem Recensenten zufrieden seyn kann. Ein langes Exordium über die vornehmsten Tugenden eines Prosascribenten. Wozu
    Dunkelheit
wenn man nichts als
    Einfälle
hat, über die Alpen reisen muß um ein Feuerwerk zu sehen. Hierauf vom
    Genie
und den Unbequemlichkeiten deßelben. Ein edles Pferd führt weiter vom Wege ab als ein gemeines Zugpferd. Die Eitelkeit ein original zu seyn ist ein Symtom der Vollblütigkeit, der Gesundheit und Stärke, womit schwächl. Temperamente verschont sind. Diese Einfälle werden durch einen Schriftsteller verursacht, der eine feine Beurtheilungskraft besitzt, viel gelesen und verdaut hat, Funken vom Genie zeigt und den Kern v Nachdruck der
    deutschen
Sprache in sr Gewalt hat, der einer der
    besten
Schriftsteller hätte werden können, wenn es ihm nicht gefallen hätte einer der tadelhaftesten zu seyn. Hierauf komt eine kleine Geschichte meiner Autorschaft, meiner Gleichgiltigkeit gegen die Erinnerungen und liebreiche Bekehrungsmittel eines Unbekannten, der das Gesuchte, Allzuspruchreife, gekünstelte und Rätselhafte, die weit hergeholte Geheimniße, die Menge in einander verschlungener Anspielungen, die Verschwendung biß zum Überdruß getadelt hätte; ohngeachtet die
    gesunde
Beurtheilungskraft dieses Schriftstellers aus sr. Dunkelheit selbst allenthalben hervorleuchtet. Einmal in seinen abentheuerl. Styl verliebt, hat er, ich
    weiß nicht was
, das er ich
    weiß nicht warum
Kreuz. der Phil. nennt, ich
    weiß nicht wo
, hat zusammen drucken laßen. Hierauf wird alles angeführt, was die Zeitverwandten des Verfaßers aus sr. Vorrede verstehen können. Mit dem übrigen dieser Vorrede mag eine
    beßere Nachwelt
sehen, wie sie zurecht kommt. Vielleicht findet sie mehr Geschmack an grillenhaften Einfällen und witzigen Anspielungen, die nicht anders als durch einen weitläuftigen Commentarium verstanden werden können. Ein kleiner Versuch etwas abzuschreiben was man nicht versteht. Bey der Menge solcher ungereimten Grillen, die der Leser auf allen Seiten antrift, muß er auf den Verf. nothwendig den Verdacht werfen, er wolle ihn zum Narren haben, oder träume mit offnen Augen. Da ein pr. Officier dieses seltsame Bändchen vielleicht mit Unwillen wegwerfen und die Gedult nicht haben möchte die würkl. schöne Stellen aus dem Wuste hervorzusuchen; so reitzt man seine Aufmerksamkeit durch einige Beyspiele. Wo das Fehlerhafte so sehr in die Augen fällt; da muß der unpartheyische Kunstrichter, wenn doch wirkl. Schönheiten vorhanden sind, die Schönheiten aussuchen. Zu dem nicht
    viel bedeutenden
Aufsatz über die ak. Fr. findet man eine richtige Bemerkung. Der 2. über die Wortfüg. ist voll feiner Gedanken und sehr guten Anmerkungen, die sich der Leser bey Erblickung des albernen Holzschnittes, mit welchem ihn der Verf. verunziert hat, wohl nicht versprechen wird. / Und in diesem Ton werden alle Stücke einzeln recensirt, die deutsche Gedichte für zieml. deutlich aber leider! auch für zieml. schlecht erklärt. Endlich ein klein Recept:
    Gedult
seine Ideen auszubilden,
    Sparsamkeit
im Gebrauche der Redezierrathen v
    Verleugnung
seiner Lieblingsgrillen. Unten steht der Buchstabe Z. Tantum. Grüße und Küße von Ihrem Freunde Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rande zu HKB 244 (197/28): B. hat taufen laßen.
Sie erhalten, liebster Freund, das versprochene Mst. Der Inhalt interessirt Sie näher als mich; ich schmeichele mich daher, daß Ihnen die Ausarbeitung dieser Materie nicht unangenehm, auch nicht ohne Vortheil des allgemeinen Bestens seyn wird. Die Geschichte zeigt, wie sehr die Censur mit dem Päbstl. Sauerteige zusammenhängt. Als ein protestantischer Geistl. ist es eine Pflicht für Sie den Geist der Reformation zu erhalten und fortzupflanzen. Wir vergeßen, daß wir Lutheraner sind und daher verbunden immer
    mehr
und
    mehr
auszugehen, und Luthers Werke nachzuahmen, in denen allein die Kraft seines Namens und Nachruhms zu setzen ist. Schmieden Sie das Eisen, weil es warm ist. Theilen Sie mir wenigstens so bald Sie können Ihre Erklärung hierüber mit. Dringen Sie auf den Schaden, der der Wahrheit, den Wißenschaften, dem Geiste unsers Monarchen, der das Genie nicht unterdrückt haben will, durch die pharisäische Splitterrichter und Mückenfänger wiederfährt. Die Ungebundenheit der herrschenden Sitten und Freygeisterey muß durch die Freyheit der Preße theils sich selbst verrathen und in ihr eigen Schwerdt fallen theils die Nacht der Unwißenheit verkürzen und den Anbruch des Tags beschleunigen, auf den wir alle warten. Ihre letzten freundschaftl. Zuschriften werde mit nächsten beantworten. Bleibe im Lande und nähre Dich redlich – als ein Zöllner. Dies ist meine gegenwärtige Entschließung, auf die ich studiere, daß ich griechisch und arabisch darüber vergeße. So bald ich kann, mehr. Behalten Sie mich in gutem Andenken. Mein alter Vater empfiehlt sich. Leben Sie wohl. Den 17 März. 1763.
Königsberg den 29 März am Tage Quirini 63. Herzlich geliebtester Freund, Hab ich mich schon für Ihren Athenaeum bedankt? Falls Mund und Feder es neulich vergeßen,
    doch
nicht Sinn und Gemüth. Ich freue mich auf den Empfang deßelben. Ohngeachtet mein griechisches jetzt ganz abgeschnitten habe; so denk ich
    doch
den Faden wieder zu finden. Kürzlich habe einen Maximum Tyrium v Diogenes Laertius von beyden sehr gute v brauchbare Ausgaben für 1 fl. 8 gl. erstanden. Kurz meine Bibliothek wächst wie ein Schneeball, der von Hügel zu Hügel rollt und endl. ein kleines Thal füllt. In Ihre Einrichtung werde mich strenge halten. Da Sie den Anfang von der Werkstätte der Künste, die Justi übersetzt, hier genommen: so werden Sie die Fortsetzung im Kanterschen Laden, wie ich hoffe continuiren. Erklären Sie sich bey Zeiten wenigstens darüber. Eine Geschichte der Amazonen und des Essartz medizinische Erziehung der Kinder sind von einem Uebersetzer. Ich habe beyde gelesen. Alles was in das letztere Fach läuft ist mir nicht gleichgiltig. Sie sind ganz neu ausgekommen. Melden Sie sich wenn Sie selbige haben wollen. Ich werde mich daran begnügen an den Verleger der Litt. Br. zu schreiben. Seit dem 6 4ten hui. schon angefangen und möchte wohl erst den Grünen Donnerstag mit ms. Verlegers Abreise fertig werden. Nichts wäre leichter als zu antworten und mich zu rechtfertigen. Ich habe es zwar alles Macht, aber es frommt nicht alles. Ich habe es alles Macht, aber es beßert nicht alles. Erst muß man ins
    Ohr
reden und hernach auf das Dach zur Kanzel machen. Dafür daß ich Ihre offene Einlage zum voraus zu lesen bekommen; will ich Ihnen jetzt einige Stellen aus meinem Schreiben an N.
    wieder anticipiren laßen aber sub sigillo confessionis
. – – – – Der Titel dieser ungezogenen Sammlung ist vermuthl. ein
    Provincialscherz
und bezieht sich auf die hin und her in diesem Königreiche befindliche
    Labyrinthe
und ihre
    Bedeutung
, welche nach dem ersten Theil des erläuterten Preußens p. 723. der
    Arglistigkeit
der ehemaligen Ordensbrüder und Kreuzherren ihren Ursprung zu verdanken haben. Vsu enim illis receptum erat vbique in Prussia in collibus
    editioribus
prope aries
    nobiliores
figuram quandam
    labyrintheam
et
    intricatam
terrae insculpere quam Hierosolymam vocabant. Hanc ipsi vel serui ipsorum coram eis
    hilaritatis
ergo post pocula et crapulas percurrebant et hoc pacto religione se solutos putabant, si pro defensione vera Hierusalem in Saracenis oppressae fictam ludibundi percurrerent.
Was Tarquinius Superbus in seinem Garten mit den Mohnköpfen sprach, verstand der
    Sohn
aber nicht der Bote. Mithin kann ein
    Einfall
, vor dem
    dienstbare Geister
die Augen niederschlagen, vielleicht
    Kinder kützeln
; und von den Brosamen, die Kindern entfallen, leben Mops und Katze – einträchtig biß zum Wunder in meiner kleinen Haushaltung, nach der ich in
    Ermangelung eines beßeren Maasstabes
mein Publicum beurtheilen muß. – – – – – – – Vielleicht hat die Fülle des Gemüths von Privatangelegenheiten und der Ueberfluß unnützer Vertraulichkeiten mein letzteres Schreiben verekelt – Doch ein Liebhaber, deßen Leidenschaft deutscher Ernst ist, wirft die Gesetze des Wohlstandes als Einfälle eines Spötters hinter sich und eine völlige Freundschaft treibt die Furcht aus. – Der Philolog verzagte damals nicht, da er von einem unbekannten Kulmius wegen sr. ebentheuerl. Schreibart gestraft wurde, und freut sich auch diese Stunde noch, daß die Verfaßer der Briefe den
    Vater der Geister
nachahmen, deßen Adoption in einem kleinen Staupbesen besteht den Paulus an die Hebräer μαστιξ nennt. – – – – – – Wenn mich die
    Eitelkeit
ein
    Muster
zu werden anfechten sollte: so würde ich der erste seyn darüber zu lachen. Von der Schuldigkeit ein
    Original
zu seyn, soll mich nichts abschrecken. Ein Original schreckt Nachahmer ab und bringt Muster hervor. Den
    Geist
eines Volks oder Jahrhunderts anzubauen und Aecker zu düngen oder fruchtbar zu machen, geschieht durch
    ähnliche
Mittel. Im Stall eines Augeas, dem niemand als ein Herkules gewachsen ist, liegt das gröste Geheimnis der Landwirtschaft – Wenigstens sagen Sie dem Recensenten der Kreuzzüge, den ich kenne, so viel statt eines aufrichtigen Bekenntnißes; „daß ich alle seine Vorwürfe in größerer Stärke zum voraus gefühlt habe als er selbige hat
    entwickeln
können, und daß ich seine Gründe und ihre Unhinlänglichkeit
    übersehen
kann.“ Wenn ich aber sn.
    Beyfall
nicht verdächtig machen will, darf ich die schwache Seite seiner
    Kritik
nicht aufdecken ohne einen gleichen Nachtheil für uns beyde. Um seinen Spieler bey Muth zu erhalten, muß man Kleinigkeiten verlieren. Lieber mag ich gar nicht trinken! sagt der Bruder. Die Schwester sagt: Lieber mag ich gar nicht naschen. Und was soll ein Schriftsteller sagen, dem sie seine
    Lieblingsgrillen
verbieten? Wird ihm noch Lust und Kraft die Feder zu führen übrig bleiben? Drey Schritt vom Leib, Herr Recensent! Sie mögen seyn, wer Sie wollen – Wer dahin greift, wohin er griff, Der greift den Weisen an die Seele. Wenn des Philologen seine kein Mädchen ist: so ist Ihre gewiß eine Delila mit dem Scheermeßer, die ihn erst zum Kahlkopf und hernach zum Spott der Kinder machen will – Gedult Ideen zu entwickeln muß man Leser lehren und kann bey Schriftstellern von Selbstprüfung zum voraus setzen. Spinnen und ihrem Bewunderer Spinoza ist die geometrische Bauart natürlich? Können wir alle Systematiker seyn? Und wo blieben die Seidenwürmer, diese Lieblinge unsers Salomo? Durch welchen Zufall hat sich der Kunstrichter mit dem apokalyptischen Z. des Antipoden characterisirt? Ist es nicht der hochwürdige Doctor und Canonicus Ziegra der die Hamb. Nachr. aus dem Reiche der Gelehrsamkeit sammelt v herausgiebt? In Karthago war es ein berühmtes Sprichwort; daß Gamma neulich Beta, Beta nun Gamma verfolgt. Laßen Sie mich HH. mit diesem Buchstabenspiel schließen. Es thut mir nicht leid an diesem Briefe einen ganzen Monath lang geschrieben zu haben, da mir die Bequemlichkeit dadurch zugewachsen einen guten Freund zum Ueberbringer deßelben zu machen, den Sie beßer kennen mögen als ich selbst, daß ich daher nicht nöthig habe ihn Ihren guten Gesinnungen zu empfehlen ppp. Ich ersuche Sie nochmals, liebster Freund, laßen Sie sich gegen Krickende nichts merken, daß ich in der geringsten Verbindung stehe, noch von der Natur uns. Briefwechsels. Ihre kleine Anmerkung über das Wort
    Funken
trift weder mich noch die Briefsteller. Sie haben mir auch
    Stralen
zugeschrieben und meine Schreibart mit der Stelle des Shakespear verglichen, die ich selbst angeführt habe. Ich will auch noch nichts als ein Schüler seyn und meine Lehrjahre redlich aushalten mit Gottes Hülfe. Ich habe eben so viel Gedult zu warten als Oel zur Lampe nöthig, biß der Tag anbricht und der Morgenstern aufgehen wird. Den Namen des Verfaßers vom Tode fürs Vaterland habe nicht lesen können, bitte mir daher denselben noch einmal deutlicher zu schreiben. Wenn der Vorläufer wird fertig seyn; so möchten wohl
    Beherzigungen
und
    Bedenklichkeiten
die Büchercensur betreffend nachfolgen. Vielleicht ist dies der doppelte Phomelhant, auf deßen Erscheinung jener Hirtenbriefsteller seine Leser zubereiten wollen, um den Wahn zu wiederlegen, daß die
    Freyheit
nicht auf Aufhebung sondern Erfüllung der Gesetze abziele. Das Bauchgrimmen pflegt auf das Verschlingen süßer Lehren nicht auszubleiben. Gott laße auch diese heilige Zeit an unserer aller Seelen geseegnet seyn und gebe uns allen die Kraft Seines Todes und Seiner Auferstehung reichlich zu schmecken. – Mein alter Vater grüst Sie herzl. und Ihr werthes Haus. Ich umarme Sie und Ihre liebe Frau. Leben Sie wohl und lieben Sie Ihren aufrichtigen Freund und DienerHamann. Adresse:
An meinen / alten würdigen Freund, / HErrn Rector / Lindner / einzuhändigen.
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner: Zu HKB 246 (II 202/30): NB. sündigt Arab. war uti die Höllenf. der Erkenntnis disc. heroum. Zu HKB 246 (II 204/37): Hamb. Nachr. Celtische ist noch in Niederbretagne, Biscaya Wallis, schottischen Berglanden. NB. Froschmeusler.
Königsberg den 14 May 63. Herzlich geliebtester Freund, Sie haben auf meine Antwort ziemlich warten müßen; ich habe unterdeßen die Kortholtzsche Sammlung des Leibnizischen Briefwechsels
    gelesen
von 4 Theilen und wenig darinnen gefunden. Ich weiß nicht durch welches Schicksal ich seine Theodicée gleichfalls niemals habe endigen können. Ein paar Urtheile über den berühmten Medicum
    Stahl
habe für werth gehalten anzumerken. Jetzt lese Balzacs Socrate Chretien mit mehr Vergnügen und man sollte meynen, daß ich dies Buch ziemlich geritten v. Einfälle daraus geborgt hätte, da ich es doch jetzt erst kennen lerne.
    Basedow
hat eine
    Arithmetik geschrieben
, die bey mir liegt, aber ich habe sie noch nicht Zeit gehabt anzusehen; sie ist Ihnen
    aber zugedacht, weil sie ein kleines bequemes neueingerichtetes Schulbuch
zu seyn scheint v die übrigen Compendia dieses dänischen Gelehrten Geschäft werden, aus
    Kanters
Laden. Einen ziemlich starken Octavband habe um ein weniges hier aus einer Auction erstanden unter folgendem Titel: Plan Theologique du Pythagorisme et des autres sectes sçavantes de la Grece pour servir d’eclaircissement aux Ouvrages polemiques des Peres contre les Payens, avec la Traduction de la Therapeutique de Theodoret, où l’on voit l’abregé de ces fameuses Controverses. par le R. P. Michel Mourgues, Jesuit v Prof. zu Toulouse. à Amsterd. 714. Der erste Theil besteht aus 10 Briefen, darin die erste Hälfte das
    höchste Wesen
, die andere die subalterne Gottheiten betrift. Den Schluß macht ein eilfter Brief über die 3 Grundsätze der heidnischen Moral, die Unsterblichkeit der Seele, das Gericht der Todten v die Seelenwanderung. Sie sind alle an Mr. de la Loubere de l’Academie française gerichtet. Der zweite Theil besteht aus der Uebersetzung des Theodoret, Bischofs von Cyr; den Schluß dieses Theils machen 2 apologetische Sendschreiben sur la fixation du regne de Semiramis au temps d’Abraham gegen Porphyr v Uster v sur les Oracles du Paganisme gegen van Dale. Ich habe noch nichts darinn lesen können sondern theile Ihnen bloß den Innhalt aus dem vorangesetzten Verzeichnis mit. Es scheint mir ein gutes Paar mit des Voisins neulich erhaltnen Werke de lege
    diuina
auszumachen; daß ich allso jetzt 2 brauchbare Bücher über die
    jüdische v. griechische
Philosophie v ihre
    Geheimniße
habe, in dem ich wenigstens die
    Fächer
angezeigt finde und
    rohe Materie
zur Ausarbeitung. Noch habe die Commentaires d’Hierocles sur les vers dorés de Pythagore par M. Dacier erhalten. Tome second, was im ersten Theil seyn mag kann nicht errathen, weil dieser ein für sich bestehendes Werk ausmacht, und möchte den Innhalt des
    ersten
gern wißen. Ich vermuthe daß er das Leben v. die Philosophie des Pythagoras besonders in sich schließt. Noch ein Aristophanes mit der Uebersetzung des Frischlini, bey dem ich aber 2 Comödien vermiße, weil nur 5 darinnen stehen Plutus, Equites, Nubes, Ranae, Acharnenses, fehlen also Pax v Thesmoph. Denn 7 sind meines Wißens von ihm übrig. K. hat mir zweimal geschrieben, aber lauter gute Nachrichten – Ich warte mit Schmertzen auf ihn, er ist in Nicolais Gesellschaft nach Leipzig gereiset v redte von vortheilhaften Vorschlägen, die er ihm im Handel zu machen hätte. Ich wünschte Ihre gute Freundschaft und würde dabey gewinnen. Lauson meldte mir gestern, was Probst Süßmilch der philos. Facult. geantwortet, mit Kr. Hand sehr weitläuftig. Der Innhalt soll sr. Erzählung nach dieser seyn: Er hätte es censirt, weil die Censur
    hier abgeschlagen
worden wäre – v er keinen Ursache gefunden hätte – Dies käme ihm zu vermöge gewißer Rescripte, die er angeführt. – Hierauf eine vertraul. Erinnerung an die Facult. nicht so schwierig zu seyn v die Censur in eine Correctur zu verwandeln. Zur Illustration ein neuerl. Exempel, da
    Mahomets Leben
dort zur Unterschrift gebracht worden, welche hat abgeschlagen werden müßen, weil offenbare Stellen gegen die Rel. in derselben gewesen. Man druckt es gleichwol getrost weg – hierauf verfällt der Schuldige in eine Strafe von 100 #. Er meldt sich bey der höchsten Instanz, auf deren Befehl die 100 # wieder zurückgezahlt werden müßen v das Buch frey verkauft werden darf. Wenn Sie einige nähere Nachrichten hierüber vom Amanuensi erhalten können, v. insbesondere wegen des Lebens Mahomets, ob es ein deutsches Original v dem Verfaßer oder ein der Uebersetzer des Boulainvilliers seyn, dienen Sie mir doch damit liebster Freund. Ja, eh ich vergeße, 6 Sigismund Dittchen richtig erhalten; 3 davon neulich in den Klingsekel gelegt v 1. meinem dicken Mädchen zum Andenken gegeben, das übrige soll gleichfalls ad pias causas bey Gelegenheit dienen. Den Brief selbst habe meinem Verleger
    aufgebunden
v an ihn eingeschloßen zur Beförderung, daran ich gar nicht zweifele, und mich darnach gewiß erkundigen werde. Wie gefällt Ihnen das
    Mitausche
    Intermezzo
– Gottlob! daß ich so weit bin. Der Einfall ist beßer gelungen als ich voraussehen können. Der dritte Abschnitt vom
    Original
ist mit Fleiß ohne Anmerckungen geblieben – weil ich halb Willens bin diese Materie besonders zu behandeln in einem Sendschreiben an den Verleger der Litteratur Briefe. Das fictam ludibundi ist ein guter Transitus zur
    Parodie
, bey der ich viel ersparen und combiniren können. Wenn ich doch
    zuverläßig
wüste, ob der Verf. der philos. Schriften der
    Beurtheiler
wäre, denn würde der Anfang eines Briefes erfüllt seyn, den ich an ihn schrieb: Amen Wahrlich, Amen, ich sage Dir, es sey denn daß das Weitzenkorn uns. Freundschaft erstirbt, so bleibt es alleine. Wo es aber erstirbt, so bringt es viel Früchte. Im 16 St. der Tornschen Nachrichten vorigen Jahrs steht folg. Recension: Creuzz. des Phil. Diese Schrift, die auf 17 Bogen ohne Anzeige des Orts, vermuthl. aber zu Kgsberg herausgekommen, enthält verschiedene kurze Aufsätze aus der Sprachkunde, Litteratur v Kritik, die aber in einer nicht jedermann verständl. Schreibart verfaßt sind. Die vornehmsten Stücke sind:
    Ueber eine akad. Frage vom Einfluß der Sprachen
in die Sitten;
    über die Magi
aus Morgenlande; über die Wortfügung in der fr. Sp. Klagg. ein Auszug aus der Inoc. du b. s. Eine Kritik über das Urtheil der Litt. B. von der neuen Heloise des Roußeau; Näschereyen an den Verf. einer ähnl. betitelten Schrift die von der Erlernung der gr. Sprache handeln; Rhapsodie in k. Pr. worinn über Sprachen des Alterthums ihre Bilder v Poesie geredt wird v endl. einige jug. Gelegenheitsstücke – – Wenn wir uns. Leser mit Zuverläßigkeit berichten daß der V. der Sok. D. HE Haman diese Krzz. geschrieben hat so werden sie wißen, daß sie es mit einem feinen v nur wenigen verständl. Schriftsteller zu thun haben. Es herrscht überall das Eigenthüml. v die Züge eines Originalcharacters darinn, den die HE. Verf. der Litter. Br. bewundert haben. Die Anlagen zu einem großen Genie werden sich mit der Zeit beßer v. nutzbarer ausbreiten wenn der Verf. sich auf einen Gegenstand vollständig v mit etwas mehr Herablaßung einschränken wird. Die Kritik über die Heloise ist voll Witz v Wahrheit. Die sinnreichen Gedanken die zuweilen nur ein Spiel zu seyn scheinen, enthalten doch immer tief verflochtene Wahrheiten in einer etwas festen Schaale. Die hellenistischen Briefe sind ein Beweiß, daß der Verf. das Griech. nicht obenhin erlernet habe. Auch die Ordnung, die er im Lesen der Autoren dieser Sprache beobachtet hat uns wohl gefallen. Daß er aber die biblischen Redensarten gar zu oft in die Sprache des Witzes v der Satyre mischet, dies wird ihm wohl kaum von allen Lesern vergeben werden; ob wir gleich, so viel wir von seinem persönl. Character kennen, ihn von aller übeln Absicht dabey frey sprechen können. Im 19 St. ei. aus Kgsb: Von dem Verf. der Kreuzz. des Phil. sind abermals zwo einzelne Bogen herausgekommen. Der eine führt den Titel:
    Leser
v
    Kunstrichter
v der andere:
    Schriftsteller
v
    Leser
. Sie gehen theils wieder die Schrift: Anmerkungen zum Vorth. deutscher Kunstr. theils wieder die Betrachtungen des HE von Hagedorn von der Maler. Beide sind in dem nehml. Tone der Kreuzz. geschrieben. Sie werden aus dieser Probe sehen, mit wie wenig
    Treue
,
    Ordnung
v
    Absicht
gewiße Artikel aufs Papier geworfen werden, daß es fast das Ansehen hat, daß der Recens. aus dem Kopf schreibe, indem er
    Titel
v Ordnung
    Inhalt
verfälscht. Jede Kleinigkeit die hier v zum Theil in Danzig Marienwerder auskomt, wird hier mitgenommen,
    altes
v
    Neues
. In diesem Stück v was das Polnische betrift, sind sie interessant. Leichenreden, Gelegenheitsgedichte, v jede nichtswürdige Anecdote wird hier ausgekramt. Auch Neckereyen schleichen sich mit unter. Lausons Rede auf Dach komt auch im vorigen Jahre vor. Ich bin neugierig auf die Recension ss Päans. So viel habe Ihnen unter der Hand mittheilen wollen, und daß wir bald Anecdoten die theol. Litteratur betreffend vom näml. Verf. haben werden. Meine 3 kleine Katzen leben v springen wie die kleine Tyger im Hause herum. Meine arme Hamadryade macht mir auch Freude, daß meine Zucht gerathen wird – Ein starkes Flußfieber magert sie ein wenig ab, und zieht ihr viel Mitleiden, Pflege auch Verdacht zu. Griechisch v. Arabisch hängen ganz am Nagel. Künftige Meße verspricht viel Neuigkeiten, Michaelis eine arabische Gramm. v Chrestomathie, Winkelmann se. Historie der Kunst v Sulzer sein Wörterbuch. Unterdeßen bin doch nicht ganz müßig v ahme jene Baumeister nach, von denen Nehem. IV. geschrieben steht: mit einer Hand thaten sie die Arbeit, und mit der andern hielten Sie die Waffen. Gott gebe Ihnen geseegnete Pfingsten und erfreue Sie an Geist, Seele v Leib. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihrem treuen Andenken. Grüßen Sie von uns Ihre liebe Frau, und HE Hinz, dem Hippel melden läßt, daß Montesquieu v Milton bey ihm sind, vom Sonderling aber weiß er nichts. Ich behalte keine Zeit übrig heute mehr zu schreiben – Der Brief ist einen Posttag liegen geblieben. Habe in benachbarten Zeisischen Buchladen den I. Theil der
    Homischen
Grundsätze der Critik gefunden, gelesen, und
    selbigen so bald als mögl
. mittheilen wollen; weil er im Kanterschen nicht so bald ankommen möchte. Gestern nach Braunschw. geschrieben, v se Zuschrift vom März beantwortet – Meine Bibliothek bringt mir HE. Däntler in Ordnung, auf der ich ganz ein Fremdling geworden, und jetzt zu meiner Heimath vielleicht machen möchte. Ihr Athenaeus wird hier sehr gute Gesellschaft finden. Ich bitte jetzt um einen Herodot, wenn ich noch in meinem Studiren fortfahren soll. Doch alles wie Gott will. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 247 (II 209/3): Stunden des Horaz. Däntler Zerstreuungen Des Essarts. Rouss. Perlow.
Königsberg den 17 Jun. 63. Herzlich geliebtester Freund, Herr Lauson hat überschickte Rede des HE von Essen richtig erhalten; weil Sie nicht geschrieben haben, so hat er mich zum Procurator seines Danks gemacht und findt es überflüßig selbst zu schreiben; als wenn eine gedruckte thätliche Erinnerung keiner schriftlichen Antistrophe würdig wäre, wie ihr pindarischer Gehülfe gleichfalls meynt. Auf meinen Freund Lauson wieder zu kommen: so ist ihm vom Driest die Correctur eines Catalogi aufgetragen worden und – – – und – – – – und – – er ist
    neugierig
zu wißen ob die Gebühr pro studio et labore auch dem Buchdrucker aufgetragen, der über den Vorsatz vielleicht den Nachsatz vergeßen. Sie wißen, daß er als ein Freund Ihnen gerne ohne Eigennutz dient; seine Menschenliebe macht es ihm aber zur Pflicht für die Ehrlichkeit aller seiner Bekannten Sorge zu tragen, und Sie wißen daß Anecdoten die einzigen medii termini seiner kritischen Vernunftlehre und Sittenlehre sind. Ihre Commissionen an Wagner v Hartknoch sind richtig bestellt. HE. Kanter ist schon wieder abgereist nach Kurland und hatte das Unglück, als er eben von Amaliechen kam, durch einen kleinen Schreck nüchtern zu werden den Abend vor seiner Abreise. HE. Baron von Schröder ist sein Reisegefährte, und beyde werden jetzt schon vermuthlich an Ort u. Stelle seyn. Athenaeus wird mit einem Ballen mitkommen. So bald ich ihn erhalte, melde es Ihnen. Ein Schiffer von Lübeck liegt schon in Pillau, der vermuthl. die Meßgüter mitbringen wird. Wegen Mahomets habe hier die Nachricht vom Verleger, daß es eine Sache von einigen Jahren her betrift. Ein gewißer von Kleist soll Lettres d’un Mahometan herausgegeben haben, an denen nichts als die tumme Frechheit hervorstechen soll. Ist Ihr Bericht ausführlicher und gründlicher, so theilen Sie mir selbigen mit. Ich nehme auch an dem Wachsthum Ihrer Bibliothek Antheil. Mit ihrer Größe pflegt der Gebrauch derselben oft abzunehmen. Mir geht es wenigstens so. Ich habe jetzt einige alte Bücher ohne Wucher durchgeblättert. Jacobi Mazonii Caesenatis de triplici hominum vita, actiua, contemplatiua et religiosa methodi tres, quaestionibus 5197 distinctae. Caesenae 577. Die politicam legalem, oder den Esprit des loix, nennt er magiam quandam philosophiae moralis. Im prooemio habe ich noch den merkwürdigsten Einfall gefunden, der aber nicht in ein gehörig Licht gesetzt v einer beßere Entwickelung wohl verdienen möchte. Er sagt nämlich, daß ein actives v contemplatives Leben eine gewiße
    mediocritatem
einführe in Handlungen v Begriffen, die durch den enthousiasmum eines dritten Lebens höher und tiefer gestimmt werden müßen. Seine eigene Worte sind folgende: tertia vita hominibus necessaria fuit, quae hinc inde
    excessus
interdum vt
    optimos probaret
, et ex vtraque non
    adaequate
, sed
    eminenter
composita, earum audaciam retunderet, dissonamque ac
    superpartientem
rationem ad consonam et
    super
particuralem
    particularem
reduceret et hanc religionem vocamus.
Der Grund davon wird allso von dem Autor ausgedrückt: Vtraque vita nimis est
    mediocritatis
, licet diuerso modo, amatrix;
    actiua
ad illa quae operatur, se veluti
    regula mensuraque
habet, contemplatiua ad ea quae speculatur se habet veluti
    mensuratum et regulatum
.
Jenes vergleicht er mit dem Sinne des Gefühls; dies mit dem Gesicht. Syrianus hat das thätige Leben in conuersione ad finem particularem v das speculatiuische in conuersione ad finem vniuersalem gesetzt. Nächstdem habe Stephani Morini Dissertationes octo gelesen Genevae 683. 8. Die beiden ersten handeln von der Verwandtschaft der Spartaner v Hebräer. Die dritte von der Gewohnheit Saltz auf zerstörte Städte zu streuen. Die vierte über eine Stelle des heil. Hieronymi: Multa compellitur Apostolus velle quae non vult cet. Die fünfte betrift ein Wort des Seruius ad Aeneid. III. 67. Stoici
    herciscandi
, id est, medium scruti.
Sie hätten sich von den Platonikern und Epikuräern in Ansehung der Seele unterschieden und weder ihre Sterblichkeit mit dem Leibe noch ihre emsige Dauer gelehrt, sondern eine Unsterblichkeit gelehrt, wie einige den Höllenstrafen zueignen, länger als Epikur aber nicht unendlich wie Plato. Das 6te handelt de diuortiis et eorum vsu. Diese sind in Briefen an Huet, Le Moine v Des Ivetaux cet. abgefaßt. Die zweite letzten betreffen den Eselskopf, den Gott der Christen, und die Orakel nebst der Ursache warum sie aufgehört. Endlich habe ich auch in Joh. Marckii 12 akademischen Disput. de Sibyllinis carminibus Franekerae 682. 8. nichts gefunden daß der Mühe lohnte. Die Elements of Criticism sind von Henry Home (sonst Lord Kaims, einem Justizrath in Schottland) – Mehr Worte und Wendungen als Sachen. So viel ich bey der flüchtigsten Durchwühlung dieses ersten Theils habe übersehen können, taugt das wenigste von den Beobachtungen v Grundsätzen. Von der Anwendung verspreche mir noch weniger. Die Spur des Verf. ist unterdeßen lobenswürdig und könnte für se Nachfolger fruchtbarer werden als Batteux seine, der auf einen alten Begrif des Aristoteles sein Glück gemacht. Mysterium Cereris et Bacchi wird eine kleine Abhandl. des Swarzen seyn, die ich selbst aus HE. Hinzens Güte in jenes Opusculis besitzen werde. Des Eschenbachs Epigenem de Poesi Orphica nebst sr Ausgabe der Orphischen Gedichte besitze selbst. Ob ich Borremarsium gelesen und nichts darinn gefunden habe, weiß nicht; bekannt kommt er mir vor. Von meiner Vorsicht bey Empfang Ihrer unschuldigen Nachrichten können Sie versichert seyn. Daß Moses Mendelssohn den Preiß erhalten, werden Sie aus den Zeitungen wißen. Wenn Sie mir die Preißfrage melden könnten, thäten Sie mir einen großen Gefallen. Ich habe hier keine Gelegenheit sie zu erfahren. So bald die Schrift auskommen wird, hab ich sie für mich bestellt. Lacht Rammler über den Wiederspruch der HE. Recensenten überhaupt, oder in welchem besondern Fall? Meine Hamadryade ist gesund. Diese Nachahmung des Pygmalions in der Bildhauerarbeit wird mir so sauer, daß mir der Othem darüber ausfahren möchte. Sie fragen, in welches Geistes Zucht sie ist? Die Pharisäer waren keine solche Zweifler, sondern denken in ihrem Herzen: er hat einen
    unsaubern
Geist. Marc. III. 30. – Cum DEO et die kehrt sich alles um, was jetzt hell ist, wird Nacht und das Schwarze der Dämmerung steigt zum vollen Mittag, der alles erleuchtet. Was im jüdischen Lande Beelzebub gelästert wurde, wird jetzt sinnreicher mit Bileam, den Nicolaiten und dem
    Geist der Schwärmerey
verglichen, welcher der Oberste Wiedersacher unserer kleinen Weltweisen, Kunstrichter v Schulfüchse ist. Unter uns, liebster Freund. Vor 14 Tagen meldte mir mein Vater, daß mein mütterl. 5m fl. betrüge. Noch ist keine Theilung geschehen; und woran jetzt der Verzug liegt, weiß nicht. Mein alter hat unterdeßen neue Ungelegenheiten wegen der Badstube. Examen ss Nachfolgers und alles ist zurückgegangen. Sein gewesener Brodtdieb v jetziger Feind Langermann ist bey der Kammer eingekommen v. meldt sich zur Badstube v dringt auf eine öffentl. Licitation zu
    seinem
besten. Ohngeachtet er sich auf
    aus
drückl. Klg. Befehl dieses Benificii unwürdig gemacht, hat doch die Kammer sein Memorial angenommen v deshalb an den Magistrat berichtet. Gott wird meinen Vater auch an dem Buben rächen, wenn er auch alle Kriegsräthe, wie er sich selbst rühmt, zu seinen Aderlaßkunden hat, den einzigen Praesidenten ausgenommen. So bald ich das Meinige habe, bin ich willens den Anfang mit Bezahlung meiner alten Schulden zu machen. Man wird mit 12 Thrl. hies. Geldes vorlieb nehmen, biß ich versorgt bin und selbst mehr verdienen kann. Mein Vater grüst herzl. Ich gleichfalls Ihr ganzes Haus und ersterbe Ihr treuer Freund Hamann.
Königsberg den 29 Jun: 63. Herzlich geliebtester Freund, Ihr Athenaeus ist glücklich angekommen und ich wiederhole dafür meinen schuldigsten Dank. Noch eine Bitte in Ansehung deßelben habe an Ihnen. Da ich mit dem Zeisischen Buchladen in gar keine Verbindung fast mehr stehe, und man ohne Zweifel eine solche zweydeutige Meynung daselbst von mir haben wird: so habe nicht heraus sagen wollen, daß dies Buch für mich bestimmt gewesen, sondern Sie hierüber in Ungewisheit gelaßen, als wenn ich es vorher zu meinem eignen Gebrauch ansehen wollte, und man mir die Uebermachung deßelben an Sie überlaßen möchte. Sollte daher
    für die Fracht etwas zu bezahlen
seyn: so werden Sie die Güte haben das auf sich zu nehmen, weil ich weder die Verbindlichkeit haben will Ihnen
    ohne Noth
Gegendienste noch sonst etwas schuldig zu seyn. Im Fall Ihnen die Fracht angerechnet werden sollte, will gern lieber mit Ihnen selbst liquidiren als mit Nachbarn, die mich nicht loben, noch recht lieben können, sondern den Anfang gemacht haben mich zu verachten und zu haßen. Sapienti sat. HE. Kanter wird Riga diesmal gewiß besuchen. Er hat ein vortreflich Sortiment mitgebracht von holländischen großen Werken. Von Neuigkeiten hat
    Daniel in der Löwengrube
von Moser mir bisher am meisten gefallen. Des Gellius Julius Cäsar ist ein abortus der Schaubühne; der erste Aufzug erträglicher als die beyden letzten. Weder Wahrheit noch Natur, weder Wahrscheinlichkeit noch Kunst. Nicolai bekomt in der Vorrede abermal einen Lungenhieb. Er giebt sich bloß für den Herausgeber des Stücks aus, allem Vermuthen nach ist er es selbst. Moses in Midian ein poetisches Gemälde habe nicht lange aushalten können. Eines von Breitenbauch
    Schilderungen einiger Gegenden des Alterthums v der neueren Zeit
sind ein elendes Geschmiere, dafür ich Sie warne. Der Verfaßer muß die Idee seines Buchs wo gestohlen haben, aus deßen ganzen Behandlung man nicht absehen kann, wie er selbst zu Erfindung derselben fähig gewesen. Einen kleinen Auszug aus
    Jacob Böhmens
Schriften habe mit Aufmerksamkeit gelesen und nicht umsonst. Unter den Titel Aurea catena Homeri habe ohne mein Wißen auch ein alchymisches Werk bekommen, das ich der Mühe werth halte durchzugehen und vielleicht gar zu behalten, weil es sich unter allen Schriften von der Art zu unterscheiden scheint. Zu Gotha hat ein Schulmann Anecdota ecclesiastica et Latinitatis elegantioris ausgegeben in denen ich nichts als kleine progymnasmata gefunden. Ein Pater piarum Scholarum zu Wien Schwarzer hat eine arithmeticam mercatorum herausgegeben, die aus vielen practischen Vortheilen zusammengesetzt. Ich fand gestern den naiven Einfall: Rechnen ist leicht aber demonstriren ist lustig. So viel ich davon habe lesen können, kommt mir die Demonstration seiner welschen Künste leicht, aber sein Rechnenungmethode desto lustiger vor. Die Briefe welche Aeginus von einem seiner Freunde über das Schulwesen mit Vorrede v Anmerkungen herausgegeben, schon vor einigen Jahren habe auch durchblättert v gehören in ihre Sammlung, wenn sie nicht schon da ist. Des M. Munters, wo ich nicht irre Versuch über die italienische Poesie in Briefen habe auch jetzt gelesen. Seine Anführungen sind das Beste, dem Petrarch mehr gewachsen als dem Dante in seiner Kritik. Da ich jetzt die Sprache Däntler zu gefallen wieder vorgenommen freue ich mich über des Gaudio Sammlung in Göttingen, die Thomsons engl. vorzuziehen, weil der ganze erste Theil die Historie der italienischen Sprache v. Litteratur betrift. Von der Schönheit in den Wißenschaften ist ein leeres Geschwätz. Beweiß, daß der Begrif von Gott v der Unsterblichkeit der Seele in den angebornen Trieben unserer Natur vergraben liege, empfehle Ihnen eher. Der
    Apotheker
eine Wochenschrift mit Kupfern zu Kölln hält unerträgl. Poesien, die sich mehrentheils schließen mit einem
    und so weiter
, eine Uebersetzung der Apulejischen Fabel vom güldenen Esel, eine Vergötterung des Ovids unter dem Titel von den Verdiensten der Poeten um das ganze menschl. Geschlecht. Der Geschmack im Innersten des Reichs sieht noch wie ein ungeleckter Bär aus, ein Stück Fleisch ohne Gestalt und Bildung. Den ersten Theil von Michaelis Erklärung der Epistel an die Ebräer habe bloß ausgenommen ihn zu lesen. Seine Commentationes behalte und will selbige mit sn. deutschen Abhandlungen v der Preißschrift zusammenbinden laßen. Auch habe ich gefunden Sammlung der vornehmsten Schriftsteller die die Wirklichkeit der Körperwelt geleugnet von Eschenbach übersetzt schon seit 756. in der Berkeleys Gespräche zwischen Hylas v Philonous enthalten die ich so lange gesucht und mir immer gewünscht zu lesen und zu besitzen. Colliers allgemeine Schlüßel ist mir ganz unbekannt. Haben Sie diese Sammlung nicht; so hoffe ich daß Ihnen gleichfalls damit gedient seyn wird. Mir ist daran so viel mehr gelegen weil ich Berkeleys Querist im Engl. besitze. Eine kleine Abhandl. des Helmstädtschen Pr. Bode in 4. worinn er das hohepriesterl. Gebet des Erlösers philosophisch v kritisch nach der Grundsprache mit den vornehmsten orientalischen Uebersetzungen verglichen liegt noch ungelesen vor mir. Ob ich selbige behalte, weiß nicht. M. Commerells Hof- v Stadt-Diaconi zu Carlsruhe exegetico practische Erklärung des ersten Buchs Mose in 60 Wochenpredigten halte auch der Mühe werth noch durchzublättern. So viel habe vor der Hand ansehen können. Der HE v Moser scheint mir vor Klopstock und Gesner noch am allerglücklichsten eine biblische Geschichte zur poetischen Fabel angewandt zu haben; und sein kleines Werk ist das Beste, was ich noch von neu ausgekommenen Stückgütern dieser Meße gefunden habe. Bells Preißschrift von der Ursache v Folgen der Bevölkerung ist crambe bis cocta für mich. Humes ähnl. Schrift über die Grundsätze des Ackerbaues hat mir beßer gefallen. Dem HE Hinz melden Sie nebst meinem freundschaftl. Gruß, daß im Kanterschen Laden die schöne
    Ausgabe des Gesners vom Horatz
ist, auch von Tibullo, Catullo, Propertio eine ganz neue niedl. Handedition jetzt ausgekommen. Ein Tanzmeister hat einen nouvel essay sur l’Education geschrieben, der aber nichts als Reflexions sur le maintien enthält, die sehr osteologisch sind. Er empfiehlt daher diesen Theil der Anatomie sn Amtsbrüdern eben so sehr als die Maler die Myologie zu ihrer Kunst nöthig haben. Wenn Sie den Recueil de pieces fugitives des Voltaire noch nicht haben, von dem jetzt 6 Stück bey Nicolai ausgekommen, so verdient er wenigstens gelesen zu werden. La mort de Socrate ist eine mittelmäßige farce. Palissot führt in einem Briefwechsel ein Epigramm auf la Mettrie an: Fléau des Medecins, il en fut la lumiere; Mais à force d’esprit tout lui parut matiere. Der Schulcollege braucht diese Woche die Brunnenkur in unserm Hause. Er fängt seine Versuche, worüber er ausgespannt wurde, ärger jetzt an als damals. Mein alter Vater spielt jetzt Ihre Rolle; ich aber bin taub und stumm. Sie wißen was Recidive sind. Damals
    wollt
er nicht hören; jetzt
    kann
er nicht hören. Was soll ich allso reden? – Mein Vater ist im Begrif mich bey dem gegenwärtigen Kammerdirector v.
    Wegner
die Erlaubnis auszuwirken, ein Auscultator auf dem Licent zu seyn. Die
    Steine
sind alsole so gut rangirt, daß ich mit geschloßenen Augen immer ziehen kann. Examen und der ganze Handel mit der Officin sind zurückgegangen oder stehen wenigstens gantz stark stille. Ob der bestimmte Nachfolger ein Mann nach Gottes Herzen gewesen sey, wird die Zeit lehren. Wir leben bisher auf dem besten Fuß mit einander, so lange wir
    uns für einander fürchten
. Vorigen Sontag that er mir des Abends die Versicherung ex abrupto, daß er mein wahrer Freund wäre, und daß er hoffe, ich würde der seinige auch noch
    werden
. Ich wünschte kalt die Erfüllung beyder Puncte zu sehen. Mein Alter hat mir schon ein paarmal im Vertrauen geklagt, daß er ihn anführe. Und über das Privilegium meinen alten Vater anzufahren bin ich sehr kützlich. Den zehnten Tag waren die Augen meiner jungen Katzen offen, aber mit meiner Hamadryade geht es nicht so thierisch sondern menschlicher zu. Der Instinct ist durch die Mechanik eingeschränkt, wenn der freye Wille ins unendliche algebraisirt. Wer kann Wind und Waßer gebiethen? Und ohne Wind und Waßer mag der Teufel seine Schindmähren mahlen, und nicht ich. In der Erkenntnis des Guten und Bösen übertrift sie alle Sophisten in diesem Jahrhundert – Dies Zeugnis wird ihr der verjüngte Abälard einmal schriftlich geben; aber
    gehorchen
– und das ist die einzige Bedingung, unter ich der ich im stande bin Dinge zu thun, die mir vor der Stirn nicht geschrieben stehen. Als Magd ist sie ohnedem schon dazu verbunden, geschweige wenn ich die Gefahr auf mich nehme sie ehrlich zu machen. Und diese Gefahr nehm ich auf mich, so bald sie meinen freyen Willen ihrer eigenen Ehre vorzuziehen aus Liebe im stande ist – Gott wird helfen Amen. Herr Däntler ist im Begrif nach Kurl. wieder zu reisen und ich habe das Vergnügen ihn auf die erwünschte Art in seines alten Brotherrn Hause versorgt zu sehen. Auch habe ich das Vergnügen einen sehr guten Menschen bey der für die Fr General. von Witten gefunden zu haben von einem lieblichen muntern Ansehen – – Endlich hab ich das Vergnügen Sie noch zu umarmen nebst Ihrer lieben Hälfte und Hausgenoßen. Mein Vater empfiehlt sich und ich nochmals Ihrem treuen Andenken, der ich mit aufrichtigster Gesinnung bin Ihr ergebenster Freund und Diener Hamann. HE. Däntler wird nächstens selbst schreiben und hat Hofnung einen guten Fang* zu thun. Moldenhawer ist heraus. Wegen Arnoldt habe bestellt. Leben Sie wohl. * einen Autor zum Hofmeister, der warlich mehr als ein Galimafree geschrieben! Kurl. v Liefland soll jetzt recht bevölkert werden. Wenn unser Freund den Hofmeister erräth, so will ich bey ihm in die Schule gehen. Grüßen Sie Hinz abermal. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner am Rand: Zu HKB 249 (II 213/30): Philemon. Nicolai. Aut. der Elegie. Zu HKB 249 (II 216/6): Apoth. Eschenb. Hume. Kunst.
Königsberg den 9 Jul: 63. Herzlich geliebtester Freund Diese Woche, habe mit Petro aus dem vorigen SonntagsEvangelio zu reden, mein Netz ausgeworfen, und den Anfang gemacht auf der Kanzelley des kneiphöfischen Rathhauses als Volontair zu arbeiten. – Ich bin mit dem Anfange so zufrieden, daß ich Hoffnung habe diese Arbeit eine Zeitlang fortzusetzen, ohne ihrer so bald überdrüßig zu werden. Eine Vorbereitung und Einweyhung von dieser Art zu Geschäften ist mir höchst nöthig und nützlich. Sie thut allen übrigen Absichten ein Genüge. Ich kann meine Neigung und Geschick mit Gemächlichkeit auskundschaften, und der Versuch mit Tabellen, Rechnungen v dergl. worinn ich zufälligerweise am meisten Gelegenheit gehabt mich zu üben, macht mir meine Ahndungen und den darnach entworfenen Plan meiner künftigen Lebensart ernsthafter als vormals. Weg hast Du allerwegen – – Ich finde zugleich, daß meine Gemüthsruhe und Geschmack am studieren mit dieser Zerstreuung zunimmt, und freue mich darüber. – An HE. Nicolai habe diese Woche mit Gelegenheit geschrieben und ein Exemplar des Mitauschen Intermezzo beygelegt, auch an Hofrath Michaelis nach Göttingen v 2 nach Hamburg an den Corresp. v. Nachr. zugleich abfertigen können. HE Kanter hat ein Haufen fr. Sachen bekommen. Folgende 3 nur angesehen. Lettre d’un Theologien, ou il est demontré que l’on calomnie grossierement St. Thomas quand on l’accuse d’avoir enseigné qu’il est quelque fois permis de tuer un Tyran et d’avoir posé des principes contraires à l’independance des Rois v la veritée vengée en faveur de St. Thomas par St. Thomas meme. beyde 762. Plaidoyer pour les Jesuites de France dans l’affaire du P. de la Vallette; Piece qui pourra servir de réponse au libelle diffamatoire qui a pour titre: Essais sur le Commerce des Jesuites. à Paris 62. ist vorzüglich vor jenen. Hiernächst habe das Journal des Dames vom von den 61 v 62 Jahr durchgelaufen. Mr. de Campigneules hat den Anfang gemacht, von dem noch einige Stücke nachher vorkommen v
    Romanen
geschrieben. Er ist Tresorier de France à Lyon. Mr. de la Louptiere hat es vom April 761. biß Sept. fortgesetzt auch eine Tragödie Melcinoé geschrieben. Mit dem Octobr hat es Mdme de Beaumer angefangen; die Folge so weit ich sie gehabt geht biß Sept. 762. Die Recensionen der Bücher für das Schöne Geschlecht v von demselben haben in diesem Journal den Vorzug trag. Ich habe einige Frauenzimmernahmen ausgeschrieben. Mme
    Bellot
hat reflexions d’une provinciale sur le discours de Mr. Rousseau, Melanges de litterature anglaise, Observations sur la noblesse; Mme
    Benoit
ein Journal en forme de lettres v mes Principes. Mlle
    Bermann
hat in Gesellschaft ihres Bruders, der als ein Advocat à la Cour souveraine de Lorraine ein andermal vorkommt den Preiß erhalten von der Akad. zu Nancy über die Frage: le quel seroit le plus utile dans notre Siecle d’ecrire des Ouvrages purement de belles-lettres ou de Morale? Mme de
    Colombieres
hat reflexions sur les causes des tremblemens de terre; Mme
    Fagnan
, Miroir des Princesses Orientales; Mme
    Kéralio
eine Uebersetzung von Gay’s Fabeln, Mme de
    Lezé
Lettres de Julie à Ovide
geschrieben. Mlle
    Faulques
heist die Autorin des Thierkrieges, des Abissai, triomphe de l’amitié, Prejugés trop bravés et trop suivis, Contes du Serrail. Die Briefe der Fanny Butler, Juliette Catesby, die Histoire du Marqu. de Cressy sind von Madame
    Riccoboni
.
Sonst habe in diesem Journal noch gefunden, daß Mr.
    de Graville
den ami des filles und l’homme vrai geschrieben. Avantures galantes de Mahomet, Prophete des Musulmans, histoire secrete, traduite du Persan müßen auch einige Aufmerksamkeit verdienen. Les journées physiques scheinen eine Nachahmung der Fontenellischen Gespräche zu seyn und der Fr. Gometz. Les impostures innocentes ou les Opuscules de Mr *** I. Partie. à Magdebourg 761. sind angekündigt als die amusemens d’un homme de lettres connu par la profonde condition et ses talens distingués, von denen man mit Verlangen den 2 Theil erwartet. In diesem soll Psaphion, die Menschen des Prometheus, Serpilla v Lilla und Ciname enthalten seyn. Mr. du Puy hat den Sophokles übersetzt und als ein Supplement zu Brumoy Theatre herausgegeben. Mes dix-neuf ans sind Poesieen von Mr. de
    Rozoi
,
der die Exemplare der letzten Theile dieses Journals mit sm Namen v sr Hand unterschrieben auch den meisten Antheil mit Mdme Beaumer an der Ausarbeitung zu haben scheint. Die Einrichtung dieses Journals hat nichts neues noch vorzügl. Die Memoirs pour servir à l’histoire de la vie et des Ouvrages de Mrs. de Fontenelle et de la Motte, tirés du Mercure de France 756, 57 u. 58 et du Dictionnaire de Moreri edit. de 759 par Mr. l’Abbé Trublet. Seconde Edit. corrig. et augm. à Amsterd. 759. möchten vielleicht in ihre Bibliothek gehören. Ist ihnen damit gedient, so bitte mir mit der ersten Zuschrift einen Wink darüber aus, weil nur ein einziges Stück meines Wißens hier ist, und vielleicht gar verschrieben. Im welchen Fall meine Vorsorge unzeitig wäre. Der Artikel im Morery über la Motte ist vom Abt Goiyet. Weil ich gestern mit Fontenelle fertig geworden; so werde heute damit anfangen. Sie kennen den sorgfältigen Sammler, und der kleinen Anecdoten, bon-mots und Sonnenstäubchen wegen ist das Werk für die Kritik v den Geschmack brauchbar genug. Dies sind die brochirten Schriften; von den ungebundenen werde nächstens reden. Commerells Predigten habe für mich behalten. Haben Sie Lust dazu einen ehrl. nachdrückl. alten Deutschen über das Erste Buch Mose neben dem Jesaias zu stellen; so melden Sie sich. Die Vorrede und 2 Probepredigten haben mich für den Inhalt des gantzen Buchs so eingenommen, daß ich ihn zu unsern Hausvorlesungen bestimmt habe. Herr Däntler hatte Hofnung einen gewißen HE. Schultz zur aufgetragenen Hofmeisterstelle zu überreden, der unsere beyden Magisters, den
    demonstrativischen
und
    bedenklichen
, von der Existenz gewißer Kleinigkeiten in ihrer Denkungs- und Schreibart benachrichtigen wollen. Ich zweifele aber, daß es zu Stande kommen wird. – Ich wollte nach dem Eßen fortsetzen. Der Schlaf überfiel und beym Aufwachen finde ich einen Besuch, der mich abbrechen läßt. Leben Sie wohl, liebster Freund, Mein alter Vater empfiehlt sich und Ihrem GeEhrten Hause. Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte, und ersterbe nach herzl. Begrüßung des HE Hinz Ihr ergebenster Freund, Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 250 (II 218/28): Lauson. Wagner 17 fl. Kulmus Phil. und Baucis revocatur bey Hartkn.
Königsberg. d. 25. Jul. 63. Hochwolgeborner Herr, Höchstzuehrender Herr, Gönner u. Freund! Gestern als vom achten Sonntage nach Trinitatis wurde mir aus hiesiger Kanterschen Buchhandlung die Fortsetzung ihres Katalogs von der letzten Meße zugeschikt. Weil meines Vaters ganze Haushaltung in die Vesper gegangen war, so war ich schuldig das Haus zu hüten. Unterdeßen fällt mir der gedachte Katalogus in die Hände u. indem ich lese, finde ich:
    Schreiben
,
    treuherziges
,
    eines Layenbruders im Reiche
p. Der Titel schoß mir ich weiß nicht warum? aufs Hertz, daß ich bald alles im Stich gelaßen hätte, um meine Neugierde zu löschen. So bald ich mich wieder besann, schämte ich mich meines Ungestüms, lachte ein wenig darüber u. kasteyte mich bis gegen Abend, da mir ein neuer Paroxysmus anwandelte, daß ich einen guten Freund beynahe zwang für mich in den Buchladen zu lauffen, ohne jemanden daselbst anzutreffen, weil es Sonntag war. Heute frühe gehe ich zur Kirche ins Montagsgebet, muß den Buchladen vorbey u. kann der Versuchung nicht widerstehen das
    treuhertzige Schreiben
mit in die Kirche zu nehmen. Einige Blike, die ich darauf geworfen hatte, machten mich so unruhig, daß ich nach verrichtetem Gottesdienste gleich zu meinem Freunde eilte, der nächst der Kirche wohnt, mein Frühstük immer fertig hält, der aber morgen Gott Lob! nach Kurland heimgehen wird, um mich zu guter Letzt bey ihm satt zu lesen u. satt zu trinken. Ew. Hochwolgebornen ersehen aus dieser langweiligen Erzählung, daß ich heute erst Dero treuhertziges Schreiben an den Widersacher
    gesehen
u.
    gelesen
habe, u. durch Dero großmüthige Antwort auf den Unfug dieses Splitterrichters wie
    aufs Haupt geschlagen
bin. Ich habe unmöglich unterlassen können Ihnen wenigstens Nachricht von Dero erhaltenem Siege zu ertheilen, da durch einen glücklichen Zufall an Dero HE. Verleger ein Paquet von dem meinigen abgefertigt werden soll. Es fehlt mir schlechterdings an Zeit mich gegen Ew. Hochwolgebornen
    ganz
erklären zu können; also will ich halbe Erörterungen unterdrüken. Seit 3. Wochen habe den Anfang gemacht, auf Dero Kanzelley des hiesigen Magistrats zu arbeiten um mich zu Geschäften ein wenig vorzubereiten, u. bin nach abgelegter Probe gegenwärtig im Begriff mich der Kgl. Kriegs- u. Domainen Kammer aufzudringen, um alle Autorgrillen mir gänzlich aus dem Sinne zu schlagen u. Kunstrichtern künftig den Mund stopfen zu können. Hiernächst liegt mir die Abreise meines letzten Freundes im Gemüthe, der morgen abgehen will u. mir treue Dienste seit seines hiesigen Aufenthalts erwiesen hat. Ein junger Mensch, der mir zu gefallen ein wenig Englisch u. Italienisch mit- u. mir alle saure Gänge oder verdrüßliche Handarbeit abgenohmen hat. So viel ich den Philologen kenne, dürfte ihn wol nichts so sehr als das Beyspiel seines ältern Bruders am Ufer des Mayns aufmuntern an seine
    Palinodie
zu denken u. auch selbiger seinen Schwanengesang zu machen. Sein Wahlspruch ist immer gewesen: Was ich geschrieben hab, das deke zu Was ich noch schreiben soll, regiere Du. Der Gott
    Daniels
sey Ihr Schild u. großer Lohn! Ich habe die Ehre mit aufrichtiger Ehrerbietung zu seyn Ew. Hochwolgebornen ergebenster Diener. Johann George Hamann. homme de lettres.
Königsberg den 26 Jul. 63. Herzlich geliebtester Freund, Herr Däntler ist heute abgereiset. Gott begleite ihn und bringe ihn auch bald nach Riga, wohin ich ihm eine kleine Commission aufgegeben. Sie werden ihn ohne Zweifel auf eine Nacht gern in Ihrem Hause und HE Hinz in seiner Stube beherbergen im Fall der Noth. Ich freue mich jetzt allein zu seyn und da ich alle Tage ausgehen muß, ist mir keine häusl. Gesellschaft so nöthig als ehmals. Noch geht es gut auf der Canzelley; ich bin aber willens mich diese Woche bey der Cammer zu melden mit einer Supplique die diese Woche fertig seyn soll wills Gott! an die ich mich aber fürchte zu denken. Ich freue mich daß HE Kanter nach Petersb. gegangen. Meine Rechnung habe bey ihm bezahlt und noch 50 fl. Bücher baar genommen. Jetzt werde ich eine Zeit lang fasten müßen und arbeiten um etwas zu verdienen. Meine eigene Wirtschaft fängt sich jetzt an. Miethe und Kost habe ich frey bey meinem Vater und 100 fl. jährl. Interessen mir reservirt. Wie ich damit auskommen und wie ich mich künftig einrichten werde, dafür wird Gott sorgen, der treue Schöpfer in guten Werken. Wegen Fontenellens Leben muß ich Ihnen jetzt eine andere Nachricht geben. Es wird ohne seine oeuvres in 10 Theilen nicht à part verkauft, die ich jetzt lese und die 2 ersten Theile durch habe, worinn die Dialogues, lettres galantes, les Mondes und Histoire des Oracles enthalten sind. Moldenhawer u Eschenbachs Samlung der Idealisten, die Fortsetzung des Catalogi und
    treuherziges Schreiben eines Leyenbruders im Reich an den Magum in Norden oder doch in Europa
erhalten Sie durch HE Däntler. Der Layenbruder im Reich ist der Herr von Moser, der willens ist, so bald er Minister ist, mich mit einem recht ansehnl. Gehalt zum Lehrer der langen Weile zu bestallen und ein seltenes Beyspiel an mir statuirt. Da ich diese 2 Bogen gestern erhielt und eben HE Hartknoch nach Frkf. am Mayn etwas besorgen muste, nahm ich der Gelegenheit wahr, selbst an diesen grosmüthigen Autor zu schreiben. Weil ich in der Unruhe mich verschreiben muste, so hab ich die Abschrift behalten, die ich Ihnen mittheilen will, weil ich ohne meine Schuld einen treuherzigen Ton darinn ausgedrückt habe, den ich bey mehrerer Muße und Kunst nicht erreicht haben würde. Hier ist Copia: Hochwolgeborner Herr        den 25 Jul. HöchstzuEhrender Herr – – Gönner und Freund! Gestern als am achten Sonntag nach Trinitatis wurde mir aus hiesiger Kanterschen Buchhandlung die Fortsetzung ihres Katalogs von der letzten Meße zugeschickt. Weil meines Vaters ganze Haushaltung in die Vesper gegangen war, so war ich schuldig das Haus zu hüten. Unterdeßen fällt mir der gedachte Catalogus in die Hände und indem ich lese, finde ich:
    Schreiben, treuherziges, eines Layenbruders im Reich
pp. Der Titel schoß mir ich weiß nicht warum? aufs Herz, daß ich bald alles im Stich gelaßen hätte um meine Neugierde zu löschen. So bald ich mich wieder besann, schämte ich mich meines Ungestüms, lachte ein wenig darüber und kasteyte mich gegen Abend, da mir ein neuer Paroxysmus anwandelte, daß ich einen guten Freund beynahe zwang für mich in den Buchladen zu laufen ohne jemanden daselbst anzutreffen, weil es Sonntag war. Heute frühe gehe ich zur Kirche ins Montaggebet, muß den Buchladen vorbey und kann der Versuchung nicht wiederstehen das
    treuherzige Schreiben
mit in die Kirche zu nehmen. Einige Blicke die ich darauf geworfen hatte, machten mich so unruhig, daß ich nach verrichtetem Gottesdienst gleich zu meinem Freund eilte, (der nächst der Kirche wohnt, mein Frühstück immer fertig hält, der aber morgen Gott Lob! nach Kurland heimgehen wird,) um mich zu
    guter letzt
bey ihm satt zu lesen und satt zu trinken. Ew. Hochwolgeboren ersehen aus dieser langweiligen Erzählung daß ich heute erst Dero treuherziges Schreiben an den Widersacher gesehen und gelesen habe und durch Dero grosmüthige Antwort auf den Unfug dieses Splitterrichters wie aufs Haupt geschlagen bin. Ich habe unmögl. unterlaßen können Ihnen wenigstens Nachricht von Dero erhaltnen Siege zu ertheilen da durch einen glückl. Zufall an Dero HE Verleger heute noch ein Päckchen von dem meinigen abgefertigt werden soll. Es fehlt mir schlechterdings an Zeit mich
    ganz
zu erklären; allso will ich halbe Erörterungen unterdrücken. Ich arbeite jetzt seit 3 Wochen auf der Kanzelley des hiesigen Magistrats
um mich zu Geschäften ein wenig vorzubereiten und bin nach abgelegter Probe gegenwärtig im Begriff mich der Kgl. Kriegs und Domainen Kammer aufzudringen um alle Autorgrillen mir gänzl. aus dem Sinne zu schlagen und meinen Kunstrichtern künftig den Mund stopfen zu können. Hiernächst liegt mir die Abreise meines letzten Freundes im Gemüth, der morgen abgehen will und mir treue Dienste seit seines hiesigen Aufenthalts erwiesen hat – Ein junger Mensch, der mir zu Gefallen ein wenig Engl. und Italienisch mit- und mir alle saure Gänge oder verdrüsliche Handarbeit abgenommen hat. So viel ich den Philologen kenne, dürfte ihn wol nichts so sehr als das edle Beyspiel seines ältern Bruders am Ufer des Mayns aufmuntern an seine
    Palinodie
einmal zu denken und aus selbiger vielleicht seinen
Schwanengesang zu machen. Sein Wahlspruch ist immer gewesen: Was ich geschrieben hab, das decke zu, Was ich noch schreiben soll regiere Du! Der Gott
    Daniels
sey Ihr Schild und sehr großer Lohn! Ich habe die Ehre mit aufrichtiger Ehrerbietung zu seyn Ew Hochwolgeboren ergebenster Diener Johann George Hamann homme de lettres. Ich habe einen großen Qvartanten des Mr. Bury gelesen über die Geschichte Philipps in 3 v Alexanders in 5 Büchern. Caracteres des Medecins ist ein artiger Auszug aus Mettries Ouvrage de Penelope. L’Europe literaire ein Journal von Januar. 62. biß Junius wo es sich schliest v die Fortsetzung unter der Aufschrift: Journal Britannique versprochen wird. Es fängt sich in Briefen an und mit viel Verachtung gegen Deutsche geschrieben. Ich habe darinn gefunden daß der bekannte Hurd einen Theil von Letters on Chevalry and Romance geschrieben. Ein großer Verehrer v Kenner der Italiener, der ihre Ritterideen der Mythologie vorzieht. So verächtl. der Autor beurtheilt wird, so wünschte ich selbige zu haben oder lesen zu können. Das Journal etranger avec l’année literaire von 62 hat mir desto mehr Vergnügen gemacht und dies ist das nützlichste v beste Werk, das ich in dieser Art kenne. Der Abt Arnauld hat jetzt die Aufsicht darüber. Ich habe darinn gefunden, daß Weise die Amazonenlieder geschrieben. Ich habe unter andern darinn eine Recension des Alemberts gefunden, die mir den Character dieses Mannes sehr verdächtig macht und mit meinen Empfindungen zieml. übereintrift. Ich glaube, er wird Präsident der verwaiseten Akademie werden pp. Lauson ersucht um den Ducaten durch HE Kanters Hand. – Kant arbeitet an seiner Preisschrift –, und ich habe dafür gesorgt den Abdruck der gantzen Samlung aus der ersten Hand wo mögl. zu bekommen. Gestern war meiner Hamadryade Geburtstag am Jakobs Zeichen quod felix faustumque sit! und heute ihr Namenstag, hinten und vorn gleich, in der Mitte doppelt. In meinen Einfällen – unter andern – dachte ich auch an den Ye-King, und von diesem canonischen Buche der Chineser hat Schumacher eine Abhandl. herausgegeben, die zu den übrigen von diesem Schriftsteller beatae imaginatiuae in Ihre Bibliothek gehört nebst einer andern von dem Ursprung der Deutschen, die noch schlechter ist als der Chineser ihre. Von Rechts Wegen. Der stärkste Zuwachs mr. Bibliothek besteht in der prächtigen Auflage der Spanheimischen Ausgabe des Callimachus die vom Ernesti besorgt worden. Sie wird jetzt gebunden als eine neue Zierde meines poetischen Faches, das aus der halben Welt Zungen besteht. Weg mit dem Gold Arabia! – aber mein Griechisches geht mich näher, daß selbiges so lange auf dem Nagel hängt. Wiewohl ich hoffe noch wieder im Gleise zu kommen mit Gottes gnädiger Hülfe. In Ansehung unsers Briefwechsels, Geliebtester Freund, finde auch für nöthig selbigen einzuschränken. Ich werde jetzt nicht eher schreiben, biß eine
    wesentliche Ursache
mich dazu
    nöthigen
wird; unsere gelehrte Kleinigkeiten lohnen die Zeit und das Postgeld nicht. Sie werden so gütig seyn sich an eben diese Bedingung zu halten und sich darnach zu richten. Kann ich Ihnen hier inn womit dienen und finden Sie
    keinen als mich tüchtig
dazu; von Grund der Seelen gerne und ich werde mit gleicher Freymüthigkeit in jedem Nothfall gleichfalls an Sie appelliren. Haben Sie eine Nachricht, von der Sie vermuthen können, daß mir daran gelegen wäre oder mir sonst etwas mitzutheilen: so werden mir dergl. Ausnahmen allemal angenehm seyn. Und ich hoffe daß wir beyde durch diesen freundschaftl. Vergleich gewinnen werden. Ich werde jetzt alles anwenden müßen um nichts zu versäumen und werde zu keiner rechten Gemüthsruhe kommen, biß ich auf eine gewiße Art versorgt seyn werde. Meinen Beruff und alle Hülfsmittel dazu werde nichts vergeben; aber auch meine Muße möchte nicht gern verschleudern. Sapienti sat. Zu einer neuen Lage gehört eine neue Denkungsart, neue Verbindungen, neue Angelegenheiten – Alles Neu. Gott wird helfen Amen. Mein alter Vater grüst Sie herzl. und Ihre liebe Hälfte umarme gleichfalls. Behalten Sie mich in treuem Andenken unverrückt. Leben Sie wohl und lieben Sie Ihren alten redlichen FreundHamann. Zu Commerells Wochenpredigten kann noch nicht anräthig seyn, so viel ich bisher daraus vorgelesen. Zu uns. häusl. Andacht reichen sie hin; aber dem Jesaias kommen sie nicht bey. Morgen früh soll ich zum HE Kammer Dir. v Wegnern hinkommen und meine Hand mitbringen. Ich habe eben jetzt einen Entwurf zur Supplique gemacht, die ich zur Probe bringen will um selbige auf den 1 Aug. einzugeben. Abermal eine Copia, mit denenr ich aber freundschaftl. das heist vorsichtig umzugehen bitte. Allerd. Großm. König, Allergnäd. Herr. Ew Königl. Majestät vergeben es huldreichst dem Geringsten Ihrer Unterthanen, der sich heute erkühnt die Bedürfniße seiner niedrigen aber ehrlichen Dunkelheit ans Licht vor Ew. Königl. Maj. Antlitz zu stellen. Ich beschließe Gott Lob! mit diesem Augustmonath das 33ste Jahr meines Alters und habe nach einer ziemlich willkührl. Abwartung des akademischen Laufes mir meine übrige Zeit mit Hofmeistern in Liefl. und Kurl. hierauf mit einer Reise nach Engelland unter dem Mantel fremder Angelegenheiten vertrieben und endl. die letzten fünf Jahre in meines Vaters Hause theils zur Aufmunterung seiner grauen Schläfe theils zu einer gelehrten Muße nach Herzenslustwunsch angewandt. Da eine unvermögende Zunge und Sprache, eine eben so empfindliche Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit mich zwar zu den meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen; ich aber gleichwol Gefahr laufen muß mein kleines Pfund mit den Musen zu verschlingen, und dann wie der verlorne Sohn im Hunger zu verderben: so bleibt die landesväterliche Weisheit und Vorsorge Ew. Kgl. Majestät für die Erhaltung und den Gebrauch eines unnützen Knechts sein erster und letzter Trost. Weil ich bloß für die lange Weile und zu meiner eigenen Demüthigung studiert habe: so will ich gern allen Ämtern entsagen, zu denen die Qualität eines Litterati sonst erfordert wird und kann mich weder auf andere irgend einige Verdienste beruffen noch auf andere Bedingungen einlaßen, als daß ich leserlich schreiben und zur Noth rechnen kann. Um gleichwol zu Geschäften mich einigermaßen vorzubereiten, habe ich seit einigen Wochen bey der Kanzelley E. hiesigen Magistrats mich zur Arbeit zu gewöhnen den Anfang gemacht, und bin durch diesen Versuch erweckt worden Ew. Kgl. Maj. um die gnädige Erlaubnis gegenwärtig anzuflehen bey Dero hochverordneten Kriegs und Domainen Cammer gleichfalls eine Probe meiner freywilligen Dienste ablegen zu dürfen in unterthäniger Hoffnung mit der Zeit als ein Invalide des Apolls mit einer Zöllnerstelle beym Licent oder bey der Accise zu seiner Zeit begnadigt zu werden. Gott, der dem Vieh sein Futter giebt und den jungen Raben, die ihn anruffen und Gefallen hat an denen, die auf seine Güte hoffen, wolle mich mit dem redlichen Eyfer und dem klugen Gehorsam ausrüsten, womit auch die kleinsten Befehle Ew. Königl. Maj. verdienen nachgelebt zu werden von allen treuen Unterthanen und Bedienten des glorwürdigsten Monarchen, zu denen sich als den kleinsten bekennt und auf dies Bekenntnis erstirbt Ew Kgl Maj. Allerunth. Knecht. Den 1 Aug. 63.
    Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König, Allergnädigster Herr!
Ew.
    Königliche Majestät
vergeben es huldreichst dem geringsten Ihrer Unterthanen, der sich heute erkühnt die Bedürfniße seiner niedrigen, aber ehrlichen Dunkelheit ans Licht vor Ew.
    Königlichen Majestät
Antlitz zu stellen. Ich beschließe Gott lob! mit diesem Augustmonath das 33ste Jahr meines Alters, und habe nach einer ziemlich willkührlichen Abwartung des akademischen Laufes, mit Hofmeistern in Lief- und Kurland, hierauf mit einer Reise nach Holland und England unter dem Mantel fremder Angelegenheiten, mir meine übrige Zeit vertrieben, endlich die letzten fünf (für das Vaterland trübe) Jahre in meines Vaters Hause theils zur Pflege seiner grauen Schläfe, theils in einer gelehrten Muße nach Herzenswunsch gelebt. Da eine schwere Zunge und Unvermögenheit der Aussprache, nebst einer eben so empfindlichen Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit zwar mich zu den meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen; ich aber zugleich Gefahr laufen muß das Theil meiner Gaben oder Güter bey einem längeren Umgange der Musen zu verschlingen, und dann wie der verlorne Sohn im Hunger zu verderben: so bleibt die Landesväterliche Weisheit und Vorsorge Ew.
    Königlichen Majestät
für die Erhaltung und Anwendung eines unnützen Knechts sein Trost. Weil ich blos für die lange Weile und zu meiner eigenen Demüthigung studiert: so muß ich allen Aemtern entsagen, zu welchen die Qualitaet eines Litterati sonst erfordert wird, und kann mich weder auf irgend einige Verdienste beruffen, noch auf andere Bedingungen einlaßen, als daß ich zur Noth leserlich schreiben und ein wenig rechnen kann. Um gleichwol zu Geschäften mich einiger maßen vorzubereiten, habe ich seit einigen Wochen bey der Canzelley E. hiesigen Magistrats zu arbeiten den Anfang gemacht und bin durch diesen Versuch erweckt worden
    Ew. Königliche Majestät
um die gnädige Erlaubnis gegenwärtig anzuflehen, bey
    Dero Hochverordneten Kriegs- und Domainen-Cammer
eine gleichmäßige Probe meiner freywilligen Dienste ablegen zu dürfen in unterthänigster Hofnung, daß es mir durch diesen Weg gelingen könnte als ein Invalide des Apolls mit einer Zöllnerstelle zu seiner Zeit begnadigt zu werden.
    Gott Selbst
wolle mich mit dem redlichen Eyfer und klugen Gehorsam ausrüsten, womit auch die kleinsten Befehle und Winke
    Ew. Königlichen Majestät
verdienen nachgelebt und erfüllt zu werden von allen treuen Unterthanen und Bedienten des Glorwürdigsten
    Monarchen
, zu denen sich für den kleinsten und letzten bekennt und auf das Bekenntnis mit pflichtschuldiger Devotion ersterben wird
    Ew. Königlichen Majestät
allerunterthänigster Knecht! Königsberg den 29 Julii 1763.Johann Georg Hamann. Johann Georg Hamanns / allerunterthänigste Bittschrift / bey /
    E. Königlichen Hochverordneten / Kriegs- und Domainen- Cammer
/ engagirt zu werden / mit der Erwartung einer künfti / gen Versorgung beym hiesigen / Licent-Accise- oder Zoll-Wesen. Auf der Höhe von HKB 253 (II 226/24) folgender Bescheid der Behörde am Rand: Supplicant hat sich bey der Kriegs- und Domainen Kammer Cantzeley zu melden, um daselbst als extraordinairer Cantzeley- Verwandter in Eydes-Pflicht genommen zu werden, bis zu seiner weiteren Versorgung sich etwa Gelegenheit findet. Signatum Königsberg den 8t. Aug. 1763. Königliche Preußische Kriegs- und Domainien-Cammer gez. Domhardt v. Wegnern Cupner Bertram Poehling
Franckfurt am Mayn den 26. Aug 1763. HochEdelgebohrner Herr Hochgeschäztester Herr und Freund. Nicht leicht bin ich auf eine angenehmere Art überrascht worden als da mir Ew HochEdelgebh. geehrtestes vom 25. Jul. überbracht wurde. Der Layenbruder hatte sein Schreiben an HEn Nicolai in Berlin überschickt, durch welchen ihm die Magi, l’Essai à la mosaïque u. einige andere Geisteskinder des lieben Philologen bekannt gemacht worden und von der Hochachtung, mit welcher die ganze Secte der Nicolaiten sich auf deßen Sujet geäußert, ließe sich weniger nicht, als eine richtige Besorgung jener gedruckten Antwort verhoffen. Es ist aber nicht geschehen und genug! daß sie auch ohne ihre Vermittlung an Ort u. Stelle gekommen, mir aber dadurch die Freude und der Vortheil einer unmittelbaren Bekanntschafft mit Ew. HochEdelgebh. erwachsen ist. So schäzbar mir solche zu jeder Zeit gewesen seyn u. bleiben wird, so ungleich wird sie mir über dieses durch den Zeit-Punct, in welchem ich Dero Schreiben erhalten habe. Sie erlauben mir, Hochgeschäzter Freund, daß ich von dem Krieg, wann je einer unter uns war, dißmahl schweige und mir bloß den Sieg zu nuz mache, den Sie mir auf eine so edle und herzliche weise beilegen. An dem Tag, an welchem ich Ihr Schreiben erhielte, ware mein Gemüth in einem würklichen Gedräng wegen eines Auftrags, der mir schon seit ein paar Monathen geschehen ware und deßen Befolgung überall Hinderniße und Bedenklichkeiten fande. Die Frau Erb. Prinzeßin von Heßen-Darmstadt ersuchten mich in Ihrem u. Ihres Gemahls, des künfftigen Landes- Nachfolgers Nahmen, Ihnen einen Instructorem zu Ihrem ältesten Prinzen zu verschaffen; die Eigenschaften, so sie von ihm verlangen, will ich mit eigenen Worten dieser weisen und vortrefflichen Fürstin darlegen: Il instruira mon fils sous les ordres et la Direction de son Gouverneur, il lui enseignera successivement tout ce qui fait partie des belles lettres, de l’histoire, de la philosophie, de la mathematique, il aura connoissance du droit public, il aura des sentimens dignes du vrai Chretien, sans cagoterie, sans bigoterie, une conduite sage, qui serve de bon exemple, beaucoup de douceur, et l’art, s’il se peut, de rendre ses instructions utiles & amusantes. Il sera tenu, de s’occuper 4. à 5. heures du tems avec mon fils. Les lecons seront données en Allemand, mais on desire, qu’il sache le français assés bien, pour connoitre à fond les ouvrages de literature écrites dans cette langue. On ne veut point de Theologien. Nach vielem Erforschen und Nachdenken hatte endlich zwo Personen ausfindig gemacht, welche die mehreste der verlangten Eigenschafften hatten und deren Herzens-Redlichkeit mir die Probe zu halten schiene. Bey beiden fanden sich zufällige Neben-Umstände, welche hinderten, auf sie Bedacht zu nehmen u. ich wurde um weitere Erkundigungen ersucht. Mitten in diesen Erwegungen erhielte ich Ew. HochEdelgebh Schreiben, ich blätterte in denen mir mitgeschickten Blättern und, ohne zu einem solchen Gedanken zubereitet zu seyn, aber auch ohne mich deßen erwehren zu können, dringt mir mit Macht aufs Herz:
    Der ists
, den du suchst; aus Mitternacht kommt Gold. Ich seze mich augenblicklich hin, schreibe der Fürstin meinen Gedancken, schildere, so gut ich kan, den Humanisten au torrent de Kerith und empfehle der gnädigen und herzlenkenden Vorsehung was aus dieser Inspiration werden solle. Heute erhalte aufs geschwindeste Antwort und zu meiner Legitimation so wohl als in dem gänzlichen Vertrauen zu Dero Rechtschaffenheit lege das Original- Billet, das im PSpt eines schon geschriebenen Briefs ist, hier bey. Sie schreiben, Theurer Mann, in der lettre néologique: Venés changer les ronces de ma petite ferme en parterres de fleurs; venés égayer le berceau d’un Humaniste; Sie rechtfertigen damit im voraus die Freyheit eines ohne Ihr Vor- und Mitwißen erweckten Berufs. Ein anders ist aber nun, wie Sie es ansehen? ob Sie Lust, Trieb, Freyheit und innern Ruf bey sich finden, aus dem Bach in den Strohm, aus der Stille in den Lermen, von dem Wahlplaz der Schriftsteller in das schwere Joch des Hofs und den MärtyrerRuf des Unterrichts eines Prinzen einzutretten. Ich würde Ihnen über das leichte und beschwerliche, über das süße und saure dieser Stelle an diesem Hof insbesondere mehr als nur Eine lettre provinciale zu schreiben haben, es würde aber am Ende allemal auf die zwo kurze Säze hinauskommen: In der Welt habt ihr Angst, aber in Mir habt Ihr Friede. Ich weiß kein Sans Souci als auf Golgatha; alles andere reducirt sich nur auf das plus & minus menschlichen Elends u. Freuden; Sie vergönnen mir daher, daß ich dieses wichtige Anliegen eben so starck auf Ihr Herz lege, als es auf dem meinigen hafftet. Die Wohlfarth eines nahmhafften Landes ist mit dieser Wahl so überaus wesentlich verbunden, u. wann man, nach etlichen schlechten Hirten noch Barmherzigkeit vor eine übel gehütete und aufs Blut geschorne Heerde verhoffen darf, so würde diß die Epoque seyn, wann das nun 10jährige Kind endlich einmal der Pflege, Wartung, Unterricht u. Treue eines Mannes zu Theil würde, der Großmuth und Menschenliebe genug hätte, in die villeicht noch nicht ganz verhärtete Massa dieser Fürsten-Natur Wahrheit einzupropfen. Wie sehr, wie sehnlich wünsche ich, daß Sie Aufschluß und Freudigkeit in Sich finden mögen, Kriton zu werden, wann auch aus dem Heßischen Marmor kein Socrat zu schnizen wäre. An der Fürstin werden Sie eine treue und sorgfältige Mutter, u. gewiße Unterstützung Ihrer Bemühungen, ein edles, großes u. erkänntliches Herz finden, das den Werth des Ihrigen zu schäzen wißen wird. Darf ich mich mit in Rechnung nehmen, so würde dadurch einer meiner allerangelegensten Wünsche erfüllt. Ich habe mich seit 10. Jahren dem Dienst dieses Hauses gewidmet und, ohngeachtet ich seit einigen Monathen aus der Verbindung mit dem Regierenden Herrn entsaget habe, so verbleibe ich gleichwohl in den fernern Pflichten des Nachfolgers und die Connexion der Sache macht mirs nothwendig, Ew HochEdelgb in engem Vertrauen zu melden: Daß mir auf den bey dem 72jährigen Alter des Reg. Landgrafen nicht sehr entferntem Veränderungsfall der erste und beschwerlichste Theil der Direction zugedacht und so aufgehalset ist, daß ich nach langem Verbitten und Wehren mich nicht davon loszusagen vermocht. Zu welchem Trost, Aufrichtung und Freude es mir also seyn würde, unsere Bemühungen zum Besten des künftigen und nachkünftigen Regenten u. so vieler nach Göttlicher Langmuth ihnen unterthänigen Menschen zu vereinigen ermeßen Ew. HochEdelgbh von Selbsten. Ich schreibe noch mit heutiger Post an die Fürstin wegen der Conditionen: Daß ich davor hielte, daß Ihnen nebst der ohnehin sich von selbst verstehenden freyen Wohnung cum pertinentiis und der Tafel mit den jüngern Fürstlichen Kindern (welche eine sehr Einsichtsvolle und rechtschaffene Gouvernante haben) jährlich 5. à 600 GuldenRheinl. oder 400. Thl. gut Sächsisch Geld zum Salario auszusezen – u. daneben die schriftliche Versicherung einer weitern nach Ihrem Geschmack, Neigung und Talenten einzurichtenden Versorgung u. Placirung zu geben wäre; es bestehe nun solche im Cabinet, oder bey einem Collegio oder auf der Universitaet, je nachdeme Ihnen eins oder das andere vorzügl. convenirte. Von den Reise- und Transport-Kosten Ihrer Bücher p ist ohnehin keine Frage. Ich melde alles dieses in der Absicht voraus, um Ew. HochEdgb desto mehreren Raum zur vorgängigen Prüfung zu verschaffen, anbey etwa auch zu veranlaßen, daß mit der Anbindung bey dem KriegsCollegio nicht zu sehr geeilet würde, weil das Losbinden so dann um so schwerer fallen möchte. Beurtheilen Sie übrigens den ganzen Vorgang nach der wahren u. aufrichtigen Hochachtung, die ich Ihnen gewidmet habe, die ich Ihrem schönen Geist und noch mehr Ihrem redlichen Herzen schuldig bin und die ich durch eine persönliche und Dienst-Verbindung noch mehrers zu begründen wünsche. Eine ungenannte Freundin, deren Nahme sich auch mit K. anfängt und die des Nahmens meiner einzigen Freundin durch ein Herz voll Himmel so sehr würdig ist, vereinigt mit mir Ihren Wunsch u. Sie soll es seyn, die Ihnen den ersten Trunck in einer der Freundschafft u. Wahrheit geheiligten Hütte einschencke. Sobald ich von der Fürstin (deren u. Ihrer Kinder jezige Residenz 26. Meilen von hier zu Bußweiler, eine Tagreise von Straßburg ist) Antwort erhalte, werde ich über alles um so positiver zu schreiben die Ehre haben. Doch noch Ein Wort, das ich meinem Eingennuz nicht versagen kan: Wann Ew HochEdelgb beharrliche Abneigung bey sich fänden, jener Stelle sich zu unterziehen, könnten Sie Sich gleichwohl nicht entschließen, auf einen andern u. noch independentern Fuß in hiesige Gegenden sich versagen zu laßen? Ehe ich mich aber darüber näher zu erklären im Stande wäre, müßte ich mir vorher eine vertrauliche Eröfnung Ihrer dermaligen Situation und deren Vortheile oder wahrscheinlichen Hoffnungen erbitten; da außerdem mein Antrag, so freundschaftlich er auch wäre, doch beleidigend werden könnte. Wenn es meinem Wunsch und Ahndung nachgeht, so hören Sie nicht nur nicht auf, Auctor zu seyn, sondern Sie werdens noch in dem Grad der Brauchbarkeit, der das bleibende Verdienst eines Ewigkeitsmäßig-classischen Schriftstellers ausmacht. Hier zu Land nisten keine Adler u. ihr Flug ist uns zu hoch, bey vielen Gänsen und Yah! findt und liebt man aber doch die gleich-originale Philomele und, wanns nicht anders ist, geht man auch manchmal, an statt zu fliegen, auf vier Füßen u. erschleicht das, was andere erfliegen. Ich schließe einen gegen meinen Vorsaz schon zu lang gewordenen Brief mit den Versicherungen der treuen u. aufrichtigsten Hochachtung darinnen ich unabläßig seyn werde Ew. HochEdelgebohren ergebenster Diener F C v Moser Fürstl. Heßen Caßel. u. Drstdt Geheimer Rath. Copia der Beylage. Le 23. aout. Ma lettre écrite et fermèe je reçus hier au soir la votre du 20; j’en ai rendu compte au pr. hered: qui paroit porté à prendre le Sr Haman pour instructeur de Louis, j’espere qu’avec tous les talens qu’il possede il aura celui d’enseigner avec facilité une partie de ses Sciences à mon fils, marqués-mois donc Monsieur les Conditions qu’il y auroit à Lui faire; Dieu veuille que cet cet homme soit tel que je Le desire pour former le Caractere moral de mon Enfant.
Königsberg den 4 Octobr. 63. Herzlich geliebtester Freund, HE. Hartknoch ist im Begrif morgen wills Gott! abzureisen. Ohngeachtet ich keine Zeit zum Schreiben übrig habe, übersende Ihnen gegenwärtigen Catalog im Namen eines guten Freundes, der selbige gern um einen billigen Preiß loß seyn will. HE. Fiscal hat ein wenig gar zu schnöde geboten; vielleicht sind auch einige für Sie darunter. Melden Sie mir den höchsten Preiß den Sie geben wollen, und suchen Sie Liebhaber zu den übrigen. Sie haben mir neul. in Ansehung der Erziehung aus dem Plato eine Aufgabe gemacht. Ich weiß nichts vorzügl. in diesem Autor hierüber gelesen zu haben und habe nicht Weile übrig nachzuschlagen. Außer
    Comenium
habe aus Schultzens Auction
    Socratis
und
    Sozomeni
,
    Theodoreti
v
    Euagrii
Historia Eccles.
gr. v latein.
    Philonis
Opera, graece et lat.
    Herodot
und
    Thucydides
gr. zu denen ich die deutsche Uebersetzungen einmal zu Hülfe zu nehmen gedenke und
    Xenophon
gr. et lat. erstanden nebst
    Eusebii Demonstrat
. Euangel.
v
    Sexti Empyrici
nach Fabricii Ausgabe, in die ich mich aber nicht finden kann, erstanden. Mit diesem reichen Zuwachs meiner Bibliothek werde mich auch wol auf eine lange Zeit behelfen müßen und können. HE. Foissardier besuchte mich gl. bey sr Ankunft, und habe einige recht vergnügte Stunden des Sonntags mit ihm zugebracht, ihm auch einen kleinen Brief nach Berl. mitgegeben, der vermuthl. der letzte seyn wird. Die Hamb. Urtheile sind hier nicht mögl. aufzutreiben; es wäre mir daher sehr mit einer Abschrift der Recension gedient nebst Jahr und Nummer des Stückes. In Holstein hat sich auch ein sehr zweydeutiger Bewunderer der Hamannschen Schreibart im Hypochondristen gefunden. Herr Geh. Rath v Moser hat mir mit aller Begeisterung eines Liebhabers und Freundes geantwortet, die vortheilhaftesten Vorschläge gethan – Beute genug für meine Autorschaft, eine reichere Erndte, als ich erwartet habe. Leben Sie wohl und nach den herzlichsten Begrüßungen von meinem alten Vater und mir an Dero sämtl. Haus und Hausgenoßen ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Hamann. Für Dero freundschaftl. Aufmerksamkeit in Beförderung des treuherzigen Schreibens statte den verbindlichsten Dank ab.
à Monsieur / Monsieur
    Lindner
/ Maitre és Arts et Regent / du College Cathedral de et / à /
    Riga
.
    Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König,
    Allergnädigster HERR,
Eben diejenigen Bewegungs Gründe, welche mich vor einem halben Jahr überredt haben Einer Hochverordneten Krieges- und Domainen-Cammer meine allerunterthänigste Probedienste aufzudringen, nöthigen mich heute um gnädige Entlaßung derselben
    Ew. Königliche Majestät
fußfällig anzuflehen, und getrösten mich zugleich einer gewünschten Erhörung. Außer einer gänzlichen Verzweifelung an der Möglichkeit, einer Copisten Hand und des dazu nöthigen Augen Maaßes jemals mächtig zu werden, dörfte die länger fortgesetzte Mühe einer sitzenden Arbeit den Verlust meiner Gesundheit unersetzlich und mein übriges Leben bald so köstlich machen, daß zum Genuß deßelben mir weder Mittel noch Raum blieben. Das Gesetz der Selbsterhaltung legt mir allso die Pflicht auf, eine angenehmere Zeit zu erwarten, die GOTT und der König dem Vaterland schenken wird. Mit dieser unbedingten Ergebung in den Göttlichen Gottes und des Königslichen Aller Höchsten Willen, die mich bis hieher vor unlauterer Menschengefälligkeit und niederträchtiger Menschenfurcht bewahrt hat, werde auch niemals aufhören zu seyn
    Ew Königlichen Majestät
  Königsbergallerunterthänigster Knecht den 30ten Jänner 1764.Johann Georg Hamann. J. G. H. / allerunterthänigste Bittschrift von / Er hochv. Königl. Prß. Kr v DC / seines bisherigen freywilligen Dienstes / bey der / Cantzley / entlaßen zu werden.
Königsberg den 1ten Februar 64. Herzlich geliebtester Freund, Jetzt hoffe ich bald wieder Othem schöpfen und wieder für meine Freunde leben zu können. Der Herr hat alles wohl bedacht Und alles alles recht gemacht. Zu neuen Kreutz giebt er auch neue Stärke und zu neuen Bürden breitere Schultern. Montags erhielt Ihre gütige Zuschrift sine die et Consule, eben da ich im Begrif war meine Entlaßungs Supplique zu mundiren, nach einer halbjährigen Probezeit auf der Cammer Canzley. Bey erhaltnem Bescheide werde ein mehrers mittheilen. Dieser Entschluß ist beschleunigt worden durch eine plötzl. Krankheit meines Vaters, der am Mittwoch Abends als den 25ten p. einen Schlagfluß auf der rechten Seite bekam, der durch göttl. Gnade und schleuniges Aderlaßen so erleichtert worden, daß sie wir zu seiner völligen Genesung Hofnung haben können. Eben jetzt den Anfang gemacht sich die halbe Stube auf und nieder tragen zu laßen, daß er also schon ein klein klein wenig den Fuß brauchen kann. Gott helf weiter! Dieser Zwischenfall hat den Knoten glückl. schneiden helfen, und mich in ein ander Joch gespannt, zu deßen Erleichterung Sie schon einen guten Sprung zur rechten Zeit gethan haben. Die Zeitungen nehmen Uebermorgen den Anfang, durch eine Nebensache, welche Sie aus dem ersten Stück errathen werden, die aber zum Fortgange unserer öffentl. und privat Absichten etwas beytragen kann. Wir müßen aus der Hand in den Mund leben, unterdeßen ruffen die jungen Raben nach Speise nicht unerhört. Ich hoffe also vor der Hand dies Zeitungswerk einzurichten und in Gang zu bringen. Wie lang das währen wird, weiß Gott. Uebermäßig Vertrauen und Lust habe wol nicht dazu; unterdeßen wird Zeit mehr lehren. Eben jetzt arbeite an Kants Beobachtungen über das Gefühl, die ich gern ein wenig umständl. und vorzügl. recensirt sehen wollte. Ihnen überlaße den 2ten Theil von Voltaires Geschichte Rußl. falls sie selbigen nicht haben, kann er ehestens HE. Hartknoch zugeschickt werden, der ihn weiter besorgen wird. Vom letztern können Sie auch näher den Hypochondristen und Mosers Samml. erhalten. Vergeßen Sie dies nicht, liebster Freund. – – – Das Siechbett Ihrer lieben Marianne geht mir nahe. Ich kann mir alles übrige leicht vorstellen. Tauschen Sie ja nicht mit einer gesunden Henriette – (Unter uns gesagt) – Wenn uns der Himmel nicht andre Schumacher beschert, so bleibt kein gesunder Fuß im Lande. In Ansehung der Bücher bleibt es bey der Abrede; so bald ich ausgehen kann werde alles abzumachen suchen. Das Geld von HE. Kanter werde haben, und so bald es bekommen, melden. Wegen des Transports auch mit sorgen helfen. Falls die Abschrift an HE Fiscal noch nicht geschehen, kann sie unterbleiben. Falls sie schon geschehen, kann sie Ihnen oder ihm zu weiterer Communication an gute Freunde dienen. Da Muße und gemeinschaftliche Arbeiten uns wieder verbinden, so hoffe ich, daß Sie bald in die vorige Ordnung unsers alten Briefwechsels treten und nichts von dem versäumen werden, was zum allgemeinen Besten der gemeinschaftl. Sache gereichen kann. So bald von ihren Schulhandlungen was aufstoßen wird, werde melden. Hat HE Prof. Murray nichts näher berichtet, wo diese Wochenschrift oder Monatsschrift erscheinen wird. Die
    Lindausche
Nachrichten unterscheiden sich. Daß jetzt eine Schulzeitung herauskommen wird, muß Ihnen schon bekannt seyn. Der Sammler in Erlangen scheint gleichfalls viel hinter sich zu haben; in der Ankündigung herrscht ein eben so solider als poßierlicher Ton. An eben dem Mittwoch, da mein Vater sn unglückl. Zufall bekam, hatte die 3 ersten Bände des Zachariä erhalten; heute einen neuen Praenumeranten bekommen und hoffe noch ein Paar. An HE Hintzens Cousine habe das Ihrige sogl. übersandt. Ich verlaße mich auf die Erfüllung seiner Zusage. Nach Ihrem Caviar wäßert mir der Mund. Gott wird sn reichen Segen über Ihre zeitl. Umstände auch ferner walten laßen. Bey mir ist der Philosophe de Sans Soucy etwas mehr als ein Titel. Daß er Jener ein bienfaisant für mich werden kann, verzweifle noch nicht. Aber Gedult ist euch noth, laß ich gestern und heute: Achtet es eitel Freude pp. Diese 2 Hügel sind höher und mehr werth als Roms 7 Berge. Nebst Kant ist Mosers Sammlung v Winkelmann Schreiben an einen jungen Liefländer über Bildung des Geschmacks auf diesen Monat meine schwerste Arbeit. Die übrigen mögen gerathen, wie sie wollen. Lausons vom letzten Theil des Artzts geht an; Philippi Briefe verdienen ein wenig mehr als seinen Leisten, unterdeßen würde sich auf seinem Gleise fortfahren laßen. D Bock, Borowsky versprechen Lieferungen – und wer weiß mehr. Im Musicalischen ist Marpurg hier bey der Lotterie und steht auch zu Diensten. Kypke im Philologischen; und der Zusage eines Ministers nach, wird ein coge intrare vielleicht gar an den Senat kommen. Sie können leicht erachten, daß ich mehr damit zu thun haben werde mich in gute Positur zu setzen als selbst zu arbeiten. Da ihr Aufsatz das 2te Stück ausmachen soll; so hoff ich doch wol, daß ich
    verstorbenen Candidaten Gebhardi
recht gelesen habe. Wegen der Hand sorgen Sie daß besonders Namen und Titel leserlich sind, streichen Sie lieber gantz aus und schreiben noch einmal oder hängen Sie hinten durch deutl. Zeichen an. Das Magazin sollte eine Unternehmung des HE Mag. Kant werden, die aber noch ausgesetzt worden – Er hält jetzt ein Collegium für den Gen. Meyer und se. Officier, das ihm viel Ehre und Nutzen bringt, weil er fast tägl. speist und mit einer Kutsche zu sn Vorlesungen geholt wird in Mathesi und Geographia physica. Durch einen Strudel gesellschaftl. Zerstreuungen fortgerißen, hat er eine Menge Arbeiten im Kopf,
    Sittlichkeit
, Versuch einer neuen Metaphysik, einen Auszug sr. Geographie Physik, und eine Menge kleiner Ideen, von denen ich auch zu gewinnen hoffe. Ob das wenigste eintreffen wird, muß noch immer zweifeln. Auf das Silentium Pythagoricum ding ich so viel ich kann, ohngeachtet ich vielleicht tauben Ohren predige. Von ihrer Seite verspreche ich mir ein freundschaftlich Gehör. Mein alter Vater grüßt herzl. und nimt als ein Mitgenoße des Leidens an dem ihrigen aufrichtigen Antheil. Erwiedern Sie Ihrer Marianne und erinnern Sie selbige durch Gruß und Kuß an die Zärtlichkeit Ihres alten Freundes. HE Hinz schreibe ehstens selbst, wenn er nicht schreiben will. Melden Sie daß HE M. Reusch mich heute besucht hat, und daß wir uns beyde gewundert haben nicht eine einzige Zeile seit – – Ich habe dreymal darnach gefragt, ehe ichs glauben wollte, daß es wahr sey, nicht eine einzige Zeile… O mein lieber Bruder Hintz, Du bist noch gröber als dein alter Socius dir vorkommt. Für den Streich will ich ehstens an Dich schreiben – – Diesen Posttag habe versäumen müßen. den 2 Februar. Der HE Doct. ist gestern Abend angekommen und heute frühe gleich nach Peterhoff gereist. In ein Paar Tagen wird er hier seyn und uns besuchen – – Heute ist mein
    erster Posttag.
Leben Sie wohl. Lauson bittet um das 13te Stück Ihrer Schuldhandl. das ihm fehlt, aber lieber ungebunden als gebunden. den 4ten. Das
    erste Stück unsrer Zeitung
ist zieml. verhudelt. Ihre Nachricht, falls es nach meinem Sinn geht, wird in dem nächsten Stück folgen. Ich habe selbige aber wieder meinen Vorsatz verkürzen müßen. Unter 100 Verdrüslichkeiten die ich zum voraus sehe erwarte ich keine größere als von dem Temperament meines Verlegers. Ich habe gestern Abend den Artikel von
    Philippi
anmuthigen Briefen durcharbeiten müßen. Von
    Borowsky
habe über die Briefe eines
    Chinesers
und
    Baumgartens Erklärungen des Briefs an die Hebräer erhalten
. Kanter will nichts haben als Mittel, die Bücher abzusetzen, welche er überflüßig hat, und Artikel, womit man per Düttchen trödeln kann, und die alle alte Weiber auf der Fischbrücke von Rechts wegen lesen müßen. Darauf geht sein TiefSinn, ohne daß er es selbst weis; und diese eigennützige und niedrige Absichten verheelt er sich selbst unter den prächtigen Redensarten vom Geschmack des Publici und dergl. mehr. Jetzt verspricht er sich alles von einem Stücke, das den so genanten
    Ziegenpropheten
angehen wird, dem zu gefallen
    morgen
eine philosophische Caravane angestellt werden soll. Ich vertraue Ihnen diese Angelegenheiten unter der Rose. Ohngeachtet man sich für Dinge, die man abgewartet hat, nicht sehr fürchten sollte: so ist es doch unangenehm dergl. Erwartungen so plötzl. erfüllt zu sehen. Mein alter Vater hat eine elende schlaflose Nacht gehabt, woran eine Colic schuld ist. Arm und Bein bekommen schon Gottlob! ein wenig mehr Bewegung und Lebhaftigkeit. Er schlummert jetzt ein wenig – – Grüßen Sie aufs zärtlichste Ihre liebe kranke Frau und HE Hintz. Bald ein Mehreres. Ich ersterbe Ihr treuer Freund und Diener Hamann. Caviar und Schulhandl. sind glückl. angekommen. Bald vergeßen den erstern zu kosten und dafür zu danken. Morgen ist Sonntag um das Fäschen zu erbrechen. Letztere habe den Anfang zu lesen gemacht, bin aber immer unterbrochen worden. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner am Rand: Zu HKB 257 (II 232/22): Extr. aus uns. Intelligenz Extract der Intelligenz Erlaubnis von Brief Zu HKB 257 (II 236/10): Hypoch. Recht. Lieblings Ton.
Königsberg den 22 Febr. 64. Herzlich geliebtester Freund, Gestern Nachmittags erhielt Ihren Brief und ersahe sogleich den Inhalt deßelben aus dem schwarzen Siegel. Danken Sie Gott, und Sie werden sehen Sein Heil. Sie haben keine Ursache sich über den Tod Ihrer Marianne zu erfreuen, welches der Fall mancher Wittwer leyder! ist, aber auch nicht übermäßige sich darüber zu betrüben. Sie haben beyde gelitten, und sind beyde erlößt. Ruhen Sie auch beyde in Gott von ihrer Arbeit sich aus. Marianne hat keine Abwechselung mehr nöthig; denn wo Sie ist, giebt es keinen Wechsel des Lichts und der Finsternis. Wir beyde liebster Freund! wandern aber noch im Jammerthal. Wir haben noch nöthig uns Brunnen zu graben, und bey dieser Arbeit durch Seegen erquickt zu werden. Wir sind noch unterwegs, und nicht daheim, leben noch unter beweglichen Hütten. Unser Schicksal kann noch beßer und schlimmer werden; wir wollen bey Zeiten darauf bedacht seyn uns beydes erträglich zu machen, mit gleicher Treue annehmen und wiedergeben, nichts sichtbares zu für unserm Eigenthum halten. Albus ut obscuro deterget nubila coelo Saepe notus neque parturit imbres Perpetuos: sic tu sapiens finire memento Tristitiam vitaeque labores. Horat. I. 7. Marianne und ich haben an einem Tage ihren Abschied erhalten; sie von der Welt ich von der Cammer, wie folgt: Sr. Königl Maj in Pr. laßen dem extraordinairen Cammer Canzleyverwandten J. G. H. auf deßen unterm 30ten pass. eingegebenes Vorstellen hiemit zur Resolution ertheilen, wie ihm auf sein Anhalten die gesuchte Erlaßung seiner bey der Kr u D Cammer Canzley bishero als extraord. Canzley Verw. geleisteten Probedienste hiedurch verwilliget werde. Königsb. den 8 Febr. 64. (wurde mir aber erst den 14ten Mittags überbracht) (L. S.) Domhardt v Wegnern Zilcher Cupner v Below Bertram Vorhoff Bergius. Die Rubrique des Meinigen war: J. G. H. allerunterthänigste Bittschrift von Er. Hochv. Kgl. Pr. Kr und D Cammer seines bisherigen freywilligen Dienstes bey der Canzley entlaßen zu werden. P. P. Eben diejenigen Bewegungsgründe, welche mich vor einem halben Jahr überredt haben E. Hochv. Kr u. DC. meine allerunterthänigste Probedienste aufzudringen, nöthigen mich heute um gnädige Entlaßung derselben Ew. Kgl. Maj. fußfällig anzuflehen und getröste mich zugleich einer gewünschten Erhörung. Außer er. gäntzl. Verzweifelung an der Möglichkeit einer Copisten Hand und des dazu nöthigen Augenmaaßes jemals mächtig zu werden, dörfte die länger fortgesetzte Mühe einer sitzenden Arbeit den Verlust meiner Gesundheit unersetzlich und mein übriges Leben bald so köstlich machen, daß zum Genuß deßelben mir weder Mittel noch Raum blieben. Das Gesetz der Selbsterhaltung legt mir also die Pflicht auf, eine angenehmere Zeit zu erwarten, die Gott und der König dem Vaterlande schenken wird. Mit dieser unbedingten Ergebung in Gottes und des Königs Allerhöchsten Willen, bis hieher vor unlauterer Menschengefälligkeit und niederträchtiger Menschenfurcht bewahrt, werde auch niemals aufhören zu seyn Ew. p Kgsb. den 30 Jänner 64. So weit ist Gott Lob! alles nach Wunsch gegangen. Mein alter Vater beßert sich Gott Lob! und kann schon allein ein wenig herumkriechen auch die Hand schon etwas wieder brauchen, aber noch keine Beinkleider tragen. Er hat gestern seinen alten Amtsbruder HE Brodtsag verloren, der an der Waßersucht gestorben. Den Brief hat mein Vetter Nuppenau selbst eingehändigt an Madme Courtan; HE Zeise habe anmelden laßen und HE Kanter eben jetzt ihre eigene Nachricht zu lesen gegeben. In Ansehung Ihrer Anfrage, gab er mir den Rath zu schreiben: Ich weiß nicht – – und HE M. Reusch gab mir neulich denselben Rath, weil er auch von nichts wuste. Der gute Bruder Hintz, deßen Ueberkunft ich jetzt eben erfahre, muß dahero am besten wißen. Auch eben jetzt höre, daß Däntler auf den Tod liegen soll. Gott steh ihn bey, wiewohl ich mehr Hofnung zu seinem Leben habe. Meine Gesundheit geht täglich ab und mein Gemüth verliert dabey immer mehr. Ich würde die Ausführung Ihres Entschlußes als ein Glück für mich ansehen, weil der Umgang eines einzigen Freundes zu meinen grösten Bedürfnißen gehört. Wenn Ihnen Gott eine kleine Thür hier öfnen sollte, so befragen Sie sich nicht mit Fleisch und Blut. Die Stelle beym Colleg. Fr. wäre nicht uneben. Ein kleines Fixum zu den Interessen des gesammelten würde Ihnen eine sehr anständige, gemächliche und nützliche Lebensart hier verschaffen können. Bockens Stelle ist auch noch unbesetzt und hätte ähnl. Vortheile. Ihren HE Bruder habe noch nicht zu Gesicht bekommen. Der schlimme Weg hat ihn dort fest gemacht und verzäunt. Das Zeitungswerk hat wenig Reitz für mich, und ich wenig Glück zu dieser Arbeit. Der Verleger hat mir 400 fl. angeboten und jährl. ausgemacht. Ich habe keine Lust einen Contract zu machen, und zweifle, daß ich so grosmüthig werde seyn
    können
umsonst zu dienen, unterdeßen denke mit einem halben don gratuit vorlieb zu nehmen und wünsche nichts mehr als die Freyheit einen alten Plan wieder fortsetzen zu können der mir noch immer im Sinn liegt. An
    Autorschaft
und am allerwenigsten am Recensentenamt soll mir gelegen seyn. Ich haße im Grund des Herzens beydes und unter allen
    Handwerken
ist mir keins unerträglicher – – Ihrer Recension des Voltaire, Hypochondristen, und wo mögl. ihre Austuschirungen von Kants Beobachtungen sehe mit
    nächster Post
entgegen. Sie können es an den Verleger addressiren, aber daß ichs zuerst zu sehen bekomme und für ihn verschloßen ist besonders in puncto des HE. M. Kants. Besorgen Sie einige Exemplaria ihrer Schulhandlungen an Kanter, weil er ungern recensirt, was er nicht selbst hat; und denn soll auch dafür gesorgt werden. Helfen Sie was Sie können; denn an Erhaltung und Einrichtung des Werks ist was gelegen. Noch geht es kläglich, unterdeßen wundere ich weit mehr, daß es möglich gewesen so weit zu kommen. Das 3te Stück wurde gelegt als eine ins Publicum dringende Sache, und deren Bescheid noch bey Hofe läge. Der Minister des 1. unterschrieb es, und diese kleine Rache gegen meine alte LohnhE. ist mir sehr sauer geworden. Sie müßen es nach den Hiesigen Horizont beurtheilen um die Größe des ästhetischen Bubenstücks zu schätzen. Vom Himmel her drohte uns vorige Woche auch ein Gewitter, das sich vielleicht nur verzogen, unterdeßen scheint das Glück sich der unzeitigen Geburten am meisten anzunehmen. Anstatt der Confirmation des Probestückes wurde uns mit einer abermaligen Anfrage bey der Cammer gedroht, die hintertrieben worden. Da der Nachbar mit vielen Bogen eingekommen und das Privilegium auf der Spitze steht: so ist die alternative
    desto mehr oder weniger zu
wagen keine moralische sondern politische Frage – – – Es ist uns daher daran gelegen zur Recension der Hiesigen Gelehrten zu eilen, da uns 3 gelehrte dazu einladen: K., Arnold und Moldenhawer. Was Sie besonders bey des Mittelsten Vernunft und Schriftsmäßigen Gedanken gefunden, davon ich eben den ersten Theil zu Ende geschlummert, vergeßen Sie doch auch nicht. Mein Auge und mein Gemüth ist nicht heiter genug, kaum seinen Wolfianismum zu beurtheilen, der mir gleichwol wenig aus der Bahn zu weichen scheint. Wißen Sie mehr die Qvellen seiner Methode als ich? Jeder von diesen Triumvirs hat sein besonder Feld, und erfordert auch einen besondern Ton. Ich habe mit Mühe gestern den gantzen Tag über einige steife Zeilen über die
    Geschichte eines jungen Herrn
zu Papier gebracht. Vielleicht komt der Versuch über die Verrückungen des Kopfs mit dem folgenden zu Ende, für den ich
    Marquis d’Argens und Cochois
zu liefern denke. Einen trocknen Auszug von den 3
    Lindauschen Stücken
habe auch fertig, der aber auch nichts taugt, und alles noch mehr Gerüste als Bau selbst ist. Von Hirzels Wirtschaft eines philosophischen Bauers möchte auch gern 4 Stücke machen, weil ich lieber gute Dinge abschreiben mag und bekannter machen, als unreife Früchte vor der Zeit liefern. Die Gründe des Ackerbaues werden in dieser Schrift gut entwickelt, eine Fortsetzung davon versprochen, und Praenumeranten vom Lande wünschen wir auch. Des Geh Commerc. Raths Bruder Jacobi gab gestern Hochzeit, das muste auch in die Zeitungen kommen, unterdeßen war es lieb Rammlers wegen, und sr Ode auf Hymen. Willamovius ist Verfaßer der Dityramben. Trescho hat mir auch neulich geschrieben, und die andere Hälfte Praenumeration überschickt für Graf Dohna. Er meldt mir daß die Literatur Briefe zu Ende gehen in sehr harten Ausdrücken. Dies war auch eine gute Epoque für uns. Ich wiederhole den Wunsch, daß ich es für ein großes Glück für mich ansehen würde Sie hier zu sehen, und überlaße die Erfüllung deßelben der Vorsehung. Mit Mutterhänden leitet Er Die Seinen stetig hin und her p Mit dem ersten Sonnenschein gehe auf den Roßgarten. Qvittung des HE. Sec. Thamms folgt hiebey. Die polnische Geschichtschreiber sind nach Curland gegangen. HE Kanter habe heute auch einen Schein gegeben 43 fl. von ihm genommen zu haben. Die Bücher liegen bey mir, vielleicht werden sie der Mühe überhoben nach Riga zu gehen. Melden Sie mir doch die gegenwärtige Zahl Ihrer Pensionairs und den Fuß ihrer Haushaltung. Lebt der seel. Marianne kranke Schwester noch, die bey Ihnen war und wo ist die andere? Caviar ist richtig angekommen und habe ihn beynahe ganz allein verzehrt. Noch kein Jahr hat er mir so geschmeckt, ohngeachtet er der Güte der Waare vielleicht eben nicht zuzuschreiben ist. Können Sie mir Nachricht von Daentler ertheilen, wird mir lieb seyn. Sie finden vielleicht auch Gelegenheit beyliegende Qvitung an HE. Fiscal zugleich zu besorgen, und schreiben selbst an letzteren wegen des ersten wahren Umstände. Mein alter Vater umarmt sie herzl. mitleidend und tröstend. Er hat dem SchulCollegen gestern den Verlust sr. alten redl. Wirthin angekündigt. Deßen Schlafsucht nagt mir das Herz ab und ich zittere für die Folgen davon. Bey so einem Gewicht auf dem Herzen kann der Witz nicht leicht seyn. Winkelmanns Geschichte der Kunst hab ich für mich behalten, das einzige Exemplar das Kanter
    meines Wißens
bekommen hat. – Ich werde jetzt so oft schreiben als ich kann; laßen Sie mich Mariannens Stelle in ihrem Herzen vertreten. Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey; aber die Gesellschaft einer Muse ist dem gantzen Thierkreys vorzuziehen. Gott wische Ihre Thränen von Ihren Augen und pflantze ein sanftes Lächeln im Innersten Ihres Busens, den ich an den meinigen drücke und hiemit mich Ihrem Andenken empfehle als Ihr treuer Freund. Hamann.
Königsberg den 14 März 64. Herzlich Geliebtester Freund, Auf Ihre Antwort mit Schmerzen gewartet und endlich selbige zu meinem großen Vergnügen erhalten. Ihr Entschluß ist nicht jähling noch neu für mich gewesen, weil Sie immer daran gedacht. Weil ich auf meinen Eigennutz nicht allein darin sehen kann: so werden Sie mir eine freundschaftliche und vertrauliche Erklärung nicht übel nehmen. – Ihr HE Bruder der Doctor ist vorige Woche mit sr Frau hier angekommen und ist willens gewesen heute von hier aufzubrechen und über Litthauen nach Curl. zurück zu gehen. Ich entdeckte ihm etwas von Ihren Gesinnungen für ihr Vaterland; er wurde gewaltig aufgebracht und versprach alles mögliche zu thun Sie daran zu hindern. Gestern besuchte Ihre liebe Mama und an statt einer Freude über die neml. Nachricht, hörte ich das Echo von des HE Bruders Gründen, zu denen ich weder das gröste Vertrauen habe, noch wenig Geschmack darinn finde. Sein ganzer Roman, den er hier gespielt, und von dem ich nichts als Fragmente weiß, hat mehr Lächerliches als edles an sich. Ein verliebter Mann, der sich und die Welt nicht kennt, bey dem man aber eine größere Kenntnis von Rechtswegen voraussetzt, der sich aber gegenwärtig gefallen läßt mit der falschen Münze bezahlt zu werden, womit er andere hat befriedigen wollen. Die Kunst zu leben beruht nicht auf Kleider, Worte und Mienen; sondern es gehören Werke und Empfindungen dazu, Erfahrung und Aufmerksamkeit. Die Fr Räthin ist durch das Unglück, das sie vor Augen sieht, so eingeschreckt, daß sie Ihre Umstände mit seinen sehr unrichtig verwechselt. Der Fall ist bey Ihnen gantz anders als hier. Den weisen Rath, noch ein Paar Jahre wieder Neigung und Gewißen einen Dienst in der Absicht zu behalten, damit man desto mehr sammeln kann, mag ich eben nicht billigen. Muthwillig sich aus guten Verfaßungen zu setzen, ohne Noth und Beruf, wäre noch leichtsinniger. Unterdeßen liebster Freund kann ich Ihnen 2 Fehler nicht verheelen, die Ihrem Glück ehmals nachtheilig gewesen sind und wodurch Sie selbiges hier wieder verhudeln können. I. Vertrauen Sie sich Ihren Feinden nicht an II. Bitten Sie nicht, wenn Sie fordern können. Alle die kleinen Füchse von Philistern, die sich jetzt ihnen vertrauen und gegen die Sie nicht behutsam gnug umgehen können, sind imstande gnug ihnen zu schaden und haben jetzt wenig Einfluß mehr Ihnen würklich behülflich zu seyn. Wenn Sie nicht die Rolle eines Betrügers mit ihnen spielen wollen, so lohnt es gar nicht sich mit diesen Werkzeugen zu befaßen. Wißen Sie einen Weg in Berlin zu arbeiten, so ziehen Sie solchen den hiesigen vor. Nur kein Wort an Kr. Die Adjunctur beym Colleg. ziehen Sie vor. Dringen Sie auf die Gründe, daß Sie ihr Vaterland mit einem Nachdruck wiedersehen – Ob Ssie sich an Pr. Dom. oder den Etatsminister v B. gerade wenden. Den letzten würde Ihnen anräthig seyn, aber durch einen Mediateur.Jetzt eben erhalte eine Einlage von der Mama und die Nachricht daß die Amtmannin diese Nacht um 4 Uhr angekommen. Wie mein Freund, wenn Sie selbst herkämen auf 8 Tage auch noch kürzer und das Land kundschafteten – Ihre Mama zittert für alle Vorschläge einer Ehe von einer gewißen Parthey, die sehr eilfertig sich v andere tröstet. Auch als bloßer Magister würden Sie mehr Zuhörer als jene Patienten finden. Unterdeßen wird Gott selbst Ihr Wegweiser seyn. Ich warte des Landesvaters Herkunft ab um mich meinem Schicksal zu überlaßen. Erschrecken Sie für keine Schwierigkeiten die Inspectorstelle zu erhalten; der Glaube macht alles möglich. Es müste denn seyn, daß Sie keine Lust an dieser Stelle hätten. Melden Sie mir Ihre Meynung darüber und alles, was in dieser Sache schon vorgefallen. Ich warte mit Schmerzen darauf. Wenigstens will ich mich hier so viel erkundigen, wieweit diese Stelle von der Regierung oder Cammer abhängt, und mir Mühe geben etwas hier auszuforschen. Keinen Posttag Zeit verlieren Sie. Gelegenheit bey Braxein nachzufragen ist hier. D. Arnoldt gönnt Ihnen die professor Stelle der Poesie, um Sie vielleicht von der Spur abzulocken. Wenden Sie alle die Hülfsmittel, die HE D. verachtet, auf ihre Mühle an. Gesetzt daß Sie schrieben an den Patron und ihm ihre Neigung zum Vaterlande, die durch den Verlust der seel. Marianne verstärkt worden, entdeckten, auch sich näher verlauten ließen, wenn Sie sich sr. Protection versichern könnten. Vielleicht frägt er Sie, worinn er Sie dienen kann. Legen Sie ihm diese Frage wenigstens in den Mund und schreiben Sie mehr im Geschäfte als witzigen Ton. Denken Sie kein Wort an Verwandtschaft sondern an seine Verdienste und Pflichten ein Landskind zu versorgen, das auch Verdienste habe und seinen kleinen Fonds am liebsten in sr Heimath verzehren würde, drücken Sie sich desto stärker und nachdrücklicher von der Verfolgung aus, die Sie expatriirt, und unter sr. Verwaltung nicht länger zu befürchten hätten, von der Sie wünschten einige Wohlthaten auch für sich einzuerndten. Eine dreiste herzliche Sprache scheint diesem Mann nicht unangenehm zu seyn. Sagen Sie ihm mit einer Art von Vertraulichkeit, die Sie nicht aus Furcht gegen ihre hiesige Feinde mehr, sondern aus einer Vorsicht wegen Ihres dortigen Aufenthalts verschwiegen wißen wollten. Herr D. Büsching hat sich wieder Vermuthen über Ihre Recension beleidigt gefunden und den ersten Bogen von sn Petersburgschen Nachrichten habe gestern via des ordentl. Correctoris D. Bock durchgesehen. Das erste Gedicht scheint von sr. Frau zu seyn; hinc illae lacrumae. Wer das gewußt hätte – hätte ihr mehr Gerechtigkeit wiederfahren laßen. Das französische ist von einem Mitgliede einer andern Gemeine, der den seel. Mann in einer Schultverhältnis zu von 1:12000 Rubel besungen. Wie kann der Recensent bey sn eignen Nachläßigkeiten ihm dergl. vorwerfen? Aqua haeret. Das Journal komt von der Schule, unter sr. Aufsicht heraus und des Inspectors ist darinn rühmlich gedacht als eines treuen Mitarbeiters. Kurz HE D B. hat in 2 Briefen an dieser Recension wiedergekäuet und selbige nicht verdauen können. Das 1. Stück beträgt 20 Bogen und kommt auf Ostern vielleicht heraus. Der 2te Theil von Voltairens Historie ist darinn auch recensirt, das Mst. der Recension ist aber noch nicht hier, hat ausdrückl. verbeten etwas davon in die Zeitung zu rücken. Der XVIte Theil der Litteraturbriefe ist endl. heraus und wird übermorgen in die Zeitungen kommen, hauptsächlich wegen des Winckelmanns. Des Layenbruders Brief ist eingerückt. Der Thornsche Briefwechsel und Hirtenbriefe werden zieml. mishandelt; ihren Schulhandlungen wird ein Nachgericht gehalten. Ich habe es aber für ungeschickt gefunden diesen Punct zu urgiren, und die Gelegenheit aufgeschoben. Ein halbes Wort zu sagen lohnt nicht und zum gantzen Wort war nicht Raum. Sie thun am besten, wenn Sie Ihre Empfindlichkeiten unterdrücken und Ihnen das letzte Wort laßen. Die Kritik ist gewißermaaßen Apolls Dienerinn und sie führt ihr Schwert nicht umsonst. Den unrechten Gebrauch muß sie selbst verantworten und einen Proceß gegen Ssie zu gewinnen würde Ihnen zu viel kosten. Das Piano und Forte ist der höchste Geschmack in der Politic und Music. Den Beschluß von dem Scholiasten sehe mit Ungedult entgegen, um zu beurtheilen, wie viel ich davon brauchen kann. Kürze im Ausdruck ist eine Hauptbedingung, weil wir so viel möglich ein Stück zu jedem Buch bestimmen, höchstens 2. Um diesen starken Geist zu binden gehört ohnedem eine größere Stärke und Geschwindigkeit, und dies muß dem Leser und Gegner in die Augen fallen. Mit Capituliren und Schwatzen ist er ohnedem unerschöpflich. Ich habe jetzt 8 Tage beynahe Muße und wünschte doch gern, daß er dem Arnoldt vorgienge. Dies wär mögl. wenn der Beschluß ihres Anfangs bald genug ankäme. Ihren Extract des Intelligenzwerks würde gleichfalls verkürzen müßen, wenn er eingehen soll. Noch ein glücklicher Einfall. Eine Recension der Dithyramben habe erhalten die mir Genüge thut. In dem Journal etranger 1760 Decbr soll eine Abhandlung von den
    Dithyramben
stehen, die ursprüngl. französisch geschrieben zu seyn scheint. Sollte ihr HE Nachbar der die Encyclop. besitzt nicht dies Journal haben und sie mir eine Abschrift oder vollständigen Auszug daraus verschaffen können? HE. D. hat sich heute zur Ader gelaßen – Ich schreibe nächstens mehr. Vergeßen Sie mich auch nicht. Muntern Sie sich auf – Halten Sie allein uns. Zeitungen oder haben sich dort mehr Liebhaber gefunden? Mein alter Vater beßert sich Gottlob und das Electrisiren hat ihm gute Dienste gethan. Er empfiehlt sich Ihnen herzlich und wünscht viel Glück zu Ihrem guten Vorsatz. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund und ergebener Diener H.
Königsberg den 16 März 64. Herzlich geliebtester Freund, Ihren Beytrag aus Constantinopel gestern erhalten. Wollen Sie nicht erlauben, daß ich die Aufschrift
    Riga
mache, mit der Geschichte anfange und darauf das Buch anführe? Ich habe sie erst befragen wollen, aber ich sehe hier nichts was uns verbieten sollte den Ort zu verschweigen. Die Bücklinge erwarte und danke herzlich zum voraus dafür. Halten Sie nicht die Zeitungen selbst? Sind selbige etwa dort zu theuer oder woran liegt es? Sie haben nur erst das 1ste Stück erhalten und haben mir doch schon über den Inhalt des 3ten etwas geschrieben. Haben Sie letzteres wo in Curl. gesehen, oder packt SIhnen HE Hartkn. etwa bey Gelegenheit ein Stück bey. M. Siebert Ihr HE Schwager besuchte uns gestern unvermuthet und veranlaßt eigentl. gegenwärtiges Schreiben. Seine Absicht war ein Gericht electrischer Funken für einen kleinen Spasmum am rechten Zeigefinger; sich aber gegen mich Ihrenthalben zu erklären schien ihm eben so dringend zu seyn. Auf sein dringendes Vorstellen soll ich Ihnen folgende Umstände berichten. Ihre Achtsamkeit ihm den Tod Ihrer seel. Marianne notificirt zu haben, schien ihm sehr gefallen zu haben, weil er in puncto des Wohlstandes mit dem HE. Bruder sehr unzufrieden ist. Er sagte mir also eine Menge von Wegen die er sich Ihrentwegen gemacht hatte, beym Gen. Feldm. Lehw. dem Praes. Domh. dem Canzl. Kowalewski, D. Arn. p. Beym dem ersteren hat er gefragt, ob er sich Ihrentwegen bey dem GehR. v. Reck oder Crusemarck melden könnte? Der erstere hat nichts, der letzte aber alles darinn zu thun. Daß Crusemarck das academische Departement hat, weiß ich aus der Kanterschen Sache und Blumenthal dirigirt academica. Der Präsid. ist willig gewesen alles für Sie zu thun, sobald Sie anklopfen würden. Kow. hat Ihnen übel genommen daß Sie bey Ihren letzteren Hierseyn so viele Besuche abgelegt und ihn vergeßen hätten, scheint aber deswegen Ihnen nicht zuwieder zu seyn. Arnoldt ist politischer und nicht so geneigt als die Mama sich einbildet und mir gleichfalls versichern wollen. Ihr Schw. Steinkopf meynt; Sie sollten ohne Ruff niederlegen. Der andere hält dies für unsicher und nicht so rathsam. Letzterer dringt darauf keinen Posttag zu verlieren und sich gleich zu melden. Weil die Acad. für Pisansky herausgegangen und noch keine Resolution erhalten: so kann sie füglich sich ihrer nicht annehmen; und weil es am wenigsten auf sie ankommt, so hat dies auch am wenigsten zu bedeuten. Es hat so mit diesen einen Hacken wegen des Rectorats, das er nicht Lust hat darüber niederzulegen, und auch nach den Gesetzen nicht zugl. behalten kann. Die Adjunctur beym Collegio ist nur als ein Accidens anzusehen, das Sie allemal erhalten können. Es hängt am meisten von dem Oberburggräfl. Amt ab, und folgl. von der Regierung. Ich wünschte also liebster Freund, daß Sie wenigstens den Rath folgten keine Zeit zu verlieren, und sich an den Praesidenten schlügen, auf nichts ihr Augenmerk richteten als auf die Prof. poes. weil selbige noch vacant ist und die höchste Zeit. Eine directe Bewerbung bey der Akademie um die Stelle ist vergebens, weil 1.) selbige sich nicht wiedersprechen und 2.) nichts entscheiden kann. Klugheit und Wohlstand harmoniren daher in dem Punct, daß Sie nicht directe suchen. Sie würden also diese Beleidigung gegen ihr
    gegenwärtig Vaterland
und gegen Ihren jetzigen Character wohl entbehren können. Eine förml. Vocation von der Academie ist eine gleiche Unmöglichkeit und wäre gewißermaaßen eine Demüthigung für selbige, mit der Ihnen auch nichts gedient wäre, weil Sie auf diesen Fall gleichfalls Ihr gegenwärtig Vaterland und ihren jetzigen Character beleidigen müsten, wenn Sie diesen Ruf vorziehen wolten; es wäre denn daß s Sie ex speciali gratia geruffen würden. Eine Abdankung ohne Ruf, nach Ihres Schwagers Steink. Ausdruck aber nicht nach seinem Sinn, würde also immer den Vorzug behalten meines Erachtens. Um sich hiezu geschickt zu machen, melden Sie den Präsidenten: daß Sie
    mit der poetischen Stelle gern für lieb nehmen möchten, wenn er Ihnen Mittel versprechen könnte die Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, warum Sie eben so wenig um diesen Dienst anhalten könnten als die Academie gegenwärtig im stande wär Sie in Vorschlag zu bringen
. Da Sie die Academie nicht gern in die Verlegenheit setzen möchten ihre Intercession für einen andern zurückzuruffen; so wollten Sie den Hies. Rath noch ungerner beleidigen, daß Sie im Besitz einer ansehnlichern Stelle sich das Ansehenen Verdacht geben möchten die hier genoßene Gunst nicht nach Würden zu verdienen. M. Kant drung ungemein darauf an Ihre Zurückkunft gleich zu arbeiten und hat mir recht sehr angelegen meinem Verleger dies bey sn häufigen Besuchen bey v Brax. Exc. aufzutragen. Wegen des Todesfalls wird er auf die Woche erst hingehen können. Schreiben Sie zum voraus an Domh. so kurz, höflich und confident als mögl. und halten Sie ja in ihrem Briefwechsel mit Subalternen von ihren Absichten zurückzukommen an sich. Ich erwarte einen kleinen Wink über die Ihre Maasregeln, wie Sie mir versprochen haben, und wiederhole nochmals keine Zeit zu verlieren sondern Hand ans Werk zu legen. Mit meinen Arbeiten geht es langsam und kaum von der Stelle. Ich gehe in der Irre wie ein verloren Schaaf und finde weder aus noch ein. Von Ihrem Vorsatz den Hipparin abdrucken zu laßen, habe erst gestern erfahren. Wie soll ich mich jetzt wegen Besorgung der Recension verhalten. Die Schulhandlung oder den Abdruck recensiren laßen? Geschieht ersteres so wird ihre Absicht in Ansehung des Unbekanntbleibens nicht erreicht. Erklären Sie sich darüber. Wißen Sie nichts aus Braunschweig? Auf die Woche bin ich willens zu schreiben. D. Bock hat die Beschreibung vom Saturgusschen Cabinet eingeschickt, die auch zu lang ist. Criminal Rath Funck des Pipers Markenrecht in Westphalen scharf aber auch zu weitläuftig recensirt.
    Kants
Recension
    von Silberschlags
Erklärung der vor einigen Jahren erschienenen Sonnenkugel ist das letzte Stück von ihm und kommt vielleicht im nächsten Stück, mit einem lateinischen Gedicht des seel. Trib. R. v. Werner auf den Frühling von Lauson eingeschickt. – Kanters Schwester wird heute beerdigt. Vielleicht mach ich noch morgen eine Beylage, wenn mir was einfallen sollte. Entschuldigen Sie mein flüchtiges und stumpfes Geschmier. Sie können sich nicht vorstellen wie mir an Gemüth und Leibe zu muth ist. Ich umarme Sie nach ♡l. Begrüßung meines Vaters und ersterbe Ihr treuer Freund H. Grüßen Sie Hintz und ermahnen ihn daß er fortfahren soll bisweilen an mich zu schreiben, biß ich mehr im stande seyn werde ihm zu antworten. Vale.
Königsberg den 21. Mäyrz 64. Herzlich geliebtester Freund, Mit
    Arnold Gottlob! eben fertig
und dem
    Verleger der Kgsb. polit. und gel. Zeitungen zu beliebtemigen Gebrauche
überschickt. Kann so ziemlich mit dieser Arbeit zufrieden seyn; ihr Schicksal steht in Apolls Hand. Einlage giebt mir Anlaß zu schreiben und sie um Briefe zu mahnen, die ich vielleicht morgen erhalte. Herr Bruder ist wieder mein guter Freund, hat uns Sonntags besucht und ist abgegangen. Sie werden ihn also bald sehen. Er meynt, Sie sollten des Braunschweigers Zurückkunft abwarten, und ihn zu ihrem Nachfolger zu machen suchen. Ein guter Gedanke und frommer Einfall, der mir zu künstlich scheint als daß er wahr werden sollte. Diese Woche denke mit Gottes Hülfe nach Braunschweig zu schreiben. Ich will mich heute erholen, weil ich wieder Vermuthen ein wenig mehr gearbeitet, als ich mir noch zutraue. Was macht Hinz? Grüßen Sie ihn doch. Ich kann noch nicht antworten, laß ihn doch nicht gleich aufhören an mich zu schreiben. Ich erwarte durchaus auch Beyträge von ihm. Hippel wird den Charfreytag besingen und Härder den Oster Montag. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund und Diener Hamann. Noch sind keine Bücklinge angekommen.
Königsberg den 31 Mäyrz 64. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe mir schon deshalb selbst Vorwürfe gemacht, daß ich mit letzter Post nicht geschrieben: es sollte aber nicht seyn, und ich bin jetzt im stande mehr zu schreiben. Ihre Eingabe höheres Orts ist durch meinen Verleger den
    Tag nach Empfang
gleich
    bestellt worden
. Er war nicht willens dazu (denn ich habe in allem mit ihm darüber conferirt), aber weil es ihr eigner Trieb gewesen und durch Ueberlegen man nicht weiter gekommen wäre: so hab es für meine Pflicht gehalten ihren Willen so bald als mögl. zu erfüllen. Es fehlte mir nicht an Einwendungen; aber ich habe selbige auch beantworten können, und ich wünsche und hoffe, daß alles zu Ihrem Besten ausschlagen wird. Ihr Einfall zu einer Geldbuße hat mir das sicherste und geschwindeste Mittel geschienen. Ich billige diessen Entschluß in concreto oder in Betracht der mir bekannten Umstände und Ihrer gegenwärtigen und vorigen Verfaßung, habe also nach meinem
    Gewißen
gehandelt. Laßen Sie sich denselben also nicht gereuen. Ihr Schwager M. S. war eben bey uns, daß ich ihm Ihren Brief einhändigen konnte. Weil Steinkopf nicht eines Sinnes mit ihm gewesen, hat er ohne ihn Antwort an Geh. R. Krusemark nicht geschrieben; sondern erst ihren Brief abwarten wollen. Gestern schickte er mir das versprochene Empfehlschreiben und ich habe es gleich bestellt. In Ansehung des mir anvertrauten Briefes bin noch denselben Tag zur Mama hingelaufen, mit der Bitte Ihren Brief an Pr. D. zu versiegeln und bestellen zu laßen. Sie ließ sich diese Abrede gefallen, hat aber nur das erste gethan und mir denselben versiegelt wieder zugeschickt, um den M. S. diese Commission der Bestellung und Einhändigung an den Pr. D. aufzutragen. Weil sich dieser am Besten dazu schickt und ich nicht zweifele, daß er es gern übernehmen wird: so habe auf keine andere Wege gedacht, sondern erwarte ihn morgen oder übermorgen. Ich habe nichts an Ihren Berlinschen Brief gedacht, weil ich nicht wuste in wie weit dies eben nöthig und schicklich wäre, da ich den M. S. nicht genug kenne, um Ihre und meine Gesinnungen ihm völlig anzuvertrauen. Er weiß also nichts davon. Mein Verleger hat mit dem Min. v. Br. gesprochen, der Ihnen nicht zuwieder zu seyn scheint, aber vermuthet, daß Sie darum anhalten sollen. Wenn Sie selbst an ihn schrieben, könnte meines Erachtens nicht undienlich seyn; aber kurz und gut. Der Brief an D. kam mir ein wenig zu weitläuftig vor. Bey diesen 2 Männern, die eben nicht stimmig zu seyn scheinen, halt ich es nicht uneben sich zu melden; aber mit Discretion. Der eine ist als ein Mecaen, der andere als ein Patron anzusehen. Es gehört eine eigene Beredsamkeit dazu bey einigen das Vermögen zu schaden zu versteinern, und bey andern hingegen den Willen zu helfen zu erwecken. Gesetzt daß Sie auch erst eine Antwort oder Erklärung des einen abwarteten, ehe
    Sie
an den 2ten schrieben. Legen Sie den letzten an HE. Kanter ein, aber mit der Bitte die Sache für sich zu behalten und das Schreiben nicht im Laden zur Schau liegen zu laßen. Er wird die Bestellung gern auf sich nehmen v hat auch die meiste Gelegenheit dazu. Seine Abreise wird bald auf die Meße vor sich gehen und die Geschäfte zu selbiger sich häufen. HE Hartknoch wird täglich erwartet. Von der andern Hälfte zur türkschen Grammatik weiß noch nichts. Arnoldt ist gestern durchgegangen, wieder alles Vermuthen. Er soll zu Insp. Domsien gesagt haben: Wenn er das
    Ding
gelesen hätte, würde er kaum den Druck erlaubt haben. NB. D. Bock hat es ihm zugeschickt. Sie werden sich wundern, über mein Glück die Freyheit der Preße hier zu erweitern. Ich zittere bey alledem für die Folgen – – Schreiben Sie mir Ihr Gutachten über das 17. Stück. Den Scholiasten werde wenig brauchen können, unterdeßen gleichwol fällt es mir unendl. schwer diese Beobachtungen gründlich zu beurtheilen. Unterdeßen danke ich für Dero freundschaftl. Beytrag auch ohne Eigennutz. Moldenhawers 2ten Theil habe gelesen mit viel Zufriedenheit. Ich werde keine Stelle daraus anführen, mein altes Urtheil wiederholen und mehr zum künftigen Theil versparen. Im nächsten Stück kommen lauter fremde Arbeiten. Die Recension des
    Baumgartens ist von
Brockowski. Mama hat mir Einlage geschickt, die Sie so gut seyn werden bestens zu bestellen. Die junge Frau soll sich zum Schatten grämen, und muß unter der Hand schreiben, ist gegenwärtig hier in der Stadt mit der Mutter. „Niemand traue seinem
    Freund
, noch seinem Bruder, noch seinem Weibe, die ihm in Arm liegt.“ Dieser Zug characterisiert vor allen Zeiten unsere Alten. Sapienti sat. Laßt uns also um die Klugheit der Schlangen bitten ohne die Einfalt der Tauben zu verscherzen. Ich habe ein klein Gedicht gestern gelesen, das dem Moses zugeschrieben wird und dem Allergnädigsten Könige bey seinem glorreichen Einzuge von den Vorstehern der Berlinschen Judenschaft überreicht worden. Hier ist es: Der Friede Gottes sey mit Dir, o Held! Der Du zu lang des Krieges Ungemach Für uns ertragen. Wachen, Sorgen, Denken, Gefahren, Wunden und den Tod nicht scheutest Den Tod für die Gerechtigkeit. Dein Biedergeist erwog der Menschen Wohl Des Ewgen Rathschluß und des Weisen Pflicht! Da warfst Du zwischen uns und das Verderben Die Heldenbrust, entflammt von Vaterliebe. Wie schlug des Patrioten Herz! So oft die Blutbegier Dir nachgestrebt (– beßer:
    nachgestellt
.) Es riefen Männer, Greise, Kinder in Vereintem Chor Hosanna! Hilf Erretter! – O daß Dein Volk nur Thränen hat für Waffen, Gebet und Psalm für Helm und Schild! O könnte Israel mit seinem Blut Versöhnen den Verderber! Jeden Streich Auffangen in der Brust, der Ihn, den Vater Des Vaterlandes sucht! – Getrost! auch Trähnen Der Frommen sind nicht ohne Kraft. Die Vorsicht winkt. Es lagert unsichtbar Ein Chor der Engel sich um Ihn. Ihr Schild Vereitelt Tücken, die im finstern schleichen. Die Mordsucht starrt mit aufgehobnem Arme, Erkennt die Göttliche Gewalt. Auch itzt, da Deiner Kinder Freudenruff Von Pfort zu Pforte Dich begleitet, schallt Von Lobgesang des Tempels Zinne wieder. Die Töchter schmücken sich mit Thränen (warum nicht lieber: Palmen oder Zweigen) Und danken dem der Dich erhält. Triumph! Triumph! von Gott beschützter Held Geneuß nunmehr der Ruhe Süßigkeit Die Du der Welt mit edelm Schweiß errungen! Die Du verschwurst, so lang die Menschheit seufzte. Sie seufzt nicht mehr. Halleluja! Warten Sie liebster Freund! Sie werden den LitteraturTheil zeitig genug erhalten. Es fehlt hier an Exempl. und ich vermuthe, daß in der Nachbarschaft Ihnen schon eins besorgt seyn wird. Selbst mich darnach zu erkundigen geht nicht an. Bestellen Sie in Mitau, sobald eins ankommt. Ich werd nächstens einen Auszug wenigstens mittheilen; weil es jetzt zu spät ist. Leben Sie wohl. Unsere Wünsche mögen nach Gottes Willen bald erfüllt werden. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen. Ich umarme Sie in Gedanken und bald Mund auf Mund. ValeH. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 262 (II 250/16): Les sylphes. Kanter an Krick. und Rumowski.
Königsberg den heil. Osterabend 64. Herzlich geliebtester Freund, Mir hat um Briefe schon recht bange gethan, da ich gestern unvermuthet meinen Wunsch erhielt. Ich freue mich daß Sie gesund sind und fange mit dem Wunsch gesegneter Ostern an. Gründonnertags Abends ist mein Verleger abgegangen, von dem ich nicht einmal recht Abschied genommen. Habe mit ihm abgeredt, daß er einen für einen Entrepreneur seines Werks sorgen soll, und ich hoffe wo nicht mit Ehren doch mit Frieden dies Amt niederzulegen und hernach andere Maasregeln ergreifen mit Gottes Hülfe entweder zur Leibes Nahrung und Nothdurft oder zu Erneurung meines alten zerrißenen Plans. Was Ihre Expedition betrift; so erhielt ich selbige Montags, und Tages darauf gieng sie fort. Es ist also kein Augenblick verloren. Die Bestellung übernahm HE Kanter, indem ich ihm die Wahl dazu überlies, selbst. Wegen Rammlers laufen wiedersprechende Gerüchte. Die Nachricht der combinirten Vocation komt durch Registr. Engelschmidt. Lauson, der sich in der Stille sehr interessirt, an Sie geschrieben hat und auf Antwort wartet, hat von Secr. Christ die Nachricht, daß von der Academie dies nicht geschehen; sondern selbige blos wegen Besetzung der Stelle an die Regierung gegangen, weil erstere ein Monitorium von Hofe bekommen die Stelle zu besetzen. Die Regierung muß also proprio Marte sich für R. interessiren. Mir ist von Seiten der Academie dieser Schritt immer räthselhaft vorgekommen, und ich hielte selbigen schon für ein gewaltsames Mittel ihr Gesuch zu hintertreiben. Weil ich die data so wiedergeben muß, wie ich sie empfangen: so bauen Sie nicht zu viel auf ihre Zuverläßigkeit. Denn es könnte doch noch die Frage seyn, ob der Secr. der Acad. es für gut hielte unserm Freund Lauson auch die Wahrheit zu beichten. – Ich glaube also, daß es immer gut wäre ruhig abzuwarten und besonders sich mit keinen academischen Mitgliedern in Unterhandlungen einzulaßen. Sollte das harte P. nicht bald antworten: so würde es nicht uneben seyn sich an das weiche B. zu wenden, weil er Chef ist, ihm die schuldige Deference nicht zu vergeben. Seyn Sie kurz und gehen Sie sehr leise. Er leyht dem Pluto lieber sein Ohr als dem Apoll. Funkens Leiche hat einen großen Aufruhr hier gemacht, weil Preußen und Curländer sich um die Ehre geschlagen ihn zu begraben, wie Michael und der Wiedersacher um Moses Leichnam. Der Minister gab das Verbot bey Relegations Strafe beyden Parteien, und anstatt des Ehrengepränges das HE M. Kant veranstalten solte, hat er diesen Montag des Nachts heimlich müßen beerdigt werden. Herr Hippel hat der Funkschen Gruft eine Elegie gesungen, und man erwartet noch von den Curländern und Danzigern dergl. Ein Denkmal seiner Feder ist in unsern Zeitungen
    Pipers Recension
, die aber auf die Hälfte gekürzt werden müßen.
    Die Hexe von vier Wochen ist
nicht von mir, sondern eingeschickt worden – Eine dramatische Ode oder lyrisch Drama ist gestern zu den Erstlingen unsers poetischen Geschmacks, und morgen folgt ein pindarischer Versuch.
    Millers Beurtheilung
ist von M. Schlegel. Der letzte April ist für Kants Betrachtungen bestimmt, wenn der T‥ keinen Spuck macht.
    Michaelis zweyter Theil der Hebr
. ist vorigen Montag
    von mir
angefangen und wird nächsten Freytag zu Ende kommen. Es sind bis 100 wo nicht darüber auf dies zweyte halbe Jahr abgegangen aber auch einige neue Praenumeranten dazu gekommen. Es ist mir recht sehr damit gedient von der Grünhofschen Sache loß zu seyn. HE Arndt, ein junger Jurist, der französisch aber nicht Music versteht, möchte auf Johannis reisefertig seyn. Falls sich eine recht gute Versorgung in der Zeit finden sollte, bitte an ihn zu denken. Mit ihrem Comte de Gabalis geht es wieder Vermuthen schief. Weil eine Uebersetzung eben ausgekommen ini Berlin, die vielleicht bald recensirt werden wird. Kanter wird sich also kaum jetzt dazu entschließen können. Ich habe sehr spät davon erfahren, daß ihre Uebersetzung an- und selbige nicht zu Gesicht bekommen. Seines Bruders Druckerey hat mit den Zeitungen volle Arbeit und Driestes mit Büschings Journal; daher wird an den Abdruck des Hipparins nicht gedacht worden seyn. Für eine Recension der Schulhandl selbst ist hier gesorgt, die Ihnen nicht nachtheilig seyn soll, unterdeßen werde erst darüber Ihre Meynung erwarten, wenn es Zeit seyn wird. Für den Beytrag des Hypochondristen danke aufs freundschaftlichste. Es ist nicht mehr als ein einzig Exemplar hier und das Werk selbst schon ein paar Jahre alt. Unterdeßen sind mir immer Arbeiten lieb, die ich in Vorrath habe, aber Zeit und Umstände bestimmen ihre Anwendung. Mit der türkschen Grammatik werde eilen, so bald ich kann. Ich möchte mir aber gern Kanters Abwesenheit ein wenig zu Nutze machen. Ueberhaupt liegen mir noch einige Arbeiten so stark im Sinn und am Herzen, daß ich weder Kraft noch Lust habe fremde anzurühren. Unterdeßen wird nichts von ihren freundschaftlichen Beyträgen verloren gehen. Zur Direction des Gantzen gehört eine gewiße Aufopferung und Vernachläßigung kleiner Vortheile und ein Gesichtspunkt über das Ziel hinweg, wenn man letzteres treffen will. Zeit und Gedult wird alles entwickeln. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer FreundH. Mein Vater empfiehlt sich Ihnen gleichfalls – Im Kanterschen Laden fehlen einige Stücke des 9ten Bandes der Bibliothek. Wenn ja eine Recension ist, davon ich aber nichts gehört, müßte es in den fehlenden Stücken seyn. Vielleicht schik ich nach den Feyertagen in die Nachbarschaft, mich näher nach dem 9ten Band zu erkundigen. HE Zeise ist willens Montag abzureisen. Leben Sie wohl. Von der Frau Consistorial Räthin Bei Einlage erwartet aber noch keine erhalten. Vale et faue.
Königsberg den 2 May 64. Gedult, liebster Freund! Eile und Weile sind zwey güldne Reime. Ihr Schwager HE M. Sieb. hat neulich beym Praesidenten gespeist, der bloß auf Nachrichten von Berl. wartet, ehe er Ihren Brief beantworten will. – Das ist ein Punct. – An HE Kanter habe gestern auch geschrieben und ihm so viel nöthig aufgetragen, an Fisc. Meyer gedacht und wo ja kleine Ausgaben zu Ihren Geschäften dort erfordert würden, ihm den Wink zu einem kleinen Vorschuß gegeben. – Der Fall ist gantz anders gegenwärtig wie damals. Bey andern Umständen dörfen Sie jene Besorgniße nicht hegen. Ich weiß also für Sie nichts beßers als manum de tabula und ihr Schicksal ruhig zu erwarten. An den Mecaen können Sie nach Gelegenheit schreiben, aber sobree et caute, mehr Galanterien als Realien, keine facta sondern sentimens. Nach Braunschweig habe 2mal geschrieben gestern und am letzten Osterfeyertage, weil noch 2 Exemplaria haben und gern liquidiren wollte, um mit der Rechnung fertig zu seyn. – Ich lese jetzt zum erstenmal den Virgil in meinem Leben und mit vielem Geschmacke. Bin im 5ten B. der Aeneide. Dem Beschluß des Michaelis sind Brelocken angehängt, die eingeschickt. Den letzten April hab ich Kant dedicirt. Weil ihr Comte de Gabalis jetzt schwerl. gedruckt werden wird; werd ich Ihre Uebersetzung mir ausbitten um die Vorrede zu plündern, damit doch ein Andenken von Ihrer Arbeit erhalten und uns. Zeitungen einverleibt wird. Uebermorgen kommen die religiöse Gespräche des Pr.
    Wegelins
– ein Vorläufer der Göttingschen Homiletik, die ich gern nach Wunsch und mit Nachdruck recensiren möchte. Der Montague ihre Briefe habe auch gelesen mit Wohlgefallen.
    Ihr türkscher Auszug
wird bald daran müßen. Vor dem Voltaire fürcht ich mich, aus verschiednen Ursachen, weil ihre Recension verglichen und etwas umgearbeitet werden muß. Dazu gehört Zeit und Lust, woran es mir fehlt. Sie wißen nicht, wie mir auf der Welt zu Muth ist, und wie mich vor allem graut. Mein Vater befindt sich Gottlob leidlich beßer, die Sommerlufft und Bewegung machen mir Hofnung zu sr. völligen Wiederherstellung, so viel es das Alter und die Jahre erlauben. Mein Bruder gährt noch immer auf seinen alten Hefen wie ein verdorbner Wein. D Laubmeyer hat schon vor 4 Wochen ein Aderlaßen verordnet. Es wird an nichts gedacht, und man hat ein außerordentl. Vertrauen, daß sich alles von selbst geben wird, unterdeßen ich immer den Anwachs des Uebels sehe und über die Sicherheit von allen Seiten erstaune. Man hat so viel Nachsicht und Gleichgiltigkeit gegen se Ausbrüche, daß ich aus nichts klug werden kann. Gott wird selbst den Knoten des Spiels auflösen. Wohin meine Entschließungen gehen werden, weiß nicht. Vielleicht laß ich alles im Stich, und werde das, wozu ich am wenigsten gemacht bin, – ein Ebentheurer. „Periissem, nisi periissem“, hoff ich auch noch einmal sagen zu können. – – HE Fadeville besucht mich bisweilen, und ich liebe diesen kleinen Gascogner seiner Fähigkeiten und Neigungen wegen. Diese Woche habe das Engl. mit ein paar guten Freunden angefangen. Antworten Sie ja HE. Lauson selbst und behandeln Sie diesen Punct als eine Nebensache. Ich habe zieml. weitläuftig an Ihre Erklärung gedacht, weitläuftig heist hier beyläufig, von weitem, unbestimmt. Gratuliren Sie sich, daß Sie einen Nebenbuler an einem Freunde finden, und beklagen Sie Ihr beyderseitig Schicksal – den glückl. Schäfer am meisten, weil die
    Eroberung keinen Triumph verdienen
wird. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund. Klugheit ist die beste Maasregul der Vertraulichkeit. Grüßen Sie Hinz.
Königsberg den 9 May 64. Herzlich geliebtester Freund, Ich bin gestern auf des Conditor Nuppenaus Hochzeit gewesen, wieder meinen Vorsatz; und gestern besuchte mich HE M. Siebert, der Ihren Brief erhalten, nichts zu versäumen verspricht, so bald er das geringste erfahren wird. Er bittet Sie auch, ruhig zu seyn. Sie reden von Feinden, und machen sich vielleicht dadurch welche. Gesetzt, daß der Orden auch wirklich Ihnen so entgegen wäre, als Ihre hypothetische Einbildungskraft Sie überredt: so
    schickt es sich weder
für Sie, sich dies merken zu laßen, noch
    gewinnen Sie das geringste
dadurch. Sehen Sie also Ihre eigene Indiscretion für den einzigen Feind an, der Ihrer Sache schaden kann. Sie haben weder bey den Leuten angehalten, von denen Sie reden, noch haben es nöthig Ihre Stimmen zu werben. In Ihrer Stelle würde ich es nicht der Mühe werth halten an dergl. Dinge zu denken und mich dabey aufzuhalten. Der Welt Feindschaft ist Gottes Freundschaft. Wer sich an letzterer begnügt, bekümmert sich um jene nicht, die ohnedem Aprilwetter ist, und uns mehr Calendermachen
    als Handeln lehrt
. Mein Vater hat diese Woche den Anfang gemacht die Badstube dem Vetter Nuppenau zu übergeben; und ich bin reisefertig, je eher, je lieber! – HE. Kanter habe dies gestern auch gemeldet; und ich hoffe, unser Freund Lauson wird das Werk bis Kanters Ankunft übernehmen und fortsetzen. Morgen kommt Ihre arabische Grammatik; ich habe sie etwas verkürzt aber nicht mit Schenksfelder vergleichen können, wie meine Absicht war. Hätte mehr Zeit gehabt: so würde es noch kürzer geworden seyn und ich würde Cantemirs ottomannische Geschichte zu Hülfe genommen haben. Sie haben weder die Anzahl der Bogen noch Seiten bestimmt, daß man die Größe des Werks nicht bestimmen kann. Meine Abreise möchte wol zu Schiff geschehen und lieber nach Stettin als Dantzig. Wie weit? und wie lange? und wozu? weiß der liebe Gott. Gewinne ich nichts mehr, als die Wiederherstellung oder Erhaltung meiner Gesundheit: so erhält man doch auch mit der Erfahrung, reifere Einsichten wenigstens von sich selbst und dem Wechsel menschl. Dinge. – Nach traurigen Schätzen ein rühmlicher Geitz! – Man spricht hier wiederum viel von des Landesvaters Ankunft, an der man gantz verzweifeln wollte. Ich werde selbige wohl kaum hier erleben. Wenigstens noch ein Lebewohl vor meiner Abreise. Sie können leicht erachten, wie wenig Zeit mir übrig bleibt, und wie viel Ursache ich zu eilen habe. Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht Ihren Freund.H. Mein Vater empfiehlt sich Ihnen. Schäffner ist unterwegs, und ich vermache Ihnen hier einen Freund an Herder. a Dio. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 265 (II 255/11): Helmstedtschen Brief.
Königsberg den 16 May 64. Herzlich geliebtester Freund, Gestern Morgen vor acht Tagen ist Herr Fiscal angekommen – Wenn ich seiner Ankunft auch nichts mehr zu verdanken habe: so ist die Wohlthat der Zeitungen jetzt überhoben zu seyn, wichtig gnug in meinen Augen um ihm dafür zu danken. Ich habe ohnedem nichts anders zu thun als ihn abzuwarten, und niemand kann 2 Herren zugl. dienen. Herr Lauson ist jetzt Uebernehmer, und ich schein ihm eben so einen großen Gefallen gethan zu haben als er mir. Ich bin damit wohl zufrieden. Paean wird sein erstes Stück seyn, wie ich den Augenblick höre. Glück zu! Ein wenig mehr Gedult und Zeit, ihr Herren Schleicher! Ich habe ihm alle Stücke übergeben, worunter ich die ihrige nahmhaft machen will, neml.
    Voltairens Recension
und das
    Rigische Intelligentzwerk –
    NB
.
Nicht mehr. Damit Sie sich darnach richten können, liebster Freund. Hab ichhm auch bey jedem Stück eine kleine Nachricht gegeben. Es geh nun wie es gehe. Aus meinem Vorsatz, wenn ich so sagen darf, nach Warschau zu gehen und einen Umweg zu meiner Bestimmung zu nehmen, möchte wohl kaum was werden. Unterdeßen wer kann alle mögl. Fälle absehen, und ein unentschloßener Mensch muß auf alles gefaßt seyn. Der Herr Doctor hat weder Herz noch Gewißen gehabt sich der Mama oder seinen Freunden zu zeigen, hat sich den Fiscal zum Feinde gemacht und vielleicht durch bloßen Wind einschrecken zu laßen wie ein Blatt sich jagen zu laßen. Jedermann urtheilt nachtheilig davon, und wer ihn am meisten liebt, sagt es am freymüthigsten; daß er weder ehrlich noch klug gegen sich selbst handelt, und seine Sachen durch ein Kinderspiel verdirbt. Der Gerechte flucht nicht, sondern lebt seines Glaubens. – Des HErrn Fiscals hiesiger Aufenthalt ist unbestimmt, und kann meine Abreise aufhalten, aber auch beschleunigen. Mit ihm zu gehen sehe gar nicht ab; aber ihm gleich nachzufolgen, ist mein ernster Wille. Von hier zu Schiff nach Stettin – und von da, vermuthl. über Frankfurt an der Oder nach Berlin. Die Akademische Preis und Wettschriften sur la Nature, les especes et les degrès de l’Evidence sind angekommen und habe selbige heute geendigt. Des Moses Mendelsons und Kantens sind deutsch; darauf folgen 2 lateinische. Die erste ist unstreitig am besten ausgearbeitet, und Kantens se. hat den Vorzug verdient,
    nächst der ersten für die beste gehalten zu werden
. Ich habe keinen Magen selbige zu prüfen; in beyden herrscht gleiche Anhänglichkeit und eine ähnliche Illusion. Dergl. Dinge aber in einem Qvartblatt aufzudecken; zu dergl. Thorheiten habe keine Lust mehr. Mein lieber Herder mag diese Sammlung recensiren,
    wenn er will
. Herr Diac. Trescho hat mir kürzl. geschrieben und die Lust scheint ihm auch aufzuwachen. Sie kommt zur gelegnen Zeit. Ich werde ihm vor meiner Abreise antworten, wenn ich kann. Gestern Abend entsetzl. Zahnschmertzen oder vielmehr einen Fluß auf der ganzen rechten Seite gehabt, der mir den halben Kopf mit lauter Scheermeßern durchwühlt hat. So bald ich zu Hause kam, gieng es Gottlob! über. Heute denken wir Saturgus Garten zu besuchen; gestern in D. Laubmeyers gewesen. Gemüths und Leibesschwäche machen mich untüchtig weiter zu schreiben. Grüßen Sie Hintz 1000 male. Mein Vater empfiehlt sich Ihnen. Nicht ein Laut von Ihrer Sache. Wir haben hier eine traurige Epoque von lauter Contributionen vor uns, wo es heißt: Wohlan nun ihr Reichen! weinet und heulet über euer Elend. – – HE Rentm. Johanszen ist todt. Vorigen Sontag bin Gottlob zum heil. Abendmal gewesen und mit dem 124 Ψ. zur Beichte. Den Abend war Nachtag von Nuppenaus Hochzeit. Sic iter ad astra. Leben Sie wohl. Kaum noch ein Schreiben vor meiner Abreise. Höchstens ein paar Zeilen. Leben Sie wohl und lieben Sie Ihren Hamann.
Königsberg den 30 May 64. Herzlich geliebtester Freund, Dies ist Gott Lob der letzte, den Sie heute von hier erhalten. Herr Hartkn. wird Ihnen einige Nachrichten mitgetheilt haben, die Sie beunruhigen werden. Temporisiren Sie. Vielleicht sind Sie so glückl. die Inspection des Colleg. Fr. zu erhalten. Denken Sie jetzt wenigstens mit Ernst daran zu arbeiten. Domh. ist in Stargardt und wird mit neuen Ehren und Gnade hier zurück erwartet. Von der Cammer hängt die Stelle ab; Arnoldt sein Beichtvater. Aber laßen Sie sich diese Kleinigkeiten nicht abschrecken. Die gegenwärtige Zeit ist sehr kritisch. Öffentl. Angelegenheiten laßen Sie jetzt wenig Zeit übrig zu Privat und Schulverfügungen. Ich zweifle daß man mit der Prof. Poes. eilen wird. Laßen Sie daher den Muth nicht sinken und fahren Sie fort sich ruhig und leidend zu verhalten. Gestern ist der Fiscal abgereist und meinen Reise Paß habe erhalten. Sagen Sie unserm Freund Hintz, daß ich auf die Woche wills Gott! mit Schiffer Boy nach Lübeck abgehe; und das ausführe, was er Willens gewesen ist, neml. uns noch einander zu sehen oder zu sprechen. Ist er promt und ein Mann von Entschluß, so wäre es mir lieb in Gesellschaft nach Göttingen mit ihm zu reisen. Ich werde Gelegenheit haben, ihn eine Weile bey meinen Freunden abwarten zu können; wenn er nicht gar zu lange ausbleibt. Um mich einigermaaßen darnach richten zu können, laßen Sie ihn mit erster Post entweder hieher eine ganze leichte Einlage von einem Blatt oder gerade nach Lübeck addressiren, damit ich weiß ob? wenn und mit welchem Schiffer er abzugehen meynt. Vor seiner Abreise eine Notice davon, könnte auch nicht schaden. Er kann den Brief entweder an den Schiff Capitain HE Boy addressiren oder bey dem HE. Lieut. Mestor, oder an das Comtoir des HE. Roeck, wenn durch Kaufleute in Riga an letztern Gelegenheit für ihn ist oder durch Couvert an einen Kaufmann, an den er selbst mit seinem jungen HE. Empfehlungsschreiben zu erhalten gedenkt. Morgen Heute über 8 Tage ist mein Schiffer willens das Schiff nach Pillau zu schicken und einen oder 2 Tage darauf in einer Kutsche und meiner Gesellschaft nach Pillau nachzugehen. Ich habe auf 20 Monate Erlaubnis genommen von der Regierung, und bey vielen Schwierigkeiten unvermuthet eine unbedingte Ausfertigung eines Reise Paßes erhalten. HE. Arndt ist nach Warschau in Gesellschaft meines Freunds gegangen, und ersetzt meine Stelle, womit ich sehr zufrieden bin, und die übrigen Interessenten Gleichfalls. – – Für Beytrag danke ergebenst. Der erste Einfall wegen der Dithyramben möchte weg bleiben; die 2 übrigen werde HE Lauson nächstens empfehlen. Noch habe ein Stück zurück gelaßen für die theol. Facultät in Göttingen wegen ihrer Homiletic. Manum de tabula in Zukunft. Ein neuer Period fängt sich nun für mich an. Gott helf mir weiter. Für Ihre Nachricht von HE von Oven danke herzlich. So bald Sie wieder an mich schreiben – und vielleicht liegt jetzt ein Schiffer nach Lübeck bey Ihnen fertig – so vergeßen Sie nicht mir die gantze addrese des HE. von Oven mitzutheilen, weil ich diesen alten Freund noch gern zu sehen wünsche und vielleicht unterwegs einmal an ihn zu schreiben Gelegenheit haben möchte. Wenn Sie mir Copiam ss Briefes mitgetheilt hätten, wäre mir ein großer Gefallen gewesen. Die Mama habe diese Woche besucht und Abschied genommen, das mir aufgetragene gleichfalls bestellt. Das Geld an Zachariae denke selbst in Braunschweig abzugeben oder aus Lübeck zu übermachen. Falls Sie herkommen, sorgen Sie doch für die richtige Bestellung meiner Exemplarien. Noch 2 Exemplari erwarte für D. Laubmeyer und Ihren Grafen von Finck, das He M. Reusch besorgt hat. Mein Dintenfaß wird leer – – Leben Sie wohl. Gott laße auch Ihre Sachen nach Wunsch gehen. Ich empfehle mich Ihrer Freundschaft und ersterbe der Ihrige Hamann. Mein Vater empfiehlt sich nebst sm gantzen Hause Ihrem treuen Andenken. Herz! freu dich, du sollst werden Vom Elend dieser Erden Und von der Sünden Arbeit frey! Künftig mehr. Vale! Gute Nacht – bis zum guten Morgen unter einem beßern Himmelsstrich. Des Mittags um 12. Uhr Noch zwey Stunden sind sie hier? u. denn? – o Sie wißen den Weg nicht, wohin Sie gehen, u. wer weiß, wie Sie gehen! Wieviel ich an Ihnen verliere, wollen Sie nicht wißen, u. auch ich wills selbst jezo noch nicht! – Aber o Gott! ihre dunkle Ahndung, ihre traurige Leibesfaßung, u. ihre lezte Kränkungen; u. doch ihr Muth, u. Hoffnung, u. Zufriedenheit! „Ich geh mit Gott! Lebt wohl!“ So geh mit Gott und fahr ins Land des Glücks Vor Dir gehn Wünsche, über Dir die Wolken des HErn u. um Dich Ruh! Dir nach Dein Genius, vor Engelsglanz unsichtbar, der Dich leit’ mehr als Helenens Brüder! – Deiner Seele der einzge Bruderfreund! O hell entwölkt er Deines Raths Gewölk das Deine Schläfe selbst umschleirt u. mir u. jedem Thor von außen ein Zauberdunst fast dünkt! Ach! unsers Seyns Machineninnerstes wer kennts? Urteiler, Du? Ich fühls, nicht weiß ichs; denn von Trieb u. Ahndung wird Herz von Menschenfleisch (frech u. verzagt) gespornt bald, bald gezäumt; doch Glück u. Unglück liegt Im Schoos des Wolkengotts, des Meer’ u. Erden stets sind, vor u. nach Dir! Der auch die Taube hört, die schwach-verirrt vom Land’ ins Schiff sich wagt u. Speise girrt. Auch Deine Pfingstgebete hört er im Bauch des Meers!(s. Jonas 2 O rühr denn meine Lippen, Genius! daß ich vorm Altar bet mit ihm, daß er, verlör er Laub u. alles sich hab u. seinen Gott. Du dort, ich hier, mein Hamann! Gott in Hand wohl bald vereint; doch – – wenn wenn alles bricht u. stürmt! ═ Das Vorgebürge der Hoffnung sey Du Tod! Doch nein! es sey nicht der letzte Kuß, den ich Ihnen gebe, da ich dieses Ihnen schreibe, den Sie mir zuwerfen, da Sie es lesen: denn ich weiß, sie lieben mich mehr als ich mich lieben kann, nicht nach dem Vorurteile liebe. Der Himmel führe Sie den
    Besten
, den ich kannte, glücklich, u. erinnere Sie bisweilen an IhrenJoh. Gottfr. Herder Vermerk von Hamann: Erhalten den 8 Junii 764.
Lübeck den 26. Junii 1764. Geliebtester Freund, Heut vor 8 Tagen bin Gott Lob glücklich hier angekommen, und sehne mich weiter. Wie wünschte, wenn ich jetzt bei Ihnen säße. Die Witterung ist kalt und rauh. Gesellschaft ohne Umgang oder Umgang ohne Geschmack – Was soll ich sagen? Es gefällt mir nirgens, und wenns nicht Utopien ist, so wird es der Himmel seyn, wo es lohnen wird Hütten zu bauen. Mein Vater wird Ihnen ohne Zweifel einige Nachrichten von meiner Schiffart und vom Sturm des entschlafnen trügenden Wests mitgetheilt haben. Ich habe gleich bey meiner Ankunft nach Braunschw und Frkf. geschrieben um zu erfahren, ob Raum daselbst für mich seyn wird. So bald ich Antwort erhalte, bin Willens aufzubrechen. Besorgen Sie so oft was vorfällt und die Lust Sie ankomt an mich zu schreiben, eine Einlage bey meinem alten Vater. Gewöhnen Sie sich aber, meine Briefe für sich zu lesen. Ich schreibe teils mit einer Nachläßigkeit, von der ich keine andere Zeugen als einen Vertrauten haben mag, theils könnte es sich treffen, daß ich einmal Dinge schriebe, die Sie allein angiengen. Ich bin mit mir sehr unzufrieden, und zu nichts geschickt, mir und andern zur Last. Ein hiesiger Con- oder Subrector Behn hat eine Abhandlung herausgegeben, die in die Berlinische Preisschriften einschlägt. Ich habe sie in den Buchladen gesehen aber nicht einmal darinn blättern wollen. Klotzens Ausgabe von
    Tyrtaei
Kriegsliedern habe gekauft nebst einer Griechischen anthologie die vor 10 Jahren herausgekommen aber bey uns meines Wißens nicht bekannt geworden. Den neuesten Theil der Litteraturbriefe habe gleichfalls durchblättert. Nichts was mich äußerst misfallen oder gefallen sollte, oder was meine ApoplexieLähmung des Geistes erschüttern könnte. Um meine Zeit nicht vollens zu verträumen, werde ich eilen, und vielleicht eher bey Ihnen seyn als Sie es vermuthen. Wie geht es mit der Profess. Poeseos? Und mit Ihrem Englischen? Grüßen Sie HE. Fadeville bey Gelegenheit von mir und suchen Sie seine Bekanntschaft. Selbige könnte Ihnen außer andern Vortheilen dazu dienen bisweilen auch eine Einlage nach Kaufmannsart von einem Blate zu besorgen. Meine addresse wird noch vor der Hand zu Lubeck bleiben bey HE.
    Karstens in der Beckergrube
, der meine Briefe an Stell und Ort besorgen wird. Fahren Sie fort und hören Sie nicht auf mich auch abwesend und entfernt zu unterhalten, und wenn Sie nichts mehr wißen, mich Ihrer Freundschaft zu versichern. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund und Diener Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Etudiant de belles lettres / à /
    Königsberg
.
/ per Couv: /
Lübeck den 27″ Junii 64. Herzlich geliebtester Vater, Um meine Zeit nicht ganz zu verlieren, die ich weder angenehm noch nützlich verwenden kann, schreib ich Ihnen. Ich habe gleich bey meiner Ankunft mich in Braunschw. und Frankf. angemeldet. So bald ich von dort Antwort erhalte, bin Willens in Gottes Namen weiter zu gehen. Bey HE. Karstens Schwiegervater, HE. Stack bin Sonntags zu Gaste gewesen, war aber froh zu Hause zu kommen, weil keine Gesellschaften lange aushalten kann. Eben dies hat mich abgehalten bisher HE Roeck zu besuchen, der gleichfalls bereits verheyrathet ist und seinem Vater, jetzigen jüngsten Bürgermeister richtüber wohnt. Die Acht Tage, ehe ich von Königsberg Antwort erhalten kann, werden mir noch lang genug werden. Gott gebe mir erwünschte Nachrichten von Ihrem Wohlbefinden, und schenke mir Gedult meinen Lauf zu vollenden. Ich find hier überalle nichts als Galle, und selbst das Gute, das man mir verweist, ist mir zur Last. Bey solchen Gesinnungen, die ich weder ergründen noch ihnen abhelfen kann, ist das Leben eine Folter. Unter allen Bekümmernißen giebt es noch Tröstungen, die meine Seele ergötzen. Harre des Herren, sey getrost und unverzagt und harre des Herren. Hiemit will ich heute schließen, und Sie Göttlicher Obhut empfehlen. den 7 Julii. Ich habe bisher nicht lust gehabt die Feder anzusetzen. Vorgestern erhielt Ihre erfreuliche Zuschrift, die mich ein Paar Stunden aufgemuntert hat. Gott Lob! daß Sie sich wohl befinden und wieder im stande sind ein wenig auszugehen. Eben der gute Gott, der Ihnen bis hieher geholfen, vermehre Ihre Kräfte und stärke Ihre LebensGeister. Heute frühe besuchte mich Herr Vetter George Nuppenau aus Rhena und wollte mich mit sich nehmen. Ich werde aber keinen meiner Freunde auf dem Lande besuchen können, und bin fest Willens
    nächsten Mittwoch
mit der Lüneburgschen Post nach Braunschweig zu gehen. Herr Roecks und alle unsere Blutsfreunde in der Mühlenstraße habe endlich besucht. In Vettern Riese Hause habe auch viele Freundschaft genoßen, wofür Sie nach Möglichkeit erkenntlich seyn werden. Er ist im Begrif heute oder morgen nach Travemünde zu gehen und bringt einen gewißen Stallmeister HE Ziegenspeck mit, in deßen Umgang ich viel Vergnügen gefunden, und Sie vielleicht gleichfalls besuchen wird. Dem HE Wagner melden Sie, daß Mr. Schröder sich in Hamburg aufhält und der Brief ihm überschickt worden. Aus
    Braunschweig habe keine Antwort erhalten, worüber
ich mich wundere. Der HE. Geh. Rath von Moser hat mir
    gleich
gemeldet, daß er jetzt in Cassel sich in Geschäften aufhält, und eine entlegene Reise thun muß, gleichwol die No. seines Hauses in Frankf. angewiesen. Ich wundere mich daher nicht, daß es so dunkel in meinem Gemüthe, wie um mich herum aussieht. Gott wird helfen. Amen. Daß die Brunnencur meinem Bruder beßer bekommen möge, als ich bisher Vortheile von meiner Reise absehen kann, wünsche und gönne ich ihm von Herzen. Da ich keinen Gruß von ihm erhalten, so weiß ich nicht, was für Bewegungsgründe Sie haben mir die Höflichkeit einzupredigen. Wenn er durch Complimente seine Gesundheit erhalten kann, so hab ich ihm 2 von meinen beyden Vetterinnen zu übermachen. Ich bin des eiteln Wandels und des Schreibens müde. HE Karstens hat mir versprochen alle Briefe zu übermachen, die ich aus Königsberg noch erhalten möchte. Ich empfehle Sie und Ihr gantzes Haus Göttlicher Gnade und ersterbe Ihr treugehorsamster Sohn Joh. George Ham.
Allerbester, wehrtester Freund! Schelten Sie nur nicht, ehe Sie mich gehöret haben: warum ich so spät schreibe. Ich verließ mich auf unser letztes Wort, bei Ihrer Abreise, daß Ich zuerst einen Brief erhalten sollte, der mir Fragen zu meiner Antwort enthalten sollte; bisher aber habe ich noch keinen erhalten. Im Anfange erst besuchte ich Dero HErn Papa etliche mal, u. brachte auch M. Lindners Brief an ihn; da schrieben Sie aber noch nicht. Ich reiste aufs Land: Sie vergaßen mich: jezzo habe ich nach ein paar malen eine Gelegenheit aufgefischet, mit meinem Brittischen Lehrer u. Deutschen Freunde sprechen zu können: u. wo soll ich anfangen zu schreiben? was soll ich, da mir Ihr Brief fehlt: jezt muß ich ein Rhapsodist in Kabbalistischer Prose seyn, da ich sonst auf ein Amtsdiplom von Ihrer Hand ein systematischer Briefsteller hätte seyn können. Sie wissen, wie das Zeitungscommercium mitbey Ihrer Abreise blieb. Hartknoch wurde bei mir abgewiesen: u. HE. Lauson füllte also noch ein paar Stücke: er schrieb die Denkwürdigkeiten der Westminsterkirche elend ab; darauf folgten die Rigischen Zeitungsnachrichten; denn Werners andres Gedicht auf den Sommer: Schulzens Gedichtlein auf die M. Karschin; u. Gleims Gespräche mit der Deutschen Muse mit dem Dichter. Jezt wurde es Licht: denn HE. Kanter, der Geistreiche HE. Verleger, u. jetziger Zeit Geschmackvoller Aufseher erschien. Seine Ankunft u. sein allerhöchst-eigenes Direktorium wurde so gleich bekandt gemacht „denen geöhrten Lesern, deren Wunsch die vorigen Zeitungen nicht gnug gethan hätten.“ Jetzt wären die Originalstücke einem auswärtigen
    Gelehrten
, der sich der Welt durch ein (elendes) Werk v. 5. od 6. Theilen bekandt gemacht: (es ist der
    vergreiste
Pazke) u. die Beurteilungen auswärtigen
    Federn
aufgetragen: die sich nach dem Preußischen u Kurischen Geschmack richten, u das übrige Deutschl. völlig unsern Gegenden nachsezen werden. Ueberhaupt versichert
    er
, daß er nichts werde mangeln laßen, dieser Zeitung nach
    seiner
besten Einsicht alle Vollkommenheit zu geben; um aber die Freunde des bisherigen gelehrten Verfaßers nicht
    zu sehr zu erschrecken
, meldet man ihnen zugleich (aus hoher Reformatorgnade) daß derselbe nicht gänzl.
    ausgeschlossen
bleibt: sondern noch zuweilen Ihrem Geschmack ein Gnüge leisten wird.“ In demselben Stück kamen 3. eingeschickte Schreiben vor: das erste ist dumm; das zweite rasend: worauf dein Charakter folgte: Exstat Philureae librorum castigator, seu potius carnifex, natione Bohemus, moribus agrestis, indole peruicax, arrogans, auarus: cuius si ingenium spectes, non omnino lepore caret, sin judicium, ex Boeotia natum iures: pp. Die Verbindung in der es stand, machte, daß ganz Kön. auf Sie rieth; nur der einzige Lateinische HE. Aufseher wunderte sich über diesen dummen Argwohn: da doch natione Bohemus stünde, woraus man wohl sehen könnte, daß der Profeßor Böhm in Leipzig damit gemeint wäre; u. es wäre auch wirklich vom Leipz. Zeitungschreiber eingeschickt: credat Bohemus Apella! – Nach dem alten Spiel heißt es: alles, was Federn hat, fleugt: u. da unsere Königsbergische Zeitungen (sie heißen blos Kön., weil sie nach dem Kön. Gout, nicht v. Königsbergern geschrieben sind)
    Federn
anvertraut sind: so hieß es: ⸂doch:⸃
    Fledermäuse
fliegen: u. HE. Tr. (vermutlich Trescho) ließ Gedanken über die Gedanken der Kinder vor der Geburt ausfliegen: ein jammerl. Stück, ohne Philosophie, mit viel genothzicht genothzüchtichter Theologie, ja oft ohne Bon-sens,davon den doch dieser R. Pere – – Chauve-souris sich zieml. hat einpropfen lassen: Es folgt eine trockne Poet. Phantasie drauf, eines nicht unbekandten Dichters, vermutlich desselben
    Versuchers
. Ohngefehr 2. Stück sind mit seinen Recensionen angefüllt; – a la mode; die Basedowsche über den Methodischen Unterricht, ist die frommste u. ärgste; – Ueberhaupt sind Originalstücke sehr überflüßig; und doch ists Zeitung? Ein T. schrieb in 3. ewigen Blättern über die Ausbreitung der Erkenntniß eine eckelhafte Schulchrie, worinn er dem Roußeau weiß macht, er habe scherzen wollen, u. kindisch durchgeht, man müße, Geographie, Historie pp lernen: Das hat vermutlich kein
    Greis
geschrieben, der
    Erkenntniß
u.
    ausbreiten versteht
: Ein unnützes Stück in 2 Blättern über die Entstehung der Schneckenschalen aus dem Brem. Magaz. eingerückt. Eine Abhandlung über die
    Handlung
, u. im lezten Stück eine Morgenl. Geschichte mit K. unterzeichnet, scheinen Kant zu verrathen, haben Spuren seines Geistes; aber sind wahrhaftig ausgeschüttet. Auf solchen Misthaufen sind sie auch wahrhaftig immer gut. – Die Recensionen sind wenig, alle 3. Zoll lang, von schlechten Büchern, u. nach Gellius Modell, ohne allen Geist: – Aus den meisten blickt der Unsterbliche Geist Lausons heraus. Ausserdem sind auch
    Nachteulen
befittigt: u. also werden oft Gedichtchens eingerückt: des HE. Hippels Rhapsodie gelobt, u. LDorfempfindungen von ihm eingerückt: Willamovius Sammlung v. Einfällen nach der Mode v. HErn Lauson durch ein ganzes Stück excerp. u jämmerlich getadelt, u. rasend bis zum Bespeien schön, gelobt: dem DithyrambenSänger zu gut hätte man diese Mißgeburt seiner Jugend verschweigen sollen. Unsere Zeitungen sind also bis zum Seufzen prächtig; das heißt nach unsrer Königsberg. Sprache: sie beßern sich! ja wahrhaftig! wie fett sie schon werden. Dies Quartal: u. ich stehe sie nicht länger aus. Indessen macht Kanter infamen Wind: er hätte einen Stoß Arbeiten darinn vorläufig mitgebracht, von den Säulen allerbesten Gänsfedern Deutschlands geschrieben. Ich lag Hartknoch an, sie zu zeigen, u. erfuhr schon halb den Wind. Jetzt zeigt er sich ganz, in dem dummen Zeug, was sie vollfüllt. – Trescho war die Woche nach Ihrer Abreise hier: sprach in ziemlich großem Ton von dem Zeitungsblatt u. Ihnen: hätte aber, um Sie noch zu sprechen, seine Reise vergebens beschleunigt: hielt tägl. zweimal mit Kantern u. Zeisen Autorconferenz, u. man sieht zum Unglück einer Menge neuer Pastoralschmierereien entgegen. Mir ist der Mann unleidl.; (auch Ihnen wäre ers gewesen) ob er mir gleich noch Wohlthaten mir einem völlig undankbaren erweisen will, u. mich bei Wegners zur Information des Kornmans im Stil angefeilscht hat. Durch Vermittelung des K. R. Buchholz habe ichs endl. zwangvoll eingegangen. Der Klotz, aus dem kein Sokrat eine Grazie bilden konnte; was wird der vor Simon, den Lederschneider seyn? Kurz einen Monat! u. ich folge Ihnen; u. danke ab. – – Kanter pralte sich ja mit dem Sokratischen Ringe vor Sie, gegen mich u. Ihren Papa; hat er Ihnen ihn geschickt? Der edelmüthige! – Mir hat er 2. Rubel nach 3. maligen groben Weigerungen, grob aufgedrungen: ich nahm ihm sie; u. warte, bis die Rubels aufs tiefste gefallen sind, um sie ihm gegen ein elend Buch mit treuen Händen zurückzubringen. Der Niederträchtige! meint er: ich rede u. dichte vor 2. fl? Nun habe ich mich auch, bester H., vor dem heiligsten Gott des Poeten, s vor meinem
    Genie
, verschworen, in Königsberg
    vor mich
nie Autor zu werden. Ich schwindle noch von dem Geruch meiner Verwesung: aut Caesar, aut nihil; ich bin zu gut, oder zu schlecht vor unser Böotisches dickluftiges Thebe. – Hartknochs Pope lehnte ich noch einmal ab, u. er blieb aus: ich kreuze ihm nach! × × ×! Gestern ist Steidel aus Curland zurückgekommen, den Hartknoch abgelöst: Kanter hat 6. Wochen allein in seinem Laden schwitzen müßen: mir hatte ers nochmals durch H. angetragen, sein unterthäniger Knecht zu werden; hernach einem andern vom Kollegio Fr., der es aber auch ausschlug: u. ich Unschuldiger scheine auch die Schuld hievon zu tragen. Kurz Kanter ist mir nicht grün! Wohl! ich bin ihm schwarz! Daher habe ich noch weder Fingal, noch die Ital. Dichter gelesen. Auch Kant scheint ganz retiré gegen mich zu seyn:! von Ihnen aber spricht er mit Achtung; nur Kanter ich weiß nicht in welchem unleidl. freundschaftl. Ton. Die Poetische Stelle ist unbesetzt, u. vor Schlegeln soll
    Fürst
arbeiten. Unser armes Böotien. Vor die Kollegieninspektion arbeitet Arnold sehr vor seinen lieben Getreuen Domsien! Man sagt sehr laut: Lindner böte Geld in Berl. es wäre aber ein falscher Kanal; da die
    Inspektor
stelle blos von der hiesigen Regierung; die Direkt. aber vom Kabinette besetzt würde. – Lindner hat nicht an mich geschrieben, wie er an Sie sich erbot. Ey an Sie? Nach Kanters Bericht ist Tr. mit der Dithyrambenrecension so wenig zufrieden (denn zum Unglück weiß K. daß ich der Verfaßer bin) daß er Will. zur Verantwortung auffodern will. Er schreibe:! ich lerne entweder, oder antworte: Aber bisher ist noch nichts paßirt: Will. muß nicht
    wollen
: u. der Oberländische Dechant nicht können: der seine Griechischen u. Lateiner glückl. ausgeschwitzt hat: u. blos das Studentenliedchen höchstens noch wißen mag: vnus est Oeconomus, 2. tabulae Mosis, 3. Patriarchae, 4. Evangelistae pp – Mein Brief ist gleich einem Netze voll böser u. guter Fische: lesen Sie aus, u. bestimmen Sie meinen Fang. – Ich lege jezzo meinen Merkurstab nieder, um den Oelzweig des Freundes zu ergreifen, u. in Ihrer Idealgesellschaft zu schwatzen. Sie sind in Göttingen u. Helmstadt u. Gießen gewesen: wen haben Sie da gesprochen: was ist Michaelis vor ein Mann? – Sind Sie auch vergnügt? ist ihr Spleen vorbei, worüber sie klagten? oder geht noch ihr Herz, u. ihr Weg, u. die Schlange am Felsen, den unbegreiflichen Weg vor den Salomo? – Nach Ihrer Abreise empfand ich noch einige Zeit Nachwehen; sie gingen über, wie jede Trauer um einen Todten: nachher im heitersten Frülinge tödteten mich sehr viele Ursachen fast ganz u. gar moralisch: hier habe ich Ihre Abwesenheit gefühlt, oft in Nachtstunden mich in Gedanken bei sie versezt, mich mit einem Seufzer des Herzens an die Zeiten erinnert: da der unbedachtsame Alcibiades an der Brust Sokrates lag: – Ihr Dodslei erneuret mein Andenken an Sie, so oft ich ihn mit Begierde vornehme u. mit Lust weglege: Noch enger aber vereinige ich mich mit Ihnen, wenn ich Ihre Schriften lese: o wäre darüber mein Apoll in der Nähe! Sie erlaubten mir, Fragen über Ihren Geist an Sie zu thun: wohl! erlauben Sie es mir jetzt: da ichs mit größerer Einschmeichelung in mich selbst jetzt thue. Aber vor allem einen Brief von Ihnen: ich verlange nicht nach einem
    Frankfurtischen
: sondern
    Hamannischen
Brief: Die letzten Worte eines Sterbenden u. Abreisenden sind Testamentsworte: heilig soll er mir seyn, u. genau beantwortet werden. Ein Bote Ihres Herzens u. ein Siegel deßen seyn, daß Sie mich lieben: o hätte ich Sie nur einmal zurück: nun würde ich das Gut doppelt schätzen, was ich nach Ihrer Abwesenheit nirgends fand:! – Was wollen Sie in Straßburg? Was macht M. in Fr.ihres Orts? – Vermehren Sie brav Ihre Engelländer? – Meine Poetische Ader versiegt: die Schwalbe, die nicht mehr singen konnte lernte bauen: Mir fehlen Musen äußerlich, die mich begeistern: u. schon 7. Tage sitze ich im Schw Stillschweigen der Väter, wenn fahren Worte geflügelt heraus? – Gehen Sie mit Gott, bester, schönster! my blessing with you! St. Preux wohnte in Ruhe, da er um die Erdkugel gereiset war: – Meine Umarmung ist stumm: meine Empfindung nicht eine klingende Schelle: Leben Sie wohl Es ist doch ein Wort, siegelmäßig vor unsere Freundschaft, dort am Ufer des Mains, hier am Balthischen Meer, daß ich einen Brief bekomme: wo Sie mir hübsche Nachrichten sagen, mich vieles fragen, mir darinNB getreu das sagen, womit Sie nicht mit mir zufrieden waren, u. sind: u. worinn Sie mir den schmeichelhaften Gedanken laßen: Sie sind mein Freund!!!
Frankfurt den 27″ Aug. 64. Herzlich geliebtester Vater, Zu meiner großen Freude und Aufrichtung habe den 23″ d. Ihre Zuschrift erhalten und den Innhalt Beylage den folgenden Tag richtig empfangen. Gott vergelte Ihnen die Treue, womit Sie die Erfüllung meiner Bitte und Wünsche und Bedürfniße beschleunigt. Ich bin jetzt reisefertig und gehe mit Göttlicher Hülfe noch diese Woche, oder höchstens heute über acht Tage nach Leipzig, wo ich nur einen Tag auszuschlafen gedenke und darauf nach Berlin. So kurz auch mein Aufenthalt daselbst seyn möchte: so glaube ich doch noch einen Wechsel daselbst nöthig zu haben, höchstens auf die Hälfte des jetzt empfangenen, nemlich von 25 #. Meine Frucht, ruft die Weisheit, ist beßer denn Gold und fein Gold, und mein Einkommen beßer denn auserlesen Silber. – Sie haben Recht, mein lieber Vater, daß ich Lehrgeld gegeben. Ob ich mein Bischen Armuth wohl oder übel anwende, weiß Gott am besten, und ich erwarte von diesem Richter Vergebung, gesetzt daß ich mich auch in dem Fall des ungerechten Haushalters befinden sollte. Ich habe in Frankfurt eine strenge Diät gehalten, einmal Coffee, das Mittagsmal ein Haberschleim, des Abends nichts als ein Butterbrodt bey etwas Wein. Sehr selten bin von dieser Ordnung abgegangen. Meinen ältesten englischen Rock, der bläulicht war, habe in Lübeck dem jungen Vetter Rosincrantz gegeben, und bringe an deßen Stelle ein neues Sommer- und Winter-kleid mit. Da ich mit einem einzigen Kleide und einem Schloßkorb hergekommen bin, so bin genöthigt mit einem kleinen Coffre wieder zurück zu gehen. Daß Ihnen mein Bischen Armuth sauer geworden, fühl ich an dem Angstschweiß, womit ich es verzehre. – Mit wenig Lust und Geschmack, sondern im Schweiß meines Angesichts – Zwiebeln, die uns sollen dienen, Auch der edeln Palmen Zier Arten aus dem Staub herfür. Der Herr Geh. Rath v. Moser wird vermuthlich eben so bald nach meiner Abreise hier eintreffen, wie ich nach der seinigen angekommen bin. Da ich nicht das Glück gehabt ihn kennen zu lernen: so weiß ich zwar nicht, ob und wie viel ich durch diesen Lauf der Dinge gewinne oder verliere, aber ich
    glaube
wenigstens, daß alles was hier geschieht,
    gut
sey, wo nicht
    mir
, dennoch
    dir
. Ich feyre heute Gottlob! meinen Geburtstag – und erwarte ruhiglich s Seiner Wege Ziel und Ende, lieg fein stille, nackt und blos in des liebsten Vaters Schoos – bin gleichwie ein stilles Meer, voll von Gottes Preis und Ehr. Ich küße Ihnen die Hände mit der kindlichsten Zärtlichkeit und Ehrfurcht. Empfehlen Sie mich HE Nuppenau und sämtl. Hausgenoßen. Grüßen Sie herzlich meinen Bruder und alle gute Freunde, namentlich HE. Herder, den ich bald statt der Antwort zu umarmen hoffe in Gesellschaft eines italienischen Dichters, deßen hundert Gesänge ich gelesen ohngeachtet ich seine Sprache weder verstanden noch behalten habe. Wenn er mit
    Miltons
Hölle fertig ist, wollen wir gemeinschaftlich dem
    Dante
ins Fegfeuer folgen. Gott segne Sie, mein alter lieber Vater und erfreue Sie mit Freuden Seines Antlitzes. Ich ersterbe Ihr treuergebenster und ewig verpflichtester Sohn. Johann George H. Mein schöner Stab ist auf der Reise von Cassel hieher verunglückt, und meine rothe Tabacksdose gleichfalls zerbrochen. Ich reise gantz entwafnet. Beten Sie für Ihren alten Knaben von 34 Jahren. Ist HE Diac. Trescho nicht bey Ihnen gewesen? Melden Sie mir doch, ob er Sie nicht besucht hat. Leben Sie wohl. Gott empfohlen. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à /
    Koenigsberg
/
    en Prusse
. /
    fr. Duderstadt
. /
Von Hamanns Vater vermerkt: den 9. Sept. empfangen 64.
Königsberg den 3 Octobr. 64 Herzlich geliebtester Freund, Sonnabends am Michaelistage bin von Stettin mit einem Schiff Namens Hofnung glücklich eingelaufen und noch denselben Abend mit extrapost in meines Vaters Hause angekommen. Meine Sachen sind noch nicht hier, und ich bin also noch nicht ganz meiner mächtig. Mein alter guter Freund, Moses Mendelsohn hat mir die Reisekosten vorgeschoßen, daß ich meine Reise beschleunigen konnte und ich werde ihm erst mit der andern Post meine Ankunft melden und die Schuld übermachen können. Gestern Nachmittag hatte unser Vetter Nuppenau das Unglück vom Wallnußbaum zu fallen, ist aber Gottlob der Gefahr entgangen Hals oder Bein zu zerbrechen. Zu gutem Glück und recht nach Wunsch kam der HE Doctor zu uns gefahren und verordnete einige Arzeneyen, daß er sich heute schon ziemlich erholt hat. Der HE Bruder hat mir die Versicherung wiederholt, daß wir Sie Herzl. geliebtester Freund, ohnfehlbar herbekommen würden, und ich habe nicht länger Anstand nehmen können Ihnen meine Zufriedenheit darüber zu bezeigen. Die Vorsehung scheint es im Sinn zu haben uns alle wieder zusammenzubringen und die zerstreute kleine Heerde wieder zu sammeln. Ich verspreche mir einige Vortheile von meiner Reise für meine Gesundheit des Leibes und Gemüths und wünsche daß die vaterlandsche Luft Ihre Muse gleichfalls neu salben und verjüngen möge. Ein heftiges Heimweh hat mich allenthalben begleitet; in Strasburg aber und Basel vorzüglich gefallen. In Colmar habe einen liebenswürdigen Freund an HE Hofrath
    Pfeffel
erbeutet. In Braunschweig bin auf die liebreichste Art von HE Bruder bewirthet worden, und den HE Prof. Zachariä habe daselbst kennen, Ebert aber schätzen gelernt, als einen sehr gefälligen treuen und ehrwürdigen Mann. Des HErrn Geh. Raths von Mosers älterliche und taube Frau Gemalin und ihre Schwester habe gesehen, weil ich von Caßel die höf freundlichste Einladung erhielt in seinem Hause anzusprechen, woselbst seinen Geschmack an Gemälden bewundert. Er ist aber vier Tage vor mir in Gesellschaft des HE P. Tischbeins nach Holland gegangen aus eben dem Hause, wo ich logirt habe. Weil mir mein Mann in Frankf. fehlte, so wurde mir der Ort so vereckelt, als wenn lauter Juden und Holländer darinn übrig wären. In Leipzig habe Gellert und unsern Hintz verfehlt, in Berlin nur vier kurze Tage geblieben, den Diac. Reinbeck, den Pr. Ramler und HE Nicolai besucht, den letztern aber entweder beleidigt wieder Willen oder gleiches mit gleichem vergolten. Dieser Verleger ist aber ein Mann von
    vielen
Fähigkeiten, von geschwinden Einfällen, und Moses giebt seiner Ehrlichkeit und den Gesinnungen seines Herzens ein sehr gutes Zeugnis. Von Berlin bin auf der Post mit einer Stückgießerin aus Riga in Gesellschaft gewesen, faßte aber den plötzlichen Entschluß in Pyritz abzugehen, mußte mit vielem Verdruß Extrapost nehmen um Stettin zu erreichen, wo ich noch denselben Tag mich embarquirte, aber acht Tage bis Schwinemünde zubringen muste, biß wir den Donnerstags frühe in See giengen und in 48 Stunden fertig wurden, worunter die erste Nacht sehr lang, stürmicht und ängstlich war. Meine gantze Reise hat 16 Wochen gewährt und wie ich am ersten Pfingstfeyertage in See gegangen, so bin ich am Michaelisfeste in Hafen wieder eingelaufen. Melden Sie mir jetzt liebster Freund, wie Sie diese Zeit über gelebt und beschleunigen Sie meine Ungeduld nach Ihren Umarmungen. Wird die Collaboratorstelle wieder eingehen oder soll sie von neuen besetzt werden? Von Büchern habe wenig mitgebracht, 3 noch in Berl. gelaßen – Ein sehr fehlerhafter Nachdruck von Marmontels Poetique ist hier, Ein Dante gleichfalls, an dem aber 2 Blätter fehlen. Nach einem Ariost habe umsonst gesucht. An dem Zeitungswerk werde keinen Antheil mehr nehmen. Gellius und Patzke sind jetzt das würdige Paar. – Ohne Geschäfte ohne Lust zu studieren möchte ich vielleicht häusliche Dinge vornehmen, und es zu meiner Arbeit machen meinen armen unglückl. Bruder wiederherzustellen. Wie ihm geholfen werden kann, weiß Gott am besten und Er wird es mich lehren. Vielleicht leistet mir der HE Bruder hülfreiche Hand in Ansehung seines Körpers. Ich wollte ihn gern bey sr kleinen Brodtstelle erhalten; ich zweifele aber an der Möglichkeit. Artzt hilf dir selber! werden Sie sagen, liebster Freund. Vielleicht wird mir auch durch meinen Patienten geholfen; unterdeßen wenn ich auch keinen großen Dank verdiene, doch wenigstens einen Gotteslohn; und es ist jetzt die höchste Zeit – Leben Sie wohl, liebster Freund, schreiben Sie mir bald und hören Sie nicht auf zu lieben Ihren alten treuergebenen Freund und Diener Hamann.
Königsberg den 17ten Octobr: 64. Herzlich geliebtester Freund, Sie können leicht erachten, wie mir nach dem besten Winter verlangt, der uns Ihre Ankunft verspricht. Wir wollen alles übrige bis dahin versparen und Feder und Dinte schonen, bis wir uns einander sehen werden von Angesicht zu Angesicht. Der dringende Innhalt des gegenwärtigen betrift meinen Freund Herder, und der Anfang ist der zärtlichste Dank für Ihre schon zuvorkommende Sorgfalt und Treue in dieser Angelegenheit. Bey einem ziemlichen Umfange historischer, philosophischer und ästhetischer Einsichten und einer großen Lust den fruchtbarsten Boden anzubauen, bey einer mehr als mittelmäßigen Erfahrung der Schularbeiten und einer sehr glücklichen Leichtigkeit sich zu bequemen und seine Gegenstände zu behandeln, besitzt er die jungfräuliche Seele eines Virgils, den Rom
    Parthenios
hat, und die Reitzbarkeit des Gefühls, welche mir den Umgang der Liefländer immer so angenehm gemacht und dem Winkelmann ein so erbauliches Sendschreiben in die Feder geflößt hat. Sie wißen es noch, liebster Freund, wie sehr mir immer die Gesellschafft Ihrer jetzigen Landsleute in meiner Jugend gefiel und die Idee eines Liefländers war damals das Oel, welches die eiserne Räder einer spartanischen SinDenkungsart vor dem Rost bewahrte, der mich nun unbrauchbar macht. Ich kann Ihnen
    also
nach meinem besten Gewißen versichern, daß Sie an diesem liebenswürdigen Jüngling mit etwas triefenden Augen, ein Andenken bey Ihrer Schule hinterlaßen werden, das Ihre übrige Verdienste um selbige krönen wird. (Hintz ist mein guter Freund und ich weiß jetzt nichts von ihm. Daß er ein Pohl ist, dafür kann er nicht. Wenn er aber
    klüger
und ehrlicher gewesen wäre: so würde er selbst, Sie und ich dabey gewonnen haben.) Nach dieser kleinen Parenthese auf Ihren HE. Bruder zu kommen: so war sein Vorsatz dies Frühjahr abzugehen. Mit der Theologie ist es seiner Saage nach vorbey und er möchte am liebsten Medicus werden. Aus Frankf. habe 2 mal geschrieben aber keine Antwort erhalten. Mit meinem eignen habe schon in 14 Tagen einen guten Anfang gemacht muß aber die Hand zurück ziehen, – Hier kam der HE. Doctor auf ein Paar Stunden um die Venus Metaphysique & etc zu haben. Wir werden uns alle mögl. Mühe geben selbige aufzutreiben. – Daß ich mit meinem Bruder wieder abbrechen müßen, daran ist mit zum Theil Ihr Schwager HE. M. S. schuld. Sie wißen daß ich nicht gern am fremden Joch ziehen mag – HE Hofr. Pfeffel hat außer poetischen Versuchen in 3 Büchern u. andern noch ungleichern Arbeiten den Philemon und Baucis geschrieben. Behalten Sie ja Ihre Bemühungen für meinen Freund Herder in petto und beschleunigen Sie die Ausfertigung seines Berufs, auch alles übrige zu seiner dortigen vortheilhaften Einrichtung – precor et serues animae dimidium meae. Horat. Ich umarme Sie und bitte um einige Nachricht, wenn es Zeit ist, wegen Ihrer Bibliothek. Brauchen Sie alle mögl. Sorgfalt nichts zu verlieren aber auch nichts unnöthiges mit sich zu schleppen. Mein Vater empfiehlt sich mit dem ich übrigens nicht recht zufrieden bin. Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht Ihren alten treu ergebenen Freund und Diener Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur
    Lindner
/ Maitre de la Philosophie / et de belles lettres, Recteur / du College Cathedral de et / à
    Riga
.
Königsberg den 6 Novbr. 64. Geliebtester Freund, Vorgestern habe mit unendlichem Vergnügen Ihre werthe Zuschrift erhalten an deren Innhalt ich den aufrichtigsten Antheil nehme und herzlich wünsche, daß Gott die Zufriedenheit Ihrer Ehe durch den süßen Vaterstand erhöhen und fernerhin vervielfältigen, wolleauch Ihrer liebwerthen Hälfte, der jungen Mutter, zur Fortsetzung Ihres Berufs Kräfte und Reitze wiederschenken wolle. – Herr Nicolai darf mit Durchlesung des homme de lettres nicht eilen, da mein lieber
    Herder
den unvermutheten Beruf zur Collaboratorstelle, die eben so einträgl. als gemächlich ist, nach Riga erhalten und ich auf seine baldige Abreise so viel mögl. dringen werde. Bitten Sie aber Ihren Freund, daß er sm. gütigen Versprechen gemäs meinen Defect im Dante supplirt, und mir folgende Verse aus dem XIX und XX Canto del Paradiso durch einen sr. Bedienten abschreiben läßt; neml: Canto XIX v. 40 Allo stremo del Mendo e dentro ad esso bis zum 67: – – – – – Assai t’è mo aperta la latebra. und Canto XX. vom v. 78 Ciascuna cosa, quale ell’è, diventa bis zum v. 117. Fu degna di venire a questo giuoco. Was die so genannte Opera omnia anbetrift: so liegen selbige schon für Sie fertig und warten nur darauf, daß ich ausgehen werde um selbige zum Buchbinder zu bringen. Die Sokrat. Denkw. bin aber nicht mehr im stande Ihnen zu schaffen, weil selbige bereits längst fehlen. Da selbige von Druck und Schreibfehlern wimmeln; so wäre mir um desto mehr gelegen Ihnen ein corrigirtes Exemplar zu überschicken. Vielleicht werde Ihnen auch eine kleine Abhandl. (statt eines antidots) vom HE. M. Kant beylegen können, auf deßen Umgang ich mich gegenwärtig einschrenke. Er wird unter andern darinn die Opera omnia eines gewißen
    Schwedenbergs
recensiren, die neun große Quartanten betragen und in London ausgekommen sind. Vergeßen Sie nicht Mutter und Tochter auch im Namen Ihres abwesenden aber in Gedanken oft gegenwärtigen Freundes zu umarmen und empfehlen Sie mich bestens unsern gemeinschaftl. Freunden. Mein alter Vater seegnet Sie. Ich umarme Sie gleichfalls und ersterbe Ihr treuergebenster Hamann. Adresse:
A Monsieur / Monsieur Moyse / Fils de Mendelson / Sçavant très celebre / à /
    Berlin
.
Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: Haman 1764.
Königsberg den 23 Novbr 64. Herzlich geliebtester Freund, Gestern des Morgens habe Ihren HE Collaborator bis zum Thor begleitet, woselbst ihn Fuhrmann Heinrich Rehhahn um 9 Uhr bestellt, daß er allso vermuthl. bey gegenwärtigem gutem Wege bald eintreffen kann. Nun erwarte ich desto sehnlicher Ihre Gott gebe glückliche Heimkunft und nehme an der Erfüllung Ihrer Wünsche herzlichen Antheil. Die Frau Consistorialräthin habe gestern zweymal besucht auf dem Hinwege mit HE Herder und auf dem Rückwege allein, wo ich mir recht Zeit genommen habe bey Ihr einmal auszuruhn. Sie hat auch allerhand bey der retraite des HE. Doctors in ihrem Wittwenstift ausstehen müßen und vereinigt mit mir ihre Bitte, daß Sie sich durch keine Schwierigkeiten irre machen laßen Ihrem neuen Beruf auf unserer hohen Schule ein Genüge zu thun. HE M. Kant besuchte mich vorige Woche und scheint mit Ihrer Rückkehr gleichfalls auch sehr zufrieden zu seyn. Die Regierung und Akademie der Senat haben gleichfalls die Erinnerung erhalten auf seine Versorgung bey der ersten gemäßen Gelegenheit bedacht zu seyn; und weil die Einbildungskraft geistiger ist als die Sinne n, so ist die
    Hofnung
auch für Philosophen freylich ein größer Gut als Wünsche, die man wirklich erlebt. Wenn ich im stande seyn sollte etwas zu Ihrer Hiesigen Einrichtung beyzutragen, so melden Sie es mir. Die Mama so wohl als der HE Bruder möchte Sie gern
    bey Ihrer Ankunft
aufnehmen so lange biß Sie eine
    Gelegenheit für sich in der Stadt
finden; oder wollen Sie lieber zum voraus Anstalt machen? Das letzte Unglück macht unfehlbar die Miethen kostbarer und wegen Ihrer Zuhörer müßen Sie auf ein beqvemes Viertel der Stadt bedacht seyn. Möchten Sie sich an 2 Stuben begnügen und wie
    viel wären
Sie willens darauf zu wenden? Haben Sie schon jemanden die Sorge dafür aufgetragen, oder wißen Sie einen beßern Weg zu Ihrem Zweck zu kommen: so bitte mir bey Zeiten Nachricht davon aus. Erhalten Sie doch von Ihrer Bibliotheck die alten Werke welche nicht immer zu haben sind und unter den neuen alle kostbare, die nicht ihrem Werth gemäß verkauft werden können. Unter des HE Doctors Büchern gehört
    Pitaval
mir, und ich habe einen Theil Band einmal, wo ich nicht irre bey meiner letzten Reise, mitgenommen, die übrigen aber bereits aufgegeben, ohngeachtet ich ihn damals bat, wenn sich selbige finden würden, für die Ergäntzung zu sorgen. Sie sind im braunen Bande, halb Leder und halb Papier, meines Wißens. Ich habe sie in Riga von meinem ehmaligen Wirth HE. Belger erstanden und baar bezahlt. Bringen Sie mir also selbige entweder mit oder besorgen Sie mir die Uebermachung davon durch einen guten Freund. Vielleicht finden sich auch mehr von meinen Büchern unter denselben, (im Vertrauen gesagt) da mir unterschiedne fehlen, die ich in Curl. verloren haben muß z. E. Lettres personnes in blau Papier meines Wißens, Polignac im engl. Band. Bergers synchronistische Tabellen in folio. Kants Theorie der himml. Körper. Wo diese eigentl. hingekommen weiß nicht, noch durch was für einen Zufall sie zerstreut worden. L’Art d’aimer im engl. Band. Eben habe einen eben so unerwarteten als angenehmen Besuch von ihrem lieben Bruder, dem HE. Doctor erhalten. Er hat mir eine Einlage auf morgen versprochen. Melden Sie mir doch liebster Freund, ob Sie die angebotene Summe an die Kgl. Casse bezahlen müßen, oder ob die specialis gratia Sie davon dispensirt hat. Aus Braunschweig habe über Lübeck aus Frankf. einen Brief bekommen der aber schon vom 28 Aug. datirt ist und mich allein angeht. Ich denke ihn auf die Woche zu schreiben beantworten. HE Runtz ist mit dem Grafen von Münnich und einem Curl. Edelmann nach Strasburg gegangen. Melden Sie mir doch auch so viel Sie können von Ihren dortigen Umständen, und ob Sie an der Besetzung Ihrer Stelle viel beytragen möchten. Man denkt hier gar an D. Büsching. Vielleicht möchte HE Janowski die erste Etage in sm Hause abtreten können oder in dem Eckhause an der heil. Geistgaße bey dem Schwiegervater des Buchdrucker Kanters, Godau, Zimmer ledig werden, welche der Hattensee gehabt hat oder im
    Rogallschen
Hause, welches mir noch am
    besten gefällt
und wozu ich noch die
    meiste Hofnung
habe, durch den
    neuen
    Bewohner
Stuben vermiethet werden, oder in dem großen Hause an der Holtzgaßen Ecke, welches ein Beil zum Wahrzeichen hat, – In der Altstadt möchte Sie gern behalten, wenns mögl. den 24 – Meine Augen erlaubten mir nicht, länger gestern bey Licht zu schreiben; ich setze daher heute fort, ohngeachtet ich nichts nötiges mehr weiß, und alles übrige auf unsere mündliche Gesellschaft aufheben will. Vielleicht werd ich aber ausziehen müßen, wenn s Sie einziehen. Oeffentl. Nachrichten wird Ihnen HE Herder mittheilen können und von Privatangelegenheiten auch manches. HE Lauson besucht mich sehr selten weil er von D. Buck in des Daniels Weinhaus sich verlegt hat und mit sn Büchern noch in keine Ordnung kommen kann. Um das Zeitungswerk bekümmere mich gar nicht, werd auch wol niemals mehr die Feder dazu ansetzen können noch wollen. Gestern ist bey Gelegenheit des Jünglings die neue Auflage der Daphne angemeldt worden. In Ansehung der Zeitungen crede Ruperto experto und piscatori icto. Aus dem benachbarten Buchladen habe die
    sittl. Reitzungen
auf Ihre Rechnung anschreiben laßen, weil der HE Bruder in Verlegenheit war etwas von Ihren Gedichten aufzutreiben, bis ich endl. die Ode an den König fand. Sie liegen hier nebst den übrigen für Sie aufgehobnen Büchern. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen und wünscht sich auch noch das Vergnügen Sie zu umarmen. Ich ersterbe Ihr treuer Freund Hamann.
Königsberg den 28 Novbr 64. Herzlich geliebtester Freund, Ich schrieb eben nach Braunschweig, als Ihren letzten Brief erhielt. Weil ich selbigen ohnmögl. erbrechen konnte ohne das Siegel der Einlage zu beschädigen, so wurde selbige aufgerißen und ich daher genöthigt mit dem beschädigten Briefe selbst zur Mama zu laufen, um mich theils zu entschuldigen, theils durch den Augenschein von der Unmöglichkeit mehrerer Vorsicht, als ich wirklich anwenden können, zu überführen. HE Herder wird bey Empfang dieses vermuthl. angelangt seyn. Weil kein Fuhrmann in der unglückl. Woche abgehen können so ist der Verzug von acht Tagen nicht ihm zuzurechnen. Außerdem waren alle Handwerker außer Arbeit daß die zur Abreise nothwendigste Sachen nicht früh genug hätten fertig werden können, gesetzt daß auch ein Fuhrmann abgegangen wäre. HE. Kanter besuchte uns vorigen letzten Sontag im Kirchenjahr vna cum vxore sua, das heißt mit sr Frau Gemalin. Er that Vorschläge zu einem Logis bey der Frau oder den HE Münzmeister. Da Sie die Haushaltung kennen werden, weil sie aus St Petersburg zurück gekommen sind; so machte einige Einwendungen, die Sie vielleicht genehmigen werden. Ich erwarte hierüber Ihre nähere Gesinnungen. Da Sie mir schon eine Erklärung wegen Ihrer Bibliothek gethan, die nach meines Herzens Sinn ist; so eile ich heute Ihnen unsern gemeinschaftl. Rath, an den Mama und HE Bruder Antheil nehmen, zu berichten, ja alles was Sie an Hausgeräth erhalten können, nicht zu verkaufen; weil hier dergl. Sachen theils gar nicht zu haben, theils unerhört kostbar sind. Die Fracht im besten Winter mag so theuer seyn wie sie will; so gewinnen Sie immer dabey, und HE Kanters Vorschlag Sie mit dem einem Schiff im Sommer nach Dantzig zu schicken und von da hieher, ist gleichfalls annehmungswerth. Schonen Sie also liebster Freund, um so kurz als mögl. meinen Sinn zusammen zu faßen, Effecten mehr als Geld – Melden Sie mir doch wie viel der mildthätige Beytrag unserer dortigen Landsleute ausgemacht hat, der mit voriger Post abgeschickt worden. Mein Bruder macht jetzt einen Ueberschlag seines Verlustes, nach dem die Materie der neuen Bücher die ihm verbrannt 416 fl. 6 gl. die alten 150 fl. und das übrige Geräth 300 fl. beträgt. Wie viel herauskommen wird, mag die Zeit lehren. Er kann sn Schaden gut 1000 fl. aber auch eben so gut
    nichts
rechnen. Auch Seine Züchtigungen sind Wohlthaten, und was man Glück nennt ein gefährliches Eis. Er macht aus Erde Laub, und verwandelt Laub wieder in Erde. Wir verstehen Seine Regierung nicht und wagen immer zu viel selbige zu loben oder zu tadeln. Ich habe gestern einer Hochzeit auf dem Haberberge beygewohnt, wo ich meine alte Wärterin von 80 Jahren mit vielem Vergnügen gesehen. Die 3 Schwestern aus diesem Hause kamen in der Noth zu uns gelaufen uns ausräumen zu helfen und diese redl. Gesinnung erforderte einige Erkenntlichkeit. HE Bruder besucht mich gleichfalls nach Empfang Ihres letzten Schreibens und befindt sich Gottlob gesund und zieml. munter. Ich denke ihm diese Woche gleichfalls zuzusprechen und sn kleinen August zum erstenmal zu umarmen. Geben Sie uns bald Nachrichten, und erfreuen Sie uns mit Ihrer Gegenwart. Mein alter Vater freut sich auch darauf. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Freund Hamann.
Königsberg den 8 Decbr 64. Herzlich geliebtester Freund, Unterdeßen Sie an alle Ihre alte und neue Bekannte geschrieben haben, warte ich von Post zu Post auf einige Zeilen von Ihnen an Ihren alten Freund, der Ihnen diesen kleinen Anstand leicht entschuldigt, wenn Sie sich durch eine gar zu leichte Ergießung Ihrer zerstreuten Gesinnungen vielleicht ohne Ihr Wißen nicht einigen Nachtheil zuziehen, und sich durch kleine Uebereilungen eines guten Herzens in eine gewiße Verlegenheit und Zweydeutigkeit zu handeln versetzen, die der Grund des ersten, des zweyten, und sehr leicht auch des dritten Misvergnügens werden könnten. Sie haben durch unsern Freund Lauson sich erkundigen laßen wegen der akademischen Arbeiten eingezogen, der hierauf zum Kow. gegangen und daselbst den Bescheid erhalten, daß Sie kein Carmen eher machen könnten, bis Sie sich eindisputirt hätten. Dieser erhält gestern hierauf folgendes feyerl. Schreiben Protocoll vom Senat, das ich Ihnen wörtl. abschreiben will, um durch Uebersendung des Originals kein unnöthig Postgeld zu machen: Actum in Ordin. Senatus Acad. Consessu d. 7.ten Dec. 1764. Nachdem man hier vernommen, daß der HE. SchulCollega Lauson von dem designirten HE. Prof. Poes. ord. Lindner nur Ihme eine schriftliche Nachricht zu ertheilen ersuchet worden; wie es mit dem lateinschen Carmine zu dem künftigen Weynachts Programma und den deutschen Carminibus auf den künftig einfallenden Königl. Crönungs- und Geburtstag würde gehalten werden; Als schlüßet Senatus Acad. den HE Schulcollega Lauson hiedurch zu ersuchen zu laßen, damit er an gedachten HE Prof. Lindner mit der morgenden Post ohnfehlbar schreibe und Ihm zur Nachricht ertheile, daß Er als nunmehr designirter Prof. Poes. ord. das Carmen zu dem Programma Festiv. und die 2 deutsche Carmina auf den Kgl. Crönungs und Geburtstag mit der allerersten Post einschicke oder jemanden solche Carmina in seinem Namen zu verfertigen überlaße und denselben Senatui Acad. zu rechter Zeit nahmkundig machen solle. Dan. Henr. Christ Acad. Secretarius. Um Ihre Absichten auf das Colleg. Frid. nicht gantz aufzugeben und sich in eine gute Lage des Ansehens hier zu verpflantzen, rathe ich Ihnen Liebster Freund, so viel Vorsicht und Zurückhaltung im
    gemeinen Umgang
als möglich. Wenn man sich ein wenig schwierig macht gewinnt man wenigstens immer Gelegenheit seine Welt länger prüfen und unterscheiden zu lernen. Ich gebe Ihnen diesen Wink aus redlicher Absicht, und füge die gegenwärtig erhaltene Nachricht von
    Gellerts
Tode hinzu. Grüßen Sie Ihren Herder. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen. Ich erwarte Nachrichten von Ihrer baldigen Ueberkunft und ersterbe Ihr aufrichtig ergebener Freund. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F. I. S.):
à Monsieur / Monsieur Lindner / Regent du College Cathe- / dral de et / à /
    Riga
. / fr.
    Mummel.
Königsberg den 12n Decbr 64. Herzlich geliebtester Freund, Ohngeachtet ich nur mit voriger Post geschrieben, wiederhole es auch gleichwol mit gegenwärtiger, womit zugleich Ihr letztes vom 5ten h. beantworte. Ich schreibe so eilfertig, weil ich in einiger Zeit nicht Lust haben werde die Feder wieder anzusetzen und bereite Sie auf mein monathliches silentium zu, damit Sie es nicht übel auslegen. Eine Entschuldigung meines letzten Exordii halt ich gleichfalls für nöthig, ungeachtet Sie den Ton deßelben eher der Wärme und Eyfersucht meiner Freundschaft als eigennützigen Absichten zuschreiben werden. Ich verdenke Ihnen gegenwärtig noch mehr, daß Sie sich um
    die Arbeiten des Professorats erkundigen laßen
ohne noch die Vocation erhalten zu haben, und daß Sie nicht lieber sich geradezu bey Ihrem Departement gemeldet haben oder wenigstens die Gelegenheit versäumt deshalb an den Canzl. der Academie Kow. selbst zu schreiben, oder vielleicht einen
    gleichgiltigen Unterhändler
dazu gebraucht – Man muß den Verdacht der Unverschämtheit nicht achten, wenn man dadurch eine Gelegenheit gewinnen kann
    nützlichere Wahrheiten
zu sagen als das privatvorurtheil unserer Bescheidenheit wirken kann. Weil der Ruf des Senats so träge und unwillkürlich ist; wär es Ihre Schuldigkeit eine gleiche Rolle zu spielen; und dadurch würde Ihr Ansehen in dem Collegio worinn Sie künftig mitsitzen sollen und die Erreichung Ihrer Absicht, gewonnen haben. Niemand kann 2 Herren dienen, und 2 Aemter an 2 verschiednen Oertern abwarten und die Leichtigkeit zu arbeiten ist ein Talent, das mein Nächster so wenig misbrauchen muß als ich es selbst kann – wenn ich den Grad der Vollkommenheit nachjagen will, mit dem ich vor Gott und Menschen, vor Kunstrichter und Lesern bestehen muß. Meine Herren! Sie haben die 2 Jahre Rath geschaft und weder mit meiner Wahl noch p geeilt, laßen Sie mir auch Zeit – Ich bin hier nicht nur Rector sondern hab auch die Bürde des Inspectorats auf mich gehabt, bin eben jetzt im Begrif einen neuen Arbeiter in meinen Weinberg einzuführen. Die Dankbarkeit für das Gute, das ich hier genoßen erlaubt mir nicht alles gleich im Stich zu laßen und eine Stelle, zu deren würdigen Besetzung sich man so viel Zeit genommen, mit ungewaschnen Händen zu verwechseln. Ich hätte mich so kalt als mögl. gestellt, und mich auf meine Abhängigkeit von mr. gegenwärtigen Obrigkeit beruffen, zu der ich das gute Vertrauen hätte daß sie es mir mögl. machen würde mit den Ostern imstande zu seyn das volle halbe Jahr anzufangen. Wenn Ihnen wirkl. an der Eilfertigkeit gelegen wäre, so würde man Ihnen nicht Hinderniße im Weg legen an der Einrichtung Ihrer dortigen Arbeitenngelegenheiten ununterbrochen zu arbeiten. Sie hätten in allem eine künstl. Vertheidigung Ihrer Liebe zum Vaterlande und zu ihrer Akademie einflechten können und die Gnade des Königs v. sr Amtleute so erhalten können, daß der Senat keine Lust gehabt hatte ein lächerl. Protocoll an unsern Lauson durch Ihren HE Secretair insinuiren zu laßen. Der Rath Syrachs ist sehr gut: hüte dich gleichwol auch vor Freunden VI. 13. Aber die Warnung des Evangelii geht noch höher Matth. X. 17. προσεχετε δε απο των ανθρωπων – Vergeben Sie mir liebster Freund meine Schwatzhaftigkeit, die mich in Gedanken in Ihre Gesellschaft versetzt hat. Wegen des Rogallschen Hauses werde aufmerksam seyn. Der künftige Besitzer ist mit der
    Wittwe
in
    Proceß
, der kaum
    vor Ostern geendigt
werden dürfte. Er heist Collevius und hatte eine liebenswürdige Frau die ich neulich auf einer Hochzeit habe kennengelernt. Dem Ansehen nach sind es gefällige ehrliche Leute, die das Vergnügen lieben und mit HE. Nuppenau eine zieml. warme Freundschaft halten, durch die ich Gelegenheit haben würde mich zu erkundigen, ob Sie Zimmer vermiethen können und wollen, und das übrige gleichfalls zu Ihrem
    Vortheil
und
    Wohlgefallen
vielleicht einrichten und ermitteln könnte. In Ansehung Ihrer Bibliothek bin mit Ihrer Erklärung sehr zufrieden und falls es Ihnen nicht Beschwerde macht, so versorgen Sie mich
    bey Zeiten
mit einem Catalog. Wie? wenn Sie ihn hier drucken ließen, würden Sie dabey nicht gewinnen. Vom Pitaval habe 2 Theile und meines Wißens sind nicht mehr als 8 ins deutsche übersetzt worden. Hätten Sie 3 Bände; so wär mein Buch completirt, 4 hab ich gehabt. Ich kann viel entbehren, mag aber alles erhalten und ohne Noth nicht gern verlieren. Wegen der übrigen Kleinigkeiten machen Sie sich keine Mühe. Meine eigene Unordnung ist an den meisten Schuld und ich habe dafür reichen Ersatz bekommen auch noch zu hoffen. Ihr HE Schwager besuchte uns neul. und unterhielt mich mit unausstehl. Nachrichten von seiner Vielvermögenheit, die ich lieber für baar Geld annahm als daß ich es der Mühe werth hielt darauf mit Gründen oder Complimenten zu antworten. Mein gutes Vertrauen, das ich zu ihm gefaßt hatte, ist jetzt ziemlich niedergeschlagen. Vor kurzer Zeit war er wegen ss Sohns mit dem Prorector im Löbnicht, den ich kenne
    und selbst darüber gesprochen
, in Unterhandlungen. Nach dem Brand hat er sn Sohn ins Colleg. Frid. führen wollen, das sich von selbst anerboten haben soll ihn aufzunehmen aber darauf abgewiesen worden, weil es mit Flüchtlingen besetzt gewesen. Diesen Umstand erzählte er selbst und nahm daher Anlaß ein wenig das Colleg. Fr. zu verläumden. Bey dieser Gelegenheit strich er die Gaben ss Sohns heraus, der ein Amanuensis aller sr. Predigten wäre und schon Specimina sr. Beredsamkeit selbst abgelegt hätte und nächstens bey er. Hochzeit ablegen würde auch selbst schon Predigten und Canzelreden elaborirte. Des HE Pror. Examen in der Latinität ist unterdeßen eben nicht zu des Vaters noch Sohns Beyfall abgelaufen. Beylage komt von Mama, die ich gestern unvermuthet selbst besucht habe weil ich ausgehen und dem Schulcollegen ein ander Qvartier bestellen mußte, das er noch gestern Abend beym Prorector Hampus bezogen. Sie können leicht erachten, daß dies durch einen kleinen Schwung geschehen, zu dem ich leider! abermal den Arm leihenhnen müßen. Sein Tisch bey uns hat jetzt gleichfalls aufgehört. – Zu sr. Schadloshaltung sind ihm jetzt 80 fl. ausgezahlt worden, und gleich bey Anfange 6 Thrl. Gott bewahr unser Haus für Schaden; sonst hätten wir für Ihre Coffres Platz gnug, und an Redlichkeit und Wachsamkeit für ein Depot sollte es uns nicht fehlen. – HE Lauson hat mir gesagt einen Brief mit er. Assignation dem HE Bruder eingehändigt zu haben, letztern habe aber noch nicht selbst gesprochen. Was der meinige durch se Nachläßigkeit Ihnen noch schuldig ist, soll Ihnen werden, und wenn es hier wozu gebraucht werden kann, so melden Sie mir, wie viel es ausmacht um meinem Vater Nachricht davon zu geben, der mit dem seinigen schäffert und für alles sorgt. Leben Sie wohl, liebster Freund, biß Sie weiter von mir hören werden. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebener Freund Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung über einander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F. I. S.):
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie / et Regent du College Cathedral / de et / à
    Riga.
/ fr
    Mummel.
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 279 (II 280/29): Caviar 4 Tonnchen. Original.
Königsberg den 19 Χstmon. 64. Herzlich geliebtester Freund, Ich komme eben jetzt vom Beichtstuhl, wo ich den 66sten Psalm aufgesagt, und mein Vater hat in der Sacristey heute gleichfalls se Andacht gehabt und fängt den 22 h. Gottlob sein 67stes Jahr an. – Mit letzter Post habe Ihnen zwar ein monathl. Stillschweigen angekündigt aber unter Bedingungen, die sich am Rande verstehen; nemlich daß Sie fortfahren könnten mir Ihre Nachrichten mitzutheilen, und was Sie mir auftragen könn möchten, von mir in der Stille besorgt werden würde, wofern ich keine wichtige Ursache fände mich gegen Sie anders zu erklären – Da ich mit letzter Post Ihr lateinsches Gedicht erhalten: so muß ich Ihnen melden, daß ich es gestern unserm Freunde
    Lauson
eingehändigt habe, um es dem Rectori Magnifico zu übergeben, der alles nach alter bewährter Treue besorgen, auch die Correctur übernehmen wird. Jetzt liebster Freund!
    hilft kein caute gehen
; sondern die Sache muß ihren Fortgang haben, wie selbige angefangen ist. Es sind lauter Misverständniße und ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll um Ihnen Ihre kleine Vorurtheile zu benehmen. I.) Glaub ich nicht, daß ein Kgl. Rescript nöthig hat von dem Senat confirmirt zu werden. Sie hätten also mit gutem Gewißen gleich nach Erhaltung deßelben anbinden können Ihre Beurlaubung dort zu suchen. II. Schreiben Sie mir, daß Sie HE
    Lauson nicht aufgegeben zu Kowalewski zu gehen oder Lärm zu machen
. Lauson ist ganz unschuldig und kann nicht des geringsten Versehens hierinn überführt werden. Er hat in eignen Angelegenheiten wegen es. Gedichts auf das Feuer, so ins Intelligenzwerk gerückt worden, zum Canzler nöthig gehabt hinzugehen und denkt bey dieser Gelegenheit, daß Sie große Lust hätten zu wißen, ob Arbeiten von Ihnen gefordert wurden. Er sagt ihm, daß Sie nicht eher ex officio Verse machen könnten, bis Sie im officio wären, und bringt es darauf aus patriotischer Klugheit in pleno consessu vor. Denn weil die HErren Langeweile haben und ihrem Secretair für sein Gnadenbrodt auch gern ein wenig Arbeit gönnen: so entsteht ein Protocoll. – Hierauf begegnet D. Bohlius den Lauson und giebt ihm Verweise im Namen des Rectoris Magnifici D. Quandt, daß Lauson als
    sein guter Freund
sich nicht an ihn
    als das Haupt
gewendet sondern zum Canzler sich geschlagen hätte in puncto des HE Prof Lindners. – Der Magnificus als ein mitleidiger Hoherpriester würde Sie vermuthl. von dieser Arbeit dispensirt haben als ein Mann der die Gnade des Königs beßer zu brauchen weiß und sich kein so enges Gewißen macht, um
    se Gage nicht ganz unverdient zu ziehen
, wie Sie sich auszudrücken belieben. Sie sehen hieraus in parenthesi daß Lauson keine persona odiosa ist, indem D. Quandt ihn seinen
    alten guten Freund
nennt, und der Canzler sich eben dieses Ausdrucks gegen meinen Vetter bedient hat. Ist Lauson dadurch gebeßert, daß diese Herren ihn um die Wette ihren Freund nennen; und würden Sie so weit gekommen seyn, wenn kleine Chicanen nicht das Mittel gewesen wären Ihnen Brodt und Ehre in der Fremde zu verschaffen und bald darauf Ruhe in Ihrem Vaterland durch Mittel und Wege zuzubereiten, von denen man zu Gott sprechen kann: Wie
    wunderlich sind Deine Werke!
III. Sie sehen hieraus, liebster Freund, daß weder der Senat noch Lauson so viel schuld sind, als Ihre eigene unnütze Eitelkeit auf das
    Verdienst
, wie Sie es nennen, die Gage
    nicht ganz unverdient
zu ziehen, und zweytens das ipse fecit bey diesem Stück setzen zu können, womit Sie sich ohne es zu wißen, über Ihren Vorgänger zu erheben suchen. Uebrigens ist es keine Kunst Anfrage zu thun, wenn man se Arbeiten schon zum voraus fertig hält, eben so wenig, als wenn praeparirte Schüler im Examine gut bestehen. Wer hat Ihnen aber Zeit, Muße und Vollmacht zu Arbeiten gegeben die Ihnen noch nicht zukommen, unterdeßen Sie dort alle Hände voll haben und sich eben dadurch
    unnütze
machen, daß Sie alles thun was Ihnen befohlen wird. IV. Laßen Sie mich noch über einen Punct in Ihrem Briefe lachen, denn ich weiß keine beßere Methode Ihnen Ihre Grillen zu benehmen als die Worte eines Satyrs. Ist das der Sinn meiner letzten beyden Briefe gewesen: so weiß ich nicht was Sie gelesen noch was ich geschrieben habe. Lesen Sie selbst, was Sie mit einer gar zu frommen Mine mir berichten:
    Des Senats Resultat gehorch ich pünctlich und zeige dadurch meine Achtung
. Id quod male. I.) Was hat Ihnen der Senat gegenwärtig zu befehlen? 2.) Meynen Sie daß der Senat nicht so klug gewesen als Sie, ein lateinsches Gedicht vor der Hand fertig zu halten. 3.) Was bedeutet das Wort
    Achtung
in diesem Zusammenhang? Glauben Sie, liebster Freund, daß es uns niemals gelingen wird, wir mögen es anfangen, wie wir wollen, andern Achtung zu bezeigen, wenn die Pflicht gegen Uns selbst Achtung zu haben nicht verstanden oder unrecht ausgeübt wird. Durch Achtung von der Art wird kein gutes befördert, sondern hingegen ein offenbares Unrecht genährt und gestärkt. Wie wollen Sie hernach Ihr Ansehen behaupten, wenn es darauf ankommen wird zum Vortheil anderer im Senat ihre Stimme und Ihr Urtheil zu gebrauchen, wenn sie durch ein unzeitiges obsequium sich eine Achtung erwerben wollen, die dem guten Gewißen und guten Namen nachtheilig werden kann. Sie sind jetzt nicht ein Unterthan des Senats mehr, auch niemals gewesen, sondern ein Mitglied deßelben, und müßen es werden. Da Sie es durch einen höheren Beruf geworden sind: wie können Sie sich so erniedrigen, durch allerhand kleine Gefälligkeiten und Achtsamkeiten, woran jenen Leuten nichts gelegen, erst zu kriechen und zu pinseln um ihr Dignus, dignus est intrare in docto nostro corpore. Werden jene HErren Ihnen danken, daß Sie Ihr Schaarwerk vor der Zeit liefern? Jetzt wird es für eine Schuldigkeit von Ihnen ausgelegt, und die Opera supererogationis gelten wenig bey unsern Orthodoxen und noch weniger bey Kunstrichtern, die eben daher Gelegenheit nehmen uns zu verdammen. Vergeben Sie mir, liebster Freund, mein unerträgliches Geschwätz. An dieser gantzen Angelegenheit ist nicht das Geringste, was Sie beunruhigen dürfte. Ich habe dies Insect unter einem Vergrößerungsglaß bloß in der Absicht zergliedert, um Sie wo mögl. von der
    Schüchternheit Ihres guten Herzens
zu befreyen. Sie sind jetzt keine Schulcollege mehr, wie ehmals, und kommen jetzt unter gantz andern Aspecten auf uns. hohe Schule. Jene müßen sich jetzt vor Ihnen fürchten, und haben Ursache dazu. Alle diese Dinge scheinen Ihnen ganz unbekannt zu seyn, und Sie fahren
    aus Geschmack
auf dem Wege fort, auf welchem Sie ehmals den Leuten haben ausweichen müßen aus Noth. Um Ihre Gaben und alle Vortheile zur Ehre Gottes und Gemeinen Besten anzuwenden, bereiten Sie sich bey Zeiten auf eine bequeme Lage zu, und behalten Sie wenigstens die Hofnung im Sinn mit der Zeit das Inspectorat des Colleg. Fr. mit der Prof. zu vereinigen. Die Furcht Lärm zu machen ist eine Schwachheit, bey der wir jedem, der unsere Ruhe stören will, Raum dazu machen. Sie können leicht erachten, daß ich durch Ihre
    voreilige Briefe
gar nicht die Danksagungs Schreiben an die Excell. verstehe; sondern an gewiße Leute, die nicht so viel zu thun haben als Sie, keine Presidenten noch Cantzler sind, sondern gute ehrliche Leute, die sich eine Ehre daraus machen müßen, wenn Sie Ihnen bey Gelegenheit antworten und aus deren Briefwechsel wenig gründliches. Für die lange Weile ist auch ein Domino und Lotteriespiel gut. Ich habe
    Amtsbrüder
und rechtschaffene Leute auf der Canzley gehabt, mit denen ich damals friedlich und aufrichtig zu leben suchte, um die ich mich aber gegenwärtig eben so wenig bekümmere als um die schönen Mädchen in Engl. und um die schöne Kuh in der Schweitz, die ich gern entführt haben würde, wenn ich so ein großer Herr wie z. E. Jupiter gewesen wäre. Kennen Sie Ihren alten Spießbruder nicht beßer, liebster Freund, als daß Sie von mir erwarten können daß ich im stande wäre ein lateinisches Gedicht zu beurtheilen. Sie suchen Oculi plus vident so weit und haben nicht an Ihren Herder gedacht, der diesem Feld vollkommen gewachsen ist und im Collegio Uebung genug gehabt. Ich habe Ihren HE Bruder und Lauson zu Hülfe genommen. Wir haben nichts gefunden. Die Note aus dem
    Faber
muß allerdings
    weg
bleiben, und
    Lauson
wollte sie ausstreichen. Ich glaube daß Sie hierüber nichts besorgen dürfen. Im Ueberfluß bitten Sie HE Herder, daß er es ein wenig ansieht. Fällt Ihnen noch was ein: so bleibt Zeit Ihre Erinnerungen oder Nachlesen einzuschicken, weil Lauson sich unter in meiner Gesellschaft darnach richten wird. HE M. Kant kommt eben zu mir, und versichert Sie sr Freundschaft. Mein alter Vater seegnet Sie von Grund ss Herzens. Einlagen enthalten mehr. Ich umarme Sie und wünsche Ihnen geseegnete Feyertage. Leben Sie wohl. Bald schreibe wieder. Leben Sie wohl und verstehen Sie mich recht. A Dieu. Grüßen Sie Ihren HE Herder aufs freundschaftl.
Königsberg den 22 Decembr 64. Herzlich geliebtester Freund, Ich habe bereits gestern die Correctur Ihres Festgedichts gesehen und HE. Zeise hat mir heute einen Abdruck versprochen, den Ihnen beylegen will. Der Kopf ist mir bisweilen so wüste, daß ich selbst nicht gewust was ich neulich geschrieben, da ich noch auf Antwort von Ihnen vor Weynachten gewartet habe. Es werden hoffentl. keine Corrigenda nöthig seyn, und Ihnen vielleicht angenehm den Abdruck Ihres Gedichts selbst zu sehen. HE. Lauson habe seit der Zeit noch nicht gesehen, erwarte aber vielleicht heute noch. Ich weiß nicht, ob Ihnen gemeldet, daß er schon seit langer Zeit
    Tschernings Gedichte
für Sie abgelegt, falls Sie selbige noch nicht hätten, weil er ihn zweymal besitzt und ich ihn gleichfalls habe. Er hat mir eine schöne holl. Ausgabe von Cardano de vtilitate ex aduersis capienda und den Pancirollum de inuentis olim deperditis et nuper inuentis verehrt und ich habe ihm meinen Zachariae zugedacht. Jetzt habe einen griechischen Dichter von ihm, der einige Aufmerksamkeit verdient und Georgius, mit dem Zunahmen Pisides heist, deßen εξαημερον oder Cosmurgia und seine Iambi εις τον ματαιον βιον in vanitatem vitae 1596 in 8 ausgekommen vermuthl. von Frid. Sylburg.Herr Lauson ist eben hier gewesen, und hat mir gemeldet, daß D. Quandt sich anerboten selbst es durchzusehen da er die ihm aufgetragene Entschuldigung wegen Kürze der Zeit gemacht, und wegen 2 Fehler vor gut befunden den Namen auszulaßen. Lauson hat dieser beyden Fehler wegen einen sr Collegen zu Rath gezogen, der verecunda in pudibunda geändert und ihm gesagt, daß halo in der Bedeutung kurz, aber in einem andern Verstande lang wäre. Der Vers aber hätte nicht geändert werden können und ist auch nichts daran gelegen. Mit der Nachricht von Gellerts Tode, die ich von Lauson erhalten, muß es nicht richtig seyn. – HE. Mag. Kant hat kürzl. von einem Mag. Cleß, der Hofmeister bey dem jungen Printzen von Würtenberg ist und sich zu Treptau aufhält, eine 6 7½ Bogen starke Disputation bekommen unter folgendem Titel: Obseruationes ad Commentationem Dni. Imanuelis Kant de vno possibili fundamento Demonstr. Exist. DEI von dem einzig moeglichen Beweisgrund zu einer Demonstr. des Daseyns Gottes quas praeside
    Godofr. Plouquet
pp. pro rite consequendis Magisterii philosophici honoribus Dan. Fr. Hermann, Aldingensis
zu Tubingen im Octobr. 1763. gehalten. Die Hälfte dieser Schrift besteht aus dem Text, der mit lateinischen Buchstaben gedruckt und die andere Hälfte aus Anmerkungen, worinn derselbe mit vieler Ehre ausgelegt, supplirt auch bisweilen wiederlegt wird. Hat der Minister von Br. Ihnen schon geantwortet und zum Besten des M. Schlegels geschrieben, wie mir HE. Kanter versichern wollen. Ich habe letzteren vorigen Sonntag seit ms Hierseyns zum erstenmal besucht und er soll sich jetzt schwerkrank an hämorroidischen Zufällen befinden. Da HE Berens nicht engl. kann: so weiß ich nicht warum er sich einige engl. Bücher an denen mir gelegen, ausgesucht. Ich meine den Lock, den Law, Mun und noch ein paar die in blau Papier geheftet, den PettyAn den französischen ist mir nichts gelegen und die sind ihm brauchbarer als mir, auch immer zu haben. Können Sie aber auf eine gute Art ihm zu verstehen geben, daß mir ein Gefalle geschehen würde, wenn ich diese engl. Schriftsteller bey
    gelegener Zeit
wiederbekäme: so würden Sie mich liebster Freund, sehr verbinden, wenn Sie mir selbige mitbringen oder die Commission davon unserm Freunde Herder überlaßen wollten. Falls Sie es nicht für nöthig finden mich nahmkundig zu machen: so bitten Sie für sich selbst diese Bücher zu Ihrem eignen Gebrauch aus. – Weil ich nichts mehr übrig habe, so gefällt es mir den kleinen Rest in eine Actie für die neue Bank zu verwandeln, und vielleicht ist es jetzt der Zeitpunkt alte Grillen zu erneuern. Mein alter Vater feyret heute Gottlob sn Geburtstag gesund und vergnügt. Ich will auch Ihre Gesundheit trinken. Grüßen Sie Ihren lieben Herder. Versäumen Sie keinen Tag und nützen Sie die Schlittenfahrt. Gott schenke Ihnen reichen Segen auf das Fest und zum Neuen Jahr. Man redt von einer Bedienung, die der HE Doctor bekommen soll. Von ihm selbst habe nichts gehört. Und was für eine, weiß man auch nicht. Wir alle warten auf Ihre Umarmungen. Keinem wird die Zeit so lang als meinem alten Anchises. Leben Sie wohl und eilen Sie. Hamann. Adresse defekt mit rotem Lacksiegel (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F. I. S.):
à M   / Monsieur L   / Maitre de la    / et Regent du    / Cathedral    / Fr.
    Mummel
.
Königsberg den 2 Jänner 65. Herzlich geliebtester Freund, Ihr letzter Brief ohne dato, den durch nachbarl. Einschluß erhalten, hat mir in gewißer Betrachtung viel Vergnügen gemacht, und ich bin mit der Lebhaftigkeit Ihrer Erklärungen sehr zufrieden. Sie haben ganz recht, daß ich mehr Lerm gemacht, als diese gantze Kleinigkeit werth ist; aber nicht der Sache selbst wegen, sondern Sie liebster Freund blos in Wachsamkeit auf Ihre erste Schritte zu erhalten. Da ich diese Absicht erreicht: so werden wir von der Materie abstrahiren, und wegen der Formalitäten ein wenig Nachsicht und Gedult für mich haben. Was Ihr gantzes Verfahren betrift, so bin ich der erste, der es billigt und vertheidigen würde. Um Sie aber gegen Casuisten ein wenig zu üben, hab ich mich selbst in einen verwandeln wollen. Ich weiß nicht anders als daß Kow. Ihnen mit der ersten Post geantwortet. Was den Magnif. anbetrift; so werden Sie nichts unterlaßen haben Ihre Ehrfurcht für seine Ruhe vorzuschützen, daß Sie ihn nicht behelligen wollen. Er hat Cantilena selbst ausgestrichen und Ode darüber geschrieben, wie mir erzählt worden und es an schmeichelhaften Ausdrücken nicht fehlen laßen. Das eingeschickte, das sn. guten Gang gehen soll, betrift vermuthl. den HE Doctor, der dafür sorgen wird. Ich war gestern bey der Mama als der einzigen, welcher ich zum Neujahr gewünscht und wollte se Einlage bestellen an Ihren HE Bruder. Sie waren aber alle in die Festung zum Oncle gefahren. Vielleicht sehe ich ihn heute oder morgen. Nach einem zieml. Intervall hat er mich vorige Woche besucht, und war sehr heiter, weil se. Schwiegermutter den Tag darauf abreisen und er gute Ahndungen hatte jetzt durchzudringen. Der wichtigste Inhalt meines gegenwärtigen Briefes betrift Ihre Wohnung, liebster Freund! Erhalten Sie Vorschläge deswegen, so bitte mir Nachricht davon zu geben, damit ich mit meinen Unterhandlungen hier nicht im Bloßen bleibe. Mein einziges Ziel geht hier auf das Rogallsche Haus und ich habe mit dem Bezieher und Käufer deßelben vorigen Sonntag selbst gesprochen, der aber nicht eher Bescheid geben kann, biß er selbst eingezogen seyn wird. Ich kenne das Haus selbst nicht; dem Ansehen und Nachrichten zufolge kann es an Stuben nicht fehlen. Der Proceß ist gegenwärtig zu Ende und es beruht auf die Auszahlung. So bald die geschehen seyn wird, meynt HEr Chollevius einzuziehen. Ich werde also dies abwarten müßen und alsdann selbst die Stuben in Augenschein nehmen auch wenigstens den HE Bruder oder Mama zu rathe ziehen, und Ihnen Meldung thun wegen des Preises und wegen der Gelegenheit. So viel hab ich abgemacht, daß wenn Sie Gelegenheiten vermiethen wollen, ich der erste und den Vorzug vor allen übrigen Liebhabern finden soll. Ihnen ein gantzes Haus zu verschaffen, dazu habe keine Hofnung und Leute die mehr Kundschaft als ich haben, verzweifeln gleichfalls daran. In Ansehung der Miethe setzt es jetzt viel Schwierigkeit liebster Freund, und ich muß Sie darauf im Voraus zubereiten. HE Lauson wohnt 3 Treppen hoch und hat nichts mehr als eine große Stube mit einer schmalen Cammer, wofür er aber 40 Thrl jährl. geben muß, und ein guter Freund vom Uhrmacher besuchte uns neulich, der für eine einzige Stube die er halb so groß als unsere beschrieb, jährl. 100 fl. in der Vorstadt zahlen muß. Diese beyden Beyspiele sind zuverläßig, daher ich Ihnen selbige melde um sich darnach richten zu können. Sollte sich wieder Vermuthen ein gantzes Haus finden; so werde nicht ermangeln Ihnen sogl. Nachricht davon zu geben, welches ich gleichfalls thun werde, so bald ich im stande bin Ihnen etwas näheres in Ansehung des Rogallschen Hauses zu melden. Eher möchte wol nicht schreiben, weil ich Ihnen nicht gern unnütze Zeitkosten machen will, und ich weder Lust noch Geschick mehr habe zu einer Arbeit, die mir sonst eine der liebsten gewesen ist. Ein Brief wird mir jetzt würkl. schwer und überlästig, und ich finde mich jetzt an Begriffen und Ausdrücken ganz erschöpft. Weil ich diese Vernichtung gewißer maaßen zum voraus gesehen und Hoffnung habe selbige mit Gottes Hülfe zu überstehen: so beruhigt mich das und erhält meine Gedult. Es giebt eine eben so hohe als tiefe Erfahrung von der Wahrheit: Ohne mich könt ihr nichts thun – und ich vermag alles – HE. Pror. Hampus besuchte uns gestern und brachte uns schlechte Zeitung von des Schulcoll. Aufführung, die mein bisheriges Verfahren noch immer rechtfertigt. Veni et vide, wenn Sie es schon vergeßen haben. Ob Ihnen der Antrag in Ansehung des Rect. Tack einiger Aufmerksamkeit würdig scheint, bin neugierig zu erfahren. Ich habe mich gantz in den Mann verliebt und HE Doctor hat m. gute Meynung noch mehr bestätigt. Es ist unverantwortlich daß dieser Mann hier verhungern muß und die gute Mine, womit er sich in sein Schicksal zu schicken weiß, verdiente eine Milderung deßelben. Man erzählt von ihm daß er eine reiche Wittwe mit einem Mälzenbräuerhause hat heyrathen sollen, weil man ihn aber zwingen wollen das Rectorat niederzulegen, so habe er lieber das erste verscherzen wollen als sn Beruf aufgeben. Entschlagen Sie sich nicht eventualiter an diesen Mitbruder und Mitgefangnen zu denken. Weil der löbnichtsche Thurm immer mit dem Umsturz droht, so hat er gleichfalls aus sm Hause ausziehen müßen und muß sich mit dem Prorect. behelfen. Ich habe das alte Jahr mit der Reisebeschreibung des
    Blainville
beschloßen. Dieser Schriftsteller war aus Picardie gebürtig und als Hugenott flüchtete er 686 nach Holl. wurde 93. Gesandschaftssecretair bey dem HE von Citters am spanischen Hofe. Nach 4 Jahren starb letzterer und das Schiff ging mit sm Leichnam unter und des Secretairs sämtl. Handschriften. Dieser gieng darauf nach Engl. und bekommt die beyde Söhne des Kriegs Secr. HE. Blaithwait auf Reisen zu führen, womit er 3 4 Jahre zugebracht. Aus einem Tagebuch dieser Reise die bereits 1705. angestellt und 1743, 10 Jahre nach Blainvill. Tod herausgekommen, besteht dies Werk. Er hat sich auf dieser Reise allein bis 16 Monathe in Genf aufgehalten und daselbst eine Historie dieser Republik geschrieben die aber verloren gegangen und dadurch zugl. eine Lücke in sn Journal entstanden. Er hält sich mit Legenden und Alterthümern sehr auf und steht noch unter Kaysern. Der engl. Herausgeber hat se. Handschrift um ein Viertel verkürzt, aber auch vieles von sn eignen Betrachtungen einfließen laßen ohngeachtet er niemals selbst aus Engl. gewesen bey allen Hülfsmitteln die er dazu gehabt hätte. Der Prof. Köhler zu Göttingen hat diesen ersten Theil in 2 Abtheilungen bestehend übersetzt und Anmerkungen dazu gethan. Der Text ist zieml. verworren und Blainville hat es immer mit Maßon und andern Reisebeschreibern zu thun, die er oft in Kleinigkeiten tadelt verbeßert und nachahmt. Seine Betrachtungen sind gemein und oft ekel, sein Geschmack nicht der feinste und oft pedantisch. Köhler hat in er. Anmerkung das Märchen von der Gräfin die 365. Kinder geboren so aufgeklärt daß sie am Charfreytag in Wochen gekommen und weil das Neujahr damals zu Ostern angefangen also nur 2 Tage vom alten übrig gewesen, hat ein witziger Kopf gesagt: sie hätte so viel Kinder geboren als Tag im Jahr wären. Da er in einer Stelle dem Masson die Existentz einer kleinen Stadt
    Stegebach
abstreiten will: so behauptet Köhler, daß Masson Recht habe und es existire, ob es gleich der
    „eingebildete neuere scheinheilige Autor in der Erdbeschreibung in seinem Mischmach nur Stege nennt, welches man ihm eher zu gut halten kann als 100
    andere gröbere Fehler von Orten wo er selbst gewesen und ein erschlichenes Brodt gegeßen hat.“
HE. Diac. Trescho hat bereits den 2ten Theil sr. LiteraturBriefe herausgegeben, worin sich der erste mit dem Character des D. Schultz und Klopstocks Salomo anfängt und die letzten Hanals Himmelfahrt gegen Michaelis betreffen. Seine Lebensbibel ist auch herausgekommen unter dem Titel: Die Kunst glücklich zu leben als ein Wochenblatt zur Erbauung abgefaßt. Sie ist dem CommercienRath Cruse dedicirt und in der Vorrede eine kleine Anecdote, die mich auch gewißermaßen angeht um deren Aufklärung ich mich aber wenig bekümmern werde. Mein alter Vater hat sich eben zur Ader gelaßen und empfiehlt sich Ihnen bestens. Kommen Sie bald. Gott laß es auch in diesem neuen Jahr an keinem Guten Ihnen fehlen und bahn Weg und Steg zu Ihrer Heimkunft. Grüßen Sie unsern Collaborator. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Freund und Diener Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegel (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F. I S.):
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie / Professeur ordinaire de la Poesie, / Senateur de l’Academie de / Koenigsberg et Regent du College / Cathedral de et à /
    Riga
. / fr.
    Mummel
.
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 282 (II 289/30): Trescho.
Achtungswürdiger Freund! Ich habe bald nach meiner Ankunft hieselbst, einen Brief, als Inlage bei Hr. Fischer, u. ihn zugleich, an Sie addreßirt; glaube aber, dabeinahe, da ich weder von Ihnen, noch Ihm Antwort erhalten, daß die blasts eines schwarzen Windes aus der Wüste her, mein Blatt fortgerauschet, daß es Sie nicht gefunden, ich murmele also diesem Schicksale Flüche nach; indeßen excerpire den Gedächtnißinhalt des vorigen Briefes, u. bitte Sie zwiefach, mich mit einer Antwort zu trösten: sonst schreibe ich Briefe ins schwarze Reich der Todten, wo man nicht an mich gedenket, u. woher keine Wiederkunft ist. – Ich habe meine jetzige Lage Ihnen zu danken, u. bei jedem Guten u. Bösen erinnere ich mich also Ihrer, zum Glück, daß es bisher meistens gutes vgewesen. Ich habe durch die Vorsorge meines recht guten, guten Rektors, ein bequem Logis, vor 110. Thl. u. alles was zur Lebensnothdurft gehört, u. Luther in die 4te Bitte paßt, bis auf Weib; dies u. pp. exclusive. Ich habe sehr mäßige Arbeit; so daß, weil der Boden hier vor einen Gelehrten von Profeßion, ein solum papaveriferum, somniferum ist, ich beinahe schlummere; mir fehlen die Thüren zu Bekandschaften, u. Stacheln zu kleinen Arbeiten. Seyn Sie mein Aufwecker, ich wills Ihnen durch Stachellecken nicht schwer machen: ausin Lübeck vermoderte der Brief ungesiegelt, laßen Sie ihn jetzt nicht ungeschrieben verstocken; wie Young von unausgepackten Gedanken schreibt – Ich ersuchte Sie in meinem Briefe um das Mscrt des Gerichtsvogt Schwarz, wegen meines freyen Logis u. um Dero Anmerkungen zu meiner Abhandlung von der Ode: Ich habe dazu, unbeschadet meiner Amtsarbeiten, Verbeßerungen gesamlet, die das Werk Ihrer Augen würdiger machen werden. Darf ich mit Hartknoch mir also diese Mscrten ausbitten; auch, wenn ich nicht Graeca fide bei Ihnen kaufe, das Buch: Ob die Gottesläugnung den Sitten p. ich schicke es mit HErn Rect. Lindner zurück. Im Journal encycloped. habe einen Auszug aus Garnier’s home de lettres, u. Rousseau’s Platon gelesen: auch im 3ten Th. des Nord. Aufseh. 1 Klopstock. Stück über Winkelmanns Nachahmung u.1. Ode von ihm auf die Souvaerenité. Von S seinen Sylbenmaßen hat man schon 2. verschiedne Mssc. davon ich nur eins gelesen, u. mein Urteil am andern Ort sagen werde. Haben sSie das 45. Stück des north Britons gelesen: ich kanns Ihnen Englisch schicken. Von Orpheus ist eine Geßnersche Ausgabe herausgekommen, die Ihrer Bibliothek werth ist. Alles dies sind blos Rudera zu einem Briefwechsel, den ich im Sinne habe, u. wozu ein Brief aus Ihrer Hand das Anfangs Privilegium seyn wird – Mit diese Grüßen Sie Ihren ehrwürdigen Anchises, imgleichen HErn Nuppenau u. ihr ganzes Haus. Und glauben Sie, daß ich bin – ob gleich dieser Brief sehr das kalte Fieber, oder die Waßersucht zu haben scheint – daß ich dennoch mit Enthusiasmus bin / Ihr / ergebener Herder. Riga den 5/16 Jan. 1765. Adresse mit Siegelrest:
à Monsieur / Monsieur Hamann / homme de lettres / à /
    Koenigsberg
Königsberg den 16 Jänner 65. Herzlich geliebtester Freund, Jetzt eben zu Mittag sind Ihre Sachen angekommen und Gottlob soviel ich sehen kann nach Wunsch. Angst v Verdruß habe gnug gehabt, weil
    unterwegs
und
    hier
alles hat geöfnet werden müßen. Um der Einlage wegen ruhig zu seyn, haben wir selbige sogleich eröfnet, und ich habe viel Mühe gehabt das eine zu finden, bis ich es in der Verwirrung endlich fand, und alles so weit richtig ist. Die eine Seite des Kastens ist sehr naß geworden und das Waßer von unten bis auf die Hälfte durchgedrungen und daher eine Eröfnung deßelben ohnedem unentbehrl. gewesen. In Ansehung der richtigen Zahl hoffe daß nichts daran fehlen wird. Wir können jetzt beyde Gottlob! ruhig seyn, und ich habe für Angst und Verdruß gezittert und gebebt, bin aber jetzo desto vergnügter. Wegen des Rogallschen Hauses fällt aber mein Gesuch schlecht aus. Der neue Besitzer ist jetzt im Begrif einzuziehen; aber will von keinem Professor was wißen, der Collegia liest und noch weniger der selbst Stuben vermiethen will. Ich habe mich wegen des letzteren Puncts noch gar nicht erklären dürfen, und da man den ersten Articul nicht einmal eingehen will: so ist die Sache vorbey. Ich wünschte also, wenn Sie mit Ihrer alten Wohnung wieder einig werden könnten, und bin gegenwärtig nicht im stande Liebster Freund! Ihnen zu dienen. Ich habe seit dem Neuen Jahr an einem Flußfieber etwas ausgehalten, purgiren und Aderlaßen müßen; daher die letzte Einlage an HE D. durch unsern Gesellen bestellen laßen, weil noch nicht ausgehen kann, und erst auf die Woche frische Luft zu schöpfen gedenke. Wegen der guten Bewachung Ihrer Sachen können Sie jetzt ruhig seyn; sorgen Sie aber mit erster Post wegen des Pichlauschen Hinterhauses oder einer andern Gelegenheit. Meine Absicht ist fehl geschlagen und ich weiß jetzt keinen Rath. Sollte ich von einer Wohnung wieder Vermuthen etwas erfahren, so werde mich melden. Treiben Sie jetzt die Sache mit Ernst. Den 4″ ist HE Hartknoch angekommen, hat mich einige mal besucht, und ist den 12″ wieder abgereiset. Der Bediente des HE Bruders war eben da, an den er gleichfalls wegen der mitgebrachten Leuchter Nachricht geben ließ. Ich erwarte weil nicht selbst ausgehen kann, alle Tage des HE D. Besuch, aber bisher umsonst. Den 7″ brachte mir HE Fischer eine Einlage von HE Herder, die schon zieml. alt geworden war, weil sich der Brief am schwartzen Bret aus Mangel desr addresse umtreiben müßen. Entschuldigen Sie mich daß ich noch nicht antworten können. Ich werde es bey erster Stunde thun und grüßen Sie Ihn herzlich von mir. Ich freue mich über sn glückl. Anfang. Vorige Woche erhielt einen Brief aus Strasburg von einem meiner Reisegefährten der am längsten mit mir ausgehalten. Ein junger französischer Kaufmann Namens Pasquoy. Er meldete mir nichts als se. Ankunft v bittet sich Nachrichten von mir aus. Ich habe 46 gl. Porto bezahlt und schon den Anfang gemacht ihm zu antworten. Die Vorrede des D. Semlers zu Baumgarten 3ten Theil habe gelesen und der Diaconus in Preußen ist gar nicht geschont. Das Buch selbst habe über einige Bogen nicht aushalten können so sehr ich mir auch von einer Untersuchung theol. Streitigkeiten von Baumgartens Feder Zufriedenheit versprach. Von Damm habe jetzt se. neue Uebersetzung der Offenbarung, des Briefs an die Ebräer und des Marcus angesehen. – Der Layenbruder hat seine 6 Thrl Fracht für den FuhrMann empfangen, weil letzterer nicht selbst herkommen könnte. Für das Herbringen hat mein Alter 20 gl. bezahlen müßen. Das übrige bleibt zum Reservo. Wegen des SchulCollegen werde erinnern helfen, und ich habe meinem Vater auch schon davon gesagt. Ersterer hat gestern sn Geburtstag gefeyert de ao: 1734. HE. Hippel hat ein Gedicht auf den Geburtstag für die Zeitungen gemacht. Ihre Crönungsarbeit hat mir HE Bruder mitgetheilt. Einige Kleinigkeiten hatten wir beyde zu kritisiren, konnten aber leider! nichts verbeßern. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen bestens und wird für alles mit Sorge tragen helfen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Freund. In gröster Eil. Kommen Sie bald.H. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F I S):
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Profes- / seur Ordinaire de la Poesie, Sena- / teur de l’Academie de Koenigsberg / et Regent du College Cathedral de et / à /
    Riga
/ fr.
    Mummel
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Kgsberg den 19 Jänner 65. Herzlich geliebtester Freund, Ihr Leinenzeug ist so gut wie möglich ausgetrocknet und wieder verwahrt und mein Kasten steht unter meinem Bett, wo ich so sanft wie auf einer Pritsche schlafe. Von den Servietten ist nichts nöthig gewesen etwas auseinander zu nehmen. Ich hoffe also daß kein Faden fehlen wird, ohngeachtet wir nicht alles genau abzählen können sondern nur dem Augenschein nach berechnen müßen. Einlage ist gleichfalls gehörig eingewickelt und eingepackt worden. Die Schlüßel hat mein Vater zu Ihrem Gelde gelegt und in seine Verwahrung genommen. Gott gebe, daß alles übrige so gut seinen Gang gehen mag als der Anfang gewesen. Wenn Sie noch nöthig finden uns etwas anzuvertrauen, so stehen wir Ihnen in allem zu Diensten. Gestern besuchte mich HE Doctor auf eine Viertelstunde voller Zufriedenheit über seinen Abschied und voller Unruhe das Ende mit der Schwiegermutter abzumachen zu der er heute mit seiner lieben Gemalin aufs Land gereist bin ist und in einigen Tagen wieder kommen wird, um auch zugl. der Hochzeit des HE. v Reibnitz aus dem Wege zu gehen, die auf den Dienstag mit des Pres. Tochter vollzogen werden wird. Er hat mir Ihren Brief in Ansehung des HE Rect. Tack gelaßen und ich ließ sogl. denselben zu mir bitten, da die Schule ohnedem wegen des Krönungstags veniam hatte und ich wegen ms. Flußfiebers noch nicht recht ausgehen kann. Die Sache ist abgemacht, und ist auf ihn nichts zu rechnen. Ich bin mit der Erklärung dieses Mannes sehr zufrieden gewesen. Er dankt für das geneigte Andenken. Da er aber sein Auskommen hat, für keinen Erben zu sorgen und dem Ansehen zum Spott 10 Jahr älter ist als er aussieht, neml. über 50 und bereits so viel erfahren daß er zu neuen Versuchen keine Lust und kein Geschick mehr hat: so gestand er gleichwol daß ihm dieser Ruf einige Jahr früher sehr willkommen gewesen wäre. – HE Lauson besuchte mich eben jetzt und meldt mir die Anecdote eines hitzigen Gefechts das auf dem Rathhause wegen ihres Gedichts zwischen Liedert, als einem Verw. des Pisanski und Str. Dullo der seit dem Neuen Jahr wieder auszugehen angefangen, vorgefallen. Der erste hat vom Lohensteinschen und der letzte vom Klopstockschen Geschmack geredt. Der erste hat Klopst. einen Narren gescholten und der letzte denjenigen der dies sagte für einen noch größeren. Um wieder auf uns. Materie zu kommen, da Ihnen also jetzt einer fehlt, so erlauben Sie mir Ihnen den rechten Mann vorzuschlagen oder mir wenigstens eine Erörterung von Ihnen auszubitten warum Sie nicht an Prof. Willamovius in Thorn gedacht. Haben Sie diesen Dithyrambendichter nicht von Person hier gekannt und hat er nicht unter Ihre Zuhörer eine Stelle gehabt. Suchen Sie lieber aus den hiesigen Gegenden einen zu versorgen als einen Hollsteiner. Wegen Mag. Schlegel hab ich Bedenklichkeiten ob ers annehmen wird und ohne Schwierigkeit kann. Willam. hat ohne Zweifel mehr Specimina sr. Geschicklichkeit und Fähigkeit aufzuweisen, und soll durch die Heyrath er. liebenswürdigen Person, die jedermann hoch schätzen soll sich den Haß der dortigen Orthodoxie zugezogen haben, weil sie reformirt ist. Haben Sie niemals wenigstens im Briefwechsel mit ihm gestanden, oder einige Kentnis ss Characters gehabt. Ich trau einem Thornschen Prof. wegen der republicanischen Ähnligkeit mit Riga immer mehr Lebensart und Klugheit zu als einem ehrl. Mann der ke. andere Bildung gehabt als das traurige Colleg. Frid. und außer seinen academischen MagisterGebühren wenig für sich aufzuweisen hat, auch se Vaterland im preuß. Dialect ziemlich zu lieben scheint. Finden Sie es für gut, daß er auf die Wahl kommt, so übernehm ich es mir, nach Thorn selbst zu schreiben, um ihn darüber zu sondiren, da ich ohnedem eine Antwort auf einen verbindl. Gruß schuldig bin, den HE Fischer mir neulich unbekannter weise überbracht. Er ist wohl ein guter Freund unsers lieben Morungers, aber scheint eben kein Krikende noch Borowsky von ihm zu seyn. Ueberlegen Sie die Sache und erklären mir Ihre Meynung. Weil HE Doct. abgereist ist, so halt ich es noch für dienl. Sie zu beruhigen wegen Ihrer Dilation bis Ostern. Weil der ordentl. Weg Ihnen nur schwere Unkosten machen würde, so hat der Minister es auf sich genommen Sie selbst schriftlich darüber zu informiren. Wo Sie noch nicht sein Wort erhalten haben, dürfen Sie also nichts besorgen und die Sache zwischen Ihnen ist so abgemacht. Diese Nachricht hab ich aus des HE Bruders Munde, der Ihnen glaubt dadurch 50 fl. erspart zu haben. Meine Hauptsorge ist jetzt wegen Ihrer Wohnung. – Die Mama schickte heute zu mir und ließ mich sehr bitten Sie zu besuchen weil sie allerhand Vorschläge wegen des Hauses hätte. Ohngeachtet ich wegen meiner Kränklichkeit und der elenden Witterung noch keine Lust hatte auszugehen, werd ich mein Bestes thun Sie morgen zu sprechen. Was ich deshalb hören werde oder auch im stande bin währender Zeit abzumachen, werde mit nächster Post melden. Wüsten Sie jemanden, der hier diese Sorge auf sich nehmen könte, würde es beßer für Sie und für mich seyn. So bald Sie wegen des Pichlauschen Hauses Antwort erhalten, zeigen Sie mir solches an. Wenn Sie den jetzigen Eigenthümer davon kennen, vielleicht möchte er Ihnen eins verschaffen. Ein Kaufmann und hiesiger Bürger ist dazu geschickter wie ich. So bald ich die Erklärung wegen des Rogallschen Hauses gehört habe, bin gleich still gestanden und habe es für unnöthig gehalten weiter zu gehen. Mein nächster Brief wird vielleicht Ihnen beßere Nachrichten melden können. Versäumen Sie aber um Gottes willen keine Zeit. Sie können nicht glauben wie groß die Verlegenheit hier wegen Miethe ist und wie theuer selbige jetzt gestiegen. HE Zöpfel und der Zuckerbecker Nuppenau und mehr uns. Anverwandten wißen bis diese Stunde nicht wo sie bleiben sollen. Der letzte Schaden hat 1667 theils Familien theils Personen betroffen die untergebracht werden müßen und Kgsb. ist um 1/15 kleiner geworden. HE Doct hat uns abermal jetzt ein halbes gantzes und kürzl. ein halbes Fäßchen Caviar geschickt. Der letzte ist delicat gewesen. HE Kanter hat mich auch mit einem bedacht. Wir haben uns alle daran erquickt und mehr als einmal Ihre Gesundheit getrunken. Ich werde Ihr Schuldner seyn und bleiben. Gott vergelte Ihnen alle Ihre Freundschaft in secula seculorum Amen. Die silbernen Leuchter hat HE D. auch richtig empfangen. Wenn HE Kanter gesund wäre, der sich aber jetzt beßert so würde er uns am Besten assistiren können. Jetzt aber lohnt es nicht ihm das geringste zuzumuthen, da er eine junge Frau hat, ein hartes Lager aushalten müßen und mit sn. Angelegenheiten gnug zu thun findt, wenn er Lust zu Geschäften hat. Ich wollte auch nicht gern Sie zu Gegenverbindlichkeiten aussetzen. Gott wird sorgen helfen und mit nächster Post mehr, weil ich morgen gute Nachrichten von der mütterl. Sorgfalt der Fr. Räthin erwarte. Auf Einlage warte noch von ihr. Ich kann nicht mehr schreiben. Händigen Sie dies dem HE Herder ein mit einem: Dum tacet, clamat und mit einer herzl. Umarmung, die alles in sich schliest, was ich weiß und auf dem Herzen habe. Kommen Sie bald! Dies ist unser gemeinschaftlicher herzl. Wunsch. Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegel (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz, über den Fischen zwei Sterne, darüber F I S):
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Professeur / ordinaire de la Poesie, Senateur de l’Aca- / demie de Königsberg et Recteur du / College Cathedral de la Ville Imperiale de / et à /
    Riga
. / fr.
    Mummel
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HE Commercienrath Böther läst heute eine junge Tochter auf das feyerlichste in sm. 63sten Jahr von D. Arnold taufen. HE Stadtr. Hennings hat die sehr vortheilhafte Stelle des Rump im Magistrat bekommen und giebt diesen Monath Hochzeit mit einer Wittwe Deglinger. It. M Weymann mit des Commiss. Rath Rhode Frauen SchwesterTochter, einem Kinde, das jüngst confirmirt worden.
Königsberg den 21 Jänner 65. Liebenswürdiger Freund, Ihr erstes Schreiben vom 8/19 Dec. pass. habe erst den 7h. erhalten durch HE Fischer, dem es am schwarzen Brett notificirt worden. Heut erhalte das zweyte vom 16ten h. durch HE Steidel, der 2mal bey mir gewesen und mich nicht zu Hause gefunden. Ich bin gestern zum erstenmal nach einem kleinen Flußfieber ausgegangen, und zwar blos in Ihres HE Rect. Angelegenheiten. Ohngeachtet meines Stillschweigens bin nicht saumseelig gewesen Nachrichten von Ihrer dortigen Ankunft und Verfaßung einzuziehen, und ich rücke mir selbst meine Eilfertigkeit vor, daß ich nicht ein drittes Schreiben abgewartet. Warum aber HE Fischer noch nicht geantwortet weiß nicht. Die Handschrift des HE Gerichtsvoigts werden Sie schon erhalten haben; und das verlangte Buch werd ich HE Steidel zu besorgen überlaßen, dem ich es so bald er zu mir kommt, einhändigen werde. Wegen Ihres eignen Msts haben Sie in Ihrem ersten Briefe gar nichts gemeldet; sonst hatte beydes am liebsten HE Hartknoch anvertraut. Vielleicht nehm ich eine Abschrift davon um die erste Anlage mit der künftigen Ausgabe vergleichen zu können. Ich hatte gewünscht ein wenig mehr detail in Ansehung des alten schwedischen Domgebrauchs und was zu Ihrer ZuUnzufriedenheit darüber eigentl. Anlaß gegeben; doch diesen Detail erwarte ich Zeit gnug aus der mündl. Erzählung meines Freunds. Daß es Ihnen dort gefällt, aber nicht gar zu sehr, ist mir beydes lieb. Es ist immer beßer mit Stöhnen als mit Prahlen anzufangen. Für Mittheilung Ihres eingerückten Stücks statte Ihnen meinen Dank ab, und nehme an der guten Aufnahme Ihrer Erstlinge allen freundschaftl. Antheil. Danken Sie Gott, daß Sie mäßige Arbeit haben, und wünschen Sie sich keine Bekanntschaften noch Schaarwerk aus Lüsternheit. Laßen Sie die lieben Alten Ihre Vertraute seyn und ziehen Sie immer den Umgang der Todten vor; denn der Weg eines exemplarischen Schulmanns ist schmal und die Pforte zur Nachwelt für einen Schriftsteller ist enge. Ein paar Stunden unter einem Haufen junger Schüler zugebracht, die man nichts als Maschinen behandelt sondern mit der kalten Leidenschaft eines Zuschauers thätig zu unterhalten sucht, sind auf einen gantzen Tag Zerstreuung gnug. Schränken Sie sich also lieber auf diejenigen Häuser und Familien ein, wo Sie Privatunterricht geben müßen und ziehen auch hierinn eigenen und fremden Nutzen Ihrem privat Geschmack vor, weil Frü chte beßer als Blüthen sind. Die Gesnersche Ausgabe von Orpheus besitze schon und erwarte sie tägl. vom Buchbinder um meinem Callimachus eine würdige Hälfte zuzuführen. Weil der Versuch über die pindarsche Oden blos ein Außenwerk im Garnier ist, so weiß nicht ob der Auszug im Journal sich dabey aufgehalten haben wird. Ich werde ihn wohl nicht vor Ostern bekommen. Lesen Sie etwas von seiner Histoire critique de la Poesie: so melden Sie mir, ob es lohnen wird sich um dies Buch weitere Mühe zu geben. Es ist zu gleicher Zeit mit dem Homme de lettres ausgekommen. Setzen Sie Ihre Anzeigen, liebster Freund, fort, die Klopstockschen Stücke im Nordschen Zuschauer werde nicht ermangeln selbst zu lesen. Schaffen Sie mir ja den North-Briton, abschriftl. wenigstens; aber noch mehr wär mir an seiner Paraphrase und Essay on Woman gelegen. Werden Sie nicht auch die Aufsicht Ihrer dortigen Bibliothek erhalten? Melden Sie mir doch etwas davon und ob mein Bruder sein Contingent schuldig geblieben. Daß ich Ihren Gruß nicht bestellen werde, hätten Sie zum voraus wißen können. Sein Bestes kann weder durch vernünftige Vorstellungen noch durch ein gantzes Capitel paulinischer Leutseeligkeit bewirkt und befördert werden. Hier hat der Psalmist mehr Recht, der eigensinnigen und faulen Geschöpfen Zaum und Gebiß ins Maul legt um ihnen Lust zu ihren Pflichten zu machen. Selbst vom Gerechten heist es leider! εαν υποστειληται, ουκ ευδοκει η ψυχη μου εν αυτω. Um also der Familienseuche der υποστολης εις απωλειαν Ihrer Collaboratur zu entgehen, lernen Sie bey gegenwärtiger Muße und machen Sie sich bey Zeiten auf υπομονης χρειαν gefaßt. Daß ich zu nichts auf der Welt Gottes mehr tauge, wißen Sie, und schicke mich so gut ich kann in das kleine Unglück, das mir wenigstens darzu dienen kann andere durch meinen Schaden zu warnen und wo es mögl. ist auf Kleinigkeiten aufmerksam zu machen. Ich habe der armen Schwaben gespottet und werde ihre Epoque vielleicht zu meiner eigenen Crisi erleben müßen. Unterdeßen ist das serò der Phrygier den Kalendis graecis in diesem Punct immer vorzuziehen. Weil ich mit diesem neuen Jahr wills Gott! wieder mit der Feder in der Hand zu lesen anfange: so will ich Ihnen auch einen kurzen Auszug meiner Blätter mittheilen. Raspe hat mit Kästners Vorrede einige lateinische u französiche Handschriften des Leibnitz ausgegeben die 3 Alphab. in 4to betragen. Das erste und stärkste ist ein Gespräch zwischen einem Lockianer
    (Philalethe)
und Leibnitz, der sich den Namen
    Theophile
giebt über Lockens Werk vom menschl. Verstand, unter folgender Aufschrift: Nouveaux essais sur l’entendement humain par l’auteur du Systeme de l’Harmonie préetablie. Bestehen aus einem weitläuftigen Avant propos und 4 Büchern 1.) des Notions innées, denen L. stark das Wort redt und den
    perceptions insensibles
von denen er so voll ist als mancher Doctor von der transpiratione insensibili und ihnen in der Geisterlehre einen eben so großen Nutzen zuschreibt als den corpusculis in der Physik. En negligeant το μικρον, on manqueroit en Philosophie comme en Politique les progrès insensibles Lib. 2.) des idées 3.) des mots 4.) de la Connoissance. La connoissance de
    l’existence
    reelle
est la
    quatrieme
sorte des connoissances et nous avons une connoissance
    intuitive
de notre existence, une
    demonstrative
de celle de Dieu et une
    sensitive
des autres choses – L’apperception immediate de notre existence et de nos pensées nous fournit les premieres verités à posteriori ou de fait, c’ést à dire les premieres experiences, comme les propositions identiques contiennent les premières verités à priori ou de raison, c’est à dire les
    premieres lumieres
.
(die er nebst den Instincten zu den veritatibus innatis rechnet) Les unes et les autres sont incapables d’etre prouvées et peuvent etre appellées immediates, jene parce-qu’il y immediation entre l’entendement et son objet diese – – – – – le sujet et le predicat. Kurz, dieser Schriftsteller zeigt sich hier in keinem andern Lichte als er mir immer vorgekommen und seine scholastisches Geschwätz ist niemals recht nach meinem Geschmack gewesen. Unterdeßen giebt es Stellen, die das Leere und Wüste des Gantzen ersetzen. Ich will einige abschreiben: L’ame est un petit monde où les idées distinctes sont une representation de Dieu et où les confuses sont une representation de l’univers. – Il faut parler quelque fois abusivement pour s’exprimer plus fortement. – Vom Neide sagt er: quelque biens sont comme des tableaux peints à fresque qu’on peut detruire mais qu’on ne peut point oter. Es ist viel Schönheit in der Idée aber etwas fehlerhaftes im Ausdruck dieses Gleichnißes. On a grande raison de se recrier sur la manière etrange des hommes qui se tourmentent en agitant des questions mal conçues. Ils cherchent ce qu’ils savent et ne savent pas ce qu’ils cherchent. – La grandeur de la
    Consequence
et celle du
    Consequent
sont deux considerations heterogenes, qu’on ne sauroit comparer ensemble.
Er vergleicht sie daher mit einem Rectangulo, deßen Innhalt zusammengesetzt ist aus der zwiefachen dimension der Grundlinie und Höhe. – L’art
    de s’aviser
au besoin de ce qu’on sait seroit un des plus importans s’il etoit inventé, mais je ne vois pas que les hommes ayent encore pensé jusqu’ici à en former les elemens; car l’art de la Memoire, dont tant d’auteurs ont ecrit, est tout autre chose. Ich habe immer das Ius naturae et gentium im corpore Iuris gesucht und finde mit Vergnügen, daß nach dem Laur. Valla der Leibnitz eben so für die Pandecten eingenommen ist als ich ihre Philosophie bewundert habe, er vergleicht sie mit Euclides Archimedes p und schreibt den Römern in keiner andern Wißenschaft Erfindung zu als in Iura und den Waffen nach der alten Weißagung: Tu regere imperio. Die Gewisheit der Mathematik findt er in einem Parallelisme des raisons et des experiences, welcher in der Metaph. u Moral nicht statt haben kann und in der Naturlehre zu mühsam und zu kostbar ist. Il s’en faut beaucoup qu’on soit parvenû à la perfection de l’Analyse en Geometrie et en nombres comme plusieurs se sont imaginés sur les Gasconnades de quelques hommes excellens d’ailleurs mais un peu trop promts ou trop ambitieux – Une certaine progression de Synthese devroit etre melée avec notre Analyse pour y mieux reussir. eEt je me souviens d’avoir oui dire que Mr. le Pensionnaire de Wit avoit quelques Meditations sur ce sujet. – Comme Vieta a substitué les lettres aux nombres pour avoir plus de generalité, j’ai voulu reintroduire les Caracteres des Nombres puis-qu’ils sont plus propres que les lettres dans la specieuse meme. J’ai trouvé cela de beaucoup d’usage dans les grands calculs pour eviter les erreurs et meme pour y appliquer des epreuves outre l’usage qu’il y à de voir des
    liaisons et des ordres
, que les seules lettres ne sauroient toujours faire si bien demeler à l’esprit – L’invention de la forme des Syllogismes est une des plus belles de l’esprit humain et meme des plus considerables. C’est une espèce de
    Mathematique universelle,
dont l’importance n’est pas assez connue et l’on peut dire qu’un art
    d’infaillibilité
y est contenu pourvu qu’on sache et qu’on puisse s’en bien servir, cequi n’est pas toujours permis.
Die folgenden Stücke sind fast lauter Bogen und enthalten:
    Examen du sentiment
du P. Malebranche que nous voyons tout en Dieu, concernant l’Examen que Mr Locke en a fait
in seinen posthumous Works.
    Dialogus de connexione
inter res et verba et veritatis realitate, Scriptus
1677.
    Difficultates quaedam
Logicae,
davon ich nichts verstehe noch verstehen will.
    Discours touchant la methode
    de la
certitude et de l’art d’inventer pour finir des disputes et pour faire en peu de tems des grands progres. Ist eine Einleitung seines Werks de la science generale ou de Augmentis et instauratione scientiarum, davon man die Fragmente auch noch im Druck erwarten kann. Alles bezieht sich auf ein Inventaire general de toutes les connoissances, und schl. mit diesen Worten: Une longue experience et des reflexions sur toute sorte de matieres accompagnée d’un succès considerable dans les inventions et dans les decouvertes m’a fait connoitre qu’il y a des
    Secrets
dans l’art de penser comme dans les autres arts. Et c’est l’objet de la Science generale que j’entreprends de traiter. Das sechste und letzte Stück in dieser Samml. ist Historia et Commendatio Characteristicae universalis, quae simul sit ars inueniendi et iudicandi. Er hat diese Grillen schon als ein Kind gehabt – Duo mihi profuere mirifice quae tamen alioqui ambigua et pluribus noxia esse solent. 1.) quod fere essem αυτοδιδακτος 2.) quod quaererem noua in vnaquaquam scientia – quum saepe ne vulgaria quidem satis percepissem. Bey einem Versuch die
    Praedicamenta terminorum complexorum
zu erfinden geräth er auf den Einfall quoddam Alphabetum cogitationum humanarum auszusinnen quod literarum huius Alphabeti combinatione et vocabulorum ex ipsis factorum Analysi omnia et inueniri et diiudicari possent. – Tres viros maxime miror ad tantam rem non accessisse, Aristotelem,
    Ioach. Iungium
et Cartesium – Nil aliud opus est quam vt condatur
    cursus philos
. et
    mathem
. noua quadam Methodo, quam
    praescribere possum
– Aliquot selectos homines rem intra quinquennium absoluere posse
puto; intra biennium autem Moralem et Metaphysicam irrefragabili calculo exhibebunt – Numeris autem characteristicis plerumque notionum semel constitutis, habebit genus humanum Organi genus nouum plus multo mentis potentiam aucturum quam vitra optica oculos iuuerunt, tantoque superius Microscopiis aut Telescopiis, quanto praestantior est ratio visu – Rationem rectam tum demum fore quis dubitet, quam aeque clara certaque ubique erit atque in Arithmetica hactenus fuit. – Res liquida, id est, ad numeros reuocata – Nunc vero Characteristica nostra cuncta ad numeros reuocabit et vt ponderari etiam rationes queant, velut quoddam Staticae genus dabit. Genug von diesem Geschwätz. Ob die Herausgabe dieser Schriften dem Andenken des Verf. zum Nachruhm gereichen wird, zweifele sehr. Ein gewißes marktschreyerisches und pralerisches Wesen leuchtet an einigen Stellen gar zu sehr hervor. Der Tabulae rasae womit Lock die Seele vergleicht, setzt er die Adern des Marmors entgegen, und bestreitet besonders die vorausgesetzte Klarheit und Faßlichkeit der angeborenen Begriffe. Es möchte hier freylich sich so mitwie mit dem Magen verhalten, den ein Gesunder nicht so gut fühlt als ein Kranker der sich denselben überladen hat. Ich will meinen verdrüslichen Auszug noch mit folgender Anmerkung beschlüßen, die zieml. practisch ist: Après avoir assez medité sur l’ancien et sur le nouveau j’ai trouvé que la plupart des doctrines reçuës peuvent souffrir un bon sens – et je souhaiterois qu’on ressemblât plutot aux Romains qui faisoient de beaux ouvrages publics qu’à ce Roi Vandale à qui sa Mere recommenda que ne pouvont pas esperer la gloire d’égaler ces grands batimens il en cherchât à les detruire. Mit mehr Antheil und Vergnügen habe des Pfarrers
    Keils
vier Theile von Luthers merkwürdigen Lebensumständen gelesen bey seiner medicinalischen Leibesconstitution, Krankheiten geistl. und leibl. Anfechtungen u. andern Zufällen gelesen. Die Idee dazu ist aus Löschers evangelischem Jahre der gottgeheiligten Amtssorgen entlehnt. Der Verf. hat bereits die
    Lebensumstände der Nachkommen Lutheri
herausgegeben und verspricht noch eine Handschrift seines Vaters über das Leben der Catharina von Bora. Vor dem 1. Theil von 1483-520 steht Luther wie ein Mönch. Vor dem 2ten Theil von 1521-29 wie der Ritter Georg zu Warteburg. Vor dem 3ten von 1530-41 wie ein D. Theol. mit einem spanischen Hut. Vor dem letzten von 1542-46 wie er nach seinem Tode in Wachs abgenommen worden und sitzend bey seiner Arbeit zu Halle auf der Bibliothek abgemahlt ist. Sein Wappen ist ein roth Herz gewesen mit einem schwartzen Kreutz in einer weißen Rose. Weil die Nativitätsteller seinen Horoscopum sehr willkührl. angesetzt: so hat er ihn selbst gestellt. Er ist 1509 und 1511. also 2mal in Rom gewesen. In sr. Vorrede zu Brentius über Amos sagt er: Aber mein Geist über das, daß er in den freyen Künsten unerfahren und unpolirt ist, thut nichts denn daß er einen großen Wald und Haufen der Worte ausspeyet. So hat er auch das Glück daß er rumorisch und stürmisch ist und also ein Kämpfer und mit unzähl. ungeheuren Thieren immerdar sich schlagen muß, und so man große Dinge mit kleinen vergleichen möchte, so hab ich den vierfachen Geist Eliä – In der Vorrede zu Melanchton über die Coloßer hat er gesagt: Ich bin dazu geboren daß ich mit den Rotten und Teufeln muß kriegen und zu Felde liegen, darum meine Bücher viel stürmisch und kriegerisch sind. Ich muß die Klötzer und Steine ausrotten, Dornen und Hecken weghauen, die Pfützen ausfüllen und bin der grobe Waldrechter der Bahn machen und zurichten muß. Wie gefällt Ihnen dieses Manns Scheblimini, so nannte man seinen spiritum familiarem, den seine Feinde ihm andichteten. 2 Tag vor seinem Ende ließ er einen Zedel auf den Tisch liegen mit folgenden Einfällen: Virgilium in Bucolicis nemo potest intelligere nisi fuerit quinque annis Pastor. Virgilium in Georgicis nemo potest intelligere nisi fuerit quinque annis agricola. Ciceronem in Epistolis (sic praecipio) nemo integre intelligit nisi 20 annis sit versatus in republica aliqua insigni. &. &. Ja im vorbeygehen, sollten Sie des Jesuiten Riccii 3 Bücher de imitatione finden: so erwarten Sie von selbigen nichts mehr als die Verbindlichkeit zu einer Ciceronianischen Schreibart. Mihi Ciceronis oratio cum locupletissimi sutoris officina rectissime comparari posse videtur; nam quemadmodum in ea omnium pedum, omnium formarum aptissima sunt calceamenta. sic ad omnes res oratione apte conuestiendas locutio atque dicendi formae omnes ab vno Cicerone facile sumi poterunt. Im ersten Buch redt er von den Mustern die nachgeahmt werden müßen im 2ten von der Art nachzuahmen in der Erfindung und Anordnung im 3ten im Ausdruck und der Elocution. Ius acquirendae alienae sententiae possessionem aequam
    commutatione
,
    additione
, detractione facile consequemur.
Um zu beweisen daß ein Nachahmer sein Original übertreffen könne vergleicht er Catuls Gedicht auf des Pelei Hochzeit und die Ariadne darinn mit Virgils Dido. Er fängt mit einigen allgemeinen Betrachtungen an, die aber nicht weit gehen: Nil tam humile, nil tam abiectum in naturae opere vniuerso reperiemus, cui Natura ipsa non aliquid attribuerit, ad cuius quasi regulam aut viuendi aut agendi rationem dirigat atque contendat. Quae quum ita sint vt quicquid agatur, id ad aliamque naturae aut
    suae
aut
    alienae
rationem omnino agendum sit, iam videamus, vtrum alienam tantum an
    nostram propriam
naturam sequi debeamus imitando.
Die Argumenta der letztern Meynung sind: quod imitando nulla spes sit vincendi 2) quod naturae vis nulla vnquam sit atterenda.
Kgsberg den 23 Jänner 65. Herzlich geliebtester Freund. Sonntags und Montags habe Ihre Mama besucht um wegen des Hauses einige Abrede zu nehmen. Auf Ihr Zureden habe die Sache mit dem
    Rogallschen
noch nicht aufgegeben. Heute ziehen Sie ein und ich denke diese Woche die Gelegenheit zu besehen, welche der neue Eigenthümer selbst nicht kennt; aber mein Vater zieml. Weil jene selbst in Unruhe gegenwärtig mit dem Zinsen sind und vorher im Process gewesen mit der Wittwe: so haben meine Unterhandlungen keinen rechten Fortgang noch Geschick haben können. Da Sie mit dieser Woche in Ruhe kommen so denk mit dem HE. Doct. der heute oder morgen gleichfalls vom Lande zurückzukehren versprochen selbst hinzugehen und abzumachen ja oder Nein. Uebrigens hab
    mit
HE
    Kanter gesprochen
der sich Gottlob jetzt etwas beßer befindt und außer dem Bette bleiben kann. Er wird ausziehen, und verspricht allenfalls Gelegenheit Ihnen auch zu verschaffen, da sein Wirth das Haus nicht verkauft, wie es anfängl. hieß und er selbst mit einem Hause in Handel treten will. Auf die Woche kann er Ihnen zuverläßig Bescheid davon geben. Die Mama dachte mir an
    die Trummersche Wohnungen
. Da selbige aber zu abgelegen und das große zu weitläuftig, das kleine aber zu eng für Sie seyn möchte und zu schlecht: so hat es nicht gelohnt. Es gab noch eine
    Kirchenwohnung
, in der eine junge reformirte Wittwe Mulaken wohnt, die den Prediger Ihrer Gemeine heyrathen sollen, aber weil nichts daraus geworden, so möchte wohl dies halbe Jahr nichts daraus werden. Es ist ein schönes Haus, das ich Ihnen wünschte auf dem großen Platz zwischen dem polnischen Krug und HE Diac. Nicolai. Gegenwärtig hat es nur 270 fl. Miethe gegeben würde aber künftig unter 400 fl. nicht gelaßen werden. Dies habe vom Küster Meyer. Vetter Nuppenau wird nähere Nachrichten von Kirchenvorsteher Kantel einziehen. Auf ihren Bescheid wegen des Pichlauschen Hauses warte auch noch.
    HE Kanter hat für seine Stuben
gut gesagt; das wäre also eins. Wegen des
    Rogallschen Hauses
bin auch noch in guter Hofnung das wäre No. 2. Das 3te habe gestern erst erfahren daß im
    Gröbenschen Hause hinter der Kirche
auch das erste Stockwerk (par terre behält der Eigenthümer selbst) zu vermiethen ist. Er hat sich 70 Thl verlauten laßen, und Lauson könte Ihnen in diesem Handel sehr dienen, weil er fast tägl. mit dem Juncker verkehrt. – So viel pro Memoria. FuhrMann Rehhahn erwarte alle Tage und habe die Fr. ConsistRäthin gebeten bey Erhaltung deßelben gegenwärtig zu seyn; damit alles ordentlich zugehe. Unter den überschickten Ducaten ist einer mit einem Baumchen und 2. mit einem Hahn; dieser steht oben, der erste zwischen den Beinen des geharnischten Manns. Diese Ducaten gelten nicht gantz voll hier sondern differieren zu 3 bis 6 gl. Vielleicht ist Ihnen an dieser kleinen Nachricht wegen künftiger Einrichtung ihres baaren Geldes gelegen. – Mein Rath ist der, daß Sie sich das erste halbe Jahr behelfen so gut Sie können wegen der Wohnung. Vielleicht beschert Ihnen Gott ein Mälzenbräuer Haus oder sonst einen guten Kauf. – Jetzt kommt mein Vetter zu Hause mit der Nachricht, daß das
    Mulacsche Kirchenhaus licitirt werden
wird, die Wittwe doch noch bis Michaelis darinn bleibt, die Miethe aber bis 500 fl. gesteigert werden möchte. Pichlau soll die Nebenwohnung zur PackCammer gemacht haben. – Helfen Sie mir jetzt Liebster Freund! meine Wahl dirigiren. Wegen junger Leute, die Sie mitbringen möchten, müste lieber besonders gesorgt werden. Vergeßen Sie nicht Ihre Meynung über den Prof. Willam. Kommt dieser Fuhrmann gut und richtig an; so steht es bey Ihnen mehr nach zu schicken in uns. Verwahrung. Meiner alter Vater und sein gantzes Haus empfiehlt sich bestens. Vale et faue. Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Pour mon Ami / Msr. le
    Prof. Lindner
Kgsberg den 26 Jänner 65. Herzlich geliebter Freund, Gottlob! Fuhrmann Rehhahn ist den 24 h. richtig angekommen und hat die Schlüßel
    versiegelt
mitgebracht. Die Mama besuchte uns gestern und fand es für unnöthig zu eröfnen und nachzusehen; heute aber ließ sie sagen, daß sie auf die Woche vielleicht ansprechen würde. Im Fall etwas naß geworden seyn sollte, wär diese Vorsicht vielleicht gut. Wir sagten ihr auch, daß wir nach des Fuhrmanns Aussage noch einen Besucher erwarten müßten, der sich aber bisher noch nicht gemeldet. Da uns die Schlüßel versiegelt eingehändigt worden, alles mit Stricken sonst gut verwahrt ist: so können wir die Einlage und alles übrige richtig vermuthen. Der Fuhrmann kam gestern in Mama Gegenwart um se Fracht abzuholen. Mein Vater zahlte ihm 40 fl. den Albertsthl zu 4 fl. gerechnet. Womit er aber seines alten Principals wegen nicht zufrieden seyn konnte, sondern 10 gl. pro agio verlangte. Er kam auch kurz darauf wieder und zum Glück war HE Kade bey uns, ein sehr unvermutheter und angenehmer Besuch! der mit ihm anordnete, daß er sich mit einem runden Thl begnügen muste. Wegen des Zolls in Polangen foderte er noch einen Thlr, dazu sich aber mein Vater nicht verstehen wollte, und der Fuhrmann oder vielmehr sein Schäfner gab vor, sich selbst wegen des Polangschen Zolls bey Ihnen zu melden, weil Sie ihm die Erstattung dafür versprochen hätten. Mein Vater hat das übrige zu Ihrem eigenen Gelde ausgelegt, welches gegen 18 fl. ungefehr ausmacht. Da er alles genau angeschrieben, so kann dies gegenwärtig wills Gott abgerechnet werden. Für das Hertragen 18 gl. Der Kasten übrigens steht bey uns an dem sichersten Ort im zweyten Vorhause vor unserer doppelten Hausthür. In Ansehung des Rogallschen Hauses ist mein Vetter gestern da gewesen um die Gelegenheit zu besehen, die aber wieder Erwarten schlecht seyn soll. Sie haben nicht mehr als eine Stube und Cammer, die aber gar nicht zur Beqvemlichkeit eines Miethmanns sondern vielmehr des Bewohners eingerichtet sind. Mit HE Lauson habe wegen des Gröbenschen Hauses auch gesprochen, aber er ist auch abräthig. Das Beste also wird seyn, daß Sie sich HE
    Kanters
Anerbieten mit beyden Händen gefallen laßen, und dies halbe Jahr für lieb nehmen, das ohnedem durch ihre academische Vorbereitungen zu wenig Vorlesungen hinreichen wird. Bringen Sie junge Leute mit, so könten eher die Stuben für selbige im gewesnen Rogallschen Hause gebraucht werden, wo Sie in der Nähe wären. HE. Kanters Wirth ist HE Durham ein Mältzenbräuer, der immer die Absicht gehabt sein Haus zu verkaufen, aber über 20 000 fl. gehalten hat auf den Preis. Vielleicht wär dies ein Mittel zu weiteren Aussichten. Das Haus ist sehr bequem und gelegen. Wenigstens würden HE Kanters Stuben, (wozu er vielleicht noch eine dazu ausmachen könnte, die man aber nicht gern abtreten will, weil sie für Fremde vom Lande öfters gebraucht wird) zu dem ersten Halben Jahr sehr füglich seyn. Das Mulacksche wird auf Michael ledig und hält 7 Stuben. HE. Lauson meldt mir, daß das hiesige Publicum ihre letzte Ode beßer schmecken soll als das erste. – HE Herder hat mich um ein Buch und ein Mst. gebeten, das ich durch HE Zeise an Sie addressiren werde, nächste Woche. Grüßen Sie ihn herzlich von mir. Wir haben gestern hier wieder ein Schrecken von Feuer gehabt am Kreutzthor, das aber Gottlob! bald gelöscht worden. – HE Bruder wird morgen erwartet, und sein kleiner Fritz hat der lieben Grosmama viel Sorge gemacht währender Zeit. Ich überlaße Ihnen jetzt die Sorge an HE Kanter selbst zu schreiben. Er denkt auf die Woche gantz gewiß auszugehen und des D. Kösling Haus an sich zu handeln. Sein Contract ist 200 fl. gewesen, da er aber auf einem besonders freundschaftl. Fuß mit seinem Wirth zu stehen scheint: so zweifele ich, daß Sie es für eben den Preis gegenwärtig erhalten werden. HE. Herder oder HE Hartknoch werden Ihnen nähere Nachricht geben können von der Gelegenheit selbst. Ich habe Ihnen nichts weiter als den guten Empfang des Kastens melden wollen, und umarme Sie nach herzl. Gruß der Meinigen, der ich ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Hamann.
Kgsberg den 30 Jänner. 65. Herzlich geliebtester Freund, Der Besucher ist noch nicht hier gewesen und wird vermuthl. auch nicht kommen. Ihr Kasten steht also noch wie er ist und die Schlüßel sind versiegelt. Ihre
    Einlage habe sogl. an HE Pichlau
bestellt; aber die übrigen an Mama und HE Doctor liegen noch hier. Ich bin mit Flüßen gequält, daß nicht ausgehen kann. Mama schickte gestern abgeredter maaßen zu mir, um sich nach Briefen erkundigen zu laßen. Die Post muß aber sehr spät angekommen seyn; denn eine halbe Stunde nachher kam der Briefträger. Den HE Bruder erwarte alle liebe Tage. Er hat mir heute Hofnung machen laßen, wo es ihm mögl. wäre weil er viel Geschäfte hätte, heute gewiß zu kommen. HE Zeise besuchte uns vorigen Sonntag ich redte mit ihm wegen es. Buchs, das ich HE. Herder schicken wollte. Es hat sich Montags unvermuthet eine Gelegenheit gefunden, da ich auf einem kleinen Familienschmauße in der Nachbarschaft im halben deshabillé ausgegangen war, und ich habe die Uebersendung nicht selbst einrichten können. Die Beylage, welche Sie nächstens zu einem Mst. aus Rostock nach Petersburg zu erhalten werden, gehört HE Herder, und ist auf Ihren Namen angeschrieben, daß Sie also leicht diese kleine Rechnung von ungefehr 12 gl. unter sich liquidiren können. Mein Exemplar war schon zurecht gelegt, weil ich mit HE Zeise sprach ob ers hätte, so wird es ihm lieber seyn ein eignes zu erhalten. Seine Handschrift habe nicht beylegen können aus angeführten Ursachen, weil die Gelegenheit unvermuthet sich ereignet und ohne mein Wißen alles abgegangen. In Ansehung der Wohnung habe Ihrem Sinn völlig gemäs gehandelt, und aus Noth wol piano gehen müßen. Des Stadtrath Hennings Gelegenheit wird vielleicht auch jetzt ledig werden. Alle Ihre Bedenklichkeiten habe anticipirt und ich halte es immer für das zuträglichste, daß Sie sich bis Michaelis so gut Sie können behelfen und alsdenn nach eigenem Gefallen sich eine festere Miethe oder Eigenthum aussuchen. Was wir von Ihnen aufnehmen können, schicken Sie ohne die geringste Besorgnis an uns. Mein alter Vater wünscht Ihnen allen herzl Seegen und ich umarme Sie als Ihr alter treuergebener Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Professeur / Ordinaire de la Poesie et Senateur / de l’Academie de Königsberg / Regent du College Cathedral de et / à
    Riga
. / par
    faveur
.
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 289 (II 306/20): Censuren. Lauson. Freytag Coll.
Kgsberg den 6 Februar 65. Herzlich geliebtester Freund, Treve de complimens. Ein für allemal. Um Ihren Kasten hat sich noch kein Besucher bekümmert. Er steht also noch in salvo. Die Mama erwartet aber blos die Abreise des HE. Doctors um uns zu besuchen, und alles Nöthige in Ansehung der Einlage zu besorgen. Die neuliche Assignation von 300 fl. ist heute gehoben worden, und mein Vater hat das Geld in gute Verwahrung genommen. Der HE Bruder hat mich Montags, vermuthl. zum letzten mal besucht. Seine Abreise ist morgen festgesetzt, wird also unfehlbar diese Woche für sich gehen. Ich habe ihm gesagt, daß er das an HE Zeise assignirte Geld hier empfangen könnte: er hat sich aber darüber gar nicht erklärt, und schien wegen des vorgehabten Tausches auch nicht einig zu seyn. Wo es nur immer möglich, werde ihn noch vor sr Abreise zu sprechen suchen, wiewol ich wegen der Unruhe wenig Lust dazu habe und nicht den geringsten Muth finde, weder in die Luft noch unter Leute zu gehen, weil meine Flüße und Grillen kein Ende finden. Der HE Bruder wird Ihnen bald mündlich viel erzählen können von sn eigenen Umständen. Seine Frau scheint liebenswürdiger geworden zu seyn, seitdem sie Mutter ist, und ich zweifele nicht daß Sie liebster Freund, an dieser neuen Bekanntschaft viel Zufriedenheit finden werden; daher ich Ihnen desto herzlicher zu einer baldigen und glückl. Umarmung Ihrer reitzenden Frau Schwägerin Glück wünsche. HE Kanter ist gestern zum ersten mal ausgefahren und HE Nuppenau hat ihm unvermuthet Gesellschaft leisten müßen. Heute wiederum, wo er nach geschloßner Fahrt sich zu Blutigeln entschlüßen wird, die ihm schon längst Schmerzen und Kosten verkürzt haben würden. Er hat den Verdruß gehabt sehr nachtheiligen Gerüchten ausgesetzt zu seyn, deren Grund und Ungrund ich nicht beurtheilen kann. Ueber das, was Sie mir unter der Hand melden, wäre Ihnen gern längst zuvorgekommen. Aber meine Zurückhaltung darüber hätte Ihnen schon statt eines Winks und Erklärung dienen können. Der einzig geliebte Freund in Mietau muß den sehr gutgemeinten Rath Ihres HE. Collaborators in Ueberlegung gezogen haben, welche dieser auch hätte anstellen sollen, und die Sie an meiner statt leicht selbst ergänzen können. Ohne seinen quis gut inne zu haben, dem man antworten soll, wird jeder gute Rath immer ein quid pro quo seyn, das den Nächsten nicht fördert und uns müßige Nachwehen zuziehen kann. Uebrigens wißen Sie selbst, daß
    Unordnung
, Augenlust, Fleisches Lust und hoffärtiges Wesen schlechte Grundsäulen einer Haushaltung abgeben können, und daß alles Ansehen, das auf Sand ruht, von sehr schlüpfrichen Bestandtheilen ist. Man thut wirklich keine Wohlthaten und verdient daher auch keinen Dank, wen man Leute, die unter dem Schwitzkasten gesund werden sollen, aus unzeitigem Mitleiden schont. Marmontels Poesie habe ich, und könnte sie dem HE Bruder jetzt mitgeben, wenn ich wüste, daß selbige Ihnen nöthig wäre und Sie selbige zu ihren künftigen Arbeiten vorbereitungsweise nöthig hätten. Nach Thorn habe nicht geschrieben, und weiß auch nicht, ob es geschehen wird, da man Schwierigkeiten macht quoad patriam – und an andern Orten wirbt. Wegen der Wohnung bleibt es noch beym alten, weil ich HE. Kanter seit der Zeit nicht gesprochen. Erklären Sie sich bald. Noch habe in des seel. Knutzens Wohnung von Stuben gehört. Erhalten Sie von HE. Pichlau gute Antwort so melden Sie mir. Haben Sie ihm die Commission selbst aufgetragen und übernimmt ers; desto beßer.
    Werden Sie Ihre kranke Schwiegerinn
mitbringen? Grüßen Sie HE. Herder – Seine Handschrift liegt hier und ich kann mich zu nichts entschließen. Er soll Gedult mit mir haben. Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen herzlich und wird ein treuer Verwalter des Ihrigen seyn. Gott erhalte ihn. Mündlich mehr. Ich werde Sie vielleicht nun hier abwarten um dem HE. Bruder nachzufahren. So jagen wir uns wie Schatten. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Freund. Hamann. Schicken Sie so viel Sie für nöthig finden, von Ihren Sachen in unsere Verwahrung, ohne sich die geringste Bedenklichkeit zu machen. Denken Sie an meine Engländer vom Handel.
Königsberg den 13 Febr. 65. Herzlich geliebtester Freund, Den 8ten d. habe die unvermuthete Freude gehabt den jüngsten HErren v Witten hier zu sehen mit seinem Hofmeister dem HE Leonhardt, der sn Grus an Sie abtragen läßt. Den Tag drauf als Sonnabends gieng aus um Ihnen einen Gegenbesuch abzulegen, und zugl. den HE. Doctor noch einmal zu sehen. Da ich aber eben in die Ziegelgaße umwenden wollte, kam eine Kutsche mit 4 im vollen Galop gefahren die nach dem Thor zu eilte, daß ich Sie also blos hintennach im Hertzen valediciren konnte, worauf ich nach dem Palmbaum eilte um erstere noch einmal zu sprechen, die zu Mittag nach Warschau abgegangen sind wo der junge HE. in die Ritterschule kommen wird; und mein gewesener älteste ist Cammerherr beym Könige von Pohlen geworden. Gestern ist der HE. Bruder in Tilse, genommenen Maasregeln nach, eingetroffen. Auf se Handschrift
    und Caution der Mama
hat ihm mein Vater 50 rth auszahlen müßen, welches wir auf sein Verlangen in Gold einwechseln müßen, da er also 16 # 2 fl. 3 Achtehalb. 5 gl. nach dem Wechsel erhalten, den # zu 9 fl. 6 gl. weil sie gegenwärtig wieder gestiegen sind. Die 5 # hat er bey HE Zeise gleichfalls gehoben laut Beyl. Ich hoffe, liebster Freund, Sie werden zu dieser Nothhülfe nicht unwillig seyn. Er bringt Ihnen den Marmontel mit, weil ich glaubte, daß Ihnen daran gelegen wäre ihn bald zu haben. Sorgen Sie aber, daß Sie ihn abfordern. Die Ausgabe ist voller Druckfehler und man muß ofters rathen, auch ein Schreiben an HE Herder habe ihm bestens empfohlen, weil eine Einlage darin, woran uns beyden gelegen. Diesen Montag ist Mama bey uns gewesen um Ihren Kasten zu excenteriren und die Einlage in Verwahrung zu nehmen geben zu der ersten bey meinem Vater. Es ist nichts naß geworden und das Siegel von Portorio war auch noch darauf, daß Sie alles auf das genaueste mit Gottes Hülfe wiederfinden werden. Vorigen Sonnabend bin unvermuthet nebst meinem Vater zu einer Spatzierfahrt abgeholt worden von HE Kanter und seiner Frau; wo wir die Brandstellen umgefahren und auf dem Pregel bis nach der Moßbude gewesen. Ich warte mit Schmertzen auf Ihre Erklärung wegen der Wohnung; mir wird gantz angst und es ist hohe Zeit. HE Kanter lavirt noch und weiß noch nicht, ob er ausziehen wird. Er ist noch entsetzl. matt und hat wieder einen Anfall sr. vorigen Zufälle gehabt, gleichwol hat er se Abreise nach Curl. auf den 20–24 h. festgesetzt auch sich bereits erboten mich mitzunehmen, welches wol für mich zu zeitig ist. Weil ich erst gern Ihre Ankunft abwarten möchte, ehe ich wieder aufbreche. Ich erwarte morgen gewiß Briefe von Ihnen um den Punct der Wohnung wegen entscheiden zu können. Diese Woche werde ein Ende zu machen suchen. Auf den Sommer wird viel wieder leer werden und vielleicht so ein Ueberfluß an Wohnungen seyn als jetzt eine Theurung ist. 1. Erstlich macht man jetzt schon einen guten Anfang wieder aufzubauen und mit dem Frühjahr wird sich alles rühren unter Dach und Fach zu kommen. 2.) Ist in Berlin schon ein Edict wegen der Uebersteigerung der Miethen ausgegangen, deßen Publication man auch hier immer erwartet. Der Hauptpunct ist, daß ich nicht weiß Ihre künftige Einrichtung hier. Ein gantzes Jahr lang ungelegen zu wohnen wollt ich Ihnen nicht gern aufbürden. Ich wünschte also lieber daß Sie auf ein halb Jahr sich behelfen könnten oder sich an einer Magd begnügen. Ein Bursch bleibt Ihnen gleichwol unentbehrlich. Da Sie zu Ihren Disputationen einige Wochen nöthig haben werden und zu Ihrer häuslichen Einrichtung und Erholung auch Wochen verstreichen möchten, so seh ich immer das erste halbe Jahr als eine kleine Feyer an, wo mit Collegiis wenig zu thun seyn wird. Sind Sie auch des Sinnes oder werden Sie gleich in voller Arbeit und Activität seyn? Ich lese gegenwärtig Ihren Athenaeum und hab gestern das erste Buch darin zu Ende gebracht. Da dies ein Andenken Ihrer Freundschaft ist: so denke damit gegen die Zeit Ihrer Ankunft fertig zu werden. Es will leider! mit nichts fort und ich vergehe vor Ueberdruß. Ihr Herr Bruder der Braunschweiger muß mit mir an gleicher Seuche liegen. Gott helf uns all, jeden aus seiner Noth. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 291 (II 309/23): Catal. 100 fl. Schlegel.
Kgsberg den 16 Februar 65. Herzlich geliebtester Freund, Gestern habe 100 fl. an HE Zeise bezahlt, deren richtigen Empfang er auf Ihrer Assignation bescheinigt hat, wie er Ihnen selbst mit nächster Post melden wird. Die 5 # müßen aufgeschoben werden, da nach der Fracht des Coffres wenig übrig bleiben wird. So bald dieser ankommt, werde Nachricht geben. Mama will von keiner Sänfte wißen. Sie werden durch Ihre baldige und glückl. Ueberkunft alles gut machen. Jetzt ist es hohe Zeit mit der Wohnung ein Ende zu machen, und ich bin gestern bey HE Chollevius im Rogallschen Hause gewesen um es zu besehen. Es sind 8 Stuben darinn; aber nicht mehr als 2 zu vermiethen, neben einander, die eine mit, die andere ohne Ofen, daher sie für eine geraume Cammer passiren kann, im ersten Stockwerk. Richt über ist des Wirths Schlafzimmer, das ich gern dazu gehabt hätte. Unten behält er zwey, ein tägl. Wohn- und eine
    Besuchstube
. Oben ist eine Materialienstube, und die übrigen zwey sind für eine Anverwandtin, die im Hause lebt und die Gesellen. Sie nehmen auf 3 Wochen eine Familie aus Thorn auf, die nichts mehr als Ihre beyde Stuben bekommt, und 20 Thlr bezahlt für diese kurze Zeit. Unter 200 fl. werden Sie jährlich selbige nicht vermiethen. Ich werde nicht
    länger als bis Michaelis
sie abmiethen, und Sie werden sich nicht lange bedenken 100 fl. dafür zu geben. Behelfen müßen Sie sich, liebster Freund, und da es den Sommer über ist, so wird er leicht vergehen. Da Sie keine Wirthschaft sogleich anfangen können; so glaube, daß ein
    Bursch zu Ihrer Aufwartung hinlänglich
seyn wird,
    der eine Treppe höher im Vorderhause liegen kann
. Die übrige Aufwartung thut Ihnen eine Magd im Hause. Für 100 fl. Miethe ein halb Jahr müßen Sie nicht erschrecken. HE Zöpfel hat bisher für einige 40 Thlr ein gantzes Haus gehabt, und jetzt giebt ein junger Kaufmann für ein paar elende, unbrauchbare Stuben 55 Thlr, die ihm bisher 25 Thlr getragen haben. Der Geheimte Rath v Ziegenhorn behalf sich einige Wochen lang mit einigen Stuben bey einem Klempner ein paar Häuser vom Rogallschen, biß er sich ein schönes Haus aufbauen können. Da die Leute gefällig und von dienstfertigen Umgange sind: so hoffe, daß Sie vielleicht die Besuchstube zu Ihrem Gebrauch den Sommer über Ihnen überlaßen würden, wenigstens würde ein freundschaftlicher Vergleich darüber eben nicht schwer werden. Ihr Publicum könnten Sie auch im Auditorio laßen. Was Ihnen an der Miethe zu hoch kommen würde, ließe sich durch übrige Umstände ersetzen, wenn Sie vielleicht, wenigstens den Abendtisch, zu Hause accordiren könnten. Ihre Meubles könnten solange bey uns und andern guten Freunden angebracht werden, biß Sie Raum v. Gelegenheit bekämen sich nach Gefallen zu etabliren. Wenn Sie sich dies gefallen laßen, so melden Sie mit erster Post. Ein Umstand auch, der bey ordentl. Fällen nicht immer gewährt ist, betrift die halbjährige Miethe, die man sich gern gefallen läßt, weil man nicht sehr verlegen ist. Daß die Mama die Gelegenheit vorher besehen kann, habe auch schon abgemacht. Die Stuben an sich sind geraum und helle und sonst nichts daran auszusetzen; auch der Character der Leute ein Hauptumstand, der Ihrem Geschmack Genüge thun wird. Ich erwarte so bald wie mögl. Ihre Erklärung darüber, und wenn Sie sich einen Rath gefallen laßen, auch einige Vorschrift, wieviel ich auf die Hand geben soll und was weiter zu erinnern. Eben komt ein Besucher her, der meldt, daß
    Ihr Coffre angekommen
.
    Gottlob!
er ist hier. Mein Vater hat die Fracht ausgezahlt aber 1 Thlr gl. Polangschen Zoll geben müßen, weil man bey gegenwärtiger Veränderung nicht so leicht abkommt. Ich umarme Sie nach herzl. Gruß vom Vater und an Herder Ihr Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Professeur Ordi- / naire de la Poesie et Senateur de L’Academie de Königsberg, Regent / du College Cathedral de et / à /
    Riga
.
Kgsberg Aschermittwoch 65. Herzlich geliebtester Freund, Vorgestern ist Ihre geehrte Mama hier gewesen und hat Ihren Coffre eröfnet, wo wir Beylagen alles richtig befunden, und in sichere Verwahrung genommen, daß Sie gegenwärtig für alles ruhig seyn können. Materialien sind gleichfalls von mir aufgehoben und sollen zu ihrer Zeit an HE. Zeise besorgt werden. Was die
    Venus Metaphysique
betrift: so weist Ihr eigener Name von
    meiner Hand
geschrieben, daß es mir gehört hat und von mir bereits aufgegeben, auch mit aller Mühe wie wohl vergeblich bey neulicher Veranlaßung allenthalben gesucht worden. Da ich es gern wenn ich ein ander Exemplar von Ihnen gewis erwarten kann, abtreten will: so finden sich gleichwol andere Schwierigkeiten. Der HE Doctor hat ein gebundenes Exemplar vom la Foi geliehen, wo es hinter Venus physique gestanden. Er hat daher den Band verstümmeln müßen und sich anheischig gemacht es wieder in gehörigen Stand zurückzuliefern. Ich habe ihn zwar gebeten der Mama den Band zu übergeben. Sie weiß aber nichts davon. Sie wird sich bey dem HE. Cornet Wirth darnach erkundigen, dem er es anfängl. zurücklaßen wollte. Hat er es, und ich bekomm den Band; so werd ich es erst müßen hinten anbinden laßen und die Zurücklieferung besorgen können. Laßen Sie aber die gantze Sache bis auf Ihre Heimkunft. Als die Mama von uns gieng, sprach sie noch bey HE Chollevius an um Ihre Stuben zu besehen und Sie hat mir gestern Bescheid geben laßen, daß ich nur zuschlagen sollte. Antworten Sie nicht bald, so werd ich Ihrem Wort folgen, und ich zweifele nicht, daß Sie dabey gut fahren werden. Diese Sache liegt mir recht auf dem Herzen, daß ich gern wünschte dieser Sorgen los zu seyn. Wegen der 50 Thlr ist neulich vergeßen worden von ihr; ich hoffe daß Sie heute in Beylage daran gedacht haben wird. Es war ein Nothfall und Sie haben wenigstens Sicherheit in Händen. Wegen desjenigen was Sie dem HE. Hartknoch mitgegeben, weiß nicht, ob ich einigen Antheil daran nehmen soll, und wie Sie es mit ihm abgemacht haben; ob es die Mama oder mein Vater empfangen soll. Bekümmern Sie sich bey Zeiten darum. Ich weiß jetzt nichts mehr liebster Freund, was ich Ihnen noch zu melden hätte. Wir haben gestern Fastnacht gefeyert, und erwarten heute gleichfalls eine große Gesellschaft aus Elbing. Gott gebe daß diese herrliche Wirthschaft ein gut Ende nehmen möge und erhalte uns unter allen Abwechselungen des Schicksals in seiner Gnade. Mein alter Vater sieht Ihrer Ankunft mit Verlangen entgegen, und selbige wird mich auch ein wenig beruhigen oder aufmuntern. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Freund und Diener Hamann. Grüßen Sie herzlich HE Herder von mir. Leben Sie wohl. Wegen des Polanger Zolls erinnere noch, daß der
    erste Coffre
, weil er geöfnet worden,
    frey gegangen
. Wegen des
    Kastens
aber, weil selbiger
    versiegelt geblieben
, ließ sich der Fuhrmann gefallen, Ihre Ankunft deshalb zu erwarten. Der
    letzte
aber war noch schwieriger, und wollte sich zu keiner Capitulation verstehen, weil
    gleichfalls alles versiegelt geblieben
. Er hat also einen Thlr gl. empfangen und die Träger 15 gl. Die Qvittung von HE Zeise lohnt nicht zu überschicken, sondern mein Vater hat selbige zu Ihren übrigen Rechnungen gelegt, wo Sie alles auf einmal übersehen und in Empfang nehmen können bey Ihrer Gott gebe glücklichen und immer näher anrückenden Ankunft. HE Kanter hat neue Recidive bekommen, die seine Gesundheit aufs künftige vielleicht in Gefahr setzen könnten. Ich gehe so wenig aus, daß ich auch meine nächsten Nachbarn sparsam sehe. Ihre beyde Coffres stehen in meiner und meines alten Vaters Stube so gut als möglich, der eine unter meinem Bett, der andere nicht weit davon. Der Kasten aber im Vorderhause an dem sichersten und bequemsten Ort. Einlage hat mein Vater nebst der Leinwand in sein Schaff verschloßen. Ihre Tabatieren haben wir nebst Etui und Ohrgehänge und dem Fläschchen in der Lade bey dem letzten Coffre eingelegt. Sorgen Sie also für nichts als für das dortige. Leben Sie wohl. Bald das Nöthigste vergeßen. Mit voriger Post habe durch HE. Hartknochs Couvert an Sie geschrieben, und vermuthe daß Sie den Inhalt ms Schreibens wißen und selbiges erhalten haben.
Liebster! Ich habe recht sehr nöthig, Sie um Verzeihung meines vorigen weggeeilten Briefes zu bitten, den ich voll Zerstreung bei HErn. Rekt Lindner geschrieben. Ich schreibe an Sie sehr gerne, so ungern ich sonst das Amt eines scribae übernehme, da selbst das Amt eines scriptoris mir Mühe, u. Ueberdruß macht. Daher kommts, daß ich meine Abhandlung, die Ihnen so sehr am Herzen liegt, mit vieler langsamen Eile umschmelzen werde; daher kommts, daß ich einen Evensbiß in die Moral zuerstvor thun will, dazu ich mir den Titius erbeten habe. Ich bin über ihn noch in Ihrer Schuld, die ich einesteils durch Dank abtrage, andern Teils noch nicht weiß. Ich habe bei aller meiner überhäuften Arbeit, einen gewissen schleichenden Müßiggang nothig, den ich mir auch auf eine etwas mühsame Art nehme. Die Veränderung meiner Sphäre hat in der That noch nicht meine hiesige Lage bestimmt, u. in der That wirkl. kann Riga, einen Fremden, einen Litteratus (nach dem hiesigen Stil) einen Schulmann, u. Φιλοσοφουμενος wirklich hypochondrisch machen, wozu denn auch freilich die hiesige Speise u. Lebensart ein Quentchen beiträgt, so daß ich Hinzens Hypochondrie nicht mehr so paradox finde, als ich sie in Kön. fand. Indessen bereue ich doch diesen Schritt so wenig, daß ich vielmehr wirklich über mein bisheriges Schicksal erstaune – Jetzt kome ich aus dem Concert; ein todtes Vergnügen vor mich, das doch unter meinen übrigen eine sehr vorzügl. Stelle hat. Aus Königsb. wäre ich ohne Ihre Briefe, in einer verdrießlichen WitVerwittwung. Ich habe schon 5. Briefe an den geschrieben, der mein Agesidamus war, u. da ich keine Antwort bekomme, da ich selbst auf die Inlagen die ich teils an meine Mutter 3mal, teils 2mal an meinen andern Freund, Hrn. Haberkant geschrieben, keine Antwort war erhalte so laufe ich beinahe wie August, gegen die Wand: redde mihi litteras! Da ich richtig addreßirt, da es an der hiesigen Post nicht liegt, da er zu s antworten hat, so werde ich in ihm ganz irre, u. wünschte wenigstens durch einen Dritten Nachricht von ihm. Sollten Sie Ihnm aufspüren Er Ihnen aufstoßen: so sagen Sie ihm doch meine Meinung, u. mir die seinige. sSie thun nicht blos meiner Neugierde, meinem Hochmuth, sondern auch wirklich der Nothwendigkeit einen Dienst. – Und nun zum gelehrten Fach! – den Winkelmann habe ich durchgejagt u. durchgekrochen: Man kan ihn lesen als den Künstler, den Geschichtschreiber u. den Altertumskenner; bei dem ersten bin ich in Absicht seiner Statuen ein Maulaffischer ανεργος; im dritten habe ich ihn überhüpft; am 2ten aber habe gnug zu lernen, u. den Kopf zu schütteln gehabt. – Meinen Dithyramb sehen sie unrecht an: er ist, das meiste gerechnet, keine Critik; die Apostille ausgenommen. Warum wollen Sie mich zu der Arbeit des Henkers verdammen, die die Engelländer den Goldfinders zuschreiben; wenn ich ein Türkischer Kamelstreiber seyn kann, der vor seinem heil. Paßgänger, der den Koran trägt, heilige Apfel auflieset. Betrachtet Sie der Nachrichter
    überunter
, der Berliner
    über
, der Göttinger
    neben
der Kritik; warum nehmen Sie nicht gerne einen Platz
    außer
der Kritik, die überdem nicht Ihre Rhapsodie, sondern Ihre Autor Grundsätze an die Berliner in der Verteidigung prüfen sollte müste – Weil Sie mit HErn Profeßor Wilkes Nordth Briton im MS. u. Essai on Woman gedruckt erhalten: so habe mir das Abschreiben zu unutz gehalten. Die Edda wird Ihnen gefallen: ob ich gleich Mallet nicht als einen Geschichtschreiber noch weniger in seinen Anmerkungen als einen Schriftgelehrten dieser heilgen Philosophie betrachten kann: so ist er immer mehr als ein Franzose. Als Dichter würd ich mehr u. nicht abgekürzte Probstücke erwarten; als Weltweiser wünschte ich einst Muße, die zu haben, diese Götterlehre mit der Mytholog. d Griechen, der Hebr., der Χsten, u. der vielen Heiden in den Reisebeschreibungen vergleichen zu können; um einst hieraus vor mich eine Geschichte der Religionen samlen zu können wozu ich im ersten Feuer worin ich die Edda laß, einen Plan entworfen. Indeß ist Mallet in Absicht auf Dännmark immer einem Schwedischen Dalin an die Seite zu setzen; möchten wir nur sonst viele solche Geschichtschreiber habenIch glaube, Sie haben Pausanias nicht in dem Gesichtspunkt gelesen, worin ich ihn würde durchlaufen haben; wo dies ist – u. Ihr voriger Auszug macht mich sehr aufmerksam – so bäte ich mir einiges aus, einige Speise, die ich verdauen kann. – Ich bin zu sehr von Mitau entfernt; u. die hiesige Quelle meiner Bücher ist etwas zu sehr unaufmerksam auf mich; um mir hierin zu satisfaciren. Die hiesige Bibliothek habe blos im Katalog durchlaufen; u. die Arbeit wird lange mechanisch seyn müßen, um mich einst zu einer ruhigen Nutzung durchzubrechen: Jetzt muß ich mir Muth zu Verfertigung eines Inventars der Juristen machen – Unter den Philologen habe ich mir einige schöne Ausgaben, u. Commentars der Alten gemerkt, u. der Lykophron des Tsetzes soll der Pudding seyn, an dem ich meinen Magen zuerst probiren will. Sehen Sie doch von ihm das Winkelmansche Urteil in s. 2ten Theil unter Ptolom. Philadelphus nach. – Was meinen Sie von einem muthwilligen Knaben, der um die Candidatur aus leichtsinnig angehalten. Nächstens werde von einemM S. Rev. Minist. feierl. Reichsstädtisch rigorose exam. werden, ehe ich Kragen u. Reverende bekomme. Indeß traue ichs meiner Stimme nicht zu, eine Posaune im heil. Peter oder Dom zu seyn; und meinem eigensinnigen Gedächtn., um der 4ten Bitte willen eine lettsche Zunge mir einzupropfen: wenigstens wäre sie mehr, als jene 12000 Verse der Druiden, dadurch sie Priester wurden. Fahren Sie fort, mein Einziger, Allerliebster! in Ihrem mir recht sehr gelehr nutzbaren Journal, das mich aufweckt u. unterhält; so lange bis ich Sie sehe. Wie aber in Curland? Ich weiß nicht, was ich daran paradoxes finden, daß ein Hamann nach Kurland gehen soll, mit Aussichten, die vorne so eingeschränkt sind, als die Rücksichten bedrängt seyn mögen. Gott! mir wird immer für mich bange, wenn ich Ihre Geschichte betrachte, u. da mich das Schicksal
    wirft
: so ist läuft mir immer der Schweis über; ich könne mir einst den Kopf zerschlagen. In Riga scheints, werde ich, wohl nie meinen Rauch aufgehen laßen; indessen wenn ich schon passen muß: so werde ich doch immer lieber obscur als cassa spielen wie Sie es vielleicht thun. Doch vielleicht hat Ihr Freund die Zauberkraft, einen Schatten vestzumachen, u. ich wünsche dies immer sehr, so heftig ich mir auch Ihre Umarmung wünschte. – Unterdeßen laßet uns, wir mögen schlafen, oder wachen, Brüder seyn, u. uns trösten u. erbauen u. vestmachen, so lange wir wallen. Amen. Herder
    Beilage:
Ich lese die Edda, u. voll Entzücken muß ich ihnen u. mir einige Apophtegmen aus dem Havamaal des Odins abschreiben. Dem Gaste, der mit kalten Knien zu euch komt, gebt Feuer!“ Ein Reisender hat Klugheit nothig. Zu Hause kann man thun, was man will, wer aber nichts versteht, wird sich verächtl. Blicke zuziehen.“ An einem unbekannten Ort gilt Klugheit mehr als Schätze: sie ists, die den Armen ernährt.“ Den Söhnen dieser Zeit ist nichts unnützer, als allzuviel Bier trinken; je mehr ein Mensch trinkt, desto mehr verliert er den Verstand. Der Vogel der Vergessenheit singt denen vor, die sich betrinken, u. stiehlet ihnen die Seele.“ Der Unsinnige wache jede Nacht, er überdenke alles, aber er ist beim Ausbruch des Tages müde, nicht klüger, als den Abend vorher.“ Reichthümer verschwinden, wie ein Blick der Augen, sie sind die unbeständigsten unter den Freunden. Heerden kommen um, Angehörige sterben, Freunde sind nicht mehr unsterbl, ihr selbst werdet sterben, aber, ich kenne eine einzige Sache die nicht stirbt – das Urteil, das man über die Todten fällt „Lobt die Schönh. des Tages, wenn er zu Ende, ein Weib, wenn ihr sie erkannt, weinen Degen, wenn ihr ihn versucht, ein Mädchen, wenn sie verheirathet ist, ein Eis, wenn ihr drüber seyd, Bier, wenn ihrs getrunken habt.“ Das Feuer verjagt Krankheiten, der Eichbaum die Harnstrenge, Stroh beschwört die Bezauberungen, die Runen heben den Fluch auf, die Erde trinkt die Ueberströmungen u. der Tod löscht den Haß aus. – Adresse mit rotem Siegellack:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Homme de lettres / à
    Coenigsberg
.
Kgsberg den 2 März 65. Herzlich geliebter Freund, Diesen Dienstag habe mit HE Cholevius abgemacht und 2 runde Thaler auf die Hand gegeben, welche noch von Ihrem vorigen Gelde übrig geblieben nebst 1 fl. und ‥ gl. Mein Vetter ist gestern bey Jacobi gewesen um die assignirte 100 fl. abzuholen, ist aber auf heute wieder bestellt worden. Sobald ich selbige erhalte, soll HE Zeise befriedigt werden, worauf noch
    einige
50 fl. übrig bleiben. Falls selbige zur Bezahlung noch
    künftiger Frachten
nicht zureichen sollten, dürfte keine weitere Remise nöthig seyn, sondern wir den Ueber- v Vorschuß hier übernehmen können. – Wegen des durch HE.
    Hartknoch übermachten weiß nichts
, woran ich mich zu halten habe, und es würde nicht undienlich seyn bey Zeiten alles gehörig abzumachen:
    ob
und
    wenn
es abgegangen und
    wo
es hier in Empfang genommen werden soll. Die Verlegenheit der hiesigen Casse scheint noch nicht aufgehört zu haben, und desto größer vielleicht zu werden, da man dort alles mögl. erschöpft, und nicht sobald wieder was zu erwarten ist. (Eben der Antrag, der Ihnen geschehen, sollte auch gestern unsern Wirth treffen) Ehstens wird ein junger Buchhändler Weitbrecht bey Ihnen durch nach Petersb. gehen, ich weiß nicht durch welchen Umwurf gewißer Erwartungen die sich unser Freund in Mitau machte. – HE Pichlau schickte einen polnischen Ladenjungen zu mir und ließ mir eine Wohnung melden, die auf der Neustadt zu vermiethen wäre; ich ließ ihn aber sagen daß ich keine mehr brauchte. Eben zu der Zeit bekam Nachricht, daß HE Kanter sich um eben diese Gelegenheit bekümmert hätte bey dem berüchtigten Advoc. Rhode, daß sie schön wäre, 4 Zimmer hätte, aber 700 fl. Miethe. Relata refero. – HE Mag. Schlegel besuchte mich auch gestern unvermuthet, dem ich keine weitere Nachrichten geben konnte, als er selbst schon wuste, oben ein versicherte, daß Ihren Sentimens und Briefen zufolge Sie am meisten für ihn interessirt wären, vielleicht würde gar der Magistrat Ihre Abreise abwarten ehe man zu einer positiven Wahl schritte, im welchen Fall Ihr Einfluß aufhören würde. Es scheint ihn um nichts als eine philosophische Gewisheit oder ein christl. ja und Nein zu thun zu seyn. Wenn man dort rafinirt, so wird die Empfehlung eines hiesigen Ministers allein hinreichen das Subject anstößig zu machen, und eine sehr gerechte Sache wegen Ihres Abschieds. An einem Tauschen mit
    Wohnung
und
    Meubles
ist nicht zu denken, da Sie gegenwärtig versorgt sind. Er hat gleichfalls 2 Stuben und zahlt nur die Hälfte, weil die Kirchenwohnungen überhaupt billiger. Unterdeßen hoff ich daß Sie für Ihre 100 fl. zufrieden seyn werden. Wegen des
    Besuchzimmers kann ich mir durchaus nichts merken laßen
; aber ich habe Ihnen dies nur als meine Speculation unter der Hand zu verstehen gegeben, und ich hoffe, wenn Sie eine Woche lang in
    dem Hause bekannt seyn
werden, daß Sie
    mit Ihrer jungen artigen Wirthin sich bald hierüber vergleichen
würden, die eine Tochter des seel. M. Wolters ist. Eine Magd zu halten ist nicht mögl. noch nöthig, und Sie können den Lohn fügl. ersparen. – Die Mama hat mir heute sagen laßen daß HE Fähndrich Wirth nichts von des Maup Venus Metaphy Physique wüste, da doch HE Bruder mir ausdrücklich versprach selbige bey ihm zurück zu laßen. Erkundigen Sie sich also darnach, wiewol es bis zu Ihrer Ankunft Zeit hat diese Sache abzumachen. Zaudern Sie nicht liebster Freund mit Uebersendung Ihrer Bibliothek. Bey schlechterem Weg wird die Fracht theurer und die Waare kann eher Schaden leiden und naß werden. Mit gegenwärtigem werde gemächlicher schreiben, und bloß im Nothfall
    antworten
oder
    melden
, da Wohnung und der Empfang des vornehmsten abgemacht ist. Wenn Sie nicht selbst wegen mr. engl. Bücher mündlich oder persönlich oder durch HE Herder sich erkundigen können, dürfte es zu Misverständnis Anlaß geben. Weil selbige englisch sind und den Handel betreffen; so vermuthe ich daß der junge Berens, der auf einem engl. Comtor engagirt gewesen, selbige sich ausgebeten. Dem Petersburger nützen sie wegen der Sprache nichts. HE Carl Berens bat sich Socrates Leben von Cooper aus, an dem Buch ist mir nichts gelegen aber an den 3 Vignetten die darinn sind, wenn es jemals nöthig oder mögl. seyn sollte eine neue Auflage der sokratischen Denkwürdigkeiten zu besorgen, woran ich vor dem 40 oder 50sten Jahr meines Alters nicht denken werde. Ich wünschte also daß es auf diesen Event aufgehoben würde und nicht verloren gienge. Daß ich wenig Lust habe so lange zu leben, daran ist wol mein gegenwärtiger vegetabilischer oder animalischer Zustand schuld. Ich erwarte nächstens Vorschläge aus der Nähe, und werde mir auch Zeit nehmen Sie um Rath zu fragen, und wünsche sehnlichst Ihre Erscheinung, die mir ein Fest seyn wird. Die Löbnichtsche Schule hat gestern Ihre Andacht gehabt, und mein Bruder ist muthwillig ausgeblieben ohne daß die Sachen weiter Folgen haben wird. Ich kann die Entwickelung dieser unerklärlichen und unauflöslichen Führung nicht erwarten. Mein Vater ließ sich gestern vor 8 Tagen zur Ader, und weil er es vielleicht zu lange aufgeschoben, bekam er so heftige paroxismos, daß wir immer neue Anfälle der Apoplexie vermuthen müsten, hat sich aber außerordentlich wieder erholt. D Laubmeyer findt in seinen Zufällen Bewegungen der Goldnen Ader, und ich schmeichele mir daß er selbige noch bekommen und wieder Vermuthen jung werden wird. Ein Prognosticon, das ich ihm immer gestellt und vielleicht eintreffen wird, wornach er seine Maasreguln nicht genommen, und die ich vielleicht mit saurer Mühe werde ersetzen müßen. Nun Gott wird helfen dies köstliche Leben auszuhalten, und für alles Rath schaffen. Grüßen Sie unsern Herder aufs freundschaftlichste von mir. So bald ich im stande seyn werde, will mich nach HE Fischer erkundigen. Ich umarme Sie nach herzlicher Begrüßung der Meinigen und Lausons und ersterbe Ihr Freund Hamann. Ihre Anfrage wegen der
    Censur
habe nicht verstanden. Ist Ihnen daran gelegen, so erklären Sie sich deutlicher. Ihrem Catalog sehe mit Verlangen entgegen. Ich denke will noch heute mit dem 10 Buch des Athanäi zu Ende zu eilen. Ich denke noch eine Frühlingscur mit meinem alten Vater mitzunehmen und die Blüthe des Sommers in Ihrer Gesellschaft zu genießen. Also mehr mündlich. Leben Sie wohl.
Kgsberg den 16 März 645. Herzlich geliebtester Freund, Da Sie in Arbeit und Verwirrung stecken; so wünsche ich baldige Entbindung. Ihre letzte Einlage an Adv. Rhode ist bestellt und der Gruß an Mama heute gleichfalls. Beylage ist aber schon einen Posttag liegen geblieben. HE Kanter bezieht auf die Woche schon die Gelegenheit beym Münzmeister Zielmann richt über seinem Laden. Er giebt nur 400 fl. und ist sehr damit zufrieden. Vielleicht ist das Haus beßer für ihn als es für Sie gewesen seyn würde. Unterdeßen wird Gott auch für Sie künftig sorgen und ich hoffe, daß Sie das halbe Jahr zufrieden seyn werden. Den 5ten h. habe die 5 # an HE Zeise bezahlt und Assignation quittirt zurück bekommen, die mein Vater aufgehoben. Den 7 h. schickte der Rathsherr aus Narva früh zu uns. Weil der Bothe sein Gewerb bestellte, als wenn es ein Krankenbesuch seyn sollte und ich noch zu Bett lag, gieng HE Vetter Nuppenau hin und ihr Kästchen ist richtig angekommen aber der
    Schlüßel fehlt
dazu. Er ist zweymal da gewesen um denselben abzuholen, hat ihn aber Nachmittags denselben Tag nicht zu Hause gefunden, und den Tag darauf ist er schon abgereist gewesen. Es hat also nicht geöfnet werden können. Sollte er wieder durchgehen; so könte des niedlichen Schloßes wegen darnach gefragt werden. Siegel ist noch darauf und daher nichts zu besorgen. In Ansehung des in
    Mitau
zurück gebliebnen bin jetzt ohne Sorgen, da Sie wohl thun werden es selbst mitzubringen. Wegen des Mahony Holtzes versichert HE Kanter daß hier keine Schwierigkeiten gemacht werden, wenn es Ihnen als Meuble gehört und nicht gantz neu ist. Der Kaufmann aus Narva hat im polnischen Krug logirt weil bey Remus und Seyfried nicht Raum gewesen. Er ist noch vor dem Ihrem Brief angekommen und also unerwartet. Ueberdem war voller Unruhe und Freude über meines ältesten HE von Witten Ankunft aus Wien, der als Hauptmann sn Abschied genommen, sich durch ein sehr freundschaftl. Billet am Bußtage bey mir ankündigen ließ und den 9ten h. nach Curland abreisete. HE Kanter war so gut ihn und HE Mag. Kant zu bewirthen, den er neugierig war kennen zu lernen. Mit des ersteren Gesundheit geht es Gottlob beßer – Die Censur ist dem bisherigen Decano zugefallen, nach HE Lausons Bericht, der Sie freundlich grüßen läßt und mir des
    Gale
Historiae poeticae Scriptores antiquos,
neml. Apollodorum, Conon, Ptolomaeum, Parthenium und Antoninum Liberalem für 45 gl. gebracht hat. Nach Ihrem Ostergedicht hat man sich schon vorige Woche sorgfältigst erkundigt, weil ich gegenwärtig war, so habe den Bedell vertröstet. Sagen Sie Ihrem treuen Gehülfen, HE Herder, daß ich seine Einlage nach Morungen bestellt und se. Frau Mutter gebeten habe an mich zu addressiren, was auf der Post oder durch Fuhrleute von ihr übermacht werden möchte. Den alten Barden möchte gern ein wenig hecheln, wenn mir nicht aller Muth vergangen wär und das dicere quare immer eine leidige Sache ist, so bald es darauf ankommt zu rühren oder zu gefallen. Gestern hatte einen eignen Verdruß, da ein Officier zu uns kam und meinen Abschied zu sehen verlangte, der ich weiß nicht wo hingekommen, es daher für nöthig fand mich von neuem zu enroliren. Ich habe deswegen einen verdrüßl. Gang heute gehabt. Ohngeachtet eben keine Gefahr daraus entstehen dörfte: so leidt mein eingeschlafenes Gemüth doch wie durch einen unlustigen Traum und die einzige Glückseligkeit meines Lebens, die in einer unthätigen Sorglosigkeit besteht, wird dadurch betrübt und verbittert. Für Ihren ankommenden Kasten werde beste Sorge tragen, und bald oder später nach Bewandnis davon Nachricht geben. Aus meinem
    Stillschweigen
können Sie
    schließen
, daß
    alles
    in saluo und gehörig abgemacht worden
ist; weil ich den kleinen Monat durch blos im Nothfall schreiben werde. Von Ihrem Catalog habe noch keinen Buchstaben gesehen: die Bogen müßen daher wol in Mitau liegen geblieben seyn. Aus Curland hör nichts: woran es liegt, weiß auch nicht. Sie werden nicht ermangeln wie ich hoffe bey Ihrem Durchzuge den HErrn Hofrath Tottien zu besuchen, ohne sich daran zu kehren auf was für einem Fuß er mit dem HE Bruder steht, mithin in Ihrem eignen und meinem Namen. Mein Vater leistet mir in der Lethargie oder geheimen Kummer zieml. Gesellschaft. Er grüst Sie herzlich und freut sich Ihre Ankunft zu erleben. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund und Diener.Hamann. Unter uns, Sie würden vielleicht wohlthun auf die Empfehlung der Epistl. so wenig als Ihr dortiger Magistrat zu reflectiren. Wenn man Sie der Sorge überheben will einen Nachfolger zu verschaffen, tant mieux pour Vous. Unser Pfarrer Rhode ist gestorben. Der Feldprediger Weber der nach Heiligenbeil gehen sollte, hat jetzt mehr Lust hier zu bleiben. Uebrigens wenn der Feldpredigerdienst gewiß ist, so wär freylich der beste Rath zuzugreifen. Die Naturalien werde an HE Zeise zu gehöriger Zeit besorgen und ihm eine Specification davon mitgeben. Leben Sie wohl, liebster Freund. Wegen der Venus Physique sprechen Sie selbst mit dem HE Bruder und laßen Sie die ganze Sache bis zu Ihrem Hierseyn. Sonst weiß nichts mehr.
Königsberg den 1ten April 65. Herzlich geliebtester Freund, Sie erhalten hiemit die versprochene Sammlung meiner Jugendstreiche in der Autorschaft, bis auf die Sokr. Denkw. welche ich nicht mehr im stande bin Ihnen zu verschaffen. Es ist mir nicht möglich gewesen den Eckel zu überwinden, mich als Corrector oder Commentator gegenwärtig selbst ganz durchzulesen; unterdeßen überlaß ich es Ihrer Freundschaft, Text und zufällige Randgloßen zu übersehen. Zu meiner Rechtfertigung beruffe mich noch auf die sokratische Dreyfalteinigkeit, welche Aristophanes meinem Original aufgebürdet: το ΧΑΟΣ τουτι και τας ΝΕΦΕΛΑΣ και την ΓΛΩΤΤΑΝ, τρια ταυτι. Ob jemals meine
    Palinodie
den blauen Heft bis zur Größe des halb englischen Bändchens suppliren wird; daran zweifele jetzt sehr gänzlich, denn die Zeiten haben sich bey mir sehr geändert. Sonst hieß es: nulla dies sine linea; jetzt aber: manum de tabula! Mein Ueberdruß ist aufs höchste gestiegen und benimmt mir alle Fähigkeit und Lust zu denken und zu leben. Mit desto größerer Sehnsucht erwarte gegen den May meinen alten Freund Lindner, deßen Umgang meine Frühlingscur seyn wird. Erfreuen Sie mich mit guten Nachrichten von Ihrer lieben Familie. Auch erwarte ich von Ihnen lieber Moses ein klein Päckchen von Ihnen, daß unser HE Nicolai so gut seyn wird an einen der Hiesigen Buchführer zu besorgen. Unterlaßen Sie auch nicht, liebster Freund, den HE. Prof. Rammler zuweilen an den Namensvetter seines HausWirths zu erinnern. Ich empfehle mich v laßen Sie Ihrem treuen Andenken und werde niemals aufhören zu seyn empfohlen seyn Ihren aufrichtig ergebensten Hamann.
Θρασεια γαρ ουσα η ανθρωπινη Ψυχη, quae exposita sunt τα μεν εν ποσιν ησσον τιμᾳ, του δε αποντος (quae abstrusa) θαυμαστικως εχει. καταμαντευομενη δε των ουχ ορωμενων και θηρευουσα ταυτα τοις λογισμοις, μη τυχουσα μεν σπευδει ανευρειν, τυχουσα δε αγαπα ως εαυτης εργον. Dies hat die Poeten bewogen zu erfinden
    μηχανην εν τοις θειοις λογοις
, μυθους λογων μεν αφανεστερους, αινιγματος μεν σαφεστερους, δια μεσου οντας επιστημης προς αγνοιαν, κατα μεν το ηδυ πιστευομενους, κατα δε το παραδοξον απιστουμενους. Er kommt auf die alte Philosophie wieder zurück und wiederholt das obige: η παλαια φιλοσοφια καταθεμενη την αυτης γνωμην εις
    μυθους
και
    μετρα
και
    σχημα
    ῳδης
, ελαθε τῃ περιβολῃ ψυγαγωγιας κερασασα την αηδιαν των διδαγματων. Um die Uebereinstimmung der Poeten und Philosophen zu bewähren, beruft er sich auch folgende Probe: ων αν
    μεταβαλης τα ονοματα
, ευρησεις την ομοιοτητα και γνωριεις το διηγημα. Weil ich nicht weiß, ob Sie diesen alten Sophisten dort so leicht finden können: so hab ich Ihnen diesen kleinen Auszug mittheilen wollen. Es sind wirklich einige Ideen, die brauchbar seyn möchten. Z. E. Λογοι für die Philosophie und Μυθοι für die Poesie. Die Erklärung der letztern durch eine μηχανην εν τοις θειοις λογοις und τας περι θεων δοξας verdient auch einige Aufmerksamkeit. Den Ursprung der Dichtkunst in der
    Ode
zu suchen, geht in so fern an, als man unter ersterer eine φιλοσοφιαν μουσικην versteht. Aber μυθος, Fabel und Erfindung scheint mir immer dem παθος und Schwung der Empfindungen vorzugehen. Weil ich aber heute in diesen Untersuchungen nicht weiter als sonst kommen werde: so überlaß ich selbige Ihnen liebster Freund. Nach dem deutschen Mallet habe geschickt, aber noch nichts bekommen. Den französischen nebst anderen habe auch umsonst fordern laßen. Sie stehen alle im Catalog. Weil es andern eben so geht: so weiß ich nicht was ich davon denken soll. Des Klotzens Strabo habe. Aber der Herausgeber ist unausstehlich. An Lamberts Organon erinnere HE M. Kant so oft ich Gelegenheit dazu habe. Den Pausanias habe in ungefehr 10 Tagen durchgelesen. Sie können leicht denken wie? Da die alte Geschichte Griechenlands für mich das liebe Ein mal eins ist: so habe blos auf die Geschichte der Kunst und Litteratur und den Idiotismen des Schriftstellers mein Augenmerk gehabt. So schön diese meine Ausgabe des Kuhnii ist: so unzulänglich ist die Anzeige der Kapitel vor jedem Buch, und ich vermiße den Mangel eines vollständigen Registers, wenn ich dasjenige wiederfinden will, was mir darinn vorgekommen. Ich denke auf die Woche den Athenaeum anzufangen und selbigen in gleicher Absicht zu durchlaufen. Ich werde vielleicht blos meinen Freund abwarten um gleichfalls nach Ihren Gegenden aufzubrechen. Das Leben wird mir sehr sauer und ich weiß nicht, wozu ich auf der Welt bin. Ich will wieder mit Hofmeistern anfangen und in Curland einen neuen Versuch dazu machen. Halten Sie mir, liebster Freund, mein abscheulich Geschmier zu gute. Ihre Beylage habe kaum Zeit gehabt flüchtig durchzulesen, behalte mir also künftig davon noch zu reden vor. Fahren Sie fort alles was Ihnen einfällt bey mir zu deponiren. Wir werden noch Zeit genug haben uns einander Rechenschaft davon zu geben. Zum Schluß umarme Sie unter herzl. Begrüßung der Meinigen und bin Ihr aufrichtiger Freund und Diener Hamann. Pausanias Lib. II p. 121. Δαιδαλος δε οποσα ειργασατο, ατοπωτερα μεν εστιν ες την οψιν, επιπρεπει δε ομως τι και ενθεον τουτοις. Lib. 2. p. 152. ξοανα γαρ δη τοτι ειναι πειθομαι παντα, και μαλιστα τα Αιγυπτια. Lib. 3. p. 237. (Θεοδωπος Σαμιος) πρωτος διαχεαι σιδηροu ευρε και αγαλματα απ’ αυτου πλασαι. Lib. 3. 63. Καλλιμαχος (κατα τεχνος oder κακιζοτεχνος) λιθους πρωτος ετρυπησε. Lib. 4. 361. Αθηναιων γαρ το χημα το τετραγωνον εστιν επι ταις Ερμαις, και παρα τουτων μεμαθηκασιν οι αλλοι. p. 413. νεωτατον παιδων Διος κΚαιρον 565. Τα γαρ αρχαιοτερα ονοματα ες ποιησιν επαγεθαι των υστερων, καϑεστηκος εστιν Ελλησιν. Lib. VII. 519. Τα δε ετι παλαιοτερα και τοις πασιν Ελλησιν, τιμας θεων αντι αγαλματων ειχον αργοι λιδθοι. Von Erz siehe Pausanias Lib. III. p. 251. und Lib. VIII. p. 628. 629. Nur Conchitis wurde viel zu Megara gearbeitet Pausan. 107.
Bester Freund, Nehmen Sie Ihren Freund jetzo mit beiden Händen zurück: ich habe ihn von Ihnen bekommen – ich habe ihn genoßen; ich habe ihm sieben halbe Monden gedienet: – u. siehe! da hast Du das Deine! – Montag, oder Dienstag reist er ab; ich will ihn begleiten, u. habe ihn als Opferpriester gesegnet. – Und einen andern statt seiner her: Lindner sagte in der Abschiedsrede: ich wünsche, daß er mir einst gleichkommen möge. Man hat es ihm übel genommen; man wird es ihm vielleicht noch übler nehmen, wenn man ihn sehen wird. Schlegel ist für unsere Schule, als Lehrer, betrachtet, besser, als sein ästhetischer Vorgänger; aber als Direktor einer Domschule voll Domgebräuche u. fauler Freiheiten, immer zu blöde im Denken, u. wollen, u. sprechen: u. vor Riga, als Gesellschafter, als Schwätzer, als Prediger nichts. – Indeß müssen sich solche 2. Antipoden oft mit den Fersen stoßen, damit eine würkl. Sokratische Wehmutter Maasregeln nehmen kann, wie das Kind soll zur Welt geboren werden. Der beste Begriff, den man sich in der Abwesenheit, von einer Republick wie Riga, macht, ist Chaos; ich lerne immer mehr, u. dieser Sommer wird, wie ich hoffe, mir eine reichere Ernte Erfahrungen seyn können. Ich bin Kandidat, u. zwar gegenwärtig der erste: der Collaborator hat auf den Candidaten aufmerksam gemacht; der Candidat machte den Schullehrer bekannter. Zweimal habe ich gepredigt, u. ich wünsche mirs das 3te mal – – immer als einen frommen Zweck. Ich habe, ohngeachtet meiner Begierde, doch kein Rigisches Drama sehen können: u. meine Idee davon sinkt auch etwas. Es sind keine Akteurs nach dem Zusta Zuschnitt, den der
    Schuldiderot
macht, u. er wird kein
    Rikkoboni
für Ssie gewesen seyn indessen sind diese Schuldram’s Riga noch immer angemeßener, als Ihr Hohenpriester selbst in seinem 5ten Jahre. HE. Profeßor Lindner läßt viel Gutes nach; das meiste hat seine Bestrebsamkeit im Denken u. Handeln, u. etwas weniges sein Patriotismus gestiftet: so lange der Mann Baum lebt, genießt das Publikum seiner Früchte, ohne auf die Wurzel nachzugraben; ist wird er verpflanzt, so sieht man seine Wurzel, u. riecht ihre Säfte eher. Da wirds man mehr anatomirt, ob der Baum mehr Anziehungs- oder Zurückstoßungskraft geäußert: ob er mehr Mensch oder Bürger gewesen – / Als
    Professor
der schönen Wissensch. ist er mehr in seiner Sphäre, als in der Schule: nur seine Nordische Entfernung hat ihm etwas von dem Modernen entzogen; doch selbst dies Antike ist vor Königsb. gut, wo man noch immer lieber Mosaische Arbeit, als Hagedornsche Cabinetter sieht. Die hiesige Geschäftenfülle hat ihm unendl. Zerstreuungen auf Kosten des
    schönen Geistes
, u.
    Philologen
; nie aber des
    Schullehrers
gemacht. Königsberg wird ihn mehr samlen, aber auch mehr in
    bürgerl.
Gesellschaften zerstreuen: u. überhaupt reiset er ins Vaterland, nicht aber in das Land seiner Jugend. – Seine Abreise, u. ihre unterbliebene Antwort ist die Ursache meines bisherigen Stillschweigens gewesen: sezzen Sie noch die Fülle meiner Geschäfte dazu, so ist Ihnen Drei statt eins – Ich will in diesem Briefe recht viel sagen, u. fragen, um ihren Schlaf zu zerstreuen, u. ihnen wenigstens dabei zuruffen: wenn er schläft, so wirds besser mit ihm. Was machen Sie, da Sie weder Ihrem Freunde, der jüber ein Kleines zu ihnen kommen wird, noch mir etwas melden: wie sehr ist unser Journal, u. die Geschichte unsres Lesens in Stocken gerathen? Was macht Ihr Alter Ehrwürdiger? was Ihr Gedank an Kurland? Was ihre Ruhe? was Ihre Aussichten? Ich habe von Ansprüchen der Militz auf Ihre Größe gehört – O wie viel haben Sie mir zu sagen, u. Lazarus schläft – Ich lebe abgesondert von meinen Brüdern: u. auch hier wie unter Fremden; – Der Jüngste fängt an, die Lücken zu füllen: das bin ich! – – Ich bin eine Zeitlang totus in illo gewesen: eine Menge meiner Lieblingsideen unter das Thema zu bringen, wie die Philosophie zum Besten des Volks allgemeiner u. nützlicher werden kann: besinnen Sie sich dieses Problems. Jetzo schreibe ichs ab, u. ich kann Ihnen vielleicht mehr Winke davon nächstens geben. – – Von gelesenen Sachen habe ich meistens unentbehrliche alte Neuigkeiten, nachgeholt, die ich als Theolog wißen muß:
    Spalding
    von den Gefühlen
hat im Grunde Recht, wenn er die Erfahrungs
    regeln
der Mystiker u. Pietisten bestreitet: u. es ist offenbar seine schleichende Miene zu sehen, die auch den Satzungen der
    Orthodoxen
nicht zu nahe treten will, aber ohne Schleyer zu reden, sie wirklich einschränkt. Allein auf Philosophie hätte er seinen Satz nicht bauen sollen; sondern auf gesunden Menschenverstand: er hätte sich in vielen so genannten Nuancen u. hingeworfenen Stücken mehr bestimmen sollen. Man muß ihn
    ganz
kennen, und selbst Prediger gewesen seyn, der Seelen sucht, wenn man über diese Materie sich entschließen will. Ich bewundere weder seinen Schritt, da er das Kreuz Jesu mitten zwischen Argerniß u. Thorheit stellen will; noch seiner Gegner, die nichts wider ihn sagen – aber die Kälte, mit der er schreibt; u. die Hitze, mit der seine Gegner schreiben, um ihn nicht einmal der
    kalten
Ueberlegung zu würdigen: Gott u. das bei der
    wichtigsten
Materie: das ist erstaunend. Unser prakt. Xstentum kann hier von beiden Seiten Blöße leiden: der Weg den er bestimmt ist allerdings oft Ärgerniß, oft Thorheit; der Weg den er bestimmt, ist zu fein, u., verfliegt für das Gros der Christen – Den
    Göttingschen Prediger
p habe halb gelesen, u. sehr viel vortrefliches in ihm gefunden. Tiefe Einsichten in die Seele (selbst von der unbekandten Seite der Religion) einen Plan von Philosophie in der Religion, u. in die Beredsamkeit reizen mich zum 2ten Lesen: u. alsdenn kann ich blos von den Fehlern reden; jetzt bin ich von den Schönheiten verblendet. Die Schrift ist für
    Michaelis
zu Gedankenvoll, zu Philosophisch, zu genau in der Anlage; der schreibt sonst weit
    Populärer
, jagt den neuen Gedanken zu sehr nach, careßirt sie von allen Seiten, u. indulget genio suo. Dieser mag vielleicht Prof.
    Leß
seyn, den sie aus der
    Kennicot
schen
Sache kennen werden. Ich habe leztens seine Erklärung über Joh. 17., 3. in den Göttingern gelesen. Das ist das ewige Leben, daß s. Dich erkennen, der Du allein (unter allen Göttern) der
    wahrhafte
bist, weil Du Jesum Xst.(den versprochnen) gesandt hast. Kennen Sie nicht den Verfaßer vom Baum des Erkenntnißes, Sittenlehre des Teufels, der Herr u. Knecht u. einigen andern Stücken. Ein Mann von rasender Einbildungskraft, unverschämter Dreustigkeit u. Flüßigk. der Worte. Alle die Schriften, die ich anführte sind schlecht; sein
    Zankapfel
über den Baum p ist das, wo er sich am meisten zeigt. Er hat zu wenig Oriental. u. Philol. Kenntniß, u. ist der Moses in Midian, u. die Dina von ihm (welches ich aber nicht glaube) so schreibt ein Schulmeister, der Delphine in Wälder mahlt. Die
    Lindau
ischen Nachrichten vergeßen Sie doch nicht fortzusetzen – Haben Sie aus Berlin keine Nachrichten / Ich habe die Recherches sur le Despotisme oriental nicht bei Ihnen gesehen, ein Buch, worinn sie viel unterstreichen viel ausstreichen werden. – – – Und nun von meinem Stundengeben 3. Worte / Ich habe wöchentl.7. Mädchens, nicht aber alle Tage eine jede, sonst würde das zu sehr abmatten. – Unter Ihnen sind auch die 2. v.
    Arndt Berens
, davon Sie, wie ich höre, der ältesten den ersten Gusto beigebracht haben: sie ist ein Kind von vielem Geist u. Feuer, wie Vater u. Mutter. – Bei aAltesten Schwarz, habe ich auch eine sehr fleißige u. muntere Schülerin; deren Mutter Sie als die
    Eva
    Berens
kennen werden. Ich habe also Gelegenheit, mich nach der ganzen Berensschen Familie zu erkundigen, u. kenne sie zum Theil die beiden unverheiratheten Frauenzimmer wenigstens von Gesicht. – Sonst wird Ihnen Ihr Freund hievon mehr erzählen können. In der That ein gar zu langer Brief! Gott, hab ihn selig! – Antworten Sie mir doch, bester Freund, bald, ehestens, nächstens cito, citius, citissime – u. erwarten Sie alsdenn durch L. weitere Nachrichten. Ich bin Ihr Riga d. 23/4 1765.Herder Vermerk von Hamann: Erhalten den 10 May durch HE. Fischer.
Johann Georg Hamanns allerunterthänigste Bittschrift ihm die Wohlthat des Ostracismi und einen Reise Paß nach Curland angedeyhen zu laßen.
    Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König, Allergnädigster Herr,
Meine Mutter war aus Lübeck gebürtig und starb 1756. Nach einer gesetzmäßigen Theilung mit meinem Vater, einem gebornen Lausnitzer, und meinem jüngeren Bruder, belief sich mein Antheil etwas weniges über Fünftausend fl. pr. Dieser Seegen meines mütterlichen Erbes hat durch Mittel der Vorsehung nicht nur diese 9 Jahr lang zu meinem nothdürftigen Unterhalte hingereicht; sondern auch von ao. 1756 bis 58 zu einer Reise nach England über Berlin, Hamburg Amsterdam nach London, wozu ich durch Vorschuß und Beysteuer grosmüthiger Freunde Handelsleute in Riga Liefland unterstützt wurde, und endlich noch zu einer andern Ausflucht nach Deutschland, Elsaß und Basel, die aber nicht länger als 16 Wochen gewährt und von der ich am Michaelistage des verfloßnen Jahres wieder heimgekommen bin. Ew. Königl. Majestät werden aus copeylichen Beylagen näher zu ersehen geruhen, daß weder Uebermuth noch Faulheit, sondern ein bloßes Ungeschick meiner Neigungen und Fähigkeiten mich bisher von einem öffentl. Amt ausgeschloßen haben. Ich hätte auch gern die Fruchtlosigkeit meiner Probedienste bey E. Hiesigen CammerCanzeley vielleicht länger als Sechs volle Monate verschmerzt, falls es nicht dem barmherzigen Gott gefallen meinen alten Vater den 25. Januar. a. pass. durch einen Schlagfluß an der rechten Seite zu lähmen, und hierauf zugleich mich selbst von dem freywilligen mühseeligen Joche meiner Canzeley-Proben zu erlösen. Ohngeerachtet ein sauer und gewißenhaft erworbenes Vermögen durch Contributionen, Reductionen, Mildthätigkeiten u. s. w. leicht geschmälert werden kann; auch mein Vater zu unvermögend geworden, seinen Hauswesenstand und die Handthierung seiner Kunst länger fortzusetzen: so gereicht es mir doch zur grösten Beruhigung, ihn auf ein gemächliches Alter ziemlich durch die Nachfolge eines Bluts Anverwandten und Vetters Blutsfreundes versorgt zu sehen. Es scheint mir daher aber keine unzeitige Pflicht, nunmehr auch für die künftige Sicherheit meines eigenen Unterhalts selbst Sorge zu tragen, weil mir von meinem nothdürftigen Vermögen nach Bezahlung meiner jährl. Pension und etwa einiger Schulden nicht mehr übrig bleiben wird, als höchstens eine Einzige Actie in Ew. Königl. Majestät Allerhöchst verordneten privilegirten Bank zu erhandelnkaufen. – Ich werde dieses Opfer von dem Ueberrest meines ganzen Glücks mit willigem Herzen thun, und erflehe jetzt von Ew. Königl. Majestät jetzt keine größere Belohnung meiner eben so obschon vergeblichen dennoch freywilligen als vergeblichen Probedienste, denn als die gnädige Freyheit mein Vaterland verlaßen zu dörfen können. Da ich keinen ausdrücklichen Befehl vom Hofe vermuthen kann darf, der mich verbinden sollte in meiner Heimat zu verhungern oder betteln zu gehen, unterdeßen ich die außerordentlichsten und vortheilhaftesten Anerbietungen auswärtiger Gönner mit einer patriotischen Stupidité und ebenso lebhaften Gefühl meiner Unwürdigkeit ausgeschlagen habe und da es ferner an merklichen Beyspielen von Landeskindern gar nicht fehlt, die ihrer Verlegenheit hier aus- und unterzukommen durch gesuchte und erhaltene gewährte verwilligte Erlaubnis sich auf eine Zeitlang zu expatriiren abhelfen müßen: so wird E. Erlauchte Königl. Regierung mit gleicher Gnade geruhen mir einen Reise Paß nach Curland zu ertheilen, weil ich daselbst die nächste Hofnungen habe, mir durch Vorschub gutgesinnter Freunde vor der Hand eine anständige Subsistance zu vermitteln. Ich werde niemals die Treue eines Preußen gegen für das Interesse und die Befehle seines unsterblichen Monarchen in dieser Brust erkalten laßen, und auch in fernen Landen nicht vergeßen den Ruhm Preußischer Helden und die noch weit glücklichere Ruhe Preußischer Invaliden bis an mein Ende zu verkündigen. Sollte aber dem Gemeinen Wesen jemals an meiner Asche und übrigen Nachlaß etwas gelegen seyn; so werde keinen Zeit Augenblick versäumen mich unter dem Schatten der Heiligsten Eiche dieses Königreichs zu verpflanzen und daselbst mit der Devotion eines aufrichtigen Druiden ersterben zu können als Ew. Königl. Majestät allerunterthänigster Knecht. Königsberg den 1ten May 1765.Johann Georg Hamann.
Kgsberg den 18ten May 65. Herzlich geliebtester Freund, HE Prof. Lindner hat meine Erwartung übereilt und wurde den 15t am Heil. Abend vor Himmelfahrt zu Fuß in Gesellschaft des HE Steidel von mir eingeholt und Nachmittags in Zieglau einem kleinen Cöllmischen Gut hinter Quednau von uns umarmt. Ihre Zuschrift hat mir HE. Fischer überbracht und die Ueberschickung Ihrer dramatischen Ode nebst Zu- und Nachschrift ist mir ein eben so schätzbares Pfand Ihres Andenkens. Ihren künftigen Rector habe gestern unvermuthet zum ersten mal besucht und zu seinem Vorgänger geführt. Er wartet noch auf Kgl. Concession, für die letzterer gegenwärtig mit sorgen wird. Sie sind jetzt allso, mein lieber Herder, der einzige Freund, den ich in Riga habe. Wandeln Sie also Ihrem Beruf würdiglich, und üben Sie das φρονειν εις το σωφρονειν nach dem Maas Ihrer Talente aus. Denken Sie weniger und leben Sie mehr. Die Furcht Sie nicht recht zu verstehen und von Ihnen gleichfalls nicht recht verstanden zu werden nöthigt mich, daß ich bey Generalibus bleiben muß. Ueberlaßen Sie sich nicht der Menge Ihrer Lieblingsideen zu viel. Glauben Sie es mir zu Gefallen, daß es keine so allgemeine und nützliche Philosophie zum Besten des Volks giebt, und kein so glücklicher Anfang der Weisheit als die Furcht des HErrn; denn sie hat die Verheißung dieses und eines künftigen Lebens. Mit Ihrem Gesang auf die Asche Königsbergs bin ich gar nicht zufrieden gewesen; aber dies neue Stück ist mehr nach meinem Geschmack. Sollte Ihr Genie zur
    Musick
für Riga nicht brauchbarer seyn als Ihre archäologische Muse. Sind Sie schon zu alt dazu noch ein wenig
    Zeichnen
wenigstens zu lehrrnen, und hätten Sie nicht Gelegenheit etwas von der Malerey in Gesellschaft einiger Ihrer Schüler mitzunehmen; oder hindert Sie Ihr Gesicht daran. Concerts pflegen sonst dort ein Schlüßel zum Umgang zu seyn. Doch vielleicht sind Sie jetzt mit Vicariatsstunden und häuslichem Unterricht so überhäuft, daß Sie wenig Augenblicke für sich übrig behalten. In Ansehung des Problems, an dem Sie arbeiten, besinne mich nicht mehr als was Kant davon zu sagen pflegt. Erfüllen Sie Ihr Versprechen mir näheren Bescheid darüber zu ertheilen, und vergeßen Sie Ihre
    Fragmente
nicht. Die Recherches sur le Despotisme Oriental habe so gleich als sie ausgekommen sind, beseßen und würklich mit dem Bleystift in der Hand gelesen. Ich habe den Verfaßer davon Boulanger nennen gehört, aber einen gewißen Chamberlaine (wenn dieser Name mir recht einfällt) dafür gehalten, weil ich in des letztern Briefen die unter dem Titel: Der Philosoph wieder seinen Willen herausgekommen und längst ins Deutsche übersetzt sind den gantzen Entwurf diesesr mislungenen Theorie gelesen habe. Den
    Göttingschen Prediger
habe gelesen und gebe Ihrem Urtheil Recht. Daß meine Beurtheilung darüber schon abgedruckt war, aber unterdrückt wurde, werden Sie sich auch noch besinnen. Michaelis ist es nicht, den
    Leß
kenne nicht; ich hielte aber den
    Heilmann
für den Verf. der mir auch mehr durch das Gerücht als avtoptisch bekannt ist. Ihre Vermuthung in Ansehung des mittlern kan daher richtiger seyn. Die Einsichten des Verf. scheinen mir mehr wie sein Styl ausgedehnt als tief zu seyn. Für den detail subalterner Verhältniße gehört ein Myops; aber ich habe keinen Adlersblick, keinen Sonnenflug, nichts von dem hohen Geruch des Königs unter den Vögeln in der gantzen Abhandlung wahrgenommen. Der gantze Zuschnitt ist für die Universitätskirche in Göttingen gemacht, und was eine
    Baumschule
seyn sollte, ist ein Blumenbett, oder gehört im Kohlgarten. Die Sittenlehre des Teufels ist noch das beste von den nachfolgenden, deren Fortsetzung ich aber nicht zu sehn verlange. Es ist alles nach einem Leisten, deßen Mechanik man leicht absehen kann. Daß der
    Zankapfel
von eben dem Verfaßer, hab ich bisher nicht gewust. Diesen kenn aber näher und hab ihn mit dem
    Etwas
über gleiche Materie und
    Jerusalems Briefen
über die mosaische φφie längst meiner Samml. ad illustrationem des N. Organi einverleibt. Den Fielding mit lateinischen Buchstaben habe niemals recht lesen mögen, weil ich mich in meiner akademischen Kindheit in die Beverlandsche Hypothese selbst verliebt hatte. Daß alle diese ungleiche und nur in gewißer Betrachtung ähnl. Stücke aus einer Feder gefloßen, kommt mir aber auch unwahrscheinlich vor. Es fehlt mir an Gelegenheit Neuigkeiten zu lesen und worauf ich schon lange warte zu erhalten, ich habe daher Zeit gehabt den heil. Hieronymum zu übersehen, bis auf seine Auslegungen, des Gale Ausgabe von Opusculis Mythol. Ethicis et Physicis, Gesners von Orpheus und den Diogenem Laertium durchzulesen; und bekam hierauf Lust zum
    Bodinus de republica
,
mit dem ich noch vor Pfingsten fertig zu werden hoffe. Daß unser König les Matinées und einen Auszug des Bayle ausgegeben, wird Ihnen schon bekannt seyn, aber noch nichts davon gesehen. Von der deutschen Bibliothek gleichfalls nichts; die im 20sten Theil der LitteraturBriefe angekündigt worden, worinn Sie ein schon Stück des Lucians finden werden. Mosers Daniel ist
    censirt
nebst Basedow. Sie können leicht erachten, liebster Freund, daß ich jetzt zerstreuter lebe, aber eben nicht zufriedner sondern Kgsb. wird mir immer enger. Aus einer guten Ahndung, die mich noch nicht gantz verläßt, bin ich den 1 May, also 14 Tage vor unsers Freundes Ankunft, bey der Hies. Regierung mit einer allerunterthänigsten Bittschrift eingekommen mir die
    Wohlthat des Ostracismi und einen ReisePaß nach Curland angedeyen zu laßen.
Sie werden mich in Ferien auf diesem Gottesacker meiner Ruhe besuchen können, und ein guter Freund ist geneigt in sein Haus mich aufzunehmen. Ich warte also auf die Stunde meiner Erlösung, Verpflanzung und Ihrer Umarmung. Die Hänschen Berens ist meine Schülerin gewesen, ich kenne also Ihren Geist und deßen Feuer, so gut als des jungen Abts Gedankenfahrten, und wünschte daher, daß er vorzüglich in seinen Stunden mit dieser liebenswürdigsten Pflantze sich des
    Auscultatortitels
erinnern möchte. An der ältesten Schwartz hab ich gleichfalls Gelegenheit gehabt den Character ihrer Mutter, der Eva Berens zu bewundern Noch eins, liebster Freund, im Vertrauen. Auch
    Baßa
hat darunter gehört. – Seine Umstände gehen mich nahe. Pr. L. sagt mir, daß er meinem Bruder noch schuldig seyn soll. Daß ers gewesen ist, weiß ich. Daß ers noch seyn soll, davon wißen wir alle
    nichts
. Pr. L. brachte bey seiner BesuchsReise 120 Alb. Thl. mit, und seine Obligation ist
    darauf zurißen worden
. Wäre das geschehen, wenn die gantze Summe nicht abgetragen worden wäre? Ich zweifele daran, da mein Vater noch Augen hat zu lesen. HE Prof. L. sagt, daß B. noch 80 Thl abzutragen hat, und daß er ihn darum immer gemahnt, B. sich aber darauf beruffen, daß ich ihm noch schuldig wäre. Ich bekam bey meines Bruders Ankunft 50 # von meinem Vater geschickt und hab ihm alles bezahlt, auch es an Nebendiensten nach meinem Vermögen gegen ihn nicht fehlen laßen. Wie dieser unglückl. Freund dazu kommt sich auf meine Schulden an ihn zu beruffen, weiß ich nicht. Und wie es mit der Summe von 80 Thl zugegangen, von der Pr. L. sagt daß er selbige dem SchulCollegen noch schuldig seyn soll, weiß ich auch nicht. Ich melde Ihnen theils dies, zu
    Ihrer eigenen Nachricht
, um dies theils in Ansehung
    Ihrer selbst
und
    meiner
im Nothfall nutzen zu können, theils um einige Erörterungen hierüber mit aller möglichen Gleichgiltigkeit bey irgend vorfallender Gelegenheit einziehen zu können. Es ist eben so leicht durch böse Leidenschaften unglücklich als niederträchtig zu werden. Sie können leicht erachten, daß ich meinen armen Freund auf mit einer kleinen Schuld nicht würde haben so lange aufgehalten und gleichwol bey reichen Freunden freywillige Abtragungen gemacht haben. Und wenn dies wahr wäre und nicht ein eben so unverschämter als nichtiger Vorwand, warum hat er nicht das Herz gehabt mich zu mahnen, da er meinen Aufenthalt weiß, und in keinem seiner Briefe daran gedacht hat. Ich habe den Inhalt des letzten Briefes, den ich niemals beantworten mögen, und auf deßen Antwort ich durch andere Wege besorgt, noch nicht vergeßen. Von Prof. L. kann kein völlig Licht hierüber einziehen; vielleicht künftig mehr, wenn er mehr Zeit sich zu besinnen haben wird. Die eingebildete Erklärung dieses Räthsels stell ich mir aber so ohngefehr vor: daß B. zu zweymal vom SchulColl. Geld geliehen haben muß, einmal auf eine Obligation, das andere mal vielleicht unter andern Vorwand oder Umständen. Vom letztern wißen wir hier nichts. Und
    wenn es sollte
geschehen seyn, so bleib es auf deßen Rechnung und Unkosten, der das seinige muthwillig verwahrloset. Ist B. nicht im Stand gerecht zu werden: so verliert der Kayser sein Recht und Pr. L. wird ihn nicht weiter mahnen dürfen. Hilft er sich wieder auf und ist sich einer Schuld bewust: so wird er eben so ehrlich seyn, als ich nach meiner Heimkunft aus Engl. gegen ihn gewesen bin. Daß ich damals bezahlt habe, kann er nicht leugnen, und daß ich nachher weder Noth noch Anlaß gehabt habe bey ihm Geld zu borgen, ist eben so gewiß wahr, weil ich im Berensschen Haus an nichts Mangel hatte, unverhoften Zuschub von meinem Vater bekam, und bald darauf gantz weggereist bin. Vergeben Sie es mir, daß ich mich bey einer impertinenten Kleinigkeit so lange aufgehalten habe und laßen Sie sich unsers Freundes Lindners Wirthschaftsregeln in vielen Stücken empfohlen seyn. Falsche Grosmuth ist ein stark Getränk. Ordnung ist Wachstum und Erhaltung. Wer im irrdischen Mammon nicht treu ist, wird noch ein schlechtrer Haushalter der unsichtbaren Schätze seyn. Gnug auf heute. Leben Sie wohl. Mein alter Vater und übrige Freunde grüßen Sie herzlich. Ich ersterbe mit herzlicher Ergebenheit Ihr aufrichtiger Hamann.
Riga den 21. Mai Herzlich geliebtester Freund, Ich wünsche Ihnen zur Umarmung Ihres Lindners Glück, u. ich würde mich freuen, wenn seine Umhalsung Sie in Königsberg feßeln könnte. – Laßet uns frei reden von unserm Vater Abraham; so sage ich zu Ihnen mein liebster Hamann, u., (weil ich nicht weiß, wie bald Sie unsern Gegenden näher kommen) vielleicht das letzte mal. – Wenn mein Loos, ich will gar nicht sagen, als Rath, sondern nur als Stimme bei Ihnen gilt: so bedenken Sie um des Himmels willen, welchen vergebl. Schritt Sie unternehmen. Sie verlaßen Ihr Haus; denn es ist nicht mehr Ihres Vaters, u. am wenigsten Ihr Haus; allerdings mögen Sie es verlaßen; ich habe Sie oft als den ernst Socrates gegen seine Hausehre darinn wandeln gesehen, u. mir ich vielleicht würde es einem Ihnen längst auf dem Kopf angezündet haben, wenn ich nur gewust hätte, daß Sie sich alsdenn gerettethätten retten, u. nicht gar auf dem Aschenhaufen wohnen wollen. Allein warum bauen Sie sich selbst keines? Warum nehmen Sie nicht, mit dem Eifer eines Schiffbrüchigen, die Reste Ihrer Bekandschaften, Mittel, u. Kräfte, zusammen? warum machen Sie sich nicht Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf daß p – Und nach
    Kurland
? und da ihren
    Friedehoff
(dies Rigische Wort paßt vielleicht am besten her) oder ihr Fegfeuer zu suchen, daß Sie zum Tode reinige. O mein bester Freund! ich weine über Ihr Schicksal – wenn nur der gute Freund nicht der Hofrath T… ist – u. bei ihm, der bei seine vormalige
    Unauskommlichkeit
noch denas Ho Unausstehliche eines
    Kurländischen Hofraths
hat annehmen müßen, der in einer Lage lebt, wo – bei ihm soll ein
    launischer
Hamann Ruhe finden? – Ei wenn die Stelle, die Ihnen werden soll, auch nur von der Dauer jenes Kürbis ist, der einem Mann sSchatten gab, der aber nicht Zufriedenheit – Indeß! ist Ihre Reise vest, u. beschleunigt: so werfe ich Ihnen, bester H. einen aufrichtigen
    Gottgeleitskuß
über, u. u. wage es – Ihnen einen kleinen Vorschlag zu thun. Gehen Sie nicht bei T. ins Haus, sondern warten Sie an einem nahen Orte, die Bestimmung des Loses ab, deßen Wurf Sie seiner Hand überlaßen haben, sonst werden Sie vielleicht auch – (u. es ist mehr als vielleicht) ihres Aufenthalts eher überdrüßig, ehe Sie Ihre Lage angetreten haben; vielleicht werden Sie in diesem Posten etwas ausstehlicher als bei der
    Kammercopisterei
haben! – Wollen Sie nun die Zeit des Wartens bei mir zubringen; ich habe überflüßige Gelegenheit, da ich 3. Zimmer bewohne: ich habe die Oekonomie in meinem Hause, u. kann Sie auf meiner Stube haben, u. das sehr leidl.u. angenehm. Ich wohne in einer Gegend, die das
    Kloster
heißt, u. mir es auch ist: sie können
    einzeln;
ohne
    Rumor
einkommen, u. bei mir verborgen liegen: Die hiesige Bibliothek im Dom, u. vielleicht meine Gesellschaft würde Sie unterhalten – alsdenn reisen Sie mit Gott nach
    Mitau
, u. finden Sie Ruhe, wenn sie Arbeit haben. Sie werden es mir verzeihen, daß ich antworte, wo ich nicht gefragt werde, u. weißage, wo ich nicht gesalbt bin, aber laßen Sie mich lieber
    Micha
, als
    Zedekia
mit eisernen Hörnern seyn; ich meine es von Herzen u. urteile, wie ich denke. Ich erinnerte mich, mein Freund, an einen unserer Abende, da Sie mir so viel Paradoxes, so viel Laune, so viel Enthusiasterei vorgeworfen; – u. o machen Sie nicht auch in meinen Augen ein besonderes Phönomen aus, aus dem ich sehr viel lerne – Ich will jetzt kurz auf Ihren Brief antworten. – Ihr Rath, den Sie mir in Ansehung meineder Maulwurfshügel geben, die ich nach meinen LieblingsIdeen hier u. dort aufwerfe, ist mir theuer, u. ich habe mich auch von einem neuen Zeitpunkte an, den ich nach der Veränderung des Rektorats – bezeichnen will, eine neue Laufbahn von Arbeiten bestimmt. Ich will mehr leben, u. mich brauchbarer zu machen suchen. Hätte ich in Königsberg einen
    Pädagog
, u. hier gleich von Anfange einen Einführer gehabt: so hätte ich nicht nöthig, theils meine Königsb. Lage umzubilden, theils mein hiesiges Feld durch Fehlversuche, u. beständig wie ein Phrygier kennen zu lernen. Ich will meine Poesie mehr unter den Menschen meines Aeons wandeln laßen, ein Praktischer Weiser zu werden suchen, u. statt Bücher, Menschen zu kennen mich bestreben. – Auf das Zeichnen bin ich bei Gelegenheit der Mathematik selbst gefallen, aber Umstände u. Lust, u. Fähigkeit haben mir den Vorschlag schwarz gemacht. Ich traue mir nicht im Kleinsten ein
    Mechanisches
Genie zu, u. vielleicht sind im Physischen u. Politischen Verstand meine Augen dazu zu kurzsichtig – Wohl! aber will ich mich aufs Lettische legen, ohngeachtet ich mich etwas davor ziehe; mich der hiesigen Bibliothek annehmen, u. Riga als einen Ort ansehen, wo ich einen Theil meines Frülings genießen
    muß
; mehr cetera coram. Ueber mein Problem kann ich Ihnen nichts sagen; es ist war dem Aether aufgeopfert, ehe mir Ihr Brief in die Hand fiel. Mein Fragment werde nicht vergeßen, ob ich gleich ihm es gleich von neuem schaffen muß, u. doch muß es Fragment bleiben. – Die Litteraturbriefe habe noch nicht in Ihrem Abschiedskleide gelesen; u. ich denke, weil dies Werk gleichsam mit meinem Geschmack zusammen aufgewachsen ist, es noch einmal ganz zu durchlaufen, u. die Deutsche Bibliothek selbst zu halten. – Wenn Sie mir einen kleinen Plan, den jene, wie Dido die Kuhhaut, auszubreiten scheinen, vorgezeichnet hätten: so wäre es vor mich sehr intereßant gewesen, weil ich das Werk selbst oder die Litt. Br. später sehen dörfte, als ich wollte. Im
    Lindauischen
neuesten Stück, ist
    Kants
    Schönes
sehr gelobt, u. er als La Byo Bryuere der Deutschen gepriesen. Ich gewinne diesse St Schrift meines Lehrers, den ich immer mehr schätze, zusehends lieber, u. glaube jetzt beinahe, daß der Gesichtspunkt Ihres Auges, da Sie sein Recensent wurden, von dem seinigen ganz abweicht. – Indeßen scheint die Versteckte Triebfeder des Schweizerlobes seine
    Schweizerische
Schreib- u. Rousseauische Denkart zu seyn; da dieser überall Ihr Gott ist. Ich muß Sie um ein Wort Ihres Briefes fragen, das ich bei durch aller meine Buchstabirkunst nicht herausfinden kann: mit Hannchen Berens soll sich der junge Abt des
    Auscultatartikels
bedienen.
    Baßa
kenne blos durch ein kleines Gerüchte, u. HE. P. L. hat nie an ihn gedacht. Ihre Worte bleiben also bei mir eingeschloßen, die ich aber gelegentlich anwenden kann. – Meine Schreibegeduld reisset aus! Leben Sie wohl! Uebermorgen predige ich, u. nach der Predigt fahre ich aufs Land, in eine Gegend, die Poetisch schön seyn soll. – Wären Ihre Pfingsten nicht schon vorbei so wollte ich Ihnen dazu Glück wunschen jetzt bin ich post festum Ihr aufrichtiger Fr. Herder.
Mitau den 20 Junii 65. Herzlich geliebtester Vater, Ich bin Gottlob! gestern gesund und glücklich hier angekommen, und bey HE. Hofr. Tottien eingezogen. Sie werden ohne Zweifel neugierig seyn einige Umstände meiner Reise zu wißen. Friedrich Knoch setzte sich den 11 h. Mittags mit seinem Patron auf ein Schaakner Boot. Der Wind war entgegen; wir musten daher bis Mittwochs frühe vor Anker liegen. Wir bekamen beßern Wind, der aber nur einige Stunden währte und wenige Meilen beförderte. Mittwochs Abends bekamen wir ein wenig Regen, und unsere Fahrt war uns günstig genug, Donnerstags des Morgens um 4 Uhr Memel zu erreichen. Wir reiseten Freytags mit einem dasigen Fuhrmann des Morgens ab, mit dem 40 rthlr accordirt worden, davon ich nur ¼ neml. 10 thlr auf mein Antheil nehmen dürfen. Mein getreuer Reisegefährte hat unterwegs viel Anfälle und Schmerzen überwinden müßen; wir haben aber allenthalben sehr gute und mehrentheils zugleich billige Bewirthung angetroffen. HE Arndt ist bereits seit vielen Wochen aus des HE Hofr. Hause, in dem aber 4 Kinder krank sind, 2 an Pocken, und die übrigen an gefährlichern Umständen, daß HE Doct. Lindner zu des einen Erhaltung wenig Hofnung zu haben scheint. Ich habe heute die Frau Generalin von Witten besucht, und Ihren ältesten Sohn, den jetzigen Cammer Herrn, der mich ziemlich vertraut empfieng. Gott wolle mich regieren und führen auf ebner Bahn. Der jüngere HE Arndt muß eine Einlage an mich erhalten haben, an der mir viel gelegen, die ich daher von ihm abzufordern und mir nächstens zu überschicken bitte. Sollte wieder Vermuthen etwas an mich erfolgt seyn; so befördern Sie solches gleichfalls. Ich kann weder von meiner gegenwärtigen noch künftigen Verfaßung das geringste melden, da ich mich kaum von meiner Reise abgekühlt habe. Hoffen, wo nichts zu hoffen ist, heißt Thorheit, und bleibt gleichwol ein Verdienst. Die Zeit wird mit Gottes Hülfe mehr lehren. Mein gütiger Hauswirth verlangt nichts mehr von mir, als daß ich es mir in seinem Hause recht sehr wohl möge gefallen laßen; und ich habe hier den schönsten Garten, die beste Bibliotheck ppp. Beten Sie für mich, Geliebtester Vater, und überlaßen Sie mein Schicksal den Wegen Göttlicher Vorsehung, die alles wohl gemacht hat und ihr Spiel mit den Menschenkindern hat. Grüßen Sie herzlichst Peter Ohm und unser ganzes Haus. An den HE Prof. Lindner werde schreiben so bald ich kann; seinen HE. Bruder und Fr. Gemalin habe gestern gesehen und gesprochen. Er ist zufriedner als sie es zu seyn scheint. Um mich nicht zu vergeßen, gönnen Sie meinem Bilde seinen Platz an dem bestimmten Ort, und seegnen Sie wenigstens meinen Schatten. Ich küße Ihnen die Hände mit kindlichster Ehrfurcht und ersterbe Ihr treuergebenster Sohn. Johann Georg Hn. Grüßen Sie doch HE. Steidel und alle guten Freunde, denen meine Abreise nicht gleichgiltig ist. HE. Prof. Lindner wird mir melden, ob HE Lauson etwas aus der Auction für mich erstanden und ersterer die geschwindeste und gemächlichste Uebermachung davon auf sich nehmen durch HE. Steidel. Wegen meiner übrigen Sachen muß ich mehr Zeit haben, ehe ich etwas zuverläßiges bestimmen kann. Gott sey uns allen gnädig. Leben Sie wohl. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à /
    Königsberg
/ en Prusse.
Von Johann Christoph Hamann (Vater) vermerkt: den 24 Junii 65
Mitau den 30 Junii 65. Mein lieber Freund Herder; Ich bin seit dem 19ten h. hier und habe noch keine Lust gehabt Ihnen zu melden meine Ankunft. HE Hartknoch wird Sie auch im Namen meiner umarmt haben, und ich hoffe daß wir uns nächstens sehen werden einander. Meine Ruhe, der ich feyerlich hier pflegen will, erlaubt mir jetzt keine so weite Reise um Sie zu sehen. Sie werden sich also vorstellen müßen, daß Sie mir näher sind als ich Ihnen bin, und die Augstferien nicht versäumen. HE Kanter und ich hätten Ihren neuen Rector, den HE M. Schlegel vielleicht eingeholt, wenn wir nicht zu viel Zeit auf dem Haff verlohren. Wünschen Sie Ihrem Freunde unterdeßen zu seiner Ankunft und zu seinem Anfange Glück. Es läßt sich mit mir hier gut an, und ich habe viel Hofnung durch Zeit und meine gegenwärtige Lage, die mir mehr und mehr gefällt, mich zu erholen. Ihre poetische Maasregeln haben auf mein ausgetrocknetes Gehirn wenig Wirkung gehabt; unterdeßen freut es mich innerlich, daß meine Nachbarschaft Ihrem guten Herzen nicht gleichgiltig ist und Ihre Erfindungskräfte in ein so gutes Spiel gesetzt hat. Hierinn haben Sie Recht, daß Arbeit und Umgang zu meiner Zufriedenheit unentbehrlich sind; zu beyden läßt es sich hier und bey mir an. HE Hofr. Tottien, in deßen Hause ich zu erfragen bin, hat alle Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit eines Freundes und rechtschaffnen Mannes für mich. Sie können leicht erachten, daß ich seine große Bibliothek mehr nutze als seinen großen Garten, an deßen schöner Aussicht ich mich begnüge. Die längst erwünschte Edda habe bereits hier gelesen, und bin auf gutem Wege die vaterlandsche Geschichte zu meinem Augenmerk zu machen, wozu es mir an Gelegenheit und Hülfsmitteln nicht fehlt. Mein alter Vater hat mir heute geschrieben, und mich mit seiner guten Hand erfreut. HE Arndt hat eben von mir Abschied genommen um morgen aufs Land zu reisen, und seine hier angetretene Condition dort fortzusetzen. Ihr Vorsatz die lettische Sprache zu erlernen, liebster Freund, gefällt mir; ich habe mir gleichfalls des Pastor Stendters Sprachlehre dazu ausgesucht; zweifele aber daß außer besondern Veranlaßungen weit darinn kommen werde. Der Verfaßer hält sich gegenwärtig hier auf und verspricht sich eine Versorgung, wenn seine Ansprüche auf den engl. Preiß der Meereslänge nicht erfüllt werden möchten. An HE Pastor Neander habe mir einen Freund erworben; und ich glaube, daß eine Spatzierfahrt in hiesige Gegenden zur Zeit der Ferien nicht gantz fruchtlos für sSie seyn möchte. An HEn Prof L. habe noch nicht geschrieben, weil ich vor der Hand noch zu wenig Stoff dazu habe, und mir ein Gesetz daraus machen will alle überflüßige Zerstreuungen zu vermeiden. Wenn Sie Gelegenheit haben den ehrl. Bassa zu sehen; so grüßen Sie ihn von mir, und melden ihm, daß der Cammer HE von Witten jetzt seine Güter antritt. Er kommt tägl. in unser Haus, ich sehe ihn aber sehr selten. Melden Sie mir doch etwas von ihrem Interregno der Schule, und wie es unserm Landsmann gefällt. Ihr Neujahrsstück im Intelligenzwerk habe hier erst zu sehen bekommen, und bitte mir solches auchs, wie auch alles übrige, woran Sie einigen Antheil genommen; weil ich jetzt sehr geneigt bin dasjenige vorzuziehen, das Sie vielleicht nicht der Mühe wehrt halten mir zu communiciren. Leben Sie wohl. Grüßen Sie Hartknoch. Ich umarme Sie und bin der Ihrige J G Hamann. Erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe, und übersehen Sie die Leere des meinigen. Ihre Anfrage wegen des Auscultator Titels wird bereits beantwortet seyn; und Ihre Neugierde wegen der
    deutschen allgemeinen Bibliothek
gestillt.
    Abbt
macht einen wiedrigen Anfang in seiner Abhandl.
    vom
    Verdienst
, attachirt aber immer mehr und entwickelt sich als einen Mitarbeiter der Literatur Briefe; dafür man ihn zuerst kaum erkennen kann. Was halten Sie HE Candidat und Collaborator, von Jacobi
    Catechismus
? Ich habe erst 7 Seiten mir daraus vorbuchstabiren laßen, und finde noch nicht, daß er den leichtesten Weg für die Jugend eingeschlagen. Vale et fave. Dieser Brief ist so alt geworden, weil es mir einfiel ihn nicht anders als durch meinen Reisegefährten und Freund, HE Kanter zu bestellen. Wollen Sie ihm nicht dafür eine Recension des Mallets und der Edda machen? Adresse mit Siegelrest:
A Monsieur / Monsieur Herder, / Candidat de St Ministere, Biblio- / thecaire du Magistrat et Regent / vicaire du College Cathedral de la ville / Imperiale de et / à /
    Riga
.
Mitau den 18 Julii 65. des Morgens um 5 Uhr. Herzlich geliebtester Vater; Seyn Sie so gütig durch unsere Anne Regine den grünen Schreibpult von der Bücher Stundebe dem HErrn Prof. Lindner zu übersenden, weil selbiger ihn brauchen kann. Wenn meine Wäsche noch nicht abgegangen: so wünschte sehr, wo nicht ein gantzes, doch wenigstens ein halbes Dutzend
    recht große
und
    gute
Schnupftücher, blaue oder braune, aber nicht seidene. Wenn die 8 Thlr für meinen Pelz sind; so könnten sie sehr füglich dazu gebraucht werden. Sie nennen vermuthlich meinen Schlafpeltz eine alte Bärenhaut. HE. Steidel den ich herzlich grüße wird so gut seyn und einpacken, auch lieber die Sachen an den Buchladen abzugeben addressiren; damit ich mit den Fuhrleuten nichts zu thun habe. Es wär mir auch lieb, daß die Fracht dort bezahlt würde. HE Lauson ist bey mir entschuldigt; wegen der Bücher Commission habe an HE Prof. L. geschrieben, dem Sie Einlage, so offen wie sie ist, beym ersten Abendbesuch abgeben werden. Der Innhalt ist auch ohne Couvert sicher. Daß Sie weder Disput. noch Catalog über Post geschickt haben, ist mir lieb, da ich beydes zeitig gnug erhalte, und das hiesige Postgeld alt schwer Geld kostet. Ich lebe übrigens so zufrieden als möglich und bekümmere mich um die gantze Welt nicht. Es hat mir seit meiner Ankunft an oft an gehörigen Öfnungen gefehlt; ich habe aber noch keine Arzeneyen nöthig gehabt. Zu Motionen habe keine rechte Lust. HE Hofrath ist daher gestern Abends ein Stündchen mit mir ins Feld gefahren. Ich wohne hier so angenehm als auf einem Landgute – Sie haben mir noch gar nicht gemeldt, daß Sie auch einmal außer dem Thor frische Luft geschöpft. Haben Sie das Aderlaßen so lange noch aussetzen können? Ich glaube wirklich, daß es die Vollblütigkeit vermehrt, und würde mich daher freuen, wenn Sie ohne Nachtheil den Termin allmählich weiter verlängern könnten. Der Buchladen und die Nachbarschaft des HE. Doctors sind bisher meine einzige Ausflüchte. Bey letzterem habe noch diese Woche gespeist und will ihn heute zu seinem Namenstage feyerlich wieder besuchen. HE Kanter ist noch in Riga und wird tägl erwartet. Sein ausgebliebenes und verspätetes Gut wird ziemlich den dortigen Markt verdorben haben. Wie geht es den jungen Vetter Zöpfel? Ist er noch in Elbing? Empfehlen Sie mich des HE. Nuppenaus Freundschaft, und grüßen Sie Lieschen, das Zöpfelsche, Schultzsche Haus wie auch Goldschmidts Winkel p. Ich bitte des HE Arndt Handschrift nicht zu vergeßen, der gestern aus Eckhof seinen gegenwärtigen Aufenthalt bey HE von Kleist an mich geschrieben. Gott seegne und stärke Sie, mein lieber Vater. Lieben Sie mich und beten Sie für Ihren treugehorsamsten SohnJoh. Georg Hamann. Noch eine kleine Nachschrift an HE Prof Lindner. HE Hofr. hat eine Schrift des Strimesii unter folgendem Titel angeführt gefunden, die aber deutsch in 4 ausgekommen: Joh. Sam. Strimesii vberrima narratio de Comitiis regni Poloniae generalibus Grodnae in Lithuania celebratis ao: 1726 ex nouis publicis Gallicis, Lipsiensibus aliisque collecta et notis historicis geograph. et geneal. illustrata vna cum Constitutionibus regni. HE Kanter der einen Kauf mit einem Warschauschen Buchführer gehabt, vermuthet es gleichfalls unter seinen Sachen. Ich zweifele aber daran. Sollte etwa HE Lauson nicht
    nähere Nachricht davon geben können aus des
Verf. Leben oder es selbst besitzen, und wenn es HE Kanter nicht haben sollte, möchte es nicht bey uns bey Gelegenheit aufgetrieben werden können. Ich habe einen Band seiner Anmerkungen über die Zeitungen; darinn wird es doch wohl nicht stehen? Er steht wo ich nicht irre im Vorhause, wenn ich ihn nicht einmal oben genommen ohne es mich jetzt besinnen zu können. Leben Sie wohl. Adresse mit rotem Lacksiegel I. G. H.:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à /
    Königsberg
/ en Prusse.
Von Johann Christoph Hamann (Vater) vermerkt: empfangen den 22 Julii 65. den 3 Aug.
Mein liebster H. Ich bin heiter nach Hause gefahren, doch nicht nach Hause; sondern bis 4. Werst v. Riga an
    Vegesackshof
; da ward ich aufgefangen, lies den Wagen einfahren, u. selbst kam ich des Abends spät nach. – Jetzt habe ich bis 9. geschlafen, u. versuche es zu schreiben, weil ich Hartkn. noch zu finden glaube. Unsere Zusammenkunft war, wie unsere Erwartungen von einander, aus gar zu großer Muße thätig, u. aus Thätigkeit müßig. Nächst erwarte ich einen
    vollen schweren
Brief von Ihnen; denn Sie sind mir mehr schuldig geblieben, als ich Ihnen: Ein Lied, was ich den Weg über Poetisirt habe: (Zum Nutzen wird, was erst Vergnügen war!) Damon u. Doris: ein Gespräch Da.Sieh dieses Heu gethürmet; jüngst wars ein Teppich Gras Jetzt Spät kühlet uns sein Schatten; wo man früh Blumen las. Dor.Heut prangten diese n Rosen, als stolze Gartengötter jezt, sind um uns bald zu salben, sind sie ein Haufen Blätter: Dam.Sieh dieses Haus von Garben, heut wars ein Ährenheer; bald ists, um uns zu nähren, ein goldnes Körnermeer. Dor.Einst lockt’ ich dich, als Traube, jetzt muß ich Trauben geben bald, wenn die Blätter welken, werd’ ich ein Zaun von Reben. Dam.Jung stieg ich wie die Lerche, drauf sang die Nachtigall Jezt schlag ich wie die Wachtel, – u. werde bald bin ich – Wiederhall. Lesen Sie das Stück Kantern vor, dem Sie einen Kuß von mir geben müßen: damit er glücklich kehre zu seiner Heimath, u. seinem Weibchen, u. Ungebohrnen. Ich bin zwar nicht erschöpft, muß aber schließen, bis auf glücklich Wiedersehen, – in der Gegenwart des Briefes – An HErn Hofrath, die Fr. Räthin, u. Fr. Pastorin, machen Sie mein ergebenstes Kompliment: in einem etwas kleinern Grade machen Sie’s an HErn D. Lindner, u. seine Fr., u. im Positivo haben Sie an Schwander, u. Tetsch zu grüßen; als woran geschieht unser allerfreundschaftlichste Kollaborator Wille; Gegeben Riga zu Kloster Montag frühHerder Adresse:
à Monsieur / Monsieur
    Hamann
/ homme de lettres / à
    Mitau
/ bey HE. Hofrath Tottin in seinem Gartenhause:
Vermerk von Hamann: Erhalten den 6. Aug. 65. durch HE Hartknoch. geantw. den 16t ej.
Mitau den 15 Aug. 65. Herzlich Geliebter Vater, Meine Sachen sind den 11ten h. als vorigen Sonntag wohl behalten hier angekommen und ich statte Ihnen für alles meinen Herzlichsten und kindlichsten Dank ab. Wir haben hier währender Zeit 2 Leichen im Hause gehabt. Den 24 Jul. Abends starb Christoph Antonchen von 4½ Jahr alt und den 27ten Justus Wilhelmchen in einem Alter von noch nicht 3 Jahren, die den 28. als am 8ten Sonnt. nach Trin. des Abends zur Ruhe gebracht wurden, wobey ich auch Handreichung gethan. Am 1ten h. besuchte mich HE Herder, logirte in meiner angenehmen Herberge und reisete den 4ten wieder nach Riga. Den Tag drauf reisete die Frau Hofräthin nach ihrem Vater, dem HE Praepositus Schüttler zu Goldingen in Gesellschaft ihrer Schwester und Schwagers, des HE Past. Ruprecht. Wir erwarten selbige alle Tage, und der alte Praepositus wird herkommen um die Ärtzte wegen seiner gefährl Krankheit zu curiren, die von einigen für eine Brustwaßersucht, von andern für eine Verstopfung der Leber ausgegeben wird. Aus diesem Tageregister werden Sie die Ursache meines Stillschweigens leicht absehen können. HE Hofr. ist heute frühe nach Rumthal zum Herzog gefahren, der ihn wieder nach Warschau schicken wird. Sie werden uns vielleicht eher als Sie es vermuthen in Kgsberg zu sehen bekommen, weil wir alles mögl. thun werden unsere Hin- oder Rückreise darnach einzurichten. Wundern Sie sich daher nicht, wenn meine Nachrichten seltner seyn werden, weil ich mit kleinen Übersetzungen Abschriften und allerhand Nebendingen beschäftigt bin, die mir wenig Zeit übrig laßen. Die polnischen Relations Gerichte fallen in den Octobr, wozu die Gegenwart eines fürstl. Bevollmächtigten nöthig ist. Es bleibt uns also eben nicht viel Zeit zum Termin übrig. So kurz unser Aufenthalt in Kgsb. seyn dürfte, desto angenehmer wollen wir ihn zu machen suchen. Vielleicht möchte ich des Bruders Peltz zu dieser Fahrt nöthig haben. Sorgen Sie daher, lieber Vater auf allen Fall, entweder daß ich ihn abborgen oder abkaufen kann. Gott erhalte Sie Geliebtester Vater bis auf den glücklichen Tag, da ich die Freude haben werde Sie zu umarmen, gesund. Ich küße Ihnen mit kindlichster Ehrfurcht die Hände, und ersterbe Ihr gehorsamst ergebenster Sohn. Johann Georg. Grüßen Sie Vetter und Vetterinnen und alle gute Freunde aufs zärtlichste von mir. Das übrige auf diesem Bogen ist für meinen Freund, den HE. Prof. Lindner. Grüßen Sie doch HE Kanter viel tausendmal. Ich habe nicht Abschied genommen in der Erwartung uns einander bald wieder zu sehen. HöchstzuEhrender Herr Professor, Herzlich Geliebtester Freund, Ihre Streitschriften habe richtig erhalten und bis auf die 2 Exempl. anderer Größe vertheilt, wofür in meinem und meiner Freunde Namen den feyerlichsten Dank abstatte. Aber noch angenehmer ist es mir heute gewesen
    Ihren HE Bruder unsern
gewesenen
    Braunschweiger zu umarmen
, der gestern Abend spät von Platone hier angekommen. Sie werden an dieser frohen Nachricht Ihre GeEhrte Mama gleichfalls Antheil nehmen laßen und Ihren Correspondenten bestens zu gl. Zeit empfehlen. Besorgen Sie doch sobald Sie nur können die Sache mit den HE. Str. Thamm. Den Preiß der übrigen Bücher läßt man sich gefallen; dingen Sie aber an dem Böhmischen Gesangbuch so viel Sie können, an Fischer etwas, wie auch wo mögl. an den Erasmischen Colloquiis, die für mich seyn sollen, und den Mem. de Cathar., die man auf Gerathe wohl kauft ab. Das böhmische Gesangbuch ist eine blos unnütze und eitle Meuble, die man mit der Hälfte gnug und überflüßig bezahlt, weil ich sie blos zufällig mit der lettischen Sprache zu vergl. brauchen möchte, und weder mehr Liebhaber dazu noch mehr Nutzen davon absehen kann. Um Ihren Buchholtz zu sehen möchten wir vielleicht ehstens selbst nach Kgsb. kommen und auf ein paar Stunden ansprechen. Es würde mir lieb seyn, wenn meine Laute reparirt und von HE Reichard in guten Stand gesetzt werden könnte. Ueberlegen Sie mit meinem Vater damit, weil ich sie gern mitnehmen möchte, und vielleicht nicht so viel Zeit hätte es bey meiner Gegenwart selbst zu besorgen und abzuwarten. Die Frau Doct. läßt mich zu Mittag einladen und Ihres Manns Stelle zu vertreten, der nach Doblehn gefahren, da wollen wir Ihre Gesundheit trinken. Vivat Hoch! Adresse mit rotem verwischtem Lacksiegel:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à
    Königsberg
/ en Prusse.
Von Johann Christoph Hamann (Vater) vermerkt: den 19 Aug. 65. den 21 Antwort. Handschriftliche Anmerkung von Gottlob Immanuel Lindner (dem Bruder Johann Gotthelfs) zu HKB 307 (II 344/2): Statt einer persönlichen Umarmung nichts als einen papiernen Kuß. So hats mein Schicksal gewollt. Die Ursachen, warum ich meinen Weg nicht über Königsberg nehmen können im nächsten Schreiben ausführlicher. Ich bin gottlob gesund in meinem municipio angelangt. Noch diesen Herbst fliege ich mit unsern Zugvögeln davon, oder wenigstens gewiß künftig Frühjahr. Nimm kindlich Handkuß an meine liebe, liebe Mutter und die besten Grüße an alle meine dortigen Freunde. Gott erhalte dich gesund. Ich ersterbe Dein treuer Bruder Lindner.
Mitau den 16 Aug. 65. Herzlich geliebtester Freund, Sie erwarten von mir einen langen Brief, der schwer von Danksagungen seyn soll. Ich melde Ihnen aber weiter nichts, als daß wir höchstens in 14 Tagen nach Warschau so Gott will gehen werden. Haben Sie etwas nach Kgsb und Morungen zu bestellen: so schicken Sie es bey Zeiten ein. Gestern habe das unvermuthete Vergnügen gehabt den HE. Lindner aus Braunschweig zu umarmen und ihm den ganzen Nachmittag geholfen seine kostbare engl. franz. und welsche Bibliothek auszupacken. Freuen Sie sich liebster Freund, über die Vortheile meiner Lage und die Früchte meiner künftigen Muße. Hier haben Sie den Schlaf aus den
    vermischten Poesieen Frkf. und Leipz
. 756. Komm, säusle mich ein Du sanfte Luft! Hier lieg ich bey Rosen Auf krausem Moos. Breitblättriger Baum Beschatte mich! Ihr schlanken Jasminen Haucht süßen Duft. Sanft murmelt der Bach Vor mir vorbey In sanfter Ermattung Schlummr ich schon halb. Ode auf ein Geschütz, wodurch, am Tage der Belagerung Berlins, eine Kugel, bis mitten in die Stadt getrieben wurde. Berl. den 3 Octobr. 760. O du, dem glühend Eisen, donnernd Feuer Aus offnem Aetnaschlunde flammt Die frommen Dichter zu zerschmettern, Ungeheuer Das aus der Hölle stammt! Wer zur Verheerung blühender Geschlechter Dich an das Sonnenlicht gebracht Hat ohne Reue seine Mutter, seine Töchter Frohlockend umgebracht. Ganz nahe war ich schon dem Styx, gantz nahe Dem giftgeschwollnen Cerberus Ich hörte schon das Rad Ixions raßeln, sahe Die Brut des Danaus, Verdammt zum Spott, bey bodenlosen Fäßern; – Und Minos Antlitz, und das Feld Elysiens. Den großen Ahnherrn eines größern Urenkels, und sein Zelt Voll tapfrer Brennen sah ich! Ihre Lieder Ihr Fest bey jedem Nectarmahl Ist Er, der wider sechs Monarchen ficht und wider Satrapen ohne Zahl. Schon säng ich Seine jüngste That: wie brausend Ein Meer von Feinden ihn umfieng, Er aber seinen Weg hindurch auf zehentausend Zertretnen Schedeln gieng. Alcäus würde jetzt mein Lied beneiden; Schon säh ich Cäsarn lauschend nahn, Mit ihm den weisen Antonin, und den von beyden Gefeyrten Julian. – – – Allein Mercur stand neben mir, und wandte Durch seinen wunderbaren Stab Den Ball, der mich ins Reich der Nacht zu schleudern brannte Von meinen Schläfen ab Denn ich soll noch die Laute stärker schlagen Wenn Er durch Weihrauchwolken zeugt Die Kriegesfurie gefeßelt an dem Wagen Des Ueberwinders keucht; Wann Er auf einem Throne von Trophäen Rund um sich her der Künste Kranz, Und wir im Musentempel Seine Siege sehen Versteckt in Spiel und Tanz; Wann Er, ein Gott Osir! durch unsre Fluren Im seeligsten Triumphe fährt, Indeß der Ueberfluß auf jede Seiner Spuren Ein ganzes Füllhorn leert.   Scilicet. Sie erhalten vielleicht noch vor meiner Abreise einen beträchtl. Beytrag zu Ihrer Samml. Rammlerscher Oden. Für Ihr dialogisches Liedchen danke. Ein
    Zaun von Reben
, und
    Wiederhall
scheint nicht dem Inhalt gemäß zu seyn, um die Verwandl. des Vergnügens in Nutzen zu erklären. Ein Ährenmeer und Körnerheer sind freylich Nothreime, aber diese Concrescentz kommt mir analogischer, und ein Heer als ein lebendiges Geschöpf ist dem Meere als einem leblosen auch auf den Begriff der Menge vorzuziehen. Das Rosensöl hat für die Sitten unsrer Zeiten und die heutigen Damons und Phillißen weniger Bedeutung als damals, da WaschenBaden und Salben mehr Mode war. Spät und frühe scheint mir nicht sogut als das ausgestrichene
    Jetzt
und draufzufolgende sonst. Weil beym spätseyn sich der Schatten von selbst findt und die Kühlung nicht mehr so nöthig ist. Den Abschiedskuß bin Kantern schuldig geblieben und s. w. Wir vermuthen heute die Zurückkunfft der Fr. Hofr. mit Ihrem kranken Vater dem HE Praepositus Schüttler. – In gröster Eil mit Unterdrückung alles deßen was sich am Rande versteht, bin und bleibe der Ihrige Hamann. Adresse:
An meinen / Freund Herder / in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: nebst 1 Buch
Rammlers Ode auf den Granatapfel, der zu Berlin gewachsen. O die du dich zur Königin der Früchte Mit
    Deinem eignen
    Laube
    krönen must
, ad num. 3. Scheint den Aurorens Kind, an welchem Sonnenlichte [Krantz herumzuflechten. Zerspaltest du die purpurrothe Brust, Die
    Proserpinen ihre Körner
ad no. 6. Im Tartarus zu kosten trieb Und machte, daß sie ferner In Plutons Armen blieb! Der Erdball ändert sich: das Meer entfliehet Und deckt uns Wunder auf, der Fels sinkt ein; Und o Berlin! dein dürrer Boden blühet;
    Pomona füllt ihr Horn in dir allein
ad no. 6. Und Flora muß auf dein Begehren Aus allen Blumen Kränze drehn, Und mit gesunknen Aehren Die blonde Ceres gehn. Und zarte Bäume trägt, ihr Haupt umschoren, Der Gott Sylvan, und zieht ein Labyrinth1 Selbstirrend auf vor deinen Thoren, Die nicht umsonst den Künsten offen sind: Die Künste nehmen Dädals Federn Und kommen über Meer und Land Mit Hebezeug und Rädern
    In ihrer harten Hand
.
    ad
no. 6.
Wer hat allhier der Vorgebürge Rücken Zu Tempeln und Pallästen ausgehöhlt Die rund umher der Pyrrha Wunder schmücken Noch halb den Steinen gleich und halb beseelt? Ihr Götter! prächtig aus Ruinen Erhebt sich euer Pantheon2 Die
    Weisen alle dienen
, ad no: 6. Die Völker lernen schon. Sagt Sterbliche den Sphären ihre Zahlen Und
    lehrt
    dem tollen Winde
    seinen Lauf
ad num. 3. läuft wie Und wägt den Mond, und spaltet Sonnenstrahlen [der Sturmwind Deckt die Geburt des alten Goldes auf Und steiget an der Wesen Kette Bis dahin wo der höchste Ring An Jovis Ruhebette Seit Chaos Aufruhr hieng. Die Zwietracht, die mit Gift ihr Leben nährte Verliert den Hydrakopf durch einen Streich Von der Gerechtigkeit beflammten Schwerte; Der Aberglaube kämpft, und flieht zugleich Wie vor den kühnen Sonnenpferden Die blinde Nacht, voll Selbstvertraun: Denn tausend Städte werden Ihm einen Altar baun. Wohl Dir, o du, durch meinen Freund regieret An Künsten reich, und groß wie Sparta war. Es zog vom Schall der Flöte schön verführet In seinen Tod, mit wohlgeschmücktem Haar, Und alle, die den Kampf verloren Bestätigten durch einen Eid: Die Stadt sey nur geboren Zu Waffen und zum Streit. ad no. 6.
    So sang
    Calliope,
    die voll Entzücken
    Umhängt mit ihrer goldnen
    Tuba
kam ad No 3.) beyde Und nicht gesehn von ungeweihten Blicken [Verse laufen fort Den
    Weg
    zum Tempel des
    Apollo
    nahm
3, [und drücken Wo mit dem Pinsel und mit Sayten [einen Gang aus. In Larven und im Lorbeerkrantz Die Musen sich bereiten Zum schönsten Reyhentantz. Ursache des Wohlklangs in dieser Poesie 1.) Die ganze Zusammensetzung der Strophe ist zum Wohllaut eingerichtet, ihre Zeilen laufen schmal zusammen u spitzen sich mit einer männl. Schlußsilbe fast wie ein Pfeil. Diese Figur däucht dem Auge so schön als ein solcher Gang des Verses dem Ohr klingt. 2.) in den 4 langen Versen kann der Abschnitt bald hinten bald vorn gesetzt und dadurch der Gleichlaut vermieden werden. 3.) Der Abschnitt bleibt gar weg, wenn eine andere Schönheit erhalten werden kann. vid. not. no. 3 4.) In jedem Vers findt man einen oder mehrere von den stark klingenden Vocalen a und o oder einen Diphthongen von gl. Wirkung. 5.) Nicht leicht über 3 Consonanten stehen hinter einander, auch so gar 2 Wörter bringen nicht mehr zusammen. 6.) In dem mit No. 6. bezeichneten Versen sehen wir, daß wenn ein Wort auf einen Consonans ausgegangen, das folgende mit einem Vocal anfängt u. vice versa. Dieses ist zwar selten thunlich, wir finden es indeßen in jedem Vers 1 mal bis 4 mal. 7.) Kein Hiatus weder in der Mitte eines Verses noch zwischen 2 Versen beleidigt das Ohr. 8.) Vom Reim kommt keiner 2mal vor. Horatz schließt keinen Vers zweymal mit einerley Worten. Ueberhaupt nimmt er nicht gern einerley Worte 2mal in seiner Ode. – – Dieser Odendichter wird bey seiner Arbeit vielleicht nicht alle diese Regeln deutl. gedacht haben, aber wie kommt es, daß man sie am Ende doch alle beobachtet findt, und daß das Stück nichts dabey verloren hat? Diesen Auszug, liebster Freund liefere Ihnen aus einem Zeitungsblatt des Rammlers, das 2 Jahrgänge 50 u 51. ausmacht. No. 6. Critische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit Auf das Jahr 1750. Berl. 4. Die beyden vorigen Nummern dieser Zeitung enthalten
    Gedanken über die neuen Versarten
, und gegenwärtiges dient zum Exempel dieser Theorie. Vorzug des Virgils vor Lucrez im Hexameter, deßen Vollkommenheit darin besteht, daß Virgils seiner die gehörige majestätische Größe, die schönste Verschiedenheit in seinen Füßen hat, und sich in der Geschwindigkeit und Langsamkeit nach der Beschaffenheit seines Inhalts richten kann. Das Pferd läuft in Dactylen, die Cyclopen schmieden in Spondäen, der Ochs fällt in einem einsylbichten Schlußwort. Um ein wohlklingendes Sylbenmaas zu erhalten muß man im Deutschen den Virgil nachahmen; und folglich 1.) der Hexameter in der Mitte zum Ruhpunct einen männl. Abschnitt 2.) kurz vor dem Abschnitt einen Dactylus haben 3.) zum Ausgang bleibt ein Dactylus u Trochaeus. 4. Die Hiatus müßen allenthalben vermieden werden pp. Für die deutsche Sprache ist der Hexameter mit einer kurzen Vordersilbe der vortheilhafteste. Die Römer hatten mehr Wörter, die sich mit einer langen als kurzen Sylbe anfangen; im Deutschen sind der häufige Gebrauch der Articel, persönl. Fürwörter und häufige Zusammensetzung kurzer Silben, ent, vor, be, zer p für die Jamben und kurzen Anfänge. Ich will Ihnen Anmerkungen mittheilen, so weit ich in Lesung dieser Jahrgänge kommen kann. – Die höchste poetische Kunst ist, die Allegorie in seiner Gewalt zu haben. Im 2ten Jahrgang finde eine zieml. vortheilhafte Beurtheilung der Daphne, und eine noch schmeichelhaftere des Lindnerschen Briefes an Berens. Heute gegen Abend gehen wir nach Warschau. Gott empfohlen bis auf ein glücklich Wiedersehen. Mitau, den 29 Aug. 1765. Hamann. Ich bin einige Tage in Grünhof gewesen, und bekomme jetzt vom HE Past. Ruprecht die Commission der verbindlichsten Empfehlung. Adresse:
An meinen / Freund HErn Herder / in /
    Riga
.
Auf der Adressseite von Hartknoch vermerkt: Recensionen! Recensionen / Herderchen! / 20 stück je eher je lieber! / Hartknoch 1 Zwischen
    Berl
. und
    Charlottenburg
ein Irrgarten von jungen gerad geschornen Fichtenbäumen angelegt und mit Statuen geschmückt.
2 Das neue AcademieHaus, welches auf der alten Brandstäte des alten Stalles und der alten Maler und Bildhauer Academie gebauet und mit Götterbildnern gezieret ist. 3 Das OpernHaus führt die römische Ueberschrift: Fridericus Rex Apollini et Musis.
Warschau den 14 Octobr. 65. Mein lieber Herder, Daß ich seit dem 17ten Sept. hier bin, werden Sie vielleicht schon wißen, wenigstens was Horatz sagt vom schwarzen Verdruß, dem man so wenig als seinem eignen Schatten entlaufen kann. Desto vergnügter leben Sie, und ich habe mir fest vorgenommen gleich bey meiner Zurückkunft ein Zeuge davon zu seyn; indem mein erstes seyn soll Riga und Sie zu besuchen. Falls es Ihnen einfallen sollte, bald an mich zu schreiben: so lebt ihr homme de lettres beatae memoriae bey Mr.
    Denoyers
,
    in der Johannesstraße
. Ich bin hier einmal auf der Zaluskischen Bibl. gewesen und kenne den HE. Janotzki als den gefälligsten Mann, versprach ihm bald wieder zu kommen; habe aber wenig Lust dazu. Den Nicolaischen Buchladen besuche hier am fleißigsten. Kein Anverwandter des Berlinschen. Zum Andenken meines hiesigen Aufenthaltes habe mir des Paauw Ausgabe vom Aeschylus in 2 Quartanten gekauft für einen Dublon. Den Vieillard de la Montagne, ich meine des Rousseaus Briefe, von denen uns beide nur der erste Theil interessiren kann, und den neveu des feu Mr. l’Abbé Bazin und sein Fragment über die Philosophie de l’histoire, werden Sie bereits kennen, und mit mehr Anwendung gelesen haben, als ich davon machen kann. Eine Flasche Ungarsch Wein schmeckt mir beßer als ein Buch, und Freundschaft ist wie nichts gegen Mädchenliebe. Anakreon verdiente glücklicher als Sokrates zu seyn weil er weiser war. So viel zum Andenken Ihres gebundnen Prometheus. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Candidat du St. Ministere; Biblio- / thecaire du Magistrat et Collegue / vicaire du College Cathedral de et / à /
    Riga
.
Warschau den 10 Novbr. 65. Herzlich geliebtester Vater, Im Fall Sie mein letzterer Brief beunruhigt haben sollte, ergreif ich gegenwärtige Muße uns beyderseits wieder aufzumuntern. Ich bin Gott Lob! gesund und warte mit Sehnsucht gute Nachrichten von Ihnen zu hören. Heute vor einem Jahr wartete eine schreckliche Nacht auf uns, die Gott auch hat überstehen geholfen – und eben derselbe wird uns von allem Uebel erlösen, das uns drückt oder droht, aber auch zugleich bewährt und läutert von den Schlacken unserer Natur und dieser vergänglichen Erde. Die schlimme Witterung, das garstige Pflaster, und was beyde übertrift meine Faulheit und Gleichgiltigkeit erlauben mir wenig hier auszugehen; unterdeßen fehlt es auch den muntersten Jünglingen nicht weniger an langer Weile in Warschau. Die meinige ist unter Eßen, Trinken, Schlafen, Lesen und Schreiben getheilt. Der Proceß geht seinen Gang. Gestern ist der dritte Sitz der Königl. Relations Gerichte gewesen, und die Gegenparthey ist mit ihrem Vortrage und der Verlesung ihrer Schriften fertig. Nächsten Mittwoch wird die Reyhe an des Herzogs Advocaten kommen. Wir leben wohl der guten Hofnung, daß die Sache geschieden werden dörfte, können aber doch nicht völlig sicher dafür seyn, ob das Urtheil nicht auf künfftigen März verzogen werden möchte, und daher das Ende unsers hiesigen Aufenthalts auch noch nicht füglich absehen. Des Erbprintzen von Curland Bruder, Printz Carl wird hier erwartet, und ersterer mit seiner jungen Gemalin in Mitau. Herr Hofrath befindt sich Gott Lob! auch gesund und munter. Er ist ausgefahren, und wollte mich mitnehmen, um frische Luft zu schöpfen. Ich genieße alle mögliche Freundschaft und Achtsamkeit von seiner Seite. Ohngeachtet ich ihm nicht gantz unnütz bin; seh ich gleichwol gar nicht ab, weder
    für
noch
    durch
ihn brauchbarer zu werden. Und dies ist der Knoten, auf den sich meine gegenwärtige Grillen beziehen, und meine künftige Maasregeln erstrecken müßen. Unterdeßen kann ich es immer als eine Wohlthat der Vorsehung erkennen, die mich zu einem leidenden Zuschauer dieses kleinen Schauspiels beruffen hat, und ich kann mich an den Vortheilen meiner Rolle begnügen, die mich zu nichts als Gedult verpflichtet. Die Stunde wird auch kommen, wo ich einer
    beßern Ruhe
in meinem
    Vaterlande
genüßen werde, wenigstens nach der heutigen Sonntagsepistel. Grüßen Sie Unser ganzes Haus, besonders HE Vetter Nuppenau und Jungfer Lieschen nebst ihren Eltern und allen Angehörigen. Von Staatssachen ein Wort miteinfließen zu laßen, sind alle Strümpfe zu kurz gerathen, welche mir die Anne Regine hat stricken laßen. Ich bin ihr aber deswegen nicht böse, daß sie das Maas meiner Füße und die Länge meiner Knie nicht beßer weiß. Ich empfehle Sie und alles was Ihnen lieb und werth ist, Göttlicher Obhut und Gnade. Nach kindlich zärtlichstem Handkuß ersterbe mit herzlicher Ehrerbietung Geliebtester und GeEhrtester Vater Ihr gehorsamster Sohn Johann George.
Warschau den 18. Novbr. 65. Herzlich geliebtester Vater, Fuhrmann Petter geht mit einem Kasten Bücher nach Königsberg, und hat mich um ein Briefchen gebeten, der ihm Anlaß geben möchte Ihnen zu melden, daß er mich gesehen und gesprochen hätte. Sie sehen hieraus, daß wir an unsere Abreise auch zu denken anfangen. Gestern Abend hat Herr Hofrath von der glücklichen Entbindung seiner Frau Gemalin mit einer jungen Tochter erhalten. Ich weiß Ihnen nichts Neues zu melden, als daß ich mich erträglich Gott Lob! befinde. Wir haben hier die ganze MartinsWoche einen schweren Nebel gehabt. Die HE Deputirte der Städte gehen gleichfalls heute ab. Vorgestern sind wieder Rel. Gerichte gewesen; der nächste Sitz derselben aber wird diesen Freytag seyn. Ich empfehle Sie Göttlicher Gnade und Obhut. Grüßen Sie HE Vetter und unser gantzes Haus. Ich küße Ihnen die Hände und ersterbe Ihr treugehorsamster Sohn Johann Georg. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à
    Königsberg
.
Von Johann Christoph Hamann (Vater) vermerkt: den 27 Nov. 65
Warschau, den 1. Dec. 1765 Ihren Brief, geliebtester Freund, habe ich erhalten, und nach dem Antheil, den ich an Ihrem Schicksal nehme, hat mir der Inhalt desselben unmöglich gleichgültig seyn können. Ich wünschte vielleicht aus Eigennutz, daß Sie sich aller neuen Aussichten in der Fremde entschlagen könnten, um desto besser in Ihrem Vaterlande einzuwurzeln; unterdessen ist des Menschen Weg nicht in unserer Gewalt. Den 19ten v. M. ist hier die erste polnische Comödie aufgeführt worden unter dem Titel Thalie. Man lobt die Schauspieler mehr als die Actricen. Der Charakter des
    Dummdreisten
oder importun soll sehr nach dem Leben und der Natur der Nation gerathen seyn. Für ein freyes Volk gehören Personalitäten, und die Geschichte der Schaubühne lehrt uns, daß sie mehrentheils mit Pasquillen den Anfang gemacht und mit Satyren auf das ganze menschliche Geschlecht aufgehört hat. Ich habe hier des Ritters d’Origny Egypte ancienne gekauft, weil mir immer daran gelegen gewesen, diese Wiege der menschlichen Vernunft und des Aberglaubens kennen zu lernen. –
Mitau den 11t. Febr. 66. Unser Hartknoch wird Ihnen die Gleichgiltigkeit seiner Gesellschaft und unserer kleinen Reise bereits beschrieben haben. Er hatte Krämpfe und ich vapeurs. Der Dritte konnte uns etwas von der Karschin und ihrem Palemon erzählen, der ein reicher Kaufmann in Magdeburg Namens Bachmann seyn soll. – Ich bin hier mit einer Freundschaft und Zärtlichkeit bewillkommt worden, aber nicht im stande den geringsten Vortheil oder Gebrauch von meiner Lage zu machen. Dem sey wie ihm wolle, so ist es mir lieb in Riga gewesen zu seyn, und dort so viele Proben Ihrer Liebe und Gutherzigkeit eingeerndtet zu haben. – Nach Hause habe gleich bey meiner Ankunft geschrieben und Ihre BücherCommission bestellt, unserm gemeinschaftl. Freunde aber
    Winkelmanns Schriften
, die
    Matinées
und die
    kleinen Auszüge von Schwedenborgs Werken
mitgegeben. Behalten Sie das französische nicht gar zu lange, weil man hier auch darnach neugierig ist, und theilen Sie es unsern guten Freunden, besonders dem HE. Pastor Gericke mit. Ihr Verleger wird diese verstümmelte Abschrifft kaum zu etwas brauchen können. Eines andern Gesichtspunct in Auszügen läßt sich schwerlich treffen. Ein Verzeichnis dieser Schriften müste nach den Jahren, wenn sie ausgekommen sind, eingerichtet werden. Machenau hat einige gehabt, die in Kanters Samml. fehlen; und die ich auch Gelegenheit gefunden anzusehen. Das
    wahrscheinlichste,
und
    abgeschmackteste
in seinem System habe ich zu sammeln gesucht; in Ansehung der Ideen so wohl als der ewigen Kunstwörter, die so häufig als die Zahlen der Paragraphen wiederholt werden. Empfehlen Sie mich dem Arend Berensschen Hause, und bitten Sie HErrn Georg B. um ein Dutzend Bout. Engl. Oel zur Probe für den bewusten Preis. Wenn ich kann, schreib ich selbst nächstens an ihn. Wegen der Kleinigkeit lohnt es wohl nicht, und verlaß mich auf die Hofnung, die er
    mir gemacht, bald selbst
    nach
Mitau
zu kommen. Noch eine Bitte an Sie, mein liebster Herder! die es Ihnen leicht seyn wird durch Ihre gute Wirthin, die Fr. Hartmannin auszuführen. Dies betrifft 2 oder 3 Paar Haselhüner, die so gut als mögl. seyn müßen. Ich hoffe daß die Zufuhr davon noch anhalten wird. Um ihr Gold zu schonen, wird HE Hartknoch die Auslage tragen, die ich hier so gleich im Buchladen erstatten werde. Die Memoires des Eon machen mir mehr Vergnügen als ich mir davon anfängl. versprochen habe. Des kleinen Mannes verbranntes Gehirn, den Ehrgeitz und Schulden halb zur Schwärmerey halb zur Verzweifelung gebracht, ist wenigstens ein Gemälde der Menschheit. Grüßen Sie HE Adv. Tesch und seine liebe Familie bestens von mir; entschuldigen Sie mich wegen des mitgenommenen Buchs, das ich aber höchstens in 14 Tagen wieder zurück liefern werde, auch wohl eher. Die Frau D. Lindner ist einen Tag vor meiner Ankunft in Gesellschaft ihres Bruders, des OberAmtmanns nach Preußen abgereiset, und auch vorher in Riga gewesen während meines dortigen Aufenthalts. Allem Vermuthen nach werd ich Ihnen bald positive Nachricht von des HE. Hofr. Abreise nach Warschau geben können. Ohngeachtet er nichts davon wißen will: so wird doch der Termin dazu bald entschieden seyn müßen. Die Gerichte werden diesen
    März
gewis gehalten – – Ich werde allso vermuthl. den halben Sommer allein hier zubringen – Vergeßen Sie mich nicht und denken Sie fleißig an Ihren Freund, den Märtyrer seiner Laune. Hamann. Wenn Sie Ihren Vives durchgelesen haben und nicht mehr brauchen, so bitte mir solchen aus, weil er hier nicht ist. Ich habe Ihnen zu Gefallen den gantzen Catalog des HE. Hofr. durchgelaufen, aber noch nichts gefunden, das Ihnen vor der Hand nöthig wäre. Leben Sie wohl. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Collegue vicaire du College / Cathedral etc. / à /
    Riga
.
Mitau den 20 Febr. 766. Mein allerliebster Herder, Diese Einlage hab ich gestern erhalten, und giebt mir Anlaß Ihnen zu schreiben. Ich hoffe daß sie auch die Memoires des Eon werden bekommen und bereits abgegeben haben. Wie hält es mit dem Engl. Bier und der andern Commission, die ich Ihnen u Fr. Hartm. aufgetragen. Sie können dafür sicher seyn, daß ich Sie künftig damit nicht beschweren werde, und wenn die Zeit zu Haselhünern vorbey seyn sollte, so melden Sie mirs nur. Es ist nichts daran gelegen. Das Engl. Bier aber hätt ich gern. Jetzt ist es gewiß, daß HE Hofr. abreisen wird; und dies wird in 14 Tagen wohl vor sich gehen. Den 20 Mart. ist der Termin der Relations Ger. Ich habe die Zürchischen freymüthigen Nachrichten von neuen Büchern und andern zur Gelahrtheit gehörigen Sachen durchlaufen. Ein Journal von 20 Qvartbänden, das 1744 angefangen und 63. aufgehört hat, oder vielmehr unter dem Titel: Wöchentl. Anzeigen zum Vortheil der Liebhaber der Wissenschaften und Künste fortgesetzt wird; aber in 8. Hier habe ich im vierten Jahrgang 1747. noch eine Schrift angeführt gefunden, und den Verfaßer davon den
    berühmten Emanuel Schwedenborg
genannt Pars prima de cultu et amore Dei, ubi agitur de Telluris ortu, Paradiso et Viuario, tum de Primogeniti seu Adami natiuitate, infantia et amore. Lond. 1745. Das Beywort scheint anzuzeigen, daß damals schon Nachrichten von ihm den Gelehrten mitgetheilt worden. In Rammlers Ode auf den Granatäpfel wird derie Ausdruck Constructio: o du, die
    du
dich
    krönst
, als ein Latinismus getadelt. Die Deutschen müßen nach dem alten Redebrauch sagen: o du, die sich krönt. Dieser Latinismus scheint durch das Vater Unser ziemlich allgemein geworden zu seyn. Ein Engl. Anton Askew hat 747. eine Ausgabe des Aeschylus angekündigt, und wirft in seinem Specimine dem Paauw seine Unwißenheit in den Gesetzen des Sylben und VersenMaaßes vor, nebst einer Zuneigung fremde Arbeiten für eigene Erfindungen auszugeben. 3 Quartbände, die nur 2 Guinees kosten sollen. Der Text aus 35 Handschr. verbeßert. Außer allen Anmerkungen der Paauwschen Ausgabe kommen noch von 11 großen Philologen ungedruckte und neue Noten hinzu, nebst des Herausgebers eignen und einer Abhandl. vom griechischen tragischen Metro. Abresch Ausgabe von Aristaeneti Briefen ist zu Zwoll 1751. 8 ausgekommen. Schier hat in Leipzig den Mosch. u Bion aufgelegt, und diese Ausgabe übertrifft meine Venetianische. HE. Hartknoch wird Ihnen daher selbige leicht mitbringen können. Noch hab ich eine lange Ode des Klopstocks an seine Meta gefunden, wenn sie Ihnen nicht bekannt ist und Sie Lust dazu haben, werde Ihnen selbige bey Gelegenheit abschreiben. Er wird zwar in einem Briefe nachher als der Autor davon wiederruffen; dies scheint aber eine bloße dichterische Wendung zu seyn. Sie ist als eine Hälfte von der Ode an Gott anzusehen. In ihrer Ausgabe des Horatz haben wir uns über die Einrichtung des Carm. Saecul. verwundert. Sie stammt von Sanadow her, der selbige schon in sehr alten Ausgaben gefunden. Der dänische Justitz Raht Andersen hat noch eine weit neuere Hypothese darüber ausgeheckt, und aus dem Sidonius Apollinaris Carm. IX. v. 218. folgende Ordnung der Horazischen Schriften angegeben: 1.) Briefe. 2. Satyren. 3.) Das Buch Epoden. 4. die Oden 5.) die Poetik. 6.) Laudes Phoebi et Dianae. Seine Abhandl. ist 1754. zu Coppenhagen in 8. auf 10 Bogen ausgekommen und heist: Pars sexta Operum Horatii, ipsi et Sidonio Apollinari, Laudes Phoebi et Dianae, dicta, ex antiquissima recensione Sidonii nunc primum edita, argumentis et noua Paraphrasi collustrata, auctore I. P. Andersen. & In
    Lochers
Ausgabe von 1498. sind bereits 3 Carm. Saecularia angegeben, Anch. hat noch 5 dazu gefunden in folgender Ordnung: 1.) Lib. 1. Od. 32. 2.) Lib. IV. Od. 6. welche auf dem Marsfelde am ersten Tage der secularischen Spiele gesungen. 3.) Lib. III. Od. 1. am 2ten Tage im Capitolio. 4.) – –   Od. 22. } 5.) Lib. I. Od. 21. }des Nachts vor dem dritten Tage im Dianentempel. 6.) Lib. 1. Od. 31. } 7. das eigentl. Carmen Saeculare } am dritten Tage im Tempel Apolls. 8.) Lib. III. Od. 30. welche Horatz entweder selbst zu Ende auf dem Marsfelde abgesungen oder von einem Chor von 27 Knaben u eben so viel Mädchen aufführen laßen. Aus dem Zosimus scheinen diese Nachrichten entlehnt zu seyn. Der Autor hat diese Hypothese in 5 Diss. weitläuftiger abgehandelt. Vergeßen Sie auch nicht die alte Brochure de spectris u.s.w. dem HE Hartknoch wieder zu geben. Grüßen Sie ihn und alle guten Freunde; nehmen Sie sich des engl. Biers an HE Georg Berens um Bestellung deßelben zu ersuchen, dem ich unmögl. schreiben kann, aber so bald ich im stande seyn werde, nicht unterlaßen will. Leben Sie wohl und lieben Sie den Ihrigen. Wie geht es mit Ihren Arbeiten. Ich hoffe daß Sie Hartknoch das Geleit bis hieher geben, und mein Imprimatur Ihren Erstlingen ihm mitgeben werden. Bald mehr. a Dieu, mon petit coeur gauche. Mein allerliebstes Herderchen! Es ist mir noch eingefallen
    beyliegenden Brief Ihnen zu getreuer Bestellung
zu empfehlen. Ich habe wohl geschrieben daß mein lieber Hauswirth erst in 14 Tagen abgehen wird. Es könnte aber wohl eher, und noch vor 8 geschehen. Wenn HE Hartknoch das Geld für das Bier auslegen will, kann ich es hier so gleich bezahlen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer Freund.Den 21. Febr.
Mein liebster Freund, Endlich breche ich mir einige Augenblicke ab, mich in Ihre Armen zurückzuzaubern. Wie stehts, mein guter Hypochondrist mit Ihnen; mir war im Anfange die Einsamkeit nach ihnen so bange, als wenn ein Gatte sein liebes Weib bei Tisch u. Bett mißt. Nachher hab ich gearbeitet, den ersten Theil ganz umgeschmolzen, u. bin im zweiten Theil halb; dieser soll von unsrer Poet. Litterat. handeln:; so fern wir die Orient. nachgeahmt hier von Klopstock, Michaelis, Cramer u. Breitenbauch; so fern wir die Griechen
    studirt
,
    übersezzt
, hier von Steinbrüchel, Bitaube, p u. nachgebildet: von Geßner, Willamov, dem Schweizer. Theatergeschmack p; wiefern wir Originalzüge die Römer, von Ramler Lange p Originale sind: Gleim p Frzos. u. Engländer copirt. – Sie sollen Ihr Imprimatur mit 3!!! geben. Von den Kön. Zeit. habe mich getrennt. Sch., der einen elenden Roman nett genannt, u. seine Recens. schon eingerückt, fand sich durch meine ihm wiedersprechende Critik die unwißend ankam, aufgebracht, u. beantwortete sie an K. mit einem groben Hofmeisterton. K. schickte sie bei an mich u. ich antwortete noch gröber. Den folgenden Posttag schickte ich an Kant. die Kantische Recension, u. trat sehr höflich ab. Von L. bekam ich durch Sie einen Brief, der uns zu vereinigen suchte, u. schrieb. Da Sch. eine lärmende Ode in den Zeit. lächerl. gemacht: so hätte er meine Osterode, zu ihrer Zeit geliefert, compromittiren wollen: Dies bewegte mich zum sanften Abschied; u. es scheint, ich werde so einen Schand- u. Liebespfal gesezt bekommen, als Sie bei Ihrem Abzuge von den Zeit. – Ich erwarte, weil Sch. nicht das Maul hält schweigen wird, vielleicht eine noch unhöflichere Antwort; alsdenn fertige ich ihn erhaben ab u. – – Ein artiges Vorspiel meiner Autorschaft. In Ihren Kommißionen bin genauer gewesen, als Sie mir zutrauen. Die Hüner sind überschickt; das Engl. Bier, das ich an einen Ort noch aufgetrieben, ist ganz sauer, ich u. G. Berens sind deßwegen dienstbare Geister gewesen.
    Glauben Sie sicherlich
. Daß Sie so aufmerksam auf meine Kommißionen sind, erfreuet mich; das mein lieber H. ist
    schön
,
    galant
,
    vollk
.
    artig
, u. den
    guten Sitten
gemäß. Bleiben Sie in dieser guten
    Lage
, bis ich Sie umarme, u. Ihnen davor danke. Fast entschloßen, mit Htknoch nach Pr. zu reisen, um meine ehrl. Mutter zu besuchen, die ich seit 62. nicht gesehen; aber auch fast wiederruffen, wenn ich meine wenige Zeit hieselbst zugebracht, mein weniges Geld hieselbst gesamlet, u. meine wenige Verdienste um diesen Ort rechnet. Trescho hat an mich einen bis zur Raillerie oder Ekel höflichen Brief geschrieben; in jeder Zeile spöttisch u.oder lächerlich. Eine Stunde jetzt, da die Tage wachsen, mehr in der Schule, v. 8–5. zu arbeiten, wenn ich nicht eccentrisch bin; außerdem ganz Autor – denken Sie meine Geschäftigkeit, die jetzt ganz von I ihrer Schwärmerei sich entwöhnt; in 3. Wochen 2. mal bei A. Berens, sonst nirgends gewesen. Von dieser guten Frauen, einen Gruß: je mehr ich S sie kennen lerne, je mehr ist Sie auch bei Ihren Fehlern für mich liebenswürdig – nil admirari bei Namenspersonen; aber bei Frauenzimmern eo plus amare! ist das nicht curieuse. C. Berens ist an seiner Hyp Hyp. gefährlich krank gewesen; wenn anders eine Krankheit gefährlich seyn
    kann
, die Jahreszeit, und Ordnung hält, u. also nicht nach I ihrem Bruder, dem Tode schlachtet. Noch mehr solche Briefe voll Auszüge, u. Bemerkungen, wo der Philolog gelesen, gedacht, beobachtet, u. treulich angeführt hat, – alles beßer als Ihr Freund H. P.S. Einen Brief über die καλους, κ’ αγαθους, u. die Bekanntschaft Homers, aus Ihres Freundes Bibliothek wünsche mir. Grüßen Sie das ganze Haus. Ihre Gedanken u. Einfälle, u. Zugaben u. Ratschläge über das Buch, das ich jetzt gebäre.H. Adresse mit Siegelrest:
à Monsieur / Monsieur
    Hamann
/ homme de lettres / à /
    Mitow
/ Franco /
    bei
    HE.
    Hofrath Tottin
/ abzugeben.
Mitau den 4 Marz 66. Mein liebster Herder, Ich bin vorige Woche mit Schnupfen und Flußfieber ein wenig besucht worden, und leide heute wieder einen zieml. starken Kopfschmertz auf der rechten Seite nach dem Schlaf und dem Auge zu. – Unterdeßen habe von HE Arndt und dem jüngsten HE Lindner Zuspruch genoßen. Der erste kam in der Absicht her von mir Abschied zu nehmen, auf die falsche Nachricht, daß ich wieder abreisen würde. Letzterer aber hat seine Bücher zum Theil eingepackt und mir einen kleinen Riß in meine Rechnung gemacht. Alle Autores Classici sind fort, Herodot, Lucian, Homer & etc. Mit genauer Noth hab ich des Muratori 2 Quartanten della perfetta poesia Italiana zurück behalten können, weil der Verf. darinn i primi principi, le ragioni fondamentali et il Bello interno dell’Arte poetica aufzusuchen verspricht. Ich habe erst 3 Kap. darinn lesen können, davon das letzte am weitläuftigsten und bloß historisch ist. Sollte ich in der Folge etwas für Sie brauchbares finden: so werde Ihnen damit zuvorkommen. Beyliegenden Brief bitte zu bestellen; weil ich die Post versäumt mich in Ansehung des engl. Biers wenigstens für die deshalb angewandte Bemühung zu bedanken, welches ich auch in Ansehung Ihrer thue. Da Sie nichts gutes finden können ist es mir lieber, daß Sie mir nichts als schlechte Waare geschickt. HE Hofr. und Fr. Hofräthin sind gestern Mittag nach Warschau abgereiset. Ich bin jetzt also Wirth und melde es Ihnen nicht umsonst, weil ich gewiß glaube, daß Sie unsern Hartknoch bis hieher begleiten werden. Mein Tisch ist bey HE Doct. Lindner ausgemacht; und ich denke auf diesem Fuß recht vergnügt und zufrieden zu leben. Um Ihr Verlangen nach Mitau noch mehr zu würzen, hab ich auch des
    Spence Polymetis
für Sie und mich zurück behalten, den ich aber schlechterdings nicht aus den Händen geben kann. Sie sehen daß es mir an keinem Vorrecht fehlt, aber noch an Zeit und Mühe mich einzurichten. HE Past Ruprecht der sSie grüßen läßt hat mir den ersten Band des Fabricius eingebracht, mit Bitte ihn zu schonen. Sie sollen selbigen bey erster Gelegenheit haben. Halten Sie ihn aber nicht zu lange auf. Für Ihre Treue in Commiss. bin nicht so völlig eingenommen als Sie zu seyn scheinen; denn ich weiß noch nicht, ob Sie die Memoires d’Eon abgegeben haben u ob ich die Matinées bald Hofnung haben kann wiederzusehen. Unterdeßen da Sie Ihren Mann kennen; haben Sie wenigstens für Mund und Magen treulich gesorgt. Da Sie Ihren ersten Theil umgeschmoltzen haben: so erwarte desto mehr Neues bey Ihrer Ankunft zu hören. Wenn die Ausführung so glücklich geräht als Ihre Disposition: so wünsch ich Ihrem Verleger zum voraus Glück. Gute Nacht, schlafen Sie wohl – Ich werde unterbrochen und kann nicht weiter aus der Stelle kommen. Leben Sie wohl, grüßen Sie alle Freunde und lieben Sie mich als den IhrigenH.
Mein liebster Freund, Ich danke Ihnen für Ihr gutes Andenken an mich, u. Ihren Gruß; aber, daß ich
    nicht den
    Spence
bekomme, ist unverzeihlich. Mein Gott! wenn ich Ihnen für den geringsten Schaden mich selbst, mit allem, was Sie wollen, verbürge; wenn ich – kurz laßen Sie mich nicht Kantersche Betheurungen hersezzen, u. bedenken Sie, daß wenn ich gleich nach Mitau selbst komme, ich an einem
    fremden Orte
, als ein
    Reisender
, in
    wenigen
Stunden gar keinen Gebrauch von einem Werk machen kann, das, sollte es auch nur ein Nebenwerk seyn, wenigstens als Semikolon merkwürdig ist. So sehr Sie auf der Seite des Versprechens zu genau sind; so sind sie es noch mehr im Halten; Den Fabriz bitte mir aus, zur
    genauen
Durchsicht, und noch genauerer Vorsichtigkeit. Hartknoch macht mir Lust, mir ohngeachtet des elenden Weges, wegen ihrer Lage u. Ihrer litterarischer Beschäftigungen Sie zu besuchen. Erwarten Sie mich also über 14. Tage, wenn Götter u. Menschen uns nicht entgegen sind: Sie beschuldigen mich einer flüchtigen Besorgung ihrer Kommißionen; und ihr letzter Brief berührt meinen vorigen an Sie, nicht mit einem Schattenzuge. Haben Sie ihn nicht empfangen? Die
    Matinées
den Augenblick, wenn ich Sie bekomme; a Dieu, mein lieber Hamann, mit allen ihren Musen! Herder
S. V. B. E. Ich habe mich vorgestern adern laßen und habe 6 Bücher im Spence gestern Abend zu Ende gebracht. Mit den 4 übrigen denke in der Zeit fertig zu werden, wenn Sie mit Ihrem HE. Verleger ankommen werden. Ihr Billet doux habe richtig erhalten, aufmerksam gelesen und unbeantwortet gelaßen; weil die christl. Liebe von sich selbst anfängt. Dies ist die letzte Commißion, mit der ich Ihnen beschwerl. zu werden denke; und die ich arrectis auribus und aperto ore einzunehmen bitte. 1.) Denke ich, daß Sie mit gutem Gewißen mit Hartknoch herüber kommen, um den letzten Winterweg noch mitzunehmen; weil der Uebergang der Jahreszeit ohnedem Communication abschneiden und die wird. 2.) Wenn Sie mich alsdenn wieder werden
    besänftigt
haben; so möchten Sie wol den Spence zu sehen bekommen, unter selbst beliebiger Gewährleistung. 3.) Finden beyde Vorstellungen statt, und entschließen Sie sich diesen Winter mich noch zum letztem mal zu sehn: so bitte ich, daß Sie so gut sind mein rothes ledernse Schachtel mitzubringen, worinn mein Pathengeld liegt, und das ich dem HE. Georg Berens aufzuheben gegeben habe. Vielleicht bekommen Sie noch ein paar Bücher eine liebe Bibel und ein liebs Gesangbuch mit; Letzteres kann Ihnen unterwegens gute Dienste thun anstatt der witzigen Gaßenhauer, in denen Sie sich mit Ihrem HE. Verleger zu üben gewohnt sind. NB. Kommen Sie nicht selbst; so bleibt jedes in loco quo, nemlich Spence hier und mein Schreinchen dort. Ich küße Sie, mein junger Autorschöner Autor, wie Boreas eine seiner Auren. Vale et fave. HE Patz komt eben und bittet mich gleichfalls Sie zu citiren. Adresse mit Siegelrest und Notiz von fremder Hand:
An Herrn / HErrn Herder / meinen werthgeschätzten Freund / pp / in
    Riga
.
Bis auf 1 ℔
Liebster H. Ich brenne Sie zu zu umarmen, u. habe schon 8. Tage den Gedanken sie zu sehen:, in Kindesnöthen umhergetragen: ich ärgere mich aber, daß sich dies noch immer aufschieben muß. Jetzt ist der Weg mit Lebensgefahr zu paßiren wenn nicht hin, so doch gewiß zurück, u. ich bin nicht Poet genug, um mein einziges Leben Romanisch zu verlieren, oder aus dem Gesangbuch, das Sie mein lieber Seelsorger! mir vorschlagen, zu singen: mein junges Leben hat ein End. Gedulden Sie sich also, theurer Mann Gottes auf die erste Öfnung der Ströme: so will ich NB
    allein
u. einsam mich auf den Weg machen, und mit iIhnen zusammeneilen. Sie zu
    besänftigen
schicke ich alles, was ich habe, 3. Mscrpte, u. den Vives; Ändern Sie in den ersten nach Belieben, lesen Sie als mein erstgebohrner Kunstrichter u. schreiben Sie mir Ihre Meinung sonder Arglist, Rückhalt, Fehd, Gefährde, u. Schonen. Da ich bei Ihrer Commission gemäß meinen Gefangenen, den aber noch nicht habe, nicht mitbringen kann: so hoffe ich, mein bester Mann! daß dies ihrem Spence keine Verzögerung verschaffen wird; sintemalen der ohne Waßergefahr sicher paß- u. repaß. kann, u. von mir sehnlich verlangt wird. Daß Lindner nach Pet. komt, als Direktor der Schule u. Pred. mit 1000 Rubl. Gehalt werden Sie wißen: vielleicht kann Lauson jetzt Prof. werden. – An HE. Past. Ruprecht will nachstens schreiben, um dem Fabr. danken, u. den Meursius wo er ihn hat, bitten. Haben Sie vieles, mein lieber Schutzgeist meiner Autorschaft, vor mich gefunden; ich muß nach Mit. kommen, um des Hofraths Bücher zu durchwühlen, u. einiges in der Histoir Bibl. vniverselle zu suchen. Schreiben Sie mir bald, allerliebster H. ich will es auch thun H. Adresse mit Notiz:
Pour Mr. / Jean George
    Hamann
/ mon aimable ami / à /
    Mitow
.
Ja ich erhebe mich noch mehr: Da die Bildersprache der O
Mitau den 24 März 66. Herzlich geliebtester Freund, Eben komme aus dem Buchladen, wo ich dem HE Hartknoch Ihre Mste abgelegt und den Spence für Sie – Sorgen Sie für letztern als für ein Depot, und bringen Sie so Gott will, höchstens auf Ostern selbst mit. Ich sehe eben mit Verdruß, daß alle Ihre Staatsfeste auf die stille Woche eintreffen. Ist Ihre Gegenwart dazu unentbehrlich? Richten Sie nach aller Möglichkeit so ein, daß wir einige Tage zusammen seyn können; denn auf Stunden lohnt es nicht; und es ist mir recht lieb, daß Sie diesmal nicht mitgekommen sind, wo nicht der Gefahr doch der Furcht wegen. Vives ist nicht hier; erkundigen Sie sich doch bey Zeiten darnach. Ob es an Ihrem Steidel oder Hartknoch selbst liegt. Vermuthl. ist er dort geblieben. Sie haben mir einen sehr vergnügten Abend und Nachmittag gestern gemacht – aber die Zeit ist zu kurz gewesen. Ohne einen sorgfältigen und gelehrten Corrector wird es um den Druck schlecht aussehen. Gegen das Ende, wo ich nicht irre in der Mitte des letzten Abschnitts scheint mir ein Wort zu fehlen. Ist meine Vermuthung richtig, so sorgen Sie dafür, daß es durch Hartknoch eingesetzt wird. „Ueberall ein hohes Ideal, nach welchem man die Materie wählt sie über ihre Natur dadurch erhöht, daß man die Fehler wegnimmt, die diesem Endzweck entgegen wären, und die   von diesen Fehlern pp. Mit der Ordnung, dem Reichthum, der Schönheit des Entwurfs sowol als der Ausführung bin im Gantzen zufrieden und freue mich über den Schatz der Einsichten und Einfälle, der Keime, Blüten und Früchte. In dem Καλος καγαθος scheinen Sie mir mehr Emphasin zu finden, oder ihn wenigstens nicht immer recht anzuwenden. Das Wort selbst καλαγαθια habe alles Nachsuchens ohngeachtet noch nicht finden können. Im Aelian wird das Wort, (das adjectivum) vom Phocion gebraucht, und Kretschmar in seinem Lexico über diesen Autor sagt davon:
    summa omnis laudationis
.
Das καλον scheint mir dem französischen galanthomme vollkommen synonym zu seyn, welches in dieser Sprache gleichfalls den honnete homme übertrifft. Wißen Sie noch, wie es mit dem Sujet Ihnen gegangen. In Ansehung des Dithyramben kann ich die Richtigkeit Ihrer Nachrichten nicht beurtheilen. Ich fieng eben den Herodot an zu lesen, wie ihn mein Freund Lindner einpackte; und blieb bey folgender Stelle in der Clio oder seinem ersten Buch stehen:
    Αριονα
τον Μηθυμναιον επι δελφινος εξενειχθεντα επι Ταιναρον, εοντα κιθαρῳδον των ποτε εοντων ουδενος δευτερον και διθυραμβον,
    πρωτον
    ανθρωπον
των ημεις ιδμεν, πoιησαντα τε και ονομασαντα και διδαξαντα εν
    Κορινθῳ
.
Sie müßen hiebey wißen, liebster Freund, daß ich den Herodot für keinen Fabelschreiber, für keinen Happel mehr halte. In Ihren Handschriften habe nichts geändert, als etwa ein zweymal geschriebenes Wort ausgestrichen. HE Prof Lindner schreibt, daß meine Engl. schon hier seyn müßen; noch habe aber nichts erhalten. Ihre Wiederlegung des St. habe am flüchtigsten durchlaufen müßen; bin aber auch damit zufrieden. Mehr weiß ich Ihnen heute nicht zu schreiben. Von der Fescenninischen Poesie werden Sie auch etwas im Spence finden. Bleiben Sie mein Freund und unterlaßen Sie nicht das glimmende Tocht meiner animula vagula und zerstreuten Sinns anzufachen und zu unterhalten. Ich umarme Sie und ersterbe, mein lieber Herder, Ihr aufrichtig und herzlich ergebener Hamann. Warum haben Sie nicht meine Auszüge aus Swedenborg mir wieder zurück geschickt? Adresse mit Siegelrest (Wappen):
Pour mon Ami / Mr Herder. / Nebst Mr. Spence / Polymetis.
S T. Mein Geschätzter Freund, Es ist mir nach meiner Ankunft keine Zeit übrig geblieben weder mich von der beschwerlichen Reise zu erholen, noch an meine Freunde zu denken; obgleich die Gerichte bis den 8 April ausgesezet worden, so ist doch die Zeit anfänglich mit nichts bedeutenden und doch zum Wohlstand unumgänglich gehörigen Curialien hernach mit instruiren und conferiren vergangen; der Feyertage werde ich mich nicht zu erfreuen haben, denn Arbeit finde ich überflüßig vor mir. Das Schreiben welches ich von Ihnen erhalten, überzeuget mich von Ihrer Freundschaft und gütigen Vorsorgen vor denen die mir nahe angehen; so sicher ich von dieser Seite bin, so sehr wünsche ich zugleich, daß Ihrer eigenen Zufriedenheit dabey nichts abgehe; glauben Sie Engelsfreund, daß ich an lezterer nur gar zu vielen Antheil nehme. Meine Frau befindet sich gut; sie empfiehlet sich Ihnen bestens; noch ist ihr Warschau nicht zuwider, sie glaubet auch nicht, daß sie noch vor der Hand die Krankheit, welche wir hier hatten, bekommen möchte; Sie wißen, die vornehmste war, das Heimweh. Empfehlen Sie uns allen guten Freunden die Sie sprechen, behalten Sie uns lieb und glauben, daß ich mit den aufrichtigsten Gesinnungen ersterben werde Dero treuester Freund und Diener Tottien Warschau den 26 Martii 1766. Mitau den 19 April 66. Herzlich geliebtester Freund, Da ich Ihren Besuch mit großem Hunger und Durst erwarte: so werd ich jetzt nicht weitläuftig seyn dürfen. Einlage, die ich erbrochen und woraus meine Zuschrift suppliren können, legt mir die Nothwendigkeit auf an Sie zu schreiben – Dii Deaeque me perdant, wenn ich weiß was. Ich wühle unter einer Menge von Büchern ohne etwas zu finden, daß meinem Verlangen angemeßen wäre. Aus Verzweifelung hab ich das Lettsche auch angefangen seit Ostern; wir werden uns also die Stenderschen Fabeln überhören können. HE Pastor Ruprecht, der sich Ihnen empfehlen läßt, hat uns diese gantze Woche Gesellschaft geleistet, und wird einen neuen Band des Fabricius einbringen, in Erwartung, daß Sie den ersten wieder zurück bringen werden. Auf des Spence Retour verlaß ich mich auch. Ich hab ihn wieder Willen des Eigenthümers zurück behalten müßen, und nur seinem Bruder davon gesagt. Schon vor 6 Wochen meldt man mir, daß die verlangten Bücher von Hause abgegangen, und habe gleichwol noch nichts erhalten. Seit meiner Hiesigen Wirthschaft weder an meinen Vater geschrieben noch ihm geantwortet auf seine zärtliche Erinnerung darüber. Laßen Sie sich dies einen Barometer meines Ueberdrußes seyn und wenn Sie keinen Ehrgeitz zu Erfüllung Ihres Versprechens in sich finden; so laßen Sie sich das Mitleiden dazu bewegen. Grüßen Sie HE. Steidel. Ich bin in seiner Schuld für das Papier zu einem Manual. Alles das Vergnügen und die Zufriedenheit, die mir fehlt, wünsch ich Ihnen zwiefältig. Mündlich mehr. Leben Sie recht wohl, Bester Freund! Ich habe Ihnen noch neulich wegen des Vives geschrieben, daß ich denselben nicht erhalten habe. HE. Hartknoch wuste von nichts; das Buch muß daher in Riga geblieben seyn. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Collegue Vicaire du College / Cathedral de la ville Impe / riale de et / à /
    Riga
/ p:
Mitau den 8 May 66. Herzlich geliebtester Vater, Ich habe neulich einen kleinen Versuch gemacht mich auf Habergrütze und Brodt einzuschränken, bin aber durch den Besuch des HE Herders darinn unterbrochen, der seine alte Ostern hier zugebracht, und vorgestern wieder zurück gereiset ist. Sie haben ein Verlangen mich zu sehen und das meinige ist eben so groß; nun Gott wird Sie noch erhalten, wo Sie mir mehr Vergnügen als gegenwärtig von mir genüßen können. Es giebt Augenblicke, in denen Sie mehr beklage als mich selbst. Wir haben von HE Hofrath seit einigen Posttagen keine Nachricht erhalten. Der HE Cantzler soll bereits diese Woche aus Warschau abgegangen seyn. Ich freue mich herzlich den HE Prof. eher als wir gedacht hier zu umarmen, und habe viel Lust ihn nach Petersburg nachzufolgen; denn hier ist mir alles zuwieder, und kann auf keinen die Schuld schieben als mich selbst. Gott giebt Ihnen jetzt wenigstens Zeit für Ihre Kinder zu beten; das letzte und beste, das Sie für uns thun können. Ich habe gestern das Bett hüten müßen, weil ich im Vergnügen mit meinem Freund Herder vermuthlich zu unmäßig gewesen bin. Gottlob! unsere Kinder befinden sich gut und gesund; und das übrige gehe nach Gottes Willen. Von meinen englischen Büchern weiß noch nichts. HE Prof. wird so gütig seyn dafür zu sorgen, und Sie, ihn daran zu erinnern. Grüßen Sie, Herzlichgeliebtester Vater HE Nuppenau, Jgfr. Lieschen und alle gute Freunde von mir. Ich kann nicht mehr schreiben, sondern empfehle Sie bestens Göttlicher Gnade und mich Ihrem Väterlichen Andenken als Ihr gehorsamst ergebenster Sohn. Johann Georg Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hamann / Chirurgien bien renommé / à /
    Cönigsberg
. / fr. Mümmel.
Mitau den 15 May 66. Herzlich geliebtester Vater, Ich vermuthe, daß Herr Hofrath mit seiner Gemalin bereits in Königsberg eingetroffen seyn wird, weil ich den vom 7″ h. die Nachricht erhalten am vorigen Montage, daß sie den im Begriff ständen Warschau zu verlaßen, welches auch anderweitigen Berichten gemäs den 10″ geschehen. Sein Herr Bruder ist schon seinem Verlangen zuvorgekommen, und die Zimmer sind vor 14 Tagen zu ihrem Empfang geweißt worden; und ich freue mich unter andern darauf meine angenehme Sommer und Garten Herberge wieder beziehen zu können. Nun was machen Sie, mein alter Herzenslieber Vater! Gott sey Ihre allersüßeste Freude auch dieses Fest über, und laß es herrlicher seyn als alle übrige Ihres Lebens. Er wird mir auch Ruhe schenken nach dieser mühseeligen Wallfahrt durch dies Jammerthal. Ich freue mich auf meinen alten Freund, den HE Prof. Lindner, und wünschte, daß ich entweder ihn begleiten oder bald nachfolgen könnte. Der Herr Doctor freut sich auch seine Hälfte wieder zu umarmen, und hat gestern 5 Meilen von hier verreisen müßen. Er hat bereits viele Wochen lang gestöhnt und geklagt, aber wenig Zeit dem Uebel zuvorzukommen. Da ich ordentlich Mittags bey ihm speise, und meine Habercur bereits geschloßen ist; so erinnern wir uns auch Ihrer und wünschen gemeinschaftlich Ihnen alles mögliche Gute. Ich weiß gar nicht, wie es mit meinen überschickten Büchern geht, von denen nichts erfahren kann, weder ob? noch wenn sie abgegangen? Melden Sie mir doch, liebster Vater, wenn Herr Hofrath dort angekommen, und zugleich den Tag seiner Abreise aus Königsberg. Gott begleite ihn mit seinen guten Engeln, und bringe ihn mit Seiner Reisegefährtin glücklich heim! Er laße es ihm und den Seinigen für seine Freundschaft gegen mich wohl gehen zeitlich und ewig; wiewol es nach meinem Leibpsalm heist: Alles Ding hat seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit. Was werden Sie, Liebster Vater! mit meinem Bruder anfangen? Wenn sich Herr Belger mit ihm abgeben und ihm Lust zur Landwirthschaft beybringen könnte; so möchte seiner Gesundheit und seinen Umständen vielleicht geholfen werden. Auf einem kleinen Städtchen oder auf dem Lande würde er überdem wohlfeiler leben können, da er doch keinen Genuß von Königsberg hat, und Sie eben so wenig von ihm. Was macht Herr Vetter Nuppenau und Jungfer Muhmchen nebst ihren Eltern und Geschwister? Ich kann nichts mehr thun als mich Ihrem Andenken empfehlen. Hält sich noch unsere Anne Regine gut? – Nun Gott seegne unser altes Haus, und kehre mit dem Geist seiner Gnade in daßelbige ein. Ich umarme Sie mit kindlichster Innbrunst, und küße Ihnen mit zärtlichster Ehrfurcht die Hände als Ihr gehorsamst ergebensterJohann Georg Hamann Wenn Sie so gütig seyn wollten mir eine lettische oder kursche Bibel aus dem Zeiseschen Buchladen in schwartz Leder mit goldnen Schnitt eingebunden aber ohne Clausuren zu besorgen; so würde es mir zur Erlernung dieser Sprache, in der ich einen langsamen Anfang gemacht, vielleicht behülflich seyn. Sind selbige in gedachtem Bande fertig zu haben, so möchte HE Hofrath wol selbige mitnehmen, falls selbige aber nicht fertig sind, so ist HE. Hartknoch wohl so gut. Diese Uebersetzung der Bibel wird wenigstens so gelobt, daß, wenn ich auch niemals mehr als einigen Vortheil hierinn von meinem Einfall habe, ich damit zufrieden seyn kann. Was dafür kommt, bitte mir zu melden. Das ersteeilfte Kapitel (Meine Merkwürdigkeiten seit der Abreise aus Mitau.) Präcise 2. fuhr ich ab, u. war drei Meilen durch, stumm und in Gedanken voll; wenn mein Schutzgeist über das Schlucken etwas Jurisdiction hat: so muß mein Hamann sehr oft zu sich selbst gesagt haben: „curieuse! ich schlucke ich doch niemals so! Ich machte dabei die wahre Praktische Anmerkung, daß, wenn man auch nicht verliebt ist, man doch durch den Zusammenstoß u. Veränderung der Gegenstände sich so sehr zerstreuen kann, daß man nur oft wenige Augenblicke den Angelegenheiten des Herzens schenkent kann, um deren willen Freunde doch zu einander wallfahrten. Habe ich doch kaum eine halbe Stunde, mit meinem H. gemeinschaftlich, einander unser Herz geöfnet: und Das ist der Freundschaft selge Stunde Drinn man sein Herz bedenkt: sonst verschwindt alle Zeit die man zubringt auf Erden wir wollen glücklich werden und seyn in Ewigkeit. Mein Freund findet auch da nicht seine Ruhe? – Er schmachtet wieder nach Veränderung? – Er findet auch nicht mehr in den Armen seines Freundes die alte Aufmunterung? – Elendes Menschliches Leben, das man nicht genießet, wenn man es zu früh, und wenn mans zu Eklektisch durchläuft. Ich nahm mir dabei vor, gleich Abends an meinen H. einen langen, vollen Brief zu schreiben, von dem es heißen sollte: „Die Briefe sind stark, aber die Gegenwart des Leibes ist schwach, u. die Rede zu muthig.“ Und was wäre dies für fürtreflicher freundschaftlicher Brief geworden, aber eben die besten Entschlüße, haben, wie die besten Väter, keine Kinder. Auch nahm ich mir vor, Pazz zu bitten, daß er mir von dem kleinen lieben
    Hagen
, das den Chirurgischen Diät-Tarif eintreiben sollte, und mein verspr schuldiggebliebnes Abschiedskompliment mit allen Intereßen, an Rathsherr Tottin u. noch angelegentlicher an seine liebenswürdige Frau abtragen sollte. Aber unter allen diesen Entschlüßen kam ich dem Schlaf nahe, und wäre näher gekommen, wenn nicht der schnelle Fuhrmann, und der höckerichte Weg den Schlummer von meinen Augenliedern weggescheucht hätte. Ich fing also an zu singen: unter dem das Rütteln der Kibitka schlug Takt, machte Triller, Bebungen u. Kontrapunkte, Schleifungen u. Sprünge; dem ohngeachtet sang ich ein Duzzend Gaßenlieder „kläglich“ ab. Und kam, nach Regen u. Wind an die Düna, ließ mich schnell übersezzen, denn ob ich gleich an eben dem Tage 2. Mädchen ersoffen waren, so war doch dies bei Julius Cäsar u. einem
    Grecourt
nicht zu vermuthen. Man hatte die Thore mir zu Gefallen, eine Stunde über Gewohnheit offen gelaßen, u. ich kam, wie ein Feldteufel, zu meiner lieben Wirthin. Diese hatte mich vor der Tischgesellschaft sehr ernstlich vertheidigt: ich könnte ohnmöglich zu Steidel gesagt haben: „fahren Sie zum Teufel!“ und doch war es wahr, leider! wahr! Den folgenden Tag schlief ich von bis 9. u. von 10–12. bekam über dem Eßen einen Pasquillzettel, aus Kön. u. vermuthlich von H. pp. l. wie ich errathe, daß ich Sch. ffn. noch nicht geantwortet: ich ärgerte mich, schrieb an den Narren Sch. so höflich, als man an Narren schreibt, u. lies den Zettel ohne Antwort. Zur Vertreibung der Grillen besuchte ich die
    Komödie
, wo das Schlegelsche Lustspiel „der Triumph der guten Frauen“ sehr gut aufgeführt wurde, daß ichs gestern mit Vergnügen nochmals gesehen. Die
    Candidaten
, das mittelmäßige Trauerspiel,
    Rhynsolt
u
    Sapphira
, u. das noch schlechtere Lustspiel Patelin habe ich besucht, um insonderheit von einem vortreflichen Akteur Kantner, zu lernen. Es ist leicht zu erachten, daß mein Projektfach in der Seele dabei nicht leer geblieben, sondern daß für 4. Ort ich eine Critik über das Schlegelsche u. Crügersche Lustspiel, u eine Umbildung des Trauerspiels, u. ein ganzes Nachspiel im Kopfe habe. Gegenwärtig arbeite ich am 3.ten Fragment; nachdem der
    Meßcatalog
wieder etwas den Funken meiner Autorschaft angefacht. Ich will Steidel erinnern, daß er diesen Catalog nach Mit. schicken soll: es ist in ihm wenig neues, ausgenommen ein
    Laokoon
von Leßing, über die Gränzen der Poesie u. Malerey, von
    Michaelis
zerstreute Abhandlungen, von
    Willamov
. ein Schriftlein über den
    Aristophan
von
    Zachariä
sein Cortez, und Samlung Deutscher Gedichte, u. einige andre, die mir nicht beifallen: vorzüglich aber eines Ungenannten: Fragmente über die Deutsche Litteratur, die, wie er selbst, Blut zu viel, Serum zu wenig haben, u. Lebenssaft, das Gott erbarm! Weil dieser Ungenannte zu seinem Dritten Fragment, von der Römischen Poesie den Spence braucht, so will er ihn noch etwas zögern, wie auch den Fabriz, den er unumgänglich nöthig hat. Sie nehmen es doch nicht übel, mein HE. P. Ruprecht, ich mache ihnen mein Kompliment. Ich möchte auch wohl G gern Saintfoix von Paris haben, weil ich dem großen Leibniz nachahmen will, da er in eine Gesellschaft
    Chymiker
eintrat: ich habe etwas im Kopfe, dazu ich
    Saintfoix
nöthig habe. Ich sehe wohl, daß dies Kapitel unter die fluctus von Geschichte gehört, von denen Ovid singt: posterior decimo est, duodecimoque prior; daher schicke ichs statt Brief an meinen lieben Freund H., als ein Memoire zur Vergeßenheit und besiegele es mit dem Kopfe des Marc Aurels, den ich heute im schönen Karneol geschenkt bekommen. Es ist doch eine gute Sache, um die Träumerei im Briefschreiben: heute schicke ich dies Capitel meines Shandyschen Romans an meinen Onkel Tobias Shandy, und hoffe von ihm bald eine freundliche Antwort. Adresse:
à Monsieur / Monsieur
    Hamann
/ homme de lettres / à
    Mitow
/
    Francò
/
bey HE. Hofrath
    Tottien
/
Mitau den 22 May 66. Herzlichgeliebtester Freund, Sie werden bereits die Bücher aus Königsberg erhalten haben. Die Dodswellsche Samml. ist nicht mitgekommen weil HE Lindner selbige hier hatte, dachte ich solche Ihnen eben so leicht von hier aus mittheilen zu können; habe aber bereits darnach geschrieben. Mit gegenwärtigem komt Saint-Foix, den ich mir aber so bald als mögl. wieder ausbitte. Sorgen Sie auch dafür meinen Winckelmann, den Fabritius und Spence zu remittiren. Ihr Buch habe unserm Freund Patz abgegeben, der jetzt Pastor vicarius ist, und daher vom Schreiben abgehalten wird. Wir denken desto öfterer an Sie und haben bey HE D. Hummius, den ich bald zu lieben anfange noch gestern Abend Ihr Andenken gefeyret. Ihr Buch ist Patz von mir abgegeben worden. Hartknoch hat gestern auch an seine Braut geschrieben und kann bereits in Kgsb. seyn mit Mad. Hagen. Ich habe den ersten Feyertage bey HE Patz und gestern den alle Kinder Tag gleichfalls Mittags bey ihm gespeist in HE. D. Hummius Gesellschaft der HE Cantzler, (der den Stanislaus Orden bekommen) ist mit seiner Familie aufs Land gereiset. Dem HE Super. Huhn u Prae. Rosenberg in meines Freunds Gesellschaft gestern auch den ersten Besuch abgestattet; vielleicht heute unserm kleinen lieben Hagen u dem HE Instantz Secr. Andreae. Eine Veränderung meiner einsiedlerischen Lebensart ist unumgängl., um mir die Grillen zu vertreiben. Nun mein lieber Herder! wir werden noch Zeit und Gelegenheit haben uns dieses elenden Lebens, das wir jetzt schelten, Sie aus Uebermuth und ich aus einer ärgern Laune vielleicht, zu erfreuen, und in einem höhern Chor zu singen: Vnus est Oeconomus – – – Arbeiten Sie an Ihr drittes und viertes Fragment. Ich kann gegenwärtig unmöglich Ihr Matanasius seyn. Meine Stunde ist noch nicht kommen. Wie gern hätte ich gesehen, daß mich HE George Berens jetzt besucht hätte, da ich allein bin. HE Hofrath hat mir den 7ten h. seine bevorstehende Abreise angemeldt; gleichwol läuft ein Gerüchte als wie der Hof ihm Contreordres noch zu verweilen geschickt hätte. Den Sonnabend nach Ihrer Abreise haben wir Concert hier gehabt von HE Veuchter u. Mogatzki. HE Prof. Lindner hat seine Concession noch nicht, bleibt aber bey seiner Meinung nach Johannes hier zu seyn. Aus Preußen nichts als Klagen. Leben Sie wohl, grüßen Sie Steidel freundschaftlich von uns. Ich ersterbe unter ein Dutzend Umarmungen mit dem redlichsten Herzen der Ihrige inclusive unserm Freund den Candidaten. Neulich ein Gespräch vom Nutzen der Reisen zwischen Lock und Shaftesbury von Wilken übersetzt gefunden, auf deßen Titelblatt ein griechisches Motto aus dem Plutarch steht, worinn Ihr gesuchtes Wort καλογαθια vorkomt. Das Buch des Autors ist aber nicht citirt. Die Stelle verdiente von Ihnen attrapirt zu werden im Zusammenhange des Textes. Vergeßen Sie mir nicht den Saint-Foix bald zu remittiren. Adresse mit Siegelrest (Wappen):
à Monsieur / Monsieur Herder / Collegue vicaire du College / Cathedral / à / Riga. / Nebst
    Saint-Foix
.
Liebster H. Aus meiner werthen Hand haben sie freilich in langer Zeit keinen Brief; aber ich auch nicht aus der ihrigen: sie haben, wie ich merke, zu viel, ich zu wenig Zerstreuung, sonst hab’ ich zu viel u. sie zu wenig – wir sind stets gegenander in ratione inversa oder zwei entgegengesezte Kräfte, wo die Folge 0. ist. Kein Brief. Statt meiner Person schicke ich alles, was ich kann – nur mich selbst kann diesmal nicht emballiren: Donnerstag ist Schulactus, wo ich wenigstens als Stumme Person dastehen muß, dem Gott dieser Welt willen: was hülfe es mir, Mitwoch reisen u. Donnerstag früh wiederkommen müssen. – Ueberdem will ich die verwünschten Fragmente aus der Hand, von denen 1) ich ihnen das erste Stück schicke. Aber wieder keine trockne loc. comm. darüber sondern angestrichen u. aufgeschrieben. Das Ende sehen sie fehlt; 2) das ist aber der Schlußzierrath. Im 2ten wird + als im ersten verändert. – Vom Fabr. weil ich muß, den 2ten Band, den ersten kann so unmögl. als mein Leben: ich bin eben in aller Arbeit. Aber zu Ende dieser Woche gewiß. – 3) Winkelm. Allegorie auch; der ersten Abschnitt ist für mich alles, im folgenden wenig, u. das meiste handwerksmäßig schon. Nach Durchlesung bitte 4) ihn zurück.
    Saintfoix
Paris retour; ein schönes Buch, das ich mir anschaffen werde. Von neuen Sachen ist für mich merkwürdig 1) Tellers Debora p u. seine Abhandl.
    von der Nachahmung
vor Schmidts A. u. N. Adam 2) N. Bibl. 2 Stücke wo viel Nachrichten v. alten Engl. Poeten u. Hogarths Leben ist 3) Allgem. d. Bibl. 2 Stücke: wegen der Nachrichten; sonst nichts als Büchertitel 4) Herman u. Gunilde ein Rittergesang: noch nicht gelesen: 5) Ramlers Lieder der Deutschen, zum Spaas u. die Veränderung zu sehen. Lauter Amusantes, und wenig Reelles; es sei denn etwa 6) Home 3ter Theil: u. S 7) Spaldings Predigten: ein schönes Bändchen. Was von diesem wollen, verlangen, fodern, brauchen sie; das meiste muß in Mit. seyn; das übrige will ich schicken. Gleim hat Lieder nach dem Anakr. herausgegeben, die Htkn. nicht hat; sie sind als nachgebildete Originalchen hübsch; aber als Nachahmungen und Uebersezzungen nichts. Den Reiske habe nicht ertappen können; Klozzens acta litt. sind ja wenigstens zum Durchsehen; des armen Damms sein Gr. Lexic. u. sein ganzes 70. jähr. Leben u. s. ganze Papierne Ewigk. wird heruntergemacht. Bitaubé Uebersezz. noch mehr. Daphnis u. Chloe wird gelobt; von wem muß das seyn! Ein Lob selbst nach dem Griechischen ist selten. – Ueber die Deutsche Tonmeßung, ein Bogen: sagt viel hübsches; aber nichts neues; sein neuer Jambe ist ein Unding – Lind. Nachrichten wird Abbt Verdienst etwas neidisch beurtheilt. – Die Ethopäie des Willamov. habe noch nicht gelesen. – Wegelin komt nach Berlin als Prof. am Kadett. Hause – Von meinen Sachen bin ich seit lange meine Rig. Kinder schuldig 1. Abhandl. u. 1. Pfingstkantate: die vorläuf. Abhandl. vor der lezten ist insonderh. wider eine elende Kantate des Rekt. Schlegels gerichtet, die in Fasten erschien, u. man mir zugeschrieben hat. Jezt müste ich es also doch zeigen, wie ich glaube, daß eine Kantate aussehen soll. Die Uhr schlägt 7. ich erwarte meinen Ital. Sprachmeister, u. schreibe dies auf dem Bette u. daher ists nüchtern, u. durchgängig ohne Urtheilen. Alles aber will ich nachholen; meinen Plan u. meine Verrichtungen; meine Mängel u. Wünsche, meine Liebe gegen Sie, u. mein Mitleiden gegen Paz, meinen Haß gegen die Musen, und mein Verlangen nach beßern Zeiten. Urteile über das wenige, was ich gelesen, und vielleicht dies alles auf der folgenden Seite. a Dieu lieber, guter, bester H. ich will sie ehestens besuchen, aber aus
    Schande
    muß
ich bei Tottins logiren und das will ich nicht gern: bei H. auch nicht, u. – Indeßen erwarten Sie mich bald, und einen Brief an Past. Ruprecht Her. (Von Schefn. habe einen Brief gehabt über meine Fragmente, die man ihm sehr unzeitig gezeigt; Kanter muß noch mein Verleger werden – der Windbeutel u. Narr!)
Mitau den 10 Aug. 66. Herzlich geliebtester Vater, Endlich muß ich Ihnen doch einige Nachricht von mir geben, auf die Sie längst mögen gewartet haben. Ich danke Gott dafür, daß ich noch lebe, so kümmerlich es auch ist. HE Secr. Kortum hat mir den 9ten Jul. meine engl. Bücher mitgebracht, worüber ich mich sehr erfreut, weil ich guten Freunden damit dienen kann. Ueberbringer gehört selbst darunter, besucht mich fleißig und wir üben uns beyderseits im italienischen. Er hat heute zum erstenmal Mittags bey uns gespeist, weil sein ordentl. Wirth HE Doct. Lindner mit seiner Gemalin zu Gast gewesen. Was an dem Transport der engl. Werke noch fehlt, werde dem HE. Prof. L. melden. Zu Ihrer kleinen Erbschaft wünsche Ihnen Glück. Bey diesen schlechten Zeiten ist ein Andenken der Freundschafft und eine Beysteuer der zeitlichen Nothdurft immer angenehmer als sonst. Gott laße es Ihrer seel. Wohlthäterin dafür gleichfalls in der Ewigkeit wohl gehen! Amen. HE Hofrath hat einen Coffre mit seinen Sachen bereits nach Königsber Warschau abgeschickt, und steht im Begriff heute über 8 Tage, allem Vermuthen in Gesellschaft seiner Frau Gemalin, abzureisen. Sie werden ihren Weg über Seßlaucken nehmen, dem Gut des seel. HE. Praepositus, wo Sie sich ein paar Tage aufhalten, und also nach dieser Rechnung in 14 höch oder 16 eintr in
    Königsberg
(wozu man sich erst in Memel entschließen wird) eintreffen könnten. Sollte dies geschehen, so möchte die Frau Hofräthin unser Haus auch wol besuchen. Thun Sie Ihr Bestes Ihr gutes Herz zu bezeigen, und laßen Sie auch die Bediente nicht ungeehrt von sich, so viel in Ihren Kräften steht und Gott Mittel dazu an die Hand giebt. Für die curschen Bücher statte Ihnen meinen herzlichsten Dank ab. Aus meiner Vergeßenheit deßelben, liebster Vater, können Sie leicht erachten, daß ich selbige noch wenig gebraucht habe. Ich denke aber noch hier so viel Zeit und Gemächlichkeit zu haben, daß ich diesen Anfang nicht umsonst gemacht, sondern gehörig werde fortsetzen können. Umstände und Verdruß sind an diesem unterbrochenen Vornehmen schuld; ich werde selbiges aber nicht aufgeben. Meine Flucht in diese Gegenden, bey den betrübten Umständen meines Vaterlandes, wird ohnehin nicht so bald endigen, und nicht ohne Abwechselung seyn. Ich überlaße alles der Göttl. Vorsehung, und sehe mich als ihren Ball an, der durch nichts anders als die Kraft ihrer Hände lebt. Bey allen dem Gram, der mich schwarz macht, fühle ich doch noch in gewißen Stunden, was die Weisheit in den Sprüchwörtern sagt: – meine Lust ist bey den Menschenkindern. – So lange wir an den glauben, der die Leute so lieb hat, laufen wir keine Gefahr Menschenfeinde zu werden. Was macht mein Bruder? – Meine herzlichsten Grüße an HE Vetter Nuppenau, Jungfer Muhmchen, Unser gantzes Haus und alle Unsere Freunde. Ich empfehle Sie Göttlicher Gnade, mich Ihrem Väterlichen Gebet und küße mit kindlichster Ehrfurcht Ihnen die Hände als Ihr gehorsamst ergebenster Sohn. Johann Georg Hamann.
Mitau den 12 Zärtlich geliebtester Freund, Sie erhalten Ihre Handschriften wieder zurück mit dem verbindlichsten Dank. Ich habe das erste Fragment 2mal gelesen, und würde kaum mehr was dabey thun können, als was geschehen, wenn ich es auch noch 8 Tage behielte. So viel mir mein stumpfes Gedächtnis sagt, haben Sie Ihre Arbeit gewaltig umgeschmoltzen, und wo ich nicht irre Ihren Plan dadurch erweitert, daß Sie mehr
    Auszüge vom Text der Litteratur Briefe
liefern, als damals Ihre Absicht schien gewesen zu seyn. Ich weiß nicht durch welchen Irrthum ich mit dem
    vorläufigen
    Discours
angefangen und dabey den Griffel etwas muthiger gebraucht habe. Ueber ein gut Theil der neuesten Litteratur kann ich kein iudex competens seyn und was die Prosodie betrifft, bin ich in gleicher Verdammung. Die übrigen Articel der Sprache find ich nach Wunsch detaillirt, einige Puncte in ein eben so gutes philosophisches als ästhetisches Licht gesetzt. Es sind noch einige übelgegattete und zusammengewachsene Wörter übrig geblieben z. E. Naturgenie p. Auch ist der Styl an einigen Stellen zu petillant, und die periodische Form durch Fragen, Ausruffungen, Interjectionen gar zu zerrißen.      Ich habe Ihnen liebster Freund, schon mehr gesagt, als ich verstehe und berechtigt bin. Die Durchlesung Ihrer Handschrift hat mir heute
    wenigstens eine angenehme Stunde
    gemacht
,
in der ich alte verbleichte Begriffe wieder in mir aufleben fühlte. Es ist aber bald übergegangen. Um dieser Ursache willen schicken Sie mir doch die Folge Ihrer Handschrift zu – Selbst den Versuch des Winkelmanns habe mit wenig Genüge lesen können. Schicken Sie mir doch den Shaftesbury nebst allen Uebersetzungen die Sie davon auftreiben können. 1.) Soliloquium 2.) die Moralisten 3.) der Versuch der Moral sind gewiß heraus, weil ich alle 3 selbst gelesen habe. Vergeßen Sie auch nicht mein Quartbuch. Grüßen Sie HE Hartknoch von uns. Verdenken Sie es mir nicht, wenn ich nicht schreiben kann. Ich ersterbe Ihr Hamann. Um Pygmalion u Elise bitte. Zugl. HE Patzens freundschaftl. Umarmungen.
Herder an Hamann u. nicht mehr Yorik an Tobias Shandy. Ich bin jetzt in einer Lage, da ich so wenig Yorik spielen kann, als Pansa den Stadthalter: Kopfschmerzen, wüstes Gehirn macht mich jetzt, da meine Tagesarbeit zu Ende ist zu einem siechen Menschen, der so zu einem Briefe läuft, als August, oder wer es war, auf den Nachtstul, um sich dadurch zu erholen, daß maner Unrath ausschüttete. Nur daß es dabei etwas stinkt: und so geht es mir auch mit meinem Andenken an die Mitausche Schwärmnacht: aus der ich eine volle Brust zurückbehalten – nichts mehr u. nichts weniger. So gar wie die 8. Partes orat. in dem Schulvers enthalten sind: vaeh tibi ridenti! quia p so hat er auch beinahe die Theile des Menschlichen Lebens. An den Orten wo Esther frölich gewesen war: raufte sie sich die Haar aus. Ich erinnere mich hiebei an die komisch-ernsthafte Auslegung des hochwürdigen HErn Leßers, der hier Orte des Leibes versteht, und der Weibl. F…. eine neue Art von Buße damit erdacht hat. Eine Yoriksche Laune aufs neue! – So wißen Sie denn, daß der
    Sterne
auch die
    Gesch. des Yoriks
in 2 Th. geschrieben, wie ich eben nicht längst aus den Gött. Zeit. ersehe; möchte der Uebers. mit seinem Tristram auch an den ehrlichen Kastanienwerfer denken. Ich habe ehegestern geschlafen: gestern das Leben der Χstina u. heut lauter Gel. Zeit. gelesen; 3. Arb. die für mich jetzt sehr identisch gewesen sind. Von Boulanger wird ein Werk v. Pr. Dähnert angekündigt, daß auf Ostern 767. gegen 4. Alph. stark bei Röse in Greifswald 4. erscheinen soll, u. Pränum. verlangt wird:
    das durch s. Gebräuche aufgedeckte Alterthum
, oder Crit. Unters. der vornemsten Meinungen Cerem. u. Einricht. der verschied. Völk. des Erdbodens in Religions u. bürgerl. Sachen. Mich wundert, daß ich dies Werk im Frz. bisher auch nicht dem Titel nach gekannt. Die
    Einleit
. f. 2. Bogen kommt bei dem Titelblatte: sie ist gedehnt; und ungeheur im Plane; alles will sie, halb christl. halb heidnisch, aus der
    Sündfluth
, u. von einer
    allgemeinen
Furcht herleiten, die sich über die Erde verbreitet; hieraus die Regier. der Götter u. goldne Zeit pp alles aus Traditionen u. Philosophie, wie es einem Franzosen, einem Boulanger geziemt. Hören sie s. 6 Bücher: 1) die Anordnungen der versch. Völker des Erdbodens zur Erneur. des Andenkens der Sündfluth 2) alle Feste u. Ausschweif. der Alten haben Merkmale v. klägl. Dingen an sich gehabt 3) Geheimniße der A. Völker 4) warum die Völker mit allen Abwechselungen der Jahrhunderte u. Perioden besondre Idees verbunden 5) Natur der Feste, Ceremonien, u. Gebr., die bei Gelegenh. der Jahre, Mon. u. Tage üblich geworden 6) Abriß der phys. u. moral. Wirk. der Sündfluth. – Auf das 1. 2. u. 3. St. bin ich sehr begier. das 4. verstehe ich nicht: das 5te geht mich nicht an: das 6. läßt nicht viel von Boulanger erwarten. Kennen Sie schon dies Werk: so geben Sie mir doch davon Nachricht: es ist sehr für mich. Ihren Fabriz brauche tapfer u. will bald remittiren, wogegen ich mir – aber nicht eher, als bis ich Zeit habe zu lesen den Muratori ausbitten will, zu durchlaufen. Das Buch de pereuntibus litteris bin ich begierig zu lesen; man hat aber 2. Maturini Simonii u. Octav. Ferrarii prolusionem; jenes ist beßer u. hat mich dem Auszuge nach sehr begierig gemacht. Ich gehe mit Geburtswehen zu einem Trauerspiel; aber alles ist so sehr gedrängt von Planen bei mir, daß nichts, oder wenig wird. – Bald werde ich mich auch wieder zur Arbeit begeben, um der Ostermeße ein Gnüge zu thun; aber liebster Freund! zu alle dem ist mir ein gr. Plato unentbehrlich; Historienschr. kann man nach einer Uebersezzung citiren, aber einen Plato; halb Dichter u. halb Philosoph; ich habe sie schon um ihn einmal gebeten, ich muß mich aber schämen, ihnen so viel Mühe zu machen. Noch eins! wenn ich Fabric. zurückschicke, kann ich nicht G. J. Voss. de histor poet. Gr. et Lat. bekommen; den De histor. Gr. hab ich und eben der erregt in mir Begierde nach dem andern Trakt: Ich werde beinahe mürrisch gnug, mich auf 14. Tage völlig einzuschließen, oder in Mitau zu kampiren um die Bibl. zu nutzen: sollte ich noch einmal kommen: so sollen alle Visiten eingestellet, alle Shandysche Mönchenspiele aus in den Kohlgärten bei Mitau verbannet seyn, und die Muse und mein Freund soll sich in meine Zeit theilen. Grüßen Sie Trim; wenn ich gegen keinen der beleidigenden Karakter Yoriks, leider oder leider! das Schicksal, wider zu Willen zu beleidigen, habe, so ists doch gegen ihn und Hartkn: daher soll lieber eine schriftl. Abbitte, als Yoriks Hüpfen, mir meine Fehler vergeßend machen. Hartkn. bekommt heute:
    Philippi
vaterursache
    Vaterunser
; ich habe nur einige Blicke drinn gethan, ich will mich aber zwingen, es zu lesen, weil es sein Verlag ist. – Schlegels Banier ist mit dem 5ten Band geschlossen; ich wollte, daß mir jemand damit ein Präsent machte. Kennen Sie die gebundene Uebers. des Taßoischen Amyntas, da sie das Exemplar Original haben. – Von Thom. Abbt, sehe ich den Auszug einer Akad. Einlad. schr. de als er noch in Rinteln P. d Phil. u. Math. war de difficillimo progressu in dimetendis animae viribus; ich freue mich theils der gut. Gedanken wegen, theils daß ein so großer Baumgartenianer die Mathesis intensiva schwer u. unerreichbar findet, womit die sein Lehrer doch beinahe überall zu seiner Methode gemacht hat. – – Doch wo schwärme ich herum, fast eine Stunde geschrieben. Gehabt euch wohl! Mittwoch den 27/16 Aug.Herder Adresse mit Mundlackrest:
Herrn / Herrn Hamann / in / Mietau / beym HEn Hofr. / Tottien
Mitau den 30. Aug. 66. Herzlich geliebtester Freund, Diesen Augenblick erhalte Ihren Brief; und freue mich daß Ihre Mitausche Schwärmerey Ihnen noch so gut bekommen ist. Ich lebe diesen Augenblick in der grösten Unruhe, und laufe aus um dem HE. Steidel der im Begrif nach Riga zu gehen, Ihre Strümpfe und Ihre Zedel abzugeben. Wenn Sie Ihren Entwurf mich auch 1 Tag zu besuchen, ausführen können, wird es mir lieb seyn. Thun Sie alles mögl. Ich habe dem Corporal Trim heute seinen Scheidebrief geschrieben. Sie finden mich also einsam und allein wie einen Vogel auf dem Dache. Von Boulangers Werk weiß nichts und erwarten Sie auch nichts davon. Sein oeuvre posthume kan Ihnen den gantzen Mann kennen lernen. Er hat weder Einsicht noch Ernst u Ehrlichkeit selbige anzuwenden und ist von einer ausschweifenden Einbildungskraft, der sich alles zu gute hält, Lügen und Dichten. Um Fabricii ersten Theil und Pygmalion bitte nochmals – Von den Strümpfen habe keine anderen finden können als ein ungleiches Paar; sie müßen also solche wie sie sind, mitgebracht haben. Ich suche umsonst nach Voss. de poetis Gr. et Lat. Haben Sie ihn hier gesehen; ich kann nicht finden. Kommen Sie selbst! An Simonii u. Octau. Ferr. ist nichts de litteris pereuntibus. Ich habe letztere gar nicht lesen können und beyde schon zurückgeschickt. Ich umarme Sie herzlich und warte auf die Erfüllung Ihres Versprechens. Leben Sie wohl und lieben Sie den Ihrigen. Hamann. Grüßen Sie unsern Hartknoch und bleiben Sie mir treu. Mehr kann ich nicht schreiben. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Herder / &cetera / á / Riga. /
    par ami
Wehrtester Freund, Ohne auf eine Beantwortung meines lezten Briefes zu warten: schreibe ich bei Gelegenheit des Schreibens, das ich nebst meiner Odenabhandl. aus Mitau erhalte. Ich sage: mit
    bei Gelegenheit
; denn vieles darinn habe schon vorher beantwortet, daß dieser Brief mir also meistens nur Winke zu Gesprächen geben wird; u. Geliebte, Zauberer u. Helden verstehen sich mit dem Winken sehr gut. – Meine Handschrift habe sogleich durchlaufen, wie ein Vater sein verlornes Kind; aber ich sage es ihnen noch einmal, daß vielleicht blos der Name desselben, bei der Firmelung, bleiben soll, die ich ihm zu geben gedenke: nur wenn? weiß ich noch nicht. Da ich immer mehr meine hiesige Situation, den Genius dieses Orts, u. meine eigne Projekte kennen lerne: so mehren sich meine Arbeiten, meine Einsichten, u. meine Melankolien: es ist ein elend, jämmerl. Ding um das Leben eines Literatus – u. insonderheit in einem Kaufmannsort; ein
    Prophet
sagt wohl freilich immer: dies ist die
    Last
über
    Tyrus
; – aber dazu wird auch wirklich die Myopie eines Philosophen erfordert um diese Last nicht zu sehen. Ich suche also, mein Amt abzuwarten, u. nicht zu singen, sondern zu arbeiten. – Die Anmerkungen, die Sie über meine Schreibart, säen, sollen auf ein gutes Land fallen, nur hören Sie, was ich dagegen habe. Ich weiß, Sie nehmen das Wort Styl so, als Winkelmann das Wort
    Geschichte
nehmen will, u. darauf antworte ich, wenn man von sich selbst urteilen kann, oder soll, oder will: Ich, und mein Stil selbst bin noch immer unreif; ein pomum praecox zu einem Amte, zu einer Schulstelle, zu einem
    gesezten
Umgange u. Stil.und Meine ganze Bildung gehört zu der wiedernatürlichen, die uns zu Lehrern macht, da wir Schüler seyn sollten. Haben Sie Mitleiden mit mir, bester Freund, daß mich das Schicksal in einem pedantischen Mohrungen hat geboren werden laßen; daß ein
    einseitiger
Trescho meinen ersten Funken weckte, daß ich in Königsb., mit dem Zepter des Korinthischen Dionys mir meine Galgenfrist zu studiren habe erwuchern müßen. Hätte ich außer einem Kant
    noch Pedanten
hören können, die meine Hitze hätten abkühlen, u. mir
    Schulmethode
hätten lehren sollen; hätte ich durch dasen Umgang mir den Weltton angewöhnen können; hätte ich mehr Uniformes mit der Universität, u. dem Gros meines Stabes angenommen: so würde ich vielleicht
    anders
denken, aber auch nicht dasselbe denken. Ein siebenmonatlicher Embryon muß viele Nachbildung u. Wartung haben, ehe er sich zur Luft der Menschen gewöhnet, u. ich gestehe gern, daß ich das Phlegma eines homme d’esprit, noch gar nicht mit dem Enthusiasmus des
    Genies
zu verbinden weiß. – Meine Studien sind wie Zweige, die durch ein Ungewitter
    mit einemal
ausgetrieben worden: mein Gedichte gehören zur Zeit des hohen Stils, der sich mit plötzl. aus dem Chaos emporschwang, u. die Gratie noch nicht kannte: aber wißen Sie auch, daß ich noch nicht im Alter der
    Reife
, sondern der
    Blüthe
bin: eine jede hält eine ganze Frucht in sich, aber viele fallen freilich auf die Erde. Wollen Sie an einem jungen Baum lieber abschreiben abschneiden,als oder einpropfen. Spornen Sie mich also an, vieles zu entwerfen; nichts aber, als Autor vor die Ewigkeit ausführen zu wollen: es kommen immer Jahre, da unsre Augen nicht mehr zeichnen, sondern ausmalen. – Stellen Sie sich meine Pein vor, die ich haben muß, um einen Gedanken auszubilden, zehn jüngere zu verlieren; u. hingegen die
    Zeugungsbrunst
eines Schriftstellers, der was er
    säet
, Menschen, u. was er schreibt,
    Gedanken
werden sieht. Ein Jüngling wird blos
    Vater
,
weil um sein selbst willen, weil die Brunst des Thiers ihn treibt; u. erst einen Greis muß seine junge Gattin zu diesem Liebeswerke anfeuren, daß er sich dadurch bei der Nachwelt verewigt. Ich mag mit Kalibanen des Shakespears, oder mit Puppen die Welt bevölkern, ich will nicht umsonst Mann seyn – Gnug von mir dem Schriftsteller – denn ich glaube doch nicht, daß Sie mich den Briefsteller, beurteilen – noch 2. Worte von mir dem Scholastikus, u. einem
    Collaboureur
des hiesigen Gottesackers. Hier Sie kennen mich zu wenig von dieser Seite; indeßen wenn Ihre Lection irgendwo gilt, so gilt Sie hier dreifach, wo man die lose Kunst, die Sie anstechen, gleich jener hält, Linsen zu werfen; u. wo man alles mit Maas, Zahlen, u. Gewicht mißt, selbst in denen Wißenschaften: Sie sehen, daß ich an einem solchen Orte, meiner Lieblingsseite eine Lähmung des Schlages anwünschen muß, um mit der andern zu arbeiten. Die Amazonen brennen sich die Brust ab, um zu fechten – Sie sehen aus dem ganzen Ton dieses Briefes, daß ich jetzt eine zu unruhige Laune habe, u. gar zu sehr mit mir beschäftigt bin, um so gleich von Ihrem so treuen Beitrage Trauben lesen zu können u. ich lege den Brief in das heilige Archiv meiner Grundriße u. zu Projekte, um wenn meine ganze Seele lebt, ihn zu genießen. – An Neuigkeiten bin ich arm; ich habe den
    Windheim
bis zum Eckel durchgelaufen, was die Prakt. Phil. anbetrift, u. wünsche bei Muße, u. Geist:
    Michaelis
von der Sünde:
    Baile
über die Worte: nöthige sie herein zu kommen;
    Premontval
vom Hazard u.
    Reinhard
über die Freiheit zu lesen. Wißen Sie etwas beßers hierin so sagen Sie es mir, liebster Freund! Sie fahren noch in ihrem Stöhnen fort; unglücklicher Hamann! wozu wird uns der Himmel machen. Thun Sie, was Ihnen ihr Genius sagt, wählen Sie aber dazu nicht einen κακοδαιμων. Gehts drauf los, so strecke beide Hände nach Ihnen aus, mein Freund, u. bleibe bis zu einem baldigen Briefe Ihr Herder. ici – a present. Da mir alle Lust zu schreiben vergeht: so lege eins meiner Gedichte bei; ich glaube, es wird mehr ein Ganzes seyn, als meine vorigen. Inlage bestellen Sie doch, bester Freund auf die Post
Mitau den 21/10 Novbr 66. Liebster Herder, Ich habe eben so öfters Ihre freundschaftl. Zuschrift in Gedanken beantwortet als Sie an mich in Gedanken geschrieben. Da ein gewißer Impulsus zu meiner Thätigkeit gehört: so erhalt ich diesen Augenblick Kraft dazu. Ich nehme an Ihren Klagen Antheil und Patz ist Zeuge davon, daß ich Ihren Brief mit aller Sympathie, die Freundschaft und Schicksal geben können, gelesen habe. Jetzt findt sich unvermuthet ein Vorfall, wo ich mich Ihrer erinnert habe, wie Pharaos Mundschenk seines Mitgefangnen Josephs. Ich werde unverdienter Weise in eins der besten Häuser von Curland für einen Hofmeister – zu dieser Stelle aufgefordert. Wenn es möglich ist, so entschließen Sie sich aus Liebe für mich und Sich selbst. Herr von Szoege von Blanckenfeld, wo Lindner gestanden bey seinem Bruder, deßen Hofmeister er gewesen, ist der Mann, der alles mögl. thun will meinen Einfall Ihnen angenehm zu machen. Da Ihre Gesundheit und Gemüthsruhe bey Ihrem gegenwärtigen Posten leiden, und ich eine Aenderung als das einzige Hülfsmittel für Sie für nöthig halte: so melden Sie mir, ob es Ihnen möglich seyn wird dort loszukommen. Der junge Herr ist von 13 Jahren und hat einen jüngern Bruder, der den Anfang unter Ihrer Aufsicht machen soll. Eine Verbindung wo Sie Ihre Absichten zu reisen erfüllen können ist also hier abzusehen; und soviel ich von der Physiognomie und der Genealogie des Hauses verstehe, haben Sie keinen undankbaren Grund und Boden. Herr von Szoege ist ein Mann der seinem Hofmeister beßer als seinem Sohn und Bruder begegnet, und beyde der erstern Verhältnis aufzuopfern im Stande ist. Sollte es Zeit kosten zur Ausführung Ihres Entschlußes; so wird es wohl der Mühe lohnen auf Sie zu warten – wenn Ihr Wille nur genehmicht. Das Landleben, die Muße deßelben, und andere Vortheile, deren Sie bey Ihrer gegenwärtigen Verfaßung entbehren müßen, werden allen Ihren gegenwärtigen Bedürfnißen abhelfen. Gesundheit und Muse wird dabey gewinnen. Kurz ich würde diesen Antrag gar nicht wagen, wenn ich nicht hoffen könnte, damit bey Ihnen so gut zu bestehen als in Ansehung des Hauses, wo man mir eine Stelle einräumen und aufdringen wollen. Es kommt blos auf die Entschließung an, ob Sie eine vorteilhafte Veränderung Ihrer gegenwärtigen Umstände unternehmen
    können
und
    wollen
. So bald ich – und dies in aller mögl. Eilfertigkeit – Ihre Antwort und männl. Erklärung darauf erhalte: so überlaßen Sie mir das übrige, und wenn Sie in Ansehung des Gehalts ppp. Bedingung vorzuschlagen haben: so melden Sie mir Ihre völlige Neigung darüber – als ein Freund ins Gesicht des andern Freundes. Hierauf erwarte Ja Ja oder Nein – wie Hans zu Grethe und sie zum Hans – Herr Pastor Ruprecht ersucht mich Seiner gleichfalls im Brief zu gedenken und seine Wünsche Sie zum Nachbarn seiner Selbst und seiner Freunde zu haben mitanzuführen. Daß es Ihnen in Curland leichter werden möchte mit Ihren Absichten die Landessprache zu erlernen und ein festeres Etablissement zu erhalten, will ich nicht erwähnen. Ich umarme Sie und bitte um eine promte Abfertigung. Muß schließen, weil ich HE von Szoege selbst erwarte, ohngeachtet ich Seinen Besuch verbeten habe. Meine gantze Anfrage gründet sich auf die Freundschaft, mit der ich der Ihrige bin. Hamann.
Mein liebster H. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, für den Antheil, den Sie an meinem Mißvergnügen nehmen, und fühle es bei diesem Vorfall recht sehr, was es heißt, einen wahren Freund haben. Ich hätte also in eben dem Feuer, in welchem ich Ihren Br. las, Ihnen so gleich geantwortet, wenn ich nicht Freit u. Sonnab. Nacht hätte schlaflos zubringen müßen, einer Predigt wegen, die ich Sonntag früh gehalten muste, als ein Werk der Nothwendigkeit. Entschieden war die Sache so gleich im Lesen u. jeder Augenblick Bedenkzeit hat diesen Entschluß bestärket: daher ich ihn jetzt mit der Freiheit schreibe, so wie ich ihn mit Vestigkeit faße. Wer nicht vorwärts gehet, geht zurück: m. l. H. Diese Warnung verbeut mir eine Veränderung die Sie mir mit so vielem freundschaftl. Eifer empfehlen. Ich nehme mir alsdenn muthwilliger Weise das einzige Gut, das ich habe:
    Freiheit
, und
    Unabhängigkeit
, und das ich jederzeit so hoch geschätzet, daß ich, ohngeachtet aller drückenden Bedürfniß auf der Akademie, vor jedem Privatengagement gezittert. Ich weiß, was man mir hierauf antworten kann, allein eine Empfindung, die so tief eingewurzelt ist, sollte es sie auch Vorurtheil seyn, läßt sich nicht durch eine Induktion heben, die doch selbst blos wahrscheinl. u. trügl. bleibt. Hier bin ich doch wenigstens vest und sicher, wenn nicht unter dem Schatten des reichen Fruchtbaums, so doch des friedl. Ahorns. Hier hängt mein Beifall von vielen ab, dort von einem einzigen und meine Zufriedenheit ist so viel unsicherer. Meine vornehmste Beschwerden werden nicht vermindert: hier
    viele
Arbeiten, die mich blos drücken, weil sie nicht für mich sind; dort bin ich in den Arbeiten noch fremder: hier
    Neider
, und verläumderische Bösewichter, und elende Tröpfe – die alle jauchzen, wenn sie mich so weit gebracht sähen: hier das Unglück unter einem w Kerl wie Schl. zu stehen; dort, ein unbekanntes Loos – das noch will ich ein Jahr warten, und denn breche alles! – 3. Jahre habe ich mir und Riga versprochen, die will ich halten. Hoffnungen sind dort keine: und hier verkürze ich alle die meinigen. Nach 3. Jahren auf Reisen – Gott! welche lange u. ungewiße Zeit; lohnt es um so eine Rahel, so lange zu dienen, um nachher einen Korb zu bekommen. – Die Lettische Sprache – ich hätte sie hier längst anfangen können, wenn ich zu irgend einer Sache in der Welt Lust hätte, u. Dorf Past. zu werden, noch am wenigsten. – Ich fühle es, die äußere Ruhe auf dem Lande würde blos Quaal seyn, und schleichendes Fieber. Noch will ich mich lieber winden u. seufzen, und mich mit mir selbst quälen, und leiden und ausdauren: es muß ein Stoß kommen, der mich hebt, und fortschleudert. Uebrigens schäzze ich alle Ihre Mühe u. Freundschaft: die unverdiente Güte des HErn Past. Ruprechts und die äußerlichen guten zuvorkommenden Empfehlungen des Hauses selbst. Nehmen Sie m. Fr. diesen Wink selbst an, sehen Sie ihn als ein neues Jubiläum ihres Lebens an, das von dem Tode Ihres Vaters abhängt anfängt. Hüten Sie sich alsdenn nur vor ihrem Rückfall in eine alte Laune die sich selbst nicht brauchen will: so werden Sie daselbst glücklicher leben, als ich. Um mich bemühen Sie sich nicht weiter, mein liebster alter Fr.; ich Hans Gottfr. Herd. sage Nein! Sie sehen aus diesem ganzen Briefe, daß ich in einem Zustande bin, den kein Ort verändern kann – wer ist sich je entflohn. Ich habe gestern eine halbe Nacht in einer kläglichen Gemüthsfaßung zugebracht, die ich meinem Feinde nicht wünsche: bis zum Stampfen und Weinen; nur das
    lezte
kann ich nicht. Laßen Sie sich diese Worte unter uns bleiben; mein Kopf möchte mir springen: alles ist mir zuwider. Von meinem Vikariat bin ich seit Montag frei: Predigten werde ich nicht mehr annehmen dörfen weil
    ein
Pred. schon beßer wird. Müßte ich nicht meine Privatconnexionen unterhalten, weil ich auch in dieser trübseligen Zeit (die ich aber zu verbergen suche) mehr Freunde gefunden, als vermuthet: so würde ich alles quittiren u. leben wie ein einsamer Vogel auf der Domschule. Ein Paar Wochen denke ich zu mediciniren, etwas, was mir im Ernst hochnöthig ist, und alsdenn mich wie Achill auf den Schiffen von Phthia in der Stille zu erholen: wenn mein Auge sich nicht beßert: vielleicht meine Seele! – Ich umarme Sie, m. guter lieber H. u. bin ewig IhrH. Adresse:
à Monsieur / Monsieur
    Hamann
/ homme de lettres / à /
    Mitow
/ Francò /
    bey HErn Hofrath / Tottien
.
Mitau den 22 Xber 66. Herzlich geliebtester Freund, Ueberbringer dieses giebt mir seinen Pult, um Ihnen ein Paar Worte darauf zu schreiben. Erwarte mit ihm das mir zugedachte Exemplar Ihrer Fragmente, und wünschte wenn Sie zugleich eins für meinen Wirth beylegen könnten. Ich zweifele nicht, daß Sie mir im Grund des Herzens recht geben wenn ich mich jetzt weder zu denken noch zu urtheilen noch zu schreiben unterstehe. Vielleicht wird Ihr Period mit meiner Crisi einen gleichen Termin haben. Eine Kleinigkeit fällt mir ein, worüber ich mir einiges Licht wünsche. Sie und Moser denken an einen
    Marcellus
,
den ich gar nicht kenne. Erklären Sie mir doch diesen Namen, wo er zu Hause gehört. Alles ist noch beym Alten mit mir. Ich erwarte des HE Hofraths Ankunft um eine Nothfahrt nach Preußen zu thun, werde aber mich noch vorher mit Ihnen in Riga letzen. Sie und unser Hartknoch werden die Last unter sich theilen, wenn ich an statt Tage Wochen lang bleiben sollte. Unser Freund Patz, mit dem es auch schon auf das äußerste kommen war, und der aus Verzweifelung Gott weiß nicht was werden wollte, ist jetzt nicht nur geborgen sondern auch im Begriff sehr glücklich zu werden, und beynahe glücklicher als es seine Constitution aushalten kann. Ein erwünschtes Pastorat und die reichste Erbin in Mitau, ein stilles, sittsam erzogenes und musicalisches Mädchen, die einzige Tochter sehr gutgesinnter Eltern, die in ihren künftigen Schwiegersohn eben so verliebt sind, als er in sie. Ich habe vor Ihrer Antwort und Erklärung die Thorheit meines neul. Antrages an Sie erkannt. – – – HE Prof. L. hat mir neulich geschrieben, daß Ihre Samml. in Berlin viel Aufsehen machte. Ich wuste damals noch nicht, daß selbige die Preße bereits verlaßen hätte. Werden die übrige Theile auf Ostern oder später erscheinen? Alles übrige mündlich. Vergnügte Feyertage und Glück zum Neujahr. Ich bin IhrHamann. Schicken Sie doch wenigstens den Pygmalion zurück. Meine Bücher sind schon eingepackt. Wird HE Berens bald aus Petersburg erwartet? Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Herder / Candidat du St. Ministere / et Collegue vicaire du College / Cathedral / à /
    Riga
.
    par ami
Ich wollte Ihren Brief unbeantwortet laßen, da er nichts merkwürdiges enthält, was nicht durch Steidel von mir mündlich könnte beantwortet werden; allein weil ich einer melancholischen Laune bin, wo mir die ganze Welt dunkel vorkommt, so kann ich doch nichts beßers thun, als einen Brief schreiben, wie ohngefähr der Ihrige ist. Daß Sie über die Fragmente mir gar nichts geschrieben, ist unverzeilich. – Ich habe einen sehr höflichen Brief von Nikolai bekommen, in welchem er mich zum Mitarb. der Allg. D. Bibl. einladet, Schmeicheleyen und Entschuldigungen schreibt u. mir
    Hamannischen Cant
vorwirft. Den Brief können Sie selbst sehen, wenn Sie herkommen. Ihr Ex. auf Schreibpap. bekommen Sie; für Tottin nehmen Sie ein andres aus Mit. ich habe keine mehr. Auch hier machen sie, die lieben F., mehr Aufsehen, da ein ungütiger Zufall, die Nachricht hieher gebracht, daß ich der Verf. sey: welches ich aber ganz leugne. Der Ueberbringer dieser Nachricht hat S sie aus Kön. u. ich möchte, allen dieen müßigen Marklosen Schwäzzern, Lindn. Scheffn. Hipp. ppp alle insonderheit Kantern ein großes Kellerschloß an den Mund wünschen. Bei solcher Lage entgeht mir der Muth zu schreiben, da mir Verborgenheit u. Freiheit fehlt: auf Ostern kommt blos das 3te Fragm. heraus, u. wer weiß schreibe ich das 4. 5. u. 6. je. Im 3ten sind meine vornehmsten Stücke: 1) unsre Erziehung u. Gelehrs. hat zu viel lateinischen Geist: 2) Kritik über unsre Horaze,
    Raml
.
Klopst., Uz u. Lange 3) vom Lukrez. Lehrgedicht: Plan zu einem Gedicht über die Seele (zu dem ich lange Versuche gemacht) 4) von der horazischen Satyre: Fragen über eine gegebne Theor. d Litt. Br. 5) haben wir Cicerone:
    sollen
wir sie auf der Kanzel haben (dies St. werde ich auslaßen müßen). 6) von der Gallikomanie in den Comödien(: werden wir je eine komische Bühne bekommen 7) vom brittischen Geschmack in Trauerspielen 8) vom Lehrgedichte des Youngs u. Pope unter uns (dies ist noch nicht fertig Im 4ten sollte ein die Aesthetik 5) Philos. 6.) Geschichte seyn: das sind aber noch böhmische Dorfer in der Ferne. Kennen Sie den dreusten, kühnen Marcell nicht, den der langsame Fabius nicht bändigen konnte der stolze Triumpfirer in Rom, der Belagerer u. Erober. zu Archimedes Zeiten, den keiner als Hannibal überwinden konnte. Syrakus. Moser hat an ihn gedacht, blos von einer Nebenseite seines Karakters, daß er sehr aufmerksam auf Zeichen u. Wunder, auf nomina u. omina gewesen. Plutarch hat sein Leben geschrieben, u. wo ich nicht irre, ihn mit Pelopidas verglichen. Kommen Sie nach Riga, ich erwarte Sie mit offnen Armen, ich bin jetzt häuslicher, als vor dem Jahr, u. also mit Ihnen compatibler. Aber wenn Sie nach Preußen zurückflüchten: so lassen Sie mir doch die einige Engländer noch hier z. E. Shaftesburi, Shakesp. pp ich will Ihnen alsdenn ein ordentl. Verzeichn. u. Handschrift geben daß ich sie habe, die ich schon hier habe, mitbegriffen. – Ich erinnre mich daß Sie ein Brownisches Selbstgespr. übersezt haben, lassen Sie mich doch dies nutzen. Haben Sie Brownes Bemerk. über die Characteristiks so geschieht mir ein Hoher Gefalle, weil Browne seinen Grundsaz vom Lächerl. beleuchtet hat. – Wenn Berens kommen wird, weiß ich nicht; zurückgeruffen ist er vor 3. Wochen. Sie werden Ihn nicht treffen, wie es scheint, u. ich habe wenig Muth zu ihm. Wünschen Sie Paz in meinem Namen von Herzen Glück Herder
Mitau den 9 Jan: 67. Herzlich geliebtester Freund, Sie erhalten die 6. Bände
    der
    Dodsleyschen Sammlung
. Und weil Sie
    Spence
und
    Muratori
auch von HE Hartknoch mitbekommen, so sorgen Sie daß diese beyden Bücher bey der Ostermeße nicht von unserm Freunde vergeßen werden. Ich verlaße mich gewiß darauf. Aus meinem Vorsatz Riga oder vielmehr Sie zu umarmen, zu sehen und zu genießen wird nun wol nichts werden. Ich stehe reisefertig und warte bloß des HE Hofraths Ankunft morgen, höchstens übermorgen ab. Ein Verzeichnis meiner dortigen Bücher bitte mir mit Ueberbringer dieses, auf deßen Pult ich abermal schreibe, zu übersenden. Mir ist zu Muthe, als wenn ich alle Augenblick den Fuß in den Schlitten setzen soll; habe Ihnen also nichts mehr zu sagen und zu bitten als Sie um Ihre Freundschaft und Ihnen die Unwandelbarkeit der Meinigen zu versichern. Leben Sie wohl und erwarten Sie mich beßer – – Von HE Hintz habe 3 Bücher, de Sibyllis, Vives und Martianus Capelladie ich alle 3 nöthig habe. Den mittelsten lese vielleicht unterwegs. Gott empfohlen – und alles mit einem Valetkuß in Gedanken versiegelt. H.
Kgsberg den 16 Febr. 1767. Liebster Herder, Ich habe Ihnen zum Neuen Jahr gewünscht oder mit dem Anfang deßelben geschrieben; erwarte aber wenigstens mit Ihrem Freund und Verleger eine Antwort, weil ich vermuthliche daß Sie an Ihrem 4ten Theil oder der neuen Auflage der ersten Theile Ihrer Fragmente fleißig seyn werden. Es deucht mir daß ich unter Kummer und Elende dick und fett werde und ich habe nicht ermangeln wollen Sie davon zu avertiren. Unser Directoire Provincial wird sich diese Woche aus der Junkergasse in das Billetsche Haus am Schlosberge verlegen. Der Chevalier de Mainvilliers ist dieser Tage nach
    Mietau
durch gegangen où sa mere l’a pondue wie er sich gegen unsern Freund L. ausgedrückt hat. Ein halb wahnsinniger Bettler, aber von der unschädlichen Art wenigstens hier gewesen. Ich hab ihn gar nicht gesehen. Unsere Bühne hat hier aufgehört und HE Lauson hier zurückgelaßen der Hoffnung hat bey unsern Bureaux de Plombage anzukommen. HE. Cammeradvocat Hippel hat ein neues Stück darauf geliefert das mit einer bittern Kritik an unsern Laternpfosten beehrt worden, die jetzt eben so witzig hier werden als die Klötze in Halle. Die neue Castigatio der Bibliothek der Schönen Wißenschaften wird dem Lindnerschen Lehrbuch den Boden ausstoßen und hat die Bestimmung meiner längst phantasirten Aspasie entwickelt, die wenigstens auf die Beredsamkeit zufolge Platons Gesprächen losziehen wird. Eine Leichenrede auf diejenigen Schriftsteller die auf dem Schlachtfelde der deutschen Bibliothek geblieben sind und einige Maulschellen für den Sokrates des deutschen Phädons würde auch vielleicht angebracht werden können. Bestellen Sie durch HE Hartknoch oder irgend einen Unbekannten Einlage bestens. Ich schmeichele mir daß Sie vor der Abreise Ihres Verlegers oder nach derselben einige müßige Augenblicke haben werden. Laßen Sie sich den Hohn der Kunstrichter nicht abschrecken mein alter Freund zu bleiben. Schicken Sie mir doch durch Hartknoch worum ich Sie so lange gebeten ein Verzeichnis meiner Bücher mit. Haben Sie auch ein Werk von
    der
    Aegyptischen Historie
in 2 Theilen französisch von mir. Ich weiß nicht ob ich es Ihnen oder HE Arndt gegeben. Ich habe es sehr lieb gehabt und es fehlt mir jetzt unter den Büchern die ich unlängst aus Curl. bekommen. HE. M. Kant arbeitet an einer Metaphysik der Moral die im Contrast der bisherigen mehr untersuchen wird was der Mensch ist als was er seyn soll; wenn sich das erste fügl. ohne das
    letzte im eigentl. Verstande
bestimmen läßt. Doch Sie werden mich so gut als Kant verstehen. Leben Sie vergnügt und zufrieden. Ich bin Ihr aufrichtig ergebener Hamann.
Kgsberg den 28 März 67. Herzlich geliebtester Freund, Den 25 Jan. kam ich hier an und fand in unserm Hause eine Leiche die im Begriff war zu verscheiden, neml. den seel. Zuckerbecker Nuppenau, den der Schlag am letzten Tage unserer Auction gerührt hatte; auf meiner Bücherstube aber eine junge frühzeitige Sechswöchnerinn mit ihrem Sohn – Hierauf die Häfen des Winters ein 14 Tag auf dem Lande genoßen – Meine übrige Zeit vergeht unter Warten und damit daß ich einer Theilung zusehe, von der mir blutwenig übrig bleiben wird. Bey solchen Umständen kann man sich der heidnischen u jüdischen Gedanken nicht entschlagen: woher nehmen wir Brodt in dieser Wüste? und womit werden wir uns kleiden? Unter diesen Dünsten benebelt läßt sich wenig edles, freyes, witziges denken. Wenn ich also heute an Sie schreibe, so geschieht es blos, Liebster Freund, um theils nicht gantz von Ihnen vergeßen zu werden, theils Sie an einige Kleinigkeiten zu erinnern, woran mir gelegen ist 1.) Erstlich sorgen Sie dafür, daß Ihr HE Verleger, unser Freund Hartknoch, das dem jüngsten HE Lindner gethane Versprechen erfüllt in Ansehung des Spence, und Muratori; davon der erste auf Ihr Verlangen Ihnen überschickt werden muste unter der Bedingung, daß die Remise davon aufs beste u sicherste besorgt werden sollte. Ich verlaße mich also gewiß darauf, daß diese beyde Bücher gut nach Braunschweig u ohne Kosten oder Schaden des Eigenthümers, der uns gedient hat, wird spedirt werden. 2.) Bitte ich mir ein schriftl. Verzeichnis aus von den Büchern, die mir gehören u die ich Ihnen zu Ihren Arbeiten communicirt habe. Besonders beding ich mir wegen der engl. aus daß Sie selbige nicht verliehren, und was Sie nicht mehr nöthig haben sollten, bey guter Gelegenheit an HE. Pastor Patz remittiren. Ich habe bereits vor meiner Abreise aus Curl. um eine genaue Specification gebeten, bitte daher nicht gar zu saumseelig zu seyn und erwarte eine pünctl. Erfüllung meiner WillensBitte von Ihrer Freundschaft, weil ich alle meine Sachen in Ordnung bringen u. einen beträchtl. Ausschuß meiner Bücher verkaufen will. 3.) Besorgen Sie doch bey HE George Berens einen wichtigen Defect in meiner Bibliothek entweder selbst oder durch Ihren lieben HE Verleger; neml. von Richardson’s Traité de la peinture von Tom. III.
    premiere partie
.
Er ist in groß 8. in türkisch Papier eingebunden geheftet, und ich habe schon neul. deswegen mit ihm gesprochen, weiß aber nicht, warum ich es nicht auf der Stelle mitgenommen. Es liegt da unter den Büchern u ist gleich kenntlich an seiner Größe u türkischem Bande. Ich verspreche mir gantz gewiß, daß HE Hartknoch so gut seyn und mir selbiges hieher mit bringen wird, weil die übrigen Theile hier sind. Werden wir eins oder 2 Stück von Ihren Fragmenten sehen mit dieser Meße? HE Steidel, dem ich unmögl. antworten können, meldete mir, daß Sie krank gewesen. – Wenn Sie durch HE Hartkn. wenigstens ein paar Zeilen an mich schreiben sollten, so geben Sie mir doch einige Nachricht von HE Secr. B. – auch so viel ich wißen darf von Ihren Verbindungen mit Nicolai. Laßen Sie Ihre alte Liebe und Freundschaft gegen mich nicht gantz erkalten. Wenn ich gegenwärtige Verwirrung werde ins reine gebracht haben und überstanden haben auch meine Möglichkeit absehen kann hier noch eine Zeitlang zu subsistiren; so erwarten Sie von mir beßere Briefe. Spiegeln Sie sich an mir u arbeiten Sie caute et sobrie. Ich umarme Sie und bin Ihr abgelebter Freund u DienerHamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Candidat du S. Ministere, Colle- / gue vicaire du College Cathe- / dral de et / à /
    Riga
. p. fav.
weil ich den 14. daß er sn Schwieger Eltern Gerechtigkeit wiederfahren laßen sollte, die ihr Wort beßer gehalten reichlich erfüllt hatten, indem Sie ihm eine reiche Ausstattung nach sm Wunsch bewirkt und ein Haus oben ein geschenkt, aber sich zum voraus bedungen hätten, ihn daß er an baarem Gelde nichts erwarten sollte; daß er hierauf selbst resignirt und sich mit einer Beysteuer seiner leiblichen Eltern geschmeichelt hätte, und von jenen nicht mehr so viel als jene Vertrauen fodern könnte, wenn der Erfolg zu zeigen schien, daß ihn Vater und Mutter verließen. Ich muste es lediglich dem Einfluß der Gestirne zuschreiben, daß ich unter dem 14 Mart. einen Brief erhalten, deßen Innhalt ich mich fürchtete eben so sehr scheute ihm mitzutheilen als darauf zu antworten, weil ich nicht nur Paulisch, sondern auch gut kephisch wäre, der Ananiam samt seinem Weibe Sapphira auf der Stelle exequirte. Daß ich ohngeachtet der Verwickelung meiner eignen Angelegenheiten das erste Drittel der ihm stipulirten Summe zusammengebracht hatte und Tag v Nacht für die Ausmittelung der noch übrigen ⅔ sorgen und wachen würde. Ich habe HochwolEhrwürdiger Herr, meinen Muth gekühlt,
    und wiederhole
gegenwärtig
komme zur Entwickelung uns. Mißverständnißes vom 14 März das wie ein Stein meinen schwachen Magen gedrückt meine friedfertige Vorschläge, deren Erfüllung ich unter göttl. Hülfe redlich zu halten denke. Da Donationes immer in fraudem legis geschehen, v man seinem Vaterlande und sr Familie Pflichten schuldig ist; da in der Erwartung männl. Erben ein künfftiger Fonds zu ihrer Erziehung immer sehr zustatten käme, und die Gesetze des Königs theils den Ausgang des Goldes theils verbieten, theils schmälern: so bin ich immer meinem Freunde anräthig gewesen auf die Erhaltung seines spät zu erwartenden ganzes Erbes in seinem Vaterlande sein Augenmerk zu richten. Da man ferner mit einem Darlehn beßer wirtschafften lehrnt als mit erschlichnem Geschenk, und meinem Freunde bey sn jetzigen Verlegenheiten wirklich an einem Capital gelegen ist zu einer nothdürfftigen Einrichtung. Ich so erwarte also von Ew. HochwolEhrwürden Freundschafft nichts als eine hinlängl. Caution oder Obligation auf die unter meinem Montag nach Sexages. stipulirte Summe, und Sie haben weiter keine Sorge weder für Zinsen noch Geld nöthig; weil ich meine Sicherheit blos auf einen solchen Fall verlange, der mir eben so schmertzhafft als der Verlust meines Cap Gelde von dem kleinen Vermögens seyn würde. Mein Freund zahlt mir die jährl. Interessen, und nach Gemächlichkeit seiner künfftigen Wirthschafft v Umstände das Capital, wenn ihn Gott erhält. Sollte Gott mirch eher aus dieser Welt winken, so würde in diesem Fall auch als ein Freund da für ihn sorgen, daß ihn seine Freundschafft nicht im Grabe so wenig als gegenwärtig über demselben gereuen sollte. Da in Curland keine Capitale als zu Johannis zu haben sind, weil dies der allgemeine ZahlTermin ist v man außer demselben sehr nachtheiligen Bedingungen ausgesetzt ist; da gewiße Umstände und Verwickelung, deren Umfang Beschaffenheit ich nicht beurtheilen kann, ihn dem Verdacht v Mistrauen seiner Schwiegereltern ausgesetzt haben: so ist seine Verlegenheit, die durch eine fruchtbare Einbildungskrafft vielleicht vergrößert seyn mag, sehr natürl. und es geschieht ihm durch ein ehrliches Darlehn ein reellerer Dienst als durch ein illegiti nicht gar zu rechtmäßige Verschenkung, die ihm künfftig höher angerechnet, zur Last gelegt werden v zum Zankapfel dienen könnte. Durch meine Vermittelung bleibt das Capital eventualiter im Lande, und ich genieße aus sr. Hand die Zinsen davon. Blos auf einen solchen Fall für den mein Freund besorgt ist, und den ich gleichfalls als Mensch und Freund befürchten muß, habe ich eine Caution nöthig, die mich gewißermaaßen schadlos hält für meinen guten Willen. Ew. HochwolEhrwürden können übrigens versichert seyn, daß von Ihrer Obligation niemals weder von mir noch sonst jemand irgend ein Gebrauch gemacht werden soll, als im obgedachten Fall, der blos von der Vorsehung abhängt. Sie werden hiedurch aller Sorgen so wol, selbst Geld zu verschaffen, als die Zinsen dafür zu bezahlen, überhoben; und werden die unter uns abzumachende Bedingungen immer den Gesetzen der Billigkeit v Freundschafft gemäs zum voraus setzen. Zu Ihrer mehrigen Beruhigung kann noch hinzufügen, daß unser gewesene Lehrmeister und bisheriger Beichtvater HE Kirchenrath Buchholtz unser Curator ist, ohne deßen Bewußtseyn nichts geschehen kann noch soll. In der guten Hofnung, daß Sie kein weiteres Bedenken tragen werden sich durch die eine väterl. Herunterlaßung zu den Vorschlägen und Verlegenheiten Ihres Herrn Sohn meines Freundes sich zugleich um die
    Zufriedenheit
Ihrer guten Schwiegertochter, und um das Vertrauen ihrer ehrlichen Eltern verdient zu machen, zur Legitimation meiner Unterhandlungen, ohne Ihren Schaden, verdient zu machen zu meiner und meines Freundes Beruhigung ohne die geringste Gefährde und noch Mühe von Ihrer Seite, wünsche ich von Herzen, daß Gott Ihre Gesundheit zur Feyer des bevorstehenden Festes stärken, und Sie mit dem geistl. und leibl. Seegen deßelben als ein reicher Vergelter des Glaubens v der guten Werke besonders solcher die ohne Verlautbarung und Ingrossation unter Christen und Freunden abgemacht werden können, beseeligen wolle, der ich nach kindlichster Ergebenheit an unsere liebe Martha, mit herzlicher Ehrerbietung ersterbe Ew HochwolEhrwürden hellenistischer Sohn und Diener Johann Georg Hamann.
den 2 Marz 67. Ew. H. freundschafftl. Zuschrifft vom 25 paß. ist mir gestern durch HE Sohn eingehändigt und ersehe daraus mit wahrer Zufriedenheit den Fortgang Ihrer Erholung v Genesung die Gott vollführen wolle. Dero Anerbietung mir die vorgeschoßene v auf ausgestellte Assignation baar bezahlte 1000 fl. in wenigen Monaten
    auf einem Brete
zurückzuzahlen, nehme allerdings an und erwarte daher zu gehöriger Zeit die mir zugestandne v anerbotene Berichtigung. Mich mit Commißionen von Meubles abzugeben ist mr. Einsicht v Neigung gäntzl. zuwieder, weil ich bey meinem Beruf bleibe. – Mit meinem Dixi v liberaui animam meam ist folgl. alles übrige aufgehoben v an nichts weiter zu denken als daß ein jeder für sich selbst sorge. Ew HochwolEhrw. können also dafür sicher seyn daß ich wirklich mein Wort halten werde Sie eben so wenig mit Assignationen als monitis ferner zu beunruhigen, und ich lebe der Hofnung, daß Gott einen Mann der in einem guten Officio steht, berathen v sätigen wird, ohne daß sein Nächster sich weiter um ihn bekümmern mag. An diesem Wort unterscheiden sich von je her die Priester v Leviten von den Samaritern. Ew. HochwolEhr. verdenken es mir nicht, wenn me. Denkungsart v Geschmack sich zum Vorteil der letzteren erklärt und über die Nothdurft
    im Leibl
. mit keinem
    Geistl
. sich einläßt. Nach meinen besten Empfehlungen an Dero Fr. Gemalin habe die Ehre mit aller Aufrichtigkeit zu verbleiben
Kgsberg den 10 Jun. 767. Liebster Freund, Eben verläßt mich unser ehrl. Hartknoch und so spät es ist, schreibe ich gleichwol noch an Sie. Die Nachricht von Ihrem Ruff in den Weinberg hat mich sehr erfreut und ich wünsche Ihnen Glück dazu. Ihr Herr Verleger hat mir den dritten Theil Ihrer Fragmente versprochen und Sie werden so gut seyn ihn daran zu erinnern, daß er sein Wort erfüllt, ein Exemplar auf Schreibpapier, und nicht vergißt das Kupfer des Sterne einzulegen; weil dies zu meinem kleinen ameublement unumgängl. nöthig ist. Sie können leicht erachten, wie ich hier lebe und die Verlegenheiten die aus der Lage meiner Umstände, welche Sie genau genug kennen, natürl. Weise haben erfolgen müßen. Der Niederträchtigkeit u Habsucht meiner Verwandten ausgesetzt
    such
ich nichts als einen nothdürftigen Unterhalt und einen Raum mich ihrer Nähe zu entziehen. Ich habe daher eben so sehr aus Verzweifelung als Wahl und Geschmack mich bey der gegenwärtigen Accise Regie oder Direction mich zu engagiren gesucht, und den 25. May mich daselbst auf die Probe gegeben für einen Monath. Der gegenwärtige Directeur Mr. Magnier ist ein liebenswürdiger Mann für mich. Ich hatte mir Staat auf 25 thlr. den Monath gemacht; werde aber Gott danken müßen, wenn ich 15 bekomme. HE. M. Kant u Geheimen Commercien Rath Jacobi habe diese Versorgung zu danken. Mein Väterliches wird mir kaum die Interessen von 250. fl. einbringen und ich werde durchaus genöthigt seyn mit meinem Bruder gemeinschaftl. Wirthschaft zu führen seinet und meinetwegen, wenn ich bestehen will. Doch gnug hievon. Ich zweifele sehr, daß Sie mit der Göttingschen Recension im 38sten Stück dieses Jahres zufrieden seyn werden. Ob noch eine vorhergegangen weiß nicht. Was Ihre καλοκαγαθια anbetrifft, so habe nach der Hand 2 entscheidende Stellen im Aristoteles gefunden, die ich jetzt nicht anweisen kann, weil es Nacht ist, aber die mir Anlaß gegeben haben Ihre Fragmente über diesen Punct nachzulesen und ich befürchte, daß Sie bald selbige strenger als das Publicum beurtheilen werden. Ich beschwöre Sie nochmals bey aller der Freundschaft die Sie mir schuldig sind, daß Sie mir meine anvertrauten Bücher aufs heiligste in Acht nehmen u was sie nur können mir wieder durch HE Hartknoch zu übermachen suchen, besonders Engl. u. Griech; weil ich beyde noch zu brauchen denke. Des Moses Mendelssohns Vorrede zum Phädon habe eben durchgelesen und denke immer daß selbige schöner geschrieben als gedacht ist. An meinen alten Freund HE Secr. Berens denke auch eine Beyl. Ihnen anzuvertrauen, und einige Bücher durch ihn zu erhalten. Ich hoffe daß Sie so gut seyn werden Sie mit den Ihrigen zu besorgen. Sie werden aus Curl. einen Catalog erhalten, deßen Austheilung Sie so gut seyn werden auch zu übernehmen. Sollten sich Commissiones finden; so bitte mir selbige nebst angesetzten Preisen anzuvertrauen. Der Verkauf möchte vielleicht 8 oder 14 Tage später als das angesetzte Datum vor sich gehen. An das Publicum, liebster Freund, ist nicht eher zu denken biß ich mit mir selbst u dem Meinigen fertig bin, weil sich doch die Χstl. Liebe nach dem alten Sprichwort von sich selbst anfängt; unterdeßen hoffe ich doch noch immer den Moses Mendelssohn u – – – ihre Extreme mit meinem T. einzuholen. Denn Sokrates der mit Plato unzufrieden war u den jungen Mann schalt, würde das jüdische Eloge academique vielleicht eben so wenig billigen als Sie die Recensionen der Kanterschen gelehrten Zeitung signirt Ad. Vergeben Sie mir, liebster Freund. Ihr Herr Verleger hat mir die Last von einer Bouteille Bischoff gantz allein überlaßen und sie hat mich übermannt, daß ich die Buchstaben die ich ziehe, selbst nicht lesen kann. Ich bin mit dem besten Herzen und dem schlechtesten Kopff unter dem Mond, wenn es Tag war, würd ich im Gleise der Sprache bleiben Ihr alter aufrichtiger Diener u Freund Hamann. Seyn Sie so gütig Einlage zu bestellen, in der ich um einige französische Bücher bitte um der Sprache wieder mächtig zu werden, der ich gantz entwöhnt bin; und mich besonders zu meinem Fach zuzustutzen. Denken Sie doch bey der Gelegenheit an den mir fehlenden Theil des Richardsonschen Traité de la peinture et Sculpture. Winkelmanns Schriften möchte auch gern alsdenn wieder zurück haben um selbige binden zu laßen weil ich die übrigen Schriften hier noch dazu gekauft. Leben Sie wohl.
Kgsberg den 29 Julii 1767. Geliebtester Freund, Ich habe Ihnen durch HE Hartknoch geschrieben und mahne Sie gegenwärtig um eine Antwort. Ungeachtet ich nichts von Ihrer gegenwärtigen Verfaßung weiß, sehe ich es doch für eine freundschaftl. Pflicht an Sie mit der meinigen zu behelligen. Ich lebe den gantzen Tag wie im Pfluge und habe außer einem schweren Beruf, den mir aber ich weiß nicht was für ein guter Instinct versüßet, allerhand Nebenarbeiten die mich aber noch immer vom Zweck abhalten, nemlich dem Genuß wenigstens einer ruhigen Stunde für mich selbst unter 24 oder 12 die zum Tage gehören. Nachdem ich die mühseel. Auctionstage vom 13—16 huj. überstanden, bin ich mit Posttagen so überhäuft worden, daß ich das Ende meiner Expedition gar nicht absehen kann. Ich habe das gantze Inventarium noch einmal nachrechnen müßen, weil unser alte Betrüger von Notar um ein paar 100 fl. zu kurz gekommen; diese Woche den litter. Brunnen angefangen, der mich nöthigt um 4 Uhr des Morgens aufzustehen und wie ein Gespenst sans rime et raison herumzuwandern um mit der grösten Ungedult die Caffeestunde um halb sieben abzuwarten, daß ich meine Exercitia wieder anfangen kann. Jetzt quält mich die Verlegenheit Stuben für mich zu finden, wozu ich heute Hofnung erhalten aber auch noch im ungewißen bin, – und endl. die Aussicht einer eignen kleinen Wirthschaft und Heerdes. Daß sind andere Fragmente, liebster Herder! als Ihre, unterdeßen soll auch die Reihe an Sie kommen. Ich erwarte unserer alten Freundschaft und der Ordnung wegen den dritten Theil von gleichem Format mit den ersten durch HE Hartknoch nebst dem Kupferstiche des Sterne zu meinem künftigen Ameublement. Man hat Sie mit vielem Pomp in der Bibliothek angekündigt u HE Kanters Nachrichten von Ihrem auswärtigen Ruffe sind mir dadurch wahrscheinl. geworden. An statt Ihnen Glück zu wünschen beklag ich Sie beynahe; und Sie werden gewis der erste seyn über einige Kleinigkeiten zu lachen. Die Königsbergsche Recension hat HE Kriegsrath Schäffner in Gumbinnen zum Verfaßer. Mich wundert anstatt einer anderen Anmerkung nicht den entsezl. Abfall des Endes zum Anfange dieses Theils bemerkt zu haben, der gar zu merkl. in alle 5 Sinne fällt. Der Anfang ist wenigstens so geschrieben daß Sie würkl. in einem gantz entgegengesetzten Verstande um 10 Jahr scheinen zugenommen zu haben an Alter Weisheit und Verstand für den Apoll und das Publicum. Sie sehen hieraus, daß ich genascht habe und die Zeit nicht abwarten können Ihr eigen Exemplar zu erhalten. Lindner wünscht sich sehr Ihre Uebersetzung von der Parallele des Tragiques, von der wir heute geredt haben. Wird was daraus. Ich habe an HE B. geschrieben und eben so wenig Antwort von ihm als Ihnen erhalten – – populus – sibilat ac ipse plaudo mihi. Heist es nicht so ungefehr? Ihr lieben Leute! seid mir noch alle zu jung, daß ich mich für euch fürchten sollte. Ich mahne Sie nachdrücklichst um meine Bücher oder wenigstens eine gewiße Ordnung darüber mit Ihnen abzumachen und thun Sie Ihr Bestes ein gleiches bey HE B. auszuwürken. Ich denk selbst eine Beyl. an ihn einzulegen. Klotzens Recension habe gleichfalls gelesen aber wie alles fugitiuis oculis. Sie haben Ursache gehabt die Nachschrift dieses Theils mit Verdruß gedruckt zu sehen. Das Publicum ist freylich une bete, aber immer von feinem Geruch und man muß sich niemals gegen selbiges merken laßen daß man gegen sein eigen Urtheil ein Mistrauen hat. Mich wundert daß Sie eben so wenig als die Litteraturbr. an des Strasburgschen Nicolai Elegien gar nicht gedacht haben; da wir wie ich nicht anders weiß uns darüber einige mal unterhalten; mit Ihnen oder Hintz. Gemmingen scheint auch gute Proben zu Elegien geliefert zu haben. Ich habe die nichtswürdige Grille gehabt einen unförml. Auszug einer engl. Apologie die den Sterne zum Verf. haben soll in die Kgsbergsche Zeitungen einflicken zu laßen und wollte mich auch schon an den Phädon machen, den ich ungefehr eine Stunde mit der Urschrift verglichen; aber ich bin zu feig und zu schwach und jetzt zu gewißenhaft mich um Allotria zu bekümmern. Ich erwarte eine Antwort auf gegenwärtiges so bald es Ihre Zeit erlaubt, und eine gehörige Abrede wegen meiner Bücher, der Freundschaft und Ordnung gemäß. Nach einem verbindlichsten Gruß an HE Hartknoch, dem ich zu seiner Hochzeit Glück wünsche bin mit aufrichtigster Ergebenheit Ihr Hamann. Eine Gelegenheit habe jetzt; aber wegen der übrigen Umstände mit meinem Bruder und Blutsfreunden stehen mir alle Haare zu Berge. Stellen Sie sich mich und meine Lage vor über die es Ihnen unmöglich zu urtheilen. Doch gnug hievon. Leben Sie wohl. Die Zeit wird alles entwickeln. Laß Hartknoch helfen Kantern, wenn er noch kann, zu guter letzt; wie ich diesen Augenblick Wind erhalten von einer Estaffette; wenigstens
    so viel
er kann. In des letzteren Buchladen ist diese Woche ein Gesell angekommen, der ein sehr ansehnl. u liebenswürdiger Mann ist, ein Schwabe u Wieland als einen stummen Fisch beschreibt, der gegenwärtig Rathsherr in dem armen Reichsstädtchen Nördlingen ist.
Kgsberg den 10 Aug. 67. HochwolEhr würdiger, Hochwolgelehrter Herr Pastor, Weil alle meine Zuschriften ohne Wirkung sind; so habe die Ehre Ihnen meinen gewißen Verleger cy-devant als einen Expressen zu schicken um Erkundigung von Ihren Umständen und Gesinnungen einzuziehen. Seyn Sie so gütig mir durch ihn den letzten Theil Ihrer Fragmente zu übermachen und Ihren HErn Verleger zu allem demjenigen anzuhalten, was er mir versprochen. NB des Sterne Kupfer, weil ich zu Michaelis mein neues Logis zu beziehen gedenke. Was Sie von meinen Büchern nicht mehr brauchen hoffe ich daß HE Kanter gern übernehmen wird mit sich zu schleppen; so wie er vermuthlich so gut seyn wird das Leere meines Briefes durch
    mündl. Nachrichten
zu ersetzen, die nach dem iure stricto freylich eben so wenig als Fragmente beurtheilt werden müßen. Die Abreise des HE Kanters ist so unerwartet daß ich kaum Zeit gehabt habe ein wenig Abend Brodt zu eßen und kalte Schaale dazu zu trinken um diese wenige Zeilen hinzuwerfen. Was Sie meinem Freund Berens abschwatzen können werden Sie so gut seyn gleichfalls zu besorgen. Im Reiche der Litteratur ist wenig was unsere Aufmerksamkeit verdient. Voltairens Cacomonade u Abus dans les Ceremonies habe gelesen des Dutens Observations sur les decouvertes der Neueren die den Alten zugehören mit eben der Flüchtigkeit durchlaufen die er verdient; wenigstens den Sextus Empyricus daraus schätzen gelernt; und ersehen daß eben dieser Schriftsteller die Werke des Leibnitz in Geneve ausgeben will. Riedels Theorie u Schmidts Litteratur stehenden Fußes durchlaufen. Einen Brief den Sie lesen können erwarten Sie aus meinem neuen Logis, und vielleicht gar einen gedruckten, wenn Sie fertig seyn werden. Noch eins ins Ohr liebster Freund! Alles was Sie für meinen Verleger bey dem Ihrigen ausrichten können unterlaßen Sie nicht wenigstens um des Weges im vierten Gebot willen. Wünschen Sie HE Hartknoch zu seiner Vermählung alles mögl. Glück. Ich erwarte viel mit HE Kanter von Ihnen so wol als HE Berens u ersterbe Ihr aufrichtiger Hamann. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Herder / Ministre du St. Evangeli / à Riga. par fav.
An HErn Hamann Was werden Sie sagen, daß ich endlich wiederkomme, wie Epimenides auf Kreta, oder wie der verlohrne Sohn im Evangelio: denn in der That mein langes Stillschweigen ist eine Produktion von Jugend u. greisem Alter, von Schicksal und Zufall, halb eine Sünde der Schwachheit, halb der Bosheit. Hören Sie meine Geschichte: so werden Sie mich erklären
    können
, wenn Sie nicht entschuldigen
    wollen
. Ihr erster unbeantworteter Brief kam mir in der Zeit meiner so genannten Augenkur in die Hände, und da war mein Auge gebunden, um nicht schreiben zu können. Meine 2. Urlaubsmonate, die ich dazu mir erbeten hatte, um die Augenkur abzuwarten, wurden drauf durch eine unvermuthete Vokation nach Petersburg abgekürzt, in die Stelle, die jetzt Willamov., wie ich höre, übernommen hat. Der Rath, um mich hier zu behalten, erklärte mich zum Past.adj. der beiden Vorstädt. Kirchen, mit Erlaßung des Vikariats in der Schule; wo ich aber die ordentl. Stunden abwarte, sonst aber ganz abgetrennt bin. Natürlich verflocht mich die Veränderung des Standes in Unbequemlichkeiten, ich will nicht sagen, Geschäfte, und mein Kopf war also von andern Dingen voll. Bald fanden sich aber auch würkliche Ungemächlichkeiten: das Minist. war in der Eil nicht z um Rath gefragt: der Oberpast. mit allen seinen Creaturen, von Candidaten übergangen: Stadtkinder übergangen: auf allen Seiten schrie man über was außerordentliches: dieser, daß die Stellen nicht compatibel wären: jener, daß man mich doch nicht lange haben würde: dieser, daß ich für einen Prediger zu gelehrt wäre u. s. w. Endlich wagte noch der Ob.past. das letzte, mich zum Adj. des ganzen Minist. machen zu wollen: auch dies mißlang ihm, ich ward dem Consistorio vorgestellt. Nun sollte ich examinirt werden: man verschob es aber von einer Woche zur andern: Fest über Fest kam dazwischen, u. so verlief ¼ Jahr bis endlich ein Lumpen mageres Ding, was 3 Stunden währte, Ex. hieß, und ich endl. ordin. u. introduc. wurde. Die große Verschiedenheit zwischen Schul- und Predigtamt: die neuen Geschäfte: und noch mehr die vielen dabei vorgefallnen Comitantien haben mich also etwas aus meinem Cirkel gerückt, in den ich mich schwer zurückfinden werde. Meine Autorschaft ist unterbrochen: Lecture unterbrochen; und darf ich sagen, auch meine Bestrebsamkeit: die Correspondence eines halben Jahres ist zu beantworten: die Sachen der Meße habe ich noch wenig genutzt: das Land beinahe gar nicht gesehen: den Sommer auf meiner Stube, und die Hundstagsferien zu Bette zugebracht,. Ich liebe die Einsamkeit, oder den Umgang eines Hauses: bin in allen Gesellschaften fremde geworden: kann weder lesen, noch schreiben: denken u. sprechen, bloß wenn ich muß. Sonntag acht Tage habe ich eine feierliche Kirchensühne zu verrichten gehabt, wo ich für 4 Sonntage geredet, und die 3. vorhergehenden Tage für 14. Tage gearbeitet habe: überdem ist der eine Past. der Vorstädt. Kirche auch eine Zeitlang krank gewesen: ich selbst zerstreut, unheiter, und halbgesund. Der Schlaf hat mich über ein Viertheiljahr sehr verlaßen: mein Kopf schmerzt oft: ich habe eine Zeitlang alle Vorboten vom hitzigen Fieber gehabt: und ich weiß keine beßere Zeit, als wenn ich mit ein paar Freundinnen spreche, oder mein Pfeifchen rauche. – – Nun sehen Sie, warum ich Ihnen nicht geantwortet, und ein paar der letzten Briefe wirklich mit Verdruß gelesen, was einige ungeduldige und pochende Stücke anbetrift; übrigens aber glauben Sie, lieber H., daß Sie einer von denen in meinem Leben sind, in deren Umgang ich mich oft zurückwünsche: ich denke an Sie mit AhAchtung, und freundschaftlicher Sehnsucht. Meinen 4. Th. der Fragmente werde ich Ostern liefern: ich hatte ein anderes Stück unter der Feder, davon ich nicht den Titel sagen mag: 6. Bogen liegen fertig: das übrige fehlt: manet aeternumque manebit forsan. Mit Ihrem Urteil
    geschrieben
kommen Sie so bald Sie wollen:
    gedruckt
– meinetwegen, wenn der 4. Theil da ist. Ich arbeite das ganze Werk um zur 2ten Auflage, die ganz auf Schreibpapier gedruckt werden soll, und bald nöthig ist, wie ich höre. Wollen Sie mit einem, wie Sie schreiben,
    lesbaren
Briefe über die 3. ersten Theile mich unterstüzzen: so kommen Sie sehr zu rechter Zeit: ich brauche Aufmunterung, wenn ich sie je gebraucht. Die Rec. in ihren Zeit. ist vom 3t. Th. ist elend: alle Welt sagt, daß der Styl im 3t. Th. nur gar zu feurig sey, statt zu ältern; freilich Bildervoll ist er nicht, daß sollte er auch nicht seyn, und bei der 2ten Aufl. fallt das meiste bildervolle weg, weil jetzt die fremde Blumendecke not blos war, um ein Liefländisches Phönomenon mit mehr Sonderbarkeit in die Litteraturcirkel zu Berlin einzuführen. Gegen alles Lob bin ich taub: und die Apotheose der Häll. Zeit. rührt mich nicht: die einzige Recens. der Bibl. d. sch. W. ist mir schäzzbar; gründlich und ich werde Sie sehr brauchen: von Moses erwarte ich eine in der Deutsch. Bibl. Die Hamb. haben blos einen feinen Auszug gegeben: die Göttinger ein hämisches Lob, und Klotz in den actis ein elogium nach seiner Art, ohne großes Urteil. Wenn Sie mir das Ihrige zukommen ließen, und dasselbe weder aus dem Magen, noch aus der Milz, Galle, oder Herzgrube käme: so wären Sie mir in vielen Stücken ein Iudex competens, nur, wie gesagt, kein Schattenspiel von Einfällen, sondern lieber ein kleines Häufchen Samenkörner. Ihre Umkehr zur Zollnerbude wundert mich: ich lobe Sie aber, und wünsche Ihnen Glück: auch ich ändere mein Quartier, über wenige Wochen: verlege den Tisch bei Hartknoch u. s. w. Wir eklipsiren beide nur laßen Sie uns nicht unsre Laufbahnen gerade durchschneiden. Ob Sie gleich einigen Antheil an Lindners Lehrbuch zu haben scheinen: so mag ich doch meine Meinung nicht schreiben: mir komts vor, wie ein Papier voll chorographischer Linien, oder voll Hogarthscher verzogner Gesichter, da ich einen
    Abriß
erwartete, ohne Schlängelung und Welle, ohne Farbe und Reichthum, mit Lin Topographischen Linien, die richtig, vest, deutlich seyn sollen. Nichts mehr! – Für Ihren Charakter Rousseaus in den Zeitungen danke ich Ihnen verbindlichst: wenn Warton über Pope. Gen. u. Schr. der Uebers. würdig gewesen: so dies eher. Wollen Sie etwas recht schönes lesen: so nehmen Sie den
    Landpriester
von
    Wakefield
: ein Märchen, voll Weltkenntniß, Critik, Kunst, und so seltnem stillem Humor, daß ich jetzt bei dem 3ten mal noch immer Züge finde, die mir entwischt waren. Dies Buch ist kaum aus unsrer Zeit, und die meisten Leser werfen es daher auch weg, oder finden nichts in ihm. – Die
    Menechmen
haben Sie vermuthlich gelesen: ich weiß wenig aus Ihnen zu machen, obgleich der Nachahmer Ihrer Prose v. Gerstenb. davon der Verf. seyn soll: von dem Sie auch dasie vortreflichen Gedichte des Skalden werden gelesen haben. Vom heil. Chrysostom habe ich einige Stücke gelesen, und denke einmal was über ihn zu schreiben. Jetzt liegt des-Voeux über den Pr. Salomo vor mir, den ich mit Vergnügen zu durchwandern gedenke: und alsdann will ich an
    Semlers
anti-prodigieuse Kirchengeschichte der sechs ersten Jahrh. – Hirzels Denkmaal auf Blaarer ist ein Steinhaufen, den ich halb durchgeklettert, da bin ich ermüdet, u. fand, daß er Blaarer darunter habe begraben wollen.
    Klotzens Münzgeschichte
Beitrag, die Kunst der Münzen zu erklären verhält sich zu Winkelmanns Werk wie ein kahler Pfennig zum prächtigen Denkstück: Wesseling Herodot habe bei mir, aber noch gar nicht genützt: so auch Schilter antiquit. vet. German., die HE. Hartkn. aus Freundschaft mir zugebracht. Jacobi Romanzen aus dem Spanischen sind nicht der Rede werth: und was ich von Clodius hochberühmtem Werk: Versuche über die Litteratur u. Moral hoffen soll, weiß ich noch nicht. Leßings Hamb. Dramaturgie wird kein
    großes
, aber sehr nützliches Werk werden: ich kenne aber nur erst 6 Stücke davon. Die schreiende Ankündigung Grillo’s von seiner Uebersetzung der Alten habe nicht gelesen: und sein Moschus u. Bion, der zum Nutzen der typogr. Gesellsch. in Berlin so gedehnt ist, verspricht keine Hexereien: so wenig als Heyne hochbelobter Virgil sie zu liefern scheint. – – Ihre Engl. Bücher laßen Sie mir doch noch: ich wünschte S. Blaire über den Oßian auch zu haben: es reizt mich sehr. Einen völligen u. specifischen Revers sollen Sie nächstens gewiß haben. Wenn ich gleich jetzt wenig thau tauge, so soll es nicht stets so seyn. Schreiben Sie mir doch bald, mein lieber H. u. behalten Sie mich lieb. Ich wünsche Ihnen Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn u. desgleichen. Schreiben Sie mir doch, mein guter alter H., nicht blos was Sie machen, sondern auch lesen, denken, wünschen und hoffen. Inlage besorgen Sie doch: ich bin der meiner guten Mutter einen Brief schuldig, seit einem halben Jahr. Grüßen Sie Lindnern, diesen Brief darf er aber eben nicht lesen: ich werde nächstens an ihn schreiben. Sollten Sie Fischern einmal sehen: so mahnen Sie ihn doch ebenfalls dazu an. A Dieu. Gute Nacht den 5ten Sept.
Kgsberg den 29 Novbr 67. Herzlich geliebtester Freund, Ich bin Ihnen seit einem Vierteljahr eine Antwort auf einen Brief schuldig den ich verlegt oder vielmehr bey meinem damaligen Ausziehen so gut aufgehoben habe, daß ich mich auf seine Stelle nicht besinnen kann; unterdeßen der Innhalt war so beschaffen, daß ich ihn gantz allein lesen sollte. Sie meldten mir unter anderm damals eine neue Auflage Ihrer Fragmente, und baten mich oder trugen mir auf etwas dazu beyzutragen. Sie liegen seit einigen Wochen vor meinen Augen, und ich machte auch einen Abend einen Anfang selbige noch einmal durchzulesen. Ich wurde aber noch dieselbe Stunde darinn gestört, und mache mir wirkl. ein Gewißen daraus mich in Allotria zu vertiefen, unterdeßen ich so viel von meinen eigenen Sachen noch auf den Hals habe, davon ich nichts bestreiten, nichts endigen, ja das meiste gar nicht anfangen kann. Nach dem augenblickl. Versuch zu urtheilen kam mir Ihr Buch gantz neu vor, und ich laß mit mehr Bewunderung als sich für einen Kritiker schickt, den ich doch Ihnen zu gefallen vorstellen w sollte. Ich glaube also daß Ihnen mein Beytrag sehr entbehrlich seyn wird, um Ihre neue Auflage des allgemeinen Beyfalls würdiger zu machen. Morgen 14 Tage speisten wir bey unserm Pr. L. und unser HE Verleger regalirte uns zum Dessert mit des Geh. Raths Klotz neuester Bibliotheck. Ehmals wäre mir ein solcher Schertz ein gefundener Fraß gewesen um mich auf Kosten des Publici und sämtl. HE Interessenten ein wenig was zu gut zu thun – – Den 27 Decbr. Im besten Schreiben wurde ich durch einen Besuch nach dem andern unterbrochen und so viel Wochen sind wieder verfloßen ehe ich an meinen Brief denken können. – Wie werd ich jetzt den Faden von dem was ich sagen wollte, wieder finden können. Um meiner Freunde und Brüder wünschte ich diesen lateinschen Gottsched ein wenig zurecht gesetzt zu sehen. Seine blunders und Unvorsichtigkeit verdienen würkl. Mitleiden, und mehr lächerlich gemacht als im Ernst gezüchtigt zu werden. Ein makaronischer Brief eines hominis obscuri an diesen virum clarissimum hat mir im Sinn gelegen; aber ich habe jetzt weder Kraft noch Muth zu denken und meine Gedanken zu sagen. Es thut mir wirkl. weniger um Sie leid, als um meinen hiesigen gemishandelten Freund, der wirkl. kaum nicht so viel zu seiner Rechtfertigung sagen kann; doch auch diesen Zweifel würden Sie vielleicht dem blinden Publico brechen können. Man hat hier einen von Ihren Vorgängern an der Maschinerey im Verdacht und ich vermuthe es vorneml. in Ansehung Ihrer, und seiner Verbindung mit dem Kurellaschen Hause. Alle hiesige Arbeiter sind hier einig diese Bibliothek nicht zu recensiren ich mein L. u Sch. Ich bin nicht dieser Meinung. Letzterer scheint die gantze Sache durch kleine Scharmützel gut machen zu wollen, die nichts entscheiden p HE Kanter den ich in langer Zeit nicht gesehen, ist dies Fest über nach Gumbinnen gereiset und wird morgen erwartet. Vielleicht bringet der uns was vom dortigen Directorio mit. Seit dem Genius u Mores eruditorum hab ich Ihrem Verf. wenig zugetraut als Belustigungen des lateinischen Witzes. Ich habe es den Literaturbriefen verdacht, und Ihnen auch ein wenig, aus Gefälligkeit wieder Ihre Ueberzeugung ein Lobredner des Mannes geworden zu seyn, den ich Ihnen durchaus aus Klugheit anrathen muß mit aller mögl. Gleichgiltigkeit und Kälte zu behandeln. Falls ich einigen Theil an den Veränderungen Ihrer neuen Auflage nehmen darf; so wäre es folgender Vorschlag, wofern Sie meinen Namen unter den neuen Scribenten noch nöthig finden zu erhalten, die Stelle die mich angeht als eine Note blos anzuführen auszugsweise oder wie Sie es erachten und dafür den HE. Klotz hinterhertraben laßen mit einem körnichten Auszuge seines Lobredners in der Bibliothek, als wenn es Ihre eigne Empfindung von diesem Schriftsteller wäre, mit dem Wink, daß ich keinen weiteren Antheil an Ihren Fragmenten hätte als daß Sie meiner freundschaftl. Bitte nachgegeben dem HE Geh. Rath meine Stelle einzuräumen, zu der er sich durch seine 2 deutsche Schriften u Bibliothek mehr Ruff als ihr Originalfreund erworben. Vom
    Herel
würd es wol noch eher heißen können daß der Jünger größer als sein Meister ist. Sie werden die dahin gehörigen Schriften vermuthl. gelesen kaum mit der Satyre in biblischer Schreibart. Mir graut vor dem zierl. Latein das in nichts als tauben flosculn besteht ohne eine mica des römischen Geistes und seiner Urbanität. Der gelehrige Dusch wird jetzt genius saeculi werden – Aus Braunschweig erwartet man ein neues Journal. Ich gewinne vielleicht mehr durch mein cunctando, das mir das Gesetz der Noth auflegt, als durch scribendo, wozu ich durch eine harmoniam praestabilitam aufgemuntert worden. Denn Deutsch zu sagen, alle die Narrenspoßen des HE. Geh. Raths u seiner Magister Schwaben machen mir mehr Ehre als Moses Mendelssohn sein Phädon; aber daß unschuldige Verbindungen den wenigen guten Freunden und besonders in loco ihnen nachtheilig werden, ist mir nur empfindlich und bin daher noch immer ungewiß ob ich nicht lieber stammeln als gantz schweigen soll; weil die letztere Parthey immer die beste für jene zu seyn scheint. Ich lese jetzt mehrenteils zur Uebung in der französischen Sprache u besonders desjenigen Styls den ich nöthig habe des de la Mare Traité de la Police ein treffl. Werk in 3 Folianten das ich mir angeschaft.
    Crantzens
Geschichte von Grönl. möchte Ihnen empfehlen; besonders das Cap. im ersten Theil von der Sprache u ihrer Poesie. Von der dritten Samml. der Hollsteinschen Litteratur Briefe wißen wir hier noch nichts ungeachtet Schmalt in seinen elenden Zusätzen sie so tadelt daß ich mir viel davon verspreche. Eingebung ist freyl. eine unentbehrl. Bestimmung um den Baumgartenschen Begriff zu ergäntzen. Ich finde auch etwas von einer Eintheilung der Poesie die mir immer im Sinn gelegen davon ich aber nichts sagen kann, und worüber wir uns auch einmal eine halbe Stunde gestritten haben ohne einander zu verstehen.
    Epos
und
    Fabel
ist der Anfang und außer dem nichts als Ode und Gesang. Diese Dichotomie ist die einzige Orthotomie und so metaphysisch und practisch als wenn sie Petrus Ramus erfunden. – Diesen Augenblick kommt ein Bote vom Accise Directorio mit einem Pack Schriften die ich sogl. vornehmen u morgen fertig liefern soll. So geht es Ihrem Freund, mein lieber Herder! Noch eins! Lauson wird auch in unsern Orden treten beym Plombage Comptoir. Leben Sie wol. Ich hoffe doch noch dies alte Jahr mit Ihrem Briefe fertig zu werden. Wenn Sie ihn nur zu Ihrem alten Neujahr erhalten. Gestern haben mich HE Müntzmeister Goesche u Mag. Kant besucht. den 3 Jan. 1768. Viel Glück zum Neujahr, das Lindner an seines Schwagers Stelle eingesegnet, den ich vorgestern mit Vergnügen gehört. Er bleibt immer ein Mann, der fürs Publicum gemacht ist, und seine liebenswürdige Seiten hat, die man ihm laßen muß und für die man ihm gut bleibt. Wir haben wechselsweise die Woche einen Tisch unter uns ausgemacht; und wir halten mehrentheils Montag bey ihm. Ein gewißer John, dem ich wegen eines Streichs den er mir gespielt, nicht viel gründl. zugetraut und wegen seiner wüsten Lebensart und Schulden hier bekannt genug ist, hat eine Prosa u Poesie auf eine Hochzeit im vorigen Jahr unter den Namen
    Beobachtungen
herausgegeben, die Ihnen wegen ihres leichten eigenthüml. u reinen Witzes auch gefallen. Das einzige Phaenomenon, das mir in diesem Jahr merkwürdig vorgekommen. Ich lese jetzt die Reisen eines engl. Esquire Sam. Sharp nach Italien wo er 1765 u 66 sich aufgehalten und davon dies die 3te Ausgabe ist, die ich vor mir habe. Man ist so unersättl. gewesen, selbige zu lesen, daß die Preßen nicht Ruhe gehabt. Ich finde, da ich auf der Hälfte kaum bin, sehr treue Gemälde der lebenden Sitten und Gewohnheiten so wie der Titel auch
    Customs
u
    Manners
dieses Landes verspricht. Der erste enthält den Besuch den er im Sept. 1765. bey Voltaire abgelegt, bey dem er eben die Clairon gefunden, welche die Bühne verlaßen und auf der privatbühne des Voltaire noch einige Proben abgelegt, worüber der alte veteranus gantz rasend entzückt gewesen und nichts als schöne Stellen ihr nachrecitirt hat. Sharp ist um einen Abend zu spät gekommen um ein Augenzeuge ihrer Verdienste zu seyn. Er hat sie 1749 oft in Paris gesehen aber sie soll sich bis zum Wunder excolirt haben. Sharp wünscht daß ein französisches Genie aufstünde, welches den Shakespear verstünde und wendet einen anglicismum an den er als ein junger M von Voltaire selbst in Engl. über den Zuschauer gehört. Ich habe dies Buch, hat er damals gesagt, in einer Uebersetzung gelesen und mich gewundert, daß die Engl. an so einem schaalen Witz so viel Geschmack finden könnten. Seitdem ich aber einen Spectator engl. lesen kann, mach ich aus meinem Plutarch A‥wischen, (die einer meiner alten Schulmeister
    Thorzeddel
nannte ως εν παροδω) Der Ausdruck war gar zu emphatisch für ein junges Ohr als daß ihn der Verf. nicht hätte behalten sollen. Der Ingenu, die Defense à mon oncle und les Abus dans les ceremonies werden Sie vermuthl. eher als ich gelesen haben. Die drollichte Beschuldigung in der Zueignungsschrift an Rousseau daß er ein plagiarius des Ulrici Huberi de Ciuitate wäre hat mich neugierig gemacht das letzte Buch durchzublättern, aber nichts darinn gefunden, daß dem Schertz das modeste u tranquille Xan Xung einiges Gewicht geben könnte. Die Satyrae des Herelii u seine Epistolam criticam an M. Meuselium habe gelesen das Latein ist erträglicher als ich mir vorgestellt. Um den Werth der letztern zu beurtheilen müste man nachschlagen. Haben Sie nicht Gelegenheit gehabt die Herelsche Uebersetzung des Alciphrons zu vergleichen, über den Sie ohnedem sich eine kleine Satisfaction geben könnten. Wenn Sie liebster Freund Herder, so viele Wochen nöthig haben diesen Brief zu lesen als ich zu schreiben; so wird HE Hartknoch vermuthl. reisefertig seyn. Erfreuen Sie mich durch ihn mit einigen Zeilen, und mit einigen Sachen worum ich Sie gebeten u wovon Sie wißen daß mir daran gelegen ist; besonders wenn Sie mir ihre neuen Ukasen u neuen Tariff einschicken können. Mein französisch u zum Theil engl. Gut. Ich habe ein gut französisch Wörterbuch wie ein Hemd nöthig und möchte gern das Holländische haben. Schimpfen Sie u verachten Sie Ihren Freund zur Gesellschaft, so viel Sie wollen u können, wenn Sie ihn nur als ihren Nächsten von Herzen entschuldigen. Werden Sie nicht Preußen bald besuchen? Ich wohne jetzt im Winter sehr kalt aber im Sommer eine geraume u kühle Gelegenheit, hoch wie eine Kirche, und sicher wie eine Schatzkammer mit eisernen Gittern. Grüßen Sie Ihren Verleger und sein Haus. Ist seine Ehe vergnügt u. zufrieden. Hat die Nachwelt auch bald etwas aus Ihrem Laden zu erwarten. Leben Sie wohl, und sobald meine Nachrichten u Wünsche zu diesem Neuen Jahr wahr werden möchten, werd ich nicht ermangeln Ihnen auch Nachricht davon zu geben. Vergeßen Sie nicht Ihren alten gebeugten und gekrümten Freund und Diener H.
Kgsberg den 7 April 1768 Mein Ehrwürdiger Freund Herder Unser Hartknoch hat mich heute sedentem in telonio überrascht, nachdem ich alle 3 heil. Feyertage über umsonst auf ihn gewartet und nach ihm geschmachtet um einige Zeilen einmal zu erhalten. Endlich kommt er und bringt mir nichts als einen verlognen Gruß den er Zeit genug gehabt sich unter Weges zu besinnen. Ich war dadurch so stupid gemacht, daß ich gar nicht wußte, warum er hieher gekommen war und sich die Mühe gab mich auf dem Directorio aufzusuchen, und mich nicht einmal um seine junge Frau erkundigte. – Ungeachtet des wenigen Antheils den Sie an meinen vorigen Bitten und Wünschen genommen, wag ich ein Neues Anliegen und schmeichle mich mit einer baldigen Antwort und Erfüllung. Man hat mir gesagt, daß einer meiner dortigen Freunde das Project des neuen Codicis aus dem Rußischen übersetzt und einige Handschriften davon ausgestreut seyn sollen. Der Brief des gekrönten Philosophen von S. S. hat mich nach diesem Plan etwas neugierig gemacht. Ist es mögl. mir eine Abschrift davon zu verschaffen; so werd ich mit Vergnügen die Kosten dazu Ihnen ersetzen. Schicken Sie mit der ersten Gelegenheit die Copie davon an HE Steidel den ich selbst ersuchen werde es mit der ersten Post mir zu übermachen. Ich werde mich durch ein Meisterstück von Kritik an Ihren Fragmenten dafür wieder um Sie und das Publicum so verdient machen, daß es Ihnen nicht gereuen soll mir den letzten Platz unter den deutschen claßischen originalscribenten mitgetheilt zu haben – – – – Nun, mein junger ehrwürdiger Freund! ist es wahr, daß man nicht mehr als Homilien pro futuro von Ihnen erwarten darf. Ich vermuthe noch immer daß Sie en masque diese Meße erscheinen und nicht unerkannt bleiben werden. Haben Sie Hausen gelesen, den Prätendenten zur Geschichte der Reformation, der in der Vorrede sich auf den Verf. der Fragmente, am Ende derselben sich auf Montesquieu beruffen und am Ende des elendsten magersten Werks ein Corollarium des Verfaßers vom Verdienst nachahmen darf. Für den Article
    Corvée
in der Encyclopedie sorgen Sie bey Gelegenheit; was aber die Copie des Projects zum neuen Gesetzbuch betrifft bitte ich mir sogl. eine Rechnung des Abschreibers aus, die ich sogl. in continente bezahlen werde; denn Gottlob! gegenwärtig habe ich 20 rthl pro Monath und genieße viel Zufriedenheit bey meiner Armuth und sauren Arbeit. Ich erwarte Antwort mit erster Post und erlaube Ihnen keine Frist unter einer andern Bedingung als derjenigen die Sie nöthig haben um durch Ueberlieferung der gewünschten Handschrift mir zu antworten der ich bin und ersterbe   Ihr alter ergebener Freund Hamann Grüßen Sie HE. Secr. B. und entschuldigen Sie mich bey Mad. Hartknoch, daß ich vor Verdruß nicht eine Sylbe von Ihnen erhalten zu haben an kein Frauenzimmer hatte denken können. a Dieu. Sehen wir uns künftig Vale. Das Project zum Codex und baldige Resolution in Ungedult.
Ich weiß nicht, mein werthgeschätzter Freund, ob Sie sich in unserm kurzen Umgange in Mitau an eine Hypothese erinnern, die mich in Ihren Augen zu einem zweiten
    Beverland
machte, die ich aber, je kälter ich über die erste Geschichte der Menschheit nachdenke, desto mehr in mir aufwachet. Hören Sie mich, aber kein andrer muß mich lesen, ja, wenn es Ihnen gefällt: so schicken Sie mir durch Hr. Hartkn. selbst diesen Brief zurück. – In der Reihe unsrer Betrachtungen über die sich aus einander wickelnde Zustände der Menschen finden wir nirgends so sehr eine Lücke, als: wie
    wurden
wir aus einem Geschöpf Gottes, das, was wir jetzt sind, ein Geschöpf der
    Menschen
? Da unser jetzige Zustand doch wahrhaftig nicht der ursprüngliche seyn kann, wie ward er? wie
    ward
das Uebel der Welt? – Sie wißen, was unsre Handwerksphilosophen für weise Sätze annehmen, wie es aus der Natur der Menschen hat entstehen
    können
, u. aus nach der Natur Gottes hat entstehen
    dörfen
? Der eine setzt es das Uebel der Welt da- der andre dorthin, nachdem ihn der Schuh drückte: u. so sann er auch drauf, seinen Wahn, wie er ihn ansahe, pro positu corporis sui zu erklären. –
    Roußeau
hat hierinn das Verdienst, wenigstens den
    allgemeinsten
Zustand der Menschen, des Menschlichen Uebels, u. der Menschlichen Glückseligkeit zu nehmen, vermuthlich, weil dieser unglückliche Lehrer der Menschen, der weiseste des Pöbels unsrer Zeit das Uebel u. die Menschheit am rechten Ort hat kennen lernen. Allein da selbst seine Anbeter nicht läugnen können, daß er seine Wahrheiten u. Wahrscheinlichkeiten nur immer in das schiefe Licht der paradoxen Sätze stellet: so ist es mir, selbst da ich noch ein so eifriger Roußeauianer war, nicht gelungen, den Mittelknoten in ihm aufgelöset zu finden: „wie ward es, daß der Mensch aus dem Zustande der Natur in das jetzige Uebel der Welt überging? wenn in seiner Natur der verschloßene Schatz von Fähigkeiten, von Neigungen u. s. w. lag, der zu seiner Glückseligkeit verschloßen bleiben muste, warum gab ihm Gott diesen Keim des Irrsals? wie keimte derselbe auf?“" Ich erinnere mich, einmal Kant, den großen Schüler des Roußeau hierüber befragt zu haben; er antwortete aber, wie Onkel Tobias Shandy – – Am besten wäre es, wenn wir hierüber eine Art von Urkunde, von alter Urkunde hätten? u. wenn diese mehr als Menschliche Meinungen enthielte, noch beßer? – Aber vermuthlich wird sie Orientalisch seyn, da sich der erste Zustand der Menschen wahrscheinlich nach Orient hinschiebt. – Also auch im Orientalischen Styl vielleicht? nach Orientalischer Denkart? Und da wir vorzüglich von Juden solche Urkunden haben – – sehen Sie da mein drittes Kapitel aus dem so gen. ersten Buch Mos. – Unsre Dogmatiken schimpfen auf die Allegorien über dasselbe von Origenes z. Beverland: sie haben Ursache; allein sie allegorisiren ja dasselbe noch mehr – u. dazu ziemlich Metaphysische, Nordischkalte, Dogmatische Allegorien – z. E. Schlange, Prüfungsbaum für die obern u. untern Kräfte der Seele, nacket seyn, Stimme Gottes, die Strafe, der Weibessaamen – es können keine fremderen Allegorien gefunden werden, als man, über
    eine
    alte
    orientalische
    Poetische
    Jüdische
    Urkunde
der Nation – anbringt, u. unter dogmatischen Schleier, mit verrenktem Genick, verhüllt. – – Ich lese also Orientalisch, Jüdisch, alt, Poetisch; nicht Nordisch, Christlich, neu, u. Philosophisch, u. da kommen wie folgende Betrachtungen, in diesem abgebrochnen Poetischen Nationalliede vor. Die v.1., die Schlange war (nach Oriental. Art) listiger, als alle p. Ich mag nicht Philosophisch commentiren: daß ein Thier das andre übertreffe: einige, jedes in seiner Sache, selbst die Menschen, übertreffe; daß da der Mensch ein
    müßiges
Geschöpf vor allen ist, die durch
    einen
Instinkt zu
    einer
Sache gezogen werden; daß er, der auf eine
    schwächere
    Art
alle diese Triebe in sich fühlte, u. also das
    nachahmende
Thier des Aristoteles leicht werden konnte – – kurz: der Umgang mit
    künstlichern
und
    listigen
Thieren brachte den Menschen weiter, als wo er war p. Oriental.: die Schlange sprach: ja sollte Gott gesagt p Nun ists für mich, u. vielleicht auch für Sie das schönste Bild, daß wenn die Quelle unsres Uebels Klugheit seyn sollte, wie es Bibel u. der dummste Verstand zugeben muß so – daß kein edleres, antikeres, Poet.-Orient. Bild seyn kann, als: der
    Baum des Erkennt
. p u. nach dieser Klugheit verlangen:
    eßen wollen vom Baum
. Ich gebe Ihnen hier Zeit, sich unter diesem vortreflichen Bilde niederzusetzen, wie Anakreon seinen Bathyllus oder seinen Sokrates seinen Phädon einlud. Verhüllen Sie, wenn Sie denselben betrachtet haben, Ihr Gesicht, wie Sokrates, um dithyrambische Worte zu sprechen, worinn das Uebel der Menschen liege? u. heilige Gesichte zu sehen, wie der Mensch nach diesem goldnen Apfel der Erk. verlangte? – Ich ärgre mich, über die unwürdigen Verdrehungen Beverlands, u. über die Philosophisch dogmatische Allegorien unsrer Zeit: was der Baum der Erkenntn. Gutes u. Böses sey? was er ist? Es ist das Risquo, das der Mensch auf
    sich
nahm, außer seinen Schranken, sich zu erweitern, Erkenntn. zu sammeln, fremde Früchte zu genießen, andern Geschöpfen nachzuahmen, die Vernunft zu erhöhen, um selbst ein Sammelplatz d
    aller
Instinkte,
    aller
Fähigkeiten,
    aller
Genußarten seyn zu wollen, zu seyn wie Gott (nicht mehr ein Thier) u. zu wißen p Das Weib war die erste hiezu, u. nach allen Datis auch die Verführerin des Menschengeschlechts. Sie die eine weit feinere Sinnlichkeit hat, das, was wohl gut u. böse ist, anzuschauen, weit mehr Hang zum Vergnügen als wir, u eine weit bemerksamere Natur, u. zugleich weit leichter im Nachäffen, sie, die uns so sehr an feinen Empfindungen, Hang u. u. an Klügelei u übertreiffent, als wir sie an Stärke der Empf. u. Verstande übergehen sollen – sie, eine so glückliche Ueberrederin – sie schauete an, daß von p u. nahm p und gab p Die Kindheit des Menschengeschlechts ist im Großen, was die Kindheit u. Jugend der Menschen im kleinen ist. Noch bis jetzt ist jede Mannsperson
    ein guter Junge
, ehe er in der Weiberschule, die Delikateße des Lebens lernt, mit der sich seine rauhe einfältige Jugendfreuden endigen. – Ich ärgere mich, wie gesagt, über
    Beverlanden
, u. eben so lache ich über die dogmatischen Erklärungen unsrer Philosophen: wo ist im ganzen Stück von Eva die Rede, die etwa nicht dabei gewesen, da Gott verbot, die u. s. w.? wo ist von Eva die Rede: von dem Menschen u. seinem Weibe,. u Das 3te Capitel ist offenb. nicht ein histor. Verfolg des ersten u. 2ten: selbst Gott hat nicht denselben Namen in demselben: es ist eine 2te Urkunde, die der Sammler zur ersten fügte Jetzt die Erfolge: Augen aufgethan: Nacktheit: Furcht vor dem Donner: Flucht hinter eine Wohnung von Laube. Hier sind die Mängel der geschwächten Menschheit in den einfältigsten Bildern: die Vernunft dient uns, unsere Nachtheile zu sehen, daß wir nicht zum zottichten Bär p bestimmt waren: ihre Körper geschwächt: ihre Geschwächte Natur zittert für der Stimme der Natur: ihre Wohnung ist nicht mehr der weite Garten der Natur. – – Die schönsten Oriental. Einkleidung. Ihre Nacktheit war nicht blos u. zuerst Schaam, sondern Schwäche, Furcht wie es der Zusammenhang gibt p Es folgten mehr, als die offenbar physischen Nachtheile, die andre, die aus diesen durch eine entferntere Kettenfolge hervorgebracht werden, u. die der Orientalische Sänger dem strafenden Gott in den Mund legt. Das Verderben breitet sich bis auf die Thiere: die listigsten sind die unglücklichsten: die zahmsten sind wie die gezähmte Menschheit, auf dem Bauche kriechend, u. Erde eßend. Zwischen Mensch u. Thier entsteht eine Feindschaft, die erst nicht war. – Ich muß Ihnen sagen, daß ich auf gut Orientalisch unter dem Nachasch etwas mehr, als eine Schlange verstehe, die wir verstehen: ihre Nationalbegriffe von Schlangen (in Verehrung, in Umgang, in Feindschaft) sind nachdrückl. als bei uns. Alle Allegor. u. Myst. Erklärungen bleiben v. 14. 15. weg. Feiner u. angene schärfer kann nichts seyn, als die Erklärung darüber: warum auf das Mens Weibl. Geschlecht gewiß ein Uebergewicht der Uebel fällt, welches kein Mensch verkennen kann: ein Uebergewicht in Phys. u. Polit. Uebeln. Mit drei Wort sagt uns der göttl. Nationalsänger: die geschwächete Weibesnatur empfand Schmerzen der Geburt, die sie voraus nicht empfand: der gesellschaftliche Stand brachte sie
    unter
den Mann. Noch bis jetzt ist immer, so sehr uns die Weiber an List, Klugheit, Neigung, u. Fähigkeit des Vergnügens, an Nothwendigkeit gesucht zu werden, überlegen sind: (daher entsteht überall das Weiberregiment, u. der Antheil, den sie an unsrer Bestimmung haben) so sind sie als gesellschaftl. Creaturen
    unter
dem Mann, u. selbst die Orientalische Monarchin, die sich einem Sklaven überläßt ist
    unter
ihm: Er ist ihr Herr. – Im Orient war das παραδοξον der Weibl. Sklaverei immer schwerer zu erklären. Der Ackerbau endlich, die mühsame Arbeit, der frühere Tod, – siehe da! Folgen unsres Gesellschaftl. u. feinern Zustandes, der Erweiterung unsrer Begriffe u. s. w. die nicht näher zusammenhangen können. Mit dem 19. v. hört meine Urkunde auf: der Rest ist entweder ein neues Fragment, oder wie wahrscheinl. der Zusatz des Göttlichen Sammlers, der einiger maaßen alles zusammenpaßen u. dies mit dem vorhergehenden Kap. verbinden soll. Daß es der Sinn dieses Sammlers auch gewesen, sie so zu verstehen, bedeutet er mit jedem Wort, daß jetzt
    Ein Geschlecht
der Lebendigen mit Eva anfing: jetzt die Erfindungen des Nothdürftigen fortgingen, u. Gott würkl. sagen konnte: Siehe Adam ist p. (Worte, die nach der gem. Erklär. die unanständigste Ironie im Munde Gottes werden) Aber diesem Gotte würde nichts größere Strafe gewesen seyn, als die Unsterblichkeit: so ließ ihnen Gott p u. der Rückgang ist durch den Cherub versperrt – – Was sagen Sie, andächtiger Schwärmer, u. ketzerischer Bigot zu meiner Erklärung: können Sie mir Quellen anzeigen, um die nähere Oriental. Verwandschaft zu prüfen? Können Sie ihr eine andre vorziehen? Das letzte am wenigsten, u. den Orientalischen Sinn hat sie gewiß vor sich. – Ihre Gedanken wollte ich darüber so gern lesen, als über Etwas! – Wenn ich aus dem Alterthum drei Menschen sprechen sollte: so ist der Schluß gefaßt:
    Moses: Homer: Plato:
– Aus unsrer Zeit will ich mit keinem hierüber sprechen, als mit Ihnen. So lange habe ich nicht geschrieben, weil ich todt bin, todt für alle Welt, todt für mich, für die Gelehrsamkeit, u. eine Phyllis habe ich nicht. Mein Wahlspruch ist: fac tuum officium p Ich habe also durch die bizarreste Aufführung mich fast aus allem schrift- u. mündlichen Umgange gesetzt: u. bin (sehr zerstreut) im Ebräischen u. Griechischen Alterthum, ohne etwas zu lesen, zu schreiben, zu denken. Ich habe geschwiegen, zunächst, weil ich an Ihren Kön. Streit., so bald sie Königsb. sind, nicht Theil nehmen will: so bald sie aber eine Sache der Litteratur sind, gerne. Ich danke Ihnen, daß Sie mich aus der Recens. der Klotz. Bibl. so gut als möglich weggelaßen haben; übrigens aber nehme ich an Lindners Zurücksetzung wahren Antheil. Sein Buch ist schlecht, ist dies würde ich ihm selbst nicht läugnen, ja ich sage noch mehr, es ist als
    Lehrbuch
verderblich. Da ich es bekam, u. es mir zur rechten Nahrung des Geistes, durchschießen ließ, so habe ich mich bei fünf Seiten so matt u. müde geschrieben, daß ich nicht mehr konnte. Indeßen muß ihm seine Zeit des Drucks u. der Verfolgung zu nichts dienen, als
    vester
u.
    stärker
auf seinen Füßen, u. unwankender in Augen u. Augenbrauen zu werden. Ich wünsche ihm, daß er ihm das Gesellschaftliche Talent verleidet werde, Einfälle in einer flüchtigen Lecture aufzuraffen, u. wo es sei, an Mann zu bringen. Er sage, was er sagen wollte ganz, mit Punkt u. Satz: denn jetzt ist sein Collektaneenbuch, ein orbis pictus von unbestimmten, unzusammenhangenden Begriffen, oft würklich unverständlich, u. eine Samml. nicht von Purpurlappen, sondern von Purpurstreifen – – Indeßen verdient es eben als Lehrbuch u. als ein verderbl. Lehrbuch keinen Hohn u. Spott: sondern genaue Verbeßerung, u. die hat ihm weder der Klotzische Narr, noch der Bibliothekar der sch. W. (der d mit jenem vielleicht eine Person, oder sein Verwandter ist,) gegeben: u. die muß gegeben werden. Der letzte Argwohn ist mehr als Argwohn: der untergesetzte Buchstabe zeigt einen fremden Verf. der Bibl. an: die Einwürfe sind von Satz zu Satz dieselbe, nur hier mit dem Schleier der ehrbaren Ernsthaftigkeit bemäntelt, die Lindnern eben am gefährlichsten ist: u. denn ist aus allem sichtbar, daß die Hällischen B neuen Bemüher mit den Leipzigern unter einer Decke spielen. – Ueber Ihren Rath Kl. Ihre Stelle zu geben, habe ich gelacht; aber nichts mehr, wenn ich nicht Hamann seyn will. Sie sind geblieben, u. in einer Note habe ich blos den Recens. als einem Pasquillanten Ohrfeige gegeben: Ihnen meine Freundschaft erklärt. – – Der erste Theil, den ich mit allen Druckfehlern hier habe, aber nicht ausgeben laße, ist in einigen Stellen zu hitzig gerathen, insonderheit, da mich der Esel nicht versteht, u. desto gelehrter wiederlegt. Der 2te liegt im Mscr. der 3te im Kopfe: der 4te wird über die Orient. Deutsche Dichtk. hinzugesetzt. – – Ich habe in dieser Meße mit dem Torso über Abbt verkappt erscheinen wollen: werde aber von dem Lebensbeschreiber deßelben an, bis auf den Berl. Zeit.schr. erkannt, u. dies benimmt mir den Muth. Ich werde 4. Samml. liefern: 1) Critische u. Philos. 2) Histor. 3) Philos. Stücke, oder Fragm. von ihm; ich muß aber auf seine Werke warten. – Daß ich mit Htkn. nicht geschrieben, ist aus meinem Polypragmatischen Müßiggange gekommen, u. aus einer Handlosen Ruhe, in der mir als einer Hermessäule, nichts so schwer, als schreiben wird. Den Plan zum Gesetzbuch kann ich nicht schicken, weil ich ihn nicht habe; ich habe ihn in einem Schleich Mscr. halb u. schlecht abgeschrieben gesehen, aber auch diese Hälfte nicht durchgelesen, weil eine unordentliches Collektion v. Stellen aus Montesquieu u. Beccari so wenig für Sie, als mich seyn wird. Es sind nichts weniger, als Grundsätze, die entweder zur sichern
    Norm
, als oder als zu würklichen Materiell.
    Grundfäden
die der Gesetze dienen müßen: es sind loci communes, oft Geschichte Beispiele nach Art des Montesqu. aus Span. u. aus China, nur leider! nicht als aus Rußl., oft Meinungen pro u. contra. Indessen macht man ein Myster draus u. an ein Archiv jeder Stadt ist ein heil. Exemplar gesandt worden. Ueberheben Sie mich also eines Auftrages, den ich als geistl. Bürger hieselbst, nicht leisten kann. Den Artikel Corvée sollen Sie haben, so bald ich von Examenarbeiten befreit bin.
    Winkelmann
hat mir seine Achtung bezeigen laßen: da er er mich für einen Schweizer angesehen, so hat er auch an den Prof. Ustaritz in Zürich, „an seinen den Pindarischen Verf. der Fr.“ gedacht, durch von dem ich durch einen hier durchgehenden Schweitzerprediger die Nachricht erhalten. – Etwas zum Gegengift: die Jenische Zeitung, die einige Stücke voraus es wuste, daß ich u. Abbt den Ton unsrer Sprache angeben würden für unser Jahrhundert, hat geruhet, mich, als den Rigischen Critikus, für einen Candidaten von Bedlam zu erklären, ohne aber die mindste Ursache, mitten in der Recension eines andern Buchs, das mich „vergöttert“. Klotz hatte in der Zeit, da Willamov hier durchging, an mich geschrieben, voll Schmeichelei u. grober ehrgeitziger Lügen, da er sich die Freiheit ergebenst ausbat, mich zu beurtheilen. Ich war kalt gnug, ihm ein Viertheil Jahr nachher, da schon sein erstes Stück heraus war, ichs aber noch nicht hatte, sehr gesetzt u. billig zu antworten: sein drittes Stück, wo mein dritter Theil ist, habe ich noch nicht, mögte es aber, je eher je lieber, gegen ein gutes Porto haben. Es hält mich im Umarbeiten des dritten Theils auf. Eben empfang’ ich einen Brief von Arndt in Peterb., der aber daselbst nicht sehr zufrieden scheint, das macht indeß immer die Neuheit eines Orts. Er schreibt, daß auch Will. mir Glück wünsche, den Ruf nicht angenommen zu haben, u. auch dies wundert mich nicht, wenn ich Willamov kenne. Seine Frau ist von einem Sohn entbunden: u. er hat noch nichts gethan, als Reden u. Gedichte geschrieben. Wenn ich meine Fragmentarbeiten, u. meine Funerabilien auf Abbt endlich zu End bin (wornach ich mich sehne) so werde ich mit einem
    Werke
u. mit meinem Namen – vor der Zeit Welt, u. warum nicht auch fürvor der Nachwelt erscheinen: mit dem ich aber selbst dem Titel nach in der Stille laure. Adieu guter, liebster Fr. den ich herzlich liebe u. schätze u. umarme. H.
Königsberg, Pfingstmontag 1768. Mein alter lieber Freund Herder. Für Ihre Briefe können Sie sicher seyn; ich habe und werde mich kaum merken laßen, daß Sie mir geschrieben; geschweige daß jemand Ihre Briefe sehen sollte. Ein wenig Geheimniß gehört zur Freundschaft wie zur Liebe. Ohne die Vertraulichkeit gewißer Blößen und Schwachheiten findet kein Genuß der Geister Statt. Ich fange heute zu schreiben an, weil ich ein wenig Zeit übrig habe und man Hartknoch erwartet; und habe Ihnen zu Gefallen Stewarts politische Oekonomik, von dessen Anfang ich unendlich viel erwarte, zurückgelegt, bis ich diesen Brief auf gut Glück werde geendigt haben. Mein erster Bischoff den ich mir in meiner Wirthschaft gemacht, hat mir heute so gut, als Noah sein Most, geschmeckt. Der Anfang Ihres Briefes schmeckt mehr nach einem süßen als alten Wein. Schonen Sie also Ihren Kopf. Ohne an ihrer Schmeicheley einigen Antheil zu nehmen, als den mir die Wahrheit erlaubt, so habe ich mit Moses, Homer und Plato, warum nicht gar mit Christo und Belial, mit dem Gesetz und den Propheten, und leider auch mit Weltweisen und Dichtern gebuhlt, und mehr die inferna eines Torso als die superna einer Büste zu erkennen und zu unterscheiden gesucht. Und meine grobe Einbildungskraft ist niemals im Stande gewesen, sich einen schöpferischen Geist ohne genitalia vorzustellen. (Ich hoffe, daß Sie so klug seyn werden, secretis arbitris mich zu lesen, und unter dieser Bedingung will ich fortfahren so lange ich kann.) Da der Anthropomorphismus auf ein Ohr, Auge, Hand und Mund sich nicht allein erstrecken kann, so können wir einen schöpferischen Geist mit eben dem Euphemismo uns in einer Figur denken, zu deren Verstand wenigstens ein Schlafrock oder eine orientalische Kleidung nöthig ist, wenn wir uns dasjenige vorstellen wollen, was die Mystiker ausdrücken:
    seine Füße decken
. Dadurch also, daß ein schöpferischer Geist seine Füße deckt, entsteht dasjenige, was den ästhetischen Nasen unter dem deutschen Namen D…, und den philosophischen Nasen unter einem andern, der moralischer oder metaphysischer klingt, so viel Runzeln zuzieht. Unterdessen hat die Heiligkeit und Herrlichkeit der Pythagorischen Diät den Dünger vorzüglich nöthig; und ohne den betrübten Fall unserer Mutter würden keine Prätendenten zu Schul- und geistlichen Aemtern entstanden seyn, oder die durch Thaten und Rêveries, wie Jephtha und der Graf von Sachsen, den Schandfleck ihrer Geburt auslöschen, und durch Fragmente sich mehr Ruhm als puri puti durch opera omnia erwerben könnten. Sie sehen, liebster Herder, daß der rothe Bischoff immer mitschreibt, und ich habe wirklich noch ein Paar Gläser zu Hilfe genommen, mit der freundlichen Bitte, mich wie ein Aeschylus zu lesen. Die Wahrheit zu sagen, das war eben der Inhalt meiner
    Reliquien
, die ich einmal dachte, nämlich ein Versuch über die ersten Capitel der Genesis, davon mir aber das erste immer das tiefste und älteste geschienen. Denn zu einer Geschichte der Schöpfung gehört unstreitig Offenbarung; mit einer Geschichte der Gesellschaft wird ein os grajum immer fertig, wie ich das noch gestern und ehegestern zum Theil aus dem mittelmäßigen Ferguson ersehen. Aber die Mähre von einer Jungfrau, die von dem heiligen Geiste der Ueberschattung gewürdigt wurde, ist freylich mit der Mähre von einer Ehebrecherin, die es mit einem schönen Geiste, fürchterlichen Andenkens, zu thun hatte, immer eines der größten orientalischen Systeme, die in kein ander menschlich Herz noch Sinn jemals gefallen sind. Sie scheinen mir, liebster Herder, ein wenig zu sultanisch mit Ihren Brüdern und besonders mit meinem alten Vetter Beverland umzugehen; und dieß giebt mir schon wirklich einen kleinen Verdacht gegen Ihre eigene Ueberzeugung von der Wahrheit Ihres Systems. Ich halte mich an den Buchstaben und an das Sichtbare und Materielle wie an den Zeiger einer Uhr – aber was hinter dem Zifferblatte ist, da findet sich die Kunst des Werkmeisters, Räder und Triebfedern, die gleich der mosaischen Schlange eine Apokalypse nöthig haben. Ich finde es immer noch für nöthig, Ihnen zu wiederholen, daß mich der gut gerathene Bischoff ein wenig treuherzig und ruhmredig macht, falls ich Ihnen versichern und es mir einbilden darf, ungleich weitere Aussichten im dritten Capitel Mosis, als Rousseauische Corollaria gefunden zu haben; und da ich vor wenig Abenden bey meinem Freunde Green träumte, und Kant versichern hörte, daß man keine neue, wichtige Entdeckung in der Astronomie mehr erwarten könnte wegen ihrer Vollkommenheit, fiel es mir wie im Schlafe ein, daß ich den neuen Hypothesen der Sternkunst so gehässig war ohne sie zu verstehen, daß ich ihnen, ohne zu wissen warum, nach dem Leben stand, vielleicht weil sie mich bloß in meiner Andacht störten, womit ich eines meiner liebsten Abendlieder empfand und dachte, wo es heißt Also werd’ ich auch stehen, Wann mich wird heißen gehen Mein Gott aus diesem Jammerthal. Ich kann nicht mehr sehen, und schreibe nicht mehr bey Licht. Will’s Gott morgen mehr und nüchterner! Gute Nacht – Einige Züge der Beverlandschen Hypothese, werden Sie nicht leugnen können, passen wirklich auf ein Paar Stellen der Geschichte meisterlich. Eva scheint eine Verlobte, wie Maria des Joseph gewesen zu seyn. Dieser erkannte seine Braut nicht nach dem Geheimniß des Engels, und Adam erkannte sein Weib nach der Vertraulichkeit mit einem Thiere. Die ganze Theorie der Opfer, die hier ihren Anfang nimmt, und unter dem Neuen Bunde aufgehört hat, ist immer ein großes Augenmerk für mich gewesen. Die ganze Erde und der Mensch nichts als, wie ich oben schon angeführt, und das einzige Gleichniß das meine Idee ausdrückt, der Speer und das Zifferblatt, die ihren Grund und Bewegung in dem unsichtbaren System des Himmels und der Geisterwelt haben. Das unaussprechliche und lächerliche dieser Vorstellung werden Sie beßer empfinden, als daß ich Sie daran erinnern darf. Also manum de tabula und zur letzten Hälfte Ihres Briefes geeilt. Es ist mir lieb, daß Sie mit dem sicco pede zufrieden sind in der Klotzischen Recension; denn es war gar nicht der Ort noch Anlaß, und in Ansehung Ihrer dachte ich: Baal wird sich wohl selbst schützen. Ich kann wirklich nicht sagen, daß ich das Lehrbuch einmal sollte gelesen haben, und es kam mir ganz unerwartet, im Appendix eine Stelle zu finden. Leider muß ich Ihrer Anmerkung Recht geben. Denken, empfinden und verdauen hängt alles vom Herzen ab. Wenn dieses primum mobile eines Schriftstellers nicht elastisch genug ist, so ist das Spiel aller übrigen Triebfedern von keinem Nachdruck noch Dauer. Ich liebe diesen Mann wirklich und entschuldige ihn, und freue mich, daß er seine Zufriedenheit in einem gewißen Plane findet, den ich nicht mißbilligen kann, weil ersterer mir lieber ist als letzterer mir mißfällt. Er ist auf dem Lande, und ich kann die Feyertage nicht abwarten, ihn wiederzusehen, so fauxfilés sind wir einander, um mich eines Handwerks Termini zu bedienen. Hätten Sie, lieber Herder, nicht Hartknoch Ihren ersten Theil mitgeben sollen für Ihren alten Freund? Ich warte mit Inbrunst und Neugierde darauf. Ihr eigenes Urtheil, daß er zu hitzig gerathen, beunruhigt mich. Ich habe es den Litteraturbriefen immer verdacht, dem genius saeculi und den lateinischen Beyträgen des Klotzischen Witzes zu viel eingeräumt zu haben, und sie niemals anders als wie affectirte exercitia und Schulnachahmungen von dem mittelmäßigsten Geiste ohne Erfindung und Geschmack, lesen können. Und es schien mir auch als wenn der Verfasser der Fragmente wider seine Ueberzeugung oder besseres Urtheil in jenen Ton fiele. Winkelmann ist gar nicht der Mann seiner Jugend mehr. Seine historischen und praktischen Einsichten mögen zunehmen, aber ich finde nicht mehr die philosophische Salbung und das Mark seiner Erstlinge. Vom Titel corvée in der Encyclopädie verspreche ich mir eine Abschrift. Was das Project des Gesetzbuches betrifft, bin ich auf die dringendste Art darum ersucht worden. Daß meine eigene Neugierde so weit nicht reicht, hätten Sie leicht erachten können. Nachdem ich Ihren Brief, Ihrem Wahlspruche gemäß, taliter qualiter beantwortet, weiß ich eben nichts neues hinzuzusetzen. Ich habe Hartknoch erinnert Ihnen den Hermes des Harris mitzubringen. L’homme aux quarante écus habe ich eben zu Hause gebracht. Candide, Maupertuis und andere loci communes des Voltairischen Witzes werden hier aufgewärmt, unterdeßen läßt sich dieser französische Ragout noch immer lesen und Voltaire entschuldigt seinen wiederkäuenden Geschmack selbst mit den Fehlern seines Alters. Kann ich von Berens nichts in Ansehung meiner Bücher erwarten? Leben Sie in solcher Entfernung mit ihm? Wenn Ihnen der Zufall Gelegenheit giebt, daran zu denken, so reden Sie mein Bestes als Freund und der Wahrheit gemäß. Meine kleine Heerde Bücher nimmt immer allmählich zu; ich habe jüngst Meibom’s alte Musicos und das portugiesische Heldengedicht in der Grundsprache bekommen. Stewart’s politische Oeconomie ist ein Treffliches Werk voll großer philosophischer Gründlichkeit. Ich vermuthe jetzt beynahe, daß er der Verfaßer der Schrift vom Münzwesen ist, die Sie bey mir gesehen und ich immer so zu loben pflegte. Der Fortgang wird dieß entscheiden. Er sagt mit zwei Worten mehr als Ferguson in ganzen Capiteln, den ich Mühe gehabt zu verstehen, und meinem eigenen Urtheile nicht trauen wollte. Die Vergleichung mit Stewart zeigt mir, daß ich Leute, die denken, noch verstehen kann, aber keine Schwätzer. Ich werde meinen Brief jetzt schließen, Hartknoch mag kommen wann er will. Unter den besten Wünschen, wohin der Sonnenschein des Apoll und eine Phyllis gehören, bin ich und bleibe Ihr treuer Freund
Kgsberg den 28 Aug. 68. Geliebtester Freund Herder, Wendler hat mir einen mündl. Gruß von Ihnen gebracht und vorgestern erhielt ich auch einen durch einen Unbekanten den ich im Vorbeylaufen im Kanterschen Buchladen sahe. Sie entschuldigen sich mit der Unlust zu schreiben; unterdeßen freut es mich, daß Sie wenigstens munter und lustig leben. Ich würde vielleicht auf guten Wegen seyn Ihnen hierinn nachzuahmen, wenn ich nur noch ein einzig Jahr überstanden hätte; unterdeßen freue ich mich gestern das 39ste angetreten zu haben, wobey nicht ermangelt Ihrem genio auch zu libiren. Mein alter Freund L. und mein Amtsbruder der Controleur Lauson weyhten zugl. meine neue Wohnung die ich vor 14 Tagen bezogen am Ende des mittelsten Tragheims bey dem HE Tribunalsrath von Bondeli, einem sehr würdigen Greis gegen den ich eine kindl. Liebe habe. Hier hab ich 4 gantz artige Stübchen für 50 rth des Jahrs mit sehr bequemen Appartinentien, die schönste Aussicht von 5 bis 6 Thürme der Stadt, einen geraumen Garten, bin der Welt entfernt und meiner Gesundheit zum Besten verpflichtet jeden Tag 4 gute Spatziergänge nach unserm Bureau und zurück zu thun. Den dritten Tag wurde mein Vergnügen über meine neue Wohnung durch einen traurigen Zufall verbittert, der meines armen Bruders Leben hätte kosten können und mich für mein eignes oder anderweitiges Unglück in viel Sorge sezte, bis ich endl. vor der Hand einen Wächter für ihn gefunden und ihn dem D. Gervais übergeben, der mir aber wenig Hofnung macht. Bey solchen Umständen kann es an 100 Sorgen nicht fehlen und Sie können leicht die Unmöglichkeit erachten seines Lebens wie man will zu genießen. Ich schreibe diesen Brief, liebster Freund, ohne seine Bestimmung eigentl. zu wißen. Wo ich nicht irre, hat HE Hartknoch taufen laßen – Kanter wird diese Woche seinen Laden beziehen und er hat es sich was kosten laßen um dem Publico zu gefallen. Die Einrichtung verdient meines Erachtens Beyfall. Er hat über ein Dutzend alte Busten hier schnitzeln laßen ein trefl. portrait des Königes von Berlin gebracht, das zwischen Pindar Caesar Tacitus Plutarch – – – stehen soll. In m Com die Schreibstube des Ladens werden gemahlte Köpfe kommen; wovon er Moses und Ramler gleichfalls von Berl. mitgebracht, und hier Schäffner, Willamov, Hippel, Lindner p gesammelt; auch Kant sitzt bereits, und Sie werden doch auch wohl Lust haben nächstes Jahr Ihre Lares und Penates zu sehen. – – Pausirt bis zum 7 Septbre. Vorigen Sonntag habe die erste und letzte Landluft diesen Sommer und zwar in Steinbeck noch genoßen. Hintz heißt es wird hier tägl. erwartet. Heut ist der große Adler vor Kanters Buchladen aufgebracht. Ich habe eben eine Hamburgsche Recension Ihres Torso gelesen und erwarte ein Exemplar zum Gratial für die Kgsbergsche. Hofrath Klotz hat an L. geschrieben, getraut sich nicht weder den Hamann noch Adam Trescho wie Er ihn nennt grüßen zu laßen und traut dem letztern nicht zu, daß er sich an das Monument seiner Autorschaft die mit dem 30 Jahr aufhören soll, wagen würde. Ohngeachtet ich von Gemmen so viel verstehe als eine Gans so verdroß mich doch die Ruhmräthigkeit und die offenbare Windmacherey dieses seichten Kopfes, der nach den unzähl. Anführungen von den grösten Werken die davon handeln, doch nicht so kahl wie eine Maus hätte erscheinen dürfen. In der Schweitz erscheint jetzt auch ein Archiv, wovon ich das erste Bändchen durchgelaufen, weil mich die Vorrede aufmerksam machte. Ich kann aber noch gar nicht den Endzweck ihres Plans absehen, und finde blos einen Beweis von der gegenwärtigen Theurung. Können Sie nicht liebster Freund! einige Nachrichten von dem engl. Werk über das original Genie erhalten. Die Uebersetzung ist angekündigt und man hört nichts mehr davon. Ich habe bey Ihrem Verleger den Hermes für Sie bestellt, ein Werk das mir zu Ihrem Plan unentbehrl. zu seyn schien weiß aber nicht ob ers Ihnen verschaffen können. Ich habe es bey Ebert in Braunschweig gesehen hatte aber keine Stunde mehr übrig darinn zu lesen. Es ist von Harris. Sie verzagen doch weder an der Umarbeitung noch Fortsetzung Ihrer Fragmente. Clodius soll sich sehr beschweren als ein Nebenbuler von Ihnen behandelt zu seyn. Mitten in der Fortsetzung eines Werks eine neue Umarbeitung zu übernehmen ist mislich, und es ist immer sich beßer sich selbst so wol als das Publicum ein wenig ausgähren zu laßen, sonst läuft man Gefahr von beyden hintergangen zu werden. Ich bin gegenwärtig mit meinem sauren Schaarwerk sehr zufrieden und finde, vermuthl. aus Unwißenheit, nichts in der gelehrten Welt meiner Aufmerksamkeit und Unterhaltung werth. Leßings Briefwechsel sagt nichts als was jedermann dem Klotz hat bey seinem ersten Auftritt ansehen können; er thäte beßer an den 2ten Theil seines Laocoons zu denken. Ob Mendelsohns Phädon verbeßert ist, weiß ich nicht; ich zweifele aber fast daß er verbeßert werden kann. Ich habe jetzt Lust meine Bibliothek in Ordnung zu bringen, und warte blos auf ein Bücherschaff das alle Tage fertig werden soll um den Anfang dazu zu machen. Thun Sie mir die Freundschaft, lieber Herder u. schicken Sie mir doch wenigstens ein Verzeichnis von denen, die Sie noch von mir haben und was Sie nicht mehr brauchen, erwarte ich durch HE. Hartknoch. Falls Sie bey HE. Berens noch etwas bey Gelegenheit ausrichten können, laß er das seinige auch dazu geben. So bald mir Gott ein wenig häusl. Ruhe geben wird, denk ich mit neuem Muth wieder anzufangen und durch mein langes απεχειν nichts versäumt zu haben. Kantens Metaphysik der Moral hält mich in Erwartung; von Lambert hört man nichts neues. Rousseaus Dict. de Musique ist heraus aber noch nicht hier zu sehen. Jerusalems erster Band ist tief unter meiner Erwartung; wie wol ich ihn nur in einer halben Stunde auf dem Bureau durchgepeitscht. Ob ihn nicht Cramer übertreffen sollte? Schreiben Sie mir doch auch einmal wieder. Ich habe den Camoens und die alten griechischen autores musicos hier ertappt; auf Demosthenes in Dantzig Commission gegeben aber nichts erhalten. Der vielen Protocole und juristischen Uebersetzungen wegen quäle ich mich mit einem großen folianten des Domat, mit dem ich froh seyn werde dieses Jahr fertig zu werden. Das neue denke mit einem beßern Plan anzufangen und meine financiers vorzunehmen, sie aber mit einem kleinen Schleichhandel zu verbinden – Jetzt lebe voller Sorgen und Ängsten wegen meines armen Bruders ohne zu wißen wozu ich mich entschlüßen soll, ob ich ihn ins Hospital versorge oder wie ich es anfange. Der gegenwärtige Hüter den ich ihm halte kostet uns tägl. einen Tympf außer Eßen und Trinken – In die Länge geht das nicht – und ich gebe jetzt selbst fast alle Hofnung auf. Dieser Wisch mag warten biß sich Gelegenheit findt, denn er ist kein Porto werth. Leben Sie unterdeßen wohl und vergnügt und denken Sie an Ihren alten Freund Hamann. Geschloßen Kgsb. den 7 Sept Den 14 Sept. Diesen Morgen hat mein alter Hintz Coffée mit mir getrunken oder vielmehr denselben stehen laßen, den ich ihm vorsetzte, unterdeßen ich meinen Korn trank. Er geht übermorgen ab und ich werd ihm diesen Brief mitgeben. – An dem Verdacht des Kurellaschen Gedichts und einigen Antheil an der Klotzischen Recension ist er gantz unschuldig. Ich habe ihm aufgetragen sich Homers Leben u Letters on Mithology zu erbitten die er gern lesen will. Einige gelehrte Neuigkeiten werden Sie sich selbst von ihm erzählen laßen. Ich denke ihn bey seiner Zurückkunft wärmer zu halten. Leben Sie wohl und erinnern Sie sich meiner im besten. Ich erwarte mit ihm auch einige schriftl. Nachrichten von Ihrer Hand. Morgen speisen wir bey L. und er hat mir Swifts Briefe gebracht, die ich heute ein wenig durchblättern will. H. Grüßen Sie das Hartknochsche Haus feyerlichst. Liebster Herder, Zufällig ergreife ich die Feder auf Zureden des HE Kanters, der mir seinen Pult abtritt um Ihnen ein Paar Zeilen zu schreiben. Ich habe eben nicht Ursache über Sie zu klagen, aber auch nicht recht mit Ihrem Stillschweigen zufrieden zu seyn, wenn selbiges nur keine andere Ursachen als Geschäfte und legale Ursachen hat, die der Freundschaft keinen Nachtheil thun. Ich habe mir die Zeit genommen beynahe alles Neue zu lesen was Sie zum Theil mit interesirt – und nichts als die Gleichmannia sind noch übrig die ich eben in die Tasche gestekt. Riedel denkt an Ihre neue Ausgabe der Fragmente, von der ich noch nichts weiß? Was sagen Sie dazu. Grün scheint er Ihnen nicht zu seyn; aber ich hoffe er wird es durch seinen läppischen Latitudinarium noch mehr verderben als sein Patron HE Klotz selbst. Leßing hat sich Ihrer brav angenommen. Ich als ein emeritus oder Gezeichneter der Kopf und Arm in der Escarpe trägt, kann keinen weitern Antheil an diesen Froschmäuselerhändeln nehmen als mit meinem Schicksal zufrieden seyn, das mich davon entfernt. Haben Sie
    Hintz
schon gesprochen – Es ist nicht artig, daß er uns alle hier vergißt und uns wie Narren auf Nachrichten oder was beßers warten läst. Doch der langsame Winter ist vielleicht an allem Schuld. So viel habe Ihnen nur heute schreiben wollen und Sie meines Daseyns sowohl als Andenkens zu versichern. Wenigstens einen Neujahrswunsch schreibe ich Ihnen. Einige gute Freunde, die vielleicht zusammentreten möchten, bitten Sie um einen monathl. Beytrag Vorschuß so klein wie er auch seyn mag. Die Allgem. deutsche Bibl. kommt mir so schlecht vor, daß ich es fast nicht überwinden kann Ihre Stücke darinn aufzusuchen. Hamann Den 23 Sept.
An meinen alten lieben Hamann! Denken Sie von mir, von meinem finstern Stummseyn, von meinem ganz andern Ausdruck, von meiner Fahrläßigkeit – von allem was in und an mir Ihnen fremd und unerklärlich vorkommt, was Sie wollen; nur nichts schieben Sie auf die Rechnung des Autors. Gottlob! daß dieser über meine Denkart noch so wenig Herrschaft bekommen, u. mich nur zu so unterbrochnen Stunden reitet, daß ich in großen Zwischenzeiten so sehr mein eigner Herr bin, um als Kabinettsprediger nach Orenburg oder als Divisionsprediger nach der Tartarischen Steppe mitgehen zu können. In der That, bin ich so wenig abgeneigt, eine Diversion in meinem lieben Lebenswandel zu machen, daß wenn unser Krieg gegen andere, als gegen die Türken u. in einem andern Lande, als in Polen wäre, ich, aber ohne ein Zwingel werden zu wollen, oder einen Nachtrag zu den Briefen der Montague im Sinn zu haben, mich zur streitenden Kirche bekennen würde. – – Da unser alte
    Loder
(Pred. bei der Jacobskirche, benannt Abrah. v. St. Clara, Rect. bei dem Lyceo u. Consistorialrath) ein abgelebter Greis ist, der sich seit Viertheil Jahren nur noch fortkrücket u. fortgängelt: so wird mir von allen respek. Gouvernements Ritter u. Kronspersonen seine Stelle zum Voraus geweißagt. Und da ich unter ihnen viele Freunde habe, ohne daß ich einen Menschen in der Welt meiner Aufwartung würdige: so finde ichs sehr Ehrwürdig zu schweigen u. zu warten. Thun Sie auch beides: denn wenn dies nicht: so ists was anders. – – Ihrem Lindner sagen Sie, daß die Schule in Petersb., zu der Er u. ich beruffen wurden, äußerst abnehmen soll, daß die würdigsten Kirchenconventsglieder sich aus Ueberdruß u. Ermattung aus der ganzen Sache ziehen, daß zwischen Willamov u. dem Oekonom, der doch unter ihm stehen sollte, Zank herrschet, kurz, daß ich glaube, daß W. so der Schule, als die Schule ihm zur stillen Last falle. Vieles soll auf Rechnung der Frauen kommen, die in der That auch zu viel über ihn kann. Ich habe ihm bei dem Durchgange den letzten Abend alles geweißagt, da ich ihn kenne, u. die Schulstelle beßer kannte, als er: denn kein Mensch ist je mit falschern Erwartungen u. abweichendern Aussichten in ein fremdes Land gezogen, als dieser Abraham aus Ur in Chaldäa. Seine Frau hat ein paarmal an mich geschrieben, u. er ihren Brief begleitet; aber so fremd der und stumm von der Schule, als wenn er Policeidirektor oder Rußischer Präses der Akademie wäre, ohne ein Wort Latein zu verstehen. Ich weiß also nicht, ob die Sache anders, als ein lahmes Ende nehmen kann: u. wenn Lindner ihn kannte, hätte er ohne innerliches Licht so ein Prophet seyn können. Wenn Willamov zum Direktor einer pompösen Schule in Peterburg nach den ewigen Anlagen der Natur gebauet ist: so bin ich Türkischer Mufti. Nun komme ich zu meiner Lecture, die ich aber kaum Lecture nennen kann. Der Landpriester von Wakefield ist für mich ein so liebes Menschliches Mährchen gewesen, daß ich ihn dreimal gelesen u. ihn noch Englisch zu lesen wünsche. Das albernste Ding als Roman, insonderheit in der Entwicklung., aber voll der launigsten Charaktere, mit einem so eignen stillen Humour gezeichnet, der nur aus zwo Farben zu bestehen scheint, aber so Seelenvoll, so stillredend, als die Züge eines Gesichts, in dem Geist u. Ausdruck wohnen: voll Sittensprüche, die aus der Menschlichen Natur just da ausgeschnitten sind, wo sich Verstand u. Herz trennen. Ich trage mich mit dem Gedanken, Mösers Brief an den Vikar (er ist selten u. einen Auszug finden sie in den letzten Theilen der Litt. Br.) im Ton des Landpriesters von W. zu beantworten: denn auf der halbchristlichen Welt Gottes kann kein verschiedner Triumvirat von Denkern seyn, als der Vikar in Savoyen, der HE. Justitzrath Möser, u. der Englische Landpriester. Der mittlere macht die Religion zum Klotz am Fuße des Pöbels, u. uns arme Prediger also zu schwarzbemäntelten Lakeien der Justizräthe, wer wollte das seyn? Ich habe seit geraumer Zeit in einigen trüben Stunden den Gedanken umhergewälzt, wie Diogenes seine Tonne, ein Schüler Sokrates zu werden, u. ein viertes Gespräch zu den drei Mendelsohnschen zu schreiben, aber ein Gespräch Zweifel. Sokrates ist todt, seine Jünger feiren seinen Abendmal, u. ein Simmias unter ihnen käuet die Zweifel herauf, die mich bei Lesung des Mosesschen Phädon nicht verlaßen. Dieser möge also alsdenn den Sokrates von den Todten aufwecken, und wie im Sophokleischen Philoktet der Herkules, so hier der erscheinende Nichtswißer, zu entscheiden. Da ich indeßen mit Mo meiner Unsterblichkeit der Seele, wenn ich einmal Moses u. den Propheten nicht glaube, nicht viel weiter als bis zur Pythagoräischen Seelenwanderung, oder Seelenbleibung kommen kann: so wird eben damit auch der dignus vindice nodus einer Erscheinung vorweg geknüpft: und HE. Moses wird zu seiner Philosophie, als zu einer Freistadt fliehen
    müßen
– müßen, aber ich sehe nicht, wie dahin kommen. Der ganze Charakter Sokrates dünkt mich bei Moses schielend: sein Lebensbeschreiber unserer Tage sollte sich
    zwischen
eine des Plato u. Xenophon stellen; Moses steht
    hinter
u. zupft wechselsweise den einen oder den andern, oder gar den Englischen Kooper. Ihre Philosophical Enquiry into the Idees of the Sublime and Beautiful sind durch Hände eines Uebersetzers gegangen, der mich um Vorrede u. Anmerkungen ersucht hat. Ich habe sie ihm versprochen u. denke sie mit mehr Werth u. Wichtigkeit diesem Klaßischen Buch hindanzuschreiben, als HE. Klotz seinen Namen den Caylus’ u. s. w. vorkritzelt. Ich warte auf die dritte Englische Ausgabe, die der Verfaßer Mr. Burke vermehrt u. mit einer neuen Abhandlung vom Geschmack begleitet herausgegeben; die ich aber nur eben jetzt aus einer französischen Uebersetzung (Recherches philosophiques sur l’origine des Idees, que nous avons du Beau et du Sublime traduites par l’Abbe D. F. London 1766.) kennen lerne. Die Uebersetzung dieses Buchs wird vielleicht zeitig gnug kommen, um der der neuen Darjes-Riedel-Hutchesonschen Aesthetik etwas in Weg zu treten. Außerdem bin ich von hieraus (vorzüglich von Secr. Berens) ersucht, die Werke unsres großen Rußischen
    Platon
(Hieromonach, Lehrer des Großfürsten u. s. w.) davon der erste Theil eine Theologie, die schon auswärtig sehr bekannt sind ist, d enthält, der zweite Predigten, die edel u. simpel, wie die Homilien des Chrysostoms sind ) enthalten soll, mit ein paar Worten in die Welt einzuführen. Ich sehe jetzt den ersten Theil der Uebersetzung über. Der Graf von der Lippe hat durch seinen Policeidirektor, Westfeld, mir über Abbts Sch Torso seine Achtung versichert. Der Brief ist, wie vom Policeidirektor, der aber auch hinten nach selbst gelehrt thun will: er denkt auch an Ihre Schriften, daß er sie läse, u. bald zu verstehen hoffte. Sie sehen, daß der Wind von einem Hamannischen Club bis unter den Westphälischen Eicheln wehe. Da ich mich seit einiger Zeit etwas mehr, als vorhin aufs Englische lege: so finde ich insonderheit jetzt an meinem Sir Hudibras Unterhaltung: und Prosaisch habe ich insonderheit mich am 4ten Theil der Humischen Essays, im Englischen ist er der erste, vorzüglich bei der Abhandlung on the rise of the Arts and Sciences sehr genährt: diese Abhandlung ist eine Kuhhaut zu einem Cha Carthago, das größer ist, als selbst Winkelmanns Tempel der Kunstgeschichte. Ich besitze Yorik’s Predigten; die sonst getreue deutsche Uebersetzung hat die Laune des Autors, sein läßiges Herzälen der Ideen, sein träumendes Ausschütten des Herzens, u. die beständige Mine: was gehts mich an? ganz verfehlt. Der zusammenverschlungne Deutsche Periode mag Zürchisch seyn; Yorik’sch ist er wahrhaftig nicht. Sonst habe ich mich durch den Namen Churchill blenden laßen, auch seine Predigten zu haben: sie sind nichts, als vom Gebet, aber kein Funke von dem Geist Churchill’s, den ich erwartete. Dünkt’s Ihnen nicht besonders, daß die drei grösten Englischen Humoristen, S der neuern Satyre, Swift, Sterne, Churchill, der aber blos Giftvoll ist, Prediger sind? An Sterne’s Laune kann ich mich nicht satt lesen. Eben den Augenblick, da ich an ihn denke, bekomme ich seine sentimental journey zum Durchlesen, u. wenn nicht meine Englische Sprachenwißenschaft scheitert, wie angenehm werde ich mit ihm reisen. Ich bin an seine sentiments zum Theil schon so gewöhnt, sie bis in das weiche innere Mark seiner Menschheit in ihren zarten Fäden zu verfolgen: daß ich glaube seinen Tristram etwas mehr zu verstehn, als the common people. Und um so mehr ärgern mich auch seine verfluchten Säuereien u. Zweideutigkeiten, die das Buch wenigerer Empfehlung fähig machen, als es verdient. Die andern Sachen, die eben vor mir liegen, sind: a pindaric Address to Lord Buckhorse, mit dem Titel the patriot, die wie ich sehe einen appendix to the Patriot hat the Author’s Conversation with his Bookseller. Und denn zweitens, worauf ich mich noch mehr freue the new Bath Guide or Memoirs of the B-r-d Family in a Series of Poetical epistles by Christ.
    Anstey
– Dodsley.
Eine prächtige Ausgabe von einigen Gay’schen Oden, die Sie sich wahrhaftig in Ihrer Collection of several Poems werden ausgenommenzeichnet haben, z. E. Kirchhofs Elegy, Etonscollege, Früling u. s. w. Die Kupfer hat Richard Bentlei angegeben: sie sind aber ohne Geschmack der Kunst. Die Oden selbst sind nur auf einer Seite Royalfolio gedruckt, u. im Druck also nicht so überladen, wie im Innern der Worte. – – Von wem ich alle diese Bücher erhalte? Die letzten von einem unsrer Stadtkinder, Schröder, der aus England von seiner Reise eine unbeschreibliche Liebe zu alle dem mitgebracht, was Englisch heißt. Heute ist an unserm Martinstage ist der kleinen Miss Bèrens Hochzeitstag mit Ihrem auf doppelte Art vergeschwisterten Co Cousin:
    Schwarz
, Secr. u. not. publ. u. vorgedachter Schröder hat a nuptial wish to Mr. Schwarz and Miss Berens gesungen, das wenn es nicht in England aufgekapert ist, kurz u. gut ist. Man hat mich beinahe ein ganzes Jahr lang mit diesem kleinen Bräutchen dieses Tages, meiner ehemaligen Schülerin, (wie es hier heißt)
    ausgebracht
, u. einige noch klügere Leute haben wißen wollen, daß ich blos einer solchen Ursache wegen habe hiergeblieben seyn können. Allein
    es
    ist
ich wünsche an allen Sünden so unschuldig zu seyn, als an dieser, eines andern Braut zu begehren, denn ich, als ein alter Freund des Hauses, habe längst, beßer als Abimelech zu Gerar gewußt,
    daß sie sein Weib seyn sollte
. Wieder also auf meine Mönchseinsamkeit. Ich habe das große recueil d’Antiquités p. Caylus seit einigen Wochen bei mir liegen, aber noch hat mir die rechte Richtung der Seele gefehlt, mich unter seinem Stückwerk umherzutummeln. Seine Antiquitäten selbst sind Brocken, die in der Ecke einer französischen Tasche, in Frankreich sitzen geblieben; aber sein Bemerkungsgeist ist über Französischen Esprit hinweg. Insonderheit hat er durch seine Reisen die Känntniß der Morgenländer lebendig anschauend, bekommen, die Winkelmannen selbst bei seinen Aegyptern völlig fehlt. Da dieser Alles Griechisch machen will, u. einen nach Griechenland offenbar verpflanzten Zweig für Wurzel hält, so hat er mich insonderheit im Ursprunge der Kunst mit recht leerem Herzen gelaßen, denn man mag mit dem quid-quid Graecia mendax / audet in historia / so weit kommen als man will, zum Ursprung der Kunst, wie der Wißenschaft kommt man nicht. Ich habe die Löenschen Reisebeschreibungen u. Geschichten der alten Welt (ich weiß nicht, ob Sie diesen Koloßus kennen?) consulirt, aber ich kenne keine elendere Zusammenstoppelung, als diese. Von d’Origny hoffe ich mehr, u. meinen Shaw denke ich mit Vergnügen zu wiederholen: weil ich überhaupt gerne etwas tiefer in den Abgrund u. Ursprung dessen, was wir Cultur nennen, tauchen wollte. Können Sie mir dazu, insonderheit über den Ursprung der Wißenschaft Hülfsmittel sagen: so werde ich Sie als meinen Geleitsmann in dieser Wüste des Anfanges ansehen. Mit unserm theuren Klotz scheint sich die Scene zu verändern, u. Leßings Briefe scheinen Vorboten zu einem baldigen Glückwünschungsliede an ihn u. seine Herelios, Meuselios, Harlesios, Curtios, Hausenios etc. Ceciderunt in profundum. Sie haben Recht, daß ich in se ipso ornando, wie er sich claßisch ausdrücken würde, zu sehr den Litterat. Br. gefolgt bin, u. Abbt war gewiß nicht der beste Beurtheiler Aesthetisch, Philosophisch, Horazisch schönlateinischer Lappen. Ich bin u. die Litt. Br. sind auch für unsre Indulgenz schon so gnug gestraft, wie ich denke, daß auch ich bald Gelegenheit haben werde, im zweiten Stück über Abbt manches mit gutem Anstande zu reklamiren. Ein seichter Autor, der bei aller seiner claßischen Vielwißerei Idiot, u. ein süßer Schwätzer vom einseitigsten Geschmack ist, ist, er sei was er sey, indeßen immer schlimmer beizukommen, als ein andrer von entschiednen Verdiensten u. Fehlern. Das beste ist, daß er in seinem Schlamm versinke. – – Soll ich noch einen halben Bogen anlegen, nein! ich will Sterne lesen, u. Sie noch zu guter Letzt umarmen. Schreiben Sie mir doch bald, lieber H., was Sie machen, wie Sie leben, denken han arbeiten u. leiden. H. P. S. Den Artikel Corvee habe ich abschreiben laßen, er wartet auf Gelegenheit bei Hartkn. DasDie GesInstruktion zum Gesetzbuch ist gedruckt u. also auch bald Ihres Orts zu haben. Den Möserschen Br. will ich für Sie, wenn Sie wollen, abschreiben laßen: Von Deutschlands Neuesten Neuigk. künftig.
Geliebter Freund, Das beste Glück zum neuen Jahre. Leben Sie so gesund, so glücklich und zufrieden, als ichs Ihnen wünsche, das ist hinlänglich. Geben Sie mir doch einmal Nachricht, wie Sie leben, und was Sie machen. Hier nahe an den Grenzen der vernünftigen Welt, hört man nichts von Männern Ihrer Art. Ich und Willamov sprechen oft von Ihnen, und wünschten daß alle rechtschaffene Leute Sie kennen möchten. Ich wünschte, daß Sie in einer leeren Stunde einmal an mich denken und gleich schreiben möchten. Sie wißen geliebter Freund, wie aufrichtig ich Sie liebe und Ihren Werth verehre. – Ich lebe so wie ein Mensch von meiner Denkungsart und Stande in Peterburg leben kann, vergnügt kaum, doch auch nicht gar zu traurig, weil das Nachdenken hier Contrebande zu seyn scheint. Was auf dem Lande ein Monath war, scheint mir hier eine Woche zu seyn. Ich habe hier viel ausgestanden, und das weiß hier niemand als ich allein. Die hiesige Lebensart ist nicht ganz nach meinem Sinn. Nehmen Sie einem Peterburger s. Carten, s. Leckerbißen, und s. Spazierfahrten, so fält das ganze Gebäude seiner irrdischen Glückseeligkeit hin. Das beste ist, daß der, der nicht so denkt, als ein todter Mensch angesehen wird, zu dem ein jeder sein molliter ossa cubant von ganzem Herzen sagt, oder denkt. Außer der Gesellschaft eines lebhaften Hauses habe ich hier wenig Bekante, auf Freunde soll mann in einer Stadt wie Peterburg keine Rechnung machen, auswärtige Corespondence fält wegen der Entlegenheit weg. Viele von den wenigen Stunden, die verdrüßliche Geschäfte, gezwungene, und nöthige Zerstreuungen mir leer laßen, wende ich jezt auf die rußische Sprache, die mir im Ernst anfängt zu gefallen. Vor einigen Tagen erhielt ich von unserm Paz nach langem Stillschweigen den ersten Brief in Peterburg, der arme Mann, sein Schicksal dauert mich, aber besonders rührt mich seine traurige Elegie, über Ihr verlohrnes Zutrauen zu ihm. Vieleicht ist das, eine von den gewöhnlichen Chimeren seiner fruchtbaren Einbildungskraft, aber vieleicht hat Ihm ihre strenge Gerechtigkeit einen Streich gespielt. Solten Sie indeßen Geliebter Freund nur 8 Tage seinen traurigen Zustand, die Folter die er ausstehen muß, und die ihm seine Einbildung dazu schaft, ansehen, ich weiß sie würden billiger mit ihm verfahren. Der Abfall fast aller seiner Freunde, und das schielende Gemählde, das viele derselben von ihm machen, kann den standhaftesten erschüttern, und hat mich oft ganz irre gemacht. Ich kenne indeßen den guten Paz seit vielen Jahren, habe ihn in verschiedenen Lagen gesehen, oft gemißbilliget, oft öffentlich getadelt, aber jederzeit geliebt. Viele Schlacken weggeräumt, findt man immer auf dem Grunde gutes Gold. Nicht gesagt, daß er nicht theils Schuld an seinem Unglück wäre, und an dem fast allgemeinen Mißvergnügen seiner Bekanten. Oft, unglaubliche Unvorsichtigkeit, Unbeständigkeit in Planen von denen selten der Grund taugte, das habe ich ihm oft gesagt, und noch öfter gedacht. Es solte ein schönes Glücksschloß aufgebaut werden, en espagne, da wurde alles alte zum theil gute
    Bauzeug
weggeräumt, Luftblasen zu Ecksteinen gesezt u.s.w. Aber man giebt der Sache überhaupt einen zu übeln Anstrich, Unvorsichtigkeiten müßen Bosheit, geringe Fehler schlechte Streiche, und deutsche Ehrlichkeit Narrheit heißen. Ich habe freylich die mehresten Nachrichten zu seinem Lebenslauf von ihm selbst, ich bin aber eben nicht parteiisch gegen meine Freunde, und nehme mirs niemals übel bey ihren Erzählungen auf der Stelle eine geheime Inquisition zu halten, das sezt die natürliche Eigenliebe dazu – denn deckt sie einen Schleyer über – das war nun wohl ein Fehler, aber vergeblich, und niemand in der Welt ist wohl weniger geschickt als Paz einer officieusen Unwarheit einen guten Anstand zu geben. Was die Bücher anlangt mein liebster Freund, die Gelegenheit zu einigem Mißvergnügen sollen gegeben haben, so verdient der Punkt gewiß Vergebung. Sie hatten sie ihm mit der Bedingung geschickt, das was ihm nicht gefiele zurück zu schicken. Der Geschmack ist verschieden bester Freund, und nicht allezeit gleich. Mir schmecken jezt viele Speisen nicht nach denen ich vorzeiten die Finger geleckt habe, und gehts Ihnen nicht auch so, würdiger Freund? Unser Paz hatte damals kein Vergnügen an ascetischem denken und leben, seine Art zu denken und zu predigen die ich nicht ganz mißbilligen kann, konte auch durch viele von den überschickten Predigtbüchern keine Hülfe erhalten. pp. Er gab mir also die Bücher, die sie zurückerhalten haben wieder meinen Rath, weil ich das Terrain kante, mit an Hartknoch, um mit Verlust des Bandes, und noch eines ansehnlichen Rabats, sie gegen andre Bücher umzutauschen. Hartknoch sagte mir, daß er keins von allen den Büchern in seinen Laden nehme, wenn sie ihm geschenkt würden. Sie können denken daß ich hier meine geheime Critik anbrachte, denn Hartknochen hat Paz wenigstens zu s. Zeit reelle Dienste gethan. Ich reißte also nach Peterburg, und die Bücher blieben in Mitau stehen. Einige Bücher die ich Steideln an Sie zu bestellen bath, waren mit in dem Pack, und Steidel schickt Ihnen das ganze Pack zu. Das ist die ganze Geschichte – Wenn Sie einige Freundschaft für mich haben, würdigster Freund, so laßen Sie den armen Paz nicht länger zappeln. Ich weiß wie er Sie liebt, und stelle mir vor, was er sich für Vorwürfe und Chimeren macht. Seine Gesundheit, seine Zufriedenheit, und sein geringes Vergnügen leidet darunter. Schreiben Sie ihm wieder einen freundschaftlichen Brief; daß die G…ne fröhlich werden p. Vergeben Sie mir diesen langen und verwirten Brief. Vieleicht gefält ihnen die Art nicht, wie ich von meinen Freunden rede, wenn Paz mein Portrait machen solte, vieleicht sähe es noch magerer aus, aber ich weiß nicht, ob ich darüber empfindlich werden könte. Meine Freunde müßen Fehler haben, sonst wären es Menschen von anderer Art als ich, und denn könten sie nicht meine Freunde seyn. Bleiben Sie der meinige würdigster Freund, und glauben Sie daß niemand mit mehr Aufrichtigkeit der Ihrige ist als Ihr ergebenster Freund u Diener Arndt St: Peterburg den: 25t D. st. v: 1768. Adresse mit Mundlackrest:
a Monsieur / Monsieur Hamann / homme de lettres / a /
    Koenigsberg.
Vermerk von Hamann: den 26 Januar 769. beantw. den 19 Febr.
Kgsberg den 17 Januar 769. Liebster Herder, Gestern eben Ihren Brief sine die et consule erhalten, da ich die Beyl. den Tag vorher angefangen aber durch eine Einladung unterbrochen wurde. Sie können leicht denken wie unerwartet mir Ihr Schreiben gewesen, weil ich würkl. mit verzweifelten Anschlägen gegen Sie schwanger gieng und beynahe entschloßen war ein Klotzianer zu werden um mich nur an Ihnen rächen zu können. Ich verdenk es keinem nicht mir böse zu seyn, am wenigsten meinen guten Freunden; aber ich fordere in diesem Fall wenigstens eine Erklärung, wenigstens zu meinem Unterricht und meiner Beßerung, die der Beleidigte oder sich dafür haltende Theil immer schuldig ist, weil ich ihn immer als den Obermann des Beleidigers ansehe,weil er der die schönste Gelegenheit in Händen hat vernünftiger und tugendhafterer als der Beleidiger zu seyn und sich des letztern Fehler immer zu Nutz machen kann – Der Period ist mir so lang gerathen daß ich mich über 3 kleine Nebenverhältniße hiesigen Orts nicht einlaßen will, die sich auf bloße gelehrte Familienkleinigkeiten beziehen. Ueber Ihre gute Aussichten dorten ist keiner auf der Welt so erfreut wie ich, weil sie unstreitig die Nachtheile Ihrer gegenwärtigen Lage aufheben möchten, daß Sie an keine Diversion noch Conföderation nöthig haben werden zu denken. Eine gewiße Muße und Unabhängigkeit, die ich Ihnen bei Ihrem gegenwärtigen Schul u Kirchendienst kaum zutrauen kann, scheint mir gleichwol zu Ihren Entwürfen unumgängl. zu seyn. Was den
    Autor
selbst betrift so fürchten Sie sich eben so ein Lobredner anderer zu seyn als den Ihrigen zu trauen ab hoste consilium. Ich habe des Hamb. Nachrichters Geschwätz mit so viel Andacht gelesen als der Berl. ihrs mit Kützel. Von Seiten des
    Gewißens
und der
    Leidenschaften
betrachtet ist die Autorschaft keine Kleinigkeit, und diese beyde Polen haben mehr auf sich als Witz und Gelehrsamkeit; doch hier überlaß ich Sie Ihrer eignen Erfahrung. Auf 2 Puncte sind Sie mir liebster Freund, eine Antwort schuldig geblieben 1.) über Ihre neue Ausgabe die doch bereits so öffentl. angeführt worden. (Ος εν παροδω versprach ich mir daß Sie ein Exemplar von allen Ihren kleinen und großen Fragmenten operibus u opusculis ich möchte nicht gern sagen bei Ihrem Verleger sondern lieber bey sich selbst beylegen und mir selbiges nach Gelegenheit zustellen. Ihren Torso erwarte beynahe gewiß in einem Päckchen mit HE. Hartknoch.) Von Ihrem 4ten Theil auch altum silentium; ich vermuthe aber daß er erst nach Vollendung der zweiten Ausgabe folgen wird. 2.) über Kanters und meine Bitte die Hiesigen Zeitungen nicht so
    unpatriotisch
zu verschmähen. Lambert und Kant liefern Beyträge; ich habe mich auch zu 12 Auszügen aus dem Engl. das Jahr durch anheischig gemacht, die aus Mangel der Materialien vor der Hand nicht viel auf sich haben werden, weil das Gentleman’s Magazin allein nicht ergiebig genug ist. Ich glaube daß Sie unsern Vortheil mit Ihren Absichten sehr fügl. vereinigen können; und mache blos auf einige rohe und hingeworfene Reliquien ihrer hors d’oeuvres Anspruch; wobey ich Ihnen das Gelübde thue, daß Kanter und niemand anders eine Sylbe von Ihrem Verf. erfahren soll. Mein Bruder soll sie abschreiben und keiner soll so wenig auf mich als Sie rathen noch wißen wo diese Stücke herkommen. Unter dieser Bedingung hoff ich Sie geneigter zu einem nützl. Beytrage zu machen ohne die geringste Gefahr zu laufen. Ich kann Ihnen nicht leugnen daß das alberne bruit von einer Secte oder Club mir geschienen hat Ihnen empfindl. gewesen zu seyn; es ist mir eben so unangenehm daß Sie als daß ich durch ein so tummes u abgeschmacktes Gerücht leiden sollen, unterdeßen dergl. Dinge die sich von selbst wieder legen, lohnen der Mühe nicht gerügt zu werden. Meine Umstände verbieten mir noch mehr als Gründe den geringsten Antheil zu nehmen, unterdeßen nehm ich so viel ich kann ad notam und mag so wenig schenken als schuldig bleiben, wenn die Rede von Gerechtigkeit ist. In gegenwärtiger Crisi meines Glücks u meiner Gesundheit (denn ich brauche seit 14 Tagen die China China) ist an nichts zu gedenken, und wenn ich mich und meinen Bruder ansehe so tröste ich mich aus Rousseau mit einem weisen Ausspruch seines Mylords: un homme est deja utile à l’humanité par cela seul qu’il existe. Ist die Abschrift von Corvée nicht Ihre Hand; ich sollte aus einigen kleinen Schreibfehlern daran zweiflen. Aber die Aehnligkeit scheint mir so weit zu gehen: doch ich kann mir nicht vorstellen und würde es Ihnen sehr übel nehmen statt des Danks, daß Sie sich selbst diese Mühe gegeben hätten. Von Caylus urtheil ich mit Ihnen gleich weil ich einige Theile im Franz. gelesen. Man hat mir einbilden wollen und fast überredt das Home die philosophical Enquiry geschrieben also dank ich für Ihre Nachricht. Ihnen zu Gefallen hab ich Humes Versuch über den Ursprung der Künste vorgenommen oder vielmehr über ihren Fortgang. Des Marechal de Saxe Reveries haben mir gestern den gantzen Abend verdorben. Daß Churchill ein Geistl. gewesen habe nicht gewust. Von Baffy über das Originalgenie find ich schlechte Beurtheilungen im Magaz. Aus Schmidt Anführung zog ich andere Muthmaßungen in contrarium seines eignen Papageyen Urtheils. Melden Sie mir doch künftig etwas mehr von Anstey’s Bath Guide. Die Ausgabe von Grey’s Oden habe selbst beseßen, bin aber froh gewesen S sie bald gegen einen Autor von mehr Text loß zu werden. Die ersten Theile der Loenschen Samml. habe nicht ohne Vergnügen gelesen, wenigstens mit mehr als die neue Reisebeschreibungen. Steuart’s Oeconomia empfehle Ihnen sobald die deutsche Uebersetzung davon erscheinen wird. Goguet wird Ihnen wenigstens die Quellen anzeigen können u Bochart ist ohne Zweifel auch ein Autor classicus in diesem Fach. Sollten Huetii Origines nicht auch einschlagen? L’origine des Dieux du paganisme et le sens des fables decouvert par une explication suivie du Poeme d’Hesiode Par M. Bergier Paris 767. in 2 Vol. in 12 wird sehr gelobt. Seine Erklärung geht darauf hinaus nicht so wohl die Theologie als so zu sagen die Kirchengeschichte des Heidentums in Hesiod und der alten Mythologie zu finden. Moses! seine Geschichte u Philosophie ist immer eine Urkunde aber schwerer als Hesiod zu entziffern. Ich weis kaum ein lebendig Wort mehr von dem was ich über diese Materie gedacht und imaginirt habe. Sie ist aber mein Lieblings Them gewesen von dem ich so voll war, daß ich übrig gnug zu haben glaubte ich weiß nicht wie viel Jahre daran zu wenden. So wahr ist, daß es Gedanken giebt die man nur einmal in seinem Leben hat und nicht Meister ist selbige wieder hervorzubringen. Gewesen sind sie und Spuren müßen davon noch im Gehirn seyn; aber in welcher cellula, mag der Vater der Lebensgeister wißen. – Ich muste neulich unvermuthet im Young blättern; da kam es mir vor als wenn alle meine Hypothesen eine bloße Nachgeburt seiner Nachtgedanken gewesen waren und alle meine Grillen von seinen Bildern impraegnirt worden wären. So irre bin ich an meinem eignen Selbst, daß ich selbst sogar zweifele ob meine Gedanken nicht untergeschobene Wechselbälge gewesen sind. Gleichwol war mir Young damals noch neuer und frischer im Andenken als jetzt. Sollt ich meine eigne Diebstäle nicht gemerkt haben und die Wahrheit hab ich mich niemals geschämt zu bekennen. Meine Spinnerinnen warten, daß ich den Abendseegen lesen soll. Schreiben Sie mir wenigstens mit Hartknoch und grüßen Sie ihn von mir. Ihr Brackgut addressiren Sie an mir, ich versprech Ihnen alles genau zu erfüllen. Beyl. besorgen Sie so gut als Sie wollen und können. Ärgern Sie sich nicht an meinem Geschmier. Hintz denk ich werden Sie bald zu sehen bekommen. Er gefällt sich sehr in Curl. Leben Sie wohl und erhalten Sie mir Ihre Freundschaft. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund Hamann † wie ich von andern höre.
In Kanters Laden und Bureau Nach dem Mittagseßen den 24 Januar 769 am Geburtstag des Königs. Ah! Hochverrath! Hochverrath! Ihre Kritischen Wäldchen sind hier! und was das ärgste, noch habe ich sie nicht gelesen noch lesen können. Mein Exemplar liegt beym Buchbinder und wird dochmit dem Ende dieser Woche erst fertig werden. Ich kann nicht anders so besoffen und entnervt ich bin als für Ihre meineidige und treulose Verschwiegenheit Sie abstrafen. Genannt oder ungenannt aber digito monstratus: hic est! müßen Sie in die Kgsbergschen Gelehrten Zeitungen. Sie machen sich eine Ehre daraus ein Deutscher und schämen sich – was noch zehnmal beßer – ein
    Preuße
zu seyn, und Alle Ihre
    Brüder
in ☉ und ◻ erkennen Sie dafür. Machen Sie mein ergebenst Compliment ihrem treuen Mitbruder und Verleger, dem ich bald selbst zu seinem Fortgang in der Pythagoräischen Weltweisheit Glück wünsche. Mehr kann ich Ihnen nicht heute schreiben; als Sie ersuchen meinen weyl. HE. Verleger auch nicht zu vergeßen. Haben Sie Garrey’s Geschichte des Schlafes gelesen und wißen Sie den Verf. davon. Ich frage blos darnach weil ich selbst mehr Lust habe schlafen als übersetzen zu gehen. Ich umarme Sie und ersterbe wie gewöhnlich aber nicht recht mit Ihrer autorl. Zurückhaltung gegen mich zufrieden, doch dem sey wie ihm wolle, wenn ich Zeit hätte wollt ich mehr und anders schreiben. Leben Sie wohl und seyn Sie mir tausendmal gegrüßt Hamann.
Kgsberg den 13 März 769 Geliebtester Freund Herder, Damit Sie auch an mich denken, nehm ich mir heute so viel Zeit Ihnen einige Zeilen zu schreiben, an denen ich schon lange gebrütet habe. Ich kann Ihnen weder viel Neues noch angenehmes schreiben, weil ich nichts thue als meine Tage zähle ohne selbige wie ich wollte nutzen zu können. Unser Director Magnier ist fortgereist und ich bin heute zu Hause, weil ich wirklich krank bin, wenigstens innerlich, und mit dem heran nahenden Frühling eine Reformation meiner bisherigen Zerstreuungen vorzunehmen willens bin und den Himmel um ein δος μοι που στω bitte um die mich drükende Erde so viel wie ich kann von mir wegzuwältzen. Wir erwarten hier nächstens den HE. de Lattre einen der Administrateure aus Berlin und ich will mich wenigstens von meinem Kaltsinn zu meinem jetzigen Beruf, so schlecht er auch ist oder so wenig ich auch dazu gemacht bin, mich wieder ermuntern und mit aller mögl. Treue darinn fortfahren, damit ich mir aufs künftige nichts vorzuwerfen habe und wenigstens ohne meine Schuld mich meinem Schicksal unterwerfe und bequeme. Nun wie geht es Ihnen? Sie werden die Schmähschrift in der Klotzischen Bibliothek vermuthl. bereits gelesen haben. Ich verdenke es Ihnen so wol, daß Sie eine neue Ausgabe Ihrer Fragmente so frühe besorgt und mir ein Geheimnis aus der gantzen Geschichte gemacht, aber noch mehr und insbesondere den 2ten Theil Ihrer kritischen Wälder. Daß Sie das erste mal verrathen sind, war ein klein Unglück, das letzte aber scheint mir größer zu seyn – und bey gegenwärtigen Umständen das Blindekuhspiel zu versuchen, kann Ihnen auf keinerley Weise beförderlich, aber desto nachtheilicher seyn. Ich wünschte Ihnen würklich ein wenig mehr wahre Liebe und wahren Ehrgeitz auf Ihre Talente. Letzterer allein würde Sie abgehalten haben sich mit einem so kleinen Geist und offenbaren Marktschreyer wie Klotz ist, gemein zu machen und dem Publico en detail Ihre Autorempfindlichkeit und eine mehr eitle als gründl. Rache zu verrathen oder sich wenigstens den Verdacht davon zuzuziehen. Muß das Publicum nicht eher sich die Vorstellung eines Polygraphen als Polyhistors von Ihnen machen, nachdem es ihm bereits bekannt ist daß Sie ein Kirchen u Schulamt zu verhaltenwalten haben und es sich ich weiß nicht wie einfallen laßen vier und vielleicht 5 Werke auf einmal anzufangen und die Fortsetzung davon zu versprechen. Ist das nicht ein gar zu großes Vertrauen auf Ihre Kräfte und kann man bey einer solchen Zerstreuung sammlen, verdauen und cum amore arbeiten. Sind nicht Mattigkeiten, Nachläßigkeiten, Widersprüche, Wiederholungen und so viel andere Menschlichkeiten unvermeidlich? Wird es Mühe kosten, wird es lohnen Sie davon zu überführen? Werden Sie anders als durch indirecte Gegenvorwürfe darauf antworten können, oder gar durch Leidenschaft oder durch Winkelzüge – und wird daraus nicht endl. ein Ueberdruß des Publici sowol als des Autors entstehen? Glauben Sie liebster Freund daß die Hypochondrie, die mir den Athem so kurz u schwer macht, nicht allein Antheil an diesen Besorgnißen hat, sondern ein alter Rest von Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit, der mich noch zuweilen anwandelt und mir die Hofnung einflöst mich an Gehirn Mark und Blut, an Säften und Lebensgeistern, an Scheitel und Brust verjüngt zu sehen, ungefehr wie Hiob oder Nebucadnezar. Die Alten wiederzustellen, das ist die Sache; sie zu bewundern, sie zu beurtheilen, sie zu anatomisiren, Mumien aus ihnen zu machen, ist nichts als ein Handwerk, eine Kunst, die auch ihre Meister erfordern. – Ich höre hier auf und entschloßen mich anzuziehen und mein Bureau zu besuchen. – Mein Bureau besucht zu gutem Glück u. Arbeit vollauf gefunden; außerdem noch einen guten Freund, der mich vor einem Spatziergang mit Burgunder und nach demselben mit Champagner aufgenommen. Morgen will ich selbst einen meiner Collegen bewirthen und alsdann fortfahren. Gute Nacht auf heute. Des Morgens den 15 – Die Geschichte der spanischen Dichtkunst wird Ihnen vermuthl. ein eben so angenehmes Werk als mir gewesen seyn. Wie sehr wird Meinhardt verdunkelt. Grülichs
    Geschichte
des
    Schlafes
und die
    freymüthigen Briefe über das Χstentum
, deren Verf. ich zu wißen wünschte sind übrigens auch noch Schriften die Aufmerksamkeit verdienen. Wenn Sie liebster Freund Ihre Beantwortung des Mösers ausführen, sollte Ihr Verleger nicht letztern auch auflegen dürfen. Noch eine gelehrte Nachricht die Sie leicht im Stande seyn werden mir zu verschaffen, weil man hier keine Göttingsche Gelehrte Zeitung habhaft werden kann. Als Thomas Reden darinn recensirt wurden, beschuldigte man ihn eines plagii in seinem panegyrico auf Sully aus einem alten französischen Buche, das ich gern wißen wollte. Sind Sie nicht im Stande mir den Namen davon u die Nachricht, welche die Göttinger geben zu verschaffen. Im Register der 10 letzten Jahrgänge wäre das leicht auszumitteln; und wenigstens Ihr HE. Oberpraetor hält sie complett. Es ist mir an dieser Kleinigkeit gelegen, ich ersuche Sie also inständigst darum. Wißen Sie nicht wie HE. B. meine letzte requete aufgenommen? Ich wollte meine Bibliothek gern in Ordnung haben und erwarte einen kleinen Zuwachs derselben, mit dem ich dies Jahr wohl werde aufhören müßen. Die 4 ersten Theile von Daguesseau Oeuvres verdienen auch Ihre Kenntnis; die übrigen hab ich künftig gelaßen und enthalten seine plaidoyers welche hier ohnedem noch nicht complett sind. Meinen Pindar liebster Herder! kann Ihnen HE Hartknoch nicht einen verschaffen, etwa die Glasgowsche Ausgabe. Hab ich Ihnen schon von Stark geschrieben, und kennen Sie diesen Mann? Sein Libellus in Aeschyli Prom. vinct. liegt seit 8 Tagen vor mir ohne daß ich ihn noch habe ansehen können. Er ist dem Geh. R. Klotz dedicirt. Kanter verlegt jetzt etwas von ihm, er kündigt eine Auslegung der Psalmen darinn an. David mit Horatz vergl. Sie verdienen sich einander kennen zu lernen. Sein lateinischer Styl ist gut und fließend. Wir erwarten hier noch eine deutsche Abhandl. von ihm; so bald ich selbige sehen werde, sollen Sie mehr Nachricht davon haben. Er scheint sich lange in Frankr. aufgehalten zu haben und nimmt an das Kennicottsche Project viel Antheil, wie Sie aus Büsching schon wißen werden. Letzterer hat um die Preßfreyheit zur Fortsetzung seiner Geogr. ersucht und wie man sagt etwas rund, die ihm aber abgeschlagen worden. Er soll dort nicht zufriedner seyn und man denkt an Basedow. Wenn heute dieser Brief abgehen soll und er muß es, so ist es Zeit zu schließen. Nehmen Sie mir die Freymüthigkeit meines Anfangs nicht übel. Wie ist es mit Ihrer neuen Ausgabe? Ist sie oder ist sie nicht? Und ist die ganze Recension derselben bloß eine Tücke die man Ihnen gespielt? Haben Sie Hintz gesehen; er ist nichts als
    Bruder
und scheint auf alles übrige Verzicht zu thun. Leben Sie wohl. Ich ersterbe der Ihrige. Hamann.
Wir kommen, mein lieber Hamann, mit unsern Briefen wie 2. Divergenten immer mehr aus einander: Sie klagen über das Nichtgnugthuende in meinen Briefen; sSie sind in Ihren auch nicht mehr immer der alte Hamann – bald werden wir uns einander nicht mehr verstehen. Bin ich die Ursache; so will ich auch der erste mit der Rückkehr, mit der Zurückbiegung meiner Linie seyn, u. wenn Sie meinem Beispiel folgen, so sind wir wieder, wo wir waren. So lange ich nicht aßecurirt bin, daß meine Briefe nur von zwei Augen gelesen, u. von Einer Rechte, von der die Linke nichts weiß, zerrißen, oder verbrannt, oder sonst abgethan werden: so lange bin ich nicht über Sie, sondern über die Unvorsichtigkeiten Ihrer Freunde ungewiß, u. freilich so lange muß ich auch an meinen Hamann nur stammeln, u. ein hergestammeltes Gespräch ist freilich mühsam dem Stammlenden und dem Hörenden widrig. Setzen Sie sich in meine Stelle, von dem man so viel falsche oder halbwahre Anekdoten in Deutschland weiß, als ich selbst nicht weiß; nach dem man bei allen meinen Schülern u. Bekannten in Halle u. Leipzig u. Jena spioniret, dem man Gedichte u. Abhandlungen auffängt, die nur für diesen Ort geschrieben sind (die Schrift über das Publikum steht elend verstümmelt in den Unterhaltungen, u meine Rede über die Kanter so gut als einedie Brochure auf Kurella in Hambergers begelehrtem Deutschland) – Riedel citirt weiß Gott, durch welchen Schleichweg dreust meine neue Auflage der Fragmente, u. ich sehe die Recension über sie in einem der neuesten Stücke der Klotzischen Bibliothek) nehmen Sie nun diese u. andre Verräthereien; soll ich nicht beinahe über jeden Federzug sorgsam werden, u. wenn sich aus meinen Briefen nach Deutschland auch eine Ängstlichkeit der Mine in die Briefe meines Hamanns, wiewohl wider Wißen u. Willen einschleicht, ist das mehr als ein pecatillum? Geben Sie mir, auch über Ihre böse Laune, Ihr Wort der Sicherheit, u. mein Brief soll gleich wieder seyn, wie ein Gespräch in Ihrem Kabinette, oder in Ihrer ehemaligen Gartenlaube am Königsbergschen Peneus. Alsdenn aber mein lieber H. verdient Ihr vormaliger Spötter u. ehrbarer Kollaborator auch wieder einmal so einen ganz vollen Hamannischen Brief als Sie ihm lange Zeit nicht geschenkt haben. Warum reden Sie so über Wald und Berg hin, wenn Sie von Beleidiger u. Beleidigten u. s. w. sprechen: ists der Pulsschlag meines Gewißens, daß Ihnen die Citation im Torso noch unverdauet auf dem Herzen liegt? Der ists kaum! und nach dem Ton, in dem ich schrieb, wollte ich blos charakterisiren, nicht eben tadeln, und mit aufgehabnen Fingern exs ecriren. Ihre Kreuzzügen hatten, dünkt mich, die
    abentheuerliche
Absicht, zu kreuzziehen u. die Orientalische Sprache Romantisch zu machen brauchen, wo Sie damit Ihre Zwecke ausrichten konnten – ich werfe also auf Sie, als freiwillige Ausnahme einen Nebenblick – nichts mehr, u. auch dieser soll weg, wenn das Blatt, wie ich nicht anders als vermuthe, die zweite Auflage erlebt. So lange wenigstens hat Ihnen diese Proscription nicht geschadet, denn mein lieber Riedel, mit denr ich so sehr u. genau auf mir sein Sympathetisches u. Antipathetisches Auge hat, hat Sie ja von der Zeit an gelobt, da der Idiot vielleicht meinen Fingerzeig als Tadel nahm u. siehe! Da prangen Sie ja in seinen unsterblichen Briefen über das Publikum, wie auf dem übergüldetsten hölzernen Throne. Vergeben Sie mir also Etwas über das ich mich nicht Einmal entschuldigen zu dörfen glaubte. Auch beleidigen Sie meine Lares u. Penates, wenn sie mir unpatriotische Fühllosigkeit gegen Ihre Zeitungen zuschreiben. Ich bin nicht abgeneigt von Ihnen, ihnen, wenn ich mir nur Etwas freiere Hand schaffen u. mich aus andern drückenden Verbindungen los machen könnte. Zu diesen gehört außer denen in Deutschland ein neuer Anfang
    gelehrter Beiträge
, die hier herauskommen sollen, u. denen ich mich nicht habe entsagen können. HE. Kanter hatte sich auch nicht bei meiner vorigen Mitarbeit an den Zeitungen so betragen, daß er mir mit gutem Gewissen einen neuen Antrag deßhalb machen konnte: denn für alle meine Arbeit hatte ich mir blos den Shakespear Engl. die Johnsonsche Ausg. durch Hartknoch verschrieben, u. HErn. Kanter hat dies zu viel geschienen, u. Hartkn. hat ihm denselben bezahlen müßen. So wenig ich mich nun zwischen diese beide stecken will, so bin ich doch dadurch immer beleidigt, u. hätte Kantern so lange vergebens gearbeitet – wozu in der Welt das? – Dies sind die Ursachen meines Stillschweigens auf einen Brief, der mir blos Aufwallung schien, u. zu einer Zeitungserrichtung, von deren E Art der Anstalt ich nichts wuste, u. weiß. Seit Jahr u. Tag habe ich di von den Kön. Zeitungen kein Blatt gesehen, die K. mir doch so vielfach versprochen u. zugeschworen,. Auch die Recension meiner Sachen in ihnen kommen mir also nicht zu Auge, so wie ich an die Stücke dieses Jahrs nur beiläufig u. unvollkommen durchgesehen, da ich sie vor 8. Tagen in Mitau fand. Ich denke, alle solche Prävenancen u. Kleinigkeiten der Gefälligkeit sind indispensabel, wenn man neue Aufträge machen will. Ueber alles dies werde ich mich an HE. K. sehr offenherzig erklären, ehe ich eine Sylbe gebe. – – Sonst habe ich grossen Zug an Einem Blatte zu arbeiten, dem wir Pr, wenn der Teufel nicht Treschoisches Unkraut unter Weizen mistet, Preußische Originalität geben könnten. Vor Lambert habe ich lange her schon viel auszeichnende Achtung, u. wenn nur Ein tüchtiger Direktor wäre, u. jeder seine Sphäre hätte – so sollte das Spottwort der Hallenser,
    Preußische
Zeitungen sich in ein Ehrenwort verwandeln. Der Versuch über das Ideal des Menschen ist doch von Kant? u. der Auszug aus den Denkwürdigkeiten Petrarchs doch von Ihnen? Ist denn das letzte Buch so theuer, so rar, so selten? mich verlangt sehr darnach. – Ich werde Sie nächstens mit einem Blatt über die
    Verjüngung
u. Älterun
    Veraltung Menschlicher Seelen heimsuchen
, das sich in den Zeitungen wohl dörfte lesen laßen. Von der neuen Fragmentenauflage habe kaum eine andres, als mein Exemplar: doch wenn auch dies: so sollen Sie es durch Steidel, wenn er zur Meße geht, aber sub rosa rosarum haben. Es ist ein Bastard, der ganz umgeschaffen werden soll, u. Sie haben dazu das freieste Urtheil. Ists nicht mehr als Curl’scher Schelmenstreich, daß man dem Autor zum Poßen, der sich öffentlich drüber beschwert, Bücher citirt u. recensirt, die man vielleicht durch den Druckerjungen erstohlen? Ich mache mich schon gefaßt, wieder in der Hällischen Bibliothek den niedrigsten Schimpf zu hören, den Leute von der Art nur haben können. Ich müste mich sehr irren, oder Riedel ist der HE. Dtsch. und V R, der Lindnern u. mich recensirt hat. Man hat von einer Entzweiung dieses Menschen mit Klotz gesprochen, Weiße hats mir geschrieben; ich glaub’ es aber nicht. Was ists denn, was Klotz an Lindner geschrieben hat? ich höre nur einzelne unverständliche Sylben, u. wollte doch gern Worte hören! Was sind die paar Familiennachrichten an die Sie im Briefe gedenken? Lohnten Sie nicht, geschrieben zu werden? – – Ich könnte aus Ihrer Beilage nicht klug werden, wenn ich nicht aus Reval eben hörte, daß mich die B neuen Braunschweigischen Zeitungen für den Verf. der
    Kritischer Wälder
ausgegeben, die ich noch nicht kenne. Auch Nicolai hats an mich geschrieben, vielleicht blos weil er mein Verleger auch ihr Verleger ist, u. ist das nicht Präsagium gnug? Ich gehe ihm zu Dach, kann aber von ihm nichts herausbekommen, als was ich freilich rathen konnte, daß der V. sich nicht wolle genannt haben. Er ist also der Pythagoräer, ich nicht: u. Sie thun mir einen Gefallen, wenn Sie mich von einem Buche lossagen, das ich von seiner guten u. bösen Seite noch nicht kenne. Sie haben mich doch nicht gar in Ihren Zeitungen dafür profitirt? Hinz ist 14. Tage in Riga gewesen, und ich nehme Ihnen blos Ihr Mund Wort aus dem Munde: „er gefällt sich sehr gut!“ Gewiße starke Seiten von innerer Wahrheit u. Einigkeit mit sich selbst, die ich bei einem Freunde Hamanns erwartet hatte, mögen sich dann etwas verdunkeln, wenn man sich aus der Hypochondrie eines Kollaborators in die Weltlage zu werfen will, alles zu genießen, u. zu fühlen, was man nicht fühlt, und sich alles zu Nutz machen zu wollen, wobei man eben am wenigsten erbeutet. Wir sind hier täglich zusammen gewesen u. uns auf ziemlich viel Seiten kennen gelernt; allein da über einen Caractere manqué am schlüpfrigsten zu urtheilen ist: so falle mein dunkles Wort über ihn auch ins Dunkle. Vielleicht wird Er in Angelegenheiten einer öffentlichen Gesellschaft bald in Königsb. seyn, ehe Sie es träumen; allein aus seiner 2ten Reise, wenigstens mit seinem bisherigen Zögling scheint nichts werden zu wollen, den man zum Kandidaten der heil. Ehe lieber machen will, als ihn zum zweiten mal zum Schüler. Ganz Mitau soll Hinzen sals Auditeur bei des Herzogs Garde ausschreien: er selbst wußte aber von nichts. Er hat sonst noch andre Projekte, die, wenn Er sie ausführt, ihm viel Ehre bringen können; es ist aber noch im Weiten. So auch, was ich Ihnen von meinen hiesigen Aussichten geschrieben: ich darf doch nicht also ein favete linguis hinzusetzen. Haben Sie Noch Etwas zum Deutschen Nationalgeist gelesen (ich frage aus fernen Zeiten) u. wer mag der V. dieser Bogen voll von so wildem Ueberfluß u. so Kontourloser Laune seyn? Hat Sie in den Schmidtischen Zusätzen nicht dieas Musikalische Idylle Drama aufmerksam gemacht, die er dieser gefühllose Schmierer aus den Proben dramatischer Gedichte angeführt. Ich kenne außer Rammlers kein Stücken keins, was ich so süß mit Lust und Wohllust in seinen Tönen in das Herz fließt, u. das ich 3. mal hab’ ichs mir vorgelesen u. vorgesungen u. vorskandirt, u. ich möchte beinahe noch Einmal dran. Haben Sie Sonnenfels Dramaturgie gelesen? An Wendungen u. Politur des Geschmacks u. Stellung der Ideen übertrift er Leßingen: ich habe seine Theresie u. Eleonore hier ziemlich unter Leute gebracht, denn nach dem Jünglinge, u. Hypochondristen ist sie an Munterkeit der Wendungen das 3te Wochenblatt Deutschlands. Der Gesang
    Rhyngulphs
des Barden soll von einem Advokaten aus der Lausnitz seyn: sie werden in ihm einzelne gute Gedanken finden; aber Bardentöne – altum silentium! Das vorhin genante Drama:
    Naemi
ist dünkt mich in manchen Stellen sehr Oßianisch. Man macht in Deutschland auf aus P.
    Denis
Oßian viel; ich kann ihn aber nicht ausstehen, er ist in Homerisch seyn sollende Hexameter hingeschwemmt – Als wenn nicht ein großer Unterschied wäre, zwischen einemdem sanften süßen Geschwätzeton des Griechen u. der rauhen Kürze des Barden. Den meisten Ton in die Posaune über ihn scheint die Fama zu blasen, die Club ist, u. sich freut, daß ein Jesuit in Wien Klopstocken seinen Freund nennt, u. den Oßian übersetzet. Die Anmerkungen des Cesarotti u. die versprochne Abhandlung des D. Blairs ist mir lieber als seine Hexametrisirung. Mosheims Geschichte Servets habe anfangen wollen, aber nicht können: der Mann schwatzt ja zu unerträglich süß u. langweilig. Hinz in Mitau ist sehr beschäftigt, oder vielmehr, was eigentlicher ist, da er nichts zu thun hat, sehr unruhig. Er hat noch weder an mich, noch seine hiesigen genauern Freunde anders geschrieben, als 2. mal ein Paar Zeilen, in denen einige auch an mich waren, aber nichts enthielten. Vermuthlich müßen ihm seine Reisesachen u. s. w. im Kopfe stechken. Eben hab’ ich die ersten 8. Riedelschen Zeitungen gelesen, u. sie sind nichts, als was andre ihres Gelichters gewesen. Ueberall blickt Anekdoten- und Partheigeist vor, u. ein unerträglicher Capriccio, der etwa nur den Hippelschen Spott in ihren vorigen Zeitungen neben sich hat. Ich sehe, daß Sulzers Wörterbuch zum Druck fertig liege, worauf ich mich in unserer elenden Zeit sehr freue. Die kritischen Wälder setzt er ohne Scheu’ u. Schande auf meinen Namen, u. hat in seiner Recension eine Feder mit zwei Spitzen: die eine mahlt einen guten Kopf, die andre einen reißenden Wolf. Mich wundert, daß ich in so langer Zeit, da diese Wälder heraus sind, noch von ihnen u. über sie keine Sylbe aus Deutschland höre, u. sie selbst gesehen habe auch nicht. Hr. Secret. Berens ist in Peterburg. Ich habe Ihren Brief in sein Haus geschickt, weil man ihn täglich erwartet. Sein Bruder George ist sein se mein sehr guter Freund, der mich fleißig besucht, und mit dem ich, so bald Früling wird, Wald u. Feld zu durchstreichen gedenke, wie Fieldings Adam mit seinem lieben Joseph. Wer ist Verfaßer von der Physique de la Beauté, die ich mir aus ihrem Französisch Deutschen Exemplar so fleißig excerpiret? Diderots Artikel Beau habe gelesen, u. außer einigen meiner Lieblingsideen, wie sich das Schöne in uns entwickle, u. einer recht guten Kritik über die, die vor ihm vom Schönen geschrieben, nichts gefunden, was neue Theorie hieße. Da ich einmal Rhapsodisch schreibe: haben Sie Klopstocks Blatt über das Publikum im ersten Theil des Nord. Aufs. gelesen? Es hat immer etwas vom Siegel Kl., gegen welches alle Riedelsche Briefe nichts sind. Sein neuer Gesang über die Annehmung des Abadonna in der Hällischen Biblioth. hat mich ungemein kalt gelaßen, um so begieriger aber bin ich auf sein Trauerspiel Hermanns Schlacht mit allen seinen Bardenchören. Oßian soll auf dies ihn große Eindrücke gemacht haben, u. in deßen Seele leben. Es wäre unverzeihlich, wenn sie den Ugolino ihres Gerstenbergs noch nicht gelesen hätten. Alle Klotzianer u. Weißianer schimpfen drauf; ich finde in ihm Züge des Genies, wie noch in keinem Tragischen Dichter von Deutschland. Hier ist ein Marionettenspieler gewesen, deßen Sujets Entwürfe zu seinen Durchlauchtigsten Helden- u. Staatsaktionen ich gern gehabt hätte, um einen Begrif von alle unsern alten Deutschen Stücken zu bekommen: er ist aber zu frühe entwischt. Andre Neuigkeiten von unserm Orte weiß ich Ihnen nicht zu schreiben: es wäre denn von Kriegssteuer und schweren Zeiten, eine Materie, die zu bleiern ist, um unsere Briefe zu füllen. Musikalische Concerte haben wir diesen Winter über gehabt, aber zu Vokalstimmen der Oratorio’s will sich keine unsrer Schönen erbitten laßen, quibus liquidam pater vocem cum cithara dedit und so bleibt für mich das Beste der Musikerlustigungen aus. Was sagen Sie zu meinem verbröckelten todten Briefe? Er ist wie meine Seele. Es drückt mich meine Situation, wie ein Harnisch, von allen Seiten, u. wahrhaftig die Musen sind schlechtere Erleichterinnen, als die bezauberten Princeßinnen, um Don-Quixote seinen Helm abzulösen. War ich nicht vormals vergnügt u. munter u. hatte gute Ruhe? Nun aber muß ich leben, wie unter Todten u. wie ein Käuzlein in verstörten Städten. Man kann die Menschheit nicht lieben, wenn man nicht alle Situationen derselben kennet, und wer wollte sie alle kennen? Ich werde anfangen, Romane zu lesen, die sollen mir Welt u. Stadt u. Gesellschaft seyn: aber wahrhaftig keine Liebesromane. – – Wielands so fruchtbare Feder hat für mich viele vergnügte Stunden gebohren; aber seinen Idris komme nur immer bis zum 2ten Gesange. Das Stück, das mich von ihm am meisten gerührt, ist eine kleine Ode hinter seinem Idris in der Häll. Bibl. sie ist aus seinem Herzen, und schöner, als alle Lohensteinsche Perlenzimmer seines Idris. Die anziehende Episode der Nanette im Tristram ist darinn vortreflich eingewebt, u. die Ode von ihm vielleicht in der Faßung geschrieben, als da sSie in ihrer Beilage zum Dangeil mit Ihrem Gemmingen sagten: Dich glücklichen Leichtsinn! find ich nicht mehr. Ich schließe diesen Brief so zerstreut und verdrüßlich, ob es gleich in der Morgenstunde ist, u. so müde, ob ich ihn gleich 14. Tage durch Absatzweise geschrieben, daß ich kein Wort mehr weiß, als Sie um Ihre baldige Zuschrift freundschaftlichst zu bitten.
Kgsberg den 9 Mart April 769. Liebster Freund, Den letzten März habe durch Steidel Ihren sine die et consule gezeichneten Brief erhalten. Die Anecdote ist mir wenigstens angenehm gewesen, daß Sie 14 Tage daran geschrieben. Ich vermuthe aber kaum, daß Sie damals mein letztes Geschmier vom 15 Mart. das eine Einl. an Steidel war erhalten; wenigstens muß es gegen das Ende Ihres Memoire gekommen seyn, weil Sie sich im Anfange deßelben sich halb über mich zu beschweren scheinen und eine Aßecurantz Ihrer Briefe für nöthig finden. In diesem Punct scheinen Sie mir Vorwürfe zu machen, die ich garnicht zu verdienen glaube und die ich blos auf Rechnung Ihres eignen bösen Gewißens schieben kann. So viel kann ich Ihnen auf Treue und Redlichkeit meines
    alten Namens
versichern, daß ich mit Ihren Briefen bis zum
    Aberglauben
gewißenhaft umgehe, hauptsächlich
    Ihrer
und dann auch meiner Selbst willen, und daß sich keiner meiner hiesigen Freunde rühmen kann jemals Ihre Hand gesehen zu haben. – Dii Deaque me perdant, wenn ich mehr weiß was ich von
    Beleidigern
u
    Beleidigten
geschrieben habe, als daßs einzige, das ich damals nicht an mich sondern an Sie und Klotz dachte. Es komt mir aber beynahe vor als wenn dies in meinem jüngsten Briefe steht und daß Sie denselben also doch erhalten. Die Stelle im Torso hat mich gar nicht angefochten und ich habe meine völlige Rache schon in der Recension davon genommen, die Sie gelesen haben. Ich kann nicht leugnen daß einige mehr Unrecht darinn gefunden als ich selbst; und daß ich von einer gewißen Seite mich blos wunderte so unrecht von Ihnen verstanden und ausgelegt worden zu seyn. Also denken Sie an keine Aenderung bey einer zweiten Auflage. Ich habe die Bibel mit einem fame canina verschlungen und laß tägl. darinn. Sie war mein Element und Aliment; es war also gantz natürl. daß mein gantzer Nervensaft darin tingirt war; so wie gegenwärtiger Brief nach riedelscher und Klotzischer virtuosensprache ausartet. Ebenso verliebt in Luthers Uebersetzung als unzufrieden mit der Nasenweisheit der eckeln und stupiden Andacht der abgeschmackten Leser heil. Bücher. Diesen beyden entgegengesetzten aber ungeachtet ihrer Divergentz wie Sie zu reden belieben aus einem Punct fließenden Wiedersprüchen, die sich in ihren Folgen eben so wieder vereinigen, suchte Ihr alter Hamann damals zu Dach zu steigen, und es verdroß mich, daß ein Buch für Leute offen war, die nicht lesen konnten, und für die so es konnten, verschloßen blieb. Mein Eifer gieng also in manchen Augenblicken so wohl gegen das Buch selbst daß es gelesen ward als nicht gelesen ward. Wenn ich die Freude erleben werde daß Kennicott mit seiner großen Unternehmung fertig seyn wird, so wünsch ich mir von Gott ein Landgut um ihm meine Vixi und Gratias auf dem ersten dem besten Feldstein schreiben zu können. Unterdeßen Sie mir ich weis nicht was von Ihrem lieben Riedel und von seinem übergüldeten Thron sagen, muß ich Ihnen von unserm Lauson melden, daß dieser Extemporaldichter eine gantz erschreckliche Entdeckung als Controleur gemacht hat, die ihm und seinen Namen bey dem gegenwärtigen französischen Finanzsystem einen höhern und güldenern Thron als den Riedelschen bauen wird. Das Glück scheint sich gantz für diesen verwünschten Extemporaldichter verschworen zu haben. Kaum einige Monate daß er eine Terne in der Berl. Lotterie gewann und dies ist ein rechter coup de main de maitre, wodurch ein gantzes complot von Kaufleuten und Accise officianten verrathen ist, die den König um tausende betrogen deren Summe wohl unzählbar ist. Man wird ein halb Jahr mit der Untersuchung nöthig haben, und kein anderes Auge als das Lausonsche kann zum Wegweiser in einem solchen Labyrinth dienen. Sie können leicht denken daß man eine kleine Revolution erwarten kann und wie jetzt alles bey der Regie für den Namen des Lausons fast zittert. – Ehe wir auf Deutschl. kommen, lieber Herder, laßen Sie uns noch ein Wörtchen von unsern Kohlgärten reden. Sie haben leider! mehr als zu sehr Recht in allem dem was Sie theils von unsern Zeitungen theils von Ihrem Verleger sagen. Unterdeßen die Liebe und vornemlich (nach Abbt) des
    Vaterlandes
überwindt alles p. Ich verlaße mich vor der Hand darauf, daß Sie mir Ihre Abhandl. über die Verjüngung u Veraltung der Menschl. Seelen so bald Sie können mittheilen werden und was sonst noch zu einer Beyl. von Ihnen ausgeworfen werden könnte, unter Bedingungen die Sie selbst mir vorschreiben wollen. Sie werden auch Ihrem alten Lehrer damit eine Freude machen der 8 Tage ehe Sie mir davon schrieben wünschte daß die Platonischen Ideen darüber ein wenig entwickelt werden möchten. An mir wird Roußeaus Urtheil jetzt über den Plato wahr. Wenn das der Fall von der neuen Ausgabe der Fragmente ist; so dispensire ich Sie mir ein Exemplar davon mitzuteilen. Besorgen Sie mir aber durch Steidel bey seiner Rückkunft ein Exemplar Ihrer übrigen Schriften, Vorreden p. Die 3 Theile Ihrer Fragmente sind das letzte von Ihrer Autorschaft das ich besitze. Torso p fehlen mir noch. Ihre öffentl. Entsagung der Wälder hat alle Ihre Freunde geärgert; was soll ich von Ihrer Gabe mir ins Gesicht was aufzubürden und durch Steidel den Verdacht auf W. auszubreiten. Τι υμιν ειπω ουκ επαινω. Die Berlinschen Zeitungen machten den Anfang Riga bei Ihren Wäldern auszudrucken; 8 Tage nachdem sie hier angekommen waren. Hierauf giengen die Braunschweigschen weiter und meines Wißens haben die Kgsb. sie nicht profitirt, weil man dem Verf. glaubte einen Gefallen zu thun in an das forum fori oder die Kunstrichter Deutschl. zu weisen. Der arme Hintz weiß von seinen eignen Sinnen nichts. Noch eh er herkam wußte man hier schon sein Schicksal mit seinem jungen HE; und eben so weiß man daß aus seiner Deputation nichts werden wird. Ich will alle meine Galle sammeln um ihn recht auslachen können, wenn er aufwachen wird. Und Sie armer Herder! wißen auch nicht daß man in dem geliebten Deutschl. Kriegslieder auf Sie singt. Aus einem düstern
    Wäldchen
sah Uns anfangs
    Herder
zu Beym sechsten Schuß trat er auch nah Und schrie Gluglugluglu! Auch Drommelschläger
    Trescho
schlug Das Kalbfell voll von Muth Sein hocherleuchtet Köpfchen trug Zum Schirm den breitsten Hut. Ich hab es Ihnen am Anfange verdacht so gut als den Nicolaiten daß Sie Klotz Ihres Lobes u Ihrer Aufmerksamkeit
    gegen Ihr Gewißen
gewürdigt haben. War denn das Kräutchen in seinem Genius saeculi u moribus so unkenntlich und worin bestand der aromatische Geruch und die Blüthe des Witzes welche man in seinen lateinischen Exercitiis fand. Wie kläglich frostig und ehrlich thut Nicolai in der Vorrede zum letzten Stück seiner allgemeinen Bibliothek. Kurz, der Anfang und das Ende vom Liede ist, daß Sie sich mit solchen Leuten nicht hätten
    gemein
machen und sich niemals zutrauen sollen daß selbige zu wiederlegen noch zu beschämen sind, am allerwenigsten aber sich mit ihren
    donis
und
    armis
zu befaßen. Stillschweigen, aus der Erfahrung lernen, ein ander Feld sich wählen, mit Treue und ohne Leidenschaft noch Heftigkeit sondern mit Furcht und Zittern für die Unsterblichkeit, die sich am sichersten und gefälligsten auf der Bahn unsers Hauptberufs und unserer gegenwärtigen Bestimmung erringen läßt, ist der einzige logogryphische Rath den ich Ihnen geben kann, wenn Sie Ihre Ruhe und Zufriedenheit und den Genuß Ihres Lebens lieben und allen Scheingütern und Projecten vorziehen.
    Oeconomia
und
    Diaet
besonders in Ansehung Ihrer Zeit und Kräfte empfehl ich Ihnen als die beyden cardinal tugenden welchen ich eine Zeitlang all mein Glück zu verdanken gehabt das Ihnen ohnedem noch wahrscheinlicher zu erreichen seyn muß als mir in puncto der Autorschaft. Die Furcht des grösten Kunstrichters der Herzen und Nieren prüft und die Energie des großen schöpferischen so wol schriftstellerischen Genies ist die wahre Muse. και συντελεια λογων το ΠΑΝ εστι Αυτος. Morellus heist der Verf. von der Physique du Beau; der von Etwas zum deutschen Nationalgeist ist HE
    Bülow
, StadtSecretair in Zerbst. Letzteren nenn ich Ihnen aber auch sub rosa rosarum weil ich ihn unter dieser Bedingung auch erfahren und Ihnen aber die Billigkeit gegen anonyme zutraue welche Sie für sich selbst gefordert haben. Den Velasquez werden Sie wohl schon gelesen haben. Von Froriep arabischer Bibliothek, die vor mir liegt versprech ich mir eben nicht viel. Des P. Dennis Oßian erwarte ehsten Tages von Lindner der ihn gekauft; ich hingegen das Original aus London mit einer gantzen Fracht von Neuigkeiten u Alterthümern und ei. andre aus Frankr. Sorgen Sie doch daß ich von Secr. Berens Antwort u die zurückgelaßnen Schaafchen erhalte, besonders da ich mit Vergnügen höre, daß sein Bruder George Ihr guter Freund ist, den ich in Ihren Rambles an ihren gu alten Freund zu erinnern bitte. Schande daß ich nur eine Seite im Ugolino gelesen; weil ich ihn auch gebunden von Lindner erwarte. Die Familiensachen u Klotzens Briefe betreffen sein Lehrbuch u die Recension deßelben also haec nihil ad nos; im PS. dachte er an
    Adam
Trescho
und glaubte daß es der Mühe nicht lohnte mich grüßen zu laßen. Ich habe an ihn u den König von Polen aber in fremden Namen schreiben müßen; 2 mal in meinem eignen an einen Minister ohne eine Zeile Antwort erhalten zu haben so wenig als ich mich von Ihrem StadtSecr. vielleicht eine versprechen kann. Kurtz es geht mir jetzt ganz verkehrt von Ihnen selbst, die auch an meine Bücher nicht denken so gern ich den Popowitsch vom Meer auch gehabt hätte u. s. w. Trescho macht sich, wie man in Schlesien erzählt, um die armen Wittwen in Mohrungen sehr verdient. O lieber Herder! kein Buch geht über die Briefe der Sevigné, cette Mere beauté wie sie Coulange nennt. Uebersetzen Sie doch einmal diese paar französische Wörter. Morgen will ich sie mir selbst mit den Deshoulieres kaufen. Ich gebe jetzt einer Fräulein Stunden in Engl. auch einem jungen Kaufbedienten, was sagen Sie zu meinen Heldenthaten und operibus supererog. bey meinem blutsauren Tagewerk. Un grand Vocabulaire françois von 20 Tomes in 4. davon aber nur die 4 ersten Theile der 2ten Ausgabe von 1767 hier sind. Das ist ein Werk pro patria über die Encyclopedie. Wie verächtlich kommen mir die deutschen Gelehrten mit ihren antiquarischen Kriegen vor, wahre Froschmäusler, die sich, ihre
    Verleger
und das Publicum zu Schanden schreiben. O das allerliebste Vocabelbuch. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen zu Gefallen den gantzen Vormittag habe aufopfern können. Baldige Antwort und Beyl. über Beyl. Ich wollte Ihnen noch erklären warum Ihnen ein Brief an mich schwer wird ohngeachtet Sie sich 14 Tage oder ½ Monat Zeit darzu nehmen, auch noch ein paar Commissiones hinzufügen. Alles das auf ein andermal ohn Abschied.
Riga den 11./22. Mai 69. Die Nachricht, die ich Ihnen, mein lieber Hamann, in diesem Briefe zu geben habe, wird Ihnen unerwartet seyn; ich hoffe aber, daß Sie, wenn Sie sich ausgewundert und ausgescholten, meine Thorheit nicht mißbilligen werden. Ich habe meine Ämter hieselbst niedergelegt, und gehe ohne Unterstützung und auswärtiges Engagement zu Schiffe: ob nach Nantes, oder nach Koppenhagen, weiß ich noch nicht. Mit Gustav Berens aber denke ich zu reisen. Vorigen Montag war Examen, in welchem ich mit meinen Klaßen noch zu guter Letzt recht vortreflich auftrat: nach gehaltener Dimißion machte ich sogleich dem Scholarchen einen Entschluß bekannt, den ich innerhalb mehr als einem Jahr genährt hatte, und den ich ihm in vollen 2. Stunden nicht begreiflich machen konnte. Man schließet auf hundert geheime Absichten, von deren keiner ich Etwas weiß, und muthmaaßet diese oder jene Unzufriedenheit, zu der ich doch nicht die geringste Ursache hätte: oder kann sich endlich nicht denken, wie ich ein Engagement von 500. Rthl. Alb. aufgeben könne, ohne was in der Stelle zu haben. Der Einzige u. Erste, der mich verstand, war Sekr. Berens: deßen Stimme aber zu schwach war, das Publikum in den rechten Ton zu bringen. Freitag ward meine Supplique im Rath verlesen, u. da man aus mir nicht klug werden will, so gerieth Alles in die äußerste Wallung, von der das Publikum noch gähret. Pro u. Kontra! das können Sie sich leicht gedenken; aber überall sehe ich die größeste Achtung, zumal ich in einem Zeitpunkt aufbreche, der für mich, als Prediger, der hitzigste in Enthusiasmus ist. Gemeine, Vorsteher, Bürger, alles ist in Verdruß und Staunen, die sich zuletzt aber für mich in Sympathie und Abscheidende Gutheit auflösen müßen. Sonnabend erhielt ich den Bescheid des Magistrats, der mir in meinem Gesuch fügte, und mich s auch in der Abwesenheit seiner fortdauernden Gewogenheit versicherte, die mir denn auch wohl nicht entgehen wird. Sonntag wollte ich valediciren, ward aber, das das Zu trauendringen der Gemeine zu heftig war, von meinem Collegen Görike, der mich ungemein ungern verliert, davon abgerathen. Ich werde also Morgen, als Mittwoch predigen; ob auch valediciren? weiß ich noch nicht. Indeßen wird in 14. Tagen die Reise vor sich gehen. Gleich nach meiner Sonntagspredigt hatte ich mit dem Geh. R. Kampenhausen eine vertraute Stunde, wo er mir seine Plane mit der Jacobskirche u. Schule entdeckte, und woran es sich noch mit dem lebenden alten Mann stieße? mich aber schon mündlich zum Past. u. Rect. designirte, und eben weil ich reisen will, die Sache zu treiben scheint. Ich denke also, als design. Past. u. Rect. wegzugehen, oder geht das so geschwinde nicht, um so freier. Man hat mich in Verdacht oder vielmehr in Hoffnung, daß ich auf Kosten der geh. Räth. u. Gräf. von l’Estocq, die eben ins Bad gehen will, reisen werde; allein diese ist an meiner Reise so unschuldig, als sie wohl bei allem, was Kosten heißt, seyn möchte. Meine große Gönnerin und Freundin ist sie gewesen, die, um mich zum Beichtvater zu haben, Stadt und Gouvernement turbirte, und Peterburg turbiren wollte: sie ists auch, von der Büsching noch jetzt Pension ziehet; allein ich habe ihre geldliche Erkenntlichkeit nie gesucht und gefunden, u. meine Seereise wird das ganze Gerücht wiederlegen. Meine Reise hat allerdings viel Gewagtes; allein vielleicht ist auch dieser gewagte Schritt der beste, der mich auf einmal in eine andre Denkart u. Lage bringe. Von Riga abgeschnitten denke ich übrigens nicht zu seyn, weder im Briefwechsel, noch in etwanniger Nothunterstützung noch in meinem künftigen Leben: daher ich mich auch in Deutschland vor allen insonderheit litterarischen Klubs, u. Gesindelfactionen von beiden Seiten in Acht nehmen werde. Ja vielleicht wähle ich eben deßwegen eher Frankreich und England, und Holland, wenigstens auf Monate u. von den Küsten: u. komme denn in unser Deutschland zurück oder gehe, wohin der Himmel will. Wir sind Pilgrimme u. Bürger! Darüber habe ich Sonntag geredet, u. das ist jetzt mein Zustand: mehr kann ich Ihnen, liebster Freund, jetzt noch nicht melden. Indeßen ergehet in diesen Tagen das Rigische jüngste Gericht über mich, das über den gewöhnlich gehalten wird, der da heirathet, oder avanciret, oder abreiset. Ich bin so lange das Mährchen der Stadt, bis etwa die Türken schlagen oder geschlagen werden:, denn haben mich meine Athenienser vergeßen. Und so, mein lieber H. denke ich Sie auch bei meiner Retour durch K. wieder zu sehen und zu genießen. Ihr Andenken bleibt mir immer, wie aus der Morgenröthe meiner Jugend, u. eben weil von se meiner Seite meine Freundschaft kein Figment von späteren gesellschaftlichen Sentiments, sondern früher jugendlicher Eindruck ist: so muß sie sich selbst bei der weitesten Abwesenheit erhalten und bei der Erneurung wieder auf u. recht jugendlich wieder aufleben. Ich hoffe, daß es Ihnen gelegen kommen wird, wenn von den Römischen oder Holländischen Küsten aus sSie ein Brief von Ihrem alten Herder besucht, der noch Ihrer Freundschaft nicht unwerth ist, wenn und jedes Wort, wie einen Stachel, fühlet, das er aufrichtig sagte, und grausam zurückkommt. Ich hoffe allen Mislichkeiten, die zudem bei Ihnen mehr sagen wollen, als bei uns, recht ehrbar zu entkommen, u. ich will, wenn anders die Litterarischen Briefe noch zu meiner Zeit hier ankommen, der Erste seyn, der sie bekannt macht, so wehe sie meinem unschuldigen Namen thun mögen. Das aber können Sie mir wenigstens glauben, daß ich meinen letzten Brief geschrieben, ehe ich den Ihrigen hatte: und so fällt ein Theil der Vorwürfe von selbst weg, die mich noch schmerzen – – Ihre Bücher übergebe ich an Hartknoch:  1. Essai on the Sublime and Beautif. of Mr. Burke   2. Essai on the life of Homer}   3. … on Mythologie}  die Hinz hat   4. 5. Hurd’s Commentar. on Horace   6. Ep Eschenbach Epigenes, den ich mir wohl einmal noch    zurückwünsche   7. Popowitsch Meer   8. 2 Manuscr. Bücher in 8. und 1. Convol. in 4.   9. Pindar  10. Buttler’s Hudibras den ich zum Geschenk anzunehmen bitte. Sollte sich noch Ein omissum finden: so solls recht gerne u. genau aufgehoben werden. Ihrer andern Bücher wegen hieselbst habe ich auch auf einem andern Wege, als Sie gegangen sind, Verfügung gemacht. Schreiben Sie nicht mehr an J. C. Ber. sondern nur einmal gerade an
    Georg
, geben Sie ihm die Bücher auf: er ist bei Karl u. in diesem Hause müßen alle Reste seyn, wenn sie da sind. Ich habe ihn dazu willig gemacht, u. er wird für seinen Hamann, den er sehr schätzt, dasalles thun u. suchen, was sich finden läßt. Ich muß aufhören u. an meine morgende Predigt denken. a Dieu bis ich wieder schreibe. Donnerst. den 14/25 May. Ich habe nicht valediciren können: denn die Gemeine schien mir schon an sich selbst zu gerührt. Ich konnte also nichts als ein stummes verwirrtes Kompliment vorbringen, daß ich Sonntag Nachmittag, als an einem außerordentlichen Tage, valediciren würde u. müste, wegen der Schnelligkeit meiner Reise. Dienstag oder Mittwoch höchstens weg; wohin weiß ich
    noch
nicht. Eben da ich aus der Kirche kam, empfing ich von dem Geh. R. Kampenhausen die schriftliche Resolution über die Past. u. Rect. stelle an der Jacobskirche mit dem freundschaftlichsten Billet. Heute Morgen bin ich bei ihm u. dem General Gouverneur, der, als eine Soldat, als der alte Browne, jeden Keil Durchtreibt, u. für mich fast zu sehr prevenirt ist, gewesen, u. so wohl bei jenem eine ungemein gründliche als bei diesem eine ungemein brave Visite gehabt. Man hoffet von mir Dinge, die ich vielleicht nicht ausrichten werde, u. destiniret schon Fonds u. Kräfte, eine Schule zu erschaffen, die freilich unsre Kaiserliche Ritterschule seyn
    sollte
. Kampenhausen, dieser ungemein feine Weltmann, hat als mein öfterer Zuhörer, von mir als Prediger; der G. Gouverneur, nach dem gemeinen Gerücht, von mir als Schulmann übertreffende Ideen: und Vietinghof zumal, der abwesend ist, u. bei dem der Gesellschafter Alles gilt, hat auf meinen halb-französischen Geschmack Alle Hoffnung. Die Ritterschaft entgeht mir auch nicht. Der HE. v. Berg, (jetz. Aßeßor beim Hofger.) an den Wink. sein Schönes gewidmet, ist durch einen Zufall mein großer Freund geworden, u. der präsidierende Landrath Bar. v. Mengden, Brud. der Gräfin v. l’Estoc, der Geh. R. v. Kampenhausen etc. ist mein so zuvorkommender Freund, daß ich mich schämen muß. Also von der Seite mit allen Ehren gedeckt – u. von der andern so zärtlich u. widerwillig beklagt, daß es mich recht verwirrt, ob ich gleich, aus Nachsicht für den alten Loder, u. aus Rücksicht für die Stadt, dies Engagement
    durch mich
verschweige, u. zu verschweigen erbeten. Ist mein Brief nicht ganz sonderbar? Ists die Sache selbst aber anders? Also a Dieu mein lieber H. noch hier zum letztenmal jetzt am Ufer des Baltischen Meers u. der Düna., aus andern Gegenden mehr. Mich drücken so viel Abschiedssorgen u. Beschäftigungen u. Unruhen, daß ich des Nachts nicht schlafe, u. den Tag über selbst indem ich umhertaumle nicht wache. Machen Sie meine Reise Lindnern bekannt: an Scheffn. will ich selbst einige Worte schreiben. Grüßen Sie Kant, meinen besten Lehrer, Kanter, u. alle Freunde. Wir werden uns wiedersehen. Nun ist alles fertig. Vorigen Sonntag Abschied von der Kirche. Die drei folgenden Tage von der Stadt gestern gepackt: heut zu Schiffe. Morgen geht die Venus durch die Sonne. – den 22. Mai/2. Juni 1769. Herder.
á Monsieur / Monsieur
    Hamann
/ homme de lettres / à /
    Coenigsberg
.
Folglich sind bey Ewnoch in deposito die Schönsche Obligation von  500 fl. Blocksche – – – – 2000 nebst der cedirten Schoefferschen von 3000   5500  4534  10034 welche ich je eher jelieber Dero freywilligen Anerbietung und Versprechen zu folge geschehen den 23 May zwischen 11 und 12 in der Mittagsstunde im Garten der Fr R. von Bondeli den 13. v 15 Jun – wiederholten Abred Ich sehe mich gedrungen meine Noth mit aller der Freymüthigkeit unterzulegen, deren sich ein ehrl. Mann zum Behuf der Gerechtigkeit v Wahrheit nicht schämen darf, besonders wenn er ihr Schwert und ihren Schild gegen die Eingriffe des geistl. v. weltl. Arms nöthig hat. Mein seel. Vater machte ein Testament 1759. worinn er seine beiden Söhne zu universal Erben einsetzte und keine ohne irgend we einige weite Legata als einem von 100 fl. an die Armen und von 100 rth an den jetzigen Kirchenrath Bucholtz, den er wie vor, also auch nachher als sn Beichtvater v gewesenen Lehrmeister seiner Kinder so wohl durch allen mögl. Diensteifer seines Berufs als durch jährliche Opfer, mehr der Freygebigkeit als der Kargheit, sich immer verbindlicher zu machen suchte, weil diese Mittel natürlicher weise auch Menschen, die keine beruffene Heiligen sind gewinnen um ihnen auch v sich um das Andenken selbst eines verstorbnen Freundes in so weit verdient machen, daß man seinen Kindern wenigstens kein Herzeleid noch Unrecht anthut. Alter v Unvermögenheit bewogen meinen Vater 17664 die Altstädtsche Badstube einem unserer nächsten Blutsfreunde abzutreten nebst dem vornehmsten Theil seiner Meubles v Geräthschafften für einen sehr überaus billigen Preis. Es gefiel Gott ersteren im Sept. 1766. von der Welt zu nehmen, unterdeßen ich als sein ältester Sohn mich in Curland aufhielt theils meiner Gesundheit wegen theils aus Verlegenheit hier in meinem Vaterl. unterzukommen, nachdem ich 2 Monate beym hiesigen Magistrat und ein halb Jahr bey der CammerCanzeley freywillige Dienste gethan; gegenwärtig aber bereits über 2 Jahr dieer Stelle eines Secretaire-Traducteur bey der Hiesigen Provincial Direction vorstehe. Außer diesen Mühseeligkeiten meines eignen Schicksals hat es der Vorsehung gefallen mich noch empfindlicher dadurch zu beugen, daß mein jüngerer Bruder seit länger als 7 Jahren in eine Melancholie versunken, die ihn gantz unthätig und zugl. unfähig macht für sein eignes Bestes selbst zu sorgen. Ich habe mich daher wieder meine Neigung entschließen müßen seit Michaelis 1767 meine eigene Wirthschafft einzurichten, wo er bisher unter meiner Aufsicht v Pflege bis jetzo gelebt, und nicht aufhöre se Wiederherstellung zu wünschen ohne selbige von menschl. Hülfe oder Kunst erwarten zu können. Unsern leider! notorischen Umständen zufolge habe nachdem auseinandergesetzter unsere Theilung unter dem Beystand des HE Kirchenraths Buchholtz auseinandergesetzt worden, meine Zuflucht zum HE Kriegsrath Hindersin, als dirigirenden Bürgermeister v Pupillari genommen, der weil er außer das ein Pathe Taufzeuge meines kranken Bruders gewesen, um als Curator deßelben constituirt zu werden. Ich bin aber mit dieser Anfrage immer so rund und kurz abgewiesen worden, daß ich mich gefürcht habe ferner die Obrigkeit mit einem Antrage zu behelligen, den ich wirkl der so ungleich aufgenommen zu werden schien. Meine natürl. Blödigkeit, meine Unerfahrenheit in den Landesgesetzen und überhaupt in Rechtshändeln v Geschäften, denen ich theils aus Geschmack theils aus Noth die glückliche Muße der Dunkelheit und Ruhe und Studierstube von Kindheit auf vorgezogen, endlich die Verlegenheit meiner Umstände und vielleicht auch die Liebe meiner Grundsätze v Vorurtheile bewogen mich diese gantze Sache der Führung des HE Kirchenrath Buchholtz zu überlaßen, der auch alles in die Wege zu lenken suchte, daß HE S nach seinem concertirten Entwurf ein Protocol aufgenommen, ich und mein Bruder zur Bezahlung deßelben beym HE Secretair Ballasch einem Secretair des Magistrats eingeladen und alles in gehöriger Form bekräftigt wurde. Weil sich aber die gantze Kraft dieses Instruments auf ein
    besonderes Vertrauen
, das durch den Concipienten illustrirt worden, beruhte, so überlaß ich es der Einsicht höherer Richter, in wie weit mein an Gemüthskräften ziemlich elabirter Bruder deßelben fähig ist, und bin genöthigt zu versichern, daß das meinige nicht weiter geht, als denn in wie fern ich durch Werke und nicht durch Worte dazu erweckt werde. Ohne mich über die Gültigkeit und Rechtmäßigkeit dieser gantzen Verfügung näher auszulaßen, muß ich es bekennen, daß ich es freylich für eine Wohlthat gehalten einen Geistl. der mein Lehrer und Beichtvater gewesen war und sich der von einem verstorbenen Freunde aufgetragenen Geschäffte zur völligen Zufriedenheit sr. Miterben entledigt hatte, statt eines u Unbekannten mir als dem natürlichsten Depositario und Curatori vorgezogen zu sehen. Ich habe mich dieser außerordentl. Verfügung eines Depositarii mit aller mögl. Aufmerksamkeit unterworfen und ihn jederzeit in meinen Angelegenheiten als meines Bruders seinen jederzeit zu Rath gezogen. Es fand sich unterdeßen eine gerichtliche Handlung, wo die Gegenwart desjenigen auf deßen Namen das Capital verschrieben war, unumgängl. erfordert wurde; mein Bruder muste also persönlich erscheinen, und dieser Gang ist ihm und mir und allen die daran Theil nahmen so sauer geworden, daß ich nicht umhin konnte, die Unbequemlichkeiten solcher Vorfälle unserm HE. Depositario vorzustellen. Wir wurden daher einig diesem Uebel abzuhelfen und die noch unterzubringende Capitalien solange auf Wechsel auszustellen biß sich eine sichere Gelegenheit finden würde sie auf einmal ingrossiren zu laßen, und daß ich wegen der Verfallzeit die Wechselbriefe solange bey mir aufheben könnte bis wir unsere Absicht erreicht hätten. In eben dieser Rücksicht hab ich eine Ingrossation auf meinen Namen eintragen laßen und selbige wirklich deponirt, um dadurch für die Sicherheit meines Bruders zu sorgen und ihn zugl. der beschwerl. Gänge zu überheben, besonders da er seit einem Jahre beynahe nach einem etwas gefährlichem paroxysmo nicht aus dem Hause gekommen ist. Man hatte hiewieder nicht die geringste Einwendung. Ja was noch mehr, der HE Kirchenrath Buchholtz besuchte uns den 23 May in der Mittagsstunde, da ich einer kleinen Unpäßlichkeit wegen nicht hatte ausgehen können v bestellte mich von freyen Stücken die übrigen Obligationes von ihm abzuholen, weil er mit so viel andern Papieren belästiget wäre. Ich wuste nicht ob ich diese Anerbietung als ein Merkmal ss Vertrauens oder etwanigen Mistrauens ansehen sollte; und erbot mich daher ihm diejenige Wechselbriefe, welche ich solange in Verwahrung hätte, ihm gleichfalls zu produciren; aber dieses wurde auch nicht angenommen. Endlich nahte sich der 14 Junii als der Verfalltermin der letzten 1000 fl. die uns unser nächste Blutsfreund schuldig war auf einen Wechsel, der auf zu meines Bruders Antheil gehörte. Da wir aus Ehrerbietung gegen unsers seel. Vaters mündl. letzten Willen 3 Legata ihm v seiner Familie ausgezahlt hatten; da wir außer dem ansehnl. Verlust bey Abtretung der meubles noch gutwillig den Abzug von 20 pC% wegen des damals reducirten Geldes über uns nahmen, und nicht die geringste Sicherheit für diesen Rest für uns sahen, anderer Umstände nicht zu gedenken; war ich genöthigt diesen Wechsel zur Eintreibung deßelben einem Freunde, dem Cammeradvocaten Hippel abzutreten. Sobald dieser nur die geringste Bewegung machte den Weg Rechtens zu ergreifen, ließ ihn HE. Kr. Rath Hindersin den 15 Jun. entweder meinen Bruder oder in Ermangelung sr. mich den andern Tag um 2 Uhr vor sich laden. Den Morgen drauf ließ er HE Advoc. Hippel gleichfalls zu sich ruffen, dem er versicherte, daß er selbst sowohl als HE Kirchenrath Buchholtz Caution für diesen Wechsel stellten. Ersterer verfügte sich zu letzterm um seine Genehm Erklärung darüber zu vernehmen, der aber alles wiederrief und von keiner Caution das geringste wißen wollte sondern von andern Maasregeln sich verlauten ließ, die man in dieser Sache nehmen würde. Ich hatte HE Adv. Hippel aufgetragen, weil er des Morgens zum HE Kr. Hindersin gieng, daß er mich entschuldigen möchte, weil es mir unmögl. wär denselben Nachmittag zu erscheinen; aber HE Kr. Hindersin wiederrief gleichfalls die Bestellung seines Aufwärters an mich, und ließ sich zugl. heraus, daß meinem Bruder ein Curator sollte gesetzt werden, weil er vernommen daß ich über 4000 fl. an Abgebrandte von meines Brudern Capitalien ausgethan. Den 17 bezahlte HE Kirchenrath Buchh. seinen Gegenbesuch dem Adv. Hippel v. wiederrief noch einmal des HE Kr R. Hindersin Wort von der Caution, zeigte aber zugl. an daß die Interessen bey ihm fertig liegen, der Adv. Hippel versprach den Montag darauf als den 19 abholen zu laßen. Ohngeachtet dieser Verabredung und der halben Anzeige des Kirchr. Buchholtz als wenn er die Interessen quasi selbst bezahlte, erschien unser Vetter v debitor mit der Gegenversicherung daß er selbige vielmehr dem HE Kirchenrath die Interessen zugeschickt, und dieser ihm wiederum aufgetragen hatte selbige selbst abzutragen. Weil aber wiederholter Abmachung Abrede zufolge nur 5 anstatt 6 pro C% waren, trug HE. Advoc. Hippel billiges Bedenken sie jene anzunehmen. An statt der Interessen, die HE Kirchenrath Buchholtz auf sich versichert, so wie HE Kr. Hindersin das Capital, erschien HE. Advocatus Gunthel den 21 h. zwischen 11 und 12 Uhr mitten in meinen überhäufften v im Angesicht des gantzen Bureau beyl. Copia einer Vollmacht des Magistrat, kraft welcher er zum Curatore constituirt worden mit der Aufgabe p und drung zugl. mit dem Ende dieser Woche von mir gehörig instruirt zu werden. In wie weit diese ungewöhnl. promte Ausfertigung einer Vollmacht mit der Cautions Sache des HE Kr. R. v dirig. BürgerMstr. Hindersin p zusammenhängt, überlaße ich dem Urtheil höherer Richter. Ich flehe E Hoch. Kgl. Pupill Colleg. um die gnädige Erlaubnis an mich durch die Exhibition aller Documente so wohl über mein als ms Bruders Vermögen legitimiren zu können mit der submissesten Anerbietung alle Nachtheil der durch meine bisherige Administratur dem Vermögen meines ohnedem armen Bruders sogl. ex propriis zu ersetzen, die illegale und übereilte Constitution eines fremden Curatoris ex officio im Fall meiner gehörigen Legitimation aufzuheben und mich nicht nur zu dem Curatorem bonorum meines Bruders constituiren zu laßen sondern auch den Kirchenrath Buchholtz zur Extradition seiner in deposito genommenen Obligationen anzuhalten und zugl. zu einer Qvittung des von uns gehörig baar ausgezahlten Legats anzuhalten und unterwerfe mich in allem den Gesetzen des Königs ein völliges Genüge zu leisten, indem ich mich anheischig mache meinen Bruder für die Interessen ss Capitals wie bisher brüderl. und reichl. zu unterhalten ohne es an irgend etwas fehlen zu laßen was zu sr Pflege Wartung v Handreichung nöthig seyn wird.
Ew. Kgl. Maj. statte den unterthänigst schuldigsten Dank ab daß AllerHöchstdieselben mir den Bericht des Hiesigen Magistrats wegen der Curatel meines Bruders zu communiciren geruhet, und da mir da wobey mir allergnädigst aufgegeben worden 1.) auf die darinn angeführte Umstände mich hinlängl. zu erklären und 2.) besonders anzuzeigen, ob und auf was Art ich eine tüchtige Mannesperson, die meinem Bruder beständig zu assistiren vermögend wäre, zu choisiren gemeint sey und 3.) hiernächst auch nachzuweisen, wo und welchergestalt meines Bruders Vermögen versichert und placiret sey. Diesem allerhöchsten Befehl zur pflichtschuldigsten Folge zeige gantz gehorsamst unterthänigst an, daß es zwar allerdings se Richtigkeit hat, daß ich einen Theil des Tages bey dem Accise Directorio meine Geschäfte abwarten muß und nicht zu jeder Zeit zu Hause seyn kann; gleichwol scheint nach meiner unvorgreifl. Einsicht dies mit der Hauptfrage: ob ich Curator von meinem Bruder zu seyn kann im stande bin, noch garkeine Verbindung zu haben, sintemalen, wenn er gl. nicht in meinem Hause bleiben sollte, ich dennoch immer sein Curator seyn könnte, auch der neu constituirte Curator Advocat Gunthel ebenfalls nicht im stande ist um so weniger meinen Bruder in sein Haus aufzunehmen kann da er mit keinem Hause possessionirt ist. Hiernächst werden Ew Kgl. Maj. aller höchst abzunehmen gnädigst zu erwegen geruhen, daß die Gemüthsumstände meines Bruders gar nicht so beschaffen sind, daß sie durch den Umgang gebeßert werden können und da sein Uebel bereits 10 Jahr alt, ist leicht zu erachten, daß man es an dergl. Versuchen auf dem Lande so wohl als in der Stadt es nicht hat fehlen laßen wie ich denn gewißenhaft versichern kann, daß noch zu Lebzeiten meines verstorbnen Vatern deshalb alle nur mögl. Mittel vorgekehrt worden v er Versuche so wohl in der Stadt als auf dem Lande ohne den geringsten vortheilhaften Erfolg angestellt worden. Es ist hiernächst gantz falsch, daß ich nur eine einzige Magd in meinem Hause habe, und kann vielmehr versichern, daß ich außer meiner Dienstbotin bereits über Jahr und Tag eine besondere Wärterin für meinen Bruder gehalten, welches um so mehr hinlängl. gewesen, da mein unglückl. Bruder gar nicht zu Ausbrüchen geneigt sondern sein Uebel mehr für eine einen stumpf v stupide und Person zu halten zu erkennen wie auch der in dem Bericht des Magistrats angeführte und bereits im August des verfloßnen Jahrs sich zugetragene Vorfall gar nicht mit den geringsten Merkmalen einer Wuth verknüpft gewesen, sondern theils von einer Verstopfung des Leibes hergekommen theils von der eben damals veränderten Wohnung, die ich eben bezogen hatte und mit deren Einrichtung man eben beschäftigt gewesen, daß man wegen der damit verknüpften Unruhe nicht die Hausthüre genau genung beobachtet, welche Umstände sich auch der genausten Beobachtung ereignen können und selbst bey Hospitälern vorfallen. Ich habe auch sogl. den Vorfall quaest. dem Kriegsrath Hindersinn selbst referiret, der aber nicht eher als jetzt davon einen Gebrauch gegen mich zu machen vermeynt. Uebrigens hab ich alle mögl. Hülfsmittel dabey angewandt und nicht nur einen Medicum und Chirurgum sondern auch einige Wochen einen besondern Hüter und Wärter für ihn gehalten, den ich nicht eher als nach dem Gutachten ersterer der Aertzte abgeschaft, aber eben hiedurch bewogen worden, eine eben so treue als sorgfältige beständige Wärterin blos für ihn und zu seinen Bedürfnißen anzunehmen. So wie nun damals die Ausschweifung meines Bruders in keiner eigentl. Wuth bestanden: so kann ich auch auf das theuerste versichern, daß ihm niemals seitdem dergl. mehr angewandelt, sondern sein gantzes Uebel in einer gänzl. Unthätigkeit und Unempfindl. Fühllosigkeit besteht, wobey auf keinerley Weise eine tüchtige Mannesperson nöthig, sondern würde eigentlicher eine Weibsperson besonders der Reinlichkeit wegen erfordert wird von beßerm Erfolge seyn wie denn. Aller vernünftige Umgang ist ihm dabey gantzl. zur Last, indem man die meiste Zeit Mühe hat ein vernehml. Ja oder Nein ihm auszuholen und er alles mit der größten Gleichgiltigkeit ansieht, wodurch seiner Ruhe oder seinem Eigensinn kein Eintrag geschieht. Bey welchen Umständen die Bestellung einer besondern tüchtigen Mannspersonen ihm zu nichts dienen, sondern im Gegentheil darum eher nachtheilig werden dürfte, weil überhaupt jede Veränderung theils seiner Lage theils der Menschen die um ihn sind, in ihn einen wiedrigen Einfluß zu haben scheint; inzwischen würde schon für mich nicht unterlaßen nicht nur 1 sondern auch mehrere Mannspersonen im Nothfall zu halten. Uebrigens ist mein Bruder kein so junger Mensch mehr, und bereits 36 Jahr und ohngeachtet es notorisch gewesen, daß er bereits 1760 einen sehr beqvemen v einträgl. Schuldienst in Riga eben dieser Krankheit wegen hat niederlegen müßen, so wurde er ihm dennoch durch ein sehr mislungenes Vertrauen abermals zu einem neuener Schuldienst hier aufgelegt, bey dem man ihm weit stärkere mehrere und das Publicum dringender ang interessirende Ausbrüche seiner Störung und gäntzl. Unfähigkeit so lange nachgesehen, bis das Uebel aufs höchste gekommen war und in zu einer gäntzl. Lethargie und Blödsinnigkeit Lethargiam der Gemüths und Leibeskräfte ausgeschlagen. Was endl. die Nachweisung des Vermögens von meinem Bruder anbelangt so habe solche anschlüßl. beygefügt, woraus völlig erhellen wird, daß sein Vermögen nicht allein gantz gesichert ist, sondern ich auch selbst m ein väterl. Erbtheil zu erhalten sucht ungeschmälert Vermögen besitze, welches ihm als meinem Curando immer verhaftet bleiben kann. Aus allen diesen werden Ew Kgl. Maj. Selbst des mehreren zu ersehen geruhen, daß ein Hiesiger Magistrat nur durch die Instigation übelgesinnter Leute zu derjenigen Kränkung, die mir hiedurch verursacht wird, gebracht worden. Ich weiß besonders dieselbe keinem so sehr Schuld zu geben als dem jetzigen Altstädtschen Bader Nuppenau, der, ob er gl. unser Verwandter und von Seiten meiner Eltern besonders aber meines seel. Vaters viel Guts genoßen, der welcher ihm nicht nur die Altstädtsche Badstube zu seinen Lebzeiten abgeb abgegeben sondern auch die dazu gehörige Instrumente v einen ansehnl. Theil von Meublen für einen gantz billigen Preis überlaßen, dennoch bis dato die eben an meinen unglückl. Bruder gemäs dem väterl. Inventario und der Curatel Rechnung schuldig gewesene 2000 fl. unsers Urgirens ohngeachtet noch nicht völlig ausgezahlt sondern annoch 1000 fl. auf einen Wechsel Rest geblieben, welche Post da sie mir gantz unsicher geschienen Nuppenau er sie auch wirkl. in termino solutionis als den 14 Junii c. nicht zu entrichten im stande gewesen ich allerdings durch eine veranstaltende Einklage beyzutreiben gesucht. wodurch Ob nun gl. Nuppenau aber bewogen worden Gelegenheit gefunden sich die Caution des Kr.raths und OberbürgerMsters Hindersinn selbst zu verschaffen als wodurch weßhalb ich die Wechselklage gehoben: und weil das Geld in termino des Wechsels neml. den 14 Junii a. c. nicht bezahlt ist, sich meiner ferneren Erinnerungen durch dies Mittel zu entledigen gesucht, daß er so ist es sich sehr leicht vorzustellen, daß er auf Mittel bedacht gewesen mich von der Administration des Vermögens meines Bruders ab- und solche auf einen andern zu bringen gesucht, mit dem er vielleicht beßer dabey fortzukommen vermeint. Dieses ist auch vermuthl. die Ursache, wodurch der Kriegsrath und Pupillaris Hindersinn bewogen worden mich bey bey insinuirung des von Ew. Kgl. Maj. unterm 26 Julii abgelaßenen Rescripts auf eine höchst schnöde und beleidigende Art zu begegnen, so daß ich mich scheuen muß vor einer Person, die an sich mein Vorgesetzter nicht ist, mich künfftig einzufinden, um nicht dadurch zu unschickl. Wiederworten gebracht zu werden. Dieser besondere Umstand veranlaßet mich Ew. Kgl. Maj. bey dieser Gelegenheit in tiefster Unterthänigkeit zu bitten diese gantze Curatel doch von dem dirigirenden Burgermeisterl. Amt gäntzl. abzuziehen, und als welches mein neues tief unterthäniges Gesuch ich annoch mit folgenden Gründen zu unterstützen berechtigt bin. Mein unglückl. Bruder ist ein wirkl. civis Academicus und es ist bekannt, daß auch Städtsche SchulCollegen, wenn sie gleich dieses Amt erhalten, doch dadurch von diesem foro privilegiato nicht abkommen, sondern auf daßelbe sich jederzeit beziehen können, wie denn auch selbst, nachdem der jetzige Aufenthalt meines Bruders auf dem Dragheim die Direction dieser Curatel auf alle Fälle nicht unter das dirigirende Bürgermeisterl. Amt sondern unter das assistirende Tragheimsche Pupillen Amt gehören würde. Ich würde es mir auch ungemein gern gefallen laßen und es sehr gerne sehen Uebrigens würde es mir zu einer gantz besondern Satisfaction und vorzügl. Kgl. Gnade anrechnen, wenn Ew Kgl. Maj. geruhen wollten diese Curatel entweder unmittelbar unter Dero hohes Pupillen Collegium zu nehmen oder sie unter das Oberburggräfl. Amt als mein jetziges forum zu setzen. So wie ich Ew Kgl Maj. bitte auf das aller submisseste supplicire auf dies mein letztes Gesuch gnädige Reflexion zu machen, zumalen ich mich hiedurch nochmals mich auch in diesem meinen letzten Gesuch allergnädigst zu erhören, so submittire mich wiederholentl. so viel Obligationes als
    das
Vermögen meines Bruders ausmacht, nicht nur ad depositum zu laßen, sondern auch überhaupt für seine Person alle mögl. Sorgfalt anzuwenden, als wozu mich ohnedem mein Blut und brüderl. Neigung verbindet und hinzieht. Ich ersterbe mit der grösten Devotion Unterwürfigkeit und Treue Ew. Kgl. Maj. allerunterthänigster Knecht Allerunterthänigstes wiederholentl. Gesuch des innenbenannten Supplicanten ihm die Curatel über sn blödsinnigen Bruder allergnädigst angedeyen zu laßen und diese Curatelsache von aus angeführten erhebl. beträchtl. Ursachen vom dirigirenden bürgermstrl. Amte abzuziehen. Entwürfe für die Beilagen und Vermögensnachweise: Nachweisung von dem Vermögen meines jüngeren Bruders Joh Cst. Hamann. Gemäß dem über unsern väterl. Nachlaß aufgenommenen Inventario und annectirten Curatel Rechnung vom Sept 1767, so allenfalls producirent werden kann
    bestand
das gesammte Vermögen meines Bruders in — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — 10,025 fl. – 3.  welches dazumal in folgenden Posten bestanden: 1.) die Hälfte des Hartungschen Capitals – –   3000 fl. 2.) Obligation des HE Dan. Bernhard Engelmann  1000 3. Obligatio ingrossata des Schumachers Joh. Meyer über oder nachherigen aquirenten-Gallwitz über   800 4. Obligatio ingrossata des Fleischhauers Joh. Georg. Schön – – –  1000 5. Aus dem loco obligationis ingrossirten Contract des Fleischhauers Johann Andr. Schoen   500 6. Obligation des Wundartztes HE Nuppenau über  1700 7. Von demselben ex Cambio – – –   300 8. An Auctions Resten so noch beygetrieben   265 : – : – 9. baar in Cassa welche auf sichere Ingrossation auszuthun seyn – –  1460 : – : 3.  10,025 : – : 3. Dieses Vermögen ist zugl. mit meinem laut Inventario gegen 4000 fl. bestehenden paterno immer bisher zusammen administrirt und die davon fallende gemei Interessen nebst meinem Verdienst jederzeit zu unserer seit Michaelis 1767 errichteten gemeinschaftl. Haushaltung Bedürfnißen und Ausgaben derselben destinirt gewesen. Indeßen sind die mehreste vorstehende Capitalien durch Aufkündigung der Debitorum eingegangen und haben anderweitig placirt werden müßen, woraus folgende neue Schuldbriefe erwachsen, näml. No1.) Joh And. Schönsche ingrossirte Obligation von    500 fl.   noch aus der ersten Specification. 2.) Nuppenausches Anlehn, welches gemäß dem   obigen Verzeichnis bestanden in 2000 fl. so nicht   völlig beygetrieben worden sondern wovon   noch Rest geblieben auf einen Wechsel, für den   HE. Kr. Rath Hindersin gut gesagt – – – –   1000 – 3.) Blocksche ingrossirte Obligation von  2000 4.) Henrici gerichtl. cedirte Obligation  3000 5.) Auf ebendieselben Gründe liegen zur gerichtl.   Berichtigung Ingrossation – –   2000 6.) Gronausche Ingrossation Obligation, so   gleichfalls zur gerichtl. Versicherung parat   lieget   2000   Von welchen allen neu ausgethanen Posten die   Documenta produciret und künfftig ad   depositum pupillare gegeben werden können. 7.) HE. Commercien R. Hoyer Wechsel auf  3000 8.) H Commerc.Saturgus  1000   14,500 fl. Aus diesen specifirten CreditPosten submittire mich No 2. bis No. 6. incl. welche zusammen 10000 fl. ausmachen sogl. zu produciren, auch solche künftig ad depositum pupillare zu geben wodurch also mein Bruder Johann Christoph Hamann völlig gesichert wird, auch sich ergiebet daß ich außerdem noch ein Vermögen besitze, wodurch derselbe sich bey mir als seinem künftigen Curatori gesichert, zu geschweige daß sich der verläumderische Verdacht einer zeitherigen Wirthschaft sich von selbst wiederlegt.
Monsieur,le 3 Aout 769. Vous etes un juge trop equitable pour condamner un homme, que Vous avez daigné de Votre confiance, sans connoissance de cause et sans l’avoir entendu. J’abregerai de mon mieux mon double Roman, qui fait le noeud de mon destin. Il y a 10 ans qu’une fille, superieure en tout sens à mes pretensions et à mon attente, me fut offerte en mariage. Je me tirai alors sur le champ l’horoscope à moi-meme, que je serais forcé de servir pour elle 14 condamné a servir pour elle, comme le bon Patriarque une quinzaine d’années. Notre eloignement et notre situation reciproque nous ont interdit entierement depuis ce tems là de songer l’un à l’autre; et ce ne sera qu’une nouvelle revolution des circonstances qui seroit en etat d’achever la trame de la Providence. Malgré tous les revers ce sera la seule personne de tout l’univers faite pour etre ma femme et Mon cœur me l’a dit c’est mille fois que mon coeur a prononcé avec toute la tranquillité dans le calme de l’amitié la plus pure: celle-ci est os de mes os et chair de ma chair. Ainsi point d’alternative entre elle et personne. Ce fut en 1762, qu’une paysanne sans aucunes autres charmes que celle d’une santé parfaite et d’une vertu rustique fit une nouvelle episode encore plus merveilleuse – Oui cette fille me sera toujours precieuse pour les agonies d’une passion novice et jalouse qu’elle m’a fait subir et pour les services qu’elle a rendu à mon pere et à moi-meme jusqu’ aujourdhui. C’est depuis la Pentecote de l’année susdite que j’ai trainé une vie aussi languissante et epuisée d’un coté qu’agitée et ebranlée dechirée fermentée de l’autre part. Jeux, remedes, distraction de voyages et de toute sorte, voyages assez longs et variés, servitudes litteraires et civiles assez longs et variés assez rudes et severes, enfin je n’ai rien epargné. Après avoir rendu feu mon pere, feu notre Medecin Laubmeyer et notre Confesseur commun depositaires de mon secret la
    conservation de ma vie et de
ma santé pour ma
    femme eventuelle
m’ont dicté des convenances, aux quelles je serai toujours fidele par la grace de celui que je ne cesserai jamais d’adorer comme le auteur Souverain de la Nature et de la Societé et le Mediateur et Restaurateur de nos abus et contraventions naturelles et sociales. Vous voyez, Monsieur, que j’ai vecu avec ma menagère presente Anne Reine Schumacherin depuis 1762 dans une liaison, que j’ai toujours consideré dans le
    sens le plus propre
et le plus litteral comme comme un
    Mariage de conscience
; Je sentirois toute la joie mais vous penserez ne douterez pas non plus, que la joïe de se sentir pere d’un homme et auteur d’une creature homogene est modifiée par dans mon cas par plusieurs amertumes. Malgré mon habitude de haïr et de mepriser rebuter ce Public
    profane
je suis penetré trop vivement le respect de la veneration religieuse que je dois à Votre maison et à l’honneur d’Icelle et c’est une reflexion plus mortifiante que toutes les autres difficultés que j’aurai encore à dompter cette ferocité d’une hamadryade. Notre betise sur les causes du mal et l’improbabilité morale et physique de soupçonner un tel evenement depose en quelque maniere pour notre innocence commune. Permettez-moi de m’appuyer encore sur ce Cantique de Salomon, où il dit: certes c’est Dieu qui donne du repos à celui qui l’aime. Voici, les enfans sont un heritage donné par l’Eternel et le fruit du ventre est une recompense de Dieu. J’ai dejà pris tous les arrangemens necessaires avec mon Medicin ordre avec une sage femme et avec la mere et la soeur, à laquelle aura soin je confierai le soin de mon sang. Je vous supplie Monsieur ne rougissez point d’un cas humain, n’accablez point un homme assez aneanti, ne refusez point vos avis et instruction à un malheureux qui a assez lutté avec son sort et qui se flatte d’etre le plus fort avec cet ange de Dieu. Je Vous souhaite ses meilleures benedictions et suis avec le respect le plus profond Monsieur
Kgsberg den 27 Aug. 769. S. T. Wolgeborner Herr Kriegsrath HochstzuEhrender Herr BürgerMeister, Ich trete heute in mein vierzigstes Jahr mit einer vollkommenen Beruhigung über die Labyrinthe meines Schicksals, in denen ich den Plan einer höheren Hand verehre und ihrer Entwickelung mit Muth und ahndungsvoller Hofnung entgegen sehe. Gewiße Umstände verbinden mich Vorfälle die Ew Wolgeboren zum Theil bekannt sind legen mir leider! die Nothwendigkeit auf mich um meine zeitl. Umstände mehr als es mir lieb ist zu bekümmern. Ich nehme mir daher die Freyheit Ihnen den wahren Zustand unsers Vermögens, so wie ich selbiges alle Augenblick im stande bin nachzuweisen, in gegenwärtiger Zuschrift auseinander zu setzen. Ich erinnere mich Ewr Wolgeboren den 24 May 1767. meinen Entwurf eine gemeinschaftl. Wirthschafft mit meinem Bruder zu führen übernehmen in einem Briefe, von dem ich entweder keine Abschrift genommen oder selbige verworfen, untergelegt zu haben. Den Michael ej. anni ist dieses Vorhaben von mir vollzogen worden, Nachdem das Vermögen eines jegl. gehörig gewißermaaßen außeinandergemittelt gesetzt worden, hab ich bisher seit Michael 1767. von unsern gemeinschaftl. Interessen und meinem Gehalt meine unsere jährl. Ausgaben als ein ehrlicher guter Haushalter und ein gemein bestritten. Ew. Wolgeboren wißen, daß ich die 5000 fl. meines Muttertheils nicht eben verzehrt, sondern vielmehr angewandt zu einer Aussaat, von der ich die Erndte vielleicht je später desto reichlicher erwarten kann; ich habe mir aber jederzeit ein Gesetz daraus gemacht mein väterliches Erbtheil desto strenger zu erhalten, und wenn es auch nur einige 100 fl. betragen hätte, so wäre mir das Andenken von meines seel. Vaters Schweiß und Blut so heilig gewesen, als mein Pathenpfennig und gewiße Familienurkunden, für die ich fast meine gantze Bibliothek aufopfern möchte. Gemäs unsern Inventar belief sich das für mich liquidirte Väterl. Erbtheil auf 4716 fl. 25 gr. weil ich aber an 833 fl. 17 gr. an Münzen und einigen Effecten an mich behalten: so hab ich 4000 fl. als meinen väterl. Fonds ausgesetzt. Das Vermögen meines jüngeren Bruders, so ich unter meiner Verwaltung beläuft sich 10034 fl. Hievon machen die jährl. Zinsen ungefehr jährlich 600 fl. Auf diese Summe habe also bey unserer gemeinschaftl. Wirthschafft Rechnung gemacht und selbige als den Beytrag meines Bruders dazu angesehen. Der meinige bestand aus   240 fl.an Interessen und   476 fl.an meinem damaligen     Gehalt zu 16 rth monathl.   716   600   1316war also der gemein- schaftl. Fonds mit dem ich das erste jahr meiner Wirthschafft eingerich- tent und alle Ausgaben derselben bestritteneiten habe müßen; so wie un- ser gantzes Vermögen aus  4000 fl 10034  14034 fl. bestund. Der gegenwärtige Bestand. Unser gegenwärtiges Vermögen wird aus nachfolgendem erhellen, wovon ich jederzeit den Beweiß vor Augen legen kann Ein Wechsel 3000 fl. an HE Commercienrath Hoyer, dem ich dies Capital seit dem 24 Dec. 1767 zu 6 pC% anvertraut,
    wieder
    meinen Willen aber
bis zu Johanni a. c. verlängert,
gegenwärtig aber mit meinem guten Willen als das Meinige sehr gern bis 1772 überlaßen will ohne über den Verlust der halben Interessen noch gegen Abgebrannte zu murren.    4000 an Wechseln auf das Saturgussche Comptoir.    1000 der Nuppenausche Wechsel, für den Ew Wolgeb. die Caution übernommen, sowie Kirchenrath Buchholtz für die Interessen gut gesagt aber wegen 10 fl. noch einige Schwierigkeit macht und nur unserer Abrede zuwieder nur 5 pC% bezahlen wiollen.     500 Schönsche Obligation}    2000 Blocksche –}liegen    3000 eine cedirte Obligation auf der Wittwe}in Henrici Gründen}deposito    1100 an ebendieselbe. Es hängt aber bisher von der Gnade es. Notarii und Secretarii ab, daß diese beyde Capital seit denen ihrer überhäuften Geschäfte wegen auch ein Curator ex officio gesetzt zu werden verdient, daß diese 2 Capitalia seit einem halben Jahr auf die Ingrossation warten müßen.     100an einen Zimmermannsgesellen, deßen Familie seit des seel. Kuhns Zeiten an unser Eltern Haus verpflichtet          gewesen = 14700 fl.
Hiezu kommen noch einige 100 fl die ich einem abwesenden Freunde vorgeschoßen, mit dem ich noch einige Abrechnung führen möchte daß ich also dieses Capital nicht genau bestimmen kann, für die Sicherheit deßelben und die Interessen aber personelle und reelle Pfändung in Händen habe; anderer Kleinigkeiten nicht zu denken, die ich als verlorne Schulden, und außerordentl. Allmosen p ansehen will muß. In diesem Capital, das ich wenigstens über 15000 fl. und darüber beträgt rechnen kann sind 250 fl. mitbegriffen, die meines seel. Vaters Magd und gegenwärtigen Haushälterinn gehören, welche 120 fl. als ein Legat ihres seel. Brodtherren von uns erhalten, 54 fl. die ihr sein Nachfolger an Lohn schuldig geblieben, hab ich mit letzterm berechnet und das übrige hat sie theils in unsers seel. Vaters des seel. Altstädtschen Baders theils in seiner Kinder Erben Dienste sich ehrlich v. redlich erworben. Ich überlaße es E. Hochweisen Magistrats strengen Gerechtigkeit soviel Zeugen als man will gegen mich verhören zu laßen, würde aber immer demjenigen frechen Lügner Trotz bieten können der mich irgend einer großen und oder kleinen Schuldforderung wegen in Anspruch nehmen wollte, da ich mit keinem einzigen Handwerker noch Kaufmann in Rechnung stehe, einen einzigen hiesigen Buchhändler ausgenommen. Ohne mich weiter um dasjenige zu bekümmern, was Ew. Wolgeb. für
    Wahrheit
halten, die einem größeren Richter und selbst einem römischen Landpfleger eine Frage war hat mir ein Protocol E. Dirigirenden Bürgermeisterl. Pupillen Amt vom 14 Octobr. 767. immer sehr auf dem Herzen gelegen, weil ich es niemals begreifen können wie Ew Wolgeb. einen so illegalen actum haben unterzeichnen können, der offenbar Unwahrheiten und Ungereimtheiten Unrichtigkeiten in sich hält. Z. E. 1.) Es ist nicht wahr, und ich möchte fast sagen niederträchtig, und unanständig daß man meinem Bruder in diesem Protocol ein vorzügl. Vertrauen auf den Kirchenrath Buchholtz angedichtet und zugl: ein sehr bösgeartetes Mistrauen gegen sn ältern Bruder aufbürdet. Wenn man aber bedenkt, aus weßen Gehirn und Feder das Hibriden-Instrument gefloßen: so kann man Ew Wolgeboren kaum mehr als eine kleine Uebereilung in der Unterschrift deßelben zur Last legen. 2.) Es ist nicht eben so wenig wahr, daß ich aus Vertrauen ein freywilliges Vertrauen zum Kirchenrath Buchholtz gehabt; indem ich den 20 May 1767. an einem Mittwoch mir die Freyheit genommen meine Bedenklichkeiten gegen einen Mann, der unser Lehrmeister, Beichtvater, Miterbe p gewesen anzu gegen Ew. Wolgeb. auszulaßen, und Ihnen nicht mein Vertrauen sondern mein ganzes gegründetes Mistrauen gegen einen Geistl. vorstellte, weil ihn das öffentl. Gerüchte für einen offenbaren Wucherer, der nach Paulo ein Abgötter ist, und für etwas noch ärgeres erkennt, für einen Mann der die Fischerey wie Petrus, und vorzügl. im trüben Waßer versteht, wie ich 10 Proben an statt eine erlebt, ohne daß ich die geringste Spur einer evangelischen noch moralischen Standhaftigkeit bey allem meinem Suchen v Forschen jemals sollte entdeckt haben, und der sich beßer zum Wetterhahn eines Kirchth als zum Grundstein der Kirchen v Schulen schickt v.s.w. Ich wurde aber ohngeachtet meiner redl. Absichten zum Curator meines Bruders aufgenommen zu werden mehr als ein Dictator- als Consulmäßig von Ew. Wolgeboren abgewiesen.
Ew. Kgl. Maj. Allergnädigstem Befehl zu Folge vom 9 Sept. a. c. überreiche nicht nur eine wahrhafte Nachweisung von dem Vermögen meines Bruders sondern auch von dem meinigen um den boßhaften und verläumderischen Verdacht, als wenn ich von ersterem das Geringste veruntreuet, desto gründlicher wiederlegen zu können. Aus demr Beyl.
    Factum
werden Ew. Kgl. Maj. den wahren Grund meines mir bisher geschehenen Unrechts und der daraus entstandenen Verwickelungen und Verlegenheiten, in denen mich noch biß jetzt befinde, zu ersehen geruhen. Was die Vorwürfe wegen der Aufsicht meines Bruders betrift, so ist es wahr, daß dieerselbe den 17 Aug. vorigen Jahrs, da man eben mit Einrichtung meiner gegenwärtigen Wohnung, die ich damals bezog, beschäftigt gewesen, zu einem höchst verwegenen Ausbruch geschritten. Ich kann es aber durch die glaubwürdigsten Zeugniße beweisen, daß ich es weder an Aertzten, Hülfsmitteln noch einem besondern Hüter habe ermangeln laßen, biß er von diesem außerordentl. und gantz unvermuthetem Paroxysmo hergestellt worden, und seit den 11 Sept. a. p. habe eine ausdrückliche Wärterin blos für ihn gehalten, daß man also diesen einzigen Vorfall ausgenommen, der selbst in locis publicis nicht eben selten und durch alle menschl. Vorsicht nicht immer vermieden werden kann, nicht von dem geringsten abermaligen Ausbruch ein einziges Beyspiel anzuführen im Stande seyn wird. Alle die Umstände, welche Magistratus von seiner Verschließung, die in gewißen Fällen wohl nicht verargt werden kann, und von einem Zwange zur Einsamkeit einfließen läßt, sind offenbare Unrichtigkeiten, die sich auf nichts als sinistre Insinuationes gründen, aber mich desto mehr befremden, da ich mich selbst des damaligen Vorfalls wegen bey dem Kriegsrath Hindersinn Raths erholt und ihm die Erklärung that, daß ich im Fall der nicht erfolgten Wiederherstellung meines Bruders auf zu einer öffentlichen Versorgung für ihn würde schreiten müßen, wovon man mich damals gleichwol abrieth, weil würklich seine Krankheit mehr in einer Art von Stupor besteht, der nur durch Veränderungen seiner gewöhnlichen Lagen und eigensinnigen Unthätigkeit, auch oft am leichtesten durch einen „vernünftigen Umgang“ irritirt und erbittert wird. Außer der natürlichen Liebe die ich für meinen leiblichen Bruder hege und der zu Gefallen ich mehr als einmal mein beßeres Glück theils wirklich aufgeopfert theils dazu willig und bereit gewesen, werden Ew. Kgl. Maj. nach Höchstdero Ihnen beywohnenden Weisheit und Gerechtigkeit mir eine gründlichere und tiefere Kenntnis eines über 10 Jahr lang eingewurzelten Uebels, deßen Ursprung und Wachstum in der Nähe und Ferne beobachtet, leichter einräumen können als dem vom Magistrat ex abrupto und blos zu meiner Kränkung constituirten aufgedrungenen Curator Advocat Gunthel, der vermuthlich selbst so bescheiden seyn wird weder sich oder einem andern Fremden die Sorgfalt und unendliche Aufmerksamkeit zuzutrauen, womit ich mein eigen Wohl mit meines Bruders seinem Hand in Hand zu verknüpfen und in einer so viel möglich brüderlichen Harmonie, Einigkeit und Hausfrieden bisher zu erhalten gesucht, den gewißenhafte Obrigkeiten sich eben so sehr entblöden sollten zu unserm gemeinschaftl. offenbaren Schaden muthwillig zu beeinträchtigen als vor Ew. Kgl. Maj. Stuhl an statt in wahren factis und in den Gesetzen gegründeter Berichte mit kahlen Ausflüchten und Winkelzügen zu erscheinen, wie aus dem beyl. Facto mit mehrerem erhellet. Wenn man mir die Treue, womit ich nicht nur meinen gegenwärtigen Beruf abzuwarten suche, sondern selbst einen Monat bey der Cantzelley des Magistrat und ein halbes Jahr bey der Kriegs- und Domainen Cammer Canzeley freywillige Dienste zwar umsonst aber vielleicht nicht gantz umsonst gethan, gleichsam ins Gesicht wirft; so kann ich wenigstens auch meiner Seits pflichtmäßig versichern anzeigen, daß ich die Morgen- Mittags- und Abendstunden gewöhnlich in Gesellschaft meines Bruders zubringe, sehr selten außer Hauses speise und so wenig öffentl. Häuser besuche als irgend einige Familienbekanntschaften unterhalte noch suche, meine wenige Freunde hingegen weder meinen Bruder von ihrer Achtsamkeit noch Umgange ausschlüßen. Uebrigens muß ich wundern, daß Magistratus gegenwärtig meinen Bruder als einen jungen Menschen begegnet, der durch die Vormundschaft des Advocat Gunthel und seine deßen Vorschläge zum vernünftigen und geselligen Umgange vielleicht noch einmal erzogen und zu Recht gebracht werden könnte, da Magistratus diesen jungen Menschen bereits selbst zur Erziehung der Jugend brauchen wollen, weil unser seel. Vater sich durch ein „mislungenes“ Vertrauen überreden ließ diesen nicht mehr so gar jungen Menschen, der aus eben dem Grunde seiner gegenwärtigen Krankheit bereits Ao 1760 einen sehr einträgl. und beqvemen Schuldienst in Riga hatte niederlegen müßen, durch eine mühsehlige Versorgung bey der Löbenichtschen Schule anstatt aufgezumuntertn noch tiefer in sein gegenwärtiges Elend eingezustürtzten, nöthig fand ohne daß E. Hochweiser Magistrat nöthig fand die damaligen notorischen und wegen seines Officii das Publicum ungl. mehr interessirenden Ausbrüche seiner öffentl. Störung und gäntzl. Unfähigkeit zu einem Schulamt, nicht eher, als biß es aufs ärgste gekommen war, nöthig fand in Betracht zu ziehen, wie man mir gegenwärtig zur höchsten Ungebühr einen einzigen bereits vor über Jahr und Tag verfloß vorgefallenen gantz unvermutheten Paroxysmum zur Last legen will. Allen diesen in Wahrheit, Recht und Billigkeit gegründeten Umständen zur Folge werden Ew. Kgl. Maj. in Gnaden geruhen den aus bloßen privat Absichten mir bisher zugefügten Beeinträchtungen und Eingriffen E. Hiesigen Magistrats und besonders BurgerMeisterl. Pupillen-Amts Einhalt zu thun, mich in der von Gott und Rechts wegen zukommenden Curatel meines Bruders kräftigst zu bestätigen, anbey huldreichst zu befehlen daß ich die bisher zerstreut gewesene Documenta von den Capitalien meines Bruders gehörig einzuziehen und einem dazu von Ew. Kgl. Maj. Hochverordneten Pupillen Collegio selbst zu bestimmenden Foro competenti, produciren und zur völligen Sicherheit meines Bruders so wol als meiner eigenen deponiren darf, damit alles in gehöriger Ordnung und legalen Richtigkeit gebracht werden und ich nicht nur vor allen ferneren meiner edeln Zeit, Gemüthsruhe und selbst ehrl. Namen nachtheiligen Weitläuftigkeiten und Chicanen erschlichener Depositarien und aufgedrungener Curatoren geborgen seyn, sondern auch unsern gemeinschaftl. Haushalter als ein treuer Verwalter von den Zinsen meines Bruders zu seiner bestmögl. Pflege, Wartung, und Erhaltung, mit dem Gewißen und Muth eines rechtschaffenen Mannes ungestört fortsetzen kann, für welche Landesväterliche Gnade Huld und Protection pp.
Ew. Kgl. Maj. haben mir allergnädigst zu befehlen geruhet, daß ich auf den abermaligen Bericht des Magistrats vom 19 Sept. mich deutlich und hinlängl. erklären soll. Ohngeachtet die Hauptfrage von der Curatel meines Bruders noch nicht entschieden worden so sehe ich mit Befremden einen neuen Umstand meinem gerechtlichen Gesuch im Wege gelegt, wiewol dieser neue Umstand blos dasjenige bekräftigt, was ich in meiner letzten unterthänigsten Supplique als den wahren Grund meinesr bisher mir angethanen Kränkungen bereits angegeben und es erhellet gegenwärtig Sonnenklar noch deutlicher, daß es dem Altstädtschen Bader nicht nur gelungen s die Caution des Oberbürger Meisters Hindersinn sondern auch dadurch zugleich das partheyliche Vertrauen des gesammten Magistrats auf Kosten der Wahrheit, Gerechtigkeit und Billigkeit sich zu erwerben. Es ist zwar andem, daß Nuppenau nicht nur unserer naher Blutsfreund ist leiblichen Mutter Bruders Sohn, und da er seiner leibl. Schwester Tochter sich zu heyrathen nöthig gesehen, also auch und auch von seiner Frauen Seite, wiewohl nicht so nahe, als er selbst uns verwandt ist, indem er wie bekannt sich genöthigt gesehen sr leibl. Schwester Tochter zu heyrathen. und daß er vielleicht einige Liebe und Erkenntlichkeit unserm seel. Vater und seinen Erben schuldig ist, der weil ersterer ihn noch bey Lebzeiten die Altstädtsche Badstube abgetreten, und seine gantze Familie von Kindheit auf zum Theil reichlich unterstüzt und unterhalten sondern auch selbige durch einen mündl. sowol als auf einer steinernen Tafel mit eigener Hand geschriebnen Befehl und zwar an mich seinen ältesten Sohn gerichteten Befehl noch mit 900 fl. auf seinem Sterbebette bedachte, die ihm, seiner Frau und ihrer Schwester
    laut
in
    beyl. Original Qvittungen
so wol aus bloßem kindlichem Gehorsam gegen den letzten Willen unsers seel. Vaters, und aus bloßem milden guten Herzen als aus gutherziger Mildthätigkeit von unserer Seiten richtig sind ausgezahlt worden, mit der ausdrückl. Bedingung aber, daß er von seinerm Seiten uns mit einer gleichmäßigen Ehrlichkeit Theil dasjenige was uns theils noch vo an Meublen theils und an Capital von unsers seel. Vaters Nachlaß noch von Gott und Rechtswegen zukäme, mit eben der Ehrlichkeit und so weit und Genauigkeit uns extradiren als und gehörig berichtigen würde möchte. An statt deßen aber nun haben wir uns nicht nur willig und ohne Wiederrede einen Abzug von mehr als 400 fl. müßen gefallen laßen, weil obschon die Abtretung der Altstädtschen Badstube eben in dem Jahr der Münzreduction geschehen war, ohngeachtet wiewol ihm dennoch das meiste Hausgeräth für einen noch billigern Preiß überlaßen worden, als bey einer Theilung eines liebreichen Vaters mit seinen leibl. Kindern Statt finden kann; sondern, was noch härter ist, wir haben uns kaum unterstehen dürfen uns nach vielen zurückgelaßenen Meublen zu erkundigen, weil unsere bloße Anfrage darnach bald mit einer groben Hitze bald mit dem kahlen Vorwand, daß unser seel. Vater alles verschenkt hätte, müßen abgewiesen laßen worden. Aus diesem seinem bisherigen Betragen sowohl als und aus den gegenwärtigen Kränkungen, wodurch er sich gegen die Bezahlung der uns noch schuldigen 1000 fl. und ihrer Interessen durch Mittel zu decken sucht, die einem so nahen Blutsfreunde ebensowenig als einem rechtschaffenen Bürger anständig sind, läßt sich eben nicht absehen daß in keine zuverläßige noch vortheilhafte Versorgung meines Bruders so wenig für ihn selbst letzteren als für mich seinen allernächsten Blutsfreund absehen.
    Durch welchen Weg es 3 Jahr nach unsers seel. Vaters Tod jetzt erst verlautbart
, als wenn selbiger auf seinem Sterbebette ausdrücklich verlangt hätte, daß der mein blödsinnige Hamann Bruder bey Nuppenau zur Aufsicht gelaßen werden sollte, ist mir schlechterdings ein Geheimnis, von dem ich mich niemals entsinnen kann biß auf diese Stunde die geringste Sylbe in meinem Leben gehört zu haben. Das dieses in von meinem seel. Vater bereits 1759. gemachten Testament, davon Copia beylege, kann davon ohnehin nichts enthalten, beweiset die davon beygelegte Copia und in dem in originali beyl. Protocoll vom 16 Oct. 1767 ist auch von diesem vorgegebenen ausdrückl. Verlangen meines seel. Vaters weder von Bürgermeister durch Kr.rath Hindersinn noch durch Kirchenrath Buchholtz, die gegenwärtig jetzt aus Ursachen, welche dem Höchsten Richter alles Fleisches anheimstelle, gegenwärtig mit Bader Nuppenau gegen uns gemeinschaftl. Sache machen, damals das allergeringste verlautbart worden. Ich bezeuge hiemit nochmals vor Gott und dem Thron Ihrer Kgl. Maj. daß mir von diesem vorgegebenen letzten Willen nichts wißend ist und will mag mich übrigens um bey dieer Zuverläßigkeit solcher Leute die dergl. Unwahrheiten verlautbaren können nicht weiter bekümmern aufhalten, da dieser neue Umstand der aus der Finsternis hervorgezogen wird, nicht einmal eigentl. zur Sache gehört, noch zu einer Zeit vorgefallen, wo ich abwesend in der Fremde gewesen und unser mein Vater weder die Heimkunfft seines ältesten Sohnes so wenig als noch seine Versorgung im Väterl. ihm in seinem Vaterl. bisher so schwer gemachte Versorgung vor der Hand absehen konnte. Nachdem mein Bruder leider! bey seiner jetzigen Gemüthsverfaßung gar keines vernünftigen noch moralischen Vertrauens leider! fähig mehr ist, so kann ich dasjenige was ihm so wohl im BurgerMeisterl. Amt nach obangeführtem Protocol gegen Kirchenrath Buchholtz als in dem abermal. Bericht in den Sinn und gegen Bader Nuppenau in Mund und Sinn gelegt worden, wol blos der Freygebigkeit des Concipienten zuschreiben; und aufs leidlichste davon zu reden für eine bloße Fiction oder Lieblingsformul seiner Schreibart halten deßelben ansehen erklären. Damit man aber dies vorgegebene Vertrauen ms Bruders nicht etwa als ein ihm übriggebliebenes Vorurtheil seiner Erziehung ansehen möchte: so muß zur Beysteuer der Wahrheit versichern, daß unsere seel. Mutter als eine sehr ämsige, gewißenhafte, eingezogene, stille und für sich und die Ihrigen blos lebende Hausmutter immer am meisten mit dieser gantzen branche Linie ihres Geschlechts unzufrieden gewesen; so wie ich im Stande wäre schriftl. vertrauliche Briefe meines seel. Vaters an mich aufzufinden, die woraus deutlich zu ersehen, daß die Mildthätigkeit unsrer beyderseitigen Eltern gegen dieseas Nuppenausche Haus sich nicht eben so wenig auf die Verdienste nicht weniger auf die Gleichförmigkeit der Neigungen und Gesinnungen die sonst unter Blutsfreunden natürlich ist noch oder auf eine persönliche Würdigkeit sondern lediglich auf die Pflichten der Nächstenliebe, des Mitleidens und die Wohltätigkeit bezogen haben. Was die freundschaftl. Unterredung des Nuppenau und der Seinigen betrift anlangt, so bin ich lange gnug selbst davon ein Zeuge gewesen und habe mit Betrübnis empfinden müßen, daß selbige nur gar zu oft in entgegengesetzte unzeitige Aufwallungen oder auch in leichtsinnige Geckereyen ausarten, womit man sich und seine Gesellschafter mehr als einen melancholischen und zum Theil durch böse Gewohnheiten und Eigensinn verdorbenen Menschen aufheitern oder noch öfterer vielmehr am öft beßern muß. Ich habe übrigens viele Gründe daran zu zweifeln, daß bey meinem Bruder das Andenken der altstädtschen Badstube so lebhaft ist als es vielleicht mir selbst und einigen andern noch größeren Männern bisweilen vorkommen mag, die sich der vergnügten Abende noch erinnern mögen, welche sie in ihrer Jugend daselbst zugebracht haben, oder der thätl. Dienste und Denkmale, die ihnen jährlich daraus zugefloßen. Vielleicht möchten aber jetzt die alten bürgerl. Sitten, deren Geschmack ich eher nachzuahmen als zu verleugnen mich bestrebe, gegenwärtig in der Altstädtschen Badstube ziemlich ausgestorben seyn. Alle diejenige, welche den Mann gekannt haben, in deßen Platz Nuppenau gekommen, und ich darf mich hierauf in diesem Fall auf Väter der Stadt selbst beruffen, die rechtschaffene Bürger zu unterscheiden im stande sind, und niemanden keinen als solchen gut gesinnten Glieder des Gemeinen Wesens aus Neigung zugethan und zu guten Werken rechtmäßigen Absichten unterstützen, werden ersteren nicht nachsagen können, daß er außer seinem Beruf sich jemals in fremde Dinge gemischt oder daß Fleischer und Becker und am allerwenigsten Gesinde und Hausgenoßen auf ihren verdienten Lohn irgend jemals bey unserm seel. Vater haben Wochen geschweige Jahre lang warten müßen; wie Magistrat leichtlich im Stande ist seyn wird auszumitteln, wenn sich selbige so genau um die Wirthschaft eines unter ihnen stehenden Bürgers als um die meinige bekümmern will, so wenig auch letztere einen Hiesigen Magistrat angehn, als wie den ich nicht wenig kenne, als daß ich einen Monatlang bey seiner Canzeley umsonst und gedient freywillig gedient. Wenn die Altstädtsche Badstube als ein Haus, in dem mein Bruder von Jugend an erzogen worden, den geringsten Einfluß in seine traurige und melancholische Gemüthsverfaßung haben könnte, so hätte sich selbige bereits dieser für mich so erwünschte Erfolg längst gnug äußern müßen, weil er sich mein Bruder zum offenbaren Nachtheil seiner Gemüthsumstände nur gar zu lange daselbst aufgehalten. Es könnte vielleicht seyn, daß mein Bruder selbiger zu einer etwas strengern Diät angehalten werden könnte, aber nach seinem jetzigen Geschmack würde dadurch sein Zustand nur trauriger und melancholischer werden. Ohngeachtet ich es für meine Schuldigkeit hielt zur damaligen nach der Hochzeit des Bader Nuppenau das schwerste Stück Silberzeug, welches noch von dem zerstreuten Nachlaß und zum Theil größtentheils zum geistl. Behuf angewandten Seegen und Nachlaß uns. seel. Vaters übrig geblieben war, durch den Kirchenrath Buchholtz der davon die wenn er will die nächsten Nachrichten ertheilen kann zum gemeinschaftl. Andenken von uns beiden aussondern zu laßen, so ließ man sich doch gelüsten meinen armen Bruder, der etwas von Natur niemals zur Freygebigkeit geneigt gewesen, durch freundschaftl. Unterredungen zu einem Geschenk einer silbernen Schmantkanne aufzuheitern. Ohngeachtet Wiewol ich gegen diese Handlung von Seiten meines Bruders nichts einzuwenden hatte so befremdete mich selbige desto mehr, da er 1759 vor Abreise nach Riga den SchwiegerEltern des Nuppenau welche sich darüber gegen mich mehr als einmal beklagt, halb des seel. Vaters Haus beynahe halb so zu sagen verboten hatte mit der Erinnerung sich an den Wohlthaten die sie bisher genoßen zu begnügen und einen unvermögenden Mann wenigstens auf Kosten seiner ihrer MitErben nicht völlig auszusaugen. Da diese Besorgnis in dem natürl. Character meines unglückl. Bruders liegt und auch diese Leidenschaft zu seiner Krankheit vermuthl. beygetragen, so läßt sich nur desto weniger ein Vorurtheil des Vertrauens bey ihm gegen die Familie des Nuppenau zum voraus setzen, die ohnedem durch meine Curatel und durch unsere eigene gemeinschaftl. Bedürfniße diejenige Vortheile nicht mehr erwarten kann, wodurch sich der Hamannsche Name noch in einiger Liebe bey ihnen erhalten, wie der Magistrat in seinem abermaligen Bericht aber blos auf sein bloßes Wort versichern will. Ich habe nicht soviel Zuversicht als Kirchenrath Buchholtz und Bader Nuppenau mir ein besonders vorzügl. Vertrauen meines Bruders zuzueignen, unter dergl. sich Kirchenrath Buchholtz v Bader Nuppenau haben zu Protocoll schreiben laßen; unterdeßen weiß ich, daß letzterer in diesem Jahr just um die Verfallzeit des Wechsels meinen Bruder zu einer Zeit, da ich wie notorisch meinen Beruf abwarten muß, hat besuchen wollen um sich wahrscheinl. Weise mit meinem blödsinnigen Bruder in Unterhandlungen wegen des Wechsels der eben damals verfallen war einzulaßen woran er aber durch die Gegenwart eines Fremdlingen den ich eben damals einige Tage bey mir aufgenommen, verhindert worden, bey welcher Gelegenheit weder mein Bruder die Höflichkeit gehabt Nuppenau recht anzusehen geschweige ihm das geringste zu antworten. Gleichwol kann ich auf meine Ehre und Gewißen meinem unglückl. Bruder das Zeugnis geben, daß er mir noch immer von jeher die gröste Liebe und Furcht geäußert, dergl. sich kein anderer weder Freund noch Fremder sich jemals mit Grund der Wahrheit wird rühmen können und daß er die zwey Jahre, die er mit mir zusammen gelebt, gegen meine Person niemals dergl. Ausbrüche des Haßes und der Verachtung hat merken laßen, womit sein leiblicher Vater öfters betrübt worden, da er nicht nur in der Altstädtschen Badstube sondern sogar in officio publico war stand und daß selbst sein gegenwärtiger Zustand ungl. erträglicher und ruhiger ist, wenigstens garnicht so traurig und melancholisch als der Magistrat denselben willkührlicher Weise ohne Grund, Kenntnis noch Beweiß in seinem abermaligen Bericht erdichtet. Ew. Kgl. Maj. sehe mich noch genöthigt in tiefster Unterthänigkeit vorzustellen, daß dieser zwar plausible aber höchst unrecht angewandte Grundsatz meinen Bruder aufzuheitern, ihn eben in sein gegenwärtiges Uebel so tief eingestürzt und versenkt hat, weil man ohne Ueberlegung und innere Kenntnis seinesr Uebels wahren Gemüthskrankheit bey der ich nach meinem besten Gewißen einen sehr tief eingewurzelten Eigensinn und eben so große Verstellung, da keiner so leicht ohne die allergenaueste Bekanntschaft seines Characters und seiner gantzen Lebensgeschichte ergründen kann, immer wahrgenommen, ihn behandelt, und dadurch sein Verderben wirkl. befördert und wenigstens nach dem Urtheil der Aertzte unheilbar gemacht. Ohngeachtet es notorisch war daß er aus einer ihm selbst so wol als andern unerklärl. Melancho Verdruß und schwermüthigen Unlust einen sehr einträgl. und gemächl. Schuldienst in Riga niederlegen müßen stieß drang man selbigen zum Hofmeister in einem angesehenen Hause auf, unter der näml. eiteln Erwartung ihn durch Conversation und Welt aufzuheitern. Nachdem dieser Versuch sehr übel ausschlug, begieng man die zwote Schwachheit ihn trotz seiner zunehmenden Grillen und Krankheit durch die Zerstreuungen und Arbeiten eines kümmerl. Schulbrodts, wie man sich einbildete, aufzuheitern. Ew. Kgl. Maj. können sich den Gram und Kummer nicht vorstellen, mit dem ich Jahre lang habe müßen dem Leiden meines Bruders zusehen, das nothwendiger weise durch eine so unvernünfftige und unmenschl. verkehrte Behandlung eines viell. im Grunde moralischen und durch Zeit und Umstände erst mein physisch ausgearteten Unordnung hat eher zu als abnehmen müßen. Aus dem gegenwärtigen Tück meiner Feinde ist zu ersehen, wie mit welcher Vorsicht und Furcht ich bisher meinen Bruder habe halten müßen, und daß ein Meisterstück ihrer Bosheit gewesen mich von der keinem einzigen Unterthan des Königs jemals versagten aber mir vom Kriegsrath Hindersin mehr Dictator als Consul mäßig jederzeit rund abgeschlagenen Gesuch, das gleichwol nichts niemals anders als die meine brüderl. diejenige Liebe und Pietät welche ich glaube meinem Bruder schuldig zu seyn, und die gehörige Sicherheit gegen eingennützige und unverschamte Captatores bonorum alienorum zum Grunde gehabt, auszuschlüßen, weil meine Feinde niemals ermangelt haben würden sich die Schwäche meines Bruders zu Nutze zu machen oder meine etwanige Bemühungen zu seiner Wiederherstellung die vielleicht ihren Einsichten und Vorurtheilen entgegen wiedersprochen und wiederlegt selbige beschämt hätten zu verlästern, verdächtig zu machen und gäntzl. zu vereiteln. Der Magistrat hat mich zum Theil de facto und ex abrupto eben so unmündig als meinen Bruder selbst gemacht zu machen gesucht; ich müste aber in der That einem unlöbl. Beyspiel folgen wenn ich Gewißen und Vernunfft an den Nagel hängen und mit kaltem Blut in einen dritten vermuthlich zwischen Kriegsrath Hindersinn Kirchenrath Buchholtz und Bader Nuppenau verabredeten concertirten Versuch Plan willigen sollte meinem Bruder anstatt zu erhalten deßen Erhaltung ich als meine selbst eigene suche völlig aufzuopfern, und seine Person so wohl als sein Vermögen einem debitori moroso und ingrato anvertrauen sollte. Wie wenig zuverläßig und vortheilhaft die Bedingungen des Altstädtschen Baders seyn können, und wie wenig selbiger sein Wort zu halten im stande ist, läßt sich aus der Unordnung ersehen womit er seit den letzten 2 Jahren die Interessen abgetragen, die er im vorigen Jahre anstatt des 14 Junii erstl. den 5 Sept. und dies Jahr noch gar nicht bezahlt auch sich eben so wenig als Kirchenrath Buchholtz darum bekümmert, der sich gleichwol gegen unsern Freund Advocaten geäußert dahin erklärt daß er einen meiner besten Freunde für die Interessen stünde gut gesagt, weil er vermuthl. mit dem Altstädtschen Bader in Rechnung steht wegen der Bedienung im Ader Barbiren Aderlaßen und häufigen anderer Handreichung wegen bey seinen bekannten schwindlichen Umständen und kränkl. Familie steht. Ja ohngeachtet Kirchenrath Buchholtz von freyen Stücken mich den 23 May a. c. besuchte und ich weiß nicht warum darauf drang daß ich die bey ihm in deposito liegende Obligationes ihm abnehmen möchte; so hat es doch nachher gar zu sehr den Anschein gehabt daß diese Anerbietung nicht aus einer evangelischen Lauterkeit gefloßen, weil er alle damals ausgefertigt gewesene Obligationes noch biß diese Stunde in deposito hat, neml. No1.   meiner Nachweisung von 500 fl. 3     –  –  –  –  von2000 4     –  –  –  –  3000 5500 fl. Ew Kgl. Maj. werden daraus einen neuen Beweiß ziehen können daß die willkührl. und illegalen Verfügungen wodurch das Burgermeisterl. Pupillen Colleg Amt mich von der Curatel meines armen Bruders auszuschließen gesucht, mich den grösten Verlegenheiten und Verwirrungen aussetzen können, weil das Vermögen Geld und Kirchenrath Buchholtz seines bisherigen Amts depositarius zu seyn, das ohnedem einem Geistl. nicht anständig und selbst ehmals einem Apostel Christi höchst nachtheilig geworden, von Herzen überdrüßig ist. Was den 2ten Punct der 4000 fl. anbelangt, Nachdem ich nunmehr dem Allergnädigsten Befehl Ew. Kgl. Maj. mit tiefster Ehrfurcht eine Genüge geleistet, auch dem abermaligen außerordentl. Bericht des Magistrats, der offenbare Unwahrheiten adoptirt und meine in Natur und Gesetzen gar zu sehr gegründete Rechte zu schmälern, wie ich hoffe deutlich und hinlängl. beantwortet habe: so unterwinde mich noch Ew. Kgl. Maj. zu versichern, daß meine natürliche Blödigkeit, und noch weit mehr die Ehrerbietung für Dero Allerhöchstes Antlitz mir das Stillschweigen über unendl. Kleinigkeiten auflegt, wodurch ich meine Unschuld so wohl als unser bisher in stiller Gedult gelittenes Unrecht in ein noch stärkeres und helleres Licht setzen könnte. Wenn Väter der Stadt und der Kirchen gemeinschaftl. Sache gegen den Samen eines gerechten Mannes machen: so habe ich Ursache meinen Feinden zu vergeben, weil sie nicht wißen, was sie nicht thun. Es ist ihnen eigentl. nicht daran gelegen meinen Bruder, der ohnedem in ihren Augen als ein civiliter mortuus wenig in Betrachtung komt, völlig zu Grunde zu richten, worinn es ihnen bisher nur gar zu sehr gelungen durch die Zulaßung einer höheren Hand, sondern hauptsächlich mein kleines bescheidenes Glück in meinem Vaterlande zu zerstören, das ich mit der Wohlfart meines Bruders so innigst zu verflechten gewust, das beide zu gleicher Zeit entweder bestehen oder untergehen müßen. Ungeachtet der grösten Anerbietungen auswärtiger Gönner mich über all mein Verdienst zu versorgen bin ich meinem Vaterland treugeblieben und darüber der Gefahr ausgesetzt gewesen beynahe hier zu verhungern. Ich hätte ohne Ehrgeitz und Eigennutz gern mit der kleinsten Stelle, von der ich als ein ehrl. Mann hatte leben können gern vorlieb genommen, und habe in dieser Absicht bey E. Hiesigen Magistrat so wohl als einer Kgl. Kriegs- v Domainen Cammer nach meinen Umständen lange gnug als Volontair Dienste gethan, ohne gleichwol die geringste Beförderung für mich absehen zu können. Endlich hat ist es mir nach dem Tode ms seel. Vaters bey meiner letzten Heimkunft aus fremden Landen durch gantz unerwartete Wege, welche die Vorsehung allein in ihrer Hand hat gelungen das Amt es französischen Uebersetzers bey dem Hiesigen Accise und Zoll Directorio zu erhalten, wo mein Gehalt durch eine besondere Gnade des Königs in Zeit von zwey Jahren von 16 rth bis zu 25 pro Monath erhöhet worden. Durch den kleinen Anfang meines Glücks bekam ich so viel Muth eine eigene Haushaltung blos aus Liebe für meinen Bruder, deßen Verpflegung unumgängl. war, mich am nächsten angieng und die ich mit gutem Gewißen niemanden mit so viel Recht und Fug als mir selbst aufbürden konnte, einzurichten. Da die Wirthschaft niemals weder meine Sache noch Neigung gewesen, so wäre mir eine solche Unternehmung für meine eigene Person um desto weniger eingefallen, wenn die betrübte Umstände meines Bruders nicht der einzige Bewegungs Grund dazu gewesen wären und ich hätte auch meinen Entwurf nicht ausführen können, wofern ich mich nicht wenigstens auf die Interessen von den Capitalien sichere Rechnung gemacht. Gott hat meiner häuslichen Ordnung nach der ich mich zu leben bestrebe, besonders durch die seltene Treue und Redlichkeit meiner Hausgenoßen so gesegnet, daß ich mit der grösten Zufriedenheit und Sicherheit nicht nur meinen Beruf außer Hause abwarten sondern auch nach verrichteter Arbeit alle mögl. Beqvemlichkeit, Ruhe und Pflege zu gleichen Theilen mit meinem Bruder zu Hause genießen kann. Weil hierinn alle meine zeitliche Glückseeligkeit besteht: so würde selbige nicht nur durch die Trennung meines Bruders gänzl. aufhören sondern ich auch genöthigt seyn meine gegenwärtige kleine Haushaltung aufzugeben. In diesem schmerzhaften Fall würde ich von meinem Bruder, oder vielmehr von einem Hiesigen Magistrat mit mehr Recht, nicht nur meine eigene Schadloshaltung sondern auch selbst meiner beyden jetzigen Hausgenoßen von ihm fordern müßen, für deren Bestes ich mit eben dem herzl. Eifer sorge, als sie sich des unsrigen angelegen seyn laßen, um so viel mehr, da meine Haushälterin eine Magd unsers seel. Vaters ist, welche ihm die letzten Jahre seines siechen Lebens mit einer so kindl. Zuneigung aufgewartet und seinem gantzen Hause vorgestanden, daß er auf seinem Sterbebette ihr ein Legat von 40 rth verschrieben, die gegenwärtige Wärterin meines Bruders aber als eine alte würdige Wittwe vom Lande dadurch wieder mein Versprechen gantz außer Brodts gesetzt werden würde. Die bloße Vorstellung dieser Folgen und Verlegenheiten die mir und den Meinigen daraus erwachsen werden, macht mich melancholisch und ich traue Vätern der Stadt und der Kirchen so viel Menschenliebe und Religion zu, als daß sie ihr Ansehen und ihre Zeit, die zu edlern Geschäften gewiedmet ist, dazu verschwenden und misbrauchen sollten, durch leichtsinniger weise Berichte und Verläumdungen eine Haushaltung, die noch dazu mit ihrer Genehmigung gestiftet worden, niederzureißen, den Frieden zwischen Brüdern, die bisher einträchtig bey einander gewohnt, muthwillig zu stören, arme ehrl. Leute außer aller Verfaßung zu setzen und die ganze zeitliche Glückseeligkeit eines und Ruhe eines Menschen aufs Spiel zu setzen, der bey dem einem mühseeligen aus Noth ergriffenen und zum Theil unsichern StückAmt, das seine ohne dem geschwächten Augen und Gesundheit tägl. mehr angreift, bey dem Hauskreutze, dem er sich aus Pflicht mit willigem Herzen unterzogen, und bey seinen übrigen verwickelten Schicksalen mehr Ursache als sein unglücklicher Bruder hat in Schwermuth und Verzweifelung zu versinken, wenn sein festes Vertrauen auf Gottes und Ew. Kgl. Maj. gerechtes und gnädiges Mitleiden nicht über alle seine Bekümmerniße Wiederwärtigkeiten und Drangsale den Sieg behielten.
Kgsberg den 21 Sept. 769. Geliebtester Freund, Erlauben Sie mir diesen vertrauten Titel unter dem ich immer an SieIhnen gedacht habe, ehe ich Sie noch persönlich kannte, und durch letzters noch ein größeres Recht dazu glaube erlangt zu haben, ohngeachtet der Ausnahmen, die ich sonst gegen
    Berliner
überhaupt zu machen gewohnt bin und ohngeachtet einer andern kleinen – Saumseligkeit, die ich noch lange Ihnen nachgetragen habe, welche Sie aber durch das gegenwärtige Merkmal nicht nur Ihres Andenkens sondern zugleich redlichen Achtsamkeit völlig ersetzen. Ich ergreife daher diese eben so unerwartete als angenehme Gelegenheit mit beyden Händen Sie wenigstens meiner aufrichtigen und unveränderten Ergebenheit zu versichern. Was die Sache selbst betrift; so bin ich nicht im stande Ihnen die geringste Bedenklichkeit entgegen zu setzen, und weil ich mich gar nichts mehr erinnern kann so muß alles schlechterdings Ihrem eignen Urtheil überlaßen und anheimstellen. Ich setze den Bewegungsgrund Ihrer freundschaftl. Anfrage zugl. als eine Richtschnur zur Ausführung zum voraus, und im Fall ich nur das Decorum eines anonymi für mich selbst habe, werde niemals auch das ärgste überliefern, und gebe Ihnen also carte blanche mit desto mehr Zufriedenheit, wenn dadurch der geringste Vortheil zu Ihrer Absicht oder Plan, auch nur bloß Contrastweise oder per antithesin erreicht werden kann. Was ich vom Decoro des anonymi gesagt, betrift nur eigentl. dasjenige, was
    ich
    selbst schreibe
, das ich niemals weder Rrecht Herz noch Lust gehabt habe mit offener Stirn zu rechtfertigen; ich suche dadurch nicht im geringsten die
    Urtheile anderer
gegen mich einzuschränken und überlaße es jedem gern dasjenige selbst zu verantworten, was er selbst schreibt. Ich schreibemache Ihnen diese verlorne Anmerkung, liebster Freund, nur auf allen Fall, daß der übrigen Correspondence dadurch nicht ein Haar entzogen wird sondern alles der Wahrheit des damaligen Periods gemäß bleibt. – Ich schreibe bey Licht, welches gar nicht mehr gewohnt bin. Wenn Sie von meiner gegenwärtigen Verfaßung nichts wißen, so melde Ihnen daß über 2 Jahre bey der Hiesigen Provincial Direction als Secretair-Traducteur arbeite, mit viel Zufriedenheit aber so überhäuft, daß ich bey meiner verjährten Atonie des Geistes kaum Augenblicke übrig behalte zu naschen geschweige zu
    studiren
. Unter allen häuslichen Druck und privat-Mühseeligkeiten hoff ich noch immer auf eine Zeit der Erholung, und ich bin zufrieden, daß misr mein gegenwärtiges Joch erträglich, ja bisweilen leicht fällt. Außer meinem Beruf finden sich noch immer Kleinigkeiten, die meine unbändige Hypochondrie oder Phantasie in Wichtigkeiten verwandelt und vice versa, aber auch in diesem Betrug ist etwas unterhaltendes. Der Himmel weiß wenn ich unserm Freund Phädon sein agio werde bezahlen vergelten können. Die Noth hat mich jetzt zu einem so guten Wirth gemacht daß ich eins von seinen goldenen Pferden Nunquam retrorsum, die er mir damals zum Vorspann vorstreckte noch bis jetzt ihm zum Andenken aufgehoben habe. Ihren Rammler überhebe ich sich meiner zu erinnern, solang er einen meiner Landsleute, wenn ich die Litthauer dafür ansehen darf, seinen Freund nennt. Seit dem Valetbriefe unsers
    Herders
weiß nichts von ihm. Mein blindes Gefühl hat den großen Mann in seinem damaligen embryo des Genius Saeculi und der Mores eruditorum oder wie es heißt so genau erkannt, daß ich den Litteratur Briefen gern etwas von meinem Instinct gewünscht hätte. Ein wahres Caput mortuum einer Gottschedschen Belustigung des Verstandes und Witzes mit der lateinischen Sprache vereinigen zu wollen ist in meinen Augen ein solcher Unsinn des Geschmacks, ⸂den mir mein Caius Herennius Rapidius eingebläut, bey dem ich wieder allen academischen Wohlstand noch Jahre lang den Cicero exponirt, ungeachtet Plinus einer meiner ersten Autoren als Schulknaben oder vielmehr Jungen gewesen war.⸃ daß es mir nicht mögl. fällt einen einzigen römischen
    Perioden
eines solchen Schriftstellers ohne Colik und Bauchgrimmen herunterzukriegen; und der bitterste unverschämteste Spott der Alten sind wohl die Panegyricus und Nachahmungen solcher Schüler. Ich wage mich in ein Feld, wo ich nicht mehr zu Hause gehöre und bescheide mich mit einem non nostrum est tantas. – Einen guten Abend kann ich mir demohngeachtet von HE Leßings 2ten Theil versprechen. Ist der Verf. der romantischen Briefe noch ein Räthsel? und darf man keine Fortsetzung erwarten. Umarmen Sie unsern lieben Phädon, den ich anderthalb mal gelesen aber nicht Zeit gehabt beurtheilen zu können. Roußeau Anmerkungen über Plato scheint mir zieml. gegründet. Nun gute Nacht und Gott empfohlen bis auf ein glückliches und munteres Wiedersehen. Hamann. Nicht im Hartungschen Buchladen sondern auf dem Accise v Zoll Directorio zu erfragen, nicht sedentem sondern stantem in telonio. Erhalten-Vermerk von Nicolai auf der letzten Seite des Briefes oben: 1769. 29 Sept / 29 Oct bean. Hamann
Ein Hamann-Zitat in einem Brief von Johann Friedrich Hartknoch an Johann Gottfried Herder, 27. September 1769: ich billige jetzt recht sehr Herder’s gewagten Schritt und wünsche, daß selbiger zu unserer gemeinschaftlichen Zufriedenheit ausschlagen mag. Mein Schicksal ist vielleicht nicht so individuell, wie unser Herder zu sagen liebt, daß meine Bücher wie ein Schneeball wachsen, unterdessen das Gehirne verschmolzen und verraucht ist. Hartknoch bemerkt nach dem Zitat: Das übrige in seinem Briefe betrifft seine bereits besorgten Bücher und eine Commission an Georg Berens. – Nantes An seinen Freund Hamann Sie werden einen Brief von mir empfangen haben, den ich als einen posthumum nachließ. Nachdem ich Stadt u. Kirche gesegnet hatte, nachdem ich Stadt und Vorstadt mit dem letzten Gruße durchcaroßirt hatte, verschloß ich mich u. gab meine letzten Augenblicke in Riga 2. oder 3. lebendigen Freunden, meiner Mutter u. Ihnen. Es wird nicht lohnen, Sie über meinen Rückzug aus Riga aufklären zu wollen. Ein philosophischer Humour und oft ein sophistischer Spleen, wie der Ihrige, weißagt sich selbst Gründe, u. noch mehr läßt sich schwerlich andre sagen. Hier sind indeßen die, die ich in mir entwickle. Nichts ist in der Welt peinlicher, als zu groß für seine Sphäre zu scheinen u. zu klein für dieselbe zu seyn, und das war der Fall mit mir; das gab Contrarietäten zwischen mir u. meinen Ämtern, zwischen den Ämtern an sich selbst, u. mit andern Sachen. Ich fühlte den Anfang einer
    Falte
meines Geistes, die ich zerstören wollte. Ich fing mich an, wie eine verstümmelte Büste zu fühlen, wenn ich in den ewigen Kreis meiner Beziehung hätte eingeschloßen bleiben sollen. Ich sahe, daß gewiße Jahre zu nutzen wären, die nicht wiederkommen. Ich sahe, daß ich überraschen müste, oder ich bliebe sitzen. Ich thats. Ich überraschte – – Stadt, Kirche, Magistrat, nahm Abschied, und traf den Punkt, da mich die Thränen u. Wünsche aller begleiteten, u. man, aus einer Sympathie für die Jugend, in die ich mich stellete, u. in der man mich selbst bisher nicht gesehen hatte, mich mit Regungen beschenkte, die wenigstens uneigennütziger sind als Geschenke. Ich stürzte mich aufs Schiffe, ohne Musen, Bücher u. Gedanken, wie wenn ich in Bett u. Schlaf sänke, u. habe also die ganze 6. Wochen meiner langen, stillen, sanften u. recht Poetischen Reise nichts anders können, als Träumen – aber glauben Sie, mein H., Träume nach einer so schleunigen Veränderung, auf einmal wie in ein andres Land, u. Element geworfen, von Geschäften, Welt u. Narrheiten verlaßen, die uns belagerten, blos sich, dem Himmel u. dem Meer übergeben – o Freund da lehren uns Träume von 6. Wochen mehr, als Jahrhe von Bücherreflexionen u. von Hamannischen Pastoralschreiben. Jetzt bin ich in Nantes, wo ich in weniger, aber vertrauter Gesellschaft, französische Sprache Sitten u. Denkart kennen lerne – – kennen, aber nicht annehmen lerne; denn ich entferne mich immer mehr, je näher ich sie sehe. Einen Jüngling aus dem Nordischen Gothlande habe ich hier gefunden, den ich erleuchte, u. mit dem ich oft in einem schönen Walde, deßgleichen ich noch nie gesehen den Musen opfere. Er kannte mich durch meinen Namen u. hat mich hier verrathen. Mein Journal der Reise ist noch zu jung und meine Tristramsche Meinungen, die den Mangel der Denkwürdigkeiten ausfüllen müßen, zu unreif u. also nothwendig noch zu zahlreich, als sie schreiben zu können. Wenn Ihnen ein neues großes Caos von Buch zu Händen kömt: les Saisons so dür verderben Sie nicht die Zeit mit dem Gedicht; lesen Sie aber die Anmerkungen. Manche von ihnen sind in dem Philosophischen Geist, der jetzt in Frankreich herrscht u. da ich die Fabeln des Sadi, wie sie hier gesondert sind, im Journal étrang. gelesen, da der Verf. sich als Encyklopädist verräth u. aus andern Gründen: so halte ich d’Arnauld für den Verfaßer. Hier ist das wichtigste, daß der König die Ostind. Komp. aufgehoben: wollen Sie die darüber gewechselten Schriften lesen: so haben Sie des Abbts Morellets Memoire sur la situation actuelle de la Comp. des Ind. zuerst u. als die Hauptschrift, u. seine beiden Gegner Necker u. den Grafen Lauraguais zu lesen. Ohne Zweifel ist die Preisaufgabe in Orleans: quel seroit l’avantage d’un Royaume, qui rendroit le premier à son commerce une liberte complette u. wie es weiter heiße, die Folge davon, nach der löblichen Gewohnheit der Franzosen jede That Ihres Monarchen auf alle Weise zu verewigen. Die Abhandlungen des Journal étranger sind besonders gedruckt in 4. Theilen unter dem Titel Variétés literaires et amusantes, u. wenn Sie jenes nicht gelesen haben, so müßen Sie dies lesen. Ich habe Diderots Richardson, die Abhandlung über die Chevalerie, Allgarotti über Horaz eine sehr scharfe Wägung des Bollinbrocke, das Mark der D. Blairs über Oßian, schöne Stücke aus dem Italienischen u. überhaupt Aussichten über die Litteratur verschiedener Völker, Zeiten, Sitten u. Studien angetroffen, die mir zumal auf französischem Boden sehr neu u. gründlich geschienen. Ich bin an der Encyklopädie, die ich mit Dichtern ablöse: und kurz das alles lebendig an der Nation zu lernen suche, was ich nur immer im Buchstaben gelesen. Ich bin wie durch den Wurf des Schicksals hiehergekommen: es wird mich wieder herausführen, u. ich werde sehen, wozu die Bahn durch Frankreich nützte. Könnte ich nur einen Freund finden, u. Muße gewinnen, u. Geld erbeuten, um durch Italien, England u. Deutschland reisen u. wandern zu können, wie ich wollte. Wenn Ihr Bruder todt ist, wie ichs wünsche aber nicht hoffe: so geben Sie mir tausend Thaler von einer Erbschaft, die Sie nicht brauchen, ich aber sehr nöthig habe, u. nur von Ihnen annehmen würde. Gott befohlen, mein lieber Hamann. Ich liebe Sie unter dem französischen Himmel u. hoffe Sie unter dem Preußischen zu umarmen. Herder. Ich bin heute geädert: morgen purgire ich: und übermorgen geschieht die Operation an meinem Auge, förmlich u. wie ich hoffe glücklich: daß also wenn dieser Brief zu Ihnen kommt, ich, wo es sey, wenigstens mit zwei Augen zu sehen hoffe. Noch habe ich Sie auf ein Buch aufmerksam zu machen, das ich von Herzen gern ganz lesen wollte: Raccolta di lettere sulla pittura scultura et archittetura da piu celebri personnaggi dal secolo XV. al XVII. Ich habe Michel Angelo, Caracci, Rosa u. a. in allem ihrem Geist u. Feuer darinn gefunden, nach den wenigen Briefen, die ich daraus gelesen.
Kgsberg den 27 Jänner 770 HöchstzuEhrender Herr und Freund, HE. Secretaire Kortum giebt mir Anlaß zu gegenwärtigen Zeilen. Wir sind in Curland genaue Freunde geworden und bisher geblieben. Sieeine Sprachkenntnis macht ihn wenigstens zum Bürger von halb Europa und seiner Denkungsart nach ist er ein ziemlicher Cosmopolit, übrigens mehr ein Freund der schönen Künste als Wißenschaften. Es wird blos übrigens auf Sie ankommen, wie viel Sie seinen Ansprüchen auf Ihre Freundschaft einräumen wollen. Da er seine Zufriedenheit dem äußerl. Glücke aufzuopfern scheint: so wünsch ich daß er erstere in Berl. erreichen möchte, und zweifele nicht daß Sie ohne Ihre Unbeqvemlichkeit so viel Sie können in Kleinigkeiten dazu beytragen werden. Sie sind so gütig gewesen mir den 2ten Theil der antiquarischen Briefe zu übersenden. Ich habe mich geschämt, daß ich kaum Zeit übrig gehabt habe selbige zu durchblättern und blos meinen Freunden hier ein Vergnügen damit machen können, welches ich desto lieber in gegenwärtigem Fall meinem eignen vorziehe, da ich mich nach meiner jetzigen Verfaßung kaum der Form geschweige der Materie dieses Briefwechsels gewachsen fühle. Unser deutsche Phädon scheint mich gantz vergeßen zu haben. Die Nachricht von seinem Briefe an Lavater hat mich eine halbe Nacht wie Pilatus Weib ich weiß nicht warum? schlaflos gemacht. Ich habe nicht ruhig seyn können biß ich Lavaters Zueignung in Augenschein nehmen könnengenommen. Der deutsche Bonnet ist mir unerträgl. gewesen; der französische gefällt mir beßer. Lavater selbst aber einwie Phaethon zu seyn der über den Flug sr. Einbildungskraft den Tramontane zu verlieren scheint. Wir werden hier wol einige Posttage noch auf HE. Mendelssohn Sendschreiben warten müßen – Eine Verlegenheit von beiden Seiten scheint in einem solchen Fall unvermeidlich zu seyn, und eine aufrichtige Erklärung kommt mir so unmögl. vor als ich selbige für nöthig und statthaft halte. Hora ruit – ich empfehle mich Ihrem freundschaftl. Andenken bis zu mehrerer Muße und in Erwartung einer Palingenesie meiner Fibern. Hamann. Von unserm Torsisten habe seit sr. Einschiffung nicht eine Zeile Nachricht erhalten. Er soll itzt in Paris seyn, ich wünschte daß er seinen Cursum bald vollendet hätte. M Starck, der einige äußerl. Ähnlichkeit mit ihm hat, thut uns. Academie die Ehre an Prof. extraordr. Lingu. orient. zu werden. — a Dio. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Nicolai / Marchand Libraire très celebre / à
    Berlin
/
par ami
Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1770. 14. Febr Hamann.
Kgsberg den 12 Sept 770. Geehrtester Freund, Diese Gelegenheit ist gar zu günstig als daß ich mich selbiger nicht zu Nutze machen sollte Sie meiner zu erinnern. – Vielleicht bin ich Ihnen noch gar eine Antwort oder einemehr als das schuldig. Ich habe aber keinen Augenblick Zeit übrig als – was
    zur Sache
gehört. Diese besteht darin, daß HE. Doctor Motherby, ein sehr liebenswürdiger und verdienstvoller Arzt aus England, Ihnen, GeEhrtester Freund diese magere abgedroschene Zeilen überreichen wird, und daß ich Sie bey allen möglichen Verhältnißen, die auf Ihre Empfindungen einigen Einfluß haben können, beschwöre diesen Gast als einen jener höheren Geister aufzunehmen, die sich durch ihre Dienstfertigkeit fürum das menschliche Geschlecht charakterisiren. – Wenn Sie oder unser Phädon Kinder haben, die Sie für die Geißel und das Gift der Blattern sichern wollen; so bedenken Sie sich
    keinen einzigen Augenblick
Ihre Lieblinge der gewißenhaften Kunst und glücklichen Beständigkeit dieses
    in jedem Verstande
    braven Mannes
anzuvertrauen. Ich schreibe Ihnen mit so viel Eifer v. Zuversicht aus der dankbarsten Ueberzeugung, denn ohngeachtet ich ein bloßer natürlicher Autor und zwar per fas et nefas geworden bin: so biethe ich doch auch allen privilegirten bürgerl. Vätern in der gantzen
    Mark
und besonders zu Berlin dem vmbilico terrae Trotz, mich in väterlicher Innbrunst und Begeisterung zu übertreffen. Die Hauptsache wäre wol, GeEhrtester Freund, wenn Sie eine zuverläßige Person in Vorschlag bringen könten, die eine gute Hand hätte das deutsche einem Engl. zu inoculiren – Sollte der Secretair bey des Minister Baron von Fürst Exc. näher als dem Namen nach mit Ihnen verwandt seyn; so hätten Sie ein Mittel mehr meinen Wünschen auf eine beqveme Art Genüge zu leisten. HE. Kanter hat mir einige Beyl. zur Bestellung aufgetragen, die ich diesen Abend gantz naß aus der DruckereyPreße erhalten und die seit dem August auf den Abdruck gewartet haben. Aus Warner’s Memo of the Life of Sir Thomas More von deßen Utopia Lond. 758 die ich vor wenigen Tagen aus London bekommen, ersehe daß ersterer noch eine
    Kirchengeschichte von
    Engl.
geschrieben. Seine History of the Rebellion ofand Civil-War in Ireland liegt schon seit einem halben Jahr bey mir, ohne daß ich noch Muße gehabt selbige anzusehen. Das andere Werk aber über die alte irrländische Geschichte soll nicht mehr in London zu haben seyn; wiewol mir Herr
    Green
,
    der
    Freund unsers Kant
, auch dazu Hofnung gemacht. John Macpherson scheint in seiner Critical Dissertation eben nicht gevortheilhaft davon zu urtheilen. Ich war eben im Begrif mein Exemplar von des HE. Prof. Kant Disp. für den HE. Mendelsohn beyzulegen wenn ich mich nicht besonnen hätte, daß er selbige bereits längst durch den Respondenten würde erhalten haben. HE. Herder scheint mich gantz vergeßen zu haben; den letzten Brief erhielte von ihm ehe er von Riga an Bord stieg. Ich möchte fast des Marquis sein Tant mieux! und tant pis! über Hume, auch über ihn ausrufen. Ist es wahr, daß HE Leßing an einem deutschen Wörterbuch arbeitet? Deutschland könnte alsdenn dsich und ihm dazu Glück wünschen. Die leutseelige Stimme des Nachtwächters und noch mehr meine Müdigkeit vom täglichen Joch verbieten mir fortzufahren. Ich empfehle mich daher bestens Ihrem geneigten Andenken, von dem ich bey Gelegenheit durch ein Paar Zeilen überführt zu werden hoffe., und in dieser schmeichelhaften Erwartung mich nenne Ew HochEdelgeb ergebenster Freund und Diener Hamann Postskriptum am linken Rand der letzten Seite quer: Ich lege Ihnen noch ein klein Programma unsers Consistorial Bock bey. Künftig unserer Postskriptum am linken Rand der vorletzten Seite quer: Was macht der andächtige Lavater? Nimt er keinen Antheil an dem Türkenkriege? Beiste Stakkar! sagt man in Lappland bey interessanten Auftritten; Conf. so wie
    heiliger Bruder
! wenn sie einen liebkosend anreden. Conf.
    Leemius
.
Adresse:
à Monsieur / Monsieur Nicolai / Marchand Libraire très celebre / à
    Berlin
/
    par fav
. /
Nebst
    5 Bogen Beyl
. p
Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1770. 20. Oct / Hamann. / 1771.
Kgsberg den 13 Sept 770. Herzlich geliebtester Freund, Ich erinnere mich noch des Agio, das Ihnen für Ihren Vorschuß schuldig bin, unterdeßen der Cours ist jetzo vor der Hand noch zu schlecht, und ich warte auf beßere Zeiten mit der Sehnsucht eines Rabbinen und Chiliasten. Vergeben Sie es einem alten guten Freunde, der sich ehmals um Ihre
    Buhlschaft
bekümmert, daß er sich nach 7 oder 10 Jahren ein wenig Ihrer
    Vaterschaft
annehmen darf. Was ich Ihrem Freunde und Verleger geschrieben, das wiederhole ich Ihnen. Wenn Sie Ihre Kinder lieb haben und für selbige noch die Plage der Blattern fürchten müßen: so tragen Sie keinen Augenblick Bedenken Sie dem geschickten und würdigen Mann und englischen Artzt anzuvertrauen, den ich hiedurch zugleich ihrer sympathetischen philosophischen und ästhetischen Denkungsart bestens und aufs nachdrücklichste empfehle. Er wird sich selbst
    nennen
; übrigens beziehe mich auf meinen Brief an HE Nicolai. Vielleicht haben Sie einige Gelegenheit sich um einen Mann verdient zu machen, der Ihrer Bekanntschaft und gantzen Achtung würdig ist. – Gesetzt daß Sie auch eben nicht neugierig wären, liebster Freund, sich um meine gegenwärtige Verfaßung zu erkundigen: so werden Sie es theils meinem Mangel der Welt theils meiner Hypochondrie zugutehalten mich hierüber zu erklären. Es geht jetzt ins vierte Jahr daß ich bey der Hiesigen Provincial- Accise und ZollDirection als Secretaire-Traducteur stehe, mit einem monathl. Gehalt von 16 rth angefangen habe und gegenwärtig bis zu 30 gestiegen bin. Mein Schicksal ist also von solcher Bewandnis daß ich mehr Ursache habe mit selbigem als mit mir zufrieden zu seyn. Ich bin aber den gantzen Tag so besetzt mit Arbeit, daß ich für meine Augen und meine Gesundheit fürchten muß, und daß wenn ich zu Hause komme, ich nicht mehr weiß
    ob
und
    was
ich anfangen soll. Unterdeßen wohnt noch immer in meinem Busen die Erbsünde der gelehrten Neugierde, der Lesesucht und einer gewißen unbestimmten Lüsternheit nach Dingen die nicht der Mühe werth oder doch über meinen gegenwärtigen Horizont sind. Zu Anfang dieses Jahres fiel es mir auf einmal ein mich auf die
    Vaterlandsche Geschichte
zu lesenlegen; ich versprach mir viel Vortheil von einem festen Gegenstande, mit dem ich mich allmählich beschäftigen könnte, und der gantz
    neu
für mich ist. Ohngeachtet diesesdes Reitzes einer idealischen Jungferschaft sind auch diese molimina noch fruchtlos gewesen. – Ich beziehe diesen Michaelis ein kleines Häuschen, das ich in der Nachbarschaft meines Bureau, von dem ich jetzt eine halbe Meile weit wohne, die ich vier mal des Tages diesen gantzen Sommer habe laufen müßen, gekauft habe. Wiewol ich nur wenig Beqvemlichkeit und Vortheil von bey dieser neuen Einrichtung versprechen vorstellen kann; so verspreche ich mir doch wenigstens etwas mehr Ruhe und Stätigkeit, auch für meine Gesundheit einige gute Wirkungen von dem bisherigen Gebrauch der China und eines Thé von der gemeinen
    Baldrian
Wurzel, den ich kürzlich auf Empfehlung meines Freundes des D. Motherby mit vielem Geschmack zu trinken angefangen. Ich besorge nicht, liebster Freund, daß Ihnen dieser vertrauliche Ton eckel und beschwerlich seyn wird, in dem ich mich über meine kleine Angelegenheiten gegen Sie ausgeschüttet. Vergelten Sie mir bey einer müßigen Stunde mit gleicher Münze und laßen Sie mir auch etwas von Ihrer jetzigen Lage wißen. Ich schmeichele mir noch immer, da bereits so viele meiner Ahndungen eingetroffen, noch einen Sabbat in meinem Alter zu erleben, der mich wieder verjüngen wird und wo ich mit einem Schriftsteller Ihrer Nation segwerde rühmen können, der letzte aufgewacht zu seyn; wie einer der im Herbst nachlieset, und dennoch seine Kelter gefüllt zu haben – εν ευλογιᾳ Κυριου εφϑασα, και κατεκληρονομησα αυτους καϑως απ’ αρχης. Nun mein Freund wartet auf den Schluß dieses Briefes und Sie werden vermuthlich auch der Mühe ihn zu entziffern überdrüßig seyn. Da ich mir ohnedem nicht zutraue Ihnen etwas Kluges mehr schreiben zu können: so empfehle ich mich Ihrem fernern gütigen Andenken, umarme Sie im Geist und werde mich bey Gelegenheit wieder melden, wiewol ich Sie auch ersuche sich auf gl. Fuß meiner zu erinnern. Grüßen Sie aufs herzlichste Ihre liebe Hälfte, und gantze Familie. Ich bin mit der innigsten Aufrichtigkeit Ihr treu ergebenster Freund und Diener JG Hamann. Adresse mit Siegelrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Monsieur / Monsieur Moyse Mendelsohn / Savant très celebre / à /
    Berlin
Königsberg, d. 22sten September 1771. Höchstzuehrender Herr und Freund, Mit dem Ende des April’s habe die Abbtsche Correspondenz erhalten, die mir einen vergnügten Abend gemacht oder vielmehr eine halbe Nacht gekostet. Wundern Sie sich nicht, daß ich Ihnen noch nicht für ein mir so interessantes Andenken gedankt habe; da ich Ihnen unendlich mehr für die Achtsamkeit schuldig bin, mit der Sie sich bei der von mir ertheilten Vollmacht eingeschränkt haben. Ueberbringer dieses, mein Gevatter seit heute, der mir vieljährige Proben einer gründlichen und lebhaften Freundschaft gegeben, wird Ihnen meine Zerstreuung, in der ich den ganzen Sommer durch zugebracht, beschreiben. Ihm allein hab ich es zu danken, daß eine elende Hütte, die ich mir voriges Jahr aus Verdruß auf den Hals gekauft, in eine bequeme und angenehme Wohnung verwandelt worden, in der ich mir nur noch einen glücklichen Feyerabend meines Lebens und die letzte Oelung der Muse zu einem Schwanengesang wünsche. Ich habe noch eine kleine Uebersetzung liegen, die Hervey und Bollingbroke betrifft, und mit der ich gern als Uebersetzer in jedem Verstande Abschied nehmen möchte. Dies Feld soll der Rücken meiner Mutter seyn. Was macht unser alter Moses Mendelssohn? Ist er wieder hergestellt? Herr Gumperts sagte mir ja und brachte mir einen Gruß mit, wenn beides zuverlässig ist. Was sagt er zu Michaelis mosaischem Rechte? Ich der ich blos zu meiner Gemeinde lesen kann, wünschte wenigstens zum besten der Messen zwölf solche Schriftsteller. Ich thue diesen Wunsch als ein wahrer Parasit. – Dies ist der große Erasmus unsers Jahrhunderts. – Herr Momus Herz scheint mich ganz vergessen zu haben. Weil er mir keins von seinen Betrachtungen geschickt hat: so hab ich eins stehlen müssen. Die Schuld sei auf seinen Kopf. Ungeachtet ich ihn im Geist unbekümmert über Lob und Tadel seinen Weg dahinwandeln sehe, kann ich mich nicht enthalten, über seine erworbene Fertigkeit in der Schreibart mich zu freuen und zu wundern. Es kommt freilich alles darauf an, in demjenigen reifer zu werden, was nach Garat et principium et finis ist. Lebt unser Herder noch? Wird seine Preisschrift nicht diesen Michaelis herausgekommen seyn? Ich empfehle mich Ihrem geneigten Andenken und unsern gemeinschaftlichen Freunden. Vale. J. G. Hamann. Kgsberg HochwohlEhrwürdiger HErr, HöchstzuEhrender Herr Prediger, Unser gemeinschaftlicher Freund hat mir bey seiner Ankunft die Freude gemacht ein wahres Billet doux von Ihnen zu überreichen, das ich noch nicht im Stande bin zu beantworten. Ohngeachtet Sie sehr zurück haltend gewesen sind das geringste Wörtchen von meinen Angelegenheiten worinn ich Sie geflochten, merken zu laßen: so hab ich doch Proben gnug, HöchstzuEhrender Herr, daß Sie sich für mein Schicksal so interessirt, als wenn es um eine Partie ihres eigenen Glücks zu thun gewesen wäre. Sie können sich keinen tolleren Wiederspruch von Schüchternheit und Dummdreustigkeit als den Charakter des gegenwärtigen Briefstellers erdenken. – Unser gute Lotterie Director mag alles verantworten. – – Ich bin so voll, daß ich weder Anfang noch Ende recht finden, und noch mehr betroffen, wie ich mein Gesuch einkleiden soll. Eine Sympathie des Instincts wird der beste Ausleger seyn. Der
    Diogenes in seiner Tonne
, mit dem Sie mir viel Ehre anthun, wäre wol ziemlich mein Mann – aber kein anderes Interesse als das Interesse der Wahrheit zu kennen (Erschrecken Sie nicht für mein aufrichtiges Bekenntnis) von diesem hyperbolischen Interesse hab ich weder Begrif noch Gefühl. Mein Hoc erat in votis – ist ziemlich individuel und nichts weniger als abstract. Heraclitus führte seine Feyert. Gäste in die Küche und versicherte siche auch allda von der Gegenwart der Götter. Erlauben Sie mir, HöchstzuEhrender Herr Sie mit einer ähnlichen Freymüthigkeit in meine häusliche Kleinigkeiten blicken zu laßen. Ich bin in einem bürgerlichen Ueberfluß erzogen und habe niemals den Mangel von Gesicht kennen gelernt; auch niemals die geringste Neigung noch Geschick weder zu einem Amt noch Haushaltung in mir gefühlt, und Hofnungen zu einem jüngeren Bruder gehabt, die alle vereitelt worden. Vor 5 Jahren machte ich mit beyden den Anfang. Meine Haushaltung, die damals aus 3 Menschen bestund, ist zu 7 angewachsen, worunter mein ungl. Bruder, der an seiner Seele wie vom Schlage gelähmt, theils vegetirt, theils animalisch noch lebt und eine alte Bäurinn, die Großmutter meiner 2 Kinder, die ich ehstens zu beerdigen bekommen werde. Ich habe während meiner gantzen Haushaltung die Glückseeligkeit genoßen mit meinen Einkünften auszukommen und immer in bloßer Furcht und Zittern für Schulden gelebt.
Kgsberg den 14 Junii 772. Mein alter lieber Freund, Ich umarme Sie nach einer langen Frist und schreibe voller Schwindel! So viel ich von meinen Cur- und Liefl. Freunden die eben von der Meße zurückgekommen, habe heraus locken können, verstehen Sie mich gar nicht mehr und dies ist ein schlechtes Omen für unsere Freundschaft, in der Sie mich so unveränderlich voraussetzen können, als es uns armen Sterblichen möglich ist. Sie werden aus beyliegenden Blattern sehn, daß die Recensent
    abgefertigt
werden; um das
    übrige
bekümmere ich mich ebenso wenig, als Sie Ursache haben es zu thun. Die Freyheit, die wir uns selbst nehmen, ist
    unsern Freunden
, die uns verstehen und faßen, noch freygebiger eingeräumt. Es wird mir unendlich lieb seyn einige Nachrichten von Ihnen zu erhalten, ohngeachtet ich sehr gut weiß, daß ich Ihnen noch eine Antwort schuldig bin. Stellen Sie sich aber meine Lage vor, wenn Sie können – Nun hiemit Gott empfohlen. Ich umarme Sie mit aller Zärtlichkeit eines Landsmanns, eines Freundes und barmherzigen Schriftstellers. Leben Sie wohl. Wenn Sie einmal nach Preußen kommen oder ich ein Bad in Deutschland besuche, sollen Sie alles übrige wißen. Ich bin Ihr treuer Freund und Diener   Hamann. PS. Ich höre daß Sie sich ein Vergnügen machen junge Leute zu bilden. Ich habe einen kleinen liebenswürdigen Knaben
    Johann
    Michel
    Mannah
, ein hofnungsvoller Knabe, der künftigen Michael 3 Jahre auf seinem Nacken haben wird. Wenn Sie Lust zu Ihm haben, so bitte sich beym alten Graben zu Königsberg in Preußen zu melden, wo ich zu leben und zu sterben hoffe und Sie vor meinem Ende noch einmal zu umarmen hoffe und wünsche. Amen. Adresse: Pour / mon Ami Herder / à
GeEhrtester Freund, Ich übersende Ihnen meine Concepte um selbige anzusehen und die Curialien zu suppliren; selbige erwarte heute mit Ihrem Gutachten, weil ich nicht ausgehen kann. Da ich nicht ausgehen kann, wird HE. Philippi so gütig seyn mich zu besuchen. Ich denke, daß ich meinen Brief an den Minister bey P. Eberhard einschließen und nicht dem ersteren sondern dem letzten die Supplique beylege. Meynen Sie es nicht auch so? Ich umarme Sie von Grund des Herzens als Ihr aufrichtig ergebenster Freund. den 3 Aug 772. Ich werde jetzt an P. Eberhard schreiben. Ich weiß nicht ob Ihnen daran gelegen auch diesen Brief zu lesen – Von Kanter: mein Bester. Suplique und Brief beydes ist vortreflich! eilen Sie daher auch mit dem abschreiben daß die morgende Post nicht versäumt werde. es ist guth gewehlt daß Sie Eberh: die ganze Sache zu bestellen auftragen wollen, und ich freue mich darüber, daß Sie heute anders als gestern – dieserhalb denken. Eberh ist wirklich ihr Freund, und wird wahrhafftig alles thun vor Sie was in seinen Kräfften ist: K Philippi ist nicht zu Hause ich werde das      bestellen     d 3t Aug 772 Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErr Lotterie Director / Kanter Wohlgeboren / zu
    Hause
.
/
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König Allergnädigster König und HErr! Ueber fünf Jahre habe ich bereits bey der Hiesigen Accise und Zoll Direction als Secretair Traducteur aller deutschen Sachen ins französische gearbeitet und bey über einem so mannigfaltigen mühseeligen und unsichern Dienste meine Augen und Gesundheit mich beynahe aufgeopfert unter wiederholten Versprechungen einer zuverläßigern und erträglichern Versorgung, die ich mich heute unterwinde von Ew. Kgl. Maj. Gnade in der erledigten Licentrathstelle des
    seeligen
Ist dies Wort in einer Supplique zu gebrauchen? Heusingers zu erflehen. Ew Königl. Maj. Huld unterscheidet sich so sehr Fremde glücklich zu machen, daß ein ehrlicher Vasall an dem Wunsch seiner nothdürftigen Erhaltung nicht verzweifeln darf. Ich werde die letzten Kräfte meines Lebens dem mir heiligsten Beruf wiedmen mit der allertreusten und tiefsten Devotion zu ersterben Ew. Kgl. Maj unterthänigster Knecht J. G. Hamanns allerunterthänigste Bittschrift um die durch den Tod erledigte LicentRathSt Heusinger LicenthRatst. und die LicentrathStelle des seel. Heusinger. Hochgeborner ReichsFreyHerr Höchstgebietender wirklicher Herr geheimter Etats-Krieges Minist Gnädiger Herr! Es ist eine Licentrath Stelle bey dem Admiralitäts Collegio von 300 oder 400 rth durch den Tod des seel. Heusingers offengeworden der einen Adjunctum an dem gegenwärtigen Cammerreferendario Persch gehabt welcher nächstens Kriegsrath werden soll – Ew Excellenz können leicht erachten, wie bey gegenwärtigen Zeitläuften einem Menschen armen Tropf zu Muth ist, der diesen Monat sein zwey und vierzigstes Jahr zurücklegt ohne das geringste von seiner eigentlichen Bestimmung zu wißen, der leider! seinen künftigen Beruf, noch erst zu erlernen und eine Erholung von seinem bisher getragenen Joche eben so sehr nöthig hat. – Ich stelle Ew Excellenz weisen und gnädigen Vorsorgeehung mein gantzes Schicksal anheim und werde niemals aufhören Selbige mit der tiefsten und innigsten Ehrfurcht und Uebergebung zu vergehen als Ew. Excellenz verpflichtester und unterthänigster Diener
Den 1. Aug. 772. Drei Stücke liegen vor mir mein hochgeschätztester verehrtester alter Freund, die ich, so ungleichartig, beantworten soll: Ihr Brief, Ihre beide Zeitungsstücke, samt Zugabe und Gaukelspiel, u. denn der Edle Ritter St. Rosenkreuz, deßen Seele Gott selige Amen! Alles verstehe ich nicht: weiß auch nicht, wie Sie alles das geschrieben haben, oder den Faden zu alle dem Drei führen; indeßen da mir Ihre Denkart noch je aufschließbar zu seyn, noch niemals mein Sinn gewesen: so nehme ich auch alle 3 Stücke an, wie aus dem blinden und goldenen Alter Saturns, verstehe, so viel ich verstehen kann, nutze, so viel ich nutzen kann, u. – – – – – Indeßen ists mir noch immer unbegreiflich, wie Scholastisch und Bücherverstandweise zu reden, Ihre Sprachgabe von der meinigen abgehe. Daß Gott durch Menschen die Sprache würke – wer zweifelt? hat?
    könnte
durch alle περιστασεις zweiflen. Daß er aber nicht mystisch gewürkt, durch Natur, Thiere, ein Pantheon von redenden Lauten, ein Dringniß menschlicher Bedürfniße geredet – wer hat das mehr als ich
    angenommen
. Ich sage
    angenommen
, denn das zu
    beweisen
, war, (der Kabbalist und Göttersprecher auf dem Dreyfuß, den Wind anwehet, mag sagen u. zeigen (σημαινειν) was er will) war vor E. Erlauchten Kgl. Pr. Ak. der Wißenschaften ja meine Sache nicht. Haben Sie also das Rätzel wie Sies haben wollen, daß ich diese Schrift nicht als Concurrente zum Preise, sondern als = = = zu Strasburg geschrieben, da ich eben mit Sr. Durchl. den Prinzen von Holst., (zu dem Jedermann mir Jedermann Wunder zutraute) nach Florenz, Paris, London, etc. gehen sollte, u. ging – Daß ich die Schrift gleich Anonymisch an Formei mit einem Zettel begleitete, u. daß sie also eigentlich den Zweck hatte, als „Schrift eines
    Witztölpels
“ zwar nicht noch „aus dem Königreich Yvetot“ aber eines aus der allgemeinen Weltcharte, der etwa in Ragusa oder Cornwall sein Urtheil abgehört hätte, erscheinen wollte – hinc signa, notae lacrymae rerum!!!Setzen Sie noch dazu, daß die Leibniz-Aesthetische Hülle ja die einzige Masque war, unter der ich erscheinen konnte – kurz Ham. hat jetzt gar nicht geschrieben, als Einer der rathen wollte. Und zum Unglück kann ich also Ihre Orakel nicht Anders lesen als aus der Wüste. Daß ich dies Alles, frei von allen Politischen Beziehungen schreibe, ist, ehe Musen waren, der alte Vater aller Dinge mein Zeuge. Nik. hats mir Ihren Ros. Kr. zugeschickt, gesagt daß Er u. Moses es ihn nicht verstanden Moses in Ihrer Mei nung die Spr. für Menschl. Er für GOttlich halte. – Sie sehen den edlen verstandbaren Canal, durch den Ihre Schrift zu mir gefloßen. Auch versichere ich Ihnen, daß die Denkart dieser Preiß-Schrift auf mich so wenig Einfluß hat, haben kann u. soll, als das Bild, das ich jetzt an die Wand nagle. Eine Schrift über die erste Urkunde der Menschheit, deren Erstes Ex. zu Freund Ham. soll, (fliegen oder kriechen, wie caussae secundae es wollen) wird gerade das Gegentheil zeigen. Und das soll meine Erste Schrift seyn, die ich „Namenlos“ schreibe! Wichtiger ist mir also Alles Das blos als Liebesbrief gewesen, um die ferneren res gestas Dei per H. zu ersehen. Und da versichre ich Sie von ganzen ungetheilten Herzen, daß ich Ihre cantilenam de ancilla u. de bove et asino et matris in gremio eben am schönsten Frühlingsmorgen in Einem meiner Gärten, (W. gegoldschaumten Spiegel in der Hand, der wahrl! nicht alles zeigt) so vernommen, daß ich die Antiphonie mit vollem Munde bald dazu singen werde. (ceteris paribus sagen alle Lehrer, qui hypothetice concludunt) Sie sind, mein lieber H., Eine starke Mußkel des Herzens im großen Körper Gottes die sehr stark u. innig, aber wenn Sie empfunden wird nichts als Erbrechen würkt, u. der Freund Unzer in seiner Unphysiologie der Menschl. Seele also geradezu allen Zusammenhang mit dem Gehirn u. dem Rückenmark repraesentative versagt: Ich bin nichts als ein elendes Büschel des Gefühls, des Augenwinkels, laßen Sie mich also tasten! schielen! u. sie arbeiten ihren starken, wurmförmigen Gang fort! Und nun laßen Sie mich Ihnen, alter lieber Sokr. Einen Alcibiades empfehlen, der Ich leider nicht bin. Heißt Freund
    Claudius
, hat jetzt leider auch, ohne Brot u. mit Noth ein Mädchen geheirathet, die ich nicht gesehen, war Hamb. AdreßComtoirschreiber, nachher Wansbecker Bote, gleich wie Sie, – der edelste Jüngling – castus, probus ingenuus facie et animo – der für seinen Ham. schon Einmal nach Curl. hatte Schrittschuhlaufen wollen – o Gott, es war mit mein Zweck, daß ich ihn hie herbeihaben wollte! Wäre Er nur Geistlicher etc. – kurz er ist der Einzige, mit dem ich von
    Ihnen
geredet: wenn Ihnen die Wansbeck. Zeit. in die Hand gefallen sind, müßen Sie ihn kennen, wie Jener Mathem. die Menschen aus dem Sande. Noch ein paar andre Menschen u. mein Mädchen sind meine Einzige Ausbeute von meinen Reisen – aber wo Ort? wo Zeit? sie zu empfangen? Sehen Sie nicht selbst, mein l. H., daß ich noch nichts als in einer elenden Syrte schwimme, u. ankre! Vt Canis e Nilo! ist freilich dieser Brief! aber liebster, treuster, ewiger Fr., deßen Wort u. Sinn Ja u. Amen zu seyn pflegen, fürchten Sie nichts. Ich kan auch noch anders schreiben! Mein Gott! u. wenn Ihre Br. mir manchmal Orakel seyn könnten, da sonst ja die Parze mit Horn u. Klaue uns zu so weit schon trennt oder – vermuthl. trennen wird. Mir komt
    zu
aus Prs. nichts als Etwa Lindners Aesth. u. etwa dem hochwürd. Konsist. R. Arnold Kirchenhist. zu Hände. Und im Ubrigen schmachte u. darbe ich – Morgen mehr! Es ist Nacht 2. Uhr. Da es kaum lohnt, an den vorigen Brief anzuknüpfen, so erlauben Sie, daß ich blos beilege. Was Sie auch sagen mögen, so ist Ihr Br. mit einer Art Unausdrücklichkeit geschrieben, an der ich vielleicht – vielleicht auch nicht Schuld habe, So sehr Sie mir zutrauen, daß ich von Ihnen entfernt geworden seyn könne: so wenig würde es seyn, wenn Sie mich etwa nach Jahr und Tag näher kennen werden u. das hoffe u. wünsche ich noch. Von meinem hiesigen Leben weder publice noch privatim kann ich Ihnen etwas schreiben; jenes ist zum Glück für nichts zu rechnen; dabei aber auch dies zum Unglück noch so leer daß ichs kaum für mich zu bringen wage. Hilft mir der HE. nicht, wer soll mir helfen? von der Tenne oder Kelter? – Selbst zu meinem so großen
    Bilde
von der Urkunde, mit dem ich mich jetzt fast 3. Jahr trage, fehlt mir meistens Kraft, so sehr mir der Genius oft einflüstert, daß die Sache nach dem Maasstabe der Eitelkeit gezeichnet, Entdeckung, mit Demuth u. Wahrheit gesagt aber, Göttliche Bothschaft seyn könne. Ich arbeite, lese u. sammle mit einer Treue dazu, deren ich in Ihren Gegenden vielleicht nie fähig geworden wäre, aber wie gesagt, mir fehlt noch
    Gurt
– – u.
    Ruf
    Gottes
. Da Sie Ihre Stelle, Ihre Armuth u. Ihre Lebensart vielleicht von den Üppigkeiten der Muse entwöhnt haben: darf ich fragen, ob Ihnen manche Dinge unter Augen gekommen, die mir als Merkwürdigkeiten einleuchten vorkommen? Die 3. Quart. von Zoroasters Werken, auf die Perron d’Anquetil so viel Jahre ein Narrenpilgrimm u. Märtrer geworden – ob sie gleich nichts als späte Gauren-Liturgien mich dünken – der
    Schuking
der Sineser, den Deguign. ausgegeben, u. an dem ich gegenwärtig mich wahrhaftig in den ältsten
    despotischen
Staat versetze – Jones on oriental Poetry hinter seiner Hist. von Nadir-Schah, Dow, Holwell – – George Alphab. Tibet. ein 4tant, den ich nicht heben kann. Wir sind auch so weit von einander, daß ich Sie noch nach Mac phersons Ossian, Percy Reliq. of ancient Poetry etc. fragen möchte. Aber in meinen Gegenden Etwas von den Barden vor Karl M. aufzutreiben, ist mir noch ganz mißlungen … Ich nenne Ihnen alle diese Sachen, von denen ich aber selbst Nichts als die Reliques besitze, das andre muß ich mir kümmerlich, verstohlen u. spät aus der Nachbarschaft erbetteln: weil ich selbst in penu leide durch die Unordnungen meiner Reise viell. leidender bin, als Sie. Eben bekomme ich von einem Fr., der mich 20 Meilen entfernt mit Engl. Büchern besorgt Essai on Song-writing, daran aber wenig mehr, als Preface für eine Samml. Engl. Mode-Lieder, die unter die Klaßen von Ballads and Pastor. Songs, 2.) passionate and descriptive Songs 3) ingenious and witty Songs gebracht sind, seyn möchte. Noch schlechter sind die comic and Satyric. Songs, die Stevens der Verf. of lectures on the heads, ordtl. als Oxford. Bursche herausgegeben; mehr aber erwarte ich doch noch von des Obengenannten Jones versprochn. Persischen Ged., der überhaupt ein vortreffl. feiner Kopf ist. An die neuern Arbeiten der Ferguson, Millar etc. brauche ich Ihnen um so noch weniger zu denken. Beattie ist ohnstr. der gröste unter ihnen 3en: aber der gute Mann hat in einem ganzen Buch wenger gesagt, als Sie auf der Einen Seite von Sokrates Glauben u. Nichtswißen. Wenn ich nur erst mit meinem genannten Buch Etwas am Feuer bin, so werde ich mit mehrerem Entschluß an eine andere Arbeit von – doch ich müßte nun wieder Räthsel reden, und lieber H. auch Was ich gesagt, sei sub Rosa. Ihr Kant. z. E. ist ein so eckelhafter Plauderer auch auf voriger Meße gewesen, u. Ihre beiden nördlichen Freunde scheinen schon so viel geschwatzt zu haben daß ich mich wie ein Hypochondr. vor dem Schatten fürchte. Ich will jetzt durchaus vergeßen seyn, u. in einer Höle liegen, bis ich herauskommen werde. Daß ich Liefl. verlaßen, grämt mich Privatfreundschaft halber aber sonst in Nichts, ob ich gleich noch nicht weiß, wo? u. wozu ich da seyn werde? Aber wenigstens der Uebermuth, von dem Sie so oft geredet u. der an mir wie eine Blüthe schien, die doch schön lies, verliert sich in Einsamkeit, Leidenschaft, ernsthaften Geschäften u. Mislingungen des Schicksals so, daß die schöne Blüthe abfällt, u. wenn kein Wurm kommt, noch Einmal vielleicht Frucht werden kann. Aber Ihr Sohn kann noch nicht mein Sohn seyn, denn ich habe ja noch kein Weib, kein Bett, keine Stäte. Leben Sie wohl, lieber H., und grüßen Sie Kant, u. Lindner mit so verschiednen Neigungen, als ich beiden schuldig bin. Erfreuen Sie mich bald mit einem vollen Briefe – u. wenn Sie zu Kant. Zeit. in der Zeit beigetragen haben, so bitten Sie mir doch von ihm, aus alter Landesfreundschaft die Stücke aus. Der ganze Gang derselben von Anfang an, wäre mir ordentl. ein Geschenk. Ich bin mit ewger Hochachtung (denn ich muß ins Armendirector.) Ihr H. Wenn Sie was von Fischer wißen, oder erfahren könnten: so p. Den 25. Aug. an meinem Geburtstage (der es durch Zufall u. Kalenderspiel mehr als Einmal geworden!) Zum 3ten mal Heil Ihnen u. Segen! Ich kann diesen Brief nicht abgehen laßen, ohne Sie noch einmal u. am heutigen Tage, wenigstens im Schatten zu umarmen – Heil Ihnen! Dieweil alle Trübsal Geduld bringt, Geduld aber bringt Erfahrung, Erfahrung p so habe ich mir vorgenommen, meinen Geburtstag heut auch in der Wüste mit aller Freudigkeit des Herzens gelesen zu feyern: habe also schon heut früh Miltons paradise regain’d gelesen – mit vieler Andacht, so daß ich jetzt auch wie der Dichter, diese kleine unansehnliche Erscheinung vom Heldengedicht seinem größern Riesenwerk, wie die Hütte dem Pallaste der Feen vorziehe – – – habe viel Muth gefaßt, mein 29tes Interkalarjahr zu beginnen u. da man ganz natürlich so dann in frühe u. spätere Scenen seines Lebens wandert, m. l. Ham., so habe ich nicht umhingekonnt, noch an diesem Briefe zu schreiben, u. Ihnen zu sagen, daß da übermorgen der Ihrige einfällt, ich mir die Freiheit nehmen werde, ihn noch einmal zu feiren! Der alte Ritter Rosenkreuz soll hoffentlich noch Einmal wieder aufwachen, Palinodie singen, u. mit neuer Haut umgeben, segnen, statt zu fluchen. Sie haben Recht, m. lieber H., alle Gelehrsamkeit ist vom T., wie Fleischeslust, Augenlust u. hoffärt. Wesen. Aber wie tief kann man in alle das Zeug hingerathen, ohne daß man weiß, wie? und dann descensus Averno und difficilis reditus! Ich suche hier, wie Fenelon in Kambrai zu leben – weitgefehlt aber, daß ich noch so leben kann. Ich bin für meine Gemeine Nichts u. habe fast keine Gemeine; bin für die Armen Nichts u. kann wenig für sie seyn – im Consistorium blos etwa Neuerung, Ärgerniß, Unheil abzuwenden, ist also auch sehr wenig! Sonst keinen Freund! keine
    wahre
Ehre, keinen Umgang – das ist mein Leben! – Ich weiß, was Sie zu alle dem denken werden, aber zu denken m. l. H. u. insonderheit hinterher zu denken, ist immer leichter, als im Taumel, Stoose u. auf dem Waßerrade der Welt zu handeln. Was dem Faß den Boden ausstößt ist völlige uneasiness von außen: Das Einzige Haus in dem ich speisen
    kann
u. in dem mir nur 2 Kinder gefallen – sic prandium, sic coena. Aber weg alles! heut fängt ja ein neues Jahr an, u. sollte kein Schmidt denn in Nähe seyn, der Shandys Thür schmiedet. Ich hoffe Ihnen nächstens, wenn ich näml. einen Brief von Ihnen erhalten, mehr davon schreiben zu können. So lange zerreißen Sie diesen Br. oder strafen ihn seines Unzusammenhanges wegen mit Feuer u. gehaben Sie sich, alter
    Faunus
,
    Pan
u. Satyr an Ihrem Heerde, Bett u. Wiege wohl.
Kgsberg den 6 Oct. 772. Mein bester Herder, Ich habe Ihren Brief erhalten vom 1 Aug. bis zum letzten, aber nicht gestern Zeit gehabt ihn recht zu lesen bis heute des Morgens zu meinem Frühstück: unterdeßen war mir die Ankunft Ihres Besuchs desto rührender, da ich eben meine erste und vielleicht letzte Arbeit ausfertigte, und die ich keinem andern als Ihnen zuzueignen wuste. So bald Sie aus der Preße komt, wohin sie gegangen, wird das erste Exemplar in Ihre Arme fliegen. Um Sie lüstern und Ihnen den Mund recht wäßericht zu machen und daß Sie des Nachts wenigstens fleißig von mir träumen; lesen Sie hier die Aufschrift Philologische Einfälle und Zweifel über
    eine akademische Preisschrift
Ps. CXX. 4. Ein Fragment von Herrn Johann Georg Hamann genannt Magus in Norden haussäßig am alten Graben No 758. zu
    Königsberg in
    Preußen.
773. im Weinmonat. Wer mich also suchen will, der kann mich jetzt finden – Ich vergebe es Ihnen sehr gern daß Sie sich auch eine gelehrte Hand zulegen aber mir nicht zu melden,
    wohin
    ich
meine Antwort richten soll und
    wo Sie leben
, als wenn Sie in gantz Europa oder in Norden schon so bekannt wären wie Sie vermuthl. in Deutschland bereits seyn müßen. – Sehen Sie liebster Freund! warum ich den
    HE
    Prediger Eberhard
, den Sie aus der
    neuesten
    Apologie
des Sokrates kennen werden, ersuchen muß diese Einlage citissime zu befördern, weil ich wahrhaftig noch nicht weiß
    wo
Sie sich recht aufhalten ohngeachtet ich es mehr als 10mal gehört habe; daher ist es gut. scriptum est, weil litera scripta manet – – Ich kann es Ihnen nicht gnug sagen, wie herzlich ich mich darüber gefreut, daß Sie just derjenige Freund sind, der meine Idee erfüllt und an dem mein Herz einen angemeßnen Gegenstand findt – Wenn wir einander an Schicksalen ähnlich sind; desto mehr Uebereinstimmung für unsere Gesinnungen. Alles was mir ihr Brief sagte über unser Misverständnis oder vielmehr des Publicums seines, das sich leider! oder Gottlob! wie mans nehmen will, nicht mehr selbst versteht und die glücklichste Zeit zur Menschenfischerey ist, hatte meine Seele antecipirt und All Fehd hat nun ein Ende. Halleluja! Ich lache jetzt selbst über meinen sokratischen Gram, daß ein Jüngling wie Herder schwach gnug seyn sollte den schönen Geistern seines Jahrhunderts und ihrem bon ton nachzuhuren. Meine Freude ist aber jetzt eben so irrig wie St. Paulus seine, da er sich über die Korinther und sie umsonst betrübt hatte. Wir wollen uns beyde im Apoll aufmuntern und stärken unsern Lauf mit Freude zu vollenden und darinn nicht müde zu werden. Ich lese keine Zeitungen mehr, so wenig gelehrte als politische – und habe mich jetzt so gut wie verschworen zu irgend einer mehr meine Feder zu entweyhen. Es hieß, daß Sie Beyträge zur allgemeinen Bibliothek schickten? Ist das wahr? In dem Fall möchte ich sie vielleicht ansehen. Beantworten Sie mir diese Frage so gewißenhaft als ich Nachricht von Ihrem
    Aufenthalte
erwarte, und Ihrem rechten Character in dem Sie stehen. Ich habe dies Jahr, auf meine res gestas wie Sie scherzen, zu kommen die Wollust gehabt auf meine alten Tage des Cervantes Meisterstück in fonte und die Androgyne du Diable Maitre Rabelais cum commentario perpetuo des le Duchat zu lesen, den ich eben so viel Mühe gehabt hier zu Lande aufzutreiben als Sie Ihre Reliquien zur Legende des Mschl. Geschlechts, bis mir endl. solche der Kriegsrath Scheffner (unser Dichter à la Grecourt) auch aus der Bibliothek eines hiesigen Landedelmanns des HE von Kreytzen verschaffte ‥ Meine Kreuzzüge gegen den pythischen Sieger ist das letzte womit ich dieses Jahr zu krönen und unsere Freundschaft zu verewigen hoffe. – – „Mein Herder! gieb Ihnen
    Brodt
und
    Wein
– – mir aber kein Denkmal von
    Stein
. Exegi – – – Horat. Da haben Sie, bester Freund! Anfang und Ende. Die Mittelsätze laßen sich nicht finden noch gesucht; ohngeachtet sie freylich gesucht werden müßen und alsdenn sich von selbst finden werden. Sie sehen daß Ihr Schüler ein Meister in Antithesen ist, die er gern in
    Realitäten
verwandeln möchte, aber ohne die Algebra des Rabbi
    Marcus
Levi, eines Schülers von
    Kant
, dem ich gestern Ihren Gruß habe bestellen laßen – bey Gelegenheit eines gebratnen Haasens, den ich gestern Abend mit dem Sohn des Policey Directors in Berlin,
    Philippi
, und eines seiner Mitschüler im Engl. verzehrte, davon letzterer den Hasen mir zum Geschenk geschickt hatte – Anstatt des Kelchs gieng der Nahme des pythischen Siegers sub rosa herum. Ich habe des Johnson’s Ausgabe von Shakespear hier zum Andenken bekommen von jenem Haasenjäger, der
    Beling
heist und ihm meine alte Ausgabe dafür gegeben. Aus Engl. habe mir Ossian, Evan's Specimen of the ancient Welsch Bards 764, Macpherson's Dissertation on the ancient Caledonians ⁊c 768.4. Die auch manches von
    Barden
enthält. ⁊c ⁊c. Hievon künftig mehr. Ich bin seit 767. Secretaire Traducteur bey der hiesigen Accise und Zoll Direction fieng mit 16 rthl p Monath an brachte es mit vieler Mühe zu 30 rthl Gehalt. Jetzt bin ich auf 25 reducirt. Ich will aber wie Simson sterben und mich an den Philistern der arithmetique politique rächen. – – Ich habe 770 ein altes Haus vor 1 400 rthl gekauft, das mir mein Freund und Verleger
    Kanter
zum Sans-Soucy ausgeflickt hat, den Gott dafür geseegnet und zum Lotterie Director gemacht hat – Ich habe einen Sohn n. 769 den 27 Sept. und eine Tochter n. den 12 April 772. Die wie der Apostel Paulus seine Philipper nennt, meine Freude und Krone sind und die ich Ihnen vermachen will – dignissimo! Damit Sie selbige erziehen, ernähren und
    kleiden
können, werden Sie – – – mit Gottes Hülfe Ihr Vaterland und Ihren
    Pan
wieder sehen von Angesicht zu Angesicht – verjüngt mit einer neuen Haut umgeben wie Sie es wünschen und
    ich glaube. Amen
. Königsberg in Preußen den 7 Oct. 772. Adresse: Meinem / Freund Herder / dem pythischen Sieger / zu erfragen /
    citissime
in /
Deutschland
Kgsberg den 7 Oct. 772. Würdigster Freund, Ich habe vorgestern endlich einen Brief von Herdern erhalten, da ich eben mitten in der Arbeit war und den ich nicht eher Zeit hatte als gestern früh zu lesen. Der ehrliche Mann hat an seinem Folianten von Brife vom 1 bis zum 25 Aug. seinem Geburtstage geschrieben und es ist ihm eben so sehr an einer promten Antwort gelegen als mir selbst. Da er aber wie alle schöne Geister, ein wenig etourderie oder Zerstreuung, ich mag nicht sagen,
    Unbesonnenheit
besitzt um s dem Charakter der ganzen Menschengattung nicht durch eben so unschuldiges als unheiliges Wort zu nahe zu treten: so hat der ehrliche Mann, mein gute Freund, den Ort seines Aufenthalts vergeßen, weil er wie ich ihm selbst geschrieben, vermuthlich zum voraus sieht daß er im Norden oder in gantz Europa so bekannt ist wie in Deutschland wo jedermann wie er klagt mit dem Fingern auf ihn zeigt, als wenn man sagen wollte: Hic est – – der schöne Jünger des Sokrates der den Preis davon gestohlen und seinem Vater dem alten
    Faunus
nicht einmal mit einem Exemplar bedacht – Er hat mir alle seine Sünde ins Ohr gebeichtet und der
    hierophant
wird ihn offentlich absolviren vor den Augen und Ohren des ganzen Volks, damits das ungläubige verstockte unwißende Israel Amen sagen u. erfahren möge, daß es noch Priester giebt – und damit die Hofprediger des Salomons in Norden lernen mögen nicht mehr Waßer wie der Engel der Gemeine zu Laodicea sondern Blut und Feuer zu schreiben wie der Prophet Elias – Ich muß hier schlüßen um auf meinem Bureau wie ein Gespenst von Maulaffe wie ein müßiges Gespenst – zu
    erscheinen
. – – Weil mein treuer Arbeiter und Gehülfe Herder – (ich habe mich vom müßigen Markt meines Bureau fortgestohlen und weggelogen, wie Sie sehen) mir meldt, daß er mit HE Nicolai in Berlin ihrem Verleger in einiger Verbindung steht, der ihm ich weiß weder
    was
noch
    wie
zugeschickt: so werden Sie leicht durch einen andern Umschlag das nöthige zur Beförderung gegenwärtiger Einlage ersetzen und wenn Sie das citissime selbst nur erfüllen: so habe ich das gute Vertrauen zu allen Postämtern in Deutschland die sub umbra alarum wohnen, daß Ihr Beyspiel sie alle als die Schaafe ihrer Gemeine dem Beyspiel ihres Hirten nachlaufen oder vielmehr nachjagen werden – – Ich hätte Sie gern dieser kleinen Commission überhoben, würdigster Freund! wenn ich nicht das große Vertrauen zu Ihnen hätte, daß Sie kein – – – – – sind; nein! Das Geheimnis, was ich hier gedacht, läßt sich gar nicht errathen; ich Sie sollen es aber demohngeachtet typisch, mystisch, – – warum nicht gar? ich bin weder Prediger noch Θεοδοξος von Profeßion, sondern sokratisch und ironisch lesen, daß Sie kein bloßer Abbé, wie der Großsultan Magnier Sie nennt, kein bloßer Apologist: sondern was beßer ist, der aumonier – und
    Samariter
der sokratischen Schule – in deren geheimen Orden ich Sie nächstens einzuweyhen verspreche für einen kleinen Beytrag zu unserem philadelphischen Gotteskasten mit den Hogarthschen Spinnenweben. „Wie lange will du trunken seyn – sokratische Muse! laß den Wein von dir kommen, den du bey dir hast wie jener Homer im Galatonschen Gemälde – – Nein, wohlEhrwürdiger Herr, meine Muse ist ein betrübt alt Weib, Wein und stark Getränk hab ich nicht getrunken sintemal es zwischen 9–10 vormittags ist; aber ich will mein gantzes Herz Ihnen gegen HErrn Nicolai und seine Freunde ausschütten. Nicolai, der Ketzer hat so wenig Theil an Ihrem sokratischen Himmelreich haben als Simon Magus oder Simon der blinde Prediger. Er hat sein Gutes in diesem Leben genoßen als Verleger gewißer apokryphischen Briefe (die man gewißen Aposteln des guten Geschmacks zuschreibt, an deren kanonischen Prüfung der höllische Salomo Mathanasius seine kritische Seele von hinten und vorn übergiebt) als allgemeiner Bibliothekar von gantz Deutschland u. s. w. Alles was wir aus Freundschaft und christl. Mitleiden thun können, ist daß wir seine Bekehrung wünschen. Wenn er von seinen unerkannten Sünden Buße thun kann und wie mein kleiner Held Zachäus siebenfach die Antworten erstatten will, die er dem Vater Sokrates in Norden schuldig ist: so mag er das dort bleiben, was er auf Erden hienieden gewesen ist Ianitor aulae St. Peter mit 2 Schlüßeln und einer lahmen Hand zum Schreiben als der invalide Flügelmann Belisar, der blos deswegen unter uns verdammt werden seyn muß weil er ein Potsdammer ist. Es thut mir leid um Dich, Bruder Moses! Wo ist dein mit wie der halbe Mond glänzendes Haupt geblieben. Verdeckt wie Agamemnons daß der Maler. Bist du auch ein Wucherer wie dein Bruder, die Algebristen der
    Realitäten
gewesen; hast du auch mit deinem Freunde bis auf den Heller das Agio zu rechnen Lust gehabt. und bist du deswegen zu einem durchlöcherten Faß verdammt worden, mit das dem Du lange genug wie ein Wallfisch in deinem philosophischen Leben getändelt. Soyons amis, mon R. P. Partageons ce petit Globe; et m’en faites le Pluton – – Nach einer so langen und starken Episode diche ich nicht anders als mit einem
    gallischen
Schwert zu zerschneiden wuste eile wie eine französische Lilie zu meinem abgebrochnen Faden, welche ohngeachtet sie keine Muse Financien ist ihre 6 50 gestrichne Thlr Gehalt diese Woche durch ein billet doux auf 50 papierne Thlr in Golde bereits wieder gewonnen hat als einen Beweiß daß unser Vater im Himmel die Lilien ernährt, wenn sie gleich nicht arbeiten und spinnen auf dem Bureau sondern in ihrem Kämmerlein beten oder fluchen auf die arithmetique politique die mit dem leidigen Unglauben um die Wette herrscht und nicht nur die Erde zu erobern sondern auch den Himmel zu stürmen vermeynt – aber so wahr ich Pluton und Haushalter seiner Geheimniße bin! sollen die Pforten von Gosa auf meinen Schultern ruhen! dis mea pietas et Musa cordi est Hor. Bitte daher würdigster Freund! da ich ohnedem ein klein Conto für Briefporto noch habe, auch gegenwärtiges noch dazu zu schreiben und gelobe Ihnen hiemit wie jener evangelische Supplicant an Ihnen alles wieder zu erstatten – so bald ich nur meine 5 rth per Monath werde wieder erobert haben, als welches ich mit dem †Träger Hiob noch hoffe und gläube dies Jahr zu erleben – weil ich daran arbeite wie Sie leicht merken können, mit ebenso brennenden und rauchenden Kopf als und
    kalten Blut
, als man tanzte zu im Hofe Herodis. Ich habe meinem Freund Herder geschrieben, durch weßen Vorsorge er diese Einlage erhält und er wird mir Verbindlichkeit schuldig seyn durch seine Unbesonnenheit einen sokratischen Freund mehr sich zugezogen zu haben. Ihr Mantel wird nicht zu klein seyn alle die Unbesonnenheiten damit zuzudecken, die ich selbst begehe, wie Sie und alle Prediger wohl wißen das dies bey jedem moralischen Amt ohne Heucheley oder frucht
    losen
Gehorsam wie mein Herder denkt unvermeidl. ist. Und da ich mich an dem R. P. zu meinem Bruder im sokratischen Himmel nicht gern vergreifen möchte so werden sie meine arge Unterthanen, die aber bisher noch blos im Fegefeuer blos schwitzen sollen, nicht nachahmen und mich ein Jahrhundert auf die Antwort warten laßen ob mein billet doux citissime bestellt worden und wo sich der einzige Freund meiner sokratischen Seele aufhält und auf welchem Rosenfelde oder Dornenhügel er jetzt weide; damit ich Ihn ohne Zeugen umarmen kann. Den Geist des Nicolai hab ich durch meinen Gnomen einladen laßen. Er will aber mit den Reliquien eines bereits am gestrigen Abendmal angeschnittenen Haasens nicht für lieb nehmen und hat meinen Boten mit Feigen abgewiesen, – ich wills ihm schon denken, wenn Sie Ehrwürdiger Bruder nicht für seine arme Seele bitten. Dem zweyten ist mein Wein nicht kauscher – „Wart man, kleiner Phrygier! ich will dich Waßer saufen lehren, nicht wie die
    Gesetzgeber
sondern wie deine Propheten die du mir entsiegeln sollst wenn du es dem christl. Hofrath in Göttingen nicht zu gefallen thun willst – Ich kenne deine Ader und deinen Nacken, wie eisern wie felsen sie sind. Der dritte Theil Deiner philosophischen Oeuvres diverses soll meine Feuerprobe aushalten ehe daß meine Brüder Jupiter und Neptun ihn sehen werden – “ – Soyons amis! und erlauben Sie Ihrem Bruder Freunde auch Autor zu werden und Briefsteller zu werden über die sokratische Unterwelt – künftig mehr HE. Bruder von der sokratischen Oberwelt! sonst halt ich Sie für keinen Prediger in Berlin sondern von dem Eyland der Lügner und faulen Bäuche, die dem Zeys Dinge nachreden welche nicht wahr sind. Geben Sie mein Geschmier nicht den jovialischen Töchtern der Philister zu lesen – – capitolium Scandet cum tacita virgine
    Pontifex
. Horat.
Impudens Orcum moror! Gesegnete Mahlzeit zu Ihrer Götter Tafel. Ich muß auch zu meinen verdeckten Gerichten, die weder Coloqvinten noch cicutis allium nocentius sind – Doch hievon, so bald wie möglich, bey meiner
    nächsten
u letzten Commission an Sie von Ihrem Freunde Hamann.
HEren Johann Georg Hamann’s Bittschrift an den Geheimen Ausschuß der G. v. V. Frey Mäurer Loge zu Königsberg in Preußen für den geheimen Druck eines kleinen Mst. nachdem daßelbe durch eine außerordentl. Commission untersucht worden Garantie zu leisten. den 13 Octobr 772. † † † † † † † † † ************** Friede sey mit Ihnen; denn Sie lieben die
    Brüder
, auch solche, welche noch
    haußen
und ferne sind! Ist es, ohne zu Ihren Geheimnißen eingeweyht zu seyn, möglich sie bis in ihr tiefstes Inneres zu kennen: so ist mir der Name zwar unaussprechlich, aber kein unbekannter Gott. ER wird gegenwärtige Bittschrift eben so willig in Seine Bundeslade aufnehmen, als der Eifersüchtige jene fünf güldene Ärsche und
    fünf güldene Mäuse
. Zu Seiner gerechten und vollkommenen Hütte nimmt Ihr Nachbar seine Zuflucht, der als ein wahrer Freymäurer in seiner Unschuld eingehüllt sich über zween Ihrer Brüder zu beklagen hat, die mich ohne Kenntniße verurtheilt und ohne Unterscheidung nicht nur gerichtet sondern auch verworfen haben. Gleichwol betrift die Sache. 1. den Eckstein eines
    Geheimnißes
, das zwar an sich selbst keines ist, aber doch als ein solches behandelt werden muß. 2. das Schicksal ihrer
    Brüder
, und zwar solcher, die weder haußen noch ferne sind. 3. die Heiligkeit und Erfüllung Ihres Gelübdes „– gegen alle Menschen und insbesondere gegen ihre Brüder sich
    mitleidig
zu bezeigen: der Obrigkeit und den
    Gesetzen des Staats
treu, hold und gewärtig zu seyn – wie es einem wahren Freymäurer gebührt – – Es wird einigen Ihrer Brüder wenigstens, aber nicht durch meine Schuld, bekannt seyn, daß ich bisher ein kleiner Schriftsteller unter dem Schurzfell gewesen bin, und ich stehe jetzt im Begrif ein Geheimnis, das ich 12 Jahr in meinem Schoos getragen, auf die feyerlichste Art der Welt mitzutheilen, welches nicht anders als durch den Druck geschehen kann, wozu ich die Unterstützung eines
    geheimen Ordens
nöthig habe. Ein ehrlicher Mann, oder Ihnen näher ans Herz zu reden, ein wahrer Freymäurer hat eben so wenig Ursache sich seiner
    Thorheit
zu schämen; als die Welt Ursache hat auf
    gläntzende
Laster und
    unerkannte Sünden
übermüthig zu seyn. Die Eitelkeit ist eine bey der allerkleinsten Autorschaft so unvermeidliche Schwachheit, die mir desto eher zu vergeben wäre, weil mir mein kleines Meisterstück zwölff Jahre und während dieser langen Zeit manche
    Stuffe
der Prüfung gekostet ehe ich den ersten öffentlichen Schritt zur Vollendung habe thun können. Meine kreyßende Muse hat Himmel und Erde erschüttert, ich will sagen, Flehen und Poltern verschwendt und beyde Hiesige Buchhändler, als Brüder einer gerechten und vollkommenen Loge zum geheimen Verlage einer geheimen deutschfranzösischen Handschrift zu bewegen, welche der Vater des gallischen Witzes, ich meyne Rabelais selbst den wahren Androgyne du Diable nennen und adoptiren würde. Mein Gevatter und Freund, der Bruder Lotterie-Director Johann Jakob Kanter hat von mir den Auftrag bekommen in Ihrer heutigen Versammlung seinem Bruder Hartung einen offenen Brief einzuhändigen, worin von 2 Tympfen die Rede ist, welche ich seit 5 Jahren der Hartungschen Buchhandlung für Maculatur schuldig bin, die ich aus keiner andern Ursache baar bezahle, als weil es
    Gesetze,
unverjährbare
    Gesetze des Staats
sind denen ich treu, hold und gewärtig zu leben und sterben hoffe – von 2 Globen, die mir 2mal versprochen worden und um die ich 2mal gemahnt ohne sie erhalten zu haben, weil ich ihrer nicht bedarf – von 2 kleinen besudelten Papieren die Rede ist, welche ich als mein Eigentum reclamire, und zu deren Herauslieferung eine gerechte und vollkommene Loge den Bruder Hartung anhalten wird, sintemal sich ein Leutbetrüger und Erzbösewicht unterstanden selbige unter meinem Namen und mit meiner Hand zu schmieden, gegen den ich, ohngeachtet er sich aus dem Staube gemacht, die Behörde zu verfügen nicht ermangeln werde. Da der Bruder Buchführer Hartung
    ohne es selbst zu wißen
wie er mich mit vieler Glaubwürdigkeit versichert und es allerdings auch einem sokratischen Verleger geziemt, der wahrhafte und würklicher Verleger gewißer 1759 zu Amsterdam auf 4 kleinen Octav Bogen gedruckten geheimen Denkwürdigkeiten ist, die ich seiner Buchhandlung als
    Erstlinge
und eine Gabe Gottes geopfert; gegenwärtig aber nicht gesinnt ist
    ohne es zu wißen
vier Bogen im kostbaren Royal Quart, die ich wenn ich gewollt,
    L’apocalypse du
    Salomon
du
    Nord
!
hätte taufen können und für das Schlafzimmer des Neugebornen Königes von Preußen bestimmt, ohne eine feyerliche Garantie und Bürgschaft, daß ich kein Leutbetrüger ppp bin: so sehe ich mich genöthigt meine geheime Handschrift dem Schiedsrichterl. Ausspruche E einer Gerechten und vollkommenen Loge zu unterwerfen und zu diesem Behuf mir eine Außerordentl. Commission von 8 Brüdern zu erbitten, worunter ich von meinem Theil die zween Brüder
    Hofprediger
, den Bruder
    Gerichtsverwandten
Hippel und den Bruder Laval erwähle als einen Mann von gesunder Vernunft, der zugl. Kenntnis der französischen Sprache besitzt. Die vier übrigen Brüder überlaße der Willkühr E. Gerechten und vollkommnen Loge oder auch meiner Gegenparthey, nämlich der freyen Wahl des Bruder Lotterie Director und des Bruder Buchführers, wie wol mit der Einschränkung keine andern als geborne Preußen, und die der französischen Sprache wo mögl. gewachsen sind dazu zu ernennen. Diese geheime Commission zum geheimen Druck einiger weniger Bogen, deren Untersuchung über eine Stunde nicht viel währen kann, wird mir die Gefälligkeit nicht versagen, den ersten Abend mir und meinen beyden Gegnern zu wiedmen in einem Ihrer Vorhöfe, welche wie ich hoffe, durch eine so außerordentl. Erscheinung nicht als eine Entweyhung oder als einen Gräuel an heiliger Stätte mir versagen werden. Da es einem wahren Freymäurer und jedem ehrl. Manne eine größere Freude ist eine gute Sache zu verlieren als eine arge zu gewinnen; so wird auf jeden Fall die außerordentl. Commission E. gerechten und vollkommnen Loge mit meiner Gleichgiltigkeit gegen das Schicksal zufrieden seyn. Sollte ich aber das Glück haben Recht zu behalten: so werde ich zu einem detail bereitwillig seyn, der selbst meinen Gegnern und Wiedersachern Genüge thun soll. Ich erwarte mit der grösten Ungedult eine geneigte Erklärung: mit der grösten Ungedult, weil mir der Verlust eines jeden Augenblicks kostbar ist und mache mich nochmals anheischig alles Dunkele und Scheinlächerliche meiner Maasreguln bis auf den klaren Grund zu rechtfertigen. Mit der aufrichtigsten Ehrerbietung die man allen Geheimnißen, sie mögen so groß oder klein seyn als sie wollen, schuldig ist, habe die Ehre mich zu unterschreiben als E. Gerechten und vollkommnen Loge stiller Verehrer und wolgesinnter Nachbar. Johann Georg Hamann. den 13 Octobr 772.
Königsberg den 5 Xber Ew HochwohlEhrwürden können sich meine Verlegenheit kaum vorstellen, mit der ich mich in Betracht Ihrer mich betrachte qväle. Das gantze Gewebe von Misverständnißen hängt mit so vielen unendl. kleinen Zufälligkeiten zusammen, daß ich fast befürchten muß Ihnen durch meine Zuschrift noch unerträglicher zu werden; demohngeachtet mu gleichwol muß ich doch etwas zu diesem Behuf sagen und daßs übrige Ihrer Leutseeligkeit überlaßen. Mein alter Verleger, Freund und Gevatter kam den 11 Nov. hier an. Meiner Gewohnheit und Grundsätzen entgegen trieb mir theils die Neugierde, theils veranlaßten mich meine Verbindungen mit seinem Miethsmann s meinem jüngeren Freunde Philippi ihn ersteren diesmal noch denselben Abend mitten in der Gährung sr. Heimkunfft zu umarmen. Ich hatte mich darüber gewundert keine Zeile von ihm erhalten zu haben und er schien etwas gleichfalls über mein Stillschweigen in meinen eigenen Angelegenheiten, die er übernommen hatte, gleichfalls verdrüßlich zu seyn. – Ich hatte nicht schreiben können, weil ich ihn gar nicht mehr in Berlin vermuthen konnte, indem er nicht nur gewiß versprochen sondern es auch für unumgängl. ausgegeben hatte der hiesigen letzten Lotterieziehung selbst beyzuwohnen und weil mich verlogene Gerüchte von seinem Aufenthalt in Danzig gantz irre gemacht hatten – Wir kamen sogl. auf unsere Sache und er versicherte mich ziemlich peremtorisch daß es auf nichts als zwey förmliche Suppliquen ankäme, die schlechterdings mit der ersten Post abgehn müsten – Alle zu Ausflüchten und Zweifeln hätten uns nicht Zeit gelaßen war nicht Zeit, wenn die Post nicht versäumt werden wollte und ich entschloß mir daher zu einem blinden Gehorsam obsequio und Vertrauen. wozu ich besonders Ich wurde hiezu desto mehr aufgemuntert wurde, daß er mir eine Mittelsperson an Ew HochwolEhrwürden vorschlug, denen ich die Ehre hätte ohne mein Wißen weder gantz unbekannt noch gleichgiltig zu seyn. Die Weil ich am äußersten Ende der Stadt wohne, so bat nahm ich unser mein Nachtlager bey HE Philippi aus und überstand die erschreckliche Arbeit zwoer Suppliquen, von deren Styl noch Curialien v Formalien ich niemals einen Begriff habe erwerben können, und einen Brief zu schreiben. Ich eilte in aller Früh aus dem Hause und erfuhr mit der Nachricht nach meinem Bureau zu und erfuhr beym Fortgehen daß mein Patchen eben verschieden war und überlies meinem von der Reise und Geschäften ermüdeten Gevatter alle meine Papiere mit der bereits abgemachten genommenen Abrede, selbige Ew. HochwolEhrwürden zu insinuiren u das Porto für mich auszulegen. Dies Den 18 Nov. kam die Nachricht an daß die von mir gesuchte Stelle bereits den 9 ej. vergeben worden und ich erfuhr mit eben so viel Zuverläßigkeit daß daser zweite Punct eine längst abgemachte Sache wäre. So sehr es angenehm es mir auch viel Zufriedenheit ich auch darinn empfunden meinen Willen nicht erhalten zu haben, der niemals unser Glück macht: so war doch den 18 Nov. ein so trüber Tag und heilloser Abend für mich, daß ich weder Kopf noch Hand zu rühren im Stande war um Ew. HochwolEhrw theilt wenigstens um Vergebung zu bitten – Weil aber geschehene Dinge nicht zu ändern sind: so freute ich mich wenigstens die beruhigende Nachricht zu erhalten, daß Ihnen meine mühseelige Thorheiten nichts mehr als einige lächelnde Augenblicke würden gekostet haben, ohne daß Sie irgend einigen weitern Gebrauch von meinen unzeitigen Zwillingen hätten machen dürfen – Unterdeßen mahnte HE K., so oft ihn zu sehen bekam, mir das ausgelegte Porto zu sagen um diese Kleinigkeiten berichtigen zu können. Er versprach mir immer sich bey sn Leuten darnach zu erkundigen, bis mir endl. ein Argwohn anwandelte und die Gedult ausriß. Ich bat daher meinen Freund Philippi der einen Landsmann auf der Post hat, sich daselbst zu erkundigen, bis Ich habe gestern die verdrüsliche Nachricht erhalten daß mein im gar zu eigentl. Verstande impertinentes Brief Gepäck nicht einmal zehnfältiger Abrede ungeachtet franquirt worden. Ich bitte so sehr als ich hoffe HochwolEhrwürdiger Herr daß Sie diese letzte Grobheit weder mir noch meinem Freunde zur Last legen werden, der durch die Leiche ss Kindes und die durch se Zurückkunft hundert andere Ursachen verhindert worden dieses Versehen seiner Leute nicht hat gehörig vorzubauen können Wir machen uns beyde anheischig gehörig dafür zu büßen und unterwerfen uns Ihrem Bann bis zu Ihrer gefälligen Lossprechung. und wie ein Spielball Federball von jedem Umstande bestimmt wie ein Ball seiner selbst nicht mächtig. Sie werden vermuthl. ehstens unsern Director selbst Gelegenheit haben kennen zu lernen. Ich habe ihm redlich geschaarwerkt und bin mit gewißen Achtsamkeiten dafür belohnt worden. Die Unlauterkeit von Handlungen ist aber so wesentl. u unumgängl. für gewiße Rollen des menschl. Lebens als die Zweydeutigkeit des Ausdrucks bey gewißen Materien. Ew. HochwolEhrwürden erlauben mir noch als einem Candidaten Ihrer künftigen Freundschaft eine kleine Vertraulichkeit über einen Zufall, der mich nur vorige Woche betroffen, und zu dem unsere gelehrte Zeitung Anlaß gegeben, hier anzubringen. Es ist vor einigen Wochen in Abwesenheit des HE Dir. K. ein historisches Werk des Roußet darinn recensirt und bey der Gelegenheit gegen die französische Politick u Nation loßgezogen worden. Dies Stück hat hier zu einem großen Geplauder Anlaß gegeben, ohne daß ich mich weder um die Recension noch das Buch bekümmert habe. Man erzählt sogar daß man allerhand Gerüchte aus in Dantzig daß dies Stück viel Aufsehens gemacht haben sollte. Vorige Woche hat HE M. mit vieler Neugierde sich nach dem Zeitungs Stück erkundigt u sich selbiges so wörtlich als mögl. übersetzen laßen auch sich verlauten laßen, daß er mit mir deshalb sprechen wollte welches aber nicht geschehen. Zu meinem guten Glück habe dieses gantze Jahr durch weder die Zeitungen selbst gehalten, wie ich mich überhaupt fast um gar keine bekümmere, noch die Feder daran angesetzt bis auf den heutigen Tag gegenwärtigen Beschluß dieses Jahres, wie ich Ew. HochwolEhrwürden auf meine Ehre u Gewißen gab Bürge seyn kann. Ein Mann der argwohnisch ist u es vielleicht nothig hat zu seyn, der Dinge in denen er unkundig ist seine Unwißenheit durch ein glücklichen Instinkt u theils Zuverläßigkeit Vertrauen wo nicht zu ersetzen geschickt ist doch aber zu bemänteln gnug weiß, der das Glück als ein monopol ansieht von dem er andere soviel mögl. auszuschließen sucht muß, der ein bloßer parvenu im doppelten Verstande Sinn ist, kann die blinde Partheilichkeit für die Ehre seiner Nation u ihre Politick sehr leicht bis zum Aberglauben treiben. Ich bitte um Vergebung für mein au Vergeben Sie HochwolEhrw. HE. mein ausschweifendes unerschöpfliches Geschwatz und würdigen Sie mich einer kleinen Antwort zu meiner Aufrichtung. Ich werde diese Güte Zeitlebens erkennen mit den aufrichtigsten Gesinnungen der vollkommensten Ergebenheit u Dankbarkeit, womit ich die Ehre habe mich zu unterschreibenzeichnen
    Bückeburg
den 2. Januar 773.
Sie sehen ex die et consule, liebster H., daß ich mit Ihnen dies N. Jahr auspicire u. augurire; auch liegt der Aufschub meiner Antwort eigentlich nicht ganz an mir. Ihr HE. Eberhard, den ich mit allen seinen Päderastien am alten Sokrates begangen, nicht kenne, hatte Ihren Br. an HE. Nikolai gegeben, den ich denn auch nicht so gar viel mehr kenne u. also kam der Br. äußerst spät an mich. Und wenn ich also mit dem N. J. auch sogleich Etwas nach alter Gewohnheit bitten darf, so wäre es, ohne alle ZwischenSokrate, lieber Alter! mit mir allein zu sprechen mich dünkt immer nicht, daß die Leute Ihrer recht werth sind. Ich bin (weils Sies doch so eigentlich zu wißen begehren) Schaumburgischer Konsistorial R. u. Oberprediger in Bückeburg, u. da dieser Ort dicht an Minden liegt: siehe! so ist durch die Gnade unsers Königs der Weg ziemlich zwischen uns gepflastert. Indeß hat eben der Aufschub auch zugleich den Nebenvortheil, daß mein Br. Sie selbst den Archimedes am alten Graben in seinen Philologischen Einfällen u. Zweifeln nicht hat stören können; nach denen ich so begierig bin als ein Israelitisches Maul nach Manna, Wachteln oder Fleischtöpfen nur hat seyn können. Ich lebe würklich in einer Wüste: selbst von Ihren andern Schriften u. beinahe von Ihrem Geiste bin ich so lange getrennt gewesen; schmachte so sehr nach beiden, da nach dem Dritten, Ihr Angesicht zu sehen, die Aussicht so verdunkelt scheint: Und wenn Sie also von diesem Allen sich auch nur das Mindeste recht denken u. dichten wollen, so wird mich Ihre Schrift aufs ungesäumteste, (citissime in der Beförderung, nicht auf dem Briefumschlage) finden. Aber Ihrem guten Wahn, liebster H., muß ich ei einigermaassen wiedersprechen. Ihr Sokratischer Dämon hat Ihnen nicht so gar unrecht gewinkt, daß ich auf dem Rande gewesen bin, mich in das Labyrinth aller unsrer schönen Geister u. Garköche des Jahrhunderts mit hineinzutummeln. Eine gewiße Schwäche des Temperaments, frühzeitige Bewundrung in Liefland, ein gewißer eitler Hang zum Nichtsthun u. Raisonniren, den Sie lang in mir bemerkt u. gestraft, sodann Reisen, das Sehen Aller der Menschenkinder von Angesicht die man meistens größere Sünder findet, als sich selbst; sodann endlich die weichen Kleider, Liebkosungen u. Vergötterungen einer von Herzen kleinen Hofwelt – kann das Alles nicht ein unvestes Gehirn ziemlich schwindelnd, dumm u. dreust, witzig u. Alles machen? Ich sehe es schon jetzt nach 2. Jahren Kreuz u. Leiden, daß es wirklich nicht von mir gekommen ist, daß ich aus dem Allen herausgerißen schnell in eine Lage kam die der Äußerste Kontrast von dem Allen war u. ist u. seyn wird – wo ich aus Weiberregiment, schöner Gestalt, Angaffen der Oberfläche, Fodern u. leicht Erpochen herausgerissen (ich weiß noch nicht, wie? und warum?) hier im Grunde nichts als Landpastor ward, bei dem nun alle seine belle Philosophie, schöngekräuselt Haar u. seiden Mäntelchen mehr schadete, als nutzte, Sitten, Wahn von Gelehrsamkeit asotische Lebensart mehr schadete, als nutzte, u. der jetzt also nolens volens ganz andre Wege gehen mußte, um die wahre Achtung eines Bauren, eines Kirchenprovisors oder Dorfschulmeisters zu erlangen. Was das für Anfangs für Stöße u. Bocksprünge, Reibungen von Außen u. Herzensleere von innen gegeben habe, darf ich Ihnen nicht sagen, u. wäre der Weg nicht mit Dornen dasmal vermacht gewesen, so war das Laufen in alle Welt wohl freilich wieder das leichtste etc. woran ich aber jetzt wohl vor Jahresfrist, bei allen innern u. äußern Unbehagl. wohl kaum mehr denke. Vielmehr suche ich, zehn Jahr vorm Schwabenalter, allmälich mein Nest einzurichten, hoffe auf eine baldige Auction, mein Haus einzurichten, u. denke folgenden Früling mein Weib heimzuholen, u. mich zur lieben Ehrlichkeit, die die schwerste Sache der Welt ist, zu gewöhnen. Zum Glück treffen alle augurien des N. J. dazu ein, u. eben heut bekomme ich Nachricht von Ankunft meiner Bücher aus Liefl. in Bremen: denen ich alles so nachfliegen zu sehen wünsche, als ich jetzt würklich mit leeren, matten, zerschlagnen Herzen schmachte. Die Bibel wird von Tag zu Tage mein lieber Buch u. meine ganze αϑαυμαστια geht glücklich zum T… deßen ich mich einmal sehr zu erfreuen hoffe, u. rechne Bückeb., wo ich noch jetzt wie Hiob sitze, u. mein Einziger täglicher Gesellschafter, ein Pansoph in Allem, wovon ich nichts verstehe, mir tägl. wie Elihu ins Angesicht schlagt, Einmal mit Gottes Hülfe zur Wandelwüste meines Lebens. Daß u. wie sehr ich nun zu Alle dem Ihre Briefe u. Ihren Dämon brauche? können Sie sich leicht denken: ich wüste nicht, wie viel ich darum gäbe, einige Abende bei Ihnen oder Sie bei mir nur mit stummen Winken u. Murmelungen zuzubringen. Da das aber nicht seyn kann: lieber H. so gib mir Manna in der Wüsten von fern. Jeder Ihrer Briefe wird mir Hieroglyphe meiner Zeitrechnung werden – rathen Sie mehr, als ich bitte, u als Klient des Briefwechsels will ich die äußerlichen Bürden gern tragen. Von Königsb. bis Minden ist, wie gesagt, laufender Weg. Sonst von meinem Außenbehör zu reden, bin ich, so nebst dem vorigen, noch Patronus der Schulen, u. Direktor des Armenwesens – lauter Ämter, die wie Sie glauben können, noch gegen mich zeihen, deren keins Sie aber auch gegen das Publik. rügen u. regen dörfen, weil ich mich mit alle solchem Attributenbehör in re literaria äußerst ungern erblicken würde, u. mir selbst bei allen Konsistorien mandemens, Armenverfügungen, Ediktalcitationen etc. äußerst zur Last bin. Mein Landesherr ist der Generalfeldzeugm. im vorigen Kriege u. der Generalißimus von Portugall, den Sie durch die Abbtiana etc. kennen werden; ich bin aber gegen u. bei ihm kein Abbt. Auch mags viel von dem Ferment, Anti-Abbt zu seyn, bei sich haben, warum ich mich also in Kameelhaar kleide u. wilden Honig eße. Aber seine Gemalin, das erste Mitglied
    meiner
Gemeine, eine Maria voll tiefen Herzens u. stiller Weisheit des Lebens, wie auf ihrem Angesicht der Schleier der Ewigkeit hängt, ist meine Göttin. Sie hat mich divinirt, da mich niemand hier kannte, u. ohngeachtet wir uns nur devant les grilles de la cour anschauen, nicht aufgehört, mich zu heben u. aufzumuntern, mehr als ichs wahrhaftig wehrt war. Jedes Wort von ihr geht mir noch durch Mark u. Bein – – Sonst bin ich für ganz Deutschland u. (das Gegentheil, was Sie meynen) Deutschland für mich todt, weil mich aller Plunder von Marktgelehrsamkeit, Schuhflickerei, wo Brust- und A- – nichts taugt, ärgert. Ich habe alle Korrespondenzen gebr mit den Idolen der Litteratur gebrochen die ich selbst in Liefl. hatte, u. laße mir das gern als Konsistorialstolz etc. zuschr. anschreiben, wie ich noch vor weniger Zeit einen fulminanten Br. der Art erhalten. Zur Allgem. D. Bibl. habe ich in den letzten 3. Bänden sehr alte Schulden abgetragen, die sSie unter dem Buchstab L leicht finden werden u. ich zu lesen bitte. Es ist z. E. Schlegels Batteux, Creuz Gedichte, Briegleb Denis Oßian, alles Bardenzeug zusammengefaßt, Leßings Schr., neulich hab ich Klopst. Oden dahin gegeben, u. denke mit Sulzer ganz den Tanz zu beschließen, was auch selbst Nikol. gern sehen wird, weil meine Rec., wie er selbst wehklagt, Sei seine andern ich weiß nicht ob verrufen, oder auszeichnen. Gnug wir sind Beid’ auf Einem Punkt, uns einander zu segnen. Zur Frkf. Zeit. hab ich äußerst wenig beigetragen, ob man mich gleich überall her, für den Cantor oder Küster hält, dem die andern nachsingen sollen: Da sind aber 2. Menschen, aus denen in gewißem Betracht mehr werden kann, als aus mir. Ich ringe u. kämpfe jetzt allein, um mein Buch über die Offenbarungen Gottes in den ersten Mosaischen Urkunden dem Urheber nicht, aber einer beßern Nachwelt würdig zu machen, u. glaube auf Entdeckungen gekommen zu seyn, die – – – Doch das Alles soll Sie selbst überschleichen u. o daß ich alsdenn meinem Sylvan, der auch principia rerum gesungen hat, nicht gefiele, sondern ihn anstaunte., u. seinen Schwur bräche, ausgesungen zu haben, u. ihm Eine Umarmung „Du bists!“ noch vor seinem Hingang erpreßte. Auf Einem Wege bin ich gewiß mit Ihnen, darauf poche ich, aber anders dahin gekommen, durch unsägl. histor. Suchereien, Zweifeleien, Phantastereien Philosopheien, etc. die ich alle allmälich wie Plunder wegwerfe u. nur das Resultat behalte. Ein großes Resultat! es soll für alle Auserwählte offenbare Thorheit werden an diese Dinge nicht zu glauben! Gott Adams stärke mich nur in dieser Stunde. Mein andres Werk mag noch liegen; ich will u. muß erst meine Hütte bauen. Ist nun Ist nun gnug, liebst. Fr., von mir geschwatzt, nur meinen Karakter, Umstände etc. Ihnen, dem Schwersprechendsten Mann, der aber des Schwätzers Gott ist, vorzumalen. Nun lebe wohl mit Weib u. Kindern! Die Gott noch ernähren, erziehen u. kleiden mag, bis ichs kann. Und warum hoffen u.
    glauben
Sie mich dorthin? Ich haße Eure Maj u. alle Ihr Wesen so sehr, als ich mein nacktes Vaterland liebe. Es ist von Gothen u. Wenden entsprungen, wie Sie in
    Thunmanns
Abhandl. lesen können. Das ist ein andrer Mensch, als Schlötzer der Schwätzer! Michaelis Erwartungen gehen durch seine Bibel u. Niebuhrs Reisen nun wohl ganz zu Ende u. der Mann wird noch Einmal Gottsched u. muß es werden, er hats verdient. Sein Mosaisches Recht, u. alle das Zeug mag ich kaum mehr lesen, so hoch er einem abgelebten Choro auditorum noch immer krähet. Wenn Ihnen (vom jungen Hemsterhuis) viri dignissimi dignissimo filio) Lettre sur les desirs, Lettre sur l’homme et sur ses rapports, Lettres sur la Sculpture, jene in 8. diesen in 4., alle nur wenige Bogen vorkommen, so lesen Sie sie, auch einige Mühe darüber würde Sie vielleicht nicht gereuen. Er ist dünkt mich mehr als Diderot der Philosoph, soll eben so stark in der Mathem. seyn, u. unter andren ganz Anti-Newtonische Offenbar. in der Optik unter der Hand haben, die diese ganze Wißenschaft verändern, (was mir Futter für die Seele wäre) sonst aber kein professionarius sondern 1 t. Sekret. der Staaten in Holland u. also ein wichtiger Mann. Mir hat der Mann gedünkt, als ob wir in Platons Vorwelt zusammen auf einer Hörbank geseßen! Daß Klopst. Meßias fertig sei werden Sie wißen, oder bald sehen: jetzt schreibt er an einer Deutschen Gram. ich kenne ihn aber nicht persönlich. Mit Rabelais denke ich Ihnen einmal zu folgen: u. mit Cervantes ebenfalls: beide sind in hiesiger Bibl. Zum voraus aber wapne ich noch immer auf meine Bibel, aus der ich in Orpheus – bis Jamblichus etc. zu, zu schreiten gedenke, wenn Gott meine Hütte bauet. Ihr Büchl. über oder auf mich bitte mir ja bald hinüberzusteuern. Und so mit Gruß u. Kuß   Ihr ewiger H.
Kgsberg den 13 Jänner 773. Ich habe heute eben Ihren letzten Brief vom 2 huj. erhalten, da ich vor Verdruß und Langweil den Anfang gemacht meinen alten Platon von neuem zu lesen, aber nicht weiter als bis auf den Anfang gekommen bin, und seinen Lebenslauf zu Ende gebracht. Ihr freundschaftliches Andenken, liebster Herder, ist meiner Lampe Oel. Es würde mir lieb gewesen seyn, wenn Sie mir den Empfang meiner Antwort bis auf das datum bestimt hätten. Mein gantzer Einfall durch Einschluß des Päderasten zu schreiben, war eine bloße Chicane, um mich an den Philistern rächen zu können.
    Eine Beyl. zu den Denkwürdigkeiten des sel. Sokrates von einem
    Geistlichen in Schwaben
ist bereits zu Ende des Nov. abgegangen um in Schwäbisch Halle gedruckt zu werden. Es sollte noch im alten Jahr fertig seyn; man weiß hier aber noch nicht eine lebendige Sylbe von dem Schicksal dieser kleinen Handschrift, der es vermuthl. wie dem ersten Theil gehen wird. So bald ich was davon erfahren werde, und das Kind zur Welt gebracht seyn wird; werde ich gleich für Ihre Neugierde sorgen – Ob selbige befriedigt werden wird, steht dahin. Weil ich keinen Einfluß in die Expedition haben kann. Thun Sie mir wenigstens die Gefälligkeit, so bald Sie etwas erhalten, mir ein Recepisse darüber oder Empfangsschein
    stehendes Fußes
zu übermachen. Ich habe seit 3 Wochen Monathen selbst in einer Wüste gelebt und in einer Entfernung der Welt, wie ein unreines jüdisches Weib. Verdenken Sie mir also nicht, wenn mein Brief diese Empfindungen des Wiederwillens und Unzufriedenheit athmet. Vielleicht ist unsere Freundschaft hierinn sympathetischer als von irgend einer andern Seite. Der einzige Freund u. Vertraute ist unser jetzige 3te Hofprediger Lindner, der jetzt im Vorschlage zu
    Buchholtz
Stelle ist. Dieser ist plötzlich den 4 huj. gestorben. Hoffentl. werden Sie das tolleste Programm v
    Selbstgespräch eines
    Autors
eher erhalten. Ich bin aber so unglückl. mit Leuten zu thun zu haben, die kein Gefühl aber desto mehr Wahn besitzen und wenn ich auf Knieen flehte um ein paar Zeilen: so erhalt ich doch nichts als durch Sturm und Ungewitter im ästhetischen Verstande. Die Göttin Τυχη wird also auch den Ausgang dieser Arbeit übernehmen. Ihre Winke uns ohne Unterhändler und Zeugen zu unterreden ist mein eigener Wille und das erste geschah mit Fleiß, wie Sie leicht von selbst erachten können und einsehen werden ex posterioribus. Ich hoffe also daß Sie für mein Prospectum weder
    erschrecken
, noch
    erröthen
noch wie jener Philosoph über den Geschmack seines Esels an Feigen
    für Lachen bersten werden
. Ich besorge aber zu meiner – – daß der Scherz so naif gerathen wird, daß die Kunstrichter wie die Vögel sich an den gemalten Weintrauben vergaffen werden, falls er ihnen nicht zu
    hoch
ist, das heißt
    bitter
, in der Sprache der Füchse. Auch Ihre Erklärung eines
    Biedermanns
und
    Freunds
erwarte hierüber, folglich mehr als ein RecepisseIch exponire Sie also nicht so viel als mich selbst, und Sie sind wenigstens so gut gedeckt, als ich für meine eigene Haut sorge. Weil Sie ein
    Pythagoräer
geworden sind: so spielen Sie Ihre Rolle eines olympischen Zuschauers, bis Sie es Ihrer Mühe werth finden. Außer dem Fool of Quality by Mr. Brooke von dem ich nur noch 2 Theile erst im Original gelesen, den Sie aber in dender Abendstunden Landbibliothek zerfetzt u verstümmelt finden können, hat mich kein Buch so erquickt als Ihr
    Thunmann
, den ich vorigen Sonntag verschlungen und mir sogl. angeschaft. Ich versteh nichts von dem Fache; aber der
    Geist des Mannes
entzückt so wie mich Schlötzers Styl und Ton immer wiederstanden hat, non possum dicere quare? Büsching hat durch die Herausgabe dieses kleinen Phaenomenon, wie es Kant nennt, in meinen Augen seine Sünde einer Dedications Schrift zu den historicis selectis de main de maitre ausgesöhnt. Nach Hemsterhuysens Schriften bin immer lüstern gewesen ohne bisher davon etwas gesehen zu haben. Diderots moralische Versuche haben mir wie ein alt Stück Rindfleisch geschmeckt oder wie ein zäher Elendsbraten, für den weder meine Zähne noch mein Magen gemacht sind. Klotzens Correspondentz hat mir einen lustigen Abend gemacht. Der ehrl. Tiefensee und Lippert sind die eintzigen, die mir gefallen haben. Unser Landsmann Harder ist ein rechter Preuße, der aber nicht Verstand gnug besitzt um falsch zu seyn. Wißen Sie nicht den wahren Verf. von der bey in Riga verlegten Schrift über den
    Ursprung der Sprache
.
    Schlegel
hat sich hier ausgelaßen ein Concurrent von Ihnen gewesen zu seyn. Ihr Verleger hat mir zugeschworen, daß er es nicht wäre – Er ist aber auch ein würdiger Landsmann des ehrlichen Harders. Wenn Sie etwas positives über diesen kleinen Umstand wißen: so bitte mir solches mitzutheilen. Die Bützowsche neue Schrift kenne blos aus den Göttingschen Zeitungen u scheint dasjenige gar nicht zu seyn, was ich mir davon versprach. Ich habe über Ihren anti-newtonischen Geschmack in der Optik herzlich gelacht; weil er mit meinen Grillen eine Ähnlichkeit hat. Ich bin immer der Meynung gewesen daß das gantze kanonische System von Thorn auf optische illusiones hauptsächlich beruht und denke noch eine revolution zu erleben. Ich erwartete etwas von einem Systeme du Monde; und es war ein bloßer Auszug des Lambert, der kühn in die Wolken baut und den Grund von Fels abergläubisch voraussetzt. Des Michaelis mosaisches Recht ist ein sehr unterhaltendes und nützliches Werk. Den 3ten Theil davon hab ich noch nicht ansehen können und möchte ihn auch kaum lesen, als bis ich ihn zum vierten werde können binden laßen. Seine Bibliothek ist das einzige Journal was ich selbst halte und mit rechter Wollust lese oder vielmehr durchlaufe und beylege. Wißen Sie daß man von Rabelais Montaigne in Frankr. eine große Handschrift entdeckt hat? und daß Haller seine Briefe herausgeben wird – in allen Sprachen des cultivirten Europa – Um heimzukommen auf unsere Platonische Legenden: so habe heute noch mit einem merklichen Nutzen gelesen γην πρεσβυτατην ειναι των εν τω ουρανω Θεων. Ist dies nicht ziemlich dem mosaischen Tagewerk ähnl.
    Origenes
;
war ein kleiner Versuch, den ich nach den Sokr. Denkw. schreiben wollte. Ich weiß aber nichts mehr davon. Der Muth davon zu schreiben ist mir gantz entfallen – aber die Idee liegt mir noch immer im Gemüthe. Ich endigte den Thunmann mit dem Gedanken; daß sich noch unendl. vieles entziffern ließe, wenn wir o servum pecus wären, die mit durchlöcherten Rinnen für lieb nähmen. In Riga habe einen halben Bogen über die Genesin aufgesetzt die ich immer bedaure verloren zu haben, so wenig auch daran gewesen seyn mag; weil sie wenigstens zum Faden meines damaligen Fluges dienen könnten. Ich glaube, daß nichts in unserer Seele verloren geht, so wenig als vor Gott; gleichwol scheint es mir daß wir gewißer Gedanken nur einmal in seinem
    unserm
Leben fähig sind. Dies Thema liegt mir also eben so stark am Herzen als Ihr guter Name bey der Nachwelt. Schreiben Sie also alles auf, was Ihnen Ihr Daemon sagt: aber laßen Sie sich Zeit fertig zu werden – und erlauben Sie mir wenigstens Ihr
    Gottsched
zu seyn. Lücken und Mängel – ist die höchste und tiefste Erkenntnis der menschl. Natur, durch die wir uns zu ihrem Ideal hinauf winden müßen – Einfälle und Zweifel – das summum bonum unserer Vernunft. Die Heiden sind große Propheten gewesen – Ich habe mit den Briefen u philosophischen Schriften des Cicero das alte Jahr beschloßen. Eine Oeconomie, ein Sauerteig läuft durch alle Aeonen bis zu ihrer Vollendung.
    Weisheit
ist
    Gefühl
, das
    Gefühl
eines
    Vaters
und eines
    Kindes
. – Erfüllen Sie Ihr Versprechen im Sinn. Ich habe aller Autorschaft beynahe entsagt und will mit einer Farce aufhören; desto brauchbarer hoffe ich dadurch zu Ihren Absichten zu werden. Vielleicht wird die Losung Ihres Werks die lodernde Asche bey mir aufwecken und ich werde Ihnen meine Zweifel und Einfälle in der Stille mittheilen um selbige so gut Sie können zu nutzen und anzuwenden. Glauben Sie mir, liebster Freund, daß Ihr Thema glücklich gewählt ist und ein großes Feld immer für einen nachforschenden Geist bleibt, gesetzt daß man auch der Einbildungskraft daneben die Zügel ließe – aber ohne den Gehorsam die Analogie des Glaubens dabey zu verleugnen. Ich schlüße auf heute – ohn zu wißen wenn dieser Brief abgehen wird, der vielleicht so lang u alt als Ihr erster werden kann. Gute Nacht. Ευ πραττειν, ευ διαγειν, χαιρειν!
Den 24 Januar 773. Es lebe der König! und jeder exulirende Preuße sage Amen! Amen! Ich bin gestern in meinem Platon den Gorgias zu Ende gekommen; aber Gott weiß am besten, wie ich die Zeit über gelebt. Daher hab ich weder Ihren Brief fortsetzen noch zumachen können. Vielleicht komt ihm das
    Selbstgespräch
zuvor, das ich nur mit erletzter Post den 21 erhalten. Ob es an seine
    Behörde
zu rechter Zeit angekommen weiß ich nicht – und soll auch nichts wißen, wie es scheint. Eins von den ersten Exemplarien ist an Sie bestellt – aber wie und durch wen? Melden Sie mir den Tag des Empfangs und wo mögl. mit erster Post. Ich habe wahrhaftig den Rubicon der Narrheit übergesetzt und werde mich durch einen Roman rechtfertigen müßen, den ich aus Liebe zum Brooke: Le fou de lettres nennen will und vielleicht meine Palinodie. Denn der Titel Apologie ist mir eckel und verhaßt. Helfen Sie mir wie ich Ihnen habe helfen
    wollen
. Voluisse sat est. Vielleicht haben wir eine schöne Gelegenheit das Mährchen von Orestes und Pilades aufzuwärmen. Schreiben Sie mir Ihres Herzens Gedanken als ein Nachbar mit Rath – aber nicht als ein falscher Preuße noch teutscher Witztölpel der in der Nachbarschaft von Westp. lebt wie ich von Pommern. Glück zu! Glück zu! Glück zu! Wie heißt Ihr Mädchen – und wenn Ihr Name auch eine Sünde wäre so beichten Sie HE Consistorialrath dem alten Pan, der für die Sünde zu heyrathen in optima forma noch nicht sicher ist – Schreiben Sie mir doch Ihre adresse vor. Die Meinige ist: Secretaire- Traducteur de la Direction Provinciale des droits du Roi. Ich umarme Sie tausendmal in Gedanken, und werde keinen Augenblick verlieren Sie meiner zu erinnern, wenn Sie mich vernachläßigen sollten. Von der
    Beyl. des Geistl. in Schwaben
weiß noch nicht. Ich hätte gern die Päderasten aus China u Schwaben zu gleicher Zeit bestürmt. Aber alles dient zu unserm Frommen, was uns verdrüßlich und öfters mehr als verlegen macht. Die Zeit bekehre uns alle und eine beßere rechtfertige den König und die Unterthanen seines Reichs, sie seyn nahe oder ferne! Aus welchem Hause ist Ihre Schutzgöttin? Ich habe keinen Addresskalender. Hamann.
Von Hamanns Hand: Erhalten den 20. März 773. Gestern spät d. 10. März bekomme ich Ihr Selbstgespräch, lieber H, und ich schicke weil die Post von hier schon weg war, einen Expreßen nach Minden mit diesem Briefe. Recepiße und Stelle aus dem – (hämischen kann ich’s nicht nennen, aber composéen) Br. Ihres HErn Mag. Cölius, letzte mehr als Erstes ist wohl dabei Hauptsache, ohne daß ich weiß oder wißen könne, wie das zu brauchen ist etc. Absalon u. das Weib von Thekoa ist das Einzige, was dicht vor meiner Thür liegt, u. das, wie schon HE. Nik. den Koth Besen wendet, übel riecht. Ihre gute, ehrliche, freundschaftliche u. mit Schande sag ichs, Patriotische Absicht dabei, ist außer Zweifel; auch wie die Absicht ausgeführt, wenigstens ausgedruckt worden, kann mich noch nicht irren, weil ich noch von der lat- deutschen Urschrift nichts als durch den Spiegel HErrn Nik. gesehen: aber, liebster H., wie? u. was es auch sei? – – – Wißen Sie, wie mich die Sache gränze? Ob ich Lust oder Unlust habe, außer meiner allenfalls geistlichen noch irgend eine andre Figur zu machen? Ob ich französische Akademien, Staaten meines gnädigst angebohrnen Herrn etc. wünsche lobe, liebe oder haße, verachte, u. aus der Welt verwünsche? – Und wenn das Alles wenig ausmacht, weils blos
    mich
betrift, habe ich keine Gemeine, die ich schonen, keine Kollegen, die ich vermeiden, keine Pflichten, die ich weder mit Gerüchten noch Prätensionen, zu denen ich auch nur den Namen hergebe, entweihen muß? Wie, wenn ich auf dem lieben Lande, wo von dem Allen niemand in meiner Heerde wüste, oder ein Wort verstünde – aber ist nicht Joab, der Sohn Zeruja, eben unmittelbar vor u. neben Ihrem Freunde? Sind alle Menschenzungen, die schwazzen, auch an Menschenköpfen die denken? Und wer weiß es mehr, als Mien Man Hoam, daß ein Geistlicher doch, gewiß nicht blos Hemd u. engen Leibrock, sondern auch
    weite Hülle
braucht, sich zuzudecken u. wo nicht breiter, so unsichtbarer doch zu erscheinen, als er ist? – – Überdem ist dies nicht eben Zeit meiner Krisis, beinah möchte ich sagen, aufs Leben? In bivio, trivio constitutus wie Knabe Herkules, oder gar in der Wüste der 40. Tage, was weiß ich? – Daß ich aber außer Menschentumult schwebe, ist wenigstens merklich. Was ich aber mit alle dem will, weiß ich selbst nicht. Ihnen Rath geben, Warnung geben, Aufmunterung geben – Eins so wenig, als 2tes u. 3tes. Mich auszulaßen bitten, flehen u. befehlen – auch nicht: Denn wie gesagt, noch sehe ich nichts als in Nikolaus Laterne, u. wenn ichs auch thäte, würden Sie mir folgen? – Also freilich nichts als tecum loquere, te audi, tibi obtempera – nur schonen Sie
    Ihren Freund
! – Seine kleine Provinziallage u. KrisisSein Amt! – Schonen Sies, liebster H. nach allen Dimensionen u. Inversionen der Methode, des Zwecks, der Mittel. Ich habe nach Ihrer Schrift gedürstet, u. Tag u. Nacht geträumt – u. den Magus gescholten in meinem Herzen, daß er selbst in Wegen u. Bestellungen solche krause Anomalische Allegorische Figuren liebt, wo doch Er nur allein das Ganze übersieht u. sich denkt, bei allen aber die blos Ihr ihr Endchen von Grenzlinie vor der Werthen Nase haben, nie die gedachte Würkung erreicht wird. – Alles das von Anfange Febr. an, da ich Ihren Brief bekam u. harrete – Und siehe da! kommt doch nur Ein Schatte! u. dazu ein Schatte vor dem ich tremula anus selbst zittre. Kann ich denn nicht das Stück ehe es gedruckt wird, zu sehen bekommen? Da es doch schon die Coelii etc. (welche Kette hängt nicht an diesem etc.!) gesehen haben? Ein guter Einfall, liebster H., Königsb. liegt ja so nahe! Aber falls das Alles in vanum et irritum wäre, schonet
    selbst Eurer
wenigstens, mein Herr u. Freund! Daß man Euch nicht ein Prytaneum gebe, das schon lange Zweifelsohne errichtet ist; u. viele große lLeute, noch mehr ohne Zweifel, beseßen u. bewohnt haben. Ich muß schließen, liebster H., u. bitte diesen ganzen Brief in die Präkordien Ihres φιλον ητορ zu schließen, mich ferner zu lieben, u. wenn Sie auch allen meinen Rath verschmähen, Ihn doch zu
    überlegen
.
Kgsberg den 20 Mart 73. Ich freue mich, daß Sie in Ihren Mantel und Kragen so verliebt sind. Sehen Sie meine Muse nicht für Potiphars Weib an. – – Wo fang ich an, wo hör ich auf? – Ich erhielt eben auf dem Bette, wo ich meine Mittagsruhe hielt, Ihren Brief, liebster Herder! Nun Gottlob! daß Sie einmal das Selbstgespräch erhalten haben und daß
    M. Cölius
der Mann ist, dem Sie diese Verbindlichkeit zu verdanken haben. – – Ha! ha! Die krause anomalische allegorische Figuren sind mir zum
    Element
worden, ohne das ich weder athmen noch denken kann. Da Sie mich für Potiphars Weib ansehen, warum soll ich nicht unsern
    römischen Correspondenten
mit
    Jaels Weibe
vergleichen.
    Milch
gab sie da er
    Waßer
forderte und Butter brachte sie dar in einer herrlichen Schaale – – Ihnen durstete, HochwolEhrwürdiger Freund! nach dem wäßrichen Selbstgespräch – und siehe! erhalten zugl. eine fette Antwort – nebst einem
    Nagel
und einem
    Schmiedehammer
, der Ihnen ein kleines Hauptweh zugezogen. Brauchen Sie beyl. Balsam No 22. und wenn er Ihnen wohl thut, so vergeßen Sie nicht mit Debora zu singen: Geseegnet sey unter den Weibern Jael! Das Weib Hebers des Keniters! Geseegnet sey sie in der Hütte unter den Weibern!
    Mein
lieber Herder! Sie beleidigen die
    Freundschaft
durch nichts so sehr in meinen Augen als durch das Geheimnis, das Sie mir von dem Namen und dem Bilde Ihrer
    Liebe
machen. Wie heißt das
    poetische
Mädchen, das Sie gefeßelt? Ist Ihr Name ein Geheimnis; und ihr Stand, und ihr Auge, und die Farbe ihrer Haare und alle die tausend Kleinigkeiten, die den Himmel auf Erden im Herz eines glückl. Liebhabers schaffen – – – Wären Sie vielleicht 4 Wochen eher mit Ihrem Gesuch gekommen: so wär ich vielleicht schwach gnug gewesen Sie zum depositario meines
    verdeckten Gerichts
zu machen – aber unter Bedingungen die Sie mancher Versuchung des Fleisches ausgesetzt haben würde, der Sie gegenwärtig aller überhoben seyn können. Mein Mst. ist aber weder so geistl. noch von so verklärter Natur, daß es an zwey Orten zugl. deponirt seyn kann. Meines Wißens giebt es gegenwärtig nicht mehr als ein
    einziges
Exemplar auf der Welt; und alles Geräthe dazu hab ich eigenhändig verbrannt – Sorgen Sie nicht. Die Coelii und die gantze Kette von der Sie träumen haben nichts gelesen, und wißen von nichts. Beyl. ist der letzte Beytrag vermuthlich zu unseren gel. u politischen Zeitungen. Hier haben Sie alles was in diesem Jahr von meiner Hand ist. No. 14. Montag den 15 Febr. 773. Selbstgesp. Diese 2 Bogen sind, wie es heißt, gedruckt in der Unterwelt mit D. Faustens eigener Hand und unter seinem Mantel, enthalten außer dem, was ihre Aufschrift anzeigt, das Concept von dem Briefe eines Chinesers, der sich Mien- Man-Hoam nennt, an einen berühmten Verleger in B‥ und kosten 15 gl. No. 21. Donnerstag den 11 Mart An den Magum in Norden haussäßig am alten Graben zu no 758 p. Kgsberg in Pr. Dieses ist eine Antwort des M. Cölius Serotinus an den Chineser Mien- Man-Hoam und kostet als eine Handschrift, die NB. keineswegs gedruckt ist, einen Dimpf. Meine Catin, die bisher wie Luthers Käthchen eine Nonne gewesen, hat sich vorgenommen Sie ohne mein Wißen zu beschleichen. Träumen Sie aber nicht zu frühe zum voraus von ihrem Besuch. Bei aller der feinen Seele, worinn Sie Ihrer       ähnlich ist, halt ich sie für eine Vixen. Weil sie französisch versteht, so muß ich ihr einen engl. Namen geben. Haben Sie sich auch schon aus der Histoire philosophique et politique des indischen Handels erbaut. Sie ist des
    Gallerie-Malers
Raynal würdig und sieht ähnl. Besonders wenn Sie vom 3ten Tome anfangen wie der Autor seine Arbeit damit angefangen zu haben scheint. Daß ich Ihre zärtl. Bitte
    geschont
zu seyn zum voraus erfüllt habe, bekennen Sie selbst, weil in dem gantzen Dinge nichts als eine einzige
    krause anomalische allegorische Figur
vor Ihrer Thür gelegt worden, ohne daß dadurch weder Ihrer Gemeine noch – – – (Freund schreiben Sie mir mit erster Post
    Ihren Namen
oder es kommt zum Bruch) das geringste Scandalum zuwachsen kann. Ihre Provinciallage – Ihre Krisis – Ihr Amt sind freylich noch große problemata für mich. Ich werde alle meine Magie aufbieten um im Lande der Schatten nicht anzustoßen. Die M. Coelii müßen entweder ihres Handwerks
    Lügner
oder
    Propheten
seyn, daß Sie mir solche ungeheure Projecte andichten, von denen ich eben so wenig weiß als jener Theaterheld von seiner poetischen Ader oder vielmehr prosaischen Stärke. – Unterdeßen ist es mir lieb daß das schändl. Capitel vom Patriotismus nicht alsin Ihrer christl. Moral gantz defect zu seyn scheint – – Eben das Prytaneum, womit Sie mir drohen, wünsch ich mir, wenn es nicht anders seyn kann – – Der innere oder unsichtbare Theil meiner kleinen Autorschaft möchte wol immer der herrlichste bleiben und mich wegen aller der kleinen Ungemächlichkeiten, denen die Außenseite noch ausgesetzt seyn möchte trösten und belohnen. – – Vergeßen Sie mir nicht den Namen Ihrer
    Liebsten
zu melden, damit ich im Nothfall an Sie schreiben kann. Die kleinen Mündel empfehlen sich bestens Ihrem Pflegvater. Von der kleinen Lyß-Schiechen möchte ich am liebsten mit Ihrer Doris, Chloris, Aspasia, Hipparchia, Myrte, Julia, Clarißa, Pamela pp unterhalten. Meinen Johan Michelchen muß ich nolens volens nach Ostern zu einer Bonne schicken. Er kennt bereits 50 alte Köpfe und ihre Namen, alle Historien in der Bilderbibel, und ist unersättl. nach evangel. Parabeln u dem Mährchen von 3 Forellen. Bey einer trefl. parrhesie auf eigene Hand, stottert er aber ärger als sein Vater bey Gelegenheit. Von Poesien die weltl. sind, weiß er nichts als Helks: Die Pferde schmeißen, die Hunde beißen pp und lernt alles wie der Blitz und der Wind. – – Mit gutem Gewißen können wir M. Coelius immer in unser gelehrtes
    Triumvirat
aufnehmen. Ich bin fast so gut als neugierig nach seinem verdeckten Gerichte und werd es mir recht gut schmecken laßen. Michelchen hat ohnehin kein Bilderbuch mehr, und soll sich in meinem Namen bedanken. Wie gefällt Ihnen der Einfall: ein Autor von 4 Jahren. Sie müßen ihn solenniter adoptiren und ich will alles bey Ihrer… (da fehlt mir wieder Ihr Name) verantworten. Bey
    Kätchens
Ehre! Sie wißen daß wir Liebhaber bey unsern Mädchen nicht leichtsinnig schwören, besonders wenn Sie unsere Weiber werden sollen. Weil ich nicht reich gnug bin ein Plätzchen weiß Papier umsonst zu bezahlen; und D. Faust ein homo ist: so erlauben Sie mir folgende errata hinzuzufügen. Aus Mangel hebräischer und gr. Typen komt der lateinische Uebelstand. p. 4. allgemeinen add.: deutschen anstatt: freundl. lies freundschaftl. Tom II. p. 247. p. 6. lies: par Abus, dem Sprachmeister   Ist eine nasenweise Verbeßerung des Verlegers. p. 8. 9. nach Pe-kim auf die Ehre in Europa gebunden zu werden Verzicht thun muß: p. 9. nicht orpheisch sondern orphisch. nicht Trimalchions; sondern
    Trimalcions
?
    Dann
, anstatt: was zum andern mal bleibt aber
    Trimalchions
. p. 10. No. 25 in Helks Fabeln 11. schließe ich
    hier
mit der kleinen Note – schämt ihr euch
    euer Auge
aufzuthun. 12. an
    heiliger Stäte
.   nach Pe-kimchapeau bas und à pas de baletwie Johannes – der moralische Schwäzer in der Wüsten, zu thun. p. 13. lin. 8. | anstatt Geld lies: Gold. 14. ein Mann von
    Wort
– und schrieb vom
    Verdienst
, wie ein Prediger – der ein
    Höfling
und Witzling aber kein Narr ist, gl. jenen heidnischen u jüdischen Priestern, Helden u Richtern pp 15. keinen Torso.   Der gantze Abschnitt penultimus sollte gesperrter seyn als das punctum saliens der gantzen Misgeburt. – Ich habe heute den ersten Theil des Cicero angefangen und denk auf die Woche den Plato in dem ich einen langen Stillstand gemacht, zu schlüßen mit Gottes Hülfe. Ach lesen Sie ja
    Klinkers
Reisen. Ich habe meines Herzens Freude an diesem Buche gehabt mitten unter einem Flußfieber u starken Schnupfen. Die Vorrede und Noten haben mich an Ihren Claudius erinnert. Der Uebersetzer soll aber der Hamb. Buchdrucker Bode seyn, der den Tristram übersetzt haben soll. Vielleicht wißen Sie es beßer. Vergeßen Sie in Ihrem nächsten nicht mir Ihres Claudius Aufenthalt p zu melden. Den Wansbecker habe hier noch nicht auftreiben können. Von Brooke habe auch seine
    Mandeville
u
    Mountague
kennen lernen. – aber noch nicht die Catesby, wenn sie von ihm ist. Es geht mir mit dem Brooke wie M. Coelius von der Lucretia Liebhaber sagt; und spüre ihn jetzt durch den Canal eines Engl. nach bis auf die kleinsten Brocken die er geschrieben oder verloren hat. Ich war schon auf halbem Wege an einen Roman: Der
    Narr von Autor
zu denken. Aber die Autormanie ist eben nicht mein Urlaster, oder wird es wenigstens kaum werden; weil mir die Suade der action beßer gefällt und es meiner Schreibart eben so sehr am Fluß als meiner Zunge fehlt. Ich danke Ihnen nochmals liebster Herder! für das original oder die vidimirte Copie des Serotinischen Briefes – nachdem ich ihn
    noch einmal
gelesen. Wir fehlen alle mannigfaltiglich und diese Herren glauben sich niemals in ihrer Politick zu verrechnen. Seyn Sie ruhig, besuchen Sie öfters den alten Magum in Norden. Bückeburg und Kgsberg sind ohnedem Gräntznachbarn. Verschwenden Sie aber nicht zu viel Geld auf Expreßen. Künftig hoffe gerader und glücklicher Der
    Knabe Herkules
wartet blos auf seinen Mentor um seine Rolle zu spielen. Fertig ist er – der kleine Deus ex machina aber der verwünschte D. Faust – – Leben Sie unterdeßen wol und schlafen Sie ruhig träumen Sie von Ihrem Mädchen u eben so sanft von Ihrem Hamann.
den 25 Mart. 773. S. T. Wolgeborner Herr Hofrath, HöchstzuEhrender Herr und Freund, Ich bin eben mit meinem Plato fertig worden und ich weiß die feyerliche Muße des heutigen Tages mir noch übrigen einiger Augenblicke nicht beßer anzuwenden als zum Intermezzo eines freundschaftlichen Briefes, der vielleicht Sie der gewiß ihre eignen Glückseeligkeit Zufriedenheit, die ich eben so sehr Ursache habe vorauszusetzen als zu wünschen durch den Contrast meines Schicksals erhöhen wird. Es ist warlich ein elend jämmerlich Ding um eines Autors Leben! Rechnen Sie es unter die Wohlthaten des Ihrigen in dieser Versuchung niemals untergelegen zu haben. Unter allen den innerl. u. äußerl. Mühseeligkeiten selbst des Ehstandes übertrift selbst ist keine empfindlicher für die Seele eines Autors als das traurige Noth- Band mit sein Verhältnis zum Verleger. Von Anytus, dem Verleger des Sokrates seinem an, giebt es biß auf dens D. Faustens Gönner in Mitau Hintz in Mitau; sind sie ihm ärger als die diese würdige Männer an Sitten u Geschmack ärger als Tataren, Cannibalen und Hottentotten würdiger und Calmücken an Sitte ihm überlegen. Ich habe an HE Hintz den 6 Febr. eine kleine Handschrift geschickt den 10ten einige Exemplare der Serotinischen einer gedruckten Antwort geschickt. Ich habe ihm den 3 huj. ein paar u den 20 geschrieben – Ich habe ihn inständigst ersucht mir wenige seiner Ankunft einige Nachricht zu geben, an der mir viel gelegen ist – und bin nicht einer Sylbe Zeile von ihm gewürdigt worden, so ein großer Meister er sich auch dünkt auch ist in lakonischen und asiatischen Briefen noch kann mir zu einer Antwort Hofnung machen. Einer seiner guten Freunde Ich bin nicht der einzige, der sich hier Ein solches Verfahren ist doch in jedem Verstande desto härter und fast unverzeylich, da er Zeit gnug hat nach Warschau zu schreiben und wer weiß wohin mehr zu correspondiren. Ew Wolgeboren werden mir die Gerechtigkeit wiederfahren laßen mir zu glauben, daß es mein Handwerk niemals seyn wird ein Schriftsteller zu werden, und daß meine gegenwärtige Arbeiten nicht Rolle kein
    Endzweck
sondern bloße
    Mittel
sind zu einem Endzweck sind. ,über den ich mich niemals Leuten anvertrauen werde, deren neueste Freundschaft mir so verdächtig seyn muß. / Ich habe die bisher in andern unsichtbare Zufriedenheit alle meine Absichten durch die Antwort des M. Coelius erreicht zu haben., und dadurch desto mehr fast zuwannen näher zur Sache
    selbst
zu schreiten. Von höhern Man hat mir
    höhern Orts
den Beruff gegeben etwas über die berüchtigte Histoire philosophique et politique des etablissemens et du Commerce des Européens dans les deux Indes in 6 groß octavBänden zu Amsterdam 772. zu schreiben. Ein
    Frauenzimmer
, die nur nicht mit einer gar zu großen Catharina lächerlich verwechselt zu werden, sich
    Cathin
nennen wird, läßt sich den Einfall nicht ausreden den verlohrnen Brief eines Sauvage du Nord à un Financier de Pe-kim über obiges Werk herauszugeben. Ich erbitte Ew. Wolgeboren und bin mir alles von Ihrer Freundschaft gewärtig – ob mir mit erster Post zu melden, ob HE Hintz alle freundschaftl. Pflicht und Schaam gegen mich aufgegeben, damit ich mich in Ansehung meiner eben so dringenden als kleinen Geschäfte darnach richten kann, weil es mir Gottlob’ an Freunden weder gefehlt hat noch daran fehlen wird
Erhalten-Vermerk von Nicolai: 1773. 2. Apr. 24 bean. / Hamann. Kgsberg den 27 März 73. HochEdelgeborner Herr, HochzuEhrender Freund, Ew. HochEdelgebornen werden vermuthlich meine Erklärung in dem 22 Stück der hiesigen gelehrten und politischen Zeitungen gelesen haben. Da wir vielleicht beyde ein wenig zu partheyisch über den Handel des Ex-Mandarinen mit dem M. Cölius Serotinus urtheilen möchten: so mag die gantze Sache den Kunstrichtern, besonders den
    neuesten
, zum Zeitvertreibe dienen, wennfalls es ihrer Mühe lohnt. Wenn der Ex-Mandarin die Absicht gehabt mich lächerlich zu machen, oder abzuschrecken: so bin ich ihm gut dafür, daß ihm beydes nicht gelingen wirdsoll. Weder seine chinesische Caricatur, noch der rolandsche Tubus irgend eines andern Pseudo-Propheten, alias Projectmachers, werden mir das Ziel verrücken. Die erste die beste Muße soll meiner kleinen Handschrift gewiedmet seyn, und ich werde alles von meiner Seite thun um den
    Durchgang
der
    öffentl. Censur
zu erleichtern und die Weißagung des Urgroßvaters – in nostrae amicitiae memoriam – ohne sibyllinische Wucherey wahr zu machen. Dies ist alles was ich nöthig finde meiner
    schriftlichen
und
    gedruckten Erklärung
– gegen Sie besonders, als ein Mann von Wort, hinzuzufügen. Ich schließe aus meinem alten ehrlichen Montaigne II. Ch. 17 Qu’on accuse, si on veut, mon project, mais mon progrez, non – Erwarten Sie also bey Gelegenheit des Mst. selbst um Schiedsrichter, oder was Sie wollen, davon zu seyn. Mehr können Sie von demeinem
    ehrlichen
und
    gleichgiltigen
Autor nicht erwarten, um dem Henker selbst das Maul zu stopfen. Si Dominus voluerit et si vixerimus, faciemus hoc aut illud. Ich habe innerhalb 6 Wochen meinen Platon zum 2ten mal durchgepeitscht. Seit 10 Jahren, daß mein empyrisches Studium der Griechen unterbrochen worden und fast gänzlich aufgehört, ist mir die Sprache zieml. ungeläufig geworden. Ich habe mich daher gröstentheils an den Faden der Uebersetzung gehalten und bloß Stellenweise in den Text selbst geguckt. Auf die Woche bin ich willens den Xenophon zum ersten mal zu lesen durch und durch. – – Mein kleiner unartiger
    Apoll
, der heute seinen 3½jährigen Geburtstag feyert, zupft
    mir hier das Ohr
, den M. Cölius Serotinus an das sauber gedruckte und mit
    Kupferstichen gezierte
Buch zu erinnern. Haben Sie ein wenig Nachsicht für die
    Begeisterung
eines etwas
    abergläubischen
Vaters – – Warum hab ich nicht eben so viel Recht – als Malherbe, eine alte Magd, zum Oracul meiner Kritick und Autorschaft zu machen. Der Knabe weiß schon seine gantze Bilderbibel in folio, sein Spectaculum Naturae et artium, das Neue Abcbuch, 50 alte griechische u römische Köpfe und noch einmal so viel Dinge mehr auswendig – Wenigstens ist er auf gutem Wege bald für seinen alten Vater die Stelle eines lebenden Nomenclators zu vertreten. Wenn eine Maintenon oder Beaumont sich seiner Erziehung annehmen sollte: so steh ich nicht dafür, daß er nicht alle französischen natürl. Schriftsteller von 7 Jahren bald übertreffen wird. Ew. HochEdelgebohren werden daher so gütig seyn unsere gemeinschaftliche Ungedult zu befriedigen, und den Vater und Sohn den usum fructum der versprochenen
    Beute
zu erlauben, ohne daß dem Eigentumsrecht des Mien-Man-Hoam der geringste Nachtheil daraus erwachsen soll; sobald er sich darnach selbst melden wird; woran ich eben nicht verzweifele. Denn würde er wol die Nummer meiner Hausthür zu seiner adresse gewählt haben, wenn er einer der neuen Psevdo-Propheten oder leidigen Projectmacher wäre, die in der Provintz weniger gedeyen als in einer großen Residentz und Hauptstadt wie Ihr Berlin. Um des Himmels willen! Hat das Mährchen von einer gelehrten Zusammenverschwörung oder neuen
    Triumvirat
im Reich der deutschen Litteratur einigen Grund? Man redt hier Wunderdinge davon. Sie werden am besten im Stande seyn, mir einiges Licht hierüber zu ertheilen – – Und was sagen Ihre dortigen Sternwärter zur Erscheinung des Mercurs? Man lobt ihren calculum – – Ich thue aber, HochstzuEhrender Herr v. Freund! zu viel Eingriff auf Ihre bevorstehende Meßgeschäfte. Empfehlen Sie mich meinem alten Freunde Mendelsohn, dem HE. Prof. Rammler und HErrn Meil und vergeßen Sie nicht gantz, nach verrichter Arbeit, Ihren aufrichtigergebenen Freund u Diener Joh Georg Hamann. Den 28 Mart. Vor langer Weil und ob fugam vacui. Wenn die Schweitzer unsere
    Väter
sind :(ich habe sie blos für
    Thürhüter
unserer Sprache bisher gehalten) was heist
    Zweis
? Wir Preußen sind wie Sie wißen keine Deutschen; und seit dem Tode meines letzten Hauswirths, des seel. Baron von Bondely kenne ich keinen Schweitzer mehr in meinem Vaterlande, wo sie vermuthl. das französische Sprichwort: point d’argent, point de Suisse vertrieben. Was sind
    winzige
Nachtigallen? Außer andern Druckfehlern im Concept des Ex-Mandarin hast gestanden orphische Eyer. D. Faust ist ein wenig naseweise und nachläßig. p. Ich hab ihn bereits beym Pluton deshalb belangt. Die beyde Definitionen sind nichts als Schlußfolgen und ohne die praemissen unverständl.
    Wißen
und
    Thun
sind freylich zwey sehr verschiedene Dinge, aber nicht geradezu das Gegentheil – als durch
    Schuld
der
    Acteurs
.
Wenn
    Wunder
und
    Zeichen
nicht zur
    anschauenden Erkenntnis
gehören: so verstehe ich gar nicht, was sehenswerth ist. Ist es Ihr Ernst, M l. Serotine! Daß man in Berlin nicht Plus und Minus versteht. Sie mögen bey meiner Treu, die weder punica noch prutenica noch Sinica ist, Recht haben – Wie hieß das Wort in Ludovici. Ich hab kein deutsch Kaufmanns Lexicon u. verlang auch keins anzusehen. Wenn Sie mir le Dictionnaire des Finances par M. Pesselier, das Beaumont in den Memoires pour servir à l’histoire generale des Finances (Preface XII.) anführt verschaffen u auftreiben können welches ich seit 3 Jahren umsonst aus Frankr. verschreiben laßen; so bitte es mir zu verschaffen und mit meinem HE.
    Gevatter
dort zu bewahren. Meine Commission geht höchstens bis 15 Thlr ungefehr. Wenigstens bitte mir eine Idée bey Gelegenheit von dem Buche aus. In Eil – Es geht zur Meße.
Erhalten-Vermerk von Nicolai: 1773. 19. Jun. / 27 Sept bean. / Hamann. Kgsberg den 7 Junii 73. HöchstzuEhrender Herr und Freund Ein starkes Flußfieber, das endlich in ein 3tägiges ausschlug – vapeurs gleich den Wolken, die nach dem Regen wiederkommen – meine lectiones cursoriae im Xenophon, womit ich Gottlob! vorige Woche fertig geworden – und mancherley Kleinigkeiten mehr haben mich bisher verhindert Ihnen zu melden, daß ich den 2 May das angenehme Andenken Ihrer Freundschaft und Aufmerksamkeit für mich nebst Dero Zuschrift vom 26 April mit viel Vergnügen erhalten habe. Den M. Sebaldus habe schon 2 mal gelesen und gegenwärtig einem guten Freunde geliehen, bin also sine libro nach dem Sprichwort – auch überhaupt der alten musicalischen Regel noch treu mit dem
    Ende
den
    Ton
      des
    gantzen Stücks
abzuwarten. Der poetische Erfindungsgeist des Herausgebers schimmert bey der flüßigen Simplicität des historischen und recitativischen Styls mir desto stärker in die Augen. Ich zweifele nicht nur, sondern bin auch
    Stock
- und
    Damm
-ungläubig an allen den geschriebenen Urkunden, auf die Sie sich mit einer so ehrlichen Mine beziehen. Als ein Mann von Einfluß und Politick werden Sie längstens die Vorsicht gebraucht haben den HE von Thümmel zu bestechen, um nichts von den Familiengeheimnißen der Wilhelmine zu verrathen, die niemand beßer als er wißen kann. Ja, wenn sich auch der Geist der verklärten Wilhelmine durch Beschwörungen und voces sacras herauf oder herunter locken ließe: so würde doch der bloße
    eiserne
dithyrambische ihr unerhörter Name von Frau Magister Nothankerinn ihre electrische Erscheinung verscheuchen – sed vetant leges Iouis! Wie ist es in aller Welt möglich, daß
    solche
und
    solche
Meinungen in dem Herzen eines so durchtriebenen Crusianers und Bengelisten als Ihr M. Sebaldus den Documenten zu folge gewesen seyn soll, haben wurzeln können. Ich will aber HöchstzuEhrender Herr! aus Freundschaft fidem implicitam jedem Verdachte vorziehen, daß Sie uns irgend eine Uebersetzung von Memoires pour servir à l’histoireannée courante de l’Allemagne litteraire untergeschoben haben. Dem sey wie ihm wolle, so wünschte ich den statum causae zwischen den Lords und ihrem Mr. Amanuensis noch tiefer in der Folge fortgesetzt und entwickelt zu sehen; denn wer ist hiezu tüchtiger als mein Freund Nicolai in Berlin, der in der Theorie und Practick des Handels so wol als in den Geheimnißen der deutschen Autorwelt und Autorschaft ein Rupertus expertus in gradu superlatiuo seyn muß. Was denken Sie von – und was sagen Sie zu – dem apokryphischen Versuche einer Schrift auf Subscription über die Möglichkeit, daß die Gelehrten Eigenthümer ihrer Schriften werden? – Aber um Vergebung, mein Herr! Sie sind mir würklich ein wunderbarer Mann, aus dem man gar nicht klug werden kann. Einem ex-chinesischen Betrüger thun Sie die Ehre an ihm in einem gedruckten Sendschreiben für ein Mst. von 4 Bogen zu danken; und mir antworten Sie keine Sylbe auf meine treuherzige und uneigennützige Anerbietung einer Handschrift, die ich so bald ich Lust dazu bekäme in 4 kleinen Octavbändchen nach dem neuesten Fuß auszumüntzen im Stande bin – Sehen Sie nicht offenbar, daß ich das von andern umsonst gesuchte Geheimnis ein Eigenthümer seiner gelehrten Arbeiten und operum Werke, selbst trotz ihrer Cession und Entäußerung zu seyn und zu bleiben, wirklich besitze. W. Z. E. Doch bin ich Ihnen nicht gut dafür, daß Sie nicht nolens volens Eigenthümer des opusculi en question zu seiner Zeit werden und ichdaß nicht noch mein Name die Ehre haben sollte auf der Rolle Ihrer Fabricanten einmal immatriculirt zu werden. V. R. W. Damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde, eile ich zur Beantwortung Ihrer werthen Zuschrift vom 26 April. Was meynen Sie mit Ihrer Fabel vom Storch und Fuchs? Ohngeachtet ich meine Zeit weiß; so hab ich es mir noch niemals gelüsten laßen Füchse zu fangen. Ich dächte, Sie hätten
    Wind
gnug von den philosophischen Einfällen und Zweifeln gehört, daß ich nicht nöthig hatte die Historiam dieser animalium noch
    gemeiner
zu machen, als sie leider! geworden ist. Wenige Lords sind so glückseelig als mein Gönner, Herr Nicolai, der keinen amanuensem braucht, sondern beyde Naturen des Herrn und Dieners in einer Person führt, ein wahrer autocrator gleich dem Rußischen Adler – Nur Schade, daß er seines Glaubens ein
    Herodianer
– und oben ein einder bitterste Verfolger der armer
    Crusianer
und
    Bengelisten
ist. Um Sie HöchstzuEhrender Herr zu überführen, daß Sie mit einem plaindealer in Geschäften zu thun haben: so war freylich das gantze Ideal eine Elegie im höheren Chor über 5 rth, die mir die leidige Arithmetique politique von einem kümmerlichen monathl. Gehalt entzogen, dafür ich 6 Jahr wie ein Galeeren Sclave, ja ärger als Lucians Charon geplagt worden bin – Quel bruit pour une omelette! werden Sie vielleicht mit jenem starken Geist sagen. Ich muß Ihnen freylich die Ehre haben zu erwiedern, daß ich gegenwärtig dafür desto mehr Ruhe und Muße, wiewol nicht die
    edelste
, zu genießen habe, und so empfindlich mir auch ein so kleiner Verlust unter gewißen Umständen gewesen ist und noch seyn muß, versprech ich Ihnen doch denselben geschwinder zu vergeßen als Ihro HochwolEhrwürden jene gottliche Rechenkunst eines Dorfpredigers, der kein M. Sebaldus Nothanker gewesen seyn muß. – Das Worte
    Zweiß
scheint mir mit dem Wort Zwist nahe verwandt zu seyn; ich hatte es mit dem
    diuerbium
der Römer schon verglichen, ohne aber meiner Sachen gewiß zu seyn. Bey dem Kernwort
    winzig
, das nicht recht nach meinem Gaumen ist, fällt mir eine kleine Anecdote ein. Ein guter Freund von uns beyden bekam einmal den Auftrag Leipziger Lerchen für einen hiesigen Club zu besorgen. Er schickte welche, die von einigen Spaßvögeln für Leipziger Sperlinge erklärt wurden. WeilWiewol ich kein Gast irgend einiger Club bin, und es daher auch damals nicht gewesen: so zweifele ich doch, daß ein Freund von uns beyden eines solchen Autor- und Verlegerstreiches fähig seyn sollte und bin daher geneigter zu vermuthen, daß es
    winzige Leipziger Lerchen
gewesen. Unser HE Lotterie Director Kanter ist noch nicht hier. Ich weiß also nicht, ob ich durch Ihre gütige Vorsorge Dictionnaire des Finances erhalten werde, welches mir um so viel lieber jetzt wäre, da ich in der letzten Ziehung der letzten Hannoverschen Lotterie 100 rth in Golde gewonnen und also mit viel Gemächlichkeit meine Jahres Rechnung im Kanterschen Buchladen, auf die ich schon 4 Wochen u länger warte sogleich abzutragen willens bin, als die
    einzige
und
    letzte
Schuld, die mir noch auf dem Herzen liegt. Sonst weiß ich Gott Lob! keinen einzigen, dem ich noch was schuldig wäre oder bishero geblieben wäre –seyn sollte als ich weis aber nicht wieviel für ein grobes Briefporto einem Freunde, der mir heu! heu! in der Blüthe abgestorben. Der Himmel, mit dem er in seinem Leben sehr freygebig gewesen, erfreue ihn dafür in jener seel. Ewigkeit, die nicht endlich seyn wird, gleich dem Feuer und Weinen der Verfluchten – noch, ich weis aber auch nicht wie viel für agio an Golde unserm Israeliten Mendelssohn. Wie sehr wünschte ich sein Aesculap zu seyn – Kinder machen, Kinder machen, sagte mir ein großer Financier in Pekim, (und zwar dies Wort war für mich gnug, wie oft Sie es unserm Patienten wiederholen müßen, werden Sie beßer als ich wißen) „Kindermachen erschöpft die animalische Haushaltung mehr als Predigen und Bücherschreiben“ – Wozu bedient er sich nicht des mosaischen beneficii
    der Ribbe seines Leibes
einen Scheidebrief zu geben – Statt eines
    Hahnes
bleibt Eer mir den Phädon und den 3ten Theil der philosophischen Schriften schuldig. Grüßen Sie Ihn statt des Agio in meinem Namen so oft Sie ihn sehen und sprechen, Morgens, Mittags und Abends – Das erste Meßbuch, wornach ich greifen werde, wird wol der systematische und beredte Abbé aus Westphalen seyn. Gott gebe, daß er alle Landsleute des Mien Man Hoam am Pranger stellen möge. Sie haben mit ihrem heil. Confucius manchen ehrl. weisen Europäer geäfft und ihm eine Nase gedreht. Die Recherches über die Amerikaner haben mich smehr gereizetgeküzelt als mich die Vorlesungen jenes Bblinden Engl. über die Obptick würden in Erstaunen gesetzt haben. Nun HochzuEhrender Herr! Dieser geschwätzige Brief ist gewiß ein Vorbote meines herannahenden Alters. Die grauen Haare finden sich auch schon an meinen Augenbrauen. An statt eines fontenelleschen: O Sparte! Sparte! werd ich ehstens epigrammatisiren: O Athen! O Athen! – kein Goldwaßer! keine Magentinctur! kein sokratischer Kelch des Heils! Wie übel, und weh und See-siech! O Nauis! referent in mare te noui Fluctus? O! quid agis? Sie werden keine Zeile mehr von mir sehen biß beym nach Empfang Ihres zweyten Theils des M. S. Ich empfehle mich Ihrem Andenken als Ihr aufrichtig ergebenster Freund und Diener Hamann.
Kgsberg den 19 Iulii 773. Verdammter Hintz! Noch keine Zeile von Ihnen erhalten. Ich habe den 20 Iunii geschrieben unter Couvert; wie ich höre ist der Brief erst den 30 abgegangen. Nun dies dient Ihrer Muse zur Entschuldigung, welche gleich den römischen Damen ein Jahrhundert zum Gerüst und Putz nöthig hat. Kortum ist den 30 p. durchgegangen und hat niemanden als L. hier gesehen, auch wie es scheint sich nicht um mich bekümmert. Hätten Sie dem nicht wenigstens den Defect des Bentleyschen Horatzens mitgeben können? – oder wenigstens einen Gruß oder und StaatsCompliment. Ich habe vorige Woche die Oden u Artem poeticam mit ihren 14 Commentatoren p zu Ende gebracht und mache eine kleine Pause durch gegenwärtiges, um mit den Sermonen und Episteln fortzufahren. Machen Sie doch daß ich den Bentleyschen Horatz bald anfangen kann. Wenigstens will ich die Ehre haben der einzige in Kgsberg zu seyn, der diesen Autor ausstudiert. Ihre Volartsche Ausgabe wäre mir auch sehr behülflich, weil ich sie theils nicht zu Ende gebracht, theils sehr flüchtig ansehen vergleichen können. Vergeßen Sie also
    selbigen
nicht beyzulegen wie auch das
    französische Buch über die Bildung
der Sprache – Alles soll ehrlich und gut von mir hier aufgehoben werden, und mit erster Gelegenheit, etwa durch Lindners Bücher erhalten Sie alles zurück – Noch haben Sie mir versprochen
    des Mösers Sendschreiben an den
Vicair
    in Savoyen
. – Von Ihren Verlagsbüchern erwarte vorneml. noch von
    deutscher Art und Kunst
, die mir, wieder alle meine gegenwärtige Costume zu studiren, einen Theil der Nacht gekostet. Cui bono? frug mir ein Caßianer gestern, ist Ihr Studium Horatii. Wozu dient dieser Unrath? – „Bin ich so glückl. erst den
    Geist
des Horatz zu gewinnen, mein Her Criminalrath, so wird es mir an
    Mäcänen
und
    Augusten
nicht fehlen, daß ich die Freundschaft aller
    Sosien
verwünschen kann, zehnmal mehr als ich es gegenwärtig thue
Die Sosier waren das in Rom, was Sie Hintz in Mitau sind oder unser Kanter hier oder Nicolai dort. Leutbetrüger, Windbeutel, circumforanei? – – Behüte der Himmel, es waren lauter ehrliche Leute; galants-hommes,honnetes hommes ihres Jahrhunderts, Verleger guter Freunde und Kunstrichter der horazischen Muse, die ihre triefenden Augen blos dem Verdienste der Sosiorum zu verdanken hat. Sie wißen, daß ich Ihnen das Gelübde gethan Sie mit keinen VerlagsGeschäften mehr auf irgend eine Art zu behelligen – ohngeachtet ich hier mit doppelten Projecten neuer Autorschaft von andern zugesetzt werde – Wann, lieber Hintz! Ich möchte mit dem Rochester schreyen: I’d be a Dog, a Monkey or a Bear Or any thing, but that vain Animal Du meynst einen Autor – lateinischer Schulfuchs! ich aber meyne einen
    Verleger
. Erlaube mir im römischen Duton fortzufahren um Dich durch die Etiqvette einer Sprache zu rühren, deren genium Du niemal erreichen wirst. Du kanst ja nicht einmal ein Blatt unter dem Titel: Lectori Bibliopola! aus Deinen Collectaneen, die Deinen Bauch auslachen, so dick sind sie! schreiben, ohne ein laboriosissimum studium zu begehen oder zu verrathen. Es fehlt Dir schlechterdings an Geschmack, an Sagacität und an politischem Urtheil. Meynst Du denn durch alle die Maculatur das geringste zu Deiner Unsterblichkeit – ja was red ich mit einem L. Calpurnius Piso von Unsterblichkeit? – meynst Du das geringste zu Bezahlung Deiner Schulden durch alle die Maculatur beytragen zu können, worauf Dein Name unter Mitau, Hasenpoth u – – zur bevorstehenden Michaelismeße erscheinen wird. …… Es ist mit der Autorschaft wie mit dem lieben Ehstande; ein
    Himmel
oder eine
    Hölle
auf Erden. Du bist meine andere Hand, auf die ich mein gantzes schimärisches Glück gebauet, und von der ich mir freundschaftlichen Beystand versprochen um einen französischen Bogen zur Welt zu bringen, der in alle vier Winkel Deutschlands fliegen wird, und auf den so viel 1000 Leser mit offnem Maul warten und darnach schmachten, weil sie etwas zu
    bewundern
und zu
    lachen
darinn erwarten finden werden – – Und kommt nichts und kommt nichts! – Liegt die Schuld an mir. Warlich nicht! ich habe an Dir und
    für
Dich gearbeitet; aber Du bist ein undankbarer, unfruchtbarer, verfluchter Boden, wo weder Sonne noch Regen verschlägt. Du mit Deinem Collectaneen Wanst und Dein Jacobäer sind alle aus einem Teige gemacht, von Leim und Thon – gleichwie sich Eisen mit Thon nicht mengen läßt (Daniel II. 43.) eben so wenig verträgt sich mein martialischer Kopf mit dem Madensack seines epicurischen Verlegers! und deßen Lumpendruckers! Nun, lieber Hintz! Ich vergebe Ihnen alle bisherige unverantwortliche Nachläßigkeit und Untreue in einer Kleinigkeit, woran mir unendlich gelegen. Sie mögen es glauben oder nicht; so ist mir alles daran gelegen; und Gott weiß es, wie mir zu Muthe ist, wenn ich an Sie denke! Es geschieht nichts im Verborgenen, was nicht ans Licht kommt – Unser beyderseitiges Betragen wird sich auch sonnenklar entwickeln. Ich mag seyn, wer ich will und was ich will und wie ich will – wenigstens weiß ich, daß ich eben
    so gelehrig als eigensinnig
bin, und eben so
    willig
meinem Nächsten zu dienen als redlich, wenn ich seine Dienste nöthig habe und auf selbige Ansprüche machen kann. Unsere beyde höchsten Schulmeister werden täglich hier erwartet. Mein Schicksal hängt an einem seidenen Faden. Ich habe hier
    gearbeitet
und meine Maasreguln genommen, um wenigstens einen kleinen
    Rückhalt
zu haben im Fall der Noth. Ohngeachtet ich nichts weniger als ein politischer Kannengießer bin: so hab ich doch Anzeigen gnug, daß das gantze System so beweglich, schief, und halsbrechend geht, daß ein kleiner Finger Wunder thun könnte –. Dem sey wie ihm wolle: so bin ich wenigstens ein Mann, der seine Termine hält und setzt. Ich kann nicht eher ruhig schlafen, bis ich weiß ob Jacobäer was macht oder nicht – was anfangen wird oder nicht – ob es an ihm oder an Ihnen liegt. Wenn ich nur wüste, woran ich wäre: so würde ich vielleicht im stande seyn Ihnen mit meinem guten Rath vielleicht behülflich zu seyn. Und ein guter Rath ist in meinen Augen der wahre Probierstein der Freundschaft – Sie sagen mir aber nichts, Sie fragen mich um nichts. Als Autor ist es mir gleichviel was ich in Ihren Augen – bin; als Freund rechne ich Ihnen diesen Defect sehr hoch an, so hoch wie alle Freundschaft zusammengenommen. Sie wißen, daß nach dem an Jacobäern abgelaßnen Briefe ich 6 Exempl. des französischen erwarte: er kein Stück davon austheilen muß, bis auf Ihrer weitern Ordre. Geht das Ding nicht durch: so bleib ich Herr des gantzen Verlages und mache mich anheischig die Unkosten bis auf den letzten Heller zu bezahlen, doch mit so viel Nachsicht in Ansehung der Termine, als ein armer Schuldner von grosmüthigen Gläubigern sich wünscht und nöthig hat. Ich wiederhole Ihnen mein Versprechen Sie mit keinen weiteren Autorgeschäften zu beschweren, wenn es Ihnen so schwer und sauer wird oder so gleichgiltig ist mich zu befriedigen. Ihre Furcht kann nicht so weit gehen als ich die meinige treibe. Es fehlt mir aber auch nicht an Muth – und ich rede hier nicht von Worten sondern von Werken. Büsching soll hier geschrieben haben, daß
    Eberhard
die Predigerstelle in Charlottenburg durch den Geistl. in Schwaben verloren. Ob es wahr ist, weiß ich nicht, und den gantzen Zusammenhang kann und mag ich Ihnen nicht entwickeln. Die Hauptsache werden Sie von selbst errathen können, da Ihnen der sein täglicher Tisch bekannt seyn wird. Ich kann also ohne ein Schwabe zu seyn, bey Α nicht stehen bleiben sondern werde bis zum Ω ausbuchstabiren, ohne mich an alle N. N. sie mögen wes Standes und Würden sie wollen seyn, zu kehren. Sie wißen, was Kanter für mich gethan, und welches ich ihm niemals, ungeachtet meiner gegenwärtigen Entfernung vergeßen werde. Ich glaube daß Sie weiter nichts nöthig haben als die alltäglichen Methoden der Vorsicht im Buchhandel mitzumachen um völlig gedeckt zu seyn und gebe Ihnen hiemit plein pouvoir sich aller mögl. Ausflüchten im geringsten Fall der Noth auf Rechnung des Autors zu Nutze zu machen, der sich niemals geschämt hat noch schämen wird
    unglücklich
zu seyn und der sich mit einem guten Willen in Versuchen über seine Kräfte immer wird trösten können und der kein ander Glück sucht als ein ehrlicher rechtschaffener Mann nicht im epicurischen Verstande vor den Augen des blinden Publici sondern im höchsten Verstande – zu seyn. Schreiben Sie mir doch bey erster Muße, wenn Sie nicht in Pohlen auf neue Ebentheuer ausgegangen sind. Vale et faue. Hamann
Bückeburg den 21 Jul. 773. Ich bin Ihnen, liebster H., einen Brief schuldig, der aber jetzt nichts enthalten soll, als daß ich lebe, gesund u. froh u.
    Selbander
bin. Karoline Flachsland, jetzt mit Ehren zu melden Herder ist der Name meines Weibchens, u. was Ihr übriges Erkundigen betrift, können Sie mein alter lieber Pan leicht denken, daß das Alles nicht so leicht zu sagen.
    Blauaugigt
wie das Himmelszelt, / ein
    schwebender Engel
auf dieser Welt – u. wie das weiter heißen müßte – aber Sie wißen hinten nach macht man keine Verse, da singt man die Vorigen ab u. also lebe ich, wenn Alles
    um uns
etc. etc. wäre, wies seyn sollte, Engelfroh u. frölich. Haben auch von Anfang unsrer Bekanntschaft so viel liebes X. gleich beide gemeinschaftlich erduldet, daß, wie ich glaub u. hoffe, der liebe Gott uns herzlich lieb haben wird u. haben soll, Amen! Und wie nun mit Ihnen? Mein lieber Alter! mit Haab u. Gut, Acker, Vieh, u. s. w. am alten Graben? Ihr letzter Brief war in Vielem Hieroglyphe, u. da ich mir über Nichts den Kopf zerbreche was sich von selbst aufzuklären, Lust hat: so habe ich ihn meiner Frauen, die Sie sehr schätzt, vorgelesen, u. überlaße das Übrige Ihrem weitern Gutbefinden. Und mit Ihrer Autorschaft? Ich bitte nochmals laßen Sie mich
    jetzt
ruhen: Ich habs so sehr nöthig. Die Meinige stockt noch immer, wird aber bald desto mehr losbrechen. Haben Sie „von Deutscher Art u. Kunst“ angesehen? ist auch Etwas von mir darinn, aber alt, auf Reise geschrieben u. kaum der Rede werth. Leben Sie wohl, mein lieber H. u. erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe. Ich lese jetzt nur
    um mich zu ärgern
u.
    auf die liebe Theologia zu studiren
voila tout! Haben Sie
    Wood gelesen
? Er ist ein feiner Herre, u. das ist glaub ich Alles. Ihre Beilage aber zum seel. Sokrates hat mir Leib u. Seel erquickt. Ihr Genius darin ist nicht mehr Flamme, aber Wind des Herrn! sehr durchziehendes Sausen. Inlage doch baldigst zu bestellen. Ihr H. Bode in Hamb. wünscht sehr, daß Sie Seine neue Uebersetzung des Shandy dort protegiren möchten, u. ich glaube, Sie werdens thun. Er hat Klinker u.
    Yorik
übersetzt, u. übers ist im
    Interpretiren
sonst sehr gut, wo er nicht selbst redet.
Den 19 Aug. 773. Liebster Consistorialrath und Freund Herder, Ich bin Ihnen auf Ihre Hanssächsische Knittelverse und Ihr letztes einseitiges Qvartblättchen Antworten schuldig, die ich heute verbitten muß, weil es mir an Zeit und Kopf dazu fehlt. Ihre Entschlüßung zu heyrathen und Ihre Zufriedenheit nach der Ausführung, hat mir viel Freude gemacht. Freylich werd ich wol nunmehro an ein ander Testament denken müßen, und mein kleiner Bastart wird sich nunmehro auf seinen ihm zugedachten Pflegvater wenig Rechnung mehr machen können. – Unterdeßen was will diese fehlgeschlagene Hofnung gegen so viel andere sagen, die alle durch die
    Wahl
der gewesenen Mlle Flachsland zur gegenwärtigen Frau C. R. Herdern entstanden seyn mögen? – Ich will aber alle meine Glückwünsche bis zu einer persönlichen Umarmung aufheben, die unter die süßesten Träume im Paradiese meiner Thorheiten gehört. Vor einer Stunde habe die Nachricht gehört, daß der Layenbruder gestern oder heute nach Petersburg durchgegangen ohne sich um sein Geschöpf, den Magum in Norden bekümmert zu haben. Noch bin ich nicht gewiß, ob ich es ihm verdenken oder übersehen soll. – Der Hauptgrund dieses Briefes bezieht sich auf eine inständige Bitte des Lotterie-Director, meines Gevatters und alten Verlegers; der sehr gern zur Ehre unsers Vaterlandes Sie zu einem kleinen Beytrage an seiner gelehrten Zeitung – und woran ihm noch mehr gelegen, zu einer Wochenschrift aufmuntern möchte. Er verspricht erkenntlich und freygebig dafür zu seyn. Ich kann ihm das Zeugnis geben, daß ich ihm unter 3 Verlegern das Beste gönne und daß er gülden ist, wenn ich alle übrigen für ärger als
    Bley
schelten muß. Ich glaube liebster Freund, daß Sie es diesem Briefe werden ansehen können, wie sehr mein Kopf
    mit
Grundeise geht. – Doch will ich Ihre heurige Ruhe nicht stöhren durch meine Grillen. Die fliegenden Blätter von deutscher Art und Kunst haben mir wider alle meine gegenwärtige Gewohnheit, fast eine halbe Nacht gekostet.
    Etwas
nur von Ihnen darin. Ich meine, das
    meiste
wäre von Ihrer Hand. Melden Sie mir doch, was Ihnen u jedem darin gehört. Das Stück von deutscher Bauart schien mir auch gantz in Ihrem Styl zu seyn. Der Titel zur Klopstockschen Schrift hat mich gantz eingenommen. (Er hat den Hofprediger Lindner zum Collecteur hier gemacht) noch ehe ich das Compliment in seinem Briefe an mich gesehen hatte. Ich habe mein Bestes gethan ihm, hier Subscribenten anzuwerben. Wißen Sie nicht den G. im deutschen Mercur? Er hat mich den Vater der neuen Künsteleyen genannt. Der Vorwurf wegen Schnörkel past zum Gegenstand. Bey Ihrer neuen Autorschaft halte aber eine Verleugnung Ihres
    Styls
für eine wesentliche Bedingung Ihre Absicht zu erreichen. Ihr Gegensatz eines Artztes, der selbst Hülfe nöthig hat, macht mich unbesorgt. Sie können Ihre dithyrambische Schreibart vielleicht ziemlich entschuldigen und rechtfertigen. Die Bedürfniße meiner Dunkelheit werden vielleicht von selbst aufhören. Doch hierüber künftig mehr. Ihr Urtheil über Wood hat mich neugierig gemacht ihn kennen zu lernen. Ich hatte ihn mir ausgesucht mit dem Vorsatz ihn aber nicht eher zu lesen, bis ich Gelegenheit haben würde ihn einbinden zu laßen. Bin noch nicht zur Hälfte gekommen; habe aber mehr Aufschluß über das Original Genie als im gantzen Duff gefunden.
    Oesfeld
und
    Leßing
haben mir sehr geschmeichelt und ersterer wegen seiner Enthaltsamkeit von aller Conseqvenzmacherey u. s. w. bis zur Bewunderung gerührt. Es gehört in meinen Augen eine außerordentl. Ueberwindung dazu sich an dem bloßen Buchstaben zu halten – und alle Leidenschaft bey Untersuchung der Wahrheit und Wiederlegung des Irrthums zu verleugnen. Unter den häufigen Druckfehlern des Schwaben werden Sie das
    Schleich
    Saltz
des
    Plautus
von selbst verstanden haben. Andrer nicht zu gedenken soll es p. 23. anstatt Meßruthe
    Meßtischel
heißen. Es ist eine Legende, die hier durch Briefe aus B. bestätigt worden, daß der sokr. Apologist durch den Schwaben um eine herrl. Pfründe in Charlottenburg gekommen. Seine guten Freunde haben zu meiner Beruhigung zugl. mich versichert, daß seine
    Prediger
gabe sehr mittelmäßig und drunter seyn soll Der Uebersetzer des Klinkers hat mir zu viel Vergnügen gemacht als daß ich an seiner neuen Uebersetzung des Shandy nicht Theil nehmen sollte. Ich erlaube mir aber keinen Einfluß vor der Hand in die Stimme des Volks zu haben Die Oden zu Hamburg bey Bode in deutscher Kunst u Art allegirt sind hier gar nicht zu haben. Es soll eine Arbeit Klopstocks seyn. Die Lettre perdue d’un Sauvage du Nord à un Financier de Pekim ist endl fertig muß aber die Quarantaine und darnach Ihr Schicksal abwarten. Vieles darin im Druck verhudelt. Doch nichts mehr von meiner Autorschaft. – Ich umarme Sie, den Kopf voller Grundeis. Leben Sie glücklich mit Ihrer Hälfte. Ich fürchte mich, bey meiner heutigen und gegenwärtigen Laune – – Leben Sie wol – Adresse: An meinen / Freund, HErn Consistorialrath / Herder Notiz auf der Adressseite: Postrat Leuchsenring in Darmstadt / Verfasser des Journal de lecture / Bückeburg d. 21 Jul. 773
Kgsberg den 21 Aug. 773. Liebster Consistorialrath, und Freund Herder. HE. Dir. Kanter überbrachte mir Ihren letzten Brief sine die et consule, da ich eben an einer hypochondrisch politischen Plage bettlägericht war. Er hat mir heilig versprochen Ihre Einlagen gehörig zu besorgen und heute versichert, daß es geschehen. Ich habe Ihnen bereits den 19 huj. geantwortet, dies Geschmier aber zurückgenommen, weil es nicht abgegangen. Gegenwärtiges wird nicht beßer gerathen, weil mir der Kopf, wie man hier zu Lande sagt, gewaltig mit Grundeise geht. Auf allen Fall bleib ich Ihnen 2 Antworten schuldig auf jene Knittelverse à la Hans Sachsen und Ihr letztes einseitiges Qvartblättchen Sie können leicht denken, daß ich auf Ihre gewesene Mlle Flachsland eben nicht sonderlich zu sprechen bin, und daß ich die Parthie aller der reichen, witzigen und galanten Mädchen nehme, die durch Ihre der ersteren Wahl zur Consistorialräthin Herdern nunmehro ausgeschloßen worden. Dieser Qverstrich durch mein Testament ist eine Sache, die ich nicht so leicht werde verschmertzen können. Doch hievon mündlich mehr, si Diis placet. Mein alter Verleger u Gevatter hat mich inständigst ersucht Sie zu Beyträgen oder Beylagen seiner Zeitung aufzumuntern, auch wo es mögl. wäre zu einem Wochenblatt. Er mag hierüber selbst reden und seine Bedingungen machen. Wenn Sie sich hiezu entschließen könnten, würde mir ein großer Gefallen geschehn, aus bloßer Rücksicht für unser gemeinschaftlich Vaterland. Ich kann auch dem Mann das Zeugnis geben, daß ich ihm unter dreyen oder 4 seines Handwerks das Beste gönne und daß er
    gülden
ist, wenn ich alle übrigen für ärger als
    Bley
kennen gelernt habe. Bey meiner
    gegenwärtigen Lage kann
ich ihn gar nicht brauchen und er mich eben so wenig. Antworten Sie uns doch bald etwas categorisches auf diesen Punct. – Die fliegenden Blätter von
    deutscher Art und Kunst
haben mir in eine Nacht Eingriff gethan, wieder alle meine gegenwärtige Gewohnheit. Ist nicht das Meiste von Ihnen? selbst das Stück von
    deutscher Bauart
? Bezeichnen Sie mir doch was Ihnen, und
    wem
    das
übrige gehört. Der Uebersetzer des Klinkers ist mir ein sehr schätzbarer Mann. Ich werde seinen Shandy etwas mehr als lesen; aber habe keinen Einfluß mehr in die Stimme des hiesigen PubliciDer Titel zu Klopstocks Subscriptions Versuch hat all mein Blut in Wallung gebracht noch eh ich das Compliment an mich in seinem Briefe an den Hofprediger Lindner gelesen habe. Ich bin der erste gewesen, der unterschrieben, ein Büchlein dazu gekauft und auf Werbung ausgegangen bin. Diese Idee ist eines Klopst. würdig, sie mag von ihm behandelt werden, wie sie wolle. Den Wood hatte nach Durchlaufung der Vorrede zurückgelegt um ihn zu behalten und ihn bey Gelegenheit zu lesen, wenn ich etwas finden würde, um ihm einen Band zu geben. Ihr Wink hat mich neugierig gemacht ihn bis auf die Hälfte durchzugehen. Ich habe aber mehr Aufschluß über das Originalgenie in ihm gefunden als im gantzen Duff.
    Oesfeld
und
    Leßing
sind ein paar gute Gewährmänner für des Geistl. in Schwaben Urtheil. Unter den häufigen Druckfehlern werden Sie das
    Schleich
    Saltz
(ein bey den jetzigen Zeiten hier sehr bedeutendes Wort) des
    Plautus
von selbst verstanden haben. Man hat hier einen
    Schleichsatz
des
    Paulus
daraus gemacht. Ohne anderer Kleinigkeiten zu gedenken soll es p. 23. anstatt Meßruthe Meß
    tischel
heißen pp Vergeben Sie mir, liebster Freund, daß ich abbrechen und heute noch kürzer seyn muß, als ich vorgestern geschrieben habe. Ich weiß nicht, was mir fehlt: so ist mir zu Muthe. – – Neben meiner No 758 am alten Graben hat seit 8 Tagen die Kgl. octroyirte Saltz- und See Handlungs Compagnie ihren Sitz genommen. Das Schild hängt schon aus und eine Schildwache wird nächste Woche auch erscheinen. O Tempora! – – Mein Häuschen wird wol ein Appartimentum des Leviathans werden. Diesen Augenblick ging die Bande oder Rotte mein Fenster vorbey! – – O Apoll! nur so viel Licht, daß ich Luft schöpfen kann – Unter diesen Dithyramben oder Hieroglyphen ist es Zeit Sie zu umarmen und mich Ihrer und Carolinchens Freundschaft, so gut ich kann, zu empfehlen. Leben Sie glücklich und zufrieden bis aufs Widersehen. Hamann. Einem Briefe von D. Büsching zu folge und einem zweiten aus Berl. an ein hiesiges berlinsches Frauenzimmer, das hier accouchiren so will, soll der neue Apologist den Verlust der herrlichsten Pfründe in Charlottenburg durch das Pasquil des schwäbischen Nachrichters Fra Pluto verloren haben. Credat Iudaeus Apella. Haben Sie denn den M. Sebaldus Nothanker nicht gelesen, daß Sie mir nicht ein Wort von ihm schreiben. Wie lächerlich ist unsere Erwartung gewesen. Im geographisch-historischen Wochenblättchen u dem deutschen Mercur ist er angenehm gestriegelt worden, wie natürlich; mulus mulum – für meines
    Hänschen
Kram ist dies Buch nicht gewesen.
    Lieschen
hat sich ein Kurzweil damit gemacht. Der Einfall ist so drollicht, daß die Ausführung nicht beßer wie sie ist hat gerathen können. Eine Antwort pro M. Coelio, der sich selbst
    wiederlegt
und
    abstrafen
muß. Stellen Sie sich einmal vor, durch was
    Künsteleyen
und
    Schnörkel
drey so entgegengesetzte und schwere Plane sich in einem flüchtigen Bogen durcharbeiten und durchkreutzen müßen bis zur infamsten Persiflage. Wenn der
    Hexe
    zu
    Kadmonbor
kein Proceß gemacht werden wird: so giebt es in unserm Jahrhundert kein höllisches Feuer mehr – Aber kein Amanuensis in gantz Norden, der dies glühende Eisen anfaßen will. Ich habe nach Ihren Gegenden geschrieben u heute den 21sten Tag umsonst eine Antwort erwartet. Nous verrons – – Die Lettre perdue d’un Sauvage du Nord à un Financier de Pekim ist anstatt zur Ostermeße erst mit diesem Monath jung geworden und hält die Quarantaine bis auf näheren Bescheid, ob sie Erlaubnis haben soll zu erscheinen. Kurz ich komme mit meinen Handlangern nicht vom Fleck. Was aus Henrich Schröders, des berühmten Schullehrers mit einem Auge in der Weißgerbergaße, außerordentl. Betrachtungen über die Orthographie endlich werden wird, bin ich gar nicht im Stande abzusehen. Soll man bey solchem
    Hauskreutz
nicht hypochondrisch und melancholisch werden – ohne ein Carolinchen zu haben, die einem den Schweiß der Nase mit einem baumwollnen oder seidnen Tuch abwischt, ja warum nicht gar abküßt! Wer schreibt die Frankfurter Zeitung? Haben Sie auch sonst einigen Antheil daran gehabt? Die Lemgosche Bibliothek hat mich mit ihr bekannt gemacht. Den 24 Augst. Vergeßen Sie nicht mit den Reliquien Ihres Geburtstages den meinigen zu feyren. Weil mein Brief schwerl. weggegangen seyn wird: so werd ich zufällig veranlaßt noch eine kleine Nachschrift zu machen. Ich bin mit Wood heut zu Ende gekommen. Es hat mir nicht gereut ihn zum Behalten ausgesucht und ihn früher, als ich willens war, gelesen zu haben. Im gantzen betrachtet unterschreib ich Ihr Urtheil, daß er ein
    feiner
    Herr
ist. Was mich aber zu diesem Anhang treibt ist eine andere Schrift. Sie wißen das Testament des Akens über die Theorie der Opfer. Ich hab in Curland 2mal angesetzt ihn zu lesen ohne den Mann verstehen zu können. Ihr Urtheil fiel darauf hinaus, daß dies seine Eclipse wäre. Ich bin meinem επεχειν treu geblieben u habe dies Büchlein niemals aus meinem Sinn verloren. So viel ich mich besinnen kann, gab dieser Bischoff 2 Schriften über diese Materie heraus. Dies ist mir so lebhaft im Gemüthe, daß ich mich nicht überreden kann hierinnen mich zu irren. Ich habe Hintz die Commission gegeben mir diese beyde sich auf einander beziehende Schriften mir zu besorgen. Er hat mir nichts als eine auftreiben können die den Titel führt: Christliche Briefe, über die Theorie der Opfer Stralsund bey Gottl. August Lange 767. Ich habe heute sehr zufällig den Anfang gemacht sie zu lesen und 4 Briefe absolvirt. In der Voraussetzung daß noch
    etwas
dazu gehört, hat sie bisher unter meinen ungebundenen Sachen gelegen. Können Sie mir nicht darüber, liebster Herder, eine zuverläßige und positive Erklärung verschaffen, ob nicht zu diesen Briefen noch ein ander Buch gehört und wenn Sie selbiges haben, bitte mir den Titel davon in extenso herzusetzen. Ungeachtet der Dunkelheit, die ich noch immer in der Meistersprache dieses Autors sehe hab ich eine unauslöschl. Begierde diese Ideen tiefer einzusehen, die mich an meine
    Origines
wieder erinnern. Der Mann hat sich gewiß verstanden und in seiner Schreibart ist nichts affectirtes – und es schmeckt mehr nach der Reise als nach der Schwäche des Alters. Ich bin immer davon implicite überzeugt gewesen – Melden Sie mir doch, oder wißen Sie mir ein Buch anzuweisen, wo ich das Leben dieses Autors finden kann. Für Hamberger ist er zu alt. Beruhigen Sie mich doch sobald Sie können über diese Kleinigkeit, die mir recht sehr am Herzen liegt. Der vor mir liegenden Schrift ist es nicht einmal für mich bisher recht anzusehen, ob es die erste oder zweite ist. Sollte ich mich irren in einem facto, das mir so deutl. vorzuschweben scheint; und sollte der Irrthum daher entstanden seyn daß ich daßelbe Buch 2mal zu lesen den Ansatz gemacht ohne damit fertig werden zu können. Beruhigen Sie mich doch über meine doppelte Scrupel – Leben Sie wohl. Der Layenbruder ist den 17 h. durchgegangen nach S. Petersburg – hat sich im Gasthause doch nach mir erkundigt. Ich habe an ihn geschrieben den 22 – Vielleicht ist er ein
    Mittler
uns zu nähern einander. Gute Nacht, Frau Consistorialräthin! und hiemit Gott empfohlen. Auf der Adressseite Vermerk von Hamann: Der Layenbruder ist diese Woche nach Petersburg hier durchgegangen ohne sich um sein Gemächte, den Magum von Norden bekümmert zu haben. Wißen Sie nicht wer Mr. G. ist im Deutschen Mercurio? Adresse: An / meinen Freund, / Herrn Consistorial Rath / Herder / zu /
    Bückeburg.
Liebster H. Wenn Sie wüsten, wie ich jeden Flick u. Zettel von Ihnen ansehe, würden Sie wahrlich keinen zerreißen. Der weggeworfne Pinsel mahlt immer den Schaum vortreflich, u. Sie sehe ich beinah am liebsten, wenn ich Sie also sehe. Zudem spricht in jedem Ihrer Briefe Ein Wort so tief mit mir – glaubten Sie das so würden Sie mir Ihr Haus ringsum aus dem Herzen ausschreiben. Daß Sie auf meine Lina mit blauen Augen u. braunen Haaren etwas übel zu sprechen sind, daran thun Sie so übel, als Sie unwahr haben. Wenn unter Millionen Eine Weibsgestalt aus meinem Herzen gestiegen, so ists diese; u. so sehr Ssie Sie auch fern in Wolken ansehen muß, liebst. H. ists doch mit so vorläufiger, guter ehrlicher Empfindung, daß Sie sie gewiß für die würdigste Preußin erkennen würden, wenn sie nicht etwas beßers, ehrliches Schweizermädel wäre. Und also seyn Sie auch über das Codicill Ihres Test. außer Sorge zu seiner Zeit. Von D. Art u. K. sind nur die 2te 2. St. von mir u. die Note zum 3ten. Das 3te von
    Göthe
D. Iuris in Frkf. am Mayn, den Sie aus seinem
    Götz
    von Berlichingen
schon kennen oder kennen werden. Ich will Ihnen mit nichts auch hierüber zuvorkommen, aber sagen Sie mir ja, was es bei Ihnen würkt. Ich bin drauf sehr begierig. Ein Ex v. D. A. u. K. sollen Sie haben, u. bald, bald, hoffe ich noch etwas reichers u. beßers. Schaffen Sie doch ja aber, daß mir Ihre Sachen bis auf den geringsten Buchst. überkommen: ich bin so lüstern darnach, als nach einem jungen Sohn. Und
    Hinzen
dörfen Sie nur Ein Wort sagen, so bekomm ichs früher. Ueber den Layenbr. ärgern Sie sich ja nicht. Er hat darinn so karakter. gehandelt, daß er Sie nicht gesehen, als er überhaupt ein ausgeputztes Windmännchen ist, das seine weiße Strümpfe besieht, lügt, witzelt, den Minister spielt, zum Eckel höfl. ist und auch im Gespr. den Majestätschänder macht auf Erden, ohne Ein Fünckchen des Geists zu haben, dem man auch nur im Gespr. das verzeihe. Sonst äußerst höflich, weinerlich, durch Weiberzimmer schleichend u. f. – Sie haben also nichts an ihm verloren. Die Frkf. Zeit. hat ein gewißer
    Merk
, obbenanter
    Göthe
zuu.
    Schloßer
geschrieben (der den Katechism. fürs Landvolk edirt hat u. sich deßen baß freuet) Ich nur wenig dazu geliefert, worüber ich jetzt noch mit Schlotzer nach Jahr u. T. Verdruß bekomme, daß ich fast alle Kritik verwünsche. Habe mich indeß doch wieder verführen laßen, in die König. Zeit. ein Blatt zu setzen, darum ich Sie sehr bitte es zu lesen u. zur Verschwiegenheit deßelben beizutragen – Nochmals aber bitte um Ihre glühende Funken, u. Verspreche dagegen baldigst meine Waßertropfen. Viel Glück u. Trost zu den Zeitläuften, Gruß u. Kuß an Ihre 2. Kinder u. Du Magus aus Norden, sprich ein Wort, daß mein Weib auch bald Eins trage. Umarmung aus vollem Herzen. Herder. Adresse: An / HErn J. G. Hamann Erhalten-Vermerk von Hamann: den 11 Januar 74. erhalten durch HE Kanter.
Copie de la Reponse aux deux billets-doux precedens. Mais je suis paresseux de mon naturel, et ma paresse est assez ingénieuse pour trouver toujours des pretextes dans mes distractions qui sont en effet et fréquentes et nécessaires. Un mage du Nord est peut-être rebarbatif; c’est assez le defaut de ces gens extraordinaires, et pour lors malheur à mes ouvrages de tactique, ils n’echapperont pas au feu et n’auront pas même le merite de servir à la toilette de nos Damoiseaux. Foi d’auteur, je serai à l’avenir plus prompt dans mes reponses; mais ne m’appellez pas Mecéne. L’Auguste, à la garderobe duquel vous souhaitez que votre brochure parvienne, se passe d’un Mecéne. Ce seroit peutêtre un crime d’en vouloir jouer le rôle auprès de Lui. Mecéne avoit de beaux jardins et d’excellens cuisiniers; je n’en ai ni l’un ni l’autre. Et votre lettre perdue et votre Ecce: je les ai etudiés et j’y trouve de l’esprit, de la finesse et de bonnes verités. N’ayez pas peur, que celles-cy bien que dites avec liberté vous causent de l’embarras. Le Salomon du Nord ne lit rien qui exige quelque contention de l’esprit et d’autres ne sentiront pas ce que vous dites. Votre Ecce est clair; je pourrois en faire dans le meme gout, qui sera plus extraordinaire encore. Il me paroit que votre bilan vous donne des inquietudes, quelque mage que vous soyez. L’homme que vous conseilla de debrouiller les origines de votre Patrie y avoit egard; si je ne me trompe. Mais notre Salomon ne se soucie pas de la figure que ses peuples ont faite dans le monde il y a mille ans. S’il s’agit de l’interesser à votre bilan, exercez votre talent sur d’autres objets. Ne savez vous pas par hazard – – – – – Signé Quintus Dabam in museo meo Potsdamii MDCCLXXIII. XI Kal. Oct. Kgsberg den 13 Nov. 773. Diesen Augenblick um 7 Uhr des Abends verläst mich Ihr Freund Merk, der im grösten Sturm es sich hat einfallen laßen vom Roßgarten bis nach dem alten Graben eine
    Wallfahrt
zu thun um den alten Ziegenpropheten in Norden zu sehen – Nun Gott gebe ihm eine glückliche Heimkunft nach seiner Herberge. Ich verlange sein Reisegefährte nach dem Roßgarten nicht zu seyn; nein lieber nach dem Pays le Vaud über
    Bückeburg
um die Frau Consistorialräthin
    Herdern
kennen zu lernen und ihr mit brittischer Freyheit Wangen und Stirn zu küßen. Nun Sie arbeiten vermuthlich an Ihrem Chef d’œuvre, daß Sie Ihrem alten Freund Hamann seit so langer Zeit nicht geschrieben haben. Es sey ein Männlein oder Fräulein: so hoff ich sein Path im Geist zu seyn. Ew. HochEhrwürden werden die Gießkanne für die kleine Pflantze nicht vergeßen und als ein treuer Arbeiter im Weinberge sich weniger um die allgemeine deutsche Bibliothek bekümmern, von der ich das neueste Kupfer unsers Landsmanns gesehen ohne noch den Innhalt gelesen zu haben, der voller Herderschen Solöcismen seyn soll. Ey! liebster Freund! nehmen Sie sich für den alten Henrich Schröder in der Weißgerbergaße wohnhaft zu Pisa in Preußen in Acht, daß er sich nicht in den Sinn kommen läßt außerordentl. Betrachtungen über die Etymologie und Syntaxin seiner deutschen Mutter Sprache zu schreiben. Doch der gute einäugichte Cyclope sieht zu Ihrem Glück über die Rechtschreibung nicht weit heraus. Formido male Ne ego hic nomen commutem meum et QVINTVS fiam e Sosia. Amph. Act. 1. Scen 1. Ich hoffe daß Sie bereits die Lettre perdue d’un Sauvage du Nord werden erhalten haben je suis devenu müßen Sie auf der ersten Seite am Rande verstehen. Nachdem ich lange gnug den Offensiv-Krieg gespielt; werd ich wol andere Waffen und Maasreguln zu meinem Defensiv-Plan nehmen müßen. Als ein alter Schachspieler werd ich wie Ihr
    Nachbar
    mitbedacht
! im Nothfall gewärtig seyn; weil ein Zuschauer immer beßer sieht als ein Mitmacher. Antworten Sie doch unserm alten Schwager, die Postsprache zu reden, der Ihnen Ihr Stillschweigen übel nimmt. Sie kennen dies irritabile genus der HE Verleger unsers Jahrhunderts. Gegenwärtig ist er nach Marienwerder in seinen neuen Geschäften gegangen. Er dient noch als Buchdrucker Geselle, wird aber ehstens zum Meister gemacht werden. An Ihren Freund Bode hab ich vorigen Sonntag einen tollen Brief à la Shandy geschrieben voller Kummer, Verdruß und Sorgen – Entschuldigen Sie mich bey Gelegenheit bey ihm. Ich habe hier nichts zu seinem Vortheil anfangen können; und meine gehabte Verlegenheit ist überstanden. Ich erwarte wenigstens einen langen Pastoral-Brief von Ihnen zum Neuen Jahr, wenn wir das Beyde erleben sollten. Sagen Sie mir selbst auf Ihr schriftstellerisches und kunstrichterl. Gewißen; ob ich dem M. Coelius Serotinus seine impertinente gedruckte Antwort habe schenken können ohne an die privat Beleidigungen zu denken in seinem Handbrief. Ich habe 3 Plane nicht geschickter vereinigen können. 1. in seinem eignen Namen zu antworten u sich selbst 2. für seine mir gegebene Antwort und 3. sein αποριαγκυροβολaeisches Geschenk (wie er mir neulich im Vertrauen gesagt) ein wenig abzustrafen. Weder mein Hederich Ernestinisches Lexicon noch mein Pollux haben dieses Wort; und ich wäre doch neugierig zu wißen wo er es herhätte. Wenn es claßisch wäre; so würd ich es doch in dem erstern wol gefunden haben. In Bremen wird sein
    kindischer
Magister Αποριαγκυροβολαιος heißen. Nun ehrl.
    Pratje
! bald wird die Reyhe an dich auch kommen zu lachen. Ich habe Ihrem Bode geschrieben, daß bey der
    verbeßerten neuen Auflage des
ersten Theils ich wie jener Link-boy über Popens Euphemismum: God mend me! gedacht. Ob Sie und er das Histörchen wißen, steht dahin. Damit Sie aber nicht mehr unleserliches und unverständl. Zeug von meiner erstarrten Faust zu lesen bekommen, will ich Ihnen auf heute eine gute Nacht zur Seite Ihrer liebenswürdigen (relata refero) Hälfte aus meiner Bouteille trinken, die mir so gut als dem Schulmeister in der Weißgerber Gaße sein Pfeiffchen u Kännlein schmecken wird. Vale! Mein Freund Von Kortum ist wirklicher Geheimter Rath des Königs von Polen geworden und einer von meinen Subscribenten zu meinen Opusculis omnibus. Vale! Weil Ihnen dieser Brief kein Porto kostet, mache ich mir kein Gewißen daraus diese Seite leer zu laßen. Sapienti sat! Adresse: Pour / Mon Ami Herder /
    à Buckeburg
. /
    par Fav
.
Hamburg, den 16ten Nov. 1773. In sehr langer, langer Zeit habe ich keinen Brief mit mehr Vergnügen gelesen, als den Ihrigen, mein sehr hochgeschätzter Freund! (Diese Benennung erlaube ich mir, durch unsern gemeinschaftlichen Freund, Herrn Herder.) Ich will Ihnen aber nichts weiter darüber sagen, weil es Ihnen vorkommen möchte, als hätte mich Ihr Lob völlig schwindlicht gemacht; und das möcht’ ich doch nicht gerne von mir
    sagen
, wenn es auch wirklich
    wahr
wäre. Ich wußte Ihre Absonderung von der Welt, als ich Ihren Namen unter die Beförderer meiner Subscription setzte. Da ich von Herder so viel erfuhr, daß Sie es nicht übelnehmen würden, wenn Sie auf der Liste stünden: so that ichs mehr aus Ehrgeitz, als aus Gewinnsucht. Und wenn Sie auch keine Gelegenheit haben sollten, mir einen einzigen zuzuweisen: so habe ich schon mehr, als ich erwartete erreicht, daß es mir Ihre schriftliche Bekanntschaft verschaft hat. Auch den Herrn Profeßor Kant, dem ich nicht die Ehre habe bekannt zu seyn, habe ich auf das Wort eines Freundes, der ihm darüber schreiben wollte, hineingesetzt. Wenn die Kanterische Buchhandlung einige Liebhaber gesammlet hat: so wünschte ich, daß sie mir bald Nachricht davon gäbe. Indeßen bin ich entschloßen zu drucken, wenn ich auch Etwas dabey wagen sollte. Klopstock ist ziemlich weit ins dritte Tausend mit seinen Subscribenten gekommen. Wer sollte das gedacht haben! Die Buchhandler werden bitterböse auf ihn werden. Ich denke aber, die Lust zum Nachdrucken werde ihnen vergehen. Ihre Handschriften, mein sehr hochgeschätzter Freund, sollen mir sehr willkommen seyn, wenn sie kommen. Ich bestrebe mich, nicht unter dem gewöhnlichen Haufen von Verlegern zum Teufel zu fahren. Ich hoffe, Sie verstehen mich, sonst muß ich mit meinem Freunde Sancho sagen:
    Gott versteht mich
! Wie sehr Sie Claudius ehrt und liebt, das glauben Sie nicht! Wenn Sie dem Wandsbecker Bothen einige leser mehr zuweisen konnen, so werden Sie ihn, als den Hauptverfasser, und mich als den Verleger und Nebengänger einen grossen Dienst erweisen. Auch (Sie wißen ja, wir Erdensohne haben an Wünschen keinen Mangel) würden wir zuweilen einen Beytrag von Ihnen, als ein Höchst angenehmes Frauenzimmer, aus dem Monde bewillkommen! Ich habe deswegen nicht ehe geschrieben, weil ich erst erfahren wollte, ob Schmidlin Ihr Packet empfangen, und itzt weiß ich, er hat. Wenn Sie den Mann und seine
    Umstände
ganz kennten: so würden Sie sich wundern, wie er noch
    so viel
leistet. Er hat seit langer Zeit, mit Frau und Kindern ganz allein von Schreiben leben müßen; da bleibt denn nicht viel Zeit zum Lesen, oder gar zum Studiren übrig. Ich brenne itzt vor Begierde Adelungs Deutsches Worterbuch zu lesen. Es wäre unendlich viel, wenn Ein Mann uns ein im hohen Grade gutes gäbe! Ohne Ihre philosophische Muße stöhren zu wollen, Sie um Briefe zu bitten, werden Sie mir es zuweilen erlauben, daß ich Ihnen schreibe. Das bitte ich auch für Claudius, der sich Ihnen herzlich empfiehlt. Glauben Sie mir, daß ich ganz inniglich bin Ihr ganz ergebener J J C Bode Adresse mit rotem Lacksiegel:
a Monsieur / Monsieur
    Hamman
/ sçavant très célèbre / à /
    Königsberg
/ Franco /
Vermerk von Hamann: Erhalten den 4 Xbre 73.
den 1 des Xstm. 73. Ew. Excellenz unterwinde mich noch mit einem Briefe zu verfolgen, der wenigstens so vernünftig und bescheiden seyn wird Dieselben auf Ihrer noch in Norden zu vollendenden Expedition bis nach Dero Heimath zu begleiten und daselbst eine müßige Stunde abzuwarten. Die Verzweifelung und Bestürzung über der falschen Nachricht, daß Ew. Excellenz den 27. p. des Nachts durchgegangen, und die gantz überraschende und gleichsam mir vom Himmel gefallene Freude über Ihrer wirklichen Ankunft haben mein bereits überspanntes Nerven System dergestalt erschüttert, daß ich von einem halben Wahnsinn, (worinn ich an nichts als den treuherzigen Layenbruder denken, sein
    Corpus delicti
und seinen
    deutschen Nationalgeist
habe lesen können –) endlich Gott lob! diesen Morgen glücklich erwacht bin um 3 Bogen feliciter zu cassiren, die ich gestern in momentis, die ich selbst nicht für lucida erkennen kann, angefangen hatte. So viel wird genug seyn auch gegenwärtiges zu entschuldigen. Ich bin leider! ein unwürdiger Augenzeuge gewesen, wie höchlich Ew. Excellenz am ersten Adventssonntage den Preußischen Sabbath durch einen unerlaubten Schleichhandel mit dem Auswurf unserer Küsten entheiligt haben, aber auch zugl. von Dero passiven Grosmuth gegen die Spitzbüberey unserer activen Colporteurs und Hausierer, wodurch ipso facto aller Gerechtigkeit ein Genüge geschehen. Trotz meines altlutherschen Sturmeifers gegen alle
    gute Werke
unserer trautesten Moral und Politick kann ich es nicht bergen, daß der wegen eines Friedensbruchs unsers pr. Sabbats sollicitus reus in eben derselben Stunde einen armen Beseßenen von seinem incarcerirten Haß, Groll und Todfeindschaft gegen alle Excellentzien und Kräfte der Ober- und Unter-Welt halb entzaubert, und durch den Anfang dieser Sinnesänderung vielleicht die Thür seines künftigen Glücks und eines unauslöschlichen Gelächters im Olymp über die vereitelte Schadenfreude unserer Policey Wächter eröfnet hat. Meine beyde Aufwartungen bezogen sich hauptsächlich auf ein Mst. in der Tasche und einen Handel in petto, über die ich mich ohne alle jungfräuliche und schriftstellerische Schaamhaftigkeit nunmehro rein aus erklären kann und will. Ew. Excellenz haben die Gnade gehabt an meiner unsichtbaren Autorschaft den innigsten Antheil zu nehmen und aus einem mir nachdrückl. Winke darf ich Dieselben unter diejenige
    Leser
zählen, deren Beyfall das Oel meiner Lampe werden soll. Ich bin gegenwärtig allem Ansehen nach mit meinem ganzen Offensiv-Plan fertig; und verspreche mir weit mehr Leichtigkeit, im Fall der Noth, mich zu defendiren oder zu rechtfertigen. – Des Sokrates Beruf die Moral aus dem Olymp auf die Erde zu verpflanzen und ein delphisches Oraculsprüchlein in practischen Augenschein zu setzen komt mit dem meinigen darinn über ein, daß ich ein höheres Heiligtum auf eine analogische Art zu entweyhen und gemein zu machen gesucht zum gerechten Aergernis unserer Lügen- Schau- und Maulpropheten. Kurz alle meine Opuscula machen zusammen genommen ein
    alcibiadisches
Gehäuse aus. Jedermann hat sich über die Façon des Satyrs oder Pans aufgehalten und niemand an die alte
    Reliquie
des kleinen
    lutherschen Katechismus
gedacht, deßen Schmack und Kraft allein dem Pabst- und TürkenMord jedes Aeons gewachsen ist und bleiben wird. Der
    treuherzige Layenbruder
hätte mich beynahe zu früh verrathen, indem er gar zu weit und tief sahe. Was die Ungezogenheiten betrift, die er mir vorwarf, so waren selbige gewiß nicht auf ihn gemünzt; sondern seine
    Grosmuth
, von der ich eben so wenig ein Myop als er meiner
    guten Absicht
gewesen, war eben das Aas des Adlers. Wie gesagt, das Mst. war in der Tasche und ich brauch es gar nicht mehr, weil ich meine Absichten zum Theil erreicht habe und ohne selbiges erreichen kann, wenn es ein höherer Wille ist. Es sind wenige Blätter, welche den Himmels- und Nationalstrich nicht verleugnen. Alles ist
    local
und
    individuel
,
das heißt, so abstract als möglich und das gute Ding des Saltzes herrscht mit lakonischer Freygebigkeit. Das Thema betrift meine Finanzen und einen Unterschied von 5 rth. des Monats, die mir von der Arithmetique politique du Siecle sans rime et sans raison gestrichen worden. Es ist im Grunde nichts als ein Brouillon im Weinmonat 72 geschrieben und so alt für mich, daß mir eckelt es anzusehen. Der treuherzige Layenbruder, wenn ihm der Herr und StaatsMinister Zeit dazu läßt, würde diese
    Reliquie
so wie sie ist annehmen, die
    einzelnen Worte
, so mir immer fehlen sollen (gl. den paar Fedr. d’or nach Baumelle an den Monumenten des Phil. v. S. S.) ergänzen und mir bey Gelegenheit einer nicht zu eilen nöthig habenden Depeche den ganzen kleinen casum mit Seinem Consilio Medico en gros oder en detail wieder einhändigen laßen – blos zum Besten meiner künftigen Arbeiten und Lucubrationen, wenn Gott meine Augen dazu erhalten will. Meine übrigen Gründe dies für den Mund eben so süß als für die Verdauung grimmigen Büchleins, wird leicht der Augenschein zum Theil lehren, wenn mich
    meine ganze
    Urtheilskraft
nicht verlaßen hat,
    worüber ich eben so gern wünschte versichert zu seyn
. Ich wiederhole, daß es nichts als ein Entwurf ist, den ich weder mehr ansehen noch ins reinere bringen laßen kann, da mein unglückl. Bruder über Jahr und Tag nicht mehr die Feder für mich ansetzt sondern seine ganze Zeit auf dem Bett oder in seiner Celle zubringt. Gnug über das
    Ziel
und die
    Schule
meiner Autorschaft, die mir köstlicher sind als alle
    Zufälligkeiten
derselben. Von dem Mst. in der Tasche auf den Handel in petto zu kommen: so betrift selbiger den Autor selbst, und zwar in effigie am öffentl. Pranger. Ich traue dem treuherzigen Layenbruder so viel cristliche Liebe und Barmherzigkeit gegen das Werk S seiner Hände, den Magum in Norden zu, als Rizpa, die Tochter Aja und der König David nach 2 Sam. XXI. an den Gebeinen Saul und Jonathan erwiesen. Die ganze geheime Geschichte ist folgenden Innhalts: Eine der seltsamsten Leidenschaften, die sich aus einer Hölle auf Erden für mich in einen irrdischen Himmel, verwandelt, trieb mich von meiner fruchtlossen Wallfahrt zu einer noch weit fruchtlosern nach Curl. und ich war im Begriff alles dem wirksamen und bey mir vorzüglich lebhaften Grundgesetze der Selbsterhaltung alles aufzuopfern. Vor dieser letzten Reise hatte ich den frommen und etwas kindischen Einfall mich für meinen seel. Vater so treu als möglich abmalen zu laßen in puris naturalibus mit einer mir unentbehrl. gewordenen Macht auf meinem von Jugend auf kahlen gewordenen Haupte. Meine treue Hamadryade, die Mutter meiner lieben Kinder, hatte Befehl dieses Bild an meiner Schlafstelle aufzuhängen. Bey meiner letzten Heimkunft nach meines seel. Vaters Tode machte auf dieses Gemählde der jetzige Lotterie Director Kanter als mein doppelter Gevatter gewaltthätigen Anspruch. Dieser treulose Verleger, wie alle seine Brüder, (ohngeachtet ich mit keinem einzigen in meinem Leben im eigentl. Verstande gehandelt) hat anstatt mich im seines eigenen Schlafkämmerchen, wofür ich bestimmt war, mich in seinem Laden, der der gröste in gantz Norden ist, am höchsten Balken aufhängen laßen, wo sich alle Welt über den armen Sünder im Hemde mit verbundenem Kopfe aufhält, ohne zu wißen,
    wie
ich dahinzu gekommen in der attitude eines Narren oder Maleficanten in unserm großen Kanterschen Laden aufgehangen zu werden Wenn Ew. Excellenz aus layenbrüderlicher Praedilection mir die gnädige Erlaubnis ertheilen wollen mit dem Kanterschen Buchladen wegen des Magi in effigie einen Handel zu schließen: so sollen Sie dabey nicht so sehr übervortheilt werden als bey unserm in Börnstein eingefaßten Insectenkram bisweilen geschehen mag. An dem künftigen Schicksal dieses Originals ist nichts gelegen; es sehnt sich blos nach seiner Erlösung von dem hiesigen Pranger, wo es jedermann zum Spectacul hängt. Für ein Dutzend Preuß. Thaler will ich in einem gantzen andern Bilde mit allen Pontificalibus eines Nordischen Magi prangen und im gantzen Kanterschen Buchladen soll von nichts die Rede seyn als von der wunderbaren Metamorphose des hiesigen armen Sünders im Hemde mit verbundenem Kopfe; wenn gantz Deutschland sich ausgewundert haben wird daß der Vater des starken Agathons und der winzigen Musarion auf seine alten Tage der Colporteur eines kleinen deutschen Mercurs geworden. Das Gerücht meiner Verjüngung wird an den Gränzen von Europa bis zu den Ohren meiner bösen Catin kommen, die noch nicht aufgehört die Aspasie, Maintenon und Sevigné meiner Seelen zu seyn. – – Ist sie nicht das erste und einzige Mädchen auf der Welt, das so viel Herz gehabt einen Magum zu lieben und Hofnung zu einer der reichsten Erbschaften haben soll? – Ja sie allein verdient die Mutter meiner lieben, lieben ungezogenen Kinder zu seyn. Allem diesem und unendlich mehrerem zu folge erwarte von Ew. Excellenz die gnädige Erlaubnis zur Uebermachung des TaschenMsts und des Autors in effigie nebst den übrigen Befehlen zur Bestellung Vollziehung und gehörigen Bestellung des Aufgedrungenen. So wie Ew. Excellenz mich am Morgen dieses ersten AdventSonntages micht allen Ihren Ordensbrüdern zieml. ausgesöhnt: so kann nicht umhin Denenselben noch im Vertrauen zu sagen, daß der Anblick des treuherzigen Layenbruders in seiner Pelzkappe mir jenen weidlichen
    Boas
vor Augen mahlte „der nicht ruhen konnte, biß ers zum Ende brachte“ Sollte diese erste Weißagung Ihres Magi eintreffen: so wird seine Muse, die Hexe von Kadmonbor, nicht mehr
    Mara
sondern
    Naemi
heißen. Gott seegne Ew. Excellenz mit dem besten Seegen des Dati meines Briefes und schenke Ihnen viel Ruhe und Freude zum Neuen Jahr im Schooß Ihrer Hohen Familie. Ich ersterbe mit dem tiefsten und herzlichsten RespectEw. Excellenz unterthänigster Hamann.
Auf der Vorderseite: Ohngeachtet ich ein geborner Preuße bin, stamm ich aus reinem deutschen Blute her. Mein Vater war ein Lausnitzer und meine Mutter aus Lübeck gebürtig; in ihrem Hause war jeder Fremdling willkommen, und ich bin in den Sitten Gebrauchen Chroniken und Gesetzen meines Vaterlands mit St. Paulo zu reden, unter allen Sündern und Zeloten der Vornehmste. Wenn mir Ihro Excellence auch bey Ihrer Heimkunft verbieten sollten mehr an dieselben zu schreiben: so sind Sie doch nicht im Stande mir zu untersagen von Ihnen zu träumen. Ich habe mit dem kleinen Junker Hans Michel Mannah vor 4 Wochen die Abrede genommen ihn von einem hiesigen Pauperjungen in der VocalMusic unterrichten zu laßen, und ihm zum ersten Liede aufgegegeben: Beschränkt ihr Weisen dieser Welt! das ich zwar niemals habe Singen auslernen aber wie die Nonnen ihren Psalter par coeur beten können. Und bey dieser mit meinem Knaben genommenen Abrede soll es wills Gott! bleiben. – – – Auf der Rückseite: N. S. Die Correspendence des horratianischen Davus mit dem Mecaenas in Potsdam hat Gottlob! eine sehr glückliche Endschaft erreicht. Ich behalte mir vor die Acten dazu zu suppliren – Ew Excellenz werden noch die Gnade haben den treuherzigen Layenbruder zu erinnern, daß einSein Magus bisher umsonst auf den 2 Theil der Vermischten Schriften gewartet und seine kleine Bibliotheck so viel möglich zu
    ergänzen
wünscht, weil er allekeine Defecten leiden kann und mehr als zu viel zu seinen Fächern dulden muß. Als ein sehr glimpflicher Büßer für diese Unterlaßungs Sünde wird der treuherzige Layenbruder seinem Frankfurter Comissionair die Ordre ausstellen dem 2 Theil der vermischten Schriften, davon ich den ersten just morgen vor 10 Jahren erhalten in einer pappe mit rothem türkschem Papier überzogenen Deckel, noch die
    Beherzigungen
, den
    Daniel in der MörderLöwengrube
und den
    HErrn und Diener
beyzulegen, alle in ähnl. Bande. Das
    Corpus delicti
und den
    Deutschen Nationalgeist
besitze schon. Um meinen Character nicht zu verleugnen, hab ich zu guter letzt mir ndoch diese Ungezogenheiten erlauben wollen, so lange sich der treuherzige Layenbruder auf dem Grund und Boden meines Monarchen aufhält.
HErn / HErn J. G. Hamann / in
    Königsberg
/ am alten Graben / No. 758. / nebst 1. Stück Pumpernickel
Auf dem Briefumschlag von Hamann: Erhalten den 13 Aug. 774 Auf dem Briefumschlag von Pegelow: D. Pegelow abgereiset von / Buckebourg im Monath December 1773. Hier ist ein ehrlicher, aufrichtiger Freund, der als Rußischer Stabschirurgus noch unmittelbar vor seinen stehenden Jahren die Weisheit oder Thorheit gehabt hat, Dienst und Ruhe zu verlassen, zu lernen, zu reisen, Doctor zu werden u. jetzt heimzukehren. Er war in Strasburg zur Zeit meiner Blindheit u. Trübsal mein Landsmann u. Nebenwohner, u. hat nach geendeter Reise durch Frankr. u. Engell. die Güte gehabt, mich hier in den westphälischen Morrastbergen, Eichel- und Buchenwäldern zu besuchen, u. 8. Tage Dach u. Brot mit mir zu theilen. Wollen Sie also einige Worte von Ihrem lebenden Freunde aus dem Munde eines Lebenden hören: so fragen Sie ihn, u. wenigstens hat er den Auftrag, Ihnen ein Stück Westphäl. Pumpernickel mitzutheilen, den Sie eßen werden zu meinem Gedächtniß: u. zur Erinnerung der ersten seligen Zeiten des Viehs u. der Eicheln. Viel Gruß u. Umarmung. Herder
Kgsberg den 27 Febr. 74. GOTT seegne Ihro Excellenz! Ew. Excellenz gnädige Zuschrift vom 6. hui. habe heute vor 8 Tagen des Morgens erhalten, und noch denselben Vormittag die mir anvertraute Einlagen eingehändigt, mich auch zugleich erboten die Antworten bestens zu befördern; aber bisher noch nichts erhalten: daher den dritten Posttag nicht gern versäumen wollen. Noch den selben Sonntag Invocauit, der mir so merkwürdig als der letzte erste Advent bleiben wird, habe für einen Verleger, wie ich den Handel hier einkleiden muste, mit 2 Frdor viel zu reichlich beykommenden Ecce! glücklich losgekauft und ausgelöset, der unter seinem Nasendrücker, wünsch ich, wohlbehalten das Ziel seiner Wallfahrt erreichen möge! Der Waltze diente statt des Füllsels die kleine Handschrift, die abgeredter maaßen, wie ihr Verfaßer, in puris naturalibus erscheinen muß; weil es mir kaum möglich gewesen das Büchlein anzusehen wegen der Nachwehen des Bauchgrimmens, so es mir gekostet. – Wie wol ich seit Jahren meine Hand gänzlich von der Hiesigen Zeitung abgezogen, und fast gar keine, politische und gelehrte, lese noch lesen mag als zufällig, hab ich, durch Umstände hingerißen, auf einmal 3 Recensionen geliefert und 2½ Beylagen von vorn und hinten eingefaßt. Ich hatte noch ein Stück und eine Beylage für dies Jahr besprochen und für diesen Monat fertig gemacht, zum Behufe der Bollingbroke-Hervey-Hunterschen Uebersetzung; aber vergebens! – wenn nicht Gottlob! alle desappointemens meiner kleinen Autorschaft zu neuen ressourcen dienen müsten. In Ansehung des Mst. läuft alles vielleicht auf einen ehrlichen Selbstbetrug hinaus, den ich mich niemals schämen werde zu erkennen. Ich habe mir bona fide eingebildet, daß der Entwurf, so roh er auch ist und zum Theil aussehen muß, weder dem wohlthätigen Staatsmanne gleichgiltig seyn würde, noch dem treuherzigen Layenbruder, der nämlichen Gegenstand aus zween sehr entgegengesetzten Gesichtspuncten behandelt, zu denen ich keinen beßern medium terminum zu finden vermocht, als das prophetische Wort: Nebucadnezar,
    mein
Knecht – worinn auch das punctum saliens dieser
    unzeitigen Geburt
besteht. Sollten Ew. Excellenz bey gelegentlicher Muße und Laune etwas
    pragmatisches
und
    magisches
für Dero Geschmack in diesen Blättern finden; so bitte mir zur einzigen Gnade aus, alles was Ihnen im Lesen einfallen wird, mit flüchtiger sorgloser Feder anzudeuten und mir anzuvertrauen: in welchem Fall ich Handschrift und Beylage mit Wucher als ein
    Gegengeschenck
gelegentlich zurück erwarte, und mich vielleicht so gern wie Naemi neuen Geburtsschmerzen unterwerfen würde, wenn das ungerathene Meisterstück dadurch eine andere Gestalt gewinnen könnte. Finden Ew. Excellenz aber nichts, das dem mir ertheilten Diplom entspräche: so ist
    meine einzige Bedingung
, daß gegenwärtiges einzige Exemplar um so viel mehr und schlechterdings ohne Abschrift, wo und wie es ist, pereat! gleich allen Monumenten menschlicher Eitelkeit. Ew. Excellenz geruhen noch zu meiner Entschuldigung zu erwägen, daß ich ganz unschuldiger weise in die Versuchung verleitet worden bin in dem außerordentlichsten Feyerkleide eines herkulischen Westenhemdes, als Autor zu erscheinen – – und an wen? in aller Welt! soll ich mich schlagen, um wenigstens zu wißen, ob ich so undoder so? – – – als an Den, der in der 7ten Dekade des XVIII. Jahrhunderts den ungeheuren Einfall gehabt einen Magum in Norden zu creiren. – – Kurz, ich kann mich nicht beruhigen, bis ich aus dem Grunde weiß, ob es dem treuherzigen Layenbruder noch so sey, als damals – denn Quid mihi refert Chrysalo esse nomen, nisi factis probo? Plautus in Bach. Ich hätte alle
    Geräthe eines thörichten Projectmachers
nöthig, um mich gegen Ew. Excellenz über meine oeconomische Kleinigkeiten
    ein für alle
    mal
, rein aus, mit scythischer Freyheit und Kürze, zu erklären. Kein Druck ist empfindlicher für mein Gemüth, als ein Geldschuldner zu seyn. Weil ich kein Cardinal von Retz noch Julius Caesar bin: so hat diese an sich lächerliche Verlegenheit den sonderbarsten Einfluß auf mein ganzes Gemüth, das sonst aller Zufriedenheit bereits genüßt und bald mehrerer entgegen sehen kann – Wenigstens ist dies der allerletzte Brief, den ich Lust haben werde und vielleicht auch nöthig haben möchte an Ew. Excellenz über einen so ebentheuerlichen Gegenstand zu schreiben. Die nach der gedruckten Bilanz eines Ex-chinesers auf mein Häuschen ingrossirten 666⅔ rth nebst der Bücherrechnung waren bereits ehrlich bezahlt und glücklich getilgt; als Umstände, die mir weder Vorwürfe noch Schande machen, mich nöthigten 400 fl. pr. auf einen Wechsel von 6 Monathen und bald darauf 600 dito auf einen dito von 12 Monathen von einem guten Freunde aufzunehmen, dem ich den ersten Posten vier Monathe vor der Verfallzeit baar bezahlt, und der sich erklärt keine Zinsen von mir zu erwarten. Folglich besteht meine gantze Schuldenlast außer einer neuen kleinen Bücherrechnung in 600 fl. und etwa den vollen Zinsen beyder Wechsel – die ich keinem im gantzen Lande, selbst nicht meinem leiblichen jüngern für unmündig erklärten Bruder, deßen Vermögen ich als sein constituirter Curator verwalte, schuldig seyn magöchte – noch Rath zu finden weiß – – – – Ew. Excellenz haben mich einer Vertraulichkeit gewürdigt, die mir eben so tief als jedes andere Wort eingedrungen. Daher erdreiste mich mit allem dem Ansehen, deßen ein Magus in Norden nur fähig ist, dem treuherzigen Layenbruder Sein Unrecht vorzuhalten, womit er die Gnade Seines LandesHerrn verschmäht, und sich dadurch das Verdienst entzogen die
    Erstlinge
einer Ihm Selbst entbehrlichen Zulage mit einem armen milzsüchtigen Schuldner zu
    theilen
, der nichts als gerecht zu werden wünscht und sich in keinen andern Operations-Plan seines Glücks jemals einlaßen kann und wird; unterdeßen der wohlthätige Staatsmann an der andern
    Hälfte
jener Zulage das nöthige Lampenöl zu Seiner SchooßNeigung, Sich Selbst in andern wolzuthun, gewonnen haben würde. Ohngeachtet Ew. Excellenz sich mit Freuden der Hälfte einer wolverdienten Zulage das erste Jahr beraubt haben würden und sich freilich keine Rechnung auf einige Wiedererstattung machen müsten: so würde doch diese Mildthätigkeit niemals aufhören in den Augen Ihres Magus ein heiliges Darlehen nach Eccles. XXIX zu seyn und er würde mit diesen Talenten als ein frommer und getreuer und kluger Haushalter gewuchert haben – – – – – um dem Engel des Satans das Maul zu stopfen, der wie ich ersehe, nirgends müßig gewesen das Unkraut der Verläumdung auszustreuen und mit Fäusten zu schlagen ungöttlich – – – So sehr ich mir schmeichle Ew. Excellenz gnädige Zuschrift von allen möglichen Seiten verstanden und gefaßt zu haben; ist mir doch der einzige Umstand des „Mannes, der mich verwichenen Sommer aufgesucht u ausgespäht haben soll“ noch immer eine eiserne Maske. Im Herzen des Novembers giebt es hier keinen
    Sommer
mehr, und der neue Freund im Sturm war kein Nikodemus sondern ein Lügner in omni sensu – wie ich aus manchen u. ziemlichen Praemissen nicht umsonst bekennen und urtheilen muß. Ich schließe mein abscheuliches Geschmiere am Sonntage Reminiscere mit einem herzlichen da Capo: Gott seegne Ihro Excellenz! Amen.
Kgsberg den 21 Märtz 74. Alter und würdiger Freund! HE Prof Kant ist von dem deutschen Almanachschreiber ersucht worden um das Geburtsjahr und den Geburtstag des HE Pastor Neander ersucht worden. Ich habe deshalb den 16 Ianuar a. c. an meinen alten und würdigen Freund den HE Pastor Ruprecht in Grünhof geschrieben, ohne einer Antwort gewürdigt worden zu seyn. HE Prof Kant hat mich abermal einer Antwort wegen mahnen laßen. Können Sie uns diese Nachricht bringen: so würde es mir und Ihm sehr lieb seyn. v. Akens Ursprung der Opfer habe hier von ohngefehr gefunden, kann aber selbige nicht lesen weil ich in den christl. Briefen über die Theorie der Opfer nur bis auf den Bogen E. habe kommen können; denn der Buchstabe F
    fehlt
in Ihrem Exemplar. Bitte mir also diesen Buchstaben F der christl. Briefe nicht zu vergeßen. Von meiner Seite kein Maculatur mehr; so wenig als von Ihrer Seite defecte. – Das übrige, so Gott will, mündlich. All mein Grimm hat sich gelegt gehen sie – Quam mare est olim, quum ibi alcedo pullos educit suos. Ich werde nicht bey Ihrem Anblick brüllen, sondern wie ein Schaaf blöken und hiemit vale‥ J G Hamann, heute genannt Anti-Knaut.
à Monsieur / Monsieur Hintz / Marchand-Libraire / à Mitou. /
    par fav
Kgsberg den 2 April 74. Mein lieber Sokrates Mainomene oder Maiomene Unser Freund Hartknoch hat mir eine große Freude mit Ihrem Commentar über die älteste Urkunde des Menschengeschlechts gemacht, die ich gestern Abend und Nacht durchgelaufen. Ueberbringer Dieses wird der beste Kommentar aller meiner Empfindungen seyn, die gleich jenes evangelischen Beseßenen seinen so einander entgegengesetzt gewesen als Feuer und Waßer – oder bey der Geschichte des heutigen Tages zu bleiben als der Aubergen Caffé, den mir Hartknoch in seinem Gasthofe vorsetzen ließ und der abgezogene Caneelgeist seines Reisegefährten. Ich habe das Monstrum horrendum heute sogl. dem iudici competenti alles Schönen u Erhabenen in die Hände gegeben, damit er es zergliedern soll. Die Göttin Minerva und ihr Nachtvogel stärke und bewaffne sein Gesicht und Gefühl! Die Herren Polonii unsers Jahrhunderts, die nichts als philosophische und politische Giguen lieben, werden vielleicht sagen, daß Herder den alten Hamann aushamannisirt habe. Wir beyde verstehen aber das Ding beßer. Meine Stallmeisterdienste sollen Ihrem spanischen Rittergeiste gegen alle Schlözer und -aner gewiedmet bleiben. Ihre romantische animalcula und die Räder meiner Sprichwörter scheinen für einander gemacht zu seyn – Die Galanterie Ihres Verlegers, liebster Herder, mir das Aushäng Exemplar vermacht zu haben, dispensirt Sie gar nicht von einem förmlichen Geschenke eines sorgfältig durchgegangenen und für meinen captum durch Anführung der
    Qvellen
und
    Stellen
zubereiteten Exemplars – Dem Sie Ihre
    Preisschrift
und die kleine Samml von
    deutscher Art u Kunst
beyfügen wollen. Ihren drittehalb Beylagen zu Gefallen habe ich dies Jahr 3 Recensionen gemacht. Erstere langten hier medio Ianuarii an. Ich habe mir einige kleine Änderungen erlaubt, ein Exordium und Exitum. Unser Gesichtspunct u Horizont ist zu entfernt und verschieden um sich vergleichen zu können über gewiße Dinge. Beynahe möchte ich wünschen, daß Sie keinen einzigen Beytrag zu keiner Zeitung noch irgend einem andern periodischen Blatt liefern möchten. Sagen Sie mir doch ums Himmels willen, haben Sie Antheil an Knaut. So viel innere Merkmale und kein äußers Ihres verwünschten rothdeutschen Styls. Ich möchte im Herzen darauf schwören und habe noch bisher kein Herz gehabt es mit dem Munde zu bekennen; aber hier sagen es alle gute Freunde so laut und zuversichtlich, daß ich mich meiner sceptischen Epoche schäme. Wenn Sie mir aufrichtig berichten so will ich allem Gerüchte laut wiedersprechen. Ich erwarte also Ihr vermehrtes und durch Marginalien erläutertes Exemplar um mit rechter application den Commentar zu lesen – und mich darüber so viel es mir mögl. ist, zu erklären. den 3 April. Am Ostertage Mein gantzes Haus ist beynahe krank. Es wird sich also schlecht schreiben laßen. Im Knaut schimmert Ihre Praedilection an Beattie u der Unzerschen Physiologie durch. Sollte es auch der Götze von Berchelingen seyn. Den 11 Ianuar. brachte mir Kanter Ihr Billetchen
    sine die et consule
.
Weiß also nicht wie alt es geworden. Den
    treuherzigen Layenbruder
habe den 1. Advent kennen gelernt. Er hat alle meine Erwartung erfüllt und bisher ist unsre Freundschaft gewesen wie zwischen Alcibiades u Sokrates. Gesetzt daß er gegenwärtige Feuer Probe nicht aushalten sollte – um aus dem Grunde zu wißen, ob er die
    Wahrheit
liebt und auf die Ehre oder den Ruhm eines
    wohlthätigen Staatsmanns
, der zugl. ein
    treuherziger Layenbruder
noch bis auf den Sonntag Reminiscere hat seyn wollen, mit Fug Anspruch machen kann. Er mag für andere seyn was er will, wenn er nur für mich ist, was er bisher gewesen, und fürauf den
    entstehenden
Fall würde ich auch gleichgiltig seyn und mich damit trösten, daß alle Menschen Lügner sind. Aber Ihr Freund, was ist mir an seinem Namen gelegen, desto beßer für ihn, wenn ich ihn auf immer vergeße – ich glaube daß ich ihm gar ein paar Zeilen an Sie mitgegeben habe – und in der Freude meines Herzens ihm zu Gefallen an den anti-sokratischen Apologisten schrieb – auch ihm gar meine kleine politische Angelegenheiten in B. anvertraute, – und der sich selbst anerbot mir zu schreiben u. s. w. Diesen Mann halt ich nicht nur für den grösten Belletristen, Virtuosen, Scheerenschleifer, – ja für etwas ärgers als einen Frankfurter Recensenten, dem ich die Augen auskratzen möchte, wenn er sich noch einmal unterstünde bey meiner Lebenszeit Kgsberg durchzureisen. Ich merkte gleich Unrath, da er mir 3 mal mit seiner verfluchten Distinction zwischen Menschen und Autor – und religiosen Gesinnungen ins Gesicht schlug. Beruhigen Sie mich doch in Ansehung des Knaut, wenn Sie den Verf. davon wißen – und ersetzen Sie Ihr bisheriges Stillschweigen durch einen so langen Brief als ich willens war Ihnen liebster Herder zu schreiben ohne Ruhe und Kräfte dazu zu haben. Was macht Ihre liebe Hälfte. Haben Sie auch Hofnung bald Früchte und Zeugen Ihrer wechselsweisen Liebe zu sehn? Ich schmeichle mir noch immer mit der Hofnung Sie, der Himmel weiß, wo? und wie? zu umarmen. Bisweilen kommt es mir vor, daß ich noch nicht zu alt bin so rasend zu halten als meinen Freund Herder zu commentiren. Und actio, actio, actio ist immer das Heiligtum meiner Kabbala und Philologie seel. Andenkens gewesen. Mein Plan ist gewesen diesen Sommer nicht die Feder anzusetzen und fast nichts zu lesen, mich allem gelehrten Vorwitz zu entziehen und mit meinem Hänschen alle müßige Stunden im Spatzierengehen zuzubringen. Meine Gesundheit und besonders mein Kopf scheint durch ein verdicktes Blut sehr zu leiden. Ich lebe wie in der Wüsten. Aller Umgang ist mir unausstehlich und ohne Geschäfte sehe ich weder Menschen noch Bekannte. Habe keinen einzigen Freund – als an Lindner ein analogon und Saltzsäule der Freundschaft. Alles was von der Sympathie jemals gedichtet worden, schien ich beym Anblick des treuherzigen Layenbruders zu erleben. Wenn alles Illusion gewesen; so wird mir sein Andenken nicht aufhören heilig zu seyn. Sapienti sat. Unser Freund N. wird Ihnen wol sein Schreiben an die Hexe zu Kadmonbor übermacht haben; so wie der alte Landsmann Heinrich Schröder seine Apologie des Buchstaben. Die lettre perdue werden Sie durch Hartknoch oder Hintz erhalten. Letzterer wird Ihnen meine Uebersetzung vermuthl. besorgt haben. Die Beyl. dazu wird hoffentlich der ehrl. Tristram Bode besorgen. Ich habe so viel geschmiert, daß ich mit gutem Gewißen ausruhen kann. Neu, treu und frey sollte meine Uebersetzung des N. T. werden, in der ich mit Johannes anfangen und dem Geschichtsschreiber Lucas aufhören würde. Noch nicht eine Zeile dazu angesetzt, und ich weiß nicht ob ich diesen Einfall jemals ausführen werde; eben so mit meinem lutherschen Katechismus, den mein 4½jähriger Sohn nach allen 6 Hauptstücken bereits gekonnt, aber durch seine gegenwärtige Unpäßlichkeit vergeßen haben wird. Pisa-Kapernaum. Fritz u Orlov scheinen gewetteifert zu haben das Brodt jungen Hunden auf Kosten ihrer Landeskinder aufzuopfern. Vergl. Jesai. XXX. 33. u XXIV. 16 Thren. IV. 7. 8. zu den übrigen Stellen meines exitus à la Mosaique. Ihr abentheuerlich Auftritt hat mich in eine Unruhe versetzt die mir weißagt – daß ich dem Plan meiner Ruhe nicht gantz treu bleiben werde, und ich winke mir selbst aus Ihrem Horatz zu oder sehe mir einen winken, welcher mir raunt: Spectatum satis et donatum iam rude quaeris, – iterum antiquo me includere ludo. Gott seegne Sie an Brüsten und Bäuchen – küßen Sie Ihre liebe Frau und erbauen Sie Ihre Gemeine ohne das Publicum Ihres Jahrhunderts gantz zu vergeßen. Begegnen Sie letzterem aber nicht gar zu sehr en canaille. Kurz schaffen Sie Ihre eigene und anderer Seeligkeit, so weit selbige in Einsichten besteht, mit Furcht und Zittern. Ich umarme Sie mit der freundschaftlichsten Innbrunst und ersterbe auf meinem Leßingschen Lehnstuhl beym Untergang der Sonne und des Lichts meiner Augen Ihr alter Liebhaber und Kunstrichter Hamann. Nun, mein lieber Herder! Ungeachtet meines feyerl. Abschieds mach ich mir ein Gewißen daraus diesen Bogen zu halbiren. Noch eine Grille in petto die ich Ihnen anvertrauen muß. Sie kennen eine Apologie des Freymäurerordens vielleicht die in Kanters Verlage ausgekommen. Dieser Apologist lebte hier ein Jahr auf des Verlegers Großmüthigkeit, die das Seinige dazu beytrug ihn zum zweyten Oberhofprediger zu machen. Er hat eine elende griechische Historie aus dem Fr. übersetzen wollen, die aber zu gutem Glück in Stecken geblieben. Er gab hier auch den Anfang philologischer Commentationum im kennicottschen Geschmack heraus und hat ein lateinisches Exercitium de Aeschylo an seinen guten Freund Klotz drucken laßen. Ich hatte die Neckerey diese Commentationen zu recensiren u Kypke gab mir Stoff. Er war gleich mit einer Bogen langen Antwort fertig und ich zog meine Recension aus Klugheit und Achtsamkeit zurück: so wenig furchtbar mir auch seine Antwort vorkam. Dieser Mann kam aus Petersburg wo er mit Büsching bekannt geworden war, ist ein Schüler Michaelis, mit dem er sich aber entzweyt haben muß. Hat eine Zeitlang in Paris zugebracht, und nicht ohne Nutzen als Bibliothecarius auch große Versuchung gehabt sein Glück daselbst zu machen. Sein Name ist
    Stark
und ist eines mecklenburgschen Raths Sohn. Dieser Mann hat den 24 Mart. pro loco Prof. Theol. ord. disputirt: Tralatitia ex Gentilismo in religionem Christianam. Dies ist sein Steckenpferd und er hat oft mit mir von Boulanger’s Christianisme developpé geredt als einem seltnen u merkwürdigen Buch. Wenn Sie etwas von diesem Buch wißen, oder mir anzeigen können ein Journal, wo es angezeigt worden, um einen Begriff vom Innhalt zu haben wär es mir lieb. Ehe er an diese Disput. sich machte, ersuchte er mich etwas aus meiner Bücher Samml. ihm zu leyhen. Ich gab ihm den
    Pfanner
u ein paar Kleinigkeiten, weil mir das gantze Thema so jugendl. vorkommt als die Monadenlehre in meinen akademischen Jahren. Ohngachtet er mir keine Disputation hatte zukommen laßen, schlich ich mich gantz wieder meine Sitten ins Auditorium maximum und hatte die Zufriedenheit den D. Lilienthal über die 2 ersten §§. opponiren zu hören der ihn lauter Unrichtigkeiten und Unwißenheit der von ihm angeführten Qvellen überführte. Er hatte sich gegen Lindner deßen Beschluß ich blos hören konnte so kraus gemacht und suchte so seicht seinem zweyten frommen Gegner auszuweichen, daß ich alle Gedult verlor und aus dem Tempel lief. Er ist gegenwärtig Bräutigam von D. Schultz letzten Tochter und ohngeachtet dieser Umstand seine Zerstreuung u Vergeßenheit des Decori sattsam entschuldigen könnte; hab ich doch große Lust diesen katholischen Pfaffen zum Proselyten des von ihm immer gespotteten und verlachten Luthers zu machen. Diese Disput. enthält blos den ritus; eine zweyte soll die Dogmata in sich schlüßen. Er redt immer wie in der Freymäurerapol. von der doctrina arcana. Der Mann schreibt ein zieml. gentilisch tralatitisches Latein und ist darinn ein commilito b. Klotzii; aber das ist auch alles. Sonst hat er weder den geringsten Verstand vom Heidentum und Christentum, und ist bey einigen guten Gaben ein fauler Bauch, wie Paulus von den Kretern u Luther von den Mönchen sagt. Seine dogmata dürften wol niemals erscheinen; aber wie leicht würde es ihm werden die Lehre der Menschwerdung, Versöhnung der Heil. Dreyeinigkeit als Reliquien des Heidenthums zu behandeln. Wenn ich es nicht vergeße, werde ich Hartknoch erinnern, daß er Ihnen diese Starksche Disputation mitbringt. Sie verdient blos als ein national product einige Aufmerksamkeit, im Grunde ist es eine Waßerblase. Ein würdiger Nachfolger u Nachahmer des Qvandten. Biß ich erst diese Grille diluirt habe, ob? und
    wie
? liegt mir noch immer etwas auf dem Hertzen. Ich wollte gern die Sache mit so lachendem Muthe als mögl. abmachen und bin noch zu warm darzu. Soll ich noch dies halbe Blatt abreißen? Verdient es wol daß Sie es lesen und entziffern. Quod scripsi, scripsi. Es ist ein Selbstgespräch zwischen Ich und Du. Sie sehen daraus daß meine gantze Seele so empfindlich als mein Auge ist undoder meine Luftröhre – O du leidige Einbildungskraft eines Hypochondristen, der Kameele verschluckt u an Mücken erstickt. Vor allem Uebel, besonders dem physiologischen, behüt uns lieber Herre Gott! Kyrie Eleison. Amen. Schreiben Sie mir nicht mehr sine die et consule, und wenn Sie der lieben Fr. Consistorialräthin noch gut sind, oder Sie Ihnen, grüßen Sie und küßen Sie dieselbe iterum iterumque. Stehen Sie noch in Verbindung mit Leßing, den Sie, wie ich höre, in Hamburg haben kennen gelernt? Der ehrl. Mann nimmt sich auch der guten Sache an. Ich bin ihm zum ersten mal recht gut dafür geworden. Ihr Freund Lavater hat an Kant geschrieben und auch wie ich höre, an Sie gedacht. Ich habe den Brief nicht selbst gelesen. Der Verf des Musenalmanachs hat auch an Kant geschrieben und auch wo ich nicht irre, an mich u Pastor Neander gedacht. Denken Sie weniger an mich, lieber HE Consistorialrath, aber schreiben Sie mir desto fleißiger. Erlauben Sie mir dafür fleißiger zu denken als an Sie zu schreiben Denn Sie sind der Feder gewachsener, um eine gute Handvoll Jahre jünger vielleicht auch müßiger nach Ihren παρεργοις zu urtheilen. Ein junger angehender Schriftsteller hat sich bey 3 hiesigen Belletristen ohne befriedigt zu werden erkundigt, ob
    versichern
nicht so gut den Accus. als Dativum regieren könne und bitt sich Ihr entscheidendes Gutachten über diese grammaticalische Gewißensfrage aus. D. Starck sagt in seiner Disputat. pro gradu immer εν εδαφω. Ich frug ihn, wo das herkäme, daß er εδαφος nicht nach der dritten Declination behandelte. Er berufte sich auf D. Semmler, der dies Wort immer so brauchte. Quaeritur ob D. Semmler in dieser etymologischen Kleinigkeit kanonisch ist? Die Bedeutung selbst des Worts εδαφος für Urkunde und fontem ist mir zieml. unbekannt. Ich sollte eher meynen daß es sedem loci oder so etwas ähnl. bedeute. Wenn Sie nicht soviel griechisch als jen der Pastor in Liefl verstehen: so trau ich Ihnen doch ein gut Theil mehr als mir selbst zu Sagen Sie mir doch die Schrift wo Semmler immer εν εδαφω vom
    Grundtext
redt. Ich habe von dem ehrl. Mann nichts als seinen Canon gelesen, der mich bitter u böse gemacht hat gegen seine rohe unverdaute Belesenheit. In Ansehung des Pauw u Schmidt der Aegyptier denken wir auch als Brüder. Klopstocks Meßiade lese jetzt (näml die letzte Hälfte) zum ersten mal. Wahrlich es sind gar zu viel Stellen die nach dem Amadis de Gaule u den Romans de Scudery schmecken. Noch ein à propos? Können Sie mir nicht den Verf. der vor einigen Jahren herausgekommenen
    romantischen Briefe
sagen. Ich erinnere mich sie mit mehr als halbem Beyfall damals gelesen zu haben. Kamen S sie nicht bey Nicolai heraus? Beantworten Sie mir ja alle meine kleinen Anfragen, weil mir an allen gelegen. Nach verrichter Arbeit werde mehr schreiben. Auch Winke in Ansehung des Mannes, an den Sie mir neul. gedacht, werden mir
    brauchbar
    seyn
, denn es hat mir immer eben soviel daran gelegen Menschen als Bücher zu kennen, mich als meinen Nächsten. Vergeßen Sie Ihr Vaterland nicht und Ihren Freund. Der Himmel erfüll von unsern Wünschen so viel als uns gut ist. – Guten Abend! ad arma!
den 6 April 1774.
    Der Forscher der ältesten Urkunde
hatte die berühmte Hermesfigur ⨂ welche die Verkürzung der in Punkten vorgestellten Figur der regelmäßigen Sechseks seyn soll · ·    · · ·    · · (deren siebenter Punkt der Mittelpunkt ist) mit der Mystik der Zahl sieben im Alterthume endlich auch mit denen sieben Tagen der Schopfungsgeschichte verglichen und da
    Hermes
nicht eine Persohn sondern der erste Grundris aller menschlichen Wissenschaft zu seyn scheint so stellete sich ihm die Eintheilung der gantzen Schopfung zusammt dem Andenken des der sie gemacht hat auch in einer solchen Figur dar. 1 Licht 2       3 Himmel    Erde 4 Lichter (Sonne, Mond, Sterne) 5           6 Himmels- (Luft u Wasser-)     Erdgeschöpfe 7 Sabbath. Jetzt sahe er dieses Capitel nicht wie eine Geschichte der Welterschaffung sondern als einen Abris der ersten
    Unterweisung
des Menschlichen Geschlechts an mithin als eine Art von methodo tabellari deren sich Gott bedienet hat die Begriffe des Menschlichen Geschlechts vermittelst einer solchen Eintheilung der aller Gegenstände der Natur zu bilden daß die Erinnerung einesr jeden Classe derselben vornemlich ihrer an einen besondern Tag geheftet wurde worunter der siebente welcher den Abschnitt machte das Gantze zu befassen dienen konte. Hie habe nun Gott die Figur den oben vorgestellten allbedeutenden Schriftzug, keine aegyptische sondern unmittelbar göttliche Erfindung mit der Sprache verbunden und Schrift so wohl als Sprache hätten sich in diesem ersten göttlichen Unterricht vereinigt woraus nachher alle menschliche Erkentnis abgestammet sey. Die
    älteste Urkunde
ist seinem Urtheile nach nicht das erste Capitel der Bücher Mose selbst sondern denn dieses ist nur die richtigste Vorstellung der göttlichen Lehrmethode sondern es enthält die tradition von der Art wie alle Völker der Erde ihren ersten, Unterricht bekommen haben und welche mehrere Völker ein jedes nach seiner Geschlechtslinie aufbehalten hatten. Indessen wenn Moses uns den Sinn besser aufbehalten hat so hat man den Aegyptern allein die Aufbewahrung der
    Figur
zu verdanken welche als der Anfang aller Schrift unmittelbar aus der Hand Gottes gekommen ist. der Nutze der Wochabtheilungen wird hiebey vornemlich an der Einführung des Sabbaths gewiesen eigentlich nur in so fern sie dazu dienen solte alle die mitgetheilte Elemente der Erkentnis aufzubehalten und zu erinnern zugleich aber auch um ein Zeitmaas zu seyn imgleichen die einfältigste Vorübung in Zahlbegriffen. die Figur diente das Feld der Meßkunst zu eröfnen pp. Diese Figur die mystische Zahl Sieben die tage der Woche pp sind nun als das allgemeine Denkmal des ersten Unterrichts welchen GOtt selbst den Menschen gab von verschiedenen Völkern nach jedes seinem Geschmack in allerley symbola eingehüllet worden Moses kleidete das Denkmal in die allegorie der Schöpfungsgeschichte. Die Griechen in die Lautbuchstaben α ε    η ι ο    υ ω Die Leyer mit den sieben Tönen. die Theogonien der Phoenicier u Aegypter, selbst die Figur der Pyramiden u Obelisqven war nur eine etwas veränderte abbildung von jenem heiligen Monogramm ⨂ dem Schriftzuge Gottes und dem a b c Brette der Menschen. Wie sich die Wissenschaften z. E. Astronomie vergrößerten so disponirte man unter andern die vermeintliche 7 Planeten nach dem uralten Modelle. Alle Autoren welche davor hielten jenes große Symbol wäre von diesen 7 Planeten von den 7 Thönen innerhalb einer octav pp entlehnt irreten gröblich. die Geschicklichkeit sieben u weiter zu zählen imgleichen alle andre Erkentnis und Wissenschaft ging
    vielmehr von demselben aus
, u.s.w. Wenn Sie werther Freund meinen Begrif, von der Hauptabsicht des Verfassers, worinn zu verbessern finden so bitte mir Ihre Meinung in einigen Zeilen aus; aber wo möglich in der Sprache der Menschen. Denn ich armer Erdensohn bin auf die zu der Göttersprache desr
    Anschauenden Vernunft
garnicht organisirt. Was man mir aus den gemeinen Begriffen nach logischer Regel vorbuchstabiren kan das erreiche ich noch wohl. Auch verlange ich nichts weiter als das thema des Verfassers zu verstehen denn es in seiner gantzen Würde und mit Evidentz zu erkennen ist nicht eine Sache worauf ich Anspruch mache. Kant.
P. P. Gleich nach Empfang meines Buchs habe selbiges zu meinem Freunde dem D Lindner gebracht, und ich bin nicht im stande das mir mitgetheilte Skelett als nach einer genauen Vergleichung zu verstehen und zu beurtheilen. Vor der Hand theile meinen Begriff von der Hauptabsicht unsers Autors ohne Buch und aus den bloßen Eindrücken meines Gedächtnißes mit, in folgenden Puncten: I. Die mosaische Schöpfungsgeschichte ist nicht von Mose selbst; sondern von den StammVätern des menschl. Geschlechts. Dies
    Altertum
allein macht sie uns zwar
    ehrwürdig
; aber verräht zugleich die wahre
    Kindheit
unsres Geschlechts. – – – – II. Diese Origines sind kein
    Gedicht
, noch morgenländische Allegorie, am wenigsten ägyptische Hieroglyphen: sondern eine historische Urkunde im allereigentlichsten Verstande – ein ächtes
    Familienstück
– ja zuverläßiger als das
    gemeinste physicalische Experiment
. III. Diese mosaische Archäologie ist der einzige und beste Schlüßel aller bisherigen Räthsel und Mährchen der ältesten morgenländischen und homerischen Weisheit, die von jeher implicite bewundert und verschmäht worden ohne jemals von den naseweisesten und kriechendsten Kritikern verstanden zu seyn – das aus dieser Wiege des menschl. Geschlechts zurückgeworfene Licht erhellt klärt allein die heil. Nacht in den Fragmenten aller
    Traditionen
auf. Hier liegt der einzige zureichende Grund von der unerklärlichen Scheidewand und Veste wilder und cultivirter Völker. IV. Um jeden geneigten Leser mosaischer Schriften ihren ursprünglichen, einfältigen, überschwenglich fruchtbaren Sinn wiederherzustellen, gehört nichts mehr dazu als alle Festungswerke der neuesten Scholastiker und Averroisten, deren Geschichte und Verhältnis zu ihrem Vater Aristoteles zum klärsten Beweise und Beyspiel dienen kann, zu sprengen, niederzureißen u.s.w. Dies hat mein Freund Herder gethan nicht mit der todten Kritick eines ErdenSohns wie Longin, den der Blitz eines einzigen mosaischen bon mots auf der Stelle rührte, sondern mit der
    Eroberungswuth
, an deren Grosmuth ich eben so viel Seelenweide gefunden als unser Criminalrath der große d Menschenfeind † † † Hippel an dem Ludergeruchschmack eines gebratenen Hasens. Dies ist zugleich die Punctation einiger Bogen, die ich mir vorgenommen, HöchstzuEhrender Herr Professor Ihrer Censur als einem Iudici competenti des Schönen und Erhabenen, wie ich bereits an meinen Freund Herder vorläufig geschrieben, zu unterwerfen. Ihr Imprimatur wird unsern Freund, den Buchdrucker zu Marienwerder bewegen so wol zum Verlage als zu der politischen Klugheit keinen Schriftsteller nach seinem Actien-System, das der Himmel am besten kennt zu beurtheilen Vor der Hand kommt mir das Autorverdienst unsers Landmanns so entschieden vor, daß ich mit gutem Gewißen rathen kann als ein schöpferischer Kopf von seiner Arbeit zu ruhen, und seine Ruhe wird Ehre seyn. Ich würde noch zeitig gnug erscheinen mit meiner Arbeit, wenn die ingenia praecocia unsers kritischen philosophisch-politischen Jahrhunderts ihr Pulver und Bley ein wenig verschoßen haben, ohnedem da sich von ihrem Vorrathe ein ziemlich genauer Ueberschlag machen läßt. – Daß unsere die theologische Facultät uU. L. F. Albertine aber einem römisch-apostolisch-katholischen Ketzer und Krypto-Jesuiten den Doctorhut ertheilen können – und daß dieser in der deutschen Apologie seines Frey-Ordens und in einer Dissertatio deren gantzer theologisch-historisch- antiquarischer Wust in verbis tralatitiis ex Gentilismo praetereaque nihil besteht, auf Einsichten in die disciplinam arcanam des Heidentums ohne die Katechismuslehren des Christentums einmal zu kennen, Ansprüche machen darf; dies sticht mir in meinen Nieren – Ich weis nicht, ob mein vterus zu Zwillingen Raum haben wird, und diese Frage kann niemand als ein ΣΩΚΡΑΤΗΣ ΜΑOΙΝΟΜΕΝΟΣ Υ Oder ΜΑΙΟΜΕΝΟΣ beantworten. Am alten Graben den 7 April. 74. Lavaters Brief u übrige Kleinigkeiten habe nicht erhalten. Hamann. Adresse:
Des / HErrn Professoris Kant / Wolgeboren /
    zu
/
    Hause
.
Das thema des Verf. ist: zu beweisen, daß Gott den ersten Menschen in Sprache u. Schrift und, vermittelst derselben, in den Anfängen aller Erkenntnis oder Wissenschaft selbst unterwiesen habe. Dieses will er nicht aus Vernunftgründen darthun, zum wenigsten besteht darin nicht das charakteristische Verdienst seines Buches, er will es auch nicht aus dem Zeugnisse der Bibel, denn darin steht es ist nichts davon erwehnt, sondern aus einem uralten Denkmal fast aller gesitteten Völker beweisen, von welchem er behauptet: daß der Aufschlus desselben im 1 Cap: Mose ganz eigentlich und deutlich enthalten und dadurch das Geheimnis so vieler Jahrhunderte entsiegelt sey. Die Mosaische Erzählung würde dadurch einen unverdächtigen und vollig entscheidenden Beweis einer ächten und unschätzbaren Urkunde bekommen, der nicht auf derie Hochachtung eines einzigen Volks, sondern auf der Einstimmung der heiligsten Denkmale, welche ein jedes alte Volk von dem Anfange des menschlichen Wissens aufsbehalten hat, und die insgesammt dadurch enträtzelt werden, gegründet seyn. Also enthält das Archiv der Völker den Beweis von der Richtigkeit und zugleich dem Sinn dieser Urkunde, nemlich dem
    allgemeinen
Sinne dessrselben. Denn, nachdem sich dieser entdekt hat, so bekomt umgekehrt das monument der Völker die Erklarung seiner
    besondern
Bedeutung von dieser Urkunde, und die endlose Muthmaßungen darüber sind auf einmal zernichtet, denn der Streit verwandelt sich so fort in Eintracht, nachdem gezeigt worden, daß es nur so viel verschiedene apparentzen eines und desselben Urbildes waren. Itzt ist davon gar nicht die Rede, ob der Verfasser recht habe oder nicht, noch ob dieser vermeintlich gefundene Hauptschlüssel alle Kammern des historisch-antiqvarisch critischen Labyrinths öfne, sondern lediglich 1. Was der Sinn dieser Urkunde sey. 2 worinn der Beweis bestehe, der aus den ältesten Archivnachrichten aller Völker genommen worden: daß dieses Document in gedachtem Sinne das unverdächtigste und reineste sey. Und da ist unseres Verfassers Meinung:
    Was das erste betrift
, daß das erste biblische Capitel nicht die Geschichte der Schopfung, sondern, unter diesem Bilde (welches auch überdem die natürlichste Ausbildung der Welt vorstellen mag,) die eine Abtheilung der von Gott dem ersten Menschen gegebenen Unterweisung, gleichsam in 7 Lektionen vorstelle, wodurch er zuerst zum Denken hat geleitet und zur Sprache gebildet werden müssen, so daß hiemit sich der erste Schriftzug verbunden worden und die 7 tage selbst (vornemlich durch deren Beschließung mit einem Sabbath) ein herrliches Mittel der Erinnerung, zugleich auch der chronol: Astronomie etc gewesen sey
    Was das zweyte betrift
; so ist der eigentliche Beweis daher genommen: daß der Hermes der Aegypter nichts als den Anfang alles menschlichen Wissens bedeute und daß das einfältige symbol desselben, welches eine Vorstellung der siebenten Zahl ist, zusamt allen andern allegorien, welche diese mystische Zahl als den Inbegrif der gantzen Welterkentnis vorstellen, offenbar das Denkzeichen, nicht allein des Ursprungs aller menschlichen Erkentnis, sondern so gar der Methode der ersten Unterweisung seyn müsse; daß dieses zur volligen Gewisheit werde, wenn man in der Mosaischen Erzählung wirklich die obiecte des menschlichen Wissens, nach methode disponirt, und in dieselbe figur gebracht und mit der nämlichen Feyerlichkeit versiegelt, antrift. Daraus wird geschlossen: daß, weil dieses wichtige Mosaische Stück dasienige ist, was alle jene uralte Symbole allein verständlich machen kan, es die einzige ächte und höchstehrwürdige Urkunde sey, die uns mit dem Anfange des menschlichen Geschlechts auf das zuverläßigste bekannt machen kan. Moses allein zeigt uns das Document, die Aegypter hatten, oder zeigeten nur das Emblem. Von denen mir mitgetheilten Hauptzügen der Absicht des Verfassers ist ist Ihre zweyte Bemerkung, werthester Freund, so viel ich mich besinne, mit der Meinung des Autors nicht einstimmig. Denn allerdings hält er die Schopfungsgeschichte nur vor eine Mosaische Allegorie von der Zergliederung der Schopfung in dem göttlichen Unterrichte, so wie sich die menschliche Erkentnis in Ansehung derselben am natürlichsten entwickeln und ausbreiten läßt. Ich erbitte mir nur bey nochmaliger Durchlesung des Buchs die Bemühung: zu bemerken, ob mein der von mir darinn bemerkte gefundene Sinn und Beweisgrund wirklich so in dem Werke enthalten sey, und ob meine Warnehmung noch einiger beträchtlichen Ergänzung oder Verbesserung bedürfe. Einige Bogen von Ihrer Hand zu lesen zu bekommen sind mir Antrieb gnug, um alles Ansehen, was ich bey unserem selbst critisirenden Verleger haben möchte, zu deren Beförderung anzuwenden. Aber er versteht sich selbst so gut auf das, was er den Ton des Buchs, den Geschmak des Publikum und die geheime Absicht des Verfassers nennt; daß wenn es auch nicht an sich selbst eine ziemlich niedrige Bedienung wäre, ich, um mein bischen Credit bey ihm nicht zu verlieren, doch das Amt eines Hauscensors auf keine Weise übernehmen möchte. Ich muß daher ungern auf die Ehre, welche der vielvermögenden gravitaet eines Censors von dem demüthigen Verfasser gebührt, vor diesesmal Verzicht thun. Auch ist Ihnen wohl bekannt: daß, was über das Mittelmäßige hinaus ist, gerade seine Sache sey, wenn er nur nicht vor sein politisch System Gefahr wittert, denn der Cours der Actien komt hiebey vermuthlich nicht in Anschlag. In der neuen academischen Erscheinung ist vor mich nichts Befremdendes. Wenn eine Religion einmal so gestellet ist, daß critische Kentnis alter Sprachen, philologische und antiquarische Gelehrsamkeit die Grundveste ausmacht, auf die sie durch alle Zeitalter und in allen Völkern erbauet seyn muß, so schleppt der, welcher im Griechisch-Hebräisch-Syrisch-arabischen pp am be imgleichen in den Archiven des Alterthums am besten bewandert ist, alle Orthodoxen, sie mögen so sauer sehen wie sie wollen, als Kinder, wohin er will; sie dürfen nicht muchsen; denn sie können in dem, was nach ihrem eignen Geständniße die Beweiskraft bey sich führt, sich mit ihm nicht messen, und sehen schüchtern einen Michaëlis ihren vieljährigen Schatz umschmeltzen und mit ganz anderem Gepräge versehen. Wenn theologische Facultaeten mit der Zeit in der Aufmerksamkeit nachlaßen solten, diese Art literatur bey ihren Zöglingen zu erhalten, welches zum wenigsten bey uns der Fall zu seyn scheint, wenn freyglaubende philologen dieser vulcanischen Waffen sich allein bemeistern solten, denn ist das Ansehen jener Demagogen gänzlich zu Ende und sie werden sich in dem, was sie zu lehren haben, die instruction von den literatoren einholen müssen. In Erwägung dessen fürchte ich sehr vor die lange Dauer des Triumphs ohne Sieg, des Wiederherstellers der Urkunde. Denn es steht gegen ihn ein dichtgeschlossener Phalanx der Meister orientalischer Gelehrsamkeit, die eine solche Beute durch einen ungeweiheten von ihrem eigenen Boden nicht so leicht werden entführen lassen. Ich bin Ihr treuer Diener d 8ten April 1774.Kant Auf der vierten Seite Adresse mit Mundlack und Siegelabdruck:
An Herren Hamann / wohnhaft / am / alten Graben
Erlauben Sie mir, höchstzuEhrender Herr Profeßor, mit der aufrichtigen Versicherung anzufangen und fortzufahren, daß ich der freundschaftlichen Mittheilung Ihrer Gedanken unendlich viel zur Entwickelung meiner impliciten Begriffe, Eindrücke und Ideen zu verdanken habe. – So wahr ist es, daß
    Sprache
und
    Schrift
die unumgänglichste Organa und Bedingungen alles menschlichen Unterrichts sind, wesentlicher und absoluter, wie das Licht zum Sehen, und der Schall zum Hören – Bey jenen Gesinnungen meiner Erkenntlichkeit werden Sie auch gegenwärtiger katanthropischen Antwort keinen Tück des Herzens zuschreiben, noch wie der Apostel über den Zauberer zu Samaria ausruffen: „Ich sehe, daß du bist voller bitterer Galle und verknüpft mit Ungerechtigkeit“ Wenn des Verf. Thema darauf hinausginge das Ens entium zum Archi- Encyclopädisten oder ΠΑΝ (wie ihn Sirach XLIII. 29. kurtz und gut genannt haben soll) mit einer sieben fachen Flöte p zu machen: so weiß ich noch nicht, ob ich der Palingenesie einer vergrabenen Urkunde mehr Glauben beymeßen würde als
    Vernunftgründen
und
    biblischen Sprüchen
– die freylich in Ansehung des willkührl. Misbrauchs sich einander nichts vorzuwerfen haben. Vielleicht würde ich jenen Edelstein im Thesauro Brandenburgico, auf dem
    Beger
„einen Jupiter zeigt, welcher einen philosophischen Mantel trägt“ wie ich vor ein paar Abenden gelesen, einer verschimmelten Urkunde vorziehn, die das Ens Entium zum ersten offentlichen Lehrer des Menschl. Geschlechts in der Encyclopædie individualisirte. So sehr mir auch noch immer an dem
    Thema
und der Hauptfrage ob der Autor im Grunde Recht oder Unrecht habe, gelegen ist: so will ich mich doch gegenwärtig blos auf die zwey mir gegebene Puncte, näml. des
    Sinns
jener ältesten vermeintlichen Urkunde / und des vermeintl.
    Beweises
davon aus der Uebereinstimmung / des gantzen uns bekannten Tradition-Systems / einschränken. Mein Freund D. Lindner komt mit dem lieben Büchlein nicht aus der Stelle, weil das darinn verborgene Opium, sagt er, seinem Magen wiedersteht – anstatt es zu verschlucken wie jener alte Preuße sein bloßes Meßer, oder es wie jener ein Wallfisch denjenen alten Propheten – und unsere neuersten Rabbinen Kameele samt ihren Höckern u. Frachten zu verschlingen. Da mein Gedächtniß stärker, als gewöhnlich scheint ausgedünstet zu haben – – so muß ich mich gantz generalissime erklären. Das II. Hauptglied meiner kleinen Analyse wiederspricht gar nicht der Meynung des Autors, sondern sucht vielmehr anstatt seinen Kanon
    aufzulösen
, selbigen
    vollständiger
zu machen, und ihn selbst dazu anzuhalten. Seinem eigenen Urtheil nach, und in meinen Augen übertrift unsre älteste Urkunde an Einfalt und Evidentz jene vertrauliche Relation des Cäsars: veni, vidi, vici, und freylich ist ein solcher
    Sieg
keines
    Triumphs
werth gewesen. Daher gieng mein Beyfall allein auf die Theorie und Auslegungs-Methode, worinn mir der Verf. vorzüglich scheint orthodox zu seyn. Dieser Ruhm ist freylich an sich selbst leichter als die Luft, aber zugleich von so unerkanntem und unermäslichem Gewicht, wie der elastische Druck ihrer Säulen berechnet wird. Denn Orthodoxie ist das einzige Verdienst eines Lehrers, der als Lehrer gar nicht zur eignen Ausübung seiner Vorschriften verbunden ist. Lehrt er Irrthumsaal und thut Wahrheit: so gewinnt er für sich selbst als Thäter, sündigt aber an seinem Leser, Zuhörer, und Schüler, der erst
    lernen
soll und weder
    richten
kann noch darf, ja nicht einmal will oder mag, wenn er bescheiden und moralisch denkt. Alle practische Vergehungen eines Autors gegen sein eigene Grundsätze, wenn selbige richtig u fest, sind meines Erachtens
    Menschlichkeiten
, bisweilen
    Nothwendigkeiten
, vielleicht gar Tugenden, falls er wie jener zwar ungerechte doch kluge Haushalter damit zu wuchern weiß, und können daher eben nicht gantz verdammlich seyn. Ueberhaupt ist die Wahrheit von so abstracter und geistiger Natur, das sie nicht anders als in abstracto, ihrem Element, gefast werden kann. In concreto aber erscheint sie entweder als Wiederspruch oder ist jener berühmte Stein unsrer Weisen, wodurch urplötzlich jedes unreife Mineral und selbst Stein und Holtz in
    wahres
Gold verwandelt wird. Was den zweiten Punct des vermeintlichen Beweises aus der Correspondentz mit den Archiven der Völker betrifft: so gelingt es vielleicht nur einem großen Newton Gesandschaften um den Erdball zu einem Beweise seiner Vernunftgründe aufzuwiegeln, unter deßen es dem armen Archimedes immer an einem Standort gefehlt die Zeichen und Wunder seines Hebels sehen zu laßen. Ohne jenen
    Katholischen
Beweis aus der Einheit der VölkerStimmen und der Identität unsers Fleisches und Bluts, ohne einen Dietrich zu den Archiven lebender Wilden und zu den Reliquien bereits verklärter Nationen, scheint es mir bey dem unverdächtigsten und reinsten Document des Menschl. Geschlechts, das durch den wol- und wunderthätigen Aberglauben eines ewigen Bündeljuden scheint erhalten worden zu seyn, blos auf den einfachsten Gesichtspunct anzu kommen, um gleich seinem
    großen
und
    unbekannten
Urheber Hiob XXXVI. 26. zu seyn, was es ist, und dafür von jedermännlich
    erkannt
zu werden. Unter allen
    Secten
, die für
    Wege
zur Glückseeligkeit, zum Himmel und zur Gemeinschaft mit dem Ente Entium oder dem allein weisen Encyklopädisten des Menschlichen Geschlechts ausgegeben worden, wären wir die elendeste unter allen Menschen, wenn die Grundveste unsers Glaubens in dem einem Triebsande kritischer ModeGelehrsamkeit bestünde. Nein, die Theorie der wahren Religion bleibt nicht nur jedem Menschenkinde angemeßen und ist in seine Seele gewebt oder kann darinn wiederhergestellt werden, sondern bleibt auch eben so unersteiglich den kühnsten Riesen und Himmelsstürmern als unergründlich den tiefsinnigsten Grüblern und Bergleuten. – Ich werde daher auch bei wiederholter Lesung und Zergliederung der
    neuesten Auslegung über die älteste Urkunde
meinemjenem Wahlspruch meines ersten Lieblingsdichters treu bleiben – – MINIMVM est, quod scire laboro. Pers. Sat. II. so wie ich bereits zum Motto meiner Abhandlung die Worte Josephs ausgesucht hatte Gen. XL. 8.
    Auslegen
gehört GOTT zu – – – Meine treuherzige Anerbietung Sie, HöchstzuEhrender Herr Professor, zum arbitro eines etwas elegantern Versuchs zu machen, als es mir bisher fügl. gewesen, war weder Spaß noch hatte die geringste Rücksicht auf die mir untergeschobene Nebenbegriffe: so wie ich unter dem Actien-System gegen nichts hämisch gewesen als den nikolaitischen Uebermuth kritischer Verleger nach der Elle des Ladens und der mißißippischen Liebhaberey eines blinden verführten Publici das innere Schrot und Korn eines Buchs zu entscheiden – – – – – –
    Steht er schon da
gegen
    Ihn, der dichtgeschloßene Phalanx der Meister philistinischer,
moabitischer
    arabischer
u.
    kretischer
Gelehrsamkeit – Du siehst die Schatten der Berge für einen dichtgeschloßenen Phalanx an Iudic. IX. 36. „Siehe! mir hat geträumt, hör ich in den Gezelten der Medianiter und Amalekiter VII. 13. Mich daucht ein geröstet Gerstenbrodt wältzte sich zum dicht geschloßenen Phalanx – – – „Da antwortete der andere – warum nicht gar unser Freund, der Buchdrucker zu Marienwerder?) Das ist nichts anders als die 3 Federn des Mamamuschi, seine Gansfeder, seine Schwanfeder und seine Rabenfeder – – – Da ich aber unmöglich ohne
    Censur
und
    Verleger
ein Schriftsteller werden kann, es wäre denn nach der Weise Melchisedechs, ohne Vater, undohne Mutter, ohne Geschlecht – nun so muß ich wie Herders, mein und Lavaters Freund! ein Philosoph seyn und schweigen bey dieser, dieser
    neuen
Zeit, und selbst meine bisherigen Prolegomena über die
    neueste Auslegung
der
    ältesten Urkunde
am heutigen Dominica Quasimodo a. c. mit dem Machtspruch des großen Kunstrichters und Krypto-Philologen P. P. der gewiß ein Liebhaber der
    Wahrheit
und
    Unschuld
war, wie aus seiner Quaestione Academica und typischen Händewaschen zu ersehen, vollenden und schließen: Quod scripsi, scripsi! H. Adresse:
An / des / HErrn Professoris Kant / Wolgeboren / zu /
    Hause
.
Von Hamanns Hand: Erhalten durch Hartknoch den 27 May 774. Mit welchem Maas Ihr messet p p u. also lieber, großer Bogen dran! Es ist mir sehr lieb u. leid, lieber H., daß Ihnen mein
    Buch
gefallen u.
    also
gefallen hat: wider Ihr Wißen u. Willen haben Sie ihm damit link geweißagt, u. ich wünschte würklich, daß Ihre die Fascination Ihrer Augen auf das Exemplar gewartet hätte, das ich gestern, meinem abreisenden guten Hartkn. nebst Preisschr., deutsche Art, u. Brutus mitgab u. ihm diesen Brief nachschreibe. Der Pontius Pilatus des guten Geschmacks in Preußen, dems aus Ihren Händen zugekommen, muß sich eben so daran stoßen u. ärgern, u. wird Herd. Kopf in Einen casus des Wirkl. unter allem Mögl. verwandeln, über den sich leicht u. lustig auch urtheilen läßt – u. so geht die Schande weiter. Doch, wie es sei; ich lebe hier in einem Kanaan zwischen Stein u. Felsen, abgesondert von der ganzen Welt u. also auch vom guten Geschmack. Ein Theil wird schreien ein ander Theil es aus altem Vorurtheil anstaunen, was kümmerts mich? Das Weizenkorn darinn muß ersterben, wenns Frucht bringen soll, das andre ist Schlaube, Hülfe, Unrath Mists u. Erde, unter dem es wächst – denn wahrl. vor Gott! allein dazu hab ichs geschrieben. So sehr also im Ganzen ein Plan nöthig war, der dem Publikum, wie dem Haifisch, ein Eisen von
    hundert
Zacken ins Maul werfen muste, damit es sich an dem daran hangenden selbst verfange: so glauben Sie mir, lieber, alter Vater Silenus, daß ich seit dem Druck das Buch kaum wieder ansehen können, u. es nur den Druckfehlern zu gut, kümmerlich gelesen. Der Eine Theil Ihres Wunsches, Annotaten zu der Art zu machen, hat auch der Zeit nach nicht erfüllt werden können. Hartk. eilte fort u. Herder konnte wollte nichts weniger, als Quellen suchen, u. im Miste lesen. Wiederholt indeßen, das Innere des Buchs hab’ ich der Wahrheit, u. Morgenröthe Gottes geschrieben, der a nach 100. Verwandlungen auch mein Buch segnen wird, Keim u. Morgenröthe zur
    neuen Geschichte u. Philosophie
des Menschengeschlechts zu werden, auf das
    Gottes Ruhm
bestehe ppp Glauben Sie, mein liebster Fr., es wird einst werden, daß die
    Offenbarung
u.
    Religion
Gottes, statt daß sie jetzt
    Kritik
u.
    Politik
ist, simple
    Geschichte
u. Weisheit unsres Geschlechts werde. Die magre Bibel wird alle 7. Wißenschaften der A. u. 1000. der N. Welt, wie die fetten Kühe Pharaons in sich schlucken u. aus sich gehend machen – Denn wird sich aber die Noth erst anheben – bis ein Tag kommt, der durch Facta u. Acta Alles entsie entsiegelt. Glücklich, von fern dazu vorbereitet, verkündigt, beigetragen zu haben. Ich bin nun Einmal
    der
Wißenschaften Diener, aber treulich will ich ihnen dienen. Gedulden Sie sich also, liebster Fr., u. halten Sie sich am 1t. Th. der Urkunde. Th. 2 u. 3. sind Schatte: der 4. u. 7. wird groß Licht geben – wenn mir Gott so weit hilft, aber ich muß noch zuvor Viel leiden! erfahren! lernen!– Auch das dumme Ding, Beitrag zur Kön. Z. gehört darunter. Ich hätte lieber den Finger in den Hals stecken, als es
    jetzt
schreiben sollen. Aber
    Kanter
: erst Versucher, Aufmunterer, u. denn Verräther – – keine Ex. mehr da – – in Berl. hats jeder schon gekannt. – Lav. citirt eine Stelle aus Kants Briefe, die sich offenbar u. wie ich selig hoffe,
    allein
darauf beziehet – doch ich will, wie die bescho beschworne Natter, mein Ohr verstopfen, schweigen u. warten. Und Hand in Hand, lieber H., Sie sollen von mir keinen Zeitungsartikel mehr lesen. Ehe ich jetzt die Urkunde, so schief sie auffällt, fortsetzen kann, muß ich anders thun mir Wort u. Ohren zu verschaffen. Und das ist eine kurze, simple, für Kinder u. Weiber geschriebne Geschichte des Menschengeschlechts bis zur Sündfluth, u. Etwas anders, wovon mein Ham. noch weniger träumt. Sie werden mich aber, so entfernt wir immer stehen mögen als ein ehrl. Landsmann bewillkommen, u. mir die Hand reichen. Von all ihren neuen Sachen habe nichts bekommen u. bin desto größer in Hoffnung. Den Buchst. H. hab’ ich von einem schlechten Buchhändler mit Mühe aufgeforscht; aber Lettre perdue, Hexe u. Behemoth
    noch
nicht gesehen. Sehen Sie, daß ich in meiner Höle Lokalursachen halb immer der letzte seyn
    muß
u. doch wollte u. sollte ich gern, Einer der Ersten seyn die Sie lesen – dafür aber
    Sie
sorgen müßen. Wie gern thäten Sies auch, wenn ichSie wüsten, wie ich Sie buchstabire. So viel Ihnen Hartkn. von mir erzählen kann u. soll, wie anders, wenn ich Sie hier hätte sehen können. Da’s aber nicht angeht, so schicken Sie mir ja Ihren
    Nazir
: es ist mit Hartkn. alles abgeredet u. Sie müßen nun, wenn Gott mir hilft, u. ich so lange hier bleibe, auch Wort halten. Er sei mir die Erinnerung seines Vaters, u. mein Weiblein, die Sie sehr liebet, wird Mutter seyn, u. der Himmel wird alles fördern. August oder Septemb. ist die Zeit
    unsrer
Hoffnung, u. mein Halbmütterchen befindet sich, wie ein Engel, oder Menschl. zu reden, wie ein Mann u. Jüngling. Gnug hiemit zum Ersten. Ich mache einen Strich, wie Sie, u. nehme in der Zeit einen Stoß rückgebliebner Akten. Fertig, u. ich kehre wieder. Knaut hab ich nicht gemacht u. wie konnten Sie mir, Eine Seite gelesen, zutrauen, daß ich ihn gemacht hätte. Die Goldkörner schwimmen, so weit ich gekommen bin, im Waßer. Was Ihnen
    Merk
, (so heißt der Darmst. malae notae) das ist er mir in tausendfachem Maas u. meinem Weibe noch mehr, als das, gewesen. Heuchler, heiml. Betrüger, Lästerer, Verhetzer würde vielleicht noch zu wenig seyn, wenn er genant werden sollte: ich will ihn aber nicht nennen, u. auch Sie müßen ihn vergeßen, Ueber u. ja nicht mit ihm anbinden. Ueber Ihren Brief, den er mir zugeschickt, hat er eine kahle Antwort, u. soll, wo’s angeht, keine Zeile mehr von meiner Hand sehen. Nicht blos, daß er Geheimniße einer Sache, wo ich ihn in der Blindheit meines Zutrauens Ersten Freund nannte, verschwatzt: verläumdet, verschwärzt hat er sie, u. aufs ärgste, tausendfach spitzfündig verunstlaltet. Der 3te Mensch auf Erden, den ich wünschte, nicht gesehn zu haben – doch auch der Wunsch ist thöricht! Die höllische Katze muste michr zuohne und wider sein Wißen u. Willen zu einer Sache behülfl. seyn, wo ich recht Finger Gottes sehe – es ist mein Weib. Und eben die u. mich in ihr hat er mit Feuerstichen beleidigt – er keines Menschen Freund, jetzt ein großer Freund des HE. Fr. Nikolai – Jetzt ist er in der Schweiz, sein gutes Weib zur neuen Quaal nach Deutschland zu stehlen – gehab’ er sich wohl! Desto mehr lieber Ham. bin ich nach Ihren originibus des Menschl. Geschl. begierig: u. dazu wird Sie der Silen einladen, den ich Ihrem Ex. der Urkunde eingeschrieben. Sie sollten hievon singen u. nicht ich. Aber zuerst theilen Sie mir doch ja in einem reichen, treuen
    Briefe
mit, was Ihr Herz u. Geist dabei empfunden u. begehret. Ihren neuen Heidenlehrer kenne nur aus Aeschylus u. auch daraus nur schlecht. Seine Disput. habe noch nicht gelesen; wollte ihm aber Unrath dazu in Menge verschaffen. Sollt er zu den dogmat. kommen, so sind ja die alnetanae quaest. des Huet. ein 4t. voll. enger citaten davon voll Deßen demonstr. evang. deßgleichen: Cudworth etc. voll davon. Ueber die ritus ist ein großer Quartant von Jurieu, hist. des dogm. et des cultes: u. wo kann ich die Vertheidigungen der Religion, wo die Saite berührt wird, anführen oder auszählen. Im Mornaeus de verit. Χst. rel. ist die Mater. sehr weitläuft. Im ganzen Fache der Schriften, ob Jesus Essener, Essener Therapevt., Theravt. Pythagoräer gewesen? Jesus p ythag., die Väter platonis. haben, läuft ja das Alles durch. Und hievon welche bibl. pro u. contra. An Disp. davon, deren zum Theil auch ich, etliche w besitze welche besitze, nicht zu denken. Kurz das Thema selbst ist so ausgewaschne Grundsuppe, selbst bei den Boulanger’s, Voltäre, Frerets ausgewaschen – Boul. kann Ihnen Hartkn. schaffen, der ihn mir versprochen. Bis dahin können sSie schon in deßen antiquité devoilée alles zum Voraus absehen u. rathen. So wird unser Vaterland geholfen! Und auch mir jetzt aufs neue eine Thür vor der Nase zugeschloßen, nach der mich aber nie im Ernst gelüstet. Warum wollen also Sie sich in den Kram mischen. Origenes!!! u. Ihr N. T. welch ander, ander Werk – auch zum letzten werden sSie bald von mir einen Beitrag lesen. Mit Leß. stehe ich in keiner Verbindung. Ich kenne ihn aber als
    Mann
, u. was Sie gefreut, mich gewiß nicht minder. Mit Lav. bin ich sehr gut. Aber auch für ihn ist die Urkunde viel zu harte Speise – darauf ich mache mich überhaupt gefaßt, aufs duo vel nemo. Aber Auszieher, Braucher, Diebe, Schleichhändler wirds desto mehr geben. Des HE. D. Stark eεν εδαφω kenne eben so wenig, wie Sie. εδαφος heißt terra, solum, pavimentum, u. wird könnte γη ausgelaßen werden, so ists nicht wärs zur 2. Dekl. wie Sies ers braucht aber noch weniger
    Urkunde
wie Stark meint vom Ersten u. 2ten Fall ist weder im Svidas noch Homst Hesych. Exempl. – Es ist aber gar zu gewöhnl. daß Semler, etc. Auctoritäten machen. Teller soll sich ja über sein ganzes Wörterb. auf Autor. der Art beruffen u. ein Zeitungsschr. sagte recht gutherzig: man hätte gegl. daß Tell. Ausl. u. Erkl. neu wären, nun aber s soll sehe mans aus den Beil. daß sie nichts minder als neu, alt u. wahr wären – Seml. Ern. etc. haben Ssie auch so gebraucht. Eya! Meine Erste Laufbahn der gr. Spr. sollen jetzt die 70. u. alle Apokryph. Ψευδεπιγραφ. seyn, von Pythagor. zu Jamblichus u. die spätsten Gnostiker hinein. Ich denke viel darinn zu erbeuten, u. habe gute Hülfsmittel zum Theil schon. Den besten Hesychius, Svidas, einen guten Clemens, Philo, Sextus, etc. etc. Der Himmel helfe! Nochmals gesagt, hoffe große, glückl. Ernte. Ich habe meine Philol. Arbeit mit viel andern Sachen insonderh. histor. abgelöst, u. diene meiner Stell u. Amt. Ohne Freund, wie Sie: anderthalb Freundinnen, aber mein Weib! mein Weib ist mir Alles! u. wird mir, in meinem Kindergymnas. künftigen Jahrs noch 10mal mehr seyn. Hoffe ein ganz neues Leben u. Gedeien. Die Romant. Br. hat ein Schweizer geschr. Mehr weiß ich nicht; Nik. ist Verleger – kanns aber leicht erfahren. Göthe hat (der Götz von Berl.) hat ein Pasq. auf Bahrdts Unters. gemacht das ohne Zweifel wider seinen Willen gedruckt ist: heißt Prolog zu den n. Off. Gott. des D. Bahrt: B Mit Klopst. ists mir eben so gangen, wie Ihnen. Die meisten Bogen aus seinem N. Werk habe (im Druck noch unvollendet) vor mir. Ein vortrefl. schöner, ebner Styl, fast ohne Bild im ganzen Buche. Aber im ganzen Buch Knabenwerk u. Spiel! Unausstehlich dem Einen Einfall Umfang gegeben! Sauersüß die Sprache Luthers mißbraucht! ohne Detailkenntniß über Alles u. über Nichts geredt. Kurz kein Mensch wird das Buch ganz lesen u. anwenden können – aber schicken Sie mir Ihren Hans u. wir wollens
    spielen
! – Auf Winkelm. posth. bin noch immer umsonst begierig. So sehr ich aus dem Felde hinaus bin, habe drauf pränum subskr. Wenn Kennikott komt u. ich so glückl. bin, ihn zu haben, soll mein Tichten u. Trachten dahin! – Mit Wetstein u. Bianchini macht mir mein HE. Verl. Präsent dafür ihn Gott danke. Hier kommen oft Katalogen von Aukt. aus Hamb., dabei Einem Herz u. Seele freut! Aber woher Geld? Da uns Brot fehlt – zur Urk. hat mir (sub Rosa!) die Göttinger Bibl. tapfer geholfen. Zendavesta ist mein. Sie müssens ohne Zweifel ansehen u. durchlaufen. Hilft mir Gott, so denk ich ihn u. Sadi einmal herauszugeben. Aber lente, u. das Licht meiner Autorschaft wird bald verlöschen. Auf Bode verlaßen Sie sich ja nicht, oder Sie werden ärger als durch Merk betrogen. Auch ich habe unangenehmes Lehrgeld gegeben, u. wollte Gott, ich könnte Klaudius, (ein guter Mensch, aber schlechter Commißionär,) von dem Dickbauch erretten. Er ist ein
    Vetter
von Nikolai. In Rom lebt ein edler, deutscher, Zürcher: Heinr. Füßli, groß Genie wie ein reißender Bach, Shakesp. Anbeter u. jetzt Shakesp. Mahler. An Karakteristik – nicht aber Ideal – soll er Mengs weit übertreffen. Ein junger Hartmann komt nach Mitau; den Lav. sehr lobt; aber alles vorreif u. vordrängend. Vielleicht wird er sich zu Ihnen halten u. Sie Ihm rathen. Ich habe zu seinem Briefwechsel – der Dämon weiß, weßhalb? keine Lust gehabt, u. ihm also 2mal nicht geantwortet. Pfenninger in Zürch (3. Vorlesungen über die Wahrheit ein mittelmäß. Buch zeigen aber einen schönen Menschen) liebe ich sehr: stehe aber weder mit ihm, noch mit aller Autorschaft in Deutschl. in Briefwechsel. Wozu das Schreiben? Leben Sie recht wohl Handschriftliche Notiz von fremder Hand Hand am Fuß der Seite bzw. am Ende des Absatzes von HKB 407 (III 94/21): Me de Besch Frau von Beschefer.
Kgsberg den 30 May 74. Mein liebster Freund Herder, Unser Hartknoch hat mir vorigen Freytag alle Ihre Geschenke richtig eingehändigt, und mir eine große Freude durch seine Ankunft gemacht – Weil er noch vor seiner Abreise an Sie schreiben wird; so bediene mich dieser Gelegenheit, nicht um Ihnen zu antworten, sondern erst was zu schreiben. – Weil ich vor Ungedult nichts thun kann. Ich erwarte ihn, aber wie es scheint, umsonst, und keine Arbeit ist schwerer für mich als zu warten auf einen Freund. Es war mein rechter Vorsatz
    mir
    selbst
einen vergnügten Abend zu machen, an dem Ihr Andenken viel Antheil gehabt hätte. Meine erste Aufwallungen bey Lesung der ältesten Urkunde habe ich Ihnen ausgeschüttet und Sie werden vielleicht bald Das lesen, was ich mit meiner Feder oder Muse darüber colloquirt habe. Es sind die ersten stamina, vielleicht eines Embryons. – Ich habe Ihr Buch seit dem Charfreytage fast nicht zu sehen bekommen – und den ersten Tag, da ich das geweyhte Exemplar empfieng 16 Seiten darinn gelesen, mit gantz verschiedenen Aussichten, Ihrem Winke zu folge über den
    ersten
Theil. – Theils will ich noch kälter seyn, theils fehlt es mir an der
    rechten
Muße diese Arbeit gegenwärtig fortzusetzen. So bald ich dazu komme, will ich Ihnen meine aufrichtigen Gesinnungen als Freund, Bruder – Autor und Bruder – Kunstrichter aus der Fülle meines Herzens und Sinns mittheilen. / Sie wißen, wie das gantze Publicum vom Beyfall mit Ihrer Preisschrift rohreifte, war mein Fell allein trocken. Wenn gegenwärtig das gantze Publicum dürre seyn sollte; so möchte jetzt mein Beyfall für sie treufeln. Alles
    Blendende
der
    Preisschrift
schreckte mich nicht ab selbige zu
    verdammen
; und alle Misverhältniße, wenn ich selbige auch in Ihrer neuesten Enthüllung einmal finden sollte, werden mich eben so wenig abschrecken Ihnen zuzujauchzen. Ich habe an dem Spruch über eine halbe Stunde gesucht und endlich kam der ehrliche Hartknoch und wir haben Ihre Briefe gelesen und geeßen und getrunken u uns ein langes Mährlein unsers Lebens erzählt bis gegen Mitternacht. Schlafen Sie wol in den Armen Ihrer Caroline, liebster Herr Consistorialrath. Ich bin nicht gewohnt so spät als heute aufzubleiben – Den letzten May Um 5 Uhr. So früh als heute bin ich noch dies gantze Jahr nicht aufgestanden.1) Der polnische Reichstag, ich weis nicht ob aus Mangel alter Weiber man nicht zu Bückeburg sich auf Waschmaschienen einschränken muß, hat mich bereits um 3 Uhr geweckt. – – Ich war vor Schläfrigkeit nicht im stande meine große Schwansfeder zu halten und sehe mich genöthigt auszugehen – wohin sonst als zu den beyden Herrn Verlegern, welche seit voriger Woche die Herren Mitauschen Professoren hier abzuwarten hoffen heute oder morgen. – Von unserm Claudio Vlubrano habe den 7 hui. das erste Billet doux erhalten, und habe ihm heute auch ein paar Zeilen, ich besorge aber zu meiner Schande und im trunkenen Muthe 2) geschrieben. Ich hoffe daß Sie das
    Mancherley
u
    Etwas
zu meiner 3 köpfichten Uebersezung werden erhalten haben. Sie werden wol merken: daß die Vorrede des Herrn
    Urians
Ihre Beylagen betrift. An der übersetzten Stelle aus dem Pindar mag sich der Herr
    Epimetheus
erbauen. Dr. Bruwisch, der auf meinen alten Freund Motherby, den sein Unstern nach Preußen trieb um meinen kleinen
    Nazir
zu inoculiren, lies ein Pasquill auf diesen liebenswürdigen Mann in die Zeitungen einrücken und hat im Buchladen geweißagt daß Kanter 50 Praenumeranten verlieren würde, wenn die Beyl. noch länger fortführen. Mein Geist ist jetzt beruhigt, daß ich 3 verdiente Männer, den Inoculisten meines Sohns, den Vater und ihren beyderseitigen Freund, den Herrn Epimetheus mit einem Hiebe gerochen habe. Eine solche tremula anus ist Ihre Nebenbulerin, Hochwürdige Frau Consistorialräthin, die Hexe von Kadmonbor. Nehmen Sie sich ja bey Ihren gegenwärtigen Umständen in Acht, daß sie weder Ihnen noch Ihrer kleinen Tochter in petto etwas anthut – – – Mein Verleger Gebhard, alias Garbe, hat Ihnen also nichts geschickt weder in 4 noch 8. Der Sünder soll seinen Lohn empfahen – Ach! meine liebe Ungedult, die jüngste Frucht meines Leibes,3) des Christiani Zacchaei Telonarchae Προλεγομενα über die neueste Auslegung der ältesten Urkunde am Tageslicht zu sehen. Ich bitte mir ja ein Recepisse am
    Tage des Empfangs
in einem NB. datirten Briefe zu übersenden. Eine milde Stiftung von 50 Exempl. für alte deutsche und undeutsche Kunstrichter ist ausgesetzt. Denken Sie sich das Gesicht der neuen Republik, wenn sie dies erste Manifest eines Dictators unter seinen Brüdern zu lesen bekommen wird. Es wird ein Schwert durch der jungen Mütter Hertz gehen, das vieler Herzen Gedanken erwürgen wird. – Stäubt doch die heilige Sprache des Dreyfußes unter dem diamantenen Griffel auf dieser Lumpentafel wie schimmlicht Brodt. – Wenn Sie die Lettre perdue noch nicht erhalten haben; so melde zu Ihrer Beruhigung daß die 2te Ausgabe am Sonntage Trinitatis von mir ausgefertigt worden u heute abgegangen. Sie werden also ehstens 3
    verlorne Briefe
!!! erhalten und dies ist auch wol das non plus ultra in seiner Art von Experimenten. So sehr ich auch Ursache habe, ganz frische Ursache habe mit dem Verleger der hiesigen gelehrten Zeitung zu zürnen: so wenig gerecht scheinen mir Ihre Vorwürfe zu seyn. Sie sind Ihr eigener Verräther von außen und innen. Aristobulus Philosophus wohnt bey ihm im Hause folglich hatte er die Handschrift eher als ich gesehen und ich fand schon das ausgestrichene
    Beywort
Die differentia specifica unsers Styls und des Ihnen eigentümlichen ist faustdick, und ihre Verbeißung des Articuls so unterscheidend als des Alcibiades Hund von Tobias Hündlein, von dem XI. 9 ausdrücklich geschrieben steht: er wedelte mit seinem Schwantze, an deßen Articul es dem ersten gantz u gar fehlte. Daher war mein erster Einfall alle Pockengrübchen, naeuos und Sommersproßen Ihrer verzogenen Schreibart mit lauter mouchen zu belegen. Ich versuchte es mit den
    Sey’s
, welches mir wegen der Verwandtschaft mit dem soit-il unausstehlich ist; aber kam damit auch nicht aus der Stelle. Sie hatten es dem Verleger u nicht mir geschickt; und endlich braucht es keinen souffleur; Ihr Urtheil über den Klopstock u die Bardenpoesie war mehr als ein Wahrzeichen. Ich habe nicht das Herz gehabt Sie als den Verf. des Knaut zu
    nennen
; desto dreister war die Hiesige Club, doch nicht der Director, welcher einem jungen Pfifferling, den ich noch nicht übersehen kann, und
    Jänisch
heißt die Recension überlies. Die Praedilection gewißer physiologischer Begriffe, in die Sie auch mehr als ich verliebt sind z. E. Hartley u Unzer schien mir im Knaut merklich zu seyn. Ich sahe aber eine
    Masque
,
wo keine war. Das Ihrentwegen ein Hirtenbrief an Lavater in der Mache war erfuhr ich durch den Wirth des Miethmanns: Philosophen aber können eben so wenig dem Misverstande entgehen als Philologen und Poeten. Ich übe mich, alle menschl. Urtheile καθ’ ανθρωπον zu lesen, auszulegen und zu nutzen und die gröste
    Gleichgiltigkeit
mit der möglichsten
    Folgsamkeit
zu verbinden. Der ungerechteste Tadel hat in meinen Augen seinen guten Grund, den ich zu finden suche und jedes Lob seine schwache Seite, an der ich mich eben so gern zu halten suche; und diese Politik macht uns Feinden und Freunden überlegen, bringt alles auf seinen rechten Werth zu unserm Gebrauch und Nutzen. Außer der Fortsetzung Ihrer Freundschaft hat mir Hartknoch keine angenehmere Nachricht bringen können als von Ihrem Glück, mit dem Sie sich Ihres Lebens freuen – im treuen Arm einer Männin – nach Ihrem Hertzen, Fleisch und Bein – Mein kleiner Nazir hatte zwar Lust nach dem gelobten Lande;4) aber wie er hörte, daß die Braut in petto schon einem andern zugedacht war, ist er flugs anderes Sinnes geworden.
    Vater
seyn ist die höchste Autorschaft und ein eben so großes Geheimnis – ja die beste Schule der beyden äußersten Tugenden,
    Demuth
und
    Sanftmuth
. Rügen Sie ja nicht, liebster Herder, dieen
    Schlötzerschen
Misthaufen. Wer Sie dazu aufmuntert, ist nicht Ihr Freund. Ich schmeichle mir, daß Ihnen die Königsbergsche Recension mehr Gnüge thun wird als die Wandsbecksche. Das Corpus delicti, ich meine die Frankfurter Zeitung sind mir den 7 huj. durch unsers ehrl. Hartknochs Vorsorge zu Händen gekommen. Ich habe mehr pro patria als für den Bückeburgschen Consistorialrath geredt, der mir eine gantz fremde Person in dieser gantzen Sache seyn sollte. Ich habe zufällig ein
    Probestück
der neuen Frankfurter Zeitung gelesen. Können Sie mir etwas von den gegenwärtigen Arbeitern melden. Göthe ist doch noch Ihr Freund. Der Name seines Götzen wird wol ein Omen für unsern theatralischen Geschmack seyn, oder die Morgenröthe einer neuen Dramaturgie, Der Name eines Lügners verräth sich eben so leicht meinem Geruch, als er meinem Sinn entfällt. Er hat Ihnen den edelsten und unschuldigsten Charakter, den ich auf der Welt noch kennen gelernt habe verschwärzt. Ich erkannte an Ihren Winken gleich die giftige Quelle der
    Urkunden
, seine Unwißenheit, Nasenweisheit und Dumdreistigkeit von Dingen zu urtheilen, zu denen sich unsere 5 Sinne als so viel Schweine verhalten. – Alle unsere Dilettanti, die sich zu Kunstrichtern aufwerfen, sind die gröbsten
    Heuchler
und
    Ignoranten
. Daß dieser Feind nicht müßig gewesen im Finstern Infamiam zu säen in B. u. D. habe zieml. aus einem dilemma errathen können welches ich keinem andern als ihm vor die Thür legen kann und auch wirkl. gethan habe. Wir sind also liquide – Ich erinnere mich noch gar zu gut, mit welchem genio repulsiuo ich an ihn schrieb nach Berlin, als ich ihm die Einlage an den
    treuherzigen Bruder
und wohlthätigsten Staatsmann anvertrauen muste. Melden Sie mir doch, wie alt ist unser Claudius? Besitzt er Stärke in der
    alten
u. griechischen Litteratur? Wie ist er zu einer Frau gekommen? und kennen Sie selbige? Ist seine Liebe zur Unabhängigkeit Eigensinn, Faulheit oder Unvermögenheit? Morgen fange ich den Euagrius an nach dem ich die opera eines Eusebii u übrige Historicos ecclesiasticos zu Ende gebracht, worauf ich zu den ältesten Kirchenvätern schreiten werde. Eine Neigung die ich lange gewünscht zu befriedigen, und ich bin durch kleine Umstände auf diese Laufbahn gebracht worden, die ich nach Beschaffenheit fortsetzen will so weit ich kann. Vom Augustino u. TertulHieronymo habe ich gantz allein einen ziemlichen Vorschmack gehabt. Theilen Sie mir so bald Sie die Blätter des Zacchai erhalten, Ihr Gutachten über meinen Plan mit und ob ich Ihrem Sinn gemäß denselben gelegt habe. Ob meine Anordnung Ihrer Ideen einige ästhetische Vollkommenheiten hat. Ich wünschte alles à priori deduciren zu können; in ihre deduction a posteriori wollte ich mich so wenig als möglich einlaßen. Geben Sie mir einiges reelle Licht über Ihr IV. und VII. Buch Ihr Wink über das erste Buch soll mein
    gantzes Augenmerk
seyn bey der wiederholten Durchwühlung Ihres Buchs, zu der ich auf Muße, Anlaß und Stätigkeit der Seele warte. Die
    Hieronimo’s
sagen, daß Ihr Buch eine Ubersetzung nöthig hätte. Ich bin zufrieden mein erstes Urtheil deponirt zu haben und noch immer Meister des Plans und der Ausführung. Das gantze Werk ist der impetus eines
    Augenblicks
. Schreiben Sie mir, was Sie beym ersten
    Anblick
und bey reiferer Ueberlegung darüber denken – mit aller Freymüthigkeit und Offenherzigkeit über sich selbst und mich. Umarmen Sie Ihre Muse, Gehülfin und Androgyne: so wie ich Sie mit allem wilden Feuer eines Silens – – inuito processit vesper Olympo, und hiemit Gott empfohlen. Ich ersterbe Ihr alter treuer Freund Hamann. Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gottfried Herder: Nach HKB 408 (III 96/13) „zuzujauchzen“: Dein sind wir und mit dir halten wirs… Über HKB 408 (III 98/13) „Wirth“:
    Kanter
Über HKB 408 (III 99/6) „Lügners“:
    Merk
9. Juni 1774. Allen, denen daran gelegen ist, thue hiemit kund u zu wißen, daß ich leider! den 27 Augusti 1730 p. C. n. geboren bin und nicht eher dann KAL. GRÆCIS SECVLI VNDEVICESIMI einmal mich aus dem Staube zu machen gesonnen bin, oder auch allenfalls so bald es allen Mohren und Consorten einfallen sollte
    Stagyriten
zu werden, das heist, keine Ursache mehr haben werden sich vor dem Sprung in den Euripus allerder Dinge zu fürchten. Urkundlich mit meinen 3 krummen Fingern und ehrlich erhaltenen Pettschaft. Kgsberg am alten Graben den 9 des Brachmonats 1774. Johann Georg Hamann.
Kgsberg den 21 Aug. XII Dom. pTr. 774. Mittags Liebster Hintz, In Verfolg Ihres philosophischen Stillschweigens, das ich als ein geneigtes consentire videtur auf meinen letzten freundschafftl. Brief vom 12/13 pr. annehmen muß, habe die Ehre zu melden, daß ich seit jenem dato unter manchen andern Ebentheuern meines Lebens seit jenem dato, die sich ohnmögl. alle erzählen noch schreiben laßen, und außer 2 merkwürdigen Träumen, die ich diese Nacht und vor 8 Tagen um eben die Morgenstunde gehabt habe, heute Mittags auf eine besondere Art überrascht worden bin durch ein Päckchen von der Post – Da alle meine Briefe an Sie so gut als in den Brunnen geworfen sind: so kann ich Ihnen im Vertrauen wohl sagen, daß mein jüngster Nahme Christian Zacchaeus ist und daß ich das Diplom eines Telonarcha oder General- Controleur seit 8 Wochen erwarte. – Das war es aber nicht, sondern 2 Exempl. der Lettres perdues, an die ich nicht mehr dachte. Weil sie einmal da waren, musten sie mir willkommen seyn; und diesmal haben Sie sich Herr Verleger! oder Ihr Fabrikant Sie übertroffen. Nun, liebster Freund! halt ich es für gut daß unsere bey der ersten Auflage geschehene Verabredung genauer als damals erfüllt wird. Verrechnen Sie auf der Michaels Meße in Gottes Namen das Ding aber an keinen hiesigen noch Berl. Buchhändler. Diese Achtsamkeit halt ich für uns beyde nöthig. So sehr auch meine gegenwärtige Lage sich geändert hat und ich fast vom Bureau nicht abkommen kann: so könnt ich Ihnen doch noch mit einem interessanten
    Memoire
sur la
    Cochenille du Nord
ou le Coccus Polonicus
aufwarten. Ich will aber Ihre Freundschaft nicht gar zu sehr misbrauchen; und die Maculatur Ihres Verlages allein an mir ziehn. Erfüllen Sie aber wenigstens diese Bitte, daß Sie mit nächster Post nach L. schreiben und wenn ein paar Exemplarien auf groß Papier abgedruckt worden sind, selbige nach Altona an meinen Freund Claudius expediren laßen, an den ich desfalls schreiben werde; und von Leipzig eins nach
    Bückeburg
an H, das andere 4te und eines an den treuherzigen Layenbruder besorgen laßen. Dies wären vier – Mit unserm Hartknoch erwarte ein paar Selbstgespräche und Nicolaitische Antworten und was Sie sonst beylegen können und wollen. Erinnern Sie ihn an Boulanger. Den HE D. Pegelow werden Sie im Durchreisen kennen lernen und bitte meine Gesundheit mit ihm zu trinken. Es thut mir sehr leyd Ihren HE. Prof. Kopke a nicht hier in transitu gesehen zu haben, und ich verdenke es ihm sehr den Philologum in nuce hier so trocken vorbeygegangen zu seyn. Ich habe hier im Garten seiner erwartet – Uebermorgen ist mein
    neuer
Namenstag und Sonnabends den 27 h. mein Geburtstag und zwar No 45. meines Alters. Wenn Ihre Muse nicht alles Gefühl und Sylbenmaas verloren; so werden Sie nicht ermangeln mich mit ein paar gereimten Zeilen zu beehren; weil ich bis zum 27 Sept mir denselben zu feyern vorgenommen, als meines kleinen Sohns Geburtstag, wird es Ihnen an Zeit nicht fehlen kurz und gut mich zu beehren; welches ich zeitlebens erkennen werde als Ihr wol affectionirter Autor und Diener Mien-Man-Hoam.
Kgsberg den 26 Aug. 74 Liebster Herder, Unser Freund Hartknoch weckte und klingelte mich heute des Morgens um 5 Uhr auf – und ich will mit ein paar Zeilen an Sie Feyerabend machen Zugl. für mein 44 Jahr. Ich bin diese Woche in halber Trauer gegangen um einen Mann, der sich um mich verdient gemacht, unter anderm auch dadurch, daß ich ihm ohne ihn zu kennen meinen Dienst bey der Regie zu verdanken habe. – Es ist der Gh. R. Jacobi der heute begraben worden. Meinen morgenden Geburtstag will ich in gantzer Trauer feyren, und mein kleiner Johann Michel hat den 130ψ auswendig gelernt und wird mir die Freude machen ihn aufzusagen zum Frühstück. Hartknoch holt sich ein Albertinchen, wie Sie bereits wißen. Er hat mir ein ansehnl. Geschenk seines Verlages mitgebracht, das ich ohne Bedenken angenommen – Morgen vor 8 Tagen erhielt ich einen Brief, abermal sine die et consule aus Bückeburg nebst einem Stück Pompernickel. Ich lief noch denselben Abend nach der Stadt um den Mann aufzusuchen, den ich unter einem Platzregen begegnete und mit ihm bis ins 3te Stockwerk bey Remus stieg. Aber der Pompernickel war verschimmelt und der Brief vom Xbre 773 alt, wie ich nachher aus D. Pegelow Reise Journal mir von seiner eignen Hand bescheinigen laßen. Der ehrl. Mann hat mich 2mal besucht und wir haben als gute Freunde den 17 huj. Abends bey einer Bouteille Bier u einem Pfeiffchen nach Nordischem Gebrauch uns einander empfohlen. Er hat auch unsern unartigen Claudius u sein Bauer Mädchen in Wandsbeck besucht. Bitte also künftig immer ein Stück Pumpernickell durch beßere Commissionairs zu bestellen, die nicht Jahr u Tag zur Kluft zwischen uns nöthig haben. Sie sind also in Pyrmont gewesen, und haben da lange Weile gehabt – und noch keine an mich zu schreiben oder mir zu antworten. Hartknoch hat mir 2 kleine Neuigkeiten mitgebracht. Eine Recension Ihres Bereschits vom Hamb. Correspondenten, der Ihnen einen Fehler vorwirft, den ich auch erkannt in Ansehung der Herleitung des רקיע von רקק. Ich weiß nicht, womit Sie ein so augenscheinl. Versehen rechtfertigen können Das 2te war die Abschrift einer Kieler Recension des Buchstabens H, die ich wegen ihrer Kürtze und Naivetät abschreiben will. „Erst ein Streit gegen einen so genannten außerordentl. Religionslehrer C. T. D. über den Gebrauch des Buchstaben H in der Mitte u am Ende der Wörter. Dann eine Apologie deßelben Buchstaben von ihm selbst. Der erste, voll von seichtem und übel zusammenhängendem Geschwätz. Die andere wahrer Unsinn. Zum Beweis des letztern dient folgende Stelle, da der Buchstabe also schreibt: „Mein Daseyn u meine Erhaltung pp Kieler Gelehrte Zeitung im 29 Stück. Sie sollen in eben der Zeitung oder Ihr Buch, vermuthl. nach gl. Zuschnitt beurtheilt seyn (u dies ist vielleicht die Recension worauf der liebe Commissions Rath Asmus zielt) und einige Stücke dnachher meldet der gelehrte Recensent, daß er eben erfahren wie Herder über die Urkunde u Hamann über den Buchstaben H geschrieben. Nun, lieber Freund, was Gott zusammenfügt – – Ich habe Ihre älteste Urkunde vom 5 Junii biß zum 10 Jul. alle Sonntage ein Pensum gelesen und damit in der Judittschen Mühle geschloßen, wo ich die erste Sommerluft mit meiner gantzen Familie genoßen. Ich habe Ihrem Wink mich an das erste Buch zu halten gefolgt, den ich mir in der Folge noch beßer zu Nutze machen werde – aber fast gar keinen Vortheil von dieser gantzen Lesung gehabt – Mein Kopf scheint nichts so gut als im Gantzen zu faßen. Selbst die dunkeln Anspielungen, worüber ich Erklärung von Ihnen bat, sind mir entwischt, ohngeachtet ich ein Blatt weiß Papier und Dint u Feder beym Lesen zur Hand gehabt. Ich habe fast nichts als das datum jedes Pensi aufgezeichnet, und 2 Stellen. Sollen K. und W. in der note a.) p. 154. doch nicht Kant u Wieland seyn Wer ist der
    Meiners
? a.) p. 299 Ich habe von einem eine heb. Sprachlehre. Ist das derselbe oder wodurch ist er sonst bekannt. Damit ichs nicht vergeße, liebster Freund, aus ihrer Beyl. bitte ich mir noch eine kleine Erläuterung über den Ausleger der
    7 Augen
im Stein. Wo findt man das? Das Licht des Tages geht aus – Den 28 Aug. XIII Dom. p. Tr. Heute frühe habe Hartknoch und die gute Fr. D. Hummius, seine Reisegefährtin bey Rappolt besucht. Ich kenne die Braut noch nicht, aber die Wahl scheint mir glücklich zu seyn. Ich wünsch ihm alles Gutes; er hat mir ein weidliches Geschenk von seinem Verlage mitgebracht ohne zu wißen warum noch wozu? Ihr Torso auf Abbt ist auch darunter, und nun bin ich froh Ihre
    Werke
complet zu haben bis auf die neuesten, welche ich mit Ungedult erwarte. Haben Sie die
    Hexe von Kadm
. erhalten; meine Uebersetzung und das
    Mancherley und Etwas
von dem
    heillosen
Bode, an dem ich Sie und mich werde rächen müßen. Der
    Commißionsrath Aßmus
hat sich bey mir mit Frau u Kind zum Besuch angemeldt. Wenn er aber sich nicht versbesert; so soll er schlechte Tage bey mir haben und ich will ihm den Brodtkorb hoch gnug hängen und ihm Ihre Assignation auf den Pumpernickel, den der Schimmel unter Weges geholt hat, vorsetzen. Wenn Ihnen die Lettre perdue nicht zu Handen gekommen: so können Sie die zweyte Auflage mit zwey Lettres perdues vermehrte Ausgabe sich mit der Meße versprechen. Ich habe davon die 2 ersten Exempl. vorigen Sonntag erhalten. In meinem bisherigen cursu patristico bin durch eine Veränderung auf dem Bureau gestört und unterbrochen worden und werde vermutl. mit dem Tertulliano, den ich bald zu Ende gelaufen u Lactantz, der vor mir liegt, aufhören müßen. Muß den gantzen Tag sitzen, expediren oder auf Expeditionen warten. Da aus der deutschen Ankündigung meiner gelehrten Zwillinge nichts wird: so bin ich halb Willens sie im französischen anzumelden, wenn es mir auch wie dem kreißenden Berge gehen sollte. Sie haben vielleicht mehr von mir über Ihre Urkunde als ein paar kahle Fragen in diesem Briefe erwartet; aber ich hoffe noch Ihren Wunsch näher zu befriedigen, als mir vor der Hand mögl. ist. Daß ich
    Naber Flink
bin, werden Sie aus meinen Prolegomenis ersehen, die schon den 9 May von hier zum Druck abgegangen. Aber so bald ich zur Sache komm, bin ich
    Naber
    mit Rath
. Kein Impromtu, sondern ein Plan, vor deßen Umfang ich bis weilen selbst erschrecke und ihm allen Antheil des sensus communis abspreche, und was mir noch weniger ähnlich sieht, aber im Grunde immer mein Geschmack gewesen, gantz Drama, kein Επος. Es kommt mir aber selbst lächerlich vor, davon einmal zu reden; wie wol es das punctum saliens meiner gantzen Autorschaft von jeher gewesen; kein
    Autor
zu seyn als κατα το ετυμον. Es hat hier geheißen, daß Starck einen Ruf nach Mitau mit 1200 rth bekommen hätte. Hartmann soll, ich weis nicht warum? gantz wieder ihn seyn u für Sie. Sollte Ihnen so etwas nahe gelegt werden; so gehen Sie mit sich zu Rath, ob Sie nicht wieder in unsre Gegenden und das glückl. Norden verpflantzt seyn wollen. Einen Gevatterbrief erwart ich von Ihnen, ohngeachtet ich Ihnen noch das Hochzeit Geschenk schuldig geblieben bin. Was für eine neue Welt von Empfindungen u Begriffen liegt in dem
    Geheimniße der Vaterschaft
! Der ehrl. Urlsperger ist mir vorige Woche erst zu Gesicht gekommen. Es ist ein artiger Beytrag zur Physiologie einer Schriftstellerseele. Sonst habe nichts Neues gelesen außer der deutschen gelehrten Republick und den Staat der Abderiten, die erste mit genauer Noth zum Ende bringen können und im letzteren lieber fortfahren wollen. Prof. Kopka ist hier gleichfalls durchgegangen ohne daß wir uns einander kennen gelernt, wie ich es wol gewünscht hätte. Er ist in meinem Hause gewesen hat mich am dritten Ort aufsuchen wollen, aber seine Abreise ist vor der Thür gewesen. Des Nicolai Brief an Sie wünschte wol zu lesen – – Ich bin die beyde vorigen Sonntage mit wunderl. Träumen aus Potsdam u Bückeburg aufgewacht und heute wider alle meine Gewohnheit mit 3 Uhr schon wach gewesen; aber so kopf- und herzsiech, daß ich kaum die Feder führen kann und mich alle Augenblicke aufs Bett werfen muß, ohne Ruhe zu haben. Vergeßen Sie nicht, mich mit der Lage meiner gegenwärtigen kümmerl. Amtsgeschäfte, im Nothfall, gegen sich zu entschuldigen. Gott laße Ihre Freude mit dem nächsten September erfüllt werden; und umarmen Sie Ihre Männin von Ihrem alten redlichen Freunde u Diener. Mein gegenwärtiger Beichtvater D. Lindner läst Sie grüßen. Hamann. Adresse:
An / meinen Freund, / Herrn Consistorial-Rath Herder / zu /
    Bückeburg
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gottfried Herder: Über der Zeile HKB 411 (III 104/30–31): das ist falsch, er ist nur sondirt worden, hat aber vielleicht übertriebne Forderungen gemacht Bei HKB 411 (III 105/6) „Kopka“ (er heist Koppe u ist ein Danziger) Über der Zeile HKB 411 (III 105/10): ich auch um der Ursache willen, die der Narr vom Zaun bricht um ein Urtheil von sich zu geben
10 Sptb. 774. Ihr Brief, mein Herzens Ham. kommt mir eben an dem Tage, da der meinige mit der Nachricht abgehn sollte, daß ich nun auch einen
    Wilhelm Christian Gottfried
habe! Den 25. Aug. legte ich mein 30. J. zurück: Sie den 27. ihr 44tes den 28. drängte er sich zur Welt – Die 3. Tage laßt uns nun zusammen feyren! Es ist ein braver, starker, schwarzköpficher Junge, ganz bis auf Haut und Haar mein Ebenbild! Er hat sich früher als wirs dachten u. mit gesunden Kräften ans Licht der Welt gewagtgemacht: Abend vor 8. Uhr war er da u. halb 5. waren wir noch zum Besuche. Mutter ohne Milchfieber u. die mindste Wolke – Denken Sie sich unsre Freude, die ευδοκιαν εν εικονι, εν αγαπητω του κολπου zu fühlen u. fühlen Sie sie mit. Das Knäblein hat mich u. soll mich wiedergebähren zu neuer Hofnung meines Beruffs! Pegelow ist ein fauler D. d. i. Dreschflegel! So gar einen Brief an meine Schwester hat er so lange behalten, an dem Vieles lag. Laßen Sie doch Inlage nicht säumen, lieber H., u. nicht wie den Pumpernickel alt werden: an auf der Ersten Post fort! Claud. ist ein
    hinkender
Bote u. ich hab ihm schon gesagt, daß statt Asmus ein · auf dem Ersten Strich des seyn Name seyn sollte. Weder Mancherlei noch Etwas noch προλεγ. noch Postlegom. hab ich gesehen: wie oft u. sehr ich drum gebeten. Die lettre perdue habe wie ein Luchs oder Adler in einem Catal. aufgespürt u. beinah durch Curier kommen laßen. Brächte Ssie Ihnen doch Frucht! u. haben Sie ja die
    Treuherzigkeit
, mir Alles zu melden, was – oder ob Nichts drauf folge? O schickten Sie mir, lieber Fr., doch die Sachen selbst, oder besorgten Ssie ohne Claudos u. Claudios! Es ist doch nicht recht, daß ich kein Einziges Ihrer Stücke von Ihnen, alles von u. aus Catalogis habe! Wüsten Sie, wie ich dürste! Die Rec. kenne nicht, werde mich aber darnach bemühen. Die von Ihnen gerügte Stelle sollte Satyre seyn, ist aber so stumpf gerathen, daß sie jeder für Fehler ansehn wird u. so mag sie gehn. Wollt überhaupt, daß der ganze Michael. aus dem Werk wäre. Erlebts
    2te
Aufl. wie Anders soll Alles werden. Ich hab eine in den Erfurtern gelesen, wo nebst manchen Dolchstößen (sie war von Meusel, einem Klotz. sel. Andenk.) ein sehr treuer Auszug war u. wollte Gott, daß den Alle nur lieferten. Mit der Urk. sollten 2. andere Stücke herauskommen, die (unserm Htkn. zu danken) noch nicht heraus sind! Ich will nichts davon vorschmecken: sie sollen Sie überraschen: halten Sie sich an Hartkn., der hätte sie Ihnen schon vor ¼ J. schaffen können. Von hier ists zu theuer u. ich habe für mich selbst kein Ex. – – Ich werde u. muß über alle 3. viel leiden! Darauf mache ich mich gefaßt u. zum Theil hab ichs verdient. Von jetzt an ziehe ich mich, hilfs Gott! aus allen Span. Schlößern zurück u. will in meiner Hütte wohnen: nur muß ich, wie (wenn Ihnen die Gesch. aus Königsb. bekannt ist) der
    beicht ende Lau
sagen „nur noch Ein Werk, HE. Dokt!“ Das hab’ ich jetzt unter 2ter Abschrift. Wirds mir so gut, u. soll ich nach Mitau kommen – wohlan! vor jetzt habe nur noch Hartkn. u. Hartmannische
    Winke
! Meiners ist in Gött. u. hat die
    Revision
geschr., auch eine
    Psychol
. – dem darüber ich aber viel beßers ihm zutraue! K. u. W. S. 154. heißen
    Künste
u.
    Wißensch
. Wenn ich auch nichts bekomme: laßen Sie nur im großen, in That, Ihren Plan nicht untergehen. Mit Einem Wort treffen Sie dem Nagel auf den Kopf: „es ist alles
    Geschwätz
! keine
    Handlung
! Auf Einer Ihrer Seiten steht mehr als hier auf Bogen! Helf’ indessen Gott! Durch Fallen müssen wir gehn lernen! Ruhe, Einfalt, Handlung soll von jetzt an mein tägliches Geschäft werden! Ich erliege unter Verwirrung, Bürde u. Worten! – Meine Seele hat heute z. E. trüben Tag: das auch dieser Brief zeuget. In den Ersten Tagen meines Gottgegebenen hab ich recht Freud’ u. Ruhe u. Leichtigkeit geschmeckt! Warum kann ich nicht immer so seyn! Meine Schwere ist blos Krankheit! – In Schrift u. Geist! – Die 7. Augen in Stein habe noch nicht erhalten können. Es ist blos Programm: Der seel. Faber in Jena hats Weinahcht vorm Jahr geschrieben! Ich will Ihnen mehr davon sagen. Ich bin jetzt ganz in Zend-Avesta u. dem N. T. glauben Sie mir, ich hoffe Viel zu sagen, u. den Teller Jannes u. Jambres entgegen zu winken mit dem Finger der Kraft. Wenn ich Ihre προλ. erhalten, so weitläuftiger u. mehr! Empfehlen jetzt den 25. u. 29. Aug. die Männin, die wahre Männin ist, droben ein
Kgsberg den 23 Sept. 74. Mein lieber Freund und Landsmann Hartknoch! Hier haben Sie eine Einlage von einem vergnügten und zufriednen Vater in Bückeburg, die ich gestern erhalten. – Ihr Herr Schwager Rappolt, der mich heute beym Heimgehen begegnete, da ich meines Lebens satt mehr taumelte als gieng, hat mir die Nachricht Ihrer glücklichen Ankunft mitgetheilt. Ich wünsche Ihnen und Ihrer empfindseeligen Hälfte den Genuß der Ruhe – nach so viel Unruhe, woran es auf der gemächlichsten Reise und in der ordentlichsten Haushaltung niemals fehlt, nach meinen kleinen Erfahrungen von beyden zu urtheilen. Herr Reichard ist während Ihres Hierseyns angekommen, aber sogl. auf das Land gegangen seine jüngste Schwester zu besuchen, von da er den Tag Ihrer beyderseitigen Abfahrt angekommen. Er hat mich vorige Woche besucht, um mir einen Gruß u Wink von Claudius aus Wandsbeck einzureichen. Seine Absicht ist nach einigen Monathen erst zu seiner Bestimmung nach Petersburg abzugehen. Aber, wie ich gestern gehört, liegt er an einem Fieber gefährlich krank. Seine Bestimmung geht auf kein Instrument, sondern blos auf die CompositionAuf unsern alten Freund, Autor und jungen Vater in der Wüste zu Bückeburg zu kommen: so schreibt er mir unter andern: „Die lettre perdue habe wie ein
    Luchs
oder
    Adler
in einem Catalogo aufgespürt und beynahe durch Courier kommen laßen – Es ist doch nicht recht, daß ich kein Einziges Ihrer Stücke von Ihnen alles von und aus Catalogen habe.“ Sorgen Sie doch liebster Freund, daß Hintz mit der neuen vermehrten Ausgabe alle Courierkosten zuvorkommt. Item: „Wegen der 2 andern Stücke, die mit der Urkunde hätten herauskommen sollen und (unserm Htkn. zu danken!) noch nicht heraus sind, halten Sie sich an I ihn – Er hatte sie ihnen schon vor ½ Jahr schaffen können. Von hier ists zu theuer und habe für mich selbst kein Ex.“ Vestigia me terrent! lieber Herr Verleger! möchte ich wie der Fuchs zu des Löwen Majestät sagen. Steigen doch nichts als Autor-Seufzer nach dem Olymp! Ach Madame Hartknoch sagen Sie mir im Vertrauen, woran man am sichersten unsere respectiven Herrn Verleger bey seinem Wort halten kann. Laßen Sie ihn auch die Rolle eines Autors spielen und rächen Sie unser ganzes Volk an ihm als seine Frau Verlegerinn. Auf meine Kleinigkeit zu kommen; so ist meine Hand über die Essais litteraires ziemlich erkaltet, woran der frühzeitige Herbst und Vorsprung des Winters schuld seyn mag. Ueber die Ehe hab ich auch noch keine Zeile weiter schreiben können, als ich vor Ihrer Abreise gekommen bin. Es wird dem Essay on Woman des berühmten Wilkes nichts nachgeben; und der Text ist Gen. II. – und er
    schloß die Stätte zu mit Fleisch
. Womit Ihnen eine gute Nacht wünsche, und das Wort dem jungen Ehpaar nicht umsonst gesagt haben will – zu einer guten Nacht und
    geseegneten
Ruh zum Gratias. Hamann. Grüßen Sie Ihre Reise Gefährtinn aufs ergebenste u. s. w. Adresse:
à Monsieur / Monsieur Hartknoch / Marchand-Libraire très celèbre / à /
    Riga
. / par
    fav
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Vermerk von Hartknoch: HE Haman in Königsberg. Empf. d. 17 Sept. 1774.
Kgsberg den 4 Octobr. 74. Mein liebster Herder! Ich habe die Nachricht von Ihrem Erstgebornen den 21 Sept. erhalten und Einlage nach Morungen und Riga sogl. befördert. Heute komme des Abends im Schummer von meiner sauren Tages Arbeit zu Hause, mit wüstem Kopf und blindgeschriebnen Augen zu Hause und finde einen Brief und großes Billet auf mich hwarten. Meine Leute bestellten mir etwas vom HE Laval das ich nicht verstand auch nicht einmal hörte. Weil ich Hartknochs Hand erkannte, und Ihre Einlage begleitet hatte, so freute ich mich über eine so promte Antwort und riß was ich konnte – denn sie wehrte sich wie ein Mädchen, und der Wiederstand hatte seinen Sinn – bis ich ihn erbrach. Das Eingeweide fiel mir gleich in die Augen. Meine Verwunderung war so merklich, daß mir meine Hausmutter wiederholentlich zurief: Der Brief wird nicht an Sie seyn – und ohne noch Unrath zu merken, kehrte ich den Brief im Fluchen um, ohne noch den Augenblick Ihren Namen darauf zu vermuthen, laß ich ihn mit aufgesperrten Augen statt des Mondscheins – denn wir haben erst morgen Neulicht. Das große Billet war aber ein noch ärgeres Quid pro quo und betrifft 1000 rth die ein Mann den ich kaum von Ansehn recht kenne, wegen meiner
    edeln Denkungs Art
(sunt ipsissima verba) von mir auf einen Wechsel à 6 pro C% in 12 Monathen zahlbar borgen wollte. Dieser sonderbare Umstand nöthigte mich noch stehenden Fußes nach der Stadt zu laufen, aber unverrichteter Sachen. Nachdem ich mich über die Ebentheuer des heutigen Abends ausgeärgert hatte, überfiel mich ein sanftes Lächeln, so sanft wie ein Schlummer des müden Wanderers und ungeachtet meiner
    edeln Denkungsart
wandelte mich eine Lüsternheit an des verliebten Verlegers Briefchen an seinen Busen Autor und Freund von Anfang bis zu Ende – zum Dessert meines Abendbrodts zu machen. Ich hoffe, lieber Herr Consistorial-Rath! daß Ihre Absolution so aufrichtig als meine Beichte seyn wird und daß ich einiger Gegenvertraulichkeit werth sey, da ich im Finanz-Wesen nicht gantz unerfahren bin, wie Sie aus dem Ecce! des Sauvage du Nord errathen können, und daß ich in diesem loco communi ein so versuchter Hoherpriester bin als der liebe Consistorial Rath zu Bückeburg, und daß – und daß – – – und daß ich, wie ein leiblicher
    Berens
, über diesen Punct denke und gesinnt bin. Mehr hab ich nicht nöthig anzuführen, um mich wegen des unvorsetzlichen Einbruches und vorsetzlichen Antheils am Innhalte zu entschuldigen. Der Passus Ihrer Verpflanzung hat mich am meisten interessirt; und erlauben Sie mir, liebster Herder Ihnen so viel ich kann mein Herz darüber auszuschütten. Durch Hartm. ist wol nichts abzusehen, und ich möchte Sie gegenwärtig mehr ab- als zurathen, sich in einige Unterhandlungen einzulaßen; so sehr ich Sie auch wünschte näher hier zu sehen und in einer beßern Lage für Ihren Geschmack. Ich war willens zu schließen, hab mich aber anders bedacht und will wieder meine Gewohnheit fortfahren an Sie zu lucubriren und bey Licht fortfahren zu schreiben; da ich ohnehin bey Tage leider! keine Zeit mehr übrig habe. Wir haben einen deutschen Director, Namens
    Stockmar
,
einen gebornen Darmstädter, deßen Vater
    Hofmaler
seyn soll
    dort
. (Wenn Sie mir etwas von ihm melden können, wird es mir lieb seyn.) An statt zu übersetzen, muß ich jetzt ein
    expedirender
    Copist
seyn; und Sie können leicht denken, wie mir bey einer solchen Arbeit zu Muthe ist. Dies sey zu Ihrem Troste geschrieben. Unerachtet ich also in meinen gantzen litterarischen Entwürfen unterbrochen bin, arbeite ich doch in verlornen Augenblicken an einem
    Versuch über die Ehe
, den Hartknoch als ein Denkmal auf seine Hochzeit verlegen soll. Wenn er auch nur einen Bogen beträgt: so soll er Sterling seyn, wie ich hoffe und wünsche, und trachte. Da Ihre
    Autorschaft
einen wirklichen Einfluß in Ihr
    Schicksal
zu haben scheint, liebster Herder! so machen Sie Ihre Ueberlegungen. Meine Ungedult die beyde Corpora delicti zu sehen wird dadurch erhöht, und ihr eigen Gewißen macht Ihnen Vorwürfe, die ganz gerecht sind, und die ich nicht nöthig habe – als zu seiner Zeit, zu rügen. Ich
    wünsche
z. E. eben so sehr wie Sie, daß der gantze Michaelis aus der Urkunde ausgestrichen wäre u. s. w. Aber daß durch neue Ausgaben keine Palingenesie möglich ist, haben Sie schon selbst an den Fragmenten erlebt. Et ab hoste consilium – Also Sulzers Wink gegen die Phantasie auf Ihrer Hut zu seyn ist aller Ehren werth. Ich kenne leider! jene Scyllam und Charybdin an denen Sie Gefahr laufen zu scheitern. Daher war ich so vorläufig mit den Prolegomenis des Zacchaei und wollte allen Zeitungsschreibern zuvorkommen. Wenn sie ja noch erscheinen werden; so weiß ich gar nicht mehr, was ich selbst oder das Publicum dazu sagen werden, und einer der besten und grösten Autorplane ist verhudelt. Dem allen ohngeachtet denk ich in petto: Tant mieux! Denn wo soll ich jetzt die Zeit hernehmen Ideen zu hegen und auszubrüten. Ist jemand der die
    Vaterfreuden
lebhafter kennt; so ist es Ihr Freund. Aber mit welcher Furcht und Zittern ich selbige genüße, weiß niemand beßer als Er! Wie unmöglich ist bey diesem süßen Wein mäßig zu seyn; und welch köpfender Rausch! Ungeachtet Sie mich nicht zu Ihrem Wilhelm Christian Gottfried zu Gevatter und zum Kindelbier gebeten haben: so wünsch ich ihn doch, daß er in seines Oncle,
    Christian
Zacchaeus Telonarcha Fußstapfen treten möge und sein Festina lente übertreffen möge; der flugs im Mst fertig war und nunmehr seit einem halben Jahr unter der Preße zaudert. Mein nächster soll ein Gevatterbrief seyn an den
    Vater
oder die
    Mutter
in Bückeburg. Gott erfülle unsere besten Wünsche, und diese mögen nichts anders seyn als s Sein guter gnädiger Wille. Meine beyden Kinder sind am Flußfieber krank! So bebt ein Geitzhals oder der Dieb eines Schatzes im Topf und empfiehlt ihn der Göttin Fidei! Gute Nacht Der Wächter schnarrt eilf!
    Nachschrift
.
Sie werden, liebster Freund, aus meinem Briefe ersehen können, daß mit umgekehrtem Blatt deßelben die ganze Series meiner Gedanken eine andere Richtung bekommen. Ich besuchte vorige Woche zufällig unsern Kant, der mir einen Brief von Hartm. zu lesen gab und über seine litterarische Briefe laß. Wir dachten sehr gleichförmig über diesen Mann, und über seine Wichtigkeit, die ihm ersterm so furchtbar als mir verächtlich vorkam. Sein Anliegen war die Subscription zum Fulda Wurzelbuch und deßen Ankündigung in der Mitauschen Zeitung, in der gar kein sensus communis war, weil er seinen Namen unterzeichnet hatte und man im Text garnicht unterscheiden konnte, ob Fulda oder Hartm. redte. Er besuchte mich bey sr Durchreise. Ich führte ihn zu Kant und es schien daß wir uns einander zu gefallen anfiengen. Er bot sich von
    selbst
an, an mich zu schreiben, hat aber nicht an mich gedacht. Ich habe ihn in einigen Briefen an Hintz zu reitzen gesucht, wo ich vermuthen konnte, daß er Antheil nehmen würde. An Kant hat er gantz cavalierement und en confrere geschrieben, der diesen Ton auch nicht von einem jungen Mann der sein Schüler seyn könnte, recht zu goutiren scheint. Sie kennen Curland und daß es Leute da giebt, die Augenmaas haben, woran es dem lieben jungen Schwaben ganz zu fehlen scheint – und das ganze Institut ist vielleicht so precair, daß Sie den ganzen Ruff blos als einen medium terminum ansehen müßen zu einem Ergo.
Kgsb. den 5 Oct. 74. Mein lieber Hartknoch! Das Ding ging
    so
zu. Ich kam gestern Abend um 6 Uhr nach Hause entre chien et loup und ich hatte den ganzen Tag so viel geschrieben, daß das Licht meiner Augen auch halb erloschen war. So bald ich in meine Stube trat fand ich mein Hänschen auf dem Schooß der Mutter im Flußfieber, und erfuhr, daß er immer nach mir gefragt hatte, und daß mir HE Laval einen Brief zugeschickt hatte mit einer Bestellung, auf die ich nicht recht Achtung gab, und nach meiner Art das, was ich nicht verstund, auslegte, und ein Advocat der mir fast ganz unbekannt war, ein großes Billet. Ich stritt mich über den Namen des Advocaten und erkannte Ihre Hand auf dem Couvert. Ich fühlte eine Einlage, und seegnete meinen Hartknoch, der mir so promt antwortete und mich nicht so hündisch wie Hinz und Bode begegnete. Unter diesen Gedanken riß ich an dem Siegel, ärgerte mich über meine Ungeschicklichkeit, kam zu meinem Zweck und an statt eines Einschlußes an Herder, wie ich dachte, fiel mir ein halb gedrucktes und geschriebnes Billet in die Hände, deßen Sprache mir zwar bekannt aber der Styl gar fremde war. Ich schrie wie die Israeliten: Man hu! Man hu! was ist das? und dem glaubwürdigen Zeugniße meiner Hausmutter zufolge, habent mir das Paar meiner kleinen Augen in meinem Gesichte, wie zwey Neben Monde am Firmament des Himmels gestarrt. „Mein Gott! Der Brief wird nicht an Sie seyn. HE Laval ließ ja sagen, daß Sie unter Ihrem Couvert wieder zuschicken möchten“ – Da war ich erst so klug nach dem Couvert Aufschrift zu sehen und laß gantz deutlich was geschrieben stand! C---- R – z – B – – – Ha! dachte ich –
    bist Du nicht
    ein Geistlicher in Schwaben
? Voller Aergernis und Schaam versteckte den Brief samt seinem Eingeweide an einen sichern Ort und ohne einen Buchstaben gelesen zu haben. Hierauf gieng ich zu dem großen Billet des Unbekannten Advocaten, der aus Vertrauen auf meine
    edle Denkungsart
mich und ein Capital von 1000 rth auf einen Wechsel à 6 p % auf Jahr und Tag für sn Vater sub hypotheco omnium bonorum, die sämtlich
    schuldfrey
wären ersuchte. Dieser Umstand nöthigte mich noch denselben Abend nach der Stadt zu laufen; aber der Gang war vergebens; und ich kam müde über die Ebentheuer deßelben nach Hause, um ein Butterbrodt zu eßen. Hierauf setzte ich mich wieder um dem Consistorial Rath u Gevatter zu Bückeburg alles zu beichten und erwarte seine Absolution mit erster Post; weil ich mein Sünden Maaß voll gemacht und meine Neugierde mit aller Gemächlichkeit befriedigt. Denn hätte ich es nicht gethan; so hätte ich nicht das Vergnügen gehabt meinen zärtlichen Verleger und Ehmann in seinem Tete a-tete zu belauschen, mit seinem Autor und Jochbruder. Was ihr euch da für schöne Sachen von Euren Weiberchen und Mütterchen schreibt! Wie voller Geigen e Euer Himmelbette hängt! – Wenn meine Sibylle nur erst mit ihrem kleinen Versuche über die Ehe à la Wilkes fertig wäre. – – – Ueber einen oder 2 Bogen läst sich gar nicht aushalten weder im Lesen noch Schreiben, wie ich den Ton Bogen gefaßtspannt habe. Gleichwie die Fr. Cons. R. zu Bückeburg ein halb Jahr vor dem 29 Aug. c. für eine Maschiene sorgte den schönen Springbrunnen für ihren kleinen Christian in Gang zu bringen – und Monathe zuvor Hemdchen und Häubchen zuschnitt utriusque generis um auf jeden Fall gefaßt zu seyn; und gleichwie Me Hartknoch dergl. Zerstreuungen bald nöthig haben wird, und Vater und Mutter, Brüder und Schwester einmal ganz zu vergeßen: eben also freut sich, meine Muse, die alte Sibylle ihren kleinen Versuch von 1½ Bogen klein Octav gedruckt zu sehen. Das Format wie das kleine naseweise witzige Ding:
    Ueber die Ehe
: auch eben die Lettern und Einfaßung. Der Titel aber nicht
    schwarz
und
    roth
– pfuy! sondern in französischer Pracht und was man sagt nennt: or et azur. Mein lieber junger Ehmann! Ich bin allemal in übler Laune, wenn ich so baroque schreibe. Scherz bey Seite. Der Aufbruch des Briefes ist in aller Unschuld geschehen, aber das Durchlesen mit allem Fleiß. So sehr mir das erste leid gethan; so zufrieden bin ich mit dem letzten. Besonders wegen des Projects unsern Freund zu verpflantzen. Ich habe mich über diesen Punct nicht gantz deutlich erklären können gegen unsern Gevatter zu Bückeburg. Aber Sie haben den Ungrund der Hartm. Bemühungen rein gnug aufgedeckt. In dem jungen Mann liegt ein Klotz und Comp in folio. Ich habe nur vorige Woche einen Brief von ihm an unsern Kant gelesen und se.
    tolle
Ankündigung des Fuldaschen Wurzelbuchs in der Mitauschen Zeitung. Sapienti sat. Artig wäre es von Ihnen gewesen, daß Sie mir auch ein paar Zeilen geschrieben hätten, weil sie die fröliche Botschaft von des kleinen Herders glückl. Ankunft durch meinen Einschluß erhalten haben; und mein prosaischer Abschied so wie der poetische des alten Candidaten Theol. einem
    Verleger
nicht ganz gleichgiltig seyn sollten, dem an Gottes Seegen und dem fernern Dienst der Prosa und Poesie gelegen ist. Es ist immer etwas, was mich noch abhält mich über unsers Freundes
    Autorschaft
zu erklären. Da selbige aber in sein Schicksal Einfluß zu haben scheint; so hab ich ihn vor der Hand gebeten darüber mit sich selbst zu Rathe zu gehen, weil ich nicht mehr sagen kann, als ihm sein
    Gewißen
schon sagt und er selbst einsieht und mir berichtet. Schaffen Sie mir ja die mir noch fehlende Corpora Delicti seiner Autorschaft, damit ich das
    Gantze
übersehen kann. Ohngeachtet ich keine Zeit und Kräfte habe zu denken; so denke ich doch und arbeite wie ein Apelles hinter der Wand; oder wie ein Bergknapp unter der Erde. Seyn Sie also wegen Ihres ausgehandelten Briefes unbesorgt. Ich habe ihn samt sn. Intestinis unter mein Couvert verwahrt und will alles HE Laval zu weiterer Bestellung überbringen. Ich umarme Sie und bitte ja für die Corpora Delicti zu sorgen. Sollte ich selbige hier ehe finden; so werde Ihnen sogl. Nachricht davon mittheilen. Antworten Sie mir nach Ihrer Gemächlichkeit und Gott schenke uns bald
    Ostern
wo ich Ihnen werde mehr sagen können. Empfehlen Sie mich dem Andenken Ihrer lieben Gemalin, als Ihren alten Freund Hamann. Kanter hat diesen Sonntag einen jungen Sohn taufen laßen und nimmt es Ihnen übel keine Zeile von Ihrer Veränderung erhalten zu haben. Ich habe ihn versichert, daß Sie in Jahr und Tag ein gantz anderer Mann seyn würden, von dem Freunde und Feinde sich alle égards würden versprechen können, die man im Handel und Wandel nur mit Grund und Fug von einander fordern kann. Er ist mit dem Grundriß einer Papiermühle beschäfftigt, die er anlegen will. – – Erinnern Sie doch Hintz, daß er ein Exemplar der neuen Auflage von der Lettre perdue nach B… besorgt und vergeßen Sie nicht das Dictionnaire des Finances. Ich werde wol vor Ostern nicht nöthig haben an Sie zu schreiben; es sey etwa Ihnen vom Empfang der Herderschen Schrifften Nachricht zu geben, nach denen meine Ungedult groß ist. Wagner hat mich versichert, daß sie alle unter Weges wären. Ist dies wahr, so kann ich wol auf das mir zugedachte Exemplar von jedem nach Ihrer Bequemlichkeit warten. Da ich den Anfang zu dem kleinen Versuch gemacht habe, so möchte ich gern mit fertig werden; möchte Ihnen aber am liebsten die Handschrift davon hier einhändigen. Muß Ihnen aber zum voraus sagen, daß er so klein als möglich gerathen dörfte. Die Muße zu den hierophantischen Briefen kann ich bey meiner gegenwärtigen Verfaßung gar nicht absehen; und von den Prolegomenis Zacchaei erfahre kein Wort. Vielleicht werden S sie im Meß-Catalogo angekündigt stehen. Ihr
    Name
wird kaum vor dem kleinen Versuch stehen können, doch ich bin noch zu weit vom Ziel. Vorigen Sonntag habe 2 Perioden gemacht, die noch nicht fertig sind, und ich habe die Sonntage zu dieser Arbeit ausgesetzt. Nun leben Sie wol. In Eil. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Hartknoch / Marchand-Libraire / à /
    Riga
. /
    par fav
.
Vermerk von Hartknoch: HE Haman in Königsberg. Empf. d. 29 Sept 1774.
Kgsberg den 24 Oct. 74. Mein lieber bester Hartknoch, Ich habe gestern den halben Tag in Gedanken an Sie geschrieben, weil hier die Nachricht über Helmstädt angekommen, daß unser Freund Herder sich mit seinem LandesHErrn überworfen hätte und gegenwärtig
    brodtlos
und
    verlaßen
säße, sich angeboten hätte aber vergeblich, in seinem Wandel und Kleidung sich durch so viel Soloecismen auszeichnete als in seinem Styl – Diese Nachricht von der mir die Hälfte nicht ganz unwahrscheinlich vorkam, machte mich so unruhig, daß ich zu Ihnen mein Zuflucht nehmen wollte um über sein Schicksal einige Auskunfft durch Sie zu erhalten. Heute zu Mittag hat mir Ihr lieber Schwager Laval, dem ich recht sehr gut wieder zu werden anfange, mit einem kleinen billet doux und den so sehnlich gewünschten Corporibus delicti erfreut, mit denen ich ungeachtet eines sauren Posttages auf dem Bureau diesen Augenblick beym
    Zapfenstreich
zu Ende gekommen bin. Ich sehe daß der Verf. der Provinzialblätter ein Prediger ist, der das Mäntelchen auf beyden Schultern zu tragen, und Luther mit Spalding –. Ich will aber nicht sagen: wie reimt sich Christus und Belial? Aber wenn dies Politick seyn soll, ist sie nicht ein wenig zu
    grob
und zu
    unehrlich
– oder zu
    auffallend
mich eines Modeworts zu bedienen. Um das Gold seiner Autorschaft von den Schlacken zu reinigen, dürfte freylich eine kleine Feuerprobe unumgänglich seyn. Ich hoffe und wünsche, daß sie kurz und leicht und wohlthätig für ihn seyn wird. Der gewaltige Rauch scheint doch immer ein wirkliches Feuer zu verrathen, das in seinem Busen brennt und ein solcher
    lebendige Funke
kann es mit dem grösten Walde aufnehmen. Gute Nacht! mein lieber Hartknoch. Wir haben beyde uns heute so müde gearbeitet, und Sie haben einen Grund mehr schlafen zu gehen. Morgen mehr. Wer weiß, was uns träumen wird? Den 25 Oct. Ich bin diesen Morgen nach der Stadt gelaufen, um die Nachricht von Herder selbst zu lesen. Der Brief ist nicht aus Helmstädt, sondern
    Brandenburg
; und der ganze passus in meinen Augen von keiner Authenticität sondern bloß Geschwätz. Was unsern Freund bewogen an Spalding zu schreiben, möchte ich eben so gern wißen als lesen, was er geschrieben. In einigen Provinzialblättern scheint der Verf. seinen Styl ziemlich vortheilhafft verleugnet zu haben; aber gegen das Ende wird er gar zu kenntlich. Die Wahrheit zu sagen, halt ich es
    mit
ihm gegen seine Gegner, aber
    wider
ihn mit seinen Freunden. Der ganze Knoten beruht darauf, beyde Parteyen unterscheiden zu wißen. Ich komme von meinem Bureau erschöpft mehr vor langer Weile als Arbeit zu Hause und finde den Meß-Catalog vor mir, den ich durchgelaufen – aber wenig für meine künftige Neugierde gefunden. Durch meine veränderte äußerl. Lage scheint mein Beruf zur Autorschaft, der ohnehin wenig immer zu bedeuten gehabt, fast gänzlich erstickt zu werden. Wie ich eben so voll Planen als Herder war, wurde ich auf einmal in meiner tollen Laufbahn unterbrochen. Er hat mich wieder aus meinem Schlummer halb ermuntert. Sie wißen, was ich für rasende Sprünge über se. Preisschrifft gemacht. Bey seiner ältesten Urkunde war den Augenblick fertig – zu gutem Glück schläft alles, und ich habe nicht Lust die kleine Maschiene mit einem Finger anzurühren, weil mich die Zeit abgekühlt hat und der Augenblick scheint verfloßen zu seyn. Was soll ich im deutschen und französischen ankündigen, da ich gar keine Möglichkeit absehen kann mein Wort gutzumachen. – Es ist wahr, einige meiner
    Saamenkörner
scheinen sich durch des Herders Fleiß und Feder in
    Blumen
und
    Blüthen
verwandelt zu haben; ich wünschte aber lieber
    Früchte
und
    reife
. Und zu allen diesen Wünschen gehört
    Zeit
und
    Glück
, wie Salomon sagt, und beydes hängt nicht von uns ab. Bey meiner gegenwärtigen Schwermuth und Erwartung der Dinge hab ich keinen Muth und Anlaß an Herder zu schreiben. Bitte mir aber dafür aus mir so bald Sie Nachricht von ihm erhalten, mir daran Theil nehmen zu laßen. Mein Briefwechsel soll Ihnen selbst keinen Zwang auflegen, als bloß in Ansehung dieses
    einzigen Punctes
, der mir am Herzen liegt. Ihr gegenwärtiges Frey Jahr und Ihre Genauigkeit in Geschäften sind mir zu ehrwürdig und bekannt, als daß ich Sie nach dem Maasstabe, womit ich Hintz meße Sie beurtheilen sollte. An die Mitausche Aussichten lohnt es nicht zu denken. Wenn dieses Project hätte durchgetrieben werden können; so möchte fast darüber wetten, daß die Denkungsart sr. jetzigen Gegner sich eben so sehr geändert haben würde, als des zeitigen Sachwalters seine, und daß sich letzterer am meisten geirrt haben würde. Es ist für kein menschl. Auge mögl. den Haß der Freunde und die Liebe der Feinde zu erkennen – und dies sind doch gleichwol die stärksten Elemente unsers Schicksals – Nun mein lieber Hartknoch! ich glaube nunmehr mehr geschrieben zu haben als Sie im Stande seyn werden zu lesen und zu verstehen; weil ich nur die äußersten Enden meiner innigsten Gedanken und Gesinnungen, die mich wie ein dicker Nebel unterdrücken habe berühren können – und mich selbst ein wenig zu erleichtern gesucht habe. Ich umarme Sie auf das herzlichste für schleunige Befriedigung meiner Wünsche, da ich es am wenigsten vermuthen war und es am nöthigsten hatte. Empfehlen Sie mich Ihrer besten Hälfte, und wirthschafften s Sie gut mit Ihrer Liebe und Zärtlichkeit, damit etwas übrig bleibt, wenn die Jahre kommen, wo man weder sich noch andern mehr gefällt. Meine Gänse- Schwan- und Rabenfedern sind alle stumpf und ich habe gegenwärtiges mit meiner Trappen-Feder geschrieben – der erste Versuch den ich in meinem Leben gemacht habe. Vielleicht kann auch dieser äußere Umstand etwas zur Entschuldigung des Innhalts beytragen. Leben Sie wohl und glücklich – biß wie lange? Ohne neuen Anlaß werde im alten Jahr kaum mehr schreiben können. Mein Paarchen schläft schon; ich danke im Namen der Mutter und warte nächstens der guten Dinge das Dritte. Amen! Adresse mit Mundlackrest:
An / meinen Freund Hartknoch /
Wenn Sie für Ärger und Unwillen noch lesen können und wollen, so lesen Sie und ober-corrigiren Sie. Die Form bleibt stehen bis Antwort kommt, die, wenn Sie etwa keine merkwürdige Fehler finden sollten, in einer einzigen Briefzeile bestehen kann. ich habe Ihr Manuscript gleich, als ichs gelesen hatte, abgegeben; ich habe oft, sanft und unsanft, angefodert; ich habe gleich corrigirt und nach Königsberg geschickt. ich will aber darum doch nicht unschuldig seyn, weil aller Schein so gewaltig gegen mich ist. So viel und nicht mehr, bis ich erfahre ob Sie weiter was von mir hören und sehen mögen, Sie sind indeß in beiden Fällen mein lieber bester Haman. Claudius &c Hamburg, den 9ten Nov. 1774 Das heiß’ ich spät, in später Jahrzeit schreiben! Soll ich Ihnen, mein unendlich hochgeschatzter Freund, die Hindernisse alle erzählen? oder wollen Sie mir, ohne eine lange und langweilige Erzählung glauben, daß ich nicht gekonnt habe? oder wollen Sie noch lieber ohne alle Gründe verzeihen? Was Sie wollen! nur unwillig müßen Sie auf mich nicht seyn; das würde mir auch alsdann zu wehe thun, wenn ichs verdient hätte. Ueber die Beylage wird Freund Claudius das Nöthige gesagt zu haben – doch – er ist auch ein Dichter – also – Wenn Sie noch Aenderungen oder Correkturen zu machen finden, so senden Sie ein, und zugleich eine Disposition über die Anzahl der Exempl. und wohin sie vertheilt, oder zusammen geschickt werden sollen? Ich warte so lange mit dem Abdruck. Wenn ich nun die Runzeln, über den langsamen Gang des lieben Zachei, von Ihrer Stirne hätte sich schlichten gesehen: so stünden mir denn nun noch ganz andre zu befürchten vor – über meine Dollmetschung des Tristrams!!! Sie ist auf dem Wege, über Lübeck und die Ostsee. Ich muß freylich itzt mit einem bösen Richter und einem sehr guten Advokaten sagen quod scripsi, scripsi, weil es für diesen Druck nicht mehr zu andern ist. Allein, da es doch möglich ist, daß es ein zweyter Druck gemacht werden könnte; so wünschte ich, daß Sie Ihr Exempl. durchschießen ließen, und gleich bey der ersten flüchtigen Lektüre das anzeichneten, woran Sie sich stießen, und wenn Sie, mehr zu thun, weder Lust noch Zeit hätten, mir nur dieses bunte Exempl. überschickten. Es würde mir ein sehr lieber Fingerzeig seyn. – Von Komplimenten weiß ich nichts! – Folgen ein Paar Bitten: Herr Kanter hat auf der Meße 30 Exempl. vom Tristram verlangt. Recht gut! Aber der Mann ist mit der Bezahlung, wenigstens nicht der
    zuverläßigste
. Sie kennen ihn beßer. Auf Sie laße ichs ankommen, ob Sie glauben, daß er mir Zahlung leisten wird. Ich habe in Ihr Packet 45 Stck gepackt. 15 für Sie und Ihre Subscribenten, deren Namen hinten folgen, (wenn Sie solche etwa nicht aufgezeichnet hatten) und 30 für Kanter, (wenn Sie es für gut finden.) Im letzten Falle sagen Sie ihm, daß sie unterwegs sind; daß das Exempl. ordinair 3 Rtl. 12 ggl. kostet und daß er mir den Belauf
    bis künftige Ostermesse
zu gute schreibe. Wenn Sie ihm auch nur einen Theil davon anvertrauen wollen: so machen Sie es wie es Ihnen gefällt, und sagen ihm in meinem Namen, was Ihnen gefällt, es soll gesagt seyn. Dem Herrn Profeßor Kant wünsche ich durch Sie empfohlen zu werden. In dem Packen befindet sich ein Brief an den HE. Prof. Starck, welchen ich zu besorgen bitte. – Sollte der HE. Stark aber eben abwesend seyn: so bitte ich sich nach einem Bruder durch 3+3 zu erkundigen, der NB NB zu der
    Loge
zu den drey Kronen gehört, dem den Brief zu geben, und ihn in meinem Namen zu bitten, daß er den Brief erbreche. Am liebsten wäre mirs, Sie könnten ihn
    in dieser Qualität
selbst erbrechen. Ihre Subscribenten heißen. 1) HE. Kriegsrath. Hennings 2 –    Jacobi 3 – – Bertram 4 – – le Cocq. 5) Lindner 6) Gosche 7) Hippel 8) von Polenz. 9) von Korff. 10) Stolterfoth 11) Rappold 12) Kade 13) Kriting 14) Laval 15) Ohlius – und eben itzt sehe ich, daß ich in dem Packgewirr Sie selbst unter die 15 mitgezählt habe! thut aber nichts. HE Kanter
    kann also nur
29 bekommen. Leben Sie recht herzlich wohl, und seyn Sie nur in dem Grade mein Freund, als ich das wünsche! Ihr Bode
den 14. Novbr 74. Ich wollte nicht eher schreiben, lieber Freund Telonarch. bis die Proleg. ankamen: u. die erschienen gestern den 24. n. Trinit., eben da ich zur Kirche ging. Dank Ihnen aus Herzensgrunde für Ihren guten Willen u. redliche That: sSie haben meinen Sinn u. Zweck nicht blos wohlgefaßt, sondern auch sehr gesäubert u. idealisirt, daß in der Folge mir Ihre Winke auf meiner Bahn zu Hülfe kommen werden, daß ich reineres u. sichereres Ziel nehme. Und das, glaub’ ich, wird Ihnen der thätlichste Dank seyn. Was das Blatt im Publikum würken werde, weiß ich so wenig, als Sie. vVielleicht so wenig als mein Buch; aber das schadet nichts: der Maulwurf gräbt in der Stille u. doch weiter. Claud. schreibt, daß mein Ex. nur als Correkturbogen anzusehen ist: u. das freut mich: denn es ist auch gewiß zu corrigiren: Drei oder Vier Druckfehler hab’ ich allein bemerkt. Mich freut sehr, daß insonderheit der Anfang so hell geworden: wer das nicht versteht, dem kann niemand helfen. Im 2ten Theil haben Sie hin u. wieder eine böse Sache sehr gut vertheidigt, ob ich gleich noch nicht sehe, wie ich anders hätte verfahren können. Wären die Sachen des 2. u. 3. Th. meines Buchs lauter Fakta, die so vorgezeigt werden könnten: so ist wäre kein Mensch zufriedner als ich: hätte ich aber die Lambeaux des grauen Mantels des Altherthums als ein zierlich gesticktes Kleid aufzeigen sollen: so wäre das wohl für Narren des Jahrhunderts schön, aber für jeden klugen Menschen Betrug gewesen. Also bleibt nichts als der Streitton übrig, den ich eben so wie jemand, herzlich hinauswünsche, u. der in der Fortsetzung natürlich herausbleiben wird. Denn Th. 2. u. 3. sind nichts als Chaos zu Th. 4.,
    daser
    helles Licht enthalten soll, wie der erste
Theil u. s. w. Was kann ich aber also dafür, daß das Publ. u. die lieben beredten Apollonii sich ein Ganzes denken, wo keins ist? Die Sache, wenn sie nicht äußerst klein hätte werden sollen, litt keinen andern Gang, u. ich sage, wie der Fuchs, das dickste End’ ist noch hinten. Zwei Stellen verstehe ich nicht. S. 5. „Hier haben Sie zugleich – beurtheilen“ u. S. 12. den Mamamuschi.“ Erklären Sie mir doch die Veranlaßung zu beiden. Auch den Ausdruck des Velo veli Deo. Bedeutets ein Räthsel? Und denn möchte ich gern das beigelegte Skelett des Apollon. sehen, wenn ichs sehen darf. Ich hoffe, mein lieber H., der Verfolg meines Werks wird Ihren Ausspruch: in magnis voluisse bekräftigen u. Ihr Segen, insonderheit aus den paar Stellen Moses u. der Richter sei auf mir! Ich weiß nicht, ob Sie meine andre 2. mit Druckfehlern übersäte Schriftchen schon haben. Ich hoffe u. bin gewiß, daß Sie Ihren Beifall haben müssen: wie Alles, was von Herzen geht u. Nothdurft erpreßet. Kann Zachäus Telonarcha von Aktien schreiben: so kann u. muß ich sagen, was meinen Stand u. meine Pflicht näher trift u. ohne welches alles andre Reden in die Luft ist. Die in Berlin wüten außerordentlich dagegen, u. ermangeln nicht, mir die niedrigsten Beweggründe dazu unterzuschieben: woraus ich mir aber, wenn der Erste Menschliche Stoß vorüber ist, nichts mache: es zeigt an, daß das Salz beißt u. das soll es. Zugleich muß ich freilich Nachwehen leiden, die auch eine geraume Zeit vom Julius fast an, mein Leben mitten unter Freuden meines Weibes u. Kindes zum Jammerthal gemacht haben, u. ich sehe noch viel mehrerm entgegen. Was kann ich aber dafür? unter solchen Wehen wird auch hoffe ich,
    mein
beßerer Mensch gebohren, u. kein Feind soll mirs vorwerfen können, daß ich ihn nicht genutzet. Eine Probe davon muß ich mit Leid, Kosten u. Mühe an einem Vorfall machen, den ich den Tag voraus erfuhr, eh ich michr Ihr Telonar. (auch darüber zum Trost) kam: Sie sollens aber nicht eher erfahren, bis es geschehen. Die Menschen in Berl. drängen hart an: ich will den διαβολος aber mit Vestigkeit, u. Sanftmuth zu Schanden machen, u. auch nur wille Michael sagen: επιτιμησαι σοι Κυριος! Ihnen aber, m. lieber H., will u. hoffe ich, statt daß sonst bei allem Guten, was ich empfange, mich gleich der Gedanke anficht: dafür muß dir auch einst eben so viel Böses begegnen! Ihnen will u. hoffe ich mit jedem neuen Schritte mehr zu gnügen! je mehr ich mich von Ihnen zu entfernen scheine. Bald ein Mehreres! – – Der Ruf nach Mit. aber gehört auch darunter. Er war blos Hartmanns Einfall, zu dem ich gleich kein Fünkchen Zutrauen hatte: den ich auch, so bald ich den Wink ersah, mit allem Ernst unterdrückte: er giebt blos den Berlinschen διαβολος Gelegenheit zu lästern, ohne daß er mir hilft. Nun des Büchergeschwätzes gnug! Diese Seite soll wenigstens einem weitern Kreise von Leben heilig seyn, wenn gleich freilich auch Bücher leider darunter gehören. Mein Weib u. Kind befindet sich vortreflich, u. der Knabe hängt schon ganz an seines Vaters Stimm u. Sprache, wie an seiner Mutter Brust u. am Weiten, Offnen des blauen Himmels. Ich freue mich auf die Zeit, wenn ich mit ihm lalle u. krieche, u. hoffe, über Alles, was mich anficht, reichl. getröstet zu werden, durch u. in Ihm. Allerdings wünsche ich bdebald eine äußerliche Veränderung: denn die nehml. corpora delicti, von denen ich auf der vorigen Seite zu schwatzen Gelegenheit gehabt, haben auch hier um mich her alles so mürbe gemacht, daß ich wo nicht auf Flammenasche, so auf leicht bewachsnem Moor oder Morrast gehe. Da ich aber noch gar nicht weiß, wohin u. wozu beßers? so muß ich warten u. ruhn. Der Wechsel, den Ihnen die verrätherische Luna zeigte, gehörte mit in diese Dornhecke. Da an einem kleinen Orte, wo Juden die ersten Bettelnegocianten sind, es Sünd’ u. Schand’ ist, mit Kleckschulden überhäuft zu sein: so war hier Berens, durch Hartknoch, so gut, mir einen Stab zu reichen, daß ich mit Ehren Einem schuldig seyn könne u. das ist das ganze Räthsel, über das Sie sich zu sehr den Kopf zerbrochen zu haben, scheinen. Kommen u. kukken Sie in die hiesige Verfassung u. Sie werden mich loben u. mir meliora fata wünschen. Und wie stehts mit Ihnen? Immer noch auf dem fahlen Pferde u. ist niemand, der Sie erlöse? Ich will ein Fest feiren, wenn ichs höre. Die Lust, Sie zu sehen, laße ich mir schon halb u. halb vergehen: es müßte ein Wunder seyn, wenn ich aufs Preuß. Gebiet gern reiste. Aber sammlet mich der Himmel Einmal auf eine sicherere, beßere Städte – so hoffe ichs noch zu erleben, daß mich Hamann besucht, u. Ein Zwillingspaar der Seinen mit ihm. Jetzt singen wir noch alle: Kyrie Eleison! Meine Bibliothek ist mit der schönen 4. Ausgabe von Bollinbr. durch als ein Geschenk vermehrt, u. ich freue mich sehr, auf die Muße, dsie zu geniessen. Daß ich Pope, Shakespear, Dodsley, die Reliks u. s. w. habe, wißen Sie glaub ich schon, und nach den Resten shehne ich mich mit milder Eile. Gehe ich aber Einmal von hier weg, so stoße ich den R unnützen Theil meines Krams, der mir denn wenigstens unnütz seyn wird, weg u. hoffe einst ohne Bücher, deren Stank u. Dampf mich so sehr erstickt, freier zu athmen. Gott helfe. Denn denke ich Zeichnung durch
    Bildnerkunst
auf einem neuen Wege zu treiben, u. mich nach Italien zu bereiten, ob ich einst noch dahin lange. Glaube aber schwerlich. Göthes Klavigo u. Leiden des jungen Werthers werden Sie nicht übersehen: das letzte kenne ich noch nicht; so wenig als seine Anmerkungen übers Theater, nebst übersetztem Shakesp. Stücke. Im Götting. Musenallm sind 2. Stücke W. von ihm, die Sie lesen müssen, u. die den ganzen Allm werth sind. Er hat einen Liefländer, Lenz, in Strasburg jetzo Hofmeister, zum Nebenbuler seiner Laufbahn, den Verf. des
    Hofmeisters
u.
    neuen
    Menoza
, welchen letzten ich auch noch nicht kenne. Dünkt Ihnen nicht auch, daß die Stücke dieser Art tiefer als der ganze Berlin. litterat. Geschm. reichen. Von Mendelsohn in Pyrmont hab ich Ihnen glaub ich schon geschrieben. Er ist jetzt das Idol meines Grafen, dem er sein Bild von Chodowiki geschickt hat mit der Unterschrift 2er lat. Verse, die eine Frau von Omteda, Oberhofmeister. der König. von Dännemark in Zelle, stante pede auf ihn machte. Vir bonus et sapiens, quem vix ex millibus unum – – – – tulit consultus Apollo. Das fehlende weiß ich nicht. Ich weiß aber nicht, ob die Unterschrift selbst von Ihm herrühret. Lavater ist an der Physiogn. fleißig. Sulz. Wörterb. soll heraus seyn: sonst seh u. höre ich nichts Neues, wozu mir auch von Tag zu Tag alle Lust vergeht, daß ich für jedem Posttage zittre.
    Hennings
Gesch. der Seelen wird Sie eben so betrogen haben, wie mich. Wollen Sie einen jungen Michel Angelo der Deutschen kennen: so sehen Sie die Kupferzeichnungen von
    Füßli
zur Noachide. Er ist ein jetzt in Rom als Charaktermaler das Wunder, das Mengs als Schönheitmaler ist. Ich habe Eine Zeichnung von Ihm gesehen, die in die Seele reißt, u. nach einer andern hoffe ich. Er ist Shakespears Jünger mit jedem Striche der Feder. Klopst. ist in Karlsruh, ich hab ihn im Vorbeigehn nicht gesprochen, wie er auch in Göttingen, ohne Einen Menschen zu sehn, gewesen. Im Musenallm. ist ein Auftritt von Ihm, aber wie mich dünkt, schwach u. von W. darinn sehr übertroffen. Mich hats immer gedünkt, daß er mehr Lyrisches als Dramat. oder Episch Genie sei.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 30. Novbr. 774. Unmittelbar nach Abgang meines Briefes bekomme ich, m. l. H. von Hartkn. einen so befremdenden Auszug Ihres Briefes, daß ich sogleich, nachdem er mir einen bangen widrigen Abend, Nacht u. Morgen gemacht, das Postgeld dran wenden muß, Sie aus den sonderbaren Irrgängen Ihrer Phantasie u. der Lügenpropheten vor Ihnen her zu befreien. 1. Ists nicht wahr, daß ich hier außer Dienst, Brodlos, in Ungnade u. verlaßen sei: ich bin in aller der Gnade, die ich hier brauche, d. i. Politische Höflichkeit, Entfernung u. in meinem Amte. Ich muß das so eigentl. sagen, damit Sie auch meine Worte des letzten Briefes von der Asche nicht in den Sinn ziehen. Also ist das Gottlob! Lüge u. soll, wills Gott! Lüge bleiben. 2. So sehr mich das andre in meinen Nieren sticht: denn der gute Name ist edle Salbe, so muß ich doch zu Ihnen sagen – non sine vano aurarum et siluae metu – Das Loos ist geworfen, u. man muß hinüber. Was hilfts Muthlos machen, wenn nur die That vorsichtig machen kann. Daß die Apostaten wüten, ist natürlich, u. ich glaube, daß sies noch mehr thun müssen. Es wird u. kann eine Zeit kommen, daß mich auch meine Freunde verkennen, selbst Ham. verkennt; ich weiß aber auch, daß Gott mir durch das Alles durchhelfen u. mich durch Feuer
    läutern
u. beßern wird. Die bösen Geister würden wohlnicht zu den Lügen, Solöcismen, Personalien, u. Verfolgungsnachrichten (da sie nicht selbst verfolgen können) Zuflucht nehmen, wenn die Sache sie nicht biße. Daß aber das Salz voll Erde, Schlacken u. Koth sei, fühlt niemand tiefer, als ich. 3. Spalding u. Luther hab’ ich mit keiner Idee zusammen, sondern einander entgegen gesetzt, wies alle fühlen. Sie schreien alle, ich mache den grossen Sp. zum Ketzer, Heiden, Unchristen u.
    Sie
sagen – ich wolle Christus mit Belial gatten: daß die ganze Einkleidung so link, verzerrt u. abscheul. sei, weiß ich jetzt – leider! konnt ich damals nicht anders schreiben. So lang Othem Gottes in meiner Nase wehet, will u. werde ich streben, daß aus Rauch Feuer aus hinfälliger Blüte Frucht werde: ich fühls jeden Tag mit halber Verzweiflung, daß ich unreif, wie ein Heerling bin – nur aber kein todter Dornbusch. 4. Meine Briefe an Spald. sind ein eegarement du coeur, das dem Publikum Zeit gnug Augenweide verschaffen wird. Ich schickte an Ihn das Buch u. glaubte nun
    persönlich
reden zu müssen, wie sich honette Leute begegnen; der verlarvte Ssittliche Mann zeigt den Brief u. Teller wird Posauner der Dißonanz in alle Welt. Die Sache kommt an mich u. ich schreibe 2. Briefe an ihn, bis ich jetzt alle 3. Br. zurückfodre, u. S.sie, wenns die HErn wollen, sämmtlich u. das ohne Anmerk. u. Sp. Antworten zu dörfen, dem ehrsamen Publikum mittheilen kann. Das ist der ganze Brei, der den Diabolen so wohl schmeckt u. den sie tacite sich, in der finstern Luft herrschend, ins Ohr sausen. Ich möcht ihn ans Licht nehmen u. die Zauberei ist zerstört. Es gibt nun ein ViertheilJahr keine Ärgerniße u. alles ist hinüber. Ihr Wahlspruch, lieber H., es
    mit mir gegen meine Feinde u. gegen mich mit meinen
FeindenFreunden
    zu
    halten
, ist mein Wahlspruch selbst. Ich zerstücke den Knoten, so bald ich ihn kann, von Klotz gnug belehrt, u. siehe hier ist mehr als Klotz! siebenfach ärger! Ich entfliehe allem Streit u. werfe eine Reihe Bogen in Makulatur, um ihm zu entfliehn. Gott wird mir helfen! Ihr Leute seht dort Berlin-Babel in Ehre u. Unehre an, wie wirs in Deutschl. nicht ansehen, u. Deine Feuerroße – lieber Elias! Kurz, lieber Mann Gottes, höre nicht auf, mich zu warnen, aber auch zu hoffen!!! u. lieber zu stärken: denn ich fühls gewiß voraus, daß mir das letzte Noth seyn wird. Laß meine Sachen in ecclesia pressa würken, würken sie nur u. rettet Gott mir nur Weib und Kind u. guthen Muth. Nur freilich die Hartmanns mit den Sulzers müssen nicht über mich Loos werfen: was kann ich aber dafür? Gott errette u. führe mich – Brutus schläft itzt oder wird bald schlafen. Heil Ihnen von meinem Weib u. Kinde, zugelallet u. zugeflüstert. Amen. Virtus repulsae nescia sordidae – – Amen. Ihr geplagter, verläumdeter, lebendiger Solöcismus   H.
Königsberg den letzten Novbre 74. Mein lieber Hartknoch,um 11 Uhr Mittags. Hier saß ich in voller Andacht und brachte 12 Zeilen ins reine in meinem Sibyllen Versuch über die Ehe – als der Postbote mit Einlage erschien, die ich wo mögl. gern mit heutiger Post expediren s wollte. Ich hatte nur den 26 huj. den Sonnabend vor dem 1. Adv. einen Brief von ihm gehabt, worin er mir meldete daß ein Correctur Exemplar der Zacchäischen Prolegomenorum über die älteste Urkunde ihn am 24 Dom. p. Trin. eben da er zur Kirche gegangen, überrascht hatte. Gegenwärtige Einlage ist die Wirkung des von Ihnen mitgetheilten Auszuges und hat mich sehr gerührt 1.) daß er in seinem Posten so fest als ihm nöthig und lieb ist, sitzt 2.) daß er den kleinen abusum Ihrer Freundschaft mir selbst nicht zur Last legt 3.) daß er immer sich und mich verwechselt bis zum Lächerlichen. Ich wünschte eben so gern Ihren Brief erbrechen zu können – und vielleicht thue ich es noch bey reiferer Ueberlegung – als Ihnen den meinigen zu lesen zu geben. Antworten Sie ihm doch mit ersterer Post, weil ich nicht eher schreiben will, bis ich kann. Ich bin halb krank von Flüßen, halb krank von Ungedult; weil ich alle Augenblicke einen jungen
    Martin
oder eine kleine
    Magdalena
erwarte. Der Termin ist vorbey, vielleicht bekomme ich gar ein paar Zwillinge, je mehr desto beßer. Nach Art der Wilden muß ich
    Couvade
halten, und hab mir acht Tage Permission vom Bureau gebeten. Die Lüsternheit kam mir wie einem schwanger Weibe an zu versuchen, ob ich nicht etwas von dem Innhalte der Beyl. stehlen könnte; aber er hat ihn inwendig verlackt und also nicht gewollt, daß ich daran zu viel Theil nehmen soll, an dem worinnas Sie als Heeler und Stehler, als Verleger und Autor unter einer Decke spielen. Herder hat also den kleinen Zacchaeum 8 Tage eher als ich erhalten. Dies ist freylich ein klein Vergehen von Bode und Claudius, das ich nicht ermangeln werde Ihnen aufzumutzen, womit ich aber im Grunde sehr zufrieden bin. Ersterer hat mir so freundschaftlich und demüthig geschrieben, daß es mir nicht möglich gewesen ihn mit dem Stabe wehe! zu antworten. An Claudius habe ich noch garnicht schreiben können und weiß mich nicht anders an dem armen
    Dorfteufel
zu Wandsbek zu rächen, als daß ich ihn zu Gevatter bitten will Ihn oder sein Bauer Mädchen – oder alle beyde, wenn das Glück gut ist. Da ich den Zacchaeum schon aufgegeben hatte, da er den Beyfall meines Herders wenigstens halb habe: so geht es mir wie den lieben Jungfern, die wenns
    Gottes Wille
ist, lieber einen Mann nehmen als nicht nehmen. Erlauben Sie mir also ein Wörtchen von meiner kleinen Autorschaft mit Ihnen zu reden. Es scheint, als wenn der
    Versuch über die Ehe
wol noch mit diesem alten Jahre zu stande kommen möchte. Ich habe den Anfang in Ihrer
    Hochzeitwoche
gemacht und bisher sehr wenig i. e. ins Reine aber desto mehr i. e. ins Klade daran geschrieben, daß ich nach der Mühe die es mir gekostet und noch kosten wird einen so kleinen Embryon zu liefern, nicht anders als etwas eitel und zuverläßig von deßen Tugend und Krafft muthmaßen muß. Wünsche daher, daß Sie auch das Ihrige dabey thäten es so
    correct
und
    niedlich
als mögl. zu liefern. Um das erste zu erreichen, wären Correcturbogen unumgängl. und daher wünschte ich, daß es dort gedruckt werden könnte. Nun ist die Frage wegen des letzten Beywortes, ob es sich in Ihren Gegenden thun läßt. Meinen Sinn darüber will ich Ihnen mittheilen und erwarte darüber Ihre Erklärung und Antwort. Das Format und die gantze innere Einrichtung sollte nach dem beym Voß gedruckten Versuch der Ehe seyn. Mit einem Randchen eingefast, der simpler seyn könnte; die Typen könnten auch allenfalls ein wenig größer und der Druck weitläuftiger oder wie mans nennt gesperrter seyn. Aber ein wenig Gold verlang ich schlechterdings auf dem Titelblatt. Daß es dergl. Titel giebt, verweise auf des Königs Kriegeskunst im Deutschen wo im Namenszuge Gold angebracht ist. Eben so wollte ich auf den Rand oder die Umfaßung des Titelblattes einige Gold-aderchen angebracht wißen. Quaeritur: ob dies practicable ist? In Leipzig freylich; aber dort? Ueber 2 oder 2½ Bogen möchte das Thierchen wol nicht laufen, und es ist auch nicht mögl. mehr in einem so ebentheuerl. Ton zu bestreiten weder im Schreiben noch Lesen. Da Sie einen Quartanten über das erste Kap. der Genesis ausgegeben; so gehört Ihnen auch von Rechts wegen dieser kleine Commentar über das 2te Kap. Urtheilen Sie selbst, ob Sie auf viel Leser Rechnung machen können, wenn Sie es werden gelesen haben. Ohngeachtet mir Ihre Hochzeit die Idee dazu gegeben: so würde Ihr Name doch schwerl. darauf stehen können; denn es ist mehr als Wilkes Essay on Woman. Antworten Sie doch unserm Bückeburger so bald als mögl. und ich wünschte, daß Sie es eben so als mit voriger Antwort an ihn machten, ihn durch HE Laval an mich addressiren ließen falls ich zugl. mit antworten kann. Benehmen Sie ihm alle die Grillen von Conspirationen in Babel. Wenn Sie nicht bey dem ersten Bande ss 4to Schaden gehabt haben, und NB selbst in diesem Fall rath ich Ihnen, um sich schadlos zu machen, halten Sie ihn mit Nachdruck zur baldigen Lieferung der letzten Hälfte an, doch unter der von ihm selbst bereits entschloßenen Bedingung, sich des polemischen Tons so viel mögl. zu enthalten, mit mehr Fleiß zu schreiben und weniger Stärke und Singularität im Ausdruck zu affectiren, sich mit keinen Apologien und Nebendingen aufzuhalten, sich seines ganzen Krams so gut er kann zu entschütten und zu entledigen – und hierauf sich selbst auszuruhen und das Publicum ausruhen zu laßen. Ich habe seine Philosophie der Geschichte wider meinen Willen in E einem Abend zum zweyten mal gantz durchgelesen; ich habe vorigen Sonnabend seinen Torso den ich vom Buchbinder zurück erhielt und als ich seinen ersten Brief erhalten habe, von neuen gelesen. Er gesteht mir gegenwärtig 3 Briefe an Spalding aus einem
    egarement
du coeur, wie er selbst ziemlich glücklich nennt geschrieben zu haben und meynt: hinc illae lacrumae. Dieser Schluß kommt mir als ein egarement de l’esprit vor. Seine ProvinzialBlätter habe noch nicht vom Buchbinder erhalten können; ich habe sie flüchtiger als das erste durchgelaufen. An einigen Stellen schien er mir seinen Styl sehr glücklich verleugnet zu haben. Die
    Idee
    des Titels
gefällt mir eben so wenig als das Torso. Er redt mir in seinem ersten Briefe vom 14. Nov. von einem Vorfall, der ihn in Leid, Kosten und Mühe versetzt den heil. Abend des XXIV. p Dom. u worüber ihn der kl. Zacchaeus durch seine Ankunft mitgetröstet.
    Ich soll
    aber nicht eher erfahren
,
    biß es geschehen
. Dies sind se. eigene Worte. Wenn es
    geschehen
seyn wird; so mag es weder ihm noch mir helfen, daß ich es
    erfahre
. Es geht gegen die Poststunde und weil meine Botin nicht zu HE Laval zu finden weiß, muß ich zu HE Rappolt meine Zuflucht nehmen. Umarmen Sie Ihre liebe junge Frau und melden Sie Ihr, daß die Hexe am alten Graben – und daß sie Ihr eine baldige und glückl. Nachfolge wünscht. Und hiemit Gott befohlen. Es ist nicht Jedermanns Ding, sagt der kleine Buchstabe h. wie eine Sibylle zu schreiben. Nun leben Sie wol lieber Hartknoch und seyn Sie in spe beatus. Grüßen Sie Ihr gantzes Haus und Ihre? die gute Wittwe, und hiemit Gott empfohlen. Antworten Sie auch und seyn Sie kein Fisch im Sande wie der kleine Buchstabe q in Mitau, den sich ein Papiermüller in West Preußen zu seinem Adiuncto verschreiben wird. Par nobile fratrum. Adresse mit Mundlackrest:
Herrn / Herrn
    Hartknoch
/ in
    Riga
.
A. A. Graben den 2ten Advents Sonntage. Mein lieber Freund Hartknoch, Ich habe mich heute gantz marode an meinen Gevatter Claudius zu Wandsbeck geschrieben; und auf kann es nicht über das Herz bringen Ihnen als einem jungen Ehmann aufzumelden, daß ich den 2 Xbre des Nachts ¼ auf 1 Uhr mit einer kleinen lieben Tochter erfreut worden, die noch denselben 2 Xbre des Abends um 5 Uhr in meinem Hause vom D. und Hofprediger Lindner getaufft worden. Sie hat den Namen Magdalena meiner seel. Mutter zum Andenken und den Namen Catharina meiner Aspasia-Catin zu Ehren erhalten. Antworten Sie bald unserm Bückeburger, weil ich darauf warte, um seinem kleinen Sohne eine Braut antragen zu können. Der kleine Sibyllen Versuch ist quasi fertig; aber kürzer gerathen, als ich dachte. Es wird also aller der Umstände nicht nöthig seyn, und wenn er nur, wie erst, dort bey Ihnen gedruckt wird, daß ich die Correctur haben kann: so ist es gnug. Auf die Ostermeße muß er in die Welt als ein kleines kritisches climacterisches Monument meines 45 Jahrs. Unterdeßen erwarte doch eine Erklärung auf meine Ihnen mitgetheilte Grillen in Ansehung des Drucks. Vielleicht finden Sich neue Aussichten ihn um ein Latus zu verlängern. Gegenwärtig würde er kaum einen Bogen betragen. Der Leisten oder
    das Format
vom Vossischen Versuch bleibt aber zum Muster. Ob Sie ihn ohne Anstoß des Gewißens werden drucken können, hierüber erwarte Ihr treuherziges Bekenntnis; melde aber zum voraus, daß der gantze Knoten eben darinn liegt, daß er
    Scandal
unserm moralischen Jahrhundert geben soll; und wenn er die Wirkung zu thun im Stande ist: so hab ich meinen Endzweck erreicht. Da Capo. Ich habe mich heute gantz marode – geschrieben und kann es nicht über das Herz bringen Ihnen als einem jungen Ehmann und Ihrer lieben Hälfte – gleich einer Stimme der Wüsten – zuzuruffen: Geht hin und thut desgl. Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / in /
    Riga
.
Ein Exemplar von Zendavesta lohnt wol noch eine kleine Erläuterung über den nicht verstandenen Einfall. Die erste Bemerkung betrifft Ihre falsche Leseart. Es soll heißen, den sich ein Papier Müller in W. P. Ein ähnlicher Fehler ist im Buchstaben h eingeschlichen, wo Sie p. 40 lin. pen. lesen müßen, an statt: der ihn; den ihr eben so umsonst – – Der
    Mamamuschi
komt auch im Zacchaeo vor, aber in einer gantz andern Bedeutung. Schulhalter Schr. zielt hier auf des Moliere Gentilhomme bourgeois, und versteht unter den Schlafmützen die 3 Kr. v. Domainen Kammern zu K. M. u. G. Der Canal Jordan liegt zu Johannisburg u wird Ihnen auch wol aus der Landescharte bekannt seyn nebst den herrl. Stuttereyen in Litthauen und dem Talent
    kluge Ehen zu stiften
, welches auch eine Art
    Stuttenmäklerey
ist. Herder und ich haben nur erst die Aushängebogen erhalten. Da mein Freund Tristram Bode seit dem May an 1 1/2 Bogen in 4 gesetzt; so weiß ich nicht, wie viel Monate er zum Abdrucke der Zacchaeischen Prolegomenorum nöthig haben wird, und ob ich mehr als ein einziges Exemplar über die Post erhalten werde. Ich sehe Ihren Brief nochmals durch und vermiße einen Gegengruß von der
    jungen Frau
und
    lieben Wittwe
. Doch die Dames waren ja in der Kirche und wohnten der Advents-Music bey, unterdeßen die arme Sibylle mit einer Magdalene zu Fall gekommen war, hütete der Sauvage du Nord, nach Landesbrauch, das Wochenbette. Die Umstände waren freylich kritisch, ein Compliment anzubringen und zu bestellen, ohne sich von der Relatione curiosa etwas merken zu laßen. Doch ohne was davon zu wißen, grüßt Sie meine Hausmutter, und mein kleines Trifolium küßt seines Vaters Herrn Verleger. „Ach! was geht über die häuslichen Freuden!“
Mein liebster Herder, Gott seegne Sie, Ihre liebe Frau, Ihren kleinen Liebling und Ihr gantzes Haus zum Neuen Jahre, und schenke Ihnen Gesundheit, Friede und Freude. Amen. Ich habe den 26 und 30 Nov. Briefe von Ihnen erhalten. Einlage des letztern sogl. bestellt, aber noch keine Antwort aus Riga erhalten, die ich willens war abzuwarten. Vom Couvert Ihrer Briefe anzufangen: so stand auf selbigen von Ihrer eigenen Hand frey; das Post Amt hatte aber: bis
    Halberstadt
dazu geschrieben, und ich habe das Porto von daher bezahlen müßen. Es wäre doch unrecht, wenn wir beyde bezahlen sollten, und vielleicht ist es gut Ihnen von diesem Abus Nachricht zu geben, um sich darnach richten zu können. Sie haben also XXIV Dom p T. die Prolegomena Ihres Freundes erhalten und ich 9 Tage später, den 21 Nov. Der Titul bezieht sich auf eine alte Kirchenreliquie, die den Titel führt: Consultationum Zacchaei Christiani Consultationes cum et Apollonioi φφos. Lib III. Sie ist das älteste und
    erste
Stück in d’Achery nach der
    neuesten Ausgabe
    in fol.
v. 723 die auf der hiesigen Schloß Bibliotheque ist wo ich selbst das Stück angesehen aber nichts daraus habe machen können. Tillemont soll den Euagrium der 400 gelebt für den Verf. gehalten haben. S. Tessini gelehrte Geschichte der Congreg. von St. Maur. 1 Band p. 155 an. / Eben daselbst finden Sie p. 246. daß Dom Paul de Gallois hat eine Innschrift auf eine Reliquie U. L. Fr. von Bonne nouvelle zu Rouen hat drucken laßen unter dem Titel: Velum veli DEI.
    Jemand
sagte hier, daß auf Ihrem Titel
    verhüllte
anstatt
    enthüllte
stehen sollte. Unser alte Freund Kanter ist Buchdrucker in
    Marienwerder
geworden und seit kurzen
    Papiermüller zu
    Trutenau
Seinem kritischen Urtheile zufolge sind wir beyde ein paar Schriftsteller, an denen ein ehrl. Verleger zum Schelm werden müste, weil wir keine currente Waare zu liefern im Stande wären, Aether schrieben und außer der Sphaere des Publici, von dem man doch leben müste, und das von keinem aether selbst leben könnte, uns eine Laufbahn hätten erkünsteln wollen. Mamamuschi bezieht sich auf den Gentilhomme bourgeois des Moliere und kommt bereits in der Apologie des H vor, wo die 3 Schlafmützen 3 Kammern bedeuten zu Kgsberg. Gumb. und Marienw. Sie wißen liebster Freund, daß
    Heinr
.
    Schröder
Unser alte Landsmann auch einmal als
    Ritter von Rosenkreutz
geschrieben. Da er kein
    Baßa
weder von 3 Roßschweifen noch 3 Schlafmützen hat werden können: so wird dem Papiermüller in Trutenau der Schwank angedichtet, daß er seinen alten Zeitungsschreiber zum
    Mamamuschi
von 3 Schreibfedern macht, die sich gegenwärtig nunmehro mit einer
    Trappenfeder
vermehrt; wovon gegenwärtige Period ein echantillon ist. Auch hat sich mein Haus mit einer jungen Tochter vermehrt, die mir Gott aus Gnaden den 2 Xbre gleich nach Mitternacht geschenkt und noch denselben 2 Xbre oder hujus von D. und Hofpr. Lindner in meinem kleinen Hause getauft worden. Sie heist
    Magdalena Catharina
. Gegenwärtige Pathen waren Vater und Mutter, ihre Schwester und Schwester Tochter, die bey mir dient.
    Abwesende Pathen
unser lieber Confusions Rath Claudius zu Vlubris, den ich seiner Sünden wegen und ihn dafür züchtigen zu können, zu meinem
    Gevatter
gemacht. So viel mit meiner
    Trappenfeder
statt der
    Rabenfeder
, die sich unsichtbar gemacht – Ich bin mit einem kleinen
    Versuch über die Ehe
, im Namen einer Sibylle
    zu Fall gekommen
. Hartkn. Hochzeit hat mir dazu Anlaß gegeben und er soll sie verlegen wo ers
    kann
und will. Leyder! ist es nicht stärker als einen Bogen in Duodezoctav gerathen und ein kleiner Commentar über einige Stellen des 2ten Cap. Genes. Sie sehen, daß ich nicht nur Ihr Pro- sondern auch Ihr Meta und Hysterolegomenist werden will. Weil Sie von Würkungen der Blätter ins Publicum reden: so könnte dies wol No 45 seyn und
    mein Lebensjahr
ein wenig zeichnen. Mit Ihrem egarement du coeur sich dem Antiluther zu Böhmisch-Breda zu verrathen bin recht übel zufrieden. Wenn Sie mir die Abschrift dieses ebentheuerl. Briefwechsels in copia vidimata mittheilen wollen: so verspreche ich Ihnen auch die Consultationes Apollonii φφi Eine Vertraulichkeit wird der andern werth seyn und die Bedingung für uns Beyde gleich
    heilig
keinen einzigen Gebrauch davon zu machen, weder directe noch indirecte. Ihre Beobachtung über Klopstock und sein lyrisches Talent steht schon in den Kreutzzügen p. 217 in einer langen Note Ihr Verleger ist so aufmerksam (wie mein Bode) gewesen, mir Ihre
    Philosophie
und
    Provintzialblätter
so bald er selbige nur selbst erhalten, sogl. zu übermachen. Ich habe beyde 2 mal durchgelaufen, weil ich Ihre Bücher nicht langsam zu lesen im stande bin, auch einen Versuch gemacht, daß ich den Nutzen nicht davon habe – Ihre
    Volkslieder
fehlen mir noch, die ich auch bald ungedultig seyn werde zu haben Hartknoch hat freylich eine kleine Verrätherey begangen, um sich vielleicht an der meinigen zu rächen. Weil er aber so ehrlich gewesen ist mir die Abschickung des Steckbriefes zu überlaßen und ich immer mich so gewöhnt zu schreiben, daß ich an die Verantwortung meiner Gedanken zugl. mit denke: so habe ich keinen Grund mich eigentl. über ihn zu beschweren sondern freue mich vielmehr über den Beweis Ihrer Freundschaft, den der gantze Streich mir von Ihrer Seite zugezogen; daß Sie das meiste in demjenigen Lichte gesehen, worinn es gesehen werden muß. So bald ich den Brief aus Br. selbst las, lachte ich über die gantze Mähre, weil der gantze Ton einen elenden und kriechenden Schwätzer verrieth und
    Familienzüge
. Daß Sie großen egaremens du coeur et de l’esprit in Prose und Versen fähig sind, wißen Sie beßer als ich. Was haben Sie nicht in
    Warner’s Vorrede über die Gicht
gesehen, und Sie müßen sich darauf gefaßt machen, daß andere Leute in ihren Illusionen, die Sie weiter als ich treiben, noch mehr sehen. Wie viel Misverständniße errathe ich auss Ihrer Antwort auf mein Abendschreiben vom 4 Oct. Sie wißen meine
    alte
Verbindungen mit dem Hause in Riga. Ich sollte Ihnen auf irgend eine Art verargen, was Ihnen der
    Bruder
meiner Catin-Aspasia zu Gefallen thun kann und muß. Verdenken würd ich es Ihnen, wenn Sie irgend einen andern Canal gesucht hätten, als der meinem eignen Herzen so nahe ist und bleiben wird. Ihre Klugheit sich in solchem Nothfalle einem ehrl. Nothhelfer vertraut zu haben, ist recht sehr nach meinem Geschmack und hat meinen gantzen Beyfall. 2.) Ich kenne selbst diese Verlegenheiten, mehr aus Furcht Gottlob und anticipation als bisher aus wirklicher Erfahrung. Ich habe Gottlob! mein Haus von Schulden frey gemacht und die 666⅔ sind gelöscht bis auf 500 fl. ungefähr, die Schuld sind und es nicht sind, weil ein
    reines Häuschen
mehr sagen will als diese Kleinigkeit. Aber auch die liegt mir auf dem Hertzen. Ich lebe Gottlob! noch in keiner Noth, aber
    bekümmert
und
    ängstlich
und
    besorgt
besonders für die Zukunft, wo ich keinen andern Ausweg sehe als den einzigen und rechten, ein Vertrauen auf die Vorsehung, und eine etwas strenge Diaet in meinen Ausgaben, die freylich nicht nach meinem Gaumen oder Magen ist. Auf der Landstraße, den Galgen vorbey liegt mein Glück nicht, sondern auf einem engen schmalen Pfad – Ich hab es eben so gemacht wie Sie, und nahm zum
    Layenbruder
meine Zuflucht, den ich als meinen Vater liebe und ehre, und immer desto mehr, weil er eben
    so klug
als
    treuherzig
ist. Denn mit Leuten, die es nur halb sind, hab ich nichts zu theilen; ich habe die Zufriedenheit gehabt an Ihm einen
    gantzen
Mann zu finden, ohngeachtet ich mich auf eine Zeitlang mit ihm geschieden, damit er es nicht nöthig finden möchte zu thun. Est modus in rebus – ist meine güldene Regel oder wie St. Paulus noch politischer sagt: ειτε γαρ εξεστημεν, θεω· ειτε σοφρονουμεν, υμιν. Da Sie mein liebster Herder! nicht
    muthlos gemacht
seyn wollen: so bitte ich Sie in Ansehung des Antiluthers zu B Breda gantz ruhig zu seyn, und nicht das Spiel durch unzeitige Apologien, überflüßige
    Ehrenrettungen
pp und Klotzianisch-Schlötzersche Imitattionen zu verderben. Alles warum ich Sie ersuche, besteht darinn, welches ich auch dem Hartknoch aufgetragen, den Vorrath des 2ten Bandes so ruhig und kalt und eilfertig und nachläßig, als Sie nur können,
    ins reine zu bringen
, und sich aller Lügen, Solöcismen,
    Personalien
und Verfolgungsnachrichten, die Sie Ihren Feinden aufbürden, im Verfolg Ihrer Arbeit so streng als möglich zu enthalten. Ihre Weißagung von Ihren Freunden, und selbst dem bösen Agagiter verkannt zu werden, wird schwerlich eintreffen. Unsere Freundschaft soll kein Torso seyn sondern ein Exegi monumentum – wenigstens integrum, quod non imber edax, non Aquilo impotens possit diruere, aut innumerabilis Annorum series et fuga temporum. Unser gegenwärtiger Provincial-Accise- und Zoll-Director ist HE Stockmar, ein geborner Darmstädter, wo Ssein Vater Hofmaler gewesen seyn soll (wenn Sie mir etwas von Sseiner Familie zu vertrauen wißen, wird es mir lieb seyn) ein ehr- und liebenswürdiger Mann für mich, unter dem ich noch aufzuleben und – ex humili potens zu werden hoffe. Ich schreibe mit Ihrem Horatz in der Hand, den Sie mir zu Riga den 19/30 Januar. 1766 verehrt haben, der am letzten Jahrstage 772 verschwunden war und nachdem ich das gantze Haus wie das Weib im Evangelio um ihren verlornen Groschen umgekehrt hatte fand ich selbigen zur Freude aller 9 Musen den 15 April 73. wieder. Wie oft soll ich fragen: ob Sie die neue mit 2 Briefen vermehrte Auflage der Lettre perdue erhalten haben? damit ich dafür sorgen kann. Haben Sie nicht das
    Mancherley
und
    Etwas
vom Bode erhalten? Eben jetzt bringt mir ein guter Freund des Mutii Pansae Osculum, wornach mich des Wandsbeckers Recension neugierig gemacht, ohne es hier auftreiben zu können. Unser D. Stark hat einen
    Hephästion
unter der Preße, abermal über eine ähnliche Materie – – Ich weiß vor langer Weile und Mangel der Muße nicht aus noch ein. Diese Woche habe die Loisirs d’Eon de Beaumont durchgelaufen und Goldsmith’s römische Geschichte angefangen, nebst Molters Toscanischer Sprachlehre, weil ich meine welschen Autoren vielleicht wieder hervorsuchen will – Der frühzeitige Winter hat die gantze Michaelismeße und Bücher Erndte vereitelt; und die ganze Ladung ist in Lübeck eingefroren. Nun leben Sie wohl, lieber Freund Herder. Wenn es ein
    George Martin
gewesen wäre; so hätten Sie Gevatter seyn sollen. Mein
    Käthchen
wird aber des Claudius nugas lieber lesen als ihre musicalische Dramata, die ihr zu gelehrt sind. Haben Sie doch auch mich nicht zu Gevatter gebeten. Leben Sie vergnügt und laßen Sie sich die Grille vergehen das heil Grab der schönen Künste zu besuchen. Denken Sie öfterer nach Norden und an Ihre dasige Freunde. Umarmen Sie Ihre liebe Frau und Hausmutter mit dem schwartzlockichten Babe auf dem Schooß.
    Hänschen Michel
stammert auch schon. Lisette Reinette ist ein rundes dickes drollichtes Mädchen. Wenn
    Lehnchen Käthe
nicht Grimmen hat: so weiß ich nicht daß ich in einer Wochen- und Kinderstube arbeite. WennBesucht Claudius mich mit Weib und Kind diesen Sommer besucht: so begleit ich ihn mit Haus und Hoff über Bückeburg nach Wandsbeck; denn sehen müßen wir uns einander schlechterdings noch, wenn es Gottes Wille ist. Und hiemit Ihm befohlen zum Beschluß eines Neujahrsbriefs – der gleichtrotz unserm Leben – ein Geschwätz ist, undso wie ich, Ihr Christianus Zacchaeus Telonarcha, olim Mien-Man- Hoam. Den 20 Xbre zwischen 4 u 5 Uhr des Abends Eben da ich mit Ihrem Briefe fertig war und zumachen wollte, lieber heute als morgen – kommt mir ein Bote und bringt mir Einlage vom Commerce Rath Toussaint, der sie auch wol eher hätte bestellen können, weil die Post schon gestern angekommen seyn muß. Es freut mich, daß Sie die Fortsetzung der Urkunde bald liefern wollen. Heraus mit, daß der Kopf einmal rein und das Herz leichter werde. Unter uns gesagt, warum ich Ihre Autorschaft nicht recht verdammen kann, weil sie
    Waßer auf meine Mühle ist
, mit dem künftigen Erbherrn von Trutenau zu reden. Bestellen Sie mir ja ein Exemplar von Ihrem Hemsterhuis bey
    Dietrich
. An meinem Bestellen liegt es wahrlich nicht, wenn Sie meine Kleinigkeiten nicht bisher warm und feucht erhalten haben. Ja liebster Herder – Waßer auf meine Mühle. Der Plan des Mien-Man Hoam war gar zu übertrieben; unter deßen hat die Hexe von Kadm. doch das ihrige gethan. Der Zachäus scheint mir ein größerer Schleicher zu seyn, und kann vielleicht eher zu seinem Zweck kommen. Aber Zeit und Glück gehörte freylich dazu, und am ersten fehlt es zum Theil am meisten – Doch bey aller mögl. Muße läßt sich auch das letzte nicht ererben und erwerben. Gesetzt den Fall, daß ich diesen Augenblick aller Geschäfte entledigt würde: so wüste ich doch wahrlich nicht, womit ich den Anfang bey meinem Misthaufen machen sollte. Die Erziehung meines Sohns wird mir von Tag zu Tag angelegentlicher – und es würden sich so viele Trugaussichten zeigen, daß ich durch meine vermeintl. Freyheit leicht mehr gefeßelt seyn würde als durch meine gegenwärtige Berufsgeschäfte. Und bisweilen komm ich mir unter meinem Druck als ein Palmbaum vor. Also mit dem Loose auf des Zeus Schooße zufrieden zu seyn, ist das wahre Geheimnis des Optimism. Also vom Laufe der Umstände gegängelt, mit den Mutterhänden der Vorsehung geleitet hin und her, und unter dem Vaterauge des Alten der Tage, wollen wir ein jeder seinem Ziel entgegen sehen – wieder aufrichten die läßigen Hände und die müden Knie – und aufsehn auf den αρχηγον και τελειωτην – αισχυνης καταφρονησαντα – Wie mir Hartkn. schreibt, wird Gevatter Claudius seine Opera auf Subscription drucken laßen. Ich will ihm auch zum Neuen Jahr wünschen. Vergeßen Sie nicht die Abschrift Ihrer Sp. Correspondentz. Wenn ich auch nur seine Antworten vor der Hand erhalte. Sie wißen daß ich ein anderer Lavater in der Physiognomia des Styls bin; und wenn Sie nicht in den Schooß Ihrer Mutter Sprache zurückkehren; so sind Sie eben so wenig vor einem bello grammatico sicher, als der neue Reformator zu Böhmisch Breda vor einem bello orthographico. Die Gräuel der Verwüstung in Ansehung der deutschen Sprache, die alcibiadischen Verhuntzungen des Articuls, die monströse Wortkupplereyen, der dityrambische Syntax und alle übrige licentiae verdienen eine öffentliche Ahndung, und verrathen eine so spasmodische Denkungsart, daß dem Unfuge auf eine oder andere Art gesteuert werden muß. Dieser Misbrauch ist Ihnen so natürlich geworden, daß man ihn für ein Gesetz Ihres Styls ansehen muß, deßen Befugniß mir aber gantz unbegreiflich istund unerklärlich ist. Liegt hier auch eine Satyre auf den Libertinismum unsers Jahrhunderts zum Grunde? Bey Ihrer weiten und gründl. Kenntnis Ihrer Mutter Sprache, hat man Mühe hie und da einen reinen Deutschen Period zu finden, der ein so rara auis ist, daß der Leser sich wie eine blinde Henne über ein gefundenes Korn freut. Ich bin in diesem Stück kein Parteygänger noch Mückenseihger gebe aber dem Verf. der Maccabäer Rrecht; welcher sagt:
    Allzeit Wein oder Waßer trinken ist nicht lustig
, sondern
    zuweil
.
    Wein und zuweilen Waßer trinken, das ist lustig
für den Leser. Wenn Luthers Sprache auch bisweilen nach dem Kännlein riecht: so schreibt er doch nicht immer die Sprache eines Trunkenbolds – weder im Wein oder starken Getränk – noch in seinen Ideen und Empfindungen und ihrem gährenden Most. Die Frau Consistorialräthin sollte, mein lieber Herder, die Stelle des Apolls oder des Magus in Norden vertreten und Ihr eingeschlafenes Ohr zu erwecken suchen. Können Sie sich über diesen Punkt gegen mich rechtfertigen, so thun Sie es. Ich erwarte darüber Ihre Verantwortung. Wo aber nicht; so thun Sie alles was Sie können Ihren 2ten Band durch eine Palingenesin des Styls zu unterscheiden, Ihrem Verleger zum Trotz, der sich einbildt, daß
    dies Ihnen weder möglich noch recht nöthig
wäre, worinn ich aber gar nicht seiner Meynung bin, wie in den meisten andern Stücken. DEVS vobiscum!
– – Primo auolso non defuit alter Aureus, et simili frondescit virga metallo. Ergo alte vestiga oculis et rite repertum Carpe manu – – – – Verstopfen Sie nicht, empfind
    seliges
Brautpaar! Ihr für die Zauberkunst der Harmonie geöffnetes Ohr, die Stimme einer Sibylle zu hören, die trefflich wahrsagen kann. Wundervoll, wie die Liebe, und geheimnisreich, wie die Ehe, sey mein Unterricht! Ich sehe in Ihren zärtlichen, vertraulichen Blicken den kleinen tiefsinnigen Gott der Liebe, der mit sich selbst zu Rath geht, über das Meisterstück seiner Werke, das er beym Ausgange aller Entwürfe, Eroberungen und blinden Ebentheuer im Schilde führt und welches darauf hinausläuft: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey – – – Eine Welt von
    Kleinigkeiten
, die es aber nicht in den Augen der Verliebten sind, gehört immer zum voraus dazu, ehe es zur Ausführung jenes göttlichen Einfalls kommt, der aber ebenso wenigen zu gerathen scheint, als der erste ursprüngliche Versuch dieser Art. Der Mensch ist vorzüglich ein GOTT der Erde, durch seine Bestimmung der
    Schöpfer
,
    Selbsterhalter
und
    Immer Vermehrer
seines Geschlechts zu seyn. Zwar ist doch kein einziges unserer Nebengeschöpfe Zwar ist dies Göttliche der ganzen sichtbaren Haushaltung
    einverleibt
, und scheint eine Entwickelung des
    am Anfange
ausgesprochenen Seegens zu seyn; doch ist kein einziges unserer Nebengeschöpfe für einen
    überlegten
u. freywilligen Rathschluß oder einen
    Bund
und
    gesellschaftlichen Vergleich
zu dieser Absicht gemacht: so wie keines einer größeren
    Ausbildung
fähiger ist und
    selbige
nöthiger hat als der Mensch. Woher kommt es nun, daß wir uns dieser
    Gleichheit
mit GOTT als eines Diebstahls oder
    Raubes
schämen? Ist nicht diese
    Schaam
ein heimlicher Schandfleck unserer Natur, und zugleich ein stummer Vorwurf ihres herrlichen, allein weisen und hochgelobten Schöpfers? – – Ein angeborner, allgemeiner Instinct ist es nicht, wie aus dem Beyspiele der
    Kinder
,
    Wilden
und
    cynischen Schulen
zu ersehen; sondern eine
    angeerbte
Sitte, und alle Sitten und Gebräuche sind bedeutende Zeichen u. Merkmale zur Erhaltung urkündlicher Begebenheiten und Fortpflanzung conventueller Gesinnungen eingesetzt. Die Ehe ist also ein vermöge eines gefaßten Rathschlußes aufgerichtetes Bündnis, und auf
    Vernunft
und
    Treue
gegründet. Daher ist es Klugheit und Ehrlichkeit, „um der gegenwärtigen Noth willen“ an einemen solchen m
    Rathschluß
und
    Bund
niße gar nicht einmal zu denken. Am allerwenigsten lohnt es der Mühe in einem Staate, wo der
    Codex
ein güldener
    Coloß
ist, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit, und die
    Sanctio
aller Gesetze ein
    glühender Schmelzofen
, siebenmal heißer für Seelen von altem Schroot und Korn, in denen kein Falsch ist. Weil der Ehstand der köstliche Grund- und Eckstein der ganzen Gesellschaft ist: so offenbart sich der menschenfeindliche Geist unsers Jahrhunderts am allerstärksten in den Ehgesetzen. Wenn es aber Barmherzigkeit von Seiten der Gesetzgeber ist, der Verstockung des menschlichen Herzens zu Gefallen, öffentliche Sünden und Laster zu privilegiren: so ist es die höchste Gerechtigkeit von Seiten des Weltrichters, die
    Schänder
seiner
    Majestät
einem paraphysischen Misbrauche ihrer eigenen Leiber zu übergeben – – – Es würde freylich! nichts wohlthätiger für das menschliche Geschlecht und die bürgerliche Gesellschaft seyn, als jenem
    Ideal
der
    Heiligkeit
für den Ehstand nachzustreben, die der große Erfüller des mosaischen Rechts und der Propheten wiederhergestellt und als ein
    Reichsgesetz
des Himmels und seiner neuen Erde auf jenem Berge der Seeligkeiten gepredigt hat: „Wer ein Weib ansieht, ihr zu begehren, der hat die Ehe mit ihr gebrochen – und wer sich von seinem Weibe scheidet – und wer eine abgescheidete freyet, sind Ehebrecher“ – Moses hatte nemlich „geboten solche zu steinigen“ und sein Gesetz konnte nicht wie der
    Schemen
unserer zeitigen Moral und ihrer
    eiteln Prediger
aufgelöst, sondern muste erfüllt werden, als ein
    festes prophetisches Wort
– – Das Geheimnis ist groß! – GOTTes
    Ebenbild
und
    Ehre
, der
    Mann
, und deßen Ehre, das Weib“– Das heißt: Der
    Mann
verhält sich zu GOTT, wie das
    Weib
zum
    Manne
, und wo diese Drey Eins sind, wird „das
    Weib
    durch Kinderzeugen seelig
, und der
    Mann
des
    Leibes Heiland
.“ Alle
    Mysterien
des
    Hymens
sind daher dunkle Träume, die sich auf jenen
    tiefen Schlaf
beziehen, worinn die
    erste Männin
zur Welt kam, als ein beredtes Vorbild für die
    Mutter aller Lebendigen
. – – Doch mein Versuch soll demjenigen nicht nachbulen, den jener Nordbritte mit der spuckenden Ziffer über mein Geschlecht, und ein gelehrter, witziger Kautz seines Vaterlandes über meinen Gegenstand geschrieben haben. Ich bin auch eben so wenig eine geweihte Vestalin, als ich eine Vettel
    Baubo
seyn mag weder à la Grecourt, noch à l’enseigne de Barby – – Was ist alle Fruchtbarkeit im Busen und Schooße eurer Allmutter, zum Genuß ihrer Früchte und ihres Staubes geborne und verdammte Seelen! Was ist die taube Freude eures Geschmacks und der laute Kützel eures Witzes? – Vermummte Traurigkeit und Verzweifelung, und all euer
    Gesuch
eine Beute des schwarzen, reichen Höllengotts, wie die kluge Fabel der
    Ceres
und ihrer Tochter erzählt. Vielleicht hören Sie, empfindseliges Brautpaar! eben so gern ein kurzes mythisches Mährchen meines eigenen Falls, durch den ich
    Einem unter Tausenden
,
    von Taubeneinfalt
und
    Schlangenlist
die
    geheime Weisheit
einer Sibylle zu verdanken habe – Sein erster Kunstgriff war, sich selbst in meinen Augen abscheulich zu machen, und hierinn gelung es ihm so gut, daß er sein ganzes Geschlecht mir bald verächtlich und eckelhaft vorkam. Wie wurde ich aber für meine undankbare Eitelkeit und übermüthige Schadenfreude auf Kosten meines Verführers
    altklug
geworden zu seyn, abgestraft, als der Spiegel seiner Aufrichtigkeit einen Widerschein auf mein eigenes Herz zurückwarf, und ich darinn die Hemisphäre meines Geschlechts in naturalibus zu erkennen anfieng. Durch diesen Feuerstrahl der Selbsterkenntnis wurden alle
    schöne
Beywörter kohlschwarz, gleich den
    Farben
, vom Schwamme der Nacht ausgelöscht. – – Ueberführt, daß ein
    vernünftiges Thier
, nach der Analogie des gantzen animalischen Reichs, die
    rauche Seite
seines Fells von Rechts wegen
    auswendig
tragen sollte, hielt ich nunmehr alle ehrbare, schmachtende, entzückte Liebhaber für Wehrwölfe, kriechende Widersacher und geistliche Ungeheuer, die Milch und Honig auf der Spitze der Zunge, aber Gift und Galle in den Schatzkammern des Herzens führen. Diese Katastrophe meiner ganzen Denkungsart wurde die
    Grundlage
einer
    Sympathie
, die schnell zur
    Identität
ihres Gegenstandes erwuchs sich erhub. Alle Stärke einer männlichen Seele schien in die meinige überzugehen, unterdeßen durch die
    Gegenwirkung
meiner
    Leidenschaft
seine Seele nichts als kindische und weibische Lüsternheit zu athmen schien – – Todter und unfruchtbarer
    Wohlstand
, scheinheiliger Pharisäer unsers Jahrhunderts! Deine moralische und bürgerliche Vorurtheile, und der
    hohe Geschmack
oder Tand ihrer Verdienste ist nichts als der ein
    Caviar
des
    Leviathans
, der hoch in den Wellen des Luftkreises herrscht – und die Schaamröthe eurer Jungferschaft, ihr schönen Geister! ist gallicanische Schminke, Kreide und Insektendotter; aber kein adlich angeborner Purpur eines gesunden, vom Himmel geschenkten und belebten Fleisches und Blutes – Ohne ein
    Schlachtopfer
der
    Unschuld
bleibt das
    Kleinod
und
    Heiligtum
der
    Keuschheit
unbekannt, und der Eingang dieser himmlischen Tugend undurchdringlich – – Mitten im Weyrauch eines Schlummers sah ich jene
    Ribbe
– – und rief voll Innbrunst begeisterter habseliger Zueignung begeisterter habseliger Zueignung: „Das ist Knochen von meinen Knochen und Fleisch von meinem Fleische Wie sich ein Gemächte mit seinem Ursprung vereinigt, gieng er ein, wo er einst hergekommen war als des Leibes Heiland, und gleich einem treuen Schöpfer in guten Werken schloß er die Lücke der Stätte zu mit Fleisch, um die älteste
    Maculatur
des menschlichen Geschlechts fernerweit zu erfüllen – – Ja, heute übers Jahr versprech ich Ihnen, gähnendträumendes Brautpaar! das Ende meines Mährchens, ohne durch ein
    Postscript
von Glückwünschen das Wahrzeichen meines Geschlechts zu bemänteln. Sie werden wol à priori errathen, daß mein gantzer Versuch ein
    Gericht Irrlichter
ist, die ich aus dem faulen Graben meiner benachbarten Wiesen
    gefischt
habe. Wenn ein
    Schaugericht gefischter Irrlichter
, die gleich
    Abendsternen
tantzen, sich wie ein
    Galimafree
genießen und verdauen ließe; so wäre meine Muse keine Sibylle, die ihr
    Medusenbild
dem Busen einer
    Minerve
weyht! – – ni docta comes tenuis sine corpore vitas Admoneat volitare cava sub imagine formae Da haben Sie, mein lieber Freund und Verleger Hartknoch! das gantze Mstchen, das ich heute am 245 Xbre 74. abgeschrieben, weil ich leider! die Feyertage zu Hause zubringen muß. Der Titel dazu ist folgender und wird nach gegenwärtiger Vorschrift abgedruckt: Versuch einer SibylleBitte die
    ein
- und
überzweymal unterstrichene Wörter dieund locos gehörig in Druck Ehe.unterscheiden zu laßen. Komm ich als ein Geist zu Dir, So erschrick nur nicht vor mir. 1775. Mein Resultat aus Ihren datis ist Dies: Das kleine Ding wird in
    Mitau
gedruckt, ohne alle Zierrath und Tändeley. Wenn Sie wollen einen rothen Titel machen und ein simples aus geraden Linien bestehendes Rahmchen, steht es bey Ihnen. Das
    Format
muß aber schlechterdings nach dem Voßischen Opusculo homonymo seyn. In
    Mitau
muß es wie das
    Selbstgespräch
gedruckt werden, damit ich, wie von jenem, die
    Correctur selbst haben kann
. So viel Exemplarien müßen Sie wenigstens abdrucken laßen, daß Sie zu allen Ihren Kosten, Spesen Porto p kommen und daß Sie Ihren Caviar diesen Winter umsonst haben, wovon mir auch bey guter Gelegenheit und bey einer etwanigen Remise
    Ein Fäßchen
ausbitte, weil ich selbigen unter meine wenigen Leckerbißen rechne und selbigen ihn hier so schön als Shakespear im Hamlet angebracht habe. Dafür wünsch ich Ihnen auch ein fröliches geseegnetes Neujahr, wenn Sie mich bald mit der Correctur erfreuen, will ich noch ein Postscript zu meinen Wünschen machen, das Sie behagen soll. Ihre Einlage an Herder kam eben an, wie ich meinen Brief an ihn zumachen wollte; ich habe selbige gerade über Post gehen laßen; welches ich aus andern Ursachen gethan ohn zu wißen von der Trauer in Ihrer geehrten Familie, die ich erst nach der Hand erfuhr. Gottlob! daß der alte würdige Mann zur Ruhe gekommen – für mein Lehnchen habe auch schon gezittert. Gott hat mir selbige noch bisher erhalten und wird es auch thun, wenn es sein gnädiger guter Wille ist. Unser Freund Kanter hat, an statt eine Mühle in Westpreußen zu bauen, sich die Trutenauische gekauft, und weil der sich darauf beziehende Einfall zu Waßer geworden, lohnt es nicht ihn zu erläutern. Das umgekehrte D bezieht sich auf eine Beylage zu meiner 3 köpfigen Uebersetzung Hinzischen Verlages, die bey Bode unter dem Titel:
    Mancherley und Etwas
ausgekommen. Vale und hiemit Gott empfohlen. Zacchaeum habe noch nicht.
HöchstzuEhrender Herr und Freund! Statt eines Neujahrswunsches würde ich einen Panegyricum auf Sie schreiben, wenn ich nur Zeit, Fibern und Adern zur Ausführung einer solchen Arbeit hätte. Doch machen Sie lieber auf den Löwen selbst aus seiner Tatze den Schluß. Ja mein lieber Bode! Ein so angenehmes Neujahrsgeschenk als Sie dem Magus in Norden gemacht, hat vielleicht kein einziger Autor in allen 4 Theilen und Jahreszeiten der A. und N. Welt erlebt. Das war gar nicht die natürl. Freude eines ungedultigen lüsternen Weibes nach dem 9 Monate lang verdeckten Gericht ihres Leibes; sondern ein analogon von dem olympischen Schauer Jupiters, als seinem starken Vaterarm aus der hochgeschwollenden gleischenden Hüffte der gehörnte Gott des Weins vollendet und fertig entgegentaumelte. – Kein Augur, kein Aruspex – hätte den entscheidenden Augenblick so glücklich treffen können – kurz, was Rom dem cunctando seines großen Dictators zu verdanken hatte, alles dies und noch mehr ist der kleine Zacchaeus seinem großen Amanuensis Bode schuldig. Sollte es einem Mann nicht wol gehen, der in seiner Unschuld, mit so erhabener Einfalt des Herzens, so tiefer Unwißenheit sr. eigenen Verdienste, die Zufriedenheit, den Wohlstand und dasie Glückseeligkeit seines
    Nächstens
in jenen Wüsten Nordens zu Herzen gezogen. Sollte es einem solchen Mann anders als wohl gehen können in dem angetretenen 1775sten Jahr durch und alle 12 Monate deßelben, deren jeder mit einem Wunderthier, gleich den XII glänzenden Zeichen des Thierkreyses, zu schimmern verdient möge! Ja sollte ein solcher Mann nicht verdienen die neo-mosaisch- herdersche Morgenröthe des XIX Saeculi p. C. n. zu erleben! Unser ganzes güldenes Publicum mag, wie ein Midas, über ihn Zeter! schreyen: so wird die dunkle Stimme eines Christiani Zacchaei Telonarchae, eines Abaelardi Virbii, eines Aristobuli, eines Mien-man-hoam, einer Hexe von Kadmonbor, eines Heinrich Schröter und des kleinen Buchstaben h cetera, cetera, cetera in das Ohr der Nachwelt dringen, und diese gerechte und fromme DEA CVNCTATRIX wird mit lauter Stimme einst verkündigen, daß keiner einziger Zeitverwandter so würdig gewesen des großen Bode Panegyrist in Prose zu seyn als sein polynomischer Freund und sein Panegyrist in Knittelversen als Gevatter Matthias Claudius Aßmus, bisheriger Instmann, daß sich Gott im Himmel erbarm! zu Wandsbeck. Doch ohne Ihre cunctatorische Weisheit, dreymal seliger Bode! würde das Kalendis Januarii hier in einer glücklichen Minute der heiligsten feyerlichsten Mittagsstunde erschienene Neujahrsopfer und um 8–14 Tage zu frühzeitig und blind eingelaufen seyn. Ohne Ihre cunctatorische Weisheit, dreymal seel. Bode würde ich den ganzen verfloßnen Sommer mich in ein Complot von catilinarischer Verschwörung mit 20 Recensentensionen fruchtlos eingelaßen haben, unterdeßen den, welchen ich den Kirchenvätern der ersten Jahrhunderte mit der Wonne eines Bräutigams und der unermüdeten Schnellkraft eines Helden habe widmen können, an einem fruchtlosen Complot von 20 Recensionen verschwendet haben. Ohne Ihre Weisheit sine adiecto, dreymal seel. Bode würde das ganze Mst Ihres des kleinen Zacchaei in naturalibus dem HohePriester zu Bückeburg verrathen und verkauft werden, welches eine ganze Welt kleiner Uebel dem leichtsinnigen Verräther hätte zuziehen können. Unter uns gesagt, höchstzuEhrender HE u Freund, Ich denke, daß diese prima stamina meines Panegyrici auf Sie das kleine wenige Postgeld reichlich ersetzen, was Sie für gegenwärtigen Neujahrswunsch haben auslegen müßen und daß Sie gleichfalls mit einem: ex ungue leonem sich hier ein wenig im Lesen erholen können. Gegenwärtig fehlt es wohl nicht mehr an mediis terminis von selbst einzusehen, daß Ihr gantzes an sich
    rechtmäßiges
Vertrauen auf me Ehrlichkeit in Ansehung meiner der 45 Exempl. für mich ganz unbrauchbar ist, solange ich nicht zuverläßige und genaue Kenntnis von Ihren vorigen älteren und neuesten Verabredungen und Verbindungen, worinn Sie sich mit dem Hiesigen Buchladen wirkl. eingelaßen oder dieser Ihnen zugemuthet hat. Die meinigen mit demselben wißen Sie so genau als die Behutsamkeit eines ehrl. Manns in alienam messem Eingriffe zu thun. Weil ich aus Ihrem Stillschweigen über einen so wesentl. Punct leider ersehen muß daß sie alle Preußen für skoliodoxe Χsten halten und ein heiml. Anhänger des berühmten Schlötzers sind: so will ich die Schmach meines Vaterlandes willig auf mich nehmen. Um Ihnen zugl. über den Vigor meiner Muse und ihres uteri zu Zwillingen keinen Zweifel übrig zu laßen, muß ich Ihnen noch die prima stamina oder vielmehr das Chaos eines Projects mittheilen, daß mir die Morgenröthe des heutigen 3ten Jänners eingegeben, eines Projects, deßen tiefsinnigen Plan Sie, dreymal weiser Bode! allein zu übersehen im Stande sind. Mit einem Seufzer zu Dir Freundschaft! die du unter allen heroischen und politischen Tugenden unsers kleinen unfruchtbaren vermaledeiten Erdballs den Preiß behauptest – die du nach dem Zeugnis eines pragmatischen Kenners vtriusque sonderlicher bist denn Frauenliebe – erhebt sich der obige Panegyrist des dreymal weisen Bode, – deßen Herz Du beßer kennst als er vielleicht dein dunkles Heiligtum, – zum unaussprechlichen Epos eines Projects, aus deßen Tatzen einer er abermal den Löwen selbst wahrschauen möge. Well roared Lion! Nun Mr. Bottom, the Dreamer! wenn ich nicht Snug the joiner bin: so erkennt mich wenigstens für einen kleinen Consultator Christian. Was
    denken
Sie wol im Herzen von meinem Gevatter, ihrem Wandsbecker Boten. Sollte sich der Mann nicht zu Ihrem Geschäftsträger der hieher bestimmten 45 Exemplaren der Shandyschen Uebersetzung schicken, um allem Ihrem Mistrauen gegen die hiesigen Buchhändler und Telonarcham ein Ende zu machen. Was meynen Sie wohl, wenn Sie ihn nebst Claudia und Claudilla zum als Factor der dortigen Fracht mit Hack und Pack nolens volens vermöge eines Coge intrare eineisen ließen, und das mare liberum clausum kennen lernen und liberum abwarten ließen. Um das Geschäfte für Sie beyderseits! ein wenig wichtiger zu machen, vertrauen Sie meiner Gevatterin Claudia noch 45 Exempl. an, mit dem Auftrage damit als eine verkleidete Tyrolerin in Norden den Wüsten Nordens hausieren zu gehen. Das dem Apollonio Philosopho und Christiano Zacchaeo zugedachte wird nunmehr baar Geld, und ich Cavent für meinen Gevatter Claudius auf die Valuta von 45 Louis oder Federic’s d’or. Christiane Zacchaee! Du rasest! Deine magische Kabbala macht dich rasend. Ich aber sage: Dreymal seliger weiser Bode! ich rase nicht sondern schreibe wahre Pläne mit nüchterner Feder. Soll ich die Schlangenfreundschaft eures Busens aufdecken? Hab ich einen von euch darum zu meinem amanuensem und den andern zu meinem Gevatter erwählt um die Rolle eines Ehteufels zwischen euch spielen und ein Pactum illicitum spalten zu können – Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel. Amicus Matthias Claudius, amicus Bodius Magnus: sed vivat Veritas, ne ambo pereant. Cor TIBI rite salit Guter Bode! Trinken Sie noch eine Bouteille Wein um Ihr armes Herz gegen einen ganzen Armee Wirbel von SchnickSchnack zu stärken, dieen ich im stande wäre auf die Beine zu bringen diesen Augenblick über ihr schlummerndes Haupt zu erwecken im Stande wäre. Du schlafender träumender Spötter dieser meiner lakonischen Früchte meiner Hamadryade, weh Deiner Nase, wenn die Eicheln dieser Hamadryade die lakonischen Früchte die meiner Waldmuse gar das volumen jener Melonen hätten da Deine Seele Lust an hat die du dir zum tägl. Brodt wünschest. Wache auf der du schläfst und hör, wer dein Freund und Bote Claudius ist. Stehe auf und lies Mr Bottom! wie der hellenistisch gl. Beseßen deine cunctatorische Weisheit lästert. Wiß, daß er gleich einem andern Onesimo seinem Brodtherren Philemon diesen Sommer entlaufen wird und daß seine Claudia, die du mit ihrer Claudilla nicht mit Ehre zu ernähren im stande bist, mit Zwillingen schwanger geht, zu denen dein kleiner Freund Zacchaeus und der Hohe Priester zu Bückeburg bereits als Gevatter besprochen sind, und die all das Mark deiner Industrie vollends aussaugen werden V. R. W. Laßen Sie sich theuerster Bode! die Valuta von 45 Fr d’or nicht gereuen. Seyn Sie kein Nabal, wie Ihr Vetter zu Böhmisch Breda eines Mannes und seiner Familie mit Ehre loszuwerden oder einen Versuch zu seiner Genesung zu machen, weil in beyden Fällen der Gewinn nicht anders als zu Ihrem Besten ausschlagen kann. Wenn Sie nicht Herz gnug gehabt haben ihn den Umarmungen der
    schwarzen Kuh
aufzuopfern; so verweisen Sie ihn wenigstens in die Fluren des
    weißen Stiers
, wo er eben so gut lernen soll mit einem kleinen Stückbrodt zum Amt als mit einem Bauermädchen zum Weibe für lieb zu nehmen. Kurz sehen Sie meine Bürgschaft für die Valuta von 45 Fr d’or für kein magisches Wortspiel an. Ich nehme theuerster Freund Bode! das mir zugedachte
    Dutzend
von Exemplarien mit dem ergebensten Dank an und gerathe in die Versuchung eines da Capo über die Genauigkeit Ihres Calculi. So sehr ich über den
    grand comble
mit dem heil. Confucius zu reden in Verlegenheit gerieth: so sehr bin ich nunmehr überführt, daß Sie eben so richtig die Verhältnis mit dem Recensenten trauriger Gestalt als mit dem Zacchaeus Telonarcha getroffen, nicht weder ein Haar mehr noch weniger als ich wirklich nöthig gehabt habe. Nehmen Sie mit diesem kleinen Anhange Ihres Panegyrici für lieb, ohne sich an die abermalige Lästerung unserer Freunde zu kehren, die ihn wie Augustus seinen Horatz übersetzen werden, welches sich im hochdeutschen gar nicht ziemt. Weh! weh! weh! Dir armes Hammonia! wenn Dein Bode sein Ohr für die Stimme des Beschwörers in Norden verstopft. Zwanzig Legionen Holländer werden sich mit der kleinen Heerde der Ulubraner vereinigen und Hamburg nebst Altona in Karthago verwandeln, auf deßen Trümmern Scheiterhaufen Marius Bode gleich dem Gespenst eines Marius nicht wie sein Vetter Nabal über den Brandschaden seines Metatarsi sondern gleich dem Gespenst des Marius heulen wird mit und 45 Louis d’or Botengeld dem Gevatter Claudius Vater Zacchaeus im Schooß seines Christiani Zacchaei Telonarchae versetzten umsonst anbieten wird. D Göthe zu Frankfurt am Main wird der Dramaturg der Fabel und D. Fust zu Wolfenbüttel des Historiograph der merkwürdigen Katastrophe des gantzen Romans Projects werden, der weil er ächt deutsch geschrieben, keinen Uebersetzer mit der eisernen Hand nöthig haben wird. Du Wolkenbezwinger des hohen Olymps und du dreyzackichter Mamamuschi des alten tiefen Grabens zwischen Lübek und Königsberg und o holtzerner Delphin   qui tibi creditum Debes Virgilium finibus Atticis Reddas incolumem precor Et serves animae dimidium meae, et Claudiam et Claudillam und ihre unsers Bodens Fracht von 2mal 45, für deren Valuta ich nochmals Bürgschaft thue so bald leiste sub hypotheca bonorum meorum omnium. So viel zum Neuen Jahr mein Freund Bode shandysirt, der sein Bestes thun wird dem geneigten Leser alberne Einfälle verständlich und schmackhaft zu machen und von den ich ersuche den gantzen Termin in ein Ballet zu übersetzen; it shall be call’d
    Bottom’s Dream
because it has no bottom and – peradventure to make it the more gracious, I shall sing it at her Death. Exit.
Einschluß empfehle gütiger Bestellung.
Weil der Stempelbogen bereits fertig lag: so habe in diesem einen Stück Ihren freundschaftlichen Befehlen nicht gehorsam seyn können mögen. Wolgeborner Herr, HöchstzuEhrender Monsieur Graces à mon ami et compere Matthis Claudius demeurant à Wandsbeck, qui m’a fait parvenir ce midi de la part de mon ami Bode la brochure cy-jointe – c’est un exemplaire unique, dont le port me coute 3 fl. et dont l’histoire secrete feroit un volume informe. Enfin c’est
    l’enfant perdu
, dont p d’un pere auteur qui ne Vous est plus ni inconnu ni indifferent, et voilà tout le merite, par lequel il ose aspirer à l’usage que je n’emancipe de Vous en faire l’honneur de tenir lieu de mes étrennes. Ayez pitié d’une Muse grosse de deux jumeaux et d’un homme, qui ecrit en lignes couché entre deux draps , n’ose pas faire ses voeux pour des biens dont il est privé lui-meme et qui ne connoit point de talent plus utile polychreste que celui de faire bonne mine à tous les caprices de cette Fortune sublunaire. Graces à mon ami et compere
    Matthias Claudius
, demeurant à Wandsbeck, qui m’a fait parvenir ce midi delapart de son ami Bode, le Traducteur de Thomas Clinker et Tristram Shandy la brochure cy-jointe qui est un
    exemplaire unique
, dont le seul port coute un ecu et dont l’histoire secrete feroit un volume informe. Enfin c’est l’enfant perdu d’un Pere, qui ne vous est plus Monsieur, ni inconnu ni indifferent. Voila tout le merite
Der kleine zu meinem Haupte liegende und durch eine starke Verkältung verwahrloste Knabe hat mir 3 schlaflose mühseelige Nächte gemacht, und ohngeachtet diese letzte vierte Nacht desto ruhiger gewesen war, sind seine fliegende Schmertzen und durch die Hitze verursachte Phantasien heute diesen morgen von neuem und fast stärker wieder aufgewacht. Ew. Wolgeboren können leicht erachten, daß eine solche Episode auch dem kleinsten Flußfieber nicht günstig seyn kann, und daß ich einen zieml. Umweg nehmen muß um eines so wenig bedeutenden Uebels loß zu werden. Allem wider mich militirenden Augenschein zum Trotz, würden mich sind haben selbst häusliche geschweige entferntere Verhältniße nicht im stande Einfluß gnug über mich, meinen daß ich darüber meinen Beruff, so gleichgültig selbiger auch an sich selbst ist seyn mag, darüber jemals irgend aus dem Gesicht verlieren sollte. Ew Wolgeboren werden dieser Versicherung wenigstens so viel Wahrheit zutrauen, als jeder allgemeine Satz in sich halten kann nöthig hat, um gegen leidige Ausnahmen gesichert zu seyn, weil ich eben nicht gern die einzige regula sine exceptione seyn möchte. Wenn Falls Beyl. von niemanden als ich mir selbst sollte copirt werden können: so erwarte selbige zu diesem Behuf zurück, so wie ich auch die übrige mir übersandten Sachen nach Möglichkeit zu Hause befördern werde, bis ich im stande bin mit
    gutem Gewißen
auszugehen; der ich nach Vermeldung meines unterthänigen Respects die Ehre habe mit der aufrichtigsten Ehrerbietung zu seyn Ew. Wolgeboren Meines höchstzuEhrenden HErrn Accise und Zoll-Directors
Den 8 Jänner 75. HöchstzuEhrender Vielgeliebter Herr Gevatter und Freund! Heute an Ihnen, übermorgen an mir. Dieer Gelegenheit Anlaß dazu ist garnicht wie man im Sprichwort sagt, vom Zaune gebrochen; sondern folgender leider! mehr als zu viel gegründet. Meine Hausmutter ist willens Montags frühe ihren Kirchengang zu halten und Mittags eine kleine Familie aus uns. Nachbarschaft zu bewirthen. Damit alles recht knapp abgemacht werden möge, will sie von ihrem Monats-Gelde Suppe, ein Gericht Fische und ein Bratchen bestreiten – Weil ich nicht als ein bloßer Gast mich über das kleine nüchterne Gelag satt lachen will: so und hungrig vom Tisch aufstehen will: so muß ich aus der Noth eine Tugend machen und als Wirth und Hausvater wenigstens einen Kuchen zum Besten geben, um mich und meine Kinder wenigstens auf allen Fall uns für die theure Zeit der drey ersten Schüßel schadlos zu halten zu können. Es muß aber nicht erst was von einem Kuchen seyn, sondern von derjenigen Art, die man der bunten Schichten wegen Schpeck Kuchen nennt, und von deßen Teige man auch die sogenannten Baumkuchen macht, und deßen übriggebliebende Brocken man auch ein paar Tage hernach mit Geschmack eßen kann. Nun ist komt die Frage an ob der Koch der würdige HE Schönborn, der Noel Ihrer der gerechten und vollkommenen Loge zu den 3 Kronen, welcher sich bereits den 2 Xbr. p. um das Kindelbier meiner kleinen Lehne Käthe so verdient gemacht, daß sein Ruhm in einer relatione epistola familiari zwar prosaisch dem Buchstaben aber desto poetischer dem Geiste nach über hundert Meilen weit und breit von mir dieser meiner Faust geschleudert worden – ob sage ich der Ihr jener Noel unserer der gerechten und vollkommenen Loge zu den 3 Kronen, mir ihrem treuen Nachbar gerechten und vollkommenen Nachbar und Groß dem vollkommenen Kleinmeister von 3 verwünschten Federn, deren keine einzige mehr weder zum fliegen noch schmieren mehr taugt, einen obgemeldten sogenannten Speckkuchen für 1 fl 45 höchstens 50 gl. Montags zu Mittage gar und fertig und schmackhaft zu liefern im Stande ist ;? Haben Sie, Vielgeliebter HE Gevatter und Freund! mitten unter den Zerstreuungen des heutigen Tages, der keinem Postulat sondern einer Investitur scheint gewiedmet zu seyn, Muße zu diesem kleinen Auftrage: so sorgen Sie, daß die Differentz von 15 gl. grl. für meinen Beutel und zum größern Ruhm des verdienten Noels ausschlage. Ich weiß mein Petitum nicht dringender zu schlüßen als mit eben den Worten womit ich selbiges angefangen habe: heute an Ihnen, übermorgen an mir P. P. Da ich noch nicht imstande bin auszugehen, und noch weniger auszufahren: so sehe ich mich genöthigt abermal mit einer Ew. Wolgeboren mit einer relatione clinico-mixta beschwerlich zu fallen, ungeachtet es mir sauer wird einmal meine Hand nach der Feder auszustrecken, als siebenmal nach der Stadt zu traben. Mein kleiner Patient befand sich diesen Montag so wol, daß ich mit Gewalt ihm Nachmittags untersagen muste aufzustehen, bald nachher funde sich aber Hitze, Durst und Phantasien stärker als vormals ein. Ein Lavement wurde gemacht, konnte aber ihm nicht halb beygebracht werden, weil er über Schmerzen schrie, und daß er von selbst zu Stuhl gehen müste. Dies geschah auch ohne einige sonderliche Erleichterung. Ein zweites Lavement schien des Nachts nöthig zu seyn, um den unersättl. Durst und den vom Trinken aufgeblähten Bauch zu erleichtern. Es gieng mit diesem 2ten Versuch ebenso, doch war der offene Leib stärker und die Wirkung beßer, weil sich der Schlaf gleich darauf einstellte. Den Dienstag erwachte er sehr munter, doch ohne einige Merkmale des appetits zu verrathen. Den ganzen Nachmittag und die darauf folgende Nacht in einem zusammenhangenden ruhigen Schlafe zugebracht. Seit dem Schweiße langen Schlafe scheinen die brennende Hitze und Durst fast gantz aufgehört zu haben. Mittwochs aber bemerkten wir eine Lähmung in den Fingern, vorzügl. der rechten Hand, und daß er nichts festzuhalten im stande war. Ueber Schmerzen bald in Händen, bald in den Füßen, bald im Ohr hat er vorzügl. Montags geklagt, und die Schmerzen in den Füßen haben sich ihn auch vorgestern Abends beunruhigt. Dies scheint sich auch zu geben, aber noch nicht völlig aufgehört zu haben, wie wir auch eine Veränderung im Ton seiner Stimme seit der Zeit bemerkt haben, die vielleicht eine Folge der Hitze u. Entkräftung seyn mag. Ohne gegenwärtig an Aufstehen zu denken, bringt er fast den gantzen Tag mit Lesen und Singen zu. Heute ist der Appetit zum Eßen ein wenig stärker als die vorigen Tage gewesen. Der offene Leib fehlt seit dem letzten Lavement Montags Abends oder vielmehr der darauf folgenden Nacht. Der Urin ist bald trübe wie Häfen, bald von heller Farbe ohne sich zu setzen. / / Vom
    Puls
verstehe so wenig als vom Tact in der Music. Die Tropfen möchten noch auf 3mal hinreichen. Ew. Wohlgeboren wißen bereits, daß das Gefühl es.
    natürl. Vaters
desto lebhafter bey mir ist, je entfernter ich von allen den bürgerl. Tugenden bin, die und dem Verdienste des Tituln und Mitteln entfernt bin. Da ich von Jugend auf mehr Seeligkeit im Geben als Nehmen genoßen, so thut fällt es mir freylich bisweilen etw das Joch bisweilen etwas schwer, nicht nach meiner Neigung leben und geben zu können. Unterdeßen hab ich noch keine Ursache über das Misverhältnis meiner Ausgaben und Einnahmen zu verzweifeln; je mehr ich der Hofnung lebe, daß der Seegen eines Vaters und Bruders je später desto reichlicher über mich aufgehen und blühen wird und meine mühseelige Arbeit im Verborgnen nicht verloren seyn wird sondern ihre offentl. Belohnung erhalten und alle nugas aniles beschämen wird. Bitte also Ew Wohlgeboren Beyl. als eine bloße arrham meiner Erkentlichkeit nicht zu verschmähen und empfehle mich und mein Haus Dero ferneren beharrl. Wohlwollen, der ich mit unverrückter Hochachtung die Ehre habe zu seyn Den 13 Jänner 75.
Ew Hochwolgeboren habe die Ehre mit dem verbindlichsten Dank denie Quintus Memoires critiques et militaires zu überschicken, die ich mit vieler Andacht durchgelesen, ohne selbige das Wenigste recht zu verstehen, weil ich kaum Wachparaden geschweige eine einzige Revue die Neugierde gehabt in meinem Leben anzusehen. Ich bin schon vorige Woche damit fertig gewesen und hätte viel Lust das Buch noch eine Woche länger zu behalten, wenn ich nicht mein Selbstlob, ein geschwinder Leser zu seyn, befürchtet hätte durch einen längeren Verzug, auf eine gar zu grobe Art zu widerlegen. Die Betrachtung, daß Ew Wolgeboren die freundschaftl. Gewogenheit für mich gehabt hätten aus der dritten Hand mir diese Lecture zu verschaffen, die Furcht den unbestimten Termin zu überschreiten und die noch größere Angst mich in Dinge, die zu weit aus meiner Sphäre liegen, zur Unzeit zu vertiefen haben mir die Oberhand behalten über eine Versuchung, über die ich mich näher erklären werde, wenn selbige von Folgen seyn sollte. Ich bin den 14 h zum ersten mal auf meinem Bureau aber dies Jahr noch nicht weder in der Kirche noch in der Stadt gewesen. So bald ich meinen Kirchengang halten wieder halten können, hoffe ich auch Ew. Hochwolgeboren zu sehen von Angesicht zu Angesicht zu sehen im Heiligtum der Freundschaft und Tugend – und alle zu beantwortende rückständige Fragen so gut es mir mögl. zu befriedigen suchen, auf die ich gegenwärtig die Antwort noch schuldig bleiben muß. Ich empfehle mich bestens Dero geneigten Andenken und habe die Ehre mit dem Einschluß desr aufrichtigsten Ehrerbietungen, zu seyn Ew Hochwolgeboren aufrichtig ergebenster Diener J G Hamann. den 31 Jänner 75. Liebster Hartknoch, Wenn Sie nur so viel Zeit hätten zu lesen, als ich Lust zu erzählen: so wollte ich ab ouo vsque ad poma Ihnen alles schreiben. – Nun lesen Sie so viel Sie wollen, und laßen Sie mich schreiben, so viel ich kann. Gestern um diese Zeit schwarze Stunde saß ich, trunk mein Kännchen Caffé, rauchte mein Pfeifchen à la hate und „dacht nicht viel an das elende Leben“; wie der Prediger Salomo sagt, als mir ein Fäßchen Caviar ins Haus gebracht wurde – „Und kein Brief, keine Zeile dabey!“ Mit dieser Exclamation des Wunderns gieng ich auf mein Bureau. Als ich zu Hause kam, liefen mir meine Kinder entgegen und schrien: ein Brief! ein Brief! – „Von wem?“ Zündt Licht an, zieht mich aus, gebt den Caviar her! – – „Ihre Sibylle roth und schwartz, wie Sie es verlangten abgedruckt. Zwey Exempl.“ – – 31/4 Zeilen. An kein Caviar gedacht, an keine vorhergängige Correctur – Der Verleger, dacht ich, ist ein anderer Julius Caesar; aber noch kein Augustus, der des erstern Festina mit einem lente zu verbinden wuste. Unterdeßen war das Fäßchen geöffnet, mit einem Eßlöffel bedeckt, und von Paarsemmeln und Kindern umlagert. Ehe es zum Handgemenge kam, gieng ich mein
    Oracul
zu Rathe ziehen. Weil ich ersahe, daß die Sibylle am Tage
    Adelgunde
angekommen war; so war dies nomen et omen.
    Es lebe die Sibylle Adelgunde!
zwitscherten die Jungen. Der Alte aß, wie schrieeibt – bis er nicht mehr konnte vor Schweiß seiner Nase. Die Kinder machtens leider! nicht beßer; unterdeßen das respective Publicum in langen Röcken, worunter sich auch Lehnchen Käthe befand, über den
    Alten
und seine
    Art
grifflachten, die
    schwarze Seife
, wie sie es nannten, sich von den Fingern zu leckteen. Diesen Morgen erhielte von HE. Toussaint eine Entschuldigung, daß ein
    kleines Briefchen
zum Fäßchen gehörig, wegen seiner kleinen Statur wäre übersehen werden. Dies Billet doux öfnete mir die Augen erst über meine
    eigene Ungerechtigkeit
, womit ich Ihr Stillschweigen in den Verdacht eines heiml. Unwillens über mich gezogen hatte 2.) über den unvermeidlichen Betrug der optischen Beywörter;
    groß
und
    klein
,
    dick
und
    dünn
, wenn man den Innhalt der Dinge nicht einzusehen im stande ist. Gestern hieß es: was für ein
    dicker Brief
! Und es waren 31/4 Zeilen ohne datum, ohne den geringsten Wink noch Erläuterung der vergangenen Dinge. Heut hieß es: ein
    kleines Briefchen
! Er enthielt gleichwol ohne das Datum und die übrigen Curialien mitzurechnen über 11 volle Zeilen. Nachricht vom
    Druckort
; Namen des gelehrten Correctors; genommene Abrede die Lettern bis zu meiner Antwort stehen zu laßen; ein Merkmal des
    guten Willens
ein andermal den übrigen Innhalt meines lieben Briefes zu beantworten; aviso vom Tönnchen Caviar nebst dem Namen des Monaths, des Fuhrmanns, des Destinataire, Zahl des Gewichts und den Anfang eines Χstl. Wunsches, der so trefflich eingetroffen, daß ich nunmehr bestimmen kann über ein ℔ mit meiner kleinen Mannschaft verschlungen zu haben. Um meine unverschämte Lüsternheit in Ansehung des Caviars einigermaßen zu entschuldigen, kann ich nicht umhin anzuführen 1.) daß ich eine so tiefe eingewurzelte Ungeschicklichkeit und Abneigung gegen allen Handel und Wandel habe, daß ich ohne Rücksicht des Eigennutzes wünschen möchte nichts auf der Welt erkaufen zu dürfen. Es ist gar zu weitläuftig Ihnen alle die Gründe dieser meiner Antipathie oder Idiosyncrasie zu entwickeln. 2.) daß ich zu so streng wie der Accise Tarif meines allergnädigsten Monarchen unter die objecta consummationis ordriae und Delicatessen distinguire. 3.) daß ich letztere mit allem mögl. Epicureismo verzehren mag und daß das Andenken eines Freundes, dem ich einen Genuß zu verdanken habe, dazu der beste medius terminus ist die Fibern des Magens und Herzens zugl. zu
    kützeln
. Nachdem ich heute aus Ihrem Billet doux vom 3 huj. st. v. ersehen, daß mein Vertrauen auf Ihre Freundschaft auf keinerley Art beschämt worden ist: so faße ich auf einmal Muth, an statt eines mimischen Stillschweigens bis zur OsterMeße und einer mündl. Unterredung, Ihnen noch einmal zu schreiben. Meine kleine Adelgunde ist so rund und gut im Druck gerathen, daß ich meine Freude an ihren rothen Wangen und pechschwarzen Augen und Haaren gehabt habe. Ich überlaße es gänzlich Ihrem Gutachten und dem Befinden der Umstände, ob Sie aus nachfolgender Anzeige von Muttermählern noch einigen Gebrauch machen können und wollen: S. II. Z. 3. an statt Harmonien, lies: Harmonie. S. IV. Z. 2 fehlt das Zeichen - zwischen Immer- und Vermehrer,
    Immer-Vermehrer
. i. e (Semper Augustus) V. Z. 3. herrlichen, comma fehlt. VI. Z. 10. an statt alten, lies: altem 12. Grund- fehlt das Zeichen der Trennung oder Verbindung- VIII. Z. 10. an statt Schemen, ließ: Scheme und zeitigen mit einem kleinen z. IX. Z. 14. an statt spuckenden, lies: spukenden. Weil Spucken und Spuken verwechselt werden kann. Vielleicht wär es noch beßer das Wort mit 2 u zu schreiben: spuuken. XII. Z. 9. an statt das, lies: daß XIV. Z. 2. an statt: ein Caviar lies: Caviar, deleatur ein. XV. Z. 2. hinter Zueignung? muß an statt des Fragezeichens ein Colon stehen. S. XVI. lin. vlt. an statt Meduse Minerva lies:
    Aspasie
. Mit dieser Aenderung wäre zuvorgekommen, wenn ich nicht Antwort auf das Wörtchen Hu? gewartet hätte. Den wenigsten Lesern dürfte es einfallen, daß Pericles se Aspasie in der Maske der Minerua Schau getragen öffentl. und daß ich Aspasie dachte und Minerve schrieb. Dies wären meine Curae posteriores alle. Sollte meine Antwort zu spät kommen und die Lettern schon aus einander seyn; so ist an allen diesen Naeuis nicht viel gelegen, und ich überlaße alles Ihrem Gutbefinden und der Lage der Sache. Bitte nur, liebster HE Verleger, mich nicht auszulachen, daß ich wegen eines leichten Bogens in klein Duodez so viel Federlesens mache, und sich durch das optische Urtheil meiner lieben Amtsschwestern im langen Rock u. mit glattem Kinn nicht irre machen zu laßen, welche die vires nach dem volumen schätzen, und dünne dick, klein groß nennen nach der UnterInstanz des sinnlichen Augenscheins. Von den 2 mir überschickten Exemplarien habe ich das Meinige noch gestern Abend verschenkt. Ich erwarte daher die mir zugedachte und versprochene kleine Anzahl mit
    Gelegenheit
, daran es nicht fehlen wird. Das dem Herder zugedachte Exemplar kann noch nicht sogl. befördern, weil er mir eine Antwort schuldig ist, auf die ich warte, und willens bin das Exemplar durch Claudius meinen Gevatter zu expediren, der schmerzl. auf den Anblick wartet, damit er’s wenigstens lesen und sehen kann. Von den mir zugedachten Exemplarien bitte noch 2 abzunehmen, eins für HE. Georg Berens, für seine stille Verdienste um unsern gemeinschaftl. Freund zu B. und das andere für den armen Hintz in Mitau, dem ich zugl. einen
    förmlichen Arrest anzukündigen
bitte wenn er mir auf Ostern nicht wenigstens 3 Exemplaria des
    Selbstgesprächs
und 3 der nicolaitischen Antwort No. 1. mitbringt nebst dem Defect des Sophrons. Sollte einer von beyden das Andenken der
    Sibylle Adelgunde
verschmähen; so bitte das
    verworfene
Exemplar für mich beyzulegen – und es als ein Corpus delicti gehörig zu zeichnen. Ein
    einziges
Exemplar des Zacchaei habe am Neujahrstage erhalten, aber auf frischer That einen Manne aufgedrungen, daß ich also nichts als die Aushängebogen für mich selbst besitze, dörfte wol keins vor der Meße erwarten. Und gesetzt daß eins eher ankäme, so würde es nicht der Mühe lohnen es Ihnen zu expediren. Nun liebster Freund Hartknoch! Das ist wirklich der letzte Brief, den ich Ihnen schreibe; weil ich den ernsten Willen habe, wo es nur immer mögl. seyn wird, etwas feisteres in Ihren Verlag zu liefern, um Sie wegen der begangenen Tändeley mit der
    Sibylle Adelgunde
, wo mir nur möglich schadlos zu halten. Es wird keinem Menschen auf der Welt so schwer und so leicht einen Brief zu schreiben als mir und ich bin das wunderbarste Gemisch von extremis. Mein Waarenlager über den Articul, den ich im Schilde führe, ist so voll, daß mich mein Ueberfluß arm macht. 1/12tel des Jahrs ist verfloßen, ohne daß ich weder eine Kirche noch die Stadt besucht habe. Eine splendida bilis, wie Horatz es nennt, zeigt mir in jeder Sache Seiten, die andere nicht sehen können oder nicht sehen wollen, und macht mir allen Umgang mit Menschen, die mir so unerklärlich sind als ich ihnen seyn muß, unausstehlich. Diese Rücksicht auf meine Gemüthslage scheint mir den sichersten Aufschluß von unsers gemeinschaftl. Freundes ebentheuerl. Autorschaft zu geben. – Holla! Schicken Sie mir doch mit eben der günstigen Gelegenheit seine
    Volkslieder
. Alles Meßgut ist für uns eingefroren. Haben Sie beßer Glück gehabt – das Dictionnaire des Finances erhalten? Wieviel kostet es? und werden Sie Ihr Versprechen erfüllen es mir kennen zu laßen, wenn es mir zu theuer seyn sollte. Sie erhalten Geld, oder Buch ehrlich wieder, weil dies zu den objectis consummationis ordriae gehört. Nun ich wünsche Ihnen und Ihrem ganzen Hause viel Freude, und erwarte Sie – halb oder gantz fertig – Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Hälfte. Meine Kinder schlafen alle Gottlob! Hänschen hat mir manchen Angstschweiß zum Anfang dieses Jahres durch ein gefährliches Lager an einer starken Verkältung abgejagt. Und hiemit Gott empfohlen. Johann Georg Hamann.
Von Hamanns Hand: Erhalten den 27 Febr. 775 Ich kanns Ihnen nicht bergen, liebster H., daß es es diesmal nicht Sie gelten sollte, sondern Inlagen die Sie bestens u. baldigst auf beide Posten geben werden: denn ihr Inhalt ist dringend. An Sie mich auszuschütten, habe noch nicht Zeit u. Muth – wollte Gott, ich könnts bald! Also nur summarische Antwort auf Ihren Brief, der mir d. 1. Jan. u. also recta am N. Jahr kam u. ein gut Omen war zum N. Jahre, so furchtsam ich ihn in die Hand nahm. Mein Wahlspruch zu diesem N. J. wird wohl heißen: Sünde büßen, verstummen u. vest werden in der Wahrheit. Alles scheints mir bisher zu bestärken. Glück Ihnen zu Ihrer Tochter u. auch mein Weib sagt Amen! Unser Bube ist bei einer hier herrschenden Kinder Krankheit mit dran gewesen, hat sich aber wie ein Löwe gewehret u. ist frei u. munter. Claud. hat mir noch 2. Ex. der Proleg. gesandt die ich an die Darmstädter senden soll. – Wer sind die Darmst.? Ists etwa Moser? Denn Merk ist eher mein Verräther, wie ich zu glauben Ursach habe, als mein Freund. Sp. Briefw. sollen Sie bekommen, wenn die Wunde zugeheilt ist. Jetzt ist sie noch zu frisch u. da kratzt man nicht gern an der Narbe. Ich mag auch dafür von allen Apolloniis noch nichts hören, bis mir Gott hilft. Stockmars Familie rühmt meine Frau, so viel sie dem Gerücht nach sie kennet. Sein Bruder ist Lieuten. in Pirmasenz, ein stiller, bescheidner, vortreflicher Jüngling, der mit seinen Schwestern friedlich hausgehalten u. im besten Ruf ist. Das ist Alles, was sie weiß will aber nach mehr schreiben – Sei er Ihnen zu vielem Guten. Ich habe ein Buch, das ich heut absende, mit Kleister u. Schere fertig. Wollte Gott, daß es das letzte wäre, das ich schriebe. Die Volkslieder nehme ich zurück: an Fortsetz. der Prov. Bl. denke ich nicht: ich will u. muß schweigen. Urkunde ist etwa das Einzige, das ich liefere, u. auch das soll mich nicht halten. Ich hoffe Hartkn. zu sehn, durch Ihn viel von Ihnen zu hören u. zu lesen. Er bringt mir meinen Neffen mit, daß ich mich zur Erziehung meines Buben gewöhne. Um uns ist Nacht, mein lieber H. bittet Gott, daß er die Nacht ende, u. was er gewiß thun wird, in Licht aufkläre. – Wird mein Auge Licht seyn, wirds auch mein Styl werden: er ist von Nichts, als meiner ungelenken, unebnen, trägen, handlungslosen u. bildervollen / (velut aegri somnia in Platos Höle) / Denkart Zeuge! Helfe mir Gott! Lebt wohl, treuer trauter Silen, Pan u. Orpheus. Dat. den 11. Febr. in tiefer Höle den 13 Februarii 75. Wenn Sie so ein aufmerksamer Ehmann sind: so hat Made Hartknochin so viel Ursache zufrieden zu seyn als die Sibylle Adelgunde mit Ihrem HE Verleger. So sehr ich für das heute erhaltene Exemplar danke: eben so gern möchte das mir zugedachte größere Fäßchen Caviar für dies Jahr verbitten, doch unter der Bedingung, es aufs künftige zu versparen, aus physischen und moralischen Gründen, die für gegenwärtigen Brief nicht Raum haben. Das unserm Freunde Herder zugedachte Exemplar ist den 1 huj. an Me
    Claudius
abgegangen mit der Bitte die Bestellung deßelben auf das geschwindeste u. sicherste zu besorgen 1.) weil es sich nicht recht für mich schickte es immediate nach Bückeburg zu bestellen 2.) weil Gevatter Claudius mir sehr feyerlich in seinem letzten Briefe versichert hat, daß dieser Ort Wandsbeck näher läge als Kgsberg 3.) weil ich höchst nöthig hatte an Me Claudius ein Sapphisches Billet doux im Namen der Sib. Adelgunde zu schreiben 4) weil ihr Mann auf einen schnellen Abdruck des Opusculi sehr erpicht war 5) weil ich dem Cunctatori Bode eine kleine Schaamröthe durch die entgegengesetzte Extremität Ihres guten Beyspiels abjagen wollte. – – Ich glaube aber, daß an dem lieben Mann Hopfen und Maltz verloren ist und ich habe ihm zum neuen Jahr einen Panegyricum geschrieben, der vielleicht zum Eloge funebre unserer Freundschaft dienen kann. Wenigstens haben Bode u Comp. dies Jahr noch nicht gemuchkst. Mein liebster Freund Hartknoch! „Sie machen sich zu noch größerem Verlage von mir gefaßt, aber nicht anders unter keiner andern Bedingung, als Sie mir schon gesagt, daß und wie mir die ganze Sache conveniren wird. Ich soll dies auch nicht übel nehmen, da Sie wider Ihren Vortheil nicht handeln dürfen.“ Um so züchtig als mögl. von diesem passu Ihres Briefes zu reden erlauben Sie mir denselben als den Nabel Ihres kleinen Briefes anzusehen und ad iactationem et modum vatis Horatii zu praeludiren. 1. daß der Bär erst gefangen seyn muß. Ich lese jetzt des Juliani und Cyrilli opera und denke erst mit Fastnacht meiner Arbeit den Anfang mit Fastnacht zu machen. 2. Ist es mir ein gutes omen, daß Sie als ein ehrlicher Preuße das Principe de convenance zum Grunde legen. Da ich als
    Autor
gleiches Glaubens bin, so schmeichle mir desto eher mit einem amanuensi von gleichen patriotischen Grundsätzen desto eher einig u. fertig zu werden. Aequa potestas von beyden Seiten zum vorausgesetzt – – hanc veniam petimusque damusque vicissim. 3. Der T‥ verlangt Ihren Schaden; aber ich nicht, weder als Freund noch als Autor Schriftsteller, da dies mein Handwerk niemals gewesen ist noch werden wird, wie Sie
    selbst
wißen. Allso Ihrem
    Vortheil
gemäß zu handeln, ist gänzlich Ihre eigene Sache, von der ich nichts verstehe, noch verstehen will, um kein Allotrioepiscop zu seyn oder polypragmaticus, wie meine Halbbrüder und Landsleute. Siehe das Gelehrten Lexicon Art.
    Funeicus
.
Diese Schürze von Feigenflechtenblättern habe nolens volens flechten müßen um die pudenda meiner Autorschaft und Ihrer Äußerung zu bedecken. Da ich nichts als die Correcturbogen des letzten Bodischen Verlags in meinen Händen habe: so kann Ihnen bloß die Aufschrift mittheilen: Christiani Zacchaei Telonarchae Προλεγομενα über die neueste Auslegung der ältesten Urkunde des menschl. Geschlechts. In zweyen Antwort Schreiben an Apollonium Philosophum. Mit einem Motto aus dem lieben Persius auf den sokratischen Jünger Alcibiades, das mit dem Hamb. Nachrichter zu reden, gar zu langweilig abzuschreiben ist. 11/2 Bogen in 4. An statt 45 Scholien ist hier eEine
    einzige Anmerkung
des Herausgebers zum besten des Verfaßers in deßelben eigener besondern Mundart, mit dem Verfaßer des Hartungschen Meß-Catalogi zu reden. Daß Sie die kleine Adelgunde, Ihr eigen Verlagsbuch nicht verstehen, das ist Waßer auf meine Mühle mit unserm alten Freunde, dem Papiermacher in und von Trutenau zu reden. Sie sind Gott Lob! mein 6ter Amanuensis, der mir die Ehre anthut mich für einen Autor zu erkennen, der eben dadurch daß er kein Schriftsteller seyn will, verdient einer geworden zu seyn. Ihre eigene Schuld ist, daß Sie nicht auf unsere Gespräche über die Erscheinung der Irrlichter im alten Graben, über Galimafristen Nasonis Icon, der freylich – aber nicht dem Hausherrn zum Verdrus auf den Busen – gehangen zu werden verdient noch auf meine Gesichter die ich schnitte, Achtung gaben, weil Sie dort am Fensterkopf beym Porcellan-Schaffchen den ehrbaren, schmachtenden, entzückten Liebhaber spielten. Nunmehr hoffe ich, daß Ihnen die posteriora Ihres verlegten sibyllinischen Versuchs über die E. so sonnenklar seyn werden, als der heutige Mond, der morgen eine eclipsin erleben soll, ohne es selbst zu wißen, weil er nichts als ein Amanuensis, aber kein Autor seines Glantzes ist, wie Ihr ergebener Diener Johann Georg – mit dem Lindwurm. P. S. Mein Namens Vetter des A. B. schrieb sich mit Einem n finali, welches ich künftighin zu verdoppeln bitte, weil ich auch keinen müßigen Buchstaben meines guten Namens gern verlieren möchte. P. S. 2. Ohne dem Verstande dieses Briefes Abbruch zu thun, sehe ich keine Möglichkeit ab ihn zu verlacken und die Wahrheit zu sagen, fehlt es mir an dieser spanischen Waare – ebensosehr als an Augenblicken
    zu Antwortschreiben
– als zu solchen eines fernerweitigen größern Verlages. P. S. 3. Wegen der kleinen Schreibfehler mag es bey Ihrem guten Vorsatz bleiben. Minerva laßen Sie aber man stehen. Der Name der Aspasie möchte eine gar zu große mouche seyn für die Schläfe Ihrer ergebenen Dienerinn Sibylla Adelgunda. mpp Eilen Sie zur Meße, um das Fell des Bären in Augenschein zu nehmen, weil man kein Katzen- geschweige ein Bärenfell im Sack handelt, wenn von Handels Sachen zwischen uns die Rede wäre, wofür mich mein guter Daemon behüten wird. Vale et festina. Adresse:
Postscript / an / meinen Freund Hartknoch / zu /
    Riga
.
Hamburg, den 14ten Febr. 1775.
    HEn
.
    Hamann
. Um meinen, durch Glück und viele saure Arbeit erworbenen Titre nicht zu verlieren, schreibe ich erst heute! Nicht wahr? so denken Sie! Aber der nordische Magus kann sich irren. – Diese Jahrzeit ist überhaupt für einen armen Teufel in Hamburg der Rechnungsgeschäfte hat, die Geschaftvollste, und dazu ist noch eine Krankheit gekommen – verstimmte Schornsteine im ganzen Hause, daß ich die meiste Zeit nur die Wahl unterm Erfrieren oder Todtschmauchen gehabt – Kurz – ich schreibe erst heute! Und melde Ihnen: daß Kanter durch zwey Briefe von mir 40 Tristrams nebst andern Sachen gefodert hat. Er spricht von Subscribenten, die ihn darum quälen, ob er mir gleich keinen, weder für sich noch für Sie angezeigt hat. So ungerne ich nun dem Herrn Kanter in die Hände gerathen wäre, so hätte ich doch, aus andern Betrachtungen, sein Begehren längst erfüllt: allein ich wollte doch gerne erst Nachricht haben, daß die 45 zu Waßer angelandet wären. Endlich hab’ich doch, um ihn nicht zum Unwillen, und vielleicht zu etwas Schlimmern gegen mich zu reitzen, mit der heutigen fahrenden Post 21 Stck. geschickt, und ihn auf die übrigen 19 Stck. an Sie verwiesen. Ich hoffe, daß der Schiffer doch wenigstens gegen die Zeit, da das Paket auf der Post anlangt, auch angekommen seyn soll, und Sie also (eine große Ursach meines Säumens) eben so geschwind Ihre Subscribenten befriedigen können. In dem Packet zu Lande habe ich für Sie beygeschloßen 12 Mancherley und 24 Prol. wie auch ein Exempl. von Schmidlins Chatolicon, welches Sie alles schon vorher bey Herrn Kanter in Beschlag nehmen mögen. Herr Schmidlin will, ich soll Ihnen allerley Gutes von ihm sagen, damit Sie ihm ja nicht böse seyn oder bleiben möchten. Da ich aber von Ihnen weiß, daß Sie keinem Menschen eigentlich böse seyn können (das fürcht ich, als rüstiger Uebersetzer und langsamer Correspondent nicht einmal) und sich von Schmidlin mit Wahrheit wirklich viel Gutes sagen ließe: so will ichs nicht thun, und Sie werden doch thun, was er wünscht. Was Sie in Ihrem letzten Briefe von noch 45 Tristrams sagen, muß ich, meinem eingefrornen Kopfe zur Schande, bekennen, verstehe ich nicht. brauchten Sie aber mehr Exemplare, so stehen so viele zu Dienste als Sie fodern werden. Was sagen Sie zu dem Einfalle, den jemand gehabt hat, ich soll mich an den Launevater Rabelais wagen? Wenn Sie einmal eine müßige ¼ Stunde haben, so sagen Sie mir es doch. Aber, was sagen Sie dazu, daß man Sie im D. Merkur zum Chef einer Litterarischen Sekte gemacht, und mich, mich unphilosophischen und unwitzigen Scribler hinter Ihnen, wie der Bauer hinter dem Pabste, im Todtentanze, anwackeln läßt? Wenn Sie wirklich der Mann wären, der, um ein Kind zu beniemsen nach der Gegend reisen möchte: so sollte mich Abrahams Beyspiel reitzen, um zu versuchen, diese Ehre für mein eignes Haus zu erbitten, weil es doch mit Claudius und der Claudilla etwas langsam zu gehen scheint. Andere Namen auf der Schreibtafel erinnern mich an die Kürze der flüchtigen Zeit, an einem Posttage. Also einen herzlichen deutschen Händedruck und Adche! laßen Sie bald Nachricht wißen, daß Sie gesund und wohl sind, und daß das Schiff angelangt sey Ihren J J C Bode Adresse mit rotem Lacksiegel:
a Monsieur / Monsieur Hammann / Homme de lettres / à / Königsberg / franco /
P.  HöchstzuEhrender Herr Professor und Freund, Da durch den HE. Criminal Rath Hippel erfahre, daß in einer Hamburgschen Recension des deutschen Mercurs, ich weiß selbst nicht recht wie, eingeflochten seyn soll: so ist meine Neugierde ungemein gereitzt worden, dies Blatt zu sehen, um wenigstens vnguem ex Leone abnehmen zu können. Habe deshalb gestern im Buchladen Ansuchung gethan, aber umsonst – endlich heute Nachmittags No 21. vom 7 huj des Correspondenten durch HE. Einnehmer Lauson erhalten, wo der 8. Theil des Mercurs in 15 Zeilen blos angezeigt wird, aber nichts mehr als die Rubriken des Innhalts. Heute wurden mir aus dem Buchladen zu des
    Herrn Nicolai Leiden
und
    Freuden über D.
Göthe
    lieben Werther
und dem ZeitungsStück Hoffnung gemacht, habe aber umsonst darauf gewartet, ohngeachtet HE. Criminal Rath Hippel mich versichert, deshalb einige Abrede mit Ew. Wolgeboren bereits genommen zu haben. Ich kann daher heute nicht füglich ehr schlafen gehen, bis ich alles mögliche gethan, um meine einmal erregte Neugierde zu befriedigen, und nehme noch diesen Abend zu Ihrer Freundschaft meine Zuflucht, so viel Sie können beyzutragen, daß ich das Zeitungs-Stück selbst entweder erhalte oder eine bestimmtere Anzeige deßelben: ob es in der neueren Hamb. Zeitung, wie ich vermuthe gestanden, und wie alt oder von welchem Posttage es seyistum es durch andere Mittel auftreiben zu können, wenn ich auch deshalb selbst nach der Stadt und zu Wein gehen sollte. Weil ich besorge, daß was ich bey Abendzeit schreibe, bey hellem Tage etwas schwer zu lesen ist: so wünsche s zum Schluß so wohl geschlafen zu haben, als ich nunmehr es zu thun willens bin, und bin mit der herzlichsten Hochachtung Ew. Wolgeboren ergebenster Diener Hamann den 18 Febr. 75. 93/4 Uhr des Abends. Adresse:
Des / HErrn Professor Kant / Wolgeboren / zu /
    Hause
Kgsberg den 27 Februari 75. „Unser Hänschen hat das Fieber, und Sie haben 2 Briefe bekommen.“ Mit diesen Worten bewillkommte mich meine Hausmutter, als sie mir die Hausthür zu Mittag aufmachte. Nachdem ich mein Hänschen beklagt hatte, der mich nach den beyden Briefen auf dem Fenster zurück wies, fand ich einen dicken vom Herder; und einen im Verlegerformat an einen 12o Autor vom Bode. Der Herdersche verschwand in ein kaum halb beschriebenes 4 Blättchen datirt den 11 Febr.
    in tiefer Höle
die er Plato’s nennt ein paar Zeilen vorher, aber mir finsterer als Plutons vorkam. Die dicken Einlagen waren ein gefülltes Schreiben an se Schwester in Mohr. und gegenwärtige. Auf dem Couvert meines vehiculi stand
    Druck-Sachen
. Ich bediente mich also der mir einmal ertheilten Concession von meinem Freund und Verleger Hartknoch, theils aus Neugierde wegen der
    Etiquette von Drucksachen
, theils um meine Unruhe über den
    geheimnisvollen
und
    verschwiegnen
    Kummer
seines Briefchens. Um meine Relationem Happelianam fortzusetzen: so fang ich an die erbrochene Einlage zu lesen, wie Apolls Rabe einen gestohlnen Quarkkäse. – Ich glaube wahrlich, daß ich die Augen im Kopf verkehrte über den Anfang und einige Flüche oder Schimpfwörter unter meinem geschornen Barte krümelte. „Mit was für einer offenen heitern galanten Mine er an Bruder Hartknoch schreibt – und mit Dir stellt er sich so sauertöpfisch und heraklitisch, als wenn er Deiner gefurchten Stirn und tiefliegenden Äuglein Trotz bieten wollte. Ist ein verwünschter pr – – – d’etc.Je weiter ich las; je mehr vergieng mir Gesicht und Gedult. Mir wurde so übel zu Muthe, als wenn Mittags der Tisch noch nicht gedeckt ist – oder als wenn man sich an etwas vergreift, wohin man nicht greifen soll, und eine Anwandelung von Unruhe darüber fühlt, als wenn einem was ahndet. Ich fieng auch an einen Unterscheid der Hand zu bemerken, die mir eben so verstellt als sein Ton und Styl vor kam; daß ich, wie bey solchen Gemüths Umständen gewöhnlich, das Blatt in der Hand zu wenden und umzukehren anfieng und darüber die Unterschrift von
    Karoline
Herder eigentlich gewahr ward. Wenn es nicht ein Wechsel war, mein lieber Hartknoch, so war es doch ein quid pro quo, das mich abermal verdroß; denn uns arme Hypochondristen verdrüst jede Fliege die auf unserer und unsers Nachbarn Nase sitzt und wenn es auf uns ankäme, würde es im gantzen Jahr so leer von Fliegen und Brimsen seyn als beym gegenwärtigen Schluß des kleinen Hornungs und um Fastnacht. Nun weiß ich nicht, ob Ihre mir ertheilte Concession mich um ihre Bückeburgsche Correspondentz bekümmern zu können, sich auch bis auf die
    allerliebste Karoline
erstreckt, die wie eine Männin denkt und schreibt, unterdeßen der liebe Mann seiner Heerde die Rolle des Herkules bey der Spindel spielt. Weil Sie ein Freymäurer sind dem man ein wenig Verschwiegenheit zutrauen kann; so bitte der Me Hartknochin von diesem Vorfall nichts zu entdecken; damit Sie nicht auf den Argwohn verfiele, daß ich das offene Briefchen an Sie eher als Ihr lieber Mann gelesen hätte; welches eine unvergebl. Nasenweisheit mir ausgelegt werden könnte. Heute auf den Abend als ich zu Hause kam, erfuhr ich mit viel Zufriedenheit daß Hänschen von Mittage bis nach 5 in einem Schlafe gelegen hatte. Nun Gott Lob! sprach der Hausvater! und sah nach seinem Lehnstuhl, wo er ein Pack gewahr ward. Kinderchen frug er, was ist das – mit dem Zeigefinger ausgestreckt. „Heute sind Sie recht glücklich, versetzte die Hausmutter. Made Rappoltin hat es hergeschickt nebst einem Fäßchen Caviar. „Ha! ha! das ist gut.“ Nun, mein lieber Hartknoch! die Hälfte ist bereits beym Schluß der ersten Seite statt eines Intermezzo verzehrt, und ich hatte alle Gewalt mir anzuthun nicht das morgende Dessert zu anticipiren. Mein Hänschen, der den gantzen Tag gefastet, hat wie ein kleiner Mann mitgemacht und hat mir nicht gnug zu
    erzählen
– (ist er nicht seines Vaters Sohn? werden Sie mir ins Wort fallen) – und zu beschreiben gewust, wie leicht von Beinen und Gemüth er sich nach seinem heutigen Fieber befände, und daß er, wenn er gesund wäre, viel schwerfälliger und unlustiger sich fühlte. Nun, lieber Herr Verleger! Herders Einlage und Ihr Caviar kommt mir recht zu paß um mein Gelübde nicht mehr zu schreiben sondern Ihre Ankunft ruhig zu erwarten, mit Ehren und Anstand brechen zu können, weil ich bereits ein paar Tage im Sinne an Sie geschrieben. Ohngeachtet ich bereits vorige Woche den Anfang zu den hierophantischen Briefen gemacht und ich gern dieser Bürde meines Gehirns entledigt zu werden wünsche: so haben doch gantz
    neue Begebenheiten
auf dem Parnaß und an unserm
    politischen Horizont
, an dem ein paar
    Gestirne eclipsirt
seyn sollen, eine gantz neue Reyhe von Gedanken in mir hervorgebracht. Weil ich von StaatsSachen lieber hören als reden mag: so will ich mich blos bey den ersteren aufhalten. Sie werden vermuthlich aus der neuen Hamb. Zeitung oder dem Wandsbecker Boten bereits erfahren haben, daß der deutsche oder Weiland – Wieland – Weimarsche Mercur mich zum Oberhaupt einer sehr ansehnlichen Secte und Schule unter den schönen Geistern des deutschen Parnaßes creirt und proclamirt hatte; und daß Klopstock, Herder, der dänische Resident zu Lübeck, der große Bode zu Hamburg, der dramatische Thavmaturg an den Ufern Mayns ppp als freiwillige Partheygänger meiner Standarte geschworen haben und leidige …
    aner
geworden sind, so wenig auch diese Endungssylbe recht zu meinem ehrlichen Namen gefällt. Weil mit dem erhabenen Pindar aber zu reden geschehene Dinge nicht mehr zu ändern sind und des einen Glück des andern Unglück seyn muß, so kommt es nunmehr ledigl. auf die Kunst an, daß die respective Interessenten sich in beydes gehörig zu schicken wißen; und meine Magie hat nunmehr eine größere Schaubühne bekommen, als ich es je hätte wünschen können. In Rücksicht dieser großen Staatsrevolution auf dem Parnaß, wobey es wie Sie leicht erachten können, an Intriguen und Confoederationen u Insurgenten und Factionen und Spaltungen nicht fehlen wird, und in Rücksicht mancher andern Umstände, die ein kluger Autor keinem Amanuensi, wenn er auch sein Busen Freund, Gevatter p wäre, mit gutem Gewißen anvertrauen kann, nehme ich mir die Freyheit, liebster Hartknoch! Sie an Ihre geneigte Anerbietung zum Verlage einer französischen Breloque zu erinnern, mit der es jetzt Zeit wäre hervorzurücken, aber unter folgenden Bedingungen 1.) daß sie so viel mögl. unter dem strengsten Siegel des Geheimnißes abgedruckt würde, und kein einziges Exemplar als mir allein ausgeliefert würde, wenigstens vor der Hand und bis zu meiner Bewilligung über die Gränze käme. 2.) daß ich die Correctur vorher davon zum durchsehen bekäme und 3.)
    höchstens
fix und fertig von Ihnen mir Selbst mir überbracht werden könnte. Ich erwarte hierüber Ihre Ehrenerklärung wo mögl. mit der nächsten Post, und werde mich alsdenn sogleich daran machen um Ihnen das kleine Mst. ins reine zu bringen. Warum sollte es mir nicht vielleicht mit Gottes Hülfe gelingen ein wenig Einfluß in unsern politischen Horizont zu gewinnen, da ich so glückl. im Parnaß gewesen bin, und vielleicht hat mich der
    Wahrsager
in Bückeb. nicht umsonst seinen treuen, trauten Silen, Pan und Orpheus genannt. Antworten Sie ihm bald und stärken Sie seine laßen Autorhände. Ich werde es ihm übermachen. Ein Couvert und spanisch Lack können Sie ersparen. Antworten Sie Ihm bald, weil ich mit meiner Antwort auf die Ihrige warten werde. Und auf mein Gewerbe zum Verlag erwarte ein so deutliches Ja! als Me Hartknoch damals verlautete, ohne leider! dabey gewesen zu seyn; welches sich durch keine Familien Grundsätze entschuldigen läßt. Die Wehen dafür werden auch nicht ausbleiben! und daß sie sich bald aber dabey zu rechter Zeit einstellen und aufhören, damit das Mährchen mit dem zweyten Theil zu Ende käme, wünscht zur geruhsamen Nacht Ihre ergebene Dienerinn Sibylla Adelgunda
    Postscripte ob fugam vacui
.
Das durch Me Rappolt mitgebrachte Paquet war das Supplement des Sophrons nebst einem Dutzend Selbstgespräche und Nicolaischen Antworten. Aber keine Zeile von dem Hintz. Zu Ihrem Fäßchen Caviar erwarte auch noch ein Postscript zum Proficiat des genoßenen. Das Dictionnair des Finances müßen Sie noch nicht erhalten, noch le Christianisme devoilé. p Sonst hätten Sie letztere bey Ihrer Durchreise mit wieder nehmen können. Herder schreibt mir, „ein Buch, mit Kleister und Scheere fertig den 11 huj. abgesandt zu haben mit dem Parthis mendaciore voto, daß es das letzte wäre, so er schriebe. Die
    Volkslieder
nimmt er zurück. an Fortsetzung der Prov. Blätter denkt er nicht. Er will und muß schreibenweigen. Urkunde ist etwa das einzige, das er liefern möchte. – – Um uns ist Nacht, schliest er, lieber H. bittet Gott daß er die Nacht ende und was er gewiß thun wird in Licht aufkläre. Wird mein Auge Licht seyn, wirds auch mein Styl werden: er ist von Nichts als meiner ungelenken, unebnen trägen, handlungslosen und bildervollen velut aegri somnia in Platos Höle Denkart Zeuge. Helfe mir Gott! lebt wohl, treuer treuer etcetera. Dat. den 11 Febr. in tiefer Höle. Sehen Sie, liebste Madame Hartknochin! so geht es allen jungen Frauen. Unser liebe Verleger wird sich noch der Zeit erinnern, wo er den kreutzziehenden Philologen kreißen hörte: Da es mir allso gehen sollte, warum bin ich Autor geworden. Unterdeßen Sie mit Mde Carolina Herdern in Briefwechsel gerathen sind; hat die Sibylle Adelgunde das Vergnügen gehabt den 23 huj. ein Handbriefchen von der Frau Gevatterin Anna Rebecca Claudius zu Wandsbeck ein Handbriefchen zu erhalten, das so zärtlich, schmeichelhaft und kützlich als wenn’s von einer Sappho geschrieben oder an einen jungen Stutzer geschrieben wäre. Was Karolinchen mit dem Schlage auf die Schulter meynt, den Sie vom bösen Hamann sich rühmt empfangen zu haben und mit was für Wahrscheinlichkeit Sie sich mit einem
    höltzernen
Gefäs vergleichen kann. Diese beyde Puncte sind für mich
    poetische Wäldchen
Küßen Sie Ihren Schatz so oft wie meine Gevatterin Anna Rebecca – und sorgen Sie wie unsre ehrwürdige Freundin Caroline, daß unser liebe Verleger nicht in einen zu starken Schweiß über das meine sibillinische Briefe und ihre Antworten geräth. Aber sorgen Sie dafür, daß ich mit nächster Post ein Dicat Ja! auf meine französische Breloque erhalte. Schlafen Sie recht wol. Sela!
den letzten des kleinen Hornungs Liebster Hartknoch, Ich habe heute Erkundigung von Ihrer Fr. Schwägerin Wohlbefinden nach verrichteter Wallfahrt eingezogen und HE Rappolt die gestern aus Bückeburg erhaltene Einl. an Sie anvertraut. Diesen Abend erhalte 22Exempl Zacchaeos aus dem K. Buchladen, wovon mir 12 eigentl. zugedacht gewesen. Die übrigen 10 sind vermuthl. – – Nun ich mags nicht sagen wie es einem Propheten in seinem Vaterlande geht und bey den Seinigen. – – Es thut mir eben so sehr um das Porto bis nach Memel leid, als Ihnen vielleicht die Auslage des übrigen gereuen wird. Aber wie schwach ist nicht ein Vater gegen se Kinder und weil die Sache unsern lieben Herder betrifft: so werden Sie meinen
    guten Willen
Ihre geäußerte Neugierde auf Ihre Kosten zu befriedigen, zum Besten auslegen. Ich erwarte Antwort auf meinen gestrigen Brief pour battre le fer pendant qu’il est chaud – pendant qu’il est chaud und freu mich, daß Sie 14 Tage Ihr Vaterland genießen wollen. Grüßen Sie die Freundin der Caroline zu Bückeburg und werden Sie ja kein – – – Scheerenschleifer, und machen uns keinen April sondern kommen fein im Monath März, der morgen bey uns anhebt und deßen wohlgerathenes Bier allewege behagt Heinr. Sch. in der Weisgärber Gaße et qui fabricauerat illum am alten Graben. Die Idee des Titels ist aus des d’Achery Spicilegio entlehnt worüber Sie die Geschichte der Gelehrten von St. Maur wie auch in Ansehung des velum veli Dei nachsehen können. An statt 45 Scholien sind hier nur eine
    Einzige
Anmerkung. Daß ich über eine KinderPhysik einmal 2 Briefe geschrieben u Mosaische Geschichte vorschlug, wißen Sie, und wenn ich kein systematischer Kopf wäre: so hätte ich kein Haupt der neuesten Secte auf dem Deutschen Parnaß werden können. Antworten Sie doch bald, damit ich es Herdern kann. Guteeschrieben in der jungen Fastnacht um 11 Uhr.
P. P. Der lose Hintz hat mich über Jahr und Tag auf einige Exemplaria des Selbstgesprächs warten laßen, und mich vorige Woche desto reichlicher bedacht nebst eben so viel Beyl. von des HE. N. Antwort, der ihn um einen neuen Abdruck ersucht haben soll, der Ihnen, HöchstzuEhrender Herr Professor und Freund! vielleicht eben so wenig bisher als mir zu Gesicht gekommen seyn wird. Weil das Selbstgespräch die Grundlage meines Entwurfs enthält, den zu bestreiten oder auszuführen, ich durch verzweifelte Umstände von neuem aufgemuntert werde: so nehme mir die Freyheit eins zum Depot zu überreichen. Die Prolegomena, welche im Gegensatz der 45 nur ein einziges Scholion haben, sind vom vorigen May biß zum Ende des Jahrs unter der Preße gewesen, ihre eigentliche Bestimmung dadurch ganz vereitelt worden, wozu mir vielleicht die Idee des Deutschen Mercurs weit reellere Dienste thun könnte. – Weil ich anstatt jener Maschiene die Muße gewonnen die KirchenVäter der 3 ersten Jahrhunderte bis und über Constantin durchzulaufen, nur kürzlich erst mit dem Reformator des Heidentums Julian geschloßen habe, um an den Beweiß über eine Stelle des ersten Briefes in den Prolegomenis arbeiten zu können; so wünschte daß letztere noch in petto blieben, bis ich mit der kleinen Deduction selbst fertig wäre. Ich bin aber mit so viel Schwierigkeiten umgeben, die das gantze Martyrologium des lieben Werthers überwiegen, daß ich alles dem Strohm verzweifelter Umstände überlaßen muß, die vielleicht dazu beytragen sollen den Charakter des neuen Colonisten auf dem Parnaß näher zu bestimmen und einen prosaischen Dichter hervorzubringen – – qui pectus inaniter angit, Irritat, mulcet, falsis terroribus implet Vt MAGVS – – – Ihr freundschaftliches freymüthiges Gutachten wird mir immer angenehm und brauchbar seyn. J G Hamann
    In Eil
.
den 13 März 75. Weil HE. Bode bereits wegen des mir zurückgegebenen Exemplars geschrieben; so bitte mir selbiges beliebigst zu remittiren. Ich habe auch bisher umsonst den engl. Shandy erwartet. Wenn Ew. Wohlgeboren etwas dazu beytragen können, daß man im Buchladen das mir gethane Versprechen die 19 dorthin gehörige Exempl. abholen zu laßen erfüllt; so würde mir ein großer Gefallen geschehen, weil sie mir sehr im Wege liegen. den 15 Martii. Adresse:
Des HErrn / HErrn Profess Kant / Wolgeboren / zu /
    Hause
Kgsberg den 14 März 75. Mein liebster Freund Herder, Ihr letztes vom 11 Febr. den 27 ej. richtig erhalten, Einlagen sogl. bestellt und gestern Antwort aus Riga bekommen, auf die ich mit Schmertzen gewartet um Ihnen antworten zu können, feige Memme! Ihr Glückwunsch in Ansehung des Mannes ist abermal zu Waßer geworden – und ich bin entschloßen zu
    leiden
und meinen Plan fortzusetzen, so gut ich kann. Denn 7 Jahre Uebersetzer gewesen zu seyn und nun zum dritten mal Copista, und zwar bilinguis – Ein solch Leben übertrift alle Hirngespinste Ihrer Höle. Ihre Karoline ist eine Männin und meine Freundin. Die nahe Freude über Ihren Buben mit dem Raben Scheitel sollte doch wol das Gleichgewicht mit dem Verdruß über entfernte Feinde halten können, wo nicht ein gutes Uebergewicht geben. Wer sind denn Ihre Feinde, und was ist das es eigentl. das Sie von Ihnen befürchten. Ist nicht alles ein Blendwerk eines inneren Feindes – und ein blauer Dunst gleich den Leiden des lieben Werthers. Halten Sie sich wenigstens an den pindarischen Spruch, daß geschehene Dinge nicht zu ändern – und künftige auch nicht in unserer Gewalt – aber vielleicht beyde durch die Gegenwart des Glaubens und Vertrauens auf den Stifter unsers gantzen Schicksals, welches immer ein Gewebe der höchsten Weisheit und Menschenliebe bleibt. Artzt hilft dir selber. – Freylich befind ich mich auch in dem Fall des Unternehmers der die Kosten zum Bau seines Thurms nicht immer genau gnug überschlägt. Unterdeßen kommt man eher mit Ehren durch bey einem Gefühl dieses Grundfehlers, das um aufrichtig zu seyn, nicht eben laut seyn darf sondern sehr in der Stille geschehen kann und desto glücklicher seine Wirkung thut. Mir nicht einmal zu sagen, wovon das mit Kleister und Scheere fertige Buch handelt, das den 11 pass. abgegangen? Ob es blos Drohungen sind – oder schon wirkl. voyes de fait, die Sie so in die Enge treiben. Wer zu seinen Freunden kein Vertrauen hat, ist ein Maulchrist. Wer sich vor seinem Freunde fürchtet, was für Hertz wird der haben, seinem Feinde zu begegnen. Sie haben also von allen Seiten Unrecht und verdienten von Rechts wegen aus dem Albo der Hamannianer ausgestrichen und zu den Mystikern mit dem tummen T‥ zu Wandsbeck classificirt zu werden, der als ein Assmus omnia secum portans. Ich möchte ihm die Kolbe laufen mit seinen 2 Exempl. an die Darmstädter: so rasend böse bin ich auf den infamen Streich. Dem Himmel sey Dank, daß er den geradesten Weg, nach seiner Art, über Bückeburg genommen. Kann es Ihnen wol einfallen, daß ich an den Layenbruder und s die Meerkatze, an die ich nicht mehr denken mag, mich zu gl. Zeit zu empfehlen suchen würde, welches gegen allen
    Wohlstand
und noch mehr gegen den unsichtbaren Geist meiner politischen Kannengießerey oder Autorschaft unvergeblich gesündigt wäre. Sie werden doch wol nicht so dienstfertig für Assmi Commission bey Ihrer ungelenken, unebnen, trägen, handlungslosen und bildervollen Denkungs Art gewesen seyn – Auch selbst in dem Fall wär ich im Stande nach Darmstadt zu schreiben, daß er das Exemplar wieder ausspeyen sollte, wenn es auch von hinten wäre – – Nein, Claudius hat keinen andern Auftrag bekommen als an Layenbruder u Lavater und etwa an Leßing eins selbst zu befördern. Beruhigen Sie mich ja so bald Sie nur können über diesen Punct – und weil ich nicht anders vermuthe, als daß die Exempl. noch in Ihren Händen sind: so expediren Sie eins nach D. und das andere an den Physiognomisten um ihm Lust auch zu einem Schattenriß meines Kopfs zu machen. Ihr Vorsatz sich auf die Fortsetzung der Urkunde einzuschränken gefällt mir. Meiners habe auch gelesen mit viel Zufriedenheit. Er thut Ihnen mehr Ehre an, als Sie verdienen, sagt Vetter Nabal zu Böhmisch Breda. Und überhaupt haben Sie von klein auf bey Ihrer Autorschaft mehr Glück gehabt als Verstand, sagt abermal Vetter Nabal – Der Mann hat wahrlich nicht immer Unrecht, so wenig Sie immer Recht haben können. Blos Ihrem guten Glück haben Sie eine Karoline zu verdanken, die vor tausend Weibern werth ist eine Mutter von Menschenkindern zu seyn. Geben Sie Ihr die Hosen Ihrer Autorschaft, ich meyne die Censur Ihres Styls und ziehen Sie darüber Ihren Geschmack und Ihr Urtheil zu Rathe, das Ihnen beßere Dienste thun wird als alle Kunstrichter und Freunde, die Sie sich bisweilen wünschen mögen, weil Sie kein Duns sind. Commißions Rath Assmus hat den mystischen Traum gehabt, daß Sie mich nach Bückeburg eingeladen und ich die Einladung angenommen hätte. Er ist zugl. mir anmuthen ihn ich weiß nicht mehr in welchem Bade auf ein Nachtlager und kalte Küche zuzusprechen; weil er diesen Sommer eine Reise nach dem Bade thun will, und eine Schwemme vielleicht nöthig hätte. Unser Hartknoch will einen französischen Bogen in petto von mir annehmen über die Cochenille du Nord ou Coccus polonicus, weil ich dem Dinge gern ein Ende machen wollte und mir die Zeit gar zu lang zu werden anfängt. Wo es nur immer mögl. seyn wird bey meiner gegenwärtigen Verfaßung, wünsch ich die hierophantische Briefe auch zu Ende zu bringen gegen oder bey seiner Ankunft und Hierseyn. Und denn wollen wir sehen ob der preuß. Pan dem Deutschen Mercur Krieg oder Bündnis ankündigen wird. Im letzten Fall beklag ich die gantze Seite der Hamannianer. Ihre eigene Zurückhaltung ist der Grund der meinigen. Beten Sie für einen armen Teufel der keinen Augenblick Zeit und Muße übrig hat und heuer 45 schließen soll und endl. gleich Fürsten Orlow Labore et virtute zum Chef einer Secte oder Schule sich herauf geschwungen hatte, ohne zu wißen ob er wie Theodor oder Paoli seinen kleinen Staat aufgeben soll – und lieber den Plato zu Carlsruh nachahmen als an einem Codex und Reformation arbeiten. Anstatt Grillen zu machen, lieber Herder! schreiben Sie mir Ihre Visiones über das Phaenomenon – ob ich aus dieser Idee des Mercurs scamnum oder ein Sopha zimmern soll. Sie sehen, daß Ihr Schicksal mehr in den Händen Ihres alten Freundes als Ihrer Feinde beruht. Seyn Sie allso gutes Muths. Ich werde Ihrem Rath folgen, wie Sie Karolinens Censur. Heben Sie Ihr Haupt empor, und halten Sie die beste Welt weder für Platons noch Plutons Höle – vielleicht ein Fegfeuer zu einer beßern Bestimmung. Küßen und grüßen Sie Ihre Frau und den kleinen Mohrkopf, und vergeßen Sie nicht Ihren geplagten, erschöpften, aber an seiner Erlösung und Palingenesie niemals verzweifelnden Palmenfreund am alten Graben No 758 Gute Nacht!
An / Herrn Consistorial-Rath Herder / zu / Bückeburg franco Minden
Von Hamann: Erhalten den 5 April Sogleich antworte ich lieber H. den 25 Mz. da ich Ihren Brief bekomme. Er ist völlig Abdruck Ihrer Seele, die sich, nicht eben auf die gründlichsten Stützen, mit Herkuls Kraft und Freundes Herzen ein ungeheures Gothisches System baut. Die Προλ. an Darmst. sind nichts weniger, als versandt. Auch der Eine Namen ist nicht Claudius, sondern mein Einfall, weil ich sonst nicht 2. ausfindig machen konnte; vergeben Sie also dem läßigen Wansb. Jeder trägt seinen Höcker. Die Ex. sollen gleich nach Darmst. u. Zürich hin, obgleich Lavater noch viel zu plan ist, als daß er Sie faßen könnte. Die Murmelung der Sibylle über die Ehe ist uns durch Rebekka Klaudius worden. Karoline Herder dankt der alten Mutter und hats sehr für, was sie in Murmelung u. Hieroglyphen sagt, in That u. plane Wahrheit zu verwandeln. Hier also hat Kl. nichts versäumet; züchtigen Sie ihn also nicht zu hart. Auch Ihr Kummer über meinen Embryon unter der schwarzen Hebamme Händen ist, lieber H., unnoth. Es hat weder mit Krethi noch Plethi zu schaffen, sondern ist eine Theologische Schrift in meinem Beruffe, wo ich also wenigstens ehrlich strebe. Was hätte ich Ihnen vorruffen sollen „neue Magier aus Orient sind erschienen! Wir haben ihren Stern gesehen!“ ob ich gleich also manchmal im Ersten Taumel meiner Freuden wähnte. Jetzt ist das goldne Kalb so oft umgegossen u. steht so hölzern da, daß ich kein Wort zu sagen vermochte, das s Sie nicht verführt hätte. Was konnte ich also thun, als schweigen! – Nicht Mißtrauen ists also, lieber Vor- u. Mitstreiter, daß ich Ihnen nicht plauderte: sondern Scheu, Ihren Bucephalus zu verführen u. Demuth. Es ist vielleicht das Erste Werk, wo Sie sich weder über Bilder noch Schnörkel, noch unebne αλλοτρια zu beklagen haben werden. Ich reite auf Einem Eselsfüllen, oder dem Höcker meines Kameels auf seiner heiligen Wallfahrt: lockt mich ein Irrlicht, so kommts doch zu stehen, wo
    Er war
. Also kann wird mich das Glück der Aufnahme nicht ärgern, und das Unglück derselben nicht fre uen können. Ich ziehe χρηματισϑεις meine Wege wieder heim! – Terror panicus vor meinen Feinden? – auch ich muß Sie eben fragen: wer sind sie? Ich gehe meinen Gang fort. Selbst das berüchtigte Stück Ihres Merkurs habe noch nicht gelesen! Und meine Ruhe ist nicht Träge, sondern
    Handlung
! so unsichtbar sie ihnen seyn mag. Freilich ists abzusehen, daß der Sproße der todten Wurzel aus Berl. HE. Fr. Nikol. mit der Weide an Waßerpfützen Weimars sich zusammen thun werde; oder sie sinds vielmehr schon lange. Er zog ja schon mit seinem Sebaldus unterm Arm hin, sich u. denselben in eigner Person zu empfehlen; und was wird der
    Freudenmacher
Werther nicht thun? Daran ist nicht zu zweifeln; aber auch dünkt mich, nicht zu rügen. Das geht mit der Meße über u. die Herrn richten sich selbst. Mir kommts vor, lieber H., als wenn, was Sie mir, ich Ihnen viel eher sagen könne: nehml. daß Sie dem Publikum
    verrathen
. Wo habe ich mich mit einer Zeile beklagt, daß S die Urkunde nicht wohl aufgenommen ist (sie ists würklich viel über Verdienst!) u. die Gegenrede muß ja dazu würken!) thuts nicht aber
    Zacchäus
? – Ich gehe auf meinem lastbaren Theologischen Wege, aller Kritik- Merkur- u. Romanhelden unbekümmert, fort, u. der Himmel weiß, wie ich mit mir arbeite! (Daß sagen Sie bei Gelegenheit Vetter Nabal, ohne daß ihm sein Herz ersterbe). Der gröste Theil Ihres Briefes ist also für mich
    fremde Sprache
, die mir als Spiel Ihres Geistes u. Herzens gefällt, im Munde süß ist, aber im Bauche krümmet! oder v. v. Wie Sie aber Meiners mit Vergnügen haben lesen können! begreife ich auch nicht. Es ist doch lauter Schlötzerianismus histor. Kritik! d. i. dummdreister Blindschleich- u. Maulwurfsgang auf- u. im Staube der Erde, damit oben die grosse Sonne ja nicht leuchte! – An meinem Weibe hab ich allerdings mehr gefunden, als ich werth bin: sieht Sie aber nicht Ihre Sibylle des Ehestandes, daß
    eben
    deßhalb
die Autorhosen in ihrer Hand weniger Wunder thun können? Wie, wenn sie mir zu nahe steht, zu sehr an meinen Ausdruck etc. leider gewöhnt ist? oder vielmehr wenn ihrer nicht ist wie der Meinige, sinds doch immer meine Schriften.Dank indeßen für guten Rath! Bei der letzten Schrift hat sie das vidi gegeben! – Zween Andre oben drein: der Eine, Franzose in allem Züchtigen des Geschmacks! Der andre, Theologe mit allem Lahmen der Orthodoxie: was konnte mehr geschehen? – – – Ich freue mich, daß Hartkn. zu Ihren Geburten sich nahet, u. hoffe, daß auch deßhalb seine Ankunft hieselbst mir
    fruchtbar
seyn werde, an dem, was er
    mitbringt
. Laß er so denn Ihnen entgegen spediren was Er hat. Einen langen Brief erwarte gewiß. Unser Bube nimmt herrlich zu! Er ist täglich Uns Morgen u. Abendsegen! – Htkn. wird sich sein freuen! Allerdings freuten wir Uns auch über, wenn Sie kämen: aber das ist doch nur ein mystischer Traum des W.Boten! – Gut auch noch, daß ers bleibt: wir werden uns einst
    beßer
    finden
!!! – Nun habe ich gnug gebrummet: laßet mir einen Spielmann kommen, daß der Prophet freudiger schließe. Ein Bauer in der Schweitz hat über meine älteste Makulatur des Mschl. Geschl. einen Brief in Sedez geschrieben, der mir durch Lav. zu Händen gekommen, u. mich über das minimum derselben, was jederzeit das optimum ist, sehr gedemüthigt u. sehr erhoben hat. Htkn. solls in Orig. sehen u. Ihnen sagen. – Die Provinzialbl. – hätten sie kein Glück u. kein Verdienst weiter, so haben sie mir einen Sterbenden Nachbar Nabal zum Freunde gemacht, deß letztes Wort es war, als ich ihn sah, mir dafür zu danken. Die Philos endlich – hat die Leute wenigstens überzeigt (sagen sie), daß ich verständlich schreiben kann – u. das ist gnug! Wer da glaubt, daß ich nach Einer Streichelung des Publikums lüste, der ist gerade mir entgegen. Je mehr Sie mich lieben, mein Fr., desto mehr laßen Sie mich vertheidigend ruhn, bis ich Ihrer werther werde. Bibel ist jetzt mein einziges Studium. Auch das Hebr. such ich aus seinerder Asche hervor: und Sie werden bald davon Proben sehen. Ich arbeite aber nicht für Proben, sondern für mich selbst. „An Se. Durchl. den reg. Gr. zu Schaumb.“ hat „Deroselben unterthänigster Diener Fr. Nikolai“ Die Freuden des jungen Werth. gesandt, die auch sehr gnädig aufgenommen sind, obwohl HE. Fr. Nikol. seine nähere Absicht damit nicht erreicht hat. Der Streich ist so wohl
    abgemerkt
gewesen, daß er ganz
    unbemerkt
vorbei gegangen, was mich sehr dauret. Sie müßen ja dies herrl. Erfindungsvolle Buch lesen. Der Einzige, der mich, wohin er sich schlage? intereßirt, ist
    Leßing
. Aber auch bei dem ists, aus seinem neuen
    Beitrage
abzusehn, daß er seine geliebten
    Deisten
nicht verlaße. Auch er bleibt also, wo er ist. – Gott helf’ Uns allen! Mein Weib ehret Sie herzlich u. hat sehr u. völlig nahm äußerst Ihre Parthei, da mir eben der Brief, auf den ich jetzt antworte, zuerst fremd einging. Sie ist mir jetzt, wie die Ihre,
    Frau
,
    Mutter
,
    Köchin
,
    Kinderwärterin
u. – soll auch
    Autorin
werden, wie Sies wollen. Tausendmahl wohl, mein lieber
    leidender
H. Gott setze Sie für Ihre Degradation hoch auf!!!
Kgsberg den 18 April 75. Eben hat mich Ihre liebe Frau Schwester mit Ihrem künftigen Pensionnair besucht. Die Bekanntschaft der ersten hat mir viel Freude gemacht und ich versprech mir noch mehr vom Umgang des letzten, der sich noch bis Sonntag bey uns aufhalten wird. Hartknoch überraschte mich am grünen Donnerstage, und hat mir jeden Tag wenigstens 1 wo nicht 2mal Cour gemacht; denn wir armen Autoren am alten Graben leben übrigens auf dem höchsten Fuß, trotz der Philosophen ohne Sorgen. Ich habe 8 Tage zu Hause, Gott weiß wie? zugebracht, ohne einmal Ostern öffentl. gefeyert zu haben. Sie erwarten von mir einen langen Brief, den es mir nicht mögl. ist Ihnen, liebster Herder zu schreiben; der Ueberbringer mag den Laconismum meiner Augenblicke ersetzen. Ihr Vorwurf einer
    fremden Sprache
hat mich ohne das ein wenig abgeschreckt, da ich wie Sie wißen, unter die lichtscheue Geschöpfe gehöre. Daß mich
    Ihre liebe Caroline
beßer verstanden, ist viel Zufriedenheit für mich – Daß Sie mich bisweilen gar nicht, bisweilen gantz unrecht verstanden, ersehe ich wirklich aus einigen Stellen. Ich will mich aber darüber nicht rechtfertigen, um nicht zu mehr Misverständnis Anlaß zu geben. Bey aller Verschiedenheit unserer Lage mag es eine gleichfgeheime Gleichförmigkeit unter unsern Umständen geben, durch die es sehr natürlich zugehen mag, daß wir uns einander verwechseln, und der eine seine eigene Vorurtheile dem andern beymißt – welches mir mit den optischen Gesetzen unserer Seele und ihrer Urtheilskraft übereinzustimmen scheint. Im Plan meiner Autorschaft denke ich vollkommen wie Sie – wenn ich mehr Beruff und Muße als jetzt dazu haben werde – aber die Ausführung hängt vom Glück ab, das ich uns beyden wünsche. Ihre Schwester ist eine
    sehr
    liebe
Frau, die mir sehr gefällt und durch ihr Misgeschick noch liebenswürdiger wird. Ihre Caroline hat Recht Sie als Ihres Mannes und eigene Schwester hoch zu schätzen. Kurz sie hat mich ein paar Stunden beynahe, recht
    gelehrt
unterhalten, weil es für meinen eigensinnigen Geschmack keine Schönheit ohne
    Wahrheit
,
    Güte
und
    Größe
giebt – und sich meine überspannte Einbildungskraft unter jeder
    Schminke
des
    Witzes
und
    guten Tons
eine sieche, gelbe, eckle Haut denkt, die mein gantzes Gefühl empört. Den 20. Mittags. Anstatt Ihrer Schwester einige Höflichkeiten erzeigen zu können, hat sie mir, Gott verzeyhe Ihr! alle ihre Wegkost zugeschickt, einen geräucherten Schinken, ein langes Brodt und einen Buttertopf, – und so bin für mein Lob folio verso wie ein Kaplan für eine Abdankung bezahlt worden. Ich habe Sie noch gestern Mittags im weißen Roß vor Ihrer Abreise gesprochen – und einen Gruß an unsern alten Freund und Landsmann T. mitgegeben nebst den jüngsten opusculis meiner Autorschaft – aus leidiger Eitelkeit und ohngeachtet unsere Verbindung seit undenkl. Jahren gänzl. aufgehört. Dom. Quasimodogeniti Die Abschrift der hierophantischen Briefe hat mich bis Nachmittag aufgehalten ohne daß ich selbige selbst einmal habe durchgehen können. Eine Zerstreuung nach der andern – ein häusliches Wirrwarr nach dem andern hat mich hingerißen und mir ist Angst, daß Ihr Joh. Christoph Neumann seinen Reise Engel versäumt – Es scheint mir, daß Sie ein doppeltes gutes Werk an dem Knaben und Ihrem eignen Hause thun. Gott gebe, daß alle meine Wünsche und Ihre guten Absichten reichlich erfüllt werden mögen. Gott sey mit Ihnen, Ihrer lieben Caroline und dem Säugling. Amen.
Mein lieber Verleger und Freund! Mit genauer Noth fertig geworden, aber nicht die Zeit gehabt es zu revidiren, übersende Ihnen daher beyde Kopien – um womögl. nach zu revidiren – Thun Sie das Uebrige liebster Freund! mit
    gleicher Treue
und
    Klugheit
, wie sich Ihr kleiner polemischer Correspondent
    bestrebt
– wahrlich
    bestrebt
hat – um desto mehr
    bestrebt
, weil er überzeugt ist, daß, wenn wir
    alles
gethan haben, doch
    unnütze Knechte
bleiben und nichts wie unsere verfluchte Schuldigkeit thun. Das sagen Sie auch unserm Hohenpriester zu Bückeburg, weil ich nicht weiß, ob ich noch ein kluges Wort an ihn zu schreiben im stande bin – da ich die Wahrheit zu sagen, am liebsten Mittagsschlaf halten möchte – aber der Caffé wird gemalen und dieser gehört bey mir auch zu den rebus naturalibus, die mir geläufiger sind als die extra naturales, worunter ich das liebe Brief- und Bücherschreiben mit rechne. Nehmen Sie mir den kleinen Gesellen Johann Christoph gut in Acht und reisen Sie mit Tobias Engel – Lege an unsern Freund Herder ein Exemplar der Sibylle und des Zacchaei bey und bitte durch Hintz die vermehrte Ausgabe der Lettre perdue an ihn zu expediren – Wenn ich Hintz sehe, wie ich hoffe, so werde selbst mit ihm dies verabreden, eins nach Bückeburg und eins nach
    Wandsbeck
, welches HE. Toussaint so gütig seyn möchte den übrigen Kleinigkeiten beyzulegen. Reisen Sie glücklich und erfreuen uns mit einem gesunden und vergnügten Widersehen – Hamann.
Am alten Graben St. Marci Tage den 25 April des Abends vor dem Schlafengehen – – ohne daß man eben über die
    Urkunden des menschlichen Geschlechts
unverständliche Quartanten im alchymistischen und cabbalistischen Stile schreiben, noch sich zu tief in die ägyptische Philosophie versteigen darf. S. 99. Mein liebster Freund Hartknoch! Unser alte Hintz ist gestern zu Mittag angekommen, und kam des Abends auf ein Butterbrodt zu Gaste – Ich habe ihn u Hofrath Schwander des Morgens besucht, und er mich gegen Abend – Unter andern Opfern der Freundschaft, durch die er sich, der Himmel weiß warum? und wieder alle meine Erwartung, diesmal bey mir unterschieden, hat er mir die ersten Bogen des Hephästions zum Ansehen verschaft, die durch ein sehr böses Omen das Unglück hatten in Feuers Gefahr auf meinem Tisch zu gerathen – und dadurch mir das Jus dominii erworben. Daselbst hab ich obiges Citatum gefunden und so viel andere Dinge mehr, daß mein Gemüth in eine solche Wallung gerieht und Gährung, – wie Horatz über seinen Knecht Davus: Vnde mihi lapidem? – Vnde sagittas – kurz, meine Leute dachten alle wie der ehrliche Davus von seinem Herren: aut insanit homo aut versus facit – – Die Absicht dieser Zeilen, ist Sie bey aller
    Freundschaft
, die Sie Herdern und Jonathan – und vielleicht einem unsichtbaren Freunde, der Ihnen näher ist als die sinnlichsten Wir – beschwöre sich des kleinen Vetii Apagathi, der den Namen eines Aduocati Christianorum geführt haben soll, anzunehmen, daß das Antidote des neuesten Doctor Boulanger aus der Officin fertig werde wie die Minerva aus dem Kopf Jupiters und die kleine Adelgunde aus Ihrem Verlage erschien; daß Sie alle VerlegerRessourcen dazu anwenden und vor keinen kleinen Kosten verzagen – Sollte es zu diesem Behuf dienen es in 4to als eine Fortsetzung u Erfüllung des Zacchaei herauszugeben: so steht alles bey Ihnen, und jetzt wünsch ich es beynahe – Auch Herdern wird es ein
    angenehmes Opfer
seyn von Ihrer Hand. Wenn Sie es diese Meße verrechnen und mir mitbringen können: so wird Gott Sie dafür belohnen und mein Geist wird
    beruhigt
seyn. Ich habe mich im
    Stillen gegrämt
bey der Abschrift und vorzügl. am Abend Ihrer Abreise, auch manchen Augenblick nachher, – meine Rache zu weit getrieben zu haben. Nun aber absolvirt mich mein Gewißen, und wie ich hoffe, der höchste Zeuge der Gedanken und des Herzens. Diesen Einschluß will Ihrer lieben Frau einhändigen, die ich heute frühe auf Hinzens Schlafzimmer und in seinem Bette gesehen habe, – Hinzen standen die Haare darüber zu Berge und lag neben Ihr und Ihnen – Sie aber lächelten so
    empfindselig
, daß ich mich in Sie verliebt hätte wenn ich nicht eine keusche züchtige Sibylle wäre. Der ganze Auftritt geschah bey lichtem hellem Morgen – aber und in effigie – und ich eine Stunde nachher sah ich – wenn der arme Seher recht gesehen Me Hartknoch, die mich auch nicht zu sehen schien und von der ganzen Begebenheit nichts zu wißen schien – in die Kutsche steigen – Ihr lieben Herren! last euch sagen Die Glocke hat zehn geschlagen – Und nun die Glocke bin ich nicht mehr gewohnt zu schreiben – sondern lieber im Bett zu
    schlafen als zu wachen
– Letzteres bitte bey Empfang dieses Briefes auch zu thun; und grüßen Sie den kleinen Gesellen Johann Christoph der meinen Hahn beynahe ersäuft und meinem Hänschen eben so leicht das Auge ausgestochen hätte; aber es ist ihm alles
    herzlich vergeben
und
    verziehen
. Nur vergeßen müßen nach der Casuistick dergl. Kleinigkeiten nicht werden, um dergl. Unglücksvorspiele zu vermeiden und vorzubeugen in der Zukunfft. Vetius, aduocatus Christianorum allso in 4to – und wie der Blitz! Bedenken Sie Leßing mit einem Exemplar von der Lettre perdue, der Sibylle u. dem Zacchaeum. „Habe Gedult mit mir, ich will Dir alles bezahlen“ – ist die wahre Sinnesmeinung
    Ihres unnützen Autors
. Ich wäre jetzt nicht im Stande (um alles in der Welt) einen einzigen der 7 Briefe zu schreiben, aber bin desto froher
    sie geschrieben zu haben
. Sapienti sat. Acti labores iucundi! Wie gut läßt wird sichs doch nach der Arbeit ruhn? Wie wol wirds thun! :,: Amen. Die Sorg und Last wirf nur getrost auf ihn und kühn Allein auf Ihn :,: Amen.
    In Quarto
!
wenn er auch nur 2 oder 3 Bogen ausmacht. – „
    Heraus mit
!“ sagt Gevatter Assmus omnia secum portans! kein Mensch im gantzen Publico soll wißen, daß der Einfall vom Autor selbst ist; sondern ich will es allen Leuten sagen, daß mein Verleger der Mann ist, der im stande ist ein klein Octavmännchen in groß Quarto zu verwandeln und alle hierophantischen Autor Sorgen zu realisiren und zu vernichten à son gré – && Johann Georg Hamann.
Adresse am Ende des Briefes:
Herrn / Herrn Hamann / zu /
    Königsberg
/ in
    Preußen
/
    am alten
    Graben
.
Auf der Adressseite von Hamann: Erst eingehändigt durch HE. / Hartknoch den 21 Junii / 75. Nun, m. l. H., Verstehn oder Mißverstehn – Sancho Panssa sagt: Gott versteht Uns. Das soll uns nicht irren! u. am Ende kommt der Zickzack oder die Curve mit edlerm Namen! doch zusammen. Mich freuts herzl. daß Ihnen meine Schwester also gefallen. Ihre Beschreibung ist uns, die wir ihr beide beinah gleich fremd sind, freundliche süße Salbe Aarons gewesen, die wenigstens aus Ihrem Bart u. Kleide uns herüber duftet. Vor ihren Schinken u.
    gelehrte
Unterhaltung soll sie auch gleich einige meiner Operum bekommen, nach denen sie so lange lüstern gewesen: wollte Gott, ich sähe sie u. meine Vaterstadt, die kleinste im dürren Lande, noch einmal wieder. Nehmen Sie uns nun, lieber H., allesamt in Ihr Bündlein ein: mich u. meine beide Weiber u. beide Söhne, bis uns Gott weiter oder näher bringt. Amen. Jetzt bin ich hier zugleich Superintendent, bei meinen vorigen Stellen u. Geschäften: ich bins mit Verdruß u. ohne Erhöhung des Gehalts, auch ohne u. fast wider meinen Willen geworden. Meine Arbeiten haben dabei sehr zugenommen u. meine erste soll seyn, Friede zu stiften, wo ich kann. Mein Neffe der dazu kommt u. mein Bube, der rüstig wächst, werden meine Stunden näher aneinander drängen u. mir dadurch die Muße zu so edlerm Golde machen. Uebrigens sehnen wir uns beide von hier herzl. weg: weiß Gott, wohin u. gewiß noch in größern Tumult u. Gewirre. Es ist eine Art unbegreifl. Wiederspruchs im Weben des Menschl. Schicksals, daß je mehr man sich mit seinem Bauch wohin gewöhnt, sich desto mehr die entfalteten Flügel fortwollen u. müssen. Wir träumen u. erwachen, wo’s seyn soll. Also will ich Ihnen auch noch die abnehmenden Reste meiner Autorschaft desto treuer senden: Die
    Brüder Jesu
von meiner Hand angezeichnet u. das andre die
    Magier
aus Morgenland ohne Glück u. Stern zu Ihrem χρηματισμω. Sagen Sie drüber, was Ihrem Herzen gelüstet. Und theilen Sie mir Ihre hierophant. Br. p eben so treu u. gerade mit. Fast vor 2 Jahren träumte mein Weib hier einen wunderl. Traum, dessen Einfaßung „Superint., Bube aufm Arm u. an der Hand“, Abschied von der Gemeine mit einem tiefen Kompliment der Inhalt war, da ein ander statt meiner auf die Kanzel ging. Da die Einfaßung itzt so wunderlich zusammentrift, wird sich auch der Inhalt geben. Meine opera an Trescho zu schicken, ist mehr als Einmal mein Gedanke gewesen u. dachte mit den Provinz. Bl. anzufangen. Ich weiß nicht, wie ich aber immer die Hand wegzog, als ob ich eine Distel salben wollte. Vielleicht schicke ich auch etwas mit Hartknoch. Morgen erwarten wir meiner Fr. Bruder, der als Jäger vor dem HE. zum Herzoge von Oldenburg, dem Vater meines Prinzen geht u. Einen Tag zwischen den Posten hier weilet. Das wird meinem Weibe so wohl thun, als mir die Nachricht von meiner Schwester: wollts S sie wäre auch hier gewesen. Aber ich verzweifle auch fast Hartkn. hier zu sehen, der Ihren Brief aus Leipzig geschickt u. mit einem
    Aber
versprochen hat, nach der Messe zu kommen. Gut indeß, daß ich den Neffen doch erwische. Ändern wir unsern Ort, so reise ich zuerst nach Darmstadt, daß sich mein Weib mit ihrem Knaben da letze: u. dann, wohin es seyn soll – die ganze Gegend hier ringsum, spricht „nach Göttingen!“ ich bin aber der Letzte, ders weiß – das auch gut ist. Komme ich hin, so will ich mich sogleich durch Fleiß, Stille u. Verträgl. von der ganzen gelehrten Zunft sondern. Freilich aber wirds meinem äußern Menschen da noch immer sehr angehen: aber man kommt doch in
    Weg
, in
    Bahn
, in
    Handlung
. Sähe ich Sie Einmal wieder in Ihrem alten Neste! – Kaum! – Claudius krankt, u. Göthe geht mit Heirathsgedanken: sie sind nebst Lavater u. etwa Zimmermann, die Einzigen, an die ich, auch sehr läßig schreibe. Es ist, als ob die Bande welk wären, um vielleicht Einmal sich desto mehr zu krümmen u. fortzustreben. Wenigstens der Geschichte des großen Nikolai u. des Todfeinds Mardochai Dieser hat ein Gefolg gleich dem Großvezier jener blieb kaum noch ein Unterofficier – ihretwegen wenigstens müßen sie Prometheus lesen. Er ist rüstig, wie der Prolog zu Bahrdts Offenb. u. die Götter, Helden u. Wieland. Ein paar langgeschriebne Mscr. bring ich Michael zu Markt u. denn ruh ich u. studire hebräisch, an dem ich jetzt noch buchstabire. Hartkn. versorgt mich mit einer hübschen Samml. Bücher. Schreiben Sie mir bald, lieber H., daß ich Ihren Brief zum Desert beym Pyrmonter habe. Die hieroph. Br. dazu – u. Ihr orphisches Ei! – Mein Weib ist fleißige Wirthin, Gärtnerin, die Fasten über auch Köchin gewesen, Mutter p aber zu meiner Muse will sie sich noch nicht fügen. An Ihren Briefen u. Schicksalen nimmt sie redl. Theil: wollt, daß Htkn. von diesen uns recht viel Guts brächte. Gott mit Ihnen, lieber H. u. mit Ihrem Hause u. Kindern. Grüssen Sie
    Dokt
.
Lindner. Wenn der Artikel eines Legats hieselbst nicht gewesen wäre, daß Superint. Dokt. theol., Licent. p seyn müste, oder sich durch Theol. Schr. der Welt rühmlichst bekannt gemacht – wenn dieser Zusatz nicht gewesen wäre, hätte ich wie Er, das dumm machende D. mir erkaufen müssen. Gottlob, jetzt hab’ ich noch einen Hut auf dem Kopf, statt der Mütze oder des Filzes. – P.S. Und da, lieber H., unsre Zusammenkunft so schwer hält, erlauben Sie nicht, daß Hartkn. von Ihrem Bilde bei Lindn. Kopie nehme? Es soll uns heil. Schatte von Ihnen seyn, zumal es mich an Riga p wo ichs gesehn, mit erinnert. Schlagen Sie es nicht ab. P.S. 11. HE. D. Lindner schickt mir eben unter Hartkn. Bücher seine Predigt, mit einem Sprüchgen von der Wiedergeburt. Viel Dank an ihn, u. Bezeugung, daß Schweigen nicht Vergessen, Abwesenheit nicht Tod, u. Aufgeschoben nicht aufgehoben heißt. Zur Antiphon. ihm Sprüchw. 30, 26.
Ich bin Ihnen, liebwerthester Freund, sehr verbunden für die Zinsen, womit Sie das kleine Darlehn des musikalischen Drama abtrugen. Sie scheinen mir wirklich an etwas zu erinnern, was ich glaube selbst ungefehr vom Verfaßer gehört zu haben – und ich bin dadurch gereitzt Ihnen bey Gelegenheit jene erste poetische Probe, womit er anfieng, gleichfalls mitzutheilen, um mein eigenes gegenwärtiges Urtheil theils mit dem damaligen und dem Ihrigen zusammen halten zu können. Des Assmus omnia secum portans Ankündigung ist sehr nach meinem Geschmack. Ich überlaße Ihnen gänzl. die freundschaftl. Pflicht im Kanterschen Buchladen dafür zu sorgen, daß das drollige Ding eingerückt wird und hier bekannter wird. Daß er als Gevatter mir nicht ein Wort davon geschrieben ist desto unvergeblicher, da ich bereits eine Subscription von 50 Exempl. aus Riga überschickt. Habe alles desto mehr für einen Scherz angesehen, da er mir nicht ein Jota darauf geantwortet. Leben Sie wohl und vergeßen Sie Ihr Versprechen nicht mich im vorbeygehen zu sehen NB. (wie wol ich die Wahrheit zu sagen bis Ostern ein wenig besetzt mit seyn werde u an müßigen Augenblicken wenig denken kann) – Im Vorbeygehen werde gleichfalls nicht ermangeln mich nach Ihnen zu erkundigen. Verzeyhen Sie mein Geschmier. Ich habe eben den 6ten Ihrer musicalischen Briefe angefangen – bitte aber nicht in der Fortsetzung an das Mitgetheilte etwas zufällig zu denken; weil ich kaum vermuthe, daß es öffentl. bekannt geworden oder werden soll. Aus Ermangelungs des Lacks schreibe offen. Ihr ergebenster Diener Hamann den 11. Märzy 75. den 21 May Dom. Rogate 75. Lieber Gevatter und Freund, Ihren kleinen Assmum habe den 4ten huj. zu Mittag erhalten, fieng ihn mit dem ersten Bißen an und war mit dem letzten Glase fertig. Während dem Lesen, Eßen und Trinken schien sich der hypochondrische
    Schmachtriemen
aufgelöst zu haben, mit dem ich seit dem Abend, wo ich den
    heillosen
    Hephästion
kennen gelernt hatte, gegürtet gewesen bin. – So leicht fällt es mir mich krank und gesund zu
    lesen
. – Beym Aufstehen vom Tisch und Pult schien ich alle Knochen zu fühlen und glaubte in
    Freund Hain
verwandelt zu seyn. Hinc illae lacrymae – Von dem am dato der Beyl. hier eräugneten Schaden werden Sie als
    Bote
unterrichtet seyn. Wir sind bisher fast tägl. mit Recidiven von Feuer Schaden und Schrecken beunruhigt gewesen. – Hiezu kommen noch neuere
    Gerüchte
, die ich nicht rügen mag, weil sie unsern Freund Hain zu nahe angehen – Sagt mir doch lieber Gevatter! aus welcher alten Legende habt ihr diesen mystischen Namen her – Ich bin von andern auch schon darüber inquirirt worden und Ihnen mit einem sokratischen Non liquet willkommen gewesen. Ihr müst auch an mir euren
    Andres
vorstellen an mir, der gern alles aus dem Grunde wißen will. Daß Ihr meine Schriften versteht, will ich Euch zu Gefallen glauben. Daß Ihr meine Briefe nicht faßen könnt, hab ich leider! lang gewust und mich darüber geärgert. Ob es an meiner Schalkshand oder an eurem Tauben Auge liegt, sub iudice lis est. Hab Euch
    wieder meine
Art und Weise so viel Briefe geschrieben, weil Ihr Mste von mir verlangt habt. Folio recto liegt da, wo sie der seel. Abbt suchte, und folio verso ein paar Spannen tiefer, auf des Momus Fensterkopf. Wollt Ihr nicht auch wißen Mystiker! wie ich meine Mste paginire, hebräisch oder occidentalisch. „Gestichelt!“ – „Verrathen und verkauft!“ –
    Vergeben
, was
    Dir
    gewißermaaßen lieb war
– Gern wißen, obs
    Ernst oder Kurzweil
, Dich zu sehen – Freylich
    Ernst
, wenn nichts unmöglich – Lauter
    Kurzweil
, nach dem natürlichen Lauf der Dinge. Mire
    sagacis
falleret hospites
Discrimen obscurum, solutis Crinibus ambiguoque voltu. Sie haben sehr klug gethan, lieber Gevatter, daß Sie meine Einladung nicht verstanden haben – Ohngeachtet Sie hier zu Lande vielleicht nicht verrathen und verkaufft hätten seyn sollen u. so sehr mir auch daran gelegen war den 45sten Sommer meines Lebens hoch zu feyren: so wird den Leuten immer banger hier zu Lande vor Warten der Dinge, die dem ärmsten Philosophen noch einfallen können sich unsterblich zu machen. – Weil ich nicht wie Jonathan Swift sein Vaterland laut seegnen kann: so spiel ich die Rolle eines Jean F‥ qui pleure et qui rit – in der Wüsten. Melden Sie mir doch, ob mein Gevatter K – – r von hier aus an Sie geschrieben. Zu mir hat er Nein! und zu andern Ja! gesagt. Wenn er es gethan, so wär es mir lieb, daß Sie ihm nach der Lage der Sachen, grob oder fein geantwortet hätten. Daß Hartknochs Commission Ernst gewesen, hab ich noch bey seiner Durchreise erörtert. Ein mercantilisches aber von seiner Seite macht mir Ihre Bedenklichkeit fast lieb; unterdeßen wünsche ich nur, daß Ihre Gleichgiltigkeit oder Sprödigkeit weder Ihnen noch Bode zum Nachtheil gereiche. Es sey der Mangel an belesenen und empfindsamen Persohnen – oder die gegenwärtige Theurung baarer Thaler – oder die Unschicklichkeit der Proclamation – oder ein Vorurtheil gegen Freund Hain – kurz in gantz Ost- und West Preußen hat sich bis zum heutigen dato kein einziger numerant gefunden:
    Vier grl. Thrl
liegen hier für 4 Exempl. baar und sicher; die ich wohl so bald als mögl. mir zu Schiff expedirt zu sehen wünschte. Unser Virtuose Reichard redte mir von 15 und übernahm sich 25 hier unterzubringen. Ein Flußfieber hatte ihn bettlägericht gemacht. Er versprach mir so bald er genesen wäre zu mir zu kommen. Den andern Tag drauf nach meinem ersten Besuch sprach ich bey ihm an aus Besorgnis für seine Gesundheit. Er war bereits zu seinem Artzt ausgefahren. Ob er wieder eingefallen oder zu sehr durch die Gegenwart eines Virtuosen und sr. Tochter, die sich hier werden hören laßen, zerstreut ist, weiß ich nicht, hab nichts von ihm gehört noch gesehen seit vorigen Montag. Ich liebe diesen jungen Menschen wegen seiner glücklichen oder vielleicht unglückl. Anlagen. Er hat sich aber eben so sehr hier in Miscredit gesetzt als Ihr Freund Hain. Sein Talent zu dichten – und seit ungefehr 14 Tagen hat er auch den Versuch gemacht einen Landsmann vom Dichter, Namens Bock zu recensiren. – Sollten sich also die 15 oder 25 Subscribenten bedacht haben auf den kleinen Assmum der 5/6tel mehr kostet als Bock, ihr baar Geld zu wagen: so haben Sie dies niemanden als dem odio publico Ihres Schutzheiligen zu verdanken; wornach Sie sich zu achten und vor künftigen Schaden zu hüten haben. Weil Sie mir aus dem gantzen Handel ein Geheimnis gemacht, oder zu cavalierement ihn tractirt haben und ich nicht weiß, wie sich der Numerus der Liebhaber zur Auflage verhält: so weiß ich nicht wie viel Sie zu den 4 baaren Exempl. auf allen Fall zulegen können und wollen. Ob nicht die hiesigen Buchläden etwas erhalten werden? Im Vorschuß kann nicht stehen – Das Ihrige, so Sie mir anvertrauen sollen Sie baar oder in natura erhalten; aber den Termin müßen Sie den Umständen überlaßen. Befriedigen Sie mich mit Antwort und Expedition, so bald Sie nur können. – Bin über ein paar Stunden durch die Erscheinung eines armen aus Lübeck kürzl. angekommenen Blutsfreundes unterbrochen worden, und werde die Fortsetzung bis morgen aussetzen. Guten Abend! Bey Licht schreibe nicht mehr, und lese kaum. Den 22 Bin heute den ganzen Tag umher gelaufen um einen Fastbäckergesellen von 18 Jahren unterzubringen – und wo mögl. bey einem Zuckerbacker in die Lehre zu geben – den Catalogum uniuersalem auf frischer That zu lesen und mir die Recensionen Ihrer Amtsbrüder und Nachbarn zu verschaffen No 68 und 75. Was Sie an Freund Hain Fehls finden, bitte mir treuherzig anzuzeigen. Der gröste Fehler ist wohl der, daß er seine Absicht rein verfehlt, ihnen 50 à 100 dito einzutreiben. Die 4 baar bey mir liegende sind vor der Ankündigung und Recension eingelaufen. Es ist daher eine große Beruhigung für mich, daß auch nicht ein einziger sich gemeldet – Der Factor im Kanterschen Laden Wagner hat mich heute um 3 Stück angesprochen, aber ohne baare Münze, die er selbst erwarten muß wo ich nicht irre aus Liebau in Curl. und anderswo. Wenn Sie mir einen Ueberschuß anvertrauen: so hab ich ihm den Vorzug versprochen gegen baare Bezahlung. Ich überlaße dies alles Ihrer Willkühr. Die 4 Leute sind mein Freund
    Kriegsrath Hennings, Hoffrath
    (von) Ehrenreich
, den ich im Sinn ausgeschloßen hatte, weil er eine außerordentliche Rolle hier und auch für mich gespielt, drung mir den ersten Thaler auf, meine Freunde
    Criminalrath Hippel
und
    KirchenRath Lindner
sind die beyden letzten, welche mir Geld gegeben. Bin fest entschloßen keinem ein gutes Wort hier zu geben – weil mir die Shandysche Collecte noch zu sehr auf dem Herzen liegt. Habe an Niemanden als Trescho seit undenkl. Jahren deshalb ein paar Zeilen geschrieben; war willens an unsern Grecourt, den weiland Kriegsrath Scheffner, der sich den Plan gemacht hatte wie Sie ein Dorflieger zu werden zum ersten mal zu schreiben – und an den Grafen Anhalt, dem ich für erwiesene Ehre ein Gegencompliment schuldig bin – Hab mich aber gantz in Ihre Denkungsart versetzt: „der Lust zum Büchel hat, mag der an mich schreiben und ihm solls werden das Büchel“ Was macht Ihre Rebecca und Ihre kleine Tochter und mein kleiner Pathe in spe – unsere Lehnchen Käthe denkt schon auf Zähne, spielt gern mit Löffeln und ärgert sich bisweilen wie es scheint daß sie noch nicht mitlöffeln kann. – Meine seel. Mutter war schwindsüchtig und brauchte öfter Ziegenmilch, auf die ich wie ein Kind gern zu Gast kam. Ich möchte eben sogern die einmal schmecken, die Gevatter Matthes hält, u im Nothfall selbst zu melken versteht; wenn der Scherz wahr ist: so muß ich die Freude erleben, auch auf der That zu ertappen. Wenn ich auf meinem Sorg Stuhl im Geist lache, welches Gottlob! noch oft gnug geschieht und meine Leute glauben daß ich Engel sehe: so ist es wahrlich nichts als der kleine Assmus in hoc opere operato Unser Virtuose und Dichter hat Ihr Liedchen
    auf die Mutter bey der
    Wiege
gesetzt und es als eine künftige Beyl. der Zeitung zugedacht – Mir auch die
    Nachtigall
versprochen, als das erste Stück so ich von Ihrer lastbaren Muse gesehen. Wär ich ein Musicus und Componist (da ich keine
    Note
mehr verstehe und Kirchenmusik ausgenommen aller übrigen entwöhnt bin) – und es fiel mir einen Abend ein, daß ich
    Noch
ein
    Dito
, zufolge Ihrem Ideal von der Music in Noten setzen möchte um durch die Neuheit der Melodie das Alterthum der Worte zu heben. Es ist ein Heidenwerk in meinen Augen vom leidigen Brief Porto nicht den höchst möglichen Nutzen zu ziehen und ein gantz Quartblatt umsonst zu bezahlen. – Aus dem taumelnden Gang meiner Feder werden Sie sich leicht meinen gantzen Gemüthszustand vorstellen können. Ich habe den Grenville meines Brooke gelesen – die voyages des alten Montaigne – Pfenningers Vorlesungen, unter denen mir die erste am besten und die letzten am schlechtesten gefallen. Alles scheint mir auf einen gesetzlichen Pharisäismum auszulaufen – im Müntz Till u. Kümmel zu gerecht und zu weise, in der Hauptsache desto weniger. In Bachii Opusculis habe die ersten Abhandl. pro Mysteriis Eleusiniis gelesen. Möchte der Adelgunde die Ausarbeitung dieser Materie überlaßen. Ohngeachtet ich bloß Lust habe sie à priori zu behandeln: so wünschte ich doch meine Schlüße und Muthmaßungen a posteriori berichtigen zu können. Wißen Sie mir darinn was zu empfehlen; so erwarte Ihre Beyhülfe ex officio mercuridi. Orpheus und Eschenbachii Epigenes liegt mir schon zur Hand und um die Autores, welche Mosheim in sn Commentariis anführt, will ich mich auch bemühen. Was unser liebe Bückeburger über das N. T. sagen will aus dem Zendavest, ist auch noch ein Geheimnis für mich. Bescheinigen Sie mir doch den Empfang meiner Blätter so genau, als mein Aviso davon war. Ob Bode das Geld richtig erhalten und nach meinem Engagement mit Hartknoch dem ich es baar ausgezahlt. Ob Hinz Ihnen Lettres perdues geschickt – und vorneml. ob Sie den Vetium Epagathum haben, von dem ich nichts weiß und den ich so herzlich
    heraus
wünschte. Mäcen Quintus Icilius soll todt seyn und wird das Fragment von Recension nicht zu lesen bekommen. Anstatt 2 Zeilen hab ich einen weitläuftigen, langweiligen, ehrlich gemeinten aber übel angebrachten Brief auf meine Billets doux erhalten. Mit dem ersten Buch des Tristrams bin fertig. Die häslichen Druckfehler für den Verstand des Lesers – besonders im genere der relatiuorum z. E. S. 2. Z. 2.
    welcher
an statt
    welche
u. d. gl. Ich möchte gern die eigentl. Bedeutung der Redens Art: hey-go-mad verstehen, wenn sie Ihnen oder dem Uebersetzer bekannt ist ad pag. 3. Endlich hab ich 2 Freunde ausgeholt über die Sibylle – Der eine sagt mir im Vertrauen, daß etwas
    schmutziges
– Der andere, welcher jenen sehr verdammte mit einem: Naturalia non sunt turpia, wollte es verbeßern und wollte etwas profanes darinn entdeckt haben. – Ich gestand dem letztern, daß mir diese Anklage harter und ärger als die vorige schiene. Erwarte auch Ihre Meinung darüber weil ich gern Anlaß haben wollte mich darüber zu erklären – und die Mysterien des Hymens mir ein bequemes Beyspiel zu seyn scheinen allgemein über die Natur der Mysterien zu matagrabolisiren – Halten Sie Wort und antworten Sie auf 3 die auf Ihrem Kerbholtz stehen u erklären Sie mir einmal Ihr in petto, von dem Sie einmal schreiben. Grüßen und küßen Sie Ihr liebes Weib und sämtl. Schlafgesindel. Promte Antwort und Expedition auf meine 4 Praenumeranten u den Anhang. Ueber ein Viertelhundert kann ich nicht absehen u. s. m. Gott empfohlen.
Adresse:
An / HE. J. G. Hamann /
Notiz von Herder auf der Adressseite: Noch zuletzt hat mich Hkn. mit Ihrer Claudius erfreut. Vermerk von Hamann auf der Adressseite: Erhalten den 18 Junii 75 durch HE Hartknoch nebst Beyträgen zur φφie, Prov. Blättern den Briefen der Brüder Jesu und den Erl. des N. T. aus der Zend-ha-vesta Gevatter u. Verleger Hartknoch hat uns, unerwartet beinahe schon, mit seiner Gegenwart, unserm Neffen u. Nachrichten von Ihnen – nicht aber mit Ihren hierophantischen Briefen erfreuet, die durch ein unglückl. Schicksal zurückgeblieben waren. Ich erwarte sie mit der äußersten Begierde vom ersten Postorte, da er sie mir schicken kann und habe mir so lange das Vergnügen gemacht, Ihnen meine opp. mit kleinen Merkmalen meiner Finger zuzurüsten. Ich wünschte, daß Ihnen meine Magier kämen: ob sie einem Stern oder Irrwisch gefolgt sind? Geschenke bringen, oder die Weisen spotten und Mütter schreien machen werden, weiß ich nicht: gnug, sie kommen χρηματισθεντερ und ziehen also ihre Straße fort. Es ist die saureste Geburt meiner Muse. Dreimal beinah verworfen, u. dreimal wieder angenommen; jetzt ausgestoßen, ohne daß mich Ein Wort über ihr Schicksal kümmern werde. Wenigstens werden sSie die Schreibart sorgfältiger u. korrekter finden: in den Meinungen, die an die Theologie streifen, habe mich in den engsten Pfaden der Orthodox. auch zwischen Felsen u. Steinspitzen gehalten und bin von der Seite sicher. Die Samenkörner, die auf das große öde Feld zwischen der alten Hebräisch Mosaischen Denkart u. dem Christenthum des N. T. gestreut, oder daher geholt sind, werden in einer künftigen Zeit Ernte geben u. den Grund des Hellenismus so anschaulich machen, als er jetzt dumm gewiesen u. dumm verspottet wird. Die Brüder Jesu sind nach Lemgo gesandt, eine Bücherrechnung zu tilgen, u. werden Sie weniger intereßiren, weil Sie allen körperl. Hypothesen, wahr oder ungewiß, als solchen feind sind u. nur Geist u. Brodem lieben. Die Prov. Bl. u. Phil. sind alte Schuld, die Hartkn. für Sie eingemahnet hat – ich bin also quit u. warte auf den Hierophanten: zumal ich aus Hartkn. Briefe gesehen, wie altfreundlich u. landsmännisch Sie mit mir theilen. Die Beilage zur lettre perdue ist mir auch geworden: Schade aber, daß Ihr Mäcen hin ist – quando invenies parem – auch wenn er gleich für Sie nichts gethan hat, u. für mich noch weniger. Hrtkn. hat die Berge hier umher noch eben so grünend u. die Thäler u. Auen dazwischen eben so paradiesisch gefunden, als vorm Jahr: das hindert aber nichts, daß ich sie als ein Gefängniß ansehe, aus dem ich zu entfliehen wünsche u. wenn ich Himmel u. Erde hier betrachte die vortrefl. Sprüche, wie Bruder Hamlet predige, steril promontory-congregation of vapours of a fool etc. bis mir Lavaters Sinnspruch auf seinen Petschaften einfällt: „Ich mag wohl warten!“ u. denn warte ich. Mein Weib u. Knabe ist gesund: mein Ankömmling scheint ein Junge festen Muths u. geraden Herzens oder Faust zu seyn – also ist auch das gut, Und das übrige wird kommen. Viel Dank, daß Sie sich seiner so treu angenommen u. ihn mit einem Reisepfenning gesegnet haben: er solls wie Pathenopfer ansehen u. sich einmal befleissigen, Ihren Aeskulapiushahn u. Nazirsohn mit guten Werken zu vertilgen oder zu vergelten. Hat er was gethan, so ists Dummheit nicht böser Wille. Von neuen Sachen habe ich nichts, selbst Hephästion nicht gesehen. Ihre Prol. sind an Moser u. Lavater (versteht sich an jenen ohne Zuschrift vnde u. vbi) gegangen: von mir hat Göthe ein Ex. bekommen, der s Sie stumm aber desto stärker hochhält. Ich höre nur manchmal von ihm ein Wort, u. wie das auch falle, ists ein Kerl von Geist u. Leben. Er will nichts seyn, was er nicht von Herzen u. mit der Faust seyn kan. Lenz (der Verf. vom Hofmstr. u. n. Menoza) ein Liefländer u. sehr bescheidener Jüngl. ist sein jüngerer Bruder. Daß Vetter Claudius nachgedruckt wird, wird Ihnen Htkn. sagen – Schade für den armen Knaben: er bekommt vielleicht nicht das geliehene Geld zu seinem asinus omnia sua secum portans heraus. Wenn er Pyrm. trinken will, vielleicht kommt er hieher u. denn soll Ham. so hoch unter uns leben. Wär er der Dritte bei Uns! Lav. Phys. ist mir auch nicht zu Gesicht gekommen. Zimmermann allein hat drauf, wie er schreibt 10,500 Thl. colligirt – Eia! – Wird Nothankers 2. t. Th. sSie zu nichts wecken? Er hat ihn, wie seine Leiden u. Fr. meinem gnädigsten HE. zugesandt, da ich ihn denn u. meinen Namen darinn auch zu sehn bekommen. Wohl uns des feinen HErn! Ich hatte aber ein ganz anders erwartet. Adieu auf heut Vormittag. Ich muß aufs Armendirekt. und komme, eben so zerstreut, aufgelöst u. nichtssagend, nach Mittage zum Briefe wieder. 1. t. Pfingst. Kanter ist hier gewesen auf ein paar Stunden u. fortgereiset. Andre Abhaltungen, etc. machen, daß ich meinen leeren Brief auch nicht endige. Htkn. verspricht mir Kopie von Ihrem Bilde, darauf wir uns wie auf ein Erbtheil u. Kleinod freuen: ordentlich näher werden Sie uns mit Ihrem Farbenschatten werden. Meine Seele ist so dumm u. zusammengedrückt, daß ich fast nicht zu reden, geschweige zu schreiben Lust habe. Leben Sie wohl, lieber Preuß. Pan. Htkn. sagt Ihnen, wie sehr Sie bei uns leben. H.
– – Non secus in iugis Exsomnis stupet Euias Hebrum prospiciens et nive candidam Thracen, ac pede barbaro Lustratam Rhodopen. Vt mihi heute den 8 Junii a. c. zu Muthe war, als ich auf dem Bureau in Ihrem Horatz dieser Ode nahe war und eine picam mitten im Lesen nach den Zeitungen fühlte, frug und wartete nach, ohne zu wißen warum? Endlich kam der Aufwärter an, bemächtigte mich mit einem Aerger ihrer zuerst und fand eine Nachricht, die mich vom
    müßigen
Bureau, ohngeachtet des heutigen Posttages zu Hause trieb, meiner Hausmutter und 3 Kindern den Umstand haarklein erzählte, ohne Ihnen das geringste davon begreiflich machen zu können, was das zu bedeuten hat zum
    zweyten
mal den pythischen Preis zu erhalten, und wie glücklich dieser kleine Umstand für unsere ecclesiam pressam ausschlagen möge. Gestern Abend wurde auch mit gegenwärtigen Probebogen
    überrascht
, nebst den Erstlingen eines gelehrten
    Freundes
in Reval. Ich theile Ihnen selbige
    sub sigillo confessionis
mit, weil ich die Sache blos im Nothfall brauchen will; auch der Abdruck noch nicht geschehen ist. Bitte mir aber auch mit Ihrer neuen Schrift zu erfreuen und vorbey Voss dafür zu sorgen daß ich frühe bedacht werde. Habe von der gantzen
    Frage
nichts gewußt. Ihre Aufgabe ist mir aber so
    wichtig als
    erwünscht
Der
Ihnen zugefallene Preiß der
    Auflösung
erwünscht in jeder Beziehung, die sich noch von mir denken läßt. Als wenn eine Heilige Hand das Gewebe unsers Plans anzettelt Vetter Asmus wird sich auch freuen und scheint mit meiner Ankündigung (die hier so unfruchtbar gewesen, daß ich nicht einen Einzigen Thaler
    hernach
eingenommen) zufrieden zu seyn. Wenigstens habe den ersten klugen warmen Brief von ihm erhalten, ohngeachtet wir seit 2 Jahren gewechselt und auf einander gezogen haben. Ist Ihr Neveu schon angekommen? Ist Hartknoch bey Ihnen? Binden Sie ihm doch den Abdruck der
    hierophantischen Briefe
auf die Seele. Ich wünschte, daß selbige in 4to erschienen; und will ihn dafür durch ein ander 12o schadlos halten. Eine Fortsetzung der Sibylle würde hiezu beßer seyn. Sollten die Kunstrichter auch etwas
    schmutziges
und
    profanes
darin finden: so möcht ich diesen Vorwurf diluiren, und die
    Mysterien des Hymens
zum Mittelbegriff brauchen überhaupt die
    Mysterien der Alten
zu erläutern. Wenn Sie mir etwas dazu vorschlagen können, geschieht mir ein Gefallen. Ich kann weder erfragen hier noch mich besinnen; wer von den alten Polyhistoren de Mysteriis Eleusiniis geschrieben. Nennen Sie mir ihn doch! Ist es nicht Meursius? Bedauren Sie, beliebster Herder, nicht das Postgeld für diesen impetum gratulandi – und wenn Sie es übers Herz bringen könen; so theilen Sie mir wenigstens den spiritum oder das Schema ihrer Schrift mit. Wenn Sie dies weder thun
    können
noch thun
    wollen
: so bitte mir wenigstens die
    Gründe
Ihres Stillschweigens aus oder Verweigerung aus. Die hab ich Recht
    als
    Freund
zu wißen. Weguelin hat einen langen Auszug gemacht. Ist das nicht eben der Schweitzer, der eineige Abhandl. über Sparta geschrieben in deutscher Sprache? Was sagt denn Ihr kleiner
    Mohrenkopf
dazu? Versteht der mehr vom Handel denn meine 3 kleine
    Schweißfüchse
Ich möchte gern wißen ob
    Sultzer
sein votum gegeben – ob Sie Ihren Styl verleugnet und nicht in collision mit Ihrem
    Beytrage
geschrieben – ob Sie wie Ulysses oder wie Aiax zu Werke gegangen – Hertzlich willkommen ist mir Ihr Glück – und diese kleine Zufriedenheit ist Ihnen wegen der Widersacher zu gönnen. Ich habe heute Feyertag gemacht und bin Nachmittags zu Hause geblieben, nicht zu arbeiten, sondern 2 Stunden zu schlafen und zu ruhen. Unterdeßen die gantze Stadt heute den Mörderer
    Brockmann
oder Wagnererner (wie sein rechter Name heißen soll) erwartet, der einen Armenianer hier jämmerl. umgebracht, wader wahrscheinlich mein erster Reisegefährte von hier nach Riga gewesen, brenne ich nach unserm Sancho Pansa Hintz, der mir Nachrichten von der allgemeinen deutschen Bibliothek mitbringen soll, in der man mit dem puero centum artium gar nicht säuberlich verfahren seyn soll. Jenes Αμην, αμην in der Abbtschen Correspondentz wird allso wol bald erfüllt werden müßen, wenn es je einen Sinn gehabt. Haben Sie den Hephästion bereits angesehen? – Ich weiß keine Lectur, die auf meinen Hypochonder so handgreiflich gewürkt als dies heillose Geschmier, das ich den 25 April des Abends gelesen ohne Anfang und Ende, weil der Titelbogen noch hier biß dato wegen der Vignette fehlt: Ich habe 8 Tage nicht Ruhe gehabt und ich redte mit jedermann wie Fontaine vom Propheten Baruch. Gott vergelt es dem lieben Assmus, den ich den 4 May zum Mittagsbrodt erhielt und auf der Stelle auffraß mit Haut und Haar. Mein hypochondrischer Schmachtriemen schien von Stund an aufgelöset zu seyn, und daher bin ich dem Büchlein so gut geworden. Künftigen Weynachten wills Gott! soll ich zu Wandsbeck Gevatter stehen. Wenn meine Umstände mir dieses Liebes-Werk erlauben, so sind die Frau Consistorialräthin zu Bückeburg nicht für den Besuch einer maieutischen Sibylle sicher, die auf ihr Handwerk ausgeht – – Ich erwarte durch Hartknoch so viel Neuigkeiten, als Sie nur im stande sind mir mitzutheilen, und außer Ihren neuesten Schriften und Nachrichten auch einige den Schweitzer Bauer betreffend. Hier habe ich einen geschickten geistreichen Mann vom Schulcollegium Nahmens
    Creutzfeld
gefunden, der ein eifriger Leser Ihrer Urkunde ist und den ich zu meinem Freunde – auch vielleicht zum besten meines armen verwahrloseten Hänschen Michaels – aussuchen möchte. Er hat außer der griechischen Litteratur viel Neigung zur morgenländischen und einen
    Nothanker
dazu nöthig. Gott sey mit
    Ihnen
und
    Ihrem gantzen Hause
, mein lieber Herder! Vergeßen Sie mich nicht armen verlaßenen Greis, dem der Kopf mit Grundeise geht und voller Sorgen für sich und seine Landsleute lebt. Gott wird helfen Amen! Schreiben Sie
    bald
und
    mehr
als ich thun kann. Adresse mit Siegel und Postvermerken:
Herrn / Herrn Consistorial-Rath / Herder / zu / Bückeburg. Gedruckte Sachen.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 28 Junii 775. Viel Dank, lieber H., für Ihr redl. Theilnehm. an meinem unerwarteten Zufall. Mir so unerwartet, als Ihnen: die Abhandlung war vergeßen, u. ich traute ihr den Preis so wenig zu, als meinem Miethpferd, worauf ich bisweilen ausstolpere, den Olympischen oder Pythischen Preis. Am Trinit. fest wurde ich eben wie sie, anvon einem non poss. dicere quid? aufgetrieben: ich wußte nicht, was zu thun, am lieben Sonnt. so früh, saß also wie Loth in meiner Hofthür u. las Oetinger theol. ex id. vitae deductae – siehe da, der lahme Wansb. – Er ist mir immer ein fauler Bothe! dacht ich u. wollte, da im gelehrten nichts als eine brausende Voßische H. Geistode drin ist stand, ihn wegwerfen – ein Geist oder Wind kehrte das Blatt u. eia mein Motto! Da war Freud über Freude, mehr um meiner
    Freunde
u.
    Feinde
willen, als meinethalb. Sie waren gleich mit unter den Ersten die ich meinem Weibe nannte: die Nachricht u. das Zeitungsblatt flog aus unserm Munde an unser hiesiges
    Drei
redl. Theilnehmer – für die übrigen war der weidl. Korrespond., der wie wir bald hörten, es auch hatte. etc. etc. Und die HErn Nickels et consorten wurden auch bestschuldigst erwähnet – Amen! Ders gefügt u. gegeben, lenks ein: sonst wird noch ein ärgrer
    Ruch
draus, mit Wansb. Asmus zu reden, als es war. Denn die Abhandl. taugt, meines Erachtens, wenig mehr, als eine belletristische Schulübung. Meinen Grundsätzen bin ich ganz treu u. in Absicht auf die Freiheit u. despotischen Teufelsdreckgeschmack schnarchende Stellen, derentwegen
    wirs
schon, Mann u. Weib, für völlig vergebens hielten, es nur fortzusenden. Dazu kam, daß der Abschreiber so falsch u. unleserl. geschrieben, daß meine Handschrift, die ich als kennbar supponiren konnte, fortmuste, u. doch – es ist wahrl. Loos von höherer Hand: denn noch begreife ich nichts. Sie sollen die Abhandl. im Kleck oder von meinem Abschreiber konterfeit auf der fahrenden Post erhalten u. sehen. Hätte ich was anders als dies liefern wollen, so wäre gar nichts gewesen. Sulzer glaub ich nicht, daß er mir sein Vot. gegeben: er ist aber meines Wißens in der Metaphys. Klasse u. in dieser Merian Director, ein lieber gutherziger Mann. Weguelin ist der Schweizer, den sie meinen, voraus in St. Gallen Profeßor. Nicht blos die Betracht. über Sparta, sondern auch die
    Religiose
Gespr. im R. der T., damit Sie in den Königsb. einst begannen, sind von ihm: ja man schreibt ihm auch die Sokrat. Gespr. von W. zu, über die Moses den Wiel. in den Litt. Br. so herunter nahm u. dieser sich dran für unschuldig erklärte. Endlich sind grosse dicke caracteres u. histoires romaines von ihm, Plane zur Politischen ppp Welt u. Römerhistorie, die ich nie ansehn mögen. Vielleicht nehmen Sie sie, beim jetzigen Vorfall zur Hand: wie mich dünkt, hat er ein Politisch-historisch Werk angekündigt, woran der Fr. Buchhändl. selbst zu vertage verzweifeln schien. Es schwebt mir aber nur so fern vor. Ihn seh ich vor den Urheber
    meines
Preises an, weil er in dem Fach am meisten gewühlet u. zu deutl. Stellen gegen Sulzers Moralische Belletristerei vorkommen. Sie wißen aber doch, daß die Rede, vom Verfall
    des
    Geschmacks
: ganzer Volker, nicht ganzer Völker, wie der Druckfehler der Zeit. sagte, gewesen. Und nun auf Sie: damit wir redl. theilen. Fast an keiner Ihrer Schriften hab’ ich so innig aus dem Herzen mit gelesen, als am den Hierophanten. Ich erwischte ihn bald, da Hartkn. weg war, aus Lemgo, u. mein Herz schlug hoch, zu dem was Sie vom
    Nichts
u.
    Etwas
reden. Auch von der Abgötterei gegen die 1te Kirche habe ich längst Ihre Gedanken: der 4te Abschn. der Br. 2er Br. Jesu zeuge. Das Büchlein soll mir weder Honig im Munde u. Purganz in den Gedärmen werden – aber leider! in 8. gedruckt. Ihr Brief kam Hrtkn. zu spät. Wie mich Ihr dramat. Freund Hain erfreut, hab’ ich mit Bleistift auf den Brief geschrieben, den ich Hartkn. mitgab. So hast du nicht, alter Ruprecht, zu mir geredet, gewiß weil ich Dich nicht im Kupfer vor habe u. mich, Dorn u. Hecken ausjätend, hinten. Ich habe Matth. Klaud. zu Pyrm. Brunnen hergebeten, vielleicht kommt er. Wärst Du denn auch hier, alter Rupr. Pförtner, mit Deiner Sense, womit Du Königsgespenster mähest, die aber wie auf Swifts Monde schnell zusammenwachsen u. sprechen: hie sind wir! Zu Ihrem
    Myster
.
Buche ist freil. Meursius der Hauptkompilator: ich habe ihn aber nie erwischen können, weil alle seine Sachen rar sind, mich also mit dem Auszuge draus in Warburt. Send. Mos. bewiesengnügt: es ist aber schon durchs sein Sehglas. In der Gronovschen Samml. steht er. Eschenbachs Epigenes, Blackwells Mythol. haben Sie selbst. in Zorns Opusc. u. Bibl. sacra antiqu. sacr. stehn dort viel scheußl. Anwend. hier Collektan. von Sachen der Art. Ich wollt, daß Sie beide Bücher, jenes für Hephäst., dies für die Sibylle durchliefen. Hier ist mein kleiner Mohrenkopf: er bittet um Ihr Bild, dazu mir Htkn. u. Kanter Hofnung gemacht haben, u. empfielt sich Ihrer Väterl. Güte, die Joh. Χstoph Neum. so wohl bedacht hat. Der Letzte läßt sich zieml. gut an u. der Erste kriecht herrl. umher. Zum Nächsten sind Sie Gevatter voraus: mein Weib soll Sie eigenhändig bitten. Ein Exempl. Ihres Hier. von Ihrer Hand! so wie ich Ihnen alle meine opp. durch Htkn. zugesandt habe. Auch 2 Br. während der Zeit geschrieben: Einen durch Ihn, da er noch in Leipz. war: den 2ten ihm mitgegeben. Meine
    Magier
bitten um Ihre Gastfreundschaft u. höfliche Bewirthung: denn Schutznehmung haben sie nicht nöthig χρηματισθεντες. Vielleicht ärgern Sie sich über den zu blassen dogmatischen Gebrauch:
    ich
konnt’ aber, um der Nothdurft unsrer Zeit willen, damals nicht anders. Du, Ruprecht Pf., ein Magus von Natur, bist allein geschaffen, den
    König
    des Himmelreichs
zu feiren. Vom Bauer p bringt Ihnen Htkn. Nachricht. Einen Füßlischen Br. über Klopst. will ich meiner Abhandl. beilegen u. was ich sonst finde. Le Kermes du Nord bleibt in guter Hand. Lebe wohl, lieber, treuer Ruprecht-Pan, dem seine höhere unverwelkliche Krone über all sein Mühn u. Leiden gewunden u. aufbewahrt bleibt. Gott mit Ihnen u. Ihren Schweisfüchsen, die ich herzl. wünsche zu kennen. Grüßen Sie Kreuzfeld von mir, von dem ich 4. schöne Litth. Lieder in der Preuß. Saml. gelesen: sie sollen in meine Volkslieder gewiß. O hätt er mehr! – Vielleicht erfreue ich Sie bald mit etwas anderm, eben so unvermuthet. Gott helfe. Ihr ewigtreuer H. In der A. D. Bibl. soll ich eben so mitgenommen seyn – laßet sie fluchen – der HE pp
P. P. Ew. Hochwürden haben mir den Peter- und Paul-Tag so merkwürdig gemacht, durch die Versicherungen Ihrer unverrückten Freundschaft und christlichen Amnestie, daß ich es für meine Pflicht halte Dero dringenden Gesuch um ein Exemplar beyliegender Brochure zu willfahren, welches mir desto leichter geworden, da ich erst nach der Hand erfahren, und mich selbst überzeugt habe, daß in einer der Hiesigen Zeitungen selbige bereits den 15 p. feil geboten worden. Die meisten Correcturen sind Varianten des Herausgebers – und für mich bis auf den heutigen Tag ein Rätzel. Ich wäre nicht im Stande gewesen selbige zu berichtigen, wenn ich nicht durch einen blinden Glücksfall eine der beyden auswärtig gegangenen Handschriften zurück erhalten hätte, und allso zugleich mit Darlegung derselben die Avthenticitaet des Facti bescheinigen kann. Da ich einem eben so wunderlichen und
    unschuldigen
Zufall den Hephaestion zu danken habe, und mir blos der Titelbogen dazu fehlt; so erbitte mir denselben zu Ergänzung meines Exemplars. Horatzen konnte es nicht schmeichelhafter seyn, von August putissimusals es mir gewesen von Ew. Hochwürden neulich sub dio mehr als dreymal Ihr Kind genannt zu werden. Weil ich wirklich in Verlegenheit eines Beichtvaters bin: so werd ich es als ein Unterpfand Ihrer unverrückten Freundschaft p erkennen, durch das Verhältnis eines Beichtkindes mit Ew. Hochwürden inniger vereinigt zu werden, der ich mit aufrichtiger Ehrerbietung ersterbe Ew. Hochwürden Meines HöchstzuEhrenden Herrn Doctors und Hofpredigers ergebenst verpflichtester Freund und Diener A A. G.Johann Georg Hamann. Festo visitationis Mariae 1775. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Des / HErrn D. und Hofprediger / Starck Hochwürden /
    zu
/
    Hause
Dom. V. p. Trin. 775. Liebster Freund Herder und Superintendent, Einlage bewegt mich zum Schreiben. Ich habe mich den gantzen Tag nicht erholen können von der Bekanntschaft, die ich mit dem unglückl. Uebersetzer des Strabo diesen Morgen gemacht, dem weyland M. Paentzel gegenwärtigen Musquetier beym Alt-Stutterheimschen Regiment. Jetzt geht er eben mit meinem
    Freunde
Krause fort, der ihn zu mich geführt. Da ersterer sich rühmt Ihr Correspondent gewesen zu seyn, hat er mir einen Gruß an Sie aufgetragen. Ich habe ihm des ehrl. Quintus Antwort mitgetheilt und ihn aufgemuntert sein Nachfolger zu werden, und von dem für mich verlornen Rath einigen Gebrauch zu machen. Ein unglücklicher Vorfall zu Würtzburg hat ihn in die Arme unserer Werber geworfen, von denen er hintergangen worden. Er soll Mitarbeiter an der Klotzischen und Lemgoschen Bibliothek gewesen, und scheint mir ein Kopf von ungeheuren Fähigkeiten für einen Jüngling von 25 Jahren. Eines reformirten Predigers zu Deßau Sohn, der über seinen Vater sehr klagt, weil er ihn excommunicirt, und seine Schwester ist die Chloe in den 7 kleinen Gedichten der Venus Erycina & gesungen Berlin 769. – – Wie sehr beklag ich meine eigene Dürftigkeit, um diesen unglückl. Mann nicht unterstützen zu können. Gott schickt ihn mir an statt des Claudii, den ich eingeladen hatte, den 45sten Geburtstag meines mühseeligen Lebens im Schooß der Freundschaft zu begehen. Ich bin durch ausgebliebene Zinsen und anderer Noth so in der Enge, daß ich Ihnen das Postgeld aufbürden muß, liebster Herder! Gottlob! keine Noth, aber so eingeschränkt wie im Nasendrücker, und die halb kluge halb heidnische Sorge auch für den
    morgenden
Tag – und der natürl. Wunsch mit dem zunehmenden Alter nach ein wenig mehr
    Genuß
der
    Gemächlichkeit
und der
    Gesellschaft
; denn ich lieb und haße die Menschen wie mich selbst, allein und in schlechter Gesellschaft zu seyn p. Der Glaser hat aus heiliger Einfalt um Ihren kleinen Mohrenkopf einen Rahmen wie ein Hertz von Marcipan gemacht. Ich ärgerte mich anfängl. über das Misverständnis seines Geschmacks, der Einfall ist aber recht sinnreich und gefällt mir je länger je mehr. Daß aber weder Caroline noch Sie den
    Namen
und
    Geburtsdatum
des kleinen homunculi hinten oder irgend aufgeschrieben, ist eine kleine Fahrläßigkeit, die ich ahnden muß. Er hängt über meinem Eß- und Schreibtisch unter den Emauntischen Pilgern und Ihrem Gast, der ihnen das Brodt brach. Mein Hänschen, der den Globum studiret, und den Titel des Kantschen Programms von den Racen der Menschen zu
    Ratzen
laß, frug mich mit einer kleinen Unruhe, ob sein kleiner Freund wirklich so schwartz wie der Mohrenkopf aussähe. Seine noch einfältigere Mutter aber sahe gar die starken Augenwimpern für ein Horn an. Sie können aus dieser Probe sehen wie oft ich des Tags Gelegenheit habe über die Tummheit meines großen und kleinen Hausgesindels zu lachen, und daß wir hier auch ohne Haber kützlich gnug sind. – Wenn mein Brief keine Antwort ist so entschuldigen Sie weil ich nicht den Augenblick übrig gehabt den Ihrigen aufzusuchen. Meine Die hierophantische Briefe sind durch den lächerlichsten u mir unbegreifl. Wiederspruch des Censors und Druckers so verhuntzt worden, daß ich meinen eignen Verstand nicht wieder finden können. p. 13. Z. 4: lies hab ich für wichtigen: poetischen gesetzt und Z. 9. mich umständlicher über einige Stellen statt: so gut es seyn will hierüber p. 15. Z. 9. deleatur
    und
und für
    Ueberklugen
hatte ich allenthalben p. 49. homunculi geschrieben. 16. Z. 6. lies für als: oder Z. 11. anstatt des Puncts hinter Nation komt ein Comma, der das p 22. Z. 2. Schweitzers. 23. Z. 1. Stattnd: Das Mährchen statt: Die Lehre 27 Z. 4. Kephas statt: Kaiphas 31. Z. 17. Vocabelbücher. 33. Woods topogr. 40 Z. 11. fehlt
    acht
vor Abschnitte 48 Z. 13. lies
    Wigande
i. e. Riesen 22. lies: Wolkenbrüste und deleatur u Milch D. Starck der mich in Jahren nicht besucht, seine Dissertation zu der ich ihm Bücher geliehen nicht einmal zugeschickt hatte noch seine Heyrath mit D. Schultz Tochter gemeldet, machte mir den Peter und Paul Tag sehr merkwürdig. Zum Glück war ein starker Posttag u. einer meiner Brüder krank. Ich muste mich daher von meinem Bureau aus entschuldigen laßen, ließ ihn aber ersuchen zu warten. Weil die Arbeiten sich häuften; so schickte ich den Aufwärter noch einmal nach meinem Hause, meinen Verzug zu entschuldigen. Siehe! Da kam der Mann vor die Prov. Direction angefahren, stieg aus der Kutsche sich ein Exemplar der hier. Briefe auszubitten. Weil er mich unter freyen Himmel wenigstens 3mal sein Kind nannte: so schickte ich ihm den Sonntag darauf Festo visit. Mariae ein Exemplar zu und creirte ihn zu meinem Beichtvater; welches er auch vorige Woche gewesen ist – und durch ein ander Spiel des Zufalls hielt er selbst an demselben Sonntag seine Andacht. – Uebrige Kleinigkeiten will übergehen. Es ist mir aber eine ungemeine Zufriedenheit gewesen einem so sonderbaren Misverständnis einen Beichtvater nach Abgang Lindners als Kirchenraths am Löbenicht zu verdanken zu haben, weil ich über die Wahl in der grösten Verlegenheit war. Mitten in diesem Abschnitt meines Briefes trat Kanter herein, der gestern Nacht erst von Leipzig über Marienwerder hereingekommen, voll von Basedow, Semmler, Nicolai ppp wieß mir einen Kupferstich eines schwindlichten Kopfs in der Kappe eines Schweißtuchs, erzählte mir eine Legende von Zimmermann, Lavater u. s. w. aber traurige Anecdoten von M. Paentzel, der ihm von Semmler und in gantz Deßau als der lüderlichste Mensch, Renegat des calvinschen u römischen Glaubens bereits ausposaunt worden – Manches kommt mir wahrscheinlich gnug vor, daß ich sehr ungedultig bin, was Sie von dem Mann
    wißen
und
    vermuthen
zu erfahren – – Endl. um seinen Besuch zu krönen rückte er mit einem Heiligtum seiner Portefeuille heraus und wies mir Ihre CAROLINE eben so schwartz als Ihr kleiner Mohrenkopf. Weil es entre chien et loup war und mir der Kopf von der Geschichte meines eignen saubern Holtzschnitts ein wenig schwindelte, so will ich morgen früh – Es ist freylich nicht recht erlaubt seines Nächsten Weib mit Lüsternheit anzusehen. Ich will aber auch nur wie Jonathan, ein wenig dieses Honigs kosten um meine Augen, die Ihnen zu Gefallen bey anderthalb Lichtern schreiben, um meine Augen, sag ich, wacker zu machen, daß sie diese Arbeit die Woche über fortsetzen können. Gott seegne Sie, mein lieber Herder! Ihre beste Hälfte und was unser treue Schöpfer aus der Ribbe Ihrer Seite gebildet hat und noch ferner zubereiten wird. Ich habe mich gefreuet und freue mich und werde mich freuen über Ihre glückliche Wahl. Sie haben was Gutes gefunden und können guter Dinge seyn im HErrn. Gute Nacht! – – Des Morgens um 4 den 17 Jul. Gar nicht geschlafen, wie den letzten May. Der gantze Einfall des saubern Holtzschnitts betrift ein Esel Ohr; übrigens soll die Copie dem Original so treu als möglich seyn. Was den schönen Rahmen anbetrift: so war dies die Einfaßung. Nach einem herzl. Willkommen und bezeigten Verlangen mich den ersten Tag der Ankunft zu sehen und einigen grimmigen Aufschneidereyen über Basedow, seinen Zweykampf mit Lavater sich einander zu bekehren und des letztern Niederlage, der Anzahl von eigenhändigen Königl. Handschreiben, welche ein zur Ruhe eingegangener Minister erhielte, einer Entschuldigung von Eberhard, der seit Jahr und Tag bettlägerich wäre und weder lesen noch schreiben könnte p und bey einer großen Eilfertigkeit nach der benachbarten Loge, aus der man kam, wieder zurückzukehren, fiel dem großen Gönner und Freunde noch etwas aus seiner Brieftasche ein, das er von Zimmermann erhalten hätte. Ich erschrack gleich vor den Anblick und dachte an Stahlbaum, (wenn der zu Ihrer Zeit schon hier war,) sich mit Kupferstechen viel abgab und eine Copey ohne mein Wißen von dem im Laden hängenden Schlafbilde mitgenommen haben soll. Hierauf wurde mit gewöhnl. Eidschwüren betheuert, daß es ein Versuch von Lavater wäre für den 2ten Theil seiner Physiognomien und eine Probe von der Stärke seiner Ideale; daß Moser ihm das Contour gegeben und er diesen selbst besucht hätte. Mit einem Mann der sich verschwört und flucht mag ich lieber leichtgläubig als ungläubig thun und gleichgiltige Lügen zu wiederlegen ist eben so unnütz als gleichgiltige Wahrheiten zu verfechten. Mein kleiner Johannes hat sich wie ein Engel aufgeführt, er wollte das Bild gar nicht erkennen saß und brummte vor sich indem er es ansah und schlug mit der Hand darauf, daß mich seine Thorheit ungewöhnl. aufmerksam machte. Gnug von dem Bettel, der mir vielleicht als der Mercur u die allg. Bibliothek, deren 2 letzte Stücke ich auch bereits gelesen. Den Reyhen der dritten Dodecade werden Sie wohl anführen müßen. Machen Sie sich nur gefaßt. Woher ihm der Innhalt des Tellerschen Briefes an Sie bekannt war, möcht ich wol wißen und Ihr Stillschweigen auf selbigen. Von Ihrem Schreiben an Sp. wußte er auchSie thäten mir eine große Gefälligkeit mir dies vorzüglich mitzutheilen, um den Gang dieser Leute kennen zu lernen, zu meinem privat Unterricht. Unter dem – strich ist mit Bleystift mein Name geschrieben und dies ward vom Ueberbringer für Lavaters Hand ausgegeben. Ich glaube eher Nicolai darinn zu erkennen und vermuthe daß Sie den Krieg a la Klotz mit mir führen werden. Mein alter Verleger hat mir voriges Jahr einen
    niederträchtigen
Streich gespielt; aber diesen groben und tummen hätt ich ihm nicht zugetraut, er mag Erfinder oder bloßer Unterhändler seyn, wie ich noch nicht entscheiden kann. Er soll Klatschereyen in Ansehung des Göthe gemacht haben, an die ich nicht gedacht habe. Windbeuteleyen sind in meinen Augen vergeblich; aber boßhafte Lügen entfernen mich bis zum non plus ultra.Assmus hat mir niemals eine Sylbe von seiner Unpäßlichkeit erwähnt. Ich will ihm nicht eher antworten bis ich seine Exemplaria erhalten. Vergeben Sie es meinem Zeit Mangel, lieber Superintendent! und meinem zerstreuten Gemüth, wenn Sie weder lesen noch verstehen können.
    Einl
.
zu befördern ist meine HauptSache gewesen, weil ich darum sehr ersucht worden bin. Sie und Asmus haben in unsern Zeitungen herhalten müßen. Beyde aus Ihrer Vaterstadt. Laden und Zeitung soll forthin le ventre de ma mere seyn, wohin ich nicht leicht wiederkommen werde. Heute frühe will ich meinen Gegenbesuch machen u ein paar Kleinigkeiten abgeben. Was macht Ihr kleiner Johann Χstoph? Gott laße Ihnen so viel Freude an diesem Zögling erleben. Grüßen Sie ihn von mir und seinem kleinen Freunde. Moldenhawer soll einen Ruff nach Göttingen erhalten haben. Gestern hieß es in Ansehung Ihrer von einer Vocation nach Hannover. Leben Sie wohl, ruhig und glücklich mit Ihrer lieben HausEhre. Schreiben Sie doch, was Sie von Paentzler wißen u. erfahren, und theilen Sie obiges mit unter selbstbeliebigen Bedingungen, wie weit sich meine Discretion erstrecken soll. Creutzfeld hat mich in 8 Tagen nicht besucht und versprach mir noch ein paar Volkslieder. Gott empfohlen und Seiner allwaltenden Gnade!
P. P. Da Ew. Wolgeboren vielleicht der
    erste
gewesen, der die Lavatersche Fragmente durchgeblättert, und vielleicht der
    einzige
sind, der solche im Lichte der reinen Vernunft d zu durchschauen im stande ist: so würde ich nicht ermangelt haben beyliegenden A-Stich, der mir von Dero Herrn Wirthe als eine der glücklichsten Proben der Lavaterschen Kunst in Auflösung physiognostischer Probleme vorigen Sonntag entre chien et loup eingehändigt worden Ihnen vorzulegen. Ohngeachtet ich wider meine Diaet die ganze Nacht schlaflos und mit Briefschreiben zugebracht hatte, so erschien ich doch gestern Morgens einer mit Ihrem HE. Wirth genommenen Abrede zufolge in i seinem Buch Laden, ohne ihn zu Hause anzutreffen. Meine Schläfrigkeit und der dadurch mir schwerer gewordene Posttag erlaubten mir das Bureau zu verlaßen und das Gesuch Ihres Bedienten zu befriedigen. Allem ohngeachtet machte ich mir noch g Gestern Abend aber that ich den mühseeligen Spatziergang nach Ew. Wolgebornen in Ihrem Garten aufzusuchen. auch
    umsonst
Diese Nacht hab ich der meiner trägen Natur den kleinen Rückstand ihres trägen Tributs ehrlich abgetragen und Gott Lob! wacker aus und übergeschlafen. Meine erste Arbeit ist Ew. Wolgebornen Neugierde in Ansehung des Shandi-Lavaterschen A–Stiches zu befriedigen beantworten, wiewol selbige kaum selbst wenig eigentl. dabey interessirt seyn kann, weil Ihr Herr Wirth mich mit seinem ihm leider so geläufigen und zu seiner Zeit nicht unergehört bleibenden: Straff mich Gott! versichert, daß Dieselben der erste gewesen, der vorzüglich über die frappante Gleichförmigkeit des physiognostischen A–Stiches mit dem Original wenigstens sein Erstaunen bezeugt haben soll. Da ich aus meinen
    natürlichen
Ohren vor dem Publico kein Geheimnis machen kann, weil mir schon leider! seit Jahr und Tag 3 rth zu einer neuen Perücken fehlen: so möchte ich es doch nicht gern auf eine Probe aussetzen, aus Ihres Herrn Wirths Lucullischen Hor. Lib. I Ep. 6 u Leipziger Apparatu meine Organa sapientiae wie Freund Lauson und Ihre Blöße zu bedecken, als wie (zum Exempel) mein Freund Lauson zu bedecken. Was mein geistliches oder symbolisches Ohr betrifft; so kann ich es freylich ohne Undank gegen die gütige und freygebige Natur nicht verbergen, daß ich in der Gabe zu hören alle meine Freunde und Vertraute ziemlich übertreffe und daher würklich das unsichtbare organon dieses Sinns um einige Zoll länger und ein gut Theil spitziger vermuthe, als es von dem A–Stecher St. Lips. nachgezeichnet und nachgestochen worden – und daß ich für die ewige Leyer der reinen Vernunft und des schönen und erhabenen Geschmacks ein noch gröberer Asinus seyn werde als es dem symbolischen A–Stich bis dato anzusehen ist. Im Grunde ist aber der ganze freundschaftliche Wink Hieroglyphe über meiner
    erkünstelten
und mehr affectirten als der wie meiner unsichtbaren Natur angemeßenen Grobheit und oder Freyheit ein
    Schusterjungen-Einfall
, der die Anmerkung des weisen Horatz bestätigt: Naturam expellas furca; tamen usque recurret Et mala perrumpet
    furtim
fastidia
    victrix
.
Lib. I. Ep. X. v. 24. 25. Wer mit einer
    so faulen
und
    concreten
Methode mich abzuschrecken zu widerlegen u sich zu decken meynt, wird sich in fine betrogen finden. Weil ich aber mit Pfriemen nicht umzugehen weiß: so soll mein
    gemiethet Scheer Meßer
noch manchen unversehrten Wangenbart in die Glut heiliger Gesänge versetzen. Des berühmten Cicisbeo freche Lügen, anatomische Mordgräuel, Auswüchse am Ende der meinigen, reiche Werke des guten Geruchs sollen in einer Kupferplate erscheinen, deßenren Ausgabe ich meinen neu erworbenen Freunden
    Zimmermann
und
    Lavater
zu überlaßen denke. Dieser Nationalzug der philosophischen und moralischen Canaille verklärt mir vollends meines verwünschten Vaterlands, absolvirt und gereicht fast zur Absolution beynahe meinens Vetter Nabal zu Böhmisch Breda und seine siechen Consorten und Nachbarn. Mein Vetter Nabal soll für die Gnade und
    Ehre
, die er dem Cicisbeo meiner Landsleute und ihrer schönen und braven Geister während seiner dortigen StaatsGeschäfte erwiesen, belohnt einen Gotteslohn empfangen und ich werde getrost fortfahren ein Antipod der weltberühmten preuß. National
    Falschheit
und National
    Höflichkeit
zu leben und obenein mir den Ruhm zuzueignen suchen diese Bonuma Naturae aus andern,
    vielleicht
beßeren Grundsätzen, zu anderm, vielleicht
    beßerem
Behuf anzuwenden – so wahr mir Gott helfe! Amen. Ich eile nunmehr mit eiskaltem Blute zur Fortsetzung eines Versuchs, den ich am weiland grünen Donnerstage angefangen und seit dem Fest aufgegeben hatte, wenn beyl. Eselsohr mir nicht zur Brücke würde meinen Weg gemächlicher zu verkürzen – So muß wahr ist es daß alles was aus Liebe kommt, zu unserm Besten dienen muß. Ich bitte mir Einlage bitte mir noch heute zurück, weil ich gestern keinen einzigen meiner Freunde habe auftreiben können, die hoffentlich meiner philo güldenen des der Verwandlung meines einzigen Ohres rechten sich nicht schämen werden, da sie sich bey den Philosophen ad modum Apulejus sich weiter als auf ein recht Ohr erstreckte. Allen den Ihrigen steht es der physiognostische A-stich ehstens nach Herzens Lust und selbstbeliebiger Weile zu Dienste und Geboth. Uebrigens habe die Ehre mit unveränderten Gesinnungen zu verharren Ew Wolgeboren Meines HöchstzuEhrenden HE Professor ergebenster Freund und Diener Am alten Graben Johann Georg Hamann. den 18 Julii 1775.
B. den 29. Jul. 775. Eben komme ich lieber H. von einer 4. wöchentl. Reise nach Darmstadt, die ich mit Weib u. Kind, Hans u. Gottfr. gethan hatte u. finde Ihren Brief, der mich in Allem wundert. So haben Sie nicht meinen Brief durch Hartkn. mit 2. Büchern, nicht einen andern nach erhaltner Preisfrage gekriegt: Oder sind stumm darauf, auch stumm auf die Bücher? Das wolle der Himmel nicht! Fodern Sie von Hartkn. oder durch einen Laufzettel nach Minden von der Post, wo Sie nicht bekommen, nur schreiben Sie, antworten Sie (das Postgeld will ich immer gern geben: müßte ich doch die Inlage bezahlen) u. reißen Sie mich aus der Unruhe, in der ich bin, bis ich Ihr Wort weiß. Auch meine Schwester hat den ihr durch Hartkn. zugeschickten Brief nicht empfangen, weiß noch gar nicht, daß Hans hier ist p u. ich schrieb doch gleich u. schickte auf Hartkn. Willen den Brief an Nikel in Berlin ihm nach. Thun Sie doch Alles, lieber Hamann in meinem Namen, daß es zurück zurechtkomme: ich habe an Hartkn. zu schreiben nicht Zeit. Er ist überhaupt lange nicht für mich u. mein Weib gewesen, was er war; die Ehe mit einer Frau von Geschmack hat ihn sehr verändert. Schreiben Sie doch, was Ihnen davon dünkt u. wie er dort erscheinet. Kanter ist, als Windbeutel hier gewesen, u. Staatsminister zu besuchen, fortgezogen: so ist er auch Zimmermann vorgekommen (mit dem ich in Darmst. 5. Tage auf seiner Schweizerreise gelebt) u. allen guten Leuten. Die Geschichte von Lav. aber kann wahr seyn. Moser hat würklich Ihr Bild Lav. zu kopiren mitgegeben u. das Stechen ist ihm, weil er Maler Zeichner u. Kupferstecher hält, ganz natürlich. Ich u. mein Weib sollen auch im 1.t. Th. der Phys. stech, stehen, ganz unkenntlich aber u. völlig gegen unser Wißen u. Willen. Argern Sie sich also nicht: wollen Sie nicht daselbst prangern, so kann ichs vielleicht für mich hintertreiben. Penzel kenne ich nur sehr beiläufig u. doppelt. Zuerst aus einem Ms. das mir von Lemgo aus der Meierschen Buchdr. geschickt ward, obs des Drucks werth sey: eine Uebersetzung von Regner Lodbrogs Sterbeliede, mit langen Noten, in denen auch ich geschimpft war, recht vom Zaun abgebrochen die Ursach. Ein ander Ms. über Katull, das vom Verf. Namenlos glaub ich an mich kam, u. worüber ich meine Meinung als über eine unreife Geburt schrieb, u. es ihm zurückschickte. Darauf ein sehr höfl. Brief von ihm folgte – das ist Alles. Beides ist meines Wißens nicht gedruckt worden. Bei Strabo steht, glaub’ ich, in der Vorrede sein Leben, wie ers erzält. Ich bin auf sein Schicksal sehr begierig Melden Sie mir doch von ihm weiter. In Allem, was Sie vom Kanter erzälen, steht der Mann vor mir. So hat er mit mir von der ganzen Welt geschwatzt u. so wird er von mir v. v. geschwatzt haben. Hat auch mich mit den Berl. wieder zusammenhängen wollen, wo ich ihm aber gar nicht wiedersprochen, das doch immer, wie Sie selbst sagen, das beste ist. Eberhard u. Teller sind seine Götter. Basedow, Semmler p seine Patrioten: er ist Papiermüller u. Erbherr auf Trut. – Laßen Sie ihn reisen u. malen. Die Anekdote, daß die Gräfin in unserm Hause gewesen, ist schon in der ganzen Welt. Ihre Situation mit Stark ist Dithyramb: darüber urtheile ein andrer, nicht Ich. Hüte Dich vorm Beichtvater, würde Sirach sagen: er ist noch lange nicht die in Deinen Armen schläft. Die Rec. der Prov. Bl. in der D. B. haben Sie doch gelesen. Sie ist von HE. Friedr. Nikolai Höchsteigenhändig u. fodert formell alle gute Geister auf, gegen mich zu conspiriren. In einem andern Stück sind all ihre opp. auch von ihm abgehandelt, mich dünkt, hinter dem h Artikel von Zauberbüchern, wenigstens völlig auf die Weise. Kästner hat über seinen Sebald angestochen: Der lange Nikkel kehrt mit seinem Ladenbesen ein Buch für seine Thür und – alle Dunse lesen. wahrlich die genetische u. pragmatische Geschichte des ganzen Drecks. Göthe, der uns zu gut aus Straßburg von seiner Schweizerreise heraufeilte u. von Darmst. nach Frankf. begleitete, ist weidlich voll von ihm u. wird ihn, glaub’ ich, nächstens reiben. Sie ehrt er sehr: da ich ihm im Spaas Kanters Mährchen sagte, freute er sich darüber recht im Ernste. Sie könn glauben nicht, wie er alles aufhascht, was sSie betrift, u. ist überhaupt mit seinen Schriften nur Komödiant, u. in seinem Leben wilder Mensch u. Zeichner u. guter Junge. Von Claud. kann ich Ihnen viell. bald mehr schreiben. Moser habe vielfältig gesprochen: er war gegen mich überschwängl. vorkommend, höfl. u. wie es schien, herzl. Nächstens mehr. Ich bin des Schreibens müde. Auch Gleim in Pyrm. gesehn u. herzlich umarmt. In und um Darmst. vortrefl. Rheinwein gekostet u. genossen u. müde u. matt mein altes Bückeb. wieder ich gefunden, wo ich seit Absteigung des vom Wagen arbeite u. daher so entsetzl. nichts schreibe. Johann ist voll, grüßt Sie u. wird nächstens schreiben sich fürs Pathengeschenk zu bedanken. Adieu, Adieu, Adieu.   H. NB. NB. Inlage doch ja eilig zu bestellen. Kgsb. den 14 Aug 75. Herzlich geliebter Freund, Ihr letztes vom 29 Jul. erhielt den 9 hui und bestellte sogl. Einl. nach Morungen, konnte aber nicht sogl. antworten und gestern bin auch den gantzen Tag besetzt gewesen. – Hartknoch hat mir den 1 Sont. n. Trin.
    einen Brief
von Ihnen nebst den
    Büchern
richtig eingehändigt; und als er den 21 Jun. bereits kam, von mir Abschied zu nehmen mit seinem Sohn, brachte er mir noch einen
    früheren Brief
von Ihnen, als der erste war. Ich habe also 2 Briefe und alles richtig erhalten. Ungeachtet ich meinen Brief, bester Herder! letzt in der grösten Gemüthsstörung geschrieben habe: so glaube ich doch ausdrückl. angeführt zu haben, daß ich jene
    beyde
Briefe nicht Zeit hätte aufzusuchen – Das
    Danken
für Ihre neueste Arbeiten, könnte
    wol
    ausgeblieben
seyn, weil es sich von selbst u. gleichsam in margine versteht; aber daß ich nicht sollte daran gedacht haben, kann ich mir auch kaum vorstellen. Wiewol alles unter jenen Umständen mögl. ist, und ich befinde mich noch immer in sehr ähnl. Lage. Den
    Dank
also beyseite gesetzt, können Sie weder auf mein
    Urtheil
noch auf meinen
    Beyfall
Ansprüche machen. Meine
    vorzügl. Zufriedenheit
aber und die
    Geschichte
meiner Seele habe ich Ihnen so oft in Gedanken vielleicht mitgetheilt und auch niemanden hier ein Geheimnis daraus gemacht, daß, wenn es wirklich nicht geschehen, ich alles mit 2 Worten berühren will. Ich war über die
    geänderte
Stellen in den hieroph. Briefen so verdrüßlich und außer Stand gesetzt meinen eigenen Sinn zu errathen, daß ich meine eigene Autorschaft verfluchte und alle ehrl. Leute bedauerte, die mit einem Gefühl von Ehrlichkeit sich damit abgäben und ihre Gemüthsruhe einem solchen Hirngespinste aufopferten. Mitten in diesem Gedräng nahm ich zu Ihren
    Erläuterungen
Zuflucht, fand die Einleit. sehr interessant, als ich aber weiter kam, wurde mir vor meinem eignen Schatten Angst und meine Unruhe über uns beyde nahm so zu, daß ich kein Buch den Tag anzusehen im Stande war – Alles Schreiben schien mir ein Blendwerk zu seyn, und daß man sich von der Lebhaftigkeit gewißer Träume so hinreißen ließe, daß man gl. einem
    Mondsüchtigen
– Ich bot alle meine kleine Philosophie auf über diese Phaenomene nachzudenken und selbige zu erklären – Alles lief aber auf ein Achselzucken heraus und zuletzt auf ein beruhigendes Homo sumDen andern Tag gieng das so fort, ohne daß ich was lesen noch ansehen mochte, bis ich mich
    ermannte
die beyden kleinen Briefe der Brüder Jesu vorzunehmen, deren Titel ich gar nicht einmal verstund, und worüber ich einen Wink von Ihnen auch falsch verstanden hatte. Ich griff nach dem Buch mit einer sehr feyerlichen Behutsamkeit, und in der Absicht um Experimente zu machen über den Gang einer Autor Seele – und mit dieser Arbeit war ich so zufrieden, daß ich mich recht über den
    Autor
und
    Freund
erfreute – und es mir vor behielte die
    Erläuterungen
von vorn wieder anzufangen, wollte aber den ersten Eindruck erst ein wenig verrauchen laßen. Vierzehn Tage nachher war es mir erst mögl. zu dieser Muße und Arbeit zu kommen, und ich glaube den
    Geist
dieser Schrift so gut als jemand
    genoßen
zu haben, daß ich also mit diesen letzten Arbeiten zufriedner als mit irgend einer älteren bin und mehr Antheil als an allen andern nehme. Ich schränke mich aber blos auf das
    Gantze
und
    Allgemeine
ein – Denn zum
    Einzelnen
bin zu schwach in mehr als einem Verstande. In unsern
    Zeitungen
sind Sie von Trescho geneckt worden. Er ist der einzige gewesen, an den ich im May wegen des Assmus geschrieben, den er auch im Vorbeygehen geneckt. Den 4 h. hat er mir geantwortet, daß er nichts hätte, und desto beßer für uns beyde, weil ich auch für ihn nichts mehr habe, und mein Dutzend all ist. Von neuen Sachen habe noch nichts gelesen als die A. D.
    Bibliothek
, in der Ihnen wol nichts eigentl. zur Last fällt als die falsche Citation aus den
    Proleg. des
    Jablonsky
.
Laßen Sie sich doch dies ein für allemal eine Warnung seyn, nichts auf Credit zu citiren. Ich glaube keinem
    fremden Zeugniße
, oder brauch es niemals, ohn es vorher berichtigt zu haben. Nach der in
    Walchs Bibliothek
bin auch sehr neugierig, kann aber nicht dazu kommen. Nicolai
    Dank
für seine Ankündigung des Zacchaei, die voller Misverständniße ist, und mich nicht anficht. Aber die beyden Gesellen Hd. Dh. denke mit einem
    Fell
abzufertigen, und diese Arbeit benimmt mir den Kopf seit mehr denn 14 Tagen ohne daß ich aus der Stelle kommen kann. Ich habe gestern mit genauer Noth Lavaters phys. Fragmente bey mir zu Hause durchzusehen bekommen, und nicht ohne Augen- und Seelenweide. Es ist mir nicht mögl. gewesen Sie
    aufzufinden
. Wegen ihrer
    Caroline
bin auch nicht sicher, ohngeachtet mir Kanter Ihre Silhouette gewiesen. Wer mag H–n p. 196. seyn? Können Sie mir nicht zu p. 232. 233. und 258 einen Aufschluß geben. Wo ist
    Göthe
? Meine Vision wegen des Ohrs und der alberne Verdacht, daß es eine
    Erfindung hiesiges Orts
wäre, was mir wie ein Pfeil ins Gehirn und Hertz geschoßen war und wozu ich durch einen Zusammenfluß kleiner Umstände verleitet wurde, die sich verschworen hatten mich in den Irrthum zu stürtzen, hat mir einige grausame Tage gemacht und mich in viel Verlegenheit gesetzt. So bald ich nur überführt wurde, daß es nicht von hier kam und K. nicht die Unverschämtheit hatte der
    Unterhändler
eines so tummen Streichs zu seyn, war ich beruhigt und es focht mich nichts mehr an. Dem Apollonio hat es ein rasendes u blutiges Billet gekostet, worinn mein alter Gevatter Kanter und H–l auch gemishandelt waren, und beyde, auch vielleicht alle 3 sind gantz entfernt worden. Freunde, die sich auf Zeichnung verstehen, wollen mich nicht erkennen, ich soll unten viel zu stark seyn. Auch mein Ohr sich wirkl. unterscheiden und eine falsche Zeichnung leicht veranlaßen können. Vergeben Sie, daß ich Sie mit der Grille auch beunruhigt habe. Sie hängt mit so viel kleinen Umständen zusammen – und ist für mich ein feuriger Pfeil gewesen, in der eintzigen Rücksicht, daß ich meine
    einzigen
und
    vertrautesten
Freunde eines solchen
    niedrigen
Zuges fähig hielt. Lavater und das gantze Publicum mag mit mir machen was ihnen gelüstet; ich kenne beyde nicht und bekümmere mich nicht weiter darum. Mein einziges Tichten und Trachten und die gantze Bosheit meines Herzens hat gegenwärtig kein ander Ziel als den Vetter Nabal zu B. B. und seine beyde Gesellen Hd. Dh. Acht Tage ist ihre Recension mein Frühstück gewesen und ich kann nicht zum Vomiren kommen um mich der Galle zu entschütten. Liebster, bester Herder! Ihr letzter Brief vom 29 Jul. ist mir Balsam auf mein Haupt und für meinen grauen Bart gewesen. In 14 Tagen werde Ihren u. meinen Geburtstag mit Paentzel, Krause und Kreutzfeld, die jetzt mein Kleeblatt sind feyern. Letzter ist mein
    Schüler
im Engl. und hat eine große Anlage ist Ihr intimus, mit dem ich noch immer
    willens
bin Ihre Urkunde zu studieren. Er hat mir Licht über Ihre Schreibart aufgesteckt, dafür ich ihm erkenntlich bin. Beyl. sind ein paar Dainos, die ich nicht zu beurtheilen im stande bin, ob sie Ihres Ansehens oder Aufnahme werth seyn werden. Krause ist des Kr. Buchholtzes Schwestersohn, ein
    groß
Genie, philosophisch und mathematisches. Er brütet über Proben. Seine Ähnlichkeit in der Physiognomie mit dem vorigen Beichtvater macht mir bisweilen Angst – aber er ist ein großes Genie, und der erste Lehrmeister meines Buben und seines Vaters, der im Ariost schwärmt mit ihm. Paentzel verbindet mit einem außerordentl. fähigen und brennenden Kopf, ein gutes, edles, unschuldiges Hertz. Gantz Königsberg hat sich für diesen armen unglückl. Menschen interessirt auf eine unglaublich freygebige Art und das
    Glück
scheint sich für
    ihn verschworen zu
haben. Er weiß vor Freuden nicht, was er anfangen soll. Er geht außer Uniform bereits. Der Gouverneur hat die ihm unnatürl. Menschenliebe, ihm seinen Abschied so leicht als mögl. zu machen und heute fängt er Collegia priuatissima über die Geschichte an. Ich freue mich wie ein Kind über ihn und meine Vaterstadt. Einem intimo aus Klotzens Schule müßen Sie einige Erbfehler vergeben aber ich bin nicht im stande
    unwißende übermüthige
Leute zu lieben und er ist der Antipod von
    beyden
. D.
    Arnold
ist todt. D. Reccard soll gegen seinen Oncle Starck, meinen Beichtvater, sehr laut seyn in seinen Vorlesungen, ja gar bis auf die Kantzel, wenn es wahr ist, neml. das letztere. Danischmende scheint zu versprechen, daß W. in seiner Philosophie ein wenig weiter kommt. Göthens Arlequinspeitsche ist nicht gantz nach meinem Geschmack; wiewol sie vielleicht das
    beste
Mittel bey gegenwärtiger
    Barbarey
zu seyn scheint. Gott seegne alle Ihre mannigfaltige Arbeiten – Ihre Ausarbeitung der Preißschrift – Ihre Fortsetzung der Urkunde – und alles was Sie Uns noch in Ihren
    Erläuterungen
hoffen laßen, und laßen Sie den
    Geist
immer
    milder
und vor allem markicher werden. Nehmen Sie zu und wachsen, unterdeßen ich abnehme und schwinde. Ich arbeite auch, aber nach kleinen Planen und andern Verhältnißen, auch vielleicht noch im ungleichen Drucke, und mit mehr Widerstand.
    Basedows
Philantropinum ist immer eine sehr merkwürdige Erscheinung, sein lächerl. Programma an den Cosmopoliten hat mir gestern viel Nachdenken und Antheil eingeflößt. Eine Revolution der Geister und unserer Erde oder ihres kleinen Theils scheint in Gährung zu seyn. Vom
    Layenbruder
und
    Claudius
schreiben Sie mir bald und alles was Sie
    können wißen
und
    nicht wißen
. Ich habe keine Ruhe für den langen Nickel und seine beyde Gesellen. Das möge einen glühenden Ofen und keinen Badeofen von Eis für sie bedeuten. Vergeben Sie mein Geschmier. Ich will es bey Umständen verbeßern. An Claudius schreibe gar nicht mehr, so nöthig er auch einen Fdors Brief hat vom Empfang der 50, davon ich nur 12 hier behalten und die übrige Hartknochs Schwager Toussaint zur weitern Expedition anvertraut. An Hartknoch selbst habe noch nicht geschrieben seit seiner Abreise. Er wartet auf die Entbindung seiner Frau von u. ohne – Ihre Schwester in Morungen hat mehr Geschmack und Ihrer Karoline Freundschaft für Ihre Schwester ist auch mein Geschmack, und hierinn haben wir alle
    einerley Sinn
und
    Geschmack
. Aller übrige ist nicht der Rede werth. Ich habe über diese Kleinigkeiten auch eine Menge Beobachtungen gemacht und einige zarte Fäden zielen auch darauf in meinem Hochzeitliede. Kurtz, Hintz und andere Leute mehr sind große Anbeter der gantzen Familie gewesen unterdeßen ich immer manche
    Zweifel
über die Gründe der Verehrung gehabt. Unterdeßen was Gott zusammenfügt, ist immer gut; und eine Ungleichheit der Charactere in 2 sehr zuträgl. wo das 1 selbst eine
    Ungleichheit
ist, die man unserm alten Freunde nicht absprechen kann, auch ihm sehr zu gönnen ist; denn Enthusiasmus kann sich nicht anders als durch
    Extreme erhalten
. Ich umarme Sie, Caroline, Gottfriedchen, Johann Christoph von Grund meiner Seelen und meines Herzens nebst den Meinigen. Wenn er doch zu rechter Zeit ankäme, der dulle Brief!!!
Heute Morgens d. 25. Aug. 775 an meinem 32. Geburtstage bekränzt mit einem Blumenkranz von meinem nackten Freudelallenden Buben u. seiner Mutter An meinen lieben Einzigen Ham. tausendmal Gruß u. Freude! Ich kam gestern Mittag von 2. Visitationen zurück u. fand nebst vielen Sachen, die mir nicht übel behagten, auch Ihren Brief u. noch etwas beßers von Ihnen – das ich nicht nennen kann. Ehe ich aber darauf antworte, muß die Nachricht vorhergehn, daß ich wenige Tage vorher von Hannover aus den Antrag „zum 4t. Prof. Ordinar. der Theol. u. Universitätspred. erhalten, ihn noch nicht angenommen habe, ihn aber Zweifelsohne annehmen werde. Wenn ich mich an Gehalt dem ersten Anschein nach nicht verbeßere, verbeßere ich mich an Lage: Schule zu lernen, vielleicht Geduld zu lernen, indem ich lehre, ists mir gewiß: aus meiner Höle, wo ich faullenzen u. knirschen, oder träumen, schwärmen, vergebl. versuchen u. knirschen muß, komme ich heraus, der Spanische Gaul komt vor den Pflug u. verlernts Pegasus oder Hippogryph in den Wolken zu werden: mein versäuertes, stockichtes Geblüt wird in Wallung zuerst u. denn in gesunden Lauf kommen: wenigstens steh ich auf weiterer, fruchtbarerer Höhe, wo der Ausflug fürderhin mir lange nicht so schwer werden kann, als aus diesem mit Steinen u. Bergen verrammelten Unsinn- u. Zauberlande. Also segne Gott meine Strasse! u. dSie, lieber Magus, segnen mir nach!!! Stille, Verträglichkeit, Fleiß u. Ruhe von Autorträumen, in denen ich zu sehr u. lange umhergeschwärmt bin, sind mein A. B. C. das ich in allen Handlungen u. Vorfällen suchen, lesen u. finden werde. Helf mir Gott! Uebermorgen antwort ich vielleicht, wenn noch ein Brief vorher eintrift: sonst weiß noch niemand etwas. Prof. Kopp. von Mitau wird auch geruffen, mir nach: u. die General-Superint., die eines Baus wegen noch 2. Jahr offen bleiben muß, mir aber eigentlich bestimmt scheint war, ob man mich gleich nicht mit dem Karakter
    ruffen
will, scheint mein ferneres Ziel zu werden. Nochmals, helf Gott! auch vorfür mein Weib, meine u. Eure Kinder, lieber Ham., die mir im Testament vermacht sind u. davon Ihr nur den lebend den Nießbrauch ziehet – allen seis zum Frommen, u. nicht zum Schaden! Amen! Kanter schwatzte hier viel von einem Ruf an Arnolds Stelle, hat auch weiter in Deutschland umhergeschwatzt. Wenn dies bekannt wird, kanns leicht kommen; undenklich ists aber, was das Krötengehack in Berl. sich mit Spionerien u. Hinderungen für Mühe gegeben haben. Noch stehn mir, wenn ich hinkomme, natürlich alle bleckende Zähne der Affen u. Gecken entgegen: der Himmel aber wird mir hindurchhelfen, daß ich ihnen weniger zum Raube werden, als es bisher gewesen. Ich hoffe, die Nähe wird uns versöhnen. – Prof. Heine in Gött. ist wohl das erste Triebrad gewesen, das aber in seinem Lauf, wie ich glaube, sehr matt geworden ist etc. Im Minister. ist der Geh. Rath Bremer, der mich persönlich kennt, erst mein Schirm u. Schild gewesen gegen Alles, was 2. Jahre durch immer gehandelt wurde u. mir hier leider! immer zu Ohren flog. Zuletzt scheint der Prinz Karl von Mecklenb., der Königin Bruder, der mich neulich par hasard in Darmstadt mitpredigen hörte, durchgebrochen zu seyn oder das Uebergewicht gegeben zu haben – was ich weiß nicht aber eigentlich nicht weiß. Ich habe nicht darum gearbeitet oder gelaufen: vielmehr, da mir vor Jahr u. Tag eine Predigt in Hannov. zu halten angetragen wurde, schlug ich sie, als ungeziemend, rund ab. Insonderheit ist die Stelle, die ich jetzt bekomme, mir immer so widrig vorgekommen, daß es mir auch noch schwer hält, mich von dem, was eigentl. Predigerstelle bei meiner
    Gemeine
heißt, zu trennen u. mich mit allen Kräften dahin zurück sehnen werde – Helfe mir Gott! – Ein paar Tage vorher, ehe ich den Ruf bekam, träumte mein Weib, die Seherin im Schlaf u. das vernünftige Weib im Wachen, von 2. L. dor, einem alten, beschabten – u. einem glänzenden, neuen Preußischen, u. daß wir in Ungewißheit gewesen, welchen zu nehmen. Das Schreiben kam, sie erbrachs unwißend u. rief mir entgegen: der alte L. d’or ist angekommen, das denn unserm schwachen, blöden Eigensinn zuerst sehr unbehagl. vorkommen muste, bis endlich doch jede Reihe von Gedanken am Ende auf nichts ausging, als: Nimm ihn! nimm ihn! wie jene Glocke der Vettel zurief, die heurathen wollte. Und s noch sagts jeder Tag u. Abend uns aufs neue. Tausendmal haben wir an Ihr Orakel gedacht, lieb. Ham. u. ich bin drauf äußerst begierig. Schreiben Sie aber bald, bald, völlig u. aus Herzensgrunde. – Ihr Penzel freut mich sehr. Sie haben Recht, daß er sich in der Lage vortreflich aufnehmen wird: so müßen Leute verschlagen werden, wie wilde Vögel, damit ans elende, unbeackerte Bernsteinufer einmal eine rasche, fleißige Hände kommen – die Akad. ist ja in einem Zustande zum tiefsten Erbarmen! Aber nun meine
    Erläuter
.! Glauben Sie, daß mir Ihr Eindruck davon äußerst lehrend sei! Kein Buch ist, daran ich mit so viel Schweiß gearbeitet u. das mir so äußerst selbst widerstünde! Das kommt aus der δουλια του αιωνος τουτου heraus, für den ich gar nicht geschaffen bin. Was hätten in andrer Bearbeitung für Keime in dem herrlichen Schatze von Urkunde (falsch oder wahr, früh oder spät) gelegen! Deren ich mich itzt selbst schäme. Bald kommt der erste Theil von Zend-Avest heraus: Sie sollen selbst sehen! Die Rec. der Urk. in der A. D. B. kene noch nicht: so wenig als in der Walchischen: aber ich hörte schon, ehe sie jene gedruckt war, mündliche Lobpreisungen u. Triumphe. Wovon ich neul. sprach war nur die hämische Beurtheil. der Prov. Bl. in einem vorhergehende Stücke. Den langen Nickel Hd, u. Dh. halte ich alles für unum idemque. Daß mich Trescho geneckt hat, kommt vermuthl. von einigen Feuerpfeilen in den Prov. Bl. her, die ihm ins Herz geflogen. Kann ich das Blatt nicht haben? Alles kommt vom Herrn u. können u. wollen nichts dagegen reden! weder Böses noch Gutes. Vom Layenbr. habe ich noch keine Antwort auf Eine für mich sehr wichtige Bitte u. Frage. Er ist mir mit einer Fülle von Liebe u. Zutrauen zuvorkommen, hat mich auch zuletzt sub Rosa mit einer ziemlichen Aussicht von Operibus piis unterhalten, wenn ich dahin wollte, woran ich aber noch wenig oder keinen Theil nehmen können, als den, daß ich seine gute, redliche, brennend verschloßne Würksamkeit sehe. Meine Bitte an Ihn hat daher eine ganz andre Bahn genommen. Ende voriger Woche besuchte mich Gleim u. seine Nichte. Zwei gute Geschöpfe u. Er ein herrlicher Mensch! Wahrheit, Liebe, Treue wohnt um ihn mit der Empfindung „hier ist gut seyn!“ Alle seine Schwachheiten zeigt er u. will nichts anders seyn, als er ist, u. ist immer, wenn man ihn lebend sieht, ingenuus homo mit denselben. Wir lieben ihn herzl. Sonst habe ich hier außer einer alten Witwe, die unsre Mutter ist, zwei sehr verschiedne Leute zu Freunden u. Umgängern, jeder in seiner Art, was er seyn will. Der Eine Kapitain in unsres Grafen Dienst, der aber draus, wie aus Waßerflüßen Babels, seufzet u. dem noch Alles Alles leider! fehlschlägt, von
    Zanthier
. Der andre, ein Kandidat, voll Unschuld, Kindeseinfalt, Fleiß u.
    Treue
,
    Kleuker
– der Uebersetzer Zoroasters – Ich wollt, daß ich sie mit mir herausheben könnte. Sonst laße ich nichts nach. In Lav. Physion. ist S. 191 eine Fr. v. Ompteda, Schwester des Minist. von Horst, gewes. Oberhofmstrin der verst. Kön. in Dännemark, die ich kenne: eine erschreckl. reiche Poetin an Lat. Deutsch. Franz. Versen, sonst fein, wohlthätig, äußerst vernünftig, kdamals als ich sie in Pyrmont kannte, krank u. schwächlich. Ich habe Einen Brief von Ihr auf Einem Foliobogen – ist aber übrigens nicht für mich. Die Verse, die Sie damals auf Mendelsohn machte, fingen an Vir bonus et sapiens, quem vix ex millibus vnum etc. etc. ich weiß nicht – consultus Apollo – Sap. Sat! S. 122. ist oben Malagrida, n. 3. Wilkes in carric. S. 192. soll meine Frau seyn, nach einem äußerst übeln Abriß, nach dem ich auch hineingerannt wäre, wenn ichs nicht verflucht u. verteufelt hätte. S. 194. n. 4. ist sie auch u. beßer. H–e S. 196. kenne ich nicht. S. 207. ist der Fürst, der Marggr. v. Baden, der auch sehr wahr geschildert ist, u. den ich unter allem, was ich als Fürst gekannt, am höchsten schätze. n. 4. ist der Dokt. Medic.
    Jung
, den ich auch in Strasb. lange gekannt, u. von dem ich einen Bogen schreiben müßte. Er ist zu Elberfeld Doktor, ein gläubiger Christ, wie aus dem 2ten Jahrhundert – Im Merkur hat einmal die langweil. Gesch. von Joseph u. Potiphars p oder Asna-Neitha, wenn ich nicht irre von ihm gestanden. S. 223. ist Göthe, nur etwas känntlich. S. 233. gewiß Oettinger. S. 241. wo 1. und 4. genannt sind n. 2. ein gewißer Klockenbring in Hannover, von dem Alles was dasteht, wahr ist. S. 245. über Homer u. 266. über Rameau hat Göthe gemacht, auch die Verse am Ende. Ich stehe nicht drinn, werde mich auch wohl sehr hüten, hineinzukommen. Um Ihr Bild u. was es damit für Bewandniß habe, will ich mich bekümmern: ich habe lange nicht an Lav. geschr. auch von ihm keine Briefe. Wie schrecklich über Ihren Judas Ischarioth Merk Ihr Fluch gekommen, zu eben der Zeit, da er reisete – hab u. Sie sah, hab’ ich Ihnen, glaub ich, längst geschrieben oder hätts schreiben können. Er hat mich neul. da ich in Darmst. war, mehr gedauert als geärgert, so viel er auch mir Poßen gespielt hatte. Also compesce mentem! – Nikkels Unverschämtheit aber übertrift Allen, Allen Glauben. Durch Ostracism sollte der Kerl zu Tode gesteinigt werden! Grüßen Sie Kreuzfeld, u. danken Ihm für die 3. Volkslieder bestens. Da ich noch immer den Plan, Volklieder zu sammlen, nicht aufgegeben, so erfreut er mich sehr mit jedem neuen Beitrage. Mein Weib grüßet, liebt u. ehrt Sie sehr. Hans ist wohl u. wird von Tag zu Tage beßer. Leben Sie wohl mit Ihrer Hausmutter u. kleinem Dreiblatt. H.
Mohrungen den 9ten Januar 1776 Hochgeschätzter Herr Haman Ich beklage von Herzen ihnen wieder meinen willen Beleidigt zu haben, ich habe weil der Johan Christoph da ist nur zwey Briefe gekricht und gleich untereinander, u nun lange Zeit keinen, u wo ich nicht irre beynahe den letzten Brief den ich hin geschickt durch ihre güttige Besorgung, wo ich nur ein par worthe ins Kouvert an ihnen schrieb, u ich bitte sie ergebenst es mir zu verzeihen, den ich hoffe, das sie meine entschuldigung güttigst annehmen werden weil ich so wenig zeit habe, u so einfälttig ich auch schreibe es mir doch mühe kost, u wenn ich noch etwas sagen solte so bekümmert es mich nicht wenig ihnen immer auf ungeldt zu Bringen, Aber mein Bruder hat doch da nicht Schuld dran, dem es nicht wenig, Bekümmern mag das sie so ungüttig sind und ihm nicht antworthen, er wird nicht wissen was er denken soll, ich bitte also nochmahlen um vergebung, will künftig so viel es möglich, wenn sie mich ihres werthen schreibens würdigen, es zu verbessern suchen, u habe es auch vor dismal gleich gethan, wobey ich herzlich bitte die inlage an meinen L B zu Besorgen werthgeschätzter Herr Haman, von dem Buche wahren sie so güttig und schrieben so „mein Bruder hat zwey schöne Bücher herraus gegeben, nehmlich, die Briefe Jacobi und Judä neu übersetzt und erläutert, nebst einem eben so neuen Erklärungsversuch des Evangelium Johannis, Fals Her Hartknoch sein versprechen nicht erfüllt hat, werde ich dafür sorgen helfen daß ihnen sobald es möglich etwas durch ihn übermacht wird, das habe ich aus ihrem Briefe geschrieben, u ich weiß selbst nicht nun ich recht nachdenke ob sie hierin ein Buch versprechen zu Besorgen oder einen Brief, weil ich damals so sehnlich auf antwort wartete, vielleicht werden sie sich nun Besinnen wie es recht gewessen ist, habe ich unrecht so bitte mir einen güttigen verweiß aus das ich ein andermal beßer verstehen lerne, Ich Empfehle mich in Dero gewogeheit nebst vielen Herzlichen Grüssen an ihre werthe Haus Mutter und kl. Familge Ich bin mit aller ersinlichen Hochachtung und Liebe ihre unttertänigste dienerin C D G Hornin Königsberg am 28 Janner 1776. Dom. IV. p Epiph. Den 6 Sept. p. erhielt den letzten Brief aus Bückeburg vom 25 Aug. dem 32 Geburtstage datirt – zum Anfang des Neuen Jahrs zankt ich mich mit meiner Freundin in Morungen, daß sie nicht mehr an Ihr Fleisch und Blut am Ende der deutschen Welt und Ehrlichkeit dächt; und daß sie es zu verantworten hätte, daß ich solange lange nicht geschrieben, weil ich immer auf eine Einlage von ihr gewartet – die ich bereits den 12 huj. richtig erhalten u wider meine Natur u Gewohnheit biß jetzt habe liegen und alt werden laßen, auch gar nicht Willens war
    heute
zu schreiben, sondern vielleicht erst diese Woche – oder höchstens und gewiß heute über 8 Tage am V. Dom. p. Epiph. Nun, mein lieber Herder! werden Sie mir vielleicht danken, daß ich malgré moi acht Tage eher ankomme. Ein wenig sind Sie auch an meinem Stillschweigen Schuld, weil ich bey meiner Treu nicht wuste, ob Sie noch in B. oder schon in G. waren und mir die Grille ich weiß nicht wie in den Kopf gefahren war, in Ihren Entschluß den allergeringsten Einfluß zu haben. Da Sie noch in B. sind und man Sie vermuthlich in G. nicht haben will: so ist es mir hertzlich lieb – Man fühlt freyl. am besten die Verlegenheiten seiner gegenwärtigen Lage: welcher Mensch ist aber im Stande alle kleine Zufälle der künftigen abzusehen? Von Hartknoch habe auch nicht mehr als einen Brief erhalten und vor einigen Wochen gehört, daß er in Lebensgefahr gewesen seyn soll wegen seines Gewächses, das Gott weiß wie aufgebrochen der Luftröhre zu nahe. Seitdem habe nichts gehört und hoffe daß es sich zur Beßerung anläßt. – Hier unterbrach mich SchulCollege Kreutzfeld und verließ mich mit einem Gruß an Sie. Sein Intimus, CapellMeister Reichard, hat die Gnade unserm Landesvater zu gefallen und den Beruff bekommen, seine Ohren zu kitzeln; welches vielleicht ein gutes Omen für die Landskinder werden kann. – Sie wißen, der Vater ist mein alter Freund gewesen, und ich habe mit dem Sohn auch gegen das Ende Umgang gehabt. Es ist aber meine Neigung nicht der aufgehenden Sonnen zu zufliegen, und das Abendroth ist eine sichere Prophetin, nach dem Sprichwort. Ihre
    Preißschrift erwarte
, habe aber selbige schon den 6 Xbre am Tage Nicolai des Abends durchgelaufen u denselben Abend Nachricht durch Reichard von Claudius Ruff nach Darmstadt erhalten. Weiß nicht ein lebendig Wort mehr davon, und was Sie s Selbst wißen, darf ich nicht schreiben. Daß Sie den Preiß verdient haben und verdienen – Auch Wahrheiten haben Sie gesagt, aber in der
    Hauptsache
zu wenig für mich und für Ihre Freunde und Feinde. Sie thun aber klüger an Ihre Areopagiten und Kunstrichter Trabanten zu denken. Da ich meinen eignen Weg noch suche ohne ihn recht gefunden zu haben; so bleibe ein jeder in seiner Laufbahn, muntere sich einander auf, ohne sich zu richten. Vergeßen Sie nicht vor allen Dingen die Fortsetzung Ihrer Urkunde, woran dem
    Publico
,
dem Verleger,
    mir
und allen
    übrigen Freunden
besonders
    Kreutzfeld
gelegen ist und die Sie uns allen schuldig sind. Also
    zaue
    Dich
2 Sam. V. 24. Meine zweite Freude war ein Gevatterbrief den ich den 22 Nov. erhielt zu meiner kleinen Pathin Christiana Augusta Maria, meiner künftigen Schwiegertochter, wenn es Gottes Wille ist. Gott seegne Sie und den treuhertzigen Layenbruder davor, daß Ihr alle beyde für das ehrliche deutsche Blut so bidermannisch gesorgt habt. Giebt es denn keine Metropolitan Stelle oder Superintendentane im Darmstädtchen, wo Caroline und Sie glücklicher leben könnten als unter den Schulfüchsen und der Mördergrube – Ein bischofflich Amt ist ein köstlicher Werk als die πρωτοκαθεδρα unter Schriftgelehrten u Pharisäern und mosaischen Publicisten. Noch eine dritte kleine Nachfreude war ein gedruckter Gevatterbrief zum deutschen Museo, den ich durch Prof. Kant erhielt medio Dec. Bertuchs Uebersetzung habe auch zum Beschluß des Jahrs zu Ende gebracht u gestern von neuen u zum zweiten mal mit meinem Freund u Schwieger Sohn Pentzel angefangen. Sein Weihgesang liegt bey. Mein Director u Gönner Stockmar ist vorige Woche nach Berl. gereist. Gott schenk ihm Gesundheit u Seegen zu seiner Reise und baldigen Zurückkunft. Vorgestern bey der starken Kälte wieder anfangen wollen zu arbeiten an meiner alten Schuld und Rückstand für den alten Vetter Nabal – aber noch wollen die patriae manus nicht recht dran – und das Αμην αμην der Abbtschen Correspondentz soll doch wol noch mit Gottes Hülfe nach ein Dutzend Jahren erfüllt werden, weil ich nicht gern wie Bileam abermal meinen Spruch anfangen möchte mit einem: Ach! wer wird leben! – Orlando furioso soll nicht umsonst das Motto dazu gegeben haben. Der Beschluß der meiner büffonschen Ideen über den Styl u meine Anmerkungen über den Anti Styl sollte morgen heraus kommen, habe aber – der Himmel weiß
    warum
? noch
    wozu
? keine Correctur erhalten und wird also wol zur Donnerstagsbeyl. und 1 Febr. bleiben müßen. Können Sie mir sagen, ob Buffons Discours schon irgendwo übersetzt ist? Vergeßen Sie nicht diesen Punct zu beantworten. Dies Jahr habe wider aller Menschen Vermuthen mit
    Freund Hayn
zusammengenommen 8 Beyl. geliefert und 2 Recensionen die
    Erziehung
u.
    Ehe
betreffend. Für dies Jahr sind zwey da u die dritte in der Mache – und damit holla! Sie erhalten alle zu beliebigem Gebrauch. – u können die letzte mit erstem erwarten. Das Programm betrift nur die beyde ersten Stücke der G. R. u geht den Landtag gar nicht an. Ihr Gutachten wird mir willkommen seyn und brauche selbiges – weil ich noch
    brüte
und
    sitze
über meinem Plan, ohne ihn bereits
    gelegt
    zu haben
. Vielleicht sehn wir uns alle einmal in Darmstadt oder in unserm Vaterlande, the cursed country. Gott weiß am besten, wie mir darinn zu Muth ist und wie ich die Freyheit der Preße brauche. Nichts mehr hievon. Gedult u guter Muth sind desto beßer und nöthiger Nun was machen Sie, Ihr vortreffliches Weib und der kleine Mohrenkopf – und meines Hänschens guter Freund Johann Christoph.? Si valetis B. E. et nos valemus. – welches doch im Grunde alle Schätze übertrifft und allen Herrlichkeiten von Gottes Gnaden die Stange hält. Es ist wahrer Unsinn und Undank sich ein Haar mehr oder weniger zu wünschen als man hat, und gewiß beßer Elisa als Absalom zu seyn, Lazarus als zum Teufel zu fahren, nachdem man lange gnug gleich ihm das Factotum auf der Erde gespielt – – Abeat cum ceteris erroribus! Meine Brieflade sieht so erschrecklich wüste aus, daß ich nicht das Hertz habe hereinzusehen u nach Ihrem letzten Briefe zu suchen. Wenn ich mich recht erinnere; so hat Ihnen der treuherzige Bruder meine Hypotheque ausgeliefert. Gestehen Sie aufrichtig, ob es geschehen ist und ob Sie mein verpfändetes Mst. gelesen haben – der Brocken in den hieroph. Briefen ist die einzige Stelle, welche ich daraus behalten habe und es ist buchstäbl. wahr, daß ich bis auf den letzten Flick davon verbrannt und aus dem Wege geräumt. Ob Sie aber einigen Aufschluß daraus ziehen können, daran zweifele ich sehr. Das pretium affectionis liegt blos in der Autor Seele und in ihrer geheimen Geschichte. Ich beschwöre Sie bey Ihren Pontificalibus mir die Wahrheit zu berichten – – Nun, liebster Herder! antworten Sie bald Ihrer lieben Schwester, meiner Freundin in Morungen und thun Sie mir gehörigen Bescheid auf alle meine Anfragen – Ich habe vorige Woche des Mitauschen Hartmanns Recension Ihrer Briefe Jac. u Judä in der Allg. Theol. Bibliothek angesehen ohne seine Absicht verstehen zu können ob er wider oder für sSie gedacht hat. Das Schreiben des Herzogs in Curl. an seinen alten Vater werden Sie vermuthl. gelesen haben. Kopp ist hier durchgegangen hat einen Selim Halicum bey G R. v Ziegenhorn in Hintzens Namen für mich zurück gelaßen ohne eine Zeile vom Verleger noch die geringste Spur des flüchtigen Passagier den ich erst nachher aus den Zeitungen von ungefehr vermuthete. Es würde mir tausendmal lieber seyn wenn Sie im Darmstädtchen oder im Vaterlande versorgt würden, und ein medius terminus zum letzten läßt sich aus dem ersten zu seiner Zeit erwarten. Laßen Sie sich in Ihrer Autorschaft weder durch Beyfall noch Tadel irre machen – Die bisherige Geschichte derselben kann die beste Wegweiserinn für Sie seyn, daß Freunde und Feinde so wandelbar wie das Publicum sind. Die lange Weile ist für mich eine günstigere Muse als Affect, der verhaßte Wahrheiten noch verhaßter macht, und kaum mit ihnen bestehen kann. Vergeßen Sie nicht Ihre Urkunde und befriedigen Sie den
    Verleger
, indem Sie Ihrem
    eignen Character
Gnüge thun. Ich habe erst vorige Woche den Pendant zum Systeme de la Nature gelesen, neml das Systeme Social, das mir eben so langweilig als Diderot Oeuvres morales vorgekommen. Wißen Sie den Verfaßer zum Bonsens: so melden Sie ihn, weil ich selbst daran zweifele, daß es Diderot ist und ich propter compendium ihn dazu metaschematisirt. Sie wißen daß diese unbekante Figur eine meiner Lieblings Vortheile im Schreiben ist, besonders in demjenigen Stück, was ich Oeconomie des Plans nenne und in der Poesie die
    Fabel
heist. D. Verpoorten in Danzig läßt einen Anti-Hephaestion drucken und mein Beichtvater den Psalter in viel Theilen mit seinem Kupfer voran. Helvetius Werk von der Erziehung habe auch nur erst kürzl. gelesen und es hat daher so viel Einfluß in meine Anmerkungen über den Styl gehabt. Ich habe hier an Geheimen Tribunals Rath Ohlius einen großen Freund verloren den ich noch am letzten Sonnabend des alten Jahrs und den Tag vor seinem plötzl. Ende gesprochen hatte und mich recht hertzlich mit ihm unterhalten hatte. Nun weiß ich wahrlich nichts mehr, und kann auch nach meiner Lage nichts wißen was Sie auf irgend eine Art interessiren könnte. Kanter ist mit meinem Director nach Berlin gegangen auf einen einzigen Tag um seinen u Eberhards Mäcen zu sehen, auf deßen 2te Aufgabe ich sehr ungedultig bin. Mein Geist wird ruhig seyn, wenn ich mich an Nabal werde gerochen haben. Ein Brief von Ihnen u gute Nachricht von Ihrem Hause und Ihrer alle Zufriedenheit wird Oel für meine dunkle Lampe seyn. Ich küße Sie, Mutter und Knaben – Hänschen meldt seinem Freunde, daß der große Hahn seit seines Vaters 45sten Geburtstag nicht mehr gekräht – All unser Hausvieh, die alte Katze mit eingeschloßen, ist Hungers crepirt. Ich will es mit meinen 7 Köpfen, die mein Haus ausmachen, mir es gut schmecken laßen bis auf den letzten Heller – und bis auf den Tag, den der Herr regnen laßen wird auf Erden – Leben Sie wohl und zufrieden bis auf ein glücklich Widersehen. J G Hamann. Mein alter Freund Lindner ist sehr hinfällig, er scheint sich kein länger Leben versprechen zu können. Er ist jetzt Kirchenrath u Prediger in Löbnicht. Die Oberhofprediger Stelle ist noch unbesetzt und man weiß noch gar nicht wem sie zugedacht ist.
den 25 Febr. 1776. Liebster Freund Hartknoch, Den 28 Nov a. p. habe Ihnen zum letzten geschrieben ohne das geringste von Ihnen weiter gehört zu haben als um Neujahr, daß Sie gefährlich krank gewesen. Ich hoffe und wünsche, daß alles glücklich überstanden seyn mag und Sie mit den Ihrigen gesund und zufrieden leben. – Wahre Freude eines Weibes die Ihre Geburts Schmerzen glücklich überstanden, treibt mich heute stehendes Fußes an Sie zu schreiben, da ich eben Punctum gemacht um Sie zu Gevatter zu bitten, wenn Sie die Ehre nicht verschmähen wollen, denn viel zu verdienen ist nicht. Sie wißen wie ich in der allgemeinen deutschen Bibliothek behandelt worden bin, und habe im Herz des Sommers, des wärmsten, heitersten, schönsten Sommers zweimal die Feder angesetzt aber umsonst – bis cecidere patriae manus. Nun versuchte ichs in der letzten grimmigen Kälte dieses Winters und ich habe über der Arbeit wie ein Haase in sm Lager geschwitzt bis auf den heutigen datum um 7 Uhr Abends. Sie werden sich noch der verdammten Schrift erinnern die ich unter dem Titel: Philologische Zweifel und Einfälle p vor 50 Federic d’or ausbot. – Da haben Sie eine
    umsonst
: Asthetische Zweifel und Einfälle über eine vermischte Nachricht der Allgemeinen Deutschen Bibliothek B XXIV. St. 1. S – – Sie muß im Winkelmannschen Format gedruckt werden in 4to gut Papier, guter Druck, wird aber leider! nicht über 4 Bogen betragen höchstens 5. Da ich Gottlob! jeden Tag älter werde und ich mich mit dem seel Hiob XXIX. 20. schmeichele, daß sich mein Bogen beßert in meiner Hand: so versichere ich es Ihnen auf guten Glauben eines Autors, daß diese
    Zweifel
und
    Einfälle
um so viel Jahr und p% beßer sind als jene. Ein paar Dutzend Exempl. bitte ich mir wenigstens aus. Auf Ostern muß es fertig seyn, wo mögl. jenseits bey Ihnen gedruckt werden und daß ich die Correctur übersehen könnte,
    wo mögl
. Ich erwarte mit nächster Post Antwort, ob Sie sich damit befaßen wollen u Ihre Bedingungen, damit ich zu Werk schreiten kann in Ansehung der letzten Abschrift und das Chaos ins Reine zu bringen – und im Fall eines Korbes von Ihrer Seite meine Maasreguln weiter zu nehmen. Im Fall Sie es übernehmen, übersende sobald wie mögl. das Mst.
    auf Ihre Kosten
,
    so reinlich
ich nur zu schreiben im Stande bin. Von HErder habe bisher nichts gesehen noch gehört, ihm nicht eher schreiben oder auf sein altes antworten können als den 28 p. – Erfreuen Sie mich bald mit einer guten Resolution, damit ich weiß, woran ich bin und ob ich weiter gehen muß. Leben Sie wohl und lieben Sie Ihren alten Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Hartknoch / Libraire tres celebre / à /
    Riga
. /
    par faveur
. /
Auf der Adreßseite: Erhalt ich in 2 Posttagen nicht Antwort; so ist mir Ihr Stillschweigen eine negative Antwort. Vale. Auf der ersten Seite in der Mitte oben von Hartknoch: wegen Erleut Pr
Kgsberg den 4 März 776. HöchstzuEhrender Herr CapellMeister und Freund. Gestern Dom. Reminiscere besuchte mich unser Freund Kreutzfeld und erfreute mich mit Ihrem Reminiscere, da ich in der
    übelsten Laune
von der Welt war – Ohngeachtet ich ihm die Ursache derselben anvertraute und den Bericht davon überlies, fällt es mir diesen Augenblick ein bey der grösten Dürftigkeit der Zeit und des Gemüths der
    eigene Bote meines Gewerbes
zu seyn: da Sie sich in gleichen Umständen mit mir befinden, Zeit zur Lesung freundschaftlicher Briefe übrig zu haben, u diejenige entschuldigen zu können, denen es an Augenblicken fehlt selbst zu schreiben. Der Handel betrift meinen
    jüngsten Freund
Penzel, deßen gutes Glück in meinem Vaterlande mich ziemlich mit selbigen ausgesöhnt hatte. Vor einigen Wochen ist er hier vorm Gouvernement vorgeladen u über die Art sr Anwerbung
    verhört
worden, weil der König davon instruirt werden s wollte auf Vorsprache eines
    Bernouilli
,
den wir anfänglich zu unsern großen Wunder in Basel suchten, der aber, wie man jetzt hört, ein Sohn jenes u in Berlin seyn soll. Vorigen Donnerstag brach das Gerüchte aus, daß der König geantwortet: er sollte Soldat bleiben, weil er ein
    lüderlicher Mensch
wäre, der die junge Leute verführte. Ungeachtet der Auditeur des Regiments versichert, daß der Bericht des Gouvern. vortheilhaft für ihn gelautet hätte: so ist doch, wenn dies wahr seyn sollte, um desto mehr zu zweifeln, da der Gouv. wie Sie vielleicht noch wißen werden, durch die Vorbitte ss gewesenen Lehrers Crichton, der in sr. Unschuld vorgestellt, daß ein solcher Mensch
    zu Schade wäre
für sein gegenwärtiges Schicksal, aufgebracht worden, sich an das ganze Reich der Gelehrsamkeit und die ganze deutsche gelehrte Republik, durch den Fang
    eines Magisters
, als ein leibhafter Satan zu rächen und ihn nicht aus seinen Klauen zu laßen – – Daher sind alle Anerbietungen eines andern Recrouten, worunter einer ein Goliath in Vergleichung des Penzels gewesen seyn soll, bisher fruchtlos gewesen und die Gerechtigkeit und Religion des Königs
    scheint
durch einen
    erlogenen
Bericht, wie es leider alle Tage 7 × 70 geschicht, hintergangen zu seyn. Was ich vorgestern und gestern vor Angst und Unruhe für
    diesen ehrlichen Mann
ausgestanden zu haben und wie in eine kranke hypochondrische Einbildungskraft für ihn aufgebracht worden – überlaße ich Ihnen als einem Virtuosen selbst zu beurtheilen. Giebt es zu Berlin einen Bernouilli, der ohne ihn zu kennen sich seiner angenommen hat und Sie wären im Stande ihn selbst zu sehen oder seiner Bekannten einen: so danken Sie Ihm für sn guten Schritt – und melden Sie Ihm, daß er denselben für keinen unwürdigen oder lüderlichen Menschen gethan, den ich mein bestes thun werde
    fest zu halten
, daß er seinen
    Fürsprecher
und
    seinen eigenen Character
rechtfertige. Ich habe P. den 16 Jul. p. Dom. V. p. Trinit. durch u bey m Freund
    Krause
kennen gelernt. Er besucht mich ordentlich e
    Einmal
die Woche, des Sonnabends und pflegt mir von allen sn Schritten u selbst Thorheiten Rechenschaft abzulegen. Ueberhaupt hat er eine
    Offenherzigkeit
u
    Aufrichtigkeit
, die mit keiner Niederträchtigkeit bestehen kann. Er hat mir sein gantzes
    Schicksal
in Würtzburg anvertraut, und sein gantzes Leben ist ein
    wunderbares Gewebe
, das es noch mehr bey sr. Jugend u Unerfahrenheit wird, und mehr
    Mitleiden
u
    Erstaunen
verdient als ihn auf irgend eine Art erniedrigen sollte. Es wäre himmelschreyend, wenn eine so
    glückliche Anlage zum großen Mann
durch Tummheit und Bosheit unterdrückt und zur Verzweifelung gebracht werden sollte. Mit D. Büsching steht er im Briefwechsel und kennt auch unsern Freund Nicolai, wo ich nicht irre persönlich, da er noch nichts als ein
    gelehrter Bursch
gewesen; der durch sein Schicksal nunmehr weit über seine Jahre ausgebildet worden, und
    diese Schule
wohl schwerlich hätte entbehren können. So viel, Geliebtester Freund, werden Sie also wohl sicher thun können den
    Character
eines unglücklichen Mannes besonders gegen sn. unbekannten
    Mittler
u übrige Freunde und Gelehrte zu retten. Da er weder zum Soldaten noch akademischen Körper gehört, dem letzten vielleicht Eingriffe gethan und sich den 1 Neid beyder zugezogen durch
    Unbehutsamkeiten
, die im Grunde nichts als zieml. gleichgiltige
    Thorheiten
und Leichtsinnigkeiten sind und jedes ingenium sine venia nicht bestehen kann – Melden Sie doch unserm Freunde
    Kreutzfeld
mit erstem, wenn Sie dort etwas mehr wißen sollten, als wir hier. Daß Sie mir einmal selbst schreiben, erlaube ich Ihnen nur bey
    recht guter
Muße. Ist mein Freund Director Stockmar noch dort; so empfehlen Sie mich demselben aufs beste. Gevatter Kanter ist noch in Marienwerder; meinem Gönner Nicolai werde den Empfang des 2ten Theils bescheinigen. Leben Sie gesund und glücklich, Vergeßen Sie Ihr
    Vaterland
nicht und laßen Sie sich vom
    Mardochai
ins Ohr gesagt seyn: Gedenke nicht, – weil du im Hause des Königs bist, vor allen Juden – Ohngeachtet ich keine Neigung habe Berlin zu sehen, so hätte ich desto mehr Lust durchzureisen und eine Brunnencur zu brauchen, weil ich nicht weiß wie
    Gesundheit
mit meiner
    Lebensart
noch bestehen kann. Können Sie meine Hand lesen? – Grüßen Sie meinen alten Freund
    Moses Mendelssohn
, dem ich noch das Agio von 10 Louis d’or schuldig bin – aus verfluchter Tummheit, weil ich nichts von Geldhändeln verstehe – Kennen Sie meinen gewesenen Freund den Prediger Eberhard in Charlottenburg? Der gute gnädige Gott sey mit Ihnen und bewahre Sie vor der argen Hofluft. Ich bin Ihr ergebenster Landsmann, Diener u Freund Johann Georg Hamann. Postskript Kreutzfelds: Die ganze Angelegenheit unsers Hamanns, um zugleich meine eigene mit meinen eigenen Worten zu wiederholen; (denn er hat mir in einem beygefügten Bilett zuverstehen gegeben, daß, wo ich Undeutlichkeit des Ausdrucks oder der Buchstaben wahrnähme, ich beydes in einigen Noten Ihnen aufklären sollte. Dazu hat er mir diese Seite Raum gelaßen den ich ausfüllen soll. Er kann kein vacuum in Briefen leiden.) Also: Penzel wurde vor drey Wochen für den Gouverneur gefodert um sein Geständnis von dem Malheur seines Engagements pünktlich einzuliefern, damit dieses dem Könige, der es vom Gouverneur verlangt hatte, auf das eiligste eingehändigt würde. Das geschahe auch. Man gratulierte Penzeln, und er sich selbst; theils weil die Veranlaßung dieser Nachfrage von der Vermittelung eines unpartheyischen Mannes herrührte, der, wie von Bernoulli in Basel, oder wie man nachher sicherer erfahren von deßen Sohn Bernoulli in Berlin; theils, weil man Versicherung hatte, daß der abgelaßene Bericht des Gouverneurs keine Verläumdung in sich hielt. Aber die Entscheidung des Königs soll anders ausgefallen seyn. Er soll Soldat bleiben; unter dem Vorwande, daß Penzel ein lüderlicher Mensch wäre. Rührte diese Beschuldigung vom Gouverneur selbst her, so dürfte man sich nicht verwundern. Oder von wem rührt sie her? gegen wen soll und kann er sich rechtfertigen? In Königsberg rechtfertigt ihn alle Welt vermöge der guten Aufführung, die ihn seit kurzem den anständigsten Gesellschaften einverleibt hat; wozu ihm nicht nur sein Fleiß als Gelehrter, sondern auch seine gute Einrichtung der Oekonomie beförderlich ist. Wer hat Herz, sein jetziges Betragen durch seinen vorigen Leichtsinn zu zernichten; oder auf Rechnung seines künftigen Rückfalls zu verschwärzen!
Kgsb. den 13 Mart. 76. Geliebtester Freund, Bin gestern durch gute Nachrichten von Ihrer Beßerung sehr erfreut worden und wünsche von Grund des Herzens Gottes Seegen nebst Gedult zum Fortgang der Cur. Unser alte Freund, Kirchenrath Lindner liegt ohne alle Hoffnung an der Waßersucht. Er überläßt Ihnen, nebst seinem letzten Gruß vielleicht, das Erl. Pr. welches er selbst noch für seine kleine Unmündige zu berechnen hat aus des seel. Pf. Strauch Auction, und die Sorge der Uebermachung durch einen Ihrer Herrn Schwäger. Wegen der Abschrift der Bogen hab ich Ihnen schon geantwortet, daß mein armer Bruder schon Jahre lang keine Feder mehr ansetzt. Sonst würde es mir ein leichtes gewesen seyn diese Kleinigkeit zu besorgen. Nun kenn ich Niemanden nicht – welches Sie mir bey meiner eingezogenen Lebensart leicht zutrauen werden. Und da Sie ein ganzes Exemplar sobald wie Sie wollen erhalten, wird es Ihnen am bequemsten seyn, dies Supplement nach eigenem Belieben copiren zu laßen. Ich würde aber eine Woche nöthig haben um Ihren Brief darüber wiederzufinden, von dem ich einen Auszug damals der Bücher obigem Freunde L. gemacht habe. Ich sehe leider! weder nach Auctionen noch ihren Catalogen mehr u habe aus den zahlreichen u ansehnlichen die wir zeithero gehabt nicht für einen Heller mir angeschaft. Für mein Mst. ist Gottlob! meines Wißens nach Herzenswunsch gesorgt. Ich habe Sie liebster Hartknoch! nicht vorbeygehen wollen auch nicht gewußt, daß Ihre Gesundheit noch so schlecht wäre. Gott erhalte Sie u laße auch gegenwärtiges Kreutz zu Ihrem Besten dienen. Es ist kein einzig Exempl. hierophantischer Briefe hier zu haben in den Buchladen u mein eigenes ist so beschmißen, daß Hintz mir einen Gefallen thun wird noch ein paar mitzubringen. Sie und die Ihrigen Gott empfohlen. Hamann. An Arndt werde noch diese Woche schreiben. Aus Bückeb. weiß nichts. Adresse mit Mundlackrest:
An / meinen Freund HErrn Hartknoch. / in / Riga /
Kgsberg den 27 März 76. Geliebtester Herr Doctor und Freund, Vorgestern des Morgens erfreute Ihren HEn Bruder mit Ihrer sehnlichst erwarteten Antwort, die ich ihm unmittebar von der Post zubrachte. Es überfiel ihn nach Lesung derselben eine außerordentliche Wehmuth, doch ohne daß ich den Ausbruch wirklicher Thränen bey ihm jemals habe bemerken können. Ohngeachtet eines abscheulichen Th Sturms und des Posttages besuchte ihn noch Nachmittags, um seinen gegenüber wohnenden Doctor sprechen zu können, der aber wegen eines Leichenbegängnißes seiner nahen Blutsfreundin nicht zu Hause war. Aus den Eindrücken des Artztes auf den HEn Bruder, der ihm Einl. mitgetheilt hatte, ließ sich eben nicht viel vortheilhaftes schließen, weil alle Ihre vorgeschlagene Mittel und die äußersten bereits ohne Erfolg be versucht worden wären, auch nicht so wol von der Waßersucht als weit mehr von einem Uebel der Leber die Folgen abhiengen. Als ich gestern frühe zum D. eilte, begegnete mir die alte Louise mit der traurigen Nachricht einer höchst elenden Nacht, daß sich Schmerzen in dem kranken Fuß unten am Enkel gefunden hätten, welche die Gegenwart des D. u Wundartzts erfordert hätten, die den Brand besorgten. Der D. bekräftigte mir diesen neuen Zufall und versicherte mir, daß er als Freund und Nachbar an Ihrem HEn Bruder gehandelt – aber an keine menschliche Hülfe weiter zu denken wäre, die er schon längst aufgegeben zu haben scheint. Mittlerweile hatte mich nach d’Ailhaud Pulver erkundigt, erfahren, daß es hier bey dem Licent-Inspector Lombard zu haben wäre, der es als seine HausApothek brauchte, auch Graf Buttler schlechtere Versuche damit gemacht hätte. Erhielt zufäll. des Verf. Traité de l’Origine des Maladies, sein Dictionnaire des maladies gueris par le Remede universal u des Sohns L’ami des Malades um einen Begriff von dem Gebrauch zu haben; lief Nachmittags wieder zu unserm lieben Kranken hin, weil ich ihn des Morgens nicht hatte sprechen können, weil mir die Wärterinn sagte, daß er nach unerhörten Schmertzen einen Augenblick schiene in Ruhe u Schlaff gefallen zu seyn, fand Ihre liebe Mama, (die mir Ihren herzl. Gruß auftrug und mit männlicher Standhaftigkeit das Leiden Ihres Sohns so oft es nur möglich ist abwartet auch selbst seine Auflösung wünscht) und fand den Kranken in großen Schmerzen, denen er seine scheinbare Munterkeit zuschrieb, und in eben so großer Hitze. Er hatte sich an 2 Gläser Bier erquickt, davon ihm das erste herrlich geschmeckt hatte, und war sehr neugierig die Uhr zu wißen. Wie man ihm sagte, daß es 4 wäre: so freute er sich 12 Stunden überstanden zu haben, weil er das Daseyn des heißen Brandes an seinem Fuß wußte. Oeffnungen haben bisher immer mit Lavements erzwungen werden müßen. Blutygeln hat er aus eignem Antrieb sich vorigen Sonnabend appliciren laßen, hat sich dadurch erleichtert gefunden u schien viel Vertrauen zu diesem Hülfsmittel zu haben, das Sie ihm auch empfohlen. Ich schreibe dieses des Morgens und werde meinen Brief mit dem schließen, was ich bey meinem Ausgange erfahren werde. Mitfasten den 13 huj. nahm er Abschied von mir; und ich kann Ihnen meinen Zustand nicht beschreiben, den ich
    acht Tage
ausgestanden, daß ich genöthigt gewesen, mich ein paar Tage zu Hause zu halten und zur Ader zu laßen. Die Entlegenheit meiner Wohnung ungeachtet besuch ich ihn so viel mögl. des Tags ein paar mal. Daß mein Gemüth, welches einer rohen Wunde gleich, dabey leidt, können Sie leicht erachten. Ungeachtet ihn die ganze Stadt längst für todt ausgegeben und dafür hält, haben Lauson und ich eben so viel Hoffnung als Sie selbst gehabt. Ich verstehe von der Medicin nichts u mag auch nichts davon verstehen. Seine Erhaltung des
    Geistes
und
    Fähigkeit zu arbeiten
, da er solange von Arzeneyen gequält worden u weder eßen noch schlafen können, hat mir immer außerordentlich geschienen; und die Gewalt der Natur die so viel Wege sucht ihres Uebels loszuwerden ohne unterzuliegen – Vielleicht ist der gegenwärtige Anschein des Brandes noch die letzte Ressource. So wenig Vertrauen u so viel ich auch zu dem französischen Pulver habe, erwarte ich noch immer getrost eine Antwort, ob bey gegenwärtigen Umständen noch der Gebrauch des letzten Mittels zu versuchen werde. Erlebt er Ihre Antwort noch, und Sie schreiben liebster Freund Ja! so werd ich mein Bestes thun den Nuppenau dazu auf meine Seite zu ziehen. Wie destruirt die Maschine seyn muß, können Sie selbst erachten. Gott sey uns allen gnädig! Auf meinem Bureau um 10 Uhr. Komm eben von unserm sterbenden Freunde zurück ohne Ihn selbst gesprochen zu haben, aber Ihre Mama, welche mir mit ruhigem Herzen die Näherung der schwarzen aber für den Leidenden und alle Theilnehmer und Nachfolger lieblichen Stunden anmeldete. Die ganze Nacht nichts als Schmerzen, und nunmehro Frost. – Alles nähert sich zum Herzen – und es bleibt hier kein anderer Wunsch übrig, als das beste UniversalMittel eines sanften und seeligen Endes Amen! Um 3 Uhr Nachm. Eben diesen Augenblick komme von unserm sterbenden Bruder und Freunde, der mit einem herzl. und vergnügten: à revoir! von mir Abschied nahm. Ob ich ihn noch morgen im Lande der Lebendigen sehen werde, weiß Gott allein. Gott tröste Sie und bereite Sie zur Bestätigung dieser Nachricht. Er geht Lebenssatt in christlicher Verfaßung aus dieser Welt und voller Sehnsucht nach einer beßeren und künftigen, ihm Gottlob! näher wie uns. Ihre liebe Mama und Justchen, die Frau und Kindes Stelle in seiner Krankheit vertreten, bitten Sie inständigst herüber zu eilen. Ich wünschte daß Ihr jüngster Bruder unterweges wäre. – Gott stehe Uns allen bey – Nächstens mehr. Gott empfohlen unter den zärtlichsten und herzlichsten Grüßen an Ihr gantzes, gantzes Haus – Die Postuhr hat bereits geschlagen. Im Kanterschen Buchladen.Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Docteur en Medecine / à /
    Mitow
. / fr.
    Mummel
.
Kgsberg den 29 März 76. HöchstzuEhrender Herr Doctor und Freund, Bey unserm vorgestrigen Abschied meines ältesten Freundes au revoir hat es sein Bewenden gehabt. Sie wißen, daß gleich dieselbe Nacht der heiße Brand sich einstellte nach Ihrem hier eingegangenen Schreiben. Ich war gestern früh noch an der Tür, wo mir beyde Artzte entgegenkamen nebst der Frau Schwester Pfarrin Strauchin. Weil mir alle aber versicherten, daß er seiner nicht mehr recht bewußt wäre: so erlaubte mir meine Wehmuth nicht ein überflüßiger Zeuge seiner Leiden zu seyn. Die Unruhe hat dergestalt zugenommen, daß er noch aufstehen wollen um einen Brief zu schreiben. Er hat mit zitternder Hand und mit vieler Angst einige Zeilen aufgesetzt, welche an die Regierung zu seyn scheinen und ist darauf sehr ruhig geworden, hat auch noch einige Zeilen an seine beyde HEn Brüder geschrieben. – Mittags Licht gefordert – und von 3 Uhr Nachmittag in völligem Unbewustseyn seinem seel. Ende sanft entgegengerückt, nach Mitternacht, in der ersten Stunde des obigen heutigen dati, im HErrn eingeschlafen Ich rung gestern Abend, nach vollbrachtem Posttage auf meinem Bureau, auch bereits ausgekleidet, mit mir selbst, ob ich nicht noch hingehen sollte. Weil ich mich aber selbst nicht recht wohl befand und meine Gemüthsruhe soviel wie mögl. schonen muß: so hätte ich einen sauren Weg umsonst gethan, da ihn von 3 Uhr Nachmittag Niemand mehr zu sehen bekommen – Das höchste also, was man vom Versuche des Pulvers hätte erwarten können, wäre eine Verlängerung seiner Noth gewesen und noch mehr in Ansehung der Lebenden. Die Frau Consistorialräthin hat eine außerordentliche und recht männliche Standhaftigkeit bewiesen – hat die letzte Nächte in seinem Hause zugebracht, ohne wie Sie erachten können, viel geschlafen zu haben – Was die Fr. Pfarr Strauchin ausgestanden, wird Sie am besten Selbst wis- sen, da sie vor ungefehr acht Tagen für das Leben Ihres Kindes zugl. besorgt war – Ich habe diese würdige Frau erst jetzt kennen lernen, und wie ich hoffe, daß Gott Sie für ihre Treue vergelten wird: so bin ich eben so sehr versichert, daß meine beyde Freunde Lindner Ihr Gutes und Barmherzigkeit thun werden für das, was sie Ihrem ältesten seel. Bruder gethan hat. Der Abgang der Post, die mich voriges mal übereilte und Etwas in meinen Empfindungen haben mir nicht erlaubt der Frau Consistor. Rathin u Fr Pfarrin beyderseitiges dringendes Gesuch anzuhängen, daß wenigstens Einer von Ihnen seine Herüberkunft
    beschleunigen
möchte, weil man gleich nach dem Absterben zu einer Versiegelung aller Sachen durch einen Notar schreiten würde – Lauson und mir hat e Er ausdrückl. aufgetragen für seine Bibliothek zu sorgen und an den Catalogum derselben zu arbeiten, wobey er mir mündlich erlaubt meinen Freund Pentzel, den er auch noch einmal mit mir in seiner Krankheit gehabt (am Ascher-Mittwoche) zu Hülfe nehmen zu können. Ihre zärtliche brüderliche Liebe, Ihr zuversichtliches Vertrauen habe aus Ihren zween Briefen ersehen, und es thut mir leid daß Ihr häusliches und einheimisches Leiden durch gegenwärtige traurige Bothschaft vermehrt werden muß; unterdeßen haben Sie weit mehr Ursache Gott für die viele Gnade zu danken mit
    uns allen hier
, daß unser seel. Freund u Bruder gewürdigt worden so frühe und bald durch Leiden vollkommen zu werden. Er hat vom Anfange seiner Krankheit an sich zu Seinem Tode gefast gemacht, und sowohl
    Zeit als Lust
gehabt sein Haus im eigentlichsten Verstande bis
    auf
die
    geringste Kleinigkeiten
zu bestellen, bis auf das Lied vorgeschrieben, das man ihm beym Verscheiden noch vorsingen sollte: „Wenn mein Stündl. vorhanden ist“ – Ich habe ihn bis auf die letzten Tage fast immer arbeiten gefunden und mehr als einmal im halben Scherze gesagt: daß er noch mit der Feder in der Hand verscheiden würde, welches beynahe eingetroffen, da er gestern noch so viele Zeilen mit zitternder sterbender Hand geschrieben. Mich hat sein Siechbette sehr erbaut; so wie unsere Freundschaft seit der letzten Hälfte des vorigen Jahrs von neuen wider gegrünt hat und zur vorigen Vertraulichkeit unserer Jugend zurückkehrte, welche durch meine eingezogene Lebensart und S seine Amts- Beruffs- und übrige Zerstreuungen ziemlich unterbrochen worden war. Erfreuen Sie uns bald mit Ihrer Herüberkunft und persönlichen Gegenwart. Gott hat mir eine kleine baufällige Hütte und 3 gesunde Kinder gegeben, die mir den Kopf bisweilen recht warm machen, aber zugl. meine gröste Freude und Wonne sind, und denen nichts als Vater und Mutter zur
    Erziehung
fehlt. Nun es wird alles zu seiner Zeit kommen. Wer Leben und Gesundheit giebt, wird es auch an der Hülle und Fülle nicht mangeln laßen – und an dem übrigen Zubehör dieses eiteln Lebens unter der Sonne. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemalin, deren Widerherstellung ich herzlich wünsche. Gott erhalte Ihre liebe Familie unversehrt und vermehre Selbige – Ich umarme Sie und die Ihrigen sämtlich und sonders und empfehle Sie dem Schutz des Allerhöchsten als Ihr alter aufrichtig ergebenster Freund und Diener Hamann. Lauson hat mir gl. seine freundschaftlichste Grüße aufgetragen. Einschluß an HE Bruder bitte zu besorgen, weil nicht recht weiß wohin. den 30 März auf der Lotterie Direction Liebster Doctor komm eben von der Frau Consistorialräthin, die mir gantz gewiß versprach Selbst zu schreiben. Es ist Ihr aber nicht mögl. gewesen; ich kann es mir am besten vorstellen, da ich weiß wie mir über und bey diesem Geschmier zu Muthe gewesen. Sonst hatt sie sich diese Nacht durch den Schlaf etwas erholt – und Gott schenkt Ihr außerordentl. Gnade u mehr als männl. Stärke. Sie läßt durch mich melden, daß bereits alles versiegelt worden. (Die Leiche fand auch nicht mehr im Auditorio sondern ist schon im Gewölbe.) Sie werden beyderseits flehentlich gebeten, daß wenigstens einer als des zweiten Bevollmächtigter so bald und geschwind als mögl. überkommen soll. Thun Sie Ihr bestes diesen Willen Ihrer lieben alten Mutter, worinn zugl. der letzte Wunsch u die letzte Hoffnung Ihres seel. Bruders bestand, zu erfüllen. Ich umarme Sie mit herzlicher Freundschaft, grüße tausende mal Ihre liebe Gemalin, Kranke und gesunde Kinder – und hiemit Gott empfohlen. Lauson habe die Ankündigung in den Zeitungen überlaßen, als seinem ältesten Freunde, und ihm des s Seel. Vorschrift gesagt. Adresse mit schwarzem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Docteur en Medecine / tres celebre / à /
    Mitow
. / par
    faveur
.
Königsberg den 30 März 76. Ich habe gestern meinen ältesten Freund, den Kirchenrath Lindner verloren, der nach Waßersucht und einer ganzen Zusammenverschwörung von Uebeln endlich durch den kalten Brand zu seiner Ruhe hat eingehen müßen; gestern um Mitternacht – An allen guten Nachrichten von Ihrer Beßerung, liebster Hartknoch, habe herzlichen Antheil genommen. Aber zur Oster Meße können Sie nicht kommen und ich weiß auch nicht wie ich meine Rechnung mit Claudius und Schmidlin abmachen soll. Wenn Sie dem Hintz deswegen Aufträge gethan; so könnte ich das Meinige mit beylegen. Mein Gevatter hat Ihnen wie er mir gemeldt noch oben ein 50 Exempl. geschickt, von denen ich nichts gewust und er auch nicht weiß, ob Sie diese Ladung von Assmus erhalten haben. Um Einlage bitte inständigst, selbige zu befördern. Keine hier. Briefe sind hier seit langer Zeit mehr zu haben gewesen; wenn ich von Ihnen oder Hintz noch einige Exempl. erhalten könnte, wird es mir lieb seyn, da ich dort eben keine Liebhaber und Leser eben erwarte. Von Herder weiß nicht ein lebendig Wort; er hat mir nicht geantwortet. Böse seyn und fleißig mag er so viel er will; wenn er nur nicht krank ist. Lindners schweres Lager hat mir viel Kummer gemacht, von dem ich jetzt erleichtert bin – Ende gut, alles gut. Er hat mich mehr als einmal gebeten, auch nach dem Tode sein Freund zu bleiben, und unsere alte Vertraulichkeit ist seit dem Schluß des alten Jahrs wieder hergestellt worden. Ich habe immer im halben Schertz zu ihm gesagt: daß er mit der Feder in der Hand sterben würde, welches beynahe eingetroffen, indem er noch vorgestern als am letzten Tage ss Lebens einige Zeilen mit eigener Hand geschrieben und eine unglaubliche Munterkeit und Arbeitsamkeit, bey sr. gäntzl. Entkräftung und frühen Todesgestalt bis an sein Ende behalten, sein Haus im eigentlichsten Verstande bis auf die geringsten Kleinigkeiten bestellen zu können. Wenn Ihnen was am Erl. Pr. gelegen ist; so laßen Sie es bey Zeiten durch einen Ihrer HEn Schwäger einziehen und abholen. Wegen der Abschrift des Bogens, den ich nicht mehr weiß, denke ich den besten Vorschlag Ihnen gethan zu haben. Ich kann nicht mehr schreiben u habe keinen Menschen dazu. Gott gebe Ihnen bald völlige Gesundheit und erhalte Sie zum Besten Ihres werthen Hauses u Ihrem Freunde Amen! Adresse mit rotem Siegellackrest:
An / Herrn Hartknoch / in /
    Riga
.
Kgsberg den 18 April 76. HöchstzuEhrender Herr und Freund, Meinen ergebensten und aufrichtigsten Dank für den 2ten Theil Ihres guten Nothankers, den mir HE Lotterie Director Kanter am Palmen Sonntag einhändigen laßen. Meine Zeit ist mir so beschnitten, daß ich mich blos an dem Besitz deßelben erfreuen können und den Genuß biß zur Erscheinung des Endes aufschieben muß. Vergeben Sie gegenwärtiges Geschmiere; bey ersterer Muße und Veranlaßung werde selbiges gut machen. Was das von mir gewünschte Dictionaire des Finances betrift; so bitte sich wegen deßelben keine weitere Mühe zu geben, da ich Hoffnung habe es bald auf einem andern Weg zu erhalten, auch die Lust u Liebe vergangen – Empfehlen Sie mich Ihrem Freunde, HE Prediger Eberhard mit dem Wink, wenn ich Ihre
    Principien
    erkennen soll
, mir die neue Auflage sr Apologie zu schicken, da ich die erste weder besitze noch gelesen habe und dieser Mangel eine gar zu ansehnl. Lücke in meinem sokratischen Fache macht und ein abstemius vom BücherHandel und Wandel seyn muß, der Versuchung des leidigen Fleisches und Blutes zu widerstehen, weder einen Laden noch eine Auction besuchen darf. Wenn die Muse der A. D. B. nicht einen so alten reducirten Liebhaber zu sehr über die Achseln ansähe, würd ich auch eine Empfehlung an Sie beylegen – und an meinen neuen Freund HE Feldprediger Campe – Wünschte dem Congreß der Philanthrophie beywohnen zu können – will es im Geist thun. Könnte Ihnen viel Domestica und Litteraria melden, verspare aber alles auf ein andermal um den lieben Ueberbringer zu schonen, der genug an Sich Selbst zu tragen hat. Mündlich mehr vielleicht. Johann Georg Hamann. Adresse
Pour / Monsieur F. Nicolai à la hâte.
Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1776. Apr. / Königsb. Hamann. / Beil. 3ten an Eberhard V. gesendet
Vermerk von Hamann: Erhalten d 9 Aug. 776. Endlich, lieber H., komme ich wieder. Es war nicht Rache auf Ihr langes Schweigen, daß ich so lang geschwiegen, sondern Windsbraut der Umstände, Faulheit, Vorsatz und Noth. Es sollt erst entschieden seyn, eh ich schriebe. Sie hatten recht. u. unrecht, daß man mich in Göttingen nicht haben wollte: in Göttingen will man mich nicht, aber
    für
Göttingen will man mich noch. Das Ministerium ist noch nicht ruhig, und der Minister, der eigentlich die Sache betrieb, HE von Bremer, ist noch so voll Leidenschaft dafür, daß ich noch vorige Woche, da ich ihn in Pyrmont gesprochen, wahrnahm ich immer die Fabel von Anfang an hören muste, wenn er mich nur mit dem Aug erwischte. Da sind Briefe, Boten, Unterredungen ohn Ende gewesen; woran es sich aber stieß u. was mich schnell wegwandte, war dies. – Keine Protokathedrie wars eigentlich, die ich je begehrte, sondern die Generalsuperintendentur mit verknüpfter Profeßorstelle, daß ich der Universität seyn könnte, so viel ich wollte, ohne mit eEinem Gibeoniten eigentl. wetteifern zu dörfen, sondern
    Neben
ihr zu seyn, ihre Bibliothek, woran ich nur so lang Mangel gelitten pp brauchen zu können: das war mein Plan, oder vielmehr der Plan derer, die mich nach Gött. haben wolten, wollten schon vor 3. u. mehr Jahren. Nun kam der Generalsuperint. weg: das Haus muste erst gebart gebaut werden u. die Stelle 3. oder mehr Jahre vakant stehen, um die Einkünfte zum Bau zu verwenden: der Dokt. Profeßor der Theol. Zachariä kam auch weg, u. da bekam ich, so unerwartet u. widrig zu dieser Stelle als zum Scharfrichtertode, den Ruf. Ich ließ ihn 14. Tage unbeantwortet, hörte indeß die Umstände, u. daß es nur Sprung zur andern Stelle seyn sollte, wollte gern von mir hier weg, that noch harte Bedingungen, die alle erfüllt wurden u. ließ mich bereden, Ja zu sagen. Sobald ichs gesagt, schlug mir das Herz, wie David beim Zipfelschnitte u. ich habe keine Ruh u. Freude gehabt, bis sich die Sache recht wunderbar also wandte. – Das Ministerium ist von jeher gewohnt, zu ruffen u. dem Könige zur Unterschrift vorzulegen u. ist bei Menschendenken kein Schifbruch geschehen, der jetzt geschah. Die Ratten u. Maulwürfe waren unter der See nach London gekrochen u. das Minister. erstaunte, da bei ihrem Bericht zur Unterschrift folgende Antwort stand „wie Se Königl. Großbrittann. Maj. an der Gelehrsamkeit u. Geschicklichkeit des HE. Herders keinen Zweifel trügen, vielmehr pp man aber über deßelben Orthodoxie, bei jetzigen Zeiten, noch Rücksicht nehmen müsse.“ (Man ist mit diesem allen sehr geheim gewesen u. ich habe es nur durch der Königin Bruder, den Prinzen Karl von Mecklenb. erfahren.) Das Minister. ist auf die Kerle böse: fodert ein Responsum von ihnen, wovon ich auch trotz aller angewandten Mühe nichts habe erfahr sehen können; im Ton der Hundsfötter, wie jemand schreibt, ders gesehen, sollen sie gesagt haben, wie sie gegen meine Orthodoxie nichts hätten, „daß sie aber eigentl. meine Schriften nicht verstünden, zumal ich noch nichts eigentl. Dogmatisches geschrieben, außer daß ich die Schöpfung des lieben Gottes allegorisch zu erklären schiene u. den heil. Jakob u. Judas nicht für Apostel hielt.“ Das Minister. schickt dies Responsum als eine offenbare Sottise nach London: der außerordentl. schwache, furchtsame u. religiöse König schreibt aber nochmals – nimmt nehml. ein dem Minister. entfallenes Wort „daß über solche Sachen sie sich ja leicht einverständigen würden,
    sobald sie sich sprächen
auf, u. schreibt „es wäre doch gut, wenn dies Colloq. voraus gehalten würde.“ Da kommt nun das Minister. (denn von dem Gebot des Königs war nicht zu weichen) mit Pes Persuasorien von oben bis unten, daß ich das Colloq. halten möchte, das ich aber sogleich u. völlig von mir warf. „Kein Colloq. mit Seinesgleichen, wo niemand entscheiden könnte! Kein Colloq. mit Anklägern, die hiedurch Richter würden. Ueberdem sei dies ein völlig unerlaubter Schritt für mich, da ich noch keinen
    Ruf
habe, also auch keinen Befehl des Kön. von Großbritt. befolgen dörfe u. könne, zumal ich selbst als Super. über die Geistlichkeit eines Landes nach eben den Symbolen gesetzt sei, die dort gelten – Symbole seyn in unserer Lutherschen Kirche tesserae; aber keine Colloquia pp u. Gött. sei kein Rom p Endlich wer was gegen mich zu sagen habe, solle öffentl. kommen, man solle mir Anklage, Einwendung, Responsum deßen, der mich nicht orthodox halte, mittheilen u. ich wolle öffentl. antworten, seis König oder Fakultät u. f.“ Darauf fand ich lies sich aber niemand ein, da fand ich taube Ohren, da sprach man von Doktorpromotion, damit die Reise bedeckt werden könnte, von Kosten, die sie sogar dazu vorschiessen wollten etc. etc. kurz ich habe die Ehre, die der Arminianer Vorstius hatte, daß ein König von Engl. als defensor fidei orthodoxae gegen mich eingewandt hat, u. kein Maulwurf seinen Kopf vorrecken will u. sagen: ich bins. Das Minister. ist in so elendem Zustande, daß es dem Könige keine Repräsentationen machen darf oder zu machen wagt, u. so hat mich Gott aus der Mördergrube erlöset. Meine Frau, eine Träumerin, trotz Joseph, hat mir die Sache allemal in schönen Bildern u. Emblemen voraus erzählt u. wahrlich es ist Gottes Werk, daß es hin ist. – Das ist der ganze Kram von Anfang zu End. Nun gehts nach Weimar. Eben des Tags, da die gnädige Einladung zum Colloq. kam, kam unerwartet wie ein Streifch vom Himmel die Einladung, die Einladung zur General Sup. in Weimar, wo denn kein Augenblick Wahl blieb. Im Januar empfing ich durch den Präsid. von Lynker die
    Anfrage
nebst beigelegter ununterschriebner Vokation, Amtsgeschäften u. Einkünften, als
    Oberhofpred
.,
    Oberkonsist
. u
    Kirchenrath
,
    Generalsuperint
. u.
    Past. prim. zu Weimar
, die ich auch annahm. Der Ruf hat sich aber durch sonderbare Unterhandlungen, daß erst eine
    Gastpredigt
zu halten sei u. dgl. so verzögert, daß ich noch hier sitze u. nun erst die Niederkunft meiner Frauen, die wir Anfang August hoffen, abwarten muß. Alsdann gehts schnell u. stracks hin, u. wir ziehen gerne. Hier ist alles vorbei, u. unsre einzige u. liebste Freundin, die regier. Gräfin, von der ich Ihnen gleich Anfangs so viel geschrieben u. die hier in Allem mein Schutzengel war, ist den 16 Jun. an ihrem Geburtstage auch gestorben. Das war das letzte Signal zu unsrer Reise: 2 Tage vorm Tode bekam ich den eigentl. Ruf, u. meine Frau konnts ihr noch sagen, da sie uns denn mit gebrochnen Augen Segen auf den Weg wünschte, den wir auch hoffen u. erwarten. Es ist viel Geschwätz von der neuen Regier. in Weimar, das aber theils nicht wahr seyn soll, theils
    mich
nicht angeht u. ich gar nicht bemerke. Ich habe
    meine weite
u.
    enge
Bahn vor mir, zu der ich gehe u. auf der ich mich halte, um Alles andre unbekümmert. Ich bin ordentlich Lutherischer Bischof des Landes, meine Verrichtungen sind alle sehr gewählt u. edel, alle nach alter Lutherscher Art. Der unglückl. Joh. Friedr. liegt in meiner Kirche begraben u. liegt auf dem Altarblatt kniend: Luther von Kranach 3.mal gemahlt in der Sakristei: er hat bekanntermaassen oft in Weimar gepredigt: u. der trefl. Friedr. Myconius da die Reform. gestiftet. Ich hoffe also noch viel altes Luthertum da zu treffen, wenigstens in Ruinen u. freue mich darauf, wie ein Kind. – Meines Lebens hier bin ich, nochmals gesagt, satt u. müde: einsam, ohne Bücher u. Umgang, im verdorbensten Kirchen- u. Landeszustande unter einem wahren Don Quixot des 18. Jahrh., der gegen mich den tiefsten Portugisischen Haß nähret. Ich habe die Gräfin z. E. in ihrer ganzen Krankheit nicht sprechen können, u. vorigen Jahrs hab’ ich in Amtsgeschäften einen Wirbelwind mit ihm gehabt, der mir einige Haare meines Kopfs gekostet, mir aber seitdem völlig Ruhe gemacht hat. Moser sagt: Lieben Leute, wer zur See will, gehe auf ein großes Schiff u. nicht auf einen durchlöcherten Kahn: goldne Wahrheit für unsre kleine Protest. Länder in Deutschland, wo jeder Ameisenkönig Friedrich der Unsterbliche! der Reformator! der Ausreuter aller alten Vorurtheile zur neuen Philosophie „unsrer
    erkennenden Urkraft
, die vom Göttlichen
    Selbst
zur Führerin unsres
    Daseyns
bestimmt ist“ wie die herrl. Grabschrift der Gräfin lautet, u. wo gefragt ist, auf welchen Kanzeln man so was höre? – seyn will. – Nun lieber H., ein Ende des Zeuges: ich fange ein ander Blatt an. Wünschten Sie einem armen gejagten Hirsch Ruhe u. segnen mir nach, oder vielmehr ja noch voraus zu, solang ich hier walle! Jetzt auf Sie: denn es heißt doch nur, Du sollt Deinen Nächsten lieben, wie
    Dich
    selbst
! – Mit Ihrem letzten Briefe empfing ich einige Beilagen zur Zeitung, wo mich insonderheit die Rec. über den Bon-Sens u. die Republick sehr behagte. Hinz hat mir von der Meße mit Anschrift Ihrer Hand, „Bückeburg“ als ob mein Name eine Sünde wäre, die
    Zweifel u. Einfälle
zugeschickt, die ich aus einer Irranzeige seines Briefes schon unter dem Titel „Feigen“ gesucht hatte, aber wie leicht zu denken, vergebens. Dasie zweite Hälfte derselben hat mich ebenfalls sehr erbauet; ob mir gleich in der ersten erscheint mir Ham. nur im Rauch oder läßigen Spiele, vermuthlich, weil ich die Rec. in der Bibl. zu lange schon gelesen u. jetzt nicht les wieder lesen mag, bis ich wieder zu Kräften komme. Dagegen hab’ ich Hinz gebeten, Ihnen Urk. Th. 4. ohne meine Anschrift mitzunehmen u. wünsche beste Verdauung. Ich habe noch kein Urtheil drüber, als von Moser, Claudius u. einem mir ganz unbekannten würkl. Geheimen Rath aus Deßau HE. von Harling, von dem ich vorigen Posttag einen Brief über dieselben empfangen. Die seel. Gräfin, die das Mscr. gelesen u. meine wahre Muse war, u. meine Frau, die Sie so feierlich zu meiner Muse ernannt haben, nicht mitgerechnet. Auf der Meße sind die Exempl. noch nicht vertheilt u. also wenig herum: mir desto lieber! so brausen die Urtheile allmälich ab u. kommen nicht auf einmal, wie wohl ich hier gar keine höre. – Ihnen indeß, lieber H., nimmt der Priester von Anathoth Anlaß zu sagen, daß seine Zumuthungen an die Rechabiten mit diesem Theile aus sind, u. daß der Verfolg, wenn er
    wird
, die trockensten Sänftenträger und die nüchternsten Johannesjünger der Kritik, durch That u. Beispiel zu beschämen vorhat. Wir kommen jetzt vom Himmel auf die Erde, u. Schriftsteller u. Leser wird hoffentlich dabei wohl seyn! – Die beiden Titelblätter, die von Band 1. u. 2. reden, reißen Sie weg: es ist Buchdruckereinfall, mir ganz zuwider. Klaudius ist hier gewesen, die Karwoche bis Ostern hinaus. Ein lieber Mensch u. guter Geselle, mit dem ich leben möchte. Er hat sich sehr über mich gewundert, wie geändert ich sey u. ich bin würklich sehr alt geworden; ich hoffe aber noch Verjüngung wie ein Adler. – Sch Sonst steckt in ihm noch seine ganze Erbsünde, Läßigkeit u. Faulheit, u. Moser hat schon sehr über ihn geklaget. Laßen Sie ihm aber nichts merken; ich muß sacht mit dem Knaben gehn, sonst verderbe ich das ganze Spiel. Daß mir bei der Nachricht nicht wohl war, können Sie denken. – Moser ist ein edler, wackrer Mann, den ich von Tag zu Tag lieber gewinne. – Eine gute Organistenstelle wird für Klaudius endl. das beste seyn, wornach er nach, auch, wie nach einem Ruhebette strebt; frühe aber muß sie ihm durchaus nicht werden. Mein Bube ist frisch u. gesund. Vorigen Früling sind ihm die Blattern inokulirt, u. er ist, blos dadurch, errettet. Er hatte 300. auf dem Gesichte, eine üble Art dazu, dabei er kaum durchgekommen wäre. Nach der Zeit ist alles Handvollweise bei ihm geschossen. Er schwatzt schon viel, läuft tapfer, u. jagt Schmetterlinge, kennt den gemahlten Buffon, soviel Deutsch heraus ist, u. vieles in Johnson, wo er jedes Thiers Männchen sehr treu nachahmt, u. kennet schon das lateinische A. O. u. das I. mit dem
    Püttel
. Er trinkt jetzt mit mir Pyrmonter, d. i. schlurft die Neigetropfen jedes Glases u. versichert allemal, daß es
    aus
, ein
    bischen
u.
    gut
sei: das letzte mit verzogenem Munde. Tagtägl. erscheinen mir die sonderbarsten Erfahrungen über die
    Bildung
der
    Sprache
nach Bildern, Ableitungen u. den Sprachwerkzeugen, die mein wohlseliges, gekröntes Schausystem in den Grund reißen – – welche neue Welt wirds geben, wenn der Zweite erscheint. Ich bitte Sie, lieber Alter, zum Voraus feierlich zu Gevatter, ob Sie mich gleich noch nicht gebeten. Der Jakob sei auch vor Esau in Ihrem Segen. Es thut mir leid, daß ich Kreuzfeld mit der Urk. vergeßen: ich hole es nach bei Gelegenheit noch nach. Wie hat sich sein Freund
    Reichard
in Potsdam? Und was macht dort Ihre gesammte Altvettel
    Albertine
? Weder die 2te Ausgabe von Hephäst. noch die Carm. Davidis habe ich ansehn mögen. Ihrem Schwiegersohn
    Penzel
traue ich nicht recht. Zu eben der Zeit, da er an mich unersucht, ich weiß nicht wie ergeben schreibt, hat er mich in der Lemg. Bibl. bei der fremdesten, gesuchtesten Gelegenheit als den geringsten Pöbelbuben behandelt. Für seine Gelehrsamkeit hab’ ich viel Hochachtung, da übertrift er mich weit u. soll mich übertreffen! – Sagen Sie ihm also auch nichts oder sehr Gleichgültiges von mir: über die Katastrophe seines Schicksals hab’ ich mich aufrichtig gefreuet. Kennen Sie das Niedersächsische Wörterbuch? Ein treflich Werk, insonderheit da für uns hier, in deren Gegenden die Sprache noch lebt. Fuldas neues Buch kenne ich noch nicht: seine erste Preisschrift hat mir nicht (2. oder 3. Winke ausgenommen) geschmecket. In Berlin habe ich (sub Rosa!) zum 3ten mal die Krone erlangen wollen, aber nicht erlangt, vermuthl. weil ich Sulzer zu gerade widersprochen u. es müde ward, mit den Luftblasen der Akad. mehr zu spielen. Fast war ich eitel gnug zu glauben, daß meinethalb der Preis 1. Jahr aufgeschoben ward, damit sie nicht das Unglück hätten, 2. Schriften in 2. Klassen von
    mir
!!! auf Einmal zu krönen. Da ist nun Eberhard aufgestellt! Ich habe meine Schrift zurückgefodert u. will sie publiciren; noch aber sie nicht erhalten. (Sub Rosa!) Daß Sie im 2ten Th. von Lavaters Phys. zu einer Klasse gerechnet sind, die mit den Affen Ahnlichkeit haben soll, hat mich herzl. gefreuet. Sie haben Popens Einfall auf Newton so oft retorquirt, daß Ihnen diese Wiedervergeltung recht gut thut. Mit ihrem Bilde können Sie zufrieden seyn: eine, ich weiß nicht wo, erhaschte Silhouette von mir S. 102. ist zehnmal ärger. Und meine Frau, die das Glück hat, 3mal verhunzt zu seyn u. sich so gern herauswünschte, als ich oder Sie, hat Ursache sich noch mehr zu ärgern. So trösten wir uns einander. Das Werk indeßen steigt herrlich. Nun weiß ich auch in der That nichts mehr zu schreiben, als daß ich Sie in Ihrem ganzen Cirkel grüße u. bald, bald, (noch ja hier u. eh Sie mein Herr Gevatter werden) etwas von Ihnen zu lesen wünsche. Es käme mir zum Ende meiner Brunnenkur, die ich einsam trinke, wie ein Käuzlein in verstörten Städtten, wie der letzte Trunk zu Cana in Galiläa. Mich lüstets sehr, Sie als Hausvater zu sehen; vielleicht besuchen Sie mich, da ich Ihnen jetzt so näher rücke, oder vielleicht gelingts gar, daß ich Sie besuche. Auf der Welt wird ja Alles möglich. Ich denke so oft an Sie und wünsche Ihnen sanftes Kopfküßen und eine gemächliche Hausvatermütze, daß ich noch immer glaube, wir sind einander näher zu seyn bestimmt. Darüber Gott walte! – Also mein lieber HE. Gevatter in meinem u. meiner Männin Namen zum Voraus, viel Glück u. Heil! Bückeb. den 20. Jul. 776. Herder Hartknoch ist doch beßer! Ich erschrack, da ich von Lindners Tode las, u. ihn so lange vernachläßigt. Ich war ihm recht gut u. wünsch’ ihm Ruhe im Grabe. – Herz hat mir durch Hinz seine Abhandl. vom Geschmack geschicktwas macht Kant? – Klaudius hat mir einen alten Prof. emeritus
    Tönnies
sehr gerühmt. Sehen Sie doch seine Schriften an. In seiner Offenbahr. Joh., die übrigens den gemeinen Weg schlentert, sind Stellen ernst, keck u. bider. – Ein hingefallnes Wort von Leßing hinter Jerusalems Philos. Aufsätzen vom Urspr. der Sprache wird Ihnen nicht gleichgültig seyn, ob ichs gleich nicht bei
    ihm
für Ernst halte. Arbeitet Penzel an seiner
    Kunst zu sehen
, an die Sie dachten? Adieu.
Kgsb. den 9 Aug. 776. Liebster Freund und Gevatter H. Heute hab ich keinen Brief von Ihnen erwartet, weil kein Posttag war ist; aber geschmachtet habe ich lange darnach und auch noch heute im Geist, weil ich meistens auf dem Bette zugebracht und nichts im stande gewesen vorzunehmen, wiewohl ich ausdrückl. dazu im Hause geblieben. Ich wältzte mich von neuem in den Federn, ohne vor Fliegen schlafen zu können, als der Bote mich ermunterte. Gestern hatte er noch Scheltworte von mir gehört, daß er mir keine Antwort von Ihnen brächte. Der Mensch, dem ich gut bin weil er so schnell läuft wie ich in meiner Jugend und wenn mir noch der Kopf brennt, nahm meinen Verweis mit Sanftmuth auf u. versprach immer ein flinker Ueberbringer zu seyn. Aber daß er heute schon sein Wort baar machen sollte, daran dachten wir beyde nicht – und ich bey der Aufschrift auch nicht die mich desto mehr stutzig machte, weil heute ganz u gar kein Posttag ist – und der Brief selbst der
    Vorläufer
eines Gevatterbriefes. Gott gebe daß der kleine Pathe schon da wäre, wo nicht so schenk ihm Gott eine glückliche Wallfahrt ins Land der Lebendigen – Ich bin so unruhig, als wenn der kleine Gast in mein eigen Haus einkehren sollte. Meine 3 SKinder haben ihrer Mutter, ob sie gl. eine harte Adamstochter ist, und mir rechtschaffene Wochen gekostet – Meines (in parenthesi gegenwärtig unholden Dir.) Stockm. Gemalin ist gestern frühe mit einer Tochter erfreut worden – Der Verdacht von Rache u Talions Gebühr war mir schon durch unsers Asmus Relation von seiner Bück Quarantaine u der daselbst in effigie gefeyerten Procession benommen worden. Ich konnte also die Schuld auf nichts als eine Verwickelung der Umstände schieben deren Auflösung u Nachricht ich aber so sehr wünschte. Nun Gott Lob! Daß sich alles zu Ihrer Zufriedenheit entwickelt hat und hoffentl noch entwickeln wird. Meine Ungewißheit ob Sie noch in B. wären, hatte allein abgehalten dahin zu schreiben; in Zeitungen soll Ihre Verpflantzung bereits ausgebreitet gewesen seyn, und die neue Aspecten des Mercurs gaben mir davon Bürgschaft. Gestern ist meine älteste Tochter die gantze Treppe heruntergefallen. Die heil. Engel im Himmel selbst sind nicht im stande Kinder zu hüten, geschweige zu erziehen – Gottlob! ist sie ohne Schaden davon gekommen als einem geschundenen Fleck unter dem rechten Auge. Mit meinem Hans Michael geht alles krebsgängig u der Junge verlernt Lust u Sitten. Dies ist mein höchster Kummer, der mir Angst u graue Haare macht, daß ich nichts selbst für seine Erziehung thun und eben so wenig dran wenden kann. Ich hatte einen Sonntag den grimmigen Einfall ihn über Hals und Kopf einzuballiren u dem Pontifex Maximus zu Deßau zu übermachen, und wollte das Experiment mit Haut u Haar bezahlen. Die Hitze hat sich wol gefühlt, aber der Wurm nagt noch am Mark, was ich mit dem Knaben mit der Zeit anfangen soll. Ich will ihn seine 7 Jahre auslaufen laßen; vielleicht schaft Gott bald Rath. In diesem eintzigen Stück hab ich zu wenig Beyhülfe von meiner ehrl. Haus Mutter; kann aber auch nicht mehr als den guten Willen von ihr fordern. Daß ich aber selbst nicht Hand anlegen kann, verdrüst u beschämt mich am meisten. Nicht Häfen von Pirmonter, wie Ihr kleiner Magister, sondern Bier! saufen meine wie die Blutygeln und folgen leider! auch hierinn dem Wandel väterlicher Weise. Ach liebster Gevatter in spe! über gaudia domestica geht nichts; hierinn besteht der eintzige Himmel auf Erden; aber mala domestica sind auch die wahre Hölle, selbst für
    Patriarchen
und
    Davide
gewesen. Gottes Geist und des Menschen Sohn sind hierin die eintzigen Schulmeister. Wie hält sich Ihr Johann Christoph? Ihre Frau Schwester hat mir in langer Zeit nicht geschrieben. Ich kenne die Hand auf Ihrem Couvert nicht rechtWundern Sie sich nicht somnia aegri zu lesen. Ich habe 8 Tage an einem Briefe geschrieben und denke durch gegenwärtigen mich erst in Gang zu bringen. Den 4ten Theil habe richtig erhalten durch Hintz, den ich dies mal nur im Vorbeygehen gesehen weil er sich nur ein paar Stunden aufhielt. Ich weiß nichts mehr, als daß ich ihn mit mehr Zufriedenheit als den Anfang gelesen, und durch das Ende sehr aufmerksam gemacht worden. Enthalte noch mein Urtheil und wünsche nichts so sehnlich als die Fortsetzung und den Beschluß; weil ich noch nichts absehen kann, und nichts als das
    Gantze
mich bestimmt. Ihre Preisschrift habe an einem Abend durchgelaufen. Sie scheinen mir die Frage dreist aufgelöst aber die Sache selbst so wenig als möglich berührt zu haben. Die Abhandl. in Hintzens Verlag habe von ihm zum Geschenk erhalten. Der Verf. soll 50 # bekommen haben relata refero Dieser wahre oder erdichtete Umstand hat das Ding noch abscheulicher in meinen Augen gemacht, als es wirkl. seyn mag Gewitter! Wirbelwind! und Regenguß! erleichtert den schweren Dunstkreys, in dem ich athme! Den 10 – Mitten im Platzregen erschien gestern Kreutzfeld und wurde durch Ihr Andenken und Versprechen die Fortsetzung der Urkunde zu erhalten reichlich belohnt. Ich habe ihm so nicht einmal erlaubt selbige bey sich nach Hause zu nehmen, sondern er hat blos hier darinn lesen müßen. Unser Landsmann in Potsdam hat mir vorige Woche zwo Zeilen geschrieben u einen langen Brief fast ein halb Jahr unbeantwortet gelaßen. Weil die Sache einen Dritten betrift; so hat mich dies ungemein verdroßen und ich bin ihm recht böse gewesen. Da er aber seine gantze Lebensart (deren Zerstreuung mir gar nicht gefiel,) auf einmal reformirt hat bis zur strengsten entgegengesetzten Diaet des Umgangs pp so schöpfe ich neue Hofnung, daß er von der
    Eitelkeit
bald curirt und einen edl. Ehrgeitz dafür erwerben wird. Während des Königs Abwesenheit ist er willens eine kleine Tour nach Hamb. Braunschw. u Deßau zu machen. Ich verfolg ihn von weiten, und entfern mich ohne ihn aus dem Gesicht zu verlieren. Er hat übrigens einen schweren Stand – eine Bande von Virtuosen zu regieren ist ärger als ein Regiment Soldaten. Der König soll ein großes Vertrauen zu ihm haben u hat bereits an Mara Exempel statuirt ihm Ansehn zu verschaffen. Was iIhr Freund, der Uebersetzer der Zend-Avesta von mir denken wird? Er hat mir den großen Gefallen gethan seine Uebersetzung u eine kleine inaugural Schrift seines Conrectorats zu übermachen – aber mit so viel
    Achtung
an mich geschrieben, die mich in Verlegenheit setzt darauf zu antworten; wenn ich auch Muße gehabt hätte. Aber ich bin mit einer Arbeit beschäftigt gewesen, die meinen Geist gantz ausgemergelt und mein Gemüth so trübe gemacht wie eine Pfütze. Urtheilen Sie selbst – Den 27 Märtz war der kalte Brand in einer Nacht bey unserm seel. Freund Lindner ausgebrochen. Er hat während seiner Krankheit immer gearbeitet u daran gedacht
    sein Haus zu bestellen
. Ich bin unverdroßen gewesen ihn ευκαιρως ακαιρως zu besuchen und abzuwarten, als Freund u. Beobachter. Mehr als einmal bat er mich auch nach dem
    Tode sein Freund zu bleiben
. Dieser Ausdruck hat immer meinem Gemüthe vorgeschwebt und einen Stachel der Dunkelheit für mich behalten. Unter anderm ersuchte er mich für seine Bibliothek zu sorgen und hat mich nebst Lauson zu Curatoren im Testament eingesetzt, auch jedem ein Legat von 50 fl. ausgesetzt. Eben die Nacht da sich der Brand einstellte, hatte ich Briefe von seinem Bruder dem jetzigen Hofrath erhalten, worinn er mich beschwur noch ein
    heroisches Mittel
, wenn alle Hofnung aus wär, zu wagen. Die
    Ahndung
des Todes und der
    sichtbare
Termin deßelben! – Unter Klagen über grausame Schmertzen und Wunsch nach ein wenig Schlaf nahm er von mir Abschied mit vielem Muth u Ergebung. Sein letztes Wort, das er mir wiederholentl. zurief, so lang er mich sehen konnte war:
    au revoir
!
    au revoir
!
Dieses poetische Lebewohl! war ungemein rührend und treffend für mich. Ich gieng Donnerstags frühe wider zu ihm. Seine Aertzte u Blutsfreunde gaben mir im Entgegenkommen zu verstehen, daß er seines Bewußtseins nicht mehr recht mächtig wäre. Ich zog mich daher zurück. Gegen Mittag hat er noch mit zitternder Hand an den König u seinen jüngsten Bruder geschrieben, zu Mittag gantz ruhig geworden und mit dem Anbruch des Freytags, nachdem er alles haarklein verordnet bis auf das Lied, das Sie ihm im Verscheiden singen u die Erleichterungen welche sie ihm dabey verschaffen sollten, sanft und still entschlafen. Den Charfreytag wurde er bey seinem Vater begraben unter einem sehr ansehnl. Gefolge, bey dem ich sehr entbehrlich zu seyn schien u daher zu Hause blieb. Mein Fideicomiss lag mir im Kopf. Die Erben hatten aber alle Bücher versiegeln laßen und man wollte seiner Brüder Ankunft oder Entschlüßung vorher erwarten. Ich fürchte mich vor der Arbeit, weil ich niemals meine eigene Bücher selbst habe in Ordnung bringen können und der bloße Gedanke von Kramen u Fleihen, und Einpacken mich stupid macht, Kopfschmertzen und Uebelkeiten – Ich tröstete mich auf Lauson und verließ mich noch mehr auf Pentzel, den der seel. Mann ausdrückl. erlaubt u verordnet hatte zu unserm Gehülfen. Die Erben drungen uns aber einen Candidaten auf, der seines Vaters M. Richter im Löbenicht Catalogum ohnlängst herausgegeben hatte, auch sich dadurch in den Besitz unserer Adjunctur einschmeichelte, daß er für eine große Schaale Kleister gesorgt und einige 100 Klebezettel von seinen jungen HE. Grafen, die Pensionnair im Hause waren, praenumerando hatte anfertigen laßen. An Pentzel war wegen der leidigen Exercir- u Revue Zeit u gelehrten Arbeiten von denen er leben muste, gar nicht zu gedenken. Auch der
    Wind vom Legat
setzte mich und Lauson in Verlegenheit – Um dies auf eine anständige Art zu decliniren, gerieth ich wie von ohngefehr auf den Einfall meine eigene Bücher zu verkaufen. Jeder Einfall bey mir ist ein punctum saliens voll magnetischer Anziehungskraft u plastischer Industrie. „Was Du jetzt einem Freunde thun must, oder vielmehr seinen Erben, die
    mich auch
    bisweilen aufbrachten
, bist Du Dir selbst schuldig.“ Meine ungezogene Kinder wühlen unter meine Bücher wie die s. v. Schweine im Eichenwalde. Ein Zusammenfluß tägl. Verdrieslichkeiten kein Buch mehr finden zu können und alles was man ausleyht, wieder zu erbetteln – kein Gefühl des Eigentums mehr! Bücher sind wie die Weiber in der platonischen Republick oder an französischen Höfen, wo der Ehmann dem ersten dem besten Galant aus dem Wege gehen muß. Ich hatte den eventuellen Fonds schon zur Erziehung meiner Kinder und meiner eignen Nothdurft nöthig – und hast Du keine Bücher mehr: so gewinnst du Zeit deine Kinder selbst zu erziehen. Hundert wilde Schwärmereyen mehr, die mir ein
    Interesse
geben mich der verdrüßlichsten und eckelhaftesten Arbeit mit Muth zu unterziehenIch habe das Geschmier dreyer Hände, worunter die meinige die ärgste, weil ich selbige selbst Noth zu lesen habe, in Ordnung zu bringen, habe selbst einige Bücher Papier dabey aufgeopfert, den gantzen Sommer wie ein Erz Minen Sclave darüber zugebracht – dem Verdruß ausgesetzt gewesen immer aufgehalten zu werden u eben so ungebührl. getrieben zu werden, weil die Erben den 1 Oct. ausziehen müßen – und sitz unter einem Misthaufen von Büchern, die ich wieder in Ordnung bringen und rechts u links scheiden soll. So weit mit genauer Noth gekommen daß ein versudelter Catalogus so Gott will, auf die Woche fertig ist. Wie schreckl. sauer mir von einer Seite die Arbeit geworden ist und noch werden wird, kann ich Ihnen liebster Herdern! gar nicht beschreiben. Ich habe öfters wie Scarron unter seinem Schlucken Drohungen ausgestoßen – Von der andern Seite versprach ich mir recht viel von dieser Arbeit, die ich keiner Seele nach meinem Tode hatte zumuthen können u sehe selbige wirklich als das wohlthätigste Legat meines Freundes an. Vielleicht werd ich abermals aus dem weisen Seneca jauchzen können: de Beneficiis Lib II. cap 33. Perfecit opus suum
    Phidias
, etiamsi non
    vendidit
.
Schreiben Sie allenfalls dies citatum ad pag. 16. der Zweifel u Einfälle. Vielleicht wird Gott das
    willige Opfer
meiner liebsten bonorum et donorum für die volle That annehmen und mich dafür belohnen daß ich dem Eigensinn meines Schicksals
    Hagar
ihren Saamen aufopfern wollen. Bey der köstlichsten Ladung fehlt es niemals an
    Ballast
und dem edelsten Acker selten am meisten Unkraut wenn er nicht gehörig abgewartet werden können. Sollte mich unterdeßen selbst die Noth zum Ausbot meines Häuschen u meiner 3 Kinder zwingen; so hoff ich daß mir auch in der grösten Verzweifelung noch ein granum salis überbleiben wird Sie werden sich also, liebster Gevatter und Freund! weder alteriren, noch wundern, noch schämen, daß ich dem Satrapenmährchen einen gelehrten Banqueroutier Streich entgegensetze. Ohngeachtet ich die Montagsgebete u Wochenpredigten nicht mehr wie sonst abwarten kann, bin ich noch immer ein fleißiger Mettenbesucher – und von da ordentl. bey meinem Freund Kr. Hennings zum Caffé. Dom. VI. p. Trin. trank ich meinen Früh Caffé in meinem neuen Gehöft, das durch einen abgebrochnen großen Speicher der in einen kleinen Holtzstall verwandelt worden, zu einem künftigen grünen Platz geraum gnug ist. Ich hatte mich die vorige halbe Woche nicht aus dem Hause gerührt, mich weder um die Kayserl. noch Kgl. Hoheiten bekümmert, sondern mit sehr schlechtem Erfolg an einem doppelten Catalog gearbeitet. Um weder an den Catalog denken noch daran arbeiten zu dürfen, springe ich hurtig auf mich anzuziehen und vor Angst die rechte Predigt zu hören. Da komt mir ein unbekanntes Weibstück entgegen, bringt mir einen Gruß von Kr. Hennings, der auf mich gewartet hätte und nunmehr spatzieren gefahren wäre – mich aber bitten ließ, die beyden großen Bücher geschwind durchzulesen u ihm selbige morgen Abends wo nur mögl. persönl. einzuhändigen. – Bloß der Zerstreuung wegen hatte ich in die Kirche laufen wollen; und das gebratene Wildbrett kam mir ins Maul geflogen. Mein erster Gedanke ist immer, einem Ueberbringer erkenntl. zu seyn und darnach mich am Geschenk zu befreyen. Hier war es wohl kein Geschenk, als mehr als das. – Die Verlegenheit ob u. wieviel ich der Ueberbringerin geben sollte, meine Hausmutter, die all mein Ausgabe Geld in ihrer Verwahrung hat, dazu willig zu machen – Ein physiognomischer Blick auf die Ueberbringerinn und der Himmel kennt das Spiel der Gedanken und Bewegungen am besten in den kleinsten kritischen Augenblicken, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen – Ich freute mich, daß ich meinem blinden verwöhnten Triebe Biergeld auszutheilen wiederstanden hatte u gieng mit einer triumphirenden Miene und zwei Quartanten groß Format in mein Gehöft, um meine Andacht auf eine andere Art zu befriedigen. Sie sollten noch denselben Tag mir aus den Augen und aus dem Hause seyn um den Montag darauf in meinem Catalog fortfahren zu können. Der erste Theil wurde bey Seite gelegt und ich laß wie ein hungriger Mensch, der die gantze Woche mit Grütze für lieb genommen u den Sonntag auf einen fetten Kalbsbraten zu Gaste ist. Ein viertel des Buchs war in einer Stunde verschluckt und ich fieng an zu blättern, oder wenn man einen guten Grund gelegt, nach Pfefferbißen zu wühlen. Indem ich bilderte, fiel mir natürl. Weise eins auf, wo ein großes Zeichen lag, das ich bisher gar nicht bemerkt hatte. Niemals hat Original und Copie sich einander so angestaunt, Autor Leser und Kunstrichter, als der geneigte Leser über sich selbst. Meine Verlegenheit wegen der Scheidmüntze, die ich der Ueberbringerinn zugedacht hatte mit dem Ende des Fragments – der Umstand des eben zu der Zeit gesprochenen Clair-obscur über die Areopagiten – die Anführung des
    Spruchs
mit einer Ähnligkeit der eben daselbst
    allegirten Stelle
über einen gl. Gegenstand – die sich kreutzende Strahlen, der tiefliegende Brennpunct – das bey sämtl. Herren Interessenten vom K– bis zum K– – noch nicht verblutete Ebentheuer mit dem Eselsohr – u hundert Kleinigkeiten mehr waren gleich den Regentropfen, die ein durstendes Land erquicken – Kurz die Eitelkeit der Abigail für ein
    Weib
    von guter Vernunft und schön von Angesicht
wenigstens von einem inspirirten Physiognomisten ausposaunt zu werden verwandelte den lieben guten Lavater zu einem Seher Gottes in meinen Augen und zu einem ausdrückl. Engel der mit einem Kelch vom Himmel erschien, mich im Staube meiner Sorgen zu stärken. Heil ihm, dem Nasen- Mund- und Ohr Seher, der vielleicht meiner nächsten langen Weile, die mir Gott schenken wird, ein sokratisches Lachen über meine eigene Gestalt, wie ich selbige in littore seines zweyten Versuchs zur Beförderung der Menschenkenntnis u Menschenliebe gesehen, zubereitet. Vielleicht werden Sie nichts von allen diesen Thorheiten lesen können, die ich im Geist einer Abigail schreibe. Sie S selbst hat im Geist Davids zu spielen gesucht. Um den 1 Theil der Zweifel hab ich gearbeitet mitten im Hertzen des vorigen Sommers und letzten Winters, ohne mein Ideal aufgeben zu können noch zu wollen. Die 2 Hälfte von Einfällen, die Ihnen beßer gefallen, ist mir dafür geschenkt worden.
    Lex operis
war per
    nugas
ad
    seria
zu führen. Uebrigens haben Sie recht daß sich alles auf den
    krummen Gang
der Areopagiten bezieht, und ich mehr
    ankündigen
als
    ausführen
wollen! Wenn die Bahn gebrochen und fertig ist, so ist der Einzug eine leichte Sache, und Pomp mehr ein Spiel als Arbeit des Helden. Es heist also noch immer bey mir: hic Rhodus, hic salta. Ich hoffe, liebster Gevatter, Sie werden aus meiner
    Selbstliebe
die beste Ahndung auf die Liebe meines Nächsten ziehen. Vielleicht ist dies der höchste Grad, höher als das
    wie
, seine Freunde in sich selbst zu lieben, als die wahren Glieder unsers Glücksystems, als die Eingeweide seines Lebens – Was Sie mir von dem lieben Cl. schreiben, ist mir eben nicht unerwartet. Vielleicht wär es ihm beßer gewesen meinem tollen blinden Wink zu folgen u nach Preußen zu kommen. Die feine Luft scheint ihm dort nicht zu bekommen. Ich habe mich über Euch beide Künstler seines Glücks
    gefreut
– aber eben so sehr darüber
    gewundert
, wie es Euch mögl. werden würde einen Wandsbecker Boten in einen Oeconomie Inspector zu verwandeln. Wenn er zu einer Organisten Stelle bestimmt u ein guter Gesellschafter ist; so schieben Sie sein Glück in Weimar nicht auf und heben Sie mir den Calcanten Posten auf, weil ich nicht musicalisch bin. Ich will ihn schon fleißig erinnern, daß er das Stimmen seiner Orgel nicht vergeßen soll, wie seines Claviers. Das Wunderthier selbst kennen zu lernen weil ich aus allen Beschreibungen des micromegas nicht klug werden kann und Bückeburg zu überrumpeln, sind immer 2 Hirngespinste gewesen, die parallel auf mich gewürkt haben. Wenn dem lieben Gott noch was an meinem Leben gelegen seyn sollte: so hab ich eine Zerstreuung für meine Gesundheit nach meinem so vieljährigen Gefängniße im eigentlichsten Verstande nöthig, und die häusl. Zufriedenheit, welche bisher alles ersetzt, wird wegen überwiegender Beängstigungen immer leichter u hinfälliger, das mir also nichts übrig bleibt als die letzte Hofnung aller fehlgeschlagnen Wünsche – ein Deus ex Machina oder im Gewitter, wie ich ihn heute im Hiob gelesen – vielleicht zum letzten mal in meiner Michaelisschen Uebersetzung. Ich Ihnen an eine Kunst zu sehen gedacht, woran
    Penzel
arbeitet? Weder ihm noch mir ist so etwas eingefallen. Krause ist mir ganz fremd geworden u übersetzt für Kanter auf Greens Empfehlung eines Arthur Youngs politische Rechnungskunst. Krause hat woran gearbeitet – Was es gewesen, hat er und ich nicht vielleicht recht gewust. Er wurde darüber krank vor Ueberspannung seiner Kräfte. Wenn ich je so ein Analogon quid geschrieben; so mag ich von deßen Arbeit mit ihm geträumt haben. Ob es Kunst zu sehen seyn sollte, weiß selbst nicht mehr, weil mein Gedächtnis ephemerisch ist und alles was ich lese bey mir zu Asche wird, worinn ein granum salis höchstens übrig bleibt, das beym Elaboriren spagirisch-hermetisch-palingenetische Wundergestalten hervorbringt. Daß ich Jacob Behm u Pordäge gelesen habe werden Sie aus Beyl. ersehen. Das lustigste bey dieser Anführung ist, daß der Name Eberhard daselbst vorkommt. Ich habe das Vergnügen gehabt im Ernst wegen dieser Recension beklagt zu werden – Es mögen eben soviel sich darüber gefreut haben, ohne zu wißen, daß sie von guter Hand kommt, die sich selbst nicht weh thun wird. Es thut mir leid, daß Sie von meinem Schwiegersohn nicht viel beßer als dem φφo von Sans-Soucy u. seinem Capellmeister denken. Ich bin mistrauisch gnug gewesen – auch sag ich für keinen Menschen auf der Welt gut, so wenig für mich selbst als für ihn; aber in dieser gantzen Sache möchte er wohl gantz unschuldig seyn, und Sie sind durch eine falsche Nachricht hintergangen worden. Er hat hier seine Zuhörer fast alle verloren, und zugl. den meisten Umgang. Kanter hat sich erboten ihn in seinen Laden u Haus zu nehmen, wozu er willig gewesen; aber es fehlt an einem kleinen Vorschuß, der unter ihnen verabredet worden, und Penzel ist ein Mann von Wort, und strenger in diesem Stück, als man es ihm zutrauen sollte. Sein Hertz ist so offen, wie sein Kopf – Er hat mir seinen Lebenslauf so haarklein erzählt, daß sein
    Schicksal
mir mehr für ihn eingenommen hat als alles übrige – und in diesem gantzen Schicksal herrscht eine solche
    Naivität
und
    Unschuld
von seiner Seite, die ihn größer in meinen Augen macht als seine Anlage zur Gelehrsamkeit. Unterdeßen bekennt er von sich selbst, daß gute Tage ihm sehr gefährlich sind, und die mittelmäßigen auch vielleicht hier für ihn geworden wären – Können Sie mir die Stelle anzeigen in der Lemgoer Bibliothek, so überheben Sie mich der Mühe selbige künftig selbst blos dieser Ursache wegen durchzulaufen. Er besucht mich ordentl. die Woche einmal u studiert beynahe blos für seinen eignen Autornahmen auf eine neue Ausgabe des
    Horatzens
u von neuem
    Geographie
. Ich bin aber nicht im stande seine Hülfsmittel dazu u die Hinlänglichkeit derselben zu übersehen. Den 13 des Morgens frühe. Meinen guten Willen Ihnen zu antworten werden Sie wenigstens verstehen können und eben so sehr wie sauer es mir wird aus Mangel der Zeit und – Ist jetzt die Hälfte Ihrer Urkunde heraus? Möchten Sie mir nicht einmal den Innhalt des übrigen in nuce mittheilen ehe er noch herauskommt, oder können Sie schon absehen, wenn alles fertig werden dörfte – Wird Ihre bevorstehende Verpflanzung nicht einen zieml. Stillstand verursachen; ich glaube aber fest, daß Ihre künftige Gegend auch in Betracht Ihrer Autorlage Ihnen günstiger seyn wird. Ich habe noch gar nicht erfahren können worüber Eberhard den Preis erhalten, so gern ich es wißen möchte. Die neue Ausgabe hat Nicolai u er mir geschickt. Ich habe mir vorgenommen sie gantz langsam zu lesen, bin ich fast nicht mehr im stande etwas langsam zu lesen u scheine auch weniger Vortheil davon zu haben als von meinem Galop. Wie mir bey diesem Buch zu Muth ist, ohngeachtet ich nur im Anfange bin, kann ich Ihnen nicht sagen. Sehr oft wenn von der Orthodoxie die Rede ist, fällt mir die Philosophie de S. S. ein – Wenn die Zend Auesta gantz seyn wird, werd ich Ihre Erl. wieder vornehmen., weil mir noch in Allem am Zusammenhange fehlt. Unter allen Ihren Werken dörfte aber wol die Urkunde mein Liebling bleiben, und da Sie wirklich Ihr Wort in vielem erfüllen so wünscht ich am Ende die Ballance zu ziehen von dem., worinn wir übereinstimmen u von einander abweichen, worinn Sie zu
    weit gehen
und nach meinem Gefühl für mich
    zurück
    bleiben
Ich oder vielmehr mein innerer Mensch ist von Gram, Unruhe, Verdruß, Aerger und kümerl. Sorgen so ausgemergelt, daß ich selbst nicht weiß was ich thue oder noch thun werde – Ich bin willens Ihren Geburtstag statt des meinigen dies Jahr zu feyren, weil letzterer auf einen Dienstag fällt. Erfreuen Sie mich doch nur bald mit der Nachricht einer
    glücklichen Entbindung
– Ich habe Ihnen nichts zur Sache geschrieben und noch so viel im Sinn und petto. In Bückeburg können Sie wohl nichts als meinen Catalog von mir erwarten. – Vielleicht sehen wir uns von Angesicht zu Angesicht in Weimar oder können uns ein Rendezvous nach Herzenswunsch einmal geben. Gott begleite Sie mit Seinen guten Engeln – Sollte mein kleines liebes Pathchen beym Empfang dieses schon da seyn: so sagen Sie Ihm ein herzl. zärtliches, inniges Willkommen. Meiner liebens- und ehrwürdigsten Gevatterin küße ich Mund und Hände. Gott erhalte und vermehre Ihre Hausfreude 60 und 100 fältig. Mein Hänschen empfiehlt sich dem kl. Magister u seinem alten Freunde Joh. Christ. Gott seegne Sie – Künftig mehr. Ich ersterbe Ihr treuergebenster Freund u Gevatter J. G. Hamann.
Erhalten-Vermerk von Nicolai: 1776. 26. Aug. / 1777. 11 Oct. r Lpz. bean. / Haman. Kgsberg den 18 Augst. Dom XI. p Trin. 776. HöchstzuEhrender Herr und Freund, Exegi – Beßer weiß ich Beyl. Ihnen nicht zu überreichen, die mir so sauer geworden, als irgend eine Arbeit in meinem Leben, dem es an Köstlichkeiten oder Mühseeligkeiten niemals gefehlt. Es muß etwas in meiner Natur liegen, das allen mechanischen Handgriffen zuwider ist, besonders denjenigen die zum Packen, Fleyhen und Rangiren gehört. Ich kann keine Unordnung leiden, bin aber auch gar nichts im Stande in Ordnung zu bringen. Ungeachtet der unzählichen Bedürfniße bey meiner sonst wallfahrenden Lebensart hab ich niemals mein Gepäcke selbst machen können, ohne gute Herzen um Beyhülfe angesprochen und gefunden zu haben. Der bloße Gedanke daran macht mir Kopfschmerzen, von denen ich sonst Gottlob! immer befreyt geblieben, dagegen ich den Schwindel von Beyden Eltern geerbt und an keine steile oder schlanke Wege ohne Anwandelungen denken kann. Mich dazu entschlüßen, und selbige zu überstehen, kostet mir immer die gröste Herzensangst, über die ich beym Zurücksehen oft selbst lachen muß. Ich habe also niemals meine kleine Bibliothek selbst gefleyht und jetzt darinn so wühlen müßen, daß alles um mich herum liegt in meinem kleinen Hause um sie vor der Hand auf den Papier zu classificiren nach der Ordnung, die mir gröstentheils vorgeschrieben worden und nicht von meiner eignen Wahl abgehangen. Mein ältester u fast einziger academischer Freund, (deßen ziemlich langweiliges Krankenbette ich so fleißig als mögl. abgewartet und er ist nach meiner Mutter der
    einzige
, dem ich diese Pflicht erweisen können) ersuchte mich und seinen Schulbruder Lauson für seine Bücher zu sorgen. Weil letzterer ein Mann nach der Uhr ist; so verließ mich noch mehr auf meinen jüngsten Freund Penzel, der noch die Preuß. Fastnachten mit mir vor dem Krankenbette des seel. Lindners gehalten hatte, und den er mir ausdrückl. erlaubte zur Hülfe nehmen zu können, der aber wegen der Exercir- und Revue Zeit und eigner Arbeiten ohnmögl. abkommen konnte – Weil die hiesigen Erben den 1 Oct. ausziehen müßen; so überfiel uns der Termin, daß ich über Hals und Kopf fertig werden muste – Daher alle Nachläßigkeiten usw‥ Um mir zu einer so ungewohnten Arbeit mehr Interesse zu geben, hielt ich es für meine Pflicht dasjenige für mich selbst zugl. zu thun, was ich meinem seel. Freunde zu leisten versprochen hatte. Hundert widrige Umstände u Ueberlegungen brachten mich auf den Entschluß, mich dieses
    ungerechten
    Mammons
auf einmal zu entschlagen und von diesen
    Zeitdieben
zu scheiden. Die Unart meiner Kinder und die Bedürfnis mich selbst mit ihrer Erziehung mehr zu beschäftigen – der Versuch einer wohlthätigen Diät bey Waßer und Brodt, um dem
    Genio seculi
zu huldigen – die Wahrscheinlichkeit auch auf den gegennahen Winter meines Lebens – eines ziemlich Bären ähnlichen ungeselligen Lebens – etwas in meinen eignen Pfoten zu finden, ohne zu Bienenstöcken meine Zuflucht nehmen zu dörfen. Da ich unter 1000 Verdruß die Zeit erbetteln, stehlen und gewinnen müßen um den Catalogum taliter qualiter zu Stande zu bringen; so wird es, HöchstzuEhrender Freund, noch darauf ankommen, daß ich Urlaub erhalte um die Auction gehörig abwarten zu können – Zweytens würde es in meinen Augen unverantwortlich seyn, wenn ich das wenige Gute von meinen Büchern Alles verkaufen und den schweren Ballast auf dem Halse behalten sollte. Ich muß mich also abermal mit dem weisen Seneca Lib. II. de Benef. cap. 33. trösten:
    Perfecit
opus suum Phidias, etsi non
    vendidit
.
p. 5. no. 79 ist durch ein Versehen eingeschrieben worden, weil ich diesen Pindar meinem Freund Pentzel zur arrha sr. neuen Bibliothek gegeben. Die wenigen mit Sternen gezeichneten Bücher sind von mir in Riga zurück gelaßen worden, standen auf dem Verzeichnis der damals von meinem Bruder aufgenommenen Bücher, ohne selbige erhalten zu haben. Ich habe einmal darum geschrieben, aber keine Antwort bekommen p. 89. no 219 ist p. 121. no. 326. wiederholt. Ich bin wegen des Formats nicht sicher ob es groß Duodez oder klein Octav gewesen. Da einmal mein Vorsatz war einen genauen Catalogum: so werden Sie mich weder wegen eines Leichtsinns noch eines Wuchers mit den Donis meinerder Freundschaft in Verdacht ziehen. Ich habe darüber meinen Entschluß ziemlich gefaßt. Meines seel. Freundes ausdrücklicher Wille ist es gewesen, auch auswärtig sn Catalogum zu verschicken. Da mein Nachtrab auch zu dieser Ehre komt: so nehm ich zu Ihnen meine Zuflucht um den piis desideriis amici defuncti ein Gnüge zu thun, und übersende Ihnen honoris causa ein postpapiernes, ein Marmorpapiernes, ein unverschnittnes Exemplar, weil ich die Absicht hatte die Errata an den breiten marginem zu corrigiren – welches aber alles aus Mangel der Zeit unterbleiben muß. Da mein Landsmann HE Capellmstr. Reichard Ihr guter Freund ist: so ersuche ergebenst, ihm nebst einem Exempl. Einl. von unserm †feld einzuhändigen. Meinem ältesten dortigen Freund HE Mendelssohn etwa auch eines. Kenne übrigens keine Gelehrten als die HE Prof. Ramler, Sulzer und Merian, der damals mich auch mit dem dono der Pucelle d’Orleans beehren wollte, welches ich aber ausschlagen mußte weil mir der Druck zu fein war. Ich schätze übrigens sehr dies Gedicht und glaub daß es leider! länger leben wird als die liebe Henriade. Wenn mein jüngster Freund in Charlottenburg, den ich gern von Angesicht zu Angesicht kennen gelernt hätte, wenn es Sein u Gottes Wille gewesen wäre, kein Liebhaber von Catalogen ist: so geben Sie es ihm als einen Vorboten meiner bürgerl. Sterblichkeit. Einen meiner vertrautesten Gönner, den G T R Ohlius verlor ich am Anfang dieses Jahrs. Der Schlag rührte ihn als er eben in die Kutsche steigen u in Gesellschaft fahren wollte, da ich ihn nur den Tag vorher beynahe gesund gesprochen hatte. Meinen ältesten Freund hab ich auch verloren. Der arme unglückl. Pentzel ist mir instar omnium und sein Schicksal macht mir eben so viel Kummer und Furcht als mein eigenes. Verlier ich alle meine Bücher: so hab ich kein eigen Häuschen mehr nöthig – und hätte mannichmal Lust meine 3 Kinder den Philantropisten in Deßau zu vermachen zu ihren Experimenten, wenn ich es nicht für anständiger hielte in meinem Vaterlande mit ihnen zu verhungern, wie zu den Zeiten schwerer Belagerung – Der Termin der Lindnerschen Auction ist spätestens den 9 Sept. Mit der meinigen ist es noch nicht so völlig ausgemacht, ob sie nicht erst um 8 Tage nachher anfangen soll und jene unterdeßen ihren Gang fortsetzte Vergeben Sie mir, daß ich über eine Neben Sache so weitschweifig bin, die mir den Kopf so warm und das Leben so sauer gemacht hatte und vielleicht noch machen wird, daß ich nichts so sehr wünsche als erst alles überstanden zu haben. Sie werden bereits wißen, daß ich nur die Hälfte von den mir mit voriger Meße zugedachten Donis erhalten habe, und mir die andere Hälfte aus dem hiesigen Kanterschen Buchladen habe gut thun laßen. Weil ich aber wegen Ihrer Genehmigung noch ungewiß bin, auch zum Anfange nichts als die neue Vorrede der Apologie des Sokrates zweimal lesen können, auch nachher nicht weiter als bis zum V. Abschnitt gekommen bin: so hab ich mit Fleiß dies Werk nicht in den Catalog eingerückt, wodurch ich mir tacite eine Art von Anspruch auf den zweiten Theil reservirt. Den Beschluß Ihres Nothankers habe auf der Stelle gleich durchgelesen. Meine wenige Zeit und mein noch nicht geschwächter Appetit zum Lesen nöthigen mich die meisten Bücher im Fluge durchzugehen und ich muß sagen, daß ich mich bey dieser Methode beßer als beym gemächlichen Lesen befinde. Weil mein Gedächtnis so stumpf, als Montaigne seins je gewesen kann: so ist aller detail für mich verloren, sobald ich ein Buch aus der Hand lege und der Genuß erfüllt sich blos im actu und begnügt sich an Uebersehung des Gantzen. Ich bin blos bey den ersten Zeilen, Blättern oder höchstens Bogen einer angestrengten Sammlung fähig und dieser Vorschmack bestimt das Maaß meines Fortganges, der sehr selten des Endes verfehlt. Niemand liest auch ungerner Bücher, die noch unvollendet sind und hat weniger Zutrauen als ich, selbige zu beurtheilen. Der letzte Theil Ihres Nothankers hat mir eben so sehr als dem ganzen Publico gefallen, aber Ihnen aufrichtig zu gestehen, wenig erbauet, welches doch mit zu Ihren Absichten scheint gehört zu haben. Daß endl. Ihr Held durch meine leidige apokalyptische Zahl sein Glück macht, konnte zufälliger weise den alten Aberglauben an dies verfolgte Buch mehr befördern als das verschwendete Saltz denselben auszubeitzen im stande seyn wird. Sollten Sie in den Pränumeranten biß zur Zahl 665 gestiegen seyn: so bitte für meinen Namen ein Plätzchen für die unmittelbar darauf folgende Nummer. Hintz hat sich kaum einen halben Tag bey seiner Rückreise aufgehalten und ich habe ihn nur einige Augenblicke gesehen. Er schob die Schuld auf Sie, daß Sie vergeßen haben müßen ihm den ersten Theil der Apologie mitzugeben. Auf allen Fall muß er Ihnen deshalb mehr Red und Antwort geben, wenn es an ihn liegen sollte. Da Sie mir einmal das Buch zugedacht hatten und ich lange gewünscht meine kleine sokratische Samml. dadurch ergänzen zu können theils in den darin enthaltnen neuen Lehren mich ein wenig näher zu unterrichten; so war es mir angenehm wider mein Vermuthen es aus dem hiesigen Laden zu erhalten, da ich alle meine bisherige Verbindungen je länger je mehr aufzuheben suche. Ungeachtet ich gar keine Zeitungen beynahe als von ohngefähr lese: so habe doch aus einem Blatte ersehen, daß unser Freund Eberhard auch den letzten Preiß davon getragen, aber die Materie habe bis diese Stunde noch nicht erfahren können. Ins zehnte Jahr leb ich nunmehro in meinem Vaterlande, ohne zu begreifen, wie ich solange ohne Nachtheil meiner Gesundheit habe aushalten können. Wie nöthig ich Erholung, Zerstreuung und vielleicht etwas mehr – ich meyne einen Brunnen und eine Pause nöthig hätte; können Sie leicht selbst erachten. Den 27 huj. soll ich mein 47 Jahr antreten; habe aber keine Lust meinen Geburtstag wie sonst zu feyern, will ihn auf den Geburtstag meines Sohns verlegen, der den 27 Sept einfällt. Gott gebe nur, daß Sie diesen Brief lesen können. Der verwünschte Catalog hat an allem Schuld, daß mir der Kopf so wüste ist; ich habe ihm auch schon mehr als einmal wie Scarron seinem Schlucken gedroht. Leben Sie wohl und glücklich. Entschuldigen Sie und vergeßen Sie nicht   Ihren   Freund und Diener Johann Georg Hamann
Lieber Freund u. Gevatter H. Eben am Tauftage meines zweiten Buben August, Wolfgang, Siegmund kam Ihr Brief, der beiden Eltern herzl. Freude machte. Ihnen, dem ersten Männlichen Gevatter mit zu Ehren, u. unser aller Geburtsmonath zu verewigen, ward ihm der erste Name August bestimmt u. da Sie die Gevatterschaft mit so viel Liebe u. Treue annahmen, so ward unsre Nachmittagstauffreude noch vollkommener. Es war Mittwoch den 21. Aug u. Sonntag mit der Morgenröthe zwischen 3. u. 4. war er gebohren. Die Mutter war bis aufs Ende gesund u. wohl, ob sie sich gleich auf diese Niederkunft etwas fürchtete: noch Sonnabend Mittag kamen 3. Ritter zu Pferde zu unserm Besuch, Benzler ein sehr guter, stiller, tiefer, einfältiger Mensch, Kleuker u. ein junger D. Barkhausen: die ich angenommen, weil ich kein puerperium so nah glaubte. wWir waren fast bis 11. Abend an Tisch u. kaum war die Gesellschaft zu Bette: so klopfte Juno Lucina. Erst in Gestalt von Schmerzen aus Gurkensallat, die aber bald sich andern Sinns zeigten u. kurz bald drauf kam der kleine Trimpel, der mit Kopf u. Händchen zugleich heraus wollte u. also seinen Eingang in die Welt sich selbst erschwerte. Mutter u. Kind waren matt, aber mit dem Tage brachen sie beide auf wie Rosen u. ich ging in die Kirche zu meiner Predigt schon mit voller Freude. Beide befinden sich herrlich, die Mutter ist schon ganz gesund u. hält sich nur noch der Vorsicht halben im Bette. Der Kleine, dünkt uns, trägt ganz ihr Bild, wie der erste Freß- u. Laufmagister das Meinige haben soll. Mutter u. Kind sind auch so ein Stück zusammen, daß es eine Lust ist zu sehen, wie Eins am andern gedeihet. Die Mutter ist wahre Braut, ein Weinstock mit seiner Rebe, u. der andre Junge läuft, die Gesundheit selbst, umher u. sucht
    Tutterpapper
d. i. Zuckerzwieback wie ein Wolf auf, der mit sieben Sinnen wittert. Der zweite wird Abel werden, wie der Erste Kain ist, oder Jakob zu Esau – geben Sie ihm lieber Fr. u. Gevatter, Ihren Segen!!! – Die andern Pathen sind gewesen, oder überhaupt ists ins Kirchenbuch also eingetragen worden: Den 21. Aug. hat der Konsist. R. u. Sup. Hder seinen zweiten Sohn A. W. S. p Gevatter: 1. Die Fr. von Beschefer (die ihn im Namen aller hielt, der Mutter vom ersten Augenblick beistand, unsre treue Nachbarin, Mutter u. mehr als Mutter, die wir nie wiederfinden 2. HE. Hamann, Gelehrter zu K. in Pr. 3. HE. Claudius in Darmst. cum pleno titulo 4. HE.
    Siegmund
Flachsland in Darmst. Mutterbr. 5. HE. geh. Leg. R. Göthe zu Weimar, von dem er den Namen Wolfgang führet. Letzterer hat sich gegen uns durch Vorsorge, Zurüstung unsres Hauses p in Weimar so gut bezeuget, daß die Mutter, der er auch sein Haus antrug im Fall daß Unseres nicht fertig wäre, u. ich ihm auch diese Stelle zuerkannte. So seid ihr denn gepaart, Genies aus aller Welt Ende u. der Junge müßte Kraft seiner Pathen ein Tollkopf werden, wenn nicht, wie ich hoffe, die Bildung der Mutter ihn vor solchem Unwesen gütig bewahret. Nun, lieber H., freuen Sie sich mit Uns u. mit Ihrem ganzen Hause über die Zwei, Einen zur Rechten u. Einen zur Linken, u. wünschen Sie, oder vielmehr trinken Sie ihnen den guten Kelch des Lebens voll zu. Man schwimmt u. schwebt in solcher Zeit im Meer u. Abgrunde des Wunders u. der Güte Gottes. O wären sie am Tauftage, da ihr Brief kam, selbst hier gewesen! Mit unsrer Reise wirds jetzt schnell gehen, mMitte Septembers, hoffe ich, gewiß: ich habe heut, bei der Wiederkunft des Grafen nach einer Incognito Reise, um meine Erlaßung, flugs u. langsam gebeten: gerade an dem Tage, da ich vor 6. Jahren an ihn schrieb aus Darmst. schrieb u. mein hiesiges Amt annahm. Morgen ist mein Geburtstag u. zugleich der Geburtstag unsrer Ehe, des ersten Briefchens der Liebe, in dem Alles stand, was im letzten Briefe des Romans zu stehn pflegt. Leider aber feire ich ihn nicht zu Hause, sondern hi bin mit einer fatalen, zänkischen Visitation beschäftigt: den Ihrigen, künftigen Dienstag auch nicht: da ich eben auf einer so fatalen Introduktion eines hällischen Waiseninspektors seyn muß. Mittwoch indeß, der Geburtst. unsres Ältesten Knaben, soll alle 3. Tage zusammenknüpfen: gebe Gott Ihnen in Ihrem Trübsal u. mir in meinem Tumulte daran viel Freude!!! Und nun, lieber H., werden Sie sich wundern, wie ich von dem u. jenem u. noch nichts von der schweren Beischrift u. Beilage, die Ihnen gewiß zuerst Schrecken gemacht haben wird, schreibe. Hat folgende Bewandniß. Als der Priester zu Anathoth im Vorhofe des Gefängnißes lag, kam des Herrn Wort zu ihm: siehe Dein Vetter wird zu Dir kommen, kauf seinen Acker, denn du hast das nächste Freundrecht dazu u. der Prophet wug ihm das Geld dar. Sie wollen Ihre Bücher verkaufen, die Sie nicht verkaufen müssen, sollen u. dörfen (es sei denn, was Ausschuß u. Ballast ist) denn es sind Freunde Ihrer Jugend u. hier ist also die Hälfte eines
    Anleihs
auf diese Bücher, deßen andre Hälfte, geliebts Gott, sobald wir unsre Reise überschlagen, folgen soll. Zwar nicht so verbrieft u. versiegelt als dort beim Propheten, aber lieber Landsmann, Freund u. Gevatter eben so rechtmäßig, Rechtskräftig u. eben als dort: also mit der lauten Fodrung u. Bitte, daß Sie Ihre Bücher nicht verkaufen. Verzeihen Sie den Lappenstreich, den ich vielleicht spiele, wda Sie vielleicht viel mehr brauchen u. Ihre Bibl. auch so viel mehr werth ist: das schadet aber nichts, ich mache das Anleih auf so viel derselben, als mein Anleih wert ist u. so, lieber Nächster! machen Sie sich kein Gewißen u. Bedenken, es also zu nehmen u. gebrauchen. Ist doch beßer, ich gebe sie Dir, als einem andern u. mir hilft Gott, Trotz aller meiner Krümmen u. Engen, in Geldsachen nicht nur nöthig, sondern wenn ichs brauche, herrlich, reichlich u. überflüßig durch; also müssen Sie, lieber H., meine förmliche Tauf- u. Gevatterhypothek nicht verschmähen. Den Ballast aber werfen Sie bei Lindners Gelegenheit, der auch gnug Ballast hat, weg: ich solls u. muß es auch thun vor meiner Abreise u. weiß leider! noch nicht wo? oder wie? Da hier nur die Tutenkrämer allein kaufen u. ich unmöglich Alles mitschleppen kann. Wollt nur, daß ich wäre, wo ich seyn soll! – Meine Frau, Ihre liebe Gevatterin, unterschreibet die Hypothek mit mir: es war Ihre ihre Hand, die Sie auf dem neul. Couvert sahen u. nicht erkannten. Nun noch eine Beilage über die kleinen Stücke Ihres Briefes. Zuerst über die Erziehung Ihres Hans Michel, grämen Sie sich nicht, man richtet doch damit Nichts aus. Mit Sorgen u. mit Grämen p Auch mein Hans Christoph war u. ist so unnütz hier, daß ichs oft beklagt, ihn nicht auf seiner Geburtsstäte gelassen zu haben, zu der er auch würklich gehöret. Er geht jetzt seit Jahr u. Tag in die öffentliche Schule u. wenn ich nach Weimar komme, so will ich, wenn die Zeit da ist, ihn wo zu einem guten Mechanischen Mathematischen Handwerk bringen, wozu er am meisten Lust hat. An Ehrlichkeit u. gutem Verstande fehlts dem Buben nicht (Sie müssen dies Wort nicht Preußisch, sondern oberdeutsch verstehen, der Dialekt meiner Frauen hats in unser Haus gebracht) nur Nachläßigkeit u. Fr Träge – Unbedachtsamkeit u. Unvorsichtigkeit, wovon Ihr erster Wink gleich den ganzen Aufriß zeigte. Dulden Sie sich noch mit Ihrem Nazir, lieber harre noch ein wenig: ich rücke jetzt ja selbst dem Pontif. Max. zu Deßau näher, u. der Meinige wächst auch zu, den er aber, so Gott will, nie sehn oder haben soll. Mir kommt alles erschreckl. vor, wie ein Treibhaus, oder vielmehr wie ein Stall voll Menschlicher Gänse. Als neulich mein Schwager-Jäger hier war, erzählte er von einer neuen Methode, Eichenwälder in 10. Jahren zu machen, wie sie sonst nur in 50 oder 100 würden, daß man den jungen Eichen unter der Erde die Herzwurzel nehme, so schieße über der Erde alles in Stamm u. Äste – das ganze Arcanum des Basedowschen Planes liegt glaub ich darin, u.
    Ihm
, den ich persönl. kenne, möcht’ ich keine Kälber zu erziehen geben, geschweig Menschen. Kurz, lieber Gev., laßet Euren Zorn übergehn u. harret, wie ein Ackermann wartet auf die köstl. Frucht der Erden – – Mit Penzel hat die Irrung nichts zu sagen. Den Ort im Lemgoer Dreck weiß ich nicht; ich glaub, er war n. 19. wornach Sie ihn nur fragen dörfen, ob Er n. 19. einst in der L. Bibl. gewesen. Sie karakteris. sich mit Zahlen, wie Wilkes u. da ich, Bücherschulden wegen, in den 2. letzten Theilen auch ein paar Recens hineingeschmissen: konnte ich nichts als die Zahl des Thiers 666. nehmen. Ich bin aber der Journalkritik feind u. habe nichts als
    Lavat
.
    Phys
.
Th. 1. u. 2. Gesneri isagoge c. commentario Niclasi, Pfenning. Apellation für Lavater
    angezeigt
. Haben Sie einmal einige Minuten zu verlieren, so lassen Sie sich das Kloackpapier holen. Hinter Lavat. Phys. Th. 2. stehn auch einige Reihen über
    Tönnies
Offenb. Joh., die (oder vielmehr den Mann selbst) mir Klaudius sehr gerühmt hatte – – Ist aber alles der Rede nicht werth, u. nur Auswurf, zu dem ich gequält bin, u. wo ich mir der Stulgang mit 3. Thl. bezahlt wurde. Eben am Tauftage bekam ich auch von Klaud. gute Nachricht: daß er sich mit dem Präsid., den er sehr rühmt, ausgesprochen, sich mit seinem Gewerb, das er Menschl. u. gut finde, wohl stehe, daß die Irrung nur am ersten Mitgliede der Commißion gelegen, – was ich auch Alles zum Theil glaube. Laßen Sie sich also desto weniger etwas merken, da er mir ausdrückl. schreibt, daß ich gegen niemand nichts
    auftischen
soll, das denn auch meine Sache nicht ist. Mich freuts, daß er sich der Sache
    annimmt
. Anlage zu arbeiten hat er gnug, nicht aber Trieb: er will wie die Lilie auf dem Felde leben. Nun lieber H., in Weimar oder wo es sey, sehn wir uns gewiß: Ihren Pathen u. Ihre Gevatterin müssen Sie u. diese Sie sehen, auch wir beide sehn uns ja als 2. neue Menschen u. sagen beide vielleicht: fuimus Troes! – Der Verfolg meiner Urk. liegt noch im Abgrund meiner Seele: ich will f wills Gott, meine Kinder mit den Theilen derselben bezeichnen: wenn der 3te kommt, soll Th. 5–7. folgen, u. wenn ich Th. 5. anfange wird, hoff ich, der 3te seiner Pflicht zu kommen, eingedenk seyn. Es ist schwer, von Embryonen zu reden oder was bestimtes zu denken, so gehts mir mit dem Buche. Leider! schläft mein Feuer auch itzt ganz u. wird in der ersten Zeit zu Weim. gewiß noch mehr schlafen. Wie es mir mit meinem ersten Beitrage, zu dem ich NB. ersucht war, im Merkur gegangen ist, mag Ihnen
    Hutten
, Monat Julius zeigen: ich habe ich ihn heut gekriegt u. mich recht geärgert, endlich mich mit
    dem
durch das Wort „es ist deiner Sünde Schuld“ mit mir selbst zufrieden zu stellen gesucht. Laß laufen! – für Kleuker samle ich soviel ich kann von Ihren Schriften. Es geht noch erschreckl. in dem Menschen über u. über, wie Sie auch aus seiner neulichen Schrift „Menschlicher Versuch über den Sohn Gottes u. der Menschen“ sehen werden, das die er mir neul. unvermuthet zugeschickt hat u. ich leider! noch nicht ausgelesen habe. Er arbeitet indeß mit sich u. wenn Lebensumstände dazu kommen, nur erst seine erste
    Anmaassung
den alten Adam in uns, u. zugleich den Keim zu allem Guten einzugleisen; so wird er gehöfelt werden. Ihr Brief würde ihn sehr erfreuen: er macht Wunderwerks aus Ihnen. Für mich ist er noch zu erschrecklich von Göttingscher Theol. Philos. Polyhistorie voll, ob er gleich auf dies Alles speit u. dagegen brauset. Von Lavat. habe ich lange keine Briefe: mich freuts, daß Ihnen Ihr Bild zu so guter Stunde kam u. ich war auf der Seite des Briefs ganz bei Ihnen. Ich soll auch drinn seyn, aber äußerst verunziert. Wo möglich, schicken Sie mir doch Ihren Schatten im Profil. Sie sollen auch unsre sämmtl. und sonders haben. Nun, lieber H., ich bin vom Schreiben schon krumm u. muß noch an eine leidige Kirchenrechnung, nebst andern Skripturen. Gehabt Euch wohl u. denkt unser in Liebe u. Freundschaft. Meine Wöchnerin näht mit eigner Hand die Hypothek auf u. grüßt Sie herzlich. Gott gebe Ihnen Licht u. Athem in Ihrer Höle. H. Eberh. Preisschr. ist übers Denken u. Empfinden, als 2. seynsollende, von einander wesentl. unterschiedne Urkräfte der Menschl. Seele nach Sulzers Hypoth. Da ist nun gefragt, wie beide sich in Länge, Breite, Höhe u. Vermischung zu einander verhalten. Die neue Aufgabe habe noch nicht gesehen: fällt sie Ihnen im Journal lit. dedié au Roi oder sonst in die Hände, so theilen Sie selbe mir doch mit. Ich möchte gern für meinen 2ten Buben noch 1mal eine Münze haben: die 2te ließ ich mir in Golde schicken u. dachte, die 3te müste mir werden. Und sie soll mir auch werden: denn hör ich auf u. laß andre laufen. – – Noch Einen Brief bekomme ich Ihrem Versprechen nach, hier. Von fremder Hand: 24. Aug. 776
Kgsberg den 14 Oct. 76. Gott seegne u erhalte Ihre und meine Freude an meinem lieben Pathen August Wolffgang Siegmund! Allerliebster Gevatter und Freund, Ich lag schon den 6 Sept. zu Bett an einem bloßen Flußfieber u hatte mir eben Ihre:
    Auch eine
    Philos
. p von meinem Hänschen geben laßen, u. neben mir gelegt um sie zu lesen, als ein Besuch vom Lande mich daran hinderte und kurz darauf Ihr schwerhaltiger Brief ankam. Nachdem ich mich vom Innhalt deßelben ein wenig erholt hatte, ließ ich mir gleich mein Schreibzeug geben um nach Morungen Ihrer Frau Schwester einen Extract zu schicken. Ich merkte aber, daß es mit dem Schreiben nicht recht fort wollte und erinnere mich allerhand lächerliche Quid proquos in meiner Relation begangen zu haben. Demongeachtet glaubte ich daß ich würde im stande seyn etwas zu genießen, ließ daher meine Leute mit dem Eßtisch näher rücken; aber auch hier schlug meine Erwartung fehl. Den Tag drauf ließ es sich zum Gallenfieber an, und darnach zu einem viertägigen, von einer gantz besondern Art, wie alle Fieber dies Jahr seyn sollen. Gestern habe meinen schlimmen Tag gehabt, aber während der Kälte beynahe außer dem Bette mich aufhalten können, und scheine jetzt auf gutem Wege zu seyn – Compere Matthieu hat mir den 16 Sept. geschrieben daß Sie bereits mit Ihrer Familie aufgebrochen u. Unter weges wären; also
    Willkommen in Weimar
! Erfreuen Sie mich doch bald mit Nachrichten, wie es Ihnen, meiner lieben Gevatterin, und Ihren Kleinen dort gefällt, ob die Luft Ihnen beßer thut als den Darmstädtern, und ob Sie beßere Aussichten bey Ihrer gegenwärtigen Lage – Daß ich mich immer mit der dollen Grille gequält und daran geweidet am Gevatter Schmause in Bückeburg persönl. Antheil zu nehmen, werden Sie sich kaum vorstellen können noch es sich träumen laßen, wie ich bey Tag u Nacht darüber phantasirt.
    Beyl.
sollten die Brücke seyn nach Berl. u von da weiter zu kommen. Um dies zu verstehen will ich in der Geschichte meines Catalogi fortfahren. So lange ich noch an den Lindnerschen Büchern arbeitete wurde mein Vorsatz gestärkt, dies selbst in meinem Leben zu thun, welches ich glaubte keinem Freunde zumuthen zu können, nach meinem Tode, weil mir dergl. Arbeiten erschrecklich sauer werden und ich sehr ungeschickt dazu bin. Bey meiner eignen Unordnung hab ich noch mehr Mühe gehabt zu überstehen. So bald ich aber fertig war, fanden sich andere Ueberlegungen, die moralische Unmöglichkeit mich aller meiner solange u mühsam gesammelten Bücher ohne großen Verlust u Nachreue zu entschlagen. Ich änderte meinen Plan also früh gnug blos den Ballast los zu werden und besonders schlechte Ausgaben, uncomplete, beschädigte Werke und solche neue Schriften, deren Fortsetzung mir kostbar fallen dürfte, oder die ich in einer beßern Gestalt bey beßern Umständen mir allemahl wider anschaffen könnte – worunter auch manche gute Bücher sind, die wegen zufälliger Umstände mir verhast waren. Z. E. Winkelmanns Werke, weil ein Stück mir daran fehlte über die hercul. Entdeckungen. Guasco de l’usage des Statues weil er mit einem alten Griechen zusammengebunden war und den ich leider Gottes! für 2 fl. einige gl. zum Glück an Prediger Le Fort los geworden, der einen Ducaten für die Durchsicht der ersten Lettre perdue nicht annehmen wollte, dem ich aber für seine Uneigennützigkeit keinen Dank schuldig bleiben wollte mag – Um den Verkauf wenigstens halb rückgängig zu machen, fiel ich erstl. auf die Idee, kein einzig Buch ohne
    baare Bezahlung
gehen zu laßen, weil dies allein schon viele Käufer abschreckt. 2. suchte ich ausdrückl. Urlaub in Berl. auf eine Art daß ich selbigen nicht erhalten konnte und mich zugl. wegen einer nicht erhaltenen Antwort auf meinen ersten Brief zu rächen, da die Gener. Adm. sonst jedem Besucher Resolution ertheilt, man aber auf mein billig Gesuch nicht die geringste Reflexion gehabt hatte. Zu diesem Schritte wurde noch wegen meiner gegenwärtigen Lage mit u bey der Direction angetrieben u fast tägl. Oel ins Feuer gegoßen. 3. Als ein DEVS ex machina langte Ihr Brief 3 Tage vor dem Termin an, der mich von aller Verbindlichkeit des öffentl. angekündigten Verkaufs dispensirte; weil mir der Both eines Freundes auf meinen Kern von Büchern als eine Entscheidung der Vorsehung beruhigte, erfreute und tröstete 4. Zugl. meine gegenwärtige, in allem Betracht
    wohlthätige
,
    heilsame
und
    wunderbare
Krankheit. Ich hatte schon 14 Tagen etwas in meinen Gliedern gefühlt und keinen Appetit zum Eßen gehabt, mich Mittags hingelegt um etwas zu genüßen von meinen Leuten genöthigt werden muß, legte mich aber erst den 5 Sept. und glaubte mit einem Flußfieber abzukommen. Zugl. befiel mein gantzes Haus, meine Magd und meine Hausmutter recht schwer, die sich noch nicht erholen kann und ein gantz leichtes Fieber fast ohne Kälte noch Hitze des Nachts bekommt. Gemeine Leute nennen es das Reckfieber. Mein viertägiges war am Anfange von eben so wenig Kälte, die niemals recht zum Schaudern gekommen ist, und die Hitze verwandelt sich gleich in Schlaf u Ruhe ohne sonderl. Durst. Demohngeachtet war ich nicht im Stande aufzustehen noch mich aus dem Bette zu rühren. Wie es etwas stärker wurde, befand ich mich auch stärker zum Aufstehen. Nichts als Galle und Unreinigkeiten, die uns beyden noch tägl. durch alle Excretiones der Natur in unglaublicher Menge abgehen und gar kein Ende nehmen wollen. Nachdem ich 14 Tage Saltze gebraucht in Pulvern und Tropfen, und dem Apotheker meine Gebühr entrichtet, bin ich gegenwärtig auf Rhabarber und China eingeschränkt. Mit letzterer bin ich reichl. aus Engl. versorgt worden und die erste ist ein Hausmittel für meine Kinder, womit ich mich bey Materialisten versorge. Von Kopfschmertzen wurde gleich die ersten Tage befreit und von Schmertzen überhaupt. Lesen hab ich nach Herzenslust können, aber nicht die Feder ansetzen als zur Noth meine Arbeiten von der Direction, die mir so geläufig wie ein Butterbrodt sind bis auf wenige Ausnahmen, wenn es Injurien-Sachen giebt die mich ärgern. Gestern hab ich zum ersten mal mein Fieber auf dem Stuhl abwarten und bis gegen das Ende der Kälte mich auf meinen Beinen halten können. Wenig Durst, einen
    Wohlgeschmack am Eßen
und eine
    Wollust
daran, doch ohne Gefräßigkeit hab ich in meinem gantzen Leben nicht gehabt als seit dem Ausbruch des Fiebers. Mein Kopf ist Gottlob heiter, mein Gemüth leicht gewesen; die Hitze kam immer gegen den Abend u gab mir den sanftesten Schlaf u die ruhigsten Nächte, die ich auch noch genieße und auch mitten am Anfange des Uebels immer erträglich gewesen sind, woran es meiner Hausmutter ungl. mehr gefehlt hat und die immer vom Tode redte und mich mehr beunruhigte, als ich meinethalben war. So leicht ihr Fieber ist und ungeachtet sie schon länger als ich auf den Beinen bin, scheint sie doch mehr als ich zu siechen, zu leiden u sich langsamer zu erholen. Bey meinen Kindern ist es Gottlob! nur bey fieberhaften Anwandelungen geblieben. Als ich gestern vor 8 Tagen zum ersten mal auf meiner alten Stelle bey Tisch saß, sah ich daß mein Sohn während unserer Krankheit verwahrloset worden war und unten 2 Zähne lang herausgewachsen und weil die vordern nicht ausgerißen worden, ganz einwärts und schief gewachsen waren. Ich habe mir diese Kleinigkeit sehr zu Gemüthe gezogen; er hat aber Lehrgeld für seine Schwestern gegeben, daß wir ihrer Zähne beßer warten werden. Wie ich meinen ersten Brief nach Berl. geschrieben hatte, war ich so zufrieden diesen
    gewagten Streich
ausgeführt zu haben, daß ich mich für meine gantze Arbeit in meinem Geist belohnt zu seyn glaubte und mich um meine Bücher nicht weiter bekümmerte. Antwort konnt ich gar nicht absehen; aber vermuthen muste ich deshalb förmlich zur Verantwortung gestellt zu werden. Der gantze Erfolg bisher hat darin bestanden, daß den 19 Sept. des Abends als ich eben im Fieber lag, eine Kutsche vor meine Thür kam und der HE Dir. in mein Zimmer, der wie ich nachher vernommen, den 29sten Geburtstag seiner Gemalin an eben dem Tage mit einem von Lauson verfertigten Bändchen p sehr feyerlich begangen hatte und von einer Satyre sprach die ich an die Gen. Adm. geschrieben hatte und von unangenehmen Verfügungen, deren sie sich gegen mich enthalten wollte. So viel erfuhr ich von der Resolution, die sie deshalb an ihn hatte ergehen laßen, zugl. meldte er einen Privatbrief vom Chef Mr. de la Haye de Launay mit einigen Commissionen erhalten zu haben, die aus ein paar Dictionnaires von meinen u ein paar Lindnerschen Bücher. Die erstern wieß ab wegen eines bereits getroffnen Vergleichs mit einem Freunde wegen meiner über meine Bücher, u die übrigen Commissionen verwieß ich an Lauson weil ich mich nicht rühren und um nichts bekümmern konnte – und nach einigen Klagen über seine
    schlaflosen Nächte
, die seine ihm zur Natur geworden sind p fuhr er ab. Ich versicherte ihm daß mir keine Verfügung so unangenehm seyn konnte als meine zehnjährige Lage, und daß mir noch immer
    ein Schritt
und der
    letzte
übrig bliebe ppp. Weil mir immer vor der Arbeit graute, einen Ausschuß anzustellen und ich meine Krankheit nicht vorher gesehen noch von Folgen geglaubt hatte; so war der 9te Sept. der traurige Terminus dar, und ich war durch falsche Nachrichten wegen der Kosten, die ich wenigstens bestreiten wollte, besorgt. Im Lindnerschen Hause und meines wißens aus des Hofraths Munde selbst hatte gehört, daß die bloße Druckerkosten sich über 200 fl. belaufen sollten. Erst nach der Auction habe erfahren, daß sie blos über 100 fl. ausmachen u die Erben haben geglaubt daß mein Antheil mit dem Legat aufgehen würde und ich eben keinen Nachschuß allso besorgen darf. Also auch diese falsche Unruhe hat aufgehört; meine Kosten belaufen sich ungefehr gegen 50 fl. Die Erben haben nicht mehr als ungefehr 1000 rth gemacht und also nach Abzug der Kosten blutwenig Vortheil. Außer der ersten Classe u der sechsten sind einige Hauptwerke u rare Bücher um nichts fortgegangen z. E. Clerici u Hammondi N. 7. für 2 fl. Die Socinianer à 6 gl 18 gl. Ihr habt, allerliebster Freund und Gevatter wohl gethan, daß Ihr euch meines Trübsals angenommen habt – nicht daß ich das Geschenk suche, sondern ich suche die Frucht, daß sie überflüßig in Eurer Rechnung sey Philipp IV. Ich nehme also Ihre güldene arrham mit hertzlichen Dank an und hatte mich in das Netzchen über der Karte verliebt, noch ehe ich wuste, daß meine liebste Gevatterin, die liebe Sechswöchnerinn es mit Ihren eignen Händchenen gewebt hatte. „Sieh Mutterchen.“ sagt ich beym ersten Anblick, „wie niedlich die Dinger aufgeflochten sind. Wir wißen mit allen dergl. Sachen nicht so Bescheid“ – So willkommen mir Ihr frommer Einfall gewesen ist, „ein süßer Geruch, ein angenehm Opfer der Freundschaft und Liebe“; eben so
    hertzlich und ernstlich verbitte ich alles übrige
. Die Absicht ist vollkommen erreicht; der Kern meiner Bibliothek ist nicht nur erhalten, sondern auch vermehrt, concentrirt – und die Fictio Juris Ihres Condominii von meiner Bibliothek wird mir selbige schätzbarer machen und aufmuntern sie in beßerer Ordnung zu erhalten, und mit mehr Sorgfalt zu verwalten. Ihr frommer Einfall hat mir auf eine
    doppelte
    Art
Beruhigung verschaft 1.) meinen Gründen vom Verkauf abzustehen das Uebergewicht gegeben. Ungeachtet meine unvermuthete Krankheit allein alles hatte rückgängig auch vor den Augen der Welt hätte machen können, ohne mir dem bittern Vorwurf, das Publicum geäfft zu haben, auszusetzen und mich eines unüberlegten Widerspruchs in meiner Denkungs- und Handlungsart und eigensinnigen Contrastes, nach dem Urtheil des Hiesigen elenden Publici u meiner dahin gehörigen Freunde, schuldig zu machen; so sind doch 2 Geistl. der reformirte Oberprediger Crichton, Entrepreneur einer elenden Leih Bibliotheck und der französische Prediger Lefort, unbillig gnug gewesen, sich immer nach meinen Büchern zu erkundigen, daß der ehrliche Penzel, dem die Last anheim gefallen Lausons u meine Arbeit allein zu vollenden u der Biblio Auction beyzuwohnen, in Verlegenheit gesetzt worden ihnen zu antworten. Penzel hat sich um die
    Hiesigen
Erben so verdient gemacht, daß sie ihm wider unser aller Erwarten 7 # gl. beym Ende der Auction aus Erkenntlichkeit aufgedrungen und einen Termin zur Bezahlung der 80 rthl die er an Büchern für sich behalten zugestanden haben und das Glück ist ihm in seinem Ankauf sehr günstig gewesen, daß er dabey mehr Vortheil hat als von der baaren Erkentlichkeit. 2) war es mir eine große Beruhigung einen Nothpfennig zu erhalten, weil meine Casse niemals so seicht gewesen ist als eben damals, da ich wegen Kosten u Folgen u allerhand besorgt war, auch nicht eher als zum Anfang des nächstens Monaths etwas an Zinsen erhalte. Bey allem meinem leichten Gemüth u Vertrauen auf die Vorsehung lebt man doch mit einer gewißen Ängstlichkeit u Unruhe, wenn man eine Haushaltung hat, u eine Denkungsart wie die meinige, der das Bewustseyn von Schulden unerträglich ist. Alle meine Maasreguln gehen darauf hinaus, dieser traurigen Lage vorzubeugen, und selbige nicht erst abzuwarten; denn ich habe mehr häusliche und im eigentl. Verstande keine fremde Schulden; aber die Monade meines Hauses ist mir ein Spiegel des Vniuersi, diese Combination der Ideen interessirt mich für das Schicksal des Publici und stellt mir die Verlegenheit aller ehrl. Leute die darinn leben müßen, so lebhaft vor, daß eine Aussicht meines eignen Glücks und mehrerer immer zusammenfließen, und mich wechselsweise zur
    Gedult
und zur
    Verzweifelung
dahin reißen. Diese politische Kannengießerey gehört zu meinen geheimen Grillen und Versuchungen; daß unser Haupt sub tutela eines verdorbenen Magens steht, der ohne Verdauungskräfte unersättlich ist und die Waßersucht des kranken Körpers nicht anders als einen kalten Brand nach sich ziehen kann. – Ich habe auf meinem Siechbette die neue Apologie des Sokrates mehr als einmal durchgelesen und den Entwurf zu einigen
    freymüthigen Briefen
ausgehekt mit dem Motto:
    intabescantque relicta
!
So bald ich mich werde ein wenig erholt haben, will ich Hand ans Werk legen und versuchen, ob ich mein Ideal im stande seyn werde herauszuholen und darzustellen, womit ich die
    Axt an die Wurzel des Baums mit faulen Früchten zu
legen gedenke. Die ersten Briefe sollen meinen Catalogum und einige Ideen über Freundschaft dießeits und jenseits dem Grabe betreffen die übrigen den Neopseudo Socratismum. Wie lieb wär es mir, wenn ich zur Oster Meße fertig werden könnte. Aber es liegt noch alles so roh, so verwickelt – ich wünschte noch so viel Hülfsmittel vorher brauchen zu können – so viel Lücken auszufüllen – daß ich weder Anfang noch Ende in der Hauptsache recht absehn kann. Die Lemgoer Bibliothek habe fast gantz durchgelaufen um die von Ihnen angedeutete Stelle zu entdecken, aber umsonst. Penzel hat erst mit dem 3ten oder 4ten Theil angefangen, alles von ihm ist sub No 13. Bey dem ersten Stück unter dieser Ziffer scheint ein Fehler zu seyn. Ich habe sein Exemplar gehabt wo er alles vor jedem Bande genau aufgeschrieben, bis auf das Geld was er für jeden Beytrag erhalten – aber nicht die geringste Spur gefunden. Da ich von Natur mistrauisch bin, und der
    Schein
gegen den Mann spricht: so ist mein Umgang mit ihm, trotz aller meiner Neigung für seinen
    offenen
bis zur Unvorsichtigkeit
    aufrichtigen
Character, immer sehr wachsam und behutsam gewesen, um so mehr da er die Schlüßel seiner Selbsterkenntnis jedem selbst überreicht und einhändigt. Er ist diese Woche in Kanters Buchladen gezogen um selbigem vorzustehen. Vor 14 Tagen hat er ein sehr gnädiges Handschreiben von seinem Landesherrn erhalten, dem er mit einem
    gelehrten Trotz
und
    edelm Stoltz
geschrieben hatte. Aus der Vertraulichkeit, mit der ich gegen ihn bisher gestanden, kann ich Ihnen nicht anders als versichern, daß er ein Mann von einer eben so
    großen und seltenen Anlage
des
    Kopfs
als des
    Herzens
ist, dem
    Schicksale
und
    Hauskreutz
, das er mir in Ansehung seiner beyderseitigen Eltern anvertraut hat, eine Erfahrung und Klugheit erworben haben, die seiner schüchternen Mine u sorglosen Unvorsichtigkeit im Umgange gar nicht anzusehen sind. Es giebt gewiße Leute die ihren Verstand blos für die Gesellschaft und zum Reden brauchen; andere die ihn mehr zu ihren Handlungen anwenden und albern im Reden, aber nicht in Erkenntnis sind. Den Einfluß des Glücks in seine Gemüthsart gesteht Penzel selbst und auch in diesem Stück sympathisiren wir mit einander. Es ist mir lieb ihn bey Kanter in einer neuen Lage zu sehen und die Zeit wird mehr lehren. Mit Vorlesungen wär es weiter nicht recht gegangen, da die erste Neugierde erkaltet ist und er sich manche heiml. Feinde zugezogen. Besonders ist Kant immer wider ihn gewesen und hält ihn für einen niederträchtigen Menschen, weil er seinen Soldatenstand so ruhig bisher ertragen. Stark ist sein eben so vertrauter Gönner, den er im Hertzen nicht schätzt u zum Theil übersieht, so wie er jetzt mein
    einziger vertrauter Freund
ist. Prof. Kreutzfeld überbrachte mir den 16 Sept sein Diplom als Nachfolger des seel. Lindners, und war den Tag drauf gleich als Prof. de cap a pied ausstafiert. Er scheint zu seiner neuen Sphaere geboren und gemacht zu seyn. Bisher hat er mich fast tägl. besucht und das Engl. worinn ich ihm die Anfangsgründe beygebracht und dazu Lust gemacht habe war der medius terminus unserer Freundschaft und Bekanntschaft, die sich bisher erhalten und mir viel Zufriedenheit gemacht hat, weil ich ohne Umgang nicht leben kann. Vergeßen Sie ihm nicht den 2ten Theil Ihrer Urkunde, die Sie ihm versprochen – Seine Disputation wird de fictionibus handeln. Den 15 Oct. Gestern kam Pentzel meldete mir seinen neuen Posten im Kanterschen Laden angetreten zu haben u brachte mir 5 # ad rationem meiner verkauften Bücher u glaubte daß sich der Rest noch auf 10 erstrecken würde deductis deducendis. Den heutigen Morgen habe im Bett mit dem Spangenbergschen Leben des Zinzendorfs angefangen, von dem mir viel Unterhaltung verspreche und das längstens meine Neugierde gereitzt – Der dritte meiner Freunde ist mir untreu geworden und wird vermuthl. zur Ostermeße mit einer Uebersetzung von Arth. Youngs politischen Arithmetik erscheinen, die er auf Green’s und Kanters Empfehlung übernommen und wozu ich ihn vorgeschlagen. Bey unserm genauesten Umgange überfiel mich öfters ein Schauer über die große Ähnlichkeit mit dem seel. Kirchen R. Buchholtz, der ein Bruder seiner Mutter gewesen. An Talenten jenem ersten wenigstens gleich, wo nicht überlegen, aber ein heimliches, schleichendes, unerklärliches Etwas – das gl. einer todten Fliege die besten Salben verdirbt. Ein Hang zur Unordnung, die mir in meiner eignen Lage und bey anderer ihrer unerträglich ist, und worinn Pentzel der gröste Antipod ist, über deßen Pünctlichkeit, Genauigkeit im Worthalten, im calculo seiner Ausgaben und Einrichtung seiner gelehrten Wirthschaft nichts in der Welt geht – Er hat mir zehnmal versprochen Silhouetten von meiner Familie zu machen, hat aber so wenig Gefühl von seinen Worten als von seinen Handlungen – Denke noch die Crisin abzuwarten, da ich schon eine an ihm erlebt und die gegenwärtige theils eine Folge davon theils seiner Bedürfniße ist. Er wollte an dem Preiß über die Urkräfte der Seele Antheil nehmen und glaubte die ganze Arbeit bereits im Kopf fertig zu haben, und stellte sich die Arbeit ziemlich leicht für seine Gedanken aufs Papier zu bringen. Meine Leichtgläubigkeit und Neugierde bewogen mich ihn dazu aufzumuntern, weil es mir gar nicht mögl. war ihm seine Ideen auszuholen. Diese Grille unterbrach unsere welsche Uebungen im Ariost, die wir mit viel Eifer u Geschmack getrieben hatten. Er gab immer vor an seiner Abhandl. zu arbeiten und immer Hoffnung, nächstens mit zu Ende zu seyn. Er wurde darüber krank an Körper, Gemüth und Kopf. Ich zog mir diesen Umstand sehr zu Hertzen und da er mit einem Artzte versorgt war auch aller Pflege von der Wittwe B. genoß, die unendl. mehr Gutes an ihm thut als ich es ihr zugetraut hatte u ihr eigener Mann ihm jemals erwiesen hatte: so besuchte ich ihn unermüdet ihn aufzumuntern, aufzurichten, zu warnen – und da er mir alle seine Papiere anvertraut hatte, die mir beym ersten Anblick viel versprachen, und worinn der
    leichte
    Schwung
seiner Schreibart mich bey den ersten Zügen selbst bezaubert hatte: so fand ich doch nichts, nach näherer Untersuchung nichts oder wenig dahinter – und daß alles falsche und unzeitige Wehen der Autorschaft gewesen waren, von denen sich keine Frucht geschweige Reife derselben absehen ließen – Da er meinem Sohn ein wenig Geographie beybrachte und er ein Augenzeuge meiner eignen Autorkrämpfe gewesen war und ich eben so viel Aufmerksamkeit auf meine eigene Phaenomenen als seine Eindrücke und stumme Urtheile darüber angewandt hatte – da ich mein eigen Ideal nach Wunsch erreichte und er meine Warnungen an sich erfüllt sahe: so laß ich dem Spiel der Leidenschaften bey ihm und mir den Zügel. Er hat sich bey der Uebersetzung zum Schatten abmaceriret. Ich habe ihm Winke gegeben, alle Hülfsmittel verschaft, aber sein Nein ist Ja, und sein Ja ist Nein – Leidenschaften die er selbst nicht kennt geben ihm eine solche Ueberspannung und unermüdliche Erschlappung, wovon er selbst nicht Herr ist. Penzel der mit ihm in einem Hause logirt u durch den ich ihm eine gr. Grammatik die er meinem Kinde geliehen, kürzl. zurückgeben ließ, hat mir gesagt, daß er beym Empfang derselben Thränen vergoßen. So viel von der kleinen Welt, in der ich lebe und von dem Guten und Uebeln derselben. Der Umgang mit dem Stockm. Hause und den dazu gehörigen Pertinenzien ist mir ganz verleidet und mir ist niemals recht wohl dabey gewesen. Der Zuwachs meiner Bücher sind Justini Opera, Irenaeus, Epiphanius, Stobaeus, Saluianus et Vincentius, Le Moine Varia sacra, der aber mit 2 Theil. nicht ganz ist, Irenaei Fragmenta – Mehr Patres habe nicht bekommen können, so gern ich auch gehabt habe. Lutheri Colloquia p so voller Druckfehler sie auch sind, haben mich für 10 gl. weidlich unterhalten, Cherbury, Campanellae Philosophia p Geschenkt habe erhalten seit kurzem vom Secr. Arndt, in Petersburg das dortige neue
    Journal
,
so mit diesem Jahr angefangen u seine
    Uebersetzung
    der
Kayserl. Verordnungen zur Verwaltung des Gouvernements. Hartknoch, der noch immer krank seyn soll hat sie mir durch einen nach Hellmstädt durchgehenden jungen Lenz expedirt, deßen Bruder sich in Weimar vielleicht noch aufhält. Nun, liebster Gevatter und Freund! ich bin wirklich ein wenig verlegen, was ich meinem lieben kleinen Pathen für ein Andenken schaffen oder stiften soll. Gold und Silber hab ich nicht, und daß ihm damit nicht gedient ist, hat er bereits bey unserer ersten Bekanntschaft im Geist gewiesen. Gott thut alles fein zu seiner Zeit – und muß uns die Worte selbst in Mund legen, die Er zu erfüllen Lust und Kraft überflüßig hat. Mein kleiner lieber Bückeburger und meine kleine liebe Wandsbeckerin werden mir daher immer im Sinn und Gemüth schweben, so oft ich Gott um s Seinen Seegen für meine leibliche 3 Kinder anruffe. Ihre würdige Frau sey Ihnen gleich sieben Söhnen – wie ein fruchtbarer Weinstock um dem Haus herum, Deine Kinder wie die Oelzweige um Deinen Tisch her. Siehe also wird geseegnet der Mann, der den HErrn fürchtet. Der HErr wird Dich seegnen aus Zion. – Seitdem ich selbst Kinder habe, steh ich keinen Gevatter mehr und habe keinen meiner hiesigen Bekannten oder Freunde dazu gebraucht, sondern diese Stelle selbst mit meinen Hausgenoßen vertreten. Ein Wink von Ihnen hatte mich auf Claudius aufmerksam gemacht, daß ich Gelegenheit suchte seine mir durch sie bekannt gewordene Zuneigung zu erwiedern. Weil er mit einer Gleichgiltigkeit und Zurückhaltung sich einließ und wir im Geschmack an Bauermädchen halbschlächtig waren – ich auch auf seine Verbindung mit Bode ein schwärmerisches Vorurtheil geworfen hatte, und ich das Räthselhafte seines Characters durch einen Sturmlauf näher aufzuschließen im Schilde führte: so fanden sich hier lauter individuelle Beziehungen, die anderswo nicht so paßend waren. Ungeachtet in keinem andern Lande eine GewißensEhe oder wie man meinen
    Fuß zu leben
nennen will, so
    gesetzmäßig
als in Pr. ist: so scheint doch wirklich selbige gewißen Leuten anstößiger zu seyn als Hurerey und Ehebruch, weil Modesünden über Gesetze und Gewißen sind. Ungeachtet meiner großen Zufriedenheit, in der ich lebe und die das gantze Glück meines Lebens ausmacht, fühl ich diese Seite des bürgerl. Uebelstandes lebhafter als irgend einer jener weisen Leute. Eben dies Bauermädchen, deren vollblütige, blühende Gesundheit, und eben so vierschrötige, eigensinnige, dumme Ehrlichkeit und Standhaftigkeit so viel Eindruck auf mich gemacht, daß Abwesenheit und die Versuche der höchsten Verzweifelung und kältesten Ueberlegung pp nicht haben auslöschen können – diese Magd, die Kindesstelle an meinem alten unvermögenden gelähmten Vater vertreten, und die er mehr als eine leibliche Tochter geliebt, und mit sterbender Hand ein gleiches Legatum mit unsern Anverwandtinnen verschrieben – würde vielleicht als meine Ehefrau – ich weiß nicht was – seyn – Nicht aus Stoltz, dazu bin ich zu dankbar, sondern weil ich die
    innere Ueberzeugung
habe, daß diese Lage ihre eigene Glückseeligkeit mindern und
    vielleicht
dem Glück ihrer Kinder nachtheilig werden könnte. Doch dieser bereits in das 17te Jahr laufende
    Roman meines Lebens
und die Erhaltung vom
    Gespenst meines armen Bruders
, der keinen Finger mehr ansetzt sondern bloß lebt um zu eßen, zu schlafen und zu spucken sind für mich wahre Zeichen und Wunder, eben so unaussprechl. als unbegreifl. Plane einer höhern unsichtbaren Hand – und der Stoff zu den Leiden und Anis die keiner kennt als der sie auflegt und der sie trägt. Tantum – Verzeihen Sie aegri somnia; morgen ist mein schlimmer Tag. Ich umarme Sie mit Gevatterl. Treue und Dankbarkeit, küße Ihrer würdigen Hälfte die Hände. Gott seegne den kleinen Säugling und Tutterpapper. Meine Lehnchen macht es nicht beßer, und gedeyt Gottlob! dabey. Au revoir! Au revoir.
den 24 Oct. 776. Liebwertheste Freundin und Frau Gevatterin, Vergeßen Sie Ihres Wandsbecks und freuen Sie sich auf einen Boden verpflanzt zu seyn, wo Mandeln wachsen, die meine kleine Pathin, wenn ihr der liebe Gott mehr Zähne schenkt, recht gern zu ihrem Brodtchen beißen wird. Sie haben mir, ohne es zu wißen, in Ihren vierzehn Zeilen mehr angenehme Neuigkeiten geschrieben, als der gelehrte Mann auf seinen 3 Seiten. Wenn es Ihnen nicht recht gemüthlich in Darmstadt sind: so liegt es weder am Ort noch an Ihnen, sondern, ich mag nicht sagen, an wem. Es ist aber mit der Freundschaft, wie mit der Liebe; sie deckt auf und deckt zu. Nennen Sie
    Freund Hain
keinen Ehteufel sondern lieber einen Ehengel und schaudern Sie nicht vor der fieberkalten Hand zurück, die den heiligen Puls eines zweyeinigen Busens zu erforschen sucht, weil Sie selbst sagen, daß Sie im Arm Ihres Mannes vergnügt sind. Der Herr OberlandCommißarius hat Ihnen also noch nicht gesagt, daß Sie, liebwertheste Freundin, in Darmstadt
    größer geworden
und Ihnen alle Ihre vorige Kleider zu eng und zu kurz sind; geben Sie also auf Ihn ein wenig Achtung, daß eEr sich auch in die Sitten und den Booksbeutel sSeines Amts schicken und eben so gut die Würde als Bürde deßelben tragen lernt. Seinen leidigen Friseur bey Seite gesetzt; so begreif ich nicht, wie Er gegenwärtig dazu kommt sSeinen Caffé selbst zu filtriren, sSeinen Cnaster selbst zu schneiden – – Ich glaube gar, traute Frau Gevatterin, daß Sie Ihm auch den Schlüßel zum Weinkeller anvertrauen, und wenn Er so herrlich zapfen kann, als er den Rheinwein zu besingen weiß: so ist es mit der ganzen Weinerndte von Abieser geschehen, und wird kein Pächter dazu nöthig seyn – Sie müßen sich mein elendes Uebersetzer-Kahnchen nicht wie des weiland berühmten Charons oder Compere Bodens Silberflotten vorstellen; aber meinen Caffe zu filtriren und einzuschenken, meine Pfeiffe zu stopfen und anzuzünden, die Bouteillen zu lüften und mein eckichtes Bierglas zu füllen, dazu halte ich Leute, die ihren Dienst wie ein Werk der Barmherzigkeit gegen das unbehülflichste Geschöpf auf Gottes Erdboden (das ich in meinem Hause leider! vorstelle) ansehen und ich laß das einfältige Volk gern bey ihrem Glauben, weil wir beiderseits dabey recht gut fahren – – Das liebe Clavierstimmen erinnert mich an meine verjährte Laute, und wenn ich hätte stimmen und Tact halten können: so wär ich vielleicht längstens Kapellmeister und meines Landsmanns Braut nicht so bald zu ihrer Bestimmung gekommen – Durch landesväterliche Huld wird uns der Cnaster fix und fertig in gestempelten Patronen zum Laden geliefert und ebenso viel edle Zeit erspart zur freundschaftlichen Correspondenz oder kriegslistigen Autorschaft. Bey meinem zwar aufgeschobenen aber noch nicht aufgegebenen Besuch in Darmstadt werd ich nicht vergeßen meinen kleinen Vorrath dieses köstlichen Cnasters mitzubringen, weil ich mir beynahe zutraue wie der Engel Raphael mit dem Rauch deßelben alle böse Geister Ihrer dortigen Dunstkugel zu vergeben und Ihrem Aether eine solche Consistenz mitzutheilen, daß selbiger so gesund werden wird als das Waßer zu Jericho durch des Propheten Elisa Saltz – Nun, liebwertheste Frau Gevatterin, übernehmen Sie getrost das Oberhaus- Commissariat und erlauben Sie Ihrem Herrn Gemal nicht, daß er Sie zum Noth-Nagel braucht seinen halben Bogen voll zu schreiben um seine Dito’s beym Mondschein, in Küch und Keller abzuwarten. Da eEr zu einem Fitzliputzli auf einer höheren Bühne beruffen ist, so lohnt es nicht der Weile an Bauerhütten, kleine Obstgärten, Gänse Hühner und eine Kuh, sondern an Lustschlößer, Marställe, GallaKleider und eine standesmäßige Aussteuer für meine kleine Pathin u ihre lieben Schwestern zu denken – Halten Sie mein Wort der Ermahnung zu gut und erfreuen mich bald mit der Nachricht einer glücklichen Entbindung von einem kleinen Darmstädtschen Claudius. Gott empfohlen. Gott schenke Ihnen so viel Herzensfreude an Ihrer meiner kleinen Pathin als wir an Ihrer hier haben. Leben Sie alle gesund und je länger je zufriedener.
Ew. Hochwolgeboren muß mit einem Billet – gros comme le bras – beschwerlich fallen, da ich noch nicht im stande bin Ihnen persönlich meine Aufwartung zu machen. Ohngeachtet mein Freund Penzel mir bereits in meiner Angelegenheit das Eis gebrochen: so sehe mich doch genöthigt die Sache – genuino – ab ouo ohne einen epischen Schwung in medias res anzugreifen. Ich hatte nicht die geringste Wißenschaft von der lange zum voraus geschehenen Ankündigung gehabt als kurz vor der Ankunft der beyden Buchstaben A u. E die zu gl. Zeit erschienen, und die ich stehendes Fußes aus dem Kanterschen Laden herausnahm à 16 fl. Nachdem ich selbige durch und durch gelesen hatte wurde bewogen an den Verfaßer zu schreiben, und stellte ihm die Unbequemlichkeit seiner Methode nach der Abstammung der Wörter zu ordnen vor u theilte ihm einige Anmerkungen u Supplemente meines durchschoßenen Exemplars mit. Ich erhielt keine Antwort, der Buchstabe C kam heraus und ich erhielt nahm ihn gleichfalls aus dem Buchladen à 16 fl. Es war mir lieb daraus zu sehen, daß gedachte etymologische Unordnung verbeßert war. Bey einem zufälligen Briefwechsel mit HE Bode lies ich einige Empfindlichkeit und Besorgnis merken, daß HE. H R Schmidlin meinen gutgemeintes Aufdringen misverstanden haben müste; Bode entschuldigte den Mann, entdeckte mir seine verlegene Umstände, daß ich ihm wider gut wurde. Eben so zufällig erfuhr, daß nach dem Subscriptions-Plan jeder Theil nur ungefehr 31/2 rth kostete. Da ich A und E für e
    Einen
Theil
    von
C angesehen hatte, so kam mir die Differenz zu 16 fl. gar zu beträchtlich vor, da mir dies Werk um desto kostbarer wurde, weil ich jeden Buchstaben mit Postpapier durchschießen ließ. Ich wünschte also natürlicher Weise unter die Subscribenten aufgenommen zu werden, redete von meinem Vortheil, den ich mir dabey versprach mit 2 meiner Freunde, die daran gleichfalls Antheil nehmen wollten. Ich bat daher meinen Gevatter Claudius für mich die auf C folgende Theile, für einen andern Freund, der A u. E bereits hätte die ihm noch fehlenden u für den seel. Kirchenrath Lindner ein ganz complettes Exemplar sämtl. Buchstaben zu bestellen. Herr Schmidlin war so willfährig mir ein Geschenk ss Werks anzubieten, lies unsere 3 Namen in das Verzeichnis der Subscribenten einrücken, noch ehe wir die bestellte Exemplarien erhielten, die erst in diesem Jahre über Riga unter Hartknochs Besorgung ankamen, da mein seel. Freund bereits bettlägericht war und Fracht bezahlen muste. An statt ein gantz Exemplar und C. B. D. waren aber 2 ganze Exemplar und also A u. E Ueberschuß; so wie für mich C. den ich auch bereits hatte, den aber der hiesige Buchladen für mein herausgenommenes Exemplar annahm und selbiges mir löschte. Nun entdeckte sich aber erst das Misverständnis meines Calculi, wozu ich durch falsche Data war verleitet worden. Man hatte im Buchladen wie ich die beyden zugl. herausgekommene Buchstaben A u E für einen Theil gerechnet und also um das alterum tantum zu wenig gegen den Buchstaben C. der um das alterum tantum erhöht worden war. Hiernächst ersah, daß der andere hiesige Buchladen jeden Buchstaben zu 3 rth verkaufte unterdeßen der Subscriptions Preiß 10 g gl. mehr war, wodurch also an statt des eingebildeten Vortheils ein offenbarer Verlust mir selbst u meinen Freunden erwuchs, die noch oben ein Fracht hatten bezahlen müßen. Diese Verlegenheit bewog mich zum zweitenmal an den Verf. selbst zu schreiben und suchte ihm zu bedeuten noch bey Lebzeiten meines seel. Freundes, daß ich an kein Geschenk gedacht hätte, sondern von einem Handel für mich und meine Interessenten die Rede wäre, und daß dies das letzte Lehrgeld seyn würde, so ich in meinem Leben dafür zu bezahlen dächte, mich mit
    Commissionen abzugeben
. An statt einer billigen Erklärung dieser Ungleichheiten und einer Erleichterung meiner daraus erwachsenen Verlegenheit erhielt ich den 4 Sept. Beyl. A eines Commissionaire en chef – wodurch ich natürl. Weise desto aufmerksamer gemacht werden muste für dies noch unbezahlte und durch mich vermittelte Exemplar Sorge zu tragen, welches ich auch gegen sämtl. Erben mir zu wiederholten malen ausdrückl. vorbehalten und darüber mit HE Lauson laute und genaue Abrede genommen hatte, es nicht anders als für den hiesigen Ladenpreiß à 3 rth irgend jemanden zuschlagen zu laßen. Ew. Hochwolgeboren sehen nunmehr den Grund, warum ich an dem blos durch meine Krankheit vorgefallenen Versehen
    unmittelbaren Antheil
nehmen muß. Da ich die ersten 14 Tage währender Auction mit einem halben Hause bettlägerich war, mein Freund Penzel micht Numerierung der Bücher alle Hände voll zu thun hatte, er auch zum Unglück mich mehrentheils die schlimmen Tage und im paroxysmo des Fiebers besuchte: so hab ich sehr leicht voraussetzen können, daß er von einer Sache, die mir den Kopf so warm gemacht hatte und von der ich so laut mit jedermann gesprochen hatte, eben so eingenommen als ich selbst seyn müste. – – – – Ew. Hochwolgeboren können versichert seyn, daß mir meines Nächsten Eigentum eben so heilig als mir selbst ist und daß ich aus keinem titulo iuris die geringste Einwendung gegen die Gültigkeit Ihres gesetzmäßigen Kaufs machen kann noch darf. Weil aber die Erben mir noch den Werth dieses Buchs selbst schuldig sind und hier von einem
    einzelnen Fall
die Rede ist; der jüngste Bruder meines seel. Freundes wegen Entfernung seines Aufenthalts in Litthauen den Catalog zu spät, ich seinen Brief vom 16 p erst den 31 ej. erhalten: so habe ich das Vertrauen zu Dero billigen Denkungsart und grosmüthigen Freundschaft, daß Sie so geneigt seyn werden Ihr summum Ius meinen Wünschen aufzuopfern, weil es eine laesio enormis in meinen Augen ist, daß der nächste Erbe das Buch selbst verlieren und mir noch beynahe das Duplum des geschehenen Misverkaufs auszahlen soll. Da ich meine erste Seite mit Eyern angefangen, so wünschte ich nun freylich wol des guten Geschmacks wegen diese vierte und letzte mit Aepfeln und Nüßen beschließen zu können. Vielleicht sind Ew. Hochwolgeborenen aber noch eben so gut als ich selbst durch eine leidige Kranken Diaet zu gewißen Enthaltsamkeiten verbunden. Um also nur noch ein Wort von der Veranlaßung dieses ganzen Geschwätzes zu sagen: so läuft wohl der p wunderliche Einfall meine Bücher auszubieten, auf einen ziemlich zusammenhängenden und scheinbaren Selbstbetrug heraus; ohne daß ich die geringste Absicht oder Neigung gehabt das Publicum zu betrügen noch mir die Lästerungen der Juden und Mamelucken, die weder einen ehrlichen Mann zu verstehen noch zu beurtheilen im stande sind, zu Gemüth ziehen darf; überdem bin ich willfährig gnug Leuten, die von mir in ihrem Herzen arg zu denken Lust und Belieben finden, mit Wind und Waßer zu ihrer Mühle zu dienen. Ew. Hochwolgeboren werden daher auch gegenwärtige Nothschrift keinemr wankelmüthigen und inconsequenten Gemüths Art zuschreiben, sondern die Freyheit meiner Ansprüche auf eine gütige Abtretung des Ihnen zugeschlagenen Buchs meinem bereits durch Proben bewährten Vertrauen auf Ihre Freundschaft und Gewogenheit, deren Fortsetzung ich mich bestens empfehle und bin mit der vollkommensten Hochachtung niemals aufhören werde zu seyn Ew. Hochwolgeboren ergebenster Diener. Johann Georg Hamann. den 25 Novb 76. Bitte mir
    beyde Einlagen
gütigst wider zukommen zu laßen Hans Jakob von Auerswald schrieb an den freien Rand des Briefes: Zur
    Erläuterung
Hamann hatte die Besorgung des Verkaufs der Bibliothek des seel. D. Lindner übernommen. Dem Verzeichnis derselben fügte er das Verzeichnis seiner Bibliothek bei, und verkaufte auch mehrere seiner Bücher zugleich mit. Unter diesen befanden sich einige Theile des Schmidlinschen Catholicons, die ich auf der öffentlichen Versteigerung erstand. In diesem Schreiben wünscht er solche zurück zu erhalten, welches auch sogleich geschah. A.
Kgsb. den 29 Novbr. 76. Geliebtester Freund Ihr Schreiben vom 16 pr. an dem mein langer Brief eben abgegangen, habe nicht eher als den 31 ej. erhalten und alles mögl. gethan um Ihre Aufträge zu erfüllen, wie wohl es damit nicht so geschwind zu Werk gehen können, weil ich noch nicht imstande bin auszugehen und gestern die 13te Woche meines HausArrestes angetreten. Ungeachtet mein Fieber nun einige mal ausgeblieben: scheint doch noch ein caput mortuum davon im Heerd des Magens u den Extremitäten der Peripherie übrig geblieben zu seyn. Mein Gemüth u der davon abhängende Kopf haben mir aber desto mehr seit ungefehr 14 Tagen zu schaffen gemacht und besonders ein schweres Lager meiner lieben alten Hausmutter, die sich noch gar nicht recht zur Beßerung anläst. Bey einer kleinen kranken Magd ist die Haushaltung mit 3 muthwilligen Kindern eine schwere Sache für mich u Oel für ins Feuer meiner Hypochondrie u einheimischen Sorgen – maiora lacrymis. Wenn es Ihnen eben so sauer wird lange Briefe zu lesen als dergl. zu schreiben: so darf ich wohl keine Antwort auf meinen letzten erwarten. Meinen Verdruß wegen des Catholicon habe Ihnen gemeldet. HE. v Auerswald hat ihn für 13 fl 16 gl. erhalten und tritt ihn ab aus Freundschaft für mich, hat den Preis nebst 5 fl. für den Band jedes Buchstabens wo ich nicht irre, auch bereits auf seine Rechnung abschreiben laßen. Den jungen Menschen welcher Fabricii Bibl. Graec. erwarb habe mit genauer Noth in mein Haus bekommen, um mit ihm darüber unterhandeln zu können. Er hat 13 fl. dafür gegeben, möchte wohl ihn für 7 a 8 rth abtreten wenn Sie dafür soviel geben wollen. Weil seine Rechnung auch zieml. ansehnl. ist, so würde es ihm vielleicht zur Erleichterung gereichen; und ich warte auf Ihre Genehmigung. Da es mir verdroß, daß das Catholicon zugeschlagen worden war mit einer so großen Differenz des Preises, und Ihnen an dem Werk gelegen war: so ersuche inständigst mir den Werth der Subscription à 3 rth 10 ggl. in Louisdor per Buchstaben zu übermachen weil ich bereits durch den Commissaire en Chef des Catholicon förml. gemahnt worden bin und ich mein Contingent für 3 Theile C. B. D. sogl. beylegen und nebst des andern Subscribenten gl Quarto an seine Behörde expediren werde unter widergeholtem Gelübde mich mit keiner Commission mehr in meinem Leben zu befaßen, weil ich nichts als
    Verdruß
u
    baaren Schaden
dabey habe. Mein Freund Penzel erbietet sich auch was er erstanden, Ihnen ohne Eigennutz abzutreten. Er ist ein Mann von pünctlicher Ehrlichkeit, aber gegenwärtig auch in der Klemme. Genommener Abrede mit dem Verleger seines Strabo zu Folge, hatte er für den 3ten Theil der auf der Michaelis Meße erscheinen sollte, 80 rth zu erwarten, die er zur Auction bestimmte. Nun aber wider alles Vermuthen der Theil ausgeblieben, steht er wegen der gemachten Assignation auch im Zweifel. Da er aber ein Mann von ungeheuren Planen ist; so hat er seit kurzen Himmel u Hölle durch idealische Briefe aufgerührt um seine Bestimmung, die seinen Talenten ähnlich ist, zu beschleunigen, und von einigen schmeichle ich ihm mit etwas Fortgange. Einlage habe eben von der geEhrten Mama erhalten – Mit Ihrem Herbstübel hat es doch keine weitern Folgen gehabt, wie ich hoffe und wünsche. Erfreuen Sie mich mit einer baldigen Erklärung; bitte allenfalls den Fabricium bis zu Ihrer Ankunft ein wenig durchblättern und en depot nehmen zu können. Leben Sie glücklicher wie ich und meinesgl. hier zu Lande. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Freund J G Hamann. Unser Oberhofprediger geht nach Mitau ans Petrinum. Ich verliere also wieder meinen Beichtvater. Leider ist auch meine Monaden Existenz auf einen Zeitpunct eingeschränkt daß ich wegen abnehmenden Lichts der Augen u Tage nicht dies vacuum voll machen kann: so sehr es auch meine Seele in freundschaftl Briefen verabscheuet. – Grüßen Sie unsern Hofrath und Sein ganzes Haus! Amen. Bezahlen Sie mir durch eine Ihre frühe Ankunft den Verlust des vorigen Sommers; und laßen Sie es nicht bey bloßen moliminibus guter Werke bewenden. Vale et faue. Adresse mit rotem Lacksiegelrest und Postvermerken:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Homme de lettres / à /
    Rossitten
. / par
    Memel
.
den 10ten decemb 1776 Werthgeschätzter Herr Haman Ich beklage von Herzen das ihnen der Liebe gott so heimgesucht hat und alle Beide das ist was schweres, es heist von einer jeden züchtigung wen sie da ist dünket sie uns nicht Freude sondern Leid, so wird es auch bey ihnen gewesen seyn, aber es heist ja der es schickt der wirds auch wenden er weiß wohl wie er soll einem jeden sein unglück enden, und nach dem er sie geschlagen, wird er seine allmächtige Hülfe verdoplen, und sie heilen, Es heist Ja von unserm Heilande, du hast einen solchen Helfer der von Ewigkeit dich liebt der die noth auch selbst erfahren und im Leiden sich geübt, er wird ihnen beystehen und ihre Kräfte aufs neue verdoplen, das sie beide aufs neue leben werden, zu ihrer lieben Kinder Trost, auf den Blitz und Donnerschlag folgt ein angenehmer Tag, uns hat der gott nun eine zeitlang für hartem Lager bewahrt er wolle uns ferner Barmherzig seyn, liebster Freund sie erinnern mich an meinem L Bruder zu schreiben welches ich auch gerne thun möchte aber er hat mir in dem letzten Brief geschrieben ich solte ihm gleich antworten weil sie noch in Bückeburg wahren und das habe ich auch gethan und nun muß ich warthen bis er an mich schreibt den werde so gleich antworthen ich hoffe doch das der Brief durch ihnen kommen wird, der gnädige gott wolle dem Bruder und seiner Familge beystehen, Ihnen liebsten Freunde wünsche zu dem herannahenden Fest, alles was sie sich von unserm gnädigen Heilande aus Bitten wen er siehet das es ihnen nützlich ist, sie schreiben mir nichts von ihren lieben Kindern die ich so herzlich liebe und von den Herzen wünsche das sie gesund wahren Ich und mein Lieber Man grüssen sie alle vieltausendmal und sind mit aller Hochachtung ihre aufrichtige Freunde C D Gilden Hornin Auf der dritten Seite in der rechten untern Ecke quer von fremder Hand: Mohrungen Adresse (mit rotem Lacksiegel) von fremder Hand:
An Herrn / Herrn Johan George Ha- / man, wohnhaft am alten / Graben / in /
    Königsberg
/
    franco
/
Vermerk von Hamann: Erhalten den 13 Xbr. 776. Geantw. mit Einl. aus Weimar den 30 Jan. 777.
Königsberg den 16 Xbr. 776. HöchstzuEhrender Herr CapellMeister, Landsmann und Freund! Zuvörderst wünsche ich, daß Sie, wie es einem christlichen Virtuosen gebürt, Gott danken für alles was Er gegeben und was Er genommen hat, mit einem herzlichen Fiat voluntas TVA! Erndte und Freude für Ihre vollendete Mutter – aber Frühregen und Spaatregen für Ihre würdige junge Frau! Daß Sie Juliane heißt und zugleich Ihre Schwester im Apoll ist, hab ich eben aus der poetischen Blumenlese für das bevorstehende Jahr ersehen, in dem Ihnen Gott einen Erben bescheeren wolle, damit Ihre Muse eine eben so fröhlige und glückliche Mutter auf Erden werde, als jene im Himmel ist. Amen! Nach wohl überstandnen Curialien pro praeterito et futuro, eilt meine Feder wie eine Hündin vom Nil, zum Thema meines ersten Briefes, den ich vor Jahr und Tag geschrieben und bitte gegenwärtige Fortsetzung freundschaftlicher aufzunehmen. Ihr gänzl. Stillschweigen darauf hat mir weh gethan; und es fällt mir schwer Sünden gegen den Geist der
    Freundschaft
ungerügt zu laßen. Ich kann aber unmögl. eandem chordam berühren, ohne wenigstens zum voraus zusetzen, daß ich wirklich eine Antwort erhalten hätte ungefehr nachstehenden Innhalts. Unter hundert idealischen Antworten, die sich alle zum Innhalt meines ersten Anschreibens gereimt oder gepaßt hätten, erlauben Sie mir diejenige Copey urkundlich zu machen, welche unserer beyderseitigen Lage und Geschmack am meisten Gnüge gethan hätte. Theurer Mann Gottes am alten Graben! Quovsque tandem – – doch declamiren, Hopfen und Maltz ist an Ihnen verloren. Ihre affaire de coeur liegt gantz außer meiner Sphäre und ich habe so viel mit mir selbst zu thun, daß mich Ihr hartes P dort und das weiche B. hier gleich viel angehen. Dem ohngeachtet bin ich zweymal bey dem
    Mann
    im Monde
gewesen, ohne ihn, wie Sie leicht denken können, bey sich gefunden zu haben. Wär er sichtbar gewesen, er hätte daran glauben müßen, daß sein Mond und Ihr lieber Erdschwamm von gleicher optischen Größe sind. So viel können Sie doch hieraus sehen, daß es mir am guten Willen nicht fehlt, auch wider mein Gewißen Ihnen gefällig zu seyn. Wenn Sie es nach einem halben Jahr noch für nöthig finden, mich in dieser affaire de coeur noch als einen Unterhändler oder Vertrauten zu misbrauchen: so werd ich zur harmonia praestabilita meiner Freundschaft zwischen zwo so heterogenen Physiognomien, wie Hamanns und Penzels sind, vielleicht etwas mehr Vertrauen haben, denn sich vor der Hand ohne vorsetzliches Blendwerk füglich von mir thun läßt. Leben Sie mittler weile wohl, armer alter Mann mit dem kranken Kopf! Wenn der so wacker und gesund wäre als Ihr Herz ist: so wären Sie mit keinen Friedrichsdors zu bezahlen. Ich bin Ihr aufrichtiger Freund und Landsmann Berlin Mäßig geschwind Johann Friedrich Reichardt. den 25 April 776. Alles in der Welt, liebster Capellmeister! nur muthen Sie mir nicht mehr die verfluchte Arbeit zu, in Ihrem Namen meine eigene Briefe zu beantworten. Hier ist von keiner fictione poetica die Rede, daß unser Freund Kreutzfeld Schiedsrichter seyn könnte, sondern von einem ächten Document eines Hofmanns, der wie Sonnenklar zu ersehen attischen Witz mit spartanischer Tugend zu verbinden weiß. Ich besorge, daß mein erstes Schreiben zu Misverständnißen Anlaß gegeben und da ähnliche Umstände mir die Nothwendigkeit auflegen den Innhalt deßelben zu erneuern: so will ich mich im Ernst rechtfertigen gegen bloße Vermuthungen und erwarte von Ihrer Freundschaft nur so viel Antheil, als Sie der Klugheit und der Lage der Sache gemäß finden. Ich bin kein Idealist in der Physiognomiste, wie der heil. Johannes Turicensis noch ein Professionnist wie der sein strenger Recensent in der allgemeinen deutschen Bibliothek (deßen Verfaßer ich gern durch Sie erfahren möchte) aber ein wenig Menschenkenntnis traue ich mir auch zu und noch mehr bey allem Mistrauen gegen mich selbst und meinen Nächsten Nach diesen Voraussetzungen kann Ihnen auf meine Ehre versichern, daß je länger ich Penzel kennen lerne, desto mehr meine Achtung für die Anlage seines Geistes und Herzens zunimmt und bisher zugenommen hat. So entscheidend auch ein coup d’oeil bey äußerl. Merkmalen seyn kann: so ist sein Verdienst doch immer eins von den edlern Metallen, die erst auf der Capelle abgetrieben werden und dann geschätzt werden müßen. Zu meiner großen Beruhigung laßen Sie sich also, HöchstzuEhrender Freund, sich ins Ohr gesagt seyn, daß ich Ihnen keinen Nichtswürdigen empfohlen habe und nochmals empfehle. Um also endlich einmal zur Sache zu kommen: so hat die dasige Academie wie es scheint eben den Versuch in corpore gethan, den einer ihrer Mitglieder in seiner Einfalt des Herzens, die mir ungemein edel und heroisch vorkommt, gewagt. Beydes scheint fruchtlos gewesen zu seyn – und wenn es dabey sein Bewenden hätte; so wär eben nicht viel daran gelegen. Sollte aber meinem Orest Pentzel statt seiner gehoften Erlösung ein größerer Unfall dadurch erwachsen: so sollen alle innerhalb Berlin kreyßende Riesengebürge Mäuse gebären – daß Himmel und Erde sich bewegen – Ich mag weder drohen noch fluchen, und sondern weürde schon zu seiner Zeit wißen was ich thun will. Um allen diesem Unheil zuvorzukommen, beruhigen Sie meinen Geist. Es wird Ihnen an Verbindungen nicht fehlen, durch die es Ihnen leicht fallen dörfte alles was von Seite der Academie vorgefallen, zuverläßig zu erfahren u mir das Nöthige davon anzuvertrauen, damit ich wenigstens im Stande bin mit einem guten Rath hier zur Hand zu seyn; denn so wenig auch Lust hätte das Glück dieses unternehmenden Kopfs zu beschleunigen, so sehr ich wünschte ich alle Wege der Verzweifelung ihm abzuschneiden und ihn bey einer guten Laune in seinem Schicksal zu erhalten. Nun liebster Capellmeister werden Sie abermal meine Ansprüche auf Ihre Freundschaft für einen Misbrauch halten? – Nur daß ich dies zweyte Schreiben nicht Selbst beantworten darf! – – Können Sie mir nicht ein Wort vom Canonicus Pauw melden? Wo lebt er jetzt? Hat man bald seine Recherches philosophiques sur l’Allemagne zu erwarten – – Hat Ihnen mein Freund Nicolai den Lindnerschen Catalogum duplicem mitgetheilt? Vier Tage vor der Auction befiel ich krankheit. Es ließ sich zu einem Flußfieber an schien ein Gallenfieber, erklärte sich aber bald zu einem ehrlichen Quartanfieber. Mein ganzes Haus beynahe (meine 3 Kinder Gottlob! ausgenommen) ist ein Lazaret gewesen. Nach einer Quarantaine von 15 Wochen denke ich in dieser den ersten Ausgang zu wagen; meine Hausmutter ist noch übel daran und nicht so weit gekommen, wie ich, durch leidige Recidive, die mich bis diese Stunde für sie beunruhigen. Gevatter Claudius beschwert sich auch, daß ihm und seiner Frau in Ansehung ihrer Gesundheit die feine Luft nicht so gut bekommt als die schwerere in Wandsbeck und daß sie bey beßeren Tagen magerer werden. Ich habe mich an seinen beyden Beyträgen zur Blumenlese nicht satt lesen können. Bey jeder Kleinigkeit die mich afficirt, dergl. es hundert der Tages giebt, stößt mir der Vers auf:
    Sie ist ein sonderliches Wesen
! Verzeihen Sie mein langweiliges buntscheckiges Geschmier. Dein Brunn sey geseegnet und freue Dich des Werkes Deiner Jugend. Ein
    Wort alter Lehre
aus den Sprüchen Salomons, statt einer Empfehlung an Ihre Gemalin. Ich umarme Sie unter Anwünschung alles Wohlergehens und empfehle mich Ihrem besten Andenken als Ihr aufrichtig ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann.
Königsberg den 22 Xbr. 76. HöchstzuEhrender Herr und Freund, Εχαρην δε – μεγαλως, ὅτι ηδη ποτε ανεθαλετε το ὑπερ εμου φρονειν ουχ ὅτι επιζητω το δομα, αλλ’ επιζητω τον καρπον – Mit einer so unschuldigen Freude habe ich gestern Ihres
    Daniel Seuberlich’s feynen kleynen Almanach
aus der Hand meines Penzels erhalten, der seinen Neid nicht bergen konnte, eines ähnlichen Andenkens nicht gewürdigt worden zu seyn; ich habe ihm versprochen seine Recension in unserer der hiesigen gelehrten gelehrten Zeitung meinem gegenwärtigen Danksagungsschreiben beyzulegen, und Ihnen, HöchstzuEhrender Freund! zu melden, daß er sogl. bey Erhaltung dieser angenehmen Neuigkeit eine Praemie für jeden seiner Commilitonen darauf gesetzt, der ihm einen Beytrag zu liefern im stande wäre, so sich
    zum nächsten Jahrgange qualificirte
. Gestern vor acht Tagen war die
    Vorrede
das Gegengift eines schwermüthigen Abends für uns beyde gewesen. Ich nehme an seinem Schicksal wie an dem meinigen Antheil; und da es lauter malcontenten in Preußen giebt: so ist seine Zufriedenheit in einem Lande, das Jedermann wenigstens ein Purgatorium zu seyn dünkt, eine sehr seltene Ausnahme in meinen Augen gewesen. Nach einer Quarantaine von 15 runden Wochen hab ich heute meinen Kirchengang halten können. – Außer mancherley speculativischen Bedenklichkeiten und zum theil practischen Schwierigkeiten den Verkauf meines Büchervorraths wirklich auszuführen ereigneten sich zwey entscheidende Vorfälle, welche auch den eigensinnigsten guten Willen zu vereiteln im stande sind. Das erste war einder Deus ex machina einer Krankheit, die anfänglich ein nichts bedeutendes Flußfieber zu seyn schien, in ein Gallenfieber überzugehen schien, aber sich bald zu einem förml. Quartan-Fieber erklärte, just im Termin der Auction. Drey Tage vorher erhielt ich einen Gevatter Brief von einem meiner würdigsten Landsleute und Freunde, der die gantze Sache auf eine noch gelindere Art hintertrieb und mir einen Both auf den Kern meiner Bücher that auch eine arrham baar übersandte. Da ich leider! ein lenksamer Geschöpf bin, als es mir anzusehen und oft zuträglich ist; so nahm ich den doppelten Wink mit beyden Händen an, und begnügte mich, wegen der bereits gehabten und noch zu erwartenden theilenden Unkosten, einigen Ersatz und Raum zu beßern zu gewinnen, auch mich vorzügl. schlechter u für mein Gesicht unbrauchbarer Ausgaben und neuer Fortsetzungen zu entschlagen. Ungeachtet alle meine Hausgenoßen mit mir zugl. Zeit vom Fieber theils überfallen theils bedroht wurden, bin ich doch so glücklich gewesen mit einem einzigen Recidiv davon zu kommen, ohngeachtet trotz der Besorgnis meines Artzts bey einer so ungünstigen Jahreszeit. Wie viel ich bey einer zehnjährigen einfachen, sitzenden und traurigen Lebensart aufgesammelt: so hoff ich dennoch wieder auf eine zeitlang erleichtert, und hab nur noch für die Gesundheit meiner guten Hausmutter Ursache besorgt zu seyn. Zwar war ich kaum im stande mich die ersten Wochen aus dem Bette zu rühren; konnte aber mit leichterem Kopf und Gemüthe lesen und denken als gegenwärtig, und hatte den Vortheil, in einen außerordentl. festen Schlaf bey einbrechender Hitze zu versinken. Ich habe damals Muße gehabt unsers Freundes Eberhards Apologie des Sokrates dritte bis viertehalb mal durchzulesen und erst recht kennen zu lernen – vielleicht in einer mit des Verfaßers seiner etwas correspondirenden Lage. Sein Geschmack an philosophischen Untersuchungen hat mich desto neugieriger gemacht nach seiner Preisschrift, wo ich mir gewünscht ihn in seinem rechten Element zu finden. Den 2ten huj. am Geburtstage meiner kleinsten Tochter war einer meiner hiesigen ältesten Freunde so gütig mich damit zu ergreifenfreuen. Da ich kurz vorher zum ersten mal in meinem Leben mit Leibnitzens Theodicée hatte fertig werden können: so war es mir desto angenehmer in der neuen Theorie des Denkens u Empfindens das Andenken dieses großen Mannes erneuert zu finden, seine so übel verstandene Monadenlehre und harmoniam praestabilitam. Ungeachtet meines Vorurtheils für Cartesii Methodum und die unvermeidliche Hypothesensucht aller systematischen Nachfolger: scheinen selbige doch alle, ohne ihr Wißen und wider ihren Willen, mehr den Geist der Philosophie unterdrückt als befördert zu haben, und daes würde vielleicht eben so schwer seyn in allen diesen Schulen ihre wahre Gestalt zu erkennen als das Christentum in den herrschenden Secten deßelben. Sollten aber die Wißenschaften noch länger fortfahren mit den schönen Künsten in der Täuschung zu wetteifern: so werden die Gelehrten in der besten Welt bald eben so glücklich seyn, als die Kinder im Philanthropino. Doch manum de tabula! – – Verzeyhen Sie mein eilfertiges Geschmier, HöchstzuEhrender Herr und Freund! ich bin weder meiner Zeit immer mächtig, noch eben so wenig meiner Feder als meiner schweren Zunge. Tausend Glück und alles mögl. Gute zum bevorstehenden neuen Jahre! Hab diese Zeilen provisorie geschrieben ohne zu wißen, wenn und wie sie abgehen werden. Ich empfehle mich Dero geneigtem Andenken und habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu seyn   Ihr   ergebenster Johann Georg Hamann. Sollte der Verdacht 2 hiesiger Kenner gegen das authentique Althertum    gegründet seyn? Von Nicolai: Nein! Adresse: Herrn / Herrn Friedr. Nicolai /
    zu
/
    Berlin:
/ par
    Fav.
Bei der Adresse vermerkt: Herrn Profeßor Bernoulli / zur geneigten Bestellung / empfohlen.
    P.
Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1777 30 Jan 11 Oct h. Leipz bean. / Hamann.
2. Jänner 1777 1. Mit dem Farao für die Könige habe das alte Jahr auf dem Glockenschlage der Mitternacht beschloßen. Es ist mir lieb dies Buch zu kennen, und eine kleine Schande noch nicht den Namen eines so belesenen Polygraphen unter unsern neuesten Schriftstellern zu wißen. Er hat Analogien großer Männer aus der alten und Neuen Welt in 2 Theilen. Reisen der Tugend; Freundschaften; Biographien der Sachsen; eine harmonische Mythologie; Erbauungsstunden; Predigten oder Monologen der Guten; einen Koran oder Monolog der Vernunft; Geschichte der Glückl. Gallerie der schönen Seelen; Wanderungen der Philosophen und Dichter p bereits herausgegeben. 2. Warum ist der Sohn Gottes in die Welt gekommen – – – habe gleichfalls nach meinem Geschmack gefunden. 3. Simon! siehest Du dies Weib – Ist die Bekehrungsgeschichte einer engl. Presbyterianerin; und unterscheidet sich gar nicht von dergl. frommen Romanen, dergl. es nicht so viel als profane giebt. Maculatur, davon 4. J. C. Lavaters Bluttheologia die elendste am 5. Zufällige Gedanken über seine Physiognomie schönsten ins Auge 6. Man muß auch dem Teufel nicht zu viel aufbürden – fällt. 7. Gray’s Gedichte sind die erste Lectüre des neuen Jahres gewesen und verdienen die Aufmerksamkeit und den ganzen Beyfall jedes Liebhabers. 8. Theorie du Paradoxe ist französische Maculatur, Fragment und gantz individuel gegen Mr. L** gerichtet, den Lettres sur la Theorie des Loix, Rep. aux Doct. Mod. Histoire des Jesuites dem Könige von Preußen dedicirt und außer einem Journal de politique et Litterature u einer Geschichte der Römischen Revolutionen geschrieben, die freylich alle mittelmäßig seyn mögen aber mir nicht so elend vorkommen, wie der Theorist selbige vorstellt. Ew. Hochwolgeboren habe kaum einen Augenblick Zeit übrig für den zurückkommenden Pack zu danken. Nach gemachter Balance glaube ich doch mehr Vergnügen als Unlust genoßen zu haben. In gleicher Verhältnis sey für uns beyde alles, was wir noch dies angefangene Jahr zu schmecken oder zu genüßen bekommen! Ich habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu seyn Ew. Hochwolgeboren ergebenster H. den 2 Januar 777. Wenn Der – mit seinem langen Angesichte How do ye call him – Er verdient einen neuen Namen zum Neuen Jahre An statt in Ihrem Saal zu drängen u zu sitzen, Sich mit einem Theil des engl. u deutschen Shak. aufmachte u eine Wallfahrt nach dem heil. Alten Graben anträte! Coge – Erbarmen Sie sich und machen Sie ihm mit der Fuchtel Füße! Kgsberg den 2 Jänner 777. HöchstzuEhrender Herr CapellMeister, Landsmann und Freund Gestern erhielt Mittags Ihre angenehme Antwort zum Dessert, nach einem kleinen Wortwechsel mit dem Briefträger, der sich die Freyheit nahm ihn sie eher als ich zu erbrechen; – weil ich meinen eigenen Namen nicht recht lesen konnte und die Aufschrift eines Licent-Buchhalters mich irre gemacht hatte. Noch denselben Abend besuchte mich unser liebe Prof. Kreutzfeld zum Neue Jahr in Galla mit silberbesponnen Knöpfen, die Farbe des Tuchs war entre chien et loup schien aber übrigens von sehr modernen Geschmack zu seyn. Ich hab ihn zum ersten mal in seinem u meinem Leben so galant gesehen; er freute sich so herzlich über Ihren Brief, daß er von lauter Ringen redte, und Schriftstellern, die darüber geschrieben haben sollten und vielleicht noch darüber schreiben möchten, wobey er auf sich selbst mit dem Finger zeigte. Scheint Ihnen nicht auch, HöchstzuEhrender Freund, ein solches Gespräch am Neujahrstag sehr ominös zu seyn? – Vor einer Viertelstunde verläßt mich Penzel, der sich die Erlaubnis genommen hatte in meiner Abwesenheit mit meiner ältesten Tochter Schlitten zu fahren. Ich hatte heut frühe einen Handbrief von dem Mignon eines deutschen Fürsten an ihn erhalten, den er mir zuschickte, und wußte seine communionem bonorum nicht beßer als mit Ihrer freundschaftl. Antwort zu erwiedern. Nachdem er mir laut zu verstehen gegeben hatte, daß es ihm behagte für
    unsern gemeinschaftl. Freund
erklärt zu werden; fieng ich an, ihm mein ganzes Herz über die Plage des heutigen Tages auszuschütten und wie ich das Joch dieses neuen Jahres bereits hätte fühlen müßen. Ich fand bey dem wüsten Menschen kein Gehör; er fiel mir um den Hals, redte von dem gestrigen Champagner, ohne an den heutigen Wein zu denken, den er zu sich genommen hatte – erbot sich zu hundert Don Quixote Streichen, die mir nicht in Sinn kamen, sagte zu allen Ja! Ja! mit starren Augen – An statt, wie Eli, den Wein zu verbannen, bewunderte ich mit dem ersten Cammerdiener des Königs Darius die wohlthätige Stärke deßelben (III. Esr. III.) und dachte an die Worte des Königs Samuel, die ihn seine Mutter lehrte (Prov. XXXI. v. 6. 7.) und entschloß mich, selbst zu schreiben, so gut ich konnte – Das, was mein Optimus Maximus, wie ich P. im Scherz nenne, schreiben sollte bestand darinn: daß die christliche Liebe von sich selber anfängt. Sie haben mich, HöchstzuEhrender Freund, durch einen Gedächtnis Fehler zum
    Buchhalter des Licents
gemacht. Vielleicht wären Sie im stande mir zur Stelle des gestern Nacht plötzlich verschiedenen
    Licent-Raths Blohm
zu verhelfen, als der einzigen, auf die ich seit vielen Jahren speculirt, weil sie mir am meisten angemeßen zu seyn scheint, ohne daß ich mir die Möglichkeit dieser Vacantz zu erleben geglaubt habe. Erlauben Sie mir, Ihnen meine
    ganze Lage
und
    Denkungs Art
zu entdecken. Ich bin seit 767 Uebersetzer gewesen und zwar eigentlich ins
    französische
, nicht ins
    deutsche
unter Magnier, dem es um den
    Verstand
und nicht die
    Schreibart
zu thun war; denn letztere verstehe ich nicht einmal in meiner Muttersprache, geschweige in ausländischen. Mein Gehalt ist wie Sie vielleicht aus gedruckten Documenten wißen von 16 bis zu 30 rth erhöht und zuletzt wider zu 25 erniedrigt und (welches ein großes Wunder) dabey erhalten worden. Der seel. Blohm hat als Garde-Magazin zwar eben so viel, genüßt aber
    freye Wohnung
und einen Antheil an den so genannten Voyen Geldern, der sich des Jahres auch auf 100 rth und drüber beträgt. Der Besitz eines eignen Hauses hat mich zu Grunde gerichtet und dies nebst meiner Bibliothek u Familie ist meine einzige Habseeligkeit. Durch eine freye Wohnung und den Zuwachs eines kleinen Emoluments würde also meine Verfaßung wider auf einen ziemlich soliden Fuß gesetzt werden können. Es ist mein wahrer Ernst gewesen mit Entäußerung meiner Bibliothek, die mein liebstes Hausgeräth ausmacht, mir Gewalt anzuthun, und wenigstens ins Reine zu kommen und meine Kinder erziehen zu können, an die ich von meinem Gehalt nicht einen Schilling wenden kann. Trotz aller meiner natürl. Feigheit hab ich einen großen Hang zu gewaltthätigen Entschlüßungen. Diesem unglückl. Hang zu folge schrieb ich an die Gen. Adm. um Urlaub zu Abwartung meines Bücherverkaufs zu erhalten, gerade zu: daß der Teufel über kurz und lang alle die Nichtswürdigen holen müste und würde, welche die besten Bißen den Kindern des Landes vor der Nase entzögen. Sie hat diese licentiam poeticam nicht geahndet, als durch Ihr Stillschweigen auf meine
    drey
Briefe, die ich in 10 Jahren an Sie geschrieben. Diesen Mittag vertraue ich mich meinem Director, der mich sr. Freundschaft würdigt, mit allen mögl. Clausuln, daß ich mir die Vacantz wünschte ohne um selbige anhalten zu
    können
noch zu
    wollen
. Dieser genommenen Abrede und Vertraulichkeit ungeachtet muste ich diesen Abend mit
    eigener Hand
schreiben: Le Sr Hamann Secretaire-Interprete de cette Direction sollicite vivement cette place – Wie mir dabey zu Muthe gewesen, können Sie leicht erachten, und das noch dazu par la
    voye d’un Postscript
.
Es wäre mir leicht gewesen dieser Kleinigkeit entübrigt zu seyn, habe aber diese Mortification willig übernommen – Mein Freund P. sollte Ihnen also in seinem Namen schreiben, daß ihm just eben so viel an meiner eigenen Erhaltung und Zufriedenheit gelegen wäre, als an seiner eigenen; daß es mit seiner Sache gute Weile hätte, wenn Sie im stande wären für mich selbst einen Schritt oder Gang zu thun – – und daß Sie unserer beyder wegen nicht mehr unternehmen sollten als es Ihre Umstände und die im Mosaischen Rechte gegründete Muße des ersten Ehejahres gestatten; weil selbst die christliche Liebe von sich selbst an fängt und keinen andern Maaßstab als diesen kennt. Um seine seelige Träumereyen von einer Braut mit 12000 rth nicht zu unterbrechen, hab ich lieber einen taumelnden Brief Selbst unternehmen wollen und mir das Vergnügen machen Ihnen wenigstens zu sagen, daß ich in Ihrer eilfertigen Antwort den
    leibhaften
Sohn meines alten Freundes und würdigen Reichardt wider erkannt und genoßen habe. Je mehr Sie ihm nacharten; desto mehr Anlage werden Sie gewinnen, nicht nur ein großer sondern auch ein
    glücklicher
Mann auf der Welt zu werden; und beynahe kann ich auf den Argwohn, daß Sie meinem Gevatter Claudius blos deswegen so gut sind, weil sein
    sonderliches Wesen
, wie in Ihrem Morgenliede steht, so harmonisch mit Ihres lieben Vaters ist, und beyder Genie und Seele aus
    ätherischen Bebungen
zusammengesetzt scheinen, die baß sind denn alle cartesianische Wirbel – – Den 28 pr. und pass. hat mir der liebe ehrliche Mann einen Mittag gemacht mit seinen Cherubim und Seraphim, als Salomo in Osten und Norden nicht erlebt haben mögen, trotz aller ihrer Herrlichkeit und diese Episode würde alle dramatische ausstechen, wenn ich diesen Abend zu einem epischen Schwunge aufgelegt wäre. Es freut mich vom Grunde meiner Seele, daß er nolens volens Seinen Willen an Ihnen erlebt oder Sie vielmehr nolens volens für den
    wahren Schöpfer Ihres zeitlichen Glücks
diesen alten würdigen Mann zu verehren schuldig sind, wie ich es Selbst thue in petto wahrer Freundschaft. Haben Sie mich nicht in Verdacht, daß ich es mit den
    Lebenden
halte, und eine politische Partheylichkeit im Schilde führe; oder im trunknen Muthe eitel hundert und tausend rede. Meine briefstellerische Muse schüttet Ihr ganzes Herz vor Betrübnis aus und hält es mit dem dritten (und der war Serubabel) sagende: „Der Wein ist ungerecht, der König ist ungerecht, ungerecht sind die Weiber (leider! auch Ihre liebenswürdige Juliane, daß Sie einen zolllustigen Sünder den heil. u Aposteln gleich schätzt) ungerecht sind alle Menschenkinder und alle ihre Theorien sind ungerecht – aber die Wahrheit waltet und bleibt und herrscht in secula seculorum. Ob das auch Ihrem Schwindel zuträglich seyn wird, so eine magische Faust und so manche apokryphische Citationen zu lesen? und doch wünscht ich wenigstens noch eine Zeitlang wenigstens die Ehre eines apokryphischen Heiligen in den Augen Ihrer lieben Gemalin zu erhalten. Leider! ist der Schwindel eine Krankheit, die ich von meinen beyden Eltern geerbt. Von Kopfschmerzen weiß ich Gottlob! wenig und je älter werde desto mehr nimmt meine Lust und Freude auf Gottes Erdboden zu wallen zu; allen Ärgernißen zu trotz, die man in diesem Jahrhundert bey allen drey Ständen erlebt bey allem Ruhm der Philosophie, der schönen Künste und feinen Sitten. Mein Entwurf ist gemacht. Kein gut Wort will ich verlieren. Um meinen Operations-Plan fortsetzen zu können, fehlts mir an Land Charten von Ihrem Horizont oder vielmehr dortigen Terrain. Erlauben Ihre Geschäfte, HöchstzuEhrender Freund! Ihre Gesundheitsumstände, Ihre Gemüthsneigungen, nach Maupertuisischem Grundsatze ein minimum für mich zu thun, oder nicht: beydes wird mir lieb seyn, wenn Sie sich nur wohl befinden, und je länger je mehr fortfahren als ein vernünftiger Mann das menschliche Leben zu brauchen und zu verachten. Ich habe weder Lust noch Zeit den verlornen Faden meines Briefes aufzusuchen noch fortzufahren. Bey beßerer Muße und Ruhe mehr. Vor Ihren Schwindel weiß ich kein beßer Recipe als Diaet- oder vielmehr Oeconomie es sey in Arbeiten und Zerstreuungen, im Lieben und Leiden und Meiden. Weil ich oben vom Operations-Plan geredt habe: so besteht selbiger blos darinn mir die lange Weile zu vertreiben, weil ich Kartenhäuser wie die Kinder nöthig habe und Seifenblasen wie die Newtons zu optischen Versuchen. – – Ihren Papa Benda hab ich in Potsdam gesehen, weil ich in Gesellschaft eines Fagottisten, deßen Namen sich mit M. anfieng, die Reise von Berlin that. Empfehlen Sie mich Ihrer besten Hälfte. Vergeben Sie mein nothgedrungnes Geschwätz und Geschmier. Ich umarme Sie mit aller Zudringlichkeit eines ehrlichen Mannes und aufrichtigen Freundes und Dieners. Johann Georg Hamann.
Kgsberg den 3 Jänner 777. Geliebtester Freund, Viel Glück zum Neujahr! Mein langer Bericht ist also velut aegri somnia Ihnen vorgekommen. Das ist der Dank für meine Mühe u Sorgfalt u Antheil. Gleichwol glaubte ich den abwesenden Erben meines seel. Freundes eine umständl. Erzählung schuldig zu seyn – und giebt Freundschaft nicht auch ein Interesse den gleichgiltigsten Dingen. Wie wenig Menschen zählt man heute zu Tage, denen 100 oder 50 fl. + oder — einerley sind und seyn können. Wir wollen aber lieber mündl. darüber zanken. Ihre Anfrage wegen des Catholicon wird schon aufgelöst seyn durch meinen jüngern Brief deßen Beantwortung ich bisher umsonst erwartet. Den 1 Dec u Advent erhielt ich abermal ein Mahnschreiben vom Commissaire en Chef, das ich hätte zerreißen u. verwünschen mögen. Das gantze u gebundene Exemplar von A bis E gehört dem seel. Freunde u ist noch nicht bezahlt. Ich wünschte aber liebster Freund! wenn es Ihnen gefällig wäre valutam à 5 # so bald wie mögl. zu übermachen um mein Quartam von 3 und eben so viel des andern Praenumeranten übermachen u dem HE Autor das Maul stopfen zu können. Die beyden zuerst angekommene Buchstaben A et E sind überflüßig mitgekommen, müßen entweder zurück – Können Sie selbige dort anbringen u auch behalten; so wäre es mir sehr gedient. Ich verlang keine Fortsetzung und Verdruß mehr. Wollen Sie so melden Sie es bey Assignation des Geldes um dies melden zu können dem Verfaßer, dies opus supererogationis wäre mir lieb um meine Mercurialien die ich ihm zugedacht, dafür verstärken zu können. Wegen der Bibliotheca Graeca erwarte auch Ihre Erklärung ohne Sie dazu anzurathen, weil ich nicht einmal weiß, ob das Exemplar gantz und es nicht eine neuere u. beßere Edition dieses Hauptbuchs giebt. Ihren Willen hab ich
    erfüllt
; nun laßen Sie mich nicht zu lange auf Ihre Erklärung warten. Nach einer Quarantaine von 15 Wochen bin den 18 pr. zum erstenmal ausgegangen, aber außer der Kirche nur erst 2mal in der Stadt gewesen; ohne an meine nöthige Geschäfte daselbst denken zu können. Die Frau Consistorialräthin und Ihre liebe Niece hab ich noch gar nicht gesehen. – Wir haben hier abermals eine der ansehnlichsten Auctionen gehabt, des Geh. Trib. Rath Ohlius seine, wo die besten Bücher noch schlechter gehen sollen; gleichwol fehlt es auch hier nicht an Ausnahmen, deren Grund sich öfters nicht absehen läßt. Da Sie meinen Candidaten verschmähen: so will ich gern ihn für mein Vaterland noch behalten. Das schlimmste ist, daß wir uns wie Feuer und Waßer für einander fürchten, und nicht einander zu sehen bekommen, so nöthig wir uns gleich zu sprechen hätten. HE Nicolai hat mir ein angenehmes Geschenk mit seinem kleinen feynen Almanach gemacht. Vorsteht gedruckt im Namen Daniel Säuberlich, daß er „tut diesen Almanach uberreichen undt wil sich hymit Dero Gunsten gehorsamlichen eyngelobt und angedyngt haben“ Den letzten Tag des alten Jahrs erhielt durch einen hiesigen jungen Kaufmann der von sr. Reise zurück gekommen einen freundschaftl. Gruß von HE Klopstock. Heute habe mit Vergnügen das Werther Fieber gelesen und am Neujahrstage
    Grays Gedichte
von Mason mit seinem Leben herausgegeben, die Ihre Neugierde auch befriedigen werden. Was macht unser liebe Hofrath nebst Familie. Ersetzen Sie mein Stillschweigen. Mein liebes Hausmutterchen hat noch das Fieber, scheint aber sich ein wenig zu erholen. Ihre Gesundheit hat doch nicht Gefahr gelitten, daß ich noch keine Antwort erhalten. Gott schenke Ihnen zum Neuen Jahre alles Gute und erfülle unsere besten Wünsche. Entschuldigen Sie meine Eil; helfen Sie mir so geschwind wie mögl. aus der vermaledeiten Verlegenheit wegen des Catholicon. Ich umarme Sie als Ihr alter treu ergebener Freund J. G. Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links) und Postvermerken:
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
    Rossitten
/ par Memel. /
Weimar den 13. Jan. 777. am Hilarius Tage Gott mit Ihnen, lieber H.   Ein verpflanzter Mensch ist wie ein Kind neugebohren: er muß also lang erst nach Luft schnappen u. Dinge sehen lernen, wie sie sind, ehe er spricht u. sprechen kann: so wars auch mit mir, deßwegen schreibe ich so langsam u. vielleicht noch zu früh. Indeß kann ich nicht umhin, Ihnen wenigstens Neujahr zu wünschen u. mich zu erkundigen, wie Sie leben. Meine Abreise war, wie Sie denken können, sehr Tumultvoll, indeß anders als ich dachte. Ich hatte noch so manches böse Blut gegen den Grafen, daß ich glaubte, er müßte es auch gegen mich haben, sagte ihm also sehr spät von meinem Rufe u. fand ihn plötzlich so höflich, u. voll so überspannter Hochachtung, daß ich fast glaubte, die Freude, mich zu verlieren, trüge zum Bedauren u. zur Höflichkeit bei. Beim Lande (einige Miträthe ausgenommen) war das Gegentheil u. also ward aus so entgegenströmenden Flüßen ein Wirbel, der uns zuletzt sehr betäubte u. mich fast toll u. überdrüßig machte. Was Aufbruch mit einem Hause, einem Kinde von 4. Wochen u. in solche Entfernung hin, alles zu Wagen, sagen will, muß man erfahren; gnug ich fühlte zum ersten mal die Last des Ziehens u. keinen Fuß Habens, wie ich sie nie gefühlt: eine Reihe kleiner Beschwerlichkeiten, Nachläßigkeiten, übler Bestellungen kamen dazu, so daß wir aus Bückeb. einen Tag später kamen, als wir wollten, den Wagen 1. Tag später empfingen, ihn in Hannover ein- u. in Halberstadt, wo ich mit meinem Heer bei Gleim ausruhete, zum 2ten mal wechselten, u. endlich kamen wir den 1. Okt. 776. Abends um 10. Uhr hier an. Es war eben an dem Tage wenige Stunden vorher ein falscher Freu Feuerschrecken in unsrer Nachbarschaft gewesen, daher die Sprützen noch standen u. wir von mehr Leuten empfangen wurden, als wir so spät glaubten. Die Küsters aller Kirchen umringten mich mit ihren Küsterformularen: das große leere Haus, dicht hinter der Kirche, ein blinder Nachtwächter, der dicht unterm Fenster das Lied „Eins ist noth, ach Herr“ sang u. es ganz aus blosser Höflichkeit ganz aussingen wollte u. eine Reihe andrer Umstände machtens sehr wüst um uns her: meiner Frauen Bruder indeß, der aus Darmst. seiner Gesundheit wegen hieher kommen war u. uns mit empfing, war das einzige bekannte Gesicht, an das wir uns hielten Den Morgen drauf bekam war Alles, wornach ich frug, nicht zu Hause: der Präsident des Oberkonsistor. als mein gewesner Vokationskorrespondent, Herzog, Göthe etc. meine HErn Kollegen also u. Wieland waren die Einzigen, die ich sah, um doch was gesehn zu haben. Von letzterm gieng ich sogleich mit dem Eindruck fort, ihm auf der Welt nichts mehr übel zu nehmen, so ein schwacher, guter Mährchenträumer ist er persönlich. Er ist in Nichts haßens- eher Mitleidswürdig in seinem Gespinste, das zu seinem Wesen, seiner Haushaltung, seinem schwachen Nervenbau leider so gehört, als jetzt die Merkurfabrik zu seiner Existenz. Er hat eine Reihe von 5. Mädchen, eine schwächliche sehr gute Frau, seine Mutter, die Seniorin in Biberach gewesen u. sehr an mir hängt: alles in seiner Wirthschaft hängt so sonderbar, seiden u. Spinnwebmäßig zusammen, als seine Gedichte u. Romane. In den ersten Wochen konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, als ob ich einen träumenden Menschen vor mir hörte; noch oft wandelts mich an: er ist aber sonst, das Steckenpferd seiner Autorschaft ausgenommen, ein guter Mensch u. hat in manchen Dingen Bon-Sens, wo ihn andre nicht haben. – – Es würde Sie u. mich eckeln, wenn ich so im Tagbuch meines Hieseyns fortführe durch alle die Besuche u. Gegenbesuche, Präsentationen u. Handschläge der Geistl. des ganzen Landes etc. Da 10. nach meiner Stelle gestrebt hatten, so war ich dem Pöbel als Atheist, Freigeist, Socinianer, Schwärmer verschrien: u. da ich mich nun hier, wie ich bin, zeigte, predigte u. dgl. so gings mir wie Paulus auf Malta, da er die Otter wegschleuderte. Meine erste Predigt, die ich in aller Ruhe eines Unwißenden aller vorigen Gerüchte hielt, wandte mir hohes u. niedres Volk so unglaublich zu, daß ich nun freilich auf d ein so leicht gewonnenes Gut nicht viel rechne, es doch aber zum Anfange als eine sehr gute Schickung u. Hülfe ansehen muß. Ich schweige eben so sehr von einer andern Krümme, da mein HE. Vikar (ders leider 6. oder 7. Jahr gewesen war) es noch vor meiner Ankunft ausgewürkt hatte, daß alle Beichtkinder bei ihm bleiben sollten, was man denn mit Gewißensfreiheit etc. beschönigen wollte. Ich erklärte gleich, daß ich mein Amt nicht anträte u. meine schrecklich feierlich angesagte Anzugspredigt gar nicht halten würde, falls meine Vokation, auf die ich allein hergekommen sei, nicht in allen Punkten geschweige in einem solchen, geltend bliebe, u. da war freilich der Kopf auch zertreten, obgleich manche sanfte, heuchlerische Freundschaftsfersenstiche noch folgten u. ohne Zweifel noch folgen werden. Uebrigens kam ich sogleich in ein Gewirr von Predigten, Arbeiten, Ausschreiben etc. die die Zeit mit sich brachte, daß ich die meisten Proben durch bin, sie aber nicht ohne Abzugsgeld des alten Jahres schliessen muste: Die letzten Adventswochen war ein Gedränge von Privatkommunikanten, (ich habe nur solche) daß nachdem ich den 1. Weihnachtsfeiertag noch mein Hochamt (das ich gut Papistisch noch alle nur 3. mal im Jahr an den hohen Festen zu verwalten habe) verwaltet hatte, ich den 2ten Feiertag so von Brechen u. Schwindel überfallen wurde, daß mir Angst ward u. ich noch nicht ganz hergestellt bin. Das Brechen dauerte einen Tag ganz: der Schwindel bis ins N. Jahr hin, so daß ich nur den Königstag wieder ausgehn u. predigen konnte. Sonst ist hier alles noch recht Lutherischpapistisch dem Äußern nach, wie im Innern kein Schatte von Luther gefühlt wird. Ich freute mich auf diese Gegenden wie ein Kind, glaubte die Grundlage der altenr weni Anstalten wenigstens so tüchtig u. gut zu finden, daß man mit Freuden darauf stehn u. bauen könnte, bin aber sehr betrogen. Ewige Vormundschaften, schwache- Tyrannen- u. Weiberregierungen haben alles so hinsinken lassen, durch ein ander gemengt u. geworfen, daß Alles weicht, wornach man fasset: Kirchen u. Kirchengebäude verfallen: Kirchenaerarien erschöpft, daß an den wenigsten Orten kaum mehr Visitation in loco gehalten werden kann: schlechte Prediger- u. Schuldienerstellen u. Subjekte, die ihren Stellen oft gleich sind: Dazu meine Arbeiten u. mein Sprengel so ohne Maas, daß gerade so viel Geistl. u. Kirchen unter meine
    Specialaufsicht
gehören, als Tage im Jahr sind, die andre Superintendenturen zur Generalaufsicht, Konsistoriengeschäfte, 2. Predigtämter, da ich wieder thun soll, was sonst 2. thun würden, als Oberhofpr. u. Oberpfarr. der Stadtkirche – das Ephorat des Gymnasii u. aller Schulen des Landes – das Alles zusammengenommen, u. im Ganzen noch immer keine Personen, durch die man würken kann, zusammt allem, was vorgegangen war u. unnennbar vor mir, auf mir liegt u. drückt, ohne daß man den Alp fassen kann, das Alles macht mein Hieseyn noch bisher zum Traume, zu einem Traume, wo man nichts absieht, u. also auch wenig denkt u. desto mehr röchelt u. fühlet. Die ersten Zeiten habe ich ordentlich nach Luft geschnappt u. sie auf den sonderbaren Bergen rings um den Kessel, der Weimar heißt, auch nicht gefunden: selbst des unsäglichen Beifalls, Theilnehmens etc. habe ich noch nicht froh werden können, eben weil er so ungemessen u. rasch ist. Meiner Hausehre gehts deßgleichen. Unser grosses, unbequemes Haus drückt uns ebenfalls u. hat uns, als vornehme Leute, zu sehr gesondert, das denn auch nicht gut thut. Kurz die erste Zeit ist mir mein Altlutherscher Chorrock und der Hochwürd. Magnificenz Titel ziemlich unbehaglich gewesen, hoffen aber, daß es in der Zukunft beßer seyn wird, weil im Ganzen mir doch Arbeiten u. Geschäfte
    selbst
gefallen u. für die Adiuncta, die wir nicht ändern können, immer doch ein Höherer sorget. Dies ist eben die Ursache, warum ich vom Hofe nichts schreibe. Ich geniesse so viel Zuvorkommenheit u. Auszeichnung, als ich nur verlangen kann, zieh schränke mich aber sehr ein, daher Sie keiner Lügensage trauen müssen, die nach der jetzigen Mode über Weimar u. also auch über mich ergehet. Der Herzog, ein guter Naturvoller Mensch, der manchmal Blicke thut, daß man erstaunet, ist mir gut, besucht mich zuweilen, wir haben aber weiter keine Gemeinschaft zusammen, als bei Concerten, oder der Tafel, wenn ich zu ihr geladen werde. Meine Frau ist der jungen Herzogin, zu der sie manchmal gehet, mit Leib u. Seele zugethan u. ich nicht minder: sonst aber u. im Ganzen leben wir hier einsamer u. zurückgezogner als in Bückeb. selbst, weil ich bei so vielen Menschen, die einem im Anfange durch die Hände gehen, noch nicht den wahren Schatz, einen Freund, habe. Der uns am meisten besucht, ist Wiel. wir berühren uns aber nur am Rande – – Geschwätzes gnug von mir: laßen Sie es sich nun, lieber H., sagen, wie wohl mirs that, daß ich vom Nichtverkauf ihrer Bücher hörte. Ich glaubte schon, verspätet zu seyn u. war auf den Commiß. R. Klaudius böse, daß durch seine Schuld mir Ihr cCatalog so spät kommen mußte, bis mir Ihr Brief kam. Genesen Sie ganz, lieber H. u. geniessen des Glücks Ihrer Familie; wie es ist u. komt, kommts von oben. Äußerst begierig bin ich auf die Folgen Ihrer Berlinschen Sturmleitern: ich glaube aber, es ist da alles so glatt, daß nichts haftet. Vergessen Sie nicht, mir davon fernere Nachricht zu geben, auch von Ihren Anti Eberhardschen Geburten. Seine neue Preisschrift ist mir unausstehlich gewesen: ich glaubte, es sei Vorurtheil, seh aber doch andre, denen es auch, wie mir, gehet. Wie Nikolai wieder auf mich gerülpst hat, können Sie in der Allgem. Dreckbibl., in Beurtheil. der Lavat. Phys. lesen: sein Allmanach von Volksliedern soll mir, meine Gerichte, wie dort Virgils Harpye verderben, ich nehme es aber nicht zu Herzen. Seit ich hier bin, ists, als ob ich zwischen Feenbergen wohne, aus Lethe getrunken u. mich der Sachen nur im Traum erinnre. Und was das sonderbarste dabei ist, finde ich hier so viel Ähnlichkeiten mit meinem Aufenthalt u. Antritt in Liefland, daß ich oft mich selbst erwecken muß. Mein Präsident Lynker ist gerade wie dort der Rekt. der Domschule Ly Lindner: dieselbste Aufnahme, derselbe laute Beifall u. Kopfschütteln der HE. Kollegen, dieselbe Stadt u. Nation – das ist mir im Ganzen gut, denn dort habe ich mich sehr wohl befunden. Besuchen Sie mich und wir sehen uns hier, wie wir uns dort sahen, so ist die Ähnlichkeit vollkommen u. ich muß sagen, daß ich daran nicht verzweifle. Was macht Hartkn.? Ich habe in Aeonen nichts von ihm gehört u. so wenig Lust u. Zeit gehabt zu schreiben. – – Heraus kommt itzt von mir nichts u. meine Seele schläft. Ich habe in einige Schriften
    Postells
u.
    Geiler
von
    Kaisersberg
, aus hiesiger Biblioth. gekukt: im ersten hie u. da (absit invidia verbo) einen Stral von Ähnlichkeit mit Ihnen, Trotz aller andern Antipodenschaft, gefunden; eigentlich aber aus beiden noch nichts verdauet. Im Merkur sind die Schrift über
    Hutten
, das Wort über
    Kopernikus
u. der Aufsatz: Schwärmerei Philosophei u. Schwärmerei zwo Schwestern“ von mir: erstes u. letztes noch Früchte meiner Muße in Bückeb., das Mittelste ist gar Nichts, oder überhaupt nichts an allen Dreien. Ich wollt indeßen doch, daß sie im Novemb. 76. das Ding Philos. u. Schwärmerei läsen. Sonst habe ich hier noch eine gute Bekanntsch. am Statthalter in Erfurt, Domherrn v. Dahlberg gemacht, einem sehr vasten Philos. Kopf u. sehr simpeln, liebenswürdigen jungen Menschen. Ich denke ihn bald zu besuchen u. verspreche mir von seiner Nachbarschaft viel Gutes. – – Vergeßen Sie mich nicht, lieber H., der ich jetzt mehr als je einsam lebe, Briefwechsel u. Dienst der Eitelkeit abgeschnitten habe, wo ich ihn nur abschneiden konnte, u. also ihre Briefe, Aufsätze, Reihen als Besuche des Engels Gottes in diesem Feenthal ansehe, wo ich indeß mit meinem grossen Hause u. Garten wieder auf einer Lauerhöhe wohne, hinter ein freier Raum über die Stadt hin, bis zu den Bergen, vorn die Kirche, die wie eine Sorbonnenmauer vor mir steht, mich deckt u. meiner Pflicht erinnert. Leben Sie wohl mit den Ihren u. laßen Sie mich bald etwas von Ihnen, gedruckt u. geschrieben, lesen. N. S. Ein junger Schweizer, Namens Kaufmann, ein Mensch, der in seinem Leben Manches u. Nichts gewesen ist, wie Sie, der überhaupt mit Ihnen manche Ähnlichkeit in Schicksal, Gang, Wünschen hat u. jetzt einen jungen Rußen nach Rußl. führet, wünscht Sie zu sehen u. ich wünsche u. gönne es ihm auch. Er hat meinen kranken Schwager aus Darmst. aufgerafft u. hiehergeschleppt u. uns überhaupt sehr wohlgethan, da wir ihn hier fanden. Lavaters Freund p   – Nochmals 1000. Glück zu den drei fatalen 777. Heil u. Segen auf ihre Kleinen. Meine Buben sind sehr wohl u. Ihr Pathe lacht u. ist frölich, wie ein lieber ruhiger Engel. Die halbe Reise   H.   aber war er krank u. auch hier hat er Anfangs sein Theil gekriegt, sich durch Wolken, Schnuppen p. durcharbeiten zu müssen. Neumann beßert sich auch. Ich schicke ihn zu einem Kandidaten, weil das Gymnas. zu besetzt ist für ihn, als daß er da gedeihe. Den 20. Oct. habe ich hier angetreten
den 18 Jänner 777. Wenn Ihnen der liebe Gott dies Jahr wieder eine Tochter bescheert; so wünsch ich Ihnen zu 3 Sieben Glück; u dennaß alle Ihre Töchter wie die Mutter gerathen mögen. Ainsi soit-il. Wie gehts denn, lieber Freund, Verleger und Landsmann? / Sind Sie nach Ihrer Krankheit auch neu geboren wie ich nach meinem Quartanfieber, mit dem ich mich ein ganz Vierteljahr, trotz meinem leibl. Bruder, gequält u gepflegt Just mit dem termino der Auction stellte sich der Gast als ein Deus ex machina ein. Der lusus naturae sah einem politischen Streich so ähnlich, daß alle hiesige Kunstrichter Lust gehabt hätten eine persönliche Condolentz bey mir abzustatten, wenn ich nicht zu krank gewesen Staats-Besuche anzunehmen. Auch HE Lentz kam mir im Paroxysmo als ein Spion von Ihnen vor; aus seinem Bericht wüerden Sie ersehen haben, daß ich im Bett lag und bis an die Ohren zu bedeckt; nur der Wohlstand erlaubte mir nicht durch Zähneklappern ihn von dem Grad der Kälte zu überführen. Der Mensch wollte in einem Lazaret – denn meine Mutter fiel zu gleicher Zeit mit mir ein, und fiebert noch biß an den heutigen Krönungstag ppp nichts genießen und gieng von der Wahrheit meiner Krankheit und einer herrschenden Seuche in meinem Hause, so überzeugt fort daß er es für überflüßig fand den Fersenpunct der Hitze zu untersuchen beobachten. Nun will ich erzählen, was er mit meiner Auction vor eine Bewandnis gehabt, und wie ich um meine Bücher Msta Dona und Xenia sämtlich und sonders gekommen bin ohne das geringste von Belang Gott Lob! dabey verloren zu haben. Weil ich meiner Pfründe wegen in Schwaben mich als ein unwürdiges Mitglied der ehrwürdigen Clerisey auf deutschen Grund und Boden ansehen muß; so erhielt ich den 6 des Herbstmonaths auf dem Bette wie ein bloßer galanthomme der bonne Dame Migraine ohne an Gallen- u Quartan Fieber zu denken eine auream bullam und Ablaß Brief von dem Pfarrer im Magdeburgischen Joseph Gedeon, der mich zu Gevatter bat und mir als einem armen Teufel einen Zehrpfennig zur Reise schickte – – Doch wer kennt die Herrn Geistlichen beßer und ihre pias fraudes als Ihre Herren Verleger! An statt mich von dem ehrwürdigen Bruder betrügen zu laßen, hab ich ihn betrogen, meinen Kern von Büchern behalten und sein Geld, das er mir als eine arrham eines wirkl. Handels aufdringen wollte. Ich habe seit der Zeit von dem Samariter und barmherzigen Ritter nichts gehört und ehe er sich über seine eingebüßte arrha zu Tod grämen sollte, wünschte ich, daß wenn Sie sich erst am Caviar werden müde und satt geeßen haben, mir auch ein einzig Fäßchen schickten, um es mit meinem Seelen Freunde Penzel auf Ihre Gesundheit verzehren zu können; wenn falls Ihnen so viel als uns daran gelegen ist. Ermangele hiernächst nicht, der guten Ordnung wegen, zu bescheinigen daß ich den 15 Oct. a. p. durch des HE C. R. Kritings Bedienten richtig erhalten habe, wie folget: 1. Den 2ten Band der ältesten Urkunde für meinen Freund, den zeitigen Prof. Poeseos, dem der Autor ein Exemplar zugedacht und versprochen, unterdeßen mir ein
    Exemplar auf Royal Papier
, wie ich vom ersten Theil erhalten habe, von Gottes und Rechts wegen gebürt, auch, mit dem verdienten in Kirchen und Schulhändeln Heinrich Sch . . zu reden wer A sagt B sagen muß bis zum
    Zetergeschrey
. 2) Den ersten Band der Zend-Avesta für dito; weil ich ein Exemplar bereits von dem Verf. erhalten, und ich mit den Gaben meiner Freunde auf ihre Rechnung wuchere, daß keiner von beyden Theilen dabey zu kurz kommen solle, ohne mich selbst
    als
die
    beliebte dritte Person
zu vergeßen. 3.) Das zweyte Stück des ersten Bandes vermischte Aufsätze und Urtheile. An: Hab ich das zweyte Stück verdient, warum nicht auch das
    erste
? 4. Betrachtungen teutschen Patrioten heilig. 5. Briefe an junge deutsche Standespersonen. 6. An einen deutschen Kammerpräsidenten II. Abschn. I Forts. 7. Andersons Geschichte des Handels IV Theil. 8. Vier Exemplaria hierophantischer Maculatur. Ob das Gerüchte gegründet ist, daß der Hierophant zu einem herzogl. Profeßor à la Gigue degradirt und der ehrenveste Vettius Epagathus zu einem Kgl. Pr. Licent-Packhaus Inspektor promovirt worden, bin vor der Hand nicht im stande mit Zuverläßigkeit Ihnen zu melden und bitte daher sich in der Expedition des Caviars nicht zu übereilen, auch keinen Bock in der Addresse zu begehen. Stellen Sie sich einmal vor liebster Hartknoch; noch keine einzige Zeile aus Weimar erhalten, nicht einen Buchstaben weder von meinem ungezogenen Pathen, noch dem Patriarchen noch der Patriarchin. Heute ist der dritte Tag, daß ich immer lese und wieder anfange und noch einmal lese und zum vierten mal weder müde noch matt werden kann des Ungenannten Antwort im Monath August des T. M. auf deßelben kaltblütige und Lucianische Frage mensis currentis anni praeteriti – Fortgesetzt den 30 Jänner 777. am Tage Adelgunda. Evoe! Juchhe! Gestern saß ich in bona pace, Prof. Kreutzfeld und sein Respondent Crispus, zu deutsch Krause, meinem alten Sorgstuhl richt über – als der Postbothe mich mit Briefen von beyden respectiven Gevattern erfreute. Da ist Einlage für Sie! Dem lieben Träumer Joseph Gedeon kommt
    Weimar
wie
    Riga
vor, um die Illusion völlig zu machen, fehlt nichts als ein Besuch von Gevatter Hamann. Ein Lindner Virbius ist sein Praesident und großes und gemeines Volk trägt ihn auf den Händen. Der seel. Asmus ist als der kleine lahme Görgel zeitiger Fabricant Darmstädter Neuigkeiten wider auferstanden und hat mir die Probe der 2 ersten Blätter überreicht, aus denen sichtlich erhellt, daß er durch die Reformation seines Schicksals nicht um ein Haar klüger geworden, wie der WandsbeckerBote An des
    Königs Geburtstag
bin ich auf eine sehr ominöse Art allhier zum Licent Packhaus Inspector
    proclamirt
worden, und es fehlt an nichts als meiner Bestallung. Mein Nebenbuler war der
    erste
Gratulant, mein Nachfolger der
    2te
und meines HE Director u seiner Gemalin Bedienter der
    dritte
. Daß ich mit der Braut zu Bett gehen sollte, daran hat kein Mutter Mensch hier gedacht; und ich eben so wenig das Non plus vltra aller meiner Wünsche so bald und glücklich zu erreichen: denn dies ist der
    einzige Dienst
im ganzen Lande, den ich in petto und aufs Korn gehabt, ohne vermuthen zu können, daß Wybrand Blom, der rothe Batavier so bald verwelken sollte. Meine Werke und meine Liebe und mein Dienst, und mein Glaube und meine Gedult sind also belohnt und gekrönt und versiegelt. Bloms Vorfahre soll
    Storch
geheißen und gesagt haben daß alle Dienste in Pr. Eselsarbeit und Zeisich Futter hatten; bey einem Licentpackhofmeister aber wäre allein das Widerspiel von Zeisicharbeit und Eselsfutter. Wenn mein Freund
    Kauffmann
, ein Schweitzer, der mit Empfehlungsschreiben von
    Lavater
an die Triumviros zu D. W. u K. versehen seyn soll, zu spät früh kommen sollte, bitte das Fäßchen Caviar nur für Ihn aufzuheben, weil ich bereits am heil. Abend des Königl. Geburtstages mit einem Tellervoll beschenkt worden, und die Reyhe künftig Jahr an Sie kommen soll. Wenn Sie den General Superintendenten, Oberhofprediger und Oberpastor Gevatter mit der nächsten Post antworten so käme mir Ihre Einlage zu Maaß, auch einen Posttag später, werde selbige auch allemal gern promt befördern. Wenn Sie dem OberLandCommissarius Gevatter noch nicht geantwortet haben oder ich Ihre Antwort die Zeit zu ersparen in Ihrem Namen thun soll, so stehe auch zu Diensten. Mehr Gevatter in Deutschland hab ich nicht, verlang auch keine mehr, könnte auch keine ärgern mit Diogenes Laterne in unserm ganzen Seculo aufgesucht haben, wenn ich die 47 Jahre meines langweiligen Lebens nicht anders als suchen gethan hätte. Wie gehts Ihnen, liebster Hartknoch! Sind Sie so gesund, als ich vor der Hand Gottlob! bin und noch zu werden hoffe – wenn ich erst so glücklich seyn werde meine Sachen in Ordnung gebracht zu haben, daß mein ganzes übriges Leben nichts als ein Feyerabend eines festlichen – Ruhe und Vorgeschmack seyn soll. Umarmen Sie Ihre liebe Hälfte und kleines Ebenbild. Grüßen Sie Ihren Sohn von seinem Freunde hier und hören Sie nicht auf Gutes zu gönnen und zu thun Ihrem alten treuen Landsmann Freunde Autor und Diener Joh. Georg Hamann. Habe drey
    Dedicationen
geschrieben zu einer Comoedia, von der ich weder Anfang noch Ende absehen kann, und die il Dante, il divino Aretino und el Poeta Christiano des rasenden Rolands übertreffen soll. Da kein scheues Gaul, sondern der leibhafte Cerberus meinem Karren vorgespannt ist: so können Sie leicht erachten, wie mein armer Kopf im Jagdschlitten fährt und nicht von der Stelle kommt und wie sehr ich mir eine Scorpionenknute zur SchreibFeder wünsche: Ainsi soit-il! Einlage nach St. Petersburg liegt vom 5 huj. und ist beynahe am alten Graben verfault u verstockt.
Den 24 Jänner 777. GOTT
    seegne den Koenig
    und
    Seinen braven Capellmeister
    meinen würdigen Landsmann und Freund!!!
    Amen!
    Amen!
Non putaram – sagt ich den 15 huj. zu unserm Meistersänger, der bey mir saß als der Briefträger eintratt. Weil er die Hand des Freundes geschwinder als der Interessent erkannte und die Cassiererin nicht zur Hand war: so zahlte er den Botenlohn, und ich, ruhig wegen des Innhalts, ärgerte ihn zur Dankbarkeit und casteyte seine poetische Neugierde, indem ich ihn eine volle Stunde auf die Erbrechung des Sigilli ominosi warten ließ. Dafür saß ich wider meine Natur und Gewohnheit bis Mitternacht auf, wurde mit meiner Danksagung und Antwort fertig, druckte meinen Sokrates und eilte wie ein Bräutigam zu Bett, und dankte Gott, daß es leer war, mit einem: peracti labores iucundi! Non putaram – sagte ich den 16 huj. beym Aufwachen, daß heute erst Donnerstag und nicht Freytag ist. Meine erste Danksagung und Antwort schien mir nichts als ein Traum zu seyn, und ich entschloß mich zu einer
    zweyten
beym hellen Sonnenschein. Mitten im Denken, Empfinden und Schreiben erschreckt mich nicht allein der liebe Mann von gestern, mit seinem Schatten vor dem Fensterkopf an dem ich eben saß, und wenigstens denken, empfinden und schreiben wollte, sondern untersteht sich auch in mein Haus zu kommen mit einem kleinen blauen Büchlein in der Tasche: No 8. Der d
    teutsche Mercur
; überreichte es mir mit einem barmherzigen Dedicanten Gesicht, und um mir die gestrige Aergernis baar zu bezahlen, ersucht er mich, gleich einem
    Bonifacius Schleicher
II. ihm daraus No II. laut, ohne zu stammern noch mich zu verfärben, vorzulesen. Da war an kein Stammern zu gedenken, ich declamirte und recitirte und emphasirte, trotz einem Cicero pro domo sua. Es blieb aber nicht beym Farbenspiel; sondern der gantze Faden meiner Ideen und Empfindungen war von dieser Lecture als wie von einer Parce zerschnitten. Ich war nicht im stande eine Feder zu halten – und habe seit 8 Tagen nichts thun können als No 8. u No 9. und Zeter und Weh über den dteutschen Mercur und unsern darinn mishandelten Landsmann lesen und denken. Non putaram – antwortete ich gestern meinem militi glorioso, der gestern Mittags auf der Direction gespeist hatte und mir feyerlichst versicherte, daß von der Vacantz zwar mancherley gesprochen worden, aber noch keine Resolution noch Bestallung eingelaufen wäre. Sie werden, HöchstzuEhrender Freund, meine
    Verlegenheit
errathen, womit ich meinen Brief angefangen habe. Ich war wirklich durch ein Haufen kleiner
    Phänomene
irre gemacht worden, daß ich wie im
    Nebel
die Feder an Sie ergriff. In einer Stunde erschienen 3 Gratulanten worunter einer des HE Director Bedienter selbst war.
    Heute
erst ist ein Schreiben der Gen. Adm. eingelaufen, wodurch Ihr
    freundschaftlicher Vorläufer
erfüllt wird; und ich sehe es für ein eben so gutes Omen an, eben Ihnen und am
    heutigen Festtage
für das Non plus vltra meiner zeitlichen Glückswünsche danken zu können, oder vielmehr meinen Dank schuldig zu bleiben. In petto bin ich immer für ein
    unmittelbares
Intermezzo besorgt gewesen, das nicht um ein Haar meine Erkenntlichkeit für Ihr promtes lebhaftes freundschaftliches Interesse verringert sondern vielleicht noch ehe um einige Grade erhöht hatte, nach dem bekannten Contrast meiner Denkungsart. Eben so angenehm ist es mir, daß der HE G. F. R. v Morinval sein
    Ihnen gegebenes Wort
gut und wahr gemacht hat. Uebrigens hab ich das gute Vertrauen, daß ich die Gewogenheit E. Königl. General Administration ohne die geringste Schmälerung und Abbruch, sondern
    gantz
, genießen werde. Nach der Hand hat man 50 rth vom Gehalt abkürzen wollen, und da die Emolumente bereits durch die Abnahme der Schiffahrt und Handlung ansehnlich gesunken, so hat man noch obenein an eine
    Caution
gedacht, die mein Vorgänger nicht nöthig gehabt und die ich noch ungerner meinem
    Nachfolger
aufbürden möchte. Da ich in der
    Hauptsache
die nöthige Gewißheit habe: so bin ich sehr erleichtert in Ansehung der übrigen Besorgniße, womit ich meinen Brief angefangen hatt, und hoffe das übrige eben so leicht als meine Grillenfängereyen zu überstehen. – Abermal ein Gratulant vom Münz-Departement! Der allererste war mein Nebenbuler Balloth. Alles scheint sich über mein gutes Glück zu wundern und zu freuen. Morgen werde nolens volens wieder aus meiner Celle erscheinen, nachdem ich eine ganze Woche mit meinen 3 Kindern um die Wette an Schnupfen, Husten, Fluß- und Autorfieber laborirt. Einlage ist durch unsern Prof. Poes. selbst bestellt worden. Vielleicht sind Sie bald so glücklich Ihres Herrn Schwagers Erwartung mit eben so vollem Maaß zu belohnen als die meinige; will mich also auch über diesen Punct nicht weiter beunruhigen – und zur andern Hälfte meines Briefes nicht eher schreiten, bis ich erst frische Luft geschöpft, weil mir nicht anders zu Muthe ist, als wenn mir der Kopf geviertelt wäre. Habe wider alles
    Denken
und
    Hoffen
meine Beyl. an die Gen. Adm. fertig gemacht unter der vorgeschriebenen Addresse des Chefs uns. Departements, um auf allen Fall davon Gebrauch machen zu können. den 26 Domin. Septuag. Bin gestern auf der Direction erschienen, habe das Anschreiben der Gen Adm. gelesen, ungeachtet des Dati vom 9ten versicherte mir HE Dir. daß es wirklich nicht ehe als den 24 eingelaufen, wünschte mir Glück u versprach die
    alte Commissionen
zum Muster zu nehmen, auch in Ansehung der
    Neuerung wegen
der
    Caution
die Sache auf dem alten Fuß zu laßen, ertheilte mir Urlaub, den ich dazu anwandte um meinen Freunden in der Stadt zum Neuen Jahr zu gratuliren, oder vielmehr Ihre Glückwünsche manu forti einzutreiben, fieng mit meinem Freunde Penzel im Buchladen an, frühstückte mit ihm Leibkuchen und Goldwaßer, aß zu Mittage
    Klops
, trank 2 Bouteillen verwünschten rothen Wein mit ihm, lief en passant bey 2 Officiers, bey u. einem CriminalRath an, um sein verwünschtes hochgräfliches Schloß zu besehen, überreichte der kleine Mlle Goessche das erste Exemplar einer ihr zu Ehren componirten Romanze im Namen beyder Componisten, und eilte zum Caffé bey der Baroneße Bondely und ihrer Gesellschafterin der Fräul. von Morstein, die sich kreuzten und seegneten vor dem neugebacknen LicentPackHofmeister – und durchaus zu wißen verlangten, wie ich in aller Welt zu so einem unaussprechlichen dithyrambischen Titel gekommen wäre. Ich erzählte, wie eine junge Dame, die seit kurzem verheyrathet wär, sich durch einen
    gewißen Umstand
, wie HE Klopstock sagt, hätte verleiten laßen zu einer sehr vortheilhaften Meinung für die Preußen und den Magum in Norden zu ihrem Sigisbio erwählt hätte, um durch diesen Vorwand gewiße entfernte Ansprüche, die Ihres Gemals Schwager hätte machen können, zu hintertreiben. Albertine und ihre 9 Musen haben sich nicht über die Wahl eines P. P. so innig gefreut, als die
    ungenannte Dame
und meine Fiction Beyfall erhielt. Kaum war ich von der Last des Tages erschöpft in meinen Sorgstuhl angelangt, als der Componist Kraus, der mich des Morgens schon überrascht hatte, des Abends wieder zu mir kam, um wegen der Stube in meiner künftigen Königl. Freywohnung, die ich ihm einmal im Scherz versprochen und angeboten hatte, Nachricht einzuziehen. Und so wurde die Woche à la Shandy mit Aufziehung der alten Hausuhr beschloßen. Heut frühe eilte nüchtern zur Mette und meinem Caffé Schenken. Ich bekam zum Willkomm einige Tropfen WunderEßenz, genoß hierauf 2 Pfeifen Cnaster u meine Portion. Das Frühstück beschloß sich zur Seltenheit mit einer kleinen Flasche rothen Muscat-Wein und einem Teller mit 4 Lübeckschen Zwiebacken. Ich leerte erstere unter vielen Betheurungen, daß ich keine Neigung zu Wein und nur gestern mir selbigen vereckelt hätte; machte es mit dem Brodt aber gleich den katholischen Pfaffen und schick steckte selbige für meine Gemeine zu Hause ein. Hierauf gieng ich mit meinem liebreichen Gastwirth und altem Freunde K. R. Hennings nach der Altstädtischen Kirche, wo ich zu einer CasualPredigt des HE. Kirchenraths Neumann zu Maaß kam und mit dem letzten Vers meines Leibliedes: Mein ♡ und Sinn ist hoch erfreut – in den Fürstenstand traft. Der Text war 1 Joh III. 1. und das Thema betraf die Vaterliebe Gottes 1. wie er uns als Kinder liebe 2. erziehe 3. versorge und 4 zu Erben mache. Ich gieng also sehr erbaut aber zugl. sehr erfroren aus der Kirche. Hiezu kam eine schaamhafte Gewißensunruhe in Ansehung meines genoßenen edlen Frühstücks, das ich nicht auf öffentlicher Straße gemein machen wollte. Ich schlug eben die Augen in die Höhe mich Raths zu erholen, als ich gerade über einem Hause stand, wo ein Bekannter von mir wohnt, der sich in einem halben Jahr nicht um mich bekümmert hatte, Doctor Juris p geworden war, ohne mir Programm noch Dissertation zugeschickt zu haben. Sein Name ist Heinz. Guten Morgen, Herr Doctor!Sind Sie noch so gut wie vor Jahr und Tag gesinnt, als wir bey – u – zu Gast waren? Dicat Ja. Nun so borgen – borgen – Sie mir Ihren Virgiliumnur keine Ausgabe in 12 sondern wie der Foliant dort – Bin nicht im stande meine Relationes curiosas des heutigen Tages zu endigen sdn von unserm designirten Prof. unterbrochen worden, der mich 2 ganze Stunden von seiner biga Dissertationum de Fictionibus unterhalten. Hat mir ein bon mot eines meiner Vorfahren beym Licent Packhausoff überbracht, der Storch geheißen und von seinem Amt gesagt hat, daß alle andere Eselsarbeit und Zeisigfutter hätten, bey einem Königl. Pr. Licent Packhofmeister aber die einzige
    Ausnahme
wäre
    Eselsfutter
und
    Zeisichsarbeit
zu haben. Wünschte es zu erleben, daß der seel. Mann ein Prophet und kein Vogel gewesen wäre. Morgen früh soll ich nolens volens in Penzels
    Namen
einen gewißen reichen Becker Namens
    Hecht
besuchen, um seine einzige Tochter in Augenschein zu nehmen und zu versuchen, ob sich nicht durch ihre 10000 fl oder rth seine Befreyung bewirken ließe. Kurz, ich habe diese 27 ersten Tage des angetretnen Jahres so viel erlebt als mancher nicht in 27 Jahren und bin zwischen Storch und Hecht so in die Enge getrieben, daß ich besorge durch einen längeren Brief Ihren Kopf so schwindlicht zu machen als der meinige ist. Gesetzt daß ich mich auch zum
    vierten
Schreiben entschlöße. Stellen Sie sich also den Neumond als die erste Seite, das zunehmende Licht in der zweiten, den Vollmond auf der dritten und hier das letzte Viertel vor. Erwarte also blos
    Nachrichten
in Ansehung des unglückl. Freundes; denn weiter geht unser beyderseitiges Zumuthen nicht. Gott erhalte Sie und meine verehrungswürdige Protectrice im besten Wohl. Vergeben Sie das Geschmier; werde kaum in einem Vierteljahr zur Ruhe kommen mich beßer zu erklären. Mit den Gesinnungen einer ewig Ihnen und den Ihrigen geweyhten Freundschaft ersterbe Ihr treuergebenster. Aufschluß ins künftige zu seiner Zeit. Hamann.
HöchstzuEhrende Frau, Ich habe also der Vergeßenheit des HE Prof. Kreutzfeld ein sehr angenehmes und gefälliges Billet zu verdanken; und nehme mir die Freyheit Ihnen die beyden Stücke der neuesten Zeitung, so wie ich selbige erhalten, mitzutheilen. Vorigen Sonnabend wollte meinem Gevatter und Freunde antworten, wurde aber durch den Anfall eines Fiebers unterbrochen, das ich auch noch genöthigt bin abzuwarten. Den mir gemachten Auftrag werde nicht vergeßen zu bestellen, so bald ich
    im
    stande
seyn werde an ihn
    zu schreiben
. Am besten glaube ich, daß mit jeder Meße ein halbes Jahr übermacht wird; vielleicht finde ich Mittel Ihre Neugierde und Muße noch auf eine nähere Art zu befriedigen, und Sie von derjenigen Bereitwilligkeit und Ergebenheit zu überzeugen, womit ich jederzeit gewesen bin und niemals aufhören werde zu seyn HöchstzuEhrende Frau Dero gehorsamster Diener Johann Georg Hamann. den 19 Febr. 777.
Kgsb. den 7 März 777. Geliebtester Freund, Gestern war im stande zum ersten mal aufzustehen, da ich durch den HE Toussaint die beyde Monathe Xbre u Jänner des Pet.
    Journals
erhielt; aber keine Zeile von Ihnen. Zufällig hab ich gehört, daß Sie jetzt Gottlob! außer Gefahr aber in übler Laune sind, vielleicht haben Sie mit selbiger auch die
    schiefe Laune
meines letzten Schreibens ausgelegt, welches ich Ihnen gar nicht verdenken kann. Sie sehen daß ich auch meinen neuen Dienst mit einer sehr ungelegenen und unwillkommenen Krankheit anfangen müßen, dasie wieder in einem Composito mixto von Gallen- und Flußfieber bestanden. So leicht der Paroxysmus auch an sich selbst war, so hab ich mich doch nicht aus dem Bette rühren und mit genauer Noth lesen können, und mich mit Sorgen u Grillen quälen müßen, die allein allen Geschmack des Lebens auszusaugen im stande sind. Heute habe Gottlob mit der China wieder den Anfang gemacht und ich hoffe nächste Woche wider die Luft schöpfen zu können. Außer dem Dank für gütige Expedition und der Verlegenheit einem Misverständniße der Freundschaft vorzubeugen, muß ich Sie nolens volens mit einer neuen Bitte beschweren. Ich bin von einem Freunde, dem ich große Verbindlichkeit schuldig bin um
    Herders Drama zur Musik
ersucht worden, hab es ihm versprochen abzuschreiben; es würde mir aber eine große Erleichterung bey meiner gegenwärtigen Unvermögenheit seyn, sondern auch von mehr Gewicht und Einfluß seyn, wenn ich ein gedrucktes Exemplar des gedachten Drama: Brutus aufzutreiben im stande wäre. Wenn Sie also im stande wären mir damit gefällig zu seyn: so bitte mir entweder selbiges mit erster Post auf meine Kosten zu übermachen, oder mich zum vom Gegentheil mit einer Zeile zu avertiren, damit ich mich zum Abschreiben entschließen kann. Ich versehe mich eins oder des andern von Ihrer gefälligen Freundschaft. Haben Sie schon meinem Gevatter Claudius antworten können von dem ich, weiß nicht mehr wie lange? einen Einschluß einmal an Sie erhielt. Habe an Gevatter Herder weder selbst bisher schreiben noch von Ihm oder sr. Schwester einen Einschluß erhalten, wie ich immer erwartet. Kann die Feder nicht halten nicht führen. Meine 3 Dedicationen u das erste Hauptstück sind fertig geworden, kann nicht fortfahren, bis ich den Anfang gedruckt sehe, und hier stehen also die Ochsen am Berge. Weiß also nicht ob ich zur Meße kommen werde; soll mir auch an allem nichts gelegen seyn; denn die Einsame hat mehr Kinder denn die den Mann hat, spricht der HErr – Leben Sie wohl, werden Sie so bald gesund, als ich es selbst zu werden wünsche und hoffe – Tragen Sie zu Ihrer Cur durch Gedult und Gelaßenheit das Ihrige bey. Erfüllen Sie wenn Sie können, meine Bitte in Ansehung des Brutus und hören Sie nicht auf der Freund zu seyn Ihres aufrichtig verpflichtesten Dieners. J G Hamann zeitiger invalider
    Packhof Verwalter
Adresse mit Vermerk von Hartknoch:
HErrn / HErn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
. /
HE Hamann in Königsb Empf d 5 Merz 1777 beantw. d 8 –
Kgsberg den 10 März 777. Herzlich geliebtester Gevatter und Freund! Meine Quartan-Quarantaine hat 15 runde Wochen vom 4 Sept bis 18 Xbre gewährt, wo ich den ersten Versuch machte auf die Direction zu gehen. Meine Hausmutter hat sich länger und ärger damit gequält und gestern Dom. Laetare ist das Fieber zum ersten mal ausgeblieben. Den 29 Nov. erhielt den Julius des t. M. und laß Ihren Hutten mit so viel Begeisterung, daß ich noch denselben Abend an meine Freundin nach Morungen schrieb, und um Einschluß an Ihren HE Bruder erinnerte; den Tag drauf konnte ihn nicht mehr mit demselben Geschmack lesen. Den letzten Tag des vorigen Jahrs erhielt ich endlich den lieben
    Joseph Gedeon
, den Sie doch unmögl. verleugnen können. Den 1 Jänner starb Licent Rath Blom, der Batavier, ohne daß ich das geringste von seiner Krankheit gewußt hatte. Sein Dienst war der einzige, den ich mir immer in petto gewünscht hatte, der einzige wo nicht im gantzen Lande doch gewiß in meiner Sphäre; aber an des blühenden Mannes Tod zu denken fiel mir eben so wenig ein als selbigen zu wünschen. Ich wurde also den 2 Tag im Jahr von meiner Mutter mit der Nachricht aus dem Schlaf geweckt, ohne daß ich Lust hatte darüber aufzuwachen noch darauf zu denken achten. Gleichwol hielt ich es für meine Schuldigkeit dem Director als meinem aufgedrungenen Freunde an alles das zu erinnern was zwischen uns mehr wie einmal überlegt worden war. Ich stellte ihm die moralische Unmöglichkeit vor mich selbst zu dem Posten zu melden, da er wüste wie ich es leider mit der Adm. verdorben hätte; daß ich den Posten selbst nicht kennte, ob ich dazu brauchbar wäre, ohngeachtet mir alle Welt versichert hätte, daß es der leerste an Arbeit sey u diese selbst ein Kinderspiel. Daher ich ledigl der Dir. es überlaßen müste, ob selbige einen Schritt für mich thun könnte u wollte – Die Direction erklärte sich bereits einen andern vorgeschlagen zu haben. Ich war auch nicht faul meine Gegenerklärung zu thun, daß ich keinen Dienst verlangte à contre coeur meiner Obern, der Direction u des Licent-Inspectors als meiner ersten Instanz – Wenn sich diese allso für einen andern u würdigern erklärt hatten: so wäre mir mager Brodt in Ruhe lieber als ein fetter Bißen mit Zank und Verdruß, dem ich tägl. ausgesetzt seyn könnte. Diese Abrede geschah Mittags – Nachmittags erschien der Brief in dieser Sache zur Expedition, wo mein Nebenbuler als ein würdiger Aspirant allen Conduiten Listen entgegen, und Cautionsfähiger Mann vorgeschlagen ward; dem langen Context aber ein P. S. angehängt war, welches sich aller genommenen Abrede zuwider mit den Worten anfieng: Le Sr Hamann
    sollicite
    vivement
cette place
und allenfalls oder eventualiter meinen Nachfolger vorschlug. Das Unglück fügte es daß ich diesen Brief selbst abschreiben sollte. Der Kampf darüber in meiner gantzen Seele ist leicht zu erachten aber schwer zu malen. Nach 100 Empfindungen u 50 Ueberlegungen schrieb ich meine eigene Schaam und Schande treulich ab, gieng meiner Wege und digerirte peractos labores. Den Tag vorher hatte ich ein sehr freundschaftl. Schreiben von unserm Landsmann dem Kapell Meister Reichard erhalten, dem ich in Penzels Angelegenheit, für den Bernouilli einen abermaligen vergebl Schritt in pleno corpore gethan kurz zuvor geschrieben hatte, weil er mir eine Antwort vor einem halben Jahr beym ersten Versuch schuldig geblieben war und ihn wegen dieser Schuld nachdrücklich gemahnt hatte – Dieser gantze von neuen entamirte Briefwechsel war ein sehr weit aussehender Entwurf auf die Zukunft; Penzel eine causa occasionalis – So viel Vergnügen auch mir diese promte Verbeßerung des ersten Stillschweigens machte, hatte ich doch wenig Lust gleich darauf zu antworten sondern wollte erst die Erfüllung des Worts erwarten, weil es auf nichts als authentique Nachrichten des gantzen Vorfalls ankam, um einen beßern Operationsplan zu machen. Meine eigene Bedürfnis brachte mich auf den Entschluß den Neujahrsbrief sogl. zu beantworten, ihm meine Lage in Ansehung der Gen. Adm. anzuvertrauen, das sollicite vivement zu erklären, wenn er zufällig Anlaß dazu fände u ihm zugl. den Todesfall zu melden, da er ein
    vertrauter
Freund der Familie hier gewesen ist. Dies war also auf Gerathe wol von mir gethan und bloß als
    Mittel
meinen Mann zu sondiren und zum künftigen Nothanker mir zu erhalten angewandt. Unterdeßen ich hier ruhig saß, nichts erwartete noch hofte, war das Glück für mich thätiger. Magnier hatte dem Chef der Adm. seinen Beförderer beym König zu stürzen gesucht, und war vielleicht längst ein Dorn in den Augen seiner Confreres gewesen. Meine zwo Hirtenbriefe hatten eine gar zu grade Beziehung auf seinen Character gehabt, daß der Erfolg die Interessenten an die Stimme des Predigers in der Wüste erinnert haben muß. Dem sey wie ihm wolle so erfreute mich unser Landsmann den 15 Jan. mit der Nachricht, daß den 8 ej. Mr. de Morinval, Regisseur des ostprß. Departements eben bey ihm gewesen wäre und ihm die Versicherung gegeben daß Niemand als ich den Posten bekleiden sollte; ungeachtet der Licent Inspector für seinen Schwiegervater denselben gesucht hatte und dieser durch des Capell Meisters leibl. Schwager ersetzt werden sollte. Diese Nachricht schmeckte mir wie eine gebratene Himmelstaube einem faulen Wünscher; machte mich aber weder sicher noch ruhig, höchstens gedultiger und ergebener. In dem Tumult antwortete ich unserm Landsmann, unterdrückte aber den Brief – Es waren Exempel, daß Stellen schon besetzt gewesen waren von der Adm. und der höchste im Lande Invaliden und Protegés unmittelbar eingesetzt hatte. Zweitens arbeitete man dran den
    Dienst zu schmälern
: Das Adm Colleg. wollte 50 rthl vom Gehalt reclamiren die der Vorfahre qua Licentrath gezogen. Die Direction hatte ihren Candidaten wegen seines Vermögens empfohlen u wollte eine Caution einführen, zu der ich mich nicht verstehen wollte, weil es eine Neuerung bey einem
    alten
Posten ist und alte Posten noch einigermaaßen privilegirt sind. Ich setzte den 16 Jan. zum andern mal die Feder an meinem Wohlthäter zu danken und auch für die
    Bedingungen
zu interessiren als eben Kreutzfeld mit dem
    August
des T. M. an mein Fenster klopfte. Ich warf mein Schreibezeug weg, gab alles auf und laß die
    Antwort
    eines
    Ungenannten auf
die Frage des kalten Jänners; habe Morgens u Abends daran gelesen und es den gantzen Tag vor meinen Augen gehabt, nicht geruht biß ich den 20 den
    Sept
.
erhielt, denselben Abend noch Lust bekommen die tollsten Grillen unter einen Gesichtspunct zu bringen, 3 Dedicationen zu einem opusculo das vielleicht kaum 3 Bogen klein Octav ausmachen wird, entworfen, das erste Hauptstück unter dem Titel:
    Nachhelf eines Vocativs
, der kein anderer als des Gevatter Claudius Nachtwächter ist – Den 24 Jänner
    am
    Geburtstag des Königs
kam die Nachricht an die Dir. daß die Gen. Adm. mich zum Garde-Magazin, einstweiligen
    Ober PackHof Inspector
gegenwärtigen
    Packhoff Verwalter
ernannt hätte. Weil dies aber die erste Vacanz seit der Regie ist forderte man erst einen Detail meiner Geschäfte um die Bestallung darnach entwerfen zu können. Mein Nebenbuler war der erste Gratulant, mein Nachfolger der zweyte und des Directors Bedienter im Namen der gantzen Familie der dritte. Ich war den andern Tag gesund wenigstens hatte ich nöthig in Person zu erscheinen. Den Tag vorher hatte ich mit genauer Noth folgende Zeilen an die Gen. Adm. aber unter Addresse des Regisseurs vom Departement aushecken können, unter Couvert des Capell Meisters le 24 Janv. 777 Mrs Sous les heureux auspices
    d’un jour comme aujourd hui
je viens d’apprendre la faveur signalée, avec laquelle Vous m’avez conferé la vacance de un Gardemagazin à la Douane d’ici, et comme j’ai lieu de me flatter, dans
    les memes termes
,
dont mon antecesseur a joui. Pour donner des succès à Votre choix, le comble de tous mes voeux j’employerai les derniers efforts de ma vie et distinguerai l’ingenuité de ma reconnaissance et la probité de mon zèle par la soumission la plus respectueuse et parfaite avec laquelle j’ai l’honneur & Damit es dem lieben Jänner an keiner einzigen Freude fehlen sollte; so wurde ich den 29 ej. mit Antworten u Nachrichten von beyden respectiven Gevattern in W. u. D. beseeligt. Mein Becher lief über von Lachen und Singen. Einlagen nach Morungen u Riga auf der Stelle besorgt. Den 12 Febr. am Aschermittwoche kam endl. meine wirkl. Bestallung an, gegen den Mittag zur Expedition hervorgelangt; das Admiralitäts Collegium mit seinen Ansprüchen auf die 50 rthl meines Gehalts nach Recht u Klugheit abgewiesen, ich von der Caution dispensirt und NB der Direction förmlicher als gewöhnlich eingeschärft sich bey an allen Clausuln, Puncten u Bedingungen genau zu halten – An statt deßen wurde mir zugemuthet, weil bey meinem Posten nichts zu thun wäre, noch die Arbeiten des vorigen beyzubehalten, und unter dem Vorwand, daß ich mich dazu anheischig gemacht hätte – Es fielen Bitterkeiten u Grobheiten u Drohungen von einem Theil vor, und entschloßene Erklärung von meiner Seite. Dies war die letzte
    Oelung
meines zehnjährigen Galeerendienstes. Ich kam zum Eßen nach Hause und fühlte es daß ich mich geärgert hatte und etwas das bereits schon in meinen Gliedern ausbrechen würde. Dictum factum. Zwey Tage drauf Sonnabends den 15 Febr. bekam das Fieber, quälte mich 8 Tage um die Uebergabe abzuwarten, aber umsonst, muste mich 8 Tage drauf nolens volens den 22 ej. legen und habe mich 10 Tage nicht rühren können. Bin den 6 huj. zum ersten mal mit vieler Schwachheit aufgestanden, wollte heute den Versuch machen auszugehen, bin ich aber noch zu ohnmächtig und nicht gnug hergestellt. Gott gebe daß ich übermorgen dazu im stande seyn werde. – Diesen Augenblick erhalte die ersten Zeilen von Hartknoch. Eine kleine Einl. an Penzel, denkt an die meinige von Ihnen, aber an keine Antwort „Mit seiner Gesundheit sieht es so so aus. So lange die Wunde offen ist, läßt sich an keine dauerhafte Gesundheit denken.“ Er hat mir ein Exemplar von dem 2ten Theil der Urkunde zugeschickt, das ich dem Kreutzfeld in
    Ihrem Namen
    geschenkt
, weil ich eins von Hintz erhalten und daher den
    Pendant zum ersten Theil
auf Royalpapier foderte. Er schreibt mir aber daß dies nicht im Vermögen des Verlegers sondern blos des Autors stünde. Wenigstens ist Kreutzfeld
    nach Ihrer Absicht
befriedigt, und
    wenn ich
es
    werden
    kann
, würde es mir auch lieb seyn. Da haben Sie eine lange Relation meines Zeit- und Glückwechsels, wünschte daß selbige Ihnen so angenehm wäre, als mir die Ihrige gewesen, nach der ich lange gnug geschmachtet. Das Recidiv vom Gallen-Flußfieber ist ein neuer DEVS ex machina, der mich sehr beunruhigt u schwermüthig gemacht – Die Uebergabe ist noch nicht geschehen. Meinen Mann kenne ich gegenwärtig zu genau als daß ich jemals sein Freund werden noch ihn für meinen halten sollte; aber ärgern wird er mich, so Gott will, nicht mehr können und
    die
Ehre werd ich ihm nicht mehr anthun. Der Licent Inspector wird mir eben so wenig vergeben können, daß ich ihm die Nachbarschaft p seiner Schwiegereltern entzogen, ohnedem ist mein Dienst
    ein
kleiner Ast des seinigen u beyde vorher vereinigt und durch Nebengefälle äußerst einträglich gewesen. Mein Gehalt ist mit dem vorigen Posten daßelbe = 300 rthl; aber freye Wohnung und Garten die Hauptsache. Wenigstens wird mein Antheil an den sogenannten Licent Voye-geldern über 100 rthl seyn, und damit denk ich zufrieden und glücklich gewesenzu seyn, wenn der Neid des Satans nicht die köstl. Salbe der Zufriedenheit verdirbt, und die Otia
    meiner Lage
verhuntzt. Den 11 März Vormittags 10–11 Uhr Eben jetzt ist meine jüngste Tochter des Claudius Pathin am linken Arm inoculirt worden. Gott gebe Seegen und Gedeyen! Die Zubereitung hat wider Absicht über 14 Tage gewährt, weil sich Würmer und Schnuppen eingestellt haben und noch währen. Es ist immer ein Vortheil, diese Arbeit an der Mutter Brust zu übernehmen. Ich denke
    täglich
an meinen lieben kleinen Pathen und das Paarchen, das mir Gott gegeben hat. Gott laße uns unsern Geburtstag sämtlich mit mehr Seelenruhe und Hertzensfreude feyern, als voriges Jahr wo es ein wahrer Monat des Kummers und Grams und Wirrwarrs für mich gewesen und wahrscheinlich auch für Sie. Schonen u sparen Sie Ihre Geisteskräfte u wachen über Ihre Gesundheit obstando principiis. Ihrer lieben Gemalin meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin werde ich wohl nicht eher als aus der Laube meines Gartens mein Hertz ausschütten können. Gott seegne Ihre Probstey und bevölkere Selbige wie die Gezelte der Erzväter. „
    Dein Weib
wird seyn wie ein fruchtbarer Weinstock um Dein Haus herum,
    Deine Kinder
wie die Oelzweige um Deinen Tisch her! Siehe also wird geseegnet der Mann, der den HErrn fürchtet. Der HErr wird Dich seegnen aus Zion, daß Du sehest das Glück Jerusalems Dein Leben lang, und sehest Deiner Kinder Kinder Friede über Israel. ψCXXVIII. Es ist heute mein schlimmer Tag; ich lebe aber der guten Hofnung, daß meine Quartane ausbleiben wird zum 11ten mal wie sich der vorige Sonntag Laetare um meine arme Hausmutter verdient u merkwürdig gemacht. Dieser DEvs ex machina hat mir den Wink gegeben piano zu gehen, wozu sich der alte Schleicher noch nicht gewöhnen kann. Die Uebergabe des Depots ist noch nicht an mich geschehen und ich soll meinen Dienst so lau als mögl. anfangen, ohngeachtet aller meiner Praedilection für denselben, und der Gährung aller meiner Säfte durch den 10jährigen Galeerendienst. Mit der Adm. bin ich nun völlig ausgesöhnt; sie hat mir Erstattung gethan und wird ihr Wort wie ich hoffe, halten. Ich verlange nichts mehr als die Erfüllung, in den Gränzen meines
    alten verjährten
Postens erhalten zu werden. Dies soll der letzte Hafen meines Lebens seyn und meine letzte zeitliche Bestimmung. Mein Geschmack an Unschuld und Mittelmäßigkeit wird zunehmen und an kluger Wirthschaft und an Gründlichkeit des Genußes ohne Eitelkeit und Geitz.
    Keine Schulden
; aber ein guter Name und tüchtige Erziehung werden meinen Kindern gnug seyn und beßer thun als CapitalienBey aller Verlegenheit und Furcht auszukommen, hat Gott mir Gnade gegeben, ich weiß nicht wie, auszukommen und das güldene Unterpfand liegt noch in seinem Netze – ist 3mal in Gefahr gewesen gantz oder halb für Freunde aufgeopfert zu werden, aber bis auf den heutigen Tag verschont geblieben. – Werde zu seiner Zeit mehr melden. Ich hange jetzt mit 2 Häusern, meinem eignen u einem durch den Concours meinem unmündigem Bruder zugefallnen Hause, das mir 100 Verdruß gekostet Ungeachtet mir ersters über 6000 fl. kostet: so darf ich kaum erwarten 4500 fl. zu bekommen, in welchem Fall ich mit allem ins reine kommen und von vorn anfangen würde, aber in einer beßern Lage als beym ersten Anfange und mit mehr Erfahrung u Vorsicht. Kreutzfeld hat schon Verdruß mit der Regierung wegen seines ersten Gedichts gehabt, worinn er von Friedr Wilhelm sagt: Der nie zur Rettung langsam, nie zur Rache träge Sarmatien und Suecien
    betrog
.   Das letzte Wort soll zu hart gewesen seyn. Er hat in der letzten Woche des Febr. seine beyden Disputationes pro gradu et loco de fictionum principiis generalioribus aber nichts zur Sache meines Erachtens und eben so wenig nach meinem Sinn gesagt. Krause unter ihm beyde mal respondirt. Dieser wird vielleicht Magister ziehen werden und den ersten Sommer in mein Haus ziehen, zu unserer beyder Frommen oder – Er soll mir Silhouetten von allen Gelegenheiten meiner königl Hütte, von allen Bäumen des Gartens und allen Menschengesichtern innerhalb seiner 4 Pfäle machen. Nun liebster Gevatter und Freund Herder! Halten Sie es auch mit Ihrem General-Superintendenten wie ich mit meinem
    Packhoff Verwalter
. Gehen Sie fein piano zu Werk und schonen Sie Ihre Kräfte und den Widerstand Ihrer Sphäre mit oeconomischer Selbstgnügsamkeit. Das beste Wirken ist Leiden und ein gedultiger ist beßer dann ein starker. Ob Ihr Urtheil in Ansehung des W. richtig ist weis der Himmel; aber heilsam für beide. Ist Göthe gantz todt für den T. M. und Parnaß? Was macht der Fant St. Veit mit meinem Bilde? Hat ihm der Layenbruder seinen Magum verkauft oder abgetreten? Starkens Stelle soll durch Rambach ersetzt werden? Ersterer geht diese Woche nach Curl. ab und die ganze schöne Welt mit seiner Abschiedspredigt gerührt. Er hat sich gerühmt daß er eben wo er sein Jawort dem Herzog gegeben einen Ruff nach Weimar erhalten hätte. Ist das wahr oder Wind? Näheren Gerüchten zufolge soll er sich an Ihren Hof addressirt haben. (Noch eins liebster Herder! mit meinem französischen Briefwechsel gehen Sie so discret als mögl. um den ich Ihnen mitgetheilt habe.) Meine Absicht Sie mit dem ersten Abdruckbogen zu erschrecken, oder zu verwirren oder zu erfreuen ist mir nicht gelungen. Von der Probe sollte die Ausarbeitung der 2 übrigen Hauptstücke abhängen, deren Aufschrift:
    Capuciner
    Charfreytagsbuße
und 3)
    Brücke ohne Lehnen
seyn sollte. Einen Wink in Ansehung des letzteren wünscht ich mir, weil ich Ihren Sinn weder faßen noch ergründen kann Ueberhaupt wünschte ich mir, daß Sie sich soviel Sie können, über die
    Genesin
und den
    Gesichtspunct
Ihrer Auflösung ausließen, weil ich nichts mit soviel gewaltigen Eindrücken unter allen Ihren Arbeiten gelesen und unermüdet zehnmal gelesen habe Das Ideal meines Embryons, wenn er noch zur Welt kommt, wird das unvermeidl. Urtheil nach sich ziehen:
    Er hat
    einen unsaubern Geist
. Der Nov des t. M. liegt seit einigen Tagen vor mir. Ich habe Ihre Beyträge mehr als einmal gelesen; nichts will aber so anschlagen als des Ungenannten Auflösung, die ich ehsten Tags wider vorzunehmen gedenke. Octob. Xbre ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Vergeßen Sie die Fortsetzung u Vollendung Ihrer Urkunde nicht in
    Ihrem Pulte
. Sie sind selbige dem Verleger, Sich selbst, mir und dem Publico schuldig. Werden Sie Ihr Mansct zur neuen Theorie des Empfindens u Denkens nicht herausgeben, die ein wahres Opiat für mich gewesen? – oder mir eine Quintessenz einmal davon mittheilen können. Ich fieng mit Krause einen Briefwechsel darüber an, den das Problem beynahe närrisch gemacht hatte, wenn er nicht krank geworden wäre. Ist aber bald unterbrochen worden, aber noch nicht aufgegeben, sondern nur ins Stecken gerathen. Weder Er noch sein Minister sind imstande gewesen mir das geringste behülflich zu seyn. Gott hat mich geholfen und ich freue mich der Schuldner eines Landsmanns zu seyn. εχω που στω – So glücklich wurd nicht Archimedes, deßen Hebel ich mir wünschte zu neuen Experimenten. Ich sehe mir nach dem Schweitzer den mir auch Claudius anmeldet, die Augen aus dem Gesicht. Nur wünschte ich daß er solange bliebe, biß mein kleines inoculirtes Mädchen Fleisch u Fisch miteßen könnte, das wir gegenwärtig verstohlen u mit Salsen eßen müßen. Außer meinen 10 Licentträgern hatte sehr gesehen auch
    Binnen-Lootsen- Commandeur
geworden zu seyn, um Sr. Kgl. Maj. zu Land und zu Waßer dienen und Ehre machen zu können. Der Castor oder Pollux Kopf zum Licentboote steht noch zum Andenken in meiner Loge, – nicht mehr
    Bureau
!
aber die
    Binnen-Lootsen
wollen mich nicht für ihren Commandeur erkennen wie die Licent Träger 2 ansehnl. Deputirten den 27 Jänner frühe an mich anschickten, wofür ich mich den 15 Febr. kurz vor glücklicher Ankunft meines zeitigen Gastes mit 5 fl. zu einer halben Tonne Bier u eben so viel zu einem Rinderbraten feyerlichst bedankte. Ich wills aber dem Admiralitäts Collegio schon denken, daß es 50 thl von meinem Gehalt unchristl. begehrt und mich der Ehre beraubt; mich als Ober Packhoff Verwalter und Binnen Lootsen Commandeur der Teutschen gelehrten Republik zu empfehlen, und dem Ober Land Commissarius in D. den Daumen aufs Auge halten zu können, der die Grille hat seine alte Streiche wider von vorn anzuspielen und das Land wie ein wantschapicher hinkender Bote durchzutrödeln, unterdeßen er mit sein sBauer Mädchen mit einer vier oder lieber sechsspännigen Kutsche Abisags von Sunem für Se Durchl. auftreiben und ausspioniren sollte – wenn nicht Hopfen und Maltz an dem Gebräusel des gantzen Compere verloren wäre. Ob unser Triumvirat noch leiblich sich einander genießen wird? – Diese Hofnung ist vielleicht in uns allen gleich lebhaftig, aber die Möglichkeit und Art der Ausführung noch ein ziemliches Rätzel. Heute ist mir wohl; ich habe während meiner kleinen u leichten Krankheit keine Freude am Leben finden können u in allen Winkeln darnach gesucht. Ein rechter Winter in meiner Seele ist dieser Paroxysmus meines Fiebers gewesen. Habe statt zu eßen meine Portion Caffé mit 2 Zwieback zu mir genommen. Fühle noch nichts von jener heterogenen Schweere – auch das Gemüth ist wie neugeboren. Lieber Lenz, grüne und reife zum Sommer! Versetz mich bald in jene dunkle kühle Laube, wo ich mit der bestgestimmten Schäferin und dem gutgesinnten Bauermädchen meinem einzigen und liebsten Freunde u. Gevatter correspondiren, an dem Dixi und Vixi eines würdigen Preuß. Packhof Verwalters nachsinnen und dichten, über das fehlgeschlagene Binnenlootsen Commando herzlich schmuntzeln will. Gott erhalt mein kleines Fischchen und laße die Einpfropfung gut gerathen. Hat vorige Woche auf einmal so ehrlich zu stammern angefangen daß sie es ihrem Vater u dem Major Domus, Priester Johannes ausstechen wird. Trotz aller Mängel und Gebrechen bleibt sie ein liebes Kind – ohne Nachtheil meines Gleichgewichts in der väterlichen Liebe und christl. Erkenntlichkeit gegen Gaben und Geschenke des Himmels – Morgen so Gott will mehr! Noch ist alles gut und nach Herzenswunsch. Den 12 März. Gestern besuchte mich noch mein alter Freund Kr. Hennings. Heute ist der spanischen Fliegen der Pockenfaden eingelegt worden. Ungeachtet mein Fieber Gottlob! ausgeblieben und ich fest entschloßen war bey aller meiner Ohnmacht auszugehen, war es mir doch recht lieb, zu Hause bleiben zu können, weil mich Buchhalter Pinnow, deßen Loge nur eine bretterne Wand scheidet und von deßen Ausfertigungen die meinige abhängen, durch einen Boten abrathen ließ bey der starken Kälte um so weniger auszugehen, da meine Loge zu außerordentlichen Arbeiten besetzt wäre. Also werde diese Woche wol noch so wegschlentern, ohne Appetit zu lesen – aus dem sich auf das übrige schließen läßt. Vor Ungedult hab ich heute den Iuuenalem angefangen, und zum ersten mal in meinem Leben mit
    vielem
    Geschmack
, den ich mir sonst niemals recht geben können. Von so viel Zufälligkeiten hängt unser Urtheil ab. Mit meinem kleinen Johannes heute zum 2ten mal Schröckhs Universal Historie angefangen, mit der wir vorige Woche fertig wurden seit October. Mein gröster Trost und Endzweck bey meiner Veränderung ist der, etwas mehr zur Erziehung meiner armen Kinder anwenden zu können – wozu es mir bisher an allem mögl. gefehlt und was das ärgste zu meiner
    unbegreifl. Schande
. Vom Michaelis Gut habe fast nichts gesehen weil der Kantersche Buchladen keine Meße gemacht und er mit dem Bau seiner Papiermühle zu Trutenau so vertieft ist, daß ich ihn fast nicht mehr zu sehen bekomme. Penzel steht der Handlung und besonders den Zeitungen vor und ist das Fac totum der Himmel weiß wie lange. Unsere Freundschaft geht ihren Gang wie das Wetter u die Jahreszeiten es mit sich bringen. Sein Kopf und Herz interessiren meine Neugierde u Geschmack, ungeachtet aller Contraste. Kreutzfeld ist mein fleißigster Besucher und beynahe Lindner für mich. Krause ein wahres Problem – an dem ich
    Buchholtzens Physiognomie
oft im Geist so lebend vor mir sehe, daß ich mich wie vor einem Gespenst zu fürchten anfange. Er war Krausens Mutterbruder. Und in diesem Circul bestehen hier alle meine Leiden und Freuden. Gott beschere Ihnen der erstern weniger und der letztern mehr und erfülle alle Wünsche Ihrer lieben Schwester bey Ihrer Veränderung. So bald ich
    gesunder
und
    ruhiger
seyn werde, liebster Seelenfreund, Landsmann und Gevatter! sollen Sie mehr von mir hören. Ich weiß nicht, welcher Schlaff und Traum und Nebel mich umgiebt. Sey’s Philosophie oder Schwärmerey, Hypochondrie oder Ahndung: so will ich die honneurs eines Wirts beyden Schwestern machen, und ihren Besuch so viel ich kann, zu Nutz – Gott sey Ihnen freundlich, liebster H. und seegne Sie und Ihr gantzes Haus reichlich mit himmlischen u irrdischen Gütern – Die Paßionszeit ist mir kein Jahr so feyerlich gewesen als dieses – Fröhliche Ostern uns sämtlich und sonders! Ihrer besten Hälfte meiner würdigsten Gevatterin den ehrerbietigsten Handkuß. Ich umarme mit väterl. Zärtlichkeit meinen kleinen lieben Pathen u seinen Bruder. Auch Ihrem Johann Christ. einen Gruß von seinem Freund Johannes. Ersterbe Ihr alter ehrlicher verpflichteter Freund Hamann, leidiger Packhoff-Verwalter.
Kgsberg den 2 April 777. Herzlich geliebtester Freund, Wundern Sie sich nicht, daß ich Ihnen noch eine Antwort seit den 7 Januar. schuldig geblieben bin. Ein neues Quartanfieber, das mich mehr als das erste mitgenommen und hundert häusliche und andere Unruhen können mich hinlänglich entschuldigen ohne daß ich nöthig habe mich in eine umständl. Erzählung einzulaßen. Meine Veränderung wißen Sie und ich befinde mich in einem solchen Labyrinth deßen Ausgang ich noch gar nicht absehen kann. Gottlob! mein Häuschen ist verkauft für die Hälfte deßen, was es mir baar kostet; und bey meiner neuen Einrichtung sucht man mir das Leben auch so sauer als mögl. zu machen. Doch ein schwerer Anfang verspricht ein desto beßeres Ende und ruhigern Fortgang. Seit dem fatalen September habe ich die Frau Consistorial Rathin p nicht mit Augen gesehen und zum ersten mal am vorigen Charfreytage bey Ihnen einen Besuch ablegen können. Sie hat ein recht mütterl. Verlangen und Sehnsucht Ihnen das letzte Lebewohl! auf der Welt zu sagen, klagte über ein schweres Lager, das Sie wider Hofnung überstanden und von dem Sie mir wirklich schien sich sehr erholt zu haben. Ohngeachtet ich noch mit den Erben in Rechnung stehe wegen des Ueberschußes der durch den Druck verursachten Unkosten, muste ich um Auszahlung der 17 rth 2 ggl. anhalten, die ich auch sogl. erhielt gemäß Ihrer Anweisung dazu vom 24 Xbr. pr. aber zu meinem grösten Verdruß erfuhr, daß man eine Remise von Büchern an Sie gethan ohne mir den geringsten Wink davon gegeben zu haben, des Fabricii Bibl. Graec. Ihnen beylegen zu können – den also Hinz mitnehmen muß. Es sind aber nur 9 Volumina, wie im Catalogo die Anzahl derselben angesetzt ist und ich vermuthe daß entweder nachher noch einige ausgekommen seyn müßen oder eine neuere Ausgabe davon seyn muß. In welchem Fall der erste Käufer mit Ihnen ein gl. Schicksal gehabt hätte. In Ansehung des Catholici habe ich bedeutet, daß Sie den Auctions Preiß nebst dem Bande gutthun, der Ueberschuß zur Praenumeration unter sämtl. Erben vertheilt werden muß. Aber das ärgste ist, daß man Ihnen die 2 Theile A u E roh miteingepackt, die ich willens war dem Verfaßer zu remittiren. Also steh ich wider am Berge und kann noch der Sache kein Ende rein machen. Ich wünschte daher, wenn sich dort ein Liebhaber dazu fände, der 2 # bezahlte oder s Sie mit Hintz einen Vergleich machen könnten, weil die Hin- und Herversendung und die Versäumung gegenwärtiger Meßzeit einen verdrüßl. Verzug und die Gefahr etwas an dem Buche zu verderben oder zu verlieren leicht nach sich ziehen könnte. Da ich Selbst für 3 Buchstaben C. B. D. mein Quotum übermachen muß und das mir zugedachte Geschenk nicht annehmen kann, weil ich mich für die 2 Mahnbriefe bedanken muß: so wünschte ich wenn mein Vorschlag die beyde durch ein Versehen Ihnen roh übermachte Theile, dort anzubringen Ihnen gelingen möchte u Sie im stande wären mir den Werth von 2 # in Louis d’or so bald wie mögl. zu übermachen. Um von einer unangenehmen Sache zu einer andern überzugehn, bin ich einem Bancorutto näher gewesen, als ich es selbst gewust. Mein Erbtheil war 5000 fl. mein Haus kostet mir 6000 fl. Mit der Hälfte, die ich widerbekommen, bin jetzt im stande 3000 fl. zu decken, für die ich meinem unglückl. Bruder hafte. Ich fange also von vorn an und mein gegenwärtiger Dienst ist zu rechter Zeit gekommen. Mein Gehalt bleibt daßelbe; freye Wohnung habe aber gewonnen – und wegen des Gartens wird es noch ein Strauß seyn. Der Geitz straft sich selbst und aufzuopfern hab ich nichts mehr, wozu ich immer willig gewesen bin. Mein Plan war gemacht mich erst meiner Bibliothek, darnach meines Hauses zu entledigen u dann mit meinen Kindern öffentlich aus dem Lande zu gehen. Gott hat meinen guten Willen durch einen beßern Ausgang belohnt. Mein Freund Penzel ist Musquetier bey dem Hiesigen Alt Stutterheimschen Regiment. Das Fragment über die Gräntzen der alten Welt ist von ihm. Der Verfolg seines Lebenslaufs ist die Einleitung zum dritten Theil des Strabo. Den 24 Mäyrz hielt er in meinem Hause eine öffentl. Vorlesung sr. beyden künftigen Vorreden an den Bischof zu Würzburg u Ritter Michaelis. So ungl. wir auch denken: ist unsere Freundschaft noch nicht unterbrochen worden, hat aber wohl noch mancherley Crisis zu überstehen. Für die Bezahlung seiner Bücherschuld hat er gesorgt erwartet aber erst das Geld von seinem Verleger nach der Oster Meße. – Meine kleine Kama, wie sie Prof. Kreutzfeld nennt, hat die Pocken Inoculation Gottlob herrlich überstanden und wir werden uns vielleicht alle mit dem schönen Sommer erholen, wenn der Winter ausgeschneyet. Leben Sie vergnügt und besuchen Sie bald si Diis placet in seiner Gartenlaube Ihren alten redl. Freund Hamann Garde-Magazin Packhof Verwalter Ihre schöne Räuberin ist hier gewesen auf Eroberungen. Penzel hat sie bey Dr. Laubmeier kennen gelernt, der sich viel Mühe gegeben sie nach Riga zu empfehlen a Dio. Adresse mit rotem Lacksiegel (Kopf des Sokrates nach links) und Postvermerken:
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
    Rossitten
/ en
    Courlande
.
Kgsberg Dom. Misericordias Domini 777. HöchstzuEhrender Landsmann und Freund! Ich weiß den Königl. Kapellmeister nicht beßer zu trösten, als wie es der Cardinal von Retz that mit dem Beyspiel des Julius Cäsar. Ohne Ihre grosmüthige Vorsprache würde ich einem sehr ähnlichen Schicksal ausgesetzt gewesen seyn; doch ich weiß Ihnen die Fortsetzung meiner Ebentheuer nicht beßer als in chronologischer Ordnung mitzutheilen. Meine Bestallung langte hier am Aschermittwoche an. Man wollte mir noch zumuthen meine alte Arbeit mit den neuen zu verbinden, unter dem leidigen Vorwande, daß ich mich selbst dazu anheischig gemacht. Dies gab zu einigen unangenehmen Erklärungen Anlaß – Ich tratt also den 13 Febr. meinen neuen Posten an; aber die
    letzte Oelung
für meine zehnjährige Dienste zog mir nach ein paar Tagen einen neuen Anfall vom Fieber zu, das mir bereits in den Gliedern lag. Ich
    quälte
mich gleichwol die
    ganze folgende
Woche auszugehen, weil es
    von Tage zu Tage
hieß, daß die Uebergabe in Gegenwart des Hofrath Hoyers geschehen sollte. Den 22 Febr. war ich nicht mehr im stande mich zu halten und wurde nolens volens bettlägericht. Den 24 ej. wollte ich mit aller Gewalt mich aufmachen, es war mir aber unmögl. und HE v Marvilliers nebst dem Buchhalter Pinnow, der des seel. Licentraths Blom Vicarius gewesen war und mit deßen Expeditionen die meinigen unmittelbar verbunden sind, ließen mich durch einen Licent Träger ausdrückl. warnen meine Gesundheit wahrzunehmen, weil bey damaliger Jahreszeit gar nichts zu thun und meine Gegenwart selbst bey der Uebergabe nicht nöthig wär. So habe ich 3 ganzer Wochen wider an einem zusammengesetzten Quartan Fieber laborirt und mehr an Gemüth und Leibe ausgehalten als die vier letzten Monathe des vorigen Jahres, biß ich den 17 März den ersten kümmerlichen Versuch machte auszugehen. Die Uebergabe war den 24 Febr. vom
    Amtmann Stürz
, dem jüngsten Schwiegersohn geschehen an den Inspector De Marvilliers und dieser händigte mir theils das Protocoll davon ein um es zu unterzeichnen, nachdem ich theils einige Pfänder im baaren Gelde theils die wenigen Beschläge in der Depot Cammer in Empfang genommen hatte. Ich vermißte bey der Gelegenheit ein
    altes stumpfes Federmeßer
, was der Amtmann im Namen der Erben mitgenommen hatte; beschwerte mich deswegen bey dem Inspector, weil diese unbeträchtliche Kleinigkeit wahrscheinl. aus den Kgl. Schreibgebühren angeschafft worden seyn müste. Peckok aber versicherte, daß es der seel. Mann aus Scherz ihm mitgenommen sich zugeeignet hätte. Man lachte also über die Habsucht der Erben. Man munterte mich unterdeßen von allen Seiten auf, der Wittwe meinen Besuch zu machen. Meine schwächliche Gesundheit und reitzbare Gemüthsart hielten mich davon ab und ich war so glücklich in dieser Woche mein kleines Haus loszuschlagen, aber so unglücklich nicht mehr als 3400 fl. dafür zu erhalten. Sie wißen vielleicht HöchstzuEhrender Freund, daß es mir baar 4200 fl. kostet und daß ich weit über 2000 fl. an Reparaturen p daran verwendet habe. Nach diesem reinen Verlust von 3000 fl. blieb mir also von meinem ganzen Vermögen nichts übrig – und die Veränderung meines Schicksals hätte nicht länger ausbleiben dürfen ohne mich gänzlich zu Grunde zu richten oder zur äußersten Verzweifelung zu bringen. Mein Entschluß war nunmehr gefaßt den Montag der Marterwoche bey der Licenträthin Blom meinen Besuch abzulegen u meine neue Wohnung in Augenschein zu nehmen. Die Pocken, welche ich meiner jüngsten Tochter hatte inoculiren laßen und die eben im vollen Ausbruch waren hielten mich davon ab, daß ich es bis nach dem Fest aussetzte. Der lieben Frau war mit dieser Achtsamkeit wenig gedient, sondern schickte den D. Laubmeier in mein Haus. Weil sein und mein Vater herzliche Freunde gewesen waren, so freute ich mich über diesen Besuch und machte mich dieser Gelegenheit zu Nutz diesem Mann mein ganzes Herz auszuschütten. Anstatt mich einer Gegenerklärung zu würdigen, eilte er aus meinem Hause um nicht von den Blattern meines Kindes einige Witterung mitzunehmen. Den Ostermontag sprach ich im vorbeygehen in des D. Hause an, ihm meinen Gegen Compliment zu machen, zu meinem Glück war er auf seinem Landgute. Die Triebfeder aller der Bewegungen, welche die Wittwe und die ganze Familie gemacht hatte mich an sich zu ziehen betraff die Forderung einer Vergütung wegen Meubles und vorzügl. wegen des Gartens. Letzterer hat vorzügl. den Neid auf mich gezogen von den meisten Officianten, ich suchte daher diesen Gegenstand mit aller mögl. Kälte zu behandeln. Der Osterdienstag ist also mein erster und einziger Besuch gewesen, den ich der Licenträthin machte. Ich fieng mit meiner Besorgnis an, daß mein Besuch eine unangenehme Erinnerung ihres gehabten Verlustes seyn würde und mit den notorischen Entschuldigungen denselben bisher ausgesetzt zu haben. Sie empfieng mich mit aller mögl. Freundlichkeit, erschöpfte alle Schranken und Canzelberedsamkeit – – Meine Absicht betraff blos die Wohnung und meine äußerste Bedürfnis selbige bald ausgeräumt zu sehen. Sie beklagte sich über die neue Ofen und Mahlerarbeiten in ihrem neuen Logis und bat sich noch auf 8 Tage den kleinsten Winkel zu ihrer Retirade aus mit dem Versprechen mir alles übrige sogl. abzutreten. Der Anblick des Lusthauses mitten auf dem Gehoft war gleich ein Querstrich durch meinen ganzen Plan. Ich versicherte ihr daß ich keinen Ausweg absehe in Ansehung des Gartens aus einander zu kommen u dem HE Doctor die Erklärung gethan hatte wie ich sehr gern die Erndte desjenigen was man ausgesäet, den Interessenten überlaßen wollte, auch den ersten Sommer weder wegen meines neuen Postens, zu dem ich noch keine routine hätte, u wegen meiner Bibliotheck und seit 10 Jahren in Unordnung gelaßenen Papieren alle Hände voll zu thun haben würde, ich auch vom Gartenbau nichts verstünde ppp. Sie kennen liebster Freund! die Frau – und es kam mir vor, daß es mir schlechterdings unmögl. war mit ihr 24 Stunden unter einem Dache zu wohnen. Ich faßte also meinen Entschluß, weil ich aber so wenig Meister von meiner Feder als von meiner Zunge bin, und mit einer Rabulistin, Quäkerin auch vielleicht Kuppelweibe zu thun hatte: so lief ich bey einem meiner guten Freunde mir das kälteste Billet doux in die Feder zu dictiren, in dem ich ihr die gebetene Frist von 8 Tagen willfährigst zugestand, aber mit der Bedingung auf das späteste den 9 huj. das Haus zu räumen und mir einen
    Aufsatz
desjenigen was sie an bonification zu fordern hatte mir mitzutheilen. Sie übersandte mir blos eine Rechnung wegen Meubles u des Lusthauses auf dem Gehoft, ohne an den Garten zu denken. Unter den ersten waren nicht nur 2 Glasthüren begriffen, sondern selbst die Fächer in der Speisekammer. Bey meinem Besuche hatte sie die Unverschämtheit gehabt nicht nur die Menge der Bäume, welche ausgegangen u geblieben waren mir in Anschlag zu bringen: sondern so gar vorzugeben, daß ihr seel. Mann immer versichert 500 fl. den Storchschen Erben bezahlt zu haben, da selbige noch am Leben sind das eigentl. Quantum anzugeben, das sich auf 60 oder 90 fl. höchstens belaufen soll. Ich war also genöthigt durch ein zweites Billet zu ersuchen mir auch die Bonification für den Garten zu bestimmen, welches sie rund auf 326 rth incl. des Lusthauses auf dem Gehoft bestimmte. Der Grund dieser ganzen Forderung beruhte darauf, daß die Fr. Kr. R. Lübeckin eine gleiche Summe von dem Nachfolger ihres Mannes erpreßt, und letzterem dies Geld wider vom HE General-Inspector De Marvilliers ausgezahlt worden, wodurch der gegenwärtige Licent Einnehmer, weil er so viel Geld nicht aufbringen können, seiner Wohnung beraubt worden. Ich erhielt diese Erklärung den 5 huj. und habe Sonntag die u. die halbe Nacht zum Montag gearbeitet deshalb bey der General-Adm. u dem HE Geh. Finantz Rath von Morinval meine unterthänige Vorstellung zu machen. Es ist mir aber nicht möglich gewesen und es scheint als wenn ich mit meinem Uebersetzer Posten all mein Französisch verloren hätte. Unterdeßen war die Fr. Licenträthin den 6 bereits ausgezogen, hatte aber alle Schlüßel mitgenommen. Ich meldete mich deswegen bey der Direction, erfuhr aber, daß sie sich bereits selbst nach Berlin gewendet, daß dem p Blom qua gewesenen Licent-Inspector und nicht qua Garde-Magazin Wohnung u Garten zugekommen wären, und daß man sich mit dieser Sache nicht befaßen wollte, weil die Licenträthin ausgebracht, daß HE Director selbst willens wären diesen Garten abzumiethen. Montags des Abends wurden mir die Schlüßel vom Hause überschickt und ich machte den Anfang einzuziehen, womit Mittwochs des Abends fertig wurde und eine elende Nacht in meiner Burg zubrachte, bey der ich mir mehr als einmal die Bequemlichkeiten meiner kleinen Hütte zurück wünschte. Donnerstags schickte HE Regimentsfeldscherer Gerlach sogl. seine Leute ab, um den Garten zu spoliiren. Gestern sind mir die Schlüßel von dem Packhause u Magazin übergeben worden, die bisher HE de Marvilliers wegen Entlegenheit meiner vorigen Wohnung in Verwahrung gehabt. Heute habe einen neuen Versuch machen wollen wegen dieser Sache bey der Gen. Adm. einzukommen; es ist mir aber nicht mögl. gewesen. Prof. Kreutzfeld, der heute ein Programm zu seinen ersten Vorlesungen hat austheilen laßen, besuchte mich Nachmittags und gab mir den Rath Ihnen meinen Kummer anzuvertrauen. Penzel, der leider! ein Vertrauter im Hause des Directors geworden, löste ihn ab und ich schreibe wider die Gesetze meiner Diaet zu Mitternacht in meinem verwünschten Schloß, das statt eines Hafens noch eine übelaufgeräumte stürmige See für mich ist. Sie wißen die Lage des Gartens zwischen des HE Direct. und des bisherigen Licent Einnehmers jetzigen vom Gen. Inspector usurpirten Hauses, daß niemand als einer dieser beyden Nachbarn meinen Garten ohne meinen grösten Nachtheil miethen kann, weil selbige von der Wiese zu den Eingang dazu haben können, und ich von keinem fremden die Servitude eines Durchganges durch mein Gehofte übernehmen kann. Die Verhältnis meines Gehalts zu meinen beyden Nachbarn ihres ist eben so bekannt. Ich bin kein Gärtner, möchte auch nicht gern meine Leute von der Haushaltung zum Blumen- u Obstkram abziehen. HE de Marvilliers wird es mir kaum vergeben daß sein Schwiegervater ein Nebenbuler meines Postens gewesen ist und hat mir se. Gesinnungen gar zu deutlich merken laßen. Er erklärte in Gegenwart des Buchhalters Pinnow daß im Fall einer Versetzung an einen andern Ort er gerade an den König sich wenden würde um das Eigenthum des Gartens für seine darauf verwandte Kosten und Verbeßerungen sich zu erbitten. So leicht ist es zu vergeßen, daß man kein Eigenthümer des Königl. Grundes und Bodens ist sondern ein
    bloßer Lehnsmann
. Nicht ist in meinen Augen niederträchtiger als wenn ein reicher Officiant seinem Geschmack den Zügel schießen läßt in der Rücksicht von seinem Nachfolger, deßen Vermögen er nicht abzusehen im stande, schadlos gehalten zu werden. Bin ich schuldig dasjenige zu ersetzen, was sich mein Vorgänger in der Dauer seines Vergnügens und dem Betrag seiner Zinsen die er erwartet zu verrechnen Lust und Belieben hat? Der seel. Magnier hat nichts bezahlt, sondern blos seinem Vorgänger erlaubt alles mögl. an sich zu nehmen. Ich unterwerfe mich von Grund der Seele gleichen Bedingungen und bin sehr weit entfernt meines Nächsten Blumenstücke u Mistbeete zu begehren. So arm wie ich bin, erkenne ich mich außerdem schuldig der Wittwe dasjenige zurückzubezahlen was ihr Mann den Storchschen Erben vergütet hat, ohne daß ich die geringste Ansprüche deshalb auf meinen Nachfolger zu machen willens bin. Storch ist der erste gewesen, der auf eine Vergütung Ansprüche machen können weil er nebst den beyden übrigen Officianten zur rechten und linken Hand ein Theil der dem Magistrat zugehörigen Wiese, der Himmel weiß wie? acquirirt und diesen Zuwachs vom Lande des Bodens ausgefüllt und bereits zum Garten aptirt hat. Diese Summe ist leicht auszumitteln, weil einer der Erben noch am Leben ist und die Acten darüber da seyn müßen. Weil ich glaubte daß von diesem Zuwachse blos die Rede war und daß selbiger fügl. von der Königl. Gränze abgesondert werden könnte: so war ich sehr geneigt darauf Verzicht zu thun, um so mehr da mein Vorgänger als Licentrath 2 Stuben von seiner Wohnung verloren, die mir brauchbarer wären zu meiner häuslichen Bequemlichkeit als einige Blumenbeete und Fuß Gartenland. Ich begreife überhaupt nicht wie ich durch meinen Dienst das Unglück mir acquirirt in
    Familienhändel
zu gerathen und ins Handgemenge mit Weibern, Advocaten, Amtleuten, Regimentsfeldscherer p deren Charakter aus Geitz und Arglist zusammengesetzt ist. Mein Grundsatz ist der nur
    so
viel zu meinem Vergnügen u Genuß des Lebens anzuwenden als ich für mich selbst und meinen Nachfolger zu verlieren und aufzuopfern im stande bin, und ich verlange eben so wenig, daß meine Gottlob!
    natürl. Erben
mit meinem Nachfolger das geringste zu theilen haben sollen als ich Lust habe mit meines Vorgängers politischen Erben das geringste abzumachen zu haben. Alles wozu ich mich verstehen kann, besteht darinn: daß ich die Summe, welche der seel. Licent Rath Blom seinem Vorgänger vergütet hat laut schriftl. Documenten wider erstatte und übrigens erlaube, alles das Lusthaus niederzureißen und alle mögl. Gewächse ausnehmen zu laßen doch mit der Bedingung blos gegen die blinde Wuth dieser eigennützigen und rachgierigen Leute geschützt und in meinen Rechten, bereits geschmälerten und mir von Gottes und Rechts wegen zukommenden Bedingungen meiner Stelle erhalten zu werden. – Vergeben Sie, bester Freund, dies ungezogene Geschmier meiner Gemüths und äußerl. Lage. Vollenden Sie Ihr Werk und machen Sie so viel Gebrauch als Sie können im Fall der Noth. Ertheilen Sie mir auch einen guthen Rath, ob ich die Antwort einer Kgl. Administration auf das Petitum der Wittwe erst abwarten oder ersterer zuvor kommen soll – wenn Ihre Zeit und Umstände diesen Liebesdienst verstatten. Ich habe Ihren HErn Vater noch nicht besuchen können, aber ihn einmal auf der Straße begegnet. Die Unruhe, in der ich vorzüglich seit Jahr und Tag gelebt, scheint eine wahre Crisis meines Lebens zu seyn, bey der ich mich und andere so viel ich nur kann schonen und jedermann aus dem Wege gehen muß. Was macht Ihre würdige Frau Gemalin – und der kleine Benjamin? – und Ihr Freund HE Prof. Engel? Der Nachtwächter ruft Zwey. – Gott gebe beßern Stoff zu unserm Briefwechsel. Daß sich alle Nacht meines unsers Schicksals bald in Morgenröthe und Tag aufkläre. Ich umarme Sie mit der aufrichtigsten Ergebenheit eines alten verpflichteten Freundes und Dieners. Johann Georg Hamann
Kgsberg le 6 Avril 777. Messieurs, Ce fut le 12 Fevr. mercredi des cendres que ma commission arriva et le lendemain la Direction Prov. m’accorda après avoir reçu l’extrême onction de mon ancien emploi et j’obtins avec l’extreme onction et la permission d’entreraller le lendemain à mon nouveau poste.Le samedi de la meme semaine je sentis la nouvelle recidive d’une fievre. Malgré mes souffrances je me forçai à sortir toute la semaine suivante, parce que en les heritiers le beau-pere de mon antecesseur un de nos plus celebres Avocats et Conseiller celebre de    Procureurs me firentt attendre d’un jour à l’autre après de faire la remise des effets du Roi- Midi Le 22 Fevr. midi je succombai à mon mal et Le 22 l ne etois fus plus en etat de me bouger après midi tenir sur mes pieds. Je    voulu faire le 24 du m du meme mois l’impossible et etois sur le point de de me lever lorsque Mr l’Inspecteur de Marvilliers et le Sr Pinnow teneur des livres et vicaire de mon poste bureau qui est combiné avec immediatement avec le s mien pour les expeditions la connexité de nos expeditions, eurent l’attention de me defendre la sortie pour ne pas exposer ma santé en me rassurant – – Enfin Monsieur après avoir gardé douze jours 3 semaines mon lit et ma chambre j’etois en etat de faire ma premiere sortie le 17 Mars. La remise de la
    chambre
    du depot pour les objets saisis
avait été faite pendant les premiers jours de ma maladie par les heritiers le Bailli Sturz, un des beaufils de mon antecesseur à Mr de Marvilliers et celui-cy m’en remit sur le champ le procès verbal et les objets y specifiés. Mr. l’Inspecteur me prevint que les heritiers de mon antecesseur voulaient devoient encore retenir des en leur garde le livre de la recette des
    deniers d’enmagazinement
avec les decharges y appartenantes et parceque cet article etoit porté sur le procès verbal et dependoit de son arbitre, je lui fis seulement des remontrances que les heritiers avoient en mauvaise grace d’enlever un chetif et vieux et chetif canif du Bureau, parceque la presomtion fourni par le probablement par les frais du Roi accordés pour ces utensiles du Bureau. La proprieté de cette bagatelle fut reclamée par un Employé ami du defunt et le badinage
me fit deviner le caractere utile pour deviner le caractere de mon nouveau monde. Encouragé de toutes parts d’aborder la veuve de mon antecesseur, je plaidai la sensibilité de ma santé affaiblie encore et me resolus à lui faire mon premier compliment dans un jour de la grande semaine. Ayant fait inoculer ma fille cadette je mes me fis un scrupule de faire cette visite le lundi de la semaine sainte et j’etois prevenu par l’autre un Docteur en Medecine l’autre des beaux-fils de mon antecesseurs, Docteur en Medecine que je fus charmé de reconnaitre chez moi, parceque nos Peres ont été des cultivé une amitié très cordiale. Je lui fis les excuses de mon delay à l’egard de la visite que je devois à la veuve. Je lui declarai que je ne manquerai pas prendrai mon logis en evidence qu’apres Paques que je venois de vendre ma maison, qui m’avoit couté oit plus de 2000 Ecus pour la moitié par la valeur et que je n’etois embarassé que de pouvoir au plutot possible entrer en possession de mon nouveau logis. Pour le jardin y appartenant on n’avoit tant battu les oreilles par des avis contradictoires que je n’etois en etat de m’en former aucune idée juste et que par egard aux heritiers je ne voyois point d’autre ressource que de leur abandonner encore la recolte de ce qu’on y avoit sémé; que je n’etois pas jardinier, que je n’aurois pas même le loisir cette le premier an de me soucier du jardin; que dans la saison morte je n’avois pas encore eu le loi l’opportunité de me routiner dans la pratique de mes Registres où j’etois aussi neuf qu’un ecolier; que j’aurai besoin de toutes mes heures perdues pour arranger après dix années de desordre mes papiers et ma bibliotheque, que j’avais sauvé du naufrage par un miracle et que toute ma conservation en avoit l’air et le prix à mes yeux – Enfin je lui parloi avec toute la chaleur d’un homme sensible et on oil sincere, qui abhorre toutes les conventions et affaires de famille et qui etoit determiné, que ses heritiers n’auroient rien à demeler avec mon successeur, et qui ne sacrifient rien de ce qu’il pouvoit et vouloit perdre après tant de saignées qu’il m’avoit fallu subir et ou j’ai failli de perdre tout mon sang et argent – Mr le Docteur etoit embarassé de sejourner plus longtems dans une chambre contagieuse et vis à vis de mon’un enfant verolé boutonné et il etoit allé voir sa terre à la campagne ou il possede une terre, lorsque je voulus faire mon compliment le lundi des Paques en retournant de l’eglise. Le 1er du cour. je fis ma premiere visite chez sa belle-mere maratre pour lui demander prendre les logis êtres de mon logis en evidence. J’eus lieu de plaindre la perte de deux appointements employés maintenant au Bureau des teneurs de livre et au Magazin nouveau. Me Blom me combla de douceurs, sollicita un delay de 8 jours parceque un mit son nouveau logis n’lui accommodoit pas encore sa santé delicate à cause de nouveaux fourneaux etc. Elle me laissa le choix me demanda seulement le plus petit coin pour sa retraite pendant que je serois le maitre d’occuper tout le reste de la ma maison. Elle me deploya toute l’eloquence du Barreau et de la Chaire – que par par malheur je n’aime aussi mieux que celle des Halles. Monsieur Je suis combien je Vous dois Vous savez qu’en m’à voulu distraire 60 Ecus de mes appointements et qu’on me a charger d’une caution, dont mon antecesseur a été dispensé en egard de so J’ose Vous confier le nouveau labyrinthe un detail de nouveaux embarras ou je me trouve egaré sans y avoir voir aucune ressource issue d’echapper aux pieges qu’on me tend dont je fuis crois être environné. Je me defie de mon propre jugement et je crains d’etre la dupe de ma fantaisie ombrageuse. Faute de tems C’est faute de tems et autant par necessité que par modestie
    confiance
que je m’emancipe de Vous confier un Memoire en espece de Journal, qui contient des simples faits et mes sentimens les plus intimes. sans avoir Je n’ai pas eu ni le tems ni la force de digerer et delier mes idées et de peser Il s’agit en premier lieu si un Employé qui jouit d’un logis franc et d’une place
le 13 Avr. 777. Messieurs Vous m’avez fait la grace de me conferer le lieu et la place du feu Sr Blom; c’est pourquoi C’est pourquoi je recours à Votre protection d’être pour etre protegé maintenu et conservé dans tous les droits et emolumens y affectés. J’ai maintenant toute la famille de mon antecesseur sur les bras. L Sa veuve est fille d’un de nos plus celebres Avocats et Procureurs; belle son beau frere belle-soeur d’un Chirurgien-Major et ses et belle mere d’un de deux beaux- fils un l’un d’un Bailli et l’autre d’un Docteur en Medicine, heritier proprietaire d’une apotheque et seigneur et d’une terre. * et moi je ne suis qu’un pauvre Malheureux qu’un individu tout isolé dans s ma patrie, depuysé dans la chicane, sans appuy et ressource. Il s’agit L’objet litigieux est une place de jardin appartenante au logis franc affecté au lieu et à la place dont le Conseiller defunct Blom a joui cy devant a joui encore dix ans en qualité d’Inspecteur du Licent et depuis la Regie en qualité de simple Garde-Magazin et que je viens de prendre en possession. Son antecesseur Son antecesseur nommé Storch avec ses deux voisins, le Directeur d’un cote Me Re   du Licent ont etendu à la fois le territoire de leurs jardins bassecours en y ajoutants une partie de la prairie à laquelles les jard aboutissante située aboutissante par Les heritiers du dit Storch en sont encore en vie ont reçu une somme tres modique de 20 à 30 Ecus pour la premiere exploitation de cette place en jardin; maintenant la veuve de son successeur me demande une bonification d’environ 1000 fl. comme Vous verrez par la correspondance Vous verrez par ma correspondance avec la De Blom qu’elle n’a aucun titre à alleguer pour en faveur de ses pretensions que l’exemple cy jointe en original. Je viens de perdre 1000 Ecus par la vente de ma maison elle laquelle m’a couté 4200 fl. et en j’ai fait des les reparatures au delà plus de 2000 fl. n’ayant reçu que 3400 fl. C’est à mes yeux selon mon avis Messieurs, une à mes yeux une injustice criante et barbare, qu’un Employé riche et à son aise dissipe ses biens pour facultés en satisfaisant ses fantaisies dans un fonds gratuit precaire aux depens d’un successeur, qui a le double malheur d’etre plus pauvre – et moins sage pour le et plus delicat. Vous ver Je n’ai que detailler Ces conventions particulieres ne peuvent produir que des usurpations et d’autres abus, que Mon gout decidé pour de la mediocrité serait satisfait de la place que la appartenante située sur le territoire du Roi et je n’en demande que autant qu’il me fa t celle pour reposer mon humanité: mais parceque une separation du terrain aussi est presque impossible, je me soumets malgré mon indigence à rembourser à la veuve la somme, que son son mari a payé à son antecesseur, en resignant à toutes les bonifications de la part de mon successeur. Au reste je serai bien aise que les heritiers retirent tout ce qu’ils peuvent sans une mixe malgré leur petulance et mechanceté comme il a été fait à l’egard du jardin qui Mr a eté cedé à Mr. Magnier. Je me flatte de la justice de l’Administration Generale d’etre qu’elle me fera le gene de me proteger contre toutes les violences tracasseries prejudices et pieges, qu’on le auxquels je serai crains encore d’etre exposé par une fatalité de mon destin et aux a comme une brebis
    Darmstadt
den 15 MayAprill 777.
Heute halten wir Auction und morgen fahren wir von hier nach Wandsbeck. / Den 16. MayAprill Die auction hat 50 fl. rendirt. Wir fahren aber morgen noch nicht. Ihre Gevatterin ist unpäßlich worden. Den 21. Heute um 1 Uhr sind wir abgefahren, ich saß rechter Hand in der Kutsche, Rebecca linker Hand, ihr gegen Sie über eine Magd aus Schweden, die wir von Wandsbeck mit nach Darmstadt gebracht hatten, mit Ihrer Gevatterin, und gegen mir gegen über Carolina, und alle Nachbaren und Gefreundten kuckten aus den Fenstern und bedaurten sehr, daß sie die Ehre nicht länger haben könnten, den Herrn Oberlandcommissarius bey sich zu haben. Wir bleiben heut Nacht in Franckfurth im rohten Hause, welches das größte und schönste und bequemste Wirthshaus in ganz Europia ist, es hat 96 Zimmer, großen geräumigen Platz u. Garten und ist sehr wohlfeil darin. / Den 22. Heute bleiben wir in Giessen. HE Professor Cartheuser besucht, und bey HE Professor Höpfner zu Abend geßen. Die Frau Professorin ist artig. 23. Die Gegend von Giessen nach Marburg ist gar schön. Diese Nacht wird durchgefahren, ist heller Mondschein. 24. Morgens 9 Uhr hier in Cassel. Wird gleich nach Winterkasten hinausgekutscht, den Garten, die mächtigen Cascaden am Abhang und den ungeheuren Hercules oben auf der Spitze des Berges in Augenschein zu nehmen. Lieb Weibel konnte nicht so viele hundert Treppen den Berg hinansteigen, sind als beym
    höllischen
    Gericht
eine Grötte mit mythologischen Figuren und gelblichen Glasthüren die einen sonderbaren Effeckt nach innen und außen machen, wieder umgekehrt. 25. adieu Cassel bons dies Hannöverisch Minden und die schöne schöne schöne Gegend umher. abends in Göttingen. Hier einen Tag übergelegen, einen Professor und viele Studenten gesehen und gesprochen. 27. in Eimbeck geschlafen und Eiermilch und Schmorlinge gegessen bey einer corpulenten Wirthsfrau die ihr Pfeifgen Toback rauchte. d. 28 in Hannover. Wieder einen Tag übergelegen, HE Zimmermann, Boie, Wehrs gesehen, bey dem Herr v. Döhring gegessen der eine sehr liebenswürdige Frau hat. NB immer viel mit Wagenmeister und Postillon gezankt, die samt und sonders ungesittete Gesellen und Kerle sind. 30. in Zelle geschlafen und über die Heide nachgedacht die hinter und vor uns war. d. 1 May in Lüneburg in ein elendes Wirthshaus gerathen und vom Herrn Wagenmeister der zu vornehm war selbst zu schmieren um 4 gr. betrogen worden. / den 3ten (wo der eine Tag hingekommen ist weiß ich nicht) auf dem Hoop an der Elbe angekommen und die Nacht herrlich geschlafen. Des Morgens um 4 Uhr an die Elbe promenirt, Hamburg angesehen und gefrohlockt. d. 4. gegen 1 Uhr Mittags über die Elbe gangen, und nach einer lustigen Fahrt durch die schönen 4 Lande, um 5 Uhr den lang Thurm in Wandsbeck zu Gesicht und um 6 mit Leib und Seel und Kutsch und Pferden glücklich in Wandsbeck angekommen, zum Erstaunen aller Einwohner, die den Herrn Oberlandcommissarius mit dem Schnapsack aufm Rücken erwarteten, weil er sich in Darmstadt so schlecht aufgeführt daß er nicht bleiben können. Und nun, Gott sey herzlich Dank, daß wir hier sind!!!
    Wandsbeck
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d. 5.–30 May im Walde promenirt, Bett und Tisch und Stuhl und Teller und Salz gekauft und Stuben ausgekehrt und Garten umgekehrt et cet. Wir haben daßelbe kleine Häußgen wieder, aus dem wir den 30 Martis 1776 nach Darmstadt ausgezogen sind. ich wollts am liebsten haben und es traf denn so daß es gerade feil war. Den 1. Juny evöllig eingerichtet bis auf Vorhänge und eine Bettstelle, darin Freund Hamann schlafen soll, wenn er, wills Gott, sein Magazin so lange verlaßen wird. / Nachmittags um 3 Uhr einen unvermutheten Besuch von meiner Mutter erhalten, die sich über die gute Einrichthung des Herrn Sohns und seinen Tisch und Stuhl und Teller und Salz nicht genug wundern konnte., und ihm 20 Rth. brachte. Den 3ten morgends brachten ich und Rebecca die Mutter wieder zu Wagen und fuhren 1½ Meilen mit ihr. pipten und stöhnten brav auf der Rückreise und den ganzen Tag und die ganze Nacht und den folgenden Morgen um 2 Uhr         und um 3½ wars Kind da, das ein Junge seyn sollte aber ein Mädchen ist, wenigstens menschlichem Ansehen nach. 5ten nach Hamburg gegangen und alle Menschen, die mir begegneten zu Gevatter gebeten, auch Wein und Aepfel gekauft. Den 6ten Tauftag. Nach vielem Streiten und Debattiren waren endlich die Gevattern, Frau Doctorin Mumsen, Frau Capitain v. Schönemarck, und Herr Licentiat Bokelmann, und wir andern standen umher als ein Corps de reserve. Nach dem Acte ward Coffée und Toback gegeben und im Garten geraucht und getrunken. weiter kam Confekt 1 #, rouensche Aepfel 1 Duzend, Rheinwein 4 Bouteillen, und ward fleißig umpresentirt und getrunken, und lieb Weibel lachte aus dem Bette drein wie ein Engel. Den 7–16 sollte immer nach Königsberg geschrieben werden und ward nicht geschrieben. Das Befinden mit Mutter und Mädchen übrigens ungemein wohl. / Den 17 ward endlich geschrieben, es ist aber so warm, daß mir der Schweiß wie Thautropfen auf der Nase steht. Der Capèllmeister Reichard ist seit 14 Tagen in Hamburg und bleibt noch 14 da. Seine Frau ist sehr schwächlich und mit Krampf und Gicht beladen und daher etwas pipig, sonst aber ein sehr natürliches gutes Ding, das auch brav singen kann. von Kaufmann weis ich nichts weiter, als daß er 2mahl nach Darmstadt kam, und allerhand närrisch Zeug that und sagte, und dann wieder von Darmstadt abgieng, und zwar einmahl zu Pferde wie er gekommen war, und das andermahl in einer Kutsche die ihm der Herzog von Weimar geschenkt hatte. / Sie wollten mir noch Collecteurs nennen, warum thun Sie’s dann nicht. Ihre Gevatterin Pathe, die in Darmstadt sterben wollte, ist itzo gar frisch und freundlich, läßt Sie grüßen; so wie ihre Mutter und ihr Vater auch tausendmahl thun. Grüßts Pätchen. Matthias Claudius Friederica, Petrina. Denkt, um des Himmels willen, die eine Frau Gevatterin hieß Prina, was war zu machen. Prina konnte mein Kind doch nicht getauft werden. Wir dachten also in corpore dem Dinge nach, und Doctor Mumsen, sonst auch oncle Toby genannt, brachte endlich heraus, daß Prina contract und corrupt sey und eigentlich Petrina heißen sollte, und so kam ich endl aus der Noht und mein Kind auch. Hinz hat 4 Ducaten ans IntelligenzComtoir von Ihrentwegen bezahlt, und das Intelligenzcomtoir hat sie an das Adreßcomtois in Hamburg tracirt und so sind sie richtig an mich gekommen. Dank dafür, weil Ihrs nicht anders wollt. / Herder hat die Gelbsucht gehabt, ist aber wieder hergestellt. / Ihr habt wohl recht, daß es beßer sey, bey gesunden Tagen an die Frau zu denken, als auf dem Todtbette, aber der Vorwurf trifft mich nicht, Freund Hamann, es ist meine Schuld nicht gar, daß ich sie noch in keine Witwencaße eingekauft habe, sonst wäre ich nicht gar ungeneigt dazu. / Schönborn, den Ihr vielleicht kennt, wenigstens kennen müßet denn er ist ein fester Kerl, geht von Algier, wo er bisher Dänischer Consulatssecretair gewesen ist, als Legationssecretair nach London, und wird vermuhtlich über Wandsbeck gehen. Rebecca grüßt Euch noch einmahl. Sie sitzt schon wieder neben mir. / Sagt Kaufmann doch, wenn er zurückkommt, daß er auch über Wandsbeck gehe u. kommt mit ihm.
Memoire. Weil ich den 17 April auf dem Königl. Provincial-Accise-Zoll- und Licent- Directorio vernommen, daß Ew. HochEdelgeb. wegen der Vergütungs Ansprüche sich bereits nach Hofe gemeldet haben sollten: so hielt es für überflüßig die mir den 5 ej. gemachte Erklärung zu beantworten. Ich habe zwar bisher nichts von irgend einem ergangenen Bescheid vernommen; Ew HochEdelgeb sind aber so gütig gewesen u haben diese Woche den Anfang gemacht mein Gehöfte von den Häuschen p räumen zu laßen. Da nun diese Auskunft Art nicht völlig in Ansehung des Gartens selbst Statt finden möchte, und selbiger auch bereits den 10 und 17 April von einem Gärtner nebst 1 Bedienten u nebst Bedienten u. Dragoner ausgemustert worden, ich auch ebensogern dieser billigen einer Freyheit in Ansehung der angelegten Mist Beete und Blumenstücke nachsehen möchte: so halte ich es nunmehro für zeitig Ew HochEdelgeb. hiedurchmit meinerseits die Gegenerklärung zu thun, daß ich weder im stande noch willens bin mehr als die leicht auszumittelnde Summe womit die Storchschen Erben befriedigt worden und die nicht in 500 sondern in Sechzig Fdor. bestanden haben soll, zu aufzuopfern und gegen Auslieferung des Gartenschlüßels sogl. auszuzahlen: und so weil ich es zum Grundsatz gemacht es bey meinen Diensten niemals zu vergeßen, daß ich weder ein Eigenthümer noch Pächter sondern ein bloßer Lehns- und Nießbesitzer eines königl. Grundes und Bodens bin und ich meinen Erben eben so gern die Versuchung ersparen will den Genuß königl. Emolumente zum Nachtheil meines Nachfolgers zu usurpiren u zu schmälern und jene zu oder daraus gar einer förmlichen Familien Sache zu sa machen, als mir selbst den unangenehmen Schritt die gerechteste höheren Orts meine gegründete Beschwerden in ihrem ganzen Umfange gelangen zu laßen, nachdem ich lange gnug mich leidend verhalten habe. Ich habe die Ehre den 1 May 29 April 777. Ew HochEdelgeboren haben wie ich mit Zuverläßigkeit weiß, den Weg nach Berlin, in Ansehung des Gartens gewählt und ich habe mich dabey um so mehr leidend verhalten, da ich selbst nichts kein ander Mittel abgesehen, daß uns entscheiden würde. Darf ich jetzt so frey seyn Ew HochEdelgeboren um Mittheilung der Verfügung von Berlin aus zu ersuchen. Die Art wie Ew. HochEdelgeb sich in Ansehung meines Gehöftes u Gartens nehmen, läßt mich vermuthen, daß Ew HochEdelgeb Dieselben über eine Sache vollkommen gewiß seyn werden, worüber ich bis jetzt noch ungewißentschlüßig geblieben. Die Jahreszeit wird meine Anfrage rechtfertigen, und wenn ich letztere mit der von mir zeither zurück gehaltenen Erklärung begleiten soll: so würde ich mich zu weiter nichts verbunden achten, als Ew HochEdelg. das zu ersetzen, was den Erben des Antecessoris ersetzt worden, ohngeachtet ich selbst über diese zwanzig rth keine rechtliche Verbindlichkeit einsehe und sie nie von meinem Nachfolger verlangen werde. Ich habe die Ehre mit vieler Hochachtung zu seyn – den 1 May Kgsberg le 6 May 777. Messieurs La veuve de mon antecesseur me retient les clés d’un jardin qui est une appartenance et dependance du droit d’habitation et du logis franc affecté à l’emploi de Garde Magazin, que Vous m’avez fait la grace de me conferer et que j’ai adoré comme le port de ma vie. Jusqu’aujourdhui je n’ai pas encore été le maitre d’entier dans mon jardin ou d’en faire le moin du aucun usage, parce que la De Blom continue à usurper tous les actes d’une proprieté directe sur ma basse- cour et l’accessoire sans payer le moindre égard ni au territoire du Roi ni aux privileges de mon domaine utile ni aux termes d’un usufruit expiré par ma succession à la place de feu son mari. Malgré le menagement avec lequel j’ai connive si longtems aux demolitions et exstirpations, qui ont été deja faites, le seul pretexte de cette usurpation se derive d’une bonification de vingt Ecus, que selon les meilleurs informations que j’ai été à même de me fournir, mon antecesseur a payé aux heritiers du sien. J’ai encore fait l’offre volontaire de rembourser ces 20 Ecus sans y vouloir compr    offre les interets de mon successeur faire quelque compte les vouloir aucune reservation de les mettre sur la compte de autrui mon successeur; mais on est jaloux et faché de ce qu’on n’a pas reussi de m’extorquer la somme exorbitante de 325 Ecus – et de me rendre docile que je n’ai pu été docile à l’autorité des exemples Pardonnez moi Messieurs que je m’abstienne d’un Sans entrer dans un detail trop odieux penible à la discretion de mes sentimens et de à la probité de mes principes j’ose ni emancipe implorer Messieurs la protection de Votre humanité et justice pour à fin etre mis dans la pleine et entiere jouissance des droits et emoluments, dont mes antecesseurs ont joui participé et benefices qui peuvent competer à un usufruitier priviligié d’un bienfonds du Roi et d’y etre conservé malgré maintenu contre toutes les tracasseries de famille et de cabale ou les interets du Roi et du prochain sont sacrifiés à des passions sordides et aveugles. JeEn Vous abandonnant et recommandant les eclaircissements de mon sort et de developpement ma cause j’ai l’honneur d’etre avec le respect le plus serieux le plus profond et sincere et le devouement Ew HochEdelgeboren haben für gut befunden auf mein letztes Billet gar nicht zu antwor schriftlich zu antworten sondern vielmehr mir durch eine Dienstbotin berichten zu laßen, daß Sie noch keine Antwort Verfügung aus Berlin hätten. Es ist mir nicht zuzumuthen, daß ich die Jahreszeit versäumen und länger warten soll, was Ew. HochEdelgeboren mit demjenigen was des Königes ist und mir angewiesen wurde, zu thun belieben wollen. Ich habe mich dahero in die mir zustehende Possession des Gartens gesetzt und muß es abwarten, ob es Ew. HochEdelgeboren gelingen wird mich herauszudrängen setzen. Wie sehr ich bey allen den Begegnungen, die Ew HochEd Herausnehmen Eingriffen auf meinem dem Grund und Boden, der meiner Stelle zustehet, gelitten habe, können sich scheinen Ew HochEdelgeboren jeder sehr leicht vorstellen nicht eingesehen zu haben, wenn Sie erwägen, daß obgl. meine Leute am Ende so wenig als ich selbst gewußt ob wer von uns beyden Ew HochEdelgeboren, HE D. Laubmeier, ein oder ich auf meinem Gehöfte zu befehlen hätten. Der Hauptbrief von Kaufmann: Hier neben dem Bethe unsers kranknen gedrückten, auch für mich kranknen Hartknochs wo Sie ehemals schlieffen, an dem Orth, wo Sie mir dem Herdern ehemals frohe Tage durchlebten, schreibe ich Ihnnen nur wenige Zeilen, Bester Einziger Hamann! meine gereimten Klagen an den Magus, meine unverdaulichen Aventures von Königsberg bis Riga sollen Sie hören, wenn ich mich wiederum auf dem herrlichen Sopha wie ein Baurenfünfer ausstreke und den Magus neben mir und seine Sbröslinge um mich habe, oder wenn ich Ihm treffe ins alten Bothen zu Wannsbek Hütte. Ja liebster Hamann! seit ich mich an dem heiteren SonnAbend Morgen nach dem frohen Abend und der herrlichen Nacht von meinem Lager aufrafte, und von Ihnnen weg in Wagen eilte, hat mich das liebe Glük verlaßen und Unstern ist mir gefolgt Meine meiste Zufriedenheit suchte ich in Klagen an Magus, und in Träumereien auf dem magischen Sopha, den ich nicht verlaßen kann s’ist warlich eine herrliche Meuble die beste, die ich ins Hamanns Wirthschaft kenne – doch ist der Gemein Plaz auch nicht zu verachten, habe ihn auch schon öfters besucht. Der gefällige viel versbrechende Lotterie-Direktor hatte auf seiner Papier Müll viele Gütigkeit für mich, ließe meinen Wagen mit Champagner und Selzer Waßer beladen: obgleich ich nur wiedrigen Genus hatte, weil die Gefäße brachen, und der Dampf in Kopf stieg, so sage ich Ihm doch nochmals Dank. In Memel wechslete mir HE Simson das Geld aus, führte mich an Hafen, lernte mich den Bau der Englischen Schiffe kennen, worfür er auch meinen Dank empfängt. In Mietau sbrache, oder konnt Niemand sbrechen, als HE Hofrath Schwonder Freimaurer Logenmeister, der zuerst in Forcht war, daß ich ein Viatikum wollte, hernach änderte es sich. Er konnte meinen Nahmmen Kaufmann fast nicht glauben, endlich wurde er zufrieden und gläubiger, zeigte mir die Freimaurer Bibliothek und ich bedankte mich. bis jetzt konnt ich in Riga noch Niemand sehen als Hartknochen, der mir einige angenehme Augenblicke machte in Erzehlung der munteren Dingen die geschehen die gar zu grob, waren: mein Faquinsuniform stöste den Kranken zurük, muß sie anziehen für den hiesigen Commandanten, ein versußter Schweizer. Das ist nun alles was unter die Rubrike vom Angenehmen seit meinem Wegsein von Ihnnen zurechnen wäre – das übrige, das wiedrige bleibt in Petto, s’ist schon ausgeschüttet ich muß es aber selbst zu Ihnen tragen. Kein Geld oder die h (mit Betheurung versprochene Anweisung habe ich noch nicht, gehe aber, (so ungern ich bleibe) nicht weg, bis ich’s habe das versbrochene Geld: denn schickt’s Ihnnen Hartknoch gleich – Gewisheit der Welt ist immer ungewisheit Dank also, innigen Dank! Guter Helffer! für Ihren Glauben – bei dieser ungewisheit. Lebe wol du Gebenedeiter unter den Guten, Gekreuzigter unter den Schnur- Affen! – Wollen Sie mir etwann auch ein Wink geben, sagen, wie’s Ihnnen geht, so danks Ihnnen – s macht innige Freude Riga am 6 Mai 77. Ihrem jezt zwischen Felsen und Klippen hier fand ich einen Brief, der schwebenden Kaufmann, der so oft an aus Holland kommt mich schon Hamans häusliche
    Drei
mit Freuden denkt –
2 Monath sucht, vielleicht mein Segne Gott Ihr Frizchen
    Hanschen
10jähriges Schicksal zu
    Lischen und Lehnchen
mit Ihrer Mutter –
bestimmen hilft. adio. Geld ist da. Machen Sie Ihnen doch mehr Bewegung – daß das herrliche Queksilber nicht ganz zu Blei zu coagulirt. Nachschrift von Hartknoch: Ich wolte Ihr leztes, geliebter Hamann, vom 25 Merz gern erst nach Ankunft des HEn Kaufmanns beantworten, u endl kam er auch, u beigehendes Pack ist von ihm. Sie besorgen die Einschlüße. Der zugeschickte Herdersche Brief war von ihr, u. enthielt eine Commiß. die ich nicht zu besorgen im Stande war. Statt meines Quartaners habe vor 6 Wochen das kalte Fieber, hernach Husten, geschwollne Füße, einen verhärteten Unterleib, Blutspeyen u so viele andre Übel in meinem Hause gehabt, daß Sie mich eher condoliren, als gratuliren können. Touss. wird Ihnen mündl mehr sagen, sonderl was meine Frau angeht. Jezt beßert es sich, aber nur langsam, u ich lerne ausgehen, und frische Luft schöpfen. Daß die Inoculation an Ihrer Tochter gut gehe, wünsche herzlich. Penzel grüßen Sie. Ich habe der verlangten Bücher wegen mich bei Hellwing befragt, u erwarte erst Antw, dann erhält er Peyssonel u Stritter. Gott empfohlen! der sie in seinen Schutz nehmen wolle. Hartknoch Kaufmann ist ein guter Junge, hat aber gewiße Ausdrücke u Spannung u Schlaffung der Seele, die er so oft anbringt daß sie nicht mehr das wirken, was er will. Seine medic. Räthe sind vortrefl. ich werde eins u. das andre davon nützen. Adresse:
mit
    Empfang
200
    Preußische Thaler
Herrn
    Hammann
Ober- oder Unter Packhof- / Verwalter zu finden / in der Loge /
    im Licent
/
    in Königsberg. frei
Vermerk von Hamann: Erhalten den 16 May 777. geantw den 19. 21 – Nachschrift von Hamann an Ehrmann: Am
    Pfingst heil. Abend.
Gestern den 16 May habe Einl. aus Riga erhalten und mache mich dieser Gelegenheit zu Nutz einem
    vertrauten Freunde
meines
    lieben
    Kaufmanns
mich so kurz und gut zu empfehlen als unser Systema harmoniae praestabilitae gewährt. Den 22 pr. erschien ich auf Seinen ersten Wink in dem Wirthshause, wo Er hier eingekehrt war, Ihm vor dem Bett und den 27 ej. früh Morgens
    verschwand
Er vor dem Meinigen (Dom. Cantate) nachdem Er 4 Nächte in meiner Wohnung auf einem zwar harten aber von Ihm
    gestempelten
Sopha geschlafen. HErr
    Ehrmann
genannt
    Ehrenfried
wird also bey einer eventuellen Reise durch Königsb. in Preußen nicht ermangeln sich gebührend zu melden bey Seinem bereitwilligen Freund und Diener Johann Georg Hamann Königl. Packhof Verwalter
Adresse:
    Einl
. / HErrn Ehrmann, genannt Ehrenfried / freier Lehrer / am Philanthropin / in Anhalt Deßau /
    philanthropinische Sachen
Kgsberg den 15 May 777. Würdigster Landsmann und Freund, Es ist mir mehr als einmal eingefallen wegen meines ekeln Geschmiers unterm 13 pr. Sie um Vergebung zu bitten. Die Rücksicht auf Ihre Freundschaft hat mich beruhigt, und es wird dem ganzen Innhalt meines Briefes vermuthlich anzusehen gewesen seyn, daß ich ihn in der Angst meiner Seele geschrieben, und mit dem Vertrauen mein Herz gegen Jemanden auszuschütten, der an meinem Schicksal Antheil nimmt. Kurz, es betrifft Ihre
    eigene Ehre
, daß Sie keinem unwürdigen Ihr Vorwort gegönnt haben, und ich muß mich wenigstens in Ihren Augen rechtfertigen – oder schreiben Sie mir wenigstens rund heraus, daß Sie weder Zeit noch Lust haben sich um mich zu bekümmern, oder und weisen mich mit dem Sprichwort ab: Jeder für sich selbst – Ich habe auch diesen Stachel bereits gefühlt, und würde ihn auch verschmerzen. Alles was ich von Ihnen bitte, besteht darinn, daß im Fall dort Klagen über mein Betragen gegen die Familie meines Vorwesers bereits eingelaufen seyn sollten, oder noch einlaufen möchten, Sie wenigstens solange für mich
    gut sagen
bis ich mich selbst zu rechtfertigen im stande bin und dazu aufgefordert werde; denn Lügen und Trügen herrscht so in allen Straßen, daß der entschloßenste Mann in die Versuchung gerathen möchte auf Ehrlichkeit Verzicht zu thun. Sie kennen die Familie, mit der ich zu thun habe, ihren Einfluß – – So oft ich auch den festen Vorsatz gehabt an die Gen. Adm. zu wenden: so ist es mir bisher schlechterdings unmögl. gewesen. 1.) weil ich umständl. seyn muß und das äußerste abwarten will 2.) weil ich alle Umstände nicht aufdecken kann ohne meine beyden
    Nachbarn
und Hiesigen
    Vorgesetzten
wehe zu thun, und beyde Verhältniße sind mir zu heilig und mit der
    vierten Bitte
verbunden. Der bloße Name von Bonificationen ist mir schon verhaßt und wird zu den grösten Durchstechereyen und Betrügereyen gemisbraucht. Jeder gute Wirth muß sich nach sr. Decke strecken und ein Königl. Freywohner hat keinen Fug seinen Phantasien nachzudenkenhängen und von seinem armen Nachfolger zu praetendiren, daß er sein Contingent dazu beytragen soll. Der meinige hat den närrischen Einfall gehabt eine kleine Kapelle mitten auf dem Gehöfte anzulegen, für die ich 50 fl. bezahlen sollte weil sie ihm 100 gekostet haben soll. Mein Gehöft hat dadurch gewonnen, daß sie niedergerißen ist. Jeder Verwalter und usufructuarius eines fremden Grunds u Bodens ist schuldig denselben zu verbeßern und vollkommener nachzulaßen und macht sich durch seinen Genuß bezahlt pp. Wie können Erben emolumenta die zu einem Königl. Dienste gehören, sequestriren und usurpiren die pertinentien u Accessorien meiner freyen Wohnung? Die Wittwe weiß keinen andern Grund mir 326 rth abzupochen als weil HE Gen. Insp. soviel bezahlt. Was für ein Verhältnis zwischen unserm Gehalt! Zwischen unsern Gärten! Seiner ist um mein halbes Gehöfte größer, hat verdeckte Gänge und ist voller Obstbäume. – Er ist ein Gärtner selbst – ich nicht und mag es nicht. Er macht sich Hofnung zum Eigentum deßelben unter eben demselben Vorwande der darauf verschwendeten Unkosten. Mir eckelt vor solchen Einfall. Kurz mein ganzer Sinn geht darauf nichts mit den Erben meines Vorwesers zu theilen zu haben und alles meinem Nachfolger frey und ohne die geringste Liquidation zu überlaßen. Die Erben haben auf meinem Gehöfte Licitationen angestellt, demoliren laßen, ohne mir die geringste Nachricht gegeben zu haben, den Garten mir vor der Nase zugeschloßen, herausnehmen laßen, was ihnen gelüstet, sich meines Gehöftes als ihres Eigenthums bedient – und haben alle Achtsamkeit aus den Augen gesetzt, die man einem Kohlbrenner zwischen seinen 4 Pfählen schuldig, daß mir das warme Blut aus den Augen und Nägeln hätte sprützen mögen, weil ich auf mein
    Hausrecht
und die Ehre deßelben so eifersüchtig bin – Da man aus dem Garten herausnahm ohne das geringste arbeiten zu laßen, ließ ich ihn durch einen Schlößer den 6 huj. eröffnen, weil meine Leute wegen ihrer Wäsche verlegen waren und nicht einmal den Bleichplatz vor der Nase nutzen konnten; nachdem ich bereits den 1 May an die Licenträthin Blom Anfrage gethan ob sie Resolution von Berlin erhalten und mit der Summe von 60 fl. die ihres Mannes Vorweser empfangen, zufrieden seyn wollte, ohne daß ich einer Antwort gewürdigt worden bin. Ich habe also zum ersten mal den 7 May das bisher verschloßene Paradies in Augenschein nehmen können und nichts als einen zieml. verwüsteten Platz gefunden, den ich mit 60 fl. über und über rantzionirt hätte. Unterdeßen ermangelte ich nicht noch denselben Abend vor Himmelfahrt der Wittwe davon Nachricht zu geben und ihr all ihr Verfahren von ihrer und sämtl. Erben Seiten mit etwas magischen Pinsel unter die Nase zu reiben, weil mich der
    Eifer
um ein königl. Haus lange gnug
    gefressen hatte
, und ich es nicht verschmerzen konnte wie ein Narr behandelt worden zu seyn sans faire mon crayon de la pierre
    infernale
.
Stellen Sie sich einmal vor, bester Kapellmeister, wenn Sie auch ein Gärtner ist, wie Mr le Marquis mon voisin, der Mist war bis in den May auf den Spargelbeeten liegen geblieben und meine Leute waren eben den 9 May in Begriff selbige anzunehmen als HE Hofrath Hoyer auch einen Arbeiter mit einem offenen Billet zu mir schickte und einer Garantie, daß mir kein Schade dadurch zuwachsen sollte. Ich ließ ihn aber mit einem Biergeld abfertigen u einem Gegenbillet, daß ich nunmehro da ich selbst zu arbeiten anfienge, weder seiner Gehülfen noch seiner Garantie nöthig hätte. Den 12 huj. wurde förmlich auf die Direction geladen um in Gegenwart des Dr. Laubmeiers die bitterste Vorwürfe zu hören, daß ich mich unterstanden hätte den Garten zu eröffnen. An statt in Schutz genommen zu werden, ertheilte man meinem Gegner, der mir ins Gesicht lachte und mit H-v- um sich warf, den guten Rath mich vor dem foro fori zu belangen. Kaum war ich in meiner Loge als ich ein so langes Billet als ein Advocaten Mantel hier ist, von Hofrath Hoyer erhielt und eine Antwort auf alle meine Puncte in jenem Billet doux vom 7 enthielt. Die Hauptsache betraff eine categorische Erklärung auf 2 Fragen nemlich: 1. ob ich die mit Kosten des Blom gepflanzten Bäume u Gewächse denen Erben als ihr Eigenthum zugestehen oder 2.) solche ohne alle Vergütung unentgeltlich an mich zu behalten gemeynet sey. Die erste Frage war schon
    thätlich
beantwortet durch mein ruhiges Verhalten seit Ostern bis zum 6 huj.; die 2te durch meine nachher geschehene Offerte von 60 fl. Ich ertheilte demohngeachtet noch mit aller mögl. Kälte meine Entfernung dem 9 u 10ten Geboth entgegen zu denken und zu halten handeln und weil ich nicht im stande wäre mich in Unterhandlungen wegen Bonificationen einzulaßen und den deshalb gemachten Forderungen Gnüge zu leisten,
    unterwarf
ich mich nochmals gern und willig alles was herausgenommen werden könnte den Erben zuzugestehen – Sie sehen hieraus, bester Landsmann u Freund! daß meine Uneigennützigkeit keine Ursache hat den dürstenden VerwüstungsGeist dieser Leute zu fürchten. Unterdeßen ist der Spargel ausgeschoßt, daß ihn niemand genießen kann, und was ich noch in der Geschwindigkeit seit dem 11 huj gepflanzt vieler Gefahr ausgesetzt. Das ärgste ist die
    Verlegenheit meiner Lage
nicht nur in der
    häuslichen Ruhe
sondern auch in Ansehung meines
    Dienstes
, indem ich mit eben soviel Aengstlichkeit u Vorsicht und Klugheit zu Werk gehen muß. Die Erben haben noch immer die Papiere in Händen, ohngeachtet ich bereits Unordnungen in meinem Register entdeckt habe ohne selbige verificiren zu können – und mir es an vielem fehlt; auch derjenige am besten seine Cour meinen Obern hier machen würde, der mich induciren könnte. Thun Sie (so wenig Sie können) um Ihr Werk zu vollenden und mir die Ruhe zu verschaffen – Ein Wink ist für mich hinlänglich. Ich bin hier aber ganz im Dunkeln – Seitdem Pzl. ein Vertrauter vom HE Dir. u seinen Familienumständen geworden ist, ist er wie umgekehrt und mein Herz gegen ihn gleichfalls. Ich mag diese Ebentheuer nicht berühren – das Andenken und die Vorstellung ist gar zu
    bitter
und
    herbe
für meine Denkungsart und für mein Gefühl. Die Haare stehen mir zu Berge. Unser Freund
    Kaufmann
hat mir wenig von Ihnen zu erzählen gewußt. Er hat 4 elende Nächte auf meinem Sopha zugebracht und ist den 27 April des Morgens aus meinem Hause verschwunden, da ich mich vom Schlaf nicht ermuntern konnte, weil ich ihm zu Gefallen bis auf den Schloßthurm geklettert war und mirch sein Umgang, wie ein Spatziergang auf den Alpen, erschöpft hatte, daß ich meiner Sinne nicht mächtig war, und beynahe eine gantze Woche nöthig gehabt mich zu erholen. Gevatter Assmus ist vermuthl. bereits in Wandsbeck. Herder hat mich gantz vergeßen – Ich hätte Ihnen eine Abschrift seines Brutus schon zugeschickt, wenn ich nicht Hofnung hatte Ihnen ein gedrucktes Exemplar von ihm Selbst zu verschaffen – und wenn ich in meiner Lage der geringsten Thätigkeit und Gemüthsruhe fähig wäre. Geben Sie mir doch bester Kapell Meister! wenigstens 3 Worte guten oder bösen Rath, und helfen Sie mir aus der Ungewißheit, in der ich bey meiner Verlegenheit bin, ob jene Leute die Sache dort anhängig gemacht, und ob ich mich dort verlaßen kann einigen Nachdruck für mich zu erwarten. Ich kann mich nicht eher näher auslaßen, bis ich wenigstens einen Laut von Ihnen habe und will ohne Ihre Genehmigung nicht gern ins Gelach schreiben. Wie gehts Ihr lieben Gemalin? Kaufmann hat Sie mir als sehr kränklich beschrieben. Empfehlen Sie mich bestens und Ihrem Freunde dem HEr Prof Engel. Ich bin nun gantz kahl. Kreutzfeld habe seit Sonntag nicht gesehen. Krause ist gut angebracht durch Prof. Kant bey Grafen von Kayserlingk mit 200 rth Gehalt. Ihren HErrn Vater werde nicht eher besuchen bis ich Ruhe dazu haben werde: so sehr er mir auch im Sinn liegt. Vollenden Sie Ihr Werk an Ihrem Landsmann und Freund und wenn es Ihnen mögl. ist so melden Sie mir wenigstens 1) ob Sie mit meinen Grundsätzen in der strittigen Sache zufrieden sind 2) ob meine Gegner sich dort wirklich gemeldt haben oder nicht? 3.) ob man dort geneigt seyn wird mich zu hören und 4.) ob Sie noch die letzte Hand ans Werk legen wollen und ich, ohne Ihnen überlästig zu werden, mich
    gantz
in Ansehung meiner Dienstlage Ihnen anvertrauen kann. Gott schenke Ihnen soviel Gutes als ich mir selbst wünsche. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster und verpflichtester Freund und Diener Johann Georg Hamann.
Kgsberg den 18 May Pfingstsonnt. 777. Liebster Gevatter, Landsmann und Freund, Da hängen Sie über mein Bett in effigie zwischen Kaufmann u Lavater, der hinten u vorn abgedruckt und also zwo Gläser hat, auf dem nach der Wand ist ein Grus von ihm von seiner Hand an mich unten angeklebt. Hinter Kaufmanns Bilde auf dem Brete das Billet so er hier an mich geschrieben. Nun fehlt mir von Ihrer Hand hinter Ihrem Kupfer zu kleben ein Blatt, auf dem Ihr
    Taufname
,
    Geburtsjahr
und
    Tag
, der Vor- und Geschlechts Name meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin, und beyder Zweige cum die et consule verzeichnet stehn; für Eintragung der Künftigen werde selbst Sorge tragen. Nicht zu vergeßen, unter Ihrem Kupferstich hängt ein kleiner Flick von einer zu meinem alten Hause gehörigen Tapete, gelben Grundes mit violetten Blumen, an dem meine beyde Taschenuhren hängen. Richt über zwischen 2 Fenstern hängt ein großer altmodischer Spiegel, und unter demselben Ihr kleiner Mohrenkopf à la Silhouette auf rothem Grunde in einem albernen (wo ich nicht irre, zinnernen) Rahmchen zwischen 2 Kupferstichen vom Stahlbaum, der im Kanterschen Buchladen weiland auslernte. Das eine Bild stellt unsern Heiland beym Brodtbrechen zwischen den 2 Jüngern vom Emahus vor u das andere des Kindleins Flucht nach Egypten. Beym Eintritt in diesen Saal fällt einem die ganze mit Büchern bekleidete breite Wand entgegen. Ein Sopha, auf dem Kaufmann vier Nächte tanquam e grege porcus gelegen oder wie er von er selbst schreibt sich wie ein Baurenfünfer manche lange Stunde gestreckt u gestrampelt hat ist mitten unter den Büchern angebracht und steht der Thür gegenüber. Ueber ersterm hängt D. Martin Luther in einem feinen Geschmackvollen Rahmen, wofür ich dem Gevatter Kanter einen Goldgulden gezahlt. Zur Seite im Schatten hängt das ärgerl. Bild mit dem Eselsohr, deßen geheime scandaleuse Geschichte Ihnen bekannt ist, und unter demselben das Motto zu meinem Autor Namen: Allzuklug sind seine Lehren, Allzuklug ist tumm! von der Hand des großen Schreibekünstlers La Roche-noblot der auf seiner Reise nach Riga ertrank und dem wovon ein großer Articul in der Hiesigen Zeitung zu seiner Zeit zu lesen war. Dieser Büchersaal ist zugl. das Schlafzimmer für mich u neben meinen Sohn. Neben bey schläft mein ganzes Serrail und über dem Familienbett hängt der
    Seher
! So lag Hans – zwischen seine beyde Knopflöcher: als der Seher über die 3 oder 4 Schürzen hängt. Noch eine Stube (aber ohne Ofen) zur Seite für den Schemen meines wesenden Bruders. Dies sind die Gelegenheiten alle in meiner königl. Wohnung, die von vorn eine herrl. Aussicht nach dem Pregel und der Friedrichsburg u von hinten nach den Gärten, der Wiese, der Stadt von einer und dem Felde von der andern Seite hat; Reiferbahn und die neue Roßgärtsche Kirche schnur gerade vor sich. Unten ein klein artiges Zimmer nach Norden, im heißen Sommer erquickend, aber nicht bewohnbar, weil es darinn stockt, und auf allen Fall für Freunde und Reisende künftig bestimmt, und für Leute die sich die schöne gerade bequeme Treppe nicht hinauf bemühen wollen. Richt über diese Stube eine vortrefl. Küche, ein kleiner guter Keller u zwo schöne vor der Hand ledige Speise- und Vorraths Kammern, die der reiche Gott im Himmel allmählich füllen wolle! So wohn ich seit dem 10 April ohne daß ich bisher noch im stande gewesen meiner neuen Lage zu genüßen, wegen der Unruhe und Katzbalgerey mit des Hofr. Hoyers Familie, deren Tochter mein Vorweser gehabt und von mir 326 rthl für den Garten bey meinem Hause Vergütung fordert und mir alles gebrannte Herzleid angethan. Zum tägl. Brodt gehören getreue Nachbaren und ich wohne zwischen einem in mehr als einem Verstande schwachen u unglückl. Director und dem General-Inspector de Marvilliers, der des Licent Einnehmers Wohnung wegen eine gl. Vergütung usurpirt. Gnug hievon. Auf meinen letzten Brief seit med. Martii keine Zeile Antwort erhalten. Gott gebe nur, daß Sie gesund und gutes Muths seyn mit Haus und Hof und meinem kleinen Pathen, für den ich nichts als tägl. beten kann wie für meine eigene Kinder. Mein alt Haus habe für 3400 fl. verkauft; Sie wißen daß es mir 4200 fl. gekostet u 2000 daran reparirt. War
    also rein fertig
ohne es zu wißen, wenn Gott nicht gegenwärtige Veränderung geschickt und den Zeitpunct meiner Rettung statt meiner wahrgenommen. Gevatter Claudius hat mir seinen Heimzug gemeldt; ich habe ihm dazu Glück gewünscht; weil Gesundheit uns näher ist als Rock und Hemde. Er ist so galant gewesen unserm Landsmann dem Capell Mstr für meine Beförderung zu danken. Würden Sie, liebster Herder! für mich u ihn wohl die Freundschaft haben, ihm zu einem Exemplar Ihres Brutus behülflich zu seyn. Er hat ihm sehr gefallen u er schrieb mir hier ein langes Billet darüber, weil er glaubte, daß die Anlage dieses musicalischen Drama seinem Ideal von den bisher unerkannten Pflichten eines Dichters gegen den Virtuosen oder Componisten an vielen Stellen sehr nahe käme. Wären Sie nicht im stande ihm ein Exemplar direct zu expediren? Haben Sie nicht Lust eine Zeile beyzufügen und Bedingungen dabey zu machen, so will ich letztere ersetzen und er soll selbige durch mich angezeigt erhalten. Ich möchte diesen ehrl. Landsmann u Freund noch bey meiner gegenwärtigen Verwirrung meiner innern und äußern Lage nöthig haben. Wer weiß wozu er Ihnen noch einmal gut seyn kann. Sein Vaterland muß man niemals vergeßen. Keine schönere Krankheit in meinen Augen als das Heimweh. Kaufmann hat nicht nur bey mir lange vorher gespukt; sondern auch beym gantzen hiesigen respectiven Publico. Penzel hatte Auftrag auf die Rapport Zettel der Einkommenden wachsam zu seyn. Den 15 März kommt er mit der wichtigen Mine eines gelehrtpolitischen Zeitungsschreibersträgers, am Posttage dazu, wo er alle Hände vollhat, zu mir gelaufen. Nachdem er mir lange zu rathen gegeben hieß es endl. daß Kaufmann hier wäre. Ich hatte eben einen Tag der mir schrecklich u. mir die gantze Welt zu enge war, ließ ihn also laufen mit Gleichgiltigkeit u Verdrus. Den Sonntag drauf war der Stein vom Herzen und ich befand mich so erleichtert, daß ich Montags zum ersten mal wider auszukriechen im stande war. Zuletzt kam es heraus, daß ein Officier den wunderbaren Einfall gehabt sich für einen Studiosum u seinen Namen Kaufmann auszugeben. Unterdeßen „Herr Kaufmann, ein Gelehrter“ in unsern Zeitungen ärschlich und weidlich prangte. Den 18 April war der Mann wirklich hier. Ich hatte die Ahndung davon Dom. Jubilate, erfuhr aber erst den Montag drauf daß er wirklich hier aber und krank wäre und demohnerachtet Prof Kant u den polnisch-reformirten Prediger den vorigen Abend bis 11 Uhr bey sich gehabt hatte. Ich ärgerte mich über diese Gleichgiltigkeit, da ich außer den beyden Empfehlungen von meinen beyden einzigen Gevattern im Heil. Römischen Reich einen Brief von Seinem Johann Caspar hier hatte. Nach vielen Ueberlegungen kam ich auf den festen Entschluß mich noch einen Tag um ihn nicht zu bekümmern sondern erst den 23 zu ihm zu gehen, da unser Bußtag einfiel mit dem Vorsatz den gantzen Tag bey ihm zuzubringen oder zu mich zu führen. Ich freute mich über mein Entwurf, weil die Witterung den 22 April sehr schlecht ausfiel. Kaum war ich auf meiner Loge, so frug ein Miethsbedienter nach mir u händigte mir ein Pack von ihm ein, das ein klein billet doux Ihren Kupferstich, den ich aber nicht erkennen konnte und das
    Allerley
in sich hielt. Ich lief schriftlich und mündl. mit Hand u Fuß zu ihm. Er lag im Bette, zu seinem Vortheil. Er klagte mir seine Noth in Kgsb. redte von seiner Existenz, Function pp und ich soff 2 Schälchen Goldwaßer ohne zu wißen und wider meinen Willen aus, nahm ihn mit à la fortune du pot, fraß 2 Teller Sauerkraut, meine doppelte Portion gepreßten Caviar, ohne daß er im stande war mir Bescheid zu thun, sondern wie der katholsche Laye vom Zusehn satt werden muste. Dies gegebene Argernis meines sauern und grimmigen Geschmacks hielt ihn nicht ab den gantzen Tag dazubleiben. Wir wurden gegen Abend über einander misvergnügt und er blieb die gantze Nacht auf meinem Sopha
    sitzen
, unterdeßen ich ein wenig unruhig in mein Bette wider meinen Willen gieng. Der Mittw. war unser Bußtag und ich führte ihn zu Kant, wo eben Krause war und mit dem er bey Grafen Kayserlingk speisen sollte und bis den späten Abend da geblieben war. Donnerstags besuchte er mich Morgens u Nachmittags, unser Nachtgespräch war abermal Widerspruch, aber mit überlegener Laune von meiner Seite. Penzels Silhouete u Character beschäftigte uns diesen Abend. Er
    streckte
sich auf mein Sopha und lag also ein wenig bequemer. Freytags Nachmittags besuchte er mich in meiner Loge, sedentem in telonio, und wir waren den Abend beym Director zusammen zum großen Unglück für Penzel und zu noch größerm für mich. Kaufmann schlieff wider bey mir und wollte wider mein Vermuthen abreisen, schenkte mir aber den gantzen Sonnabend und ohngeachtet meines Versprechens ihn mit dem Kreutzfeld nach Trutenau zu begleiten, war ich den Dom. Cantate so im Schlaf vertieft u unvermögend mich aufzurichten daß er vor meinem Bette verschwand ohne den Weg nach Schenck seinem Wirths-Hause zu wißen und ohne daß ich im stande war aufzustehen – blieb auch liegen bis 9 Uhr des Morgens am Sonntage Cantate. Ich hatte ihn
    Mittwochs
auf den Schloßthurm begleitet. Zum Glück war Krause unser Gefährte; weil ich nicht bis in die oberste Zinne nachzuklettern wegen meines Schwindels im stande war. Meine Beine, die keinen Scherz mehr verstehen, waren so zerrädert, als wenn ich einen Burschenritt zu Pferde gethan hätte. Sein gantzer Weg zu denken, zu empfinden und zu handeln ist so Alpenähnlich, daß Sie leicht sich kvorstellen können wie einem armen Mann dabey zu Muthe gewesen seyn muß, der leider! nichts als in leimichten kothichten, sumpfichten Ebenen zu waden gewohnt ist. Da ich also ein paar Tage nachher im Florus Lib I. Cap VII.
    monstrum
    pulcherrimum
fand, fiel mir unser liebe Kaufmann ein. Vorgestern erhielte wider Vermuthen einen Brief von ihm aus Riga und Hartknoch dankt ihm sehr für seine medicinische consilia. Er spielt die Rolle beynahe im bürgerl. Leben als ich in der Autorwelt. Ich hab ihn mehr nach seiner Abreise als bey seinem Daseyn genoßen. Wir konnten nicht einander unsere Aussprache verstehen; und jeder hat ohnedem seine charakteristische Sprache für sich. Ich konnte mein Herz nach seiner Abfahrt nicht beßer erleichtern als daß ich selbige den Tag drauf unserm Claudius meldte; und danke Ihnen beyden für getreue Anweisung dieses Bidermanns, deßen Genuß ein wahrer Leckerbißen für meine Neugierde, und ein würdiger Gegenstand meiner magischen Laterne gewesen, die nach Menschen sucht und nichts als Vegetabilien findt oder perpetua mobilia. Gott seegne diesen unsern Pilgrim und geb ihm allenthalben Freunde and
    congenial souls
.
Er hat mir 2 meiner Freunde verleidet, und mit Krause wider näher zusammen gebracht, der gegenwärtig vortheilhaft im Kayserlingschen Hause als Gouverneur eines Anverwandten lebt. Mit Penzel lebe entfernt seitdem er ein Vertrauter vom Stockmarschen Hause geworden seit länger als einem Vierteljahr. Vergeßen
    Sie nicht
,
    liebster Herder
!
    meine Bitte
in
    Ansehung Ihres
    Brutus
für
    Reichard
;
und vertrauen Sie mir den Verfaßer der Auflösung der 2 Fragen im Mercur, ob es auch
    Stoltz
ist. Es ist mir schlechterdings daran gelegen dies zu wißen, ohne daß der geringste Misbrauch oder Nachtheil dadurch für Sie entstehen kann. Ich bin bey dem ersten Kapitel meiner Abhandl. stehen geblieben und nicht im stande eher darinn fortzufahren, bis ich zur häusl. Ruhe komme; ohngeachtet ich nicht leugnen kann daß ich meine Idee nicht gern aufgeben möchte. Vorgestern erhielte auch einen Brief von Trescho, der mir die Unpäßlichkeit Ihrer lieben Frau Schwester meldte und daß selbige mit
    Hartknoch
den selben Neumann wider zurück erwartete. Ich habe ihm geantwortet, daß dies unmögl. wäre und Neumann bey mir sogut als mögl. aufgehoben seyn sollte, falls er durch einen andern Weg herkäme. „Weil die Unterbringung dieses jungen Menschen wegen seines Heimwehs dort nicht fügl. hätte geschehen könnteen: so könnte
    hier
vielleicht für ihn gesorgt werden“ und habe ihm das übrige indirecte zu verstehen gegeben, daß nach Verhältnis der Distantz, wo Kgsb. u Weimar von Mohrungen lägen, sich die Lage der Umstände nicht
    beurtheilen
ließe. Er hatte zu meinen
    gegenwärtigen
    beglückten Umstanden
ein Compliment gemacht, die ich mit Gottes Hülfe erst noch zu erleben hoffe und die bisherige Unruhe für die Aussaat einer gründlichen künftigen Ruhe halte. Wer ist der Verfaßer des Fiebe Wertherfiebers? Hat es Ihnen auch so gefallen als mir. Was macht Göthe? Mit seiner Autorschaft ist es nun lange Zeit stille! Noch eine Consistorialfrage! Ist das 6te Hauptstück vom
    Amt der
    Schlüßel
nicht von Luther selbst? Es steht nicht in der alten Ausgabe von seinen Schriften die ich besitze und wird in den neuen Katechismen gleichfalls ausgelaßen. Wie ist es in die mittlern eingekommen und von wem mag diese Erklärung herrühren? Der
    Geist
dieses Hauptstücks ist für mich sehr wichtig und der Grund des Predigerwesens: so wie die 6te Zahl mit den Werkeltagen der Woche übereinkommt, daß ein Kind jeden Tag aus diesem wahren Enchiridio ein pensum aufzusagen hat. Wegen des Schloßerschen Anti-Pope, den ich dem Kaufmann abgelungert bin jetzt neugierig seinen Katechismum zu lesen fürs Landvolk; weil ohne das so genannte Geheimnis der Heil. Dreyeinigkeit mir gar kein Unterricht des Xstentums mir mögl. zu seyn scheint,
    Ende
u
    Anfang
wegfällt wegen des ausdrückl. letzten Befehls zu taufen im Namen des Vaters Sohns und heil. Geistes. Kurz, was man für die pudenda der Religion hält und der Aberglaube selbige zu
    beschneiden
und die Raserey selbige gar
    auszuschneiden
: hierinn besteht der Innhalt meines Embryons. Melden Sie mir also, ob Sie der Verf. der Auflösung jener mercurialischen Fragen sind oder der Prediger im Magdeburgschen, welcher ein Schweitzer und Stoltz heißen soll. Gott seegne Sie, bester und theuerster Gevatter! und nehme Sie und Ihr ganzes Haus in Seinen heiligen Schutz. Mein Garten ist überschwemmt und die Fluth dringt bis ins Gehöft. Noch an keinen Brief aus der Laube zu denken! Den 22 März erhielte ein Couvert, das, wie Hartknoch mir vorgestern berichtet, nicht von Ihrer
    rechten
Hand sondern der
    linken
gewesen. Ich habe Einl. sogl. bestellt; aber wie mir zu Muthe war nicht ein einzig Wort von Ihnen zu sehen – legte es aber wie eine Mahnung um Antwort aus, die bereits unterwegs war. Gott empfohlen u Seiner Gnade u Liebe. Amen. Mein Lehnchen hat Gottl. die Inoculation glücklich überstanden, aber meine arme Hausmutter liegt leider! wider am Fieber – Vale ama et scribe responde.
Ew HochEdelgeb letztes Billet vom 25 pr. habe erst den Abend drauf erhalten und Ueberbringer deßelben hat nicht nur das verlangte Gartenschloß sondern zugl. einige ledige Töpfe mitgenommen. Den Blomschen Erben ist so wenig an ihrem eignen als ihres Nächsten vsufructu des zu meiner freyen Wohnung gehörigen Gartens gelegen gewesen, daß sie zwar den 10 u 17 April p Pflanzen u Gewächse haben ausgraben u wegführen aber den Mist auf den Spargelbeeten bis in den May liegen laßen und ein Nachbar sich über das Raupengeschmeiß erbarmen muste; sondern unter diesem kahlen Feigenblatt ihrer Pflanzungen haben sie ein dominium rectum auf den privilegirten Grund und Boden usurpirt, das Eigenthum desselben dadurch eine Art von Eigenthum oder ein jus alienandi per fas et nefas und durch geheime Partage-Tractaten und per fas und et nefas zu erschleichen geglaubt, und den unschuldigen armen Nachfolger des seel. Testatoris zu schmälern u zu kränken geglaubt. Ohngeachtet der Nach beliebig vollbrachten Licitationen u Demolitionen auf meinem Gehöft u Gartenplatz hab ich mir die Freyheit genommen den 1 May der Wittwe meines Antecessoris 20 6 rth anzubieten, weil die Storchschen Erben mit dieser Summe haben für lieb nehmen Ohngeachtet der Blomsche Garten den 3 May eines feyerl. Besuchs gewürdigt wurde, erhielt ich erst den 7 May durch eine Ohngeachtet dieses Geld von dem gedachten dato an als ein freywilliges Opfer meiner Denkungsart deponirt worden: so wurde zwar mein Gehöfte den 3 May eines feyerl. Durchgangs gewürdigt aber ich erhielt habe keine Antwort erhalten als den 7 May durch eine Dienstbotin den trocknen Bescheid, daß die Blomschen Erben aus Berlin auch nichts erhalten hätten. Weil es eben der heil. Abend zum Himmelfahrtsfest war; so war mir wirklich Da meine den 1 May freywill geschehene An nach beliebig vollzognen Licitationen u Demolitionen Nach beliebig vollzognen auf meinem Gehöfte so wohl als dem dazu gehörigen Gartenplatze vollzognen Licitationen u Demolitionen habe ich den 1 May mich freywillig erboten der Wittwe meines Antecessoris die 20 rth welche die Storchsche Erben empfangen zu ersetzen ohne die geringste eigennützige Rücksicht auf eine Vergütung meines Nachfolgers; bin aber keiner Antwort gewürdigt worden und den 12 May von neuen Um den aus meiner Antwort auf Dero erstes Billet vom 9 pr. gezognen übereilten Schluß, daß ich ein Genüge finde und den mir von einem der Verdacht der Blomschen Erben gemachten Vorwurf, kurz thätlich kurz zu widerlegen daß ich ein Genüge gefunden finde mir ihre Pflanzen u Bäume zu Nutze zu machen, also u. zu erndten wo ich nicht gesäet habe, wie sie ein Genüge gefunden, nur wegen unter dem Vorwand ihren Pflanzungen ein gänzl ein dominium directum auf dem königl. Grund u Boden zu vsurpiren und mich von dem vsufructu dominio vtili deßelben gänzlich durch ihre Eingriffe in meine Rechte gänzl. auszuschlüßen, sondern auch ein ius alienandi Sequestration nicht nur zu sequestriren sondern auch ein ius alienandi sich anzumaaßen per fas et nefas zu acquiriren: habe ich nicht ermangeln wollen Ew HochEdelgeb. nochmals zu versichern, daß ich aus Gründen der Vernunft und Erfahrung auf das wie auf die Ehre eines diesjährigen gänzl. entschloßen weder ein Vsufructuarius der Blomschen Erben Verzicht thue u ihrer von den Raupen praeoccupirten zu seyn den förmlichsten Verzicht thue noch ein Würgengel der auf ihren Pflanzungen und Bäumen herrschenden Raupen zu seyn. Wenn die mir gemachte Dro und den mir überlaßnen diesjährigen fructum wie die mir geleistete Guarantie für nichts beßer als juristische Versuchungen ansehen kann. Sollten die mir zugedachte Drohungen und Landesgesetzen gemäße Mesures nicht binnen der mir ertheilten Henkerfrist eben so wenig zu ihrer Reise gelangen: so wünsche ich wenigstens während der mir ertheilten Henkersfrist eine ebensogroße Kluft zwischen mir u den Blomschen Erben befestigen zu können als nach dem heutigen Sontags Evangelio zwi zwischen dem reichen Mann und armen Lazarus, gemäß dem heutigen Sontags Evangelio. Weil ich Außer den begehrten Grundsteinen ersuche Ew. HochEdelgeb zugl. dafür zu sorgen, daß ein großer Kasten nicht länger mir auf meiner Luchte im Wege steht und die Blomschen Bänke gleichfalls aus dem Storchschen Wäldchen, für das geräumt werden nebst den noch übrigen ledigen Töpfen abgeholt werden. (1. Juni) Narva den 15 Junii 77 Noch sind Sie nicht fort die Zeilen, die ich Ihnnen Theurer Hammann! beim Anfang in einer neuen Epoche voll Verdrußes und Wiederwärtigkeiten geschrieben habe, bin aber warlich nicht Schuld, muß vieles liegen laßen. Ich bin wieder krank gewesen, es war aber nur allzu starke Anstrengung der durch das Aufgehen des Geschwürs geschwächten Brust. Jezt ists wieder gut, alles beßer. Da ich von Sale Weina weg, von den Chunstoffischen Gütern entfernt bin. O liebster Hammann! Sie haben nicht den geringsten Irrthum an meinen Reisegefehrten gehabtthan. Man gabe Ihn mir zu meinem ökonomischen Vortheil, dafür sollte ich auch was büßen. Nun aber bin ich um mein Geld gekommen, habe den garstigsten Verdruß gehabt doch u. s. w: Mündlich alles – Dank sei der Vorsehung, die mich bald aus meiner Verlegenheit riße. Jezt liebster Bester! reise ich nach Petersburg, bleibe aber nur so lange da, bis es Zeit ist, daß wegzureisen, um
    sicher ungewis
zu Ende Julii auf der See nach Lübek zu kommen. Den letsten Julii neuen alten neuen Stils bin ich wills Gott bei Claudius – wo ich Hammann den einzigen, wills Gott zu treffen hoffe vielleicht mit Ihm zu: HE Herdern und zu meiner Elise Reise, oder mit Ihm leze, von Ihnn mich trenne auf lange, nach Lübek zurückfahre, und mich für Amerika einschiffe. Mein Herz ist zu sehr gedrängt, ich kann nicht viel sagen – Erfüllen Sie liebster Hammann meinen
    innigsten Wunsch
. Machen Sie sich reisefertig und kommen Sie zu: Ende Julii nach Hamburg und laßen Sie uns beisahmmen wol seyn – Muß ich nicht Amerika, so reisen Sie mit zu Herdern. Ich bitte Sie laßen Sie sich Oekonomie nicht abhalten – machen Sie es möglich, unser Zusammenkommen wird gesegnet seyn. Sollten Sie aber wieder alles hoffen und wünschen nicht kommen können, so sagts mir ein Brief bei Claudius. Wenns gut ist, so erhört Gott meinen frommen Wunsch, und ich sehe Sie bei Hama Claudius in anderthalb Monath. Dies ist genug zur Ueberzeugung, daß ich nicht nach Königsberg kommen kann, daß es mir Noth ist, Hamman zu sehen – Adio Liebster! Wills Gott sehen wir uns in 1½ Monath neuen Calenders – und ich kann mir wol machen – adio. Ihr hoffender Kaufmann Adresse mit Siegel:
    Manuskript
Herrn Packhof Insbektor Hamman / in / Königsberg / in
    Preußen
. man bittet um die schnellste /
    Besorgung
Vermerk von Hamann: Erhalten den 3 Julii / 777 / 24 gl. / Einl. an HE Ehrmann den 3 Julii / bestellt.
Schon sind 2 Briefe an Sie heute auf die Post gekommen, und jezt noch der 3te, da ich eben den Ihrigen erhalte. Nichts als hoffen, wünschen, und harren will ich, glauben will ich, daß Hamman aus Liebe möglich machen wird, daß wir uns doch bei Claudius in den lezten Tagen des Julii möglich sehen: Nach Königsberg kann und darf ich nicht kommen – adio liebster Theurer! Gott führe Sie nach Hamburg. Narva 15 Junii 1777 In einer Stund verreist Ihr Sie erwartender Christoph Vermerk von Hamann: Nebst 2 Einlagen an HE Baron Curt von Haugwitz bestellt den 1 Julii in Kreppitz durch HE Jacobi durch Breslau v POppeln.
    Kirchenrath Sander
in
    Kindringen
bey Freyburg im Breisgau: Porto 1 fl. 16 gl. Den 2 Julii.
Adresse mit Siegel:
Herrn Packhofs Verwalter / Hammann / in Königsberg / in
    Preußen
.
    frei
Vermerk von Hamann: Erhalten den 30 Junii 777.
HöchstzuEhrender Herr Capell Meister Geliebtester Landsmann, Gönner und Freund, Den letzten May erhielt Ihre Antwort zu meiner grösten Beruhigung und Zufriedenheit, als ein Unterpfand Ihrer freundschaftlichen und vaterländischen Gesinnungen, an deren Sympathie der Genuß und die Dauer meines Glücks hängt, so wie ich selbiges Ihrer Vermittelung zu verdanken habe. Es ist kein müßiger Einfall, sondern eine lebhafte Empfindung in mir Ihr Urtheil in der Wahl zu meinem gegenwärtigen Posten zu rechtfertigen und demselben in mit der That Ehre zu machen. Ich bin von der andern Seite so mistrauisch gegen mein eigen Urtheil, und die gantze Angelegenheit sieht einem bloßen Privat-Interesse und Familien Sache so ähnlich, daß ich mich nicht entschlüßen können dem Rath Ihres vertrauten Freundes vor der Hand zu
    folgen
, und die Gen. Adm.
    vor der Zeit
zu behelligen; weil ich hoffe daß
    die Zeit
die Langsamkeit meiner Schritte in ein günstiger Licht setzen wird. Den 24 May waren wider 3 Leute auf meinem Gehöfte u in meinem Garten, die ohne sich zu melden eigenmächtig Dinge abholten. Den andern Abend drauf schrieb mir Hofr. Hoyer im Namen der Erben ein Billet mit der Erklärung, daß mir der vsus fructus der Gewächse abgetreten würde mit der Bedingung, daß die Erben entweder selbige aus dem Herbst herausnehmen oder eine öffentl. Auction anstellen würden. Daß den Erben nichts an ihren Gewächsen gelegen gewesen, erhellt daraus, weil man bis zum 8 May nicht die Hand angelegt, die Raupen sich im Besitz gesetzt und der Mist noch auf den Spargelbeeten lag. So bald ich aber fieng die Hand anzulegen, fiel es ihnen wie unartigen Kindern ein, zuzulangen weil sie besorgten eben den Einspruch in ihre Früchte, den sie auf den Boden gemacht hatten. Ich sollte also mit dem was die Raupen übrig gelaßen mich abspeisen laßen u ihnen Zeit laßen den Gräuel der Verwüstung auf den Herbst auszuführen. Weil es mir nicht möglich war die 3 Billette vom Hofrath Hoyer mit allem dem Nachdruck zu beantworten, wie ich der Wittwe ihre den 7 May abgefertigt hatte: so wurde ich den 5 huj. des Abends um eine Antwort auf obige Erklärung, vsufructuarius der Blomschen Gewächse zu seyn, erinnert, und ich entschloß mich kurz u gut den 7 huj. den Curator selbst in seinem Hause zu besuchen. So sauer dieser Gang mir geworden: so hoffe ich doch selbigen nicht umsonst gethan zu haben, wenigstens hat er mir Stoff zu
    Betrachtungen
und zum
    Lachen
gegeben. Das Betragen der Erben schien er aufrichtig zu misbilligen; aber er konnte es nicht begreifen, daß es für mich eine Beleidigung seyn könnte ein vsufructuarius der Blomschen Raupengewächse p zu seyn und mich für die Henkerfrist ihrer eigennützigen Unverschämtheit zu bedanken, da meine allererste Erklärung darauf hinausgieng den Erben den vsumfructum für diesen Sommer abzutreten u selbige bis zum May Zeit gnug gehabt haben mehr als wirkl. geschehen auszunehmen und ihre Schadloshaltung so gut wie mögl. zu bewirken. Der Plan war aber darauf angelegt mich um den Grund selbst zu bringen und man hat laut in der Stadt von dem Partage-Tractat meiner Nachbarn gesprochen, weil sie meine abgemeßene und überlegte Gleichgiltigkeit für reine Dummheit angesehen. Da ich also HöchstzuEhrender Freund! seit meinem Besuch bey Hofr. Hoyer nichts weiter erfahren und völlig in Ruhe gelaßen bin: so werden Sie es mir nicht verdenken, daß ich noch ein wenig warte mich zu melden. Das Geschrey der Erben sich in Berl. gemeldet zu haben hat mich am meisten für widrige Eindrücke besorgt gemacht. – Ihre
    Freundschaft
und
    Patriotismus
und Eifer zu
    nützlichen
    Aufträgen
auch ein wenig gemisbraucht zu werden geben mir Anlaß mich Ihnen gantz zu entdecken. Meine ganze Einnahme von Januar bis vlt. Maii hat noch nicht volle 25 rth ausgemacht, worinn mein monathl. Gehalt besteht. Jahreszeit und das Vicariat mögen zum Theil an dem schlechten Product schuld seyn. Ich habe bisher sub tutela dieses vicarii gearbeitet – Vielleicht kennen Sie den Buchhalter Pinnow persönlich – und dieser Monath ist eigentl. der erste unsers meines Finanzjahrs u meiner Amtsführung, übersteigt auch bereits die Einnahme des vorjährigen Junii. Unterdeßen bleibt es immer ein sehr ungewißes und durch die billige Herunterlassung auf ⅙ für die Juden, ungemein gesunkenes Product. Bey dem großen
    Misverhältniße
meiner Arbeit und meiner
    Verdienste um das Königl. Interesse
laufe ich wirklich Gefahr – Sie wißen daß die Direction bereits den Einfall gehabt an meiner Befugnis meiner zu gegenwärtigen Wohnung quâ Packhofverwalter zu zweifeln – Freylich nicht nach der
    alten
Einrichtung; aber nach der
    neuen
ist dem Licent Inspector eine Wohnung mit
    Gewalt
ausgemittelt worden, womit der Licent Einnehmer fürlieb nehmen muß, weil seine vom jetzigen General-Inspector usurpirt wird unter dem Vorwand des für den Garten gethanen Vorschußes. Aber nicht nur kraft der
    alten Einrichtung
, sondern auch nach derm
    Natürlichen Laufe der Dinge
sollten die beyden Stellen des Licent- Inspectors und Packhof Verwalters verbunden seyn oder wider vereinigt werden, weil der letztere Posten nicht füglich ohne
    Einsicht
und
    Einfluß
in den Zusammenhang verwaltet werden kann, und der erste Posten als ein poste de confiance eben so wenig Arbeit erfordert. Ein Licent Inspector allso mit ärgerm Gewißen über alterum tantum zieht von über demas Gehalt eines an seinen Flügeln gelähmten Packhoff Verwalters. Der erste Licent-Inspector ist ein
    infamer
Dieb gewesen, und anstatt bestraft worden zu seyn durch den eben so ungerechten als klugen Geh. Finantz Rath Magnier seeligen Andenkens statt des Galgens
    zum
Prov. Controleur erhöht worden in West Preußen. Der
    dritte
und
    zeitige
ist per fas et nefas mein getreuer und unglücklicher Nachbar. Er hat mir selbst seine Noth geklagt, daß die leidige Ratzen in seiner Kammer, wo er sich pudert, ihm allen Puder auffräßen – und die Blomschen Raupen haben ihm vermuthl. ein Gallenfieber gegenwärtig zugezogen, weil sie sich vielleicht an seinem Garten ohne meine Schuld vergriffen. Um den Instinct der Puderratzen zu verstehen muß ich Ihnen nur anführen, daß der Mann die Disgrace zu Berlin erlebt von der Perückenmacher Zunft, bey der er sich gemeldet haben soll um das Meisterrecht zu erlangen, abgewiesen zu werden, und seines Schicksals uneingedenk sehr laut murrt noch nicht Geh. Rath geworden zu seyn, weil er in dem Königl. Dienst so viel von den Einkünften ss Marquisats zugesetzt. Sie können sich leicht vorstellen, bester Landsmann! wie es in einer Haushaltung zugehen muß, wo postes de confiance solchen Geschöpfen anvertraut werden, und ob derjenige ein
    Feind
oder
    Freund
seiner Vorgesetzten ist, der bey der tiefsten Unterwerfung und Ergebenheit in das Joch der Subordination – murrende Seufzer nicht unterdrücken kann – und warum ich mich schäme mit einer Garten Supplique Requete zu erscheinen, und mich um das Blomsche Raupengeschmeiß im Grunde der Seele nicht bekümmern, sondern keine andere Absicht im Schilde geführt habe als die im Hohen Lied Salomonis II. 15 geschrieben steht: Faht uns die Füchse, die kleinen Füchse die die Weinberge verderben, denn unsere Weinberge haben Augen gewonnen. Sie werden es mir daher bester Freund! nicht verargen, wenn ich den ganzen geschlagenen Tag in meiner Loge bald das Neue Testament im Grundtext, bald den Shakespear oder einen Autorem classicum lese, weil ich es zu meiner Maxime gemacht mich
    um nichts zu bekümmern
und die ganze Welt wie einen alten Roman ansehe, der den Titel zu verdien führen verdient: Man muß nicht glauben was man sieht. Die Droits du Roi sind so beschrien wie Moses Hörner; wenn noch die
    Chicane
der Zaunkönige und ihr Adler Geschmack am Luder das Plus dazukommt: so ist leicht zu erachten daß jedermann die Lust zu leben, geschweige zu handeln und zu wandeln vergeht. Den letzten April begegnete mir ein Zuckerbecker, der sich bey mir erkundigte ob ich nicht Citronen pp zu verstutzen hätte und man hat mir allerhand Kleinigkeiten umsonst aufdringen wollen, die ich ehrlich bezahlt, ohngeachtet man mir versichert, daß dies eine
    Gebühr
meines
    müßigen Amts
wäre. Kurz, bester Kapell Meister! Sie werden sich nicht um einen ehrl. Kerl sondern vielleicht um 100 Landsleute, die noch ehrlicher als wir beyde sind, verdient machen, wenn Sie bey einem
    günstigen Augenblick Ihren zu nützlichen Aufträgen
gestimmtes Herz dazu verwenden, daß Ihr alter Freund und
    Client
als Packhof Meister vom Accise Etat ausgestrichen u als Licent Inspector oder als ein Oberster der Zöllner und als ein Αρχιτελωνης oder ErzZöllner übergetragen werde – und denn besuchen Sie Ihre Vaterstadt und
    trinken
in meiner Mooßbude, wie ich das Storchsche Wäldchen nenne – unter Pauken und Trommeten – oder Lauten und Saytenspiel ein TE DEVM laudamus! Thun Sie also Ihr Bestes, wenn Sie es nicht glauben können, sich wenigstens einzubilden und es andern weißzumachen, daß ich ein ebenso
    ehrlicher
als
    gelehriger
Mann bin – dem Gott die Gaben eines Licent-Inspectors mit der Bestallung aus Gnaden schenken wird – und da die
    Misbräuche
den alten Grund übertreffen: so wird der
    alte Grund
auch zum
    Gegengift
dienen, um das
    neue
Gebäude zu erhalten. Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine
    Stunde
, sagt der weise Prediger. Schreiben Sie mir also bey einer müßigen Stunde, wie Sie meinen Gevatter Claudius u sein Bauermädchen und mein Pathchen gefunden, und eine Zeile von meinen Freunden Klopstock, Bode und Passavant – wenn Sie selbige gesprochen haben. Gott seegne Sie und Ihre liebe Hälfte! – und Ihren guten Engel! – 2 Tim II. 7. Ich umarme Sie und ersterbe – die Feder in der Hand pro aris et focis! Ihr treu ergebenster Freund, Landsmann und Diener Prof. Kreutzf. besucht mich unfleißiger; Johann Georg Hamann. vorigen Sonntag war er bey mir. Die Königsberg den 18 Junii 777. Schuld liegt an meiner bösen Laune vielleicht. den 19 des Morgens. Ich habe Ihnen ohne Schaam und Schande den rohsten Entwurf zur Redintegration meines verstümmelten Postens mitgetheilt, um Ihr Urtheil darüber zu erwarten. Mehr
    Arbeit
, mehr
    Muße
– es fehlt mir gegenwärtig an beyden. Dieser Widerspruch läßt sich leicht aus den Ecken meiner Lage erklären. Es fehlt mir an einer Sphäre meine Kräfte zu entwickeln – Ich liebe das forte im denken und das piano im handeln. Bin ich hier der Direction und dadurch zugl. dem dortigen Ober ressort näher; so hab ich mehr Beruff zu sehen, zu untersuchen und mich zu erklären
    unmittelbar
Die Papiere sind von den Erben dem General Inspector, wie ich gesehen ausgeliefert worden, was der damit macht, weiß ich nicht. Der Posten der bereits im vorigen Sept. und vom Vicario im Februario geschloßen werden sollen, sind zu Anfang dieses Monaths von mir eingezogen und zur Einnahme gebracht. Daß ich nicht
    den Licent Trägern vorgestellt
worden, und nichts
    als
die Depot Kammer der beschlagnen Sachen mir übergeben worden, hab Ihnen bereits gemeldet. Man hat mir ausdrückl. versichert, daß ich mich um die
    Judenwirthschaft im Neuen Magazin
nichts zu bekümmern hätte, sondern blos einzutragen, abzuschreiben in meinem Register und das ½ zu berechnen – ist mir
    lieb
, aber weder gut noch recht und geht auch nicht anders an. Sapienti sat. Vale et faue! Dixi!
Kgsberg den 23 Junii 777. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund, Diesen Abend erhalte Einlage, und suche selbige sogl. zu befördern. Hintz kam den 5ten huj gantz entzückt von Ihnen an, brachte mir aber schlechte Nachrichten von Ihrer Gesundheit mit, die mich bisher beunruhigt haben, und auch Ihre liebe Schwester, welche gar den Verdacht zu haben scheint, daß der kleine Christoph dazu Anlaß gegeben. Es ist mir lieb, daß Sie Gelegenheit gefunden ihn dort unterzubringen. Meine damalige Nachrichten zielten zum Theil darauf ab, Sie zu einem: Vogel friß oder stirb! zuzubereiten. Wenn er unterdeßen einem guten Lehrherrn unter die Hände kommt, hab ich noch Hoffnung, daß Sie die Früchte Ihrer guten Absicht erleben werden Zeit und Weile wird mir lang von Ihnen Antwort zu erhalten. Hinz hat sich eine gantze Woche hier lang aufgehalten, wider seine Gewohnheit u einen jungen Courtan von 6 Jahren mit sich genommen zur Erziehung. Ich weiß nicht wo er die Nachricht von Ihrer Krankheit her hat; wünschte von Ihrer völligen Widerherstellung bald versichert zu seyn. Von Claudius weiß eben so wenig Vorige Woche kam der Briefträger mit einem Päckchen an seel. Prof. Lindner addressirt zu mir; ich lösete es auf seine Bitte aus und fand daß es der dritte Theil des Bertuchschen Don Quixote war. Nach vielem Suchen fand bey der Fr. Consistorialräthin einen Aufsatz der Subscribenten aber nur für 8 Exempl. die ich bereits den Anfang gemacht habe auszutheilen; 2 Exempl. muß er nach der ersten Lieferung abgesetzt haben und das eilfte scheint dem Collecteur und folgl. seinem Vicario zugedacht zu seyn. HE Rath Bertuch schreibt aber im Met. PS. wegen des Geldes, das der seel. Mann, kraft des verzeichneten d d von den 8 Subscribenten wirklich empfangen und die gantze Summe für 10 Exempl. noch vor seinem Ende dem Hartung aufgetragen an Leipzig zu bezahlen. Hartung hat deshalb eine Quittung über 101 fl. vor sich gegeben und nach einem Papier von des seel. Mannes Hand hat sich ersterer übernommen das daran fehlende zu suppliren und zu ergänzen. Vielleicht ist es Ihnen möglich ohne Ungemächlichkeit zu erfahren ob die Hartungsche Buchhandlung dort in des seel. Kirchenraths Namen etwas ausgezahlt. Den Subscriptionsplan habe nicht finden können, weiß daher nicht, ob etwa in dem PS von einem Nachschuß die Rede ist bey der letzten Hälfte der Uebersetzung. Diesen dritten Theil habe in der Geschwindigkeit durchgelaufen und hie u da mit dem spanischen zusammen gehalten. Beynahe sollte ich an des Uebersetzers hinlängl. Stärke im Spanischen zweifeln? Er hat immer unglückl. den Sancho Pansa zu verschönern gesucht, ihm mehr Sprachschnitzer aufgebürdet, als er wirklich begeht – z. E. wiereich wie Crösus, anstatt:
    reich wie Fugger
– und die Auslaßung eines gantzen Punctes wo es auf ein Sprichwort ankommt, das der engl. Uebersetzer gar nicht auszufüllen im stande gewesen, wenn ich mich recht besinne, sind mir gar zu leichtsinnige u muthwillige Treulosigkeiten Vom neuen Meßgut habe sonst nichts gesehen als Lavaters
    dritten Versuch
. Ihr Kupfer wißen Sie bereits, war ein Andenken von Kaufmann. Aber von wem ist das Fragment aus dem Briefe über Sie? Des Jünglings Motto ist meisterhaft. Hier wird St Germain oder Graf Dalton erwartet und das Gerücht ausgebreitet daß er ihm nachgeht nach Petersburg. Johann Caspers Betrug, der mir Hahns Postille für seine eigene untergeschoben hat mir viel Vergnügen gemacht; ich habe ihm weder antworten noch mich dafür bedanken können, bin Ihm aber herzlich gut. Versichern Sie ihm das vor der Hand, wenn Sie ihm schreiben sollten. Kleuker ist so gütig gewesen mir den 2ten Theil seiner Zend-Auesta nebst dem ersten Theil von Salomo zu überschicken. J ener liegt noch beym Buchbinder u letzteren habe blos angesehen, fürchte mich ihn zu lesen – Am Fest Trinitatis besuchte ich Kant der mir den März u April des deutschen Musäi mittheilte worinn er auch die Frage des Mercurs zu beantworten versucht – muste Kant nolens volens Recht geben, der mit dem Versuch sehr unzufrieden war. Melden Sie mir bester Herder! unter welchen
    Bedingungen Sie nur immer wollen
, ob die Beantwortung im Mercur von Ihnen ist oder nicht? Es ist mir zu viel daran gelegen, hierüber
    Gewißheit
zu haben. Wenn Sie es sind, sagen Sie mir ein Paar Worte, was Sie gedacht oder jetzt denken bey der
    Brücke
ohne
    Lehnen
? Ich beschwöre Sie bey aller Freundschaft und Liebe, diese beyde Puncte mir zu beantworten. Meine Schrift liegt mir immer vor Augen ohngeachtet ich seit dem Jänner keinen Zug daran thun können, ist es mir nicht mögl. das Ideal, das mir im Sinn liegt aufzugeben. Der 7te Monath dieses wegen seiner drey 7 und meines 47 Jahres merkwürdigen Jahres soll durch ein monstrum horrendum gezeichnet werden und ich will mir Hände und Füße waschen um die noch 2 fehlenden Fladen durchzuknäten und auszubacken und Schau zu stellen – sie mögen gerathen wie sie wollen. Penzel ist gestern zum ersten mal nach der Revue bey mir gewesen. Kreutzfeld hat ihm in der Recension der Ehlerschen Schulsamml. einen derben Streich heute gegeben zum freundl. Willkomm. Sie waren gestern beyde in meinem Garten. Meine Freundschaft für ersten scheint in letzten Zügen zu liegen. Er hat Hofnung loß zu kommen, ohne durch seine Freyheit einigen Vortheil absehen zu können. Krause ist im Gräfl. Kayserlingschen Hause auf einem guten Fuß – Mendelssohn wird hier erwartet, (auch von mir) in Handelsgeschäften, die er in Memel abzumachen hat. Gott führe mir diesen Sommer noch unsern Kaufmann zurück! mit seinem: Man kann was man will, Man will was man kann. Ursinus Balladen habe durch Hintz zum Ansehen bekommen; wünschte mir des Percy Reliquien der alten Poesie einmal verschreiben zu können. Die neueste Ausgabe von Shakespeare in 10 Theilen habe mit meiner in 8 zu vergleichen Gelegenheit gehabt. Von Eschenburgs Uebersetzung nur den ersten Theil gelesen; Krause ist weniger zufrieden damit, als ich – Was macht mein kleiner Pathe? Werd ich nicht auch einmal seine Silhouette zu sehen bekommen? Gott gebe Ihnen Gesundheit, Zufriedenheit und mir Antwort – Meiner ehr und liebenswürdigsten Gevatterin wollte gern schreiben aus meinem Wäldchen; bin aber noch nicht im stande selbiges zu genießen, und weder zu denken noch zu empfinden – – den 24 am Joh. Tage Gestern Abend gieng mir auf einmal das Licht aus und heute hat mein gantzes Haus verschlafen. Sehen Sie dies blos als ein Couvert der Einlage an. Ihres Freundes Gedanken über das Universum bin neugierig zu lesen; Mit dem Hartungschen Laden habe nichts zu thun und der Kantersche wird vielleicht elend versorgt werden, hat Michaelis nichts erhalten. Endl. ist die Papiermühle einmal fertig u vorgestern vor allen Meistern im gantzen Lande eingeweyht worden. Unsere Oberhofprediger Stelle soll gewaltig ins kleine gebracht worden seyn und die Inspection der 80 Kirchen ist nunmehro vertheilt. Ein Andenken – Meine Seele tritt auf die Starken! Erfreuen Sie mich doch bald eigenhändig – Vergeßen Sie nicht liebster Herder! meine Bitte in Ansehung unsers Landsmanns des Kapellmeisters. Ich brauch ihn noch sehr und er zeigt sich als ein Mann nach meinem Herzen. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus! Amen, amen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster Johann Georg Hamann.
Mehr Ahndung als Combination sagt mir die Reise nach Amerika werde wohl nicht geschehen. Unser K. trifft vielleicht in Hamburg erwünschte Lavatersche Briefe an welche ihn für Europa determiniren. Blos wegen Kfm.s Freunden und in specie seinem Weibe bangt es mir vor der Seefahrt. Ich hoffe sie mitmachen zu dürfen, neben Kfm. ist mir nichts abschröckend, obschon meinem eigenen Character nach alles was Entreprise heißt mir Taumel u Schrecken verursacht. Aber wie gesagt, ich hoffe zu Gott und einigen guten Europäern sie werde nicht geschehen. Das ganze von Kfm.s Bestimmung, Plan & so wie von seinem Character bin ich schlechthin unfähig zu überschauen: und wo Sie, bester Hamann, nicht verstehen, was will ich einsehen können. Doch bekenne ich frei daß das bewußte Motto: man kann &. mir als Symbolum der treuen Befolgung der Naturtriebe, der Harmonie zwischen
    Können
und
    Wollen
, welches beides ja der Natur nach reciproque sein soll, – verständlich scheint. Ich halte Kaufmannen für einen solchen treuen Befolger aller Winke der Natur, und habe deswegen einen besondern Glauben an alles was er thut. O erfüllen Sie immer den Traum Ihrer Wandsbecker Reise. Wer weiß was da alles durch Sie geschieht; und Sie wißen auch nicht wie mancher gute Junge sich seelenlich über sie freuen wird. Ich schicke Ihnen hiebei ein paar Silhuetten von Kaufmann, so gut ich sie habe. Sie sind nach derjenigen gezeichnet die in der Physiognie steht. Vielleicht sagen Sie mir: Sie hätten Sie ohne mein Zuthun selbst nachzeichnen können, da hab ich denn Unrecht. Ich lege ein kleines Briefchen an Motherby bei, welches Sie versiegelt oder nicht, zu übergeben belieben. Ich finde mich selber unbegreiflich dreiste; wenigstens aber weiß ich doch daß Sie verzeihen können. Den Artikel der Lavatern betrifft, ich denke Lavater verstehts besser und wills ihm von Wort zu Wort abschreiben, verstehe ich (in Ihrem Briefe) nicht.
    Hahns
Fingerzeig so wie seine Predigten hab ich bestellt aber noch nicht erhalten, und in meinem Leben nirgends angetroffen. Es giebt Autoren dies den Leuten schwer machen ihre Sachen zu erhalten; Unrecht mögen sie nicht haben, denn Perlen für die Schweine & – – – allein zuweilen muß doch ein armer ehrlicher Junge vergebens schmachten darunter leiden. Ich wünsche sehr daß Sie mir mein Geschwäze verzeihen mögen. Gott sei mit Ihnen, und und führe uns bald, wenn ers gut findet, zusammen. Leben Sie glücklich, bester Hamann, Ihr ergebenster DienerEhrmann. Deßau 13 Jul.1777. Um Gottes Willen wenn Sie Nachrichten haben die mich wegen K. interessiren können so theilen Sie mir sie die erste u. zweite Post nach Deßau die folgenden (denn mit Ende des Monats gehe ich ab) nach Wandsbeck mit. Ich schicke an
    Kant
und durch ihn an Kanter, jedem 4 Ex. Avertißements der franz. Physiognomik. Ich weiß nicht ob Ihnen damit auch gedient wäre. Ein Billet an
    Penzel
hätt’ ich wohl
    Kanten
einlegen sollen, ich lege es aber Ihnen bei, weil ich zu Ihnen mehr Zutrauen habe, obschon ich nicht weiß wie viele Mühe ich vielleicht veranlaße. Beiliegend, von der Hand Johann Ehrmanns:
    Beschreibung eines Sopha a la Hamann
    verfertigt durch Christophevr Christophovitsch bei Selo Weina
.
Man steigt auf einer mit kleinen jungen Weiden beschatteten doppelten Treppe von Rasen hinauf auf die Anhöhe. Da stehen nun 2 junge frutige Eichen auf beiden Seiten des von Rasen gemachten Sopha a la Hamann, den sie mit ihren Aesten beschatten. Ueber dessen Mitte zwischen beiden Eichen steht ein kleiner von weißem Leimen gebrannter Obelisk. In diesen Obelisk sezte ich (Kaufmann) des heiligen Mannes Luthers Porträt. Annotatio: Ich mußte einmal lange Zeit bei dem alten unpäßlichen Christoff bleiben, hatte lange Weile, holte endlich meine bei mir führenden in Rahmen gefaßten Porträts, worunter denn auch ein gutgestochenes Porträt von Luthern befindlich, fett und stark, im Flor seiner Jugend. Dieß frappirte den alten Christoff, er sbrach mit Entzücken: Nun das ist jezt einmal auch ein Christus in seiner Jugend, wie ich mir ihn wünschte, ich wollte und konnte ihn in seiner Freude nicht stören, ich war froh daß mein Luther ihm wohl machte. Er vergaß seiner Hypochondrie hieng seinen neuen Christus in die Stube, fieng an sich zu kreuzigen: vorher war er nachläßig darin, aber jezt macht es ihm Freude wenn auch der Bauer seine Kreuze in die Länge und die Quere zog. Ich ließ ihm diesen neuen Heiligen nicht gern zurück aus Furcht er möchte entheiligt werden. Ich wollte ihn zurücknehmen allein ich erhielt ihn nicht: er wollte mir ihn vielfach bezahlen, durft nichts dafür annehmen, hätte ihn gern mit meines Vaters oder auch mit einem fürstl. Porträt gelöst (so lieb und theur sie mir auch sind) aber all mein Bemühen war umsonst: ohne grobe Beleidigung durfte ich ihm seinen neuen Heiligen nicht rauben. Wir kamen endlich dahin überein daß er in die neue Wallfahrt kommen sollte. Ich gab mich zufrieden weil er sich um seines fetten Christus willen nun alle Tage Motion machte und sich zerstreute &. Luther also steht in dem Obeliske. Kein griechischer Wanderer kommt an die Quelle der diesen Heiligen nicht ehrt. Ich muß gestehen so toll auch der Einfall und die ganze Begebenheit ist, so machts mir oft Freude und ich verzeihe mir recht gern diese meine vielfachen Schelmereien. So viel hievon. Nun kommen Inschriften die mir zu abentheuerlich lang sind kann sie nicht abschreiben. ad rem. Von dem Sopha hinunter sieht man eine Grotte im Felsen, (wo ich der Quelle nachgrub) die mit wilden Haselstauden, Brombeeren, schwarzen und rothen Johannesbeeren umwachsen ist. In Ihrer Mitte sbrudelt die Quelle die sich aber in einen gemachten mit Stein belegten und mit Rasen zugedeckten Canal verliert. Die Grotte ist mit einer grünen Schanze umgeben. Am Ende derselben ist eine Terrassenförmige grünende mit Birkenbäumen beschattete Treppe, an deren Fuß ein geräumiger mit Leimen bez belegter Teich stößt. Faulbäume und Lindenbäume beschatten und verfinstern diesen Teich, der zum Baden bestimmt ist. Aus dessen Mitte strömt das Wasser mit Gewalt heraus, erweckt einen sanften Wiederhall in den Wipfeln der Bäume und vermehrt dem auf dem Sopha lagernden Müden den Ruhegenuß. Zur Bequemlichkeit im Baden ist der Abfluß hoch und tief eingerichtet dem Auge aber fast unbemerkbar bald quillt der crystallene Bach in einem kleinen von Wasen gemachten Bassin und fließt hernach durch 2 sich kreuzweise schlängelnde dem in gleicher Harmonie laufenden Fluß zu.
Es schickt sich wohl nicht mit der Pfeife in der Hand zu antworten; aber zu gutem Glück ist sie aus. Meinen ergebensten Dank für Addresse nach Pillau, gütige Madame, und ich werde selbige besorgen, auch einen Gruß nach Wandsbeck, wohin ich heute schreibe. Der unartige Freund Lindner hat gestern die Epistel von mir erhalten, und er hat es sehr bedauert, vorgestern nicht hier gewesen zu seyn. Vielleicht wird er noch seinen Fehler gut machen. Mit Hintz habe mehr als ein Huhnchen zu pflücken, und er wird Ihre Vermittelung nöthig haben, um mit einem beladenen Gewißen nicht Schiffbruch zu laufen. Hänschen erwiedert seinen schuldigen Handkuß – und ich nehme mir die Freyheit ein Mäulchen an Henriettchen beyzulegen. Empfehlen Sie mich bestens Herrn Courtan und vergeben Sie mein ungezogenes Geschmier. Mündlich mehr. Ich habe die Ehre mit vollkommenster Hochachtung zu seyn HöchstzuEhrende Madam Ihr ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann den 4 Aug. 777. Mit Adresse, Mundlackrest und Vermerk von Frau Courtan: Pour / Madame Courtan /
    Auszug aus Hamanns Brief
.
Liebster Seelenfreund Christoph, Vorgestern Einlage von einer
    guten Frau
erhalten die eines beßern Schicksals werth zu sein scheint, durch eine
    neue Bekanntin
, sonst hätt ich eher geschrieben aber ich mußte selbige abwarten. Ihre Antwort laßen Sie gleichfalls durch
    meine
u. der hiesigen
    Busenfreundin
Hände gehen. An allen Ihren theils mitgetheilten theils verborgenen Schicksalen nehme innigen Antheil. Gott führt die seinen wunderlich u. die Entwicklung seines Raths ist Seligkeit. Man kann immer nicht was man will – desto beßer! u. daß man nicht alles will was man könnte ist bisweilen auch gut. Sorgen Sie dafür, lieber Freund Christoph, daß ich den Kupferstich mit Ihrem
    mystischen
u.
    apokryphischen
Motto durch den ersten Landsmann der nach Preußen kommt, erhalte; um meine Betrachtungen über das
    Bild
u. den
    Spruch
eines mir so lieben Menschen u. Lezers fortzusezen. Der bekannte St. Germain, jeziger Graf Dalton wird hier erwartet u. es wurde mit der ersten Nachricht davon das Gerücht zugleich ausgebreitet daß die Absicht seiner Reise wäre Sie in Petersb. aufzusuchen. Der lächerliche Einfall kam mir nicht ganz unwahrscheinl. vor wegen Ihrer amerikanischen Aussichten. Kommt er; so wird er bei der Gräfin v. Kaiserling logiren die sich meines Freundes Christoph fleißig erinnert u. der ich willens bin bei erster Gelegenheit einen persönlichen Dank dafür abzustatten. Den 24. Jul. ist mein lieber Phädon Moses Mephiboseth angekommen und den lezten ej. nach Memel mit s. Schwager abgereist. Den 26 erschien zu meiner unaussprechlichen Freude der jüngste Lindner ganz unerwartet u. geht schon diese Woche zurück. In 8 Tagen erwarte Moses zurück u. hoffe ihn noch mehr zu genießen. Also ist die mislungene Erwartung von Ihrer Seite ersezt u. die von meiner wird es auch werden. Im Geist werde alle Tage in Wandsbeck sein u. 3 Gäste wären wirklich zu viel für meinen armen Gevatter Matthias. Bei
    meiner
    gegenwärtigen Crisi
verlange ich keinen in
    der seinigen
zu sehen; aber in jenem Thal ausgegohren, älter u. milder, zum wirklichen Ehmann u. Hausvater deiner Elisa gereift – lieber Christoph! soll eine Wallfahrt über Weimar, Wandsbek nach der Schweiz der Feierabend meines köstlichen Lebens u. der Vorschmack der künftigen Welt sein. Ist dieser Wunsch eitel: abeat cum caeteris omnibus. Melden Sie mir aus Ihrer Heimat: ob meine Ahndungen der Erfüllung nahe sind, u. ob so große Anstalten zum sanftesten Joch des menschlichen Lebens nöthig sind, u. ob eine solche Verschwendung der Zeit u. Kräfte der wahren Oekonomie unserer Bestimmung angemeßen ist. Wie ich selbst lebe. Noch immer auf dem alten Fuß, ohn zu wißen was eigentlich daran Schuld ist daß ich so unthätig bin. Ich habe mir vorgenommen diesen ganzen August zu feiern u. so viel Thorheiten zu begehen um den lezten Monat meines 47 Jahres mir merkwürdig zu machen. Ist mir die 3 ersten Tage ziemlich gelungen; muß heute nolens volens Briefe schreiben ohne meines Kopfes recht mächtig zu sein, werde vielleicht noch mehr Briefe schreiben als ich in diesem ganzen Jahr geschrieben. Aber noch nicht an unsern lieben Apostel Caspar. Nimmt er mir mein Stillschweigen übel so hat er Unrecht et tant pis pour lui. Umarmen Sie ihn tausend mal in meinem Namen vergeßen Sie nicht mir den schönen Stich mit dem Motto zu senden damit ich Ihre Sammlung complet habe. Kommen Sie nach Weimar so bitten Sie Herdern um aller Freundschaft u. Gevatterschaft willen mir doch noch einmal in diesem Jahr zu schreiben. Unser hiesige Recensent schnaubt u. knirscht über den armen L… u. seine
    Spießgesellen
. Weil ich auch darunter gehöre so ist meine Freundschaft desto gleichgültiger u. langmüthiger. Kurz ich fühle das Elend der Menschheit in mir u. andern daß ich oft der Last des Gefühls unterliege. Gott der Vater im Himmel, sei Ihr treuer Rathgeber, Gefährte Schild u. Ihr großer Lohn! Erfreuen Sie mich bald mit Nachrichten aus Ihrer Heimath u. erlauben die folgende Seite für unsern gemeinschaftlichen Freund Ehrenfried. Willkommen in Wandsbeck! verlaufener Philanthropist! Dank für Ihre 8 Silhuetten. Eine davon hab ich meinem Krause verehrt u. meine jüngste Freundin Stolz (nomen et omen habet) soll mir die beiden übrigen ausstaffiren mit einer Unterlage von schwarzem Seidenzeuge. Das
    Billet
u.
    der offene
    Brief.
sind sogl. bestellt worden. Der Uebersetzer des Strabo kam eben zu mir hat aber lange schon ein Danksagungsschreiben vom Fürsten selbst erhalten. Hahns Postille ist eben das Geschenk von Lavater; ich habe am Sonntag Trinitatis zu lesen angefangen den Anfang gemacht, u. der Mann ist je länger je mehr für meinen Geschmack, daß ich mir wirklich seinen
    Fingerzeig
auch wünschte oder wenigstens einen Wink von dem Inhalte dieses Buchs. Ich war am Fest der Dreieinigkeit so voll von einem förmlichen Danksagungsschreiben – u. nach entdecktem Betruge daß der
    Geber
nicht der
    Verfaßer
war abermal so voll – demungeachtet muß ich Ihnen und Consorten auftragen gemeinschaftlich mein unnatürl. Stillschweigen zu entschuldigen, bis ich nicht nur im Stande sein werde meine Schuld wenigstens zu
    bekennen
wo nicht zu
    bezahlen
. Währender Zeit daß ich an diesem halben Bogen schreibe sind mir so unangenehme kleine Auftritte vorgefallen die mein Gemüth so zerstreuen u. angreifen daß ich mich bei mir selbst schäme Ich schließe also mit dem herzlichsten Wunsch das Ziel Ihrer Wallfahrt gesund u. zufrieden zu erreichen, mit der gut gemeinten Warnung die harmoniam praestabilitam zwischen Können u. Wollen zu keiner Glaubenshypothese zu machen sondern ebenso muthig in Verleugnung als Befolgung der heiligsten Naturtriebe zu sein. Erfreuen Sie mich bei Weile u. Muße mit Nachrichten u. erhalten Sie mich in gutem Andenken. Der Genius der Freundschaft sei Ihr dritter unsichtbarer Reisegefährte bis zum Sehen u. Widersehen u. Eintreffen beßerer Zeiten. Ich bin u. werde niemals aufhören zu sein der beiden
    fahrenden
Freunde stätiger, unbeweglicher niet- u. nagelfester Oelgöze Hans Geo Görgel.
Herr Joh. Ge. Hamann königl. Preuss. Packhofverwalter in Königsberg wird dienstfreundlich ersucht alsbald nach Empfang dieses die ihm schon vorgeschlagene Reise nach Wandsbeck anzutreten als wo er mit der größten Sehnsucht erwartet wird. Wenn höchstwichtige Vorfälle Denselben hindern sollten gedachte Reise alsbald anzutreten so bitten wir uns wenigstens mit umgehender Post geneigte Nachricht aus, die wir in Erwartung mit aller Hochachtung die Ehre haben zu seyn p. procur. Kaufmanns Reise war mühselig, Claudius et Kauffman meist widrige Winde. Seine Ankunft Ehrmann in Wandsbeck erst heute d. 8 Aug. 1777. Adresse mit rotem Lacksiegel (dabei Postvermerke):
Herrn
    Hamann
/ königl. Packhofsverwalter /
    Königsberg
/ in
    Preussen
/
Erhalten-Vermerk von Hamann: den 16 Aug. 777. 1fl. 4 gl.
Von Hamanns Hand: Erhalten d 4 Sept. 777. Geantw. d 14. Oct. Endlich komme ich zum Antworten, lieber H., auf Ihre 2. Br. vom 18. Mai und 23. Jun. auf beide habe ich nicht eher, als itzt antworten können. Unmittelbar nach meiner Leipziger Reise brach eine lang verhaltne Gelbsucht aus, die durch nothwendige Geschäfte, eine ausgeschriebne Kirchenkommißion u. viele andre Dinge noch hartnäckiger wurde. Die Leber lag mir hart wie ein Stein vor der Brust und ich schleppte mich noch lange, da die Gelbsucht verjagt war, mit Eckel Grämlichkeit und so übler Verdauung, daß ein Leben der Art mir bald Tod oder neue Krankheit hätte seyn müßen. Zum Glück kam eine Reise nach Pyrmont, zu der ich fast gezwungen werden mußte, dazwischen, und da habe ich, zumal mein Körper auf den Brunnen herrlich vorbereitet war, wieder auf eine Zeit Gesundheit, guten Muth und Frölichkeit geholt u. gefunden. Mit dem Prinzen August von Gotha, mit dem ich die Rückreise machte, war ich noch einige Tage in Gotha, u. so bin ich, seit Anfang dieser Woche, wieder hier, den Meinigen neugeschenkt und sie mir. Meine Jungen blühen heran u. mein Weiblein erholet sich auch immer mehr von ihrem Drucke, hoffen also, wenn nichts zwischen kommt, das Ende des Augusts, als unser aller, Ihrer, mein u. meiner Buben Geburtsmonats, in unserm grossen Garten still u. vergnügt zu feiren. Thun Sie dasselbe, Hochbestallter HE. Packhausinspektor, in dem Ihrigen und der gute Geist zwischen uns beiden soll unsre gemeinschaftlichen Wünsche für einander uns überbringen und gewähren. Amen. Ihren ersten Br. also, liebster H., bekam ich in der Krankheit, den zweiten in Pyrmont;. Entschuldigung gnug, daß ich so spät u. auch jetzt nur summarisch antworte, ja im Hauptpunckt wiederum noch verspreche u. nicht leiste. Dieser Hauptpunkt ist das Uebersenden meiner Musikalien an Reichard. Er soll sie haben; alle, aufs bäldeste haben: denn sein Wink ist mir wahre Lust und Freude. Die Idee, die ich vonüber der Komposition ihr aller hatte, ist bisher von keinem erkannt oder befolgt worden, obgleich Bach in Bückeb. alle komponirt hat. Mein Landsmann kommt mir also recht gelegen – nur müßen sie aufgesucht werden, wer weiß, wo? abgeschrieben werden u. s. w. Es soll aber bald geschehen, und denn unmittelbar zu ihm. Der 2te Punkt betrift die Abhandlung im Merkur, die nicht von mir ist, so wenig als die Schr. über Toleranz p. Beide sollen von einem ordinirten Kandidaten (V. D. Minister) in Zürich, Namens Stolz seyn; die erste M muthmaaslich, die andre gewiß. Bauen Sie also Ihre Brücke ohne Lehnen immer fort: der Anschlag gefällt mir treflich u. um so mehr, da ich blos als Zuschauer Antheil nehme. Von Tag zu Tag kommen m mir die warmen Brüder in der Schweiz so wie die kalten Herren in Berlin, ferner. Mit Lav. bin ich, seit meinem Hieseyn, fast in keiner Verbindung, ob ich ihm gleich herzlich gut bleibe: sein 3. t. Th. Physiogn. Gerichts aber hat mir wenig schmecken wollen, so wie mein Bild darinn erstolen, unwahr u. die Schilderung dabei weder aus dem Himmel, noch von der Erde ist. Die Stelle des Fremden dabei ist mit nichten von Göthe: von Häfeli ohne Zweifel, der sonst ein braver Mensch ist (ein junger Prediger im Zürchergebiet) und das Bremische Sendschr. über Lav. Meinung beantwortet haben soll; ich habe aber bisher weder das Eine noch das Andre gelesen. Meine hiesigen Ämter in Geschäft und Zerstreuung bringen mich vom Wortkram der Schriftstellerei und Schriftleserei mit Güte u. Gewalt ab; ich hoffe nicht ganz zu meinem Schaden. Man muß außer der Schriftstellerzunft leben, wenn man sie verstehen, nutzen, u. auf sie würken will; mein Zweck ist dahin zu streben. Machen Sie bald, lieber Prophet des alten Bundes, daß Ihr Schriftchen zu mir fliegt und unsre Geburtstage krönet. Bezeichnen Sie die 3. Sieben des Jahrs, Monats u. Ihres Lebensjahres; ich sehe, da ich 44. gebohren, in 77., 33. alt werde, dem Würfelspiel ruhig zu, und mache mich zum plaudo fertig. Auch die Idee u. Parallele über Eberhard ist völlig in Ihrem Geist und Sinne; wenn ich sie nur schon gedruckt läse. Von meiner Reise habe ich einen Luther, von Kranach gemahlt erbeutet, aber aus dem grämlichen Jahre 1528, da er mit dem Teufel von innen u. von außen mit Herzog Georg stritt u. das Jahr vorher fast todt war. Das Bild ist außerordentlich wahr u. redend. – Ihm zur Abwed Milderung hab’ ich vom Fürsten von Waldeck ein schönes Franz. Frauenzimmer (Venus wird sie genannt) vom jungen Tischbein, der itzt in Rom ist, zum Geschenk erhalten: den Luther hab’ ich dem Prinzen von Gotha abgelistet: die Dirne ist meiner Frauen zu Theil worden u. der grämliche Luther ist mein Erbe – ein ecce homo! für mich, der ich sein Kleid trage. Vor der Erbprinzeß von Braunschw. (Schwest. des Kön. v. Engl.) habe ich in Pyrmont 2mal gepredigt, auf Ihrem Zimmer; welches mir, ob ich gleich hart dran ging, Ihres ihres HErn Bruders wegen lieb ist. Sie hat mir einen Rohrstock mit einem goldnen Knopf zum Andenken geschenkt, den ich denn sogleich meinem 2.ten freundlichen lieben Schäfer vermacht habe, der bisher nur Zinn und Silber besessen u. keine Goldmedaille, wie der er erste. Eine goldne Uhr, die mir der Herzog von Gotha, (ein außerordentlich lieber guter und blöder, trauriger Mann) auf die beste Weise geschenket, ist ebenfalls meiner Frauen heimgefallen, die die ihre ihrem Bruder zu einem mißrathnen Liebesantrag großmüthig aufgeopfert hatte. So segnet mich der Himmel von außen und hat mir die Reise mit Gesundheit, Liebe und Freude vergütet, da ich hier sonder Geschenk, Dank und Belohnung, ja selbst wieder meinen Willen leide undstrebe und kämpfe, dulde u. trage. Wohlverstanden nur in mir: denn von außen liebt oder ehrt mich Alles, mehr als ich verdiene, oder zu brauchen vermöge. Auch wir haben hier 6. Stücke des Katechismus. Um die Katechism. Gesch. des 5ten habe ich mich noch nicht bekümmern können. Seis unter die Hauptstücke gestellt, von wem es wolle, sein Inhalt ist in Luthers Schriften, Denkart und Leben völlig gegründet, felsenvest und kanonisch. Wer ist aber, der dies Hauptstück itzt übet? In Pyrmont habe ich gehört, daß ein neuer Band alter Gedichte, als ein Suppl. zu Percy’s Sammlung herausgekommen sei; ich weiß aber weder Werth noch Titel. Ursinus hat von mir blos als aus Almanachen p gesammlet, wie seine Anmerkungen hinten am Buch weisen; die Uebersetzungen von Eschenburg in dieser Gattung sind meistens elend. Sein Shakesp. ist als Beihülfe zum Shak. gut zu brauchen; Ersatz Shak. konnte sdie Uebersetz. nicht seyn, u. ich halte eine weit beßere Uebers. auch nicht für unmöglich. In Pyrm. habe ich Sturz kennen gelernt, jetz. Etatsrath bey der Oldenb. Regier. den Sie aus seinen Händeln bei der neulichen Revolution in Dännemark und als den gescheutsten Antiphysiogn. Lavaters kennen werden. Er ist ein Mensch von Kopf und Geschäfts geist, hat viel gesehen u. erfahren: im Deutschen Museum sind die Briefe über England, das Stück über Schönheit, Physiogn. u. f. von ihm. Jetzt wird er etwas über Bernstorf „Erinner. aus Bernst. Leben“ schreiben. Er ist nach Möser in Osnabrück der scharfsinnigste Kopf in dieser Gattung, und das Persiflage glückt ihm vortreflich, ob wir beide gleich, wie er selbst sagt, nur eine kleine Strecke beisammen gehen u. denn gehts weit aus einander. Den Grafen von Bückeb. habe ich aus Pyrmont besucht und ihn, und alle meine alten Stellen, Bekannte und Freunde mit viel Vergnügen wiedergesehen Die Zeit ist würklich Lethe: das Uebel vergißt man u. das Gute der Vergangenheit, zumal wenn man die Örter wiedersieht, wird wie ein lieber Traum. Blos die Niedersächsische Luft und Gegenden haben mich wieder erquicket. Kleuker hat mich in Pyrmont besucht; ich habe ihn aber wenig
    geniessen
können oder nur kosten mögen, so wie ich auch seine Schriften noch fast gar nicht gelesen. Ich bekomme an ihnen allemal Migraine und der arme Mensch selbst verdirbt sich auf sein ganzes Leben. Seine Schulstelle und der Ort seines Aufenthalts wird ihm äußerst zur Last; in keiner seiner Pflichten findet er Nahrung und Freude; Eigensinn und ich weiß nicht, welche geheimer, ihm selbst unbekannter Stolz macht die ganze Welt ihm zur Prätension, für die er sich doch auf der andern Seite durch
    die
Gattung Schriftstellerei, für mich ein Kram halbverdauter Ideen u. Eruktationen auss freier Hand, selbst den Weg verschließet. – Könnten Sie ihm einmal, lieber H., nach Maasgabe dessen was Ihnen bei seinen Schriften Ihr Geist saget, ein Wort ans Herz reden! Sie istsind auf der Welt vielleicht der Einzige, dem er (außer sich!!!) etwas zuglaubet. Ich habe ihn bisher blos mit Stillschweigen gefeiert, denn mein Herz ist ordentl. verschlossen und wie ich ihm auch neulich mündlich gesagt, mein Wort an ihn noch nicht zur Geburt reif. – – Von Kaufm. habe ich, seit Ihnen, nichts erfahren. – Von Hartknoch eben so wenig. Mit Wiel. leben ich ja wir ganz getrennt, wie auf 2. Hemisphären: er kann sich insonderheit mit meiner Frauen nicht vertragen u. sie mit ihm nicht, welches mir sehr lieb ist. Mit Bertuch habe ich über den Don. Quix. gesprochen. Er hat von Hartung nichts empfangen u. bittet also, daß Sie ihm, nach Maasgabe der gefundnen Papiere, die Auszahlung auftragen. – Das Buch kenne ich nicht, als von eEinem Bogen, den ich noch in Bückeb. gelesen, u. auf dem es mir unerträglich ward. Ich wills einmal Spanisch studieren. Kennen Sie Roos Schriften? Neulich ist eine Lebensgeschichte Christi von ihm herausgekommen, die mir, ob er wohl in allen Fehlern seiner Landsmannschaft steckt u. schreibet, ungleich mehr werth ist, als Kleukers Versuch in Sprüngen. Er hat auch Fußstapfen des Glaubens Abraham geschrieben, u. also gewissermaassen die ganze Bibel catenirt. Ich habe seine Schriften vom Grafen zu Wernigerode geschenkt bekommen u. will sie in erster Musse lesen. Lowth schreibt über Jesaias, u. hat sich mit dem Buch in der Hand schon stechen lassen; auch ist ich weiß nicht, weßenlches Lords M… Discourse on Learning heraus aus dem viel Werks gemacht wird. In Pyrmont bin ich Pennant’s Reise durch Schottl. mit ihren schönen Kupferstichen im Original durchgegangen, aber ohne sonderlichen Nutzen ob er gleich celtisch weiß. Begieriger bin ich auf Twiß Reise durch Span. im Original denn die Franz. Uebersetz. ist verstümmelt u. hat gerade nicht, was ich suchte. De-Brosses Werk „über Sprache u. Schrift“ ist übersetzt u. mir vom Uebersetzer (Hißmann) zugeschickt worden. Ich habs noch nicht ansehn können, obs Einerlei Schrift mit der mechanique des langues sei, die ich für Pluchens Arbeit gehalten habe. Zu Kassel ist eine Acad. des Antiq. gestiftet und Eloge de Winkelm. als erste Preisfrage ausgestellet: wer weiß, treibt mich auf einden Winter mein böser Dämon nicht, antiquo me includere ludo und für meinen
    2ten
Jungen um diese erste Academie Preismünze der ersten Acad. des Antiq. in Deutschl. (leider! Röm. Antiq.) zu buhlen. Meine neuliche fausse couche von Berlin aus, wird wie der junge Bacchus, erst in Jupiters Lenden genäht zur Reise. Hier ist der Aufklebezettel auf mein Bild, liebster Gevatter, mit Weib u. Söhnen. Ich wollt’ ihn in Knittelversen übersenden, da diese aber der Genealogischen Feier entgegengewesen wären, so bin ich auf ebner Strasse geblieben. Ich wollt’ aber, liebster, bester H., daß ich dagegen Ihr Bild, ein gemahltes Bild, oder ein Gypsbüste von Ihnen hätte! Thun Sie doch die Thorheit u. legen Sich auf den Rücken, sich abkonterfeyen zu lassen; Ihr Bild soll auf dem Altar unsrer Laren u. Penaten stehen u. an einem Künstler, ders thun könne, fehlts Ihnen gewiß nicht. Ich hab Hartknoch, Hinz, Kanter, um Ihr Bild gebeten, und lauter Baals bisher an ihnen funden – kein Bild, keine Stimme, noch Antwort. Leben Sie wohl, liebster, bester! in Ihrer neuen Muße und Seligkeit des Patriarchenlebens. Kaufm. wünscht nichts, als Sie, Klaud. und mich noch einmal zum Anschaun zusammenzubringen u. ich halte es nicht für so unmöglich. Sie setzen sich zu Schiffe u. fahren nach Lübeck; da ist Wandsbeck nahe: ich mich auf die Post oder Elbe und nach Hamburg, da ist Wansb. nahe u. so sind wir zusammen. Kommt Zeit komt Rath. Oder Sie kommen mit Hartkn. oder Hinz einmal nach Leipz. u. bescheiden mir einen Ort, da alsdenn meine costa sSie auch erblickt u. Sie dieselbe meine Jungens oben drein. Amen. Leben Sie wohl, u. laßen Sie mich bald etwas geschriebnes u. gedrucktes von Ihnen lesen: mich hungert u. dürstet darnach herzlich. Es soll mein Rückenweh stillen u. meine Leber stärken. Auf alle den Ihren viel Ruh u. Segen! Herder. Hier sind die Betrachtungen des Statthalters HE. v.
    Dalberg
, ein Ex., dieas er an Sie bestimt hat. Die beiden Briefe nach Mohrungen an meine Schwester u. meinen gew. Schwager bitte ich, jeden besonders beide aber unfrankirt, auf die Post zu geben, auch braucht meine Schwester vom andern Briefe nicht zu wißen.
Bester Hamann, Mittwoch d. 10.t Sept. fanden wir, Kaufmann und ich uns in Berlin zusammen, und nun sind wir seit gestern Abends in Krappiz, bei dem edlen Haugwiz. Ich hatte Kaufmannen seit Montag in Berlin erwartet, einige kleine Geschäfte bestellt, und er wollte blos durchreisen, da mußt ich aber aus Unbesonnenheit ein Sbiel Karten dergleichen wo ich im Philanthropin manchmal mit den Kindern brauchte, eingepackt haben, und das fanden die Accisebedienten und da mußten wir uns 3 volle Tage in Berlin herumtreiben uns verhören lassen und rechtfertigen, bis wir für 3 thl. 18 gr. quitt und los gesbrochen wurden. Also konnten wir erst Sonnabend Nachmittags abreisen. Kaufmann sah wenige Menschen in Berlin. Meist war er bei Chodowiecki. Eine wunderliche fatale Anekdote von Kaufmann hab ich in Berlin erfahren, über welche wohl niemand als Sie, bester Hamann, mir vielleicht Licht geben kann, vielleicht die ich auch sonst niemanden anvertrauen darf. Er soll in Königsberg erzählt haben, daß in sei ihn in seiner Jugend sein Vater habe zum Scharfrichter bestimmt, und da habe er eine Lehrzeit von drei Jahren ausgehalten und sei von dem vielen Viehmezeln so blutgierig gewesen daß er lange Zeit habe kein Truthun ansehen können, ohne die Versuchung ihm den Hals abzuhauen. Auch sei er drei Jahre bei einem Bauer gewesen und hinterm Pfluge gegangen. Vielleicht wissen Sie, bester Hamann, wie ein solch Geschwäze entstanden und herumgekommen sein kann. Schreiben Sie mirs doch, wenn Sie irgend eine Muthmassung darauf haben. Wir werden uns wahrscheinlich einige Wochen in Krappiz bei einem der herrlichsten glücklichsten Ehepaare aufhalten. Ich hoffe Kaufmann werde bei diesen reinen Seelen ausruhen und sich erholen von dem Druck der allgemeinen Verstimmung der heutigen Menschheit, die jedem Edlern (ohne Zweifel, Bester, auch Ihnen) sein tägliches Kreuz und Wermuth ist. Ich finde zwar täglich mehr daß Kaufmann in keinem einzigen Menschen ausser ihm sich Ruhe und Zuflucht haben kann sondern daß die Kraft Gottes in ihm sein Ein und Alles ist und ewig bleiben wird. Leben Sie wohl, edler, liebenswürdiger Hamann. Ihr liebreiches Antheilnehmen ist herzliche Freude für Ihren verbundensten Krappiz in OberschlesienEhrmann d 18.t Sept. 1777. Kgsbg den 5/4 Oct. 777. HöchstzuEhrender Herr und Freund! Ich hatte eben den Anfang gestern mit Ihrem Phädon (den ich bisher nicht auftreiben können) auf meiner Loge gemacht, als ich vom HE Isaac David mit einem Gruß von Ihnen und Ihrem guten Reisegefährten überrascht wurde – und diesen Nachmittag saß ich gantz vertieft und unruhig über Kleukers Salomo, als HE Seeligmann u der älteste HE Friedlaender ausdrücklich mich in meinem telonio zu beschleichen. Nichts hat einen so außerordentlichen Einfluß auf mein Gemüth und ganzes Nerven System als eine unerwartete Menschen Erscheinung, liebster Mendelssohn! Auch den 23 pr. bin ich mit einem Briefe aus Leipzig u Ihrem Andenken daselbst erfreut worden; so wie den 22 Sept. ich und HänschenMichel mit Ihrem Coheleth zu seinem Eintritt ins neunte Jahr. Aber leider! mit unserm Studieren geht es nicht von der Stelle. An kein Griechisch noch nicht zu denken, geschweige an das Hebräische; aber mit Gottes Hülfe soll alles ersetzt und eingeholt werden. Tetens, de Broßes von der Sprache, die Berner Beyträge, den Sethos deutsch u fr. habe alle mit Vergnügen durchgelaufen; auch das vom Verf. des Universums mir zugedachte Exemplar ist mir zu Händen gekommen. Aber auf meinen
    Leichdorn
zu kommen: so ist vorige Woche der Gräuel der Verwüstung am Garten vollzogen worden, wie der Psalmist sagt LXXX. 14. Es haben ihn zerwühlet die wilden Säue und die wilden Thiere haben ihn verderbt. Des Grabens und Ausreißens ist noch kein Ende – An allen diesen Schätzen ist mir im Grunde ganz und gar nichts gelegen; daß ich aber als
    königl. Freywohner
dem Unfug so gleichgiltig zusehen muß, kostet mir mehr als das Lumpengeld, das man mir hat erpreßen wollen. „Wolan ich will meinem Lieben ein Lied meines Vettern singen von seinem Weinberg – Salomo hat einen Weinberg zu Baalhamon“ – zu so einem rabbinischen Liedchen wünscht ich mir eben die Ruhe, die Ihr Sokrates im
    Gefängnis
zu seinem äsopischen Fabelchen und Päan hatte. Einen solchen Feyerabend meines Lebens habe ich mir lange gewünscht – unterdeßen Sie, liebster bester Moses Mephiboseth! wie des lieben Gottes Fiscal im Buch Hiob, nach Norden und Westen ziehen.
Kgsberg den 8 Oct. 77. Herzlichgeliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Den 4 pr. wurde ich mit Ihrem Päckchen erfreut. Ich hatte mich eben mit vielen Gedanken um Sie beschäftigt und den 1 ej. die goldene Charte, welche sich durch ein Wunder ein rundes Jahr durch unversehrt erhalten hatte, feyerlich ausgetheilt, an jedes Kind 1 und ihrer Mutter 2; die andere Hälfte muste ich zum Einkauf des Holtzes auswechseln, und ich behielt das Blätchen zum Andenken. Die Einlage der
    Betrachtungen
war auch für mich desto angenehmer, da ich wie ein Kind darauf gewartet, und weder hier noch in Danzig das Büchlein aufzutreiben war. Es ist immer Feuer, Kühnheit und eine gute Seele – aber ich bin noch nicht im stande mich darüber zu erklären, so große Lust ich auch dazu gehabt und noch habe. Die übrigen Beyl. sind auch Ihrer Vorschrift gemäß befördert worden. Vorigen Sonnabend erhielt ich einen Brief vom Diac. Trescho über Ihren „empfindl. Verweis sich in Ihre Angelegenheiten gemengt zu haben“ – Er vermuthet, daß sein letzter Brief dazu Gelegenheit gegeben und mein davon gemachter Gebrauch. – Er leugnet die geringste Einmischung in fremde Sachen von seiner Seite und daß er nichts als das
    dringende Bitten Ihrer kranken Frau Schwester
erfüllt – und wenn ich an Sie schreibe (da er an Sie zu schreiben durch solche Begegnung abgehalten wird) soll ich Sie seiner wahresten Theilnehmung an allem Guten p – versichern. Das übrige hat nur theils religiöse, theils schriftstellerische Wendung und betrifft die periodische Schrift seiner
    Nebenstunden
. Ich habe ihm gestern, so gut ich gekonnt, geantwortet, aber der Brief ist liegen geblieben. Ihr
    Wunsch
in Ansehung seiner ist erfüllt, daß
    er
    Ihre Empfindlichkeit
    erfahren
, und der
    gegenseitige
gleichfalls,
    wie er
    selbige aufgenommen
; der meinige besteht darinn, daß Sie alle widrige Eindrücke bey Gelegenheit auszulöschen suchten – Der ganze
    Ausgang der Angelegenheit
muste ihn mehr beschämen und machte das
    Verbot
sich darinn weiter zu mischen überflüßig. Wenn ein Kunstrichter in seinem Urtheil über meine Maasreguln blind anläuft: so bin ich ist er nicht mehr im stande weder den Stachel noch das Gift seiner Urtheile mehrzu mir fühlen zu laßen und ich habe eben so wenig nöthig ihm selbige übel zu nehmen. Es freut mich herzlich daß Sie meine Bitte in Ansehung unsers besten Landsmanns, des Kapellmeisters zu Berl. genehmigen. Suchen Sie ihn wenigstens
    vor der Hand
mit einem
    gedruckten Exemplar
Ihres
    Brutus
zu befriedigen. Compere Claudius wird Ihnen gemeldt haben wie unser Geburtstag in Wandsbeck gefeyret worden. Kreutzfeld, der gegenwärtig Uebersetzer
    Ihres
Hogarthschen Hudibras, den ich ihm zu diesem Behuff nebst Buttlers Remains geliehen hat meinen besungen. Ich hatte ein paar gute Freunde dazu gebeten mit der ausdrückl. Bedingung sie
    ohne Wein
zu bewirthen:
    Penzel
,
    Kreutzfeld
, Mlle
    Stoltzin
waren Mittags. Ein hiesiger Jude
    Lippmann
    Löwen
erschien Nachmittags u Krausse, der Uebersetzer des Arthur Youngs gegen Abend. Zum Frühstück kam das Gedicht, zum Mittag ein großer Kuchen vom Löwen Nachmittags ein Billet von Me Courtan Hartknochs Schwägerin mit einer Tabatiere von Papier maché mit Schildpatte ausgelegt, die sehr nach meinem Geschmack ist; bald herauf noch ein Kuchen incognito von eben der selben Freundin, die eine Schwägerin des ehrlichen Hartknochs und Wohlhüterin des Prof. Kreutzfeld istMlle Stoltzin gehört zur hiesigen franz. Colonie, ist mit
    Hintz
aus Curl. gekommen wo sie an der Cammerherrin von der Reck, einer gebornen von Medem, eine sehr vertraute und innige Freundin zurückgelaßen, die mit Lavater, Kaufmann p im Briefwechsel steht. Die dritte u älteste meiner
    Freundinnen
, wie Sie wißen, ist die Baroneße von Bondeli, alle 3 wenigstens 2 würden für den Geschmack meiner idealen Catin seyn – aber ich fühl nichts als Leere und
    Verlegenheit
an statt
    Freude
– und so beschloß ich meinen Geburtstag u fieng ein neues Jahr an, wie ein Mensch, dem was fehlt, ohne sagen zu können:
    was
? Mögen Sie, liebster H. Ihren Geburtsmonath
    besonnener
,
    zufriedner
,
    heiterer
und
    heiliger
, genoßen haben, zur Seite Ihrer besten Hälfte, meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin – und des kleinen Augustpaars, das Gott zur Freude Ihrer lieben Eltern erhalten und vermehren wolle! Den 13 Oct. des Abends. Sie können sich meine Gemüthslage kaum denken. Ich bin nicht im stande das geringste zu schreiben und mir ist beym Dintefaß zu muthe wie einem Waßerscheuen. Mendelsons Hierseyn gab mir Anfangs eine angenehme Zerstreuung, die aber nicht lange währte. Nun bin ich tiefer wie jemals in eine Unthätigkeit versunken, die ich nicht zu überwinden im stande bin. Bey diesem aussaugenden feigen Gram ist an keine Autorschaft zu denken. Ich habe keinen Muth nach Berlin zu schreiben, um mich über
    meine
    Vorgesetzte zu beschweren
; denn dies ist ein trauriges Geschäfte – Seit Penzels Verbindung mit des Director St. Hause ist unsere Freundschaft krebsgängig; und er hat vorvorige Woche militairische Zucht erfahren müßen, auch Kanter ist entschloßen sich mit dem Neujahr zu scheiden. Ich habe ihn seit der Catastrophe des 4ten huj. noch nicht in meinem Hause gesehen und auch das Schicksal dieses unglückl. beunruhigt mich. Krausens Uebersetzung von Youngs politischer Arithmetik ist endl auch einmal herausgekommen. Den Diac. Matthes habe diesen Michaelis zu meinem Beichtvater gewählt mit der Hofnung die Stelle eines literarischen Freundes den ich an Lindner verloren, mit der Zeit zu ersetzen. Den 4ten Theil des Strabo wird eine Dedication an Salomon u Epistola familiaris an Bernouilli krönen; der Verf. hat mir selbige aber vorenthalten, was er sonst nicht bisher gethan u ich bin auch sehr damit zufrieden, weil sich kaum ein gutes Ende absehen läßt, und der Geck mit seinem Catholicismo und Egoismo es übertreibt. Daß der Anonymus in Leßings 3ten u 4ten Stück der seel. Reimarus ist, wird Ihnen vermuthl. bekannt seyn.
    Tetens
Versuche über den Menschen habe gelesen, die Tidemans unendl übertreffen.
    De Brosses Traité
de la formation mechanique des langues
ist von Plüche Mechanique eben so unendl. sehr unterschieden. Den elenden Uebersetzer Hißman habe schon zufällig aus seiner Geschichte der Aßociation der Ideen kennen gelernt und erscheint hier abermal in Lebensgröße. Kant soll von
    de Broßes
u
    Tetens
sehr voll seyn; Fulda scheint gantz des ersten Ideen ausgeführt zu haben. Unter Roosens Schriften haben seine Fußstapfen vom Glauben Abrahams mich am meisten erbaut; aber das Leben Jesu habe noch nicht erhalten können, von dem ich mir gewiß mehr Erbauung verspreche als im Heß, deßen 2ten Theil ich nun vorzunehmen Gelegenheit habe. Ich wünschte meinem kleinen Pathen den Preis und Winkelmann etwas mehr als einen Torso, kein Fragment sondern ein Exegi perennius et altius Ihrer Deutschen Muse – – dum Capitolium Scandet cum tacita virgine pontifex. Laßen Sie beyde uns, liebster Gevatter! den Winter so gut wir können, anwenden. An meinem guten Willen soll es nicht liegen, wenn ich nicht wenigstens den verlorenen Sommer einhole, und durch
    Spinnen
ersetze, was ich weder durch
    Säen
noch
    Erndten
habe gewinnen können. Noch eins! Der
    Klebezettel
auf Ihr Bild hat im Briefe gefehlt. – Haben Sie Gedult mit mir; ich denke noch alle meine Schulden zu bezahlen. Aber an Gips ist nicht zu gedenken in diesem barbarischen Vaterlande. Kaufmanns Einladung nach Wandsbeck war ein rasender Einfall; demohngeachtet war ich närrisch gnug quanzweis Plane zur Ausführung zu machen. Aber der saltus war zu groß, besonders bey meiner jungen Lage – Schreiben kann ich nicht; an keinen Menschen, weder in Deutschland noch in der Schweitz, als bis ich ruhig und erleichtert bin oder seyn werde. Der jüngste Lindner ist hier gewesen; ich habe ihm aufgetragen mit Hartung wegen der Uebersetzung des Don Quixote zu reden. Letzterer hat die bey mir noch vorhandene Exemplaria abholen laßen und ersterer ist ohne Abschied von mir zu nehmen nach Curl. abgereiset. Mit Hartung habe nichts zu theilen und das Haus ist sicher u ehrlich. Er Lindner wird anfangen Medicin zu studieren und wird künftiges Jahr wider durch und vielleicht nach Holland gehen um daselbst zu promoviren. Ich bin außer Stande fortzufahren. Gott erhalte Sie und Ihr ganzes Haus unter tausendfachem Seegen. Ich nehme wie der seel. Lindner Abschied: au revoir! Den 14 des Morgens. Ob fugam vacui noch ein Paar Zeilen. An das kleine monstrum habe noch nicht Hand anlegen können. Die 3 Dedicationen an Wiel. Büsching u Voß sind nebst dem 1 Hauptstück bereits im Februar fertig gewesen und der Anfang sollte gleich abgedruckt werden. Daß es nicht geschehen, ist mir gegenwärtig lieb. Die Idee ohngeachtet selbige auf die 777 des laufenden Jahres eingerichtet ist, kann noch nicht aufgeben. Nun ist ein
    panurgischer Versuch
über den
    jüngsten Seher des Universums
dazu gekommen. Amts- u. Haus Sorgen und meine Leiden im Unterleib und dem ventriculo cerebri erlauben mir nicht einen Augenblick mich zu samlen und zu bestimmen. Dem Strom tausend kleiner Umstände überlaßen schweb ich und schwimm ich, ohne von der Stelle zu kommen, noch mich meinem Ziel zu nähern. Eitelkeit der Eitelkeiten! ist meine Lieblingsidee. An dem Uebersetzer deßelben habe bereits mein Heil versucht, bey seinem
    menschl. Versuch
; aber es scheint nicht die Zeit zu seyn – Es geht mir also wie Ihnen. Kypke scheint ihm nicht die nöthige Sprachkenntnis des Hebr. abzusprechen; aber was andere Leute
    Styl
nennen, ist bey mir
    Seele
, oder
    Urtheils
- und
    Verdauungskraft
. Mendelsohn hat meinem Hänschen seinen Coheleth zum Andenken geschickt und Bodens Uebersetzung liegt auch vor mir. Ich habe Lust nächstens das Buch selbst zu meiner eignen Befriedigung zu studieren. Also Arbeit für 3 Hände und keine Lust den kleinen Finger auszustrecken. Gott schenke Ihnen desto mehr Muth, Freude, Salbung. Kein Morgen u Abend wo ich nicht an meine zwey Pathchens in Deutschland und Ihre Eltern denke, und mit aller Eitelkeit des menschl. Herzens dichte und trachte über das, was Sie Selbst wünschen und Vorsehung allein möglich und würklich zu machen im stande ist. Denn in dieser Wüsten hier, fühl ich das Ideal der Freundschaft gleich dem Heimweh. a Dieu. Von Hartknoch noch immer schlechte trostlose Nachrichten bisher. Schade um die gute
    Haut
!
Leipzig den 11 October 1777. Hochzuehrender Herr, und Freund! Ich muß endl: wohl einmahl ein Zeichen des Lebens von mir geben. Ihre beyden letzten Briefe von Dominica u XI. p. Trinit: 1776 und vom Weihnachts heil Abends 1776 habe ich seit beynahe Jahr u Tag vor mir, in der guten Absicht Ihnen darauf vielerley zu sagen, und vielerley mit Ihnen zu plaudern. Dieß ist aber nicht so leicht wenn man 80 bis 100 Meilen von einander entfernt ist. Ich bin von Geschäfften erdrückt, und weil mich die gerechte Rache des Schicksals, dafür daß ich so offt über Diplomata gespottet habe, unter lauter diplomatischen Büchern und Archiv Urkunden seit Jahr u. Tag begraben hält; so hab ich mir durch vieles Lesen die Augen so rechtschaffen verdorben daß ich fast nichts mehr schreiben kann, sondern alles dictiren muß. Also nur 2 Worte, wie schon gesagt, nur zum Zeichen meines Lebens. Wir haltens mit einander gerade umgekehrt wie die meisten Eheleute, wir zanken uns öffentlich u. lieben uns heimlich, dafür aber auch schreiben wir unsere Zank Schrifften dergestallt, daß sie uns beyden nicht verständl: sind unsere Liebesbriefe hingegen, die uns gewiß mehr von Herzen gehen, so, daß wir fein wißen, was wir damit sagen wollen. Ich habe alle Ihre Zank-Schrifften gelesen, und wenn sie beym Schreiben nicht üblere Laune gehabt haben als ich beym Lesen, so ist aus Ihren Herzen aller Groll vertilget, bis auf den kleinsten, der an die Wand pißet. , ausge ver tilget. Es ist mir sehr angenehm wenn die Vorrätherede des Almanachs Ihnen das Gegengift auch nur das Gegengift einer halben schwermüthigen Stunde geworden ist. Die Schwermuth ist eine Kupplerinn die uns den Genuß der zärtlichsten lieblichsten Schönen anbeut und uns mit heßlichen Metzen zusammen steckt, welche uns die Fr.– „–“ ins Blut bringen so daß wir glückl: genug sind wenn wir nur mit den Verlust der Hälfte unserer Sinne genoßen genesen können. Daß übrigens die Lieder nicht authentisch alt wären, haben ihre Freunde eben so ungerecht gemuthmaßet, als daß Bunkel nicht ächt englisch wäre. Die Lieder stehen gröstentheils in einer alten Samlung Bergmanns-Lieder die im 16 Jahrhundert schon, in Nürnberg gedruckt worden selbst n: 15 von Furwitz den Kramer steht fast wörtl darinnen. Ich dachte Ihnen mit diesem Briefe den 2ten Theil übersenden zu können, wovon schon seit einigen Monaten 8 Bogen gedruckt sind, die ich aber, wie schon gesagt, jetzt in Archiv-Urkunden nach Männern suche die längst vergeßen sind, und nach Häußern welche längst umgerißen worden, so habe ich noch in einigen Monaten nicht Zeit an Volks Lieder Genies und andere solche ungelehrte Sachen zu denken. Ich habe diesen Sommer eine Reise nach Brandenburg gethan, um die Alterthümer des Doms zu untersuchen und unter andern zu meinen großen Vergnügen im Kreutz Gange viele Wände voll fast verloschner Inschrifften entdeckt, die vermuthl: aus dem 14 Jahrhunderte sind, und allen Brandenburgischen Geschichtschreibern unbekant geblieben; jetzt ist man mit den Abschreiben, u. Abzeichnen beschäfftiget, welches sie vielleicht noch mehr verdienen, als die Inschrifften auf den beschriebenen Bergen Arabiens, sollten Sie also noch von mir nächstens zwar nicht marmora brandenburgensia aber doch lapides brandenburgenses mit einen Gelehrten Comentario in Folio, im MeßCatalogo, angekündiget sehen, so wißen Sie doch wovon die Rede ist. Es gebührt sich daß ein Autor der sich ehrl: durch die Welt schreiben will, von Isop der Friedens-Berloken sich bis zur Ceder eines diplomatischen Comentars in folio erhebe. Und hiermit Gott befohlen. Gott behüte Sie vor Fiebern, Versen Uhrkunden, und Mißvergnügen mit der Welt, welches ärger als die Krätze anstecket, und nicht einmal wie die Krätze ein Heil-Mittel wieder die Schwermuth ist. Unser Freund Moses der bey mir ist, ob er gleich nicht bey mir ist, grüßt Sie von Herzen und Freund Eberhard welcher zu Charlottenburg seine Bauern, die Bürger heißen wollen, in heil. ordodoxie Orthodoxie lehret, und vergnügt bey seinen Weibchen und ein paar Freunden unter seiner Linde den Sokratischen Becher trinket trinkend alles gelehrte Geschwirre mehr nicht achtet, als das Geschwirre der Wespen um seine Apfelbäume, grüßet Sie desgleichen, u. ist nicht wenig erfreut, daß Ihnen seine Apologie nach öffteren Genuß nicht minder schmeckt. , dieß trägt gewiß nicht wenig bey, daß er Er will nun endl: diesen Winter zum 2ten Theile schreiten will. quod D. B. V. Und hiemit nochmals Gott befohlen. Ich bin von Herzen Ihr ergebenster Nicolai Kgsberg den 21 Nov 777. Geliebtester Freund, Sie sind so unartig gewesen mit einem Pohlnischen Abschiede von hier zu gehen und vorige Woche beschickte mich die Frau Consistorialräthin mit der Beschwerde seit der langen Zeit keine einzige Zeile von Ihnen erhalten zu haben; worauf ich beyl. mütterl. Monitorium erhalten. Wenn Sie, wofür Gott behüte! krank wären sollte denn HErr Hofrath nicht einen Wink deshalb gegeben haben. Also wird wohl nichts als leidiger Leichtsinn, Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit an einem so langen Stillschweigen schuld seyn – nicht eben von Ihrer Seite, sondern vermuthlich von anderer ihrer, wie mir das Leben bisher sauer gemacht worden. Nun, liebster Freund! mein Garten ist zum Gräuel der Verwüstung gemacht worden unter dem rechtl. Vorwande eines öffentl. Verkaufs oder den 29 pr. vollzogen wurde en bal masqué von Dames und chapeaux. Die Witterung war schöner, als der schändliche actus verdiente. Ich hab mich um nichts bekümmert und mich getröstet mit einem Fiat voluntas Tua! Haben Sie meinen Gagliani noch nicht durch gelesen. Ich warte mit Schmerzen denselben wider zurück und bitte dafür Sorge zu tragen, weil ich mir alle Tage aus Napoli seine Libre cinque della Moneta vermuthen bin: so wie ich diese Woche aus Mantua durch einen Freund des Giambatista Vico Principi de Scienza nuova erhalten und mir viel Freude davon versprochen. Jetzt vergleiche Kleukers Prediger Salomo mit Bodeni lateinischer Uebersetzung und den übrigen Auslegern, die ich selbst besitze. Mein Freund Bode der glückliche Uebersetzer des Shandy p ist im Begrif die Gräfin von Bernsdorf zu heyrathen. Eben tritt HE Prof Kreutzfeld ein und macht diesem Briefe ein ex abrupto mit seinen besten Grüßen – Leben Sie wohl auf baldiges Wiedersehen. Erfreuen Sie uns mit Antwort und ehstens mit meinem Gagliani. Vale et fave amico Tuo J G Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links und Postvermerken:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Homme de lettres / à /
    Rossitten
/ par
    Mitau
. /
Königsberg den 23 Nov. 777. HöchstzuEhrender Herr Capellmeister, Landsmann und Freund, Wenn es kein Misbrauch des Vertrauens ist: so erlauben Sie mir es zu widerholen, daß ich bisher in einer sehr außerordentlichen Gemüthslage gewesen, die ich mir weder zu erklären noch zu bemeistern imstande gewesen. Ein treues Gemälde davon sind meine Briefe gewesen, wodurch ich wenigstens so viel erreicht, mir Luft zu machen. Wider all mein Erwarten wurde ich vorigen Mitwoch am Tage Namenstage meiner ältesten Tochter Lieschen, – in der Göttersprache heißt sie Elisa – Wider all mein Vermuthen, sag ich, und trotz mancherley Zerstreuungen wurde ich den 19 huj. von meinem Briefe an den HE Geheimen Finanzrath von Morinval entbunden, der mir seit dem April wie ein Nierenstein alle meine Eingeweide wund gemacht, daß mir Lust und Muth zu leben darüber vergieng. Es giebt eine Intensität in unsern Empfindungen, daß selbst die Hyperbeln der Sprache sich blos wie Schattenbilder zum Körper der Wahrheit verhalten. Sie werden sich noch erinnern, HöchstzuEhrender Freund, daß ich den 7 Junii selbst zum Curator der Blomschen Erben gieng und mit einer förml. Protestation gegen einen öffentl. Verkauf Abschied nahm, fast mit der Drohung, Käufer u Verkäufer aus dem Tempel zu geißeln, weil mein Haus kein Kaufhaus seyn sollte, wie man zu den Blomschen Zeiten mit Caffé Zucker, Citronen, Gewürz p geschachert haben soll. – Hätte die Auction nicht vor dem 7 May abgemacht werden können, da der Garten noch in ihren Klauen war? Hätte die Familie, die aus lauter Gärtnern besteht, nicht den Bettel in der Stille theilen und unter einander abmachen können? Nachdem durch die hiesige Intelligenzblätter dem respectiven Publico der terminus auctionis auf den 29 pr. bekannt gemacht worden war, ohne daß ich eine Sylbe darum wußte, erhielt ich auch ein Einladungsbillet vom Curatore mit der höfl. Bitte ein Plätzchen in meinem Hause für den Mandatarium einzuräumen. Nach allen mögl. Ueberlegungen pro et contra schien mir das klügste und vielleicht das einzige zu seyn, mausstille zu schweigen und dem Uebel nicht zu widerstehen. Den Tag vor dem termino fatali erschienen wenigstens 4 Dragoner und ließen es sich den ganzen Tag sauer werden wie ein Bataillon Maulwürfe. Ohne es in meinen Gedanken so weit zu treiben, wie die lieben Gebrüder Boanerges, wünschte ich wenigstens eine Salve von Schnee, Hagel und kurschen Wetter, um für einen Mann Gottes erkannt zu werden. Die Sonne aber erschien en galla und anstatt eines fürchterlichen Ausruffs war es ein bal paré von Damen u chapeaux. Die ganze Feyerlichkeit war in einem Nachmittage abgemacht; aber der Gräuel der Verwüstung dauerte wohl acht Tage von 4 à 6 Dragonern, und Crethi und Plethi von Gespann nicht mitgerechnet. Nunmehro ist also erfüllt, was geschrieben steht ψ 80. 14: Es haben ihn zerwühlt die wilden Säue und die wilden Thiere haben ihn verderbt. Ohne sich an den Pflanzen zu begnügen, hat man auch die
    Geländer der kleinen Brücke
über den Graben und die
    Einfaßung des kleinen Teiches
– kurz alles mögl. kahl und rein abe! gemacht Weil es mein
    ernster Wille
gewesen an dem ungerechten Mammon der Blomschen Erben keinen Theil zu nehmen: so bin ich froh und hoffe daß nunmehr eine eben so große Kluft zwischen uns befestigt seyn wird als zwischen dem armen Lazaro und dem reichen Mann in der Hölle. Nach glücklich überstandner crisi hab ich es für meine
    Pflicht
gehalten dem HE Geh. Finanz-Rath von Morinval von der ganzen Verlegenheit meiner Lage Rechenschaft zu geben, weil auch dieser Unfug der Blomschen Erben als eine Folge davon anzusehen gewesen, und man so weit unmögl. hätte gehen können, wenn man nicht sicher gewesen wäre von dem mehr als ruhigen Verhalten meiner hiesigen Vorgesetzten u. getreuen Nachbarn. Penzels
    Selma
hatte die Dreistigkeit mich durch den Secretair der Direction um einen Winkel meines Gartens ansprechen zu laßen, der das beste
    Grundstück meiner Vorfahren
ist, mit der Anerbietung mir dafür ein Stück des Directions-Gartens abzutreten. Ich habe aber dieser
    Jesebel
wie ein Naboth Bescheid geben laßen. Ich war anfängl. willens die ganze Correspondenz mit der Wittwe Blom und ihrem Vater, als Curator der Erben, zum Beweise beyzulegen. Weil es mir aber weder um
    Weitläuftigkeiten
und
    PrivatVortheile
zu thun ist, auch directe Mittel mich mehr exponiren als fördern möchten, und es einem ehrl. Mann das gröste Misgeschick ist sich zu einer Klage gegen seine Obern genöthigt zu sehen so ist es für mich Beruhigung gnug, ex officio diesen jenen Schritt gewagtthan zu haben. Der beste Gebrauch, den der HE Geh Fin. Rath von Morinval machen kann, bleibt also zum depot, bis die Zeit Maasreguln veranlaßt und
    gute
und
    böse
Absichten reif werden läßt. Ich war so vergnügt mit meiner Arbeit fertig geworden zu seyn, und so überdrüßig derselben, daß ich alles mögl. that sie noch denselben Posttag aus dem Gesichte zu entfernen. Sollten also in der Eilfertigkeit Fehler untergelaufen seyn – Nach einer schlaflosen Nacht war ich bey der Aufschrift so zerstreut, daß mir nachher der alberne Zweifel einfiel Marvilliers anstatt de Morinval auf dem Couvert geschrieben zu haben. Ich habe mich lange nicht deshalb zufrieden geben können, kann mir aber kein so tolles quid pro quo vorstellen. Haben Sie also
    Gelegenheit
ein Wort darüber zu verlieren: so werden Sie HöchstzuEhrender Freund! ohne mein Bitten nicht ermangeln, alles zum Besten zu kehren – Wenigstens hoffe ich daß Sie im Nothfall im stande seyn möchten gut zu sagen, daß nicht Privat-Interesse sondern Rücksicht auf
    höhere
und
    allgemeinere
Pflichten mich thätig zu machen im stande sind – und ich eher verdiene und nöthig habe
    aufgemuntert
als niedergeschlagen gemacht zu werden. Mein gegenwärtiger Posten ist und bleibt das Non plus ultra – und Ihnen aller Dank aufgehoben, und mit Gottes gnädiger Hülfe, sollen Sie, bester Landsmann, noch ebenso viel Ehre und Gnugthuung von Ihrer Vermittelung haben, als ich mir Ruhe und Zufriedenheit auf meine alte Tage von meinem lieblich gefallnen Loos verspreche. Der kümmerliche und wunderlich mühseelige Anfang ist mir Bürge eines gründlichern und glücklichern Fortgangs. Doch gnug hievon! Unser würdige Landsmann, mein Gevatter Herder, hat mir versprochen, Ihnen selbst seinen
    Brutus
zu übersenden. Sollte es noch nicht geschehen seyn; so werde ihn nächstens daran wider erinnern. Die gröste und vielleicht einzige Freude, die ich diesen Sommer gehabt, ist gewesen unsern lieben Philosophen Moses
    Mephiboseth
– Er wird seinem Freund Jonathan diesen Eckelnamen vergeben, der mir beßer klingt als Phädons seiner – hier in Preußen zu umarmen. Ich habe ihn alle Tage nolens volens, zur Zeit und zur Unzeit besucht – und ihn bis zum Thor hinaus begleitet. Dies ist auch das aller einzige mal, daß ich außer den Ringmauern von Königsberg in diesem Sommer gekommen bin. Daß Unser Freund Staurogedion an einer Uebersetzung des Hudibras arbeitet, wird Ihnen bereits bekannt seyn. Er ist beynahe mit dem ersten Gesang fertig – Was Sturz über diees Grafen von Bernstorf Reliquien geschrieben hat verlang ich zu lesen – daß Bode die Wittwe heyrathet, sey zu beyder Frommen. Daß Ihr Freund Prof. Engel den zweyten Theil seines Philosophen der Welt herausgegeben habe ich gestern von ohngefehr aus einer Zeitung ersehen. Daß unser Freund Nicolai über seiner diplomatischen Autorschaft in folio beynahe sein Gesicht verloren, ist ihm rühmlicher als die Mähre von der Blindheit seines Homers. Daß ich mich an den 3 drey 777 dieses laufenden Jahrs nicht habe rächen können, ist nicht die kleinste meiner fehlgeschlagenen Hofnungen. Im Jänner war ich auf guten Wege wie der heil. Slawkenbergius mich durch eine Fabellum de pudendis zu verewigen. Aber die 3 verwünschten Sieben dieses laufenden Jahres haben das Scherflein meines armen    Genius vereitelt. Daß ich Ihren alten lieben Vater einen Sonntag in seinem Hause beschlichen, versprach er mir Ihnen selbst zu melden. Daß es Ihnen, Ihrer geliebten Frau Gemalin und allen den Ihrigen nach Wunsch ergehen möge und sich die Zeiten auch in Ansehung Ihres ganzen Glück Systems künftig Jahr und je länger je mehr beßern, aufklären und übertreffen mögen, gehört zu den Bedingungen sine qua non meiner eigenen Zufriedenheit – Ich umarme Sie und bin Ihr ewig verpflichtester Freund und Diener Johann Georg Hamann.
Liebwerthester Freund, Weil wir uns einander bald widersehen werden: so haben wir uns einander die Mühe eines Abschiedes erspart. Da Sie bereits durch das Empfehlungsschreiben des HE Pr. Kreutzfeld eingeführt sind: so habe ich blos den HE Kapellmeister Reichard gebeten dafür Sorge zu tragen, daß es Ihnen nicht zu sehr in Berlin gefällt, und daß Sie unsern heil. Christ. nicht versäumen, woran so einem ehrlichen Israeliten, wie Sie sind, allerdings gelegen seyn muß. Sie wißen, daß ich den ganzen Sommer wegen meines verfluchten
    Leichdorns
und der engen Schuhe an keine Staatssachen habe denken können. Ich weiß daß Sie mich in Ihrem Herzen öfters darüber ausgelacht und an meine Philosophie gezweifelt haben, die freylich keine Gärtnerin wie Epicurs seine ist. Um Sie in wenig Zeilen sehr mannigfaltig zu unterhalten, meld ich Ihnen jetzt, daß ich vorigen Mittwoch nicht im stande war auszugehen, ohngeachtet ich eine doppelte Bothschaft von der Mlle Stoltz erhielt die ausdrücklich vom Lande in die Stadt gekommen war, nicht eben meinethalben sondern einen jungen Kaufmann aus Hamburg zu sehen, der aber schon Dienstags abgereist war. Da hat sie mir eine schöne Silhouette von einer adl. Dame eingehändigt, die ich Ihnen zeigen will, wenn Sie nur erst hier wären. Sie kam in einer Kutsche zu mir und erinnerte sich auch Ihrer. Was in unsern Kanterschen Zeitungen gestanden hat, darf ich Ihnen nicht melden; das übrige soll Ihnen alles mündl. erzählt werden. Ueber mich ist es verhängt, daß ich ohne Leichdorn nicht leben soll. Lehnchen hat die Windpocken Gottlob! überstanden; aber Hänschen liegt schlimmer daran. Eben erzählte Lieschen, daß ein großer Vogel heute Morgens ans Fenster gekommen, und die Mutter hält selbigen für eine Unglücks Eule. Vor einer Stunde ungefehr fuhr er auf, und hatte einen Engel im Traum gesehen; vermuthlich weil er den ganzen Tag mit einem Engel von Pfefferkuchen gespielt. Sie sehen, liebwerthester Freund, aus gegenwärtiger Probe, daß ich wider zu schreiben anfange und alles was ich das ganze Jahr versäumt habe, einzuholen denke. Wie dem geneigten Leser dabey zu Muthe seyn wird, mögen Sie an sich Selbst beurtheilen. Und hiemit leben Sie wohl. Beßert sich mein mein winselndes Hänschen: so schreib ich nächsten Posttag mehr – So weit kam ich am letzten Sonntage unsers Kirchenjahrs. Seit dem ich an Ihren Festen Theil nehme, dürfen Sie sich kein Gewißen eben machen sich auch um unsre Feyertage zu bekümmern. Montags den 24. nach dem Eßen. Da ich doch ein Couvert machen muß und dies Quartblatt dazu nicht brauchbar ist: so erlauben Sie mir auf meinem Sorgstuhl fortzufahren. Hänschen hat zwar diese Nacht weder geschlafen noch Öffnung gehabt befindt sich aber doch recht munter und trägt mir mit einem lächelnden Ja! auf, Sie von Ihm zu grüßen. Bin diesen Morgen beym Doctor gewesen den ich gestern nicht finden konnte, der blos der Menge des Ausschlages ohne schlimmere Folgen alles zuschreibt, auch mich wegen der Pocken in den Augen beruhigt hat. Lehnchen oder vielmehr Käthchen feyrt morgen ihren Namenstag und über 8 Tage ihren vierten Geburtstag. Die Feyertage in meiner Haushaltung nehmen in eben der Verhältnis zu, wie die öffentliche abnehmen, und ich weiß nicht wo ich alle Braten hernehmen soll. Je todter es auf in meinem Garten aussieht, desto lebhafter ist es auf meinem Gehöfte. Ein junger welscher Hahn – der auf Steltzen geht – und den man noch kein einziges mal krähen gehört, der folglich gar nicht zu der Race jener Schreyhälse gehört, die unser Prof. K. nicht leiden kann. Ferner 3 gemeine Hühner. Ich denke daß ein so junger Verwalter, wie ich sich mit diesem Besatz von Federvieh behelfen kann vor der Hand – Diese Woche kommt Mlle Stoltz vom Lande, um in der Stadt zu bleiben und ihre Singestunden fortzusetzen und neue anzufangen mit dem armen Teufel Uriel der weiland vergötterten Selma. (Das bleibt unter uns beyde und wir müßen gemeinschaftliche Anstalten machen, nicht ausgestochen zu werden.) Doch wenn ich noch länger fortfahre, lauf ich Gefahr in den Ton der lieben Medisance zu gerathen. An unsern Freund HE Mendelssohn, wenn er von Hannover zurückgekommen ist, denk ich mit nächsten selbst zu schreiben, wiewohl ich es schon gethan mehr wie einmal aber wegen meiner übeln Laune nichts habe abgehen laßen. Empfehlen Sie mich Seinem Reisegefährten meinem künftigen Wirth – HE Ephraim bestens zum geneigten Andenken, und sagen Sie mir mündlich, ob Sie im stande gewesen meine gelehrte Faust zu lesen. Leben Sie unter deßen recht wohl, endigen Sie nach Wunsch Ihre dortige Geschäfte; bringen Sie uns gelehrte Neuigkeiten und Näschereyen mit pour la petite bouche du bon gout. Und hiemit Gott empfohlen au revoir! Ihr ergebenster Johann Georg Hamann.
Königsberg den 30 Novbr. 777. Höchst zu Ehrender Herr und Freund, Den 22 Sept. erfreute Uriel Penzel mich und Hänschen Michelchen, der mit eben der Woche sein achtes Jahr beschloß, mit Ihrem Coheleth – Er hat eben die Windblattern überstanden und mich dnoch diesen Mittag versichert, daß er zum Hebräischen große Lust hätte Den 23 Oct. erfreute mich unser Freund HE. Nicolai mit einem Briefe aus Leipzig und der Versicherung Ihres Andenkens. Den 3 huj. überraschte mich HE Isaac David auf der Loge mit einem mündlichen Gruß von Ihnen und Ihrem guten Reisegefährten; da ich eben Ihren Phädon zu lesen angefangen hatte Um Sie zu überführen, daß ein freundschaftlicher Rath, bester Mendelssohn! nicht bey mir verloren ist: so meld ich Ihnen daß ich keinen Caffé des Nachmittags mehr trinke und des Morgens mich auf 4 kleine Taßen, anstatt der gewöhnl. großen eingeschränkt habe Auch in meiner litterarischen Neugierde habe Ihre Winke befolgt. Tetens in einem einzigen Tage mit Haut und Haar verschlungen, de Broßes, die Bremer Beyträge p durchgelaufen. Sethos hat mir deutsch und französisch geschmeckt; ich widerruffe daher mein erstes Urtheil und vermuthe, daß außer andern ich damals der Gelehrsamkeit dieses liebenswürdigen und bescheidenen Schriftstellers nicht gewachsen gewesen bin. Gefallen und nicht gefallen hängt bisweilen eben so wenig von uns ab als Seyn und Nicht Seyn. Das vom Verf. des Universums mir zugedachte Exemplar ist mir endlich auch geworden. Aber den Titel von 2 engl. Büchern, den Sie mir empfohlen, habe ich gantz vergeßen. Eins war von
    Harris
.
Mein Freund Löwen wird so gut seyn sich selbige in seine Schreibtafel einzutragen. Auch der engl. Bunkle ist diesen Herbst ausgeblieben. Nun viel Frucht und Gedeyen von Ihren Wallfahrten für Ihre Gesundheit und Geschäfte! Eine über Berlin nach dem ersten besten Bade würde mich auch verjüngen. Die Möglichkeit der Ausführung wird mit der äußersten Noth erst zeitig und reif werden. Daß Sie ja keinen Tag versäumen sich nach meinem Wohlbefinden bey HE Ephraim zu erkundigen, oder vielmehr Zeuge und Genoße deßelben zu seyn! Gott erhalte Sie mit Ihrer lieben Frau und lieben Kindern und gebe Ihnen so viel Freude, als ich mir auf meine alte Tage wünsche und weißage! Mein Hans michelchen empfiehlt sich aufs dankbarste Ihrem Andenken und seinem künftigen Freunde, Ihrem kleinen Rabbi – samt seinen beyden Schwestern. Prof. Kreutzfeld und die hypochondrische Hälfte meiner Seele, Kraus, haben seit der langen Zeit daß ich an Sie schreiben wollen und auch wirkl. geschrieben habe, Außflüße Ihrer Ergebenheit aufgetragen. Bitte um ein gleiches an unsere dortige gemeinschaftl. Freunde und bin mit Hertz und Hand Ihr aufrichtig ergebenster Johann Georg Hamann. Adresse: Herrn Moses Mendelssohn / zu /
    Berlin
. Auf dem Adressblatt von David Friedländer notiert: Durch Dero ergebensten Diener / D.
    Friedlaender
Gütigste Freundin, Hiemit habe die Ehre meinen offenen Einschluß zu überreichen, weil es mir unmöglich scheint denselben, ohne Abbruch des wichtigen Innhalts, weder mit Mund- noch Siegellack zuzumachen, und ich obenein das Vertrauen habe, daß Sie es schön werden bleiben laßen, sich an meiner schweren Paulus Hand die Augen zu verderben. Wenn ich mit meinem guten Rath nicht zu spät komme: so kaufen Sie nicht das
    zweyte Bändchen
vom Allerley, ohne es vorher in Augenschein genommen zu haben; weil mir die ganze Fortsetzung als ein Betrug vorkommt. Das Gegengift Ihres kleinen Lieblingsbuchs ist auch schon heraus und steht unter dem Titel:
    Brelocken ans Allerley
der Groß- und
    Kleinmänner
!!! Unter die
    Liebesgeschichte
habe ich auch folgendes gefunden:
    Heinrich Stillings Jugend, eine wahrhafte Geschichte von Kaufmann mit einem Tittelkupfer und Vignette von Chodowiecky. Erinnerungen aus dem Leben des Grafen J. H. E. von Bernstorf
sind vom Geheimten Rath Sturz, meinem guten Freunde in petto. Vielleicht ist der galante Buchhändler in der heiligen Geistgaße, (ich mag gewiße Namen nicht gerne aussprechen und noch ungerner – wirklich so gefällig, als Sie mir versichern wollten, Ihnen diese vier Kleinigkeiten zum Ansehen zu überlaßen, damit Sie oder ich uns entschlüßen können, was der Mühe lohnt, zu behalten, weil ich unter allen Waaren nicht das kleinste Buch gern blindlings kaufen mag. Das neueste, was ich Ihnen Gütigste Freundin, auf diesem trunkenen Löschpapier, wovon ich mir gestern gelüsten laßen ein ganzes Buch mit 9 gl. zu bezahlen melden kann, besteht darinn, daß ich diesen Vormittag ein Antwortsschreiben bereits erhalten, daß artig zu lesen ist, deßen Wirkungen
    ich
aber noch nicht absehen kann. Unterdeßen bin ich immer sehr geneigt alles was geschieht, als das Beste, was nur
    geschehen könnte
, anzusehen; und hiemit empfehle Sie Göttlicher Obhut vor allem blinden Schrecken der Adventssänger und mich selbst nebst meinem ganzen häuslichen Anhange von 3 Stockwerk Ihrer ferneren Freundschaft und Gewogenheit und habe die Ehre da Capo zu seyn Dero aufrichtig ergebenster Johann Georg Hamann den 4 Xber 777. Mit Adresse und Mundlackrest (Siegelabdruck):
Pour / Madame Courtan / née Toussaint /
Gütigste Freundin, Die Erinnerungen
    aus dem
Leben – (ich vermuthete welche
    über das
Leben) sind eine Lobschrift, die dem Geschmack und Herzen des Verfaßers Ehre macht, und seine Schreibart ein Muster. Ob die Zueignung der Gnädigen Frau, die eben im Begriff steht wider zu heyrathen, gelegen kommen wird? – Die
    Breloken
habe mit desto mehr Antheil gelesen. Der Haupt Verf. hat einen Stümper zum Gehülfen oder Sammler gehabt. Der allerletzte Abschnitt fällt am meisten ab. Ich habe mich nicht eher als S. 124 gefunden und wünschte, daß Sie das Büchlein behielten, wegen der vielen „treffenden, zeitpaßenden Gedanken, tiefen Blicke und starken Stellen, theils um das liebe
    Allerley zu ergänzen
u. s. w.
    Stillings Jugend
sieht dem Kaufmann so ähnlich, daß ich es Ihnen, Gütigste Freundin! empfehlen muß; so contentible und infamous es sich auch lesen läßt, hat mich die
    heilige Einfalt
des guten Jungens warm und weich gemacht. Vielleicht schreib ich ihm heute, da ich mich einhalten muß meiner Gesundheit zu pflegen, zu welchem Behuf ich vier medicinische Brelocken des Dr. George seel. Andenkens verschluckt habe.
    Mösers
kleine Schriften, davon eine Samml. zu
    Bremen
ausgekommen, die 1 fl. kostet, sind noch das
    einzige
Buch, das Ihrer vorzüglichen Aufmerksamkeit von dieser ganzen Meße würdig ist Bey Gelegenheit erwarte noch aus Ihrer Güte den
    zweyten
Theil des Allerleys, über deßen Innhalt ich durch den doppelten Titel;
    Vermischter Betrachtungen auf alle Tage im Jahr
irre gemacht worden bin, und wenigstens, vermittelst des Ihnen heute zugedachten Besuchs, einen Bescheid wegen der erbetenen China. Nach ergebensten Grüßen an HErrn Courtan, Henriettchen und Fritzchen von mir und Hänschen versiegele ich meinen Dank für beykommendes und meinen Wunsch um die Fortsetzung Ihrer freundschaftlichen Gewogenheit trotz alles traurigen Schicksals, das mir nach § 11. der Brelocken bevorsteht, mit dem herzlichsten Handkuß eines aufrichtigen Herzens, mit dem ich ersterbe Gütigste Freundin Ihr verpflichtester Johann Georg Hamann den 6 Xbr. 777.
Kgsberg den IV Advent 777. Viel Glück zum NeuJahr, liebster bester Landsmann, Gevatter und Freund! Ich bin noch am Rande des alten mit einem verwundten Schienbein, das mich von einem gefährlichen Fall über einen kleinen Kindertisch gerettet, u seit dem 12 huj. einheimisch auch die meiste Zeit bettlägericht gewesen. Die Wunde heilt langsam, scheint aber von keinen Folgen zu seyn, nur der Ort ist kürzlich daß ich mich vor Anziehen und Kälte u Anstrengung in Acht nehmen muß. Meine Antwort auf das den 4 Sept. eingekommene hat erst den 14 Oct abgehen können. Den letzten ej. habe einen Laufzettel wegen Ihres Schreibens bescheinigt. Den 29 ej war Auction in meinem Garten worauf ein Gräuel der Verwüstung erfolgte. Den 19 Nov. am Tage
    Elise
wurde ich wider Vermuthen von dem Briefe nach Berl. entbunden, mit dem ich den ganzen Sommer schwanger gegangen und ich befand mich so erleichtert als von einem Nierenstein Den 4ten huj. habe eine sehr höfliche Antwort vom Chef unsers Departements erhalten und was daraus werden wird, weiß der liebe Gott; und will mich auch darum nicht bekümmern. Wenigstens hab ich jetzt ein wenig Ruhe in mir selbst, woran es mir so sehr bisher gefehlt, und bin im stande wieder die Feder zu führen Ich habe die Hefen dieses critischen Jahres dazu bestimmt um alle Rückstände in Briefen abzumachen und werde vielleicht eine kleine Einlage an Kleuker beylegen, weil ich Lemgo Ihnen näher halte – Vor acht Tagen endl. an Lavater geschrieben nebst Einl. an Kaufmann und Ehrmann, auf letzten speculirte Kanter hier. Penzel schliest die Zeitung mit diesem Jahr u hat mich den 1 huj. zum letzten mal besucht. Es ist mir lieb daß er den Anfang macht sich zu entziehen. Seine Verbindung mit Stockmars Hause und der
    Selma
unter welchem Name er sie besungen – Materie gnug zum
    Drama
und
    Roman
und neuen Vorrede, womit ich diesen Brief nicht entweyhen will: für mich lauter Schule und lebendige Beyträge zur Menschenkentnis und Menschenliebe – Kanter hat keine Meße gemacht, also wenig neues gesehen. Sturzens Erinnerungen habe gelesen; ich kenne ihn aus den Menechmen, die ich habe. Stillings Jugend ist im Hartungschen Laden Catalogo dem Kaufmann zugeschrieben worden und scheint seines Geistes Kind zu seyn. Der 2te Theil des Allerleys und die Breloquen, Mösers Samml. und Gagliani Uebersetzung, nebst Iselins Ephemeriden sind beynahe alles, das ich geschmeckt. Gagliani Libri cinque della Moneta erwarte nächstens aus Neapoli, weil selbige nicht in Florenz aufzutreiben gewesen von wo ich des Giambatista Vico Principi della Scienzia Nuova erhalten und auf beyde durch Gianovese kennen gelernt und darnach neugierig gemacht worden bin. In Vico Schwärmereyen hoffe ich noch etwas Korn zu finden, aber noch nicht kaum Muße gehabt ihn anzufangen. Nun bester Herder! wie geht es mit Ihrer Gesundheit und mit Ihrer Muße? mit Ihrer Zufriedenheit und dem Denkmal für mein Pathchen? Hat auch die höchste und reinste Lebensfreude im treuen Arm einer Seelengenoßin ihre Ebbe und Fluth? Man muß ein
    König
und
    Prediger
seyn um die Eitelkeit der Eitelkeiten anschauend zu erkennen, und sich darüber trösten zu können. Ich habe einige Tage mit diesem Büchlein zugebracht, und mich in das heilige Dunkel deßelben eben so sehr vertieft als verliebt, daß ich nicht das Herz habe die causam occasionalem dieses Gerichts zu betrüben und dem neuesten Scholiasten ans Herz zu greifen. Es ist schon Strafe gnug für ihn nicht verstanden und zugl. übersehen zu werden – wie mir jedermann versichert, den ich gebeten seine Auslegung zu lesen. Unser kleine August ist doch wol schon entwöhnt und hat Muttermilch genoßen? Es geht mir nahe, daß ich ihn noch mit nichts aus Ihrem Vaterlande erfreuen kann. Meine
    innere
und äußere Lage bis jetzt ist einem unfruchtbaren Boden gleich, auf dem mein Herz und Sinn schmachtet nach Erquickungs Zeiten, die ich ohngeachtet mancher Ahndung kaum erleben werde; aber auch hieran soll mir nichts gelegen seyn. Ich habe einen Hang zum Uebermuth, den ich lieber gedrückt als genährt wünsche. Nicht eine Silhouette kann ich Ihnen schicken, geschweige ein Bild: aber alles soll
    fein zu seiner Zeit
kommen, so der HErr will und wir leben, welches beydes ich innig wünsche und hoffe und glaube. Vergeßen Sie nicht, mein Einziger! den Aufklebezettel der Ihrem vorigen Briefe gefehlt und den
    Brutus
für unsern Landsmann Reichard. Hoffe auch mit nächster Meße ein
    paar Exemplare
Ihres Bückeb.
    Gebets
, das Ihre Frau Schwester aus Morungen mir zum Durchles. übermacht Ist der Brief im Museo über Ihre gehaltene Predigt und das Stück im Mercur über die Landschaft Malerey auch von Sturz? Melden Sie mir doch
    den
oder
    die
Verf. der Breloquen. Ich traue dem
    einen
Scharfsinn u Billigkeit zu, aber der
    andre
ist ein gar zu eingenommener Stümper, und möchte gern den
    Matador
kennen, der mir nicht gleichgiltig ist, so sehr ich seinen Kumpan verachte. Sollte
    Hottinger
im Spiel seyn, den ich nur dem Namen nach kenne. Sollte
    Levin
den Gagliani übersetzt haben? Mein Umgang ist also auf Kraus, der sich mit seiner Hypochondrie auf den Ocean der Geschichte gewagt und auf Kreutzfeld eingeschränkt, mit dem ich Spencers Fairy Qveen als das beste Wintermährchen lese. Sollte dafür lieber Griechisch mit meinem Hans Michel vornehmen, deßen Verwahrlosung oder Erziehung mir auf dem Herzen liegt – Noch nichts an seinem rechten Ort, weder in mir noch außer mir. Hinc illae lacrymae! Den 22 Xbre. Nachdem ich mit meinem kranken Fuß wa cker gestampft über Kinder u Magd – ergreif ich endl. wider die Feder. Sie werden das Chaos meines Gemüths aus meinem ganzen Schreiben ersehen. Bis auf Feder und Dinte ist mir alles zuwider und vermehrt meine Unlust, selbst den kleinsten Uebeln abzuhelfen! Also ist in diesem Jahr wol an keine Autorschaft zu denken; und der widerholte nisus ist ohne Nachdruck gewesen. Ich bin von beyden Seiten eingeschreckt und im Gedränge Freunden und Feinden Gnüge zu thun und meinem noch zweideutigern Selbst Vergeßen Sie die Fortsetzung Ihrer Urkunde nicht. Wenn sie man zu Ende kommt; sie mag aufgenommen werden, wie sie wolle. Ich weiß gewiß, daß die Entwickelung des Ganzen s Sie rechtfertigen wird. Burneti Theoriam habe nebst seiner Archaeologia seit kurzem gelesen – Von Hartknoch sind die Nachrichten so widersprechend, daß man weder seine Genesung noch Gefahr recht absehen kann. Auch sie soll sich in elenden Umständen befunden haben, aber erholt sich seit kurzem. – Meiners Abhandl. über die eleusinischen Geheimniße habe ein paarmal durchgelesen, ohne befriedigt zu werden. Jacobi Abhandlungen haben mir wegen ihres gemeinnützigen, angenehmen Innhalts als Worte zu rechter Zeit, sehr gefallen. Was für eine bescheidene Gründlichkeit und selbst denkende Neuheit und Popularität. Auch Seilers Beyträge scheinen mir gutartig, fruchtbringend und den Bedürfnißen unserer Zeit angemeßen; so viele ich davon gesehen von diesem Jahr. – Nicolai hat mir einen langen Brief geschrieben oder vielmehr dictirt (wegen schlimmer Augen) von der Leipziger Meße u. kündigt mir seine Monumenta Brandenburgensia in Fol. an. Das übrige sind Einfälle seiner guten Laune, die ergiebiger wie meine üble ist. In Vico vermuthete ich die Quellen von der
    Science nouvelle der Physiocratisten
. Es scheint aber mehr Philologie enthalten zu seyn und hat keine Gemeinschaft mit jenen. Die erste Ausgabe ist schon zu Clerici Zeiten ausgekommen von dem ein Brief vorn an steht, aber wohl kaum nach dem Geschmack dieses Vaters unserer Kritick gewesen. Die Einleitung ist eine sehr weitschweifige Erklärung des allegorischen Titelkupfers, worauf die
    Metaphysick
u eine Bildsäule des
    Homers
die Hauptfiguren, die übrigen alle
    hieroglyphisch
sind. Es kostet mir mit dem schönsten Bande 7 Lire = 7 fl. 7 gl u enthält 2 Theile. Und hiemit endige ich die Charte dieses Jahrs bis auf obigem dato. Was mir noch in den übrigen zehn Tagen bevorsteht, weiß Gott am besten. Bunt, verdrieslich, langweilig ist es gewesen, die Morgenröthe schön, aber nach dem Sprichwort, gefallen in Koth wie die erste Gartenfreude. Vielleicht besucht mich noch ein Abendroth vor’m Untergang, und mein nächster Brief sey ein Schwamm des gegenwärtigen. Nun, mein einziger Herder, Landsmann, Gevatter und Freund! Gott seegne Sie, Ihre Hälfte, meine verehrungswürdige Gevatterinn u Freundin, Ihren Erstgebornen und meinen lieben Pathen August. Er vermehre Ihre häusliche Freude siebenfältig! Er laße es Ihnen u Ihrem ganzen Hause an keinem Guten fehlen. Er sey Ihr Brodt und Ihr Kelch, Ihr Stecken und Stab und Ihr ganzes Leben ein Pleonasmus von Wundern und Gütern des Heils zur Verherrlichung! – – – An unserm Wunsch in petto einander zu sehen, hab ich lang gnug combinirt an einem glücklichen Wurf. Aber bey gegenwärtiger Bewandnis würde es
    beyden
wenig frommen. Nicht allein Umstände sondern auch wir selbst müßen dazu reifer werden. Kein unzeitiger Genuß ist schmackhaft und gesund. – – Es war schon gegen 6 Uhr Abends und ich vermuthete niemand mehr als Prof. Kreutzfeld mich unterbrach u mir seine beste Empfehlungen beym Thorschluß auftrug. Wie er eben aufbrechen wollte, kommt mein Freund der Jude Samuel Lipman Löwen mit Penzel und einem Pater peccaui eingeplatzt. Nach einer halben Stunde des tollsten Persiflage wurde ich alle drey los – Mein Fuß erinnert mich an das Liegen und ich möchte noch sehr gern ein paar Zeilen an Kleuker schreiben die ich nach
    Gelegenheit
zu befördern bitte Ich umarme Sie mit dem warmsten und vollsten Herzen und empfehle Sie und all das Ihrige, wie mich und das Meine, Göttlicher Obhut u Gnade als Ihr ewig treuer und verpflichteter Johann Georg Hamann Auf den 24 Jänner wird ein Drama von Penzel auf sich selbst unter dem Namen: Musquetier aufgeführt werden. Ein Doctor von Zelpen komt auch drinnen vor. Er arbeitet an einer Ausgabe des Horatz für Helwig und am fünften Theil eines Supplements zu seinem Strabo. Seine Schwester muß ein eben so großes Wunderthier ihres Geschlechts seyn nach einem langen Briefe zu urtheilen den ich von ihr gelesen. Aber ich zittere vor dem Ende seines Romans. Nun gute Nacht und Gott empfohlen – bis auf ein beßeres Wiedersehen!!!
Zürich, den 26. Xbr. 1777. Lieber Hamann, Am Weynachtsfreytagabend empfang ich in einem mißmuthigen Augenblicke, an deßen Mißmuthigkeit ich selber schuld bin, einen lieben Brief von Ihnen, väterlicher Freund! den ich sogleich, um mir leichter zu machen – so gut ich itzt kann – beantworten, oder vielmehr mit einigen Zeilen erwiedern werde. Mit Dank sollt’ ich anfangen – und ich danke doch so ungern einem Menschen, den ich liebe.
    Hahns
Postille ist ein
    Fund
, der ins Wohlthatenregister dieses Jahres gehört. Ich kenne den Mann persönlich. Er ist die Einfalt selbst. Er könne sich vorstellen, sagte er mir einmal, wie’s Gott dem Schöpfer sey, wenn er eine Welt schaffen wolle – wie’s ihm sey, wenn er die Copie davon – ein Weltsystem mit allen seinen Bewegungen im Kleinen – oder seine Rechnungsmaschiene – (die als Leibnitzens compendiöser – vollkommener und brauchbarer ist) ausgedacht habe, und es nun zur Sicherheit: Ich
    kann’s
– in ihm gediehen sey. Ich wünschte, κατ’ ἀνθρωπον, oft, so sanft still schreiben zu können, wie
    Hahn
– und Hahnen oft meinen gefälligern Styl. – Doch, weiß ich, der Wunsch ist Thorheit – und
    Eitelkeit
. Der
    Fingerzeig
ist ein kostbares Büchlein, wovon aber weder ich noch
    Hahn
ein Exemplar mehr haben. Es ist eine Erklärung über Epheser – oder über
    Gottes-Familie
. Warum ich den
    Durst
so geheimhalte? Ach! unter allen drückenden Gedanken meiner beßten Augenblicke ist beynah der drückendste
    der
: – von diesen heiligen Dingen jemals ein Wort gesprochen zu haben. Doch that ich’s in mehr Einfalt, als man’s glauben kann.
    Es ist nun geschehen
! und was
    geschehen
ist, geschahe nach Gottes (
    dramatischenm
) Willen. So sehen Sie’s auch an – daß ich im IV. Bande der Fragm. aus einem
    apokryphischen
Buche – zu Altona gedruckt einige
    Perlen
aushob, meine Kahlheit zudecken – und mit für die
    Schweine
gieng – die sich wenden, und Sie mit mir zerreißen werden – unbeschadet jedoch unserer ἀφθαρσια!
    Oft
ist’s
    Lüsternheit
– Lieber! oft bis zur
    Lästerung
Bedürfniß
    Etwas
zu haben – das alle Zweifelwelten aufwiegt. Ich weiß, was die
    Erfahrung
hindert – aber, wenn der Erbarmer ohne seines gleichen nicht
    vorkömmt
dem Schwachen ohne seines gleichen, so bin ich
    verloren
. Es gehört zu den empfindlichsten, jedoch
    wolverdientesten
Demüthigungen meines
    Fleisches
, daß selbst
    Christen
– mir geschmack an
    Zeichen
zutrauen. Mir ist um
    Gewißheit
für mich, und
    Hülfe
für
    Brüder
zu thun. Das darf ich sagen. Mein innerer Mensch verabscheut alles, was
    Aufsehn
macht, – was nicht
    hilft
. Ich habe von meinen Schriften kaum ein Exemplar für mich. Also kann ich nichts, oder nichts des Sendens werth senden. Ich fürchte – Ihre Auslagen für die mindeste Fracht – drücken mich. Meine Predigten sind mir das unausstehlichste von allem, was ich drucken ließ. Einige jedoch nehm’ ich aus. Etwas weniges will ich davon für Sie aussuchen. Mit dem beßten Gewißen kann ich sagen – das wenigste meines Geschreibs ist Ihres Lesens werth.
    Mir
eckelt wenigstens vor dem Meisten. Mir ist’s selbst noch Traum, daß ich eine Zeile Physiognomik geschrieben. Es gehört zu den Traits de génie Gottes, des Dramaturgen meines Daseyns, daß er dem unphysiognomischten Menschen die Ehre dieser Offenbarung anvertraute. Mir ist’s würklich Offenbarung – aber – dennoch nur in dunkelm Worte. Ich bitte Sie, bethen Sie ausdrücklich‥ daß Gott meinen Muth nicht sinken laße – unter der Last der Geschäfte. Oft begreif ich gar nicht, wie mir noch, neben meinem Weibchen, jeden Abend so wol ist – als ob kein Mensch nichts von mir wüßte. Herr Gott! welch Geheimniß Gottes! daß ich den Menschen so offenbar bin – und so tiefverborgen selbst meinen συμψυχοις. Für jedes Trostwort von Ihnen dank’ ich herzlich. Wenn ich’s nur verdiente! Schreiben Sie mir ofte. Ich lese gern Ihre Bestrafungen und Tröstungen. Ich kenne den Geist, aus dem sie fließen. Ich
    lüstere
sehr, Sie zusehen und unmittelbar zugenießen – doch ist’s nicht
    Bedürfniß
. Aber auch die Lüsternheit wird erfüllt werden. Lieber Hamann – unsre Blicke werden sich vieles sagen – Nennen Sie mir
    ignoranten
den
    weisesten Schriftsteller
und
    dunkelsten Propheten
. Auch wünscht’ ich etwas von
    Mendelssohn
bey
    Hamann
zuwißen. Mein
    Stirnmeßer
ärgere Sie nicht. Es ist etwas
    erbethetes
. Ich – ehre und liebe Sie wie wenige. Lavater. K. F. Th. Schneider zufolge befinden sich bei dem Brief noch als Nachwort von fremder Hand, vmtl. von derjenigen Pfenningers, folgende Zeilen: Eben komme ich aus meiner friedlichen Burg – dem friedlichen, aber von Unfrieden beunruhigten Lavater – ein Gott segne – Gott grüße zu geben – und da reicht er mir Hamanns Erscheinung in Briefen. – Ich habe noch nicht gelesen, will jetzt zurückeilen in meine Ruhe, und dann lesen – und antworten – adio Liebster! – Was Sie riechen – das sehen wir – und Beides ist Physiognomik.
Messieurs, Vous excedez tous mes retours de reconnaissance en venant de fixer Vous sur les bornes et les fonctions termes de mon emploi, que je dois Mrs à Votre Grace et que je aime cheris comme ma vie et avec une jalousie, laquelle m’a fait prendre quelques ombres, dont mon antecesseur m’a paroît avoir joui en qualité d’ancien Inspecteur de la Douane, ayant été encore le
    vicaire
de celui de Votre creature pour des
    attributs
reels – Mais le 1o Votre Decision supreme du 19 du cour. vient de detruire le zele qui m’a rongé. Le 2o n’appartient point à mes griefs: parceque car j’ai resigne de moi-meme aux 50 Ecus aux objets y relatifs et à leur ressort. 3o En consequence des eclaircissemens qui Vous ont été fournis Mrs et des avis que l’Inspecteur General m’a donnés en m le 8 du cour. le Registre des passeports aux lamaneurs, je Vous supplie très humblement de être me dispenser de ces expeditions, etant aussi eloigné de les desirer que de me pardonner à moi meme la peine de prendre soin à des nouveautés – – 4o Aussitot que je serai retabli d’une plage sur le devant os de ma jambe gauche laquelle m’a sauvé d’une chute plus dangereuse je ne vivrai que pour la tenue de mes quatre Registres et pour satisfaire avec la soumission et l’obeissance la plus scrupuleuse aux restrictions de leurs tetes et colonnes, aux auspices de mon Installation et à l’esprit de Votre Decision supreme avec la soumission et l’obeissance la plus scrupuleuse. Ce sera mon gout, ma gloire et mon repos. Mais n’en croyez rien Messieurs, que ma Muse jardiniere fût jamais capable de la rusticité, dont Vous la soupçonnez – C’est à Vous, que le Roi a confié la vigne de Ses Finances; C’est à Vous, que je dois la satisfaction, l’honneur et le benefice d’être un franc locataire et usufructuaire d’un Domaine du Roi. A Dieu ne plaise que j’en fasse
    un lieu de marché ou une caverne des voleurs
– et a Dieu ne plaise que Votre cas
Messieurs fût le mien et celui du Psalmiste si Vous vous souvenez, qu’il est ecrit: „Exterminavit eam aper de sylva et singularis ferus depassus est eam!“ c’est à dire les sangliers de la foret l’ont detruite et toute sorte de betes sauvages l’ont broutee! – A Dieu ne plaise que ces pretendus griefs ne soyent plus mieux fondus et plus consequens que leurs eclaircissemens, qu’une pauvre dupe signe et signe comme les lettres de change de son ami compagnon et fombe fripon et bete. Dieu qui m’entend sera mon vengeance, mon bouclier et ma grande recompense. Amen! J’ai l’honneur d’être pour toute ma vie avec le respect la soumission la plus respectueuse et la plus profonde et la plus singuliere Sympathie ce dernier Xbre 777.
Mein Herr! Endlich fangen die Bilder, die sich auf der Reise in meiner Seele gehäuft haben, nach und nach ihre Lebhaftigkeit zu verlieren an. Jede angenehme Stunde, die ich genossen, kehret mit Bewußtseyn zurük, und sicherlich sind diejenigen, die ich in Gesellschaft der Zöllner und Sünder zugebracht, nicht die letzten. – Durch Herrn Seligmann werden Sie ein Päkchen erhalten, worin 1) das Buch מאור עינים, das Sie studiren wollen. Eigentlich ist es nur der Tractat אמרי בינה, der Ihre Aufmerksamkeit verdienet, denn dieser ist kritisch. Das קול אל הי׳ ist die Beschreibung eines Erdbebens, und הדרת זקנים eine Uebersetzung aus dem Griechischen, die mir sehr wohl gerathen zu seyn scheinet, aber einem Anfänger schwehr zu verstehen seyn muß, und Sie, der Sie das Grichische gelesen haben werden, nicht interessiren kan. 2) Ein קהלת, womit der Herausgeber und Comentator sich die Ehre giebt aufzuwarten, und endlich 3) Ein ähnliches Exemplar für meinen kleinen
    Hans Hamann
; damit er künftig manchmal an mich denke, wenn ihm sein Vater nicht mehr wird mündlich sagen können, daß er Mendelssohn liebe, und von ihm geliebt werde. Empfehlen Sie mich dem Herrn Direktor und seiner würdigen Gattin, und vergeben Sie, daß ich heute so kurz bin. Ich habe noch nicht alle Arbeiten nachholen können, die ich vorgefunden habe. Ich bin mit wahrer Achtung und Ergebenheit, Berlin den 15ten Sept. Ihr 1777ganz ergebenster Diener Moses Mendelssohn
Königsberg, den 11.ten Septbr. 63. Hochwolgeborner Herr, HöchstzuEhrender Herr Geheimer Rath, Gnädiger HErr! Ew. Hochwolgebornen huldreiche Zuschrift vom 26. Aug. habe den 8ten huj. richtig erhalten, da ich eben eine Stunde vorher zu Lesung derselben von einem blinden Bettler durch seine Verkündigung des heutigen SonntagsEvangelii war zubereitet worden. Dero geneigter Befehl zu einer vertraulichen Eröfnung meiner Laage u. Aussichten ist eine Erleichterung meiner Selbstliebe, u. überhebt mich einer überlegtern Antwort, die ich der freundschaftlichen Begeisterung Ihres Antrages schuldig wäre. Um so kurz u. umständlich als möglich zu seyn in einem Chaos von Sonnenstäubchen, mach ich den Anfang mit einer Abschrift „meiner Supplic bey E. Königl. Hochverordneten Kriegs u. Domainen-Kammer engagiert zu werden unter Erwartung einer könftigen Versorgung beym hiesigen Licent- Accise- oder Zollwesen“ Allerdurchlauchtigster pp Ew. Königl. Majestät vergeben es huldreichst dem geringsten Ihrer Unterthanen, der sich heute erkühnet die Bedürfniße seiner niedrigen aber ehrlichen Dunkelheit ans Licht vor Ew. Kgl. Maj. Antliz zu stellen. Ich beschließe Gott Lob! mit diesem Augustmonath das 33.ste Jahr meines Alters u. habe nach einer ziemlich willkührlichen Abwartung des akademischen Laufes mit Hofmeistern in Lief- u. Curland, hierauf mit einer Reise nach Holland u. England, unter dem Mantel fremder Angelegenheiten mir meine übrige Zeit vertrieben; endlich die lezten fünf (für das Vaterland) trübe Jahre in meines Vaters Hause, theils zur Pflege seiner grauen Schläfe, theils in einer gelehrten Muße, nach Herzenswunsch gelebt. Da eine schwere Zunge u. Unvermögenheit der Aussprache nebst einer eben so empfindlichen Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit mich zu den meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen, ich aber zugleich Gefahr laufen muß, das Theil meiner Gaben oder Güter bey einem längern Umgange der Musen zu verschlingen u. dann wie der verlorne Sohn im Hunger zu verderben: so bleibt die Landesväterliche Weisheit u. Vorsorge Ew. Königl. Maj. für die Erhaltung u. Anwendung eines unnüzen Knechts sein Trost. Weil ich blos für die Langeweil u. zu meiner eignen Demüthigung studiert, so muß ich allen Aemtern entsagen, zu welchen die Qualität eines Litterati sonst erfodert wird, u. kann mich weder auf irgend einige Verdienste beruffen, noch auf andere Bedingungen einlaßen, als daß ich zur Noth leserlich schreiben u. ein wenig rechnen kann. Um gleichwol zu Geschäften mich einiger maßen vorzubereiten, habe ich seit einigen Wochen bey der Kanzelley E. hiesigen Magistrats zu arbeiten den Anfang gemacht, u. bin durch diesen Versuch erwekt worden, Ew. Kgl. Maj. um die gnädige Erlaubnis gegenwärtig anzuflehen, bey dero Hochv. Kriegskammer eine gleichmäßige Probe meiner freywilligen Dienste ablegen zu dörfen, in unterthänigster Hofnung, daß es mir durch diesen Weg gelingen könnte als ein Invalide des Apolls mit einer Zöllnerstelle zu seiner Zeit begnadigt zu werden. Gott selbst wolle mich mit dem redlichen Eifer u. klugem Gehorsam ausrüsten, womit auch die kleinsten Befehle u. Winke Ew. Kgl. Maj. verdienen nachgelebt u. erfüllt zu werden, von allen treuen Unterthanen u. Bedienten des glorwürdigsten Monarchen, zu denen sich für den kleinsten u. lezten bekennt u. auf dieß Bekenntniß mit pflichtschuldiger Devotion ersterben wird. Ew. Königl. Majestät allerunterthänigster Knecht. Den 9. Aug. abends erhielte in dorso dupli folgende erwünschte Resolution, die ich eine Absolution nennen könnte, weil ein loser Freund meine allerunterthänigste Bittschrift mit einer Beichte verglichen hat. Supplicant hat sich bey der Krieges u. DomainenCammer Canzeley zu melden, um daselbst als extraordinairer Canzeley Verwandter in Eidespflicht genommen zu werden, bis zu seiner weitern Versorgung sich etwa Gelegenheit findet. Signatum. Königsberg, den 8. Aug. 1763. Königl. Preußische Krieges u. DomainenCammer Domhardt (President)
    v. Wegnern
(Director) Poehling.
Bertram. Cupner. (als Räthe) Den 10. Aug. hat der Invalide des Apolls seinem allergnädigsten Könige geschworen, trat gleich in Arbeit mit einem Seufzer zu Mercur, der den Invaliden des Apolls zu erhören u. zu verjüngen scheinet, daß seine Feder vielleicht einmal dem geflügelten Schlangenstabe seines jezigen Schuzgeistes ähnlich werden wird. Würden Sie mir wol anrathen jzt zurükzusehen, als ich die Hand kaum an Pfluge geleget? Wie viel habe ich schon durch diesen Schritt gewonnen, daß ich zwey Privatvorurtheilen die Axt an die Wurzel gelegt, nämlich daß ich weder aus
    Faulheit
noch
    Stolz
mich dem Dienste des Publici bisher entzogen habe, sondern aus Gründen, die derjenige allein übersehen mag, der Nieren u. Herzen erforschet u. der allein weiß die Werke u. die Gedult u. die Arbeit der Seinigen, aber noch mehr ihre kleine Kraft – – – Hiezu kommt die schmeichelhafte Einbildung von meiner Unentbehrlichkeit für die häusliche Verfaßung meines alten Vaters, der über sein Vermögen an die Erziehung seiner zwey Söhne gewandt, u. wenig Freude dafür bisher eingeerndtet, unterdeßen ich Jahre lang über die Belagerung eines unüberwindlichen Bruderherzens zugebracht habe. Ohngeachtet er jünger als ich, hat ihm Gott schon in Riga eine sehr bequeme u. ungemein einträgl. auch sonst vortheilhafte Schulbedienung angewiesen, die er niederlegen mußte, u. ohne durch Erfahrung gewizigt zu werden über ein abermaliges beschwerliches u. kümmerliches Schulamt allhier in eine solche Unthätigkeit u. verkehrten Sinn hereingerathen, daß man Ursache hat um die Erhaltung seiner Sinne u. Vernunft besorgt zu seyn, wenn sich Gott nicht seiner erbarmt, ihm ein neu Herz u. einen neuen Geist zu geben. Außer der doppelten Last des Greisen u. des Knabens, die den Ausgang des
    frommen Helden
aus dem Brande Trojens verewigt hat, verzehret mich seit 2. Jahren der Zorn eines
    Achills
um eine Sclavin, die meines Vaters Magd u. eine Hamadryade ist, der ich die Erstlinge meines Leibes gelobet. – – Verachten Sie nicht, Gnädiger Herr! Ihren neuen Freund. Seine Gewißens Braut ist eine vierschrötige Baurin, die ihre Tugend ohne eine Verwandlung in einen Lorbeerbaum erhalten hat; aber ihr Gemüth ein Cabus; das Fußgestell einer Gedächtnis Säule. Außer dieser Arbeit um ein gemeines Kebsweib (bey der ich mit David schreyen gelernt; Bettet ich mich in die Hölle, so bist du auch
    da
–) wartet ein Ulyßischer Irrsahl auf mich um meine Kattunka zu verdienen, die meine Muse mit röthl. triefenden Augen ist, ohne Schmeicheley Züge einer Sevigné u. Maintenon an sich hat, u. wie eine Fürstin denkt, aber leider! eine
    Michal
, Sauls Tochter ist, die den Psalmisten liebte u. gleichwol verachtete. Sie werden, Hochwolgeborner HErr! aus diesem rohen Entwurf die Spuren einer Laufbahn finden, die eine höhere Hand mir vorgezeichnet hat, u. mich zugl. zu alle dem untüchtig macht, was andern u. mir selbst gelüsten möchte. Wenn man ein rothes Meer vor sich u. ein feindliches Heer im Rüken hat; so ist der beßte Rath, den Moses u. die Propheten uns geben können,
    fest zu stehen
u.
    zuzusehen
u.
    stille zu seyn
. U. hiezu wird mich Gott stärken. Ich überlaße daher Ew. HochEdelgebornen gänzlich die rundeste u. anständigste Erklärung meines Sinnes über Sich zu nehmen; daß ich
    ältere
u.
    festere
engagements für mich hätte, u. mir nicht einmal könne einfallen laßen den geringsten Bedingungen zu einer so wichtigen Stelle nur einiger maaßen ein Genüge zu leisten. Die
    Facilité
fällt bey meiner natürlichen Sprache ohnedem weg. Selbst die hinlängliche Stärke in Wißenschaften fehlt mir; bey mir ist alles Stükwerk u. Fragmente, besonders in solchen Fächern, die für wesentlich gehalten werden u. es zuweilen auch wirklich sind. Ein Gedächtniß wie ein Sieb, das in der Historie, Heraldic, Genealogie, Geographie bey allen wiederhohlten Versuchen nicht die Anfangsgründe, die jeder gemeiner Præceptor weiß, hat gründlich u. fest sich einprägen können, u. dem es schlechterdings an einem nothdürftigen System fehlt. Ein Herr von 10. Jahren, sagt mein Beichtvater! Der ehrliche Mann weiß aber nicht, daß es mit den Wißenschaften sich beynahe wie mit der Schrift verhält, u. daß der
    Anfang
unserer Übersezungen mit dem Ende des Grundtextes übereinkommt. – Ein Fürst, der ein
    verkehrtes
Volk liebt, kommt mit dem Principe de Convenance weiter als mit dem beßten moralischen Charakter, der ohne einer neuen Geburt mehr Schaden als Gewinn ist. Meine ganze bisherige Lebensart, meine natürliche u. besonders gegenwärtige Gemüthsart reimt sich gar nicht zum Hofleben. Ich habe kein stumpfes Gefühl des Wohlstandes, aber mit dem Mechanismus komm ich gar nicht fort, so bald selbiger von mir erwartet oder darauf gesehen wird. Ew. HochEdelgebornen werden das Land beßer als ich kennen, wo auf Kosten der Sitten der Wohlstand u. zum Nachtheil der Religion, die im Geist u. Wahrheit besteht, der moralische Charakter der privilegirte Hausgöze ist. So sehr sich auch meine Eitelkeit in die Beylage mit dem verguldtem Schnitt verliebt hat, auf den eine Fürstl. Hand meinen Namen geschrieben; so bin ich doch zu gewißenhaft Ew. HochEdelgebornen diesen Anfang zu einem Brief, der an Sie gerichtet gewesen, zu entziehen, begnüge mich daher mit einer Copia davon u. statte meinen ergebensten Dank für die geneigte Mittheilung deßelben ab. Da jede menschliche Wahl auf Vorurtheilen beruht, Gott die unwürdigsten seines Gnadenberufs würdigt, hingegen unter dem Begriff des Würdigsten oft die traurigsten Folgen versiegelt liegen; so mag ich eine
    freundschaftliche Bitte
– im Vertrauen der väterlichen Vorsorge Ihr Augenmerk vorzüglich auf einen gebornen Unterthanen der regierenden Landesherrschaft zu richten u. mehr den
    Geschmak des
jungen Prinzen als die durchläuchtigen Eltern zu Rath zu ziehen. Auf meine Schaafe wieder zurükzukommen, so ist die Kammer Kanzelley eine Schule, in der man arbeiten u. waker lernen kann, daß man schwarz oder vielmehr grau wird, um mit der Zeit das mäßige Gehalt eines
    Ordinarii
zu erhalten. Ich diene also bisher
    um Gottes willen
. So sehr ich es mir aber sauer werden lasse, eben so dringend werde ich seyn, die Bedingungen meines engagements zu beschleunigen. Schweizertreue u. Schweizerlohn. Ich bin daher entschloßen auch mit der geringsten Thorschreiber Rolle für lieb zu nehmen u. Gott dafür zu danken; da just alle Posten von Invaliden bestürmt u. besezt werden, u. jezt mancher
    Officier
mit den Stellen für lieb nehmen muß, die sonst von
    Bedienten
der Minister u. Subminister so unschiklich verwaltet wurden. Man schämte sich daher der einträglichsten u. beßten Aemter, weil weder Litteratur noch Adel etwas von ihrer Ehre vergeben wollte. Da der leztere den Anfang gemacht diese Zärtlichkeit aufzuopfern, so ist es kein müßiger Einfall gewesen den Titel eines
    Invaliden
zu meinem u. meiner Brüder Vortheil mir zuzueignen. Weil aber kein Invalide selbst zu einem Dienste Ansprüche machen kann, der nicht ein Gnadengehalt genießt (die oeconomische Gründe, laßen sich leicht errathen) so fehlt mir unumgängl. eine
    Pension
um diesen Charakter
    rechtskräftig
zu
machen. Auf diesen Schritt, den ich so bald als möglich thun werde, mag alles übrige ankommen. Sollte ein Monarch, der reich genug ist, wie das Gerüchte behaupten will, einen A… deßen Vorrede zu einer aufgewärmten Encyclopædie so unglükl. gerathen mit einem jährlichen Gehalt von 20000. Thrl. Altgeld in Silber einfaßen zu laßen, sollte der Philosoph von S. S. sein Herz gegen einen Unterthanen verschließen können, der ihn um sein täglich Brodt bittet, die göttlich schönen Pflichten der Dunkelheit dem Beyfall der Helden vorzieht, u. dem
    Kenner
glaubt, der seine Augen aufhub u. sprach: Selig seyd ihr Armen – – – Ich habe das + u. − gewählt, weil die
    Beweise
hier am beßten statt finden, u. große Herrn zu Anhörung derselben mehr
    gelegene Zeit
übrig haben als zu den abstracten Grillen von der Gerechtigkeit u. von der Keuschheit u. von dem zukönftigen Gericht, die ohne dem durch einen Coccejer schon erschöpft sind. Ohngeachtet ich nicht wißen kann, wie Ew. HochEdelgeb. bey Lesung dieses verwirrten Geschwätzes zu Muthe seyn wird, so vergeben Sie es der Verlegenheit u. Eilfertigkeit, mit der ich Sie u. mich befriedigen muß. – Die Gloke schlägt wider Vermuthen. – Sie haben mehr als zuviel, um in der
    Hauptsache
zu Ihren fernern Maaßregeln befriedigt zu seyn. Da Sie kein Bedenken gefunden, sich einem Unbekannten so vertraut zu entdeken, so halt ich es noch für meine Schuldigkeit, Sie über den Gebrauch Ihrer geneigten Zuschrift mit wenigen zu berichtigen. Ich lebe hier ohne viele Verbindungen u. besuche fast gar keine Gesellschaften, daß ich vielen Anlaß zu einer unnüzen Waschhaftigkeit haben sollte. Unterdeßen hab ich mich aus besondern Ursachen nicht entbrechen können Dero Zuschrift bis auf
    eine
Stelle meinem Beichtvater (der von meiner GewißensEhre weiß, u. seit kurzem Kirchen u. Schulrath geworden, auch mein
    beßter
Lehrmeister in der Schule gewesen) ganz mitzutheilen. Außer meinem leiblichen Vater hab ich niemanden an dem
    Ganzen
Theil nehmen laßen. Aber es ist mir unmöglich gewesen, zum Beweise der edeln Denkensart u. der Proben, die ich davon gezogen, den Innhalt der Ehre, die Ew. HochEdelgebornen mir erwiesen, meinen wenigen Bekannten zu verschweigen. Außer dem Antheil, der ihnen schuldig ist, geschieht es mit Rührung gegen den Geber aller guten Gaben, u. zum Beweise deßen, was geschrieben steht: der HErr denkt an uns u. seegnet uns‥ Ps. CXV. Bey dem bösen Gewißen u. den Vorwürfen, die ich mir gegen das schöne Geschlecht machen muß, unterstehe ich mich nicht, einer Freundin meines Gnädigen Gönners vor Augen zu kommen, noch mich einer Hütte der unschuldigen Zärtlichkeit mit besudeltem Herzen zu nahen. Doch da ich in dem finstern Thal den Ausgang meines Schiksals nicht absehen kann, so bin ich nicht sicher, wie lange meines Vaters Haus u. mein Vaterland mich noch leiden werden. In diesem Fall mögen Sie mich adoptieren, oder zu einem Ihrer Taglöhner machen. Fürchten Sie nicht, daß ich Ihrer Gunst u. Protection alsdenn unwürdiger als jezt seyn werde. Der Anfang meines Briefes sieht einer Copie ähnlich. Aber im Journal meiner extraordinairen Cammer Canzelley Verwandschaft am Tage des 27. Aug. der mein Geburtstag war, heist es: Pour etre
    Original
il faut faire des Brouillards. J’en ai fait deja et j’en ferai encore d’une nouvelle Trempe. Amen.
Ich umarme Sie mit den aufrichtigsten Gesinnungen des dankbarsten Herzens u. den besten Wünschen des göttlichen Seegens u. der Fülle, die leibhaftig gewohnet u. seine Gegenwart den Seinigen verheißen hat bis am Ende der Tagen – – Könftig mehr; unterdeßen vergeßen Sie nicht Ihren Fin. den 13.ewig verpflichteten Freund u. ergebensten Diener Hamann. den 15. ejusd. N. S. Ew. Hochwolgebornen wenigstens mit einer geschwinden Antwort aufzuwarten, war meine Absicht. Durch einige Zufälligkeiten ist selbige nicht erfüllt worden, ohngeachtet mein Vater selbst die Mühe auf sich genohmen ihn auf die Post zu bringen – Also hilft zum Laufen nicht schnell seyn. Meßen Sie die Nachläßigkeit meiner Schreibart keinem Mangel der Ihnen schuldigen Ehrerbietung zu; sondern es fehlt mir wirklich an Zeit. Meine Gesundheit hat überdem einige Zeit her einen Anstoß bekommen, daß ich mich auf Sonntags Blut gelaßen, aber ohne sonderliche Beßerung. Und ich kame des Abends so müde zu Hause, daß ich zu nichts aufgelegt bin, bey Lichte meine Augen schonen muß u. meines Alters wegen auch nicht füglich auf seyn kann. Ich bin des Lebens so überdrüßig u. satt, daß ich oft nicht weis, was ich auf der Erde mehr nüze bin. – Ich habe es nicht der Mühe werth geachtet, den Punct der Nicolaiten zu berühren. Hätte es der Verleger nicht in Ansehung meiner thun wollen, da ich gleichwol mit ihm in Verbindung gestanden, u. noch vor ein Paar Monaten an ihn geschrieben, auch im PS. meine Empfindungen über Daniel in der Löwengrube mitgetheilt durch einen bloßen Wink, so hätte Nicolai doch ein wenig mehr Achtsamkeit von der andern Seite zeigen sollen. Da ich meine Absichten erreicht (die gar nicht oder falsch angewendt worden zu ihrem Nachtheil) u. der
    theoretische
Theil wol sein Ende erreicht haben möchte; so geht mir das übrige kaum viel mehr an. Ew. Hochwolgebornen werden vielleicht just im Stande seyn, die Dunkelheit meiner Autorschaft gelinder zu beurtheilen, als andere. Nach den Eindrüken deßen, was ich gesehen u. gehört, hat sich die Stärke des Irrgeistes richten müßen. Meine Leser können dabey so sehr nicht leiden als der Verfaßer selbst. Ich habe es schon erlebt, daß ich den
    Nachdruk
    mancher Stellen
in ihrem ganzen Umfange ein Jahr hernach erst selbst verstanden habe. Bey der Beurtheilung des Herrn u. Dieners lag mir einer meiner beßten
    Freunden u. Wolthäter im Sinn
, dem ich den ersten Geschmak zu den schönen Wißenschaften, u. da er ein Projectmacher wurde, den ersten Geschmak zu den politischen Anfangsgründen zu verdanken habe. Auf sein Zureden sollte ich ein Kaufmann werden, that auf seiner Brüder Kosten eine Reise, u. weil eine Sprachenverwirrung den ganzen Bau unterbrach, so habe ich just von meiner Mutter Theil den Anfang gemacht wider ihren Willen die Reisekosten zu ersezen, etwa bis zur kleinen Hälfte, die mir noch übrig bleibt mit Gottes Hülfe ihnen auch zu ersezen. Da Gott meinen Vater gesegnet, ich einzeln bis dato lebe, ihre Familie aber stark ist, u. die Zerreißung der Verbindungen von mir geschehen, so hat dieß die Billigkeit in meinen Augen erfodert. Ich bin dadurch bis aufs nothdürftige eingeschränkt. Unterdeßen weil mein alter Vater, so lange ihn Gott erhält, mir freyen Tisch u. Wohnung gestattet, so wird Genügsamkeit u. Gottes Seegen auch noch genug machen. Sollte dieser Anfang eines Briefwechsels nicht Ew. Hochwg. abschreken, so bitte mir die Erlaubniß aus, nach Maasgebung meiner Umstände das Gedächtniß Ihrer Freundschaft bisweilen erneuern zu dörfen. Ich hoffe bald einer mehrern Muße u. Munterkeit fähig zu werden u. falls die Eilfertigkeit, womit ich einige Puncte berührt habe, eine nähere Bestimmung erfoderte, oder sonst dero Wünschen von mir auf irgend eine Art genüge geschehen könnte, wird mir jede Gelegenheit erwünscht seyn Sie von der Herzlichen Zuneigung u. Ehrfurcht zu überführen, mit der ich ersterbe Ew. Hochwolgebornen Meines Höchstzuehrenden H. Geheimen Raths gehorsamst ergebener H.
Königsberg den 10. Nov. 63. Hochwolgeborner Herr, Gnädiger Herr Geheimer Rath, HöchstzuEhrender Gönner u. Freund! Die Zeit währt mir zu lange auf eine Gelegenheit zu warten, um auf Ew. Hochwolgebornen geneigte Zuschrift vom 8. Octbr. zu antworten, besonders aber denenselben meinen aufrichtigen Dank dafür zu bezeigen, daß Sie die hyperboreischen Schriftsteller einer so vorzüglichen Aufmerksamkeit würdigen. Bey unsern Berlinschen Kunstrichtern habe durch wiederhohlte Erinnerungen nicht so viel gewinnen, daß sie sich der Schweiz etwas entzogen u. sich unsern Gegenden aus Liebe des Vaterlandes genähert hätten. Üebrigens stehe mit dem kleinen Versucher im Denken u. Empfinden weder auf einen vertrauten noch geschiedenen Fuß. Bey dieser gleichgültigen Entfernung lieb ich ihn wirklich mehr als viele seiner Freunde, die nicht so vorsichtig, auch nicht so glimpflich mit ihm umgegangen, u. er hat mir niemals zu den Beschwerden einigen Anlaß gegeben, womit ihn andre beschuldigt, sondern mir mehr Merkmale unschuldiger Gesinnungen geliefert, als ich ihm erwiedern mögen. Ohngeachtet ich einige mal angesezt im Briefwechsel zu stehen, hab ich nicht möglich gefunden lange auszuhalten, non possum dicere: quare? Es mag aber auch hier vielleicht heißen, daß
    Prüfung
Nachsicht lehrt, wie Erfahrung Gedult – – Um mir ein wenig Muße zum Schreiben zu verschaffen, hab ich den sonderbaren Einfall gehabt, mir heute einen Feyertag selbst zu geben, wozu mich ohnedem mancherley Nebenursachen berechtigen. Unter andern giebt einer der ältesten Freunde, der als HofDoctor beym Herz. Carl in Curland gestanden, mit einer Cousine unsers Cammer-Präsidenten ein vornehmes Hochzeitgelag. Dem Bruder des Bräutigams bin ich eine Antwort schuldig, die ich heute abgelegt. Er hält sich in Braunschweig auf um ein Paar Curl. Edelleute nach Paris u. Italien begleiten zu können. Der älteste von diesen 3.
    Lindner
veranlaßte die Hirtenbriefe des   . So gleichgiltig Ew. Hochwolgeb. diese Nachrichten vorkommen müßen; so weiß ich es, mit was für einem Gewühl von Empfindungen Selbige hier beytrage. Da ich nächstdem heute den vierteljährigen Geburtstag meiner extraordinairen Canzley Verwandschaft bey einer Martinsgans begangen u. denjenigen gelobt habe, der mir gerathen hat; besorge ich gleichwol, daß mich meine Nieren des Nachts züchtigen werden, weil die Richtigkeit Ihrer Anmerkungen über die currente Versorgung mit meiner Erfahrung genau übereinkommt. Es ist freylich kein Wunder, daß in einer Welt, die betrogen seyn will, das Ergò so leicht ist, daß in einem Lande voller Invaliden das krumme Holz am meisten gesucht wird u. endlich daß Krüken in allen Ständen die Stellen der Mitglieder vertretten müßen. Von Regeln verfolgt bleiben also Ausnahmen meine Freystädte – wo nicht levitische, so sey es Ziklag, im Lande der unbeschnittenen Philister. Daß es mit dem Encyclopädisten kein Ernst gewesen, sieht man wol. Mit dem Orden des Herrn von Bilefeld muß es natürlicher zugegangen seyn. Ich habe bisher noch kein Herz gehabt seine Institutions zu lesen, u. zweifele, daß ich mich so leicht dazu entschließen möchte. Desto dringender aber wäre meine Neugierde, denjenigen Fehler zu kennen, den der Layenbruder S. 12. im Sinn gehabt; weil keine Magie helfen will, das vierte zu drey zu finden. Mit einer kurzen Erörterung hierüber würde mir daher sehr gedienet seyn. Der Leipziger Beylage sehe mit Verlangen u. Sehnsucht entgegen. Ich gieng eben mit dem weitläuftigen Anschlage um mir zum Neuen Jahr von Ew. Hochwolgeb. ein Andenken an Dero sämtl. Schriften auszubitten, von denen ich noch nichts, nicht einmal den
    Daniel
besize, den ich mir fest vorgenommen hatte zu behalten, weil ich für das praktische Fach meiner kleinen Bibliothek eine Vorneigung hege, u. unter allen biblischen Stüken weder Klopfstok noch Geßner den Gesezen der Wahrscheinlichkeit oder der historischen Grundlage durch die Erdichtung ein Genüge gethan, geschweige der andern etc. Den Herrn u. Diener, die Beherzigungen lagen außer meinem philosophischen Kreise, indem ich mich damals, auch aus
    Oeconomie meiner Zeit
, so strenge als möglich einschränken mußte um durch dergleichen Zerstreuungen nicht in ein Feld von Wißenschaften wieder verloket zu werden, das ich als verloren aufgegeben hatte. Daß ich einmal eine Art von Beruff gehabt den just herrschenden französischen Geschmak in der Staatskunst des Handels zu kennen, fieng ich vor 8. Jahren mit einer unglükl. Übersezung des Dangeuil zu beweisen an, die voller Fehler u. Nachläßigkeit ist, die ich durch eine
    Beylage
vergrößerte, zu der mir jener Freund einigen Stoff gab, seiner Familie zum Beßten, zu deren Angelegenheiten er mich brauchen wollte, aber umsonst – – Da dieser gemachte Anfang mir vielleicht wieder einmal zu statten kommen kann, so würde ich außer dem Andenken Ihrer großmüthigen Freundschaft vielleicht einen treuen Anweiser zu
    Diensterfahrungen
bey der Erfüllung meiner Bitte erhalten, die ich Ihrer Bequemlichkeit u. den Umständen der Zeit überlaße. Den
    Titel von denjenigen
Arbeiten, wovon Ew. Hochwolgeb. vielleicht selbst kein Exemplar aufbringen oder entbehren könnten, bäte mir wenigstens aus; wie ich dagegen bey anonymen Stüken die erforderliche Verschwiegenheit u. Vorsicht verspreche. – Dieser Gelegenheit bediene mich zugleich, meinen Verdacht über die gegenwärtige Methode des politischen Studii merken zu lassen, um durch dieses Fragment meines Glaubensbekenntnißes wenigstens die Bitterkeit meines Geschmakes zu erklären. Der eine von den 2. Freunden ist mein doppelter Lehrmeister gewesen, bey seinem Aufenthalt auf hiesiger Akademie, in den Anfangsgründen des Wizes u. der schönen Wißenschaften, u. hierauf bey seiner Zurükkunft aus Göttingen u. Paris; berauscht von patriotischen u. gesellschaftlichen Lehrsätzen u. Aussichten war sein erstes Geschäfte mich in Curland aufzusuchen, u. ich fand den Becher, den er mir zutrank, sehr angenehm, daß ich ihm ohne sonderlichen Nothzwang Bescheid that. Sehr wichtige Revolutionen in dieser Familie u. in meinem Gemüthe machten mich von diesem Zaubertrunk nüchtern. Eine
    natürliche
    Unschiklichkeit
zu allem,
    was mechanisch
ist, brachte mich zu einem andern Extremo pp Ich suchte also aus meiner vi inertiæ eben den Vortheil für mich u. andre zu ziehen, der den Bewegungskräften sonst zugeschrieben wird. – Der Übergang von Descartes Thiersystem zum l’homme machine war kein Riesenschritt u. die Folge eben so leicht, daß der
    Staat
eine Maschine wäre. Auch ein frommer Aßaph fand das Pflaster schlüpfrig, wenn er bey der Liturgie u. Anatomie des größten Hofdienstes stehen blieb. Wenn man ihm aber ins Heiligthum nachfolgt; so findt man in unsern Systemen nichts mehr als das
    Jahr
solcher Lehren, die kein nüze sind, u. solcher Projekte, die falsch sind, die David in seinem 144. Psalm schon den Philosophen seiner Zeit in Mund legt, u. das Publikum mit einem Bravo! Wol dem Volk, dem es also gehet! darauf antworten läßt. Der gekrönte Hirt u. Sänger, als ein Verehrer der Wahrheit, die im Verborgnen liegt u. als ein Schüler der heimlichen Weisheit im blutigen Ehebruche, sahe die Unhinlänglichkeit aller moralischen u. natürlichen Mittel zum wahren Wohl eines Volks beßer ein, daß keine Gärtnerzucht der Söhne, keine architectonische Erziehung der Töchter, kein Flor des Handels, des Akerbaues, der bürgerlichen Gerechtigkeit ein Himmelreich auf Erden einführen würde. Das gläubige
    Warten einer Stadt, die einen Grund hat
, welcher
    Baumeister u. SchöpferGott
ist, wird also den politischen Versuchen eines Kains u. den Anfangsgründen eines Nimrods u. ihrer Nachkommen entgegengesezt bleiben. In einem berümten Dornbusch, der nicht verbrennt, geschah die erste Offenbarung des
    heiligsten
Namens, u. die Erhaltung des Unkrauts bis zur Erndte ist die beßte Theodicee des beßten Hausvaters. Im Gräuel der
    lezten
Zeiten liegt zugleich der Trost von der Verheißung seiner Zukunft u. unserer Erlösung, die sich nahet, unsere Häupter aufzurichten – – Ohne mich über die Zweydeutigkeit der Hypothesen, die zu Grundsäzen aufgenohmen worden, aufzuhalten u. über den künstlichen Gebrauch dieser zweyschneidigen Werkzeuge, der schweren Kunst die
    Symtoms
, u. der noch schwerern Kunst die
    Crises
eines Staatskörpers zu beurtheilen, hat mich öfters der Zweifel angefochten: ob nicht die verhaßte
    welsche Practik
eines treuen Geschichtschreibers u. tiefsinnigen Weltweisen eben so würdig sey, als die Theorie des Anti- eines
    Neulings
würdig ist? Die Probe seine eigene Hütte rein zu erhalten läßt uns weder Zeit noch Kräfte übrig an Herculs Arbeit beym Stall eines Augeas – oder an die Heiligung einer Mördergrube im Bethaus – zu denken – – – Ew. Hochwolgeb. vergeben mir diesen rohen Ausbruch meiner Gewißensfreyheit, weil ich über einige Punkte mir Nachsicht, über andre dero aufrichtige Sinnesmeynung versprechen kann. Ich habe noch ein anders Anliegen, womit ich schließen will. Daß Hr. Diac. Trescho meinem Verleger das schriftliche Versprechen gethan, ihn bey Ew. Hochwolgeb. bestens zu empfelen: so werden Sie mir erlauben denenselben das dringende Gesuch zu entdeken, womit er sich wünschte künftig bey Gelegenheit von dero Arbeiten für seinen Verlag zu erhalten, weil ihm dieß
    bey seinem starken Umsatz mit den dortigen Buchführern zu großer Erleichterung seines jungen Handels gereichen
würde. In wie weit Ew. Hochwolgeb. im Stande oder geneigt wären hierinn zu willfahren, überlaße ich denenselben, da ich nicht gerne Ihre Geflißenheit mißbrauchen oder übertreiben möchte. Ich würde auf allen Fall mit Sorge tragen, daß den Bedingungen Ihrer Seits so genau als möglich Genüge geschehe. – – Da er ohnedem willens ist eine Art von Monats- oder Wochenschrift hier auszugeben, deren Möglichkeit in der Ausführung ich gar nicht absehen kann, zu deren er aber schon die Willfährigkeit vieler auswärtigen Gelehrten (seiner Aussage nach) zum Beytrag sich erworben: so wünschte ich wenigstens, wenn Ew. Hochwolgeb. einige kleine verlorne Aufsäze als ein Allmosen uns zuwürfen. Sollte nichts daraus werden, so stünde für sicheres Depositum u. Remissum. Sollte im gegenwärtigen Antrage etwas mißfälliges seyn, so hat Freundschaft ein gleiches Recht abzuschlagen als anzuhalten. Ich empfele Sie göttl. Obhut, u. mich Dero geneigten Erinnerung, der ich mit der aufrichtigsten Ehrerbietung ersterbe Ew. Hochwolgebornen Gehorsamst ergebenster Hamann. nicht Secr. sondern Clerc extraordinaire de p. Fin. den 14. Nov. Entschuldigen Sie meine gegenwärtige Unvermögenheit zu denken u. zu schreiben u. nehmen meinen guten Willen zu antworten für die That an.
Frankfurt. den 30. Aug. 64. Hochwolgeborner Herr, Höchstzuehrender Herr Geheimer Rath, Gnädiger Herr, Ich wandre meine Straßen, Die zu der Heimat führt, Da mich ohn’ alle maaßen Mein
    Vater
trösten wird. Den 21. Jul. bin ich hier angekommen u. morgen wills Gott! als den lezten dieses gehe über Leipzig nach Berlin. Wie mir diese Zeit über zu Muth gewesen, können Ew. Hochwolgebornen leicht erachten. Stellen Sie sich einen Rohrdommel in der Wüsten vor – einen einsamen Vogel auf dem Dach. Beßer weiß ich das große Leere in meinem ganzen Gemüth nicht auszudrüken. Aus Noth habe meine meisten Tage hier im Garbischen Buchladen zugebracht u. mit dem Verleger Ihrer neuesten Schriften eine Reise nach Strasburg u. Basel gethan, wo ich das ungenuzte Vergnügen gehabt außer mehrern Bekanntschaften, die meinem Geschmak bey einer andern Lage gemässer gewesen wären, auch den HE. Hofrath Pfeffel in Colmar zu sehen. Sein Haus u. sein Schiksal hat mich so eingenommen, daß ich mich unter gewißen Verlegenheiten, die ich umsonst gefürchtet, entschlossen haben würde, sein Amanuensis zu werden – falls meine Verbindlichkeiten gegen HE. Joh. Ge. Gebhard, der mit dem Familiengeiste seiner Handlung vielen Wiz eines lebhaften Umganges verbindt, mein Wißen u. Wollen übertroffen haben sollten; werden Ew. Hochwolgebornen eben so geneigt als leicht im Stande seyn, meine Unvermögenheit zu Gegendiensten zu ersezen. In Ermanglung zureichender Gründe mich selbst zu entschließen, bin ich durch einen Zusammenhang oder vielmehr durch einen Wirbel kleiner Umstände gedrungen worden dero gnädige Frau Gemalin zu überlaufen. Um einer mündlichen Erklärung die mir schwer fällt, überhoben zu seyn, suchte ich mich durch Ew. Hochwolgeb. lezte Zuschrift, mit der ich beehret worden, zu legitimiren; ich bedaure aber, daß ich an die Ehre dieser Bekanntschaft nicht ohne Schaam über ein grobes Mißverständnis zurükdenken kann. Ohngeachtet ich das Ziel meiner Reise verfehlt habe, u. selbige in einen abermaligen Kreuzzug p so hoffe ich doch alle meine Wünsche u. Absichten erfüllt zu haben, wenn ich mich mit dem Glük schmeicheln kann, mein Vaterland u. die meinigen gesunder, mithin auch vernünftiger u. zahmer bald wieder zusehn. Sie haben Ihr Beßtes gethan, würdigster Freund, mich von dem Adel Ihrer Gesinnungen zu überführen, u. ich habe gleichfalls das meinige thun wollen Ihnen meine persönliche Dankbarkeit zu überbringen. Der rechtschaffene
    Ebril
in Braunschweig nebst dem Prof. Zachariä haben mir beyde einen Gruß an Sie aufgetragen, falls ich das Glük haben sollte – – Aufgeschoben nicht aufgehoben. Denn hofften wir allein in diesem Leben; so wären wir die unglüklichsten unter allen Menschen. Es kommt der Tag, wo Gott – – all ungeschikte Sachen wird richtig machen. Es kommt der Tag, wo wir werden sagen: – – meine Ruh Gott bist einig Du! wo wir werden sprechen immerdar, aller Väter Schaar u. die lieben Alten an deren Fuß u. Pfad wir uns noch täglich halten, wenns fehlt an gutem Rath. Ich umarme Sie u. werde Zeit haben auszuschlafen, u. werde satt seyn, wenn ich erwache. Fahren Sie fort, wenn Sie können, sich meiner zu erinnern. Ich ersterbe Ihr treuergebenster Freund u. Diener J. G. Hamann.
Königsberg den 2 Jänner 78. HöchstzuEhrender Herr Capellmeister, Herzlich geliebter Landsmann und Freund, Viel Glück zum
    jungen
Sohn und zum
    Neuen Jahr
!!! Das Erste habe von Ihrem Herrn Vater erfahren unter dem Schall der Posaunen, wie von Rechtswegen. Zum letzten werd ich
    zufällig
veranlaßt, weil mein Vorsatz war es in petto zu behalten, und ich besorge, daß Ihnen mein Briefwechsel vereckelt seyn muß. Bisweilen sind aber die Impromtus am besten. Wünsche thun’s freylich nicht; und Gold und Silber hab ich nicht; auch keinen Weyrauch und Myrrhen und Specereyen aus Arabia. Nichts als das trotzige und verzagte Ding, das Gott und kein Freund verschmäht! So ein ruhiges Jahr hab ich noch nicht erlebt als dieses. Das Omen dieser feyerlichen Stille ist mir noch ein Räthsel, deßen Deutung ich von der Zeit – (denn Sie versteht die Kunst) erwarte. Seit den 12 pr. laborire an einem gestoßenen Schienbein; ich denke aber künftige Woche in meine Loge zu gehen. Kreutzfeld u Krauses sind die einzigen Menschen, die ich noch in diesen zwey Tagen gesehen; ersteren 2 und letzten 1 mal. Penzel habe den ganzen Christmonath nur 3 mal gesehen; er ist von Kanter ausgezogen, und jedermann ist so neugierig auf die Entwickelung seines Schicksals, wie ich auf seines Charakters – seitdem meine Nachbarinn (Selma Stockmar) seine prima Donna geworden. Ich besorge aber, daß es Ihnen nicht beßer mit Ihrem Clienten gehen wird, als mir mit jenem. Den 27 pr. erhielt ich eine förmliche Entscheidung, die alle meine Klagen und Beschwerden vernichtete und mir pretensions ridicules et inconsequentes, (welche man zu solchen, qui paroissent nullement fondées, gemildert hatte,) in meinen grauen Bart warf. Weil ich diesen
    Lauf der Natur
zum vorausgesehen; so habe ich mir so viel Zeit gelaßen, wie eine junge Frau zu Ihren Sechswochen und war eben so froh von meiner Schwangerschaft am Tage Elise entbunden zu seyn. Aber nun möchte ich beynahe mit der Rebecca sagen: Da mir’s also gehen sollte. – Meine letzte Jahresarbeit ist gewesen, meiner prima Donna und dem Chef des Departements zu antworten, indem ich der ersten für ihre Grausamkeit die Hände geküßt, und dem letzten das gethan, was Apoll dem Horaz an seinem Ohr. Ad oculum et unguem Wahrheiten und Lügen zu demonstriren ist meine Sache nicht. Bey mir ist von Sturmwinden die Rede, die man sausen hört, ohne selbige anders als an den Wirkungen sehen zu können, und die in den Lüften herrschen, ohne daß man ihre Gestalt, Anfang und Ende mit den Fingern zeigen kann. Alle die Furien des verflossenen Jahres sind also nichts als Hirngespinste gewesen; anstatt Unrecht gelitten zu haben, hab’ ich selbst Unrecht gehabt. „Erbarmt euch mein, erbarmt euch mein, Ihr meine Freunde“. – – Hiob XIX. Ich habe alles Unrecht von meiner Seite gestanden, und mich allem mit ganzem Herzen unterworfen, ohne der Hauptsache, die nicht mein, sondern ein gemeinschaftliches Interesse betrifft, etwas zu vergeben. Weder ein ehrlicher noch kluger Mann erniedrigt sich zu Rechtfertigungen, geschweige zu Delationen. Ich bekümmere mich um nichts und weiß von nichts. Dieß ist die Burg und das Sans-Souci meiner socratischen Philosophie. Je weniger ich mir anvertraut weiß, desto glücklicher. C’est mon goût, ma gloire, mon repos. Wo es aber auf Rechenschaft ankommt, ist jeder Strohhalm für mich ein Pfahl vom Zaun, und der kleinste Bruch wichtig genug zu einem Revisions- Receß oder querelle d’Allemand. So viel, liebster Freund und Gönner! zu Ihrer Nachricht, wenn Sie noch einigen Antheil an meinem Schicksal nehmen, und mir im Grunde des Herzens wünschen den Triumph einer guten Sache, damit Ihre Arbeit nicht verloren sey, sondern wie die Aloe blühe, und noch köstlichere Frucht bringe. Ich hätte gern länger mit meinem Schreiben gewartet, mußte aber eilen. Mein Zaudern war zugleich ein Werk zur Nachfolge. Stockmar verdient mein ganzes Mitleiden; ich bin der glücklichste Mensch in Vergleich seiner und schaudere dafür, mich an seiner Stelle zu denken. So wenig ein Mann wie er auch wahrer Freundschaft fähig ist, so hat er doch den guten Willen gehabt mein Freund zu seyn, und dieß ist in meinen Augen ein Charakter indelebilis. Aber mein Nachbar zur Linken ist ein coquin parvenu und von der Race, die nicht
    Gott nicht Menschen treu
ist, der nichts wie chicane versteht, und deßen chicane nichts als betise ist, ein Schandfleck so wohl als Pest des Dienstes, zehnmal mehr als der infame Dieb Valtier, der protegé des Lumpenhundes Magnier.
    Meine
prima Donna (ich meine nicht Penzels Jesabel) hat von diesem machoire mehr Schande u Nachtheil zu besorgen als von dem etourdi crevé. Wenn ich durch meinen Eifer den respectum parentelae eines subordinirten aus den Augen setze; so erfülle ich durch diese Uebertretung höhere Pflichten, die ich höheren Verbindlichkeiten schuldig bin und habe seine
    eigene
    Gesinnungen
gegen unsere
    gemeinschaftl
.
    prima Donna
ausgeholt, und bestreite meinen chicaneur mit seinen eigenen tummen Waffen – sub vmbra alarum Tuarum und unter einem gläubigen: Fiat voluntas TVA! Das allerärgste, was mir widerfahren kann, wäre zu einer Reise nach Berlin gezwungen zu werden, um Ihren kleinen Prinzen und meine
    beyde
    Pathen
im heil. römischen Reich in Augenschein zu nehmen. Es geht mir aber, wie meinem Freunde Rabelais zu Lion, der kein ander Stratagem wußte die Kosten der Reise zu ersparen oder aufzubringen, als sich in den Verdacht eines Giftmischers zu bringen setzen, und Flockasche für Ratzenpulver auszugeben. – Gott seegne Ihr heiliges Kleeblatt,
    Vater
,
    Mutter
und
    Kind
! Melden Sie mir doch das
    Datum seiner Ankunft
und seinen
    Namen
. Grüßen Sie Ihren guten Freund
    Engel
! und hiermit nochmals Gott empfohlen!!! Ich ersterbe
    ganz
der Ihrige, Johann Georg Hamann. Adresse:
Herrn / Herrn Capell Meister Reichard / zu /
    Berlin
.
Königsberg Dom II. p. Epiph. oder am Geburtstage der preussischen Krone, 1778. Innigstgeliebter Freund Lavater, Sie beten um Muth, nicht unter der Last der Geschäfte zu sinken – und mir vergeht aller Muth, unter der Last
    langer
    Weile
. Gleichwohl dient selbige mir zum Schlüssel der heiligen Laune im Predigerbuche; mehr Ahndung als Nachwehen. Es ist ungefähr ein Jahr, daß ich den einzigen Dienst im Lande, den ich mir gewünscht, und auf eine sehr eindrückliche und recht ausgesuchte Art, erhalten; aber seitdem bin ich von dem Genusse meines Glücks mehr als jemals entfernt gewesen. So ging es den Juden, die Josua zur Ruhe brachte, ohne zu wissen,
    daß noch eine Ruhe vorhanden ist dem Volke Gottes
. Ich begreife selbst nicht, wie meine Gesundheit bey der sitzenden Lebensart, bey dem starken Appetit zu essen und zu trinken und zu schlafen, bestehen kann. Bey aller dieser Unthätigkeit eines sehr sympathetischen Zuschauers thun mir manchen Abend die Knochen so wehe, als irgend einem Ihrer olympischen Kämpfer oder unserer circensischen Klopffechter, daß ich manchmal kaum die Nachtwächter-Stunde abwarten kann, sondern mich mit vollem Halse in die Federn werfe mit einem: O wie gut wird sich’s nach der Arbeit ruhn! wie wohl wird’s thun! Auch mir ist es bald wie ein Traum, bald ein Geheimniß oder trait de génie, wodurch ich Ihnen, liebster Lavater,
    so offenbar
geworden – und so tief verborgen meinen συμψύχοις bleibe. Ihre
    Beylage
oder Denkmal hat mich
    stätig
gemacht, weil der
    Sporn
eben so stark als das
    Gebiß
gewirkt;
    Sporn
, Ihre gute Meynung oder Ahndung von mir zu erfüllen;
    Furcht
, als ein Sünder gerichtet zu werden, gesetzt auch, daß die Wahrheit Gottes dadurch herrlicher würde zu seinem Preise. Mir Ignoranten ist, nächst dem Prediger des alten Bundes, der
    weiseste
    Schriftsteller und dunkelste Prophet
, der Executor des neuen Testaments, Pontius Pilatus. Ihm war vox populi vox Dei, ohne sich an die Träume seiner Gemahlin zu kehren. Sein güldenes: Quod scripsi, scripsi ist das Mysterium magnum meiner epigrammatischen Autorschaft: was ich geschrieben habe, das decke zu; was ich noch schreiben soll, regiere du! Auf unsern lieben Moses Mephiboseth zu kommen, so ist sein Besuch die einzige Freude dieses letzten Sommers für mich gewesen. Ich hatte mir ein Gesetz gemacht, ihn alle Tage zu besuchen, und habe mehr als
    eine
süße Stunde mit ihm zugebracht; auch seine philosophischen Schriften bin ich während seines Hierseyns durchgegangen, und mit erneuertem Vergnügen Ihren beiderseitigen platonischen Briefwechsel. Es war meiner Neugierde daran gelegen, seine Denkungsart gegen Sie auszuholen. Er lobte mir sehr, daß Sie sich um ihn durch Ihre Vermittlung für seine Brüderschaft in Ihrer Heimat verdient gemacht hätten, vermuthete aber, daß ein leichtsinniger
    Einfall
, womit er ein gewißes
    Gerücht
beantwortet hätte, und der Ihnen vielleicht wieder hinterbracht worden, Sie kaltsinnig gemacht haben möchte. Da Ihnen meine Bestrafungen nicht unangenehm sind, liebster Lavater, so hat der Erfolg gezeigt, daß ein Mann, der Mosen und die Propheten hatte, Ihrem Bonnet überlegen seyn mußte; und es war daher ziemlich abzusehen, daß Sie aus dem ganzen Handel
    nicht so rein abkommen konnten
, als Ihr Widersacher. Aber hievon ist nicht die Rede mehr; sondern nur davon, daß dieser Mann wirklich ein Salz und Licht unter seinem Geschlecht ist, und all sein Verdienst und Würdigkeit verloren haben würde, wenn er
    unser einer
geworden wäre wie Adam. Ihr
    Durst
ist heute abermals mein Frühstück gewesen.
    Erfahrungen
, wie
    Einsichten
, sind neue
    Prüfungen
, geben zu neuen
    Zweifeln Anlaß
. Unsere
    Passibilität
steht immer im Verhältniß mit unserer
    Actibilität
nach der neuesten Theorie über den Menschen – Εμαθεν ἀφ’ ὧν ἔμαθε, Hebr. V. 4. gehört zur Nachfolge, die Kinder von Bastarden unterscheidet. Wenn dem Satan daran gelegen ist, unsern Glauben zu sichten, wie den Weizen, so ist es unseres Hohenpriesters Sache, für uns zu bitten, und durch unsere Vollendung die
    Brüder
zu stärken. Der Unglaub’ ist nur nicht zufrieden, Der Eigenwill’ sieht sauer aus, Gott halte, wie er wolle, Haus – „Bis zur Lästerung, Bedürfniß –
    Etwas
, das alle
    Zweifelwelten
aufwiegt.“ Iß dein Brod mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Muth, denn dein Werk gefällt Gott. Brauche des Lebens mit deinem Weibe, das du lieb hast, so lange du das eitle Leben hast, das dir Gott unter der Sonne gegeben hat, so lange dein eitel Leben währt. Alle Ihre
    Zweifelwelten
sind eben so vergängliche Phänomene, wie unser System von Himmel und Erde, alle leidige Copir- und Rechnungs- Maschinen mit eingeschlossen.
    Sein Wort
währt. Sie haben Recht, liebster Lavater, es für ein
    festes,
    prophetisches
Wort zu bekennen, und thun wohl daran, auf dieses scheinende Licht in der Dunkelheit zu achten, bis der Tag anbreche. Eher ist an keine Gewißheit oder Autopsie zu denken; und Gewißheit hebt den Glauben, wie Gesetz Gnade auf. Sie
    wissen
, was die
    Erfahrung
, nach der Sie schmachten,
    hindert
. Haben Sie das Herz oder Vertrauen, mir mitzutheilen, was Sie wissen. Gesetzt, daß diese Hindernisse wirkliche Berge währen, so halte ich diese Berge für den
    rechten Ort
des wunderthätigen Glaubens, den jeder an sich selbst zu erfahren im Stande ist. Denn das Himmelreich, gleich Ihrem
    innern
    Menschen
, verabscheut alles, was
    Aufsehen
macht, was nicht
    hilft
; ist nichts als
    Geist und Wahrheit
Was Moses am brennenden Busche sah, der brannte ohne zu verbrennen, das ist für uns das
    Judenthum
und
    Christenthum
, und der Stifter beider ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen. Wenn Sie in Ihrem Glauben
    gegründet
worden, warum sollte es Ihnen leid thun,
    geredet
oder
    geschrieben
zu haben? Wird die Welt mich gleich vernichten, will mich auch selbst Zion richten, – singen alle unsere Glaubensbrüder. Ihnen von Grund meiner Seele zu sagen, ist mein ganzes Christenthum, (ich mag zu den fetten oder magern Kühen Pharaons gehören) ein Geschmack an
    Zeichen
, und an den Elementen des Wassers, des Brods, des Weins. Hier ist Fülle für Hunger und Durst – eine Fülle, die nicht bloß, wie das Gesetz, einen Schatten der
    zukünftigen
Güter hat, sondern αὐτὴν τὴν εἰκόνα τῶν πραγμάτων, in so fern selbige, durch einen Spiegel im Räthsel dargestellt, gegenwärtig und anschaulich gemacht werden können; denn das τέλειον liegt jenseits. Unsere Ein- und Aussichten hier sind Fragmente, Trümmer, Stück- und Flickwerk – τότε δὲ πρόσωπον προς πρότωπον, τότε δὲ ἐπιγνώσομαι καθὼς καὶ ἐπεγνώσθην. Sehen Sie meine Luftstreiche, die ich thue, für ein Selbstgespräch an. Ungeachtet ich aus Haß und Liebe zusammengesetzt bin, sind doch Freunde und Feinde in meinen Augen nichts als
    ein
Kuchen; denn kein Mensch kennt weder die Liebe noch den Haß irgend eines, den er vor sich hat. Verzeihen Sie es mir, liebster Lavater, wenn es mir vorkommt, daß Sie Ihren Freunden sowohl als Feinden zu viel Ehre erweisen, und dadurch gegen sich selbst ungerecht werden. Selbsterkenntniß und Selbstliebe ist das wahre Maß unserer Menschenkenntniß und Menschenliebe. Aber Gott ist größer denn unser Herz, und erkennt alle Dinge, auch die Gedanken, die sich unter einander verklagen oder entschuldigen. Was Sie in
    Tauben-Einfalt
gethan, sey immer Schlangenlist für ihren Samen – wir sind Gott ein guter Geruch Christi; ein Geruch des Todes zum Tode, und ein Geruch des Lebens zum Leben. Er ist nicht
    ungerecht
, daß er vergesse unseres Werks und Arbeit der Liebe für seinen Namen, und den Dienst der Heiligen. Dieser sichere und feste Anker unserer Seele geht hinein in das Inwendige des Vorhangs. Ihr Wink vom Inhalte des
    Fingerzeiges
ist genug für mich, um alles anzuwenden, daß ich ein Exemplar auftreibe. Bücherglück hat mir selten gefehlt. Meinem Gevatter Herder habe ich, unter vielen, auch die Empfehlung Ihrer ersten Autorschaft zu verdanken. Die beiden ersten Theile Ihrer
    Aussichten
las ich gleich bey der ersten Erscheinung. Die neueste Ausgabe und der dritte Theil ist mir nie meines Wissens vor Augen gekommen, und ich warte gern das Ende des Werks ab, weil ich gern das Ganze übersehen mag. So ein großer Bücherwurm ich auch bin, so hängt doch meine Lesesucht von Umständen ab, und seit langer Zeit genieße ich einen Schriftsteller bloß, so lange ich das Buch in der Hand habe. Sobald ich es zumache, fließt alles in meiner Seele zusammen, als wenn mein Gedächtnis Löschpapier wäre. Ungeachtet ich von Jugend auf nicht habe Wörter behalten können, so habe ich mich doch ziemlich spät auf todte Sprachen gelegt, und ließ mich dünken, den Jordan mit meinem Munde auszuschöpfen. Ein Collectaneen-Mann bin ich auch nicht. Ich liebe mir die Titel von Büchern, die ich gelesen habe, oder noch zu lesen wünsche, aufzuschreiben, und mehrentheils auf verlornen Blättern. Was Montagne als ein vir beatae memoriae von sich selbst sagt, ist in meinen Augen kein Widerspruch, sondern beynahe mein eigener Fall. Ihre
    Volkslieder
habe ich auch gelesen, auch manche Ihrer
    vermischten Aufsätze
. Ihr
    Hirtenbrief
an Freunde, nebst Pfenningers Apologie hat mir innig gefallen, und ersterer ganz. Von Ihren Predigten noch keine Sylbe, so lüstern ich selbst durch die Recensionen Ihrer Widersacher darnach geworden bin. Ich warte bloß auf das Ende über meinen Leib-Propheten Jonas. Weder Ihr
    Drama
noch die
    Parodie
desselben habe ich zu sehen bekommen können, ungeachtet ich jedermann seit einem Vierteljahre und länger darum gegeilt habe. Wenn Sie mich also, liebster Lavater, mit einer Autorgabe erfreuen wollen, so sey es nichts Großes, nichts Edles, nichts Gesuchtes, nichts Kostbares, damit Sie weder meine Eifersucht als Schriftsteller, noch meine Unvermögenheit, erkenntlich zu seyn, oder, deutscher zu reden, meinen Bettlerstolz beunruhigen. Ich freue mich auf den letzten Theil Ihrer Physiognomik. Jeder Band ist ein Fest für mich gewesen, und der 14te Julius 1776 einer der merkwürdigsten meines Lebens, weil ich mich den Tag vorher für einen
    verlornen
Menschen hielt, der keines gesunden Begriffes mehr fähig wäre – ein Wurm und kein Mensch. Stilling’s Jugend habe ich zum zweitenmale gelesen, mit mehr Rührung als das erste mal; ich sehe aber, daß es wenigen schmeckt; zum Glück sind diese wenigen meine Allerliebsten hier; für mich ist er ein Ecce homo! Die Welt mag sich ärgern und bersten und platzen! Bey aller Ihrer
    Angst
seyen Sie getrost, liebster Lavater! Wie der ehrliche Mohr Ebedmelech unter den alten Lumpen wühlte, hätte ich meine Hausbibel zerreißen mögen, um Ihnen ein Seil des Trostes zuzuwerfen. Gott, der einen Backenzahn in jenem Eselskinnbacken spaltete, daß Wasser herausging für den
    Durst
seines Verlobten, wird alle unsere Bedürfnisse (Genes. XXI. 19.) und Lüsternheit (2. Sam. XXIII. 15.) stillen. Grüßen Sie Ihre liebe, würdige Frau und Kinder. Mehr Diät in der Arbeit, mehr Umgang mit Fressern und Weinsäufern – und noch ein Kuß auf Mund und Stirn von Ihrem Freund und Bruder J. G. Hamann. Ein für allemal keine Gesetze für unseren Briefwechsel – Jeder nach seines Herzens Lust, und à la fortune du pot.
Vermerk von Lavater: Hamann 14. IV. 1778. Lieber Hamann, Hätt’ ich nicht ein allerliebstes Kind, das an den natürlichen Kindsblattern hart niederliegt, ich schriebe Dir von Kaufmanns glüklich vorbeygegangner Hochzeit. Aber izt leid’ ich zu sehr, obgleich der gegenwärtige Augenblik wegen einer leichten Nacht, die es gehabt, mir leicht ist. Es ist Samstagsmorgen, u. ich muß Dir – ich sehe, Gott weiß, gerade diesen Moment, daß ich ohne Wißen u. Widerwillen
    Du
u.
    Dir
schreibe – in höchsteinfältiger Einfalt – also gelte unsers Erzautors Pontius Pilatus α γεγραφα γεγραφα. – (mich dünkt, auch Er war deßelbigen Jahres Hoherpriester im Namen, nicht der 144000, sondern der
    Zungen
u.
    Völker
,
    die niemand zählen kann
). Es ist Samstagmorgen, sag’ ich, u. ich muß Dir doch auch eine Idée von meinen Samstagen geben. Um 6. Uhr steh’ ich auf, seufze unter der Last, die ich noch nicht trage, u. die leichter zu tragen ist, als tragbar zu denken. Gewöhnlich bleibt mein Weibchen noch ein Weilchen im Bette. Ein Kind,
    Netteli
, voll Seele u. Liebe in ihren Armen, u. mein
    Heinrich
, oder
    Heirli
legt sich langsam an. Ich mache meinen
    Tagzettel
, alle Kleinigkeiten, die ich zu thun habe; beantworte kurz u. troken ein paar Briefe, trinke 2. Taßen Caffée mit meiner Frau – corrigire physiognomischen Text bis 12 Uhr, unter immerwährenden kleinen Audienzen von der verschiedensten Art. Dann kurz
    Mittageßen
. Dann an die Sonntagspredigt, die ich ganz schreibe. Abends kommt allemal
    Pfenninger
noch ein Viertelstündchen, das wir selten ruhig haben. Sehr oft gieng ich in ein anders Haus, um
    studiren
zu können, u. nicht so sehr unterbrochen zu werden. Abends macht mir mein Weibchen oder eine Magd Papilloten; das einzige mal in der Woche – u. mache dabey mein Promemoria für die folgende Woche. Ich lese überm Nachteßen etwa eingegangene Briefe, die schafhauser Zeitung u. dann noch die Predigt – gehe nach 10. oder 11. Uhr zu Bette – und lege sodann meine Woche mit Todesangst u. Arbeitsruhe zurück. Den Augenblik sagt mir Bruder Doktor, daß es mit meinem Kinde so gut stehe, wie möglich, obgleich die Blattern so platt seyen, wie möglich. Ein seltsamer Tag. Ich lese eben einem Freunde aus deinem Briefe, der denn sich unendlich erbaut hat. Inzwischen muß ich, Pfarrer auch vom Zuchthause, ein Testimonium an meine gnädige Herren einsenden, das einen Züchtling erlösen soll. Denselben Moment erhalt ich von der Post ein Paket mit 55. N. Louisd’or, wodurch ein Sklave aus der
    Türkey
erlöset werden soll. Es ist also ein Tag der Freude u. Erlösung! Heut wird auch noch Pfenninger vom Hegi zurükkommen, u. sich Deines Briefes freuen. Auch von Baron
    Asch
hab’ ich Briefe, die Dr.
    Fränkel
, einen jüdischen Proselyten, von seiner Beruflosigkeit, u. mich von seinem Aufliegen auf mir erlösen. – Nun inzwischen an die Physiognomik. Gab wenig aus; Immerfort Unterbrechungen; u. unter diesen mit eine wichtige. Die große Gemeine der Stadt, St.
    Peter
, hat einen
    kranken
Pfarrer – u. läßt sich unter der Hand bey mir erkundigen, ob ich nicht Vicarius werden wolle? Neue entsetzliche Last! Noch weiß ich kaum, was ich sagen soll? Doch – „Alle euere Sorgen werft auf ihn! Er sorgt für Euch!“ – Von Pfenninger, vom Waysenhause getrennt – u. unermäßliche Geschäfte! – den 22. Febr. 1778. Es ist lange, daß ich diesen Brief liegen ließ. Seit der Zeit hatt’ ich viel zu negoziren des Berufes wegen, der an mich kommen sollte – nämlich, bloß in ansehung der Geschäfte, u. weil ich Pfarrer am Waysenhaus bleiben mögte. den 15. März.
    1778
.
Sonntags nach der Morgenpredigt. Die vorige Woche vollendet’ ich den IV. Band der Physiognomik. Da ist mir nun eine große Last ab, wofür ich Gott danke. Der Witzler
    Lichtenberg
steht zwar schon wie ein Drache bereit einen Strom Waßers zugießen gegen das Kindlein – oder wie er sagt, zu stürzen das vierte Stockwerk meines babylonischen Thurmes. Adieu. Wieder einmal. den 2. Aprill. 1778. So lange, lieber Hamann, hab’ ich in meinem Leben noch an keinem Briefe geschrieben. Izt Donnerstag Abends, oder vielmehr Mitternachts, zu Oberried, in Zürichs Gosen, durchgeh’ ich 3. Theke voll unbeantworteter Briefe, u. finde dieß angefangene öde Blat. Also wieder ein paar Zeilen. Kaufmann u. seine 2. Brüder und Ehrmann helfen mir nun bald 14. Tage aufräumen, u. sind noch nicht am Ende. Sie verdienen Gottes lohn bey der Sklavenarbeit, u. was sie thun, thun sie gern u. ganz. Weiter, mein lieber, eine wichtige Woche: Gestern begrub man den kranken Pfarrer der großen Gemeine. den 14. Aprill. 1778. Und ich bin Diakon zu St. Peter geworden, den 7. Aprill, ohne eine Hand, oder einen Fuß darnach zuregen, mit 557. Stimmen; denn die Gemeine wählt. Nun – der Wille des Herrn geschehe! Ich bin Gottlob viel ruhiger, als ich mir vorstellte, es seyn zukönnen. – Nach Pfingsten gleich trett’ ich mein Amt an, das alle Wochen 4. öffentliche Aktionen erheischt. Ich mag nicht aufdenken, bin aber doch ruhig, u. kann’s nicht begreifen, daß ich’s bin. Hier einige Kleinigkeiten, die ich eben an der Hand hatte. Ich hab’ in Gottes Namen nicht Zeit, mehr zusammen zusuchen. Verzeihe doch. Ich schreibe dieß in der Karwoche, wo ich 8. mal predigen, u. 6. Predigten ganz schreiben muß. Noch Eins. Unser liebe Pfenninger ist an meiner Statt Pfarrer am Waysenhaus geworden. Und nun noch Eins. Der Mordgeist unsers Nachtmalvergifters hat sich durch eine neue an die Waisenhaus-Kirche angestekte Pasquill wider mich – gereget. Wenn doch der Bösewicht, diese Schande der Menschheit, noch 10. Pasquillen wider mich machte – um endlich entdekt zuwerden! Lebe wol u. liebe mich, guter Hamann, u. sey meiner vor dem Herrn eingedenk. Dienstags um 3. Uhr J. C. L. abends.
Von Christoph Kaufmann: heit nach Königsberg sonst wißen – Versprechen will ich’s jetzt Ihnen heilig, daß Sie’s bekommen werden. Aber Sie müßen mir auch
    heilig
versprechen, daß Sie mir Ihre gedruckten Sachen, die ich noch nicht habe, Hartknoch hat, und mir noch nicht geben konnte, und den
    Agathon
den
    Bernsteinischen
Rosen Kranz, die Sie Merz für mich mitgegeben, und er nach
    seiner Außage
in Mitau hat liegen laßen,
    verschaffen
, und auf mein HochzeitsTag schicken. Schreiben Sie doch an Hartknoch und Merz, fordern Sie’s in Ihrem Nahmmen und erfüllen Sie meine
    Bitte
. – Ich glaube immer, der phisiognomische Riecher und der phisiognomische Seher habe sich Beide betrogn, und haben mir imm Merz anstatt eines ehrlichen, einen halbehrlichen Mann zu oder Männchen zugeschickt, wenigstens was ich von Ihm weis aus P., ist nicht kauscher – deswegen wi und hat sich bis hi dahin an Ihm erwehrt, daß, diejennigen, welche ohne Noth wollen reich werden – in Strike, Versuchungen und viel thörichte Lüste verfallen – Ich mag von Ihm nichts mehr wißen, weils mir bis dahin bei
    diesem
wißen wollen nicht gut gegangen – Seinen Schwager kenne ich nicht, wenn Sie aber wollen, so will ich mich bei einem Freund in St. Gallen nach Ihm erkundigen. Mein Vatter segnet Sie in seinem Schweizer Herzen, er sizt neben mir, grüßt Sie herzlich – wie alles Volk das uns kennt – Mein Liseli muß selbst aufwarten. adio Herzens Hammann. Ihr Wohl – Ihrer Kinder und der Mutter Wohl ist auch mir Segen – Segne Sie Gott ewiglich – und erhalte Sie in Liebe Ihrem Kaufmann – Gern möchte ich viel viel mich mit Ihnen von Rigiana und Petersburgiana von Arndt u. W – selig unterhalten – Sagen Sie doch Kantern, wenn ich mehr Glauben an Ihm haben sollte, sollte solle er nicht mehr in die so hart in die Luft schneiden sonder auf festem Fundament stehen – Auch er ist Schuld, daß ich für in meine Naturalien Sammlung an Bernnstein gar nichts mitgebracht. Von Elise Kaufmann: Theurer Lieber Vater Haman! so komm auch ich meine kindliche Liebe gegen sie auszugießen – schon ehe Kfm. 3. Tage u. Nächte bey Ihnen auf’m Morgenländischen Sopha lebte liebte u. ruhte, liebte u. ehrte ich sie in ihrem Porträt – aber nun seit diesen Tagen, wie manchmal ward mein Herz erwärmt, u. zu dankender Freude gewekt wenn K. mir den theuren Haman so vergegenwärtigte in seiner Famillie, u. ganzem wesen wesenLieben sie mich auch theurer verehrter – u. Segnen sie mich mit ihrem Segen nach dem ich dürste – Gott sey ihre Stütze u. Stab – ist mein kindlicher Wunsch – Elise Kfm. Sie grüßen mir auch ihre Frau u. Kinder – Von Kaufmann: u. ihre Mutter – Adresse mit Siegelrest:
    Hammann
.
den 24 Febr. 1778 Werthgeschatzter Herr Haman Ich kan unmöglich diese Schöne gelegenheit vorbey gehen laßen, ohne an Ihnen zu schreiben weil Ich Ihnen noch eine antwort schuldig Bin. Ich wünsche von Herzen das sie alle wohl währen, wie Ich hoffe das währe mir eine große Freude, für mich danke Ich dem Barmherzigen Gott wen es nur zu erleiden ist, und mein Man ist immer krank, Ich danke Ihnen herzlich für den Schönen Neu Jahrswunsch er kam mir zu einer Solchen zeit da Ich Eben großen trost nöthig hätte es heist aber bey meinen umständen hilft dir der Herr nicht, wo her sollen oder können dir menschen helfen, Gott wolle mir ferner beystehen mit seiner gnade, wie er so lange hat, so ergebe ich mich völlig in seine forsorge, mit der hoffnung, wen der wintter aus geschneyet Trit der schöne sommer ein also wird auch nach der pein wers erwarthen kan erfreuet, in dieser welt hoffe auf keine Freude, den ich bin zu leiden gebohren, wünsche nur das es den zweck an mir erreichen möchte, warum es mir Gott zuschickt, Schönster Freund Ich danke Ihnen viel 1000 mal für den Schönen Rahmen, Er ist recht wie Ich Ihn gewünscht habe, vergeben sie mir das Ich einwendung dawieder gemacht habe, Ehe ich Ihn sahe, es thut mir recht leidt das Ich Ihnen nicht das Bild habe mit geschickt, das sie es gesehen hätten, sie schmeicheln immer mit Hoffnung uns einmal zu ersuchen, den werden sie es sehen wie Ehrbar das es aussiht, es siht einem greiße ähnlicher aus als einem Jungen Mann, Ich muß mich nur Bloß am Bilde Behelfen aufs Perschönliche sehen, ist keine hoffnung, Ich muß auf hören sonst wird Ihnen die zeit lang zu lesen, aber noch eine bitte habe an Ihnen, sie sind so ungüttig und haben nicht geschrieben was vor den Rahmen komt, bitte also gehorsamst noch, das selbe zu melden, sonst darf Ich mir niemahl mehr die Freiheit nehmen Ihnen was auf zu tragen, der herr überbringer des Briewes hat schlechte Freude bei uns in Mohrung gehabt, weil er seinen Einzigen u zu gleich frommen Bruder verlohren, uns thut es herzlich leid u besonders mir, Ich habe an Ihm erfahren das es war sey ein aufrichtiger Freund in der nähe ist Besser als ein Bruder in der fremde, Ich werde Ihn so lange Ich lebe nicht vergessen, u unsre ganze stad Bedauret Ihn, O wen Ich so lauter und redlich gegen Gott u menschen währe so möchte mich Gott auch bald erlößen, doch Jesus allmächtige gnaden Hände sind noch nicht zu schwach uns sünder zu Bekehren u rechtschafne Leute aus uns zu machen, Schönster Freund Ich hoffe sie werden mich bald mit Einem Briefe von meinem L Bruder erfreuen welchen Ich sehnlich erwarthe: Ich Befehle sie und die Lieben Ihrgen In den Schutz des allmächtigen Gottes, nach Herzlichem gruß von mir und meinem L Man an sie alle Ich verbleibe Ihre aufrichtige Freundin C D Gilden Horn Ich weiß nicht, bester, liebenswürdiger Hamann, ob Christoph dieß Jahr noch wird Ihnen schreiben können, wenns so fort geht. Alle die Zubereitungen, Einrichtungen & die er auf seine anzufangende Haushaltung zu machen hat, ungerechnet, auch ungerechnet die tausenderlei Angelegenheiten, kleine u. große Geschäffte &. – hat er nun so viel mit freundschaftlichen Patienten in u. außerm Hause zu thun daß er sich kaum kehren kann. Die ganze vorige Woche war sein Weib krank, hatte stark Fieber, geschwollenen Hals, hartnäckige Verstopfung: keine Arzneien konnte sie nehmen u. die Klistiere die er ihr täglich gegeben konnten auch nur wenig würken. Seit gestern ists gleichwohl um vieles beßer – so daß er auch einen nothwendigen, lange verschobenen Ritt nach Zürch thun konnte, von wannen er etwa morgen zurückkommen wird. Erst seit Abgang des lezten Briefes von hier ist der Ihrige vom 22 Oct. angekommen – u. ist, wenigstens was mich angeht, beantwortet – denn für Ihre Güte u. Liebe kann ich nicht in befriedigenden Ausdrücken danken – muß mich begnügen mich stumm darob freuen u. wünschen u. streben zu können der Liebe edler Menschen würdig zu sein. Ihr letztes vom 29 Jan. nebst
    Inlage
ist nicht minder angekommen u. hat
    den Nachgenuß der Hochzeit
freuden erhöhen u.
    vermehren helfen
. Den zweiten Hornung (denn ich darf Ihnen keinen erheblichen Umstand von Chr. Hochzeitfeier verhalten) an einem reinen, stillen, heitern Tag, den Himmel u. Erde zu feiern schienen wurde Chr. mit Elisen in einem Dorfe 2 Stunden von Baden durch Lavater getrauet. L. hielt eine herrliche Predigt im Geist der Liebe u. evangelischen Wahrheit – sprach als Priester des Herrn, nicht als Freund, Liebhaber des Menschen. Eine Reihe frischer froher Bauerjungen stunden um ein Gitter her vor ihnen u. beschatteten den Altar; diese u. einige Bauren des Dorfs u. zwei jungfräuliche liebe Geschöpfgen, Elisen Freundinnen – waren die einzigen sichtbaren Zeugen der heiligen Handlung. Die Kirche halb Catholisch, also mit allerlei wohlgemeintem doch simplem rührendem Zierrath versehen. Die Ein edles Crucifix hieng über ihren Häupten – Christophs u. Elisens als sie Hand in Hand vor dem segnenden Priester knieten – Grau war ihre beider Kleidung mit blauen Unterkleidern – beider Hüte grau – Lisettens Hut mit blauem Bande, einer Feder u. einer Rose geziert. In schwarzer Zürcherischer Kirchentracht saßen die zwei Jungfrauen auf der Seite – Ein Bruder von Elisen hatte sich ganz unbemerkt auf die Porkirche u. dann wieder herab fortgeschlichen. Einsam u. selig das N. Testament in der Hand brachte Chr. mit seiner Angetrauten den Tag zu. In der Dämmerung wandelten sie 3 Stunden bis Zürch, genoßen bei Lav. ein friedliches Mahl. Um 11 Uhr des folgenden Tages waren sie in Wint. vorm väterlichen Hause. In ihrer simplen Tracht giengen sie mitten durch ein neugieriges- unzähliges Volk unerkannt auf eine durch manche Amtsverrichtungen des alten Kauf Statthalters u. Obmanns Kaufmann merkwürdige – zu der Mahlzeit gemiethete Zunftstube. Eine Menge wartender Gäste setzte sich nun zur Tafel. Außerordentlich frölich war alles: die Altväter, sonderlich der Schwiegervater,
    Obervogt Ziegler
ein 74 jähriger Greis von ungemeiner Treue, Ordnung, Geradheit, Gesundheit u. Munterkeit waren recht sichtbar verjüngt. Lezterer sang seine alten Liedchen, zog den Kazenschwanz um den Tisch her. (Er faßte ein Frauenzimmer bei der Hand, diese wieder eine andere Person u. so sprangen 20–30 an einer Kette um den Tisch herum &). In Winterthur (wo ein vortreffl. Wein wächst) ists Sitte daß jeder Bekannte dem neuen Ehepaar ein paar Flaschen voll von seinem Gewächse verehrt. K. bekam von 300 Personen; er wird ihn aufbewahren, u. wenn es ein Tag besonders verdient so wird er durch ein paar Gläsgen des Hochzeitweins gefeiert. Den folgenden Tag war hier ¾ Stund von Winterthur bei Altvater Patriarch Ziegler freundschaftliche Assemblee von 36 Personen der nähesten u. liebsten. Es war da Kaufmann Vater, zween Brüder u. eine Brudersfrau. Elisens Eltern, zwo verheirathete Schwestern, eine ledige Schwester,
    zween Schwäger
(deren der eine Diakonus
    Pfenninger
ist) u. zween Brüder, der eine holländis. Capitän der andere ein aus einem jungen Geistlichen aus Gefühl der Wichtigkeit u. Schwierigkeit des Predigamts gewordener Zimmermann. Ueberdieß Lavater, Schloßer u. einige – Gottlob, noch nicht weltberühmte Schweizer. Die Mahlzeit war stiller u. inniger froh als die gestrige. Daß die Musen de la partie waren, bedarf kaum erinnert zu werden. Es wurden interessante Geschenke gebracht, Mannshemden u. Kinderhemden, Flachs u. Spinnrad, Windeln u. Löffelein, Kämme, Trommeln, Mörser &. Der eine Zieglersche Bruder hatte Misthaken, Heugabel, Ofengabel, Dreschflegel, Axt, Rechen angeschafft, die Mutter und Schwester gaben Butterfäßer, Kochlöffel, Hackmeßer, Tischtuch, Zwehlen, zwanzigerlei unnennbares Küchengeräthe, welches alles ein Bruder von Chr. u. eine Schwester von Elise als Bauer u. Bäurin gekleidet hereinbrachten, u. ein meisterliches Drama spielten. Das lustigste war vielleicht eine Kuh welche im Namen einer ganzen Gesellschaft gekauft, mit einem prächtigen Kranze geziert u. so auf Latten die Treppen herauf in die Stube vor die ganze versammelte Gesellschaft gebracht wurde. Auf einem Bande rings herum stunden die Namen der sämtlichen Theilhaber: u. Verse von Lavater, welche er im Namen der Kuh (welche ohne Flatterie ein schönes 3 jähriges Thierchen ist) als eine Anrede an das ganze Auditorium vorlas: diese Begebenheit erzeugte manchen frohen Einfall, man machte der Kuh die Gegenvisite, trank ihre Gesundheit, machte Haufen Verse u. Versgen auf sie u.s.w. Sie ist würklich in guter Hoffnung u. mit dem
    Anken
(d. i. Butter) hat ihre Herrschaft schon einigen lieben Freunden willkommene Geschenke gemacht. Selbigen Abend kam Kaufm. in sein Stübchen herauf, da stand ein nußbäumenes Tischlein, eine angezündete Lampe drauf u. eine luthrische Bibel in 4 Bänden aufgeschlagen um das vorlezte Cap. der Ap. Gesch. Dieß kam von einigen lieben nahen Freunden – rührte Chr. unendlich. Dieses Eheschlafstübchen war ist ein wahres Heiligthum. Die Porträts der liebsten wärmsten edelsten Freunde, hin u. her einige georgische u. chinesische Stücke, ein Raphael von Lips – eine Cenci von Raph. u. Lips – ein Begräbnis Christi von Ricci u. Cunego – ein Christus mit einem Kinde u. der Unterschrift Solcher ist das Reich Gottes (diese zwei sind auch Hochzeitgeschenke) ein Brutus – einige andere Christusbilder – u. dann eine Aussicht über eine der sanftesten, reinsten, lichtesten Gegenden – Felder u. Wiesen in der Nähe, weiterhin Wald, Weinhügel – alles von einem Halbzirkel von angenehmen Bergen an eingeschloßen – an welchen sich alle Abend ein unvergleichliches Roth herumzieht – – Unaussprechlich wohl wars der ganzen Gesellschaft, welche sich nur langsam u. nach u. nach trennte. Schloßer schied d. 5. Mittags: eine allgemeine militärische Salve in Schampagnerwein celebrirte seinen Abschied. Die Reise u. Hochzeitfeier waren ihm eine wohltätige Erholung von dem Druck der mühsamsten Amtsgeschäfte u. noch mehr der Entbehrung seines irdischen Engels Göthens Schwester – u. vielfacher empfindlicher Leiden – auch in zweien der Krankheit des jüngern von seinen zwei lieben trefflichen Mädchen – welches kaum von einer peinlichen Verstopfung, die ihm den Tod dräuete, befreit war. Die Zieglerschen Geschwister blieben die ganze Woche in unbeschreiblicher Eintracht u. Seligkeit. Selten kann eine Familie bei so manchen Verschiedenheiten so einträchtig, liebreich u. herzlich miteinander gefunden werden als diese – Und die selige Stunde des Abschieds, wo sie mit solcher Innigkeit von ihrer Harmonie, u. von den Freuden dieser Woche sprachen – die ist unbeschreiblich – die ist den Freuden der heiligen Engel ähnlich. Was weiter zu sagen ist, von dem Feuerwerk, u. von dem militärischen Exercitium wo Frauen u. Jungfrauen u. Jünglinge Rebstecke statt Flinten trugen u. das Schloß bestürmt u. vorm Patriarchen Altvater Obervogt paradirten, u. von – sonderlich von dem herrlichen stillen bescheidenen überzogenen reinen Wetter die Woche durch – u. wie alle – auch die schwächsten so gesund waren, vor lauter Freuden, u. vor lauter Gunsten der höheren zu unserer Freude vereinbarten Mächte – alles dieß muß ich nur übergehen, u. um Verzeihung bitten daß ich Ihnen, bester Hamann, ein so zerzerrtes Gerippe, statt eines beseelten redenden Bildes der seligsten aller meiner durchlebten Wochen darstellen darf. Mit ganzem Herzen wünsche ich Ihnen Freude u. Wohlergehen, bester Hamann. Ihr ergebenster Schloß Hegi bei W. d. 16 März 1778.Ehrmann. Gern möcht ich Ihnen auch gemeldet haben daß für K. – laut zuverlässigen Nachrichten ein wackerer junger Sohn unterwege ist – ich darf aber nicht – so was müßen Sie von K. selbst erfahren. Ihr
    langer
,
    am
29
    Jan
.
    versprochener Brief
wird noch erwartet. Leben Sie wohl, bester Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Herrn Joh. Georg /
    Hamann
/ Pr. Königl. Preußis. Packhofverwalter /
    Königsberg
/ in Preußen
Vermerk von Hamann: Erhalten den 6 März April 78.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 10 April 778. 20. Mz. Endlich, liebster Freund u. Gevatter, komme ich dazu, Ihnen zu melden, daß meine Frau den 12. Febr. mit einem dritten Jungen gesund, bald, glücklich u. fast wie mater puerpera ohne Schmerzen mein Haus erfreut u. unsre Familie vermehrt hat. Um so mehr taumelten wir für Freude, weil wir uns zuvor viel leidigen Gram, unnöthige Furcht u. dgl. gemacht hatten, da es die erste
    Winter
schwangerschaft war, u. anders ging, als sonst; daher wir auch ein Mädchen vermutheten u. uns darauf gerüstet hatten. Der Junge ist mir ähnlicher u. größer, als die 2. andern: ein wahrer Riese, an Gestalt Kraft und Wille:
    Wilh. Ludw. Ernst
genannt, u. Mutter u. Kind befinden sich wohl. Die beiden Herzoginnen sind in Person Gevattern gewesen, sonst niemand von hier. Auswärtig der Graf v. Wernigerode, die Fürstin v. Statthagen die uns viel Freundschaft, u. die unsre Mutter, Fr. v. Beschefer, in Bückeburg die uns wahre Mütterlichkeit erwiesen hat: meiner ferner Georg Berens, mein alter lieber Freund, dem ichs mit diesem Briefe jetzt erst melde u. Ferdinand Flachsland meiner Frauen Bruder. Ich weiß, lieber H., Sie schliessen auch jetzt diesen Dritten in Ihre Liebe und in Ihr häusliches Gebet ein, u. wünschen daß es ihm u. uns wohlgehen möge auf Erden. Wir thuns für Sie und die Ihren auch oft u. redlich deßgleichen. Verzeihen Sie, daß ich Ihnen eine so frohe Nachricht so spät melde. Ich flog in den ersten Augenblicken, Stunden u. Tagen so oft zu Ihnen, aber eingeklemmet in das einsame Wirrwarr und geistliche Sisyphus Handwerk, in dem ich hier lebe, ermattet man an allem u. nimmt zuletzt an sich selbst nicht mehr Theil. Ich habe den Winter einsamer gelebt, als ich in meinem Leben je gelebt habe: die Kirchmauer, die gerade vor mir steht, scheint mir unaufhörlich die wahre Bastille und ich habe von jeher mein Haus, groß, und verschnitzelt, unbewohnbar u. wo es wbewohnt wird eingeklemmt und drückend, als das wahre Symbol meines Amts angesehen. Unsre erste Sorge war, nur hie u. da Thüren hineinzuschaffen, daß man einen Weg fände, sodann den Abtritt wegzubringen, der mir Bibliothek, Archiv der Superintendentur u. Alles verdarb: weiter ists auch im Amt noch nicht gekommen. Ich hoffe, mich Sommers in andre Zimmer über Garten und Berg hin zu quartieren; wolle Gott, auch in meinen Geschäften, die ich, müde u. ermattet, den Winter über so habe ruhen laßen, daß ich wenn der Frühling anbricht, mit Schauer wieder daran gedenke. Es ist und bleibt doch immer ein elend Leben, sich früh auf die hölzerne Folterbank zu spannen, u. unter dem alten Sächsischen Dreck zu wühlen. Dies Land von jeher von Kindern u. Schwachen beherrscht u. eine erbärmliche Apanage der Reformation zwischen den Gebürgen – doch gnug deßen! Klaglieder zu schreiben, ist noch zu früh. Wie stehts mit Ihnen, lieber Freund und den Ihren? Haben Sie sich eingerichtet oder so eingeschustert in Ihrem Königl. Pallast? und wie stehn Sie mit Ihrem Departement? Ist was erfolgt? – Sobald ich Abends mit meinem verbundnen Hausvaterkopf nach Ihrer Façon umhergehe, sind Sie vor mir, mit Ihren Kleinen. Die Meinen sind wohl, und beide sonderbare Jungen, jeder auf seine Weise, die der Mutter sehr zu schaffen machen, die es aber als treue Eva trägt. Der Wansbecker hat neulich geschrieben und von einer allgemeinen Zusammenkunft unser Aller mit Weib und Kindern in Wansbeck gedichtet: den Traum beiseit, glaube u. weiß ich, es wird einmal werden. Nur errungen muß es noch werden und so wohl ich, als mein Weib fühlen, daß dies Ringen mir vielleicht nahe ist, obs gleich jetzt noch ringsum die Wolke bedecket. Das incedo per ignes fällt mir ein, so oft ich zum Fenster hinaus sehe – – Doch wir fingen dies Jahr so wunderbar ahndend u. kleinmüthig an, und Gott hat uns bisher also beschämet; er kanns u. wirds weiter, Sie und uns, Amen. Ich habe diesen Winter eine neue Ausgabe unsres alten Gesangbuchs corrigirt d. i. Druck- u. Schreibfehler geändert u. eine Vorrede vorsetzen müßen, wie gewöhnlich. Wenn es gedruckt ist, will ich Ihnen ein Exemplar schicken. Dies und die Bußzettel, 2. in einem Jahre, sind bisher in loco meine einzige Autorschaft gewesen. Jetzt liegt ein Ent Rescript zum einem Entwurf eines Schulmeister Seminarii schon ¼ Jahr in meinem Folio-Kalender, aber noch res intacta, bis ich mich ermanne, in das Nest alten Schwalben flickwerks wider Willen zu greifen. – – Auswärtig kam mir das alte Jucken ein in München bei der Akad. der Wiß. über die Frage zu wetteifern „was nutzten die Dichter ehmals? was nutzen sie jetzt?“ und habe mit dem Motto Ihres Horaz vtcunque defecere mores, den einhelligen obwohl vielleicht unschwer zu erringenden Preis davongetragen. An Winkelm. habe noch nicht denken können; dafür wird Ihnen aber die Ostermesse ein paar Gerichte alten aufgewärmten Kohls darbringen und meine Frau mit einem Teller Nachtisch ebenfalls aufwarten, zu dem Allen ich denn guten Appetit u. Wohlbekomms zum voraus anwünsche – Die Geschichte der Gerichte kommt sodann hinter her, damit coquus dapifero nicht schade. –
    Sonst
habe ich auch die Lust gehabt, mir den prächtigen Codex von sogen. Minnesingern, den Wiedeburg beschrieben hat, aus Jena kommen zu laßen und zuweilen hinein zu sehen. Ich bin jetzt beim 8ten Dichter, habe aber noch kein Minnelied gefunden: sondern es sind Moralische, oder Historische, meistens Satyrische u. Religionsgedichte vermuthlich für einen Prinzen aus diesem Hause (wo weil in Wartburg die Akademie war) zur Erziehung zusammengetragen, daher das Minnewesen ausgelaßen und so prächtig geschrieben. Meine hiesige Lage verbietets mir, ganz in den Geist und die Sprache der Zeiten hinein zu dringen, sonst verspräche ich mir davon vieles. – Auch habe ich im Anfange des Winters aus Noth mich um etwas Spanisches bewerben müssen und einige Stunden mit Bertuch (der selbst nicht viel kann) gelesen. Künftigen Sommer denke ich mit Jagemann, der ganz ein andrer Mensch ist, als jener, an Dante zu gehen und verspreche mir große Freude. Könnte ich mit meinem Jungen einmal oder ihm vor, zeichnen lernen; so wäre mirs eine Wohlthat meiner alten Tage u. ein neuer Genuß des Lebens. Die Engl. Stunden, die ich vorigen Winter gab, sind diesen Winter weggefallen. Und nun liebster Freund was macht Ihre Brücke ohne Lehnen? Mich durstet so sehr, wieder Einen gedruckten Bogen von Ihnen zu sehen, daß ich darnach wandern möchte. Unterlaßen Sie doch nicht ganz und gar, die Geschichte Ihres Geistes und Lebens zu kontinuiren, wenn Ihre Schriftstellerei auch anders nichts wäre. Viel Gruß an alle die Ihren, und Kreuzfeld. Er hat in seinem Gedicht eine Schrift von Ihnen, die Begebenheiten des Prof. Ana angeführt, die ich nicht verkenne. Vergeßen Sie doch nicht, mich damit zu versorgen. Adieu, Adieu Auf dem unteren Rand der ersten Briefseite: Haben Sie doch die Güte, Inlagen (doch ohne Ausgablage des Porto) auf die Post zu geben.
Ew. Hochgräflichen Excellence erkühne mich, ungeachtet aller bisherigen Bedenklichkeiten einen vertraulichen Brief unterzulegen, wenigstens zum Belage, daß der mir gnädigst anvertraute Einschluß angekommen ist und an Ort und Stelle gewirkt hat. Bey Ew. Hochgräflichen Excellence unterscheidenden und geläuterten, theilnehmenden und thätigen Geschmack an charakteristischen Fragmenten zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe werden die grauen und blauen Züge der lieben Mutter Natur in der curiösen Relation meines freundschaftlichen Correspondenten und die lächerliche Verlegenheit der Schuldverschreibung eines langen Briefes Genüge zu leisten, wenn man so arm am Geist ist, kaum ein paar Zeilen zusammenbringen zu können, kein falsches Licht noch Misverständnis zu besorgen haben, und mit dieser gerechten Zuversicht der tiefsten und innigsten Ehrerbietung habe den Vorzug zu seyn Ew. Hochgräflichen Excellence gehorsamst unterthäniger Diener Königsberg den 134 April 78. Johann Georg Hamann. Einsam brachten sie den Tag zu u giengen in der Dämmerung 3 Stunden bis Zürich, Abendbrot bey Lavater. Um 11 Uhr des folgenden Tages waren sie in W. vor dem väterl. Hause. Von da begaben sie sich auf eine durch mancherley Amtsverrichtungen des alten Statthalters u Obmanns merkwürdige zu der Mahlzeit gemiethete Zunftstube. Obervogt Ziegler ein 74 Greis sang seine alte Liederchen u zog den Katzenschwantz um den Tisch her. Vor 300 Personen Hochzeitwein – Den folgenden Tag war 3/4 stunden von W. bey Altvater Ziegler Aßemblee von 36 Personen den nächsten und liebsten. Geschenke von Manshemden, Kinderhemden, Flachs, Spinnrad, Windeln, Löffelchen, Kämmen, Trommeln, Mörser, Misthacken, Heugabeln, Dreschflegel, Butterfäßer. Ein Bruder des Christ. Schwester der Elise als Bauer u Bäuerin verkleidet brachten selbige herein. Das lustigste war eine Kuh im Namen einer gantzen Gesellschaft gekauft, gekränzt u bebändert mit Namen u Versen die L. gemacht hatte. Gegenvisite der Kuh ihre Gesundheit getrunken – besungen – Ihr
    Anke
hat zu Gegengeschenken gedient. Diesen Abend kam der junge Mann in sein Stübchen, ein nußbaum Tischchen eine angezündete Lampe eine luthersche Bibel in 4 Bänden. Dieses Eheschlafstübchen ist ein wahres Heiligtum. Bei Schloßers Abschied den 5 Mittags eine allgemeine Salve von Champagner Wein – Feuerwerk, militarische Exercitien, Rebstöcke statt Flinten. Bestürmten das Schloß u paradirten vor dem alten Obervogt. Die junge Frau hatte stark Fieber, geschwollen Hals, hartnäckige Verstopfungen p vom 16 Märtz Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Son Excellence / Madame la Comtesse de Keyserling
Seit dem Sie uns, bester Hamann, den Erfolg u Exekution der Hochgräflichen Einladung versprochen haben, sehen wir uns gänzl. ohne Dero Nachrichten. Wir sollen doch nicht, bester Hamann, die Ursache davon in einemr unangenehmen Zufalle Begegniße suchen. Lassen Sie bald, bitte, einen Laut nach der Schweiz schallen, der uns verkündige Ihr Wohlbefinden Freude u. Liebe. Sie werden Kfm. wohl thun – u. denen die Sie durch ihn lieben. Ich möcht Ihnen gern sein Leben u. Treiben, seine Ruhen u. sein Arbeiten beschreiben, wenn ichs recht könnte. Das erste u. wichtigste ist daß er bald die erste heilige Frucht seiner Liebe zu umarmen hofft εὐτυχουσι και τριμηνα παιδια. Sein Weib ist sehr gesund, recht stark u. frisch, doch hat sie vor einiger Zeit, Wochenlang, empfindliche Beschwerlichkeiten überstehen müssen. Die Zeit die Kfm. am frohesten zubringt ist im Garten, u. aufm schwiegerväterlichen Felde, oder im Hause in kleinen, reinen, her leichten, nüzlichen Zurüstungen aufs künftige eigene Hauswesen. Nie hörts auf daß nicht ein paar Patienten Ansprüche auf seine Hülfe machen, gegründet auf die Rechte der Verwandtschaft, Freundschaft, Vorsprache oder Dürftigkeit – was dann freil. meist drückende Last wird sonderlich da’s allemal mit moralischen Verdrehungen zusammen hängt, die dem sterblichen Arzte allzu komplicirt u. verwurzelt sind. Dann schickt etwan ein braver guter Schwager seinen ältesten aufm Wege des Verderbens halbversunkenen Jungen herbei, den soll er heraus ziehen, reinigen, emporheben – Dann giebts böse Geister die bald den, bald jenen, bald alle der
    Nächsten
umher einnehmen um den zu necken der Trieb u. Kraft hat an der Zerstörung ihres Reiches zu arbeiten – u. so – ach ich vermags nicht mit natürl. Farben zu schildern – Das Allgemeine wissen Sie, theurer Hamann, wohl ohne hin. Genug Kfm. ists wohl: er lebt zufrieden im Gegenwärtigen, u. freudig in besserer Zukunft. Er sizt hier u. schreibt Recepte u. unaufschiebbare Briefe – wär ihm so wohl wenn er an Sie, bester Hamann, schreiben könnte – Nun jauchzt er vor Freuden u. nun trommelt er daß weit umher die Wälder wiederhallen, denn sagt er, es ist wieder ein Stürmelein vorbei. Wir sind zu oberst aufm Thurm des Schloßes, einem herrl. Denkmal des Geists unserer Altvordern. Zu vier Seiten vier gleiche 6 Schuh dicke Mauern, von rohen Steinen, veste wie die Grundpfeiler der Erde u. gerade wie die unbestechlichste Treue; kein Meißel hat einen Stein berührt, keine Kelle hat die Mauern übertüncht. Auch freuen sich die Vögel des Schloßes wie wenns ein Felsen wäre mit uralten Steineichen umwachsen, auch die Frösche quacken so frei an den Fischteichen ums Schloß her, wie sies um kein fürstlich Palais dürfen. Die Dächer der Wohngebäude sind tief unter uns am Thurn herum, gehen kreuz u. quer ohne Plan ohne Symmetrie u. ist einen so wohl man mag sie von oben oder unten ansehen – Ein Halbduzend oder mehr spize kleine Thurnlein stehn dran, kein Mensch weiß wozu u. warum es sei denn um die Wetterhäne – dieß u. die Fenster- u. die Riegelbalken, u. die Thüren alles so unsymmetrisch, so blos auf einen momentanen individuellen Zweck (der freilich allemal der wichtigste ist) – daß freilich niemand ist der das Schloß schön nenne, aber weit weniger einer der es nicht mit Freud oder Behagen ansehe. Verzeihen Sie mir, aber wenn Sies kennten, sie würden mir recht geben. Die Kühe kommen nach Haus, ich höre die eintönige Schelle, die Frösche werden lauter, die Vögel sind stille, ausgenommen den fernen Kukuk u. einen heischern Hahn, zu meiner Linken schickt sich die Sonne zu einem schönen Untergang u. vor mir stehn die Berge die dem Blick die nordischen Gegenden decken – die er, deckten sie nicht, doch nicht zu erreichen vermöchte. O wenn Hamann den Abend mit uns Erbsekhost u. Birrestückli u. feißten Hammen speiße, Pfenninger ihm Claudius Trinklied oder eine Romanze „Es hat en Bur ens Töchterli“ vorspielte u. stimmte Elisa u. ihre Schwester u. alt u. jung mit ein – oder der Obervogt, unser 75jähriger Vater grad u. still u. treu wie die Mauren des Schloßthurms säng am Tisch ein altes Trinklied das er vor 60 Jahren bei bescheidenen Mahlen gelernt, u. brächte so treulich Ihre Gesundheit mit an die wir ihm blos auf seines Tochtermanns Relationen hin schon so oft mittrinken mußten – dann giengen wir auf die Höhe zu schauen die fern hoch emporragenden Schneestirnen der Rhätischen Alpen die halb Europa mit Wasser u. Fruchtbarkeit versehen ohne Dank wie der stillzufriedenste thätige Edle – Leben Sie wohl bester Hamann, wie will ich Ihnen erzählen wenn nur einst Gott uns erfreut hat mit einem Knaben aus Christophs Lenden, der ein Erbe sei seiner Liebe zu den Wenigen wo sie Plaz fand. Leben Sie wohl. Hegi 14 Mai 1778.Ihr ergebenster, verpflichteter Ehrmann.
’s Praeambulum – unds Vehikulum haben wir erhalten – Aber lieber heiliger Georg!!! wo ist’s Traktatium – Hammann hin – Hamman her – es ist emahl nit recht, ehrliche gute u. treue Leuthe so lang gohnen (warten) zu laßen – Wenn man so’n herrliches Prael frohes Praeludium macht, so ist man nicht gefast auf ein so langes Silentium – Also bitte bitte lieber Hamman!! wenn Sie nit einer braven schwangeren Frauen und Zubehör keine Tragedie spielen wollen – so last doch bald einen herrlichen Laut von Euch hören, damits wiederhallt – in den Bergen – und’s ertönt im Leibe der Mutter, und mein Erstling treuer Liebe aufhüpft und sich freut mit seinem Vatter, daß Hamman wiederkommt in unsere Hütten – Nun allerforderst treuen Dank lieber Vatter oder Gevatter Hammann für Deinen Segen – möge er keimen in unseren Herzen – und reifen, und Früchte ins künftige Leben – damit Du einstens Freude habest an Deinem Erstgebohrnen V – in Effeto – mögest Du noch einmal in dieser Pilgrimmschaft leibhaftig erscheinen – sehen, schmecken, und fühlen wie so freundlich der Herr ist gegen die, die auf Ihn hoffen – Amen Amen – komm – Du – wart nicht lange – Deiner wart ich mit Verlangen – Amen – Noch einmal repetiren – hätte nicht denken können, daß Sie lieber Guter Hamman! uns so lange harren ließen – Nun ist’s vorbei und überstanden – aber bitte bedient Euch doch aller Eilfertigkeit – so vieler braver Leuthen (wie Sie so gang und geb sind) Erfreuer zu seyn – Wie’s mir so wol ist lieber Hamman – wenn ich so eine stille ruhige Stunde mit meinem treuen Weib durchgefühlt – was der Herr an mir gethan – und wie er uns segnet mit neuen Freuden, und mit himmlischem Frieden – und wir denn das Patriarchen Leben so nahe – so gros und heilig fühlen – Ach! da drängt sich das Herz in die Weite u Ferne – Lieber! Sie fühlen’s, es läßt sich nichts sagen von allem dem – was nicht vergehen soll – unsere Liebe wir werden vergehen, aber Du Gott bleibst Vater Aller, die dich suchen – Claudius stellt sich immer fleißig ein – und ist munter und froh – lacht und traurt abwechselnd über die zuerwartenmeinende Unzufriedenheit seiner 1500 Subscribenten – das aber bald vergehen wird – Er hat mir den garsti fatalen Schwank gemacht, unds BrautLiedle mit in seinem Asmusischen Allerlei geschmißen – Es ist also schön gedruckt zu lesen. – Herder und sein DaubenWeib haben uns mit Hamman zu gleicher Zeit herrlich regalirt, und uns die Nachwehe des Lustigen von der Hochzeit vertrieben – hab Ihnen aber dorfür noch nichts anders wünschen können als Gottes Lohn im Stillen – werde aber doch auch bald ein Epistolon an den Bischoffen der Gemeine zu Weimar in Gallatien abgehen laßen, und Ihm mit alt und seinem Neugebohrnen und allen übrigen – Frieden und Freude anwünschen – Mein Vatter ist ein braver redlicher Mann, der jezt in seinem 72 Jahr noch nicht müßig ist, und viel gethan hat und noch thut – freilich ist er auch aus sündlichem Saamen gebohren u. erzogen – und das ist also immer abzuziehen von den Superlatifis die der HE. Ehrmann nach der Weise jeziger weit berühmter Schriftgelehrten, öfter manchmal in Gang bringt und mich des wegen schon öfters in Ärger gebracht hat. Die Sachen von St. Caspar et Cetera werden Sie erhalten haben oder noch erhalten – Jezt muß ich verabscheiden, in der Hoffnung bald wieder zukommen – will jezt meine Frau holen, Ihr sagen, daß ich Hamman geschrieben, daß Sie freudig, frisch und gesund trä Ihr Bürdelein trägt, und der Hoffnung lebt, es glücklich ans Taglicht zu bringen – Segne Dich Gott Lieber Hamman, mit allem was Du lieb hast – adio. Ich muß im Garten Gras abhauen und meiner Kuh Amalias Futter bringen, unter in der Zeit meine Frau die Kuh melkt – adioFriede Gottes aller Orten – Adresse mit Siegel:
Hammann.
Kgsberg den 13 Julii 78. Endlich, bester liebster Gevatter, Landsmann und Freund!
    muß
ich schreiben um Einl. zu befördern, auf die ich lange gnug gewartet und über ihr Ausbleiben mich beunruhigt. Die Gründe davon werden Sie leider! darinn lesen, und sollte ich die Gründe meines eigensinnigen, lieblosen, verzweifelten Stillschweigens noch dazu auskramen: so wäre freylich reicher Stoff – aber nichts zur Sache. Hartknoch hat mich mit Nachrichten und
    Denkmalen
erfreut, ist sehr freundschaftlich gegen mich gewesen, den 24 Junii von hier abgereist, und hat vieles auf seiner Heimfahrt aushalten müßen; sein Schicksal ist rührend, wie seine Gelaßenheit und Ergebung – Bey der wenigen Hofnung ihn wiederzusehen, haben wir Entwürfe zu Reisen gemacht, deren Idee Sie leicht errathen können. Wegen meines Pathchens hat er mir Unruhe zurück gelaßen, die ich wünschte eben so glücklich curirt zu sehen, als es meine schmachtende Ungedult wurde den 10 April – da ich Ihren letzten Brief erhielt ohne noch meinen Glückwunsch zum
    Wilhelm Ludwich Ernst
abgestattet zu haben. Im Geist ich es freylich geschehen; aber daß es weder
    Feder
noch
    Mund
thun können, ist blos meine gänzliche
    Unvermögenheit
zu reden und zu schreiben – Ohngeachtet aller meiner Talente im Eßen, Trinken, Schlafen wird mir mein Leben zur Last und ich bin gepreßt wie in einer Kelter. Ich muß von 7 des Morgens bis 6 des Abends auf meinem Posten Schildwache halten ohne Arbeit als ein leidiges Lesen wodurch ich mich zu betäuben suche Zum Beschluß des vorigen Jahrs, wo mich zu gutem Glück ein zerstoßnes Schienbein einhalten mußte, erhielt ich eine Entscheidung der Gen. Admin. die mir alles absprach. Meine letzte Arbeit war ein sehr politisches Danksagungsschreiben für diese
    gnädige
Resolution, die wider ihren Dank und Willen alle meine Absichten erfüllte. Daß die Wendung einigen Eindruck gemacht, war an dem Neujahrscompliment abzumerken, das mir der Chef unsers Departements förmlich abstattete en particulier. Folglich eben so viel am Gegenwärtigen verloren als für die Zukunft gewonnen; nur immer Schade für uns sinnliche Menschen, daß diese so dunkel und jenes so helle ist. Ich bin mit meinen hiesigen Vorgesetzten auch auf guten Fuß – aber im Mistrauen zu leben, ist nicht für mein Gemüth, und kein Umgang der mein Herz füllt. Ein noch ärgerer Genius als mein eigner schwebt über alle meine hiesige Freunde. P‥ desertirt von hier wie ein Betrüger und Schelm den 26 März. Kreutzfeld besucht mich fast täglich, hat all sein Feuer, das er wie Schulcollega zu haben schien als Prof. verloren. Kraus algebraisirt sich zum εαυτοντιμ. u. s. w. Mein Hof und Gehöfte ist von den Erben gereinigt; das Geköche steht Gottlob! schön, an mannichfaltigen Besuchen fehlt es auch nicht; aber nichts Homogenes – – Das Gemüth voller niedrigen kriechenden irrdischen Nahrungssorgen. Ein wandelnd Todtengerippe an meinem armen Bruder vor Augen. Drey Gottlob! gesunde Kinder um mich herum, die ich weder Selbst zu erziehen im stande bin, noch etwas an ihrer Erziehung wenden kann. Bey allen diesen Kleinigkeiten meiner öffentl. u. häuslichen Lage zappelt mein armer Geist wie eine Fliege im Spinnengewebe und kann zu keinem Standpunct kommen, fühl mich eben so schwach andern als mir zu rathen, zu genießen und genoßen zu werden. Wenn ich nicht wegen der Einlage schreiben müste, hatten Sie, liebster Herr bis zu meinem 50sten Geburtstag warten sollen: so unchristlich und unverzeyhlich Ihnen auch mein Stillschweigen hätte scheinen müßen. Nicht einmal ein Silhouette vielweniger eine Gipspuppe von meiner traurigen Gestalt. Wozu haben Sie mir nicht das Corpus des Weimarschen Gesangbuchs durch Hartknoch mitgeschickt. Sie wißen was ich für ein Freund von Liedern bin und wie andächtig mich ein Gesangbuch unterhalten wird vor dem Ihr Tauf- und Zunahme steht. Daß Sie ja eins fertig halten, wenn ich einen Expressen darnach schicke. Ihre und Lavaters Arbeitsamkeit ist ein Wunder in meinen Augen; aber ich danke Gott in meinen Windeln und Banden dafür Ich bin Kaufmann seit seiner Hochzeit eine Antwort schuldig und überhaupt Freunden und Feinden. Zu erstern hab ich das VerZutrauen, daß Sie kein Arges davon denken werden; gegen Leute die mir gleichgiltig sind, kann ich mir eher ein wenig Zwang anthun. Kurz, wenn die Armen an Geist
    seelig
sind; so hoff ich Schadloshaltung – Den 14 des Morgens Dii Deaeque me perdant, – und wenn Sie mich Todt schlügen ist es mir unmöglich einen Brief zu schreiben. Beunruhigen Sie sich nicht deshalb, liebster Herder! und entschuldigen Sie mich in Wandsbeck deshalb, bey unsern Freunden in der Schweitz, auch bey Kleuker, der mir seinen Pascal und den letzten Theil der Zend-Avesta zugeschickt hat. Ihre Versuche und
    Plastick
habe verschlungen und alles übrige richtig erhalten. Kanter hat wider keine Meße gemacht, und in Hartungs Laden nehme nichts als für baar Geld. Ich habe also noch wenig neues vom Meßgut gesehen. Gott nehme Sie, Ihre beste Hälfte und Ihr ganzes Haus in Seinen gnädigen Schutz und seegne Sie täglich und reichlich. Wenn es Ihnen mögl. ist so erfreuen Sie mich bald – mit ein paar Zeilen, ohne sich meinetwegen zu beunruhigen. Ich hoffe daß alles zu meinem Besten gedeyen wird. Ich umarme Sie mit aller Innbrunst alter Freundschaft. Gott gebe Ihnen viel Freude zum bevorstehenden August und mir gute Nachrichten von meinem Pathchen. Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig Amen!
Du schweigst uns auch gar lange Du lieber Hamann! – ich bin aber doch so ruhig wegen Deinem u. der Deinen Sein, daß mich keine thoriechte Sorge quellen kann – und für alles andere ist mir mein eigen Herz Bürg u. Zaler – denn eben das sonst oft verzagte Ding, hat mich so fest und emsiglich angetrieben, zu dem schon lange zeitig gewordnen Entschlus – daß Du lieber Theurer! (mit treuen Gefährten), mein lieber Gevattermann sein und bleiben sollest – Nun bist’s Du schon lange, und habs Dir zugleich noch niemals sagen können – wie mich der Herr gesegnet – wie ein glücklicher Vatter ich durch das Werden und Daseins meines Erstgebohrnen geworden – wie nach vollbrachtem grosem Kampf u. Leiden mir der erste sichere Anblick meines gesunden starken Kinds Seligkeit war – Ja Lieber! Ich bin glücklich – und freue mich erst jetzt voll Lebendigkeit des Lebens auf Erden – Theil Sie mit uns Du Bester
    diese Freude
! – es ist doch das höchste u. gröste, was ich hienieden habe. Liebe uns, und segne unser Kind, u. erflehe mit uns Gnade von oben, Ihm das seyn zu können, was Ihm gut ist – und sei auch Dein Segnen – Seligkeit u. Freude Deinem treuen GevattermannChristoph K. Nicht wahr ein kindischer Gevatterbrief? Sei ers – Adresse:
    Hammann
Vermerk von Hamann: Erhalten den 11 Nov. 78 Geantw. den 7 Jänner 79.
Endlich, bester Hamann, u. Herr Götti unsers lieben kleinen Christoph Adrian Gotthilf Kaufm. hat ward Ihrem Gevattermann vergönnt ein paar Zeilen aus seinem Herzen an Sie ergehen zu lassen; u. ich soll von seinem Werden u. bisherigen Leben (quantumvis Laie) nähern Rapport abstatten. Am ersten September, bei wachsendem Mond und (was seinen Herrn Großvätern sehr merkwürdig war) unterm Zeichen des Steinbocks, Morgens um 4 Uhr ward er geboren. Die treue Elisa K. hatte einen heftigen Schrecken gehabt der nebst einer Verkältung u. der Aengstlichkeit ihrer Fr. Mutter die Niederkunft beschleunigte. Eine Kolik welche sie bekam wurde bald durch die Treue Wartung ihres Mannes gehoben. Gegen Abend ließ er ungeachtet noch keine zuverlässige Anzeigen einer nahen Entbindung vorhanden waren, aus Mistrauen gegen seine von so vielen Seiten auf nie erfahrene Weise angegriffene Kräfte einen treuen Akkuschör rufen, welcher auch, blos auf Zureden, ohne die Entbindung so nahe zu vermuthen, die Nacht hier schlief. K. brachte den Abend u. die Nacht allein mit seiner treuen Gattin zu, sah immer näher u. immer schmerzhafter die heilige Stunde des mühsamen Kampfes heranrücken, sah mit Wonne u. Dank das herrliche Maas der von Gott seinem Weibe verliehenen innern u. äußern Kräfte, durchfühlte in sich u. in u. mit ihr alle Arten der höchsten u. tiefsten, bängsten u. seligsten Empfindungen – eine Nacht nie erfahrener, nie vorempfundener Prüfungen u. Segen. Gegen Morgens ward der Akkuschör von dem lauten durchdringenden Schreien der schmerzenvollen Gebärerin geweckt, u. eilte dem Manne dessen Muth u. Liebe u. Beistand sie unterstüzte Handreichung zu thun. Lange war nur der Kopf des ungemein grossen u. knochichten Kindes am Lichte mit Aufbietung der letzten Reste von Kräften geschah es daß endlich der Vater einen stark u. edelgebildeten Knaben auf seinen Armen hielt. Aber noch nicht wars ihnen vergönnt sich ganz der vollbrachten Leiden zu freuen. Starr, fast kalt, ohne einiges Zeichen des Lebens war das Kind. Er blies ihm Odem in die Lungen – es zeigte sich kein Schein des Lebens. Das schon durch u. durch wunde Herz aufs neue im Innersten zerrissen – unter den entsetzlichsten Kämpfen eilte er warmen Wein zu holen, in dem unaussprechl. Streite der Freude u. Bänge trat er ins Zimmer u. sah in den neubelebten Gliedern Freude Leben u Kraft im gleichen Augenblick da er die matte Stimme seines Weibs hörte: „Gelt auch es lebt!“ – Seitdem sind Gesundheit u. Stärke, Geist u. Leben, Freude u. Liebe des kleinen Knaben Eigenthum. Nach wenig Tagen konnte die treue Mutter den starken gesunden Appetit des jungen gewaltthätigen Nimrods der mit unbeschreiblichem Behagen an ihrer Brust liegt, reichlich stillen, u. bisher hat er noch keinen Tropfen anderer Nahrung genossen. Er wird nicht fett, aber groß u. kräftig u. mit jedem Tage wächst seine Lebhaftigkeit u. seine Theilnehmung an allem was um ihn ist. Ein einziges mal, 8 Tage nach seiner Geburt bedrohete eine starke Verstopfung, mit Schnuppen, heftigem Herzklopfen u. Convulsionen begleitet, sein Leben. Die Pflege seines Vaters war gesegnet u. nach 24 Stunden war sein Leben ausser Gefahr. Die Stärke u. Regsamkeit seiner Glieder macht seinem Vater der sie auf tausenderlei Art in Uebung u. Bewegung setzt, unendlich viele Freude. Sein Großvater hat ihm einen alten schönen Schweizerharnisch geschenkt welchen sein Vater getragen hatte. Sein Sohn legte ihn an u. ritt darin hieher wo ihm sein Weib den kleinen Jungen aufm Arm mit Gesang entgegen kam: mit bepanzerten Armen nahm er ihn ihr ab, drückte ihn an die eiserne Brust u. froh lächelte der Knabe das unterm Helm ihm kennbare Gesicht des Vaters an. Dieser Harnisch das schäzbarste Denkmal der edlen Vestigkeit schweizerischer Ahnen u. ein niedliches liebes am gleichen Tag mit ihm geborenes Schäfchen machen seine ersten Besitzthümer aus u. schaffen manche rein frohe Stunde. Ich bin kaum fähig auf dieß Erzählen hinab, Ihnen bester Hamann, weiter was zu sagen – unsere Erndt u. Herbst Freuden sind ungemein glücklich u. sehr gesegnet vorbei – Bald beziehen wir nun unser altes Felsenschloß einsam, mit Eichwäldern umgeben frei u. stille – In Hausväterlicher Thätigkeit, von der Welt mit jedem Tag etwas weiter entfernt, tragend die Leiden die von der Menschheit – u. die höhern Leiden die von der edlern Menschheit unzertrennl. sind, die ihren Adel ausmachen, läutern u. erhöhen – so, bester Hamann, lebt K. glücklich – in Zukunft u. Gegenwart. Ich kann nicht mehr. Morgen soll ich auf etliche Wochen von hier scheiden die Meinigen in Straßburg die durch plözlichen Verlust meines Vaters empfindlich heimgesucht worden, trösten u. berathen helfen – Leben Sie wohl, bester Hamann – Gott segne Sie. Mit treuem Herzen Ihr ergebenster Hegi 26 Okt. 1778. Ehrmann. Adresse mit rotem Lacksiegel:
Herrn Joh. Georg
    Hamann
/ königl. Packhofsverwalter /
    Königsberg
/ in Preußen.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 11 Novbr 78.
HöchstzuEhrende Freundin und Gevatterin, Hiezu sind Sie gestern mündlich und schriftlich bestätigt worden, und Herr Pfarrer Stephani hat mir versprochen morgen als den 21 Nov. um 3 Uhr in meinem Hause die Taufhandlung zu verrichten. Da der gute Wille die beste That ist und meine kleine
    Marianne Sophie
schon vor ihrer Geburt den Gottespfenning mütterlicher Vorsorge empfangen: so sind und bleiben Sie von Rechtswegen ihre erste Wohlthäterin, im Fall auch Ihre Gesundheitsumstände Sie verhindern sollten persönlich zu erscheinen. – Ohngeachtet ich in der Theorie aller häuslichen Uebel, die bey einer natürl. u bürgerl. Ehe unvermeidlich sind, ein Freymäurer bin: so sind doch blos
    Bewegungsgründe
, aber niemals Thaten, meine
    Geheimniße
, und die einzige Apologie meiner Ausnahme vom Wandel väterlicher Weise. Der Mutter fehlt es an Schlaf, Kräften, diesem und jenem; das Kind ist auf Nahrung erpicht, und bekümmert sich weiter um die Welt nicht, als daß es selbige zuweilen mit ein paar großen Augen ansieht, – recht wie der Vater, der Ihnen die Hände küßt und einen guten Morgen wünscht als Ihr ewig verpflichteter Freund und Diener Johann Georg Hamann. Königsberg den 20. Nov. 78. Die Sechswöchnerin empfiehlt sich u wünscht Ihnen gute Gesundheit wie sich selbst. Henriettchen empfängt einen Gruß von Hänschen und Fritzchen von Lehnchen; denn Lieschen ist Haushälterin. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Madame / Madame Courtan / née Toussaint
Kgsb. den 25 Novbr 78. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Den 21 pr. bin mit Ihrem Briefe und dem Siegel deßelben erfreut worden; ohngeachtet ich darauf noch nicht zu antworten imstande bin, hab ich doch mit Schmerzen auf Einl. gewartet, um selbige wenigstens befördern zu können. Es freut mich herzl. daß in Ihrem ganzen Hause alles wohl steht und ich muß Ihnen bekennen, daß die
    Grille
von dem
    Einfluß meines Unsterns
bis auf mein klein Pathchen mir wirklich im Sinn geschwebt. Was kan man sich nicht alles zu Gemüth ziehen, wenn man einmal auf dem Wege ist sich zu grämen. Auch kommt wirklich mein Eckel am Briefschreiben daher, weil wie Sie es Selbst fühlen, so
    wenig herauskomt
Ich bin dies ganze Jahr kaum imstande gewesen, die Feder anzusetzen – nicht zum kleinsten Billet, sondern gleichsam
    waßerscheu
, wie die unglückl. welche vom tollen Hunde gebißen sind. Die Lähmung meiner Zunge ist folgl. auch ein bloßer Druck des Gemüths u der Phantasie; von dem ich mir desto mehr Elasticität verspreche für die Zukunft. Doch alles, wie Gott will!!! Mein armer unglückl. Bruder ist den 25 Aug.
    eingeschlafen
– und den 27 des Morgens frühe auf dem nächsten Neuroßgärtschen Kirchhof begraben worden. So hab ich mein Stuffenjahr, neml. das 49ste angetreten, (nicht das 50ste). Weil ich 8 Tage an einem Fluß unpäßl. gewesen war, so begleitete ich ihn die Leiche in einer
    Kutsche
mit dem Prof. u. meinen beiden ältesten Kindern. Ich hatte ihm ein Denkmal zugedacht unter dem Titel:
    Apologie meines Cretinen
in einigen vertraul. Briefen – Meine Autorschaft ist aber jetzt auf ideale Titel eingeschränkt und weiter komm ich nicht. Ob was draus werden wird, weiß ich auch noch nicht. Gottlob! die
    siebente
Stelle meiner kleinen Haushaltung ist heute vor 8 Tagen den 18 huj. durch eine kleine Tochter wider ersetzt worden, die den 21 am Tage von
    Mariä Opferung
den Namen
    Marianne Sophie
erhalten und in meinem Hause getauft worden, wobey ich wie gewöhnl. selbst Pathzeuge gewesen nebst Me Courtan Hartknochs Schwägerinn, die sich schon vor ihrer Geburt um das kleine Mündel durch eine mütterl. Vorsorge verdient gemacht. Keins von meinen Kindern ist so reif gewesen als dies; es war da, noch eh die Hebamme kam. Die Mutter hat seit 2 Jahren da wir beide das Quartanfieber in Compagnie hatten, fast keine gesunde Stunde gehabt, immer im Schleim ersticken wollen, Ausschläge, Geschwüre, Mismuth, Ueberdrus des Lebens p. Befand sich am Tauftage so gut, daß sie bis an den Abend auf war; seitdem sich nicht rühren können – und das Geschrey des kleinen Mädchens verhindert mich fortzufahren. Also Gute Nacht auf heute! den 26 – Ihr seyd also ein Erbe von 10000 fl. alter Gevatter! werden Sie sagen – und was noch mehr, ein Vater von 4 Kindern Ψ 128. Was fehlt euch noch, um vergnügt und zufrieden zu seyn? Hier liegt eben der Knoten meines Verdrußes, den ich mir nicht aufzulösen imstande bin. Ohngeachtet ich mir keiner vorsetzl. Schuld bewußt bin, bleibt es doch wahr, daß ich seit den 12 Jahren meiner Wirthschaft niemals so kümmerl. gelebt und so tief verschuldet gewesen bin, als heuer, ohne das Ende dieses Labyrinths absehen zu können oder einen andern Ausweg zu wißen als dem
    Faden der Vorsehung
blindlings zu folgen. Handelt man nicht
    recht
, wenn uns unser Gewißen sagt, daß man nicht anders handeln
    kann
? Der
    empfindlichste Leichdorn
ist, daß ich fast ganz und gar nichts auf die Erziehung meiner Kinder wenden kann, und eben so ungeschickt bin als wenig Beyhülfe von meiner lieben Hausmutter haben kann. Take Physick, Pomp! – das Maximum meiner leidigen Ideen verdient diesen †tod. Mit meinem lieben Sohn werd ich diese Woche den Brief an die Römer schließen, nächst dem liest er im Palaephatus u Theognis u hoffe auch noch in diesem Jahr mit der lateinischen Grammatick fertig zu werden, daß ich künftiges Historias selectas, oder Erasmi Colloquia und alsdenn Ernesti Initia mit ihm anfangen kann. Schröckhens Historie und die Geographie muß er vor sich selbst widerholen u fortsetzen. Das Schreiben hab ich abbrechen müßen – und anstatt seines Schreibemeisters, deßen Hand mir nicht gefiel u anderer Umstände mehr einen
    Schüler
⸂Prof. Kreutzfelds Bedienter – ein Pohle⸃ annehmen müßen, um ihm in den Anfangsgründen der gr. u nunmehr der lateinschen Sprache fortzuhelfen, weil mir diese Elementararbeit allein zu schwer wurd. Ein baldiger Ostracismus aus seines Vaters Hause u Preußen ist ohnehin mein
    Wunsch
und
    Sinn
– aber wenigstens als
    Handlanger
, wenn nicht als
    Gesell
muß er Dienste thun können – auch ich imstande ihn selbst zu überbringen.   Was unser Gott gegeben hat, das wird Er auch erhalten – ist mein tägl. Motto seit Marianchen Ankunft.   Doch gnug von diesen häusl. Kleinigkeiten, welche wie der Sand des Meers den Stoltz der Wellen dämmen. Unter den Schulden, die mich drücken, sind auch Antworten, die ich Lavater, Kaufmann, Pfeninger schuldig bin. Des letztern Brief habe den 1 Aug. erhalten wie wol er datirt ist den 20 März. Er betrift die Idee und den Plan eines christl. Magazins oder Magazins für Χstentum, das bereits den 22 Oct. 77 entworfen worden. Was Leuchsenrings Journal de Lecture für den Geschmack, Iselins Ephemeriden für die Moralität, soll dies Magazin für das Χstentum seyn. Ich habe hier keinen andern Gebrauch davon machen können, als es unter der Hand 3 oder 4 geistl. mitzutheilen z. E. meinem Beichtvater dem ehrl. Diac. Matthes, unserm jetzigen Oberhofprediger Schultz und dem polnischen reformirten Wanowski, deßen Predigten einen großen Beyfall finden u. unter unsern Geistl. die Muße hat. Wenn ich wüste, daß Ihnen damit gedient wäre oder ich nicht zu spät käme, wollte ich Ihnen eine Abschrift des ganzen Programms mittheilen, weil man auf Sie auch Rechnung zu machen scheint. Zum Leser eines solchen Werks wär ich sehr willkommen, aber ich weiß nicht wie ich dazu kommen sollte ein Scherflein beytragen zu können. – Auch jene gute Meinung, so sehr sie auch meinem Fleisch u Blut schmeichelt, ist eins meiner verborgensten Leiden, und mein Stillschweigen dazu eine wahre Ohnmacht der Seele, die noch über ein Zetergeschrey geht. Damit ich im Gleichgewicht bleibe, ist hier meine Rittergestalt desto trauriger. Trescho ist einmal in Königsberg gewesen. Rund, glatt, munter wie ein junger Freyer, wofür man ihn auch ausgegeben und zwar von einer der reichsten Erbinnen, der jüngsten Buchholtz. Ich konnt mich gar nicht darauf besinnen ihn jemals gekannt zu haben. Er redte mit mir von einem Denkmal auf Buchholtz, das in seinen religiösen Nebenstunden erscheinen sollte und worinn er mich als einen Gegner wegen der Vorrede zu Warner behandeln müste. Ich habe nichts daran gefunden. Ich warnte ihn, daß er Oel ins Feuer gießen würde, weil ich eben damals mit der
    Apologie meines Cretinen
windschwanger war Sie haben mir, liebster Herder! wo ich nicht irre schon ein paarmal die Anfrage wegen des Mst. der Leiden und
    Ana des seel. Prof. Mannah
gethan. Es ist
    Ein
Ideal, das noch auf einen Schneider wartet, weil die Einkleidung das meiste thun muß; denn die Materie an sich ist Leim u. nicht der Rede werth soll blos einige Idiosynkrasien meiner Seele und meines Schicksals betreffen. Penzel hat mir Nachricht gegeben in einem dicken Briefe mit 7 Einl. welche ich den 3 Sept. erhielt. Er lebt jetzt zu Gleboka bey Cracau als Hofmeister bey einer jungen verwittweten Hauptmannin von Cieciczowska, gebornen von Rottermund aus Elbing, die er zu seinem großen Erstaunen über den Siegwart angetroffen. Ein artiger Anfang zu einem neuen Roman. Ohngeachtet ich aus seiner Auction nichts kaufte, machte ich doch noch einen Handel, woran ich meine letzte # setzte, wofür ich wirklich einige Seltenheiten und seinen ganzen Vorrath von Episteln u Briefen erhielt. Ich hatte die Neugierde letztere zu lesen und bekam einen solchen Geschmack daß ich vom Sept. an nichts als Briefe aufgesucht, aber mich beynahe auch satt daran gelesen. Diese Zerstreuung ist mir wenigstens sehr angenehm gewesen. Der Verfaßer der
    Ehe
hat sich mit ganz neuen
    Lebensläufen
hervorgethan. Ich glaube daß Sie auch Geschmack dran gefunden haben. Moses Mendelsohn hat meine Neugierde noch mehr gereizt, durch die positive Versicherung, daß diese Producte aus Preußen kämen, aus factis die er aus der Hand vom Verleger Voß haben kann, der das Mst. durch Flörke erhalten. Ich habe immer den gewesenen Kr. Rath
    Scheffner
in Verdacht gehabt, weil der Verdacht hier auf Criminalrath
    Hippel
fiel; ersterer Muße zu viel übrig u dieser Geschäfte hat u Gesellschaften liebt. Ich bin jetzt auf authentique Spuren gekommen, die gantz für den letzteren reden, den ich gleichwol genau zu kennen geglaubt habe und mich durch seine feyerliche u treuherzige SprüVersicherungen des Gegentheils geäfft zu haben scheint. Aller Wahrscheinlichkeit nach scheint das Geheimnis zwischen beyden zu stecken und es ist mir gar zu viel daran gelegen Gewißheit zu haben; weil sie mir den Streich nicht umsonst gespielt haben sollen. Ungeachtet Hippel gewohnt ist mit seiner Autorschaft sehr geheimnisvoll zu thun: so hat er mir doch vertraut sein letztes Stück, eine Freymäurerrede auf unsers seel. Lindners Tod; aus der man gar keinen Schluß auf die
    Lebensläufe
und den Versuch über die Ehe machen kann, den schlechterdings ein
    Ehmann
wie
    Scheffner
geschrieben haben muß und kein Jung Gesell noch Hagestoltzer. Prof. Kreutzfeld hat einen sehr verbindl. Brief vom Mercur erhalten wegen seiner Uebersetzung des Hudibras, die ich nicht weder recht zu schmecken noch zu beurtheilen im stande bin. Er hat den Anfang bey mir im Engl. gemacht ohne daß er so weit gekommen wie andere von meinen Schülern; und das Exemplar deßen er sich bedient ist eben dasjenige, was Sie mir verehrt. Die 2 Theile von Butler’s Remains habe ich hier mir verschrieben Vorige Woche habe aus dem Kanterschen Laden einen Brief von unserm neuen Rector zu Osnabrück erhalten der mir sein Program mitgetheilt, auch seine Uebersetzung des Plato zugedacht die ich aber nicht erhalten habe. Ein gewißer Benzler zu Lemgo, der vermuthl. ein Uebersetzer von Handwerk seyn muß, hat an Kanter geschrieben. Zugl. ist ein Brief an Pfenninger mit gekommen der sich auch von der Landstraße verirrt und vielleicht dazu dienen wird meine Antwort zu zeitigen.
    Reimarus
vom Zweck Jesu und Hahns N. T. sind fast die einzigen Bücher welche ich mir von der vorigen Meße gekauft. Ich habe den erstern im Fluge gelesen, wie ich gegenwärtig beynahe alles thun muß und blos ein Buch in der Hand genießen kann, so bald ich es weglege, aber aufhöre doctus zu seyn. Daß es mir an Sympathie für die gegenwärtige Crisin in der Theologie nicht fehlt, bester Gevatter! können Sie sich leicht vorstellen; ich muß aber noch hinter dem Berge halten und will den Parthen nicht gern ins Wort fallen. Auch Falk und Ernst sind Waßer für meine Mühle. Kraus ist jüngst durch mein Vorwort initiirt worden; ich freue mich aber es nicht zu seyn. Kaum glaube ich, daß das 4 u 5te Gespräch im Druck erscheinen wird, weil man bereits gegen die Bekanntmachung der 3 ersten Schwierigkeiten gemacht haben soll. Eben jetzt erhalte die 3 ersten Stücke von
    Leßings Schwächen
. – Was aus der
    Gährung
herauskommen wird! A propos! haben Sie eine Auslegung des Hohen Liedes herausgegeben! liebster Gevatter! wie aus Berl. die Nachricht hier eingegangen: so erwarte Selbige mit Schmerzen und freue mich auf Ihre
    Apocalypsin
,
zu der ich Ihnen zum voraus Glück wünsche. Sie mögen mich immer mit der Eigel u ihren 2 Töchtern: bring her, bring her vergleichen: so hoff ich daß die Reihe an mich kommen wird. Bitte ja nicht das
    große
    Gesangbuch
zu vergeßen Zum Schluß des Jahres hoff ich noch die Materie der Geheimniße des Heidentums vorzunehmen; worüber ich Hippel mein Wort vor mir gegeben, der mir auch Hülfsmittel dazu verschaffen wird. Wißen Sie mir etwas dazu vorzuschlagen: so wird es mir angenehm seyn. Meine Sache ist eigentl. nur die falsche Folgerungen die man aus den wenigen u dunkeln Datis zieht, zu berühren und in ein ander Licht zu bringen. Ich hoff auch von meiner häusl. u äußerl. Lage mehr Beruff und Trieb meinen Autorstab fortzusetzen. Den letzten Novbr 78. Verzeyhen Sie liebster Gevatter! dies Geschmier – unter Winseln u Stöhnen und siebenfältigen Zerstreuungen von Kindern und Freunden nebst andern p p p Just acht Tage vor der Geburt meiner Marianchen erhielt ich einen Gevatter Brief von Schloß Hegi. Haben Sie zum Caßelschen Praemio nicht mit concurrirt? Vergeßen Sie doch nicht mich zu bedenken mit allem
    Heurigen und Fernigem
. Es ist nicht verloren, wenn es auch nicht gleich aufgeht. Ich lese alles wie ein Schlucker – deßen Geschmack Hunger istDies Jahr ist an kein in effigie zu denken. Gott laße Ihnen selbiges mit lauter Seegen beschließen. Amen! Amen! Amen! Ich umarme Sie herzlich und küße Sie im Geist und alles was Ihnen lieb und werth ist. Gott walte über uns alle mit Seiner Gnade und Treue in secula seculorum! Ich bin mit allen meinen Vier Kindern und was der
    ewig reiche
Gott mir noch sonst zugedacht hat, ganz der Ihrige Johann Georg Hamann. Johann Georg Hamann geb. den 27 Aug. 730. Anna Regina Schumacherin, die Mutter meiner lieben Kinder; 1.
    Johann Michael
geb. den 27 Sept. 769. Mittw. getauft am Michaelistage. 2.
    Elisabet Regina
geb. den 12 April 772 Palm Sonnt. get. am Charfreytage. 3.
    Magdalena Katharina
geb. und getauft den 2 Decbr. 774. Freytags. 4.
    Marianne Sophie
geb. den 18 Nov. 78 Mittw. get. den 21. Nov. Mariä Reinigung, Sonnabends. Bitte mir einen ähnlichen Zettel aus, aber länger um nachtragen zu können. Ich brauche ihn um hinter Ihr Bild zu kleben als ein pro Memoria über mein Bett, an dem
    Moses
(Mendelson) und die
    Propheten
hängen i. e.
    Herder
,
    Lavater
und
    Kaufmann
, darunter
    Claudius Kupferstich
zu seiner Ballade vom David u. Goliath.
    Johann Georg Hamann
geb. zu Königsberg in Preußen den 27 Aug. 730.
    Kinder
:
    Johann Michael
(Mannah) geb. den 27 Sept. 769 Mittwoch getauft am Michaelistage
    Elisabeth Regina
geb. am Palmsonntage den 12 Apr. 772 getauft am Charfreytage.
    Magdalena Katharina
geb. u getauft den 2 Dec. 774. Freytags
    Marianne Sophie
, geb. den 18 Nov. 778 Mitw. und getauft den 21 ej. am Tage der
    Opferung Mariä
.
    Ihre Mutter:
    Anna Regina Schumacherin
geb. zu
    Warginen
im Kirchspiel
    Cremitten
    Tapiaushen Amts
. Macht mir doch lieber Gevatter! einen
    ähnl. Zettel
bey Muße u legt ihn bey. Versteht sich daß Frau Rebecca hinter Euch zu stehen komt und auch mehr Platz unten bleibt um die Schwiegersöhne in spe nachtragen zu können.
Am 1 Advents Sonntage 78. Verehrungswürdige Freundin, Vergeben Sie, daß ich die Gelegenheit dieses Briefes vom Zaune breche, und heute dasjenige thue, was ich schon so lange im Schilde geführt. Einer glücklichen Mutter dreyer Söhne – von denen der
    mittelste
ein Gläubiger seines Pathen wurde – ja Ihnen, Verehrungswürdige Frau! überreiche ich zuerst und zuförderst meine
    dritte
Tochter, Marianne Sophie, die den 18 des Wintermonats zur Welt gekommen und den 21 desselben getauft worden. Zwar mangeln meine Kinder des Ruhms, von dem Johann. VIII. 41 geschrieben steht; doch haben wir alle Einen Vater – und Kinder sind eine Gabe des HErrn – „Er, der gütig ist, wird gnädig seyn allen, die ihr
    Herz schicken
und nicht um der Heiligen Reinigkeit willen.“ Als der
    gute Engel
meines Herders werden Sie nicht verschmähen den Mitgenuß seines Jonathans, und die innigste Ehrerbietung, womit ich mich bekenne zu Dero ewig verpflichteten und ergebensten Gevatter, Freund und Diener Johann Georg Hamann.
Der Frau Generalsuperintendentin Herder
Geliebtester Freund Am heil. Abend erhielt ich Ihre Einl. durch HE Jacobi u habe am ersten Feyertage des Morgens vor der Kirche der Fr. Consistorialräthin Ihren Antheil eingehändigt. Daß Sie sich so lange Zeit um Ihre Sachen nicht bekümmert, unsern Landsmann und meinen Wohltäter den Kapellmeister Reichard noch nicht gesehen – (Kraus mag Ihnen Selbst Vorwürfe machen) – giebt mir ein zweydeutig Omen von Ihrer glücklichen oder disharmonischen Lage in Berlin. Die Zeit wird lehren, ob der Anfang Ihres neuen Studiums mit so viel Schwierigkeiten oder Annehmlichkeiten verknüpft gewesen. HE Abrechner Schwink hat die Besorgung Ihrer Sachen übernommen und HE Kr. Rath Hennings, der sein Miethsmann ist mein Bürge gewesen. Er war so gefällig mich heute ausdrücklich deshalb zu besuchen und durch nachstehende Nachschrift schriftl. u mündl. zu beruhigen: „Daß Ihre Sachen mit dem Stettiner Schiffer Neumann unter der Signatur HL abgegangen u an den SchiffsAbrechner u Hofmäckler Jac. Philipp Böhm in Stettin addressirt, letzterer unter dem 5 Oct. avisirt worden solches an Sie mit Beylegung der Berechnung von ausgelegten Unkosten u Spesen bestens zu befördern. Bis anhero ist von demselben wie es geschehen, hieher noch nichts gemeldet worden, obschon man zuverläßig weiß daß der Schiffer glückl. in Stettin angekommen. Vielleicht hat es dort an guter Gelegenheit zur weitern Spedirung gefehlt. In dieser Woche wird von hier aus desfalls nach Stettin von neuem geschrieben werden um nähere Erkundigung einzuziehen. Man wird Ihre
    eingegangene
Addresse zugl. mittheilen und bestens empfehlen, daß alles an Ort u Stelle kommt, falls es noch nicht geschehen.“ Allenfalls addressiren Sie sich auch an den dasigen Abrechner, der mit dem Stettinschen vermuthl. in Verbindung steht. So viel ist mir auch gesagt worden daß der Schiffer wegen contrairer Winde lange in Pillau liegen müßen. Wie werden Sie es verantworten können gegen einl. Correspondenten? daß der Riß ohne meine Schuld geschehen, lehrt der Augenschein. Viel Glück zum Neujahr! Ist der Verf. der physiognomischen Reisen nicht dort bekannt. Ich habe den 2ten Heft sehr interessant gefunden. Haben Sie unsern Freund Kraus gesehen, so erinnern Sie Ihn das nächste mal meiner. Das kleine Fräulein Marianne Sophie befindet sich nach Wunsch; Lieschen ist aber heute bettlägericht gewesen, ich hoffe daß es bey einem kleinen Flußfieber bleiben wird. Alles schläft schon um mich herum – Vergeßen Sie mir nicht die Entwickelung der Sache bald zu melden und behalten Sie im guten Andenken Ihren alten Freund JGHamann Kgsberg den 27 Xbr. 78. Empfehlen Sie mich HE Hofr. Tottien u grüßen alle gute Freunde. Adresse mit Mundlack (Kopf des Sokrates nach links):
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
    Berlin
/ bey
HE D. Kurella in der alten / Leipziger Straße auf dem / Werder. / par fav
Ich kann nicht umhin, liebster H., noch vor Ende des Jahrs Ihnen zu schreiben und zum Empfang Ihrer Marianne Sophie Ihnen herzlich Glück zu wünschen. Meine Frau, die sich über die Pathenschaft hoch erfreuet hat, wird Ihnen selbst schreiben. Gott laße Sie an den Ihrigen Alles erleben, was ich mir nur von den Meinigen wünsche. Diese sind ganz wohl und Ihr Pathe ein drollichter Junge, der eben jetzt meine Stelle eingenommen, geschrieben, gekritzelt und mit Sand bestreut hat, bis sich die Scene mit dem Stoßen der schwarzen Tobackspfeife, aus der er auch rauchen wollte, an seinen Gaumen und also mit Geschrei endigte. Die beiden andern sind Wagschalen und er das bewegliche Zünglein an der Waage, voll Freude u. Leid über Alles, was um ihn her ist. Daß Ihr Bruder entschlafen, freut mich: er war ja lange todt. Ich wünschte, daß Sie die Hauptschulden mit Ihrer Erbschaft abstießen und sich auf diese Weise wenigstens freie Brust verschafften: das Hauswesen drückt uns nieder, wie der Körper die Seele. Und da flugs an: was du thust, das thue frisch, Predr. Äußerst leid thut mirs, Liebster, daß Sie wie ein gebundner Prometheus liegen: der Himmel mache Sie los. Im Schatzkästlein steht auf Ihren Geburtstag: ists möglich, so viel an euch ist, so habt mit allen p und auf den meinen: es liegt nicht an jemands Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Die Sprüche sind sich in der Bibel, wie die Tage im Kalender nah und gewiß wahr. Dicta nobis sunto. Daß Alles bei Ihnen leerer Gedankenplan bleibt, ist davon Folge. Gott gebe Ihren Funken Wind zur Flamme: mich bangets recht, in dieser Wüste des Abends etwas von Ihnen zu sehen u. zu lesen, wenns auch nur Sternschnuppen wären. Mein Schiff ist völlig auf dem Strande. Das Hohelied ist nicht der Rede werth; nur durch die Heurath meines Schwagers, der aber noch nichts davon weiß u. durch das Zureden meiner Frauen, weil es seit 4. Jahren dalag, erpreßt, u. weiß übrigens nicht, woher es kommt oder wohin es gehet? Ich fürchte, daß es mit meiner Apokalypse auch so gehen werde: ich habe keinen Nagel im Pallast U. l. Fr. Literatur woran ich etwas hänge u. keinen Altar, wo ichs opfere. Es ist also lauter verlohren Werk und Baals-Gabe. Ich will auch mit dem 79. Jahr, wo die letzten enfans perdus ausgestoßen werden sollen, aufhören zu schreiben. Die Hauptsache, die uns jetzt hier intereßirt, ist die Niederkunft unsrer geliebten Herzogin, eines edeln Wesens. Sie wird alle Tag erwartet u. meine Frau ist bestimmt, auch bei ihr zu seyn: Gott gebe ihr mit dem neuen Jahr aufs beste u. glücklichste einen Prinzen, der einmal eine neue Sproße sei aus dieser veralteten Wurzel u. ein Geschöpf ihm zur Freude. Wenn Alles vorbei ist, will ich Ihnen die Formulare der Vorbitten pp die ich Amtsmäßig entworfen habe, samt Gesangbuch pp einsenden. Der Geschmack derselben am Jesaias hat mir diesen Propheten auch in dieser Weihnachtszeit neu und lebendig gemacht: sonst ist leider Alles bei mir todt und träge. Eine Zeitlang habe ich aus langer Weile u. zur Verdauung Italienisch getrieben, daß ichs jetzt ziemlich lese und mir selbst forthelfen kann. Mit Anfange des Dec. aber und weil Jagemann nicht recht nach meinem Sinn gesehen ist, ist mir die Lust plötzl. vergangen: es wird also auch wohl unter den Werken des alten Jahrs dahinten bleiben. Auch mit der Lust zu predigen stockts sogar, insonderheit in der Hofkirche. In den Wochenpredigten habe ich den Br. an die Römer geschloßen und Hiob angefangen; ich wünschte, daß ich in den Geist des Buches und seiner Zeit käme. Alles ist leer um mich und kaum daß noch hier u. da ein Kranker oder Sterbender mein Blut rüttelt. Das Wetter trägt vielleicht auch dazu bei: da bis jetzt noch kein Frost, oft die heitersten Tage u. kaum seit gestern ein Sturm ist, der Winter verkündigt. Auf ein paar Auktionen bin ich glückl. gewesen, habe eine ευκληρια der Schurmannin mit Yvons, ihres Beichtvaters, der an ihrem Grabe gewohnt hat, eigner Handschrift, deßgleichen eine trefl. alte Kirchenpostill Luthers, die Joh. Olearius gebraucht, ein Buch von Selneccer mit seiner eignen Handzuschrift, eine Ebräische Bibel mit H. Opitzens reichen Anmerkungen u. Varianten, deßgleichen viel anders fast ohne Geld bekommen; lauter todte Kohlen aber, die auf Wind des Herren warten. Was mich jetzt allein freuet, ist Jesaias – Semler hat über seine Widerlegung des Ungenannten auch an mich geschrieben; ich habe ihm aber kaum 9. Pränumeranten schaffen können. Zu Leßings Nathan sind mehr. Auf Reiskens Hiob, der Ostern erscheint, werden Sie doch auch subscribiren. – – Der Verf. der Lebensläufe kann Hippel unmögl. seyn, wenigstens nicht allein; sobald Sie etwas gewißes erfahren, bitte ich sehr um Nachricht. Ich habe schon viele vergebens gefragt. Mendelsohn sagte mir vor 4. Jahren in Pyrmont der Verf. des Buchs „über die Ehe“ sei ein junger Mensch, der nach Rußland in Condition gegangen, seinen Namen dem Verleger nicht genannt u. nur gebeten, an mich u. ich weiß nicht, an wen mehr? ein Ex. zu senden. Ich weiß nicht, ob an der Mähre was dran ist, wenigstens habe ich kein Exempl. erhalten. Winkelm. Briefe in die Schweiz haben Sie doch gelesen: mich freuts, daß er darinn auch an mich unbekannter Weise denkt; habe sie aber bis jetzt noch nicht genießen können, weil ich für die Kunst jetzt kein Ohr oder Seele habe. Der zweite Theil von Klopstock durch Kramer, wo auch ich so gemißhandelt bin, ist abscheulich. Ich wollte, daß seine rasende Bogen von der Rechtschreibung, die in Campens Schulsammlungen u. auch besonders herausgekommen sind, Sie zu einem neuen Versuch über den Buchstab H. weckte. Der alte stolze Narr ist dem delirio nahe. Haben Sie je den Dante gelesen? was ich von ihm weiß, ist in der Italienischen Sprache u. Denkart einzig. Offenbar hat ihn Klopst. stark gelesen und nach seiner Art stark gebraucht; es ist aber auch nichts weiter. Von Claudius weiß ich, seitdem er mir vor ¼ Jahr 100. Austern zum Geschenk geschickt hat, nichts; von Kaufmann, seitdem er mich auch zum Gevatter gebeten, deßgleichen; die andern sind mir so gut als todt und ichs ihnen. Sie allein, lieber H., sind mein alter Wegweiser und Freundessäule und sollens auch bleiben. Mich gräuelt vor manchem, was mich eine Zeit so wohl behagt hat und habe also auch das Absterben der besten Leute auf eine Zeit nöthig. Schlegel hat seine Schulstelle in Riga niedergelegt; und der Rath mich durch J. C. Berens um Vorschläge zu einem neuen rectore ersuchen laßen, doch will jener noch eine Zeitlang die Inspektion behalten. Ich wünsche ihm Glück zu seinem neuen Kirchen- und Doctoratsmeere; ich fürchte aber, weil er nach der Höhe strebt, wird er sie nicht erlangen. Das garstige lügenhafte Leben von mir in Gadebusch liefländischer Bibliothek haben Sie doch gelesen; ich wollte, was den Rath zu Riga betrift, irgendwo in wenigen Reihen antworten, weiß aber nicht recht, wo? Was ist Ihre Meinung? Der Graf von Wernigerode, Pathe meines 3ten Jungen, u. die reg. Fürstin zu Lippe Detmold sind beinah zu einer Zeit schnell gestorben. Jener hinterläßt einen liebenswürdigen Sohn zum Nachfolger, diese aber ein klagendes Land und einen Gemahl der ein keuchendes Schwein ist. Sie war die einzige Hoffnung des armen
    Benzlers
, eines Menschen, der leider ein Uebersetzer seyn muß, aber viel was Beßers zu seyn verdient. In Ansehung der Gelehrsamkeit, Bescheidenheit u. reellen alten u. neuen Sprachkänntniß ist ihm Kleuker, der mit ihm an Einem Ort gelebt hat, gar nicht zu vergleichen; aber er ist sehr harthörig u. beinah auch blind und das Schicksal verfolgt ihn. Er ist aus einer alten, ehrlichen Familie und der liebenswürdigste gutherzigste Junge, hat Frau und Kinder und muß fast verhungern. Ich habe Gleimen um Gottes Willen gebeten, daß der g junge Graf von Wernigerode ihm doch ein kleines Bettelbrot gebe; ich wünschte, daß es geschäh. Sie würden ihn gewiß lieben, wenn Sie ihn kennten. pauper vbique iacet. – Gnug für heut. Morgen will ich schließen. Den 29. Dec. Abends. Erst heut, den 2.ten Jan. Morgens kann es seyn u. also auch mit Anfang des Jahrs 1000. Glück u. Segen, insonderheit die 3. Paullinischen Grazien 1 Cor. 12,8–13. über die ich gestern gepredigt, aber den Tag mit Kopfschmerz, so wie das alte Jahr mit einem Ruck Ärger beschloßen habe. Wer weiß was das 79. bringen wird; mir scheints, ein gleichgültiges Jahr werden zu wollen, dem ersten Anklange nach: doch will ich, so viel es angeht, insonderheit meinen litterarischen p Wust aufräumen, um mit Gottes Hülfe die 80. rein und frisch anzutreten. Machts auch so lieber Alter mit Euren Schulden, u. physischen Ursachen des Mißmuths: es wird Euch wohlthun u. fürs übrige wird Gott sorgen. Viel Glück u. Freude in Euer Haus, an Hausgenoßen, Kinder, Knechte u. Mägde. Auch Kreuzfeld, dem ich für die Lettica eigenhändig hätte danken sollen, grüßen Sie bestens von mir: seinen neuen Hudibras im neuesten Merkur habe den 31. Dec. Abends zu Tisch bekommen, er hat mir aber nicht schmecken wollen; der Fleiß der Ausbi Nachbildung liegt im einzelnen Ausdruck, der Geist des Ganzen, dünkt mich, fehlt. Die Charaktere in Prose haben mir beßer gefallen. Der Zettel, den Sie verlangen, kommt hiebei; das übrige Papier laße ich meiner Frauen zum Schreiben u. umarme Sie noch herzlich u. inbrünstig. Ihr ewiger
    Herder
Von Caroline Herder: Nun auch lieber Herr Gevatter und Freund. Sie haben mich durch Ihre Liebe u. Wahl zur Pathin Ihrer
    dritten
Tochter Marianne Sophie, gar herzlich erfreut – der liebe Gott segne Vater, Mutter u. Kinder u. lasse die drey Blümchen mit dem Erstgebohrnen ein schöner, ewiger Kranz der Belohnung für Sie seyn! – Mein Mann hat Ihnen noch nie so recht gesagt wie herzlich ich Sie liebe – wie freut michs daß ichs jetzt bei dieser schönen Gelegenheit thun kann – als den Ersten u. Einzigen Freund meines Mannes verehre u. liebe ich Sie. – ich wünsche Ihnen, Ihrer lieben Hausgenossin u. Kindern tausendfaches häußliches Glück u. Freude zum neuen Jahr. M. Carol. Herder. Von Johann Gottfried Herder: Liebster H. können Sie mir nicht
    Sim. Dachs
Gedichte verschaffen? Sie müßen doch bei ihnen häufig seyn. Ich wünschte sie aber, etwa mit Gelegenheit, oder fahrender Post, bald. Sie weisen mich zwar, lieber H., mit den ana u. P. Mannah ab; da aber Kreuzfeld in seinem Geburtstagsgedicht an Sie würklich
    Seitenzahl
, Titel p anführt u. ich also vermuthe, daß es gedruckt ist, darf ich nicht, lieber Gevatter, um ein Exempl. bitten? Es soll nicht aus meiner Hand. Adieu, Adieu, Adieu, remember me, wie der Geist zu Hamlet.
Am großen Neujahr den 6 Jänner 79 Ehrwürdiger, lieber treuer Helfer am St. Peter, Freund, Geber, Sie und Du, Den 3 Julii pr. erfreute mich ein ganzes Pack und ein Vierteljahr langes Billet doux voll römischer Personalität und individueller Ingenuität. Hab mich und andere an Ihren und Deinen Gaben gelabt. Ist die
    wesentl.
    Lehre des Evangeliums
auch aus dem guten Schatz Deines Herzens und Deiner Hand? Bin arm, liebster Lavater, auch am Geist – muß leider auf die Seeligkeit des Gebens und die Pflicht des Widergebens Verzicht thun. Bin über 2 Jahr mit blinden Wehen, falschen leeren Sechswochen, schwindenden Hüften und schwellendem Bauche der Autorschaft heimgesucht worden, auch noch nicht im stande einen Wechsel meines Wittwengrams und Waysenleidens abzusehen. Hast Dein Monument glücklich geendigt in unserm an Menschenkenntnis und Liebe öden Aeon. Kein Fleiß noch Zweck der Arbeit ist verloren im HErrn. Mich auch darinn auf eine so eigene oder uneigene Art einverleibt, hervorgestochen und verjüngt zu sehen, ist mehr als Eine Waßer- und Feuerprobe meinesr Menschlichkeit gewesen – und ein Schlüssel vielleicht auch Schwert zur Offenbarung mancher Gedanken in
    dieser
und jener Seele – Nach einer Pause von 14 Tagen ergreife wider die Feder, kaum mit einer besseren Fassung. – Ich bin eine so feige träge Memme, daß ich wie der Teich zu Bethesda dann und wann der Erschütterung eines Engels nöthig habe und mehr als ein Gichtbrüchiger für alle Geschäfte des Lebens – Ein leidiger Arzt der weder sich selbst noch andern helfen kann. – Für Ihren türkischen Sclaven ist hier ein Pendant an meiner Freundin, der Baroneße von Bondeli. Sie ist mein bester Schüler im Engl. und ich lebte bey ihrem seel. Vater nicht als Miethsmann sondern als Kind im Hause. Diese, um nicht an Hunger umzukommen, hat sich entschlossen eine Pensions Schule hier aufzurichten. Ein Freund hat für mich die Ankündigung für davon unsernm kümmerlichemn banqueroutemn leidigemn Publicum gemacht. Ihr einziger leibl. Bruder soll gleichwol Generalissimus der Republick Bern seyn.
    Möchte doch gern wißen ob es dem Mann so glücklich oder so unglücklich geht, daß er seine einzige leibliche edle Schwester ganz und gar vergessen kann? Kannst Du mir nicht, bester Lavater, durch einen deiner dienstbaren Geister einen klugen Wink darüber verschaffen. Ich glaube daß Bern nicht soweit von Zürch
liegt als Ihr Haus hier von meinem Logis, wo ich kaum diese Woche werde einen Boten auftreiben können um das Project der traurigen Affiche dieser unglückl. Freundin zu ihrer Genehmigung mitzutheilen. So schmall und eng ist mein Bett für diesen Riesenleib, der nach Verhältnis eine viermal größere Caffekanne, Tafel und Flasche als die Ihrige nöthig hat – nebst 4 Prätendenten meines Geschmacks an den Gaben der lieben Mutter Natur – Habe mir an der letzten Michaelismesse nichts als Hahns Fingerzeig angeschaft und von der vorigen Ostermesse sein N. T. daß ich allso opera omnia des Manns zu besitzen glaube. In diesen Feyertagen habe mich und mein Haus an einer Samml. Deiner Predigten erbaut, die 770 ausgekommen. Bitte recht sehr meinen
    Lieblingspropheten
zu endigen, weil ich ungern halbe Bücher lese, und drauf warte. Wünschte daß Sie den 2ten Theil des Allerleys gegriffen hätten, weil ich schon den 1. Gevatter Kaufmann abgenommen. Ihr Quousque tandem – ist ein
    wahres
philippisches Schaustück für mich. Bitte recht sehr von Ihren einzelnen Predigten und fliegenden Blättern, die nicht immer bis hieher kommen, mir Eines beyzulegen. Ihre Aussichten habe nach meiner Art durchgelaufen um den
    Eindruck des Ganzen
zu genießen, seitdem aber an Freunde verleyhen müßen. Vermiße darinn das
    hieher gehörige
Supra nos – mehr mystischen apokalyptischen Gebrauch der Bibel, die zu mediis terminis u Gleichung unbekannter u. unendlicher Größen ergiebiger ist als alle Systeme u Hypothesen alter u neuer Philosophie, falls ich meinen Ahndungen hierüber trauen darf. – Doch manum de tabula!
    Was komt aus allem Bücher- und Briefschreiben heraus
? Das ist der Wurm der mich nagt, – Gehts mirs doch wie St. Paulo Rom VII. 15. Denn ich weiß nicht was ich schreibe und ich schreib nicht das ich will – – Gott segne Dich, Herzens Lavater, die Freundin Deines Busens mit Ihrem
    Netteli
und
    Heirli
. Bleib in Deiner Schuld bis über die Ohren. Gott schenk neue Lebens und Geisteskräfte zur neuen Stuffe – sey Dein Schild und großer Lohn, wie Er allen frommen und getreuen Knechten verheißen. Bin unter den herzlichsten Seegenswünschen und Liebesküßen Dir und den Deinigen mit Geist Mund und Hand verpflichtet und gewiedmet. Johann Georg H. Den 21 Jänner 79. Ich bin heute den ganzen Tag herumgelaufen, um dies und jenes zu bestellen und abzumachen u habe auch liebster Lavater! meine kranke Freundin besucht, oder recht zu sagen die Aermeste, die wegen um ihrer kranken Freundin 14 Nächte keine Ruhe gehabt wegen eines schwindsüchtigen Hustens und drum Schmerzens in der Seite davon der Arzt keine Ursache errathen kann. Die
    öffentl. Ankündigung
an die ich oben dachte, ist ein Misverständnis von mir gewesen. Sie ist nur in der Stille entschloßen mit Pension oder Erziehung einen Versuch zu machen; wozu Sie gewiß das Talent einer Beaumont hat. Weil mir einmal Ihr Name entfallen und ich auch ein Misverständnis bei Ihnen veranlaßen könnte: so besteht meine ganze Absicht darinn, daß wenn Sie in dem Connexion hätten und Sie mir etwas von den Umständen u Charakter des Bruders zuverläßig u unter der Hand melden könnten; ich solches bey Gelegenheit und nach Bequemlichkeit blos für meinen Privat-Gebrauch wünschen möchte. – Menschenkenntnis u Menschenliebe ist ein Regale der Gottheit und Vorsehung. Wie kommen wir zu der Illusion, daß ohne unser Zugreifen die Bundeslade umfallen würde? und daß wir uns immer für fähiger halten unsern Nächsten mehr zu lieben als es von Gott geschieht – Steinbart’s System, das ich mit nach Hause gebracht, scheint ein reines monstrum aus Afrika zu seyn. „Der HErr wolle Frucht der Lippen schaffen, die da predigen Friede Friede, beide denen in der Ferne und denen in der Nahe und woll uns heilen. Jes. 57. 19. Unten auf der letzten Seite des Großoktavbogens:
Freund Caspar Lavater Helfer an St. Peter
Liebster Freund! Ein fröhliches Neujahr für jeden meiner Neben-Menschen –! Besonders aber für meine Freunde – für diejenige, die zu der Freude meines Lebens ihren Beytrag liefern: Unter diesen mein lieber Hamann gehören Sie besonders! und was ich Ihnen Liebes und Gutes wünsche, werde ich nicht Ihnen, sondern einem Andern sagen. – Einen großen Theil an Glück und Freude, auf Lebelang, erbitte ich vom Himmel, für Ihre lieben Kleinen – für meine Pathe Marianne Sophie – und gebrauche mein Pathen-Recht Ihr ein Andenken zu schicken. Möchte doch diese Sammel-Büchse der Grund zu 20 tausend fl. seyn. Auch zeitliche Güter sind nicht zu verachten – Eben tritt Hänschen ins Zimmer, und erzählt, daß der kleinen Mariannen, der Nabel ausgetreten, welches mich sehr erschreckt hat, und zugleich auf der Mutter böse gemacht, daß sie so wenig Sorgfalt, auf ihr Kind gewand. Sie hat vermuthlich dem Kinde nicht lange gnug gebunden; welches Verband gewöhnlich 6 Wochen währen muß. Befragen Sie doch ohne Aufschub, den Doctor darum; man muß ihr ein WachsPflaster darauf legen, und mit den Verband so lange fortfahren, bis es wieder in Ordnung gebracht – bitte der guten Mutter auch in meinem Namen zu bitten, daß sie keinen Fleiß sparen soll, um dem Kinde für alle Zufälle, die es wehrloß ausgesezt, zu bewahren. Es ist grausam so ein Wurm zu vernachläßigen; denn zuverläßig rührt es daher, sonst müßten ja alle Kinder durch das Schreyn sich Schaden thun, welches doch selten geschieht, und allezeit durch negligence. Sie vergeben mir es, daß ich so darüber eifere, aber ich war so erschrocken, als mir Hänschen davon sagte, daß ich mir nicht enthalten konnte davon zu reden – Ich empfehle mich in Ihrer fortdaurende Freundschaft und versichere Sie der Meinigen Den 9 Jenner 1779.Sophie Marianne Courtan am heil’gen Abend meines Neujahrs oder Geburtstags geschrieben. Adresse:
Für meinen Freund / Johann George Hamann / à / son Logis
den 23 Jänner 79. HöchstzuEhrende Freundin u Gevatterin Ich habe meine schuldige Antwort bis auf den heutigen heil. Abend eines Staatsfestes verspart. Anstatt Wünsche zu Ihrem Geburtstage durch meinen kleinen Deputirten zu empfangen haben Sie mir welche ausgetheilt. Ich bin zwar nicht arm, aber zu geitzig mit baarer Münze zu bezahlen – und was jedem wirkl. gut aber nicht allemal lieb ist, weiß jener
    Andere
der nicht nur Herzen sondern auch Nieren prüft, beßer als wir beyde. Was die 20/m fl. betrift, so kann ich Ihnen H. F. G.
    wahr und wahrhaftig
versichern, daß alles Menschmögl. bereits von meiner Seite geschehen war u ist u wird, ehe es Ihnen erst am heil. Abend Ihres Neujahrs oder Geburtstages eingefallen den Grund zu legen. Weil aber Eitelkeit keine Tugend meines Geschlechts noch Geschmacks ist: so besteht das gröste Opfer das ich der spröden Glücksgöttin bringen kann, darinn, mich jedem
    zureichenden Grunde
ihrer Güterverwaltung blindlings zu unterwerfen. Nicht stark gnug die Freuden des Lebens zu verleugnen geschweige zu verachten, bin ich wenigstens durch tägl. Erfahrungen gewitzigt worden, nicht drauf zu bauen noch selbige zu Grundsätzen zu machen. Ich gestehe es Ihnen aufrichtig H Fr G daß der Einfall einer Spaarbüchse für meine liebe Marianne Sophie meinen ganzen Beyfall und besten Dank verdient. Ich habs ihr selbst heute schon angekündigt, da ich sie auf meinen Armen trug und hab’s ihr in allen mögl. Tönen vorausgesagt: „Eine Spaarbüchse! eine Spaarbüchse! mein Mädchen, keine Puppe!“ – Daß das vortrefliche gelehrige Kind von der Idee einer Spaarbüchse gerührt worden war, bewies mein Schlafpeltz bis unten zu. Ein Beweis deßen keine Puppe fähig ist. Mein künftiger Schwiegersohn soll Ihnen danken, denn ich werd es ihm nicht verheelen, daß Sie mir den ersten Wink gegeben nicht leidige Puppen! – sondern eine Spaarbüchse mit geharnischten Männern unter Schlüßel und Schloßchen zum Bestimmungsgrunde ihrer Erziehung zu legen. Ainsi soit-il! Daß Sie aber Ihre
    Pathenrechte
soweit ausdehnen der armen Mutter Vorwürfe einer muthwilligen Nachläßigkeit zu machen ohne Untersuchung der Sache und Umstände, komt mir als ein gewagter Eingriff in meine – Rechte eines Hausvaters vor, in deren Erhaltung u Behauptung ich unbestechlich u eifersüchtig bin. Ich! eine Negligence in meinem Hause statuiren? Das sagt mir keine Freundin nach –
    Beweis
oder
    Gnugthuung
Negligence soviel Sie wollen in Beyträgen – aber in meinem Hauswesen von meinen Hausgenoßen ist mir der bloße Verdacht einer Negligence Hochverrath und Negligence in meinen Augen ärger als Straßenraub und Meuchelmord – Feuer u Waßersnoth – der einzige verbotene Baum meines häuslichen Paradieses, deßen Cherub ich bin. – Beweis oder Gnugthuung! wenn ich nicht wahr u wahrhaftig (mit dem braven Thoris im verdeutschten Pathos zu reden) alle grosmüthige Beyträge zur Freude meines Lebens Ihnen eben so zurückliefere als ich es mit den beykommenden vier Theilen thue des Catilina ou Retz. König Salomon Selbst – nicht unser nordische Virtuos Parisien u Evnuch, deßen unwürdiger Packhof-Güterverwalter und Freywohner Ich ohne Ruhm zu melden bin – sondern der morgenländische Weisheitsprediger, Minnesänger, Splitter Sitten u Policeyrichter würde in dem Nabel meines Göttl. Mädchens Marianne Sophie einen Pendant seiner Sulamith finden und nach meiner französischen Schweitzer Bibel den Spruch thun: Ton nombril est comme une petite tasse ronde toute comble Voy le Cantique Ch VII. v. 2. Warum erschracken Sie Madame da Hänschen eben eintratt – Warum nicht der Nabel Ihres Billet. Beweis oder Gnugthuung für Ihren beschämten aber keiner Nachläßigkeit fähigen noch schuldigen den 23 Jänner 79.Gevatter Freund u Diener
Geliebtester Freund. Den 29 8br p. Lamberts Architectonik Ruß. Merkw. p erhalten durch HE Toussaint, den 4 huj. ein Fäßchen Caviar durch HE Laval und den 11 huj. das Dictionnaire des Finances nebst Beyl. welche alle richtig bestellt bis aufs Paquet an Gröll, weil nächste Woche erst ein Fuhrmann nach Warschau gehen wird. Mehr kann ich aber nicht thun als Ihre freundschaftl. Wohlthaten
    anschreiben
– Wie ich sie aber mit Ihnen liquidiren soll und wenn, weiß Gott am besten. Was das Dictionnaire betrift, so ist selbige eine Commission von mir und ich muß daher wenigstens anmerken, daß ich schon mit eben demselben Buch einen Irrthum bey HE Laval verursacht. Der Titel war aber anders u hieß Dictionnaire de Legislation de Jurisprudence et de Finances sur les
    Gabelles de France
Avignon
764. Auf ihrem diesem Exempl. steht Tom I. (das auf dem Titel fehlte) und 763. Das übrige scheint aber völlig einerley zu seyn. Dies wär nun wohl eine Kleinigkeit unter uns; aber wegen der 3 Folianten die noch hier liegen, hab ich keine Hofnung selbige hier bey der Loge anzubringen. Prof. Reusch hat selbige auch in Augenschein genommen für die Schloß Bibliothek aber auch nicht viel Hoffnung gemacht. Unterdeßen liegen sie hier sorgfältig aufgehoben. Zu meiner Absicht sind sie wol nicht ganz verloren gewesen; aber ich habe auch etwas mehr erwartet und selbige wohl gleich beym Anfang durchgelesen u Auszüge daraus gemacht. Doch über die Mysterien zu arbeiten – ist noch immer mein Vorsatz, zu dem ich nicht kommen kann. Dum moliuntur, dum comuntur – geht es bey mir. Ich versinke tägl. tiefer in den Schlamm der Hypochondrie und mein Kopf ist ganz unfähig – „Das ist ein Tag des Trübsals p und gehet gleich als wenn die Kinder bis an die Geburt kommen sind und ist keine Kraft da zu gebären.“ – Das einzige Kluge, was man in solchen Umständen thun kann, ist Gedult mit sich selbst zu haben. Vielleicht geht dieser Termin mit meinem Stuffenjahr zu Ende – Ich habe selbiges mit dem Begräbnis meines seel. Bruders angefangen und den 18 Nov. ist mein Haus wider auf die zur heil. Zahl 7. ergänzt worden durch meine dritte Tochter
    Marianne Sophie
. Sie wünschen mir oben ein viel Gutes zum Neujahr, ohne an Ihre Gesundheitsumstände zu denken. Vielleicht sind Sie im stande die Oster Meße Selbst zu machen; es würde mir sehr lieb seyn Sie also bald zu sehen. – Heute habe die letzte Neige Ihres Caviars verzehrt und treue Gehülfen an meinen Kindern gehabt. Also ist auch dies Jahr mein Wunsch erfüllt – Ich bin aber im rechten Ernst beschämt, weil ich gar nicht weiß womit ich Ihnen wider eine Freude machen soll und allen meinen Freunden zur Last und zu keinem Genuß zu leben befürchte. Je gütiger die Gläubiger, je mehr drücken uns ihre Schulden. Doch dem sey wie ihm wolle – Gott versteht mich, sagt Sancho Pancha. Sobald ich mit
    diesem
Rätzel fertig seyn werde, wird es Zeit seyn über die Mysterien meine Weisheit auszukramen. Die
    Lieder der Liebe
habe den 15 Jänner des Abends gelesen und bin den 21. ej mit Briefen und Pathgeschenken aus Weimar erfreut worden. Das Ding ging so zu. Ich wurde zu Gevatter gebeten mit einem kleinen astrologischen Wink; daher bekam ich den Einfall auch auf das Himmelszeichen bey der Geburt meiner kl. Fräulein in meinem Hauskalender zu schielen und fand zu meinem großen Leidwesen den
    Skorpion
. Daher sah ich mich genöthigt zu 3 Feen meine Zuflucht zu nehmen (zu Weimar, Wandsbeck u Winterthur) und ihre bona verba gegen dies Himmelszeichen zu erflehen. Me Courtan war so gütig Ihre Stelle hier zu vertreten. Alle meine 3 Kinder sind ohne Pathen und Geschenke zur Welt gekommen; bey der letzten hat es anders seyn sollen. – Ich hatte also die Lieder der Liebe schon den 15 Jänner gelesen und mein damaliges Urtheil hat keinen Einfluß haben können von dem was vielleicht eben unterwegs war. Das hohe Lied ist der Nabel meiner Bibel und diese Auslegung das einzige u erste Buch von unserm Freunde nach meinem Geschmack bis auf einige abermalige kleine Ausfälle. Wenn er doch die Urkunde zu Ende brächte – und die Apokalypse auf Ostern erschiene! Ich habe die
    Livl. Bibliothek
durchgelaufen. Der Lebenslauf des Verf. ist ein Meisterstück seines Urtheils u Geschmacks. Ich besinne mich auch ihn hier persönl. als einen Freund des jetzigen Kr. R. Lilienthals gekannt zu haben. Was für
    Klätscherey
, in Herders u Lindners Lebenslauf, die unter aller Kritik sind, u meines Erachtens nicht verdienen gerügt zu werden, weil die pia simplicitas alles entschuldigt, unterdeßen ist der Bienenfleiß u selbst die Micrologie unterhaltend. Mündlich so Gott will, mehr! Gott seegne Sie an Kräften und Ihr ganzes Haus mit allem Reichtum! Empfehlen Sie mich den Ihrigen dort u in Peterb. Grüßen Sie unsern
    Arndt
. Ich bin seit 14 Tagen fast bettlägericht gewesen und kann weder sitzen noch liegen wegen einer Philisterflechte. Ich ersterbe Ihr treuergebenster Freund u DienerJohann Georg Hamann Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Monsieur / Monsieur Hartknoch / Libraire / à / Riga. / par fav.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsb Empf den 24 Merz 1779 beantw den 1 May –
Kgsberg den 19 Febr. 79. Geliebtester Freund, Verzeyhen Sie, daß Einl. so alt geworden. Ich habe mich seit mehr als 14 Tage wenig rühren können und mehrentheils das Bett hüten müßen. Nunmehro hoff ich daß Sie mit Ihren Sachen in Richtigkeit seyn werden, ohngeachtet Ihres tiefen und bedenklichen Stillschweigens. Beruhigen Sie wenigstens Ihre Mama. Ich weiß Ihnen nichts zu schreiben noch zu melden und fühl nichts als Hypochondrie in und um. Vielleicht sind Ihre Freunde und Freundinnen in Curl. im beßern Andenken bey Ihnen als die hiesigen Lares. Die Fr. Kammerherrin v. d. R. will die honneurs eines Ordens von dem sie ein Mitgl. ist und für ihr Geschlecht eben das ist was der Freymäurerorden für unseres. Sie wünscht sich eine Samml. von Liedern, in denen die Tugenden des Frauenzimmers besungen werden. Ich weiß nicht ob Sie noch bisweilen poetisiren oder etwas von alten Stücken haben, das dazu einschlagen möchte. Wo nicht, so würden Sie wenigstens beurtheilen können ob unser Landsmann Kraus in der Lage wäre so eine Kleinigkeit zu liefern. Ohngeachtet ich von alle diesen Damenintriguen zur Autorschaft und Ordensqvackeleyen nichts halte: so hab ich doch Hoffnung gemacht daß ich alle schöne Geister meines Vaterlandes anwerben würde sich um die Erbauung dieses Circels im Viereck verdient zu machen. Außer einem Flußfieber bin ich mit Ausschlägen geqvält gewesen, worunter eins michr an das Sitzen und Liegen höchst beschwerlich macht. Mit dem Junius wird sich hier ein Westpreuß. Mercur anfangen, den für keinen Ostpreuß. anzusehen bitte. Der Unternehmer ist ein armer blinder Cavalier, der an der Diarrhoe laborirt. In Gadebusch Livländscher Bibliothek können Sie Ihres seel. HE Bruders und des Hofr. Lebenslauf lesen. Bitte des Verfaßers seinen nicht zu vergeßen. Ich erinnere mich auch ihn von Person gekannt zu haben. Einl. bitte aufs baldigste zu besorgen. Die Meinigen sind Gottlob! alle gesund u empfehlen sich bestens. Ich umarme Sie als Ihr ergebenster Freund und Diener Joh Georg Hamann. Adresse mit Mundlack (Kopf des Sokrates nach links):
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à Berlin. / bey HE D. Kurella in der alten / Leipziger Straße auf dem / Werder. / par fav.
Kgsberg den 21 Febr. Dom. Inuocauit 79. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, So war es nicht gemeynt – Keins von meinen Kindern hat einen Pathenpfenning aufzuweisen und ich habe meiner hiesigen Gevatterin deshalb ein
    Scheidebriefchen
schreiben müßen. Aber bey der ganzen Einkleidung, die Ihre würdige Costa – ich weiß Ihr keinen heiligern Namen zu geben, ohngeachtet er in Gichtels theosophischen Sendschreiben entweyht worden – dem Angebinde zu geben gewust, ist mir ganz anders zu Muthe gewesen. Die Süßigkeit des Nehmens macht Bauchgrimmen; aber hier nicht. Es brauchte keine Verdauung und gieng gerade zum Herzen – ohne Mund und folglich ohne Dank noch Murren. Das rechte Wohlgefallen und Behagen ist göttlicher Genuß ohne Geschwätz. Den 15 Jan. erhielt ich den ersten Brief von Kraus aus Berl. worinn eben nicht viel neues, aber doch eine Nachricht war die mich ein wenig in Wallung brachte, daß P. Strabo sich wider an Bernouilli gewendet u dieser sich an den Ruß. Minister um vielleicht Pardon u Abschied zu erhalten. Bey der geringsten Gährung meines Gemüths bekomm ich Appetit zu eßen oder Instinct zu lesen. Im Kanterschen Laden ist alles aus und mit dem Hartungschen hab ich nichts zu thun. Doch glückte es mir noch denselben Abend die
    Lieder der Liebe
zu erhalten wornach die Lüsternheit unüberwindlich geworden war, daß ich mich angriff selbige zu stillen. Keins von allen Ihren Schriften hat mir einen so süßen Abend und Eindruck gemacht als dies. Das Werk betrift so den
    Nabel
meiner Bibel – Gott gebe daß Ihre Apokalypse auch so gut gerathe und ich will Ihnen gern erlauben daß Sie in Ihrer Autorschaft wie bey der Hochzeit zu Cana, eine Pause machen und sich ausruhen. Ich würde besorgen in meinem Urtheil wider mein beßer Wißen und Willen bestochen zu seyn wenn nicht erst den 21 p. Ihr güldner Zwillingsbrief angekommen wäre. Ich erkannte Ihre Hand nicht u sah selbige für Kaufmanns an, dem ich eben antwortete, weil mir eine kleine Unpäßlichkeit Muße gab allerhand aufzuräumen, worunter auch die Antworten nach der Schweitz waren. Jetzt bin ich wieder 14 Tage häuslich und zum Theil bettlägericht gewesen an Flußfieber, verdorbnen Magen und einem Schaden, den ich meine
    Philisterflechte
nenne, und die mir seit vielen Jahren beunruhigt aber niemals so viel Schmerzen als dies mal gemacht hat. Ich habe so viel Kunstverständige bereits consulirt, die mich alle mit der Furcht eines künftigen Uebels, das fistulös werden könnte, ausgelacht haben. Jedermann erklärt sie für eine unschuldige Flechte, die kommt u vergeht und weiter nichts auf sich hat. Desto beßer für mich. – Was aber den eigentl.
    Schaden Josephs
betrift; so ist die Auflösung deßelben eben das für mich, was jenes Fischerrätzel dem blinden Homer gewesen seyn soll. Den einzigen Dienst im Lande, den ich mir selbst gewünscht habe, ohne ihn hoffen zu dörfen.
    Fast nichts
dabey zu thun noch zu verantworten als Schildwache zu halten mit einem Buch in der Hand, welches wol freylich ein Hauptaliment meiner Hypochondrie ist; denn daß es mir daran nicht fehlen kann, ist kein Wunder, wenn Sie sich meine stätige Lebensart von 67 an vorstellen, meinen natürl. Hang zum Eßen, Trinken, Schlafen, nebst dem ganzen Geschmeiß von blinden u heftigen Leidenschaften in pettoAuch
    keine Hauptschulden
, wie Sie muthmaßen; alles beläuft sich auf 100 rthl die mir Hippel seit einem Jahr ohne Termin u Interessen vorgeschoßen, in einer alten Rechnung bey Kanter, die seit Jahr u Tag fast gar nicht wächst u einigen wenigen Thalern für Binderlohn die eine Kleinigkeit ausmachen und gar nicht dringend oder nachtheilig werden können. Ich schreibe jeden Heller an, besuche kein öffentl. Haus, erlaube mir keine Ueppigkeit weder in Kleidung noch Lebensart, bitte niemanden zu Gaste, hab eine genaue, ehrliche, ländliche Hausmutter, die weder keinen Caffé kaum The auf ihre eigene Hand trinkt, sich nicht von der Schwelle rührt – Trotz allem dem hab ich z. E. voriges Jahr, das noch leidlich gegen die vorigen gewesen ist gegen 1900 fl.
    ausgegeben
und 1765 fl.
    eingenommen
. Diese
    Schaam und Schande
nicht auszukommen, wenn ich andere gegen mich halte, drückte mich wie ein enger Schuh den Leichdorn. Wie machens andere bey der Hälfte von deinen Einkünften? Ich kann auf den
    Grund des Uebels
nicht kommen und weiß nichts als mein
    Coffekännchen
, mein
    Bier
, das ich nur des Abends trinke, denn Mittags Waßer,
    Schnupftoback
, (denn ich rauche nur 3 Pfeiffen ordentl. des Tags) zu reformiren. Auch hiezu bin ich mehr als einmal entschlüßig gewesen. Hiezu kommt noch die
    Ungedult auf einen reinen Etat meines Finanz
-Wesens zu kommen. Je mehr ich darnach ringe, je weiter komm ich vom Ziel. Die Hälfte von meines seel. Bruders Vermögen hab ich auf sichere Wechsel gebracht; mit den übrigen 5000 fl. hang ich mit einem Hause, bey dem es allem Ansehen nach zum Concurs kommen wird. Da sitz ich wider wie ein piscator ictus ohne zu wißen wie viel ich an Zinsen, Capital u Proceßkosten verlieren werde: so wie der Rest von meinem väterl. Vermögen auf eine Ingrosation von 2100 fl. auf einem andern mir durch den Concurs zugefallenen Hause zu 0 schmilzt, zu dem ich à tout prix keinen Käufer finden kann. Bey allen diesen Verwickelungen u Unordnungen, in die ich ohne meine Schuld Gottlob gerathen bin, ist nichts als
    Gedult
nöthig und
    Zeit
. Ich sollte also ein Mann von wenigstens 12000 fl. seyn und kaum die Hälfte dieser Einkünfte sind liquid und ich weiß nicht wie viel es mir noch kosten wird die größere Hälfte liquid zu machen. An Verstand und Erfahrung in dergl. Geschäften fehlt es mir gar, und ich thue nichts ohne anderer Rath; dem ohngeachtet komm ich nicht von der Stelle. Meine Wirthschaft fieng ich außer einem Gehalt (das von 16 zu 30 rthl gestiegen u sich seitdem auf 25 fixirt) mit einem fonds von 15000 fl. an, wovon 1/3 das meinige u 2/3 des Bruders waren. Das Geschleppe der Bücher und der Zustand meines Cretinen riethen mir zum Ankauf eines Hauses. Meine Rechnung dabey war falsch, indem ich durch ein Eigenthum an Miethe zu gewinnen glaubte. Ich wurde beym
    Ankauf
u
    Bau
betrogen – und büßte freywillig beym
    Widerverkauf
ein. Ich sah meiner Armuth mit Zufriedenheit und Freuden entgegen. – Nun schweb ich als ein unglückliches Amphibion zwischen Furcht und Hofnung – hab den
    Schein des Geitzes
von außen und den
    Wurm der Verschwendung
von innen, ohn daß ich mich gegen die Scylla u Charybdis zu retten weiß als durch Gedult, und Vertrauen auf eine höhere Kraft meine Denkungsart oder mein Schicksal zu corrigiren. Alle meine Unordnungen fließen zum Teil aus einem
    Ideal von Ordnung
, das ich niemals erreichen können und doch nicht aufgeben kann – aus der verderbten Maxime die in meinen Fibern liegt:
    Lieber nichts als halb
. Ohne einige Ahndungen einer beßern Zukunft würden mir die natürliche Schlüße aus den Phoenomenen des Gegenwärtigen völlig unterdrücken. Ich hoffe daß diese wenige Data ohne nähere Beläge meine Verlegenheit entschuldigen werden, und daß Sie mich keiner Verstellung und Pinseley wegen in Verdacht haben können. Zu dem Entschluß mich ins Reine zu bringen und keinen Verlust zu achten bin ich von selbst geneigt gnug; aber das Ganze läst sich nicht erzwingen und ich habe für diese Versuche auch bereits bluten müßen. Vor einigen Jahren erlaubte ich mir einen kleinen Wucher auf polnische Reverse; ich wurde des Dings überdrüßig und weil ich 1000 rthl auf diese Art beym seel. Comm. R. Hoyer liegen hatte die fällig waren: so gieng ich zu dem Mann hin um die Verlängerung des Wechsels zu bitten und ihm zugl. die übrigen 4000 rthl à 6 p% anzubieten um aller Mühe überhoben zu seyn. Der Mann begegnete mir so kalt und war so schwierig das Geld zu behalten daß ich mit meinem Anerbieten des Ganzen nicht herausrücken dorfte. Ich war in Verlegenheit die 1000 rthl anzubringen u war beschämt es als eine Gefälligkeit anzunehmen daß er den einen Wechsel noch verlängerte. Kaum ein Vierteljahr nachher verlor der Mann alle seine Speicher im Feuer und ich muste einige Jahre mit der Hälfte fürlieb nehmen der Zinsen und muste Gott danken, daß ich nicht alles hingegeben hatte. So viel ein für allemal von dem eigentl. Sitz meiner Verlegenheit, die nicht Geitz oder
    Einbildung
sondern eine
    würkliche
Unordnung ist der ich nicht abzuhelfen weiß als durch Zeit und Gedult. Weil es mir in dergl. Angelegenheiten gänzl. an Weisheit und Klugheit fehlt und ich durch allen Rath nicht weiterkomme: so muß ich auf Zeichen und Wunder der Vorsehung in Leibl. Dingen Rücksicht nehmen. Im Schatzkästlein ist ein ὑστερον προτερον eingeschlichen.
    Saltz
und
    Friede
ist auch mein Motto. Daß alles bey mir leerer Gedankenplan bleibt, ist all mein
    Heil und Thun
nach den letzten Worten Davids 2 Sam XXIII. Sorgen Sie doch für die enfans perdus Ihres Geistes wie ich für die meiner Lenden Von dem armen
    Benzler
hat mich ich weiß nicht warum ein Brief länger als 8 Tage beschäftigt, den er an Kanter geschrieben u ihn um eine Uebersetzungsarbeit gebeten; aber hier geht alles zu Grunde, und man vermuthet sich alle Tage den Einfall des Himmels. Die Lotterie wird aufgehoben – und Sie sollten das Schloß von Papiermühle in Trutenau nebst der daselbst angelegten Schriftgießerey sehen! Daß er eine Buchdruckerey in Westpreußen angelegt hat ist etwas altes und dörfte wol seinem zeitigen Factor anheimfallen. Ungeachtet der König Selbst per fas et nefas das Saturgische Comptoir zu stüzen gesucht; so wird der Commerc. Rath einmal nach dem andern aber umsonst aus Warschau citirt – und mit Melchior Kade ist es aus, rein aus. Et ego homunculus – oder wie es bey Cicero heißt. Unterdeßen geht das Gerüchte daß hier Zimmer für die verw. Königin von Schweden fertiggemacht werden, weil Jupiter diese Juno in Berl. nicht leiden will. Der Prinz von Hollstein wird auch mit seiner Gemalin der Gräfin von Sacken erwartet. Semler soll hier an einen Minister geschrieben haben daß er das physische
    factum der Auferstehung
dahin gestellt seyn ließe. Mir fiel von ohngefehr Steinbarts Phil. des Χstentums in die Hände. Ich überlief die Dedication u Vorrede und legt es nieder um eben den Brief an Lavater zu schließen, und denk ihn an dies neue
    Monstrum aus Africa
. Indem mir dieser Ausdruck entfährt,
    schlägt mir das Herz über mein vorläufiges Urtheil
ohne das geringste von dem Werk selbst gelesen noch gehört zu haben als alles Gute im allgemeinen. Stellen Sie sich mein Vergnügen vor, wie ich so viel vom
    afrikanischen System
u Lavater selbst darinn angefochten fand. Das war mir lupus in fabula. An Leßings ontologische Gespräche hab ich mich nicht satt lesen können; auf seinen Nathan freue ich mich, ohne darauf praenumerirt zu haben, welches ich auf Reiskens schwerl. versäumen möchte, habe den ersten Wink in Ihrem Briefe erhalten. Alle beyde Auflagen über die Ehe nebst den Lebensläufen habe neuerdings gelesen. Wenn ich auch wegen des letztern
    Gewißheit
hätte, äußerl. u innerl. so ist der Verf. in Ansehung des Autorwesens ein Original, der es als einen Hochverrath ansieht ihn in Verdacht zu haben, daß er Autor ist oder darauf Ansprüche macht. Wegen der Lebensläufe bin beynahe apodictisch überzeugt, daß mein Freund der Verf. davon ist. Es sind manche Familienscherze, Idiotismen p p auf die ich alle nicht trauen würde, wenn nicht der Copist von einem Freunde betroffen wäre, dem er beynahe zu Fuß gefallen, weil er augenblickl. sein Brodt verlieren würde. Ich bitte Sie also dies Geheimnis vor sich zu behalten. Als ein Product des Vaterlandes verdient es immer
    Schutz
– und ist immer viel bey seinen Geschäften u Zerstreuungen. Daß
    Grecourt
aber an der Ehe mehr Antheil haben muß, muthmaße ich aus dem curiös Bachantschen Ton. Ein rechter
    betäubender geiler Witz
. Kant, den ich wider zu besuchen anfange findt in den Lebensläufen hundert Winke aus seinen Vorlesungen: Man muß das Ende abwarten. Die
    Liederkenntnis
u Brocken aus ihrer Geschichte – die kurschen Anecdoten welche aus Ziegenhorn genommen zu seyn scheinen, sind auch indicia: aber obgedachtes factum ist die Hauptsache. Er scheint es ohnedas noch nicht verschmerzt zu haben, daß Sie eine Jugendschrift so bitter mitgenommen in einer Stelle die mir nicht einmal bekannt ist – und wie es heist Kanter einmal aufgetragen haben diesen Stich noch tiefer zu machen.
    Sal et pax
,
Herzens Gevatter! und nichts gegen unsern Freund und Verleger, noch zu öffentl. Gebrauch, biß die Sache zu Ende ist und für sich selbst redt. Winkelmanns Briefe habe mir zu verschaffen gewust nebst Gadebusch, den ich mich besinne als einen Freund des Kr. R. Lilienthals gekannt zu haben. Wir konnten uns aber niemals, wie es schien, einander ausstehen. Auch Lindners Manes hat er nicht beßer behandelt. Aber
    sein eigener
Lebenslauf ist ein Meisterstück, das alles entschuldigt, was er von andern sagt, weil er es aus Mangel des Geschmacks u Urtheils thut. Ich weiß also nicht ob es der Mühe lohnen sollte seine Klatschereyen wichtiger zu machen als sie in jedes vernünftigen Lesers Augen von selbst seyn werden. Auch Lavaters Correspondenz mit Stender gehört hieher. Dachs Werke sind hier auch selten und wir haben nur einen Antiquarium der ein unwißender Esel ist. Lauson war so gut u schenkte mir ein Duplum aus seiner Bibliothek von Alberti Liedern für Sie (Er hat mich längst um ein Exemplar Ihres Gebets zu Bückeburg bey der Leiche ersucht) ich fand aber den Defect eines Blatts; und zum Glück war hier die Auction des alten Candid. Tschepius wo Alb. Lieder einigemal vorkamen, aber mehrentheils auch defect weil man selten alle Theile zusammen findt. †feld bot mir auch sein Exempl. an, aber blos als ein Darlehn; aber ohngeachtet es einen ehrl. Band hatte, enthielt es bloß den ersten Theil gantz und das übrige waren Fragmente der 3 ersten folgenden Theile. Also war ich recht erfreut, da ich krank war, daß ich ein sehr vollständiges Exemplar durch meinen Freund Brahl habe erstehen können, das noch die Kürbshütte des Alberti p enthält. Habe mit genauer Noth nur die
    alte
Ausgabe der Gedichte auftreiben können; die vorigen Montag den 15 abgegangen seyn sollen nach Berl. durch einen Candidaten Jordan, der daselbst einen HE von Kalnein abholen soll, den Zitterland hier auf der Academie u auf Reisen führen wird. Ich habe den Mann nicht kennen gelernt, weil seine Abreise übereilt u ich bettlägericht war. Er hat mir heilig versprechen laßen beyde Stücke sogl. bey seiner Ankunft in Berl. auf die Post zu geben. Mehrerer Sicherheit wegen hab ich an Kraus geschrieben um mit dafür zu sorgen wie wol der zu Commissionen wie der Bock zum Gärtner taugt. †feld hat mir einen ganzen Stoß Hochzeit Glückwunsch- vorneml. Leichengedichte des Dachs mitgetheilt, worunter ich beyl.
    ausdrückl. Sterblieder
gefunden. Ich wünschte daß Sie alles zu rechter Zeit noch erhielten u was drunter brauchbar wäre. Ich vermuthe daß Ihnen, bester H. hauptsächl. um die
    Lieder
zu thun ist; für die
    neueste
u
    stärkere Samml. der Gedichte
werde hier sorgen, sobald sie vorkommen, oder ich sie aus einem Winkel auftreiben kann,
    wenn Ihnen was daran gelegen seyn sollte
. Eben erhalte einen Brief vom jüngsten Lindner, der mit Macht in Berl. die Medicin studiret und mir statt des Verfaßers der physiognomischen Reisen, den ich zu wißen neugierig war, meldet, daß ein gewißer
    von Jung die Lebensläufe
geschrieben. Das ist der berühmte Danziger Resident, den ein altes Gerüchte auch zum Verf. der Ehe gemacht. In Ansehung der Hauptsache können Sie sich auf meine Nachricht verlaßen, die sich auf ein factum und keine Muthmaßungen gründet, gegen die ich gantz mistrauisch geworden bin. Die Genesin der Lebensläufe kann ich mir wol erklären, aber in Ansehung der Ehe glaub ich daß
    Grecourt
mehr Antheil hat – Wie können Sie mich zur Schriftstellerey aufmuntern – und Selbst über Nachwehen klagen! Nächste Woche beschließ ich mit meinem Sohn das N. T. und fange das siebente Buch des Aeliani Historiae variae an. Im Latein bin ich in Miller Chrestomathie die ich erst jetzt habe kennen gelernt und denke auch die Historias selectas auch dies Jahr zu absoluiren, daß ich
    Ernesti Initia
u
    Archaeologia
und das
    Hebraische
mit ihm anfangen kann; denn die Anfangsgründe dieser drey Kreutzsprachen hab ich ihm zugedacht, wenn Gott Leben und Gesundheit schenkt. Bleibt mir der einzige Sontag übrig, Besuche anzunehmen und zu geben. Ueberhaupt scheint
    von außen
noch alles so unreif zu seyn als in
    meinem Innern
. Was geht mich das Publicum an, wenn ich mein eigen Haus nicht
    mein
    Haus
,
oder meine Cameram obscuram, nach der ich das Uniuersum auffangen muß, nicht ins Geschick und zur Festigkeit bringen kann.
    Ich beschwör euch, Töchter Jerusalem, weckt sie nicht! Regt sie nicht! bis sie selbst erwacht
. Wie freu ich mich auf Ihre
    Spätlinge
, auf Ihre Apokalypse! Vergeßen Sie nicht mir alles mit der Meße –
    Lieder der Liebe und der Gemeine
– Achten Sie nicht den Verlust Ihrer Gaben – Meine Gedult wird Frucht bringen und meine Hoffnung gleich dem Stabe Mosis u Aarons ausschlagen – Daß
    Ihre Ruhe Ehre sey
, vergeßen Sie nicht die
    Urkunde
, sollte es auch blos im
    Entwurf
seyn, zu endigen. Im Banier fand neulich, daß Jupiter 1780 a. C. n. gestorben; eine ähnliche Epoque läßt sich p. C. n. erwarten. Die philosophische Schulfüchserey geht zu B. so weit als mögl. D. Herz, Kants beschnittener Zuhörer, hat eine philosophische Bude aufgeschlagen die tägl. zunehmen soll und worunter der Maecen dieser Wittwen u Waysen (Acad. u. Schulen) unsers Landes auch gehört, dem Steinbart sein System dedicirt hat. Die Leiden u Ana sind ein
    Scherz
der sich von meinem Catalog herrührt. Wenn so etwas da wäre; wie sollte ich Ihnen, HerzensHerder, ein Geheimniß daraus machen! Meine Absicht war in der
    Apologie meines Cretinen
(ein Denkmal auf meinen seel. Bruder) den Theil meines Lebenslaufs und jenen Stoff einzuarbeiten – und zugl. dem Apologisten der Heiden durch einige argumenta ad hominem etwas zu rathen zu geben. Es ist aber alles Kitzel, Anwandelung, leerer Spuk gewesen – Was hat der Dichter mehr nöthig gehabt als eine paginam zum Titel zu fingiren. Heute ist Sonnabend; ich habe die ganze Woche an diesem Briefe zugebracht und denke morgen meinen Kirchengang zu halten nach einem Stillstand von 3 Wochen. Vielleicht haben Sie Mühe mein Geschmier zu lesen. So bald ich Anlaß habe Sie, bester H. mit etwas beßern als meinen Grillen zu unterhalten, hoffe ich verjüngt da zu seyn. Jetzt ist mir wie einem Schweitzer unter seinem Heimweh zu Muthe. Weder ημεραι noch εργα Gantz gewiß alles ein Plan einer höheren Hand, der ich meine ganze Erziehung zu verdanken habe, und die meinen Beruff, ohne ihn selbst zu kennen, entwickeln wird. – εμαθε αφ’ ων επαθε – Er wolle uns beyde zum reinen
    Pfeil machen
und in
    Seinen Köcher stecken
! Auch Er dachte,
    ich arbeitete vergeblich und brächte meine Kraft umsonst und unnützlich zu
. Jes. XLIX. Klopstocks Orthographie habe mit Ihren Empfindungen gelesen. Mir kam Lausons Päan und Bibliothek im Sinn – wenn ich davon reden müste – und das principium seiner Reformation ist eben so falsch als der Nicolaiten. Tellow’s erstes Fragment ist für mich sehr interessant gewesen – das letzte erst in meiner Unpäßlichkeit auf Ihren Wink kennen gelernt. Ich denke daß Sie sich weniger zu beklagen hätten als Nachbarn gute Freunde u desgl. Selbst das Lächerl. im Enthusiasmo der Freundschaft hat etwas heiliges für mich – und der Schlüßel zu Klopstocks Werken ist ganz nach meinem Geschmack Wunsch. Ist Ihnen auch der Verf. der physiognomischen Reisen nicht bekannt? Es wird dabey nicht bleiben und werden wol noch mehr auftreten. Mercurs verdienstl. Werk um den Buncle wird auch wol nicht unvergolten bleiben. Dante habe in Frankf. am Mayn ohne Wörterbuch gelesen; so sehr hielte das wenige, was ich verstand, mich für das übrige schadlos. Friede, Friede! Gott gebe, daß es wahr sey. und laße auch einen guten Stern an Ihrem Horizont aufgehen. Tausend Seegen überschütte Sie und alle die Ihrigen. Ich bleibe Ihnen gantz verpfändet ohne daß ich absehen kann, wie ich für Ihre Wohlthaten erkenntlich seyn werde. Die Zeit wird den Rath der Herzen offenbaren und das Verborgene ans Licht bringen, unterdeßen jetzt alles gleich der Saat zu verwesen scheint. Ich umarme Sie im Gefolge aller der Meinigen, die Ihnen die Hände küßen und ersterbe Ihr treuer Jonathan Hamann. Dom. Reminiscere. Ich habe bis auf den heutigen Sonntag gewartet, bin in der Kirchen, und bey unserm Oberhofprediger, der auch wie sein Vorgänger über Verdruß klagt – und erschöpft und beladener zu Hause gekommen daß ich Zeit gehabt habe mich erholen zu können. Muß aber demohngeachtet zu Ihrer bischöflichen Fürbitte meine Zuflucht nehmen, daß ich noch ungeschickter als das kleine Gotteskind bin den einfältigsten Dank Ihrer besten Hälfte, meiner verehrungswürdigsten Frau Gevatterin abzustatten. Ich glaube daß diesem ganzen Briefe meine Unvermögenheit anzusehen seyn wird. Beunruhigen Sie sich deshalb nicht – Eben platzten meine 3 Kinder herein mit einem Gefolg einer kleinen bunten Gesellschaft die eine gewiße Madlle Stoltz anführet, durch mit welcher ich durch Hintz, der sie ins Land gebracht, bekannt gemacht worden bin, die eine vertraute Freundin einer Cammerherrin von der Reck ist, welche mit unserm Lavater in Correspondentz steht – Und so hänget alles auf der Welt zusammen an Fäden, die sich nicht zerreißen laßen ohne uns u andern Wehe zu thun. Meine alte würdigste Freundin, die Baroneße v Bondeli, ist auch in die äußerste Armuth versetzt u im Begriff Pensionairs anzunehmen, die sie schwerlich erhalten wird ohngeachtet aller ihrer Talente zu einer Beaumont. Sie wißen vermuthlich daß Sie meine einzige u. beste Schülerin im Engl. gewesen und ich habe wie ein Kind in ihres Vaters Hause gelebt. Wäre mein eigen Schicksal auch noch so vortheilhaft, so könnte ich selbiges nicht recht genießen oder würde auch Experimente machen um anderer zu verbeßern, welches doch blos ein Praerogativ der Vorsehung ist. Bey allen solchen Verbindungen fühlt man das Sprichwort lebhafter:
    Artzt hilf dir selber!
Den 1 März. Heute in den Zeitungen die Ankunft Ihrer Prinzeßin gelesen. Beynahe ein Kalbsviertel vor Freuden verzehrt ad imitationem des ArchiHypochondristen Herkules, deßen Geschichte ich im Banier gelesen und mit diesem Buche auch zu Ende eile, ohne viel Trost darinn gefunden zu haben. Glaubte daß ich es lesen müste ehe ich an die Geheimniße gienge. Werde in Mitfasten den letzten Versuch machen, ob ich im stande seyn werde meine Gedanken drüber auszudrücken. Geht es nicht; so ist nichts dran gelegen. Will desto fleißiger mit meinem Sohn seyn, den Sommer genießen und mein Stuffenjahr leer und ruhig beschließen. Bey der ersten Veranlaßung die der Mühe lohnt werde wider schreiben. Gott seegne Sie, liebster bester Herder und alle die lieben Ihrigen. Ihr kleiner Stammbaum hat mir recht wohl gethan. Gute Nacht, Pathchen! Cetera desunt.
Königsberg, den 1. März 1779. Verehrungswürdige Freundin und Gevatterin, Gott wolle in diesem ganzen Jahr Ihre geheimsten und besten Wünsche so reichlich befriedigen, wie Sie sich beim Schluß des vorigen um mein ganzes Selbst verdient gemacht haben. Die Gelegenheit meines ersten Briefes war wie vom Zaun gebrochen; aber desto schöner das Geschenk einer glücklichen Aufnahme und Anwendung. Der kleine Fisch in der Wiege vor meinem Schreibtische, die wahre Muse meiner kindischen Antwort, schläft trotz Ihrer Prinzessin, der Vorläuferin des Friedens! – – Die heilige Sieben unserer Gottes-Familie zusammen zu sehen; so ein poetisches Schauspiel würde den heutigen Sonnen- und Mondschein übertreffen. Aus Wollüsten und Bedürfnissen dieser Erde besteht unser ganzer Vorschmack des Himmels. – Will meinen Brief wie St. Johannes schließen, der auserwählten Frauen und Ihren Kindern. Auch meine Sache ist nicht mit Briefen und Tinten viel zu schreiben; sondern Freude und Alter zu vollenden. Empfehlen Sie mich Ihrem besten lieben Manne, dem ich noch nie so recht gesagt, wie sehr Sie verdienen, Seine Erste und Einzige Freundin zu seyn; weil Wahrheit und Freundschaft immer die höchsten Gegenstände meiner Oekonomie gewesen, mit denen man nicht für den gegenwärtigen, sondern die letzten Augenblicke seines Lebens wuchern muß, gleich jenem Alten der Tage mit schneeweißem Kleid und das Haar auf seinem Haupte wie reine Wolle. – Ich küsse Ihnen die Hände und ersterbe Ihr ewig verpflichtester Gevatter und Freund. Kgsb. den 24 März 79. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Einlage habe diese Woche erhalten und giebt mir Anlaß zu ein paar Zeilen trotz meiner Armuth des Geistes. Ihre liebe Frau Schwester wünscht sich Nachrichten von Ihnen und ich werde an Ihrer Zufriedenheit Antheil nehmen und bitte daher selbige nächstens zu befriedigen. Gott gebe, daß Sie sich alle in Ansehung der Gesundheit so gut befinden mögen als wir. Wir vegetiren alle nach Herzenslust und die Kleinste ist unsere gröste Freude – Einem Briefe von Kraus zufolge wird er sorgen, daß Sie alles von Berlin so geschwind als mögl. erhalten. Hartknoch wird mit seiner Frau hier erwartet, und Notarius Hintz wird auch die Meße besuchen. Habe eben die tre cose im Bocaz gelesen, mit deßen Anwendung auf die 3 Religionen Leßings Nathan anfangen soll. Seine Idee scheint mir ein Eingriff in die meinige über die Pudenda der Philosophen-Dogmatik zu seyn. Ich habe über 14 Tage auch Lust gehabt – und brüte über
    Fragmente apokalyptischer Sendschreiben über apokryphische Geheimniße
Vielleicht feyre ich Michaelis das 20ste Geburtsjahr meiner Autorschaft und setze ein Denkmal meines halben Seculi. Noch geht es nicht von der Stelle; werde aber nicht eher ruhen, als bis dieser Sauerteig – – et quae simul intus Innata est, rupto iecore exierit caprificus! Ich sehne mich zuförderst nach Ihren
    Liedern der Liebe
und
    ferneren Neuigkeiten
. Daß diese Meße für mich wichtig seyn wird, scheint mir zu ahnen. Diese Woche ist wieder eine starke Remise Mst. von Hephästion durchgegangen nach Berlin, vermuthlich zu seiner Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte. Nebst Ernst u Falk, an dem ich mich nicht satt lesen kann, hat Leßings nöthige Antwort auf eine unnöthige Frage meine meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Was meynen Sie liebster Herder! dazu? Kleuker soll auch die Fragmente beantwortet haben, aber nichts davon auftreiben können. Ist es nicht mögl. das 4 u 5te Gespräch des Falk oder wenigstens den Innhalt davon zu erfahren? Vielleicht haben Sie als Bruder Mittel dazu. Ein Wink darüber gehört zu meinem Plan. Ich muß schließen, umarme Sie sämmtl. u sonders in Gedanken. Der Frau Gevatterin meinen ehrerbietigsten Handkuß. Kann weder reden noch schreiben und ersterbe der Ihrige.Johann Georg. Den 26 März des Morgens Adresse mit Lacksiegelrest:
HErrn / Herrn GeneralSuperintendenten
    Herder
/ zu /
    Weimar
. / fr. Halle
Dum moliantur, dum comantur, annus est – Es ist würklich über Jahr und Tag, daß ich Ihnen liebster Freund, auch meine Gedanken über die Mysterien der Heiden versprochen. Meine häuslichen Sorgen haben mich öfters durch einen zwar typischen aber zieml. natürl. Zusammenhang auf an die lieben
    Geheimnisse der Ceres
mehr als erinnert erinnert und an jene Säuglinge u Unmündige, die zu ihren Müttern sprachen:
    Wo ist Brodt und Wein
? Was W ist und an jenes gute vor andern, was ist und schöner vor andern als neml.
    Korn
das Jünglinge u.
    Most
der Jungfrauen zeugt. Ungeachtet Mit aller der Begeisterung des Hungers und Durstes, mit den ich in der Wüste meines Vaterlandes von Brosamen von dem für die Kinder gehören unter dessen Bel und seine die 70 Pfaffen täglich sich zwölf Malter Weitzen, vierzig Schaafe und drey Eimer Weins auf Kosten der Kinder des Reichs der des inwendig leim und auswendig ehernen Götzen. Sind unsere Philosophen nicht des Descartes und unsere Philologen des Leclerc heiliger Saame; und haben wir es nicht ihren gemeinschaftlichen Verdiensten um die Dogmatik zu verdanken, daß der Geist des Heidentums in eine die Grundwahrheiten der einer natürl. Religion und der Geist des Χstentums in eben den Urstoff aufgelöst worden. Ist es also nicht ein Wunder dieses allgemeinen Geistes, wenn die Heiden zu Christen, und die abermal die Christen zu Heiden werden und
    das Ende wider in den Anfang dringt
. Et vecordi locuta est: Aquae furtiuae dulciores sunt et panis absconditus suauior. Et ignorauit quod ibi sint gigantes et in profundis inferni conuiuae eius. Prou IX. – magno silentio tegendae religionis argumentum ineffabile. Apuleius Metam. XI. Auch in dieer Dunkelheit hat liegt so viel Reitz für denkende Philologen und gelehrte Weltweise, daß sie sich an die Untersuchung der Geheimnisse gewagt und am Ende entweder ein reines Nichts oder ein so zweydeutiges Etwas gefunden, das sich einan wie
    gut
und
    böse
entgegengesetzt ist. Diese höchste allgemeinsten Gattungsideen,
    Nichts
und
    Etwas
, Gut und Böse sind die ersten Gründe und letzten Resultate aller menschlichen Erkentnis und aus ihrer Zusammensetzung und Anwendung durch Anschauen des Einen in dem vielen entsteht die Wissenschaft κατ’ εξοχην aller nothwendigen übersinnlichen Wahrheiten, und die eigentl. reine Vernunfterkenntnis, oder die Wißenschaft der göttl. Dinge nach Plato. Ohngeachtet es weder an Heiden noch Mysterien bis auf den heutigen Tag fehlt noch fehlen kann: so kann uns doch weder Induction noch Analogie, weder Schlüße aus den Begriffen der Unter und Nebenarten zur gewissen Erkenntnis der jener allgemeinen Wahrheit verhelfen, ob die Mysterien der alten Heiden Nichts oder Etwas und ob letzteres gut oder böse gewesen, so leicht auch diese Frage in Ansehung unserer Zeitverwandten und Vorfahren entschieden werden kann durch die Homogeneität oder durch die das Beständige u Gemeinschaftliche des Aberglaubens in der ganzen Menschlichen Natur trotz des Zufälligen und Besondern in der äußern Lage u Cultur der Individuen, Arten u Gattungen.
Vermerk von Hamann: Geantw den 6. 7. May. Weimar den 9. April 79. Tausend Dank, liebster Freund, Gevatter u Landsmann für Ihre beiden Briefe u. die Mühe, die Sie sich Simon Dachs wegen, selbst u. durch andre gegeben haben. Ich glaubte nicht, daß ich sie Ihnen, insonderheit im Abschreiben, machen würde; mir schwebte nur im Sinn, daß Lauson eine Ausgabe S. Dachs veranstaltet habe oder habe veranstalten wollen; diese, wenn sie dawäre u. was sich sonst Ihnen darböte, mit leichter Hand zu senden, wünschte ich, weil ich Albertis Arien überdem schon selbst besaß. Indeßen wasrs mir sehr lieb, da ich die Stücke unsers Landsmanns von Ihrer Hand geschrieben empfing u. durch Krausen die beiden Bücher, worunter mir die Kürbishütte ganz neu war, auch erhielt. Ich danke tausendmal Ihnen u. die dazu beigetragen u. wünschte, in hiesiger Gegend wiederum mit Etwas dienen zu können. Die Ursache meiner Bitte war, weil ich meinen Landsmann, den ich seiner Lieder u. treuherzigen Preußensprache wegen, sehr schätze, in Deutschland, wo man doch einen Opitz, Flemming p wenigstens
    nennet
, beinah ganz unbekannt finde u. ich mich doch gern im Umfange mit ihm bekannt machen möchte, zu sehn, ob u. wie er vorgestellt sei oder vorzustellen wäre? Ists also nur Traum von mir, daß Lauson einige seiner Gedichte herausgegeben habe? ist diese Ausgabe auch selten? Antworten Sie mir doch, lieber Landsmann, hierüber. Da ich weiß, daß Lauson Dichter u. alte Dichter mit großenr Sorgfalt gesammlet hat u. wo ich nicht irre, sehr Preußisch denkt, so glaube ich, muß ihm nichts von solcher Art verborgen geblieben seyn, weil er ja auf alle Auktionen kriechet oder wenigstens zu meiner Zeit kroch. Ohne Zweifel sind ihm also auch der
    Gertrud Möllerin
, einer Preuß. Dichterin,
    Oden
bekannt, die ich nur aus
    Morhof
u.
    Neumeister
, deren erster sie sehr lobt, kenne, u. Sie fragen ihn wohl, lieber H., einmal bei Gelegenheit darüber. Mich. Konghel ist mir in der Kindheit mit seinem Cypreßenhain bekannt geworden; das übrige von ihm kenne ich nicht u. überhaupt erwarte ich von ihm weniger. Sie werden im 2ten Th. der Volkslieder, (der Ihnen ohne Zweifel vielleicht mehr gefallen wird, als der Erste, wenigstens wünsche ichs, weil ich mit ihm schließe) Ursache finden, warum ich darnach frage: dieser ist übrigens das Einzige, was jetzt von mir die Meße mitbringt u. auch mit ihm schüttle ich mir, piscator ictus, nur wieder etwas vom Halse, das nicht für mich ist u. bin übrigens froh, daß ichs los werde. Meine weitere Nachforschungen sind unt vor der Hand nur für mich u. um so viel lieber ist mirs, wenn etwas herauskommt. Mit Hartknoch werde ich an Lauson u. Kreuzfeld, diesem zum Dank für seine litthauischen Lieder, 2 Ex. der Volkslieder schicken u. Sie sind wohl so gütig, es Beiden zu geben, damit ich nicht schreiben dörfe. Gnug von dieser ersten Sache, die vielleicht Kinderei ist, wie alle Liebhabereien, sich doch aber mit dem Feigenblatt der Vaterlandsliebe u. ersten Eindrücke beschönet. Meine Frau hat Ihr Briefchen so gefreuet, als mich der ganze Detail Ihres Haus- Schulden- und Werbwesens ergötzt u. gerührt hat. Sie sind, lieber alter Hausvater, auf einem guten Wege u. bei aller Ihrer Schüchternheit (, in der ich Sie leibhaft vor mir sehe), muß ich leider sagen: du bist gerechter, als ich. Wir gehn an unserm Theil lange nicht mit dem Blei- u. Winkelmaas, wie Sie, zu Werke, sondern laßen hie u. da Apollos Leier den guten Argus einschläfern; indeßen sehe ich noch immer, nicht blos bei Sachen der Noth sondern selbst der Luft und Willkühr, daß ein beßerer Rechenmeister als wir, mit u. für uns rechnet, u. uns immer eine geheime Sparbüchs öfnet, wo wirs nicht glauben u. werth sind. Mich, von Gottes Gnaden in persona, hat insonderheit Ihre tägliche Lebensweise recht beschämt: ich bin gegen Sie ein Verschwender in mehr als einem Stück, doch satis! Der Himmel helfe Euch bald auf ebnen Weg, lieber Sorger. Ich freue mich, daß Sie mit an unsrer Freude u. Theilnehmung an der Geburt unsrer Prinzeßin in Ihrer Ferne auch Antheil nehmen. Es ist dabei etwas hart gegangen, obgleich unsre Herzogin, die alle Welsche Babelschminke u. Weichlichkeit u. Schwäche nicht kennt und haßet u. eine von den Personen ist, die Ihre Sibylle über die Ehe allein für ächte Töchter Evas erklärt; – u. auch noch hat sie sich nicht ganz erholt. Was das ärgste ist, ist, daß Sie Ihre Entkräftung mehr Menschen u. ihrer hölzernen Sorge, als der Sache selbst zu danken hat – indeß wird der Himmel der edlen Frauen helfen. Ich habe in meiner Freude über Ihre Entbindung im ersten Anfall ordentlich Maas u. Ziel vergeßen, ob es gleich eine Prinzeßin war u. jedermann, wie sie selbst, einen Prinzen hoffte. Meine Frau war bei der Entbindung, und auch die Zeit ihrer Wochen durch, tagtäglich ihr treuer Geselle u. wir lieben sie als, unsere Göttin. Ich Am Tage des Kirchgangs wollt ich doch auch meine Freude öffentlich zeigen u. weil doch eine Kantate, gut oder schlecht, der Sonntägl. Gewohnheit nach hergeleiert werden muste, machte ich Eine, die ich beilege. Sie ist vom Kapellmeister Wolf ziemlich gut komponirt u. machte hielt in der Stunde der Aufführung viel die Aufmerksamkeit sehr gut beisammen. Meine Frau hat mich sehr angelockt, die Predigt bei der Geburt
    Taufrede
u. dem Dank Kirchgang zusammen, als Amtspredigten, drucken zu laßen; vielleicht geschiehts, wenn ich noch einige andre hinzufüge, jetzt ist nichts draus geworden. Mich sollts freuen, wenn Ihnen die Kantate gefiele; non Musarum, sed pietatis opus u. παρεργον meiner Geschäfte. Semlers Buch gegen den Ungenannten ist hier, u. mein College, der so lange gewesene ephorus vicarius, ein alter Theolog lobts sehr u. hat sich mit Semmler drüber wieder versöhnt; ich habe aber noch nichts, als Vorrede u. die Beilage am Ende gelesen. Jene ist, ganz außer Semmlers Ton, demüthig u. fast furchtsam; die letzte, ohne Zweifel von einem Preuß. Officier schnippig, doch nicht untreffend. In seinem Briefe an mich schreibt er, daß auch Michaelis, Leß, Seiler, Teller p nunmehr schreiben würden u. da haben wir ja Feuerlöscher gnug. Ich muß Ihnen sagen, daß ich in dieser Sache
    von Seiten Leßings
sehr viel Antheil genommen habe u. noch nehme, mag auch herauskommen, was da will. Seine Antwort u. Glaubensbekenntniß an Götze hält für mich außerordentl. wichtige Punkte, wo ich seine weitere Erklärung sehr wünschte; unsre berühmten Theologen aber, diese illustria capita voll Mohnsaamen, sind schöne Herren, mit denen mir von Tag zu Tage alle Geduld mehr ausgeht. Wie er rief, schwiegen sie; nun er schweigt werden sie vornehm u. religiös hinter ihm her klaffen. Um die Brüder von Falk u. Ernst habe ich mich sehr bemüht; ich hoffe sie durch Bode, der jetzt mit der Gräfin Bernsdorf hier ist, zu kriegen, mags aber nicht
    treiben
, weils mir sonst desto eher versagt wird. Weigert er sich, so schreibe ich selbst an Leßing drüber u. wenn ich sie habe u. aufs Wort der Treue sie einem Menschen, für den ich stehn kann, mitzutheilen, sollen sie gleich unter eben diesem Siegel zu Ihnen. Leßing hat an mich einen sehr guten Brief geschrieben: er will den Renner und altdeutsche Volks
    gedichte
(nicht Lieder) herausgeben, wovon er mir Proben übersandt hat, ich glaube, er wird mir auch die Gespräche nicht abschlagen. – – Es thut mir leid, daß Kanter so etwas von mir gegen Hippel geplaudert hat. Ich bin mir nichts gegen ihn bewußt, weder in Worten, noch in Schriften: mein Weg hat an den Seinen nie gegränzt, ob er mich gleich in allen meinen ersten Tritten in Königsberg gnug verlacht hat; u. werde in der Folge desto vorsichtiger seyn. Können Sie etwas beitragen, ihm seinen Wahn zu benehmen u. mein gegen ihn ganz uneingenommenes Gemüth zu bezeugen, so thun Sies: denn ich mag in der Fremde gegen meine Landsleute nicht kriegen. Sal et pax!“ soll mein Symbol seyn aus Ihrem Briefe. – Und das auch gegen einen andern, der mir näher geht, als Hippel; es ist der falsche, vertrakte Merk in Darmstadt, der nicht aufhört, da er sich mehr als einmal durch Briefe wieder hat einschleichen wollen, mich auf seine Art d. i. hämisch und kennerisch im Dunklen und Hellen anzuzapfen, wo er kann. Detail davon anzuführen, wäre fatal, lohnt auch nicht der Mühe: übrigens gilt er hier, da er Göthens Aufwärter, Kupferstichsamler für den Herzog ist u. vorigen Sommer mit der verwittw. Herzogin, einer großen Liebhaberin alles Schönen, den Rhein herabgereist ist, für einen großen
    Kenner
u. da in Wielands Merkur ist er Censeur eternel u. perpetuirlicher Kunstrichter. Auch der Bilanz des neuesten Merkurs ist von ihm. Im Sommer wird er hier erwartet u. alles Kennerische wapnet sich ihn zu empfangen; ich werde mich, sobald ichs weiß, wenn der böse Geist kommt, wegschleichen u. übrigens darauf bei Gelegenheit antragen, daß man ihn hier zum Hofkenner u. Kunstrichter bestelle. Ich wünschte, ihn nie gesehen zu haben. An meine Apokalypse denke ich bald zu gehen: Gott gebe Glück; und vergeßen Sie nicht Ihre Apokalyptische Briefe, nach denen mich, auch der Engel einer Gemeine, herzlich verlanget. Ihre Worte sind Lebensöl in die Lampe meines Geistes u. Berufs. Der Himmel erstatte es Ihnen reichlich wieder. Daß
    Lowths
Jesaias heraus ist, wißen Sie ohne Zweifel. Koppe, deßen Uebe N. T. ich noch nicht kenne, macht eine Uebersetzung davon in zwei 8. Theilen, u nach der mich fast mehr verlangt, als nach dem Original. Der Ankündigung Anzeige nach, ists nicht, was man erwartet hat. Von J. J.
    Roußeau
ist ein Band Schriften heraus zu Er als Anhang seiner Werke; nichts Merkwürdiges, das von ihm zum Druck bestimmt gewesen, aber mir desto angenehmer, weil es meistens Privatbriefe sind, die er an die Frau geschrieben, die seine Aspasie war u. ihn zum Menschen geformt hat. Sie sind aus der intereßantesten Zeit seines Lebens u. auch ein paar Gedichte epitre a Parissot u. ein Landgedicht ans eigne Gut sind mir sehr schätzbar. Auf die Memoires seines Lebens, wenn sie erscheinen, bin ich neugieriger als auf Etwas von ihm; ich befürchte indeß, sie sind aus seinen Zeiten der Ueberspannung.
    Diderots
Essai sur la vie de Seneque et sur ses ecrits hat mir
    Grimm
aus Paris geschickt; es liegt indeß noch ungelesen, weil mich, ich weiß nicht, welcher Duft des Atheismus u. der Vernichtung der Vorrede nach davon wegtreibt. Ueber Villoisons Fund in Venedig mag sie der März des Merkurs belehren. Mir ist eine Geschichte der HErn
    Paris
, die ins Finanzensystem von Frankreich unter Ludwig 14. u. Law so viel Einfluß gehabt haben, in die Hände gefallen; da ich weiß, daß Dinge der Art sie einst intereßirten, so nenne ich sie Ihnen u. wünschte, den Uebersetzer zu kennen. Er hat einen sonderbaren Styl, hart aber eigen, und seine vorläufige Diskußion über Publikum u. Geschmack deßelben ist besonders. Von Lavater höre ich nichts u. es ist sehr gesund für ihn, daß er ausruht – – Mein Gottfried ist die Karwoche am Brustfieber sehr krank gewesen; aber wieder beßer, nur sehr dürre u. hustet noch. Ihr Pathe ist munter u. drollig: die Sonne brütet ihn recht aus u. er vegetirt wie ein Thierchen. Vielleicht schicke ich durch Hartknoch von beiden eine ganze Silhouette, in der sie leben u. weben; der zweite bringt seinem Pathen darinn ein Blümchen u. steht wie ein Mönch mit seinem dicken Lutherskopf da. Der dritte ist recht wohl (außer einem schreckl. Schnuppen, an dem wir alle leiden) und der für uns gesegnete Augustmonat, mensis festus, verspricht uns ein Viertes quoddam, dazu der Himmel Gnade gebe. Vom Frieden spricht man ja noch immer zweideutig: ich wünsche, daß wenn dieser Brief zu Ihnen kommt, Alles zum besten entschieden seyn möge. Die Gräf. Bernsdorf ist mit Bode hier, weil eine nahe Verwandte, die sie erzogen u. wie Kind geliebt hat, an einen hiesigen Regier. Rath von Schard verheirathet ist. Sie wird diesen Sommer u. Winter hier bleiben u. hat deßhalb für ihr junges Ehepaar ein Haus nach ihrem Gefallen gekauft. Sie gibt sich viel Mühe nach mein- u. meiner Frauen Umgang, demohngeachtet sehn wir uns sie nur wenig. – Er übersetzt jetzt the World u. 2. Theile kommen auf der Meße zum Vorschein. Ich wünsche, daß sie nicht so launig seyn, als der Landpr. von Wakefield, der mir in seiner ersten Uebersetzung viel beßer gefallen hat. Kleukers Fragm. habe weder gesehn noch gelesen. Gleim hat die Lieder der Liebe nach seiner Art eingekleidet u. mir davon ein Exemplar geschickt; meines Wißens ist noch nichts öffentl. erschienen. Hahns Schriften habe ich neulich einige Tage vor mir gehabt; es hat mir aber nichts davon schmecken wollen, seine Postill am wenigsten. Es sind lauter Oetingersche Ideen, die ich lieber bei ihm selbst lese, wenn sie ja gelesen werden sollen; das meiste ist aber doch würklich Phantasm u. ich weiß nicht, wie Lav. so was als Apostol. Wort Gottes u. diese Predigten als die ersten in ihrer Art anpreisen kann. Das Gesetzbuch der
    Hindoos
ist nicht des Aufhebens werth, das man davon gemacht hat; überhaupt sind jetzt für mich dürre Jahre: sie sind nöthig, daß die fetten zu ihrer Zeit gesehn u. empfangen werden. Haben Sie nichts dagegen, so legen Sie dies Exempl. der Kantate dem Briefe meiner Schwester bei: durch Hartknoch soll das Ihrige in hüpschem Silberpapier, wie recht u. billig, erscheinen u. sie erfreut sich doch daran, weil es von mir kommt. Adieu, Liebster, Alter. Leben Sie wohl mit alle den Ihren. Glückliche Ostern u. Pfingsten, Früling u. Sommer, Saat u. Ernte, in allem, was Sie beginnen. Amen. Viel Gruß von Ihrer Gevatterin, die sich Ihnen aufs beste empfielt. Herder.
Kgsb. den 17 April 79. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund Machte den Anfang an Sie zu schreiben in der Nacht den 15/16 bey einem herrlichen sanften Gewitter – als Krankenwärter meines Sohns der einen doppelten Anfang des Fiebers denselben Tag gehabt hatte – Heute hagelts – Gott gebe daß dieses Schreiben bey gutem Wetter eintreffe und alles gesund und wohl behalten bey Ihnen seyn mag. Der Frau General Superintendentin Pathchen macht schon Zähne und will mit Gewalt reden, und ist unser täglich Wohlleben. LicentBuchhalter Pynnow mit dem meine Loge durch eine Scheidewand verbunden ist, und mit dem meine Beruffsarbeiten beynahe allein zusammenhängen, erschoß sich den 12 nachdem er umsonst zum Gift seine Zuflucht genommen hatte. Eben denselben Tag wurde ein Schiff abgelaßen, und 23 Personen waren in meinem staubichten Bücher- u Schlafsaal Zuschauer. Daher hab ich Beylage von diesem für mich merkwürdigen Tage datirt. Es ist der Bogen, den
    Sie
gewünscht Wißen’s Sie’s noch? Mein Copist Baruch – vulgo Brahl hat 2 daraus gemacht. Seinetwegen hab ich die ganze Ostern zu Hause zugebracht und er ist mir so sauer geworden wie St. Paulo seine Galater. Bis patriae cecidere manus – möcht ich mit dem Vater der Einfälle u Zweifel über die Gesetze sagen; aber das Rühmen ist mir kein Nutze. Sie kennen meine Autor-Pietät und imbecillität. Was wird aus dem Kindlein werden? Wenn es Ihnen u mir nicht Schande macht; so adoptiren Sie’s oder seyn Hebamme – oder Gevatter – oder alles wozu ein
    Freund
gebraucht u gemisbraucht werden kann. Weder H. noch H. gehen zur Meße; bey K. ist alles todt. Es ist ein Lumpen-Bogen mit dem es nicht lohnt sich um einen Verleger – Sie sind im Mittelpunct der Verbindungen – Wenn es nur bald zur Welt kommt, und soviel möglich correct. Am liebsten im
    Format
der Sibylle über die Ehe, doch ohne die daselbst angebrachte Einfaßungen. Weder Ort noch
    Jahr
auf dem Titel; weil letzteres am Ende der Epistel steht. Sollte es auf einen
    Qvartbogen
gebracht werden können: fiat! Sollte kein Verleger zu finden seyn und das
    Museum
kann und will es – aber bald einrücken: so sind Sie auch näher wie ich und da ich
    Boie
meine Antwort schuldig bin: so geben Sie ihm das zu verstehen als einen thätl. Dank für Ihre eigenmächtige Einrückung der Büffonschen Uebersetzung. Haben Sie wenigstens die Liebe u melden Sie mir bald Ihre Meynung, Gutachten p Sollten Sie glücklich seyn: so bitte 3 Exempl. für mich – aber dem Verleger eins nach
    Wandsbek
, an den
    Layenbruder
, 4 nach der Schweitz an
    Lavater
,
    Pfenninger
,
    Kaufmann
    Ehrmann
– an
    Leßing
u
    Klopstock
und
    Mendelssohn
– und eins an
    Kleuker
, dem ich
    Antwort
u
    vielen Dank
schuldig bin – nicht zu vergeßen besorgen. Versichern Sie mich einer
    guten Aufnahme
meiner gegenwärtigen Zudringlichkeit: so werd ich Lust bekommen vielleicht den 2ten Theil einer Apologie des Buchstaben H im Namen des seel. Prof. Mannah vorzunehmen – auch meinen ער וענה von 777 zu vollenden. Denn Ihre Lorbeeren und das Rauschen Ihres Hains bester Herder! weckt mich auch aus dem Schlummer! – und denn soll unsere Ruhe Ehre seyn, wie Ihr Jesaias sagt. Finden Sie das Blatt nach Ihrem Geschmack; so bitte auch
    Ihrem
    Freund
in Erfurt u Nachbar G. in meinem Namen zu bedenken. Vergeßen Sie nicht Ihrer baldigen Antwort eine Einl. nach Morungen um Ihrer lieben Schwester auch mit Nachrichten zu erfreuen, der ich auch eine Antwort schuldig – Ungeachtet des ewigen Geräuschs von meinen Schulden hoffe ich allen gerecht zu werden oder bey allen Vergebung zu erhalten. Auf alles
    Firne und Heurige
von Ihnen warte mit Schmerzen – oder mit dem Schwanenhalse der αποκαραδοκια wie St. Paulus sagt. Ihre Lieder der Liebe – der Gemeine – Apocalypsis – nach der guten Hand Ihrer Muse und Ihres Herzens. Gnug auf heute; Morgen u übermorgen, so Gott will! mehr – Bin Kraus eine Antwort schuldig seit länger als einem Monath – Dom. Misericordias. 18. April Das Mst. sieht wie ein Embryo oder ein noch in seinem Blut liegendes Kind aus. Die Stellen in Häckchen beziehen sich meistens auf
    Starks Apol. des Ordens die neueste
Aufl. auf
    Meiners
und
    Leßingiana
in puncto der Fragmente p Eberhard habe angeführt; die Stelle aus dem Mendelsohn nicht, sie ihm aber mündl. hier vorgehalten. Die
    Postillengloße
u
    Recensentengeberde
bezieht sich auf unsere Kgsb. Zeitung welche
    Crichton gegenwärtig
dirigirt. Bey Recensirung der Freym. Gespräche, die auf eine sehr feyerl. u pathetische Art angemeldet wurden hieß es: Da wo Falk den scherzenden Ernst freundl. ersucht sich seines Namens zu erinnern, dachte zwar Recensent an jenen Wohlseligen zurück, der seiner Gemeine, am Charfreytage den Buchstaben B, und in ihm – Jesum als den Blutbürgen und Bräutigam vorstellte S.  3.Das physische Factum bezieht sich auf einen Brief des Seml. den er an einigeen hiesigen Minister geschrieben haben soll, wo der Ausdruck in puncto der Auferstehung vorgekommen. Das vorhergängige Wort ist aus
    Leßings Schrift
über
    den Beweiß des
    Geistes u der Kraft
hergenommen.
Ich habe mir soviel mögl. Mühe gegeben die Kunstwörter deutl. zu schreiben
    ibidem
mein! beym Leben Pharaons, ist das erste ein Lieblingswort des Autoris profligati. Daß Opuscula profligata im Lateinschen soviel als Fragmente bedeuten wird auch nicht jedem bekannt seyn. S.  7.
    gevierten
ist ein altdeutsches Wort dem
    galanten
entgegengesetzt.
ibid. Lausangelrätzel wird vermuthl. unverständlich seyn u ein Provinzial Wort. S. 10.
    Vergöttung
, ein mystisches Kunstwort; das ich nicht gern im Druck
verballhornt sehen möchte. S. 13.
    Söge
ist ein hamb. Dialect für eine säugende Sau.
Unsere Orthographie ist auch ein wenig unterschieden. Ich brauche mehr c wo Sie k und z brauchen; wünschte also auch hierinn meine Weise. c wo das Wort aus dem Lateinschen herkomt oder hergeleitet wird; k ist ein griechischer Charakter Z. E. Epikur; aber Character, Oeconomie mit c als lateinisch abstammend. Doch dies sind Grillen die ich entre chien et loup schreibe. Habe heute Kant besucht, der diesen Donnerstag sein 56. oder 57 Jahr antritt und voller Lebens- und Todesgedanken war. Meinen Kirchengang heute auch gehalten. Hänschen hat Gottlob weder gestern noch heute etwas vom Fieber gefühlt; wird also blos ein Fluß u verdorbner Magen gewesen seyn. Ich fahre bey Licht fort S. 12. Sünde und Schande – – Ja, ja, Sie hat
    den Mann
,
    den Herrn
! und durch denselben redt er noch in den Kindern des Unglaubens, jener Erstgeborne der Vernunft, wiewohl er gestorben ist pWeg mit dem
    Starken
zum Brandopferaltar des starken Geistes Diagoras! Ich weiß selbst nicht, liebster Herder, was ich anfangen soll. Weder abschreiben noch abschreiben laßen, kann ichs. Ob man’s in der Druckerey wird lesen können. Ob Sie sich mit einer Correctur werden abgeben können? Ob Sie dienstbare Geister mehr haben als ich auf allen Fall es unter Ihren Augen ins reine bringen zu laßen. Ob die Sache, Ihre Arbeiten, Gesundheit p und Umstände sich vertragen? Muß alles dem Schicksal überlaßen – und gebe Ihnen carte blanche es zu unterdrücken und zu befördern, weil ich mir selbst nicht zu rathen noch zu helfen weiß. Und also gute Nacht! Wir wollen es beschlafen – Bin durch einen Besuch irre gemacht – Montags. Pathchen ist Gottlob gestern in ihren 6ten Mond gegangen u heute zum erstenmal in unsern Garten. Ich kann mich nicht anders helfen; und muß Sie zum
    Mittler
dieses Corporis delicti einsetzen.
    Fort
muß es, Selbst abzuschreiben ist eben so unmögl. Ergo bitte alles zum Besten auszulegen und mich bald über meine Ungewißheit einer guten Aufnahme zu beruhigen. Ich hoffe daß unser gegenwärtiges Vertrauen auf einen guten Willen correspondiren wird, gesetzt auch daß ich Ihre Erwartung nicht erfüllt, und Ihre Umstände es Ihnen nicht erlauben möchten sich mit der Sache einzulaßen. Prof. †feld besucht mich um mir seinen Eintritt ins 35ste Jahr zu melden und daß er Sub-Bibliothecarius von der Schloß Bibliothek geworden. Hab ich Ihnen geschrieben, daß mir diese Stelle zugedacht gewesen ich weiß nicht durch was für ein Misverständnis meiner ganzen Lage, die so eine Zwickmühle nicht erlaubt. Nun, erfreuen Sie bald mich und meine
    Freundin in Morungen
mit einer Antwort. Hänschen Gott Lob befindt sich wol. Gott seegne mein Pathchen und seine liebe Brüderchen. Heute ist die letzte Ziehung der letzten Lotterie in Kgsberg, die nunmehr eingehen wird. Ich habe auch wie Patriot ohne es zu wißen jene Wittwe im Evangelio nachgeahmt. Kommt mein Loos mit 20000 fl. heraus so feyre meinen Geburtstag u trete mein halbes Seculum in Weimar an. Ist es eine Niete: so hoff ich doch mit göttl. Hülfe zu meinem Endzweck in petto zu kommen. Bin nicht im stande das geringste vernünftige zu Papier zu bringen mag sinnen, wie ich will. Also Gott befohlen. Ich umarme Sie, meinen Handkuß an Ihre verehrungswürdige Hälfte!!!    Künftig mehr! Lebt Claudius oder ist er todt?
Kgsberg den 17 April 79. Sünd und Schand, liebster K. Ihnen solange nach einer Antwort harren laßen zum Dank für alle die Freude welche mir Ihr – (schöner wie der Vollmond!) den 10 März gemacht hat. Denselben Abend kam mit Ihrem Brief bene potus et lotus von dem
    Bruder
, den Sie hatten grüßen laßen, (dem
    Paranymphen
) zu Hause. Seitdem bey Müller bin auch nicht gewesen und bey Niemanden. Den 12 huj. Vormittags erschoß sich Buchhalter Pynnow cavalierement, wie er gelebt, nachdem das Gift nicht ausschlagen wollen. Den Nachmittag war bey mir Galla, wie noch in meinem Hause nicht gewesen ist, u meine staubichte Bücher- u Schlafstube ein ander
    Arcadien
. Es wurde ein Schiff ohne Klang u Gesang abgelaßen. Nun lieber Homer! etwas von Deiner Begeisterung im Catalogo der Flotten u Heere um Ihnen einen philosophischen Begriff von meiner Seelen Noth und Kindesnöthen einen Begriff zu machen verhelfen. Da war HE Trib. R. Buchholtz u seine Hälfte, Münzmeister u do Me Seeligmann mit 3 jüdischen Damen, davon ein paar sehr jung u schön ως εν παροδω mir vorkamen. Unter den christl. muß ich obenansetzen Ihr des lieben Kapellmeisters liebste Schwester mit Ihrem do Me Aune, Mlle Stoltz mit einem Gefolge, als wie ♄ Monde u Trabanten hat. Mein Gevatter u Mältzenbräuer sah über alle von der Luchte herab – und ich arme Sibylle! lag im Wochenbette seit Grünendonnerstage, und wartete auf meine Entbindung von einem Knäblein, das dem Himmel sey Dank! glücklich zur Welt gekommen – nicht dicker und stärker als ein einziger Bogen. Baruch Brahl hat aber 2 draus gemacht durch eine verwünschte Abschrift, um die ich meinen K. lieber gebeten hätte, wenn E er hier gewesen wäre.
    Ob
und
    wie
und
    wenn
es in die Preße kommen wird, wißen
    Jupiters Knie
– aber ich nicht. Weder H. noch H. sind zur Meße durchgegangen. Ich habe wie ein Kind auf sie gewartet und gerechnet und bin in solchem Schweiß, daß ich, so bald ich wieder auf die Beine komme, einen zweyten Theil der Apologie des kleinen Buchstaben im Namen des von den Todten auferstandenen Professors M. schreiben werde. Mein liebes Hänschen hat vorgestern einen doppelten Anfall vom Fieber bekommen, ich bin die Nacht drauf sein Wärter gewesen, und genoß dafür den Anblick eines so schwülen Gewitters als man im schwülen Sommer kaum haben kann. Heute nichts als Hagel! haben aber die Fabeln in Milleri
    Chrestomathia
zu Ende gebracht und wären mit Ihrem Aelian auch fertig geworden, ohne die Abwechselungen dieser Woche und unsers beyderseitigen Fiebers. †feld besucht mich seit Ihrer Abreise die Woche nur einmal. Thun Sie Ihr Bestes, um
    meinetwillen
daß er die Bibliothekarstelle erhält. Dies war ein Hauptpunct, warum ich eilen wollte mit einer Antwort an Sie. Er wollte sich Selbst für Ihr Andenken bedanken und mir Einl. vor einem Monat zuschicken. Ich mag mich aber über Ihre Algebra u
    seinen Hudibras
nicht aufhalten, damit Sie sich an meinem K–x nicht rächen. Es sind
    Fragmente
pro et contra den Gout du jour. Ich weiß selbst nicht, wie ich die betise habe begehen können mich zwischen 2 seiner abstrakten u concreten H. (ohne Selbst ein Poet und Philosoph zu seyn) zu versetzen, und mich ins Handgemenge mit – Doch habe ich auch Freunde die sich in fonte caballino (wie die Uebersetzung des H.) gewaschen u in bicipiti Parnasso geträumt haben – Quid faciam? – Geantwortet muß doch einmal seyn und mehr Neues als ich geschrieben, hab ich nicht. Grüßen Sie Ihre dortige Bigam – und unsern Landsmann Lr. der Mandosium auf der dortigen Bibliotheque gefunden, aber keinen Lud. Jacobillum. Haben Sie doch die Güte für mich und suchen in Mandosio nach, ob Sie daselbst etwas von Marianus de Raynaldis finden? Wo nicht, so geb ich Ihnen den Auftrag bis nach Göttingen und weiter p mit:
    Ludouici Jacobilli
    Bibliothecam Vmbriae
in der ganzen deutschen gel. Republick auszufragen, wie, wo u wenn er ausgekommen, zu beschreiben und den Articul vom
    Marianus de Raynaldis
auszuschreiben, auszuschneiden oder auf die erste beste Art zu verschaffen, daß ich die Michaelis Meße mitmachen kann. Um
    Traldo
habe neul. den Prof. Kt gebeten; er hat ihn aber in Ihr altes Schloß gegeben und nicht zurück erhalten. C’est un gouffre – wollt er ungefehr sagen. Morgen wills Gott! denk ich meinen Kirchengang zu halten u ihn auch zu besuchen. Freund
    Biester
hat brav gethan an den jungen Ehmann gedacht zu haben, den ich noch nicht gesehen. Ihrem HE Wirth mein GegenCompliment. Vergeßen Sie Ihr Wort nicht wegen
    Harris
. Mit meinem Regno vegetabili u animali ist es Gottlob sehr gut bestellt; auch der neue Zaun von der einen Seite schon aufgebauet, und zur andern Seite liegt auch das
    Holtz
da. Aber im Minerali – tant pis! PROVIDEBIT. Hänschen ist heute den gantzen Tag außer Bett gewesen u empfiehlt sich mit dem sämtl. Kleeblättchen. Frl. Marianchen ist Morgen 5 Monathe, will Zähne machen u hat molimina zum lachen, plaudern u naschen. Sollten Sie die
    Fragmente einer apokryphischen Sibylle über apokalyptische Mysterien
eher sehen denn ich; so bitte mir Ihren Wink darüber aus und ich ob ich
    mein Ideal
erreicht?
    Alexander von Adl. Meiners u Falk
sind Materie gnug zu Einem Bogen! Noch nichts von Crata Repoa? Der Verleger könnte Ihnen doch am ersten den
    Mann
u seine
    Qvellen
verschaffen. Er soll
    Koppen
heißen. Und hiemit Gott empfohlen bis zum baldigen Widersehen. Vergeßen Sie nicht Ihren alten Freund JGHamann Dominica Misericordias. Lehnchen Käthchen kommt zu mir gelaufen und bittet mich mit einem Mäulchen Sie auch zu grüßen, und daß Sie sich ja auf den Winter einstellen mit ihr Domino zu spielen. Was Sie mir für einen Spaß gemacht haben? An statt drey Ringe habe ich 3 Dinge gelesen; und eine der schmutzigsten Erzählungen vor mit einer sehr unschuldigen verwechselt. War schon auf den Nathan eyfersüchtig, daß er in meine Idee de pudendis der menschl. Natur Eingriff gethan. HE Prof Kant heut besucht. Ihr Stillschweigen beunruhigt ihn sehr. Das Porto will Er gern tragen, wie HE Müller, wenn Sie nur Nachrichten von sich ertheilen. Wenn Sie zu schaamhaft sind; so addressiren Sie nur alle Einl. an mich, will das Porto schon einfordern. Er geht diesen Donnerstag in sein 57 Jahr. Haben Sie ihm Auszüge aus Forster versprochen? – Ein Durchreisender scheint Sie in keiner guten Laune getroffen zu haben. Was ist Leßing da für ein Mann? HE Jordan hat mir Hofnung machen laßen mich zu besuchen. Er hat den Semler mitgebracht u ich habe auch Hofnung künftige Woche ihn zum Durchlaufen zu erhalten. Bey Steinbarts Philosophie habe an Sie gedacht und mich des Lachens nicht enthalten können wegen des Opferrauchs. Sie erinnern S sich noch der Kleinigkeit. Sind Sie noch bey dem Vorsatz den Sommer in Berl. zuzubringen? Hat F. aus G. nicht geantwortet. Wie hält’s mit der Stelle des Mentors? Ich kann mir Ihren Druck beßer als andere vorstellen, weil ich selbst in den Schuhen gewesen bin auf Reisen für fremde Rechnung. Verzagen Sie nicht, liebster Kr. aber Entschlüßung und Vestigkeit. Nicolais 2 Bogen statt 2 Worte habe gelesen. Wenn 2 Gegner jeder in sensu suo Recht haben, ist keine Möglichkeit sie zu vergleichen. Einer muß sich entschließen Unrecht zu haben. Um nicht Unrecht zu haben, thut man lieber Unrecht. Ein Autor ist immer das poßierlichste Geschöpf der Kunst, wie der Affe das komische Meisterstück der Natur. Dergl. Thorheiten ernsthaft zu behandeln, ist unter aller männlichen Würde. Brahl ist jetzt der Mann meiner kleinen Heerde. Er macht mir ein Geheimnis von seiner Autorschaft, ich laß mir auch nichts merken, daß ich was davon weiß. Da ihm um ein bescheiden Stückchen Brot nur zu thun ist, so wünscht ich’s ihm – Kennen Sie noch keinen von unsern dortigen Chefs? Hänschen hat Gottlob gestern u heute keinen Anfall vom Fieber gehabt und muß also blos ein Flußfieber und verdorbener Magen gewesen seyn. Diese Woche werden wir mit Ihrem Aelian fertig und dann bin ich willens mit Gottes Hülfe Xenophon’s Denkw. anzufangen. Nun vergeßen Sie mich und Ihre Freunde nicht. Kann ich arbeiten; so will ich nachholen was ich versäumt habe. Denken Sie an meine kleine Aufträge besonders: ob u. was in Mandosii Bibliotheca von Marianus de Raynaldis zu finden? wegen des
    Worts
: Crata Repoa. Und hiermit Punctum auf heute. Montags den 19 Die Fr. Cons. R. Lindner hat mir zu einer Einl. Hofnung gemacht, bitte selbige ohne Verzug abzugeben. Ihren Gruß haben Hirsch u Seelig spät abgeholt, da ich ihn selbst nicht überbringen können. Letztern sehe ungemein sparsam. Der engl. Geist scheint ganz ausgefahren und ich weiß nicht von welchem andern? vertrieben zu seyn. Heute habe D. Hertz in effigie gesehen im Packhofe. Das neuste ist wohl daß heute die letzte Ziehung der Lotterie geschieht und diese Herrlichkeit aufhören wird. Empfehlen Sie mich Ihren u meinen Freunden u Gönnern – und schreiben bald. Zeit u Umstände erlauben mir nicht fortzufahren. Von Kreutzfelds Hand: Den 19ten Aprill. Heute ist mein Geburtstag. Ein Andenken zu demselben habe ich gestern erhalten, das ist die Bibliothekariat Stelle. Allen denen vielen Dank, die daran Schuld haben, daß ich sie bekommen, auch denen, die mich daran haben zweifeln laßen. Was muß sich nicht ein ehrlicher Mann schon gefallen laßen! An
    Lilienthal
und
    Reinhardt
bitte meiner im Besten zu gedenken. Bleiben Sie mein Freund wenigstens bis zum Wiedersehen! Amen!
Kgsberg den 19 April 79. Geliebtester Freund, Halte einen Umschlag zu einer Einl. fertig. Ihr letztes vom 8 Feb. habe erst den 25 ej. erhalten muß also uber Curl. gegangen seyn. Für Ihre gefällige Beflißenheit mich in Ansehung des Mandosii zu befriedigen danke aufs beste. Habe meinen Freund Kraus gebeten in demselben nachzusehen ob er Marianum de Raynaldis darinn finden wird u mir diesen Titel zu excerpiren. Bitte dazu wenigstens als Erinnerer dazu behülflich zu seyn. Jung ist nicht Verf. der Lebensläufe, sondern ein Landsmann – Feuer u Waßer beschäftigen mich auch – aber die Waffen unserer Ritterschaft sind nicht fleischlich – Gott seegne Ihre Studia, u meine Otia. Leben Sie recht wohl und vergeßen Sie nicht Ihren alten Freund JG Hamann. Adresse mit geringem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
    Berlin
.
Weimar, den 6. Mai 1779. Hier, liebster Hamann, sind die drei verlangten Exemplare Ihrer Sibylle1. Weil der hiesige Verleger schon auf der Messe und zum Fragen nicht Zeit war, ließ ich’s gleich drucken und schicke es ihm heut nach. Zum
    Museum
, glaub ich, schickte es sich nicht und wäre auch überdies dort verspätet, Druckfehler habe ich, so viel möglich, verhütet, und meine Frau hat mir geholfen; nur mit dem Verstehen wird’s seyn, wie bei Ihren übrigen Schriften. Die Exemplare, die fort sollen, sollen morgen sämmtlich abgehen, da geht die Post; wünsche, daß Ihnen das Kindlein gefalle in seinem neuen Kleide. Ich kann jetzt nicht mehr schreiben, Gottfried liegt an einer kleinen Contusion an einem zarten Orte zu Bette und will nicht ohne mich und ich kann nicht recht ohne ihn sein. Ich hoffe, baldige Besserung. Hier haben Sie ein Blatt Lutherischer Einfälle in Eins seiner Handtestamente geschrieben, das in der Jenaischen Bibliothek ist; sie werden Ihnen gefallen. Ich bin vor acht Tagen mit dem Herzog, Goethe und einem Kammerherrn in Jena gewesen und habe mit dem Corpore gesammter Universität gespeiset; weiß aber sonst nichts zu sagen. Ein junger Schweizer, den Kaufmann nach Deutschland geprellt oder gewürfelt hatte und der jetzt zurück ist, hat acht Tage bei uns logirt und schätzt Sie sehr. Steiner ist sein Name. Und weil er eben hier war, da Ihre Sibylle ankam, soll er auch ein Exemplar haben. Von meinen Sachen kann ich Ihnen noch nichts schicken, weil ich selbst noch nichts habe und nichts fertig ist. Leben Sie wohl, im Regen und Sturme, wenn er am baltischen Meer, wie hier in Deutschlands Mitte tobt. Ihr ewiger Herder. N.S. Mein Kleinster erholt sich von einem starken Ausschlage ziemlich wieder. Ihr Pathe ist wie ein Fisch im Wasser, ein bräunlicher Knabe, pfiffig und schön, von breiten Schultern wie Ajax, obgleich zart wie eine Seifenblase. Künftigen August erwartet meine Frau ihr viertes Wochenbette; gebe Gott, glücklich. Sie grüßt herzlich. Glückliche Pfingsten! 1 Da auf der Post die drei Exemplare zu kostbar fallen, so nur eins, und die andern mit meinen operibus nächstens. Inlage bitte an Hartknoch laufen zu lassen.
Kgsb. den 6 May 79. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund, Einlage erhalte eben, da ich mit dem ersten Bande des Starkschen Buchs über die Kirchengeschichte fertig bin. Wie unter aller Erwartung! Nichts als ein Collegium akademischer Vorlesungen – Weder Plan noch Oekonomie. Wie sein Name auf dem Titel, hinter der Dedication und der Vorrede: so ist alles doppelt und dreyfältig gesagt. Und was macht ein Compendium der römischen u jüdischen Geschichte hier zur Sache. Was für eine magere, kümmerliche u nachläßige Beredsamkeitlesenheit. Den Pansismum hat er Ihnen offenbar zu danken und zeigt gleichwol immer gleichsam mit dem Finger auf die Erläuterungsquelle. Eben so hat ers mit Warburton gemacht, um ihn desto gewißenhafter ausschreiben zu können. Was für elende Kanzeltiraden um der Sache einen Schwung zu geben. Doch wir haben hier erst vermuthlich nur das geschwätzige Weib; und müßen auf einen atrum piscem in der Folge warten. Die Vorrede ist ihm in Berl. gestrichen worden und soll eine
    Geschichte seiner hiesigen Händel
enthalten haben. Kanter beschwerte sich damals von unserm Consistorialrath Bock betrogen zu seyn der 100 # für seine Apologie des Χstentums empfieng. Decker hat eben so viel gezahlt und möchte noch schlechter dabey fahren. Vorige Woche habe die 10 ersten Bogen von Nathan gelesen und mich recht daran geweidet. Kant hat sie aus Berl. erhalten der sie blos als den 2 Theil der Juden beurtheilt und keinen Helden aus diesem Volk leiden kann. So göttlich streng ist unsere Philosophie in ihren Vorurtheilen bey aller ihrer Tolerantz und Unpartheylichkeit! Der deutsche Sprachforscher hat mich nach
    Mätzken
grammatischen Abhandl. neugierig gemacht, deren ersten Band ich zum Glück noch im Kanterschen Buchladen gefunden und die mich sehr unterhalten. Wißen Sie nicht ob der zweite Band ausgekommen und können Sie mir einige Auskunft wegen des
    Domitor
’s erzeigen?? wo der Mann lebt und wie seine Schrift heißt. Ich brauche diese Nachricht um Ihren Wink wegen der etwanigen Fortsetzung der neuen Apologie des Buchstaben auszuführen, wenn es mir
    mögl. ist
, welches ich noch nicht absehn kann. An Lust und Stoff dazu fehlt es nicht; aber Kräfte und
    Laune
! Denn mit dem Geschichtschreiber der deutschen Republick zu reden, dazu gehört ein anderer Ton als mit dem Exrector Damm. Das
    Grundgesetz der Aussprache
kommt mir völlig unrichtig vor und was Sie in Ihrer Plastik von Bildhauerey u Mahlerey sagen scheint mir auch darauf zu paßen:
    für das Ohr zu schreiben
! Der erste Period des Klopstocks scheint mir ein Verräther seines Circuls im Denken zu seyn; demselben zu folge ist die rechte Aussprache durch die Schreibart bestimmt worden. Noch weiß ich nicht, ob ich im stande seyn werde meine Idee auszuführen. Allenfalls abeat cum ceteris erroribus! Haben Sie mein Geschmier schon Muße gehabt zu entziffern und durchzulesen? Verdient es eine Ausgabe und haben Sie Wege, dazu beförderlich zu seyn? So bald es Ihre Geschäfte und die Umstände der Sache selbst erlauben, seh ich Ihrer Antwort entgegen. Denken Sie auch an die Fortsetzung des
    Falk und Ernst
. Ich will mich allen Bedingungen gern unterwerfen. Hat unser Landsmann der Kapellmeister Ihren Brutus empfangen u erinnern Sie sich noch der damaligen Abrede. Ihr letzter Brief kam am Sonntage Jubilate an, also faustis auibus. Wegen
    Möllerin
werde Sie mit der Zeit befriedigen. Lauson hat mir vor der Hand zu verstehen gegeben, daß nichts an ihren Gedichten seyn soll. Ich will selbige aber selbst lesen. Werden Ihre Silhouetten und Volkslieder p ankommen, da weder H. noch H. die Meße gemacht, und blos
    Hartung
. Aus meiner Reise nach Weimar kann dies Jahr nichts werden, weil ich weder 20000 fl. noch 300 fl. gewonnen. Ob ich meinen Einsatz bekommen, vix credo; denn ich habe mich um die Lotterie Listen noch nicht bekümmert. Daß Ihnen meine sauersüße Erzählung der häuslichen p Angelegenheiten gut bekommen, freut mich. Freude macht mich zum alten Weibe und Kummer zum Mann. Der arme Stark hat beynahe seine gantze Morgengabe kürzlich hier eingebüßt, und sein preuß. Unstern scheint ihn noch zu verfolgen. Aber daß meine kleine Chronik zu einer Parabel für Sie gedient, hat mich nur geträumt. Wünschte wie Paulus gern der vornehmste zu seyn! Ihre gedruckte Einl. ist nach Morungen abgegangen in Erwartung des mir zugedachten EhrenExemplars – Sie wißen, liebster General Superintendent! wer mir etwas verspricht den halt ich so fest wie jener Gläubiger seinen Schuldner im Evangelio. Erinnern Sie sich noch eines Abuzai – so heist er ungefehr – dem Rousseau ein großes Eloge in seinen Schriften macht. Araber waren seine Vorfahren er aber ein Socinianer zu Genf. Sind Ihnen seine Oeuvres bekannt deren ersten Theil ich hier gelesen habe. Sie enthalten unter manchen exegetischen Stücken auch einen Schlüßel der Apokalypse. Möchte Ihnen mit einem Auszuge dieser Abhandl. gedient seyn; so steht er Ihnen zu Diensten. Ich hab ihn vor vielen Jahren gelesen als er zu London auskam. Mein alter Maecen Green Kant u Kanters Freund hat das Buch. Hippel der bisher auf dem Roßgarten gewohnt, zieht auf Michael in meinen Sprengel nach dem Steindamm u hat sich ein hochadl. Stammhaus gekaufft. Er hat diese Woche meinen Kindern 2 paar Tauben geschenkt und ein anderer Freund an demselben Tage ein paar Lachtauben, die meine Gesellschafter sind. Bin auf den 2ten Theil der Lebensläufe sehr neugierig, die hoffentl. diese Meße erscheinen werden. Er ist jetzt Stadtrath geworden aber mit Nachtheil – und auf 2 Stellen verlorne Aussichten gehabt, zu denen ich ihm bald Reife wünsche – Lestocq’s als Oberrichter und das Regierungs Secretariat statt des seel. Nicolovius. Ich hätte einen Robertin gewonnen und wünsch es zu seiner Zeit ohne ein Dach zu seyn. Es geht mir wie Ihnen – In meiner Laune seh ich auch alles für böse Geister an. Gott kennt sie am besten. Ein wenig Weihwaßer – an statt vor Ihnen zu laufen – vertreibt solche Gäste. Auch ein paar Worte wünschte ich aus Diderots Essay von Ihnen zu hören, sobald Sie selbigen gelesen haben. Ich habe neul. einen erbaul. Brief von ihm an den Ruß. Gesandten von Warschau in einem Berlinschen Journal gelesen. Diese Woche werde mit Hänschen das erste Buch von Xenophons Sokr. Merkw schlüßen. Ohngeachtet ich es nur cursorie mit ihm treiben kann: so ist diese Arbeit ein wahres Fest für mich – als wenn ich den alten Mann und Märtyrer vor mir schweben sähe und vis-à-vis von Angesicht zu Angesicht ihn selbst reden hörte, ist mir zu Muth – Meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin wünsch ich einen glücklichen und geseegneten August. Ihr Pathchen ist diesen 18 ein halb Jahr alt und befindt sich Gottlob! nach Herzenswunsch ohne die geringsten Einflüße des Scorpions – Ein wahres
    Turteltaubchen
und Pendant zu meinen kleinen
    Wolfgang
. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus! ist mein
    tägl
. Wunsch u. Gebet – und hiemit gute Nacht! Den 7 May. Bin früh gnug aufgewacht zu einem guten Morgen! aber es schlummert noch alles in meinem Kopf und die Stunde ist da zum Aufbrechen. Empfehlen Sie mich Ihrer besten Hälfte. Ich ersterbe mit allen den Meinigen Ihr verpflichtester und ewig ergebenster Johann Georg Hamann. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
/ General-Superintendenten pp / zu /
    Weimar
/ p.
    Halle
/ franco.
    Halle
Kgsb. den 17 May 79. Das war gestern eine Freude,
    Exaudi und Himmelfahrt zusammengezogen
– ohngefehr wie Sie mir Ihre beschrieben bey der Geburt der Erbprinceßin. Aber alles gedruckt und fertig zu sehen, konnte mir gar nicht einfallen und war ein rechter Deus oder Dea ex machina. Gott bezahle Ihnen doch Ihren
    Eifer und Treue
! Ich weiß nicht womit ichs verdient habe; aber das soll mich nicht anfechten – Bis Johannis hatte ich mir den Termin gesetzt nicht dran zu denken; und bisweilen kam es mir als ein dummdreister Streich vor, Sie bey Ihren mannigfaltigen und eignen Arbeiten damit überladen zu haben. Ich wußte mir aber gar nicht zu helfen; und ich meynte doch etwas zur Sache und für den gegenwärtigen Augenblick gesagt zu haben.
    Auch Ihnen tausend Dank, meine Verehrungswürdige Freundin und Gevatterin, für Ihre Bey- und Nothhülfe
an der armen Adelgunde – Ich weiß Ihnen das gar nicht auszudrücken, was ich alles auf dem Herzen habe und da behalten muß, möcht ich fast sagen, wie ein unzeitig Geschwür – Gottfriedchen ist doch wider gesund – Nun Gott erhalte und seegne Sie und alles was Er Ihnen gegeben und noch zugedacht hat. Der Druck ist ein wahrer Kupferstich gegen alle meine Opera omnia, die wie Sie wißen, bester Herder! von Schreib- u. Druckfehlern cet. wimmeln. Mit genauer Noth hab ich
    einen einzigen
entdeckt:
    Brauchs
an statt
    Bauchs
die Widerholung des letzten Worts hilft aber dem Verstande. Ein doppeltes
    Gewiß
nach Joh. VII. 26 hat Ihnen als ein Schreibfehler vorkommen müßen. Und dies ist alles, was ich mit einem Microscop habe auftreiben können, auch nicht der Rede werth sondern blos eine alte Gewohnheit ευκαιρως ακαιρως offenherzig zu seyn. Vielleicht wißen Sie noch dort nicht die Neuigkeit, daß unser alte Hausvater endl. so glückl. gewesen auf seine alte Tage einen
    deutschen Plato
zu finden, neml.
    Garve
, der ihn tag tägl. unterhalten muß. Kennen Sie den Mann – so wünscht ich Ihre Winke über seinen Character. Was ist seine beste Schrift? Kraus ist mit dem Schluß des pr. nach Göttingen gegangen, in eine sehr günstige Lage, die er mir aber im Rätzel meldt und mehr Aufklärung von dort aus hoffen läßt. Er hat das Vertrauen des dortigen Ministers v. Z. auf Kants Empfehlung genoßen und ist ein Mensch von großen Talenten – auch ein intimus an deßen Beobachtung mir viel gelegen ist. Falls sein Brief bey Uebersendung des Dachen
    etwas mehr als eine bloße Höflichkeit
gewesen ist; so wünschte ich u bäte beynahe, daß Sie bey Besorgung eines Exempl. nach G. ein paar freundschaftl. Zeilen an ihn beylegten – als
    wenn es Ihr eigner Einfall gewesen wäre ihm damit
allenfalls
    u mir einen Gefallen zu thun, da Sie vermuthen könnten, daß ich noch selbst kaum ein Exempl. des Abdrucks haben könnte
. (Niemand als Br. weiß das mein Mst. nach Weimar gegangen, soll es auch keiner erfahren. Bitte also auch gegen Kr. sich nichts merken zu laßen.) Ich habe einen sehr frommen liebenswürdigen Geistl. an dem Morungschen Pf. Skubich kennen gelernt. Seine jetzige Frau ist eine Niece des seel. Lindner, verwittwete Strauchin u geborne Steinkopfin, und eine sehr herzl. Freundin Ihrer lieben Schwester – Von Semler soll ein Exemplar hie seyn welches ich noch nicht auftreiben können. Die Beyl. macht mich sehr neugierig. Gestern besuchte mich unser neu angekommene Dr. Juris Holtzhauer aus Halle an L’Estocq Stelle u erzählte mir auch, daß Leßing dadurch gereitzt werden würde. Beyl. von Luther ist mir sehr werth. Habe vorige Woche am alten Himmelfahrtsfeste meine Andacht gehabt, nach länger als JahresFrist. Von Claudius habe dies ganze Jahr noch keine Zeile erhalten; den 1ten May an Frau Rebecca geschrieben. Es ist mir lieb daß er die Reisen des Cyrus übersetzt hat, die mir fehlen und ich ohnlängst mit Gefallen gelesen habe. Jetzt den Apuleium mit Beroaldi Commentario über den goldnen Esel, den ich noch vor dem Feste zu endigen hoffe. Mein ganzer Versuch ist à priori. Ich habe noch kein einziges alligatum nicht einmal Ciceronis verificirt, und auch Meursium noch nicht gesehen. Etwas mehr als Ahndung läst mich hoffen, à posteriori vielleicht mehr manches zu finden, um das erste aufzuklären im Fall der Noth. Klopstocks Grundsatz für
    das Ohr zu schreiben
gab mir Anlaß Ihre Plastick zu lesen, weil ich eine Beziehung zu finden glaubte mit dem, was Sie übers
    Gefühl
und
    Gesicht
sagen. Komm weder mit
    Untersuchen
noch
    Schreiben
von der Stelle. Muß jetzt zum Prof. Kant laufen ihm die 10 Bogen des Nathans zu überbringen – Bin endlich wie ein verirrt und verloren Schadf wieder zu Hause gekommen, leerer wie ich ausgegangen bin. Weiß Ihnen also nichts zu melden, womit Ihnen gedient seyn möchte. K. arbeitet frisch drauf los an seiner Moral der ges reinen Vernunft und Tetens liegt immer vor ihm. Er wies mir einen Brief von Feder, den ich fast gar nicht kenne, aber sein Werk über den Willen lesen will. Nun liebster Gevatter, Landsmann und Freund! Gott schenk Ihnen auch Freude und fördere das Werk Ihrer Hände, daß wir beyde mit Hiob sagen können:
    Mein Bogen beßerte sich in meiner Hand
. Den ganzen August hab ich mir vorgenommen im Geist zu Weimar zu feyren. Sophiechen hat vorigen Sonnabend ihren ersten Namenstag bey ihrer hiesigen Pathin gefeyret, und giebt dem kleinen Pendant nichts nach – verhält sich zum Mignon, wie seine Hälfte im verjüngten Maaß – Wenn kein Vater im Himmel wär, wer möcht sich Kinder hienieden wünschen – Der für uns gesorgt, sorge für sie. Amen! Ihre Einlage soll mit erster Post nach Riga befördert werden. Es schlägt Mitternacht! Ich umarme Sie, Ihr würdiges Adiutorium und den ganzen kleinen Circul Ihrer häuslichen Glückseeligkeit. Bitte mit
    gegenwärtigem Schein des Empfangenen und Genoßenen
für lieb zu nehmen von Ihrem alten H. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
, / General-Superintendenten pp / zu /
    Weimar
. / franco.
Von fremder Hand: 21 May 79 Hier, bester H., sind also die Nachbleibsel, die ich zu schicken haben: Einige Ex. von Ihrer Sibylle (die auszusenden waren, sind ausgesandt) Ein Gesangbuch und der 2te Theil Volkslieder; wünsche, daß Ihnen alles wohlbekomme, u. bestens behage. Das erste Ex. Ihrer Schrift schickte ich, in großer Beklemmung und Noth meines Herzens. Ich hatte meinen Gottfr. aufs Pferd genommen, u. ob ich wohl Schritt vor Schritt fragte, ob ihn was drücke? u. er immer Nein antwortete, so hatte sich doch sein Vorhäutchen zurückgeschoben, das dur nachher durch Unwißenheit u. üble Behandlung der Schlingel und Esel sehr geschwollen war. Im grösten Punkt der Noth schickte uns Gott den Profeß. Loder aus Jena zu, der ihm durch die leichtesten, würksamsten Mittel den Schwulst benahm, es endlich Mittwoch, den Tag vor Himmelfahrt, ohne alle Beleidigung, wie wohl nicht ohne Schmerz zurückbrachte u. uns alle aus der tiefsten Angst, Sorge u. Beklemmung, dergleichen wir Lebenslang nicht gefühlt, in unaussprechliche Frohheit u. Freude setzten. Jetzt gehts recht gut, und der Bube ist, wie ein Engel lustig: so wie er auch immer gesund und herzhaft, und selbst an seinem membro, (dasdie Vorhaut quaest. ausgenommen) ohne die mindeste Inflammation geblieben. So kann aus dem kleinsten Nichts das fürchterlichste Kreuz u. Schreckniß werden. Verschließen Sies bei sich, lieber H. u. danken u. preisen mit uns Gott. Ich kriegte während der Angsttage vom 4ten Mai Abends an immer den Psalm in die Finger: der HE. behütet ihm alle seine Gebeine, daß deren nicht Eins zerbrochen werde., u. so ists geschehen, ohne Meßerspitze u. Stahl, ohne Schaden u. Unfall – wofür wir ihn ewig loben. – – Je mehr ich Ihre Sibylle frage u. sie mir hie u. da näher wird, desto mehr geht mir auf, zumal ich Starks Schriften nochmals gelesen. Der Kern von ihr ist Milch u. Honig, Würze u. Balsam. S. 8 vermuthe ich einen DruSchreibfehler, weil ich Z. 8 das
    sondern
nicht zu referiren weiß. Im Hesych. ist κονξ. ομπαξ getheilt u. wird erklärt επιφωνημα τετελεσμενοις. κ. της δικαστικης ψηφου ηχος, ως ο της κλεψυδρας. παρα δε Αττικοις Βλοψ, welches mir alles vorzügl. auf Κογξ zu gehn scheint. In der Note wird statt ομπαξ Βομβαξ gerathen und auf Πυππαξ, εποποι hingewiesen. Ohne Zweifel haben Sie eine entscheidendere Stelle, die ich mir anzuzeigen bitte. Göthe dankt sehr. Er hat Ihre Schriften sehr sorgfältig in einer Schachtel u. auch an dieser mit großer Lust gesogen. – In weniger Zeit wird Merk hier erwartet, den ich so wenig sehen werde, als angeht. Meine KirchenRechnungsabnahme fängt an, – eine wüste Arbeit: nach der Pfingsten um so ruhiger u. erfreulicher seyn wird; das gebe Gott Ihnen, mir u. uns allen. Amen. Ihr ewig treuer H. Lavaters Schreiber d. i. amanuensis hat sich am 2ten Ostertag in seinem Zimmer, bei Lavaters Abwesenheit erschossen; das Lavat. bis an die Seele wird gegangen seyn. Ihm ist Ostern fatal wie mir die Zeit vor Pfingsten, wo ich vor 2 Jahren Gelbsucht hatte pp. Meine ganze Maschiene dürstet nach Ruhe u. Labsal. Viel Grüße von Ihrer Gevatterin u. Freundin. Wider Vermuthen muß ich einen 2ten spätern Brief auf dem Rücken des ersten machen. Das Pack, nebst den Exemplaren sollte durch einen jungen fähigen Kaufmanns Sohn, der nach Berlin, Königsb., Memel u. Riga reisen wollte, bestellt werden u. siehe! er wird den Tag vor der Abreise krank u. ist heut morgen – todt. Also muß es, nicht länger zu warten, über Post, u. so bleibt das Gesangbuch bis auf beßere Gelegenheit. Wenn Ihr 2tes Schriftchen gedruckt werden soll, so bitte es mir nur her; ich wills besorgen. Von diesem habe ich nur 200. Exemplare machen laßen u. da diese bald vergriffen sind, so hat mich der Buchhändler fragen laßen, ob ich gegen eine 2te Aufl. was hätte? Ich frage Sie darum u. bitte mir etwa die Änderungen p anzuzeigen, die Sie vor gut fänden. Auch kommts mir in den Sinn, ob man nicht die 2. kleinen Schriftchen „Schriftsteller u. Leser“ u. „Schr. u. Kunstrichter“
    die kein Mensch hat
, neu könnte abdrucken laßen, wenn es der Buchhändler wollte, u. es allenfalls nicht noch beßer wäre, daß Sie aus Ihnen ihnen, Ihren Zeitungsbeiträgen u. sonstigen verflogenen Kleinigkeiten eine Sammlung wie die Kreuzzüge, selbst machten. Nehmen Sies doch in Gedanken, lieber Alter, u. schreiben mir Ihre Meinung. Ich hielts nicht für übel u. blos die Einfaßung derselben würde Ihr Ihnen Blut u. Athem wieder in Gang bringen. Auch melden Sie mir alsdenn, was ich als Gratial zu fodern hätte. Sehen Sie diesen Gedanken als einen Pfingstferieneinfall an u. beschla laßen Sie ihn ihn grünen u. blühen. Mein Gottfr. ist gesund, meine Kirchrechnungen sind Einem Stoß nach, abgenommen, so daß ich jetzt ein paar Tage frischen Othem schöpfe. Nathan ist gekommen u. hier mit allgem. Begierde verschlungen worden. Der 2te Th. der Lebensläufe hat mich noch 10. mal begierger gemacht auf den Verf., als der 1te; nur Hippel ists nicht, ists nicht. Mir geschähe eine Wohlthat, wenn ich ihn kennen lernte. Denis Bücherkunde scheint trocknes Stroh, sonst habe ich noch nichts gekostet. Starke habe ich noch nicht gesehn; es ist mein Mann nicht u. ich kann nicht begreifen, wie Sie nur Augen u. die edle Salbe Ihres Geists über den unbekannten, unerkannten Erdklos verschwenden. Abauzit habe ich selbst; nichts besonders, u. völlig meine wie Ihre Meinung. Adieu, Lieber, Bester. Meine Frau empfielt sich Ihnen herzl. Gott segne Sie u. Ihr ganzes Haus. Eilig. den 21. Mai 79. Vermerk Hamanns: Erhalten den 4 Junii.
Kgsb. den 18 May 79. Herzlich geliebtester Freund, Einlage habe vorigen Sonntag erhalten. Was machen Sie und Ihre liebe Costa. Von Ihnen lange nichts gehört; aber desto sehnlicher erwartet. Wegen Ihres Passerii habe mich bereits erklärt, aber noch keinen Bescheid von Ihnen erhalten. Er liegt auf meinem großen Tisch, wie die Schaubrodte – Gebraucht hab ich ihn längst, aber das gar nicht gefunden was ich mir vorgestellt. Ihn doch aus
    leidiger Eitelkeit
, worinn wir arme Autoren dem schönen Geschlecht nacharten in ein paar Bogen angeführt, von denen ich nicht weiß, ob Sie solche unter Ihrem Meßgut erhalten werden. Ein
    dienstbarer Geist
hat mir den Abdruck
    auf Adlers Flügeln
, ja so schnell als
    Wind und Flamme
besorgt – unterdeßen meine Muse wie die Muhme Jochebed für ihr Kästchen im Schilf am Ufer des Nils besorgt war. Ich mag Ihnen den Titel nicht verrathen. Es ist ein
    Nachtstück Ihrer Adelgunde
, die sich s. v. flöht, unterdeßen unsere Orthodoxen und Dramaturgen sich am hellen Mittage die Kolbe lausen. Mit einem Wort:
    GottesFinger
! aber leider! in Cophtischer Sprache geschrieben, für die Sphranschen und Saben in der Nachbarschaft Ihrer Düna – Das Neueste von unserm Helikon ist wol, daß der Philosoph von S.S. endl. auf seine alte Tage so glücklich gewesen einen
    deutschen Plato
zu entdecken, mit dem er sich alle Tage unterhält. Es ist
    Garwe
, der Uebersetzer des Gérard. Was machen Ihre liebe Kinder und der Sohn zu St. Petersb. Arndt hat seit Jahren nicht einmal meinen Dank für sein Journal bekommen; ohngeachtet ich und meine Freunde manch Vergnügen davon genoßen. Melden Sie ihm daß ich ein doppelter Gevatter des weit u breit berühmten Asmi cum puncto bin. Da ich noch nicht gantz die Aussicht verloren oder aufgegeben den Passerium hier anzubringen: so wünschte auf allen Fall den genauesten Preis. Pr. Reusch hat ihn als Sub. Bibl. besehen, wird aber nächstens primarius u. vielleicht mein Freund †feld secundarius werden. Sollte dies einschlagen; so möchte noch einen Versuch machen, dies Buch hier anzubringen. Für mein Glück im Handel kann ich nicht Bürge seyn – aber an meinem Willen fehlt es nicht Sie der Unruhe zu überheben, da ich gar nicht dankbar für Ihre Freundschaft zu werden Gelegenheit und Grund oder Raum dazu absehen kann. Ich bin in der grösten Enge und Klemme ohne Talent noch Muth mir selbst zu helfen – und hierin besteht das Köstliche meines gegenwärtig laufenden Stuffenjahrs. Meine Marianne Sophie ist heute just ein halb Jahr alt – Das Päckchen an Gröll welches med. Febr. hier ankam, hat nicht eher als gegen Ende des Martii hier abgehen können weil die Fuhrleute sehr sparsam nach Warschau gehen. Bestellt ist es von mir mit aller mögl. Sorgfalt – Mir schwebt so ein antipathetisches Bild von einem Gadebusch im Gedächtnis, der schon damals ein großer Geschichtmakler und ein Freund des jetzigen Kr. Lilienthal war. Sollte es der seyn, der so viel drollicht Zeug vom seel. L. u H. in sein Wörterbuch gestoppelt. Ist Andersons Geschichte vom Handel nun zu Ende, daß ich sie auch einmal lesen kann? Den 12/1 April erschoß sich mein nächster Logennachbar, Buchhalter Pynnow u ich hatte eine Gesellschaft von 23 Personen in meiner Schlaf- und Studierstube, welche ein Schiff ablaufen sehen – und Muse Adelgunde lag im Kindbett an Fragmenten. Verdient so ein merkwürdiger Tag nicht ein †. das ich gemacht habe zum Andenken meines köstl. Stuffenjahrs. Und hiemit Gott befohlen. Fröhliche Pfingstfeyertage. Meine Empfehlung an Ihre Gemalin. Gute Nacht und gute Gesundheit! Ich ersterbe Ihr alter treuer Freund Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn J. F.
    Hartknoch
/ Buchhändler / zu / Riga.
Vermerk von Hartknoch: HE. Hamann in Königsberg, Empf. den 13 May 1779, beantw. 2 Oct.
Am 1sten Heu-Tag 1779 den 8 Brachmond. Bedaur mich Lieber, Trauter, Herziger Gevatter mein! daß mir das Stündchen solange nicht geworden, wo ich mit Leib u. Seele ganz Dir u. Deiner Liebe seyn kann. Es wird uns doch einmal wol seyn wenn all das Stükwerk wird abgethan seyn und bleiben –. Das war einmal wieder ein rechter edler St. Goergen Streich – ein wahrer Ritterdienst – den Du mir in der Frau Gevatterin Liseli durch Deine
    Mariane
Sophie geleistet – Lieber Doppel Gevatter! Du hätt’st sehen sollen, was das für ein Fest war, als wir – Eltern, Kinder – u. KindsKinder, nach eingenohmner Mahlzeit noch so ganz vertraulich beisahmmen saßen, uns schon auf einen noch (in
    Petto
) erwartenden schicklichen Desert zu gut thaten – und unser Courir, (unsere Post u Ordinarie Stadt u. Land Bottin) mit
    dero
Staffeten ankamme, ich las, lachte, und wieder las – u. wieder lachte – alle auf diese frohe Theilnahmmung gierig waren u. gierig bis ich endlich mit meiner Gratulation an die Frau Gevatterin in optima forma herausplazte, und mein trautes Weibchen mit unserem herzigen Jungen durch ein paar Duzend ehelicher Benediktionen zur 2ten Gevatterschaft, und zur 3ten Verbindung mit unserm nordischen Propheten einweihte, und drauf runter aus dem Brief vorlas was nöthig war –. Wie das alles würkte – und manches Herz rüttelte, u. erwärmmte – wird der HE Gevatter wol beßer fühlen – als man das in Buchstaben nachtönen kann – Möge es Ihm wol gedeihn, und Ihm dieser Nachgenus, so wie mir ein etwelches Äquivalent seyn für das lange Harren u. Warten – Nun Lieber Innigverbundner! Der Herr laß Deine – unser aller Wünsche, für die kleine Fräulein
    Mariane Sophie
, so wie für unseren gesunden keken
    Christoph Adrian Gotthilf
wolgedeihen – u segne, erha bewahre, u. erhalte Sie zu seinem Eigenthum, damit Sie fromme gute Kinder eines Vatter im Himmel seyn u. bleiben – Beßer als wir alten –. Soviel ich aus Deinem Brief en detail vernehmmen, und G. L. auch sonst fühlen kann, ist Dir in dem verfloßnen und in diesem Jahr viel Heil wiederfahren der Herr thue fehrnners wol an Dir, sowie er es auch an mir und den Meinen thut, u. ich G. L. täglich mehr sein Kommen, sein Wiederkommen zu uns näherend fühle – Ja Herr es komme bald Amen. Dank Lieber! Mein Erstling nährt sich noch ganz allein an seiner Mutter Brust, u. Mutter u. Kind werden Riesenstark dabei, (versteht sich nehmlich
    Riesen
jeziger Zeit) – Über all den stillen Segen, und die reinen verborgnen Freuden, die mir zu Theil wordn, ließ sich viel sagn, aber ich fühl in all dem Gesagten doch keine wahre Befriedigung – Mir ists genug, wenn Joh. Georg Hammann mit mir fühlen kann –
    Daß ich schon glücklich bin alhier auf dieser Erden – Meist in der Hofnung, einstens noch vollkommner z’ werden
Nun HE Gevatter! Sie haben denn unsere
    Hochzeit
recht feierlich u. luxurios be gefeiert – Wenn Sie sich einstens in wahrer Persönlichkeit darstelln, in meiner Burg u. Wohnung,
    so
wie’s mir immer noch einige Hoffnung nebelt, so solle Ihnnen
    darfür
schicklicher Dank abgestattet werden. Die 2 Schnur Bernstein von Dir reuen mich doch, hätten mich noch mehr gefreut, als die Dingelchen von Kanter, deren Anzahl nicht so gros war, als Du geschrieben. Der Buchhändler, der’s mir übergeben, muß einige davon verlohrn habn, od. – Ich danke Dir aber doch recht treulich darfür, laß von diesem Dank denn an Kanter kommen, was Ihm gebühret – der Armme Mann soll locker gehaust habn. Ehe ich dieses an Joh. Georg Hammann abgehen laßen kann muß ich dieses noch eine Ausweisforderung an Kanter hervorsuchen die mir schon im Xbr übergeben – u. die ich nicht besorgen wollte, bis ich an meinen HE Gevatter schreiben konnte u. s w. – Fehrnner habe ich noch einen Brief an die Gräfin hervorzusuchen, der schon lange, lange geschrieben – aber noch nicht so lange, als ich im Sinn hatte zu antworten. Anbei muß ich noch sagn Lieber HE Gevatter, daß meine Frau zuerst an die Gräfin geschrieben, u denn die Gräfin nur wieder geantwortet – hiemit konnte S sie mit Recht keine schuldige Antwort erwarten: auch glaubten wir, daß es nicht von nöthen, und Ihnen auch nicht viel daran gelegen. Weilen wir aber unserm lieben HE Gevatter gern zu allen möglichen Dingen in Bereitschaft stehen, so ist ein Brief an die Gräfin mit Freuden verfertigt worden – Wie sich mein Liseli befindt, u. wie wol Ihr Euer Gevatternehmmen gethan, soll sie selbst sagen. Auch soll der HE Johannes Ehrmann selbst auf tretten, u. sich verantworten. Jezt behüt Dich Gott mit Deinen Kindern u. ihrer Mutter – Gottes Segn über Dich Du Lieber – Laß mich auch wieder was von Dir wißen, so bald Du kannst, und Lust u. Trieb dazu hast – adioC. K. Von Elise Kaufmann: Mein Lieber Herr G’vatterMann! Den innigsten Dank u. Freude meines Herzens daß sie mich zur Pathin Ihrer Mariane Sophie erwehlt, das war eine selige Freude die mir durch meinen liebsten Mann in Ihnen zu Theil ward, ich konnts vor Freude fast nicht glauben, u. so zwey wackere weiber zu mitgevatterinnen die Sympathie u. Liebe in meinem L. Mann mit mir vereinigte so nahe verbunden, Gott lohne Sie für Ihre Liebe, Lieber Vatter Hamann! mich laße er würdige Pathin der Lieben zarten Pflanze werden, aufkeimen in Ihr Früchte zu Ewiger Saat. Der wehmüthigen Empfindung kann ich mich manchmal nicht enthalten das wir uns in diesem leben vielleicht nie sehen werden, doch jenseits! wenn das unreine dieser irdischen hülle abgethan ist. Unser Lieber Knabe ist denn auch ein Herrliches frohes Geschöpflein, in sich selber Existierend wie sein Vater – auch sein seligster Ruhpunkt auf dieser Erde. Der kleine Liebling ruft mich mit der stimme des weinens. Darf ich Sie bitten diesen Brief gesiegelt mitm Hirogliphen Pittschaft der Gräfin Kaiserling zu übergeben. Gott sey mit Ihnen Lieber Herr Gevatter, sagen sie uns auch bald was von dem befinden der Lieben Kleinen – Adieu! L. K. Vermerk von Hamann: Nebst einem Wechsel von 100 rth Heinrich Steiner u Comp. in Louis d’or zu 5 rth.
Bester Hamann! Eben kommt Herr Christoph Kaufmann u sagt mir, daß, da von ihm Bericht u. Rechenschaft in puncto der Existenz meines Individuums bei ihm gefordert worden, ich solle selbst auftreten um wegen meines Thun u. Lassens, Seins u. Werdens bestimmt treulich u. ohne Gefährde Red u Antwort zu geben. Berichte also hiemit, daß ich hier noch in der Schweiz u. in Kaufmanns häuslichem Kreis lebe, u. lebenslang, wenn nicht ein sehr böser Feind, da Gott für sei!! mich wegkapert, darin zu leben gedenke. Dabei ist mein Wunsch u. Absicht als Mensch, nicht als Philanthropist, u. nur in so fern es zur Menschheit gehört, nüzt u. frommet als Theolog, Humanist, als Theilnehmer an Hausväterlichen, Landwirthlichen Geschäften, als Mitwärter K. eigener u. angenommener Kinder – in meinem schwachen Maase, zu existiren, unter gutem Rath u. treuem Beistand allerlei unächtes in Straßburger, Lothringer u. Sächsischer Luft eingehauchtes, meine Konstituzion zieml. fatal infizirendes Zeug auszuschwizen u. so für das was einem Menschen so eigentlich innerlich u. überall
    wohl
macht nach u. nach empfänglich zu werden. Mein bisheriges Schicksal war erstl. Kaufmannschaft od. Krämerei bei meinem Vater der mich von großmüthiger Prävenzion für m. scientifischen Anlagen u. Kenntnisse vollgepfropften, von aller Anleitung zu sicherm Gang auf dem Weg des menschl. Lebens, so in als auswendig entblösten Jungen vom 15.ten bis ins 24.te Jahr zum vermeintl. dereinstigen Wohl seiner 6 jüngern Kinder mit dringendem Zureden in seinem Kattun u. Bäurinnenkleidungzeug-Ausschnitthandel, wider meine Inklinazion, als welche immer aufs Lesen u. Schreiben u. Rechnen (noch allenfalls) gieng, vesthielt. Es that in die Länge je länger je minder gut u. ich machte mit einigen mir ähnlich welt- u. selbstkenntnislosen von allen Seiten – u. am meisten von sich selbst Prodigien erwartenden schwindelnden Jungen philanthropinische Projekte. Mir wäre es dabei wie meinen mankirten, bis dato noch in den Sphären der selbst self conceitedesten, schwindelndsten Projektmacherei flatternden Associés, gegangen, wenn nicht eine Hand mich ergriffen hätte, an der ich sicht- u. unsichtbarlich geleitet durch die dünstige windichte, Ebb u. Fluth ohn Unterlaß wechselnd philanthropinische Wirthschaft mit halbblauen Auge, oder wenigstens mitm Leben davon kam. Mein Vater starb am Michaelistage 1778 an einem seiner Tribskonstituzion nach unausbleiblichen Schlagflusse. Ein ehrlicher, seinen Einsichten, was man so nennt, getreuer Mann ohne einige künstliche oder unkünstliche Delikatesse auf keiner Seite. Meine Mutter führt den von jeher fast ganz auf ihrer Aktivität u. Loquacität allein beruhenden Handel oder Kram fort. Von den 6 Geschwistern die ich habe sind das 3 älteste, Mädchen, die aber we einer mit Frucht u. Nuz verknüpften Verpflanzung u. obschon in hohem Grad nöthigen Umwandelung eben so entwachsen u. unfähig als ungeneigt dazu sind. Zwei Knaben von 12–13 Jahren u. ein noch jüngeres Mädchen sind die übrigen. Mir lag ob u. an diese letztern meiner Mutter abzunehmen also gerad aus mit ihr zu theilen. Dem zu folge ist die kleinste Schwester in Zürich bei ein paar stillen, guten fleissigen, treuen, frommen Jungfrauen in Kost u. Zucht; der jüngere Knabe kommt zu einem lieben, wackern Herzensfreunde von K. der Tag u. Nacht drob kämpft daß er zum Wohl mehrerer durch ihn allein glücklich subsistirender Familien, obschon mit Aufopferung seines eigenen Vortheils in allen Stücken, – Kauf- u. Handelsmann sein muß: der ältere zu einem guten Freund dieses lieben Edlen, nur 2 Häuser von ihm. Der Mann heißt Eberhard Gaupp in Schafhausen, u. ich bin so glücklich erwarten zu dürfen daß er mit mir, statt meiner u. für die vorhandene Bestimmung m. Bruder besser als ich Vaterstelle an ihnen vertreten werde. So viel von meiner wenigen über alles Verdienen so wie über alles Erwarten glücklichen Person.‥ Den Wohnsiz von dem ich Ihnen schrieb haben wir nicht bezogen; wachende Mächte haben K. in zeiten gewinkt von dem Manne sich zu trennen, der seit dem als Schurke öffentlich u. bekannt worden, sonderl. durch einen der häßlichsten Bankrotte ob welchem nun die Kreditoren selber einander scheuhlich in den Haaren liegen. Wahrscheinlich aber ist uns ein anderer stiller, herrlicher Plaz am Bodensee bestimmt, den wir bald in Besiz nehmen u. froh das Feld bauen werden davon wir alle genommen sind. Uebrigens leben wir hier von aller grossen gelehrten, politischen u. galanten Welt sehr isolirt, entbehren seligl. all ihre Reichthümer Weisheiten u. Herrlichkeiten, fragen u. wissen auch sehr wenig was in ihr vorgeht – sonst aber wenn man ein wenig den Kopf aus unserer natürlichen freien Tonne, in die kunstvolle Tonne der Welt hinausstreckt so findet man des Unwesens was in der ganzen Welt herrschet, auch in der Schweiz alles vollauf. Zum Pröbchen, so beseufzen die HE. Schweizerkaufleute nichts so sehr als daß die fatalen Amerikaner nicht sich stille gehalten, das unsanfte Joch der Merepatrie-Marâtre fein geduldig aufgenommen haben, wodurch dann der jezige Krieg der freilich die französische u. alle mit derselben verbundene Handlungen in keine gute Umstände sezt, entstanden u. den guten Herren manchen Profit entzogen. – – Doch was hilfts von Dingen erzählen die nun nicht anders sein können, die mit dem ganzen Gange des jez. Zeitalters Eins – bekannt genug u. nichts desto erfreulicher sind. Selig wen das nicht anfechten darf. Leben Sie recht glücklich, bester Hamann. Mit herzlicher Liebe u. Verehrung Ihr ergebenster Hegi 9 Brachm. 1779.Ehrmann. Inlage an Kanter
    mußte
K. um seiner Brüder willen wegen bürgerlicher Verhältnissen in denen sie mit Buchh. Steiner stehen durch HE Hamann zu bestellen übernehmen. Nicht gerne that ers, indem er wohl fühlt wie wenig solche Commissionen sonderl. wenns Leute betrifft denen man allerlei unschuldige Freuden zu danken hat, angenehm u. erfreul. zu verrichten sind. Bittet indes, bester Hamann, Sie möchten thun hiebei was Sie können u. wenigstens des Effektuirten halber doch ja baldige Nachricht ertheilen. Adresse mit rotem Lacksiegel:
Herrn Joh. Georg
    Hamann
/ königl. Packhofsverwalter /
    Königsberg
/ in Preußen.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 Junii 79. Geantw den 7 AugEinl an HE Dir Kanter an HE Friedrich den 7 Julii abgegeben. Einl an die Gräfin v Kayserlingk abgegeben den 4 Sept 79.
Königsberg den 7 Aug. 79. Herzlich geliebtester Freund, Ihr
    Briefchen
vom 8 Junii habe den 9 Julii durch HE Toussaint erhalten und Dom. VI. p Tr. im Müllerschen Hause mich mit Hänschen zu Mittag eingefunden. Daß ich darauf gewartet und darnach geschmachtet, können Sie leicht erachten. Wie heist Ihr Gefährte; ist es nicht erlaubt seinen
    Namen
zu wißen? und wird Ihre Verbindung sich blos auf Ein Jahr erstrecken? Ich hoffe, daß Sie sich nicht auf den einzigen Schlötzer concentriren werden – Für Ihren Auszug aus Lud. Jacobillo danke bestens. Von Henr. Barcellii Bibl. Mundi habe nichts bisher entdecken können. Wegen Ihres Zeitvertreibs in der Leine laßen Sie sich einen traurigen Vorfall erzählen der den 20 Julii am Tage Eliä sich hier zugetragen. Brahl wie Sie wißen ist ein großer Verehrer des Badens u munterte mich auf meinen Sohn auch dazu zu gewöhnen, wozu ich sehr geneigt war. Er wohnte in meiner Nachbarschaft am alten Graben wohin ihn der junge Kinder gezogen hatte, der den Sommer über sich daselbst ein Logis ausgesucht. Nach einigen durch die Witterung vereitelten Abenden war man endl. am gedachten Tage entschloßen meinen Knaben zu initiiren. Sie gehen nach der Liepe aus dem Sackheimschen Thor, in einem Graben des Pregels als dem gewöhnl. Ort. Das Waßer war ein wenig zu hoch, daß Brahl Bedenken trug, und mein Sohn blieb also blos als Zuschauer stehen. Kurz, Kinder verschwindt auf einmal ohne Rettung, und man weiß nicht wie vor seines Gefährten u meines Kindes Augen. Das Schrecken des armen Brahl können Sie sich leicht vorstellen. Alle seine eyfrige Bemühungen ihm, nachdem er ausgezogen worden war, noch Hülfsmittel zu verschaffen und der Versuch derselben ist verloren gewesen. – Der arme Schelm hat auf seine Kosten 4 Bogen unter dem Titel:
    Probe einiger Gedichte
zu Marienwerder abdrucken laßen u Ihrem Mäcen solche in petto dedicirt. Er hat mir ein Geheimnis daraus gemacht und wird kaum den geringsten Effect zu erwarten haben. Ich kann gar nicht begreifen, wie er auf den Einfall gekommen und was er davon erwarten kann. Sollte der Minister durch einen Wink an D. Biester von Ihnen auf das unschuldige Opfer seiner Muse, die er selbst humilem agnam nennt, aufmerksam gemacht werden können indirecte ihm ein Plätzchen durch seine Empfehlung auszuwirken; so überlaß ich es Ihrem Gutachten u Herzenstriebe. Cousine Buchholtz hat diesen Montag unserm HE Oberhofprediger Schultz Ihr Ja und Amen gegeben. Hat Ihnen mein Gevatter aus W. ein Exemplar vom
    Konxompax
zugeschickt: so bitte p. 27. Z. 12. statt Brauchs =
    Bauchs
zu lesen. Daß
    Starkens Apol
. u
    Meiners Abhandl
. zum Grunde liegen, darf ich Ihnen nicht erst sagen. Aber ein so verschworner Metaphysiker wird das Nachtstück einer sich flöhenden s. v. Sibylle mit eben so wenig Antheil lesen – als die Dramaturgen und Orthodoxen, welche sich am hellen Mittag einander die Kolbe lausen. Laß jeden seine Bedürfnis abwarten. Ich erwarte meinen Eintritt ins 50ste Jahr u habe diesen Monath dazu bestimt alle schuldig gebliebene Antworten abzumachen, auch mit Gottes Hülfe einen ganz neuen Lebensplan anzufangen in meiner häuslichen u litterarischen Wirthsschaft. Haben Sie Guldens Leben gelesen. Die Recension in unserer Zeitung ist vom John und ein meisterhafter Widerschall der Vox diuina unsers Publici. Daß ich als Client, Landsmann u weiland Kunstrichter anders denke, können Sie vermuthen. Koppe N. T. habe den Anfang zu lesen gemacht, mit vielem Geschmack; wünschte daß Sie den Mann auch näher kennten. Wie sehr wünschte ich D. Faustens Mantel, falls ich Ahasverus seyn soll nach Maler Müller, um eine Woche mit Ihnen wechseln zu können.
    Hermes
der Verf. der Sophie ist hier gewesen u hat sich 8 Tage aufgehalten. Blos eine Reise zur Cur, die ihm vortrefl. angeschlagen. Ich habe mir in den Kopf gesetzt in der Thibetschen Sprache den Schlüßel zum Wort
    Konxompax
zu finden. Möchten Sie sich wohl entschließen
    in meinem Namen
den Tom. XV. der Lettres edifiantes oder des P. Georgi Alphabetum Thibetanum anzusehen. Sie müßen mich aber mit diesem Einfall nicht auslachen, noch selbigen irgend jemanden verrathen. Das Müllersche Haus habe seit Ihrer Abreise nicht anders besucht als auch in
    Ihrem Namen
d. h. so oft ich Briefe von Ihnen erhalten habe. Wie oft dies geschehen, werden Sie leicht berechnen können. Auf den innern Zusammenhang meiner Hypothese mit der bramanischen Religion will ich Sie blos verweisen. Was aber die äußere indicia anbetrift: so bedeutet Konx oder Koncio Gott u die Sylbe Om findt sich in ihren sogenannten sechs Worten: Om ma wi pad me chum, wie auch in einer andern heil. Formel: Om a chum1. Fehlt mir also noch die Sylbe
    Pax
.
Bitte also mit diesem Augenmerk die Lettres edifiantes laut meiner Anzeige und den P. Georgi, zur Abwechselung Ihrer botanischen Spatziergänge und architectonischer Schattenriße durchzulaufen. Habe auch Arndt meinen Freund in St. Petersb. gebeten sich nach einem kalmuckschen Polyhistor oder kleinen Abt des großen Lama dort umzusehen. Haec sub rosa scripta sunto. Haben Sie auch schon Schummels Spitzbart gelesen? Keine Neugierde den Photorinus
    Pathognomikus
kennen zu lernen? Mein auf Prof. †feld u Brahl eingeschränkter Umgang ist durch einen jungen Berens, der hier die Handl. auslernt, vermehrt worden, und wenn es wahr ist, so schmeichele ich mir ehstens meinen ersten u liebsten Zögling, Baron von Budberg, deßen Reisebeschreibung ins Schlangenbad ich noch nicht gelesen, hier zu sehen. Wenn Gott eines reichen Mannes Herz regieren wollte mich, wie ein Breslauscher Banquier den Hermes, zu seinem Reisegefährten zu machen. Gottlob! alle meine Kinder sind gesund und freuen sich des
    schönen Obstes
im Garten. Eine Ernte an die ich nicht gedacht u meinen kahlen übriggebliebnen Stämmen nicht zugetraut. Ich vegetire im höchsten botanischen Geschmack, und – muß schließen. Erfreuen Sie mich doch bald mit einer umständlichern Beschreibung Ihrer gegenwärtigen Verbindlichkeit. Wie heißt Ihr Genoß? Was studiert er? Führen Sie ihn nach Berlin wider zurück oder weiter? Sollte nicht dort auf der Bibliothek
    Gagliani vom Münzwesen
seyn? 1 S. Denkwürdigkeiten aus
    Pallas
Reisen I Theil S. 237. 248. um den Verleger u Ort des Drucks zu wißen, und den Werth des Buchs. Ihr botanischer, historischer u politischer Geschmack ist nicht gantz der meinige. Eine Schule wie Göttingen müste Ihnen Vortheile geben, die nirgends gewiße Neugierden
    einer philosophischen u akademischen
Bestimmung, als die Ihrige, mehr reitzen noch befriedigen könnten – Wie gehts z. E. mit Ihrer mathematischen Muse? Könnten Sie nicht die Anfangsgründe des
    Spanischen u Portugiesischen
von dort hieher bringen? Nun halten Sie mein Geschmier zu Gute. Es ist heute eine brennende Hitze. Ich umarme Sie. Schreiben Sie mir bald und was unter uns bleiben soll, zeigen Sie mir an. Daß ich ungeachtet meiner communicativen Schwäche Discretion besitze, wißen Sie. Fehlt es Ihnen an
    gegenwärtigen
Freunden, so brauchen Sie desto mehr Ihre abwesende und laßen Sie solche an Ihren Grillen und Schicksalen Antheil nehmen. Denn dazu leben wir, daß Einer des Andern Last trage, und hiemit Gott empfohlen und Ihrem treuen Andenken nebst Haus und Hof. Johann Georg Hamann Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Chretien Jaques Kraus / homme de lettres / presentement / à
    Göttingen
.
/
    Abzugeben in der Grünen Straße
. / par fav.
Kgsberg den 8 Aug. Dom. X p Tr. in meinem Wäldchen. Gott seegne unsere Geburtsfeste, liebster bester Gevatter Landsmann und Freund! und laß die Erwartung eines
    neuen
auf das glücklichste erfüllt seyn oder bald werden. Ich habe den 4 Junii alles richtig erhalten und kann nichts mehr thun als – Ist das Lied vom Bach u das Abendlied nicht Ihre eigene Arbeit? Ich habe die Volkslieder in Einem Zuge gelesen, nach meiner löbl. Sitte, aber Ihren Genuß für die erste Landreise aufgehoben, wenn ich dazu kommen kann, und alle meine Freunde damit erqvickt. – Hermes der Verf. der Sophie ist 8 Tage hier gewesen und über Elbing, Danzig, Warschau zurück gegangen in Gesellschaft eines Banquiers. Ich hatte die Hitze ihn aufzusuchen und habe bey unserm alten Kanter mit Ihm gespeist. Wir schienen nicht einander zu paßen, woran unsere respective Lage vielleicht am meisten schuld gewesen. Er ist ein angenehmer, gesellschaftlicher Mann, voller Anecdoten und Plane und Lieder, bey einer einnehmenden Bildung u Stimme. Seiner Gesundheit wegen that er diese Reise und das hiesige Klima hat einen bewundernswürdigen Einfluß auf selbige gehabt, wie er selbst gestand. Ich weiß nicht warum er ein Geheimnis daraus gemacht, daß Schummel der Verf. des Spitzbart ist. Der Umgang mit Standes- und Frauenpersonen scheint sein Element zu seyn In Ansehung der Lebensläufe können Sie sich an dem halten, was ich Ihnen sub rosa gemeldt habe. Unser Landsmann Reichard hat auch sein Leben unter dem Namen Gulden zu erzählen den Anfang gemacht, er ist in unsern Zeitungen von einem gewißen verlornen Sohn der sich
    John
nennt, zieml. misgehandelt worden. Er ist aber die vox diuina unsers ganzen Publici über dieses Buch, deßen verfehltes Ideal mich sehr gerührt hat wegen meiner Verbindungen mit ihm u seinem Vater. Mein Freund Brahl, der gewesene Nädler u gegenwärtiger Surnumeraire hat auf seine Kosten die
    Probe einiger Gedichte
drucken laßen als ein vehiculum seine Umstände zu beßern; daher nur wenige Exempl. blos zum Vertheilen unter Mecänen u Freunde. Er war diesen Sommer mit des Licentrath Kinder’s Sohn in meine Nachbarschaft gezogen um den Sommer zu genießen. Beyde Stubenburschen waren Liebhaber des Badens u. bedienten sich deßelben öfters, theils allein, theils in Gesellschaft. Er lag mich hart an, Hänschen auch dazu zu gewöhnen, mit dem sich beyde junge Leute abgaben. Am
    Tage Eliä
gab ich meinem Sohn die Erlaubnis mit aus dem Thor zu gehen nach der Liepe und sich initiiren zu lassen. Brahl war so klug ihn davon zu dispensiren weil das Waßer ein wenig zu hoch war. Mein Sohn bleibt also als Zuschauer am Ufer, Brahl und
    Kinder
gehen wie gewohnt ins Waßer, u letzterer versäuft auf der Stelle – Das Schrecken für den Gesellschafter u armen Zuschauer können Sie sich leicht vorstellen. Zum Glück ist Brahl ein resoluter Mensch – aber all sein Eifer Mittel zur Erweckung des Ausgefischten zu verschaffen waren fruchtlos; u er hatte eben so leicht sein eigen Leben als ich meinen Michel einbüßen können. Auf Ihren PfingstEinfall zu kommen, bester Herder! so bin ich bey allem guten Willen ein völliger imbecille u zu allem untüchtig. Zu einer zweyten Auflage der Sibylle würde sich der Versuch über die
    Ehe
nebst den
    hierophantischen Briefen
am besten schicken. Letztere sind so fehlerhaft abgedruckt, daß ich selbige gern restituirt sehen möchte. Aber als Verlag des Hartknochs muß ich erste Erlaubnis von ihm haben und habe Anfrage auch schon gethan. S. 8 ist
    sondern
eben kein Schreibfehler, weil
    mehr als
=
    nicht nur
seyn soll, und in Fragmenten auch die Verbindung mehr in der Reyhe der Gedanken bestehen darf Der Titel ist mit Fleiß antiquo more Inscriptionum ohne Abtheilung. Hesychius ist meines Wißens der einzige welcher das Wort erhalten u Clericus hat es durch קוץ
    wacht
u אמפץ Hamphets
    seyd unschuldig
aus dem Hebr. u. Syrischen hergeleitet. Les Hierophantes
    congedioient
le peuple en criant
    Conx
et
    Ompax
, termes barbares qui montrent que ces Ceremonies avoient été établies par des gens qui parloient une autre langue que la Greque etc. Bibl. Universelle Tome VI. p. 86. 87. Ces mots signifient en Phenicien
    Veiller
et ne
    point faire de mal
etc.
Stark hat des Hesychii επιφωνημα nicht eben von einem Congé verstehen wollen sondern scheint es eben so wohl von einer Initialformel auslegen zu können. Nach dem letzten Buch des Apuleii entließ der heil. Schreiber mit einem Αφεσις λαοις, welches in den Noten zu Erasmi Colloquiis (Pietas Puerilis) mit des Diaconi: ite, missa est verglichen wird. Morem hunc mutuati sunt Latini Χstiani ab Ethnicis: olim enim post celebrata mysteria Isidis dicebat Scriba: λαοις αφεσις. Sie werden sich wundern, liebster Herder, daß ich soviel im Wäldchen allegiren kann. Mein kleiner Junge schleppt mir alle Bücher zu. Nun aber auf das zu kommen, was ich selbst ausgeheckt habe: so hoff ich das ganze Wort aus der Thibetschen Sprache noch aufzulösen. Des großen Lama Religion ist ein Phänomen, das meiner Hypothese günstig ist. Ein gewißer Engl. Stuart hat noch neulich eine
    heidnische Theokratie
in ihr gefunden. Alle Götzen waren entweder Geschöpfe oder todte Menschen. Hier ein lebendiger Mensch. Aus einem zufälligen Allegato des Tom XV. der Lettres edifiantes, die hier nicht aufzutreiben sind, habe ersehen, daß Kon-cio oder Konx = Gott ist. Om komt gleichfalls unter den göttl. Beywörtern vor und ich hab es außerdem gefunden in 2 heiligen Formeln, welche im 1. Theil der aus Pallas Reisen bey Hartknoch ausgekommenen
    Merkwürdigkeiten
S. 237. 248. Om ma wi pad me chum u. Om a chum. In Clerici Abhandl. habe noch 2 mystische Wörter gefunden
    Uie
und
    Tokuie
,
die er aber aus dem Griechischen herleitet u das erste durch ὑε
    regne
und das andere durch Δεχου υετον,
    empfang den Regen
. Beym ersten Wort sah man gen Himmel u bey dem andern schlug man die Augen zur Erde. Proclus in Timaeum Lib. V. soll diese Wörter haben. Meursium habe noch nicht auftreiben können versprech mir aber aus dieser Qvelle noch mehr als aus Clerici seiner, die Meiners zwar voraus setzt aber nicht scheint ganz genutzt zu haben. P. Georgi Alphabetum Thibetanum ist hier nicht zu haben und ich hab es mir eben so sauer werden laßen um die Bibl. Universelle, die ich hernach unvermuthet an 2 nahen Ortern fand. So geht es mit
    Suchen
und
    Finden
. Das Motto fol verso des Titels ist aus Phaedr. Lib. V. Fab. 5. Bey einer zwoten Auflage könnten die Abschnitte in §§. verwandelt werden. p. 3. § 1. S.
    Apologie des Ordens der Freymäurer
S. 159. 160. 151. 173. 195. 156. 180. 152. 176. 167. – §. 2. S. viertes Fragment in Leßings Beyträgen S. 390. p. 4. – (*) S. Göttl. Sendung Mosis Theil II. S. 314. ad verba:
    Cooper
    thut ihm zu viel
(**) Zu der
    engl
. Note wird noch ein Sternchen zugefügt u zur 2ten Note gemacht, wie diese letztere 3 Sternchen bekomt, und am Ende oder zu Anfang der dritten Note *** hinzugefügt.
    Hephästion
S. 20 p. 5. §. 3. S. Meiners – – Theil III. S. 164. 321. 168. 184. 185. 205. 198. 200. 169. 208. 299. 303. 227. 309. 205. 323. 248. 190. 189. 191. 205. 206. 281. p. 6. Statt Dämonax ließ: Demonax. Δημωναξ. Nach der neuen Orthographie könnte es auch mit ä geschrieben werden. p. 7. §. 5. S. den 15sten Brief des Theokles in Mendelsons philosophischen Schriften. Theil I. S. 133. S. Leßing über den Beweis des Geistes u der Kraft. p. 13. §. 9. ad verba: Complementum artis exorcisticae – visum – –* – Autore F. Zacharia Vicecomite. Mediolani 610. 8vo (Dies ist noch ein Buch aus unsers Robert Robertin Bibliothek, der es in Ital. gekauft und seinen Namen eingeschrieben.) p. 15. §. 11. ad verba National Weinlese u Erndtefeste)* S. Will. Clarke’s Connexion of the Roman, Saxon and English Coins & Lond. 767. 4o p. 68. p. 16. § 12. S. Steinbart’s Philosophie des Χstentums. (Geht auf die Stelle eines Cabinetsschreibers aus S. Soucy die in der Dedication angeführt wird) p. 17. – S. Leßing’s Ernst u Falk.   p. 28 aufgehoben wird –) claudatur Parenthesis p. 29. §. 21. S. Leßings nöthige Antwort. §. 22. S. Kgsb. Zeitung St. 103. von 1778. Noch p. 14. §. 11. Der locus communis steht in Lib. II. de Leg. und le Clerc merkt an: Lorsque Ciceron a ecrit cela il semble avoir eu dans l’esprit un passage d’Isocrate qui se trouve paraphrasé dans les paroles de l’Orateur Romain. S. Bibliotheque Universelle Tome VI. p. 124 (39) statt mysteria dicendi lies dicendi mysteria Cic. de Orat. I. 47. p. 18. Was hat der Tempel Gottes für eine Gleiche mit den Idolen und der Tisch und Kelch des Herrn was für Gemeinschaft mit dem Kelch dem Kelch u. Tisch der Dämonen – Sic p. 29. könnte (si lubet) dies widerholt werden – noch unterscheiden den Leib des HErren vom Kelch u Tisch der Dämonen:   p. 28.
    ohn daß sie wißen was sie Böses thun
. Eccles. IV. 17. Sie sehen, liebster Gevatter daß noch nichts zur
    zweiten Auflage
reif ist. Proclum habe selbst und den Anfang gemacht aber noch nichts gefunden. Gronovii Tom. VII. erwarte tägl. von der Altstädtschen Bibl. um Meursium p nachlesen zu können. Gesetzt daß ich auch die
    Sibylle
zusammennähme mit den
    hierophantischen Briefen
(die wirkl. ein Ganzes ausmachen,) so würde der Bettel doch höchstens 9 Bogen betragen. Will Hartknochs Antwort und vielleicht die Aufnahme des Gegenwärtigen abwarten. Vielleicht giebt mir eine Beurtheilung Anlaß mich beßer zu erklären, wenn ich erst weiß, was ich eigentl. aus einander setzen soll. An nichts sonst habe denken können – und meine ganze Arbeit im Anfang dieses Monaths besteht darinn die schuldig gebliebene Antworten zu berichtigen. Endl. hat Gevatter Asmus auch zum ersten mal in diesem Jahr an mich geschrieben. „Fr. Rebekka thut so dicke, als wenn sie ein par nobile fratrum im Käficht hätte“ Baron Budberg wird hier durchgehen. Er ist mein erster u liebster Zügling, hat auch eine Reisebeschreibung nach dem Schlangenbade geschrieben, die ich noch nicht zu Gesicht bekommen. Ein Sohn von Carl Berens lernt hier die Handlung. Weder Geist noch Leben zum Schreiben; hab mich in meine Stube zurückgezogen. Es will aber nirgends fort. Habe heute den Brief der Galater in Koppens Ausgabe zu Ende gebracht, das Buch von unserm Oberhofprediger Schultz geliehen der mit der jüngern Tochter des seel. p Buchholtz Bräutigam ist. Noch wenig Neues von der Meße erhalten. Mit Kanter ist es gantz aus und Hartung hat so wenig als mögl. stehe auch in gar keiner Verbindung. Nächst Semmler hat mir Moldenhawer’s Widerlegung am besten gefallen. Leßings Name wird kaum ohne einen Fleck bleiben. Wie steht’s mit der Fortsetzung seines Ernst u Falk? Keine Hofnung? Nach einem vermuthl. blinden Gerüchte würde hier Bahrdt an Kypke Stelle erwartet. Gott schenke Ihnen Gesundheit, Seegen u Leben nebst viel Freude. Laßen Sie mich so bald nur mögl. Antheil daran nehmen. Man wird in Morungen auch drauf warten. Ich hab mich auf den 1sten huj. wie ein Kind gefreut, und nun wird mir Zeit u Weil lang den 18 – den 25 – den 27 – den 28 zu erleben. Ein halb Jahrhundert anzutreten ist doch aller Ehren werth – und noch mehr eins überstanden zu haben. Den 9 Aug. Nachdem ich des Tages Last und Hitze und lange Weile getragen habe, begab ich mich nach der Stadt um meine rückständige Antworten nach der Schweitz, Osnabrück u Wandsbeck an Mann oder vielmehr unter die Haube zu bringen i. e. unter Couvert. Beschloß mit Hippel, den ich seit langer Zeit nicht besucht und wegen einer Geldsache zu sprechen hatte. Hier kam ich wie geruffen zu 3 Schnitt Melone u eben so viel Spitzgläser Burgunder. Zugleich erfuhr einen traurigen Umstand, der vielleicht unsers Lotterie Director Kanters Schicksal entscheiden dörfte. Und so begab ich mich am Magen gestärkt und mit einer neuen Ladung sympathetischer Grillen zu Hause um diesen Brief zu schließen. Und womit? Mit Wünschen? Die können Sie sich leicht vorstellen – und werden einem ehrlichen Mann eben so sauer, als Drohungen. Der Vater, der ins Verborgene siehet, sey liebster Herder! Ihr Vergelter und Ihr
    großer Lohn
öffentlich!!! Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Verehrungswürdigen Hälfte, meiner Frau Gevatterin. Sie bauen Ihr Haus, wie Rahel und Lea – und Gott gebe mir das letzte Glück, ein Augenzeuge des Ihrigen zu werden. Ich umarme Sie im Geist und ersterbe gantz der Ihrige. Johann Georg H. Im Proklo habe p. m. 293. folgende Stelle heute gefunden von der Heyrath des Himmels (Uranus) mit der Erde – και ἑn τοις Ελευσινιοις ίεροις, εις μεν τον Ουρανον αναβλεποντες, εβοων
    Ὑέ
,καταβλεψαντες δε εις την Γην,
    Τοκύε
. P.S. Mich wundert, daß Ihnen nicht die Dithyrambische Wortfügung S. 10. befremdet hat. Eigentlich sollte es heißen: Die andächtige Mummerey, zu welcher die einzige Religion – herabgesunken, war – Die Anspielung auf eben derselben Seite bleibt Ihnen ein Rätzel ohne meine Ausgabe der Pucelle d’Orleans, wo im 13 Chant folgende Stelle steht: Il contemploit le spectacle celeste De tous ces Rois accouplés bout-à-bout: Charles II. sur la belle Portsmouth George II. sur la tendre Yarmouth Et ce devot Roi de Lusitanie, En priant Dieu, se pâmant sur sa mie, Et ce Victor, attrapé tour-à-tour Par son orgueil, par son fils, par l’amour. Mais quand, au bout de l’auguste enfilage Il apperçut, entre
    Iris
et son page
  vermuthl. Pr. Amalie Perçant un cu, qu’il serroit des deux mains Cet auteur roi, si dur et si bizarre, Que dans le Nord on admire, on compare A Salomon, ainsi que les Germains Leur Empereur au César des Romains – Dem allen ohngeachtet hat es Wohlstand u Politick erfordert, ein Eloge auf V. elaboriren u declamiren zu laßen im Namen des Allerchristl. Salomons in Norden. Zu pag. 30. wäre folgende Stelle aus Retz hinlängl. Chaque Monarchie a son
    mystere d’état
: celui de la France consiste dans une espece de silence religieux et sacré, dans lequel on ensevelit, en obeissant presque toujours aveuglement au Roi, le droit que l’on ne veut croire avoir de s’en dispenser que dans les occasions où il ne seroit pas même de leur service de plaire aux Rois & –
Lieber Gevatter, Freund und 50.jähriger Alter, Ich muß ja noch den guten Monat August mit einer Nachricht des Guten beschließen, das er mir und uns allen, die wir ihm gut sind, aufs neue gebracht hat; ich weiß, daß Sie sich mit uns freuen. Ihr Brief vom 8. kam den 20. hier an, da eben von meiner werthen Frauen die erste Vorlesung der Offenb. geschah, die am 1213. am Tage unsers
    Augusts
im Ganzen glücklich zu Ende gebracht war. Er war mir ein gutes omen und eine Erquickung auf meine Arbeit: im Wäldchen geschrieben, ward er vor der Stadt im Wäldchen über einer Quelle aus dem Felsen, wo der Mond durch die Blätter lauschte, gelesen u. Sie zu Ihrem Geburtstage zum Voraus gesegnet. Wir wusten nicht, daß dieser davon ein Zeuge seyn würde, wovon ers jetzt geworden ist, nehml. von der Taufe unsers 4.ten Sohnes,
    Karl Aemil Adelbert
, der 3. Tage vorher den 25. Aug. an meinem Geburts u. Verlobungstage, Abends zwischen 10–11. und also fast in meiner Geburtsstunde gebohren ward. Gebohren, wie es der Eclogendichter nur singen kann – die Mutter war bis 7. Uhr Abends im Walde; als ich 10. Uhr zurückkam, glaubte sie noch selbst nichts und glaubte es fast nicht, da sies sah. Sie stand auf, verjüngt wie eine Blume u. ists noch und der Knabe mit ihr: still wie der jetzige Himmel zu Tag und Nacht, ein lieber, sanfter, heitrer Knabe. An Ihrem Geburtstage ward er getauft u. der Geburtstag unsers ältesten beschloß Alles. Die Mutter ließ mir am Morgen des Meinigen einen Blumenteller aus Gottfrieds Gärtchens nebst einem Blatt Glückwunsch, darauf die 7. Sterne der Offenb. standen, durch alle 3., die ersten Sterne bringen und siehe am Abend war der 4.te in natura da; sie hofft auch zu Gott, daß es ihr an den 3. übrigen nicht mangeln werde. Statt Glückwunsches, lieber H., kann ich Ihnen nichts als diese Nachricht schreiben: ich weiß, Sie zeichnen diesen neuen Stern mit seinem Tauftage in das Gebet Ihres Geburtstags ein u. freuen sich mit uns, wie wir uns an Ihnen freuen. Ihr 50.tes Jahr, lieber Presbyter, sei mit Ehre, Freude u. Segen gekrönt: dies wünsche ich und alle die Meinen. Meine Frau empfielt sich Ihnen herzlich u. ich bin, mit Aufschub weiterer Antwort auf Ihren Brief Ihr ewigtreuer Herder Den 29. Aug. 79. Georgis Alphab. Tibet. habe ich, u. wünsche es zu Ihnen herüber: denn ich kanns hier von der Bibl. haben. Es steht viel crudes, aber doch auch merkwürdiges darinn: ich hoffe, Gelegenheit zu finden. Die Offenb. wird hier gedruckt: nehmen Sie sie als ein Geschenk von der Hand Ihres Pathen, an deßen Tage sie vollendet worden. Der Himmel hat sie mir reichl. vergolten.
Ich kann doch keinen würdigern bessern Zeitpunkt wählen Ihnen, theurster Hamann, zu schreiben, ein paar schwache Töne des Danks für Ihren lieben Brief u. der Nachricht von Kaufmanns leiden- u. segenvollem, hohen aber saurerkämpften Segensvollem Leben zu Ihnen hinüber zu hallen als eben den heutigen feierlichen Abend. Ich bin zu St. Klarensegg, einem herrlichen edlen Siz am Bodensee der unsere Wohnung werden soll – seit etwa 6 Wochen treiben wir, neml. unser Friz, ein Neveu von Fr. Elisa ein talentenreicher, zu sehr vielem Guten fähiger, thätiger, lieber Junge von 19 Jahren, 2) unser Georg, ein Knabe von 13. ein naives gesundes, rohes Kind der Natur, der Sohn eines wackern unbegüterten Bürgers von Wint. u. 3) ich – allhier unsere Junggesellenwirthschaft – Kaufmann geht ab u. zu, läßt das ganz neue noch unausgebaute Haus oder Schloß einrichten, zurüsten u. wir sind so seine unnüzen Handlanger u Stellvertreter. Eben hat er, der theure liebe Hausvater nach ein paar mühevollen, auch durch unsere Ungeschicklichkeit u. durch Ärgeres (denn wir sind oft von fatalen, unseligen Passionen besessen u. sind faule u. böse ungerathene Kinder die wohl einer scharfen Zuchtruthe bedürften) sauer u. bitteren Tagen uns wieder verlaßen, sein Weib u. die übrigen lieben Seinen im Hegi zu sehen u. neue Lasten mit ihnen u. für sie zu tragen – Ich kann nicht anders, ich muß, bester Hamann, Ihnen gleich grade sagen welche Wunde der Herr ihm geschlagen, welch unersezbaren Verlust Er über ihn verhängt hat. Lieber, Theuerster! Ihr Pathe, das herrliche kraft u. geist volle liebathmende englische Kind, das reine frohe holde Engelchen ist von uns geschieden, nach 3 Tagen u. Nächten entsezlichen Leidens starb was an ihm sterben konnte – aber die Liebe, die Unschuld die himmlische Heiterkeit blieb selbst noch auf dem blaßen starren Antliz englisch huldreich ausgedrückt – entzückte noch jeden ders sah – u. linderte mit sanftem Balsam die Wunde des tief ge leidenden, in vielen der ihn umgebenden noch unendl. bitterer leidenden Vaters. Der Herr hats gegeben – genommen – sein Name sei gelobt – war seine Losung: es wußte noch nicht was Sünde war u. mußte so peinl. leiden, das Engelchen (jezt darf ichs so nennen, weils lebte durft ich nicht) leiden für u. durch unsere Sünden: aber Gott sei gelobt der ihm Ersaz ist u. sein wird – Bitter ists dem liebenden Vater, der alles was er thut, ohnehin nicht für sich, sondern für andere, mit Hintansezung seines eigenen, nicht niedrigen Vortheils, thut, u. die süßeste seligste Rücksicht auf sein Kind dabei hat, alles auf den holden Jungen referirt, in allem des Gedankens sich freut, bald wirst du dieß Instrument für deinen Sohn ins Kleine machen laßen, bald ihm mit der Natur in den u. jenen, unmittelbaren u nachgeahmten, großen u. kleinen Produkten allmählig in frohen Gesprächen bekannt machen – dich freuen seines Wachsthums, der Kräfte die in ihm sind – der Gesundheit die – – – u. schnell die Blume vom Verderber angefressen – welkt dahin fällt ab – all das herrliche, der edle, reine feine Bau den Würmern Preis – wird Staub – Aber der Herr wird über dem Staube stehen u. wird ihn beleben – im hohen Triumphe edler höher reiner, stärker hervorrufen – die Blume steht neu, steht in vollkommenerm Zustand, in erhöhter Würde wieder auf – Leer ists um mich u. öde – Ach lieber Hamann! es sind Menschen um den liebevollen, allen mit Dulden u. Würken wohlthuenden lieben Vater, die sein angefreßenes, wundes, krankes Herz noch mehr zertreten, wie Hunde zerreißen – ach u. es ist ihm so seelenlich wohl, wenn auch nur einer ist der aufnimmt seine Liebe – der fühlt einen Theil seiner Leiden – u. leider sind sie selten, wenige die reinen Antheil nehmen – Ach wenn er so oft in der Nacht erwachte, Sehnsucht fühlte nach Gütern die droben sind – die die Welt nicht kennt u. nicht giebt – da fühlte er oft um sich, suchte, fand sein Kind, die Engelsseele, im Bettchen schlafend oder an der Mutter Brust – u. fühlte Trost u. Labung – Und dieß ist dahin, wird ihm nimmer ersezt – nimmermehr auf dieser Erde – der Erstgeborne – dahin! – Aber zum Wiederaufkeimen im beßern Leben, in seligerm Zustand – Verzeihen Sie bester Hamann, Sie fühlen in meinen kahlen Worten unendl. mehr als drin liegt – was sind Worte – u. wer bin ich – dieß zu fühlen oder zu fühlen zu geben dem ders nicht schon selbst beßer fühlt. Merkwürdig u. tröstlich ists für den guten theuren Vater daß er just noch zu seinem vorgeahndeten Ende kommen den lezten reinen ruhigen Hauch auffaßen mußte – zwei Tage hatte er dem holden Liebling abgewartet – Arzneien u Pflege würkten vortrefflich – aber es war beschloßen im Rathe des Wunderbaren der wohl thut wenn er schlägt, des Züchtigungen Segen u. Wonne sind dem Treuen. Am dritten Tage mußte der Vater sich losreißen, der innern Stimme gehorchen, seine Gegenwart allhier war nöthiger, als er wißen konnte – er kam frühe die 5 Stunden daher, gieng Abends späte fort – war kaum eine halbe Viertelstunde wieder da, so schied die theure Seele. Acht Tage vorher, an seinem Geburtstag gab er ihm die erste Nahrung außer der mütterlichen Brust u. vier drei Wochen vorher, an seinem eigenen Geburtstag ward ihm die Gewißheit daß Gott sein Weib gesegnet, sie ungeacht sie immer noch dem Knaben seine einzige Nahrung reichte, zu neuer Mutterwürde gestärkt hatte. Den lezten Augstm. in der gleichen Stunde da vorm Jahr die Schmerzen der Gebärerin anfingen entscheidend u. heftig zu kommen, verließ er Klarensegg, eilte seinem Weib u. Knaben zu, ich begleitete ihn 1 ½ Stund weit, bis zu einem Kloster, deßen große herrl. Aussicht uns Beweis war von dem Gefühl der Stifter – so verschieden von dem was die jezigen Inhaber sind – Es war ein seliger Abend, fast wie der heutige – Rührung u. Liebe u. warme gute Entschlüße in meinem eine Zeit her meist abscheul. kalten Herzen u. kaum waren wir ¼ Stund weit voneinander so empfieng K. mit seinem treuen Schimmel der ihn vollends heimtragen sollte, Ihren lieben Brief an mich u. freute sich u. eilte in warmem Liebesgefühl – Sie, bester Hamann, nahe, werth u. innig fühlend der Hegi Heimat zu – Den andern Tag war stille reine Geburtstagsfeier des lieben theuren Knaben: er gab ihm Brod, Apf u. ein Süppchen, u. herrl. wars wie ers mit frohem Appetit u. reiner Begierde genoß – beschnitt ihm seine Haare, nahm seine Silhuette – zum ersten mal – was er dann von Zeit zu Zeit wiederholt u. als Symbol des Wachsthums aufbehalten hätte. Ich möcht Ihnen gern, liebster theuerster Hamann, unsern künftigen Wohnsiz schildern das neue, edle, geräumige Schloß mit 25 Zimmern am Fuß eines steilen Berges deßen hohe Tannen u. Foeren Ehrfurcht u. Schauer erwecken; ein kleiner Bach rauscht neben uns über Felsen daher, einige kleine Waßerfälle brausen bei stiller Nacht bis in unsere Ohren, fruchtbare Reben stehn zur Seite u. vorne bis vollends an den See deßen klares Wasser zu allen Zeiten in Sturm u. in Ruhe, bei trübem u. heiterm Himmel den schönsten Anblick macht. Gegen über kleine anmuthige Hügel mit Dörfern, Schlößern, Kirchen, Städtchen, so wie das dißeitige Ufer bedeckt, mit Waldungen gekrönt, an deren Fuß Wiesen, u. unten an denselben auf jener Seite meist Fruchtfelder so wie auf der unsrigen Weinberge – In blauer Ferne sehn wir hohe herrliche Alpen u. näher kleinere Berge mit unzähligen blinkenden Wohnungen der Menschen. Ein edler Mann der lange Zeit in Frankreich gelebt, der Welt u. ihrer Geschäffte müde war, wählte sich diesen Siz um sein Alter in froher Ruhe zu verleben, ließ das neue Schloß in franz. Geschmack bauen – erlebte aber nicht seine Vollendung welche seiner Familie, in Besorgung eines wackern in Steckborn ¼ Stunde von hier wohnenden Vettern u. nun K. aufbehalten war. Still u. rein u. froh ist der Eindruck den der Anblick des Hauses macht, ganz harmonisch mit der ganzen sittsamen Gegend. K. wirds wohl thun hier entfernt vom Gewühle der Welt, die, wie es einem vorkommt, der Antheilnehmung eines beßerfühlenden Menschen täglich unwürdiger, zurückstoßender, unempfänglicher wird, seinen Nächsten, seinen Wenigen u. in Hoffnung der Zukunft sich zu leben. Die Welt liegt im Argen – erst kürzlich haben wir zu so vielen, vielen alten Proben, schröckliche neue gesehen. Einige derer für die K. am meisten gethan, am meisten aufgeopfert hatte, für die er am meisten treue, wohlwollende, hoffnungsvolle Liebe fühlte, deren er sich in der Nähe u. Ferne, beim Publikum draußen, bei Monarchen u. Gelehrten u. s. w. u. wieder in FamilienAngelegenheiten in moralischen, phys. ökonom. polit. Verhältnissen mit beispielloser Treue u. Thätigkeit angenommen, denen er auf so vielen Seiten Segen sein sollte u. wollte, – sind auf die schändlichste Art an ihm undankbar, treulos geworden. Diese Leute sind auf einer Seite in die unseelige schriftstellerische Berühmtheit – Autorsucht – u. auf der andern in die in Schwang gehende sentimentalische Koketterie die da ein Weiblein ums andere gefangen nimmt, das Nervlein der Eigenliebe u. andere feinere u. gröbere Nervchen hoch spannt u. sie am Ende ohne Befriedung in Mangel u. Oede u. Verzweiflung sizen läßt – verwickelt. Des treuen Freundes Stimme warnte, seine Hand bot Hülfe dar, ward zurückgestoßen, u. doch wollte man seiner Dienste auch seiner Liebe noch genießen, er predigte, rief so lang er sollte, wie sein Warnen ward überlästig u. der Geist der in der Finsternis der Passionen herrscht, sucht von dem an, sich an ihm zu reiben – an ihm, d. i. an den Seinen, seinen Nächsten, Anvertrauten – Schon lange hatten sie ihm sein Allernächstes, Allerliebstes, seinen zeitlichen Ruhepunkt entweiht, das edelste geraubt, besudelt, ihn im Heiligsten betrogen – nun muß er sehen die krummschleichende glatte gleißende Schlange mit ihrem Geifer bespeien, alles worauf er zu würken Pflicht hat, zerstören sein Werk für das er Nacht u. Tag leiden wachen, kämpfen, sorgen Berufs halber
    muß
– Alles unter feiner, frommer Maske – der Liebe, der Ehrlichkeit mit Sündenbekenntnis u. Betheurung guter Absicht u. vieler Achtung u. Verehrung gewürzt – u. er muß schon das mörderische Unternehmen des Erzschalkes in den Herzen der unglücklichen, untreuen von ihm so treulich geliebten – ob das Marter ist – Hemmung, peinl. Hemmung in seinem nicht eigengewählten Kreise – doch ihm wirds wohl thun u. thut ihm schon izt wohl, so entsezl. bitter es ist – Ach könnt ich Sie hineinführen, in den Abgrund von Leiden – u. ins Mitgefühl – – auch der Seligkeiten die ihm dadurch einst – reicher Ersaz – zufließen – Ahndend fühlen Sies vielleicht schon – Noch eine merkwürdige Ereignis muß ich Ihnen erzählen, die nichts geringeres als Gefangensezung u. strenges gerichtliches Verhör betrifft. Vorm Jahr schon als K. von seinem kalten Fieber kaum aufgestanden war, sich zuweilen durch einsame Spaziergänge von physischem u. moralischem Drucke zu erholen suchte, begegneten ihm einmal einige Arme die ihn um ein Almosen ansprachen. Weil die Leute ihre Taschen u. Säcke voll Brod hatten, so fragte sie K. – u. sonderl. um natürl. Weise die Leute kennen zu lernen, zu wissen, wer die seien denen er wohl thue ob würdig oder nicht – warum sie bettelten da sie doch Brods genug hätten? Ach jammerten sie, es gehört hievon das wenigste uns u zu dem wirds alle Tage ringer. Das Brod ist neml. eine oberkeitl. milde Stiftung aus einem gewesenen Kloster, Namens Töß, für die Armen auf der Landschaft; ein Amtmann aus dem äußern Rath der Stadt Zürich hat allemal 6 Jahre die Verwaltung davon. Exemplarische Genauigkeit ist selten, man ist froh wenn sich nur keine grobe Malversazion zeigt. K. bestrafte die Leute als Undankbare, Unzufriedene, er habe so viel gutes von des jezigen Amtm. Verwaltung gehört – wenn sie gegründete Klage hätten, sollten u. dürften sie sich grad u. dreist an ihn wenden: er wollte u. würde es selber für sie u. mit ihnen thun – nur wollte er erst die Sache untersuchen, das Brod wägen &. Sie versprachen ihm Brod an einen gewissen Ort, zur Untersuchung zu bringen. K. ließ die Sache verschloßen, ruhen; wartete lange vergeblich. Endlich begegnete ihm das gleiche zum zweiten mal. Ein Mann der sich hauptsächlich deshalben mit ihm unterhielt versprach ihm ein Brod an einen dritten Ort zu bringen, gerührt, weinend, schied der gute Arme von K. – Auch der blieb lange außen. Von ungefähr traf ihn K. wieder, sagte ihm es scheine doch seine Klage sei ungerecht gewesen. Ach nein, im Gegentheil, er werde ihm bald Proben darweisen können. – Indeßen kam ein HE. Schwager von K. der in Zürich Almosenschreiber ist, ein genauer Bekannter u. Freund, was man so nennt vom HE. Amtm. zu Töß – der erzählte viel von deßen guten Einrichtungen &. K. nahm ihn auf die Seite u. sagte ihm was ihm desnahen begegnet sei – er mögt nun von der Nachricht Gebrauch machen, nach Gutfinden. Der Gebrauch den er davon machte, war, in einer Stunde da der Amtm. auf Besuch im Hegi war, man beiderseits von gutem Hegi-Kazensteigler 74.er wohl erwärmt, für einander gespannt war, dem Amtm. sans autre zu sagen, er möge sich gewahren, es werde über seine Brödlein geklagt. Der Amtm. ist ein reicher, aufgeblasener, hiziger Kerl, ein gewesener Mezger, deßen Vater untreuer Verwaltung wegen ehr- u. wehrlos gemacht worden – Er schwieg. Der HE. Schw. Almosenschr. begleitete ihn nach Hause. Im Wagen wo sie fuhren kochte beim Amtm. die Nachricht wieder auf – plözl. fuhr er heraus es sei kein anderer von dem es komme als HE. K. – dieß ward ihm nicht geläugnet – nur suchte HE. Almschr. – da er das wütende Feuer sah, ängstlich zu löschen, mochte aber, wie leicht zu erachten, nicht reüßiren. Am Auffahrtstag, da K. in stiller, feiernder Liebe bei den Seinen saß, gegen Abend kam ein Brief von HE. Amtm. Hausinformator, einem jungen Geistl. in äußerst impertinentem Ton verfaßt – u. von HE. Amtm. bekräftigend unterschrieben, des Inhalts daß HE. K. wider ihn ehrenrührige Verleumdungen ausgestreut habe, deshalben nun sich legitimiren oder HE. A. Satisfakzion schaffen solle – K. antwortete ihm mit ruhiger ausführlicher Erzählung des ganzen Verlaufs u. schloß es sei also klar er sei der Zuversicht HE. Amtm. werde keiner andern Satisfakzion als dieser geraden, einfachen Erzählung bedürfen – darin nichts beleidigendes u. noch weniger etwas diffamirendes sich zeige – alles unter einzelnen Personen &. – HE. Amtm. ließ antworten mit einer noch impertinenter abgefaßten Aufforderung den armen Mann der über ihn geklagt, zu nennen, damit er zur Strafe gezogen werde – K. antwortete ihm mit den Gründen die es ihm als einem Menschen, dem der Arme in der Wärme seines Herzens seine Gedanken anvertraut, der der einzige sei, welcher davon wisse, der unmögl. so lang er menschl. fühle zugeben, oder Ursache sein könnte, daß der Mann mishandelt &. würde, – da er kindl. unschuldig u. doch vor weltl. Richter strafbar sei, da des Klagens über Druck u. Gewalt beim Landmann schon übergenug, – die Strafe des Mannes die Unzufriedenheit nicht heben sondern erbittern würde, – da selbst mehrere aus dem Orden der bestellten Wahrheitslehrer, sub rosa gleiche Klage führen, u. doch keiner zum Vorschein komme – & unmögl. machten den Mann zu nennen – am besten sei es sich mündl. mit HE. Amtm. zu unterreden – er ritt gleich nach dem Boten hin – explizirte sich dem HE. Amtm. meinte ihm die Sache begreiflich gemacht, seine Hize, die sich in abscheul. Erbitterung gegen den armen Mann, in Drohungen &. äußerte gedämpft zu haben – Kaum meinte K. die Sache abgethan, den HE. Amtm. beruhigt zu wissen so kam eine neue u. aber eine neue Aufforderung den Verleumder zu nennen, wo nicht selbst für den Urheber gehalten u. als solcher vor M. Gnäd. HE. in Zürch zitirt zu werden. Lezteres geschah. Die Gnädigen Herrn wurden durch HE. Amtm. berichtet, geriethen in ein abentheuerl. wildprasselndes Strohfeuer, schrien u. polterten von Reputazion des Staats, der gemeinen Verwaltung, von Arrest in Ketten u. Banden, von Folter, von Ehr- u. wehrlos machen, Bannisiren u. s. f. in infinitum: der Hauptgrund war wohl der mit, daß manche der HE. sehr begierig gewesen waren das Lux mundi K. von dem sie viel gehört, viel wunderbares erwartet, u. sehr gern ein Zeichen der Unterthänigkeit, Verehrung &. gesehen hätten bei sich zu sehen, seines Weihrauchs zu kosten. Sintemal aber solches nicht K. Sache ist, der als der nicht gerne civium potentiorum limina betritt, so fand sich die Bastartschwester der ächten Selbstliebe sehr gekränkt u. die sämtl. Hochgeachten Herrn sehr bereitwillig alle widrigen sonderl. aus K. lieber Vaterstadt hinüber dünstenden Gerücht u. Gerüchte von Donquischotterie, Schwärmerei, &. aufzufaßen u. sich darnach zu stimmen. Zween Männer waren die noch ein Bißchen moderat stimmten, richtet auch unser Gesez jemanden eh er & – – kurz K. wurde vorgeladen, u. erschien zur bestimmten Zeit vor einer Deputazion von 6 HE. aus den Häuptern der Stadt u. aus dem innern Rath, welche sämtl. erstaunten statt des Wunderthiers einen Menschen von gesundem treuem, wohlwollensvollem, u. vestem Sinne zu sehen, der – so wie schon in den allherumzirkulirten Briefen an HE. Amtm. – kindlich reine Wahrheit so schlicht paßend ad rem mit – himmlischer Ruhe – aus freier Brust kraft u. liebe voll aussprach. Erstaunen auf Erbitterung, Achtung auf Erstaunen, u. hierauf bei jedem dems gegeben war Liebe – dabei aber große Verlegenheit. Der Buchstabe des Gesezes forderte Namsung des Urhebers der unerweislichen folgl. so wahr sie auch war, verdamml. Anklage – forderte Arrestirung des vor, der nicht namsen wollte; Bestrafung seiner statt deßen den er der sc. gerechten oberkeitl. Ahndung vorenthielt, Ehrenerstattung dem hochgeachteten HE. Ehrenmitrath u. s. m. Sie baten, demonstrirten, deklar insinuirten K. alles was sie wußten u. konnten – Er hatte nichts drauf zu sagen als er könne keinem Unschuldigen ein Leiden u. Strafe zuziehen das ihm am allerempfindlichsten – das die Frucht der Unbesonnenheit eines Dritten u. Vierten u. auf manche Seiten hinaus von den schädlichsten Wirkungen sei. Ich bin politisch strafbar, politisch ungehorsam, Sie sind polit. Richter – ich erwarte unterwürfig polit. Strafe – moralisch gehts freil. anderst – &. so kams daß K. 14 Tage lang arrestirt – aufm Rathaus zu Zürich oben über der Stube wo gemeinen Stands Anliegenheiten behandelt werden, Urtheil u. Recht über Gut u. Blut ergeht – in honorabler Gefangenschaft harren mußte. Manche polit. Kenntn. seines Vaterlands, mancher Anlaß auf seine Nächsten in Zürich wohlthuend zu würken, u. die herrl. Aussicht auf den reinen klaren See u. über Stadt u. Landschaft hinaus in 7 Reihen herrl. Schneegebirge – waren ihm einige Entschädigung für die Entreißung aus dem häusl. Kreise von dem er nur sein treues Weib u. das englische Kind mißte – mit neuem Entzücken wieder umarmte – u. gesegnet ward mit Hoffnung eines zweiten Himmelspfandes – Gewiß haben noch niemals die Gnädigen HE. so viele u. dreiste Wahrheiten gehört als bei diesem Anlaß aus K. Munde. Seine einzige Sorge war auch nur die seine Seele rein u. unbefleckt zu erhalten, der guten Sache nichts zu vergeben, u. mit willigem Herzen auszuhalten was auf ihn fiele, lieber als zuzugeben, daß dem unschuldigen Armen im geringsten was Widriges begegne: u. die Macht an der er sich zu allen Zeiten hält, gewährte ihm sein sehnliches treues Wünschen. Niemand fühlte noch verstand ganz seinen Zweck, sein Betragen, aber heilige innere Ruhe belohnte überschwenglich die reine edle Treue. Gegen 25 Mk. Silbers u. eine Ehrenerklärung die er selber abfassen durfte, auch Unkosten Ersaz ward er quitt. Ich muß schließen, bester Hamann! nur noch Ihnen aufs angelegentlichste die Beförderung eines Unternehmens empfehlen zum Besten eines braven guten Wint. Bürgers für den sich K. sehr intereßirt, eines Mannes der ungemeinen Fleiß Treue u. Sorgfalt für seine Familie u. in seiner Kunst hat, der mit Gefühl u. Sinn arbeitet, eine gute Anzahl anlagenreicher Kinder treul. erzieht u. dessen Talent bisher von dem Eigennuz der HE. Buchh. gedrückt nie in seiner wahren Sphäre wirken durfte. Er kann u. wird viel u. sehr Gutes liefern, wenn er Unterstüzung findet. K. macht wünschte um mehrer Zwecke willen sehr, ihm recht starken Abgang zu prokuriren. Thun Sie, was mögl. ist, bester, ihm hierin zu helfen.
Königsb den 17 7br 79. Herzlich geliebtester Freund, Die Nachrichten von Ihrer Erholung haben mir viel Freude gemacht; Einl. hält ebenso gute Nachrichten vom August, an denen Sie auch Antheil nehmen werden. Wird der Anfang des Dio Cassius auf Michaelis fertig seyn zur
    Probe des versprochenen
und zu erwartenden? Ich habe des Uebersetzers Ankündigungen in Büschings wöchentl. Nachrichten u der neuen philol. Bibliothek gelesen. Als Leser gähn’ ich ein sympathetisches tanto hiatu dignum! Es ist immer der Mühe werth eines Versuches. Sie werden aber aus den Anmerkungen an das Publicum, sich auf ähnliche Wagstücke als Verleger gefaßt halten müßen. – Mein schwindlicher kranker Kopf macht mir zu schaffen. Ich habe mir an meinem Geburtstage nichts anders zu gutthun können als daß ich mir Ader gelaßen. Acht Tage drauf den 3 Sept. hatte ich die unerwartete Ehre 3 Excell. in meinem kleinen Hayn Mamre zu sehen. Die Gräfin von Kayserlingk mit dem Grafen von Görtz u Ihrem Gemal. Der mittelste erqvickte mich mit Nachrichten aus Weimar, Erfurt u Darmstadt. Er ist ein großer Gönner u Verehrer unsers Landsmanns u Gevatters und Seiner Costa. (Verzeyhen Sie mir dieses Gichtelsche theosophische Wort) Ich freue mich auf die Apocalyps. die er am Geburtstage meines Pathen zu Ende gebracht; und wünschte daß er Seine
    Ruhe
zur
    Vollendung Ihrer Urkunde
anwenden möchte. Mein junger Freund B. hat mir die
    Reisebeschreibung des Schlangenbads
zehnmal versprochen, aber ist im Worthalten sehr leichtsinnig. Er entschuldigt sich mit überhäufter Arbeit, daß er mich fast gar nicht mehr besucht. Der kleine Fuchs soll meinem Netze nicht entgehen – Ist an der Reise des Barons v. B. nichts gewesen oder daraus nichts geworden? Ihr Passerius liegt mir immer vor Augen. Ich erwarte noch Ihre letzte Erklärung um die Bibliothekarios mit mehr Nachdruck zu erinnern. Gott laße doch den Anfang Ihrer Genesung von Dauer und Fortgang seyn! Soll Antwort nach Weimar unter meinem Couvert besorgt werden, so werde selbige aufs genaueste befördern. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Gemalin u Familie. Gott schenke Ihnen Allerseits Leben Seegen u. Freude. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr ergebenst verpflichtester Freund Johann Georg Hamann. Der arme Prof. Kreutzfeld macht uns alle besorgt für sein längeres Leben u läuft Gefahr ein zu frühes Opfer der Schwindsucht zu werden. Gestern meldete er mir, die 3 ersten Gesänge seines Hudibras ins reine gebracht zu haben; welches wol ein Punctum der ganzen Arbeit seyn möchte. Und die 3 ersten Gesänge scheinen mir auch wohl der Kern des gantzen Werks im Engl. zu seyn. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / zu /
    Riga
. /
    par fav
.
Kgsb. den 17 79bre 79. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund, Vorgestern mit Ihrem Briefe erquickt und erfreut worden. Einl. nach Morungen in derselben Stunde besorgt, weil die Rigische Post aber bereits abgegangen, die zweyte Einl. heute unter des Schwagers Banco-Dir. Rappolt Einschluß. Nun Gott Lob und Dank! wiederhol ich von Grund des Herzens. Er hat alles wohl gemacht!!! Er
    aber thut alles fein zu Seiner Zeit
Eccles. III. 11. und stärke Ihre würdige Hälfte zur Erfüllung der glücklichen Reben. – Wie ich nach Ihrem apokalyptischen Knäblein schmachte! will das Porto gern doppelt geben, um es bald zu küßen. – Habe die Geburtstage des verfloßnen Augusts vom 18 bis 28 in großer Stille und Ruhe gefeyert; mir an dem meinigen nichts anders zu gut gethan als ein Aderlaß, wozu ich durch eine Schwäche und Schwindel in meinem Haupte genöthigt wurde, welches noch leidet. Acht Tage drauf den 3 huj. wurde durch einen außerordentl. Besuch erschreckt, aber auf eine sehr wohlthätige Art. Ich hatte mich wie gewöhnl. Nachmittags von meiner Loge weggeschlichen und saß ad modum Heracliti in meiner Küche bey einer Pfeife Taback u schwarzen Grütze, als ein Bedienter auf meinem Gehöft des Grafen v Kayserlingk Exc. anmeldete. Ich fu hr zusammen, setzte meine Pfeife bey seite u lief vor die Hausthüre, wo ein paar Ordensbänder ausstiegen – und ein paar Dames, die ich bald darinn sitzen gelaßen hätte, weil ich meiner Sinne gar nicht mächtig war und einen der schwersten Anfälle den ganzen Vormittag vom Schwindel ausgehalten hatte. Die Gräfin Kayserl. Exc. gab sich endl. zu erkennen, daß Sie auch Lust auszusteigen hatte – und weil ich meine Mädchen mit ihrer Nätherin in der Stube voraussetzte, bat ich unter dem Schatten im Garten; denn es war der schönste Sommertag. Zum Glück kam noch ein Fauteuil zu rechter Zeit für den Grafen Kayserlingk. Die übrigen setzten sich auf die schlechten Bänke. Nun war die Rede bald von Weimar und vorzügl. von
    Ihnen
und
    Ihnen
– Ich fieng mich an aufzumuntern als wenn ich mit Eau de Lavende beträufelt würde. Die ganze Unterredung währte eine kleine Stunde. Man bat mich den Tag drauf zur Tafel, welches ich wegen meines Taumels im Gehirn förmlich abschlug, ob man mir schon eine Kutsche anbot. Nachdem ich meine Linnen gewechselt hatte, befand ich mich, ohngeachtet dieser u jener Grillen und Nackenschläge so gestärkt u erleichtert, daß ich den andern Tag halb geführt halb avtomatisch mich nach dem Gräfl. Hotel verfügen konnte um wenigstens die andere Exc. noch einmal in Augenschein zu nehmen – welches kein anderer war als
    der Ihnen wohl bekannte und treu ergebene Graf von Görz
, welcher nach St. Petersb. als Minister unsers Königs geht. Seit dieser Erscheinung ist mir meine Mooßbude ein kleiner Hayn Mamre. – Außer allen dem Guten, was Er mir von Ihnen und meiner verehrungswürdigen Gevatterin gesagt und von dem Statthalter in Erfurt und dem Kanzler zu Darmstadt erhielt ich auch einige Winke über den Besuch des Virtuosen – dem Sie so gut scheinen vorgebeugt zu haben – und von der Unzufriedenheit
    Ihrer beyden Nachbarn
mit ihm, welches alles Balsam für mein krankes Haupt war. Vor einer Stunde fand ich von ungefehr in Meusel
    Briefe eines Prinzenhofmeisters über Basedow
p die ich mir sogl. aus dem Buchladen habe holen laßen. Sie scheinen Seiner nicht unwürdig zu seyn. Da ich vermuthlich Ihrer Freundschaft, bester Herder, diesen ganzen Besuch zu verdanken habe: so wünschte ich einige Winke über diesen Staatsmann und wie er an unsern Hof gekommen und ob er sonst als Autor unbekannt ist. Er hat mir einen Gruß an Sie aufgetragen und mir, wenn ich nicht irre, zu verstehen gegeben, daß Sie ihm noch eine Antwort schuldig geblieben wären. Wie komt er zu dem Namen
    von
    Schlitz
, Graf Görz? Ist er mit der Schwedischen Familie anverwandt? Den 18 – Ich habe gar nichts sonst, Ihren angenehmen Nachrichten entgegen zu liefern, bester Gevatter. Mit meinem letzten Freund hier Kreutzfeld scheint es auch auf die Neige zu gehn. Er war in den Ferien auf ein acht Tage in Pillau bey unsrer gemeinschaftl. Freundin Me Courtan Schwager, Seiff, und scheint einen Ausbruch einer zehrenden Krankheit und schwindsüchtigen Hustens mit gebracht zu haben. Er wohnt in der Löbnichtschen Langgaße, die mir ohnehin fatal ist weil ich zween Sonntage nach einander die ersten heftigen Anfälle des Schwindels in dieser Straße – und also so weit für mich als ich für ihn, daß unser Umgang also allmählig absterben wird. Das letzte mal meldete er mir noch in seiner Krankheit die 3 ersten Gesänge des Hudibras ins Reine gebracht zu haben, worbey es wohl sein Bewenden haben möchte. Die Probe der Petersb. Uebersetzung scheint seiner eben nicht nachtheilig gewesen zu seyn. Ist Ihnen nicht der Verfaßer davon bekannt. Anfängl. vermutheten wir den dortigen Dichter Nicolai; aber es war ein anderer Buchstabe statt des Namens. Am Geburtstag Ihres ältesten Sohns nahm ich Akens Theorie der Opfer vor und hab selbige auch zu Ende gebracht. In der Schreibart des Manns ist eine Nüchternheit, Reife, Sorgfalt, daß ich den Kern dieser harten Nuß noch nicht aufgeben kann. Mir war Angst, daß Sie dies Werk öffentl. wie inter nos beurtheilt hatten: aber Sie bewundern – oder bedauren blos, daß dieser deutsche Chrysostomus in seinem Pathmos sich so hat verirren können, vom Ursprung der Opfer auf eine so mystische Art zu schreiben. Ich habe die Samml. seiner heil. Reden mir endl. aufgetrieben und im ersten Bande schon einige Aufschlüße seiner Schreibart u Beziehungen auf jene Theorie gefunden. Können Sie mir nicht
    eine Nachricht von des Mannes Leben u Schriften
anzeigen. Ob seine Propagien herausgekommen und seine Origines nichts aufschließen? Nun wünschte ich, liebster Gevatter, daß Sie auch Ihre Ruhe zur
    Vollendung der Urkunde
anwenden möchten, oder wenigstens eine aufrichtige Erklärung, ob Sie
    den Willen haben dies Werk zu krönen
– wenigstens durch Vollendung des
    Umrißes von Ihrem Plan
. Der Gräfin Kayserlingk habe Ihre
    Lieder der Liebe
geben müßen nebst den
    Betrachtungen über das
    Universum
.,
weil Gr. Görz von beyden Autoren nicht guts gnug zu sagen wuste, nicht als von Schriftstellern sondern als von
    Menschen
und
    Thätern
. Er schien Ihr Buch noch nicht zu kennen, auch nichts von der zweyten Ausgabe des Universums zu wißen. Ist selbige
    vermehrt
oder
    geändert
ausgekommen? Vielleicht läst sich sein Problem ohne Chymie sinnlicher durch die Pudenda der göttl. u. menschl. Natur als den Mittelpunct ihrer Vereinigung auflösen. Wenigstens thut jedem sein Steckenpferd auch auf der Reise zum Himmel gute Dienste. – Sollten Sie wirkl. eine Antwort dem Minister schuldig seyn, und selbige für nöthig finden nachzuholen: so erinnern Sie sich
    wenigstens meiner im Lachen
. Denn Sie können leicht denken, daß ohne eine
    Gährung
aller meiner Lebensgeister die Sache nicht abgelaufen ist. Dergl. paradoxe Einfälle sind freylich ein kleines Gegenmittel meiner Schlafsucht, die vielleicht sonst in eine völlige Apoplexie übergehen möchte – aber doch nicht hinlänglich – vt quae semel intus Innata est, rupto iecore exierit caprificus. En
    pallor seniumque
Endl. hab ich auch einmal Heinckens Briefe über die Stummen zu lesen bekommen und verlange sehr nach der Fortsetzung. Meine Ahndung draus zu lernen ist befriedigt, u gereizt nach der Fortsetzung. Was gegen Kl. Orthographie erschienen, ist hier gar nicht zu haben, und weiß nicht ob es der Mühe werth. Der I. Band von Mätzchen liegt schon ein vierteljahr bey mir; weder den 2ten noch sein neues Buch zu sehen bekommen. Mit unsern beyden Buchladen ist es fast aus. Bey K. gar nichts u. bey H. alles vergriffen, was ich durch die dritte Hand suche, weil ich selbst dort nichts zu thun haben will. Stellen Sie sich einmal vor, daß Semmler nicht einmal in unsern Buchladen gewesen außer den wenigen Exempl. die der Kanzler von Korff zur Subscription gesammelt. Das Exempl. das ich gelesen, brachte ein Reisender aus Berl. mit. Ich suche nach Meursii Eleusinia schon seit Jahr u Tag, sind nicht einmal auf der Schloß Bibl. noch Gronovii Antiqu. die ich schon ich weiß nicht wie lange von der Stadt Bibl. erwarte und nicht erhalte. – Eben erhalte von Gevatter Matthias einen Kupferstich seines Ehrensprunges mit der Nachricht von der glückl. Ankunft seiner Augusta Ernestina Wilhelmine am 2 huj. Nun hab ich auch in
    dieser
Woche alles Gute für das ganze laufende Jahr erhalten und will selbige mit stiller Freude u Ruhe beschließen, und herzl. Dank an den Geber aller irrdischen Unterpfänder himmlischer Menschenliebe und Wollust. Den 28 Sept. Ich war den vorigen Sonntag zu Hause geblieben um diesen Brief endigen zu können; aber ich habe nicht eher an die Fortsetzung gehen können als heute. Verhinderung von außen und innen gehabt, auch zum Theil einen Einschluß aus Morungen erwartet, aber umsonst. Drey Tage die Lauberhütten in der Synagoge gefeyert, mit vieler Andacht und Empfänglichkeit zu Betrachtungen über den Geist u den Leichnam Mosis. Weil ich meinen eigenen Geburtstag nicht gefeyert, gestern meines Johann Michels, der nun in sein 11tes Jahr Gottlob! geht. Den 6 Oct. Da kam D. Holtzhauer, der neul. aus Halle an des seel. L’Estocq Stelle gekommen – und bald drauf HE von Auerswalde jener Eques Prussicus! der mich einmal mit des Gagliani Dialogues beschenkte und erfreute. Den andern Tag besuchte mich Prof. Kreutzfeld p Den dritten Tag war ich nach verrichteten Stunden auf Caffé in eine Lauberhütte eingeladen; Sonnabends feyerl. in die Synagoge und des Abends bey HE Friedländer. Sonntags zu Mittag bey HE Seeligmann mit meinem Sohn, der das Hebr. Buchstabiren die Woche glücklich angefangen hatte. Montags besuchte mit eben demselben Kypkens Bibliothek, wovon Kreutzfeld den Catalogum besorgt, mit dem ich schon dreymal vergebens wegen dieses Zuspruchs Abrede genommen. Gestern hab ich mich den ganzen Nachmittag bis Abends zu umtreiben müßen, beym Creys Richter, Advocaten und längst aufgeschobenen Besuchen und mit unterlaufenden Geschäften. Da haben Sie, bester H. eine ganze Woche meines langweiligen, kunterbunten, zerstreuten Lebenslaufs. Gottlob! mein Schwindel hat sich ziemlich gelegt; aber mein Kopf ist voller Nahrungsgrillen, gelehrten Cruditäten und piis desideriis, daß mir übel und weh wird in diesem stabulo Augeaelänger Othem zu schöpfen. Bey dieser innern Gährung und äußern Stockung vergeht einem alle Lust und Liebe – Die Briefe über die Liebe des Vaterlandes sind wol kaum des Ansehens werth, und unter aller meiner Erwartung. Ihrentwegen bin veranlaßt worden auch das Eloge auf Voltaire anzusehen und Zedlitz Vorlesung über den Patriotismus. Hier ein Gegenstand der Erziehung und dort vielleicht ein Finanzmittel. O wenn Sie doch Ihr großes Gesangbuch durch Hartung oder Hartknoch besorgt hätten um die bösen Geister zu vertreiben, zu beschwören oder zu verräuchern. Doch vor allen Dingen wird Ihr apokalyptisches Knäblein ein wahrer Lebensbalsam seyn – wie kalt Waßer einer durstigen Seele. Sie wollen Ihre Hypothek vergrößern, liebster Gevatter! Durch ein neues Anlehn Ihrer Thibetschen Grammatik. Ich zweifle etwas darinn zu finden; mag aber die Witterung nicht eher aufgeben, als bis ich von ihrer Nichtigkeit überführt seyn werde. Meine gänzl. Unvermögenheit auch nur einen Strohhalm zur Freude Ihres Nestes beytragen zu können würde für meine Empfindlichkeit noch niederschlagender seyn, wenn selbige auf nichts als einen heimlichen Bauern u BettlerStoltz hinausliefe; ich habe aber das gute Vertrauen, was Sie sSelbst haben., daß hier etwas mehr in petto liegt. Gott und die Zeit werden alles aufklären, und sollte es hier nicht geschehen, doch gewiß dort. So viel zu meiner Beruhigung – Ich denke an diese und jene Arbeit, ohne dazu kommen zu können. Alle Ihre Aufmunterungen sind auch hierinn verloren. Sie sehen daß ich kaum einen Brief zu schreiben im stande bin. Alle meine Freude einen Sohn von Karl Berens hier zu haben, auch diese ist zu Waßer geworden, ohn daß ich weiß, woran es recht liegt. Ich seh ihn fast gar nicht, er verspricht immer zu kommen und hält niemals Wort. Ein Zug, der mir unausstehlich und meiner ganzen Natur zuwider ist. Verzeyhen Sie mir, bester Herder! daß ich alle Kleinigkeiten die mir auf dem Herzen liegen, gegen Sie ausschütte. Meine ganze gegenwärtige Lage besteht aus dergl. Triebsand, in dem ich wate. Ich schreibe dieses nicht Sie zu beunruhigen, sondern mich zu entschuldigen, nicht nur zu entschuldigen, sondern gar zu rechtfertigen. Και ειρηκε μοι: Αρκει σοι — ἡ γαρ δυναμις μου εν ασθενεια τελειουται. Ἡδιστα ουν μαλλον καυχησομαι — — Denn dies sind die wahren Sehnen, Spannadern und Triebfedern meiner Autorschaft und ihrer Convulsionen und Krämpfe – Nun fahren wir Gottlob! alle vierspännig. Wäre ich in Weimar bey Ihnen; Gevatter Matthias käm zu Fuß aus Wandsbeck. Was für ein trifolium! Was für ein Jubilaeum für mein 50stes Jahr – – Nun, Seelenfreund! bitt ich noch einmal um Ihr apokalyptisches Knäblein – lieber Porto als francogratiosa coeli rosa, krank und glimmend erwart ich seiner. Ist Ihr lieber ältester wieder völlig hergestellt? Ich hoffe es; auch Graf Görtz dacht an seinen Zufall. Wenn ich nicht explicite nach ihm mich erkundigt: so ist es implicite bey jedem Morgen und AbendSeegen geschehen. Gott erhalte und stärke Ihre liebe Hälfte, meine Verehrungswürdige Frau Gevatterinn und Freundin u Gönnerin zu den dreyfachen Schmerzen, die Sie als ein wahrer Ritter von Rosenkreutz Ihr noch zugedacht haben. Ich hatte Ihr auch ein Mandel Zeilen zugedacht; aber was sind Feder und Tinte für leidige Werkzeuge, wie St. Johannes wohl wuste! Wohl Dir, Du hast es gut – wie die Pfeile in der Hand eines Starken, also werden gerathen Deine vier junge Knaben. Wohl dem der Seinen Köcher derselben vollhat. Sophiechen hat noch keinen Zahn, befindt sich aber nach Wunsch, wie alles übrige Gott sey Lob und Dank. Ich umarme Sie und all die Ihrigen mit aufrichtigen warmen Herzen und ersterbe Ihr alter Hamann. Den 7 8br 79. Wißen Sie mir nichts von unserm alten Layenbruder zu erzählen. Er soll ja Wittwer seyn. Wie heißen seine Stiefkinder? Was macht der wirklich Geheimte Rath Göthe?
Kgsberg am Michaelistage 79. Geliebtester Freund, Ich habe mich seit einiger Zeit mit dem Schwindel geqvält; im übrigen steht alles in meinem Hause Gottlob! wohl. Einlage giebt mir Anlaß ein paar Worte zu schreiben, wiewol ich Ihnen nichts Neues zu melden weiß. Von Kraus unserm Landsmann habe erst ein einziges Briefl. aus Göttingen erhalten und warte längst umsonst auf eine Antwort der meinigen. Die Frau Consistor. Räthin habe neulich besucht bey Gelegenheit eines Besuchs aus Morungen. Der junge Skubich, der hier im Colleg. Frid. ist, hat bey Ueberbringung der Einl. meinem Sohn Michael gestern einen Besuch abgelegt; und so machen es die Jungen wie die Alten. Sie haben wol keine Muße dazu; unterdeßen fehlt es auch dem fleißigsten Zuhörer nicht an langer Weile. Wenn Sie mir auf allen Fall schreiben, so melden Sie mir doch, mit
    wem
unser Landsmann nach G. gegangen; denn ich weiß es noch diese Stunde nicht – Heinckens Briefe über die Stumme und Taube ist eins von den besten Büchern, die ich von der letzten Meße gelesen, und läuft auch in Ihr Fach. Versäumen Sie doch nicht den Mann kennen zu lernen, damit Sie mir etwas zur Ergänzung des Schriftstellers bey Ihrer Zurückkunft erzählen können. Habe noch wenig von der Ostermeße meine Neugierde befriedigen können. Bey K. ist nichts u bey K H. fehlts an allem, sogar an Semler u den physiognomischen Reisen. Mein Landsmann, Gevatter, und Erz- oder vielmehr Goldfreund zu Weimar ist an seinem Geburtstage den 25 pr. mit dem 4ten Sohn und Gevatter u Freund Asmus den 2 huj. mit der 4ten Tochter erfreut worden. Wir fahren jetzt also alle drey vierspännig – Ich bin den 27 pr. in mein 50stes Jahr getreten und habe mir an selbigem Blut gelaßen und darinn bestand die ganze Feyerlichkeit. Meines Sohnes Geburtstag ist vorgestern in Gesellschaft der Mlle Stoltz, Pr. Kreutzfeld und Brahl, aber ohne einen Tropfen Wein noch Blut begangen worden. Mit dem hebr. Alphabet u Ernesti Initiis habe zugl. den Anfang gemacht. Was meine alte verwünschte Muse anbetrift, so wartet sie mit Schmerzen auf das P. Georgi Alphabetum Thibetanum und hoffe in 24 Stunden so gelehrt zu werden als es mir just vor jenen 7 Jahren mit unsers lieben Bayeri Museo Sinico gieng – vt repente sic poeta prodirem, wie mein alter Schooßdichter sagt. Und hiemit Gott empfohlen zum
    baldigen Widersehen
. Währender Zeit bitte sich dann und wann, so oder so, zu erinnern Ihres alten Freundes Johann Georg Hamann. Empfehlen Sie mich allen guten Freunden. Hans Michelchen, Lisette Reinette, Lehnchen Käthe, Marianne Sophie in petto thun ein gl. ein jedes nach seiner Art. Einnehmer u Nachbar Lauson, von dem ich Mundlack zu diesem Brief holen werde, soll nicht ermangeln den Vorschuß seines Andenkens baar zu machen. Adresse mit rotem Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
    Berlin
.
Abzugeben in des HE D. Kurella / Hause auf dem Werder / in der alten Leipziger Straße. / par fav.
Kgsberg den 19 Oct. 79. Herzlich geliebtester Freund, Da ich eben mit dem Gedanken an Sie zu schreiben arbeitete, erhalt ich heute die Antwort durch einen Einschluß auf den Hauptpunct meiner Unruhe – die aber durch die traurige Nachrichten von Ihrer Gesundheit und dem Krebsgange derselben vermehrt worden. Ich habe gegen das Ende dieses Sommers heftige u ängstl. Anfälle von Schwindel gehabt, die Gottlob! etwas nachgelaßen. Aber zur Sache. Seit dem 18 May hab ich Ihnen den 2 Aug. u 17 Sept geschrieben. Der erste Brief wurde von mir dem jungen Berens vertraut, enthielt einen Einschluß nach Petersb. an unsern Freund Arend nebst einem illuminirten Exemplar meines Konxompax. Der letzte Brief enthielt einen Einschluß vom Gevatter aus Weimar und die Nachricht seiner Freude über seinen vierten Sohn. Ich hab es ihn dem HE Banco-Dir. Rappolt zugeschickt, der mir die Besorgung deßelben versprach. Beruhigen Sie mich doch mit erster Post ob Sie diese Einl. erhalten haben. Ohngeachtet Sie mich explicite dieses Einschlußes erwähnen: so vermuthe ich doch, daß Ihnen dieser Brief zu Handen gekommen. Wünschte aber doch gewiß zu seyn wegen des Herderschen Einschlußes. Meine Vermuthung, daß der erste Brief vom 2 Aug. nebst dem Einschluß an Arndt u dem ihm bestimmten Exemplar der Fragmente verwahrloset worden, ist jetzt leider! bestätigt – und ich bin dadurch zugleich ein Augenzeuge von der traurigen Gemüthslage dieses jungen Menschen geworden, der mir seit dem 4 Julii wo ich ihn zum erstenmal in meinem Hause gesehen, vielen geheimen Kummer gemacht. – Auf seine widerholte Versicherung, daß Ihr sein Comtoir mit jedem Fuhrmann Sachen nach Riga zu bestellen hätte u er gleichfalls, vertraute ich ihm die paar Bogen u die beiden kleinen Briefe an, die sich länger als acht Tage bey mir herumtrieben theils wegen meines Schwindels, theils weil auf seinen Besuch wartete um selbige zumachen zu können. Er kam nicht u kam nicht bis zum 15 Aug. Währender Zeit hatte ich selbst meine Amtsgeschäfte dazu gebraucht um die Leute dieses Comptoirs ein wenig näher kennen zu lernen, und meine Versuche, die alle eine Beziehung auf die Lage meines jungen Freundes hatten, machten mich für ihn besorgt. Er beklagte sich sehr über des alten Kenkels Grobheit, über den Zwang in seinem Hause, war aber desto zufriedner mit HE Bruinvisch. Meine Vermuthung, daß durch eine gar zu strenge Gebundenheit nur heiml. Ausschweifungen u Niederträchtigkeiten befördert würden, ward durch seine Winke bestätigt. Dieselbe Woche sprach er noch ein paarmal in meinem Hause an, aber mit einer großen Eilfertigkeit u Versicherung vieler Arbeit, auch wiederholten Klagen, daß er in allem zu kurz gehalten würde. Hierauf blieb er gar aus bis zum 10 Sept. wo ich ihn eben begegnete, als ich aus dem Packhofe ein wenig zu Hause ansprechen wollte. Ich glaubte, daß er durch ein Misverständnis oder Misfallen so lang entfernt geblieben und hatte Ursache mich über ein offnes Billet, das er durch einen Langgaßenträger mir zugeschickt hatte, ein wenig zu beschweren. Weil er aber mich mit offnen Armen umfieng, ein Flußfieber vorgab, und sein Ansehen kränklich aussahe, vergaß ich alle meine kleine Vorwürfe und freute mich ihn zu sehen. Frug nach meinem Briefe und erhielt die Versicherung, daß selbiger abgegangen wäre. Denselben Nachmittag ist er wider in meinem Hause gewesen, hatte sich des Claudius Werke u den Belisaire ausgebeten von meinem Sohn mit dem Versprechen mich den nächsten Sonntag zu besuchen u vielleicht den ganzen Tag bey mir zuzubringen. – Ich wartete aber umsonst einen Sonntag nach dem andern. Endlich erfuhr ich daß er einmal angesprochen war des Morgens, da ich eben mit Hanschen in die Kirche gegangen war, auch mit dem ungewißen Versprechen widerzukommen, ohne es zu erfüllen. Vorigen Donnerstag den 14 h. komt ein Gesell von HE Br. zu mir auf die Loge um sich zu erkundigen ob der junge Berens bey mir wäre, und meldete mir zugl. die Besorgnis seines Herren, bey dem er sich ausgebeten hatte um sich mir entdecken zu können, weil er gantz tiefsinnig, mismüthig u krank wäre. Wie wir zusammen sprachen, entdeckte er daß er nach dem Holl. Baum zu gieng und mein Haus vorbeygegangen war. Bald darauf versicherte er mir daß er umkehrte und ich führte ihn in mein Haus. Er beklagte sich unter vielen Trähnen über den Zwang in dem er lebte, und daß ihm HE Kenkel nicht einmal die Sonntage auszugehen erlaubte. Seine Krankheit bestünde in Ohnmachten – Da ich eben eine Gans am Spieß hatte: bat ich ihn den Mittag dazu bleiben. Er schlug es mir ab, und ich versprach seinethalben mit beyden Herren zu reden – Wie ich zu Hause kam zum Eßen, fand ich ihn aber noch da. Mittags wie wir aßen, kam wider derselbe Geselle von Br., wie ich vermuthete in der Absicht, zu sehen, ob er wirklich bey mir war. Ich ließ mir die Erlaubnis ausbitten meinen Patienten den ganzen Tag bey mir behalten zu können, gieng in Gesellschaft eines guten Freundes nach den Bureaustunden ein wenig aus und begleitete ihn wider bey mir nach Hause um den Abend zubringen zu können, woran ich aber verhindert wurde, weil derselbe Bote ihn abholen kam. Der gab mir aber andere Nachrichten von seinen Ohnmachten – Den Tag drauf erfüllte ich mein Versprechen Br. zu besuchen. Hier hörte ich lauter Dinge die mich beunruhigten. Sein Bruder der Doct. hatte seine Zufälle untersucht, und erklärte sie für ein innerl. Epilepsie, die alle Nächte ihn so beunruhigte, daß er die Wände kratzte. Er gäbe vor, diese Zufälle nur ein paar mal in seinem Leben gehabt zu haben, nach seiner Abreise aus Memel bekäme er selbige beynahe tägl. Er hatte ihm die Ursache davon in einer geheimen Begebenheit anvertraut, die mir zieml. unwahrscheinl. vorkommt. Bey dieser Gelegenheit gab er mir zu verstehen, daß sich ein paar Bogen bey ihm herumgetrieben die Fragmente hießen und die von mir zugehören müsten, weil ich mit eigener Hand Anmerkungen dazugeschrieben hatte. Ich spitzte die Ohren und konnt mich auf nichts besinnen – bis mir endl. das Exemplar einfiel, das zu Ihrem Briefe gehörte. Ich war also eben willens deshalb an Sie zu schreiben, als ich Ihre heutige Zuschrift erhielt. Der Grund des Uebels mochte nun seyn, was er wollte: so billigte ich Br. Vorsatz nach Riga von allem Bericht zu ertheilen – und mir fehlten noch 2 Dinge, neml. den
    alten Kenkel zu kennen
und ein Augenzeuge seiner der
    epileptischen Zufälle
zu seyn. Diesen Vorigen Sonntag frühe holte ich ihn ab, unterhielt mich lange mit dem Buchhalter allein, der neben ihm schläft und von seinen Zufällen auch mit viel Antheil zu reden schien. Des Patienten eigener Wahl zufolge gieng ich mit ihm in die Schloßkirche und verabredete mit ihm, daß er den ganzen Tag in meinem Hause zubringen sollte. Er war willig dazu, gab aber vor, des Abends bei Ihrer SchwiegerMama eingeladen zu seyn. Wie wir aus der Kirche kamen, wollt er zu Hause gehen um noch Geschäfte zu verrichten. Ich begleitete ihn selbst, sprach mit dem alten Kenkel, der von Contract, von der bösen Welt und den Pflichten eines Lehrburschen ein Haufen mir vorschwatzte, das ich halb gedultig halb ungedultig hörte, und endl. die Erlaubnis erhielt ihn mit nach Hause zu nehmen. Ich stellte mich mit dem alten Pharisäer zufriedner wie ich war, um dem jungen Menschen mehr Vertrauen zu ihm zu machen. Bey dieser Gelegenheit versicherte er dem Br. daß die beyden Bogen bereits längst abgegangen wären. Heute als ich Ihren Brief erhielt, lauf ich zu Bruinv. Der mir mehr als e Ein Schwert wider sich in die Hände gegeben hatte. Der
    junge Werther
war nicht zu Hause, alles war auf einen Paroxysmum angelegt und ich so gut ich konnte gefaßt ein Augenzeuge davon zu seyn. Endlich kam er. Auf meine Frage und Bitte nichts als die Wahrheit zu sagen, weil an allem nichts gelegen wäre und alles ersetzt werden könnte, behauptete er mit allem Trotz die Briefe besorgt zu haben mit einem Fuhrmann von dem er überführt wurde, daß er schon im Julius abgereiset war. Und hierauf fieng sich ein so grotesques Theaterspiel an – aber keine Ohnmacht erfolgte, sondern es blieb alles bey dem gewöhnlichen Paroxysmo eines
    Kindes, das sich booßt
Kurz es war eine Carricatur von den 100 Scenen, die ich an meinem leibl. Bruder erlebt; und die ich so ziemlich zu dechiffriren gelernt habe ceteris paribus, denn mein seel. Bruder hatte keine Schauspieler Talente. Ich empfieng einen Sohn von HE Karl Berens mit der Wärme eines Vaters und mit aller Offenherzigkeit eines alten Freundes. Ich kann ihm nichts zur Last legen als einen
    unglückl
. u mir sehr
    verhasten Fehler
von dem ich nicht weiß wie er dazu gekommen ist – deutsch herauszusagen: das verfluchte Lügengeschwätz von dem ich auch vermuthe daß wie es bisweilen aus Gewohnheit u Nachahmung böser Gesellschaft, also auch mehr aus einer Krankheit der Einbildungskraft entstehen kann, ohne Antheil des Gewißens. Seine ganze Exclamationes waren nichts als Mord und Todschlag; seine Billets doux blos Plane zur Flucht nach Engl. um dort Soldat zu werden.    besuchte mich Sonntags Halter den ich lange nicht gesehen und dessen Besuch mir gewünscht habe, vorigen Sonntag. Ich entdeckte ihm alles was ich wußte – mit der
    ausdrückl. Vorschrift
, sich an alles was ich ihm sagte nicht zu kehren sondern die Sache selbst mit seinen Augen u Ohren zu untersuchen, da er einen näheren Beruf dazu hatte. Ungeachtet er meine Vertraulichkeit ein wenig gemisbraucht, war er aber doch auch heute der Meynung mit der ersten Post zu schreiben und auf baldigste Erlösung aus seiner hiesigen Lage anzutragen, die ich auch schlechterdings für nöthig halte. Des alten Kenkels gutgemeinte Absicht ihn an seiner Salbung ein Theil nehmen zu laßen und    durch übertriebne Achtsamkeiten zu vertreiben machen das Uebel nur ärger. Wie sehr ich mit dem
    Vater
und
    Sohn
sympathisire, können Sie leicht erachten.
Bey allem ihren Unrecht sind beyde in meinen Augen entschuldigt. Aber auch hier gehts wie in Jothams Fabel. Der Oelbaum bleibt ein Oelbaum, der Feigenbaum ein Feigenbaum, der Weinstock ein Weinstock; keiner aber hat das Herz, wie der verwünschte Dornstrauch, autaut – Schatten oder Feuer von sich zu geben. Auch
    hier
ist alles in guter Meynung geschehen ohne
    Kenntnis der Sache
und durch
    verkehrte Mittel
. In dem verlornen Briefe war die Rede von Ihrem Passerius, zu von dem mich Prof. Reusch als Bibliothecarius die feste Hofnung macht zu entledigen. Bis gegen Ostern hoff ich wird alles entschieden seyn und es liegt nicht an mir wenn Sie nicht Ihr baares Geld erhalten. Nichts vom Dio Cassius weder auf dieser noch nächster Meße. Gehen Sie pie et caute zu Werk. Nächst den guten Nachrichten von Ihrem lieben Sohn hat mich nichts so sehr gefreut und so unerwartet – als die von Lenz. Ich hatte seine kleine Aufsätze eben vorigen Sonnabend gelesen. Daß Er mein Freund ist hab ich daraus ersehen und glaub es ohne nöthig zu haben einer eigenhändigen Versicherung. Zum Briefwechsel taug ich gantz und gar nicht. Umarmen Sie Ihn in meinem Namen herzlich. Ist er völlig wiederhergestellt oder alles von seiner Krankheit ein Mährchen gewesen? Für
    einen solchen Mann
deßen Vater Gen. Super. in Riga ist, keine
    Aussichten dort zu Lande
! Ich erinnere mich eines Besuchs, den ein Bruder von ihm bey seiner Durchreise ablegte. Taugt Er nicht junge Herren auf Akademien zu begleiten – oder auf Reisen – oder nach Curl. wo ich eine weitläuftige Gönnerin an der Fr. Cammerherrin von der Reck habe – Noch für Ihren Laden? – noch für Ihren Verlag? Ein Privilegium exclusiuum oder privatiuum zur Samml. u Herausgabe aller meiner Operum omnium soll Ihm gleich aus meiner geheimen Canzley ausgefertigt werden. Das ist alles was ich in petto für Ihn thun kann. Das versteht sich am Rande, daß Sie unser Sein Verleger seyn sollen. Gott wolle Ihnen nur Leben und Gesundheit dazu verleyhen. Der brave Pynnow war ein schlechter Schütze, sagt die Sibylle; er traf den Schatten für den Körper. Die beyden cophtische Wörter Sphransch u Saben finden Sie in der neuen Ausgabe der Apologie des F M Ordens p. 180.
    Diese, Meiners, Steinbart
und Lessingiana sind als Mark meiner Fragmente oder das Viergespann meiner Muse. O wie ich nach dem Maran Atha schmachte! Wie gern ich meine letzten Thaler für das Porto hinauswürfe! Verhalten Sie mir ja nichts von allem, was meinen nichtswürdigen Freund und Deserteur angeht. Für mich muß er blos ciuiliter mortuus seyn – aber nicht in petto, in pettoDer Himmel gebe nur, daß meine Vermuthungen wegen der
    epileptischen Lügen
eintreffen mögen. An allem übrigen wäre nicht viel gelegen und könnte leicht zum Besten sämtl. Interessenten gereichen. Laßen Sie Oncle George an dem Innhalt meines Briefes Antheil nehmen. Im Nothfall hätt ich selbst an Ihn oder einen andern Bruder geschrieben. Beruhigen Sie mich doch, und wenn Sie nicht Selbst können, durch unsern Lenz, ob Sie den Herderschen Einschluß erhalten und falls sich auch unvermuthet die für verloren gehaltene Wische finden und wider Vermuthen sich dort umtreiben sollten. Ich empfehle Sie und alle die Ihrigen Göttl. Obhut und ersterbe Ihr treuer Freund Johann Georg Hamann. In meinem Hause befindt sich alles nach Wunsch.
Am Tage Simonis Judae 79. Mein lieber Freund Kraus, Haben Sie meinen Brief vom 7 Aug. erhalten? Sind Sie lebend oder tod? Gestern habe Ihre liebe Cousine als Oberhofpredigerin kennen gelernt, und Sie ist die Muse, die mich schreibseelig macht. Gestern vor 8 Tagen den 20 Oct. ist die Hochzeit gewesen. Den 27 Sept. erhielt ich seinen Bräutigamsbesuch, der die Absicht hatte sich nach Ihrer addresse zu erkundigen, die ich ihm zwar gab aber die er nicht scheint gebraucht zu haben. Ihre Cousine hoft daß Sie Ihrem jungen Mann das nicht übel nehmen werden, was Sie sich Selbst verzeyhen. Freyl. würde ich vielleicht eifersüchtig seyn, wenn ein einziger sich eines Vorzugs rühmen könnte. Aber kein Mensch weiß von Ihnen mehr als ich. Ich bin von einem garstigen Schwindel eine Zeitlang geqvält worden, aber etwas erleichtert; doch wider Anwandelungen davon gehabt. Unser Kreuzfeld scheint auch eine zehrende Krankheit in sich zu schleppen. Mit dem Drittel seiner Uebersetzung ist er fertig und wird kaum mehr leisten können. Den dritten Sept. erschien eine Kutsche vor meiner Thür. Rathen Sie die Gesellschaft? Drey Excellenzen – Ihre vortrefl. Gräfin, der Gemal und der nach Rußl. gehende Abgesandte Graf von Görz, ein warmer Verehrer meines Herders, des Baron v Dahlberg, des Layenbruders zu Darmstadt. Die Gräfin Truchs war Begleiterin. Ich wollte vor Verlegenheit bersten. Ich hatte denselben Morgen einen so heftigen Anfall von Schwindel gehabt, daß ich mich aufgab; aber die Crisis schlug so gut aus daß ich den Tag drauf bey Ihrer Exc. speisen konnte. Daß von Ihnen auch die Rede war, können Sie leicht ermeßen. Wenn Sie mir incognito schreiben wollen, so soll kein Mensch wißen noch erfahren, daß ich einen Brief von Ihnen erhalten habe. Melden Sie mir doch den Namen Ihres Gefährten u. ob Sie den Termin eines Jahrs verlängern werden. Mlle Stoltz ist bey mir und legt einen Gruß bey. Vorige Woche erhielt von Hartknoch die Nachricht, daß
    Lenz
sich in Riga aufhielte u sich als ein sehr bescheidner u liebenswürdiger Mensch dort unterschiede. Sein alter Vater ist General Superintendent in Liefl. Noch einen Gruß vom Clienten Brahl. Haben Sie meinen letzten Brief erhalten, so verstehen Sie den Pfiff des Beyworts. Ich kann es Ihrer Excell. nicht verdenken, wenn die Gedichte ad Acta reponirt. Vielleicht hätte der Brief     Hier wurde erzählt, daß Ihnen des Prof. Kypke Stelle zugedacht und ein Jahr Zeit gelaßen würde sich im Hebr. zu üben. Darnach geht das Gerüchte von D. Bahrdt u seiner Bestimmung hieher. Hofger. Adv. von Voß ist zieml. plötzl. gestorben u Glave hat ihm eine Standrede gehalten, die sehr bewundert werden soll. Leben Sie recht wohl und erfreuen Sie Ihre würdige Cousine mit einem Glückwunsch. Sehen Sie meine Nachricht an als im Namen eines Freundes von Ihm Selbst geschehen. Dem Himmel sey Lob u Dank. Diesen Augenblick erhalte: Maran Atha!Ich küße u. umarme Sie. Flugs zur Antwort geschrieben an Ihren Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn Christian Jakob
    Kraus
/ zu /
    Göttingen
/ in der
    Grünenstraße
.
Den 29 Oct. 79. Mein liebster und bester Herder, Gestern am Tage
    Simonis Judä
Ihr Munus erhalten, da ich eben einen Brief an Claudius zumachen wollte und auch an Sie schreiben wollte, weil ich vor Ungedult nicht länger aushalten konnte. Den Titel hatte schon aus dem Meß Catalogo kennen gelernt. Dies ist die
    erste
und
    einzige
Schrift von Ihnen, die mit meinen Fibern und Nerven recht harmonirt. Ich fieng noch gestern Abends zu einer feyerlichen Stunde an – war im Stande,
    abzubrechen
– und bin heute ausdrücklich den ganzen Tag zu Hause geblieben und habe alles mit naßen Augen und warmen Herzen zu Ende gelesen. In keiner einzigen Ihrer Schriften herrscht so eine
    fromme
und so eine
    gelehrte
Beredsamkeit! Kurz meine Erwartung und Sehnsucht ist nicht nur erfüllt sondern auch, muß ich sagen, übertroffen worden. Zugleich meinen ehrerbietigsten Dank der Frau GeneralSuperintendentin für Ihr sorgfältiges Audiui – denn einige kleine Muttermälchen und Pockengrübchen der Schreibart zeichnen blos, ohne zu verstellen. Ich schüttelte mit meinem Michelchen Surtout u Enveloppe aus, fand aber keine Zeile – vermuthe also, daß die Sechswochen glücklich überstanden – und alles wächst und gedeyt nach Herzenslust und Wohlgefallen. Der arme K. hat seinen Christoph und wir unser Pathchen verloren. Er macht mit seiner Frau einen zieml. Umweg nach seinem Hauchwitz. Heut vor 8 Tagen erhielt aus dem Buchladen eine Nachricht wegen eines Schweitzer Kaufmanns der nach Petersb. durchgegangen und einer Wechselsache, an die ich einigen Antheil hatte nehmen müßen. Den Nachmittag besuchte mich der hiesige Polnisch reformirte Prediger u zugl. Rector Wanowsky mit einer Einl. von Pf. und bey seinem Abschiede kam der Postbote mit einem ganzen Pack von Ehrmann. Letzteres enthielt 2 Probestücke von Schellinger mit weitläuftigen u zum Theil interessanten Relationen unsern K. betreffend – seine
    häusliche
    Schicksale
– und
    politische Ebentheuer
. Zu den erstern gehört die Acquisition eines neuen Wohnsitzes und geräumigen Schloßes mit 25 Zimmern ¼ Stunde von Steckborn am Unter-Zellersee – zum letztern eine Art von Inquisition, die gegen ihn ergangen. Ein wenig Polypragmosyne scheint wohl zum republicanischen Geist und zur individuellen Lage zu gehören. Es liegt aber alles über meinem Horizont und außer meiner Sphäre um die Sache beurtheilen zu können. Was Pf. mir meldt, geht Sie auch an: „Gott hat Licht gegeben über Apok. dem Heß u Lav., ich denke daß ich so sagen darf. Eine Uebersetzung und Commentar in Hexametern, oder so was von L. wirds Ihnen beweisen –“ / Ich halte es für
    Sie
und für
    Jene
gut, daß Sie der Erste sind. – Ihr
    Gesichtspunct
des Ganzen ist recht für mein
    Auge
und mein
    Herz
getroffen – recht für die
    Angeln
meiner
    Philosophie
und Patriotismus – bis auf das
    Rad
im
    Rade
und den Mechanismus dieses göttl.
    Wagenthrons
– Ich habe seit 8 Tagen ein deutsches Wort für das מעשה מרכבה
    opus quadrigae
gesucht, wie ich nun aus einem tollen Scherz unsere 3 Familien nenne, Ihre
    männliche
, Claudius
    weibl
. u meine
    vermischte
. Aus einem
    Wink
S. 296. c.) scheint es mir, daß Sie von Koppen’s Testament eben so wie ich denke. Ich bin eben so mistrauisch gegen den Mann als gegen die Stimme des Publici und desto aufmerksamer auf die Fortsetzung des Werks selbst. Ihr Gesangbuch fehlt mir schlechterdings zu meiner Hausandacht bey Hahn’s Postill, die mir beßer schmeckt als sein N. T. wegen der daselbst angeführten Lieder, bester Gevatter. Ich hoffe daß Sie eine Beyl. davon bey Hartkn. oder Hart. werden besorgt haben, wo nicht erwart ich es auf Ostern 780. Hab ich Ihnen schon gemeldt daß ein Sohn von Karl Berens diesen Sommer angekommen mit einem gewißen Musico Halter den mir Hartknoch empfahl. Ohngeachtet jener keine Anweisung von seiner Familie an mich mit sich brachte, freut ich mich wie ein Kind u liebte den jungen Menschen als einen Bruder. Diese Freude ist mir zu lauter Herzeleid geworden, und ich habe rechte Wehen für den Menschen gelitten in seines armen Vaters Namen und aus eigner Sympathie. Der arme Mann hat schon einen halb gelähmten Sohn und dieser giebt das dummste Zeug an, bekommt epileptische Zufälle, die ich aber zum Glück oder Unglück meistens für Verstellung halte. Glaubte einen ächten Berens an ihm zu finden, nur ein einziger Fehler,
    Lügen
, beunruhigte mich. Ein paar Einschlüße an Hartk. u Arend in Petersb. nebst einem Konxompax für letztern ist von ihm untergeschlagen worden, ohne daß ich wißen kann, wo es geblieben ob es aus Bosheit oder Wahnsinn von dem Menschen geschehen. Ich hab eine schreckl. Scene in seines Herrn Hause u. Bruinvisch Gegenwart von ihm erlebt, wo ich meinen armen Bruder vor mir eine seiner Rollen spielen zu sehen glaubte aber mit mehr Theaterstärke. Vor 14 Tagen erhielte einen Brief von Hartkn. der wider im klägl. Zustande ist, wegen meiner Fragmente mir allerhand schreibt, woraus ich nicht klug werden kann, aber wenigstens ersehe daß er weder Briefe noch Beyl. erhalten. Den Sonnabend vorher bringt mir jemand Lenzens kleine Aufsätze, die ich mit vielem Antheil lese und an sein Schicksal mit rechter Schwermuth denke. Dienstags drauf bestellt Hartk. einen Gruß von ihm, lobt ihn als den bescheidensten liebenswürdigsten jungen Menschen, deßen Vater Gen. Superintendent wäre, aber des Sohns Aussichten schlecht und ohne Hofnung sein Glück zu machen – Ich muß Ihnen sagen, liebster Gevatter, daß ich einen starken Zug für diesen Mann fühle, u bitte um einiges Licht über seinen Character. Hier hieß es, daß er vollends durch Schloßers Behandl. rasend und unheilbar geworden wäre. Desto überraschender war mir die Nachricht aus Riga. Dom. XXII. 31. Oktober 1779 Kennen Sie nicht den Verf. der wahren Lehre des heil. Apostels
    Pauli
    vom Gesetz
? Dies Buch ist heute mein Frühstück gewesen und hat mir sehr wohl gethan. Walchs neue Schrift scheint durch den Streit des Leßings mit Götze veranlaßt zu seyn; und ich freue mich drauf; aber mit unsern Buchläden geht es zu Ende. Bahrdt spielt seine Rolle zu Berl. Man vermuthete ihn hier an Kypke Stelle. Der König will eine Probeschule hier errichten Vorigen Mittwoch besuchte zum ersten mal unsern Oberhofpr. Schultz acht Tage nach seiner Hochzeit mit des Kr. Buchholtz Tochter. Ich bin die lange Zeit über seiner Bräutigamschaft nicht bey ihm gewesen und er ein einzig mal angesprochen. Ich hatte lange schon von einem verunglimpfenden Aufsatz in den Actis Eccl. über ihn gehört ohne mich darum bekümmert zu haben. Eine Abschriften davon lauften in der Stadt u im ganzen Lande herum. Ich erwarte das Stück vielleicht noch heute und nehm an dem Kummer dieses Mannes Antheil, der mir rechtschaffen, dienstfertig und gefällig scheint – Sollte es Ihnen nicht mögl. seyn den Verfaßer dieses Aufsatzes zu erfahren, da diese Acta wo ich nicht irre zu W. verlegt oder gedruckt werden? Erhalt ich das Corpus delicti selbst; so würde ich vielleicht mehr ersehen. So viel ich davon gehört, geschieht dem guten Mann zu viel und Unrecht. Wenn Sie meine Neugierde zu befriedigen im stande sind: so geschieht mir dadurch ein großer brauchbarer Gefalle für meine vaterlandsche Grillen und Verbindungen. Erhalte eben jetzt Michaelis Einl. und habe die Apoc. daselbst durchgelaufen. In einigen Stellen scheint er mir den neuesten Ausleger im Geist geschildert zu haben – pp. 1323. 1347. 1348. – nebst Griesbachs N. T. das ich noch gar nicht kenne, um Ihre Uebersetzung zu studiren. Erster nennt zwar auch Hyppolitum den
    ersten Vertheidiger
der Offenbarung setzt ihn aber ad annum 220. und Melito 170. Nun so wäre der letzte der Erste, wie geschrieben steht. Es mag übrigens mit dem Sinn der Dedication bewandt seyn, wie es wolle: so wünscht ich den neuen Namen eines St. Hippolyts durch ein
    Capitel gegen Cajus
verewigen zu können, an dergl. es kaum unter unserm respectiven Publico fehlen dörfte. Das Verhältnis unserer lieben Schweizer Propheten zu Ihrem Aufschluß ist ein neues Aas für meinen Geschmack. Die Zeit mag lehren, – so ist mir Ihr Buch das Erste, welches ich aus der Fülle des Herzens und Mundes lieben und loben kann. Gott schenk Ihnen so viel Freude, als ich mir noch davon verspreche und bereits genoßen. Der Titel im Meßkatalog machte mich noch glimmender und sehnsüchtiger. – Ich küßte den Brief vor Freuden, und hatte doch nicht das Herz zu lesen noch eher anzufangen als nach meinem Abendseegen – weil ich in der Urkunde und den Liedern der Liebe mehr in Theilen, aber hier im
    Ganzen
einstimmig bin, und ein Ganzes dem feinsten und artigsten Stückwerk vorziehe. Der heutige Sontag zeichnete sich frühe mit einer Waßergalle aus, die richt über meinem Fenster nach Norden an der Mühle auf dem Butterberge stund. Ich habe kaum im ganzen Jahr einen mit so viel Ruhe und Zufriedenheit gefeyret. Den 1 Nov. Mein todtes Tagewerk und demselben ähnlicher Kopf werden mir kaum erlauben. Ich wäre noch gern ein paar Tage zu Hause geblieben, wegen des kümmerl. Monatsschlußes will lieber ausgehen. Haben Sie die Billets-doux über die Liebe des Vaterlandes gelesen? Hier geht alles zu Grunde – Aus Morungen habe noch keinen Laut erhalten, muß dort auch das Kreutz zu Hause seyn. Bin heute in der Vergleichung Ihrer Uebersetzung mit dem Grundtext bis zum 6 Kapitel gekommen. Wenn es der Mühe lohnt, werde Ihnen das Resultat meiner Bemerkungen mittheilen. Mit
    Simonis Judä
ist hier der Herbst eingetreten. Das Land hat nach Waßer gedurstet. Gott seegne Sie mein liebster Melito! mit aellen dem Guten, was Er Seinen Sieben Engeln und den Ueberwindern verheißen – Hier kommt Kreutzfeld, den ich seit 8 Tagen nicht gesehen und hat mir einen Haufen von einem aus Berl. kommenden Freunde Lilienthal erzählt, der nach Memel als Licent-Assessor kommt. Ist Ihnen der Wisch Krata repoa bekannt, welchen ein gewißer Köppen geschmiert. Ich hatte den Kraus deshalb Aufträge gethan aber umsonst und erfahre daß alle die geheimen Wörter Cophtisch seyn sollen. Morgen
    denke
den Man selbst zu sehen und vielleicht auch die Gräfin Kayserlingk mit Ihrer Plastick, um die Sie mich ersuchen laßen; auch Ihre Lieder der Liebe wider heimzuholen. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer aller Gesundheit. Meinen zärtlichsten Handkuß und Empfehl der frommen, schönen, würdigen Männin, Mutter und Gevatterin. Ich umarme Sie und Ihr heiliges Viereck, das ich so oft im Geist sehe – und drauf warte, wie ein blinder Jakob und armer Job – mit diesen meinen Augen – Ist es Ihnen mögl. etwas vom Verf. des Aufsatzes in den Actis Ecclesiasticis zu erfahren und heraus zu bringen: so werd ich unter Ihren Bedingungen davon Gebrauch machen. Liebe, Leben, Licht sey mit uns allen Amen! Gottlob! in meinem Hause ist alles wohl und niemand glücklicher als Pathchen. Platons Eutyphron mit Hänschen heute angefangen und die Arithmetick im Ernesti. Auf allen Fall,
    wenn ich nicht schreiben könnte
ein glücklich Neujahr! Der Engel zu Sardis kann nicht so
    schläfrich
u
    ohnmächtig
gewesen seyn als Ihr alter ewig verpflichteter Johann Georg Hamann. Adresse:
HErrn / HErrn
    General-Superintendenten
pp /
    Herder
/ zu /
    Weimar
Kgsb. den 8 Nov. 79. Herzlich geliebtester Freund, Will heute anfangen Ihre Zuschrift zu beantworten die ich bereits den 2 huj. erhielt. Der Verlust von dem Weimarschen Einschluß beunruhigt mich sehr und macht mir herzl. Verdruß. Ich vertraute die Sache sogleich Ihrer Schwägerinn, meiner Gevatterin, Made Courtan die sich anerböthig machte sich deßhalb ins Mittel zu schlagen aber erst gestern dazu Gelegenheit hatte, wo ich durch Prof. Kreutzfeld den Rath erhielt, daß Sie sich Selbst dieses anvertrauten Depots annehmen möchten und dies am meisten bey dem Mann fruchten würde. Denn mir komt es als eine verfluchte Sache vor jemanden wegen einer so unverzeyl. Nachläßigkeit oder – zur Rede zu stellen. Haben Sie also die Liebe für mich ein paar Zeilen selbst an ihn zu schreiben und diese ihm anvertraute Einlage ihm abzufordern, mich auch deshalb zu beruhigen. Denselben Tag lief ich auch zu Br. der mir eben den gefundenen
    Konxompax
(Exemplar der Fragm.) zugestellt hatte. Ich erfuhr daselbst daß der Brief des Vaters sehr lebhafte Wirkungen auf den Sohn gemacht hatte und er sich bettlägericht befände. Wir begaben uns beyde auf seine Stube, er befand sich aber in einem so verstellten oder vesten Schlaf, daß ich sein Erwachen nicht abwarten konnte. Br. versprach mir alle mögl. Sorge für ihn zu tragen. Ich nahm mit dem ältesten Gesellen, der mir sehr gelobt worden war durch die Nachbarschaft, die Abrede ihn zu mir zu begleiten, wenn er Lust dazu bezeigte. Ich habe aber umsonst drauf gewartet und will morgen ansprechen und was ich alsdann erfahren werde, meinem Briefe hinzufügen. Ohngeachtet seines standhaften Leugnens gegen seinen Patron und mich den Brief bestellt zu haben, ohngeachtet unserer widerholten Versicherungen ihm nichts übel zu nehmen blieb er dabey alles fortgeschickt zu haben, und nachher hat er die Wahrheit gestanden, die Bogen aus seinem Pulte hervorgeholt – An den Briefen für Sie u Arndt ist nichts gelegen; sie waren während meines Zufalls geschrieben und es ist mir lieb, daß sie cassirt sind. Man hatte mich
    aber in Verdacht gehabt
, daß ich die Blätter dem jungen Menschen zu seiner Erbauung mitgetheilt hätte – und ich widerum, daß man ihm und mir mit Entwendung derselben einen Schabernack gespielt. Ohngeachtet mancher nachtheil. Winke, nahm ich immer des jungen Menschen Parthey und fand nichts anstößiges als eine unglückl. Fertigkeit zu lügen – bey aller meiner Antipathie gegen dies Laster entschuldigte ich es doch durch eine Lebhaftigkeit der Einbildungskraft bey mehr als einer Gelegenheit, strengte aber alle meine Aufmerksamkeit auf diese schwache oder schwarze Seite seines Characters – kein ander Mittel seh ich, als eine Loßspannung aus seinem Joche; denn hier scheint kein anderer Ausweg zu seyn, ohngeachtet aller mögl. Erkundigungen, die ich deßhalb eingezogen. Meinem Freunde George werde alles was ich weiß und denke, am besten mündlich mittheilen. Sie bitten mich um Erklärung einer Anspielung auf Jothams Fabel – Ich kann mich zwar auf meiner Ausdrücke nicht mehr besinnen, aber auf gewiße Eindrücke, die damals tief in meiner Seele lagen. Ich bin mit sehr vielen Menschen umgeben, die sich für fruchtbare Bäume erkennen und sich daher zu gut halten sich um die Angelegenheiten ihres Nächsten zu bekümmern; das heist
    über ihn zu schweben
– Gesetzt daß ich auch wirklich der unnütze Dornstrauch wäre, deßen
    Feuer
mehr Schaden thäte als Nutzen schafte: so halte ich diese Wirkung für eine natürliche Folge eines warmen Interesse, das bey dem
    Schweben über stolze Gewächse
unvermeidlich ist. Gott Lob! daß Ihre Gesundheit sich beßert. – Auch Ihr Schwager Motherby der vorige Woche zurückgekommen, hat sich drüber gefreut und wir haben gemeinschaftlich Ihnen Leben und Gesundheit gewünscht. Maran Atha, das herrliche Buch unsers Herders über die
    Ankunft des Herren
kam am Tage
    Simonis Judä
hier an, und hat mir vor allen Seinen Schriften die innigste Freude gemacht. Es ist mehr als eine Nacht mein Kopfküßen gewesen, und des Tags mein Taschenbuch. Für mitgetheilte Nachrichten von dem
    merkwürdigen Freund und Deserteur
danke ich. Sie haben meinen Wunsch erfüllt, ohn ihn zu verstehen. Hüten Sie sich diese erfrorne Schlange in Ihren Busen zu nehmen. Von dem Roman seines Lebens hat er gnug hier geschwatzt. Ein paar Briefe hat er einem Contubernali vorgelesen, der sie P. für einen abscheulichen Auswurf erklärt. Er wollte durchaus seine Chronique scandaleuse hier aufs Theater bringen. Diese Handschrift habe gelesen und es war mir bange es eine Nacht in meinem Hause zu behalten. Mit solchem Abscheu hab ich es gelesen. Ob der ganze Roman seines verlognen Lebens eine Buchhändlerprise seyn würde, daran zweifele ich gantz und gar. Mir ist der ganze Mensch todt und ich ihm. Als Mammeluck mag er sein Glück am Galgen und im Cabinet machen, wenn es nur in einem römisch-katholischen Lande ist, wohin er gehört und wornach er ringt. Sie werden sich zu bedauren keinen Anlaß haben, wenn Sie alles mögl. thun und anwenden, dem T‥ zu entsagen und allen seinen Werken und allem seinem Wesen. Er ist Diabolus u Satan im Engel des Lichts. Ihre übrige Anfragen werden durch das wiedergefundene Exemplar des Konxompax meiner Sibylle, für Freund Arndt beantwortet seyn, welches unser alte George, dem ich mit vieler Sehnsucht entgegen warte, mitbringen wird. Außer dem Weimarschen Einschluß an Sie hatte ich auch einen nach Morungen erhalten und bisher auf Antwort umsonst gewartet. In der Angst eines ähnl. Schicksals schrieb ich an die Schwester und habe heute Antwort erhalten. Der Brief ist angekommen, aber die arme liebe Frau lebt im grösten Elende und Jammer mit einem versoffenen Mann bey dem sie ihres Lebens kaum mehr sicher ist. Ihr Bruder hat ihr die Ehscheidung widerrathen; ungeachtet meiner katholischen Denkungsart über das Sacrament bin ich entgegengesetzter Meinung – und kann es doch nicht über’s Herz bringen auch hier mein verwünschtes Dornenfeuer leuchten zu laßen. Ich mag es verschwören wie oft ich will, mich um fremde Materien nicht zu bekümmern; so geht es mir wie St. Paulo 2 Cor. XI. 29. Zu gl. Zeit bin mit einem Briefe von unserm Lenz erfreut worden. Er wird die freundschaftl. Nachsicht für mich haben, daß ich mir ein wenig Zeit laßen kann. So albern auch der Einfall seyn mag, wünschte ich den ersten Augenblick, daß er meinen alten Freund George begleiten könnte. Er entschuldigt seinen gebrechl. Ton und denkt an Krankheit u andere Zufälle. Geben Sie mir doch etwas Licht darüber. Einschluß an Me Cruger soll von mir selbst morgen bestellt werden. – Wegen Passerii habe das Wort des Bibliothecarii, daß er sein Bestes thun wird es hier zu behalten. Da das darüber von mir geschriebene verloren gegangen: so melde kurz und gut, daß ich von meiner Seite nicht ruhen werde und ich hoffe, daß die Sache höchstens gegen die Meße abgemacht seyn wird; der Antrag hat bisher wegen oeconomischer Einrichtungen des Oberburggrafen nicht geschehen können. Prof. Reusch hat mir sein Wort gegeben die Sache nach meinem Wunsch auszuwürken. den 9 – Habe Einlage der Me Crüger eingehändigt, bin bey HE Bruinvisch gewesen, der mir alles Gute meldete, auch nichts wegen seiner vorgegebenen epileptischen Zufälle zu sagen wuste. Unterdeßen ist man immer in der Furcht, daß er über jede Sache, die nicht nach seinem Sinn ist, Anfälle bekommt. Hier ist alles verunglückt. Wie dort dem Uebel abzuhelfen ist, kann ich auch nicht absehen. Eine kranke verkehrte Einbildungskraft scheint auch im Spiel zu seyn. Da er kein Vertrauen zu mir haben kann, weil er mich beleidigt hat; so kann ich auf einen Besuch wider seinen Willen nicht dringen, und da er alle mögl. Erleichterung von Arbeit und Aufsicht geniest, so ist nichts für mich übrig zu thun. Seine
    Stärke im Theaterspiel ist für mich ein Rätzel
,
    und macht mir die meiste Sorge
für den Grund und die Folgen des Uebels. Oncle George wird mir Licht geben können und ich ihm. – Allerdings habe ich Sie um ein Exemplar des Maran Atha als Verleger zu bitten, weil das Autor Exemplar mit einer Innschrift versehen ist, die ich nicht gern jedermann sehen laßen will. Daß diese syrische Worte:
    Der Herr kommt
! heißen und 1 Cor. XVI. 22. stehen wird Ihnen vielleicht bekannt seyn. Die hebr. Ueberschrift besteht aus den Worten Josephs:
    Auslegen gehört Gott zu
. – Aus welcher Sprache Konx-ompax ist, habe noch nicht herausbringen können. Clericus ist der einzige der einen etymologischen Einfall gewagt, mir aber kein Gnüge thut. Ich hoffe es aus dem Thibetschen herauszubringen und hatte deshalb Arndt in dem
    mit Recht verlornen
Briefchen gebeten sich an einen Kalmükschen Philologen deshalb zu wenden. Clericus sagt: Ces mots signifient en Phenicien:
    Veiller et ne point faire de mal
.
Ich habe wider alles Hoffen u Erwarten 27 Subscribenten hier gefunden; können Sie auch etwas in ihren Gegenden für den Schweitzer Künstler thun: so überlaß’ ichs Ihnen. Der Waßerfall hat hier vielen Beyfall bey Kennern gefunden. Auf allen Fall theile ich Ihnen beyl. Ankündigung mit um für sich davon Gebrauch zu machen bey Ihrem respectiven Publico.
    Sechs
Theile von Andersons Geschichte der Handl. habe Ihrer Güte zu verdanken; mache also auf die Fortsetzung Ansprüche. Ich erkenne die Aufschrift und eine
    Nachschrift
in Lenzens Briefe für Ihre Hand. Ich kann aber nicht recht zusammen reimen, daß Sie erst den 10 8br. Nachricht vom Druck des Maran Atha erhalten u ich den 28 ej. schon das Werk selbst, und demohngeachtet als Verleger drauf stehen. Hat H. nicht an die Einl. durch mich gedacht. Vergeßen Sie doch nicht mich wegen des Schicksals dieser Einl. zu beruhigen und ob es Ihnen genehm ist die Sache selbst beym Banco-Dir. zu treiben. Gott erhalte Sie und Ihr ganzes Haus – Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Gemalin – Ungeachtet der unangenehmen Veranlaßung erwarte ich Oncle George mit offenen Armen, als einen Vorläufer der lieben Adventzeit. Den Prof. Reusch besuche noch diese Woche und werde nicht eher ruhen, bis die Sache abgemacht ist mit dem Passerio. Das Lesen kann Ihnen nicht
    so sauer
werden als mir das Schreiben. Also Gott empfohlen – den 10 – Eben komme von HE Prof. Reusch. Die Sache liegt an einem wunderl. Eigensinn des Oberburggrafen, der nicht die kleinste Ausgabe gestatten will, als bis 1000 fl. voll sind. Demohngeachtet hat sich mein Freund der Bibliothecar angeboten die Umstände mit diesem Buch vorzustellen, ob nicht eine Ausnahme davon ausgewirkt werden könnte. Diese Summe wird nicht eher voll als zum Ende unsers Rechnungsjahrs Anfangs Junii. Dem Minister soll periculum in mora vorgestellt werden, weil sonst das Buch zurückgehen müßte. Allenfalls käme es auf die Entschlüßung an, wenn das Buch hier gewiß bliebe, ob Sie etwa einen Termin wegen Bezahlung eingehen würden. Den Erfolg von des Ministers Antwort werde Ihnen sobald mögl. melden. Meine Hofnung das Werk bey der Loge anzubringen hat fehl geschlagen. HE Lauson grüßt u frägt ob seine Rede auf Dach die er an Pr. D. Rappolt abgegeben, dort angekommen. Adresse:
Herrn / Herrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE. Hamann in Königsberg. Empf. den 4. Nov. 1779, beantw. d. 26. Dec. 1 Maran Atha.
den 29 Novbr 79. Herzlich geliebtester Freund, Hier liegt Antwort bey auf Ihren letzten Einschluß, den ich den 10 huj. erhalten. Ihre beide Anfragen betreffend, so ist Cr R. Jester gegenwärtiger Canzler der Akademie und Ihr Curator. Was das Saturgussche Cabinet anbetrift, so wird selbiges en gros verkauft aber nicht so bald, sondern erst ein Verzeichnis gedruckt werden, wozu noch ein Vierteljahr wenigstens Zeit gehört. Wo mögl. soll zu rechter Zeit dafür gesorgt werden, daß Sie Nachricht erhalten für Ihren Freund. Am besten könnten Sie sich an HE Cr R. Hippel addressiren als einen alten Freund Ihres seel. HE Bruders, mit dem ich auch vor der Hand deßhalb Abrede genommen. Außer einem einzigen Briefe aus Göttingen weiß nichts von unsern Kraus. Eine mündl. Nachricht die ein Durchreisender nach Berlin u Lilienthal hier mitgebracht, widerspricht der Ihrigen. Nicht mehr ein Schwimmer sondern ein Reuter soll er geworden seyn u dabey einen Ansatz zum dicken Bauch bekommen haben. Selbst seine poetischen Freunde sind nicht im stande sich den Mann zu Pferd und bey Fleisch vorzustellen. Die Zeit wird also die Wahrheit ans Licht bringen müßen. Wer ist aber sein Eleve? und wie heist er? Von einem jungen Hermes habe läuten gehört. Gott gebe Ihnen gute Gesundheit, gute Witterung und alles übrige Gute der vierten Bitte – allenfalls zum Neujahr, daß Sie bald mit St Paulo sagen können: Ich habe meinen Beruf vollendet – Und hiemit Gott empfohlen von Ihrem alten Freunde Johann Georg Hamann. In höchster Eil und mit allem Ueberdruß einen Feder Gänsekiel zwischen den Fingern zu halten. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à
    Berlin
.
/ bey HE D. Kurella / in der alten Leipziger- / Straße auf dem /
    Werder
.
P. P. Ew. Hochwolgeborne statte zuförderst meinen ergebensten Dank für das Eloge ab, das mir wegen der kleinen philosophischen Klätschereyen, Koketterien und Seitenblicke eines doppelten Lesens würdiger gewesen, als wegen der Sachen selbst oder der darauf verwandten Kunst. Endl. hab ich den ersten Theil der Lebensläufe bekommen und lege selbigen bey mit der überflüßigen Bitte es mir sobald als mögl. (weil es ein gelehntes und bereits dadurch gemisbrauchtes Buch) wieder zurück zu liefern. Ich sehe diese Bitte als überflüßig an, da ich von Ew. Hochwolgebornen gewißenhaften Gebrauch eines fremden Eigentums längst überzeugt bin. Nun hätte ich noch eine
    Ladung von Bitten
, die kaum auf diesem ganzen Bogen Raum hätten – und ich befinde mich in einer so großen Verlegenheit, daß ich auf keinerley Art, meine litterarische Bedürfniße geschweige Neugierde zu befriedigen weiß, als durch Ihre geneigte Vermittelung. Zuförderst und pro primo bitte Ew. Hochwolgeboren mich zu meinem Universo zu verhelfen, das ich schon seit länger denn 14 Tagen zu einer
    Arbeit nöthig
habe, worinn ich nicht von der Stelle kommen kann, ohne dies Büchlein vorher angesehen zu haben. Bücher sind kein Spielzeug für mich, sondern Handwerksgeräthe, gehören zu meines Lebens Nahrung und Nothdurft – Es ist also in mehr als einem Verstande wahre Unbarmherzigkeit, mich dieser Hülfsmittel zu entziehen. Dies Universum ist besonders ein
    doppeltes
Andenken der Freundschaft, und ein noch
    unbeantworteter
Brief, und ich bleibe keiner Seele was schuldig, die Bezahlung mag so lange währen und so schlecht ausfallen, wie sie wolle. Deshalb die Feder anzusetzen, wird mir noch saurer als ein Besuch, und ich würde schreiben, was und wie ich denke. Sollte es Ew. Hochwolgebornen möglich seyn dieser meiner Verlegenheit abzuhelfen: so würde ich dadurch unendlich verpflichtet seyn. Ueber diesen Punct will abbrechen, so vieles auch noch zu sagen hätte – Meine zweyte Bitte betrifft einen gewißen
    Oehninger
– ob selbiger nicht in Hamberger u Meusel steht. Er soll den in seiner Blöße dargestellten sonst aber durch seine Scheinheiligkeit blendenden Capucinerorden geschrieben haben. Sollte dies Buch im Buchladen zu haben seyn, wo Ew. Hochwolgebornen bisweilen Geschäfte haben: so wäre es leicht mir auf ein paar Tage selbiges zu verschaffen – oder irgend eine andere Nachricht Schrift von diesem Orden und der innern Geschichte deßelben. Meine dritte Bitte wäre auf heute noch um dero freundschaftliche Gewogenheiten, sich bey den gegenwärtigen Meß Neuigkeiten eines auf einer wüsten Insel verödeten Arrestanten sich zu erinnern, dem z. E. mit dem
    dritten
Anhange der A. D. Bibliothek p p p sehr gedient wäre. Ew. Hochwolgebornen werden vermuthlich so müde seyn, fortzufahren als ich selbst. Da ich nicht weiß ob dies Jahr im stande seyn werde auszugehen, denn wenige Lust habe ich dazu: so leb ich doch wenigstens der guten Hoffnung daß Sie das Ende der Welt leichter zu Pferde erreichen werden, als ich das Ihrige mit
    Hans Sachsen
Gradu ad Parnassum. Halten Sie es für keine Pedanterie des Briefstyls, wenn ich mich – bis zum
    mündlichen Mehr
nennen darf Ew. Hochwolgebornen aufrichtig ergebensten Diener Johann Georg Hamann den 1 Xbr. 79.
Kgsb. den 3 Adv. 79. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund, Der Tag schien nicht mehr für meine Augen, und Licht anzuzünden war es zu früh. Machte also aus der Noth eine Tugend und sung ein Liedchen, indem ich mit meinen 3 Kindern herum spazierte. Eben bey dem letzten Verse Ich steig hinauf zu Dir im Glauben kam mir meine Magd Anna Euphrosyne Gigantin mit einem Briefe, auf dem ich sogleich Ihre liebe Hand erkannte: Und da wurde gleich nach Licht! und Licht! geschrien, daß es im ganzen Hause scholl. Marianchen erfreute mich am Tage Jonathan den 27. Nov. am heil. Abend des 1. Adv. mit ihrem ersten Zahn, hat aber an der heutigen Freude wenig Antheil nehmen können, vermuthlich wegen neuer Arbeit, die Gott auch überstehen helfen wird. Gott Lob! daß in Ihrem Hause alles nach Wunsch wider geht; denn unruhig bin ich doch ein wenig gewesen wegen der Nachwehen bey gar zu glücklichen Entbindungen, die bisweilen zu sicher machen. Der
    Himmel auf Erden
ist häusliche Glückseeligkeit, bleibt aber immer ecclesia pressa, kaum ein tausendjähriges Reich, als im geistlichen Verstande. Nächst dem bin ich noch wegen zweyer Vorfälle gewesen in Unruhe gewesen und in Sorgen Ihrenthalben. Erstl. wegen Ihrer vorigen Einlagen, von der ich die eine nach Riga sehr sicher glaubte anvertraut zu haben an Hartkn. Schwager. Da ich wegen eines sehr verdrüßl. Umstandes mit dem jungen Berens, Karl’s Sohne, deßen Ankunft ich Ihnen wo nicht irre gemeldt und mir sehr verekelt worden, an Hartkn. zu schreiben hatte, erkundigt ich mich an jenen Brief und einen andern, der durch Berens nebst einem Exempl. des Konxomp. für Arndt bestellt worden war. Er wuste von beyden nichts, u gab mir zugl. seinen Verdacht in Ansehung des Schwagers zu verstehen, dem keine Briefe anzuvertrauen wären, weil er bereits Proben von seiner Gleichgiltigkeit gehabt hätte. Ohngeachtet ich im Grunde unschuldig war: so machte ich mir doch die bittersten Vorwürfe, und klagte über mein Schicksal, das mir nicht einmal erlaubte in solchen kleinen Angelegenheiten nach Wunsch gefällig zu seyn ohne einen Bock zu schießen. Bei dieser Gelegenheit schoß es mir aufs Herz daß ich noch keine Antwort aus Morungen erhalten und ob ich gleich unmittelbar diesen Brief abgefertigt, war ich doch in der grösten Furcht, weil ich den Tag nicht selbst hatte ausgehen und den Brief eigenhändig auf die Post liefern können. Schrieb daher an Ihre Frau Schwester, die mir zwar auf mein inständiges Ersuchen sogl. den Empfang bescheinigte, aber zugleich die traurigste Nachricht von Ihrer gegenwärtigen Lage an der ich zu viel Antheil nehme um nicht darüber mit Ihnen zu Rath zu gehen, besonders da es scheint, daß Sie Ihr Gewißen in Ansehung einer Ehscheidung gebunden haben. Ungeachtet aller
    meiner römischen Denkungsart über das Sacrament der heil. Ehe
, denk ich doch die Wohlthat der christl. u bürgerl. Freyheit einer armen Frau einräumen zu können, die ihres Lebens nicht sicher ist „bei einem so unbändigen Mann, der mit einem halben Brandwein den Tag nicht auskommt und mit der Axt Schaffe entzwey haut um seinen mordbrennerischen Durst zu stillen“. Das eine mal, da ich Sie hier gesehen, lobte sie noch ihren Mann bey aller seiner Wildheit, daß er auch im vollsten Muth noch Achtsamkeit für sSie hätte; aber nun scheint dieser letzte Funke von Vernunft auch in ihm ausgelöscht zu seyn. Sie hat mir also aufgetragen Ihr bisheriges Stillschweigen zu entschuldigen und haben Sie
    die Liebe Sie davon zu versichern, und Ihr Gewißen wo möglich zu erleichtern
oder Ihr mit Rath und Trost beyzuspringen. Meine herzl. Freude einen Sohn von Karl Berens hier zu haben ist auch zu Waßer geworden. Der junge Mensch war sehr nach meinem Geschmack bis auf einen einzigen Fehler, der mich immer aufmerksam machte,
    das schändliche Lügen
. Er klagte mir im Kenkelschen Hause zu eingeschränkt zu seyn und ich machte Plane ihm Luft zu schaffen und seine Principalen so wol als Umstände zu untersuchen. Mit diesem Faden von Ideen komm ich zum Compagnon Bruinvisch, der eben so vor Verlangen brennt mich zu sprechen, mir die traurigste Beschreibung von des jungen Menschen Gemüths- u LeibesBeschaffenheit macht, daß er fast alle Nacht einen Anfall von Epilepsie bekäme u an den Vater schon entschloßen wäre die Unmöglichkeit mit diesem Lehrburschen fortzukommen zu melden. Zu gleicher Zeit meldte er mir auch von einer Schrift die sich lange auf seiner Stube herum triebe und mich zum Verfaßer haben müste, weil ich Anmerkungen dabey geschrieben, mit dem Wink, daß dergl. Blätter nicht für so einen halb gestörten Kopf zuträglich seyn könnten. Ich konnte mich auf nichts besinnen, als daß ich ihm vor vielen Wochen einen Brief an Hartknoch nebst Einschluß an Arndt übergeben, der mir immer sein Petersb. Journal treu überschickt ohn daß ich ihm seit 2 Jahr dafür einmal gedankt habe. Ich hielt dem jungen Menschen in Gegenwart seines Principals vor ob er den Brief hatte abgehen laßen, zu deßen Bestellung er sich selbst erboten hatte weil er so wol als sein Comptoir mit jedem Fuhrmann Bestellungen hätten. Er behauptet steif ja! und ich schreib an Hartknoch, der mir antwortet nichts erhalten zu haben. Der junge Mensch bleibt beym Lügen, ich treib die Sache in Gegenwart seines Principals aufs höchste, um ein Augenzeuge des vorgebl. Paroxysmus zu seyn. Statt des epileptischen Zufalls finde ich nichts als einen
    ungezogenen Knaben
, der sich booset – und viel Talent eines Acteurs verräth. Nach einigen Theater Rotomontaden erhalt ich das Exemplar meiner Sibylle. Hiebey ist noch zu merken, daß D. Bruinvisch der die epileptischen Zufälle des Lügners bescheinigt hatte, eben der D. Tütenhüt ist in Etwas zum Bollingbroke u Hervey. Dies war der Anlaß zum Briefwechsel mit Hartknoch, der noch durch einen Umstand für mich merkwürdig wurde. An einem Sonnabend lese ich Lenzens Aufsätze mit recht vieler Sympathie für den Verf. von dem man hier sagte, daß er durch eine falsche Behandlung mitbey Schloßer gantz incurable geworden wäre. Den Dienstag drauf macht mir Hartkn. in seinem Briefe ein Compliment von ihm u beschreibt ihn als einen bescheidenen liebenswürdigen Jüngling, deßen Vater Gen. Superint. in Liefl. wäre. Ich habe auch schon einen Brief von ihm selbst erhalten, aus dem ich aber vermuthe daß er an seinen Fähigkeiten des Geistes gelitten auch diese Schwäche selbst erkennt. Melden Sie mir doch, ob er zu Ihrer Zeit in W. gewesen und Ihr Urtheil von ihm und seinem Character. Hier fällt mir noch ein tummer Streich ein, den ich Kanter zu Gefallen begangen. Er besucht mich bey einer sehr elenden Witterung wo ich nicht irre am Geburtstag meiner mittelsten Tochter oder Marianchens. Klagt daß Krichton der den gelehrten Articul bisher übernommen ihm aufgesagt mit dem neuen Jahr; bittet mich daher an Wetzel zu schreiben u ihm 200 rthl nebst freyer Station bey sich oder dort die Hälfte anzubiethen falls er die Zeitungen übernehmen wollte, wie Ebeling vor einigen Jahren. Ich schrieb (Sie können leicht denken wie?). Lieber wär’s mir doch wenn der Brief nicht abgegangen, wie ich auch fast vermuthe; denn es geht hier zu Ende. Oncle George sollte schon diesen Monath seinen ungerathnen Neveu abholen kommen; seine Anherkunft bleibt aber bis auf künftigen Febr. ausgesezt. Von Me Courtan, Hartkn. u Rapp. Schwägerin, meiner Vice-Gevatterin erhielt endl. Nachricht und ein schriftl. Billet des letztern, gemäß welchem Ihre Einl. nicht verloren gegangen sondern liegen geblieben u erst mit meinem Briefe an Hartkn. an einem u demselben Posttage befördert worden, worauf noch keine Antwort erhalten aber aus H. Stillschweigen schließen kann, daß alles nunmehr in Ordnung seyn wird. Sie können, bester Gevatter! versichert seyn, daß ich dem ungewißenhaften Banco-Dir. keine Einl. mehr anvertrauen, sondern die Ihrigen unmittelbar befördern werde. Ihr Maran Atha liegt Tag und Nacht fast immer unter meinem Kopfküßen. Ich habe ihn zum zweyten mal durchgelesen und seinethalben den Josephum vorgenommen, von dem heut das 10te Buch seiner Alterthümer geendigt; weil ich endl. nach langem Warten ein Exempl. aus des seel. Kypke Bibl. bekommen und
    vorigen Freytag
die Havercamsche Ausgabe von Graf. Kayserlingk erhalten, dem ich gern den ersten Theil sobald mögl. zurück geben möchte um den andern desto länger nutzen zu können. Für den Aufschluß über den Hyppol. danke recht sehr, denn ich hatte lange darnach suchen können. Vom Resultat meiner Arbeit werde Ihnen bester Gevatter! zu seiner Zeit Rechenschaft geben. Was Sie mir vom Gr. G. melden schein ich so ziemlich aus seiner Seele gelesen zu haben. Er war Ursache daß ich das Universum an K. lehnen muste und man hatte es wider verlehnt an einen Ort, wo ich ins zweyte Jahr ein Buch durch Hippel ausgethan. Ich drung daher mit etwas Ungestüm auf Auslieferung, die
    vorigen Freytag
mit Wucher geschah. Unter andern Gründen war, daß ich dies Buch als einen noch
    unbeantworteten
Brief und als ein
    doppeltes
Andenken von
    Ihnen
u dem
    Verf
. ansehen müste. Es fehlte mir auch zur Arbeit an meinen Blättern von 777 die ich wider vorgenommen hatte und noch nicht aufgeben kann ohngeachtet des
    Zwischenspiels
von Josepho, den ich gegenwärtig zu Ende bringen muß. Wie ich den Brydone im Engl. las, bekam ich
    falsche Wehen
etwas über das Univers. zu sagen auf seinem feuerspeyenden Berge, statt einer Kanzel. Nun fallen mir die Pudenda als das
    einzige Band
zwischen
    Schöpfung
u
    Schöpfer
ein. Der Titul bleibt: ער וענה (Malach II. 12) Schürze von Feigenblättern. Ein Brief an Wiel. 2. an Büsching u 3. Voß. I. Theil: Nachhelf eines Vocativs ist fertig seit Jänner 777 und bezieht sich gantz auf des Asmus
    Nachtwächter
. Der II. Charfreytagsbuß für Capuciner = ist angezapft III. Die Brücke ohne Lehne – ist eine unbekante Größe für mich. Die ganze Idee entstand aus dem Misverständniße, daß ich mir jetzt kaum selbst vergeben kann, in Ansehung der Auflösung über die Aufgabe der Luciane u Platoniker im T M. für deren Verf. ich Sie hielt und eben so gieng es mir mit dem Gideon über die Schwärmerey: da Stoltz dafür erkannt wird u ein Mitarbeiter des Χstl. Mag. ist: so will ich mich durch Pf. nächstens eine Sinneserklärung über die Brücke von ihm ausbitten.   Pathchen Marianchen winselt sehr – Gute Nacht! Den 13 Xbr. Mit Marianchen ist es weder beßer noch schlechter, hoffe mit Gott daß alles gut gehen wird – daß ich also zeither an den Statthalter nolens volens gedacht, haben Sie liebster Gevatter! gesehen. Mein ernster Wille ist es auch niemanden einen Dank schuldig zu bleiben, er mag so lang währen und so schlecht gerathen wie er wolle. Das Publicum hat seiner Schrift alles mögl. Recht widerfahren laßen. Eher zu viel als zu wenig Lob; weil Ansehen der Person doch immer Einflus auf unsere Urtheile hat. Chymie scheint sein Steckenpferd zu seyn bis auf Bunians Reise. Sollte ich mit meinen Blättern fertig werden: so würde ich mir die Freyheit nehmen und vielleicht vor Freuden einen Brief an Ihn ausschütten können. Allenfalls bitte mir wegen der Curialien zum voraus zu melden. Ich erinnere mich das Beywort Erl. gelesen zu haben. Mosers Heyrath hat mich herzlich gefreut. Ich wünsch Ihm tausend Guts. Von den beyden vornehmen Passagiers ist hier nichts zu hören. Unter einpaßirten Fremden von 27 Nov – 1 huj. fand ich einen engl. Cavalier HE von Bentham nebst seinen Sekretair Bickel. Bey diesen Namen fühlte ich eine Unruhe und ich vermuthe sie erst bey ihrer Rückreise zu attrapiren; denn das klügste ist wohl das strengste Incognito auf dem Hinwege zu beobachten. Ich werde mit aller mögl. Discretion lauren: weil mir gar zu viel daran gelegen Aber noch mehr liebster bester Gevatter! Ihnen zu melden, daß ich von Ihren mir zugedachten muneribus nicht einen Buchstaben erhalten, ohngeachtet ich wenigstens Ihr Gesangbuch zum Advent u Heil. Christ einzuweyhen gewünscht; ich würde ohnuntröstbar seyn wenn Georgi für Sie u mich verloren gehen sollte, denn hier läg er im treuen Depot. Ohngeachtet ich im Hartungschen Buchladen nichts zu thun habe u mir fast vorgesetzt in diesem Jahr nicht weiter als nach meiner Loge zu gehen, will ich doch selbst bey Hartung anzusprechen suchen der sehr krank liegen soll. Erkundigen Sie sich doch auch gleich darnach; vielleicht ist es in Hartkn. Pack gerathen. Sorgen Sie doch bey Zeiten, zu erfahren wo das Pack hingekommen. Auch vom Asmus weder eine Zeile noch seine Uebersetzung des Ramsay. Von Pf. 2 Briefe mit der
    leeren addresse
von der Fortsetzung seines Magazins. Kleukers Uebersetzung von Plato ist auch in Leipz. liegen geblieben, Benzlers Brief aber in den Kanterschen Buchladen eingelaufen. Kurz es ist ein Elend hier und die Buchbinder gehen auch drüber zu Grunde. An statt daß Hart. den Ausfall des Kanters nützen sollte, fehlt das neueste im
    Katalog
so wohl als im
    Laden
, weil nur immer ein paar Exempl. von jeden da seyn müßen. Ich muß meine Neugierde wie verdorbene Kaufleute mit fremden Credit oder Capitalien befriedigen. Des Notarii publ. Hinz Schicksal scheint sich auch zu entwickeln, weil er eine Hofmeisterstelle in Curl. antreten wird. Also bleibt mir niemand als der kranke Hartk. übrig, dem ich mehr schon Verbindlichkeiten schuldig bin, als ich ihm zuzumuthen oder zu erwiedern im stande bin. Bey der Nachricht die er mir von Lenz gab beklagte er, daß er ungeachtet seiner Verdienste dort unbrauchbar seyn würde. Unter allerhand wilden Einfällen erklärte ich den Hartkn. zu meinem Verleger u seinen jungen Freund zum Sammler u Herausgeber meiner Operum omnium. Lenz bedankte sich im Ernst für meinen Scherz und Hartk. that mir noch einen umfänglichern Vorschlag. Worinn der Ihre besteht, ist mir noch ein größer Räthsel als jener Episcopus portus romani. Will Hartkn. Verleger seyn: fiat! Sind Sie nicht der Prälat im lezten Qvartal des T. M. bey Gelegenheit des Schlözerschen Briefwechsels. Der Laye gegen Bahrdt ist ohnstreitig Wiel. selbst. Ich verlange nach seinen Gedanken über Vernunft u Schrift. Vorige Woche habe die allg. d. Bibliothek gelesen. Was sagen Sie zum Streit des Nicolai u Wiel.? für mich ist es ein sehr interessantes Meteor! Daß Sie daran gar nicht gedacht haben, wundert mich. Wer ist der neueste M. W. über das Genie? Er that mir sehr gut auf den kindischen Briefwechsel über die neueste Orthographie. Ist denn
    Spitzbart
nicht auszukundschaften. Ich halte den Verfaßer der physiognomischen Reisen für eben den M.
    Hase
der in Curl. mein Nachbar u guter Freund war. Wie
    heist
denn Ihr Freund und Nachbar, der Stiftsprediger? Ich finde ihn hinten u vorn aber nirgends seinen Namen, ohne den ich mir keine Person recht vorstellen kann. Ihren Gruß an †feld werde bestellen so bald er zu mir kommen wird, vielleicht heute, auch Ihre Dachsche Wünsche nicht vergeßen. Weder den Oberhofpr. noch meinen Beichtvater habe seit langer Zeit besucht, und ich entferne mich je mehr u. mehr vom Umgange. Keine Hofnung zum Mst der leßingschen Gespräche? Erlauben Sie mir eine Probe Ihnen meiner Handschrift mitzutheilen, ob Sie es der Mühe werth finden, daß ich mich damit zu Ende qväle. I. Daß alle drey Gratien Deines lucianischen Aeons zu eben so viel kaltblütigen Furien – und die 777 meines andern tausendjährigen Reichs dich krauen, kützeln und kämmen mögen – fernige Schaafwolle – heurige Schweinsborsten – aber noch kein gutes Haar! Kennst weiter kein Ideal der Menschheit als den „schwachköpfigen, hasenherzigen, schleichenden, listigen, eigennützigen, frostigen, selbstischen
    Bonifacius
Σεαυτον εν Σεαυτῳ, ohne ein Jota noch Deut zu verstehen, wie demjenigen zu Muthe sey, deßen Pudenda lebendige Glieder sind, die nach ihrer Auflösung und Verklärung schmachten –
    Von Seinen Lenden über sich und unter sich sah ich’s wie Feuer glänzen um und um
Siehe da! eine Hand gegen Dir ausgereckt, mit einem zusammengelegten Briefe, den breite aus vor Dir. Auswendig und inwendig steht darinn geschrieben W! W! W! Iß es in Deinen Leib und fülle Deinen Bauch damit Und brumme wie ein wilder Bär Wenn er vom Honigbaum kommt her. II. Ew. Hochwürden geruhen immerhin in Ihren wöchentl. Nachrichten1) mich einen ungelehrten und übelgesinnten Saalbader zu schelten, wenn Sie nur so freygebig seyn wollen Dero erheblichem Magazin nächstens die Fastos oder dasjenige Αυτογραφον einzuverleiben, worinn der Name des ägyptischen Ordens- und Glaubens Bruders geschrieben steht. Ich mag Ihrem allotrioepiskopolypragmatischen Eifer mit Zeit und Ort in mundo hoc spectabili et seculo currente zu wuchern keinen weiteren Eingriff thun, um mich zu rechtfertigen, warum ich kein nomen proprium eines Psevdocophten und Zigeuners2), sondern dafür lieber zwey heilige Worte des letzten Propheten3) minorum gentium εν εδαφῳ S – S –4) der Sprache Kanaans dem Nachhelfe eines Vomitivs vorgesetzt habe. Die langen Noten u allegata Heph. Theb. betreffend laße aus. III. Ey! Ey! lieber Herr – Sie haben dies Jahr vergeßen mir Ihre poetische Blumenlese zu opfern und ich voriges Jahr, Ihnen dafür zu danken. Wir sind also mit einander qvit – salvo errore calculi et pudore nominis mei. Reineke Schwarz. Den 24 Jänner 777. Diese Jahrzahl 777 muß auch auf dem Titul kommen, gesetzt daß selbige ich auch erst 80 fertig werden sollte. Nachhelf eines Vocativs. Unter allen Watrachomyogigantologomachieen und komischen Erzählungen ist keine so kurz und gut und züchtig gerathen als der poßierliche Wortkrieg des Nachtwächters und Bürgermeisters in dem
    Göttinger
    Musen
allmanach für dieses Jahr S. 151. Der Wächter hatte, wie ein kaltblütiger Philosoph, die Kraft seines neutralen Horns bis auf den zehntausendsten Theil eines Fliegenhauchs, und die harmoniam praestabilitam seines Methodus zum orificio bis auf die kleinste Fragmente aufgelöset, daß er sagen konnte: Der Glock reimt nicht zu meinem Horn Drum will ich das Glock halten. Des wortführenden Bürgermeisters reine, harmlose, unparteyische Absicht Wißenschaft und Kunst zu schützen, das Schwert kritischer Gerechtigkeit im Namen seiner guten Stadt und des hochweisen Raths für die Ehre des Gen’ris masculum in dem weiten Umfange der teutschen Sprache zu handhaben, giebt seiner Brunst über das verhunzte Genus eine so feyerliche Wichtigkeit, daß es kaum möglich ist das doppelte Misverständnis und öffentliche Aergernis über die etymologische Pudenda einer Glocke schaamhafter und lächerlicher zu besingen. Hätte der Heldendichter in nuce nur
    hinten
seinen römischen Dactylum und in der
    Mitte
(medio ne discrepet imum) Wipp’s symbolischen Namen verschweigen können, wie er die Enthaltsamkeit gehabt die Namen des
    Orts
und dasiger streitenden Parteyen – kurz, wenn er alle Personalitäten oder nomina propria als stumme Sünden unterdrückt hätte: so wäre sein Werk das vollkommenste Chef d’oeuvre d’un Inconnu für die außerordentl. Vorlesungen des jüngsten Meister Mathanasius und seiner gelehrten Zeigefinger – Jedoch ich eile zu einer eben so wichtigen als verwickelten Frage: Wird durch die Bemühungen kaltblütiger Philosophen u lucianischer Geister für und wieder das, was man schöne Wörter und bekannte Oerter nennt, Mehr oder Weniger gestiftet? p p p p Ohe iam satis est! Kommt Ihnen, liebster Gevatter! nicht alles wie Seilentänzerey und Gaukelspiel vor? Alle Anspielungen in diesem ersten Abschnitt beziehen sich auf den Aug. u Sept. des T. M. 776. Es geht mir eben wie Ihnen mit den Sephiroth. Auffallend ist es doch immer daß unsere erste Erkentnis des Guten u Bösen sich auf die Pudenda bezog; daß im 9 von Adam selbige zu einem Fluch u Seegen über ⅔ u ⅓ des neuen Menschengeschlechts Anlaß geben; daß im 9ten von Noah das Zeichen eines göttl. Bundes an eben dem Orte geschah. Diese allgemeine Formel scheint mir wirklich ein gnostischer Schlüßel der gegenwärtig herrschenden Streitfragen zu seyn, theils selbige öffentlich Schau zu tragen, theils selbige durch eine Popularität aufzulösen, die unsers
    argen und ehebrecherischen Geschlechts
würdig ist, Qui Curios simulant et Bacchanalia viuunt. Die Untersuchung und Behandlung dieser
    Tiefen
ist aber wirklich eine Brücke ohne Lehne für meinen schwindlichen Kopf – und ob ich jenseits kommen werde, weiß ich nicht. Mein armes Marianchen stöhnt u wimmert, hat keinen Schlaf heute in den Augen gehabt. – Ich bin heute den ganzen Tag zu Hause geblieben, habe ein wenig medicinirt, und meinen Josephum kaum ansehen können, doch mit Hänschen 2 Kap. aus dem Matthäus, eins aus den Historiis selectis u einen §. in Ernesti Initiis exponirt auch den Phaedo im Plato angefangen. Schreiben Sie doch bald an Ihre arme Schwester und geben mir ein Wink über Ihre Gesinnungen. Der Gräfin Kayserlingk werde die Veranlaßung Ihres Salamalecs mitzutheilen suchen. SoJe saurer mir auch der Umgang wird: desto wohlthätiger. Sie hat Ihren Maran Atha auch auf 24 Stunden en depot gehabt und es war ihr nicht lieb, daß ich auf ponctuelle Widergabe bestand. Ich versprach ihr auf längere Zeit ein ander Exemplar, das ich vielleicht meinem Beichtvater zugedacht habe, dem ich auch mit den Brüdern Jesu ein Andenken machen müßen. Die Lehre des Gesetzes habe mit viel Zufriedenheit gelesen; aber nach dem Buche vom Glauben bisher umsonst gesucht; von beyden auch die frostige u tückische Recension in der Allg. d. Bibl. gelesen. Daß Ihre Schrift vom Erkennen u Empfinden noch nicht beurtheilt ist, wundert mich. Meiner Abigail weist man die Thür; das war für die Feigen. Was Ihnen Mendelssohn antworten wird, bin ich neugierig. In Kypke Katalog wird erst mit dem Neuen Jahr gedruckt werden. †feld hat die Besorgung. Ich habe mich auch nach Zusätzen seiner Obseru. oder Mste erkundigt; es ist aber nichts vorhanden. Noch vorige Woche sprach darüber mit †feld der nichts als ein durchschoßen N. T. gefunden hat, aus dem die Obseru. genommen sind. Alemberts Eloge des Mylord Marechal verdient auch von Ihnen angesehen zu werden wegen der kleinen philosophischen Klätscherey, Koketterien u Coyonnerien. Ich hab es zweymal gelesen der lieben Verbindungen wegen mit unserm nordischen Salomon. Nun wie soll ich diesen Brief schließen, der vermuthl. nach verrichter Festarbeit eintreffen wird. Gott wolle selbige im Geistl. u. Leibl. reichlich geseegnet seyn laßen. Ihrer und der Ihrigen Wohlthäter und Vergelter seyn. Empfehlen Sie mich Ihrer liebsten Hälfte mit Herz, Hand und Mund. Viel Glück dem kleinen Schreibmeister zur Schule. Mein Jung kann noch gar nicht schreiben in seinem 11ten; es liegt aber freylich nicht gantz an ihm. Mein ältestes Mädchen zeichnet sich in der Arithmetik aus, und beynahe auf ihre eigene Hand. Meinen kleinen gnugsamen Pathen hoff ich noch Selbst zu sehen von Angesicht zu Angesicht. Ach lieber Herr Gevatter! Unsere 12 Kinder 7 Mädchen und 5 Knaben auf einer Wiese wie die hinter meinem Garten. Was für Carricaturen von Seelen – und von Gedanken unter den respectiven Schlafmützen, Kopfzeugen u Cornetten ihrer Eltern. Ich sinne hin u her wie ich es machen soll dies Neue Jahr incognito zu begehen. – – – – Den 14 des Morgens. Marianchen hat gegen Morgen ein wenig geschlafen. Ist wenigstens nicht schlechter, wenn auch nicht beßer. Will heut wider zu Haus bleiben und im Josepho nachholen was gestern versäumt. Gott walte über Sie und Ihr ganzes Haus mit Seinen Seegen früh und spat. Amen! Eine so glückliche Kinder Mutter als Sie, meine verEhrungswürdige Freundin, soll weder schreiben noch lesen. Ein Ablaß für uns beyde; und hiemit Gott und Immanuel empfohlen. Amen! Amen!Voller Unruh u Eil. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
/ GeneralSuperintendenten / pp / zu /
    Weimar
/ franco
Den 1 Jänner 1780. Laßen Sie mich das Neue Jahr mit einem Briefe an Sie, bester Gevatter, Landsmann und Freund! einweyhen. So ungedultig hab ich auf kein einziges gewartet, warum weiß ich nicht? Fiat voluntas TVA! sey unser Wille, unser Wunsch und unser Glück. Hab weder die Weynachten die Kirche besucht und meine Hausandacht heute mit dem Lied:
    Herr
!
    besänftige mein Herze
geschloßen. Ist es von Schade oder Herrenschmidt? War diesen Montag bey Hartung mich wegen des Päckchens zu erkundigen. Wen fand ich? Herrn Johann Jak. Kanter. (Wie gefällt Ihnen das lustige Triumvirat? Bey Gelegenheit des Mst. von
    Zweifeln u Einfällen
lief es mit in meinen tollen Plan die beyden Buchführer auszusöhnen u zu vereinigen zum Besten des Publici und ihrem eignen. Meine damalige Aufführung hat dem Hartung immer auf dem Herzen gelegen denn ich inducirte ihn wirklich zum ersten mal in den Kanterschen Laden.
    Nun
, dacht ich,
    ist es erfüllt
, aber zu spät.) Hartung gestand mir wirkl. ein klein Päckchen zu haben, und noch oben ein, daß ihm die Bestellung deßelben von Hartknoch war empfohlen worden. Sie können leicht denken wie ich kochte – aber vor Freuden des wiedergefundnen Schaafs mich zähmte. Er schickte seinen Herrn Friseur, der eine Hauptrolle bey diesem Kreuzzuge für mich spielte. Zum zweyten mal ward geschickt und ich erhielte endl. ein doppelt eröffnetes Couvert zu dem Ihrer Frau Schwester bestimmten Exemplar des Maran Atha. Ungeachtet meine Freude vereitelt war, so war es mir doch lieb in Morungen eine unverhofte Neujahrsfreude machen zu können, und ich schrieb hinter Ihrem offenen Briefe, der zum Glück nichts enthielt, was nicht Jedermann wißen konnte, brauchte die umgekehrte Seite Ihres eignen Couverts zu meinem – und alles ist mit der letzten Post abgegangen und hoffentl. zur Freude und zum Trost dort schon angelangt. Geben Sie doch Hartkn. von dem groben Betragen Hartungs gegen seine Aufträge einen Wink. So wenig Einfluß hat sogar meine Packhofverwalterstelle – Ein Maculaturkrämer würde mehr Achtsamkeit für einen Besucher des Licents gehabt haben. Bey der Gelegenheit entfuhren von mehr Sachen Winke, die vielleicht dort liegen müßen von Claudius, Kleuker u Pfenninger. Eben erhalte einen Brief vom Kraus aus Göttingen, den ich schon für tod gehalten. Er führt einen Hermes aus Charlottenburg, mit dem er sehr zufrieden ist auch mit seiner ganzen Lage. Alles Fleischeßen aufgegeben und sich auf Obst u Milch eingeschränkt. Weil diese Diät für die Jahreszeit aufgehört: so befindt er sich schlechter. Ob mein Konxomp. gar nicht nach Göttingen hingekommen? Vielleicht thut er einmal eine Ausflucht nach W. Haben Sie kein Exempl. erübrigt von der Sibylle für ihn: so ist
    nichts daran
gelegen. Liegt aber die Schuld nicht an Ihnen; so wünscht ich es zu wißen,
    damit ich
    Sie rechtfertigen könnte
. Er meldt mir daß er nicht den allgeringsten Umgang dort hat und Lindner schrieb mir neulich, daß ein Pack aus Berlin ihn nirgends hat finden können. In der algebraischen Zerstreuung sagt er mir, daß er an Claudius schreiben wollte des Kx. halb. Wünschte daß ers thäte Vor allen Dingen, liebster bester Herder! sorgen Sie jetzt für das verirrte Päckchen, damit ich nicht um das mir zugedachte Gesangbuch, und wir beyde nicht um Georgi kommen. Hätte erstes gern die Feyertage zu meiner Hausandacht gebraucht. Bin mit Josephi Werke fertig, den ersten Theil bereits den Montag vor dem Fest dem Grafen v Kayserlingk abgegeben, muste zum Unglück den Grafen Muschepuschi circa mit seiner Gemalin antreffen der aus London zurück komt u nach Stockholm als schwedischer ruß. Gesandter geht. Es thut mir leyd daß ich Sie nicht ins Gesicht gesehen. Ich hoffe bey der nächsten Gelegenheit der Fr. Gräfin Ihr Compliment anbringen zu können. Josephus hat mich sehr unterhalten, wiewol ich ihn nicht in der Beziehung auf die Apokalypsen sondern mehr auf das Judentum überhaupt gelesen. In den allegatis scheinen einige Druckfehler untergelaufen zu seyn. z. E. p. 70. f) sollte wol Cap 5 seyn u Lib. VII. c. 31 hab ich gar nicht finden können   p. 145 a) p. 149. g) hab ich auch nicht finden können. Die Kleinigkeiten in Ihrer Uebersetzung werden Ihnen schon selbst aufgefallen seyn. So einig ich auch mit Ihnen in der Hauptsache bin: so halt ich dennoch nicht das Buch für
    ganz
erfüllt, sondern wie das Judentum selbst für eine theils stehende theils fortschreitende Erfüllung. In ihrer Theorie ist das selbst enthalten was ich meyne, nemlich, daß die Erfüllung des Buchs nichts als eine Figur einer höheren Erfüllung sey. Folglich ist eine buchstäbliche Auslegung nicht möglich – und eine historische Approximation kann den Geist und Sinn nur auf die Hälfte aufschlüßen: das übrige bleibt immer prophetisch und geistlich und heterogen für alle Geschichte: so wie das, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz kommen kann. II. Die jüdische Cabbala, welche Sie im
    Plan des Buchs
finden, scheint mir eben so wahrscheinlich in dem Entwurf der ganzen Zeitfolge zu liegen, und jüdische Geschichte ist immer für mich die einzige universal Geschichte gewesen, wie das Volk selbst ein Vorbild des Christentums sowol als Zeichen des menschl. Geschlechts. Hier liegt noch ein reiches Feld die Lästerungen unserer unwißenden Hephästione über das Judentum auszudreschen und auszuflegeln. Ein Wunder aller Wunder der göttl. Vorsehung Regierung und Staatskunst – mehr als Noahs Kasten und Loths Weib u Moses brennender Busch ist für mich jeder Jude. III. bin ich nicht so streng gegen die arithmetischen Kannengießer der apokalyptischen Chronologie wie Sie doch nur in einigen Stellen. Daniels Aufmerksamkeit auf die Zahl der Jahre erweckte ihn zu dem schönen Bußgebet, und darauf erfolgte jene Offenbarung der berühmten prophetischen Wochen. Nach Franckens Chronologie bin ich neugierig geworden; auch er scheint mit der Apokalypse sich beschäftigt zu haben. Können Sie mir Ihre Meynung über das was er davon sagt mittheilen; denn die Berl. berühren es blos mit Lächeln. Was kein Mensch auch nicht des Menschensohn in seiner Erniedrigung gewußt, wurde St. Johannes in Gesichten mitgetheilt. Größere Wunder also auch größere Einsichten als Er bey seiner willkührl. Entäußerung gehabt, gehören zu Seinen Verheißungen. Giebt es nicht wirkliche Ausnahmen von Menschen die ihren Lebenstermin ohne daß man weiß wie? bestimmen können. Astrologische, oneirokritische physiognomische Grillen alles ist rein und vehiculum oder vestigium Seines Einflußes in unser Fleisch u. Blut und des Commercii der Ober- und Unterwelt. Die ganze sichtbare Natur ist nichts als das Zifferblatt und der Zeiger oder das Speer; das ganze Räderwerk und das rechte Gewicht sind Seine Winde und Feuerflammen Der Brunn des Lebens thut aus Ihnen entspringen Gar hoch vom Himmel her aus Seinem
    Herzen
! Dem Heiligtum seines Throns. Ohngeachtet dieser roher unverdauter Gedanken, ist Ihre Behandlung immer die beste, nüzlichste und klügste, die wohlthätigste für die Mittelstraße eines bescheidenen Publici und die bescheidenste gegen die Misbräuche der rohen Verächter und Schwärmer. Den 2 – Kreutzfeld besuchte mich und bald drauf kam Hinzens Freundin Mlle Stoltz, die auch
    bald nach Mitau ziehen wird
zur Schwester der jezigen Herzogin, einer Fr. von der Reck – an die ich auch einmal einen langen Hirtenbrief geschrieben und seitdem keine Zeile mehr – Sie von der Scheidung ihres Gemals abzurathen, die wie es heist, bald vor sich gehen soll. Durch den seel. Hartmann ist sie mit den Schweitzern in genauer Verbindung u Bleßig in Straßburg der den hiesigen Oberhofpredigerberuff ausschlug hat in einer Standrede u den Personalien auf ihren Bruder auch Extracte ihrer Correspondenz verewigt. – Kr. gieng zu seinen Eltern und ohngeachtet ich des Abends nichts als Butterbrodt eße, war mein Hausmutterchen so gut ihre beyde letzte Enten braten zu laßen, die ich mir recht gut schmecken lies – Aber kein Tropfen Wein; es blieb beym reinen Waßer, das mich gestern außerordentlich schmeckte. Wie ich allein war beschloß ich das erste Fest im Jahr mit meinen kräftigen Bouteillen Bier. Vorigen Weynachten erhielt ich noch ein halb Dutzend Bouteillen Wein, die ich mit meinem Beichtvater theilte, den ich sonst öfters zu beschmausen pflege. Aber dies Jahr bin ich
    rein
und
    gantz
    unschuldig
davon bgekommen. Noch eine Freude von vorgestern her. Wie ich meinen Abschluß machte, fand ich Ausgabe 1522 fl. Einnahme 1522 fl. 9 gl. Also 9 gl. Plus. Eine Freude ichdie ich seit 1774 nicht geschmeckt; denn 75 war ein Minus über 200 fl. in der Bilanz. 76      –       300 – 77      –       650 – 78      –       150 – Gestern schickte mir ein guter Engel, hoff ich wenigstens, just als die Vesper angehen sollte, eine beredtes altes Sibylle ins Haus, die mir eine Stube nebst dem Gärtchen, fast möcht ich sagen, abschwatzte in dem mir zugefallnen Häuschen. Ich erlaubte auch wider meine Gewohnheit der Hausmutter den Gottespfenning anzunehmen, weil ich den halben Gulden pro arrha zum Seegen des N. Jahrs annahm. Uebermorgen ist der letzte Termin für das 2te Haus. Vielleicht geht alles beßer als man denkt. Kein Jahr habe so mit Zittern u Zagen mit Angst und Ueberdruß als das überstandene beschloßen – und beynahe möchte ich, wie Sie scherzen, Engel und Geister an meinem Schicksal hammern gehört zu haben. Unterdeßen stehen auch unsere Phantasien, Illusionen, fallaciae opticae u Trugschlüße unter Gottes Gebieth Den 18 Nov. am Geburtstage meiner jüngsten Tochter komt Kanter zu mir voller Begeisterung mit einem Plan sein Zeitungswesen auf einmal wider zu heben, u bittet mich Wezel hier einzuladen mit 200 rthl Gehalt freyer Station u 50 Reisekosten oder 100 rth um dort zu besorgen weil D. Crichton, der nach Penzel das Directorium geführt, aufgesagt; denn er hat sich alle neue Sachen selbst verschreiben müßen und fügl. thun können wegen seiner Leihbibliothek die er hier aufgerichtet. Schon Jahre lang hat K. kein Meßgut mehr gehabt. Die Zeitungsleser auswärtig u einheimische werden nicht viel über 200 ausmachen. Als Erbherr von Trutenau wo er eine Königl. Papiermühle u seine Schriftgießerey angelegt ist er an das Kade Compt. über 50 000 fl. schuldig und als Lotteriepächter sollte er alle Tage aus Berl. für 18 000 fl. exequirt werden. Alle diese Dinge sind stadtkundig. Wie mir also bey dem Auftrage zu Muthe war, können Sie leicht erachten. Bey allen dem bewunderte ich den Mann, der den gantzen Abend bey mir zubrachte mit einer Ruhe, Gleichgiltigkeit u Zufriedenheit, auch keinen andern Gedanken zu haben schien als Wezel und sein Zeitungswesen. Ich that alle mögl. Vorstellungen – wie viel ich selbst risquirte blos einem ganz unbekannten Menschen Vorschläge zu thun, und wie leicht es seyn würde durch hiesige Fabrikanten sicherer u wohlfeiler der gegenwärtigen Verlegenheit abzuhelfen. Nein alles sollte auf Neujahr im stande seyn. Ich schrieb so daß Kanter den Brief lesen u einschließen konnte. Ich freute mich schon daß K. den Brief unterdrückt hatte, weil merkliche Anspielungen darinn waren, die beyde Interessenten merken konnten. Siehe da! den 15 p. komt Antwort von Wezel, nach Herzenswunsch für mich. Er sagt jJa u übernimmt die Arbeit von dort aus. Die Hauptschwierigkeit u der Knoten für K. war eine Assignation an einen dortigen Buchladen wegen der zum Recensiren nöthigen Bücher. An diesen kleinen Hauptumstand hatte der Projectmacher nicht gedacht. Nun hat sich Hofger. Rath Graun, nomen et omen habet,ein Vetter des protocollirten verstanden. Er heyrathet Hartungs Schwestertochter und ist also im stande den Mangel an Büchern zum Recensiren zu bestreiten. Der prß. Mercur hat sich in ein Pr. Tempe verwandelt. Der erste Monat ist heraus. Eine preuß. Blumenlese kommt auch nächstens unter Mohr und Döhrk. Der erste ist des Stadtraths Sohn u als ein Sodomit hier verschrien. Der letzt ist ein Referendarius u hat wenig Antheil als Eitelkeit.
    Eleonore aus zeitverwandten Nachrichten
soll ein Roman seyn von einem jungen Refer. W annowius, der ein paar Bogen unter dem Titel:
    Mein
    Saytenspiel
schon herausgegeben. Noch habe nichts davon gesehen. Soviel von unsern afrikanischen Neuigkeiten u Seltenheiten. Von Ihren irrenden Rittern u ihrem Kreuzzuge nach Norden ist hier nichts zu hören gewesen. Nach dem Engl. hab ich mich unter der Hand erkundigt. Es ist ein wahrer Engl. gewesen von dem es heist daß er die Küsten wo ich nicht irre der caspischen See aufnimmt. Den Stallmeister hätte für mein Leben gern gesehen. Ich weiß nicht wer von uns beyden die erste Idee gehabt hat einen Geistl. aus Schwaben zu spielen. Ich bin wieder auf meinen alten Fleck, liebster Gevatter, Landsmann u Freund! Wenn ich nur nach Berlin kommen könnte so käm ich als ein 50jähriger Apostel nach W. zu Fuß. Aber hic Rhodus, hic salta. Ich habe schon mehr als einen Versuch gemacht mit Rabelais Extra Post statt D. Faustens Mantel. Sie wißen die Historie mit dem Ratzenpulver. Was meynen Sie zu dem Meteor der Gerechtigkeit auf unserm Horizont? Wollte Gott daß es ein Stern würde für Ihren Magum aus Norden. Ich lebe hier im Fegfeuer. Meine ganze Maschiene ist verrostet, alles gl. einem zerstoßnen Rohr und glimmenden Tocht. Bewegung und Zerstreuung daher noch nöthiger als damals bey meiner Wallfahrt nach Frankf. am Mayn. Wie meine Gesundheit: so ist meine ganze äußerl. Verfaßung. Aus Neigung hab ich mein Vaterland niemals geliebt, aber je länger je mehr aus Mitleiden. Wer nicht wagt, komt nicht nach W. Kurz, ich komme Ihnen, liebster einziger Herder, mit Vorschlägen zuvor und frage um Ihren Rath wegen neuer Sammlung meiner
    gallicanischen Sottisen
. Ich habe am heil. Abend unter Angstschweiß die Essays à la Mosaique gelesen. Sie sind ein wahrer Miststall aber in diesem sterquilinio liegen noch immer manche unerkannte Körner die bey der gegenwärtigen Gährung vielleicht beßer verstanden und gefaßt werden könnten. Unter dem alten Titel:
    Essays
à la
    Mosaique
würden die Lettre neologique et provinciale 2. die Glose Philippique 3. die Lettres d’un Sauvage du Nord und die Cochenille de Pologne nebst meinen 2 Pastoral Briefen an die Gen. Adm. und vielleicht einigen andern Extraits auch Quintus Icilius Antwort etwas zusammenhängendes und zugl. gedrungenes. Von der Cochenille hab ich kein Exemplar selbst, würde aber wol noch eins vom Verleger Hartknoch auftreiben können. Ich glaube daß Sie alle diese Blätter vermuthlich haben. Die alten Essays à la Mosaique müsten ziemlich umgearbeitet werden. Darf ich Ihnen wohl bey einer recht kalten und müßigen Abend- und Morgenstunde zumuthen diese Blätter zu lesen; was
    ausgelaßen
und
    deutlicher ausgeführt
werden müste ein wenig auf einen Zedel anzumerken in bloßen Winken und Fingerzeigen, mir Ihre Meynung über den Eindruck und Gehalt des Ganzen zu berichten und wo mögl. und so viel Sie können ohne Sich selbst dabey auszusetzen mit Ihrem Rath zur Ausführung an die Hand zu gehen. Von der franz. Hälfte des Msts. habe keine Zeile mehr, kann mich auch auf den Innhalt noch Werth besinnen, weiß daher gar nicht, ob es Ihnen anständig und Ihrer würdig ist auch mit eingerückt zu werden. Daß es beym Layenbruder im Depot, ich weiß nicht mehr durch welchen Circul von Schwärmerey, gekommen ist Ihnen bekannt. Ich habe den Gräuel der Verwüstung in Pr. von 67. vom 25 May da sich just das Finanzjahr anfängt bis zum Geburtstag des Königs 77, da meine letzte Bestallung ankam, angesehen. Durch ein besonder Schicksal hab ich nicht mehr dem Könige als ein einzigmal wie Cammer Canzellist geschworen u bin immer übersehen worden bey der Regie – vielleicht das einzige Exempel. Kurz an Zeichen u Wundern hat es nicht gefehlt –
    Das Billet mit dem
ich des Abts Coyers Inoculation du bon sens erhielt steht in der Vorrede der Kreuzzüge. Der Streich kommt
    vom ältesten von Witten meinem
ungerathnen Zügling her, der nicht einmal die Achtsamkeit hatte den Wisch zu franquiren – der bey seiner Rückkunft von der österreichischen Armee in unserm Hause für lieb nahm, mir aber nicht die geringste Gefälligkeit bey meinem traurigen Aufenthalt in Mitau bewiesen – und jetzt zum Bettler geworden seyn soll, samt seinem Bruder. Von meinem ersten Zügling dem Baron v Budberg höre desto mehr gutes. Seine Beschreibung des Schlangenbads habe noch nicht können zu sehen bekommen. Hartknoch wird mit seiner Frau auf Ostern erwartet. Sorgen Sie ja für Ihr Päckchen daß es nicht verloren geht. Sollte es noch hier ankommen; so gebe sogl. Nachricht davon. Dem Wezel habe vor Beschluß des Jahrs geantwortet; so wenig ich auch im stande war zu schreiben. Von Asmus keine Sylbe, habe ein paar Zeilen vorgestern beym Aufstehen geschrieben nach einer sehr unruhigen u schlaflosen Nacht, die was seltenes bey mir ist. Bin ich erst in Berl. so gilt es eine Wette, wer eher zum Rendezvous komt, ich zu Fuß oder der Herr ExLandCommissair mit Extra. Ich glaube daß ich Ihnen Abschriften von meiner Corresp. mit der Gen. Adm. mitgetheilt. Meine Einbildungskraft ist bisweilen so stumpf und bisweilen so lebhaft, daß ich beynahe auf alles gesunde Urtheil u sensum communem Verzicht thun muß. Eins von meinen ebentheuerlichsten Wagstücken hatte das Hirngespinst zum Grunde Kindelbier in Bückeburg halten zu können. Daher ist eins von meinen LieblingsMotto aus den letzten Worten Davids:
    All mein Heil und Thun ist, daß nichts wächst
. Ich schrieb es für Mendelson auf, der nicht mehr davon verstund als ich. Hat er Ihnen schon geantwortet? Mir geht es oft wie den lieben Nonnen und Layen des Pabstums beym Psalter, wie Luther sagt, von dem treflichen edlen Geruch deßelben, bey dem man auch aus den unbekannten Worten Andacht u Kraft empfindt und das Büchlein darum lieb hat. Den 3 – Kein Gottespfenning sondern Hexengeld wars! Es soll mir kein alt Weib mehr kommen am Neuenjahrstag unter der Vesper! Ich bin ein rechter Einfaltspinsel, den jedes Kind hinters Licht zu führen im stande ist; daher mir der Angstschweiß schon bey jedem Dinge, was zum Handel und Wandel gehört ausbricht. Abeat cum ceteris erroribus!!! Prof. †feld hat mir gestern die Unterlage meines Kopfküßens mitgenommen. Ich muß Ihnen noch ein naives Urtheil eines vertrauten Freundes mittheilen, der am ersten Ihren Maran Atha gelesen mit vielem Geschmack, der mir aber aufrichtig bekante daß die Apokalypsis selbst dadurch in seinen Augen von ihrem Werth verloren hätte; weil ein so lang erfülltes Buch ihn jetzt weniger interessirte als eine Erwartung noch bevorstehender Erfüllungen. Ich denk Göttingen liegt zieml. nahe, daher ich Sie beschwere Beyl. zu besorgen nach Beqvemlichkeit. Kypkens ⸂an deßen Stelle ein M. Dietrichs aus G.⸃ Katalog soll Ihnen werden; u an Dachs Portrait auch gedacht werden. Ich bin so tief in Ihrer Schuld u so unvermögend, so ungeschickt, so unglücklich in retours – daß ich ohne Schaam u Aergernis nicht dran denken kann. In dieser Verlegenheit meiner Gesinnungen seh ich es als eine Entweyhung an zu schreiben: desto inniger huldige ich dem Ideal meiner Verehrungswürdigen Gevatterin. Gott seegne Ihr ganzes Haus!!! Verzeyhen Sie mein apokalyptisch-apokryphisch Geschmier. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer verpflichteter Johann Georg. Vergeßen Sie nicht für das Päckchen zu sorgen daß es nicht verloren geht. Werde keine Ruhe haben biß ich sein Schicksal weiß. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
/ General-Superintendenten / ppp / zu /
    Weimar
/ franco Halle.
Königsberg den 2 Jänner 80. Liebster Freund Kraus, Gestern des Morgens erhielt Ihren lang erwarteten Brief, nachdem ich beynahe alle Hofnung aufgegeben hatte, zum Neuen Jahr. Ich habe diesmal keiner Seele eins gewünscht, nicht einmal mir, bin weder Weynachten noch heuer aus dem Hause gewesen. Kreutzfeld hat sich Gottlob! ein wenig erholt, mich gestern u heute besucht u läßt Sie bestens grüßen, zweymal. Ihre Anekdote soll niemand von mir erfahren, kann ihm aber schwerlich ein Geheimnis seyn. Sein Husten hält noch an, und scheint schwindsüchtig zu seyn; ein Erbtheil seines Vaters. Unterdeßen da Sie beyde Freunde sind, so wird Gott für beyde sorgen. Ich hoffe morgen oder übermorgen Ihren Auftrag im Müllerschen Hause zu bestellen, wo ich in langer langer Zeit nicht gewesen bin. Das Thibetsche Alphabeth hab ich Hoffnung durch meinen Weimarschen David zu erhalten. Als einen Auftrag von mir will ich eben nicht zumuthen Nachfrage zu thun. Sollten Sie aber Gelegenheit haben den gelehrten Mann kennen zu lernen, oder bey einer anderweitigen Veranlaßung denken Sie in petto an das Problem und meine hungrige Neugierde. Den Namen Ihres Gesellschafters, an dem mir so viel gelegen gewesen, hab ich schon zum voraus erfahren. Ich habe vorigen Sommer seinen Namensvetter, den Verf. der reisenden Sophie kennen gelernt. Ein Mann den ich wie Ihre Milch- und Obst Diät bewundere; aber ich habe nicht das Gebiß, desto mehr den Magen eines fleischfräßigen Thieres, und könnte Ihnen Wunder erzählen von den Rinder- Enten- und Sauerbraten, die ich dies Jahr so jung es ist, bereits verzehrt. Ihr Geschmack an der griechischen Litteratur ist mehr der meinige. Daß der
    Paauw
sche Aeschylus nichts taugt hab ich gewußt; aber des
    Askew
Ausgabe die nur eine Guinee kostet, hatte ich mehr zugetraut. Mit Hänschen les ich jetzt im Plato und zwar den Phaedo. Mit den 4 Speciebus nach Ernestii Initia sind wir auch im alten Jahr fertig geworden. Ihr Graf
    Muschepuschi
ist vor 14 Tagen hier durchgegangen und ich habe das Glück gehabt ihn zu sehen bey Ihro Excellenz. Er geht mit seiner Gemalin, die es mir leid thut nicht beßer ins Auge gefaßt zuhaben, nach Stockholm, wenn ich recht gehört. Vergeßen Sie doch nicht HE von Auerswald zu schreiben. Er setzt seine Freundschaft mit mir fort und besucht mich öfters zu Pferde auf dem Wege nach dem ▭ erinnert sich Ihrer mit den wärmsten Wünschen. Vielleicht wären Sie mit Ihrem Auszuge schon fertig, wenn es nicht mehr um Ihre eigene Befriedigung als des Mäcens zu thun wäre. Haben Sie nicht auch dem Kant an diesem Auszuge gedacht? Des HE von Baczko preuß. Tempe und die neue poetische Blumenlese der HErrn Mohr u Comp. und des HE Wannow Eleonore sind die neueste Phänomene. Statt D. Crichton wird Hofger. R. Graun Unternehmer der gelehrten Zeitungen. Meine 3 Gratien thun es Gottlob! den Lilien auf dem Felde zuvor. – Wie gefällt Ihnen denn Meiners. Falls Ihnen die sibyll. Fragmente aufstoßen sollten, bitte S. 27. anstatt
    Brauchs
:
    Bauchs
zu lesen. Alles übrige versteht sich am Rande. Beym nächsten Neujahrswunsch bitte nicht ein GegenCompliment an Ihre Cousine zu vergeßen; und daß Sie weder Ihr noch dem HE Oberhofprediger das kleine peccatum omissionis in formalibus zu einem peccato commissionis in materialibus anrechnen. Ich habe für Ihre philosophische Denkungsart und Unterscheidungskraft zwischen Freundschaft in petto und Höflichkeit au bout de la plume gutgesagt. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer Entbindung, und ohne ein Staatistiker zu seyn, lohnt es gar nicht der Mühe ein Sclav viel weniger ein Märtyrer seines Wortes gegen Leute von der großen Welt zu seyn. Laßen Sie mich wider ein Jahr auf einen Brief warten, so schick ich einen Extract der sich gewaschen hat, in Ihrem Namen, und hiemit Gott empfohlen! Johann Georg Hamann.
    Brahl
hat Antwort erhalten. Haben Sie auch D. B. deßhalb einen Wink gegeben? Vale et faue! Es macht uns doch immer eine kleine Freude wenn ein vornehmer Mann sich herunterläßt uns selbst zurecht zu weisen über ein quid pro quo. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Kraus / homme de lettres / à /
    Goettingue
. /
    Abzugeben in der
/
    Grünenstraße
.
Kgsb. den 23 Jänner Dom. Septuag. 80. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Vorige Woche brachte mir der Postbothe auf einmal einen Brief von Ihrer Frau Schwester u Kraus. Erstere ist voller Freuden über die Bekehrung ihres Mannes nach einem schweren Lager, das ihm alle starke Getränke nunmehro verekelt. Letzterer meldt mir von 2 Recensionen Ihres Maran Atha, neml. in den Häll. u Gothaischen. Letztere soll sehr sarkastisch seyn und mich auch angehen; erstere desto glimpflicher. Hier kommt alles mit der Ochsenpost an. Ich habe eine poetische Auslegung der Apok. durchgelaufen, die sich in duplo auf der Hiesigen Schloßbibliothek befindet. In einem Exemplar fehlte ein Blatt und in dem andern sollen auch Defecte seyn. Das Mst. scheint aus dem XIV Saec. Vor jenem war eine alte Uebersetzung der Apocalypse, die in diesem fehlen soll. Der Verf. hält Amen für ein gr. Wort u streitet gegen Beda daß Philadelphie nicht Bruderliebe sondern ich weiß selbst nicht mehr was bedeute. Er schien es von φυλασσω herzuleiten, wo ich nicht irre. Heinrich is min rechter name Hesler ist min hus genant. Sonst habe ich nichts von historischen Umständen finden können, die den Autor oder seine Zeit betreffen. In Ansehung der alten Sprache hat es mich unterhalten. Bey Gelegenheit alter Urkunden fand ich neul. bey Lauson die Copia der Handfest über Gerdauen und Nordenburg von Ao 1469 für den Ritter Georg von Schlieben u seinen Bruder Christoph von
    Hoemeister
    Heinrich Reuß von Plawen
, und als Zeuge war
    Stephanus Herder, unser Caplan
angeführt. In Kypke Bibl. ist nichts von Handschriften als ein durchschoßenes N. T. das ich bey mir habe aber keinen Nutzen davon mir verspreche. Es sind lauter Anführungen aus Autoren nach den pp. seiner Ausgaben, und daher für einen andern unbrauchbar. An alle übrige Aufträge wird fleißig gedacht; aber es ist nichts angefangen. Vergeßen Sie doch unser
    Päckchen
nicht. †feld hat auch einen Brief von Voß die Odyßee betreffend vom Sept. erst diesen Monat durch Hartung erhalten, mit dem K. im Handel steht. Der König hat letzterm sein gnädiges Ehrenwort gegeben wegen der gesuchten Bonification nebst einem Inhibeatur für seine Gläubiger Diesen Krönungstag besuchte mich ein Sohn des
    Pleßings
von der Abgotterey, der seit Oct. hier ist seines Vaters Familie in Polnisch Preußen besucht hat und eine heil. Rede über die Vorsehung hier drucken laßen, die er seinen Eltern u seiner Muhme, der BürgerMeisterin zu Konitz dedicirt nebst ein paar Abhandl. über Josephs Character u Lebens auch Pensées philosophiques sur la faculté d’abstraire unter der Preße hat. Er sagte mir Sie auf einen Augenblick in Weimar bey seinem Abschiede besucht zu haben, und erzählte mir Benzlers Schicksal, das mir nahe geht. Ich bin noch nicht ganz im stande zu übersehen den Mann, der an einer singulairen Hypochondrie zu laboriren scheint. Meine Lust zu den Essais a la Mosaique ist verraucht. Heut vor 8 Tagen erhielt ich durch Hippel die erste Fortsetzung der Klopstockschen Fragmente und ich arbeite seit Mitwoch mit zieml. Fortgang an ein paar Provinzial Briefen unter dem Namen
    Hochberg
ad imitationem Lud. Montaltum
. Da Sie mich gegen den neuen orthographischen Unfug Selbst aufgeboten: so würd ich es abermal wagen, – sich des armen kleinen Fündlings anzunehmen. Gott gebe daß ich wie Hiob sagen könne:
    Mein Bogen beßert sich in meiner Hand
! Deras erste Brief hat zum Text des Kaysers Augusti Zesianismum nach dem Sveton. Deras andere betrift das Grundgesetz des Gehörs u der Sparsamkeit in der Klopstockschen Darstellung. Also 2
    Scherflein zur neusten deutschen Litteratur
. Wer mag der elende Schmierhans seyn von der allerneuesten deutschen Orthographie des XVIII. Jahrhunderts? Das Beste ist der Titel; u deßhalb will meinen aus ihm entlehnen. Vergeßen Sie mir nicht, bester Herder, auf allen Fall des Statth. zu Erfurt Titulatur in extenso et abstracto auf u in dem Briefe; auch diese alte Schuld so gut ich kann abzutragen. Kraus qvält mich immer um einen Konxomp. und redt wider von einem Briefe an Asmus wenn ich ihn nicht schicke. Ist es Ihnen mögl. seinen Wunsch zu befriedigen? Den 24 Jänner. Gott seegne den König! – Heute ist sein Geburtstag und vor 3 Jahren empfieng ich an selbigen meine Bestallung. Ein kleiner Fluß im Halse u Munde hält mich einheimisch. Bin in diesem Jahr noch in keiner Kirche gewesen. Will mit Fastnacht anfangen. Was machen Sie? – und Ihre beste Frau? – und Ihre lieben Kinder? Ich fieng gestern Ihren Brief in voller Fluth an; und darauf kam eine solche Ebbe der Lebensgeister, daß ich mich den ganzen Abend nicht erholen konnte, und so befind ich mich immer in einem unnatürl. Zustande der Spannung u. Erschlaffung, daß ich mir kein gesundes Urtheil kaum zutraue, und auf meinem Lebenskahnchen auf und nieder, hin u her taumele und schaukle. Jerusalems Betrachtungen, Büschings Judentum u Semlers Antwort auf Bahrdt habe gelesen. Letztere hat mir am besten Gnüge gethan. Walch hab ich noch nicht über das Leßingsche Theorem oder Problem bekommen können. Hab ich Ihnen schon geschrieben daß Notar Hintz wider Hofmeister wird. Von Hartkn. habe keinen Laut. Wie gut wäre es wenn er mit K. einig werden könnte zum Besten seiner Frau u ihrer Familie. Vielleicht schreib ich ihm darüber. Wird der Buchhandel ein Hartungsches Monopol: so ist es hier aus für alle die durch Kanters Gutherzigkeit und wirkl. Grosmuth oder Gleichgiltigkeit in Verwaltung eigner u fremder Güter verwöhnt worden sind zu einem Freytisch u offnen Tafel in seinem Buchladen. Pathchen Marianchen hat den 14 h. allein zu gehen angefangen und gab am Krönungstag dem Vater ein sehr angenehmes Concert über die Laute Pa–pa. Sie ist die erste und einzige die ohne Leitband u Fallhütchen und so früh gehen gelernt. Hänschen scheint von allem musicalischen Gehör enterbt zu sein. Tant mieux pour lui – mais tant pis pour moi. Sie wißen was für ein Freund ich von Vocalmusik bin und von Kirchenliedern, und daß ich Ihnen nichts so sehr beneidet, als das ganze Gesangbuch und alle Melodien auswendig zu können. Minister von Görne der unser Departement hat wird hier erwartet, man sagt des schwindsüchtigen u in letzten Zügen liegenden Handels wegen. Auch sagt man, daß der König (risum teneatis amici!) die Ausarbeitung einer deutschen Grammatik veranlaßt, ferner
    sagt man
, daß Semler 2 Ephorate u die Emolumenta davon verloren u Nößelt solche erhalten hätte. O liebster Herder! unser Päcklein, daß Ihr
    Georgi
nicht verloren geht! Find ich in ihm nichts was meine Vermuthungen in Ansehung des Thibetschen bestätigt, so will ich Kraus auftragen, Büttner darüber zu consuliren. Vielleicht zu einer zweyten Ausgabe zu der ich alle
    unterdrückte allegata
u Citationen oder Anspielungen auf wirkl. Stellen sammle. Nun denk ich an nichts als meine
    zwey Scherflein
unter dem Motto – ι η י ου μηMatth. V. 18. Wie alle Haare unsers Haupts unter göttl.
    Providentz so
alle
    gerade
u
    krumme
Striche unserer Handschrift, (wo ein ι jota u Jod י als die einfachsten Symbola anzusehen) unter
    Theopneustie
. Daß diese Erkenntnis zu hoch ist – mag immerhin seyn aber weder für den
    philosophischen
noch
    christl.
    Glauben
.
Pleßing – und hierauf Kreutzfeld mich besucht mit ein paar Exempl. seines Gedichts. Vielleicht macht’s Ihnen eine kleine Diversion an Ihr Vaterland zu denken. Mit künftigem Monath wird der Abdruck des Catalogi angefangen werden. Von Kypkens Observationum mstum ad N. T. habe schon geredt, daß sie lauter allegata nach den sS. seiner Ausgaben enthalten. Sie scheinen aber
    jünger als die
    gedruckten
    zu seyn
, weil er sich auf solche bisweilen bezieht mit der Beyschrift:
    Vide impressa
.
Nun erinnere ich mich in seinem Leben gehört zu haben, daß er seine Observ. um ein Beträchtliches vermehren könnte; daher ich vermuthe, daß dies
    Mst. in Bey- und Nachträgen dazu besteht
. Ich werde aber die Sache noch genauer u mit Vergl. der gedruckten untersuchen. Nun so viel zum vehiculo der Einlage aus Morungen. Verzeyhen Sie es mir, liebster Gevatter Landsmann und Freund! daß ich so oft an Sie schreibe. Sollte ich mit meinen 2 Scherflein nach Wunsch fertig seyn: so sind Sie nicht sicher dafür, daß ich vor Freuden Sie Ihnen am ersten mittheile. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer treusten Hälfte. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrem allerseitigen Wohlbefinden. Ich ersterbe Ihr ewig verpflichteter und mit Herz und Sinn ergebenster Johann Georg Hamann Adresse:
HErrn / HErrn Herder / General-Superintendenten / pp / zu / Weimar. / Gedruckte Einlagen. / franco Berlin
Kgsberg den 26 Jänner 80. Liebster Freund, Am heil. Abend des Krönungstages wurde ich mit Ihrem Briefe u einem aus Morungen erfreut. Einl. an HE Müller schickte sogl. fort und dem HE v Auerswalde brachte ich die andere, der unpäßlich lag und vor Freuden aus dem Bett fahren wollte. Ich hoffe daß Sie meine Antwort vom 2ten über Weimar auch richtig werden erhalten haben, vielleicht auch mit einem Exemplar von Konxomp. wenn Er noch eins übrig hat. Wo nicht so warten Sie bis zur andern Auflage und tragen im Nothfall auch was dazu bey. Mein Gevatter ist so grosmüthig gewesen mir auf meinen Wink Georgi Alph. zu überschicken; das Päckchen liegt aber noch durch Schuld des Esels Hartungs vermuthlich in Leipz. Bin ich in eigenem Suchen nicht glücklich: so würd ich bitten daß Sie an Büttner den Panglotten appellirten – wozu aber nicht in Ihrem eigenen Namen? Noch an demselben Staatsfeste lief zu einer Stunde, wo der Bischoff im Auditorio war, zur Cousine und macht es wie die
    Schlange im Paradiese
– ich ließ ihr in die Karte gucken – unterdeßen ich hinter den Fächer schielte. Auch ein Wort über diesen Punct zu verlieren: so entfern ich mich soviel ich kann von den Freunden des Mannes, dem ich rathen möchte in puncto der Autorschaft mehr ein Nachfolger des Z. als Sie zu seyn. Meines Wißens hat er schon seine Symbolas dem Mäcenen dedicirt. Alles übrige Ihrer Briefe ist für mich heilig. Kreutzfeld erholt sich u Brahl hat selbst geantwortet. Daß er auch vom Minister eine erhalten, habe schon gemeldt. Die Zeit wird ihm lang. Er hat gegenwärtig einige Aspecten zu einer Vacanz. Könnten Sie etwas bey der gegenwärtigen Lage zu seiner Empfehlung durch die dritte Hand bey Launay oder Morinval oder dem Minister des Departement v Görne der hier selbst erwartet wird beytragen, so käm es zu rechter Zeit. Der ganze Schritt mit seinen Gedichten die er auf seine eigene Kosten drucken laßen, war ein faux- pas; der ihm weder geschadet noch geholfen, vielleicht doch helfen kann par recul; denn unser Glück hangt selten von den Maasreguln unserer Klugheit ab. Er schreibt gegenwärtig die gelehrte Articul, denen D. Crichton feyerlich entsagt seit Neujahr bis Februar wo K. Rath zu schaffen versprochen, Gott geb auch That. Er ist jetzt mit obigem Esel in Unterhandl. seinen Laden zu verkaufen. Weh unserm ganzen Publico das bey seinem gegenwärtigen Monopol schon gnug leiden muß, weil nichts bey ihm zu haben ist. Ich bin dies Jahr noch in keiner Kirche gewesen u besuche blos jemanden im grösten Nothfall. Ihrer Gräfin habe am heil. 3 Königstage sitzen müßen als ein Beytrag zum Buch des Lebens – werde allso Gelegenheit haben nächstens Ihr Anliegen anzubringen. Maran athée? – Sie meynen vielleicht Maran athan. Ich kann mich auf jenes Wort nicht besinnen, noch auf den Zusammenhang. Ob ich eine Spinne gesehen? Den Gruß an Cr. R. schriftl. mitgetheilt. Mlle St. denkt diesen Winter abzureisen. Ihre Eleve ist gegenwärtig Herzogin von Curl. hat aber den Glückwunsch ihrer Labonne noch nicht beantwortet. Bin gestern mit einem Fäßchen Caviar vom ehrl. Hartknoch erfreut worden, welches beynahe gantz mit meinem vierspännigen Wagenthron verzehrt. Alle meine Kinder lecken dran wie die Ygel. Marianchen geht schon seit dem 14 allein, ohne Leitband u Fallhütchen. Brahlchen wird Sie bey Käthchen Lehnchen ausstechen, wenn Sie nicht bald zurückkommen. Ich arbeite an
    zwey Scherflein zur neusten deutschen Litteratur
. Der arme Benzler hat Weib u Kind verlaßen u ist Mönch geworden. Am Krönungstage besucht mich ein Sohn des Pleßing, der von der Abgötterey geschrieben. Weder P. von Anhalt noch Pr. von Thorn – sondern ich weiß selbst noch nicht was. Er hat dort studiert u hier eine Predigt mit 2 Dedicationen u 2 Abhandl. Beylagen drucken laßen, u ist auch Verf. einer franz. Schrift über die Abstraction. Wie geht es mit Ihrer Schwangerschaft? wird es bald von den Monden zu den Wochen kommen. Fehlt es Ihnen an einer Sage-femme: so schicken Sie nur einen Wechsel zu den Reisekosten – denn auf einem Besenstiel oder D. Faust Mantel erlaubt mir nicht mein Schwindel. O daß ich hätte Flügel der Morgenröthe und mit meinen Scherflein zu Ende wäre! Leben Sie wohl und denken Sie bald wider schriftlich an Ihren alten ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann et Comp. Der dolle Greeke ††† Auf der Adreßseite: Eben nach Zumachung dieses erhalte Ihre Einlage durch Asmus dem ich die Execution aufgetragen. Es ist ein rechtes Billet-doux von Einem εαυτοντιμωρουμενῳ. Seyn Sie kein Separatist menschlicher u akademischer Gesellschaft und halten Sie Ihren Husten für keinen Propheten als a. c. Halten Sie Wort und machen Sie es wie ich, sich in Transpiration zu schreiben, ohne sich um die Aufnahme oder das Schicksal Ihrer langen oder kurzen Briefe zu bekümmern. Dixi, scripsi et liberaui animam meam, das heißt, ich habe mir Luft gemacht. HE Lieut. Bohm hat Sie als einen feinen und gesunden Mann beschrieben, und Gevatter A giebt Ihnen das Zeugniß,
    daß, wenn Sie die Addresse Selbst geschrieben, Ihre Hand passable
wäre. Sie erinnern sich noch seiner sesquipedalischen Buchstaben. Noch bringt mir Br. einen freundschaftl. Gruß von Ihren Pflegeltern in der Langgaße, der weil er nicht eingeschloßen werden kann, aufgeklebt werden muß. Der Ex-Cour. Sch. liegt dort auf Ablager weil sein junger Graf vor ein paar Tage gestorben. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Monsieur / Monsieur Kraus / homme de lettres / à
    Goettingue
. /
    par faveur
.
Kgsberg den 26 Jänner 80. Herzlich geliebtester Freund, Sie haben mir einige Tage im Sinn gelegen und gestern erhielt Ihren Brief nebst dem Fäßchen Caviar und einem Päckchen Bücher. Ersteres habe mir noch denselben Abend recht herzlich schmecken laßen, ohngeachtet ich seit Sonnabend nicht aus dem Hause habe gehen können und daher nicht weiß ob ich das Vergnügen haben werde den mir bis dato unbekannten Ueberbringer Ihrer Gaben kennen zu lernen. Den 10 huj. besuchte mich HE Prof. Reusch des Passerii wegen den sich auf seine Empfehlung der alte Minister v. Rhode ausgebeten hatte zum Ansehen, mit dem man aber temporisiren muß. Durch seinen Collegen Prof. †feld den Sub Bibl. hab ich erfahren, daß er die Acquisition für gut erkannt, aber so schwierig ist zu den kleinsten Ausgaben als wenn sie aus seinem eignen Beutel giengen. Auch müßen wir besorgen daß er sich unter der Hand nach dem Preise erkundigt, weil er bey seinem Alter u Geschäften sich noch viel mit Lectur abgiebt. Sie haben mir einmal von 16 # geschrieben u diesen Preis hab ich angegeben auch den mindern von 15 dem Unterhändler anvertraut. Weil Reusch mir noch nicht das Werk remittirt; so vermuthe ich daß er Hoffnung haben muß es noch anzubringen. Daß wir beyde nicht in Verdacht eines Gewinns kommen: wär es jetzt Zeit das genaueste zu sagen. Sind Sie sicher es mit mehr Vortheil loß zu werden: so ist doch immer die Unbeqvemlichkeit des Transports eine Vertheuerung. Wir sämtl. Interessenten, die beyden Bibliothecarii neml. die meine alte u innige Freunde sind, wünschen mit mir es hier zu behalten; aber unsere kurzen Hände wißen Sie auch. Mein zweyter Anlaß Ihnen zu schreiben war, wegen der unverantwortl. Grobheit des Hartungs, dem ich wünschte Ihre ganze Empfindlichkeit merken zu laßen. Ein Päckchen von unserm Herder, das er mir selbst gestand von Ihnen empfohlen zu seyn, hat sich von der Meße an im Buchladen umgetrieben u läge vielleicht noch da, wenn ich nicht durch einen Wink aus Weimar wegen eines andern Päckchen worinn ein Exempl. des Gesangbuchs nebst einem Alphab. Thibetano des Georgi enthalten seyn soll, bekümmert gewesen und deshalb am letzten Weynachtsfeyertage selbst angesprochen wäre. Hier fand ich Kanter bey ihm – Sie können sich den Eindruck dieser unerwarteten Zusammenkunft für alle 3 kaum denken – u hörte von einem Päckchen an mich. Ich freute mich schon und es war ein offenes Couvert für ein Exempl. des Maran Atha an seine Schwester nebst einem einliegenden Briefe. Alles offen hatte sich so lange im Buchladen herumgetrieben. Wenn ich ein Besucher des Licents wäre – aber die Zeit der Widervergeltung wird nicht ausbleiben. Außer dem Päckchen von Herder müßen sich noch andere Dinge dort umtreiben z. E. von Kleuker. Auch Kreutzfeld hat einen Lumpenbrief von Voß (den ich zum Nachfolger Ihres Schlegels wünschte) wegen seiner Odyßee erst diesen Monath erhalten – Buchbinder gehen hier zu Grunde u selbst baare Käufer finden nichts. Ob es Blindheit oder auch Noth ist, kann niemand erklären. Man schließt stark aufs letztere – und redt auch von Unterhandlungen wegen des verwaysten Ladens um 18000 rl. Vielleicht giebt Ihnen Ihre beßere Gesundheit und Patriotismus und Familienverbindungen Muth ins Mittel zu treten. Wenigstens scheint mir die Sache nebst den Coniuncturen derselben Ihrer Ueberlegung werth zu seyn. Mein Exempl. des Konxompax das ich Arndt zugedacht liegt hier und wartet auf Gelegenheit. Entschuldigen Sie und danken Sie unterdeßen in meinem Namen wegen Fortsetzung des Journals. Um den letzten Band bald gebunden lesen zu können wünschte ich den Xbr. bey erster guter Gelegenheit. – Ist Andersons Geschichte noch nicht zu Ende? Lauson hat mir sagen laßen schon längstens seine Rede auf Simon Dach dem HE Banco Dir. Rappolt zugestellt zu haben. Von Gevatter Claudius bin heute nach einem halbjährigen eigensinnigen Stillschweigen mit einer Antwort endl. erfreut worden, aus welcher folgende Stelle Ihnen mittheile. „Neul. c. 10 Wochen gieng hier ein junger feiner Engl. durch der nach Mitau gehen wollte; ich gab ihm einen Gruß an Euch mit und er sagte, daß er ihn bestellen wollte. Was macht der gute Hartknoch? Er soll ja sehr krankhaft seyn und nicht wieder nach Leipzig können oder wollen oder alles beydes. Grüßt Ihn gelegentlich vielmal von mir und wünscht ihm gute Beßerung“. Gott gebe daß Sie unsere Freude und Erwartung Sie in extenso hier zu sehen bald erfüllen mögen und schenke Ihnen Gesundheit und Kräfte, Leben und Seegen, Lust und Glück zu Unternehmungen. Ihren HErrn Vetter wünscht ich noch zu sehen näherer Nachrichten wegen Ihre Gesundheit betreffend. Ihr gänzl. Stillschweigen darüber macht mir gute Hofnung, daß Sie alle Ihre bisherige Uebel so gänzl. verloren als vergeßen haben. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer lieben Gemalin. Was für Freuden warten hie auf Sie – Ein neuer Bruder, eine neue Schwester. – Was für Freude wird Sie Ihrer ältesten, meiner Frau Gevatterin mitbringen, an Carlchen? Meine stille stumme Zufriedenheit über Ihr Widersehn soll all dieses Freudengewühl ausstechen. Denn ungeachtet meiner 50 Jahre ist hier noch Feuer in petto. Das macht alles Ihr Caviarfäßchen, aus dem ich wieder gelöffelt statt alles Abendbrodts. Hat er doch meine Augen wacker gemacht, wie Jonathans, daß ich noch ohne Brille dem Himmel sey Dank und bey einem 2 gl. u einem Pölkerlicht schreiben kann – Nach genauer Untersuchung ist ausgemittelt worden daß es weder ein 2 gl. noch ein Pölkerlicht – Sie verstehen doch noch Ihre Muttersprache sondern 2 zu einem Düttchen ist, bey dem ich schreibe. A propos! noch ein kleiner Extract: Schmidlin ist in großem Mangel und Elend gestorben zum Trost anderer Gelehrten, die sich bey Zeiten auf so etwas gefaßt machen können – (Der Kerl meynt doch nicht Sich oder mich?) Er hatte einen Contract über das Cathol. mit dem Pr. Minister HE von Hecht geschloßen und der traute nicht mehr, und so konnte Schmidlin das Werk nicht weiter drucken laßen und hatte für sich u seine Familie den äußersten Mangel. Campe hat noch für ihn an den Herzog Ferdinand geschrieben und der wollte 1000 rth zur Fortsetzung des Werks herschießen. Als aber die Nachricht kam, war Schmidlin eben todt und der Herzog hat der Wittwe 100 # geschenkt. Stephan gieng über sein Lexicon Kaporis, Schmidlin stirbt über seins aus Gram u Hunger u. doch darf das Publicum und so ein Scheißrecensent sich erfrechen über ein schlechtes Lexicon und den Mangel an guten zu klagen. Nicht wahr Gevatter hätten wir beyde eine Saltztonne mit Federics d’or müßig stehen gehabt, wir hätten so eine lederne Katze voll hergegeben und wäre es auch nur blos gewest die unsägl. Mühe und das rechte Eselsjoch des Verf. auf einige Art erträglicher zu machen und zu belohnen. Mir sind überhaupt seit einiger Zeit verschiedene Fälle vorgekommen, daß ich mich fest entschloßen habe noch reich zu werden. (Ja wenn’s den beyden respectiven HE Gevattern nur nicht an sensu communi fehlte!) Grüßen Sie den ehrl. George von mir. So sehr ich mich gefreut hätte Ihn zu sehen: so lieb es mir ist es mir die betrübte Veranlaßung dazu gehoben zu sehen, welches ich wenigstens aufrichtig wünsche. Ich hab mich nach der Zeit um nichts weiter bekümmert; aber desto mehr Ursache bekommen mit HE Bruinvisch sehr unzufrieden u mistrauisch zu seyn, da er ohngeachtet seines widerholten Versprechens u meiner Erinnerung mir
    zwey Voßische Musenalmanache
, die Andenken des Verf. sind, und
    Campens Weynachtsgeschenk
, das mein Sohn zum Andenken von meinem ältesten Freunde erhalten, noch nicht hat wider zustellen laßen, wie ich ein Schachspiel u Schächtelchen das dazu gehörte – worüber noch einen Schein des jungen Menschen in Händen habe. Das übrige wird sich alles von selbst entwickeln. Gott gebe daß der alte würdige Vater so gut davon komme als des Kameraden seiner. Vom Deserteur ist nun alles gantz stille. Den 28 Jänner. Wünsche dem HE Lenz zu seiner Versetzung Glück. – Wenn Sie können antworten Sie noch einmal wegen Passerii und unserer dabey obwaltenden Bedenklichkeiten, im Fall sich der Minister anderswo Erkundigung einziehen sollte – und wenn Sie zugl aufgeräumt dazu seyn sind so legen Sie ein Strimelchen Papier bey, worauf Sie bescheinigen des Gevatters Asmus Gruß durch mich erhalten zu haben. Ich will es zum Spaß beylegen. – Laborire an Einem Bogen über
    die neueste Litteratur
, den ich gern aus dem Kopf und aufs Papier haben wollte. Einen Herzl. Gruß von meinem sämtl. Hausgesinde. Marianchen läuft schon wie eine Wachtel, hat gehen gelernt ohn Leitband u Fallhütchen. Was macht Ihr lieber Sohn? Hält er mit Arndt gute Freundschaft? Empfehlen Sie mich beyder Andenken. Gott erhalte Sie gesund und erfreue Uns mit Ihrer Ankunft. Ich ersterbe Ihr alter aufrichtig ergebenster Freund Johann Georg Hamann Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
Herrn / Herrn Hartknoch / in /
    Riga
. /
    par fav
.
Vermerk von Hartknoch: H. Hamann in Königsberg. Empf. den 22. Jan. 1780, beantw. eodem.
HöchstzuEhrende Freundin und Gevatterin, Meinen ergebensten Dank für beykommendes Leben, das mir ganz außerordentlich behagt, sowohl in Ansehung der alten Bekanntschaft mit der Autorschaft der Fräulein Ritterin, als in Ansehung des garstigen Carons, in den ich mich einmal verliebt wegen seines spanischen Ebentheuers. Ich vermuthe fast, daß die Amazonin auch ein wenig Schwäche sich gegen ihn hat merken laßen, und leite daher jene bittere Thränen her – Doch ich habe mehr wie einmal verschworen zu glauben, was man sieht, und kann mir doch das verwünschte Vermuthen und leidige Urtheilen nicht abgewöhnen. Einl. ist um ein halb Blatt stärker gerathen, weil ich den 25 huj. mit einem Briefe, einem Fäßchen Caviar und einem Pack Bücher erfreut wurde; daher mein Herz diesen Geschenken scheint entgegen gewandelt zu haben. Den Tag drauf mit einem langen Briefe vom Gevatter Asmus und Gevatterin Asma, worinn auch ein ausdrücklicher Gruß an Herrn Hartknoch stand, den ich noch nebst einem traurigen Umstande den Verfaßer des Catholicon betreffend, extrahiren müßen, wodurch Einl. um ein halb Blatt stärker werden müßen. Werde wohl nicht eher als Montags im stande seyn auszugehen, weiß daher nicht ob ich dem unbekannten Ueberbringer und Vetter werde meinen Dank abstatten können. Empfehlen Sie mich bestens Herrn Courtan und sämtlichen Familie, die meinigen thun ein gleiches. Meiner politischen Rechenkunst zufolge möchte wol mit der bevorstehenden Fastenzeit wieder anfangen die liebe Kirche und gute Freunde zu besuchen; bitte währender Frist in gutem Andenken zu behalten und so gut wie möglich zu entschuldigen die hypochondrische Verwirrung und Eilfertigkeit Ihres ergebensten und verpflichtesten Dieners
Johann Georg Hamann
den 29 Jänner 80. Daß ich noch ein Schuldner von HE Motherby seyn muß, ist nicht ganz meine Schuld. Auch meinen Gruß für Ihn zur Beyl. Marianne Courtan schrieb auf die Rückseite des Briefes: Dem Freunde unvergeßen,   Den mir mein Glück hier gab. Da wo ich oft geseßen,   Ruht dann sein Pilgerstab, Pflanzt seine Hand Cypressen   Um mein bethränktes Grab. Die Zeugen seines Kummers grünen   Hoch über meinen Staub empor. Ich aber geh durch Cherubinen-   Posaun geweckt, den Lenz in meinen Mienen, Dereinst aus einem Hayn hervor. –
Der Brief schließt sich unmittelbar an eine Reinschrift von Hamanns „Zwey Scherflein zur neusten Deutschen Litteratur“ an. Wünschte zum Abdruck, daß selbiger 2 Bogen betrüge; daher ich bäte das 2 Scherfl. mit einer neuen Seite anzufangen. Auf dem Titel komt in der griechischen Stelle ein hebräisches Jot. י Ich habe seit einigen Tagen nach des
    Alemberts Eloge des Mylord Marschall
herumgeschickt ohn es auftreiben zu können, weil die Exempl. schon in unserm Monopolkram vergriffen sind. Bitte das Sobriquet unsers Semper Augusti einzusetzen. Ich weiß nicht ob es
    Abt
oder
    Pater Prior
war? und eben dies Wort zur Note 10 hinzuzufügen. Ich schreibe
    neuste
, und wenn ich andere anführe besonders Titel:
    neueste
. Bitte in Anführung auch die verschiedene Orthographie zu beobachten. In Anbringung der engl. Denksprüche bitte ihren Mangel, wo es nöthiger, zu ersetzen. monachischer, – nicht monarchischer   Otographie, eben so mit Fleiß, i. e. Ohrgraphie. Orco, nicht Orkod. Sueton hat ipsi; ich mit Fleiß isti, weil ich mir die Verwechselung des c und t mit s u. k so leichter vorstelle als bey ipsi. / p. 7. ein klein Schlangen s und ß, das Kl. nicht leiden kann, statt: Schlangen u Otterngezüchte. Siehe Allgem. Bibl. XXXIX. B. 1 St. S. 263 die ich gestern zufällig zu lesen bekommen und wo mein Argument gegen den Anfang anticipirt ist In Hermes neuesten Casualreden ist Leß u Luther gepaart in einer Note. Sein Pis-aller findt sich auch in einer Samml. älterer Predigten. Der p. 4 angeführte Leberreim ist von meinem seel. Oncle. Den Theil u quo anno herausgekommen weiß ich nicht. Ich glaube in dem Theil wo Genest übersetzt ist. p. 5.
    Echoe
; nicht Echos Das I. Scherflein ist hauptsächlich gegen den Herausgeber: das II. gegen den Urheber der neuesten Rechtschreibung. Das Wort
    Bestie
habe in der alten Uebersetzung der Apokalypse gefunden. Weil die beyde Motto nicht auf dem Titel angeführt sind; so habe p. 4. das lateinsche nachgeholt u dem Namen
    Persius
auch das που eingerückt wie Nr. 14. das griechische in extenso, das in fronte abbreviirt erscheint. Die 14 Noten bitte numerirt zu lassen. Ob ich das Schluß Motto aus dem Lucan mit saxis tantum oder volucresque setze überlasse Ihrem Gutbefinden. Sollte aus dem Abdruck etwas werden: so bespreche ich 1. für
    Klopstock
2.
    Leßing
. 3. Wieland. 4. den
    andern Nachbar
5. nach
    Erfurt
6.
    Darmstadt
. 7. Landsmann Reichard 8. Mos. Mendelsohn 9. Lavater. 10.
    Kleuker
. 11. NB. Kraus in Göttingen in der Grünenstraße n 12–14. für die verwittwete Frau Verfasserin. Auch ein
    halb Dutzend
wäre nicht zu viel. Könnte nicht Freund Hartknoch, der mich vorige Woche mit einem Briefe, Fäßchen Caviar u einem Päckchen Bücher erfreut, ohne daß er was davon wüste, zum Verleger gemacht werden? Das Format der sibyll. Fragmente                Geschmack. Eher kleiner, als größer. Was für ein schönes Abendrot                                                 4 Uhr –
    Fortsetzung
.
Fortsetzung Liebster und bester Gevatter, Landsmann und Freund, Was sagen Sie zu meinem Geschmier ohne daß ich weiß ob die Ferien Ihrer eignen Autorschaft Ihnen Lust u Muße zur Hebammenschaft der meinigen lassen. Vor allen Dingen schenke Ihnen der liebe Vater im Himmel, Ihnen und allen lieben Ihrigen gute Gesundheit – Hier erhalten Sie die jüngste Geburt meines alten grauen Kopfs mit der Bitte abermal Hebammenstelle bey selbiger zu vertreten., und meine
    Freude
über schneller u. glückl. (Gott gebe) Entbindung derselben vollkommen zu machen durch einen
    ähnlichen
Abdruck Mein peccatum omissionis auf der Liste bitte nach Wandsbeck zu ersetzen. Endl. hat es dem Asmo mitifico à silentiis gefallen mich den 26 pr. mit einem Handschreiben zu erfreuen mit einem sehr langen drolligen Briefe für sein hartnäckiges Stillschweigen. Weil ich der
    losen Worte
viel habe: so hat er sich
    praecaviren
wollen und lieber den Verdacht eines faulen Studiosi literarum risquiren – Wenn bis zum nächsten May nicht die Mode mit den gebratnen Tauben u dem offnen Maul durchgreift; so dörfte der Knüppel wohl wieder beym Hunde liegen und Herr Asmus nicht manquiren auf eine Fortsetzung (seiner guten Werke) zu entriren. In was vor einem Talanderstyl er französische Bastardreime zu bröckeln weiß, wenn er artig u schön thun will. Kreutzfeld hat mich seit 8 Tagen nicht besucht; u Brahl arbeitet ad interim an unsern gelehrten Articuln. Mein nagelneuer Freund Pleßing hat diese Lücke ausgefüllt u scheint Vertrauen zu mir zu haben. Er hat mich gebeten sich Ihnen u durch Sie dem HE Geh R. Göthe, der sein Freund zu seyn scheint, bestens zu empfehlen. Von seiner deutschen u französischen Autorschaft hier hab ich schon neul. wo ich nicht irre, ein Wort fallen lassen. Ich denke mit dieser Woche meine Quarantaine zu schließen und nächsten Sonntag Esto mihi meinen
    ersten Kirchengang
in diesem Jahre zu halten und mich auch vielleicht mit meinen bisher vernachläßigten Freund- und Bekanntschaften wider auszusöhnen. Ich habe wie in der Wüste gelebt, in Ansehung meines Herzens, das eben so viel Verdacht schöpft als giebt. Nichts als Misverständnis in mir selbst und mit andern! Ich besorge nicht, daß die Zu- und Aufdringlichkeit meiner Arbeiten auch nicht überlästig werden dürfte. Mehr hab ich nicht auf dem Herzen für dieses erste Jahr einer neuen Decade meines Lebens. Claudius schreibt mir von einer Art des Rufs für Voß nach Riga und Hartkn. daß Lenz ein ähnl. Versuch mislungen u ad interim Hofmeister bey Berg in Allasch geworden. Der Herr Verleger erbaut sich auch an Ihrem Mathan atha. Lupus in fabula †feld ist hier gewesen., und hat mir an ein ander Mst auf der Schloß Bibl. gedacht daßs Distinctiones in Apocalypsin heißen soll. Werde Ihnen auch zu seiner Zeit ein Wort davon mittheilen. Was meynen Sie, ob ich p. 7. No. 2.) noch mit einem Gedanken vermehre, der mir entfallen und die Stelle etwa so gebe: weil bey Ausstellung des Grundgesetzes im Zweck der Rechtschreibung ein Misverständnis zum Grunde liegt, und das ganze Universalmittel selbst nichts als ein leidiges Ohrenpolster der
    Sinlichkeit
ist; „keine wahre Quadratur der Incommensurabilität Verhältnis zwischen Aussprache und Schrift, und ihrer auszugleichenden Incommensurabilität, (ohne
    Fragmente
und noch
    Fractionen)
.
Ich überlasse Ihrem Gutachten den ganzen und kleinen Endzusatz dieses Perioden. Was denken Sie zu Semlers Lebensbeschreibung und seinem Verhältnis gegen Barth u. Steinbart. Ich bin willens meinen Rthl. redlich beyzutragen. Aber Nösselt handelt schlecht, der als ein reicher u kluger Mann dies Supplement annimmt und den Mäcen nicht zurecht weist, und seinen Bruder darben läßt. Mein erschöpfter Kopf ist von allerhand voll – Gott gebe Ihnen Glück liebster bester Herder zum Abdruck, daß er Ihnen nicht zu viel Mühe macht, uns beyden aber Freude und keine Schande. Meiner verehrungswürdigen Gevatterin den zärtlichsten treusten Handkuß. Ich umarme Sie u alle Ihre liebe Kinder. Sein guter freudiger Geist erhalte Sie! – – quantaque nostrae Pars TVA sit – animae, tibi dulcis amice Ostendisse iuuat – – – Mein Hausmutterchen hat die Rose im Gesicht und heute den Schreck gehabt mir die Augen zuzudrücken u ihr ganzes Haus sterben zu sehen. Sie hat mir Sonntags u Montags gelegen – wir wollten eben Mariannchen entwöhnen, nun ist es ausgesetzt zum nächsten abnehmenden Licht. Alles übrige nach Gottes Willen u. Agurs Wunsch – – là là tout doucement. Schneckengang ist besser als Krebsgang; aber in petto immer ein Hang zu Extremen, der curirt werden soll und wird durch einen guten Abend! und gute Nacht! von Ihrem alten Freund u Diener Johann Georg H. Vergeßen Sie doch nicht sich nach dem verlornen Päckchen zu erkundigen. Bitte die mir ausgebetnen Exempl. nicht zu franquiren, höchstens bis zur Gränze oder Berlin. Vale et faue! und hiemit nochmals Gott empfohlen. Amen!
Kgsb. d. 5 Febr. 80. des Morgens. Liebster bester Freund Aufs Gerathe wohl schreib ich diesen Brief ohne zu wissen,
    ob
u
    wie
er abgehen wird. Er betrift eine Stelle p. 6 meines Mst. die ich im Abschreiben aus dem Stegreif hinzugefügt u. im Kleck nicht steht. „Anstatt ist es
    Recht
    zu
    tödten
, wollte ich setzen:
    Er
    treibt das Vorurtheil des Altertums u der Gewohnheit aus durch
ein
    Vorurtheile der Eigenliebe
u
    Neuheit oder der eignen
    Empfrfindung
.
Durch Nachschlagung der Stelle im Matthäus gerieth ich auf den Begriff vom tödten. Ich wünschte aber lieber meinen ursprünglichen Gedanken hergestellt zu sehen oder
    ipsissima verba
als ein ανακολουθον: „
    Vorurtheil der Eigenliebe
, und
    Neuheit oder
    der
    eigenenr Empfrfindung gegen das Vorurtheil des Alterthums und der Gewohnheit
!“ Wählen Sie Selbst; aber in einem oder dem andern Fall will ich die
    Allgemeine deutsche Bibliothek
B. XXXIX. St. 1. S. 263 ausdrücklich citiren, wodurch also 15 Noten werden. Lachen Sie mich nicht aus – Noch eins in der Stelle bey Hermes: anstatt
    kleinen
Nachdruck der Affectation lieber
    feinen
. Noch eins p. 3 hatte ich ursprünglich gesetzt: gele leidende Gelehrigkeit, Gehorsam des Kreutzes der Nachfolge (der Nachahmung – oder in ästhetischer Nachahmung) Wählen Sie Selbst! Ueberlasse auch Ihnen wo Sie können durch Interpunction oder Schwabacher Schrift den Verstand zu erleichtern, hoffe nicht daß mein Styl Ihnen so schwer zu punctiren seyn wird als mir Trescho seiner wurde. Das Sinngedicht des Oncles steht im 2
    Bande
des Brockes. Zu den Memoires Anecdotes de la C. et du C. de France kann kommen p. 108. Des Abends. Ευρηκα, ευρηκα nach vielem Suchen in der gantzen Stadt das Eloge des Mylord Marshall. Ich habe die Mlle Emeté mit dem Kalmücken Stepan verwechselt. Also nicht Kalmücken sondern: Janitscharen-Muse – besonders vornehmlich wenn sich die Liebeserklärung von einem allerheiligsten Vater Abt herschreibt. Ich möchte lieber Pater Abbas sagen. Weil Abbé auch ein Titel ehemals für Fürsten war. Vergessen Sie doch nicht, Gevatter Prälat, die äußere u innere Titulatur an den Statthalter in Erfurt, wenn ich den Kützel bekommen sollte an ihn zu schreiben. Ich mag niemanden gern schuldig bleiben – auch vergessen Sie nicht das verlorne Kind in Leipzig. Hartung ist Bräutigam wie es heist mit einem schönen u noch reichen litthauschen Mädchen. Habeat sibi. Morgen so Gott will halte meinen ersten Kirchgang in diesem Jahr; Mittag bey Hippel. Nachmittags muß Kindelbier geben; Mlle Stoltzin hat sich anmelden lassen u ist reisefertig nach Curl. Die Scherflein werden zum Dom. Reminiscere mit dem Kananäischen Weiblein ankommen. d. 7 – Ich fühle noch die Last und Hitze des gestrigen Tages, und weiß nichts hinzuzusetzen als den Wunsch, daß Sie mit allen den Ihrigen gesund sein mögen, mir bald gute Nachrichten davon ertheilen können, mich bestens Ihrer Gemalin meiner verehrungswürdigen Gevatterin empfehlen u mir die Arbeit die ich Ihnen mache, mein Geschmier zu errathen, nachzuflicken u. zur Welt zu bringen, nach Ihrer alten bewährten Freundschaft vergeben, in Ansehung meiner gehäuften Schulden aber, bis zu meiner Besserung Gedult haben u von dem besten Willen diesseits versichert leben. Ich ersterbe der Ihrige Johann Georg Hamann. Adresse:
Herrn / Herrn Herder / General-Superintendenten / zu /
    Weimar
.
    franco
. Halle
Ich habe es lange verschoben, lieber, theurer Hamann, auf Ihr Leztes zu antworten. Viel menschlich angenehmes wüßte ich zwar zu schreiben; allein ich bin krank, an Leib u. an Seele, u. ich erkenne daß es für mich u. überhaupt nöthig ist u. beßer ist zu schweigen, so lange bis mehr Wahrheit aus mir heraus kommen kann, ich habe nun am meisten mit mir selber zu thun. Kaufmann ist ebenfalls sehr mit sich beschäftigt u. hätte beinahe Ihre Schellenbergische Kupferbestellung vergessen, wenn ihn nicht HE. Pfenninger daran erinnert hätte, dem er auch weil er sich dazu die Ueberreichung derselben glaubt daß es ihn leichter ankomme die Besorgung durch Schellenberg aufgetragen u. überlassen hat. Sie werden ohne Zweifel richtig besorgt sein oder werden. Leben Sie recht wohl, lieber, theurer Hamann! Verzeihen Sie meiner Kürze. Ich bin Ihr stets ergebener Klarensegg d. 14 Hornung 1780.Ehrmann Nur Eins Lieber Hammann! bitte ich nun von Dir – werde an Alle Menschen irre, aber an unserm Herrn niemals – Er ist gnädig und Barmherzigkeit auch gegen mich – und dieser seiner Barmherzigkeit will ich mich freun im Stillen – bis Er uns alle vereinigt hat in seiner Liebe Amen. Die Geburts- Stunde meines Weibs nähert – der Herr ist gnädig u. seine Barmherzigkeit ist unendlich gros – Es grüssen Euch Lieber Hammann! die Lieben in Klarensegg – C. K. Adresse von Ehrmann:
Herrn J. G.
    Hamann
/ königl. Packhofsverwalter / Königsberg / in Preussen
Von Hamann: Erhalten den 11 März.
HöchstzuEhrende Freundin und Gevatterin, Die Ueberbringerin Ihres Billets drung mit Gründen auf so geschwinde Abfertigung, daß ich erst Zeit darnach hatte selbiges gantz durch zu lesen. Unter uns gesagt; alterirt mich jeder Brief, und ich bin von Natur so vorläufig im Antworten, daß eine Bitte darum Oel ins Feuer gießt. Meine Absicht ist es wohl nicht gewesen Ihnen zuzumuthen den ganzen Band von Miscellaneen bis auf des HE Pr. Hefen durchzulesen: doch geschehene Dinge sind nicht mehr zu ändern und ich wünsche nur wohl zu bekommen. Und das Leben der Beaumont wenn Sie es zu Hause haben bitte recht sehr, weil ich selbst inständigst darum gebeten worden bin. Das zurückgeschickte Leben des Montagne hat mir ein paar verdrüßliche Stunden gemacht; unterdeßen wünschte ich es doch noch einmal theils selbst anzusehen, theils zu einer Breloque des ersteren wegen des Contrastes. Ich hielte die Uebersendung desselben für einen Misgriff statt meines Bändchens, welches ich blos auf den Fall zurück wünsche, wenn Sie es nicht mehr brauchen, und zween meiner Freunde darauf warten einer um das Schlangenbad zu recensiren, der andere wegen der Predigt. Heute ist es acht Tage, daß ich unsern theuren HE Prof. nicht gesehen, aber gehört daß er nicht unpäßlich ist, sondern vermuthl. an poetischen oder politischen Grillen laborirt. Vorigen Sonnabend habe von HE Hartknoch Briefe erhalten, die sich damit schließen, daß „sein Hänschen auf den Sommer aus Petersb. zurückkomt, weil Fuesli alsdenn auf Reisen geht. Ersteren will er alsdann nach Zürich in die Kunstschule schicken“. Ich bin heute nicht so recht weil ich mich des Morgens brav verkältet habe. Das übrige lieber mündlich. Mein ganzes Haus Marianchen ausgenommen ist am grauen Luftpulver krank – und mir dörfte es auch recht heilsam seyn, mich noch einen Tag einzuhalten. Der Mittwoch vor dem heil. Matthias wird sich beßer zum Lebewohl schicken. Wünsche daß Ihnen zum morgenden Fest recht wohl zu Muthe seyn mag und habe die Ehre zu seyn Dero ergebenster Freund und Diener. Johann Georg Hamann Den 15 Febr 80. Königsberg den 16 Feb. 1780 Bester Hamann! Nun reise ich gewis, aber ich reise mit einem Herzen vol Freundschaft und Erkendlichkeit für die frohe Augenblick die ich durch Sie Verehrungswürdigster genossen habe. Mit Freuden werde ich mich der frohen Tage erinren, die ich in Ihren Haus zugebracht habe, sie waren Lehreich für mich! – Wie glücklich würde ich sein, wenn ich Ihnen tätige proben meines ganz von Dank erfülten Herzens geben könte. – Küssen Sie in meinen Namen, Ihre gute Hausmutter und Ihre lieben Kindern. Den Würdigen P. Kreutzfelt sagen Sie in meinen Namen, daß ich mich schmeischle in ihn einen Freund zu besitzen, daß ich mich ihn empfehle und stoltz darauf bin mich seine Freundin nennen zu dürfen. – Nun leben Sie Ihren Verdiensten und meinen Wünschen gemäß glücklich und zufrieden, schreiben Sie an mich, und erinren Sie sich meiner als Ihrer wahrhaften Freundin St. Auf keine Frage würd ich so verstummen, wie auf die: warum ich Ihnen zwei Bändchen Predigten von Zürich nach Königsberg sende? Bitte also mich damit zu verschonen und mit der etwannigen δικαιοσυνη meines unanatomirten Kinderglaubens die Unverschämtheit meines Zutritts und den Unwerth der Gabe meiner Armuth zu tilgen. Wer die Blinden sehend und die Sehenden blind macht – hat mir das Kreditif ächter Autorschaft, der Geburth und Sendung von oben herab – ich werf’ mein Netz hin und folge ihm nach. Mag er dann mit einem: „Füchse haben Gruben – –“ die Wahrheit meines innerlichen Zuges prüfen. Meine Seele hat einen durch Jahre, lucianisches Gelächter und kaltblütige Argumente geläuterten Lust und inniges Verlangen in Ihren allegorischen prophetischen und apokalyptischen Vorhöfen zu wandeln. Auf meinen verrufnen Waldgängen und Bergklimmen erschienen Sie mir – Deiner Kleider Geruch wie der Geruch Libanon – Es war ein Augenblick, wie bei Schöpfung und Liebe. Der Augenblick würket bis izt und mir ist alles sehr gut. Jezt bin ich aus Wald und Hölen heraus an einer Eke der Stadt mit Weib und Kind und der Herr theilt meine Tage in Schweiß und Erholung zum Andenken des Fluchs der Sünde und der Verziehungsfülle des Vaters, von der ich noch ein Mahl hoffe von reinem Wein, darin kein Hefen ist. Ihres Gehaßtseins freut sich mein Herz. Denn also haben Sie den Propheten gethan, deren Lohn groß ist am Tage der verhaßten Erscheinung der Ersten und Lezten. Eine Frage in einem Ihrer Briefe an Pfenninger soll ich Ihnen beantworten, da die merkurialische Sünde gegen Lucian und Plato vor meiner Thüre liegt. Aber ich schäme mich siebenfaltig. Ihr allegorischer Genius, der Liebe gleich, sieht ein mystisches Schloß, wo wahr und wahrhaftig nichts ist, als die einfaltigste Thürfalle, wozu der Schlüssel das fünfte Rad am Wagen wäre und die dem leichtesten Drucke aufknallt. „Wer vorangeht, hüte sich bey der Brüke ohne Lehnen“, Nichts mehr und nichts minder, als ein ungefärbter Zipfel von dem Rock des Tapetenwürkers, der gesprochen hat: „Wer steht der sehe zu daß er nicht falle!“ Die gefährlichste Brüke ist die, die zum Dieb und Bräutigam am Ende der Tage hinüberführt Offenb. Joh. XIII. und das Geheimnis der Bosheit würket schon izt. Übrigens hat jedes menschliche Alter, Stand, Genius und Charakter seine Brüken ohne Lehnen, wo Gottes Engel weichen und Satan hinzutritt zu sichten den Vielversprecher wie Waizen. Ich überdenke nochmals das Sonderbare und Unverschämte meines unvorgemeldeten Eintrits, weiß, an wen ich glaube und ergebe mich auf Gnad und Ungnad. Johann Caspar Häfeli D. g. W. Zürich am 20. Merz. 780. Vermerk von Hamann: Den 31 May im Pack des HE Wulff Friedlaender mit den Schellenbergschen Kupfern.   Geantw den 30 Junii – 2 Julii Heil. Abend u Mariä Verkünd. 780. Tausend Seegen der
    Krone
aller
    Frauen
und
    Mütter
– und heil mir, daß ich Sie meine
    Freundin
und
    Gevatterin
nennen kann. Amen in secula seculorum. Amen. Ich vergieng vor Gram u Grillen über Ihr Stillschweigen, liebster, bester Herder! auf meine fünf Briefe – denn so viel sind es in allem, die ich Ihnen geschrieben. „Ist Er krank? oder die Seinigen? Hat Er Dir auch übel genommen Dein Geschmier u Geilen? Eigene Geschäfte mögen Ihn verdrieslich machen? Hast Du Ihm auch Verdrus wegen Censur p zugezogen?“ Und so giengs in meiner Seele auf und nieder. Ich habe eine Quarantaine im eigentlichsten Verstande ausgehalten, und wie ein Gefangener eingeseßen, weder Kirche noch Menschen besucht, als mein Bureau oder meine Loge, mir u den Meinigen zur Last. Es gieng mir eben so mit Ihrem Maran Atha. Ich zählte gestern die Wochen nach, und es waren nur sechs; nun aber 7 nach meinem jüngsten Briefe. Ich fieng ihn gestern an zu lesen und machte eben eine Pause bey dem Briefe an den Bischof zu Sardes, als ich wider alles Erwarten u Vermuthen gestern erhört wurde. Ich sah es ihm gleich an, daß er nichts gedrucktes in sich hielt und war beruhigt und völlig schadlos gehalten durch Ihre
    Einladung
, durch die kleine Anecdote des
    tägl. Mahnens
, die mir durch Mark und Beine gieng – und durch die gantz aufgegebene u fast vergeßene
    Beylage
, welche ich noch den Abend copiret und sie mit dem
    innigsten Dank
und
    gewißenhaftesten Verbindlichkeit
gegen Sie sowol als den Verf. in meinem Müntzkabinet
    vergraben
u zurück liefere. Habe ich Recht verstanden, so scheint der Verf. auch seine Erl. auf mich ausgedehnt zu haben, oder wenigstens zu wißen, daß ich darnach neugierig gewesen. Ich habe viel Licht über das
    mir unbekannte Schema
erhalten – aber nicht so viel Glauben am
    Kern
, und verstehe nichts von Falken Enthusiasmus u Geschmack daran oder Sinn deßelben. Hartk. ist mit seiner Frau hier recht früh erwartet worden, aber er ist noch nicht zu sehen, noch zu hören. Daß er nicht geschrieben, kommt uns allen bedenklich vor. Vor Abgang des Briefes werde mich nach ihm erkundigen. Zu einer Reise muß ich Erlaubnis von Berl. und geht sie über die Gränzen, unmittelbar aus dem Cabinet haben. Dieser Fall ist kürzlich an einem Officianten, der in meiner Loge arbeitet u einer Erbschaft wegen nach Warschau auf ein paar Wochen gieng, mir einleuchtend worden, als ein neuer Beweis der alten Wahrheit, daß wir alle glebae adscripti sind. Brauch ich Einladung! Sie können sich nicht vorstellen, wie nöthig eine Reise für meine Lebensgeister u Herzensfibern ist. Gott hat alle meine Wünsche bisher erfüllt – also auch diesen. Je mehr die Hofnung abnimmt, desto mehr wächst mein Glaube. Viuit! viuit! schrieb Luther einmal an Tische u Wände – Bey Erwartung Ihres Briefes hab ich gnug dran gedacht; und die Erhaltung deßelben war ein rechtes Viuat! für mich. Nun Gott wolle Ihnen auch helfen Ihre fatale Arbeiten überstehen Was Nichtsthuereygeschäfte sind u ihren tödlichen Ueberdruß kenne ich; aber unser Fleisch, unser Fleisch hat diesen Pfahl nöthig, und Gedult ist eine Heldentugend. Mit meinen Scherflein hat es Zeit. Ich habe daran gezweifelt, daß Sie dort würden gedruckt werden können, da man in Leipzig so schwierig gewesen in Ansehung der hieroph. Briefe. Es wäre mir lieb, wenn sie in dem Meßkatalog angemeldet würden; doch auch hieran ist nichts gelegen. Lichtenbergs Vorrede zum Gött. Mag. u Cramers neue Erscheinung haben eben den Einfluß in mich, den die Winke aus der Schweitz für Sie, das Praevenire zu spielen. Ich habe nichts als eine einzige Abschrift übrig behalten, und mancherley Zusätze gemacht, die ich nicht im stande bin durch das Gedächtnis wieder herzustellen oder mir zu ergänzen. Mein spermologischer Styl erlaubt nicht mehr Feile oder Correctur des Geschmacks. Bey dem allen wünschte ich mich aus der Manier, die mir mehr scheint zur Natur geworden zu seyn, als sie es vielleicht nicht ist, heraus arbeiten zu können. Komm ich nicht zu spät; so wünschte ich auf dem griechischen Titulmotto ein kleines Jota ι an statt eines großen I und
    ana eines Prälaten
in der Note ausgestrichen. Das ist alles, was ich mich besinnen kann. Aus dem Dato Ihres letzten Briefes vergl. mit der Innschrift Ihres Maranatha ersehe, daß die fahrende Post 20 Tage u folglich noch einmal solange als die reitende geht. Die alte Handschrift, welche in dem Catalogo der Hiesigen Schloßbibliothek den Titul: Distinctiones in Apocalyp. führt, habe angesehen. Die Aufschrift ist aber ein Irrthum. Es ist aber gar nicht von der Apocalypsi die Rede sondern ein Tractat de VII. vitiis cardinalibus. Am Anfange aber steht auf einigen Seiten eine Art von Erscheinung oder Vision, die ich nicht der Mühe werth gehalten zu entziffern, zum Verdrus meiner Augen. Von Kypke Catalog sind erst 3 Bogen fertig. Von seinen Handschriften ist nichts als das durchschoßene N. T. und ein arabisches Dictionarium über die Uebersetzung des N. T. Erstes bin ich bis zum 2ten Brief an die Korinther in Vergleichung mit seinen Obseru. durchgegangen. Das meiste ist schon gedruckt; und doch kann ich nicht begreifen warum er an
    sehr wenigen Stellen
Vide impressa anführt; weil man wahrscheinlicher weise schließen sollte, daß seine Obseruationes ein Auszug dieser Handschrift sind. Fast alle Noten sehen nach folgendem Schlage aus ad Rom. 1. 3. σπερμ. Xenoph. 162. Thuc. 124 Sophocl. 175. 9. Myth. 49. Dem. 370. Jos. 811. 840. 861. Plut. 106. Selten so: als 1 Cor XV. 29. getauft werden i. e. viel Leiden ausstehen Vide iudic. Liban. Achill. Tat. 13. Demohngeachtet hab ich die vielleicht sehr vergebene Arbeit über mich genommen alle Stellen die nicht in den Obseru. stehen, auszuziehen – vielleicht für meinen Sohn, mit dem ich jetzt gottlob! schon zum dritten mal das N. T. durchgehe, u den Anfang im Hebr. gemacht habe, worinn aber selbst wider ein Schüler werden muß. Im lateinschen haben wir jetzt Ihren Horatz, mit Endigung des 1. Buchs der Oden bin aber gesonnen Ouidii Metamorphos. vorzunehmen, der ewigen Mythologie wegen. In Ernesti Initiis haben wir eben die Psychologie zu Ende gebracht, u die kleinen Werke des Suetonii, deßen Vitas Imp. wir wills Gott nach den Feyertagen anfangen werden. Platons Phädon lesen wir jetzt zum 2ten mal in Vergleichung der beyden deutschen Uebersetzungen. Den 27 – Gestern morgen thaten wir einen emauntischen Spatzierweg zusammen nach der Roßgärtschen Kirche, um die alte Cons. Räthin Lindner im Vorbeygehen zu besuchen. Ich habe sie vielleicht zum letzten mal gesehen; und es schien ihr eine unverhofte Freude zu seyn. Es thut mir weh u leid gnug, liebster bester Gevatter, daß ich Ihnen mit nichts eine Freude machen kann. Dachens Gemälde hatte Ihnen zugedacht. Man erhält nichts von der Wallenrodschen Bibliothek, (auf der ich noch in meinem Leben nicht gewesen, und neulich im April gegangen bin, weil der alte Christiani krank war) ohne Erlaubnis der hochadl. Familie; welche mir Hippel zu verschaffen versprach. Es ist aber nichts draus geworden wie aus mehr Kleinigkeiten, die meine Ruhe u Angelegenheiten betreffen u blos von seinem guten Willen abhängen. Ich habe ihn lange, sehr lange nicht besucht noch gesehen, kann mich aber länger nicht entziehen mich diese Woche wider als Client zu melden. Walchs Schrift habe mit recht viel Antheil gelesen. Leßings Antwort interessirt mich eben so sehr, wie Sie – und andere Wielands Oberon. Walch muß entweder die Frage misverstanden, oder Leßing wichtigere Stellen entgegenzusetzen haben. Die Untersuchung wird immer nützlich seyn – Vielleicht ist ihre beyderseitige Arbeit Erndte für den dritten. Ein Hauptgedanke ist mir in meinen Scherflein entfallen; nemlich Orthographie nach dem Ohr ist eben das Steckenpferd was Theologie nach der Vernunft. Philosophie ist Aussprache; Schrift ist Schrift. Beyde aber υποδειγματα, σκιαι und αντιτυπα beßerer, wahrer und geistlicher Dinge. Beyde in abstracto betrachtet sind zwey gerade Linien, die entweder ewig parallel laufen oder sich einander durchschneiden und eben aus dem Punct ihrer Vereinigung sich ins unendliche von einander entfernen müßen. Es ist ein Glück für mich, daß ich die Spur dieser mit mir grau gewordenen Grille ganz verloren, sonst hätte ich darüber gebrütet und wäre nicht fertig geworden, weil meine Theorie über diese beyde locos communes noch nicht reif ist. Entschuldigt hab ich mich bereits deswegen daß ich Ihnen die Mühe zugemuthet die Herausgabe dieser Kleinigkeit zu besorgen; also bitte ich nur alles zum Besten zu kehren. Ersatz, reichen Ersatz habe bereits an zurückkommender Beyl. erhalten. Erfreuen Sie mich noch mit glücklicher Vollendung des Abdrucks. Kommt Hartknoch nicht; so weiß ich noch nicht, was aus Ihrem Pack werden wird. Hartung wird sich kaum damit abgeben. Eins von Schellenberg liegt auch in Leipzig. Wüst ich die addresse; so könnte ich es durch ein hiesiges jüdisches Comptoir, Friedlaender, vielleicht am leichtesten erhalten. Sagen Sie mir doch auch Ihre Meynung über Falk. Was ich man selbst nicht
    weiß
, ist das einzige Geheimnis, das man nicht sagen
    kan
, wenn man auch gerne wollte. Hier ist für mich eine Brücke ohne Lehne. Eben jetzt erhalte von Me Hartknoch Schwester die gute Bothschaft, daß zwar keine Briefe eingelaufen aber ein Fremder angekommen, der in Gesellschaft gehen wollen aber nicht warten können und dem zu Folge er am Grünen Donnerstag abgehen sollen, folgl. erst mit dem Ende dieser Woche hier eintreffen kann. Gott gebe ihm eine gute Reise zu uns u zu Ihnen. Im Geist werd ich ihn begleiten – so wie ich alle Morgen u Abend mit meinen Gedanken bey Ihnen bin. Bey meiner gegenwärtigen Lage erhielten Sie nichts als ein Gespenst, unvermögend zu
    reden
und zu schreiben. Ich bin jetzt trüb vor Gährung und innerlicher Arbeit, die erst überstanden seyn muß um ein alter milder schmackhafter Wein zum Genuß der Freundschaft zu seyn. Versichern Sie nochmals meiner liebens- und verehrungswürdigsten Frau Gevatterin, daß Sie ein gut Werk gethan, den Herrn General-Superintendenten trotz aller Seiner Nichtsthuereygeschäfte von Tag zu Tag gemahnt und nicht ehe Ruhe gelaßen zu haben. Einer durstigen Seele kann ein Trunk kalt Waßers nicht so wol thun als durch einen Brief aller der ängstlichen Besorgniße wegen Ihrer Gesundheit, etwanigen Verdrußes und Misverständnißes auf einmal entledigt zu seyn, die mich wie ein schwerer Stein gedrückt haben. Dort Schnuppen, Catharr p hier Ausschläge u andere Kleinigkeiten. Mein HausMutterchen hat sich auch heute legen müßen mit Frost u Hitze die ihr lange in Gliedern gelegen haben. Pathchen ist auch ein paar Tage vermuthlich an Zähnen und bey der Gelegenheit ganz unartig gewesen, aber nach einem kleinen Schmackostern ein recht liebes Kind geworden. Hänschen verspricht sich Ihrer gütigen Einladung würdig zu machen. Was ich für ein wunderliches u schwaches Werkzeug von Vater bin, läßt sich gar nicht denken. Eine wahre Glucke, der man Enteneyer untergelegt. Nun will ich zu meinem Beichtvater Archid. Matthes gehen u den Abend da zubringen. Er hat mich vor 8 Tagen eingeladen u ich bin lange nicht bey ihm gewesen. Der neue Großkanzler wird hier erwartet u Minister von Gaudi der sich einige Wochen unsers verfallnen Handels wegen aufgehalten, soll morgen abgehen. Kypkes Nachfolger wird auch erwartet. Pleßing hat vor meiner Bekantschaft eine Predigt mit 2 Dedicationen u eben so viel Anhängen drucken laßen; seitdem eine weitläuftige Deductio über die Galora von Venedig geliefert. Unser Umgang dörfte wol zu Ende seyn – sat prata biberunt. Unser alte Freund Kanter ist vom König in Schutz genommen gegen seine
    muthwilligen Creditoren
u seine Zeitung ist gantz verwayst, daß man heute sogar eine Recension aus der allgemeinen deutschen Bibliothek sans façon hat borgen müßen. Der Contract mit einem gewißen Hofger. R. Graun ist zurück gegangen und Kanter lebt gantz für seine Mühle u sein Landgut. Mein junger Freund Brahl hat sich zum Anfange dieses Jahrs müde getummelt auf diesem Brachfelde oder Distel- u Dornenacker. Nun ich bin zu Hause gekommen um Ihnen noch eine gute Nacht zu wünschen. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus und erfülle alle unsere besten Wünsche. Mein klein Gesinde schläft und mein Hausmutterchen stöhnt vor Hitze u Uebelkeit. Gott empfohlen au revoir, au revoir. Ich ersterbe Ihr treu verpflichteter und ergebenster Johann Georg Hamann. Handschriftliche Anmerkung von Johann Gottfried Herder zu HKB 586 (IV 174/22) „Beylage“: Nemlich das Msc. der Fortsezung von Lessings Ernst u. Falk.
GeEhrteste Freundin An meinem Erinnern und Bitten hat es eben so wenig als an dem Versprechen meines Freundes gelegen, daß er noch nicht bey Ihnen gewesen. Heute ist es mir ohnmöglich Ihren Wunsch anders zu erfüllen als in dem Fall, daß er zu mir käme, woran ich aber sehr zweifele. Mein Sohn ist heute zu Gast gebeten, und dieser Weg ist mir also auch abgeschnitten. Käm er bald gnug nach Hause, doch ich bin von keinem Wort Herr. Mein gestriges Geschäfte war so unangenehm, daß ich mit Verdruß nach Hause eilte. War gestern um 7 Uhr in der neml. Angelegenheit und fest entschloßen bey Ihnen anzusprechen, hatte auch schon Hänschen bestellt, im Fall ich ein wenig später mich aufhalten sollte, mich abzuholen. Ich schämte mich aber aus der Bier u Mördergrube bey Ihnen anzusprechen. Was ich also imstande zu thun, soll geschehen; Selbst ausgehen kann ich nicht. Ungeachtet ich trotz dem lieben Calvin an ein vorherbestimmtes Schicksal glaube, und heute in keiner Kirche gewesen bin, sing ich mit meinem alten Martin über dem Sopha Vivat – und bin gleich im Begrif eine Neige Wein auch auf Ihren Antheil und zufälligen Einfluß auszuleeren. So muß man die Ostern feyern und des Lebens Bitterkeit vertreiben. Johann Georg Hamann Ostermittag beym Kälberbraten von 12 ℔ bitte sich aber gegen die Policey nichts merken zu laßen. Adresse mit Mundlackrest:
Pour / Madame Courtan / née Toussaint
Herzlich geliebtester Freund Der Vater ist noch bettlägericht; und also komt der Sohn, Ihr künftiger Lehrling in spe, sich für das Handgeld zu bedanken, welches ich in Depot behalte, mit der Bedingung, daß wenn die Sache durch Ihren Willen zurückgeht, Valuta auf meine Schuldregister zu stehen komme, im entgegengesetzten Fall es mir aber zu meiner Schande anheim fällt. Unterdeßen wollen wir, jeder von seiner Seite, das Beste thun, wie ehrliche Leute unser Wort zu halten, zu Seiner Zeit. Sie können sich gar nicht vorstellen, liebster Hartknoch, in was für angenehme Träumereyen und Phantasieen mich dies Ding, dem ich keinen rechten Namen zu geben weiß, gesetzt hat. Es sind freylich nichts als Seifblasen; unterdeßen hat ein krankes Kind seine Freude daran, und Freude ist doch eine Realität, und die menschlichste, die ich Gottlob! am meisten in meinem Hause, und was noch sonderbarer, im Heiligtum deßelben, auf meinem Lager – genießen kann. Gott gebe Ihnen und Ihrer liebsten Hälfte, Gesundheit, gute Wege, gute Gesellschaft und Herbergen zu Hin- und Rückreise – und einen recht erwünschten Wonne- und Ruhepunct zu Weimar. Ich umarme Sie und begleite Sie in Gedanken bis zum glücklichen Widersehen, als Ihr verpflichtester und ergebenster Freund Johann Georg Hamann. den 4 April 780. Sollten Sie noch vor dem Abdruck meiner Scherflein anlangen: so wünschte ich in vsum Delphini verwandelt zu sehen in Delphinorum. Doch dies sind somnia aegri. Kgsb den 12 April 780. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Den letzten März hatte mir am linken Fuß Ader gelaßen, als mich unser alte liebe Hartknoch besuchte. Noch denselben Abend meldete sich ein Flußfieber, das die Natur von selbst durch die Transpiration fortzuschaffen schien. Heute Gestern vor acht Tagen nahm mir die Binde ab, weil sie mir abfallen wollte, u merkte eine Spannung, die den andern Tag in einen ganz neuen u empfindl. Schmerz übergieng in dem großen linken Zeh, und von da bald in den rechten. Drey Tage habe mit diesem Anfall von Zipperlein zu schaffen gehabt. Sonntags war alles erträglich und heute bin Gottlob! zum ersten mal von meinem Lager förmlich aufgestanden, am Geburtstage meiner ältesten Tochter, die Gottlob! ihr 9tes Jahr antritt. Schickte noch meinen Sohn den 4 huj. des Morgens mit einem Billet an Freund Hartknoch; das ich auf dem Bette geschrieben hatte, erhielt es aber wieder zurück mit der Nachricht daß er den Nachmittag vorher schon abgereist. Ich hoffe also, daß seine Gegenwart meinem podagrischen Briefe zuvor kommen wird. Ich hab ihm meinen Sohn zum Buchhändler verkauft, und diese Idee ist für mich ein wahrer Zeitvertreib gewesen, weil meine somnia aegri sich alle darauf bezogen, welches mir die Zeit sehr angenehm verkürzt und in einem wohlthätigen Schweiß erhalten, weil meine Gedanken immer von Riga nach Kgsberg hin u zurück liefen und gar schon im Geist meinen jungen Buchhändler auf seiner ersten Leipziger Meße begleiteten. Unsere Marschroute können Sie sich leicht vorstellen. Den 24 – Denke mit dem Ende dieser Woche auszugehen und Kreutzfeld wird den Kypkeschen Catalog befördern, daher ich diesen Brief als Beyl. fertig halten will. Bin Gottlob! von Schmerzen ganz befreyt, noch etwas weniges von Geschwulst im linken Zeh. Die Auction wird glaub ich zu Anfang des Jun. angesetzt seyn. Josephus u Hesychii Lexicon möchten die einzigen Bücher seyn, welche ich mir wünschte. Den ersten als einen Gesellen des Philo u den zweyten zu meinem Pollux u wegen des Worts Κογξομπαξ. Vom Josepho ist des Fabricii Ausgabe, die ich bereits bey Ihrem Maran Atha gebraucht, der mein anderes Labsal bey meinem Flußfieber gewesen ist u den ich zum dritten mal coll’amore gelesen habe und tiefer in die Oeconomie ihres Plans geguckt, deßen lucidus ordo cum facundia mich wegen meiner Zweifel mehr beruhigt. Ich nehme daher einen Theil meiner Anmerkungen zurück, weil ich Sie und Ihren Sinn gegenwärtig beßer zu verstehen glaube. Er ist noch immer mein Kopfküßen; bisher habe noch nichts von Recensionen gesehen ohngeachtet meiner ungedultigen Neugierden darnach. Am Sonntag Jubilate verfiel ich durch einen eigenen nexum idearum auf den Einfall Luthers Schriften zu lesen u bin heute mit dem 1. Theil der Jenaischen deutschen Ausgabe fertig geworden, die ich leider incomplet besitze. Ich habe mich wie ein Schwamm daran voll gesogen, denke nicht nur fortzufahren sondern auch die Walchsche Ausgabe hier zum Gebrauch aufzutreiben. Sind wir nicht wider auf eben den Fleck, von dem er ausgegangen? Ich muß Ihnen eine einfältige Frage thun. Auf dem Wormser Reichstag war auch ein
    Bothschafter des Königs von Melice
– Ich schäme mich selbst meiner Unwißenheit, diesen König nicht herausbringen zu können. In der Angst frug ich gestern einen geschickten Schulmann der mich besuchte, aber mir auch keinen Bescheid zu geben wuste. Mein Sohn fand auch neulich ein Wort, das 3 mal in einem Anschlagzeddel des Luthers vorkam u welches weder ich noch Kreutzfeld herausbringen konnten. SpectHuren, SpectStudenten, der Churfürst würde seinen
    Spect
und
    Fischerey
wol rein zu halten wißen. Außer dem Intermezzo des Luthers hab ich mit meinem Sohn sehr fleißig seyn können. Das erste Buch der Horazischen Oden zu Ende gebracht; aber wegen der ewigen Anspielungen auf mythologische Namen Ouidii Metamorphoses vorgenommen; u durch einen Zufall des Gesneri Ihsagoge nun erst kennen gelernt nach Niclas Ausgabe mit seinen Vorlesungen, die ich mit ihm durchpeitsche – und deshalb Ernesti Initia ausgesetzt habe, wo wir in der Ontologie stehen geblieben. Wie ich beym Widerausgehen alles werde mit ihm bestreiten können, weiß der liebe Gott. Wir werden uns vielleicht beyde freuen, einander loß zu werden. Nun liebster Herder! ich kann nicht schreiben – vor Armuth des Geistes. Nun Hartknoch wird mich mit guten Nachrichten von Ihnen u Ihrem ganzen Hause beseeligen – auch wird sein Sohn mit Füeßli durchgehen, daß ich mir also allerhand wider die lange Weile und zum Genuß des funfzigsten Sommers in meinem Leben versprechen kann. Gestern brachten mir Juden die Schrift, welche Leßing zum Druck befördert über die Erziehung des menschl. Geschlechts. Ich habe selbige blos ansehen können. Wißen Sie den Verf. nicht? Einst summus φφus; nun summus Paedagogus. Nichts als Ideenwanderung in neue Formeln u Wörter. Kein
    Schiblemini
, kein rechter Reformationsgeist, keine Empfängnis, die ein Magnificat verdiente. Im
    Grund u Ursache aller Articul die in der Bulle verdammt
freut ich mich, ungefehr wie Luther über das Fiat gedacht zu haben. „Dieses Leben ist nicht ein Frömkeit, sonder ein Frum
    werden
, nicht ein Gesundheit, sondern ein Gesund
    werden
, nicht ein Wesen, sondern ein
    Werden
Wir sinds noch nicht, wir
    werdens
aber. Es ist noch nicht gethan und geschehen, es ist aber im gang u schwang – es glüht und glinzt noch nicht alles, es fegt sich aber alles.“ Nun ich hoffe, daß Ihnen
    Censur u Abdruck
der beyden Bogen keinen Verdrus gemacht haben wird – und daß Hartknoch vielleicht auch Ueberbringer seyn wird. Hab ich Ihnen schon einen kleinen Schreibfehler in einer Zahl bemerkt p. 86. Ihres M. Atha, wo statt 1400 die zu Joppe umgekommen 8400, oder haben Sie es Selbst in meinem Exemplar corrigirt? Nichts hat mir so sehr aufgefallen als daß Josephus den Simon Gorionides ausdrückl. mit Heuschrecken vergleicht, u mich hat gewundert, daß sie nicht diese Stelle statt des τεταρτον κακον angeführt. Wie gern wünschte ich, daß Sie an die Fortsetzung u
    Vollendung
Ihrer Urkunde dächten, wär es auch nur nach verjüngtem Maasstabe. Mendelssohns Genesis soll unterwegs seyn. Mein zufälliger Verkehr mit seinen Landesleuten scheint zuzunehmen,
    meiner Glaubensbrüder
wird immer weniger; dafür einige junge Officire – und so leb ich in einem stetigen Wirbel von Grillen und äußerl. Umständen, die mich fortreißen, zerstreuen und verhindern zu einem Plan zu gelangen und demselben treu zu bleiben. Bey der grösten Muße, kein Herr von meiner Zeit. Anlagen ohne Zweck, ohne Ziel, ohne Kraft, ohne rechte Bestimmung. Meine Lagergeldeinnahme ist wegen des schwindsüchtigen, in letzten Zügen liegenden Handels so mager geworden, daß selbige kaum mein Gehalt beträgt und betragen wird am Ende des May, wo sich unser Finanzjahr schließt. Außer dem heiml. Verdruß darüber hab ich die Besorgnis entweder mein Gehalt geschmälert oder mich mit neuen Plackereyen einmal beladen zu sehen; denn daß meine Muße ein Dorn in anderer Augen ist, läßt sich leicht erachten. Und so leb ich immer in Furcht vor andern, und vielleicht andere vor mir. Kurz ich traue weder Dingen noch meinem Urtheil mehr, weil ich alles für Phänomene und Meteoren meiner Hypochondrie ansehe. Unsers Ministers deutsche u französische Schrift über die Qvinteßenz aller europäischen Monarchien habe fleißig studiert. Aber, wie Falk sagt, haben die
    Gräber der Vorfahren
kein Feuer für mich, sondern sind Staub u Asche. Wie überzeugt unsre zeitige Politik von ihrer Unsterblichkeit ist! Die neuen macedonischen Monarchien paroissent devoir durer avec le monde present, weißagt der Verfaßer an zwey Stellen. Neulich ist eine Commission hier gewesen, den Verfall des Handels zu untersuchen. Der Minister hat wacker debattirt u protocollirt zum Erstaunen der Kaufleute, in einem Othem von 8–2 Uhr Nachm. unterdeßen unser alte OberPräsident sanft geschlummert. Bisher ist noch nichts erfolgt u was kann man erwarten als neue molimina der güldnen Ader statt der Cur. Also Schlafen ist das beste Theil bey gegenwärtiger Lage, u beßer denn Spuken. Das Klügste wird wol seyn meinen gichtbrüchigen Brief zu schließen. Von wem sind doch die Briefe eines Frauenzimmers aus dem 15 Saec. Sie haben mir eine angenehme Stunde auf dem Bette gemacht u musten aus Danzig verschrieben werden. St. Affrenstag ist mir auch unbekant geblieben. Nach den 3 Bogen des Catalogs, die ich bisher nur gesehen, dörfte kaum etwas für Sie seyn. Allenfalls bitte mir Ihre Aufträge bey Zeiten aus. Ohngeachtet ich weder eine Auction abwarte noch warten kann: so wird doch Prof. so gut seyn u darauf in Ihrem u eignemmeinem Namen darauf wachen. Vielleicht ist etwas unter den Rabbinen, deren Verzeichnis ich noch nicht gelesen, – das beste hat der seel. Mann schon vor vielen Jahren verkauft zu seinem Bau. Nun Gott bescheere uns bald den ehrl. Hartknoch her, nach dem ich schmachte. Ihr Gesangbuch nicht zu vergeßen. Ich schäm mich vor meinem Pathchen – unterdeßen tröst ich mich damit noch ein alter Mann zu werden und mich vor meinem Ende zu beßern. Tausend Seegen über Sie, Ehr und Liebwürdigster Gevatter, und über den fruchtbaren Weinstock um Dein Haus herum und über die Oelzweige um Deinen Tisch! Amen! Uebermorgen den 27 denk ich wieder auf meine Loge zu gehen; u morgen an Assmus zu schreiben, dem ich seit dem 26 Jänner eine Antwort schuldig bin – Schweig ich länger, wie gewöhnlich: so liegt die Schuld nicht an meinem guten Willen. Meine Schildwache geht von Morgen 7 bis Mittag; von 2 bis 6 des Abends im Sommer. Im Ab- und Zu-gehen eine Lection im N. T. im Ouidio, im Sueton, im Plato, in Gesner oder Ernesti im Hebräischen. Selten ein Tag, wie heute, ohne allen Zuspruch, wenn es auch Israeliten, Samariter und Crethi und Plethi sind. Bleiben noch die Sonntage zu geheimen Conferenzen mit dem
    Schiblemini
übrig, mit dem ich diesen Sommer über fortzufahren denke. Gottlob! mein klein Gesindel befindt sich nach Wunsch, Lehnchen ausgenommen, die einen häßl. Ausschlag auf dem Leibe u am Gesichte hat. Marianchen schilt alles
    tumm
, was ihr nicht nach dem Sinn ist. Sie scheint es nicht so böse zu meynen, sondern braucht den Ton nur als ein Flickwort, dergl. der Vater hat, wenn er nichts rechts zu sagen weiß Um kein Blatt vor dem Munde zu nehmen, wißen Sie, was mich so tumm und stumm macht an Sie zu schreiben, alter lieber Freund! Daß ich für die
    hundert Freuden
, die Sie nicht ermüden mir zu machen, mich nicht auf die kleinste Gegenfreude besinnen kann – Meine Empfindlichkeit bringt mich noch um all mein Gefühl, und mein tummer Stoltz zieht selbst Niederträchtigkeit der Eitelkeit vor. Nun gute Nacht zum Lebewohl von Ihrem Johann Georg Hamann Den 25 April 80. Dom. Rogate 30. April Habe den
    ganzen
Catalog erst vor ein paar Tagen zu sehen bekommen mit der Nachricht, daß morgen die Exemplaria abgehen sollen. Bin angezeigter maaßen zum ersten mal ausgegangen aber nicht weiter als die paar Schritt nach meiner Loge. Habe mancherley Unruhen gehabt, unter andern daß mein Haus von außen abgeputzt worden. Gestern durch Lauson einen Gruß vom Patron des jungen Berens mit der betrübten Nachricht, daß er ihn morgen nach Hause schicken müste, weil er mit lauter Selbstmord umgienge. Ich beklage den armen Vater Karl – Nunmehr wird man leider! von beyden Theilen, neml. hier u dort, zu spät einsehen, daß ich es damals gut gemeint, da ich auf schleunige Rückreise drung. Jetzt
    muß
es doch geschehen, was damals mit beßerer
    Art
u
    Wirkung
hätte zu
    rechter Zeit
gethan werden können. Ich kenne dergl. Patienten aus trauriger Selbsterfahrung, wie Sie wißen. Gestern habe zum ersten mal das allergerechteste
    Breve
vom 14 huj. gelesen, und kann mich gar nicht satt lesen. Ist heute leider meine Metten gewesen. Die rauhe Witterung erlaubt mir nicht auszugehen. Meine autorl. Eingeweide sind bey dieser Gelegenheit in Wallung gerathen das Schicksal meiner jüngsten unzeitigen Geburt bald entschieden zu sehen, wegen der
    vielen Anspielungen auf dies neue africanische Ebentheuer.
Mendelssohn Genesis ist wohl Hebräisch aber noch nicht deutsch hier. Diese Woche kommt auch wol der Meßcatalog an. Mein gewesener Widersacher D. Laubmeier hat mich diese Woche besucht von Penzels wegen. Sollte Hartknoch durch Jeschnitz gehen; so wünschte ich daß er den Vater u noch mehr seine Schwester, die jüngste, kennen lernte. Ich habe einen Brief von ihr in depot, der ein Meisterstück ist. Der Bruder machte einen Abgott aus ihr. Ich habe ihm gänzl. entsagt. Pleßing hat ein hartes Lager hier gehabt u kam gestern wie ein schwarzgelbes Gespenst morbi regii um Abschied zu nehmen nach Graudentz zur Cur, die mir sehr mißlich scheint. Seine Krankheit hat sein blödes Gesicht ganz unbrauchbar zum Lesen gemacht. Er hat ohn Gesellschaft auch leben müßen. Ein wenig Bekanntschaft hat er mir noch zu danken. Natürliches Mitleiden ausgenommen, sind wir übrigens vermuthlich geschiedene Leute. Sein Geschmack ist cavalierement u meiner servilement zu leben. Jenes ist Knechtschaft u dies Freyheit für mich. Nun der heilige Schiblemini helf Ihnen, bester Herder! und mir. Ich glaube daß ist der siebente Brief, den ich Ihnen in diesem Jahre geschrieben, und keiner der Rede werth. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft – Der andere Brief von Ihnen wird eben so zu rechter Zeit kommen als der erste und
    meine
    Freude vollkommen
machen. Meiner verehrungswürdigsten Gevatterin und Paracletae die herzlichste Empfehlung!!! Gott seegne Sie und alle die Ihrigen, ist mein tägliches Gebet und Wünschen, und alles übrige Seiner väterlichen Vorsorge und Regierung anheim gestellt. Ich ersterbe Ihr alter.
Um Hartknoch wenigstens nicht ganz stumm u. Wortlos sein Pack abgeben zu laßen, sende ich ihm diesen Brief nach: so lange er hier war, wars mir, zu schreiben nicht möglich. Ich hatte meinen Stoß KirchenRechnungen eben geendet u. war mit zehn andern Zerstreuungen umgeben. Ihre Scherflein, lieber H., sind bis auf 2. herumgeschickt u. besorgt, diese sollen auch besorgt werden. Hier sind sie mit großer Zustimmung gelesen oder vielmehr angestaunt worden: denn selten werden Sie einen Leser haben, der Sie ganz u. eigentlich lieset. Der Statthalter, der Sie sehr lieb hat, hat eigen dafür gedankt. Schreiben Sie doch einmal wenn Sie Lust haben an ihn: er macht aus Titulatur u. dgl. nichts u. das Wort Excellenz ist ja das kürzeste u. Zwangloseste, womit man jemand nennen kann. Auf die Ueberschrift setzen Sie blos, wenn Sie deutsch schreiben, „an des HErn. Statthalters, Freiherrn von Dalberg Excellenz in Erfurt,“ so schreibe ich kurz u. gut u. mache ihm im Briefe weiter keine Anrede, die Excell. ausgenommen. Sonst ist er Chur Mainzischer Geheim. R. u. Domherr von Mainz, Worms u. Würzburg – was sich aber alles in jene Titel verliert. – Ob das Schriftchen auf Klopst. einen Eindruck machen wird? Darauf bin ich begierig. Ich glaube aber nicht: er ist ein übersatter, in seinen Selbstruhm u. Dünkel verschrumpfter Philipp Zesen. Wiel. schickt Ihnen seinen Oberon durch Hartknoch: Georgi, das Gesangbuch, die Bußzettel u Händels Meßias sind von mir in seiner Hand. Ich war so arm, daß ich nichts weiter zu geben wußte, u. vergaß sogar, daß ich Ihnen Diderots Essai sur la Vie de Seneque zugedacht hatte. – Also muß es auf ein andermal oder etwa was beßers statt seiner warten. Das Jahr 1780. ist für mich überhaupt arm oder vielmehr noch ärger als das –
    beraubend
. Wenigstens bilde ichs mir so ein. Von Neuigkeiten kann ich Ihnen nichts schreiben, ob ich gleich eine Anzahl durchlaufen habe. Es ist von Gotha aus durch den Prinz. August ein unvollendetes Diderotsches Mscr. in meiner Hand: Jaques le Fataliste. Wenn ichs angesehen, will ich Ihnen davon etwas melden. – Halten Sie Leßings Erzieh. des Menschen von ihm selbst? Und was sagen Sie zu Abbts 2. neuen Theilen, wo auch Sie abermals paradieren? Mir ist Einiges davon intereßanter als manches vorhergehende gewesen; indeßen ists dünkts mir immer klein u. elend, nun, nach des Graf. v. Schaumb. Tode, die Briefe hinter herzustoppeln, die sie voraus abgekürzt herausgaben – blos des leidigen Gewinns wegen. Der Buchh. Nikkel ist ein wahrer Nabal an Geize. – – Melden Sie mir doch, wenn Ihnen was in die Hände fällt, was auch mich intereßirt. Was meinen Sie? Semmler, höre ich eben, ist in Jena, um auch hieher zu kommen u. wie das Gerücht geht, um eine Stelle zu betteln. Die feigste Weiberseele auf der Erde! Er hat sich hier an einen Menschen adreßirt, der von Kopf zu Fuß, durch Unwißenheit gestält, sein ärgster Feind ist. Die Schlechtheit geht doch bis zur Verachtung. Den Krieg, den ihm Basedow macht, werden Sie schon kennen. Satanas satanam rodit u. das Geschreib über die Rel. wird so eckel, daß man den Namen nicht hören möchte. Leben Sie wohl, lieber Alter. Sie sehen meine Trockenheit u. Dürre. Erfreuen Sie mich bald mit einem Ihrer belebenden Briefe. Herder. Viele u. die beste, zärtlichste Empfehlung von meiner Frauen. Von unserm Zustande laßen Sie sich Hartknoch mündlich sagen. Wir sind wohl u. die Unsern auch. Es ist mir lieb, daß ich Hartkn., so viel beßer inan m seiner Gesundheit gesehn habe, und daß wir seine Frau kennen gelernt. Sie ist ein feines, sehr bestimmtes u. liebliches Geschöpf u. wir haben sie beide recht lieb. Ich wollte, daß auch Sie Herz zu ihr bekämen. – adieu, adieu, remember me. Adresse:
Herrn / Herrn J. G.
    Hamann
/ in /
    Königsberg
Vermerk von Hamann: Durch HE. Hartknoch erhalten den 31 May 780. Geantw. den 11 Junii Dom. III. p. Trin.
Nun, lieber H., Sie vergelten Gleiches mit Gleichem u. haben mir jetzt auf Brief über Brief nicht geantwortet. Sie haben doch einen Br. über die Post mit 1. Ex. Ihresr Scherflein u. nachher durch Hartkn. einen andern mit den übr. Ex. u. einem Pack Allerlei empfangen? Ich freue mich auf einen Br. von Ihnen wie auf eine wiederkehrende Frühlingssonne: denn jetzt ist, nach einer große Hitze vor 8. Tagen, sehr, sehr kalt. Gestern bekam ich von Formei einen Br., darinn er mir zur papauté meiner triple couronne Glückwünscht u. anzeigt, daß ich den Preis der Frage: über den wechselseitigen Einfl. der Wiß. u. der Regierung erhalten. Sie wißen, ich war nach dem 3. Kranz lüstern, und ich habe meinem 4. Sohn Adelbert, als dem 1780. an meinem Geburtst. gebohrnen, die Münze feierlich zuerkannt. Mir kommt der kleine Stern nicht zur Unzeit u. wir gingen, ich u. meine Frau, die aber diesmal nichts gethan als vorgelesen, nicht abgeschrieben hat, gleich nach Empfang des Briefes, in die freie Luft, dem Gott der Wolken u. des Windes mit einem freien Athemzuge zu danken. Ich weiß, Sie nehmen auch Antheil, lieber Gev., an dieser Kinderei: im Grunde ists mit dem Literaturwesen doch nichts als Kindheit. Hier reist Alles. Der Herzog ist mit der Herzogin in Deßau. Göthe in Gotha: Knebel, der beim Prinzen ist, geht in die Schweiz: Seckendorf ist eben aus Franken zurückgekommen: eine andre Partie geht übermorgen hin. Nur ich muß wie ein stipes in terra stehn bleiben. Sobald es warm ist u. Adelbert die Mutterbrust verlohren, wollen wir also, ich, Mutter u. Gottfried nach Illmenau, eine sehr angenehme Stadt im Thüringerwalde. Da will ich wenigstens den Pyrmonter zuerst entsiegeln, u. auf den Bergen des hohen Walds einige Ruhe atmen – – Apropos der Berge. Ist die Weißagung des Zellerfelder Propheten, daß ein großer Theil von Deutschland vom Gotthard den Rhein hinab bis nach Wezlar durch Erdbeben u. Sinken untergehen u. gegen 8000. Ortschaften groß u. klein Schaden nehmen sollten, bis zu Ihnen gedrungen? Sie ist Physisch (nach einer sehr eignen Physik) u. Kabbalistisch aus dem Buch Chevilah, das er für die älteste Hieroglyphenschrift hält, abgefaßt u. ich habe sie, wie sie ist, abschreiben laßen, um Ssie Ihnen zum Spaß zu schicken. Da hat aber meine Fr. sie an Knebel gegeben, der sie mitgenommen haben muß u. Sie müßen also warten, bis er sie wiederschickt. Sie könnens auch: denn Sie wohnen ja nicht in der Senke, sondern wie dem Magus gebührt, gen Mitternacht am Ufer des Meers. Es soll ein stiller, bescheidner Mann seyn, u. hat diese Erklärung, (die mit dem Erdbeben des Febr. gerade in den Tagen u. dem Strich nach, den er angegeben, im kleinen Vorspiel eingetroffen) an die 2. Regier. zu Braunschw. u. Hannover, Decemb. vorigen Jahrs gesandt u. sich zum Eide seiner Ueberzeugung davon, erboten. Vielleicht erfährt man noch ein mehreres – – In Kypkens Catal. ist sogar viel nicht für mich, u. da es soweit ist, mags gar bleiben. Man hat u. schafft sich des Papierzeugs doch schon satt u. zu viel. Ist Dieterich schon dort, sein Nachfolger? – – Was macht Kant? bekommt man weiter nichts von ihm zu lesen? Haben Sie die
    Denkwürdigkeiten
des d’Augbigne an seine Kinder gelesen? Ich habe das Buch nie nennen gehört u. da erscheints übersetzt, eine sonderbare, merkwürdige Schrift eines sonderbaren, meraußerordentlichen Mannes. Sie ist jetzt unsre Abendlekture u. wenn ich sie durch bin, will ich doch an Mornay’s Leben auch von ihm selbst geschrieben, gehen. Was sagen Sie zu den freienmüthigen Betrachtungen übers Christenthum? Wißen Sie nicht, wer der Verf. seyn mag, doch nicht Starke? Schreiben Sie doch etwas von Harktknoch. Mir hat er sonderbar verwelkt u. verschrumpft geschienen an Leib u. Seele: mich dünkt, – wie hier ein Collega Spiritualis vomn des andern Fähigkeit Neujahrspredigten halten zu können gesagt hat – er läuft auf den letzten Stumpfen. – Gott befohlen, lieber H., schreiben Sie doch bald u. verzeihen Sie die Leerheit u. Eile meines Briefes. Ich wollte, wo die Götter es so wollen, der Zeitungsfama zuvorkommen u. Ihnen meinen Sieg selbst melden. Adieu, adieu, tausend Grüße u. Liebesagereien von Ihrer Gevatterin u. GevatterH. Adresse:
Herrn / Herrn J. G.
    Hamann
/ Aufseher des Königl. Packhauses / zu /
    Königsberg
/
    in Preußen
. /
    fr. Berl.
Vermerk von Hamann: Erhalten Dom. V. p Trin. 780. 25 Jun. geantw. eod. et 26 Jun.
Dom. III. p Tr. den 11 Jun. 80. Herzlich geliebtester Gevatter Landsmann und Freund, Der erste Tag im Monath May war für mich sehr glücklich. Erstlich eine herrliche Witterung, die heiterste, mildeste Luft, nach dem Eßen ein herrlich Gewitter, und des Abends der schönste Regenbogen. Zweytens war der MeßCatalog angekommen und der Oberon, die ich alle beyde verschlung, und besonders in Ansehung des letztern meine Erwartung so übertroffen fand, daß ich mir selbigen recht wünschte. Der
    letzte
May war in Ansehung der Witterung dem ersten ganz ähnlich, den einzigen Regenbogen ausgenommen. Des Morgens kamen die Schellenbergsche Kupfer an nebst einem gantz unerwarteten Briefe u Geschenke von Joh. Casp. Häfeli. Ich hatte immer Lüsternheit gehabt nach den Predigten u Predigtfragmenten, aber keine Gelegenheit selbige zu stillen. Der noch fehlende Regenbogen wurde aber durch die Ankunft des guten Hartknochs ersetzt in seinem bunten Sommerrock und Ihren und Seinen Gaben mannigfalt, worunter auch ein Oberon war, der als ein Donum Auctoris mir doppelt willkommen seyn muste. Und so war mir der letzte Tag im Monath May der glücklichste von allen. Aber der
    erste Junius
, an dem ich mir zwar Urlaub genommen hatte von allen Berufsarbeiten, war gar kein Feyertag für mich, sondern ich habe mich müde u matt geschleppt von des Morgens früh bis auf den späten Abend mit den Schellenbergschen Kupfern – und kurz vor der Mahlzeit schwer geärgert über einen Brief aus Hamburg, der mir 34 gl. Porto kostete u in einem gedruckten Kaufmannsbriefe nebst einem gedruckten Catalogo seines Waarenlagers bestand. Vielleicht wird Ihnen Fr. Aug. Kühtze eben so par renommée bekannt seyn, wie mein Nahme diesem paradoxen Correspondenten das Unglück gehabt ruchtbar zu werden. Ich bin seit vorigen Donnerstag mit dem currenten Monath völlig ausgesöhnt, und wünsche daß der
    letzte Tag
deßelben den ersten übertreffen und mit meinem letzten May correspondiren möge. Laval hatte aus Berl. die Nachricht von Ihrer Krönung hieher gemeldet um Hartknoch an dieser Freude Theil nehmen zu laßen; ich hätte sie also einen Tag früher erfahren können, als ich es wirklich erfuhr. Optatis meis respondeat FORTVNA, laß ich gestern in Cicero u dachte an Sie, und wünsche, daß das
    arme
1780 Jahr wol gerathen möge. Amen! Auf Hartknoch hatte ich mich wie ein Kind gefreut, und war so voller Fragen die ich bey seiner Ankunft alle vergeßen hatte, daß ich immer wie ein Suchender, der nicht weiß was? noch wo? in Verlegenheit war, so bald ich ihn sahe. Er hat mich fleißig u treulich besucht seit seines Hierseyns vom letzten May bis zum 5ten Junius, wo ich zum zweyten mal von ihm Abschied nahm u zum letzten mal gesehen. Gott gebe, daß es künftig Jahr wider geschehe und alle pia desideria erfüllt werden mögen. Von Ihnen und Ihrem ganzen Hause hat er mir lauter erwünschte Zeitungen mitgebracht, und meinen Hunger geschärft ein Augenzeuge Ihrer häusl. Glückseeligkeit, vor meiner Friedensfahrt, zu werden. Mein Eckel vor allem
    Thun
und
    Leiden
des Seculi nimmt zu. Bin morgen entschloßen mit einer Reformation meines Stomachi durch eine kleine Dosin Tartari emetici u Aqua comm. den Anfang zu machen zu einer förml. Biermolkencur. Hartkn. hat mir von dem Hallelujah in der einen Arie des Meßias einen Begriff gemacht. Wenn die Intimation zum Bußtage vom 6 Xbr. 76 die
    erste
ist von Ihrer Gen. Superintendentur: so fehlt noch zur vollständigen Samml. der Winterbußtag von 77. ⸂Der Sommerbußtag ist in duplo gekommen; davon ich das eine Exemplar dem Lauson zum Depot in seiner öffentl. Bibliothek geben werde, wohin auch Ihre ihm
    versprochene Volkslieder
gehören. Er hat mich dran erinnert, und ich melde es
    Ihrent wegen
.⸃
Ihr Gesangbuch habe noch den ersten Abend durchgeblättert, finde aber nicht die in der Hahnschen Postill angeführten Gesänge. Das köstl. Alphabetum habe angefangen, aber noch kein recht Herz noch Zeit fortzufahren. Bin jetzt im sechsten Theil der Lutherschen Werke meiner leider! im dritten Theil defecten Jener Ausgabe. Die Walchsche habe Hofnung hier zum Durchlesen zu bekommen. Hierinn besteht jetzt mein
    einziges
Tagewerk. Den 19 May überraschte mich Ihr erster Brief nebst meinen Scherflein. Ich zähle diese Hebammenhülfe mit zu Ihren Donis um mich für alle auf einmal zu bedanken. Alles nach Wunsch. Die Dyadik erstreckt sich bis auf zwey kleine Druckfehler W. R. J. V. R. W. S. 22. unnahrhaften S. 29. Fractionen, statt Fictionen. Mein gelehrter Pinsel ist wol an beyden Schuld, um keinen Zankapfel zwischen Mann u Frau, und Frau und Mann Preis zu geben, die so beyde einig sind und so innig mich zu lieben, als Ihr eigen Fleisch u Blut. – Erfreuen Sie doch Ihre arme Schwester mit einer Antwort. Die Frau Pf. Skubich ist vorige Woche hier gewesen und hat mir von Ihrem Kummer über Ihr bisheriges Stillschweigen u der vermehrten Auflage ihres Leidens Hiobsposten gebracht. Ihrem Mann geht es nach dem alten Sprichwort ὑς λουσαμενη εις κυλισμα βορβορου. Unter meinen Subscribenten zu den Schellenb. Kupfern war auch der Pfarrer Fischer im großen Hospital, der mich bey der Gelegenheit besuchte u sich nach Ihnen erkundigte, als eines alten genauen Freundes. Ich kann mich aber nicht besinnen daß er mit Ihnen öfters in Gesellschaft bey mir gewesen, wie er mir versicherte. Er trug mir auf Sie seiner zu erinnern Von Prof. Kreutzfeld werd ich immer mehr u mehr geschieden. Sein schwindsüchtiger Gesundheitszustand erlaubt ihn zum Theil nicht, wie sonst mich zu besuchen. Erst gestern hab ich gehört, daß er nicht selbst eine Zeile zum Kypkeschen Catalog beygelegt. Er hat sich die Arbeit ganz abgewelzttzt, u scheint sich mehr mit der Kgl. Bibliothek zu beschäftigen. Ich verlier mehr einen furem temporis als einen amicum an ihm. Brahl ist verliebt und ich werde bald mit meinem Umgang auf Hänschen Michel eingeschränkt seyn, mit dem ich diesen Monath die Odyßee angefangen habe, so sehr ich selbst einen gr. Sprachmeister nöthig habe, und den 2ten Theil von Gesneri Isagoge. Heute vor acht Tagen erhielte zum zweiten mal die Erziehung des Menschl. Geschlechts; ich habe von den Rest eine Abschrift genommen als eine Beyl. zu den Beyträgen, die ich selbst habe. Im Grunde der alte Sauerteig unserer Modephilosophie; Vorurtheil gegen Judentum – Unwißenheit des wahren Reformationsgeistes. Mehr Wendung, als Kraft. Die Briefe, so Gott will, werden mehr entscheiden, und ich warte mit großem Verlangen darauf. Sollte S. nach Weimar kommen: so wünschte ich Sie barmherziger gegen seine feige Seele gesinnt zu seyn. Von den neuesten Basedowschen Händeln weiß noch kein Wort, als die Titul aus dem Nicolaischen Catalogo, den Hartkn. mitbrachte. Abbts Schriften habe durchgelaufen – das Denkmal auf Baumgarten hat mich am meisten gerührt. Das ist auch alles, was ich von der Meße gelesen habe. Der Brodtkorb gelehrter Näscherey hängt hier ziemlich hoch. Den Oberhofprediger Schultz dörfte wol diesen ganzen Sommer nicht stören wollen in seinem Decanat, u er war einer von meinen mediis terminis im theol. Fach. Kanter soll seinen Laden verkauft haben an seinen alten Gesellen Wagner, der gegenwärtig Intelligenz Factor zu Marienwerder ist. Der Nachfolger ist wol ein guter Freund, aber treibt den Handel auf Frankfurter Art und dörfte nicht so gefällig als Kanter seyn, der sich auch offenbaren Schaden dadurch selbst gethan, aber sich an andern wider bezahlt gemacht. Was denken Sie von der herkulischen Expedition gegen die Chicane? Auch hier ist eine Gesetz Commission bereits ernannt u Hippel ein Mitgl. derselben; wiewol einige sagen, nur prouisorie. Hier hält man den Hirtenbrief vom 14 Apr. für ein Chef d’oeuvre der neuen Kreatur de se ipso ad se ipsum. Ich habe mich nicht satt dran lesen können. Ein wahrer Virtuosen-Styl; im Grunde nichts als Gaukeley und ein neues philosophisches Experiment in nostro vili corpore. Das gröste Glück u der höchste Trost ist, daß Gottes guter, gnädiger Wille mitten unter diesen und durch diese widersprechende, krumme u verkehrte Anschläge geschieht. Starks Vorrede kenne nur von Hörensagen. Prof. Reusch versicherte mir, daß bey aller seiner Beflißenheit alles mit Urkunden zu belegen, grobe Lügen in seiner Nachricht von seinen hiesigen Schicksalen vorkämen, wenigstens in all den factis welche die Bibl. beträfen u zum Theil unsere Regierung. Was die Kirchengeschichte des I. Sec. mit seiner privatgeschichte gemein hat, weiß ich nicht. Sein Collegium möchte so dürftig gewesen seyn, warum es aber drucken laßen? Dom. V. den 26. 25. Juni 1780 Meine Molkencur geht ziemlich von statten. Bin vorigen Sonntag mit meinem ganzen Hause, das aus 7 Seelen besteht, in einer Kutsche nach Fuchshöfen gewesen und den Freytag zuvor nach Aweiden zu Fuß. Lauter Zerstreuungen, die mir wie gebratene Tauben ins Maul geflogen – Mit dem heutigen Evangelio gieng ich aus Engl. u wurde in Riga damit bewillkommt – das sind schon über 20 Jahr. Was ist die Zeit für ein Ruin. Was mir Ihr dritter Lorbeer für eine wolthätige Nachricht gewesen, läßt sich gar nicht melden. Machen Sie es doch wie mit Ihrem Maran Athan – so warm wie er aus dem Backofen kommt. Hartknoch ist wolbehalten den Sonntag drauf angekommen. Hinz hofmeistert bey einem HE Landrath von Firks und läst seinen Laden durch einen Gesellen administriren. Seine Freundin Stoltz, mit der ich durch ihn bekannt geworden, hat mir eben dieses gemeldet und hält sich ein paar Meilen von ihm auf bey einem Vetter v Firks, ohne ihn bisher gesehen zu haben, trotz widerholter Einladungen. Diese Lücke im Kinnbacken ist durch einen andern holen Zahn ersetzt; Brahl hat seine Freundin, ein litthauisches Mädchen, namens
    Schimmelpfennig
eingeführt. Der Umgang gefällt mir nicht recht, weil sie bereits einen Bräutigam hat, der auf Reise ist, und jedem des andern Eigentum heilig seyn soll. Vergleichen Sie nur nicht, liebster bester Gevatter! mein Haus mit einer Akademie, wie neul. mit einer Republik. Ich bin so feig, daß ich kein Herz habe die Wahrheit zu sagen, weil mein Auge zu dunkel sie zu sehen und alles Nebel in u um mich ist, und ich mich selbst u andere gehen laßen muß, wie sie geführt werden. Es ist mir nicht möglich laut zu seyn, bis ich meiner Sachen gewiß bin. Diese Woche ist der alte Christiani als Magnificus gestorben, besuchte deshalb Kant, den ich seit langer Zeit nicht gesehen und der zum guten Glück eben an den Minister schrieb, der ihm Englels Vorlesungen über Platon mitgetheilt, und noch denselben Abend vorm Schlafengehen gab ich Nachricht dem Kraus, dem die erste Stelle zugedacht ist. Ich hab ihn zugl. gebeten seinen Rückweg über Weimar zu nehmen. Sie sehen, daß ich fleißig an Sie denke – und denken ist alles was ich
    thun
kann. – Bey meinem mäßigen Appetit überfiel mich ein unüberwindlicher Schlaf, und ich legte mich weil ich nicht anders als liegend schlafen kann. Komt ein jüdischer Student Lachmann von mir Abschied nehmen auf eine kurze Reise nach Litthauen. Komt mein Caffé – komt der Prof. den ich seit langer Zeit nicht
    Sonntags
gesehen – Wir gehen u sitzen im Hayn Mamre; er raucht u trinkt. Ich hatte beydes gethan. Komt Hänschen u meldt mir einen Brief von Ihnen an, den Lieschen selbst bringen wollte. Ich schelte ihn zurück u kann der Zeit nicht erwarten. Allerdings drückt mich das Jus talionis – aber nicht wie Sie es meynen: sonder im ganz andern Sinn. Ich wuste nicht, was ich alles Hartknoch fragen sollte und weiß Ihnen nichts zu antworten – als Worte auf Sachen. Unterdeßen hat Ihre freundschaftl. Aufmerksamkeit der Evangelist Ihres Sieges zu seyn seine ganze Wirkung auf mich gethan. Nun der kleine Ernst wird auf seinen jüngern Bruder nicht eifersüchtig seyn, und für sein Warten ein doppelt Maas erhalten. Die päbstl. triple couronne muß einem jeden einfallen. O daß ich
    Gleiches mit Gleichem
vergelten könnte! Ich habe eben die Ursachen zu schweigen, die ich habe mich von allem Umgange zu entziehen. Furcht u Mistrauen andere mit meiner Hypochondrie und Heavtontimorie anzustecken – Nichts als ausdrückl. Geschäfte oder Anliegen sind im stande mich zu einem Schritte aus dem Hause zu bewegen. Meine Gesetzliche Stunden währen von 7 bis 6 und muß müßig sitzen mit einem Buch für die Nase par contenance – halbe Stunden mich abstehlen um Hänschen taliter qualiter abzuwarten, wie oft! mit Ungedult u Verdruß. Wie viel bleibt mir übrig zu wirkl. Arbeiten? An Dahlberg die Feder angesetzt; weder Kraft noch Nachdruck zum Denken u Schreiben. Ein halb Dutzend Briefe zu beantworten und mit nichts komm ich von der Stelle, und werde immer von meinem guten Willen übertrieben, dem ich nichts als eine künstliche Schlafsucht und das opium der Verzweifelung entgegenzusetzen weiß. Wie glücklich sind die Leute die sich an der ersten der besten Erklärung des Weltlaufs begnügen u sich das nil admirari des Weisen getrost zueignen können. Ich kann aus jeder Kleinigkeit des menschl. Lebens die mir alle Tage zustöst nicht klug werden und staune über meine häusliche u öffentl. Lage – Unser Director soll versetzt werden und der Mann ist ein wahrer brennender unversehrter Dornbusch für mich. Jetzt ist er seinem Weibe nachgereist, die bereits den zweyten Sommer an der polnischen Gränze mit einem verabschiedeten Officier zubringt, ohngeachtet sie schon den Mann durch eine alte Freundschaft mit einem Project- u Fayencemacher ruinirt, der sich Hofr. Ehrenreich nennt. Die Infamien gehen so weit daß ein ehrl. Mensch sich
    scheuen
u
    fürchten
muß einen solchen Nachbar zu seinem Chef zu haben, und dem ohnerachtet zieht er mich bisweilen bey den Haaren zu sich. Die traurige Figur in meiner Seele bey einem solchen vis-à-vis läst sich denken. Unterdeßen ist soll sein Nachfolger abermals ein Maitressenfänger seyn, deßen Pension man ersparen will. d’Alembert wird in Berl. erwartet. Cramers Klopstock habe in zwo Stunden mit Vergnügen durchgelaufen, und für mich in aller Beziehung ein sehr wichtig Buch. Ich bin schon beyläufig angeführt und verspreche mir noch beßer Glück künftig Des armen Dusch Ferdiner habe in 2 Tagen durchgepeitscht. Ist noch das beste von seinen Werken das ich gelesen habe. Zwey Braute zerfließen in keine. Es hat mich unterhalten u gerührt, wie in Sophiens Reise zween Bräutigamme – doch die neuste Auflage ist mir noch unbekannt. Die freymüthige Betrachtungen habe sehr früh zu lesen bekommen durch Hippel, der sie vom Canzler Korff erhielt u dem sie aus der Preße zugefertigt worden, ich habe aber nicht erfahren können ob vom Verf. oder Verleger oder seinem Commissionair. Hartk. wuste den Autor nicht. Der Verf. hat mir beßer gefallen als Bahrt u Steinbart. Aber im Grunde einerley πρωτον ψευδος wie in der Erziehung des menschl. Geschlechts. Erstl.
    natürl. Religion
ist für mich was
    natürl. Sprache
, ein wahres Unding, ein ens rationis. Zweytens, das was man natürl. Religion nennt, ist eben so problematisch u polemisch als Offenbarung. Und warum Freymüthigkeit, dasjenige zu widerkäuen u zu verfeinern, was der wahre ton du siecle sub vmbra alarum tuaist. Vernunft ist der
    leibhafte Moses
– und unsere heutige φφie der
    leibhafte Pabst
verklärt –
    Judentum
, sein Geist natürl. Religion, ist die allgemeine Losung, nach Jerusalem, Büsching pp. An
    Meßias
kaum gedacht. Aus dem Verstande unserer Apologisten vom
    Judentum
läst sich auf ihren Verstand des
    Χstentums
schließen – u ohne beyde sind
    Pabstum
u
    Lutherthum
Stückwerk. Dies Vierek ist mein altestes u jüngstes Thema – und so Gott will das Ey zu meinen Schiblemini: Das Motto der erste Vers aus dem alten Liede von D. M. Luther. Sie ist mir lieb die werthe Magd. Meine
    Schürze von Feigenblättern
sind cassirt. Häfeli ist der Verf. der Auflösung im Mercur und mit Wieland bin ich ausgesöhnt.
    Starken
traue ich nimmermehr ein solch Buch zu. Es scheint mir zu stark für ihn, oder wenigstens ist es seine Eigenliebe hinter dem Schirm zu arbeiten. Gott gebe Seegen u Gedeyen und Freude zur Brunnenkur. Die Reyhe zu reisen wird auch an mich kommen. Hat keiner mehr göttl. Beruff dazu als dieser arme stipes in terra. Asmus hat ein Lied im Namen der Schwindsüchtigen gemacht. Er gehört doch nicht zum Orden selbst? Hat mir noch nicht zum Podagra Glück gewünscht. Ein recht tiefgeholter Seufzer thut mir so wol wie eine Motion. An Kraft zum Athemholen scheint es mir also nicht zu fehlen. Alles was mir gefällt, macht meine Augen wäßrig. Scheint ein Character der finstern Schriftsteller zu seyn, und der Fehler mehr aus dem Herzen als dem Verstande zu qvillen. Meine Nachtigall nicht zu vergeßen, welche mir so manche himml. Augenblicke Morgens u Nachts gemacht seit acht Tagen aber so gut wie verstummt ist. Sie war ein Vogel nach der Uhr, fieng mit dem Nachtwächter um 10 Uhr an u hörte precise um 7 auf à l’heure du Bureau. Wechselte in meinen u meines Nachbars Garten, je näher dem St. Johannis, desto lauter wurde sie auch am Tage – Wenn sie doch künftig Jahr widerkäme. Den 26 – Den Georgi bereits durchgelaufen, ohne das geringste weder in Ansehung des Worts noch der Sachen für meine Vermuthung gefunden zu haben; denke ihn noch einmal ohne diese Rücksicht zu lesen, weil ich ihn überhaupt wenig verstanden. Kant arbeitet noch immerweg an seiner Moral der gesunden Vernunft und Metaphysik, so viel ich weiß, und thut sich auf seinen Verzug was zu gut, weil selbiger zur Vollkommenheit seiner Absicht beytragen wird. Des Daubigné Denkw. werde auch zu sehen suchen. Ist Mornays Leben auch schon übersetzt. In Hartungs Katalog steht nichts, und was noch steht, ist schon vergriffen. Muß alles durch die dritte Hand zu erschleichen suchen, und nach der dritten Hand muß ich bisweilen so lange suchen, daß mir die Lust darüber vergeht. Allerdings hatte ich Ursache mit Hartkn. einen
    längern
Brief zu erwarten, weil Sie mir noch einige Antworten u eine kl. Anzeige vom Jaques le Fataliste schuldig sind. Aber Ihre Zeit! – ich bedaure wenigstens die, welche die Entzifferung meiner Briefe kosten muß – meiner unnahrhaften, aber nicht unwahrhaften Briefe – Von Hartkn. habe bereits alles gemeldt, was ich weiß. Seine Erhaltung ist ein Wunder, wenn Sie allen den widersprechenden Nachrichten wegen seiner damaligen Krankheit so nahe gewesen, als wir hiesigen Orts. Also hoff ich noch, Gott wird ihn wider verjüngen und noch einige Jahre schenken; um meines Michels so wol als der Seinigen willen; denn er ist ein rechtschaffener Vater und Freund. Seine Schlafsucht ist mir nicht so merklich gewesen als es in seiner Familie seyn soll. Ich erwarte seinen Sohn mit Fueßli. Dietrich ist noch nicht hier, 4 Kasten an Kirchen R. Lilienthal addressirt stehen in meinem Packhofe, und enthalten vermuthl. seine Sachen. Er soll aber wirkl. unterwegs u in Berl. krank gewesen seyn. Sollte Kraus über Weimar heimgehen; so werden Sie Buchholtz Physiognomie nicht übersehen, u ihn als meinen Deputirten bewillkommen. Lindner studiert in Halle, u hat mir geschrieben in einem Ton, der mir viel Gutes von ihm verspricht. Ich werde ihm diese Woche antworten wegen einer Einl. von seiner alten Mutter. Hartknoch hat mir noch einige Scherfl. aus Riga versprochen. Note 14. gehört zu S. 25.
    gerade u krumme Grundstriche
. Wißen Sie nichts vom unglückl.
    Waser
? – Kaum hatte ich seinen Namen ausgeschrieben wie mir die Nachricht seiner Execution aus den Zeitungen hinterbracht wird. Endl. mit genauer Noth habe ich Spittlers Geschichte des kanonischen Gesetzes hier auftreiben können u heute zu lesen angefangen mit viel Zufriedenheit. – Eben erhalte einen Brief vom ehrl. Hartknoch vom 11 hui. st. v. „hat viel zu thun mit seinem Meßgut, ist vor 8 Tagen gesund angekommen, seine Frau lebt im Garten unsers Landsmann Schenk, u er schläft daselbst.“ Das übrige ist ein Commissionsverzeichnis auf die Kypkische Auction. – Da kommen die Denkw. des Aubigné – Habe Michaelis sämtl. poetische Werke durchgelaufen, weil Brahl so ein großer Verehrer dieses fast mir unbekannt gebliebnen Dichters ist. Eine Ausgabe von Gleim wäre wol beßer gerathen. Yoriks u Elisens Briefe sind auch nicht der Rede werth. Der 5te Theil von Gozzi liegt auch da. Daß dieses Mannes Briefe so wenig bekannt sind. Ich hab sie in Curl. gelesen und weiter nicht zu sehen bekommen. Wer mag der deutsche Ungenannte seyn deßen Handschrift Foster eben Engl. ausgiebt? Habe blos einem guten Freunde zugefallen den Artikul über die Gesetze angesehen. Weder viel körnichtes noch neues läst sich aus dem Eingange vermuthen. Auf heute gnug gelesen, aber ich besorge auf Kosten meiner Verdauungskräfte – und nichts zur Sache oder sehr wenig – Meine Kinder lachen, vorzügl. Marianchen, nach Herzenslust. Hänschen hat seine Schreibstunden angefangen mit Courtans Kindern. Gott woll doch Hartknoch erhalten, wie ich hoffe. Vergeßen Sie doch nicht die Weißagung des Zellerfelder. Erfreuen u trösten Sie doch Ihre liebe Schwester. Ich habe sie um eine Einl. durch die Strauchin bitten laßen, aber nichts erhalten. Der Himmel schenk Ihnen und den Ihrigen so viel Freude zum letzten Junius wie mir zum letzten May. Mein Stillschweigen ist keine Liquidation, sondern Mangel an Stoff und Oel im Lämplein. Sie leben im Mittelpunct und ich am äußersten Rande. Ich umarme Sie, die auserwählte Frau und Ihre Kinder, und ersterbe in der besten Hofnung   Ihr alter treu ergebener. Heil zum Brunnen! Auch ich sitz in meinem Schlafpeltz und Winterwams. Morgen wills Gott wärmer. Meine Verehrungswürdige Frau Gevatterin und Freundin, Wie sehr Sie das meiner ganzen Seele sind, kann und darf ich nicht erst sagen, und würd’ auch der Mühe nicht lohnen gelesen zu werden. Me Hartknoch, die ich als eine sehr liebenswürdige, launichte und gutherzige Frau mehr ahnden als kennen gelernt, weil ich sie nur zweymal, erstens beym Einpacken eines großen Coffres, und letztlich bey Ihrer Toilette beobachten können, hat mir die aufmerksame Besorgnis in Ansehung des Alphabetums Thibetanums mit allen kleinen Umständen auf die angenehmste Art mitgetheilt. Keine Erinnerung, die aus der Fülle des Herzens komt, ist überflüßig, sondern des Danks werth; denn hätte das Alphabetum Thibetanum nicht würklich eben so leicht vergeßen werden können, als das Datum in dem heutigen für mich so erfreulichen Briefe, wodurch das darinn befindliche Wort:
    Gestern
seine ganze bestimmte Genauigkeit verliert, wegen des in petto gebliebenen Dati? Adelbertchen wird gewiß seinen Verlust lebhafter empfunden haben als seinen Antheil am Väterlichen Siege. Himmel und Erde vereinige Seinen Seegen „und mache das Halb Dutzend voll“ ich meyne Pfänder und Siege! Empfehlen Sie mich Ihrem kleinen Reisegefährten nach Illmenau und entschuldigen Sie mich bestens bey meinem lieben Pathchen, daß wir uns einander noch nicht kennen, weder nach einer Silhouette, noch von Angesicht zu Angesicht. Sagen Sie ihm nur, ich wohne hier hinter 7 wo nicht Berge doch wenigstens Hügel, daß mich die Leute meiner eignen Heimath kaum kennen; aber Er soll mich gewiß kennen lernen. Das ist kein Mährchen, sondern meines Herzens höchster und letzter Wunsch, den ich mit Mund und Hand versiegele, oder in Erwartung seiner Erfüllung ersterbe Meiner Verehrungswürdigen Frau Gevatterin und Freundin ergebenst verpflichtester Johann Georg Hamann. Weder
    Name
noch Weißagung des Zellerfelder Propheten ist bis zu uns gedrungen. Sie wißen daß sich meine Neugierde bis auf Ziegenpropheten erstreckt, trotz einer Nachtigall. Cabalistisch, ein Buch Chevilah, Hieroglyphenschrift – das ist lauter Lockspeise für meinen verwöhnten Geschmack, wahres Wildbret für meinen Adlerhunger. Daß der verwünschte Knebel sie mitgenommen u bis nach der Schweitz! Ressouvenez-vous en, Madame! Ce sera un autre
    Alphabetum Thibetanum
pour mon envie.
Kgsberg den 22 Junii 80. Liebster Freund, Unsern Prof. Kant hab ich so lang nicht gesehen, als wir uns ein ander nicht geschrieben haben. Gerüchte von Ihrer Rückkunft nach Berlin machten mich selbst in Ansehung Ihres gegenwärtigen Auffenthalts ungewiß. D. Joel ist seit 14 Tagen hier, hat en galanthomme zu seinem Besuch Hofnung machen laßen, aber en Scheerenschleifer Wort gehalten. Mein Drang u Sturm an Sie zu schreiben war der Tod des zeitigen Rectoris Magnifici Christiani, der diese Woche plötzlich verschieden u todt in seinem Bette gefunden worden, ohngeachtet er noch den Abend vorher munter in seinem Garten zugebracht haben soll. Dieser Vorfall also war der medius terminus zu meinem Besuch bey unserm Kant; der eben im Begriff war an Ihren Mäcen zu schreiben, der ihm Engels Versuch über eine platonische Dialectick zugeschickt hatte und Sr. Excell. an die gegenwärtige Vacantz für Sie praeveniren wollte. Zugl. wurde mir aufgetragen, nur getrost nach Göttingen unter Ihrer alten Addresse dies gleichfalls zu melden um das Nöthige von Ihrer Seite auch zu thun. Ihr Heimweh nach dem gelobten Lande und seiner Alma Mater Albertina kann so groß nicht seyn als unsere Lüsternheit und Sehnsucht Ihnen zu Fuß und zu Pferde entgegen zu wallen. Ihr Freund Biester wird Ihnen den nöthigen Termin oder Gelegenheit zu Ihrer Ankunft auch bewürken können, nebst
    der Erlaubnis
dort mit weniger Kosten den Magistergradum zu erhalten u mitzubringen. Ich schreibe dieses vor dem Sprung ins Bett, um keinen Posttag zu versäumen. Haben Sie wenigstens die Gegenliebe für mich dem Empfang des Gegenwärtigen aufs baldigste zu bescheinigen, und ohne sich mit Fleisch u Blut lange zu besprechen, noch spröde und blöde zu thun, die Gelegenheit zu ergreifen; da die Prof. Politices Ihrem gegenwärtigen Geschmack günstig ist. Für das Bibliothecariat wird hier durch das Gräfl. Kayserlingksche Haus bey der Wallenrodtschen Familie vermuthlich gesorgt werden. Es wird also blos nächst dem Göttl. Willen auf Ihr Dicat Ja! ankommen. Bitte Ihre Rückreise über Weimar zu nehmen und unserm Landsmann meinem Gevatter und Gevatterin die Aufwartung zu machen, und Ihm zu Seinem dritten Ehrenpreiß Glück zu wünschen. Ehe Sie Göttingen verlaßen, consuliren Sie Ihren Panglotten Büttner über das geheime Wort Konxompax. Ich habe den Ursprung davon in der Thibetanischen Sprache vermuthet, aber Georgi Alphabetum Thibetanum, das ich in diesen Tagen durchgelaufen, hat alle meine Erwartung vereitelt – Hier begegnete mir ein eigener Vorfall am Lichte, das ein sogenannter Wolf oder Dieb auslöschte u von neuen wider anzündete. – Ich habe in diesem meinem 50sten Jahr einen podagrischen Anfall in meinen beyden Zehen gehabt, zu Anfang des Aprils – Die Meinigen befinden sich nach Wunsch, Gottlob! Hänschen soll bey Freund Hartknoch in die Lehre. Mlle Stoltz ist diesen Winter nach Curl. abgereist und bey HE von Fircks in Drubenalcken, von wo den ersten Brief diese Woche erhalten. Ihre Stelle ist durch eine Litthauerin Mlle Schimmelpfennig bereits besetzt, die heute zwischen Brahl u Zitterland den Abend bey mir zugebracht. Eine Nachtigall hat diesen Sommer mein Wäldchen sehr angenehm gemacht, aber ist bereits zum Stillschweigen gebracht. Kypkens Nachfolger ist noch nicht hier, wird aber nunmehr für gewiß erwartet. Luthers Schriften sind seit meinem Podagra meine Hauptlectur, und sein Genius Schiblemini mein
    Oberon
! mein pium desiderium! mein vltimum visibile! Leben Sie nach Herzenswunsch. Grüßen Sie Ihren H. Mündlich mehr. Nun ruhen alle Wälder Vieh, Menschen Städt u Felder Es schläft die ganze Welt – Johann Georg Hamann. HE. Prof. Kant meynt, daß es für Sie oekonomischer seyn würde dort zu magistriren, weil es hier 50 rth kostet. Hiezu muß aber die Erlaubnis des Ministers gewißermaßen nöthig seyn. Erfreuen Sie mich bald mit den besten Nachrichten von Ihrer Gesundheit u Ihren Entschlüßungen. Und hiemit Gott empfohlen.
Königsberg 30 Junii 80. Den letzten May bin ich mit Ihrer Zuschrift und Gaben erfreut worden, die ich längst zu sehen gewünscht, aber keine Gelegenheit dazu gehabt. Ich bin izt nicht im Stande zu kaufen und muß meine Neugierde durch lauter krumme Wege und die Mildthätigkeit andrer befriedigen. Mein aufrichtiger Dank ist zugleich ein Anspruch auf das Ende des Werks. Ihre merkurialische Auflösung gab zu einem Misverständnisse des Verfassers und zu einer außerordentlichen Gährung in meinem Gemüthe Anlaß. Es ist mir daher angenehm, den
    rechtsschuldigen
gleichfalls für einen Freund in petto zu erkennen. Ich erhielt zu Anfang des 777 Jahrs meinen gegenwärtigen Posten und zugleich die bewußten Stücke des Merkurs. Unter dem Einflus der drey Sieben überfiel mich eine Art von Nymphomanie zu einer ganz wunderlichen Ausarbeitung, über die ich lange nachher gebrütet, aber gänzlich aufgegeben habe.
    Schürze von Feigenblättern
war der Titel; und die Abschnitte 1. Nachhelf eines Vocativs, über das verhunzte Genus des Worts Glocke in des lieben Asmus Erzählung vom Nachtwächter und Bürgermeister. 2. Charfreitagsbuße für Capuziner. 3. Die Brücke ohne Lehne. In dem zweyten Theil sollte eigentlich das Thema ausgeführt werden – aber patriae cecidere manus. Wenige Tage vor Erhaltung Ihrer gütigen Zuschrift laß ich in Luthers Schriften „vom Ritter Kondalo auf einer schmalen Brücke, mit einer Last auf dem Rücken, unter sich einen schweflichten Pfuhl voll Drachen und einen, der ihm entgegen kömmt“ – Auslegung des VII. Kap. Matheus. Da glaubte ich ganz gewiß den Schlüßel zu mir selbst gefunden zu haben. Aber auch bei Ihnen – scheint das Sprüchwort nicht zu treffen; daß jeder der Beßte Ausleger seiner Worte ist. Denn ohne den Sprung vom
    Stehen
zum
    Vorangehen
zu rechnen: so sagt Paulus nicht, wer steht (ich meine I. Kor. X. 12.) sondern:
    wer sich läßt dünken, er stehe
. Ein solcher
    Dünkel
    zu stehen
, = seiner Sachen gewiß zu seyn, kann freilich leicht ein innerer Zug werden, oder jemanden verleiten, ein Anführer,
    Vorgänger
und Autor zu seyn: aber dieser
    Dünkel
ist allerdings eine
    Brücke ohne Lehne
(besonders nach einer französischen Übersetzung des letzten Worts) bey der man sich hüten muß vor einem Fall. Diese
    Vermeßenheit
zu sagen: Er ist es, und die Zeit ist herbei kommen – Siehe Er ist in der Wüsten – Sieh er ist in der Kammer – ist eine charakteristische Erinnerung und Warnung für diejenigen, εις ους τα τελη των αιωνων κατηντησεν „auf welche das Ende der Welt gekommen ist.“ Den 2 Jul. Dom. VI. Ich bin tagtäglich unterbrochen worden und augenblicklichen Zerstreuungen ausgesezt. Es geht mir sehr oft, daß ich meine eigne Hand nicht lesen kann, und mir wird bey dem, was ich selbst geschrieben so übel und weh als dem Leser, weil mir alle Mittelbegriffe, die zur Kette meiner Schlüße gehören, verraucht sind und so ausgetrocknet, daß weder Spur noch Witterung übrig bleibt. Ich habe mich in eine solche Manier zu schreiben hineinstudiert, die mir weder selbst gefällt, noch natürlich ist – und weil von St. Paulo die Rede ist, so wünschte ich auch lieber fünf Worte im Publico mit meinem Sinn, denn sonst 10000 Worte mit Zungen und dem Geist. Unterdeßen muß jeder Vogel mit dem Wuchs seines Schnabels zufrieden seyn. Entschuldigen Sie mich bey unsern
    gemeinschaftlichen Freunden
, – Hr. Lavater wird zwey Scherflein erhalten haben, und da Sie einigen Antheil an meiner Autorschaft nehmen, so bitte allenfalls S. 22 statt unnahrhaft unwahrhaft und S. 29 statt Fiktionen, Fraktionen zu lesen. Note 14 gehört zu den Worten grade und krumme Grundstriche S. 26. Jemanden, der mich um den Sinn der lezten Worte Hiob XXXIX. 30. frug, wußte ich nicht beßer als mit dem
    weisen Rath
zu antworten, den Sie im zweiten Bändchen dem
    Sucher
geben S. 235. a) Prediger Wanowski, den ich in langer Zeit nicht gesehen, besuchte mich neulich und klagte nicht mehr als drey Exemplare des christlichen Magazins verkauft zu haben. Die Schuld liegt nicht an mir, ohngeachtet der Unterschied des Ladenpreises ansehnlich ist. Ich hatte keine Hofnung einen einzigen Subscribenten zu den Schellenbergschen Prospekten zu erhalten und bekam über vierzig. Aber bey der Fortsezung möchte die Hälfte einschmelzen. Ich habe den 27 das lezte Geld bekommen und noch denselben Tag meine ganze Einnahme an das hiesige Friedländische Comptoir abgeliefert um den Rest abzumachen. An Herrn Schellenberg kann aber nicht eher schreiben, bis ich genauer die nöthigen Exemplare bestimmen kann. Denn die meisten haben an keine Fortsezung gedacht. Von der Ostermeße habe noch wenig gelesen, als Näschereien, die mir der Zufall in die Hände gespielt. Der eine hiesige Buchladen ist leer und der andre für mich verschloßen. Der Verfaßer der freimüthigen Nachrichten ist mir noch unbekannt, das Buch selbst aber früher als andern zu Theil worden, weil es unmittelbar an einen unsrer Magnaten eingeschickt wurde. Wozu
    Freimüthigkeit
, lauter Dinge, nach denen die Ohren jucken und die publici saporis sind, gangbar zu machen! Bey der gegenwärtigen Lage ist Freimüthigkeit weder Tugend noch eine Kunst. Ich bin gewiß, daß sie ihnen selbst am Ende nachtheilig seyn wird, und daß sie ihre eigne Schande ausschäumen werden. Eine solche falsche Freimüthigkeit sollte mit mehr Zurückhaltung beantwortet werden von den Gegenfüßlern. Geben Sie mir doch, wenn es mit gutem Gewißen geschehen kann, einiges Licht über den Charakter und das eigentliche Unglück, oder Verbrechen Ihres Mitbürgers. Es soll vox in deserto und in thalamo seyn „Stimme in der Wüste und in der Kammer“ und nicht für die Gemeine. Ich habe wirklich die Unverschämtheit das
    dritte
Bändchen Ihrer Predigten zu erwarten, und darum zu bitten. Weil ich mehr Glück Schuldner als Gläubiger zu seyn habe: so muß ich meine Neigung zum letztern je länger je mehr verlängern. Bey den ungerechten Haushältern unsers klugen Jahrhunderts noch in die Schule zu gehen, bin ich leider! zu alt; denn so Gott will! schließ ich den 27 dieses August mein funfzigstes Jahr. Ein bene latuit, bene vixit „wohl verborgen, wohl gelebt“ ist immer mein Wahlspruch gewesen. Leben Sie nach Herzenswunsch mit
    Weib und Kind
! Gott schenke Ihnen nach schwülen Tagen auch jene καιρους αναψυξεως απο προσωπου του κυριου jene Zeiten der Erquickung von dem Angesicht des Herrn! Behalten Sie im geneigten Andenken Ihren ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann
Königsberg den 3 Julii 80. Herzlich geliebtester Freund, Freue mich Ihrer glücklichen Heimkunft, und wünsche Ihnen Gesundheit, Leben u Seegen aus Intereße, das heißt, von Grund des Herzens. HE Courtan hat die mir aufgetragene Commission übernommen. Die Auction wird bis zur Ankunft des neuen Prof. Diedrich aufgeschoben, von dem man nichts zuverläßiges erfahren kann. Kypke Obseruationes habe ausgestrichen, weil die letzte Lage am 1 u 2ten Theil fehlt u ich das Exemplar selbst eine zeitlang gebraucht. Gevatter Herder hat mir sine die et consule gemeldt, daß er gestern, das heist vor dem auszumittelnden dato seines Briefes den Glückwunsch des Secretaire perpetuel zur triple couronne der seiner Papauté erhalten. Er, Mutter u Gottfr. gehen nach Illmenau im Thüringerwalde dort Pyrmonter zu trinken u auf den hohen Bergen des Waldes einige Ruhe zu athmen. Ich armer Teufel muß mit Biermolken für lieb nehmen, die ich in die dritte Woche brauche. – Doch bin ich diesen Sommer einen halben Tag zu Fuß nach Aweyden u mit meinem gantzen Hause einen ganzen Sontag, neml. den vor unserm Jahrmarkt in Fuchshöfen gewesen in einer mir aufgedrungenen Kutsche mit 4 Pferden, quod bene notandum. „Nach einer Weißagung des Zellerfelder Propheten wird ein großer Theil von Deutschl. vom Gotthard den Rhein herab bis nach Wetzlar durch Erdbeben u Sinken untergehen und gegen 8000 Ortschaften groß u klein Schaden nehmen. Sie ist physisch (nach einer sehr eignen Physik) u kabbalistisch aus dem Buch Chevilah, das er für die älteste Hieroglyphenschrift hält, abgefaßt. Sie ist für mich abgeschrieben worden, aber ich muß drauf warten, weil sie Knebel mit nach der Schweitz genommen. Es soll ein stiller, bescheidner Mann seyn, u er hat diese Erklärung (die mit dem Erdbeben des Febr. gerade in den Tagen u dem Strich nach, den er angegeben, im kleinen Vorspiel eingetroffen) an die 2 Regierungen zu Braunschw. u Hannover vorigen Jahrs gesandt“ – Eben der Briefsteller empfiehlt mir die Denkw. des d’Aubigné an seine Kinder, und ich selbige auch Ihnen. Sollte HE Lentz nach Riga zurückkommen oder Sie in Briefwechsel mit ihm gerathen: so erinnern Sie ihn doch eines Kastens mit Büchern, Aufsätzen u Kleidern, der beym Gevatter Kaufmann, gegenwärtig nicht mehr im Schloß Hegi sondern zu Klarensegg steht. Der König hat sich eine Stunde lang mit HE Laval unterhalten; doch ich will keinen Eingrif in FamilienNeuigkeiten thun. Wird Ihr lieber Sohn bald mit Füeßli durchkommen? In der 1. Fortsetzung der Betrachtungen fehlt Bogen E. den ich sehr wünsche ergänzt zu sehen um das Buch binden zu können. Hänschen Michel hat den 9 Jun. seine Schreibstunden angefangen. Der Himmel laß ihn wachsen, mich abnehmen und aus unserm Scherz Ernst werden. Empfehlen Sie mich Ihrer würdigen Frau. Wie sehr Sie mir von unserm Herder empfohlen worden, hab ich Ihnen nicht einmal mitgetheilt, sondern auf beßere Zeiten verspart. Die Gartenlust mög Ihnen beyderseits wohl gedeyen! Bitte zugl. mein Andenken bey Ihrem HE. Wirth, unserm Landsmann zu erneuern. Im umarme Sie und ersterbe Ihr beynahe 50jähriger – Joh. Georg Hamann. Der König soll dem Präsidenten aufgetragen haben unserm alten Freund K. 7000 rth auszuzahlen. Solch Glück wünsch ich Ihnen nicht und brauchen Sie auch nicht. Unterdeßen sind dergl. Luces naturae u. prouidentiae erbaulich und unterhaltend und gehören zum
    Geheimnis
oder
    Glaubensarticul
der
    besten Welt
. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / Herrn Hartknoch
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d 29 Jun 1780 beantw d 15 Jul –
Kgsb. den 29 Jul. 80. Herzlich geliebtester Freund! Ein ganz unvermutheter Ueberfall einer Kolik hält mich heute zu Hause und giebt mir Zeit Ihnen meinen Dank für den Lucian III. u das Petersb. Journal zu sagen, die mir HE Courtan heut vor acht Tage abgeliefert – ferner zu widerholen meine Bitte in Ansehung des DefectBogens E in der
    Forts
. der
    Betrachtungen
, damit ich selbige gebunden lesen kann, und nun noch
    einige Exempl
. der Scherfl. wovon eins dem HE Arndt beyzulegen bitte, an den ich auch noch zu schreiben denke. Das ihm zugedachte Exemplar des Konxompax wird er vielleicht schon erhalten haben, oder bitte es den Scherfl. beyzulegen, und in letztern folgende Druckfehler corrigiren zu laßen S. 22 statt unwahrh. unnahrhaft. Note 14. gehört zu S. 26 Zeil. 2.
    gerade
    u krumme Grundstriche
. S. 29. Z. 8. Fractionen, statt Fictionen. Vielleicht bringt Ihr lieber Sohn den
    Defectbogen
und die
    Scherfl
. mit; ich freue mich auf seine Ankunft, wie auf meinen 50sten Geburtsmonath, den ich mir vorgenommen durch eine Uebersetzung zu verewigen, u deshalb Anfrage thue, ob Sie Verleger dazu seyn wollen? – ob nicht eine Uebersetzung bereits angemeldt ist? u. s. w. von Dialogues concerning natural Religion. By David Hume. Esq. The second Edition. Lond. 779. pp. 264. gr. 8vo. Ich bin eben mit 100 Seiten
    im Groben
fertig, will meine Uebersetzung dem Prof. Kant u Cr. R. Hippel zur Durchsicht geben u Pr. †feld zuletzt, um sie mit dem Engl. zu vergleichen. Die Göttingsche Zeitung u das Engl. Musäum sollen einen weitläuftigen Auszug des Innhalts bereits mitgetheilt haben; ich habe mich bisher umsonst darnach bemüht. Ich verweise Sie dahin zu Ihrer eigenen Beurtheilung. Der Dialog ist voller poetischen Schönheiten, und ich halte das Buch mit HE. Green, für nicht gar gefährlich, sondern übersetz es vielmehr als ein
    fünfzigjähriger Geistl
. in
    Schwaben
zum Besten meiner
    freymüthigen Amtsbrüder
und
    Landsleute
, welche
    Judentum u
    Christentum
in nichts als
    natürl. Religion
verwandeln, u ohne
    Kenntnis
noch
    Ehrlichkeit
so viel von der Evidenz der letztern ins Gelag hereinreden. Wenn ich mich recht besinne; so ist bereits vor einem Jahre die Uebersetzung angemeldet worden, aber nicht erfolgt. Als Buchhändler werden Sie dies genauer wißen können. Gesetzt auch, daß eine herauskommen sollte, so hoff ich daß meine einige Vorzüge haben dürfte, weil ich den guten Willen habe sie mit
    Lust
u
    Beyhülfe
so vollkommen als möglich zu machen – auch wo ich kann durch eine
    Folgrede
, mich eines lutherschen Ausdrucks zu bedienen. Sobald ich mit der Uebersetzung fertig bin, werde Ihnen melden. Können Sie eine Anzeige davon besorgen oder soll ich es thun durch Freund H. in W? Wünschte, wenn ich pro studio et labore die
    Defecte meiner Bibl
.
    nachholen
könnte, wenigstens werde ich auf Ihre Erklärung einen Aufsatz machen, damit Sie den Ueberschlag (allenfalls ad rationem) machen können. Das Werk ist im engl.
    prächtig gedruckt
, London steht auf dem Titel, aber kein Name eines Verlegers, sondern auf dem Blendtitel nur: Entered in Stationers-Hall, according to Act of Parliament. Es ist nichts als Ein Dialog in 12
    Theile
, die ich lieber
    Abschnitte
nennen möchte. Mit 4 bin ich fertig; fehlen also noch 8 und oder 164 Seiten
    reichlichen
Drucks. Sollte die Uebersetzung mich selbst nicht befriedigen, oder meinen Freunden nicht Genüge thun: so werd ich sie Ihnen nicht aufdringen. H. der mir den Berl. Preiß gemeldet, hat mir keinen Wink gegeben bereits im Jänner zu München einen erhalten zu haben über den Einfluß der schönen in die höheren Wißenschaften. Prof. Diderichs ist vorige Woche angekommen und geht auf der Straße wie ein Kind, das die engl. Krankheit hat. Kypkens Auction soll erst nach den Hundstagferien vor sich gehen. Für Ihre Commissionen ist gesorgt. Hänschen hat gestern die letzte Stunde seines ersten Schreibemonaths gehabt u bereits lateinsche Buchstaben angefangen. Gott gebe daß er so fortfährt. Erfreuen Sie mich mit guten Nachrichten von Ihrer Gesundheit, Ihres Sohns Abreise p. Empfehlen Sie mich Ihrer Gemalin, Albertinchen u den Herrn Reisegefährten nicht zu vergeßen. Kraus wird hier an Christiani Stelle erwartet. Kant hofft gegen Michaelis mit seiner
    Kritik der reinen Vernunft
fertig zu werden;
    Metaphysik der Sitten
– und
    der Natur
werden denn auch bald nachfolgen – Leben Sie nach Herzenswunsch und Gott empfohlen von Ihrem alten Freund u Diener Johann Georg Hamann. Den 2 Aug. habe heute den IX Abschn. geendigt bis p. 170 bleiben noch 3 Abschnitte oder 94 Seiten. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / zu /
    Riga
. /
    porto
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 29 Jul 1780 beantw d 1 Aug
Unsere ersten Besuche haben sich einander liquidirt. Ich kam gestern eben S so naß zu Haus, und tröpfelte von aus- und inwendig, wie die Herrn Lateiner sagen, bene potus et lotus. Ew. Hochwolgebornen sende endl. dies solange behaltene Eloge zu Hause und füge meine beyde versprochene Scherflein bey; mit der Bitte aber Ihre juristische Sorgen nicht durch meine orthographische unterbrechen zu laßen. Ich habe gestern
    Rosaliens Briefe
von der Verfaßerin des Fräuleins von Sternheim zu lesen bekommen, und arbeite an meiner engl. Uebersetzung so grimmig, daß ich fast Hofnung habe diese Woche mit dem ersten Kleck fertig zu werden. Leider geht es mir aber wie den Leuten, bey denen der Durst mit dem Trinken zunimmt. Bitte also Ew. Hochwohlgebornen die physiognomische Reisen
    bey Gelegenheit
nicht zu vergeßen, und da
    Pütter
auch etwas über die Orthographie geschrieben, wünschte ich sehr eine kleine Vergleichung mit den Scherflein anzustellen, gesetzt daß selbige auch so wie die gestrige von 20000 zu 4000 ausfallen sollte. Ey
    Sultzers Leben
! so wären der guten Dinge und meiner unverschämten Bitten drey. Für den gestrigen unartigen Morgen wünsch ich (Sie merken wohl wem?) einen eben so artigen Mittag und daß der Wein heut so schmecke als gestern der Schlaf – uns beyden aber gute Nachfolge, unsere respective Sorgen zu versäufen und zu verträumen, als Kinder unsers lieben Pere Abbé de S. S. Empfehle mich zum baldigen Widersehen als Ew. Hochwolgebornen ergebenster Diener Johann Georg Hamann. Den 3 Aug. 80.
Kgsb. den 13 Aug. Dom. XII. p Trin. 80. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Nun mit dieser Woche fangen sich unsere Geburtstage an. Gott schenke Ihnen allerseits so viel Freude und Seegen als ich mir selbst wünsche, und 3 und 7 mal mehr – Amen! Hier ist alles im Aufruhr. Der Prinz von Pr. ist den 10 huj. angekommen – anfängl. hieß es, daß er flugs durchgehen werde, nun ist der Tag seiner Abreise noch gar nicht bestimmt. Die plötzl. Ankunft eines Couriers ist schuld dran. Man schwäzt durcheinander über diesen Zufall. Einige sagen, ein bloßes Misverständnis des Unterscheids zwischen dem A. u N. Styl ist schuld dran, daß er zu früh abgegangen und er also hier die dortige Anstalten zu seinem Empfang abwarten muß, weil ihm der Gr. Fürst bis Riga entgegenkommen soll. Kalender oder Staatsgrillen, können uns beyde gleich viel gelten. Ich hab ihn heute zum ersten mal gesehen, da er von der Wachparade kam – Ein schöner wolgebildeter Riese, der gar nicht das Ansehen eines Menschenfreßers hat – Graf Görz, ein Bruder des bekannten, der als Abgesandter nach Rußl. gieng, war sein Begleiter. Ich habe letztern aber nicht ins Auge faßen können. Noch 2 Hofcavaliere, ein HE von Nostitz, von Vietinghoff – Einer ist zum voraus gegangen – Seinen Leibchirurgum oder
    Pensionair
wie er ihn nennt, Namens Rhode führte gestern Brahl zu mir als seinen alten Schulfreund. Vorige Woche erhielte von Hartknoch ein Paar Zeilen durch einen Hofmeister eines jungen Pr. Galliczin, der durchgieng, deßen Namen ich aber nicht weiß, er ist ein Elsaßer, etwas von Christ. Berens, neml:
    Blatt zur Chronik von Riga mit angezeigten Urkunden. An den Grafen von Falkenstein. Im Jahr 780. Wird im StaatsArchiv aufm RathHause aufbewahrt.
5 Bogen in 4o. Ein Exempl. für mich, das andere für Kant, dem ich es gl. brachte ohne es selbst gelesen zu haben. H. gab mir den Wink es recensiren aber nicht gantz einrücken zu laßen, und daß das erste cum grano salis geschähe. Ich habe weder diese Arbeit einem andern anvertrauen noch selbst thun mögen, da ich mit den Zeitungen nichts zu thun habe, und man seit einem halben Jahr den Oberon recensirt, ohne mit zu Ende kommen zu können. Zitterland ist der Recensent. Ist Ihnen Ihre Brunnenkur, bester Herder! heilsam gewesen. Habe Biermolken vom 13 Jun. bis zum 18 Jul. getrunken. Darauf meine Andacht gehabt und den 21 des Hume Dialogues concerning natural Religion zu übersetzen angefangen, den 7 huj. zu Ende gebracht, über Pausch u Bogen. Eine kleine Pause gemacht, an Hartkn. geschrieben ob er Verleger seyn will u kann, und warte auf Antwort um die Abschrift zu machen. Auf dem Titel soll stehen:
    Uebersetzt von einem funfzigjährigen Geistl. in Schwaben
. Sehen Sie wie ich mein halbes Saeculum beschließen oder feyren will, als Uebersetzer, so sehr ich dies leidige Handwerk verschworen. Ich denk aber dies ist das beste Argument für meine ehrwürdige Landsleute u Amtbrüder, welche Judentum u Χstentum zur natürl. Religion – oder wie St. Luther sagt, die
    Sachen fein mit rauhen Worten fremd machen
. Ich bin jetzt Gottlob! im siebenten Theil. Mein Baruch, über den ich jetzt alle Leute, die mir im Weg kommen, rathfrage ist der liebe
    Retif de la Bretonne
, deßen Geschichte meines Vaters, neuen Abeilard, u väterl. Fluch ⸂Fanchettens Fuß u wiedergefundene Tochter⸃ ich gelesen habe – und seine 6 Theile von Idées singulieres pp ich noch zu lesen wünsche. Gefällt Ihnen dieser zweite Roußeau auch so wie mir? Sulzers Tagbuch habe einen Abend durchblättert, und freute mich auch Ihren Namen darinn zu finden. Ich glaubte den Mann reden zu hören. Sein Leben, wie hundert neue Sachen mehr, ist hier nicht zu haben. Kennen Sie Ihren Nebenbuler den P. Soave u sein Werk über die Sprache. Im Göttingschen Magazin fand einen Lord Monboddo als vermuthl. Verf. des gelehrten u tiefsinnigen Werks on the Origin and Progress of Language angeführt. Kennen Sie es auch? Wer ist doch Verf. der Apologie der Apokalypse. Das Zeugnis des Caii ist meines Erachtens glückl. deducirt u Semlers Dialectik entblöst. Ich bin auf die Fortsetzung neugierig. Er scheint eher mit Ihnen als wider Sie zu seyn. Daß mein alter Sprachmeister Bachmair auch über die Apok. geschrieben! Ich habe immer so etwas unter seinem MennonistenRock vermuthet: aber damals nicht finden können. Den 20 Jul. wie ich zum heil Abendmal war, fiel es mir schnell ein an den Statthalter zu Erfurt zu schreiben. Es ist unter jüdischem Couvert nach Leipzig gegangen und wird verhoffentl. angelangt seyn. Ob es Aufnahme gefunden werden Sie vielleicht erfahren u mir melden können. Wißen Sie nichts von unsers Layenbruders Schicksal. Verdient es Beyleid oder Glückwunsch? Ist Seine Ehe Schadloshaltung und Ruhe für Sein Alter? Ich habe was von einer Schrift in der Bahrdtschen Sache munkeln gehört? Es wär kein Schade, wenn er wider Schriftsteller würde; denn Arbeit scheint ein Element und Erbstück zu seyn. Erfahrung ist das gröste Talent. Wie hält es mit der Prophezeyung? Das Datum war ausgelaßen. Wünschte das corpusculum delicti in meinen Pult, und etwas mehr Licht von der kabbalistischen Antiquität. Kant denkt mit Michaelis fertig zu werden mit seiner
    Kritik der reinen Vernunft
.
    Metaphysik der Sitten
, die sehr kurz gerathen wird, und
    Metaphys. der Natur
werden drauf folgen. Ich bin recht neugierig, wie auf Leßings Briefe, nach denen ich schon doppelte Commißion gegeben habe. Kraus wird an Christiani Stelle erwartet; ich hab ihm die Marschroute über W. vorgeschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Diedrich ist med. pr. angekommen, geht wie ein Kind, das die engl. Krankheit gehabt auf der Straße. Ich muste ihn volens nolens besuchen, weil an dem Morgen wo ich meine Andacht gehabt, seine Bücherkasten aus dem Packhofe abgeholt wurden u eine halbe Woche zu viel an Lagergelde eingehoben worden war in meiner Abwesenheit, daher ich Gelegenheit nahm ihm die 27 gl. abzugeben. Er freute sich sehr mich zu sehen, hatte mir einen Gruß von Nicolai abzugeben, versprach mir seinen Besuch – Seine Grammatik gehe ich mit Hänschen durch u bin bis zu dem Verbo gekommen. Das Pronomen hatte wol vorhergehen sollen; da er die Endungen daraus herleitet, und bey seiner Kürze manches überflüßige. Seinen Simson u Chandlers Uebersetzung habe noch nicht gelesen, erwarte aber selbige nächstens von unserm OberHofprediger, der ein sehr gefälliger dienstfertiger liebreicher Mann ist. Eichhorns Einl. hat mir gefallen. Diedr. soll mehr politisch u ästhetisch seyn werden; wie Sie leicht erachten können. Ich begegnete ihn den andern Tag auf der Straße, wo wir beinahe eben daßelbe widerholten über diese Materie was wir den Tag vorher gesprochen hatten. Goldbeck Feldprediger des Regiments von Rohr zu Graudenz will auf Mich. Weynachten
    Litterarische Nachrichten von Preußen
auf Pränumeration herausgeben. Hospitalprediger Fischer besuchte mich deshalb – Er ist nicht wider gekommen und ich habe weder Zeit noch Neigung mich damit abzugeben. Vielleicht könnte dies ein vehiculum seyn in Ansehung der Gadebuschschen Blunders, wenn es der Mühe lohnen sollte selbige zu rectificiren. Wenn u was Sie wollen, theilen Sie mit. von Baczko, Unternehmer des preuß. Tempe, hält sich seit langer Zeit im Kanterschen Buchladen auf, wo er sich ein Gewächs am Auge operiren laßen, das andere hat er schon in den Pocken verloren; soll wenig Hofnung haben zum Widersehen. Ist der Herausgeber B. der Rosalie in Weimar? Bode oder Bertuch oder ein anderer? Was macht denn unser Compere Asmus? Arbeitet er an einer Prophetenschule? Eben jetzt soll ein Courier angekommen u die Abreise auf den 15 (wo sich meine Nachbarinn mit 3 Kronen noch einen Besuch versprochen) festgesetzt seyn, in welchem Fall er auch mein Haus vorbeygekommen wäre, vielleicht wird es morgen bey Zurückkunft von der Jagd geschehen. Gott begleite Ihn! Ey! ey! Mir nicht ein Wort zu melden von Ihrem erhaltenen Preise zu München! Bald hätt ich auch meinen Glückwunsch vergeßen. Wird die Abhandlung auch besonders gedruckt werden? oder komt sie in den Abhandl. heraus. Bitte mir einen Wink darüber aus und wo mögl. die Samml. Ihrer Schriften voll zu machen. Ich habe Sie, bester Herder! an meinem Kummer Theil nehmen laßen. Gottlob! ich bin nun mit meinem Advokaten aus einander und meine Sachen sind wenigstens auf gutem Wege in Ordnung zu bleiben. Mein auf Gründe ruhendes Kapital ist zwar auf die Hälfte geschmoltzen u die letzte Gerichtl. Unkosten belaufen sich auch auf 100 rthl; doch behalt ich Gottlob! mehr übrig als ich gedacht; mein Etat ist jetzt rein und ich habe einen ehrl. Mann fgefunden der sich damit abgiebt die Häuser zu unterhalten und die Zinsen einzufordern. Vielleicht beßern sich die Zeiten, daß ich beym Verkauf der Häuser etwas von der verlornen Hälfte ersetzen kann. Lehrgeld ist mir nöthig gewesen und wie viele unzählige Menschen haben von ihren Eltern u Verwandten nichts. Jetzt ist mir das Erbtheil wegen des dabey gehabten Verlustes und Verdrußes als wenn ich wie mein seel. Vater selbst erworben hätte durch meinen eignen Schweiß u Fleiß, zum neuen Seegen geworden, wofür ich Gott danke. Den 22 Aug. Heute frühe ist unser Prinz erst abgereist, und ich habe bisher nicht zum Schreiben kommen können; doch den Einfall bekommen das Berenssche Blatt zu recensiren. Wenn es diesen Donnerstag in die Zeitungen komt, werde sie beylegen. Den letzten Sontag war er in der Schloßkirche u hörte unsern Oberhofpred. Den vorigen ist er in die Garnisonskirche gewesen. Sind Sie, liebster Gevatter! Verf. eines
    Sendschreibens an den Bremischen Beantworter
. Ich habe davon niemals das geringste gewust. Vergeßen Sie nicht mir diese Frage zu beantworten. Hahns 2 Bände habe durchgelaufen – Ohe iam satis est Hartk. meldet mir daß sein Sohn über Warschau nach Zürich gegangen. Er übernimt den Verlag der Humischen Dialogen und ich werde mich künftige Woche an die Abschrift machen. Zugleich trägt er mir auf, Sie u Claudius zu bitten, daß die
    Uebersetzung angekündigt werde
, wozu Sie leicht Mittel u Wege haben. Pf. Fischer hat mich besucht u wartet seit einigen Tagen auf seiner Frau Niederkunft. Kant hat ihm ein Verzeichnis seiner Schriften gegeben, und ich hab ihm auch von uns beyden alles was ich weiß, mittheilen müßen. Haben Sie etwas zu erinnern, oder hinzuzufügen, so erwarte es. Goldbeck wird mir wie ein artiger Mann gelobt. Crichton ist hier Saml. den Zeitungen zu folge.
    Cleßens Magazin
habe mit so viel Vergnügen gelesen, daß ich eine Recension davon gemacht, die den letzten Aug. eingerückt sewerden wird, nachdem die
    Berenssche Recension
so verunstaltet worden, wie zu ersehen. Von dem BasedowSemlerschen Lerm habe nichts als die
    Urkunde a. c.
gesehen, welche mich nach dem übrigen u der Entwickelung neugierig macht. Den 28 Aug. Nun mit Ihrem Erstgebornen schlüßen sich heute unsere Geburtstage. Am Ihrigen sind meine Gedanken zwischen Ihrer doppelten Feyer und meinem seel. Bruder der vor 2 Jahren an selbigem einschlief, getheilt gewesen. Bin 3 Tage schwarz gegangen, gestern mit den Meinigen gantz allein gewesen u Nachmittags mit allen 4 Kindern meine alte unglückl. Freundin die Baroneße Bondeli besucht, im Heimwege bey Hippel mit Hänschen angesprochen, dem diese Aufmerksamkeit sehr zu gefallen schien. Gott wolle alle unsere Wünsche erfüllen! Ich umarme Sie in Gedanken so vielmals als ich Jahre auf dem Rücken habe – und meine lieb- u Ehrwürdigste Frau Gevatterin – Viel Glück zum überstandnen ersten Stuffenjahr! Gott seegne mein Pathchen u seine Brüderchen. Marianchen macht Knickchen u Mäulchen – Gottlob! alles wol – bis auf meinen wüsten Kopf u mein schmachtend Herz. Diese Woche denke zur Abschrift meiner Humischen Uebersetzung erst zu schreiten; möchte gern erst Meiners Buch de Deo lesen. Pf. Fischer hat mich besucht u empfiehlt sich Ihrem Andenken. Seine Frau ist noch nicht entbunden. Leben Sie nach Herzenswunsch u hören Sie nicht auf mein alter Freund zu seyn, wie ich der Ihrige ersterbe J G H. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
/ General-Superintendenten / pp / zu /
    Weimar
/
    franco
    Berl
.
Hale
Kgsb. den 18 Aug. 80. Herzlich geliebtester Freund Den 4 huj. brachte mir ein Lohnlakay ein Päckchen von einem Durchreisenden, den ich besuchte in der Einbildung daß Ihr lieber Sohn mit Füeßli angekommen war und mich überraschen wollte. Ich habe seinen Namen nicht einmal verstehen können, und wünschte ihn doch zu wißen. Gleich nach Empfang ohn das Blatt gelesen zu haben, lief zu Prof. Kant. Mit unserer Zeitung ist es schlecht bestellt, daß ich gar keinen Antheil daran mehr nehmen mag. Ich war daher gar nicht willens weder das mir mitgetheilte Blatt des Rathsherrn B. weder einem andern anzuvertrauen, noch mich selbst daran zu machen. Dem ohngeachtet fiel es mir einen Abend ein, und es sollte schon gestern abgedruckt worden seyn, Kanter aber hatte Bedenklichkeit, und wollte es bis zu des Pr. Abreise ausgesetzt seyn laßen, welche Dienstags festgesetzt ist, daß es den nächsten Montag Donnerstag also vermuthlich erscheinen wird. Ob es nach dem Sinn der Interessenten und meines Freundes seyn wird, weiß ich nicht. Ich habe mich an einen Auszug deßen, was den
    Handel
betrift, gehalten u das
    Äußere
gleichfalls mitgetheilt, wenigstens
    Ihre Vorschrift
    vor Augen gehabt
. Melden Sie mir, ob ichs Rrechtgemacht. Den 7 huj. bin ich mit meiner Uebersetzung fertig geworden, über Pausch u. Bogen. Nächste Woche denke selbige ins reine zu bringen, welches mir mehr Mühe machen wüirde. So bald ich das Ende absehn kann, werde mich melden. An Gev. Herder – heute habe meines
    Pathchen Geburtstag gefeyert
, der Gottlob! in sein 4tes Jahr geht – habe vorigen Sontag zu schreiben wollen angefangen, aber nicht fortfahren können, werde ihm und Claudius die Uebersetzung des 50jährigen Geistl. in Schwaben zu wißen thun, um selbige dem Publico anzukündigen. Kant arbeitet in rechtem Ernst, neulich war er ungewiß ob er Ihnen oder Hartung sein Werk geben sollte – nachdem hab ich aber, ich weiß nicht wo? gehört, daß Sie Verleger wären. Sind Sie es, so wünsche Ihnen Glück, und leiste Ihnen allenfalls Bürgschaft, daß er diesmal Wort halten wird. So bald ich nach Zürich schreibe, welches nächstens geschehen wird, werd ich Ihren lieben Sohn Lavater u Pfenninger bestens empfehlen. Es ist mir ein groß Vergnügen dadurch entgangen daß ich ihn nicht gesehen und Füeßli nicht kennen gelernt. Wo ist Ihr neuer Rector Snell her? und was ist das für ein Mann? Den mir mitgetheilten Auszug habe HE Courtan mitgetheilt u werde dafür Sorge tragen. Seine Mama ist in Pillau, sie hat heute eintreffen wollen, wird aber noch ein 8 Tage dableiben. Der Prinz ist heute dahin abgegangen und scheint sich sehr in Preußen zu gefallen. Diesen Dienstag war er in der Nachbarschaft der 3 Kronen. Seinen Leibchirurgum oder
    Pensionair
,
HE.
    Rhod
,
    hab ich an Sie addreßirt, um ihm vielleicht die Bekanntschaft des würdigen
Parisius zu verschaffen, wünschte auch daß er in Petersb. unsern
    Arndt kennen
lernen und mir mündl. Nachrichten von ihm mitbrächte. Seine addresse werden Sie ihm beßer als ich mittheilen können. Ich denke doch nicht daß man in Deutschl. aus Hume Contrebande machen wird, und daß die Herren Censoren nicht gewißenhafter zu seyn affectiren werden als der Geistl. in Schwaben. Für guten correcten Druck darf ich nicht sorgen; wünschte klein Octav. HE. Retif de la Bret ist mein Mann; ich habe die Geschichte meines Vaters, seinen neuen Abälard, den väterl. Fluch, Fanchettens Fuß, die glücklich widergefundene Tochter mit viel Zufriedenheit gelesen; sein
    Vierziger
ist hier nicht aufzutreiben. Warte mit Schmerzen seine sämtl. Werke,
    Väterschule
Ecole de la Jeunesse, Idées singulieres, femme dans les 3 Etats, paysan perverti, Gynographes, Hibou u Nouvelles kennen zu lernen und werde mir alle Mühe geben selbige aufzutreiben. Danken Sie meinem Freund RH. B. für Sein
    Blatt
. Empfehlen Sie mich Ihrer Hälfte u sämtl. Reisegesellschaft, Hänschen mit seinen Geschwister gleichfalls. Sind Gottl. alle gesund, wünsche ein gl. und ersterbe Ihr alter ergebener Freund u Diener Johann Georg Hamann. (des Abends spät.) Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn Hartknoch / in /
    Riga
. / p f.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 13 Aug 1780 Notizen von Hartknoch: Über HKB 599 (IV 214/14–15) „Idées singulieres“: Unschuld in Gefahr oder die ungewöhnl. Ereignisse Über HKB 599 (IV 214/15) „paysan perverti“: Mimographes
Vermerk von Hamann: Erhalten am Michaelistage 780. Einl. an geschr. eod. Liebster Freund, Gevatter u. Altvater H. Es dünkt mich ein Jahr, seit ich Ihnen nicht geschrieben; mein Leben ist aber eine geraume Zeit solche Wanderschaft gewesen, daß mir zum Schreiben weder Lust noch Muße ward. Zuerst sind wir, wie ich Ihnen, dünkt mich vorläufig gemeldet, 10. Tage in Ilmenau gewesen, ich, die Mutter u. die 2. ältesten Söhne; es that uns leid, daß wir die andern nicht auch mitgenommen hatten. Die Gegend ist so herrlich, die Luft so leicht u. rein, Berge, Thäler, u. die Fichtenwälder, die auf jenen zum Himmel steigen, so erquickend u. so wie der liebe Schlaf, so alle Speisen außerordentlich gesund, leicht u. wohlschmeckend, daß wir oft sagten: Hier ist gut seyn, hier laßt uns p. Wir sind die Haine, Wälder u. Felsen tapfer bestiegen: meine Frau war wie ein Reh überall voran: u. wir fühlten, da wir zu Hause anlandeten, nichts als enge Luft u. zu nahe, zu viele u. drückende Menschen. Wahrlich, man muß cum grano salis von gewissermaasse von ihnen entfernt seyn, um nur wieder einmal, daß man Mensch sei, zu fühlenIn Ilmenau fing ich meinen Brunnen an: dem aber das Wetter, das des Morgens sehr kalt war, nicht favorisirte. Die Fortsetzung in der Stadt geschahe, durch Geschäfte u. Beschwerlichkeiten, die man nicht voraussehn konnte, so unterbrochen, daß ich dies Jahr weniger Nutzen, als in irgend einem andern, vom Brunnen gespürt habe u. seit geraumer Zeit unmuthig, schwer, krank u. grämlich bin. Sobald noch warme Tage kommen u. ich etwas frei bin, will ich noch einige Bouteillen Nachkur trinken; vielleicht u. hoffentl. werde ich leichter. Meiner Frauen habe ich auch etwas Unmuth mitgetheilet; er wird sich hoffentl. auch legen. – Außer Ilmenau südwärts, waren wir den 30. Jul. zu Alstedt, Nordwärts, an den beiden äußersten Enden des Herzogthums also. Hier habe ich Ihren Bekannten, den Mag. u. Titular-Konsist. R. Hase, der bisher Pfarrer in Sulza unter meiner Inspection war, als Superintendenten und Aßeßor des geistl. Untergerichts zu Alstedt eingeführet. Wir wohnten logirten auf dem alten Kaiser Schloß, auf dem noch die Ottonen oft gewesen sind u. von dem, weils auf einem schönen Berge liegt, die Außicht rings umher in einen vollen blühenden Garten Gottes, der auch vulgo die goldne Au heißt, herrlich war; die Einführung des HErrn Sup. aber ist meinem Innern sogar erfreul. nicht gewesen. Ich hatte es insonderheit mitbetrieben, daß er zu der Stelle vorgeschlagen wurde, weil ich ihn nicht so kannte, als ich ihn hier fand: er ist rauh u. borstig, seine Predigt war herzl. elend, u. ich glaube, er wird in seiner Diöcese eher den Pabst machen wollen, u. den treubeflißnen P Weltmann als den Bischof der Heerde. Er hat sich in Sulza sonst an Sie erinnert; der Verf. der Phys. Reisen aber ist Er nicht, sondern ein Hase in Dresden; dieser ist ein starker Dogmatiker u. flinker Uebersetzer insonderheit von Reisebeschreibungen aus dem Rußischen u. andern Sprachen – alles aber blos Lohn- u. Handarbeit. Seine jetzige Stelle ist schön; nach meiner an Einkünften die besten in Lande u. an Ruhe der meinigen ungleich überlegen. Er wird also tapfer drauf losübersetzen, so Gott will. Im Anfange des Augusts war ich einige Tage in Gotha, um einen Ehren Besuch abzuthun, den ich 3. Jahr schuldig gewesen. Viel Ehre genossen, aber wenig Erquickung gefunden. Acht Tage drauf u. in der Zeit unsrer Geburtstage also kam ein unerwarteter Besuch hier an, Kapellm. Reichard. Er ist mit seiner Frauen, einer geb. Benda, u. 2. Kindern über 8. Tage hier gewesen, weil seine Frau hier 2. verheirathete Schwestern hat u. Er für seine Person hat sich
    tägl
. zu uns gehalten. Abend 5. Uhr insonderheit, die Zeit unserer Promenaden war er flink da; wir haben ihm die schönsten Plätze in unsrer Nachbarschaft gewiesen u. er wird sich noch lange, wie er sagt, wenns 5. Uhr schlägt, unsrer erinnern. Er ist ein herzl. guter Mensch, ein lieber treuer Junge, der die Wahrheit sehr liebt, sich ganz nach Claudius zu bilden scheint u. in deßen Musik am meisten Klopstockischer Geist wohnet. Klopstocken hat er sich ganz ergeben, wie er denn auch, diesen musikalisch zu deklamiren u. componiren, wenn irgend jemand gebohren scheint. Er hat uns einige Lieder u. Oden dieser Art hinterlaßen u. uns überhaupt von Tage zu Tage mehr erfreuet. Er liebt u. schätzet sSie sehr, so wie ich ihn denn auch auf eine Art als einen Boten von Ihnen angesehen u. in Ihnen geliebt habe. Sonst hat er hier, weil die großen u. schönen Geister, die den Ton angeben, den Stab über ihn gebrochen haben, zieml. kalte Aufnahme gefunden; aus der er sich aber nichts gemacht, so wie er auch diese nicht einmal gesucht hat. Er hat grosse Lust geha bezeugt, einmal allein wieder zu kommen u. denn wollen wir mit Ihm sogleich nach Ilmenau reisenUnsre Geburtstäge sind, wie Sie leicht denken, dies Jahr also nicht cum poculo
    summae
hilaritatis
von mir gefeiert worden. Ihres Pathens, August, der sich zuerst einstellet, war ein guter Vorläufer: das Bübchen ist so gesund, schlank u. munter, aller Menschen Freude. Am meinigen hatte ich Verdruß Ärgerniß u. Geschäfte; obgleich Adalbert wenigstens, der springendste, frölichste Knabe, der leichteste unter allen, deßen t Tag es auch ist, Rosen der Freude verdient hätte. Er bekam sie gewißermaasse auch, ein hübsches Kleid zum Geschenk von seiner Frau Pathin, der geh. Räthin Frankenberg aus Gotha, so w eben da wir zu Tisch saßen: so wie mir denn auch die Mutter in seinem Namen ein hübsches,
    sein erstes
Kränzchen u. selbstgemachte Verse brachte, die mich erinnerten, daß ich, so wie er älter würde, von ihm etwas Jugendblut eintauschen möchte. Leider aber ist der Tausch nicht immer zu haben. Ihresr u. Gottfrieds Geburtstag gingen froher dahin; jener in guten Erinnerungen an Ihre bewiesene Liebe u. Treue, die u. mit wahrem Wunsche für Ihr Jubilaeum; dieser wurde mit seinem Schulcameraden Voigt, der mit Ihm ihm in Einem Jahr, nur Einen Tag früher gebohren ist u. deßen Eltern (der Vat. ist Regier. Rath hier) grosse Liebe u. Sehnsucht nach uns haben, also einen Tag früher gefeiert u. weil ich eben diesen Tag über den dankbaren Samariter zu predigen hatte, so habe ich in unsrer aller Namen, die wir in dieser Zeit unsre Wallfahrt angetreten, vota publica, gratesque debitas, numquam satis solvendas, abgelegt, auch in Ihrem Namen, lieber Fr. u. Mitwandrer. Der Himmel kröne Sie ferner mit seinem Epheu der Verborgenheit u. Gnade u. Immergrüne. Amen. Zu Ihrem Geburtstage sollte dies Büchlein, Briefe, kommen; es ward aber zu spät fertig. Nehmen Sies mit Freundschaft u. Milde auf: es enthält curas officiales, die Sie sonst schon durch
    Grillen
übersetzt haben. Es ist für junge Leute, Kandidaten pp geschrieben, die hier u. an vielen Orten schreckl. in der Wüste sind; leider! aber habe ich in diesen ersten Theilen, noch viel zu Critisch seyn müßen, um es mit diesem Pack nehml. nicht zu verderben; die beiden folgenden Theile sollen, so Gott will, erst enthalten, was mein Herz zu sagen begehret. Iuvet Deus! Man schift in solchen Sachen zwischen Scylla u. Charybdi des Jahrhunderts, insonderheit, wenn man, wie ich, zwischen den neumodischen Studien der Akademien u. dem alten Sauerteige der plumpen Unwißenheit, d Barbarei u. Faulheit lebet. Die jungen Leute, die von Academien kommen, lachen über die Art, in der sie von den meisten im Consistorio examinirt werden u. ergeben sich, mit dem Fonds von Leichtfertigkeit, den sie mitgebracht haben, kriechender Stupidität u. Faulheit – so daß mir fast keine
    verkehrtere Art
vorkommt, als die unsrer jungen Candidaten. Haben Sie also Geduld mit dieser Lecture; Ssie thut mir selbst am allerwenigsten Gnüge. Je mehr ich die Autorschaft haße, je mehr komme ich herunter Berens hat mir mit einem Briefe sein Blatt zur Chronik selbst zugeschickt. Ich werds, ohngefähr wie Sie, im Merkur anzeigen: es ist auch die einzige Art – wie er selbst einsieht. Mit dem Rector, M. Snell aus Gießen, ist man zufrieden; Er selbst aber hat mir noch nicht geschrieben. Sulzers Tagbuch kenne ich nicht: den R. de la Bret. auch nicht; letztern aber will gewiß kennen lernen. Nach dem Werk des Monboddo habe lange verlangt; aber umsonst. Der P.
    Soave
ist mir ein unbekannter Name. / Den Verf. der Apol. über die Apokalyspe habe nennen gehört oder gelesen; er fällt mir aber nicht gleich bei. Er hat vorige Meße auch Gedichte herausgegeben. Er ist Prediger in Chursachsen. Der Herausgeber der Rosalie ist Bode. Meine 2. Preise in München habe ich Ihnen gewiß nicht vergeßen anzuzeigen: der erste „was wirkten die Dichter in alten Zeiten; was wirkten sie jetzt?“ der zweite „was für Nutzen gewähren die Niedern Wißenschaften den Höhern?“ Jene war 1778. mit dem Motto: vtcunque defecere mores pp diese 1779. mit dem Motto: vt hominis decus ingenium, sic ingenii decus eloquentia. Die Ak. wird beide herausgeben, aber wie u. wenn? weiß ich nicht. Ich glaube in einem eignen Bande Preisschriften. Das Sendschr. an den Brem. Beantworter ist nicht von mir; sondern von
    Häfeli
. Ich habs bis jetzt nicht gesehen. – Ihre Uebersetzung des
    Hume
freut mich. DSie Uebersetz soll nächstens im Merkur u. wo ich kann, angekündigt werden. Es ist sonderbar, daß Sie sich jetzt erst mit Fischern begegnet; da ich doch wirkl. schon von Riga aus ihn mit Ihnen bekannt zu machen suchte u. auch ein paar Briefe wo mir recht ist, durch Sie an Ihn bestellt habe. Nachher kamen Sie nach Curland; u. er ist mir so ganz aus dem Auge kommen, daß mir sogar niemand (ich habe Hartknoch eigne Aufträge deßhalb gegeben) ein Wort von ihm hat sagen können: wo u. ob er lebe? Mich freuets, daß er noch da ist u. will, wenn mir Zeit überbleibt, an ihn wenigstens einige Reihen beilegen. Unsre Bekanntsch. u. Freundsch. war erste Blüthe Akademischer Jugend; ich bin begierig, zu wißen, wie es jetzt mit ihm sei. – Ueber Goldbecks Plan soll er sich also näch näher erklären. Die Volkslieder an Lauson will ich nicht vergeßen; nur muß es durch Gelegenheit seyn, denn auf der Post ists zu theuer. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon das Abenteuer Ihrer Scherflein mit Klopst. geschrieben? Bode reißt eben nach Hamb. u. in HerzensEinfalt gebe ich ihm den Br. oder vielmehr das ums Scherflein geschlagne Couvert an ihn mit. Er nimts an u. schreibt an Bode folgenden Zettel „Sagen Sie mir doch, lieber B., wenn Sie können u. dörfen, warum schickt mir Herder eine Schrift zu, die gegen mich geschrieben ist u. in solchem Tone.“ Zum Unglück hatte B Bode es überhört, daß Sie ihm die Schrift zuschickten, u. wußte also eigentl. nichts zu sagen, als daß ich sie ihm mit sehr guter Miene gegeben hätte u. nicht über das Weitere wolle er mich fragen. Da ich mit Kl. in keinem Briefwechsel stehe u. nicht Lust habe, in solcher Sache an ihn zu schreiben, so will ich nächstens an Claudius ein Wort drüber sagen, wenn es nicht Bode an ihn selbst schon gesagt hat. Sie sehen also abermals, daß der Dichter der neuen Republic u. Buchstabenkunst ein Narr ist, woran ich lange nicht mehr gezweifelt. Wenn Sie im D. Museum „Andenken an ältere D. Dichter“ finden: so bitte ichs zu lesen: es ist von mir. Der erste Br. stand im Okt. vorigen Jahrs; der 2te wird vermuthl. in den Okt. dieses Jahrs kommen. Solang hat die Fortsetzung bei mir geruhet. Ueber die Materialien dazu habe ich Ihnen, dünkt mich, in ältern Br. schon geschrieben. – Die Prophezeiung soll beigelegt werden: vielleicht giebts auch Mittel, daß ich Ihnen Jaques le Fataliste übersenden kann u. darf. Der Prophet der ersten ist, wie ich Ihnen bereits, glaub’ ich, gemeldet, gestorben: sein Werk ist unvollkommen u. soll der Sage nach,
    sonderbare Sonderbarkeiten
in sich fassen. Wie ich auf den letzten Ausdruck kome, soll Ihnen ein ander Blatt sagen. Das Ende meines vorigen Blatts will, daß ich dies komisch anfangen soll, wie folget. Ein gewißer George Baron de Monster Landegg bei Münster, Geh. R. des Kurfürsten zu Kölln u. f. schreibt an den Fürsten v. Hohenloh-Schillingfürst u. seinen Sohn, ihnen den Tod seiner Mutter, Ihrer Tante u. Cousine zu melden, vergißt aber zum Unglück den Titel Durchlaucht u. bekommt darauf statt seiner Antwort vom Fürsten einen Rescript von der Regierung, wie ein solcher Brief mit
    befremdeter
Titulatur, Offerte u. Curtoisie eingegangen u. Serenissimor. nostror. Durchlauchtigkeiten mit solchen Zuschriften ferner verschont bleiben wollten. Der Baron schreibt an den Mr. le Prince darauf Französisch selbst u. bietet ihm auf eine höfl. Art einen Duell an: der Fürst antwortet ihm im jämmerlichsten Schulfranzösisch, u. lehrt ihn, daß ein Fürst sich nicht duelliren könne, daß er depositaire des Reichs über die Gesetze gegen den Duell sei, daß Ihm, dem Baron, gnug Ehre geschehen, da durch die Regierung u. die nicht durch die Kanzlei an Ihn, den Baron, der nur von basse nicht haute noblesse sei, sei protestirt worden u. f. Der Baron schreibt abermals auf dies lächerl. Schreiben, das 50. mal jeden Perioden mit apprenés anfängt u. endet den Briefwechsel spöttisch: fängt ihn aber bald wieder an, da der Fürst in Frankf. sich nach ihm erkundigen lassen u. hönisch von ihm geredet. Er fodert ihn also nochmals heraus, droht seine Briefe drucken zu lassen, zieht sein Ländchen durch u. fodert nochmals, hie, da, dort, hin sich zu stellen, mit obgenannter Drohung. Keine Antwort erfolgt u. er läßt die Briefe drucken, unter denen der letzte es betheuret, daß er ihn jusque aux portes de l’Enfer verfolgen wolle. Der Fürst hatte es s den cas in seinem Briefe den zweiten Perioden angefangen: comme le cas est inoui et singulierement singulier – darauf bezogen sich meine sonderb. Sonderbarkeiten. Doch gnug von den Poßen –Moser ist abgegangen, weil er dem Landgrafen noch ein Regiment stellen sollen, das unmögl. das Land ertragen können. Der Landgr. antwortet: da er schon so oft um seinen Abschied angehalten u. ers müde sei, sich den Hund vor die Thür werfen zu lassen, so solle er ihm gegeben werden. Dabei, sagt man, habe Moser die Versicherung, die er beim Antritt seiner Dienste auf lebenslängl. Pension erhalten, in seiner letzten Protestation mit beigelegt u. der Landgr. sei so schlecht gewesen, sie wiederzunehmen. M. hat Wenige Zeit darauf hat M. an mich geschrieben u. sich selbst zu seiner Ruhe Glückgewünscht. Er hat Bücher u. seine Galerie verkaufen lassen, worinn schöne Stücke waren u. die auch theuer weggegangen seyn soll: den kostbaren, neu angelegten Garten hat ihm der Erbprinz abgekauft u. das Erste ist gewesen, darinn die Statue der Freiheit zu zerstören. Er wohnt in Zwingenberg nahe bei Darmstadt, einem kleinen Landgut, das ihm gehört, denn auch auf große Dinge hat ers im Einsammlen nicht angelegt u und er hat mehr oder soviel ausgegeben, als er eingenommen hat u. dies ordentl. als Staatsmanns-Maxime betrieben. Das Land verliert viel an ihm d. i. die Geschäfte des Landes; denn ich kenne die andern HErren u. mein HE. Schwager ists jetzt wieder im Conseil der Erste, außer daß der Erbprinz Mosers Stelle vertreten
    soll
. Man sagt, die Landcommißion soll seinen Credit ruinirt haben; bei der gewiß seine Absicht (eventus fefellit spem) gut gewesen. In Abtragung der Schulden ist er die Ordnung selbst gewesen u. alle Creditoren loben ihn; das wird jetzt bei den R neuen Regimentern wieder stecken bleiben u. vielleicht gar mit der Zeit eine Kaiserl. Com Schulden-Commißion, die bisher Er allein abgehalten hat, ihn rächen. Was er jetzt macht, weiß ich nicht, denn ich habe ihm leider! noch nicht geschrieben. Lavat. hat hier an Göthe einen großen Briefwechsel über Waser entamirt, über den ich Ihnen mit meinem Urtheil nicht vorgreifen will: vielleicht kann ich Ihnen ihn ganz schaffen. Göthe ist mit dem Herzoge wieder auf einer Reise, die 14. Tage werden soll u. gewiß länger werden wird. Mit Lav. bin ich seit Jahr u. Tag aus allem Briefwechsel. Claud. hat lang nicht geschrieben: Reichard, der ihn vor wenigen Wochen besucht hat, sagt, er sei wohl. Otium cum voluptate scheint sein Symbolum zu seyn, nicht eben cum dignitate; doch lobt ihn Reichard sehr, daß er sich der ihm anvertrauten Jacobischen Kinder sehr annehme. Meine Fr. hat eine schmerzl. Trauer an dem Tode Ih ihrer Schwägerin, einer jungen Frauen von kaum einigen 20. Jahren, gehabt, die sie noch nicht verwinden kann. Das Herz ihres Bruders hat an ihr, als seinem langgesuchten Einzigen Gut auf der Erde gehangen: die erste üble Entwöhnung hat sie von ihm genommen, u. er kann sich noch nicht fassen u. trösten. Unser Herzogin ist auch nicht, noch immer nicht recht wohl u. der Brunne hat ihr dies Jahr nichts geholfen. Ein Bad wäre das Einzige; dagegen ist aber Knickerei des Herzogs, u. kriechende Arglist der Arzte, die sie nicht aus ihren Klauen lassen wollen. Pereant Philistini! Der Statthalter ist seit geraumer Zeit nicht in Erfurt, sondern hält in Würzburg, Worms., wo er überall Domherr ist, seine Residenzen. Ihr Brief indeßen kommt gleich an ihn, weil sein Hofrath u. Chargé d’affaires in Erfurt ist u. Sie werden bald Antwort haben. Gnug von u. mit meinem armen Zeitungsbriefe. Sie sehen, mein Lobgesang steht jetzt auch Jes. 24, 16. oder Ψ 88, 16. Doch hoffe ich wieder emporzugrünen aus dürrem Staube. In der Literatur reizt mich wenig oder nichts; das meiste ärgert mich, besonders was aus Göttingen kommt. Keine Kraft ist in meinen Gebeinen u. kein Lebenssaft in meiner Seele. Die Lage meiner lieben geistl. Geschäfte ist auch, daß Gott erbarm! überall Eckel u. nirgend Aufmunterung, nirgend Hofnung, nirgend kaum werth, daß man den Finger rege. Leben Sie glücklich, lieber H. u. geniessen Ihres Väterl.- u. Brudererbtheils in Ruh u. Segen. Ihr Hüterdienst, da Sie die Schätze des Landes bewachen u. nicht berühren, ist der beste Dienst, den man dem Mammon leisten darf, u weil er andern beßern Dienst nicht hindert. Komme nach mit dem 50. Jahr alles Glück u. innere Wohlseyn über Sie, das u. mehr als ich mir selbst wünsche. Meine Kinder sind wohl u. Wilhelm, der eine Zeitlang mit Schwären hie u. da gekämpft hat, scheint sich glückl. durchzuwinden. Er wird, wie Reichard ihm angesehen hat, u. muß ein Seefahrer werden u. einige mal die Welt umschiffen, so wohl ist ihm auf seinen Beinen. Gottfr. blühet, wie eine stille verschwiegene Blume. Leben Sie wohl u. lieben uns, wie wir Sie lieben. Meine Frau empfielt sich Ihnen herzlich. Ihr ewiger treuer Herder. W. den 9. Sept. 80. Am linken Rand der letzten Seite quer geschrieben: Von Roußeau trägt man sich mit Dialogen von u. über ihn selbst, die ihm sehr nachtheilig seyn sollen. Sobald ich etwas habhaft werde, solls zu Ihnen herüber. Ich glaube, es ist ein Gemächt der Encyklopädisten, seiner Feinde. Am linken Rand der ersten Seite quer geschrieben: Hier ist Mosers Br. selbst; Sie schicken ihn gefälligst wieder.
Kgsb. den 13 7br. 80. Herzlich geliebtester Freund, Gestern bin ich mit der Abschrift meiner Uebersetzung fertig geworden, die 18 Bogen in fol. beträgt. Mein alter Freund Lauson u HE Prof Kant haben selbige durchgesehen; jetzt bekomt sie Kreutzfeld, um selbige mit dem Engl. zu vergleichen, und dann vielleicht der neue Hofhalsrichter, wenn er Zeit u Lust hat. Zuletzt werd ich noch selbige durchlaufen, welches alles in mögl. Kürze geschehen soll. Den 21 Jul. fieng ich die Uebersetzung an u kam den 7 Aug. zu Ende. Den 29 ej. konnte ich erst zur Copie kommen. An unsern H. in W. habe vor 14 Tagen geschrieben u Ihren Wunsch der Ankündigung aufgetragen. Asmus antwortet nicht mehr; vielleicht werd ich doch zum Ueberfluß noch einmal schreiben. Den 1 hui. habe vom künftigen Prof. Kraus einen Brief erhalten, worinn folgende Stelle: „Dem Geistl. in Schwaben sagen Sie, daß meines Wißens 3 oder gewis 2 Schneider den Humischen Hausgott deutsch gekleidet haben; daß er beßer thäte, wenn er das Schneidern Leuten überließe, die sonst nichts können und davon leben müßen, und daß er, was ihm zur Erbauung seiner Landsleute zuträglich deucht, lieber in einer eigenen Predigt oder einem Handbüchlein ans Herz legen soll, als es so verstreuen.“ Dieser Nachricht zufolge muß ich Ihnen folgenden Vorschlag thun. Da die Sache bis zur nächsten Meße Zeit hat: so dächte ich, die Uebersetzung müste allenfalls im Meßkatalog angemeldet wären, als ein verspätetes Stück, das zu Weynachten fertig werden sollte, wie Leßings Briefe zu Johannis, unter dem Titel:
    Dialogen die natürliche Religion betreffend. Von David Hume. Esq. Uebersetzt von einem fünfzigjährigen Geistlichen in Schwaben
. Sollten nun wirklich Uebersetzungen diese Meße erscheinen; so wünschte ich, daß Sie in Leipzig oder Berl. Ordre stellten, mir sämtl. so geschwind als möglich zuzufertigen, damit ich selbige mit meiner Arbeit vergleichen kann. Erhalten Sie meinen u meiner Freunde Beyfall: so bleib ich daheim. Haben Sie aber beträchtl. Mängel, und ich Hofnung dem Werth meiner Arbeit ein entschiedenes Uebergewicht zu geben: so steht es bey Ihnen den Ueberschlag zu machen. Genehmigen Sie diesen Vorschlag: so bitte für die geschwindeste Zufertigung der herausgekommenen sämtl. Uebersetzungen zu sorgen, und mir
    allenfalls
die Addresse wohin ich das Mst. senden soll, mitzuschreiben, wenn keiner meiner Nebenbuler fertig geworden wäre. An der Beylage oder Anhange werd ich nicht eher anfangen zu arbeiten, biß die Sache entschieden ist, und während des Abdruckes wird es immer noch Zeit seyn, selbige nachzuschicken. Mein gewöhnliches Bogenmaas werde wol nicht überschreiten können. Das Engl. Exemplar ist prächtig gedruckt. Groß Octav auf schönem Papier und mit stattl. Typen. Ich wünschte auch gutes Papier u saubern Druck, nebst einem sorgfältigen u verständigen Corrector; aber klein Format oder wie Mendelsohns philos. Schriften; aber mit einem breitern Rande, dem Engl. ähnlich, daß oben immer zur Seiten die Zahl des Abschnitts stehen kann, und jeder Abschnitt muß wenigstens mit einer
    neuen Seite anfangen
. Im Engl. ist immer gar ein
    neues Blatt
dazu bestimmt, und daher manche leere Seite, die mir eben nicht gefallen. Die Abschnitte heißen auch im Engl. Theile, ohngeachtet das ganze Werk blos die Unterredung eines einzigen Tages in sich hält. Prof. Kant wird auch Termin halten u diesen Michaelis sein Mst. vollenden. Er balancirt zwischen Ihnen u Hartung, und wünschte sehr den Druck hiesigen Orts. Daß mir Ihr lieber Sohn entwischt ist, hat mir sehr leid gethan. Ist Füeßli mitgegangen? An Pfenninger habe geschrieben, und ihn bestens empfolen dem Kleeblatt, neml. Lavater u Häfeli durch ersteren. Hier liegen
    einige Exempl
. von den 3 ersten Stücken des christl. Magazins; könnten Sie selbige nicht dem Depositario abnehmen. Doch vielleicht kann die Sache bey Ihrer nächsten Meßreise beßer abgemacht werden, wenigstens durch Ihren Rath. Kant sagte mir etwas von einem häusl. Unglück, das Sie mit Ihrer Caße gehabt hätten; habe nichts weiter davon erfahren können. Gesetzt auch das ärgste; so schenke Ihnen Gott nur Gesundheit, Er kann alles in triplo ersetzen. So wenig Gewinn es für den Thäter seyn wird: so wenig wirklicher Schade für Sie. Am Ende dient alles zu unserm Besten. Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Gemalin und Tochter. Theilen Sie mir bey Gelegenheit Nachrichten von Ihrem Sohn mit, seiner dortigen Ankunft, Zufriedenheit pp. Wißen Sie nichts von P‥l. In Zeit von 8 Tagen lief hier ein sehr widersprechend Gerücht, daß er ohngeachtet seines dortigen Verdienstes u tägl. Umgange in des Pr. Residenten Hause mit Händen u Füßen arbeitete hieher zu kommen – und dann, daß er aus W. ausgeführt worden wäre. So bald der
    würkl. Druck entschieden
ist, werde ich einen Aufsatz machen von den Fortsetzungen, die ich pro honorario für meine Bibliothek ergänzt zu sehen wünschte, damit Sie selbst den Ueberschlag machen können. An Ihr baar Geld will ich mich nicht gern vergreifen. Nun Gott seegne Sie, mein liebster Hartknoch. Nach einem herzlichen Gruß von Hänschen u meinem gantzen Hause an Sie, die Ihrigen (den Reisegefährten mit eingeschloßen) pp ersterbe Ihr alter Freund u Diener. Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
. / 16 gl
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 7 Sept 1780
Kgsb. den 6. 8br. 80. Geliebtester Freund, Den 25 pr. erhielte Ihren dicken Brief des Abends; des Morgens drauf bestellte Einl. durch Me Courtan an Ihren HE Bruder, der zugl. die Besorgung nach Berl. u Warschau übernommen. Hofpr. Schultz habe selbst eingehändigt wie auch Pr. Kant. Ersterer hat mir seine Antwort gestern zugeschickt. Kant versprach selbst zu antworten. Sie haben hohe Zeit gehabt zu schreiben; weil sich Kanter in der Zeit wie ein Gott aus der Maschine gemeldet u beynahe das ganze Spiel verdorben hätte. Ihr Grund, daß Sie vorzügl. im stande wären den Absatz des Werks zu verbreiten, war ein vortrefl. argumentum ad hominem, und ich wünsche, daß Sie die Braut davon tragen mögen. Gegen Hart. habe gearbeitet, gegen meinen Gevatter will u mag ich nicht, wird auch nicht nöthig seyn. Den 27 pr. an meines Sohns Geburtstag erhielt endl. eine Antwort von Claudius nebst einem Avis von einem DedicationsExempl. seines Cyrus, 6 Bouteill. Rheinwein davon 1 noch einmal so alt soll seyn als ich, u 3 Spielzeugschachteln für meine Parcen, welches alles heute richtig angekommen, und 3 Bout. an Beichtvater, Hofhalsrichter Hippel u Commere Courtan de la part du bon Compere aßignirt sind. Mit den 3 übrigen zweifele bis zur Ostermeße auszukommen. Aber am Michelstage war die Freude noch größer. Wie abgeredet, kam ein Pack vom Landsmann u Gevatter aus Weimar, gleich einer mit Äpfeln gestopften Gans mir in das offene Maul geflogen. Die Äpfel waren ein allerliebstes Bändchen in 2 Theilen von 24
    Briefen, das Studium der Theologie betreffend
, ein Mst. einer bereits in Druck erschienenen merkw. Schrift des nunmehr seel. Superintendenten
    Ziehen
, welcher aus einem wunderbaren Buch
    Chevilah
,
von dem ich mir keinen Begrif machen kann, aber darnach ringen werde, eine Reihe von Erdbeben weißagt bis 786, wodurch 7000 Oerter am Rhein zu Grunde gehen sollen. Das erste ist am Ende des Febr. wirklich eingetroffen, u die Anzeige davon hat er im vorigen Xbr. an die Regierungen zu Braunschw. u Hannover gethan, das nächste ist auf den 28 pr. festgesetzt, u die Witterung scheint auch diese Erfüllung wahrscheinlich zu machen. Das wichtigste für mich ist eine kleine Abhandl. über die Hieroglyphen u ihre Sprachkunst, welche der Autor sich rühmt in 6 Jahren herausgebracht zu haben, die Construction u Auflösung aller Hieroglyphen. Der ganze Knoten beruht aber auf das Buch
    Chevilah
, welches für mich ein Wunder aller Wunder ist, u nach deßen Begriff ich mehr schmachte als nach der Kritik der reinen Vernunft – ob es wirkl. so ein Buch unter dem rabbinischen Wuste geben sollte, weiß ich nicht. Allenfalls fragen Sie doch Ihren Bocher oder Ihren neuen Rector um in Wolfii Bibl. Rabbin. darnach zu suchen. Zitterland hat sich die Werke des Retif verschrieben u erbietet sich zum Uebersetzer. Wenn selbige ankommen, will ich ihn selbst an Sie weisen. Melden Sie mir auch ob Sie von Hofpr. Schultz Verleger werden u wovon? Ist eine Gegenantwort nöthig so bitte selbige auch an mich zu richten. – Ich mag gar nicht
    der zweite Uebersetzer
seyn; und meine
    Arbeit ist
garnicht
    verloren
. Darum schrieb ich Ihnen eben, u Sie kommen mit einem Exempl. der Uebersetzung davon. Ob mein kleiner Anhang Ihre Erwartung erfüllt hätte, weiß ich auch nicht, und meine Defecten werden Sich eher durch eine neue Auflage der Sokr. Denkw. der Wolken, der Nachschrift ppp ergänzen laßen. Vielleicht verwandelt sich auch der erste Embryon in ein Bändchen
    freymüthiger Briefe die natürl. Religion betreffend
. Hier wird das Gerüchte immer allgemeiner u wahrscheinlicher daß Nachbar Stark die freymüthige Betrachtungen über das Christentum geschrieben und auf die war meine Uebersetzung hauptsächlich gemünzt. Was Sie mir von meiner Frau Gevatterin als Verlegerin schreiben, versteh ich nicht. Soll die Andräische Uebersetzung auf ihre Unkosten verlegt werden oder für ihre Rechnung. Er denkt an kein Wort in seinem 3 Qvartlangen Briefe, der mir herzlich erqvickt. Hänschen hat heute zu Hause gebracht, daß der kleine Toussaint bereits gestern Abschied genommen. Die Freude hat also nicht lange gewährt. Ein wenig zu viel Sicherheit scheint doch zu Ihrem Verlust Anlaß gegeben zu haben. Vielleicht Lehrgeld ein künftig größeres Uebel zu verhüten. Gott schenke Ihnen gute Gesundheit, gute Nachrichten von dem Kunstschüler und seiner glücklichen Ankunft, wovon mir auch einen Theil ausbitte. Empfehlen Sie mich Ihrer Gemalin ppp und erwiedern Sie mein Andenken dem Chronikenschreiber. Er wird auch im Merkur angemeldet werden. Werben Sie dort wacker für meinen Freund Wezel zu seinem Roman. Geben Sie dem HE Rhode ein paar Scherflein mit. Sie scheinen auf Klopst. gewirkt zu haben u ich bin willens ihm ein Billetdoux zu schreiben, wenn ich dem Claudius antworte. Werden Sie Verleger von Kant; so sorgen Sie, daß ich ein warmes Exemplar bekomme. Vielleicht hilft es zu meinen Briefen in petto. Und hiemit Gott befohlen nebst einem herzl. Gruß von Hänschen Michel u. den Meinigen. Ich ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Freund Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Herrn / Herrn Hartknoch / in /
    Riga
/
    par fav
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 163 Oct 1780 beantw d 1 Nov
HöchstzuEhrender Herr, Ich bin der Mann des Todes, – der alte Mann vom Berge bin ich, der die 2 Scherfl. ausgefertigt hat, u. Ueberbringer so wol als Heimsteller sind beide gl. unschuldig. Mache mit der Bekenntnis meiner Schuld den Anfang, weil eben die Gründe für den kundbaren Niemanden ein Anonym zu seyn, mich zu einer individuellen Erklärung gegen einen Mann von Ihrem Namen u Verdiensten bestimmen. Ihre Orthographie kam mir wie des Alcibiades Hund vor u hatte allen meinen Beyfall als ein politisches fascinum als ein magischer Talisman den unumgängl. Neid zu besprechen u die Verlegenheit eines lebenden Schriftstellers gegen seinen Eusthatius Cuper zu büßen. Daher machte ich mir kein Gewißen diese materiam publicam priuato iure zu behandeln, als ein vortrefl. vehiculum meinen alten Groll gegen unsere unpolitische Reformatoren auszulaßen welche nichts zu glauben empfehlen, als was sich hören u sehen oder mit Händen greifen läßt. Nach dem gewöhnl. Schicksal der
    Einkleidung
aber ist die Sache selbst pars minima sui geworden. Anfang u Ende zeigen wenigstens, daß es mir eigentl. nicht um Orthographie zu thun gewesen. In Ansehung der Grundsätze, worauf Ihre Rechtschr. beruht, bleibt noch immer mein Unglaube u Scepticismus in saluo. Meine Hauptzweifel fließen aus der allgemeinen Theorie der Sprachen, welche ich größtentheils der unseel. Mühe, die mir Reden u Schreiben macht, zu verdanken habe. Meine Kenntnis der Muttersprache geht nicht weiter, als Ihre u anderer Ueberlegenheit bewundern u ohngefehr beurtheilen zu können; daher ich mich auch mit fremden Federn behelfe. Die unsere zu einer gebenedeyten Ausnahme von allen lebendigen Sprachen u ihrer Weise zu machen u die vorgeschlagene Mittel diese Ausnahme zu erhärten, sind u bleiben für mich απροσδιονυσα. Wollen Sie, höchstzuEhrender Herr, mich
    hier
meines Irrtums – am liebsten unter vier Augen – vorläufig überführen: so wird mir Ihre Zurechtweisung sehr willkommen seyn u ich erbiete mich zu einer schuldigen Verbeßerung u Erkenntnis deßelben: so wie ich auch von ihrer Seite die Billigkeit voraus setze keine Stellen, welche ledigl. die leidigen –aner u Herrherrsager angehen zu misdeuten, mir Ihre Freundschaft und den Beweis davon, ich meyne das mir einst zugedachte Exemplar Ihrer Meßiade, zu seiner Zeit nicht zu entziehen; denn Ihre
    Oden u Republick
besitze ich, sonst nichts, trotz meiner Wünsche nach allem. Ueber den Ton u die Physiognomie meines lakonischen Schnabels mag ich kein Wort verlieren: sondern wolle beyderseits mit dem weisen Frühprediger der Mitternacht dem Können u Wollen eines jeden seine Andacht u Nothdurft anheimstellen – u die Gedult unsers HErrn (sämtl.) für unsere Seeligkeit achten. Ich habe die Ehre mit der aufrichtigsten u ergebensten Hochachtung zu seyn Meines höchstzuEhrenden Herrn verpflichtester Freund u Diener Kgsb. den 15 8br. Dom. XXI. p Trin. 80.Johann Georg H. Packhofverw. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (MC) von Matthias Claudius nebst Vermerken von fremden Händen; von Matthias Claudius:
An den Herrn Packhofverwalter /
    Hamann
/ in
    Königsberg
/ hiebey ein Kästgen in / Matten gep. /
    H. H. Königsberg
.“
Vermerk von Hamann: Erhalten mit Henr. Dietr. Voß von Lübeck den 6 8br 80.
Den 25 8br. 80. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann u Freund, Am heil. Michaelis, meines Sohns Tauftage kam Ihr erwünschter Brief wie eine gestopfte Gans Vormittags ins Haus geflogen; den Geburtstag vorher hatte auch Claudius geschrieben und
    meldete
mir auch ein Päckchen an, war also keine so
    baare
Freude, sondern hatte die Ungedult der Erwartung mit sich. Ihr Büchlein wurde sogl. verschlungen, ich habe es aber zum zweyten mal mit gedoppeltem Vergnügen gelesen, und auch schon andere mit erfreut, wiewol ichs nicht recht unter meinem Kopfküßen entbehren kann. Brenne nach der Fortsetzung, die Gottlob! schon im Meß Catalog steht. Bin in meiner hebr. Bibel nicht mehr zu Hause, und nehme sie erst jetzt wider mit Hänschen vor, geht aber mühselelig u langsam von beyden Seiten, zum Theil aus Mangel tüchtiger Hülfsmittel. Zwey Erl. bitte mir aus; S. 87 habe ich die hebr. Worte nicht finden können und auch den Grund nicht, warum sie eins für hebräischer als das andere halten. Im andern Theil S. 302. fehlt meinem Gedächtnis ein deutl. Locus vom Meßia in den Büchern der Maccab. Jerusalems Auslegung von Bileam ist mir eben so wie Ihnen vorgekommen; desto beßer hat mir Ihre Widerlegung u Uebersetzung geschmeckt. Von Ihrer Preisschrift ist keine Spur im Meßkatalog, noch von Ihrer Ausgabe der Werke des Andreä in deutscher Sprache, wovon ich läuten gehört. Des Layenbruders u Philosophen zu Zwingenberg Brief sende mit Dank zurück; habe auf dem weißen Blatt eine Copie genommen, halb aus Aberglauben – so wie ich Dom. XXI. den Einfall bekam auf die Hälfte von Claudius Frachtbrief ein Billet an Klopstock zu schreiben, das aber noch hier liegt, weil ich denselben Tag einen Anfall vom Fieber bekam, auch noch nicht seitdem aus dem Hause gewesen. Habe bisher auf eine Einl. gewartet, aber umsonst aus Morungen, so dringend ich auch darum gebeten. Das Mst. des
    Ziehens
fieng an abzuschreiben, als ich aus den hamb. Zeitungen ersahe daß es im Druck erschienen. Im Meßkatalog steht es nicht, u es ist die Frage, wenn u ob es herkommen wird. Des Verf. Resultat über die hieroglyphische Sprachkunst hat mich außerordentl. aufmerksam gemacht, und ich kann Ihnen nicht sagen, wie viel mir daran gelegen nähere Nachrichten besonders von dem Buch Chevilah zu haben. Ein gewißer Hofrath Ehrenreich hier will versichern in seiner Jugend ein kabbalistisches Mst. unter diesem Namen bey seel. Prof. König in Gießen gesehen zu haben. Da es im Druck erschienen, liebster Herder, so hoff ich, daß ich ohne Nachtheil dieses Mst. behalten kann. Das vom Erdbeben habe flüchtig durchgelaufen, mag mich darüber nicht einlaßen. Kant schreibt dem Verf. ganz falsche Begriffe in der Astronomie zu, u D. Reccard hält selbige gleichfalls für
    Kindermannsche
Grillen. Ich schränke mich bloß auf die
    Urkunde
u die
    hieroglyphische Sprachkunst
ein und wünschte um alles in der KabbWelt mehr Auskunft und nähere data darüber. Alle
    sonderbare Sonderbarkeiten
, die sich darauf beziehen, sind für mich interessant. Der Verf. lebt nicht mehr, sollte nicht dieses Stück von ihm ausgearbeitet in der Handschrift geblieben seyn, und hätten Sie auch nicht Selbst Neugierde u Canäle hierüber mehr Licht zu verschaffen. An Ihrem guten Willen mir alten Mann
    angenehme Stunden zu machen
und meinen Grillen beßere entgegenzusetzen, fehlt es nicht. Meine Uebersetzung des Hume habe reponirt ad Acta, da mit künftiger Meße eine andere erscheinen wird. Kant, Lauson,
    Kreutzfeld
, Hippel haben meine durchgesehen und ihr vû bon gegeben, wiewol nur einer im stande gewesen sie mit dem Engl. zu vergleichen. Deswegen wird die Arbeit nicht verloren seyn, sondern vielleicht zu einem kleinen Bändchen von
    Briefen die natürl. Religion betreffend
desm 50jährigen Geistl. in Schwaben gedeyen. Gesetzt also daß eine Ankündigung der Uebersetzung auch geschehen wäre; so wäre dadurch nichts versehen. Hier will man zuverläßig behaupten daß die freymüthigen Betrachtungen über das Χstentum von Stark sind, auch redt man von einem Ruf deßelben nach Mecklenburg. Meine Uebersetzung hatte das gröste Augenmerk auf dies Buch – Habe in meinem Flußfieber ein vortrefl. Buch kennen gelernt, das ich mich schäme so spät gelesen zu haben, für Sie aber wol keine Neuigkeit mehr seyn wird, ich meine die 3 Theile von Irwings Untersuchungen über den Menschen. Des Mannes Philosophie u Styl ichst sehr nach meinem Geschmack u ich habe dimidium animae meae darinn gelesen. Alles Gute, was Sie unserm Landsmann dem CapellMeister gethan haben und noch zu thun imstande sind, sehe ich wirklich als Selbst genoßen an. Meine Dankbarkeit gleicht leider! einem unterkötigen Geschwür oder fistulösen Schaden. Claud. meldt mir von Reichards Reise nach Weimar ohne ihn in der Liste von gelehrten u Standespassagiers zu nennen, welche diesen Sommer in Hamburg gewesen. Er hat mir seinen Cyrus, 6 Bout. Rheinwein, worunter eine noch einmal so alt wie ich seyn soll u einen ganzen Jahrmarkt von Kinderspielen für meine Mädchen geschickt. Drey Bouteillen habe unter meinem Beichtvater, dem neuen Hofhalsrichter Hippel u Me Commere vertheilt, eine mit der einzigen Tischgesellschaft, die ich habe, Brahl, seiner Freundin Schimmelpfenning ausgetrunken, die alte in meiner Unpäßlichkeit angebrochen, welche wirklich ein aurum potabile in sich zu halten scheint – und die dritte ist noch in salvo. Bin nicht gewohnt Wein zu halten und damit zu wirthschaften. – Von unserm Diedrichs werden wir wol wenig Frucht erleben. Ich habe ihn seit seiner Ankunft nicht gesehen. Seine Gesundheit ist gänzl. gestört. Er geht wie ein Kind, das die engl. Krankheit gehabt. Ißt mit einem Wolfshunger alles was ihm vorkomt – und soll eben so wenig Herr von seinen Ausleerungen von vorn und hinten seyn. Vom Leßing schreibt mir Claud. daß er eine Art von Lähmung u Schlafsucht haben soll. Von seinen
    Briefen
nichts zu sehen noch zu hören; auf die ich mich so gespitzt. Nun, der freudige Geist enthalte Sie! – Nach Ihrer Autorschaft zu urtheilen, können Sie mit Hiob sagen:
    mein Bogen beßert sich in meiner Hand
. Mag wol wahr seyn, daß die einzige Kraft der Natur im Druck bestehe. Was ist Ihr Herr Schwager dort, der seine Hälfte verloren? War das nicht eben das Paar, welches zu Ihren
    Liedern der Liebe
Anlaß gab? Ist das Kind nicht wenigstens erhalten worden? Der Leibjäger aus Eutin ist in Wandsbeck gewesen. Erwarte eben keine Antwort vom Statthalter, wünschte aber zu wißen, ob er meinen Brief erhalten, weil er unter jüdischem Einschluß nach Leipzig gegangen, und ich mit Schellenberg Verwirrung gehabt, deßen Geld ich im Junio abgeliefert, so bald ich es zusammgebracht, und mich in diesem Monathe drum mahnt durch einen Brief vom 1 Sept. Wißen Sie nichts von
    Kaufmann
? Ich habe es für meine Schuldigkeit gehalten mich gegen Klopstock zu erklären, will es aber dem Cl. überlaßen, ob u wie er das Billet abgeben will. Wenigstens ersehe aus der drollichten Frage, daß es gewirkt. Wie aber, weiß ich nicht. Zu meinen Briefen werde den Winter über sammeln, aber so Gott will erst den Sommer dran arbeiten. Mein Aderlaßen glückl. überstanden, ohne gichtigen Anfall. Mein Kopf taugt aber gar nichts, wie leider! aus den Früchten u grauen Haaren zu ersehen. Hartkn. wird vermuthl. Verleger des Kanten werden. Ich kann die Chevila nicht aus dem Sinne kriegen. Der Mann scheint mit so gutem Sinn geschrieben zu haben und verspricht doch so viel Wunder, daß kein Iudaeus Apella draus klug werden kann. Wenn es Ihnen mögl. ist sich und mich zu befriedigen, so ermangeln Sie es doch nicht. Was Sie mir von dem alten Freunde schreiben, den Sie in den Schaafstall führen müßen, stimmt zieml. mit den Nachrichten überein, die ich schon in Curl. von ihm gehört, aber für Verleumdungen hielt. Habeat sibi cum otio suo pleonectico! Der physiognomische Reisebeschreiber scheint mir ein homuncio lepidissimus zu seyn – ich habe seine 4 Bändchen mit Vergnügen kürzlich widerholt. Den 26 – Gestern kam der Prof. den ich lange nicht gesehen. Wie der fort war, ließ sich mein Nachbar anmelden. Heute bin zum ersten mal auf der Loge gewesen. Vor einer Stunde entre chien et loup schickt mir mein Nachbar einen Brief, den Penzel aus Krakau an ihn geschrieben, um zu melden, daß er den Weibern entsagt, die heil. Weihe angenommen, seinen blauen Rock mit rothen Klappen in einen schwarzen mit Mantel u Kragen, u seine Patrontasche in ein sehr schön goldenes Kettchen verwandelt, als Abt (bonae spei einer beträchtl. Pfründe), Bibliothekarius u Prof. der griechischen und deutschen Sprache. Reicher Stoff zum Nachdenken, Wundern und den Speichelgang zu erleichtern! Wie dem armen Vater zu Muthe seyn mag! Von seiner jüngsten Schwester hab ich einen sehr launichten Brief an ihn zum Andenken. Er pflegte immer von ihren Talenten mit Entzücken zu reden. Dom. XXIII. 29. Oktober Habe heute einen unruhigen wüsten Tag gehabt. Unser Prinz ist gestern angekommen. Heute ihm zu Ehren ein großes Schiff abgelaßen worden richt über meinem Fenster, wobey 3 Kutschen in meinem Gehöft u die halbe Judenschaft u Χstenheit wider bey mir gehabt. Den Beschluß machten Hippel u Scheffner. Ersterer ist den 18 huj. als wirkl. Hofhalsrichter installirt u von Lauson auf einem blutrothen Bändchen besungen worden. Letzterer privatisirt auf dem Stoltzenberg bey Danzig. Diesen Abend bringt die Akademie ein Ständchen und morgen reist der Prinz ab. Sein Leibchirurgus u Pensionair Rhod hat mich auf heute besucht. Graf Görz sich meiner erinnert. Lichtenbergs Deduction in den Addreß Nachrichten habe gestern gelesen u stimmt vollkommen mit den hiesigen Urtheilen überein. Weder seine Weißagungen noch astronomische Irrthümer gehören in mein Forum; ich verlange nichts als seine hieroglyphische Grammatik und Chevila näher zu kennen. Kant war gestern sehr unzufrieden seit 14 Tagen noch keine Antwort von Hartknoch erhalten zu haben. Ich u Green beruhigten ihn damit, daß er seinen Brief nicht erhalten haben müste, u er wollte deßhalb auf der Post Erkundigung einziehen u noch einmal schreiben, welches ich auch zu thun versprochen.
    Fischer
hat mir eine Einl. versprochen u ich werde morgen darnach schicken. Daß Kraus des Christiani Stelle erhalten, werden Sie schon wißen. Den 30 – Hier ist sie – Ich habe der Neugierde nicht widerstehen können drein zu gucken, da er mir neulich ein sehr warmes Billet über Ihre theologische Briefe geschrieben. Erfreuen Sie den guten Mann doch mit einer Antwort. Er ist Pfarrer am Königl. großen Hospital. Er hat einen jungen Edelmann in Pension u einen armen Waysen, der seiner Frauen Schwester Sohn ist, Schultz heist u ein außerordentl. aufgewecktes Kind mit einer etwas auffallenden Physiognomie ist. Sein häusliches Glück ist wider alle meine Erwartung. Sie ist eine
    Damus
. Wie Aspecten u Gerüchte trügen können! Hievon künftig mehr. Hoffe bald eine Einl. aus Morungen zu erhalten und bey Beförderung derselben zum Schreiben aufgelegter zu seyn. Mein Kopf ist wie ein stetiges Pferd und will nicht von der Stelle. Wird alles mit Gottes Hülfe beßer werden. Er sey Selbst Ihr Schild und Ihr sehr großer Lohn! Meinen herzlichsten Handkuß der besten Frau, Mutter und Gevatterin, welche verdient Freunde u Freundinnen im Himmel wie auf Erden zu haben. Gott seegne mein Pathchen u seine 3 tapfern Brüder. Marianchen ist heute ein wenig krank zu Bette gegangen. Ist bisher fast gar zu gesund gewesen. Nächstens wills Gott! mehr u vielleicht beßer. Ich ersterbe Ihr alter treuer Johann Georg Hamann.
Kgsb. den 2 9br. 80. Geliebtester Freund, Bezeuge Ihnen meine herzl. Mitfreude und Glückwunsch zum abgemachten Verlage der
    Kritik
. Ihr Stillschweigen hat mich so beunruhigt, daß ich den 28 pr. ein paar Zeilen schrieb, die aber nicht abgegangen. Die Kypkische Auction hat diese Woche ihren Anfang genommen. Die mir aufgetragene Commissionen hat HE Courtan gütigst übernommen, nebst meinen eigenen die sich auf
    Luthers
    Genesin
,
    Josephum
wegen des Maran Atha u des Gesellen Philo, und
    Hesychii
Lexicon, wegen des Worts
    Konxompax
, erstrecken. Ich hoffe daß Sie mir hier nicht im Wege seyn werden. Nun erwarte auch Ordre in Ansehung der Rechnung und der ferneren Expedition mit erstem. Die Polyglotta u die spanische Bibel hat Ihnen nicht werden können; der Both war auch wirklich zu klein. Da manche von Ihren Commißionen drunter einschlagen, so werden Sie einen kleinen Überschuß bey andern nicht zu genau nehmen. Wenigstens hab ich dies dem HE Courtan versichert, auf den Sie sich ganz verlaßen können. Aus dem Meßkatalog habe fast nichts aus von Ihrem Verlage ersehen als Fabeln für Kinder. Da eine Uebersetzung des Hume mit
    einigen der
und
    eigenen
auf Ostern angekündigt wird: so ist meine ad Acta reponirt. Lichtenbergs Deduction über Ziehens Weißagungen werde zu einer Beyl. uns. Zeitungen zu befördern suchen. Er urtheilt über die astronomische Kenntniße des Propheten, wie Pr. Kant u D. Reccard. Meine Neugierde betrifft blos die hieroglyphische Sprachkunst u das Buch Chevila, welches Hofr. Ehrenreich versichern will in seiner Jugend unter den Mst. des seel. Prof. Königs in Gießen gesehen zu haben. Ihr neuer Rector hat eine Chrestomathiam Oeconomicam geliefert die ich immer wie Hofmeister in Curl. im Schilde geführt. Gevatter in W. scheint einen Brief von ihm zu erwarten. Ist er etwa auf seine Empfehlung dort hingekommen? Penzel hat vorige Woche einem Nachbar gemeldet, seinen blauen Rock mit rothen Aufschlägen in einen schwarzen mit Mantel u Kragen, u seine Patrontasche in ein golden Kettlein verwandelt zu haben, Prof. der gr. u deutschen Sprache zu Krakau, Bibliothekar u Abbt (bonae spei einer beträchtl. Pfründe) geworden zu seyn.
    Stark
soll Verf. der freym. Betr. über das Christentum seyn. Pens. Rhode hat mich Sonntags besucht u sich entschuldigt wegen des zurückgelegten Päckchens zu deßen Uebermachung sich wol Gelegenheit finden wird. Sind Sie mit Hofpr
    Schultz
auch einig geworden? – und worüber? Melden Sie mir doch Ihres lieben Sohns Ankunft in Zürich, und ob sich meine dortige 3 Freunde um ihn bekümmern? Habe gestern Abend die portugiesische Grammatik des Jung angefangen, welche zu gutem Glück schon seit 8 Tagen bey mir liegen gehabt ohne noch selbige angesehen zu haben. Die Veranlaßung wird Ihnen lächerlich vorkommen. Unser hiesige Senat ist von einem p Hofgerichte requirirt worden wegen einer Rechtsache in 3 Tagen jemanden aufzutreiben, der zu einer Uebersetzung fähig wäre. So peremtorisch auch der Termin ist: möcht ich doch die Probe für mich machen, wie weit man in 3 Tagen kommen kann. Scheffner ist hier gewesen; Hippel den 18 pr. zum Hofhalsrichter installirt u von Lauson auf einem blutrothen Bändchen besungen wurden. Will den Winter über samml. zu einem Bändchen
    Briefe die natürl. Religion betreffend
, auf allen Fall, daß Humes Gespräche wirkl. zu Ostern auskommen sollten, und Gevatter in Weimar den
    Geistl. in Schwaben
angekündigt hätte. Werde aber nicht eher anfangen dran zu arbeiten, als biß Sie mir ein Exemplar der angekündigten Uebersetzung mitbringen werden. Leben Sie gesund und wol. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer HausEhre, guten Freunden, getreuen Nachbarn u desgl. zum geneigten Andenken. Ich umarme Sie unter den besten Wünschen und ersterbe Ihr alter treuer Freund. Joh. Ge. Hamann. I. Lese eben jetzt den letzten Anhang der Allg. d. Bibl. wo ich ein artig Gemälde von mir finde, das ein junger reisender Briefsteller an seinen Fr. HE Hofr. K.*** in Liefland richtet. Können Sie mir nicht den Verf. u seinen Freund K. nennen? Es gefällt mir so daß ich es abschreiben will: „Er lebt hier unbemerkt, und ich möchte fast noch hinzusetzen, auch wenig geachtet. Seine Miene ist, wie seine Seele, mystisch u finster.“ II. Diesen Augenblick erhalte Ihr Päckchen, danke für das Dutzend von Scherfl. Keine Nachricht von dem ehrl. Arndt? Hänschen empfiehlt sich seinem Lehrherren in spe.
Zürich am 20. November. 780. Warmer, inniger Dank Ihnen theuerster Vater! für die väterliche Aufnahme meines zudringlichen Kinderglaubens und den reichen Lohn meiner dürftigen Gabe. Ihr Brief kam mir am 17. August zur erwähltesten Stunde – ein klarer Himmelsthau auf meine müde, welke Seele. Am 8. Jul. gab mir mein Weib durch eine über Bitten und Hoffen schnelle Geburth ein holdes Mädchen; mitten in der hohen Vaterfreude und Hofnung naher Erholung und alle den Aussichten des frohen Sommergenusses mit Weib und Kind fiel die Wöchnerin in tödliche Schwachheit und aus dieser in die schmerzlichste Brustkrankheit, die allen Frieden meiner Seele und alle Ruhe meines Hauses verschlang und mich zu wüthenden Gebethen in den Staub hinwarf. In den ersten Augenblicken beßerer Hofnung sandte mir Gott Ihre Erquickung – ich nahm sie zum Pfand, daß Er mir bald alles Kranke heilen und alles Verlohrne wiedergeben werde; und siehe, Er hats gethan. Sein Name sey gelobet! Nach Ihrer aufgegebenen wunderlichen Ausarbeitung bey Anlas der bewußten Stüke des Merkurs, lüstets meine Seele bey alle den holen Nüßen und sauern Aepfeln unsers litterarischen Jahrmarkts wie nach einer Frucht vom Baume gepflanzet an den Wasserbächen. Es begegnet mir leider oft, daß ich, zumal nach Jahr und Tag, gerade der schlechteste, leersinnigste Ausleger meiner eigenen Worte bin. Ich kann mich unmöglich mehr in den Ideenkreis hineinzaubern, in welchem ich jenes von „der Brücke ohne Lehne“ hinschrieb – und büße also Ihre Kritik wie das Kind die schonende Ruthe. Der Aufsatz über „Reich und Zukunft des Herrn“ im neusten Stück des Magazins regt in meiner Vaterstadt viel Geschrei über seine Verfaßer, ob er gleich die Censur paßirte: Er ist eigentlich über „Toblers Fragen und Antworten zur Ehre Christi und seines Reiches“ geschrieben und wurde ihm im Mscpt mit Bitte um Lösung der Zweifel zugesandt, aber verachtend und beleidigend abgewiesen. Herr Tobler ist Oberhelfer an unsrer Kathedralkirche und Präsident der jüngeren Geistlichen. Darum schreit man uns zu: „antwortet ihr dem Oberpriester also?“ und wir dürfen und mögen uns nicht wie Paulus entschuldigen. Von den neuern Meßfrüchten, deren Name Legion ist, hab’ ich die wenigsten gesehen und nur ein paar gekostet – wobei ichs wahrscheinlich bewenden lassen würde wann ich auch Zeithalber nicht müßte.
    Lavaters Apokalypse
, die er Ihnen hier mit dem Gruß der Liebe durch mich sendet. Vermehrte Ausgabe von
    Hessens Versuch vom Reich Gottes
, die sich über die vorige Ausgabe und über alle Schriften dieses Schriftforschers durch mannliche und freiherausgesagte Bibelwahrheit sehr erhebt – obgleich das Metaphysisch- Prophetisch-Dramatische der Bibel des Mannes Sache nicht ist. Herders
    Briefe über das Studium der Theologie
– trefliche Bemerkungen – fast fürcht’ ich, der Mann, den wir doch wahrlich alle innig ehren und lieben, ist unzufrieden mit uns – Gott weiß warum? Über
    die Reformation
– ein voluminöses Berlinerprodukt, wie ich aus der gustosen Zubereitung der derben deistischen Brocken schließe; sonst ist manches nahrhafte historische Gericht mitaufgetischt. Hier hörte ich
    Tellern
als den Verfaßer der „freimüthigen Nachrichten“ nennen. Ach, daß die Himmel sich über Ihnen aufthuen und Gott Ihnen zeige Gesichte und der Geist des Ewigen Sie ergreife zu einer neuen mächtigen Prophezeiung über Gegenwart und Zukunft des bösen und ehebrecherischen Geschlechtes! Mein unglücklicher Mitbürger
    Waser
war mein nächster Verwandter. Sie sollen von ihm wißen, was und wie ichs weiß. Ein acht und dreißigjähriger sanguinisch-cholerischer Mann mit großen mathematischen Talenten. Ohne Genie, ohne Grösse, Adel, Delikatesse, Geschmack, Empfindlichkeit. In seinem Nacken eine eiserne Ader und durch sein ganzes Wesen floß ein ungenießbarer herber Saft – unermüdet und unermüdlich in seinem Lieblingsstudium. Ein Geist der Verwirrung, eine Sucht sich zum Räthsel zu machen besaß ihn und Freude über Babelsverwirrung und Furcht und Schrecken war eine seiner grossen Freuden – voll ungeheurster Rache gegen seine Beleidiger – ein Gemisch von stolzer Grosmuth und schändlicher Niderträchtigkeit, von Höflichkeit und beleidigender Härte und Grobheit – – dieß ist Etwas von seinem Charakter. Er studirte Theologie – ergab sich aber ganz der Mathematik und Naturhistorie und nahm von Theologie nur so viel vom Wege mit, als er zu seiner Ordination unentbehrlich brauchte. Er heurathete als wohlgewachsener Jüngling ein etwas ältliches Frauenzimmer aus einer angesehenen Familie mit einigen tausend Thalern und versenkte sich nun ganz in seine Lieblingswissenschaften. Bald darauf bekam er eine Pfarre zunächst an der Stadt; hier sezte er sich gewißen Unordnungen in Verwaltung des Gemeinde- und Allmosenguts mit derber Ungestümheit und beleidigendem Truz gegen angesehene Personen entgegen – es gedieh’ zu einem Prozeß, den er, weil er seine Sache nicht nach der Form Rechtens erhärten konnte, mit der Pfründe verlohr. Mit diesem Momente zündete der Funke der grimmigsten Rache in seinem Innersten, der sechs Jahre hindurch zur wüthendsten Flamme genährt jede beßre Empfindung, Anmuth und Liebe seines Herzens verzehrte und sein ganzes Wesen mit Bitterkeit und Grimm vollstopfte. Er begehrte einige Male Revision seines Prozesses, was ihm aber abgeschlagen wurde, weil unsre Geseze nur dann Revision bewilligen, wenn einer vorher vergessene wichtige Umstände ins Recht bringen kann. Durch Abschlag dieses oft sehr ungestümen Begehrens, durch einbrechende ökonomische Noth bei einer auf etwas hohen Fuß eingerichteten Haushaltung und starkem Aufwand für mathematische Bücher und Instrumente – und durch Fehlschlagen seiner Aussichten auf eine neue Stelle ward seine Rache immer glühender, unauslöschlicher. Nun ward er Statistiker, bekam als Mitglied der physikalischen und oekonomischen Gesellschaft leichten Zutritt zu den Staatsarchiven, den er zum Theil auch als Bürger hatte, durchwühlte alle Urkunden und Jahrbücher, machte sich Auszüge und Resultats und ruhte nicht, bis er alle Geheimnisse unsrer Republik mit allen alten und neuen Wunden und Eiterbeulen grundaus und schärfer als keiner unsrer Staatsmänner kannte. Zwo der ältesten und wichtigsten Urkunden, die man ihm zum Kollationiren anvertraut hatte, verfluchte er sich zurückgegeben zu haben, drohte dem Staatssekretair einen Prozeß anzuhängen, wenn er sie ihm noch einmal fordern würde, sezte diesen dadurch in Todesangst und einen Stadtbedienten in Gefahr abgesezt zu werden. Zu den vorläufigen Befriedigungen seiner bittern Rache – der er im Stillen ein grosses Fest bereitete, da er mit Adlergierde am Aas seiner Feinde sich sattfressen wollte – gehört sein Aufsaz im Schlözerschen Briefwechsel, der, in thalamo gesagt, viel Wahrheit, aber übertriebene, hämischgesagte Wahrheit enthält! Dieser Aufsaz, den man bey der zweiten Zeile niemandem als ihm zuschreiben konnte, gab Gelegenheit ihn in Verhaft zu nehmen und Hausvisitation zu halten, wo man denn die abgeläugneten Urkunden in dem Schrank seiner Magd unter alten Kleidern verstekt, einige bittere, verdächtige Aufsäze und einige entwendete Bücher, Instrumente, Kupfertafeln, Handrisse etc. fand. Einige Tage vor seinem Verhaft sagten ihm seine Freunde: „Keine Seele kann den Aufsaz im Schlözerschen Briefwechsel gemacht haben als du – es zieht ein Wetter über dich zusammen – hast du Schriften die du nicht gern sehen lässest, so verbrenns, oder gieb sie uns in Verwahrung – am beßten, du würdest dich selbst auf einige Tage entfernen. – – –“ Er verachtete die Warnung mit lachendem Truz. am 21. Nov. Nach seinem misglükten Versuche zu entfliehen – er ließ sich an zerrißenen Bettüchern drei Stockwerke vom Rathause, welches seine erste Gefangenschaft war, in den Limmatfluß hinab, die Strike zerrißen auf halbem Wege und er ward aufgefangen – nahm er seinen Tod für gewiß und da er ihn einer ewigen Gefangenschaft weit vorzog, so richtete seine Aussagen in den Verhören darauf ein. Er bekannte, sein Vorsaz sey gewesen, so bald er fremde Dienste haben würde – die er durch ein großes chronologisches Werk, das nun würklich bey Orell gedruckt ist, zu bekommen hofte – seine erworbenen Staatskenntniße und die entwendeten Urkunden zum Verderben seiner Beleidiger – die nahe Verwandte seiner Frau waren – und zur schreklichen Verwirrung seines Vaterlandes geltend zu machen. Im Fall ihm dieses fehlschlüge, so habe er seine Lebensgeschichte voll alles in Aufruhr sezender Anekdoten aus den Geheimnißen des Staats und voll bitterer Charakterisirung einiger verstorbenen und lebenden Regenten an Schlözern gesandt, daß sie nach seinem Tode gedruckt werde, um sich unfehlbar früher oder später gerächet zu wissen. Zween Tage vor seinem Tode bekam ich von unserm Konsul die Erlaubniß, ihn zu besuchen und ihm den Abschied seines Vaters – meines Onkels, – seiner Frau, Kinder und Geschwister zu bringen. Er äußerte die tiefste Traurigkeit darüber, daß er sie alle in solchen tiefen Jammer gestürzt habe. Aber in Ansehung seines Verbrechens blieb er bis auf den Schwerdschlag hart darauf, alles was er gethan und thun wollte sey durch Ungerechtigkeit abgedrungene Nothwehr gewesen und seine Richter haben die grössre Sünde. Eben dieß behauptete er auch gegen Lavatern, der in seinen letzten Stunden bey ihm war. Sonst bekannte er sich einen Sünder – aber seine Busse war so gemein, so roh, so bürgerlich, so ohn alle Empfindung und Delikateße, wie je des gemeinsten Delinquenten. Seine Kenntniß des Christenthums reichte nicht über das altorthodoxe System hinaus. Zum Bibelstudium hatte er nie den mindesten Hang. In den lezten Jahren, als ihn der Krebs der Rache halb durchgefressen, neigte er sich stark, was er mir oft sehr deutlich merken ließ, zu einem kraßen Deismus hinüber und verachtete seinen Orden. Am 27. May Jun. war sein Todestag. Er hörte die Ankündigung, daß er enthauptet werden sollte, im Gefängniß ruhig an, sprach noch übers Mittagessen mit seinem Wärter und mit Lavatern von verschiedenen Dingen so nonchalant, wie wenn er einen kleinen Spaziergang vors Thor zu machen gedächte – gieng seinen Todesgang mit muthigem Schritt und noch nie gesehener Standhaftigkeit – frug den Scharfrichter noch, ob er ihm bequem auf dem Stuhl size? bethete laut und empfieng den Streich. Ich lege Ihnen hier das Urtheil bey, das ihm bey seiner Hinführung auf den Richtplatz vom Rathaus herab vorgelesen wurde. Angestrengter Glaube an unbedingte Prädestination seines Schicksals – die Empfindung, wenn er auch bei Leben bliebe, keine ehrenvolle Rolle in der Welt mehr spielen, keinen Faden seiner Projekte mehr aufknüpfen zu können – Eitelkeit, auf eine eklatante Weise zu sterben und wie Simson durch seinen Tod seinen Feinden weher zu thun als durch sein Leben – dieß waren, wie mir mehr als wahrscheinlich ist, die Hauptstüzen seiner Standhaftigkeit und seines die ganze Stadt in Erstaunen sezenden Muthes. Die zu Schafhausen, Berlin und in Iselins Ephemeriden herausgekommenen Nachrichten sind unzuverläßig und in Absicht auf Charakter viel zu geschmeichelt. In den Ephemeriden ist die Unterredung mit seinen zween Knaben, von denen der jüngste bis nach dem Tode seines Vaters in meinem Hause war, ziemlich getreu erzählt. Lavater hat sehr genaue und ausführliche Nachrichten von dem ganzen Prozesse gesammelt auch seine letzte Unterredung mit Wasern aufgeschrieben und an
    Göthe
gesendet. Merkwürdig ist, dass sehr rechtschaffene und weise Männer unter W. Richtern nachdrücklich für sein Leben sprachen – merkwürdig, daß er nicht hätte sterben müßen wenn sein Urtheil ein paar Wochen später gesprochen worden wäre. So nemlich: unser Rath ist in den alten und neuen Rath abgetheilt, der alle halben Jahre in der Regierung wechselt. Der neue Rath ist eigentlich Malefizrichter, obgleich der alte Rath seine Stimme auch dahin geben kann, ob das Verbrechen todwürdig sey, oder nicht? In diesem alten Rath gabs mehr Stimmen zum Leben als zum Tod – und in ein paar Wochen wäre der alte Rath der neue Rath geworden. Noch ein paar Züge aus dem Charakter meines unglücklichen Vetters. Als Pfarrer that er seine äussern Pflichten mit der größten Genauigkeit, mit dem schärfsten Eifer. In der Theurung von 70. 71. 72. wandte er sein ganzes Einkommen und noch ein Beträchtliches von seinem Vermögen zur Unterstüzung seiner nothleidenden Pfarrkinder an. Es kamen, als er schon seiner Pfarre entsezt und oft selbst in grosser, oekonomischer Noth war, arme Bürger zu ihm. Er gab ihnen alles, was er zusammenbringen konnte und empfahl sie aufs nachdrücklichste seinen Bekannten. Von dem Vermögen seiner Frau gab er vor einige hundert Thaler an Interesse zu legen, machte seiner Frau zwo falsche Obligationen und kaufte sich aus dem Geld mathematische Instrumente. Ein reicher Herr rühmte eine elektrische Maschine, oder was es war, das Waser für viel Geld gekauft und dem Herrn für einige Zeit geliehen hatte – Schnell drangs Waser dem Herrn als ein Präsent auf. Für seine Arbeiten bei der phisikalischen Gesellschaft wollte ihm die Gesellschaft ein ansehnliches Geschenk machen. Er schlug es stolz aus mit dem Worte: „Es thut mir leid, wenn die Herren glauben, ich arbeite um Geld.“ Eben dieser Gesellschaft mangelte ein Telescop – aus kostbaren botanischen Werken und aus Röslers Insektenbelustigung waren Kupfertafeln herausgeschnitten. Waser machte die Gesellschaft zuerst aufmerksam darauf, wollte vor Ärger fast von Sinnen kommen, stampfte und fluchte wie ein Rasender – und bei der Hausvisitation fand sich alles bei ihm. am 22. Nov: Ich hätte würklich die Unverschämtheit gehabt, Ihnen das dritte Bändchen der Predigten zu senden, wenn Sie auch nicht so gütig wären, es zu erwarten. Noch ist aber kaum ein Fünftel ins Reine geschrieben – ich konnte erst im Jun. anfangen und werde oft Wochen lang unterbrochen. Therese Czartoriska war eine junge pohlnische Gräfin von außerordentlicher Schönheit die vor einigen Monaten während dem ihre Mutter niederkam am Kamin von der Flamme ergriffen unter fürchterlichen Schmerzen nach einigen Tagen starb. Ihr Schwager, Graf Cheruski, der vor einigen Wochen hier durchreißte, erzählte die Trauergeschichte Lavatern, der dadurch zu diesem Gedichte begeistert wurde. Cheruski Rczewusky ist einer der ausgebildetsten, vielwissendsten, feinsichtigsten Männer – ein passives Genie, wie ihn Lavater nennt. Er reißt, um das tiefste Leiden seines Herzens zu vergessen, oder zu lindern. Er kennt die geheimsten Maximen und Triebfedern des Petersburger- und Wienerhofes – ist ein Vertrauter seines Königs, dessen Nachfolger er einst werden kann und fühlt die zerrissene Verfassung seines Vaterlandes mit hohem Ingrimm. Er drang in Lavatern, ihm alles gerade herauszusagen, was er aus seiner Physiognomie von ihm wisse und ahnde. Laßen Sie mich noch so unverschämt seyn, Ihnen hier ein kleines Kampfspiel beizulegen, das ich im lezten Jahr meines Junggesellenstands für Lavatern und meinen Glauben kämpfte. Izt bin ich auf dem Dornenacker, im Schweiß meines Tagwerks ein wenig zahmer geworden. Kaufmann geht im Frühjahr mit Weib und Kind nach Schlesien zu Haugwiz. Er hat eine sonderbare Komödie in der Schweiz gespielt, deren Knoten ihn nun so enge um den Hals würgt, daß er ihn kaum wird lösen können. Alle seine Freunde hat er von sich, sich von allen seinen Freunden entfernt. Ungemessener Ehrdurst und Herrschsucht ist sein Wurm, der nicht stirbt. Ich kannte ihn von seinem zehnten Jahre und lernte mit ihm unter Einer Ruthe Latein. Aber nun sind Sie des langen Geschreibs herzlich satt – verzeihen Sie! Ach, daß es mir einmal in meinem Leben so gut würde, Ihr Angesicht zu sehen! aber das ist Einer der Wünsche, die ich in meinem Innersten bis auf den Anbruch der καιρων αναψυξεως versiegle. Lassen Sie mich Ihrem väterlichen Andenken empfohlen seyn. Der todt war und lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit sey mit Ihrem Geist! Ich lege meine Stirn auf Ihre Hand und bleibe mit warmer Sohnestreu Ihr ganz ergebener Johann Caspar Häfeli. Vermerk von Hamann: Erhalten den 9 Jul. 781.
(Fin. 1780) Liebster Hamann, Wenn mich auch nichts zu schreiben triebe, so wärs Ihre Äußerung, daß Sie Ihre Uebersetzung von Hume ungedruckt bleiben soll, weil Sie eine andre angekündigt gelesen. Ich bitte Sie, ändern Sie Ihren Vorsatz: was geht Ihnen die andre an, da Sie die Ihrige vollendet haben u. es eine große Frage ist, ob sie durch die andre ersetzt wird. Age, dünkt mich, tuum, fac oder sine alios agere suum: ich habe Sie sind, als der
    berühmte
Hamann, im Merkur deßhalb angekündigt u. Sie müßen den Götterboten nicht zum Lügner werden lassen. Wers hört, ist auf
    Ihre
Uebersetzung lüstern. Das Bändchen Briefe das Sie nebenan im Sinne führen, wird noch einmal so schön seyn, wenns dem Verf. der Gespräche als Gesellin zugeführt werden kann u. beide von Einer Hand sind. Ich bitte! u. so bald Sie das letzte, die Gesellin, aus jener Ribbe gebaut, so laßen Sie michs se doch auch beschauen; am Zuruf wirds nicht fehlen. Ueber meine Briefe hat Lav. mir einen großen Brief voll sauersüßer Anmerkungen geschickt, aus denen ich sehe, daß ihm u. mir vor der Hand gut ist, gegen einander Siebenschläfer zu werden. Die Illustres Voyageurs dieses Orts, haben ihm einer nach dem andern Ideen von mir beigebracht, die der zarte Mann, wie es scheint, nicht verdauen kann u. die als unverdaute Dinge bei ihm würken. Und doch ists u. bleibts gegen diese Herren mein Vorsatz, sie gehn zu lassen u. mich um sie nichts zu kümmern. Ihre Werke, die Arbeit u. Verfassung von 3. Jahren, denen noch immer jeder Tag entspricht, zeigen von des Baumes Saft u. Wesen. – Sie haben mich ihm als einen Gallsüchtigen geschildert, der mit ihnen nicht leben wolle oder vielmehr mit dem sie nicht leben könnten, u. doch habe ich gegen all ihr Beginnen, das übrigens nicht meines Amts ist, kein Wort gesagt. Mein Stillschweigen u. stumme Entfernung mit Absagung all ihrer Ehren u. Blendwerke drückt sie, ohne doch daß sie im mindesten sich um etwas anders bemühen wollten. Also sind wir durch Gott, unsre Ämter u. unsre Naturen geschieden. Der Herzog, der in Zürich den „Lichtbedürftigsten, Wahrheitsuchendsten Religiosen (erlauben Sie mir Zürcherausdrücke zum Zürcherkreise) gemacht hat, soll Lav. gesagt haben, da dieser ihn vermuthl. in manchem auf mich verwiesen: „ich gebe ihm nur
    Blitz
licht in der Religion, aber Göthe gebe ihm das wahre bleibende Licht“ ich wollte, daß meine Blitze ihm etwas anders als Licht wären – – Also de his satis superque. Er ist, seit er aus der Schweiz ist, den ersten Sonntag, sonst nie mehr in der Kirche gewesen: ist übrigens ein großer Moralist u. Lav. hat an ihn einen Menschen voraus verkündigt, vor dem die ganze Welt einmal bewundernd hinknieen werde – – Seine Offenbar. ist jetzt heraus u. er hat sie mir zugeschickt, ob ichs gleich verbeten: die Kupfer von H. Füßli gestochen (wie ich vermuthe) sind gut; das übrige werde ich kaum, wie ich ihm selbst geschrieben, vor der Hand lesen. Auch eine Therese Czatoriska hat er besungen; mich dünkt, ich habe von einer Fräul. Dommhard eben den Fall oder einen ähnlichen, daß sie nehml. durch einen Funken aus dem Kamin verbrannt sei, gehört; ists gar dieselbe? – Mit meinen Br. denke ich noch in diesem Jahr fertig zu werden u. wills Gott, soll der 4te Th. die 3 ersten krönen. Sie habens auch nöthig, denn es ist Gott zu klagen, wie linde u. leise man zu unsrer Zeit einhertreten muß, um nur Raum zu gewinnen, wo man sprechen kann. Ich habe mir vorgenommen, keine Rec. zu lesen, bis ich soweit bin, außer, was mir in Briefen zukommt u. ich also nicht umhin kann zu lesen. Das Ubrige soll meine Fr. sammeln u. als Siegelbewahrerin u. Kammerherrin des ganzen Hauses solange in Beschluß nehmen, bis das Scherbengericht vielleicht eine Stimme zur Fortsetzung gewähret. Gehen indeßen sollen die Briefe u. wenn ich nicht unrecht berichtet bin, soll die erste Auflage bald fort seyn. 1 Mos. 49, 22. bin ich freilich vom Hebr. abgegangen u. andern Uebersetzungen (ich glaube den 70. u. dem Araber, ich habe den Theil der Polyglotte nicht bei der Hand) gefolgt; im Grunde aber kann mit einer härtern Construction das בנוֺת צערה eben das sagen, wie denn Mendelsohn eben so übersetzt hat, der doch immer dem Masorethischen Text hat treubleiben müßen. Ich habe ihm, d**a er mir sein Buch geschickt hat, die Briefe geschickt, u. bin begierig, ihn drüber zu hören. Die Stelle aus den Maccab. fällt mir selbst nicht bei; ich schrieb aus dem Gedächtniß u. werde sie suchen. Mich dünkt, einmal ein Götting. Weihnachtprogr. darüber gelesen zu haben. – Ein fleißiger Candidat hieselbst hat sich an die Klaglieder gemacht an in einer Uebersetzung u. Anmerkungen u. mich um eine Vorrede ersucht. Ich habs gethan, mehr um den jungen Leuten Muth zu machen u. Fleiß unter sie zu bringen, als der Sache selbst wegen. Alles was Candidat ist, ist hier im Todesschlafe. Mit erster Muße fange ich eine Art seminarium mit ihnen an, in dem ich mir aber völlig freie Hand vorbehalten, so viel oder so wenig zu thun, als mein Muth oder andre Geschäfte zulassen; ich hoffe davon, da ichs insonderheit auch auf Schulen abgezweckt habe, guten Erfolg u. auch für mich Freude. – Mein Endw Plan zum seminario für Landschulmeister circulirt jetzo bei meinen geistl. HErn. Collegen des Ob. Consistor., welches ich gern geschehn laße, da ich überhaupt die Sache nicht betrieben habe u. den Plan gar nicht machen wollte. Die Ursache dieses Circulirens ist so lächerl. u. giebt eine so hübsche Flickidee von der hiesigen Verfaßung, daß ich sie Ihnen hinschreiben muß. Unter der Vormundschaft findet sich ein edler, christl. Mann, der jezige erste Minister, der ein dergleichen seminarium errichten will, dazu aus der Lausnitz einen frommen Mann verschreibt, darüber mit dem jetz. Präsidenten des Ob. Cons. damaligen Vicepräsidenten, allein u. exclusive committirt wird u. die Landschaft bewilligt 200 thl. dem Inspectori. Dieser kommt u. da er nichts als Buchstabiren zu lehren taugt, auch mit den 200. nicht gnug hat, so macht er durch eben den Minister, daß er Inspector vom Waisenhause wird, eine Mägdleinschule zu halten bekommt; anbei aber die 200 thl. behält, u. an das Seminarium weiter nicht gedacht wird, als daß die jungen Leute in gewißen Stunden zu ihm gehen, u. hören sollen, wie er die Mägdlein buchstabiren lehrt u. ihnen die Ordnung des Heils in Tabellen an die Tafel malt. Sie gehen nicht, u. kein Hahn kräht weiter. – Vor 2. Jahren beim Ausschuß des Landtages kommt wieder das Projekt auf: es werden neue 200. thl. bewilligt (an jene aus Kraft des HE frommen Ministers nicht gedacht) u. nun soll ich den Plan machen. Ich entschuldige mich leichtsinnig, werde aber höflichst dazu committirt u. nach 2. Jahren reiche ich ihn endlich beim Consist. ein. Der Präsident bringt mir höfl. ein Pack ältrer Acten mit, ob ich die nicht einsehn wollte; ich sehe sie durch, finde aber, weil von dieser Anstalt ein einzelnes Rescript ohne weitern Verfolg da war, gar nichts in meinem Plan zu ändern u. thue, als ob eine ältere Commißion nicht da wäre. Der Präsident votirt also, „ad votandum singulatim“ u. ich, der noch immer die Sache nicht begreife u. mir gar nicht einbilde, daß der fromme Mensch noch immer so viel Jahre die 200. thl. eines Seminarii genieße, das nicht da ist u. nie
    dagewesen
, wundre mich, laße es mir aber gern gefallen; bis mir eben gestern einer meiner Collegen das Verständniß öfnet u. ichs nun abwarte, was aus dem schönen Brei wird. Natürlich hob mein Plan all diese ganze Lumpencommißion auf dadurch daß er an sie, als ob sie nicht in der Welt wäre, nicht dachte, u. dies Institut mit Gymnasio, Ministerio, Stadtschule auf eine Art band, daß, wenn es zu Stande kommt, es nicht leicht wieder verfallen u. die jungen Leute insonderheit durch eignes Dociren in den untern Classen nützlich werden müsten. Soll aber jener Brei herangekleckt werden, so sage ich mich von aller Direction drüber los u. laße den ersten frommen Minister u. den Ob. Cons. Präsidenten fortpräsidiren. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit solchen Sachen unterhalte: sie sind aber Zeugniße all unsrer Anstalten. Man baut überall Schweinställchen u. ja jedes insbesondre daß niemand drauf Aufsicht habe u. wiße, daß es morgen wieder einfällt – – Ziehens Mscr. behalten Sie in Gottes Namen; auch als ein Denkmal, daß der Deutsche Merkur, u. die Fr. Gen. Sup., seine Poetische Muse an diesem gottlob seligen Propheten zusammengeschrieben haben. Hier ist dasselbe Urtheil über ihn ergangen, wdas bei Ihnen gefällt ist; über seine Mscr. habe ich mir durch andre Mühe gegeben, aber b noch vergebens. Doch verzweifle ich nicht, weil es scheint, daß es die Wittwe theils aus Armuth, theils der Ehre ihres Mannes zu schonen, als ein Sibyllinsches Buch zurückhält. Ist die Prophetische Zeit vorbei, so fällt sein Werth doch, u. man wirds haben können. Das Buch Chevilah kenne ich nicht; ich hielts für nichts, als einen fortgehenden hieroglyphischen Sinn der Bibel, doch scheint mir Ihre Meinung wahrscheinlicher, weil ers ausdrücklich in die ersten Zeiten der Welt bringt, u. auch seine Weltperioden aus Namen vor der Sündfluth hernimmt. Mich solls freuen, wenn ich etwas davon erjage — Ueber die Hieroglyphik darinn dachtehatte ich wie Sie Neugierde, zumal es mir zum erstenmal meine Frau Abends mit so heller, klarer u. zuverläßiger Stimme vorlas u. versicherte, daß das Alles so seyn müste. – – Doch gnug der humilium, meine Muse: altiora canamus also ein Neues Papier her. Den 18. Dec. Machen Sie sich fertig, lieber H., Ihren alten Bekannten u. Verehrer, Merk, nächstens mit seinem Haupte erhöht u. vielleicht bald als Cammer-Präsident oder dgl. im Darmstädtischen durch die Zeitungen ausgeruffen zu vernehmen. Dem Geh. R. Moser ist sein Bruder der Cammer-Präsident daselbst im Schicksal gefolgt: man sagt, daß Merk bei dem Allen seine Hand insgeheim durch den Erbprinzen, der Mosern eigentl. gestürzt hat, mit im Spiel gehabt; wenigstens ist soviel gewiß, daß er sogleich nach dem Sturz dem Volk vom Erbprinzen in grosser Vertraulichkeit, da beide zusammen in Einem Wagen gefahren, gezeigt worden, auch sogleich zu einer Geldnegotiation in Cassel, wo man für Gelde von den verkauften Amerikanern sich nicht zu lassen weiß, gebraucht worden. Zu diesem Glück! hat ihm Niemand als der hiesige Herzog u. sein Vertrauter Göthe geholfen, denn voraus konnte ihn der Erbprinz auf den Tod nicht leiden. Sie haben ihn, so hier als gewiß auch dort, vor den einzigen kapabeln Menschen im ganzen Darmstädter Lande ausgeschrieen, ihn als die reinste, uneigennützigste Seele (hem! heu!) vor aller Welt erklärt u. haben mit ihm auch nach ihrer Zurückkunft hieselbst noch eine geh. Staatsunterredung auf der Grenze gehabt, wobei sich denn Merk, der vorher der berühmte Recensent des Merkurs war, sogleich von dieser ihm jetzt unanständigen Arbeit losgesagt u. also jetzt in cameralibus u. Negotiationen Darmstädter Landes arbeitet. Die Art, wie der
    2te
Moser seinen Abschied erhalten, ist der seines Bruders gleich. Der Landgraf hat ihn fragen lassen, ob er nicht vor so u. soviel Jahren s das u. jenes an seinem Bette gesagt. Da dieser gesagt: er erinnere sich dessen nicht, hat er ihm zur Antwort geben lassen „er sei ein Lügner“ u. die natürliche Folge war, daß er seinen Abschied nehmen muste. Die Sache war drauf angelegt u. zum Gelderpressen oder Borgen, worauf es allein angelegt ist, ist kein beßerer Spitzbub in der Welt, als Merk – – weh dem armen Lande! u. hinten nach, weh ihm selbst! – Auf die Ministers gehts allenthalben her. Im Münsterlande hat
    Fürstenberg
, ein ungewöhnl. edler, guter u. arbeitsamer Mann, dessen Anstalten sSie dem Ruf nach kennen werden, den Tag nach der Wahl des Kaiserl. Coadjutors seinen Abschied erhalten, d (er war Gouverneur u. der vornehmste Gegner dieser infamen Wahl) In Trier hat La Roche, der Verf. ders 1ten Th der Br. über das Mönchswesen, deßgleichen mit der freundlichsten Mine des Churfürsten, als ob er ihm das gleichgültigste Papier überreiche, den Abschied bekommen u. da die ganze Stadt darüber in Rage gekommen, hat der Churf. darüber sein Gewißen vorgewandt, daß Einer, der solche Briefe schreibe (den 2ten Th. will La-Roche gar nicht geschrieben haben) nicht in seinen Diensten seyn könne. Seine Frau ist die Verf. der Sternheim u. der Br. Rosaliens, die hier Bode herausgegeben. Ich bin neugierig, ob der Statthalter in Erfurt sich erhalten wird: er scheints sehr darauf anzulegen u. läßt gehen. – Ihren Br. hat dieser erhalten u. mir davon geredet. Er scheint ist vielleicht in Verlegenheit zu antworten, oder der Br. ist nicht zur Antwort, denn sonst thut ers gleich: er dachte an sie mit der Hochachtung u. Liebe, wie immer, u. schien mir damals, von Mosers u. Fürstenbergs Exempel voll u. von der Ehre ihres Märtrerthums angesteckt zu seyn. Er war ordentl. aufgebracht über die Frage der Berliner, von den Vorurtheilen p u. – wollte, man müßte ihnen keinen Pardon geben, wornach er doch selbst nicht handelt, auch wohl kein Mensch in Geschäften handeln kann. Mich dauerts in der Seele, daß mir damals die Zeit un fehlte, mich über die Frage, etwa in 3. Platonischen Gesprächen zu erklären – vielleicht thue ichs noch. Die Schrift Ihres Königs über die D. Literatur werden sSie gelesen haben, ein Comisches Meisterstück; eine schöne Parallele der meinigen. Hier ist diese: nehmen Sie sie nach dem Zweck, der in den letzten Reihen erklärt ist, auf. Ich will ein Ex. an Moser u. Eines ausn Görz schicken, um vor diesen beiden Leuten, die ich durch meine Nachläßigkeit unendl. beleidigt, wieder auf einige Art höfl. zu erscheinen. Mich soll wundern, ob der König etwas von ihr vernommen; hören Sie etwas davon, so theilen Sies mir doch mit. Das Ende seiner Schrift ist mir das merkwürdigste von Allem; wollte Gott, daß der alte Moses wahrgeredet hätte. Er endet mit einer Prophezeiung – – denn in der That wollte ich, er schriebe nicht mehr, lebte aber noch einige Jahre für Deutschland. Da die heil. Theresia todt ist, fürchte ich, der Kaiser, dems überall juckt, werde nicht ruhen u. wehe dem armen Deutschl. – doch wir sind in der Hand der Wächter, u. wer weiß in solchen Sachen, was gut ist. – Von Starken ist lange gesprochen, daß er nach Darmstadt einen Ruf als Oberhofpr. habe u. solange vom Erbprinzen aus der Schatoull besoldet werden soll, bis Benner stirbt u. er deßen Stelle erben soll. Ein schöner Nachfolger meiner – wie freue ich mich, daß ich an der Erbietung nicht Theil nehmen
    dorfte
! um nicht gar zuletzt noch unter Merk zu stehen, hallelujah. Meine Theolog. Br. sind jetzt zu Ende u. ich hoffe, daß die 2. letzten Theile, die aber auch nur Skiagraphie sind, die ersten überwiegen werden. Ich habe jetzt Ruhe nöthig, wenns hienieden Ruhe giebt. Einige Tage habe ich gegen den verhaßtesten Plan unter der Sonne „alle KirchenKapitale unsers Landes zu Einem zu machen“ den unser Ob. C-Präsident ausgeheckt u. mit den schändlichsten Vorstellungen über die jetzige Administration begleitet hat, arbeiten müßen. Ich bin noch nicht fertig u. fürchte, wir werden nie mehr herzl. Freunde werden. Es ist der kindischste Geist darinn, demder eher die Ruthe, als Beantwortung verdient, u. mit nichts, als dem dümmsten Banquerout des ganzen Kirchen-Etats sich endigen könnte – – Ich fürchte meine
    ruhigsten
Zeiten hier sind vorbei; doch wer weiß, die Vorsehung hat überall ja die Hand im Spiele. Gebe mir doch Gott einmal den Wunsch der 4ten Bitte „getreue Nachbarn u. deßgl.“ er ist der wahre Zaun unsres Wohlseyns auf Erden – Gottfr. u. Wilhelm, primus et tertius, haben eine Zeitlang gekrankt; frater secundus et quartus sind wohl und der Bruder quintus befindet sich in seinem unsichtbaren Reich auch gut: ich wir hoffen, er wird ein glückl. Maienkind werden. – Daß meine Schwester mir nicht geantwortet, thut mir leid: es ist keine gute Anzeige. Gott helfe dem armen Weibe, denn Ihr kann doch im Grunde kein Mensch helfen. – An Fischern antworte ich in einigen Reihen. Mich hats herzl. gefreut, seine Hand zu sehen u. seine Stimme wieder zu hören: er ist noch, was er war. – Leben Sie wohl, liebster H. u. feiern Sie die glückl. Feiertage. Ich will im Geist bei Ihnen seyn u. mich an Ihrer Andacht freuen. Meine Frau grüßt u. umschließt sie herzlich. Meine Buben küßen Ihnen die Hände. Glückl. Ausgang des A. u. Eingang des N. Jahres Ihrem ganzen Hauß,
    Korb
u.
    Übriges
mit eingeschloßen. Erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe, u. fragen Sie nicht darnach, was Sie schreiben oder zu schreiben haben. Es schreibt sich immer, wenn man will u. Lust hat; u. wenigstens ists doch Papier u. Handschrift von Ihnen. Adieu, Adieu, Gott befohlen – – Ihr   treuer H. Prof. Eichhorn in Jena glaubt auch, daß es ein Buch Chevilah gebe, auf der dortigen Bibl. ists aber nicht. Haben Sie Temple’s M Histor. u. Moral. Denkw. gesehen – ein schönes Buch. Haben Sie Rousseau juge de Jean Jaques noch nicht gelesen: so schaffe ichs Ihnen sehr leicht. Auf das vielgelobte geheime Buch des erreurs et de la verité warte ich noch immer; u. vielleicht ist am Ende doch nichts dahinter Nächstens schreibe ich Ihnen von einer Utopischen K. Vereinung die in Deutschland in petto ist. Möser in Osnabr. hat einen gedruckten Brief darüber geschrieben, 1. Bogen stark, voll Geist u. Laune nach seiner Art, der alles beinah drüber sagt, was gesagt werden kann – Leßing höre ich ist bei Gleim gewesen u. beßer. Claudius ist für mich, wie gestorben. Lavat. Offenbarung ist angekommen u. soll wegen der schönen Kupfer dem Gottfr. zum H. Christ verehrt werden. – – Wenn ich Ihnen einiges doppelt geschrieben, so verzeihen Sies; ich habe den vorigen Br. vor Monatsfrist geschrieben u. jetzt nicht übergelesen. Adieu. H. 3. Druckfehler habe ich bemerkt in der Preisschrift:
    fein
für
    fern
, zu Athen für
    zu Athem
kommen u. noch irgendwo Einen; ich weiß sie aber nicht zu finden.
Auf der Loge den 11 Xbr. 80. Liebster Herr Magister und Freund, Vorgestern Abend erhielt Ihr Notificatorium – denn Löwen Ihren Reisegefährten habe zwar erwartet aber noch mit keinem Auge gesehen. Weil der Briefträger entre chien et loup ankam, erkannte weder Ihre Hand, noch konnte zu Ende lesen – als Herr von Auerswald mich überraschte, den ich in Monatsfrist nicht gesehen. Er übernahm sogl. die Besorgung Ihres Unterbringens und das Willkommen in meinen Namen zu schreiben. Gestern habe dasen Gruß an das Müllersche Haus durch Hänschen bestellen laßen; und siehe da, die ehrlichen Leute haben schon alles besorgt – und es wartet alles auf Sie. Wirthin,
    meublirte Zimmer
, eine
    gute Lage
und Nachbarschaft. Bis Ostern können Sie umsonst wohnen, und den Contract nach Belieben schließen.
    Freunde
vom Müllerschen
    Hause
sowol als
    Ihnen
    selbst
räumen Ihnen diese Gelegenheit ein. Allso rathe ich Ihnen unmaaßgeblich mit Ihrer Anherokunft zu eilen, um alles Selbst in Augenschein zu nehmen. Die erste Nacht können Sie wo Sie wollen zubringen. Ihr Herr Dechant, Prof. Kreutzfeld, freut sich auf Ihre Einführung in docto nostro corpore, das Decanat gehen Sie auch mit Ostern vorbey, wenn Sie vor diesem Termin fertig werden, und Platz wird Ihnen mehr als einer machen. Daß Sie sich aber von Ihrer Ungedult eines so unmoralischen Ausdrucks bedienen, ist gar nicht handwerksmäßig und kaltblütig gehandelt. Nun hievon mündlich mehr. So alt ich bin und so ungern ich gehe, wollte ich Ihnen doch gern bis aus dem Thor entgegen kommen. – Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Familie mit ergebenster Bitte Sie nicht in Ihren Progreßen zum erwünschten Ziel länger aufzuhalten. Dafür will ich Sie auch einmal nach Elbing begleiten, wenn Ihnen mit hypochondrischen Gästen u Besuchen gedient ist. Veni, vide, vale!:!!:. Adresse:
An / den Freund Herrn M.
    Kraus
/
    citissime
den 16 Xbr. 80. Geliebtester Freund, Eben erhalte einen Brief vom würdigen Pfenninger dd 29 pr., aus dem ich Ihnen eine Stelle mittheilen will „Mein Herz ward etwas schwerer bey dem Auftrage wegen H. und da ich vernahm, daß er bey Prof. Breitinger am Tische ist, so ward mir ganz leicht mein Herz. Der Jüngling ist
    recht wol
versorgt. Breitinger ist von den unparteyischen, gutlaunichsten, fleißigsten, geschickten treuen Menschen einer, den man sehr lieben muß, ist unser Gesellschafter und wöchentlicher Freund, hat wolerzogene Knaben und wackere Schwägerinnen zu Haushälterinnen; denn er ist Wittwer. Der
    liebe
junge Mensch war zur Musik bey mir.“ – Diesen letzten Zusatz verstehe ich nicht. Einl. ist ein paar Posttage alt geworden, welches zu entschuldigen bitte, weil ich ohngeachtet meiner Sparsamkeit mehr Postgeld ausgeben muß, als ich damit verdiene, am meisten aber das bedaure, was ich für meine Antworten zahlen soll. Den 21 pr. erhielte durch Ihre Güte den Sept. des Journals nebst einem fr. Buche, welches ich eben der Me Courtan zustellen wollte um es zurück oder weiter zu befördern, als sich HE Laval dazu meldete, der es auch den 28 erhalten, u mir den 9 huj. meinen Antheil an Astracanschen Trauben zukommen laßen. Dank für mich u meine Kinder. Nun noch auf Ihr letztes zu kommen welches den 20 pr. erhalten so freut es mich von Grund der Seelen, daß Sie Kantens Verleger geworden. Ist es Ihnen mögl. mir die Hälfte des Abdrucks vor der Hand zukommen zu laßen durch Spener auf meine Kosten, so
    wäre mir unendl. daran gelegen
, wie auch ihn wegen der
    zu erwartenden Uebersetzung
der
    Humischen Dialogen
zu erinnern
    selbige so feucht
u.
    warm als mögl. an mich zu befördern
, nebst einer etwanigen Nachricht, wer der Uebersetzer dieser Schrift seyn mag. Meine ist schlechterdings ad Acta reponirt, und
    abgemacht ist abgemacht
, so wol Ihrent als meiner Selbst wegen. Kant hat mich darum gebeten, u liest sie jetzt zum 2ten mal. – Unser alte Freund der zeitige Hofhalsrichter oder Criminaldirector Richter Hippel ist zum dirigirenden BürgerMeister u PoliceyDirector ernannt worden. Prof. Kraus ist vorige Woche in Elbing angekommen u wird tägl. erwartet.
    Von Herder
habe mir seine Preisschrift u 2 Casualpredigten angeschafft. Ob letztere mit oder ohne sein Wißen ausgekommen möchte ich gerne wißen. Wünschte eine ganze Postille von ihm zu haben. Trappens Hirtenbrief ist mir im Mst. hier zu Händen gekommen. Er
    am Pranger
, den er verdient, ist von der Hartungschen Buchhandl. zurückgesandt worden. Alle Welt klagt, daß auch dieser Laden leer ist. Nicht einmal Buffons Epoques noch Daguesseaus Meditations philosophiques noch Heineckens Abc u Lesebuch sind hier zu haben. Kurz wir sind Matthäi am letzten. Auch für die Scherflein danke. Sie sind mir jetzt noch einmal so werth, da auch unser Salomon über das neml. Sujet ein Meisterstück geliefert, das ich gestern zum Abendbrodt und heute zum Frühstück gelesen, mir aber wie dem Hunde das Grasfreßen bekommen. Das ist ein wahres Original französischer Ignorantz u Unverschämtheit. Sorgen Sie ja dafür, daß ich auch das
    2te Blatt zur Chronik
erhalte wenn es der Verf. vergeßen sollte. –
    Entschuldigen Sie mich bey
HE.
    Lenz, daß ich noch nicht antworten kann
. Seine Einl. gehen diese Woche nach der Schweitz ab. Gott schenke Ihnen u Ihrem gantzen Hause
    ein gesundes fröliches geseegnetes Neujahr
!!! Ich kann nicht schreiben, Finger u Gedanken sind lauter Eis von innerl. Frost. Hänschen Michel empfiehlt sich mit seinem Geschwister. Mit der ersten Parasche der Genesis werden wir wills Gott dies Jahr fertig werden. Ich umarme Sie u. ersterbe Ihr alter treuer Freund Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
à Monsieur / Monsieur Hartknoch / Libraire / à /
    Riga
. /
    par faveur
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg   Empf den 14 Dec 1780   beantw d 24 –
Drubenalken den 18 Dec. 1780 Lieber Bester Vater Haman! Vergeben Sie, daß ich so lange gezögert habe Ihren letzten Brief zu beantworten. Die Recken und Hinz sind daran schuld mit denen zanken Sie. Von der ersten habe ich izt erst die Beschreibung vom Prinzen und seinem Gefolge erhalten (: hie ist ihr Brief lesen ihn sie ihn selbst, und schicken Sie ihn mir so bald als möglich zurück:) und den letzten, habe ich izt vor drey Tage erst gesprochen, obgleich er nur 2 Meilen von hir entfernt ist. Ich wolte durchaus er solte an Sie schreiben; er sagte mich aber ich solt Ihnen sagen er liebt Sie herzlich, aber das lesen und schreiben hätte er auch so ganz vergessen, daß er an keinen Menschen mehr schreiben könte, und dann ginge es ihm so wie Ihnen, er hätte das Podagra in Händen oder er fühlte, daß er es bald bekommen würde. Er ist noch viel stärker geworden, er sagte mich er würde den ganzen Buchhandel zum teufel werfen, den er verlieret über 30000 fl. daran und er würde künftig oder noch künftig Jahr mit seinen ältesten Untergebenen aus dem Lande gehen. Ich gab ihm Ihre Beyde Briefe an mich zu lesen; er hüpte vor Freuden, und zeigte einige Stellen daraus HE. von Firks 2 zimlich kluge Männer, die mit in der Geselschaft waren, die sich mit ihm darüber freuten, und Sie bewunderten. Hinz sagte „Es ist doch ein sehr lieber Mann unser Hamann, wir wollen uns zusammenfreuen, daß er unser Freund ist, und uns seiner Freundschaft würdig machen, grüßen sie ihm herzlich von mich.“ Und so trenten wir uns. – Und Dieses ist alles was ich Ihnen von Hinz sagen kann. – Nun will ich Ihrem mich sehr lieben letzten Brief beandworten. – Ihre Einlage schickte ich sogleich zu Pathey dieser und die Recken haben auch schon einige Prenumeranten gesammelt. Sie haben mich beyde aufgetragen, Ihnen ihrer Freundschaft zu versichren. – Izt werden Sie schon mehr von Ihrem Nachtbar zur Rechten wissen. hat er sich scheiden lassen oder nicht? hat er die Stelle schon ersetz? Die Wahl wird ihm nicht schwer fallen den ihres gleichen findet er in allen B., wenn nicht in Königs. so in Berlin. – Ich bedaure die Kinder, daß weil keine Besen mehr zu haben sind, und die große Leute weil sie nicht mehr sagen können. Kommen Sie zu uns, hir sind viele Besens, aber keine Galgen. Wie könte ich Sie in Bester Hamann, in Ihrer Schlafmütze in Ihren Sorgstuhl vergessen! Wie oft habe ich Sie in diesen Aufzuge gesehen, und frohe und lehrreiche Stunden bey Sie zugebracht! – – Ihrer lieben Hausmutter und lieben schönen Kinder küsse ich herzlich. – Gott lasse Ihnen alle, das alte Jahr froh und gesund schließen, und schenke Ihnen und den Ihrigen im neuen Jahr was zu Ihrem Wohl dienet, und erhalte Sie mir als Freunde. – Den Würdigen Professor Kreutzfeld, den Würdigen Brahl und HE. Löwen meinen besten Empfehl. Wie gehet es Brahl mit seiner Muße? – Nun Bester Vater leben Sie wohl leben Sie glücklich. Ich küsse Sie herzlich, und bin Ihre Wahrhafte Freundin Stoltz In der größten Eile der Schlitten stehet vor der tühre um auszufahren. – Kgsb den 18 Xbr. am Tage Χstophs 80. Herzensfreund, Vor einer Stunde erhalte Einlage, auf die ich mit Schmerzen gewartet. Thun Sie doch Ihr Bestes die arme Kreuzträgerin zu beruhigen. Den 18 pr. erhielte ich einen Brief voller bitterer Klagen, aber keine Antwort an Sie. Ich drung schlechterdings darauf; und erlaubte dieIhr, falls es Ihr Erleichterung schafte, kein Blatt vors Maul zu nehmen und Ew. Hochwürden die Epistel zu lesen. Bey Schreibung meines Briefes und nachher wurde mir selbst angst für meine kauderwelsche Sprache, die nicht Jedermanns Ding ist, und leicht Misverstand u Aergernis geben kann. Ich bin zufrieden, daß ich meinen Willen gekriegt habe.
    Wie
sSie mich verstanden, weiß ich nicht; daß Sie meinen guten Willen nicht misverstanden, seh ich auch. Sie sagt mir rund heraus, daß
    ich
ihren ganzen Brief nicht verstanden u
    sie
meinen ganz widerlegen könnte, wenn sie Zeit u Lust hätte. Gesetzt, liebster Herder, daß Ihrer würdigen Schwester auch im Unmuth etwas entfahren seyn sollte: so weiß ich, daß Sie kein Hoherpriester Eli sind, und bitte es auf meine Rechnung zu schreiben. Denn zwey Wege giebt es doch bey der ganzen Sache.
    Scheiden
oder
    Leiden
. Sie sagt nun Selbst wider, daß der Mann das Sauffen nach läßt, und sie über keine thätl. übele Begegnungen sich zu beklagen hat. Also bleibt nichts als die edle
    Gedult
übrig, und die wird ihr Gott auch schenken. Ich will meinen vorigen Brief, so gut ich kann, wider gut machen, und bitte um Ihre brüderl. u. priesterliche Beyhülfe Sie bald mit einer
    sanften
Antwort zu erfreuen. Wenn Sie ja nöthig finden ihr etwas
    hartes
zu sagen, so laßen Sie
    mich
das
    Leitzeug
seyn und vertrauen es mir. Es ist wirklich keine gemeine Prüfung für so ein edeles, empfindliches, lebhaftes Weib an einen so faulen Leichnam gebunden zu seyn. Von Ihrem wiedergefundenen Fischer hab ich seit der letzt mir anvertrauten Einl. nichts weiter gesehen u gehört, und ich weiß nicht ob er lebt oder tod ist. Ich bin immer bisher krank und siech gewesen. Entziehe mich allem Umgange, und wenn ich einmal einen Kreuzzug nach der Stadt thun muß, komm ich mit einem Flußfieber zu Hause. Schlimme Augen machten mir auch Angst, bin aber leicht u glücklich wider alles Vermuthen davon gekommen. Kein Wunder wärs, wenn ich bey lebenden Leibe versauerte und vermoderte oder wie mein seeliger Bruder Christoph zum Cretinen würde. Gott gebe Ihnen dafür desto mehr Gesundheit und Stärke, daß Sie mich bald mit
    dem 2ten Bande Ihrer Briefe
beseeligen können. Die Stelle hab ich in meiner Bibel unterstrichen gefunden aus dem Buche der Maccabäer. Erwarte also blos über die erste eine kleine Zurechtweisung. Ihre Preisschrift habe mir schon gekauft. 1 fl. schien mir kein Geld zu seyn für das schöne prächtige Format, der franz. Titel zum deutschen Text ist ein Beweis von Einfluß der Regierungen. Ich habe sie in einem Abend nach meiner lieben Gewohnheit mit einem Zuge durchgelesen, und warte auf das Heften, um sie mit Ueberlegung durchzugehen. Auch Ihre beyde
    Casualpredigten
besitze schon, und wünschte eine ganze Postille von Ihnen zu erleben. Sind sie mit oder ohne Ihr Wißen ausgekommen? Gestern auch den Novbr des Museums durchgelaufen und mich blos aufbey Ihrem Briefe über
    Andreä
verweilt. Wer ist der seel. K? Sind Sie nicht der Uebersetzer u Sammler des Andreä? Kreutzfeld findt sich wider zu mir, und hat mir einen kleinen Dialog über den Rang der Geschlechter vorgelesen, der mir gefallen hat; wünschte auch, daß W. ihn werthhielte für seinen Mercur. Wenn Sie dazu beytragen können, daß er zu der Ehre gelangt, so werden Sie uns verbinden; aber er will
    schlechterdings ohne Ort u Namen eingerückt
seyn. Sorgen Sie doch also für diesen Umstand, woran ihm gelegen ist und welches ihn zu mehr Beyträgen aufmuntern kann. Hippel ist kürzlich Hofhalsrichter oder Criminaldirector und jüngst dirigirender BürgerMstr und Policeydirector mit dem Titel eines Kriegsraths geworden, wider aller Gedanken und zum allgemeinen Erstaunen seiner ältern HE Collegen, die mit der Wahl nicht fertig werden konnten. Er hat sich durch seine Ausarbeitung des Criminalrechts in Berl. einen großen Namen erworben, und der Hof soll dergl. Juristen in unserer barbarischen Provinz weder gesucht noch vermuthet haben. Ich schmeichele mir einen Freund an ihm zu haben, und bin willens jetzt meinen Sitz im Rathsstande zu nehmen sub vmbra alarum suarum. Diese Kleinigkeit ist für mich ein größerer Gewinn, als Sie sichs einbilden können, weil ich keine Stelle in einer Kirche mehr wuste, der KFürstenstand mit Damen, Officiren u Studenten überpropft ist und ich an der Altstadt hänge, par habitude und weil ich mich da zur Kirche halte. Sollte mein Beichtvater, wie es heißt, seinen Abschied nehmen: so wirds Fischer im großen Hospital und vielleicht komt dieser nach der Altstadt, weil Hippel viel von ihm hält. Nun, liebster Herder, komt es Ihnen nicht auch omineux vor, daß der Salomon du Nord ein Nebenbuler des Magus in Norden geworden. Freytags Abends bekam ich die Skarteque, da ich eben denselben Morgen die Geschichte des trunknen Noah gelesen hatte. Ich wünschte, daß ein welscher Bel-esprit die Rolle des Chams auf sich nähme, wie Raynal bereits gethan. Der seel. Qvandt erscheint wie Samuels Schatten dem verworfnen Saul. Solche herculische Pudenda von Unwißenheit und Eigendünkel sind der wahre Charakter seiner Größe. Behandelt er doch unsere Litteratur mit seinem welschen Gänsekiel wie der Lügenprophete Bileam seine Eselin; das Knie hat sie schon gebeugt – an dem Wunder wird es auch nicht fehlen – an dereiner Antwort in seiner Göttersprache. Kennen Sie schon das neue Gesangbuch, welches 82 eingeführt werden solle. Vermuthl. wird das Ministerium zu Berlin auch alle Infinitiuos zu desinentia in -a machen. Das Geheimnis der heil. Dreyeinigkeit leuchtet in dieser wäßrichen Liturgie wie das Principium der 3 Einheiten im welschen Drama. Bahrdt ist kein unebner Mann uns die gr. u römische Litteratur wie die
    Bibel im Kleinen
zu liefern. Letztere habe angesehen auf hohe Empfehlungen eines Manns von Geschmack ⸂Kr. Scheffner⸃. Seinen Versuch vom Tacitus hab ich noch nicht erhalten können. Nach Verhältnis meines Hungers hängt hier der Brodtkorb so hoch, daß man nicht einmal für Geld was erhalten kann, nicht einmal Heinikens Abcbuch für meine Käthe die nicht lesen lernen kann. Den 19. Trappens Sendschreiben habe im Mst erhalten. Die Beantwortung unter dem Namen
    Semler
ist hier zu haben; Trapp aber am
    Pranger
soll von der Hartungschen Buchhandl. als eine Schmähschrift zurückgesandt worden seyn. Verhältniße des Verlegers mögen wol ehe daran Schuld seyn Endl. hab ich auch Döderleins Antifragmente einmal zum Ansehen bekommen u heute durchgelaufen. Meine Gedanken über die natürl. Religion sind anticipirt, so wie er mit Ihnen S. 174. 175. II. zu harmoniren scheint. Der Uebergang vom Göttl. zum Menschl. dünkt mir immer ähnl. Misbrauch ausgesetzt zu seyn. Beyde Extreme müßen schlechterdings verbunden werden, um das Ganze zu erklären, ουσια του σωματος und εξουσια του αξιωματος. Durch diese Vereinigung wird das Buch heilig, und wie aus einem
    Menschen
der
    Fürst
. Eine κοινωνια ohne Transsubstantiation – weder Leib, noch Schatten; sondern
    Geist
. Doch ich muß erst weiter gekommen seyn, um mich hierüber erklären zu können. Hab ich Ihnen schon gemeldt, daß Hartknoch wirkl. Verleger von Kantens Kritik der reinen Vernunft geworden, und daß selbige nun auf Ostern gewiß auskommen wird. Ich mache mir großen Staat darauf, daß dieser Mann mir in einigen Dingen vorgearbeitet haben wird. Hume’s Essays habe nach einer neuren Ausgabe, als meine alte verlorne, durchgegangen und bin jetzt beyin dier natürl. Geschichte der Religion stehen geblieben. Eberhards Sittenlehre der Vernunft habe mit rechtem Eckel angesehen. Was für ein altmodischer Nachbeter ist dieser Reformator der Dogmatik! Selbst sein Styl, wie nachläßig! – und der liebe Campe was für ein pedantischer Stutzer in seinem Beweis für die Unsterblichkeit der Seele! Hier giebt es eine große Gährung unter den schönen Geistern des lieben Vaterlandes. Kanter druckte übernahm vor 3. 4 Jahren eine preuß. Blumenlese, worinn Kreuzfeld, Reichard, John, Bock, Hauptm. Diercke, Verf. eines Trauerspiels u Lieut. Szerwonka, LicentAssessor Lilienthal gegenwärtig in Memel die Hauptverfaßer waren. Kanter war Verleger und weil er die Druckerkosten nicht bezahlen konnte, erstickte das Kind im Bade – Ich weiß nicht ob Sie, liebster Herder! nicht etwa ein Exemplar von Hartknoch erhalten, wie Hinz eins hier mit gebracht aber nicht für mich. Voriges Jahr erschien zum ersten eine andere Samml. in Form des Musenallmanach, zu welcher
    Mohr
und
    Doerk
! (ein paar nichts bedeutende eitle Jünglinge) als Herausgeber sich nannten. Referendarius Herklots wird für den besten Kopf einmüthl. unter sdieser jungen Brut erkannt. D. Funken Sohn, Wannowius – – sind lauter Dii minorum gentium. Ueber diesen Musenallmanach hat nun die Kantersche Zeitung zu einem lächerl. Froschmäuseler Anlaß gegeben auf eine sehr zufällige Art. Ein Hofgerichtsrath
    Glawe
hat sich gelüsten laßen einige wenige Beyträge in diese milde Stiftung zu liefern, welche in so elenden Umständen ist daß man aus Noth erstwo Recensionen stiehlt aus dem T. Mercur, aus der allgem. Bibl. und die AnfangsBuchstaben der Bücher für die Namen der Verf. unterzeichnet. Jener Glawe recensirt, nachdem er eine Advokatenschrift in meinem biblischen Styl mit dem AnfangsBuchstaben H. angekündigt, einen Prolog von der Gr. Kayserlingk bey des Prinzen Gegenwart ziemlich klug übersetzt p ,zeigt auch ein paar elende dramatische Vorspiele von John an, streicht selbige über all Verdienst u Würdigkeit aus und führt zuletzt ein Bonmot des Verf. an, welchen zufolge er die Verf. der Blumenlesen statt eines Beytrages, um den sie ihn ersucht, die officia Ciceronis empfohlen. Buchdrucker Hartung der seines Zeichens auch ein Versifex u Mitarbeiter der Blumenlese ist, läst eine derbe Apologie des Funk im Namen aber der Herausgeber austheilen. Dörk, der Referend. beym Hofgericht ist, bekommt einen Verweis von des Kanzlers Excell. gegen einen Rath die Feder ergriffen zu haben mit so wenig Respect. Hierauf beurkundet John im letzten Blatt nicht der Thäter des ihm aufgebürdeten Bon mots zu seyn, erklärt sich als Mitarbeiter des Allmanachs trotz des vom Recensenten ihm ertheilten Lobes, und kündigt zugl. Baczko den Verf. des Tempe u Comp. worunter auch mein Nädler Brahl, Zitterland p gehört als neue Mitarbeiter an. In eben dem Blatt erscheint eine Fabel im
    Styl der Bücher der Makkabäer
, (wie der Verf. versichert) der sämtl. Blumenleser für DistelEsel hautement erklärt. Als Beyl. wurde zugl. ein Manifest von Mohr ausgetheilt, daß weder er noch Consorte das geringste von der Hartungschen Schmähschrift gewust haben. Sonntags Abend komt ein Bote aus dem Kanterschen Laden u versichert allenthalben den zeitigen Decanum gesucht zu haben, weil das Officium Fisci sein unvorgreifl. Bedenken in Ppuncto der Eselfabel geäußert hätte. Also ist dem armen einfältigen Dörk sein Kützel nach einem gedruckten Namen ziemlich versaltzen worden. Die Folgen dieses Bubenkrieges für die Vaterländische Litteratur wird die Zeit lehren Es ist hohe Zeit, daß der Prof. Moralium ankomt. In Elbing ist er schon und ich erwarte ihn mit jedem Tage, höchstens zum heil. Christ oder Neujahr. Vielleicht bringt er ein wenig Oel für meine verlöschende Lampe mit. Wißen Sie nicht, liebster Landsmann! ob der Statthalter meinen Brief erhalten. Ich besorge immer daß er untergeschlagen oder ein
    par faveur
auf dem Couvert ein Verstoß des Wohlstandes ist. Claudius hat mir auch noch nicht gemeldet ob er meine Einl. an Kl. abgegeben oder nicht. Wenn ich das Meinige thue, so überlaße ich jedem gern, nach seinen Willen zu handeln. Ein Versehen aber in meiner Pflicht beunruhigt mich immer; aber auch keine Antwort ist eine für mich. Kommt mirs so vor oder ist es wirklich daß die welsche Deduction de la Litterature allemande ein vorteilhaftes Licht auf meine Scherflein zurück wirft; weil ich wirkl. die falsche Grundsätze vorausgewittert zu haben mir einbilde. Reichards jüngste Schwester, welche hier an meinen Freund Durow, gewesnen Lotterie Secretair u gegenwärtigen Verwalter oder Buchhalter des Millionnaire Fahrenheit verheyrathet, ist gestern mit einem jungen Sohn erfreut worden und ich durch sein AnmeldungsBillet. Ey! ey! nichts näheres von der Chevilah? – Hat man keine Hofnung, daß das Mst dieses Mannes erscheinen werde oder giebt es keinen Weg das kabbalistische Original näher kennen zu lernen. Enthalten Sie mir doch nichts Wißen Sie nichts vom Kleuker? Hat er ein Exempl. meiner Scherfl. auch erhalten? Ich habe weder seine Fortsetzung der Salomoschen noch seine Platonischen Uebersetzungen zu Gesicht bekommen – – Lenz hat mir zum zweyten mal geschrieben u hält sich nach seiner Zurückkunft aus Peterb. zu Aya bey Dörpt auf bey Cammerjunker Lippert als Hofmeister, hat Hofnung zu einem Bibliothekariat ich glaube beym Großfürsten; will seine Schauspiele umarbeiten – Pfenninger hat mir vorigen Sonnabend gemeldet daß Hartkn. Sohn bey Breitinger nach Wunsch versorgt ist, u Kaufmann auf ein Gut des v Haugwitz gezogen ist oder ziehen will mit seiner Frau u dem engl. Mariachen. Wißen Sie etwas von dem Zusammenhange dieser Kreuz- oder Winkelzüge. Gehts nicht mit der Freundschaft wie mit der Liebe? Beyde sind so vieler Leute Verderben und werden aus dem edelsten Wein zu Eßig – und aus dem erhabensten Organo die schaalste Schulfüchserey. Mit meinem Hans Michel werde dies Jahr die erste Parasche der ältesten Urkunde schließen. Gott Lob und Dank für den gemachten Anfang! im Griechischen, Lateinschen u Hebräischen. Gute Nacht auf heute! Am St. Thomas Tage. 21. Dezember Hatte diese letzte Seite zu einem langen Neujahrswunsche bestimmt. Ich bin aber so
    arm am Geist
, liebster bester Herder, daß ich lieber still schweige. Ihr ganzes Haus ist mir jeden Morgen u Abend so gegenwärtig, daß ich auch beym Jahr- wie beym Tagwechsel darinn wallen, wandern und weben werde. Empfehlen Sie mich (unwürdigen) Ihrer Hälfte meiner Freundin und Gevatterin – und küßen Sie mein Pathchen und seine Brüder von mir alten Mann. Wären Sie Präsident von der Akademie; so müste mich unser dirigirender Bürgermeister mit sich nehmen, der mit dem neuen Jahr nach Berl. geht. Ich bin heute zweimal in seinem Hause gewesen, und habe eine außerordentl. Motion bis nach dem Steindamschen Thor mir machen müßen, wegen der
    letzten Einnahme
die mir in diesem Jahre zugefallen ist. Das Facit macht über 1900 fl. und ohngeachtet dieses außerordentl. Seegens wird die Ausgabe, so viel ich selbige muthmaßentlich bestimmen kann,
    fast
ihr gleich kommen. Das machen aber 280 fl. gerichtliche Unkosten und die Reparatur eines ganzen Dachs. Gott hat mir zu einem ehrlichen Mann geholfen, der alles besorgt, ohne daß ich mich um meine beyde alte Häuser bekümmern darf, und dies für eine Kleinigkeit, die ich ihm jährl. überlaße.
    Amt und Haushaltung
ist niemals meine Absicht noch Wunsch gewesen;
    Hierinn hab ich Recht
    gehabt
, und beydes wollte ich immer meinem seel. Bruder aufdringen, um bey ihm das Leben verträumen zu können, wie er bey mir. Daß ich meinen
    öffentl. Dienst
nihil agendo verwalten muß, ist eben so wenig mein Geschmack, als daß meine
    häusliche Lebensart
mehr nach einer Exception als Regul aussieht. Seit vielen Jahren denk ich an mein Testament, ohne daß ich zur Ausführung kommen kann. Dieses soll meine dringendste Arbeit auf das bevorstehende Jahr seyn, denn ohne eine solche Verfügung würde ich unverantwortlich ungerecht gegen die arme Mutter meiner lieben Kinder seyn. Bin ich damit fertig: so soll es mir so gleichgiltig seyn mit meiner Heimfart, als wenn’s nach Weimar wäre; denn ich taug zum Leben nicht, und der Genius Seculi ist so wenig mein Mann, als der Fürst dieser Welt – Habe heute Nicolai’s Erzehlung über das Schöne gelesen. Scheint Ihnen nicht die Idee aus dem Mährchen im 3 Buch Esra entlehnt zu seyn? Mir hat Plan u Ausführung außerordentl. gefallen. – – Pleßing hat mich hier unterbrochen so wol in diesem FBriefe als in der Feyer des heutigen Aposteltages; geht mit einer Apologie des Semmlers schwanger ohne seines Gegners libellum gesehen zu haben als durch relationes curiosas. Künftiges Jahr wills Gott! wird vielleicht mehr Stoff zu Briefen geben. Erfreuen Sie uns doch, so bald Sie können, mit Antworten und guten Nachrichten – – Er sey Ihr Schild und
    großer Lohn
. Ich grüße u küße Sie und die Ihrigen in meinem und der Meinigen Namen, die Gottlob! alle gesund sind, vorzügl. Marianchen. Werden Sie nicht müde zu ertragen u zu lieben   Ihren alten Gevatter, Landsmann u Freund Johann Georg H.
Kgsberg den 1 Jänner 81. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Das alte Jahr gieng für mich mit dem schönsten Abendroth unter, und ich war vor Freuden außer mir über den Empfang Ihres trächtigen Briefes. Kreutzfeld, Wedicke ein Hofmeister eines Grafen von Dohna, Bötticher, des Grafen von Lehndorf Hofmeister waren Zeugen und ich jug sie alle zum Hause heraus, oder würde es vielmehr gethan haben, wenn sie nicht von selbst gegangen wären. Nicht nur Ihr freundschaftliches Andenken, sondern auch der glückliche Termin, des zwar
    geahndeten
aber immer
    bezweifelten
Genußes zum Feyerabend, war für mich ein rechter Seegen. Ich bin, bester Herder, so hypochondrisch, daß ich vor Grillen, Feigheit und Unlust beynahe umkomme. Ich komme fast nicht aus dem Hause – und bin daher auch für meine Briefe wie für meinen Umgang besorgt, und fürchte mich, durch beydes andere anzustecken, und meinen Trübsinn weiter auszubreiten. Mangel der Bewegung und der Diät, von der einen Seite, Mangel der Nahrung und eines Reitzes für meine Leidenschaften – Bey dieser Laune hatte ich mir schon vor vier Wochen vorgenommen keinem Menschen hier zum Neuen Jahr zu gratuliren. Ihr Brief goß auf einmal so viel Oel in meine Lampe, daß ich mich wie neugeboren fühlte; gieng also heute in die Hospitalkirche, um Ihren Einschluß dem Pf. Fischer abzugeben. Durow, Reichards Schwager, sah mich, kam beym Ausgange zu mir, u bat mich bey ihm anzusprechen. Ich gieng also erstlich zum Pf. der aber noch nicht aus der Kirche gekommen war, ungeachtet ich alles zum Ende abgewartet – ließ also den Brief der Dienstbotin, und gieng nahe bey zu Dorow, wo ich wieder mein Erwarten die Sechswöchnerin noch in praesepio fand und weder Mutter noch Sohn zu sehen bekam, der ein wahrer Riese seyn soll und der Mutter fast das Leben gekostet. Trunk ein Schälchen Citronelle, wie mir mein Sohn sagte, der die Etiquette der Flasche gelesen hatte und gieng mit meinem kleinen Scipio zu Hause um meine letzte Gans zu verzehren – aber leider! es war ein zäher Ganter, und die 12te war mir am heil. Abend vor Weynachten gestohlen worden. Dem ohngeachtet hatte ich die einzige Freundin u Bekanntin die in meinem Hause verkehrt zu Gaste gebeten; mein Sohn brachte sie zu Hause gleich nach Tische, weil sie selbst Besuch erwartete. Und da hab ich bis 5 Uhr deliberirt bey meinem Beichtvater zu gehen, entschloß mich aber lieber den ersten Tag des Jahres an Sie zu schreiben, oder meinen Brief wenigstens anzufangen So tumm hat sich also das liebe Jahr bey mir angefangen. Bey mir gehen leider! auch Thaten in Seuftzer über; wenigstens daran hat es gestern nicht gefehlt, daß Ihnen der liebe Gott so einen frölichen Anfang schenken möchte, als mir der Beschluß gewesen durch Ihren Brief u Ihr Dedications Exemplar. Ich habe die Ahnung gehabt, daß mein erkauftes nicht das rechte Exemplar gewesen; welches ich lesen sollte; und weil mir Kreutzfeld mit dem Original de la Litterature Allemande wie wol zu spät und zu zweydeutig erfreut, so gab ich ihm auf der Stelle mein erstes Exemplar mit einem argumento ad hominem dergl. mir noch bisweilen einfallen und die ich ungern unterdrücke. Von Pf. Fischer hab ich seit der Einl. nichts gesehen nichts gehört – daher mir recht selbige gewünscht diesen Anlaß mich nach seiner Entfernung zu erkundigen, welches ich noch diese Woche zu thun hoffe, um wenigstens zu wißen, ob ihm Ihr Einschluß auch so willkommen gewesen wie mir. Er hat einige
    ausgesuchte
Zuhörer, ohngeachtet meiner widerholten Versuche aber bin ich nicht im stande ihn zu vernehmen und Dorow versichert, daß der Mann sich zu keiner einzigen Kirche sondern blos zum
    Cabinetsprediger
schickte, welches mir richtiger vorkomt als es mir lieb und in der That Schade ist; denn sein Brief hat mich gantz verliebt in den Mann gemacht. Ich lese Ihre Preisschrift heute schon zum zweiten mal – und mit eben so viel Zufriedenheit als ich Verdruß über die zweyköpfige außerordentl. gehabt habe: S’il est utile de tromper le peuple – wie die ursprüngl. Aufgabe gelautet haben soll. Das Sic et non zu krönen scheint eben so politisch als die Wendung in die Form: S’il est utile
    aux peuples
d’etre trompé.
Mir komt beydes mehr spitzfindig als klug vor. Die mir gemachte Anzeige der Druckfehler ist mir lieb. Hab ich aber selbige recht gefunden? S. 32 soll wol heißen dem
    fernen
Griechenlande? S. 30. trivium statt biuium S 16.
    feinern
statt feinem. Noch S. 76 Z. 24.
    ergieng
? – trau mir nicht zu, das rechte Wort zu treffen.
Ich habe kürzl. Heumanns Acta φφorum durchgelaufen, wo Galilei Leben darinn steht. So viel esich mich erinnere, kam es nicht bis zu Banden, sondern es blieb bey einem ziemlich gemächlichen HausArrest. Irre ich nicht in diesem Umstande; so würde es richtiger heißen
    sollte
als muste Banden tragen. Den Orbil der Litterature Tudesque habe zweymal im Original und ebensoviel mal in der Uebersetzung gelesen. Was Sie vom Despotismo des Geschmacks sagen, ist wirklich seine Absicht, den welschen einzuführen. Alles soll Ein Leisten, Ein Schuh seyn, Fabrike u Heerdienst seiner Eitelkeit, und seines Götzens Mäusim. Das philosophische Antichristentum ist an die Stelle des Päbstischen getreten, und die Philosophie ist der Koran des Lügenpropheten und seines Islamismus. Doch ich will Sie nicht länger mit Ihrem eignen Fette beträufen. Den ersten Weynachtsfeyertag habe Ihrer lieben Schwester geantwortet, weil es mir wirklich aus ihrer Empfindlichkeit schien, daß ich in einigen Kleinigkeiten nicht gänzlich geirrt – und ich ohne Ruhm zu melden auch ein wenig piquirt war, daß Sie meinen
    ganzen Brief
widerlegen könnte, der mir nicht leicht geworden war. Ich brauchte also Ihr eigenes Bild, was sie von ihrer Lage recht lebhaft gemacht hatte, um
    Ihr
Stillschweigen und mein Geschwätz zu entschuldigen – und Sie in ihrem Vertrauen auf die Göttl. Vorsehung zu befestigen. Daher vermuthe ich daß der Mann durch ihre Beflißenheit seine Stelle zu vertreten und zu ersetzen in eine so liderliche Nachläßigkeit gerathen ist; denn ich sehe es immer für sicherer an, mit einem kranken Haupt zu sympathisiren, die Schwäche und Schande deßelben zu theilen, als selbiges unmündig zu machen, und dadurch zu verwöhnen. Eine Macht auf dem Haupte eines Weibes muß seyn, wenn sie auch nur in einem Schleier besteht, und eine Schlafmütze zum Mann ist beßer, als eine solche unnatürliche Wittwenschaft. Die Pfarrin in Morungen hat ihn mir beschrieben als einen Mann von recht artigem Ansehen und Umgange, und sSie klagt am meisten darüber, daß er seine Faulheit mit einem Vertrauen auf Gottes Hülfe zu bemänteln sucht, scheint auch widerum mit seinem persönlichen Betragen zufrieden zu seyn. Bey diesen Umständen ließe sich noch immer vermuthen, daß durch Gedult etwas ausgerichtet werden könnte. Sind Sie imstande mir etwas näheres zu meiner Berichtigung oder Beruhigung mitzutheilen, so thun Sies doch. Denn nach allen Nachrichten, scheint mir der Mann auch noch kein solcher Barbar und Bösewicht zu seyn, der muthwillig sein Fleisch und Blut zu betrüben imstande ist – Auch die Intervalla in seiner Aufführung sind noch ein gut Kennzeichen in meinen Augen. Kreutzfelds Abhandl. wird vermuthl. für den Mercur schon eingelaufen seyn. Wißen Sie schon etwas davon. Am heil. Abend hab ich am dritten Qvartal mich bis in die späte Mitternacht gelesen, auch in der Erwartung etwas von Ihnen und dem Blatt zur Chronik zu finden. Das letzte Vierteljahr ist noch nicht hier. Den 14 Dom II Epiph. Würde gern diesen Anfang cassiren, wenn ich einen beßern mir zutrauen könnte. Bin vorige Woche fast Tag für Tag ausgewesen, mehr aus Noth als aus Lust. Zum vierten mal traff endl. den Pf. Fischer zu Hause und vorigen Donnerstag erhielte Einlage, die er mir zu versiegeln oder zu entkleiden überlies. Ich schicke sie so wie ich sie empfangen. Auf die Woche versprach er mir seinen Gegenbesuch. Kr. Hippel habe auch vorige Woche zum ersten mal im Jahr gesehen. Er scheint seinen Posten mit viel Verdruß angefangen zu haben. Er hat auf seine Kosten nach Berl. gehen wollen; der Minister v Gaudi hat ihm aber den Rath gegeben sich ein paar Monate erst recht umzusehen auf seinem Grund u Boden u ihm alsdenn einen Kgl. Vorspann Paß u 2 rthl Diaeten versprochen. Kraus ist angekommen als Prof der Moral u Politik. Den 4ten huj. kam er und Kanter mit einem liebenswürdigen Mann,
    Dängel
der den Laden an sich nehmen wird, worüber ich mich herzlich freue, weil bey Hartung nichts zu haben, wie und warum der Kerl die günstige Zeit verschlafen, begreift kein Mensch. Hartknoch soll wider sehr krank seyn; wenigstens ist ihm verboten die Meße selbst zu machen. Kant sprach auch vorige Woche bey meiner großen Tour die ich gemacht. Er meldete mir daß sein Werk nicht zu Berl. gedruckt werden könnte, sondern zu Halle, worüber er zu einem verdrüsl. Briefwechsel mit dem Verleger gekommen, scheint aber alles nach Herzenswunsch beygelegt zu seyn. An Hartkn. Außenbleiben verliere viel, Gott woll ihn doch noch erhalten Kein Mercur, neml. vom letzten Qvartal, kein Temple, kein Buffon, kein Rousseau, kein Daguesseau – nicht einmal Heinekens Buchstabierbüchlein für mein mittelstes Mädchen ist hier zum Ansehen zu bekommen, geschweige zu haben. Eine solche Quarantaine in der Litteratur ist nicht erhört, seit Albertinens Stifftungstag. Auf meine Autorschaft zu kommen: so wars auf Hartknochs ausdrückl. Verlangen, daß die Ankündigung der Humischen Uebersetzung geschah, und weil ihm damit ein Gefallen geschah, so wars auch mir lieb. Zwar hat er seine erste Erklärung zurückgenommen, da er von einer andern Uebersetzung hörte: ich mag aber gern bey einer Farbe bleiben, und den armen Kranken nicht von neuen mit abgemachten Sachen beunruhigen. Kant hat mir gestern das Mst. zurückgeschickt, weil Hippel u Pleßing mich darum ersucht. Ich habe es beyden versprochen, ersterer wird nunmehr keine Zeit dazu haben, da er nicht einmal Nicolai’s Erzehlung: Das Schöne in 3 Wochen ansehen können, und letzterer soll es auch nicht in seine Hände bekommen. Der Götterbote soll übrigens nicht zum Lügner werden – Gönnen Sie mir das Vergnügen, welches ich mir bey der Vergleichung der beyden Uebersetzungen verspreche, und es soll für mich zugl. eine Probe seyn, ob ich in diesem Stück was beßeres als andere zu liefern im stande bin. Im Grunde ist es mir immer lieber wenn ein anderer die Mühe u Gefahr über sich nimmt der Uebersetzer eines verführerischen Buchs zu seyn. Zweytens müste ich doch noch
    einmal
die ganze Schrift durchgehen, um die wenige Erinnerungen meiner Freunde zu prüfen und anzubringen. Meine Zeit ist so kurz, daß ich die Viertelstunden stehlen muß, um mit Hänschen ein Kapitel im N. T. ein paar Verse im A. ein Kapitel im Florus, einen kleinen Abschnitt in der Odyssée, die lateinische große Märksche Grammatik (die gr. hab ich voriges Jahr mit ihm zu Ende gebracht) und eine Lection im Ebert durchzupeitschen. Die meisten sind geliehene Bücher, die ich gern wider los seyn wollte. Voltairens Werke liegen auch bey mir um selbige in einem Zuge durchzugehen. Ohngeachtet meiner übertriebnen Eingezogenheit und übeln Laune fehlt es mir doch nicht an Ueberlauf, die häusl. Störungen ungerechnet, da ich nicht anders als im Gewühl meiner Kinder leben, lesen u schreiben kann, weder spät zu Bett zu gehen noch früh aufzustehen imstande bin, außerordentl. Fälle ausgenommen. Wenn ich von Ziehens Mst das gewußt hätte was Sie mir sagen; so hätte ich nicht das Herz gehabt es mir zuzueignen noch Ansprüche darauf zu machen. Tant mieux pour moi! Sic vos non vobis – für den HE Hofrath. Da Ihre Freundschaft so zuvorkommend ist, darf ich Sie kaum erinnern, darf mich mit einem warmen Exemplar der Briefe zu erfreuen. Keine Schrift hat auch hier so viel Beyfall gefunden, u wo ich nicht vermuthet, bey Layen und Clericis; von keinem öffentl. Urtheil weder gehört noch gelesen. Hippel, Fischer, Kreutzfeld haben mir vorzügl. für meine Mittheilung gedankt. Der mittelste wird künftige Woche kommen Ihre Preisschrift selbst abholen, die ich bisher ziemlich warm gehalten. Die Frage über die Vorurtheile verdient freylich in einem beßern Licht als dem akademischen beleuchtet zu werden. Das Volk wird freylich je mehr la duppe, desto mehr fripon, und viele sind immer mehr im stande Einen, als Einer viele zu betrügen. Es bleibt also immer das sicherste und vernünftigste für einen Fürsten, keine Lüge und Betrügereyen zu privilegiren. Aber Mundus vult – und wären keine Betrüger, die sich einander stürzten: so würd es für das kleine Häuflein der Ausnahmen noch mißlicher aussehen. Der platonische Dialog wäre freylich der beste Weg das Mysterium stupiditatis und iniquitatis in der politischen Aufgabe zu entwickeln. um 6 Uhr des Abends. Ich bin meiner Gäste alle auf einmal entledigt.
    Kraus
machte den Anfang mit des Kaufmann
    Müllers
jüngsten Sohn, der meinen abholte. Darauf kam Mlle
    Schimmelpfenning
in gleicher Absicht; alsdann
    Kreutzfeld
, hierauf
    Brahl
, und zuletzt
    Wedicke
. Kreutzfeld blieb am längsten, empfiehlt sich Ihnen. Wenn sein erster Dialog Beyfall findt, denkt er mit einem andern über
    Vernunft u Glauben
aufzuwarten. Er hat seinen vorigen Bedienten abgeschaft und ist darüber verlegen ob Sie den Kypkischen Katalog franco erhalten haben, weil es ihm acht Tage nachher vorgekommen, daß er zwar das Porto dem Ueberbringer mitgegeben, aber das franco glaubt auf dem Briefe vergeßen zu haben. Wenn Sie sich deßen zu erinnern im stande sind, so beruhigen Sie ihn darüber. Das unglückl. Ende der Princeßin Czartor. hat damals in den Zeitungen gestanden. Unser Präsident hat auf eine ähnl. Art seine Tochter verloren. Meine alte Gönnerin u Freundin die Bar. von Bondeli, (welche jetzt 3 Pensionaires hält und sich dabey zu Tode qvält ohne erkannt noch aufgemuntert zu werden für ihre heroische Aufopferung) hat mir eine rührende Erzählung von der Gedult dieser Märtyrin gemacht in den grösten Schmerzen und von ihrer Beruhigung, nach einer gänzl. Verunstaltung, der Welt entbehren zu können. Nun Gott mache das halb Dutzend voll und laße Ihre Liebe und Freude nach Verhältnis der Pfänder wachsen. Vielleicht werden meine Wünsche und Ahndungen erfüllt Sie als Präsidenten der Akademie zu besuchen; denn in des Königs Landen, brauchte ich nicht ins Cabinet zu gehen. Doch mir komt die ganze Erde als ein Nasendrücker vor. Wie Sie meine Briefe auszustehen im stande sind, weiß ich nicht. Ich dächte, daß einem über der Mühe zu buchstabiren die Lust zu lesen vergehen müste. Für mich giebt es keinen nexum der Dinge mehr und keine Verhältnis der action und reaction. Mein Organon zu denken und zu schreiben ist noch schlechter organisirt als meine Zunge. Ein zweyter Theil von Briefen das Mönchswesen betreffend kam mir auch bedenklich vor, da der seel. Brechter für den Verf. des ersten ausgegeben wurde, habe aber meine Neugierde hierüber bisher nicht befriedigen können. Jener erste Theil ist mir ich weiß nicht wie von Handen gekommen. Den 15 – Hatte gestern weder Gedanken noch Sinnen zu schreiben, und eilte in mein coemeterium. Hippel nicht mehr als ein einzigmal in diesem Jahre gesehen; das lebt alle Tage im Sause u Schmause, u will sich daheim vor Arbeit zerreißen. Er hatte Neugierde einen Brief der Cammerherrin von der Recke zu lesen, welche eine Schwester der jetzigen Herzogin in Curl. ist u die Sie aus einem Leichensermon des Bleßig auf Ihren seel. Bruder kennen werden. Meine Freundin Stoltz hatt mir diesen Brief unter Bedingung ihn widerzuschicken mitgetheilt. Die ganze Svite des Prinzen ist darinn sehr vortheilhaft geschildert. Graf Görz ist ihr Liebling, des Abgesandten in Petersb. Bruder. Cammerherr
    von Bielau
, ein Hannoveraner, der sich dort zum Gefolg des Pr. angeschloßen, hat sie mit vielen Anecdoten von Wieland Göthe u den Stolbergen unterhalten. Kennen Sie auch den Mann? Bötticher hat mir vom Lande des Magdeb. Rector
    Funk
Gedanken von dem Nutzen richtig getriebener Philologie in den Schulen mitgetheilt in 5 Programmen, worunter das 4te fehlte. In der ersten Fortsetzung werden Sie auch ein wenig scharf beurtheilt; übrigens läßt sich von dem Mann etwas erwarten in diesem Fach. Ich kenn den Mann nicht weiter als aus 2 Symbola die mir damals gefielen u ich mir anschafte. Ob mehr ausgekommen sind, weiß ich nicht. Heute stand in den Zeitungen ein Kaufmann Berens aus Riga. Carl ist 2mal durchgegangen ohne sich um mich zu bekümmern, und ich mag auch weder Hand noch Fuß rühren um Nachrichten einzuziehen. Das 2te Blatt des Chronikers habe noch nicht erhalten. Daß er unsern Prinzen auch beehrt, schien mir Hartknoch zu verstehen zu geben. Sie sind noch der einzige meiner alten Freunde, bester Herder, welcher Stich hält. Vielleicht trägt die Entfernung etwas dazu bey. Werden Sie doch nicht müde mich zu tragen, bey meiner Schwachheit u Unvermögenheit. Wißen Sie nichts vom Gevatter Kaufmann. Ein Graf Kayserlingk hat ein Haufen Anekdoten aus Schlesien wo sein Regiment steht, durch den HE von Haugwitz mitgebracht. Er komt aber erst den 18 huj. vom Lande zurück wo ich auch etwas durch Kraus zu erfahren hoffe. Ich gehe nicht mehr hin u werde wol die Ehre dieser vornehmen Bekantschaft mit Ihrer Plastick, vom Denken u Empfinden u dem 1. Stück des christl. Magazins bezahlen müßen. Mit Claudius geht es mir eben so wie Ihnen. Bisher weiß noch nicht, ob er das Billet doux abgegeben oder nicht; welches mir statt aller Antwort wäre. Eben so angenehm ist es mir, daß der Brief an den Verf. des Universums glückl. eingelaufen und wenigstens von ihm nicht misverstanden worden. Gott vergelte Ihre Treue durch gute Freunde u Nachbarn – und laße Ihre Mayfreude vollkommen seyn. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer holdseeligen
    Männin
. Meinen herzlichsten Glückwunsch zu Ihrer fünften Mutterschaft und den schönsten Dank für das Andenken Ihrer Handschrift. Gottes Seegen über mein Pathchen u seine Brüderchen. Marianchen war am 2ten Tage des Jahrs sehr krank aber am dritten wider beynah völlig hergestellt. Gott Lob! sonst wächst alles, aber ziemlich wilde: Ich hoffe daß Sie meine Gründe wegen der Uebersetzung genehmigen werden. Mein
    Ansuchen
selbige bekannt zu machen geschah in des
    Verlegers
    Namen
. Und aus seiner
    Bedenklichkeit
eine zweyte zu verlegen, meine
    Abneigung ihn der geringsten Gefahr auszusetzen
. Komt die im Meßkatalog versprochene heraus: so hoff ich mich öffentl. zu rechtfertigen. Kants Buch schlägt aber auch in meinen Plan, und ich muß selbiges abwarten, ehe ich selbst zu denken anfange. Die Litterature allemande hat mir auch einen Qverstrich gemacht; mein Buchbinder hat ihr einen recht zierl. Pappdeckel gegeben hinter das Schöne von Nicolai. Eberts Naturlehre, sein Begriff menschl. Fertigkeiten u Kenntniße, Erasmi Leben von Knight, Flacii Leben von Ritter, Hyde de Religione Persarum liegen mir noch im Wege ehe ich Voltairens 50 Theile durchlaufen kann – Alles dies Schaarwerk leg ich mir auf aus Mangel einer beßeren und selbstgewählten Lectur und um der langen Weile zu entgehen in dieser Hunger- u KummerWüsten. Erhalten Sie die Rarität von
    Irrthümer u Wahrheit
und Sie finden irgend etwas, das sich mittheilen läst und der Mühe lohnt: so werden Sie es von Selbst thun. Hält Tidemans stoische φφie nicht mehr in sich als Griechenlands erste Philosophen. Er ist so wenig mein Mann als Meiners, den er geckt u neckt. Vergeßen Sie über Ihr Seminarium, bester Freund, nicht die 3 sokratische Gespräche
    Χαιρομεν
γαρ ὁταν ἡμεις ασθενωμεν, ὑμεις δε δυνατοι
ητε· τουτο δε και
    ευχομεθα
Ich ersterbe Ihr alter Gevatter Landsmann und Freund Johann Georg Hamann, Ονησιμος αχρηστος.
Meine verehrungswürdige Gönnerin, Freundin und Gevatterin, Gott erhalte und vermehre die Geschenke und Unterpfänder Seiner Liebe! Ich habe Ihnen nichts als Wünsche zu sagen, von deren Erfüllung mein ganzes Glück des Herzens und Lebens abhängt – der Himmel auf Erden. In so guten Bothschaften, als ich vorigen Monath von meinen leider! entfernten Freunden erhalten, besteht wenigstens ein Vorschmack deßelben. Durch den
    Vorschmack
aber wird der Hunger und Durst meiner Hofnung lebhafter und unverschämter. Die Meinigen sind Gottlob! alle gesund und ich habe mich auch von einem ängstlichen Schwindel ziemlich erholt. Im Grunde ist unser größtes Kreutz theils Kinderey theils Ungezogenheit. Ich bitte aber recht sehr diese kleine Vertraulichkeit für sich zu behalten von einem Knaben in seinem funfzigsten. Post- und Logenzeit gebiethen mir auf einmal abzubrechen. Ich küsse Ihnen die Hände und umarme meine vier kleinen jüngsten Brüder, denen ich an meinem Michael einen Hofmeister erziehe, der sich gleichfalls mit seinen drey Schwestern empfiehlt. Leben Sie recht wohl!!!! Johann Georg Hamann.
Dom. Esto mihi 81. Herzlich geliebtester Freund, Am Krönungsfeste da ich eben an einem Flußfieber lag, wurde ich ganz unverhoft mit einem großen Pack von Ihnen erfreut und einer Assignation auf ein zweypfündiges Tonnchen Caviar, welches den 5 huj. als mich eben Me Courtan besuchte, ankam, und auch auf frischer That von mir und meinem Viergespann, die alle ohne Ruhm zu melden, abscheuliche Caviarfreßer sind, nebst dem Prof. Kreutzfeld unter feyrlichen Erinnerungen Ihrer Freundschaft verzehrt worden. Für die Uebersetzung des Blatts zur Chronick danke recht sehr; ich habe aber den zweyten Druck für ein
    zweytes Blatt
verstanden welches etwa bey der Durchreise unsers Prinzen herausgekommen wäre; also nicht die Unverschämtheit gehabt eine doppelte Gabe zu fordern. Ist es erlaubt den Uebersetzer zu wißen? – und ob der Verf. auch etwas zum Beweise einer würdigen Aufnahme erhalten. Meine Ankündigung ist durch die gröbsten Druckfehler in uns. Zeitungen verunstaltet worden, welche durch die damalige Durchreise des Prinzen veranlaßt worden. In einer Ankündigung von dem schwäbischen theol. Wörterbuche wurden diese Fehler nachgeholt u dies sind die beyden einzigen Recensionen welche ich seit der gegenwärtigen Verwaltung des Zeitungswesens geliefert, an der ich keinen Theil nehmen mag. Die allgemeine Bibliothek hat selbige gleichfalls recensirt und die beste im deutschen M. von Herder habe erst vorige Woche zu lesen bekommen, womit der Verf. am meisten zufrieden seyn wird. Ich habe in Zeitungen während meiner Kränklichkeiten einen durchreisenden B–s in Zeitungen gefunden, ohne daß ich das geringste von demselben habe erfahren können. Können Sie mir was davon melden? Prof.
    Bause
hat mich ein paarmal besucht. Ich war vor
    Freuden außer mir
einen Mann zu sehen der meine beyde Gevatter in W. u W. gesprochen hatte und auch ein guter Freund von
    Arndt
zu seyn schien; getrau mir aber nicht den Mann zu beurtheilen, und er schien mir auch in Ansehung seiner dortigen Lage etwas zweydeutig u zurückhaltend zu seyn. Der plötzliche Tod Ihres seel. Schwagers hat mich fast mehr alterirt als Leßings seiner, deßen
    Briefe
ich noch gern erlebt hätte. Erfreuen Sie mich doch mit guten Nachrichten von Ihrer Gesundheit, und von Ihrer Durchreise zur Meße, – doch unterwerfen Sie sich hierinn dem Urtheil der Aerzte; denn das liebe Leben ist uns doch näher als Nahrung und Kleidung. Gott lenke alles zu Seiner Ehre und Ihrem wahren Besten! Wir leben hier in großer Verlegenheit wegen der allergnädigsten Caffe Declaration. Sie kennen mich auch als einen leider vermaledeiten Götzendiener dieser petite feve âcre – wie Voltaire dies Edomsgemüse nennt; doch hoff ich diese Schlange im Busen zu unterdrücken. Um Ihr Lesebüchlein noch mehr zu empfehlen, habe ich meiner Lehnchen noch einen # in Gold oben ein versprochen, sobald Sie mir die Freude machen wird daraus vorlesen zu können. Sie werden sich daher wol so lange gedulten müßen bis Sie das praemium verdient, um baar bezahlt zu werden. Meine Absicht, da ich über unsern Büchermangel klagte, ist es wol eigentl. nicht gewesen auf einen Gebrauch von Buffons Epoquen Ansprüche zu machen. Der Anfang aber gefiel mir so außerordentlich, daß ich selbige gleich heften ließ, um es mit mehr aisance lesen zu können. Ich habe Ihnen daher den Antrag zu thun, ob Sie dieses Buch für den hiesigen Ladenpreis = 8 fl. überlaßen wollen: so werd ich das baare Geld sogl. an Me Courtan auszahlen um es bey HE Toussaint zu deponiren oder es nach Ihrer Vorschrift anzuwenden. Herr von Auerswald ist der gute Freund, welcher es zu haben wünscht; seine Histoire besitzt er bis auf die Theile von den Vögeln, die er auch nicht aus dem hiesigen Laden erhalten kann. Ich habe gestern Abend dem heil. Matthias zu Ehren ein Fäßchen Caviar nebst meinem Puer bey dem kranken Prof. Kraus verzehrt, und da hab ich diese Abrede mit ihm genommen. Genehmigen Sie diesen Antrag nicht: so soll
    Buffon
nebst dem
    Trappischen
    Semmler
auf Ihre Ankunft oder Ordre bey mir deponirt bleiben. Sie haben mir wenigstens das heurige
    Krönungsfest
durch Ihren dicken Brief sehr heilig und hehr gemacht. Gott gebe Ihnen anderweitige Freude, da ich selbst nicht der Erfinder einer Gegenfreude für Sie und die Ihrigen seyn kann. Nun fehlt also nichts als noch die Probebogen von Kant um all das Gute, welches mir zugedacht, wirklich zu haben u zu genüßen. Der Autor scheint erst vor kurzem eine Probe der Schrift erhalten zu haben, womit er sehr zufrieden gewesen seyn soll. Daher wünschte ich, daß die Sache so eingerichtet werden könnte, damit der Verf. nicht einen Argwohn von meinem parallelen Empfang schöpfte, wodurch er vielleicht zu einer kleinen Eifersucht gereitzt werden könnte. Um dies zu vermeiden, möchte ich
    lieber nachstehen
oder indirecter die Bogen erhalten. Sollte HE Spener nicht etwa die Bogen durch Ihren HE Schwager oder den dortigen Friedländer an das hiesige Comptoir spediren können. Letzteres Haus ist ziemlich gefällig gegen mich, und sobald ich Ihre Meinung darüber wüste, wollte ich selbst deshalb Abrede nehmen die dortigen Bogen in Empfang zu nehmen u ihren öfteren Remessen beypacken zu laßen. Wenigstens wünschte ich, falls Sie an Spener schrieben, ihm den Wink zu geben, daß ich nicht unter Kantens Einschluß die Bogen selbst erhielte, sondern quouis alio modo. Erinnern Sie ihn doch auch die Beförderung der Humischen Uebersetzung, so bald selbige herauskommen sollte, nicht zu versäumen; will gern lieber das Porto für Kant zahlen. Ich rühre mich fast gar nicht von meinem Fleck und fürcht ich mich immer mehr Menschen zu sehen. Flußfieber und kleine Philisterplagen beunruhigen mich mehr als daß sie mir etwas zu Leide thun. Meine Kinder befinden sich Gottlob! nach Herzenswunsch. Uebrigens leben wir voller Furcht u Erwartung von Ziegenpropheten, und der noch leidigern Brut der Projectmacher, die den alten Vater Friedrich zum Narren und seine Unterthanen bald sämmtlich u sonders zu Schelmen und Advocaten und Sophisten machen. In Ermangelung des Neuen lese jetzt Collection complette des Oeuvres de Mr. Voltaire und bin gestern mit dem XII. Tome fertig geworden – also noch ziemlich weit vom Ziel. Leben Sie wohl. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Gemalin, Kindern, Freund Voldencherer u. s. w. Bleiben Sie mein Freund, wie ich der Ihrige ersterbe. Johann Georg Hamann. In der fr. Uebersetzung scheint mir p. VII. fierté nicht das rechte Wort, und
    ce fut alors
ganz der Analogie zuwieder. p. X. ebenso die Versetzung des Worts en verité und p. XIII. kann der Qveerstrich das verbum nicht ersetzen. Auf der letzten Seite: Ainsi mis par ecrit ist vermuthl. ein Druckfehler u nach der Aufschrift des Titels scheint sich der Autor selbst für den Uebersetzer auszugeben. Auch komt mir p. X. retenir profit et culture nicht recht vor; so wenig als retirer. Vergeßen Sie nicht Ihre Maasreguln in Ansehung der Kantschen Probebogen zu nehmen, damit kein Misverständnis oder Eifersucht des Autors veranlast wird durch Ihre Gefälligkeit u meine Schuld – und Ihre Erklärung sobald als mögl. in Ansehung des Buffons. Und hiemit nochmals Gott empfohlen. Adresse:
HErrn / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / in
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: H. Hamann in Königsberg. Empf. den 23 Febr 1781, beantw. 27.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 3 Juni am Pfingstsontage Es dünkt mir selbst eine so lange Zeit, liebster H., seit ich nicht an Sie geschrieben, daß ich jetzt zu einem Briefe gehe, ohne vielleicht Materie zu haben, womit ich Sie erfreuen könnte. Ihren ersten Brief empfing ich am Neuen Jahr auf dem Krankenbette; auf dem ich indeßen doch schon wieder so weit war, daß ich ihn lesen und mich durch Ihr gutes Andenken erholen konnte. Nach den Weihnachtsfeiertagen nehmlich, die ich sehr gesund durchgebracht, überfiel mich plötzlich ein so starkes Kopfweh, mit Hitze und trockner Betäubung, die mich ein paar Tage alle stark festhielt, und es hätte schlimm werden können, so wie es denn bei andern Patienten der Krankheit in diesem Winter übel geworden ist u. Einer davon noch jetzt kaum wieder anfängt Kräfte zu bekommen; wenn nicht zum Glück ein guter Arzt u. meine ziemlich gesunde Natur beizeiten das Ihrige gethan hätten, daß ich sogar auch dem Phantasiren, wofür ich mich sehr fürchtete, Gottlob noch entrann und auch die Kopfschwäche, die ich den ganzen Januar hindurch fühlte, sich ziemlich verlohren hat. Ich brauche jetzt die Queckenkur mit außerordentlichem Erfolg und denke mir dadurch selbst den Pyrmonter auf dieses Jahr zu ersparen. – Mit Ihrem Briefe kam zugleich das zweite Heft von Mendelsohns Moses ohne Brief an und 2. Gemälde vom verstorbnen Grafen zu Bückeburg und der mir ewig lieben Gräfin, daß also mein Neujahrstag nicht ohne mancherlei Geschenke von allen Seiten abging. Einige Tage drauf bekam ich freilich auch den bübischen Ketzerallmanach zu lesen, der auch meinen Namen mit Koth bemahlt hat – indeßen, dachte ich, so muß das Jahr anfangen – Bona mixta malis – und so ists bisher fortgegangen u. so wirds fortgehen, bis man ins Grab fällt. Auch Leßings Tod gehört dazu: der mir sehr bitter gewesen ist und den ich noch nicht vergeßen kann. So wenig ich mit ihm im
    engen
Briefwechsel gestanden: so eine große Gestalt war er doch in unsrer literarischen Welt für mich, die ich mir oft nahe fühlte, zumal ich ihn persönlich und sehr freundschaftlich, männlich u. bieder in Hamburg kennen gelernt hatte. Wenig Tage vor seinem Tode, Ende Januars, habe ich noch einen Brief von ihm u. dachte nicht, daß es der letzte seyn würde. Die große Lücke steht nun da und die Melchior Götze u. andre Unbeschnittene freuen sich in der Stille. Der Nicolaische Trupp hat jetzt, wo möglich, noch weiter Feld: u. wie lange wirds seyn, daß für Deutschland wieder ein Leßing gebohren wird? – Um mich herum fühle ich eine sonderbare Wüste, da ich doch in dem Eigentlichen, worüber ich reden möchte, niemand hier habe, mit dem ich sprechen kann, als meine Frau. Die hiesigen G schönen Geister sind so sehr weit von mir, u. leben in
    ihrer
Welt, in denen es ihnen sehr wohl ist, dem Erzsophisten und weichen, üppigen Vertumnus, Wieland, vor allen. Von den Schweizern bis ich auf eine sonderbare Weise fortgerückt – kurz, lieber H., Sie sind mir beinah noch der Einzige von Allen, mein ältester, treuer, bester, der mir noch immer meine Jugendzeiten, die ich in Armuth und vergnügter Dumpfheit hinbrachte, zurückruft u. an den ich mich gern so klammern möchte, wie an eine lebende Dädalische Bildsäule ein Vertriebener, Umherirrender, der an ihr Jugend, Freund und Vaterland wiederfindet. Bewahren Sie sich nur, Lieber, u. hüten Sie sich vor dem garstigen Schwindel, daß er Sie nicht übermöge. Meine Frau, ein großer Doktor, ist mit Ihrer Diät nicht zufrieden, mit den Gänsen z. E. und dergleichen unverdaulichen Sachen, die alle solche Uebel befördern. Sie soll Ihnen einmal eine Lebensordnung vorschreiben u. noch beßer wärs, wenn Sie sich in I ihre Kost und Kur gäben. Sie macht mit ihrem Tißot und ihrem einfältigen Angesicht große Kuren; leider aber, daß ihr Ehegemal ihr selbst nicht folget. In der That, lieber H., schonen Sie sich, wenn nicht Ihret- so Ihrer Kinder wegen. Mich dünkt immer, Sie fressen an sich selbst und Ihr Geist überwältigt sich in Ihnen. Laßen Sie gehen, wie es geht und I schließen Ihre Hütte zu; es ist ja auch mit uns noch nicht aller Tage Abend. Und kommt der, was fehlt uns denn? Ich werde von Tag zu Tage klärer überzeugt, daß in unsrer Zeit das einzige Mittel zu wirken – leiden ist, wenn man nicht schmeicheln u. Tellerlecken will. Die 30. Tyrannen zu Sokrates Zeit sind jetzt in die Millionen gewachsen u. in allen Ständen gehts so kunterbunt her, daß einem, wenn mans sieht, Farbe u. Wort fehlet. Unser geliebteste Herzog ist jetzt in Kassel, mit HErn. Merk, der dahin beschieden ist, die Galerie zu studieren, weil er sich von der ersten Kindheit auf für die Kunst geschaffen fühlt u. glaubet. Sie sind auch in Göttingen gewesen, wie billig ist u. wer weiß, wohin es in kurzem gehn wird. Kunst, Kunst, ist jetzt die Losung, der alles zu Füßen liegt: süßer mystischer Opiumtraum unverstandner Ideen u. Gefühle. ――――――――――――――――― den 11. Mai. So weit war dieser Brief im Anfange des März geschrieben u. er blieb unter einer Reihe Drückniße u. Zerstreuungen liegen, bis die glückl. Niederkunft meiner Fr. kam, die ich Ihnen sogleich meldete u. gestern Ihr lieber Brief mit den Schattenrißen, als ein Monitorium ankam, dem ich also auch gleich seine Kraft geben u. vollenden will, was ich allenfalls in der Wüstenei meines Kopfs u. Herzens Ihnen, wo nicht an Blumen u. Früchten, doch an dürrem Laube übersenden u. melden kann. Das erste ist ein Kirchen- u. Bußgebet, das ich auf höchsten Befehl, weil die vorigen erbärml. waren, verfaßt habe u. das seit Ostern in Gebrauch ist. Es ist nicht ohne kleine Reibung des ersten Ministers abgegangen, der auch einige Worte eingeflickt hat; weiteres drüber zu sagen, ist nicht der Rede werth: der Eine Buß- ist durch meine Veranlaßung auf den Karfreitag, der hier schändl. begangen wurde, verlegt, u. dies war caput fabulae, aus dem das andre worden – – Das zweite ist eine Oster Kantate, vom hiesigen Kapellmeister Wolf componirt; auch nicht der Rede werth u. nur auf sein langes Bestreben, aus der zieml. H alten Handschrift gezogen – – Beian liegen zum schönen Dank für Ihre Silhouetten, meine u. meiner Familie, die ich sogleich gestern, weil eben der Silhouetteur hier war, habe verfaßen laßen. Wie sie sind, weiß ich noch nicht; denn ich habe sie im Kleinen noch nicht gesehen. Die Ihrige dünkt mich unkänntlich u. doch wahr, wenigstens ein braver Kopf, wie Ihres Michels; den ich mich freue, im Schatten gesehn zu haben. Kreuzfeld kommt mir schwach vor u. Lauson ist sehr känntlich Lauson. Ich danke für Alles; u. wenn Sie zum Recompens der hiesigen Genies Wielands, Göthens, Knebels, des Herzogs haben wollen, so stehn sie sogleich zu Dienst; ob Sie gleich noch nicht in den großen Prophetenglauben an Silhouetten- eingew. Orakel, das Urim u. Thummim unsers Lustrum, eingeweiht scheinen. – Vielleicht lege ich auch das Buch des erreurs gleich bei; ich habs eben nicht in meiner Hand u. über Hals u. Kopf darnach geschrieben, weil ich glaube, daß die in Ihrem Briefe blind citirte Stelle von Claudius daraus ist. Ich komme Ihnen mit keinem Urteil über das Buch zuvor; Ihr Gefühl ist reicher u. richtiger als das Meine. – Noch wollte ich Ihnen einige geschriebnen acta, Mosers Entlaßung u. die schändliche Begegnung des Conseils gegen ihn beilegen, die wir durch eine geheime HinterThür empfangen hatten. Meine Fr. aber hat sie der Sicherheit wegen vor der Niederkunft verbrannt u. sie hat Recht dran gehabt: es geht nichts über das Schändliche der Begegnung. Meine Seele wird sich freuen, wenn er aus dem J jämmerl. Lande heraus ist u. sein Zwingenberg verkauft hat; worinn man ihm auch heiml. Hinderniße in den Weg gelegt hat, um ihn so mit Ehren als einen Staatsgefangnen im Lande zu haben. O Schändlichkeit der Schändlichkeiten! Der Vogel ist ihnen aber allen zu mächtig u. wird sein Netz, wenn es auch sein Nest seyn sollte, zerreißen u. den heißen Koth in ihr Angesicht schmeißen. Nächstens drüber ein Mehrers. Er glüht von Haß u. Rache gegen die Fürsten!
    solche
Fürsten nehml. u. im Grunde sind alle
    solche
. Mich wundert, was Stark dort thun wird. Man hat ihm die Schrift „
    vom Zweck
des Frei M-Ordens“ zugeschrieben; die hier rings umher schreckl. gelesen wird – der ich glaubs aber nicht. Der Jesuit u. Betrüger, der er überall gewesen ist, wird er auch da seyn u. damit Gott empfohlen! – Jerusalem ist ein kleiner, enger, politischer Kopf, ein Hofmann, Gottserbärmlich; seine Zeit wird auch ausgehen, u. aus seinem Urteil mache ich mir sehr wenig. – Der Fr. M. Orden geht mit einer großen Zusammenkunft schwanger, worauf der Hohepriester ihres Nichts, der Herz. Ferdinand, die ganze Welt durch die Frage zubereitet: „welches der wahre Zweck des Fr. M. Ord. sey?“ Alles, was Kopf haben will, arbeitet drauf; u. die Mögl. u. Exsistenz der Frage selbst zeigt, daß was an den Antworten seyn werde. Alchymie u. Magie werden ausgeschloßen in den Antworten; es soll auf Tugend u. Weisheit beruhen etc. Gegen jene soll auch Ihr alter Fritz sich neul. stark erklärt haben: denn es ist nicht zu glauben, was in unserm aufgeklärten Jahrhundert die Magie insonderheit für Raum gewinnt. Von Paris bis Berlin ist sie ausgebreitet, u. die Voltärianer sind Hauptsproße derselben; eine Menge vornehmer, aufgeklärter Leute.
    Ihr Band
ist Ungefähr u. ein blinder Gehorsam: keiner weiß, mit wem er zu thun hat? es ist schreckliches Zeug was ich hie u. da, durch den u. den, Fremden – höre. Am Rhein sind große Proselyten derselben; u. sie gehn sehr auf Proselyten aus. – Der Verf. des Buchs des erreurs soll
    Martinez
in Paris seyn; ders aber nicht selbst geschrieben, sondern ein Jünger desselben, der mir auch genannt ist. Der Meister soll aber mit dem Buch gar nicht zufrieden seyn. – Von Ch Calliostro in Strasburg werden Sie gehört haben; ich weiß aber nicht, ob er zur vorigen Sekte gehöret. Das sind die Schwefelblumen der reinen Vernunft, über die Kant das Gesetzbuch schreibet. Von der Meße habe ich noch nichts gesehn; auch beinah wenig zu sehen Lust. Mich wundert, was in Leß. 6. u. 5. ten Beitrage seyn werde; deren der letzte erst Michael. heraus kommt. Med Mendels. schreibt mir, daß seine Sachen auf Befehl des Herzogs durch Schmid in Brschw. versiegelt sind u. sein Bruder aus Breßl. hingereist sei, sie zu empfangen. Die Briefe sollen jedem, ungelesen, zurückgeschickt werden. Ich bin neugierig, was man finden werde u. hoffe es zu erfahren. Meiners hat eine Gesch. der Wiß. in Griech. u. Rom geschrieben u. Adlung mancherlei über Geschichte u. Ursprung der D. Sprache. Mich wundert, daß Ihnen das Phänomenon der Buchhandl. der Gelehrten in Deßau noch nicht vorgekommen ist; mich intereßirts sehr, die Plane sind groß u. gut; nur thut mirs leid, daß ich zu alt u. ausgemergelt bin, da dran Theil zu nehmen. Es sind schon 2. Stück ihrer Berichte heraus u. ihre Artikel sind diese Meße 54.; Reichart ist auch mit ihnen. – Habe ich Ihnen von Chevilah nicht das Zeitungsblatt geschickt, wo die Nachricht vom Buch stehet? So will ichs thun, wenn es mir wieder in die Hände fällt. Von Ziehen habe nichts weiter erhascht, als dies unwichtige Blatt, was ich beilege. Monboddo muß ein toller Kopf sein, ich kenne sein Werk nicht. – Sollte Stark wirkl. die freimüthige Betrachtungen geschrieben haben; mich hat gedünkt, sie seyn einem Hermes ähnlicher, der das Lehrbuch des Χth. geschrieben hat. – Steinbart ist in den Gött. Zeitungen außerordentl. heruntergesetzt worden, so daß ihm, wie mich dünkt, selbst Unrecht geschieht. Gegen Leß ist er doch wahrl. ein Riese. Laßen Sie sich doch das Blatt geben. – Es ist ein junger Tobler aus der Schweiz hier, der hier sehr fetirt wird; ein Sohn des alten Toblers, u. neul. ein Uebersetzer des Sophokles: ein feiner u. scharfsinniger Mensch, der mir aber kein Zutrauen inspiriret, u. den Göthe gar den kleinen Lavater genannt haben soll. Das letzte glaube oder begreife ich nicht, ob ich gleich Lav. nicht persönl. kenne. – Da Sie doch das Oelzweig des Friedens von Klopst. so liebhaben: so ist hier auch seine Anfrage an Bode, die mir eben in die Hand fällt, mit dem Kopf des Brutus versiegelt. Ich höre, er ist für seine D. Rechtschreibung so paßionirt, daß er auch in der Gesellschaft, wo er sonst ein Lamm u. Engel ist, sich hierüber ereifert. – Der Herzog hieselbst hat die Büttnersche Biblioth. in Göttingen gekauft; doch so, daß sie der Verf. lebenslängl. nutzt u. vermehret: ich werde sie also kaum sehn u. gebrauchen; gräme mich auch nicht darüber und wünsche mir nur einen Ort der Ruhe u. des innren Lebens. Hier ist nichts, nichts, nichts, als armes Treiben u. Martern des Geistes; despotische Anarchie u. anarchischer Despotismus. Ich ergreife wieder die Feder; werde aber kaum etwas anders, als fremde Relationen fortsetzen können, weil in mir u. um mich alles wüst lie ist. – Die Memoires von Rousseau exsistiren wirkl. noch, wenigstens der Anfang, bis ins 30. Jahr etwa: der junge Schweizer hat sie gelesen, u. einige Züge mit großer Liebhaberei erzählt; sie werden der neuen Ausgabe seiner Werke hinten beigefügt werden. – Der Statthalter grüßt Sie sehr u. erinnert sich Ihrer mit Liebe. Er hat jetzt einen Windmeßer erfunden, u. hat bei der letzten Krankheit des Bisch. in Würzburg Hoffnung gehabt, Bischof zu werden. Der Bisch. ist gesund worden u. er ist Statthalter. Ich gönnte ihm das Glück sehr u. habe ihm schon gesagt, wie ich mich auf seine Politische Regierungswindmeßer zum Voraus freue. Er hat mir viel von obgenannter Magischer Sekte erzählt u. scheint viele Glieder genau zu kennen; denkt aber von der ganzen Sache, wie man denken muß. – Wer ist denn Ihre Bondeli? Ists die, die sonst in der Schweiz mich dünkt, in Bern, lange gelebt hat? Wie kommt Sie sie dorthin? Sie verbinden mich sehr mit einiger nähern Nachricht. – Von Hemsterhuis geht ein neues Platonisches Gespräch herum in Handschrift: Simon ou des facultés de l’ame: es ist Simon der Lederhändler in Athen, nicht der Lohgerber in Joppe; ich habe aber nichts darinn gefunden, was nicht in seinenr Lettre sur l’homme et sur ses rapports schon beßer gestanden hat; auch die Grazien des Platonischen Gesprächs fehlen ihm, dünkt mich, gänzlich. Die Diotima, die er auch in seinem Aristée ou de la divinité, so sehr gefeiert hat, ist eine Gräfin Galizin, gebohrne Schmettau, in deren Hause er lebt. Für mich ist wenig Belebendes auch in diesem Gespräch gewesen. – Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon gemeldet habe, daß Göthe ein Gespräch „in einem Wirthshause zu Frankfurt, an der table d’hote“ geschrieben hat, wo ein Deutscher u. Franzose sich über des Kön. Schrift Sur la liter. Allemande besprechen? Er hats mir zu lesen gegeben u. es sind einzelne S schöne Gedanken drinn; das Ganze aber hat mir nicht gnuggethan u. die Einfaßung nicht gefallen. Er wills Französ. übersetzen laßen u. so herausgeben, wo es sich aber nicht ausnehmen wird. Wieland übersetzt Horaz Episteln. Ich höre sie sehr rühmen, habe aber noch nichts davon gesehn u. sehn mögen; weil wir sehr entfernt nach Gaßen, Denkart, Geschäft- u. Lebensweise leben. Neul. hatte er in ein Stammbuch geschrieben, daß er seine otia liberrima nicht für alles Gold u. alle Kleinode der Araber hingeben möchte; ich glaube es wohl, denn die otia liberrima beruhen auf 1000. Thl. Pension, obgleich eben nicht in Golde, u. sein Merkur bringt ihm auch in seinem Seckel noch was Ansehnliches – also. Er lebt, wie ein Prinz, vor der Stadt mit Haus, Garten u. seinem weibl. Serail an Mutter, Frau, Kindern u. unzälichen Dienstboten. – Ob aus Andreä was werden wird, weiß ich nicht: jetzt liegt er. Hahn hat mir sein Leben verschafft u. durch seine Frau abschreiben laßen, ob ichs gleich aus der Wolfenb. Bibl. eb schon hatte. Er ist vors Consistorium in Tübingen gefodert u. die Privatversammlungen ihm untersagt worden; auch seinen Schriften, meint er, wird Acht aufgelegt werden. Er soll ein sehr simpler Mann seyn, voll Ansehens auf seinem Dorf, immer thätig u. rechnend; seine Astronomischen u. Rechenmaschinen sollen bewundernswürdig viel- u. einfach seyn. Seine Theologie indeßen ist nicht recht für mich. – Claudius hat seit seinem Liede auf den Reif nicht geschrieben u. ich ihm sogar die Geburt unsrer Luise noch nicht gemeldet; ich wünschte, daß ich bald zu ihm, obgleich nicht eben in seinen Müßiggang, ziehen dörfte; indeßen verscheuche ich jeden Gedanken u. Wunsch daran, wie einen Raubvogel meiner Ruhe, mir wenigstens vom Kopfe. Nacht u. Tag bin ich seit einiger Zeit unruhig, ich weiß selbst nicht, woher? ohngeachtet der großen Freude u. Wohlthaten, womit Gott in diesem Jahr auf mancherlei Art mein Haus segnet. Er hat mich von einer tödtl. Krankheit erlöset, mich von Schulden befreiet (die Briefe haben auch die letzten Bücherschulden getilgt) meiner Fr. ein so glückl. G Kindbett gegeben, und noch bin ich wie ein Stein u. wie eine Meereswelle! – Der Himmel wird mich u. mein Schicksal lenken. Leben Sie wohl, lieber H. u. lieben Sie mich u. schreiben mir bald. Meine Frau, eine verjüngte Braut, grüßt sie herzl. ihre Wochenvisiten sind Gottlob bald zu Ende. Denn gehn meine KirchenRechnungen an u. ich freue mich auf Pfingsten, wo der erste Stoß vorbei ist, um wenigstens das „Gott gib einen milden Regen“ recht herzl. u. demüthig zu singen. Urtheilen Sie selbst, wie mich Ihr Brief erfreuen wird u. es mich erfreuet hätte, das Gespräch Ihres Herzens über Hume zu lesen. Grüßen Sie Fischer. Goldbeck habe ich noch nicht gesehn noch gelesen: ich glaubte nicht, daß er sobald heraus käme. Eine meiner besten Freundinnen, die ich vor einem Jahr Griechisch lehrte, ist nach einem sehr unglückl. Wochenbett dem Tode nah: ich wollt, daß sie wieder lebte oder schon herüber wäre. Sie ist mehr ein Engel vom Kinde, als ein Weib u. frißt sich über den Verlust ihres Kindes selbst ins Grab. Sie ist eine Niece von der Gräfin BernsDorf, die uns fleißig besucht u. eine brave Frau ist. Sonst leben wir sehr abgesondert und ein Zweig der Bekanntschaft u. sogenannten leidigen Freundschaft verdorrt nach dem andern, wenigstens in unsrer Seele. Wie ich seit 3. oder 4. Jahren seitdem ich hier bin, alt u. grau geworden bin, ist unsägl. Meine Haare fallen wie Stoppeln hinweg u. ich kann mit dem Scheitel kaum die Glatze mehr decken ein junger Greis vom Baume, der auf seinem Stamm verdorret. – Doch alles belebt sich ja wieder u. vielleicht auch ich – wenn nicht hier, so anders wo. Frisch auf. Ich umarme Sie, liebster, Einiger, Alter u. wünsche Ihnen tausendfach wohl zu leben.   Ihr   ewiger Herder. Apropos. Kennen Sie nicht einen gewißen D. Christ. Gottl. Berger, der tolles Zeug schreibt. Er hat in der Buchhandl. der Gelehrten Antediluviana, imgleichen eine allgem. Schrift- u. Redesprache, auch vom Zustande der künft. Schöpfung angekündigt; ich kenne ihn aus einer Schrift übers Erkennen u. Empfinden, die aber einen sonderbaren Titel hatte u. wo unter einigem Vortreflichen das tolleste Geschwärm stand. Die Stelle über die Orgel im 4.t. Th. der Briefe ist aus ihm. – Ich bin begierig u. beinah furchtsam auf Ihr Urteil von den Briefen; wenn man so viel sagen will u. muß, sagt man gemeinigl. nichts recht. Indeßen seys! Meine Kinder sind wohl u. Gottfried hat sich hüpbsch erholet. Adieu, Adieu. Von Caroline Herder: Innig verEhrtester Herr Gevatter.
    Den 17 t Mai
Da ich gestern meinen frölichen Kirchgang gehalten, so kann ich nicht anders u. muß Ihnen zu meinem neuvermehrten Leben die Hand reichen u. Ihnen willkomen sagen! Sie gehören so ganz in unsre häußliche Glückseligkeit, hinein daß wir allemal sogleich an Sie gedenken wenn uns was Gutes wiederfährt – Ihr Schatten ist mir unendlich lieb u. theuer, er ist mir beinah noch lieber als Ihr Gemälde – u. Ihr braver Michael desgleichen. Hier haben Sie ein Familienstück von uns das wir niemand lieber als Ihnen übersenden, könnten wir einmal so lebendig bei Ihnen erscheinen. Wir sind alle sehr gut getroffen, nur Gottfrieds Gesicht ist etwas noch verstellt durch eine langwierige Geschwulst in der Nase, die sich noch nicht ganz verlohren. Wir rechnen darauf daß wir Ihr ganzes
    Serail
bekommen werden u. sollen unsre Familien so gut wie Eine nur seyn. Leben Sie tausendmal wohl Liebster Gevatter u. treuer Freund. Carol. Herder. Von Johann Gottfried Herder: Eben vor dem Abgange bekomme ich Ihren lieben Pindarischen Brief, den 21. Mai am Prudentiustage. Des erreurs ist mit Wagner fort, an den ichs wenigstens mit einem sehr höfl. Briefe nach Leipz. geschickt habe. Hiebei kommt also Chevilah, Zugabe u. Ankündigung: Klopstocks Zettel: u. die Silhouetten. Frau u. Kinder sind bis zum Sprechenden getroffen. Meine Figur ist steif, weil ich eigentlich nicht zu diesem Blatt, sondern allein stehe. Ich auch ziemlich. Empfangen Sie sie freundlich u. frölich.
den 8 April Palmen Sonntag 781. Herzlich geliebtester Freund Heute Gott Lob! Die 54 volumes des Voltaire zu Ende gebracht, womit ich den 24 Jänner den Anfang gemacht. Vergeben Sie mir also wenn ich den Empfang Ihrer beyden Briefe vom 6 u 15 pr. nicht eher habe bescheinigen können. Mittwoch erhielt den ersten Brief in diesem Jahr vom Gevatter Asmus, Donnerstags von unserm lieben Collegienassessor aus St. Petersburg, und vorgestern die 30 ersten Bogen der Kritik der reinen Vernunft. Hatte die Enthaltsamkeit denselben Tag nichts anzusehen, um mein Pensum im Voltaire bestreiten zu können. Gestern bin den ganzen Tag zu Hause geblieben und nachdem ich mich durch 2 Loth Glauberschen Saltz zubereitet, habe in einem Zuge alle 30 Bogen verschluckt – im Capitel über das Intereße der Vernunft brach mir der Faden – und ich sollte meynen, daß es dem Buch ebenso wenig an Lesern, als Klopstocks deutscher Republick und Subscribenten, fehlen wird. Ein paar Bogen habe überhüpft, weil Thesis und Antithesis auf entgegengesetzten Seiten liefen, und es mir zu sauer wurde den doppelten Faden zu bestreiten, in einem rohen Exemplar. Sauber von Druckfehlern scheint es mir auch zu seyn; habe ungefehr ein Dutzend in die Augen fallende bemerkt. Die Probe von dem Äußerl. ist sehr nach dem Wunsch des Verfaßers gewesen. – Dem Ueberschlage nach wird es Aufsehen machen und zu neuen Untersuchungen, Revisionen p Anlaß geben. Im Grunde aber möchten sehr
    wenige Leser
dem scholastischen Innhalt gewachsen seyn – Mit dem Fortgange wächst das Intereße – und es gibt reitzende und blühende Ruheplätze, nachdem man lange im Sande gewatet. Ueberhaupt ist das Werk reichhaltig an Aussichten – und Sauerteige zu neuen Gährungen inn- und außerhalb der Facultät. Doch weil sich das Schicksal keines Buchs zuverläßig vorherdeuten läßt, so wünsch ich wenigstens zu dem warmsten Abgang, nichts von den nöthigen Maasreguln bey den gelehrten Herolden zu versäumen, und danke für das anticipirte Vergnügen mit sehnsüchtiger Erwartung des
    Endes und des Ganzen, vom Bogen Hh incl. bis zur Vorrede.
Gott gebe daß Weygand ebenso sorgfältig seyn möge mit der Humischen Uebersetzung! Das
    Geld habe von HE. v. Auerswald empfangen
. Er ist nach dem Regiment abgegangen u hatte wenig Hoffnung – – – – Den 10 Bin den ganzen Sonntag durch Besuche unterbrochen worden. Kam der polnische reformirte Prediger Wanowski mit seinem Neveu, Prof. Kreutzfeld, Secr. Dorow mit seiner Frau, Pr. Kraus, Mlle Schimmelpfenningin mit ihrem Chapeau Brahl (zum Abendbrodt). Gestern habe ich mich den ganzen Tag umtreiben müßen zum Coge intrare zu Wetzels Wilhelmine, und nicht mehr als 5 baare u einen unbaaren angekuppelt – Zur Fortsetzung der ersten Seite umzukehren, so wird HE v Auerswald kaum die Erlaubnis erhalten noch ein Jahr die hiesigen Ingenieur Uebungen fortzusetzen. Er freute sich sehr über den Besitz des Buffons und dankt nebst mir dafür. Ein großer Gefallen würde ihm mit Buffons Geschichte der Vögel geschehen. Es muß aber die Ausgabe in 12o seyn, u. ein complettes Exempl. neml. von allen Theilen die heraus sind. Er läßt Ihnen aber
    alle mögl. Zeit zu einer guten
Gelegenheit ein solches complettes Exempl. in 12o hierher zu expediren. Herder hat mich auf
    Temples Denkw
. Aufmerksamkeit gemacht. Nach unendl. Suchen erhielt ich endl. ein Exemplar, weiß aber gar nicht, was mein lieber Gevatter an dem ganzen Buche gefunden, und werde ihn deshalb zur Rede stellen. D. Stark hat sich hier über 14 Tage aufgehalten, zum Theil wegen eines Falls, wodurch seine Frau im Umwerfen beschädigt worden. Man sagt, daß er dem König vorgestellt werden wird. Was ist das für ein liefländischer Himmelsstürmer unsers herrschenden Weltsystems? Nach seiner Claßification der Schriftsteller sollte man ihn für einen Layen oder Avtodidacten oder Idioten halten. Diedrichs ist gestorben und läst eine schöne Bibl. nach. Christiani wichtige Auction steht uns auch vor, aber der Catalog ist noch im Druck. HE Courtan wird schon Sorge tragen und ich werde auch nicht vergeßen ihn daran zu erinnern. Sie bedauerten damals Ihren
    besten
Schwager verloren zu haben. Ich kenn die engl. und französische Dienstfertigkeit, halt es aber mit der deutschen – und der junge Courtan scheint mir auch hierinn ein würdiger Sohn seines ehrlichen, betriebsamen Vaters zu seyn. Für den Caviar hab ich mich schon bedankt, ich hab ihn aber aus Memel erhalten – An meinen beyden Recensionen ist nichts. Wer weiß was Sie sich unter dem schwäbischen Wörterbuch vorgestellt haben. Ich meynte keinen andern als den
    Cleß
, auf deßen Namen ich mich nicht besinnen konnte, und diesen kahlen Extract machte ich bloß, um die Druckfehler des recensirten Blatts zur Chronik verlaßen zu können, weil der Abgedruckte Anfang weder Sinn noch Verstand hatte, wie Sie aus den für Sie beygelegten zwo Blättern ersehen werden, so bald ich Gelegenheit habe selbige beyzulegen zu übermachen. Im letzten Vierteljahr des Mercurs 80 ist das Berenssche Stück recensirt und in den neuesten Bänden der Allgem. Bibl. läßt sich selbiges auch leicht aus dem Verzeichnis ersehen. Schlötzer hat auch bereits den Empfang des Blatts bescheinigt, und wird vermuthl. auch davon Gebrauch machen. Beyde HE Gevatter in Weimar und Wandsbeck warten auf den Monath
    May
als den Termin einer neuen Hausfreude und Hausseegens. Ich schreibe dieses auf meiner Loge an einem glühenden Ofen bey der heutigen Sommerwitterung. Was aus meinem alten Kopf werden wird, weiß ich nicht. 54 Voltaire – 30 Bogen Kritik in Einem Tage – und ein ewiges Wirrwarr und Gewühl von mehr als hundert Kleinigkeiten, die mich von allen Seiten, Kanten und Ecken necken. Wundern Sie sich also nicht, liebster Hartknoch, daß ich keine kluge Zeile zu schreiben imstande bin – vor Freuden über jeden Brief auffahre und wie Butter an der Sonne stehe, wenn es zum Antworten kommt. Wagner ist vor 14 Tagen hier gewesen, da Dängel eben abgereist war wegen der seiner sterbenden Mutter,
    wie es hieß
, und die sich gebeßert hat, daß er seine Reise ausgesetzt u sich im Oberlande umtreiben soll. Also ist wenig Hoffnung, daß aus dem Handel etwas werden wird. Er ist in Lebensgefahr gewesen sein Postillon oder Fuhrmann ist ertrunken, und hat vielen Schaden an seinen Sachen gelitten. Lese jetzt
    Joh. Müllers
Geschichte der Schweitz. Der Verf. ist ein Freund unsers Kraus. Es ist so grauerlich, schauerlich u entzückend geschrieben, als das Land selbst. Le Procès de trois Rois – Londr. 780 p. 192 gr 8vo mit einem großen Kupfer habe auch anzugucken bekommen, vermittelst eines Durchreisenden. Eine der confiscabelsten u seltensten Schriften, welche eben nicht 6 # werth ist. Ich zweifle daß es von Linguet geschrieben, vielleicht von eben dem Verf. des Partage de Pologne. Der Anfang frappirt; aber je weiter man liest, desto ermüdender, eckler – Die 7 fl. liegen bey mir eingewickelt mit einer Etiquette
    für wen
und
    von
    wem
und
    wofür
en depot. Sind Sie bald imstande die Vögelgeschichte zu schaffen; so werde für Eintreibung des Geldes sorgen. Er liegt in Bartenstein in Garnison, u ich stehe unmittelbar u durch Kraus mit ihm in Verbindung. Haben Sie auch die Londoner u Lausanner Ausgabe des Voltaire, die sich mit 70 angefangen. Der letzte 54ste Theil ist von 780. Sie wißen also wol nicht, ob seitdem ein neuer Tome ausgekommen und diese Ausgabe geschloßen ist? Hier haben wir Hofnung die neueste Ausgabe von Beaumarchais zu erhalten. Ich warte auf den Plan, welchen mir Wagner versprochen, weil der Oberb. Graf Lust gehabt ihn
    für die Schloßbibl
. zu verschreiben. Ist Luchet über Volt. Leben schon heraus und was kostet er? Wenn etwas an ihm ist, so würde er auch wol zu Auerswald Bibliothek gehören, der obige Ausgabe besitzt und selbige mir zum Gebrauch mitgetheilt hat. Herder hat mir seine Preisschrift zugeschickt. Er wird je älter, desto milder u reifer. Ich warte mit jedem Posttag auf Sein zweites Bändchen von Briefen. Bis dahin Gott empfohlen, der Ihnen Gesundheit, gut Wetter, Ruhe und Freude zur Frühlings Cur bescheeren wolle. Henriettchen Courtan hat auch einen Ausschlag gehabt, der aber ohne Folgen gewesen u nicht lange gewährt; hoffe also auch Ihr liebes Töchterchen widerhergestellt. Gott Lob! meine Kinder sind gesund und empfehlen sich bestens vorzügl. Hänschen u Lehnchen. Lieschen, das Palmensontagskind tritt diesen grünen Donnerstag in ihr 10tes Jahr. Was macht der arme Berens? Ist er bey seinem Vater und hat er sich erholt? Nehmen Sie sich doch, soviel Sie können der Voßischen Odyßee an. Kreutzfeld ist hier Collecteur, wird kaum so weit kommen als ich mit meiner Wilhelmine Arend. Bin heute bis Nr 12 gekommen, worunter aber nicht alle baar noch liquide sind. Dies soll auch das letzte Schaarwerk seyn, dem ich mich unterziehen werde. Stark ist Verf. des Buchs über den Zweck der Freymäurerey. Ihre Vergleichung mit Religion habe noch nicht zu Gesicht bekommen, soll aber hier seyn. Wißen Sie nicht den Verfaßer davon? Claudius schreibt mir, daß Leßings Fortsetzung von Ernst u Falk nicht durch ihn sondern durch einen
    dritten
herausgegeben worden. Dem Gerüchte nach wird der König hier erwartet, wenigstens in Preußen; schwerlich hier in Osten. Habe das Privilegium Caffe zu trinken, nicht wie Esau seine Erstgeburt verschmähen wollen, sondern ungeachtet meines Vorsatzes mich auch mit Brennzedeln versehen. Trinke aber des Morgens Baldrian, und nur die Werkeltage Nachmittags, aber Sonntags zweymal. Das Project alle Königl. Bedienten auf Uniformen à la Soldatesque zu reduciren ist ein bloßes Gewäsche gewesen, falls ich in meinem letzten auch daran gedacht haben sollte. Noch habe keinen
    so langen Brief
von unserm S. Petersburger erhalten als den letzten. So bald ich das verwünschte Sub Praenumerations- Geschäfte abgemacht haben werde, denk ich ihm zu antworten. Hier haben wir einen Silhouetteur Namens Sydow und eine Silhouetrice, Polkähnin. Dem ersten habe ich u. Hänschen auch geseßen diesen Montag. Ob was draus werden wird, weiß ich nicht. Weil mein Barbierer ausgeblieben, so war ihm mein langer Bart und meine
    wilden
Augenbräunen, wie er mir zu verstehen gab, im Wege. Me Courtan erzählte mir post factum, daß er Ihren Autor Kant um die Erlaubnis gebeten ihn gratis abzeichnen zu können. Er gab mir auch so etwas zu verstehen, weil er, ich weiß nicht wie, erfahren daß ich in seiner philos physiognomischen Bibliothek, die er mit sich führt, stünde; ich mag aber für meine Thorheiten lieber büßen als selbige gratis begehen. Daher weiß ich nicht, wie wir uns einander einigen werden, und trage solange das honorarium programmaticum in der Tasche herum bis zur ausgemachten Sache; worauf es beruht, ob ich meine 4 Fräulein; die 3 Mädchens mit ihrer Mutter der Silhouetrice anvertrauen werde oder nicht. Ein lutherisches Viuit! zum bevorstehenden Osterfest. Kuß und Gruß an die Ihrigen von Ihrem alten Freunde und sämtl. Hausgenoßen. Johann Georg Hamann.
Den 27 April 81. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Der Mayschein hat sich mit dem Georgentage eingestellt und ich schmachte nach Nachrichten von Ihnen – Ist Ihr zweytes Bändchen von Briefen noch nicht fertig? Endlich hab ich auch den ersten Brief aus Wandsbeck in diesem Jahre vor kurzem erhalten, wo man sich auf ein Kindtaufen im May ebenfalls gefaßt macht. Der Abwechselung wegen wünschte ich Ihnen ein Fräulein und dem armen Asmus ein Männlein. Der Art wegen verdiente doch auch der Namen erhalten zu werden. Habe eben heute Ihren fünften Brief im März des deutschen Museums gelesen, – und meine Silhouette bekommen, die ich eile Ihnen mitzutheilen. Wir haben hier einen Silhouetteur, der sich einige Wochen hier aufgehalten und eine Silhouetrice, welche die ganze Stadt und alle noch übrige runden Thaler und 1/6 in Schattenbilder umsetzen. Der Mann heist Sidow und geht nächste Woche nach Rußl. Ich hab ihm 2 mal geseßen; das erste mal beklagte er sich über meinen langen Bart und meine unschlachtige Augenbraunen. Hiezu kam noch meine sehr vermeckerte alte Perüke. Ich saß zum zweyten mal mit bloßem kahlen Kopf – bin dem ohngeachtet nicht so kentlich als mein Hänschen, mit deßen Ähnlichkeit jedermann zufrieden ist. Vielleicht schick ich Ihnen nächstens mein Serrail von der Silhouetrice; bin vor der Hand des Silhouettirens ein wenig überdrüßig, lege auch Lauson u Kreutzfeld als ein paar Landsleute bey, weil sie beyde mir zu Gefallen haben sitzen müßen, letzterer an seinem Geburtstage. Maler kenn ich hier nicht, Ähnlichkeit und Güte der Zeichnung ist noch mißlicher, und leider! auch eine Silhouette im besten Geschmack für mich zu kostbar. Am Geburtstage des Königs bekam den Einfall Voltairens Werke zu lesen, bin auch am Palmensonntage damit fertig geworden, nemlich mit der Ausgabe von 54 Vol. in gr. 8o Die Marterwoche habe als Collecteur für Wezels Wilhelmine zugebracht, weil der terminus peremtorius da war und ich noch eine Antwort vom vorigen Sept. schuldig war. Wahrscheinlich ist er Verf. der Recension von Oberon in der N. Bibl. weil sein letzter Roman den ich noch nicht kenne angeführt – und keinem andern hätte wol Campens Robinson bey der Gelegenheit einfallen können. Von Kantens Kritik der reinen Vernunft habe die ersten 30 Bogen durch des Verlegers Vorsorge erhalten, und warte mit jeder Post auf Anfang u Ende. Sie als ein alter Zuhörer werden ihn vielleicht beßer verstehen. An Lesern wirds ihm so wenig als der gelehrten Republik an Subscribenten fehlen, aber eben so wenig, die ihn faßen werden, und
    dies
wird eben kein Glück für sie noch für ihn seyn: Denn alles scheint mir doch auf ein neues
    Organon
auf neue Kategorien, nicht so wol scholastischer Architectonik als sceptischer Tactik hinauszulaufen. Mit eben so viel Ungedult warte auf die Uebersetzung des Hume. Hartkn. und ich haben bestellt daß mir selbige sogl. übermacht werden soll. Ihr Anblick wird meine Arbeit bestimmen und die Einrichtung derselben, wenn ich noch arbeiten
    kann
und
    soll
Kanter hat Gottlob! seinen Laden verkauft an Dängel und Wagner in Comp. Letzterer ist bereits zur Meße gegangen. Nachdem ich lange gnug umsonst mich um Tempels Denkwürdigkeiten bemüht, erhielt ich sie am Palmensontage eben wie ich mit Voltaire fertig war; habe aber nicht den Grund finden können, warum sie mich auf dies Buch aufmerksam gemacht. Mein Kopf war aber so erschöpft, daß die Schuld wol an ihn gelegen haben mag. Können Sie mir etwa das Stück angeben, was für meine Neugierde gehört. Was ist das für ein Poet Rhenton und die Anführung Lib. I. 20. II. 1 welche in der Note 2) S. 32 steht. Führt ihn Cicero in Epist. ad Atticum an? Ich habe leider! keinen Cicero und über den welschen, den alten Römer ausgeschwitzt. Neckers Compte rendu hat mir einen vergnügten Abend gemacht und sehr neugierig auf sein Eloge des Colbert, welches noch nicht hier ist. Carvers nordamerikanische Reisen haben mich angenehm unterhalten u besonders die Einweihung in die Wakon Kitschemale oder freundschaftl. Einweihung des Geistes. Le Procès des 3 Rois wird dort eben keine Seltenheit seyn. Der Anfang erschüttert; aber so lange ist es wol nicht mögl. auszuhalten und je weiter man kommt, je mehr erlaman ermüdt. Mir komt es sehr unwahrscheinl. vor, Linguet für den Verf. zu halten; eher den Dramatisten des Partage de la Pologne. Leßings Gespräche sind auch einmal hier angekommen; scheinen nach einer fehlerhaften Abschrift abgedruckt zu seyn, der Vergleichung zufolge, die ich vorigen Mittwoch angestellt. Da die ersten 2 Gespräche in den hiesigen Zeitungen statt Beyl. gedient: so möchte wol den Abdruck nach unserer beßern Handschrift besorgen. Diedrichs ist auch den Weg alles Fleisches gegangen. Es war Schade um den Mann; seine Gesundheit war so zurüttet, daß kaum etwas von ihm mehr zu erwarten war. Man redt von Bahrdt; so wie von Engel als Starks Nachfolger in Mitau. Letzterer hat sich hier über 14 Tage aufgehalten, weil seine Frau unterwegens sehr gelitten durch das umgeworfene Fuhrwerk. Hier läuft das Gerüchte von unsers Königs Neugierde ihn zu sprechen, wie in Berlin selbst. Er soll hieher geschrieben, blos Büsching u Teller aber wie es mir scheint, nicht Teller gesehen haben, und hat über Potsdam nach Magdeburg gehen wollen. Vielleicht erfahr ich mehr – Claudius hundertjährige Bouteille Rheinwein ist auf den 28 Ianuar Dom. IV. p Epiphanias als dem Geburtstage meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin Gott gebe schon glücklichen Kindbetterin! Wohl ausgeleert worden. Am letzten ejusdem besuchte mich Prof. Bause auf seiner Heimreise nach St. Petersb. u brachte mir Nachrichten aus Weimar und Wandsbeck. Ich wuste vor Freuden nicht, wie ich den Mann bewillkommen sollte. / Den 4ten Mart. Dom. Inuocauit kam HE Bursy mit ähnl. Empfehlungen u brachte Engels Lobrede auf den König u Jerusalems Sendschreiben mit, auch ein paar Leckerbißen gl. den Wachteln in der Wüste. Kraus hat den 5 huj. pro receptione den ersten Theil seines Meisterstücks abgelegt de Paradoxo: edi interdum ab homine actiones voluntarias, ipso non inuito solum, verum adeo reluctante, ist aber mit der andern wichtigsten Hälfte ins Stecken gerathen und kann nicht von der Stelle kommen. Die Materie bezieht sich auf eine Abhandl. in Sulzers vermischten philosophischen Schriften Dom. Misericordias 29. April Heute wird auf Veranlaßung unsers dirigirenden Burgermeisters eine ausdrückl.
    Armenpredigt
gehalten, weil die Gaßenbettler versorgt werden sollen – in der Schloßkirche u dem dazu gehörigen Sprengel, über 8 Tage in der Altstadt u. s. w. übersende dahero mein Scherfl. durch meine Leute und bleibe daheim, um meinen Brief fortzusetzen. Briefe über Religionswesen und Freymäurerey an allerley Leser, ist unstreitig ein hiesiges Product, und werden sehr geheim gehalten, sind wenigstens nicht im Buchladen zu haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie von dem hiesigen reformirten Prediger im Waysenhause,
    Lowitz
. Es fehlt nicht an Laune; auch der arme Pleßing mit seiner in Kaunitz Graudentz Kaunitz gehaltenen Gastpredigt, welche er seinem Vater p dedicirt, bekommt einen Seitenblick. Der gestrigen Post zufolge ist Stark durch Potsdam durchgereist ohne angehalten worden zu seyn unterdeßen dort wie hier das Gerüchte allgemein gewesen, daß der König die Neugierde haben würde ihn vor sich ruffen zu laßen. Er hat sich in Berl. kurz aufgehalten, giebt der Residenz aber in gewißen Dingen den Vorzug vor Paris u Petersb. Habeat sibi. Wie Ihnen bey Lesung der Kantschen Kritik zu Muthe seyn wird, liebster bester Gevatter, bin ich neugierig zu erfahren. Ich habe sapienti sat gesagt über das transcendentale Geschwätz der gesetzl. oder reinen Vernunft denn am Ende scheint mir alles auf Schulfüchserey und leeren Wortkram hinauszulaufen. Bin im Begriff den
    Locke
und Hume’s Treatise on human Nature zu studieren, weil mir selbige als ein paar Qvellen u die besten Urkunden in diesem Felde vorkommen. Erfüllen Sie doch bald meine ungedultige Sehnsucht nach Ihren Briefen, um auch unserm Fischer eine Freude machen zu können. Vielleicht komt alles Gute auf einmal – denn auch ich
    zappele und bin in Ängsten und Schmerzen
– wie Damaskus. Jer. XLIX. Meine Säfte sind so verstockt und haben eine Schärfe, die in lauter kleinen Geschwüren ausbricht, womit ich mich das ganze Jahr geqvält, besonders in den Lenden und dem Sitzfleisch, daß mir eine Frühlingscur unumgängl. seyn wird. Von Kopfschmerzen weiß Gottlob! nichts, aber ein Sausen und eine Atonie des Organi und Sensorii, bey der ich an eine crisin der gesunden und reinen Vernunft in diesem Leben verzweifele. Heute vor 8 Tagen einen guten Freund verloren an HErrn Lieutenant de la Terrasse der den 10 dieses seinen 40sten Geburtstag gefeyert und einer der liebenswürdigsten, edelsten und außerordentlichsten Menschen war, die ich auf der Welt gekannt habe. Ohngeachtet ich noch keinen Menschen als meine seelige Mutter verscheiden gesehen habe, auch mich zu keinem Todtenbette dränge, überfiel mir den Abend vorher so eine Unruhe u Schwermuth beym Schlafengehen, daß ich mich vorigen Sonntag entschloß selbst zu ihm hinzulaufen um ihm das letzte Lebewol zu sagen. (Er wohnte richt über seiner und meiner innigsten Freundin der Baroneße v Bondeli, der dieser Verlust wol das Herz brechen u die letzte Oelung geben wird. Ich habe nicht das Herz selbst hinzugehen und Hänschen ist Bote. Sie lebt mit einer Fräul. von Morstein, einer noch jungen Kreuzträgerinn, die dritte ist eine alte abgelebte Hausjungfer, – und dabey 3 junge Fräul. in Pension, denn höher hat es diese Beaumont nicht bringen können.) Ich kam zu spät und sah die Fenster schon offen, erfuhr wenigstens zu meiner Beruhigung, daß er mit aller Heiterkeit u Gegenwart des Geistes eingeschlafen. Der König wurde hier erwartet; aber nicht mehr, komt aber doch nach Graudenz wie es heist zur Revue. Aus des Großkanzlers Reise nach Pr. wird auch nichts; Hippels Reise nach Berl. wird vermuthl. dadurch befördert werden. Dem Besuch des Prof. Bause habe einen langen freundschaftl. Brief vom jetzigen CollegienAßeßor beym Cabinet, Arndt, zu verdanken. Die Besoldung ist nur 600 Rubel, hat Premier Majors Rang und bey seiner Bestallung hat er ein außerordentl. Geschenk von der Kayserin von 300 Rubel erhalten. Er ist Uebersetzer des Gesetzbuchs und hat seit 76 das Petersb. Journal mit Beyfall ausgegeben welches mit vorigem aufgehört und unter dem Titel des Neuen fortgesetzt werden wird. Das Glück dieses würdigen Mannes hat mir herzl. Freude gemacht – und sein ganzer Brief, der längste, den ich noch bisher von ihm erhalten. Nichts vom Chevilah? dem hieroglyphischen Denkmal – Monboddo’s Werk über die Sprache habe wo ich nicht irre im Göttingschen Magazin angeführt gefunden. Wißen Sie nichts davon. Die Ankündigung seiner Ancient Metaphysicks läßt eben nicht viel erwarten. Claudius hat mir eine lange Stelle ich weiß nicht aus welchem Buch angeführt über die original Natursprache, die mit seiner Erklärung vom Genie was ähnliches hat. Platons Architypen kommen mir eben so vor, wie die materielle Ideen dem Reimarus. Nichts scheint leichter als der Sprung von einem Extrem zum andern, und nichts so schwer als ihre Vereinigung zu Einem Mittel. Ungeachtet aller meiner Nachfrage ist es mir nicht mögl. gewesen des Iordani Bruni Schrift de Vno ⸂Nach Heumanns Actis φφorum ist diese Schrift ital. ausgekommen: Della causa, principio ed uno Venetia 584 in 12o.⸃ aufzutreiben, worinn icher sein
    principium coincidentiae
erklärt das mir Jahre lang im Sinn liegt, ohne es weder vergeßen noch verstehen zu können. Wären Sie im stande das Buch dort aufzutreiben, so nähmen Sie sich vielleicht die Mühe es mir zu Gefallen es durchzulesen, u mir einige Nachricht von seinem Innhalt u Begriffen mitzutheilen. Diese Coincidenz scheint mir immer der einzige
    zureichende Grund
aller
    Widersprüche
– und der wahre Proceß ihrer Auflösung und Schlichtung, allem Fehd der gesunden Vernunft und reinen Unvernunft ein Ende zu machen. Claudius hat meine Einl. an Kl. abgegeben und mir vor der Hand statt einer Antwort seinen Grus übermacht, mit dem ich gern für lieb nehmen will. Ein Oelblättchen des Friedens ist mir köstlicher als die palma nobilis den terrarum dominis. Habe bisher von keiner Recension meiner Scherfl. lauten gehört – wünsche ihnen in der Ruhe nachzufolgen. So bald die Humische Uebersetzung ankommt, werd ich mich sans comparaison bedenken wie Julius Cäsar beym Rubicon, ob ich mein Federmeßer wetzen oder in der Scheide verrosten laßen soll. Die Ankündigung des Deutsch. M. soll deshalb nicht verloren seyn, und ich verspreche alle Genugthuung – Ich that diese Bitte in Hartkn. Namen – – – – – – – Von diesem Vierteljahr ist noch nichts zu sehen und zu hören. Ist Kreutzfelds Schrift durchgegangen? wie ich hoffe. Seine Gesundheit wird seinem Kopf nicht nachtheilig, und unsere Freundschaft hat auch neues Laub gewonnen. Er ist beynahe der einzige – Die jungen Leute hab ich ziemlich verscheucht aus meinem Hause. Mein Sohn giebt mir alle Hände voll, wenn ich zu arbeiten im stande wäre. Ich bin sein einziger Schulmeister im Gr. Lat. u. Hebr. Auch mit dem Engl. Lesen denke bald fertig zu werden, das einzige, was er bey dieser Sprache nöthig hat – und denn soll es auf das franz. loßgehen, welches nun wol freylich anders von uns behandelt werden muß. Wenn uns der liebe Gott erhält, so wünschte ihn noch arabisch buchstabieren zu lernen, und so hat er wenigstens die Pforte der morgen- u abendl. der lebenden u todten Sprachen seinem Vater zu danken. Schenkt Gott dem Hartknoch das Leben: so bleibt es beym Buchhandel. Wo nicht, so hat er zur Medecin Lust, in welchem Fall ich ihm auch das Arabische gönnte, nicht blos pour la rareté du fait sondern auch der lieben Gelehrsamkeit wegen in seinem Handwerk. Vier Gottlob! gesunde Kinder sind doch immer ein Glück, darauf ich mir keine Rechnung gemacht. Sie wurden mir im Traum verheißen, aber nicht durch
    den
Weg – Meinem ältesten Mädchen hab ich Gellerts Schriften zu Ihrem Geburtstag kaufen müßen, weil sie mich darum bat. Die mittelste soll mir am ähnlichsten sehen, was die Nase betrifft – hat endlich mit genauer Noth aus Heincens Büchl. ein wenig buchstabiren gelernt von ihrer ältesten Schwester. Pathchen ist das drolligste und dollste Mädchen von allen 3 – coronat opus. Freylich wünschte ich mehr Beyhülfe in der Erziehung von der Mutter, welche nichts als Arbeitsamkeit u Ehrlichkeit zur Mitgift hat und manches im
    Zuschnitt
versäumt. Da ich aber kaum meinen Sohn abzuwarten im stande bin, so muß ich schon die Töchter Preiß geben und sie aufwachsen laßen wie die ausgehauene Erker – Da kam Kreutzfeld, der sich Ihnen empfiehlt, Mlle Schimmelpfenning und ihr Brahl zum Abendbrodt – und alles um mich schläft. Erfreuen Sie mich bald mit schriftlichen und gedruckten Nachrichten. Werden Sie nicht müde, Ihren alten Freund zu tragen. Ohngeachtet nichts zu hoffen ist, hoff ich doch immer, daß wir uns einander sehen und noch in diesem Leben umarmen werden. Merses profundo, pulcrior euenit. Stellen Sie sich meine Lage vor, bester HerzensGevatter: so versteht sichs von selbst daß mein Briefwechsel auf keinerley Art für Sie intereßant seyn kann; der Ihrige aber ist Oel für meine glimmende Lampe. Nichts wie reden, nichts wie schreiben, ist für mich ein trocken, unnützes, müßiges Ding. Leben ist actio. Dies Gefühl ist mein Tod – aber auf diesem Gefühl beruht auch die Hofnung meines Lebens, so lang es Gott erhält. Ich denke alle Morgen und Abend an Sie und Claudius, den ich Ihnen zu verdanken; denn von Kaufmann u seiner Frau weiß ich nichts. Hier gieng ein lächerliches Gerücht von ihm im Kayserl. Hause. Asmus beschreibt mir den HE von Haugwitz als einen der besten Männer und daß seine Frau in dortigen Gegenden Wochen gehalten. Wird Ihre Uebersetzung u Ausgabe des Andreä nicht zu Stande kommen? Die Probe im Χstl. Magazin hat mir den Mund wäßrich gemacht nach mehr und Allem. Vom letzten Bande habe noch nichts hier zu sehen bekommen; aber gehört daß die freymüthige Betrachtungen über das Χstentum sehr vortheilhaft beurtheilt seyn sollen. Wie das zugeht begreif ich nicht. Bursy erzählte mir, daß Jerusalem eben so denkt u dies Buch allen übrigen Schriften des Starks vorzieht. Will es noch einmal lesen, weil es mir zur Uebersetzung des Hume den ersten Anlaß gegeben, und das Urtheil eines andern Manns mein eigenes verdächtig macht. Nach dem Zweck der Freym. zu urtheilen vermuthe ich nicht daß Stark in seiner Autorschaft stärker wird, im Buchstaben vielleicht aber nicht im Geist. Ich umarme Sie und Ihre würdige HausEhre und Hausmutter, küße mein liebes Pathchen und sämtl. Geschwister. Gott seegne Sie und alle die lieben Ihrigen reichlich und täglich. Ich ersterbe Ihr alter treuer Gevatter, Landsmann und FreundJohann Georg Hamann. So bald ich ein Schreiben von Ihnen u Humens Uebersetzung erhalte, mehr – Gute Nacht! und einen fröhlichen May!
Kgsb. den 7 May 81. Geliebtester Freund, Muß mich wieder bey Ihnen bedanken; weil ich gestern Dom. Iubil. von K. die Bogen HH bis Bbb incl. erhalten; also schon in allem 48 Bogen – aber weder Anfang noch Ende, wie ich gehoft und vermuthet. So einen korpulenten Autor hätte ich mir nicht vorgestellt noch vermuthen können. Die Transcendental Theologie habe ich eben durchgegangen, woran mir so viel gelegen war. Erst 2 Bogen des andern Theils oder der
    transcendentalen Methodenlehre
, welche mit S. 705 anfängt. Er ist erst im Abschnitt von der
    Disciplin
; folgt noch das Hauptstück vom
    Kanon
, von der
    Architectonik
und eine
    Geschichte
der reinen Vernunft. Wenn dies alles auch in 10 Bogen enthalten seyn sollte: so wird der Band so stark als die 2 Theile des Lamberts, die in Einem Bande bey mir einen zieml. unförmlichen Bauch haben. Dies ist aber nicht des Verlegers schuld; so wenig als des Druckers. Es fiel mir am Charfreytag ein ein paar Worte selbst an HE Spener zu schreiben, um ihm den Empfang zu bescheinigen, und daß ich Sie auch davon bereits avertirt hatte, mit der Bitte, wenn er mir
    das Ende und den Anfang
des Kantschen Werks zufertigte zu melden, ob die Humische Uebersetzung diese Meße fertig werden würde u wo mögl. den Verf. derselben anzugeben, falls er ihn wüste oder erführe – und weil
    Weygand deshalb einen Auftrag von Ihnen erhalte
, etwas zur Beförderung deßelben beyzutragen, wie er den seinigen besorgt, welches er mir in seiner Antwort vom 28 pr. verspricht, Sie selbst aber in Leipzig vermuthet. Ob von diesem dato an der Rest abgedruckt seyn wird, kommt mir mißlich vor. Der Autor hat sich wenigstens in der Anzahl der Bogen verrechnet und in Ansehung des Termins möchten Sie auch nicht unrecht gehabt haben. Soviel ist gewiß, daß das ganze Werk mit genauer Noth zur Meße wird geliefert werden können. Dem Minister v. Zedlitz wird es dedicirt, und ich
    hoffe
und wünsche, daß Sie Ihre Rechnung auch dabey finden. Sorgen Sie nur, daß die
    Metaphysik der Sitten
und
    Natur
bald nachfolge; besonders die letztere, worinn seine
    Theorie
kommen wird, wie in der Kritik seine übrigen Schriften eingewebt sind, theils ausgearbeiteter, teils verjüngter. Wie sehr es mich intereßirt, kann ich Ihnen nicht sagen; bin aber doch noch nicht im stande einen rechten Gebrauch von den losen Bogen zu machen und das Ganze zu übersehen. Das Neueste hier ist, daß Kanter seinen Laden wirklich verkauft, an Wagner u Dängler, Ersterer die Meße macht u letzterer seine dortige Angelegenheiten in Ordnung bringt. HE Sidow, ein Silhouetteur ist vorige Woche abgegangen und wird sich auch bey Ihnen melden. Er soll zugl. ein Meister auf der Qveerflöte seyn. Ich habe mir die Freyheit genommen ihm Ihr Haus zu empfehlen, wird vermuthl. meine u Hänschens Schattenriß aufweisen können. Ersterer will hier niemanden kenntl. fallen, habe ohne Perucke geseßen – welches mit Schuld seyn mag. Mit letzterm ist jedermann zufrieden. Habe blos für meine Gevatter in Weimar und Wandsbeck den Einfall gehabt; besonders hat mich H. um mein Portrait gemahnt, wozu ich hier Niemanden weiß – Wie gehts, liebster Hartknoch, mit Ihrer Gesundheit und der Frühlingscur? Wir haben heute einen derben Hagel gehabt nebst Schnee, u müßen wieder heitzen laßen. In Weimar u Wandsb. soll diesen Monath Kindelbier geben; warte mit Schmerzen auf Nachricht, und habe vorige Woche beyderseits darum ersucht. Die Briefe über das Religionswesen u die Freymäurerey sind allem menschl. Vermuthen nach, vom reformirten Prediger Lowitz im Waysenhause. Weil der Abdruck des Dritten von Falk und Ernst sehr fehlerhaft ist: so hab ich meine Abschrift in die hiesigen Zeitungen einrücken laßen, und werde auch für Sie ein Exempl. aufbewahren. Dem Collegien Aßeßor A. habe geantwortet – aber aus der Schlafmütze. Der Brief liegt aber noch hier; und wartet auf Einschluß. Was macht Ihr lieber Sohn? aus der Schweitz ist alles still für mich – und ich laborire an der
    faulen
und
    verkehrten
Vernunft, wie jener an der
    reinen
, studiere noch einmal Humes Abhandl über die menschl. Natur die bereits zu London 79 in 3 Octavbänden u so wenig in Deutschl. bekannt und K. Pegasus ist.
    Lockes Werk
wartet auch auf mich, weil ich mich fast schäme ihn noch nicht selbst gelesen zu haben. Kein Wunder, daß mein Kopf Wehen fühlt –
    aber es ist keine Kraft da zu gebären
, wie Hiskia sagt. Gott erhalte Sie und die lieben Ihrigen, denen mich bestens empfehle samt meinem Hause, in dem Gottlob! alles gesund ist, bis auf die Altflickereyen meiner 51jährigen Leimhütte. An Lieutenant de la Terrasse habe gestern vor 8 Tagen einen guten Freund verloren und meine alte und seine innigste Freundin die Bar. von Bondeli dürfte ihm bald nachfolgen. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten; an die meinigen, welche ich erwarte, werde Sie auch sogl. Antheil nehmen laßen. Ich ersterbe Ihr ergebenster u verpflichtester J. G. Hamann Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchführer / zu / Riga. / par fav.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg / Empf den 5 May 1781/ beantw d 30 Jun
Kgsb. den 10 May 81. um 6 Uhr Abends. Nun mein alter, ewiger Freund! Tausend Glück zu Ihrer Quasimodo- Theodora. Hab vor Freuden und Zittern kaum Ihren Brief zu Ende gelesen, das Couvert mit einer kurzen Innschrift zur Einl. auf die Post fertig gemacht, welche aber erst übermorgen abgeht – und weiß nicht
    wen
und
    was
ich in Gedanken umarmen soll. Bin den ganzen Quasimodo-Sonntag mehr in Weimar als hier zu Hause gewesen; brachte vor Schlafengehen, wider allen Vorsatz und Willen meinen Brief an Sie zu Ende gebracht und hab dem heil. Georg manche bona verba unterm Bart gemurmelt, den MaySchein gedeyen zu laßen, Aber daß der Termin so mathematisch nach Ihrem Almanach eintreffen sollte, wollte mir nicht Recht im Sinn – weil unsere akademische Kalender hier zu Lande nicht so zuverläßig sind. Meine jüngste Tochter kam auch so, ohne weise Frau – aber bey den
    leichten
Entbindungen scheint die Natur mehr
    Schonung und Erholung
nöthig zu haben. Denn bey schweren verbietet sich die Sache von selbst; glückliche machen uns bisweilen etwas zu sicher. Der Geber
    erhalte
und vermehre unsere Freude zum Vorschmack Seiner höheren Liebe und ihres
    transcendentalen
Genußes. Da kam Kreutzfeld und empfieng die gute Bothschaft aus der ersten Hand – wie warm Brodt aus dem Backofen – und wie Ihr Liebesbrief kam, saß ich über Kants Kritik, daher mir jenes Beywort aufstieß. Nun Ihr liebes Buch soll mir auch ein Theodor seyn; will morgen mit zu Fischer laufen, der sich unpäßl. befinden soll u den gestrigen Buß u Bettag nicht hat halten können; denk es noch heut zu lesen. Den zweiten Druckfehler hab ich noch nicht finden können. Der faule Asmus hat mir zuerst in diesem Jahr den 4 April geschrieben u mir auch seine Mayfreude in spe angemeldet. Käme da ein Männlein: so wär es ein zwiefältiges Gute aus der Hand des HErrn. Zweifele daß er den Termin mit seiner Rebecca so pünctlich halten wird. Ich denke daß Ihnen der Wechsel auch gefallen wird. Ich wenigstens brannte auf den Sohn nach einer Tochter, und hab für die beyde letzte mal gar nichts gewünscht, son als mit einem völlig gelaßenen Willkommen gewartet, was Gott bescheert. Habe den 5ten huj. eine Pomeranze geschenkt bekommen und gleich nach Empfang zum Stoff Wein gegeben zum Bischoff, um mein Haus zu bewirthen. Der Sonntag Laetare soll dazu bestimmt seyn; den Kalbsbraten auch schon heute im Geist bestellt. Der Geist ist willig – aber das Fleisch unterliegt auch bey mir dem Gefühl der Unvollkommenheit. Der aber Saamen reicht – wird auch Brodt reichen – und thuts auch wirklich und reichlicher, als ichs verdienen und dafür danken kann. Bey so einer guten Laune kann ich freylich um das Büchlein des erreurs et de la verité bitten und betteln; denn hier ist nicht daran zu denken. Unterdeßen haben wir auch beßere Zeiten zu hoffen, da Kanter seinen Laden an seinen alten Factor Wagner und Dengel, einen Jüngling von mildem Herzen, wirklich verkauft; jener auch schon die Meße macht, der mir den Gefallen wol thun wird es mitzubringen – allenfalls auch zum Depot wie das Alphabetum Thibetanum. Auch Ihren
    unvollendeten Brief
erwart ich. Sonntags erhielte wieder 18 Bogen von Kant – aber noch nicht zu Ende, welches kaum in 10 Bogen abzusehen ist, in welchem Fall das Buch dicker wird als die beyden Theile von Lambetrts Architectonik in Einem Bande, der einer der monströsesten in meiner Bibl. ist. Ein so korpulentes Buch ist weder des Autors Statur noch dem Begrif der reinen Vernunft angemeßen, welche er der
    faulen
und
    ärschlichen
= meiner entgegensetzt, welche die vim inertiae und das ὑστερον προτερον aus Geschmack u Absicht liebt. Seit gestern fang ihn an zu studieren, weil der erste Theil, die transcendentale Elementarlehre zu Ende. Der zweyte fängt sich mit S. 700 an u enthält die tr. Methodenlehre. Ich lese jetzt Hume on human Nature zum zweiten mal mit verjüngtem Licht u Vergnügen – Locke wartet auch auf mich – und so von einer Schwelgerey zur andern. Was mein φιλον ητορ dazu denkt, und wie sehr die Verdauungskräfte und intestina dabey leiden, weiß ich und fühl ich leider! ohne dem Uebel wiederstehen zu können. Um 10 Uhr – Wollte diese Seite mit einer feyerlichen Anrede an Ihre wahre Himmelstochter, die schöne Wöchnerin und Fräulein-Mutter – (oder mich meiner homerischen Beyworter zu bedienen) – an meine
    verehrungswürdige Gevatterin und Freundin
anfangen, als mir das
    Licht
ausgieng, und der
    Ausdruck
versagte. Nahm Ihre Briefe, und las, bis ich den verdruckten
    Vetter
und
    Retter
S. 180 Z. 24. entdeckte, und den dritten Theil zu Ende brachte. Es verdroß mich freylich S. 145 einen Schriftsteller sine epitheto z. E.
    berühmt
angeführt zu finden; unterdeßen hoff ich, daß das Publicum ein wenig bedächtlicher, wie ich, lesen wird, und diese ist die
    dritte
Freude, die Sie mir heute gemacht. Die erste war Ihre Theodora, die zweyte Ihr Theodor, und die dritte: Ecce homo! ein Scherflein meiner armen Muse in einem so reichen Gotteskasten aufgehoben zu finden. Auch die Matinées royales sind fein und treffend angebracht. Ich traue aber meinem eignen Urtheil nicht, und halte es schon für bestochen, ohngeachtet ich 145 Seiten gelesen hatte ohne mir etwas von jener Citation träumen zu laßen. Es hat mir immer einen ungewöhnlichen Eindruck gemacht, daß ein
    Gebet im Schlaf und Traum
den weisesten Mann und Fürsten hervorgebracht – gemäß seinem eignen Lied im höheren Chor:
    den Seinen giebt Ers schlafend
. Sagen Sie mir doch etwas über die Verf. der eingestreuten Gedichte.
    Sie ist die Laute seiner Hand
– ist immer eins meiner LieblingsStücke gewesen und von
    Werlhof
, meines Wißens.
    Titteman
ist mir auch gantz unbekannt,
    wo
lebt er? Ich bin neugierig Ihre Meinung von Kants
    Meisterstück
zu hören. Als ein gewesener Zuhörer von ihm werden Sie vieles geschwinder übersehen können. Er verdient immer den Titel eines
    preußischen Hume
. Seine ganze transcendental Theol. scheint mir auf ein
    Ideal der
I
    Entität
hinauszulaufen.
    Ohne es zu wißen
, schwärmt er ärger als Plato in der Intellectualwelt, über Raum und Zeit. Hier ist wirklich Sprache und Technologie die Deipara der reinen scholastischen Vernunft, und ein neuer Sprung von Lockens tabula rasa auf formas und matrices innatas. Beyde irren, und beyde haben Rrecht: aber
    worinn
? und
    wie weit
? ist auch hier Rhodus et saltus. Hume ist immer mein Mann, weil er wenigstens das
    Principium des Glaubens
veredelt und in sein System aufgenommen. Unser Landsmann wiederkaut immer seine
    Causalitätsstürmerey
ohne an jenes zu gedenken. Das kommt mir nicht ehrlich vor. Seine Dialogen schlüßen sich mit der
    jüdischen
und
    platonischen
Hofnung eines
    Propheten der noch kommen soll
: und Kant ist mehr als ein Kabbalist, der einen מָקוֺם und αιων zur Gottheit macht, um die mathematische Gewisheit festzusetzen und zu gründen, die Hume, mit Ausschließung der Geometrie, mehr auf Arithmetik einschrankt. Da der erste Theil zu Ende ist: so nehme ich mir jetzt die Mühe, mir ein Schema von seinem Inhalt auszuziehen und traue keinem Blick des Ganzen, so hitzig auch selbigem nachjage bey jeder ersten Lectür, ohne eine nähere Zergliederung der Theile und des Einzelnen – um vielleicht das Werk recensiren, aber nicht beurtheilen zu können – wenigstens nicht nach philosophischem Schrot und Korn. An solchen Kunstrichtern wird es so nicht fehlen. Warte mit Ungedult auf die Humische Uebersetzung, wozu Hartknoch u ich alle Anstalten gemacht. Sollte sich der Uebersetzer nicht genannt haben und Sie etwas davon wißen: so bitte mir es mitzutheilen. An meinem guten Willen soll es nicht fehlen die Ankündigung des
    teutschen Merkurs
zu rechtfertigen. Uebrigens lieber schweigen, als unnütze Worte verlieren. Ohne
    Noth
der Uebersetzer Humischer Zweifel zu seyn, so bald ich weiß, daß ein anderer ehrlicher Mann damit etwas verdienen will, ist auch meine Sache nicht. Nun liebster Gevatter, Landsmann und Freund! Ihr
    unvollendeter Brief
– und Nachrichten vom
    Layenbruder
– und das neue Angebinde
    des erreurs et de la verité
.
Es ist Mitternacht, und morgen früh geht die Post ab, die ich nicht gern versäumen wollte. Ersetzen Sie alles, was ich oben mit dem Anfange der Seite zu thun willens gewesen bin. Tausend Seegens Grüße und Küße für Sie und Ihre Himmelstöchter und Söhne. Licht, Liebe und Leben walte und schalte, lebe und webe in Ihnen, und um Sie, und Ihr ganzes Haus. Zur guten Nacht sey Gott gelobt und gepriesen von Ihrem alten ewigen Freund und Diener Johann Georg H Kinder sind Gottlob! gesund; die Mutter hat heute halb im Bette zugebracht und gearzneyt. Alles schläft – und ich habe auch dazu Lust.
    Wachen
und
    Fasten
und
    Arbeiten
ist meine Sache nicht; alles zu seiner Zeit, sagt der weise Mann. In meiner Nachbarschaft ist Hochzeit; aber alles mausetodt, und still. Paroli – wie ein Bräutigam
    In sein
Brautgemach —
so fahr ich in mein Bett – wider meine Gewohnheit – ex abrupto! ohne Klang und Gesang, mit einem gläubigen Amen!!!!!!! Auf der Rückseite des Briefcouverts notiert: Um das schöne Couvert nicht leer zu laßen, liebster bester H. sag ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung, daß es mir ceteris paribus nicht beßer sondern vielleicht ärger geht in meiner öffentl. Lage, und nicht anders als ανεχειν και απεχειν dem öffentl. Uebel entgegen zu setzen weiß. Mir sind die Hände so gebunden, daß ich
    nichts
bin, und unter lauter Usurpateurs lebe, bey der Rolle eines Bruti besorgen muß ein wahres Brutum generis neutrius zu werden. Alles reißt en Roi den Schein des Rechts an sich und wirft sich zum Despoten auf und schlummert, wie der welsche Geschmack, auf seinen Lorbeern ein. Ich denk es noch zu erleben daß Saul in sein eigen Schwert fällt,
    auf daß sich kein Baum am Waßer seiner Höhe
    erhebe
Hesek. XXXI. Was das tollste bey der Sache ist, so ist mein Casus von der Art daß er sich gar nicht augenscheinlich machen läßt; denn ein Versuch dieses zu thun ist mir theuer zu stehen gekommen und es thut mir noch in meiner Seele leid den lieben Capellmeister damals mit ins Spiel gezogen zu haben. Es ist aber nicht mögl. ohne Erfahrung klug zu werden. Natur und Kunst haben einen Gang, der sich nicht träumen läßt und à priori nicht eingesehen werden kann. Unterdeßen leb ich der festen Hofnung, obdaß sich das Ende von allem zu Gottes Ehre entwickelt – und was ist eine größere Ehre als die, unser Glück durch und wider unserer Feinde Willen hervorzubringen? und daßs ist der wahre Lapis philosophorum in unserm Pater noster! Fiat voluntas TVA! womit ich Ihnen und mir selbst eine gute Nacht wünschen will. Amen! Unsere Staatsfeste in diesem Monath sollen in meinem Hause alle auf den 4ten Sontag nach Epiphanias eingetragen werden und die Gesundheit von mir aus Claudius hundertjähriger Rhein Bouteille mit dem langen Halse u dem rothen Bändchen ausgebracht werden. Adresse:
HErrn / HErrn Herder / General-Superintendenten pp / zu /
    Weimar
/
    franco Halle
.
Kgsb den 11 May 81. Geliebtester Freund, Gestern Abend erhielte von unserm Landsmann in Weimar a) die
    frohe Nachricht
, „daß seine
    Karoline
die Montagsnacht vom 22 auf den 23 April glücklich von einer Tochter entbunden worden: so glücklich, daß sie gar keinen Stuhl gebraucht, sondern auf dem Bett, beynah wie auf Blumen und unter Blüthen niedergekommen, und die Hebamme kaum die Stube erreichte, das Kind zu empfangen – eine wahre Quasimodogeniti-Geburt, wofür wir dem Himmel nicht kindlich gnug danken können; zumal hier unter den Vornehmen insonderheit, der grausamsten, gewaltthätigsten und Todgeburten so viel sind. Sie stand nach einigen Minuten Schmerz vom Bett auf, wie ein neugeborner Engel: sie ist eine wahre Himmelstochter in Unschuld und Einfalt – – Jubilate ist unser HochzeitEvangelium und der 2te May der Tag unsrer Hochzeit. Ich werde an diesem Sonntag predigen und diesen Tag auch in Gedanken mit Ihnen – – feyren. Die Wöchnerinn grüßt Sie herzl. und das Kind an ihrer Brust, unsre Luise
    Theodore
Emilie –“ b) das
    zweyte Bändchen
der Briefe, das Studium der Theol. betreffend, wovon ich gestern noch den 3ten Theil mit außerordentl. Vergnügen und Theilnehmen gelesen, dem glücklichen Vater geantwortet, Einlage an die Schwester couvertirt, Küche und Keller auf Dom. Cantate bestellt – und dies alles von 6 Uhr Abends bis 1 um Mitternacht. Wenn der liebe Gott noch ein Männlein in Wandsbek bescheert: so möchte meine vor Freuden auch mit einem Zwitter in die Wochen kommen. Habe vorgestern den Anfang gemacht die transcendental Elementarlehre zu studieren u für mich zu extrahiren. Will sehen wie weit ich damit kommen und fertig werde? Ich weiß Ihnen nichts, als gute Gesundheit und Tausend Guts zu wünschen, und so viel Freude, als ich gehabt und noch erwarte. Joh Georg Hamann. Adresse:
HErrn / HErrn
    Hartknoch
/ in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg   Empf den 9 May 1781   beantw d 15 –
Kgsb den 31 May 81. Herzlich geliebtester Freund, Den 28 huj. händigte mir Fuhrmann Franz das Päckchen ein richtig u wohl behalten, u habe ihn auf die Woche wider bestellt um das Dictionnaire, welches so lange behalten u mir gantz unbrauchbar, weil es nicht des Pesselier seines ist sondern blos die Gabelles angeht, mitzunehmen. Aus Freundschaft für unsern seel. Lindner und seine alte 80jährige Mutter werde zugl. ein Portrait des HE von Stein beylegen, welches an die Frau Artillerie-Generalin von Wulff gegen 3 # abgeliefert werden soll, wovon aber die Fracht abgezogen werden muß. Den Rest bitte mir zu melden, damit ich selbigen hier an die alte Consistorialräthin auszahlen kann u den Betrag in Ansehung des hier deponirten berechnen kann. Habe durch meinen Sohn die Ruß. Bibl. an des Etatsraths Scriver Hause abgeben laßen, der aber nach Danzig verreist, u gar nach dem Bade; daher es seinen Wirthsleuten anvertraut werden müßen. HE v Auerswald befindet sich gegenwärtig auf der Revue, werde ihn bey seiner Rückkunft nach Bartenstein davon Nachricht geben u den Empfang des Geldes melden. Die
    Werke des Beaumarchais
habe zwar durch ein Misverständnis erhalten, hoffe aber auch selbige hier abzusetzen. Meines Wißens habe blos an das Programm zur Ausgabe der Voltairischen Werke im Sinn gehabt.
    Hupels Miscell. u Moritzens Beytr
. mit Vergnügen durchgelaufen; bitte mir aber zu melden, ob selbige als Verlagsgut mir zu eigen, oder blos
    zur Lectur
, wie Sie ich Ihren Ausdruck nehme, aufheben soll – damit wir nicht in Unordnung gerathen, wozu ich, ohngeachtet meines entgegengesetzten Willens, geneigt bin und mich dafür fürchte. Seit dem 6 huj. von der Kritik nichts erhalten, warte auf Anfang u Ende. Den 21. brachte Kant den Meßkatalog, der auch den Verzug mit den Meßgeschäften entschuldigte. Gestern habe gehört, daß schon 2 Exempl. in der Hartungschen Buchhandl. wirklich hier gewesen seyn sollen, welches mir aber kaum vorstellen kann, weil Kant auf Verlangen seiner Zuhörer und die Nachricht, daß Hartung wenige Exempl. mitbringen würde, einen Subscriptionszettel herumgehen laßen, auf dem HE. Courtan selbst auf 2 Exempl. subscribirt, u deren Anzahl auf 75 bis 100 versichert wird. Zu gl. Zeit hat Friedrich hier auf einem solchen Zeddel gleichfalls 50 verschrieben. Wenn das in Deutschl. so geht, wie hier: so wünsch ich Ihnen von Herzen Glück und daß die Auflage stark genug seyn mag den ersten Anlauf zu befriedigen. Diesem Anschein nach, werden Sie nicht nöthig haben, dieas Werk
    ausposaunen zu laßen
. Mein Antheil an Ihrem Interesse, und meine in der Erfahrung nur gar zu gegründete Besorgnis, daß auch die besten Werke Schiffbruch leiden können, hat meine Äußerung verunglimpft. Ich habe den ersten Theil noch einmal durchstudiert und finde wirklich, daß der Innhalt den Fähigkeiten sehr
    weniger
Köpfe angemeßen ist – und daß man den Autor zu übersehen im stande seyn muß, wenn man von ihm Nutzen und nicht
    Nachtheil
ziehen soll. Die Frau Hartungin ist mit Zwillingen entbunden. Von Hume’s Uebersetzung ist nichts im Meßkatalog zu finden, warte daher mit desto mehr Ungedult, da ich HE Spener gebeten mir deßhalb Nachricht zu ertheilen. Kant muntert mich zur Ausgabe auf, ohne zu bedenken, daß ich den engl. Hume nicht übersetzt zu liefern im stande bin, ohne dem Preuß. zu nahe zu kommen, und das Speer gegen die ganze Transcendentalphilosophie u sein System der reinen Vernunft zu brechen. Sobald ich das
    Ganze haben, und alles wißen werde
, erwarten Sie meine Entschlüßung. Wenn ich den Uebersetzer erfahren könnte, hätte Lust an ihn Selbst zu schreiben wegen seiner Beyl. die er versprochen seiner Arbeit beyzufügen, nicht meinet sondern des Publici wegen, damit es an meiner Arbeit nichts verlöre, noch woran zu kurz käme. Heute Einschluß von HE Toussaint erhalten; nebst Einl. nach Weimar, welche mit nächster Post befördern u eine christl Erinnerung wegen der Rückstände machen werde von Urkunde u
    Fragmenten
. In Ansehung der ersten ist es mehr wie einmal geschehen, an die letzten habe aber niemals gedacht, sondern die Sache schon für abgemacht unter Sie beyden gehalten. Gestern hat mir Gevatter Assmus die Hausfreude seines fünften Mädchens gemeldet die den 16 huj. zur Welt gekommen und den 21 getauft worden Johanna Catharina Henriette. Abwesende Pathen sind gewesen HE von Haugwitz, seine im hollsteinschen entbundene Gemalin, an des ersten Stelle der Vater selbst, an der zweyten die Frau Pastorin Alberti und gegenwärtige die Gräfin Catharina zu Stollberg. Bescheinigen Sie doch meinen besten Dank für das erste Stück des N. P. Journals. Die
    Briefe über das Religionswesen u die Freimaurerey
sind unstrittig von dem hiesigen reformirten Prediger Lauwitz im Waysenhause. Habe S sie nunmehr zu Gesichte bekommen, damals nur auf den Hörensagen geschrieben. Musenalmanach u Cranziana sind hier gewesen. Was sagen Sie aber zur
    Nachricht und Fundationsgesetzen von der Deßauschen Buchhandlung der Gelehrten
? Für die Catalogen wird von uns gesorgt werden, so bald selbige herauskommen, welches noch wol eine Weile anstehen möchte. Wird Ihr Rector Snell sich nicht auch hören laßen? Bitte die versprochene Silhouette nicht zu vergeßen; ich hoffe daß HE Sydow meine mitbringen wird, damit Sie zwischen der verwünschten Perücke und den Kahlkopf wählen können. Gevatter Claudius stellt sich einen Janus an mir vor, aus deßen face Niemand das Profil, so wenig wie aus dem profil die face wittern kann. Abeat cum ceteris erroribus! Gadebuschens 3 Bände habe mit vielem Vergnügen längst durchgelaufen. Sie meynen doch das Werk, worinn Herder einen so lächerl. Articul hat. Glaube den Verf. noch hier als einen Freund des Kr. R. Lilienthals gekannt zu haben. Kann nichts schreiben; habe nichts, das meine erschlaffte Sinnen reitzt u zerstreute Gedanken concentrirt. Auch bey uns herrscht Nord und Schlag. Empfehlen Sie mich doch Ihrem treuen Artzt, wenn er sich noch meiner zu erinnern im stande ist – und meinem alten Reisegefährten HE. P. Gericke. Sie können mir von jenem unglückl. jungen Menschen nichts schreiben, wovon ich hier nicht Augenzeuge gewesen bin. Muß das Uebel schon mitgebracht haben. Bey dem allen hat er eine Anlage zum Roman- und Theaterhelden, deren Element Lügen ist. Die
    versprochene Silhouette
soll hier in guter Gesellschaft zu hängen kommen. Noch ist die Frau Cammerherrin v. der Reck das einzige Frauenzimmer – erwarte aber mehr. Wißen Sie nichts von Ihrem lieben Sohn? Schellenberg hat mir kürzl. die 2te u letzte Lieferung seiner Landschaften angekündigt. Ob mir die Meße sonst was von dort mitbringen wird, weiß nicht. Beßere Witterung u Gesellschaft zur Molkencur! Meinen ergebensten Gruß u Handkuß Ihrer Frau Gemalin und Jungfer Tochter, von mir, meinen 3 Bauermädchen und Hans Michel, mit dem ich diese Woche die Iliade angefangen, wobey uns Schnüffelburgers Clauis trefl. Dienste thut, der uns leyder! bey der Odyßee gefehlt. Wir lesen jetzt Pope, und treiben das Engl. als ein bloßes Zwischenspiel oder Praeludium zum Französischen – das mit Gottes Hilfe ein wenig gründlicher von uns behandelt werden soll. Und denn wird es heißen: iam claudite riuos pueri! weiter geht mein Verlag nicht, als auf diese elementar- und instrumental Philosophie. Auf realia u Capitalia versteh ich mich nicht. Gott seegne die Buchhandlung u laße alle Achitophels zu Schanden werden! Sie mögen Recht haben wie sie wollen: so liegt etwas in meiner Natur, das weder an
    Fürsten
noch
    Gelehrten
den Kaufmannsgeist ausstehen kann. Was Sirach von einem Lehrer sagt, der pflügen muß und die Ochsen mit der Geißel treibt gilt auch hier. Gestern schrieb mir ein schöner Geist: ich habe
    diese Meße das Papier gekauft
– Das hat mir den ganzen Abend in den Ohren gesaust und übel aufgeräumt gemacht. Was ich vom Ueberschickten remittiren soll z. E. Trappens Hirtenbrief an Semmler p
    bitte mir bald
und immer
    ausdrückl
. zu melden, damit ich mich darnach zu richten weiß, eh es nieth- u nagelfest wird. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuer alter Freund u Diener. Joh. Georg Hamann den 1 Junii Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsb / Empfang den 28 May 1781.
Kgsb. den 3 Jun. 81. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Wünsche zuförderst, daß so viel Seegen, als Ruhe und Freude Ihrer überstandenen Pfingstarbeit nachfolgen möge; hier ist alles mausestill und Leichenkalt. Die Regimenter sind ausmarschirt; wir haben noch am gestrigen heil. Abend heitzen müßen. Der Mercurius in den Wettergläsern steht wie Bley und die Sonne lächelt wie der Witz eines Tyrannen in sein Fäustchen. Nach einem kalten May machten wir uns auf einen naßen Junius Rechnung – und ich warte von Post zu Post auf Kants erste u letzte Bogen, schickte meinen Hans auf die Post, der keine Tafel ausgehängt gefunden als die Litthausche. – Meine erste Frage, die ich beym Anfange dieses Briefes in petto hatte, war nach der glücklichen Mutter und Tochter in der Wochenstube. Ich tappte wie ein Blinder mit Händen und gleich einem
    Bartholomäus Leisetritt
auf Zehen herum, weil ich immer Mischief vermuthe, wo (dem Himmel sey Dank!) Heil und Wonne ist. In diesem Taumel von Gedanken erscheint ein Postbote auf dem Gehöfte –
    Mit einem Pack
! ruft Michel. Ich schick ihn entgegen in der festen Vermuthung einer Antwort von Spener aus Berlin.
    Nein
, schreyt Hans,
    ist von Weimar
. Nun kam ich aus aller Verlegenheit – Meiner verEhrungswürdigsten Gevatterin, Gönnerin und Freundin zu Ihrem
    frölichen Kirchgange
Glück zu wünschen und Ihr zärtliches Willkommen! mit einem herzlichen Gott Lob! und Amen! zu beantworten zum
    neuvermehrten Leben
in secula seculorum – Amen! Kein Vogelschießen ist mit so einem Tumult gefeyert worden als Ihre heilige Familie Silhouetten Groupe, und Ihr Nachbar Oberon kann seine Otia liberrima nicht mit dem Gold Arabia und den Kleinoden von Saba vergleichen, als mir Ihre Pfingstgabe als ein täglicher Spiegel, Siegel, Symbol alter davidischer Freundschaft und Treue seyn wird. Stehen Sie doch wie der Pontifex maximus hinter den Stuhl der apostolischen Mutterkirche – und die liebe kleine Heerde mit ihren Schmetterlingen u Maykäfern! Der kleine Schütze ist gewis des Oncles Pathchen. Das erste was Marianchen in die Augen fiel war der
    Ziegenbock
denn dafür hielt sie die Puppe des kleinsten Mannes, weil dies Jahr sich einige Ziegen um unser Haus umgetrieben haben. Hier wird eine große Schüßel mit Schmant und Glums aufgetragen welche die Mutterschwester eine arme Landfrau mitgebracht hat. Ohne
    Glauben
sind Diät und Moral nichts als Qvacksalbereyen und mit dieser Geistestinctur laßen sich alle Steine des Anstoßes und Felsen des Aergernißes wie Schaugerichte verdauen und auflösen. Ihr Magen scheint auch diesen alten
    milden Wein
nöthig zu haben – Sie sorgen, liebster bester Herder, für meine Gesundheit und Erhaltung. Hier möcht es auch wol heißen:
    Artzt hilf Dir selber
– Mein Schwindel Gottlob! scheint mit den Jahren eher ab als zuzunehmen. Wo Sie Ihre Zeit hernehmen alle Arbeiten zu bestreiten, begreif ich nicht. Mich verdirbt eher zu viel Beqvemlichkeit, zu viel Ruhe und Muße denn im Grunde hab ich weder
    Geschäfte
, noch Verantwortung – und ohngeachtet aller Vortheile, die manchen neidisch und eifersüchtig machen, lebt kein ärgerer ἑαυτοντιμωρουμενος, der bey dem grösten Hang zum
    arbeiten
und
    genüßen
weder eins noch das andere kann, als hin und her taumeln, wie Noah in seiner Arche. Diese Angst in der Welt ist eben der einzige Beweis unserer Heterogeneität. Denn fehlte uns nichts; so würden wir es nicht beßer machen als die Heiden und Transcendentalphilosophen die von Gott nichts wißen, in seine Mutter, die liebe Natur, sich wie die Narren vergaffen, und kein Heimweh uns anwandeln. Diese impertinente Unruhe, diese heil. Hypochondrie ist vielleicht das Feuer, womit wir Opferthiere gesaltzen und vor der Fäulnis des laufenden Seculi bewahrt werden müßen. Der
    Moses Tißot
, der mirgegen Gänse- Schweins- p Braten, weiße durchgeschlagene Erbsen, p – und die
    Feuer-Execution
an den geschriebnen Acten thun meiner Lüsternheit ein wenig Abbruch, sind aber für mich Züge einer herrischen Leutseeligkeit, fürauf deren
    Kost
und
    Kur
ich mich im Geist freue. Vergeßen Sie nicht Ihr:
    Nächstens drüber ein Mehrers
; denn ich nehme an des Mannes Schicksal den innigsten Antheil. Wenn die Fürsten alle
    solche
sind, vielleicht ohne ihre Schuld; so sind alle Wahrheiten, die man ihnen sagen kann, verloren, und man käme vielleicht weiter, die Wahrheit zu
    thun
, ohne sie zu sagen: denn es hat mir immer gedeucht, daß unser
    redliche
Freund, im letztern zu weit gegangen, und im ersten zu kurz geschoßen. Sie kennen die Widersprüche in seinen Urtheilen; u daraus laßen sich ähnl. in seinen Maasreguln vermuthen. Der Hephästion soll hier die Rolle eines Orthodoxen gespielt haben, daß er Verf. vom Zweck des Ordens, darüber hab ich seine Brüder hier auf ihr Gewißen gefragt und ein positives Ja erhalten. Daß er es von den freymüthigen Betrachtungen seyn muß, ist eben so ausgemacht. Denn eins der ersten Exempl. ist hier an
    den Kanzler von Korff
gekommen, der sein entschiedner Mäcen ist, und dies Exemplar hab ich aus der
    ersten Hand
zu lesen bekommen. Der Eindruck den es bey mir gemacht und zurückgelaßen hat, bewog mich hauptsächl. zur Uebersetzung des Hume – und erstaunte eben so sehr als Sie, weil ich den Verf. gar nicht darinn erkannt hatte. Sie bekommen vielleicht, liebster Gevatter, diesen Sommer einen Landsmann zu sehen, den Kriegsr. Hippel, der mit dem August nach Berl. gehen u vielleicht eine kleine Ausflucht machen wird; wiewol er mir verboten Ihnen deshalb einen Wink zu geben. Um des Himmels willen, denken Sie nicht an die Lebensläufe; denn daß er wenigstens großen Antheil daran hat, ist
    wahr
. Die Baroneße von Bondeli ist meine alte Wirthin, bey deren Vater dem seel. Tribunalsrath ich ein paar Jahre als ein Kind im Hause auf dem mittelsten Tragheim zur Miethe gewohnt. Ihr Bruder ist in Bern, wo die Familie das Bürgerrecht hat, Chef des Kriegsstabs, ein Spieler – und Durchbringer hier gewesen, der Vater u Schwester ausgesogen und an das Elend der letztern nicht denkt, welche nach Verlust einer ansehnl. Pension für die wirthschaftl. Aufsicht eines ansehnl. Majorats, das durch den frühzeitigen Tod eines reichen Taugenichts in der Lausnitz,
    von Kanitz
, an hiesige geizige Erben gefallen, wodurch meine arme Baroneße genöthigt worden sich hier wie eine Beaumont mit Pensionen zu ernähren, deren sie mit genauer Noth gegenwärtig 4 hat u die 5te erwartet. Sie ist meine beste Schülerin im Engl. gewesen, und allerdings eine Anverwandte der Mlle Bondeli, die ich vorige Woche mit Vergnügen in
    Sturzens
1 Saml. angeführt gefunden. Den 30 May kam endl. Assmus wie ein hinkender Bote mit seinem
    fünften
Mädchen Johanna Catharina Henriette welche am Kirchengangstage den 16 des Morgens vor 5 Uhr angekommen u den 21 getauft worden. „Ich muß mich mit Mädchens behelfen, bin auch recht wohl damit zufrieden. Gott sey gelobt, daß nur der Stein von meinem Herzen gewälzet ist. Frau Rebecca liegt im Bette blühend wie eine Braut. Voss hat wider einen Sohn, HHerder wird auch wol einen kriegen oder schon haben“Haugwitz, seine Frau und die Gräfin Catharina zu Stollberg sind Gevatter gewesen. Für den ersten stand ich, für die andere die Fr Pastorin Alberti und die dritte war selbst da. Johanna heist das Mägdlein nach dem Apostel Johannes, der alten Hanna, nach Jacobi, nach Euch u. s. w. Catharina nach der Haugwitz der Gräfin Stollberg nach eurer Kinder Mutter (– ist nicht wahr) und Tochter pp. Henriette nach Haugwitz, der Gräfin Stollberg, nach Henrich dem Vogelsteller, nach einer
    Niesse von der Frau General- Superintendentin
u. s. w.“ Wer ist das und wie heist Sie, daß ich fragen darf – wie auch nach dem Namen Ihrer griechischen Schülerin? Sie haben Recht, daß die Stelle von der Sprache aus dem Buche des Erreurs entlehnt gewesen, wie er mir auf meine Anfrage meldet. Ist nicht eine neue u vermehrte Ausgabe im Meßkatalog angekündigt worden? Von Calliostro in Straßburg ist mir keine Syllbe bekannt. Auch den Namen Martinez hör ich meines Wißens zum ersten mal, oder vielleicht hab ich ihn als einen
    vorgebl.
Verf. des Systeme de la Nature einmal angeführt gefunden. Der Schritt von den transcendentalIdeen bis zu der Dämonologie scheint nicht weit zu seyn. Habe währender Zeit Lockens Versuch über den Verstand nach Coste Uebersetzung gelesen, zum ersten mal, mit viel Zufriedenheit; vorzügl. das III Buch von der Sprache. Ich habe mich über den Anfang seiner Vorrede recht geweidet, wo er seinem Leser so viel Freude wünscht, wie er beym Schreiben gehabt und das Vergnügen des Nachdenkens mit der Jagd vergleicht. Den 4ten Theil Ihrer Briefe habe den Morgen drauf, eben so wie den dritten noch denselben Abend verschluckt, ohne einhalten noch mir Zeit zum Prüfen und Urtheilen laßen zu können. Seit dem ist das Buch von Hand zu Hand gegangen, Pf. Fischer, mein Beichtvater Archihdiaconus Matthes, Kreutzfeld, der den ersten Theil aufs Land mitgenommen – daß ich daher noch nicht das ganze Buch, wie meine Absicht war, habe von neuen durchgehen können. Hippel wartet auch darauf, ungeachtet seiner ungeheuren Geschäfte. Aus der Verhältnis unserer Collecte, ungeachtet der außerordentl. dazu verordneten Erweckungspredigten läst sich auf unsere Armuth schließen. Die Haus Collecte soll beträchtlicher gewesen seyn. Wegen der
    angeführten
Stelle nahm ich mir vor eine Anfrage zu thun u hätte sie nicht im
    Berger
gesucht, der in Graudentz practizirt und auch, wie man sagt, seine Theorie des paradiesischen Umganges mit dem schönen Geschlecht. Ich habe seinen Dedale u Antediluviana p gelesen, auch wie im Schwedenborg einige außerordentl. Eindrücke gefunden, aber mich am aufgewärmten Kohl vereckelt und an dem Character, den mir
    Pleßing
von ihm gemacht, und jetzt wieder dort ist, durch den ich nähere Nachrichten von dem Mann und seinen Schriften einziehen werde. Hahns theol. Schriften sind eben so unausstehlich und wiedrig für mich; ungeachtet ich von Jahr zu Jahr an seiner Postill
    fortfahre mich zu erbauen
. Ihr
    Andreä
ist gantz nach meinem Herzen, aber mit dem lieben
    Hemsterhuis
, von dem ich nichts als Ihren kleinen Anhang gelesen, will es gar nicht fort, verstehe nichts von seinen Perihelien und Kometenrevolutionen Hartknoch wünscht, mit mitr um die Wette, die Vollendung Ihrer
    Urkunde
– denkt auch an eine Fortsetzung der Fragmente, die Sie vielleicht mit einer Samml. Ihrer neul. Entdeckungen in unserer alten Litteratur bereichern könnten. Vorige Woche sind mir die 2 Berichte nebst dem Plan zur Deßauschen Buchhandl. in die Hände gerathen und Fischer schickte sie mir auch zu, der sie vermuthl. von Goldbeck erhalten. Absicht und Anlage scheinen gut zu seyn; ich habe aber ein gewaltiges Vorurtheil gegen
    Handel u Wandel
für
    Fürsten
und
    Gelehrte
. Wetzel schreibt mir auch, diese Meße
    Papier gekauft zu haben
. Die Idee eines solchen Lumpenhandels hat mir einen niedergeschlagnen Abend gemacht. Wir Gelehrten sollten wie die Spanier denken mit der Feder hinterm Ohr sowie jene mit dem Degen an der Seite – besonders die Romansteller. Aus welcher gelehrten Zeitung ist das Blättchen von dem Chevilah? Auch der Auszug ist mir lieb, wiewol mir an seiner Astronomie u Geographie nichts glelegen, desto mehr an den
    hieroglyphischen Theil
seiner Schrift. Werde wenigstens alle meine Freunde unter den hiesigen Israeliten aufbieten das Buch aufzutreiben, wiewol ich gar nicht einsehen kann, wie der seel. Mann aus dieser alten Charteque den Schlüßel zur Bilderschrift hat finden und herausbringen können. Die Frau Pf. Skubich aus Morungen ist angekommen, habe mich nach dem Befinden Ihrer lieben Schwester erkundigen laßen. Sie wird ihren Mann hier erwarten, der vielleicht eine Einl. mitbringen wird, daß ich also bald wider erscheinen werde. Kl. Billet-doux an B. ist mir ein schätzbarer Belag zu meiner kleinen Autorgeschichte, und seines homerischen Schlummers. Denn ohngeachtet des äußerl. Friedens wirkt das Saltz innerlich. Montags Wollte heute meine Pfingsten mit der nächsten Gemeine in meiner Nachbarschaft, den Mennonisten und Primitifven halten, wurde aber von drey Plätzen verjagt. Besucht mich der alte HE von Charmois, und ohngeachtet ich diese Pfingsten ganz einsam zu beschließen dachte, hat sich Brahl mit seiner Schimmelpfennig eingestellt und vertreiben sich unten die Zeit. MitVon der Post kam Päckchen von Berl. mit den ersten u letzten Bogen der Kantschen Kritik; keine Nachricht, ob die angekündigte Uebersetzung der Humischen Dialogen herausgekommen; im Katalog steht nichts davon. Es könnte also leichtlich wider meine Meynung dazu kommen, daß ich mit meiner Uebersetzung herausrückte. Wäre mir der Uebersetzer bekannt; so schrieb ich an ihn wegen seiner Beylagen, wenigstens zu wißen, worinn selbige bestanden hätten. Vielleicht hab ich blos deswegen aufgehalten werden müßen, um den
    engl.
u
    preuß. Hume
die wirklich auf ein Horn blasen, zu gleicher Zeit aufführen zu können. Vielleicht bringen unsere Buchführer alles selbst mit, die auch mit Pfingsten einzutreffen pflegen; ich habe aber der Freuden für dieses Fest gnug gehabt. Kaum daß ich
    ausgewünscht
hatte, kam Ihre Rolle mit der
    That
. Hartung soll schon hier seyn. Seine junge Frau ist mittlerweile mit Zwillingen niedergekommen. Schellenberg hat mich avertirt daß er mir seine Kupfer mitbringen wird. Sonst weiß ich auch nichts aus der Schweitz. Die vorteilhafte Beurtheilung der freym. Betr. in dem Christl. Magazin habe noch nicht zu Gesicht bekommen können; habe mir so vorgenommen das Corpus delicti noch einmal mit Ueberlegung durchzulesen; weil ich Niemanden Unrecht thun mag, und meinen eigenen Sinnen nicht traue. Die Gräfin Kayserlingk hat mir endl. Ihre Plastick widergeschickt und mir melden laßen Ihre Abreise nach Graudenz. Ich hatte schon alles aufgegeben und bin länger als seit Jahr und Tag nicht da gewesen. Schellenbergs 2te Lieferung wird mir Anlaß geben dies Haus zu besuchen. Noch eins, bester Gevatter, wegen des Porto. Hier nimmt man niemals mein franco par tout an, sondern nur bis nach Halle; und ich vermuthe, daß ein Unterschleiff geschehen muß, weil ich immer ungefehr das Berl. Porto bezahlen muß, Ihre letzte Rolle ausgenommen, von der man blos das polnische Porto abgefordert. Diesen Umstand hab ich schon längst Ihnen melden wollen, bin aber durch Ihren vorigen Brief darauf aufmerksamer gemacht, weil der Bothe zu meiner Befremdung ihn postfrey brachte, aber einige Tage nachher mit einer Nachrechnung vom Postamt widerkam von 21½ gl. pr. Wie das kommt, begreif ich nicht. Das sicherste wär also, daß Sie blos, wie ich, bis zur Gränze franquirten. Der
    Fall ist sehr selten, wo ich Postgeld bedaure
, und Gottlob! die Voyengelder sind dies Jahr wider alles Vermuthen so gut gerathen, daß ich kein Jahr so viel gehabt. Ich besorge daher, daß Sie immer um einige gl. verlieren, ohne daß ich dabey gewinne Antworten Sie doch Hartkn. so bald Sie können. Einl. von Morungen werde gleichfalls aufs baldigste zu befördern suchen. Rector Moritz hat Beyträge zur liefl. Pädagogik ausgegeben, worinn auch eine Introductionsrede des alten Superintendenten
    Lenz
steht, der sein Schwiegervater ist. Was sagen Sie dazu, wenn Sie Gott wieder nach Norden versetzte zu des alten Manns Nachfolger; würden Sie einen solchen Ruff wol annehmen? Vielleicht könnten wir auch
    Claudius
dort versorgen. Faulheit und Alter ist es eben nicht, die mich abhält mich in
    Kur und Kost
anzuvertrauen. Nun der allein gute Gott, der unsere Haare und
    Tage
zählt, und unsere Gedanken von ferne kennt, hat alles
    wol gemacht
und wirds
    wol machen
. Leben sie mit Ihrer
    würdigen Hälfte
und den
    lieben V.
recht wol à revoir wie der seel. Lindner sagte bey seinem letzten Valet – recht wol, tausendmal
    gegrüst
und
    geküst
von Ihrem Gevatter Landsmann und Freund Johann Georg Hamann.
Königsberg den 7 Juni 781. Herzlich geliebtester Freund, Auf widerholtes Verlangen übersende Ihnen alle meine letzten Beyträge zur Zeitung. Das beste möchte wol der von mir besorgte Abdruck der letzten Hälfte von Falk u Ernst seyn. Was das Portrait betrift: so bin ich ebenso unschuldig zu dieser Commission gekommen, wie ich Sie gegenwärtig damit belästigen muß. Die Wirthin von Mlle Stoltz, Me Pillet, eine sehr dienstfertige brave Frau, bekam vor beynahe Jahr und Tag den Auftrag sich nach dem Portrait des einstmaligen Pensionairs vom seel. Lindner und nunmehrigen Obrist Lieut von Stein zu erkundigen mit der Anerbietung es den Erben abzukaufen. Die alte Consistorialräthin forderte mehr auf Zureden als aus eigener Bewegung 3 #. Vor kurzen hat die Fr. p von Stein sich erklärt doch mit einiger Bedenklichkeit die gefoderte Summe zu geben, doch unter der Bedingung, daß die Frachtkosten mit eingeschloßen seyn sollten. Die alte unvermögende Frau hätte mit 1 # vorlieb genommen und wuste kaum von der Sache mehr, stellte mir aber die Unmöglichkeit vor dies selbst zu besorgen. Sie werden daher so gütig seyn das Bild der Frau Artillerie-Generalin von Wulff, als einer Schwester der Frau von Stein auszahlen abzuliefern, welche das ausgemachte Geld auszahlen soll, und mir die Fracht und etwaige übrige Unkosten melden, damit ich den Rest von dem hier liegenden Geld für Sie der alten Lindnerinn abgeben kann. Weil Me Pelet allem Verdacht eines Eigennutzes zuvorkommen wollte: so hab ich für Sie den Brief beantworten müßen, und hänge in Ansehung des Einpackens vom Friedrich im Kanterschen Buchladen ab. Dies ist mein Gewinn bey dem Handel. Wünsche daß Sie keinen Verdruß bey Ablieferung haben mögen. Wenigstens habe der gnädigen Frau zu verstehen gegeben, daß der Affectionswerth nicht von Seiten der zufälligen Besitzerinn, welche eine 80jährige kümmerliche Stiftswitwe wäre, sondern der Familie geschätzt werden möchte. Am Pfingsttage setzte mich eben hin um Ihre Einl. nach Weimar zu befördern, als ich bereits Antwort nebst der ganzen heil. Familie in Silhouetten erhielt und mit einem Geschmack, den man hier zu Lande nirgends findt. Alles in Lebensgröße. Mit Gottes Hülfe sollen Sie es Selbst zu sehen bekommen. Die Mutter sitzt auf einem Stuhl u hat den jüngsten Sohn auf dem Schooß der eine Puppe mit einem Reuter vor sich hat. Der Vater steht hinterm Stuhl. Der älteste hat einen Maykäfer am Faden, mein Pathchen einen Schmetterling gefangen, nach dem der Dritte mit einer Flinte lüstern ist. Kurz ist eine lebende und redende Gruppe. Das Buch Chevilah ist nun auch herausgebracht. Es ist nichts als ein ziemlich gemeines Werk welches Sie vermuthlich auch in Ihrer Sammlung besitzen werden. Des R. Meir Aldabi Hispani
    Semitae fidei
שׁבילי אמונה durch eine französische Orthographie hat das Wort Schebileh in Chevilah verwandelt werden können, und wie
    Ziehen
in diesem alten Tröster die hieroglyphische Sprache hat entdecken können begreif ich nicht. Biß dato haben weder Kant noch ich den Anfang u das Ende des Abdrucks erhalten; unterdeßen schon Exemplaria genug hier sind u verkauft werden. Wie Spener auf einmal untreu wird, versteh ich auch nicht. Daß Kant ein wenig unzufrieden ist, läßt sich leicht erachten. Beaumarchais habe weder selbst bisher ansehen, noch jemanden vorschlagen können. Gleich nach verrichteter Revue werde an HE v. Auerswald schreiben wegen Buffon. Bitte die versprochene Silhouette nicht zu vergeßen. Charactere teutscher Dichter u Prosaisten in 2 Bänden bey Voss habe heute durchgelaufen. Die Vermuthung Bahrdt für den Verf. zu halten scheint mir nicht ungegründet. Weder Er steht wenigstens nicht drinnen. Ich bin als Kontrolleur auch controllirt. Ehe dieser Brief ankomt, erhalten Sie wol noch einen über der Post. Muß in der Eil diesen Brief fertig halten, im Fall der Fuhrmann käme. Leben Sie mit den Ihrigen wohl; und Gott empfohlen von Ihrem alten Freunde JGHamann. Vermerk von Hartknoch: Empf d. 25 Jun 1781.
Kgsberg den 19 Junius 81. auf der
    Loge
.
Herzlich geliebtester Freund, Weder HE Prof. Kant noch ich haben bis dato den Rest der Bogen erhalten. Ich habe ersteren am Sonntag vor 8 Tagen besucht und er schien etwas unzufrieden zu seyn, wiewol er so billig war den ersten Verzug des Speners mit den Meßgeschäften zu entschuldigen. Da ich nicht vermuthen kann, daß er etwas erhalten seit der Zeit und ich ausgeschloßen seyn sollte; ich aber bis zum Anfang des Jahrmarkts gewartet: so seh ich es für nöthig u zuträgl. an Ihnen zu melden. Der Verf. scheint wegen des DedicationsExemplars ein wenig verlegen zu seyn, wird aber wol vermuthl. deshalb schon selbst nach Berl. geschrieben haben. Was meinen Rest anbetrifft: so käme selbiger zeitig gnug nach über Riga hieher um mein bisher defectes Exemplar zu ergänzen, das mir sonst unnütz bleiben würde. Ich habe aus Speners höfl. Anschreiben auch vermuthet daß er meine Neugierde in Ansehung der Humischen Uebersetzung und des Uebersetzers befriedigen würde: weiß aber auch noch nichts. Wahrscheinlich ist es wol nunmehr nicht, daß selbige herausgekommen wie es sich bisweilen fügt extra Catalogum, deßen Innhalt nicht immer zuverläßig ist. Haben Sie an Weygand etwa zu schreiben; so wünscht ich wol, daß Sie eine Anfrage an ihn selbst thäten: warum selbige nicht erschienen und ob sie nicht zu erwarten? wer der Uebersetzer und
    worinn
seine
    Beylagen bestanden haben würden
. Die Werke des Beaumarchais haben mir ungemein Vergnügen gemacht und das Geld dafür liegt fertig. Wegen des Buffons muß erst schreiben, der sich nach der Revue wol selbst melden wird. Wie es heist ist HE v. Auerswald Adjutant geworden und wird also kaum herkommen können die Ingenieurübungen fortzusetzen. Sein Regiment steht in Bartenstein und ich theils in unmittelbarer Verbindung mit ihm theils in mittelbarer durch Prof. Kraus. Wegen des Portraits befriedigen Sie mich doch bald, ob die Sache ohne Weitläuftigkeit abgemacht worden. Des seel. Prof. Diedrichs Bibliothek wird auf seines Vaters Ordre eingepackt und fortgeschickt werden. Der Braten ist uns also entgangen. Wir haben heute ein Gewitter gehabt, wünschen uns geseegnete Fortsetzung deßelben. Wie gehts mit Ihrer Brunnenkur? Werde die
    Qveckenkur
anfangen, wozu mir Herder Appetit gemacht, und die ihm große Dienste gethan bey einem schweren Zufall. Alles was ich von den hiesigen Subscriptionen auf K. Kritik geschrieben ist akademischer Wind; so viel wahr daß der Kantersche Buchladen 50 bestellt. Man hört aber noch nichts von der neuen Unternehmer Ankunft; wiewol Dengel auf die Woche wie es heist erwartet wird u Wagner erst künftigen Monath. Erfreuen Sie mich mit guten Nachrichten von Ihrer Gesundheit. Gott seegne Ihr ganzes Haus, die nahen und fernen. Ich bin samt den Meinigen Ihr alter ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Herrn / Herrn Hartknoch / Buchführer / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsb Empfang den 15 Juny 1781.
Kgsb. den 22 Jul. Dom. VI. p Trin. 81. HöchstzuEhrender Herr und Freund, Vorigen Montag wurde durch eine Einlage von Hartknoch erfreut, – es war Ihr lieber Brief vom 17 April. Ich glaubte schon von Ihnen vergeßen oder aufgegeben zu seyn, und wuste selbst nicht, ob nicht die Schuld an mir läge – daß Sie wenigstens einer so unfruchtbaren Freundschaft überdrüßig geworden – und was der
    Verkläger unserer Brüder
, der in keines Busen schläft, uns in Ohr raunt. Der Tod unsers
    Diedrichs
hat mich bisweilen an Sie erinnert, ich weiß aber nicht, ob Sie nicht bey dem Tausch zu viel verloren hätten. D. Köhler, der Uebersetzer des Phädon ist hier, weiß aber noch nichts von ihm, habe auch wenig Anlaß mich um ihn zu bekümmern. Ich wollte nur soviel sagen, daß ich mich bey dieser Gelegenheit Ihrer oft erinnert habe. Desto gewißer ist es leider, daß ich Ihr Päck nicht erhalten, und eine Ahndung von dem Verlust deßelben immer gehabt, alle nöthige Erkundigungen deßhalb eingezogen aber vergebens. Von Ihrer Schrift über die Fragmente weiß weiter kein Wort, als was
    Döderlein
, wo ich nicht irre anführt. Um die platonische Uebersetzung, wenn ich mich recht besinne, hab ich gebeten – Das
    Hohelied
sah ich als eine Schuld an, da Sie so gütig gewesen mir den
    Prediger
zu verehren. Wundern Sie sich nicht, daß mir keine von Ihren Schriften, nicht einmal zu Gesichte gekommen, ohngeachtet meine οξυπεινια oder Hundshunger. Der litterarische Brodtkorb hat hier Jahre lang für mich sehr hoch gehangen, da Kanter lange nicht die Meße besucht, und ich mit dem Hartungschen Laden in keiner Verbindung stehe noch stehen mag, auch selbiger sehr kümmerlich versorgt gewesen. Ersterer ist nun an
    Wagner
und
    Dengel
verkauft, von denen ich mehr Gefälligkeit in Ansehung zufälliger Commißionen erwarte. Hartknochs Krankheit ist Ihnen bekannt, und daß mein alter Freund Hintz auch schon lange nicht die Meße besucht, u gar gegenwärtig hofmeistert. Hinc illae lacrumae: Wenn also mein letztes Epistolium, vom August 79 gewesen, wie Sie versichern; so hab ich immer auf Antwort und Erfüllung meiner Bitten u Erwartungen gelauert. Geschämt hab ich mich auch in petto einen Westphälischen Schinken nach dem andern von Ihnen zu verzehren, ohngeachtet ich nichts als kleine Bratwürste dagegen werfen kann. Meine äußerliche und innerliche Lage ist Ihnen zum Theil auch kein Geheimnis und also gnug zu meiner Rechtfertigung. Bitte aber von
    Neuen
und
    wiederholentlich
sich doch alle Mühe zu geben wegen des verlornen Päckchens, ob es nicht möglich ist selbiges aufzutreiben. Im Hartungschen Laden hab mich schon erkundigt, der auch ein Weimarsches nach Morungen bestimmtes Päckchen das blos an mich addressirt war, erbrochen in seinemim Laden umtreiben laßen, ohngeachtet die Leute immer Geschäfte im Packhofe und Licent haben. Eine Unverschämtheit u Unordnung, die man sich kaum vorstellen kann. Noch bey dieser Meße hab ich meinen Unstern mit diesem Laden erlebt, da ich die erste Lieferung von Schellenbergs Kupfern erhalte anstatt der 2ten, das Geld baar vorschieße, und erst hernach des Irrthums gewahr werde. Bitte also sich an
    Hartknoch
, oder
    Wagner u Dengel
zu halten. Wenn ich nur wüste, an welchen Buchführer und durch welchen das Päckchen bestellt wäre, so würde ich durch diese auf die Spur zu kommen suchen. Helfen Sie mir doch so gut Sie können, zu meinem Eigentum, ich bin so gegen Monumenta der Freundschaft ziemlich
    gewißenhaft
und fast
    peinlich
nichts davon zu verlieren. Mit meinem Lesen hat es überhaupt eine eigene Bewandnis. Ich
    genieße ein Buch
, solang ich es in der Hand habe, laße mir wenig Zeit in das
    Einzelne
einzugehen, und begnüge bey den meisten an dem dunkeln Eindruck, den das
    Ganze
in mir macht oder zurückläßt. Hiezu kommen noch jene Lücken im Zusammenhange, wegen oben angeführter Umstände, da ich so manches nicht habe auftreiben können wegen des hiesigen Mangels und der schon gemeldten Theurung. Basedows Urkunde habe stante pede oder sedens in telonio gelesen, aber einzeln ohne die dazu gehörige Schriften. Semlers Lebenslauf, seine theol. Briefe sein Zwist mit unserm Lavater sind mir gänzlich unbekannt. Zu meiner Schande kenne ich den Mann nicht weiter als aus seinem Geschmier über den Kanon, und aus seiner
    beßern
Widerlegung der Fragmente, die mir nicht so schlecht vorkommt wie andern. Lernen läst sich immer von ihm, aber zu verlaßen auf ihn hab ich niemals Neigung gehabt. Wegen des
    Doctor angelicus
,
muß ich Ihnen noch melden, daß ich 2 Tomos vom S. Thomas Aquinas liegen habe wegen seiner Politik, worinn ihn der heil. Helvetius für einen Vorläufer des Machiavels erklärt. Die von ihm angeführten Stellen sind so stark, daß ich Lust bekommen habe den Wust selbst ein wenig durch zu wühlen. Am Geburtstage des Königs fiel es mir ein die Oeuvres des Voltaire durchzugehen und ich wurde mit dem 54 Theil am Palmensonntage fertig. Voriges Jahr habe Luthers Schriften nach meiner alten defecten Jenaischen Ausgabe zu Ende gebracht, war auch willens die Walchische durchzugehen – Von seinen neul.
    herausgekommenen Briefen
auch noch nichts gesehen. Im vorigen August, als am 50sten Geburtsmonathe meines mühseel. Lebens wurde mit der Humischen Uebersetzung fertig, biethe selbige dem Hartknoch an. Sie zur Michaelismeße zu liefern war es zu spät. Er ersucht mich also wenigstens die Ausgabe bekannt zu machen. Im Michaeliskatalog finde ich eine andere Uebersetzung angemeldet mit einer Beil. der dahin gehörigen Schriften. Dies machte meinen Verleger bedenklich, und es war mir lieb der letzten Hand überhoben zu seyn. Mein Bewegungsgrund war ein Augenmerk auf die freymüthigen Betrachtungen meines alten Beichtvaters Hephästion-Stark. Ich war einer der ersten Leser hier auf eine sehr zufällige Art und erhielt selbige ganz feucht aus der Preße, ohne selbige dem rechtschuldigen Verfaßer zugetraut zu haben. Aus einer
    blinden Ahndung
war ich über das Geschwätz von natürl. Religionswahrheiten aufgebracht. Hume sollte eine Antwort auf diese Voraussetzung seyn. Gestern habe an Weygand unbekannter Weise geschrieben u mir eine Erklärung ausgebeten, ob seine versprochene Uebersetzung auskommen wird, ob er mir den Namen des Uebersetzers u eine Anzeige der Schriften die zur Beyl. dienen sollten anzeigen kann; weil ich nicht eher an meine Arbeit Hand anlegen werde, biß ich jene Erklärung von ihm erhalte. Die Ankündigung im Mercur geschah zu spät, weil schon alles beym Meßkatalog bey Seite gelegt war. Daran hängt also die ganze Sache. Unterdeßen hoff ich eher zu gewinnen durch diesen Verzug. Mein alter Freund und Gönner Prof. Kant schickt mir heute ein gebunden Exemplar seiner Kritik zum Frühstück. Ich bin eben so sehr vor Hume’s und Kant’s Meynung als wider beyde. Einer ergänzt den andern; es ist also ein compendium meiner ökonomischen Autorschaft gegen den irrenden Ritter und seinen Schildträger das Speer anzulegen – wenn mir der Kützel nicht vergeht. Ich freue mich zum voraus auf den künftigen Anhang zur Zend-Avesta. Ist mein Freund Hartknoch Verleger, so laßen Sie ihn nur sorgen für meinen Antheil. Ich habe mit keinem Aufschluß diese Urkunde bisher lesen können, wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll. Es hat mir immer an Datis gefehlt, an
    Sproßen
um jene fastigia und puncta liuidiora zu erreichen, die Sie und mein Gevatter darinn entdeckt haben. Es geht mir überhaupt beym Lesen, daß ich nichts durch Gehör allein verstehe, ohne selbst zu sehen was ich lese, und eben so wenig zu dictiren im stande bin; und denn gehört der
    Augenblick
dazu, der nicht in unserer Gewalt ist. Den
    vierten
Band vom christl. Magazin hab erst vorige Woche in die Hände bekommen können, und aus unsers Pf. Recension der freym. Betrachtungen sehr neugierig gemacht selbige noch einmal cum grano salis, nicht im Fluge sondern wie ein Buchstabierschütze zu lesen, welches so meine Absicht in Beziehung des Hume gewesen wäre und hätte seyn müßen, weil ich den ersten Eindrücken niemals traue, auch nicht einmal der 2 und 3 Auflage derselben. Für unsern Horizont hier ist das Werk zu
    kostbar
– und unser Geschmack in Sprache und Handlung verhält sich wie die sieben Hügel unserer gebückten und erniedrigten Königsburg gegen jene Alpen. Bey aller herzlichen Neigung für die Schweitz und ihre Aussichten nach dem gelobten Lande, kann ich mich kaum in Gedanken ohne Schwindel und physischen Taumel aus meiner leimernen Hütte und meinem Schauthal auf die dortigen Zinnen wagen. L. u P. sind für mich verehrungswürdige Männer, von
    großen Talenten
und
    unermüdeten Wuchergeist
, wobey kleine errores in calculo unvermeidlich sind. Armuth des Geistes – Ruhe der Seele – und die göttlich schönen Pflichten der Dunkelheit sind am angemeßensten einem solchen an geflügelten Worten, Gänsekielen und gemeinschaftlichen Organo des inneren Sinnes gelähmten und verstümmelten εκτρωματι der neusten Litteratur. Meine
    vis inertiae
und mein
    oekonomisches
    Intereße
legen mir die
    Thätigkeit eines Zuschauers
im Sorgstul auf. Meine Verbindung mit der Schweitz ist also fast ganz auf den einzigen H. eingeschränkt, als den jüngsten meiner dortigen Freunde. Unter den neuesten Schriften die ich gelesen, haben zwey vorzügl. meine Aufmerksamkeit rege gemacht. Die
    Apologie der Apokal
. und die
    kritische Geschichte des Chiliasmus
; wünschte von beyden den Verf. zu wißen. Ohngeachtet des Semlerischen Sauerteigs im letztern und
    des Anscheins den von Reimarus abgerißenen Faden neu angezettelt und weiter ausgeführtsponnen zu haben
bleibt es mir immer eine merkwürdige Schrift Küttner in Mitau soll Verf. der
    Charactere
und Wezel der scharfsinnigen Abhandl. über Sprache p der Deutschen seyn. Die Briefe über das Christentum u die Freymäurer. sind ziemlich local, von dem hiesigen reformirten Prediger am Waysenhause, Lauwitz, der ein vertrauter Freund unsers jetzigen Oberhofprediger Schultz ist, seines ehmaligen Halbbruders am Weinberge. Seine
    Armenpredigt
, die erste von den hiesigen, die gedruckt worden, hat mir beßer gefallen. Mit meinem kleinen Michel wiederhole jetzt zum fünften mal das N. T. hoffe auch die Bereschit vor seinem 12ten Jahr zu Ende zu kommen. Nach durchgelaufener Odyssée sind wir jetzt in der Iliade. Terenz ist unser Avtor im lateinschen, und zum Feierabend dient Locke’s Essay on Criticism. Seine Bestimmung ist den Buchhandel bey Hartknoch auszulernen – oder auch Medicin zu studieren; wie Gott will, von dem Leben und Seegen abhängt. Ohne eine
    Frau
zu haben, – leider! – bin ich Gottlob! ein Vater von 4 Kindern, die wenigstens gesund sind und mir eben so viel
    Hofnung
als
    Seegen
machen.
    Es ist nicht gut daß der Mensch allein sey
– und noch sinnlicher steht es in Ihrem Prediger Salomo. Wünsche also von Grund des Herzens daß es auch bald bey Ihnen vom Rath zur That kommen möge. Ich werde gewiß nicht der letzte seyn an Ihrem Glück Theil zu nehmen, und ersterbe Ihr verpflichtester und ergebenster Freund und Diener. Johann Georg Hamann Mein lieber Gevatter und Landsmann wird vermuthl. meiner Bitte u Besorgung gemäß, die beyden Scherflein zu rechter Zeit Ihnen zugefertigt haben. Leben Sie wohl u erfreuen mich bald mit der Nachricht des widergefundenen. Adresse mit Siegelrest:
Herrn / Herrn / Kleuker, / Rector am Gymnasium / zu /
    Osnabrück
.
Vermerk von Kleuker: den 22sten Jul. 81.
    Hamann
22 Jul. 81. – Die Anzeige von la Verité retablie im 1 Band christl. Mag. hat mich so unruhig nach dem Werke gemacht, daß ich beinahe Lav. darum angesprochen. Auch diese Neugierde ist befriedigt, u. leider hängt unser Urtheil von einem
    Augenblick
, von einem mehrentheils willkührl.
    Gesichtspunkt
ab, daß ich fast an allen menschlichen Urtheilen verzage, oder sie wie Majestätsrechte betrachte, u. mit dem Erzvater Joseph sagen möchte:
    Auslegen
u.
    Urtheilen
gehört Gott zu. – – Das kleine Bändchen Kasualpredigten von
    Felix Waser
hat mir eine angenehme Stunde gemacht. – Die
    hierophantischen Briefe
betrafen eine Disputation des D. Stark de reliquiis Gentilismi, davon er die Fortsezung schuldig geblieben wie von seinem Hephästion. Die in fronte angeführte Stelle bezieht sich auf die Vorrede zum Abregé der KGeschichte des Fleury, welche man dem Philosophen von Sanssouci zuschreibt. – Ich wünschte sehr gern, Kaufmanns GeburtsJahr zu wißen, etc. etc. Vergeben Sie es mir, daß ich so kleinfügige Bitten an Sie thue. Ich liebe meinen Heerd – u. über die
    Götter hier
! wie jener Philosoph von seiner Küche sagte – vergeß ich Publikum u. alle Erscheinungen außerhalb. Sagt nicht auch die Schrift:
    das Himmelreich ist in uns
? Wenn Seine Zukunft gleich einem Diebe in der Nacht seyn wird: so vermögen weder politische Authentiken noch prophetische Chronologien Tag zu machen, u. menschlich zu reden, wer diesen Dieb
    verräth
, kann sich wenigstens für solche hohe Offenbarungen gewiß auf Satans Maulschellen Rechnung machen – u. das ist nicht Jedermanns Ding. Unter dessen Schildwachen u. Nachtwächter ihre Pflicht thun, wünsch ich mir u. meinen Kindern einen gesunden festen Schlaf mit dem Zusatz der Sulamith in petto: aber mein Herz wacht. Diese Wachsamkeit des Herzens ist vielleicht eine Tugend, der wir uns eben so wenig bewußt seyn können, als des Pulsschlages u. des Lebens im Schlafe u. die der allein kennt, der sie würkt u. in uns schafft – der stillen Ruhe ähnlicher als dem Lermblasen. Auch in Ansehung unserer Erkenntnisse u. Einsichten ist ein bescheidner Theil der Armuth u. dem Reichthum vorzuziehen. – Mir kommt es kaum möglich vor, daß
    Zweifel
in
    Verzweifelung
ausarten kann – aber Vorwitz desto eher. Zweifel läßt immer etwas männliche Stärke; wie Vorwitz weibliche Schwäche muthmassen. Zweifel ist auch kein Unglaube; aber Vorwiz kann eine Folge desselben bereits seyn.
Kgsberg den 5 Aug. Dom VIII. p. Tr. Mein liebster bester Freund, Gestern Abend habe einen kleinen Schmauß gegeben, den ein junger liebenswürdiger HE von Hogendorp veranlaßte; welcher mir von unserm Landsmann dem Berl. Kapellmeister empfohlen war. Er sein Bruder ein Lieutenant bey hiesigem Grenadier Bataillon, noch ein alter Bekannter vom Militairstande HE. von Auerswald, und ein gantz neuer do deßen italienischen Namen ich noch nicht zu schreiben weiß – der aber ein Landsmann des letzten Pabsts seel. Andenken u ein halber Hausgenoße von Mylord Marechal gewesen wie gegenwärtig vom Kayserlingschen Hause, nebst Prof. Kraus – Kreutzfeld lebt auf dem Lande bey seinem Halbbruder, Schulmeister in Neuhausen – wir schmausten in unserer Laube, der Abend war herrlich – zum Pfeifchen kam mein Nachbar, der Director und ich anticipirten in Gedanken unsere sämtlichen Geburtstage – Denn die rechte Feyer eines jegl. dörfte vermuthlich mehr im Geist als nach dem Fleisch geschehen. Ein Gericht Fische, das allen wol behagte, ein guter Kalbsbraten, und eine geräucherte Zunge, die aber nicht berührt wurde – und 2 Bouteillen Bischof war die ganze Herrlichkeit. Hogendorp ist diesen Sommer auch von Gevatter Claudius in Gesellschaft der Haugwitzischen Familie – aber mit Champagner bewirthet worden; ist Page beym Prinzen Heinrich gewesen, in seinem 19ten Jahr ein Liebhaber der lateinschen, griechischen, engl. p Sprachen – und ein schönes, hoffnungsvolles p Gewächs, geht nach Holland, wo seine trefl. Mutter im Haag lebt und sein Vater als Lid van het zeeuwsch en Batavianisch Genoottschap ist Verf. einer Sophronisba, of de gelukkige Moeder Rotterd. 780. und noch einer andern Schrift die Behandl. der Sclaven betreffend – Sollte er nach W. kommen: so werden Sie ihn persönl. kennen lernen. Er geht in holländische Dienste – Unser Kr. R. Hippel ist auch vorgestern nach Berl. abgegangen mit Aussichten einer ähnl. Excursion in Ihre Fluren; in welchem Fall er mir versprochen Sie auch von mir zu grüßen; wiewol die lieben Politici weder Sclaven noch Herren ihresr Wortse sind. Ehe ichs vergeße, muß ich Ihnen meinen Dank für die Qveckencur abstatten, zu der Sie mir Appetit gemacht, u die mir so herrliche Dienste gethan, daß jetzt mein alter Schaden völlig heil geworden und ich ein gantz neues s. v. Gesäß bekommen Der neue Buchladen ist eröfnet, und ich habe Dängel Handgeld gegeben für eine Vorschrift meinem Hans Michel zum Besten, dem Wagner aber einen runden Thaler für den 1. Band der Bayerschen Akademie wegen Ihrer beyden Preisschriften die ich mit vielem Vergnügen gelesen und deren Uebersendung ich Ihnen nicht zumuthen wollte. Dafür bestelle aber zum voraus die
    Klaglieder
, wovon Sie eher ein Exemplar sich als Vorredner bedingen können – und erwarte selbige zu seiner Zeit. Unter den Neuigkeiten so ich gelesen, steht die Apologie der Apokalypse, die kritische Geschichte des Chiliasmus, deren Verf. ich gern wißen möchte u die Apologie der Vernunft gegen Seiler oben an.
    Heute
des Arnoldi 1 Beytrag zur Kritik u Exegetik des A. T. durchgelaufen, mancherley daraus kennen gelernt. S. 105 bey dem Gegensatz der Salomonischen Simplicität mit der studierten Dunkelheit eines H****** ein wenig gestutzt, an Sie und mich gedacht, unterdeßen mir
    mehr
gewünscht von diesem facundo nepote des seel. Schultens; auch Lowths Jesaias zu lesen den Anfang gemacht u die Einl. zu Ende gebracht. Gestern den 3ten Theil von
    Malebranche
Recherche
zu Ende gebracht, als
    eine Qvelle der Humischen Philosophie
, wie
    Berkly
, deßen ersten Theil nebst Beattie 2 Bänden auch durchlaufen. Heute vor 14 Tagen erhielte in der Morgenstunde ein gebunden Exemplar von Kant, die Form bezahlte dem Ueberbringer an Biergeld u die Materie bleibe Hartknoch schuldig. Den 1 Julii entwarf eine Recension en gros, habe selbige aber ad Acta reponirt, weil ich dem Autor als einem alten Freunde und ich muß fast sagen, Wohlthäter, weil ich ihm fast gänzl. meinen ersten Posten zu danken habe, nicht gern vor dem Kopf stoßen möchte. Sollte aber meine Humische Uebersetzung das Licht dieser Welt erblicken, so werde kein Blatt vors Maul nehmen, sondern sagen was ich alsdenn denken werde. An Weygand habe selbst geschrieben, der aber in Holland seyn soll, um zu wißen ob seine angekündigte Uebersetzung unterdrückt ist und worinn die
    Beyl
. bestanden. Im Breitkopfs Magazin wovon ich aber nur 7 Stücke gesehen habe Remarks on Mr Hume’s Dialogues by Th. Hayter und Priestley Letters to a philosophical Unbeliever gefunden. Wißen Sie mehr, so bitte mir die Titel mitzutheilen. Sonst liegen noch 2 Folianten des heil. Thomas Aquinas, deßen Politik zu lesen mir Helvetius Lust gemacht, der ihn einen vortrefl. Commentator des Machiavels nennt, la vie privée de Louis XV. Tom 2. und du Theatre ou nouvel Essay sur l’Art Dramatique Amsterd. 773. zur Hand den ich auch heut zu lesen angefangen, weil man mir ihn als ein Meisterstück des gallicanischen Geschmacks empfohlen. Mir scheint es wahrscheinl. daß Mercier Verf. davon ist. Zu viel Wortgepränge und mehr Geschrey als Wolle. Bey einer solchen Diät als leider! meine Lecture ist, läst sich wenig von gesunden Säften versprechen – und das ganze Drama meiner Autorschaft scheint auch wirklich einem καθαρκτικῳ a priori u posteriori, in der Transcendental sSprache zu reden, am allerähnlichsten zu seyn. Daß ein Trompeter von der Garde einen Thurm in Berl. der 21/2 Tonnen Goldes kostet, bey seiner Reveil über den Haufen geblasen, hat im gestrigen Blättchen gestanden. Daß die Charactere, worinn wir beyde auch figuriren, von Küttner sind, wird Ihnen vielleicht auch schon bekannt seyn. Wetzels Schrift über Sprache p der Teutschen läst sich artig lesen. Mösers ist noch nicht hier. Moritz hat uns gar eine Sprachlehre für die Damen angekündigt. Meiner u Adelung habe mir vorgenommen mit mehr Muße zu widerholen; des letzten Sprachlehre scheint gegen das Ende ein wenig zu leicht ausgearbeitet zu seyn. Von Heineke wünschte mir vorzügl. eine Fortsetzung seiner Briefe. Die paar Bogen über die Fehler in Auslernung der Stummgebornen nehmen mich immer mehr für ihn ein und seine Beobachtungen sind wichtiger für mich als die sinnreichsten Hypothesen. Monboddo’s oder wie er heist habe in einem Umschlag des Göttingschen Magazins angeführt gefunden u wünschte sehr daß Sie das Werk näher kennen lernen möchten, besonders da es in Deutschland zu haben ist. Was ist Ihr
    Musäus
für ein Mann, der jüngst für den wahren Verf. der physiognomischen Reisen proclamirt worden? In Ansehung der Chevilah bin ich noch nicht um ein Haar weiter. Die Nachricht des Gruners verräth die gröste Einfalt u Unwißenheit. Zum Ueberfluß habe mir den Innhalt von den Semitis Fidei geben laßen. Ich erwarte noch immer von Ihnen die Entdeckung der rechten
    Qvelle
, woran mir so viel gelegen ist. Mir ist es um nichts als die
    Urkunde Chevilah
zu thun, und zu wißen, worin sie besteht. Dom. IX. den 12 Nun, mein liebster bester Freund, eine ganze Woche lavirt, auf guten Wind gelauert. Die Hitze scheint Nerven und Fibern ausgetrocknet zu haben. Vorgestern ist der junge Hogendorp abgegangen, noch den Tag vorher bey Kayserling in Gesellschaft des Prof Kant gespeist. Gottlob! Die Unruhe ist auch vorbey. Meine Absicht war die vier Bauermargellen in einer feyerlichen Standrede Ihrer verehrungswürdigen Hälfte zuzuführen, und etwas zur Bemäntelung des ihnen anklebenden Erbfehlers einfließen zu laßen.
    Gute Seelen
und edle Herzen sind niemals weder zu streng noch zu eckel in formalibus; und was ich hatte sagen
    wollen
und
    können
, wißen Sie und vielleicht beßer als ich. Es geht mir beynahe wie der lieben Mutter Erde, welche Sonne, Mond und Sterne auf- und untergehen sieht, aber sich selbst nicht von der Stelle kommen – – Gott gebe, daß alles in Ihrem Hause desto beßer und glücklicher gehen mag, und die kleine
    Theodore
Freude und Leben unter Eltern und Brüdern austheilen mag! Kam eben Lauson zu mir, der mich sehr selten besucht, und saß ein Halbstundchen im Garten. Kraus arbeitet noch an der zweiten Hälfte seiner Disputation; pour la rareté du fait werde Ihnen ein Exemplar aufbewahren. Köhler kenne noch nicht; hat aber den Ruf eines großen Geitzhalses, muß daher vermuthl. Vermögen haben. Hat hier eine kl. Abhandl. bey unsern Buchhändlern von Lesarten über den Codex oder Novellen anbringen wollen, den Bogen à 2 #. Wagner scheint in das andere Extrem zu fallen, überspannt den Preis seiner Waaren, und will alles reformiren à la Silhouette. Kanter hat freylich die luxum und die generosité zu weit getrieben; wie sein Nachfolger es vermuthl. in Ansehung der kaufmannischen Gerechtigkeit thun wird. Den Silhouetten fehlt es nicht an Ähnlichkeit. Pathchen ist nach dem Leben, wie sie des Abends um 10 Uhr da saß. Die Künstlerinn ist eines Buchdruckers Frau, Polkehnin. Sidow macht eine gute Erndte in Curland, und wird sehr in Liefland erwartet. Melden Sie mir doch den Namen Ihres dortigen Silhouetteurs, gegen deßen Figuren unsere Schattenriße sehr kahle Dinger sind. Hier herrscht rothe Ruhr und Dysenterie – Gottlob! in meinem Hause befindt sich alles wol, und nach gleichen Nachrichten schmachte von Ihnen. Kant ist willens einen populairen Auszug seiner Kritik auch für die Layen auszugeben. Unter dem Haufen von gelehnten Büchern, die auf mich warten, ist auch seine Theorie des Himmels. Der neue angebl. Planet scheint auch dahin einzuschlagen. Graf Kayserling gab mir Fueßli
    Waldmann
mit, den ich gestern wider zurückgeschickt nebst meinem Urtheil, das er von mir forderte. Die Sprache ist so schweitzerisch, und mit so viel D Stellen und Brocken von Urkunden bespickt, daß man dort zu Hause gehören muß – und der Held hat immer einen Geschichtschreiber verdient. den 13 – Muste gestern meinen Kindern zu Gefallen ausgehen, sprach bey Pf. Fischer an, den ich in langer Zeit nicht gesehen, und von ihm das falsche Gerüchte gehört, daß er auf ein 4 Wochen verreisen würde. Es sind nur so viel Tage dazu bestimmt. Hätte gern selbst geschrieben – verspart seinen langen Brief, den er im Schilde führt und empfiehlt sich ad interim. Von da muste bey meinem Beichtvater ArchiDiac. Matthes ansprechen, weil diesen Monath meine Andacht zu haben denke. Habe den
    Hegelmaier
über die fr. Betr. mit zu Hause gebracht. Komt Kraus und geht – Erwarte den Lieut. von Bentevegni, mit dem das Engl. gemeinschaftl. mit meinem Sohn fortsetzen will, auch vielleicht das Griechische anfangen. Und so geht es wie im Taubenschlage, ab und zu. Habe die histoire privée de Louis XV. zu Ende gebracht bis auf die Beyl. des letzten Theils. Was für eine abscheul. Wirthschaft – Was für eine allerchristlichste Majestät – und wovon hängt die Regierung gantzer Nationen und Welttheile ab! Aus was für einem Teige besteht unsere Natur – und unter welcher Kelter schwitzen schwitzt das menschl. Geschlecht! Ich habe Ihre theol. Briefe zum dritten mal angefangen und bin bis zum 40sten gekommen – ohne bisher Blößen für unsere HE Kunstrichter entdeckt zu haben – Besinne mich aber auch noch keine Urtheile über die ersten gelesen zu haben   Die beyden Gedichte S. 55 und 84 sind doch wol von Ihnen? Was hat
    Storr geschrieben
? Ihre beyde Abhandl. in der Bayerschen Gesellschaft habenvon Römischkatholschen haben mir einen sehr vergnügten Sonnabend gemacht, da selbige mir gantz zufällig bey einer großen Leere und Sehnsucht in die Hände geriethen. Sie sind sich so unähnlich u der Ton einer jeden ist dem Gegenstande so angemeßen, daß man sie eben so leicht für Eines als verschiednen Autors Producte erkennt. Ließ sich mein Nachbar der Director anmelden und ich hab den ganzen Abend auf Kohlen geseßen ohne hören noch reden zu können; denn bey meinem gegenwärtigen Alter scheint das Blut eben so in die Ohren als in die Zunge zu schießen. Es geht auf eilf und ich habe des Tages Last und Hitze getragen. Ich umarme Sie also liebster bester Freund und Gevatter und wünsche nochmals Ihrenunsere Geburtstage mit Wonne zu erleben. Alles aus unserm Herzen und Munde dringe in Gottes Ohr! Alles was ich mir selbst und den meinigen wünsche, erfülle Gott reichlicher und siebenfältig an Ihnen und Ihrem ganzen Hause. Unter den herzlichsten Küßen und Umarmungen im Geist ersterbe Ihr alter ergebenster und verpflichtester Diener Landsmann, Gevatter und Freund Johann Georg H. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrem Wohlbefinden – auch vergeßen Sie nicht die
    Chevila
. Mein faules Gesinde schläft bereits und bey mir heißt es auch: wie gut wird sichs doch nach der Arbeit ruhn, wie wohl wirds thun :,:
Des / HErrn ReichsGrafen von Kayserling / Excellenz.
    Ew Reichsgräflichen Excellence
habe die Ehre „Den Versuch die Sitten der alten Zürcher aus den Qvellen zu erforschen“ mit tiefschuldigsten Dank abzuliefern. Dem Verfaßer scheint es weder an Scharfsinn noch Laune zu fehlen; um aber selbige recht schätzen zu können, gehört viel Kenntnis der einheimischen Gebräuche und Verfaßungen, der dortigen Mundart, wie auch ihrer Archaismen, welche aus den alten Urkunden allenthalben eingewebt sind, und mit einigen Neologismen z. E.
    Pamphlets
S. 179 pp. übel abstechen. Für einen Leser, der dort nicht zu Hause gehört, müßen manche treffende Schönheiten zu unbekannten Größen werden. Ungeachtet aller dieser Nachtheile bleibt der Held noch immer interessant, so wie die Zeichnung seiner Laufbahn vom Rothgerber-Handwerk an bis zur unglücklichen Dictatur über die Hunde – für jeden Liebhaber der Geschichte und Politik. Der
    Frau Gemalin Hochgräflichen Excellence
nehme mir die Freyheit die Werke des Beaumarchais beyzulegen, und ersterbe mit der innigsten Ehrfurcht
    Ew Reichsgräflichen Excellence
unterthänigst ergebenster Diener den 121. Aug. 81.Johann Georg Hamann.
Kgsb den 11 Aug 81. Herzlich geliebtester Freund, Ihre letzte Einl Zuschr. den 16 pr. erhalten nebst Einl. von Kleuker, und vom Prof. Kant ein gebunden Exemplar den 22 ej. Dom. VI. p. Tr. Bereits den 1 Jul. eine Recension en gros fertig gehabt, aber reponirt, weil ich eine ungl. Aufnahme besorgte. Nachtheilige Urtheile richten bisweilen mehr an als vortheilhafte. Seyn Sie also wegen des Absatzes unbesorgt. Meine wenige Verbindungen mit Gelehrten sind Ihnen bekannt. Bleiben Sie also Ihrem System treu. Unsere neue Buchhandl. hat nur einige 20 Exempl. gehabt und aus Berl. bereits noch einmal so viel bestellt, aber noch nicht angekommen. Ob Hartung haben mag, weiß ich nicht. An Weygand, der aber gegenwärtig in Holl. seyn soll, habe selbst geschrieben unter Wagners Couvert, um seine Erklärung zu wißen, allenfalls den Namen des Uebersetzers, am meisten aber worinn seine Beyl. bestanden hätten. Sobald ich Antwort erhalte, gebe Ihnen Nachricht davon, und entschlüße mich zur letzten Durchsicht der Handschrift und Ausarbeitung. Wenn es man zur Ostermeße, so Gott will, fertig wird. Wir haben also noch Zeit. Gold u Silber verlang ich nicht; wenn ich nur die Defecte meiner Bibl. ergänzen kann. So viel zum praeambulo. Ohne mich noch für die Materie bedankt zu haben, denn für die Form des Bandes habe mit dem Ueberbringer liquidirt, wünschte ich doch in die Zukunft und bey beqvemer Gelegenheit mein defectes Exemplar ergänzt zu sehen zu meinem privat Gebrauch, wozu das Dedications Exempl. zu schade ist. Denn kommt es zur Ausgabe des Hume, so werde ich wie Sie leicht erachten können,
    Kants Kritik aller speculativen Theologie
, welche ein Hauptstück seines Buchs ausmacht u vorzügl. ausgearbeitet ist, cum studio et labore durchwühlen müßen, unterstreichen, marginiren u obelisiren. Unsere Rechnung steht nunmehr wie folget:      Epoques = 7 fl.      Histoire des Oiseaux  24 – Beaumarchais  12           Macht  43 fl. Hiervon an die Frau Cons. Räth. bezahlt den 19 Jul.   22 : 15 gl./für mich an kleinen Unkosten. Bleiben noch also   20 fl.15 gl. pr. Im Namen des HE v. Auerswald muß ich wider eine Anfrage thun; ob es Ihnen mögl. nach Ihrer Beqvemlichkeit den 6 und 10. Theil der Eschenb. Uebersetzung von Shakespear zu verschaffen? Zu meinem eigenen Behuf erkundige ich mich, nach einer kleinen Brochüre, welche den Titel führt: der
    gerechte Momus
und in der Schweitz ausgekommen, worinn eine Satyre auf unsern Herder stehen muß. Sollten Sie selbige haben und sie ist der Mühe werth, so wünschte mir ein Exempl. davon auf eine gute Gelegenheit aufzuheben u. den
    Betrag
deßelben nebst dem Preise des
    Trappschen Sendschreiben an Semmler
, dafür ich Ihnen auch noch schuldig bin, zu melden, damit ich die Summe von beyden zu Ihrem Conto addiren kann. Ich habe seit 14 Tagen angenehme Zerstreuungen gehabt durch den Besuch den ein junger Herr
    von Hogendorp
seinem ältern Bruder einem hiesigen Lieutenant abgelegt. Er war an mich von KapellMeister Reichard addressirt u ist gestern wider abgegangen nach dem Haag, wo seine Mutter residirt. Sein Vater ist in Batavia und Schriftsteller, hat unter andern einen Roman Sophronisbe geschrieben über die Inoculation, den ich nächstens erwarte. Ein liebenswürdiger hoffnungsvoller Jüngling von 19 Jahren, der sein latein, griechisch, engl. pp mit vielem Fortgange treibt. Grüßen Sie HE Sidow, wenn er dort ankommt von deßen guten Aufnahme in Curl. mir auch Mlle Stoltz Nachricht gegeben. Meine Silhouette ist ihm nicht gerathen. Ich erwarte aber Ihr versprochenes; und will ihm bey seiner Rückkunft lieber zum drittenmal sitzen. Das Zettelchen an HE Toussaint ist sogl. an Me Courtan bestellt und weiter abgegeben worden. Erinnern Sie doch unsern Freund Arndt, daß er mir noch den
    zweiten Theil
von seiner Uebersetzung der Verordnungen schuldig ist. Kommen noch mehrere Theile heraus? Melden Sie mir doch, von wem die Samml. der Sinngedichte herstamt, davon der erste Theil in ihrem Verlage herausgekommen? Ich habe selbige dieser Tagen zum erstenmal zu Gesichte gekommen, und wurde deswegen befragt, ohne darauf antworten zu können. Die Chevilah Emanah mag so ein gelehrtes Buch seyn als es will, so gehört es nicht zur Frage von der hieroglyphischen Sprache. Hierüber bin ich wenigstens zuverläßig versichert. Wenn in den Greifswalder Zeitungen nicht von dieser
    hieroglyphischen Qvelle
die Rede ist; so verlang ich von seinen Prophezeyungen und astronomischen Grillen nichts zu wißen. Kant redt von einem Auszuge seiner Kritik im populairen Geschmack, die er für die Layen herauszugeben verspricht. Ich wünschte sehr, liebster Freund, daß Sie sich nicht abschrecken ließen, wenigstens keine Gleichgültigkeit gegen ihn merken ließen, und sich um seine fernere Autorschaft, soviel sich thun läst, zu bekümmern schienen. Wenigstens ist er bona fide mit Ihnen zu Werk gegangen und schmeichelt sich damit, daß je älter sein Werk werden, desto mehr Leser finden wird. Der Zug von der Michaelismeße wird Ihnen Licht geben und vielleicht Anlaß – auch etwa eine kleinere populairere Schrift zu Ihrer Schadloshaltung von ihm zu erbitten, und ihn mit
    reinem Wein
zu berauschen oder aufzumuntern zu einem kleineren Werk Buch, das mehr nach dem Geschmack des Publici ist; denn dies war zu abstract und zu kostbar für den großen Haufen. Wie gehts denn mit Ihrer Gesundheit? Die Qveckencur hat mir herrl. Dienste gethan, und Herder ist ohne es zu wißen mein Artzt gewesen. Sie und Wagner machen gemeinschaftliche Sache meinem Michel den Buchhandel zu verleiden. Letzterer hat ihm auch mit vieler Begeisterung davon abgerathen. Sein eigner Geschmack geht auf Medicin, in welchem Fall ich sehr wünschte, daß er im stande wäre die Araber in dieser Wißenschaft zu studieren. Herr von Hogendorp hat ihn im Baden initiirt. Dengel habe ich 2 fl. Handgeld gegeben für Wetzels Vorschriften und Wagner einen runden Thaler für den ersten Theil der Bayerschen Schriften der Herders Abhandl. enthält. Unter den neuen Sachen die ich
    gelesen
, ist die Apologie der Apokalypse, der Vernunft (gegen Seiler) und die kritische Geschichte des Chiliasmus, deßen Autor ich gern wißen möchte, das Vorzüglichste. Wezel soll Verf. der Schrift über Sprache p der Teutschen seyn. Seit 8 Tagen einen Brief nach Weimar angefangen – Gehirn und Kreuz Herz sind ganz ausgetrocknet. Ist unsers Landsmanns Andenken noch dort, wie es sich gebührt? Was meynen Sie bey einer etwanigen Vacanz der dortigen Ihrer Superintendentur – Wie verhält sich selbige zu seinem gegenwärtigen Posten? Ich sehe weder Wahrscheinlichkeit noch Möglichkeit dorthin zu kommen. Wie wär’s wenn er hier durchkommen müste. Antworten Sie mir doch auf diesen Punct, den ich lange in petto gehabt. Seine dortige Lage scheint eben nicht Wahl oder Willkühr, sondern ehe das Gegenteil zu seyn. Legen Sie ihm also nichts zur Last. Prof. Köhler den ich noch nicht kenn hat dem neuen Laden ein Mst angeboten und 2 # p Bogen gefordert. Es besteht aus lauter Lesarten einer Novelle im Corp. Juris oder etwas ähnl. Natürlicher weise hat man nicht die Kosten des Drucks dran wagen wollen, geschweige die Arbeit bezahlen, die ohnehin nicht weither ist. Vom Privatleben Ludw. XV. habe 3 Theile gelesen, – und erwarte heute den 4ten. Der vorige ist zieml. langweilig. Die deutsche Uebersetzung blos angesehen. Einige Chansons auf unsern Philosophen sind ausgelaßen, wie ich bemerkt. In den Philippiques ist in der 2ten Ode ein Vers ausgelaßen, und meine Handschrift hat auch noch einige Änderungen, worunter manche beträchtl. sind. Weder mein geschriebenes noch das gedruckte sind complet. Soviel ist gewiß, und daß an dem Defect auch nicht viel eben gelegen ist. Noch liegen 2 Folianten von des Heil. Thomas Aquinas Werken auf meinem Tisch. – und des Lesens ist so viel, daß man Denken und Schreiben darüber verlernt und beynahe vergißt. Nicolai soll seinen Sohn nach Wien gebracht haben und die Uebersetzung Louis XV. einem armen Mann zum Besten in Verlag genommen haben. Der feine Druck empfielt sie eben so wenig, als die Portraits des Original. Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemalin. Gott erhalte Sie und alle die Ihrigen nach Herzenswunsch. Meinen verbindlichsten Gegengruß an die beyde würdigen Halbbrüder. Gehts Arndt wol? Kr R. Hippel ist den 3 nach Berl. gegangen, versprach auch W. zu sehen. Ist Lenz noch in Peterb.? Ob ich ihm geantwortet, weiß ich nicht. Einl. sind aber sogl. nach der Schweitz abgegangen. Leben Sie wol und behalten Sie im treuen Andenken mich u die Meinigen. Hänschen besucht einen Kranken, der sich den Arm zerbrochen und sein Mitzuhörer im Hiob ist. Gegen meinen Geburtstag hoffen wir die Genesin zu Ende zu bringen – im Engl. lesen wir Popens Essay on Criticism zum andernmal. Das französische wird sich wol bis zum Herbst oder Winter verziehen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Herrn / Herrn Hartknoch, / Buchhändler / zu / Riga.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 10 Aug 1781 beantw d 11 –
HöchstzuEhrender HErr und Freund, Bin Ihnen schon lange etwas mehr als ein Billet-doux schuldig, oder als ein Postscript. Nunmehr kann ich es N nicht unterlaßen wenigstens dies vacuum auszufüllen. Sie haben meinem Freunde bey Ihrem Auftrage einen
    guten Willen
zugetraut, und an dem hat es wenigstens bey uns beyden nicht gefehlt, noch
    daran
gelegen. Die öffentliche Ankündigung ist in den hiesigen Zeitungen sogleich beym Empfang besorgt worden; aber in unsern Gegenden herrscht eine große Kälte und Gleichgiltigkeit – und ein eben so großer Mangel am neruo rerum gerundarum. Doch diese beyden Uebel sind so
    epidemisch
, daß es nicht der Mühe lohnt Beweise davon anzuführen. Prof. Kreutzfeld ist überdem ein schwächlicher, schwindsüchtiger Mann und meine Lebensart so lichtscheu und Maulwurf ähnlich, daß ich niemals weder Geschick noch Glück zu dergl. Aufträgen gehabt habe und lieber, ohne als mit Auftrag, mich intereßire. Daher ich Ihnen in petto gedankt, daß Sie mich damit verschont. Wünschte, daß Sie in Curl. u Liefl. glücklicher gewesen, wohin ich auch einen Wink gegeben, wiewol auch da meine Verbindungen von keiner Bedeutung sind. Da ich gegenwärtig mit meinem Sohn den Homer lese, und nichts als ein Laye in dieser Sprache bin: so freu ich mich auf Ihre Arbeit und wünschte besonders die Ausgabe Ihrer Erklärungen zu erleben, wozu Sie Hofnung gemacht und wovon ich mich erinnere bereits Proben gelesen zu haben. Was macht Herr Boie? Wo und wie lebt Er jetzt. Ich bin ihm noch eine Antwort
    schuldig
– weil
ich gar nicht im stande gewesen bin Sein Verlangen zu erfüllen., und ich mich in dem Falle befinde, wo auch der römische Kayser sein Recht verliert. Empfehlen Sie mich bestens Seinem geneigten Andenken, und melden Sie ihm wenigstens, daß ich auch meiner alten Schuld noch eingedenk bin, Trotz meinem höchst unglücklichen Gedächtnis, das sich noch schlechter, wie die Butter in gegenwärtiger Jahreszeit hält. Bey aller langen Weile die mich qvält, und bey der ich von einem Buch zum andern taumele, wie sie mir der Zufall in die Hände spielt, weiß ich bisweilen nicht wo ich meine Zeit hernehmen soll mein Tagewerk zu bestreiten. Das Lucubriren und früh aufzustehen verbietet mir mein Alter und meine Schlafsucht, die mit jenem zu wachsen scheint. Vergeben Sie mir, HöchstzuEhrender Herr und Freund, daß ich Sie so treuherzig mit den Antithesen meiner Bedürfniße und Umstände unterhalte. Ich habe heute meinen jährlichen Kirchengang gefeyert, und da ich diesen ganzen Sommer noch nicht aus dem Thor gewesen, so bin in Gedanken reisefertig eine nah liegende Papiermühle mit meinen 4 Kindern und ihrer Mutter zu besuchen auf einen oder anderthalb Tage. Die molimina und Entwürfe zu dieser großen Wallfahrt datiren sich seit Ostern her – von meinem alten Freund und Gevatter, gewesenen Verleger und Lotterie-Director, nunmehrigen Papiermüller, Schriftgießer und Erbherren von und zu Trautenau Johann Jakob Kanter – deßen Bothschaft oder Fuhrwerk ich alle Augenblick vermuthe. Mög es Ihnen doch an
    häuslichen Freuden
– und an heraklitischen Erfahrungen ειναι και ενταυθα ΘΕΟΥΣ (: Freund Asmus Berichten zufolge scheinen Ihre beyderseitige Kindelbiere ziemlich parallel zu laufen:) – nie fehlen. Gott laße alles was er Ihnen bisher geschenkt und ferner schenken wird, gedeyen zu Seiner Ehr und Ihrem Trost bey den Mühseeligkeiten des Schul- und Autorstandes, denn unser Publicum besteht, wie das alte Griechenland, gröstenteils aus Kindern., und aus einer Welt, die
    betrogen seyn will
. – – Haud mihi vita Est opus hac – et Valeas – wenigstens gesunder und zufriedner als   Ihr   ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. den 23. Aug. Voran geht ein Brief Kreutzfelds: Königsberg. den 21t Aug. 1781. Hochzuehrender Herr, Die hier beiliegende Assignation ist mir so klein und unbeträchtlich, daß ich auch den geringsten Dank verbitte. Wenn ich statt dieser armseeligen zehn Pränumeranten, ihrer hundert hätte gewinnen können, wie der Werth Ihres Werkes darauf Anspruch machen kann, so hätte ich mich schon eher gerade an Sie gewandt, um Ihnen für den ersten Auftrag zu danken, mit dem Sie mich vor einem Jahre beehrten. HE. Hamann ist Zeuge, daß ich nicht aus Gleichgültigkeit die erste Subscription versäumt habe. Einer von den widrigen Umständen war dieser, daß ich Ihre Zuschrift vom 23t Sept. 79 erst im Anfange des Febr. 80 durch den Buchhändl. Hartung erhielt. Uebrigens muß ich Sie versichern, daß HE. Hamann, der sich Ihnen empfehlen läßt, Freundschaft und Achtung für Sie hegt; und daß ich ebenfals Ihr Wohlwollen zu verdienen wünsche, können Sie leicht, wenn Ihnen etwas daran gelegen ist, von ihm selbst erfahren. Ihr ganz ergebenster Kreuzfeld.
Kgsb. den 25 Aug. 81. HöchstzuEhrender Herr Kapellmeister, Landsmann und Freund, Heute ist meines lieben Gevatters-Orestes uns seines jüngsten Sohns in Weimar doppelter Geburtstag, den ich nicht beßer zu feyren weiß, als mit einem schriftlichen Denk- und Merkmal meines mir im Geist und Gemüth immer gegenwärtigen Eindrucks und Einflußes Ihrer wolthätigen Freundschaft, die mir – haec otia fecit, unter denen ich übermorgen mein 52stes Jahr mit Gottes Hülfe antreten werde.
    Ungeachtet des bisherigen Stillschweigens in Poesie und Prosa
, ist unser Herz desto lauter, und der kleine Hayn Mamre ein Zeuge manches hustenden und stammelnden Gesprächs auf Ihre Rechnung und Ihres Innhalts – wie eine ausgeschüttete Salbe. Der Nachtrag des Wandsbeckschen Steckbriefes sine die et consule hat mir mehr Vergnügen gemacht, als wenn ich ihn damals erhalten hätte.
    Nach
mehr als einem Kindelbier, das unser Asmus, wie seine eigene, aus Otterndorf gemeldet, war es mir sehr willkommen endlich einmal zu erfahren, daß der dasige Rector den 15 Julii Hochzeit gehalten, woran ich hätte zweifeln können, weil der Referent bey der ersten Schwangerschaft sich eines Kunstworts aus der Weidsprache bediente, woraus sich ein Verstoß gegen die Kirchenpolicey hätte vermuthen laßen. Es ist mir um keine Nachfolger meines Beyspiels zu thun, und ich ziehe den papistischen und herrnhutischen Süß- und Sauerteig immer jener niederträchtigen Politik vor, durch Libertinismum die edelste Fabrik zu entweyhen, worüber der eifersüchtige Monopolgeist ausschlüßend walten sollte. Die unmittelbarste scheuslichste Folge von: qu’on prie comme on veut – – zeigt sich wol am stärksten dort an der Qvelle. Das Wort: HOMO sum – bleibt immer die schwerste Aufgabe, das tiefste Rätsel für den sensum communem, besonders der Potentaten, die
    von Gottes Gnade
– und nun vollends durch das Verdienst und die Würdigkeit ihrer Philosophie die letzte Oelung bekommen haben, und ebenso leichtsinnig, wie Ruben, ihre
    erste
verscherzen können, aus sophistischer Unwißenheit jener alten Wahrheit und ihrer Cultur, die Menschheit als das allerhöchste Product der Natur und das einzige Regale ihrer Majestät zu erkennen. Von einem aufs andere, von der Einlage auf den noch angenehmern Ueberbringer zu kommen: so ist es mir eine herzliche Freude gewesen, Ihnen, HochzuEhrender Freund, diese Bekanntschaft auch schuldig zu seyn. Ich habe ihn zwar nicht nach Verdienst und Würdigkeit unterhalten können, aber doch mit aller meiner transcendentalen Laune genoßen, und mir seine in voller Blüthe stehende und fruchtbringende Gesellschaft so schmecken laßen, daß ich das Andenken davon durch den fast tägl. Umgang seines älteren HE Bruders und deßen Fellow-student Lieut. von Bentevegni fortsetze und beyde vielleicht – si Diis placet – zur engl. und griechischen Lectur zu initiiren suche. Wünschen Sie Ihm eine glückliche Reise über Weimar – und bey seiner Heimkunft der Sophronisbe p eingedenk zu seyn. Bin fest entschloßen den nächsten Frühling wo nicht ein Gärtner zu werden, doch Bäume zu pflanzen. Meine eigne Lese von den alten Stämmen die noch übrig geblieben, giebt mir mehr Geschmack an Obst, als ich bisher gehabt. HE D. Laubmeier hat mich auch schon mit seiner Frau und Söhnchen besucht, und unser Misverständnis ist zu einemr freundschaftl. Vertraulichkeit übergegangen. Bey so manchen Misverständnißen als Stampen, durch des ehrlichen Bernouilli seins in der Trutenauschen Papiermühle, bin ich so außerordentlich glücklich gewesen mir niemals einen Feind zugezogen zu haben. Desto ärgerlicher für mich, Ihnen jetzt einen angeben zu müßen, der ich weiß gar nicht unter welchem Verhältnis an Sie geschrieben haben soll. Das ganze Mährchen besteht darinn: Es war einmal ein NadlerMeister Brahl, der einige Gedichte in unsern Zeitungen einrücken ließ, die mir gefielen. Er legte sein Handwerk nieder, gab sich bey unserm FreyCorps an und wurde mir von nunmehrigen Abt Penzel zugeführt. Seit dieser Epoche hab ich keinen Geschmack mehr an seiner Muse finden können, und kein gutes Gedicht mehr von ihm gelesen. Obs Vorurtheil von meiner Seite oder mit seinem Handwerk der Geist aus ihm ausgefahren war, weiß ich nicht, weil ich mir weder eines musikalischen noch poetischen Gehörs bewußt bin. Er begieng hierauf ohne mein Wißen und vor seinem Kopf die Thorheit eine recht elende Sammlung, wie sie mir u andern vorkam, einem großen Mann zuzueignen und auf
    seine Kosten
drucken zu laßen; ließ sichs noch mehr
    kosten
, um den kleinsten Dienst zu erhaschen. Weder diese Bescheidenheit sich mit dem
    kleinsten Gehalt
zu begnügen, noch die Mittel zu einem solchen Zweck, waren nach meinem Sinn; man machte mich aber immer erst nach geschehener That zum Vertrauten. Hierauf kam es zu einem sehr ungebührlichen Recensentenunfuge in unsern ärschlichen Zeitungen, die den gelehrten Schwantz zum Kopf haben. – Ein sehr romanhaftes Fieber hatte ihn auch befallen und ich wurde durch ein erdichtetes Billet, das er in meinem Namen schrieb, zum unbekannten Verehrer seinesr nunmehr leibhaften Muse creirt. Endlich wurde das ganze Geschwür, das ich lange unter meiner Schlafmütze herumgetragen hatte, zum Ausbruche reif. Den 2 huj. erschien unser
    liebe
    Prof. Politices
,
als ein sehr seltenes Phänomen, in meinem Hause, in Begleitung des
    bel-esprit surnumeraire
,
und mutheten mir ein Empfehlungsschreiben an Sie zu, worauf ich mit gutem Gewißen und aus Gründen nicht anders als
    Nein
! sagen konnte, und auf den ersten Nadelstich – gieng ich auf den Clienten mit meines seeligen Vaters Scheermeßer und seiner Badwanne los – daß ich ihn und seinen ganzen Kram seitdem nicht wieder in meinem Hause gesehen habe. Hinzu kam, daß die GeneralAdm. ihm unmittelbar vorher einen Posten in Memel angewiesen, den er muthwillig ausgeschlagen und man sich in dem deshalb abgestatteten Berichte des lächerl. Vorwandes bedient, daß er sich nicht überwinden könnte, den
    Schoos seiner literarischen Freunde hier zu verlaßen
, mit deren keinem ich meines Wißens in Verbindung stehe – und es dürfte ihm eben so schwer werden zu mir als zu seinem ehrl. Handwerk zurückzukehren, deßen goldnen Boden er aus Uebermuth ausgestoßen. Mein Mährchen ist also zu Ende; aber der Köcher meines Briefes noch nicht leer – Wenn Ihnen, HöchstzuEhrender Freund, unser dirigirende Herr Bürgermeister keinen Gruß von mir abgeliefert; so liegt die Schuld weder an meiner deshalb genommenen Abrede, noch seinem geneigten Anerbieten und Versprechen: sondern – vielleicht an den Zerstreuungen und schönen Aussichten auf der großen Straße von Berlin nach Charlottenburg – oder in der habitude die man sich in der großen Welt erwirbt mit Versprechungen einen Actienhandel zu treiben, in welchem Fall ich ihn mit einem Scimus et hanc veniam petimus damusque vicissim zu mahnen bitte. Wünsche zu Ihrer Muße und neuen Residenz viel Glück und Heil, daß Sie mit Ihrem ganzen Hause gesund und zufrieden, im sanften Joche der Musen und Gratien – für sie und sich Seide spinnen mögen. Ohngeachtet weder ein Virtuose noch Dilettante bin: so kann ich doch der Versuchung nicht widerstehen, des prächtigen Lavaterschen Formats wegen, mir auch ein Plätzchen für meine Vor- und Zunahmen und accreditirten Packhofverwalter- Titel sub littera H. zu bedingen. Die baare Fortsetzung dürfte allenfalls von meiner Unternehmung abhängen, Schatten und Obststämme aus Lübeck meiner seel. Mutter Heimath über See zu schon ver verschreiben. Nun was sagen die Herren Metaphysiker an der Spree zur Preuß.
    Kritik
der reinen Vernunft, welche ebenso füglich
    Mystik
hätte heißen können, wegen ihres Ideals? – die aller
    speculativen Theologie
der Spaldinge, Steinbarte ppp und jesuitischen Betrachtungen unserer Hephästione das Maul stopft. Meine im Mercur zu spät angekündigte Uebersetzung der Humischen Dialogen wurde gleich ad Acta reponirt, sobald ich im MeßKatalog Michaelis pr. eine andere angekündigt fand, die reichhaltiger seyn sollte. Aufgebracht über die hochtrabende verlogne
    Freymüthigkeit
, welche sich durch den prologum galeatum des brachii secularis selbst verrieth, wurde ich zu dieser Uebersetzung hingerißen und brachte selbige im Geburtsmonath meines halben Saeculi zu stande, ohne den freymüthigen Verf. zu wißen noch zu vermuthen, der ebenso ungeschickt durch seinen Theismum die Theisten in den Schaafstall zu führen meint wie er die Kirchenväter beschuldigt durch ihren Gentilismum u Judaismum zur Mördergrube der Wahrheit gemacht zu haben beschuldigt – der alle Symbole verdammt und voller Aberglauben ein Theistisches Kalb aufstellt. Wenn meine Uebersetzung je wider meine Neigung herauskommen sollte: so hätte wenigstens durch diesen Verzug Zeit gewonnen, dem engl. u preuß. Hume auf einmal zu antworten, mit denen beyden ich in Ansehung der Kritik völlig einig bin, aber desto mehr von ihrer mystischen oder sceptischen Synthese abweiche. Will aber erst die Bibliothecam Fratrum polonorum, mit der ich eben den Anfang gemacht, durchlaufen und ihre Analogie mit unsern zeitigen Kirchenvätern u Reformationsseuchtigen ein wenig näher kennen lernen – wenn ich nicht an der pituita molesta und den Folgen meiner sitzenden Bulimie berste. Gehts mir doch mit gegenwärtiger Epistola familiari wie den Cantoribus inter amicos die nicht aufzuhören wißen – überlaße es nunmehr der hochlöblichen poetischen Facultät ihr Heil zu versuchen und mit meinen Fughen zu wetteifern. Noch eine glückliche Reise an Mynheer van Hogendorp – so wie dito Heimkunft aus Wien und p an Herrn Nicolai und unbekannter weise an HE D. Biester einen so langen Honigmond, wie mein Gänsekiel –. Schlüßlich umarme Sie mit alter landsmännischer Freundschaft, empfehle mich bestens Ihrer liebwerthesten Hausehre und Hälfte nebst dem kleinen Paar unter tausend Seegenswünschen, ersterbend mit aufrichtigster Theilnehmung und Innigkeit Ihr ergebenst verpflichtester Freund, Landsmann und Diener. Johann Georg Hamann
Kgsb. den 14 Sept 81. Geliebtester Freund, Den 21 Aug. überbrachte mir HE Langewitz sein Pack, da ich eben mit Hänschen über eine lange Scene im Terenz zu Ende eilte und auf Nadeln saß, meine HausMutter mit dem polnischen Reichstage zu thun hatte und wir den Tag drauf zur Beichte gehen wollten; ich war also in voller Verwirrung und gar nicht im stande weder Ihrer Empfehlung noch dem Andenken der alten Freundschaft seiner nächsten Anverwandten auf irgend eine Art Genüge zu thun, um so weniger, da wie er mir sagte, sein Aufenthalt so kurz hier seyn sollte. Die Kantsche Exemplarien sind vertheilt und der Autor hat mir die Versicherung gegeben, daß Sie den kurzen Auszug noch haben sollten. Wegen seiner übrigen Werke konnte er aber die hiesigen Anfänger nicht vorbey gehen, deren Laden er sich zu Nutze machte. An meinem Geburtstage erhielte Ihren Brief, und darinn bestand beynahe der
    einzige Besuch
und die einzige Freude die ich genoßen habe. Den ersten Theil von den Statthalterschaft Verordnungen habe bereits; wie er mich beym 2ten Theil vergeßen, weiß ich nicht, bitte also nur um letzteren, bey
    erster Gelegenheit
und um eine geneigte Erinnerung wegen des Seerechts, sobald selbiges herauskommt. Den 8 Sept erschien HE Prof. v Schwarz mit einem und den 10 abermal mit beyden Reisegefährten. Ungeachtet der Zuschnitt bey uns beyden wol so sehr verdorben ist, daß wir kaum für einander paßen: so hab ich doch doppelte Ursache Ihnen für diese Bekanntschaft zu danken 1.) weil ich jede Art von Originalität liebe, sie mag so enorm seyn wie sie wolle, und je mehr, desto beßer 2.) weil er mir sein gutes Andenken sehr nachdrückl. eingeprägt hat durch den Matthäischen Catalogum der Moskauschen Bibliothek, von dem leider nur Partis I. Sect. I. herausgekommen seyn soll und an der Fortsetzung wovon schon 5 Stück, wie er versichert, fertig liegen, nicht zu denken seyn soll, und durch ein Geschenk von seiner Rede, Redekunst, Sulzers Uebersetzung, dem Wörterbuch u der Anthologie, woran ich gar nicht Sinn u Gedanken hatte. Er hat mir also Beweise seiner guten Gesinnung zurückgelaßen, ohne daß ich weiß, wie ich dazu gekommen bin, oder selbige erwiedern kann. Die ruß. Bibliothek hat mein Sohn gestern dem Etatsrath eingehändigt, und der Defect des de la More ist auch von mir
    eigenhändig
supplirt worden, das heist, aus Noth hab ich diese Arbeit selbst gethan, weil ich keinen Menschen, der geschickter dazu gewesen wäre, selbige habe auftragen können. Der Buchbinder, bey dem ich alles Selbst mündlich u persönlich bestellt, hat seine Sachen eben so schlecht gemacht u an statt des ausdrücklich vorgeschriebenen Post- oder holl. Papiers nur gemeines genommen. Der Bogen wartet also nur auf Gelegenheit – oder wenn Sie es verlangen, werde selbigen über Post schicken. Herr von Auerswald ist sehr beschäftigt gewesen, daß ich ihn wenig gesehen. Sein Buffon liegt noch bey mir. Ich bin wegen des Preises nicht gewiß, da Sie in dem mittelsten Briefe 2 rth = 8 fl. und im letzten à 3 Ort = 11/2 rth. Alb. berechnen. Thun Sie mir inskünftige den Gefallen immer in unserer Münze den Preis zu bestimmen. Er ist ein
    baarer
und
    genauer
Bezahler. Da er jetzt im Engl. Unterricht nimmt, so melden Sie mir doch, ob Sie eine Ausgabe des Shakesp. haben, welche? und wie theuer? Ihre freundschaftl. Anerbietung Ihnenm den deutschen Defect zu verschaffen, hab ich ihm durch meinen Michel melden laßen, und es ist ihm sehr angenehm gewesen. Beide Ueberbringer haben eine gute Nachricht von Ihrer Gesundheit gebracht, welches mich herzlich freut. Gott gebe daß wir uns künftig Jahr einander sehen und umarmen mögen. Ich komme fast gar nicht mehr aus und entziehe mich alles Umganges – unterdeßen fehlt es mir nicht an Zuspruch. Habe die Sonntage dieses Jahrs dazu bestimmt um die Bibliothecam Fratrum polonorum durchzugehen. Heute vor acht Tagen erhielt ich einmal einen langen Brief aus Weimar nebst einer Beylage von einem Cypreß-Myrrthen Sträußchen des Geburtstages, das ich in Rahmen einfaßen laße. Die Kinder haben am Scharlachfieber gelegen und die würdige Mutter hat sich bey der Gelegenheit auch große Gefahr zugezogen. Gott Lob! daß alles wieder auf gutem Wege ist. Sie haben mich, liebster Freund, in Ansehung der Superintendentur befriedigt; nun bitte mir noch Ihre Meinung aus in Ansehung der dortigen OberpastorStelle. Sollte diese nicht der dortigen das Gleichgewicht halten? und wer ist der jetzige? Ihre feyerl. Abrede mit Weygand gefällt mir recht sehr aus dem Grunde, daß dieser Verleger dadurch gedrungen ist seine Uebersetzung zu befördern, und ich der Mühe überhoben bin, selbige noch einmal zu mundiren, welches ich eben so wenig selbst als durch einen andern zu thun im stande bin. Herder dringt sehr – und meine hiesige Freunde auch. Ich habe mir aber ich weiß nicht was für ein Fest im Kopf gesetzt eine fremde Arbeit mit meiner eigenen vergleichen zu können. Kant, den ich beynahe glaube vor den Kopf gestoßen zu haben, versicherte mich daß sein Auszug nur aus sehr wenigen Bogen bestehen würde. Melden Sie mir doch, wenn es so weit kommt – Ich mag nicht eher anfangen, biß andere ganz ausgeredt haben. Mein
    Sturm und Drang
hängt von der Ausgabe der Humischen Uebersetzung und von der Vollendung der Kantschen Arbeit ab. Hier liegt der Knoten, der erst aufgelöst werden muß. Hier herrscht rothe Ruhr und die Leute fallen zur Rechten und Linken. Gottlob! in meinem Hause ist alles wol. An Herders Geburtstage erhielte einen Brief aus Winterthur wegen der Schellenbergschen Kupfer von Stendel, den ich sogl. beantwortet. Hartung, der jetzt oben auf schwimmt als ein reicher Erbe, hat seine Assignation wie die Kupfer zu extradiren nicht honorirt, und mir ist es eben so lieb jetzt aus der ganzen Verbindung heraus zu seyn. Wie hält es mit den verheißenen Silhouetten? – Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen. Reden und Schreiben fällt mir gleich schwer. Meinen besten Dank für das Exemplar der Kritik, ohngeachtet ich nur den Defect des alten gewünscht, so ist es mir doch sehr angenehm auf allen Fall ein ganzes zum besondern Gebrauch fertig zu haben, wenn ich das Buch zum dritten mal durchzulesen gemüßigt seyn möchte, wozu ich den Termin nicht absehen kann. Von Merciers Tableau de Paris habe den I. Theil gelesen, der mir beßer gefällt als sein erst kürzl. mir bekannt gewordner Essay über die dramatische Kunst, den Lenz schon übersetzt haben soll ohne auch was davon zu wißen. Die Geschichte des protestantischen Lehrbegriffs welche hier aber noch nicht zu haben ist, hat einen gewißen
    Planck
in Stuttgard zum Verf. deßen kleine Schriften ich auch nicht kenne. Nicolai geht mit seinem Sohn auf Reisen und Lüdtke verwaltet seine Geschäfte. Vergeßen Sie mir nicht den
    gerechten Momus
. Leben Sie gesund und nach Herzenswunsch. Lieben Sie Ihren alten Freund u Diener Johann Georg H. Grüßen Sie und entschuldigen mich wenn es nöthig bey Ihrem Arzt u P. Gerike, daß ich nicht die geringste Höflichkeit Ihren Anverwandten zu erzeigen imstande gewesen. Und hiemit Gott empfohlen. Mein armer zerrütteter Kopf will nicht fort. Vergeßen Sie nicht mir zu melden, ob Sie per Post oder Gelegenheit den Defect des de la More zurück verlangen? Am Schluß von Hartknoch vermerkt: Empf d 9 Sept 1781.
Kgsb. den 15 Sept. 81. Nun Herzens H. heut vor Acht Tagen erhielt Ihren lieben Brief, den ich nicht eher als den Abend beym Schlafengehen zu Ende lesen konnte. Da kamen die beyden Lieut. von Bentevegni u Hoghendorp und eben wie wir über den Shakesp. saßen, Prof. von Schwarz mit einem Päckchen von Hartknoch – und wie die Woche zu Ende gieng, ebenso fieng sich diese an. Gott Lob und Dank, daß alles bey Ihnen wieder auf guten Gleise geht. Hier gehen tägl. Sterbeglocken, für jung und alt. Nach Verhältnis der Erndte dörfte die Weinlese noch stärker fallen. Die rothe Ruhr ist fast allgemein, und noch betrübtere Nachrichten erzählt man vom Lande in Ansehung der Menschen so wol als des Viehs; wiewol auch viele Lügen und Vergrößerungen dabey unterlaufen. Meiner Hausmutter Schwester, ihr Mann, u einer andern Schwester Tochter, die bey mir gedient, liegen auch u beunruhigen uns wenigstens. Ob mein Haus vom WürgEngel verschont bleiben wird, weiß Gott am besten. Wenigstens bißher Ihm sey Lob und Dank! befindt sich alles nach Herzenswunsch – bis auf meinen alten grauen Kopf, der im
    ewigen
Taumel und Schwindel ist ohne selbst zu wißen, was ihm fehlt, als daß er nicht an seiner rechten Stelle
    daheim
ist. Die glückliche Entbindung hat mich immer ein wenig besorgt gemacht. Freude und Leidenschaft geben uns Kräfte, die nicht dem Körper gehören, und immer auf seine Kosten ersetzt werden müßen. Das kleine Myrrthen- und CypreßenZweiglein von der lieben schönen Mutterhand hat mich sehr gerührt und der Rahme dafür ist schon besorgt. Nächst Ihrer unsterblichen Liebe stehe unsere Freundschaft sonderlicher als Frauen-Liebe. Daß ich neulich vergeßen Ihnen den richtigen Empfang der französischen Gabe de la Verité et des erreurs zu bescheinigen, geht ganz natürlich zu. Ich schreibe bisweilen so stark in Gedanken, daß wenn ich zum Papier komme, so erschöpft bin, als wenn ich mich schon gantz ausgeschrieben hätte, und oft gnug mich nicht besinnen noch unterscheiden kann, was ich habe schreiben wollen und wirklich geschrieben habe. Meine Meynung Ihnen zu sagen: so hab ich das Buch zwar mit vielem Hunger, aber wenig Gedeyen gelesen. Vielen von den Brüdern hat es beßer geschmeckt als mir, und als ich es Ihnen zugetraut. Ein Kaufmann zu Lion, Villarmosean ist mir als der Verf. genannt worden, und gegenwärtig wird es zur Subscription den Logen wie ich gehört, aufgedrungen. Die 3 Buchstaben C–H–R p. 538 hat mir niemand entziffern können. Manche Vorurtheile sind handgreiflich; der prahlerische Schleyer macht mir auch das Gute verdächtig. Meine mystische Begriffe von der Sprache sind wenigstens von des Verf. seinen sehr verschieden. Hätte wol lieber Ihr Urtheil gewünscht, da Sie die Symbolen beßer als ich verstehen müßen, und ich überhaupt meinem eigenen Urtheil nicht traue. Um ein Beyspiel anzuführen, so muß ich Ihnen sagen, daß mir das kleine Fragment aus Hemsterhuys zum dritten mal beßer eingeleuchtet als die beyden ersten male. So sehr ich mich auch auf den fünften Theil Ihrer Briefe freue: so wünschte doch auch den
    Andreä
von dem ich immer geglaubt, daß er schon längst fertig läge. Gegen Wagner haben Sie in puncto der Bestellungen und Aufträge keinen Verdacht. Mit dem neuen Laden dörfte es wol ein wenig schwer u langsam gehen. Hartung ist durch den Tod seines Schwiegervaters in Tilsit ein reicher Erbe wie man sagt geworden, und thut sein Bestes die jungen Anfänger zu überwiegen. Sein Laden ist aber für mich verschloßen, und mein Umgang zieht sich immer enger zusammen, daß ich fast aus aller Verbindung komme. Journale u keine gelehrte Zeitungen bekomme ich beynahe zu sehen, nicht ein mal die hiesigen – denen ich freywillig entsagt, weil Wagner die hiesigen Parasiten, welche sich auf 60 belaufen, alle ausgestrichen. Ungeachtet er mir die Fortsetzung, als dem ersten Anfänger des zeitigen Recensentenunfugs, aufdringen wollen, habe ich gleichwol Verzicht darauf gethan. Brahl ist auch aus meinem Hause gebannt. Kraus komt nicht anders als ein Buch zu holen und arbeitet immerfort an der zweyten Hälfte seiner Disputation. Bleibt mir also noch Kreutzfeld übrig, und die beyden oben genannte Officier – und was von selbst in meinen Taubenschlag geflogen kommt. Meine heavtontimorumenische Gesellschaft hab ich übrigens keine Lust mehr jemanden aufzudringen. Besuche fast also gar nicht mehr den Oberhofprediger noch meinen Beichtvater, noch das Jacobische, noch Courtansche noch Müllersche Haus, wo Kraus exclusive verkehrt. Ohngeachtet die Sommerstunden sich mit 7 Uhr anfangen, steh ich selten vor 6 auf; kommt nach dem Morgenseegen der leidige Coffe. Ein Kapitel p. t. im Brief an die Römer und einige Verse im εδαφῳ des Exodi werden mit Hänschen durchgepeitscht denn geht es vor oder auch nach 8 spornstreichs nach der Loge, wo ich nichts als lese, p. t. Buffons Histoire des Oiseaux, auch wol zum Intermezzo Berthold Vater u Sohn – Vor dem Eßen wird im Ab- u Zugehen eine Scene im Terenz durchgelaufen. Vom Tisch zur Iliade des Homers, um 2 zur Loge bis gegen 6 Uhr. Im Ab und Zugehen wird Caffé getrunken u ein wenig Englisch p. t. Tatler exponirt, alles im Fluge. DNach den Stunden kommen die beyden Martis Söhne auf den Hamlet zu Gaste. Bentevegni schliest bisweilen mit einer Scene aus dem Metastasio. Denn kommt doch noch bisweilen Kreutzfeld oder ein anderer zum Butterbrodt u Pfeifchen. Das Lesen und Schreiben bey Licht geht auch nicht mehr, und esich bin des Abends so marode, daß ich bisweilen den Nachtwächter nicht abwarten kann. Die Sonntage habe ich der Bibliothecae Fratrum polonorum geweyht, welche ich den heillosen Einfall bekommen habe anzufangen, wiewol es mehr der Wink eines andern als mein eigener Einfall ist. Den Schabbath hab ich noch für einen Israeliten Eichel oder Itzig aufgehoben, der sich zum Studiren appliciren will und sich um meinen Sohn im hebr. verdient macht. Hierin besteht also das Gemälde meines eiteln Wandels und tägl. Lebenslaufs. Aus dem Eckel deßelben läßt sich eben nicht ein günstiges Horoscopium für meine künftige Autorschaft stellen, die von 2 Umständen abhängt, nemlich der Uebersetzung des Hume, und daß Kant mit dem Auszuge seines größeren Werks fertig wird, den ich nöthig habe um dieses so vollkommen wie möglich zu verstehen. Er hat mir u Hartknoch den Verlag zugesagt und die Arbeit soll nur einige Bogen betragen. Diese Kürze ist ebenso ein Problem für mich, als das Volumen corpulentum. Wenigstens seh ich es für meine Pflicht an, den Mann gantz ausreden zu laßen. Wegen des ersten Puncts theile ich Ihnen folgende Copiam mit aus Hartknochs Briefe vom 11 Aug. st. v. mit „Weygand habe ich vor kurzem auch gebeten mir den Namen des Uebersetzers von Hume und woraus seine Beyl. bestehen werden, zu melden. Ich darf Ihre Uebersetzung nicht mehr drucken. Auf Ihr Wort (da ich Ihnen von einer Collision meldete) daß sSie iIhre Uebersetzung ad Acta reponiren wollten, hab ich ihm den alleinigen Verlag feyerlich zugestanden. Was aber Ihre Beylagen betrift: so bin ich bereit sie in Verlag zu nehmen“ – Ich habe den 21 Jul. selbst an Weygand geschrieben, der in Holland aber sich aufhalten soll. Die beste Antwort wäre mir ein Exemplar seines Verlages oder die Anzeige im bevorstehenden MeßCatalogo von der Erscheinung der von ihm angekündigten Uebersetzung. Sie sehen daraus, HerzensFreund! daß wenigstens
    Umstände
mit meinem Eigensinn, wie man ihn nennt, parallel laufen. Unterdeßen kann ich Ihnen die Grille nicht verschweigen, daß ich mir ich weiß nicht was für ein Fest in Gedanken daraus mache jene Uebersetzung mit der meinigen in der Stille vergleichen und das Urtheil meiner hiesigen Freunde darüber prüfen zu können. Biß jene Umstände also entschieden sind, kann ich keinen Plan zu meinem Opusculo machen, sondern muß warten, welches mich niemals gereut hat, und den besten Vers giebt die Muse Indignatio ein. Ihren Geburtstag habe mit einem langen Briefe an Reichard gefeyert, dem ich eine Antwort auf die Empfehlung des von Hoghendorp schuldig war und allerhand mehr zu schreiben hatte. Dieselbe Woche war zum Abendmal, u hatte denselben Abend den heftigen Schreck daß ein Freund meines Sohns, der junge Müller in unsern Teich fiel, wo er hatte ersaufen können, ohne daß ich einmal von seinem Besuch etwas gewußt hatte. Gieng alles Gottlob! ohne Schaden u Verdruß noch Folgen ab. Meine Beichte war der letzte Buchstab des längsten Psalms. Meine Absolution war v. 25. und den Staub deutete ich auf die Bibl. Fr. Polonorum. Den 17 – Ich wollte gestern eben anfangen zu schreiben wie der polnisch reformirte Prediger Wanowski und Kreutzfeld bald darauf mich besuchten, biß es finster wurde. Nach einer wider meine Gewohnheit schlaflosen Nacht bin ich genöthigt heute zu Hause zu bleiben. Vorigen Mittwoch besuchte mich Pf. Fischer der im Licent zu thun hatte wegen der von seiner Mutter angekommenen Sachen, die vermuthl. her ziehen wird. Er meldete mir, daß es eben seines einjährigen Sohns Geburtstag wäre, und selbiger in letzten Zügen läge. Sein Schwager, Secr. auf der Accise, Naugardt war ein paar Tage vorher gestorben. Also istn doppelter Trauer. Er trug mir auf seine freundschaftl. Grüße u Entschuldigungen daß aus seinem langen Briefe noch nichts geworden. Fausti Socini Fragment über die
    Bergpredigt
habe zu Ende gebracht, aber auch nicht viel Licht gefunden über dies schwere Stück der evangelischen Geschichte. Eine sehr merkwürdige Stelle über den Anfang des Ev. Johannis ausgeschrieben, die einer Weißagung und Lästerung sehr ähnlich sieht. Ihr Urtheil über die Geschichte des Chil. ist völlig das Meinige, ohne die Qvellen zu kennen; er gesteht selbst compilirt zu haben. Man hat es mir ausdrückl. versichern wollen, daß die Schrift vom Ursprung u Wachstum der menschl. Erkenntnis nicht von demselben
    Irwin
seyn soll, und er würde dadurch sehr in meinen Augen verlieren. Auf Plank bin sehr neugierig; hier ist noch nichts zu haben von ihm. Ey! der Verf. von der Apol. der Vernunft? Sein erbaul. Bekehrungsroman am Ende krönt das Werk Den ersten Theil vom Tableau de Paris habe auch mit vieler Mühe bekommen. Er gefällt mir doch beßer als sein Art Dramatique. Die neue Ausgabe von Raynal unphilos. u unpolit. Geschichte kann kaum erwarten, so neugierig hat mich des Procureurs Auszug darnach gemacht, welchem zufolge er zum Scheiterhaufen verdammt worden. Was der
    Antonio
von Göthe bedeuten soll in Ihrem Briefe, verstehe ich nicht. Nach dem
    gerechten Momus
, der auch vermuthl. ein Pasqvill auf Sie enthält, hab ich mich auch umsonst erkundigt. Für Ihre theol. Briefe seyn Sie unbesorgt. Je mehr man sie liest, desto beßer schmecken Sie. Eine Uebersetzung von Hemsterhuys Schriften wurde einmal wo ich nicht irre, längst angekündigt; habe aber niemals etwas zu Gesicht bekommen können. Schlözers Briefwechsel habe mir auch vorgenommen ab initio zu lesen, da HE von Auerswald sich ihn angeschaft. Ich habe nur einzelne Stücke zufällig ansehen können. Ihre Beyträge zum Mercur werden mir sehr willkommen seyn. Hegelmeier über die jesuitische Betrachtungen ist ein recht gutes Buch. Ich wünschte mehr von dem Mann zu lesen, habe aber nichts auftreiben können. Kennen Sie seine Selbstgespräche. Eiferts Untersuchung hat ungeachtet seiner gesetzlichen langweiligen Methode gute Gesinnungen. In ihm glaub ich eine Anspielung auf die
    Chevila
gefunden zu haben, woraus ich schließen möchte daß selbiges mehr in Zeichnungen als Buchstaben besteht. Ich weiß nicht, wie man so gleichgültig gegen des armen Propheten nachgelaßene Schriften seyn kann, und daß es Ihnen nicht möglich fällt sich und mir Licht darüber zu verschaffen. Es ist wirklich eine außerordentl. Urkunde für mich üsber den Ursprung der Sprachen. Wie weit liegt der Ort von Ihnen? Gieng es nicht an durch Dahlberg oder Zimmermann oder Gleim. Der astronomische Theil der nicht verdiente gerügt zu werden, hat das Beßere unterdrückt. Sollte sich keine Academie der Handschriften annehmen? Weiß man keine Familienumstände oder hat sonst Nachrichten von der Person des Manns. Nun wenn Hartknoch künftig Jahr nach der Schweitz geht, will ich noch den letzten Versuch machen. Ich denk mit dem Abdruck des Falk hat es auch so lange Zeit. Pour la rareté du fait sollen Sie auch Krausens Disp. miterhalten, wenn der zweite Theil zur Welt kommen sollte. D. Köhler hat schon seine beyde Meisterstücke fertig über das letzte Kapitel des Coheleth, sucht nach einem Respondenten cum beneficio. Ein geitziger Mann – der sich sans façon (auf des Ministers Wort) auch die Survivance auf die griechische
    Profession
des D. Bock hat zueignen wollen. Dieser Zug hat michr seine Bekantschaft sehr gleichgiltig gemacht, daß ich mich um ihn u seine Gelehrsamkeit noch nicht bekümmert habe, von der man übrigens gute Vermuthungen hat. Der Großkanzler ist hier u Hippel wird als StadtPräsident und Geh. Rath, sagt man, nächstens erwartet, welches wahrscheinl. ist quâ Chef des CriminalCollegii. Aus seiner Reise wird also nichts werden. Ob Hoghendorp über Weimar gegangen oder noch gehen wird zweifele auch. Vielleicht komt dafür HE Prof. à Schwarz aus Moscau, ein geborner Siebenbürger, der wie es scheint in Ordensgeschäften nach Braunschw. geht, einen zieml. Ansatz zum Adepten hat, mich mit gelehrten Wildbret aus Moskau weidl. beschenkt hat, welches für meinen Hans aufgehoben ist worunter das wichtigste Sect. 1. Part. 1. des Matthäischen Catalogi von den dortigen Msten ist. Seinem Bericht nach liegen noch 5 Abschnitte fertig, es fehlt aber am Fonds zum Druck. Sie kennen die asiatische Pracht. Er hat dem Kayser bey seinem damaligen Aufenthalt ein Handbuch des deutschen Styls zugeeignet, ersuchte mich aber ihn nicht nach diesem Echantillon zu beurtheilen. Hartkn. empfahl ihn mir als seinen Freund und rechtschaffenen Mann – Er hat mir wenigstens den Einfall gegeben meinen Sohn zum pollnischen anführen zu laßen, worüber auch schon gestern mit Wanowski Abrede genommen. Das franz. kann warten. Mein kleiner Pathe August ist ein braver Knabe, daß er sich seines alten Pathen freut ohne noch den geringsten Anlaß dazu erhalten zu haben. Gott seegne Ihn zum großen Mann! DEVS prouidebit – Die Hofnung uns einander noch zu sehen, ist mir so lieb als das Leben, und beydes hängt an Einem Faden und von Einer Hand ab! In der Welt habt ihr Angst; aber seyd getrost — Der Fürst dieser Welt mag uns so schwarz vorkommen wie er will; so ist er des lieben Gottes sein Diakonus, und der heilige Geist schwebt auch in diesdeßen Kapelle – und über dieser Sündfluth als Rabe als Taube. Alles ist gut und den Reinen ist alles rein. Des Sancho Pancha Transcendentalphilosophie ist mir so heilsam, wie des Samariters Oel und Wein. Gönnen Sie jenen Leuten ihr Element, wenn sie sich wol darin befinden, und bleiben Sie in dem Ihrigen. Ita plerique ingenio sumus omnes: NOSTRI NOSMET POENITET. Auf die abgebrannten Kanonen werde auch in den Zeitungen Acht geben laßen, und nehme ungeachtet meiner unendlichen Entfernung auch an diesem
    entwickelten Blatt
Antheil. Gott schenke Ihnen und den lieben Ihrigen nur Gesundheit, und laße Heil und Seegen, Ruhe und Freude in Ihrer Zionsburg u Abtey walten. Quae supra nos, nihil ad nos. Alles übrige soll uns nicht anfechten. Meine Wüste ist hier weit öder. Je mehr die Kinder anwachsen, je größer werden die Sorgen, u desto weniger der Freuden. Keine Hülfe zu ihrer Erziehung, besonders beyden Töchtern kkein homogener Umgang, und der leidige Trost, daß die Schuld an mir liegt, und ich dieses Genußes nicht mehr fähig bin. Daher mich immer mehr zurückzuziehen suche. Schade um die Zeit u Mühe welche es Ihnen, bester Herder, kosten, muß, mein Geschmier u leeres Gewäsche zu entziffern. Aus Morungen weiß auch keine Sylbe. Was macht Ihr Morunger dort? Eben jetzt erhalte
    Möser
über die Litteratur. Göthe ist artig gerechtfertigt, und die ganze Wendung politisch. Wer oder was ist der
    Heyer
eines jeden Jahrhunderts S. 27. Mich selbst bedanken für das doppelte Zweiglein kann ich nicht; thun Sie es aufs beste durch die zärtlichsten Grüße und Küße. Bitte wegen Ihrer Vorrede nicht die Klaglieder zu vergeßen, als Erstlinge der Michelsmeße. Hab ich sie doch schon besprochen. Was ist das Meisterstück von
    Filicaja
, das uns Richardson gezeigt? Sollte Ihr Musäus nicht auch das Wertherfieber geschrieben haben, ein Büchlein das ich mehr wie einmal gelesen, und mir nicht nach Würden scheint aufgenommen zu seyn. Sollte ich zum Werk schreiten und in meiner Autorschaft fort kommen; so werd ich nicht unterlaßen Ihnen Nachricht zu ertheilen und mich Ihrer christl. Fürbitte empfehlen. Der Titel soll seyn: Epistolische Nachlese eines Misologen. Gott sey mit Ihnen und den Ihrigen, wie mit mir und den Meinigen. Vorgestern haben wir Regen, gestern einen Regenbogen, und diesen Abend ohngeachtet eines bestirnten Himmel Blitze gehabt. Der Donner ist wol vor dem Geschnarr 2 verrosteter Spinnräder und dem Gewäsche eben so viel Strickerinnen mit ihrem Bruder Polyhistor nicht zu hören gewesen. Marianchen hat das beste Theil erwählt und schläft. Will ihr nachfolgen, und ersterbe   Ihr alter treuer Freund Gevatter und Landsmann Johann Georg H.
den 23 8br 81. Liebwerthester Freund, Den 26 pr. übersandte mir HE Toussaint den
    gerechten Momus
und den Tag drauf als am Geburtstage meines lieben Mich. HE Post Dir. Kurow eine Ladung The aus China zur eignen Consumtion u weitern Expedition. Muß wenigstens, weil ich nichts mehr kann, den richtigen Empfang und herzl. Dank bescheinigen – wiewol ich dort nichts als Herders Namen gefunden, aber gar nicht, was ich vermuthete oder besorgte. Desto beßer! HE Courtan hat den Christianischen Catalogum besorgt, u mir auch ein Exempl. – aber auch nicht so viel gefunden, als ich erwartet, wiewol ich immer Appetit hätte ein hundert Thaler zu verzehren, wenn man könnte, was man wollte. Nun muß mans wie der äsopische Fuchs machen mit jener Traube, die ihm zu hoch hieng, sagend: ich will nicht, was ich nicht kann. Vorigen Sonnabend hab ich auch den Meßkatalog endlich zu lesen bekommen, aber nichts draus behalten, als daß Hume’s Dialogen wirklich herausgekommen u D. Plattner der Uebersetzer ist, daß Sie ein Verleger von zwey schönen Werken geworden, nach denen mir der Mund auch schon wäßert, das eine ist von Kleuker, der so an mich denken wird und Sie für ihn und das andere von der Religion der Perser. Ist es doch Ihr Verlag, und die carta blanca darauf noch meines Wißens nicht cassirt. Zwey Bücher stehen aus Mitau, aber in Commission, vermuthlich eine Unternehmung der neuen Handlung in petto. Penzel hat sich auch mit 2 Werken für die Ostermeße angemeldt. Wie hält es mit Kantens Schrift? Ist das Mst schon fertig und in der Mache? Einige sagen, und er selbst, es wäre ein Auszug der Kritik; andere hingegen behaupten daß es ein Lesebuch über die Metaph. seyn soll, auch aus seinem Munde. Bitte mir soviel Sie wißen, mitzutheilen, und wenn es heraus ist, und Exemplare herkommen, auch an mich zu denken. So bald Hume ankommt, wird es mir ein Fest seyn die Uebersetzungen zu vergleichen, und denn an meine eigene Arbeit zu gehen – an der ich sammle. Bin gestern mit dem ersten Bande der Bibliothecae Fratrum Polonorum welche die Werke des Socini enthält fertig geworden, mit dem ich in Ansehung der natürl. Religion gleich denke. Eberhard sagt, in seiner Vorbereitung, daß er von seinen Glaubensbrüdern gründlich widerlegt worden. Ich muß selbige daher auch kennen lernen. Philosophie ohne Geschichte sind Grillen und Wortkram. Aus Exempeln werden Regeln abgesondert, und
    die Probe
der Regeln sind wiederum Exempel. Also Exempel hinten und vorn, oben und unten und die Regeln in der Mitte. Die Geschichte unsers protestantischen Lehrbegriffs ist von Plank, ich habe sie
    vor Freuden
gekauft, und seitdem noch nicht weiter gelesen. Wer mag doch Verf. vom
    Geist der deutschen Geschichte
seyn? Gute Nachrichten aus der Schweitz? Mit meinem Hans bin jetzt auf einem Scheidewege zum pollnischen oder französischen. Findt sich Gelegenheit zum ersten, so ziehen wir es beyde vor – vielleicht aus Eitelkeit. Gott hat mein Haus väterlich vor Krankheit bewahrt. Was machen Sie und die lieben Ihrigen? Habe lange nichts erfahren noch gehört. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten und dem 2ten Theil – u vielleicht dem Seerecht von unserm Landsmann, an den ich Einl. bey Gelegenheit zu befördern bitte. Wie geht es Sydow? Ich komme fast gar nicht aus, und habe sogar die Sonntage zur Erbauung mit der polnischen Brüderschaft ausgesetzt. HE v Auerswald ist auf eine Hochzeit gefahren, und hat mir vor der Hand aufgetragen mich nach einer Ausgabe eines engl. Shakespear zu erkundigen, ob Sie eine haben, welche? und wie viel sie kostet? Er nimmt in dieser Sprache mit
    Dängel
bey Prof. Kraus Unterricht. Dängel feyert auch diesen Monath eine Hochzeit im Oberlandschen wo er als Hofmeister gestanden. Wagner hat so wenig Rücksicht für unser theils verwöhntes theils – Publicum, weder einen Meßkatalog verschrieben noch hier gekauft zu haben. Hartungs Lampchen freut sich des neuen Oels, begünstigt in
    Preisen
und
    Neuigkeiten
. Dem ohngeachtet ist des jungen Moldenhawers Hiob u andere Hauptsachen mehr, nicht aufzutreiben. Von einer Seite Geld ohne Kopf, von der andern weder Geld noch Herz. Der eine kann nicht, was er will; der andere will nicht, was er kann. Das macht eben unsere Welt zur besten. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Joh. Ge. Hamann. P.S. Bitte an HE Arndt die Aufschrift zu machen; weil ich seinen Titel nicht recht weiß: CabinetsAßeßor, oder CollegienAßeßor. Ich habe HE Kleuker geantwortet, von dem mir ein Päckchen verloren gegangen nebst seinem Briefe, an beyden ist mir viel gelegen. Meine Antwort war vom 22 Julii. Wünschte gern zu wißen, ob er selbige erhalten hätte. Da ich die letzte Einl. durch Ihre Güte erhalten; so erinnern Sie sich doch wegen dieser Antwort, wenn Sie an ihn bey Gelegenheit schreiben. Sollten Sie, liebster H. Commissionen haben auf den Christianischen Katalog; so wird selbige HE Courtan besorgen; denn daß ich selbige nicht selbst abwarten kann, wißen Sie, und ich bin noch ungeschickter für andere zu kaufen, als für mich selbst. Voß hat HE Kr. R. Hippel versichert, das ganze Mst. der Lebensläufe nunmehr erhalten zu haben, und daß das Ende nächstens mit dem Namen des Verf. erscheinen würde. Auf die 2 Saml. der theol. Briefe von Semler bin sehr neugierig, weil selbige eins meiner liebsten Bücher betrift, neml. die
    Apologie der Apokalypse
, welche ich zwar nicht selbst habe, aber mit dem grösten Vergnügen gelesen und jedem empfohlen. Wißen Sie nicht den Verf. davon? Wie Sokrates mit seinem Genius scherzte: so unser liebe Vater Luther mit seinem
    Schiblemini
als einem spiritu familiari, von dem Hilscher 730 an meinem Geburtsjahre eine kleine Abhandl. herausgegeben. Dieses kabbalistische Wort will ich zum Titel meines libelli machen. Es soll also heißen
    Schiblemini
oder
    epistolische Nachlese eines Misologen
. Der 1. Brief betrift die enthält Zweifel über die Existenz eines ägyptischen Priesters, der Hephästion geheißen. Der 2. betrift die
    jesuitischen
Betrachtungen über das Christentum. 3. Gedanken über eine neue Inschrift: Man kann was man will pp. 4. über die Uebersetzung der Humischen Dialogen. Die übrigen den
    engl.
u
    preuß. Hume
besonders seine Kritik aller speculativischen Theologie. Werde froh seyn, wenn ich gegen Ihre Ankunft fertig bin. Gott schenke Ihnen und mir Gesundheit, daß wir uns einander vergnügt sehen. Wie leicht verläuft ein halb Jahrchen. Mein armer Kopf! Wenn mein Gehirn so aussieht wie mein Blut, das ich neul. gelaßen: so ist es nichts wie Eiter, statt Nervensafts. Lohnt es nicht der Mühe, was ich schreibe: so will es Ihnen nicht aufdringen. Ueber der Bothschaft, daß Humens Dialogen glückl. heraus sind, kaufte ich vor Freuden das abentheuerliche Büchlein vom
    Geist der deutschen Geschichte
und Siegwarts Fragmentum I. Cogito, weil es von einem alten 70jährigen Knaben ist. Ich denke, was man vor Freuden thut, darf man eben nicht verantworten. Empfehlen Sie mich den Ihrigen, HE p Parisius u. P. Gerike. Ich Ihnen mein ganzes Haus, nebst dem Ueberläufer Hänschen. Wenn Sie sich wol befinden, so schreiben Sie es mir, so kurz Sie wollen u können. Vale et faue.
Kgsb. den 23 Nov. 81. Herzlichgeliebtester Freund, Ihr langes Stillschweigen hat mich sehr beunruhigt, und noch mehr die bereits vor einiger Zeit erhaltene Nachricht von einer schweren Krankheit, die Sie befallen, ohne daß es mir mögl. gewesen nähere Umstände von Ihrer Beßerung zu erfahren. Gott wolle Sie doch erhalten und stärken, daß wir uns künftiges Jahr einander sehen. Steiger in Winterthur freut sich schon auf Ihre Ankunft. Ich erhalte den 2ten Brief von ihm wegen der Schellenbergschen Kupfer. Er hat meine erste Antwort gerade umgekehrt verstanden. Des Christiani Auction ist diesen Montag angegangen, HE Courtan hat aber erst Mittwoch Ihre Specification erhalten, und brachte mir eben Ihre Einl. wie ich auf dem Wege zu seinen Eltern war, die ich seit langer Zeit nicht besucht hatte. Es ist mir wenigstens eine Freude gewesen Ihre Hand zu sehen. Von Weygand selbst habe einen Brief den 11 huj. erhalten nebst seiner Verlagsliste, woraus ersehen, daß ihm mein Brief vom 21 Julii unter Wagners Einschluß nicht zu Handen gekommen. Ihr mitgetheiltes Billet hat mir wenigstens zur Auslegung seines Schreibens gedient. Ihr Concipient scheint zu dem ganzen Misverständniße Anlaß gegeben zu haben.
    Ich bin herzlich froh
, daß ich mit meiner Arbeit zu Hause geblieben bin, und werde auch nicht eher anfangen, bis alle die lumina mundi ausgeredt haben. Ich warte mit Sehnsucht auf die Plattnersche Ausgabe, das 8 Bogen lange Wintergespräche, und die Uebersetzung. Hier geht alles saumseelig. Es hieß daß Hartung alle Sachen zu Lande kommen ließe, noch aber ist wenig zu sehen und zu hören. Der neue Buchladen hat noch keine Nachricht aus Lübeck. Das zweete, worauf ich warte, ist Kants
    Auszug
oder
    Lesebuch
, und ich wünschte wenigstens von Ihnen zu erfahren, ob die Arbeit schon unter der Preße ist, und wenn selbige fertig werden möchte. Seine Kritik lese gegenwärtig zum
    dritten
mal – und vielleicht zum vierten – Den besten Schlüßel erwarte in dem neuen Buche, und bitte mir daher von dem Anfange u Fortgange deßelben Nachricht zu geben, ob Sie es schon in Ihrem Verlage haben oder wenn Sie es bekommen werden. Was ich Ihnen neulich von meinem
    Schiblemini
geschrieben, sehen Sie als nicht geschrieben an. Der Titel möchte wol bleiben, aber von dem Innhalt und dem Plan ist noch nichts bey mir reif und zeitig. Kommt es zum Verlag; so bieth ich Ihnen zuerst an. Haben Sie keine Genüge, so kommt die Reyhe an unsern neuen Laden. Erhalt ich hier auch einen Korb; so ist es mir gleichviel, ob W. oder ein anderer sie bekommt; aber Beyl. zu seinen Fabricanten und Plattnern sollen meine Arbeiten nicht werden. Es lohnt aber fast der Mühe nicht von ungelegten Eyern mehr zu reden. Für mich ist es genug, daß
    Hume heraus ist
– und ich nicht der Uebersetzer bin. Aber die gedruckte u ungedruckte Uebersetzung vergleichen zu können, soll ein rechtes Fest für mich seyn. Unser liebe Herder hat mir gestern mit einem lang erwünschten Briefe erfreut. Grüßen Sie doch meinen alten Freund
    George Berens
bestens und tragen Sie auch so viel Sie können bey dort den
    Christoph Neumann
gut unterzubringen. Er ist ein guter Freund meines Michels, und ich habe eine gute Meinung damals von dem jungen Menschen gefaßt, der eine gute Anlage zu haben schien – nur nicht zum Studieren. Wenn Sie Ihr Meßgut in Ordnung gebracht haben: so geben Sie mir doch ein wenig Nachricht von Ihrer Gesundheit. Wenigstens
    Kleuker
erwarte durch Ihre Güte; vielleicht ist Ihren Sachen das ganze verlorne Päckchen beygelegt. Heute besuchte mich HE Courtan und ihm hab ich den geflickten Bogen zum la Mare zum Uebersenden anvertraut, bitte auch den Preis für den Buffon und die versprochene Theile der Fortsetzung nicht zu vergeßen – Meine Einnahme wünschte auch an HE Courtan assignirt zu sehen; weil ich fremdes Geld gern, so bald wie möglich, los seyn mag. Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen mit allem Guten!! Hänschen ist des Grafen v. Kayserlingk Commissionär auf der Auction, hat carta blanca, u für Kants Schätzung der lebendigen Kräfte 4 fl. Bodini Theatr. 5 do bezahlt, desto wohlfeiler für sich u seinen Vater, Rorarius 4 gl. Garzoni Piazza do. Marianchen ist vorigen Sonntag vor 8 Tagen in ihr 4tes u die Abcschützin Lehnchen wird den 1 Adv. in ihr 8tes Jahr gehen. Alles wol Gottlob! nur Hänschen hat seit einigen Wochen in Stammern u Stottern so avancirt, daß mir Angst u Bange wird für den armen Schelm. Ob er polnisch oder franz. anfangen wird, ist noch nicht ausgemacht. Ich umarme Sie als Ihr alter Freund u Diener u Schuldner Joh Georg Hamann. Auf der Adreßseite: Haben Sie viele
    Kritiken
in der Schweitz abgesetzt? wenn diese Frage nicht zu vorwitzig ist. Adresse mit Siegellackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 29 Nov 1781 beantw d 9 Dec 1781
Königsb. den 8 Xbr 81 Herzlich geliebtester Freund, Den besten Dank für Ihre mir liebwerthe Silhouette die ich gestern erhalten, und daß Sie Gottlob! wieder im stande sind an mich zu schreiben, ist mir auch eine innige Freude. Bin eben mit Möhsens Beschreibung in 2 Theilen fertig, seine Bildergallerie liegt auch parat, und ich schäme mich fast einen so reichhaltigen und vorzügl. Schriftsteller nicht eher kennen gelernt zu haben, von dem ich den ersten Wink in Dohms Judenapol. aufgefaßt. Eben erhalte Ihre Silhouette vom Tischler, der mir gestern Abend 7 zu Hause gebracht worunter ein Bruder des schweitzerischen Tacitus, Müller, die beträchtlichste ist, welche ich diesen Montag aus Weimar erhalten, wo er sich aufhält. Ihre soll neben meinem Kreutzfeld hangen zu Häupten meines Bettes. Vater und Sohn wünschen zu Matthäi Ausgabe des N.T. Glück um so mehr da Sie uns ein Recht geben sich darauf zu freuen. Wie es aber mit meiner Bücher Rechnung gehen wird, weiß ich nicht. Nach Ihrem gestrigen Briefe soll Ihnen HE von Auerswald für 10 Vol. des Buffons 8 rth. alb. schuldig seyn =  36 fl. für Beaumarchais 3 –  13 : 15 gl. Epoques de la Nat. 1.¾      7 : 27        12¾ rth. Alb. =   57 fl. 12 gl. nach dem Satz 2 rth alb zu 9 fl. gerechnet Nach Abzug der 5 –=  22 : 15 blieben noch   35 : 27 gl. Den 29 April schrieben Sie mir, zufolge Ihrem vor mir liegenden Briefe „Heute geht Fuhrmann Frantz nach Kgsb. und mit ihm sende die Histoire des oiseaux 8 vol. so viel heraus, mit den Kupfern in 12o 24 fl. pr. ferner zu ihrer eigenen Lecture Hupels Miscellaneen – Moritz Pädagogik und im Namen Arndts 2 Neues Petersb. Journal, Oeuvres de Beaumarchais 4 Bände, die wenn sie Liebhaber finden 12 fl. kosten.“ Diesem deutl. Buchstaben zufolge habe ich für die ersten 8 Theile des Buffons 24 fl. pr. eingenommen und den Beaumarchais ebenfalls einem sehr zufälligen Liebhaber für 12 do überlaßen. Wegen des Preises für die Epoques des Buffons, den Sie eben so ausdrücklich zu 7 fl. bestimmten, hab ich Ihnen noch meine Bewunderung geäußert, weil sie bey Hartung mehr kosteten, und Ihnen jedesmal den Betrag des empfangenen Geldes gemeldet. Bey dem 9 und 10ten Theil des Buffons fiel die erste Differentz vor. Den 5 Aug. c. schrieben Sie mir: Jetzt bringt Ihnen HE Prof. Schwarz mit Tom. 9. 10 der Histoire des oiseaux, ebenso wie die vorigen à 3 Ort = 11/2 Rth. Alb. und den 11 Aug. widerholten Sie diese Nachricht, setzten aber hinzu Tom. 9. 10 kostet 2 Rt. oder 8 fl. Dies gab mir Anlaß wegen der beyden letzten Theile nochmals anzufragen mit der Bitte den Preiß wie Sie es bey den Epoques und 8 ersten Theilen und Beaumarchais gethan hatten in fl. pr. zu bestimmen. Ihre Briefe sind alle aufgehoben, um selbige Ihnen vorlegen zu können, und aus den meinigen werden auch alle hieher gehörigen Umstände zu ersehen seyn. Wegen des uns so billigen Preises waren wir auf Hartung erbittert, von dem wir glaubten daß er wegen des Kanterschen Stillstandes nach Willkühr forderte, wie man hier das Vorurtheil hat, daß alles was hier courant gilt, dort zu Albertus gesteigert ist und werden muß. Nach meiner obigen Rechnung, die Ihren ausdrückl. Sätzen gemäß war, welche ich Interessenten immer sorgfältig gewesen bin zu produciren, beläuft sich der ganze Bestand auf 43 fl. und nach Abzug der22 : 15 gl. blieb netto20 fl. 15 gl. Wie kann ich gegenwärtig für die zwey letzten Theile, (zu denen Sie noch den 11 und 12 versprechen) 15 fl. fordern worauf sich die Differentz beläuft, ohne Sie und mich zu exponiren? Es muß hier freylich ein Schreibfehler von Ihrer Seite untergelaufen seyn. Da ich aber nach meiner Gewohnheit den Empfang und die Vollziehung des mir aufgetragenen so wol als versprochenen Ihnen stets gemeldt, hätten Sie seit dem April mich gleich zu recht weisen sollen, denn daß Sie die beyden ersten Remisen nach fl. pr. bestimmten, kann ich mit Ihren Briefen belegen; desto befremdender war es mir, daß Sie sich wegen der 2 letzten Vol. in Alb. Gelde erklärten und in doppelten Sätzen, daher ich das Geld noch bis dato nicht dafür habe eincassiren können, ohngeachtet ich deßhalb schon von HE v. Auerswald erinnert worden, den ich aber seltner als sonst sehe, weil er verreist gewesen und die Loge nicht mehr so ordentl. wie einst besucht, er auch mit Prof. Kraus und Dengel in näherer Verbindung steht, die ich fast gar nicht mehr in meinem Hause zu sehen bekomme. Unsere Buchhändler certiren jetzt um die Wette ⅓ und mehr von ihrem alten Ladenpreise abzulaßen, und es geht den Büchern wie den reducirten Münzen, daß man das Ende vom Liede schwerl. absehen kann. Nicolai in Berlin verkauft Möhsen à 10 fl. Hartung à 9 fl. daß der ganze Buchhandel hier zum Actienschwindel ausartet, und der nunmehr reiche Erbe es drauf anlegt den Anfängern den Brodtkorb so hoch wie mögl. zu hängen. Sein Katalog, deßen Hälfte aus heruntergesetzten Büchern besteht, ist schon lange fertig gewesen und sein Gut ist zu Lande angekommen. Man möchte beynahe sagen, daß Hartung jetzt K. und W. den alten Hartung spielt. Sie können leicht denken daß unser durch K. übertriebene Gefälligkeit verwöhntes Publicum an seines Nachfolgers hartleibigen Laune wenig Geschmack findt. den 2 Adv. 9. Dezember Ich habe Ihren Brief vom 27 Febr. auch gefunden, worinn Sie schreiben: Wegen der Epoques de la Nature thun Sie was Ihnen gut deucht. Ich verlange dafür nichts mehr als 7 fl. dies ist mein Ladenpreis. Heben Sie das Geld nur bey sich auf – In eben diesem Briefe setzen Sie die 8 Vol. der Vögel auf 6 rth Alb. – Weil Sie aber den 29 Apr. ausdrücklich 24 fl. pr. schrieben und ich kein Augenmaas zu Geldverhältnißen habe: so ist mir die Differenz nicht aufgefallen, sonst hätte ich Sie auch darüber eben so gut befragt, wie im letzten Fall, und die Sache abgemacht. Sie sehen also daß Auerswald Ihnen blos für 2 Theile schuldig ist und die Verlegenheit ihm 15 fl. dafür abzufordern, da er Ihren Brief vom 11 Aug. gelesen, wo Sie Tom 9. 10 zu 2 R oder 8 fl. ansetzen, ihm den 11 und 12 versprechen und mir auftragen ihm zu sagen, daß er durch Sie generalement mit allem was in Paris herauskommt pp. welches ich auch gethan. Er ist aber ein Mann der in Zahlen ein FalkenAuge und Gedächtnis hat, das ich nicht habe, und liebt ungemein Tausch und Handel – Sie beklagen sich von allen Seiten für Ihr
    gutes Herz gezupft und gerupft zu werden
. Ich bin versichert daß Ihre Freundschaft für mich auch an Ihrer Bereitwilligkeit Theil gehabt, aber Ihren Schaden hab ich nicht gewollt. Die Dienstfertigkeit berauscht mich eben so wie ein süßer Wein und ich habe täglich Ursache mich für die schwachen Seiten des guten Herzens zu hüten, und zu meiner Warnung mir zuzuruffen Timeo Danaos dona ferentes. Meinen Freund Gevatter und Landsmann in Weimar habe schon mehr wie einmal um Fortsetzung der Urkunde gebeten und werde heute es abermal thun. Sein Denkmal auf Leßing ist ein Meisterstück im 8br. des T. M. Das gute Herz
    dankbar
zu seyn, hängt eben so wenig von uns ab, als das gute Herz wolzuthun. Die Waßerbäche treten aus und versiegen, nach der Witterung der Jahreszeit, und das Meer hat seine Fluth und Ebbe nach dem Wandel des Monds. Mittag und Mitternacht, und ihre Gespenster, Parasiten und Diebe, gehören wie Gesunde und Kranke, wie Lebendige und Todte gehören Einem Vater und haben alle Eine Mutter – Natur. Asmus hat sich ein Haus gekauft, schickt mir einen ganzen Kasten, der aber noch auf der See schwimmt mit Näschereyen für Leib und Seel, Spielzeug für das ganze Haus, beschreibt mir die kindische Freude beym Einpacken; woran es auch beim Auspacken nicht fehlen wird, aber auch nicht an Nachwehen. Statt der Ziege macht er jetzt auf 2 Kühe Rechnung, und hoft von dem Anbau seines Gartens die Haushaltung zu bestreiten. Wie ein armer Mann mit 5 Töchtern zu der Verschwendung und Freygebigkeit kommt, begreif ich eben so wenig als ich weiß wie ich selbige erwiedern sollen. Hinc illae lacrimae, womit ich seiner Arche entgegensehe. Sie enthält ein Geschenk das mir Klopstock von seiner Meßiade macht und Jacobi mit dem ersten Theil seiner Werke. Der übrige Proviant besteht in Pöckelfleisch, einer Bouteille Malaga, Extrafeinen Thé
    Läßt uns die Liebe klug
? Die Bibl. fratr. polonorum habe vom 26 Aug. bis zum letzten Nov. durchgelaufen. Sie bestehen mit Sam. Przipcouii Werken die mir vorzügl. gefallen aus 6 Folianten, sind in der Kreuschnerischen Auction hieselbst für 74 fl. fortgegangen. Brenii Opera, sagt mein Sohn, gehören auch noch dazu. Sandii Bibl. habe ich Ihnen nicht laßen können, und daß ein Freund unnöthiger Weise den andern auftreiben soll, schien mir unbillig. Jetzt lese ein Hauptbuch Zeltneri Historia Crypto-Socinianismi Altorfini arcana wegen der Briefe des Ruari, die angehängt sind. Was Sie mit der
    Vorbereitung
, die Eberhard meldet, sagen wollen, verstehe ich nicht. Hänschen hat HE Courtans der Nachmittags Stunden hat, Stelle ehrlich vertreten, da er für Kayserling abwarten müßen, für mich desto glücklicher gekauft, mehr für 10 fl. als jener für 60. Denn so ungemein theuer, und wohlfeil sind die Bücher selten weggegangen. Z. E. Weissels Chronik, vorn, hinten und mitten defect aber sauber ergänzt 12 fl. Hingegen für mich Noris Cenotaphia Pisana ex Bibliotheca Altorfina Schwarzii für 18 gl. So viel hätte ich Biergeld dem Bedienten gegeben, wenn mir jemand das Buch geschenkt hätte. Locheri Horatius, den ich bereits aus Lausons Bibl. durchstudiert, nebst einem Juvenal Lips. 497. nebst einer Handschrift von Officiis Ciceronis und noch mehr für 1 fl. 11 gl. Ein Buch das ich nicht für 15 fl. noch so viel Guineen wider verkaufen möchte. Epistolae Marsilii Ficini für 7 gl. Petri à Vineis die ich lange gesucht für 4 gl. Sein Plato u Theologia Platonica 1 fl. 18 gl. So spottwohlfeil einige, eben so rasend theuer sind andere weggegangen. Den Empfang des zu erhaltenden Päckchens erwarte. Wegen des Anstrichs in Ihrem Briefe dachte ich daß er durch einen Fuhrmann angekommen. Vorigen Montag schickte mir Herr Hartung den letzten Bogen der Kritik. Fehlt also noch der Titel u Anfang, mit dem
    es aber Zeit gnug hat
. HE Kr.Rath Hippel hat mir versichert daß Voß das Ende der Lebensläufe erhalten und des Verf. Name erscheinen wird mit dem letzten Theile, deßen Innhalt auch Hartung schon in einem Avertissement ich weiß nicht durch welchen Weg anticipirt. D. Hertz hat selbigen auch gelesen und gemeynt daß der Schluß auf eine offenbare Schwärmerey herausliefe. Daß Kant den unbekannten Verf. als einen plagiarium seiner Vorlesungen in der Allg. Bibl. in Anspruch genommen, ist bekannt. Daß unser Freund H. Antheil an diesen Product haben muß, sehr wahrscheinlich, ich habe aber nicht das Herz ihm ins Gesicht zu sagen. Kleuker schrieb mir damals daß sein Anhang aus 2 Bänden bestehen würde. Der erste Uebersetzungen, der andere seine eigene Untersuchungen. Ein Päckchen von ihm ist von der Michaelismeße 79 durch Hartung verloren gegangen nebst einem Briefe den wir beide bedauern; habe mit dieser Meße Nachricht deshalb erwartet aber nichts erhalten, dafür ein verbetnes Päckchen von Schellenbergs Kupfern durch
    Steiner
, der just das Gegentheil von dem versteht, das ich ihm schreibe. Alles was ich von meinem
    Schiblemini
geschrieben, sehen Sie als nichts an. Ich werde nicht eher an das Schreiben kommen können, als bis ich die neue Uebersetzung des Hume sehe, und Kant will ich erst
    ausreden laßen
seinen Auszug oder Lehrbuch abwarten. Wie es Ihnen, liebster H. mit Ihrem sauren Schweiß u Blut; so geht es mir mit meiner edlen Zeit, die ich immer an Experimenten verschwende die außer dem Zeitverlust auch so oft Eingriffe in meine Ruhe thun. Ich habe vom August aus Freundschaft und ohne den geringsten Eigennutz mich mit ein paar Officiers abgegeben, und dadurch gantz zufällig einen jungen Menschen gefischt, den ich bisher wie ein anderer Diogenes gesucht und zum Gespann für meinen Hans gewünscht. Indem ich für den einen Officier mich nach einem lateinischen Sprachmeister umsehe, findt sich eines Schusters Sohn, wie unser Kant, Namens Hill, der sich aufs ital. u spanische ohne Hülfe noch Unterstüzung gelegt, und brennende Lust zum Engl. u Griechischen u mehr Sprachen hat. Von des Menschen Fähigkeit u Eifer können Sie daraus urtheilen, daß ich in 3 Abenden die Anfangsgründe des Engl. mit ihm zu Ende gebracht und er wenigstens weiter ist als seine beyde Vorgänger in der langen Zeit gekommen, und daß er nächste Woche mit meinem Michel das Griechische und Hebr. zusammen studiren wird. Gott geb daß er das wird, wozu ich ihn ersehen; so soll er meine andere Hand für meinen Sohn seyn, und ich will mich gantz auf ihre beyde Freundschaft einschränken, und alles mögl. thun mich ihrer würdig zu machen. Denn was Sie an Ihren Sohn wenden können, und Motherby, bin ich bey allem guten Willen nicht im Stande. Habe ihm den Petrus ab Abano, Conciliator nebst einer Samml. von Balneis zum Grunde seiner Bibl. geschenkt, weil ich ebenso stoltz darauf bin eines Baders Sohn zu seyn, wie mein Vater war Altst. Bader zu heißen, u wie Sokrates die Hebammenkunst seiner Mutter nachahmte; so meine kritische Wanne, nach dem alten von Hagedorn übersetzten Sinngedichte: Der Bader und die Hure baden Den reichsten Mann den schlechtsten Kerl Beständig nur in einer Wanne. Zur Bildung seines medicinischen Geschmacks hab ihm Möhsens Münzcab. für 17 fl. gestern gekauft, weil ich kein vortrefl. Buch kenne zur Erziehung eines Artztes, ohngeachtet ich einige 90 fl. Brandschatzung bezahlen müßen, und von einem baaren Capital von fast 8000 fl. das in 2 alten Häusern steckt, die ich nicht um halben Preis los werden kann, dies halbe Jahr kaum 40 fl. nach Abzug der Kosten gehabt. Bey HE Courtan ist Krankheit und Kreutz auch zu Hause. Der Mutter geht es beynahe wie Ihnen, und der kleinste Sohn hat auch ein gefährl. Fieber ausgestanden, wie der älteste voriges Jahr. Zu Ihrem Entschluß Ihr eigener Artzt zu seyn, geb Gott seinen Seegen. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Gott wolle Sie so lange erhalten, daß mein kleiner Conciliator Ihnen sein Consilium ertheilen kann. Der Ex-jesuit Mayer über die Jesuiten, Freymäurer u Rosenkreutzer und der Verf. des abentheuerl. Sendschreibens an die Illustres Inconnus soll
    Stark
seyn. Claudius arbeitet wie ich gehört an einer Uebersetzung des elenden Buchs de la Verité et des Erreurs. HE Prof. Kreutzfeld, der mich eben besucht, dankt sehr für Ihr gütiges Andenken, und erwiedert selbiges durch eine Anwünschung einer beßern Gesundheit als er sich versprechen darf. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, die mir Ihre Silhouette aus eben dem Grunde entzogen, warum ich meine nicht beygelegt. Gevatter Asmus beurtheilt mich wie Zopyrus den lieben Sokrates, für einen Menschen von sehr verliebter Complexion. Magdalena Catharina de anno 74 gefällt ihm am besten, vermuthlich weil sie seine Pathin ist. Seine Töchter sind solche Apfelmußgesichter, daß ers nicht übers Herz bringen können den Credit und guten Namen der armen Mädchen aufs Spiel zu setzen. Verspricht mir seine und Frau Rebecca nebst den Kleinen, wenn sie beßer gerathen, im nächsten Briefe. Schicken Sie Buffons 11 u 12 Theil nicht eher bis wir mit dem 9 und 10 ins Reine sind. Mit dem
    Petersb. Journal
bitte sich immer Zeit zu laßen, weil sich den ganzen Sommer oder Winter doch wol immer gute Gelegenheit eines barmherzigen Passagiers finden wird, weil ich mit Pr. Fuhrleuten ungern theilen mag. Mein ganzes Haus empfiehlt sich und ist Gottlob gesund. Hänschen mit seinem Freund Hill einen Taschenspieler u Seiltänzer sehen gegangen. Leben Sie wohl und bleiben Sie mein Freund, wie ich der Ihrige Johann Georg Hamann.
Kgsb. den 2 Adv. 81. Herzlich geliebtester Landsmann Gevatter und Freund, Nun fall ich Ihnen in die Arme. Den 22 pr. kam Ihr lang erwarteter Brief an. Den 27 als am Tage Jonathans sah immer dem Päckchen entgegen, muste aber bis zum 3 huj. warten. Einl. habe gl. nach Morungen befördert. Gottlob! daß alles bey Ihnen gut geht. Der Würgengel hat auch mein Haus verschont und keins von meinen Kindern hat den geringsten Anstoß von der hier herrschenden Seuche gehabt. Kreutzfeld hat alle Ihre Sachen mitgenommen. Die Vorrede nun gelesen; das Buch selbst aufgeschoben, weil ich mit Weynachten den Exodum zu endigen denke, und die Zwischenzeit den Jeremiaden bestimmt habe. Das Monument auf Leßing ist mit einer Wärme, Würde und Reife geschrieben, die meinen ganzen Beyfall hat. Winkelmans Briefe noch Hirzel an Gleim habe bisher gelesen. Im ersten ist eine gute Portion von Huttens Patriotismo. Die Silhouette ist bereits gestern in einem stattl. Rahmen aber
    kümmerl. Vergüldung
zu Hause gekommen, die ich nicht bestellt, und verbeßert werden soll, so bald ich kann, in eine ächte. Luther allein, der über meinem Sopha hängt und den ich aus Kanters Laden für einen Goldgulden erhandelt, trägt allein Gold. Der Kopf ist sehr nach meinem Geschmack, und das Opfer Ihresmeines Schweitzers höchst angenehm. Die Geschichte seines Vaterlandes habe so bald wie selbige auskam, gelesen, und mit viel Geschmack und Antheil; aber nicht an der darinn vorausgesetzten gewaffneten Politik Heut vor 8 Tagen laß ich die Nachricht von des Layenbruders Reise nach Wien und dachte dabey so lebhaft an den ersten Advent, wie er hier durchgieng, daß ich an diese würdige Excell. hätte schreiben mögen. Wenigstens wünsch ich, daß seine erlebte Erfahrungen nichts als Versuche seiner künftigen Laufbahn seyn mögen. Claudius hat mir endl. den 1 huj. geschrieben und Aviso von einem gantzen Kasten gegeben der noch wie Noah Arche unterwegens ist. Außer der do die Sie erhalten, erwarte eine Meßiade von Klopstock und auch den 1 Theil von Jacobi. Daß er sich ein Haus gekauft und statt seiner Ziege ein paar Kühe zu halten gedenkt, wird Ihnen auch schon bekannt seyn. Er meldt mir seinen Fleiß, aber nicht
    was
er übersetzt Unser Gevatter Kaufmann ist also mit seinem Knappen Ehrmann ein Mitgl. der Brüdergemeine geworden. Wird schwerlich die letzte Katastrophe seines Schicksals seyn. Mit dem Ende des Novembers habe die Bibl. Fratr. Polonorum durchgelaufen, Przypcouii Werke mit eingeschloßen, die mir vorzüglich gefallen. Machte den 26 Aug. den Anfang; und wenn ich Brenii Opera bekommen kann, hoffe ich auch den siebenten Folianten zu verschlingen. Lese gegenwärtig Zeltners historiam arcanam Crypto Solcinianismi Altorfini, wo ich mir viel Aufschluß verspreche. Daß ich mit Socino in Ansehung der natürl. Religion einig bin, bewog mich den Hume zu übersetzen. Von den Widerlegungen seiner Glaubensbrüder habe nichts finden können, ohngeachtet Eberhard in seiner Einl. sie anführt, es müste in Ruari Briefen davon etwas vorkommen. Weygand hat an mich geschrieben, aber meinen Brief nicht erhalten. Durch ein Misverständnis, wozu Hartknoch Gelegenheit gegeben, vermuthet er, daß ich und Kant ihm zu Priestley Uebersetzung Beyl. geben könnten, woran keiner von uns gedacht hat. Plattner ist blos der Herausgeber, der Uebersetzer aber, ein Freund des Verlegers. Wenn Sie ihn erfahren, so melden Sie mir doch seinen Namen. Ich hab ihm geantwortet, daß wenn meine Uebersetzung zustand gekommen, eine Beyl. sich ledigl. auf meine
    Absicht
derselben bezogen haben würde, die gar nicht wäre Todten den Mund zu stopfen. Den 10 Xbr. 81 Bester H. Muste gestern abbrechen die Feder schrieb so elend, das Licht mit dem hölzernen Docht brannt so kümmerlich, und meine Augen fangen auch an dunkler zu werden. Meine Verbindung mit 2 Officier habe Ihnen gemeldet. Sie hat mir viel Zeit geraubt und fast fruchtlos gewesen; hat aber doch Anlaß gegeben zu einer Beute, die ich Ihnen vorzügl. mittheilen muß. Hoghendorp qvälte mich um einen Lateiner, weil er mit seinem Candidaten sehr misvergnügt war. Zufällig hör ich von einem jungen Menschen, der eine große Lust zu Sprachen besäß, einen guten Anfang im Ital. gemacht, und so gar das Spanische auf seine eigene Hand angefangen. Auf den ersten Wink komt er zu mir gelaufen, ich fang denselben Abend das Engl. mit ihm an, bringe ihn in 3 weiter als meine Blauröcke in 4 Monathen gekommen sind. Weil mir das Experiment über meine Erwartung so glücklich gerathen, und er noch eine größere Neigung zum Griechischen hat: so mach ich heute den Anfang ihn mit meinem Sohn zu combiniren, und ich verspreche mir viel Fortgang und Beyhülfe von beyden und für beyde. Wie sehr ich einen solchen Menschen gesucht, kann ich Ihnen nicht sagen, und wie tief das Ideal in meiner Seele gelegen und auf diesen und jenen gewürkt, weiß allein mein dunkel Gefühl. Er heist Christian Hill und ist, wie Kant, eines Schumachers, aber dabey TobacksDistributeur Sohn; auch obenein naher Anverwandter des verdorbnen Nädlers Brahl, der mit seiner Braut seit Aug. aus meinem Hause sich selbst verbannt hat, und mir weislich zuvorgekommen. Penzel führte ihn das erste mal zu mir, eh er fortgieng und gehört zu seinem Vermächtnis. Sie werden vermuthl. Möhsen kennen, von dem ich zu meiner Schande den ersten Laut in Dohms JudenApol. gefunden. Ich habe mich an 3 Tagen ohne mich zu rühren, wegen eines kleinen Flußfiebers; nicht satt lesen können und ihn für meinen Sohn gekauft, als das beste Handbuch seinen Geschmack an der Arzneykunst, der er sich widmen will, intensiue et extensiue zu bilden. Seine Bildergallerie liegt auch schon vor mir, habe aber selbige noch nicht ansehen können. Aus Christiani Auction habe ihm den Petrus ab Abano, Conciliator genannt nebst einer prächtigen Samml. de Balneis zum Grund seiner künftigen Bibl. geschenkt. Sie wißen alter Freund, daß des Baders kritische Wanne mir immer zur Hieroglyphe gedient, wie dem Vater Sokrates seiner Mutter Handwerk. Ungeachtet ich an 100 fl. für den letzten Feuer-termin bezahlt und von meinen beyden Häusern kaum 40 fl. an Miethe gezogen: so hat Gott doch unsere Schiffahrt außerordentl. geseegnet, ihre Anzahl beläuft sich gegen 1000 und mein Antheil gegen 100 rthl. Ein Antheil den sonst fast ein Besucher genoßen, durch die neue Einrichtung ist aber auch diese zu reiche Ausbeute zieml. geschmälert worden; unterdeßen dem Himmel sey Dank, für alles was er uns noch läßt und gelaßen hat, und erhalten wolle! Mein Hänschen hat zufälliger weise vom Grafen von Kayserlingk Aufträge bekommen Bücher einzukaufen, die aber sehr theuer fortgegangen, bey dieser Gelegenheit hat er desto vortheilhafter für mich aufgepaßt und ich möchte meinen Aufwand von 45 rthl ungefehr, nicht gegen den Einkauf von 5 Fed. d’or die Se Exc. bey mir deponirt, vertauschen z. E. Noris Cenotaphia Pisana, die aus des Schwarzii Bibl. zu Altdorf herstammen, für 18 gl. Butler’s Analogy 14 gl. Ein alter Horatius Locheri nebst einem gleichzeitigen Iuuenal zu Leipzig gedruckt, einem noch ältern Abdruck ohne Zahl noch Ort vom Somnio Scipionis und einem Mst von Officiis nebst einer Abhandl. vom Briefschreiben, Explicit Wilhelmus Sophonensis für 41 gl. Marsilii Ficini Epistolae 7 gl. Seine Theol. Platonica u Plato 48 gl. Peter à Vineis Episteln die ich lange gewünscht 4 gl. von Tansello einige Sachen, wovon ich aber noch nichts ansehen können, so beschnitten ist meine Zeit und so viel Zerstreuungen bin ich ausgesetzt ohne eigentl. Geschäfte. Zu meinen Winterarbeiten habe noch nicht kommen können. Habe mich vor keinem so sehr gefürchtet als heuer, der mit dem Advent und einem wochenlangen Uebel eingetreten. Zwey meiner Bekannten haben gräßl. Anfälle von der Gicht, worunder einer Green, dem sie in den Unterleib u Gemächte getreten, aber durch die hitzigste Weine in die Füße verbannt. Neulich traf
    Kant
bey ihm, mit dem ich wegen des Plattner- u Weygandschen Grußes zu sprechen wünschte. Er war sehr vertraut mit mir, ohngeachtet ich ihm das vorige mal ein wenig stutzig gemacht hatte, da ich seine Kritik billigte aber die darinn enthaltene Mystik verwarf. Er wuste garnicht, wie er zur
    Mystik
kam. Mich hat es sehr gefreut, daß L. eine gleichförmige Sprache mit Kant führt – Ein neuer Beweiß für mich, daß alle Philosophen Schwärmer, und umgekehrt sind, ohne es zu wißen. Bin in meiner dritten Lectur des Kantschen Werks im Stecken gerathen; werd es wol zum 4ten mal durchgehen müßen. Will ihn aber ausreden laßen und sein nächstes Werk abwarten, welches ein Auszug oder Lesebuch seyn soll. Ehe ich die Humische Uebersetzung zu sehen bekomme; werde wol meinen
    Schiblemini
oder
    epistolische Nachlese eines Misologen
nicht anfangen können. Hartkn. hat mir vorige Woche zum ersten mal geschrieben u mir seine Silhouette zugeschickt. Außer einem noch unangenehmern Theil seines Briefes, der mich selbst oder vielmehr eine Rechnung für andere betrifft, klagt er auch ein wenig über Sie, daß Sie ihm abtrünnig geworden, ohngeachtet seines ältern Rechts angefangene Werke fortzusetzen und zu vollenden. Die Erziehung seines Sohns, seine Krankheit mag ihn auch was rechts kosten. Ohne Leute, selbst nicht im stande zu arbeiten, und die mit Leibesgebrechen zusammenhängende Unvermögenheit des Gemüths verdienen unser gemeinschaftl. Mitleiden. Uebrigens sind Sie ihm so wol als dem Publico die Ausarbeitung oder wenigstens den ganzen Entwurf im verjüngten Maasstab schuldig. Ich wiederhole also meine Bitte – um die letzte Oelung dieses armen Patienten, und das glimmende Tocht seines Vertrauens von neuen zu beleben, und seinen Verdacht zu beschämen. Er ist jetzt entschloßen sein eigner Artzt zu seyn und wankt zwischen Oehms Medecin u die Bestuschefsche Tinctur. Die Klagen seiner hiesigen Schwäger kommen mir beynahe gegründeter vor, so wenig Glauben ich auch bisher daran gehabt. Laval, den ich seit undenkl. Zeit weder gesehen noch gesprochen, stieß mir kürzl. bey Kr. Hippel auf, und ließ auch manche Winke darüber merken. Meine hiesige Vice-Gevatterin Me Courtan verzehrt sich auch, wie es scheint, vom häuslichen Kummer. Jedermann wünscht hier die Weißagung des Jes. XXIII. 15 bald erfüllt zu sehen und wenn selbige noch diesen Winter dem Reich des Saturns ein Ziel setzte – Der Exjesuit Maier und der abscheul. Verfaßer des Sendschreibens an die Inconnus soll Stark ex vtroque Caesar seyn, ein sehr feiner Hofprediger Durch Hartkn. habe Georg Berens auch wegen des jungen Neumanns bitten laßen.
    Was für einen Handel hat er ausgelernt
? Hänschen freut sich seinen alten Freund zu sehen. Sie werden sich schwerl. einander kennen. Nach dem van, van. zu urtheilen, sollte man Adelbertchen für mein Pathchen halten. Mein Pathchen Augustchen fängt aber auch schon an
    Prämien
zu verdienen. Ob ich Selbst bringen, oder durch meinen Sohn es überreichen soll – Das erste ist die unwahrscheinlichste Hofnung; das letzte ist auch ein gar zu weiter mißlicher Termin. DEVS prouidebit. Ich mag an gewiße Dinge nicht denken. Erhält uns Gott am Leben; so werden wir uns einander nicht verlieren. Gottlob! Daß Sie für Ihre liebe würdige Hälfte jetzt ohne Sorgen sind. Ich trage Ihr ganzes Haus in meiner Seele und in meinem Herzen. Wenn ich doch wenigstens für Ihre unglückl. Schwester hier etwas zu thun im stande wäre. Es hängt aber nicht von uns allein ab, weder wohlthätig noch dankbar zu seyn. Den 12 – Bin nicht einmal im stande mit einer Menschenhand und Mannsfaust an Sie zu schreiben. Weil die Post gestern versäumt; so möge dieser Brief nach verrichteter Festarbeit anlangen. Leider finden Sie nichts darinn, was der Mühe des Lesens und Buchstabirens werth wäre. Meine von allen Seiten eingeschränkte Lage und mein concentrirtes, möchte lieber sagen, petrificirtes Gemüth, gewährt nichts beßers. Auf die
    Fortsetzung Ihrer fernern Beyträge zum Mercur
warte mit Verlangen. Es flöst mir wenigstens auf eine Stunde neues Leben ein, das aber so unbeständig wie das plötzliche Steigen des Mercurs ist. Sollten Sie von Ihren alten Beyträgen des T. M. etwa Doubletten besitzen, so wünschte, daß Sie selbige auch für mich bey Gelegenheit aufbewahrten, um Ihre Schriften wo mögl. complet zu haben, worunter mir nur 2 meines Wißens fehlen. Die
    Wälder
und die
    Abbildung der Alten vom Tode
. Ich habe die erste selbst gehabt aber es fehlte mir das dritte Stück und weil ich Defecte ungern ansehen mag, und es mit Laocoon zusammen gebunden war: so bin ich drum gekommen. Ich hoffe die Wälder einmal von Hartknoch bey beßeren Launen als er gegenwärtig haben muß, zu erhalten Es scheint Ihnen, liebster H. doch auch gegenwärtig gut zu seyn, daß ich mit meiner Uebersetzung zurück gehalten. Mir ist es herzlich lieb, daß ich vieles nicht drum geben wollte. Hoghendorp, der in holl. Diensten ist (von seines Bruders Duel hab ich Ihnen doch geschrieben, und daß ihm die Kugel welche man im Gemächte vermuthet, ihm glücklich aus dem Pyrenaeo ausgeschnitten worden) schickt mir einige Sachen von Hemsterhuis, die aber noch nicht angekommen. Ich habe mehr als einmal nöthig gehabt den kleinen Anhang Ihrer Uebersetzung zu lesen – aber desto mehr Geschmack darnach daran gefunden, daß ich also mehr von diesem Verf. zu kennen wünschte, auf den Sie mich zuerst aufmerksam gemacht, ohn daß ich hier etwas habe zu Gesicht bekommen können, als eine wo ich nicht irre nachtheilige Recension in der Lemgoer Bibl. vor vielen Jahren. Das letzte Stück des Mercurs circulirt wegen der Fortsetzung, die noch nicht hier ist, bey der Judenschaft. Bescheeren Sie uns noch mehr dergl., auch die wenige bereits bekannten widerholt man mit Vergnügen, und haben nicht den Reitz der Neuheit verloren. Ich bitte nochmals um Ihre künftige Beyträge. Zum Weynachts- und Neujahrs Geschenk. Gott laße Sie die Seeligkeit des Nehmens auch genüßen, und überschütte Sie und alle die Ihrigen mit sSeinem reichen Seegen. Ich herze Sie mit den innigsten Empfehlungen an meine verehrungswürdige Frau Gevatterin. Grüße und küße das kleine liebe Häuflein. Mein Haus besteht aus 6, weil die Mutter sich ohne Magd behilft. Muß diesen Brief auf dem Bette schließen, weil mein Kopf auf der linken Seite von Flüßen u Zahnschmerzen halb gelähmt ist. Gottlob! alles sehr erträglich und kaum der Rede werth für andere. Hab mich vor keinem Winter so sehr gefürcht, als vor diesen. Danken Sie doch in meinem Namen dem lieben Schweitzer, deßen gute Meinung ich wol Ihnen zu verdanken habe. Erqvicken Sie mich mit Ihren Beyträgen zum Mercur. Sie kennen meine Lüsternheit einer der ersten Leser zu seyn und meinen unschlachtigen Kälbersinn. Sobald ich Antwort aus Morungen erhalte, schreibe ich; aber ohne Anlaß wird sich mein Schweigen von selbst rechtfertigen. Sollte es Ihnen an Zeit, wie mir an Muth u Kraft fehlen, ist wol mein Namensvetter Joh Ge. so dienstfertig den Men. dulc. für einen Kranken zu couvertiren. Auf ein
    glücklich Widersehen
zum Neuen Jahr, welches uns Gott wolle erleben laßen, denn hier liegt eben der embryo eines
    neuen Lebens
für Ihren alten ewigen Freund Johann Georg H.
Kgsb. den 17 Xbr am Tage Lazari 81. Herzlich geliebtester Gevatter Landsmann und Freund, Bin heute zum ersten mal wider ausgegangen, und habe recht viel Freude erlebt, worunter ich Ihnen die vornehmste mittheilen muß. Meine älteste Tochter kam Nachmittags auf die Loge und rief mich zu Hause, weil mich ein fremder Herr, der Berens hieß, sprechen wollte. Mein Herz hüpfte ich weiß nicht wie bey diesem Namen, und lief spornstreichs. Der Lohnlakey versicherte mich beym Eintritt, daß er mich beyeinen guten Freund zuführte, weil er schon mehr als einen Fremden zu mir gewiesen, und ich ihm gewöhnlich die Zeit mit einer guten Bouteille Bier zu vertreiben suche. Ich sah einen langen Mann mit einem fast kahlen grauen Kopf für mich, den ich wol für einen
    Berens
erkannte und dem alten Karl eben so ähnlich als unähnlich zu seyn schien, daß ich mich lange Zeit in die zweydeutige Gestalt gar nicht zu finden wuste. Kurz es war unser liebe
    George
– der auf einmal den Einfall bekommen nach einem zwanzigjährigen stätigen Dienst mit einem Kaufmann Frenton eine Wallfahrt nach Engl. zu thun. Ich bot ihm zum freundlichen Willkomm an alles was ich hatte und ließ ihm die Wahl zwischen Caffé – The, den mir mein Freund, gegenwärtiger Cabinetsaßeßor, Arndt, Unternehmer eines fünfjährigen St. Petersburgschen Journals, das sich mit diesem Jahr zum 6ten Bande in meiner Bibl. verjüngt, aus China besorgt – und einem Glas Bier – Denn Asmus Mallaga schwimmt noch auf der Ostsee. Wein hab und halt ich nicht. Wir rauchten eben ein Pfeifchen, als
    Einlage
einlief. Da er von seinem Reisegefährten abhängt: so hat er ein paar lederne Beinkleider in seinen Ranzen ausdrückl. dazu mitgenommen um nach Weimar, wo es nur immer mögl. einen Ritt zu thun. Ich war durch diesen Deum ex machina so gestärkt, daß ich ihn bey Green begleitete, der noch in praesepio doch ohne Schmerzen lag, wo wir auch den Pr.
    Kant
fanden, der mir die frohe Bothschaft Humens Dialogen von Hartung erhalten zu haben und zugl. das Versprechen gab mir morgen selbige zukommen zu laßen – aber nicht sonderl. mit der Arbeit zufrieden zu seyn schien. Ihre liebe Schwester girrt wie eine verlaßene Turteltaube ohne einen Laut von sich zu geben aus dem sich abnehmen ließe, wie Ihr zu helfen wäre. Ihr Vertrauen auf Gott wird nicht zu Schanden werden. Im Grunde hat Sie recht, daß alle Menschenhülfe Nichts ist.
    Kurz, Er ists gar
. Sir. XLIII. Hatte meinem Sohn
    Möhsens Verzeichnis einer Samml. von Bildnißen berühmter Artzte
zugedacht und ihm bereits die 4 rthl dazu mitgegeben, und siehe! das
    einzige
Exemplar in unsern 2 Buchladen war defect. Es that mir leyd, und war mir doch in gewißer Absicht lieb. Heute bringt mir mein junger Freund Christian Hill ein prächtig eingebundenes DedicationsExemplar in Royalformat nebst Möhsens Kupferstich in mein Haus, das ein reicher Vetter von ihm, Namens Miltz, für ein
    lustiges Buch
gern loß seyn will. Ich werde mir alle mögl. Mühe geben seinen Geschmack zu befriedigen, wenn er mir auch 5 rthl kosten sollte, weil die Pracht des Bandes und Papiers nicht mit noch einmal so viel bezahlt werden kann, und ich es als ein gutes Omen ansehe zum künftigen Studio der ArzneyGelahrtheit, wozu Gott Seinen Seegen geben wolle! Amen! Ohne mich über den Guignon des heutigen Tages länger aufzuhalten, deßen übrige Ebentheuer theils ins kleinfügige theils ins lächerliche fallen dürften, hab ich doch auch die kleine Unruhe gehabt meine älteste Tochter bettlägerich zu finden, wie ich zu Hause kam. Hoff aber, daß es ohne Folgen seyn wird. Vielleicht sind Würmer an der Uebelkeit und dem Schwindel Schuld, und ich habe schon einen RhabarberCaffé und Zittwersaat zum Frühstück bestellt. Nun gnug auf heute! Liebster bester Freund und Jonathan. Der Nachtwächter hat schon sein Lied abgesungen, und ich habe auch die Hitze und Last unter dem Sonnenschein und erneuerten Winter des heutigen Tages getragen, so daß ich mich heute beym Zuhause kommen von Grund aus umkleiden muste. Eine Bedürfnis mit Respect zu sagen, der ich selten entbehren kann, so bald ich nach der Stadt gehe und wider heimkomme. Das menschliche Leben ist gleich einem sSauerBraten, bey deßen herrlichen erqvickenden Geruchnuß mir die Schweißtropfen auf der Nase wie Perlen stehen. Gott seegne Sie mit Kräften und Munterkeit zu Ihren Festarbeiten und laße das Jahr mit Freuden auch für Sie untergehen, und mit neuem Seegen aufgehen über Ihr ganzes Haus. Auch Ihnen, meine verEhrungswürdige Frau Gevatterin und Freundin, schenke der alte liebe Gott Leben und Wohlthat! Erschrecken Sie nur nicht vor dem Mann mit den ledernen Lenden und dem grauen Haar unter einer großen schwarzsamtenen Mütze, wenn er in Ihrem Bischofshofe vom Pferde stürzt – Er bringt meine und meiner Kinder Küße den Ihrigen mit, mehr konnt er und wollt er nicht nehmen. Gott seegne Sie; mein alter lieber Herder! Grüßen Sie meinenIhren Gast und bitten Sie ihn um die Besorgung Ihrer Beyträge zum Mercur, wenn Ihre Geschäfte nicht so viel Zeit erlauben. Künftig Jahr wills Gott! mehr und beßer. Mittlerweile lebe und ersterbe Ihr alter treuer verpflichteter und   ewiger Freund Johann Georg Hamann. Find ich morgen früh noch, so will ich ihm wenigstens den verlangten Abdruck von Leßings Falk und die versprochene Disp. meines alten Freundes Kraus mitgeben der mich vorgestern nach undenkl. Zeit einmal wider besucht‥ Find ich nicht mehr; so soll es wider nicht seyn. Nun so erwart ich Hartknoch zur Meße. Doch alles ist nicht des Schreibens und der Rede werth. Gute Nacht!
Vermerk von Hamann: den 18 Jänner 82 Geantw den 3 März Oculi 20 April. Den 31. Dec. 81. Nun denn viel Glück, Heil u. Segen zum N. Jahr. Verjüngung Ihrer Kräfte, Erneurung alles Segens um u. mit Ihnen u. zwischen uns ein neuer Bund unsrer alten ewigen Freundschaft. Hier sind die beiden Aufsätze aus dem Merkur der letzten Monate: ich will damit fortfahren, sobald sich etwas vollständig lesen läßt: denn Sie sind mein erster Leser. Künftig sollen die Bogen für einige Freunde apart gedruckt werden, wie bei dem Decembr. angefangen ist. Mendels. hat mir über Leßings Denkmal einen warmen herzl. Brief geschrieben, mit dem ich allein schon sehr belohnt bin. So hat mir auch Schmid aus Braunschweig u. der Prinz August aus Gotha danken lassen: hier hat kein Mensch eine Sylbe verlohren. In den Januar u. Febr. kommen drei Gespr. über die Seelenwandrung – doch ich will Ihre Erwartung nicht aufregen, damit Ihnen das Lesen selbst erfreulicher werde. Berens hat sich noch nicht gemeldet. Ich zweifle auch sehr, weil ich ihn kenne, danke Ihnen aber bestens für die Nachricht. Auch für den Brief meiner Schwester. Sie leidet u. schweigt; was endlich hilft auch das Klagen. Meine Frau grüßet Sie herzl. u. sagt Ihnen u. Ihrem Hause die besten Wünsche. Sie ist noch matt u. schwächlich: beten Sie auch für sie, daß das N. Jahr sie erquicke u. stärke. Ich Gottlob bin gesund: voriges Jahr hütete ich um diese Zeit das Bette u. fing das N. Jahr mit Krankheit an. Gottlob es ist zu Ende u. Gott für Alles Leid und Freude gedankt. Ich Wir sind zu gering aller p. 1 Mos. 32, 10. Müller empfielt sich Ihnen. Hartknoch ist krank u. weiß im Grunde nicht was er will. Das Schreiben u. die Umstände des Schreibens hängen nicht von uns ab so wenig als das Wetter oder die Aussaat. Ich bin bisher in meiner Autorschaft mehr getrieben worden, als daß ich nach Willkühr gegangen wäre. Laß ihn warten; ich gehe wahrhaftig nicht müßig u. vertrockne beinah vor dem Tische. – Seine Gesundheit dauert mich herzl. An Kant bin ich, aber ich kann nicht fort. Danov in Jena hat im Colleg. gesagt: das Buch brauchte ein Jahr um es zu lesen: bei mir wirds wohl 2. oder 3. brauchen, so sehr bin ich aus den Regionen der reinen Vernunft droben über Bergers Eishimmel herunter. Haben Sie dieses Narren neues Buch vom Eishimmel gelesen. Ich kann Ihnen heut kein Wort sagen; so unfreundliches Wetter ist zwischen der Kirche u. meinem Fenster von außen u. mein Kopf ist beinah wie das Wetter. Wir haben dies Jahr grüne Weihnachten gehabt; u. Einer meiner Collegen prophezeit, wei da daher weiße Ostern. Ich weiß noch nicht, wovon ich morgen predigen werde, aber singen laß ich gewiß: wir gehn dahin pp Gottlob, wenn einmal die Wanderschaft aus ist. Gleim soll eine Epistel an mich über Leßing gesa gemacht haben; er hat sie mir aber nicht zugesandt. Sobald ich sie habe, sollen auch Sie dran Theil bekommen. Die Kinder sind bei Ihrem heil. Χ. außerordentl. vergnügt gewesen, so reichl. u. schön hat sich ihre Mutter die Rolle des heil. Χ. gespielet. Mir war Ihr Brief heil. Χ. Denn er kam gerad wie sich Alles um den Tisch u. Lichterbaum freute. Von Caroline Herder: Ich soll diesen Brief an Sie mit einem Wort an Sie schließen, liebster u. VerEhrtester Freund u. Gevatter – ich bin aber heute an Seel u. Körper krank u. unruhig, kann Ihnen nichts beßers wünschen als was mir gerade jetzt fehlt u. das, glaub ich, das köstlichste im Leben ist: Gesundheit u. Ruhe der Seelen – damit seyn Sie, Ihr junger Doctor, u. Ihr ganzes Haus im neuen Jahr glücklich. Seit dem heiligen Christ, wird Ihres Pathen Augusts Talent sehr sichtbar; er hat einen Farbenkasten bekommen u. mahlt nun Tag u. Nacht u. vergißt darüber eßen u. trinken – er ist der lieblichste, zarteste u. stillste unter sden Buben u. Sie werden sich einmal seiner freuen. Leben Sie tausendmal wohl! Ihr Andenken, Ihre Liebe u. Briefe ist das köstlichste was wir hier haben. Leben Sie recht wohl! Carol. Herder. Ew. Hochwolgeboren habe schon bereits die Besorgung der drey geborgten Bücher durch die Kantersche Buchhandlung veranstalten laßen und wundere mich, daß selbige nicht geschehen mit dem gestrigen Zeitungsblatt. Werde also den Bedienten dahin verweisen. Das Universum nebst Josepho habe auch heute vor 8 Tagen bereits erhalten. Besitze weder Selbst einen Claudian noch bin im stande mich auf eine andere Uebersetzung als des Marmontels zu besinnen. Vergeben Sie mir mein Geschmier entre chien et loup. Empfehle Siemich Dero geneigtem Andenken, und wünsche denenselben sowohl als HE von Hohendorf einen guten Abend; als Ew. Hochwolgeboren unterthäniger Diener J G Hamann Adresse: Des HErn von Auerswald / Hochwolgeboren / Zu Faulen Königsberg den 11 Jänner 782. Herzlich geliebtester Freund Ihre Zuschrift erhielte gestern von HE T. offen durch einen Licentträger, der lange Jahre bey dem seel. HE Commercienrath gedient, und in deßen Treue ich so wenig Ursache habe ein Mistrauen zu setzen, als er. Unter deßen daran nichts versehen, auch keine
    Staatsgeheimniße
enthalten waren: so ist man doch nicht immer im stande alle kleine Zufälle vorherzusehen. Der Wett- u Rathsherr ist ohne Zweifel eine
    einzige
Person, neml. HE Christoph B. Was die Sache selbst anbetrift, so möcht ich wol eben nicht im stande seyn Gnüge zu thun, weil mein Posten so eingeschränkt wie mögl. ist und mein Geschmack mehr wie sonst entfernt außer meinem Circul zu gehen. Das Minimum ist das Gesetz meiner Wirksamkeit oder vielmehr Unthätigkeit. Je weniger ich weiß, desto weniger hab ich zu verantworten. Ich habe weder mit Accise- noch Zollsachen das geringste zu thun, sondern bin von Gottes Gnaden lediglich Verwalter der beyden Magazine, wovon eins bereits fast eingegangen. – Die Licentträger (nicht einmal der Licentfuhrmann) stehen unter mir, und nur die Waaren, welche über die erlaubte Zeit liegen bleiben, zahlen das Lagergeld, und kommen in mein DepotRegister, sehr selten Beschläge.
    Zeisigarbeit
,
    Eselsfutter
, hat einer meiner seel. Vorfahren gesagt, der noch bey meinem jetzigen Posten die Inspection des Licents verwaltet.
    Unwißenheit
und
    Ruhe
ist mein Loos, mein Element und mein Wunsch.
    Chansons
und
    cupido sordidus
sind der Geist aller zeitigen Reformationen, Qvacksalbereyen und Experimentensucht in hoc vili corpore. Kurz, jeder hat seinen Beruf, sein Gewißen, und seine Hausplage, alias Ehre, um wenigstens aus der Noth Tugend machen zu können. Wir haben hier einen neuen Accise-Tarif von 69, aber keinen neuen Zolltarif seit 25. von dem kein gedrucktes Exemplar mehr aufzutreiben. Ich besitze weder ein gedrucktes noch geschriebnes Exemplar, womit sich viele Officianten in Ermangelung des ersteren behelfen müßen, weil er ohnehin nur aus wenigen Bogen besteht. Wie
    Gesetze
durch Sitten ergänzt, so manche
    Sätze
durch
    usance
.
Uebrigens werden die Rechnungsbücher eben so strenge controlirt und verificirt, als die redevables exercirt, und die geringste Irregularität geahndet und zur Verantwortung gezogen. Beym
    Zoll
findt keine Vergütung statt; sondern blos bey der Consumtions- Accise, welche die Groshändler gar nicht angeht, sondern bey jedem Verkauf von dem Detailleur bezahlt werden muß. Die übrigen stehen auf ⅓, das heist, zahlen nur ⅓ von der Consumtions Accise und sind dadurch völlig von allen Vergütungen ausgeschloßen, welche nur denjenigen zu gut kommt, welche die die völlige Consumtion beym Eingange bezahlen, wenn sie nemlich für eine gewiße Summe auf einmal nach fremden Ländern gehen laßen. Die Eintragung und Abschreibung aller Posten geschieht von drey Buchhaltern, und der würkliche Ausgang muß durch Begleitscheine nachgewiesen werden, die innerhalb einer gewißen Zeit von den Gränzämtern bescheinigt zurück kommen müßen. Wenn die Nachfrage bloß der Vollständigkeit wegen, oder aus Liebhaberey geschieht; warum wird die Beantwortung so dringend gemacht? Auch das wenige was ich zu liefern imstande bin, ersuche nicht
    offen
und unter meinem Namen mitzutheilen. Ihr neuer Anfall beunruhigt mich sehr. Gott gebe Ihnen doch Gesundheit und Kräfte zum neuen Jahr. Hartung hat mir vorgestern Kleukers Anhang nebst einem Briefe von Hertel überschickt. Ich habe es gleich zum Buchbinder befördert und mich herzl. über Ihre freundschaftl. Vorsorge gefreut. Heute habe 2 zu Batavia gedruckte holländische Brochuren erhalten. Sophronisba über die Pockeninoculation und Kraspoekol oder ungl. Folgen von der Strenge gegen die Sclaven, die mir der liebenswürdige Sohn des Verfaßers, Herr von Hogendorp zugeschickt. – Von seinem älteren Bruder nebst dem Grafen von Kayserlingk aus Kurl. auch einen Besuch gehabt. Dafür muß ich über meine gewohnte Zeit mit meinem eben so ungewohnten Kopfweh schreiben. Gevatter Claudius Kasten schwimmt noch, wenigstens kann keine sichere Nachricht erhalten, daß er in Memel eingelaufen, wie man erzählt. Meinen Jubel über HE George Erscheinung habe noch denselben Abend nach Weimar ausgeschüttet aber bisher keine weitere Nachricht erhalten. Gott gebe daß wir uns diesen Sommer auch einander sehen, und beschere mir auch meinen alten lieben Joseph, den Ratsherrn Christoph, nebst dem zweyten Candidaten, den er ins Philanthropin schickt. Daß mir der erste so entwischt, hat mir weh gnug gethan; aber St. George hat alles gut gemacht. Mein ganzes Haus schläft. Hans Michel hat das polnische diese Woche glücklich angefangen, und ich habe ihm Cnapii Thesaurum für 6 fl. gekauft. Er hat aber sein Verdienst, das er sich auf der Auction erworben, ganz verloren durch einen tummen Streich, den ich heute nicht erzählen mag. Kant arbeitet an der
    Metaphysik der Sitten
– für weßen Verlag weiß ich nicht. Mit seiner kleinen Schrift denkt er auch gegen Ostern fertig zu seyn. Gott schenke Ihnen Leben und Seegen und Wohlthat. Er erhalte und erfreue Sie und Ihr ganzes Haus mit allem Guten. Ich ersterbe Ihr alter treuer Freund Johann Georg Hamann.
Kgsb den 8 Febr. 82. Herzlich geliebtester Freund Den 29 pr. kam Ihr Fäßchen Caviar an und ist auch sogl. auf Ihre Gesundheit von der ganzen Familie verzehrt worden, auf Ihr Wohlergehen. Er war vortreflich –. Vorgestern wurde sehr durch eine Einlage, welche mir HE Isaac Levin zuschickte, beunruhigt; gestern Morgen, da ich eben in Begrif war Erkundigungen einzuziehen, erhielt wieder eine Einl. durch HE Goldschmidt, und wurde beruhigt. Sie sehen, daß die Schuld nicht an mir gelegen, und ohngeachtet meiner indolence und langueurs, woraus mein Leben besteht, bleib ich doch ungern Freunden eine Antwort schuldig. Morgen denk ich mit der Vergleichung der Humischen Uebersetzung von Adv. Schreiter zu Ende zu kommen, worinn 3 grobe Druckfehler, Atheist für Theist, eine ausgelaßene negation, die einen verkehrten Sinn giebt, und die Auslaßung einer poetischen Stelle das vornehmste sind. Die philosophische Genauigkeit ist durch den affectirten Purismum und die sehr uneigentl. Umschreibungen mancher Kunstwörter verdunkelt und beynahe bisweilen verhudelt worden. HE D. Schlegel wird vermuthl. Anzeigungen zur Praenumeration auf unsers Cons. Raths Bock wirthschaft. Geschichte von Preußen erhalten haben. Ich besuchte letztern zufälliger weise, der bisher nicht mehr als 5 Pränumeranten aufzuweisen hat. Suchen Sie sich doch dieses in alle Wege
    nützl
. u
    mühsamen
Werks so viel Sie können, aus patriotischer Nachbarschaft anzunehmen, und wo mögl. durch unsere Landsleute in Petersb. worunter auch, wenn ich nicht irre, ein gewißer Prediger Wolf gehört, die Ausgabe zu befördern. Laßen Sie sich dieses mein Anliegen empfohlen seyn und antworten Sie darauf. An Kleukers Nachtrag zur Zend-Avesta fehlt der Bogen Q im II. Theil S. 121–128. Der Custos ist das Wort:
    Vierte
. Ich schickte sogl. zum Buchbinder das Exemplar, es hat aber nicht können wegen dieses Defects gebunden, sondern muß ad interim blos geheftet werden. Sie werden ohne mein Bitten bey Gelegenheit dafür sorgen. Den 1 huj ist endl. Gevatter Claudius Arche angekommen. Der The ist vortrefl. verwahrt gewesen, und ohne daß ich weiß wie es zugeht, von unsers Freundes, der ihn recta mit einer Caravane erhalten, an Kraft u Wirkung sehr verschieden und demselben überlegen. Klopstocks Meßias soll wills Gott! diesen Sonntag Esto mihi eingeweiht werden. Ein sehr schönes Kupfer vom Düßeldorfer Jacobi nebst dem I Theil seiner Werke habe auch erhalten. Eben jetzt lese die prächtige Ausgabe der Briefe und vermischten Werke des Lord Chesterfield in 4 grossen 4oBänden, welche 40 rth in Engl. kosten sollen. Die Briefe an seinen Sohn haben mir in der Uebersetzung eben nicht recht gefallen, daher ich nur die zwey ersten Theile gelesen. Aus der Qvelle schmecken sie mir beßer, ich habe eben das zweyte Volumen der Briefe angefangen und kann nicht aufhören. Mein Hänschen hat seine 14te Stunde heute im pollnischen gehabt u findet mehr Geschmack an der Sprache als ich ihm zugetraut. Er übersetzt schon den ersten Gesang des Woyna Chocimska vom Bischof von Ermland. Haben Sie heute Nachrichten aus Zürich? Gott schenke Ihnen doch Gesundheit und Kräfte zur Meße und Reise. Kapellmstr. Reichard wird hier mit seiner ganzen Familie erwartet – auch von mir, mit meinem Hamb. oder Wansbecker Rauchfleisch und Flasche Malaga. Zum neuen Verlage wünsche Ihnen Glück. Auf den kleinen Nachtrag zur Kritik warte mit mehr Antheil. Hier komt monathl. ein Bogen zu den Hartungschen Zeitungen heraus, unter dem Titel: Raisonnirendes Verzeichnis – davon ich heute die erste Probe gelesen. John, Brahl, Mohr u d. gl. scheinen die jungen Raisonneurs zu seyn. Wenigstens hat man das Vergnügen die
    Idee
des alten Unternehmens nunmehr wirklich realisirt zu sehen – Alle meine Kinder sind zum Nachbar Miltz oder vielmehr seiner kleinen Tochter abgeholt worden, und mir thut es recht bange so einsam zu seyn. Wenn Sie was vom Freund George wißen, so melden Sie mir. Empfehlen Sie mich seinem HE Bruder. Leben Sie mit Ihrem ganzen werthen Hause recht wol. Hänschen u seine Schwestern sagen Ja! Ja! im halben Schlaf, wie ich auch diesen Brief schließen muß. Und hiemit Gott empfohlen. au revoir von Ihrem alten Freunde Johann Georg Hamann. Adresse mit Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 9 Febr 782
Vermerk von Hamann: Erhalten den 14 März 82. Sind Sie verklungen, lieber H., daß seit dem Jahr 82. kein Laut, keine Stimme von Ihnen herübergelangt ist? Die beiden Stücke des Merk. haben Sie doch erhalten? HE. v. Blankenburg, der Verf. eines dicken Buchs über den Roman, auch selbst eines eignen Romans, Mitverfaßer der schön. Bibl. der Wißenschaften hat die Bellettristische Dreustigkeit gehabt, sich beide Stücke über Hemsterhuis, (auch wenn ich sonst etwas über ihn hätte) zu seiner Uebersetzung der Schriften deßelben auszubitten; ich habe ihm noch nicht geantwortet. – Hier sind 3. Gespr. über die Seelenwandrung, die im Jan. u. Febr. des erwähnten berühmten Merk. gestanden haben. Sie beziehen sich auf ein Schloßersches Gespräch, das hier, so unwürdig es ist, sehr gepriesen worden, u. weil Sie es vielleicht sonst nicht erwischten, als corpus delicti mitkommt. Daß beim 3. Gespr. mich die Materie ermüdet hat, werden Sie selbst finden. Ich wünschte zu wißen, wie Ihnen der Ton des Gesprächs gefiele. Ehegestern Abend las mir Müller Ihre Rhapsodie in Kabbalistischer Prose vor, die ich seit Jahr u. Tag nicht gelesen hatte; u. ich wurde dadurch neu erquickt. Ich schreibe jetzt auch etwas über die Poesie der Ebräer oder vielmehr habe es geschrieben; es bleibt aber so tief unter Ihnen, daß ich mich selbst schäme. Neues weiß ich gar nichts zu schreiben, außer daß die Frau Gen. Sup. seit gestern eine Buchbinderin geworden ist u. die Gespr. über die Seelenwandr. selbst geheftet hat. Sie dedicirt Ihnen den ersten Versuch ihrer neuen Kunst u. Pfuscherei mit großer Ehrerbietung u. Liebe u. verspricht sich zu beßern. – Reichart ist bei Ihnen oder wird bei Ihnen gewesen seyn; seine Abreise war zu schnell als daß ich etwas mitschicken konnte. Er ist ein treuer guter Gesell, wenn er nur nicht so entsetzlich viel schriebe u. componirte. Ich glaube, aber, er muß es der lieben Noth wegen thun: ein Schicksal mehrerer seiner Brüder, unter welche Schreiber dieses zuweilen mitgehöret. Die Herzogin Mutter macht sich den Spaas, ein geschriebnes Journal von hiesigen Mitgliedern zu halten, zu dem ich auch – Ehren u. Schande halber – einige Beiträge geliefert. Es ist aber im Grunde lauter Spielwerk. – Wie haben Sie das neue Jahr angetreten u. wie leben Sie, Lieber? Ich habe einige Zeit an Rücken- u. Hüftweh laborirt (vermuthlich zurückgetretne Hämorrhoiden) auch habe ich manchmal eine Schwäche am Kopf, die mir bange macht. Sobald ich der Confirmation der Kinder, u. der Osterarbeiten los bin, will ich eine kleine Ausflucht etwa zu Gleim thun; ob ich mich erhole. Das Land in dem ich lebe ist mir dürr u. wüste. Ich fühle mich täglich mehr als Greis u. habe nie geglaubt, daß man so bald u. so schnell alt werden könne. Der Herzog hat sich maçonnisiren laßen, u. das Handwerk wird stark getrieben. Ich habe, wie natürlich, nichts damit zu schaffen, obwohl Bode, (der Sie sehr grüßen läßt u. mir sooft von Ihnen die Rede ist, aufträgt, Ihnen was Gutes von ihm zu sagen,) mir sehr anliegt, mich wieder zum H. Viereck zu halten. Es ist mir, wie meistens Alles um mich her, ein alter vertragner Jugendrock, ein nichtiges leeres Mährchen. Mein College, Schneider, Archidiak. der Stadtkirche u. Verf. der actor. ecclesiast. kommt nach Eisenach als Gen. Sup. u. ihm ist damit sehr geholfen. Froriep in Erfurt, der wegen seines unruhigen u. recht lästerlich dummen Betragens auf dem Punkt der Remotion ist, hat sich viel Mühe um die Stelle gegeben; ich habe ihm aber, soviel an mir ist, tapfer widerstanden. Er hat seine rechtmäßige Obrigkeit, das geistl. Ministerium in Erfurt gar nicht vor seine Obrigkeit erkennen wollen, in welcher Dummheit er auch noch verharrt u. will auch in ecclesiasticis das Heft dem Kurfürsten u. dem Katholischen Stadtrath in die Hände spielen, die ihn aber selbst verachten. Das Salz der Erde fängt an so dumm zu werden, daß man sich seiner schämet. Auch ich bin meines Amts u. meiner Stelle herzlich müde, da ich sehe, daß überall nichts herauskommt. Von Diderots Religieuse geht die Fortsetzung im Mscr. herum; alle Schandthaten der Klöster sind zur Schau gestellt mit einer Kunst, die den Verf. der bijoux indiscrets zwar bezeichnet aber jenen zurückläßt. Es wird von Paris aus nach Gotha communicirt u. von daher hi uns mitgetheilt. Eine Nonne erzählt ihre Leiden durch alle Klöster u. die Materie scheint dem Verf. unerschöpflich, so wie dem Leser unglaublich – Kants Kritik ist für mich ein harter Bißen; es wird beinah ungelesen bleiben. In den Gött. Zeitungen ist er weitläuftig recensirt u. als Idealist behandelt. Ich weiß nicht, wozu alles das schwere Luftgewebe soll. – Beinah mein einziges Vergnügen aus neuern Productionen sind des seelg. Roußeaus consolations des miseres de ma vie, eine Sammlung seiner Arien u. Lieder, meistens von ihm selbst componirt. Suchen Sie sie zu hören: es ist eine rührende Einfalt darinn, die wirklich tröstet. Gottfried kann etliche schon klimpern. Müller macht sich zur Abreise fertig u. wird Ihnen vorher noch schreiben. Er wird böse seyn, daß ich ihm das Amt des Uebersenders nicht aufgetragen habe. – Frau u. Kinder sind wohl; mögen die Ihrigen, Ihr junger Medicus, über deßen Emporwachsen ich mich herzl. freue, auch neu grünen u. blühen mit dem kommenden Frühlinge: u. Sie des Baums Stamm Wurzel u. Krone!!! Leben Sie wohl, lieber Alter! Meine Seele wandert oft zu Ihnen herüber u. hangt an Ihrem Halse. O daß uns Zeit u. Raum so weit trennen! ab Trotz Ihrem Idealisten, der bewiesen hat, daß Zeit u. Raum Realitätslose Abstractionen seyn. Die Frau Buchbinderin grüßt Sie herzl. Ihr kleiner lieber August wird für das werthe, liebe Pathengeschenk selbst danken. Vive, vige, vale!!! H. Von Caroline Herders Hand: Allerliebster Herr Pathe. Ich habe mich recht gefreut über die schönen großen Münzen, die Sie mir verehrt haben, liebster Herr Pathe, u. küße Ihnen herzlich die Hand dafür. Sobald ich groß bin, will ich zu Ihnen kommen u. Sie in der großen Stadt Königsberg wo eine so schöne Sonne ist, besuchen, u. will sehen wo Sie wohnen, denn ich habe Sie recht lieb u. trinke oft Ihre Gesundheit mit meinen Eltern u. Brüdern. – Ich will die Münzen aufbewahren so lang ich lebe u. werde sie mitnehmen auf die Universität u. wo ich hingehe. Ich werde wohl ein Mahler werden. Schreiben u. Lesen kann ich noch nicht aber ich mahle große Buchstaben u. Häuser u. will Ihnen auch einmal etwas mahlen. Leben Sie recht wohl! o möge Ihr Segen auf mich kommen, damit ich Ihr bester Pathe werde! – ich küße Ihre liebe Kinder u. Mutter u. das Patchen von meiner Mutter. Bleiben Sie recht gesund bis wir Sie alle einmal sehen! Ihrgehorsamster treuer Pathe August Herder Weimar, den 3. März 1782. Ich habe H Herdern gebeten, dies Briefgen an Sie, mein theurster Herr Hamann! einzuschlagen. Aber siehe – die Feder entfällt mir! was soll ich an
    Sie
schreiben? Nehmen Sies für nichts, als ein Opfer der Verehrung u. Liebe an, das ich Ihnen so gern persönlich brächte! Ich bin der Müller, dessen Namen Sie vermuthlich gehört haben. Per varios casus, per
    multa discrimina
verum hat mich eine wohlthätige Hand von Schafhausen, meiner Vaterstadt, nach Zürich, u. von hier durch sonderbare Fügungen nach 1½ Einsiedlerjahren in Göttingen
    hieher
geführt. In Zürich lern hörte ich zum ersten Ihren Namen nennen, seitdem lese ich Ihre Schriften, u. hasche begierig auf, was ich davon finde. Noch schaue ich Ihren Geist nur von ferne – aber er winkt mir freundlich zu. Offt hat der Königliche Wein meine alten Schläuche zerrissen, aber nun wird er alt u. schmeckt milder. Nun, leider! denke ich bald weniger von Ihnen zu hören; denn in 14 Tagen verlasse ich dieses geliebte Haus, u. kehre in mein Vaterland zurück, wo Last u. Hize villeicht bald meinen Scheitel dörren werden. Aber das Andenken an Herder u. gewiß auch an Sie wird mich offt kühlen. Kommen Sie bald selber zu mir in eine stille Landpfarrey, u. theilen Sie mit mir, was ich habe. Ich habe Ihnen eine heilige Hütte in meinem Herzen errichtet. Grüssen Sie mir herzlich Ihre Frau u. Kinder, u. bringen Sie auch einen oder zween Ihrer Söhne mit in die Schweiz. Gott gebe Ihnen viel frohe Tage, langes Leben u. Segen, u. lasse Sie mich einst freudig umarmen! Ich bin mit
    unsterblicher Liebe
ganz der Ihrige J. Georg Müller. Vermerk von Hamann: Geantw. den 22 April –
Königsberg den 17 April 82. Herzlich geliebtester Freund, Kaum sind Sie fort, daß ich erfahre, wie die Baroneße von Bondeli ein dringendes Anliegen gehabt, von Ihrem Herrn Bruder in Bern einige Nachrichten zu haben, und wenigstens zu erfahren, ob er noch lebt und wie es ihm geht, da sie seit 2 Jahren keine einzige Zeile von ihm erhalten. Ich weiß nicht, ob Ihre Route auf Bern geht, aber ich hoffe, daß es Ihnen nicht schwer seyn wird, einige Nachrichten unterwegs oder auch in Zürich deshalb einzuziehen. Sein eigentlicher Titel ist mir entfallen; er ist aber ungefehr ein Inspector des dortigen Kriegsetats. Unser liebe Kapellmeister ist heute früh abgereist – den 20 – Diese Woche nichts als Abschied genommen. Sie machten den Anfang, denselben Nachmittag gieng auch
    Vetter Becker
an Bord. Dienstag Abends wurde in der Kutsche zum Valetschmaus mit der Reichardschen Familie abgeholt. Mitwoch beurlaubte sich ein junger Israelite aus Koppenhagen nach London, und den Tag drauf ein naher Anverwandter meiner Hausmutter nach Lißabon. Gestern hatte das Vergnügen Ihren lieben Schwager HE. Motherby, und vorgestern die Ehre den Kanzler von Korf bey mir zu sehen. Noch eine Anfrage! der hiesige Buchhandel hat ein vollständiges Exemplar von Guthrey erhandeln wollen. Der Handel ist durch eine Kritteley zurückgegangen. Der Preis war etwas über 100 fl. Ich habe den Antrag ihn für 100 fl. netto loszuschlagen. Ist er Ihnen dafür anständig, so haben Sie den Vorzug, und die Sache kann bey Ihrer Rückkunft abgemacht werden. Er ist gut conditionirt u halbfr. oder engl. gebunden. Heute, so Gott will, schreibe nach W. Um alle Klätscherey zu vermeiden, werde die
    Qvelle
Ihrer Vermuthung nicht anzeigen; sondern blos Ihre freundschaftl. Anerbietung
    diesem Unheil, wenn es gegründet ist
, abzuhelfen. Vergeßen Sie nicht obige Nachfrage in der
    Schweitz
, um eine deshalb unruhige Schwester zu befriedigen, die hier mit ihrem traurigen Schicksal wie eine Männin kämpft, unterdeßen jeder ein beßeres misbraucht oder verschleudert. Gott begleite Sie, erhalte Sie gesund, seegne Ihre Meßgeschäfte und gebe Ihnen viel Freude in der Schweitz – laße es allen Ihrigen wol gehen! Auch lesen Sie doch auch des Pestalozzi, wie er heist, Buch für das Volk. Wie ich mich in dieser Mäurer Hütte erqvickt, nach der mühseeligen irrenden Fahrt nach beyden Indien in 10 Theilen! Ich habe mir das Büchlein gekauft und will sehen, ob es auch meinen Freunden so schmecken u behagen wird. Lesen Sie es doch auch. Auch hier ist von
    Philosophie
und
    Politik
die Rede, aber freylich nicht von jenen Oelgötzen in Osten und Westen, von jenen Seifenblasen der Declamation und Marktschreierey. Au revoir, au revoir. Ich ersterbe Ihr alter treuergebener Freund u Diener JGH. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Herrn / Herrn Hartknoch /
    gegenw
/ in /
    Leipzig
.
Vermerk von Hartknoch: H Hamann in Königsberg / Empf. in Leipzig.
Kgsb. den 20 April 82. Herzenslieber Gevatter, Landsmann, Gönner und Freund, Ergreife recht hungrig und durstig die Feder zu einem Briefe an Sie. Es sind 4 wo nicht 6 u mehr Wochen, da ich einen Bogen anfieng, und zwar an Ihre liebe, holde Frau – deren Elegie am letzten Tage des verfloßenen Jahres mir wie ein Schwerdt durch die Seele gegangen war. Am Krönungstag erfreute mich Ihr erstes und den 19 März Ihr zweytes Päckchen. Es kam mir zwar etwas ungebührlich vor, daß die Frau General Superintendentin
    buchbindern
– und wenn ich mich wegen der Zwillingsähnlichkeit in der Handschrift nicht irre – für meinen lieben Pathen August
    briefwechseln
muß: unterdeßen beruhigten und erqvickten mich diese redende und lebende Zeichen und Merkmale von dem Wolbefinden und Wohlwollen meinIhrer verehrungswürdigen Hälfte, deren Gesundheit und Zufriedenheit mir so nahe am Herzen liegt. Dom. Esto mihi hatte in diesem Jahr meinen ersten Kirchengang gehalten, und war ganz unerwartet und ungeputzt zu Mittag bey Kr. Hippel vergnügt gewesen, als der
    treue gute Geselle
mit seinem
    Vetter Becker
mich zu Hause überfiel, und während seines ganzen hiesigen Aufenthalts mich so warm gehalten – daß ich beschämt, verlegen und, ich weiß selbst nicht was? gewesen bin. Sie wißen, liebster bester H. daß ich Seinem Glück und seiner innigen Fürsprache und Freundschaft, meine ganzes gegenwärtige erwünschte Ruhe und Genuß des Lebens zu verdanken habe – und ich bin kaum im stande gewesen ihm gemeine Höflichkeit zu erzeigen. Meine Hausmutter behilft sich ohne Magd, meine ganze Haushaltung besteht aus lauter defecten. Ich verstehe weder jemanden was vorzuschneiden noch vorzulegen. Zum Glück war den 1 Febr. des ehrl. Claudius Hamb. Pöckelfleisch u sein Malaga angekommen, mit dem ich noch nicht fertig bin. In allem, was er mir an den Augen ansehen konnte, kam er mir zuvor. Er hat mir Freunde mitgebracht, Freunde hier angeworben und nachgelaßen, des Raynals neue Auflage – nach der ich hier umsonst gesucht und gefragt – auf der Stelle verschaft, ließ mich noch den Tag vor seiner Abreise mit einer Miethskutsche zum Valetschmauß bey seiner Schwester einholen. Kurz er ist den 17 huj. mit seiner ganzen Familie zurückgereist. Ich habe diese ganze Woche nichts als Abschiede zu nehmen gehabt. Montags gieng Freund Hartknoch ab nach der Meße bis nach Zürich, munterer an Gemüth und Kräften, als das letzte mal. Denselben Abend verließ
    Vetter Becker
mein Haus wo er 9 Tage geherbergt an Bord nach Amsterdam, und vielleicht nach der neuen Welt. Er hat Sie auch in Weimar besucht, wenn Sie sich deßen erinnern. Seine Verbindung mit dem KM. übrigens ist mir unbekannt. Wir haben hier griechische Vorlesungen gehalten in unserer kleinen Academie, die aus Hänschen u Hill besteht. Er hat sich auf Oekonomie u Statistik gelegt, hat sich mit DeßKaufmann in Deßau aufgehalten, und ist ein Liebhaber der Gymnastik zu Land und zu Waßer. Darnach kam ein junger liebenswürdiger Jude, der nach London gieng – und endlich ein halber Zügling, und Vetter der als Matrose oder vielmehr Jungmann eine Reise nach Lißabon, Cadix p thut. Die stille Woche fieng sich mit einem Flußfieber an, welches hier epidemisch gewesen und fast kein Haus verschont. Ostermontag bekam ich einen zweiten Anfall vom Podagra, fast an eben dem dato, da ich vor 2 Jahren damit heimgesucht wurde, von dem ich, ohngeachtet meines Incognito zum Valet- Schmauße, noch nicht ganz hergestellt bin. Mein Bette ist von Besuchen fast tägl. belagert gewesen. Heut vor 14 Tagen war Graf Kayserlingk und diese Woche der Kanzler von Korff bey mir. Das Friedländersche Comptoir ließ mir das Extract. Napelli empfehlen; beyde Excellenzen versorgten mich mit einem Gummi Guias. Kelch u Hartknoch hat mir die
    Siberische Schneerose
zurückgelaßen, zu deren überflüßigen Gebrauch ich hier den Kölpin noch nicht auftreiben kann. Kurz, an Mitteln hat es nicht gefehlt, und gebrauchte und nicht gebrauchte haben Gottlob! Ihre Dienste gethan. Da man eben den Anfang macht in meinem Garten zu arbeiten, freue ich mich auf Ihre Qveckencur, die mir zufälligerweise durch Ihren Wink so wolthätig gewesen, daß ich seit dem keine Spur mehr von meiner schmählichen Flechte gefühlt, die mir so viel Sorge und Kummer gemacht Ein junger Ankömling unserer Schule, HE Schröter hat mir einen Grus vom Grafen v Görtz aus St. Petersb. gebracht, der ihn wie seinen Sohn erziehen läßt. Er logirt bey Kayserlingks. Wißen Sie was von diesem jungen Menschen? Ihre 3 Gespräche über die Seelenwanderung haben mir sehr Gnüge gethan, auch danke ich für das corpus delicti, das meines Wißens hier nicht hergekommen. Aber ich mag Hemsterhuis lesen, wie ich will; so komm ich nicht mit ihm fort – Ich bin mir gar nicht im stande den geringsten Begriff von dem Maximo der Ideen und dem Minimo eines Zeitraums einen Begriff zu machen, und was diese beyde
    unbekannte Größen
zur Erklärung der qualitatis occultae des Verlangens beytragen können, und wie der Beweis eines solchen principii möglich ist, den er in den Briefen über die Sculptur voraussetzt. Ein
    Ganzes von Theilen
– ein
    Effect der Wirkung
– Eine Fähigkeit, seine Kraft dadurch ordnen zu können, daß man sich die Handlung durch Hinderniße erschwere – das Uebergewicht der Trägheit-Kräfte gegen die Anziehungs- Kräfte, zur Grundlage aller Moral und zum Erzeugungsprincip des Universi kommen mir als portenta dictionis und fictionis vor. Zuletzt läuft die ganze Untersuchung über die Natur der Begierden auf die bereits abgenutzte Figur einer krummen Linie heraus. Beynahe sollte man glauben, daß die Theorie des
    Verlangens
auf den paralogismum einer Einheit und des
    Überdrußes
auf einen andern paralogismum ihrer Unmöglichkeit beruhe; so wie die Auflösung des zwiefachen Widerspruchs auf eine
    unendliche Approximation
. WennFalls ich nicht Unrecht habe; so wär es mir freylich lieber gewesen, wenn Sie diesen Man ebenso wie den Seelenwanderer widerlegt, und nicht Aufwaßer gegeben hätten. Unterdeßen habe ich doch große Lust nach dem übrigen und wenn ich nicht von seinem Freunde HE. von Hogendorp selbiges erhalte: so gönnen Sie immer einem andern Uebersetzer das Verdienst; denn mir scheint es daß Sie die algebraische wie die kabbalistische Prose mit ein wenig Parteylichkeit angesehen haben. Dom. Jubilate 21. April Ihre Trias habe gestern zum Abendbrodt u heute zum Frühstück widerholt. Haec placuit semel, haec decies repetita placebit – ohne Rücksicht auf das unschätzbare Buchbinderverdienst. Ich habe diesen ganzen verfloßenen Winter fast nichts für mich arbeiten können; sondern ihn für fremde verschleudert, selbst zum Nachtheil meines Sohns. Bentevegni ist zu seiner Garnison nach Marienburg zurück gekehrt; und Hogendorp hat seinen Abschied genommen nach Holland heim zu gehen, welches wol noch ein paar Monathe währen wird. Sein Character wird hier von allen, die ihn genauer kennen aufgegeben; ich verzweifele nunmehr beynahe auch daran, und es jammert mich um den Verfall einer so großen Anlage. Wenn unser St. George mit seinen ledernen Beinkleidern dagewesen wäre, hätten Sie ohne Zweifel daran gedacht. Unzufrieden mit Engl. geht er über Spanien und Italien, so Gott will! nach Weimar und über Kgsberg nach Riga. Hatte einige Hoffnung den Bruder Christoph mit seinem Sohn auf dem Zuge nach Deßau diesen Sommer hier zu sehen; scheint aber noch nicht ausgemacht zu seyn. Da kamen Schröder, Kreutzfeld, Hogendorp mit Luchets histoire litteraire de Voltaire – und so geht es täglich daß ich von Schlaf und Taumel nicht zu Sinnen kommen kann, und meiner selbst nicht mächtig bin. Den 22 – Weil ich des Abends eher lesen als schreiben kann: so habe wenigstens ersehen, daß Luchet eben nicht der Mühe lohnt. Noch saurer ist mir die Reise durch Raynals 10 Theile geworden. Was für ein unverschämter Sophist und Declamateur! was für ein feiner Kabinetsprediger und Beichtvater unserer allerdurchlauchtigsten Potentaten. Wie hab ich mich in der kleinen Schweitzerhütte eines Maurers erqvickt, Lienhard u Gertrud! Dies Volksbuch verdient auch von Ihnen gekannt zu werden. Wie fein ist an diesem rührenden Drama das πρωτον ψευδος der Apostel neuer Philosophie über die Legislation aufgedeckt! Die 3 polemische Hefte zwischen Platner u Wezel habe auch angesehen. Nicolai’s gelehrtes Meisterstück u Mendelsohns Vorrede sind mir wichtiger, wiewol ich einige Subtilitäten des letztern nicht verstehe. Unser alte Verleger hat mir sein geheimes Anliegen anvertraut, und aufrichtig gestanden, daß Eifersucht der Freundschaft und Berufsinteresse gemeinschaftlich auf ihn würkten. Da das Materiale seiner Gesinnungen gut ist, so werden Sie es mit dem Formali von seiner und meiner Seite nicht genau nehmen. Also inter bonos bene zur Sache, liebster bester Gevatter! Nach alten verjährten Rechten einer vertraulichen Freundschaft vermuthet er andere Ursachen, warum Sie z. E. Hoffmann p zu
    Verlegern
vorziehen, und die Aufl. der Fragmente u Fortsetzung oder Endigung der Urkunde liegen laßen, hingegen seine Nebenbuler mit dem gangbarsten Verlage fördern, und ihn sitzen laßen. Die Schuld kann an Ihrem guten Willen und Herzen nicht liegen; er vermuthet daher
    Umstände
, die Sie nöthigen den Wucher fremder Leute zu befriedigen. Sollten diese Vermuthungen gegründet seyn, so beschwört er Sie bey Seinem und Ihrem eigenen Besten über 1000 rthl u mehr zu disponiren gegen
    übliche Landeszinsen
, und leichtere Verbindungen unangenehmern Verwickelungen vorzuziehen. Da ich an der Ehrlichkeit seiner Absichten nicht zweifele, so werden Sie ein etwaniges Misverständnißes ihm nicht übel nehmen so wenig als mir selbst den Antheil diese Erklärung für ihn zu übernehmen. Ich kenne diesen Druck zu enger Schuhe aus der Erfahrung – besonders bey meinem Hange eines ad fruges consumere natiReiche Leute haben überhaupt weniger Geschmack und mehr Verleugnung desjenigen was sie haben, als dürftige. Meine mittelste Tochter Lehnchen liegt an Fieber – und ich denke Gottlob! diese Woche auszugehen. Von Hemorrhoiden weiß Gottlob! nichts, ohngeachtet sich mein seel. Vater immer mit moliminibus geqvält, vermuthlich weil er ein Stahlianer war. Gestern Abend überfielen mich auch Kreutzschmerzen, vermuthlich hatte mich an Luchets ersten Theil verkühlt. Schwäche des Kopfs, doch ohne eigentl. Wehe, ist auch mein Uebel, das mir bange macht. Das unaufhörliche Lesen ist eben so eine Strafe für mich, als das Waßerschöpfen für die Danaiden. Ich darf also nicht erst um Vergebung bitten, daß es mir noch nicht möglich gewesen in diesem Jahr an Sie zu schreiben, und wie wenig ich noch dazu tauge, ist aus dem gegenwärtigen zu ersehen. Der unglückl. Danow ist doch nicht ein Landsmann von uns? Was mag an seiner traurigen Schwermuth Schuld gewesen seyn. Die Göttingsche Recension von der Kritik der R. V. habe mit Vergnügen gelesen. Wer mag der Verf. davon seyn. Meiners scheint es nicht; und Feder ist mir gantz unbekannt. Man hat hier auf beyde gerathen. Der Autor soll hier gar nicht zufrieden damit seyn; ob er Grund hat, weiß ich nicht. Mir kam selbige gründlich und aufrichtig und anständig vor. So viel ist gewiß, daß ohne
    Berkeley
kein
    Hume
geworden wäre, wie ohne diesen kein
    Kant
. Es läuft doch alles zuletzt auf
    Ueberlieferung
hinaus, wie alle Abstraction auf sinnliche Eindrücke. Kraus, wie ich höre, arbeitet, an seiner Fortsetzung der abgebrochenen Searchschen oder Tuckerschen Ubersetzung. Er ist durch des seel. D. Lilienthals Tod Sub-Bibliothecarius der hiesigen RathsBibl. geworden, mehr ob vsum fructum, denn das Gehalt ist eine Kleinigkeit. Mein Sinn geht noch immer etwas über den letzten 7 Abschnitt des kritischen Elementarbuchs, die
    Theol. betreffend
, auszuarbeiten. Vielleicht kommen währender Zeit seine
    Prolegomena einer noch zu schreibenden Metaphysik
heraus, als einen
    Kern
und
    Stern
des großen Organi, woran er jetzt arbeiten soll. Gleims Ode – und Ihre Fortsetzungen im Mercur – und Ihr neues Werk über die Poesie der Ebräer und was Sie sonst haben, mir armen alten Prediger oder Marktschreyer in der Wüsten, vergnügte Augenblicke und Stunden zu machen; darnach strecke ich meine Hand aus, wie ein Bettler am Heck. Gott seegne meinen lieben Pathen August, den Maler, und seine sämtl. Geschwister! Was ich Ihnen nicht zu sagen noch zu schreiben weiß, sind pia desideria – tacitus clamor einer schmachtenden Sehnsucht. Ich umarme Sie und ersterbe mit dem innigsten Gefühl der treusten Erkenntlichkeit und Freundschaft der Ihrige Joh. Georg H. Meine Verehrungswürdige Freundin, Gevatterin und Gönnerin! Nun der lieben kleinen Theodora Geburtstag kehre mit Gesundheit, Wonne und Freude bey Ihnen ein!!! Ich habe keinen Schutzengel, wie Pathgen August, der so gut ist mir Antworten und Briefe voreinzuschreibgeben. Wenn die Seelenwanderung durch Gespräche gleich beßer widerlegt als bewiesen worden wäre: so haben doch Reichardts und seiner
    treuen guten Gesellin
Gespräche von allem, was Ihnen eigen, nahe, und lieb ist und Sie einem Jeden dazu macht, mehr als eine Seelenwanderung bey lebendem – wiewol etwas gelähmten – Leibe – in mir hervorgebracht. Aber alle diese Seelenwanderungen thun kein Gnüge – Mich mit diesen meinen Augen an Ihnen, meine Verehrungswürdige Freundin und Gevatterin – an diedem Bischoff Ihres Herzens und Ihres Hauses, – an allen Ihren lieben Kindern, besonders dem erkohrnen Maler, Correspondenten und Virtuosen, meinem Pathen August, satt zu sehen, ist meine Hofnung und Wunsch. Gott erhöre und erfülle die Ihrigen, wie die meinigen: so werden wir alle samt und sonders, wenn gleich nicht immer ganz gesund und ganz zufrieden, doch immer muthig und glücklich seyn. Wüste ich nur, daß in irgend einer Sache mein letzter Versuch so gut gerathen möchte, als der erste
    Ihrer neuen Kunst
: so würd ich auch das Herz haben zu einer Gegendedication. Pathchen ist Gottlob! die gesundeste und Jedermanns Liebling. Meine mittelste Tochter welche dem Vater am meisten schlachten soll, die schwächlichste, und jetzt am Fieber bettlägericht. Die älteste hat einen beschwerlichen Husten, und mein Sohn hat in diesem Jahr einen ziemlichen Anfang gemacht, pollnisch zu stammeln. Kinder und Mutter empfehlen sich Ihnen sämtlich aufs ehrerbietigste und zärtlichste. Seegen, Heil und Gnade walte über Sie – und uns alle. Amen! Noch ein klein P.S. an Sie. Mein Geschmier ist weder lesbar noch
    genüßbar
, wie
    Kaufmann
sagt, bitte es also ein wenig durch eine discrete Vorlesung zu rechtfertigen. Wißen Sie nichts von jenem Ueberläufer zur Bruder Gemeine? Haben Sie Eichhorns Erklärung des Sündenfalls im Repertorio gelesen? Sie hat mich an die Chevilah erinnert. Bleibt diese Urkunde noch immer ein Rätzel. Ich kann mich nicht zufrieden geben den Grund dieses phaenomeni zu wißen. Hat er Erben oder Handschriften nachgelaßen; weiß man nichts von dem Character dieses Mannes? Wo mögl. antworte noch Ihrem gewesenen Hausgenoßen, u überlaße Ihnen die Besorgung. Hartkn. ist so spät hier durchgegangen, daß er kaum Leipzig erreichen wird. Wenn Sie ihm schreiben, vergeßen Sie nicht, daß er
    krank
und als ein solcher Glimpf verdient. Vale et faue!
Kgsberg den 22 April 82. An HE Müller in Schafhausen. Sie erhalten hier die leere Hälfte Ihrer gütigen Zuschrift vom 3 März ausgefüllt wider zurück – wenigstens mit dem Schein des richtigen Empfangs – statt einer förmlichen Antwort auf den mir angenehmen Innhalt Ihrer guten Gesinnungen, die ich beßer zu erkennen als zu erwiedern im stande bin. Jeder Schriftsteller ist hierin ein
    schöner Geist
, daß ihm die Eroberung eines neuen Lesers schmeichelt und ein wenig Bulerey scheint zum Handwerk zu gehörigen, oder vielmehr zum Beruf – – neque enim mihi cornea fibra est. Wir haben das Gute, das wir von einander wißen,
    Einer Qvelle
zu verdanken. Da wir nunmehro in einer gleich weiten Entfernung von dieser Qvelle und von ihrem wohlthätigen Genuße leben: so wollen wir selbige zu einem gemeinschaftlichen Heerde oder Brennpunct unsers gegenseitigen und wechselweisen Andenkens machen. Ich wünsche Ihnen also zuförderst zu Ihrer glücklichen Heimkunft in Ihr liebes Vaterland Glück, bitte meine 3 Zürcherfreunde, die Herrn Lavater, Pfenninger und Häfeli bey Gelegenheit herzlich zu grüßen, auch unbekannter weise den Verfaßer eines sehr erbaulichen Drama für das Landvolk – Ich weiß weder recht seinen Namen noch Aufenthalt – Aber so viel weiß ich, daß ich mit einem fahrenden Ritter beyde Indien durchstreift, überdrüßig seiner Dulcineen und Oelgötzen – Auditis? an me ludit amabilis Insania? – – – – Aber I in Lienhards und Gertrud Maurer-Hütte sah ich Erscheinungen einer ächteren Philosophie und Politik, als in Raynals 10 Theilen ost- und westindischer Mährchen – Komt Ihnen die Hut und Warte des Ihnen zubereiteten Weinberges so beschwerlich vor? Bedenken Sie, würdiger junger Mann und Freund, bey jeder Tageslast und Hitze, das Ende – Wie gut wird sich’s doch nach der Arbeit ruhn! Wie wol wird’s thun :,: Bitte mir den Namen und die Gegend Ihrer stillen Landpfarrey zu melden, um meinem ältesten und einzigen Sohn die Anweisung auf seine bevorstehende Wanderschaft allenfalls mitgeben zu können. Alles schläft um mich, und ich bin ungern der letzte, auch meiner Gedanken und Sinnen nicht mehr ganz mächtig, wegen äußerer und innerer Schwäche. Empfehle Sie also göttlicher Obhut, mich Ihrem geneigten Andenken. Johann Georg Hamann.
Sind Sie todt u. verklungen, lieber H., daß im ganzen 82. Jahr noch kein Laut von Ihnen zu mir hinübergekommen ist? Wie sehnlich ich darnach verlange, kann ich nicht ausdrücken; ich zähle die Zeit nur nach Posttagen von Ihnen u. 4. Monate sinds nun immer verfehlte Posttage gewesen. Auch von Reichard, der zu Ihnen ging, habe ich keine Sylbe gehöret: um Gottes Willen, seyn Sie nicht krank! denn sonst kann ich mir nichts denken, daßs Sie gegen mich so schweigend machte. Meine Seele hangt an Ihnen und ich lechze wie nach Waßer in einem dürren Lande Sela. Müller ist seit der Woche vor Palmarum weg. Er ist ein liebenswürdiger Englelsmensch; indeß kann ich nicht läugnen, daß mich seine tägl. Gegenwart im Hause den Winter über sehr gedrückt hat. Wir sind einmal an das Einsiedlerleben gewöhnt u. da bei meinen Geschäften u. elenden Zerstreuungen deren ich herzlich müde bin, mir das Schweigen u. die Einsamkeit allein Arznei ist, so konnte meine Seele während dieser Zeit nie recht zur Ruhe kommen. In Zürch gebildet, konnte er die Ueberspannungen auf einmal nicht ablegen, so viel er sich Mühe gab u. also fehlte mir oft der Athem. Mein Buch über die Ebr. Poesie ists inne geworden: das beste Buch, das ich schreiben wollte, das mit mir erwachsen u. von Kindheit auf in der Brust genährt war, u. jetzt das schlechtste worden ist. Lesen Sie den einförmigen, elenden Dialog, auf den ich mich so sehr gefreut hatte, mit Nachsicht u. Schonung: es war kein Rettens u. die Buchhandlung trieb, daß es daseyn sollte. Der 2te Th. soll die Ehre des Ersten retten u. ich hoffe zu ihm beßere Stunden von der Hand des Alllenkers als Geschenke zu kosten. Ich habs mit Meßsachen mitgegeben u. weils ein richtiger Besteller von hier nahm, hoffe ich, wirds Ihnen richtig überliefert werden. Ein Br. ist nicht dabei; wohl aber ein paar Blätter aus dem Merkur, deren Titel ich Ihnen nicht anmelden will. Sie werden sich wundern; antworten Sie mir ja aber, liebster, ich bitte Sie sehr, u. laßen Sie mich doch nicht ganz ohne Nachhall reden oder murmeln. Die Fortsetzung kommt noch in ein paar Stücke u. das dickste Ende ist noch hinten. Jetzt geht meine Karrenarbeit wieder an u. ich habe mich, um mich von der dumpfen Last des elenden Winters, des sklavischsten, den ich je erlebte, einigermassen zu erholen, in ein andres Zimmer begeben, das das beste im Hause u. wir leider! aus gedrückter Dumpfheit, 6. Jahre, die wir hier sind, zu brauchen vergessen haben. Es ist groß u. schön: ich wollte, daß Sies diesen Sommer mit mir genößen. Ihr Bild hängt über meinem Schreibtisch, auf unter dem ich jetzt, (ein Billet ausgenommen) den ersten Brief schreibe: u. deßhalb habe ich mich auch in der Stunde des Aufhängens (denn August kann sichs nicht ausreden lassen; da
    hängt
mein Pathe Hamann) so schnell u. flugs an diesen Brief gemacht. Zwischen den Fenstern ein Luther von Kranach: mein seel. Graf u. die Gräfin über dem Sopha: der Prinz August von Gotha en medaillon in Rom gemacht über einem Tischchen u. eine Venus mit dem Täubchen über dem Clavier. Ein schöner Minerven-Kopf, ein Geschenk unsrer Herzogin steht auf dem genannten Tischchen u. so ist das Zimmer in seiner grande simplicité fertig u. wir wollen heut Nachmittag die Gräfin Bernstorf dahin einführen, die sich sehr freuen wird, auf u. nieder promeniren zu können, wie ich mich auch freue. Meine Frau hats mit Versen eingeweiht, auf einem schön rothgerändeten Papier treuherzig verfaßt u. geschrieben, wo die letzte Strophe sich mit einem Wunsch endet, den ich mir zur Prophezeiung wünsche. Sie träumte nehmlich vor Jahren von einer Aussicht in ein fremdes Land, aus dem uns da um uns Dunkel u. Sturm war, ein Glas zugeworfen wurde u. drüben wars das hellste schönste Wetter. Jetzt da Sie sie das Zimmer anordnet, fellt ihr B plötzlich aus dem Einen Fenster die Aussicht auf den Ettersberg ins Gesicht u. sie findet Ähnlichkeit mit dem Nachtgesicht; Gott möge es bestätigen u. auf seine, d. i. die beste stillste Weise fügen: denn freilich ich bin müde, müde. den 24. April. Rainal ist seit 4. Tagen hier, der ärgste Schwätzer, den ich auf Gottes Welt gekannt habe. Er spricht vna serie von Morgen bis Abend, daß er auch eßen u. trinken drüber vergißt u. man kaum weiß, wovon er lebt. Alle Welt hört ihn zu: u. man sitzt um ihn als spräche er Heimlichkeiten u. Evangelien. Ich wollt, daß er reiste. Ehegestern habe ich die neue Ausgabe seines Buchs vor mich genommen, bin aber auf der 58. Seite in 8. weil ich zu nichts komme u. was ich thue unter der ärgsten Zerstreuung thun muß. Der 2te Th. der religieuse von Diderot schlägt sehr in die Bijoux indiscrets; ich habe also nur weniges gelesen, weil ich nicht sehe, welcher Nutze daher für mich kommt? Es Die Gemälde sind mit Sternisch-Richardsonscher Genauigkeit u. Kleinfügigkeit gezeichnet. Wielands Briefe des Horaz werden Ihnen vorkommen; ich kenne sie nur aus dem Merkur. Er selbst rühmt sie sehr u. hat seit 1. Jahr von nichts als Ih ihnen gesprochen: es muß also was dran seyn. Mich hat im ganzen Catalog nichts lüstern gemacht, als des alten Witthofs Akademische Gedichte; ich sehe ihn als einen alten Bekannten meiner Jugend an. Von Lavaters Pont. Pilatus habe ich 2. Correkturbogen (die ersten des Buchs) gesehen, über deren schlechte, enge, kindische Kleinfügigkeit nichts geht. Ich wollte, ich dörfte den Namen Christi die nächsten 2. Jahre nicht nennen hören – – Eben so Jesuitisch u. ausholend ist Pfenningers Kirchenbote angelegt, wenigstens in einem geschriebnen Plan, den ich gesehen habe. Die Leute haben sich an Drama u. Christenthum den Kopf verrückt u. sagens nun schon ganz laut, daß nur bei I ihnen Christus zu haben sei. Der Mönch von Libanon, Nathan dem Weisen, entgegensgesetzt ist ein elendes Ding; irgend ein Hofprediger solls geschrieben haben. Und geben Sie acht, die Clique wirds loben, wenigstens rechnet man sehr drauf. – Die Kinder sind wohl u. mit meiner Frau gehts auch allmälich aufwärts: ich hoffe der Sommer soll ihr Blut u. Balsam geben. Ueber den Baffometus, lieber Fr., vergeßen Sie mir nicht zu schreiben, was Sie davon hören, was man davon sagt, denn ich habe weitere Absicht. Sobald die künftige Briefe die Preße verlaßen, sollen sie zu Ihnen. Man rühmt sehr des Mailly Esprit des Croisades; ich habe ihn aber nicht gesehen, so sehr ichs wünschte. Ich bin begierig wie sich der Baphometus nehmen wird: denn hier hat er mich wahrscheinlich nicht erwartet. – Hier zieht Alles durch u. so ist auch ehegestern HE. Prof. Meiners hier gewesen, mein wehrter Recensent in der All. D. Bibl.; ich habe ihm aber sehr höflich begegnet. – Apropos des höfl. Begegnens muß ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die Prinz August aus Gotha gestern erzählte u. die ich als das höchste I ihrer Art ansehe. Er u. der Fürst Sullofski, den er nicht kennt u. von dem er noch weit weniger weiß daß er Deutsch kann, sind bei einer äußerst unangenehmen, schwatzhaften u. koketten Dame in Neapel: nachdem sie den Fremden unendl. viel alberne Dinge herdeklamirt hat, nimmt der Fürst das Wort u. hält ihr ½ Stunde eine gegenseitige Deklamation über ihre Artigkeit u. Schönheit, nat natürlich französisch. Nachdem er sie geendigt hat, setzt er Deutsch, sehr laut u. gravitätisch dazu: „wenn das Alles nun zwar nicht wahr ist war, so ists wars doch höflich!“ u. der Prinz, der die ersten Deutschen Worte so vernehml. hört, will bersten. – – Verzeihen Sie die lächerl. Plattitude, die mir eben aufstieß u. die das tägl. Bild der Conversationen sind: nur daß man die Deutschen Worte nur inwendig saget. – Leben Sie herzl. wohl lieber u. erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe. Stehe was oder nichts drinn, wenns nur ein Brief von Ihnen ist u. lassen Sie mich nicht schmachten u. verschmachten. Ihr Haus blühe wie die Rebenwand u. der Garten. Gott gebe ihm beßre Wittrung als uns hier, denen es entsetzlich kalt ist. Adieu liebster, wir umarmen Sie mit Herz, Mund u. Händen.   Weimar den 28 Apr. 82. Herder. Müller hat aus der Schweiz geschrieben u. grüßet Sie sehr. Er liebt Sie kindlich. Sein Bruder hat Reisen der Päpste geschrieben, die sSie ja lesen müssen. Sie werden dem Monarchen in Potsdam recht seyn. adieu.
Kgsb den 23 May 82 Herzlich geliebtester Herr Kapellmeister, Landsmann und Freund, Ich habe alle Tage auf einen Anlaß gewartet Ihnen zu schreiben, aber gar nicht den traurigen und schmerzhaften vermuthet, welchen mir heute Ihr Herr Schwager mitgetheilt. Aus der Erfahrung kenne ich zwar einen solchen Verlust nicht; aber meine hypochondrische Einbildungskraft anticipiret alle mögliche Uebel des menschlichen Lebens und seiner splendidarum miseriarum. Der Stifter aller Freuden ist zugleich ein
    Gott alles Trostes
– und beyde entspringen gar hoch vom Himmel her aus Seinem Vater- und MutterHerzen. Wäre der seelige Wilhelmchen an natürl. oder eingepropften Blattern gestorben: so hätten Sie mehr Ursache sich zu beunruhigen, und mit Fleisch und Blut zu hadern. Der Mensch weiß nichts; Gott allein die beste Art und
    Zeit
Am ersten Pfingstfeyertage besuchte mich HE. Prof. Kant mit einer Nachricht, die mich auch nicht wenig gerührt, und an der Sie auch einigen Antheil nehmen werden, weil Sie den jungen
    Berens
auf dem Philanthropino gekannt, den sein Vater nach vollbrachten schlechten Lauf nach Liebau geschickt, um die Handlung auszulernen. Da macht er tumme Streiche, verschreibt sich Waaren auf seiner Familie Namen. Sein Herr erfährt dieses, wird natürlicher Weise ungehalten. Der junge Mensch läuft weg und kommt hieher vor ein paar Wochen, giebt seinem Vater von seinem Aufenthalt Nachricht. Dieser wendet sich an Kant (u zum Theil an mich) hat die Absicht den Ungehorsam seines Sohns wenigstens durch einen kleinen Schreck abzustrafen. Eben wie man willens ist den Entwurf des Vaters auszuführen, stirbt der junge Mensch an einer heftigen Krankheit plötzlich. Wäre der Brief einen Posttag eher angekommen, so hatte die ganze Welt diesen unvermutheten Todesfall der angelegten Alteration zugeschrieben, und der Vater sich vielleicht aus seinem harmlosen Einfall die grösten Scrupel gemacht. Nun ist alles
    zu
    rechter Zeit geschehen
für den Todten u die Lebendigen. Die beste Erziehungsanstalt ist wol der liebe Tod für unser ganzes Geschlecht. – Eben wie ich dieses schreibe, fällt mein Marianchen die ganze Treppe über Hals u Kopf herunter – Auch ein Schreck, doch Gottlob! ohne allen Schaden. Das beste Philanthropin ist jene Geisterwelt, unschuldiger und vollendeter Seelen – jene Hohe Schule ächter Virtuosen, und unser aller Mutter. Beruhigen Sie Ihre liebe fromme Frau, daß Wilhelmchen die Reise dahin glücklich überstanden –
    wehrt ihnen nicht
,
    denn solcher Kleinen ist das Himmelreich
. Gott erhalte Ihre beste Hälfte, und Louischen, erfreue auch wider Ihr verödetes Haus mit neuer frischer Seegensfreude. Verzeyhen Sie mir, bester Landsmann u Freund, ich weiß Selbst nicht was ich schreibe, u. was ich in der Unruhe des Gemüths Ihnen sagen soll. Vetter Becker oder vielmehr sein Schiffanschlag soll den 2 huj. dort angekommen seyn. Vom G hat HE von Hogendorp hier Briefe aber keine Sylbe von ihm. Meine Absicht war ihm noch ein paar Empfehlungsschreiben die mir von Freunden versprochen worden, durch Ihre Vermittelung nach den Haag zu befördern, habe aber nichts erhalten. HE v H. hat sein Gezelt in meinem Garten aufgeschlagen und seine Abreise scheint gegenwärtig bestimmt zu seyn. Erfreuen Sie mich mit ein paar Zeilen guter Nachricht von Ihrem Wolbefinden. Alle die Meinigen empfehlen sich Ihrem ganzen Hause. Kreutzfeld ist auf dem Lande. Vielleicht nächstens mehr. Grüßen Sie Ihren Jonathan u D. Biester, zu dem man sich hier vielleicht eine sehr eitele Hoffnung macht. Ich umarme Sie u ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Hamann.
Den 9 Jun. Dom II. p Trin. 82. „Sehr große Lust! und gewis alle Leser des T. M. mit seinem Herrn Herausgeber.“ Ich und Kreutzfeld waren gestern gemeinschaftliche Leser Ihrer Antinicolaitischen Zweifel – mit sehr großer Lust!!! Den 9 May (heute ist es just ein Monat) wurde ich mit Ihrem zärtlichen Herzens und SeelenSchreiben erqvickt, der Geist war willig gleich den Tag drauf zu antworten; Sie hatten aber meine Apologie schon erhalten, sagte das Fleisch, und also wollte das
    Meßgut
, ich meine
    Ihrs
, abzuabwarten, aber umsonst. Anderes habe erhalten, aber nicht Ihres, und ich habe recht viel Mühe gehabt ein Stück des Mercurs hier aufzutreiben. Wie gern hätte ich das Postgeld für Ihre hebr. Poesie u mercurialische Zweifel bezahlt! Die Fortsetzungen von beyden hoffe und wünsche früher zu erhalten. Verdient habe ich freylich diese Mortification; haben Sie aber Mitleiden mit der Schwachheit der elenden, nach jener Ihnen auch wol bekannten Unterweisung des Esrahiten. Gott gebe daß bey Ihnen der Sommer beßer gerathen seyn mag, als hier zu Lande. Die Kälte lähmt mir beynahe Hände und Füße, Gehirn, Zunge und Herz – und vice versa kann ich selten einen Gang nach der Stadt thun, ohne mit der adl. Dame im Wakefield zu reden, fadennaß zu seyn. Zum besten Zimmer und neuen Aussicht aus demselben in das gelobte Land wünsche Glück – und daß Pathe Hamann auch drin hängt, wie Augustchen sagt, denn leider! ist hängen eine Familien Krankheit, wenns auch am Holtz des verklärten P. P. erfüllt werden sollte. Auf den Nicolaus Baffometus zu kommen, so bin hier der erste Leser gewesen, denn ein hiesiger Vetter des gelehrten u berühmten Verf. erhielt es und trat mir den Rang ab. Hier erhielt ein guter Freund von einem dortigen den Wink, daß jedermann in Berlin über die Belesenheit dieses Meisterstücks erstaunte, und nicht so wenig begreifen könnte wie jener Cardinal, wo Ariost den ganzen Kram hergenommen hätte. Was mir blos ahnen muste, haben Sie brav bewiesen, und ist jemand im Stande Leßings Stelle zu ersetzen, so sind Sie es – ich meyne gegen jene hypokritische Heuschrecken, die sich für Riesen von den Kindern Enaks halten und possunt quia videntur. Von eben derselben Faust erwartet man eine gelehrte Reisebeschreibung, die alles übertreffen soll. Ipse fecit, ipse dixit. Die Materie selbst ist über meinen Horizont. Zufällig traf ich den de Puy u einen defecten Gürtler an, die ich durchlief und wenigstens gnug fand meinen dunkeln Verdacht zu bestätigen.
    Ton
und
    Styl
geben mir die stärkste Witterung, aber was rede ich zum Preiß meiner Nase gegen Ihr Adler- und FalkenAuge! Apoll erhalte Sie doch bey dem ruhigen prüfenden Muth – und bey dem schönen Licht und Prospect Ihres neuen Zimmers oder Saals oder peripatetischen Museums, und seiner grande simplicité Auch ich hab einen neuen Garten, liebster bester Gevatter, Landsmann und Freund. Vier und zwanzig schöne hochstämmige Obstbäume kamen endlich am Pfingst heil. Abend mit einem Lübeckschen Schiffer an, und 6 Wallnußbäume zieren mein Gehofte, das übrige Obst macht einen schönen Mittelgang meines bisher wüste und öde gelegenen Gartens. Ohngeachtet ihrer
    späten Ankunft
sind letztere alle ausgeschlagen bis auf einen einzigen Kirschbaum, der sein ablactirtes Reiß verloren. Lauter grünes Leben ohngeachtet des fürchterl. Sturms und der Ueberschwemmung des 27 May. Zu den Wallnußbäumen hab ich auch noch Hofnung, wiewol sich noch keine Knospe ausspüren läßt. Auch hat ein Officier sein Gezelt in meinem Gehoft aufgeschlagen, unter dem sich meine Kinder freuen, und in dem wir unsern Mittag halten. Wünschte aber von beyden bald erlöst u befreyet zu seyn, welches diese Woche so Gott will, geschehen wird. Eben dieser Gast machte auch einen Versuch meine beyde Teiche mit einem Schock Karußen zu bevölkern, kein einziger dieser neuen Kolonisten ist lebendig geblieben. Von Vetter Becker, des Capellmeisters Reisegefährten, ist kein Laut hier zu hören. Sein Schiffer soll bereits den 2 May in Amsterdam angekommen seyn. Auch HE von Hogendorp in Haag, dem er von Reichardt u mir empfohlen worden, u von dem ich nur gestern einen Brief an seinen Bruder gelesen, der auch in 8 Tagen ad penates gehen wird, denkt nicht mit einer Sylbe an ihn. Hab ich Ihnen nicht von diesem Candidaten der amerikanischen Colonien geschrieben, u können Sie sich nicht auf den Besuch deßelben besinnen u das Geheimnis seines Namens u Schicksals aufklären? Er hat in Wittenberg studiert, und wenn er Magister gewesen, so muß er es da geworden seyn. Der Freund in Haag macht mir abermals Hofnung zu Hemsterhuis Schriften. So neugierig ich auch darnach bin, scheinen sie mir doch Ihres Fleißes eben nicht würdig zu seyn. Ist nicht eine zweite vermehrte Auflage von Schloßers Gesprächen erschienen. Gesetzt daß er Ihnen auch antwortete: so laßen Sie die Materie ruhen. Je älter ich werde; desto weiser komt mir der Spruch vor: Quae supra nos, nihil ad nos. Vom Kirchenboten ist auch das Mst des Plans mir in die Hände gerathen, und das erste Stück geopfert worden. Ich kann auch nicht Land sehen; hoffe aber, die Leute werden es zeitig gnug müde werden. Hier gieng das Gerüchte, daß unser Kaufmann an Verbindung der Herrenhuterey u Freymäurerey arbeiten soll. Claudius Vorrede zu seiner Uebersetzung habe im Laden durchgelaufen. Er hat es sich recht sauer werden laßen den geheimen Sinn wenigstens wahrscheinlich zu machen. Ob er die Lust gehabt den Unsinn räthselhaft zu machen, wünsche ich aus seiner Uebersetzung zu sehen, wenn er an mich denken wird. Daß unser liebe Capellmeister sein Wilhelmchen verloren, wird Ihnen schon bekannt seyn. Eben da ich ein paar Zeilen deshalb an ihn schrieb, fiel mein Marianchen die Treppe hinunter, doch Gottlob! unversehrt. Ich schriebs ihm und noch eine andere Begebenheit, woran Sie auch Antheil nehmen werden. Unsers Rathsherren Χstoph Berens Sohn ist hier am ersten Pfingstfeyertage gestorben und Prof. Kant besuchte mich denselben Tag um diesen Todesfall anzumelden, der mich ungemein bestürzte, weil ich nicht das geringste von seinem Hierseyn gehört hatte, welches nicht lange gewesen. Der arme unglückl. war aus Liebau heiml. fortgegangen, giebt seinem Vater Nachricht von seinem neuen Aufenthalt u bittet mehr um Genehmigung als Verzeihung. Dieser hat die Absicht ihn wenigstens durch einen kleinen Schreck für seinen Leichtsinn zu bestrafen, und Kant wird zum Unterhändler gemacht. Indem das CorrectionsSpiel eben ausgeführt werden soll, stirbt der Patient zu seinem u aller Intereßenten Glück, weil man sich immer hatte Vorwürfe machen können den Scherz zu weit getrieben zu haben. Dies ist leider! der
    zweite
Berens, der seinen würdigen Eltern aus der Art geschlagen. Unser gute
    George
soll aus Verdruß über Engl. seinen Rückweg über Spanien u Italien genommen haben. Sagen Sie mir doch, was das berühmte Bild unsres heil.
    Anthecopsita
bedeutet. Ich habe es im Schmidts 1. Theil gefunden. Frischens entscheidende Gründe gegen das Steinbartsche System haben mir außerordentl. gefallen. Ein gewißer Thiele hat hier auch 50 Exempl. hergeschickt, mit der Nachricht, daß seine von außen u innen eckle Arbeit am Galgen geschlagen, aber in Gegenwart einer ansehnl. Versammlung auf Befehl E. Hochweisen Magistrates durch den Henker wider abgenommen worden. Wißen Sie nichts von dem Verf. der
    Apologie der Vernunft
und der
    Geschichte des Chiliasmus
, von der ein dritter Theil herausgekommen seyn soll? Man spricht hier von Hermes dem Sophiesten und Döderlein, als Nachfolger des seel. Lilienthals. Der erste gab deutlich gnug zu verstehen bey seinem Hierseyn, daß er eine anständige Stelle in Königsb. nicht verschmähen würde. Die Regierung soll für Chrichton herausgegangen seyn in Ansehung der durch Prof. Werner erledigten Redner u Geschichtprofession; wiewol es anfängl. hieß daß sie zwischen Kreutzfeld u Kraus getheilt werden sollte. Erzpriester Borowski ist zur Pfarrstelle am Dom im Vorschlage gewesen, aber auf eine
    beleidigende
Art abgewiesen worden. Dieser will um sich zu rächen u den Minister zu widerlegen,
    sagt man
, den gradum ambiren. Ein jüdischer Student, Namens Elkana, einer der besten Zuhörer des Kant ist kürzl. von Sinnen gekommen. Man beschuldigt seinen Lehrer den unordentl. Fleiß oder vielmehr die Eitelkeit dieses unglückl. jungen Menschen zu viel genährt zu haben. Studieren u mathematisch-metaphysische Grübeley möchte wol nicht allein schuld seyn. Ich habe vor langer Zeit einige lateinische Stunden mit ihm gehabt, wir sind aber bald geschiedne Leute gewesen. Des Petersbg. Ministers Secretair, wie er hier heist, HE Schröder habe lange nicht gesehen. Wißen Sie nichts von diesem jungen Menschen u den Antheil seines Mäcens an deßen Erziehung. Häfeli hat mir ein paar Zeilen geschrieben und ein DedicationsExemplar des P.P. im Namen des Verf. zugefertigt. Hartknoch hat mir auch ein gemeines zugeschickt. Τι γαρ; πλην παντι τροπῳ, ειτε προφασει ειτε αληθειαPhil. I.18. Wie sollt es mir denn, liebster bester H. ganz gleichgiltig seyn, daß man an der Celebrität meiner Eitelkeit arbeitet, unterdeßen ich selbst dem Gefühl meiner Vernichtung beynahe unterliege. Aus der Probe des Mercurs zu urtheilen, läst sich von den horazischen Briefen viel erwarten. Hätten Sie nicht für Ihre Beyträge ein doppeltes Exemplar verdient – und würden Sie in dem Fall nicht eins mit mir theilen? Doch vielleicht ist es schon geschehen? Wenn ich nur wüste, an wen es durch ihren
    richtigen Besteller
gerathen, daß ich auf die Ankunft ein wenig lauren könnte. Aber um die Fortsetzung der merkurialischen Briefe über Nicolai flehe und bitte mir selbige mit der Post zu befördern. Der gestrige Anfang hat meine Speicheldrüsen in solchen Fluß gebracht, daß ich
    just einen solchen Brief
schreibe wie Sie bey mir bestellt in Ihrem letzten freundschaftl. Briefe, den ich am Himmelfahrtsabend erhielt, wie ich eben von meinem Beichtvater zu Hause kam, und vor Freuden in mein Bett fuhr, wie unser liebe D. bey seinem Morgenseegen heraus. Hemsterhuis und Schloßer sind nichts; aber das ist Wildbret und ein Eßen, wie ichs gerne habe – und wofür Sie meine Seele seegnet. Wird denn der kleine Maler nicht bald schreiben können? Ein puer mille artium steckt gewis in dem lieben Schleicher. Wenigstens hätte mir copiam der letzten Strophe gewünscht. Jüngst eine Buchbinderin, nun eine Poetin und Prophetin!!! Ist Menschen dies kein Glück zu nennen, so muß gar keins auf Erden seyn! Danken Sie bester Gevatter, Landsmann und Freund der väterlichen und mütterlichen Vorsehung für Ihr häusliches Glück, und laßen Sie den Himmel für die Zukunft walten. Den 10 Jun. Auch meinen schuldigen Dank für den schönen Sauerbraten, den ich heute auf Ihre Rechnung verzehrt bey unserm dirigirenden HE Bürgermeister H. dem ich eine herzl. Freude mit Mittheilung des Martis O. gemacht. Ich schickte es ihm gestern durch meinen Sohn zu, und weil ich heute es abholen kam, wurde ich zur Erkenntlichkeit für die genoßene Seelenspeise auf einen Sauerbraten, der ohnehin eins meiner Leibgerichte ist, und ein Dessert Pillauschen Caviar eingeladen. Es ist ihm eben so gegangen wie mir. Wir haben beyde ein dunkles Gefühl von dem Irrsal der nikolaitischen Misgeburt gehabt; aber an Ihrer Gelehrsamkeit u Beredsamkeit hat es uns gefehlt, und diesen Vorzug gönnen wir Ihnen lieber als irgend einem andern. Zu gleicher Zeit wurde auf Ihrer u Ihrer verehrungswürdigen Hälfte Gesundheit ppp gebischoft. Der ehrliche und kluge Mann ist eben bey dem Könige durch einen niederträchtigen Stadtrath verläumbt worden, und man sieht einer allerhöchsten Entscheidung mit Ungedult entgegen, die vermuthl. zu seinem Frommen u Ruhm ausschlagen wird; denn er macht sich wirklich um unsere Stadt u die öffentl. Anstalten verdient. / Ich kann Ihnen nicht sagen, wie wir mit einander in Ansehung Ihrer Zweifel (und Einfälle, hatt ich bald gesagt,) sympathisiren und uns wie die Kinder und Mädchen über die Niederlage des Großsprechers u Philisters freuen. Er nimmt als Bruder und Aeltester noch innigern Antheil an der Sache, die für mich ein Räthsel, wenn eben nicht Geheimnis bleibt. Eine ähnliche Freude habe meines Hänschen pollnischen Sprachmeister, dem reformirten Prediger Wanowsky gemacht, den ich vorige Woche bitten lies den Mercur für mich aufzutreiben, weil Chrichton für seine Lesebibl. öfters Neuigkeiten früher erhält als unsere elende Buchladen. Er ließ nebst seinem großen Dank mir melden, daß der Abdruck dieser Blätter nebst dem Namen des Autors bereits in den Göttingschen Zeitungen angekündigt worden. Beruhigen Sie dahero mein brünstiges Verlangen nach einem ganzen Exemplar mit der ersten Post. Fiat! Wer ist der K. Verfaßer des Mysons? Wo bleibt Mendelsons Denkmal auf Leßing? Heute habe le Diademe des Sages angeführt gefunden als ein Werk das sich auf la Verité et Erreurs bezieht? Ist der Verf des letztern noch nicht bekannt u sollt er nicht ein Deutscher seyn, weil er in der allgem. Bibl. recensirt worden, so erschreckl. umständlich. Stark soll sehr misvergnügt seyn, weil er in einem Progr. oder Disp. zu Gießen als ein Irrgeist erklärt worden. Ich warte auf seine neue Aufl. u die Steinbartsche Vertheidigung. Mein ganzes Haus ist heute nach dem Schießhause gegangen – und Hill sitzt neben mir und studiert den Wakefield nebst der Bodischen Uebersetzung. Dort giebt einer unserer Nachbarn einen Königsschmauß. Ein zieml. Zeichen von unserer aller Gesundheit; denn das Spatziergehen ist eben nicht unsere Sache, besonders nicht für die Hausmutter, die Köchin u das Fac totum ist. Hippel hat sich eine schöne villa auf den Huben acquirirt, wo ich nächstens eingeladen bin zu Mittag – Gott gebe mit Ihrem Büchlein in der Tasche. Ich umarme Sie unter den herzlichsten Wünschen, daß Gesundheit, Heil und Seegen über Sie und Ihr ganzes Haus walte. Empfehlen Sie mich Ihrer verehrungswürdigen Gehülfin. Gott seegne uns und unsere Kinder! Versäumen Sie nicht meine Wünsche und Bitten zu befriedigen. Sagen Sie meinem jungen Freund Müller alles Gute in meinem Namen, auch HE Bode bey Gelegenheit, wenn er noch bey Ihnen ist. Ob ich gl. von meinem Hüftweh befreyt, so scheint sich doch die Gicht einen Heerd in meinem Körper zuzubereiten. Der Philosoph von Sanssoucy soll sich doch endl. entschloßen haben sich mit dem Abt Raynal einzulaßen. Wünschte ihn hier einladen zu können, um eine philosophische u politische Geschichte der Handelsverfügungen des Salomon in Norden in Ost u Westpreußen zu entwerfen. Ohne einen allergnädigsten Widerruff des Verbots pollnische Ochsen einzuführen laufen wir Gefahr in 8 oder 14 Tagen kein Fleisch mehr in der Stadt zu haben. Gegenwärtig ist bereits die gröste Noth. Das heist
    was oder nichts geschrieben
. Erwarte, erwarte mit erster Post und hiemit Gott empfohlen. Tausend Grüße u Küße von Ihrem alten ewigen Freund. Johann Georg H.
Königsberg den 12 Jun. 82. S.T. Höchst zu Ehrender Herr und Freund, Carl Ludwig Zander ist eines Gewürzkrämers zu Zinten Sohn, u daselbst geboren 1760. Statt der zufälligen
    Schelte
, habe ich einen unverdienten Dank erhalten, denn der Mensch konnte mir die Gnade des HErrn Generals so wol als seines würdigen Adjutanten nicht genug anpreisen. Der Dank war so lang und so breit, daß er in diesem Briefe nicht Raum hat. Eine Tracht Schelte ist noch immer ein wohlfeiler Preis für einen Dienst der Menschenliebe, und ich wünsche, daß Ew. Hochwolgeboren immer so leicht für Ihre gute Werke davon kommen mögen. HE von Welwart that mir vorige Woche die unvermuthete Ehre an mich zu besuchen. Es war eben Club-Tag und sein Gegner hatte mir versprochen; blieb aber zu meiner großen Zufriedenheit aus. Ungeachtet er immer mehr u mehr meinem Gesicht eclipsirt; so besorge, daß er doch wie der böse Geist mit einem bösen Geruch verschwinden wird. Der Himmel mache meine Besorgnis zu Schande! Sie werden sich kaum weiter einlaßen mit der engl. Bücher Commission, wenn das wahr ist, das mir einer seiner Freunde u Gönner von ihm erzählt.
    Kein Ariost ist weder mir noch
Prof. Kraus zu Handen gekommen, quod bene notandum für einen so ordentl. Mann als Ew. Hochwolgeboren der keine Schelte verdauen kann. Noch eins. Mein Landsmann, Gevatter und Freund hat im teutschen Mercur historische Zweifel über die nicolaitische baphomitische Weisheit Tinctur geschrieben, davon die erste Hälfte, welche nur hier ist, mich und jeden Leser entzückt. Kein Camper kann einen Windbruch so glücklich operiren und curiren, als es in diesen mercurialischen Blättern geschehen. Ich empfehle mich dero geneigten Andenken und ersterbe mit der aufrichtigsten Hochachtung Ew. Hochwolgeboren ergebenster und verpflichteter Diener Johann Georg Hamann. NB oder P.S. Sie werden doch wol eine Wallfahrt zur St Johannisfeyer thun und mein Haus nicht vorbey gehen – und hiemit Gott empfohlen nebst einem Respect von Hans Michel und △ oder ◻ meines s. v. Frauenzimmers.
Kgsberg den 17 Junii 82. Herzlichgeliebtester Landsmann und Freund, Den 12 huj. lief ich mit niedergeschlagenem Gemüth vom HE v. Auerswald, der als Adjutant in RegimentsSachen uns auf einen Tag hier überrascht hatte u mir einige Nachrichten mitgetheilt hatte, die mich nahe giengen, ließ unsern Dorow u Sie bey ihm u lief ohne recht zu wißen warum? in den Buchladen. Wollte eben so unruhig wider fort eilen, als man mir eine Neuigkeit anbot über Nordamerika u Demokratie. Das erste ist ganz gleichgiltig für mich, und das zweite hatte auch nicht viel Reitz. Man sagte mir aber, daß es eine Schrift vom Vetter Becker wäre. Ich steckte sie deswegen mit einer ziemlich kaltsinnigen Neugierde in die Tasche, weil mir immer eine Art von Furcht anwandelt, wenn gute Freunde von mir heyrathen und Schriftsteller werden. Kaum war ich mit meiner Ladung in mein Haus getreten, als mir meine Mädchen mit der frohen Zeitung eines erhaltnen Briefes entgegen gelaufen kamen. Eine so baldige Antwort von Ihnen hatt ich mir auch nicht vorgestellt – nicht des Vettern Stillschweigen sondern des
    Bruders im Haag Stillschweigen, totales Stillschweigen
war mir
    unerklärlich
, und höchst ärgerlich, um desto mehr, da er in dem letzten Briefe hieher sich Ihrer umständlich erinnert hatte – und dieer Zusammenhang doch so unvermeidlich war als Körper und sein Schatten. In desto angenehmern Taumel versetzte mir der Innhalt Ihres lieben Briefes, daß ich nunmehro mit weniger Schwindel u Angst an Ihr Haus denken kann, daß Ihre gute fromme Frau
    mehr Stärke hat, als Sie für Sie zu hoffen gewagt
. Es geht den empfindseeligen Seelen wie den tiefgrübelnden Köpfen. Je tiefer sie trinken, desto eher werden sie nüchtern. Die Süßigkeiten des Lebens verlieren am ersten ihren Geschmack, der sich leicht gewöhnt und länger erhält an bittern und sauren Getränken. Im
    Kreutz
, wie es unsere Religion schon sinnlich und bildlich nennt, liegt ein großer
    Genuß
unserer Existentz – und zugleich das wahre Treibwerk unserer verborgensten Kräfte. Mein Sohn ist den 17 May mit D. Hagen zu Fuß aufs botanisiren ausgewesen. Heute in der Kutsche ausgefahren zu gleicher Absicht. Was will die Leere, welche ich fühle, gegen die Ihrige sagen, die ich mir freylich vorstellen kann!? Aber welcher Fülle von Sorgen, Kummer, Verantwortung pp sind Sie auch überhoben. Je größer die Liebe eines Vaters, desto tödlicher sind seine Sorgen, und desto höllischer sein Schmerz. Je edler die Gaben unserer Kinder, desto mehr Gefahr ihrer Ausartung u Misbrauchs und Verführung in einer Welt, die im Argen liegt, und kein Feind ist so gefährlich als unsere in mehr als einem Verstande blinde Zärtlichkeit und eitele Selbstliebe sie als unsere
    eigene Geschöpfe
zu behandeln, und die thörichte Beflißenheit ich weis nicht was für ein Ideal unsers Bildes u Namens Ihnen einzuprägen. Wenn Sie wüsten, liebster Landsmann u Freund, wie ich den gestrigen Sonntag und Abschied des unglückl. Holländers gefeyert, der sich hier noch eine Hölle
    erspielt
, und selbige vermuthl. für seine würdige Mutter und Geschwister dort mitbringen wird. Im Evangelio heist es: Wo der Vater wirkt, da wirkt auch der Sohn. In der Natur u Gesellschaft aber: Wo der
    Schöpfer
gewirkt hat, da thut der
    Verderber
auch Zeichen und Wunder, und kann es auch nur in einem solchen Spielraum u auf einem so ergiebigen Boden thun. Die Industrie eines Schurken verhält sich zu eines ehrlichen Mannes seine wie ein Maximum zum Minimum. Gott arbeitet 6 Tage, die Philosophen von – haben weder Tag noch Nacht Ruhe, um die
    sehr gute
, wenn eben nicht beste Welt zum Chaos zu deformiren. Der hole Widerhall der ersten Schaufel kam wirklich von einem
    holen irrdenen
Gefäß her, und der
    Schatz
, den Sie geliebt, ist geborgen, und hat ihrer Hut und Wachsamkeit nicht mehr nöthig, ist vor Motten und Dieben und Mordbrennern sicher, auch vor der Gesellschaft von Pharaospielern. So, ebenso, sah ich und beobachtete meine Mutter sterben, und sie ist die einzige Leiche, die ich
    werden
gesehen, und mit eben der dunkeln Wonne und Ahndung, womit Sie an der Verklärung und Verengelung des lieben Gesichts, wie Sie es nennen, gehangen. Alle Verzückungen u Verunstaltungen des langwierigen schmerzhaften Lagers wurden in eine lächelnde verhältnismäßige harmonische Bildung aufgelöst. Hat michs geträumt, oder hab ich es gelesen oder gehört, daß Sie Ihren kleinen Kostgänger sogleich fortgeschickt? denn mein schwindlicher Kopf ist seiner eignen Sinnen nicht mächtig. Aber der
    unterstrichene
Name in des Vetters Briefe hat mich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht – und der Entschluß scheint mir ein wenig zu rasch und ungedultig zu seyn. Je mehr man seinen Schmerz
    nährt
, desto eher wird er
    reif
, und die Natur, wie man sagt, läßt sich nicht mit der Mistgabel ausrotten.
    Einlagen
habe unserm Dorow zugestellt. Ich habe das Corpus delicti auch schon aufgetrieben, weil ich von einem einzigen Exemplar gehört hatte, das hier ein Hofger. R. Morgensternbeßer besäße u daß mir unser gemeinschaftl. Freund Hippel verschaffen muste, in Ansehung deßen ich wol eine Ausnahme, aber vorgängige Erlaubnis dazu bitten und erwarten werde. In der Freude meines Herzens hab ich es allen unsern Freunden, die es
    sind
und scheinen gesagt, daß Vetter B. gesund angekommen, nicht unter die Seelenverkäufer gerathen, den 21 May Audienz gehabt und auf gutem Wege ist seine Bestimmung zu erreichen. Vom Grund der Sache weiß kein Mensch durch mich, auch Freund H. soll es nicht wißen, ohne Ihre vorgängige Erlaubnis, die ich erst von Ihnen erwarte; denn ohngeachtet aller meiner Redseeligkeit bin ich geheimnisfähiger als ein Freymäurer, ohne Ruhm zu melden pp. Die Relation aus Haag hat mir beßer gefallen, als alles gedruckte in dem Corpore delicti, worüber ich wol einiges Licht wünsche z. E. den Fragmentisten des Widertäufers zu wißen. Das Urtheil über die Alten ist mehr werth als die Uebersetzung. Die
    Urne
kenne ich noch nicht u das Musäum hab ich schon bestellt, um es ganz durchzugehen. Das Corpus delicti hoffe wol durch Hartknoch zu erhalten, den ich bey seiner Zurückkunft aus der Schweitz aufzulauren bitte. Der
    falsche Name
wurde gleich bey Ihrer Abreise ruchbar. Ich war bereits eifersüchtig, daß mehr andern als mir von Ihnen anvertraut worden war; konnte alsober ungeachtet aller meiner Ausforschungen nichts erfahren. Sie waren also gerechtfertigt in meinen Augen; aber Beckers u noch mehr
    des Haagers
Zufriedenheit ich so wol durch Ihre Nachrichten und noch mehr Ihr Vertrauen und Ihre
    ganze
Freundschaft zu mir erkenne und schmecke. Ungeachtet ich weder in dem Steckenpferde der Demokratie noch in einer
    wichtigern Hauptsache
nicht mit unserm Vetter consonire sondern vielmehr dissonire, so hat doch seine schriftliche Relation mir so viel Eindruck gemacht und enthält so viel feine, naive, treffl. Züge daß ich Copie genommen, die aber unter meinem Schloß und Riegel bleiben wird. Hippel ist der einzige, dem ich damit eine angenehme Stunde mit Mittheilung einmal auf seiner Villa zu machen wünschte, auch mit Unterdrückung des wahren Namens, wenn Sie diese Vorsicht in Anschauung seiner Ihrer nöthig finden – und nach seiner Abfahrt in die neue Welt. Gleich nach Ihrer Abreise beklagte HE Jacobi, daß er nicht Empfehlung unserm Vetter an einen Blutsfreund in Philadelphia abgegeben, und HE Prediger Wanowski der ihn bey mir gesehen sagte mir auch daß HE Hay sich dazu anerboten, und selbst in den Gegenden eine Zeitlang gelebt. Ich ersuchte beyde Ihre freywillige Anerbietung zu erfüllen, u war willens selbige so bald ich sie erhalten hätte, nach Haag zu expediren. Ungeachtet meiner widerholten Erinnerungen wurde nichts daraus. Das unerklärl. Stillschweigen aus Haag verdroß mich auch und ich ließ allen ihren Gang. Vorgestern aber lief zu Jacobi der mir versicherte dem HE
    de Bary & Comp
.
in
    Amsterdam
unsern Vetter empfohlen zu haben und daß er daselbst ein Empfehlungsschreiben an den Prediger Graff
    in Philadelphia finden
würde, wovon ich also dort zu avertiren bitte. An HE Green hatte ich auch vorgestern die 3 Theile des Hume on human Nature einzureichen, die ich schon vor 4 Wochen Tag vor Tag mir vorgenommen abzugeben, erinnerte auch Hay an sein Versprechen. Wenn ich was erhalte, so werd ich es nach Haag beylegen, wo ich diese Woche einen langen traurigen Brief hinschreiben muß. Die Engl. thun jetzt auf den 12 April so dick, daß Nordamerika in ihren Augen nicht mehr scheint ein unabhängiger Staat zu bleiben. Was macht der alte Raynal in Berl. Wird er nicht auch Ost u Westpreußen besuchen um eine historiqueire philosophique et politique des Ordonnances et du Commerce des Nordischen Salomo anzufertigen und das hyperboräische Amazonenreich in Augenschein nehmen? Was sagt man dort zu den
    historischen Zweifeln
des T. M.? Kreutzfelds Gesundheit scheint mir sehr zu leiden. Ihren Gruß hab ich bestellt. Er weiß aber nicht daß ich schreibe u nimmt mir vielleicht übel, daß ich ihm nicht Ihren Brief mitgetheilt. Nach der Gicht hab ich mich lange mit dem Hüftweh geqvält, das sich aber Gottlob! auch verloren. Schreiben Sie mir doch etwas von der v Hogendorp Durchreise, u. ob er seinen Abschied als Capitain erhalten. Vix credo. Ich danke Gott daß ich meinen cursum mit ihm absolvirt, und mit meinen gemachten Experimenten meine Erfahrung bereichert u dort einige Dienste thun kann. Beruff hab ich dazu gehabt, leider! sein eigenes, seiner Mutter u seines Bruders Vertrauen, und mehr wie eine Angel hat er hier auch verschlucken müßen, die er zu seiner Zeit auch vielleicht fühlen wird. Kaum
    dieser Ruthe
los, liegt vielleicht schon eine andere für mich fertig, wovon künftig,
    wenns der Mühe lohnt
, mehr. – Die heutige Lücke an unsern Tisch wurde durch einen jungen Studiosum philosophiae et musicae HE Hanke ersetzt, aus Schlesien gebürtig, der nach Coppenhagen, wo sein Vater Cantor seyn soll, zu Hause geht u als ein Freund meines Hills mich ein paarmal besucht u den ich bis an den Baum begleitete, wo sein Schiff lag. Seit gestern ist meine Haushaltung wider bis zur heiligen Sieben hergestellt durch eine stattliche Dienstbotin vom Lande, die meine Hausmutter gemiethet der ich für ihre gute Wahl noch gestern Abend recht viel Artigkeiten gesagt. Am Pfingst Heil. Abend erhielt 24 Obstbäume aus Lübeck, wovon 6 Wallnußbäumestämme mein Gehöft u die übrigen 18 Kirschen, Birnen, Aepfel u Pflaumen den Mittelgang meines Gartens zieren. Nun geh ich alle Morgen, Mittag u Abend wie ein anderer Nimrod, auf die Raupenjagd, und will mir zum Jahrmarkt das schönste Gartenmeßer kaufen, und ein ebenso großes Küchenmeßer – Lauter herrliche Anstalten meine Wirthschaft zu reformiren, wenn die Gäste weg sind! Mehr als dergl. Kindereyen kann ich Ihnen aus meinem Gehege nicht liefern. Wißen Sie auch, liebster Freund, warum Hiob Schaafe, Kameele, Rinder u Esel in duplo wider erhielt, aber nicht seine Kinder? Diese Frage hab ich vor vielen Jahren in einem alten Buche gelesen, aber nicht, meines Wißens, im
    Heman
, als einen Beweis, daß die Todten bey Gott nicht verrechnet sind u ihre Unsterblichkeit allgemein vorausgesetzt wurde, noch ehe es den
    Phädonen
einfiel metaphysische Beweise von einer Tatsache zu erdichten, und ein reines oder vielmehr leeres Atqui und Ergo majestätischen Verheißungen u Machtsprüchen entgegenzusetzen, oder diese aus jenen herzuleiten. Diese Seite sollte zum Umschlag dienen, bin aber zu weit in meinem Geschmier fortgerückt, daß ich ein Couvert machen muß. Meine Absicht und mein Wunsch ist, daß Sie die gegenwärtige Lücke Ihres Lebens, die Ihnen so empfindlich fallen muß, so gut wie möglich auszufüllen suchten mit einem DEVS nobis haec otia fecit – und sich vor der gegenwärtigen Wüsteney, worinn Sie auf einmal versetzt sind, nicht zu sehr grauen laßen, die sich ebenso leicht wider in einen Lustgarten verwandeln kann; denn der natürliche Lauf der Dinge übertrifft alle Feenmährchen und Zauberkünste. Halten Sie sich nur am Vivit! so werden Sie auch mit Ihrer guten frommen Frau bald ein Vivat! sagen können und Gott für die unaussprechliche Gnade einer frühen unschuldigen Vollendung, eines so sanften erbaulichen Ueberganges in das Land der Verheißung von Grund der Seele danken und daraus neuen Muth und frische Kräfte zu ihrer eigenen Laufbahn einathmen. Ist dem kleinen lieben Ueberläufer diese Welt nicht gut gnug gewesen, mag er sich wißen in Abrahams Schoos. Desto mehr überlaßen Sie sich den Bedürfnißen und Zerstreuungen des
    häuslichen Lebens
, die Ihnen und andern wohlthätiger seyn werden als alle Anstrengungen einer männlichen Ueberwindung. Ich umarme Sie unter tausend Segenswünschen von mir und den Meinigen. Küßen und grüßen Sie Ihre gute fromme Frau, die brave Mutter Ihres seeligen Wilhelmchen und seine einzige kleine liebe Schwester. Empfehlen Sie mich Ihrem Jonathan, Bekannten u unbekannten Freunden. Lebe und sterbe Ihr ewig verpflichteter Johann Georg Hamann.
Königsberg den 30 Junii Dom V. p Trin. 82. Herzlichgeliebtester Landsmann und Freund, Es freut mich, daß Ihre liebe Frau und Tochter sich Gottlob! erholen, und ich wünsche bald ebenso gute Nachrichten von Ihres Jonathans Beßerung und Genesung. Unserm Vetter Becker habe diese Woche geantwortet mit einem
    offenen Laufzedel
. Hänschen hat es an dem guten Willen nicht gefehlt Ihren Auftrag zu erfüllen, aber er ist noch ein elender Scribent, und schreibt so schlecht wie er spricht. Des HE Kanzler Excell. nahm ihn vorgestern aufs Land, und da wird mir die Zeit so lang, daß ich selbst an seiner Stelle die Abschrift vollendet – mit allen Schreibfehlern oder Schönheiten des anglo-sächsischen Dialects. Noch muß ich Ihnen die unangenehme Nachricht mittheilen, daß durch die
    verrathene Autorschaft
der hier im Verlag herausgekommenen und bereits in unsern Zeitungen recensirten Schrift das ganze Geheimnis ruchbar worden, und Prof. Kant mir zu meinem großen Befremden vor 8 Tagen bey Green den Namen zu sagen wuste. Selbst Ihre
    Verschwiegenheit
ist kein fügliches Mittel gewesen die Sache geheim zu halten. Die kleine Schrift enthält so viel redende Züge besonders für einen, der das Corpus delicti gelesen, wovon hier mehr wie ein Exemplar seyn muß, und wonach Kant durch das ungewöhnliche Rescript eben so lüstern gemacht worden, wie ich es selbst damals schon gewesen bin, nur daß es mir an Gelegenheit gefehlt meine Neugierde zu befriedigen. Hätten Sie es Hartknoch oder Wedel in Danzig zum Verlage gegeben; oder ich hätte ich nur muthmaaßen können von dem Zusammenhange der Sache, und daß Ihre Sicherheit wenigstens eben so sehr im Spiel wäre, als Ihre bloße Delicatesse: so traue ich mir noch Einfluß genug in den Buchladen zu, daß ich dem gemeinen Eigennutz ein paar Exemplaria mehr loß zu werden durch ein Anecdotchen vom Verfaßer, der sich rätzelhaft gemacht, hätte Einhalt thun können. Unterdeßen hoffe ich, daß das ganze Gewäsch von keiner Wichtigkeit noch Folgen seyn wird. Ich habe schon den Einfall gehabt mit Kant deswegen zu sprechen – Ihm seine Conjectur auszureden, geht wol nicht füglich an – und aus Achtsamkeit ihm ein Stillschweigen anzurathen möchte auch zu spät seyn. Ihm Kayserlingschen Hause hat er auch schon die Sache ruchbar gemacht, wie ich aus einem gestrigen Besuche des p Schröters vernommen. Wegen einer ziemlich starken Stelle gegen Frankreich prophezeyt K. dem Verfaßer eben den Ostracismum in der neuen Welt – wenigstens hab ich unsern Vetter gewarnt vor der
    Demomanie
. Uebrigens denke ich daß Sie eben keine Ursache haben sich wegen dieses Unfalls zu beunruhigen, noch die ganze Sache
    selbst
zu
    rügen
, da unser Freund mit Gottes Hülfe geborgen ist, und man durch
    Gleichgiltigkeit
am sichersten und geschwindsten dergl. Geschwätze auslöscht. Obgl. die geschriebnen Briefe mehr Werth für mich haben als die gedruckte: so erwarte doch erst Ihre Erlaubnis um selbige unserm Freunde H. mittheilen zu können und überhaupt Ihre Winke über mein
    Verhalten
in dieser ganzen Angelegenheit. Was sagt Vetter Nabal zu seinem Homeromastix im deutschen Mercur? Antworten wird er doch gewiß darauf. Unser Meßgut liegt noch erst am Baum. Wird der
    mercurialische
Abt der Franzosen Heiland seyn? – Weh dem Patienten, bey dem der
    größere
Qvacksalber den kleineren (Helvetius) aussticht. Unsern Potentaten geht es wie einem Cavalier in Liefland, der seines galonnirten Kleides wegen den Scharfrichter umarmte und Herr Bruder nannte; sie verkennen die Qvalität der Philosophie und Politik in der galonnirten Schreibart des Abbate assassino. Ist es wahr, daß er hier durch nach Petersburg gehen wird? Erfreuen und beruhigen Sie mich bald durch eine Antwort – besonders wenn Hog. dort durchgegangen seyn sollte – und beobachten Sie ja, daß seine
    Vorurtheile
, wie der
    Candidat
von diesem
    Herrn
sich ausdrückte, mehr auf ihn gewürkt als unsere beyderseitige Empfehlungen. Vergeßen Sie nicht das Glück Ihres künftigen Schwiegersohns – und seyn Sie ein Vater der
    Lebendigen
und nicht der Todten. Ich umarme Sie unter den herzlichsten Grüßen der Meinigen. Küßen Sie Ihre gute würdige Hälfte und vice versa. Wünschen Sie Leben und Seegen Ihrem kranken Freunde von dem Ihrigen. Johann Georg Hamann Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn Reichardt / Königl. Kapellmeister / zu /
    Berlin
. /
    franco
.
/
    Gedruckte Einlage
.
Königsb. Dom VI. p. Trin. Den 7 Julii 782. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Die drey ersten Tage dieses Monaths sind mir die angenehmsten dieses Jahrs gewesen, daß ich Ihnen auch davon Rechenschaft geben muß. Ich lag den 1 huj. im tiefen Nachmittagsschlaf, als mir jemand mitten in der Stube erschien, mit einem runden Hut auf dem Kopf, den ich vor Schlaf und Kurzsichtigkeit nicht zu erkennen im stande war – und an den ich mir erst in 14 Tagen zu denken vorgenommen hatte. Wer sollte es anders seyn als unser alte Hartknoch? Die Taschen voll, mit Waaren aus der Schweitz – einem Briefe von unserm Johann Georg Müller und 2 Proben fetten und grünen Käse, der mir würklich gleich den
    Trauben Eskol
schmeckt, wie er sie selbst nennt. Lavater hat zwar nicht geschrieben, aber
    heurige
und
    fernige
mitgegeben, und der alte Vater Bodmer hat eben die 2 Scherflein gelesen und den
    Leviten von Ephraim
eben zur Hand gehabt. Nachdem ich alles in Empfang genommen, erhub ich mich von meinem Lager – – – – – Den folgenden Tag
    Mariä Heimsuchung
kam Hartknoch wider mit vollen Taschen und brachte mir aus dem
    Hartungschen Laden
Ihr
    sehnsuchtsvoll vermißtes
und erwünschtes Päckchen, das ich noch denselben Abend halb verschlungen, und die andere Hälfte zum Frühstück genoßen, und alle meine
    Erwartung
nicht nur befriedigt sondern auch
    übertroffen
, ohngeachtet Ihrer Besorgniße, woran Sie mir Theil nehmen laßen. Den 3 huj. erhielte noch aus dem andern Buchladen ein Päckchen von
    Häfeli
den Hartknoch aber nicht selbst gesprochen. Er ist bereits vorgestern abgegangen mit einem Fuhrmann – und mit einem sehr guten Ansehen von Gesundheit, die er sich durch seine vergnügte und glückliche Reise scheint erworben zu haben, aber mit einigen Unruhen, die in seinen Geschäften auf ihn warten wegen einigergewißer Neuerungen im Zollwesen. Gott schenke Ihnen doch Gesundheit, Ruhe und Glück zur Fortsetzung Ihres Meisterstücks. Auch die 2te Fortsetzung Ihrer allerliebsten Briefe habe von Hartknoch zu lesen bekommen. Er versprach mir selbige hier zu laßen biß ich sie von Ihnen erhielte; ich wollte ihn noch gestern früh Morgen daran erinnern, er ist aber einen Tag oder Abend früher fortgefahren. Gott begleite ihn – Er hat mir wenigstens gute und angenehme Nachrichten von Ihrer allerseitigen Gesundheit und Wohl mitgebracht, und daß alle unsere kummerhafte Antheil ein bloßes Misverständnis gewesen.
    Misverständniße
gehören wie die Dißonanzen zur Harmonie des menschl. Lebens und der göttl. Haushaltung. Ergo
    valeant
cum ceteris erroribus!
Unsere Loge, ich meyne die am holländischen Baum, meine alte Nachbarin, hält heute Ihren Jahrestag; die andere auf dem Tragheim von der laxen Observ. feyert immer den Johannistag. Ich möchte beynahe drauf wetten und eine hohe Wette thun, daß heute auch Ihre Gesundheit daselbst getrunken werden wird, wenigstens
    Ihres Namens
mit Ruhm gedacht – aber nicht so Hephästions u Nabals, die sich dort beyde stinkend gemacht. Das Geheimnis unsers
    reisenden Vetters
ist nunmehr verrathen, trotz aller mögl. Discretion von seiner und unsers Freundes Seite. Sie wißen, daß ich dem braven Reich. mein zeitliches Glück zu verdanken habe, und alle seine ettwanige
    Menschlichkeiten
aufs genaueste genommen, bleibt er immer ein verdienter Mann in häuslichen und thätigen Verhältnißen. Weil also vielleicht seine
    Sicherheit
dabey im Spiel ist, so theile ich es Ihnen auch noch als ein
    verrathenes Geheimnis
mit, daß der rätselhafte Vetter Becker der durch seine letzte Autorschaft und den hiesigen Verlag seiner Schrift über
    Nordamerika und Demokratie
kein anderer als der berüchtigte aber wenigstens für mich rechtschaffene
    Schmohl
ist. Ich habe den Menschen geliebt, und hatte ihn gerne unserm Freunde abgenommen und einen Sommer hier behalten, wenn ich einhundert fl. wenigstens zu seinem nothdürftigen Unterhalt hätte ablegen können wichwie ich einhundert rthl. einmal liegen hatte als ich Claudius vor einigen Jahren einlud, die ich aber zu meiner Kleidung anwand, von der ich noch bestehe. Seine Zuneigung schien eben so stark zu seyn – Das Geheimnis schwebte ihm mehr als einmal auf den Lippen und ich weiß selbst nicht was mich zurückhielt es ihm nicht abzunehmen. Ich freue mich ihn wenigstens 8 Tage in meinem Hause beherbergt zu haben – während meines Podagra. Er hat mir einen zween Bogen langen Brief in engl. oder vielmehr anglo-sächsischer Sprache geschrieben, hat wenigstens Adams seinem Ideal und
    sich selbst
ähnlich gefunden, ohne das letztere zu merken, und schwimmt vielleicht gegenwärtig schon nach Amerika, woher ich mehr erwarte. Sein Corpus delicti, das hier mit 100 # weiß nicht warum verboten,
    Mochels Urne
und deßen kleine Reliquien habe auch nun erst gelesen, und wundere mich, daß letztere Schriften so lange für mich unbekannt geblieben. Erinnern Sie sich noch seines Besuchs, und unter welchem Namen er denselben bey Ihnen abgelegt? Von seinen wunderl. ebentheuerl. Schicksalen weiß eben keine Umstände, als daß er aus einem Gefängniße zu Halle entflohen seyn soll. Mit welcher
    Gefahr
unser grosmüthige Landsmann ihn so lange hat bergen und erhalten können, können Sie leicht erachten. Heute vor 3 Wochen bin ich den bösen Menschen, den ältesten HE von Hogendorp losgeworden. Alle Arbeit ist an ihm verloren gewesen u er ist wie ein betrogener u Betrüger von hier nach Haag gegangen zum Schimpf u Herzeleid seiner vortrefl. Mutter – Durch Kayserlingks Vorspruch hat er seinen Abschied als Capitain bekommen, und alle kindl. Liebe die er in diesem Hause genoßen mit schwarzem Undank belohnt u durch Niederträchtigkeiten beschämt. Ein würdiger Pendant zum Abbt Penzel der sich auch noch meiner erinnert durch eine Trigam observationum Numismaticarum, ein Paar Bogen voller Druckfehler u grober Sprachschnitzer die schon vor ein paar Jahren zu Cracau gedruckt aber mir erst medio pr. zu Handen gekommen Pestalozzi zweites Volksbuch werden Sie, liebster H. mit Vergnügen schon gelesen haben oder noch lesen. Sonst weiß noch fast nichts vom neuen Meßgut, das erst vorige Woche angekommen und beyde Laden sind fast für mich verschloßen, muß also das meiste durch die dritte Hand erwarten und erhaschen. Fast hab ich mich zur neuen Auflage meiner ersten u letzten Werke entschloßen. Weiß keinen andern Titel dazu, als:
    Fliegende Blätter. Erste Sammlung enthält: I Sokratische Denkw. II Wolken, III. Nachspiel
    u. s. w.
Hartknoch ist mein Verleger, oder soll es wenigstens seyn, wenn es auf meine
    Wahl
ankommt. Können Sie mir mit Rath u That dazu an die Hand gehen. Eher an Beschneidung als Ausdehnung zu denken. Haben Sie
    Erinnerungen
mitzutheilen, so bitte drum, in einer müßigen Viertelstunde, wo Sie Ihren eignen Arbeiten nichts entziehen, denn die sind mir herzanliegender als meine Reliquien. Außer den 3 angeführten möchte ich zur ersten Sammlung, um einen Band herauszubringen Schriftsteller, Leser u Kunstrichter. Apologie des Buchstabens H. Scherflein u Konxompax und Versuch über die Ehe – Wißen Sie mehr um ein Alphabet voll zu machen? Etwa die
    hierophantische Briefe
wegen des schändl. Abdrucks. WegenUeber Hume u Kant versauert alles in meinem Kopf; muß erst die
    Prolegomena der Metaphysik, die noch geschrieben werden soll
, erleben, wenn es Gottes Wille ist, ehe ich mit meiner
    Metakritik
herauskomme. Stillen Sie doch meinen Hunger u Durst nach der
    Fortsetzung
und dem
    Ende
Ihrer historischen Zweifel oder antinikolaitischen Untersuchungen. Ich habe das 2te Stück nur ein paarmal durchlaufen können, und vergeß alles was ich lese. Kann die Auflösung des Rätsels nicht erwarten. Versäumen Sie doch keinen Posttag. Komm ich dies Jahr auf eine einzige Nacht aufs Land, so soll mich Ihr
    Geist
    der
    ältesten Poesie
begleiten. Es ist Schade dies Buch nicht mit
    ganzer Seele
zu lesen, als ein Muster prosaischer u poetischer Beredsamkeit. Gott gebe Ihnen doch Stärke und Freudigkeit zum Exegi monumentum aere perennius – und genießen Sie so viel Wollust im Schreiben, als unser einer im Lesen. Wenn ich es auch vergeßen hätte mich für die kritischen Wäldchen zu bedanken: so ist es mir doch recht sehr lieb selbige zu
    haben
, besonders da ich das dritte noch gar nicht kenne – Ich verspar es auf einen
    Abend schöner Erinnerungen
. Ich freue mich und danke Gott von Grund meiner Seele, daß alles in Ihrem Hause gut steht und geht, und Ihre Gehülfin, meine verehrungswürdige Gevatterin und Freundin sich völlig erholt, wie mir Hartknoch versichert – Habe auf diese Woche Ihre wohlthätige Qväckencur anfangen können mit guter Wirkung. 3 von den 6 Wallnußbäumen sind herrlich ausgeschlagen, lebe auch noch der übrigen wegen in guter Hofnung. Alle 18 Obstbäume im Garten, (einen einzigen Kirschbaum wo sein ablactirtes Zweig auf der Reise verloren, ausgenommen,) grünen und gedeyen nach Herzenslust. Wenn mir der Himmel diese Erstlinge erhält, so hör ich auf, wie Adam anfieng – und werde auf meine alte Tage ein Gärtner. Seit 77 an meinen Garten nicht Hand anlegen können – es muß alles spät bey mir kommen, – und zeitig gnug zum Feyerabend. All mein Lesen ist nichts – als mich stumpfer zu machen und meine
    lange Weile
zu vergrößern – und mich muthloser zu machen. Hänschen hat den Anfang gemacht bey Archidiac. Matthes in die Kinderlehre zu gehen, stottert und stammelt je länger je ärger. Wir haben dies Jahr zum 6ten mal das N. T. angefangen u sind gegenwärtig im Briefe an die Hebr. Im hebr. im 4ten Buch Mose. Im lateinschen lesen wir das 3te Buch der Aeneide mit Heynes Noten u Excursionen. Gestern endigte Hill mit ihm die Biestersche Ausgabe der platonischen Gespräche, und ich wurde feyerl. dazu eingeladen. Einer übertraf den andern im Feuer und Gefühl. Im letzten Buch der Iliade bin ich auch schon mit ihm, und die beyden Heldengedichte sind wenigstens durchgepeitscht, zum Vorschmack einer reiferen Widerholung u Verdauung. Hill zu Gefallen werden wir nächstens einen Versuch mit Pindar machen – und so dien ich wenigstens wie ein stumpfer Stein andere zu wetzen und ihnen Schneide zu geben, die mir selbst fehlt. Ohne diese kleine Uebung würde ich meinen Bettel gantz verlieren. Und übrigens fehlt es hier wirkl. jungen Leuten an Gelegenheit griechisch zu lernen. Jedermann klagt über D. Köhlers Vorlesungen in
    dieser
Sprache, die auch en courier sehr superficiel seyn sollen. Die Mädchen wachsen leider! auf ohne Sitten, ohne Kenntniße. Ein wenig Vorwitz und Neigung zum Lesen scheint die älteste auch zu haben. – Unterdeßen ist Gottlob! alles gesund und frisch. Auch sind Klötze beßer als Puppen p wenn mir der Himmel einmal Schwiegersöhne nach meinem Geschmack bescheert. Den 8 – Bey aller meiner Unvermögenheit meine eigene Kinder zu erziehen, bin ich immer mit anderen überladen. Anstatt eines großen Buben liegt mir jetzt ein kleiner auf dem Halse. Des Kanzl. von Korf natürl. Sohn nimmt Stunden bey Hill in meinem Hause, und dies ist eine neue Ruthe die ich mir hab aufbinden laßen, wovon ich nichts als Verdruß zum voraus sehe. Ich habe diesen Morgen mit einem Condolentz Besuch einer armen elenden Zöllnerwittwe anfangen – und diesen Nachmittag zu Hause bleiben müßen, weil ich mich nicht erwärmen kann, werde mich morgen vielleicht zum Aderlaß entschließen, das ich dies Frühjahr wegen eingetretener Gicht ausgesetzt – Ich fühle also nichts als ein kümmerliches, unnützes Daseyn, in und um mir eine leere Wüste. Erfreuen Sie mich daher bald mit der
    Fortsetzung
Ihrer mercurialischen Blätter, daß ich meiner wenigstens in Ihnen ein wenig genießen kann. Tausend Küße u Grüße an Ihr ganzes Haus und die ALMA MATER deßelben von mir u meinem Gesinde. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter Johann Georg Hamann. Adresse:
Des / HErrn General Superintendenten Herder / Hochwürden / zu
    Weimar
. /
    fr. berlin
.
Den 11. Jul. von Hamann: 82 Darunter Vermerk von Hamann: 27 – erhalten. Geantw den 11 Aug. Dom. XI. p Trin. Liebster Freund u. Gevatter, Ihr langerwarteter Brief kam mir am Johannisfest eben, da ich in der großen Hitze müde u. matt von der Kanzel kam u. war mir, wie ein angenehmer Mittagsregen. Ich konnte nicht begreifen, warum Sie schwiegen u. jetzt sehe ichs. Hartung hat das Päckchen zu bestellen übernommen, in dem die Ebr. Poesie u. Br. 1. 2. über den Baphometus war. Ich hatte es Bertuch, der nach Leipz. ging, mitgegeben u. der hats durch den Markthelfer ihm einhändigen laßen. Fordern Sies also von ihm: ich glaube, es ist böser Wille, daß ers zurückgehalten hat u. es soll das letzte mal seyn, daß etwas durch ihn bestellt wird. Empfangen Sies auch offen, so schadets nicht: denn ein Br. war nicht dabei. Künftig soll so etwas nicht mehr vorkommen. Hier sind die 3. letzten Br. über den Baphometus; schwächer als die ersten, woran dieas hiesigen Geschnatter schuld ist; so daß ich den 5. ten Br. schon gar nicht schreiben wollte. Es ist unsägl. was der große lange Baphomet. überall für Anbeter hat, die seine Ignoranzen noch nicht glauben wollen, wenn sie sie auch mit Augen sehen. Aus frommem Eifer schickte ich die ersten Br. an den Herzog von Gotha, der für eine große Säule des Ordens geachtet wird u. war mir nichts gewißer, als seine klare Beistimmung vermuthen. Dafür bekam ich einen 4. Quartseiten langen Br., dem ich noch keinen Namen weiß. Den 3. u. 4. Br. schickte ich ihm mit ein paar Zeilen, weil er die Fortsetzung gewünscht hatte u. damit basta. Sie können nicht glauben, wie jämmerlich die Heerde sich in der Wüste umhertreibt u. wie gelegen ihr alles kommt, was auch mit Ochsenstimme nur rufft: hieher! dorthin! Zur Gnostik haben sie alle herzl. Appetit: die Rosenkreuzer kommen ihnen auch recht: ein Tempelh. Geheimniß wäre ihnen rechtes Futter, u. die Goldmacherkunst hat unser Jahrhundert am notwendigsten. Also findet HE. Nik. überall schon die Fäulniß bereit, wo er seine Eier wohlweise hereinlegt; u. da der große Haufe weit ignoranter als er ist, so hat er gut predigen. Ich muß dies schreiben, um Ihnen einen Wink zu geben, warum ich im 3. u. 4. Br. so schreckl. citirt u. im 5. Br. den Excurs. auf die Goldmacherk. gethan habe. Jetzt erwarte ich ruhig sein Benehmen u. habe das dickste Ende mit Fleiß zurückbehalten: denn seine Hauptideen sind alle aus Leßing, dazu ganz mißverstanden u. plump angewandt, gestolen. Auf der Meße hat er sich sehr demüthig bezeigt: er nehme gern Wahrheit u. Ueberzeugung an, habe aber diese Br. noch nicht geprüft: sein Zweck sei gewesen, Wahrheit zu suchen u. er habe geglaubt, sie zu finden: ihn wundre es, warum ich so warm schriebe? u. f. In diesem gusto wird denn nun auch wohl seine Antwort werden. Sei sie indeß wie sie wolle; meine Partei ist genommen: ihm zu antworten u. die Sache stehn zu laßen, wo sie steht; da bei einem so verdorbnen Körper weiter nichts heraus kommt. Noch muß ich hinzusetzen, daß das, was ich Br. 4. als Vermuthung vortrage, factum ist: das ich aber, als solches, dem werthen Publik. nicht darlegen konnte. Spittler in den Gött. Zeit. hat sich sonderbar mit mit mir begegnet, wenn er nicht, wie ich vermuthe, meine Br. schon gehabt hat: denn diese waren 1. Monat früher gedruckt, als seine Zeitung, die erst zu Ende Mays hier angelangt ist u. ich leider oder Gottlob nach der Mitte des Jun. erst zu sehen bekommen habe. Schloßer ist ein grober Asinus u. ich bin weit entfernt, ihm zu antworten; ich glaube, ich habe Ihnen gesagt, daß ich an seine Brochure nur ging, weil sie hier als ein Heiligthum von Göthe in Curs gebracht war, der auch die Unverschämtheit gehabt hat, mir sein 3. Gespr. anzumelden. – – Ach, was sind alle die Lappereien u. Altflickereien, wenn uns das Beßere fehlt: mit meiner Fr. Gesundheit wills immer noch nicht aufwärts u. der ganze politische Zustand rings um mich wird mir von Tag zu Tage so widriger, so preßhafter, daß ich Psalmen aus einem andern Ton bete, als der solche Makulaturwaare betrift. Helfen Sie mit mir beten, daß Gott – mir helfe, Amen! Hier sind ein paar Ankündigungen von Bertuchs poetas: vielleicht finden sich in Kgsb. Liebhaber. Kreuzfeld wird Ihnen helfen, den Zettel unter die Leute zu bringen: empfehlen Sie mich ihm bestens. – Roußeaus Confessionen werden Sie gelesen haben; wie bist du vom Himmel gefallen, du Morgenstern! u. was wird Kant zum Leben seines ehemaligen Helden sagen! Bei allem Reiz der Schreibart ist der Inhalt mir so schmerzhaft u. fatal gewesen, daß es mich der Gedanke ängstigt, wenn Eins meiner Kinder den Weg gehen sollte. Einen Schlüßel zu seinen Schr. haben wir nun freilich; ich wollt aber, man hätte ihn nicht. So sehr er mit Wahrheit pralt, ists doch überall nur Halbwahrheit: denn auch ein Blinder muß den Schleier sehen, der über seiner Gesch. mit der Warens liegt. Unter seinen Oeuvr. posthum. ist ein Aufsatz sur l’Origine des langu. den ich zu lesen bitte; es sind freilich bekannte Sachen, aber doch stark u. hübsch gesagt. Mendels. hat mir seine beiden neuen Productionen geschickt, aber ohne Brief. Von seinem Leßing weiß ich nichts; aber mit seinem Gemälde vom Graf. zu Bückeb. am Ende des Supplem. zum Abbtischen Briefw. hätte er zu Hause bleiben können. Die letzten Reste von Leßing im 5. Beitr. aus der Wolf. Bibl. müßen Sie doch lesen. Die Priameln gefallen mir am besten; übrigens ist aber sein Geist von hinnen geschieden – – Sonst kann ich Ihnen von neuen Meßsachen nichts schreiben: was ich gesehen habe, ist Staub u. Asche nach dem mich wenig lüstet. In Mendels. Supplem. zu Abbts Br. steht über Hume’s Dialogen ein hartes Urtheil. Gestern ist denr hiesige Kammerpräsident von hier abgegangen, mit 1000. Thl. Gehalt verabschiedet. Er ist ein junger Mann unter meinem Alter, der Göthe hiehergebracht, bei dem dieser zuerst gewohnt hat, der sich nach der allgemeinen Stimme auf seine Geschäfte sehr wohl verstand u. den Göthe an seine Stelle brachte. Er ist mit großen Complimenten verabschiedet worden „weil der Herz. kein Zutrauen auf ihn hat u. er gemerkt habe, daß Kalb (so heißt er) auch keins zu ihm habe“ u. nachdem seine Ehrenvolle Dimißion im Conseil diktirt worden, ist Göthe zum Kammerpräsid. ernannt, doch ohne diesen Namen, der für ihn ohne Zweifel auch als appendix zu klein ist. Er ist also jetzt wirkl. geh. Rath, Kammerpräs., Präsident des Kriegscollegii, Aufseher des Bauwesens bis zum Wegbau hinunter, Director des Bergwerks dabei auch directeur des plaisirs, Hofpoet, Verfaßer von schönen Festivitäten, Hofopern, Ballets, Redoutenaufzügen, Inscriptionen, Kunstwerken etc. Direktor der Zeichenakademie, in der er den Winter über Vorlesungen über die Osteologie gehalten, selbst überall der erste Akteur, Tänzer, kurz das fac totum des Weimarschen u. so Gott will, bald der maior domus sämmtl. Ernestinischer Häuser, bei denen er zur Anbetung umherzieht. Er ist baronisirt u. an seinem Geburtstage (wird seyn der 28. Aug. a. c.) wird die Standeserhebung erklärt werden. Er ist aus seinem Garten in die Stadt gezogen u. macht ein adlich Haus, hält Lesegesellschaften, die sich bald in Aßembleen verwandeln werden etc. etc. Bei alle dem gehts in Geschäften, wie es gehen will u. mag: meine Gegenwart ist hier beinah unnütz u. wird mir von Tag zu Tage lästiger. Was anders wohin weiß, sehnt sich weg u. ich fürchte, Seckendorf (der Compon. der Volkslieder, der einzige Mensch, mit dem man noch von Herz u. Seele weg reden kann) wird auch seinen Weg ad penates suchen. Indeßen bewahre ich mich auch für jedem nur zu lauten
    Wunsch
meines Herzens; ich weiß es aus der Erfahrung, daß die Vorsehung uns am liebsten mit Erfüllung derselben züchtigt oder strafet. Werde nur meine Frau gesund, das übrige wird sich von selbst machen u. geben. In Absicht meiner Oekon. Lage, lieber H., sind Sie ganz falsch berichtigtet worden, wie Ihnen Hartkn. ein mehreres wird gesagt haben. Ich bin über seine Relation erstaunt u. erschrocken: ich möchte den Lügner wißen, der so was erfunden u. R wahrscheinl. Reichardten (denn wer sollte es Ihnen sonst gesagt haben? zumal da sein Schwager Buchholz im Spiel ist) aufgebunden. Außer einer Kaufmannsschuld, die nicht der Rede werth ist, bin ich hier nichts schuldig; geschweige daß ich mich mit Lumpenhändlern, Apothekern u. dgl. u. auf so thörichte niedrige Weise einlaßen sollte. Also ist das die Rede eines Schurken, die weiter keine Antwort verdienet – – Ich läugne es nicht, daß wir uns krümmen u. winden musten u. zum Theil noch müßen, weil das Aufbrechen mit einer Familie u. das Etablißement einer neuen Wirthschaft in der Residenz Geld kostet u. überdem faux frais von allen Seiten auf uns stürmten; gerade, aber, weil wir in einer Stadt, wo alles mehr ausgiebt als es einnimmt, uns vor dem breiten Wege der Gastereien p. der zum Teufel führt, hüteten, hat ein unbekannter guter Fr. wahrscheinl. die barmherzige Sage erfunden. Seis! man hüte sich vor der That u. damit Gott empfohlen! Ich wünschte indeßen doch den zu wißen, ders Ihnen am Baltischen Meer diese arcana oeconomica hat sagen dörfen; böse Folgen sollen daraus nicht werden. Die Gesch. des Chiliasm. hat ein junger Zürcher geschrieben, v. d. M., d. i. Candidat, ein großer oder vielmehr sehr kleiner Gegner Lavaters, Anhänger Semlers, Steinbrüchels p. Sein Name geht auf
    li
aus, fällt mir aber den Augenblick nicht bei: er hat ging im 1. Jahr meines Hieseyns hier durch, nach Leipzig hochdeutsch zu lernen um künftig für Orell u. Comp. zum Uebersetzen gebraucht zu werden, sah aus halb wie ein Zwerg u. eine Kröte, schmutzig u. grinsend – – was er sagt, hat es Semmler lange gesagt: er arbeitet stark an dem Journ. zur Beförder. des Nachdenkens in der Rel., daß das unter Steinbrüchel herauskommt, wo er die Auferstehung der Todten pp schon wegphilosophirt hat. Die Apol. der Vern. habe weder gesehen noch gelesen. Auch Schmidts 1. Th. kenne noch gar nicht. Mit Lilienthal hat die Akademie viel verlohren; Deutschl. hat nicht viel Lilienthale. Wielands Horaz kommt auf die fahrende Post; es ist mein Ex. u. ich kann leicht Eins wieder haben. Es wird Ihm Freude seyn, daß Sie sich darum bekümmern. Das Papier ist am
    End
’;
    Gott helf uns All
, wie es im Kirchenlied heißt: so singen wir mit großem Schall, Hallelujah! Leben Sie wohl, Bester, mit Ihrem ganzen Hause u. behalten uns lieb. H. Meine Frau empfielt sich u. grüßt sie ehrerbietig u. herzl. Sie hält sie wofür man den Johannes hielt, für Elias oder einen der alten Propheten. Sie gehören höher hinauf, als ins Buch Esther.
Kgsb. den 17 Julii 82. Herzlich geliebtester Freund, Wollte Ihnen noch den 6 huj. im vorbeygehen gute Reise wünschen, Sie waren aber schon den Abend vorher abgereist. Gott gebe daß Sie gesund u vergnügt heimgekommen, und die
    Ruhe
Ihnen ebenso wol als die
    Reise
gedeyen möge. Laßen Sie sich das Wort der häuslichen Ruhe nicht ohne Nachdruck gesagt seyn; sondern übertreiben Sie sich nicht in Ihren Arbeiten. Gehen Sie fein piano zu Werk, und laßen Sie sich auch noch ein wenig auf Morgen übrig. Sonntags wurde mit Herders
    Fortsetzung
seiner mercurialischen antinicolaitischen Briefe erfreut und mit Wielands Uebersetzung der Horaz-Briefe. Aber war keine Zeile dabey, daher ich gern an Beyl. mich vergriffen hätte. Das Exemplar Ihrer Fortsetzung werde in Ihrer Familie abgeben um selbiges retour zu befördern, wo eher Gelegenheit dazu vorfallen wird. Der Bestand Ihres Geldes macht 23 fl. 18 gl. die Unkosten von Transp. des Gemäldes u des Exempl. von Schellenbergs Skizzen abgerechnet. Bitte mir zu melden ob dies mit Ihrem Buche und meinen Briefen stimmt; denn ohngeachtet meiner ängstl. Sorgfalt für fremdes Geld ist mir der kleine Zedel verschwunden; werde künftig einen größeren nehmen – Vorige Woche habe mit Hartung bey Regierungsrath Graun gespeist. Er hat mir seinen Laden angeboten. Ob wir uns näher kommen werden, weiß noch nicht. Zugl. erfuhr daß man in dem andern Ulrichs Geschmier über die Confirmation für meine Arbeit ausgegeben und durch diesen groben Betrug den Absatz der elendesten Maculatur zu befördern gesucht mit der Anecdote daß ich meinem armen Beichtvater zum Trutz diese Schrift ausgesetzt, ehe ich meinen Sohn in die Kinderlehre bey ihm gegeben. Es wird auch schon an einer Widerlegung – und zwar in dieser Voraussetzung, daß ich der Verfaßer wäre, gearbeitet. Einige Tage habe mir mein Leben mit einem Quasia Trunk Morgens u Abends verbittert und bemerkt, daß er ein Fliegengift ist. Ob er mir wohlthätiger seyn wird, kann noch nicht sagen. HE Courtan getraut sich nicht die heil. Familie selbst abzunehmen, wird aber für eine copiam vidimatam sorgen. Wenn Sie von unserm Freund George was erfahren, laßen Sie mir Antheil nehmen und ob der Ratsherr diesen Sommer hier durchgehen wird. Montags war mit meinem ganzen 7 köpfigen Hause im Aschhoff und hatte einen vergnügten Abend. Freund Dorow ist (vermuthl. durch seinen braven würdigen Schwager Reichard) Entreposeur des Caffé geworden mit einem Gehalt von 1200 rthrn welches mir herzl. Freude macht. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin u sämtl. Hause – und grüßen Sie auch bey Gelegenheit die Schweitz von mir, biß ich selbst schreiben kann, welches nicht von meinem Willen abhängt. Alle gute Freunde, unsern lieben Arndt – u HE Voldenschläger ppp nicht zu vergeßen. Ich umarme Sie unter den zärtlichsten Grüßen meines kleinen Gesindels und ihrer alten Glucke – und ersterbe Ihr alter treuer Freund u Diener Joh. Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
. / fr.
    Memel
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d. 16 Jul 1782 beantw d 17 Aug
Kgsb. den 28 Julii Dom IX p Tr. 82. Herzlich geliebtester Landsmann und Freund, Es freut mich, daß Sie Ihren Pflegesohn nicht verstoßen, sondern wieder aufgenommen haben als einen kleinen
    Freund
des Seeligen, der Hülfe nöthig hat, die dieser nicht mehr braucht. Die Todten leben Ihrem Herrn, und Er ist ihr Gott; in Ansehung der Lebendigen gebührt es uns, Mitverwalter seiner Vorsehung zu seyn, und haben dafür die Erstlinge ihres Genußes. Es freut mich, daß Sie und Ihre liebe würdige Frau meine kümmerliche Briefe zu lesen im stande sind, und sich vor der
    Stimme in der Wüsten
nicht grauen laßen. Ich besorge immer, daß mein Herz verraucht oder unschmackhaft wird, weil es durch den Kolben eines leider! verbrannten Gehirns sich mittheilen muß; doch Liebe deckt der Sünden Menge. Kreutzfeld habe seit Wochen lang nicht gesehen und hält sich auf dem Lande auf. Weiß daher nichts von dem jungen Landsmann, deßen
    Name
mir nicht unbekannt ist. Wie er aber dorthin kommt und mit Empfehlung von Kr. weiß ich nicht. Hoffe ihn diese Woche zu sehen. Bruder Dorow und ich sind einig in Gesinnungen für unsern Vetter, aber auch in gleicher Verlegenheit das geringste auszurichten – besonders unter den vorgeschriebenen Bedingungen des Stillschweigens; das bey gegenwärtiger Lage der Sachen schlechterdings unmögl. ist. Unsere
    Vermuthung
durch die beyde Logen, durch die Judenschaft p hier was auszurichten ist beym ersten Versuch gleich niedergeschlagen u vereitelt worden. Meine Verbindungen sind hier so klein u so
    mislich
– daß ich auch in den wenigen Häusern, wo ich Zutritt habe, auf
    glühenden Kohlen
gehe. Ich der ich kaum einen
    einzigen Thaler
zur Erziehung meiner eigenen Kinder übrig habe – eine Vorstellung die wie ein Geschwür in meiner Seele liegt und mir bey ihrem Wachstum immer beschwerlicher wird und alle Lebenslust aussaugt – – – – – – – würde ohne den geringsten Scrupel und mit Freuden ein ungerechter Haushalter gegen die Meinigen seyn wie der im heutigen Evangelio gegen seinen Herrn. Bey der jetzt
    herrschenden Ungerechtigkeit
wird alle Menschenliebe aber unter Reichsgenoßen, geschweige gegen Cosmopoliten und Colonisten einer neuen Welt zu Eis – oder concentrirt sich zum Brennpunct und Schandfleck des königl. monarchischen Selbst. Sie verstehen, liebster Freund, so gut wie ich fühle was ich schreibe, und der gemeinschaftliche Freund wird mich überheben, auf dieser unharmonischen Seyte länger herumzuirren. Oekonomie des Lebens, der Zeit, der Mittel und Kräfte – selbst ihres
    Misbrauchs
– ist für mich eine steilere Höhe, als jene poetische –
    reines Herzens zu seyn
: ὁτι μειζων εστιν ὁ ΘΕΟΣ της καρδιας ἡμων και γινωσκει παντα. Wie gehts mit Ihrem Griechischen? Ich habe von unserm Vetter mehr gelernt als er selbst weiß. Auf die heiligen Tischreden des Orbils unserer Potentaten und ihrer sorg- und schaamlosen Philosophie und Charlatanerie freue ich mich im Geist. Hog. schrieb mir auch von einer heil. Conferentz mit ihm im ⬜ und daß daselbst die Rede vom Kritiker der reinen Vernunft und dem Sauvage du Nord, dem Metakritiker der von Materie leeren Formalität die Rede gewesen wäre. Obs wahr ist, weiß ich nicht. Mit An
    Materialien
zu den metaphysischen Handlungsetablissements im Ost- u WestPreußen fehlt es hier nicht. Was wir durch das wohlthätige Edict von Nantes gewonnen, konnte fügl. mit der welschen Declaration von 66 liquidirt werden. Du Bosque ist vorige Woche nach Berl. abgegangen und jedermann ist neugierig, sein u Glawens Schicksal zu erwarten. Den Franzosen geht es jetzt wie olim den Rußen, die jedermann beklagte, wie sie zum Lande heraus waren. Alle unsere Philosophen mit ihrer englischen Beredsamkeit sind nichts als Parasiten und Pantomimen, alle unsere Kunst- und Scharfrichter nichts als Nicolaiten, alle unseren Reformatoren der Justitz, der barmherzigen Plusmacherey des Glaubens im Handel und Wandel, nichts als Balhorne im Abc und EinmalEins – alle unsere Kraftmänner laßen sich täuschen vom äußerlichen Ansehen der Person und ihrer Physiognomie, wie Simson von der Metze am Bach Sorek. (Sagts nicht an zu Gath, verkündets nicht auf den Gaßen zu Askalon, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister, daß nicht frohlocken die Töchter der Unbeschnittenen!) Was ist bey so bewandten Umständen anzufangen? Sollen wir auch dem lieben Vaterlande, dem deutschen Boden, dem weißen Stier, der gantz Europa entführt, Valet sagen und Demagogen wilder, unruhiger ungezogener Kinder einer neuen Welt werden? – dergl. Flüchtlingen und exemplis odiosis unsere letzte Schindmähre zum Vorspann aufopfern?
    Stehen
muß man wenigstens können, um ein Erdbeweger und ein Welterschütterer zu seyn – A propos! Unsere Gildenfischer haben eine schöne neue Halle für ihre Weiber und Waaren auf der Fischbrücke gebaut. In der Mitte ist unter einem blauen u grauen Gewölke ein alter Mann mit einem Dreyzack abgemalt, mit der Ueber- oder Umschrift: Neptunus Gott der Wellen Seegne doch unsere Nahrungs Stellen. Wie unsere aufmerksame Policey ein solches öffentl. Denkmal des Heidentums und quirinalischen Andacht hat können darstellen laßen, begreift niemand. Ob die theol. Facultät oder das Synedrium dazu stillschweigen wird, mag die Zeit lehren. Dem sey, wie ihm wolle, so wird der Gott der Wellen auch für unsern Jonas sorgen und schaffen – und seine Erfahrung mit Hofnung, unsere und seine Wünsche mit Erfüllung krönen. Hier soll Niemand eher etwas zu sehen bekommen, bis Sie es erlauben oder er dort angelangt seyn wird. Laßen sich Maasreguln oder Handhaben die Sache anzugreifen noch ausmitteln, so werden selbige von uns genutzt werden. Bitte auch meine Abschrift von der Penzelin Briefe aufzuheben bis zu einer beqvemen Gelegenheit sie etwa einem künftigen Stück des Kunstmagazins beyzulegen. Das 2te Stück habe richtig erhalten und mit Vergnügen durchgelesen bis auf das P. S. aus Claudius Vorrede, den ich nächstens um ein Exemplar seiner Uebersetzung mahnen muß. Wär ich nur bald im stande Ihnen eine Gegenfreude zu machen! Mein Großvater war ein Priester, mit deßen Seegen ich wuchern muß. Meines Sohns seiner gieng mehr aufs Leibliche – (nach Wunsch der Hohen in der Welt.) Aus Riga habe noch keine Zeile erhalten – Gestern aus der Schweitz einen Brief von Gevatter K. der aber über ein Jahr alt ist. Der Mercur hat über die Tempelherren punctum gemacht. Scheint mehr ein Ruhe- als Endpunct zu seyn. Gott grüße und seegne Ihre liebe brave Frau. Tausend Grüße und Küße an Luischen p von mir und den Meinen. Aus Ihrem Stillschweigen schließe Jonathans Genesung. Er muß noch warten bis ich eine Hälfte finde, zu der ihm zugedachten Stelle neben Luther. So geschwind geht das nicht. – – Meine neue Köchin geht vorgestern aufs Land ihre kranke Schwester zu besuchen, und komt heute frühe
    als Braut zurück
. Ich gönne ihr wenigstens einen guten Kerl; sie war ist über ihren Stand geschickt, konnteann schneidern, Buchstaben nähen und wie meine Kinder sagen, auch welche schreiben. Abeat cum ceteris erroribus et curis domesticis!! Darf genommener Abrede gemäß nicht mehr als ein Qvartblatt schreiben. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund JGHamann. Bitte die Geburtstage des Augusts nicht zu vergeßen. Schließe mein 52stes, aber dem Himmel sey Dank nicht wie Freyherr – sondern schlecht weg von Gottes Gnaden.
Eutin den 31 Jul. 82. Ich habe HEn Kreuzfeldt geschrieben, woher es kommt, daß Sie Ihr Exemplar so spät bekommen. Sie, alter guter Nachbar, haben
    bezahlt
. Aber ein Exemplar müssen Sie doch auch zum Geschenk annehmen. Ihr lieber Brief hat mich herzlich erfreut, mein verehrungswürdiger Freund. Der Zuruf solcher Männer ist Antrieb, selbst gut zu werden. Ich wünsche, daß Ihnen meine Odüssee gefalle, so wie ich von vielen andern wünsche, daß sie ihnen nicht gefalle. Aber Sie beschämen mich, guter Vater Sokrates, wenn Sie sich einen Laien in Homers Sprache nennen, und von mir
    lernen
wollen. Der letzte Winter war für mich sehr traurig. Der schwüle Herbst trocknete alle Marschgreben im Lande Hadeln aus, und braute eine so dunstige Luft, die selbst den Eingebornen gefährlich ward. Ich bekam mit meinem ganzen Hause das Fieber, u zwar ich, meine Mutter u Frau, das immer wiederkehrende Quartanfieber, das meine Frau noch mit hieher gebracht hat. Jezt sind wir endlich gesund, und athmen eine Luft, die uns vor neuen Anfällen schüzen wird. Der Himmel machte den hiesigen Rector zum Prof. in Kiel, u schenkte mir armen Einsiedler seine Stelle wieder. Im Sept. kommt Stolberg aus Oldenburg zurück, wo er mit dem Bischofe ist. Dann fange ich mein neues Leben an. In Hamburg ward ich durch das Fieber meiner Frau 3 Wochen aufgehalten. Gleichwohl bin ich bei Claudius nur eine Nacht gewesen, weil er verreisen mußte. Er hat sich ein sehr artiges Haus mit Garten und Weide für eine Kuh gekauft, u lebt da als ein Prinz, wie man zu sagen pflegt. Bei Boie, der jetzt Landvogt z mit dem Titel Justizrath, zu Meldorf in Süderdithmarschen ist, habe ich Ihren Gruß u Auftrag bestellt. Er grüßt Sie wieder, u wünscht doch bei Gelegenheit etwas von Ihnen für sein Museum zu erhalten. Meine Frau hat mir drei vollblühende Jungen geboren, wovon der älteste 4, der jüngste 1½ Jahr alt ist. Ihnen fehlt hier ein Garten, sich so wie in Otterndorf herumzutummeln. Aber man macht mir Hoffnung, daß der Bischof mir ein ander Haus bauen oder kaufen wird. Die Stelle trägt ungefähr 400 rth:, und mehr, wenn die Schule anwächst. Dabei finde ichs hier wohlfeiler, als in Otternd., wo ich nur 300 hatte. Der Tisch ist gedeckt; und Heinrich ruf (der mittelste Bube) ruft, daß die Erdbeern kalt werden. So muß ich Ihnen denn wohl eine gesegnete Mahlzeit wünschen. Leben Sie wohl, lieber alter Papa, u behalten Sie mich lieb, Den Ihrigen Voß.
Kgsb. den 11 Aug. Dom XI. 82. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Den 14 Jul. erhielte die gedruckte Briefe nebst Horatz und einen Einschluß nach Riga, den ich mit der ersten Post besorgt, aber noch keinen Laut von dort erhalten. Den 27 kamen endl. auch geschriebene Zeilen an nebst dem letzten Briefe über den Baphometus, den Sie vermuthl. durch einen Schreibfehler
    die 3 letzten nennen
. So sehr ich auch die versprochene Fortsetzung wünsche; so ist es mir doch lieb, daß Sie erst die Antwort des Buphametus abwarten, von dem man hier erzählt, daß er ihrenthalben die Brunnencur in seinem dazu ausdrückl. gemietheten Garten ausgesetzt. Was Sie mir vom Schloßer schreiben, hat mir geahndt, aber selbst habe ich noch nichts gesehen. Was jene große Säule auf einem 4 Qu. seiten langen Briefe über die ersten hat sagen können, ist für mich ein Problem und bezieht sich vermuthl. auf das rechte Futter des
    Tempelherren Geheimnißes
, weil ich von Urkunden viel lauten gehört, und dies Vermächtnis ein Hauptknote und der kützlichste Punct für die ehrlichsten und klügsten Ordensleute zu seyn scheint. Aber in den 2 ersten Briefen war dieser Punct doch gar nicht berührt. Bezog sich der lange Brief, dem
    Sie noch keinen Namen
zu geben wißen, etwa hierauf; so war es vermuthlich ein Wink. Gestern fand wider ein Neues Ding über die alten u neuen Geheimniße angekündigt. Wird doch keine bloße Uebersetzung des elenden Geschmieres vom Abbt Robin seyn, den einige für Raynal hier ausgegeben Amst. 79. weil der Titel ein blos R hat mit dem Motto aus dem Plinio: Mire silentio et tenebris animus alitur. Bey welcher
    Gelegenheit
hat sich Spittler in den Göttingschen Zeitungen mit Ihnen sonderbar begegnet? Die Recension der nicolaitischen Schrift machte einen sehr lächerl. Contrast in diesen Zeitungen. Er wurde eben so sehr gelobt als Ihre Meisterhand. – Eh ichs vergeß; es hat sich ein junger Mensch, Namens Wedicke beym Kapellmeister in Berl. gemeldt u dieser dachte an ihn als einen ihm empfohlnen Landsmann von Kreutzfeld, der damals bey seinem Bruder in Neuhausen die Hundstage feyerte. Heute vor 8 Tagen besucht mich Kreutzfeld und weiß von nichts. Sollte ihm unser Landsmann zu Berl. Empfehlungen an Sie mitgegeben haben; so warne ich Sie für diesen Jean Jaques mit dem verlogenen Jungfergesicht und Harpyienfingern. Er ist ein Schwestersohn von Pf. Skubich in Morungen, mit seinem ältern Bruder hab ich einigen Umgang gehabt, aber alle die diesen jungen Menschen kennen, wißen seine Industrie zum Lügen und Betrügen nicht gnug zu beschreiben. Ich vermuthe daß er Reichard durch einen Empfehlungsbrief, worinn er Kreutzfeld’s Hand nachgemacht, hintergangen haben muß, und werde mir Mühe geben die Sache heraus zu bekommen. Rousseaus Werke habe wol angeschaut, aber noch nicht auftreiben können, ungeachtet der Anstalten, die ich dazu gemacht. Die Abhandl. über die Sprachen fiel mir gleich in die Augen, und ich dachte eben daßelbe dabey was Sie mir schreiben –
    zwar bekannte
, aber
    doch stark u hübsch gesagte Sachen darinn zu finden
. Indem eben mein Appetit zu seiner Confession durch Sie gereitzt worden war, erhielt ich wie vom Himmel gefallen, den 29 Julii den ersten Theil derselben aus Potsdam vom jetzigen Hauptmann v Hogendorp, der mir den zweiten Theil gl. nachzuschicken verspricht, sobald er ihn selbst durchgelesen haben würde. Ich warte aber noch darauf, und vor Ungedult hab ihn aus dem Buchladen anticipirt. Was sagt jetzt der teutsche Mercur zu seiner Deduction über das berüchtigte Factum. Kant ist so politisch, sich gar nicht um dies Buch bisher bekümmert zu haben, arbeitet vermuthl. an seiner eignen Ohrenbeichte oder Gemächte der reinen Vernunft. Auch Mendelsohn’s Anmerkungen zur Abbtschen Corr. habe weder in den hiesigen Buchladen noch bey seinen hiesigen Glaubensverwandten auftreiben können, bis ich sie ganz unerwartet auf der Schloßbibl. fand. Sein Urtheil über Humens Broschüre hat so auf mich gewürkt, daß ich heute meinen Schiblemini anfangen können und den ersten Brief meiner
    epistolischen Nachlesen eines Metakritikers
zu Ende gebracht auch den zweiten angezapft. Gott gebe guten Fortgang zu dieser Arbeit, daß ich diesen Geburtsmonath beßer anwenden möge, als mit der Humischen Uebersetzung vor 2 Jahren. An Subscribenten zu den Poetas illustres de España ist hier nicht zu denken; die Buchladen eignen sich hier auch alle dergl. Collecten zu oder sehen es als einen Eingriff an. HE Simon Friedlaender hat auf 2 Exempl. Christian Hill auf 1 Packhofverwalter H. do und Prof Poeseos hat auch halbe Lust zu 1 do gehabt. Mehr wie diese 4 sind hier nicht abzusehen. Bitte diese gehörigen Ortes zu denuntiiren. Sollten sich noch einige finden; so werde das Meinige thun. Kreutzfelds Mutter hat das Unglück gehabt sich auf dem Lande den Arm zu brechen, welches ihrem Sohn ungemein nahe geht. Er verwelkt sichtbar Wir haben hier auf 3 Monathe tiefe Landtrauer wegen der Königin von Schweden angelegt. Abt Raynal soll eine Art von Schlagfluß sich zugezogen haben durch die ihm zu Ehren angestellte Schmausereyen. Mendelssohn arbeitet noch würkl. an Leßings Biographie, wie mir einer seiner Landsleute der eben aus Berl. gekommen versichert. Diesen Mittag schickte mir mein alter Freund Kr R. Hennings den dritten Theil der
    Väterschule
zu von meinem Lieblingsdichter Retif de la Bretonne. – Kennen Sie auch diesen fruchtbaren Sonderling, über den ich eben wie Mercier in seinem Tableau de Paris denke. Wer mag der deutsche Uebersetzer seyn? Ich wünschte daß er die Anerbietung des Autors angenommen hätte und das ganze Werk uns mittheilen möchte. Er ist seit seinem ersten Buch, das ich von ihm kennen lernte, die
    Geschichte meines Vaters
, in dem der Grund aller seiner übrigen Familienmährchen liegt, immer mehr für mich gewesen, als Jean JaquesDie barmherzige Sage nicht gantz mit trockenem Fuße zu übergehen: so war eben nicht von Lumpenhändlern, Apothekern p die eigentl. Rede – – sondern von einem einzigen Wucherer, der sich Ihrer ersten Unbeqvemlichkeiten zu Nutze gemacht. Ein bloßes Misverständnis, ohne
    die geringste böse Absicht zu Ihrem Nachtheil
, scheint wol der ganze Grund des ganzen Gerüchtes gewesen zu seyn.
    Was Sie selbst anführen
, u Ihre Sstrenge Enthaltsamkeit von den Consistorialvögeln, Ihre Mildthätigkeit wurden mit als Beweise angeführt – schienen mir das Ding wahrscheinlicher zu machen, daß eine Art von Nothwendigkeit daran Schuld seyn müste, warum Sie Ihrem alten Verleger andere vorzögen. Gottlob! daß alles Lügen ist. Aber Ihre hypochondrische Unlust, die sich mehr auf politische als ökonomische Umstände zu beziehen scheint, ist wenigstens der
    Gesundheitslage
nicht günstig. Wir haben hier alle, liebster bester Landsmann Gevatter und Freund, einer höheren Fürbitte nöthig, daß unser Glaube nicht aufhöre, wenn er, wie der Weitzen, gesichtet werden solle.
    Erzürne Dich nicht über die Bösen, sey nicht neidisch über die Uebelthäter
. Aßaphs Heiligtum ist Ihnen näher wie mir. Ambition ist eine ärgere Selbstmörderin und Giftmischerin als Werthers Lotte mit ihren schnöden Reitzen. Den 12 – Heute war eine eigene Erscheinung auf dem Licent von einem Geistl. seiner Frau u Sohne, die mit Hack und Pack ankamen, und der durch ein Misverständnis für einen Nachfolger des seel. Lilienthals ausgegeben wurde. Sein Ansehen und Betragen war so auffallend, daß es jedermanns Aufmerksamkeit auf sich zog. Endlich kam bey der Declaration seiner Sachen heraus, daß er unter dem Namen eines Rectors u Predigers aus Pleße in Oberschlesien von dem Fürsten von Anhalt Cöthen kam, und
    Suche
hieß. Er gab vor, seinen Sohn auf die Akademie hier zu begleiten. Die ganze Familie sprach französisch, eben nicht sonderlich – und er wird vermuthl. als Sprach- oder Schulmeister hier unterzukommen suchen. Vermuthl. Als Landsmann suchte er den Kirchenrath Hennig im Löbenicht auf, wo man bald mehr von diesem Colonisten mit 7 Sprachen u einer Geige erfahren wird. Danke noch herzl. für Ihren Wieland und wünsche Ihnen dafür ein planirtes Exemplar – und dem Publico auch seine Uebersetzung der Sermonen, von denen Sie sich nur zum voraus 2 rohe oder planirte Copien bestellen. In meiner Kindheit war
    ungeleimtes
Papier die einzige Sache, gegen die ich eine Antipathie hatte. Diese besondere Art von Eckel hat sich aber mit den Jahren verloren. Mit Ihrem letzten Briefe erhielt zugl. einen aus der Schweitz von Pfenn. der ein Jahr lang liegen geblieben war u einen Einschluß von Gevatter Kaufmann d d Schafhausen 18 Feb. 81. Vermuthl. wird er jetzt schon in Barby seyn wenigstens redt er die Sprache dieses neuen Vaterlands, und verweist mich selbst auf Mochels Urne, die ich kürzl. gelesen. Nun ich umarme Sie im Geist, liebster bester H. zu unserm Geburtsmonde. Gott schenke Ihnen Gesundheit, Zufriedenheit und überschwenglichen Seegen – laße Ihnen Freude an Ihren Kindern leben, und mache mein Pathchen zu einem Ritter Mengs – Schreiben kann ich nicht; seufzen en maître. Hab diesen ganzen Monath, wie Augustus inter lacrymas et suspiria heimgeseßen – doch vorige Woche 2 mal bey Hippel gespeist und gebischoft. Küßen und grüßen Sie Ihre liebe, würdige GevaHälfte – Bin kein Prophet – sonst wären Sie schon längst in B. oder ich in W. gewesen. Doch durch fehlgeschlagene eitle Wünsche wird eben der unerkannte Zweck derselben erfüllt – wie aus dem Nichts – Etwas und Alles. Die Hofnung uns und die Unsrigen einander zu sehen wachse und reife mit jedem Jahre bis zur bevorstehenden Erndte. Ich umarme Sie und ersterbe mit meinem ganzen Hause Ihr alter ergebener verpflichteter und ewig treuer Johann Georg H. Adresse:
HErrn / HErrn
    Herder
, / Oberhofprediger, Oberkirchenrath / und General Superintendenten / des Herzogtums /
    Weimar
/ fr. Berl.
Königsberg den 12 Aug. 82. Wolgeborner Herr Geheimte Rath, HochzuEhrender Gönner. Den 1 Febr. c. erhielt einen ganzen Kasten von meinem Gevatter Claudius, deßen Sympathie und Synergie ich vermuthlich auch das
    doppelte
Denkmal und Unterpfand Ihrer Freundschaft zu verdanken habe. Er mag es verantworten, wenn meine späte Erkentlichkeit für den I. Theil
    Ihrer vermischten Schriften
den eigennützigen Anschein einer Bitte um den folgenden haben sollte. Ich erinnere mich wenigstens
    Allwills Papiere
im Mercur mit so viel Antheil gelesen zu haben, daß ich recht sehr wünschte, den Verf. davon zu wißen – und dieser so lange unbefriedigte Wunsch wurde auf eine desto angenehmere Art durch den Autor selbst
    thätig
beantwortet. Krankheit, Umstände meiner inneren und äußeren Lage, Unvermögenheit zu denken, zu reden und zu schreiben entschuldigen wenigstens mein Stillschweigen. Ich habe leider! so viel lange Weile und so wenig Muße, daß ich nicht weiß, wo ich diese hernehmen und was ich mit jener anfangen soll – und dergl. Wiedersprüche erfährt jeder, mehr oder weniger, in seiner Natur oder in seinem Schicksal, die so verträglich wie die meisten Ehen sind. Uebrigens ist mein ganzes Lesen mehr Betäubung als Cultur – erbaut mehr den Sitz des Uebels, als daß es selbigen verstört. So lang ich ein Buch in der Hand hab, genüß ich; leg ich es weg, bin ich
    gleich einem Mann
,
    der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschauet, denn nachdem er sich beschaut hat, geht er von Stund an davon
, und
    vergißt, wie er gestalt war
. Kurz, ein so hungriger Leser, wie mein Magen, hat keinen Gaumen eines Kunstrichters, sondern verschlingt und verdaut mehr als er schmeckt und unterscheidt. Fragmente von
    Schaustücken
, wie Sie uns mittheilen, laßen sich nicht nach dem Gehalt gangbarer Müntze beurtheilen. Ich habe den ersten Theil von
    Woldemar
zu Rath gezogen um seinen Character zu ergänzen. Es ist mir aber eben so schwer geworden, ihn in seine Bestandtheile aufzulösen, als Ihnen vermuthlich, sein Ganzes zusammen zu setzen. Das Ideal seiner
    Selbstständigkeit
ist für mein geschwächtes Nervengebäude vielleicht zu überlegen, das in einer
    glücklichen Abhängigkeit
mehr Sicherheit und Ruhe findt. Fast scheint mir dieser Lieblingsheld zu derjenigen Claße von Wesen zu gehören,
    welche eine unbeschränkte Unabhängigkeit der rohen Natur gern mit den Ergötzlichkeiten des geselligen Lebens verbinden möchte
, wie ich noch heute im III. Theil der
    Väterschule
gelesen habe. Eine Verbindung dieser äußersten Ende komt mir freylich als die einzige Auflösung für das Problem
    menschlicher Glückseeligkeit
vor. Ist sie aber eine Mauer? oder ist sie eine Thür? – Ist sie ein
    Stein
? oder eine
    Tinctur
? ein trocknes oder ein feuchtes Menstruum? Das mögen die Salomone und
    Buphamete
unsers Jahrhunderts entscheiden. Non nostrum estVerzeyhen Sie dieses unzusammenhängende Geschmier. Ich empfehle mich Ihrer Gewogenheit und freundschaftlichen Nachsicht, mit dem herzlichen Wunsch aller Zufriedenheit und eines Anlaßes Dero zuvorkommende Gewogenheit durch einen ähnlichen Genuß von meinem Theil erwidern zu können, und habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung und Gesinnungen zu seyn Ew Wolgeboren ergebenster Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
Des / HErrn Geheimten Raths Jacobi / Wolgebornen / zu /
    Düßeldorf
.
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 12 Aug. 1782 Haman.
den XXV Aug. Dom. XIII. 82. Herzlich geliebtester Gevatter Landsmann und Freund, Ihr Geburtstag ist heute in meinem Hause gefeyert worden in Gesellschaft eines jungen Feldpredigers Zitterland der diese Woche aus Moewe hergekommen ist, wo Sie auch in gutem Andenken stehen bey einem Hauptm. von Knebel, der einen Bruder dort hat, an den Sie auch einmal gedacht haben. Meine älteste Tochter machte mir auch die Freude das erste Stück und Lied auf dem Clavier hören zu lassen, worauf Sie Hill unterrichtet, der auch mit aß. Beschränkt Ihr Weisen dieser Welt – Ich hab ihr dafür ein alt ¼ Rubelstück eben in die Hand gedrückt. – Darnach kam ein Besuch von Juden, und ich hatte das Vergnügen in meinem Garten zu bemerken, daß der letzte von meinen Obstbäumen, auf den ich bisher so lange gewartet, auch ausgeschlagen war. An diesen beyden Wahrzeichen von Ihrem doppelten Geburtstage habe ich gnug – Gott lasse in Ihrem Hause Gesundheit, Freude und Friede und Liebe und Seegen reichlich einkehren Amen!! HE. Pf. Skubich brachte mir den 22 huj. Einlage mit der Nachricht, daß Ihre liebe Schwester gesund ist und ihr Mann anfängt vernünftiger zu werden. Sie hat mir ein paar Zeilen geschrieben und schmachtet nach Antwort und gute Bothschaft. Vorige Woche habe mich nicht aus dem Hause gerührt, und denke auch diese halbe einheimisch zuzubringen. Meinen
    Schiblemini
oder
    epistolische Nachlese eines Metakritikers
angefangen; ob es weiter gehen wird, weiß der liebe Gott. Kopf und Herz ist dürre und welk. Die 1. Epistel handelt von der
    gedruckten
Uebersetzung der Humischen Gespräche. Die 2. von der
    geschriebenen
u dem Mendelsohnschen Urtheil. Die 3. vergleicht den Juden u Philosophen. Die 4. Ist eine aufgewärmte Uebersetzung des letzten Cap. von Hume 1. Theil on human nature die 71 in ein paar Beyl. hier erschienen unter dem Titel: Nachtgedanken oder Confessionen eines Sceptikers. Die 4. dörfte wol auf Kant kommen von dem ich heute gehört, daß er seine neue Abhandl. schon abschreiben läßt, welche vermuthl. dem Göttingschen Rec. angehen wird – aber wie es scheint unter einem
    andern
Titel als: Prolegomena einer Metaphysik die noch geschrieben werden soll – den ich Ihnen angegeben. Von Hartknoch ist noch kein Laut angekommen; von George Berens eben so wenig. Einem vielleicht blinden Gerüchte zufolge wird Hintz hier erwartet. Meine Vermuthung ist leider wahr, da W. hier wie ein Dieb fortgelaufen und sein besserer Bruder dafür haften müssen. Melden Sie doch etwas von seiner dortigen Durchreise. den 26. Das gestrige schöne Wetter ist wieder umgeschlagen. Gott gebe Ihnen eine bessere Weinlese, als die hiesige Erndte gerathen kann. Die kalte feuchte Luft wirkt auch sehr auf meinen Leib u. Kopf. Wenn ich nur könnte, würde ich morgen gern mit Fasten feyern. Ich glaube, daß mein Gehirn ein noch ärgerer Schleim als mein Blut ist. Wie geht es mit der Gesundheit meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin? Hälts mit dem Steigen auch so schwer wie mit dem Quecksilber in meinem Barometer, das ich vor langer Weile so fleißig wie mein seel. Vater in seinen letzten Jahren zu beobachten anfange. Erhalten wir zu Michael eine Fortsetzung von der heb. Poesie? Nichts weiter von Ihnen im Mercur? Schlosser soll auch Kant sehr mitgenommen haben in seinem Longin, den ich noch nicht gesehen. Die französische Physiognomik habe durchgelaufen. Die Kupfer werden kaum das Buch empfehlen u sind weit unter dem alten Original. Ihr häufig vorkommender Name und die Silhouette aus Asmus hat mir Freude gemacht. Ist es denn nicht mögl. zu einem Begriff von der Urkunde
    Chevilah
zu gelangen? Eben erhalte
    Hofnung
des Jordans Buch de vno et principio aus Italien zu erhalten. Es ist ital. geschrieben. Könnten Sie es nicht auf Ihrer dortigen Bibl. zum Ansehen bekommen, um mir zu melden ob es meiner Mühe lohnt. Viel Glück Ihrem lieben Gottfr. zu seinem 9ten Jahr – Gott seegne Ihn, Pathchen und all das Ihrige – Empfehlen Sie mich Ihrer lieben
    Einzigen
– Mutter und Tochter. Ich ersterbe Ihr alterJoh. Ge. H. Adresse:
HErrn / HErrn Herder, / Oberhofprediger, OberKirchenrath / und Generalsuperintendenten p / zu /
    Weimar
. / fr.
    Halle
.
Kgsb den 26 Aug. 82. Noch kein Laut von Ihnen, liebster Hartknoch. Meinen besten Dank für Einl. Die zweite bitte zu befördern; sie enthält einen Einschluß von Gevatter Kaufmann d d im Febr. 781 die ich aber erst im Julio c. erhalten durch HE Pfenninger, der sich entschuldigt selbige vergeßen zu haben nebst einem eben so alten Briefe an mich von beyden. Die Ausgabe vom Corpore Byzantinae Historiae auf der hiesigen Schloßbibliothek besteht aus 17 sehr ungl. Bänden, die alle zu Paris e Typogr. Regia von 648 bis 702 in gr. folio ausgekommen sind. Den 18
    Band
in kleinem Folio nahmen die 2 Theile des Georgii Pachymeris aus, nach der Römer Ausgabe von 666. Aus des Struvii Bibl. Historia, Buderschen (nicht Meuselschen) Ausgabe ersehe, daß Pachymer auch im Louvre ausgekommen, diese Theile aber die allerseltensten seyn sollen. Aus der holländischen Ausgabe ist nichts geworden, weil Graevius starb. Die Venetianische soll 28 Folianten ausmachen, und enthält noch Josephi Genesii de rebus Constantinopolitanis Lib IV. a Leone Armenio vsque ad Basilium Macedonem ex vetere Codice membranaceo Bibliothecae Paulinae Lipsiensis a Stephano Berglero descriptos et ab eodem cum apographo Jo. Andr. Bosii collatos, vna cum coniecturis variis et versione Bergleri integra – Joh. Burch. Menken hat diesen Beytrag geliefert, der Venetianische Buchhändler hat seine gelehrte Vorrede zu dieser Ausgabe nicht abgewartet. Auch Bandarus beschwert sich über die Venetianische Verleger, ihn nicht zu Rath gezogen zu haben. Vermuthlich wird Meusel die venetianische Ausgabe näher beschrieben haben. Die
    Anzahl der Bände
läßt sich nicht von der Louvre Ausgabe bestimmen, sondern hängt von den Buchbindern u Eigenthümern nebst der
    Folge
ab. Die 18 Bände der hiesigen SchloßBibl. neml den Pachymeres der römischen Ausgabe eingeschloßen machen nach des Struvii oder Buderi Recension 28 Theile und folgen sich gar nicht nach den Jahren, die Struvius zu folgen scheint. Zu den 18 oder 28 Bänden gehören noch
    Caroli du Fresne Historia Byzantina
in 2 Vol. fol Paris 680; sein
    Glossarium Latinitatis
in 5 Fol. nach der Ausgabe Paris 733–36; und sein do
    Graecitatis
Lugd.
688 in 2 Tom fol. die ich selbst besitze in einem mäßigen Bande. Ferner
    Anselmi Banduri
Imperium Orientale Paris.
711 in 2 Folianten. Auf unserer akademischen Bibliothek soll sich auch ein Exemplar dieses Corp. Byzantini befinden, welches ich nächstens vergleichen werde – vielleicht auch das auf der StadtBibliothek, sobald Prof. Kraus sein Sub-Bibliothecariat angetreten haben wird. Mart. Hancke hat eine Abhandl. de Byzantinarum Rerum scriptoribus Graecis Lips. 677. 4o so wie de Scriptoribus rerum Romanarum 669. den ich eben so wenig kenne als Rudolphi Capelli Indicem über Hanke und L’abbé Verzeichnis der Byzantiner Hamb. 686. 4o Habe gestern Herders Geburtstage gefeyert und ihm eine Einl. von seiner Schwester befördert. Morgen endige Gott Lob! mein 52stes Jahr – Leben Sie wohl und eilen Sie nach. Weil ich nicht weiß wenn diese abgehen wird; so unterdrücke alles, was für die nächste Post gehört. Gott seegne Sie und Ihr Haus. Ich bin Ihr alter Freund und Diener. Joh. Ge. Hamann. Vermerk von Hartknoch: Empf d 8 Sept 1782.
Kgsbg den 27 Aug. 82. Liebwerthester Freund, Den 1 Julii kam HE Hartknoch an gleich einem Regi de Saba beladen mit Gaben, Geschenken und Briefen aus der Schweitz, die mir viel Freude gemacht und treflich geschmeckt – und dieeren ich mich mit Dank abermal erinnere, da ich eben heute mein 52stes Jahr beschließe. Ich habe mich an Ihrem doppelten Käse wenigstens um den andern Abend erqvickt – weil meine gewöhnl. Malzeit alsdann in einem
    Butterbrodt
besteht, das ich mit ihren Trauben Eskol gewürzt und mit dieser Diät fortfahren werde bis zum consummatum est. Vom Ueberbringer habe noch keinen Laut aus Riga gehört. Er kam mit einem gesunden Ansehen aus Ihren Gegenden zurück – ich besorge aber Nachwehen von seiner nachzuholenden Arbeit, die er zu Hause finden wird. Auch mich würde vielleicht der Anblick Ihres gelobten Landes und so mancher patriarchalischen Seelen – und
    sonderlicher Liebhaber und Brüder
, die mir anheim gefallen, verjüngen, erwärmen und gleichsam auferwecken von meiner verjährten Lethargie – – Was ich aber so wenig als Barsillai mehr hoffen kann, wünsch ich wenigstens meinem einzigen Sohn Michel der unter obigen dato des nächsten Monats Gottlob in sein 14tes Jahr tritt – Unsere Gedanken begegnen sich aber vermuthlich sehr oft in W. und Ihre Silhouette hängt über Ihres künftigesn Bett Freundes (wenn er deßen würdig ist) Bett, neben dem meinigen. Danken Sie Gott für Ihr
    äußerliches
Glück, und überlaßen Sie eben Demselben auch Ihr inneres, denn beydes, Schöpfung und Ruhe, ist Sein Werk. Ihres würdigen Bruders
    Reisen der Päbste
habe mehr wie einmal mit Vergnügen durchgelesen, und fast muß ich sagen, mit mehr Sympathie als den ersten Theil seiner Geschichte, in der er mir zu sehr eingenommen zu seyn schien für unsere Tactik und martialisches System. In jenen Blättern find ich mehr den Geschmack der Odyßee. Nun, lieber Herr Candidat, hüten Sie sich für das vor dem
    Bücherschreiben
und nehmen Sie sich recht viel Zeit
    kurz zu
predigen, und thun sich recht viel Gewalt selbst an,
    einfältig
zu seyn, mit Verleugnung alles deßen, was nicht zur Sache, zum Beruff, zum Amt gehört. Sie können nicht glauben, wie als ich es leider! aus der Erfahrung weiß, wie sehr von diesen kleinen Hausmitteln
    Oekonomie
und
    Genuß
des Lebens abhängt. Wenn Sie bey Ihrer gegenwärtigen glücklichen Lage nicht Ruhe haben, wie können Sie selbige von einem Amt erwarten – Sie haben freylich Recht; es müßen uns Sorgen
    aufgelegt werden
: sonst machen wir uns selbst welche, die immer am schwersten sind, und sich zu jenen verhalten wie Moses Stab zu der Pharisäer und Schriftgelehrten ihrem Joch und Stachel. Während Ihrer gegenwärtigen Muße und Feyer nehme ich Ihr Anerbieten mit beyden Händen an, alle Jahr ein Paar Briefchen oder Briefe – durch die Beqvemlichkeit der nach Leipzig reisender Buchhändler – zu erhalten. Wie Sie in Ansehung Ihrer Zuschriften ohne Noth besorgt sind, hab ich weit mehr Fug es für die meinigen zu seyn, da meine 3 dortigen Freunde mit Geschäften und Verbindungen überhäuft sind, daß ich mich eben so schäme als fürchte Sie mit meinem Geschmier zu beunruhigen, und dennoch bisweilen Licht und Erörterung über Ihre dortige Erscheinungen wünsche. Das fällt mir gleich eine Frage ein, die Sie mir vielleicht zu beantworten im stande sind. Wie heißt der Verf. der
    Geschichte des Chiliasmus
? Dies Buch kam mit der
    Apologie der Vernunft
zu gleicher Zeit heraus, von der ich auch noch nicht den Verf. habe erfahren können. Ein Schweitzer wird er kaum seyn, wie jener – der auch an einem Journal viel Antheil haben soll, das ich kaum dem Namen nach kenne. Melden Sie mir doch was von Ihrem
    Pestalozzi
,
an deßen Volksbucheroman ich mich recht erqvickt und erholt, nachdem ich mich an des Raynal 10 Vol. hungrig und durstig nach Philos. und Politik gelesen hatte. Mit seinem Lienhard u Gert. habe alle mögl. Experimente von Lesern gemacht; und es hat allen geschmeckt, so verschieden auch ihr Geschmack seyn mochte. Ist nicht auch
    Obereit
ein Landsmann von Ihnen? Auch seinen
    Gamaliel
habe ich nachgeholt; die kleine Schrift, welche er noch anführt, haben noch ich nicht hier auftreiben können; werde deshalb in Riga Nachfrage thun.
    Frischens
entscheidende Gründe gegen das Steinbartsche System haben mir auch Genüge gethan. Endlich hab ich auch das einzige Exempl. der Physiog. im franz. hier ansehen können. Ist Ehrmann Uebersetzer? Bey aller Sorgfalt besorge ich wegen
    Styls
u
    Kupfer
in Fr. Melden Sie mir doch zu Ihrer Silhouette auch den Tag u das Jahr der Geburt – und wo mögl. wenn Sie auch solches in Ansehung meines
    Gevatters Kaufmann
u seiner
    Frau
erfahren, nach deren
    Familiennamen
ich mich auch bisher umsonst erkundigt, nun, mein liebwerthester Freund, ich wünsche Ihnen bald eine Versorgung nach Ihrem Herzen – und eine Gehülfin die um Ihnen sey, wie unsers H. seine. Unterhalten Sie mich bisweilen mit Ihren W. Erinnerungen. Gott seegne Ihre fromme Mutter, und erhalte Sie zu beyderseitigen Freude und Trost! Empfehle mich unter herzl. Gegengruß der Meinigen und bin mit aufrichtiger Hochachtung Ihr verpflichtester Freund u Diener Johann Georg Hamann Da HErr Häfeli Ihr alter Freund und wie es scheint, gar Tutor und Wirth gewesen; so erinnern Sie ihn doch wenn die letzte Hälfte des 3ten Theils fertig ist, mich nicht zu vergeßen. Die erste Hälfte hat mir einen der schönsten Sonntage in diesem Jahre gemacht – und er scheint auch den guten Wein zuletzt aufbewahrt zu haben. Adresse:
An / HErrn Johann Georg Müller / in /
    Schafhausen
.
Kgsb. den 27 Aug. 82. HöchstzuEhrender Herr, Landsmann und Freund, Hiemit zur schuldigen Nachricht, daß Feldprediger Zitterland und ich vorgestern am GeburtsTage unsers Landsmanns in W. Ihre Gesundheit getrunken, und dieses heute auf das Wohl Ihres ganzen Hauses von mir und den Meinigen gantz incognito widerholt, auch an den amerikanischen Vetter dabey gedacht worden. Wißen Sie nicht was von ihm noch oder seiner Abreise; so ersetzen Sie doch das Stillschweigen aus Haag, wo mein dringendes Bitten um Antwort u. Nachricht fruchtlos gewesen. – Kreutzfeld ist mit einem Schrecken vom Lande zurückgekommen, weil seine alte Mutter daselbst auf ebner Diele den Arm gebrochen. Ich hab ihn wider über 8 Tage nicht gesehen – und seine Gesundheit zehrt sich zusehens ab. Von dem Durchläufer weiß er nichts. Meine Vermuthung ist leider! eingetroffen. Er lügt u stiehlt wie ein Vogel des Apolls, und ich bin weder der erste noch letzte gewesen, den sein Rousseausches Syrenengesicht eingenommen, wie ich ihn das erste mal sahe. Ist er
    mit einer schriftl. oder blos mündl. Empfehlung bey Ihnen gewesen
? Nicht eben einen Folianten, wie Athenäi seinen, aber doch ein kleines Octavblättchen habe von Ihrem Deipnosophisten erwartet. Hat das Kupfer in der Lavaterschern fr. Physiognomie Aehnlichkeit? Ist es wahr, daß er sich einen Anfall von Schlagfluß zugezogen – Den 29 Jul. kam wie vom Himmel gefallen der erste Theil von des Rousseau Confessions – Rathen Sie von wem? Mit dem NB daß der zweyte Theil bald nachfolgen sollte. – Aus Potsdam? Ich wollte vor Freude aus der Haut fahren – Läst sich kein zweiter Theil weder hören noch sehen. Wenn HE Hauptmann von Hogendorp noch dort vor Anker liegt; so ist es kein anderer wie er, der immer auf halben Wege stehen bleibt – Aus Riga habe auch noch keinen Laut vernommen. Ich bin vorige Woche und diese nicht im stande gewesen aus meinem Hause zu gehen – und schlüße heute mein 52stes Jahr. Hinc illae lacrumae – – Ist die D. Biestern noch nicht in Wochen gekommen? und womit? Wars nicht dieses Kindelbiers wegen, daß Sie aus Ihrem Vaterlande so eilten? Wenn mein Kalender nicht trügt, so ist morgen des Götzen von Berlichingen Geburtsfest. Vorgestern und heute hat sich auch eine Virtuosin bey mir hören laßen, oder vielmehr die erste Probe ihrer krummen steifen Finger und Menschenstimme gemacht, nemlich Lisette Reinette mit dem Liede:
    Beschränkt ihr Weisen dieser Welt
Kant läst seine – nicht Prolegomena – sondern Erläuterungen oder wie es heißen mag, schon ins Reine schreiben, vermuthl. zur bevorstehenden Meße. Das Kayserlingsche Haus ist zu Ende des Jul. nach Kurl. gereist, und man glaubt, daß ihr Aufenthalt dort länger wie gewöhnlich seyn wird. Dem Kanzler von Korf habe ich mit einigen Nachrichten aus des Vetters Briefe zu Hülfe kommen müßen, weil er aus Ihrer Nachricht wegen seines Reisegefährten gar kein Licht in Ansehung seiner Person und etwanigen Verwandtschaft schöpfen konnte. Ich verstand ebenso wenig von dem Vorfall, der ihm begegnet war, und den Sie ihm gemeldet hatten. Seit der Zeit habe Ihre Excell. nicht gesprochen – bin auch diesen Verbindungen nicht gewachsen, sondern ihrer satt und müde. In der Voraussetzung daß Ihre HerzensFrau und Wilhelminchen sich gesund und wohl befinden – auch Ihr Freund vollkommen widerhergestellt ist – wünsch ich daß Gott Sie allerseits dabey erhalten möge. Außer Kopf, Herz und Börse steht in meinem Hause alles wohl. Ich umarme Sie und ersterbe unter herzl. Empfehlung der Meinigen mit der innigsten Hochachtung Ihr alter verpflichteter und ergebenster Freund Landsmann u Diener Johann Georg Hamann Adresse mit rotem Lackrest:
HErrn / HErrn Reichardt / Königl. Kapellmeister / zu /
    Berlin
/
    par fav
.
Kgsb den 16 Sept 82. Herzlich geliebtester Freund, Das Stück des deutschen Mercurs hab ich Ihnen nebst einer Einl. aus der Schweitz an Lenz zugefertigt, die ich zu befördern bitte. Friedrich übernahm die Besorgung nach Mietau, hat aber selbiges an das Toussaintsche Comptoir abgegeben, wo etwas an Sie abgefertigt werden sollen. Vergeßen Sie doch nicht den Empfang mir zu melden. Endlich bin ich auch vorigen Freytag mit einem Pack u Briefchen von Ihnen erfreut worden. Gottlob! daß Sie gesund sind; weshalb ich immer besorgt gewesen. HE Secr. Klisow fand mich in meiner schlechten Laune u wollte schon gestern abgehen, ohne mich noch zu besuchen, wozu ich ihn eben nicht aufmuntern konnte. Ich bestellte den Brief an Kloth, und führte ihn selbst dahin, wo er in seinen Geldangelegenheiten was abmachen konnte. In dem Briefe stand von 19 20 Exempl. FreymäurerLiedern; sie meldeten 19 zurückbehalten zu haben, welches vermuthen ließe daß eins beyliegen sollte. Ueberbringer machte uns selbst auf diese Differenz aufmerksam u daß kein Exemplar unter den mitgebrachten Sachen wäre. Das übrige ist alles richtig. Hänschen hat die Sachen nach den 2 Buchladen hingebracht und Wagner besucht mich gestern ganz unvermuthet, zum andern mal in diesem ganzen Jahr und versicherte mir den Empfang. Hartung selbst ist nicht da gewesen, seine Leute haben es empfangen. An HE Courtan, weil sie unpäßl. u bettlägerig war, hab ich den Schrökh für den Sohn u das franz. Buch für HE Toussaint abgeliefert, auch wegen der Auction Erinnerung gethan, worüber Sie nächstens Auskunft erhalten werden. Für die Erstl. Ihres neuen Verlags 1000 Dank; auch für die mir besorgte Bücher, deren Werth ich mir ins künftige in pr. Münze anzuzeigen bitte. Wenn 1 m = 1 Düttchen ist: beträgt die Summe 63 gl Düttchen pr. oder 6 fl. 3 gl. Folgl. Ihre Rechnung oder Casse bey mir stehend 29 fl. 18 gl. Wegen der ruß. Bibl. für Etatsrath Schrywer erwarte noch Nachricht; sie haben 20 m beygesetzt und sonst niemals. Quaeritur: ist dies ein Irrthum? oder soll ich 2 fl. pr. von ihm einfordern. Werde nicht eher das Buch abschicken, bis ich Antwort darüber erhalte. Kapellmstr Reichardt hat mir weder auf 2 Briefe geantwortet noch das 3te Stück seines Magazins zugeschickt. Vermuthe, daß er mir böse geworden. Warum? weiß ich ebensowenig, als das Warum? seiner vorigen Neigung. Blößen hab ich ihm genug gegeben – theils in Ansehung der Weimarschen Angelegenheit – theils in Ansehung des Vettern, von dem ich nicht das geringste weiß. Meine Unschuld u Aufmerksamkeit in beyden Dingen beruhigt mich. Unser Freund in W. ist empfindlicher als er nöthig hatte, und redt von Apotheker Rechnungen u dergl. Kleinigkeiten – an die weder jener noch ich mit einer Sylbe gedacht. Sie dürfen sich also mit meinen Schriften gar nicht übereilen – Im Gegentheil ist es mir recht lieb, wenn die Sache liegen bleibt; denn es macht mir eben so viel Mühe meine alte verrauchte Grillen aufzusuchen u ihnen nachzuspüren. Kant ist im 68 Stück der Gothaischen Zeitungen, nach Wunsch, wie ich höre beurtheilet. Vergeßen Sie nicht, liebster Freund, die noch fehlenden Bogen der Kritik bey guter Gelegenheit beyzulegen, und meine Ungedult nach der neuen Beyl. die wie ich höre schon von Kant ins reine geschrieben worden zu befriedigen. Ich habe meinen
    Schiblemini
angefangen u bin 4 Episteln weit gekommen. Die erste handelt von der gedruckten Uebersetzung in Vergl. meiner geschriebnen . Die 2 von Mendelsons Beurtheilung der Humischen Gespräche in den Anmerkungen zur Abbtschen Correspondenz. pp. Mit der 5ten Epistel komme ich auf die Kritik der r. V. welche ich von neuen studiere und dazu die
    Erläuterungen
abwarte. Von denen mir den wahren Titel ausbitte nebst der Nachricht, ob sie diese Michaelsmeße erscheinen werden. Sie sehen also, wozu ich eins der ersten Exempl. erflehe und erwarte. Ist in diesem Jahr noch nichts von Arndt für mich ausgekommen? Damit ich den ersten Jahrgang einbinden laßen kann, oder ist er mir auch böse u untreu geworden. Doch nach dem medio termino müste ich meinen liebsten Freunden böse geworden seyn, weil ich Ihnen weder schreiben noch antworten kann. An Ihrer väterl. Freude an Hänschen nehme innigsten Antheil. Gott erhalte Sie und Ihn. Meinen Empfehl an Me Hartknoch u alles was Ihnen lieb u werth ist. Ich umarme Sie u ersterbe nach herzl. Gruß der Meinigen Ihr alter ergebenster Hamann. Mit Buffon bitte auch die 2 Theile des Shack. nicht zu vergeßen. Zu den Confessions des Rousseau gehören auch Rousseau Juge de J. J. die wichtiger ist u eher die Meisterhand eines guten Uebersetzers erfordert als jene. Vale et faue! Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
. / 8 f.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 12 Sept 1782 beantw eod
Kgsb den 8 8br 82. Herzlich geliebtester Freund Die gestern erhaltene Einl. sind bestellt an Hartung u Crüger; und ich bin selbst bey HE Cr. R. Jenisch gewesen, der mir sagte, daß er geantwortet haben würde, wenn er Ihren Auftrag nicht hatte erfüllen wollen; daß an den verlangten Abschriften aber bereits gearbeitet würde. Sie sollten also nur die dazu gehörige Zeit, woran es ihm fehlte, abwarten. Von dem in Memel für mich lagernden Pack weiß noch nichts; ich besorge aber Irrungen und Misverständnisse. Aus den auf einem Ihrer Briefe notirten Theilen des Sh. ersehe, daß der 8 und 10te, nicht 6te Theil bestellt worden. HE von Auerswald sowol als ich waren beyde gleich besorgt allen Irrthum zu verhüten. Er ist eben hier als Adjutant seines Generals u Regiments zur Revue u ohngeachtet seiner überhäuften Geschäfte, besuchte er mich diesen Sontag, wo ich sogl. mich nach dem 13ten Theil erkundigte, er mir aber zur Antwort ertheilte, daß er diesen selbst hätte. Wenn Sie
    meine Briefe nachsehen
, so werden
    Sie finden
,
    daß ich mich ausdrückl
.
    vorbehalten
,
    mich erst
    darum zu erkundigen
, ehe ich
    denselben bestellen könnte
. Drittens setzen Sie für diese 3 Theile 3 rth alb. = 4 rth. cour. und im hiesigen Hartungschen Catalog ist der Preis für
    jeden Theil
2 fl. 24 gl. alle 13
    Theile complet
    kosten
37 fl. 15 gl. Bey der gegenwärtigen Crisi macht wol die Differentz 6 gl. aber 36 gl!! Ich habe Ihnen schon Anfangs gesagt, daß ich mit einem accuraten u genauen Mann zu thun habe, der so jung wie er auch ist, ein strenger Buchhalter jeder Ausgabe ist. Nicolais 2ter Theil übertrifft den Schlözerschen, und unser Freund ist auf eine Art gemishandelt, die mir wehe thut. Ich wollte gern seine mercurialischen Briefe adoptiren u auf meine Rechnung nehmen, wenn die Sache sich thun ließe. Meine Besorgnis wegen des Stillschweigens aus Berl. u Holland ist überflüßig gewesen u hat auf lauter Misverständnißen u Zufällen beruht. Er hat mir das 3 Stück seines Magazins zugeschickt und vorige Woche ein ganzes Pack aus Holl. addressirt, das wegen seines Aufenthalts in Rheinberg einige Wochen liegen geblieben. Vetter Becker ist in großer Gefahr gewesen unter
    Seelverkäufern
, hat einen Liefl.
    Lanting
in Amsterdam kennen gelernt, der vorgiebt 5 Jahre mich in des seel. Lindners Hause gekannt zu haben, ein Seidenhändler ist, und unsern
    George
aus Spanien erwartet, den er eine große Lust bezeugt kennen zu lernen. Diese Nachricht ist vom 23 Aug. Hänschen soll noch diese Woche die beyden Stücke der Bibl. abgeben wenn er zu Wann. geht, welches der halbe Weg nach dem Roßgarten ist. Um Geld zu haben, bitte wenigstens eine Rechnung beyzulegen. An pollnische Bücher für ihn ist nicht zu denken, da wir die Gefahr büßen die Voyengelder zu verlieren, mein einziges Emolument, auf das ich noch habe rechnen können, ohngeachtet die Verhältnis von Handel u Schiffahrt abhängt. Ich habe ihm schon den Vorschlag gethan den Chozimen Krieg, in deßen eilften Gesang er jetzt ist, auszuarbeiten. Die ersten 6 Gesänge hat er schriftl. die letzten bloß mündl. übersetzt. Dem ohngeachtet wünschte ich noch ein paar Octavbogen für baar Geld, die ich hier nicht auftreiben kann, vom
    ursprüngl. Geister und
    Körperzusammenhange nach Newtonschen Geist
,
    an die Tiefdenker in der
    Philosophie
. Augsp. (Lotter) 76. vermuthl. von
    Obereit
der sie in der
    Natur
u
    Heiden
anführt. Auf Kants Prolegomena warte mit Schmerzen, und weiß daß Sie Wort halten. Fahren Sie nur immer zu sammeln fort um dem Landsmann in Berl. auch Wort zu halten. Aber an meine Opp. omnia zu denken schaudert mir die Haut. Giebt es in Riga ein Haus wo man die Samml. des Hamb. Correspondenten findt; so hätte ich auf allen Fall eine Abschrift der Recension von den Sokr. Denkw. nöthig im Jahr 759. oder 60. Sie wißen wie ich das Stück beim seel. Buchholtz fand, da ich eben auf eine 8 Tag aufs Land gehen wollte. Es war im Jul. oder Aug. Befindt sich der arme Neumann so schlecht, daß er eine Wärterin des Nachts braucht? Jener mag auch Last gnug gehabt haben. Rousseaus Schrift schien mir auch gar nicht für
    Bodens Uebersetzungslaune
zu seyn. Cramer wird uns immer Gnüge thun; und zugl. wie ein anderer Freinshemius Supplemente liefern. Rousseaus Originalportrait von la Tour, das er selbst in seinen Dialogues anführt, befindt sich hier u ich liebäugele manche viertelstunde mit demselben, in Pastel, aus Mylord Marechal Nachlaß. Auerswald ist abgereist mit dem Regiment u hat mir versprochen den gantzen Sh. zu überschicken. Sollten Irrungen seyn; so kommen sie nicht von uns. Die
    Note
auf Ihrem Briefe steht zu Diensten. Es ist nichts mündl. sondern alles schriftlich bestimmt worden wegen der fehlenden Theile. Den 13. habe auch nicht bestellt, sondern eventualiter oder conditionaliter höchstens daran gedacht; vielleicht kann er in den hiesigen Buchladen angebracht werden. Ich weiß daß ich zu keinem Commissionair bestimmt bin. Den
    Lilienthalschen
    Catalog
haben Sie doch erhalten, wie ich die
    ersten
4
    Stücke des Petersb
. Journals. Schließe diesen Brief bey meinem lieben jüngsten Gevatter HE Jacobi, wo ich bey diesem schlimmen Wetter Mittag halten will. Wünsche Ihnen lauter gute Nachrichten aus der Schweitz u laßen Sie mich auch daran Antheil nehmen. Grüßen Sie Ihn von mir u seinem alten Hänschen Michel, der aber noch keiner Correspondentz gewachsen ist. Empfehle mich u die Meinigen unter Anwünschung guter Gesundheit und lauter gesunden Hausgenoßen. Was macht HE. Woldenscherer? und hiemit Gott empfohlen.JGH. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
. /
    Einschl
. 8 fl
Vermerk von Hartknoch: Empf u beantw d 7 Oct 1782
Blitz, Donner und Hagel! Wo ist mein Brief, der deutsche, den Vetter an mich geschrieben. Heraus mit ihm! wenn ich nicht noch sieben Flüche zu denen zugeben soll, mit denen sich meines seel. Vaters seel. Bruder Johann George hinsetzte, den zweiten Theil der asiatischen Banise anzufangen. Aus weßen Macht können Sie mir den deutschen Brief, den Vetter an mich geschrieben, zurückhalten, und unterschlagen, – und wer hat Ihnen die Macht gegeben – „und wie habt Ihr das thun dürfen? Wißt Ihr nicht, daß ein solcher Mann wie ich bin, errathen konnte?“ Erschrecken Sie nicht, liebste beste Frau Capellmeisterin, vor dem Donner, Hagel und Blitz. Die Sache betrifft keinen Eyerkuchen; sondern eine Urkunde, einen Belag zur Geschichte des menschlichen Herzens, einen Text, über den unser Vetter vor seinem Abschiede aus dieser alten bösen Welt 2 ganzer Bogen in folio Noten Anmerkungen und Berichtigungen geschrieben, die mir ohne ihren Text eben so viel nütze sind, als ein Schloß ohne Schlüßel,
    oder
    rückwärts
, wie Junker Asmus in Wandsbek sagt. Ehe ich zur Hausuntersuchung schreite, Madam, bitte mir den Schlüßel zu Ihrem Weinkeller aus und den grösten Willkomm von Gold, Silber oder verklärter Erde aus, damit zu weißagen, in welchem Winkel mein Eigenthum nach seiner Erlösung sich sehnt. Ich vermuthe allerdings
    Teufeleyen
in diesem Briefe, und daß Er nicht das Herz gehabt Sie zur Helerin deßelben zu machen. Unschuld, wie die wahre Weisheit weiß von nichts und verdient eine so sanfte Ruhe und eine so gute Nacht wie ich Ihnen wünsche. Blitz, Donner und Hagel! mein Herr. Sind Sie nicht der
    Jonathan
dieses Hauses; wenigstens sehen Sie der Silhouette, die über meinem Bette hängt, viel mehr ähnlich? Freundschaft ist sonderlicher denn Frauenliebe – Seitdem der Abt Janaes oder Jambres hier aus- und eingeht, ist mir ein bijou indiscret in der Sprache moderner welscher Verschnittenen der Philosophie und Politik, deutsch zu sagen, ein
    Brief
, sacra res! in der Sprache altdeutscher Liebhaber und Virtuosen – nicht zu Handen kommen. Heraus mit ihm! Da Capo. Wie sind die Helden gefallen! – Die Töchter der Philister freuen sich, die Töchter der unbeschnittenen allgemeinen Bibl. frolocken. Ach mein Auserwählter, ach du Bruder meiner Muse, ach mein erwünschter rüstiger Argosbesieger! Was kein Gott, kein Freund das Herz gehabt – hat Sch. – und Vetter Nabal gethan. Bien Vous fasse comme aux chiens l’appetit d’herbe – Aber ohne Deinen Freund wärst du keinen Gefahren der Seelenverkäufer, keiner Untreue des gläsernen Weltmeers, ehrlicher Vetter Becker! keinen odyßeischen Wallfahrten in eine neue Welt und unterirrdische Demokratie ausgesetzt gewesen, sondern Dein unsterblicher Name hätte geglänzt als ein Stern erster Größe unter den jüngsten Märtyrern für die Freyheit des menschl. Geschlechts. Mein Herr musicalischer Magazinverwalter, warten Sie auf keinen Dank weder für ihr
    drittes
noch
    viertes
Stück, auf keine Copie der engl. Noten zum deutschen Text – A propos! Woher komt die schöne JungferHand Ihrer Postscripte? Denn was Ihre Briefe anbetrift, so sehen sie recht so aus, als wenn Sie selbige mit dem Bogen Ihrer Geige schreiben. Warten Sie auf keinen Gruß von Kreutzfeld, und was er mir alles heute vorgehustet und leider! vorgekeucht von dem was ich Ihnen und was er selbst schreiben wollte. Kurz, schicken Sie mir den
    deutschen
Brief nicht; so mag ich weder Ihr Freund, noch Landsmann, noch Gevatter, noch Caliban ab epistolis, noch wie meines seeligen Vaters seeliger Bruder länger heißen Johann Georg Hamann und hiemit Gott befohlen den 14 8br. 82. gegen Mitternacht. Schicken Sie nicht mit erster Post; so will ich Sie mich so ärgern, daß Sie vor Lachen, wo nicht bersten, doch, wie Homer seine Epopeen, dasen mit Unrecht verschluckten Brief von sich geben sollen. – Sapienti sat!
den 27 8br. Dom XXII. p Tr. 10 Uhr Vormittags Herzlich geliebtester Landsmann und Freund, Diesen Augenblick erhalte Ihre Antwort, und würde auch ohne Ihre Bedingung mit der ersten Post zu antworten selbige erfüllt haben. Wie haben Sie doch einen Augenblick an der
    Calibanen
Laune, womit ich meine Ausforderung an Sie gethan, zweifeln können?! Ist Ihnen das kleine Gesichtchen des Gottes Jocus, das aus dem Bemaul einer gr. Maske herausguckt, so fremde? Mit Vergleichung der offenen Einl. wenn Sie dazu Muße gehabt, hätten Sie manches errathen können – besonders meine ausgelaßene Freude über die unvermuthete Ankunft Ihres Briefs, da mich das allgemeine Stillschweigen von Ihrer Seite außerordentl. beunruhigt und ich wegen eines
    Misverständnis
über 2 Puncte, die ich
    nicht einmal berühren mag
und worüber ich in meinem Gewißen mich unschuldig wußte, die Ihnen aber aus einem gantz andern Lichte und unter gantz fremden Verhältnißen, woran ich keinen Antheil gehabt – glaubte wenigstens Ihr Vertrauen eingebüßt zu haben. Ich beruhigte mich blos mit der Resignation in mein Schicksal, sine ratione sufficienti bewundert und gescholten zu werden. Bey dieser erkünstelten Gleichmüthigkeit, kam Ihr dicker Brief an, und mein gantz ungegründeter Verdacht fiel auf einmal über’n Haufen – Ich gerieth also in eine gantz entgegengesetzte Gährung und Taumel, der in allen den Briefen mir gleichsam die Feder geführt, daß es mir Mühe gekostet meinem Muthwillen den Zügel zu halten. Die sind keine Einfälle – sondern die
    wahre Geschichte meiner Empfindungen.
Jene beyde Noli me tangere waren aber
    Hartkn. Auftrag nach Weimar
, und Ihrer an Dor. wegen Unterstützung des Vetters; ohngeachtet ich den ersten mit aller
    mögl. Behutsamkeit u Vorsicht
übernahm, um keine Klätschereyen zu veranlaßen, und die Unmöglichkeit des andern mir weher that, als ich es mir wollte merken laßen. Was Sie bey den
    gefallnen Helden gedacht
haben weiß ich nicht – aber
    Nicolai’s
2ter Theil liegt mir wie ein Stein auf dem Herzen, und damals noch mehr. Ich beneidete einem
    Feinde
dasjenige gethan zu haben, wozu sich kein Freund brauchen läst – und ich wünschte unseren Landsmann u meinen doppelten Gevatter – et ab hoste consilium für die Zukunft. Weil ich wenige unglückliche gekannt, die nicht in irgend einem Sinn hätten sagen können – pol! me occidistis, amici! so war der Uebergang von jenem Vetter auf unsern, von Feindschaft auf Freundschaft und ihren coincidentien mir ziemlich nahegelegt.
    Gerader freyer Tadel
– – Mit dem lieben
    geraden
! Als wenn es in der Natur und dem menschl. Leben dergl. gerade Linien gäbe, und ein nasus aduncus nicht beßer als gar keine. Hätten Sie mir geradezu geschrieben: Landsmann! an
    dem und dem dato erhielt ich einen deutschen Brief an mich, den ich vor Aergernis in 1000 Stücken zerrißen, weil er weder dem Patron noch dem Clienten Ehre machte
; so hätt ich freylich über diese Gewalt von Censur ein wenig den Kopf geschüttelt, und wie Ihre Tolerantzprediger ein wenig darüber moralisirt. Aber ihr altum silentium über ein solch peremtorisches factum machte mich desto lauter und schreyender. Denn das was Sie zu Ihrer Entschuldigung anführen, liebster bester Freund, war eben Ihre Sünde gegen den Geist der Freundschaft. Sie setzten voraus,
    daß der Brief
mir
    keine Freude machen würde
, dem
    einen
    keinen Vortheil schaffen könnte
, und dem
    andern gewiß Schande
    machte
. Ach! wenn Sie wüsten, was in dem Wort Homo sum! für eine Welt von Ergo’s nach meinem Geschmack liegt. Da haben Sie meinen geraden freyen Tadel – Sie haben nicht recht gehandelt, was im Affect geschrieben, im Affect gelesen, im Affect beurtheilt, im Affect zerrißen; und das wäre ihre Pflicht gewesen mir geradezu zu melden. Beßer hätten Sie mir die
    Zerreißung
überlaßen, und nöthigen falls
    aufbürden sollen
. Ich hätte es Ihnen
    vielleicht aus Liebe
gethan; aber qualis Rex, talis grex. Mit der Execution fängt man an, und mit der Untersuchung währt es von Philipp des schönen Zeiten an bis auf Nicolai den großen. Also um gerade Linien zu ziehen, geben Sie mir eine feine gerade Fläche. Erlauben Sie mir noch ein wenig auf eben der Sayte meiner Leyer herumzuirren. Ohne magna venia giebt es weder eine
    große Freundschaft
noch ingenium. Scimus et hanc veniam petimusque damusque vicissim. Hierinn besteht die ganze ars poetica der brüderlichen Liebe und der gemeinen Liebe. Seine
    Freunde zu kennen
ist der Grund aller Pflichten gegen sie, wie die
    Selbsterkenntnis
schwer, mühsam, eckel – und zum
    Fortgang der letzteren
unentbehrlich. Dergl. kritische Lagen, wo die Leidenschaften stürmen und den Grund aufrühren, sind mehr lehrreich als anstößig für mich, mehr erbaulich als ärgerlich – und ich finde gar nicht die inconsequence in beyderseitigen Characteren, die Ihnen so aufgefallen. Sie kennen unser ungleiches Urtheil über die
    beyden Brüder
, liebster Landsmann, und ich gewinne wenigstens bey meiner Hypothese ihrer Homogeneität, daß ich keinen
    bewundere
noch
    verachte
, und dadurch beyden vielleicht nützlicher werden kann. Kurz, Sie ersehen, daß es mir nicht einfallen können, in Ernst wegen dieser Kleinigkeit auf Sie böse zu seyn: sondern wie Sie den Wunsch des Vetters erfüllt seinen
    deutschen Brief zu vertilgen
; eben so ich seinen
    ausdrücklichen Auftrag
, mir meines schwachen Magens wegen eine kleine Alteration zu erkünsteln, wie Sie aus der künftig zu erfolgenden Abschrift seines engl. Briefes am Ende deßelben Selbst ersehen werden; denn er erinnert mich an meine diätetische Regel sich vor der Mahlzeit ein wenig zu ärgern und nach derselben brav zu lachen,oder aber nicht rückwärts. Für den Ersatz durch Ihren Einschluß danke Ihnen herzlich. Er hat meiner
    zeichendeuterischen Einbildungskraft
, womit er mich auch aufzieht, viel Nahrung gegeben – und ich werde ihn meiner gelobten Copie beylegen –. Der Scherz wegen der Nachschrift entstand aus der Vermuthung, daß
    Jonathan
mit eigner Hand dies Attest seiner Genesung angehängt. Wie hätte meine schmierende Faust sich sonst über Ihren flüchtigen Bogenzug aufhalten können? So aber war der Scherz handgreiflich, wie man sagt; unterdeßen war die
    Auflösung
schon von Ihrem Schwager, unserm Dorow anticipirt. Je mehr ich die Reliquie vom 15 Jul. lese; desto mehr find ich, Ihnen für Mittheilung derselben zu danken – die Sache selbst ist nicht mehr der Rede werth. Die Gefahr ist vorbey – Forsan et haec olim meminisse iuuabit. Beyde erkennen ihr Unrecht; wozu sollte man nicht einem so gut wie dem andern glauben. Beyde haben sich dadurch erst beßer kennen und schätzen gelernt. Auch in der Freundschaft ist zwischen
    Credit
und
    baar Geld
ein großer Unterschied – zwischen
    Commißion
und eigene
    Rechnung
. So weit ist alles herrlich, schön und gut – Ich darf Ihnen nicht erst sagen, was für Antheil ich an dem Schicksal dieser ganzen Wallfahrt nehme, und wie sehr Ihnen wenigstens die Freude guter Nachrichten für Ihre Verdienste um Ihn wünsche. Das Periissem nisi periissem mag auch an ihm erfüllt werden. Ein solches Schaustück ist immer zu Schade für die öffentliche Münze. Im Nationalhaß würde er meinen Namensvetter den Agagiter übertreffen. Der Himmel bescheer ihm zum Cabinet der Demokratie Haus, Hof und Bett einer jungen liebenswürdigen Wittwe. Versäumen Sie nicht mir die Nachricht seiner Abreise zu melden – daß ich ihn wenigstens in Gedanken begleiten kann. Wie hält es, liebster bester Landsmann und Freund, mit Ihren Deipnosophisten? Bitte nur um so viel Zeilen als Athenäus Bücher geschrieben, – Mangelsdorf ist hier angekommen, wie ich gehört, sehr unzufrieden; habe eben so wenig Lust ihn kennen zu lernen als unsern theuren D. Köhler, der den Bogen ein wenig zu hoch spannen
    soll
um das Herz eines reichen Fräuleins zu treffen. Dem soi-disant Professeur Toupet habe meine ältesten Kinder auf
    einen einzigen Monat
anvertraut wegen der Aussprache für S sie und mich selbst. Auch 4 rth sind schon über meinen Etat; besonders da das einzige mir übrig gebliebene Emolument neml. die
    Voyengelder
auch trotz aller darüber ertheilten Rescripte eingezogen werden sollen – Pereat
    iustitia
et
seruabitur mundus. La
    virtù
chez Machiavel, c’est la perfidie,
u ihres Abts Pinsel vermag mag nichts wider die
    F-läuse seines Geschlechts
. Am Tage Simonis u Judä. 28. Oktober Wollte mir heute Blut laßen, u mein Wundartzt hat unvermuthet aufs Land kommen müßen. Hebe nun abermal meinen Spruch an, wo ich ihn gestern gelaßen. Ich hoffe, daß Sie über den Ton meines Briefes keinen Zweifel mehr haben werden, und das mir in die Hände fallende Siegelwachs blos dazu dienen sollte um Sie desto mehr lachen zu machen. Eben so wenig werden Sie es mir nicht übel nehmen, wenn meine real- und personal- Urtheile von der Ihrigen u Ihrer Freunde Richtschnur abweichen, und sich zu ihren Lichtstralen wie die Hogarthschen Schlangenwendungen verhalten, weil Sie aus datis urtheilen, die mir fehlen – und die
    allerungegründeteste Familiennachrichten, das allerungerechteste und
    abscheulichste Urtheil
(wie die verfluchten Tempelherren) verbrannt oder ausgekehrt worden – daß die aus der Elegie auf den ersten Jonathan gerißene Flicken unsern Freund Landsmann H. angehen, u daß ich die letzten Theile der Allg. Bibl. seit langer Zeit kaum anzusehen geschweige zu lesen bekommen – und daß ich alles in dem unschuldigsten Uebermuth freundschaftlicher Sympathie geschrieben, und wo ich nicht mit Thaten mich zeigen kann, wenigstens wie der ehrlichste Knappe mit Sprüchen um mich werfen.
    Vetter weiß zwar nicht, wie weit er Recht oder Unrecht habe
, wills
    aber schlechterdings nicht untersuchen
. Ich noch weniger – Der andere weiß es, gesteht es pp. Bey allem
    Unrecht
entschuldige ich den letzteren mehr als den erstern. Woher? auch aus
    seinen eigenen Bekenntnißen
. Das ganze 3 Wochen lang währende Märterthum seiner demokratischen Autorschaft unter einem jugendlichen aristokratischen Kunstrichter konnte kein
    gutes Blut
unter beyden hervorbringen. Der
    eine hätte gern ihm einige mal über Reden hinter die Ohren geschlagen
, weil ihm seine eigene weh thaten – Der andere muste daher den politischen Weg der
    Unterhandlungen
wählen. Als Demokrat denkt unser Vetter zu schlecht von der
    Weisheit der Dummköpfe
; an diesem Punct bin ich ohne Ruhm zu melden, demokratischer gesinnt als er selbst. Es ist
    keine fühllose Niederträchtigkeit, dem Bösewicht im
    Unglück seine Fehler vorzurücken
. Beym Bösewicht ist von keinem Fehler die Rede und der gröste ist eben sein Glück. Die Vergleichung so vieler
    Staatsformen
giebt uns eben die confuseste Begriffe, so viele Idolen subalterner Grundsätze, daß die
    Materie
darüber verloren geht, und wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können. Der schmerzliche schreckliche Wunsch schon aus Europa zu seyn – und der scheltende Hohn – sind dies nicht lauter faule Früchte, die ihm den Baum seiner politischen Kenntnis des guten und bösen verdächtig machen sollten? Hätt es mir armen alten Mann nicht eben so gehen können, als dem lieben aristokratischen Höfling, wenn ich den geringsten Wink von dem gehabt hätte, was er dort in der zweiten Minute seiner Ankunft beichten muste. Hätte nicht meiner naso adunco ein ähnliches Unheil widerfahren können, was jenes spitzen Ohren zugedacht war in petto? Muß man, wie der Archikunstrichter mit bleiernen Kugeln auf mercurialische Pillen antworten? Nein Ihre directe Methode ist zu despotisch – und nicht zum Menschenfahen, die man im trüben fischen muß, auch nicht zum Vogelstellen – und Freundschaft wie alle unsere Tugenden, beruht im Grunde auf menschl. Schwachheit. Nicht die Gegenstände an sich selbst, sondern unsere Ideen von selbigen, sind das transcendentale X unsers Herzens, oder rückwärts. Verlieren Sie die Gedult nicht über mein Geschmier, liebster bester Freund; ich kann leyder! meine Feder nicht umkehren, ungeachtet ich noch ein sehr jungfräuliches Anliegen zum P. S. anzubringen habe, aus nach einem Briefe aus Lübeck den ich vor 8 Tagen erhalten von einem sehr alten guten Freunde HE Johann Nicolaus Karsten, der als ein Landsmann meiner seel. Mutter wöchentl. unser Haus 2 auch mehrmal besuchte, und bey dem ich vor genau 20 u 30 Jahren auch besuchte. Vor ein paar Jahren wühle ich in meinen Briefschaften u finde eine Rechnung für Postausgaben p. von einigen rth, deren Bezahlung mir gantz entfallen war, weil ich bey meiner letzten Wallfahrt aus Deutschl. gl. nach Curland gieng. Meine Ungewißheit brachte mir das Bild unserer alten genauen Bekanntschaft so lebhaft ins Gemüth, daß ich an ihn deßhalb schrieb und Ihm meinen ganzen Lebenslauf seit dieser Zeit vorstellte. Dies war ihm so angenehm, daß er ein gleiches that, mir meldete ohne Kinder zu leben und um meinen Sohn in die Lehre zum Handel bat. In einer kayserl. fr. Reichsstadt ist ein Geburtsbrief ein wesentl. Stück u am liebsten hatte ich meinen Sohn zum Bücherhandel bestimmt, worauf ihm Hartknoch bereits Haftgeld gegeben. Hierauf erhielt ich ein klein Geschenk von Obst, mit dem eine verdrüßl. Verwirrung im Packhof vorgefallen war, welches weiter von keinen Folgen war, da ich aus einer geheimen Ahndung nicht das Herz gehabt hatte das Fäßchen anzustecken. Auf meine Anfrage nach Obstbäumen u ihrem Preis, schickt mir der gute Mann, ohne daß ich Zeit hatte weder Art noch Zahl zu bestimmen, dies Frühjahr 24 auserlesene Stämme von einer ungl. edlern Art als jene Früchte waren zu, die ich wie Sie wißen am Pfingst heil. Abend pflanzte, und alle gedeyen ungeachtet des undankbaren feuchten königl. Bodens, der meinem Vorgänger so viel ausgegangene Stämme gekostet haben soll. Der angelegten Allée wegen ist mir mein Garten dies Jahr noch einmal so lieb geworden, habe wie Johannes Halke die Raupen belauert, mir auch ein schönes großes engl. Gartenmeßer angeschaft und die ominöse Freude erlebt daß der erste Apfelbaum zur rechten Hand diesen Herbst die schönste Blüthen getragen. Ich bin dem Mann noch von Jul. eine Antwort auf einen franz. Brief schuldig und eben im Begriff auch diese alte Schuld abzutragen und meine Freude über die gepflückte und erlebte Blüthen mit ihm zu theilen, als ich den 20 huj. wieder einen deutschen Brief bekomme, worinn er sich noch Ihres seel. HE Vaters und Ihrer erinnert, mit dem besondern Zumuthen, ob Sie ihm nicht zu einem Titel dort, wie mir zu einem Dienst verhelfen könnten. Windbeuteley und fruchtlose Eitelkeit war sonst seine Sache nicht und ich vermuthe auch kein Weiberspiel in diesem Gesuch, sondern reellere Gründe und Absichten, weil er auch als ein junger Mensch bey dem geitzigen Rate, von Charmois Schwiegervater,
    wirthlich
und
    ökonomisch
war. Einen pr. Commerzrath hat man in Lübeck schon; er wünschte sich daher einen andern Titel, am Grad ist ihm nichts gelegen. Da HE D. Biester oder seine Frau aus Lübeck sind: so bitte ich dies
    geheime Anliegen
nicht zu unserm beyderseitigen Nachtheil zu misbrauchen, aber Erkundigungen wegen seiner Lage könnten nicht schaden. Es soll nicht im eigentl. Verstande
    erkauft
seyn. Können Sie mir und ihm die Wege dazu öffnen, und auf den
    Namen des Dinges
und
    auf die Spur helfen
: so wäre ich vielleicht im Stande den jüngst bey meiner abscheulichen Hausvisitation ausgesoffenen Wein und ausgeleerten Keller wider zu ersetzen – nur daß die liebe Frau Capellmeisterin hinführo nicht so geschwind und treuherzig die Schlüßel ausliefert jedem Caliban à manu, mit einer papiernen Nase aus der Schrift. Gestern hieng der Himmel voller Geigen für meine Mädchen über einen Vogel, den ein kleiner Gaßenjunge in meiner Moßosbude gefangen hatte; heute frühe fand man ihn todt nach vielem Suchen auf meinem Bücherschaffe. Sonst ist Gottlob! in meinem Hause alles gut. Die Äpfelbäume blühen und das liebe Geköch ist eingekellert – und plena cruoris hirudo. Morgen gehts ans Blutlaßen. Cras ingens iterabimus aequor. Ein neuer Baumfinke – und neue Freude. Hänschen ist auf D. Lilienthals Auction die sich heute anfängt, für Hartknoch, der an der bewußten Maculatur sammelt. In Ansehung des Lübeckschen Lombrefreundes bitte mir einen geraden freyen Rath aus:
    ob
?
    wie
? und
    wie viel
? Wenn gleich nicht
    erkauft
, soll es doch ehrlich
    bezahlt
werden seyn. Für die engl. Copie u letzte Einl. soll auch gesorgt werden; bitte mir auch der Mlle P. Brief auf eine gute Gelegenheit zu bewahren. Gott gebe Ihnen was
    ich habe
und was
    mir fehlt
. Meinen Handkuß an Ihre liebe Frau. Ich umarme Sie u die Ihrigen, Geh. Rath Jonathan nicht zu vergeßen. Macte virtute esto, inquit sententia diui Catonis. An Vetters Vale aus Europa nehme ich auch Antheil; je eher, desto lieber. Ich ersterbe mit den Meinigen Ihr alter Landsmann Freund u Diener Johann Georg Was sagt Ihr Publicum zur Malhommerie? Mir will das Wort gar nicht in den Kopf; ich lese machomerie u halt es mit H. mahommerie nondum possum dicere: quare?
Sie sehen aus dem Zuschnitt meines Briefes, liebster H., daß Sie diesmal nur ein billet doux statt eines Sendschreibens erhalten, woran denn so wie auch an meinem langen Stillschweigen ein ungewöhnl. Drang meiner Arbeiten u. Zwackereien Schuld ist. Ich hoffe bald über zu seyn u. denn ruhiger u. länger zu schreiben. Zuförderst also das Mädchengesicht in Göttingen. Es ist wie Sie sagen: nur hat er an mich keinen Br. mitgebracht; sondern einen Gruß von Reichardt. Ich konnte ihn wenig sprechen, weil es eben im examine war u. bat ihn also zu Tisch, worauf er sogleich mit der Post wegging. Einige paar Wochen nachher kommt ein Br. an, worinn er mir seine dürftige Umstände meldet: der Br. war elend, nicht einmal orthogr. geschrieben u. die Vorstellung seiner Armuth mit einer Reise nach dem Göt theuren Göttingen so contrastirend, daß ich viel Zweifel schöpfte, ihm indeß mit der ersten Post 2. Louisdor schickte u. ihn an Heine zum Freitisch empfahl. Eben da kam Ihr Brief, der mir Licht gab u. eben da schrieb mir auch Heine von seiner groben Unwißenheit, die er geäußert, daß ich also diesem nur kurz schrieb, sich in Acht zu nehmen u. etwa nicht zu viel zu trauen, (das denn Heine von selbst nicht thut) u. so wartete ich, er sollte wieder schreiben, das er aber bisher nicht gethan hat. Ich danke Ihnen daß Sie mich aus dem Irrthum gerißen; vielleicht beßert er sich noch, wenn er sieht, daß es er mit seinen Ränken nicht fortkommt – – Nicolais grobes Buch werden Sie gelesen haben. Ich habe es noch nicht, höre aber, daß er in Berlin jedermann wieder zurückgewonnen hat. Was rathen Sie mir? zu antworten oder zu schweigen? Auf Ihr Orakel kommt mir äußerst viel an! – Die Augenblicke, die ich dem Schwall u. Wirbel meiner Nichtgeschäfte habe entziehen können, wende ich auf eine neue Ausgabe der Philos. der Gesch. um die mich Hartkn. sehr peinigt. Die Ebr. Poesie mag liegen; es fehlt mir auch zu Ihrer ihrer Fortsetzung Lust u. Aufschwung. Eben habe ich einen traurigen Bußzettel gemacht u. gehe wieder an die Durchsicht eines traurigen Candidaten speciminis u. leidige Amtsberichte. So gehts, liebster Alter! u. so heißts auch mit mir von Jahr zu Jahr mehr in einem andern Sinne: sic vos non vobis – – Meine Frau hat den ganzen Sommer über gekränkelt u. alle böse Zufälle haben sich verbinden müssen, das wiederkehrende Lichtlein oder Flämlein ihrer Gesundheit rauh anzuwehen. Ich hoffe von der immer rollenden Zeit jetzt beßere Augenblicke u. Monate für sie; u. Eins vor Allem für uns beide, Ruhe, Ruhe! Ihr Haus, lieber Alter, u. Sie als Patriarchen schließen wir m herzl. mit ein. Ruhe! Ruhe! Neum. ist in Riga; aber noch ohne Condition u. lauert bei Hartkn. Es will mit dem jungen Menschen auf keine Weise recht fort u. er liegt uns unverrückt auf der Seele. Ich will wieder an G. Berens schreiben, ob sich nicht ein Pflaumen- u. Tutenkram für ihn finde – Und was machen Sie, Liebster, einziger Bester. Schweigen Sie doch nicht wenn ich schweige. Ihre Briefe stärken u. erquicken mein Herz. Ich habe hier keine Seele die mein Innerstes berührt, als mein Weib; von allem andern bin ich beinahe los oder es dient nur zur Verwirrung. Das Weimar wird jetzt wie ein Taubenhaus, wo Fremde ein- u. ausfliegen der lieben Celebrität wegen u. selten bringen sie ein Oelblatt im
    Schnabel
. Von diesem allen ein andermal mehr. Laßen Sie mich also nicht so einsam, lieber Alter, Ihre Br. sind mir Fest u. Freude. Mich ahndets, an Ihre Autorschaft mag ich Ihnen nicht denken; seyn Sie also in Ihren Br. an mich Autor. Leben Sie wohl, Lieber! Hier ist eine Einlage an meine Schwester, die ich bald zu bestellen bitte; sie hat lange gewartet. Meine Fr. grüßt u. empfielt sich Ihnen herzl. Deßgleichen meine kleine Heerde. Adieu, adieu, Gott befohlen. den 4. November. H.
Kgsb. den 5 Nov. 82. Herzlich geliebtester Freund, Alle Einl. u Aufträge sind bestellt, der an den jungen HE Courtan erst gestern, war 2 mal da, fand aber meine Freundin u Gevatterin nicht zu Hause, bestellte erstl. dem Vater u hernach dem Sohn. Er ist mit Stunden, die er nimmt sowol als giebt überhäuft. Bitte also die Sache nicht zu genau mit ihm zu nehmen. Wegen der Rechnung versprach er selbige mit dem ersten Fuhrmann zu übersenden. Sie macht saluo errore 150 fl. 20 gl. Er hat bisher Ihre Vorschrift in Ansehung der Exped. erwartet. Gestern Abend hatte den Schreck zu erfahren, daß ein rigischer Fuhrmann mit Pferd u Wagen im Krantzkruge verbrannt. Heute erkundigte mich näher u erfuhr daß dies Unglück einen Dantziger betroffen. HE von Auerswald habe noch nicht schreiben können. Wegen der beyden fehlenden Theile oder Defecta laß ichs gelten, und ich glaube auch nicht daß er Schwierigkeiten machen wird 4 fl. dafür zu bezahlen. Der 13te Theil fällt so weg, weil er ihn schon hier gekauft, und nicht wie ein Defect noch Gefälligkeit angesehen werden kann. Ich behalte mir noch vor hierauf zu antworten, und werde den unrechten Theil, wenn er hier ankommen sollte, nebst den andern Sachen sorgfältig aufheben. Pr. Kant habe gestern bey HE Green gesprochen, wol an das ihm dedicirte Buch vom Weg zur Weisheit, aber nicht an seine Autorschaft gedacht. Seine Gemme wird allgemein bewundert, von Collin à l’anglaise componirt, kostet aber 2 rth und ich habe selbige noch nicht zu sehen bekommen. Geben Sie mir bald beßere Nachrichten von Ihrer Gesundheit? Haben Sie schon die Theerwaßer Cur gebraucht? Me Courtan war sehr mit zufrieden, und sie scheint sich auch auf Ihren Casum zu paßen. HE Green hat mir einen Band dahin gehöriger Schriften mitgetheilt. Dimsdale will gern selbst (aber nicht unter meinem Namen) übersetzen, oder wenigstens die Uebersetzung durch einen hiesigen Gehülfen befördern. Nur damit es nicht so gehe, wie mit Hume, bitte mir zugl. was Schlötzer über Inoculation in Rußl. herausgegeben beyzulegen. Vielleicht ist da schon
    etwas
übersetzt, welches die Arbeit erleichtern würde. Bekümmern Sie sich darum, wenn entweder alles oder ein Theil von dieser Dimsdalischen Samml. schon im Deutschen herausgekommen seyn sollte. Was Hänschen halb auf Papier übersetzt u halb mündl. exponirt ist nicht Monachom. die im deutschen nicht sonderl. gerathen seyn soll, sondern Choczim. Woyna, ein noch einmal so starkes (vielleicht in beyderley Verstande) Gedicht. Wegen der Voyen Gelder ist Befehl ergangen selbige an die Prov. Casse zu liefern, und allen Officianten ist eine Cabinetsordre mitgetheilt worden, wo wir alle mit VestungsStrafe und Karren bedroht werden, und welcher allergnädigster Befehl von jedermännigl. unterschrieben werden soll. DEVS prouidebit. Vielleicht thue ich noch einen Ritt auf einem alten abgelebten Karren Gaul, das ich schon lange ausgespannt geglaubt. Uebermorgen ist Dengels Hochzeit mit der Cousine; gebeten werden Sie auch wol seyn. Allenfalls bin ich Umbitter. Nun auf Ihre Bücher Commission zu kommen: so wartet Hänschen selbige sorgfältig ab. Mit dem Einkauf möchte es noch gehen aber wie es mit dem Einpacken und dem Verdingen der Fuhrleute gehen wird – So lange Friedrich noch hier in diesem Jammerthale lebt, soll er mein Adjunctus seyn. Spalding u Teller haben hier hohe Bothe gegeben. Stark soll die Polylotta außer der Auction erstanden haben vor eben den Preis des seel. Besitzers, u das Friedl. Comptoir hat auch bis 100 fl. gehen wollen. Die spanische Bibel ist Ihnen  unter   über Ihrem Preis erstanden für …………  4 fl. 12 gl.  :  – : –11 : 18 : – Ist aber häßl. vollgeschrieben. Millius u Brei- tinger zu hoch. Das socinianische Testament  2 : 27 :– : 27 gl  – Manasse Conciliator ………    : 24    – –  1 :  6 : – Michaelis Einl. u Maimonides zu hoch. Coniectinus = ihr Preis; den behalt ich aber für mich. Critici Sacri ………… 14 :  –  –13 :  – Zenner remin. …………  1 : 12  über 1 : 18  23 : 15 gl.– : 27 gl27 : 12 gl     27 gl 26 : 15 Transp. des zugeschl. Preises  über unter  23 : 15 : –  –26 : 15 Arndts Psalter ………  1 : 18   –  1 : 12 Langii apokal. Licht hat gefehlt Ej. Gloria …………  2 : 15  – – : 15 Petersen Offenbarung ……  2 : 18  – 3 : 12 Jarchi Comm. ………  7 : 17 1 : 17    – Petersen Psalter ………  –  : 18 –  – – : 27 – – apostol. Gesch ……  1 : 18 : –  – – : 12 Swedenborg ………  6 :  –  – 2 :  – Lavden et Manasse B. Isr. …  – :  9  – – : 21 : – Commentarius in Apoc. et Dippel NB ………  1 : 15  –   : 15 Brenii Commentarius ……  2 : 15  – 3 : 15 Flud in Ezech. Sie haben ihn doch nicht für
    Rob. Fludd
gehalten?
  1 :  2  : 2 : – Cotelerius u Irenaeus hoch nach Berl. gegangen Origenis Opera ……  4 :  – 8 :  – Cyprianus ………  3 : 26  – – :  4 : – Cyrillus……………  5 – 2 : – : –    – Hilarius hat gefehlt u Optatus zu hoch fortgegangen. Epiphanius  4 : 19  – 3 : 11 : – Gregorius Nyssenus zu hoch Nazianzenus ………  5 :  – : –  – 3 :  – Basilius …………  6 :  –  – 4 :  – Ephrem Syrus zu hoch. Ambrosius 10 :  – 2 : – : –     – Hieronymus ………  8 :  – : –  – 4 :  – Augustinus ……… 14 :  – : –  –18 :  – Cyrillus zu hoch. Isidorus  4 :  – : – 1 :  – : –     – Leo. Hispaniensis u Beda zu hoch. Joh. Damascenus ……  5 :  – : – 2 :  – : –     – Oecumenius zu hoch. Theophylactus ……… 10 : 11 : – 2 : 15     – Rodius zu hoch u Rhabanus Anselmus ………  3 :  – : – 1 :  – : –     – Nicephorus Callisti ……  6 :  –  –     – Nicetas ………  4 : 10 : – 1 : 10 : –     – Symbol. zu hoch. Fabricii Bibl. Eccl.  4 : 25 – – : 25 : –     – Arnobius ………  2 :  –  –     – Cotelerii Monumenta. Ist aber nur I. Tom. ………  3 : 15 : – – : 15 : – Du Pin Bibl. ………  3 : 19 : – – :  – 2 : 11 : – Theophilus ad Autolycum  2 :  2 : – 1 :  2 : –     – Gregorius Nazianzenus  3 :  – : –  –     – Macarius NB ………  – : 26 : –  –     – Um Prudentium bittet mein Sohn. Orosius zu hoch.
    Reimanni
Catalog. cum Access.  – : 15 : –  – 1 : 15 : – Luthers Tischreden ……  2 :  – : –  – 2 :  – Bochart nicht u Klugius zu hoch. Gavins Diatr ……  3 :  – : –   über  3 :  – : –  160 fl. 3 gl15 fl. 26 gl.89 fl. 5 gl. unter 15 –  dem Preis 74 fl. 5 gl.
Es ist besonders ein paar Tage so stark bey der Auction gestohlen worden, daß mein Sohn auch ein paar Bücher verloren nennt.
    Macarium
u
    Dippel
. Lakowski sind statt Schultens Commentarii in Jobum oder Prov. ein paar holl. Qvartanten von keinem Werth untergelegt worden. Zum Glück betrifft der Verlust nicht Hauptbücher; und er ist dadurch desto behutsamer u vorsichtiger gemacht. Mit Reimanni Katalog ist ein ander Versehen vorgegangen. Mein Sohn bildete sich u mir ein, daß Sie nur die Accessiones verlangt u vermuthl. den Catalogum selbst besäßen. Weil die gantze Sache 15 gl. betraf, so war es mir lieb das erste Buch für mich zu erhalten. Ich schreibe also am Catalog alle Acc. Vber. nach Pag. dazu, um es mir desto nutzbarer zu machen, auch auf der Stelle anzuwenden zu einiger Kenntnis der Mystiker u Asketiker, wo ich eben nicht zu Hause gehöre. Er hat also ohne auf die 2 Nummern Achtung zu geben Reiman. c. i. e. cum access. als Reimanni Acc. gelesen. Erst heute nach geschehener widerholten Revision werden wir unsers Misverständnißes gewahr. Ist Ihnen was daran gelegen: so ist das Buch durch die Zurückweisungen eben nicht verdorben. Wo nicht: so ist mir der ganze Bettel für 15 gl. auch lieb. Unterdeßen muß ich Ihnen noch melden, daß die Access. blos auf die erste Hälfte des Catalogi ausgekommen. Ich weiß ebenso wenig ob die Fortsetzung herausgekommen als die Historia vocabulorum Graecorum von der sein Sohn in der Vorrede redt; denn ich bin gantz von solchen Hülfsmitteln in der hist. litter entblößt. Mystiker haben Sie beynahe alle angemerkt; und ich habe kaum Nachlese von ein paar halten können, auch meinem Sohn mäßige Aufträge ertheilt. Hier sind noch die Unschuldige Nachrichten in mehr als 60 Bänden, die kein Mensch haben will u doch zu schade sind für die Apotheke. Ich glaube daß Sie selbige für 2 # bekommen würden. Die Bände glaub ich sind mehr werth. Antworten Sie darauf mit nächsten. Antworten Sie doch mit erster Post. Heute ist die Reyhe an die Socinianer; u ich erwarte meinen Sohn. Auch aus Berl. sind Aufträge. Bis 50 fl. hab ihm erlaubt, da Sie schon einen der vorzüglichsten Brenium für Spottgeld erhalten. Für mich ist Przipcovius einer der reichhaltigsten gewesen. Ich mache hier eine Pause um fortzufahren. Einmal habe einen Licentträger u zu den Kirchenvätern eine Schleife gebraucht. Die unschuldige Nachrichten machen über 60 Bände aus. An keine Fortsetzung in meinen Aufsätzen denke, bis die Prolegomena des Kant heraus sind, auf die ich schmerzlich warte. An Nicolai’s Tempelherren nage auch – komm aber nicht aus der Stelle, und kann hier keine alte Ausgabe des de Puy auftreiben; habe in der gantzen Schloßbibl. nach Nachrichten herumgefwühlt. Im Niceron fehlt er; und Bates vitae sind auch nicht zu haben u den Herausgeber der neuen Ausgabe des de Puy von 751 kann ich auch nirgends bey Namen finden, ungeachtet er durch seine Noten u 200 Beyl. fast ein gantz neues Werk geliefert. Er kommt mit seinem Freunde Hill. Die Fratres Poloni sind über 50 fl. fortgegangen. – Gute Nacht, morgen mehr. Smalcius, Actemonius, Ostorod, Slichting, Lubienicius, Borelius, Sandii Paradoxon und Spinoza Posth. sind zu hoch fortgegangen. Paracelsus hat gefehlt.  überunter Ostorod  2 :  4  –    : 26 Crell  6  –  3 : – Stojenski    : 15  –  2 : 15 Wolzogen  1 : 13  –  1 : 17 Sandii Nucleus  2 : –  1 : – C. S. A.    :  9  – : 21 NB Lubienicius  1 :  1 : –:  1 : –   – Weigel  2 : –   –  2 : – Phil. Myst.  1 : –  –  3 : – Weigels Post  2 :  3 :  –  1 : 27 Schwenkfeld  2 :  –  2 : – Lux in Tenebris  3  –  1 : – Weigels Post  1 : 23 : –  –  2 :  7 : – Praetorii Tuba  2 :  3:  3  – Baumann    : 12    : 18 Poiret  1 :  3:  3   – Jurieu  1 : –  –  1 : – Nicole  1 : –  –   – Grund aller Erk.  1 : –  –   – Römeling  1 :  2:  2 :   –     :  7 Democritus  2 : –  –   – Colberg  1 : –  –   – Ministeri   :  16  –    : 14 Jäger  1 : –  –   – In duod. except. No 3.  7:  19: 19  – Hobbes  2 : –  – 10 : – Spinoza  3 : –  –  1 : – Edelm.  2 :  2  –  3 : 28 Buddeus  1 : –  –   – Chavass.  1 : 16 : –   –     : 29   53 : 21 gl.: 29 gl. 39 : 15 gl.      29  Transp.160 :  3  38 : 26 gl.  74 :  5  213 fl 24 gl.113 :  1 : erspart habend saluo errore calculi den 6 – Die Post ist versäumt und ich habe eben von Hartung die übersandte Sachen abgeholt für 1 fl. Fracht der sie schon vorgestern erhalten. Es sind der 3. u vierte Band des N. P. Journal von 81.  1 Band von a. C. und der 2te Band in 3plo der 2 Band von der SchiffartsOrdnung  1 –        Policey –        u der Stadt MagazinOrdnung nebst den 2 Def. Da ich in diesem Jahr noch nichts vom Journal erhalten, so fehlt mir der erste u 2te Band selbst, und jener für die Familie; it. der 2te Band von der SchiffartsOrdnung nebst den beyden Ordnungen von der Uebersetzung unsers Arndts. Ich hoffe daß mir selbige auch zugedacht sind, und erwarte also nähere Auskunft wegen deßen was an den Dengelschen Laden kommt. Doch ich besinne mich daß die
    Stücke vermuthl. noch in Memel
liegen, ich meyne der erste Band des diesjährigen Journals, die Fortsetzung der Schiffarts und die übrigen Ordnungen. Vom
    ursprüngl
. G. u. K.
    Zusammenhang
fehlt der Preis. Ich danke wenigstens zum voraus. Sind Sie bald mit der Samml. meiner Maculaturen fertig?  über unterLettres sur la Religion sind Lau de Deo  3 :1 :   –defect gewesen und die übrigen Blount  –  22  –  3 :  8sehr hoch nach Berlin an Prof. 181. 183. Toland 11 : 131 : 13   –Teller mehrentheils gekommen. 186 soll seyn 183. 185. 86Wegen der ascetischen Bücher Woolston 15 : 12 :– : 12   –bin ich nicht imstande gewesen Collins  6 : –  –  2 : –viel für Sie auszusuchen, weil Whiston  2  –   –ich den Unterschied zwischen
    asce-
Morgan 12  –  4 : –
    tisch
u
    homiletisch
nicht recht
Parrish  2  –  1 : –verstehe, und ich fast lauter Sa- Condamitae  2 : 15  –  –  15chen von letzterer Art gefunden, Chubb 19 : 202 : 20   –auch fast nichts von lateinischen Passerani  2 : 10– : 10   –Schriften in diesem Fach. Engel- Clef du Sanct.  2 : –  –   –grave Lux Euangelica besteht Mettrie  –  15  –  – : 15aus vielen Kupfern u enthält Wagenseil tela  2 : –  –   –garnicht wofür ich es angesehen. Buxtorf Tiber. Comm.  4 :  5– :  5   –Porstii Theologia Viatorum et Huldaric  3 : –1 : –   –Regenitorum kenn ich und hab Feably ist engl  3 : –  –  1 : –es daher mit Zutrauen nehmen können. Meuschen  1 :  –  1 : – Schmidt  1 :  –  1 : –den 8 Arnold  2 : –  –   –Heute fängt sich die Auction Untereyk  1 : –  1 : –mit S. 146 an. Bitte mir Ant- Engelgrave Lux Eu.  1 : 24 :wort wegen der Unschuldigen Porst 2 Vol  1 :  2 über unterNachrichten aus. Nun schreibe  4            wol nicht eher als nach geschloß-  99 fl. 18 gl7 fl : – 15 fl 8 glner Arbeit, der ich ein gutes Ende Transp.213 : 24   7  wünsche, weil wir diese 14 Tage 313 fl 12 gl  8 fl. 8 glfast nichts vornehmen können 113 –  1 und die Vormittage mit Schlep- 121 fl  9 glpen u Zusammentragen auch erspartvergangen. Unterdeßen kommen dergl. Ausfälle nicht öfters, und außer dem Dienst der Ihnen ge- schieht, nehm ich noch an dem
Namen der Bibl. Antheil. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer völligen Wiederherstellung. Empfehlen Sie mich den Ihrigen. Hänschen mit Geschwister u Mutter thun ein gl. Antworten Sie auch wegen der Dimsdalschen Uebersetzung. Muß mich gl. schlafen legen, habe wegen der verfluchten Voyen diese Nacht kein Auge zuthun können. Und weil Einl. durch HE Friedl. befördert werden soll, ist der Sabbath nahe. Ich umarme Sie als Ihr alterLandsmann u Freund Vermerk von Hartknoch: Empf d 3 Nov 782 beantw d 9 –
Kgsberg den 11 Novbr. am St. Martinstage 82. Herzlich geliebtester Herr Doctor und alter Freund, Gestern kam ich wie ein Engel zu ihrer lieben alten mehr todten als lebenden Frau Mutter, die den Abend vorher einen so lang erschmachteten Brief erhalten hatte und nicht im stande war ihn zu lesen, sich nach mir gesehnt und gewünscht hatte, – als ich durch
    eigene Schickung
und in einer dringenden Gelegenheit des HE. Canzler von Korf Excell. etwas durch die Hinterthür insinuirt hatte. Wenn Sie wüsten, wie oft wir von Ihnen als einem verlornen Sohn gesprochen hatten, der bald in Wien katholisch geworden, bald zu den Patribus libertatis in der neuen Welt übergegangen bald ppp. Gottlob! daß Sie leben, wie Salomo sagt: Ein lebendiger Hund ist beßer als ein todter Löwe. Wenn Sie Ihre alte würdige Mutter von 81 Jahren noch sehen und Ihr ein sanftes Ende – so wird sie vor Freuden sterben und Sie werden Ihren mütterl. Seegen als eine Beute davon bringen.
    So viel schreibe in Ihrem Namen und aus Ihrem Munde.
Mein junger Doctorandus Johann Michel nimmt sich die Freyheit Erkundigungen einzuziehen, ob Sie die Seidelbastrinde – die Sibirische Schneerose – und das Barclaische Theerwaßer versucht und überläßt Ihnen die Wahl dieser drey Mittel. Kolpins Betrachtungen über das mittelste werden Ihnen bekannt seyn. Nachdem ich mich zehn Jahre mit einer Flechte à posteriori geqvält, welches für meine hypochondrische Einbildungskraft ein wahres Philisterübel war, und ich alle äußere u innere Aertzte die meine Freunde sind darüber zu Rath gezogen und mich einer ocularinspection meines ganzen Hintercastels mehr wie einmal meiner junggeselligen Schamhaftigkeit zum Trotz unterworfen hab, wurde ich durch einen göttl. Anfall meines alten Landsmanns, Gevatters und Freundes in Weimar durch einen kaum 14tägigen Gebrauch des auf meinem eignen Grund u Boden häufig wachsenden Unkraut, Qvecken, so vollkommen curirt, daß ich seit der Zeit keinen Anstoß mehr à posteriori gehabt. Kommen Sie, kommen Sie – Eine gantz neuerlich angelegte Ehrenpforte von Tannen wartet auf Sie. Zu Eßen und zu trinken sollen Sie nicht kriegen, aber mehr als eine Syris und Recipe und Consilium Medicum wartet auf Sie. Hier ist die hohe Schule, das wahre Salernum. Was sind die Waßer Amana und Pharphar gegen unsern Jordan. Was sind alle kursche und pollnische Hofräthe sanitatis – mit ihren versilberten Pillen und Gold Tincturen – gegen den alten verborgenen Magum, ehmals am Bache Kidron und am Jordan unserer siebenmal gehügelten Mutterstadt. Kommen Sie bald – grüßen Sie Ihren HE Bruder mit seinen 7 Kindern und die Mutter Leda. Ich umarme Sie zum voraus mit meinem Hausgesinde – sind mit einer alten pollnischen Magd auch sieben. Leben Sie recht wohl. Was haben Sie mit dem Briefe und der Einlage an Freund Kraus, unsern jetzigen Prof. der Politik gemacht? Bitte selbigen auch zu überbringen. Ich ersterbe Ihr alter in 53 gehender Johann Georg Hamanski. Von 2 alten Schulcameraden Lauson und Miltz einen freundl. Gruß zuvor vor dem Wiedersehen! Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner / Docteur en Medecine / à /
    Mitow
. /
    cito
.
Kgsberg den 11 Novbr. 82. Herzlich geliebtester Landsmann und Freund, Wünsche von Herzen, daß Ihnen die heilige Martins Gans beßer geschmeckt als mir, denn ich habe keine gehabt. Die vorige Woche habe ich unruhig zugebracht und diese nicht beßer angefangen. Den 6ten hujus ist uns allen eine Königl. Cabinets-Ordre zur Unterschrift vorgelegt worden, kraft welcher wir alle wegen unserer Schelmereyen u Betrügereyen in die Karre gespannt werden sollen. Die
    unvergeblichste Schelmerey
wäre wol, den wahren Grund eines dem Throne so nahe liegenden Uebels mit aller Einfalt des Herzens aufzudecken. Aber
    wer ist hierzu tüchtig?
Unter deßen unser Salomo predigt man soll nicht stehlen; stiehlt seine mulier peregrinaadultera Lacaena uns den letzten Bißen Brot. Das ganze Verfahren sieht einer Spitzbüberey so ähnlich und ist von jeder Seite betrachtet so himmelschreyend ungerecht – betrifft weder die Königl. Caßen noch ihre Verwaltung, sondern ist im Grunde ein altes Gebühr und Trinkgeld, was in allen Häfen u Handelsstädten gemein ist; und wornach die alten Gehalte sparsam eingerichtet sind nach der gegenwärtigen jüdischen und beschnittenen Münzverhältnis zu den Lebenspreisen. Unsere Leute haben acht Tage lang an einer französischen Bettelschrift, das
    argent de voye
betreffend, wie es der Verf. nennt, schmieden laßen, und sie können damit nicht fertig werden. Ich erbarmte mich also deutsch zu schreiben, wovon ich Ihnen mutatis mutandis des Plur. in den singularem eine Abschrift mittheile. Das Lamm zur Schlachtbank und das vor seinem Scheerer verstumte Schaaf nebst der poßierl. Uebersetzung des
    Ersterbens
in
    Verhungerns
ausgenommen, ist die Copie dem Original getreu. Die
    Lage der Sache
und der
    Gang
    der diebischen Füchse und Wölfe
darinn aufgedeckt. Keiner von unsern Leuten hat das Herz zu unterschreiben, und bereden mag ich niemanden dazu. Meine eigene Haut will aber gern zu Markt tragen und mich wie der Heil. des heutigen Tages und seine dumme Gans braten laßen. Von 25 rth zu leben ist schlechterdings unmögl. Bey aller meiner Sparsamkeit erfordert meine schlechte kümmerl. Haushaltung 20 rth wenigstens jeden Monath. Wo komt Holtz, Bier, Schuh, Stiefel, Kleidung ppp her. Hätten die furchtsamen Haasen unterschrieben und alle für einen gestanden; so wäre es mir vielleicht gelungen Kaufleute und Rehder aufzubringen u ins Cabinet zu gehen und dies Douceur als ihr Eigentum zu reclamiren u die Gen Adm. für die ganze Summe, die sie für ihre Nepoten, Mignons und Vagabonds verschluckt, zur Verantwortung ziehen zu laßen. Aber nun läst sich leicht zum voraus sehen daß alles verschlafen und verhudelt werden wird, und die Schuld liegt – – ich mag nicht sagen, an wem? an meinen beyden Nachbarn – Sie können leicht denken, daß ich nicht mit meinem Kopf allein zu Werk gegangen bin, sondern alles, was ich nur zu erreichen im stande gewesen, um Rath gefragt und zu Hülfe genommen habe – aber Jerusalem! – Jerusalem! hat nicht gewollt. Machen Sie mit der Beyl. was Sie wollen. Ich will verantworten und deduciren, was ich geschrieben habe. Finden Sie es der Mühe werth mir Ihre Gedanken und Vorschläge zu beßeren Maasreguln mitzutheilen; so erwarte selbige. Es mag mir übrigens gehen wie dem Mundschenken oder wie dem Hofbecker. Erhöht am Galgen ist beßer als verhungert, oder wenigstens eben so gut als die Karre; denn leider! ist es den Heuschrecken aus dem Brunnen des Abgrunds gegeben, nicht den Menschen zu töten, sondern zu qvälen, nach der neusten Politik. Kennen Sie nicht den Verfaßer von dem Buch der
    Weisheit und Tugend
, das dem
    Kritiker der Vernunft
zugeeignet worden, von dem ich es heute eben auf meine Bitte erhalten? Ihren Der Brief vom Vetter und meine Abschrift des engl. ist unserm Dorow zur Beförderung vor 8 oder 14 Tagen übergeben, der es befördern wird. Wißen Sie nichts von seiner Abreise? Werden Sie mir bald auf jenen letzten Punct wegen meines Freundes aus Lübeck antworten, daß ich ihm wenigstens Bescheid geben kann? Was macht Ihre liebe Frau? Steht alles in Ihrem Hause gut? – Einen liebenswürdigen Mann u. sehr guten Freund von Ihnen HE Kriegsrath Deutsch habe kürzl. kennen gelernt und den Auftrag erhalten Sie zu grüßen. Heute ist hier eine Opera buffa aufgeführt worden; habe blos die Leute hinlaufen gesehen. Kürzl. ist Kranzes Krug abgebrandt und ein dorthiger Fuhrmann hat Wagen und Pferde eingebüßt, seine Passagier all das ihrige worunter auch ein Musicus Feige, der nach Riga bestimmt gewesen. Vorigen Sonnabend war wieder auf dem Lande Feuer, das richtüber meinem Fenster ein fürchterl. Ansehen gab, ohne daß man den eigentl. Ort bisher erfahren können. Man hat Schönflies, Tharau, Aweiden genannt; habe aber bisher nichts gewißes erfahren, daher ich vermuthe, daß es fürchterlicher ausgesehen haben, als gewesen seyn muß. Verzeyhen Sie, Herzlich geliebtester Freund und Landsmann, daß ich Ihnen so oft schreibe, ohne den geringsten angenehmen Innhalt. Gegenwärtigen Brief habe blos gewagt, um Sie an meiner Noth Antheil nehmen zu laßen, und mein Herz zu erleichtern, weil ich Schlaf und Appetit und alle Lust zu leben verliere, und in meiner eigenen Noth die allgemeine mir zu lebhaft vorstelle. Wißen Sie keine andere Mittel als Zurechtweisungen; so schonen Sie nicht, sondern sagen mir die Wahrheit so
    gerade
, als Sie können und wollen. Alles schläft in meinem Hause; und ich bin wenigstens müde; wenn gleich nicht schläfrig. Um meiner aufrührischen Einbildungskraft Friede zu verschaffen und sie zu besänftigen, schrieb ich Beyl. aber umsonst. Einer ähnlichen Täuschung zu Gefallen theile ich Ihnen selbige in forma probante mit. Schicken Sie mir selbige mit Ihrer Resolution wieder zurück, oder cassirtWas haben Sie an Denina für einen Mann dort erhalten? Vergeßen Sie Ihre Deipnosophisten nicht? Ich umarme Sie und Ihre liebe Hälfte, Jonathan und Minchen. Gott seegne Sie alle. Von meinem verlornen Freunde, D. Lindner dem jüngsten habe endl. Nachricht nach Jahr und Tag, daß er in Mitau, aber nicht gesund, sondern vor Schmerzen auf der rechten Seite gelähmt angekommen, und daß er ehstens seine alte 81jährige in letzten Zügen liegende Mutter noch sehen wird. Vergeßen und verschmähen Sie nicht Ihren alten Landsmann und Freund Johann Georg Hamann.
Königsb. den 12 Nov. 82. Herzlich geliebtester Freund, Vor allen Dingen bitte Einl. nach Mitau zu befördern, und so viel sich thun läßt sich des jüdischen Schriftstellers anzunehmen der mein guter Freund u bey Meyer Friedländer im Hause ist. Kreutzfeld wird vermuthl. für Reinigkeit der Sprache Sorgen tragen, zu deßen Zuhörern er gehört. Der Transport meines vorigen war 313fl. 12gl. über: Erspart 125:9 Sonnabends ist diesmal ausgefallen. Gestern den 11 erstanden  über  erspart Bartolocci 14 : 162 : 16 –        – Selden  6 : – –        –Lundius ist 8 fl. fort- Wilsii Aegypt  3 : – –gegangen. Pollux 16 fl. Suidas  6 : – –  2 : – :  –eine ungemein präch- Ludolf  3 : – –        –tige Ausgabe, auf die Ruinartius  3 : – –  1 : – :  –ich schon 14 fl. erlaubt Saurin 16 : – –        –habe zu gehen. Golius Schuckford  5 : –1 : – : –= 22 fl. p. Eutychius    : 15 – –  1 : 15 : – Allatius  – :  6 – über   2 : 24 : –  370 : 19 gl3 : 16132 : 18 extra   2 :  1   3 : 16  372 : 20 gl129 :  2 Noch von ascetischen Büchern auf gerathe wohl Ulrich 3 Theile der Bergpredigt 1 : 27 Pauli Lectiones paraent.  : 4 2 :  1 Das Pack aus Memel ist Sonnabends glücklich angekommen. Daß mir aber unser Landsmann nicht dem Pr. Packhofverwalter die Uebersetzung der Magazin u Policey Verordnungen geschickt, wundert mich. Wenn es nicht von selbst kommt, werd ich mir die Freyheit nehmen in einem Neujahrswunsch daran zu erinnern. Sind nicht mehr als 2 Stücke von den vermischten Aufsätzen u Urtheilen herausgekommen – und ist die ganze Unternehmung in Stocken gerathen? Habe zu spät des D. Schlegels Durchreise erfahren u seinen hiesigen Aufenthalt; so hätte ihm meine Aufwartung gemacht. Hupels Miscell. scheinen mir ein sehr interessantes Werk zu seyn. Die Zusätze zu Gadebusch geben mir Anlaß mir dieses Verlagsbuch zu wünschen, welches selbst zu besitzen ich schon lange lüstern gewesen wegen des Herderschen Articuls u der nachbarl. Klätschereyen im gelehrten Wesen. Es ist die Frage ob Sie ein Exempl. mißen können oder bald eine neue Aufl. übernehmen werden. Im letzten Fall will lieber darauf warten. Wegen der Dimsdalschen Uebersetzung habe mich bereits erklärt, daß im Fall Sie das Original herschicken, Sie wegen der Schlötzerschen Schrift auch Sorge tragen. Ich lebe hier im größten
    Druck und Verlegenheit
wegen der Voyengelder. Giebt es dergl. auch bey Ihnen und könnten Sie mir von der dortigen Einrichtung etwas melden? Es scheint ein holl. Wort zu seyn, deßen Bedeutung ich aber nicht verstehe. Vergeßen Sie nicht diesen Punct. Mein ehrl. guter Name, nicht bloßer Eigennutz, ist im Spiel. Unsere Leute arbeiten über 8 Tage an einem franz. Memorial darüber; ich hatte einen deutschen Aufsatz gemacht, der sehr nachtheilig ausgelegt worden u noch mehr Folgen haben kann, weil ich die
    Wahrheit
gesagt, und aus Vergl. anderer Handlungsplätze gern mehr Licht ziehen wollte. Die Frage ist: ob es eine Königl. oder Privat Einnahme ist? Im letzten Fall hatte die Gen. Adm. damit nichts zu theilen u wir wären berechtigt Genugthuung zu fordern, für alle die Abzüge welche wir durch ihre himmelschreiende Verwaltung gelitten. Ist HE Rathsherr Berens imstande hierüber Qvellen oder gründl. Nachrichten mitzutheilen: so würde ich diesen Gegendienst erkennen. Hier sind Voyengelder ein Douceur für uns Zöllner u Sünder von 4 gl. pro Last jedes eingehenden u ausgehenden Gefäßes. Ob der Cabinets Assessor oder irgend ein anderer ihrer Freunde Ihnen nicht ähnl. Nachrichten aus dem dortigen Hafen u mehreren aus Libau p verschaffen könnte. Vielleicht kann Ihnen HE Voldenscherer einige Dienste thun. Grüßen Sie ihn u bitten ihn in meinem Namen darum. Eine Deduction dieser Sache liegt mir sehr auf dem Herzen. den 13 – Wenn ich mein schönes holl. Dictionnair nicht Carl Berens hätte damals überlaßen müßen; so hätte ich eher finden können, was ich bisher durch alle mögl. Erkundigungen umsonst eingezogen. Das Ding ist ein holländisch Wort, und heist nicht Voy, sondern
    Fooi
,
ein
    Biergeld
. Der Name allein ist ein schreiender Beweis von der Sache. Sind Sie übrigens imstande mir die erbetene Nachrichten durch dasige Freunde unter Kaufleuten u Zollbedienten so umständl. als mögl. zu liefern; so würden Sie zu einer Deduction dieser Sache mir große Dienste thun. Antworten Sie mit nächster Post, was Sie in dieser für mich wichtigen Aufgabe gethan haben u zu thun imstande sind. Transport des    über  des  erstandenen    – ersparten 372 fl. 20 gl.129 fl. 2 : – Heineccius –– – –  3 :  2  :  2 : –    – Hartknoch ist über 7 fl. Crel- Bingham  8 : 211 : 21 : – lii Mst für 9 fl. fortgegangen. Angelus  1  :  1    –  1 : – : – Maimbourg Schriften sindAymon  2 :  – : –    –    – alle ausgeboten wordenLenfant 13 : 18 : –1 : 18    – Apologia  1 :  –    –  2 : –  Büdingsche Samml.  4 :  6    –  1 : 24 : – Cyprius  – : 19    –  – : 11 : – Walch  1 :  –    –    – Leo Allatius  1 :  –    –    –      2      über       408 fl. 27 gl.3 : 11 gl134 :  7 : – Salar errore calculi. Schreiben Sie mir bald und viel Gutes vom Einfluß des Winters auf Ihre Gesundheit. Grüßen Sie die Ihrigen herzlich; von mir u den Meinigen. Ich bin in der grösten Verwirrung. Gott wird mir helfen Amen!
Theuerster Freund Diesen Augenblick – eine Viertelstunde vor Abgang der heutigen reitenden Post – erhalt ich Ihren Brief und kann keinen Augenblick versäumen Ihnen zu sagen, daß Sie nach meiner Meinung sehr wohl thun, wenn Sie die Beilage die hier zurück komt gehörigen Orts einschieben, nur statt des den franz. Herrn sehr anstößigen Schlusses, lieber noch hinzufügen wie Sie aus vestem Vertrauen auf die Hülfe der Gen-Adm. den Weg nach dem Cabinet der Sie jedem treuen Landesunterthanen u Diener zu seinem Gewinn offen strömt, noch unbenutzt gelaßen: und erhalten Sie darauf nicht beruhigende Antwort so schicken Sie daßelbe, was hier in der Beilage steht gerade an den König nur so viel als möglich abgekürzt: Vorausgesetzt daß die fürchterliche Baschasorder wirklich aus dem Cabinet gekommen. Daß Sie sich das nicht so geradezu gefallen laßen wollen, hab’ ich kein einziges Wort zu sagen. Auch ich bin der Meinung daß wenn einem die Hälfte des Einkommens genommen wird u man von der andern Hälfte nicht gut leben kan, man auch an den Verlust dieser zweiten Hälfte nicht viel verliert. Und Sie lieber edler Mann können ja durch jede Veränderung nur gewinnen, nie verlieren: es sey denn daß Sie Ihr Vaterland für keinen Gewinn verlieren wollten. Ich bin in Potsd. gewesen, deshalb hab’ ich für die Sache Ihres lieben Freundes noch keine ernstliche Erkundigung einziehen können: soll aber nächstens geschehen. Denina ist ein lieber sanfter ruhiger doch sehr heiterer bisweilen gar lustiger Mann. Er hat in seiner Physiognomie u Wesen ganz die gute fast edle Symplicität die sein Styl hat: gar nichts italiänisches, so deutsches. Raynal lebt seit 8 Wochen bey Prinz Ferdinand eine Weile von der Stadt. Künftigen Monath komt er herein, denn werd’ ich oft mit ihm u Denina seyn, u zuletzt Ihnen erst ausführlich über ihn schreiben. In meinem Hause stehts Gott sey gedankt alles wohl. Von Dorow hab’ ich noch nichts erhalten, aber ihm gestern mit der fahrenden Post 2 Zeilen geschrieben, dabey auch Ihnen zu melden daß Vetter bereits in ofner See ist und seinem künftigen Wohnort in der neuen Welt entgegensegelt. Nun sind Sie allem Zwange entbunden. Die Post will fort: nur noch unserer beider auch Jonathans herzlichste liebevolle Umarmung. Ganz IhrReichardt Bl. den 16 Nov 82 Wär der etwas poßierlich böse Schluß nicht in der Beilage gewesen, hätt’ ich die Schrift gleich selbst in Ihrem Nahmen abgegeben. Mit einer andern Hand, da man Ihre kennt, mocht’ ichs aber nicht thun. An Deutsch meinen herzinnigsten Gruß. Königsberg den 17 Nov. XXV. 82. Herzlichgeliebtester Landsmann und Freund, Wie Gibraltar den schwimmenden und fliegenden Batterien ausgesetzt und von welschen u spanischen Heeren werden Sie von meinen Briefen bestürmt. Einlage ist an D. Biester, ob und wie, offen oder versiegelt er abgegeben werden soll, überlaß ich Ihnen und Ihrem Jonathan, der meinen Stylum curiae zu verstehen behülflich seyn kann, falls er meine magische Hand nicht zu lesen imstande ist. Diesen Donnerstag speiste mit meinem Hans bey des HE Canzl. Exc. der eben unsere Leute vom Magazin u. der Licent-Cammer eine französische und deutsche
    Elegie sur l’argent de voye
hatten abgehen laßen, ohne daß ich eine von beyden unterschrieben, weil der Dir. St. u Gen. Insp. Marv. sich gleichfalls, wie es hieß, nicht unterzeichnen würden. Ich hatte eben den Abend vorher die Etymologie des Worts gefunden, wonach ich bisher so vergeblich Nachfragen gethan. Daß es holländisch war, ließ sich leicht vermuthen. Mein schönes Wörterbuch hatte ich in Riga zurücklaßen müßen. Endlich erhasch ich eins, und
    Fooi
ist ein Biergeld auf gut deutsch. Ohngeachtet dieser schreyenden Etymologie such ich noch immer in allen Archiven nach Urkunden, und nun versteht es sich von selbst, mit was für gutem Gewißen die welsche Madame sich mit unsern Biergeldern befaßen kann. Was Sie mit meinem Pro Memoria machen
    mögen u können
weiß ich nicht. Freylich verdiente es an der Hausthüre ihres Hotels angeschlagen zu werden. Mein Plan ist dieser: Jensch besucht mich noch diese Woche mein Testament zu machen, woran ich schon Jahre lang gearbeitet – meinen armen Kindern und noch mehr ihrer alten treuen ehrlichen Mutter zum Besten, der ich noch das Legat meines seel. Vaters nicht ausgezahlt habe, und an der ich unverantwortlich gehandelt wür haben würde, wenn mich Gott unverhoft von der Welt genommen. Hiedurch kommt ein schwerer Stein von meinem Herzen. Denn empfah ich die letzte Oelung von meinem Beichtvater, wozu ich auch über 5/4 Jahr nicht aus Leichtsinn sondern aus guten Gründen, wenigstens für mein todtes oder lebendes Gewißen nicht habe kommen können. Alsdenn schreib ich flugs in der ersten besten Stunde einen Hirtenbrief an den Chef, gleich dem erdichteten des Cardinals Bernis an die Pompadour. Thut der auch keine Wirkung, so wird dem ganzen Faß der Boden ausgestoßen durch ein Billet doux an den Philosophen zu S. S. Komm ich um, so komm ich um, sagte die Königin Esther. Vielleicht heist es: Nisi periissem, periissem. Seit 77 ist das Geschwür endlich reif geworden. Ich fürcht ich mich eben so wenig für den Gott Mäusim und seine Karre, als unsere Philosophen für das höllische Feuer, das nicht verlöscht und den Wurm der nicht stirbt. Fiat voluntas TVA! Die Welt ist mir, ich ihr nicht gut Mir eckelt alles was sie thut. Es soll mir so wenig leid thun, als Ihrem – ihr das Valet zu geben. Verte cito. Kaum sind Sie von einem Vetter, dem rasenden Demagogen, erlöst: so fällt Ihnen ein anderer zur Last, ein noch tollerer Götzen u Bilderstürmer. Ich verlange aber nichts mehr als Ihr Consilium fidele und Ihr freundschaftliches Gutachten, oder einen Rippenstoß den ein Zuschauer einem Mitspieler zu geben pflegt. Den 14 huj. wie ich vom Roßgarten kam bene potus u bene lotus, denn es regnete mit vollem Nachdrucke, fand ich einen Brief aus Wr.
    zum Abend
    Dessert
,
wovon ich Ihnen einen Brocken abgeben will. Das Göttingsche Mädchengesicht ist, wie Sie sagen; nur hat er mir keinen Brief mitgebracht, sondern einen Gruß von R. Ich konnte ihn wenig sprechen, weil es eben im Examine war, bat ihn also zu Tische, worauf er sogl. mit der Post weggieng. Ein paar Wochen nachher kommt ein Brief an, worinn er mir seine dürftige Umstände meldet. Der Brief war elend, nicht einmal orthographisch geschrieben und die Vorstellung seiner Armuth mit einer Reise nach dem theuren Göttingen so abstechend, daß ich viel Zweifel schöpfte, ihm indeßen mit der ersten Post 2 Louisdor schickte und ihn an Heine zum Freytische empfahl. Eben da kam Ihr Brief, der mir Licht gab und ebenda schrieb mir auch Heine von seiner groben Unwißenheit, die er geäußert, daß ich also diesem nur kurz schrieb sich in Acht zu nehmen u etwa nicht zu viel zu trauen – und so wartete ich, er solle wider schreiben, das er aber bisher nicht gethan hat. Ich danke Ihnen daß Sie mich aus dem Irrthum gerißen; vielleicht beßert er sich noch, wenn er sieht, daß er mit seinen Ränken nicht fortkommt. Ich hatte die Louisdor, Sie können leicht erachten wem? lieber gegönnt, als dem diebischen Buben W. Nichts aus dem Haag? Wie lange geht die Post zwischen der neuen u alten Welt? Daß Sie sich nicht mehr gelüsten laßen weder Urkunden
    an
noch
    von
mir zu zerreißen; denn wenn man nicht Freunden seine Schwachheiten anvertrauen soll; wem sonst? Marianne Sophie, meine jüngste, geht morgen Gottlob! in ihr 5tes Jahr. Lisette Reinette ist bereits imstande Ihre Elegie auf ein Landmädchen u das Liedchen an die jüngste Schwester – die ich vorigen Freytag besucht und trotz einem Berlinschen Monatsschrifsteller unterhalten – mir vorzuspielen. Mit der neuen Woche soll eine Composition der Ihnen und uns lieben Virtuosin Juliane entamirt worden, der ich Mund und Hand zu küßen bitte. Meister Hill lobt das Stück sehr, aber den Namen deßelben weiß ich noch nicht. Ein Tombeau von eines Kgl. Preuß. Capellmeisters Gemalin oder Tochter würde mir mehr Unsterblichkeit zuziehen als das kostbarste Monument der grösten Kayserin in Europa und Asia. Collin hat den Kritiker der reinen Vernunft en medaillon gemacht, und mir durch eine sehr schätzbare Freundin und Gevatterin einen ähnlichen Antrag thun laßen. Geräth meine
    Metakritik
beßer als jenes Original des Kunstrichters: so übersende Ihnen auch ein Exemplar. Doch lieber käme ich selbst nach Berlin – als ein gebundener
    Paulus
oder schnaubender
    Saulus
. Die Anlage dazu ist gemacht; wann aus beyden nichts wird: so bitte wenigstens, der am ersten Vater werden kann, den jüngsten zu Gevatter, denn eine dreyfache Schnur reist nicht. Antworten Sie aber bald, wenn ich mich ferner nennen soll Ihren alten treuen Freund, Landsmann und Compere in spe Johann Georg Hamann. In Eil, weil mein Jonathan in Weimar keinen einzigen Posttag auf Antwort warten soll. a Dieu et à revoir.
Kgsb. den 17 9br. XXV. 82. Lieber HerzensSeelenfreund und Jonathan Ich kam den 14ten hui. ziemlich spät, bene potus von eines Ministers Tafel und bene lotus durch den Regen vom Roßgarten und der Lilienthalschen Auction zu Hause und hatte die überschwengliche Freude, so bald ich mich ein wenig ausgeschält u verschnauft einen Brief von Ihnen zu erbrechen. Freylich hätte ich mir wol beßere Nachrichten von Ihrer Hälfte, meiner verehrungswürdigen Gevatterin gewünscht; unterdeßen wird Gott helfen Amen. Einl. nach Morungen ist gestern abgegangen. Habe mich heute an D. Biester u Reichard müde geschrieben, an Sie aber Wochen lang gedacht und doch nicht zum Schreiben kommen können. Dem letztern habe den ganzen passum das Götting. Mädchen oder Sirenengesicht betreffend mitgetheilt, weil Ihnen der Spaß baares Gold gekostet. Trauen Sie doch kaum u mit genauer Noth schriftl. Empfehlungen, selbst nicht von mir, geschweige mündl. Complimenten. A propos, vor einigen Wochen kam ein gewißer Biseke, Bruder des Prof. zu Mitau zu mir ohn deßen Empfehlung, der bey seiner Durchreise damals mit dem seel. Hartmann ihn nicht zu mir begleitete. Er kam auf meine Loge im Packhof, ich begleitete ihn in mein Haus, war aber durch einen sehr seltenen Zufall mit Expeditiren beschäftigt. Er sagte mir sein Anliegen, daß er auf pädagogische Kenntniße eine Reise thäte, bat mich um Empfehlungen, die ich ihm nicht geben konnte, weil ich ohne alle litterarische Verbindungen lebe – und da er mich ohne einmal eine Empfehlung von seinem Bruder hatte finden können; so hielt ich es für andere eben so wenig nöthig. Er umarmte mich, ich weiß nicht wie, drung auf eine Zeit, wo er noch einmal kommen dörfte. Ich sagte ihm, daß mir jede andere Zeit willkommen wäre, den gegenwärtigen Augenblick ausgenommen. Eventualiter wünschte ich ihm eine gute Reise, lief auf halber Treppe wider zurück, weil mir noch etwas zu Hause zu bestellen eingefallen war. Wenn er nach Weimar käme, nannte ich Sie als den einzigen Freund, an den ich noch schriebe und versprach ihn bey Ihnen anzumelden. Komt er noch, so hab ich wenigstens mein Wort halten wollen. Er hat sich noch einige Tage hier aufgehalten, ist mit D. Köhler, den ich noch nicht von Person kenne noch zu kennen Lust habe und D. Holzhauer in Trutenau gewesen, aber nicht bey mir, so sehr ihm auch daran gelegen zu seyn schien. Weiter kenn ich den Menschen nicht, hätte ihn aber gern über seine pädagogische Wallfahrt ein wenig auf den Puls gefühlt. Vor einigen Wochen hab ich einen andern Ebentheurer, der sich für einen Professor Toupet ausgiebt, für einen gebornen Berner von 22 Jahren, der die ganze Welt beynahe durchgestrichen und in Posen eine Frau zurückgelaßen. Ich habe ihm statt eines Allmosens 4 rthl für 1. Monath zum voraus gezahlt, meinen beyde älteste Kinder eine gute fr. Aussprache beyzubringen, der diese Woche zu Ende gehen wird. Was macht Ihre kleine Heerde und mein Pathchen? Vom Häusler in Wandsbeck erhalte keinen Laut noch DedicationsExempl. seiner Uebersetzung und
    rückwärts
. Im Sinn habe ich gnug an Sie geschrieben – seit dem Sonnabend, wo mir jemand den 2ten Theil des Berlinschen Philisters zuschickte. Lesen müßen Sie den Bettel, es koste Ihnen so viel es wolle. Es übertrift den zweiten Theil des Schloßers. Ich habe gnug dran gedacht Ihre merkurialische Episteln zu adoptiren; aber der Betrug geht nicht. Sie sind zu voreilig Ihr eigener Verräther gewesen. Vom Autor habe nichts bisher ansehen können als den letzten Anhang über das Geheimnis der Sphynx, will mir ebenso wenig zu Leibe als die Weisheitstaufe. Gewühlt hab ich die ganze Zeit, aber weder das Wort Buffam. noch Machomerie finden können. Fänd ich Sachen, so würd ich meine ganze chinesische Kochkunst zu Hülfe nehmen zu einem Gerichte vom hohen gout – – den 18 Nov. Pathchen geht heute Gottlob! in ihr fünftes Jahr, und ich feyre ihn indem ich das Haus hüte u an Sie schreibe. Morgen ist Lieschen Namenstag, an dem ich
    Hill
zum ersten mal in smeinem Hause sah, der sich um dies Mädchen sehr verdient macht und sie auf dem Clavier unterrichtet, worinn sie ohngeachtet ihrer von der Mutter geerbten krummen Finger mehr zunimmt als ich ihr zugetraut. Meine Stube liegt so voller Bücher aus der Lilienthalschen Auction für Hartknoch, daß man kaum darinn gehen kann, und ich wollte sie sehr gerne durchwühlen, bin aber nicht im stande dazu zu kommen – auch meine Auszüge über die Tempelherren aufzusuchen um Ihnen die Qvellen mitzutheilen, welcher ich bisher habhaft werden können. Matthaeum Parisiensem besitze selbst, finde in ihm eine ganze Liste verstümmelter Namen des Mahomets aber nicht Baffumet außer dem einzigen von N. selbst angeführten Beyspiel. Die neuste Auflage des de Puy habe Wochen lang im Hause gehabt, aber nicht weit darinn kommen können; noch hier eine alte Ausgabe auftreiben zur Vergleichung. Auch den Namen
    des neuesten Herausgebers verlange
ich sehr zu wißen. Er sagt ja in der Vorrede über 200 Documente hinzugefügt zu haben. Dieser beträchtliche Anhang u seine wichtige Noten machen diese neue Auflage zu einem gantz neuen Werk beynahe. Ich traue aber keinen Schlüßen Melden Sie mir doch wie das Blendwerk mit dem Wort Malhommerie zugegangen. Im Depuy steht ausdrücklich Malhommerie. Ohngeachtet des tödtenden Buchstabens, der wider sie streitet und Sie zu Boden wirft, glaub ich steif und fest, das Sie im Geist recht gesehen und der Sinn für Sie ist. Bonhommie würde Malhommie machen. Ich vermuthe also nicht Malhommerie sondern Machomerie, bin aber auch nicht im stande ein Beyspiel dieses Worts zu finden. Lesen müßen Sie den Strunk, so sehr er auch stinkt. Der einzige Rath, den ich Ihnen gebe ist – et ab hoste consilium. Die ganze Hypothese ist ein Blendwerk und die Frage ist nicht recht auseinander gesetzt. Das ganze historische Verdienst des N. ist die elendeste Mikrologie und Schulfüchserey, die täuscht aber der
    wahren Philosophie der Geschichte
entgegen gesetzt ist. Wenn Sie alle Ihre Fehler auch zugeben wollten, behielten Sie noch immer Recht und hätten weiter und tiefer in der Hauptsache gesehen als er. Das ganze Spiel seiner Täuschung beruht immer auf einer Verwechselung der damaligen und gegenwärtigen Zeiten, ihrer Sitten u Denkungsart. Hier liegt der ganze
    Schlüßel
ihn zu widerlegen; aber ihn zu finden und auszuarbeiten gehört viel Muße, Ruhe und eine Laune ohne Affecten Ich bin nur u kaum bis in die Hälfte des ersten Theils mit Nicolai, und weder zur Untersuchung Ihrer Briefe noch seiner Widerlegung gekommen. Mein elendes Gedächtnis ist Ihnen bekannt. Alles beruht auf eine gehörige Auseinandersetzung der
    Frage
, auf eine künstliche Zergliederung der Nicolaitischen Hypothese, und eine gewißenhafte, genaue und redliche Bewährung Ihrer Hauptgründe mit Absonderung aller Nebendinge und der kältesten Unterdrückung aller Sticheleyen und Neckereyen, davon eine Ihnen in einem spätern Stück des Mercurs entfahren, das Sie mir nicht zugeschickt, die mir aber gleich aufsties. Sie betraff die gelehrten Verleger. Vor allen Regeln empfehl ich Ihnen die alte:
    distingue tempora
,
welche N. mit der grösten Tummheit u Nasenweisheit aus den Augen gesetzt, und sich dadurch das meiste
    gegen Sie
erschlichen hat, und noch mehr beym Niemand dem Kundbaren Bunkelianer. Lesen müßen Sie, liebster bester Herder, antworten müßen und können Sie, auch unter Ihrem Namen, wenn Sie wollen, ohne Ihrer Würde etwas vergeben zu dürfen, mit der wahren Grosmuth und Demuth eines christlichen Bischoffs, auch diese Poße zum Besten der einzig guten Sache und des einzig guten Gottes einlenken, den Tand der Gelehrsamkeit – das Verhältnis zwischen sich u. N. so treu, so warm, so gründlich aus einander setzen – Die neue Seeligkeit der Heiden mit der Verdammung der Tempelherren. Nur bitte ich daß Sie die Cassation des Advocatens Ordens mir überlaßen. – et ab hoste consilium, der ist beßer als ab amicis. Auch ein ungerechter Richter ist mehr werth als der geschickteste Rabulist oder Sophist. Wenn ich
    könnte
, so wollte ich gern mich in diese stinkende Sache vertiefen. Zu meinem Können gehört erstlich Ihr ausdrücklicher Auftrag und 2tens Ihre thätige Unterstüzung mir wenigstens
    Qvellen
und Materialien
    anzuweisen, zu verschaffen
und
    anzuvertrauen
und 3 die Vollmacht mich wie Sie und Sie wie mich anzusehen, oder meinen Freund grosmüthig und mich selbst wie den nächsten Vertrauten zu behandeln ohne viel Umstände. D. Biester hat mich durch Kraus zu seiner Berlinschen Monatsschrift einladen laßen; ich habe ihm einen Ellenlangen tollen Brief geschrieben und nachdem ich mich über die babylonsche Misgeburt weidlich geärgert, ihm einen Beytrag und vielleicht mehrere angeboten. Gegenwärtiges erhalten Sie durch Reichardt vielleicht um das PostGeld zu sparen, weil ich dort dringende Angelegenheiten habe und auf deren Durchsetzung ich das Äußerste wagen werde. Es betrift das einzige Emolument der Licent-Bedienten, davon uns die Gener. Adm. erstl. 9/32 bald drauf 7/32 endl. ¼ entzogen hat, und nunmehro entweder gantz oder sich auf die Hälfte mit uns theilen will. Mein Gehalt ist 25 rthl, in meiner kümmerl. Haushaltung gehen monatl. 20 rthl auf u reichen öfters nicht zu. Bleiben mir 5 rthl zu Servis, leidigem Toback, den ich sparsam rauche aber desto mehr schnaube, zu Hause Bonbon à 45 gl. 1/2 in publico Lausewenzel das 1/2 ℔ zu 15 gl. mit Steinkleeblüthsaamen versetzt. Wo soll ich Holtz hernehmen das 100 beträgt und Bier über diese Summe, und Kleidungsstücke, in denen ich mich wie ein Cyniker behelfe und blos auf Decke und Nothdurft sehe. Den 15 Oct. hat der König eine Cabinetsordre ergehen laßen, worin er alle Accise u Zollbedienten wegen ihrer
    Schelmereyen u Betrügereyen
(sunt ipsissima verba) mit der Vestung u Karre bedroht. Ich hoffe mit Gottes Hülfe ihm die Qvelle des Uebels aufzudecken, daß seine mulier peregrina u Lacaena adultera uns bestiehlt und stehlen lehrt. Da dieser neue Eingriff ein allgemeines Wehklagen erweckt; so können Sie leicht denken daß meine würdige Amtsbrüder bey der Adm. u dem Minister eingekommen. Ich habe weder Ihre welsche
    Elegie sur l’argent de Voye
noch Ihre deutsche unterzeichnet. Nach vielem u jahrlangen vergeblichen Suchen u Fragen, was das Wort Voyengelder bedeutet, daß es holl. war vermuthete ich gleich – Endl. fällt mir ein holl. Worterbuch in die Hand, denn mein schönes fr. u holl. hat sich das Berenssche Comptoir zugeeignet, find ich daß Fooi ein Bier u Trinkgeld zum Lebewohl u Abschiede heist. Alle Kaufleute sagen mir, daß diese Abgabe den König nicht angeht, sondern von Ihnen u der Rheederzunft sich originirt, und schriftl. Beweise hievon werde ich aus allen Archiven beybringen – zu denen ich Gottlob! Canäle habe, wie Sie leicht erachten können, oder mir zu verschaffen im stande sindbin. – Nun komt es blos auf den Uebergang des Rubicons an; so komm ich vielleicht nach Berl. als ein gebundener Paulus oder schnaubender Saulus, wie ich unserm Landsmann geschrieben und muß mir dort Freunde zu erwerben suchen die mich aufnehmen in Ihre Hütten. Sie können leicht erachten, daß dies Ding mich näher angeht als das Schicksal alter u neuer Ordensbrüder Nicht blos der Unterhalt meines Lebens ist die Hauptsache, sondern mein ganzer Posten ist ein Geschwür das ich seit 77 gefühlt habe und nun zum Aufbruch reif geworden – und vielleicht ist dies ein medius terminus den alten fast aufgegebnen Wunsch meines Herzens endl. erfüllt zu erleben, ich meyne, uns einander – – Beten Sie wenigstens, liebster Gevatter Landsmann u Freund, daß Gott mir helfen und alles wol gelingen laßen wolle Amen! Was sagte denn der deutsche Mercur dazu? Ich sollte auch meynen, daß er noch nähern Antheil als der Verf. an diesem nicolaitischen Unfug u Uebermuth nehmen müste. Ich habe von allem Ahndungen gehabt und Ihnen im Herzen ein wenig übel genommen daß Sie dem Wink aus Gotha so ungünstig waren. Ach liebster bester Freund: ich kann Ihnen es nicht gnug widerholen – et ab hoste consilium. Die meisten unglückl. Menschen die ich habe kennen gelernt hatten Ursache wie jene zu sagen: Pol me occidistis amici. Nicht nur fures temporis sind sie sondern auch Mörder unsers Ruhms, den wir haben könnten u sollten, wenn sie nicht zu schwach und zu parteyisch wären das Principiis obsta an uns auszuüben. In Ehen geht es ebenso – und in der Erziehung der Kinder u des Gesindes noch ärger. Ich predige mir selbst so gut als Ihnen.
    Schwäche
und
    Heftigkeit
sind wie Licht u Schatten unzertrennlich. Beyde unentbehrlich, nur am
    rechten Ort
. Wenn Sie dem Philister Nicolai nicht nur zu
    vergeben
sondern selbst zu
    danken
im stande sind; denn schreiben Sie alles, was Ihnen Herz u Kopf einzugeben im stande ist, und denn sind Sie von beyden Seiten überlegen. Orthodoxie ist nicht Rechthaberey wie es der Advocat Schreiter übersetzt. Wahrscheinlichkeit sticht mehrentheils die Wahrheit aus, wenigstens durch ihr Gewand. Jordani Bruni Principium coincidentiae oppositorum ist in meinen Augen mehr werth als alle Kantsche Kritik. Sind die Tempelherren schuldig oder unschuldig? Beides kann ein Advocat aus den Acten beweisen. Also Ja – Nein. Schuldig damals – unschuldig jetzt. Auch ja! nein! Denn es giebt zu unsern Zeiten auch Philippi Augusti, – und Clemente die mit Bullen vollenden was jene mit der Execution entamirt haben. Ein Mysterium iniquitatis ist über das andere, wie ein Tod den andern fraß. Also ohne Philosophie giebt es keine Geschichte, und die eine löst sich immer in die andere auf. Die wahren Elemente des Rechts u Unrechts sind uns unbekannt. Dieser Unwißenheit bedienen sich die Sophisten ihr Wortspiel zu treiben Gott gebe Ihnen des frommen Pascals Geist um diese Berl. Jesuiten – und unsers HErrn und Meisters Geißel, um diese allgemeine Wechsler u Beutelschneider zu züchtigen κατα μοιραν. Antworten Sie mir bald; auch Ihre Briefe sind mir Stärkung, die ich höchst nöthig habe – besonders auf meine Anfragen. Mein und Pathin Handkuß. Gott seegne Sie und Ihr gantzes Haus. Sie sind doch kein mürrischer verdrüßlicher grämischer Hausvater; und das Uebel liegt doch nicht im Gemüth? Wenns nicht anders ist, komme selbst hin statum morbi zu untersuchen u bringe vielleicht einen kleinen Doctorandum mit – der heute oder morgen aufhören wird Auctions-Commissarius zu seyn. Haben Sie auch einen Catalog bekommen; gesorgt hab ich davor? Spalding u Teller haben wacker mitgeboten. Schreiben Sie bald. Ich lebe und sterbe Ihr alter treuer Jonathan und Samariter.
Kgsb. den 6 7 Xbr. 82. Herzlich geliebtester Landsmann und Freund, Meinen innigen Dank für das 4te Stück Ihres Magazins, das ich eben am 27 pr. am Tage
    Jonathans
(wenigstens nach unserm Preuß. Kalender) erhielt, als ich eben mein Testament abgeschrieben hatte, und mir Kr. Schwanengesang sehr willkommen machte. Der 2 h. als Geburtstag meiner mittelsten Tochter
    Lehne Käthe
, die ihr neuntes Jahr antratt wurde durch Ihren zärtlichen Brief noch herzlicher. Den 5 hui. habe meinen letzten Willen beym hiesigen Gerichte deponirt, und dadurch auch einen Stein vom Herzen – den 8 II Adv. Hier wurde durch einen Besuch von meiner Gevatterin Me Courtan unterbrochen. Ich weiß nicht mit Worten – geschweige mit der That, meine Erkenntlichkeit für Ihre freundschaftl. liebreiche Gesinnungen gegen mich und mein Haus auszudrücken. Gott erfülle Ihre gute Hofnungen von meinem Sohn, und mache ihn Ihres Vertrauens und der Zuneigung jedes rechtschaffenen Mannes würdig. Amen. Mein Freund in Lübek hat sich eines beßeren bedacht. Sie sind also aller Mühe in diesem mir eben nicht recht schickl. Auftrage überhoben. HE Pleßing, ein Freund des Göthe u Kr.R. Dohms wird Ihnen nächstens einen Gruß von mir bringen. Ich habe an den Schicksalen seiner unglückl. Leidenschaft näheren Antheil genommen als an seinen Ein- u Aussichten, die ich nicht zu beurtheilen imstande bin. Es ist mir angenehm gewesen den Sohn eines würdigen Mannes kennen zu lernen, von dem ich ein Buch über die Abgötterey in 2 Octavbänden besitze, und ich habe seit 2 Jahren mit ersterm in einer gewißen Vertraulichkeit gelebt, trotz alles Contrastes unserer Grundsätze. All mein Antheil an der gemeinschaftl. Zöllner Sache ist fruchtlos gewesen, und ich habe mir durch meinen Ungestüm lauter Feinde gemacht und der Verleumdung alle mögl. Blößen gegeben mich zu schaden, wenn sie will und darf. Auch das kann zum Guten dienen, mich theils vorsichtiger – theils thätiger zur Nothwehr zu machen. Sie haben den 25 pr. Antwort von der Gen. Adm. u den 28 von Sr. Excell. dem Minister von Schulenburg erhalten, an den sie aus einer wahren Dummheit ihr petitum gerichtet. Erstere vertröstet die Suppl. mit einer Allerhöchsten Entscheidung u letzterer weist sie an die Gen. Adm. Nun heißt es, werden sie künftigen Januar ins Cabinet gehen. Der König ist einmal gegen uns als Empfänger dieser Biergelder eingenommen. Die Kaufleute, als Geber, wären auch berechtigt diesen mißl. Schritt zu thun. Ich zweifele aber, daß es so weit kommen wird, und mag auch keinen
    dritten
aufmuntern dies glühende Eisen zu unserm Besten anzufaßen. Sollten Sie mir noch einmal in diesem Jahr schreiben; so
    wünschte und bäte mir wol einen Wink in
    Ansehung
des jetzigen Chefs, Bar. v Bismark Exc. aus, ob es der Mühe lohnen möchte und von dieser Seite die Sache anzugreifen wäre, im Fall ich zwischen Tür u Angel käme. Welchen Tag unser Vetter abgeseegelt weiß ich noch nicht. Vom Hauptm. v Hogendorp habe in voriger Woche einen deutschen und französischen Brief erhalten. Der erste war ein Avis von 6 Bouteillen Cap Wein, die mir die Gräfin schickt, und der in Pillau angekommen seyn soll. Der mittelste giebt keinen Laut von sich – und hat seit Jahr u Tag mir
    Hemsterhuis
Schriften versprochen. Dergl. Lebensmittel laßen sich
    mittheilen u selbst genießen
. Jene setzen mich in 100 Verlegenheit wegen der Collisionen zwischen Mittheilung u Selbstgenuß. Von was für zufälligen Gesichtspuncten doch unser Urtheil von Menschen abhängt? Gott laße Sie, liebster Landsmann u Freund, dies auf die Neige gehende Jahr mit Gesundheit, Seegen und Freude beschließen – allen Saamen des Guten mit hundertfältiger Frucht gedeyen und heimkehren. Meine Die herzlichste Wünsche, Grüße und Küße an Sie, Ihre Seelengute Hälfte, Luischen u Pflegsohn und alles was Ihnen lieb und werth ist – von mir meinem Sohn, seinem Geschwister u ihrer Mutter. Ich umarme Sie und Jonathan als Ihr alter treuer Freund u Landsmann Johann Georg Hamann Adresse mit Lackrest:
    Freund Reichardt
!
Kgsb den 8 Xbr. 2 Adv. 82. Herzlich geliebtester Freund Den 25 pr. erhielte Ihren letzten Brief nebst Einschluß von HE Voldenscherer. Beyden danke aufs beste für Ihre Gefälligkeit. Die verwünschte Sache hat mir graue Haare gemacht und wer weiß was sie noch nach sich ziehen wird – Meinen letzten Willen habe bey Hiesigem Gerichte den 5 hui. deponirt. Gott mache mir das Sterben so leicht, als mir das Testament durch Kr. Hippel u Cr. R. Jentsch erleichtert worden. Dieser Stein hat mir Jahre lang auf dem Herzen gelegen. Gieng nicht biß zum 13 pr. mein letzter Auctions-Bericht? Den 19 ist selbige zu Ende gegangen. Weil ich alle Tage der Rechnung entgegensehe; so werde alles mit einmal abmachen.
    Endlers
Karte ist 8 fl. die Globi 21 fl. u Happel 12 fl. fortgegangen und Ihnen nicht zu Theil worden. Pereira hat gar gefehlt. Cr. R. Lilienthal ist diese Woche ausgezogen, sonst würd ich die Rechnung bereits erhalten haben. So voll auch meine Stube ist, wünscht ich doch noch einigen Nutzen ziehen zu können, wenigstens in Ansehung der Engl. Libertiner. Die Wagnersche Buchhandl. hat alles richtig erhalten u Friedrich auf Ihrem Brief quittirt auch 18 gl. pro rata bezahlt. Also dies ist nach Wunsch abgemacht. Friedrich hat mir auch seine Beyhülfe zum Einpacken versprochen, womit weder ich noch jemand in meinem Hause umzugehen weiß. Euchel hat Ihnen 4 Exempl. angeschrieben. Hier ist eine kleine Gesellschaft von Virtuosen Signor Scannavini und Tottioli durchgegangen, die aus Saragossa in Danzig angekommen. Ich habe Sie nicht selbst gehört, aber Ihre Talente und Character sind von jedermann gelobt worden. Ich weiß nicht was für ein Mitleiden mich angewandelt, daß ich Ihnen auch ein Zettelchen an Sie mitgegeben. Ihre betrübte Gesundheitsumstände erlauben wol nicht sich selbst mit diesen Leuten abzugeben, unterdeßen sind Sie vielleicht imstande Ihnen dort bey Kennern und Wohlthätern verschlagener Fremdlinge Eingang und Zutritt zu verschaffen. Ein blinder Instinct hat meine Ueberlegung übertölpelt. Auf Kants Prolegomena warte mit Ungedult; zu seiner lateinschen Uebersetzung kann nicht ab- noch zurathen, dies hängt von Ihren Verbindungen mit auswärtigen Verlegern ab und von den Talenten des Uebersetzers. Ja wenn es um die Hälfte verkürzt werden könnte. Es ist viel Ähnlichkeit im Medaillon; aber ich weiß nicht was verfeinertes im Ausdruck. Me Courtan meldete auch den Künstler bey mir an. Wenn es Scherz gewesen, ohngeachtet ich gerne mich selbst so wol als andere beym Worte halten mag: so werd ich doch aus Besorgnis nicht einen Wink verlieren zum Ernst. Vielleicht wird aber durch den Abdruck die Ähnlichkeit lebhafter. Doch vielleicht liegt die ganze Schuld an meinen dummen Augen, oder dem darinn lauschenden Schalk. Sollte es nicht der Mühe lohnen, oder haben Sie nicht schon dort Exemplare? um mich eines beßeren zu belehren. Nehmen Sie sich doch auch meines armen Gevatters Claudius dort an – D. Biester u Gedicke fangen eine Berl. Monatsschrift an, wozu Sie mich auch eingeladen. Weil ich nichts habe; so habe den ersten Brief aus meinem Schiblemini oder epistolischen Nachlese eines Metakritikers Ihnen aufgeopfert, der in einer
    Vergl. einer geschriebenen u gedruckten Uebersetzung
besteht, und vielleicht geht der ganze Bettel drauf. Seelig sind die Armen am Geist. – Mein alter Kopf hat sich heute schon stätig geschrieben. Gott sey Ihr Artzt und Heiland! So bald ich die Rechnung erhalte, werde nichts versäumen, alles ins Reine zu bringen. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und HE Voldenscherer mit widerholtem Dank für seine Gefälligkeit. Das übrige komt Zeit genug. Was macht unser liebe Zürcher? Grüßen Sie Ihn u Seine dortigen Freunde von mir. Die jungen Herren, so nach Riga wallfahrten, sollen nicht Guts gnug von Ihrer Albertinchen zu erzählen wißen. Gott erhalte Sie! Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund und Diener Johann Georg Hamann. Wenn Sie ein portugiesisches Wörterbuch haben, so bitte mir den Preiß deßelben zu melden. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
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Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 5 Dec 1782 beantw d 26 –
Kgsberg den 14 Christm 82. HöchstzuEhrender Herr Hofrath, Herzlich geliebtester Freund, Gestern erhielt in aller Frühe eine Antwort vom HE Bruder, mit der ich gleich nach dem Roßgarten lief, um Ihre ehrwürdige Mutter zu erfreuen, die ich wider Vermuthen auf dem Sorgstuhl antraf, unterdeßen Ihre alte Köchin bettlägericht war. Weil ich nicht weiß, wo sich HE Bruder aufhält, und mir auf das dringendste eingebunden worden, ihm auf das baldigste ihr sehnlichstes Verlangen zu melden, ihn noch zu sehen und zu sprechen in Ansehung mancher Dinge, wovon Sie ihr Herz erleichtert wünscht: so halte ich es für das sicherste gerade an Sie zu schreiben, weil Sie am nächsten alsdenn imstande seyn werden diese Angelegenheit ihm mündlich oder schriftlich mitzutheilen. Ohngeachtet unsers beiderseitigen Stillschweigens bin ich gewiß daß selbiges weder Einfluß noch Folgen auf unsere alte und bewährte und verjährte Freundschaft und Vertraulichkeit gehabt hat noch haben wird. In dieser Voraussetzung habe ich bereits diesen Morgen einen Israeliten, Namens Moses Oettinger, der sich in Hasenpoth niederlaßen wird und hier einige Jahre in einem der vornehmsten und besten HandlungsHäuser, nemlich bey HE Wulff Friedlaender, Hofmeister oder Bocher gewesen, ein Paar offene Zeilen zu seiner Empfehlung mitgegeben. Er ist ein rechtschaffener dienstfertiger Mann, durch den ich immer freyen Genuß von der ziemlich ansehnlichen Bibliothek der ganzen Familie gehabt habe. Wenn Sie ihm also mit Kenntnißen des dortigen Adels, mit gutem Rath und mit der That worinn behülflich zu seyn imstande sind, so verbinden Sie nicht nur dadurch mich, weil ich an seinem Glück einen aufrichtigen Antheil nehme, sondern auch ihn als einen ehrlichen Mann, der sich Ihrer Güte nicht unwürdig machen wird, und in seinem Betragen gewißenhaft ist. Avthentike Nachrichten von Ihrem eigenen Wohlbefinden und Ihrem ganzen geehrten Hause erwarte mit der grösten Sehnsucht durch den Herrn Bruder, der Ihnen dergleichen von meiner Seiten auch mitbringen wird. Befördern Sie seine Abreise um die Ungedult einer mehr sterbenden als lebenden Mutter und Ihren letzten Durst durch einen Labetrunk zu stillen; denn ihre letzte Stunde hangt von einem Faden ab, der feiner als Seide und Haar ist. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und ich weiß nicht recht – wie? zahlreichen Familie. Meine vier Kinder nebst ihrer Mutter sind Gottlob! gesund, und ich – passable. Beschließen Sie das alte Jahr mit vielem Seegen – und noch mehr zum Neuen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treu ergebenster Freund Johann Georg Hamann. Packhofverwalter seit 77. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Hofraths Lindner / Wolgeboren / zu /
    Mitau
.
Kgsb. den 27 Xbr. 82. HöchstzuEhrender Herr Hofrath, Herzlich geliebtester Freund, Gestern Abend erhielt Ihren angenehmen Brief in einer außerordentlich dazu gestimmten Gemüthslage; ohngeachtet der elenden Witterung und eines glatten gefährlichen Weges ließ ich mich diesen Nachmittag von meinem Sohn nach dem Roßgarten leiten um Ihrer alten würdigen Frau Mutter eine Freude zu machen, die voller Ungedult und Erwartung Ihrer letzten Stunde und Ihrer letzten Freude ist, und noch mancherley auf dem Herzen zu haben scheint. Da Sie Selbst nicht kommen können; so thun Sie Ihr bestes den HEn Bruder zu befördern, und erfüllen Sie wenigstens dadurch Ihre kindliche Pflicht. Denn Sie können sich nicht vorstellen, wie Hoffnung und Verzweiflung in Ihrem Gemüthe ringt und vermuthlich noch Ihre letzte Kräfte verzehrt und vollends aufreibt. So viel von unserm Anliegen. Was das Ihrige anbetrifft: so geht gewiß mein guter Wille so weit, als nur Ihr freundschaftliches Vertrauen gehen kann. Aber reinen Wein – Erstlich meine äußerl. Lage ist folgende. Ich genüße ein freyes Logis, habe aber durch die neue Einrichtungen zwo schöne Stuben verloren und nur 2 übrig behalten nebst einer schönen Sommerstube. In der einen schlaf ich mit meinem Sohn unter meinen Büchern und in der andern meine 3 Mädchen mit ihrer Mutter. Mein ganzes Gehalt ist 25 rth u 1 rth 22½ gl. Schreibgebühr und bestreitet Eßen und Trinken nebst den öffentl. Abgaben. Ich habe kein einziges Emolument, zu Holtz und Kleidung als die sogenannte Fooi Gelder, welche die Regie immer geschmälert hat, und wegen welcher meine Amtsbrüder sich an Ihr Forum, den Minister u endl. ins Cabinet gemeldet haben ohne einer Antwort gewürdigt worden zu seyn. Ich stehe also im Begriff auch diesen letzten Schritt für meinen eignen Kopf zu wagen und meine Haut zu Markt zu bringen. Der Januar wird diesen Schritt und den Ausgang deßelben entscheiden. In was für Unruhe mein Gemüth ist u während dieser Zeit seyn wird, können Sie sich leicht vorstellen. Mein Dienst besteht freylich mehr in Muße als in Geschäften; dennoch muß ich wenigstens meine Stunden abwarten und habe nur selbst im Ab- und Zugehen meinen Sohn unterrichten können. Dem docendo discimus zu Gefallen hab ich 2 Versuche mit jungen Leuten gemacht, aber fruchtlos. Er ist den 27 Sept in sein 14tes Jahr getreten u geht gegenwärtig in die Kinderlehr. Mit dem Griechischen hab ich den Anfang bey ihm gemacht u mit gutem Fortgange. Wir lesen jetzt die Odyßee zum 2ten mal und peitschen auch den Pindar durch. Ohne jemals ein Exercitium gemacht zu haben, welches ein wesentlicher Fehler ist, lesen wir gegenwärtig die Aeneide. Im Hebräischen sind wir im Josua – und ich sehe diese Uebung zugl. als ein Werkzeug an, ihn zum Arabischen vorzubereiten, das ich für einen gelehrten Artzt eben so wesentlich halte als das Griechische wegen der Qvellen dieser Wißenschaft in beyden Sprachen. Im polnischen ist sein Lehrmeister HE Prediger Wanowski, der sich blos aus Freundschaft mit ihm abgiebt, zieml. zufrieden. Das Engl. ist blos als eine Nebensache mit ihm getrieben worden und das
    franz.
erst diesen Herbst angefangen. Die Freundschaft eines jungen Menschen, namens Hill, desgl. ich mir wol gewünscht aber niemals hier zu finden gehofft, ist eines der glücklichsten Hülfsmittel für ihn gewesen. Dieser junge Mensch hat einen unglaubl. Hang zu Sprachen, besonders lebenden und dem griechischen u Arabischen. Italienisch wuste er schon wie ich ihn kennen lernte, aber zum Engl. Spanischen, Portugiesischen hab ich wenigstens als Wetzstein gedient und im Griechischen ist er der Gehülfe meines Sohnes. Seine brennende u beynahe angeerbte Begierde zu Reisen und Ebentheuern, macht mich besorgt, daß ich ihn nicht lange hier werde halten können. Dies wären meine beyde Stützen. Die alte Mama ist gantz dagegen, stellt sich aber die gegenwärtige Verbindungen und den FamilienEinfluß, wie damals, vor; übrigens aber giebt sie Ihrem lieben Sohn ein sehr gutes Zeugnis, denn ich selbst habe ein sehr dunkles Bild von ihm, weil ich ihn meines Wißens nicht mehr als einmal gesehen. Gesetzt aber, daß auch obiger Schritt keine übeln sondern vortheilhafte Folgen für meine äußern Umstände hätte, oder daß ich deßelben gantz überhoben wäre: so fehlt mir doch noch eine nähere Kenntnis von Alter, Bestimmungs, Neigung und dem eigentlich zu ersetzenden Mangel – Da ich kaum glaube, daß es Ihre Absicht ist ihn mit dem HE Bruder zugl. herzuschicken, so könnte dieser erst meine eigene Umstände, die Beschaffenheit meines Sohns selbst untersuchen, und zugl. auch mir das Nöthige Licht mittheilen.
    Hintergehen werd ich Sie nicht
, sobald ich sehen sollte, daß weder Ihr noch mein Wunsch erreicht werden könnte – Es wird aber doch Zeit und Geld verloren bey einem übereilten Zuge von der Art. Das achtzehnte Jahr ist schon ein gefährliches Alter, und ich begreife nicht, wie ein junger Mensch von Fähigkeit u Lust sich nicht selbst zu helfen imstande seyn sollte. Was hat er denn während einer so langen Zeit gethan? Worauf geht seine Neigung, und worinn haben seine Beschäftigungen bestanden? Nicht des Vaters Vertrauen, sondern des Sohns ist die Hauptsache, und denn eine Harmonie Ihres und des meinigen. Das sind lauter Fragen, die beßer durch einen Blick als schriftlich abgemacht werden können. Mein Herz sagt zu Allem ja, und mein
    Vorwitz
Experimente zu machen ist auch noch so lebhaft wie mein Appetit – aber unser dreyseitiges Bestes, auch vierseitiges, (weil ich meinen Sohn als eine Hauptperson mit ansehen muß,) hängt mehr von einem reifen, überlegten, kalten Urtheil ab. Wie wär es, wenn Ihr lieber Sohn seinen Oncle begleitete, an Ihrer Stelle blos die Reife thäte um den Seegen der alten Grosmutter zu empfangen, der eben nicht im Leibl. bestehen wird; so käm es alles auf das Urtheil der
    alten
und den Geschmack der
    jungen Leute
an – und auf eine
    Probe
, die doch nicht gantz fruchtlos seyn würde. Scheint Ihnen dies nicht selbst, die
    vernünftigste
,
    klügste
und
    ehrlichste
Maasregul in diesem Fall zu seyn? Er bleibt so lange unter Aufsicht seines Oncle und in seiner Gesellschaft. Will er sich behelfen bey mir; so nehm ich ihn mit beyden Armen auf, wie Sie mich so oft aufgenommen haben. Geht es, so bleibt er hier; geht es nicht, so kehrt er wieder zurück: Ihr Herr Bruder kann alles in Ihrem Namen dann abmachen, eine gegenseitige Freyheit uns unsere Gesinnungen einander über alles mitzutheilen, gehört zu unser alten verjährten Freundschaft, und was wir denken und unterhandeln, soll Ihnen alsdenn zur letzten Einwilligung mitgetheilt werden. Ich erwarte hierüber mit der Ankunft des einen oder beyder Ihre Entschließung, und weiß keinen andern Ausweg uns beyde zu befriedigen als den vorgeschlagenen mit dem Wunsch, daß die Vorsehung alles zu Befestigung und Verständigung unserer gemeinschaftlichen Gesinnungen und Bedürfniße und Glückseeligkeit lenke und regiere Amen. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, deren Genehmigung unseres Bündnißes ich auch zum voraus setze. Gott laße den Eintritt des neuen Jahres für Ihr ganzes Haus geseegnet seyn; schenke Ihnen und den Ihrigen Wohlergehen und langes Leben, ein ruhiges Alter und Freude an Nachkommen und daß es Ihrem ersten und ältesten Sohne wie dem Sirach werden möge, der
    am letzten auferwachte, wie einer der im Herbst nachlieset, aber durch Gottes Seegen ward seine Kelter voll wie im vollen Herbst
. XXXIII. 16. 17. Ich ersterbe Ihr alter treuergebenster u verpflichtester Freund und Diener Johann Georg hamann. Einl. bitte eiligst zu befördern. Und hiemit Gott empfohlen. Dem HE Bruder guten Winter und Weg und Gesellschaft und Ischwocnik zum Herfluge. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Hofraths Lindner / Wolgeboren / zu /
    Mitau
.
Herzlich geliebtester Freund, Den 21 huj. ein ganzes Pack von HE Toussaint erhalten, welches mit dem besten Dank bescheinige; mein Sohn für die medicin. Abhandl. ich für Gadebusch u Denkmal der Stadt Riga, worinn ich das Datum vermißt u 3 Hebeopfer des Petersb. Landsmanns. Schlötzers habe angesehen, aber nichts von Uebersetzung des Dimsdale gefunden, kann es auch nach der Jahrzahl nicht vermuthen. Dimsdale bleibt auf das nächste Jahr, das vermuthl. erst mit dem 24 Jan. (in Ansehung der Schaarwerke) anfangen wird. Ihre Ankündigung habe in den Hamb. gelesen; daß Sie mich für einen Sachkundigen ausruffen laßen, mögen Sie verantworten. Meinen Namen wünsch ich wenigstens nicht zu verlautbaren. Wenn mein Sohn in der Feder fertiger u nicht mit der Kinderlehre, pollnischen u franz. extraordinarie überhäuft; so würde sich immer sein Nahme beßer zum exercitio des Engl. qualificiren, und kaum erwarte ich viel wichtiges von dem Innhalt. Da die Urkunden in rußisch geschrieben, sollten nicht schon einige deutsch ausgekommen seyn. In diesem Fall thun Sie alles mir das liebe Leben u die eckele Arbeit zu erleichtern. Reichard mag mit der kleinen Nachlese für lieb nehmen. Daß Sie kein Exemplar der hierophantischen Briefe haben, wundert mich. Sollte die ganze Aufl. vergriffen seyn oder zum Ladenhüter in Leipzig geblieben. Noch keine Rechnung von Cr. Rath Lil. erhalten; vielleicht sprech ich morgen bey unserm Oberhofprediger vor und laß ihn durch seinen gewesenen Hofmeister erinnern. Kein Aviso wegen des angelangten Päckchen erhalten; es hat sich hier gantz offen im Packhofe einige Tage umgetrieben. Friedrich war so gut, es noch einzupacken, damit nichts von den Kleinigkeiten zerstreut würde, die aus 4 Doubletten u einem Exemplar der Zweifel u Einfälle bestanden. Den 11 sind meine Amtsbrüder gemeinschaftl. mit den Pillauern, die ich eben so wenig als der alte König recht leiden kann ins Cabinet gegangen; aber keine Neue von Baal. Mein Spiel steht noch in saluo; daß der Zug bedenklich ist, versteht sich von selbst. Ich laße mir also Zeit – ob? und wenn es geschieht den 1. oder gegen den 24 zum Geburtstage an welchem ich 77 meine Bestallung erhielt? Mit diesen Grillen im Kopf u Eiter in den Beinen läst sich nicht füglich dimsdalisiren. Hatte mir vorgenommen mich nicht aus dem Hause zu rühren, u habe alle Feyertage geschmaust, gestern mit Me Courtan den stillsten Mittag gehalten, und denke morgen zu schlüßen. Erwarte den D. Lindner mit des Hofraths Sohn vielleicht, nächstens hier. Nichts von unserm Heil. George? Er wird doch in der großen Wüste von Europa nicht verbüstert seyn. Leben Sie wohl, seyn Sie mir nicht ungehalten wegen der welschen Gäste. Noch 10 kurze und desto längere Nächte mehr als wir mit dem alten Jahr fertig zu werden. Gott schenke Ihnen vor allen gute, wenigstens erträgl. Gesundheit, und laße es Ihnen u den Ihrigen an keinem Guten fehlen. Grüßen Sie unsern Lieben Zürcher zum N. Jahr u vergeßen Sie nicht ein gleiches an HE Voldenscherer. Ich sitze auf Nadeln und werde nichts versäumen, was zu Ihrem Frommen dient, u ich zu leisten im stande bin. Noch keine Prolegomena von Kant; der sich beschweren
    soll
, daß er die lateinsche Uebersetzung seiner Kritik selbst nicht versteht. Es soll ein Pf. Bobrüch seyn. Es geschieht dem Autor recht, die Verlegenheit seiner Leser an sich selbst zu fühlen u zu erfahren. Gott sey mit Ihnen und Ihrem alten Freunde Landsmann, Autor und Uebersetzer zu dienen Joh Ge. Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
.
den 19 7br. 78. Ich weiß die horas matutinas des heutigen NativitätFestes nicht frommer anzuwenden als mit einer Antwort auf Ihr erstes und leztes, welches den 3 huj. erhielt gegen Abend, da Mlle St. eben bey mir war, Krausr. ebendaher kam; daher ich beyden dIhre Einl. auf der Stelle austheilen konnte. Den Tag drauf überreichte der Selma, aber NB.
    offen
aus gutem Grunde, ohne darein geguckt zu haben. Die übrigen Einl. las ebnoch beym Schlafengehen und habe keine einzige abgeben können, als die an Fr., NB
    versiegelt
. nachdem mein siebenmal misbrauchter Name sorgfältig war auf der Aufschrift ausradirt worden Die übrigen 3 von den 7 liegen noch in statu quo – und ich bin nicht im stande solche, Ihrem Verlangen gemäß, zu distribuiren. G. besuchte mich vor den Ferien und wollte seine Eltern besuchen; entdeckte mir auch seine Absicht wo es mögl. nach Warschau selbst zu gehen. Einige Wochen nachher erhielt die Nachricht, daß er in letzten Zügen läge und habe nichts gewißes in seinem Logis erfahren können. Pr. K† hat sich allenthalben öffentl. erklärt, daß er keine Briefe von Ihnen annehmen würde, im Fall es Ihnen einfallen sollte an Sie zu schreiben. CH. K. hat aus dem bereits erhaltenen das gröste Geheimnis gemacht und erbost dann zu S. eine Hausisolation nach Ihrem Schritt ausstehen müßen. Ihre bey dem letzten deponirte Bücher sind sogl. sequestrirt worden u B. ist nicht mehr Hofmeister, hat mich auch nach 2 Wochen nicht wieder gesehen, ich ihn auch nicht. Ihr Wechsel ist durch alle Gläubiger die Sie darauf assignirt verrathen u das Geld gl. in Beschlag genommen u dem gouvernement ausgezahlt worden. Allso fallen alle Ihre Aufträge von selbst weg und überhaupt wißen Sie meinen Unstern zu Aufträgen, geschweige zu solchen – Kr. ist reisefertig nach Berl. und hat mir die Einl. zurückgeliefert, förmlich entsagend dem T‥ und all seinen Werk und all seinem Wesen. Ihr Eifer in der Verdrus- Sache ist lächerl. als wenn Ihnen der Himmel ein Monopol gegeben und alles Waßer auf Ihre Mühle zu ziehen. Uebrigens ist es schlechterdings unmögl. daß ein ehrl. u vernünftiger M sich Ihrer Angelegenheiten hier annehmen kann, als bis Sie mit den militair u. civil Gesetzen ausgesöhnt sind. Der Rächer des 1. Gebots der 2ten Tafel ist kein Philosophe de S.S. für deßen Engel und dienstbare Geister Sie gegenwartig gar nicht sicher seyn können. Es geht Ihnen aber wie „einem der mitten im Meer schläft und der oben auf dem Mastbaum schläft; – und in seinem Herzen sagt: Wann will ich aufwachen daß ichs mehr treibe.“ Mendelsohn hat die ganze Judenschaft hier aufgeboten sein geschencktes Buch hier einzulösen; niemand aber hat es auffinden können. Den 2 Julii habe Bernoulli hier besucht, der Himmel weiß mit welchem Herzen. Er geht über Warschau u. wollte sich bey Prof DuBois nachstens erkundigen. Seit kurzem soll Ihr armer Vater, (dem ich es als einem Landpriester nicht verargen kann, um seine 150 rth. wie Augustus um seine Legion zu jammern) an Ihren würdigen Nachfolger des Recroutenwesens à costi geschrieben haben, doch noch nichts von dem Innhalt dieses Briefes erfahren können. Den 27 Augs. habe einen Bruder des Morgens um 4 Uhr begraben laßen und sehr sorgenf. climacterisch mein 49 Jahr angetreten. Ehrenreich hat auch seinen Sohn begraben laßen mit allem Pomp der Todtenköpfe welche vermuthl. die dafür hergegeben. Εαν ὁ Κυριος θελησῃ και ζησωμεν – hoff ich ein
    Denkmal
    der Bruderliebe
zu vollenden Quod non imber edax, non Aquilo impotens Possit – Ich bin noch niemals so reich u arm gewesen als gegenwärtig, habe 10 rth zum Begrabnis von Prof aufnehmen müßen und selbige noch nicht abgetragen; noch kein Klafter Holtz zum Winter eingekauft – und seit Ihrem Abschiede an keinen Menschen in der Welt geschrieben als gestern und heute nach Polen. Alle Ihre Briefe sind richtig eingetroffen, die Einschlüße des Geh. R. v. K. sogl bestellt worden; Auf der Post hat man Ihre Hand immer erkannt. Br. u Zitt. haben Ihnen längst
    geantwortet unter addresse des Prof du Bois u
sich alle Mühe gegeben. Auch die Bestimmung dieses Briefs hat man sogl. errathen. Und hiemit göttlicher Obhut empfohlen bis auf beßere Zeiten. Lav ist nach Berl. diese Woche durchgegangen und hätte Sie gern zu sm Nachfolger à 100 # vorgeschlagen,
    wenn
– Sie nicht so gut versorgt wären, anderer
    Wenn’s
zugeschweigen. Viuat S. Selma!!!!!!! Die Liebe Gottes des Vaters, die Gnade † † und die Gemeinschaft des
    guten Geistes
sey mit allen vorläufigen Ονησιμοις, ihren Gläubigern und Bürgen, Correspondenten u Correspondentinnen ppp in secula seculorum Amen! Adresse mit schwarzem Lacksiegelrest: An / Freund P. / zu / Gleboka
    bey Cracau.
Extrait. Sire, Après avoir servi en qualité de Traducteur de la Direction Provinciale des Accises et peages depuis le 25 May 67, (epoque de l’année financiere) je fus si heureux de recevoir ma commission présente de Garde-magazin au Licent d’ici le 24 Janvier 77 en benissant l’aurore la plus auspicieuse du Siècle vivant. Dieu a exaucé mes voeux quotidiens, et Votre Majesté me pardonnera le dégout de mon detail; car c’est le puits de la Verité, et la trahir, est la seule felonie, dont je me sens capable, d’après l’ordre de Cabinet du 15 Octobre dernier. Le garde du magazin et l’inspection du Licent ont été originairement combinés, et doivent aussi l’etre naturellement et necessairement. La Regie a séparé la derniere, pour en faire un poste de confidence. Le deuxieme de ces parvenus fut un certain Valtier, connu par des infamies et rechutes, creature de ce Magnier, que ma Patrie a vu arriver en haillons de gueux et s’en aller avec tout le faste d’un marquis. Ah quel conte! – que celui de sa Direction! L’Inspecteur present est le quatrieme – – il reçoit en appointemens 45 ecus et 4 pour les frais de bureau par mois; il jouit d’un logis franc, participe au bois des postes et se plaint hautement d’avoir perdu par la reduction recente des Tantiemes, gratifications etc. 500 Ecus par an. Mes appointemens, qui me sont payés chaque mois en pieces de 3 gr. de Prusse sont 25 Ecus et 1¼ fraispour le frais de bureau. Par la disproportion progressive du rapport des monnoies au prix des denrees cette recette repond par une frugalité claustrale à la depense courante de mon menage et aux charges publiques. Un petit bousilleur d’Inspecteur-general nommé Depuy retrancha à mon antecesseur et au Receveur du Licent quatre chambres de leur logis. L’Inspecteur présent, qui usurpe le logis du Receveur, a été retabli dans la possession de ses deux chambres et les reparations lui ont été probablement allouées; pendant que je suis reduit à deux chambres pendant l’hiver avec une famille de 4 enfans – – – Après avoir resigné à tous les émolumens de mon antecesseur pour l’amour du repos et pour m’epargner l’embarras de suivre les drapeaux d’une aigle à deux têtes, il ne m’est resté qu’un seul et unique emolument sous le vilain mot hollandois Fooi, qui signifie en allemand Bier oder Trinkgelder. C’est un don gratuit, que les maitres de vaisseaux ou plûtôt les marchands payent aux peagers en prenant leur congé; c’est une usance presque universelle dans tous les ports de l’Europe et d’une ancienneté immemoriale. L’Electeur George Guillaume en fit la fixation à 3 Ecus, monnoye forte, pour les navires, qui passent le detroit du Nord, à 1 Ecu et ½ pour ceux de la Mer Baltique et ¼ d’ecu pour les moindres batimens. Le Roi Frederic Guillaume de glorieuse memoire modera ce benefice à 3 gr. de Pr. par Last et lorsqu’un de mes antecesseurs avec le teneur de livres appartenant au Magazin du Licent se plaignirent de leur exclusion, ce Monarque aima mieux accorder en leur faveur une quatrième gros que déroger à la part des autres Employés. Enfin cette douceur a été toujours regardée comme la partie casuelle de notre Salaire modique, n’a jamais été comptée aux produits des caisses Royales et ne peut pas non plus étre confondue avec les arrangemens precaires de nouvelle date. La Regie n’a pas seulement altéré le partage présent par la concurrence de tant d’Employés postiches et de confidence, dont les appointements excèdent déja les anciens, mais a diverti 9/32:7/32: ¼– Enfin après le succès de ces fractions toute la partie casuelle de notre Salaire fut declaré de bonne prise depuis le Novembre dernier malgré l’ordre du Cabinet du 31 Juillet 1774 par lequel les appointemens anciens et tous les emolumens legitimes ont été garantis. Quoique les droits des péagers et des pilotes soyent fondés sur les mêmes Ordonnances et Loix, Mr. de la Haye de Launoy les a partagé en deux par un coup d’autorité arbitraire, sans aucun egard à leur vigueur actuelle. L’une moitié de ces Loix mutilées a été ratifiée par lui en faveur des pilotes, dont la querelle auroit été poursuivie par la Chambre des guerres et des domaines. L’autre moitié de ces Ordonnances enfreintes attend le Jugement du SALOMON DU NORD, comme les deux femmes juives de mauvaise vie dans leur procès fameux. Le BON DIEU, qui est GRAND et FORT, sans étre connu, convertira enfin le coeur du PERE envers les enfans du Royaume, et le coeur des enfans envers le PERE de la PATRIE, avant que le jour grand et terrible de l’Eternel vienne et frappe la terre à la façon de l’interdit – C’est avec la devotion la plus religieuse, loyale et profonde que je suis Sire De Votre Majesté le très-humble et très obeissant vassal Königsberg in Preußen Johann Georg Hamann. den 1 Jänner 1783. Packhofverwalter. Randbemerkungen auf der Abschrift von Hamann: Neben dem Absatz HKB 682 (V 1/20–24) „Mes appointemens […] publiques.“: Seit dem Junii 83 bekomme ich nur: 75 gl: – monathliche Schreibgebühr Neben dem Absatz HKB 682 (V 2/7–23) „Après avoir […] date.“: Nach gänzlicher Absonderung der Admiralität von dem Licent unter ihre beyderseitige Ressorts, verlor mein Vorgänger zwar Sitz und Stimme in der Admiralität, soll aber noch einige emolumenta genoßen haben z. E. von den Bordingen, um deren Ertrag ich mich eben so wenig bekümmert habe, als ich weiß, wer sich denselben zugeeignet haben mag. Bei HKB 682 (V 3/7) „connu“: Job XXXVI. 26. Bei HKB 682 (V 3/10) „l’interdit“: Mal. IV. 5, 6. Kgsberg den 1 Jänner 83. Herzlich geliebtester Freund und Landsmann, Alles Gute und Glück zum Neuen Jahr Ihnen, Ihrer lieben Frau und Kindern. Bin eben
    mit dieser Feder
fertig geworden, an den alten Groß- und Landesvater zu schreiben. Gott weiß,
    wie
es ist und
    mir
es geht. Bey aller meiner laconischen Engbrüstigkeit, trau ich ihm kaum zu, daß er Zeit und Lust haben wird zu lesen oder zu hören. In Ansehung des Ministers habe keine Antwort erhalten – und eben nichts zu meiner Befriedigung oder Aufmunterung erfahren können. Kopf gegen Kopf ist beßer als Kopf gegen Schwanz. Ich habe meine und der Sache ganze Lage aufgedeckt. Es gehe wie es gehe – So viel zu Ihrer freundschaftl. Nachricht; denn was ich geschrieben, soll niemand je zu lesen bekommen. Mein Kopf u Herz ist wenigstens leicht, nun ich diesen Rubicon – der eben nicht der erste meiner Narrheit ist, – passirt. Ehstens komt ein Doct. Mus. Fisher von Oxfort über Petersb. nach Berl. mit Empfehlungen an Sie, nicht aber von mir, weil ich ihn weder kenne noch – Was machen unsere Freunde, Ihr Jonathan, und unser D. Ist es wahr daß sein Gehülfe nach Bresl. komt als Rector? Ist das erste Stück fertig? Möchte es gern sehen – Ich hoffe es zu erhalten, und daß er meine unumgängl. Erklärungen des letzten Briefes verstanden haben wird. Nun hat mir Hartknoch ein engl. Buch zum Uebersetzen zugeschickt, das ich noch nicht ansehen können, auch ein Paar meiner fliegenden Blätter für Sie, die der Rede nicht werth sind. So wenig sind Ihrer, nicht einmal die hierophantischen Briefe. Sie bekommen doch also dieses Endchen Wurst Zeit gnug. Dem Gevatter Claudius hab auch noch nicht antworten können, weil mir noch fast alle Listen meiner Collecteurs fehlen. Mit der Lilienthalschen Bücherwirthschaft hab ich auch noch alle Hände voll. Bitte also um Mitleiden und Gedult. – Ich dachte kaum morgen – kaum gegen den 24, und fast gar nicht fertig zu werden, und gehe Morgen früh auf die Post und vielleicht zum Canzler wider alles Gedenken, weil ich eben etwas für ihn erhalten, woran er vielen Antheil nimmt, weil es und sein Fritzchen betrifft. Erfahren Sie etwas vom Schicksal oder haben Sie Wege u Mittel etwas zu erfahren aus dem Geheimen Gemach, so erwarte alles von Ihrer alten Freundschaft, die am Meinigen wie ich am Ihrigen den innigsten Antheil nimmt. Hab heute ein paar kleine Spitzgläserchen Constanza Wyn oder da Capo Wein getrunken, die mir die Gräfin von Hogendorp geschickt hat. Ist der jüngste Sohn nicht in Berlin; noch habe nichts von ihm erfahren. Wem ist er ähnlich, dem ersten oder zweiten, dem ich an statt einen 2 römische Eckelnahmen gegeben habe Fabius und Tacitus. Noch nichts von unserm Vetter eingelaufen; weiß noch das Datum nicht wenn er abgeseegelt, so dringend ich auch den Haager gebeten. Nun Gott laß es uns allen wol gehen, in der alten und neuen Welt; die Erde ist doch allenthalben des HErrn, aber ungezogenen Menschenkindern Preis gegeben, von wilden Säuen zuwühlt, von wilden Thieren verderbt. Vetters künftige Relationes curiosae aus Philadelphia werden uns kaum eines beßern belehren. Ich erwarte hier alle Tage den jüngsten D. Lindner, vielleicht mit des ältesten Bruders Hofraths Sohn aus Mitau. Lauren Sie doch gut auf meinen St. George Berens, daß er Ihnen im Durchzuge nicht entwischt mit seiner Geige. Leben Sie gesund und vergnügt. Küßen Sie Ihre Gute, grüßen Sie alle unsere Freunde und hören Sie niemals auf zu lieben Ihren alten Landsmann Freund und Diener Joh. Georg Hamann. nebst den Seinigen. Wenn Gevatter Kanter Sie besucht, wie er aller Wahrscheinlichkeit nach, thun wird, so grüßen u küßen Sie ihn herzlich von mir. Mit seinem Buchdrucker in Marienwerder bin sehr zufrieden, da ich eben heute den ersten Probebogen des Nachdrucks von Zitterland aus Mewe erhalten; der Erbherr von Trutenau ist mit seinen Eicheln ausgeblieben, dafür hab ich einen Schweinschinken zu gut, den ich beym Papier Müller und Schriftgießer mit meinem ganzen Hause verzehren will, und der mir beßer schmecken soll als die Eicheln. Vale et faue et responde. Adresse mit Lackrest:
An / HErrn Reichardt / Königl. Kapellmeister / in /
    Berlin
.
Kgsb den 7 Jänner 83. Herzlich geliebtester Gevatter und Freund Den 23 Novb. pc. erhielt Ihren Brief den ich blos deshalb allegire um Euch zu erinnern was Ihr daselbst von stummen und treuen Hunden Selbst sagt, und wovon die Deutung auf uns beyde paßt. Ich habe mich damals herzlich über alle das Gute von der lieben Frau Rebecca und Eurer Muse Schwangerschaft, von der Anlage der 6 Lusthäuschen und dem Gedeyen der Colonisten in dem Obstgarten und von der Fruchtbarkeit Eurer Weinreben über der Thür pp gefreut; und eben so innigen Antheil an dem Kummer unsers Eutinschen Freundes genommen, von deßen Odyßee ich gestern Abend das dreyzehnte Buch mit meinem Sohn und seinem Freunde
    Hill
angefangen habe zu unserer grösten Winterlustbarkeit. An meiner späten Antwort ist wol hauptsächlich das leidige und liebe Subscriptionswesen schuld, welches ich nicht eigenhändig betreiben kann, sondern dienstbaren Geistern die mehr Einfluß in das Publicum haben, überlaßen muß. Mit der lieben Christenheit bin ich Gottlob fertig. Der dritte Zedel läuft aber noch bey unserer Judenschaft, und wird heute oder morgen erwartet. An Hartknoch habe auch deshalb nach Riga geschrieben, und aus Curl. erwarte ehstens einen guten Freund, den ich vielleicht dort zum Anwerber machen kann. Am guten Willen hat es mir nicht gefehlt, und der Terminus fatalis geht doch erst mit dem Ende des Jänners. Mit der Gesundheit geht es Gottlob! leidl. in meinem gantzen Hause, und alles grüst und küßt Euch u die Eurigen in Gedanken. Hänschen u die älteste hat das französische angefangen, habe einen Umtreiber Namens Toupet der Aussprache wegen gehalten einen einzigen Monath, ihn aber abgedankt zu rechter Zeit; der erste Theil von Campens Robinson ist unser Lesebuch. Sorgt also für die Fortsetzung, Herr Gevatter. Ihr habt aber noch Zeit, weil wir erst mit einem Blatt fertig sind, und das Mädchen langsam ist. Einen beßern Anfang hat sie diesen Sommer auf dem Clavier gemacht, – Ich habe meinen ersten Brief dieses Jahr ins Cabinet geschrieben. Daß ich gelesen oder erhört werden möchte, daran zweifele ich. Sollte ich wider all Vermuthen Antwort erhalten, so werd ich Euch auch mit der Nachricht eine Freude machen – weil es darauf ankommt, daß ich von meinem Posten leben kann, und zu Autorressourcen weder Glück noch Geschick habe. Außer diesem Grundeis fehlt es mir nicht an hundert andern Zerstreuungen z. E. ein ganzer Ballast von Büchern liegt um mich herum aus der hiesigen Lilienthalschen Auction die nach Riga gehen sollen und von denen manche hier schwerl. wider vorkommen möchten. Mit der zieml. Sammlung von Freygeistern besonders engl. bin schon fertig. Außer den homerischen Abendstunden muß ich doch wenigstens meinen Sohn taliter qualiter abwarten, mit einem Capitel aus dem N. T. einem Maulvoll hebräisch, gegenwartig aus dem Josua und einem Maulvoll lateinisch aus der Aeneide u ¼ französisch mit seiner Schwester. Ohngeachtet meiner Einsiedlerey fehlt es doch nicht dann und wann an Zusprüchen. Ich gehe zu niemanden als zu in ausdrückl. Geschäften und auf Verlangen. Weder meine Augen noch mein Kopf halten über 10 des Abends aus und ein früher Aufsteher bin nur in den paar meiner besten Lebensjahre gewesen. Also geht es mir wie dem HE Gevatter auf HE Hermanns Apotheke, daß ich vor der Menge von Büchsen und von großen Eyfer zur Arbeit gantz und garnichts anzufangen weiß, und aus Verlegenheit das Beste zu wählen, überall nichts thue, und sans comparaison stätig werde, wie des Vater Silens oder Compere Asmus sein Pegasus. Praefiscine dixerim. Was macht denn, lieber Gevatter, Eure alte Mutter. Von Ihrer schweren Krankheit, aber nichts von ihrer Genesung weiter gehört. Der Himmel gebe, daß mehr Zusammenhang in Eurem Leben als Briefwechsel sey. HE v Auerswald, der sich des Subscriptionswesens nebst meinem jüngsten Gevatter Jacobi und Commere Courtan eyfrigst angenommen, erwartet ein gantz warmes oder feuchtes Exemplar über der Post,
    auf seine Kosten
, das Ihr an mich nur schicken könnt und das Meinige zugl. mit Beylagen. Er kann seine Neugierde zu büßen, das Porto für beyde bezahlen. Wenigstens last Euren Löwen oder Bären von Verleger den Namen des hiesigen Buchladens nennen, dem er mein Exemplar von
    Irrthümer u Wahrheiten
committirt, damit ich den Schuldner belangen kann. An einem solchen Dedications Exemplar von Irrthümern u Wahrheiten ist mir mehr gelegen als an allen Hünern Schiebkarren und Kleinigkeiten in gantz Wandsbeck, und hab keinen Kettenhund nöthig um solche unverschämte Diebe an- und wegzubellen. Seyd also so gut und bittet den Euren Löwen zum dritten mal den hiesigen Buchhändler bey Namen zu nennen und künftig wenigstens meinen auf das mir bestimmte Exemplar mit sesquipedal Buchstaben aufzuschreiben, zu deren Muster eines Eurer Couvert an den Kgl. Packhofverwalter Hamann als Beyl. dienen kann. An einem solchen sigl. Exemplar wird sich kein Bube wenn er nicht hünerblind ist, vergreifen. Wegen der Expedition der sämtl. Werke wünschte wol, wenn Sie nichts dagegen einzuwenden haben, daß Sie mir die Erlaubnis geben möchten meine Liste dem hiesigen Wagner u. Dengelschen Buchladen die Nachfolger meines alten Gevatters u Verlegers Kanter sind zu überlaßen, das eine Exemplar an HE. von Auerswald ausgenommen das ich mit der Post u ohne franco erwarte. Hierüber gebt mir liebster Claudius mit erster Post Eure Erklärung, und geht allenfalls deswegen mit Löwen zu Rath. Mit Hartung mag ich gar nichts zu thun haben u mit den andern so wenig als mögl. Euer Wein hat bis zum 1 Sept ausgehalten, wo ich die letzte Oelung davon genoßen. Den 9 Xbr. erhielte 6 kleine Bouteillen von dem Hauptmann von Hogendorp oder vielmehr seiner Mutter der Gräfin, 2 davon habe verehrt und die dritte ist noch nicht verzehrt. Es soll Cap Wein seyn, ich nenne ihn da Capo wegen seiner geistigen Lieblichkeit, auf den Fläschchen steht
    Costanza Wein
.
Der mittelste HE v. Hogendorp ist Euer Gast gewesen. Euer Puppenwerk hat mein Haus ärger als der spanische Pips heimgesucht. Meine Kinder wurden von der Seuche auf einmal so angesteckt und die Fabrike nahm so überhand, daß man sich vor Puppen nicht zu rühren wuste. Endlich hat das Uebel nachgelaßen. Die Haverey ist bezahlt, aber ohngeachtet alles widerholten Mahnens kann ich die Rechnung für die Fracht u Zoll p. noch nicht erhalten, woran es liegt weiß ich nicht; die Rechnung mit den 24 Obstbäumen ist längst abgemacht. Im Herbst hab ich noch eine Tannen Allee gepflanzt diesen Herbst und mit einer
    Eiche
meinen Hayn vermehrt. Vom Fortgange werde nicht ermangeln zu seiner Zeit gehörigen Bericht abzustatten. Einer der schönsten Aepfelbäume hat auch noch im späten Jahr Blüthen getragen. Den 13 – Ein unvermutheter Durchgang eines meiner ältesten und besten Freunde,
    George Berens
, aus Riga, der heute vermuthlich abgehen wird, hat mich zerstreut. Er hat Klopstock in Hamburg besucht, und ist nicht in Wandsbeck noch Weimar gewesen, wozu er sich doch ausdrücklich lederne Reithosen mitgenommen. Hier ist die Liste: HE Accise- und Zoll Director Stockmar, 2 Exempl. des 3ten Theils Königsb. HE Kriegsrath Hennings     1 Exempl. des 3ten Theils HE Kriegsrath und dirigirender Bürgermeister Hippel    1 Exempl. des 3 Theils Königsberg HE Feldprediger Zitterland zu Mewe––– HE Lieutenant von Loßow––– HE Kaufmann Kolk––– –––     Dornheim –––     von Reaus –––     Kloht –  Prediger Lauwitz –  Oberhofprediger und General Superintendent D. Schultz –  Assessor Niclaus 2 Exempl. des 3ten Theils –  Friedrich Conrad Jacobi, Kaufmann –  Wulff Friedländer –  Meyer Friedländer –  Bernhard Friedländer –  Simon Friedländer,
    auf alle Theile
–  Doctor Med. Joel     auf den 3ten Theil. Frau Reichsgräfin von Henkel-Donnersmark in Bartenstein} –  von Winterfeld auf Gubbien} HE von Tettau auf Tolx}  auf alle 3 Theile HE Regimentsqvartiermeister Kuwect in Bartenstein} –  Auditeur Westphal in Bartenstein –  Lieutenant von Auerswald in Bartenstein   auf den 3ten Theil   NB mit der Post. Madame Sophie Marianne Courtan –   Emilie Laval HE Friedrich Toussaint HE Seiff in Pillau –  Regimentsqvartiermeister Bergius in Preuß. Holland –  Feldprediger Jedosch –  André Jaques Espagniac in Königsberg. –  Secretarius Berent alle 3 Theile –  Johann Friedrich Schultz alle 3 Theile –  Director Hagen alle 3 Theile –  Criminalrath Jensch alle 3 Theile –  General Lieutenant von Lengerfeld Excell. alle 3 Theile in Pr. Holland Sa 27 Exempl. des 3ten Theil + 1 für den Briefsteller = 28   11 Exempl. des gantzen Asmus   38 saluo errore calculi, denn mir ist der Kopf sehr wüste. Wünsche übrigens ein gesundes geseegnetes Neues Jahr, glückliche Entbindung der liebwerthesten Frau Gevatterinn u Eurer lastbaren Muse. Küst Pathchen u Geschwister. An Mattheschen im Keller auch unbekannter weise meinen Salamalec u Respect. Und hiemit Gott empfohlen. Johann Georg H.
Kgsb den 15 Jänner 83. Herzlich geliebtester Freund, Daß Sie einen Brief sine die et consule erhalten ist der offenbarste Beweis von der Gemüthsverwirrung in der ich lebe. Unser gute George ist vorgestern abgefahren, u hat sich beynahe eine Woche hier aufgehalten zu meiner großen Aufmunterung u Stärkung. Mit Nachrichten von Fooygeldern bitte nunmehr sich keine weitere Unruhe zu machen. Ich bin den 1 huj ins Cabinet gegangen ohne aber eine Antwort noch Erhörung zu erwarten. Dixi et liberaui animam meam; bin wenigstens so erleichtert gewesen als wenn ein Mann von einem Stein oder eine schwangere von ihrer Frucht entbunden wird. Ein Tonnchen Caviar habe vorigen Sonnabend richtig erhalten – war aber den Mittwoch vorher schon auf eins zu Gast gebeten was HE Kr. Hippel vom Prof. Kant erhalten, dem er Hitze macht. Meins habe Montag Abends auf Ihr u George Gedächtniß angebrochen u hoffe den Rest heute zu verzehren; denn alle meine Kinder eßen wie die Ygeln. Den Irrthum wegen Dimsdale habe schon entdeckt. Da ich die Arbeit blos aus Gefälligkeit übernahm, so war es mir sehr lieb, zum theil auch Ihrentwegen, weil ich eben nichts wichtiges darinn vermuthe. Habe das Engl. noch nicht angesehen, aber im Sinn gehabt es nächstens mit der Uebersetzung zu vergleichen, um meiner Sachen gewiß zu seyn. Ich habe die Lilienthalsche Rechnung erhalten, bin gestern umsonst mit Hänschen bey ihm gewesen, heute frühe aber die Verification anstellen können. Die Rechnung beträgt 583 fl. 7 gl. Die kleinen Unkosten wegen des Fuhrlohns und Tragens habe von Ihrem Gelde genommen – Ob ich bey Vitruv gemeldt, weiß ich nicht, daß das erste Blatt fehlt u ungebunden ist; unterdeßen bleibt es immer eine schätzbare Reliquie. Mit einer Postilla Mystica oder wie sie heist werden Sie auch wenig anfangen können; sie ist engl. u 1 fl. unter dem angesetzten Preise abgegangen. Bey der Unschuldigen Nachricht hab ich auch etwa 1 rth zulegen müßen; weil glaubte, daß dies gantz complette u gut conditionirte Werk für seine 21 fl. immer werth wäre. Was die Uebersendung betrift; so muß ich gestehen daß der Ballast mir sehr im Wege ist u ich ihn dennoch gern eine Woche länger als später behalten wollte. Ihrem eignen Wunsch nach war es Ihnen um Rußl. Fuhrleute zu thun, die erst
    noch erwartet werden
, und der Winterweg ist auch noch nicht da. Mit den Freygeistern, Socinianern bin fertig u bin jetzt über die Mystiker. Also das wichtigste ist schon überstanden. Uebrigens können Sie versichert seyn, daß ich meine Lüsternheit gern aufopfern werde u die Bücher nicht
    meinetwegen
allein einen einzigen Tag aufgehalten werden sollen – weil außer der Unbeqvemlichkeit daß die Hälfte wenigstens in meiner Stube liegt, ich auch der
    ängstlichste
Hüter fremder Sachen bin u nicht eher Ruhe haben werde, bis ich von Ihrer glückl. Abfahrt u Ankunft versichert bin. Auf HE Courtan kann ich nicht rechnen, er ist mit Stunden die er nimmt und giebt, überhäuft; u seine liebe Mutter hat mich schon gebeten jenes Pack mit dem meinigen zu verbinden; bin auch gl. nach Empfang Ihres Briefes im Buchladen, den ich sparsam sehe, gewesen, um mich wegen des kranken Friedrichs zu erkundigen, der mir seinen Beystand nochmals versichert. Bitte also auch Ihren HE Schwager zu entschuldigen, deßen Schuld es nicht gewesen, daß das
    Pack aufgegangen
– und ich habe alles richtig erhalten. Daß die Kaufleute ein paar Tage liegen laßen, geht sehr natürl. u Bücher sind keine Güter für sie, mit denen Sie es nöthig finden sich zu übereilen. Das Versehen lag also mehr am Einpacken als freymachen oder abholen. Ich bin deswegen so weitläuftig weil ich gern Einigkeit unter Brüdern befördern u Misverständniße unterdrücken mag. Das Petersb. Journal v 82 ist complet u bereits eingebunden. Hänschen dankt ergebenst für Dimsdale und Mümpler und ich nehme herzl. Antheil an dem Wachsthum seiner Bibliothek, die er leider wie sein Vater per fas et nefas vermehrt; denn die Lilienthalsche Auction hat mir auch 30 rth circa gekostet. Heute habe den Verkauf eines meiner Häuser geschloßen für 1300 fl welches mir 3000 fast gekostet. Was für ein reicher Mann, der so viel verlieren kann! Gott schenke Ihnen aus Gnaden Gesundheit und erfülle meine Freude Ihr ganzes Haus hier zu sehen. Heute nicht mehr – Nächstens hoff ich, ruhiger und müßiger.  Ich umarme Sie u ersterbe Ihr ewig ergebener u verpflichteter Johann Georg Hamann Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d 12 Jan 1783 u Bocks Naturgesch
Kgsberg den 31 Jänner 83. Herzlich geliebtester Freund, Mein herzl. Beyleid zu Ihrer Familien Trauer, die ich im Buchladen erfuhr und über die unvermuthete Nachricht mich alterirte. Ich muste mich gestern Abend auch zeitig niederlegen, nachdem ich 2 Patienten besucht, bin aber doch heute wider imstande aufzustehen, und ein kleiner Schweiß gegen Morgen den ich durch The beförderte, hat mir gute Dienste gethan. Gott stärke Ihre Gesundheit u. bewahre die Ihrigen. Einl. an den jungen Neuman habe vorige Woche erhalten u er ist mir gar nicht eingefallen seiner an unsern George zu erwähnen, der hoffentl. gesund angekommen seyn wird. Vorigen Sonntag kam doctorandus in mein Haus u hat mir des Hofraths ältesten Sohn mitgebracht, der sich bey mir aufhalten wird. Der junge Mensch gefällt mir sehr – wie lange? weiß Gott. Der große Kasten mit 80 Folianten, 79 Qvartanten 156 Octavbände (die 67 Unschuld. Nachrichten eingeschloßen) 20 Duodezbände ist diese Woche dem Fuhrmann Frantz überliefert worden. HE Courtan hab den Frachtbrief ausgefertigt; und das Gewicht beträgt nach unserer Licentwage 3 Schiffpfund 1 Centner 10 ℔. Den Kasten habe umsonst von HE Friedländer erhalten; aber ein Biergeld vors Herbringen bezahlen müßen. Alle kleine Unkosten die Bücher theils mit Schleifen theils tragend in mein Haus zu schaffen, weil ich die Licentträger für alle Kleinigkeiten zu bezahlen gewohnt bin, und die ohnedem beym Packen behülflich gewesen, und ihr Gebühr erhalten betragen sämtl. 7 fl. 11 gl. 1 ßl. welche ich von Ihrem
    Gelde
bezahlt, deßen Bestand 29 fl. 18 gl. ausmachte.
    Bleibt also noch 22 fl. 6 gl. 2 ßl. in Cassa
. Der von Crim Rath Lilienthal quittirte und vorhero mit seinem Catalog von ihm selbst verglichene Extract der Universalrechnung ist in Ihrer HE Schwäger Händen. Da ich im Rechnen meiner Sinne gar nicht mächtig bin; so hab ich ihn von andern untersuchen laßen um für errores calculi sicher zu seyn; denn die gantze Rechnung betrug 695 fl. 26 gl. worinn Commissiones für Prof. Kraus u die Altst. Bibl. u für mich selbst waren. Reimans Catalog habe nicht behalten, dafür aber einige andere Sachen, wo ich geglaubt habe mir der nächste zu seyn. Z. E. die Conjectures sur la Genese, die ich einmal selbst vom seel. Mann zum lesen gehabt und einige andere Autores wo wir Nebenbuler gesehen, u worüber ich vielleicht schon geschrieben oder wenigstens schreiben wollen. Den Vitruv wollte selbst behalten ungeachtet des defects des ersten Blatts. Daß selbiger nicht bey mir geschehen, zeigt die mit alter Tinte aufgeschriebene Jahrzahl. Ich habe ihn sorgfältig bey mir eingewickelt gehalten, beym Einpacken aber schien es mir am besten zu seyn ihn beym leeren Bande des Proclus einzulegen. Für die kleine Raritäten habe eben so genau gesorgt, daß nichts davon verloren gienge und ich hoffe, daß Sie alles finden werden. Ein einziges Buch das von Hoburgks neml. sein
    Jugendspiegel
ist nicht zu finden gewesen. Ohngeachtet mein Sohn behauptet es noch in unserm Hause gesehen zu haben und ich alle
    Schwärmer
gelesen: so hab ich es doch nicht finden können. Sollte es wider Vermuthen bey mir verlegt seyn: so bleibt es Ihnen sicher aufgehoben. Unterdeßen können Sie sich meine Verlegenheit den ganzen Ballast theils in meiner Stube theils auf meinem Boden zu hüten, und meine ängstl. Sorge dafür kaum vorstellen. Ich bin wenigstens zufrieden, daß nicht mehr Unordnung theils auf der Auction theils in meinem Hause vorgefallen. Die 2 gestohlne u dies eben nicht viel bedeutende Buch des Homburgks ist also der einzige Verlust den ich nicht habe verhüten können. Bartoloccii Bibl. Rabbinica ist das letzte Buch, das ich gelesen u von dem ich keine Hofnung hatte, daß es in den Kasten gehn würde geht nur bis zum Buchstaben Jod. Imbonatus hat es in 2 Folianten fortgesetzt. Ich habe große Versuchung gehabt meinen Athenaeum mit Ihrem umzutauschen blos des Bandes wegen, der bey meinem mehr in die Augen fällt, ich hab es aber nicht gethan u weil ein Pergamentband sich beßer hält als Franz, u hätte es Ihnen auch gemeldt wenn es geschehen wäre. Nun erwarte mit Schmerzen auf die Nachricht eines guten Empfangs. Der alte HE Courtan war so gut mir das Einpacken zu versprechen weil Sie mit seiner Arbeit so zufrieden gewesen. Die Familienunruhe hat aber die Erfahrung nicht verstattet. HE Friedrich hat einen halben Tag damit zugebracht bis auf den Bartolocciner, den die Träger vom Licent noch eingeballt und den abscheul. Kasten aus meinem Hause nach dem Packhof gebracht. HE. Oberhofprediger Schultz u der reformirte Prediger im Waysenhause von Lauwitz haben mich schon seit langer Zeit aufgetragen die Subscription auf Rossi Bibelausgabe à 1 # wo ich nicht irre zu bestellen. Können u wollen Sie selbige annehmen, so bitte mir mit nächsten darauf zu antworten, auch in Ansehung des wahren Subscriptions oder Praenumerations-Preises. Der 6te 10te u 13te Theil von Shakespear liegt auch noch hier und ich habe auch nicht dazu kommen können, Ihnen die Erklärung des HE von Auerswalde, der vor einiger Zeit selbst hier gewesen, mitzutheilen. Er überläst es Ihrem Willkühr, ob es Ihnen beqvemer ist alle 3 Theile wieder mitzunehmen, weil in Ansehung des 6ten ein Misverständnis von Ihrer Seite vorgefallen und er den letzten schon besitzt. Können Sie ihm den wirklich fehlenden 8ten verschaffen; so will er gern den 10ten auch behalten, aber ohne diesen auch nicht jenen, da er u läst sich in dem Fall den Preis à 4 fl. gefallen, sonst nicht, indem er einen engl. sich verschrieben und ist es ihm also gleichgültig ist ob ihm einer oder 2 Theile fehlen, aber nicht so gleichgiltig das ganze Werk complet zu haben. Macht es Ihnen also nicht zu viel Beschwerde den 8ten Theil zu verschaffen; so dankt er für Ihre Güte. Wo nicht, so wird es Ihnen auch gleichgiltig seyn, ob Sie die beyden oder alle 3 Theile wieder zurücknehmen. Schlötzers Unschädlichkeit der Pocken habe planiren u heften laßen wegen der Beqvemlichkeit zu lesen, und weil ich glaubte das Werk zu meiner zurückgegangenen Absicht nöthig zu haben. Es wird mir also einerley seyn, ob Sie es zurück nehmen oder ich Ihnen den Werth bezahle, der doch eben nicht so viel ausmachen wird. Den 1 Jänner habe ins Kabinet geschrieben ohne Antwort erhalten zu haben, woran mir im Grunde auch nicht gelegen. Dixi et liberaui animam meam. Mein ernster Wille war es Bier, Caffé u Toback abzuschaffen; ob es mir mögl. gewesen weiß ich nicht. Ob Lindners Pension den Ausfall ersetzen wird, weiß auch nicht. Ob ich selbigen durch Bücherschmieren hätte ersetzen können, daran zweifele ich auch sehr. Die Lilienthalsche Auction ist meine letzte Henkersmahlzeit in Ansehung meines Bücherhungers gewesen – und ich hab mich an Ihrem Wust den Magen vollends verdorben, daß mir
    Schreiben
und
    Lesen
fast eckelt. Unter allen Schwärmern ist mir
    Weier
noch erträgl. gewesen, wie unter den Freygeistern Toland u der erste Theil von Morgan. Der eine meiner gestrigen Patienten war unser blinde u lahme HE von Baczko. Diesen Augenblick läst er mir gute Nachricht von seiner Beßerung geben. Mein saurer Gang des Abends mit dem D. Lindner ist doch nicht umsonst gewesen. Der andere ist der Miethmann meines einen Hauses auf dem Anger, dem ich wol kein langes Leben zutraue u daher wegen der Miethe in Sorgen seyn muß. Mein anderes Haus auf dem Haberberg habe vor 14 Tagen für 1300 fl. leider Gottes! verkauft, da es mir gegen 1000 I℔ kostet, aber es ist keine Hofnung daß der Käufer soviel Geld aufzubringen im stande ist. Ich bin also von allen Seiten in der Klemme, und kann nicht ins Reine kommen. In diesem gantzen Jahre keinen Buchstaben weder aus Berlin von R. der Hoffnung eines Erben hat noch D. Biester erhalten, noch aus Weimar – Ein Graf von Kayserlingk an den ich nicht auf 100 Meilen gedacht erfreute mich am 2 Sont. nach Epiph. mit Spangenbergs Idea fidei Fratrum, die mir Gevatter Kaufmann zuschickte, als ich eben mitten unter Ihren Schwärmern wühlte und gähnte. Ich habe dies Buch noch nicht ansehen können und bin so überladen, daß ich fast gar nichts von dem Michaelis Meßgut gelesen. Kants Prolegomena bleiben auch gantz u gar aus; ich glaube daß er auch drauf wartet. Hab ich mich schon für Ihren Caviar bedankt; ich hab mich an ihm über Georgens Abfahrt getröstet zum Abendbrodt u Frühstück mit meinem ganzen Gesinde; die Mutter allein ausgenommen. Desto beßer für mich. Beruhigen Sie mich doch bald in Ansehung seiner Ankunft u des großen Kastens, bey deßen Auspackung ich auf die kleinen Raritäten Achtung zu geben bitte, für die ich menschmögl. gesorgt. Von allem, was Erinnerungen nöthig haben sollte, werde Red u Antwort geben. Nur bitte mir
    die wenigen Autoren, welche für mich selbst behalten
u daher weder auf der Rechnung stehen noch im Kasten liegen nicht in Anspruch zu nehmen, gesetzt daß ich selbige auch in meinen Auszügen u Briefen aufgeführt hätte. Die 2 gestohlne u das dritte ich weis nicht wo verschwundene Buch ausgenommen ist alles meines Wißens in gehöriger Richtigkeit befunden worden. Auch melden Sie mir, wie es mit dem Polanger Zoll gehen wird; denn wie beym Packen drauf Rücksicht genommen werden kann, versteh ich nicht. Nun ist so leicht keine Auction hier abzusehen von einigem Gehalt, als des Kaplan Lakowski seine, den Gott lange im Leben erhalten wolle. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, und grüßen Sie Albertinchen u Ihren Bruder an der Zürcher See von mir u den Meinigen. Unter guten Freunden u getreuen Nachbarn bitte Ritter George u HE Voldenscherer nicht zu vergeßen. Melden Sie mir doch was mit dem armen Neumann werden wird. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Kräfte zu Ihrer Reise u Meße. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund u Landsmann Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
/ Fr Memel.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 25 Jan 1783
Königsberg den 31 Jänner 83. HöchstzuEhrender Herr Hofrath Geliebtester Freund, Ihr Herr Bruder überraschte mich am III Sonnt. nach Epiph. des Morgens, u Nachmittags lernte ich Ihren lieben Sohn kennen, der auch gleich den Tag drauf als am 27. huj. bey mir eingezogen und die erste Nacht geschlafen, weil ein längerer Aufenthalt in einem öffentl. Wirthshause kostbarer gewesen wäre. Den andern Tag nahm ihn sein HE Oncle, der eben in Kgsb. war aufs Land, woher ich ihn alle Augenblicke wider erwarte. Alle das Gute, was mir jedermann von seinem guten Character, gesetzten u sittsamen Wesen gesagt, scheint mir einzutreffen und ich wünsche Ihnen zu einem so hofnungsvollen Sohne Glück und nehme an Ihrer Freude den nächsten Antheil, weil es immer das menschl. Leben erleichtert, wenn Zuneigung u Hang des Herzens und der Seelen zum Grunde liegt. Also von dieser Seite hab ich nicht die geringste Einwendung noch Bedenklichkeit, und eben dies ist der Fall bey meinem Sohn. Seine Stärke oder Schwäche in Sprachen habe noch nicht untersuchen können noch mögen. Nach einigen Wahrzeichen seiner Aufrichtigkeit und Bescheidenheit, ist mir seine Versicherung hinlänglich, daß es noch nicht bis zum Eckel gegen die gelehrten Sprachen gekommen, und daß es ihm daher garnicht an
    Lust
fehlt darinn weiter zu kommen; welches auch zur großen Beruhigung für mich dient. Die wenigen Schulbücher die er hat, haben eine so altfränksche eckle
    Einkleidung
, daß das vehiculum allein eine widrige Wirkung auf den Geschmack eines jungen Menschen thut. Ein altes elendes Lexicon ohne Anfang u Ende, fast lauter Trödelausgaben von claßischen Schriftstellern. Kurz die Garderobe der Musen und des guten gesunden Geschmacks ist außer allem Verhältnis gegen das übrige. So ein geschickter und fast parteyischer Unterhändler Ihr Herr Bruder ist, hat er mir doch nicht mein Mistrauen gegen die nachtheilige Gerüchte, die mir ganz zufällig aufgedrungen worden u von allen Seiten aufgestoßen, gänzlich benehmen können. Armuth u Reichtum – Geitz und Verschwendung gieb mir nicht, ist wol immer das beste oekonomische Gebet gegen den schwarzen und weißen Teufel. Da ich beyde Anfechtungen aus der Erfahrung kenne; so wollte nicht gern in den Verdacht bey Ihnen kommen, daß der Geitz bey mir stärker wäre als
    Pflicht
und
    Freundschaft
und
    Erkenntlichkeit
. Ich muß mich also in Ansehung der Pension erklären, nachdem ich mit klügeren Leuten darüber zu Rath gegangen bin, denen zufolge ich 400 fl. als das
    geringste
und 500 fl. als das
    höchste
aussetzen muß, doch so daß ich alle 4tel oder halbe Jahre, nach Ihrem eigenen Befinden, ratam zum voraus erhalte Ich habe Ihnen, liebster Freund, bereits meine Verlegenheit gemeldt in Ansehung der Foye-Gelder, die ich zu Holtz und Kleidungsstücke immer bestimmt gehabt. Ich habe den 1 huj. ins Cabinet geschrieben, ohne eine Antwort erhalten zu haben. Mein kleines Haus am alten Graben habe ich für tausend rth verkauft u eben so viel daran verloren. Jetzt bin ich wieder im begrif von einem paar durch den Concurs mir zugefallenen Häusern aus des seel. Bruders Erbschaft die mir auf dem Halse liegen nolens volens ein Häuschen für 1300 fl. loszuschlagen, woran ich wider über die Hälfte einbüße. Der Miethsmann von dem letzten Hause hat sich auch vorige Woche berichten laßen u wird kaum dem Tode entgehen, weil er eine zehrende Krankheit an, wo ich neue Ausfälle zum voraus sehen muß. Ich war also auf 2 ressources gefast mich so kümmerl. als mögl. einzuschränken, und Caffe, Bier u Toback sind die einzigen Articul, welche mir einzuschränken übrig bleiben oder durch eine leidige Autorschaft mir zu helfen, woran ich auch wenig Gnüge finde. Im erstern Fall wünschte ich keinen Zeugen meines häuslichen Kummers zu haben. Also muß ich entweder in verlornen Stunden mir etwas durch Uebersetzen oder erst wie zu erwerben suchen, oder bey der Pension Ihres Sohns darauf Rücksicht nehmen, damit ich Muße u Lust gewinne mich auf meinen Pfleg- u natürl. Sohn ganz allein einzuschränken. Freilich bin ich nicht im Winter vermögend ihm eine eigene Stube zu geben, aber dies ist eine Unbeqvemlichkeit für uns beyde, u es würde mir angenehmer seyn; aber auch ein Vortheil für beyde uns immer so nahe u zur Hand als mögl. zu seyn, besonders bey der Aussicht eines guten Vernehmens, womit ich mir unter uns schmeichle. Die franz. Einrichtungen haben mir 2 vortrefl. Stuben entzogen, mein Nachbar ist in den Besitz der seinigen gekommen gegen alles Recht u Billigkeit. Ich habe diesen Umstand auch an den König geschrieben, u kann mich durch diesen gewagten Schritt wenigstens gegen meinen Nachfolger legitimiren u. in meinem eigenen Gewißen, und das ist auch alles, was ich dabey gewonnen. Beliebt es Ihnen ja, Geliebtester Freund, einen Ueberschlag zu machen, so bedenken Sie ja, daß alles von Jahr zu Jahr hier theurer geworden u tägl. wird; und ich erinnere mich, daß Sie den Unterscheid auch schon bey Ihrem damaligen Aufenthalt, wie Sie ein Jahr hie zubringen musten fühlten. Unser jüngster Prof. Mangelsdorf hat hier gleichfalls um Pensionair geworben, auch 100 # blos für Pension u. Aufsicht angesetzt. Jeder lachte ihn mit einer so außerordentl. Forderung aus; unterdeßen haben sich doch schon 2 junge Leute, wie es heist, gefunden, ungeachtet ich keinem Vater eben die Anvertrauung seiner Kinder einem Klotzianer empfehlen möchte, bey allen den kleinen Vortheilen die ich diesem Mann zutraue zur Schau junge Leute aufzustutzen. Stunden dürften vor der Hand nicht nöthig seyn; aber beym
    Anfange
werde ich nichts versäumen, ihn theils in Gang zu bringen theils meinen Sohn zu erleichtern, der mit der Kinderlehre u seinem pollnischen gnug zu thun hat, auf den Sommer eingeseegnet u vermuthl. auch das academische Bürger Recht erhalten dürfte.
    Zeichnen u Mathematik
wären denn die ersten Stunden für beyde. Es ist mir lieb, daß er keine musikalische nöthig hat; denn diese Kunst ist gegenwärtig Mode u sehr kostbar. Richter nimmt, wohin er selbst geht, 6 rth u zu Hause 4. u dem ohngeachtet fehlt es ihm nicht an Stunden. Lateinisch (griechisch, wenn er dazu Gnüge hat) franz. engl. nehme auf mich, welsch (mit Hülfe meines
    Hills
), so wie spanisch u etwas portugiesisch, wenigstens Don Quixotte u Camoens. Polnisch treibt mein Sohn u zum Ruß. hab ich auch Hülfsmittel. Meine lateinischen Autoren habe damals mit dem seel. Bruder getheilt u sind alle verbrannt. Es fehlt mir an Cicero, Liuius, Tacitus, Plinius den jüngerm. Können Sie bey Gelegenheit dort etwas zu uns. gemeinschaftl. Lectur auftreiben, so denken Sie daran.
    Wild
und
    Wein
komt auf meinen Tisch nicht, findt sich auch nicht in meinem Keller. Mittags sauf ich Waßer u Abends Bier. Mein Gevatter Asmus schickt mir bis weilen Wein, u die Gräfin von Hogendorp aus dem Haag, und Haselhüner kommen bisweilen von Hartknoch in mein Haus geflogen. Dafür hab ich Freunde, wo ich beydes reichl. genießen kann. Der Caffe ist das einzige Praerogativ als Hausvater, alles übrige theile ich gern mit meinen Hausgenoßen. Abends eße gar nichts oder ein Butterbrodt, oder Kartoffeln oder dergl. Dem ohngeachtet komt mir meine Haushaltung ordentl. 60 fl. und diesen Monath 80 weil ich Korn eingekauft. Ich bin gestern mit einem Flußfieber zu Hause gekommen u habe die Ausdünstung abwarten müßen. Verzeihen Sie also wenn ich mit schwachen Kopfe geschrieben. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau Gemalin. Ihr Herr Sohn wird diesen Abend vermuthlich eintreffen; er wollte gern die Reise abmachen um darnach nicht im Anfange seiner Arbeiten gestört zu seyn. Erwarte Ihre GegenErklärung mit eben so viel Aufrichtigkeit als ich die meinige gethan. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter ergebenster Freund u Diener Joh. Ge Hamann. den 1 Febr.
Kgsberg den 1 Februar 83. Herzlich geliebtester Freund, Diesen ganzen ersten Monath des N. Jahres gewartet aber umsonst. Nicht ein Laut noch ein Buchstab weder aus Weimar noch Berl. Heute ist ein abscheulicher Bücherkasten von der Lilienthalschen Auction an Hartknoch gegangen u ich danke Gott den Wust einmal los geworden zu seyn von engl. Freygeistern u alt deutschen Schwärmern. Bald wär es mir wie den Israeliten mit den Wachteln gegangen; so eckel ist mir Lesen und Schreiben geworden. Wie geht es Ihnen und wie steht es in Ihrem Hause? Gott gebe mir doch bald gute Nachricht von Ihrer Gesundheit u. erfreuen Sie auch Ihre liebe Schwester mit einer Antwort auf Einlage. Eine offene an den jungen Neumann hat auch erst heute abgehen können. Den 8 traff unser
    George Berens
ein, ziemlich müde u matt von seiner Wallfahrt. Schelte hat er gnug bekommen die Gevatterschaft so schnöde vorbey gegangen zu seyn. Die Schuld mag wol nicht an ihm gelegen haben; sondern er hat aus Flensburg den geradesten Weg nehmen müßen. Den 13 Jänner reiste er ab u ich erwarte mit jeder Post einen Wink von seiner Ankunft wenigstens durch Hartknoch, der eine Schwägerin Me Laval hier plötzl. verloren. Vorigen Sonntag komt der jüngste Lindner als Doctorandus Med. hier an, seine alte 82jährige Mutter noch zu letzen und hat mir des ältesten Sohn aus Mitau mitgebracht, zur Pension in meinem Hause. Der junge Mensch ist gantz nach meinem Geschmack aber von allen Seiten hör ich üble Gerüchte von des Vaters abscheul. Geitze, bey seinem großen Vermögen. Ich habe ihm heute geschrieben und hab ihm reinen Wein eingeschenkt. Was er mir antworten wird u. ob die Gerüchte gegründet sind, sollen Sie auch erfahren. Meine letzte Verlegenheit wegen der FoyeGelder wißen Sie bereits. Den 1 Jänner bin ins Cabinet gegangen – aber weder Stimme, noch Antwort noch Aufmerken von Baal. Wenigstens hab ich mein Herz erleichtert u bin jetzt ruhig. Eben an dem Tage da Berens abreiste fand sich ein Käufer zu einem meiner Häuser; ich habe abermahls mit einem Verlust der Hälfte auf 1300 fl. zugeschlagen. So spottwolfeil auch der Preis ist, scheint es doch dem Kauflustigen an Gelde zu fehlen, und vorige Woche brachte mir auch Hänschen die Nachricht, daß mein Beichtvater wär abgeholt worden den Miethsmann des andern Hauses zu berichten, daß ich also von allen Seiten in der Klemme, und doch ziemlich gutes Muths bin, ein kleines Flußfieber ausgenommen das mich seit vorgestern Abend anwandelt, bey dem ich heiter wie gewöhnlich bin; das mir eben nicht recht gefällt Praefiscine dixerim. Den 3 – Ich befinde mich so wenig im stande zu schreiben; daß wenn ich mir nicht ein Gewißen draus machte Einl. noch länger aufzuhalten, ich kaum Herz hatte die Feder anzusetzen. Pf. Fischer erinnert sich fleißig Ihrer u nimt an Nachrichten von Ihnen warmen Antheil. Mein neuer Gesellschafter ist gestern erst vom Lande zu Hause gekommen. Ich bin nun erst im stande gewesen seine Fähigkeiten zu untersuchen. Bey der Großmutter erzogen hier auf dem Lande – dies verzeih ich alles: aber nun 2 Jahr in Mitau unter des Vaters Augen so abscheulig in Ansehung der ersten Schulkenntniße verwahrloset, daß ich mirs nicht habe vorstellen können. Ich habe mir also wider mit meinem guten Willen ein schön Stück herculischer Arbeit aufgebürdet. – Ein derber Kappzaum für mich alle Autorgrillen zu vertreiben, wenn nicht des Vaters Geitz mich dieser Last überhebt. Vielleicht geht aber alles beßer wie ichs denke; denn meine Einbildungskraft wechselt in so hellen u dunkeln Farben, daß ich vor zu vielem oder zu schwachem Lichte die Dinge selbst nicht sehen kann. Dem Hartknoch zu Gefallen hatte ich mich anheischig gemacht des Dimsdale Reise zu übersetzen. Mir schauderte vor der Arbeit wenn ich daran gedachte. Zum Glück ist alles schon vor einem Jahr im Deutschen herausgekommen, und ich finde mich bey meiner jetzigen Lage, wo es schlechterdings unmögl. gewesen wäre, sehr erleichtert, daß ich mein Wort weder halten noch brechen darf. Den ersten Tag in diesem Jahre habe keinen Menschen gesehen u mich auch Niemand. Ich schrieb meinen Brief an den φφen zu S.S. ab u erhielte einen, deßen Beyl. in der inaugural-Disputation des Ioh. Iac. Stippe bestand, von der Thomasius kaum selbst Autor sondern wahrscheinlich bloßer Praeses gewesen. Ich habe selbige sehr aufmerksam u mit viel Vergnügen durchgelesen. Der Status quaestionis ist mit vieler Genauigkeit aus einander gesetzt u bestimmt. In Ansehung des de Puy hab ich eben dieselben Vorstellungen gehabt, aber hier umsonst nach einer alten Ausgabe hier getrachtet, auch die alte deutsche Uebersetzung von 665 nicht auftreiben können. Kein Stück des Mercurs und überhaupt fast gar nichts von MichaelisMeße zu sehen bekommen; weiß also von gar nichts. In einem der neuesten Stücke der Allg. Bibl. sollen Sie sehr gelobt aber der arme Pilatus sehr mitgenommen seyn, habe aber noch nichts darin selbst gelesen. Am 2ten Sont nach Epiphanias hatten meine Kinder Lavaters Gedicht auf diese Begebenheit hervorgesucht. Natürlicher weise muste mir Gevatter Kaufmann einfallen. Ein paar Stunden darauf erhielt ich durch den Postboten ein dickes Pack mit Spangenbergs Idea Fidei Fratrum mir eigentl. dedicirt u einem Briefe vom Grafen von Kayserlingk, den Kraus hier führte und gegenwartig beym Regiment von Bosse Dienste thut. Der Brief war französisch u enthielte viel Gutes von Kaufmann u seiner Frau, u daß er gegenwärtig die Medicin in NeuSaltz practisirt – aber ohne datum noch Ort, daß ich nicht recht weiß wohin ich meine Antwort richten soll, habe auch das Buch selbst noch keine Zeit gehabt anzusehen. Ich saß eben u laborirte unter einem Schwarm von Separatisten u Fanatikern, an deren keinem ich so viel Geschmack als an Weyers Schriften gefunden habe, und also der Speise von Herzen überdrüßig worden war. Zinzendorfs Leben von Spangenberg hat mich sehr unterhalten und eingenommen, daß es mir lieb ist auch jene Glaubensidee zu besitzen und so bald ich kann zu nutzen. Gevatter Claudius habe auch erst vorigen Monath antworten u ihm einige 30 Subscribenten mittheilen können; so unfruchtbar u mir überlästig auch das Subscriptionswesen geworden. Den 6 – Wider einen Posttag versäumt. Ich eile nun gegenwärtiges zu schließen. Vergeben Sie liebster bester Freund, daß ich weder Stoff noch Muth habe zu schreiben. Meine todte unfruchtbare Lage ist zum Theil Schuld daran und oben ein bin ich mit lauter Kleinigkeiten geplackt, habe diese ganze Woche mit Schulmeistern zugebracht und zum Glück mein kleines Flußfieber dazu anwenden können. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer eignen Gesundheit. Ich hoffe daß alles mit Ihrer würdigen Hälfte, meiner herzlich verehrten Frau Gevatterin, auch gut geht. Gott seegne Sie beyderseits, mein liebes Pathchen und sein Geschwister. In meinem Hause steht alles wol, dem Himmel sey Dank. Wie wird die Sache, mit Nabal u dem Mercur beygelegt werden. Haben Sie sein libellum famosum gelesen und werden Sie antworten? Wird der 2te Theil der
    hebr. Poesie
auf Ostern erscheinen? Ich bin nicht mehr im stande zu schreiben; so taumelt alles um mir herum. Vergeßen Sie nicht Ihren alten Gevatter, Landsmann u Freund, der Sie im Geist umarmt. Gott seegne Sie und erfülle alle Ihre Wünsche, wie die Meinigen. Amen. Joh Georg Hamann.
Kgsberg den 10 Febr. 83. HöchstzuEhrender Herr Hofrath und Freund, Es ist mir recht sehr lieb, daß Ihre aurea praxis Sie verhindert hat auf mein letztes zu antworten, um voll mein Herz gegen Sie ausschütten zu können, und durch eine gute
    Vorrede
aller übeln Nachrede vorzubeugen. Daß Ihr lieber Sohn den 27 pr. bey mir eingezogen und daß sich von diesem dato seine Pension anfängt hab ich Ihnen bereits gemeldt. Er kam am III. Sontage nach Epiphanias den 2 huj. vom Lande zurück und ich fieng denselben Abend meine Prüfung mit ihm an im lateinschen, die so auslief, daß ich mich schäme Sie damit zu unterhalten, und es auch nicht für nöthig finde, da seine Verwahrlosung Ihnen binnen den Jahren, wo er sich bey Ihnen aufgehalten, nicht unbekannt seyn kann. Mein Flußfieber gab mir die Muße die ganze Woche mich mit ihm zu beschäftigen und ich bin so glücklich gewesen, die Grammatik mit ihm zu Ende zu bringen. Vorgestern ließ ihn sein Oncle in Steinbeck bitten mit ihm zu fahren, und ich fand keine Bedenklichkeit ihm solches einzuräumen, da er die Woche durch nach Möglichkeit gearbeitet hatte. Er kam gestern früher, wie ich ihn vermuthete, heimkam. Wir fiengen noch denselben Abend die Historias selectas an, und haben heute das erste Kapitel zu Ende gebracht, und er noch obenein fast die ganze Uebersetzung deßelben, schriftlich – Was ich in Ansehung seiner geschrieben habe, bin also im stande zu bekräftigen. Es fehlt ihm nicht an Fähigkeiten und er hat das sanfte folgsame gute Gemüth, das jedermann hier an ihm gekannt, und den besten Willen, und ich hoffe, daß sich der neruus rerum gerendarum auch finden wird. – Seine Stärke im Französischen bin ich noch nicht im stande zu beurtheilen. Wir lesen alle Tage etwas im Wailly. Er versteht u übersetzt
    ziemlich
; aber die Anfangsgründe scheinen auch gänzlich zu fehlen, daß man vermuthen sollte, er hätte nichts als eine fr. Mamsell zur Lehrmeisterinn gehabt, welcher Vermuthung doch seine geschriebene Papiere im fr. widersprechen, wovon ich einige angesehen. Auf meine Frage wuste er weder fut noch eut zu unterscheiden ob selbige von avoir oder etre herkämen. Sapienti sat. Unser allergnädigster Landesvater hat ⅓ vom Etat der Regie gestrichen und eingezogen. Er hat meinen allerunterthänigsten Bettelbrief keiner Antwort gewürdigt – doch es war kein Bettel- sondern, unter uns geredt, ein wahrer Hirtenbrief, und ich bin sehr froh, daß er sich begnügt mit einem allergnädigsten Stillschweigen darauf zu antworten, und freue mich, daß er meinen alten Freund, Verleger und Gevatter eine Vergütung von 8000 rth zugestanden. Da er mir zu hoch ist seinen Geitz ahnden zu können, so bin ich wenigstens fest entschloßen diese eben so
    lächerliche
als
    abscheuliche
Leidenschaft, welche eine
    Wurzel alles Uebels
ist, wo ich nur kann zu verfolgen, am meisten aber an meinen guten Freunden. Wenn Sie also höchstzuEhrender Herr Hofrath Bedenklichkeit finden, sich zwischen 400 und 500 fl. pr. zu entschlüßen: so seh ich mich genöthigt Ihnen anzumelden, daß ich unter 600 fl. vom 27 Januar. an zu rechnen, nicht den Unterricht, will nicht sagen den Unterhalt Ihres unschuldigen Sohns nicht zu übernehmen gesonnen bin, denn wie St Paulus sagt I Tim V. 8.
    So jemand die Seinen, sonderlich seine Hausgenoßen nicht versorget, der hat den
Glauben
    verleugnet und
ist ärger denn ein Heide; und es wird mir eben so leicht werden die Freundschaft der ganzen Welt zu verleugnen, als es einem Mann, der sich zu keiner Pflicht als zu dem Geld versteht,
    Schaam
,
    Glauben
, und
    Gewißen
, und Ehre und
    guten Namen
. Werden Sie so reich u glücklich wie der Salomon von Norden. Dies sind die
    letzten
Gesinnungen Ihres alten ergebenen Freundes u Dieners Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegel (Sokrateskopf):
Des / HErrn Hofraths Lindners / Wolgeboren / zu / Mitau
Vermerk von Hamann: den 12 Marz durch D. Lindner / zurück erhalten
Kgsberg den 16 Febr. VI. p. Epiph 83. Herzlich geliebtester Freund, Ihr Herr Bruder überbrachte
    mir
vorgestern seinen Einschluß vom 7 Febr. der mich völlig beruhigt in Ansehung Ihrer und meiner; denn von meiner Gährung werden Sie aus dem Ton urtheilen können, in dem ich mein letztes geschrieben, welches ich nunmehro gänzlich zurück nehme, aber damals für nöthig hielt um mir einen
    reinen Grund
zu schaffen. Ich hatte mich auf alles gefaßt gemacht, und hätte in jedem Fall alles mögliche für Ihren lieben Sohn gethan, ohne mich weiter um den Vater zu bekümmern. Desto lieber ist es mir und desto erfreulicher, daß unsere alte Freundschaft durch dies Misverständnis desto mehr angefacht und näher zusammengezogen worden. Andere mögen nun erzählen, was Sie wollen: so geht mich das nichts weiter an und ich bin nunmehr im stande Ihnen hinlänglich zu widersprechen. Ich danke Ihnen also, liebster Freund dafür, daß Sie aus eigener Bewegung sich die
    höchste Forderung
haben ohne die geringste Einwendung gefallen laßen. Dies macht Ihnen nicht nur Ehre in meinen Augen sondern entspricht auch dem Vertrauen und der guten Meinung von meiner unveränderten Denkungsart, wodurch Sie bewogen worden mir Ihren lieben Sohn anzuvertrauen; und wodurch ich desto mehr aufgemuntert werde mit Gottes Hülfe Ihre beyderseitige Zufriedenheit zu befördern Er hat mir gestern die 34 # vom Kaufmann abgeholt und damit einen Gefallen gethan, weil ich bey der kleinsten Geldangelegenheit verlegen bin. Da ich ihm das erste Monatsgeld vorgeschoßen, und HE Bruder zu ein paar Stiefeln, und 2 fl. Ueberschuß an der halbjährigen Pension à 250 fl. waren, so hab ich ihm sein ganzes halbjähriges Contingent deductis deducendis u adiectis adiiciendis mit 5 # u 5 fl. courant anvertraut, und ich habe von seinem gesetzten Wesen eine so zuverläßige Meinung, daß ich kaum es für möglich halte hierin künftig eine andere Einrichtung nöthig zu haben. Uebrigens können Sie allemal gewärtig seyn, daß ich in Ansehung der Stunden nichts ohne eine vorhergängige Anfrage und Genehmigung anfangen werde. Wir haben uns diese erste Woche vorzüglich mit dem Latein beschäftigt, und hiernächst mit dem französischen, wovon die Anfangsgründe bey seiner sonst starken Routine ziemlich scheinen vernachläßigt zu seyn. Was die Geschichte anbetrifft: so liest er mit meinem Sohn die
    Zeitungen der alten
    Welt
, und da muß ich sie ihrem eigenen Fleiß überlaßen, wie in Ansehung der Geographie, zu der mein Sohn auch ziemlichen Trieb von selbst hat, und den Vortheil nunmehr genüst den mitgebrachten Atlas künftig mitgenießen zu können. Eben da ich diesen Brief anfieng, erhielt ich einen Besuch von dem polnisch reformirten prediger HE Wanowski der meinem Sohn aus bloßer Neigung seit einem Jahr Unterricht ertheilt. Ich habe ihn wegen eines polnischen Sprachmeisters um Rath gefragt, er wuste mir aber keinen anzuweisen, versprach aber meinem Sohn einen seiner Anverwandten zum ferneren Gehülfen in der nöthigen Uebung in einiger Zeit anzuweisen. Vor Ostern bin aber nicht anräthig nichts etwas neues anzufangen. An
    Büchern soll es
nicht fehlen ohne daß es nöthig wäre welche anzuschaffen. Sind Sie aber im stande künftighin etwas von
    pollnischer Litteratur
dort aufzutreiben und haben Sie Wege dazu; so versorgen Sie uns damit. Mein Sohn kann dafür ihn zum pollnischen etwas vorbereiten. Meine vornehmste Absicht bis gegen Ostern wird darauf gerichtet seyn das in der Schule versäumte zuerst zu ersetzen, und diesen wesentlichen Mangel hoff ich bald zu heben, wenn der Fortgang dem gemachten Anfang ähnlich bleibt. Was den Styl anbetrifft, so werde für die Grundsätze und den genium der lieben Muttersprache soviel sorge tragen, als jede andere erfordert. Mit Chrien und Schulübungen bin ich nicht im stande mich abzugeben; denn alles was ich davon weiß, läuft auf die einzige Zeile hinaus: Scribendi recte, SAPERE est principium et fons. Er hat alle Kapitel, die wir in den Historicis Selectis durchgegangen, schriftlich übersetzt und mit einer glücklichen Leichtigkeit. Ich werde fortfahren ihn dazu anzuhalten, ohne daß ich im stande bin noch nöthig finde alles Exercitien mäßig zu corrigiren. Den 17 Abends. Wir haben heute die 9 ersten Kapitel zu Ende gebracht und denken diese Woche mit dem
    ersten Buche
der Histor. select. fertig zu werden. Sein Oncle der HE Lieut. hat ihn besucht und ihn zur Redoute mitgenommen. Ich bin auf der Loge gewesen, und es thut mir leid ihn nicht kennen gelernt zu haben, um mich theils für einen Vorrath schöner Aepfel noch schönerer Cartoffel u eine calicutsche Henne, die er mir vorgestern ins Haus geschickt, bedanken, theils über unser gegenseitiges Verhältnis erklären zu können, welches ich nicht ermangeln werde, so viel möglich bald zu thun. Gestern ist er zu Mittag bey dem HE Stadtr. zu Gaste gewesen, hat ihre Mama besucht u kam früh noch vor Abend zu Hause. Weil dies die letzte Redoute seyn soll u er in
    Begleitung seines Ohms
dahin gegangen: so hab ich nichts dagegen einzuwenden gehabt; wie ich
    mir
überhaupt vorgenommen ihm seine Freyheit so wenig zu benehmen, solange ich noch keinen Misbrauch davon absehen kann. Auch bey meinen eignen Kindern verabscheu ich ohne Noth allen Zwang; und er ist kein Kind mehr, sondern im stande selbst zu wählen und zu urtheilen. Es kommt alles darauf an die Wahl seiner Neigungen zu lenken, durch festere Grundsätze und nicht durch bloße äußerl. Formalitäten. Seiner seel. Grosmutter, die ich nur einmal bey Ihnen gesehen u kennen gelernt, muß ich ein gutes Zeugnis geben so weit Sie im stande gewesen die Sache zu übersehen. Von ihrer Seite hat sie alles gethan u scheint nichts an der Erziehung versäumt zu haben; desto mehr aber in Ansehung der Hofmeister. Besonders ist der jetzige lobnichtsche Schulcollega Krakau, den ich sonst weiter weder von Person noch anders kenne als aus der Veruntreuung der bey ihm zurückgebliebenen Bücher u Musicalien ein sehr schlechter Kerl in meinen Augen. Meine Tochter hat den vorigen Sommer das Clavier mit mehr Fortgang als ich ihr zugetraut angefangen. Es steht also immer den ganzen Tag leider! offen und es geht auch keiner ohne eine Uebung u Widerholung seiner noch übriggebliebnen Stücke vorbey. In Ansehung des Zeichnens wünschte ich daß mein Sohn zugl. etwas Anweisung dazu bekäme; er wird aber wegen der Kinderlehre nichts vor Trinitatis anfangen können; und ich bin eben so wenig gesinnt vor Ostern einige andere Stunden als mit mir allein, einzuräumen, damit die Sache erst im Gange komme und die Hauptsache überstanden werde, welche gleichwol bey mir auch nur als ein
    Leitzeug wesentlicher Bedingungen
, als das Organon des wahren Geschmacks am Guten, Wahren und Schönen dient. Was Demosthenes von Actio sagte, ist bey mir
    Sprache
, nicht als Gedächtniswerk, sondern als Mathematik, als wahre Kunst zu denken und zu handeln oder sich mitzutheilen und andere zu verstehen und auszulegen. Die beyden jungen Leute scheinen sich auch einander zu lieben und werden mit der Zeit so gute Freunde werden wie ihre beyderseitige Väter, welches für mich eine sehr günstige Vorbedeutung ist. Wegen des Briefwechsels erwart ich Ihre Wünsche u Erinnerungen. Weiter werd ich mich darum nicht bekümmern als insofern Sie mir Winke deshalb ertheilen. Ich werd auch nicht eher schreiben, als wann ich es für nöthig finde, und ebenso antworten. In Ansehung lateinscher Autoren dürfen Sie nicht sorgen. Haben Sie aber Kanäle für die polnische Litteratur uns Qvellen zu verschaffen; so wird dies meinem Sohn zur Aufmunterung gereichen das wenige was er weiß, wenn die Zeit komt, mit Ihrem Herrn Sohn zu theilen. Ich habe schon deshalb mehr wie einmal im Sinn gehabt an unsern Geh. R. Kortum zu schreiben; aber er komt entweder nicht mehr hiedurch, oder bekümmert sich nicht mehr um mich, und im letztern Fall halt ich es für meine Pflicht mich eben so wenig und noch weniger um ihn zu bekümmern. Habeat sibi. Ich hoffe übrigens, daß ich nicht nöthig habe, mich wegen meines letzten Briefes zu entschuldigen, sondern glaube vielmehr dadurch in Ihrem Vertrauen, geliebtester Freund, gewonnen als verloren zu haben. Ihre Antwort hat mich völlig befriedigt u beruhigt. Die geringste Zweydeutigkeit würde mich zu einem ewigen Stillschweigen gegen Sie genöthigt haben; unterdeßen es mein fester Entschluß war, mich während des Aufenthalts Ihres HEn Bruders, mich mit Ihrem Sohn so ritterlich zu beschäftigen, daß es auf Sie beruht hätte, ihn wider zurückzunehmen um sich selbst davon zu überführen, oder wohin Sie Lust gehabt hätten zu verpflanzen, weil er wenigstens dem academischen Unterricht völlig mit göttl. Hülfe entweder bereits gewachsen wäre oder doch hatte im stande seyn sollen sich selbst weiter zu helfen Bin ich im Stande im Jahr das auszurichten, wozu Sie ein Paar ausgesetzt oder solten sich Umstände bieten, die mich unvermögend machten meinen eignen Wunsch zu erreichen: so wird mich kein Eigennutz abhalten Ihnen, Geliebtester Freund, alles redlich u treulich zu melden, ohne Ansehen meiner und fremder Person. Beurtheilen Sie übrigens nicht den Fortgang Ihres HEn Sohnes aus seinen Briefen, und wenn Sie aus selbigen etwas zu schließen Anlaß hätten: so bitte hierin auch aufrichtig mit mir zu Werk zu gehen. Ein guter Baumeister arbeitet in die Erde, ehe das geringste über derselben ins Auge fällt. Je geschwinder man mit dem letzten eilt zur Schau; desto weniger taugt der Grund. Zum glücklichen Arbeiten gehört gute Laune und Zufriedenheit der Seele. Einen jungen Menschen, der zum Vergnügen und zu einer gewißen Gemächlichkeit und eiteln Leichtsinn durch Umstände und ohne seine Schuld verwöhnt worden, kann man nicht den Geschmack u die Wollust der Zerstreuung auf einmal entziehen; ohne seine
    Fähigkeiten
stumpf zu machen und seinen
    guten
    Willen
zu ermüden und entkräften. An beyden fehlt es Gottlob! nicht, und es komt nur darauf an beyde zu lenken, zu unterhalten und ihre magnetische Kraft zu stärken. Meine Haushaltung geht ihren Gang fort; aber sein Appetit ist beynahe die Hälfte von meinem. Delicateßen lieb ich nicht, aber eine gute Fleischsuppe eß ich lieber als Grütze. Bey gegenwärtiger Witterung ist ein bloßes Spatziergehen nicht schicklich. Es ist mir also lieb, daß er seinen unpäßl. Oncle besucht, und er ist gestern von selbst bey seiner würdigen Großmutter gewesen. Wenn er die Woche über arbeitet, warum sollt ich ihm nicht gönnen, wenn es Weg und Witterung erlaubt den Sontag auf dem Lande zuzubringen, so lange unsern Arbeiten dadurch kein Eintrag geschieht, sondern selbige vielmehr durch ein wenig Erholung u Veränderung befördert werden. Das einem alten Mann natürl. Mistrauen gegen junge Leute erhält mich ohnehin wachsam und meine etwas philosophische Neugierde wird eben so sehr durch
    Hören von weitem
als
    Gehen in der Nähe
erweckt. Selbst eingebildete Verhältniße sind mir eben so wenig gleichgiltig wie die Träume – Kurz, ich weiß nicht anders zu verfahren, als wie ich es mit eignen Kindern mache, an deren Liebe mir mehr gelegen ist, als an meinem väterlichen Ansehen, und ihr Glück doch das einzige ist, was Eltern wünschen können für sich selbst. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und ganzen Hause. Sobald ein Bündel mit Wäsche das hier liegt, abgeht, wird mein Sohn vielleicht ein klein lateinsches Büchlein beylegen, das der älteste Bruder seinem nächsten zur Aufmunterung einer guten Nachfolge addressiren wird. Es sind kleine lateinsche Briefe an einen engl. Prinzen von 7 Jahren, deren Auflage ich des HE Kanzler von Korff Excell. zu Gefallen besorgt habe. Mein ganzes Haus schläft, die Hausmutter ausgenommen. Wie vergnügt Ihr Herr Sohn gewesen werd ich erst morgen früh erfahren den 18. Er kam heut zu rechter Zeit zu Hause, und seine Cousinen sind angekommen, daher er morgen bey dem kranken Oncle dem HE. Stadtrath zu Mittag speisen wird. Er hat nicht getanzt, sondern ist mit HE. Lieutenant bloß Zuschauer gewesen. Weil er heut nicht viel Zeit gehabt im Tage sich auf dem Clavier zu üben; so beschlüst er den Abend damit; und ich alter Mann bin so schläfrich, als wenn ich auch gestern der Redoute beygewohnt. Leben Sie also wohl; ich ersterbe unter Empfehlung der Meinigen Ihr   ergebenster Johann Georg Hamann. Den 19 – Nicht blos ob fugam vacui sondern aus wahrer Zufriedenheit melde Ihnen daß wir diesen Morgen das 12 Kapitel begonnen, u mit so einem außerordentl. Fortgange, daß ich mir mehr und alles nach Herzenswunsche von einem so guten Anfange verspreche. Gott erfülle alle meine Ahndungen. Daß Sie aber eine so günstige Anlage nicht beßer genutzt u sich dieses Vergnügens so gantz entzogen haben, bleibt immer ein Stachel des Vorwurfs, womit ich diesen Brief schlüßen muß. Versäumen Sie wenigstens die jüngeren nicht so und leben Sie nochmals wol u bleiben Sie gut Ihrem alten Freunde Hamann.
W. den 17. Febr. Nur um ein Zeichen des Lebens von mir zu geben, schreibe ich heut, Bester Einziger meiner Freunde. Ich habe mich von einem Fieber wieder erholt, das mich vorige Woche im Bett hielt u. mir noch nicht recht aus den Gliedern ist: indeß bin ich heut u. gestern ausgewesen. Sie werden vielleicht schon durch die Zeitungen von der Freude unsers Landes wißen, das den 2. Febr. endlich seinen Wunsch u. lange Hoffnung, den einen Erbprinzen erhalten. Mittwoch war die Taufe u. ich lege die Taufrede bei; zuerst in einem beschnittenen Exemplar, das beßere sollen Sie für sich u. meine Schwester mit der allmälich annahenden Meße erhalten. Bei der Geburt ists hart hergegangen u. das Kind, das ungewöhnlich groß u. stark ist, ist am Rande des Lebens gewesen; dafür befindet es sich jetzt desto beßer u. gesunder. Der Herzog ist ungewöhnlich froh, die Herzogin innig erquickt, weil sie Gott ihren langen Wunsch fast ohne Hoffnung (denn sie erwartete wieder ein oder gar 2. Mädchen) hat erleben laßen. Meine Frau besucht sie oft u. von der Seite lebt alles hier in Gedichten, Glückwünschungen u. Freude. Meine Anrede bei der Taufe beurtheilen Sie nach dem Auditorio gnädigster Taufzeugen u. einer Menge des Adels, aller Diener u. einiger tausend Personen des Volks, denen nichts anders, Eingängliches in ihr Ohr, gesagt werden konnte. Unser Capellmstr. Wolf, Reichards Schwager, arbeitet jetzt an einer Cantate zum Kirchgange, den Gott frölich u. gesund wolle seyn laßen. Und so viel hievon. Nun von uns selbst. Meine Frau befindet sich Gottlob wieder beßer: eine neue Schwangerschaft hat ihr gegeben, was alle Arznei nicht geben konnte, Gesundheit u. ziemliche Stärke. Sie lernt jetzt mit dem Gottfried u. ihm zur Anmunterung Griechisch, hat die Declinationen schon recht gut inne u. schlägt sich jetzt mit τυπτω herum. In Jahr u. Tag wird sie Ihnen einen Griechischen Brief schreiben. Die Buben u. Mädchen sind alle wieder wohl; vor einigen Wochen war es anders u. Ihr August lag sehr gefährlich danieder. Er ist uns wiedergegeben u. hat Sie sehr lieb, redet täglich von Ihnen u. erinnert mich immer, an Sie zu schreiben, er wolle es auch thun. Ihm haben Sie also auch zum Theil diesen Brief zuzuschreiben, u. einer Stimmung des Gemüths, die mich nirgend Ruhe finden läßt, als bei Ihnen. Gehe es Ihnen recht wohl, bester Alter! Mich dünkt, es ist ein Jahrhundert, seit ich Ihren letzten Brief empfing; u. doch bin ich selbst Schuld daran, daß ich ihn noch nicht beantwortet habe. Aber verzeihen Sie. Mein Kopf ist so verwirrt, mein Herz so matt, u. alles so leer um mich u. in mir, daß ich Ihnen ja nur ein hohles Scherbengefäß darbringen könnte u. eben jetzt darbringe. Hier blühet keine Freude u. Wonne für mich mehr. Das letzte Zutrauen habe ich zu meinem Fürsten verloren u. die um ihn, die in Geschäften vor- u. mit mir sind, sind Rohrstäbe u. Dornen u. vergiftender Taxus. Aus der Tiefen rufe ich also mit Sprachlosem Laut; u. der Alles kennt u. leitet, wird zu rechter Zeit auch mich hören. Dulde dich, liebes Herz, du hast schon Größers erduldet. – Der 2te Th. v. der Ebr. Poes. ist unter der Preße u. 4. Bogen abgedruckt: er geht über die Psalmen hinaus; ist aber dürre u. todt, geschrieben im Lande da man nichts gedenktet. Desto mehr freue ich mich auf die Salomonische u. Prophetische Aue des 3ten; zu dem mir Gott auch Gesundheit, Ruhe u. einen guten Muth geben wolle. – Den 10. März. So weit war der Brief u. er blieb, ohngeachtet der Anmahnungen Augusts, ob ich den Br. denn noch nicht fortgeschickt hätte, da Seiner so lang fertig sei, liegen. Gottlob, heut ist mit dem gestrigen Tage unser Freudentumult zu Ende u. Alles geht zu seiner alten Ruhe. Die Cantate, die gestern gesungen wurde, kommt auch hiebei: sie ist sehr schön u. feierlich componirt, ward aber wegen der unzählichen Menge Volks das unaufhörlich zuströmte, etwas dumpf aufgeführt. Meine beiden Predigten am Geburtsfest u. Kirchgange sollen u. müßen gedruckt werden, weil die Bürgerschaft sich erst an mich durch Deputation über Deputation gemacht hat u. endlich den Herzog darum anging: also gehe ich heut oder morgen an die Arbeit u. wäre sodenn fertig. Ich habe außer Rechnungen u. einem examine mit seinen lästigen speciminibus, noch ein kleines Büchelchen für Hartknoch zum Druck zurecht zu machen, das dem größten Theil nach seit 2. Jahren daliegt, doch aber die letzte Hand fodert; also habe ich bis Ostern u. zu der Meße mein beschiednes Theil: Präparation der Confirmanden u. den übrigen Zug meiner Amtsgeschäfte mit eingerechnet. Bei der Predigt am Geburtsfest hat sich unmittelbar nach dem Amen folgender Dialogus in der Kirche, in dem sogenannten Rathsstande zugetragen:
    Göthe
. Was denkst Du zu der Predigt?
    Wieland
. (wie er wenigstens sagt:) Nun, es war eine wackre Predigt.
    Göthe
. Er hat doch aber so eine harte Manier, die Sachen zu sagen. W Nach solcher Predigt bleibt einem Fürsten nichts übrig, als abzudanken. (Ergreift seinen Hut u. geht still aus der Kirche.) Zweiter Dialogus bei der Herzogin Mutter.
    Sie
. Was denken Sie von der heutigen Predigt (Wiel. ohngefähr wie oben.)
    Sie
. Mich dünkt aber, daß sie doch vor diesen Tag unerwartet war: am beim Regierungsantritt oder solchen Tagen könnte sie wohl gehalten werden. W. Je nun! weil der Herzog sonst nicht in die Kirche kommt, so hat H. vermuthlich den Augenblick ergriffen, da er ihn hatte.
    Sie
. Er sollt freilich mehr in die Kirche gehn ,p doch – – Dritter Dialogus, Abends im grossen Saal bei Hofe.
    Herzog
. Sind sSie heut in der Kirche gewesen. W. Ja Euer Durchl.
    Herz
. Wie hat Ihnen die Predigt gefallen? W. (wie oben.)
    Herz
. Ich weiß doch aber nicht, was die Leute bei einem Kind für erstaunende Hoffnungen haben. Es ist doch nur ein Kind. W. Aus dem indeßen doch Alles werden kann u. da hofft jeder, daß das Beste aus ihm werde.
    Herzog
. Uebrigens war die Predigt ganz ohne
    Piques
. (das ist ein Lieblingswort hier.) W. O ganz ohne Piques: sie war dünkt mich so rein wie sie von der Kanzel kommen muste.
    H
. Es war eine brave Predigt. Dies ist was der Hofpoet in einenr Ergießung seiner guten Laune und neuen Freundschaftswärme erzählte, dazu ihn vor wenigen Wochen ein Genius in der Nacht ermahnt hat. Ich muß Ihnen doch auch diesen Traum hersetzen. „Mich dünkte, ich stand bei einem Concert an Hofe im Saal an der Wand u. hörte. Herder so angekleidet, wie er bei Hofe erscheint, (d. i. in Mantel u. Kragen) tritt vor mich u. sieht mich mit sehr ruhigem, guten Blick an. Mir war das fatal: denn ich hatte mir fest vorgenommen, gar nicht mehr an Sie beide zu denken u. hatte diesen Vorsatz auch ein paar Wochen glücklich ausgeführt, wo Sie mir nicht in die Gedanken gekommen sind: desto merkwürdiger ist mir mein Traum. (Er hatte sich in einer Gesellschaft gegen meine Frau, die sonst seine größte Patronin u. Muse ist, grob aufgeführt; drum war auf eine Zeit alles Commercium mit ihm aufgehoben) Also Herder stand vor mir, sah mich sehr ernsthaft u. gut se an, ergrif endlich meine Hände u. sagte: „Aber, lieber W., wenn wollen Sie einmal zuverläßig werden. Ich war im Traum sehr unartig, u. ohngefähr ließ ich mich sehr ungeduldig vermerken, daß das immer so wäre, daß ich immer bei ihm unrecht haben mußte. Drauf lies er sanft meine Hand gehen u. ging ohne ein Wort weiter weg. Ich erwachte pp.“ Sie lernen auch hieraus den Poeten kennen, bei dem immer 2. Genien, ein schwarzer u. weißer geschäftig sind. – Da doch mein Brief schon eine Rhapsodie von poetischen Novitäten geworden ist, kann ich nicht umhin, auch meiner Frauen Griechischen Beitrag zu diesen Feierlichkeiten zu erzählen. Die Herzogin hatte sie u. die Oberstallmstrin von Stein (die beide haben die Ehre, als Freundinnen bei ihrer Niederkunft zu seyn u. besuchten sie also währenden Wochen oft) geneckt; ob sie Ihr denn nicht auch Verse machen wollten, da Alles Alles jetzt Verse machte. Und es ward also die Raillerie folgender Gestalt zu Stande gebracht. Beigehende Verse wurden mit goldnen Buchstaben auf einen weißen Milchflor gemahlt: die 2. Sterne der Ilythiyien oben, ihre 2. hübsch große Fackeln unten u. so, da sie aus der Kirche kam, fand sie das Zaubertuch in ihrem Zimmer, deßen bringende Wesen sie denn gleich erkannte. Die Idee ist von meiner Frauen: sie mag also die Verse selbst abschreiben u. Sie müßen sie hübsch finden, weil sie von ihr u. wohlgemeint sind. – Gnug der für Sie unintereßanten Solennitäten, an denen Sie nur Theilnehmen, sofern wir dabei zu spielen hatten. Ein andermal etwas beßers. Die Post will fort u. ich muß nothwendig aus, um frische Luft zu holen. Leben Sie wohl, Bester, Patriarch Ihres Hauses, unser Freund u. Gevatter u.
    auch
eine Gestalt älterer Zeiten. Leben Sie glücklich mit alle den Ihren u. schreiben bald; ich schreibe bei erster Muße wieder. – An Nikolai habe ich bei sobestallten Sachen nicht denken können; vorm Sommer habe ich dazu auch keine Zeit. Er hat eine Recens. der Ebr. Poesie (deren Druck solange gelegen hat) bei Eichhorn bestellt: denn er bestellt u. stimmt die Urtheile über die allgem. Deutsche Lit. in allen Sprachen, Wißensch. u. Künsten. Er habe sich glücklich. adieu, adieu. Gott empfohlen! u. zum baldigen Wiedersehn. Von meinsem Hause grüßt u. liebt sSie Alles, Alles. H. Von Caroline Herder: Eins muß ich noch berichtigen verEhrtester Herr Gevatter, daß die Verse nicht von mir sind, ich verstehe nicht in der Sprache der Götter zu reden, ich lalle kaum mit meinen Kindern u. Einfalt ist meine einzige Tugend, mit der ich Sie auch herzl. liebe treuer Freund meines Mannes! – Sie haben letzt ein Wort gegen ihn fallen lassen, als ob er mürrischen Humors seie, das that mir sehr weh u. Hartknoch ist die Quelle ders Ihnen sagte – Hartknoch macht meinem Mann durch seine Gegenwart u. ewigen Vorwürfe nie wohl, er ist wird verstimmt durch seine Knausereien u. das macht ihn freilich unmuthig – Von seinem letzten Hierseyn war er beßer, zieht andre Saiten auf, denn er sieht daß wir auch für die Kinder sorgen müssen. Sehn Sie meinen Mann nicht als einen grimgramischen Hausvater an, er verbittert sich das höchste Glück auf der Welt nicht selbst. Leben Sie tausendmal wohl, ich küße Ihre Kinder u. vorzügl. mein Pathchen! Lieben Sie uns.
den 3 März 83. Herzlich geliebtester Freund Gestern im Schlitten in Steinbeck gewesen – Seit 67 die erste Schlittenfahrt aufs Land, also eben so merkwürdig als Claudius Wallfahrt am Rhein. Währender Zeit hatte mich unser alte Freund Dorow besucht und bey meiner Zuhausekunft fand ich ein zurückgelaßenes Fehdebriefchen von ihm, worauf ich mich heute in aller Frühe persönlich stellte. Die Sache wurde bey einem Schälchen Persico beygelegt, und ich wünsche daß seine Zahnschmerzen es auch seyn mögen. Den 16 Jänner erhielt ich einen sehr feyerl. Besuch von ihm auf der Loge, worinnbey er mir die glücklichen
    Aspecten
mitgetheilt. Gott erfülle unsere Hoffnungen, die mir niemals so paradox geschienen. Wir nehmen hier alle mit warmen Herzen Antheil; und warten auf einen erfreulichen Aus- u Eingang. Sie sind im vorigen Jahr mit so viel Jeremiaden von mir bestürmt worden, daß ich mich ein wenig habe verpausten wollen, damit ich Ihnen nicht gantz meinen Briefwechsel vereckeln möchte. Seit meinem Neujahrsbriefe bin ich ruhig. Altum silentium ist für mich die beste Antwort. Man redt hier so viel von Reductionen u Reformationen, daß ich mich gar nicht dran kehre. Wüsten Sie etwas zuverläßiges u interessantes für oder gegen mich: so hab ich das Vertrauen, daß Sie mir einen Wink dazu von Selbst geben würden. Gott hat auf eine sehr angenehme Art das zu besorgende Minus ersetzt durch einen Pensionair den ich seit dem 27 Januar. in meinem Hause bekommen. Es ist der älteste Sohn meines alten Freundes des Hofraths Lindners in Mitau, deßen Oncle der jetzige Doctor Medic. sich gegenwärtig auch aufhält seiner alten Mutter die letzte Oelung durch eine kindliche Pflege zu ertheilen. Ich liebe meinen Pflegsohn, wie Sie den Ihrigen. Kaum hatt ich diesen Brief angefangen, wie ich einen Besuch nach dem andern erhielt. Unter anderm führte mich Gevatter Jacobi einen jungen Hamburgschen Kaufmann zu, der aus Königs Petersburg zurückkomt, und den ich Ihnen anmelden muß. Er blieb bey mir, bis die Post beynahe abgehen sollte u es that mir sehr leid, diesen liebenswürdigen Mann nicht näher kennen gelernt zu haben. Sein Nahme war Ihres Pflegsohns Hänseler sehr ähnlich. Durch ein eigenes Schicksal hatte ich mein ganzes Haus zum
    ersten mal
in die Comödie geschickt u ich war kaum Herr Licht zu verschaffen, weil meine pollnische Magd auch ausgegangen war. Vorgestern Abend brachte mir Friedrich einen halb holländisch halb französischen Brief von der Post, worinn mein alter Freund als Capitain Lieutenant den 11 Febr. auf dem Bord des Landschiffs von Oorlog
    Utrecht
Abschied von mir nimmt. Sein Herr Bruder hat mir den Gefallen nicht erwiesen, mir den Tag da unser Vetter in See gegangen, anzugeben. Den Verlust des Päckchens bedaure pro rata. Wenn es nicht der letzte Wille gewesen, so soll der Verlust wol ersetzt werden. Am letzten Februar erschien der gegenwärtige Calculator Brahl mit seiner Frau bey mir zum Abendbrodt, nachdem er in 1½ Jahr u sie in einem gantzen Jahr nicht meine Schwelle betreten; und ich habe gestern mit meinem gantzen Hause den Abend bey ihm zugebracht. Lindner war auch unter dem Titel des
    fremden Herrn
bey mitgebeten; am Ende fand es sich, daß der fremde Herr ein weitläuftiger Cousin der Wirthin war und zwar durch den Reifenstein in Rom. Auch dieser
    aufgewärmte
    Kohl
von Freundschaft ist nach meinem Geschmack; und ich verspreche mir einen vergnügteren u zufriednern Sommer, den ich mir kaum vermuthet. Auch dürfte vielleicht die Zerstreuung mit der häuslichen Arbeit in Verhältnis stehen. Der 2te April ist der terminus fatalis
    meines Podagra
. Und so bin ich ein von langer Weile und Zerstreuung geplagter Mann; und ich vermuthe daß es Ihnen ceteris paribus ungefehr auch so geht. Den 15 Febr. war Gevatter Kanter kaum vom Postwagen gestiegen, als er mir eine Silhouette des Raynal nebst ein paar andern Kleinigkeiten zuschickte. Ich besuchte ihn den andern Tag drauf, erfuhr aber zu meinem Leidwesen, daß Sie sich einander nur einmal am dritten Ort gesehen, wo Sie ihm das Ehrenwort von
    Aufwarten
übelgenommen und daß er sich
    ohne seine Schuld
vergehen müßen, dafür aber hatte büßen müßen, daß er Sie niemals zu Hause angetroffen hätte. Ich vergieng mich eben so unschuldig mit einem noch härteren Ausdruck gegen ihn, und hatte nicht Ruhe gleich zu Hause zu laufen, wo ich mich wirklich meiner Uebereilung überführen konnte, bin aber noch nicht im stande gewesen mich deshalb zu entschuldigen, weil wir uns einander seitdem nicht mit Augen gesehen. Seine Absicht ist bald wieder nach Berl. zu gehen. Die beyden ersten
    Monathe
habe mit ebensoviel Zufriedenheit gelesen, als Kants Prolegomena, die vorige Woche angekommen aber blos für den Autor. Die doppelte Erscheinung der weißen Frau ist in der That eine omineuse Widerlegung eines alten Aberglaubens, über den ich zufällig eine hiesige Dissertation aufgefunden, die aber nichts in sich enthält. Mein großer Bücherkasten ist abgegangen, aber von Hartknoch noch keine Sylbe erhalten. Gottes Seegen nebst meinem Gruß und Kuß an Ihre liebe brave Frau – daß Sie eine fröliche Kindermutter werde! Auch Ihrem Jonathan empfehlen Sie mich; ein gleiches an Castor und Pollux B. u. G. Wenn Sie so fortfahren, hoffe ich daß Publicum und Kunstrichter Gnüge leisten werden Muß schließen, wenn diese Einlage noch anlangen soll. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr ewig verpflichteter Landsmann und FreundJohann Georg Hamann. Eben stürmt mein ganzes Haus in die Stube; und haben sich über das
    Fündelkind
recht satt gelacht. Sapienti sat. Ich umarme Sie nochmals  in ihrem Namen.
Kgsb. Dom Judica den 6 April 83. Geliebtester Freund, Lieber seyn Sie böse, als krank! Oder vielleicht beschäftigt Sie bereits Ihre Meßreise. Wenn der große Kasten gar nicht oder nicht wie er seyn soll angekommen, so liegt die Schuld nicht an mir.
    Hofburgs
    fürstl. Jugendspiegel
hat sich wider gefunden nebst noch 8 andren 1. 2. Der Passepartout oder Dietrich in 2 Bänden 3. Baumanns Teutsch- Evangelisches ärgerl. Christenthum 4. Eliae Praetorii Spiegel der Misbräuche 5. Der erste Theil vom Reimannschen Katalog. 6. Das Racovsche Neue Testament. 7. Menasseh Ben Israel de Resurrectione Mortuorum. 8. Macchiavelli Principe u Vindiciae contra Tyrannos. Da diese doch nicht hätten eingepackt werden können: so liegen Sie hier bis zu Ihrer Ankunft, mit der ich auch Ihre Erklärung auf die Bitten meiner Freunde in Ansehung des Rossi p erwarte. Beynahe vergeht mir die Lust zu schreiben, woran es mir ohnehin fehlt, da ich beynahe Sie schon unterwegs vermuthen muß. Ich habe seit dem 27 Januar meines alten Freundes, HE Hofr. Lindners Sohn bey mir in Pension. Doch will alles lieber zum mündlichen Widersehn ersparen. Gott begleite Sie und die Ihrigen, gebe Ihnen gut Wetter und beßern Weg. Der heut eingetretne Winter dient vielleicht dazu das Gewäßer auszutrocknen. Ich umarme Sie voller Erwartung als Ihr alter aufrichtiger Freund Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Liebster Herr Doctor und Freund Ich nehme mir die Freyheit Ihnen beyl. Billet der Madame Courtan mitzutheilen, im Fall Sie im stande wären den längst versprochenen Besuch abzumachen. Weil ich heute gar nicht ausgehen können; so habe ich die Bestellung meinem Sohn überlaßen müßen. Mündlich mehr. Vergnügte Ostern von Ihrem alten Freund u Diener. Johann Georg H. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Doctor Lindner.
Kgsberg. Am Charfreytage 83. Herzlich geliebtester Landsmann Gevatter und Freund, Endlich bin ich den 29 März mit einem Briefe von Ihnen erfreut worden, und habe erst diese Woche gedr. Einlage nach Morungen befördert zur Osterfreude. Gott seegne meinen kleinen liebsten Pathen für seinen Eifer und Antheil – und gebe guten und erwünschten Fortgang und Erfüllung der angekündigten Cur. „Wenn Du winkst, sind wir wieder da!“ Ihr Stillschweigen hat mich freylich beunruhigt, theils Ihrer und der Ihrigen Gesundheit wegen, theils mag ich eine Ahndung gehabt haben, daß mein Geschmier eine sehr freundschaftliche Nachsicht nöthig hat, weil ich selbst nicht weiß weder was ich schreibe noch geschrieben habe und leider Ursachen gnug habe vor Misverständnißen bey mir u andern besorgt zu seyn. Ich bin weder im stande mich auf den Innhalt noch die eigentliche
    Qvelle
der verlornen Winke in Ansehung Ihrer häuslichen Laune zu besinnen, und wenn es ja jene
    Qvelle
seyn sollte, die man vermuthet, wo von ich aber nichts mehr weiß; so sind die Gerüchte gegen sie
    selbige
noch nachtheiliger in diesem Stück. Desto mehr bewundere ich Sie, liebster bester Freund, daß Ihre öffentliche Unzufriedenheit weniger Einfluß auf Ihre einheimische hat, wie ich mir vorstellen können. Ich kann freylich nicht wie unser Freund
    Krankheit
anführen, aber Hypochondrie und selbst nicht zu wißen, was uns fehlt, ist ein größer Uebel als Krankheit, und greift die Seele an. Mein Podagra ist diesen April aus geblieben; mein Kopf, meine Zunge und meine ganze Denkungskraft ist wie gelähmt. Ich besuchte heute unsern Kant, der ein sehr sorgfältiger Beobachter seiner Evacuationen ist, und diese Materie ungemein und oft am sehr unrechten Ort widerkaut, daß man öfters in Versuchung komt ihm ins Gesicht zu lachen. Beynahe wäre es mir heute auch so gegangen; ich versicherte ihm daß mir die kleinste mündl. u schriftl. Evacuation eben so viel zu schaffen machte, als die seinigen a posteriori. Er schrieb mir ein langes Billet wegen der alten Grille, das Konxompax aus dem Thibetanischen herzuleiten, die ihm gantz neu aufgestoßen war und die mir jetzt eben so lächerlich vorkomt als das Kursche oder Lettsche wegen der Ähnlichkeit des Wortes
    Kunks
. Unser Hofprediger u M. Schultz arbeitet an einem Versuch die Kritik der reinen Vernunft aufzuklären u im verjüngten Maasstab zu bringen. Bin neugierig zu wißen was der Göttingsche Recensent zu den Prolegomenis sagen wird. Kennen Sie nicht den Verfaßer der Briefe über die Freymäurerey; ich bin noch nicht im stande seinen Plan zu übersehen. Er spielt den Mediateur in der Tempelherren Sache, fast wie der Elihu im Hiob. Die letzte Hälfte ist zu trocken u die erste zu blühend. Das
    Etwas, was Leßing gesagt haben
soll, machte mir einen vergnügten Abend, und ich wurde so überrascht auch eine Zeile auf mich zu finden, daß ich auf einmal zu lesen aufhörte – Ein paar Abhandl. aus dem Museo, aus denen ich gar nicht klug werden konnte, u die auch ihren Text wenig scheinen verstanden zu haben, veranlaßten mich nach diesem Blatt nachzufragen. Der jetzige Calculator Brahl hat seinen abgerißnen Umgang mit mir erneuert und durch ihn ist mir der Hartungsche Laden offen, weil er die dortigen Zeitungen schreibt u. an dem
    raisonnirenden Bücherverzeichnis
was seit Jahr u Tag daselbst auskomt, arbeiten hilft. Wagner hat sich von Dängel getrennt, ob es mit letzterm allein gehen wird, ist noch sehr problematisch. Gefälliger und uneigennütziger ist er wenigstens und vielleicht werd ich auch seinen Laden mehr besuchen. heil. Abend 19. April Mit Sehnsucht erwarte den zweiten Theil der hebr Poesie. Den ersten habe Kriegsrath Scheffner und seinem Wirth Hippel zur OsterLectur vorgestern leihen müßen. Da ich das
    Tauf Gebet u die Cantate
nach Morungen geschickt, so werden Sie das mir zugedachte Exemplar nebst den übrigen Neuigkeiten ohne mein Erinnern mir durch die Post oder Hartknoch zukommen laßen. In Ansehung des ersten Wegs bitte noch einmal nur bis Halle zu franquiren, weil ich immer besorge, daß ein gantzes Franco für Sie und mich verloren geht oder wenigstens keinem von beyden zu Nutz kommt. Hartknoch wird mit seiner Familie erwartet; ich habe in langer Zeit keine Antwort von ihm erhalten, ohngeachtet ich ihm einen ganzen Bücherkasten aus der Lilienthalschen Auction expedirt. Ob er damit nicht zufrieden oder ihm das letzte Porto zu stark gewesen, worinn Neumanns Einl. war, werd ich von ihm selbst erfahren. Daß ich seit den 27 Jänner des Hofr. Lindners Sohn in Pension habe, ist Ihnen bereits bekannt. Ich muß in einer Stube mit ihm u meinem Sohn schlafen. Die wenige Augenblicke, welche mir übrig bleiben, werden dadurch noch schmaller, und bin also den ganzen Tag belagert, mein armer Junge beynahe eben so. Was der König mit unserm Etat anfangen wird, weiß auch noch keine Seele. Von Reichard habe in diesem ganzen Jahr noch keine Zeile erhalten. Den Gerüchten zufolge werden wol seine Unterthanen das durch Hungersnoth wider einbringen müßen, was die Franzosen aus dem Lande gezogen. Mit dem Iunius wird sich der Knoten auflösen. Wie geht es mit der Bertuchschen Ausgabe spanischer Dichter? Werden selbige herauskommen; den kleinen Betrag werde durch den Buchladen oder Hartknoch abmachen. Es war doch blos Subscription und das Geld darf doch nicht ehr als beym Empfang der Bücher bezahlt werden. Wenn die spanische Liebhaberey in Deutschland nicht größer seyn sollte, als in Preußen: so wird wol nichts draus werden. Was Sie mir vom bösen u gutem Genius schrieben – – – Am Sonntage Misericordias Domini den 4 May Sehen Sie wie lange dieser Brief liegen geblieben, und daß ich gar nicht mehr im stande bin die Feder zu führen. Hartknoch ist noch nicht hier. Den letzten Osterfeyertag wurde auf eine angenehme Art mit einem Exemplar der
    Parerga
    historica
u einem Briefe des Schöppenherrn erfreut, den ich elend beantwortet habe. Reichard hat mich auch währender Zeit zu seinem Gevatter gemacht bey seiner Wilhelminchen. – Eben komt Hartknoch in mein Haus, ist gestern spät angekommen, wird Morgen Abends abgehen und mich noch frühe besuchen. Sein Ansehen ist erträglich; seine Frau istin geseegneten Umständen, daher eilfertig selbige heimzuführen des bevorstehenden Kindbettes wegen; wird also nicht nach Weimar kommen können. Ich dachte, Hartknoch sollte etwas von der neuen Schrift wißen, die Sie ihm zugedacht haben, er kann mir aber auch nichts von ihrem Innhalt melden. Kennen Sie Ihren Recensenten des Maran Atha in der allgem. D. Bibl. Ich habe selbige kürzl. gelesen. Werden Sie sich gar nicht um des Nicolai Geschmier bekümmern? Köhler hat mir in seinem Namen auch ein Exemplar zur Collecte der Reisen zugeschickt; habe hier mit genauer Noth zusammengebracht, daß ich auch eins erwarten kann. Ich hoffe, daß sich seine stoltze Wellen auch legen werden. Ich habe wol keine Hofnung mehr, mich von meiner Lethargie zu Kgsberg erholen, eben so wenig bey meiner gegenwärtigen Arbeit an dem jungen Menschen etwas auszurichten. Nur Schade, daß ich meine eigene Kinder darüber versäumen muß. Haben Sie, liebster bester Herder, Mitleiden mit meinem Zustande. Sie können sich nicht vorstellen, wie niederdrückend diese Unvermögenheit ist, und mit welchem panischen Schrecken ich mich selbst ansehe. Gott schenke Ihnen desto mehr Gesundheit und Freudigkeit zu allen Ihren Geschäften. Ihrer verehrungswürdigen Frau versichern Sie nochmals, daß ich weder mich besinnen kann auf das, was ich geschrieben, noch auf irgend einige
    Qvellen
, als meine eigene Träume. Selbst antworten werdwollt ich, aber kann nicht; so sehr ich mich auch beym Empfang Ihres Briefs gefreut. Verzeyhen Sie diesen ungeschlachten Brief. Er ist ein treuer Abdruck meiner Verwüstung. Ich ersterbe unter den herzlichsten Grüßen und Küßen meines lieben Pathchens u aller Ihrigen von mir u den Meinigen Ihr ewiger Freund Hamann. Adresse mit Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Herder / Oberhofprediger und / General-Superintendenten p / in /
    Weimar
.
    fr. Halle
Kgsberg den 20 am ersten Ostertage 83. HöchstzuEhrender Herr Hofrath, Geliebtester Freund, An meinem guten Willen hat es nicht gelegen daß ich seit den 10 März, da ich Ihr letztes erhielt noch nicht beantwortet. Meine Hypochondrie lähmt eben so sehr meine Zunge als Feder, und ich habe mir Zeit gelaßen, weil ich meinem eigenen Urtheile zu wenig traue. Ihr Sohn befindt sich Gottlob! gesund und ist gestern aufs Land gereist, um die Feyertage daselbst zuzubringen. Wenn er noch so zufrieden ist mit mir, wie ich mit ihm, so hab ich noch Hofnung etwas auszurichten was meinen Absichten, Ihren Wünschen und seinem wahren Besten gemäß ist. Der geringste Verdacht aber von seiner Unzufriedenheit würde der meinigen das Uebergewicht geben. Das Latein ist mein Hauptaugenmerk gewesen; und ohngeachtet ich mit Decliniren u Conjugiren u den ersten Elementen habe den Anfang machen müßen, so gieng dieses doch so ziemlich fort, daß ich feste Hofnung hatte zu Ostern mit ihm fertig zu werden, unter den Bedingungen seiner eigenen Betriebsamkeit und Fleißes; denn wenn er nicht
    wollte
, wäre alle meine Arbeit umsonst. Er versicherte mir diese
    Lust
zu haben, und ich muß ihm noch einräumen, daß es von Seiten des Geistes nicht fehlt: aber das Fleisch ist schwach, und ein erblicher und von Jugend auf genährter Hang zur Eitelkeit, Weichlichkeit ist schwer zu überwinden, und wechselt bey ihm wie der Mond. Ich hab mir alle Mühe gegeben ihm die Nothwendigkeit der Diät zum Studieren wichtig zu machen; aber Bälle, Concerte, Theater, Putz, Geckereyen und der ganze Cursus galanter Thorheiten ist sein Element. Ist es einem jungen Menschen zuzumuthen, die Gegenstände seines Tichtens und Trachtens so bald zu verleugnen, und sie mit gantz entgegengesetzten zu vertauschen? Ich muß daher schon sehr zufrieden seyn, daß er sich auf 8 oder 9 mal hier eingeschränkt, da er fast täglich dort in die Comödie gegangen, und von seinem Oncle hierin frey gehalten wird. Er ist während seines Hierseyns einmal auf einen adl. Ball bey einer Fr. von Buddenbrok und einpaarmal mit seinem Oncle auf eine öffentliche Redoute, mehrentheils des Sonnabends, die halbe Nacht zugebracht, aber immer des Morgens frühe zu Hause gekommen, auch wol die Kirche drauf abwarten können. Ungeachtet meiner vorläufigen Abrede früh aufzustehen und mir darinn ein gut Exempel zu geben, weil ich selbst dem Schlaf ein wenig mehr nachhänge, wird er des Abends gegen 10 Uhr müde und hat Mühe des Morgens sich zu ermuntern. Ich habe den Termin mit dem Latein bis Ostern nothdürftig fertig zu werden mir deshalb so angelegen seyn laßen, weil ich gegenwärtig schon mit 7 des Morgens auf der Loge und des Abends bis über 5–6 ausseyn kann. Zum Unglück fehlt ein alter Buchhalter wegen Krankheit, und ich bin also ein wenig mehr gebunden wie sonst, meinen Posten zu hüten, besonders bey zunehmender Schiffahrt. Ungeachtet aller dieser Hinderniße muß ich doch zufrieden seyn, daß wir beynahe den ersten Theil der Histor. select. zu Ende gebracht neml. 55 Kapitel des 3ten Buchs welches das längste u 80 in sich hält. Von Horatzens Briefen haben wir gleichfalls die ersten 14 durchgegangen und Wielands Uebersetzung. In dieser Uebung nehm ich meinen Sohn zu Hülfe, und weil letzterer noch zu keiner Composition angehalten worden, ich auch selbst weder im Reden noch Schreiben niemals viel Fertigkeit gehabt: so müsten beide, aus Mangel eines beßeren Werkzeuges, sich mit Muzels Trichter um die Wette qvälen, und ich zu meiner Schande sehen, daß mein Sohn ungeachtet seiner ziemlichen Ueberlegenheit im Exponiren diese bisher von uns gantz vernachläßigten Uebung höchst nöthig gehabt. Sie sehen hieraus daß ich das Latein bisher zur Hauptsache gemacht, theils weil eine Gründlichkeit und mittelmäßige Kenntnis dieser Sprache zum
    academischen Bürgerrecht
unumgänglich ist, theils die rechte Methode nicht nur in alle übrigen Sprachen einen gar zu großen Einfluß hat und nach meinem Urtheil weit mehr dient Aufmerksamkeit, Urtheil und Scharfsinn zu schärfen, als irgend der Mathematik zugeschrieben werden kann, und der gantze Mechanismus von Analyse u Constructionsordnung in nichts als einer
    practischen
    Logik
besteht. Uebereinstimmung und Abhängigkeit sind eben das in Sitten und Pflichten, was die Syntax in Ansehung der Wörter. Im Französischen, wo es eben so sehr an den Anfangsgründen zu fehlen scheint, haben wir uns bisher begnügt den Wailly zu lesen; unterdeßen ist es ein Fehler des Uebersetzers, nicht mehr auf den Parallelismum der deutschen Sprache gesehen zu haben, unterdeßen weil Wailly zuförderst das lateinsche zu seinem Augenmerk gehabt. Dieses hier noch unbekannte u ungenützte Buch ist schon in Berlin statt des Pepliers eingeführt. Seit dem 5 März haben wir das Engl. angefangen, und lesen Popens Briefe. Dies ist aber für mich eine bloße Nebensache. Weil ich meines seel. Lehrmeisters Bachmeirs Grammatik verloren, habe mir selbst eine neuere angeschaft. Ein Wörterbuch ist ihm aber unentbehrlich, um so mehr, da ich nur blos das kleine Johnsonsche besitze, welches ganz engl ist. Der Aussprache wegen wünschte ich, daß er beßere Anführung als die meinige hatte. Dies kann aber fügl. bis Göttingen aufgeschoben werden. Mit dem griechischen war auch willens einen Anfang zu machen; wir haben uns ziemlich im Lesen geübt. Im Grunde kann man kein lateinisch recht verstehen ohne einen zieml. nothdürftigen Vorschmack dieser Grundsprache, die im Grunde nicht schwer ist. Alle Wißenschaften haben ihre Kunstwörter daraus entlehnt, und der Verstand erleichtert ungemein das Gedächtnis. Wie viel griechische Constructionen, besonders in Poeten; was für einen weiten Einfluß in die Qvantität der Sylben u. einer richtigen Aussprache. Mit Historie u Geographie kann ich mich gar nicht befaßen, und dies hängt auch blos von Lust und Liebe ab. Mein Sohn liest die Zeitungen der alten Welt, die ich Ihrem Herrn Sohn auch empfohlen, und treibt für sich aus Neigung die Geographie. Der arme Junge ist aber so besetzt und hat mit dem Pollnischen u seiner Kinderlehre gnug zu thun. Da
    Hier sehen Sie ein Gemälde unsers Tages
: Weil mein Sohn die meiste Zeit eher zur Hand, so lesen wir ein Kapitel aus dem N. T. Ist Ihrer fertig mit dem Frühstück u ich mit dem meinigen, so nehmen wir gl. unsere Historias selectas vor. Da ich um 7 Uhr nun ungefehr, mehrentheils eine Stunde später ausgehen muß: so überlaß ich ihm Widerholung oder Zubereitung. Währender Zeit sprech ich zu Hause wider an, wo sich Ihr Sohn frisirt, unterdeßen ich einige Verse im I Buch Sam. mit ihrem meinem durchlaufe, und ein pensum aus der Aeneide, welche wir diese Woche schließen werden, und alsdenn auch diese Uebung meines Sohns mit dem Ihrigen werde vereinigen können. Sprech wider einmal an u corrigire, wo ich was gemacht finde, aus dem lieben
    Trichter
, der immer ein guter Leisten ist. Vor dem Eßen nehmen wir noch einen Brief des Horatz vor. Nach dem Eßen wird ein wenig aus dem Wailly gelesen, hierauf geht Ihr Herr Sohn aus u komt in einer oder anderthalb Stunden selten später nach Hause, meistens bey HE Stadtrath, Fr. Pf. Siebert, HE von Schrader, auch bey seinem alten Hofmeister dem jetzigen Schul- Collegen oder auch im Nothfall zu Ihrem HE Bruder – So bald ich zu Hause komme, gehen wir ans Engl. unterdeßen sich mein Sohn mit einem jungen Raphael Hippel von einem sehr feinen Gesicht, und offenen Kopf im lateinschen u griech. unterhält und meine älteste Tochter das Clavier lernt gratis bey meinem jungen Freund Hill, mit dem ich in Gesellschaft meines Sohnes dafür gegenwärtig den Pindar u Anacreon durchlaufe nachdem wir die Odyßee zu Ende gebracht, u zuweilen das Engl. fortsetze im Spencer. Wir eßen ein Butterbrodt. Dienstag hat mein Sohn die Kinderlehre des Morgens abzuwarten u Mitwoch nachmittags das pollnische. Der ihrige ermangelt beynahe keinen Tag sich auf dem Clavier zu üben, und hier braucht es keiner Erinnerung. Ich gehe mit Fleis in diesen Detail, liebster Freund, der Ihnen nicht zu eckelhaft seyn wird um Ihnen die Unmöglichkeit zu zeigen, mehr Zeit als ich habe und mir Ihr Sohn einräumt, anwenden zu können. Ich wünschte wenn er um 9 Uhr schlafen gienge und dafür desto früher aufwäre; weil ich mehrentheils eine ganze Stunde ihm zuvorkomme u er Mühe hat sich zu ermuntern; unterdeßen hoffe ich auch mehr Ordnung nach dem Fest einzuführen in diesem Stück, und da mein Sohn mit Gottes Hülfe vermuthlich nach Pfingsten eingesegnet werden dörfte: so werd ich auch beide mehr zu einer festen Stunde in Historie u Geographie, als bisher möglich gewesen, anhalten können. Was die Familienverhältniße betrift: so kenn ich den HE Lieutenant bereits persönlich u bin den 2 März da mein Sohn gebeten wurde, von selbst zum Besuch mitgefahren. Es war ein erwünschter Tag u meines Wißens die erste Schlittenfahrt aufs Land seit 67. Es scheint eine recht brüderliche Neigung unter beyden zu seyn u dieser Oncle hat beynahe ihren Sohn erziehen helfen. Dieser Respectus parentelae verdient alle Rücksicht, u gute Seiten, wenn sie zu sehr auch ins Moll fallen müßen doch mit Discretion ge behandelt werden. Den HE Stadtrath kenn ich noch gar nicht meines Wißens von Person. Er ließ mich vorigen Palmsonntag einladen, weil ich aber selbst meiner ältesten Tochter Geburtstag feyre, auch bey reichen Tafeln u großen Gesellschaften eben nicht vergnügt seyn kann; so werde eine persönliche Bekantschaft mit ihm so lange wie mögl. aufschieben. Vorigen Dienstag tratt mich Ihr Herr Sohn an mit der Nachricht, daß er mit ihm fahren sollte aufs Land. Weil die Reise aber 8 Tage währte u er lieber ein paar bey dem andern Oncle zubringen möchte, wünschte er daß ichs abschlüge. Ich gab ihm Recht, daß 8 Tage Abwesenheit mir auch zu viel schienen. Er hielt sich aber den Morgen drauf so schlecht, daß ich ihn dafür abstrafen wollte und den andern Tag dem Oncle sagen ließ, daß ich gegen
    seine Reise nichts einzuwenden
hätte, weil sein Fleiß nur ein Feigenblatt gewesen war um eine Reise mehr nach seinem Geschmack dadurch zu bemänteln. Er gieng Nachmittags wie gewöhnlich zu seinem Oncle u kam etwas bestürzt nach Hause, daß er ihm eine abschlägige Antwort gegeben. Am Charfreytage war er mit dem HE. Lieutenant zum Graunschen Tod Jesu gewesen, u meldete mir wider mit vieler Unruhe an, daß er doch nach Friedrichsthal fahren müste, weil man dort sehr ungehalten drauf wäre. Er fuhr also am heil. Abend vormittags fort mit dem Wink möglichst nach Hause zu eilen. Die Equipage, wenigstens der Kutscher war aber aus Steinbeck. Diese Umstände gehen mich übrigens weiter nichts an und ich überlaß es der Zeit den Zusammenhang deutlicher entwickelt zu sehen. Bin ich so glücklich ihm mehr Geschmack an
    Wißenschaften
u
    Arbeit
einzuflößen: so würde eine andere Umstimmung der Seele u beßere Oeconomie ihrer Kräfte u der edlen Zeit von selbst folgen. Ohne
    Geschmack
und
    freye Wahl
, ist alle Arbeit ein kahler Frohndienst. Was den Ton an seine Schwester betrift, so habe sehr zufällig von ihm selbst den einen Brief zu lesen bekommen, und dies gab mir Anlaß mir auch die Antwort auszubitten. Liebster Freund, nicht Ausbrüche sondern die Qvelle des Uebels ist die Sache wie in der Arzeney nicht Symptome das Augenmerk des Artztes sind. Aber ich hätte auch gewünscht daß eine
    Schwester
und dazu eine
    jüngere Schwester
ihrem ältesten Bruder gar nicht in solchem männlichklugen Ton die Epistel gelesen, sondern mit ein wenig mehr Laune, Liebe und Heiterkeit sich mehr an
    der lächerlichen Seite
im Character ihres Geschlechts u Alters gehalten hätte. Eine
    strenge Moral
komt mir schnöder u schaaler vor, als der muthwilligste Spott u Hohn. Das
    Gute tief herein
, das Böse herauszutreiben – Schlechter scheinen als man wirklich ist, beßer wirklich seyn als man scheint. Dies halt ich für Pflicht u Kunst. den 21 Ich bin heute mit Kolikschmerzen u einem empfindl. Durchfall erwacht und habe mir die Freyheit genommen Ihrem HE Sohn ein RhabarberPulver zu stehlen, daß ihm nicht mehr wie Eins übrig bleibt, weil er bereits andern davon ausgetheilt. Es hat mir gute Dienste gethan, liebster Freund u ich bitte diesen Diebstahl bey Gelegenheit zu ersetzen. Mein ganzes Haus ist Mittags ausgebeten – und ich faste, welches bey mir ein sehr seltener Appetit ist. Von allem dem, was ich Ihnen geschrieben, bitte keinen Gebrauch zu machen zu
    Vorwürfen
und
    ernsthaften Verweisen
, dafür aber desto mehr Ihren lieben Sohn anzuhalten, daß er Ihnen selbst wenigstens alle Monathe einmal Rechenschaft giebt so wol von der Anwendung seiner Zeit als Muße, die Sie ihm täglich verordnet und die ich lieber hinführo zu Spatziergängen als zerstreuenden Besuchen einlenken möchte. Der Sommer wird uns mehr Luft machen ein wenig abgesonderter arbeiten zu können u der Garten auch zu häusl. Bewegungen. Ich bitte mir aber auf 2 Anfragen eine baldige Antwort aus; ob es Ihnen gantz entgegen ist, daß er wenigstens
    öffentl. Stunden
besucht. In welchem Fall ich wol wünschte daß er Nachmittags von 4–5 bey meinem alten Freund dem Prof. Kreutzfeld gienge, der immer einen römischen Schriftsteller zu Grunde legt u denselben erklärt u deßen Vorlesungen er auch sonst schon besucht haben soll weil sein alter Hofmeister in Verbindung mit diesem akademischen Lehrer gestanden. Wie er damals imstande gewesen Nutzen davon zu ziehen, versteh ich u begreif ich nicht. Gegenwärtig möchte er mehr davon ziehen können, und oben ein könnte man ihn ein wenig auf jede Stunde vorbereiten. Durch Kreutzfeld könnte ich auch zuverläßige Nachrichten von seinem Fortgang einziehen. Und eben dies gienge mit dem Prof Kraus an der Statistick oder Historie öffentlich liest. Mangelsdorf liest auch die Historie öffentl. wiewol sein Auditorium ein wenig hällisch u sehr zahlreich Es komt also auf Ihre Einwilligung an in Absicht dieser Frey- oder öffentl. Stunden. Nun kommt meine zweyte Anfrage, wieviel Sie jeden Monath zu Bestreitung außerordentl. Stunden anwenden wollen. Er versichert mich die Mathematik bereits gehört ohne ein Wort verstanden zu haben. Daher ich einen fähigen Studenten auf Prof. Kraus Empfehlung dazu aussuchen wollte, den ich unter 1 Ducaten kaum finden möchte. Ebensoviel dörfte auch eine
    Zeichenstunde
kosten und vor allen Dingen wünschte ich daß er
    pollnisch
bey Zeiten anfangen möchte. Mein Sohn hat über ein Jahr gelernt mit Zufriedenheit seines Freundes u Lehrers u liest jetzt das dritte Gedicht des Bischofs von Ermland, ohne im stande zu seyn sich schon selbst zu helfen oder mit Verstehen u Reden fortzukommen. Ich zweifele ob diese Sprache so gut in Göttingen gelernt werden kann. Hierüber erwarte mit nächsten Ihre Entscheidung. Wegen der außerordentl. Stunden komt es auf einen Monath früher oder später nicht an; aber in Ansehung der akademischen öffentl. Stunden wünschte ich daß er den Anfang nicht versäumte, und würde auch ohne Ihre Antwort anräthig seyn daß er pro hospite selbige antreten u im Fall Ihrer Weigerung selbige wider ausfallen ließe. Zu Schulfüchsereyen der Toilette u Garderobe fehlt es weder an Geld noch ressources; aber für ein Buch ist kein Heller zu Hause, hat auch gar nicht die Sorgfalt eines Haushalters für dieses Geräth. Gleichwol war ihm ein
    engl
. u
    lateinisches
Wörterbuch u einige Handbücher unentbehrlich z.E. die Schellersche Grammatik, welche ich gern nach den Feyertagen mit ihm durchgehen möchte und ein Buch ist das er mit dem Wachstum in der Sprache mehr u mehr lieb gewinnen wird. Auslagen bin nicht imstande zu machen, und was an Ihrem ausgesetzten überschritten erspart werden wird, soll Ihnen haarklein berechnet werden; so wenig wie ich ohne Ihre Einwilligung überschreiten werde. Das
    Andenken der vorigen Erziehung
hätte in den 2 Jahren wo er sich unter Ihren Augen aufgehalten ziemlich gemildert werden können. Gott gebe daß Sie so viel wenden mögen an Ihres
    Erstgebornen
Nachfolger, als seine seel. Grosmutter – und daß nicht
    dort
mehr versäumt wird, als
    hier
geschehen. Halten Sie mir dies Wort der Erinnerung zu Gut. Das übrige bleibt in petto und en reserve von Ihrem alten Freund u aufrichtig ergebnen Diener Johann Georg Hamann. den 26 des Morgens Ihr lieber Sohn ist vorgestern erst vom Lande zurückgekommen, wo er vergnügter wie er sich vorgestellt gewesen, aber S ein wenig Schnupfen und Flußfieber zu Hause gebracht. Wir haben gestern von 56 bis zum 61 Kap. in unsern Geschichten zu Ende gebracht und sichnd eben in der Materie der Freundschaft, von der er einen großen Lästerer dort kennen gelernt. Ich bin währender Zeit so beschäftigt, daß ich meinen eignen Sohn nicht habe vorgestern einmal habe vornehmen können der ohnehin den gantzen Tag in meinen Geschäften zu laufen gehabt. Ich schreibe dies P.S. auf Ihres lieben Sohns Pult, dem ich wegen seiner gestrigen Unpäßlichkeit heute gern einen längern Schlaf zu gute halte. Verzeihen Sie meine Unordnung im Schreiben – Ich erwarte Ihre Erklärung auf meine Anfragen. Morgen den 27 ist Ihr lieber Sohn just ¼ Jahr bey mir gewesen. Bis zur Abreise Ihren HEn Bruders ist der Termin zu seiner Probezeit bestimmt, und ich hoffe daß Gott alles Gedeyen geben und unsere gemeinschaftl. Absichten erfüllen wird. Ihre Erinnerungen über den Ton seiner Briefe bitte mir immer im Nothfall mitzutheilen, werde mir aber keinen unmittelbaren Einfluß darüber anmaßen. Dergl. Symtome des Leichtsinns hören von selbst auf, wenn die Qvelle gebeßert wird, und müßen eher
    befördert
und
    evacuirt
, als zurück getrieben werden. Es ist mir um einen Grund und die Fähigkeit zu thun, daß er in den Stand gesetzt wird ihn hernach Selbst weiter anzubauen. Denn ohne selbst zu
    denken
u zu
    arbeiten
, mit
    Lust
und
    Ueberlegung
, ist alles nur Zwang und Täuschung. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, und ganzen Hause, vorzüglich der liebenswürdigen moralischen Briefstellerin. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Hamann.
Königsberg den 24 April 83. HöchstzuEhrender HErr Gevatter, Landsmann und Freund, Eine dreyfache Schnur reist nicht. Ich nehme also mit beyden Händen an Ihrer Hausfreude Theil, und wünsche daß meine liebe Pathin ein neues Unterpfand Göttlichen Seegens für Sie und Ihr ganzes Haus seyn und werden möge. Meiner holden Gevatterin Gesundheit und Stärke zu neuen Pflichten und neuen Wohlthaten, wie mir selbst! Aus W. u W. erwarte ähnliche gute Nachrichten. Ich
    begreifs noch weniger
, wie so oft ich von Ihnen schon erfreut worden bin und den Dank immer schuldig bleibe. Also Ihr Stillschweigen hat mich beunruhigt, weil ich es für eine Lehre angesehen, oder vielmehr Beyspiel, stille zu seyn. Demohngeachtet bin ich schon Wochenlang willens gewesen Sie zum
    dritten
mal heimzusuchen. Gestern Mittags erhielt Ihren liebreichen Brief zuvorkommenden, wie einen Balsam auf mein kahles Haupt. Ob den 14 oder 24h. meine Erscheinung im Geist hatte geschehen sollen, werde ich zuverläßiger beym ersten Besuch, den ich abzulegen imstande seyn werde von Ihrer Frau Schwester oder unserm Dorow ausmitteln. Ihre Einladung ist vom 12 als dem Geburtstage meiner ältesten Tochter datirt, den Sie im vorigen Jahr (statt meiner) gefeyert, und an dem wir uns auch am Palmensonntag Ihrer erinnert. Unter uns gesagt, denken Sie sich an Ihrem Gevatter nichts mehr als einen armen alten Mann, mit deßen Gesundheit, Kopf, Zunge u Feder es je länger je mehr stockt; sonst irren Sie sich wie unser wallfahrende Vetter, deßen Eingeweide ich Ihnen zurücksende, nachdem ich selbige coll amore durchgewühlt. Seine Beobachtungen sind gleichwol sehr unterhaltend und voller Scharfsinn u ehrl. Laune. Ihm geht es aber im Grunde bisweilen nicht beßer wie seinem Holl. daß er die
    Form
der Staatsverfaßungen im Mark und nicht in der Rinde sucht. Ich hoffe in allem Ernst, daß er seine Zufriedenheit ebensogut unter den Antipoden u Qväkern finden wird, wie mein Gevatter K. unter den Mährischen Brüdern, und vbi bene, ibi Patria, oder deutscher zu sagen; des
    Menschen
    Wille
ist
    sein Himmelreich
, in sehr vielseitigen Verstande. Erfahren Sie Nachrichten von seiner glückl. Anlandung dort, so laßen Sie mich ihrer auch genießen – und o
    daß Sie auf lange Zeit finden mögen
,
    was jenseits des Waßers gefahren
!! Durch Friedrich, der mich eben besucht, habe Ihren Wink an Dengel bestellt. Sind Sie mit dem alten Freund Kanter auch zufrieden? Ich erwarte alle Stunden Hartknoch. Ohngeachtet das überschickte nicht der Mühe lohnt, und ich kaum viel mehr erwarten kann: so werd ich alles was da ist, ihm mitgeben, u den Eckel, mit dem ich mich in jene Lagen zurückführen muß, überwinden kann; car c’est le ventre de ma mere! Kennen Sie den Verf. des
    Etwas
,
    daß
    Leßing gesagt
, die was bey Decker dort gedruckt worden? Was macht in aller Welt Ihr Hogendorp? Ungeachtet meines flehentl. Bittens, mich von der Abfahrt uns. William Birken Nachricht zu geben, hab ich nicht eine Zeile von ihm seit der Zeit erhalten. Sein Bruder hat sich noch meiner am Bord des Kriegsschiffes erinnert, und allen meinen Groll ausgelöscht, daß meine besten Wünsche beynahe zwischen
    beyde Ebentheurer
getheilt sind, u ich an keinen ohne Wallung der Seelen denken kann, der Contrast meines Urtheils mag Ihnen so lächerlich vorkommen, als er wolle. Ist Ihnen zufällig ein gewißer Jodois oder Geodois bekannt gewesen? u weiß man nicht wo der hingekommen? Ungeachtet Ihres Stillschweigens hab ich immer im Sinn vorausgesetzt, daß, wenn Sie etwas von uns. Reforme zuverläßig wüsten, Sie mir gemeldet. Der Himmel gebe, daß jedes Stillschweigen sich in eine so angenehme Harmonie auflösen möge, als durch Ihren letzten Brief geschehen. Umarmen Sie meine treue Gevatterin – mit ebenso halb erstickten Gesinnungen, womit Sie sich des alten Gevatters Hamann erinnert. Gott seegne
    Louischen
, unser liebes
    Wilhelminchen
, und laße auch Ihren Pflegsohn gedeyen! Mein Lindner komt eben vom Lande zu Hause. Ich hatte ihn beynahe nicht mehr gekannt; so sehr war er mir entfallen. Hänschen mit seinen 3 Schwestern u die Hausmutter bezeugen alle ihre herzl. Mitfreude. Empfehlen Sie mich
    ihrem kleinen Club
, zuförderst Jonathan u den Dioscuren, B. u G. Ich umarme Sie u ersterbe Ihr ewig verpflichteter Gevatter u Freund Johann Georg Hamann. Ist
    Becker
in Dresden oder Deßau, dem der Vetter das Diplom zurückgesandt? Auch Colonel Dirks ist eine neue unbekannte Person für mich? Ich thue auf allen Fall diese Fragen, wenn Sie liebster Gevatter! einmal Muße haben darauf zu antworten. – und schreibe
    ruhiger
, sobald ich kann. Heil mit Ihnen!
Ew Wolgeboren erhalten hiemit verlangten Kupferstich. Würde selbst gekommen seyn, wenn ich nicht einen Gevattersbrief unsers Kapellmeisters zu beantworten hatte, und zugl. das letzte Valet unsers Vetter Beckers d. d. den 9ten Oct. das bisher für verloren gehalten und durch die 10te Hand endl. an Ort und Stelle gekommen mit morgender Post remittiren muste. Er ist mit Capt. Pieter Cornelis auf einem Schiffe: De veer Friende glückl. abgegangen, unter dem Namen William Birken. An dem Latein der Parerga Historica ist nichts auszusetzen. HE. Prof. Kraus der die Vorrede liest, findt es ebenfalls nach seinem Geschmack. Das Schweitzerblatt bitte mit Hänschen zurück, weil ich es schon eher hätte widergeben sollen. Ich wünsche eine gute Reise u. baldiges Widersehen. Empfehle mich Dero geneigten Andenken, und wenn Ihre Abreise erst morgen vor sich geht; doch Versprechen – So gern ich den Hn. Hauptm. von Sch. zum Praenumeranten gehabt, bin ich doch nicht imstande das Verzeichnis zu liefern, habe auch Hofnung bekommen, diesen Ausfall ersetzen zu können. Meine Ergebenheit an unsern gütigen Wirth. den 24 Apr. 83. J. G. H. Kgsberg Dominica Misericordias 83. HöchstzuEhrender Herr und Freund, HE Pr. Köhler schickte mir den 11 Januar eine gedruckte Bestellung zur Praenumeration Ihrer Reisebeschreibung zu. Ohngeachtet meiner wenigen Verbindungen mit dem Hiesigen respectiven Publico u einer ökonomisch philosophischen Abneigung gegen alle
    Geschäfte
κατ’ εξοχην, war es mir überaus angenehm, nach so langer Zeit ein Merkmal Ihres freundschaftlichen Andenkens zu erhalten. Ueber den
    Wunsch
Sie von meinen ebenso unveränderten Gegengesinnungen zu überführen, schlich sich auch der
    Wunsch
in mein Herz Ein Exemplar zu gewinnen, weil ich zum grösten Leidwesen meiner Philosophie und Oekonomie kein
    baares
Buch mehr zu lesen im stande bin. Alle meine
    Wünsche
und Bemühungen die heilige Zahl der Praenumeranten zusammen zu bringen, wären (ungeachtet ihrer anziehenden Kraft) ohne Wirkung gewesen, wenn HErr Iacobi, als Freund u Gevatter, mir nicht die meisten angeworben hätte; und die Gefälligkeit auch übernimt den Betrag von nachstehenden 12 zu übermachen. Kommen die Namen für den ersten Theil zu spät; so können sie immer zum Nachtrage dienen / 1. HE Friedrich Konrad Jacobi 2. Christian Heinr. Kloht 3. Jakob Friedr. Kolk 4. Joh. Anton Dornheim 5. Joh. Christian Bruckner (Kaufleute)6. HE Oberhofprediger D. Schultz ⸂Prediger Lauwitz 7. Loge zum Todtenkopf und Phönix. 8. Made S. M. Courtan, geborne Toussaint. 9. HE Kriegsrath Hippel, dirigirender Bürgermeister 10. HE Kriegsrath Scheffner zu Sprindlacken. 11. Freyherr von Schröder, Hauptmann beym Possadowski. Regiment Dragoner 12. Loge zu den 3 Kronen. Ich erinnere mich noch, HöchstzuEhrender Herr und Freund, daß Sie mir 77 schrieben Lapides Brandenburgenses von einer damals gemachten Reise heraus zu geben, u vermuthe daß selbige auch vielleicht einen Theil Ihres gegenwärtigen Werks ausmachen werden, von dem ich aufrichtig wünsche, daß es eben so sehr zum Nutzen und Vergnügen der Leser, als Ihrem eigenen Ruhm und Nutzen gedeyen möge!! Es ist mir nicht möglich gewesen meine Liste eher einzuschicken, weil ich erst heute von einem den Beytrag erhalten können, und noch einem selbst Vorschuß thun muß, der mir übrigens mehr als sicher ist. Wiewol ich als ein alter emeritus und rude donatus hier auf der Bärenhaut liege, und nicht mehr eigene Jagd thun kann: so freut es mich doch in meiner Seele hie u da meinem Freunde von Schriftsteller u Verleger einen Leckerbißen abgeilen oder sine dolo malo ablauren zu können. Ich schmeichel mir daher, daß Sie sich bey dieser Gelegenheit erinnern werden, mir Ihren
    Versuch über die
    Tempelherren
u das doppelte Geheimnis beyzulegen. NB Ich schäme mich ein geliehenes Exemplar noch länger zu behalten, und habe eben so wenig Lust selbiges vor der Hand wiederzugeben wegen des noch wie es scheint hangenden Processes, an dem ich aus manchen Beziehungen, wie Sie leicht erachten können, den nächsten Antheil nehme, bey einer ebenso großen Entfernung von einer zu merkurialischen oder zu saturninischen Kritik. Non nostrum est, tantas componere lites. Der Misverständniße möchte aber von beiden Theilen so viel seyn, daß die Differenz auf weniger denn nichts herausliefe. Und wenn auch in diesem ganzen Handel von
    reiner Wahrheit
die Rede wäre, und seyn könnte: so wird jeder unpartheyische Richter wie
    Pontius Pilatus
sagen – u Phanärete war keine Xantippe. Grüßen Sie unsern alten Freund Moses M. auf deßen Ps. oder – ich weis nicht was? – ich mich auch im Geist freue. Leben Sie nach Herzens Wunsch u behalten Sie im guten Andenken Ihren ergebnen Freund und Diener Joh. Georg Hamann. von Nicolais Hand: d. 23. May 14 Reisen 1. 2. davon 2. gratis 1 Tempelherren grat. Am linken Rand des Blattes von Nicolai notiert: # 969 – 980 – Adresse: Herrn / Herrn Nicolai / Buchhändler / zu /
    Berlin
. Erhalten-Vermerk von Nicolai auf dem Adressblatt: 1783.  15. May Hamann in Königsberg 26 Jul von Fr. bean. Alle Handlungssachen sind im Laden Berl. u. die Sachen gefunden.
Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund „In einem treuen Arm sich seines Lebens freun.“ Dies Glück haben Sie
    beseßen
und
    genoßen
;
    kennen
es aber nun noch lebhafter durch den
    Verlust
, welcher die Sehnsucht der Liebe vermehrt. Gehorchen Sie auch diesem
    Gesetz
    der Natur
, ohne die Gnade des barmherzigen und wohlthätigen
    Gebers
zu vergeßen, und den überschwenglichen Reichtum Seiner Vorsorge in Verhältnis aller unserer Bedürfniße zu glauben und zu verehren. Ihr lieber Schwager und ich haben heute eine Stunde lang mit Ihrer traurigen Lage sympathisirt. Das Ende vom Liede war:
    Gott hat alles wol
    gemacht
! weil Ihr liebes Weib einer solchen Prüfung nicht gewachsen gewesen; und im eigentlichsten Verstande
    seelig worden
durch Kinderzeugen, gleich der Mutter aller Lebendigen. Vergeben Sie, mein liebster Gevatter, Landsmann und Freund, daß ich in Thorheit schreibe – und machen Sie es wie Adam, der seiner Ribben eine dem
    treuen Schöpfer in guten Werken
gern überlies, um selbige in ein höheres und vollkommneres Geschöpf vollendet und verklärt wider zu erhalten – „und Er schloß die Stätte zu mit Fleisch“ Gott tröste Sie und erhalte die
    beyden
    lieben Pfänder
. Ich umarme Sie unter den herzlichsten Seegenswünschen und ersterbe Ihr ewig verpflichteter Joh. Georg Hamann Kgsberg den 19 May 83. Empfehlen Sie mich Ihrem Jonathan u allen unsern Freunden B. u G.
Königsberg am Pfingstmontage 83. HöchstzuEhrender Herr und Freund Den 19 May erhielt Ihren Brief u Sie werden vermuthlich auch den Schein der 12 # zu seiner Zeit erhalten haben. Den 26 ej. ist der Anfang im Tanzen gemacht von 7–8 Morgens à 2 # 4 fl. u den 2 huj. im Zeichnen von 3 Uhr Nachmittags nur 2 Tage die Woche aber 2 Stunden hinter einander a 1 # 3fl. Ein pollnischer u ruß. Sprachmeister fand sich auch der mit 1 # für lieb kam nahm, aber vermuthl. nach Graudenz gegangen um den König anzutreten. Sie scheinen auf die Nachrichten
    wegen des erhöheten Preises in Ansehung dergl. Stunden und
Künste keine Rücksicht genommen zu haben, u ich beziehe mich daher auf dasjenige, was ich bereits geschrieben, habe auch die Wahl dem Geschmack des HE Sohns überlaßen, weil ich darin kein Kenner bin. Der Tanzmeister heist Weinert. Die 3 # zu Büchern können fügl. zum Supplement der Lieblingsstudien dienen. Aus der Abwartung der öffentl. Vorlesungen ist nichts geworden; u er würde nach den academischen Gesetzen auch eine neue Matricul nöthig gehabt haben. Das praenumerirte halbe Jahr geht mit dem 27 Julii zu Ende, und Ihr Herr Bruder denkt auch an seine Abreise. Ich bin daher jetzt genöthigt Sie, theuerster Freund, an die Bedingungen zu erinnern, unter denen ich den ganzen Versuch gewagt, nemlich daß
    die Probe mit dem Aufenthalt des ersteren gleich
    dauernd
seyn sollte. Da Sie Selbst in Kummer über Ihre Verfaßungen leben; so kennen Sie den Einfluß davon auf Gemüth u. Gesundheit. Ich lebe daher in einer so leutscheuen und zu allen Geschäften unfähigen Hypochondrie, daß ich meiner Ruhe und Erhaltung alles aufopfern muß. Habe widerum aus Ueberdruß ein zweites wie mein erstes Haus, mit
    Verlust der Hälfte vom
    Capital
losgeschlagen u noch keinen Heller ausgezahlt bekommen, ohngeachtet der Käufer schon um Ostern eingezogen, auch noch nicht die ganze Miethe vom dritten Haus, das mir noch auf dem Halse liegt, erhalten. Unser Etat ist auch noch nicht hier u man fürchtet Einziehung ganzer Stellen oder Abzüge wenigstens des Gehalts – Es gehe wie es gehe: so ist mein Entschluß gefast, und weder
    Bitten noch Anerbietungen
, werden mich bewegen können Ihren HEn Sohn länger als diesen Sommer zu behalten Ich habe wie ein Pferd gearbeitet das Latein bis
    Ostern
durchzusetzen, weil er ohne Decliniren u Coniugiren herkam und muß mich jetzt allein einschränken ihn in
    Ansehung der Sprache
zu einem Cive academico zu qualificiren. Wir haben noch 10 Kapitel von den Historicis selectis übrig u denke diese Woche damit fertig zu werden. Wir haben das erste Buch von Horatzens Briefen nach der Wielandschen Uebersetzung durchgegangen auch die ersten 7 Oden des Horatz. Mit dem Engl ist auch ein zieml. Anfang gemacht; ohngeachtet diese Sprache wegen ihrer Leichtigkeit wenig Verdienst in meinen Augen hat: so hab ich sie doch mit dazu gebraucht ihn auf die Construction u die Nothwendigkeit derselben in allen Sprachen aufmerksam zu machen.
    Aufmerksamkeit
,
    Urtheil
, nicht Gedächtnis denn ich habe ein sehr kümmerliches, ist meine Grammatik.
    Denken
heist Begriffe construiren, und Moral ist nichts als Syntax. Hierinn besteht meine Methode.
    Uebereinstimmung
u
    Abhängigkeit
sind meine Pas und Coupés, und eben die Symmetrie der Füße u des Leibes im Innern hervorzubringen – ist meine Arbeit gewesen. Aber der schönste Witz des Seneca u aller Wortfluß des Cicero richten eben so viel aus wie Moses u die Propheten, wenn es an der Pfingstgabe des Geistes, des Selbsttriebes fehlt. Er ist vorgestern mit HE von Schrader nach
    Steinbeck
in Gesellschaft seines vorigen Hofmeisters wie er mir selbst erzählt gemeldet gegangen, inzu einer sehr großen Gesellschaft, wie er meinen Kindern gesagt, u wird erst nach dem Fest wider zu Hause kommen. Ich bin nicht im Stande
    Menschen
zu sehen; mein Sohn wird morgen frühe um 3 Uhr auf ein paar Tage aufs Land fahren, um einen Freunde, den Sohn des HE Kr. Rath Deutsch zu besuchen. Setzte Ihr Herr Sohn auf Wißenschaften einigen Werth oder glaubte, daß selbige sein Glück zu machen etwas beytragen könnten: so würde freylich dadurch mein Sohn so wol als ich selbst aufgemuntert werden. Gegenwärtig gewinnt ersterer Ihr Sohn nichts, u der meinige verliert zu viel – ich am meisten an Zeit und der ebenso edeln u köstlichen Gemüthsruhe u Gesundheit. Ich begreife nicht, wie bey der Erziehung der seel. Frau Amtsräthin ein so wesentliches Stück als das Tanzen hat versäumt werden können – und da Sie ihm ein zur Eitelkeit, Zerstreuung und Verführung geneigtes Herz zutrauen, wäre es freylich gesunder gewesen die Mathematik vorzuziehen. Er hat mir selbst versichert sie bereits hier gehört, aber nichts davon begriffen zu haben. Der Probe wegen möchte ich wol nach Endigung der Hist. Select. des Ernesti Initia anfangen – Nach meiner Ueberzeugung wird er gewiß durch eine baldige Verpflanzung nach Göttingen gewinnen, und ich hoffe, daß meine Mühe ihn zum akademischen Bürger taliter qualiter in Ansehung des Schulorgani zuzustutzen, vielleicht mit etwas mehr Gründlichkeit, als er das Sprachrohr der großen Welt behandeln gelernt, nicht gantz vergebens seyn wird. An keiner meiner historischen Schriften hat er Geschmack gefunden, ausgenommen eine elende alte verrostete Histoire des Larrons, die ich niemals auszuhalten im stande gewesen. In Ordnung, Wirthlichkeit, Mäßigkeit, Bescheidenheit dient er meinem Hause zum Muster und Beyspiel – aber das sind keine Tugenden, denen ich zu viel traue: so wie die
    Fehler
, welche Sie bey ihm fürchten, es eben nicht in meinen Augen sind. Aber Denn die schleichende moralische Heucheley ist eine ärgere Pest u ein größeres Modelaster, als es die Pietisterey jemals gewesen. Bey aller Ordnung in seinen Kleidungsstücken ist ihm ein fast neues Paar Schuh verschwunden unter seinem Bette – das unweit dem meinigen steht. Ich begreife die Möglichkeit nicht, auch meine Leute können sich nicht besinnen selbige gesehen zu haben. Er versichert aber, selbige wirklich aus Friedrichsthal, wo er sie gebraucht zurück erhalten zu haben, wo er die Ostern zugebracht. Die Unruhe über diese verschwundene Schuhe war nur ein kleiner Pendant von meiner Verlegenheit, darein mich der Verlust meines Schlüßels von meinem Bureau setzte, der sich aber plötzlich widerfand, ohne daß ich bis diese Stunde begreifen kann, wie es mit dem Verschwinden u Widerfinden zugegangen. Die zum Spatziergehen und der Motion geordnete Stunden werden am gewißenhaftesten beobachtet. Zu welchen Besuchen er sie anwendet, weiß ich nicht. HE Stadtr. hat sich neulich gegen den HE Doctor beschwert daß er nicht fleißig gnug zu ihm käme u keine Gedult hätte sich lange aufzuhalten. Wenigstens speist er alle Sonntage bey ihm. Um Familienverbindungen u die damit unumgängl. Intriguen u Cabalen bekümmere mich nicht. In meinem Hause bekomt er keine Besuche als von einem Liefl. Cavalier, dem HE von Schrader, der sich durch einen sehr exemplarischen Fleiß unterscheidt. Eines Kaufmanns Sohn aus Tuckum, Siewert, ist auch 2 mal bey ihm gewesen, u reist bald ab – Tant mieux. Es bleibt also dabey daß ein längerer Aufenthalt Ihres HE Sohns in meinem Hause als diesen Sommer, uns beiderseits höchst nachteilich seyn würde. Nehmen Sie daher, liebster Freund Ihre Maasreguln um seine baldige Abreise nach Göttingen
    gegen Michaelis
zu befördern. Es fehlt ihm nicht an natürl. Anlagen, die nicht durch Zwang sondern Freyheit entwickelt werden müßen. Es wäre unverantwortlich von mir, wenn ich ohne Ihre Hofnungen erfüllen zu können mich abhärmte und verzehrte zum Nachtheil
    meiner eigenen Kinder
, die desto nöthiger haben etwas zu lernen, weil sie keine Empfehlungen, kein Geld, keine Unterstüzungen zu ihrem künftigen Fortkommen von mir erwarten können, u aller der Vortheile beraubt sind, die Ihr Herr Sohn zum voraus schon hat, u worauf er Staat machen kann. Dies ist Ja! und Amen! und selbst meine Freundschaft für Sie u Ihren HEn Sohn hat an diesem festen Entschluß den grösten Antheil. Ich umarme Sie mit unveränderten Gesinnungen und den besten Empfehlungen an die Frau Hofräthin u Ihr ganzes Haus. Was Sie noch zu erinnern haben in Ansehung des Zwischenraums bitte bey Zeiten und ohne Rückhalt mir mitzutheilen. Nehmen Sie sich aber Zeit meine Briefe recht durchzulesen u Ihren Innhalt zu glauben; denn wißentlich lüg ich nicht, aber ich trau auch meinen Sinnen nicht. Ich ersterbe Ihr aufrichtiger Freund Hamann.
P. P. HöchstzuEhrender HErr und Freund, Ew. Wolgebornen habe die Ehre hiemit die zwey ersten Bände von Nicolais Reisen zu übermachen, welche ich bereits den 6 huj. mit der Post erhalten, aber nicht eher zu befördern im stande gewesen. Das Porto dafür beläuft sich auf 20 gl. welche ich nebst der Praenumeration der folgenden Bände à 4 fl. 15 gl. mit Gelegenheit erwarte, weil der gelehrte u berühmte Unternehmer mir etwas zu kaufmännisch geantwortet, möchte ich gern die Sache so expedit als möglich abmachen, und verhüten daß die folgenden Theile nicht nöthig haben mit der Post zu kommen. Das Kupfer ist mir recht wohl behalten zu Händen gekommen, und scheint sich, durch die bey Ihnen gehabte Pflege, in meinen Augen beynahe verschönert zu haben, wenn es nicht eine optische Illusion der wider ausgefüllten Lücke ist. Mein Gevatter Claudius läst allen seinen respectiven HE. Subskribenten kund und zu wißen thun, daß seine Frau Rebecca den 8 May einen gesunden und wohlgestaltten Sohn Namens Johannes, zur Welt gebracht. Mein jüngster Gevatter Reichard ist, wie mir HE. D. Biester gemeldet, nach der Schweitz u Italien gegangen. Von meinem Gevatter in Weimar erwarte neu Meßgut durch Hartknoch heut oder morgen. Hartung ist bereits vor 8 Tagen hier und soll den von M Reich zerrißnen schwarzen samtnen Rock des Basedows eingehandelt und als eine Seltenheit mitgebracht haben. Auf allen Fall daß Ew. Wolgeboren die
    Apologie der Vernunft
gelesen hätten, nehme mir die Freyheit eine kleine Abhandl. die sich darauf bezieht und eben vor mir liegt, zu empfehlen. Der
    wahre Gesichtspunkt der Bibellehre vom Versöhnungstode Jesu Christi. An HE. Pastor Rütz. im Haag
. Halle 782. S. 70. 8o Mehr zu lesen, mag Ihnen ebenso wenig zumuthen, als mir selbst, mehr zu schreiben. Ich schlüße also mit dem herzlichen Wunsch aller möglichen Zufriedenheit, die ich auch bey der schönsten Witterung wegen meiner Überhand nehmenden Hypochondrie nicht mehr zu schöpfen fähig bin, und habe die Ehre mit der vollkommensten und innigsten Hochachtung zu seyn Ew. Wolgeboren ergebenster Diener Johann Georg Hamann den 14 Jun. 83. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / Nebst einem Buch
Pempelfort bey Düßeldorf den 16.ten Juni 1783 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No. 1.   Erhalten denAug.   Geantw. den 2. 23. Novbr nebst einem Briefe an Claudius den 26 Oct. u 23 Nov. unter HE Reichardt Couvert Lieber verehrungswürdiger Mann Ich will Ihnen alle die Ursachen nicht hererzählen, die mich so lange verhindert haben an Sie zu schreiben. Eine davon war, daß ich manches auf dem Herzen hatte, das ich gerne vor Sie bringen wollte, u das nicht leicht zu sagen war. Mir ist, als ob mir’s heute fließen würde; und ich fange damit an, lieber Hamann, daß ich Sie recht herzlich umarme, mit dem Brüderlichen Gefühl, daß in unser beyder Herzen kein Falsch ist; daß wir beyde
    Eine
Wahrheit suchen,
    Eine
Wahrheit lieben, wenn schon nicht mit gleichem Glück. Ich folge dem Faden den Ihr Brief mir in die Hand giebt. – Ich wußte schon von unserm Gevatter Claudius, daß Sie Allwills Papiere mit Antheil gelesen hatten. Dieser hatte mich Ihnen auch genannt u mir das Geschenk Ihrer eines Theils Ihrer Schriften zuwege gebracht, wofür ich Ihnen – nicht den
    Dank
, sondern die unmittelbare Dank-
    Sagung
noch schuldig bin u auch schuldig bleiben werde, quia ultra posse nemo tenetur. Alles dieses, lieber Haman, hatten Sie vergeßen; eben so wie Claudius bey Erscheinung des
    Kunstgartens
schon vergeßen hatte, daß er dieselbe Schrift, als
    ein Stück Philosophie des Lebens u der Menschheit
, im Museum schon 1779 gelesen hatte, welches ich mit einem eigenhändigen Briefe von ihm – nicht zu
    seiner
, sondern, Leider, zu
    meiner eigenen
Schande beweisen kann: wiewohl ich mir’s auch zum Guten auslegen kann dürfte, da er beyde mahle das Ding ganz erträglich gefunden hat – das steht hier eigentlich für Claudius, dem ich diesen Brief offen beyschlage, und dem ichs noch nicht unter die Nase gerieben hatte, daß er mit meinen Geisteskindern umgeht, als ob er sie auf der Straße gefunden hätte. Sie haben, mein lieber Hamann, bey dem Kunstgarten den ersten Theil des Woldemar zu Rath gezogen, um sich den Character des Helden zu ergänzen. „Es ist mir aber (sagen Sie) eben so schwer geworden, ihn in seine Bestandtheile aufzulösen, als Ihnen vermuthlich, sein Ganzes zusammen zu setzen. Das Ideal seiner
    Selbständigkeit
ist für mein geschwächtes Nervengebäude vielleicht zu überlegen, das in einer
    glücklichen Abhängigkeit
mehr Sicherheit u Ruhe findet. Fast scheint mir dieser Lieblingsheld zu derjenigen Claße v Wesen zu gehören, welche
    eine unbeschränkte Unabhängigkeit der rohen Natur gern mit den Ergötzlichkeiten des geselligen Lebens verbinden möchte
, wie ich noch heute im
    III
    Theil der Väterschule
gelesen habe. Eine Verbindung dieser äußersten Enden komt mir freylich als die einzige Auflösung für das Problem
    menschlicher Glückseligkeit
vor. Ist sie aber eine Mauer? oder ist sie eine Thür? – Ist sie ein
    Stein
? oder eine
    Tinktur
? ein trocknes oder ein feuchtes mentruum? das mögen die
    Salomone u Buphamete
unsers Jahrhunderts entscheiden. Non nostrum est.“ – Eh ich hierauf spezieller antworte, muß ich überhaupt erinnern, daß oder vielmehr eröffnen, daß, sowohl bey’m Allwill, als bey dem Woldemar u dem Kunstgarten, mein Hauptgegenstand gewesen ist, Beyträge zur Naturgeschichte des Menschen zu liefern. Mir deucht unsre Philosophie ist auf einem schlimmen Abwege, da sie über dem Erklären der Dinge, die Dinge selbst zurück läßt; wodurch die Wißenschaft, freylich sehr deutlich, u die Köpfe sehr hell, aber auch in demselben Maße leer u seicht werden. Nach meinem Urtheil ist das größeste Verdienst des Forschers: W
    Daseyn zu enthüllen
. Erklärung ist ihm Mittel, Weg zum Ziele,
    nächster
– niemals
    letzter
Zweck. Sein letzter Zweck ist, was sich nicht erklären läßt; das Einfache, das Unauflösliche. – Hievon Ein u Andres darzustellen, ins Auge zu bringen: überhaupt,
    Sinn zu regen
, u durch
    Anschauung
zu überzeugen, war meine Absicht: ich wollte, was im Menschen der Geist vom Fleische unabhängiges hat, so gut ich könnte, ans Licht bringen, u damit der Koth-Philosophie unserer Tage, die mir, von Kindesbeinen an ein Gräuel war – wenigstens meine Irreverenz bezeigen. Viele haben sich an der Ehrlichkeit womit ich hiebey das Suum cuique befolgte, gestoßen, so daß ich selbst zu fürchten angefangen, ich sey vielleicht nicht Manns genug mein Vorhaben auszuführen. Wenn ich sage, daß bey gedachten Schriften dieses meine Absicht gewesen, so heißt das nicht, daß ich sie allein aus dieser Absicht geschrieben habe, sondern es gilt nur in so ferne sie mit Absicht geschrieben wurden. Die drey ersten Briefe in Allwills Papieren, Z. B. sind aus bloßer Herzensangst entsprungen. Und so ist manches Andre nichts als Ergießung der Seele. Aber
    Wahrhaftigkeit
ist überall. Ich glaubte, und ich glaube noch, daß ein Gedicht nicht moralischer zu seyn braucht, als die Geschichte im eigentlichen Verstande; nicht erbaulicher, als die würkliche Natur. Daß ich kein falscher Münzer gewesen bin, das weiß ich; und gewiß habe ich den moralischen Allchimisten nicht spielen wollen. Woldemars Philosophie ist eine
    Thür
, u sie ist auch eine
    Mauer
: wie mans nehmen will. Daß sie nicht auslangt, erfährt man schon am Ende des ersten Theils seiner Geschichte. Erinnern Sie sich, mein lieber Hamann, daß im Kunstgarten die Geschichte zurück geht, u was da erzählt u raisoniert wird, der Zeit nach, ohngefähr in die Hälfte des ersten Theils gehört. Am Ende dieses ersten Theils, wie hülflos u elend steht er nicht, mit dem Besten was er noch gefunden hatte, da? So wollt’ ich ihn verfolgen bis ans Grab, und in der edelsten Philosophie die mir bekannt ist, das große Loch das ich selbst darin gefunden habe, zeigen. Nehmlich: wir mögen uns anstellen wie wir wollen, wir bleiben paßive Wesen, die sich selbst nichts geben können. Es sey immerhin daß wir unsere Ideen, als Ideen, aus eigenen Kräften ganz hervorbringen, so können wir doch keine Ideen haben, die nicht
    Vorstellungen
wären, folglich ein Leiden involvierten. Mithin tragen wir alles, so gar unser eigenes Bewußtseyn nur zur Lehn. Mein Wesen, meine Substanz kann ich nicht anders machen als sie ist; u alle ihre zufälligen Beschaffenheiten kommen von außen. Das
    Wie
der Vorstellungen hängt am Ende immer von dem
    Was
derselben ab; oder, das
    vollständige Was
derselben involviert das
    Wie
. Also ist es falsch daß unsre Glückseligkeit nicht von den Gegenständen, sondern allein von uns selbst abhängt; daß wir uns nur jenen anzupaßen und nicht aus uns heraus sondern nur in uns hinein zu genießen brauchen: folglich, mit einer gewißen Form unseres armen Selbstes allein bestehen u daran genug haben können. Ich kann Ihnen nicht sagen wie mir wurde, liebster Hamann, als ich dieses ungeheure Loch gewahr wurde, u nun weiter nichts, als einen finstern Ungeheuern Abgrund vor mir sah… Alles Endliche gebiert den Tod, u vertilgt so gar zuletzt das Bild der Gottheit‥‥ Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen. – Wenn Sie mich verstehen, so sagen Sie mir, ob für den Rechtschaffenen, der an diese öde Stelle hingeängstigt wurde, eine andre Hülfe ist, als aus den Händen selbst des
    Unerforschlichen
; als durch ein Wunder seiner Gnade. Ich umarme Sie mit innigster Ehrfurcht und Liebe Friedrich Heinrich Jacobi
Ew. Hochwolgeboren habe das Vergnügen das mit letzter Post erhaltene Exemplar meines Gevatters Claudius zu übermachen; die übrigen werden erst in 14 Tagen u vielleicht später nachkommen. Für Porto habe 2 fl. 6 gl. bezahlt. Kraus und ich schmeicheln uns mit dem Glücke Sie bald hieher verpflanzt zu sehen. Wir erwarten voller Angsten und Kummer – nemlich
    wir
Zöllner u Sünder von Gottes Gnaden – unsern reformirten Salarien Etat. Wegen der cassirten Stellen ist schon ein trauriger Vorbote angekommen; wie viel aber von den alten Gehalten abgenagt seyn wird, soll uns die Zeit lehren. Bey einer so wiedrigen und kümmerlichen Lage, hat man weder Lust zu leben noch zu denken noch Briefe zu schreiben. Wünsche daß Ihr gegenwärtiger vermuthl. Aufenthalt auf Ihren Gütern desto angenehmer und durch das drolligte Büchlein, ohne Reue das ganze Porto, noch belebter werden möge. Empfehle mich samt übrigem ganzen Hause in baldiger Erfüllung unserer Wünsche Ew. Hochwohlgeboren geneigtem Andenken und habe die Ehre zu seyn   Dero ergebenster Joh Georg Hamann. Kgsb. Mariä Heimsuchung.
Mein herzenslieber Sohn Du wirst diesen Brief aus den Händen Deines Wohlthäters erhalten; den ich gebeten auf die Deinigen ein wenig Acht zu geben bis auf die Nägel. Erfreue mich doch bald mit einigen Zeilen, die aber wie ich wünsche ein wenig gerader gerathen mögen. HE Lindner ist auch Sonntags nach Steinbeck gereist, wird aber heute widerkommen. Gestern Abend fiel mir etwas im Bett ein das mich sehr beunruhigt und worauf ich Deine Antwort erwarte. Wo ist Linnaei Systema geblieben, das ich auf meinem Pulte vermiße? Hat es HE. Prof. Kraus wieder bekommen; denn ich weiß, daß er einmal darum gemahnt. Ich erinnere mich aber auch daß Du es zum Botanisiren einmal mitgenommen u nicht wider zu Hause gebracht. Solltest Du das Buch gantz aus der Acht gelaßen haben: so würde mich eine solche
    Nachläßigkeit sehr betrüben
. So bald ich den Prof. sehe, werde nicht vergeßen mich darnach zu erkundigen. Es mag nun seyn wie es wolle; so gieb mir Antwort auf diesen Punct. Pilkowski besuchte mich vorige Woche und brachte mir Arnoldts Leben der Altväter, die ich gekauft, mehr für die alte Consist. Räthin als für mich. HE Calc. Brahl besuchte mich vorigen Sonnabend und ist auf 8 Tage nach Litthauen gereist. Pleßing hat sich um ihn sehr verdient gemacht, und er bekommt nunmehr sein halbes Gehalt mit der Bestallung eines Commis. HE Kr. R. Dohm und ein gewißer
    Siebmann
– der eine sehr schöne Hand schreibt und von dem ich gern wißen möchte, was er dort für einen Posten bekleidt, welches Du vielleicht dort erfahren kannst – haben sich seiner mit vieler Wärme angenommen. Die Stiefel wirst Du mit gegenwärtig auch erhalten. Sorge doch bey Zeiten für dergl. Bedürfniße, u. laß er Deinen Vater auch Antheil daran nehmen, der diesen Articul allen übrigen Kleidungsstücken vorzieht, weil er Gesundheit betrift und auf den Kopf vorzügl. Einfluß hat: Hab es nicht länger der Mühe werth gefunden davon zu schreiben, u dies soll eins meiner ersten Bücher seyn die ich lesen werde. Gottlob Dengels Meßgut liegt am Baum. Nun mein Herzens lieber Sohn, wenn Du vergnügt bist und man mit Deiner Aufführung zufrieden ist, will ich Dich gern noch entbehren. Auf mein Abholen darfst Du Dichr kaum Rechnung machen. Mir ist nirgends recht zu Muth – und ich habe seit Deiner Abreise außer meinem Hause herumgeschwärmt. Empfiehl mich so gut Du nur kannst, der grosmüthigen Familie in deren Schooß Du lebst und mache Dich Ihres Vertrauens und Ihrer Gewogenheit immer mehr und mehr werth, durch Gesinnungen und Aufmerksamkeit. Mutter u Schwestern grüßen u küßen Dich. Ist die Witterung gut; so sollen letztere morgen zur Baroneße gehen, die ich endlich einmal Sonntags besucht, u mit einem schönen Blumenstrauß noch nach den Huben schwärmte. Meine verdorbene Säfte sind vermuthlich schuld daran, daß mich alles niederschlägt und unterdrückt, was sonst zum Aufrichten dient. Gott geb daß Du einmal Deine praxin an Deinem alten Vater so einweyhen kannst wie unser liebe Doctor an seiner alten Mutter. Unter dieser Bedingung wünsch ich fast, älter zu werden. Leb wohl lieber Junge und umarme Deinen lieben Gespielen von mir. Raphael grüst Dich; ich hoffe daß wo nicht er, doch vielmehr ihr alle beyde mit meinem Vicariat zufrieden seyn werd. Wir haben das 2 Kap. Matthäi gestern zu Ende gebracht. Mit Hill möchte ich schwerl. etwas fortsetzen vor Deiner Widerkunft, den Fall ausgenommen, daß Köppens Epistel an die Römer die noch bis dato in unsern Buchläden fehlt, mir zu Theil werden sollte. Für seine Gesundheit bin noch besorgt und er hat wider französische Schriften zu übersetzen von ähnl. Innhalt mit den Engl. Auf die Woche wird er auch eine Wallfahrt ins Land thun mit dem guten Vorsatz sich durch Schmant u Glums und Kirschen zu curiren, auch das Seebad zu versuchen. Und hiemit Gott empfohlen von Deinem treuen Vater. den 29 Julii 83. Adresse mit Mundlackrest:
An / meinen lieben Sohn Johann Michael / Hamann
Kgsberg den 1 Aug. 83. Herzlich geliebtester Freund, Gevatter und Landsmann Mache heute wenigstens den Anfang mit dem innigsten Glückwunsch zu Ihrem Gottlob! schon 2 Monate alten
    Emil
, und freue mich, daß alles so gut abgegangen in Ihrer Abwesenheit – und daß sich meine Verehrungswürdige Gevatterin auch doppelt erleichtert befindt. Gott gebe Ihnen allerseits Zeiten der Erfrischung und Erholung, nach überstandnen Mühseeligkeiten. Eines hiesigen Kaufmanns Sohn gab hier seinem Vater Nachricht, daß an dem Tage da er eben nach Hause schrieb, Prof. Büsch Sie nebst Klopstock u Claudius zu Mittag erwartete. Es ist aber nichts daraus geworden; ohngeachtet ich mich sehr drauf freute im Geist das vierte Rad am Wagen gewesen zu seyn. Gevatter Asmus gab mir auch Nachricht von Ihrem dasigen Aufenthalt und Kanter am IV Sonnt. nach Trin. wo mein Sohn eingeseegnet wurde, von Ihrer und Ihres lieben ältesten Sohns Zusammenkunft in Br. Den 21 Jun. brachte mir Brahl aus dem Hartungschen Buchladen den 2ten Theil
    der heb. Poesie
mit Taufpredigten u Cantate. Das nach Morungen bestimmte Exempl. wird HE Pf. Fischer der seine an Prof. Hennings verheyrathete Schwester nach Thorn begleiten wird, mit nehmen. Ihre den 24 Julii erhaltne Einl. habe erst mit voriger Post bestellt. Sie haben aber vergeßen das
    Gebet
beyzulegen, welches ich noch bey Ihnen zu gut habe u mit dem Monboddo erwarte, vielleicht mit bevorstehenden Meßgut. Ohne mich einmal zu bedanken, gappe ich schon nach neuen. Ein wahrer Fleischhunger in dieser Wüsten, bey dem nichts gedeyt, nichts anschlägt, nichts haftet – alles in Fäulnis, nichts zum Leben übergeht. In Ansehung des Reisens zur Cur denk ich eben so wie Sie; daß es weder klüger noch gesunder macht. Weil sich mein altes Uebel wider einstellte, hab ich wider die Qveckencur, welche ich Ihrem zufälligen Wink zu verdanken habe angefangen. Sie hat mir Dienste gethan, aber nicht so außerordentlich augenscheinl. wie damals. Uebrigens habe dies ganze Jahr zwischen Furcht u Hofnung gelebt. Am 7 Brüdertage kam eine fulminante Ordre an alle diejenige, welche nicht mit der reduction de leur sort zufrieden seyn würden, daß ihre Stellen sogl. mit Invaliden besetzt werden sollten. Den Posttag drauf eine eben so traurige Nachricht von unsern Bier- oder Foy Geldern, daß selbige dem König verrechnet werden sollten. Endl. wurde den 21 Jul. unser Etat angelangt, in dem 3 Calculators worunter auch der Brahl, gantz gestrichen, ein Accise Buchhalter gleichfalls, 3 Licentbuchhalter um 100 rthl geschmälert – u.s.w. bis auf die Besucher. Unser Gehalt im Packhofe ist dem Himmel sey Dank! für dies Jahr unversehrt geblieben. Was künftig Jahr uns bevorsteht, weiß Gott am besten; denn des Reformirens und Reducirens ist kein Ende. Sie können leicht denken wie den armen Leuten zu Muthe seyn muß, die am Gehalt so viel verloren u noch mehr an Biergeldern einbüßen sollen, bey der ungemein reichen und ergiebigen Schiffahrt dieses Jahres, da die letzte Oelung des vorigen halben Jahrs auf mein Theil über 90 rthl getragen. Eins meiner beyden alten Häuser habe auch verkauft zwar mit der Hälfte Verlust, nemlich
    kaum
für 1300 fl. Kein Mensch dachte, daß ich einen Schilling vom Käufer erhalten sollte, welches doch wider mein u aller Vermuthen geschehen. Dieser Sorgen bin ich also auch qvit. Freylich, liebster bester H. fehlt es am Himmelreich
    in uns
– und der Bauch klebt am Erdboden. Sonst würd ich allen diesen leidigen Nahrungs Eitelkeiten nicht unterliegen und mehr Stärke haben mich ihrer zu entschlagen. Wozu braucht der Mensch Caffé und Toback und Bier, und einmal ein Glas Bischof und dies und jenes. Eben weil der Geist unthätig ist, nimmt das Fleisch über Hand und erstickt das punctum saliens, das ich sonst in mir gefühlt und nun gänzlich vermiße. Hartknoch ist am Johannistage von hier abgereist u seine Frau ist hier wo ich nicht irre den 6 Jul. von einem kleinen Riesen glückl. entbunden worden. Ich habe ihr noch nicht meinen Besuch abgestattet währender langen Zeit ihres Aufenthalts und sie nur einmal bey der Durchreise ihres Mannes im Vorbeygehen gesehen. Dom. VII. p Tr. 3. August Gestern habe die
    Schattenriße edler Teutschen
mit Eckel durchblättert. Es ist den Freunden in Curl. dedicirt, u herrscht auch gantz die eckle Schmeicheley des curischen Stylus curiae drinn. Leid thut es mir, daß Sie u Claudius mit einer sehr lächerl. Titulatur auch schimmern. Heute hab ich mich an unsers lieben Mosers
    Doctor Leidemit
erbaut. Von
    Carl Biderfeld
scheint mir nur das erste Kapitel einige Beziehung zu haben – zweifele also lieber daß es von ihm sey. Wißen Sie nichts von der Lage dieses Märtyrers, und ob er in seiner Ehe glücklich lebt? Ich habe den ersten Sontag unsers Geburtsmondes mit dem Pr. Kraus gefeyert, der ein paar Bouteillen rothen Wein dazu gab, die meine Mutter in Bischof verwandelte, und eine Grütze nebst einem Gericht Fische dazu bestellte. Wir haben auf Weimar, Wandsbeck u Graventyn zusammengestoßen, wo sich mein Sohn seit dem 24 pr. aufhält bey dem Kriegsrath Deutsch der mit seiner Frau u einem einzigen Sohn unlängst aus Potsdam hieher gezogen. Ich werde ihn vielleicht auch nicht in 3 Wochen widersehen, und das Glück des Vaters in der Freundschaft scheint auf den armen Jungen auch zu ruhen. Unser jetzige Oberbürgermeister, Kr. R. Hippel hat ihn von oben bis unten zur Einseegnung gekleidet, und dringt auf seine academische Einschreibung um ihn durch Stipendia unterstützen zu können. Er hat ihn vorige Pfingsten in Graventyn eingeführt und ihn diese Woche daselbst gesehen, auch mir heute die angenehmste Nachrichten von seinem dortigen Aufenthalt mitgebracht. Den 4 Aug. Mich wundert, daß Sie Ihre liebe Kinder nicht haben inoculiren laßen. Ich freue mich herzlich, daß mein Pathchen mit einigen Narben davon gekommen. Für meine jüngste muß auch noch fürchten. Die übrigen 3 sind all inoculirt. Bin heute ausdrückl. zu Hause geblieben um meinen Brief ruhig fortsetzen zu können. Habe mich ganz müde und verdrüslich gearbeitet an eine Lumpen Uebersetzung von Avarie Händeln, dem Hill zu gefallen. Meinen Pensionair Lindner dachte auch bald los zu werden; der Vater scheint nicht Lust dazu zu haben, und auch von der Seite hat es mir an Kummer und Herzeleid nicht gefehlt. Daß ich krank bin, weiß ich, und in meiner gegenwärtigen Lage läst sich keine Gesundheit absehen. Zum Reisen hab ich eben so wenig Vertrauen als Sie. Ihre Erscheinung mit dem ältesten Sohn hätte mich auf einige Tage vielleicht ein wenig toll, aber im Grunde nicht glücklicher gemacht. Ich hatte mich bald geschämt einen Zeugen meiner Schwachheit u Verlegenheit und Unbeholfenheit zu haben. Die Kinder hätten das gröste Vergnügen genoßen, und wir alte hätten uns vielleicht geärgert mit trockenem Munde zusehen zu müßen. Andern Leuten komt es hier auch so vor, daß Claudius in seinem letzten Theil ziemlich ältert. Mir eben nicht, weil mich das neueste immer am stärksten rührt u die Eindrücke des vergangenen sehr matt bey mir sind. Ich bin mir bewust, daß ich nicht im stande bin zu urtheilen und enthalte mich daher gantz. Mendelsons Jerusalem habe fast 3 mal durchgelesen und weiß immer weniger, was er sagen will. Es ist mir zwar lieb daß er ein Jude ist; aber ich verdenk es ihm noch mehr einer zu seyn. Kurz ich kann eben so wenig aus ihm, als mir selbst klug werden. Eine lebendige Spinne ist beßer als ein todter Seidenwurm. Ihren zweiten Theil habe coll’ amore und mit rechter Lust und Geschmack gelesen. Was
    ausführliches
darüber zu schreiben, ist mir nicht möglich, weil alles bey mir verfließt, so bald ich ausgelesen habe, und ich wie der Frauen
    verschloßene Mutter
nicht satt werden kann Die Erhaltung und Fortsetzung Ihrer Freundschaft, (trotz aller meiner Unwürdigkeit) ist das beste
    Wort
von Trost und Aufrichtung. Auch ohne
    Hofnung
eines Beßeren hier, ist mein Loos immer sehr erträglich, und vielleicht beneidenswerth. Vielleicht ist meine hypochondrische Stätigkeit oder Starrsucht mir wolthätiger, als die unbefangenste Wirksamkeit. Was weiß ich? – und was hülfe es mir es zu wißen, wenn es nun geschieht. Ist ein wenig Harthörigkeit, wie meine, nicht angemeßener einem so verstimmten Regiment, als Ihr musicalisches Gehör? – – Meine Verehrungswürdige Frau Gevatterin und Freundin, Ich nehme den herzlichsten Antheil an Ihrer erlebten Freude, nach überstandener schwerer Arbeit, welche Gott nicht nur durch die Erhaltung Ihrer lieben Kinder und meines frommen Pathgens, sondern auch durch einen neuen Seegen Ihres Hauses belohnt und gekrönt hat. Hätte Gottfriedchen seinen Papa nicht so gut gehütet, so wäre der Bischof von Weimar noch weiter geflohen, als ehmals der Prophet Jona vor dem HErrn. Gott schenke Ihnen Gesundheit,
    Heiterkeit und Freude
, an deren Widerschein mir genügt, so oft ich gute Nachrichten erhalte von Ihrer unveränderlichen Freundschaft und zunehmenden Wohlseyn. – – – Den 7 Aug. Bin heute den Hill auch los geworden, der mir vorgestern den ganzen Tag auf dem Halse gelegen und mir mit seiner Uebersetzung den Kopf so kalfatert, daß ich fast von Sinnen gekommen wäre. Er thut eine Reise aufs Land zu Fuß, und ich werde ihn nicht so bald wider zu sehen bekommen. Dem ohngeachtet zweifele ich daß ich durch seine u meines Sohns Abwesenheit viel für meine Muße gewinnen werde; da mir Lindner noch übrig bleibt, deßen Oncle ehstens nach Wien gehen wird, unterdeßen ich nichts als Verdruß mit des Vaters landkundigem Geitz absehen kann, und mich nolens volens werde entschließen müßen den abscheulich verwahrloseten Sohn noch bis gegen künftige Ostern bey mir zu behalten, auf Kosten meiner eignen Kinder. Je mehr alles von innen stockt, desto ärger werd ich vom Strom äußerer Umstände mitgenommen. Die Witterung ist hier ebenso gewesen, wie allenthalben. Montags 2 Gewitter, ein leichtes vormittag, ein schweres gegen die Nacht. Auf dem Lande hat es viel Schaden an Menschen u Wohnungen gethan. Vor einigen Wochen schlug es auch hier an 2 Orten ein, unter andern in die Haberbergsche Kirche, doch ohn zu zünden. Seeburg im Bißtum ist gantz abgebrannt; aber Kgsberg sehr verschont geblieben von Schaden und Schrecken. Die zweite Aufl. von Ziehen ist hier auch angekommen und reißend abgegangen. Ist es denn nicht möglich das Rätzel von Chevilah aufgelöst zu erhalten? Ich habe Uphagen deshalb einen Auftrag gethan, der mir Hofnung gemacht sich deshalb Mühe zu geben. Er hat mir seine Parerga historica verehrt u mir ein Compliment gemacht unsere beyde Namen ein wenig gemisbraucht zu haben. Man giebt hier den Bahrdt für den Verf. des erbärml. Buchs Orus aus. Ich zweifele daran; wenigstens haben wir einen Deutschen der den Boulanger ausgestochen Entziehen Sie mir die Freude und den Trost nicht, den ich aus Ihren
    Briefen
und
    Büchern
ziehe. Entschuldigen Sie mich bey Ihrer vortrefl. Frau, daß ich die paar Zeilen, die ich oben an Sie angefangen nicht im stande gewesen zu endigen. Beunruhigen Sie sich nicht wegen dieser Versteinerung meiner Lebensgeister. Eben diesen Augenblick erhalte einen Brief von Gevatter Kaufmann
    Medicus in Neu Salz
, gantz in der Sprache seines gegenwärtigen Kanaans. Sein Brief ist wie meiner vom 16 Junii bis zum 18 Julii lang. Er meldt mir die Entbindung seiner Frau von einer kleinen
    Elisabeth
welche den Junii glückl. geschehen. Nächstdem scheint er noch eine Maria u einen muntern Paulum zu haben. Ehrmann ist gleich ihm zu seinem Beruf, dem Laden seiner Mutter zurück gekehrt. Ich umarme Sie unter tausend Seegensgrüßen und Friedensküßen – Empfehlen Sie mich Ihrer würdigen Männin und Hausmutter. Ich freue mich Ihres braven Gottfried, wie meines Michels von deßen Betragen ich gute Nachrichten erhalte und der mir schon einige übelgeschmierte doch gut gesinte Briefe zukommen laßen. Grüßen Sie mein liebes Pathchen, die zwo Emilchen u übriges Geschwister von mir u den meinigen. Ich ersterbe   Ihr alter treuer Hamann. Adresse mit rotem Siegel (Sokrateskopf):
HErrn / HErrn Herder / General Superintendenten pp / in
    Weimar
/ fr
    Halle
Herzlich geliebtester Freund Zuförderst meine besten Glückwünsche zu dem kleinen Riesen, den Ihnen Gott hier geschenkt. Er erhalte ihn zu Seiner Ehre und Ihrer Freude. Mein Hänschen ist in Graventyn bey seinem Freund Ernst Deutsch seit dem 24 pr. und dürfte kaum vor 3 Wochen zurück kommen. Meine 3 Sibyllen sind bey Me Courtan, vermuthl. in Gesellschaft Ihrer lieben Tochter. Ich bin nicht im stande auszugehen, sonst wär ich auch da – will gern an Herder schreiben und es geht nicht von der Stelle. Er ist in sr Abwesenheit u während einer kleinen Wallfahrt mit dem ältesten Sohn (unterdeßen sein Geschwister die Blattern gehabt) mit einem jungen
    Emil
den 1 Junii erfreut worden. Stellen Sie sich die
    Männin
vor, die ihren Mann fortschickt, vier kranke Kinder abwartet und das 6te glückl. zur Welt bringt. Den 24 Julii hat mich HE. Podbielski besucht, mir 17 Cahiers von Zeichnungen und ein Wörterbuch selbst ins Haus gebracht. Was es mit den Kupfern für Bewandnis hat, weiß ich nicht, und habe selbige deshalb in depot genommen, bis auf weitere Vorschrift. Wegen des Wörterbuchs bitte mir nächstens den Preis zu melden, ohngeachtet ein franz. portugiesisches Lexicon wenig frommt; u eigentl. nach einem portugies-franz. unser Wunsch gewesen, so wird es doch Hill behalten im Vertrauen, daß es nicht gar zu kostbar seyn wird. Ich hatte meinen Geburts Monath dazu bestimmt meine Briefschulden abzumachen. Der gute Arndt ist einer meiner besten Gläubiger. Er wird mit meinem schriftl. Dank Gedult haben, da er auf einen thätigen ohnehin Verzicht thun muß. Ich habe nach Gr. Schwansfeld gegen Ende des May geschrieben wegen des abzuholenden Packs, aber auch keine Antwort erhalten, auch den Jahrmarkt über umsonst auf eine Gelegenheit gewartet, die sein Bruder mir anweisen würde. Einer seiner Nachbarn hat es auf sich genommen mich deßhalb zu befriedigen. Ich habe über Post damals geschrieben u mein Sohn hat den Brief selbst bestellt. Ich begreife also nicht, warum ich keine Antwort erhalten. Endl. ist unser Salarien Etat unter den fürchterlichsten Erwartungen angekommen. Ungeachtet der König gestrichen und subtrahirt auf eine barbarische Art, so sind doch die Bedienten im Packhofe zieml. gut durchgekommen und ich habe meins auch Gottlob! erhalten. Unsere Biergelder wird der König selbst verrechnen – Es ist noch ein mathematisch Buch von Kant hier zurück gelaßen worden, für das Hans sorgen soll, wenn er zurückkomt. Mehr weiß ich Ihnen nicht zu melden. Behalten Sie mich in Ihrer Liebe und gutem Andenken. Ich umarme Sie und ersterbe unter den herzlichsten Wünschen für das Wohl Ihres ganzen getheilten und zerstreuten Hauses und einer baldigen vergnügten Samlung an Einen Heerd Ihr alter treuergebener Freund u Diener Johann Georg Hamann.den 4 Aug 83 den 5. Diesen Vormittag überraschte mich HE Voldenscherer das erste mal; ich kannte ihn nicht einmal mehr. Natürlich war auch die Rede von Ihnen, u ich habe das Vergnügen Ihnen in seinem Namen ein gedrucktes Billet beyzulegen. Der Innhalt wird Ihnen so erfreulich seyn als mir selbst. Meine Mädchen haben nicht das Vergnügen, das ich ihnen gewünscht, gehabt Ihre muntere Albertine gestern kennen zu lernen. Ihre Frau Gemalin befindt sich so wol, daß Ssie bereits an Ihre Abreise denken soll. Meine wahre innige Achtsamkeit eine traurige Gestalt nicht Schau zu stellen, wo man an gute Gesellschaft verwöhnt ist – hat vielleicht einen gantz andern Schein. Doch leider! scheint es mein Schicksal zu seyn einige ebenso sehr durch einen guten als andere durch einen schlechten Schein, ohne meine Schuld zu hintergehen. Leben Sie wol und hören Sie nicht auf der Freund zu seyn des Ihrigen. Nächstens mehr und hiemit Gott empfohlen. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Postvermerk: Memel D 7ten August 83 Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg empf d 30 July 1783 beantw 13 Aug
Hochwolgeborner Herr, HöchstzuEhrender HErr und Freund, Ew. Hochwolgebornen haben weder Zeit noch Lust gehabt mich bey Ihrem letzten Hierseyn zu sehen, ohngeachtet ich mir fast einbilde, daß wir uns den letzten Sonnabend Ihrer Abreise noch einander begegnet haben. Alle Hofnung uns einander näher zu seyn ist auch g vorbey, und auch dieser Wunsch von meiner Seite durch Ihre Gegenwünsche vermuthlich vereitelt worden. Gestern sind die Claudiana mit Schiffer Voss aus Lübeck angekommen, und des Autors Geburtstag bei mir vom HE Prof Kraus bey einer Bouteille Bischof gefeyret worden. Zufolge der von Ew. Hochwolgeboren gütigst mitgetheilten Liste der dortigen Subscribenten aus dem Oberlande liegen hier 5 ganze Exemplare fertig, und erwarten Ihre Ordre um nach Gefallen expedirt zu werden,    nehmlich: 1  Exemplar sämtlicher 4 Theile für die Frau Reichsgräfin von Henckel-Donnersmark in Bartenstein à      1 # 1  dito für die Frau von Winterfeld auf Galbien      1 # 1  –  für HE von Tettau auf Tolk à      1 # 1  –  für HE Regiments Qvartier Meister Kuwert      1 # 1  –  –––––––––––––  Auditeur Wesphal – –      1 #   Machen 5 # Der mit der Post erhaltene 4 Theil macht 3 fl. 18 gl. Sa Sarum 5 # 3 fl. 18 gl. oder 48. fl. 18. gl.     1    6 Mein Sohn befandt sich seit 3½ Wochen auf dem Lande und zwar in Graventyn; und ich habe den heil Abend und den VIII. Dom. post Trinitatis mit meinen übrigen Hausgesinde in Trutenau zugebracht. Habe zwar das volle Postgeld à 2 fl. 6 gl. durch unsern Freund den 14 Julii richtig erhalten, welches hiemit bescheinige. Erwarte aber nicht mehr als 47 fl. 15 gl. welche aber so bald wie möglich nebst der Expedition der hier liegenden Exemplarien zu befördern bitte, damit Tische und Bänke rein werden zur bevorstehenden Geburtstagsfeyer. HE Prof. Kraus und ich werden nicht ermangeln uns Ihrer zu erinnern; denn Ew. Hochwolgeboren Selbst zum 27ten huj. einzuladen, darf mich nicht erdreisten, da wir seit dero letzten Hierseyn so unbekannt geworden, uns weder gesehen noch erkannt zu haben. Die Schuld hat wenigstens nicht gelegen an Ew. Hochwolgeboren   ergebensten alten   Freund und Diener Johann Georg Hamann.   Packhofverwalter   Kgsberg den 16 Aug. 83. Wolgeborner Herr und Freund, HöchstzuEhrender Herr und Freund, Der kleine Claudius ist erst gestern Abend mit dem Schiffer Voß aus Lübeck angekommen. Der wahre Gesichtspunct der Bibellehre war auch bey Empfang Ihrer angenehmen Zuschrift vom 18. Juni nicht zu haben, sondern kam später an. Um alles auf einmal abzumachen, wollte ich nicht eher antworten. Der erste kostet 3 fl. 21 gl. die andere kleine Schrift 12 gl. = 4 fl. 3 gl. welche Herr Stadtrath Wirth seinen Neveu nicht ohne ausdrückliche Assignation nicht auszahlen wollen. Den Empfang der 5 fl. 5 gl. bescheinige hiemit auf Nicolai’s dritten und vierten Band. Die Frau Kriegsräthin werden aus dem ledigen Töpfchen zu ersehen geruhen, daß ich den Inhalt zu seiner Zeit gleichfalls mir zugeeignet, ohne recht zu wißen, ob mir selbiger auch wirklich zugedacht gewesen, weil ich keine ausdrückliche Assignation dazu erhalten – und daher auch durch keinen ausdrückl. Dank zu einer Erörterung der Frage Anlaß geben will. Herder hat mir ein Paar Predigten, eine Cantate bey der Geburtstagsfeyer der Herzogin nebst dem 2ten Theil der Hebr. Poesie zugeschickt, welche alle zu Diensten stehen; doch wünschte ich das letzte Buch am baldigsten wider zurück. Der Blattern wegen, von denen sein Haus heimgesucht worden und die er selbst nicht weiß gehabt zu haben, gieng er über Braunschweig nach Hamburg. Während dieser Reise überstanden seine Kinder glücklich ihre Krankheit, nur seine Frau wurde von einem jungen
    Aemil
entbunden. Von Klopstock, den er hat von Person kennen gelernt, meldt er mir eine neue Sammlung von Oden an. HE. Friedrich Heinrich Jacobi zu Pempelfort bey Düßeldorf hat mir sein
    Etwas, das Leßing gesagt
mit einem sehr freundschaftl. Briefe überschickt. Mein Sohn ist den 4 Sont. nach Trin. eingesegnet worden und hält sich seit den 24 Julii zu Graventyn auf. Kömt er nicht mit dem 20 huj. wo der ihm zugestandene Termin von 4 Wochen ausgelaufen seyn wird, so setz ich mich auf den Postwagen nach Preuß Eylau und hole ihn. Für ihn habe ich Campers kleine allerliebste Schrift über die beste Form der Schuhe u Möhsers Beyträge ausgenommen, für mich selbst den 2ten Theil von Obereits Natur und Heiden oder Steinbart. Habe aber noch nichts ansehen können und will warten bis es wenigstens geheftet seyn wird. Des HE von Mosers
    Doctor Leidemit
besteht aus Betrachtungen und Gedanken, die mir eine sehr erbauliche Sontags Lectur gewesen sind. Was aus dem Roman werden wird, läßt sich aus dem ersten Theil nicht absehen, deßen pädagogische Caricaturen eben nicht viel absehen laßen. Vom
    Horus
habe kaum die Vorrede ausstehen können. Man schreibt es hier durchgängig dem D. Bahrdt zu. Ohngeachtet der günstigen Recension, die man hier dem HE. Regierungsrath Gr. zuschreibt, ist es eine Misgeburt à la Boulanger, und noch was ärgers. Irwings merkwürdiger Versuch über den Ursprung der Wißenschaft scheint einen sehr gründlichen Widerleger an Velthuisen gefunden zu haben, von deßen Betrachtungen ich aber nur die
    Fortsetzung hier habe
auftreiben können. Vergeben Sie mir mein unerträgliches Geschwätz. Ich habe mich heute müd und matt gelaufen um alle Exemplarien unterzubringen – und bin überdas in meiner gegenwärtigen Lage von innen und außen nicht imstande einen vernünftigen Brief zu schreiben. Bitte also mit diesem Analogon fürlieb zu nehmen. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin unter Voraussetzung der vollkommensten Gesinnungen, womit ich die Ehre habe zu seyn Kgsberg den 16 Aug. 83.Ew Wolgeboren  ergebenster Diener   Johann Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
Des HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / Hiebey 2 Bücher und ein lediges Töpfchen. Von des HEn. Stadtrath Wirth Wolgeboren heute Vier fl. 3 gl. empfangen. Dominica IX post Trin. 83
Kgsberg den 29 Aug. 83. Herzlich geliebtester Freund, Mein ernster Vorsatz war Sie vorgestern, an meinem 54sten Geburtstage, wegen meines unverschämten Stillschweigens um Vergebung zu bitten, und es sind wider bereits ein paar Tage über diesen Termin verfloßen, den ich mir lange voraus als den spätesten ausersehen hatte – Ich und mein ganzes Haus wurde den 1 Julii 82. mit Geschenken erfreut, die HE Hartknoch aus der Schweitz von Ihnen mitbrachte für mich und meine Kinder. Ihr Kupferstich hangt über meinem Bett und erinnert mich täglich Ihrer – und Ihr P. P. ist mir ein monumentum perennius als eine silberne Schaumünze; aber das Uebermaas Ihrer
    sonderlichen
Liebe schlägt mich nieder und unterdrückt mich, weil Ihre und Ihrer Freunde gute Meinung gar kein Verhältnis zu meiner gänzl. Erschöpfung aller Geistes- und Seelenkräfte hat, an der ich seit Jahren lang arbeite ohne das Ende oder einen Ausgang zu meiner Beßerung en tout sens absehen zu können. Hemans des Esrahiten Unterweisung von der
    Schwachheit der Elenden
ist ein wahrer Spiegel meiner traurigen Gestalt. Daß Sie samt mir den Lästermäulern nicht entgehen würden, war leicht zu errathen, ich glaube aber, daß wir Beyde der δοξης και ατιμιας ziemlich gewohnt und gegenseitige Versuchungen abgehärtet sind, auch unsere Einigkeit im Geist mehr befördert als geschmälert sein wird. Den 2ten Theil des P. P. habe den 21 Jun. c. (vielleicht vom Verleger) gleichfalls erhalten und daraus ersehen, daß nicht nur noch eine Fortsetzung sondern auch ein anderes Werk unter einem eben so vielecktest geschliffenen Titel zu erwarten steht. Ob aber gleich weder das
    Ganze
– noch ohne das
    Ende
deßelben den
    Ton
zu beurtheilen im stande bin; so lebe doch der guten und festen Zuversicht, daß die Arbeit Ihrer Autorschaft im HErrn und Seiner Liebe Frucht bringen, und die evangelische Kraft und Weisheit sich gegen jüdischen Anstoß und griechische Thorheit auch in den Kindern Ihres Geistes – ich meine Ihre erbauliche und wolthätige Schriften – gerechtfertigt werden wird. Freylich sind Schmeltzen und Verhärten Würkungen Eines und Deßelben Feuers: so wie es die Zeichenthat eben deßelben Gottes war, daß Gideons Fell allein bethaut wurde und die ganze Erde trocken blieb; hingegen sein Fell trocken und auf der ganzen Erde Thau war. Warum necken Sie also liebster L. meinen Todtenschlaf; vielleicht kann auch diese Verwesung, in der ich mir selbst anstinke zur Ehre Gottes gereichen. Laßen Sie mich aus eben dem
    Glauben
, der die ganze Welt redseelig macht, daß des Bücherschreibens kein Ende ist, stumm seyn und schweigen und mein Leid in mich freßen, bis Seine Stunde komt, auch meinen Mund aufzuthun und mein Herz zu erweitern. Hieher gehört auch meine äußere Lage, welche meinem natürlichen Gange zu genießen und auszutheilen ziemlich Gewalt anthut. Gottlob! bin ich
    ohne
    Schulden
, aber um dies Glück zu erhalten muß ich mit mehr Ängstlichkeit leben, als ich von Jugend auf gewohnt bin. Mein Gehalt ist 300 Rthlr, woran ich durch den lezten Salarien-Etat nichts verloren ohngeachtet meiner gegründeten Furcht, daß es mir wie andern und Beßern gehen würde, denen unser Salomo vom Norden ohne Gnad u Barmherzigkeit gestrichen. Das
    einzige
Emolument meines Postens war mein Antheil an einer gewißen Einnahme, welche die Schiffer unter dem Namen von Fooi- (Bier) Geldern für die Zollbedienten zahlen müßen und womit ich vornemlich meinen Holtzbedarf bestritt. Auch auf diese (sit venia verbo) Biergelder liegt ein königl. Beschlag der diese kümmerliche Ressource uns entweder ganz entziehen oder vermuthlich sehr mindern wird. Ich habe dies Frühjahr dem Himmel sey Dank! mein zweites Hauss verkauft, aber beyde unter der Hälfte des drauf gegebenen Capitals. Nun bleibt mir noch ein einziges von meinem Erbtheil übrig, darüber ich die Aufsicht fremden Leuten überlassen muß, weil ich gar keinen Menschenverstand zu dergl. practischen und ökonomischen Angelegenheiten besitze. Mein Lesen ist also blos ein Betäubungsmittel meiner langen Weile, und der gefährlichste Dünger für das Unkraut meines hypochondrischen Bodens. Bücher sind mir lieber wie meine Gesundheit, und mein Kopf ist wirklich so schwach, daß ich blos beym unmittelbaren Lesen einigen Genuß habe, so bald ich aber ein Buch zu mache, kaum mehr als den allgemeinsten Eindruck meines dabey gehabten Geschmacks übrig behalte. Weil ich beynahe nichts selbst zu kaufen befugt bin; so wird mir freylich das Fuimus Troes – durch die Mildthätigkeit meiner wenigen Gönner und Freunde vom Schriftstellerorden auf die schmeichelhafteste Art, so zu sagen, unter die Nase gerieben. Ich schäme mich daher nicht unsern
    lieben Pfenninger
an die Ergänzung seiner Sammlungen zum christl. Magazin zu erinnern, da er michr bereits die 2
    ersten Bände
und das
    erste Heft des 3ten Bandes
verehrt. Von den Predigten und Predigtfragmenten habe des letzten Bändchens 2te Abtheil. doppelt erhalten, den 31 Julii aus dem Dengelschen und den 15 huj. aus dem Hartungschen Buchladen. Weil ich die mir eigenen Bücher coll’ amore zu lesen, selbige gern gebunden haben mag; so wird dies Andenken meine nächste Sonntagslection seyn. Melden Sie dies Ihren beyden Freunden, damit Sie wißen, daß ich nicht in petto unterlaße, was ich weder
    schriftlich
noch
    thätig
erwidern kann. Ich freute mich, liebster L. noch gestern Abend über Ihren
    zehnten
Brief im
    theologischen Briefwechsel eines Layen
, um den ich mich aus Vorurtheil nicht bekümmern mögen; habe aber recht viel Weide in den Con- und Dissonantien der gesammelten Stimmen und Gesinnungen gefunden; keine Bosheit, sondern eher heilige Einfalt philosophischen Aberglaubens in dem ehrlichen Herausgeber Wir erwarten hier Garvens Recension, die in den Göttingsch. Zeitungen verstümmelt seyn soll, über Kants Kr. nach ihrem vollen Innhalt in der Allg. Bibl. Auch unser Hofprediger M. (nicht Oberhofprediger D.) Schultz wird auch Etwas darüber ausgeben, ob Aus- oder Widerlegung weiß ich nicht. Was sagen Sie zu M. Jerusalem? Je mehr ich lese, desto weniger ich versteh. Die Schuld liegt vermuthlich an mir. Daran scheint er mir aber ganz Recht zu haben, selbst ein Jude zu bleiben und seine Brüder beym Glauben ihrer Väter zu erhalten. Hab ich aber auch nicht Recht gehabt zu behaupten, daß
    Juden
und
    Philosophen
am wenigsten wißen was
    Vernunft
und
    Gesetz
ist, und diese tiefe Unwißenheit der wahre Grund ihrer Anhänglichkeit ist? Gewiß wird mein lieber Landsmann, Gevatter und Freund Reichardt auch bey Ihnen eingesprochen und sich und Sie meiner erinnert haben. Geben Sie Ihm Ihren Seegen zu seiner glücklichen Heimkunft mit. Kaufmann hat mich dies Jahr zweymal mit der Nachricht erfreut, seine Ruhe als
    Medicus in
    Neu Saltza
gefunden zu haben. Me. Hartknoch, die hier Kindbett gehalten, erinnerte sich seiner mit vieler Erkenntlichkeit, und besuchte mich gestern in Gesellschaft von zwo ihrer Schwestern und ihrer kleinen Tochter, die eben so viel Hofnung giebt als ihr dortiger Stiefbruder, den Gott zur Freude und Stütze seines rechtschaffnen Vaters seegnen wolle! Einer meiner ältesten Freunde schickte zu Ende des Jänners seinen Sohn zu mir in Pension, den ich gern noch vor dem Winter weiter zu befördern wünschte, weil meine Kinder zu viel dabey einbüßen und ich keinen Lehrer für Ssie halten kann. Unterdeßen hat Gott auf eine wunderbare Art für meinen einzigen Sohn gesorgt, der diesen Sommer eingeseegnet ist und zu meiner großen Zufriedenheit sich der Medicin widmen will. Er hat einen Freund seines Alters an dem einzigen Erben eines sehr liebens- und hochachtungswürdigen Mannes HE Kriegsrath
    Deutsch
gefunden, der unlängst aus Potsdam sich 4 Meilen von hier auf einem sehr angenehmen und beträchtl. Landgut
    Graventin
angeseßen. Mein Johann Michael hat sich einen ganzen Monath daselbst aufgehalten, und ich habe selbst ihn vorige Woche abgeholt, doch mit der Bedingung ihn auf längere Zeit zur Aufmunterung und Gesellschaft ihres Sohns den Eltern zu überlaßen, die einen geschickten Hofmeister an einem Verwandten des berühmten
    Schellers
von Brieg, gleiches Namens haben. Auch diese häusliche Veränderung ist mit manchen Zerstreuungen verknüpft, die meinen wüsten Kopf noch wüster machen. Ich hoffe also, liebster L. daß Sie mir Beydes die Unverschämtheit meines Stillschweigens so wol als gegenwärtigesn Gewäsches und Radotage vergeben werden. Gnade, Liebe und Friede
    walte
über Sie und die Ihrigen!!! Gesetzt daß wir uns hier nicht einander sehen; so mögen unsere Söhne einmal das Andenken unserer Freundschaft feyern. „Ihr habt die Salbung von dem der
    heilig
ist und wißt alles“ – beßer wie ichs zu sagen weiß mit welcher Innigkeit ich an allem, was Sie angeht und zu Ihrem Wohl gehört Antheil nehme, wo nicht immer im Buchstaben oder Schattenriß, doch desto mehr im Geist und Wesen. Mit dem herzlichsten Kuß und Gruß bin und werde niemals aufhören zu seyn Ihr ewig verpflichteter und ergebenster Johann Georg Hamann. Adresse:
An / HErrn
    Johann Caspar Lavater
/ Helfer am St. Peter / zu /
    Zürich
.
Hochwolgeborner HErr, HöchstzuEhrender HErr und Freund, Mit den Geburtstagen hat es dies Jahr sehr kümmerlich ausgesehen. Der liebe Profeßor hat zwar ein paar Bouteillen von seinem Wein eventualiter spendirt, aber sie stehen noch unerbrochen, und können allenfalls zum freundlichen Willkomm! bey Ew Hochwolgeboren Ankunft dienen. Eine halbe Stunde, ehe Dero angenehmes Schreiben ankam, brachte mir Me Courtan auch Ihre Collecte, weit eher als ich daran gedacht. Sie waren also eben nicht der erste, aber auch nicht der letzte; sondern an statt des mir aufgebürdeten Mistrauens, ist meine Erwartung übertroffen worden. Die hiesige reiche Judenschaft zahlt erst nächste Woche. Zum Abschiede wünsche nicht eher Glück, biß Ew. Hochwolgeboren denselben werden erhalten haben und versprochner Maaßen uns die Nachricht davon mitbringen. Anbey erfolgen die 5 Exemplarien des Gevatter Asmus. Das übrige verspare mündlich, nebst den Ursachen meiner gegenwärtigen Eilfertigkeit, und habe die Ehre nach den besten Empfehlungen meines ganzen Hauses mit dem vollkommensten Respect zu seyn Ew Hochwolgeboren Kgsberg den 30 Aug. 83. ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. Aus einem Briefe vom Vorgebürge der guten Hofnung. Den 8. Septbr. 1783. – Ich lebe hier übrigens recht vergnügt. Man hat in der Stadt angenehme Gesellschaften und artigen Zeitvertreib. Die hier Eingebohrnen scheinen mir freilich in Kenntnissen gar weit zurük zu sein; auch fehlt es hier völlig an Schulen und Erziehungsanstalten. Die hiesigen Damen übertreffen die Männer daher bei weitem. Die erstern besitzen recht feine Lebensart. Sie sprechen, außer dem Holländischen, auch alle fertig französisch und engländisch, wegen der vielen Fremden beider Nationen, die hier immer ankommen. Daß sie völlig französisch gekleidet und aufgesetzt sind, versteht sich von selbst; wohin wäre nicht diese Herrschaft Frankreichs gedrungen? Oft mögen sie ihre Haare altmodisch genug getragen haben; itzt finde ich sie aber nach dem neuesten Pariser Geschmak aufgesetzt, so wie er nemlich zu meiner Zeit in Europa war. Und dieses hat ihnen
    die Armee von Pondichery
verschaft, bei welcher
    eine unglaubliche Menge von Friseurs
war. Ich bin verschiedenemale auf der Jagd gewesen; man muß dabei immer zu Pferde sein, wegen der vielen wilden Thiere, vornemlich der Tiger. Einmal stellten wir eine Hyänenjagd an. Löwen und Elephanten sieht man hier äußerst selten; sie sind tiefer im Lande hinein. Hirsche und Dammhirsche habe ich in Rudeln, von zweihundert stark, beisammen gesehn. Seitdem der Chirurgus
    Riebek
vor 130 Jahren zuerst diese Kolonie stiftete, hat sie sich sehr vermehrt, und ins Land hinein wohl an 300 Meilen verbreitet. Man findet auf dem Lande eine Art von Patriarchen- oder Nomadenleben, voll Gastfreiheit, und ohne Komplimente. Der Landmann (oder will man ihn Bauer nennen?) baut hier alle Arten Getreide, vorzüglich aber Weizen, welchen ich in meinem Leben nie schöner gesehen habe. Auch wird Weinbau hier viel getrieben. Der Wein von
    Konstantia
, einem Ort zwei Meilen von der Stadt, ist in Europa berühmt genug. Der Eigenthümer dieses Grundstüks heißt
    Kluthe
. Sonderbar klingt es, wenn man einen ehrlichen alten Bauer ganz ohne Umstände von allen Königen in Europa sprechen hört, die von seinem Weine haben wollen; in dessen Vertheilung er nach der Gunst verfährt, worin sie bei ihm stehen. Jetzt wird
    der König von Preussen
von ihm zum besten bedient, weil dieser (wie er sagt) zum höflichsten schreibt und zum richtigsten bezahlt. Auf andern Ländereien wird auch sehr guter Wein gebaut, der oft genug für ächten Konstantia nach Europa geschikt wird. Die Leute in der Stadt gewinnen viel Geld damit, daß sie die hier anlandenden Fremden beherbergen. Diese Sitte ist so allgemein und hat so wenig Schimpfliches, daß, außer dem Gouverneur und noch ein paar andern Personen, es alle hiesige Einwohner thun. Um der Sache mehr Anstand zu geben, hat man folgende Methode erfunden, die zugleich ganz einträglich ist. Ein Schifskapitän, seine Offiziere, und andre Leute vom Stande logiren in einem Hause, frühstükken, und essen zu Mittag und Abend mit ihren Wirthen; und bezahlen bei der Abreise, jede Person, eine
    spanische Matte
*) für jeden Tag. Dieß ist einmal festgesetzt, niemand fragt mehr nach dem Preise, und er wird auch weder erhöht noch erniedrigt. Indeß ist dieß für die Fremden auch ganz angenehm. Man wohnt ziemlich gut, isset recht gut, genießt der Hausgesellschaft, und am Abend hat man im Hause eine Assemblee oder einen Ball, denen man als Glied der Familie beiwohnt. Man kann selbst Fremde zu Tische einladen. – Die Häuser hier sind nicht schön; doch bequem und ganz artig eingerichtet, vorzüglich aber gegen die erstaunliche Hitze die hier herrscht. Gleich beim Eintritt kömmt man in eine Art von Gallerie, wo Tische und Stühle stehn; dieß ist der Gesellschaftssaal. Dann folgt eine noch größere, wo zu Mittag und Abend gegessen wird. Links und rechts sind Schlafzimmer und Wohnstuben für Fremde. Man wird hier bloß von Sklaven bedient, mehrentheils Negern. Nur der Gouverneur hat weiße Bediente. Die in den Häusern aufwartenden Sklaven sind sehr zierlich gekleidet, müssen aber alle bloße Füße tragen. Hier ist also nicht der Hut, wie im alten Rom, sondern der
    Strumpf
oder
    Schuh
das Zeichen der Freiheit. *) Eine Silbermünze, dem
    Ludovici
zufolge, ohngefähr 1 Thlr. 3 Gr.   A. d. H.
Deine Mutter sagte mir, daß Du
    betrübt
fortgegangen wärest, und ich wurde es auch, da ich gleich beym Aufstehen in Deine Kammer kam und ein unberührtes Glas voll Tafelbier unter Deinem Bett stehen fand. Du weist, wie oft und dringend ich Dir dies untersagt habe, und dennoch hast Du doch diese Gewohnheit unter der Hand fortgesetzt, mir wenigstens zu
    guter Letzt
einen
    Beweis
zurückgelaßen, wie wenig Dir an meinen Worten und Erinnerungen gelegen ist. Entwöhnten Kindern und Kranken erlaubt man auch im Bett und des Nachts zu trinken, aber ein gesunder Mensch, der noch oben ein, vorm Schlafengehen zum Trinken angehalten wird, fühlt nicht so leicht einen Durst im Bett, und die meiste Zeit bleibt auch das Glas unberührt. Ein Schluck von einer so verrauchten und neben einem Nachtgeschirr stehenden Jauche ist eher imstande
    Eckel
und
    Uebelkeit
zuzuziehen und den Schlaf zu stören, als zu befördern und einen wirklichen Durst zu stillen. Es ist also ein bloßer nisus in vetitum, den Du zu stillen suchst, und dergl. blinde Begierden haben eine
    Qvelle
und
    Folgen
, die Du nicht einzusehen imstande bist; daß und Deine Gefälligkeit gegen selbige ist noch blinder. Ich weiß, wie sehr diese Zaubereysünde des Ungehorsams in meinem Hause herrscht und wie wenigen Einfluß die Verheißungen des
    vierten
Gebots auf eure Gesinnungen und Handlungen haben, ohngeachtet meiner Bitten, nicht um meinet willen, sondern um
    Gottes
und
    Eurer
    Selbst willen
, zu hören und zu folgen – Aber unter zwey Uebel, will ich lieber euren Ungehorsam, als einen betrüglichen und knechtischen Augendienst. Wenn ihr nicht Gott fürchtet; was liegt mir daran, von euch verachtet und verlacht zu werden! Wenn ihr nicht Ihn liebt; so verlang ich nicht euer Oelgötze zu seyn! Wenn Du, Johann Michel, Deinen Taufbund und das durch die neuliche Einseegnung bestätigte Gelübde so bald vergeßen kannst; so vergiß auch alle meine Lehren – und erwarte keine
    neue
von mir. Du bist schon
    satt
worden, Du bist schon
    reich
worden, Du
    herrschest
    schon
ohne uns – 1 Cor. IV. Wenn Du die Verbindlichkeit des
    vierten Gebots
nicht fühlst; so werde ich so stumm seyn als Du taub ist. Ich wünsche von Grund der Seelen, daß Du eher daran
    glauben
und nicht nöthig haben möchtest erst durch
    Erfahrung klug
zu werden, wie viel der Seegen oder Fluch dieses Gebots in unser ganzes Leben würkt, und wie unser Herz durch selbiges zu einer wahren
    Liebe des Nächsten
gestimmt und vorbereitet werden muß. Ich habe mir heute am linken Fuß und Deine Mutter hat sich am linken Arm Blut gelaßen. Gestern erhielt mit der Post ein Päckchen vom HE Hartknoch, neml. das 7te Stück der nordischen Miscellaneen des Hupels u den ersten Band des diesjährigen Petersb. Journals. Ihm ist an dem mathematischen Buch, das er hier liegen laßen, viel gelegen. Er erwartet es mit seiner Frau, die in 8 Tagen abgehen wird. Ich habe es Dir befohlen gut aufzuheben, und finde es nirgends, so sehr ich auch den ganzen Tag gesucht.
    Schreib mir mit der ersten Post
,
    wo
Du es hingelegt. Ich bin nicht imstande den Namen recht zu lesen, noch mich zu besinnen ob es roh oder geheft gewesen. Ich vermuthe ersteres. Daß ich Dir aber
    ausdrücklich befohlen es
zu
    verwahren und gut aufzuheben
, weiß ich gantz gewiß. Ich habe Dich ausdrücklich gebeten der ältesten Schwester zu zeigen, wo die ungebundene Sachen auf dem Hausboden liegen. Was für ein Gräuel der Verwüstung! die blos von Deinen muthwilligen Grillen herrührt, Dinge zu verschleppen, und von Deiner unüberwindlichen Halsstarrigkeit, womit Du aller Ordnung und Ueberlegung widerstrebst. Wohin ich sehe, finde ich Spuren von einer so blinden pica wie Dein Nachttrinken ist. Da ist ein ganzer Bogen, auf dem Du eine engl. Antwort nach Pillau angefangen; da ist ein anderer verwüstet, auf dem nichts mehr steht als Exercitia linguae latinae.den 783. Unter den ungebundenen Sachen finde ich ohne den geringsten Umschlag und oben auf den zehnten Theil des Shakespear voller Staub und Unrath, ohngeachtet Du weist, daß dieser Theil entweder an Deinen Wohlthäter Hartknoch zurück gehen oder dem HE v Auerswald zu Theil werden wird. Mit welcher Schaam kann ich einem oder dem andern ein solches besautes Buch vor die Augen legen? Du weist, wie empfindlich und bitterböse ich oft darüber geworden bin, daß Du Dir eine rechte Gewohnheit zuziehst allenthalben Bücher aufzuborgen ohne auf die Rückgabe bedacht zu seyn. Wenn ich auch in keiner andern Sache Dir ein gutes Beyspiel zu geben imstande bin; so ist es wenigstens meine ängstliche Sorgfalt für jedes fremde Eigenthum, das ich beynahe meinem eigenen vorziehe. Bin ich denn so ein harter Vater, der auf einen blinden Gehorsam dringt? Wenn Du ja besorgt gewesen wärst die letzte Nacht bey mir zu verdursten; hattest Du mir nicht sagen können, daß Dich Noth triebe eine Ausnahme zu machen? Aber bey einer solchen Denkungsart ist man freylich keines kindlichen Vertrauens fähig. Schreib mir mit der nächsten Post ob Du Dich nicht auf die mathematische Schrift, welche Hartknoch von Kant brachte besinnen kannst, und wo Du selbige hingesteckt, damit ich selbige durch seine Frau übermachen, oder ihm wenigstens antworten kann. Wenn Du durch meine Erinnerungen an statt aufgemuntert zu werden gleichgiltiger gegen Deine Pflichten gemacht wirst, oder Dich beßer dabey befindst ihnen entgegen zu handeln, oder in meinem brennenden Eifer für Dein Bestes eine mürrische Laune argwohnst: so verlier ich allen Muth, alle Hofnung, mich in Dir glücklich einmal zu sehen – Sag mir selbst, ob Du nicht die Niederträchtigkeit zu fühlen im stande bist, wenn ein so alter guter Freund wie H. etwas in unserm Hause vergist, sollte es nicht Deine Schuldigkeit seyn für Erhaltung deßelben zu sorgen, ohne daß ich auch nöthig hatte es Dir anzubefehlen, geschweige, wenn ich Dich noch oben ein dazu anhalte? Ich werde nicht eher Ruhe haben, biß ich Deine Antwort erhalte, sie mag ausfallen wie sie wolle. Frag Dich doch selbst, was Dich bewogen hat, eine solche Unordnung unter meinen Papieren anzurichten? was auf dem Boden war in Deine Kammer zu schleppen – alles unter einander zu werfen und dann liegen zu laßen – mit meinen Sachen zu schalten, als wenn Du Herr davon wärst – so viel Papier und Bücher zu verderben, ohne zu wißen warum? und wozu? ohne Dich an mein Bitten, Vermahnen und Schelten zu kehren? Wenn Du dem Apollyon und Abbadon, dem Geist der Unordnung und Verwüstung nicht entsagst und Dir nicht Gott zu Deiner
    neuen
Lage ein
    neues
Herz schenkt: so habe ich umsonst Deine Versetzung aus meinem Hause gewünscht, und wir würden
    alle
der Früchte dieses erfüllten Wunsches beraubt seyn. Mit der ersten Post antworte Deinem bekümmerten und betrübten Vater. J G Hamann den 9 Sept 83. Adresse mit Mundlackrest:
An / Johann Michael Hamann / zu /
    Graventihn
/
    durch Preuß Eilau
.
Kgsb. den 17 Sept 83. Herzlich geliebtester Freund Ihr Päckchen vom 3 Aug. c. habe den 8 Sept erhalten, ohne daß es mir mögl. gewesen eher zu antworten noch Ihrer lieben Gemalin nebst Familie meinen Scharrfuß zu machen, als heute und zwar diesen Augenblick über 12 Mittags bey meinem alten Freunde Jacobi. Gott Lob! Ihr kleiner Sohn ist ein wackerer lieber Junge – auch seine Amme habe im Augenschein genommen, mit der Sie hoff ich ebenso zufrieden seyn werden, als Herder mit seiner. Anstatt zu murren danken Sie Gott, daß Mutter und Kind noch so gut davon gekommen sind. Beyde hätten sich leicht das Leben einander abzehren können – in ihrer Unschuld – wenn man nicht noch zur höchsten Zeit den Mangel entdeckt. Das Seculum fällt immer von einem Äußersten zum andern, von einem Vorurtheil auf das entgegenstehende. Glauben Sie nicht, liebster Freund, daß alle Mütter jetzt unterm mosaischen Bann liegen, ihre Kinder zu stillen. Die seel. Frau meines heutigen Wirths hat gnug gerungen nach diesem Glück, aber es ist immer bey Lebensstrafe verboten gewesen. Me Courtan hat mir gl. am Anfange die Gefahr erzählt, und daß es sehr schwer gehalten die Mutter zur Annehmung einer Amme zu überreden. Hill hat mir 14 fl. 15 gl. den 10 huj. für das portug. Wörterbuch ausgezahlt, und ich will das Geld mitgeben, nebst 3 Exempl. der Philipschen Briefe die ich gestern aus Trutenau geholt. Mein Sohn ist seit dem 7 wieder in Graventihn wo er vom 24 Jul. bis eod Aug. zugebracht, wird auch wol den Winter daselbst zubringen. Ich hatte ihm Lous Tentamien zum Verwahren gegeben und konnte sie bey Erhaltung Ihres Briefes nirgends finden. Er erhielt deshalb einen Brief datirt vom Berge Sinai – seine Antwort hat mir aber desto mehr Freude gemacht. Er hat die Abhandl. gut verwahrt, meldete mir ihren Ort, und macht mir viel Hofnung, daß seine Verpflanzung von gutem Einfluß seyn wird, ohne daß ich den meinigen dadurch zu verlieren besorgen darf. Ich habe mit Me Hartknoch Abrede genommen Ihr alles künftiger Woche gehörig einzuhändigen. Endl. habe ich eine Antwort aus Schwansfeld ausgepreßt. Es ist alles ordentl. da bis zum ersten Qvartal dieses Jahrs; aber das vierte des vorigen ist doppelt, soll daher auch beygelegt werden. Wie hält es mit dem noch fehlenden Theil des Sh. weil ich gern den hier schon liegenden – (ich glaub es ist der 10te) los seyn sollte; in Ansehung deßen Hans Schelte verdient u erhalten, weil er von dem Staub auf dem Boden zieml. verwahrlost worden. Unterdeßen wenn nur der andere Theil noch ankomt, hoff ich ihn schon los zu werden an HE v Auerswald, den ich erwarte wie er seinen Abschied. Auf Friedrich habe schon diese ganze Woche gewartet um das Petersb Journal gehörig einzupacken u zu befördern. Ich denke heute oder morgen alles aus dem Hause zu haben. HE Voldenscherer fand im Toussaintschen Hause ohne ihn zu kennen. Meine älteste Tochter hat mit des braven Podbielski seiner Bekanntschaft gemacht u ist durch das reiche noch unverdiente Geschenk zu ihrer Aufmunterung im Zeichnen sehr beschämt. Aus Mitau habe nicht den geringsten Wink erhalten, daß Philips Epist. bey dem Hofr. angekommen. Wir haben uns zieml. einander die Kolbe gelauset – unterdeßen hof ich daß alles ein gutes Ende nehmen wird u ich einen ruhigen Winter haben werde, auch daß die Zeit für den jungen Menschen nicht ganz verloren seyn dörfte. Mit der Nachricht von Lavater haben Sie mir u Reichards Freunden viel Freude gemacht. An Lavater habe auch einmal nach 5/4 Jahren geschrieben u wenigstens mein Stillschweigen entschuldigt u allen Verdacht des Undanks widerlegt. Den 11 haben wir durch ein Gewitter viel Schrecken gehabt; am Baum ein Bording mit Korn beladen ist untergegangen, ein Schildwache am ButterBerge gezeichnet u eine Winkelschule auf der Laake in ein panisches Schrecken gejagt worden. Ich speiste eben bey HE Kr. Rath Hippel zu Mittag u war ein Augenzeuge einer ähnl. Bestürzung. Mehr als 50 Kinder kamen blökend wie eine Heerde aus der Schule dicht am Comödien Hause gestürzt. Lauson hat vor wenigen Wochen einen Leichenstein entdeckt bey dem Steinmetze der Heeringsbraake mit folgender Aufschrift: Hier lieg u schlaf ich Jacob Klein im Bett von Kalk und Steinen Mit Weib u Kind: Daß nur nicht Wer uns stöhr in unsrer Ruh Sonst wird Angst Furcht u Schrecken ihm die Augen drücken zu Du Jesu rühr uns nur, wenn Du wirst zum Gericht erscheinen. Der Mann ist Kgl. Oberappell. Gerichtsrath gewesen † 1711 Vater des berühmten
    Klein
in Danzig. u die Tragheimsche Kirche nur vor ein paar Wochen abgeputzt worden. Nächstens mehr. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund Joh. Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu / Riga
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg empf d. 9 Sept 1783 beantw d. 7 Oct
d. 19 Sept. 83. Mein lieber Sohn, Du wirst bey Deinen Büchern ein kleines Mst. Deines alten Vaters finden, das ich Dir zu Deinem
    privat
u.
    individuellen
Gebrauch, als ein Familien-Geheimnis empfehle. – Es ist eine Jacobsleiter von den
    ersten Formeln
eurer lallenden Kindheit, durch alle Stuffen eures Wachsthums u. Fortgangs in dem Geschäfte der Engel – bis zu der Maaße des vollkommnen Alters. Versetze Dich alle Morgen u. Abende auf eine Viertelstunde in die Gesellschaft Deiner Schwestern u. bringe selbige wie ein Kind zu, das niemals aufhören wird, im Geist u. in der Wahrheit unser
    Hausgenoße
zu seyn und zu bleiben. Ich weiß, daß Du mir diesen Wunsch u. diese Bitte nicht abschlagen, u. daß jener Vater, der ins Verborgne sieht, Dir es öffentlich vergelten wird.
Königsberg den 12 Oct. 83. Liebwerthester Herr und Freund Es ist mir immer eine Freude gewesen, gute Nachrichten von Ihnen zu erhalten; aber unendlich angenehmer bin ich heute von HE Seelig überrascht worden, der mir Ihr werthes Schreiben vom 19 Sept. überbrachte. Ich ersehe daraus, daß Sie sich wol befinden, und sich nicht nur meiner, sondern auch meiner Freunde sich erinnern. Dies Andenken ist mir nichtsehr schmeichelhaft, und zugleich ein schätzbarer Beweis Ihrer Gesinnungen und Denkungsart. Ich wünschte, daß ich mehr thun könnte, irgend etwas zum Nutzen oder Vergnügen Ihrer Reise beyzutragen, die Gott in jeder Rücksicht zu Ihrem eigenen Besten und zur Ehre und Freude Ihres Hauses seegnen, und mit einer glücklichen, gesunden Zurückkunft krönen wolle! / Mein Sohn hat sich den ganzen August 4 Meilen von hier auf dem Lande aufgehalten, und ist seit den 7 Sept. wieder abgereist, um vermuthlich den ganzen Winter daselbst zuzubringen, in einer für ihn sehr vortheilhaften Lage. Ich bin versichert, daß Sie an meinem Glück eben so viel Antheil nehmen, wie ich an dem Ihrigen. Ich werde mir die gegenwärtige Laubhüttenfeyer zu Nutz machen, um diese Zeilen Ihrem Herrn Vater einzuhändigen und Ihm zu einem so hofnungsvollen Sohn Glück zu wünschen. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Oncle und Reisegefährten, und behalten Sie mich im guten Andenken, bis Sie mit Ihrer Gegenwart erfreuen Ihren alten ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann. In des HE Claudius Hause bitte unter den 5 Töchtern der kleinen
    Christiana Maria Augusta
ein Mäulchen abzugeben und wieder mitzubringen, auch dem kleinen Erbprintzen
    Johannes
meine Huldigung zu leisten. Adresse:
An / HErrn Samuel Wolff Friedlaender /
    ggw
/ zu /
    Coppenhagen
/ Einschluß.
Notiz auf der Adressseite, vmtl. von Samuel Wolff Friedländer: Was thut die Neugierde mnicht? / Dein Oncle S Friedl.
Kgsberg den 22 8br 83. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Seit wie viel Wochen hab ich schon in Gedanken an Sie geschrieben! Nichts zu melden habe Ihnen gehabt, was der Mühe lohnte; doch um wenigstens gute, wo nicht beßere Nachrichten von Ihnen und den mir so lieben Ihrigen zu haben. Dies ist der Haupttrieb, warum ich auch jetzt schreibe – Etwas von Ihnen zu wißen und zu hören. Ich habe diese Woche eine neue Cur angefangen, die Dulcamara, welche mir der junge Doctor Lindner schon seit August verschrieben, kann aber noch keine Wirkung oder Abführung durch irgend einen Weg merken. Doch mit Ihren
    Qvecken
, für die ich Sie tausendmal geseegnet, gieng es ebenso. Sie befreiten mich in 8 oder 14 Tagen von einem Uebel das mich 10 Jahr beunruhigt, ohn daß ich Schweiß, Öfnung oder anderweitigen Abgang gemerkt. Seit Jahr u Tag bin ich befreit gewesen, auch bald wider durch einen kurzen Gebrauch erleichtert worden. Nun verbind ich sie mit der neuen Cur, u trink selbige Mittags. Jetzt ist mein Kopf voll Geschwüre nebst den Lenden, der übrige Theil des Leibes rein. Das linke Ohr fault mir, wie bey kleinen Kindern, der ganze Nacken voller Drüsen – meinen alten rothen plüschnen Rock u einen alten schwarzen hab ich aufgeben müßen, blos aus keiner andern Ursache, als weil ich diesen beyden leider! ausgewachsen bin. Nachdem ich seit den 18 – 20 huj. kein Kornchen Toback genommen, hab ich gestern wieder den Anfang gemacht; denn eine so eingewurzelte Gewohnheit ganz aufzugeben, könnte doch gefährlich seyn. An meines lieben Pathchen Geburtstag reiste der liebe D. Lindner ab nach Wien, an dem ich einen guten Haus- und Leibartzt verloren, und der sich hier beynahe seiner alten Mutter zu Liebe selbst aufgeopfert. Sie trieb ihn selbst fort oder gab ihm vielmehr seinen Abschied, ohne den er sie nicht verlaßen haben würde; und ohngeachtet ihr Gedächtnis so geschwächt, daß sie fast beynahe nichts von dem weiß, was sie gethan hat und um sie vorgeht, so wurde diese Idee seiner Abreise niemals schwankend, sondern erhielt sich unverändert in ihrem Sinn. Ein gantz außerordentlich Phänomen in meinen Augen. Ich kann Ihnen nicht gnug sagen, liebster H. was für ein reifer, edler Mensch aus diesem Mann geworden. Ich hielt seinen Entschluß so spät die Medicin zu studiren für eine neue Qvackeley oder Familienzug; aber nichts weniger als das. Sein Herz u Seele hängt an dieser Wißenschaft und weil er in Ansehung der Hospitäler nicht Befriedigung zu Berlin gefunden, ist er nach Wien gegangen. Wo er aber die fonds herbekommt, weiß keiner u ich am wenigsten. Des Hofraths Sohn ist zu meiner großen Freude vorgestern nach Berlin abgegangen zum Prof. Meierotto, wo er schon vor 2 Jahren hatte gehen sollen, wegen eines kleinen Verscheels hat sich der Handel damals zerschlagen, und hat nun freyl. wider zusammen geknüpft werden müßen, da ich ihn nicht länger behalten konnte noch wollte. Um diesen Endzweck zu erhalten, war freylich von meiner Seite unvermeidl. dem Faß den Boden auszuschlagen. Dieser junge verwahrlosete Mensch ist hier bei der Grosmutter erzogen u schon auf der Akademie gewesen; worauf ihn der Vater nach Hause nahm u ihn 2 Jahre umtreiben ließ, die ihm mehr Nachtheil zugezogen als seine hiesige Erziehung. Etwas französisch war das einzige was er dort gelernt hatte. Hier muste ich von Decliniren u Coniugiren wider anfangen, und habe mich 9 Monathe fruchtlos geqvält und in hundert Sorgen seyn wegen meiner eignen Kinder. Daß mein Hänschen den ganzen August auf dem Lande zugebracht, hab ich Ihnen gemeldet. Da 4 Wochen um waren setzte ich mich selbst auf die Post, bezahlte bis Eilau, hatte aber nur nöthig bis Mühlhausen zu fahren, wo ich Gelegenheit nahm und in Graventihn erschien eben da man den Honig brach. Bartholomäi kam wider mit Michel zu Hause u fand meine Marianne, Pathchen bettlägericht am Ausschlage. Vor Freude den Bruder zu sehen stand sie auf und hat die Pocken, denn dafür wurden sie von allen erkannt, im Herumgehen überstanden. Sie können nicht glauben, wie viel Vorwürfe ich mir gemacht, daß ich ihr nicht wie den andern Geschwistern das
    Beneficium
der Einpropfung angedeyen laßen; aber die Schuld hat nicht an mir gelegen, sondern der D. Brodthag versprach mir immer von selbst zu kommen so bald er gute Materie hatte. Nun hoff ich, daß es überstanden seyn wird. Man hielt sie anfängl. für Steinpocken; aber jedermann erkannte sie nachher für die rechten. Ein paar Mahlchen im Gesicht hat sie zum Andenken behalten und zum Beweise. Eine an den Füßen hat erst seit kurzem aufgehört zu schwären. Das liebe Mädchen kam mir ohne Hebamme auf die Welt, lernte gehen ohne Gängelband (welches bey keinem andern Kinde erreichen konnte) bekam Zähne ohne die geringste Ungemächlichkeit, und eben so die Blattern. Aber an Lernen ist noch nicht zu denken, und darin ist sie noch weiter zurück als ihre Vorgängerin. Meine älteste
    Lisette
    Reinette
scheint ein wenig Gehör u Lust zur Music zu verrathen u spielt schon einige Bachische Sonaten – Aus einigen Caricaturen von Silhouetten sollt ich auch etwas Anlage zu Zeichnungen vermuthen; ich kann aber nichts zur Erziehung meiner Kinder anwenden, und die Mutter ist auch nichts im stande von ihrer Seite beyzutragen, und wie viel selbige auf Töchter u die ersten Jahre überhaupt wirken kann, davon hab ich leider! Erfahrung bekommen. Doch auch meine liebe seel. Mutter war im Grunde auch nur eine
    Hausmade
, die weder vom Umgange noch Erziehung wuste u wie meiner Kinder ihre ehrlich und unermüdet arbeitsam war, bisweilen auch zur Unzeit sparsam und arbeitsam. Den 7 Sept. holte HE Kr. R. Deutsch wider meinen Sohn nach Graventihn ab um ihn vermuthl. den ganzen Winter dort zu behalten. Ich bin also nunmehr in einer zieml. Einsamkeit. Er ist dort gut versorgt und hat einen Hofmeister Namens Scheller, der ein naher Blutsfreund des berühmten Schulmanns ist, von dem er flernen kann. Daß er den 4 Dom p Trin confirmirt worden, hab ich Ihnen schon geschrieben. Den letzten Sept. begegnete ich noch meinen alten Freund
    Lauson
unter den Speichern, da ich nach der Stadt lief und er nach seinem Bureau eilte. Ich wurde auf einmal gewahr, daß er übel aussah. Er klagte über Kolick u daß ihn Pomerantzentropfen nicht geholfen. Rhabarber, eine Abführung empfahl ich ihn. Poßen! morgen ist es beßer, sagte er mir – Ey Zeit haben zum Einnehmen! Ich schrie ihm noch nach: Ey
    wenn der Tod komt
– den Morgen drauf war er nicht mehr im Bureau, ich besuchte ihn noch denselben Tag und die beyde Tage drauf. Den 4 huj. war er tod gefunden worden des Morgens um 6 Uhr auf seinem Nachtstuhl neben dem Bett, gestützt mit der Hand am Ofen. Nuppenau hatte noch dieselbe Nacht bis 4 Uhr gewacht. Nach seinem Tode hat man weder Hemd noch Laaken gefunden. HE Kr. Hippel sorgte für alles u ich muste mich auch ihm zu Gefallen des Nöthigen in Ansehung seiner Casse p annehmen – auch seinen Tod in den
    Hartungschen Zeitungen
anmelden, welches die ersten Zeilen sind die ich je geliefert – und ihn den 6 des Morgens um 6 Uhr in Rathswagen mit ihm im ersten paar nach dem Neuen Kirchhof begleiten. HE Münzmeister folgte in seinem Wagen mit dem Banco-Director Ruffmann. Ersterer weil er einen Tisch bey ihm gehabt u letzterer weil er noch den Sonntag vorher in Gesellschaft Hippels den letzten Spatziergang nach den Huben gethan hatte. Ich muste folgen ohngeachtet der bereits erhaltenen Dispensation weil Jacobi, bey dem ich als Leichenbitter war, Zahnschmerzen hatte u er auch bey ihm Mittwochs einen Tisch gehabt. Nach seinem Tode hat er noch in der Lotterie so viel gewonnen als die Leichenkosten betragen; in der Registratur des gantzen Magistrats ist aber kein Instrument der Donation seiner Bibl. noch eine Verlautbarung darüber zu finden. In den Zeitungen wurde sein Tod zugl. mit dem Leichenbegängnis des vorigen Gouverneurs angekündigt. Man hat es auch in unser
    raisonirendes Verzeichnis
gerückt, aber in beyden verstümmelt, von dem ein Blättchen beylege pour la rareté du fait, weil ich kaum glaube, daß Sie schon eins werden gesehen haben, ohngeachtet fast alle unsere graduirte u. außerordentl. Gelehrte u Liebhaber daran arbeiten. Verzeyhen Sie mein kahles Geschwätze, liebster Gevatter, Landsmann und Freund; selbst mit meinem Lesen geht es nicht mehr wie sonst und will nicht von der Stelle. Ich habe so viel Bücher zusammen geborgt, daß mir selbst vors widergeben Angst wird, und es will nichts schmecken, nichts haften, nichts fruchten. Auch dieser einsame Winter – Eben jetzt vernehme, daß der liebe
    Kreutzfeld
auch in letzten Zügen liegt; ich kann nicht ausgehen, und er will seine eigene Eltern nicht einmal sehn, sondern hat nach seinem Halbbruder, gewesnen Conrect. u jetzigen Organisten in Neuhausen geschickt, mit dem er eine sehr herzl. Freundschaft gehalten, und welcher seine einzige Zuflucht war. Den 16 May war sein letzter Besuch in der Kutsche, weil er nicht mehr im stande war so weit zu gehen. Meine Besuche wurden auch immer sparsamer, und ich hatte beynahe den Vorsatz mich seiner so zu entschlagen, wie er mich zu vergeßen schien. Vorigen Sonntag vor 8 Tagen war ich willens mich nicht aus dem Hause zu rühren, sondern Briefe zu schreiben. Das Schicksal trieb mich den ganzen Tag wie einen Kräusel herum. Im Vorbeygehen werd ich auch
    gezogen fast
wider meinen Willen bey ihm anzusprechen. Ich fand ihn wider Vermuthen zu Hause, weil er sonst immer seine Eltern zu besuchen pflegte, auch es damals thun wollte. Er kam mir einer Leiche ähnlicher vor – und ich hatte das vielleicht eingebildete Vergnügen ihn ein wenig durch meine wilde Geschwätzigkeit aufzumuntern. Me Courtan beklagte sich immer so oft wir uns sahen, daß sie gar nichts von ihm wüste. Ich gab ihr den Rath ihm u mir nachzuahmen und sich nicht weiter um ihn zu bekümmern, damit sein Verlust desto leichter würde. Machte ihm deßhalb Vorwürfe und weil die Witterung schön war, drung ich darauf daß er noch
    heute
zu ihr fahren sollte. Er versprach es morgen gewiß zu thun. Des Hofr. Brief wegen seines Sohns Abreise setzte mich in neues Feuer; unterdeßen lief ich doch des Abends noch bey Me Courtan an, wo ich ihn auch wirkl. fand, hielte mich aber nur eine kleine Stunde auf u bedauerte beynahe den armen Patienten in die Versuchung geführt zu haben. Er soll sich um die Schloßbibl. ungemein verdient gemacht haben daß alle bisher dort liegende und vermodernde Urkunden von ihm durchgegangen und in Ordnung gebracht worden. Dieser kalte anhaltende Fleiß ist seine letzte Arbeit gewesen und weil er damit so sehr gegen mich zurückhaltend zu seyn schien, wurd ich es auch gegen ihn. Eben nun hatte er eine kleine Handschrift über den Ursprung des Preuß. Adels in Druck geben wollen er war aber im Begrif aus Verdruß über den Verleger alles zurück zu nehmen, und ich hatte ein doppeltes Intereße dies zu verhindern. Der Anlaß war eine kleine Abhandl. des Ex-Ministers Braxein, unter dem Titel:
    Historisch- genealogische bisher ungedruckte Geschlechts Nachrichten der alten hochadl. ostpr. National Familie von Br.
Prof Kraus, der bey ihm speiste von dem Eßen was ihm seine Eltern tägl. zuschickten und welche Einrichtung ich auch zum Theil zum Besten beider bewirkt hatte, lobt mir sehr die Laune u Gründlichkeit; und komt selbige heraus, so werde auch ein Exempl. für Sie beylegen durch Hartknoch. Er soll ungemein an der alten Geschichte von Preußen gearbeitet haben und ich wünschte daß Kraus diesen Nachlaß erbte, weil er auch das historische Fach sich jetzt ausersehen. Dom. XIX. den 26. Nun, liebster Gevatter Landsmann und Freund, bin ich erst wider im stande fortzufahren. Kreutzfeld lebt noch, ein Blutspeyen hat ihn dem Tode so nahe gebracht; er soll sich aber schon wider erholen und ich habe noch Hofnung, daß er meinen Sohn als Decanus unter D. Orlovius
    medicinischem
Magist Rectorat einschreiben willrd; doch wie Gott will. Dennoch habe ich einen Todtenbrief aus Lübeck von der Wittwe meines alten Freundes Karstens erhalten, der meinen Garten noch mit Obstbäumen neuerlich geschmückt, dem aber wol kaum ein längeres Leben zu wünschen gewesen weil er nach den heftigsten Gichtschmerzen an Händen u Füßen zuletzt an der Epilepsie sich vermuthlich erschöpft. Vor einer halben Stunde übersendt mir Me Courtan
    Naßir u Zulima
und vermuthet Sie zum Verf; ich hingegen auf unsern
    Jacobi
in Düßeldorf. Dem sey wie ihm wolle, so haben mich die Bogen erqvickt. Ich habe auch seitdem einen Brief aus Riga erhalten, in dem mir Hartk. die glückl. Ankunft seiner Familie meldet, und wegen des Monboddo u Ihres Stillschweigens deshalb in Verlegenheit zu seyn scheint. Nach dem Meßcatalog ist er aber nach meinem Wunsch wirklich fertig geworden. Ich weiß daß meine Briefe kaum eine Antwort verdienen – unterdeßen angt mich doch nach guten Nachrichten von Ihnen und Ihrem Hause. Ich weiß daß ich noch eine Antwort auf die liebreiche Nachricht meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin schuldig bin; ich hoffe daß Sie mit dem Äußerlichen nicht so genau und mein Stillschweigen dafür was es wirklich ist, auslegen wird. Uebrigens wünsch ich daß alle die Schwächlichkeiten, welche mit dem Geschenk einer Tochter verbunden gewesen, durch den kleinen
    Emil
glücklich und völlig gehoben seyn mögen. Gott seegne, Vater, Mutter, Kinder und Pathchen!!!! Ohngeachtet ich von den kümmerl. Stunden oder Viertelstunden mit des Hofr. Lindners Sohn erlöst bin; so fehlt es doch nicht an Schaarwerk. In Abwesenheit meines Sohns muß seine Stelle vertreten bey einem seiner jungen Freunde, Raphael Hippel, einem nahen Blutsfreunde unsers Oberbürgermeisters, deßen Freundschaft je älter desto kräftiger wird – und er so wol als jedermann findt an dem wahren
    Raphaelsgesicht
dieses Knabens Wolgefallen. Mit meinem Hill der meine älteste Tochter im Spielen auf dem Clavier unterrichtet und wie es scheint mit sehr guten Fortgang lese ich jetzt den Brief an die Römer nach Koppens Ausgabe in Vergl. der Seilerschen und Bahrdtschen Uebersetzung. Wir haben heute das dritte Kapitel angefangen. Wie sauer mir Briefe werden, ist ihnen anzusehen – und dem ohngeachtet meiner laconischen Diät und unverschämten Nachläßigkeit kann ich mit Schreiben nicht fertig werden, wär es auch an meinen Sohn u Scheller in Graventihn – und immer in Angelegenheiten, wo ein Muß und Pflicht zum Grunde liegt. Schon Jahre lang hab ich es mir zum Gesetz aufgelegt, ohn ein ausdrücklich Geschäfte keinen Schritt in jemandes Hause zu thun – ausgenommen daß ich beynahe alle Woche einmal bey Hippel speise. An Ueberlauf fehlt es mir Gottlob auch nicht. In einer solchen Lage können Sie sich kaum vorstellen, was für ein Labetrunk – was für ein kühlendes Waßer – was für ein glühender Wein mir ein Brief von Ihnen besonders, jedes Andenken Ihrer Freundschaft, jedes Product Ihres Geistes und mit welchem Wolfshunger ich dran schmause. Meine Enthaltsamkeit zu urtheilen ist Mistrauen, Unvermögenheit bisweilen auch wegen ihres Umfangs unbestimmtere Begriffe, und wahrer Genuß an Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit des Geschmacks. Ich sehe also schon der Fortsetzung Ihrer hebräischen Poesie entgegen und erwarte von Ihrer alten Freundschaft den Vorzug einer Ihrer ersten Leser und Gäste zu seyn. Garvens Beurtheilung von Kants Kritik habe noch nicht gelesen. Daß sie sich einander nicht verstehen würden, hab ich schon aus dem Briefe den er durch Spalding an ihn schrieb, absehen können. Er liest jetzt über die philosophische Theologie mit erstaunenden Zulaufe – arbeitet wie es scheint an der Ausgabe seiner übrigen Werke und conferirt mit M. u Hofprediger Schultz der auch etwas über die Kritik schreibt. Aus Morungen erhalte bisweilen Grüße, aber keine Einl. Das Gewitter hat auch dort eingeschlagen, wie wir hier die Tragheimsche Kirche verloren und der seel. Lauson entdeckte kurz vorher einen
    Leichenstein
, den man verkauft hatte mit folgender Aufschrift: Hier lieg u schlaf ich Jacob Klein 1. im Bett von Kalk u Steinen Nebst Weib 2. u Kind 3 4 daß uns ja nicht wer stöhr in unsrer Ruh Sonst wird ihm Schrecken Furcht u Angst die Augen drücken zu Du Jesu rühr uns nur, wenn Du wirst zum Gericht erscheinen. Die Zahlen weisen auf die Namen u Familien umstände, die weitläuftig angeführt waren von den 5. Mitbegrabnen. Er war ein Vater des berühmten Naturforschers in Danzig. Der Urältervater ist der erste luthersche Erzpriester in Marienwerder u Luther Schüler gewesen. Sein Vater Prediger zu Schonberg hat die formula Concordiae unterschrieben. Die Großmutter hingegen eine Enkelin des Saml. Bischofs Mörlin. Der Stein war an einen Steinmetzen in meiner Nachbarschaft verkauft. Empfehle Sie u die Ihrigen wie mich selbst u das Meinige Göttlicher Gnade u Liebe u ersterbe Ihr alter Joh Georg Hamann.
d. 24 Oct. 83. Laß Dir doch, mein liebes Kind, das
    evangelische Gesez der Sparsamkeit
im Reden u Schreiben empfohlen seyn. Rechenschaft von jedem
    unnützen
,
    müßigen
Wort – u. Oekonomie des Styls. In diesen beyden mystischen Wörtern liegt die ganze Kunst zu denken und zu leben. Alles was Demosthenes sich in der 3 maligen Wiederholung eines einzigen Kunstwerks dachte, das sind die beyden Wörter
    Oekonomie
u.
    Styl
für mich. Ich hole soweit aus, um Dir einige Vorwürfe zu machen pp
HöchstzuEhrende Freundin, Es that mir schon etwas leid heute vor 14 Tagen unsern sichern Freund zu Ihnen gebracht zu haben; aber vorigen Mittwoch, als ich 2 Boten erhielt, diente es mir zu großer Beruhigung, ohn daß ich Ihre Entschlüßung hätte vermuthen können ihn Selbst zu besuchen. Ich wollte mich eben den Tag drauf zu Tische setzen, als man mir ein Leichenbillet brachte, vermuthlich durch ein Misverständnis – vom Hindersin. Auf diesen blinden Schreck erhielt ich einen Einschluß vom HE Comm. Rath Wulff, der sonst die Gelegenheiten aus Graventihn als Nachbar besorgt. Der schwarze breite Rand machte mich auch stutzig – endlich war es ein kaufmännisches gedrucktes Circulair Schreiben aus Lübeck von der Wittwe meines alten Freundes Karstens, den ich auch diesen Monath verloren, der aber noch vor seinem Ende für sein Andenken im Gehöft und Garten gesorgt. Auch dem armen Mann wird die Ruhe wolthun. Nach der schrecklichsten Gicht an Händen und Füßen war er epileptischen Anfällen ausgesetzt gewesen. Bald drauf kam endlich Pr. Kraus und gab mir einiges Licht, daß unser Freund nemlich durch ein Blutspeyen, wovon ich gar nichts gehört hatte, der so großen Gefahr ausgesetzt worden war. Da ich an meiner seel. Mutter Erfahrungen gnug erlebt: so hoffe ich ihn auch noch zu sehen, und daß er noch als Decanus meinen Sohn, unserer noch neulich genommenen Abrede gemäß wird einschreiben können, welches ich mir wegen des gegenwärtigen Rectorats seiner erwählten medicinischen Facultät aus einem kleinen Aberglauben in den Kopf gesetzt. Ich bin auch seinetwegen ein wenig beunruhigt worden, wegen eines schlimmen Fußes, und da ich ihm neulich Pulver gegen die Schärfe schicken muste, ohne mir die Veranlaßung merken zu laßen, auch selbst seinen Haasen mit den 4 Karpen deshalb nicht hat überbringen können. Lindner ist heut vor 8 Tagen abgereist – und zwar nach Berlin zum Prof. Meierotto, von deßen Unterredung mit dem Könige am 20 Jänner 82. ich einen sehr merkwürdigen Aufsatz gelesen habe in Winkops Bibliothek für Denker im 2ten Stück. Ich erfuhr erst zu
    meiner großen Beruhigung
bey meiner Zuhausekunft von Ihrem Besuch diese Nachricht seiner Bestimmung. Ich habe vor 8 Tagen die Douce-amère
    süß-bitteren Stengel
– oder
    Je länger – je lieber Cur
angefangen, welche mir schon unser liebe Doctor in Wien im August empfohlen, die erste Woche zu 2 Qventchen, seit gestern zu 4 und die künftige Woche zu 6. Mein Uebel besteht in einem eckeln u beschwerl. Ausschlage im Gesicht, am Halse und zum Theil am Kopf und an den Hüften. Meine gewöhnliche Erhitzungen, die ich zwar so oft als mögl. aber doch nicht immer durch eine Umkleidung abwarten kann, sind wol der Grund des Uebels – und ich vermuthe nun auch eine angeerbte Disposition, weil ich mir besinne daß mein Vater mit einem ewigen Juden beschwert war und ihn eine Art von Neßelsucht, die seinen ganzen Leib mit großen Blasen bedeckte, befiel, aus der keiner seiner Aertzte klug werden konnte – Für das mir überschickte Quodlibet danke ich recht herzlich. Es hat mir eine seelige Viertelstunde gemacht, und ich habe dafür meinen Freund Jacobi, den ich für den wahren Verfaßer halte, im Geist umarmt. Eine Stelle erinnerte mich sehr lebhaft an das au revoir des seel. Lindners und eine andere Stelle ist ein heller Commentar über eine Gesinnung, die ich meinem Sohn wünschte deutlicher zu machen, als es mir bisher möglich gewesen, für den ich auch diese Bogen vom Verfaßer zu erhalten hoffe. Auch
    Decker
ist der Verleger seines
    Etwas, das Leßing gesagt
, das ich allenfalls Sie es nicht gelesen nebst einem Briefe von Ihm mittheile, den ich noch nicht beantwortet habe. Es geht mir mit der Freundschaft, wie mit dem lieben Caffé, den ich ebenso lebhaft trinke als haße. Enthusiasmus und Mistrauen sind jedesbeide Gift in ihrer Art aber eins zugleich das beste Gegengift des andern. Dazu gehört freylich ein guter Magen, und etwas grobe Fibern in den Eingeweiden So lang es noch Menschen giebt, und so lange wir es selbst sind, wird es uns an Freunden nicht fehlen.
    Der Brunn des Lebens
so wol als der Freundschaft
    thut aus Ihm entspringen
,
    Gar hoch vom Himmel her, aus Seinem Herzen
. So sing ich alle Sonntage und hatte auch gestern gesungen vor Empfang Ihrer gütigen Zuschrift. Bleibt der Centner mein Gewinn Fahr der Heller immer hin! Gesetzt daß dieser October auch ein Sterbemond für mich seyn und ich den dritten verlieren sollte: so ist ein
    abwesender
auch noch Freund, und vielleicht, ja oft mehr als ein gegenwärtiger. Fritzchen Stockmar ist die Morgengesellschaft meiner Kinder und besucht selbige fast alle Tage seit dem 15 huj. Seit vorigen Donnerstags habe den Prof der Politik und Moral nicht mit meinen Augen gesehen, ohngeachtet er weiß daß ich nicht ausgehen kann, und ich ebensowenig meine Magd (Gans) zu unserm kranken Freunde schicken mag, ohngeachtet meiner Bitten und seines Versprechens bald widerzukommen. Laß ihn nur kommen, damit ich ihn fragen kann; aus welchem Kapitel der Moral oder der Politik er sich unsichtbar macht. Meine Leute decken – und ich habe mich müde und hungrig geschrieben – wie Sie sich müde und satt gelesen – Empfehle mich und die Meinigen in der Hofnung das Uebrige bald mündlich zu ersetzen. Ich ersterbe mit den aufrichtigsten Gesinnungen meiner Ergebenheit gegen Ihr ganzes Haus Ihr Schicke auch meinen Pestalozzi mit wegenalter treu verpflichteter und des hinten angebundenen von Müller,verbundenster Freund und Diener dem Bruder meines Schweitzers.Johann Georg Hamann. den 27 8br 83. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Madame / Madame Courtan / née Toussaint / Nebst 2 Büchern.
Etwas das Leßing gesagt hat / Ein Commentar zu den Reisen der / Päbste, nebst Betrachtungen v. / einem dritten – den m. ich / b. G. s. –
Hochwolgeborner HErr, HöchstzuEhrender HErr und Freund, Herr Hartknoch hat mir vorige Woche gemeldet, daß er den
    sechsten Theil
vom Shakespear verschrieben und bietet zugl. die 2 ersten Bände von Büffons Histoire des mineraux Ew Hochwolgeboren an. In Ansehung des Sh. glaubt er, daß der sechste Theil der rechte sey, sonst ich es ihm mit der nächsten Post melden sollte. Ohngeachtet bereits viel wegen dieses Misverständnißes geschrieben worden und mehr als in einem Briefe davon die Rede ist: so bin ich doch nicht im stande selbige hervorzusuchen, weil mein Sohn auf dem Lande ist und vielleicht den ganzen Winter daselbst bleiben wird. Ew. Hochwolgeboren werden daher die Gefälligkeit für mich haben mit nächster Post so wol in Ansehung des Büffons als des noch fehlenden Theils mir geneigte Antwort zu ertheilen, damit ich einmal den hier noch liegenden
    zehnten
Band los werde und die Sache zur Richtigkeit komme Ich wünschte zugleich gute Nachrichten von Ihrer Gesundheit und Gemüthsruhe zu erhalten; denn unser gemeinschaftliche Freund hat mir eben so wenig von Ihnen, als Ihnen von mir überbringen können, weil er seine Reise incognito gethan. Wegen eines beschwerlichen Ausschlages am Haupt und an den Hüften habe ich vorige Woche die Dulca amara Stengel oder Jelängerjelieber cur a 2 Qventchen den seit dem Sontag à 4 und künftige Woche à 6 Qventchen angefangen. Mein alter Freund Lauson und der ehrliche Kaufmann Karstens in Lübeck, der meinen Garten und mein Gehöfte mit so schönen Wallnuß und Obstbäumen versehen, habe in diesem Monath verloren, und bin auch für den dritten Freund Prof. Kreutzfeld besorgt – den ein Blutspeyen außer aller Hofnung gesetzt haben soll. Ich empfehle mich nebst den Meinigen Dero geneigten Wohlwollen und habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu seyn Ew. Hochwolgeboren gantz ergebenster Diener Kgsberg den 28 8br. 83.Johann Georg Hamann
Kgsberg den 31 Oct. 83. Herzlich geliebtester Freund Ihren Catalog nebst Beyl. habe den 22 erhalten und heute Antwort von Auerswald. Vom Buffon verlangt er nichts mehr (zu meinem Leidwesen) als etwa eine Fortsetzung der Vögelgeschichte. Wegen des einen fehlenden Theils ist er mir auch nicht im stande Bescheid zu geben, weil alle se Bücher eingepackt sind. Mein Hanschen ist abwesend u ich bettlägerich an einem gichtigen Schmerz in der rechten großen Zehe. Auf allen Fall will sich auch Auerswald eine Doublette gefallen laßen. Ich vermuthe es ist der
    sechste
Theil. In meinen Briefen werden Sie auch dieselbe Seyte mehr wie einmal berührt finden. Wegen der Expeditionen nach Schwansfeld weiß ich keinen andern Rath als selbige durch den mir angewiesnen Kaufmann zu befördern. Ich habe mit genauer Noth Antwort von HE Pfarrer erhalten, und bin nach der Zeit bey dem Kaufmann angesprochen wo ich erfuhr das das erste Pack abgeholt worden. Die letzte Beyl. muß bis zu meinem Ausgehen bleiben. Freue mich sehr über die glückl. Ankunft der lieben Ihrigen. Daß Sie mich nicht nur einen Advocaten der Ammen nennen sondern auch ein Diabolus der Caffetrinker u Trinkerinnen sind, darauf muß ich ein andermal antworten. Monboddo steht wenigstens im Meßkatalog und ich freu mich im Geist darauf, wie auf die Fortsetzung der Zend-Avesta, die hoffentl. geschloßen seyn wird, daß ich sie einmal lesen kann. Daß ich meinen alten Freund Lauson verloren, werd ich Ihnen wol schon gemeldt haben; ich auch dem Publico kund thun müßen. Die ersten Zeilen welche ich in die Hartungsche Zeitungen u Raisonnement geliefert. In beyden Druckfehler. Meinen Freund Karstens in Lübeck der mir die Obstbäume geschickt hab ich auch diesen Monat verloren – und Kreutzfeld liegt außer aller Hofnung. Der junge Lindner ist den 20 nach Berl. zu Meierotto in Pension abgereist. Verlieren Sie kein Wort wegen des überschickten Exemplars der Episteln. Er wird selbiges unstreitig erhalten haben, u wir haben nichts mehr mit einander zu theilen. Der gute Doctor ist in Wien u lebt dort zufrieden. Das ist ein Mann von einem gantz andern Schlage. Ich habe die Dulcamara oder bittersüße StengelCur angefangen und diese scheint auf die materia peccans in meiner rechten Zehe zu würken. Mein Kopf ist voller Geschwüre u meine Hüften, daher ich eine Reinigung meiner Säfte nicht länger aufschieben können. HE Podbielski besuchte mich heute. Die Voldenscherersche Hochzeit hat die Familie bisher beunruhigt wegen der gewöhnl. honneurs die man einem jungen Ehpaar thut. Danken Sie Gott daß Er Ihnen eine gute Amme beschert und gönnen Sie uns armen Sechswöchnerinnen das Labsal des leidigen Caffes. Ich freu mich vielleicht meinen Sohn auf ein paar Stunden in der Stadt zu sehen. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Gemalin. Gott seegne uns und unsere Kinder! Grüßen Sie mir herzl. Ihren lieben Schweitzer. Reichard ist in Berl. Nach Weimar habe vorige Woche geschrieben. Ich umarme Sie unter 1000 Segenswünschen u Grüßen meines ganzen Hauses u des Virtuosen Hill der das Arabische bey Köhler angefangen. Ich kann nicht mehr schreiben auf der weichen Zudecke u ersterbe Ihr alter treuer FreundJohann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
. /
    Einschl
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf. d. 24 Oct 1783 beantw d 7 Dec
Königsberg Dom XX. p Tr. den 2 Nov 83. HöchstzuEhrender HErr und Freund, Ihre liebreiche und höchsterfreuliche Zuschrift nebst der gedruckten Beyl. vom 16 Jun. erhielt im Päckchen unsers Claudius eben an Seinem Geburtstage. Heute vor 8 Tagen schickte mir eine Freundin zu eine kleine Erzählung nach Raphael, die mir eine seelige Viertelstunde machte, und worinn ich Sie zu erkennen glaubte, daß ich die ganze Woche an Sie gedacht und mich dabey meiner alten Schuld erinnert. Ich schreibe gegenwärtig auf dem Bette, weil ich einen kleinen Anfall von der Gicht in den beyden großen Zehen, fast ohne alle Schmerzen, während dem Gebrauch der bittersüßen Stengel oder Dulcamara bekommen. Ich habe mit 6 Qventchen heute den Anfang gemacht und hoffe mit dieser Woche zu schlüßen. Die Reisen der Päpste haben eben den Eindruck auf mich gemacht und mich mit dem ersten Theil der Schweitzergeschichte ausgesöhnt, worinn zu viel achillisches für mich war und dem Gott Mäusim zu viel geräuchert worden. Die
    Reisen
stimmen mehr mit meinem Geschmack an der Odyßee und mit meinen übrigen Grillen über die
    Jüdische
und
    Kirchengeschichte
;
als die ältesten, fruchtbarsten, unerkannten Qvellen einer transcendentalen Philosophie u Politik. Auch was Leßing gesagt, komt mir eben so
    alt
als wahr vor. Ohne den Verfaßer zu ahnden machte ich eine Ausnahme von
    dem
    Nothgesetz
, und kaufte mir diese kleine Schrift bey dem ersten Anblick. Ich hatte also beym Empfang Ihres Geschenks wenigstens die Freude den Vater und Freund zu kennen, und habe mir oben angeführte Erzählung nicht gekauft, ohngeachtet der innigen Beziehung zweyer Stellen auf meine Umstände und Bedürfniße. Ihre Vorsicht mir die Stelle meines eignen Briefes mir wider mitzutheilen, ist wirklich nicht überflüßig gewesen, weil es mir sonst schlechterdings unmöglich gewesen mich auf einen einzigen Buchstaben zu besinnen, und jetzt ebenso wenig im stande bin mich in den damaligen Gang meiner Begriffe zu versetzen. An ein wenig Unzufriedenheit mit dem Wege unserer Philosophie fehlt es mir auch wol nicht, und in diesem Punct konnt ich wol sagen, was Horatz zu Mäcen: Vtrumque nostrum incredibili modo Consentit astrum – Dem ohngeachtet scheint mir doch
    jenes ungeheure Loch
, jener
    finstere ungeheure Abgrund
beynahe ein wenig à la Pascal ergrübelt zu seyn. Nicht daß ich an den Tiefen der menschl. Natur den geringsten Zweifel hätte; aber diese Schlünde zu erforschen, oder den Sinn zu solchen
    Gesichten
auch andern mitzutheilen ist mißlich. – Ich zweifele beynahe wie Sie Selbst, HöchstzuEhrender HErr und Freund, daß ich Sie verstehe; denn Ihre Resultate scheinen mir Folgen individueller Erfahrungen, getäuschter Erwartungen fehlgeschlagner Entwürfe zu seyn die vielleicht noch gar in crisi sind. Que sais-je? Ich hoffe, daß alle unsere Misverständniße der Freundschaft keinen Eintrag thun werden, und fahre mit aller Sorglosigkeit u Freymuth fort. Es geht mir mit der Vernunft wie jenem alten mit Gott (dem Ideal der reinen Vernunft nach unserm Kant) je länger ich darüber studiere, je weniger komm ich von der Stelle mit diesem Ideal der Gottheit oder Idol – Das ist die Natur der Leidenschaft, daß sie nicht am Dinge selbst, sondern nur an seinem Bilde hangen kann – und ist es nicht die Natur der Vernunft, am Begrif zu hangen – Trift also nicht also nicht beide der Fluch des dürren Holtzes? Sie machen die Vernunft zum Strom und die Leidenschaft zum Ufer. Thür oder Mauer!
    wie man’s nehmen will
. Wenn’s ja Strohm seyn soll: so ist’s der
    einzige
in seiner Art, der wunderbare des weisen Ägyptens. Werdt wie die Kinder, um glücklich zu seyn, heist schwerlich so viel als: habt Vernunft, deutliche Begriffe. Gesetz und Propheten gehen auf Leidenschaft von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften – auf Liebe. Ueber die deutlichen Begriffe werden die Gerichte kalt und verlieren den Geschmack. Doch Sie wißen es schon, daß ich eben so von der Vernunft denke, wie St Paulus vom ganzen Gesetz und seiner Schulgerechtigkeit – ihr nichts als Erkenntnis des Irrthums zutraue, aber sie für keinen Weg zur Wahrheit und Leben halte. Der letzte Zweck des Forschers ist, nach Ihrem eigenen Geständniße, was sich nicht erklären, nicht in deutl. Begriffe zwingen läst – und folglich nicht zum ressort der Vernunft gehört. – Ich habe aber diese Untersuchungen gantz aufgegeben wegen ihrer Schwierigkeit und halte mich jetzo an das sichtbare
    Element
, an dem Organo oder Criterio – ich meyne
    Sprache
. Ohne
    Wort
, keine Vernunft – keine Welt. Hier ist die Qvelle der
    Schöpfung
und
    Regierung
. Was man in morgenländischen Cisternen sucht, liegt im sensu communi des Sprachgebrauchs, und dieser Schlüßel verwandelt unsere beste und wüste Weltweisen in sinlose Mystiker, die einfältigsten Galiläer und Fischer in die tiefsinnigsten Forscher und Herolde einer Weisheit, die nicht irrdisch, menschlich und teufelisch ist, sondern einer heimlichen verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt, zu unserer Herrlichkeit – welche keiner von den Obersten dieser Welt zu erkennen im stande ist – – 1 Cor. II. – und diese Philosophie läßt keinen Rechtschaffenen, der an öde Stellen und Wüsten hingeängstigt wird, ohne Hülfe und Trost.
    Ich weiß auch nicht
, lieber Verehrungswürdiger Freund, ob
    Sie mich verstehen
– was ich Ihnen von meinem Lager ins Ohr sage. Für die Dächer gehört es noch nicht. den 22 Novbr Hier kam eben der Besuch eines Fremden aus Deßau, HE Becker, der mich zweymal besucht, ohne daß ich einmal im stande gewesen, ihn recht ins Gesicht zu faßen. Mein angefangener Brief ist 20 Tage liegen geblieben, während welcher ich schon ziemlich hergestellt gewesen, aber wider das Bett hüten muß, doch Gottlob! ohne sonderliche Schmerzen, wenn ich liege und die beyde Patienten in Ruhe und Ausdünstung erhalte. Sie vergeben es mir, daß ich ohne Bedenklichkeit über Formen und Regeln des Weltbrauchs fortfahre und mit Uebergehung aller verdrüslichen Kleinigkeiten blos der angenehmen Eindrücke mich erinnere, die ich in dem Zwischenraum der ganz zufälligen Lectur von den 8 Heften der Pomona zu danken gehabt. Ich hatte dies Buch von einem Freunde für eine Freundin besorgt, die es mir zurückgeschickt hatte. Meine Unpäßlichkeit und der Aufenthalt meines Sohns auf dem Lande verhinderten die Ablieferung – Es lag mir vor Augen, ohn daß ich Muth hatte anzubeißen. Ich verschwende so viel Zeit im Lesen, daß ich mir bisweilen aus der Enthaltsamkeit auch am unrechten Ort ein Verdienst machen muß. Unterdeßen war der Name Bondeli zu anzüglich, nicht wenigstens in Ansehung deßelben meine Neugierde zu befriedigen. Eine Baroneße von Bondeli ist eine alte und unschätzbare Freundin für mich, bey deren seeligen Vater ich auf 2 Jahre wie ein Miethsmann und wie ein Kind beynahe im Hause gelebt. Seine einzige Tochter hat ihre beste Lebenszeit der Pflege ihres von Jahren und Krankheiten erschöpften Vaters aufgeopfert, der ein sehr verehrungswürdiger Mann und Tribunals- u Pupillenrath war. Er genoß in den letzten Jahren, da ich bey ihm lebte, die Zufriedenheit seinen Sohn in Bern, wo er herstammte, auf eine sehr vortheilhafte Art versorgt zu sehen, als Aufseher der dortigen Militz. Ich habe ihn selbst nicht gekannt; seine herrschende Neigung zum Spiel, und noch mehr seine fast unverzeihlige Vernachlässigung einer einzigen verdienstvollen Schwester scheinen mir eben keine Empfehlung seines Characters zu seyn. Zwar aus Noth Verlegenheit, aber mit dem edelsten Gefühl der Ehre und des Gewißens entschloß sie Sich zum Beruf einer
    Beaumont
, und hat mit genauer Noth die Anzahl ihrer Pensionairs auf 5 gebracht, ohne erkannt noch unterstützt zu werden. Sind Sie im stande von der seel.
    Julie
noch einige Umstände mir sowol als Ihrer Hiesigen an Geist und Herz so nah verwandten
    Bondeli
mitzutheilen oder allenfalls durch die dortigen Verbindungen der Me. de la Roche, von dem dortigen Bruder: so würde ich dies wie eine neue Wolthat Ihrer Gewogenheit erkennen. Die so reitzende Scene zwischen Fritz – Seiner Betti und Ihrer Sophie gehört wol nirgends als in
    Pempelfort
zu Hause? Ich bin auch genöthigt dieses offene Blat meinem Gevatter Claudius beyzulegen, und seiner Verantwortung es zu überlaßen, ob er es zurückhalten oder befördern will. Es geht schon in die 6te Woche, daß ich nicht aus dem Hause gewesen. Bey aller Gemächligkeit meines
    Packhofverwalter
dienstes
am hiesigen Licent, bey aller meiner Entfernung von Umgange und gesellschaftlichen Verbindungen weiß ich nicht die
    meiste Zeit
, was ich mit ihr anfangen noch wo ich sie hernehmen soll, und bin also ein Märtyrer entgegengesetzter Bedürfniße. Meine geläufigsten und ergiebigsten Thränen qvellen aus Wollust und Freude; Ungedult und erstickter Zorn arten desto leichter bey mir in ein Lachen aus. Nach dieser kleinen Idiosynkrasie habe ich mir einen etwas abweichenden Character jener beiden übelberüchteten Philosophen gemacht. Mein gröstes Hauskreutz liegt vielleicht darin, daß ich meiner natürlichen Liebe zu den vier gesunden Kindern, welche mir Gott geschenkt hat und deren ehrliche Mutter zwar nicht meine Frau aber doch Haushofmeisterin ist, durch eine angemeßene Erziehung zu befriedigen außer stande bin. Mein ältester und einziger Sohn geht ins 15te Jahr, hat sich der Arzneywißenschaft gewiedmet, auch hierinn nach meines Herzenswunsch, und lebt seit diesen Sommer auf dem Lande wenige Meilen von der Stadt, bey einem HE. Kriegsrath
    Deutsch
, der unlängst aus Potsdam als künftiger Erbe eines sehr ansehnlichen Gutes
    Graventin
ins Land gezogen und zur Gesellschaft und Aufmunterung seines einzigen Kindes und deßen geschickten Hofmeisters sich meinen Sohn ausgebeten, der von gleichem Alter mit jenem ist und mit dem er gleiche Vorrechte in allem genießt. Dieser außerordentliche Beweis göttlicher Vorsehung beruhigt mich zugleich für meine 3 jüngern Töchter, deren Wachsthum ich blos zusehen mußteß, ohne ihre nöthige Bildung befördern zu können. Was aber am meisten die Oekonomie meiner Kräfte und ihres freyen Gebrauchs stört, ist wol ein hypochondrisches Wechselfieber von Uebertreibung und Erschlaffung. Vielleicht finden sich, HöchstzuEhrender Herr und Freund, in diesem Gespinst einige stamina unser sympathetisches Gefühl zu entwickeln, oder zu berichtigen oder auf die Zukunft zu befestigen. Vielleicht aber werden Sie gänzlich vereckelt und abgeschreckt von Ihren günstigen vorgefaßten Meinungen – In beyden Fällen unterwerfe mich dem Gewinn und Verlust meines Schicksals, wiewol mit stärkerem Vertrauen auf Ihre Nachsicht und Liebe, als auf mein Verdienst und Würdigkeit. Gott laße es Ihnen und Ihrem ganzen Hause an keinem Guten fehlen, und erfülle mit vollem Maas den Seegenswunsch der Göttin Pomona! Ich ersterbe mit der herzlichsten Ehrerbietung Ihr ergebenster verpflichteter Freund und Diener Johann Georg Hamann. Vermerk von Jacobi: Fischer u Lengnick zu Konigsberg
Königsberg den 16 Nov. Dom. XXII. 83. Herzlich geliebtester Herr Gevatter, Landsmann und Freund Ihr Herr Schwager D. brachte mir den 15 pr. die erste gute Bottschaft Ihrer glücklichen Heimkunft und ebenso unversehrten Andenkens ins Haus. Mein Gruß an Sie durch Lavater in den letzten Tagen des Augusts muß zu spät gekommen seyn. Es freut mich, daß Reise und gute Gesellschaft die Erreichung Ihrer Absichten befördert haben und Sie zum Genuß der häuslichen Ruhe wider hergestellt stellen haben werden. Gestern sind 4 Wochen, daß ich nicht aus dem Hause gewesen, und morgen 8 Tage, daß ich wider den Anfang gemacht aufzustehen. HE Prof. Becker ist so gütig gewesen 2 mal bey mir anzusprechen, wir haben uns einander fast gar nicht genießen können, ohngeachtet er mir zu einem dritten Besuch Hofnung machte – aber alles was mir Hartknoch zu liefern im stande gewesen, hab ich ihm mitgegeben und für HE D. Biester auch die bestellte 2 Disp. des Pr Kraus, der ein Blutspeyen vor 14 Tagen bekommen, so wie unser liebe Kreutzfeld auch vor 3 Wochen wegen eines ähnlichen Zufalls schon für todt ausgegeben wurde, aber sich Gottlob! beßern soll. Ich habe auf ersteren die ganze Woche gewartet, aber weder ihn selbst zu sehen noch das geringste von ihm zu hören bekommen können; weil mir mein kleiner Scipio fehlt. Das klügste wird wol seyn, Ihnen die ganze diesjährige Geschichte meiner traurig-lächerlichen Ritterschaft ab ouis an mitzutheilen, nach Handleitung meines durchschoßenen Kalenders in 4o. Dem zu folge kam mit dem Ende des Jänners mein alter Freund D. Lindner in Gesellschaft seines BruderSohns hier an. Jener zog bey seiner alten kranken Mutter ins Roßgärtsche Wittwenstift, und hat ein wahres Muster kindlicher Liebe und aushaltender Gedult abgelegt, wobey er sich selbst beynahe aufgeopfert und nicht eher als auf freywillige Erlaßung seiner gleichsam von Gott selbst dazu begeisterten Mutter med. Augusti nach Wien abreiste. Sein später Entschluß die Medicin zu studieren schien einer Buhlschaft einer alten reichen Wittwe ähnlich; aber nein! sie warist, wie die letzte so die erste, die einzige und ganze Muse seiner Seele. Dieser rechtschaffene Mann, für deinen meine Freundschaft ebenso wuchs wie seine Neigung zur Arzneykunde, empfahl mir den Gebrauch der
    bitter-süßen
Stengel oder
    Dulcis amara
wegen einiger beschwerlichen Flechten, mit denen ich mich viele Jahre über geqvält, und von denen ich auf einmal durch die
    Qväcken
, deren mein Gevatter in W. gantz zufällig erwähnte, befreyt blieb. Nunmehro aber schien dies Unkraut meines eigenen Gartens beym zweiten Gebrauch alle seine Kraft beynahe verloren zu haben. Ich bat mir also die Vorschrift der
    Je länger
,
    je lieber-Cur
beym Abschiede von meinem Freund aus. Der Gebrauch aber verschob sich, bis ich durch einen schlimmeren Ausschlag auf dem Kopf und an dem linken Ohr, dergl. die kleinen Kinder haben, im Gesicht und besonders um die Lenden ungedultig wurde und den 20 pr. den Gebrauch des Mittels die erste Woche zu 2 die andere zu 4 die dritte zu 6 Qventchen versuchte. In der zweyten Woche zeigte sich der erste Einfluß auf die materia peccans, (welche diesen April meine beide podagrische Fußdaumen verschont hatte,) auf eine merklich verschiedene Art von den beyden Anfällen, die ich bisher gehabt. In dieser Lage besuchte mich HE Pr. Becker den 2 huj. in Gesellschaft eines portugiesischen Kaufmanns, die mich ein wenig verlegen machte und unsers Cr. R. Jenisch, ohne daß ich Ihren Brief zu lesen imstande war. Den 5 kam er mit Ihrem HE Schwager D. der sehr eilfertig that. Ich glaubte schon mein Uebel überstanden zu haben, gegen die Nacht aber überfiel mich ein neuer Schmerz, der aber mit dem andern Tage sich stillte. Daher hab ich kaum diesen würdigen Mann recht ins Gesicht faßen, geschweige Ihre und meine Wünsche befriedigen können und an den guten Stunden bey unsern Freunden in seiner Gesellschaft keinen Antheil nehmen können. Er soll heut vor 8 Tagen mit den beyden jungen Motherby abgereist seyn. Des D. Lindners Neveu, seines Bruders des Hofraths in Mitau Sohn, kam damals den 27 Jänner zu mir in Pension. Dieser junge Mensch ist hier geboren, bey der Grosmutter der Amtsräthin Wirthin erzogen und wurde nach einem kurzen akademischen Aufenthalt, ohne etwas damals von ihm gehört noch ihn selbst gesehen zu haben, nach Mitau beruffen. Der 2 jährige Aufenthalt in seiner Eltern Hause scheint ihm nachtheiliger gewesen zu seyn als die grosmütterl. Erziehung. Die französische Sprache ist das Einzige gewesen, womit er sich noch in Mitau beschäftigt unter einem gewißen Cerati, der gegenwärtig einen Posten bey der Regie haben soll. Meine verjährte Freundschaft ist Ihnen bekannt mit dem seel. Kirchenrath u seinen 2 Brüdern. Umgang und Briefwechsel an sich ist meine Sache nicht. Ich besuche niemanden noch schreibe an ihn ohne durch Geschäfte und Umstände ausdrückl. dazu aufgefordert zu werden. Daher hatte ich auch in Angelegenheiten der alten Consist-Räthin an ihre Söhne schreiben müßen. Dem Hofrath kam mein Brief als ein Deus ex machina um seinen Sohn, der ihm schon lange auf dem Halse gelegen hatte, bey mir anzubringen. Er beschwor mich bey unserer alten Freundschaft u versprach goldene Berge. Sein Brief war also auch in meinen Augen ein Deus ex machina wegen meiner damaligen Verlegenheit und in Rücksicht meines eigenen Sohns – zu gleicher Zeit erhielt durch ein neues Spiel des Zufalls eben so zuverläßige als abscheuliche Nachrichten von dem Geitz des Mannes, die mich eben nicht irre, aber doch behutsam machten. Ich meldete ihm alle Unbeqvemlichkeiten meiner ganzen Lebensart u. Einrichtung, und daß ich mich zu nichts als einer
    Probe
verstehen könnte, welche durch die Ankunft des Bruders und seinen Aufenthalt hier desto füglicher gemacht werden könnte. Von dem sittsamen sanften Character des jungen Menschen hörte ich lauter Gutes und es war blos von seiner Vernachläßigung im Unterricht u Schulkenntnißen die Rede. Ich machte einen muthigen Anfang, und leider! mit Decliniren u Conjugiren in voller Erwartung, daß ich den Eckel daran bald würde überwunden haben. Aber Neigung zu Moden, Zeitvertreiben, Comödien, gesellschaftl. Zeitvertreiben und den dazu gehörigen Verdiensten hatte allen Geschmack an Gründlichkeit u Wißenschaften stumpf gemacht. Gar kein Selbsttrieb, noch Ehrgeitz von einer Seite – und von der andern ein schon zu reif gewordner Beobachtungs- u Nachahmungsgeist des Schlendrians und der moyens de parvenir. Die Tiefe des stillen Waßers wurde auch bald ergründt, und ich muste mit meiner gemachten Probe zum baldigen Beschluß eilen. Es blieb mir also nichts übrig als den jungen Menschen zu einem akademischen Bürger wenigstens in Ansehung der lateinischen Sprache einigermaaßen zu qualificiren und durch diese Uebung seine Aufmerksamkeit zu u Urtheilskraft zu schärfen und vorzubereiten. Ich schäumte gegen den Vater und überließ es ihm seinen Sohn auf welche Akademie er wollte zu verpflanzen gegen Michaelis. Ungeachtet unsers Hahnengefechts, wurde noch ein Vierteljahr bis zum 27 Oct. eingeräumt. Den 11 ejusd. beschloßen wir die Woche mit dem 3ten Buch der Oden des Horatz und mit den Adelphis des Terentii, als er mir wider se. Gewohnheit durch sein Ausbleiben des Nachts beunruhigte. Ich verdarb mir dadurch den ganzen Sonntag weil ich ausgehen muste Erkundigung seinetwegen einzuziehen; erfuhr aber zu meiner Beruhigung, daß er zu Fuß nach Steinbeck bey sm jüngern Oncle dem Lieut. Wirth herausgegangen, und die Leute des Stadtraths ver seinen Auftrag mir Nachricht davon zu ertheilen vernachläßigt hatten. Montags erhielte eine kleine Einl. vom Vater mit
    völliger Courtoisie
zum Gruß und einem
    gehorsamen Diener
zum Schluß und der Bitte seinem Sohn nichts im Wege zu legen daß er so bald wie mögl. das Ziel seiner neuen Bestimmung erreichte. Ohne mich darum zu bekümmern erfuhr ich endl. daß selbige bey HE Pr.
    Meierotto
wäre, wohin er auch den 20 pr. da ich eben meine Cur anfieng, abgereiset. Zum Glück hatte mein Sohn diese ganze Zeit über den Unterricht im Christentum abzuwarten und wurde den 13 Julii eingeseegnet, und den 24 ej. vom HE Kriegsrath Deutsch nach Graventihn zur Gesellschaft seines einzigen Sohns vom gl. Alter mit meinem abgeholt. Auch ich habe Reisen gethan im Geburtsmonath August, bin mit Hack u Pack anderthalb Tage in Trutenau gewesen, setzte mich den 20 ej. des Abends auf die Post verdung bis Pr. Eylau, stieg aber des Nachts in Mühlhausen ab und kam den Morgen früh in Graventihn eben zur Honigbeute an, fuhr aber am Bartholomäustage mit meinem Sohn zu Hause, der seit den 7. Sept. seinen Sitz zu Graventihn hat und eben den Tag wie mich HE Prof. Becker besuchte, auf ein paar Stunden u eine Nacht zum Besuch in der Stadt gekommen war. Hinc illae lacrumae über meinen kleinen Scipiofür mich alten gichtbrüchigen Mann mit schwindlichem Kopf! Gott Lob! es geht ihm recht wol; er ist wie ein Kind im Hause, lernt nicht nur ein wenig mores und Umgang sondern geniest auch den Unterricht eines geschickten Hofmeisters, den ich hier gern im Lande bald versorgt wünschen möchte. Er wollte hier Vestungsprediger werden; aber zu unser aller Besten ist die Stelle schon in Potsdam vergeben gewesen, ohngeachtet ich ein langes und breites darüber an unsern Freund D. Biester geschrieben. So sehr ich auch meinen Johann Michel zu meinen Bedürfnißen und Bestellungen vermiße; so gern entbehr ich ihn und begnüge mich an dem Gerüchte seines guten Verhaltens und wünsche nichts so sehr als daß es wahr seyn und bleiben möge! Wie ich mit ihm an Barthol. zu Hause kam, fanden wir Marianchen bettlägerich; sie stand aber gleich auf, und es waren die natürlichen Pocken, ohne Artzt, außer dem Bett und ohne alle Uebelkeit. So kam sie ohne Hebamme zur Welt, machte Zähne, lernte gehen ohne Leitband, welches mir bey allen meinen übrigen Kindern nicht gelingen wollen. Sie tritt den 18 huj. in ihr 6tes Jahr, aber an Lesen und Buchstabieren ist noch nicht zu denken. Meine älteste Tochter Lieschen fährt fort Bachsche Sonaten zu klimpern, singt einige Liederchen und das strickende Mädchen, Lebe, lache, küße und die Elegie auf ein Landmädchen – hat seit kurzen Freundschaft mit Mlle Podbielsky, die ein großes Talent zum Zeichnen haben soll, aufgerichtet und fängt an mit ihrem Bruder Briefe zu wechseln, die nicht gehauen auch nicht gestochen sind. Lehnchen, mein mittelstes Mädchen, ist das schwächlichste Kind, ebensosehr zum Weinen als Lachen aufgelegt. Man nennt sie daher vielleicht des
    Vaters Tochter
. Hier haben Sie, herzlich geliebtester Freund, meine sehr langweilige und eben nicht curiöse Relation aller meiner Sorgen und Freuden, unter denen ich wider beynahe ein Jahr verträumt ohne wißen noch sagen zu können, ob ich in einer einzigen Sache weiter und von der Stelle gekommen bin. Nun verlang ich auch recht sehr zu wißen, was Ihr liebes Louischen, was mein kleines Pathchen macht? und ob Ihr Pflegsohn auch schon wider bey Ihnen ist? Da Sie Kinder und eine Haushaltung haben, ist Ihnen wol freylich nichts beßer zu wünschen als eine Gehülfin, die um Sie sey. HE D. Hensler dankt; ich weiß nicht wofür – Alles was Hartknoch mir geschickt erhalten Sie; ich freute mich schon, – denn Sie können nicht glauben, wie sauer es mir wird mich in die Launen zu versetzen, die mich zum animal scribax gemacht, und daß ich selbst den Faden von allem beynahe verloren habe – und wie mir zu Muth ist, meine Poßen mit kalten Blute zu lesen. Ohne mich lange zu bedenken, ließ ich mir alles auf mein Bett bringen, und Lieschen vertritt die Stelle ihres Bruders als Handlangerin. Da machte ich die verdrüsliche Entdeckung, daß mir meine sehr schätzbare Ausgabe der Pucelle d’orleans fehlte, die immer in dem Pulte meiner besondern Niederlage aufbewahrt gewesen, aber von meinen Leuten nach dem Wandel mütterlicher, nicht väterlicher Weise niemals zugeschloßen gehalten wurde. Mein Sohn hat dies Buch auch nicht finden können, sagte mir aber daß Lindner sich darnach erkundigt, für den ich es auch wirklich sequestrirt hatte. Es ist also gar zu wahrscheinlich, daß er dies Buch mitgenommen, und auf eine tückische Art mit mir liquidirt für einige seiner Bücher, die er mir sagte, daß er sie zurückließe, weil es ihm an Platz in seinem Coffre fehlte, die ich mir aber weder angemaßt, noch bisher darum bekümmern können. Kennen Sie HE Meierotto selbst oder wißen Sie sonst einen Bekannten von seinem Hause; so geschähe mir aus mehr als einer Rücksicht eine große Wohlthat, mein Eigenthum gerettet zu sehen. Ich bäte also in diesem Fall aufzuheben und es Hartknoch mitzugeben. Die Ausgabe ist in gr. 8o mit Kupfern, in blau Papier geheftet, die Abschrift eines Gesanges von mir selbst eingeheftet. Die Noten enthalten theils die geänderten theils die in allen gewöhnlichen Ausgaben castrirte Stellen, worunter eine der wichtigsten für mich, auf die ich im Konxompax verwiesen, und hier nirgends aufzutreiben weiß. Sie betrift das
    Auguste enfilage
– und in dieser Groupe den philosophischen Geschmack des S. du Nord. Wißen Sie denn gantz und gar nichts von unserm Vetter B. Ist er als Widertäufer allen seinen Freunden der alten Welt abgestorben oder liegt die Schuld an den holländschen Unterhändlern? Ich habe den gänzlichen Mangel an Nachrichten blos Ihrer Abwesenheit zugeschrieben Ist der jüngste von Hogendorp noch in Berlin? Der mittelste hat mich mit allen seinen mündl. u schriftl. Versprechen der Hemsterhuisschen Schriften zum Besten gehabt, und ich bin dadurch vereckelt worden bis auf diese Stunde die deutsche Uebersetzung anzusehen. Desto mehr Guts wünsch ich meinem ältesten für die Freude die er mir mit den Confessions des Rousseau, mit dem Constanza-Nectar aus dem Keller seiner gnädigen Mama und mit dem halb holländischen halb französischen Valetbrief – Der Himmel schenk Ihm guten Wind, blindes Glück – und auf seine alte Tage Verstand! Merk hat sich meiner so wenig erinnert, daß ich mich beynahe wundere noch in so gutem Andenken zu seyn; wievol es freylich immer beßer ist sein Wort thätig als mündlich zu halten. Befriedigen Sie doch ein wenig meine Unwißenheit und Neugierde in Ansehung des Namens Leuchsenring, der mir bekannt ist, ohne auf die rechte Spur kommen zu können. Einem jüngeren werden die Briefe eines Franzosen an sn Bruder zugeschrieben; oder auch einem jüngeren Riedesel; deren rechten Verf. ich eben so gern wißen möchte, als die unter dem engl. Namen Aschley herausgekommen – aber noch mehr, wenn es keine Sünde ist darnach zu fragen, wer die Allerliebsten Briefe in diesem Monath der Ihrer Monathsschrift geschrieben. Claudius soll nicht länger Matthias sondern Thomas heißen – bitte daher Einl. mit Ihrem Zeugniße zu unterstützen, die schon seit vorigem Monath halb fertig gelegen. den 24 Novbr. Muß diesen Brief wegen neuer Anfälle auf dem Bette schließen, die bey Ruhe und abgewarteter Ausdünstung sehr leidlich sind. Wünsche Ihnen mehr Glück bey der Fortsetzung Ihres Magazins, deßen Anzeige ich auch erhalten aber zugl mit der betrübtenden Nachricht, daß der
    kleine liebe Riese
auch schon seine Laufbahn vollendet. Kälte der Ueberlegung ist ein Gefühl der Gründe, und immer die
    klügste
Partey welche unser D. aus Instinct ergreift, und zugl. zur Nachahmung und Ergebung Ihre würdige Frau Schwester stärken wird. Auch in Leidenschaften scheint jeder sein Maas von Einnahme und Ausgabe zu haben, für deren Gleichgewicht die Natur sorgt. Pr. Kraus hat mich vorige Woche besucht und befindt sich völlig widerhergestellt. Ihren Gruß an Kr R Scheffner werde nächstens bestellen. Empfehlen Sie mich unsern dortigen Freunden und Ihrem Jonathan. Bitte die Kleckse und aegri somnia mir zu Gut zu halten. Die Sache mit unsern Fooigeldern soll jetzt bey der Cammer zur Untersuchung seyn, hat man mir gesagt; kann aber weder den Grund noch Ungrund, geschweige mehr erfahren. Meiner verbeßerten Lese und Schreibe Lampe fehlt es sehr an Oel. Auf meinem Bette u um mich herum liegen Bücher und Briefe, die ich weder lesen noch beantworten kann. Gott gebe Ihnen Ruhe und Fülle zum Leben und Schaffen – glücklichen Fortgang zu allem was Sie wünschen und brauchen. Vergeßen Sie nicht Ihren alten treuen Landsmann Gevatter u Freund Johann Georg Hamann.
d. 26 Nov. 83. Noch mehr Freude hat mir des HE KR. Zeugniß von Deines lieben Freundes Uebung im Griechischen mit Dir, u. Deine Nachricht von deßelben zunehmender Lust u. Fleiß im Lateinschen gemacht. Auf einen solchen
    Laut
habe ich lange gewartet, u. die Ohren darauf gespizt. Nun hoffe ich, daß Eure Freundschaft mehr
    Leben
gewinnen und fruchtbar werden wird. Wie sehr mich dieser erste Wink in Ansehung meiner Hauptabsicht beruhigt! Wißen bläht auf, aber die Liebe beßert, u. ihre
    Salbung lehrt
uns
    Alles
. Nicht dem
    Baum der Erkentnis
haben wir unser Glück zu danken. Es giebt einen beßern, einen höheren Weg, als
    Sprachen
u.
    Gnostik
. – Wende also die Schule der Freundschaft gut an, u. sie wird mehr wie jede andre zu deiner Bildung u. Erziehung beytragen – u. da die Vorsehung den Plan meiner geheimsten u. tiefsten Wünsche, Ahndungen u. Entwürfe selbst zu befördern sucht, so sey Dein bester Dank ein aufmerksamer Gebrauch u. bescheidner Genuß der Mittel zu unserm gemeinschaftlichen Endzweck. pp Erinnre Dich fleißig Deines
    lezten
Spruchs, u. des großen Nachdrucks, der in den Worten liegt:
    das ist euch nicht gut
! wenn Lehrer ihr Amt nicht mit Freuden, sondern mit Seufzen, oder mit Zeichen eines noch stärkern Affects verrichten müßen. Ein wenig
    Mutterwiz
macht aus Kindern, wie der
    Schulwiz
aus Ignoranten die
    naseweisesten
u. boshaftigsten Kunstrichter. Mit wahrer Weisheit im
    Herzen
, gefallen auch ihre schmalen u. rauhen Wege unsern Augen; u. das Joch der Zucht wird eben so sanft als heilsam. Ich schäme mich nicht Deine Briefe zu studiren pp Es wäre mir lieb, wenn die Mühe, die Du vielleicht bisweilen haben magst meine Buchstaben zu entziffern, den zufälligen Vortheil Dir brächte, die Aufmerksamkeit bey einigen Stellen zu schärfen. Anstatt eines allgemeinen Ja! Ja! bin ich mir bisweilen eine Frage? oder einen Contrapunkt vermuthen gewesen. Thu als Kind, was jene Mutter that, welche die Worte so sie nicht verstund, in ihrem Sinn und Herzen behielt.
    Ich kann Dir nicht sagen, mit welchem Geschmack u. Wohlgefallen ich bisweilen das lezte K. des Briefs an die Römer gelesen habe, blos wegen der Kunst, mit welcher St. Paulus seine trocknen Grüße zu schattiren, motiviren und mit individuellen Zügen zu beleben weiß. Je genauer unser Verstand die Verhältniße jeder Person u. jedes Gegenstandes zu faßen weiß, desto feinerer Empfindungen sind wir fähig.
Die Mutter hat heute Deiner Schwester Lehnchen Geburtstag gefeyert, die Gottlob in ihr zehntes Jahr geht – und ich besitze die Gabe mich krank und gesund zu eßen. Die Bouillon mit den Fleischkäulchen hat mir sehr wol gethan, und wie ich mir den Kopf zerbrach, ob ich Waßer wie gewöhnlich oder meines schwachen Magens wegen ein Glas Bier trinken sollte ohne weder zu einem noch dem andern Appetit zu haben, wurde der Zweifel auf einmal durch eine Bouteille Wein aufgelöst inund Gesellschaft eines Anhaltkuchens. Mein Leib ist wider fest, mein Magen, der mir oben am Schlund saß, hat sich ziemlich in seine alte Lage heruntergesenkt und ich schreibe diese Beyl. auf meinem Sorgstuhl, nachdem mir Deine Schwestern ihre relationes curiosas von dem bey HE. Miltz genoßnen Vergnügen abgestattet, deßen Louischen heute ins 11te Jahr geht oder gehen soll Des Präsidenten Freywerbung ist zum 2ten mal rückgängig geworden. Ich weiß nicht wie mir diese Nachricht nevlich entfahren und muß sie daher widerruffen. Mich wundert aber noch mehr daß Du Deinem Freunde erlaubst Deinen Freund Tauf-Namen Michael in der 2ten Declination zu mishandeln und einen Michaelum aus Dir zu machen zu laßen und noch mehr, das Gesetz der Einheit zu beleidigen durch eine lateinsche Aufschrift zu einem deutschen Innhalt. Für einen amicum suum ist freylich jedes Nota bene gut gnug; wenn aber Deine Freundschaft nicht weiter geht als sein Ordens Sekretair zu seyn,: so seh ich mich in meiner Erwartung sehr getäuscht von einem so wol als dem andern, und ich beklage den rechtschaffenen Mann, der unter solchen Windbeuteleyen den Saamen des Unterrichts ausstreuen soll. Kgsberg den 8 Xbr 83. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Ihren angenehmen Brief erhielte den 9 pr Dom. XXI eben da Sie vielleicht den meinigen erhalten haben. Einl. habe schon heute vor 8 Tagen erhalten – aber nicht eher schreiben können. Gestern habe meinen Kirchengang gehalten nachdem ich 7 Wochen nicht aus dem Hause gewesen und den 1 Adv. mit einem Durchfall heimgesucht wurde, der bis zur Ohnmacht kam, aber auch meine Cur vollendet. Nun Gottlob! daß alles in Ihrem Hause auf gutem Wege ist. Was ist die
    Moosmilch
? Nun sie sey was sie wolle, so wünsche daß sie gute Wirkung thun möge. Freund Reichardt addressirte mir den Prof. Becker aus Deßau; er hat mich 2 mal besucht. Ich habe aber keine nähere Bekanntschaft von ihm genießen können, weil ich noch an der Gicht bettlägericht war, und er nicht im stande gewesen seyn muß seinem Versprechen gemäs den dritten Besuch abzulegen. Wegen seiner Verbindungen mit Dahlberg und seiner Preisschrift hätte ich mich gern eine Viertelstunde unterhalten. Durch Dorow, seinen Schwager, hat er mir seine neue Verbindung melden laßen, an der ich vielen Antheil nehme. Aus einem Pflegvater wird er nun ein Pflichtvater seines bisherigen Züglings – und auch hier scheint die Vorsehung im Spiel gewesen zu seyn. Kommen Ihre Kreutzschmerzen von Verkältung oder Bewegungen der güldenen Ader her? Mein letzter Anfall der Gicht schien mir eine wolthätige Wirkung der bittersüßen Stengel zu seyn; bestand in einem bloßen Schmertz, der im Liegen und bey einer ruhigen Wärme sehr erträglich war, ohne alle Symptome. Appetit und Schlaf litten fast gar nicht dabey – Ich habe also wenig gelitten und mich desto mehr gepflegt. Hänschen besuchte mich den 5 pr. auf eine einzige Nacht u kaum halben Tag. Jedermann ist mit ihm zufrieden; ich nicht so sehr. Es geht mir wie einer Glucke, die Enten ausgebrütet hat. Ihre Einl. an Hartknoch ist gl. den Tag drauf nach Memel an den Post Sekr. Schultz deßen Canal er mir angewiesen abgegangen, weil ich aber am Podagra lag, konnt ich selbst keine Zeile hinzufügen, habe auch noch keine von ihm erhalten. Werde ihm nächstens schreiben und Antwort bitten. Ihren Gruß an Scheffner habe auch noch nicht bestellt, weil wir in keiner Verbindung stehen und uns nur bey Hippel sehen wo er einkehrt, wenn er von seinem Gute Sprintlacken nach der Stadt kommt. Er scheint sich gantz der Landruhe gewiedmet zu haben – Wegen Gagliani bin ich auf des Mercier Espion devalisé zufällig gewiesen worden, den ich auch nicht auftreiben kann. Nach seinem Buch von der Münze, das der Lemgoer übersetzen wollte, hab ich umsonst durch unsere Israeliten nach Italien geschrieben, unterdeßen wünschte ich sehr daß Scheffner uns mehr lieferte ohngeachtet ich von seinen welschen Uebersetzungen noch gar nichts kenne. In meiner Krankheit hab ich die 3 erste Theile von der neuen Ausgabe des Tableau de Mercier mit viel Geschmack durchgelaufen. Es ist von 2 zu 8 Tomes aufgeschwollen. Die 4 ersten Theile seiner Portraits des Rois de France machen mich auch nach der Fortsetzung lüstern. Ihm zufolge ist das Siecle de Louis XIV lauter voltairischer u poetischer Wind. La Fronde ist die Mutter der besten Köpfe gewesen die alle in Ludwig XIII Regierung fallen. Ich wollte schon gestern an Sie, liebster bester H. schreiben; aber Garvens Cicero riß mich hin, daß ich nicht loß werden konnte. Ich habe ihn nebst der Heusingerschen Ausgabe für meinen Michel gekauft, damit er daraus
    construiren
und
    übersetzen
lernen soll. Unterdeßen scheint doch seine Einförmigkeit ein wenig zu ermüden. Ich habe nur die Hälfte seiner Anmerkungen mit Aufmerksamkeit gelesen; das übrige durchgeblättert. Vorige Woche habe erst Gelegenheit gehabt die Garvesche Recension über die Kritik zu erhalten, ohngeachtet sie schon vor vielen Wochen ihm zugeschickt worden u ich ihn deshalb besuchte. Ich war aber zu blöde und zu schamhaft ihn darum anzusprechen. Er soll nicht damit zufrieden seyn u sich beklagen wie ein imbecille behandelt zu werden. Antworten wird er nicht; hingegen dem Göttingschen Recensenten, wenn er sich noch einmal auch an die Prol. wagen sollte. Der Göttingsche Extract macht acht Seiten; das extensum im Anhange von XXXVII – LII beläuft sich über 20 Seiten groß Format, feinen Druck. Sie können daraus die Verhältnis beurtheilen. Garvens Brief an K. machte mich neugierig den Mann näher kennen zu lernen. Ich trieb des Cochius Preisschrift auf, worinn sein Accessit steht, das jene ziemlich übertrift. Auch seine gesammelte Abhandl. hab ich den Anfang gemacht zu lesen und die erste über die Prüfung gefiel mir außerordentl. Jetzt komt seine ciceronianische Uebersetzung – Nun bekom ich beynahe Lust auch seine Fergusonsche Uebersetzung zu lesen, deßen Original ich nicht ausstehen konnte, weil ich meinen Liebling Steward zu gl. Zeit laß und mit ihm verglich. Ihre Aufmunterung hat mir wider ein wenig Muth gemacht an meine
    Metakritik über den Purismum der Vernunft
zu denken. Ob ich aber von der Stelle kommen werde, daran zweifele ich. Das πρωτον ψευδος zu finden und aufzudecken, wäre für mich gnug. Aber hier liegt eben der Knoten. Bin ich im stande einen halben oder gantzen Bogen drüber zu schreiben, so theil ich ihn D. Biester mit, dem ich für sein Geschenk desr Monathschrift einigen Dank schuldig bin. Wo nicht; so mögen Sie immer wißen, wie weit ich mit meinem
    guten Willen
komme. Das Bidental meiner ersten Recension, die ich entwarf, ist vom 1 Julii 81. Hoffe aber seitdem ein wenig weiter mit dem Buche gekommen zu seyn, doch nicht so weit, wie ich sollte um es aufzulösen. Aber mein armer Kopf ist gegen Kantens ein zerbrochener Topf – Thon gegen Eisen. Alles Geschwätze über Vernunft ist reiner Wind;
    Sprache
, ihr organon und criterion! wie Young sagt.
    Ueberlieferung
, das zweite Element. Wie warte ich auf den Monboddo, und wie gern möchte ich auch seine
    Ancient Metaphysics
sehen die lange auf einem Denkzedel stehen und seines Freundes Harris
    Philosophical Arrangements
Lond. 75. die mir schon Mendelson empfohlen und von denen mir Kraus einen Auszug geben muste, damals in Berl. aber der mir nicht Gnüge thut und ej.
    Philological Inquiries
in III Parts
780. Vielleicht kann ich Hartknoch überreden diese 3 Werke kommen zu laßen, oder vielleicht können Sie es thun. M. und Hofprediger (nicht der D. u Oberhofpr.) Schultz hat seine Theorie der Parallellinien ausgegeben; verspricht auch seine Theoriam situs. Daß er über Kants ThKritik schreiben wird, hab ich Ihnen gemeldt und daß dieser mit der Darstellung seines Systems völlig zufrieden ist. In der Stille treibe auf den Fortgang dieser Arbeit und werde selbige zu befördern suchen, sobald ich nur imstande seyn werde wieder nach der Stadt zu kommen; denn bey meinem gestrigen Kirchengange konnte ich nur der Mennoniten Vermahnung erreichen und traute mir nicht weiter wegen meiner schwachen Füße und des glatten Weges. Ihm ist Kantens Kritik Waßer auf seine Mühle; wegen seiner Vorurtheile für die Mathematik und ihrer Lehrart, deren Evidenz ich mir aus einem gantz andern Gesichtspunct erkläre. Es scheint mir, daß es den Mathematikern wie den Samaritern geht:
    Ihr wißt nicht was ihr anbetet
. Von den Briefen eines Reisenden hab ich hier einen jüngern
    Riedesel
als Verfaßer nennen gehört. Gelesen hab ich sie und unterhaltend gnug gefunden; aber ich weiß Gottlob! nichts mehr von ihrem Innhalt. Aschley’s Briefe hab ich sehr spät kennen gelernt ohne auch den Verf zu wißen. Kann man sich wol ein Wort mehr von den Illuminaten ausbitten? Machen Sie nicht einen Zweig des Ordens aus? Grynäus Bibel heist hier die Freymäurer Bibel, ohne daß ich sie kenne, noch weiß wie sie diesen Namen verdient. Ist Bahrdt nicht Verf. des Horus? Von Gleichens System weiß ich hier auch nichts und ich zweifele daß Weikards Biographie von ihm hier wird aufzutreiben seyn. Wenn Chevila keine wirkl. Urkunde sondern erst eine zu erwartende Deutung seyn soll: so möchte ich freylich auch von ihr wie von seiner Sternkunde u Physik urtheilen; aber bey allem dem wünschte ich doch, wo es mögl. etwas mehr von den Wege des Mannes zu wißen, und ist es Ihnen mögl. so sparen Sie wol nichts Ihrem alten Freunde eine Freude zu machen. Eben so gern möchte ich Sie auch um den Songe des d’Al. von Diderot lungern, wenn ich eine Abschrift davon oder die Schrift selbst sub lege remissionis erhalten könnte. Was aber das Systeme de la Nature anbetrift: so bin ich auf eine eigene Vermuthung gekommen daß der Name des Mirabeau wol vielleicht wahr seyn könnte, u daß vielleicht sein Sohn, deßen Werk über
    die Staatsgefängniße
eben so vortreflich als Linguets das Gegentheil ist, dies gottlose Werk seinem Vater untergeschoben haben könnte. Ich habe hier einen würdigen Pendant neml. das
    Systeme social
gelesen vor vielen Jahren von einem eben so frechen Innhalt gegen die Fürsten, als jenes gegen den Urheber der Natur. Den 10 Bin noch nicht in der Stadt gewesen, so nöthige Geschäfte ich auch daselbst hätte werde auch kaum diese Woche wegen des glatten Weges und weil mir mein Michel Scipio fehlt, so weit kommen können. Dafür hab ich den Conr. Moritz auf seiner Ausflucht nach Engl. begleitet u heute den Xbr der Berlinschen Monatsschrift gelesen, wegen des wichtigen Articuls über den seel.
    Ziehen
. Ich wünschte, daß die Capella ihrer Wege gienge, und dafür etwas mehr von der Chevilah zu hören. Von Gleichen hab ich auch kein Wort gewußt, bis ich zufällig in den Gothaischen Zeitungen seine Biographie von Weikard angeführt fand, die ich hier kaum zu finden hoffe – Von dem Engl. Logan und Weguelin weiß nichts; den letztern habe seit seinen ersten Schriften gantz aus dem Gesichte verloren und seit länger als 20 Jahr nichts von ihm gelesen. Es ist doch aber der welcher über den
    Lykurg
schrieb? Ich freue mich im Geist auf Ihre Umarbeitung der Philosophie der Geschichte, da die erste Ausgabe schon so vielen Beyfall gefunden. Aber die
    Fortsetzung der Hebr. Poesie
müßen Sie nicht aufgeben; so wenig wie Ihre
    Urkunde
zu der ich Ihnen aber gern einen späten schönen Feyerabend wünschen will. Was ich von Claudius denken soll, weiß ich nicht. Reichard schreibt mir, daß er schlechterdings an meinem Leben zweifelt. Ich habe ihm meine Einnahme geschickt, ohn daß ich weiß, ob noch wie viel er erhalten, und mehr wie einmal an ihn geschrieben. Wenn er mir böse ist; so sollte er doch wenigstens sagen warum? und worüber? damit ich wenigstens zu meiner Beruhigung wißen könnte, ob ich schuldig oder unschuldig bin. Dem lieben Müller in der Schweitz bin ich auf 2 Briefe Antwort schuldig. Nach beynahe 1½ Jahr hab ich mich gegen Lavater für seine Denkmüntze u Schriften bedankt, ob er den Brief erhalten, weiß ich auch nicht. Pfenninger hat mir vorige Woche eine Freude mit seiner Silhouette u dem ersten Theil seiner Meßiade gemacht, die ich aber erst vom Buchbinder erwarte, um sie lesen zu können. Der arme Kreutzfeld hat gegenwärtig geschwollene Füße. Seine Abhandl. über unsern Adel soll von Hartung in Verlag genommen und nach Berl. oder Leipzig abgegangen seyn. Kraus hat auch während meiner Quarantaine einen Anfall von Blutspeyen gehabt, und besucht mich immer seltener. Weil der König sich bey dem Minister v Z. nach der Deutschen hiesigen Gesellschaft erkundigt; soll das äußerste angewandt werden zu ihrer Erweckung Unsere Fooi- und Biergeldersache ist auch zur Untersuchung bey der Kr. u Dom. Cammer gekommen, und dabey ausgemittelt worden, wie es heist, daß die Adm.Gen u der damal. Dir. Magnier eine Königl. Cabinetsordre untergeschlagen von 72 wo diese Lumperey als ein Theil unsers Gehalts stipulirt worden. Da die Vertheilung sonst den 1 huj. geschehen, werden wir wol bis künftig Jahr warten müßen, ehe der Proceß entschieden seyn wird, u der Himmel weiß noch wie? Ein Schreyhals und unnützer LicentControl. in Pillau hat endl. durch seinen Schwager in Berl. einen Weg ins Cabinet gefunden. Wo meine u meiner Amtsbrüder Stimme in der Wüsten hingerathen, kann niemand wißen. Nun mein alter liebster bester Freund. Ich habe Sie lange gnug mit nugis unterhalten, wo soll ich was beßeres hernehmen – in meiner gichtbrüchigen – kümmerlichen Lage? Der heilige Christ kehre mit allen sSeinen Gaben und Verheißungen dieses und eines beßeren Lebens reichlich in Ihre Probstey – mit Gesundheit, Freude und Friede! Ich umarme Sie von Grund meiner Seele – und küße meiner Verehrungswürdigen Frau Gevatterin die Hände mit dem Wunsch des besten Gedeyens zu einer völligen Widerherstellung. Gott seegne meinen lieben Pathen und all sein Geschwister. Er laße Ihnen eben die Freude an Ihren Kindern erleben, die ich mir zum höchsten Gut meines Alters wünsche. Ich empfehle mich mit meinem ganzen Hause, den abwesenden miteingeschloßen, Ihrem hohenpriesterlichen und brüderlichen Gebet. Leben Sie recht wol und hören Sie nicht auf wie bisher, mit Huld und Liebe zu denken an Ihren alten treuergebenen Gevatter, Landsmann u Freund Johann Georg Hamann.
Kgsberg den 15 Xbr. 83. Herzlich geliebtester Freund, Gevatter und Landsmann, Es ist mir höchst angenehm
    Sie
und
    Herder
auf der Welt allein unter dieser dreyfachen Verhältnis denken zu können. Wenn alle unsere Wünsche aus
    unserm Munde in Gottes Ohr
, wie der kursche Bauer sagte, gestiegen sind: so wird die Zufriedenheit Ihrer neuen Vermählung eben so steigen und sich in Ruhe verlieren, wie die Freude des gestrigen Tages und die freundschaftliche Feyer deßelben. Schon den 9 Nov. erhielte aus Weimar den ersten Laut von Ihrem Glück,
    und daß Sie sich wahrscheinlich durch eine neue Ehe mit einer Tochter des seel. Past. Alberti
,
    die er in ihres Vaters Hause als ein junges liebenswürdiges Mädchen gekannt
,
    verjüngen und trösten würden
. Ich führe Ihnen die selbsteigenen Worte an. Den 28 ej. besuchte mich unser liebe D. mit Bestätigung und avthentischen Belegen, und ich habe mich herzlich gefreut und Gott gedankt, daß er Sie zum wirklichen Vater Ihres bisherigen Pflegsohns bestimmt, an dem ich immer einen geheimen Antheil genommen, vielleicht als an einem künftigen Freunde meines Sohns. Gestern vor 8 Tagen bin zum erstenmal ausgegangen, konnte aber nicht weiter als in die Mennoniten Kirche kommen, und bin erst vorgestern imstande gewesen die Stadt zu erreichen – wiewol mir das Gehen noch immer so unbeqvem fällt, wie einem Buben, der s.v. ein derbes Fell bekommen. Mein erster Gang war zu unserm würdigen Oberbürgermeister, der mich wider meine Absicht zu Mittag nöthigte – Von da eilte zu unserm Kreutzfeld, den ich kaum mehr lebend zu finden glaubte, weil er den Tag vorher von Kant Abschied genommen – Ich fand seine alte Mutter bey ihm, und brachte bey ihm eine außerordentliche Stunde zu, die eben solche Eindrücke bey mir zurück lies. Sie können sich kaum die poetische liebenswürdige Schwärmerey vorstellen, worinn sich das letzte Oel seiner Lampe zu verzehren scheint. Tod und Leben scheint bey ihm so zusammenzufließen, daß er selbst nicht mehr den Uebergang zu unterscheiden imstande zu seyn scheint. Erinnerungen und Ahndungen laufen durch einander, wie Baß und Discant, in einer Harmonie, die mich in eine Art von Taumel und Rausch versetzte, indem worinn ich noch ein paar
    glückliche Frauen und Mütter
, und zwar beide wohnhaft im Hospital, besuchte und noch zehn kleine Geschäfte mehr bestellte, daß ich nicht nur sehr spät zu Mittage erschien sondern auch das während meiner Krankheit gethane Gelübde, mich nicht im Laufen zu erhitzen, ärger wie jemals übertreten hatte – und nach einer tapfern Mahlzeit, wie aus einem warmen und kalten Bade zu Hause kam, um mich aus- und umzukleiden. Mir bekam alles so gut, daß ich wieder meine Gewohnheit und Diät, ja was noch mehr, der verjährten Sabbaths- und Sonnabends-Etiquette alles vergaß und bis nach Mitternacht aufzusitzen im stande war – um Extracte aus meinen Hauskalendern von 769 bis zum vorgestrigen dato für meinen Sohn nach Graventihn zu machen, den ich ehstens zu einem kleinen Besuch erwarte, zu einem Leitfaden seines Lebens von der Wiege an. Gestern war ich im stande den für mich steilen Berg nach der Neuroßgärtschen Kirche zu ersteigen und erbaute mich an dem Vortrage meines jüngst erworbenen Freundes, des Pf. Borowski – und erwartete auf ein kümmerliches und lächerliches Gastgebot den Prof. Kraus der mit einem seiner besten Schüler, Gettkant und jetzigen Control. Brahl, die auch ungeachtet des rauhen Wetters und Sturms sich einstellten, auch zufriedner, wie der Wirth selbst zu seyn schienen, den vermuthlich eine gute Ahndung in seinem Appetit und Genuß mäßigte. Die Gäste waren schon bey den Aepfeln meines Gartens, als ein feiner Knabe, mit dem Namen, der Bildung und dem Amt eines Engels,
    Raphael Hippel
, der sonst meinen Sohn und gegenwärtig mich alle Tage sieht, mich herausruffen lies um mich zum Caffe und Abendmal des HErrn Kriegsraths, seines nächsten Anverwandten, und zur Gesellschaft der D. Ruffm. und Fischerschen Familie einzuladen. Dies kam mir so unerwartet, und ein ganz anderer Entwurf den Abend zu Hause anzuwenden war auch schon gemacht – – Ich wurde aber nicht nur für meine eigene Gäste heiterer und erträglicher; sondern die Freude des ganzen Abends stieg so sanft und zu einer solchen Fülle und Höhe, daß Ihnen und Ihrer
    liebenswürdigen jungen Frau
, wie H. Sie gezeichnet, das Andenken des gestrigen Abends nicht so heilig seyn kann, wie er mir unvergeslich bleiben wird. Daß HE von Sch. und D. B. dortige Mitgenoßen gewesen, haben Sie wol nicht nöthig gefunden, uns zu melden, weil sich dies am Rande versteht. Die Pucelle d’Orleans, welche mir so viel Spuk gemacht, ist vorgestern von Marianchen hinter einigen Folianten gefunden worden. Ich wünschte, daß Sie nicht Zeit gehabt an diesen tummen Auftrag von mir zu denken. Im Grunde ist es mir tausendmal lieber, daß die Schuld an ihm nicht liegt, sondern an mir. Sollten Sie einige Bewegungen deshalb gemacht haben; so bitte
    mir
,
    liebster Freund! es zu melden
, damit ich es gut zu machen imstande bin; denn mein eingebildeter Verdacht kann dem jungen Menschen so schimpflich nicht seyn, als er und ich Nutzen davon ziehen können. Da ich, liebster Freund! nichts als meine Thorheiten Ihnen von hier aus zu melden weiß; so muß ich Ihnen noch einen tollen Streich beichten, der mir am 1. Advent begegnete, wo ich schon willens war auszugehen. Den Abend vorher laß auch später, wie gewöhnlich, eine Abhandl. des Zürcher Prof. Meisters, worunter eine über die Schaamhaftigkeit. Bey der Gelegenheit führt er des Willis Anatome cerebri cit an, der aus den Aesten des 5ten Nervenpaars erklärt, warum Liebäugeln und Küßen zur allgemeinen Sprache der Liebe gehörten. Ich glaube hier eben den Gedanken mit denselben Worten ausgedrückt zu finden aus den Kreutzzügen des Philologen. Aus Mistrauen meines Gedächtnißes schick ich meine älteste Tochter nach dem Buch in dem großen Kasten, die nichts finden kann. Ich stehe selbst auf, wühle alles durch, und dieses Buch fehlt mir auch. Wegen der Pucelle d’Orleans komme ich auf den neml. Verdacht, kann aber nicht begreifen, was ihn bewogen mir dieses einzige durchschoßene Exemplar mitzunehmen, denn der Innhalt der Pucelle machte mir eine Lüsternheit eines jungen Menschen sehr erklärlich. Diese Einbildung erhitzt mich so, daß ich kalt Waßer des Morgens zu mir nehmen muß und allen Appetit Mittags zu eßen auf einmal verliere, desto mehr Durst nach Wein und hitzigen Getränk, den ich nicht befriedigen kann. Ich werde außer mir – und zum Glück, weil ich weiß nicht an wen? geschrieben, bekomm ich einen Durchfall, der gegen Abend bis zu einer Ohnmacht ausschlägt. Den andern Morgen findt sich das Buch anstatt im Kasten zu liegen, oben drauf – und ich dankte dem Himmel daß ich nicht die Feder anzusetzen im stande gewesen war. Dafür währte meine Quarantaine eine Woche länger – das ganze Misverständnis hatte unterdeßen eine gute Wirkung auf meine Genesung gethan. Sie können sich aber nicht vorstellen, wie mistrauisch mich dergl. Quidproquos gegen meine Sinnen, geschweige Urtheilskraft machen, daß ich bisweilen an mir selbst verzage. Die abscheuliche Stelle ist folgende: De tous ces Rois accouplés bout-à-bout Charles second sur la belle Portsmouth George second sur la tendre Yarmouth Et ce devot Roi de Lusitanie En priant Dieu, se pamant sur sa mie Et ce Victor, attrapé tour-à-tour Par son orgueil, par son fils, par l’amour. Mais quand au bout de l’auguste enfilage Il apperçut, entre Iris et son page Perçant un cu, qu’il serroit des deux m Cet auteur roi, si dur et si bizarre Que dans le Nord on admire, on compare A Salomon, ainsi que les Germains Leur Empereur au César des Romains. Nun noch eine Thorheit, die mir auf dem Herzen liegt – Wenigstens bin ich wegen des Umstandes, der mir Unruhe macht nicht sicher. Unsere Fooigelder Sache ist wirkl. von der Cammer untersucht und an das General-Directorium gegangen. Durch ein eigen Spiel des Zufalls muste ein gedrucktes Circulare von der Gen. Administration an die
    Hiesige Licent-Cammer
kommen, um einen Etat der alten Repartition zu liefern, die eben an dem Sonnabend vor meinem Ausgange abgefertigt worden, und blos von den Bedienten der
    Licent-Cammer
, dem Insp. Marvilliers und Inspector der Brigade von Eichstädt unterzeichnet worden, aber von keinem Bedienten des Packhofes. Nach diesem alten Etat trift mich nun ein ganz besonderes Schicksal, daß mein
    wirklich alter Posten
unter dem eckeln
    neuen Namen
eines Garde- Magazin verkleidet und der
    neugebackene Regie-Posten
den alten Namen eines Licent-Inspectors lügt. Unter dieser Täuschung würde ich Gefahr laufen mein ganzes Antheil an den Fooigeldern entweder gar zu verlieren oder wenigstens geschmälert zu sehen, ungeachtet mein altes Gehalt kaum die Hälfte des neuen Licentinsp. ausmacht, beyde Posten unmittelbar zusammengehören und ich = 0 bin, so lange selbige getrennt sind. Haben Sie Gelegenheit dieser Gaukeley alter und neuer Namen und die dadurch unvermeidliche Verwechselung respectiver Posten durch einen Weg vorzubauen, oder mir einen guten Rath deshalb zu ertheilen, oder einige Erkundigung darüber einzuholen zu meiner Warnung: so erwarte alles von Ihrer alten Güte. Nun auch auf dieses alte Jahr ausgeleert! Gott schenke Ihnen und Ihrer neuen LebensGehülfin geseegnete Feyertage, einen guten Schluß und noch glücklichern Anfang vieler bevorstehenden Jahre. Meinen zärtlichen Handkuß, meine herzliche Umarmung an Ihre liebe Kinder und besonders mein Pathchen. Gott seegne Sie mit allem Guten, was Ihnen u Sich selbst wünscht und wünschen mag Ihr alter ewig ergebener Freund. Johann Georg Hamann Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Reichardt / Konigl. Kapellmeister / zu /
    Berlin
/ Einschl.
Königsb den 12/1 Jänner 84. Herzlich geliebtester Freund, Ihre gütige Zuschrift habe mit dem vortrefl. Tonnchen Caviar am mittelsten Weynachtsfeyertage den 26 pr. erhalten, da ich eben das Vergnügen hatte in dem Fragment eines alten Mst. von Cicero de officiis eine Stelle zu entdecken, die noch in keinem geschriebnen u gedruckten Exemplar gefunden worden, und noch oben ein in einer Definition von der
    Billigkeit
besteht, die ich auch einmal definirt in den Schärflein und dabey an meinen seel. Vater dachte der immer zu sagen pflegte, wenn er ein Gelehrter geworden wäre, so hätte er ein Buch über die Billigkeit geschrieben. Bey den Scherflein dachte ich – Hier ist wenigstens Stoff gnug zu einem Büchlein; und nun muß ich noch oben ein so glücklich seyn eine Erklärung des Cicero von dieser Tugend zu finden. Anlaß dazu hat gegeben die Garvsche Uebersetzung u die
    Heusingersche Ausgabe
welche ich für meinen Hans Michel gekauft, und daß er den 7 Xbr. 81. die Handschrift auf der Christianischen Auction erstanden hinter einem alten Horatz Locheri gebunden. Das Mst. hält nur das erste Buch u. vom 2ten Buch bis zu Anfang des 12 Kap. Noch enthält dieser Band einen sehr alten Abdruck des Somnium Scipionis ohne Ort noch Jahr und eine Handschrift über die Kunst Briefe zu schreiben, deßen Verfaßer sich Wilhelmus Sophonensis nennt u zuletzt einen Juvenal in Lipzk 497 gedruckt. Dieser Band ist aus Strimesii Bibliothek. Ich bin erst den 7 huj. zum ersten mal in diesem Jahre ausgegangen wegen allerhand Flüße u Kränklichkeiten.
    Erhielt den 9 Nov. einen dicken Brief aus Weimar, da ich eben an der Gicht
laborirte u die Einl. besorgte den Tag drauf HE Friedrich nach Memel durch HE. Albrecht u Munisa an den HE P. Secr. Schultz. Ich hoffe daß alles gut angekommen ist, denn keinen ausdrückl. Wink davon finde in Ihrem Briefe. Diesen beantworte ich später als gewöhnlich, weil ich jeden Tag auf meinen Sohn gewartet und an statt seiner vor einer Stunde einen Brief erhalte aus dem sich seine Ankunft noch nicht absehen läßt. Er begreift ebenso wenig als ich, wie der Irrthum in Ansehung der Preise möglich ist. Seine eigene Worte: Daß die Preise fehlen ist mir unbegreiflich, da wir sie alleine wol 6 bis 7 mal durchgegangen u zum 8ten mal mit HE Cr. R. Lilienthal selbst, in deßen Buch sie gantz gewiß gestanden. Soviel als ich mich noch zu erinnern weiß, hat Corderius 9 fl. Wilsius 3 fl. gekostet
    obschon ich es nicht gantz gewiß weiß
. Haben Sie noch die Commißionszedel von HE Hartknoch da werden Sie wenn sie nachsehen gantz gewiß die Preise der Bücher finden – Das ist wahr daß er nur den 1 Theil vom Mall. Malef. erhalten aber es war nur der eine da, und ich glaubte gewiß daß es nicht weiter fortgesetzt sey, und nichts als der erste Theil da wäre, u ich glaubte ebendaßelbe aus ihrem eigenen Munde gehört zu haben (davon weiß ich nichts, kenne auch das Buch nicht). Ich habe es nicht gekauft für HE Hill u wenn dem HE. H. soviel am 2ten Theil gelegen ist, so kann man bey Monti oder Pilkowsky nachfragen – Ihre Commißionszedel würden die Sache gl. entscheiden, weil ich bey jedem Buch die Differentz ihres Commissions mit dem AuctionsPreise notirt; aber diese Zedel sind schon reponirt u ich kann in meinen Briefschaften ohne meinen Sohn nichts auffinden. Wie es auf der Auction zugegangen u von den Diebstälen die dabey vorgefallen habe Ihnen gemeldt – also müßen Sie schon damit zufrieden seyn, wenn alles nur
    ziemlich richtig
ist. Ich schreibe vielleicht mit nächster Post an HE Kriegsrath Deutsch um die Ankunft meines Sohns zu befördern. Da soll kein Augenblick versäumt werden, Ihre aufgegebene Puncte zu beantworten. Befriedigen Sie mich auch in Ansehung der Einl. von Weimar im Nov. weil ich keine Zeile dazu schreiben können als ein paar Worte an HE p Schultz, wißen Sie vielleicht nicht einmal den Canal oder rührt das NB wegen meiner Gicht von ihm. Mein herzliches Beyleid an unsern Freund in St Petersb. Ich bin ihm längst wenigstens ein Merkmal meines Lebens u Genußes von seinem Empfang schuldig. Was kann ich ihm schreiben bey solchen Umständen, was der Mühe lohnt. Vielleicht liegt hier auch der Knoten, daß ich von 83 nur den 1 Band erhalten. Ist das ganze Werk etwa gar ins Stecken gerathen. HE von Auerswald hat sn Abschied vom Regiment erhalten. Ist doch nicht ein Misverständnis, daß Sie mir die Vogelhistorie von Buffon zuzuschicken versprechen oder sind Theile nachher ausgekommen, die noch zu den vorigen gehören, welche er erhalten. Wißen Sie davon mehr wie ich. Gut! Wo nicht, so hüten Sie sich vor Irrungen u Remisen. Die Metallgeschichte hätte sehr gern gehabt für ihn; er ist aber des Buchs
    Buffons
überdrüßig, weil er einen Theil ausgeliehen und nicht widerbekommen kann. Was Sie einen Aufsatz in den Zeitungen nennen ist nichts wie eine Ankündigung des Todes und besteht nur aus einigen Zeilen, also des Portos nicht wert. Hab auch kein Exemplar selbst. In den Kgsb. Beyl. ist es um eine Zeile vermehrt aber auch mit Druckfehlern. Bey Ihrer Gott gebe glückl. Ankunft soll eins fertig liegen, denn bestellt ist es schon, aber noch nicht erhalten. Gott erfreue Sie bald mit guten Nachrichten von Ihres lieben Sohns guter Beßerung. In Ansehung der Engbrüstigkeit ist es doch wol nichts von Ihnen geerbtes. Sie schreiben mir wol von seinem Studieren; ist er aber nicht bereits bey HE Steiner. Mein Sohn hat auch lang einen schlimmen Fuß gehabt der mich vor einem faulen Schaden besorgt gemacht hat. Ich kann meiner Geschwüre und Flechten auch nicht los werden. Das linke Ohr fault noch immer weg; und die bittersüße Stengel oder Dulcis-amara Cur hatte mir eigentl. die Gicht zugezogen – In Ansehung der noch fehlenden Preise können Sie versichert seyn, daß Sie selbige sobald mein Sohn kommt erhalten werden. Wenn ich einen Catalogum hätte; so könnte ich leicht herauskommen. Der ist aber währender Auction zerrißen und nachher verschmißen worden. Ἑυρηκα! Ἑυρηκα! p. 190 ist erstanden Cranzii Saxonia 15 gl. anstatt 4 fl. p. 62. Corderius = 9 fl. statt 8.   Radzivil    1:15: –    do p. 165. Wilsii 3 fl. p. 124. Fridlibii 2 fl. p. 127. Cherbury 3 fl. Diese 3 sind = Ihren Commissionspreisen. Erklären Sie mir aber doch, wenn so viel Preise ausgelaßen, wie die Summen stimmen können. Meine Ängstlichkeit in Zählen und Rechnen und Geldsachen ist Ihnen bekannt. Daß ich alle Posten mit HE Criminalrath Lilienthal auf seiner Rechnung
    mit ihm
nach meinem Extract verglichen, weil ich über 100 fl. theils für mich theils für die Stadtbibliothek von der Generalrechnung ausziehen muste, ist der Auszug aus meines Sohns Briefe ein Beweis. Wie ist es aber möglich, daß die Rechnungen damals haben stimmen können, wenn die Preise von so viel Büchern bey Ihnen fehlen, versteh ich ebenso wenig. Erklären Sie mir doch diesen Widerspruch. Sie schreiben, daß die Preise der erstandenen Bücher von p. 190 bis Ende fehlen, dies versteh ich bis
    zu Ende der Seite
; denn wenn sie bis zu Ende des Catalogi fehlten: so wäre Ihre Rechnung unmögl. gantz hingekommen, weil Ihre Commissionen bis p. 250 gehen. Nun weiß ich nicht mehr, ob die Rechnung, wie ich vermuthe an HE Toussaint extradirt oder in den Bücherkasten gelegt worden? Die Entdeckung, welche ich in meinem Mst des Cicero gemacht, gehört zum Ende des IX Cap. des I. Buchs de officiis, welcher Abschnitt sich bey mir also schliest: dubitatio
    autem
cogitationem significat iniuriae.
    Aequitas est rerum conuenientia
,
    quae in paribus causis paria iura desiderat
.
Die strittige Stelle im XIII. Kapitel fehlt auch in meiner Handschrift und es sind noch ein paar merkwürdige Lesarten, von denen sonst keine Spuren sind, welche auch Aufmerksamkeit verdienen. Dies ist die erste alte Handschrift die ich in meinem Leben unter Händen gehabt; ich wag es also nicht ihr Alter zu bestimmen. Die Anfangsbuchstaben fehlen bey jedem Abschnitt und ein leerer Raum ist für alle griechische Wörter gelaßen worden, eine einzige Stelle ausgenommen, wo ein griechisches Wort wie mit dem Pinsel eingezeichnet, aber ohne alle Orthographie, daß des Abschreibers Unwißenheit daraus zu ersehen. Der alte Jacobi in Hannover hat ein allerliebstes Buch über Mendelsohns Jerusalem geschrieben. – Ich thue keine andere als Nothgänge, worunter auch vorzügl. die Besuche gehören bey unserm sterbenden Freunde Kreutzfeld. Kapellmeister Reichardt hat den 14 Xbr. am III Adventssonntage seinen Hochzeittag gefeyert mit der Fr D. Hänsler. Nun Gott schenke Ihnen 1000 Gutes zum Neuen Jahr, Gesundheit, Leben u Seegen – und gute Nachrichten aus der Schweitz. Der liebe Pf. hat mir se Silhouette und Meßiade geschickt.
    Ach daß Hänschen hier wäre
! – schrien meine 3 Mädchen beym Caviar, und der ich brummte –
    damit der alte Vater nichts übrig behielte
! Nun Gott schenke auch Ihnen u Ihrem ganzen Hause Erquickung und Freude! Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter Landsmann und Freund au revoir. Joh Georg Hamann Vermerk von Hartknoch: Empf d 13 Febr 784 beantw d 17 –
Königsberg den 23 Januar 84. Wolgeborner Herr Kriegsrath HöchstzuEhrender Freund, In flagranti delicto beym Glase Bischoff betraf mich heute zu Mittag Ihr Brief. Die Bücher habe bis auf den
    Vico
richtig erhalten, den ich aus Genovesi habe kennen gelernt, und von dem ich gern ein etwas genaueres Urtheil mit der Zeit zu erfahren wünschte, daher ich nicht zu eilen bitte, sondern Ihnen alle beliebige Muße, ihn wo möglich durchzulesen, zum voraus einräume, dafür aber auch zu
    Hetzels
    Bibel
gleichfalls um ein wenig Frist ersuche. In Ansehung Ihrer Urtheile bin ich gantz gleichstimmig; aber nicht so völlig über den Tempelherrenstreit. Unser Freund in W. hat freylich viele Blößen gegeben, aber im Grunde scheint er mehr Recht zu haben, als sein Gegner. Die Briefe über die Freymäurerey besitze nicht selbst, sonst ich die Nachweisungen nicht nöthig gehabt, wünschte aber sehr die Fortsetzung zu sehen, weil nichts als die beyden Hälften der
    ersten Sammlung
bisher erschienen. Bin ich imstande einmal das Buch zum Durchlesen aufzutreiben: so werde nicht ermangeln Theil dran nehmen zu laßen, und mich Ihres Wunsches dabey zu erinnern. Für Mittheilung des Catalogs danke ergebenst und habe denselben diesen Abend durchgelaufen, aber keinen
    Macri
drin gefunden, den ich gantz zufälliger Weise den Auftrag erhalten seinem alten Besitzer einzulösen. Herr Kriegsrath Hennings erbietet sich gern das, was er vormals dafür bezahlt, wider zu geben, und beschwert sich vom seel. Prof. Werner dahin überredet worden zu seyn. Er hat mich gebeten deshalb Anfrage zu thun und Ew Wolgeboren werden mir eine Antwort darauf zu ertheilen belieben, weil ich nicht gewiß bin, ob das Buch nicht in der Geschwindigkeit übergangen worden. Die kleine Schrift über Person Amt und Würde Jesu habe eben bey mir liegen ohne ihren Verfaßer zu kennen. Eben so wenig darinn gefunden als in einem Versuch über die Strafe der Verdammten und deren Dauer Leipz. (Crusius) 82. und den Zusätzen ibid. Mehr Gnüge hat mir gethan:
    Von der Gerechtigkeit Gottes in Rücksicht auf die neueren Streitigkeiten über den Versöhnungstod Jesu und die göttl. Strafen
. 1 Stück Deßau 781. deßen Fortsetzung ich wünschte. Sie ist eigentl. gegen Eberhard und Steinbart gerichtet, und hat mehr inneren Gehalt als äußeres Ansehen. 1. Mit dem
    zweiten Theil
von Plenk bin eben fertig und lege ihn bey, bitte aber denselben vorzügl. zurück, weil ich alle Tage den ersten aus Graventihn oder mit der Familie erwarte. 2. Den Osiris u Sokrates habe auch gestern durchgelaufen und letzterer ist eben so schuldig in des Verf. Augen als der Tempelherr in des Nicolai, doch ist der weise Cato Pl. Vorgänger. 3. Mercier les pies deratifs Ihre Aufmerksamkeit verdienen, und dafür aus Ihrer Bibliothek seinen Homme Sauvage bey Gelegenheit wünsche. Den ich meines Wißens gar nicht kenne. Er ist hinter dem Repos de Cyrus von Bernetti beygebunden. 4. 5. Auf allen Fall lege auch Pfenningers Meßiade bey – und
    Jacobi
folgt auch, noch roh – Mendelsohns Jerusalem habe zum 3ten oder 4ten mal gelesen, und mein Urtheil ist ziemlich umgestimmt worden. Ob es Stich halten wird, weiß ich nicht, und mag die Zeit lehren. Vergeben Sie mein eilfertiges Geschmiere. Ich habe die Ehre nach meiner verbindlichsten Empfehlung an die Frau Kriegsräthin mit den Gesinnungen, die Sie kennen, zu seyn Ew Wolgeboren  Königsberg den 23. Jänner 84 ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner, / Erbherrn von und zu
    Sprintlacken
. / Nebst fünf Bücher / und einem
    Catalog
.
Königsberg den 26 Jänner 84. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Oft gnug hab ich schon in diesem Jahr an Sie gedacht auch den Vorsatz gehabt an Sie zu schreiben, und diesen Augenblick werf ich alles weg – Ich bin erst den 7 D. ausgegangen und habe seit den 20 Sept. an meiner Cur zugebracht. Doch das wißen Sie schon, weil ich gegen das Ende des vorigen Jahrs geschrieben. Nun wie geht es Ihnen, alter liebster Freund! und wie steht es in Ihrem Hause. Hat die Moosmilch gute Dienste gethan? Was macht mein Pathchen und sämtliches Geschwister? Mein Sohn ist noch immer auf dem Lande und ich erwarte ihn täglich – bekomm aber nicht einmal Briefe von ihm, hab ihm auch dies ganze Jahr noch keine Zeile geschrieben, da ich im vorigen bald mit jedem Posttage Sturm gelaufen. Mein Freund Kreutzfeld ist auch gestern vor 8 Tagen den 18 am Krönungstage zu seiner Ruhe eingegangen. Skubich auch gestern vor 8 Tagen begraben. Jener, so viel ich weiß, morgen; denn das Gefolge habe verbeten. Scheffner besuchte mich mit seinem Wirth OberbürgerMeister Hippel am Neujahrstage und habe Ihren Auftrag bestellt, wegen der ital. Uebersetzungen. Er glaubt Ihnen einmal nach Riga ein Convolut überschickt zu haben, das er vielleicht ohne Ihre Schuld nicht wider erhalten. Er freute sich Ihres Andenkens und der gepflogenen Freundschaft, die mir nicht einmal bekannt gewesen. Lebt zu
    Sprintlacken
, seinem Gute und versicherte auch die ital. Litteratur aufgegeben zu haben; demohngeachtet soll er etwas zum Verlag befordert haben zu künftiger Meße, wo ich nicht irre, vom Guicciardini. Einem Wink in Ihrem letzten Briefe zufolge, habe ich mich geqvält mit einer
    Metakritik über den Purismum der Vernunft
Sunt lacrumae RERVM – o quantum est in REBVS inane. Sie macht nicht viel über 1 Bogen. Die ganze Idee ist mir verunglückt, und ich habe nur dem Ding ein Ende zu machen gesucht, daß ich mich des Gedankens daran entschlagen konnte. Meine Absicht war es für Sie abzuschreiben u beyzulegen; und daher hab ich immer mit dem Schreiben gezaudert. Nun bin ich über Mendelsohn Jerusalem; aber mein Vorsatz jenes Ideal hier anzubringen wird auch wol vereitelt werden, und ich verzweifele auch daran. Des alten Iacobi in Hannover Schrift hat mich begeistert, daß ich sie 2 mal nach einander laß. Ich nahm nachher wider den Mendelssohn vor, und mein Urtheil schien sich wider umzustimmen. Kurz es geht mir im Lesen wie im Schreiben. Ich komm mit beyden nicht mehr fort. Garvens Uebersetzung und Heusingersche Ausgabe von Cicero habe für meinen Sohn gekauft, und dieser erstand auf der Christianischen Auction 81. den 7 Xbr. einen Band e Bibl. Strimesiana, der Locheri Horatz, ein Mst von Cicero de officiis, ein gedrucktes Somnium Scipionis ohne Ort noch Jahr, ein Mst. Wilh. Sophonensis de Epistolis scribendis von 9 Bogen und einen Iuuenal Lipzk. 497. enthielt. Das Ciceronianische Mst enthält 26½ Bogen Mönchsschrift auf Papier begreift das erste Buch und geht bis zum Anfange des 2ten. Weil ich mein Tage keine alte Schrift unter Händen gehabt und keinen Cicero besitze, so wurde der Band reponirt. Nun fiel er mir bey Garve und Heusinger ein. Und stellen Sie sich vor, ich entdecke in meinem alten Fragment eine ganze Stelle, von der keine Spur weder in einem gedruckten noch geschriebnen Exemplar zu finden ist – am 25 Xbr. den 2ten und hier letzten Feyertage, da mir eben Hartknoch ein Fäßchen Caviar mit der Post überschickte. Der Abschnitt, welcher in den gedruckten Ausgaben mit dem IX Kap. des ersten Buchs schliest, endigt sich in meiner Handschrift: – dubitatio
    autem
cogitationem significat iniuriae.
    Aequitas est rerum conuenientia
,
    quae in paribus causis paria iura desiderat
.
Der Innhalt dieser Zeile ist mir um so viel angenehmer; da mein seeliger Vater immer zu sagen pflegte,
    wenn er ein gelehrter geworden
, so
    würde er ein Buch von der Billigkeit geschrieben haben
. Bey den Scherflein dacht ich an den seeligen Mann und sagte zu mir selbst:
    hier ist wenigstens Stoff zu einem kleinen Buch
. Und nun must ich so glücklich seyn noch eine Ciceronianische Erklärung zu finden, von der ich gar nicht die Möglichkeit begreifen kann, wie sie aus allen bisher entdeckten Handschriften verschwunden und in meine gerathen. Ich getraue mir nicht zu ihr Alter zu bestimmen; vermuthe aber daß sie wenigstens aus dem XIV Sec. wo nicht XIII seyn muß. Sie hat keine Anfangsbuchstaben und leeren Raum für alle griechische Wörter, ein einziges griechisches Wort ausgenommen, das gegen die andere Hand wie in Kupfer gestochen aussieht, aber die gänzl. Unwißenheit des Schreibers in dieser Sprache verräth. Cap. XXIX. 11 αποτεγμα Die bekannte strittige Stelle im XIII. Kap. fehlt auch bey mir. Cap. XXIX. 12 tempore
    congruo
. Cap. XXV. 2. tutela
    pupilli
.
Das unterstrichene Wort steht aber am Rande, wie ein ausgelaßenes, und nicht wie ein Glossema / Eben so XXXVIII. 3. Sed vt
    medici
.
Das wichtigste ist noch Cap XL 6. Talis est igitur ordo actionum adhibendus,
    vt cȯnu̇eṅiȧt loco, tempori et personae
, vt quemadm.
Diese stehen auch am Rande als ausgelaßene Wörter und kein Glossema. Das punctirte Wort ist verkürzt geschrieben und daher schwer zu lesen, kann aber wol kein anderes seyn. corcumdent oder vielmehr corcudent. Lib. II. Cap. VIII. 14. Parietes vrbis monstrant statt modo vrbis stant. Dieses wären ungefehr die vornehmsten Abweichungen u Entdeckungen, die ich gemacht. D. Biester ist Kgl. Bibliothekar geworden an Pernetti Stelle, aber wie man sagt, blos mit der Hälfte des Gehalts = 500 rthl. Er ist so gut u schickt mir immer die Berl. Monatsschrift. Ich hab ihm gestern meinen Glückwunsch abgestattet und auch obige Nachricht mitgetheilt, ohn daß ich weiß ob er einigen Gebrauch davon machen wird und ob sie beyn Publico die Aufmerksamkeit verdient. Kann man denn nicht auf eine zuverläßige Art den Verf. des
    Horus
zu erfahren bekommen? Ich les ihn jetzt zum 2ten mal, bin aber noch nicht auf die Hälfte. Den 30 – Mein Argwohn ist eingetroffen; denn ich war immer besorgt, daß Cicero in irgend einem andern Brief aequitatem definirt hätte, wollte deswegen des Ernesti Clauium zu rathe ziehen, schlug auch wirklich im Nizolio nach, den ich mich erinnerte selbst zu haben aber nicht finden konnte. Endlich fand ich ihn, schlug ihn mit einer
    Furcht
auf, lauf die Stellen durch und überseh die letzte Zeile, vor Freuden oder Angst. Heute schlag ich ihn zufällig noch einmal nach und finde ausdrückl. Top. Aequitas paribus in causis paria iura desiderat. Am sichersten hatte mich der so sorgfältige Heusinger gemacht der ad Lib. II. Cap. XII. eine magere Erklärung de aequitate giebt, und hier dachte ich, wenn Cicero eine selbst gegeben, so würde der Mann sie gewiß angeführt und keine eigene zusammengeschustert haben. Ich bin also versichert, daß dies ein Glossema ist, die aus den Topicis in mein Exemplar durch den Irrthum eines Abschreibers gekommen. Vorgestern hat die hiesige Direction von der General Administration zur Nachricht erhalten, daß der König für gut befunden alle unsere Bier- und Fooigelder in seine eigene Spaarbüchse fließen zu laßen. An der Möglichkeit einer solchen salomonischen Entscheidung läßt sich gar nicht zweifeln; noch etwas an der Wahrheit, weil die Direction erst vorigen Sonntag auf ein Kabinetsschreiben hat melden müßen die Einnahme und genaue Vertheilung seit 3 Jahren. Die Schiffart ist dieses Jahr unerhört und außerordentl. gewesen an 2000 Schiffe, also die Summe sehr auffallend; u mein Antheil würde sich weit über 100 rthl belaufen haben. Der Himmel gebe, daß dem alten Herrn unsere Biergelder gut bekommen, und diese neue Diät ihm nicht Kopfweh und Bauchgrimmen zuzieht; doch bey seiner
    herrlichen Natur
gedeyt alles. Gott Lob! daß
    Du auf Erden Richter bist
und
    läßest die Sünde nicht walten
! Wie hält es mit Ihrem Monboddo? Machen Sie mir doch bald eine Herzstärkung und schicken Sie ihn so bald er fertig ist. Vor allen Dingen erfreuen Sie mich mit einem kleinen Briefe, und guten Nachrichten von Ihrer eigenen und der Ihrigen Gesundheit. Endlich einen Brief heute von meinem Sohn erhalten, aber noch nichts von seiner Ankunft, nach der mir beynahe wie einem Kinde bangt, ohne selbst recht zu wißen, warum? Septuages. den 8 Febr. Ich hatte mir heute fest vorgenommen meinen Brief zu Ende zu bringen und habe den ganzen Tag Ueberlauf von Besuchen gehabt. Ein jüdischer Doctor nebst einemzwey andern ehrl. Israeliten aus Curland u von hier mit Grüßen von Hinz, der gegenwärtig die Advocatur in Hasenpoth practisirt. Der erste reist morgen ab und ich habe ihm einen Brief unter Hartknochs Couvert an den jungen Neumann mitgegeben, den ihre liebe Schwester vor ein paar Tagen mir zugestellt. Er ist voller mütterlichen Ermahnungen – Da kam Reichardts Schwager, hernach Pr. Kraus, der die Ebentheuer eines Barons von Morzini drucken läst, – und zuletzt ein junger Candidat Jenisch, der mich seit einiger Zeit besucht und viel Fähigkeiten auch Lust zu lernen hat, aber gar zu brausend ist. Er ist aus Heiligenbeil und hat mir heute viel von dem dortigen Rector Arend erzählt, der Willamov u Trescho Lehrmeister gewesen seyn soll und von einer poetischen Magd in Morungen – Wißen Sie was von diesem Ebentheuer? Kant soll an einer Antikritik – doch er weiß den Titel noch selbst nicht – über Garvens Cicero arbeiten. Ich besuchte ihn heut vor 8 Tagen. Er studierte im Garve, dachte aber nicht an eine Gegenschrift, gegen mich. Er hat sich des Maler Beckers Haus gekauft – Der Verf. des Horus soll also Wünsch seyn, der seine Theorie der Athmosphäre u kosmologische Unterhaltungen anführt, die ich gern kennen lernen möchte. Was sagen Sie zu Gleims Reisegespräche? Er hat 100 Exempl. an Kanter geschickt. Unser Hofprediger M. Schultz wird etwas über die Kritik der reinen Vernunft herausgeben. Er hat in einigen Bogen das ganze System ausgezogen, welches Kant für seinen Sinn erkannt, aber immer noch einige Erläuterungen verspricht, welche das Resultat und Vollendung zur Ausgabe verzögern. Pour la rareté du fait, will ich bis gegen Hartknochs Ankunft fortfahren in meinem
    Golgatha
über Jerusalem. Wird nichts draus, und werd ich denn nicht fertig: so will ich rude donatus keine Feder mehr an die Hand nehmen und an kein Büchlein mehr denken. Meine
    Metakritik
soll auch davon abhängen. Wenn Sie des alten Moldenhawers Jubelpredigt des Ansehens gewürdigt haben wegen der Chronique scandaleuse unsers Vaterlandes so hat Pfarrer Kraft aus Cremitten eine Antwort drauf gemacht. Ich habe beyde nicht lesen mögen. Eben derselbe hat eine heillose Schrift über die Confirmation der Kinder widerlegt, die vor ein paar Jahren hier erschien und die man mir andichtete bey der Gelegenheit, da ich meinen Sohn in die Kinderlehre geschickt. Einer meiner guten Freunde und KCousin des Hartungs, Regierungsrath Graun soll der Verfaßer davon seyn. Er arbeitet am raisonnirenden Bücherverzeichniße: doch will ich für die erste Wahrheit nicht Bürge seyn. Den 9 Febr. Empfehlen Sie mich aufs herzlichste meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin und melden Sie mir gute Nachrichten von den Wirkungen Ihrer Cur. Gott schenke Ihnen auch Gesundheit und Freudigkeit des Geistes zum Schaffen und Wirken. Ich grüße und küße Ihre liebe Kinder und mein Pathchen mit seinem einzigen Schwesterchen 3 und 4 fach. Meinen Michel erwarte alle Tage in diesem Jahr. Sein Ausbleiben macht mir auch Kummer, und ich habe mich im vorigen Jahre das Schreiben an ihn vereckelt, daß ich nur den letzten pr. ein paar Zeilen und verdrüßlich an ihn geschrieben. Uebrigens sind wir alle gesund, Gott Lob und Dank! Claudius hat mir das Gummi Guaianum gegen die Gicht empfohlen. Ich habe sie aber schon gebraucht und er hat mich um ein Hülfsmittel gegen seiner FRebecca Husten gebeten; vor dem ich den Meerrettigsaft aus den Nachrichten für den Nahrungsstand vorgeschlagen. Mit meinen kleinen Geschwüren und Ausschlägen muß ich wol bis zum Frühjahr Gedult haben; sie sind unterdeßen weniger beschwerlich als sonst. Ich glaube daß mein unbändiges Traben am meisten Schuld dran hat; weil ich kaum in Winter u Sommer einen Gang nach der Stadt thun kann, ohne ein oft unmerkl. Bad und nicht immer, wie wol oft gnug mich umzukleiden im stande bin. Hinzukomt mein starker Appetit zum Eßen, zum Caffé und Bier zu Hause des Abends und zum Wein wenn ich zu Gast gehe, welches die Woche wol wenigstens einmal geschieht. Also kein Wunder wenn bey dem Mangel an Bewegung, Schärfe und Säure und Stockung und Verdickung der Säfte entsteht. Nun die königl. Diät wird alle diesen Uebeln abhelfen und mit Cichorien habe vor ein Paar Tagen den Anfang gemacht. In Ermangelung meines Sohns macht mir meine älteste Tochter ein wenig Freude durch ihren ziemlich glücklichen Anfang auf dem Clavier und Fortgang in Bachischen Sonaten unter Anführung des ehrl. Hill’s. – Letzterer komt eben mit einem Briefe von meinem Sohn, den er auf der Post abgeholt. Ich werd ihn noch in einigen Wochen nicht zu sehen bekommen, auch nicht gern seinen Fleis unterbrechen – Meine Absicht ist ihn wenn er ankommt inscribiren zu laßen, weil Orlovius als Medicus das Rectorat hat, seiner erwählten Facultät zu Ehren und unter des sel. Kreutzfeld Decanat das mein alter halber Schulfreund Reusch verwaltet. – Ich wurde heute bey HE Kr. R. Hippel gebeten, habe mich aber entschuldigen laßen. Daß HE von Wolwart mich in Feyertagen besucht, habe ich schon gemeldt oder melden wollen. Mich wundert, daß sie sich einander nicht gesehen und er 2 mal dort gewesen und seine Schwester, nach ihres eignen Gemals Versicherung den HE G. S. viel nahe anbeten soll. Mag auch wol so bewandt seyn, als mit den von mir mitgebrachten Empfelungen  Hemsterhuis Schriften habe auch erst kürzl. zu lesen bekommen können, und die Lettre sur l’homme in der Grundsprache. Es ist ich weis nicht was, das mir widersteht, selbst bey allen Reitzungen des Dialogs, die Kant ungemein bewundert. Ich hätte gern die Uebersetzungen ein wenig vergl. theils mit ihrer theils mit dem einen Original. Ich hatte aber nicht Zeit dazu und muste das Buch zurück geben, eher ich es dachte. Nun ich umarme Sie von Grund meiner Seelen, alter liebster bester Gevatter Landsmann und Freund. Gott überschütte Sie und alle das Ihrige mit reichem Seegen. So
    bald ich kann
, oder was habe, schreib ich wider. Vergeßen Sie mich auch nicht. Empfehle mich u das meine Ihrem und der lieben Ihrigen Andenken. Ich ersterbe Ihr alter treuer  Johann Georg H. Meiner Verehrungswürdigen Frau Gevatterin küße noch zu guter Letzt die Hände, weiß aber dem Vorigen und Alten nichts hinzuzufügen, was Sie nicht schon beßer wüsten, als ich es auszudrücken weiß.  Amen!
Königsberg den 30 Jänner 84 Herzlich geliebtester Herr Gevatter, Landsmann und Freund, Wenigstens schlafen Sie nicht, wie ein Brutus – sondern wie man halt! schläft in den Armen eines lieben zweiten Ichs! Wenn Sie nicht Zeit zu schreiben haben; so nehmen Sie sich wenigstens welche zu lesen. Daß unser Freund Kreutzfeld auch schläft, wißen Sie. Er verschied am Krönungstage, ohne ihn besungen zu haben, und selbst seine
    würdige
Mutter – denn dafür erkennen Sie alle seine Freunde – wünschte ihm Ruhe und hatte sie auch nöthig. Er soll diesen Montag beerdigt worden seyn. Ich verbat das Gefolge und bin deshalb auch nicht eingeladen worden. Ungeachtet unser Umgang schon seit Jahr und Tag beynahe abgebrochen und auch unsere Freundschaft dadurch etwas erkaltet war: so blieb der Grund doch feste. Er hatte noch bis auf die allerletzte Wochen eine ungemeine Heiterkeit des Kopfs und Ruhe des Gemüths – und seine poetische Ader behielte ihre Schnellkraft bey aller Leichengestalt, die er an sich trug. Er machte mir ein paar Vorwürfe oder gab mir ein paar Lehren zu guter Letzt – die mir lang geahndet hatten, und die mir im Grunde lieb waren und das ganze Misverständnis von keiner Bedeutung. Seine letzte Schrift verlegt Hartung u wird wie man mir gesagt bey Decker gedruckt. Sie handelt vom Preuß. Adel u ist gegen die Braxeinsche Familien Nachrichten u durch selbige veranlaßt. Akademie u Königl. Bibl. leidet einen kaum ersetzl. Verlust an ihm. Beyl. ist von seinem Gehülfen Prof Reusch. Von seinen hinterlaßenen Handschriften erklärte er sich, daß er blos zu seiner eigenen Uebung ohne Rücksicht auf das Publikum gearbeitet. Ich glaube daß Kraus und ich an demiesem Vermächtnis ss
    Bruders
soviel Antheil, als wir wollen, nehmen können. Ich habe vorigen Sontag an HE D. Biester geschrieben und seh mich genöthigt meine ihm ertheilte Nachricht einer Ciceronianischen Definition von der Billigkeit zu berichtigen. Den Verdacht hatte ich gleich, daß sie aus einem andern Buch eingerückt war – so gewiß ich sie auch für Ciceronis hielte. Erstlich verführte mich Heusinger der ad Lib. II. Cap XII. eine Definition de Aequitate giebt. Da dachte ich, wenn der Mann eine in Cicero gefunden hätte, so hätte er gewiß solche für seine angebracht. Den Ernestinschen Schlüßel konnte ich nicht sogl. habhaft werden; besinne mich einen Nizolium selbst zu besitzen. Finde ihn nach vielem Suchen, schlage ihn mit einer
    Furcht
auf, laufe den Articul durch und überseh die letzte Zeile; denn eine Erklärung des Worts muste nach meiner Einbildung allen übrigen Stellen vorgehen. Heute komme ich zufällig noch einmal über meinen Nizolium, ein wenig ruhiger und aufmerksamer, und finde zu meinem großen Erstaunen in der letzten Zeile
    Topic
.
Aequitas in paribus causis paria jura desiderat. Nun ist es für mich ausgemacht, daß mein vermeinter Fund ein offenbares Glossema ist, das in den Text meiner Handschrift gerathen. Mangel der Verbindung hab ich immer vermißt und eben so gut
    gefühlt
die Aechtheit als das Misverhältnis der Stelle. Also auch diese Freude ist zu Waßer – und da kein Unglück ohne Gesellschaft komt: so soll die Direction vorgestern von der Gen.Adm. die Königl. Entscheidung erhalten haben daß die ganze Einnahme der Biergelder von Fooien, (Quittance u Judensechsern) in die Kgl. Spaarbüchse fließen sollte. Sehr mögl. ist es; ob es
    wahr
ist, steht noch dahin. Desto wahrscheinlicher aber wird diese Biergelderdiät Kopfweh und Bauchgrimmen nach sich ziehen, ohngeachtet unserer Zöllner- und Sünderwünsche:
    Wol zu bekommen
! Gute Nacht! Bier! Pfeife! Tabatiere! Caffe! Porto! Freundschaft! Vaterland! du falsche beste ganze Welt! Haben Sie ein Wort des Trostes für Ihren Freund: so laßen Sie ihn nicht drauf warten. Mein Gott! ist es denn nicht mögl. etwas von unserm Vetter zu erfahren? Nicht einmal eine Antwort auf so viel Fragen; oder hab ich sie alle in Gedanken gethan? Empfehlen Sie mich Ihrer lieben jungen Frau, küßen Sie Pathchen – – und Ihr liebes Schwester Louischen. Mein Sohn lebt noch in Graventihn und ich kann nicht die Zeit erwarten ihn wider zu sehen. Mein übriges kleines Gesindel ist Gottlob! gesund und empfiehlt sich Ihrem gantzen Hause – den jungen Hänsler nicht zu vergeßen. Gott seegne Sie und vergeßen Sie nicht Ihren alten Freund, Landsmann, Gevatter u Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
Des / Königlichen Capell Meisters / HErr Reichardt / Wolgeboren / zu /
    Berlin
. /
    Einschl
.
Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, Verzeyhen Sie meine späte Antwort. Ich bin seit dem Ende voriger Woche wider mit einem kleinen Flußfieber heimgesucht worden, und der elendeste Sclave meiner innern und äußern Umstände. Alle Bücher habe richtig zurück erhalten und übersende auch das mir geliehene. Meine Ausgabe vom Repos de Cyrus war schöner und vor jedem Buch ein Kupfer, auch das Format größer; unterdeßen hab ich ihn mit ebensoviel Vergnügen als das erste mal gelesen. Die Lettres sur les physiognomies von eben demselben Verfaßer, der meines Wißens sonst nichts mehr geschrieben und deßen rechten Namen ich auch nicht weiß, ob er Bernetti oder Pernetti – besitz ich noch. Auch im Wilden des Mercier ist etwas wenn gleich nicht viel. Schon bey der schwedischen Gräfin hab ich gemerkt, daß ich mit den Empfindungen die sich auf das Verbrechen, welches man Blutschande nent, wenn sie dazu ohne Wißen und Willen begangen wird beziehen, nicht im allergeringsten zu sympathisieren imstande bin, und mir gar keinen Begriff davon machen kann. Ich lege des Mirabeau Werk bey von Staatsgefängnißen und Verhaftsbriefen, welches einem guten Freunde gehört. Ich habe jetzt fast gar keinen Canal um das Neue in theol. kleinen Schriften kennen zu lernen. Sollte mir etwas aufstoßen, und es ist mir möglich auf einige Zeitlang etwas zu erhalten so werde mich des mir vorgeschlagenen Weges zu Nutze machen. Die zwey letzten Theile von M. Hartwichs Apologie der Apokalypse habe auch kürzlich erst gelesen. Vielleicht das einzige und beste Buch, was darüber gelesen zu werden verdient und wodurch die Authenticität deßelben wenigstens entschieden und wider hergestellt wird. Eine Göttingsche Recension hat mich auch zu
    Storrs
Abhandl. neugieriger gemacht. Der Verf. des Horus hat sich selbst genannt, ist der jetzige Prof. der Math. Wünsch zu Frankf. an der Oder, kosmologische Unterhaltungen in 3 Theilen u eine Theorie der Atmosphäre ist auch von ihm. Das Reisegespräch von Gleim wird Ihnen vermuthl. auch schon zu Handen gekommen seyn. Hartwich ist Pastor zu Groß Hartmannsdorf bey Freyberg; hat 72 eine
    Monatsschrift aus Mitleid
herausgegeben die ich gern kennen möchte; Gedichte und poetische Abhandl. 80, welche mir Herder schon damals anmeldete. Den vierten Theil von Schultzens Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre für alle Menschen habe auch erst vorige Woche lesen können. Am Ende der langen Vorrede meldet er eine gewiße andere Arbeit an, die er dem Publico nächstens vorzulegen gedenkt. Ich bekam den ersten Theil zum Geschenk, weiß aber nicht ob die 3 andern nachkommen werden. Allenfalls könnt ich es Ihnen von eben dem Freunde verschaffen dem der Mirabeau gehört, wenn Sie dies in seiner Art ebenso merkwürdige Buch nicht schon bereits kennen. Erhalt heute von unserm Capellmeister einen Brief mit einer Jahralten Einlage von Vetter Becker, der sich in Wilhelm Birken verwandelt. Der Brief ist von Bermudas wo er gestrandet und beynah all das Seinige verloren den 14 Jänner 83. Der Brief an R. ist vom 17. Febr. Die Reisen eines Franz. welche man einem jungen Riedesel auch Leichsenring zuschrieb sollen vom Abbé Beroldingen aus Speyer seyn der vor einigen Jahren mit Me de La Roche gereist seyn soll. Ihre Pomona hat mir viel Freude gemacht, so ungern ich daran gieng sie zu lesen. Vorigen Sonntag erhielte einen sehr angenehmen Brief von dem ältesten HE von Hogendorp der bereits im Oct. vom Vorgebirge der guten Hofnung abgegangen war. Daß HE. D. Biester vom Könige persönlich zum 2ten Bibliothekar mit 500 rthl u Wohnung an Pernetti Stelle ernannt worden, wird Ihnen bereits bekannt seyn. Daß er bey Ihnen um einen milden Beytrag angehalten und sich selbigen vermuthet, dürfte Ihnen vielleicht entfallen seyn; deshalb eine widerholte Erinnerung mir zu vergeben bitte. Werde auch nicht ermangeln das erste Heft Viertel dieses laufenden Jahres wenn ich es selbst erhalte prompt mitzutheilen. An Ew. Wolgeboren Familien Trauer nehme desto herzlichern Antheil, da ich einen sehr vergnügten Sonntag in Steinbeck verlebt. Ich that diese Spazierfahrt theils ex officio theils meinem Sohn zu gefallen. Jetzt da der König die Fooigelder gestrichen, könnt ich sie auch nicht mehr thun. Ich bin mir selbst so zur Last, daß ich an Ihre geneigte Einladung nicht denke, geschweige darauf antworten kann. Sie haben an meinem Ciceronianischen Funde Antheil genommen; meine Besorgnis, daß die Definition aus einer anderen Stelle eingerückt war, ist leider! eingetroffen. Ich schlug den Nizolium voller Furcht und Mistrauen nach, und übersehe in einer freudigen Unruhe nichts zu finden, welches ich gleich in der ersten Stelle als eine Erklärung vermuthete, die letzte Zeile des Articuls, wo ausdrücklich steht: Valeat aequitas, quae paribus in causis paria iura desiderat! Topic. Cap. 4. Was mich noch sicherer machte war daß keiner von beiden Heusingern in ihren Anmerkungen diese Stelle angeführt und der eine gar selbst ex proprio Marte eine Erklärung zusammengesudelt. Unterdeßen bleibt es immer eine Seltenheit, daß kein einziges mst. dies glossema hat. Einer Sage nach arbeitet unser liebe Pr Kant der sich des Maler Becker Haus gekauft an einer Antikritik – doch der Titel ist noch nicht ausgemacht – gegen Garvens Cicero als eine indirecte Antwort auf deßelben Recension in der A. d. Bibl. Seine Absicht ist es auch gewesen in die Berl. Monatsschrift Etwas über die Schönheit zu liefern. Nach ergebenster Empfehl. an Dero Frau Gemalin habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu seyn Ew Wolgeboren ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann den 18 Febr. 84. Adresse mit Siegelrest:
HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst zwey
    Evangel
.
    Büchern
.
Kgsberg den 14 März Dom Oculi 84. Herzlich geliebtester Freund, Ich wurde heute ausgebeten um D. Weickhardt, der nach Petersb. geht kennen zu lernen, muste es aber ausschlagen. Sie werden ihn vermuthlich auch zu sehen bekommen; vielleicht ist er im stande unserm Freund Arndt einen guten Rath zu ertheilen. Eben besucht mich gantz unerwartet HE von Auerswald, dem ich die beyden Theile des Shakesp. abgeliefert; nun bitte mir so bald Sie können den Preiß zu melden oder melden zu laßen, weil ich ungeachtet des darüber geschriebenen den rechten Brief nicht werde aufsuchen können. Er wird sich wegen eines Proceßes hier vielleicht einige Wochen aufhalten, damit ich das Geld dafür einheben kann. Der letzte Theil ist gleich bezahlt worden; also bleibt nur noch übrig den Preis für den achten und zehnten Theil zu wißen. In Ihrem letzten den ich den 4 huj. erhielt meldeten Sie mir auch daß Buffons Vögel historie aus 16 Bände bestünde; wenn Sie die ihm
    überschickten genau wißen
, so bittet er sich selbige aus, die ihm noch fehlen. Aber so große Lust ich auch habe die Histoire des Mineraux kennen zu lernen, will er nichts davon wißen; also bitte nur in Ansehung der noch zu ergänzenden Vögelgeschichte uns beyden willfährig zu seyn. – Noch eine Bitte, welche Ihre Ankunft zur Meße betrifft, betrifft HE Scheller, zu Graventihn, der seit Jahr und Tag
    Döderleins
    Dogmatik
hier bestellt, die in keinem Buchladen zu haben. Können Sie ein ganzes Exemplar von den 2 Theilen für
    den hiesigen Ladenpreiß
entbehren; so thäten Sie uns einen großen Gefallen uns daßelbige mitzubringen und zu überlaßen. NB. die neuste dritte Ausgabe vom ersten Theil. Wo nicht so wären sie vielleicht im stande uns von der Meße eins mitzubringen; wo auch die neue Ausgabe des 2ten Theils fertig seyn wird. Des alten lieben Jakobi Schwanengesang über Mendelssohns Jerusalem hat mich auch begeistert 2 bis 3 Bogen zusammenzubringen, die ich auch herzlich gern gedruckt sehen wollte und gegen Ihre Ankunft fertig halten möchte. Ich habe beynahe verzweifelt damit fertig zu werden, aber heute Hofnung das Ende zu erleben.
    Golgotha
und
    Schiblemini
.
    Von einem Prediger in der Wüsten
Diese Bogen sind mir sehr sauer geworden, und möchten es noch werden. Mendelssohn Philosophie und sein Judentum sind sehr darinn mishandelt. Wenn Sie sich damit befaßen wollen entweder selbige zu verlegen oder unterzubringen – vielleicht am liebsten und sichersten in der Schweitz – denn Sie kennen meine ängstliche Vorsicht nicht so wol für mich selbst als für andere. – Aber eine gute Portion von Exemplarien zur Austheilung bestelle und bitte mir zum voraus, um mit meiner Zieschenwurst gegen die Schinken meiner Freunde werfen zu können. Doch erst muß der Fisch im Netz seyn, und darnach von der Theilung die Rede. Da kam Herr Jenisch zu mir, einer der innigsten Zuhörer von
    Kant
, auch mit einem Anliegen nach Riga zu einer guten Hofmeisterstelle oder Schuldienst beruffen zu werden. Er ist ein fähiger fleißiger Mensch von 20 Jahren, der das Griechische mit vieler Lust treibt, das französische u engl. versteht und Hoffnung giebt zu einem vorzüglichen Kopf, der aber noch zu brausend und ungestüm ist. Wenn dort Nachfrage seyn sollte; so bitte ich Sie, sich seiner zu erinnern. Sie sollen ihn selbst kennen lernen bey Ihrer Durchreise. Weil er mich eben bey meinem Briefe antraff; so gab ihm dies Gelegenheit, diese Bitte anzubringen. Kant arbeitet an einer Antikritik über Garvens Cicero, die Sie
    vermuthlich auch zum Verlag bekommen
werden? Ich habe Ihnen glaub ich, schon geschrieben von dem Meßgut unserer hiesigen Verleger; daß Dengel eine Schrift des Hofprediger Schultz über Kants Kritik liefern wird, die schon in den Gothaischen Zeitungen angemeldt seyn soll; Kraus über Morczini ein moralisch politisches Meisterstück, Glave über die Jurisdiction unsers Adels u der seel. Kreutzfeld über die Braxeinsche Familiennachrichten. Nehme herzl. Antheil an den guten Nachrichten von Ihrem lieben Sohn. – Der junge Motherby wird auch mit HE. Laval erwartet, der die besten Nachrichten von seiner Reise – Mein Sohn ist dies ganze Jahr von mir erwartet u komt nicht. Pilchowski weiß nichts vom Malleo Malef. und mein Bote hat des Monti neues Logis nicht finden können. Daß ich die
    Rechnung bey
    Bezahlung
des Geldes
    abgeliefert
,
    versteht sich von selbst
, und ist kaum möglich zu denken, daß ein Kaufmann ohne
    Belag
soviel Geld auszahlen wird. Sie muß also bey HE Toussaint liegen. Dies Rätzel ist also völlig für mich aufgelöset; und ich kann also nicht anders denken, als daß Sie selbige hier finden werden. Bitte aber Nachfrage deshalb zu thun. Eine Qvittung von mir hat HE Toussaint nicht erhalten, weil es die Rechnung war, und diese hat man mir also nicht zum Einpacken anvertrauen können, welches auch ausdrückl. gemeldt haben würde. Fehlen Ihnen noch einige Preise, woran Ihnen gelegen vor der Hand zu wißen: so will drauf antworten. Gott erfreue uns bald mit Ihrer glückl. Ankunft. Meine und der Meinigen Empfehlung an Ihr ganzes Haus. Ich umarme Sie und ersterbe mit alter Freundschaft der Ihrige. Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
. /
    Einschl
.
Vermerk von Hartknoch: HEn Hamann in Königsberg Empfang d 17 März 1784
Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, Heute habe erst Schmohl vom HE. Director der Admiralität Jacobi zurückerhalten, und lege ihn bey. Das französische Werk habe zurückerhalten. Sie wißen doch, daß ein Sohn des Mirabeau Verfaßer davon ist, und ich habe beynahe den Verdacht geschöpft, daß er es auch vom Systeme de la Nature und de la Société seyn könnte; doch es ist ein bloßer Verdacht. Herr Kriegsrath Hippel hat mir vorige Woche die zweite Bücherrechnung zugestellt, welche noch aber bey mir liegt; weil ich den Bibliothekar seit vielen Wochen nicht gesehen; woran theils seine theils meine eigene Gesundheitslage schuld ist. Morczini wird ihm so sauer, wie die Galater dem St. Paul. Ich bin aber dafür sicher, daß das Werk eines öffentlichen
    Lehrers der Moral und Politik
würdig seyn wird. Der Prediger Schultz zu Gildorf (oder Gielsdorf) bey Strausberg soll seinen Besitz gegen das Consistorium behauptet haben durch eine unmittelbare Adreße an das Etats Ministerium. Ich habe
    einen
sehr angenehmen Sonntag in Steinbeck mit meinem Sohn zugebracht, und also herzlichen Antheil genommen an Ihrer Familientrauer; weil ich den stillen leutseeligen Character dieses gefälligen Mannes geschätzt. Verzeyhen Sie mir, HöchstzuEhrender Freund, daß ich mir eine kleine Erläuterung wegen einer Stelle, die den jungen Lindner betrifft, ausbitten darf;
    daß ich ihm nun das Buch über Rom nachschicken muste
. Hier muß ein Misverständnis zum Grunde liegen, weil ich den Sinn gar nicht verstehe, nicht wegen des Umweges, sondern in Ansehung eines Buchs, das ich ihm nachzuschicken hätte. Ich übersehe alles an diesem jungen Menschen; aber des Vaters Aufführung gegen mich ist fast unverzeihlich. Denn wenn ich noch so sehr den Wohlstand aus alter
    vertraulicher Freundschaft
aus den Augen gesetzt hätte, welches auch gar nicht leugnen mag: so war doch meine Absicht nichts als das Beste seines Sohns, und das Unrecht des Vaters gegen ihn unverantwortlicher, als meines gegen den Vater. Von dem guten lieben Doctor aus Wien hört man nichts; und ich bin seinetwegen in Sorgen. Ohngeachtet ich mit dem jungen Menschen fast nichts als das Latein treiben konnte um ihn desto geschwinder zum akademischen Bürger zu qualificiren: so lag doch in diesem Vehiculo ein Correctiv aller seiner Fehler und Mängel in Ansehung seiner Schulerziehung. Meine letzte widerholentliche Bitte, womit ich ihn verabschiedete und welches ich ihm noch nachrief bestand darinn,
    mich zum Lügner zu machen, wenn er könnte
. Eben beim Schreiben fällt mir ein, daß Sie vielleicht unter seinem Buch die Lieblingsgeschichte der Larrons meynen, die er mit so viel Vorliebe hier studiert. Hab ichs funden? Meine Freude über den Ciceronianischen Fund ist eben nicht vereitelt, sondern nur ein wenig gedämpft worden. Meine doppelte Ahndung, daß sie ciceronianisch war und nicht an ihrem rechten Ort stand, ist eingetroffen; und der kleine Umstand bleibt immer ein entscheidendes Merkmal meines Mst oder Fragments. Herr D. Biester welcher immer gewohnt war mit dem Anfang jedes 3ten Monats das Quartal zu schicken, ist diesmal zurückgeblieben, auch mit einer Antwort, die er mir lange versprochen. Im März sind die Hogendorpschen Nachrichten vom Vorgebirge der guten Hofnung eingerückt. Heute wurde mir erzählt, daß der König bey seiner Installation ihm die Erinnerung gegeben sich nicht mehr in seiner Monatsschrift über den
    durchlauchtigen Pöbel
aufzuhalten, wie bey Gelegenheit des Monddoctors geschehen. Ich wurde gestern eingeladen zur Gesellschaft des von Fulda nach Petersburg durchgehenden LeibMedici D. Weickhart, den Herr Nicolai an seinen hiesigen Vetter meinen Gevatter und Freund den Kaufmann Jakobi addreßirt. Er geht morgen bereits ab – und es thut mir doch fast leid, die Gelegenheit versäumt zu haben. Die goldene Medaille, welche dem Prof. Kant vorigen Mittwoch überreicht worden, hat das Jahr seiner Geburt 23 statt 24. und einige Kleinigkeiten mehr die auch seine Freude über die ihm erzeigte Ehre gedämpft. In den Gothaischen Zeitungen soll es schon stehen daß Hofprediger M. Schultz sein System populair darstellen wird. Die Antikritik wird nicht unmittelbar gegen die Garvesche Recension, sondern eigentl. gegen seinen Cicero gerichtet seyn, und vermittelst deßen eine Genugthuung für jene werden. Ich wünschte daß es Ihnen mit den Sciences morales gienge, wie mir mit der Hetzelschen Bibel, von der ich noch bisher nichts als die Vorrede lesen können; damit die Bedingungen gleich blieben. Mit Ostern hoffe ich desto fleißiger zu seyn oder zu werden. Mit dem ergebensten Empfehl an Dero Frau Gemalin habe die Ehre mich mit Herz und Hand zu unterzeichnen Johann Georg Hamann den 15. März 84.  Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn auf und / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst
    einem Buch
.
Wenn Sie, lieber Hamann, beym um vergebung Bitten anfangen, wobey muß ich anfangen? Laßt nur alles das vorübergehen, und sonst fünf Minuten mit einander etwas gutes oder freundschaftliches reden. Auch ich kann das Ende oder den Ausgang meiner Bearbeitungen schlechterdings nicht absehen. Daher üb ich mich immer mehr, mich auf den gegenwärtigsten Moment zu fixieren, und den so gut wie möglich zu prägen, und damit alles gut seyn zu laßen. Sehr wünscht ich für Geld und gute Worte zu haben Hamans, des Esrahiten unterweisung von der
    Schwachheit der Elenden
. Ohne Zweifel ist’s auch ein Spiegel meiner eigenen Armensünderey. In diesen Tagen des tausendgestaltigen, millionenköpfigen und völlig herzlosen Unglaubens mach ich mir’s zur zehnfachen Pflicht, alle die öffentlich für
    Brüder
zu erklären, die sich des gekreuzigten Herrn der Herrlichkeit nicht schämen, und mit weisheit die Thorheit seines Evangeliums vertheidigen. Izt heißt’s‥ Wer nicht für uns ist, der ist wieder uns. Gott Lob‥ der III. Theil des
    Pilatus
ist zu Ende. Und ich darf sagen: ich freue mich mit Zittern. Sonderbares Schiksal, daß ich diese Schrift immer gerade zuerst denen in sechsfache Censorhände geben muß, die am tiefsten dadurch verwundet werden. Dieß macht mich gleich vorsichtig und stark. Auch ist eine
    Herzenserleichterung
von mir unter der Preße, die Ihnen, lieber Hamann, für mich, wohl und wehe, weh und wohl machen wird. Es ist eine harte Zeit für die Kinder der Wahrheit – so ohne Gott für Gott zustehen – und sich unaufhörlich rufen zu laßen: Wo ist Euer Gott? Für alle brüderliche Nachrichten, die Sie mir geben sag ich Ihnen herzlichen Dank. Es regt sich dabey immer was gutes im Herzen, und wie können wir Gott spühren, als wenn sich etwas Gutes in uns regt?
    Pfenninger
(der wieder gesunde, in seinen 7 blühenden Kindern und Gott vergnügte) soll an der Fortsetzung der
    Samlungen
zum christlichen Magazin erinnert werden. Lieber Hamann, eine Bitte, womöglich, für meine immer schwächern Augen etwas leserlicher zu schreiben. Ich kann manches Hauptwort bis izt nicht entziefern. Immer wollt’ ich
    Kants Kritik der Vernunft
lesen. Aber ich weiß nicht: Noch wollt’ es mich nie recht annehmen. Doch muß ich’s lesen, um meines
    Einmahleins
willen. In
    Moses Jerusalem
hab’ ich vortrefliche Erläuterungen, Beleuchtungen, wollt’ ich sagen, gefunden, und die Dißkretion und Schonung bewundert, womit er sowohl den Veranlaßer dieses werks, als unsern Herrn behandelt. Daß Er die christliche Pfingsten nicht für moralische positife Aufhebung der mosaischen Gesezgebung (nach der Regel – „ wenn Lieber kommt, muß Lieb weichen) erkennen konnte, ist leicht zu begreifen. Ich muß das Buch nochmahls lesen, um es recht, das ist, umständlicher beurtheilen zu können. Es ist sonderbar, daß Du unsere sSöhne so liebreich traust und daß jeder derselben
    einzig
und der
    Medezin
sich zu widmen entschloßen ist. Mein Heinrich soll in einigen Wochen von
    Stolz
aus Offenbach zurükkommen, um in meines großmüthigen und geschickten Bruders Offizin und unter seiner medizinischen Aufsicht, soweit es möglich ist, sich zum Arzte zu bilden. Er macht mir viele Hoffnung und Freude – und sein beßerer Sinn, so wie seine sonderbare Führung – gehört unter die Monumente demüthig erflehter Gottesgnade. Freund
    Pfenninger
treibt und drängt mich immer zum Herrn. Er belaurt und behorcht mich immer ob er keinen Stral von oben, keinen Geruch des Lebens zum Leben an mir bemerke? Aber – ach! Ich rieche nichts als den Geruch des Todes zum Tode. – Dennoch harr’ ich blicke nach der Höhe, ob Er das äußerste seines Fingers regen wolle? Ach! Bruder! Es ist eine harte Zeit, die Zeit
    unsers
Vielredens und
    Seines
StillTiefschweigens. Pfenningers
    Jüdische Briefe
müßen einem Kinderherzen, wie das Ihrige ist, ich hätte bald gesagt, wie das Deinige, wohl gemacht haben.
    Reichhart
war mit mir in Teinach, bey mir in Zürich, lieb, edel, und gut. Lezten Herbst war die Fürstinn von –
    Deßau
bey uns, die Du aus meiner
    Dedikation
des zweyten Bandes meiner Meßiade liebgewinnen wirst. Sie höhrte
    Häfelin
predigen über Hebr: 1. „Ach daß wir bey uns einen solchen Prediger hätten!“ Der Fürst sah ihn, gewann Achtung und Liebe für Ihn; – verreißte, rief Ihn zum extra Hofkaplan, den Er aus Sseiner Chatull bezahlen will. Häfelin nimmt den ungesuchten Ruf kindlich an. Noch wußt es niemand in Deßau. Die Fürstinn gab den IV. Band seiner Predigten
    Bernhorsten
, einem natürlichen Sohn des alten Deßauers zu lesen. Der kommt mit großem Erstaunen zum Fürsten „ach! Gott! Daß wir bey uns einen solchen Prediger hätten!“ – „wir haben ihn!“ – „unmöglich!“ – „Ganz gewiß – Ruf und Annahme sind geschehen!“ Sogleich liefen beyde zur Fürstinn, um sie an der Freude Theil nehmen zu laßen. Diesen Sommer reißt also Häfelin nach Wörlitz Mein Blat u. meine Zeit geht aus. Gott segne Sie für Ihren Seegen Richterschwil d. 25 März 1784 L.     
Alter lieber Freund, Ohngeachtet alles Suchens kann ich Ihren
    einzigen
Brief den ich aus Wien erhalten, nicht finden, um die Addresse zu ersehen, wozu ich ihn doch ausdrücklich aufgehoben zu haben mich besinne, aber nicht wo? Ihr Stillschweigen macht uns alle besorgt Ihrer Gesundheit wegen. Es geht uns beynahe so, wie einst von Halle aus. Ihre alte ehrwürdige Mutter lebt noch; ich habe Sie lange nicht besuchen können, muste aber Ihr wo ich nicht irre zu Anfang des Jahrs den Todesfall des frommen ehrl. Skubichs melden. Ein NotificationsSchreiben der Wittwe liegt bey dem HE Assessor Hoppe, der mit zu denen gehört, die sich um Ihr Stillschweigen kümmern, und sein Pflegamt und Curatel sorgfältig und gewißenhaft abwartet. Die Wittwe will gern her, man will sie aber nicht gern. Mein Sohn lebt seit dem Ende vorigen Sommers auf dem Lande bey dem HE Kriegsrath Deutsch, zu Graventihn, hab ihn in diesem Jahr nur einmal auf ein paar Tage gesehen, und ihn inscribiren laßen. Es fehlt mir also meine rechte Hand und mein Stab eine so weite Reise nach dem Roßgarten zu thun, als im höchsten Nothfall. Das laute Reden wird mir auch sauer. Erhalt ich aber Nachricht von Ihnen, so werde gern Bote seyn. Die Dulcis amara Cur fieng ich den 20 Oct. an, da eben der junge Neveu abreiste zum Meierotto nach Berl. wie es hieß. Sie können leicht denken, daß ich des Vaters willen erfüllt, ihn nicht aufzuhalten. Sein Brief fieng sich mit einem
    pleno titulo
an und schloß mit einem
    gehorsamen Diener
. So wenig mir an eines solchen Mannes Freundschaft gelegen: ebenso wenig besorge daß dies Misverständnis Ihres Bruders auf Ihre alte Gesinnungen den geringsten Einfluß haben wird. Hartknoch, den ich seit Ostern mit der grösten Sehnsucht erwartet, gieng gestern schnell durch, ohne daß ich mich über eine halbe Stunde mit allen meinen Aufträgen an ihn entledigen konnte. Dies geht also mit der nächsten Post ihm nach und ich hoffe daß Sie den dortigen Buchhändlern nicht unbekannt seyn werden. Daß unser alte Freund Lauson den 4 Oct. plötzlich gestorben, habe Ihnen vermuthl. gemeldet. In diesem Jahr starb an einer desto längern Auszehrung unser Kreutzfeld. Die Dulcis amara zog mir ein sehr
    gemächliches Podagra
zu, weil sie vermuthl. keine andere materia peccans gefunden, und es im vorigen Frühjahr wie in diesem ausgeblieben war. Mit meinem Ausschlag ist es jetzt erträglich. Hinz hat sich gestern bey mir angemeldt daß er Notar u Advocat in Hasenpoth ist wißen Sie – Was seine Geschäfte hier sind weiß ich nicht, vermuthe daß er entweder nach Warschau oder Braunschw. durchgehen wird. HE Hopp erkundigt sich nach HE. D. Knapp der auch nach Wien gegangen und nichts von sich hören läßt. D. Schweickhard ist aus Fulda nach Petersb durchgereist. Ich wurde auch zu seiner Bekanntschaft eingeladen, konnte aber den Tag nicht aus dem Hause kommen. Aus Dresden hat sich ein Lindner mit einem großen Stammbaum gemeldet u wünscht sich einen Erben zu seinem Vermögen u Bibliothek, weil er seinen einzigen Sohn verloren. HE Hofrath wird sich diese Angelegenheit wol zu Nutze machen. HE Lieut. Wirth ist auch zur Ruh gekommen. Mit dem Stadtrath u Ihrem alten Freund Scheffner habe diese Ostern bey Kr R Hippel gespeist, aber nicht bey ersterem ohngeachtet seiner Einladung. Erfreuen Sie oder beruhigen Sie uns wenigstens bald mit einigen Zeilen; die zu gleicher Zeit ein
    Beruff
für mich zur Motion seyn werden, deren Mangel mein gröstes Uebel ist. Mit leerer Hand und ohne Geschäft thu ich keinen Besuch, und rühr keinen Fuß. Der Hofrath sorgt auch für Ihre liebe Frau Mutter u hat deshalb neul. an HE Hopp geschrieben. Es bleibt immer beym Alten – Hülfe und Trost ist die einzige Gedult, die von der Unempfindlichkeit des Alters und Zunahme der Schwäche befördert wird. Was kann man da thun. Der Zuschauer und Augenzeuge fühlt mehr, als der Leidende vielleicht, und meine Hypochondrie ist so sympathetisch, daß ich selbige nicht reitzen darf. In meinem Hause ist übrigens Gottlob! alles gut. Ich empfehle mich u daßelbe Ihrem treuen Andenken, und ersterbe Ihr alter ergebener Freund u Diener   Johann Georg Hamann. den 30 April 84.  Die Ostermeße könnte wenigstens immer zum Mittelpunct unserer Correspondentz hinführo genützt werden. Doch wie lange wird Ihr Aufenthalt währen; u diese Meße ist für mich nicht nach Wunsch ausgefallen. Fortsetzung Dom. Jubilate. 2. Mai 1784 Heute übersendet mir HE Ass. Hoppe eine Einl. die Hofr. Knapp mitgebracht. Ohngeachtet ich mich nicht aus dem Hause zu rühren entschloßen war, um mein Pack an Hartknoch vollenden zu können, zog mich gl. an und lief zu Ihrer geehrten Frau Mutter, ihr Freude und Herzstärkung zu bringen; fand sie außerordentlich schlecht, und ihren Kopf so schwach, daß sie ihre Begriffe nicht mehr in Ordnung zu bringen fähig zu seyn scheint. Sie hat vorgestern einen neuen Anfall gehabt von Krämpfen, die theils einem Schlage theils einem epileptischen Anfall ähnl. seyn sollen. Sie schmachtet von Grund der Seelen nach ihrer Entbindung, oder wie sie es aus Ahndung nennt, im
    Schlaf ihren letzten Othem von sich zu geben
. Sie verlangt sehr, noch einmal Nachricht von Ihnen zu haben, wenn Sie wider Vermuthen noch länger leben sollte, als sie wünscht u hofft. Unter dem 17 März hatte ihr glaub ich der Hofr. auch geschrieben aber sie wuste nichts mehr davon, und ich muste ihr seinen Brief gleichfalls vorlesen. Ihrem eigenen Zeugnis u der Leute ihrem zufolge, läst es HE Hopp an nichts fehlen, auch der Reg. Feldscherer besucht sie fleißig und verschreibt bisweilen eine Herzstärkung. Seine Besuche sind ihr sehr angenehm. Von der Grostochter war die Rede, daß sie diesen Monath zum Besuch herkommen würde; worüber sie mit vieler Hitze und Eifer sagte, daß sie ihr mit nichts helfen könnte. Wir bedeuteten ihr, daß sie blos zu ihrer Pflege herkommen würde, und nichts von ihrer unvermögenden Grosmutter erwartete. Ich glaube beynahe daß es in diesem Monath zu einem seel. Ende gehen wird, und daß Ihr Wunsch einzuschlafen der Erfüllung nahe seyn ist. Auch der Hofr. hat mit vieler kindl. Liebe u Zärtlichkeit sich zu allen Ausgaben erboten, freut sich sr. kurl. Kinder, klagt daß der Preuße ihn 130 # kostet, freut tröstet sich der guten Nachrichten von seinem Fleiß. Tausend Seegensgrüße von Ihrer alten ehrwürdigen Frau Mutter. HE Hoppe wird ehstens schreiben u alle unsere Freunde werde nicht ermangeln an Ihrem Andenken Theil nehmen zu laßen; so wie Sie von unsern Antheil an Ihrer Zufriedenheit u Glück versichert seyn können. Ihre Addresse hat mir HE Hopp mitgetheilt u ich werde bald mehr Gebrauch davon machen. Marianchen hat unter den Fußsohlen u auf der Brust Pocken gehabt. Auf die übrigen Puncte wills Gott nächstens! Ich umarme Sie u befehle Sie göttl. Schutz u Seegen. JGH. Adresse:
Des / HErrn Doctor Lindner Wolgeboren / zu /
    Wien
.
den 30 April 84. Kgsberg. Liebwerthester Freund, Meynen Sie nur nicht, daß ich meine Schulden vergeße. Zwey Briefe von Ihnen seit 2 Jahren erhalten. Sie liegen vor mir, aber zum Theil kommt Ihre Antwort zu spät – zum Theil bin ich Ihre
    Wünsche
nicht
    zu befriedigen nicht im stande
gewesen. Sie werden mir dies auf mein Wort ohne umständl. Belag glauben. Der Magus in Norden freut sich, daß die Sokratische Denkw. mit Ihnen von gleichem Alter sind. Wenn ich selbst ein Exemplar auftreiben könnte, würde mir vielleicht die Lust ankommen, die Druckfehler zu corrigiren; aber umzuarbeiten wär mir schlechterdings
    unmöglich
. Vielleicht erhalten Sie statt des
    aufgewärmten Kohl
ein paar Bogen, an denen ich wenigstens versuchen wollen, ob ich noch einen Bogen zu spannen imstande bin. Ob er sich, wie Hiob sagt, in
    meiner Hand bessert
XXIX. 20 wünscht ich wol, aber weiß es nicht. Ich habe mich kein Jahr auf Hartknochs Ankunft so gefreut, als heuer – und beynahe hatte ich ihn nicht einmal zu sehen bekommen. Hier lag ein dringender Brief aus Weimar an ihn, und es hatte Aufträge geregnet, wie ich niemals gehabt habe. Gestern eilte er durch zur Meße und ich habe kaum eine halbe Stunde mit ihm mich ausreden können. Muß also ein Pack ihm nachschicken, zu dem auch gegenwärtige Einlage gehört. Vorigen Sonnabend erhielt ich ein Schreiben von einem Ihrer guten Mitbürger, HE Eberhard Gaupp, den von mir zu grüßen und zu melden bitte, daß ich zu
    seiner Zeit
nicht ermangeln werde ihm zu
    antworten
. Es betrifft einen Kasten den HE Lenz dort zurück gelaßen, und worüber ich schon einmal einen Auftrag erhalten, ohne eine Antwort. Die ganze Sache muß allein durch Hartknoch betrieben werden, bis zu deßen Zurückkunfft alles ruhen muß. Von diesem habe wenigstens erfahren, daß es mit seiner Gesundheit einen guten Fortgang haben soll und es ihm in Moskau wohl geht. Soviel sagen Sie dem Man zu seiner Beruhigung, bis ich eine förmliche Antwort zu ertheilen imstande bin. Als ein Freund meines Gevatters Kaufmann und des mir lieben u werthen Ehrmanns werd ich das Meinige nicht unterlaßen. Lenz hat selbst ein paarmal an mich geschrieben – aber seit seiner Abreise von Riga nicht mehr. Nun ich habe auf Ihre Uebersetzung des Petrarchs bisher umsonst gewartet – Sind Sie bereits versorgt? Wie angenehm ist die Vorstellung HE Häfeli jetzt näher zu hoffen; denn an Ihre Alpen kann ich ohne Schwindel kaum denken. Mein Sohn lebt seit vorigem Sommer auf dem Lande etwa 4 Meilen von Königsberg, zu Graventhin bey einem sehr würdigen Mann als Gesellschafter seines einzigen Sohns, HE Kriegsrath Deutsch, wo beyde einen geschickten Hofmeister an einen nahen Vetter des berühmten Briegschen Rector Schellers haben, mit deßen Versorgung beide auf die Akademie hinziehen werden, wo sie diese Ostern eingeschrieben worden. – Der König hat se hiesigen Zollbediente und mich auch dadurch des einzigen Emoluments, deßen ich bey einem sehr mäßigen Gehalt genieße beraubt. Es bestand in Abgaben der Schiffer, und hatte den holl. Namen Fooi oder reindeutsch
    Biergelder
. Er u seine Vorfahren haben diese Kleinigkeit widerholentlich als einen Theil unsers Gehaltes
    bestimmt
und
    bestätigt
. Eine schreyende Ungerechtigkeit, die mein Auskommen auf das empfindlichste schmälert. Hinc illae lacrumae! Da ich Ihnen etwas mehr Muße als meinen Freunden in Zürich zutraue, und ebensoviel Gefälligkeit: so wünschte ich ein Verzeichnis der Lavaterschen Physiognomien, neml. der anonymen, so viel es sich thun läßt, weil ich einem meiner ältesten u innigsten Freunde, wo ich heute Mittag und fast jede Woche einmal speisen muß, dadurch einen großen Gefallen erzeigen könnte. Die Rittergeschichte des Morzini, der als Virtuose im Predigen so viel Zeichen u Wunder gethan, wenn selbige nach der Schweitz u Ihnen in die Hände kommen sollte, ist von unserm würdigen Prof. der Moral u Politik, meinem alten Freunde
    Kraus
. Kant arbeitet an einem
    Prodromo
zur Moral, den er anfängl.
    Antikritik
betiteln wollte und auf Garvens Cicero Beziehung haben soll. In der neusten Litteratur bin sehr zurück und habe erst vor kurzem Döderleins Dogmatik mehr zum Ansehen als Durchlesen bekommen können, die Ihnen vermuthlich bekannter u nützlicher seyn wird als mir alten Layen. Ein ander mal mehr! Ich umarme Sie unter den besten Wünschen und Grüßen an Ihren HErren Bruder, deßen 2ten Theil ich noch nicht zu sehen bekommen und in Erwartung einer gefälligen Antwort Ihr treu ergebener Freund und Diener Freund und DienerJohann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
An / HErrn Johann Georg Müller / Candidaten des heil. Ministerii / zu /
    Schafhausen
Königsberg den 2 May Dom. Jubilate 84. Herzenslieber Lavater, so kauderwelsch red ich: so kauderwelsch schreib ich. Ihrem Freunde in Schafhausen kann ich nicht eher antworten, als bis auf HE Hartknochs Zurückkunft von der Meße, den ich auf seiner Hinreise, die im Fluge vor sich gieng, kaum eine halbe Stunde habe sprechen können. Habe dies etwas umständlicher in der Einlage an meinen dortigen jungen Freund gemeldet, dem ich Antwort auf 2 Briefe schuldig bin. Von unserm
    Pfenninger
habe den 3 Dec. pr. Seine Silhouette, die ich alle Morgen beym Erwachen begrüße und den ersten Band der
    jüdischen Briefe
erhalten, auch die Ankündigung des Repertoriums in unsern Buchläden, wohin ich fast gar nicht und in den andern einen so wenig als möglich komme, besorgt. Siehe Ψ LXXXVIII. Ueber das neue Jerusalem werden Sie vielleicht ein paar leserliche Bogen, (bis auf die Schreibfehler)
    wenn
und so bald der Copist fertig wird, unter dem Titel:
    Golgotha und Schiblemini
! Luthers vermeinter Spiritus familiaris, von dem
    Hilscher
ein klein Buch geschrieben Dresden 730. nach damaligem Geschmack.
erhalten. Ich bitte aber, den Verfaßer nicht zu verrathen, dem Ihre und Ihrer Freunde
    Erinnerungen
willkommen seyn werden. Vielleicht erfolgt auch eine
    Metakritik
über den
    Purismum der Vernunft
; doch zum guten Ding gehört Weile. Ich hoffe, daß mit dem III. Theil zugleich der ganze
    Pilatus
zu Ende seyn wird. Est modus in rebus – Ich freue mich auf Ihre
    Herzenserleichterung
, als einen Schlüßel einiger Stellen in Ihrem Briefe, die ich nicht recht verstehe, und mich daher in keine Beantwortung einlaßen kann. Freylich ist es eine
    harte Zeit
; aber unsere Pflicht, sich darein zu schicken, und Sein
    Tiefschweigen
nachzuahmen, weil unser Vielreden Ihn nicht zum Wort kommen läßt. Der HErr wird für uns streiten; aber wir müßen still seyn – und uns nicht einbilden, Gras wachsen zu hören. Ueber des lieben
    Häfeli
nähere Verpflanzung freue ich mich, und habe schon die erste Nachricht davon durch
    Reichardt
erhalten. Seit diesem Monath 77 ist
    Hahns
Postill mein Hausbuch; die Kürze und Herzlichkeit dieses Mannes macht mir seine Eigenheiten und Vorurtheile erträglich. Haben Sie selbst eine schon geschrieben, oder sollten Sie eine herausgeben: so würde ich die zu meinem Haus- und Leibbuche machen; denn Ihre Kanzelvorträge haben Licht und Wärme für mich und die meisten, mit denen ich darüber gesprochen. Ihre
    Meßiade
hab ich kaum zu sehen bekommen; mehr Zufall als Wahl lenkt meine Lectur. Eben so lese ich jetzt zum erstenmal des Sextus Empiricus Werke Gott laße uns Freude an unsern Söhnen erleben – und die Seegen ihrer Väter stärker über sie gehen als die Seegen unserer Voreltern! Mein Michael wurde vor Ostern zum Studenten eingeschrieben, ist aber wider auf das Land zurück gegangen bis zur Versorgung des bisherigen Hofmeisters,
    Scheller
. Habe Müller in Sch. gebeten um ein Verzeichnis der anonymen in Ihrer Physiognomik für einen Freund, an deßen
    Tafel
ich wenigstens die Woche Einmal eße. Ich glaube, daß er zu diesem Schaarwerk noch die meiste Zeit übrig haben wird; kein Misbrauch ist davon zu besorgen – und allenfalls thun wir Verzicht auf alles, was in petto bleiben soll. Vielleicht nächstens
    mehr
und
    beßer
. Sein freudiger Geist enthalte Sie und die Genoßen Ihres Lebens u. Muths. Grüßen Sie herzlich die Ihrigen und Unsrigen – vornemlich Pf. und Häf. deßen Ausgang und Eingang Gott seegnen wolle. Ich umarme Sie mit brüderl. Herzen und ersterbe Ihr alter
    verpflichteter
Joh. Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
HErrn / Johann Caspar Lavater, / pp / zu /
    Zürch
.
Königsberg den 2 May Dom. Iubilate 84. Herzlich geliebter Freund, Ich habe kein Jahr auf Hartknoch so ängstlich gewartet und schickte alle Tage mich nach seiner Ankunft zu erkundigen; dennoch wäre er mir beynahe entwischt, und ich hätte ihm weder Ihre Einlage noch die übrigen Aufträge, die gantz zufällig von allen Seiten gekommen waren, mittheilen können. Den 29 pr. kam er Nachmittags an und fuhr noch denselben Abend ab. Gegen 7 erfuhr ich erst ganz von ohngefehr, daß er hier war. Ich hatte ein paar Stunden auf dem Bette zugebracht und war schon ganz ausgezogen, warf mich gleich in Kleider und lauf zu ihm hin. Er war ausgegangen – Neue Unruhe, daß er den Weg zu mir genommen, neue Bedenklichkeit, daß er mich vielleicht nicht sehen wollte, weil HE Toussaint ohngeachtet seines Versprechens und meiner widerholten Erinnerungen seine Ankunft mir melden zu laßen, gar nicht daran gedacht. Ich wollte schon wider umkehren und blos Ihren Brief abgeben mit der Anzeige, daß mir dieser vornehmlich auf dem Herzen gelegen hätte, und ich alles übrige schon in den Wind schlagen müste. HE Toussaint versicherte mir, so gl. einen Burschen nach dem Licent abgefertigt zu haben, welches auch wirklich bestellt, aber durch die Schuld der Leute unterlaßen worden war. Auf sein Zureden ein wenig zu verweilen, weil er gleich zurück kommen müste und der Abgang der Post nahe wäre, legte sich mein Unwille und Verdacht. Kurz er kam, und wir hatten kaum eine halbe Stunde Zeit übrig, unter vieler Unruhe ein wenig mit einander zu plaudern. Ihre
    Einl
. ist also treulich bestellt und der Innhalt empfohlen. Gegenwärtige hatte ein paar Tage zuvor erhalten unter einem Umschlage von Ihrer lieben Frau Schwester, welche in einer eben so ängstlichen Verlegenheit auf Antwort von Ihnen u dem jungen Neumann wartete, an den ich im Februar eine Einl. erhalten, die treul. befördert war. Da haben Sie ihre eigene Worte:
    Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich schreibe gantz ins Ungewiße, indem Sie in Morungen todt sind, aber wie ich hoffe in Kgsb. noch leben. Ich hatte Ihnen viel zu schreiben, weil aber nicht weiß, an wen der Brief kommt – – so bitte ich herzl. den Erbrecher dieses Briefes wenn nicht aus Liebe zu meinem lieben Bruder, den Sie vielleicht nicht kennen, so bitte ich, thun Sie es aus Liebe für den HE Hamann – (seelig
hat sie noch nicht zusetzen wollen)
    und besorgen den Brief daß er je eher je beßer auf die Post komt
. Ich antwortete ihr gleich mit der Post in puncto meines eigenen Lebens, und daß ich dem ohngeachtet die Abfertigung des Briefes nicht eher thun könnte, bis Hartknochs Ankunft oder Ausbleiben entschieden wäre. Mit der gestrigen Post hab ihr wider geschrieben, daß Neumann sich in Riga ganz gut und nach Wunsch befindet, sein Herr mit ihm zufrieden u er es auch mit ihm ist. Daß Hartknoch keine Antwort mitgebracht, wär blos Leichtsinn und Abneigung für Briefwechsel. Er käme fleißig zu Hartknoch, der aber mit seinen Geschäften bisher den Kopf so voll gehabt, daß er ihn nicht zum Schreiben und Antworten hätte anhalten können, welches künftig geschehen würde. Unterdeßen ist es mir doch kein
    gutes Kennzeichen von dem
jungen Menschen, die mütterl. und Szärtliche Sorgfalt seiner Muhme nicht durch eine kleine Antwort erkannt zu haben. Ich habe Ihrer Frau Schwester alles nöthige aus Ihrem letzten Briefe vor der Hand zu Ihrer Beruhigung mitgetheilt und Ihr zu einer baldigen Antwort auch von Ihnen Hoffnung gemacht. Daß
    Skubich
todt ist, hab ich Ihnen vermuthl. gemeldt. Sie können von der Wittwe leicht urtheilen, weil die alte Großmutter, die Cons. Räthin Lindner, keine Lust hat sie hier zu haben, so nöthig sie auch die Pflege eines Großkindes hätte. Ihre liebe Frau Schwester
    scheint aber noch mehr auf dem Herzen zu haben
, deßen Mittheilung ich erwarte, wenn ich oder meine Freunde mit Rath u That zu dienen behülflich seyn können. Da ich die Weitschweifigkeit eines alten Mannes in meinen Erzählungen liebe: so muß ich noch einen Umstand anführen, ohne den mir Hartknoch gewiß entgangen wäre. Denselben Tag wie er ankam, erhalte ich einen Brief gantz unerwartet von Hintz, bisherigen Advocat u Notar zu Hasenpoth, der mir seine Ankunft in Königsberg anmeldt in wenigen Zeilen. Vor Freuden lauf ich zur Gevatterin Courtan und versäume nicht meine Unruhe auch anzuführen in Ansehung ihres Schwagers. Sie meldet mir den Tag vorher bey ihrem Bruder Toussaint einen Pathen gehabt zu haben, und denselben Nachmittag zu ihrer ersten Pathin feyerlich eingeladen worden zu seyn. Sie kommt von ihrem Staatsbesuch zu Hause, kleidt sich aus und darauf erfährt sie von dem Musico ihrer Familie, daß Hartknoch angekommen; ist bey ihrem Bruder vorbeygefahren, der ihr einen Kuß zugeworfen ohne ihre Kutsche anzuhalten – noch die geringste Nachricht in ihrem Hause von des Schwagers Ankunft gefunden zu haben. Voller Verdruß schickt sie ihren Sohn, der bey Hintz über ein Jahr in Pension gewesen, wie einen Courier nach dem Licent ab, und wie ich zu Hause kam, find ich einen Boten aus dem Dengelschen Buchladen mit eben der Nachricht, die aber für mich zu spät gekommen wäre, weil es schon über 8 war. Wenn Hintz nicht geschrieben, hatte ich vielleicht Hartknoch nicht zu sehen bekommen. Gestern komm ich von der Post zu Hause, nach meiner Gewohnheit, von Schweitz benetzt, steh mit nacktem Kopf, den mir die Mutterchen abtrocken und reiben muß – wie 2 Mädchen mich überraschen, Me Courtan Tochter und eine Fräulein die sie in Pension hat, um meine Kinder zu besuchen mit einer feyerl. Einladung zu ihr zu kommen. Ich konnte nicht ausschlagen und muste wider meinen Willen ausgehen, da ich mir vorgenommen hatte den 1 May mit einem Briefe an Sie einzuweihen. Da hab ich einen
    jungen liebenswürdigen Menschen
Jachmann einen amanuensem des Kant, der Medicin studiert und den ich zum Freunde meines Sohns ausgesucht an Hill’s Stelle der schlechterdings a la Reiske wandern wird diesen Sommer – kennen gelernt, der einem Curländer das Geleit gegeben u mir zu erzählen wuste, daß Hintz seinen Laden an Hartknoch verkauft u junge HErren auf Reisen führen würde. Ich vermuthete, daß er als Advocat nach Warschau oder als Maçon in Geschäften nach Braunschweig gienge. Die Wahrheit wird sich bald finden. Ohngeachtet alle meine
    Meßfreuden
auf Hartknochs Reise beruhten: so verleugnete doch alles, und war nur wegen seiner Gesundheit oder eines Unglücks wegen des erschreckl. Weges zu der damaligen Jahreszeit besorgt, und verlangte nur
    Gewißheit
, um mich darnach einrichten und Sie bescheiden zu können. Ich habe das wichtigste Gottlob! mit ihm in der halben Stunde verabreden können und verspreche mir desto mehr Zufriedenheit bey seiner Rückkunft. Er ist das einzige Vehiculum meines Iubilate von der Meße, wenigstens
    Ihre Schriften
und der
    Zehnte
seines Verlages ist mir sicher. Am lieben
    Palmsonntage
– der mitr lieber geworden, seitdem er mir meine älteste Tochter gebracht – kam Ihr Brief und einer von Reichardt an – Nun der das
    Leben
giebt, wird, auch alles was dazu gehört uns schenken – und
    Erndte
wird auch erfolgen zu seiner Zeit, wenn gleich die
    Sichel
eben so müde macht und bisweilen mehr Schweiß auspreßt als der
    Pflug
. Gott wird für
    Kelter
und
    Tenne
sorgen, den
    Mühseeligen
zu erqvicken. Ihr Wunsch ist erfüllt. Meine
    drey
Bogen: Golgotha u Scheblimini! gehen mit der morgenden Post ab. Wäre Hartknoch nicht gekommen: so hatte ich es als Schickung angesehen, und Ihnen zugeschickt oder wegen
    der Sicherheit
noch lieber nach in der Schweitz den Abdruck besorgt. Das ganze Jahr daran gearbeitet und ich glaube über ein Buch Papier verschmiert, immer gegen
    Verstopfung
und
    Durchfall
der Gedanken u des Styls zu kämpfen gehabt; wurde endlich überdrüßig die letzte Hälfte auszuglätten und zu vollenden. Das Postgeld mir zu ersparen, leg ich diesen Brief bey, mit Auftrag an unsern Freund ihn gl. auf die Post zu besorgen. Hartknoch hat mir den Titel Ihrer Schrift mitgetheilt; ich weiß aber nichts mehr davon, als
    Ideen
, und ich glaube daß Mendelssohn bey Gelegenheit seines verewigten Freundes Leßing auf Sie gezielt. Wie er meinen Ausfall aufnehmen wird, mag die Zeit lehren. Ihr
    freymüthiges
Urtheil würde mir sehr wohlthätig seyn; wie ich mir überhaupt einen Gegner wünschte der mich faßte und mich nöthigte den Weitzen zu sichtigen und mich selbst über manches beßer zu erklären. Vor 8 Tagen hatte ich das Vergnügen einen Brief von einem Kaufmann aus Schaffhausen zu erhalten nebst einer Einlage von Lavater, der sehr freundschaftliche Gesinnungen für mich erhält, an Mendelssohns Jerusalem u Kants Kritik auch verweilt und dem ich vielleicht auch einen Gefallen
    zu thun hoffe
mit meinem prodromo. L. lamentirt, daß er meine Hand nicht lesen kann; ich besorge, daß es Ihnen nicht beßer geht. Vom
    thörichten Autorwesen
, wie Sie es gut nennen, Herzensfreund, gnug! Den Tod Ihres lieben Schwagers habe auch aus Göckings Journal ersehen, wo dem Gram über den Tod seiner Gattin Schuld gegeben wird. Hat der seel. Mann keine Erben nachgelaßen, denen zu Liebe er – Gott wolle Frühling und Arzney an meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin gedeyen laßen, und Ihnen auch nach verrichteter Arbeit und Wochenbette Ruhe und etwas beßeres als
    Autorruhm
und
    Kunstrichter Beyfall
schenken – andächtige, erkenntliche, zufriedene, erbaute Leser; denn über den sympathetischen Einfluß des Geistes und die süße Eindrücke dieses Gefühls geht nichts. Er verhält sich zur Frauenliebe, wie der sanfte stille Mondschein zum urit fulgore suo der schwülen Sonne. Eben erhalte einen Brief von D. Lindner aus Wien, deßen langes Stillschweigen Mutter u alle seine Freunde besorgt gemacht hat. Es ist eine Einl. an die alte Mutter. Muß mich also anziehen, um dieser armen verlaßenen Wittwe eine Freude zu machen. Vorgestern fiel es mir ein, an ihn zu schreiben u bat auch Hartknoch sich bey dem dortigen Buchhändler nach ihm zu erkundigen. Der Brief soll auch in das Leipziger Pack – und so spielt der Lauf der Dinge mit allem meinem Vornehmen. Ich dachte mich heute nicht von meinem Großvaterstuhl zu rühren und hatte Ihnen den ganzen Tag zugedacht. Immer ein anderes Intermezzo für die Fabel jedes Tages – und seinen gemachten Plan. Wie gestern, so heute! Habe mich matt und müde getrabt, und komm gantz erschöpft nach Hause. Ich hoffe, daß die Wünsche dieser frommen Matrone wol bald in Erfüllung gehen werden. Alle ihre Sinnen und Seelenkräfte sind beynahe erloschen. Der jüngste Sohn hat sich beynahe hier seiner Mutter aufgeopfert; und ist ein vortrefflicher ausgebildeter Mensch. Auch der Hofrath hat kürzl. geschrieben, sie wuste aber nichts mehr davon, und ich muste ihr den Brief wider vorlesen. Vor ein paar Wochen ist ein Brief aus Dresden mit einem großen Stammbaum an den seel. Kirchenrath angekommen, worinn ein Vetter der seinen einzigen Sohn verloren, einen Erben zu seiner Bibl. und Msten sucht. Es ist alles nach Mitau übermacht worden, ohne daß ich davon etwas zu Gesichte bekommen. Büschings Beyträge zu Wolfs Reinbecks und des unglückl.
    Nüschlers
Geschichte sind das letzte Buch, welches ich gelesen, und werden auch Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen seyn. Der Artikel in den Gothaischen Zeitungen ist vermuthl. durch den Prof.
    Becker
aus Kanters Munde oder Tischreden bey unserm Kr. R Hippel öffentl. geworden. Sanders Reisen habe ich noch nicht zu sehen bekommen. Als Rector in Mohrungen hab ich mir eine runde Perücke zugelegt, aber noch nicht eingeweiht. In einer elenden Compilation welche den Titel führt:
    Auszug aus dem Tagebuch eines Rußen auf seiner Reise nach Riga
, stehen Sie auch und Kant angeführt. Dieser wird sein neues Haus gegen Ende dieses Monats beziehen und fein repariren. Mit der Metakritik über den Purismum der Vernunft komm ich noch Zeit gnug. Er arbeitet scharf an der Vollendung seines Systems. Die Antikritik über Garvens Cicero hat sich in einen Prodromum der Moral verwandelt. Morczini von Kraus ist auch fertig und wird Ihnen vielleicht einen angenehmen Abend machen; noch hab ich kein Dedications Exempl. erhalten. Melden Sie mir auch den Namen des Uebersetzers und wenn es ein Schmidt ist, auch seine Vornahmen, weil es leider so viele Schmide als Alexander giebt. Kennen Sie auch des Monboddo ancient Metaphysicks? Mich hungert u dürstet nach Ihren Ideen, und ich werde mit mehr Ungedult auf des Ueberbringers Rückkunft warten, als seine Ankunft. Mein Sohn ist inscribirt, samt seinem Freunde. Ich habe ihm Reiskens Leben gekauft, das ich mit Lachen u Weinen gelesen. Gott laße Gesundheit, Seegen, Ruhe und Freude in Ihrem ganzen Hause grünen u blühen. Ich küße Ihrer treuen Gehülfin, meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin die Hände, umarme Sie unter tausend Wünschen für Pathchen u Geschwister; Erfreuen Sie bald mit guten Nachrichten Ihre Schwester und alten Freund, Gevatter u Landsmann. Empfehlen Sie mich Ihrem guten Freunde G. Alle die Meinigen sind die Ihrigen. Adresse mit rotem Siegel:
Des / HErrn General Superintendenten Herder / Hochwürden / zu /
    Weimar
.
Königsberg den 3 May 84. Liebster Freund Hartknoch, schelten Sie nicht über das dicke Pack. Wären Sie ein paar Tage hier geblieben nach meiner Rechnung; so hätte ich alles eingehändigt. Den
    Brief nach Weimar bitte sogl. auf die Post zu schicken
. Den nach Wien u Schweitz werden Ihre Collegen mitnehmen. Ich schrieb den Tag nach Ihrer Abreise an D. Lindner, und gestern komt Hofrath Knapp an und bringt uns Nachrichten u
    Neujahrswünsche
mit. Gott gebe, daß Sie gesund und wohl behalten das Ziel erreichen, und eine gute Meße machen, und auf den Miswachs des vorigen Jahres ein desto reicheres folgen möge. Hiebey das Mst. So gern wie ich es mit Ihnen gedruckt sehen möchte; so bitte ich Sie doch auf Ihre
    Sicherheit
zu sehen und im Nothfall es in der
    Schweitz
zu besorgen, wohin ich meine Zuflucht genommen haben würde, wenn ich, wie ich besorgte, Sie nicht hier gesehen hätte. Die Fooigelder haben wie natürl. meinem Pegasum manchen Sporn gegeben. Sapienti sat. Erinnerungen für den Setzer stehen auf der letzten Seite; in Ansehung der Interpunction, besonders der Allegations Häckchen, deren Anfang u Ende genau beobachtet werden muß, um den Verstand und die Figuren meiner Schreibart zu erleichtern und den Uebergang der Wendungen zu unterscheiden Ich habe der Mildthätigkeit meiner gelehrten Freunde soviel zu danken und Ihre Fortdauer so nöthig, daß ich mir eine gute Anzahl von Exempl. schon ausbedungen, und will eine Liste hinzufügen. Nach Weimar 1. an Herder ob auch an
    Wieland
weiß ich nicht? Nach der Schweitz 1. an
    Lavater
,
    Pfenninger
,
    Häfeli
, Joh Ge.
    Müller
in Schafhausen. Nach
    Hamburg
u
    Altona
an
    Claudius
u
    Klopstock
. Nach
    Düßeldorf
an
    Geh. R. Jacobi
; hätte auch gern an meinen Vorläufer den alten Superintendenten
    Jacobi
, der mich mit begeistert. An des HE
    von Moser Excell
. von deßen u meinem Verleger
    Garbe
ich gern seinen D. Leidemit u s.w. erbeuten möchte. Nach Osnabrück an den guten
    Kleuker
dem ich zur Vollendung seiner
    Zendavesta
Glück wünschen werde wie ich selbige ganz durchgelesen habe. Nach
    Neu Saltza
an Gevatter D. Kaufmann. Nach Berl. an unsern
    Reichardt
,
u D.
    Biester
. Nach
    Wien
an D.
    Lindner
. Ohe iam satis est. Eins nach Göttingen an unsern Landsmann D. Leß überlaß ich Ihnen. Facit = 4 × 4. Auf allen Fall, wenn ich
    hier selbige vertheilen
sollte, würde ich auch 1 Dutzend nöthig haben. Wo mögl. auf Schreibpapier Herders Sachen, das Ende der Zendavesta, die Uebersetzung des engl. Buchs über die Ewigkeit der Welt erwarte ich ohne Bitte von Ihnen; denn Sie sind das einzige Vehiculum meiner Meßfreuden; welches ich aber gantz verleugnet hatte bey der Unruhe meiner Erwartung, und nur für Ihre Gesundheit und Leben hier besorgt war. Da Sie Gott gesund hergebracht und wie ich hoffe u wünsche gesund wider zurückführen wird, erwacht auch die Begierde, Ihrer zu genießen, ohngeachtet aller Entsagung und Ansprüche darauf. Der Abbt Gagliani, deßen Gespräche eins meiner liebsten Bücher ist hat ein Werk in 4o zu Napoli 82 herausgegeben
    De doveri de Principi Neutrali
– das auch eine Uebersetzung verdiente. Ich habe nach seinem Buch
    della Moneta
mehr wie einmal umsonst nach Italien schreiben laßen. Hellwich kündigte eine Uebersetzung deßelben an, aus der leider nichts geworden. Er hat
    Commentaires sur Horace
und
    Dissertation sur les Saints Christophes Gothiques
geschrieben. Sollte von allen Werken dieses außerordentl. Mannes nicht ein Exemplar aufzutreiben seyn – und in unsern Gegenden abzusetzen? Wenn sie den Gesprächen über den Kornhandel an Gehalt gleich sind, borgte ich das Geld dazu, so arm ich bin, und dächte es nicht zu verlieren. Da Sie sich auch um Engl. bekümmern: so wünsche ich schon Jahre lang Harris (deßen Hermes oder philos. Sprachlehre ich besitze) Philosophical Arrangements Lond. 75 und deß. Philological Inquiries Lond 780. in 3 Theilen. Erstere hat mir Mendelssohn hier empfohlen. Doch die Speculationes eines Verlegers und Autors sind verschieden, und ich schreibe dieses alles so verloren hin; denn der metaphysische Geschmack der engl. Schriften möchte kaum unsers Publici seyn. Harris ist ein erklärter Feind ihres Monboddo, der auch ein Werk über der
    Alten
    Metaphysik
ausgegeben. Doch nichts mehr von Metaphysik. Haben Sie HE Laval mit dem jungen Motherby unterwegens begegnet; sie werden diese Woche zur großen Freude der Mutter, wie Sie leicht erachten können, erwartet. Me Courtan hat wegen der Bücher an Ihre Gattin geschrieben, zweifelt aber an einer Beförderung in Ihrer Abwesenheit. Eine
    alte Gräfin
, deren Commissionen sie besorgt, hat ihr den Auftrag gegeben. Sie werden den Zedel wohl aufgehoben haben, um sich derselben erinnern zu können, und was geschehen kann, dazu beytragen. Die Verbindung mit dieser alten Dame, ist ein Familien Erbstück und eine Angelegenheit des Herzens für sie, weil sie ihr die Antwort gegeben durch Ihre Vermittelung das Verlangte zu verschaffen. Vielleicht hat HE Steiner den Auftrag von Pfenninger die Saml. zum Magazin zu completiren von denen ich nur den ersten Band und das erste Stück des 2ten Bandes erhalten. Mir fehlt
    also
vom 2ten Stück des 2ten Bandes = gerade die Hälfte des ganzen Werks, wo ich nicht irre. Zum
    dritten Theil
von Pilatus habe auch Hoffnung. Stahlbaum hat unserm Pr Kraus den ersten Theil der Moral für Jedermann geschickt, und dieser mir geschenkt. Die übrigen Theile hat er hier angemeldt, aber die Buchläden haben nichts abgeliefert; und Kraus meynt wer den ersten Theil hat, mag für die übrigen sorgen. Ob die Unordnung an Stahlbaum oder unsern Leuten liegt. Der erste ist mir noch Gnugthuung schuldig mir die Maintenon so schändl. abgeschwatzt zu haben – um deren Ersetzung ich Jahre lang gemahnt und endl. liquidiren müßen Halten Sie mich nicht für so unverschämt dies als Aufträge anzusehen, sondern blos als
    Winke auf allen Fall
– wenn Anlaß dazu sich ereignen sollte, in diesem oder jenem Stück Ihre
    willfährige Freundschaft
auf irgend eine Art ausüben zu können. Hintz wird diesen Monath hier erwartet und man sagt gar, daß Sie ihm den Laden abgenommen; woran ich sehr zweifele, weil Sie vermuthlich daran würden gedacht haben. An einen Besuch in W. oder Z. ist wol nicht dies Jahr zu denken. Ist das Pack zurück und das Porto dafür zu gros; so will mein Theil gern tragen. Schon mehr geschrieben als Sie Zeit übrig haben werden mein Geschmier zu lesen. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Glück zu Ihren Geschäften. Mein Haus empfiehlt sich. An Hänschen habe Ihre Durchreise noch nicht melden können. Auf ein fröhlich Widersehen.   Ihr alter  Johann Georg H. Vermerk von Hartknoch: 2 Synonymes fr. Mad Courtan
Vermerk von Hamann: den 10 May 84. Erhalten den 28 – Hier haben Sie, liebster bester ältester Freund, den ersten Theil meiner neugebackenen Philosophie der Geschichte. Kein Wort vom alten steht bisher drinn u. die Grundlage ist so weit u. tief umhergeholt, daß mich vor der Ausführung des Baues selbst grauet. Gott wird daß indeß den guten Willen für die That nehmen u. wenn es seyn soll, werde ich mit dem Buch zu Ende kommen, deßen Fortgang aus diesem Anfange noch schwer zu errathen stehet. Keine Schrift in meinem Leben habe ich unter so vielen Kümmernissen u. Ermattungen von innen u. Turbationen von außen geschrieben, als diese; so daß wenn meine Frau, die eigentlich Autor autoris meiner Schriften ist u. Göthe, der durch einen Zufall das erste Buch zu sehen bekam, mich nicht unabläßig ermuntert u. getrieben hätten, alles im αδης der Ungebohrnen geblieben wäre. Ich dürste u. verlange nach Ihrer Meinung. Daß ich in die Grundsätze u. manchmal in die Flitterbeschäftigungen unsrer Zeit habe eingehen müßen, als ob sie große Sachen wären,
    muste
ich, um Platz zum folgenden zu gewinnen u. von dem Punkt, worauf jetzt alle Naturgeschichtschreiber als die Lieblingsautoren unsres Viertheil Jahrhunderts (zumal in Frankreich, das durch Helvetius, Büffon etc. etc. etc. Gesetze giebt,) stehn, nur allmälich wegzulenken. Lesen Sie also, alter reiner Prophet, mit Geduld u. Schonung, ohne doch Ihrer Strenge etwas zu vergeben u. erfreuen, belohnen u. ermuntern Sie mich mit einem Nachhall, er sei wie er wolle, aus Ihrenr lieben Brust. Ich habe hundertmal gedacht: was wird Hamann zu dem u. jenem wißenschaftlichen Kram sagen u. muste doch fortfahren, ihn auszupacken um dem Jahrhundert in seinen eignen Tönen ein ander Lied vorzusingen oder vorzupfeifen. Im Grunde enthält das Buch nichts als das Resultat des 1ten Th. der Urkunde nur auf andern Wegen. Doch was weiß ich: ein Autor kann u. sollte nichts von der Frucht seiner Gedanken so wenig als von seinem eignen Gesicht sagen. Könnte ich unsichtbar Ihnen zur Seite stehen, wenn Sie das Buch lesen u. mit Ihnen sprechen u. nur Ihre Minen lesen! Aber Sie werden mir Ihre Gedanken sagen u. das wird mich zu Ihnen rücken u. mir auch auf den Verfolg Winke geben. Mahomend fängt eine Sura seines Korans an: Lob dem Barmherzigen Gott: er hat die Schreibfeder dem Menschen gegeben; er gebe Ssie auch Ihnen! Vielleicht bringt mir Hartknoch von Ihnen mit, warum ich Sie so herzlich gebeten habe. Und wären es auch nur Linien u. Geberden: sie werden mich erqvicken, wie der Regen ein dürres Land, Sela. Meine Frau, die den ganzen Grönländischen Winter durch gekrankt hat, beßert sich Gottlob u. ich hoffe, die langsam rückkehrende Sonnenwärme werde auch ihnr kleines Fünkchen Glut u. Lebensmuth wieder anfachen u. erneuren. Es ist beinah der einzige, wenigstens der sehnlichste Wunsch den ich von irrdischen Wünschen habe.
    Ich
bin mir selbst ganz unkänntlich worden, meine Flügel sind gelähmt, ihre Schwingen ausgerupft u. ist stehe wie Kleists lahmer Kranich am dürren Meeresufer oder vielmehr ich liege wie Lazarus unter den Todten. Meine Bande mit Menschen sind ziemlich abgeschnitten oder durch den Fraß der Zeit verzehrt. Den Winter über hat sich Göthe, der auch in seiner Seele, aber großmüthiger als ich, leidet sehr freundlich u. mit seiner alten Biedertreue zu uns gethan: wir sind meistens alle Woche einmal bei ihm; aber doch alles ohne mich zu erquicken u. zu erwärmen. Und was machen Sie, gebundener Prometheus? Wie stehts mit den Ihren u. mit Ihrem Sohne? Die Meinigen sind ziemlich wohl u. ihr Anblick u. bei allen Unarten ihre gute Hoffnungen sind uns die einzige Freude. In der Schweiz trägt man sich mit der Nachricht. Sie hätten eine Schrift „Zuruf an Arme“ geschrieben. Müller hats mir gemeldet; der Titel scheint nicht Ihrer Art u. Manier zu seyn; auch hätten Sie mir etwas davon geschrieben. Mosers Schr. über Regenten, Regierung u. Minister werden Sie gelesen haben. Er ist sich ganz gleich u. scheint mir (wir sind aber noch nicht weit darinn) sich in leichter Laune selbst übertroffen zu haben. Was hilfts aber? cui bono? Zu seinem Christl. politischen Journal wird er Sie wahrscheinlich auch eingeladen zu haben. Sonst weiß u. kenne ich von Neuigkeiten noch nichts, weil ich des Schreibens u. Lesens auf einige Wochen satt bin. Klopstocks Herm. u. die Fürsten sind ein ausgeklügeltes Spinnengewebe. Ich denke an nichts, als auf meiner Bahn fortzuschreiten u. so Gott mir Glück u. dem geschornen Schäflein meines Hauses, Schooßes u. Bechers, nach dem Trost der Maria des Yoriks einen linden warmen Wind giebt, den 2ten Th. meines Buchs, der geschrieben daliegt, auf Michael zu vollenden. So ist die Hälfte wenigstens zu Stande. Vielleicht schreibe ich Ihnen bald Nachrichten, die Sie wundern oder freuen werden (ich wünsche u. hoffe das Letztere) von denen jetzt aber keine Sylbe über meine Zunge will. Lavat. ist sehr krank gewesen; aber beßer. Häfeli geht als Hofprediger nach Deßau. Johannes Müller ist in der Schweiz u. befindet sich sehr wohl. Sein Bruder, das Reh auf den Bergen, noch muntrer u. beßer. Claudius lebt nach seiner Weise fort: seine Frau ist auch gesunder. Leuchsenring ist Instructor des Prinzen von Preußen worden u. man erzählt vom alten Monarchen das Bon- Mot, das er ihm als Instruction gegeben: „er solle u. dörfen mit ihm machen, was er wolle, ihn lehren, was er für gut finde nur von
    Religion
u.
    Liebe
solle er ihm kein Wort sagen.“ In Deutschland, wenigstens im Katholischen, werden sich bald sonderbare Dinge hervorthun, wenn es wahr ist, was man sehr gewiß sagt, daß Maximilian nicht Priester werden, oder als Priester heirathen will etc. Die Zeit ist schwanger, muß man mit Hamlet sagen, u. ihre Geburt wird der Analogie der Witterung nach, so gar liebenswürdig nicht seyn, wenigstens wird es ohne Kreissen nicht abgehn. Gott rette uns nur u. erhalte uns sicher u. führe uns, die wir keine Erzbischöfe u. Kurfürsten werden können, in eine Hütte der Ruhe u. des neuen Lebens. Amen. Gott empfohlen. Amen. Schreiben Sie bald bester Freund; es ist das 2te Exemplar, was aus meiner Hand komt u. das Erste, was ich vom 1. Bogen an für Sie abgelegt habe. Gott empfohlen. Ihr ewigtreuer H. Adresse mit Siegeln (M.C.H.):
HErn. / HErn.
    Hamann
/ Aufseher des Königl. Packhauses / in
    Königsberg
/ in
    Preußen
. /
    nebst einem Päckchen Bücher
    fr. Berlin
Vermerk von Hamann: den 28 May 84. Geantw. den 7–9 Aug.
Königsberg den 10 May 84. Geliebtester Freund, Ohngeachtet ich durch Einschluß an HE Hartknoch vorige Woche ein paar Zeilen an Sie befördert, erhalte ich heute den
    ersten
Gruß von Ihrem Neveu durch HE. Stadtrath Wirth, den ich wegen einer Angelegenheit besuchen muste und im Heimwege begegnet mir HE. Assessor Hoppe, der eben an Sie schreiben will u noch ein Plätzchen übrig hat. Ich glaube, daß Sie die genaueste und zuverläßigste Nachricht wegen der Umstände Ihrer alten würdigen Frau Mutter bereits werden erhalten haben; und weiß dem, was ich damals gemeldet nichts mehreres hinzuzufügen. Um Sie nicht durch das schwarze Siegel des Morungschen Briefes ohne Noth zu beunruhigen, habe darin rothes entgegen gesetzt. Sie werden sich aber auch wol eines schwarzen sich ehstens gewärtigen müßen; und dafür Gott danken können und müßen, als den einzigen Weg der Erlösung von allem Uebel des Fleisches. Allem menschl. Ansehen nach wird die letzte Auflösung durch einen sanften Schlaf geschehen. Sie sieht alle Tage im Kalender und berechnet vom dato Ihrer Abreise – Dies ist der einzige Zeitvertreib, der Ihr noch übrig ist; denn zu lesen und zu schreiben scheint Sie gar nicht mehr vermögend zu seyn. Von den Besuchen des Regim. Feldsch. und ihrer guten Wirkung hab ich schon neulich gemeldt. Nun ich hoffe, daß Sie uns nicht mehr so lange auf Nachrichten werden warten laßen und uns auch vom Termin Ihrer Abreise einen Wink bey Zeiten ertheilen werden, um uns darnach richten zu können. Ich habe vor kurzem das allgemeine Tolerantz und Religions System des von
    Großing
gelesen, an deßen schwärmerischen Autorschaft ich einigen Antheil nehme und heute fallen mir ein paar Bogen in die Hände:
    Geschichte der Abrahamiten, Israeliten und Deisten
in
    Böhmen
.
    Vielleicht
erhalten Sie auch ein paar Bogen
    nach
der Meße:
    Golgatha
und
    Scheblimini
. (So nannte Luther sn Spiritum familiarem.) Christenthum u Luthertum dem Judentum u der Philosophie entgegengesetzt, i. e. des berlinschen Hebräers u Sophisten. Ein schreckl. Gott gebe ungegründetes Gerüchte läuft hier von einer Verwüstung zu Neapolis durch ein Erdbeben. Die Dengelsche Zeitung hat es schon angemeldet. Alle übrige Grüße habe bestellt; aber nicht an Dengel weil er schon zur Meße abgereist war und wie ich gehört Sie an ihn selbst geschrieben. HE Stadtrath Wirth freute sich auch gute Nachrichten von Ihnen zu hören – Die Zeugniße aus Berl. sind sehr widersprechend. Ich zweifele, daß der Vater den rechten Weg mit sm Sohn eingeschlagen, und vermiße Lauterkeit in seinem gantzen Betragen, das mich Gottlob! weiter nichts angeht. Daß der gute Lieut. in Steinbeck gestorben, habe Ihnen auch wol gemeldet. Der Kopf war mir so wüste, wie gewöhnlich – und noch mehr bey der damaligen Eilfertigkeit, daß Sie mir redites zu gute halten müßen. Die herzl. Gegengrüße von unsern gemeinschaftl. Freunden und den Meinigen. Vielleicht bekomm ich bald meinen Sohn wider vom Lande zu Hause durch Versorgung seines Hofmeisters HE Scheller, wozu HE Stadtr. Wirth mir das Seinige beyzutragen versprochen, weil Cammerdir. v Domhart das Patronat der Kirche hat. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Zufriedenheit mit Ihrem gegenwärtigen Aufenthalt und ein wenig
    Heimweh
zur Anwendung mit Ruhe, und theilen dann auch meinem Johann Michel von Ihren Erfahrungen u Beobachtungen mit, den ich gern mit Griechisch u Arabisch zu einer Wallfahrt nach Holl. auszurüsten wünschte, wo ihn Capt. von Hogendorp an Camper empfohlen. Zu Anfang dieses Jahres habe einen Brief vom Kap der guten Hoffnung erhalten, davon ein Stück in der Berl. Monatsschrift befindl. ist. Erfreuen Sie uns bald mit Nachrichten, bey denen ich immer ein wenig Motion aber wenig
    Trost
gewinne; denn das laute Reden wird mir so sauer wie Ihnen, und noch schwerer, die Erinnerungen zu erneuern und ins klare zu bringen. Ich umarme Sie unter Anwünschung alles Göttl. Seegens zu Erreichung Ihrer Absichten. Vergeßen Sie nicht Ihren alten Freund JGHamann. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Doctor Lindner / Wolgeboren / zu /
    Wien
.
von G. I. Lindner vermerkt: den 10. May.
Königsberg den 11 May 84. Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, Mit Hezels Hiob bin erst gestern fertig worden, und sende die 3 Theile mit dem ergebensten Dank zurück, in Erwartung der folgenden. Anbey folgt Pleßings Abgötterey, Origeg, Astruc und Möhser zu beliebigem Gebrauch oder Nichtgebrauch – und ohne allen Termin, weil ich weiß, daß Sie höchstzuEhrender Freund, mehr Geschmack und Muße zu lesen im Winter als Sommer haben. Verzeyhen Sie, daß ich nicht eher geantwortet in Ansehung des Bücher- Ausschußes für die Bibliothek. Die Schuld hat wohl gar nicht an mir sondern mehr an meinem Freund gelegen, den ich fast gar nicht zu sehen bekommen, ohne daß ich ihm auch irgend etwas zur Last legen kann. Ich habe ihn gestern aufgesucht, und er versprach mir gantz gewiß für Abholung der Bücher zu sorgen. Die ganze Sache wäre schon abgemacht, wenn nicht das Vacuum der Caße, die D. Buck führt, eine unvermuthete Gelegenheit in den Weg gelegt hätte. Unter deßen ist Ihnen das Geld gewiß, und für die Bezahlung wird auch Rath geschafft werden. Es komt blos noch auf einen Gang zum Oberbibliothekar an, und die kalte feuchte Witterung hat eben den Einfluß auf ihn wie auf mich. Sein letztes Holtz hat er auch zu früh mit mir getheilt. Zum ersten mal Decanus, den gantzen Vormittag mit Stunden besetzt, und selbst des Nachmittags nicht verschont mit Vorlesungen, die er ebenso gewißenhaft treibt, als er das pium corpus der Rathsbibliothek zu verwalten sucht, wo ihm auch die Hände auf mehr als eine Art gebunden sind. Dergleichen Umstände machen ebenso muthlos und unthätig und verdroßen, als die kalten feuchte Dünste unserer Atmosphäre. Hartknoch ist gerade durchgegangen, und bey einem Haar ohne mich zu sehen, wozu ich sehr zufällig kaum eine halbe Stunde Zeit gehabt. An eben dem Tag meldete mir Hintz seine in diesem Monath gewärtige Ankunft. Ich hatte eben ein paar Tage vorher an unsern D. Lindner nach Wien geschrieben, deßen Stillschweigen mich beunruhigte, als ich einen Brief vom 2 Januar erhielt, den Hofrath Knapp, welcher in ganz ähnlicher Absicht (neml. die Hospitäler zu besehen) auf Kosten des Herzogs von Curl. eine Reise gethan. Unserm Freunde geht es nach Wunsch, und es gefällt ihm dort sehr, weil seine medicinische Wißbegierde befriedigt wird. Er hat mir seine Grüße zu bestellen aufgetragen und ich füge noch eine Stelle aus seinem Briefe hinzu: M Glück und Seegen zum Neuen Jahr und Friede in Ihren Gränzen. Hier gährt der Krieg noch immer. Den Christtag ist der Kayser in Rom gewesen, blos den Tag, den Abend wider zurück. Es ist in der That ein sehr unruhiger Geist in ihm. Das Gesicht eine wahre Maske, ein stumpfes Auge, und kein Zug, der was sagt, und doch kocht es drinnen. Auf deutsche Reichsverfassung so lüstern, als auf Papst und Mönch und Türk. Nur lag ihm dies näher und war dringender. Der verwöhnte Bürger sieht seinen Nahrungsstand siechen, und haßt ihn. Der Ungar ist durch seine aufgehobene Steuer-Freyheit erbittert. Er setzt sich über alles weg, und häuft Schätze. Gestern Abend wurde mir zum Meß Katalog Hoffnung gemacht, er muß aber nicht angekommen seyn. Herr Dengel hat ausdrückl. befohlen die Verstörung von Neapel, als eine ausgemachte Sache in die Zeitung rücken zu laßen. Vom Morczini habe mit genauer Noth ein Exemplar erhalten, obgl. über 1000 per Post angekommen sind. Bey einer solchen Überschwemmung vermuthe daß auch schon ein Exemplar in Ihre Gegenden gerathen – Wo nicht, will meines mittheilen sobald ich es aus Graventhin zurück erhalte. Habe gestern den HE. Stadtrath Wirth besucht um den ersten Gruß des jungen Lindners abzuholen, und ihm die Empfehlung des guten Schellers zur ledigen Pfarre in Eichhorn bey dem Patron der dortigen Kirche, HEn Cammerdirector von Domhardt zu insinuiren. Können Sie auch dazu etwas beytragen: so können Sie leicht selbst alle Interessenten, welche Sie dadurch verbinden, an beyden Händen abzählen, und sich meiner am kleinen Finger auch zu erinnern. Lavater klagt auch, daß er meine Buchstaben nicht lesen kann. Mein Freund Häfeli wird außerordentl. Hofkaplan zu Wörlitz. Er ist Verfaßer der Predigten und Fragmente in 3 oder 4 Theilen, davon sich die letzten beßer lesen laßen als die ersten. Das wichtigste von Neuigkeiten, welches ich gelesen ist der 1 Theil von
    Büschings Beyträgen zur Geschichte berühmter Männer
, im Fall Sie selbige noch nicht kennen sollten. Das Geld wird doch vermuthl. an HE. Kriegsrath Hippel ausgezahlt, erwarte hierüber Erklärung. Nach ergebenster Empfehlung an Dero Frau Gemalin habe die Ehre mit alter unveränderlicher Ergebenheit zu seyn der Ihrige Joh Georg Hamann. im Fluge.
Königsberg am heil. Abend vor Himmelfahrt den 19 May 84. Danken Sie Gott, herzlich geliebtester Freund, der seine Barmherzigkeit vollendet und allem Leiden ein Ende gemacht. Gestern Abend ist Ihre seelige Mutter zwischen 6–7 in Ihre und Seine Ruhe eingegangen. Heute Nachmittags ist mir die Anmeldung geschehen, aber in meiner Abwesenheit, daher ich aus dem Bericht meiner Leute nicht recht vernehmen konnte und zum HE Assessor Hoppe unserm gemeinschaftl. Freunde lief, der seine besten Grüße mir an Sie aufgetragen und nächstens das Umständliche melden wird. Die Frau Pf. Skubichin ist vorige Woche in Königsberg gewesen, und Sonnabends wieder abgereiset. Sie ist in einer Kutsche mit ihrer ganzen Familie, wie ich heute gehört, das Licent vorbeygefahren, ohne daß ich das geringste von ihrem Hierseyn gewust. HE Hoppens Haus auch vorbey gegangen, ohne angesprochen zu haben, welches ihr beynahe etwas übel nehmen muß, weil der ehrl. Mann es an der treuesten Pflege nicht hat fehlen laßen. Sie hat – ich komme auf die Seelige wider zurück – einen unvermutheten Appetit zum Caffe bekommen, ein paar Taßen mit vielem Appetit getrunken, und noch mehr verlangt, worauf ihr noch die Neige einer halben Taße gereicht worden – und soll bald darauf verschieden seyn unter dem Anfall ihrer gewöhnlichen Krämpfe. – Also auch eine Sorge weniger auf der Welt für Ihr Herz; und ein Magnet mehr nach dem das droben ist, und den unsichtbaren Gütern und Schätzen, die auf uns warten. Gott wolle die Verheißung des vierten Gebots reichlich an Ihnen erfüllen und Ihre treue kindliche Liebe auch durch zeitlichen Seegen belohnen. Ich empfehle mich mit allen den Meinigen Ihrem freundschaftlichen Andenken, umarme Sie unter den besten Wünschen und ersterbe Ihr alter ergebener Freund Joh G. Hamann. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
Des / HErrn Doctor Lindner / Wolgeboren / zu /
    Wien
. / abzugeben im Judengäßl. bey dem / Wildprethändler HE
    Fuß
.
von G. I. Lindner vermerkt: den 19. May.
Kgsberg den 8 Jun 84. HöchstzuEhrender Herr und Freund, Ihre Einlage nach Graventihn welche ich den 2ten d erhielt, ist noch denselben Abend abgegangen, und heute HE Kriegsrath Hippel mit seinem Raphael abgereist, beyde erwarte ich morgen, höchstens übermorgen mit meinem Michael, den ich einige Tage festhalten will. Diesen Morgen war bey HE Stadtrath Wirth, deßen Eifer wegen der Eichhornschen Pfarre fruchtlos gewesen. Er versprach mir die erhaltenen Bücher zu übersenden. Sie erhalten dafür den dritten und vierten Theil von Nicolai Reisen, die seiner gedruckten Vorschrift zu folge nicht verabfolgt werden sollen ohne die Pränumeration eines halben # auf den 5 u 6ten Theil. Ich erhalte also nebst 18 gl. für die Fracht zusammen 5 fl. 3 gl. Mein Freund Kraus scheint auch die abgesetzten Bücher nicht eher in Empfang nehmen zu wollen, biß er das Geld dafür baar abliefern kann. Unterdeßen ist die Sache abgemacht, und das Geld Ihnen auch sicher, und ich bin auch überzeugt, daß er der Sache ein Ende machen wird; weil die Schuld vornehmlich an D. Buck dem OberBibliothekar liegt. Er kommt fast nicht aus dem Hause, und ist jetzt beschäftigt den Nachlaß des seel. Kreutzfeld über die Preuß. Geschichte in Ordnung zu bringen. Biß zu Dengels Ankunft, für den der Posten bestimmt ist, werde Gedult haben müßen – aber alsdann exekutorisch zu Werk gehen. Hintz, der sich zu Hasenpoth als Advocat angesetzt, hat sich hier über 14 Tage aufgehalten; er thut eine Reise nach Deutschland, wahrscheinl. bis nach Wien, wohin ich den Gruß an den
    guten Jungen mit den tiefen Augen
ihm mitgegeben. Beykommendes Päckchen ist von ihm eigenhändig an Sie ausgefertigt worden, mit der Bitte, sich seiner dabey zu erinnern bey Eröfnung deßelben. Er thut diese Reise als Gesellschafter eines Herrn von Firks, deßen Hofmeister er gewesen, und hat 1000 Alb Thl dafür zu erwarten; unterdeßen seine praxin ein Amtsgehülfe versieht, daß dieses Grundstück auch für ihn nicht ganz steril bleibt. Freund Herder hat mir den ersten Theil seiner
    Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit
in 4o überschickt, dem noch drey folgen werden. Sobald ich selbiges entbehren kann, werd ich nicht ermangeln es Ihnen mitzutheilen. Der Plan ist aus dem ersten Viertel noch nicht zu übersehen. Vorige Woche besuchte mich ein Prof. Werther oder Werthes in Gesellschaft unsers Mangelsdorf und Mohr. – Er kam von Petersburg und geht nach Wien. Er brachte mir die unangenehme Nachricht mit, daß Hartknoch über Lübeck zur See gegangen seyn sollte; welches ich mir noch nicht vorstellen kann. Seine Begleitung und andere Umstände machten mich in Ansehung seiner verlegen und mistrauisch. Gegen Kant soll er gesagt haben bey Wieland im Hause gelebt zu haben – und mir versicherte er Herder noch zu Bückeburg gut gekannt zu haben. Nunmehr sagt man, daß es der Uebersetzer des Ariost p seyn soll. Aus Weimar habe wider einen Einschluß erhalten der auf Hartknoch wartet. Das Neueste was ich mit Zufriedenheit gelesen ist Burigny Erasmus Leben von Burigny in 2 Theilen durch Pr. Henke in Helmstädt verkürzt, erläutert und berichtigt, aber von einem Landprediger Reich im Braunschweigschen übersetzt. Ein Buch, welches auch in Ihre Bibliothek gehört, wenn es nicht schon da ist. Mon bonnet de nuit von Mercier in 2 Bänden habe auch durchgelaufen. Eine Sammlung seiner Opuscules unter diesem titre phantasque. Den Artikel über den Tacitus habe mir gantz ausgeschrieben und unter einer Menge von Tiraden auch einige starke und glückliche Stellen gefunden. Hartung hat eine kleine brochure mitgebracht: Le petit fils d’Hercule 1701. Es ist eine gantz neue Schrift und die Jahrzahl ein Betrug. Die Kayserinn von Rußl. kommt am Ende darinn vor, der Verf. wird Vizekönig von Orel und macht durch seine Plane zum Besten der
    Bevölkerung
sich so verdient, wie er allenthalben in Paris und auf seiner gantzen Reise durch Proben seiner Ausschweifungen u Stärke darinn berühmt geworden. Es ist ein Meisterstück von Brutalität. Eine ähnliche Schrift, die vor einigen Jahren unter dem Titel Erroticon rerum amatoriarum Liber (sollte heißen Eroticon Biblion) herausgekommen, muste einem andern zu Gefallen ansehen, von einem ähnlichen Inhalt; nur daß Bibel und priapeische Gelehrsamkeit hier mehr gemisbraucht wird, und in jener Witz u Schreibart französischer ist. Noch liegen vor mir Meditations philosophiques sur l’origine de la Justice par le Chancelier d’Aguesseau in 4 Theilen, die Hintz mir zu Gefallen kaufen muste und von denen ich mir viel verspreche. Wenn meine Ahndung eintrifft; so werde nicht ermangeln Ihnen das Werk mitzutheilen, weil es bis zu seiner Widerkunft bey mir aufgehoben bleibt. Ich habe die Ehre nach ergebenster Empfehlung an die Frau Gemalin mit unveränderter Hochachtung zu seyn Ew Wolgeboren verpflichteter Freund und Diener Joh. Ge. Hamann. Bitte mir die
    Qvecken
aufzuheben, die mir von allen Seiten versprochen worden ohne noch etwas erhalten zu haben, als den kleinen Ertrag meines wilden Gartens, mit dem es nicht der Mühe lohnt eine Cur anzufangen, die mir so nöthig ist als das liebe Brot. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
/ Nebst dem dritten und vierten Theil von Nicolai’s Reisen.
Kgsberg den 14. Jun. 84. Zuförderst bescheinige hiemit 4 fl. 15 auf den 5ten und 6ten Theil der Nicolaischen Reisen nebst 18 gl. für die Fracht & der beiden vorigen Theile empfangen zu haben. Hiernächst habe die Ehre zu melden, den partem posteriorem des Döderleins nebst Eichhorn Einl. ins A. T. laut verlangter beyl. Nota erhalten zu haben, und frage dabey an, ob ich selbige ungebunden oder wenigstens planirt und geheftet überschicken soll? – auch an welchen Buchbinder ich mich deshalb zu wenden habe? Das Magazin für Prediger ist im Dengelschen Buchladen nicht zu haben. Soll ich im Hartungschen deshalb Anfrage thun – und sollen diese Bücher roh befördert, oder nicht wenigstens planirt und geheftet werden, in welchem Fall ich mir einen Buchbinder anzuweisen oder die Besorgung davon dem Dengelschen Buchladen zu überlaßen bitte. HE. Hartknoch ist gestern angekommen und wir haben uns heute einander wechselsweise besucht. Er hat mir den ersten Theil von Monboddo Werk über die Sprache mit Herders Vorrede, den dritten Theil vom Pontius Pilatus, eine Beschreibung von Italien und noch 10 Verlagsarticul mehr mitgebracht – aber die Uebersetzung eines engl. Werks über die Welt fehlt, welches vorzügl. meine Neugierde reitzt, werd ich erst aus Riga erhalten. – Büschings Beyträge oder vielmehr Nüßlers Leben bin ich nicht im stande gewesen Ihnen bisher zu verschaffen; den d’Agueßeau werde ich übersenden, sobald ich selbst damit fertig seyn werde, welches ich wünsche wegen seiner Weitschweifigkeit à la Malebranche u pro vostris. den 15. – Ein unvermutheter Besuch hat mich gestern Abend unterbrochen; dafür bin ich heute selbst im Dengelschen Buchladen gewesen, weil ich vergeßen hatte durch meinen Sohn, der gegenwärtig hier ist, die
    freymüthige Betrachtungen
und
    Jerusalems
seine auszunehmen. Es liegt also bey mir
    Döderlein
,
    Eichhorn
nebst den beyden jetzt gemeldeten Büchern, und warten blos auf Ihre Vorschrift, sie roh oder geheftet zu übermachen. Das von Hinz bestellte Päckchen waren Nicolai Reisen, welche er nach alter verlernter Kunst zugeschnürt und signirt hat. Ich habe vorigen Sonntag einen Brief aus Graudenz, betreffend die Mockrausche Revue von ihm erhalten. Er meldet mir einen Umstand, von dem man hier keine Nachricht gehabt, daß ein Soldat von Eglowström den 9 d.
    decollirt worden
, weil er am ersten Tage der Revue aus seinem Gliede im Vorbeymarsche getreten und sein Gewehr vor dem Könige praesentirt. Man hat ihn aber nicht zum Wort kommen laßen, sondern ist gl. von Ober- und Unterofficiren umringt und weggebracht worden. Beym Einsteigen in den im Wagen hat sich ein Weib auf die Knie geworfen, und dem Könige angeschrien. Weil sie auf das widerholte Ruffen aufzustehen sich nicht hat besinnen können: hat der Kutscher die Pferde angepeitscht. Jemand kam und gab der Supplicantin in des Königs Namen 3 fl. womit sie sehr zufrieden gewesen seyn soll. Adelung hat einen großen Qvartanten von Zusätzen zu Jöchers Gelehrten- Lexicon herausgegeben, der 15 fl. kostet und nur die beyden Buchstaben A und B in sich hält. Ohngeachtet mein Sohn mir ein Bündel Quäcken mitgebracht, so scheint mir doch der Vorrath nicht hinlänglich zu seyn, wenn mich nicht das Augenmaaß der Habsucht trügt. Wegen des Waschens und Dörrens weiß ich selbst nicht, ob dieses zu ihrer Erhaltung nöthig ist – und ob eins der Sprintlackschen Mädchen Zeit dazu übrig hat. Selbst graben mag ich nicht, aber ich schäme mich nicht zu betteln. Ich glaube daß Ihnen mein Umgang lästiger seyn würde, höchstzuehrender Freund, (und diese wahre Furcht hält mich ab Sie heim zu suchen) ungeachtet aller Nachsicht, womit Sie mein Geschmier ertragen. Hartknoch reist morgen ab, und mein Sohn, der sich Ihnen empfiehlt, übermorgen. Kanter hält sich meines Wißens in Trutenau auf und wird vermuthlich an Jacobson einen Mann nach seinem Herzen gefunden haben. Wenigstens hat er ihn sehr erwartet, wie ich gehört.
    Der 42jährige Affe
.
    Eine gantz vermaledeites Mährchen
!
    Aus
    dem Franz. Berlin 84
ist eine gantz elende Brochure, die mir als confiscable in die Hände fiel, aber nicht lohnt angesehen zu werden. Ist deutsches Machwerk ohne Geschmack, Sprache noch den geringsten Witz. Das Äußerliche verekelt schon – und es ist auch für mich Zeit aufzuhören, bis auf mehr Muße, Ihnen von unserm neuen Meßgut mehr Nachricht geben zu können. Unterdeßen habe die Ehre mit alter Treue zu verbleiben Meines HöchstzuEhrenden HErrn Kriegsraths ergebenster Hamann. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von u / zu /
    Sprintlacken
Kgsb. 18 Jun. 84. Herzlich geliebtester Freund, Gestern erhielte gegen Abend diese Einl. nebst einer nach Morungen. Ich habe das Herz gehabt selbige zu erbrechen, weil Sie das Vertrauen auf mich gesetzt mir den vorigen Brief und Ihre eigene Antwort mitzutheilen. Es hat mir zwar schon mein Vorwitz leidgethan, aber ich habe mich damit getröstet, daß Nichts von ohngefehr geschieht, und ich wünschte etwas zur Besänftigung von beiden Theilen beitragen zu können; da von beiden Theilen das summum ius der
    Freundschaft
und
    Billigkeit
Eingriffe zu thun scheint. Unser Freund, wie offenbar zu ersehen, ist in Verlegenheit, hat sich auf die Summe Rechnung gemacht – giebt wenigstens vor, von andern den
    Bogenpreis
erhalten zu können – – Sie haben, liebster Hartknoch, nicht die nöthigen Maasreguln als Buchhändler genommen, wegen Formats und des dadurch natürlich entstehenden Unterschiedes. Glaubt ein
    anderer Verleger bey jenem Preise bestehen zu können
: sollten s Sie sich als Freund nicht auch begnügen können? und ist in einem solchen Falle die Versuchung nicht groß besonders für einen Mann, der in Verlegenheit ist – Vielleicht können die zerstreuten Blätter die er Ihnen anbietet, etwas von dem einholen, was Sie an dem exorbitanten Preise der Ideen aufopfern. Setzen Sie das Nagen und Beißen und Keifen unter einander fort: so besorge ich, daß Uebel ärger werden wird, und unser gemeinschaftlicher Gevatter bald eben so schwarz in Ihren Augen werden wird, als K‥ und H. welches ich um aller Welt nicht wollte, weder Ihrent- noch Seinetwegen. Der einzige Rath, der zugl der schwerste ist, besteht in aut – aut – gantz der
    Freundschaft
oder gantz den
    Grundsätzen des Ackers
und
    Pflugs
zu entsagen in diesem
    einzigen Fall
, und
    theure Erfahrung
auf künftige und ähnliche Fälle Ein für allemal baar zu bezahlen. Bedenken Sie aber, liebster Hartknoch, daß es mit unserer
    Hoffnung zu gewinnen
öfters ebenso verkehrt geht, wie mit unserer Furcht zu verlieren. Machen Sie sich aber dieses Anlaßes zu Nutze, alles auf einen
    reinen Fuß zu bringen
, soviel möglich, mit Güte und Liebe, ohne Rücksicht noch Arglist, aber mit
    Klugheit
, welche die ganze Lage der Sache Ihnen am besten vorschreiben kann. Er meldt mir, die Stolberge sind dort gewesen mit ihren Gemalinnen 4 liebenswürdige Leute, die ihnen 8 angenehm unruhige Tage gemacht haben. Mein Sohn ist heute in Gesellschaft des Hills per pedes apostolorum heim gegangen. Er ist gestern zu spät gekommen, und der Regen ist zum Theil schuld daran, der ihn so naß gemacht, daß er in meinem Hause abgewiesen worden und daher ein gl. in Ihrem befürchtet. Unterdeßen er sich erst umgekleidet, sind Sie schon abgereist – und wie es scheint früher, als man gewöhnl. von der Stelle kommt. Sie kennen einen Kaufmann Gollwitz, den Schwiegersohn der Frau Masutin einer alten Muhme vom Kanterschen Hause. Dieser ist heute Knall u Fall von seinem Gesellen erschoßen worden mit einem Gewehr, das ihm ein Soldat zum Verkauf angeboten u. geladen gewesen ohne daß es jemand gewußt. Dängel versichert ein Päckchen aus der Schweitz an mich mitgebracht zu haben, das aber zu meinem Herzeleid sich nicht in den 3 Ballen befindt, die hier aus Pillau erwartet werden. Gott gebe Ihnen eine glückl. Reise und ein vergnügtes Widersehen Ihrer Familie, der ich mich mit den Meinigen bestens empfehle – auch gute
    Ideen
zur Antwort der Beyl. Ich ersterbe Ihr alter treuergebener Joh. Ge. Hamann. Auf der Adressseite: Sollte Herr Hartknoch bereits durchgegangen seyn, so bitte ergebenst diesen Brief nach Riga zu befördern. JGHamann. Adresse mit Siegellackrest:
HErrn / HErrn Joh. Friedr.
    Hartknoch
/ Buchhändler zu Riga / gegenwärtig / in /
    Memel
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf u beantw d 19 Jun 1784
Am Johannistage 84. Dero geneigte Zuschrift vom 12 h. habe ein paar Tage nach Empfang derselben, sogleich beantwortet mit Bescheinigung des Praenumerationsgeldes auf den 5ten und 6ten Theil der Nicolaischen Reise, mit Uebersendung der verlangten Nota über Eichhorn aus dem Hartungschen Laden, und mit der Anfrage, ob die bestellten Bücher roh oder wenigstens geheftet zufolge der mir vorgeschriebenen Anweisung bey HE Kriegsrath Hippel sollten abgegeben werden. Diesen Wisch – denn Briefe bin ich nicht im stande zu schreiben – habe ich den 16 d. dem Bedienten unsers Kreises zugestellt, um ihre die Bestellung beym HE Stadtrath Wirth zu besorgen – mich auch deshalb erkundigt und die Versicherung erhalten, daß alles richtig abgegeben worden wäre zu weiterer Beförderung. Friedrich besuchte mich heute mit einem Billet von Ew. Wolgeboren, aus dem ich besorge, daß meine Antwort Ihnen nicht zu Handen gekommen, und daß jenem die ausgenommenen Bücher abliefern soll. Er hat also heute von mir erhalten den 2ten Theil des Döderlein  do       des Eichhorns Jerusalems Betrachtungen und die Freymüthigen des D. Stark. nebst den Meditations philosophiques des Daguesseau, die vielleicht eben so wenig Ihren Beyfall erhalten werden, als die beyden Bände des Pleßings von der Abgötterey. Verzeihen Sie mir, HöchstzuEhrender Freund, daß ich aus guter Meinung erst Antwort auf meine Anfrage abwarten wollen, ob selbige nicht gebunden übermacht werden sollte, ehe ich selbige nach der ersten Bestimmung an HE Kriegsrath Hippel abgegeben. Vermuthlich haben Sie dort einen näheren Buchbinder. Das Magazin für Prediger ist weder in einem noch dem andern Buchladen zu haben. Den Prof. Kraus bekomme ich nicht mehr bey mir zu sehen, und ich habe ihn schon 2 mal umsonst aufgesucht. Wir müßen beyde allso Gedult haben. Ich habe heute ein sehr vortrefflich Buch gelesen unter dem Titel:
    Gemälde aus dem Leben der Menschen
. Quis sit vitae scribam color. Vom Prof.
    Babo
. München. 784. ein würdiger Pendant zu Gertrud und Lienhard, auf deßen zweiten Theil ich auch warte. Auch von jenem ist eine Fortsetzung zu wünschen und zu vermuthen. – Die Usterische, Daßdorfsche und Nicolaische Sammlung der Winkelmannschen Briefe hat mir auch viel Freude gemacht. Letztere ist mir gantz unbekannt bisher geblieben und jetzt ist eine neue Sammlung seiner Briefe an die Liefl. Freunde zu Coburg ausgekommen. Noch liegen die Meßgüter im Schiff – Hartung hat 5 Ballen durch Fuhrleute erhalten und 7 zu Waßer. Dengel bekommt jetzt nur 3 wo ich nicht irre, und 6 sind in Lübeck oder noch unterwegens, worunter auch ein Päckchen für mich aus der Schweitz. Ich vermuthe die 3 schöne Sammlungen der Winkelmannischen Briefe in Ihrer Bibliothek. Wenn Sie auch des
    Füeßli Geschichte der Usterischen
oder Schweitzerischen hätten, wünschte ich selbige auf ein paar Tage anzusehen. Ein paar Theile, welche Hintz bey mir deponirt zu seiner Zurückkunft, haben mich zur ganzen Sammlung lüstern gemacht. Da alle Hoffnung der Fooigelder verloren, hat man uns mit einer ansehnlichen Gratification von dem stattlichen Plus dieses Jahres geschmeichelt. Der König will aber von nichts wißen, weil er 3 Millionen zu Ersetzung der Waßerschaden braucht. Erachten Sie selbst, wie mir bey dieser Lage zu Muthe seyn muß, und daß man dabey alle Lust zu leben verliert – mit Verdruß erwacht, mit Kummer schlafen geht, und den Tag verträumt. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und behalten Sie in guten Andenken Ihren ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
No. 1. / An / HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
.
Kgsberg den 25 Jun. 84. Der geehrten Frau Kriegsräthin, Meinen ergebensten Dank für die Beylage der Abgötterey. Was nicht in Sprintlacken fabricirt ist, und sich nicht eßen läßt, werd ich nicht ermangeln, zu seiner Zeit zu remittiren. Mit Ihren Aufträgen bin noch diesen Abend im Dengelschen Laden gewesen, wo man eben die 3 Ballen auspackte. Ich habe den Aufsatz da gelaßen. Man meinte alles zu haben, und womöglich aus dem Hartungschen zu ersetzen. Das
    erste Stück der Heßischen Beyträge zur Gelehrsamkeit und Kunst habe
mitgenommen; wegen einer Abhandlung
    über die Natur der Metaphysik von HE Prof. Kants Grundsätzen
. Der Verf. ist
    Tiedemann
, deßen Name eben keine Empfehlung für mich ist. Sie hat 9 Blätter u scheint blos die Ästhetik zu betreffen, mehr
    über
als
    wider
ihn zu seyn. D’Aguesseau ist dem gestrigen Pack beygelegt worden. Herder circulirt – sein Monboddo liegt noch fast unberührt vor mir. Ihn zu beantworten, (welches noch nicht geschehen), habe ich beyde nöthig. Nächst
    Nüßlers
Leben wünschte ich Ihnen vorzügl. den lieben
    Profeßor Babo
mittheilen zu können.
    Alles was mir mögl. werde von selbst thun
nach Zeit und Umständen die mir nicht immer günstig sind. Neun Stücke des Schweitzerischen Museum habe heute auf sehr kurze Zeit erhalten, und vor lauter zufälligen Besuchen kaum das erste lesen können. Bodmers Leben sehr weitläuftig und beynahe so ekel wie die engl. Biographien wegen der
    Localität
,
wie Semmler das Ding nennt. Auch eine Abhandl. welche durch mehrere Stücke läuft, von der
    Berathschlagung und
den
    rechtmäßigen Absichten
bey der Auswahl
    eines Ehegatten
, welche schon im
    Schweitzerschen Sammler
gestanden und
    Füeßli
zum Verf. hat. Der ungenannte Verf. über die Ehe ist darinn sehr schweitzerisch behandelt. Ich habe heute das Glaubersche Saltz angefangen, werde es aber statt des Morgens lieber des Abends brauchen, um zu den Quäcken zu schreiten, von denen mein Sohn auch einen kleinen Vorrath mitgebracht, daß ich also auf die Sprintlacksche Lieferung fügl. warten kann. Wollte wider meine
    Art und Weise
diesen Abend fasten; habe mich aber eines beßern bedacht – Um coll’ amore zu schmecken schließ ich mit Herz Mund und Hand der Ihrige. Joh Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest:
No. 2. / des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
Stammbuchblatt für Elisa von der Recke Eile, liebes Blatt! in die Hände der Huldgöttin, aus denen ich Dich rein und weiß empfieng, zurück, mit den schwarzen Zügen dicker Dinte aus unschlachtiger Feder – und Ihr gnädiger guter Wille rechtfertige die Bestimmung dieses in der Dunkelheit (allein) glücklichen Namens – Johann Georg Hamann. Königsberg in Preußen am VIten Sonnt. nach Trin. 1784. Auf der Rückseite: Johann Gottfried und Caroline Herders Stammbuchformulierungen vom 19. Dezember 1784: Schöne Gaben gaben die Götter den sterblichen Menschen; aber das schönste Geschenk sollte der Mensch sich allein bilden. Es ist der Gaben Gebrauch, die liebende Weisheit; Schöne Krone! sie lohnt Menschen mit göttlichem Lohn. Weimar den 10. Decemb. 1784. Zeilen des Andenkens von Joh. Gottfr. Herder. Unter allen Blumen die auf der Reise Du fandest, Laß, wenn Du sie durchschaust, mich die Verborgenste seyn. Mit Verehrung geschrieben von Caroline Herder. Königsberg den 24 Julii 84. Alter lieber Freund, Ihren warmen Brief erhielt den 5 Julii und habe immer das Pack erwartet, welches diesen Morgen mir ins Haus gebracht wurde und gestern Abend spät angekommen. Ihr Entschluß H. nicht eher zu antworten, bis er vorher Ihren Brief von hier aus verdauet hätte, kam mir billig vor. Ich habe noch selbst nicht nach W. schreiben können, werde es aber so bald als immer möglich, thun, mich aber gegen ihn nicht weiter auslaßen, als Sie mir vorgeschrieben.
    Eigennutz
und
    Freundschaft
waltet unter uns allen 3. Der gar zu
    vertrauliche
Ton, an den der gute H. gegen Sie gewohnt ist komt Ihnen in der gegenwärtigen Lage,
    verächtlich
vor. Unterdeßen gestehen Sie selbst, daß Ihre zu weit getriebene Aufopferungen immer eine Erwartung und rechtlichere Schadloshaltung im Hinterhalte gehabt. Entschließen Sie sich gantz zu einer Seite, wenn Sie
    können
und
    wollen
– entweder gantz
    Buchhändler
oder gantz
    Freund
zu seyn. Doch die Pudenda unserer Natur hängen mit den Cammern des
    Herzens
und des
    Gehirns
so genau zusammen; daß eine zu strenge Abstraction eines so natürlichen Bandes unmöglich ist. Vielleicht wäre eine kleine Reformation in den
    Grundsätzen
des Buchhandels – die Sie mir schon einmal gebeichtet – und in der Ausübung der
    Freundschaft
– ohne die kein
    Saltz
noch
    Gewürz
für unser täglich Brodt ist, von dem der Mensch doch nicht allein zu leben im stande ist, das beste Mittel Ihrer gegenwärtigen Verlegenheit und aller künftigen ähnlichen unangenehmen Fälle. Wenn unser alte Freund wirklich Ihr Schuldner von 100 # bleibt, wozu wollen Sie aus gantz falscher Grosmuth Ihr Recht dazu im Stich laßen? Nein, zahlen Sie ihm bis auf den letzten Heller, und meßen Sie nach gleichem Maaße; und bringen Sie einmal Ihre ganze Rechnung ins Reine. Er ist
    wirklich in Noth
und hat sich Rechnung auf diesen einzigen
    Zweig
    seiner Industrie
gemacht; er schämt sich vielleicht Ihnen das Bekenntnis zu thun. Bey Ihnen ist weniger von wirklichem Verlust als dem + u − des Gewinns die Rede. Je weniger Sie zum voraus auf diesen Verlag rechnen werden, desto mehr werden Sie anfangen zu gewinnen. Er bleibt immer einer unserer besten Köpfe, der vielleicht eben jetzt seine Reife erlangt – Wird es Ihnen nicht nachher nicht wider leidthun. Nicht Ihren Schaden verlange ich, sondern nur
    Zufriedenheit
mit
    mäßigem Gewinn
, als ein Oel für die Räder Ihrer ganzen Buchhandlung. Ich muß hier wie ein Blinder von der Farbe reden. Krankheit und zunehmendes Alter ändert Gegenstände und unsere Eindrücke von denselben; denen wir so wenig trauen können als den entgegengesetzten. Also mit unserm Vertrauen auf Gott wächst unser Vertrauen auf Menschen und unsere Stärke, das böse mit Gutem zu überwinden, und nicht Böses mit bösem zu vergelten. Ein Bruch zwischen zween alte Freunde ist immer die allereckelhafteste Sache, und ein wahrer Herzens Krebs. Wie sehr hängt es von unserm Gebrauch der Menschen ab, sie
    bös
und oder
    gut
zu machen, Leben oder Tod aus ihnen zu ziehen. Um sich einen
    schweren
Articul im Handel zu erleichtern, wäre es nicht möglich sich ein wenig im Verlage mehr zu concentriren oder einzuschränken oder andere Verhältniße der Bilance einzuführen und zu
    versuchen
. Kurz, Sie sehen aus allem, wie sehr ich wünsche, daß Sie Verleger dieses
    großen Werks
blieben und mit Ihrem hitzigen Temperament und heftigen Gemütsbewegungen nicht den
    Ehrgeitz
und
    Muth
des Autors im Fortschritte seiner Arbeit erstickten, noch den Geitz seiner Bedürfniße durch eine zu strenge kaufmännische Gerechtigkeit auszutreiben suchten, oder vielmehr zu beyderseitigem Nachtheil aufs äußerste brächten. Ich glaube, daß ein ehrliches lauteres offenes herzliches Betragen ihn zu einem harmonischen Ton umstimmen wird. Summum ius und summa iniuria scheint von beyden Seiten so hoch wie möglich gespannt zu seyn. Wenn Sie, wo möglich, jetzt alles einräumen; so konnten Sie für die Zukunft alles genauer dadurch bestimmt und abgemacht erhalten. Bey aller Umständlichkeit, womit ich Ihnen Winke auf alle Nebenumstände zu geben suche, bin ich nicht im Stande weder Ihrem freundschaftlichen Vertrauen, noch mir selbst Gnüge zu thun. Die Schuld liegt offenbar an Euch beyden – Natürlich zieht mich ein Vorurtheil mehr zur Parthey eines armen Autors, als eines schlaueren Verlegers. Der eine hängt an sein Haussystem, der andere ein sein Handlungssystem; der eine muß für Capitalia, der andere für die Zinsen sorgen. Die Lage einer Haushaltung bin ich eher im stande mir vorzustellen, als das große Gewühl einer Handlung, von dem ich nichts verstehe. Sie können leicht denken, daß ich Ihnen, liebster Hartknoch, in den meisten Stücken mehr
    Recht geben
muß, als unserm gemeinschaftl. Freunde; aber eben dadurch sind Sie auch zu mehrerem
    Mitleiden
verpflichtet, und fast möcht ich sagen, Grosmuth verpflichtet, weil Sie den
    Autor
in Ihrer Gewalt haben und er nicht Sie. Verlieren Sie keinen Heller, aber nehmen Sie mit dem Wucher von 3 für lieb, und treffen Sie Ihre Maasreguln darnach so wol im Gantzen als im Einzelnen, und setzen Sie einer so alten verjährten fast grau gewordenen Freundschaft das letzte Kränzchen auf, daß der liebe Mann nicht Feuer und Muth verliert zu
    Ideen
! einer
    Philosophie
!! der
    Geschichte der Menschheit
!!! Erwägen Sie jedes Wort und fühlen Sie den Nachdruck eines so zusammengesetzten kühnen ausgelaßenen Plans, der in keinen gemeinen Menschenkopfe einfahren können, und der im Namen der Menschheit Nachsicht, Pflege und Bewunderung verdient. Homo sum – das Fundament aller übrigen Verhältniße, von denen Handel und Wandel eben nicht das edelste und nothwendigste ist, wenigstens wie er jetzt menschenfeindlich von Fürsten und Juden gemisbraucht und verkannt wird. Nun,
    mehr
kann ich hierüber nicht sagen aus meinem kranken Kopfe, und schließe mit dem herzlichsten Wunsch daß alles zu gemeinschaftlicher Zufriedenheit beygelegt und abgemacht werden möge. Tausend Dank für denas heutigen Pack, welcher enthält den 3ten
    Band des Petersb
. Journal in triplo,
    Zendavesta
2ten Bandes 1 Theil,
    Backmeisters
Beytr. zur Geschichte Peters des Großen, Schmidts Material. 1 Th. nebst dem
    Vers. über
    die materielle Welt
, nebst den 9
    Bändchen der Romanen Bibl
. für meine Mädchen u
    Mümplers
2. Th. für Hänschen. Von Reiske habe erhalten 1.
    Abil Walidi
; 2. Proben der arab. Dichtkunst; 3 seine Saml. arab. Schriften. 4 Abulfedae Annales Moslem. 5 Anthol. Graec. (die ich aber selbst schon besitze) 6.7.8.9. Animaduersiones, deren Vollständigkeit ich noch nicht übersehen kann. Die 1 Lage in Thucydid. ist doppelt und vermuthl. fehlt sie einem dortigen Exempl. 10 Die Uebersetzung der Reden aus dem Thucydides u das 11. Corpus der griechischen Redner. Werde die gröste Sorgfalt für alles tragen; künftig mehr. Vergeßen Sie nicht liebster Freund! daß ich im Stande bin nach der Schweitz zu antworten wegen des
    Kastens
den HE Lentz dort zurück gelaßen. Ziehen Sie doch deshalb den Superintendenten zu Rath, u theilen Sie mir seine Meinung mit. Wegen des Schiblemini noch keinen Laut, welches mich sehr unruhig und ungedultig macht. Wenn Sie so gütig seyn wollten, bey Gelegenheit hinzuschreiben. – Dom. VII. p Tr. S. Jacobi. 25. Juli Alles hat sich verabredet, mir nicht das Ende dieses Briefes gestern erreichen zu laßen. Ich fahre also heute fort – und widerhole meine Bitte die Ausfertigung des Schiblemini zu befördern. Der Drucker wird doch nicht so unklug gewesen seyn den Innhalt irgend einer Censur zu verrathen, und weder sich selbst noch Sie exponiren. Ich sehne mich mit jedem Posttage diese 4 Bogen zu sehen, und diese Ungewißheit verdirbt mir allen Genuß des Sommers. Nicht eine Mutter kann sich über den ersten Anblick ihrer Leibesfrucht so freuen, wie ein Schriftsteller seine Arbeit gedruckt zu sehen. Ich weiß (und könnt es beschwören) kaum selbst mehr was ich zusammen geschwitzt und geschnitzt habe. Ein solches Löschpapier ist mein Gehirn. Zöllners Schrift über Jerusalem habe angesehen, um blos zu beurtheilen, ob wir uns einander ins Gehäge gekommen; wir scheinen uns aber kaum einander berührt zu haben. Bitte paszolli lieber H. seyn Sie Boas,
    endelich
Ruth III. 18. Nicolai hat mir seinen Catalog zugeschickt, in dem ich J. E. Mayer’s Bändchen sokratischer Denkwürdigkeiten mit Betrachtungen. Wien. (v. Kurzbeck) finde. Ist doch nicht ein
    Abdruck
meiner Denkwürdigkeiten? Keiner unserer Laden hat dies Buch, und der Anblick kann dies gleich entscheiden. Me Courtan hat immer umsonst (auf die Nachricht Ihrer Frau Schwester) die Synonymes erwartet und selbige zu großem Glück bey Hartung gefunden. Es war ein Auftrag der alten Gräfin von Finkenstein, der sie mit Seel und Herz ergeben ist und eine alte ehrwürdige Dame u Mutter unsers jüngsten Ministers. Ich vermuthe daß das Versehen an Ihren Leuten liegt – und keines weges an Ihrem Willen, sie in Verlegenheit zu setzen. Aber Ihre
    Freygebigkeit
und meine Undankbarkeit, die selbige thätlich zu erkennen, wird auch für mich beunruhigend – Bey einer leeren Auflage meiner
    Saalbadereyen
kann ich keinen Vortheil für Sie absehen, und zu neuen Arbeiten sind mir innere und äußere Umstände nicht günstig. Ich erwartete und erwarte zum Theil noch einen kleinen Schub in meinem geheimen Entwurf von
    Schiblemini
. Komt er oder komt er nicht? – sind einige Wirkungen zu erwarten? und ließe sich Gebrauch davon machen? Dies liegt alles für mich in weitem Felde, und über dem Warten vergeht mir die Lust, und ich werde Muthlos; das ich schon mehr als zu sehr bin. Die Kritik der reinen Vernunft wird jetzt rege und fängt an zu gähren. Ein Gesichtspunct, der mit meinem Plan sehr genau zusammenhängt. Noch eine Neuigkeit, die ich Ihnen mittheilen muß. In Trutenau hält sich ein Schweitzerischer Doctor auf, der mit dem Verf. der Briefe eines jungen Franzosen genau zusammen gelebt, und ihn
    Reisbeck
nennt. Die Briefe über die Schweitz welche tägl. erwartet werden, sind auch von ihm. Der Freyherr von Balderungen Domherr zu Speyer u Freund der Pomona ist also nicht der wahre Verfaßer, wie man mir aus Berlin hat einreden wollen. An HE von Auerswald habe den Preis des Sh. noch nicht melden können, weil ich ihn hier nächstens vermuthe. Empfehlen Sie mich Ihrem werthen Hause und Ihren lieben Sohn, wenn Sie an ihn schreiben. Ich umarme Sie unter den ergebensten Grüßen der Meinigen und ersterbe Ihr alter verpflichteter Freund und Diener Joh Ge Hamann. Bitte mir auch an der Ausgleichung mit Herder Antheil nehmen zu laßen und alles was ich darüber geschrieben, zum Besten auszulegen und anzuwenden. Gott seegne Sie mit Gesundheit und Zufriedenheit! Amen. Adresse mit Mundlackrest:
An des / HErrn Hartknoch HochEdelgeboren / zu /
    Riga
. /
    Einschl
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Petersb Empf den 24 Jul 1784 beantw d. 27 Jul
Kgsberg den 4 Aug. 84. Herzlich geliebtester Freund, Ich muß schon wider schreiben, weil mir das Ausbleiben des Abdrucks meiner wenigen Bogen zu viel Unruhe macht, und ich durch diese vereitelte Erwartung von Posttag zu Posttag in manche hypochondrische Launen versetzt werde, die mich zu allen Geschäften und Besuchen untüchtig machen. Wollen Sie mir erlauben, daß ich deshalb selbst schreiben kann, und mich eine Erklärung darüber ausbitten. Hieß der Mann nicht
    Unger
, und ist er Buchdrucker oder auch Verleger. Ich erwarte hierüber Ihre Antwort, ob Sie
    lieber selbst schreiben oder mir
die Erlaubnis
    dazu geben wollen
. An H. nach W. bin nicht im stande zu schreiben; so sehr ich mir auch deshalb Vorwürfe machen und soviel Vergnügen ich auch seinen Ideen zu verdanken habe. Melden Sie mir doch auch, liebster H. was ich nach der Schweitz wegen des
    Lenzischen Nachlaßes
melden soll. Ich war vorigen Sonnabend mit Friedrich zu Fuß nach Trutenau gegangen um einen D. Juris
    Rothpletz
aus Arau kennen zu lernen. Zu meinem Leidwesen war er wider seine Gewohnheit in der Stadt geblieben. Eine meiner Hauptabsichten war diesen Mann kennen zu lernen – der die weite Reise mit ExtraPost blos wegen der Preßpappen gethan und sich schon ein paar Monathe bey
    Kanter
aufhält, mit dem ich Sontags des Abends wider zu Fuß nach der Stadt gieng. Heute vor 8 Tagen sind alle meine 3 Mädchen zum Besuch nach Graventihn bey ihrem Bruder gefahren, denken nicht nach Hause in der Einbildung daß ich sie abholen werde. Kommt mein Büchlein an, so bekäm ich vielleicht einen kleinen Stoß dies und jenes zu thun – Sehen Sie doch das Ding
    von Mayer nach, ob
es vielleicht ein Abdruck meiner
    sokr
.
    Denkw
. ist. Kreutzf. Katalog ist mir diese Woche zugeschickt worden u die Auction den 12 d. angesetzt. Daß er noch nach sm Tode ⅓ = 92 rth der zu Manheim ausgesetzten Preißfrage über den Kindermord davongetragen, hab ich Ihnen vielleicht schon gemeldet. Nach langem Bitten läßt Hartung endl. die wenige Bogen über den
    Preuß. Adel
drucken, und zwar hier. Kraus wird vielleicht se hinterlaßene Bruchstücke der Preuß Geschichte ausgeben. Nicht der Baron u Domprobst von Beroldingen, sondern ein Schweitzer Namens Reisbeck, den jener D. genau kennt und der auch Briefe über s. Vaterland geschrieben, deren erster Theil aber mit der Ostermeße nicht fertig geworden, ist der reisende Franzos. Der arme Baczko hat seinen Amanuensis, einen artigen Jüngling der Otto hieß verloren, er ist im Schloß Oberteiche beym Baden ertrunken. Der erste Theil sr Geschichte ist in beyden Buchladen; aber der unglückl. Autor hat noch kein einziges Exempl. für seine wenige Subscribenten; und das Werk scheint doch sehr
    brauchbar
und
    nüzlich
    zu
seyn und auch für Ihre Gegenden interessant. Wie sehr wünschte ich, daß ich mein
    Golgatha
höchstens zu in unserm
    Geburtsmonath
erhalten möchte! Beruhigen Sie mich doch so bald Sie können über die widerholte Fragpuncte, und melden Sie mir doch Ihre Entschließung in der H… Sache; ich hoffe, daß Sie meine Motiven gut aufgenommen haben. Nicht einen Heller zu verlieren, aber sich mit dem mäßigsten Gewinn zu begnügen gegen einen Freund, deßen Verlegenheit größer seyn mag, als wir uns selbige vorstellen können und deßen Muth zu schreiben mit aller mögl. Freundschaft verdient gepflegt und genährt zu werden. Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen in der Nähe und Ferne! Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Buchhändlers Hartknoch / Wolgeboren / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: Empf. d. 11 Aug 1784
Königsberg den 5 Aug. 84. des Abends Lieb werthester Herr und Freund, Warum ich Ihre Zuschrift, welche den 24 April erhalten, nicht so bald beantworten können, wird Ihnen unser liebe L. aus der ihm den 2 May gegebnen Antwort mitgetheilt haben.
    Heute
habe einen Brief von HE Hartknoch erhalten, aus dem ich nachstehendes abschreibe: „Vom General-Superintend. Lenz habe wegen der Sachen seines Sohns den Entschluß: er will schon die Frachtkosten daran wenden und sie herkommen laßen (neml. nach Riga) wenn sie sich nicht zu hoch belaufen. Da der Schafhauser Freund verspricht, daß er alles beytragen will, daß sie bis Leipzig nicht zu viel kosten mögen: so kann er das Kistl. an HE. C. G. Hertel, Buchhändler, für meine Kosten senden, dieser wird die Fracht bezahlen, und alles nach Lübeck senden.“ HE Hartknoch scheint den Umstand Ihrer Nachricht übersehen zu haben, daß die Kiste
    zwar nicht sehr groß aber schwer ist
. Mündlich hat er mir versichert, daß Herr Lentz viel Hofnung zu einer
    völligen Herstellung
gebe, und wo ich nicht irre, sich gegenwärtig in Moskau aufhielte. Ich habe dieser Kiste wegen schon Aufträge meines Wißens von Freund Ehrmann gehabt, aber von ihm HE Lenz selbst keine positive Antwort erhalten können; weil ich nur ein paar Briefe mit HE Lenz ihm gewechselt. Meinem Gevatter Kaufmann bin seit sehr langer Zeit eine Antwort schuldig, habe aber sehr günstige Nachrichten von seiner gegenwärtigen Lage durch einen hiesigen Freund
    HE Mayer
erhalten, der sich seit einiger Zeit hier aufhält, mit ähnlichen Absichten, wie unser gute
    Ehrmann
in Strasburg, an deßen Glück ich herzl. Antheil nehme.
    Wahrheit
ist freylich
    Weg
und
    Leben
. Hätten wir schon unser Theil in dieser Welt, und unsern Bauch gefüllt mit ihrem Schatz: so dürften wir eine künftige, beßere, neue Welt weder glauben, noch hoffen noch wünschen.
    Nicht, daß ich’s schon ergriffen
habe – ich
    jage ihm aber nach,
ob
    ichs auch ergreifen möchte
, und mit diesem Looß wollen wir
    Spätlinge
zufrieden seyn und gern für lieb nehmen. Ich möchte gern allen meinen Freunden in der Schweitz, und folglich auch Ihnen einen jungen Menschen Namens
    Hill
, Candidatum Theol. empfehlen, der von Lübeck zu Fuß sich vorgenommen nach
    Venedig
und vielleicht nach dem
    Orient
eine Wallfahrt zu thun. Er hat sich um mich wie ein
    Onesimus
verdient gemacht und meiner ältesten Tochter die Anfangsgründe der Musik auf dem Clavier u im Italienischen beygebracht. Ich habe aber seinem wilden Feuer und Lüsternheit nach Ebentheuer nicht widerstehen mögen. Sollte er nach
    Schaffhausen
kommen; so bitte ihm mit
    guten Rath
beyzustehen und Ihren und unsern Freunden zu seinem Fortkommen weiter zu empfehlen; worunter auch
    HE. J. G. Müller
in Winterthur gehört. Gott erfülle all Ihr Wünschen und
    erstes Trachten
und laße es Ihnen an der Zugabe des übrigen auch nicht fehlen! Ich werde jeden Anlaß meinen guten Willen äußern zu können mit beyden Händen ergreifen und niemals aufhören mich zu erkennen für Ihren herzlich ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann. Grüßen Sie unsere Freunde in Zürich und den in Strasburg, an erstere denk zu schreiben, so bald ich kann. Hier hält sich ein D. Großpletz aus Arau auf, dem zu Gefallen ich vorigen Sonntag 1½ Meile zu Fuß gegangen bin, ohn ihn
    getroffen
zu haben. Vielleicht desto beßer für uns beyde! Adresse mit rotem Lacksiegelrest Druckstempel: De Francfort
An / HErrn
    Eberhard Gaupp
, / Kaufmann / in /
    Schaffhausen
.
    Einschl
.
Kgsberg den 6 Aug. 84. Seit dem 28 May, liebster bester Landsmann, Gevatter und Freund, hab ich jeden Posttag schreiben wollen um Ihnen wenigstens für das Musterexemplar Ihrer Ideen zu danken – mit jedem Posttag immer meinem Schiblemini entgegen zu sehen, deßen Innhalt ich beynahe ausgeschwitzt – bis ich gestern endlich durch einen Brief unsers Reichardts einen electrischen Schlag bekommen, der mich ein wenig aufgeweckt. Ich habe Ihnen immer
    Hinzens
Besuch anmelden wollen, die Frau
    Cammerherrin von der Reck
meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin – Bald hab ich auf jene Nachrichten gewartet, von denen ichSie mir Wunder oder Freude versprachen. Ihre Einl. welche ich den 5 u 17 Iunii erhielt sind richtig bestellt worden. Hartknoch gieng den 29 April durch, hielt sich nur ein paar Stunden auf, und fast hätt ich ihn gar nicht zu sprechen bekommen, ohngeachtet ich niemals soviel Aufträge an ihn gehabt, worunter Ihre Einl. eine der wichtigsten war. Mit seiner Rückreise gieng es eben so ebentheuerlich. Man sagte hier, daß er nachüber Lübeck zu Waßer nach Hause gegangen; endlich kam er den 14 Iun. an kränklich und übelaufgeräumt, brachte mir aber Ihren Monboddo mit, und verehrte das Exemplar Ihrer Ideen, welches er mir zugedacht, Ihrem u meinem Wink zufolge dem Prof. Kant, dem Ihr doppeltes Andenken sehr schmeichelhaft zu seyn schien. Hartknoch hat mir seitdem geschrieben, daß er auf Ihren letzten Brief nicht eher antworten könnte, bis er auf seinen Königsberger Brief Antwort erhalten hätte. Wegen des lieben Neumanns habe noch nichts bisher für Morungen erhalten, und werde mit nächsten deshalb an ihn Erinnerung thun. Ihren Brief habe sogl. nach Morungen abgefertigt und alles mögl. gethan um Ihre gute Schwester zu beruhigen, weil man mich dort für tod ausgegeben. Seit dem 18 Iun. keine weitere Antwort erhalten. Ihre
    Ideen
habe zum zweiten mal zu lesen angefangen, bin aber darinn unterbrochen worden, weil ich selbige allen meinen Freunden, Kant u Pf. Fischer zu erst mitgetheilt, und dem Kr. Scheffner auf Sprintlacken noch schuldig bin. Alle haben mein Urtheil, gegen welches ich mistrauisch bin, bestätigt. Ihren Plan kann man freylich noch nicht übersehen, aber Sie scheinen mir noch nichts mit der Reife, Ruhe und Humanität welche ein solcher Gegenstand verdient geschrieben zu haben, und Niemand als Sie, liebster Herder, und eine Muse wie die Ihrige kann eines solchen Ideals empfänglich und seiner Ausbrütung und Vollendung fähig und würdig seyn. Gott gebe Ihnen Gedult und Kräfte dazu und wende alle Schwierigkeiten ab, wodurch die Urkunde u hebr. Poesie in Stecken gerathen – und daß ein so rühmliches allgemeines Thema nicht durch Privatleidenschaften und Intereße verstümmelt wierde! Wetzels Versuch ist ein Nebenbuler in sehr ungleichem Format und Zuschnitt.
    Vom Himmel
muß unsere Philosophie anfangen – und nicht vom Theatro Anatomico und den Sectionen eines Cadavers. Der Himmel schenke uns den 2ten Band mit der Michaelismeße, damit der Gesichtskreis des Lesers zur Offenbarung unserer verlornen und widererlangten Würde des Göttlichen Ebenbildes erweitert wierde: so will ich Ihnen gern die Fortsetzung der
    Urkunde
und
    hebräischen Poesie
erlaßen. Hier liegen meines Wißens die
    Qvellen
und
    Grundideen
aller wahren Philosophie und Geschichte unsers göttlichen Geschlechts und heiligen Bestimmung zur
    Herrlichkeit
. Dom IX p. Trin. 8. August Ich hoffe daß Gesundheit und Zufriedenheit in Ihr ganzes Haus wider eingekehrt seyn wird, und daß der Frühling und Sommer einen guten Einfluß gehabt. Seit dem 27 Jul. sind meine 3 Kinder aufs Land gereist ihren Bruder zu besuchen, und wir alten leben gantz einsam, wißen nicht, wenn wir unsere Kinder zurück bekommen werden. Sie können sich leicht die ungewohnte Stille in unserm Hause vorstellen. Gestern vor 8 Tagen gieng ich in Begleitung eines dienstbaren Geistes aus dem Dengelschen Buchladen denzu Fuß nach Trutenau, um das stockende Blut wider in Bewegung zu bringen, eine Probe meiner apostolischen Füße zu machen, hauptsächlich aber einen Doctor Iuris aus Arau kennen zu lernen der sich seit ein paar Monaten bey meinem alten Verleger Kanter aufhält. Er heist Rothpletz und hat diese Reise urplötzlich mit Extrapost aus der Schweitz gemacht um das Geheimnis der Preßpapiere wegen einer ähnlichen Unternehmung auszuforschen. Meine Absicht ihn zu sehen wurde aber vereitelt, weil er durch einen außerordentl. Zufall nach der Stadt gefahren war und sich wider seine Gewohnheit daselbst länger als sonst aufhalten wollte. Doch bekam ich seinen Reisegefährten einen ehrlichen Bürger von Rothgerber, der wo ich nicht irre, Simonis heißt, zu sprechen und kam doch nicht gantz leer Sonntags Abend in Gesellschaft meines Wirths zu Fuß nach der Stadt. Nicht Beroldingen, sondern ein gewißer
    Reisbeck
, von den man Briefe über die Schweitz zu erwarten hat und den der Doctor sehr genau kennt, ist der
    reisende Franzose
, der so viel Aufsehens gemacht hat. Die zweite Samml. der Briefe über die Freymäurerey, welche von den Mysterien gegen Stark handelt, habe ich einen Abend im halben Schlaf und kürzl. wachend gelesen, aber bey keiner Probe viel gewonnen. Wer mag der Verf. davon seyn, und von den vertrauten Briefen die Religion betreffend? Kant arbeitet wacker an einem
    Prodromo seiner Metaphysik der Sitten
. Er wartet mit eben so viel Ungedult wie ich selbst auf des Heinekens Versprechen. Meinen
    Hill
habe auch verloren, an ihm meine rechte Hand. Ich habe Gott gedankt, daß ich ihn einmal los wurde, da ich ihn doch nicht länger halten konnte. Er ist nach Lübeck zu Schiff gegangen, ich hab ihn an Claudius empfohlen und wird zu Fuß, wenn es möglich, nach
    Venedig
gehen und von da vielleicht in die Morgenländer zu kommen suchen. Er ist zum Ebentheurer geboren u das Reisen scheint ein Familienfehler zu seyn. Gott begleite ihn und geb daß ich ihn klüger wo nicht glücklicher widersehe. Meine älteste Tochter hat ihm die Anfangsgründe der Music, des Claviers u des ital. zu verdanken. Was Müller für seinen
    Zuruff an die Arme
meynt, weiß ich nicht. Lavater bittet sich auch für Geld u Worte Hemans des Esrahiten Unterweisung von der
    Schwachheit der Elenden
aus. Sie wißen liebster Herder, daß es mir wie den Hennen geht, wenn sie Eyer legen wollen – und ich gewiß es Ihnen würde anvertraut haben, gesetzt daß es auch so klein wie ein Ameiseney gewesen wäre. Es geht meiner verwelkten Muse nicht mehr nach der Weiber Weise. Was mir mein Schiblemini vor Unruhe macht – Wenn ich nur wüste wozu er bestimmt wäre. Doch ich fürchte mich eben so sehr für die Erscheinung deßelben, als mich seine Nichterscheinung beunruhigt. Ich bin nicht mehr im stande mich in die Gemüthslage zu versetzen, mit der ich gearbeitet, und besinne mich kaum auf einige Spuren meiner eignen Gedanken – und doch war es auch ein Prodromus und Prolegomena zu ich weiß nicht was? Vielleicht erhalten Sie das Corpus delicti eher wie ich, und sind beßer im stande darüber zu urtheilen – Nicht mehr als 2 haben es hier gelesen; der eine mit dem Lachen eines Kobolts der andere mit den Thränen – eines Krokodils, hatte ich bald gesagt. Wer weiß wer am meisten Recht haben mag. Ich krähe immer von meinem kleinen Misthaufen. Wie mir Ihr Lustgarten gefällt, habe ich schon gesagt. Daß dasie letzte Hälfte des
    vierten Buchs
mich näher angeht, als alle übrigen können Sie leicht erachten. Dies
    schöne Thal
gränzt unmittelbar an meinen Hügel oder wie ich ihn erst nannte. Wenn ich auch so beredt wäre wie Demosthenes, so würde ich doch nicht mehr als ein einziges Wort dreymal widerholen müßen. Vernunft ist Sprache Λογος; an diesem Markknochen nag’ ich und werde mich zu tod drüber nagen. Noch bleibt es immer finster über diese Tiefe für mich: Ich warte noch immer auf einen apokalyptischen Engel mit einem Schlüßel zu diesem Abgrund. Laßen Sie mich Ihr schönes Denkmal genießen und diesen Genuß nicht durch kritische Grübeley stöhren. Vielleicht bekommen Sie einen Recensenten in einer
    neuen Litterarzeitung
der dem physischen Felde u anatomischen FeldeGeschick mehr gewachsen ist als ich es bin. Ich muß
    glauben
und befinde mich wol dabey, aus Noth Tugend zu machen. Unsers alten Freundes Ihres Vorgängers Hintz Geschenk hat mir viel Freude und er sich um meinen Hans durch einen Heynischen Tibull, Ernestischen Tacitus u Svetonius unsterblich verdient gemacht. Er war sehr vergnügt in Königsberg und wird es noch mehr Ursache haben in Weimar zu seyn, auch mir bey seiner Rückreise daran Theil nehmen laßen. Die Frau Kammerherrin von der Reck ist eine sehr liebenswürdige Dame, der ich viel homogenes in Ihrer Probstey zu finden geweißagt, einen
    einzigen characteristischen
Zug ausgenommen, von dem meine verehrungswürdige Frau Gevatterin zu Ihren Ruhm und Glück gar nichts weiß – so genau ich mich auch darnach erkundigt. Ich weiß nicht, was ich für Ahndungen bey den Göttingschen Auswanderungen gehabt. Wenn Ihre Lage dadurch verbeßert würde, so wünschte daß diese Ahndungen eintreffen möchten. Ich wünschte sehr zum Besten der Ideen Ihrer Autorschaft daß Sie der mühseeligen Rechnungsverwaltungen und Hofverbindungen entledigt würden. Was macht aber G misvergnügt, den man für das Factotum angesehen und der bisher in seinem Element gelebt. Hat sich dies oder er geändert? Ist es wahr was man sagt, daß Leuchsenring einer reichen schönen Jüdin nachgestellt. Ich kann das alles nicht zusammen reimen mit dem, was unser Freund R. mir von ihm meldete. Von Mosers Schrift über Regenten noch von seinem christpolitischen Journal habe bisher noch keine Sylbe zu sehen bekommen; mich dafür an eines
    Großings
ritterlicher Autorschaft halb erbaut, halb belustigt. Wenn ich unserm R. antworten kann, so lege es bey. Ich hätte bis gegen Ihren Geburtstag fortgeträumt ohne seinen Einfall mich zu bitten nach W. zu schreiben, der mir im Grunde seltsam u außerordentl. vorkam. Strafen Sie nicht liebster Herder für mein Stillschweigen, welches wirklich in einer Art von Verzweiflung an mir selbst gegründet ist. Melden Sie mir bald jene Nachrichten, zu denen Sie mir Hofnung gemacht, besonders wenn selbige Ihre eigene Lage betreffen, und solche dadurch erleichtert würde. – – Den 10 des Morgens. Habe noch zu gutem Glück vorgestern alle meine Laune in Einl. ausschütten können, gestern war nicht im stande die Feder zu führen, muste früh zu Bett gehen ohne zu schlafen, und hab immer in Träumen wider meine Gewohnheit zugebracht, woran vielleicht ein kleiner Durchlauf schuld seyn mag. Meine Leibesübel sind sehr erträglich; aber mein Gemüthszustand ein seit 62 verjährter Schaden, und ein wahrer furor vterinus kranker, sichihrer selbst nicht mächtiger Einbildungskraft, und ich fürchte vor meinen Sohn ein ähnl. Schicksal. Unser heillose Vice-re findt Unordnungen in den Cantons-Listen oder will der Academie was anhaben, kurz er fordert alle enrolirten seines Regiments auf und befiehlt daß sich jedermann stellen soll. Der Senat macht Gegenvorstellung; darauf kommt gleich eine Cabinetsordre, daß niemand hinführo mehr inscribirt werden soll ohne einen Erlaubnisschein vom General und der Cammer oder Landrath, und unser akademische Kantzler muß mit seiner Mannschaft zum Anhalt aufmarschiren. Dies war in der That ein häßlicher ärgerlicher Anblick. Es hat mir schon wegen allerhand Umstände Folgen leid gethan, daß ich meinen Sohn so früh hatte inscribiren laßen. Nunmehr
    dankte ich Gott
, daß es geschehen und überstanden war. Ich melde dies meinem Sohn und muntere ihn zu gleichem Dank auf, indem ich ihm Nachricht davon gab und ihm versicherte, daß um das Unangenehme eines solchen Ganges zu vermeiden ich ihm lieber das Studium widerrathen haben würde. Der Junge setzt sich die Sache in den Kopf und verfällt in eine panische Furcht, die keine Vorstellungen ihm ausreden können. Dies bewog mich zugl. mit , ihm seine 3 Schwestern auf den Hals zu schicken, die morgen 14 Tage und vielleicht noch so lange sich ihm zu Gefallen auf dem Lande umtreiben werden. Der Kanzler
    Korf
welcher nach des
    Rhode
Tod das akademische Departement bekommen, hat sich um seine neue Stelle verdient gemacht und ist ins Kabinet gegangen, worauf der König nach Wunsch rescribirt und die Sache auf alten Fuß bleibt. Nun ist mein Wunsch, daß ich meinen Sohn auf den Winter zurück bekäme, welches wol von Schellers Versorgung abhängen wird, die ihm so wol als uns allen auf dem Herzen liegt. Meines Pathchens Geburtstag wird schon vorbey seyn, wenn dieser Brief ankommt. Gott schenke Ihnen zu allen Festtagen dieses Monats Gesundheit, Seegen, Freude und
    gute Gesellschaft
, woran es mir fehlen wird und entferne alle mala domestica von Ihrer Probstey – erfülle reichlich den
    einzigen
und
    sehnlichsten Wunsch ihrer irrdischen Wünsche
an der Freundin Ihres Herzens und Gehülfin Ihrer Ideen – Daß ich weder mit
    Worten
noch
    Werken
das Gefühl meiner Seele gegen Sie und die Ihrigen und besonders gegen meine verehrungswürdige Gevatterin darstellen kann, meine wahre Gesinnungen gegen die
    Kinder Ihres Leibes
so wol als
    Geistes
, gegen Ihre Mutter- Muse durch nichts verhältnismäßiges an den Tag zu legen vermag – dieser Gedanke benimmt mir mit zum Theil die Leichtigkeit zu antworten. Der reiche Gott wird alles ersetzen und vergelten und ins Gleiche bringen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter   Johann Georg Hamann.
Kgsb den 10 Aug. 84. Herzlich geliebtester Freund, Ihren Brief u einen von Reichardt von Hamb. erhielt an einem Tage neml. den 5 huj. Noch denselben Abend habe den HE Gaupp zu Schafhausen geantwortet und den Tag drauf nach
    Weimar
geschrieben wohin mich R. eingeladen hatte, und der sich vermuthl. sich jetzt daselbst aufhält. Heute sind diese Briefe abgegangen und ich mich genau an Ihre Vorschrift gehalten. Seitdem die Ideen nochmals gelesen, und muß mein verlangtes gegebenes Gutachten bestätigen, sich mit dem mäßigsten Gewinn zu begnügen, und Ihrem alten Freunde, dem würdigen Verfaßer und seinen Bedürfnißen für diesmal einzuräumen, damit ein so schönes großes Werk nicht ins Stecken gerathe. Vor ein paar Tagen wurde mir ein Brief mitgetheilt, wo man sich für die Beytrage von Recensionen zu einer neuen Zeitung per Bogen 3 Louis d’or oder 6 # erbietet. Es ist erschrecklich zu hören, aber wahr; und es heist auch hier: Schickt euch in die Zeit, denn es ist böse Zeit. Wenn Recensionen guter und schlechter Bücher so viel abwerfen können, wie sollten Sie sich nicht mit einem Werk durchstümpern, zu dem der Verf. alle seine Gelehrsamkeit und die Schätze seines Jahrhunderts, Himmel und Erde durch seine Phantasie aufbietet um ein glänzendes Ideal zu Stande zu bringen für seine Zeitverwandten und Nachkommen und zum Besten unsers ganzen Geschlechts und zur Ehre seines Schöpfers. Seit 14 Tagen sind alle meine Mädchen aufs Land gezogen um Ihren Bruder zu besuchen und man will sie nicht fortlaßen ohne die Erndte gesehen zu haben.
    Ich aber muß seyn wie einer
,
    der seiner Kinder gar beraubt ist
. Doch die sind alle gut aufgehoben, und ich habe sie müßen überlaßen, um meinem Hans Michel die Grillen zu vertreiben, oder vielmehr eine panische Furcht, worein ihn gewiße Ansprüche unsers Vice-Re auf alle Landeskinder versetzt, denen alle Freyheit zu studieren ohne Erlaubnis ihres Generals, der Cammer oder eines Landraths genommen werden sollte. Durch ein neues Handschreiben des alten Königs ist das Misverständnis seines würdigen Statthalters gehoben. Der Junge war aber so ins Bockhorn gejagt, daß kein Zureden gegen seine Chimären verschlagen wollte. Ich sehe leider daraus, daß die feige Memme seinem Vater nur garzu sehr nacharten und der Martyrer einer kranken scheuen Einbildungskraft werden wird. Daß Sie bey dem jetzt erledigten Stadtphysikus an ihn gedacht, habe ihm bereits gemeldet – wie auch die Bestellung der siberischen Saamen für Graventihn. Aber noch keine Antwort von Neumann an seine gute Tante nach Morungen – oder hat er directe an sie geschrieben – und denn hab ich von einem Posttage zum andern auf mein verlornes Kind des langen grönlandschen Winters geharrt. Mein Schiblemini! Ein böses Thier hat ihn gefreßen, ein reißend Thier von Censor hat ihn zerrißen! Länger kann ich nicht warten ohne wenigstens sein Schicksal zu wißen. Kein Appetit zu Ihrem geräucherten Lachs, so sehr er auch die heurigen holl. Heeringe übertreffen wird – bis ich weiß, ob der Unger nicht ein treuloser Verräther und Kindermörder oder ein Unmensch und Unthier ist. Diesen Sonntag haben wir das Evangel. von der Zerstörung Jerusalems – Wie erbaulich und treffend würde sein Einzug seyn! Aber darf ihn kaum in meinem Geburtsmonat hoffen und werde wol den 27 als einen Buß- und Fasttag begehen müßen, ohne Klang und Sang, ohne Lachs und Bischoff, sondern in Staub u Asche. Schreiben Sie doch, liebster Hartknoch, mit der ersten Post und melden mir zugl. unter welchen Bedingungen Sie mein jüngstes Kind anvertraut, für seine eigene oder für Ihre Rechnung? ob Sie ihm die Nothwendigkeit des Geheimnißes eingeschärft und eingebläuet? ob Sie Ihm nicht einen Termin gesetzt an dem der Abdruck geliefert werden sollte und nicht solchen seiner Willkühr anheimgestellt. Schreiben Sie doch mit erster Post an ihn und wenn Sie wollen durch mich, auch auf allen Fall bitte erlauben Sie mir selbst Ihr Monitorium zu begleiten, das überlaß ich aber Ihnen zu urtheilen, ob es nöthig und rathsam ist. Noch einen Auftrag von Prof. Kraus, der sich erbietet Ihnen die Philosophical Arrangements Lond. 75. zu übersetzen, so gut als es irgend einer zu leisten im stande ist. Mendelssohn hat mir dies Buch empfohlen, Kraus mir zu Gefallen bey seinem damaligen Aufenthalt in Berl. einen Auszug daraus gemacht und Kant desiderirt sehr etwas über dies Geheimnis des Aristoteles. Wenn Sie also im stande sind dies Werk des
    James Harris
nebst seinen dazu gehörigen
    Philological Inquiries
die zu London 780 bey
    Nourse
in 3 Theilen herausgekommen sind: so leiste mehr als halbe Bürgschaft daß Kraus sein Wort halten soll. Erwarte hierüber Antwort, ob Sie Lust haben diese Uebersetzung zu verlegen und uns das Original zu verschaffen im stande sind? – wie auch Ihre freymüthige Erinnerungen über mein Gutachten und wie viel Sie davon haben anwenden können – auch eine epistolam fulminatricem an den Heiden von Verleger meines Schiblemini – Er wird ja nicht von Ostern bis Michel an 4 Lumpen Bogen in kl. 8o drucken. Gießen Sie Oel zur erlöschenden Lampe meiner Lebensgeister, die durch meine gegenwärtige kinderlose Einsamkeit noch mehr niedergeschlagen worden – Ich kann schlechterdings nicht länger warten und werde kaum, wenn Ihre Antwort u Schiblemini ausbleibt, meinen 55sten Geburtstage zu erleben im stande seyn. Diesen Donnerstag werden hier des seel. Kreuzfelds Bücher verkauft. Endl hat sich Hartung nolens volens entschließen müßen das kleine opus posthumum hier bey Kanter abdrucken zu laßen. Es soll bereits fertig seyn, habe aber nichts davon zu sehen bekommen können. Es ist in 3½ Bogen zusammengeschrumpelt und die Meerkatze hat die Eulenspiegelboßheit gehabt ausdrückl. die schlechteste Lettern auszusuchen um den todten Autor noch im Grabe zu schänden und seine Freunde zu betrüben. Hab ich Ihnen schon gemeldt daß der seel. Mann ⅓ = 92 rth der Mannheimschen Preißaufgabe über den KinderMord davon getragen? Um seine Auction kann mich nicht bekümmern, noch ein Andenken daraus erwerben. Kants amanuensis, Jachmann, arbeitet fleißig an dem Prodromo der Metaphysik der Sitten; vielleicht wißen Sie wie stark das Werk werden wird. Auch
    Gaben
für die
    Abtrünnigen
! Warum nennen Sie unsern Bischoff und Plato so? Ihr habt beyde zu viel Leidenschaft und seyd daher einer wahren
    Freundschaft
niemals recht fähig gewesen, die Ueberlegung, Verleugnung und Aufopferung, Kälte im Kopf, Feuer im Herzen fordert. Mit Schnee auf der Scheitel sieden die Eingeweide, wie im Aetna, der mehr von sich wirft als zu verschlingen sucht. Ich sage Ihnen die Wahrheit deutsch heraus, wenn Sie mich auch bey meiner gegenwärtigen Noth mit
    Stillschweigen
noch so grausamer als durch Schläge abstrafen wollten. Ihre Handlungsprincipia sind nicht ökonomisch, sondern gewaltthätig, habsüchtig, falsch und ungerecht, wie unsere
    Fürsten
ihre, nicht menschenfreundlich und in Billigkeit und Rücksicht auf das
    allgemeine Beste
gegründet – so lange halb Liefl. und halb Curl. es für vortheilhafter findt so viel von auswärtig zu verschreiben. Es würde bloß von Ihnen abhängen alle dies Geld an sich zu ziehen. Können Sie mich widerlegen, so schlagen Sie mir auf mein Lügenmaul; aber nur daß mein Schiblemini fertig wird, er mag so unförmlich als er immer will zur Welt kommen, und H. Herz und Muth nicht gebrochen wird den schon im Pult fertig liegenden 2ten Theil auszufertigen damit derselbe zur Michaelismße fertig werde. Verzeyhen Sie dem
    Prediger in der Wüste
seine Parrhesie – und erfreuen Sie bald Ihren nach Antwort schmachtenden Freund J. G. Hamann. Gott schenke Ihnen und Ihrem Hause Gesundheit und Zufriedenheit im reichen überflüßigen gerüttelten und geschüttelten Maas. Wir haben heute abermal an den König geschrieben wegen unserer Biergelder. Schade für die 11 gl. Porto welche ich dazu beytragen müßen. Auf der zweiten Seite ganz am rechten Rande von Hartknoch vermerkt: Empf den 4 Aug 1784 beantw d. 12 –
Kgsb. den 15 Aug. Dom X p Tr. et die natali VL. Matth Claudii Liebwerthester Herr Gevatter und Freund, Heil und Seegen zum Geburtstage – und freundl. Dank für ertheilte Nachrichten. Ist Hill schon durchgegangen? oder wohnt er gegenwärtig als mein Deputirter dem heutigen Festtage bey? Der Virtuoso ambulante wird wohl den Weinkeller so ziemlich aufgeräumt haben; mag Hill sich an der Frau Rebecca Milchkammer halten. Der Israelit Eichel hat sich gestern durch seinen Bruder für meine Empfehlungen nach Wandsbeck bedanken laßen. Es scheint ihm also in Eurer Heimath gefallen zu haben. Beschwerden Euch aufzubürden, ist wol nicht meine Absicht. Alle übrigen Empfehlungen werden mir abgelockt; Hills ausgenommen. Erinnert ihn doch, daß er an mich schreibt und mich bey dem Fortgang seiner Wallfahrt nicht vergißt, mir Nachricht von seinem Schicksal mitzutheilen. Ich denke daß er in Grünstadt einen Brief von mir finden wird, bey unsers Jacobi Vetter Reinhold – und sagt mir Eure Meinung von dem Irrgeist, den ich noch gern hier behalten hätte, seinet- und meinetwegen. – Ich bin gebeten worden beyl. Brief zu begleiten, ohne selbst zu wißen, wie ich dazu komme. Dengel ist der einzige Buchladen, den ich hier besuche, und so wenig wie möglich. Wenn Ihr lieber Claudius mit Löwen zufrieden seyd, und Ihr bey einem neuen Engagement nicht gewinnt: so thut mir wenigstens den Gefallen Eure negative Erklärung so bald wie mögl. mitzutheilen. Eine positive würde vielleicht schmeichelhaft für mich seyn aber mich einer halben Bürgschaft aussetzen, daß die Bedingungen von dieser Seite genau und pünctlich erfüllt würden. Es ist ein feiner artiger Mann, von Talenten, die eben keinen glückl. Buchhändler machen. Könnt Ihr, ohne Abbruch des alten Freundes, die Uebersetzung übernehmen, falls das Original selbige verdient: so käm es drauf an einen Versuch zu machen. Es wird mir so schwer etwas zu sagen, das nicht von Herzen geht und worüber ich nicht Einsicht gnug habe oder mir zutrauen kann: daß ich Euch bitte uns bald durch eine Entschließung zu beruhigen. Dengel ist ein genauerer Freund oder wenigstens Bekannter unsers R. – auch in dieser Rücksicht werd ich dafür sorgen, daß reel von ihm zu Werk gegangen werde und Ihr keine Ursache haben würdet sollt unzufrieden mit ihm zu seyn. Meine 3 Mädchen sind seit dem 27 Jul. aufs Land gefahren Iihren Bruder zu besuchen. Wir alten Leute sind also gantz allein, und wißen nicht, wenn wir unsere Kinder widersehen werden. Was aus meinem
    Schiblemini
geworden ist, weiß ich auch nicht. Vielleicht erhalten Sie eher ein Exemplar, als ich. Wünschen Sie nicht auch bald den zweiten Theil von Herders Ideen? Wenn er so fortfährt, wird er uns nicht ein Meisterstück platonischer Beredsamkeit liefern? Ich habe endlich wider einmal heute den öffentl. Gottesdienst vormittags abwarten können, und bin gesonnen den nächsten Sonntag meine Andacht zu halten, wozu ich seit 2 Jahren und vielleicht länger nicht habe kommen können. Das zerstörte Jerusalem in mir! Der reisende Franzose ist ein Maynzer, Namens Carl Reisbeck, der sich jetzt zu Arau bey Bern aufhält und von dem wir Briefe über die Schweitz zu erwarten haben. Reichards Brief gab mir einen Stoß nach W. zu schreiben, dafür ich ihm sehr danke, dem ich sonst vielleicht noch in Jahr und Tag nicht geantwortet haben würde. Unser liebe H. scheint auch in mancherley Druck zu leben, den ich durch meine Klagen nicht schwerer machen mag. Non posse praetenditur, non velle in causa est. Posse und velle läuft so in ein ander, daß man freylich kaum immer das eine vom andern unterscheiden kann. Zu einer Reise außer Landes gehört Erlaubnis aus dem Cabinet und denn wenigstens so viel Baarschaft als mein armer Freund Hill, womit unser einer kaum bis Wandsbeck würde reichen können. Ich zweifele selbst, daß eine Reise, besonders unter solchen Umständen eine gute Wirkung auf meine verstockte Constitution thun würde. Die liebe gute Gevatterin, Frau Rebecca mag sich also noch ein wenig gedulden auf meinen Sohn, von dem ich hoffe, daß er beßer gerathen wird als sein bereits grauer und Lebenssatter Vater. Eure und meiner Freunde Briefe machen mir immer so viel Vergnügen, daß meine Casse nicht so blöde ist selbige als meine eigene frey zu machen, weil es mir vorkomt, daß sie so wenig des Schreibens als Lesens, geschweige eines Dreyers werth sind. Gott erhalte Euch lieber Gevatter bey Eurer guten Laune und beßere Eure Casse – Nur werdt kein reicher Cavalier um den Lauf der Dinge, wie unsere reiche Potentaten durch ihre Grosmuth zu stören. Freylich ists gesund, wenns überstanden ist! Der Herzog von Curl ist gestern Abend angekommen; ich habe heute im vorbeygehen seinen Concertmeister HE Veichtner gesprochen. Die Schwester der Herzogin, geschiedene Cammerherrin von der Reck hat sich auch bey ihrer Durchreise um mich bekümmert, und wird vielleicht auch in Wandsbeck ansprechen; vielleicht auch mein alter Freund u Verleger Hintz, gegenwärtiger Landschafts Advocat. Gott seegne und erhalte Euren lieben
    Johannes
, die glückliche Mutter Rebecca, Pathchen sammt den übrigen Schwestern. Erbarmt Euch des Herrn Barons von Sainte-Croix, wann er es verdient und gebt uns bald Nachricht von Eurem Entschluß. Gott sey mit Euch und uns allen. Ich habe eben des alten würdigen J. J. Mosers Leben gelesen mit vielem Antheil. Die neuste Schrift über Regenten, enthält auch Euren Namen. Lebt recht wohl unter 1000 Grüßen, und Küßen im Geist Eures alten J G Hamann.
Kgsb den 18 Aug 84. Geliebtester Freund Heut vor 8 Tagen wollte eben einen Brief nach Graventihn, wo sich meine Kinder seit 3 Wochen bereits aufhalten, schließen, als mir ein Soldat Ihren Lachs brachte. Er forderte im Namen des Fuhrmanns 24 gl. ohne zu wißen wofür. Ich gab ihm ein Biergeld und verlangte daß der Fuhrmann sich selbst bey mir melden sollte, um zu wißen den Grund seiner Forderung, welches er aber noch nicht gethan. Ich nahm mir aber das Vergnügen ein Probchen von Ihrem Geschenk nach Gr. beyzulegen, welches dort sehr willkommen gewesen. Mein alter Freund Jacobi, der mir 6 holl. Heeringe geschickt und durch Einl. das Porto meiner Correspond. erleichtert, erhielt auch ein Probchen und für Me Courtan die mir 2 Heeringe geschenkt und eine Wohlthäterinn aller meiner Kinder ist, brachte ich auch eins, ohne sie selbst seitdem gesehen und gesprochen zu haben, welches diesen Abend vielleicht geschehen wird. Vorgestern erhielt Ihr Päckchen mit der Post und den Auftrag mich mit HE Pr. Kant zu theilen. Ich brachte ihm noch denselben Abend selbst 2 schon etwas angeschnittene Stücke und entschuldigte mich aufs beste so gut ich konnte mit meiner bona fide, die ihm gern die
    beste
und
    gröste
Hälfte mitgetheilt hätte. Er nahm meine Entschuldigungen sehr freundschaftlich auf, und sagte mir herzlichen Dank, daß ich ihm noch soviel übrig gelaßen hätte, schien auch recht lüstern nach dem Gericht zu seyn; daher mir mein Versehen, mit dem ungerechten Mammon Freunde gemacht zu haben, desto mehr leid that. Ich danke also im Namen aller Intereßenten, und bitte mir nichts zuzurechnen, thun Sie ein gl. bey unserm Landsmann in Petersb. deßen Augen, wie ich hoffe, wider wacker geworden sind. Wenn ich Ihnen beyderseits doch auch eine Freude machen könnte – aber womit? Tenne und Kelter sind bey mir leer – und wenn der liebe Gott nicht aus mir ein Neues schafft, wird aus meiner Erkenntlichkeit wol ein Bankerut werden. Mayers sokr. Denkw. sind wol nicht das was ich vermuthet; wenn ich das Geld von Auerswald erhalte, werde, aber nach nikolaitischer Taxe, den Betrag beylegen. Aus Ihrem Briefe habe nicht ersehen können, ob Sie schon nach W. geschrieben, welches bereits von mir geschehen, wie auch nach Schaffhausen. Sollte sich der status causae in Neumanns Angelegenheiten nicht in einem meiner vorigen Briefe finden? Der unempfindliche Mensch könnte doch wenigstens einen Brief an seine Muhme schreiben, Ihre mütterliche Sorgfalt erkennen durch eine Antwort, und sich allenfalls selbst von ihr die näheren Umstände des ganzen Handels erbitten. Ist es nicht mögl. ihn dazu anzuhalten. Hab ich Ihnen nicht auch gemeldt, daß Me Courtan zu ihrer
    großen Beruhigung
hier ein Exemplar der Synonymes gefunden, und selbiges der Gräfin von Finkenstein bereits übermacht, deren Commissionen sie als mütterliche Aufträge besorgt, und ihren guten Namen bey dieser alten großmüthigen Dame mehr aus Neigung als Eigennutz zu erhalten sucht. Wenn sie etwas durch HE Balfour erhalten hätte, würde ich es gehört haben, weil sie mir Ihre Verlegenheit, es nicht directe aus Berl. verschrieben zu haben, mehr wie einmal geklagt. Friedrich geht in des Herzogs Suite nach Berlin, und ich habe große Lust ihm mit aller mögl. Vorsicht aufzutragen sich bey
    Unger
nach dem zu erkundigen, was ich durch seine Vermittelung schon so lange umsonst erwartet. Ich
    erstaunte in meinem Sinn
, wie ich es von Ihnen hörte, daß
    das Ding zu Berlin gedruckt werden sollte
, und es
    kam mir wie ein unbegreifl. Wunder
vor. Da ich Ihnen aber all meine Besorgniße mitgetheilt, so beruhigte mich damit, daß zu Babel alles möglich wäre gerad zu machen, was noch so krumm und schief aussieht. Nun besorg ich daher desto mehr, daß wir verrathen sind oder wenigstens an den unrechten Mann gekommen. Ob ich mich dem Friedrich u wie weit anvertrauen kann, weiß ich auch noch nicht – Er ist ein Vertrauter des Zöllners, und dieser sein Patron. Theilen Sie mir doch so bald Sie Antwort erhalten, selbige mit ihm. Die Versuchung habe auch schon gehabt an Unger selbst zu schreiben – und ich bin noch nicht wegen Friedrichs entschloßen; werde es daher auf den Druck Wink des letzten Augenblicks ankommen laßen. Von dem
    Unrecht
, was unser Freund gegen Sie hat, hab ich für überflüßig gefunden, mit Ihnen liebster Hartknoch zu reden; das gehört in dem Briefe an ihn selbst, so bald ich selbigen schreiben kann. Ich gebe auch gern zu daß Herder zum Theil schuld ist an dem
    Widerspruch Ihrer Urtheile à priori und à posteriori
von ihm. Wie ich Sie damals in Riga besuchte, hatte ich schon keine gute Ahndungen, daß jener sich zu viel Freyheit gegen Sie heraus nahm und Sie sich gar zu leidend verhielten. Trauen Sie aber auch nicht dem Schatten, wie Sie damals dem Licht trauten, unter dem Sie den Autor Ihres Busens sich vorstellen. Ich sehe von beyden Seiten mehr Declamation, Sophisterey und pointikeusen Eigensinn, worüber
    Wahrheit
und
    Freundschaft
unterdrückt und aufgeopfert wird von beyden Seiten.
    100 # mehr oder weniger zu leihen = schenken sind Sie bereit
;
    aber daß man selbige als accordirte Schuld fordert und man Ihnen auch den Schatten von Dank entziehen will
,
    ist zu arg
. Läuft dies nicht alles auf ein Schattenspiel hinaus. Zu 125 rth Verlust bey jedem Theil können Sie sich als Buchhändler nicht verstehen. Risico ist noch nicht baarer Verlust; so wenig wie Speculation reiner Gewinn. Wie der Verleger einer litterarischen Zeitung mit ⅓ Werth und 3 Carol. oder 6 # per Bogen fahren wird, begreif ich vollends nicht. Also kann ich mich in die Hypothesen dieses Actienhandels nicht einlaßen, die freylich mit den Schwärmereyen der Freundschaft nicht commensurable sind. Wodurch wird mancher ein schlechter Wirth, und geräth in ein Labyrinth, aus dem er keinen Ausgang wider finden kann? Durch Vorschüße, die ihm nichts kosten und die er eben deswegen verschleudern lernt und sich daran gewöhnt – kann man dergl. Vogelleim und schädliche Hamen für reelle Freundschaftsdienste halten? Timeo Danaos Vorrede macht nicht Nachrede. Erwarten Sie für allen Ihren Lachs, Caviar und die Zehnten welche Sie mir von Ihrem Verlage seit so vielen Jahren geopfert haben, nichts als
    Saalbadereyen
– und laßen Sie sich durch den bibliopolischen Asmodi nicht blenden sich mit dem Bischof, wie mit dem Lotterie Dir. zu Tr. und Sachwalter zu Hasenp. zu entzweyen. Für ein solches Scandal behüte die liebe Christenheit unser lieber Herre Gott. Haben Ihnen damals, wie Sie in Schulden bis über die Ohren steckten, Ihre grosmüthige Vorschüße nicht den Hals gekostet – Sie Kleingläubiger! Ich verlange daß Sie weder für das Publ. noch für irgend jemand sich aufopfern sollen – sondern ohne
    Ihren Schaden
mit
    Ehren
sich mit Ihrem Autor aus einander setzen – sich seine Noth auf keinerley Weise zu Nutze zu machen, sondern selbiger nach
    verjüngten Maasstab
alter verjährter Freundschaft abzuhelfen suchen – Ihre unerkannte Sünden mit H. seinen liquidiren – und überhaupt einen gantz
    andern Gesichtspunct
annehmen, um zu Ihrem Zweck zu kommen – nicht den Gesichtspunct der Leidenschaft, sondern der Klugheit und Nächstenliebe. Mehr Saalbadereyen werde Ihnen hierüber nicht schreiben – sondern wenn ich kann mein Heil dort versuchen. Meine herzl. Grüße an alle Ihrigen. Vergeßen Sie nicht auf Krausens Antrag zu antworten u für meinen armen Schiblemini zu sorgen.   Joh. Ge. Hamann Auf der ersten Seite ganz am linken Rande von Hartknoch vermerkt: Empf d 11 Aug 1784
Kgsberg den 19. Aug. 84. Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, Ich habe erst diese Woche das Geld von Prof. Kraus in 6 # ½ Fed. d’or (den ihm der Oberbibliothekar für einen Ducaten ausgezahlt) u 1 fl. erhalten welches zusammen 21 rth beträgt, und erwarte nunmehr die Bestimmung dieses Geldes, ob ich es neml. (wie ich mich erinnere) an den Dengelschen Buchladen auszahlen soll – der kein
    Magazin für Prediger
mitgebracht, endl. die beyden ersten Theile vom Nachbar genommen und schon, wie ich mich zum zweiten mal darnach erkundigte, für Ew. Wolgeboren besorgt. Daguesseau habe zu seiner Zeit richtig erhalten und lege nunmehr
    Herders Ideen
und
    Monboddo
bey. Ein gewißer Heinrich Christoph Albrecht hat den Versuch einer critischen engl. Sprachlehre. Vorzügl nach dem Engl. des Londonschen Bischoffs Lowth herausgegeben, die ein gantz herrlich Werk in seiner Art ist und auch einen Leser unterhalten kann, der das Engl. nicht meynt. Sie beträgt 763 Seiten in gr. 8o. Ich habe das Vergnügen gehabt des Lowth Original aufzutreiben welches nicht mehr als s 221 in kl 8o enthält. Der Verfaßer hat die Grammatik des
    Priestley
zugleich ausgezogen; und es macht immer Vergnügen wenn solche Männer wie Lowth und Priestley sich mit der Sprachlehre beschäftigen; ferner was der berühmte Harris im Hermes, den ich selbst habe und Wallis geliefert. Der Herausgeber ist überhaupt ein Mann von vielen Kenntnißen und umfangenden Geschmack. Er vertheidigt sogar in einer Note die engl. Sprache gegen die Lebensläufe aufst. Linie auf eine sehr scharfsinnige und fast zu gründliche Art. Der zweyte Theil von Lienhardt ist beym Buchbinder nebst den meisten meiner übrigen Bücher. Sobald ich selbige erhalten, werde gleichfalls mittheilen. Vermuthlich habe ich den
    Babo
als einen Pendant zum Pestalozzi empfohlen; komt dem Saltzmann noch näher, deßen dritten Theil vom Karlsberg ich eben heute mit mehr Vergnügen als ich erwartet gelesen. Der reisende Franzos ist nicht ein Baron von Beroldingen sondern ein Maynzer, Carl Reißberg, von dem nächstens Briefe über die Schweitz auskommen werden. Er hält sich zu Arau auf, wie ich von einem dasigen Doctor Juris
    Rothpletz
, der nach einem zieml. langen Aufenthalt in Trutenau vorige Woche zurückgegangen, zuverläßig erfahren habe. Aus des von Großings ergiebiger Feder sind wider zwey neue Schriften erschienen, deren Innhalt und Ton für mich immer intereßant bleibt. Haben Sie schon des alten J. J. Mosers merkwürdiges Leben gelesen? Es ist bereits 77 und zwar die dritte Ausgabe erschienen. Aus Riga habe ein Bändchen sokratischer Denkwürdigkeiten von einem Pr. Mayer in zu Wien verschreiben müßen, weil es in keinem unserer Laden zu haben war. Ich habe es zum Heften geschickt, um es gemächlicher lesen zu können – welches es zu verdienen scheint. Von meiner verlornen Schrift weiß gantz und gar nichts; sonst hätte nicht ermangelt Selbst ein
    Dedication
sex. zu überbringen. Meine Kinder sind alle in die vierte Woche bereits zu Graventihn und es herrscht in meinem Hause eine Stille und Einsamkeit wie im Reich der Schatten. Unsres seel. Kreutzfelds Abhandl. über den Adel ist endl. erschienen in ziemlich trauriger Gestalt aus geflißentlicher Wahl des Verlegers. Ich möchte sie gern zu Baczko ersten Theil heften laßen, und dann selbige lieber übermachen als roh. Die Erben erhielten ein Schreiben vom Hof Cammerrath Rigel d. d. Manheim den 5 Jun. c. der ihm meldete daß ⅓ des Preises über die Frage vom Kindermord ihm zuerkannt wäre. Sein Urtheil wäre für den Vorzug der Abhandl. ausgefallen welche das Motto gehabt: Seruare hominem quam gignere malo. Die alte Mutter hat einige über 90 rth ausgezahlt bekommen und die erbetene Erlaubnis des Drucks sehr gern dafür ertheilt. Boni mores plus valent quam leges scheint wol D. Pfeils und Incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdin Klippsteins Motto gewesen zu seyn. Man hat vermuthl. auf die Antwort vom seel. Mann gewartet, daß die Nachricht davon erst kürzl. öffentl. geworden. Unsers Pr.
    Kants
Prodromus oder – – – – zur Metaphysik der Sitten wird nächstens nach Halle zum Druck abgehen und zu Michaelis erscheinen. Für den Beytrag zu meiner Qveckencur danke ergebenst, sie hat aber nicht lange gewährt. Den Brief vom May aus Weimar habe erst vorige Woche beantworten können – vorgeschriebener maaßen habe seit dem 1 Julii p. desto fleißiger und freundschaftlicher nach Sp. gedacht. Wünsche ein reiches und fröhliches Erndtefest der Frau Kriegsräthin, und daß Diana Ihnen so günstig seyn mag, wie die Minerva und Göttin Fortuna. Ihrem ewig ergebensten Johann Georg Hamann. Bitte um baldige Antwort, weil ich Geld nicht hüten mag. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner, / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
. Nebst 2 Büchern
Kgsberg den 21 Aug. 84. Herzlich geliebtester Freund Gestern Abend komm ich gegen 10 Uhr zu Hause und finde 12 Exempl. meines sehnlich erwünschten Schebl. aus dem Dengelschen Buchladen. So spät wie es war, habe denselben noch durchgelesen, er ist aber ohngeachtet aller meiner Vorsicht durch häsliche Druckfehler verdunkelt. Ich bin heute im Laden gewesen um meinen Theil des Porto zu bezahlen, welches HE D. ausschlug, u umsomehr konnte, da ich neulich für ihn an Claudius geschrieben, und er sich an die 24 Exempl. bezahlt machen kann. Wenn ich gewußt, daß der Drucker meine Beflißenheit mich unverständlich dem großen Haufen zu machen, so leicht übertreffen würde; hatte ich freylich manche Sorge mich zu verstecken weniger gehabt. Nun Gottlob! daß es da ist. Ich gehe heute zur Beichte – und meine Ahndung beym vorigen Sontags Evangelio von der Zerstörung Jerusalems ist eingetroffen. Der Zufall hat freylich einigen Einfluß auf die morgende Feyer der Eucharistie. Meine Kinder feyren auch Morgen der Frau Kriegsräthin Geburtstag und Lieschen wird vielleicht ein Clavecin Royal dabey einweyhen müßen, das heute herausgebracht worden. Nun ich danke 1000 mal für gut bestellte Arbeit – und es thut mir leid Sie beunruhigt zu haben. Das Warten wurde mir schwer und der Zeitpunct war zu kritisch für mich. Wir werden weiter hören – Ob Ihnen was daran gelegen wäre, wenn ich einem Reisenden oder Fuhrmann ein corrigirtes Exemplar mitgeben möchte? Bey allen Druckfehlern hoffe ich doch einigen Eindruck, der mich vielleicht aufmuntern wird fortzufahren oder an mein solang aufgeschobenes Versprechen einer Sammlung Hand anzulegen. Schreiben Sie mir doch bald in Ansehung der H. Angelegenheit; ich bin auch willens nächstens an ihn zu schreiben. Ich war schon gestern erleichtert und speiste mit mehr Vergnügen wie bisher bey unserm Kriegsrath u Oberbürger Mstr. Das erste Exempl. habe ihm heute gebracht. Mit 2 lauf ich noch Vormittags u die übrigen mögen bis auf die Woche warten; doch ich schick wol noch heute eins an meinen Hans, dem ich noch gestern nach Mitternacht mit der heut abgegangnen Gelegenheit geschrieben. Gott gebe Ihnen auch Freude und Heiterkeit zum Genuß des Lebens u schönen Sommers mit den lieben Ihrigen denen ich mich herzlich bis in die Schweitz empfehle. Das corrigirte Exempl. kann für Arndt den guten lieben Arndt gehen, wie wol es nicht für seinen politischen historischen und öffentl. Geschmack ist. Gott seegne Sie, lieber Verleger u verjünge Ihren alten Autor. Adresse von fremder Hand:
An / H
    rn
Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
Weimar den 23. Aug. Gnade, Glück u. Freude zuvor!!! Vorigen Freitag, liebster Landsmann, Gevatter u. Freund, kam endlich Ihr so lange sehnlich erwarteter Brief u. durch denselben Postboten, weiß nicht woher? zugleich Ihr eben so erwünschtes Golgatha. Laßen Sie mich von diesem zuerst reden. Noch nie haben Sie eine Schrift geschrieben, die so klar, hell u. deutlich, dem Gegner Schritt vor Schritt folgt u. doch nach Ihrer einzigen Art das Ganze so tief, stark, herzl. u. innig schildert. Ich habe mich geschämt, (so geht mirs bei allen Ihren Schriften) da ich Ihr starkes Gefühl vom Geist des Juden- u. Christenthums mir in die Seele sprechen hörte. Das ist der reine alte Glaube, den Sie schildern; oder es giebt keinen. Auch in den Principien der sogenannten Philosophie bin ich mit Ihnen ganz einig: denn auch mir haben die abstrahirten Worte u. Definitionen von Kirche, Staat, Naturrecht Gesellschaft nie ein Gnüge gethan; u. eben die geheimen nauseae darüber haben mich zu meiner Philos. der Geschichte getrieben: es ist, wenn ich diese allgemeinen philos. Erörterungen lese, als ob ich einen Traum erzählen hörte, denn weder Naturrecht, noch Staat u. Gesellschaft exsistiren irgendwo in dergleichen philos. Reinigkeit u. Klarheit etc. etc. Indeßen bin ich sehr begierig, wie Mendelssohn die Sache aufnehmen oder sie verstehen wird. Verstehen kann er Sie gewiß: denn er hat Sie bei dunklern Schriften verstanden; auch an seiner Wahrheitliebe trage ich keinen Zweifel: denn er scheint mir die Eitelkeit der Buchstabenmänner ziemlich abgelegt zu haben; nur er hat sich in der Wolfischen Schule gebildet: das System derselben dünkt ihm, wo es auch nur Worte sind, Sache u. in diesem innern Organ werdet Ihr Beide immer verschieden bleiben. Ich hoffe, er wird antworten u. wünsche dies sehr; nicht für mich, der ich an Ihrer Schrift gnug habe, aber für andre u. zu Entwicklung von Sachen, die doch wirklich die wichtigsten alle unsers philosoph. Geschreibs sind. Auch hoffe ich, daß Mend. Ihren Enthusiasm. für die Sache nicht für Eifer gegen seine Person ansehen werde: denn, mich dünkt, auch hier spricht die Energie Ihrer Schrift selbst u. ich wünsche ihm hiezu philosophische Verläugnung. Schade ists, daß er von manchen neckenden Skribblern schon so unwürdig angegriffen ist u. unvermerkt erbittert seyn kann; auch Büsching soll unter diesen seyn, ich habe ihreseine Anzeige aber nicht gelesen. Die Göttinger gleichfalls, Michaelis u. f. alle aber nur in hämischen Ausfällen über Ein u. das Andre, und Ihre Schrift steht wie ein sprechendes Prophetenoracul allein da. Dank Ihnen also, warmer Prediger der Wüste, für Ihre
    Last
über das christl Samaria u. das abgöttische Juda: Gott lohne Ihren Schweis dabei mit seinem reichen Segen. Und nun so gefüllet ich bin, faße ich Sie an Ihrem Mantel u. thue eine harte Bitte. Sie haben über Kants Krit d. ges. Vernunft einen Aufsatz wenigstens angefangen; wollen Sie ihn mir nicht mittheilen? als Depositum, wenn Sie ihn nicht vollenden wollen; oder zur Abschrift, die treu in meinen Händen bleibt u. keines Sterblichen Auge sehn soll oder wozu Sie wollen; aber laßen Sie mich keine Fehlbitte thun: denn ich thue sie nicht aus Buchstabengier sondern aus Durst u. Liebe zu Ihrem Geist. Das Schicksal hat uns so weit getrennt; gönnen Sie mir diese abgebrochnen stummen Sylben Ihres Soliloquii zu meiner Erwärmung u. Belehrung. Womit ich Ihnen dagegen eine Freude machen könnte (wollte Gott, ich könnte es) das soll mir 3.fache Freude werden. Nun zum Briefe. Hinz war hier; ich habe ihn aber nur ein paar Viertelstunden gesehen. Abends, da ich ihn zu Moldenhauers Gesellschaft, der eben auch hier war, eingeladen hatte, kam er nicht u. ließ sich wegen eines Blutspeiens entschuldigen. Er schien mit seinem Schicksal sehr zufrieden u. beinah etwas zu pralen; was mir das Angenehmste war, ist seine Erzählung, daß sie nicht gealtert haben, sondern noch wie auf dem Bilde, das er über meinem Schreibtisch sah, aussähen. Es ist das, was Sie Mosern geschenkt haben u. was durch Zufälle bis in meine Hand gekommen ist, ob ichs gleich nur als Depositum besitze. Nein, lieber H. Sie müßen nicht altern: wir wollen noch unsre Dränger über- u. beßre Zeiten erleben: mir sagts auch im grösten Druck, meine Seele. Was ich Ihnen von meiner Erlösung s zu schreiben hoffte, betraf nicht Göttingen; sondern – Sie errathen es kaum, Klosterbergen. So unvermuthet als etwas schrieb mir Gleim daß Resewitz sein Amt niederlegen u. nach der Schweitz gehen wollte, daß der Minister schon, ehe Resewitz hinkam, an mich gedacht aber durch die damaligen Lügengerüchte, die die Spalding-Nicolaitische Partei von mir umsprengte, abgeschreckt gewesen worden wäre, daß ich mit Göttingen mich nicht einlaßen möchte u. f. Alle dies ist nun vor der Hand ein schöner Traum gewesen: denn Resewitz bleibt u. hat vielleicht gar nicht ans Gehen gedacht: von mehr als Einem Reisenden habe ich seit der Zeit gehört, daß ihm sehr wohl sei. Behalten Sie also auch diesen Traum in ihrem tiefen, treuen Herzen; jede Erwähnung der Sache, oder daß ich davon weiß, wäre mir ungelegen. Ich sehe die ganze Schlaferscheinung als einen Traum von Jupiter an, mich mit einer andern Aussicht von Göttingen abermals wegzuwinken. Mit diesem Gött. hat es folgende Bewandniß. Sobald Walch todt war, u. Koppe u. Leß weggehen wollten, schrieb Heine an mich: ob man mir Anträge thun dörfte. Ich schriebs zuerst rund ab; das war noch im tiefen Winter. Der Hofrichter aus Hannov., HE. v. Berlepsch, kam hier durch u. quälte mich 2. Stunden, daß ich mich einlaßen sollte. Ich sagte nochmals: nein u. sah ihn nicht weiter. Endlich nach einer 3ten Sollicitation etwa im Mai sagte ich: man möchte die Bedingungen hören laßen u. nun wartete ich bis in den Julius, ohne daß welche geschahen. Das lange Stillschweigen u. der ungewiße für mich fatale Weg einer neuen Negociation, sammt der Unruhe meines Gemüths, mich wider meinen rechten Willen auf einen schlüpfrigen Gang eingelaßen zu haben, bewogen mich also, daß ich zuvorkam u. abermals an Heine abschrieb. Er antwortete spät, beklagte sehr etc. indeßen schiens doch, daß
    ihm
diedas Abschreiben nicht unrecht war. Vorige Woche kommt Berlepsch wieder her, erneuret seine Anträge, die doch alle, wie meine Frau gestern geträumt hat, nur
    Spaas
sind; ich habe ihm, was ich gekonnt, widerstanden u. er ist davongezogen mit der Bedeutung, daß man mir doch Anträge thun werde. Ich glaube es nicht, hoffe es nicht u. will es nicht: mir graut vor Gött. wie vor einem Grabmahl u. meiner Frau nicht minder. Auch alle dies Gezieh u. Gezerr hat nicht das Mindeste, das mir den edlen geraden Gang der Providenz zeigte; u. ich wollte von Herzen, daß alle 3. Stellen besetzt wären u. man mich fernerhin zufrieden ließe. So wenig ich hier zu sterben hoffe: so gewiß sagt mir mein Herz, daß der Vater meiner Kinder mir u. ihnen ein ander u. gewiß beßer Plätzchen aufgespart habe, als meine Phantasie wünschen kann. Aus allem Selbstwirken, Selbstwollen bei großen Veränderungen des Lebens, wenigstens meines Lebens kommt nichts heraus; das sagt mir wenigstens die Analogie meiner Tage. Je beßer man sich besinnt, desto mehr greift man fehl u. ich falle hierinn blind u. gehorsam der Vorsehung in die Arme. Hier ist indeßen mein Theil u. Erbe nicht; nicht nur aus 10. drückenden Lagen von innen sondern auch aus dem alleinigen Grunde, daß für meine Kinder hier nichts ist. Auf Einkommen u. Ausgaben liegt hier kein Segen u. meine Frau, sonst das heiterste Kind der Vorsehung, muß sich placken u. mit Nahrungssorgen verzehren. Das meiste meiner Bücherschreibereien ist Solddienst völlig invita Minerva; in der Nähe eines Hofes, wie der hiesige ist, ruht kein Segen, aus Ursachen, die sehr begreifl. sind u. ins Auge stoßen. Die verwünschte Celebrität thut auch dazu; u. ich wollte, daß ich den stillsten Winkel in oder außer Deutschland fände. Auf Michael wird gar die Poststraße hieher geleitet; u. wie viel Stunden werden einem da gestolen werden! – Vorzüglich braucht meine Frau
    Ruhe
, die einzige Arznei ihrer noch immer schwachen Gesundheit; sie haßet alle neue Bekanntschaft, wie ich sie haße u. hat satt u. gnug an allen edlen Seelen u. guten Herzen, die es für sich seyn mögen. Wir können uns kaum selbst u. den Unsrigen nichts seyn; wie sollten wir andern was seyn können? Ich bin also völlig Ihrer Meinung, daß auch Reichard zu Hause bleiben u. sein Glück in der Stille genießen sollte; wozu das Umherreisen u. Vorzeigen? Ich lege noch ein Neues Blatt an: denn ichmich dünkt, ich habe noch nichts geschrieben. Daß Ihnen meine Ideen auch nur leidlich behagt haben, freut mich, wenigstens zur Aufmuntrung: denn ich weiß, daß im 1. Th. noch nichts ist. Das Ende des 2t. Th. trift auf Ihren lebendigen Punkt, wie ichs wenigstens hoffe u. wünsche, u. wie es in meiner Seele fertig liegt; aber noch – ungeschrieben. Sie werden bemerkt haben, daß ich die Organisation des Menschen nur als Vernunft
    fähigkeit
behandle; mich dünkt, ich habe Ihnen auch schon gemeldet, warum ich zu meinem Zweck so spiral- u. Schneckenmäßig gehe. Ich muß in der Sprache der Zeit, in der Hülle Ihrer ihrer Lieblingsbegriffe u. Lieblingswißenschaften reden, sonst wirft man mir alles, wie die älteste Urkunde, zurück ins Antlitz. Also in fine videbitur, cuius toni? – Und gäbe mir der Himmel das Glück, daß ich Ihnen
    Ein
vollendetes Werk in fine zueignen könnte! Ich hatte es bei der Urkunde im Sinn: ich wollte es bei der Hebr. Poesie, wenn Ihnrenr das Andenken nicht unwürdig wäre; vielleicht giebt mirs der Himmel bei diesem, dem mühsamsten meiner opusculorum. Niemand als ich weiß, was die Arbeit u. ewige Zerreißung hin u. her bei einem wund gedrückten Herz Gemüth meinem armen Kopf kostet. Indeßen wohlan! wohlan! ich hoffe noch zu singen: io Triumphe! – Beten Sie nur mit, daß meine Frau gesund wird, auf die der entsetzliche Siberische Sommer sehr unheilsam gewirkt hat! – Wir wollen dagegen für an Sie u. die Ihren im Guten gedenken u. ich hoffe noch die Freude zu erleben, daß Ihr immatriculatus zu mir eine Wallfahrt thut u. vielleicht mit ihm sein Vater. Doch Alles, Alles Gott befohlen! – Wüßte ich, wo ich Ihnen Hülfe schaffen könnte! – es heißt aber leider: Arzt hilf dir selber! – Haben Sie die mem. de Voltaire ecr. p. lui meme gelesen? Das häßlichste Pasquill auf seinen grauen Wohlthäter in Potsdam, deßen Parisischer Verleger sogar au bicêtre gesetzt seyn soll. Daß es von Volt. sei, ist kein Zweifel: denn es hat lange im Msc. circulirt u. in Deutschl. ist schon davon ein Nachdruck. Mein Expl. habe ich weggeben müßen: ich will aber ein andres besorgen u. es wenigstens Reichard mitgeben. Ich wollte es Ihnen sogleich übersenden; ich traute aber nicht den Preuß. Posten u. befürchtete Ihnen Ungelegenheit zu machen. Indeßen glaube ich, daß der geschändete u. betrogne Monarch die Stimme des Unholds aus seinem Grabe verachtet. – Man hat gesagt, daß der Verf. des Horus zu Ihnen als Prof. Po Physic. kommt: ist dem also? Was ist
    Mezger
vor ein Mann? ich habe seine Schr. in diesen Wochen kennen gelernt, unter denen seine Physiol. in Dtschl. zumal in Gött. sehr geschätzt werden soll? Was treibt u. schreibt Köhler? vor Jahren 10. 15. rühmte man ihn ja als einen Abgrund Griech. u. Morgenl. Gelehrsamkeit; was thut er als Profeßor? – Nach Heineke’s Buch bin ich nicht so begierig, wie Sie scheinen: er schimpft u. schreit zu sehr; daraus kann nichts werden. Seine Aufklärung des Landvolks wird wahrscheinl. vom Nicht-Buchstabiren ausgehn, u. was halten Sie von diesem Don-Quixotismus gegen das arme Ab-ab. Er sollte lieber über den Organismus zu Sprache und Schrift schreiben u. Aufklärung Aufkl. seyn laßen. Sein Charakter wird nicht gelobt; ich wünsche es indeßen sehr, seine Anstalt zu sehen u. mit ihm zu sprechen. Seine Sprachtheorie scheint mir gründlicher als irgend eine. Von Mosers Journ. ist meines Wißens noch nichts heraus; sein Buch über die Regenten müßen Sie ja lesen. Es ist vielleicht das Beste, wenigstens das Gleichste, was Er geschrieben. Wenn Sie mir Ihren Aufsatz über Kant schicken: so bitten Sie von mir, was Sie wollen, wenns auch die Hälfte meines Kgrchs wäre. Adieu, liebster Alter. Ich habe gestern über das Ev. predigen sollen u. für mich selbst die 8. vorhergehenden Verse (Luc. 18, 1–8.) sammt Jes. 40, 26–31. dazu genommen. Ich sende zu Ihrem Geburtst. auch Ihnen diese Worte mit meinem treusten Bruderkuß u. herzl. Segen. Meine Fr. grüßt sie mit schwesterl. Liebe. Alle meine Kinder, zumal Ihr Pathe August, der ein großer Naturforscher ist, deßgleichen. Leben Sie herzl. freudig u. innig wohl. Amen, Amen,Ihr ewiger H. 
Kgsb den 24 Aug 84. Liebwerthester Freund, Herr Prediger Wanowski besuchte mich vorigen Sonntag mit einem Candidaten Theol. HE Malenowski, der mit seinem Neveu aus Leiden gekommen, wo er 3 Jahre studiert und künftige Woche nach Koppis in Weiß Rußl. ohnweit Mohilow abgehen wird. Er bat mich Sie zu ersuchen, ob Sie nicht so gütig seyn möchten sich seiner in Riga etwas anzunehmen und zu seiner weiteren Reise mit Ihrem guten Rath beförderlich zu seyn. Ich konnte ihm diese Bitte nicht abschlagen, da er sich durch seine Güte und freundschaftlichen Unterricht meines Sohns im Pollnischen außerordentlich verdient gemacht und er ein eben so gutes Vertrauen zu Ihrer Nächstenliebe hat als ich selbst. Ich weiß wirklich nicht, ob seine Bestimmung eine Pfarre oder Schuldienst ist und ob Ihre Verbindungen sich nicht auch in jene Gegenden erstrecken? Herr Dengel hat nur 24 Exempl. in allem erhalten, wovon ich die Hälfte, mit der ich aber leider nicht auskommen möchte. Er traute sich gar nicht zu eher etwas zu verkaufen, bis er den Preiß erführe, unterdeßen höre ich, daß er schon etwas einige a 20 gl. abgesetzt hat. Herr Malinowsky wird Ihnen ein corrigirtes Exemplar für unsern lieben Arndt mit bringen, gegen den ich nicht nur mein Stillschweigen zu entschuldigen bitte, womit ich seine Geschenke annehme, sondern auch daß ich selbige mit einer un so ungleichartigen Kleinigkeit erwiedere, die weder für seinen Geschmack noch zu sonst was taugt. Außer mein eigenes ist dies das letzte, welches mir übrig bleibt, und ich bin ungewiß ob ich Kant eins anbieten soll, und vielleicht noch eins etwa nöthig hätte. Ich habe die Thorheit begangen, nicht ohne gepflogenen Rath an den Grafen von Kayserling u Kanzler von Korff, mit denen ich in einiger Verbindung stehe, ein Exemplar heute zu schicken, und habe nur meine allernächste Freunde hier damit bedacht. Thue also hiemit die Anfrage ob Sie mir noch erlauben, wenigstens 2 höchstens 3 aus dem Dengelschen Laden auf Ihre Rechnung auszunehmen, wenn ich
    nemlich darum angesprochen werden sollte
? Meine Kinder sind morgen 4 Wochen auf dem Lande und werden mich vielleicht zwingen wollen sie selbst abholen zu müßen. So bald ich in Ruhe seyn werde, schreibe nach W. Nichts für Herrn Jenisch? Nun weiß ich nichts mehr, und ich glaube, daß mein Briefwechsel, mit dem ich Sie, liebster Freund, bisher bestürmt, ein wenig sich ausruhen wird. Gott erhalte Sie und die liebe Ihrigen gesund, und laße auch bey Ihnen die Erndte wohl gerathen! Ich umarme Sie und ersterbe   Ihr alter   treuer   Freund, Autor, so Gott will und Diener. Jo. Ge. Hamann. Auf der Adreßseite: den 26 Der Brief ist mit voriger Post liegen geblieben und ich reise nach Graventihn um meine Mädchen abzuholen und meinen Geburtstag dort zu feyren; ich schließe heute mein 54stes Jahr – Gott sey mit Ihnen und vergeßen Sie mich nicht. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn
    Hartknoch
, Buchhändler / in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d. 27 Aug 1784 beantw. d 16 Oct 784
Königsberg den 25 Aug 84 Nun willkommen zu Hause! wo ich hoffe und wünsche daß Sie gesund und vergnügt angekommen sindeyn – wiewol ich dachte, daß Sie die Geburtstage in W. mitfeyren würden. Heute sind 4 Wochen daß meine 3 Mädchen nach Graventihn gegangen sind ihren Bruder zu besuchen – und wie es scheint laßen Ssie es darauf ankommen, daß ich sie nach Hause holen soll. Herr Friedrich will auch einmal Berlin widersehen, welches schon seit vielen Jahren sein Vorsatz gewesen, und bittet, daß ich ihm ein paar Zeilen mitgeben soll – zu denen ich leider! mehr als zu viel Vorrath hätte, den ich lieber unterdrücken als ausschütten mag. Haben Sie Ihre lieben Kinder, und mein Pathchen… alles im gedeylichen Wachstum widergefunden? – und bekommt Ihnen, liebster Gevatter Landsmann und Freund, die gegenwärtige Ruhe und das Daheimseyn so gut, wie Ihre bisherige Wallfahrt? Wird es Ihrer Muse nicht auch bald gehen, nach der jungen Frauen Weise? Gott gebe Ihnen alles, was zur Freude und Fülle dieses Lebens gehört. Ich habe mich um die Kreutzfeldsche Auction gar nicht bekümmern können, weil ich noch kein Holtz für den langen Winter habe. Durch die zweite Hand ist mir Hallers Fabius und Cato zu Theil geworden für 19 gl. also doch ein Andenken aus seiner Bibliothek welches mir um so viel lieber ist, weil ich Usong u Alfred habe, und den römischen Roman schon lange vermißt. Seine Abhandl. über
    den Adel
wird Ihnen HE Friedrich wol von Kraus mitbringen; denn ich habe eins vom Buchbinder Kanter als ein Geschenk erschleichen müßen. Vermuthlich werden Sie das Ihnen bestellte Exemplar des Schiblemini erhalten haben. Auf den Fall daß Sie Gedult Muße und Lust hätten es zu lesen, werde ein Verzeichnis der Druckfehler beyfügen, doch so daß Sie selbiges von diesem Briefe abreißen und
    Claudius
mittheilen können, dieser unserm Freunde in Düßeldorf. Ich weiß, daß man dort die Zähne drüber blöcken wird, weil man unsere Noth entweder nicht fühlt, oder kluge Repressalien braucht sich gegen selbige zu decken. Wißen Sie noch nichts von unserm Vetter in Philadelphia – von den beyden Hogendorp? – dem am Vorgebirge bin ich noch die Antwort schuldig. Von Ihrem Freunde deßen Silhouette ich habe, weiß ich auch seit langer Zeit nichts. – Nun empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Frau, grüßen und küßen Sie Ihre lieben Kleinen und vergeßen Sie nicht bald mit guten Nachrichten ein wenig zu erfreuen und aufzuwecken   Ihren   alten Freund   Johann Georg H.
Kgsberg den 30 Aug. 84. Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, Nolens volens fuhr ich den 27 Aug. an meinem 55sten Geburtstag nach Graventihn und brachte meine drei Mädchen volentes nolentes gestern Abend nach Hause, wo ich erfuhr, daß des HE Stadtraths Wirth mit einem Briefe von Ew. Wolgeboren bey mir gewesen war, aber selbigen nicht abgeben wollen. Heute komm ich im Dengelschen Buchladen und erfahre, daß der IIIte Theil vom Prediger Magazin endlich angekommen wäre, den ich mir sogl. ausbat und nach dem Eßen zum Herrn Stadtrath lief, aber ihn nicht zu Hause fand, und das Buch da ließ, auch den Brief empfieng. Das Geld muste wider mit zu Hause nehmen. Aus Beyl. werden Ew. Wolgeboren ersehen, daß der letzte Preis nichts mehr als 21 schreibe Ein und Zwanzig rth. gewesen, und daher kein error calculi von Seiten der Herren Bibliothekaren vorgefallen, wie aus Beyl. zu ersehn und daß mein Freund Kraus, der Uebersetzer einer politischen Arithmetik, durch den Nachschuß eines baaren fl. in Scheidemüntze sich die Mühe des Nachrechnens nicht hat verdrüßen laßen. Ich glaube aber, daß der arme gute Mann, weil er kein Cameralist ist, noch einige Zeit braucht auf einen Fonds zu sinnen um die Kosten des Transports auf der Rathsbibl. und der Fortsetzung des Godeau auszumitteln. Gegen meine Receptur von 6 # ½ Feder. d’or und Einen fl. cour. wird auch die Ober Rechnungs Kammer weder eine exceptionem calculi noch iuris aufzubringen imstande seyn; so wenig ich mich auch auf das eine oder andere verstehen mag. Prof. Reinhardt zu Wittenberg wo ich nicht irre, soll Verfaßer des neu aufgelegten Büchleins seyn. Sobald Herr Pfarrer Fischer Albrechts engl. Grammatik durchgelesen haben wird; werde ich nicht ermangeln selbige zu beliebigem Gebrauch mitzutheilen. Mosers Leben ist vor Empfang Ihres Briefes nach Graventihn gegangen. Ist Ihnen mit Reiskens seinem gedient, das ich von daher meinem Sohn wider abgenommen? Laß die todten Griechen und Römer ihre Todten begraben. Habe kaum Lust ein Deutscher zu seyn, bin, ohne Ruhm zu melden, weder mehr noch weniger als ein Ostpreuße. Bey Untersuchungen komt es nicht auf angenehme sondern richtige Resultate an. Habe den Locke nur neuerlich zum ersten mal gelesen, aber nur in der französischen Uebersetzung, die vielleicht das Original übertrift, wie die lateinische Uebersetzung der verlorene griechische Quellen und das servum pecus manchen Freygeist. Die Liebe eines Vaters ist immer ein gantz artiger Zeitvertrieb auch ohne Gegenliebe, die mehr Eigennutz als Genuß ist, der nicht auf Grübeley sondern Erfahrung beruht. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin, die vermuthlich Ihr Töpfchen erhalten haben wird; denn irdischene Gefäße sind der Zerbrechlichkeit ausgesetzt. Ich habe mich heute müde und schläfrich gelaufen und habe heute HE Kriegsrath Hippel nicht zu Hause gefunden. Leben Sie wohl und entschuldigen Sie die Eilfertigkeit Ihres ergebensten J G Hamann. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
/ Nebst
    einem Buch
.
Kgsberg den 2 Sept. 84. Liebster Herr Hill, Gestern früh Morgens erfreute mich HE Jacobi mit der Einl. Ihres längst erwünschten Briefes, den ich sogl. Ihrem Oncle, Ihrer Frau Mutter und beyden Schwestern gantz mittheilte; und gleich darauf dem Herrn Kr. R. H. Ich lief auch zu Herrn Richter ihn wenigstens von den guten Wirkungen seiner Empfehlung an den würdigen B. und Ihrer Verbindlichkeit dafür zu versichern; fand ihn aber nicht zu Hause. Seine Frau Liebste schien sehr viel Antheil zu nehmen, und Ihrem Mann würde es noch mehr Vergnügen machen, weil er mit nächster Post nach Hamb. schreiben müste. Ohngeachtet ich vom HE Kr. zu Mittag gebeten wurde auf den Ragout eines sauren wilden Schweinsbratens, der mir den Tag vorher treflich geschmeckt hatte, versagte ich es doch um HE Jacobi u dem jungen Gedicke in Ihrem Namen zu danken. Beym Abschied fiengen wir, mein Wirth u ich, den Prof. Kraus über dem DohmKirchhofe auf – und da ich nach Graventihn zu schreiben hatte, wurde Ihr Brief an meinen Sohn beygelegt unter der Bedingung ihn mit der nächsten Post zurück zu liefern. Ihre liebe Grosmutter habe nicht selbst gesprochen, werde sie aber ehsten Tages besuchen, und wird Ihr gutes Andenken durch Ihren Oncle auf das genaueste erfahren. Daß alles in Ihrer Eltern Hause gerührt war, können Sie sich leicht vorstellen besonders die älteste Jgfr Schwester, weil sie nicht von Ihnen Abschied nehmen können. Bey Assessor Hoppe bin auch vor einigen Wochen gewesen; ich muste Ihren Bruder zu ihm schicken, der ihm sehr gefiel, und der Reg. Feldsch. vom Anhaltschen Reg. war auch schon gantz gestimmt ihn anzunehmen. Der Oheim war damit nicht zufrieden – und ich hatte auch Bedenklichkeiten. Jener erbot sich ihm die Schiffahrtkunst auf seine Kosten hier lernen zu laßen, und der junge Mensch scheint auch mehr Neigung dazu zu haben, als noch die Schule fortzusetzen, wozu er sich gegen mich anfangs anerbot. Ich will dem Urtheil und Plan des Oheims nicht vorgreifen – werde nächstens bey HE Hoppe hingehen – und bin vielleicht im Stande zu einem guten Schiffskaptein zu verhelfen. HE Miltz kan also sein Versprechen erfüllen ihn diesen Winter über einige theoretische Anweisung geben zu laßen und mit dem Frühjahr mag Ihr Bruder zur Praxi schreiten und einen Versuch machen, ob er damit beßer fortkommt als mit dem erstgewählten Handwerk, zu dem er zu Schade war, und das ihm auch kein Gnüge that. Noch habe ich Ihnen in Ansehung des HE Jensch zu melden, der sehr unruhig zu mir kam wegen seines verlorenen Alcorans, besonders da ihm die Ausgabe des Ariosto gar nicht anstand. Ich versicherte ihn, daß die Schuld nicht an Ihnen gelegen hätte. Wenn Sie damals gleich zugeschlagen hätten; wäre alles abgemacht gewesen. Sie hätten mir eine arabische Grammatik zurück gelaßen, als Zugift – ich suchte darnach und konnte das Buch nicht finden. Unterdeßen wären Sie nicht aus der Welt und würden auch so lange nicht abwesend bleiben, noch Ihre Verbindung mit mir aufhören laßen – Damit hab ich ihn ziemlich beruhigt, mich selbst aber nicht, weil ich nicht begreifen kann, wo der Erpenius hingekommen, wiewol dem Mann eben nicht mit der Ausgabe scheint eigentl. gedient zu seyn, sondern gern die Lockmannsche Fabeln haben möchte. Können Sie sich besinnen das Buch mitgenommen zu haben; so melden Sie es mir. Ist es blos bey mir verlegt; so findt es sich Zeit gnug. Allenfalls frag ich Sie, ob ich
    Ihren alten Alcoran
dem Jensch gegen Zurückziehung des Ariosto oder mit demselben austauschen kann. Sein kleines Mst scheint doch Vorzüge zu haben, und er ist so leichtsinnig u unbeständig ihm jeden andern zu überlaßen; unterdeßen vermuthe ich doch, daß er weiß oder argwohnt, Ihre Bücher von Ihnen in depot empfangen zu haben. Der Vorwurf fällt also auf mich und ich werde ihm nächstens sagen, daß ich deshalb an Sie geschrieben. Sollte Ihre Antwort zu lange ausbleiben oder Jensch auch verreisen: so werde mir kein Bedenken machen Ihre Ausgabe in 4o ihm auszuliefern und dafür die kleine,
    weil Sie dabey gewinnen
, für Sie zu behalten. Nur wegen des Erpenii geben Sie mir Licht, weil ich nicht begreife, wie das Buch, in so kurzer Zeit von meinem Tisch verschwinden können und daher glaube, daß Sie ihn wider zurückgenommen haben mit der Absicht es dem Jensch selbst einzuhändigen und bey der Unruhe Ihres Abschiedes es wo liegen geblieben. Ist es unter meine Bücher gerathen; so findt es sich wenigstens wenn mein Sohn zu Hause kommt; allenfalls kann ich auch HE Jensch meine eigene Ausgabe zum Gebrauch mittheilen. Ich glaube, daß Sie mich verstehen und mein Verfahren in dieser gantzen Sache nicht misbilligen werden. Meine 3 Mädchen fuhren den 27 Julii des Abends um 8 Uhr nach Graventihn mit einem besoffnen Fuhrmann unter Aufsicht einer vernünftigen Hofmutter, haben die ganze Nacht auf dem Felde zubringen müßen u sind erst den Mittag drauf angekommen. Haben also auch einen starken Gegenwind bey ihrer Lustfahrt zu Lande gehabt. Ich gieng vlt. Julii mit HE Friedrich, der vorige Woche nach Berlin abgegangen, zu Fuß nach Trutenau und kam den 1 Aug. eben so glücklich heim mit HE Director u Gevatter Kanter. Meine Absicht wurde verfehlt einen Doct. Jur. aus Arau bey Bern Namens
    Rothpletz
kennen zu lernen, der mich aber noch den Tag vor seiner Abreise nach Berl. besuchte und vielleicht von da wider zurückkommen wird. Den 22 Aug. wurde der Frau Kriegsräthin Deutsch Geburtstag gefeyert, wozu ein hier bestelltes Clavecin Royal ankam welches meine Lisette Reinette eingeweyht. Ich war auch dazu eingeladen, hatte mir aber entschloßen nach so langen Aufschub mit meiner Mutter zum Abendmal zu gehen, und den TAbend vor der Beicht kam mein
    Schiblemini
an, deßen Sphalmate ich mit zur allgemeinen Absolution brachte und ein wahres Dankfest (Eucharistie) feyren konnte. Den 27 Aug. setzte ich mich mit HE Meyer auf einen Korbwagen und fuhr unter einem starken unangenehmen Regenwetter meine Kinder abzuholen, wo mein 55ster Geburtstag (denn ich bin 730 zur Welt gekommen) begangen wurde. Sonntags um 8 Uhr erreichten wir eben den Schlagbaum, als wir unter einem noch gewaltigern Regenguß durch und durch naß Gottlob glücklich zu Hause kamen. Den 30 besuchte mich Roi und fieng seine ital. Stunde an; die Baroneße hat ihm durch mich Antwort wollen sagen laßen, bisher aber aufgeschoben; ich denk Sie nächstens zu besuchen. Ihre Jgfr. Schwester will die Music lernen bey Ihrem Freunde Walther und dazu Ihr Clavier sich von Miltz ausbitten, daß Sie ihr nicht versagen werden. Ich hatte Hofnung meinen Sohn auf den Winter hier zu sehen; alles hängt von der Versorgung des HE Schellers ab, die ich wenigstens den Winter über ruhig abwarten will. Ich glaube daß Sie an dem Ort, wo Sie diesen Brief erhalten werden, im Stande seyn werden eine Einl. an mich abgehen zu laßen. Nach der Schweitz hab ich bereits geschrieben und werde es nächstens zum 2ten mal thun, da ich noch gestern die Freude hatte des Abends einen Brief von meinem jüngsten Freunde zu Schafhausen HE Joh. Ge. Müller über Weimar einen sehr vertraul. Brief zu erhalten. Sollten Sie nicht ein Schreiben an Hofrath Pfeffel zu Colmar erhalten: so gehen Sie mit einem Gruße von mir zu ihm, und erinnern Sie ihn an den Sontag wo ich mit dem Buchhändler
    Gebhard
aus Frankf. am Mayn mit bey ihm gespeist, den Sie auch als einen alten Reisegefährten von mir begrüßen können. Bey unserer Freundschaft und dem Ansehen eines Vaters, das Sie mir Selbst ertheilt, beschwöre ich Sie, lieber Hill, daß Sie mir Nachricht geben, wenn Sie gegen die Hälfte Ihres Viatici gekommen sind, und den Muth nicht sinken laßen, oder aus einer
    falschen Schaam
mir Ihre Noth und Bedürfniße verheelen weil es Ihnen hier nicht an unbekannten Freunden fehlt, die sich eine Pflicht und Freude draus machen werden Sie weiter vorwärts oder zurück zu helfen. Ich hätte gewünscht, wenn Sie mir einige Beobachtungen Ihres oekonomischen Calculi bereits anvertraut hätten. Sind Sie imstande in Straßburg HE
    Ehrmann
zu erfragen; (er gehört zur
    Brüdergemeine
von Herrenhut) so grüßen Sie ihn, er ist ein herzlicher Mann, dem Sie sich anvertrauen können. Ich wünschte daß Sie wenigstens Italien und besonders Rom ein wenig in Augenschein nehmen könnten; denn an die Morgenländer lohnt es kaum zu denken. In
    Schafhausen
grüßen Sie HE
    Joh. Ge. Müller
, HE
    Gaup
. In
    Zürich
den guten
    Lavater
und
    Pfenninger
; denn Häfeli wird schon nach Deßau gegangen seyn. Giebt Ihnen Gott Gelegenheit sich was zu verdienen: so nehmen Sie selbige mit. Ueben Sie Ihre Hand, und gewöhnen Sie sich ja zu einer
    correcten Orthographie
z.E. Zeuge, testis (nicht Zeige) Lübsche (nicht Liebsche; weil es von Lübeck komt) Für die Hoch- und Oberdeutsche ist die aus Preußen zur Gewohnheit gewordene Verwechselung des Dat u Accus. sehr anstößig, schon im Reden, geschweige bey einer littera manente. Verzeyhen Sie diese kleinfügige Schulfüchserey, die übrigens gut gemeint ist. Ich umarme Sie unter tausend Grüßen und Wünschen der meinigen und vorzüglich Schwester Lieschen – Alle Freunde erwiedern Ihr Andenken. Ihren Herrn Vater habe noch gestern Abend im Vorbeygehen vor der Thür gesprochen. Vom HE Richter und aus Graventihn anticipire die noch einzugehende Höflichkeiten. Gott gebe Ihnen gute Gesundheit – bewahre Sie vor fböser Gesellschaft – und führe Sie zu lauter guten, ehrlichen, sichern, frommen Verbindungen. Erfreuen Sie mich bald mit den besten Nachrichten von dem Fortgange Ihrer Wanderschaft. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund und Bevollmächtigchte Joh. Ge Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / Herrn Hill, / Candidat der Gottesgelahrsamkeit / gegenwärtig / zu
Verzeyhen Sie mir, liebster Gevatter, Landsmann und Freund, daß ich zu Ihnen meine Zuflucht nehme, da ich bey Hartk. gar nichts mit allen meinen Vorstellungen ausrichten kann; und er einen Schein des Rechtes für sich zu haben meynt. Ich glaube, daß die Erziehung seines Sohns zu Zürich ihm auch schwer fallen mag und seine Frau hat eben an Cr. R. Jensch geschrieben um ihre Tochter bey der Baroneße unterzubringen, bey der ich auch gestern schon alles abgemacht, um ersteren das Geschäfte zu erleichtern, der mich deshalb vor 8 Tagen besuchte. Ich besorge, daß kein neuer Theil der Ideen mit nächster Meße erscheinen wird – und wollte Ihnen gern allen Verdruß in der Folge durch eine freundschaftliche Auseinandersetzung ersparen. Finden Sie gleich einen Verleger, der auch mehr giebt; so wird der alte doppelt gereitzt zu einer eigennützigen Rache, (ich halte ihn einer boshaften nicht fähig, und bin nicht im stande ihn wie K‥ u H. zu beurtheilen) und in diesem Fall selbst rathe ich desto mehr sich in Güte auseinander zu setzen und ihn zum Freunde zu behalten. Vielleicht ist alles schon unter Ihnen abgemacht; desto mehr Freude für mich. Aber die gegenwärtige bisherige Gährung beunruhigt mich, daß ich dies kaum hoffen kann. Beruhigen Sie mich wenigstens durch eine vertrauliche Nachricht von Ihrer Seite – denn ich habe keine andere Absicht, als die Sie selbst wißen und kennen, ohn daß ich es Ihnen sagen darf. Eine ähnliche Verlegenheit die Opfer seines Verlages und seines freundschaftl. Diensteifers zu liquidiren zwingt mich fast zu seiner Sammlung meiner Schriften. Er läßt sich den Titel:
    Saalbadereyen
, gefallen.
    Erstes Wannchen
; enthält I. S. D. II. Wolken III. Beyl. pp nach altem engl. Zuschnitt der Titel, mit dem Motto: – – pectus inaniter angit Inritat, mulcet, falsis terroribus implet Hor. In diesem eckeln Titel liegt zugl. eine Rücksicht auf meinen sel.
    Vater
, deßen Andenken mir so lieb ist als dem Horatz, und dem Sokrates seine Mutter mit ihren Hebammenkünsten – wie auch auf das alte Sinngedicht, welches Vater Hagedorn übersetzt: Der Bader u die H.– baden den reichsten Mann den schlechtsten Kerl beständig nur in einer Wanne. Eine Vertheidigung u die beste meiner kritischen – Wie soll ich einen Mann der sich sein Brodt wie Hartkn. so sauer werden läst, deßen Vermögen ich nicht weiß u auch Kinder hat zu erziehen zumuthen, daß er mir ohne ein noch so kleines Gegengeschenk so viel von seinem Verlage gar umsonst abgeben soll, wenn er sich dazu einige Rechnung auf Waßer für seine Mühle bey meiner sonst leeren, unfruchtbaren, entfernten Freundschaft macht. Dies ist meine Absicht, und Hauptabsicht gegen ihn. Wie viel Defecte meiner Bibl. er obenein suppliren will und kann, überlaß ich ihm. Die wichtigsten sind Adelungs Wörterbuch, das Catholicon u Michaelis Bibl. u Uebersetzung, welche ich nicht habe fortsetzen können. Ich habe unserm alten Freunde schon das Timeo Danaos freymüthig vorgehalten, und unser Briefwechsel möchte wol auf eine Zeitlang aufhören. Wär ich aber im stande etwas zu Ihrer beyderseitigen Zufriedenheit beyzutragen und das Misverständnis zu heben: so will gern Unterhändler seyn, so wenig ich mich auch dazu schicke. Ist die Sache aber schon abgemacht, desto lieber! und desto balder u gewißer erhalt ich auch den zweiten Theil. Ich habe dies alles geschrieben mit dem herzlichen Vertrauen, das alle falsche Schaam und Furcht unterdrückt. Unsere Posten sind so sicher, daß Sie die Memoires, nach denen Sie mich lüstern gemacht, gantz sicher hätten anvertrauen können. Hat R. den Auftrag sdas Exemplar mir zuzufertigen. Dort soll unter dem Mantel eine brochure gelesen werden unter dem Titel Vie privée du R de P. Ist dies vielleicht der deutsche Nachdruck. Metzger ist seit seiner Ankunft ins Land ich weiß nicht wie? mein Freund gewesen und geblieben. Ein practicus ist er nicht und als einen künftigen Lehrer meines Sohns bin ich ihm auch respectum parentelae schuldig. Er ist trotz seiner vortheilhaften Lage, da er das Gehalt von 2 Prof. zieht u alle mögl. Physikate u Hospitäler verwaltet mit Kgsb. unzufrieden u dies eben so mit ihm. Man giebtlegt ihm ein garstiges Pasquill des Gruners zur Last in den Helmst. lat. Zeitungen u Gruner hat unsern Senat noch gröber behandelt, indem er wie Democrit den Abderiten ὑγιαινειν geschrieben. Dem frommen rechtschaffenen Orlov ist am meisten Gewalt geschehen, auch Hagen macht uns Ehre durch Schriften und Wandel und Treue im Unterricht. M. hat neulich eine starke Disputation im Namen eines Doctorandi geschrieben über die Selbsterkentnis, worinn er auch Ihre Schrift von Denken u Empf. anführt. Neulich begegnete ich ihm u werde ihm diese Woche Ihre Ideen bringen, die er sich ausbat u die ich vom Lande zu Hause gebracht. Seine Physiol. ist ein sehr kleines Handbuch; er soll seine eigene Schriften in den Dengelschen Zeitungen mit einer sehr merklichen Partheylichkeit eines Zuhörers selbst recensiren und in den neusten ist der Casus eines Juden, gegen deßen Relation man viel einzuwenden hat, wodurch sein Character nicht im besten Licht erscheint; doch was hat man nicht alles vom großen Haller gesagt? Köhler hat mich einmal besucht. Eine gewiße Ängstlichkeit des Geitzes sieht ihm aus den Augen heraus. Mit seinen Vorlesungen, die mehrerentheils Varianten betreffen sollen ist man nicht sonderl. zufrieden. Er läßt sich gut bezahlen und ließt nicht ohne eine gewiße Anzahl – kam schon mit Absichten auf die gr. Prof. des D. Bock her, und hat sich ins Decanat auf das nächste Semestre eingedrängt das nach den akademischen Gesetzen das erste mal ihn vorbeygehen sollte. Mangelsdorf ist an Kreutzf. und Werner’s Stelle. Seine Vorlesungen über Terentz u Horatz finden Beyfall. Uebrigens ein Klotzianer – seinem Charakter nach. Er besuchte mich in einer unglückl. Stunde in Gesellschaft des Prof.
    Werthes
, mit dem ich nichts anzufangen wuste, weil ich weder seinen Nahmen noch sein Fach kannte. Unser Prof. Phys. ist Reusch; vom Wünsch weiß man hier nichts, ist auch keine Stelle für ihn offen. Sein Vorgänger Mönch ist der Lehrmeister meines neuen Freundes Mayer gewesen, der ein Sohn des Gryphswaldischen Astronomen u Architecten ist. Er ist ein junger Mann von vielen Talenten und einem sehr allgemein angenehmen Umgange, schon Geh. Secretair gewesen, diese Stelle aber nidergelegt, und nach einer Reise bey den Brüdern von Herrnhut mit einer Frau hergekommen, die hier in Wochen gelegen – um Theol. zu studiren. Ein sonderliches Schicksal, wozu die maurerische Schwärmerey Anlaß gegeben zu haben scheint. Er kennt unsern Gevatter Kaufmann, dem es sehr wohl gehen soll in Neu Saltza. Daß es ihm selbst so gehen mag, wünsch ich, bin aber nicht im stande den Ausgang des Labyrinths, worin dieser
    gute Mensch
gerathen, abzusehen, deßen außerordentl. Anlagen durch ein eben so außerordentl. Schicksal und Loos Gefahr laufen.
Königsberg in Preußen den 7 Sept. 84. Liebwerthester HErr und Sohn, Wie die Männer Benhadad (I Kön. XX. 33) hab ich das Wort eilend von Ihnen genommen und auf mich gedeutet. Ich habe Ihren Brief vom 7 Aug. den 4 d. erhalten, und mache mir auch die erste Wärme des Einfalls zu Nutz, um der feuchten Kälte des hypochondrischen Nachdenkens zu entgehen. Ein junger Mann, den Lav. liebt, giebt mir wenigstens so viel Vertrauen, das Seinige nach Vermögen zu erwidern. Wodurch ich Ihren Dank verdient, weiß ich nicht. Da aber meine schon verwelkte Blätter noch in Ihrem frischen Andenken sind, so werden Sie durch HE. Kl. (wie ich bestellt) das jüngste Kind meiner Wehen und Schmerzen brüderlich aufnehmen, und vielleicht hinterher ein Verzeichnis der Muttermahle und Makeln, womit es auf die Welt gekommen. Ich habe den 27 des verfl. Augusts mein 55stes Jahr angetreten. Mein Vater war aus der Lausitz, meine Mutter aus Lübeck gebürtig. Sachsen und Schlesier, Lübecker u Hamburger wurden als Landsleute von meinen Eltern angesehen, und mein akademischer Umgang war vornehmlich mit Lief- und Ausländern. Daher ich auch noch ein Fremdling in meinem Vaterlande hier bin. Meine seelige Mutter starb entschlief 56 an einer Auszehrung, ehe ich eine Reise durch Deutsch- u Holl- nach Engl. unter dem Mantel von Handlungsgeschäften antraft, die eben so vereitelt wurden, als meine vorgängige Hofmeisterversuche in Lief- u Curl. – Mein seel. Vater war ein ziemlich allgemein beliebter Wundartzt, Vornehmen und Armen unter dem Namen des
    Altstädtschen Baders
, der sein angenehmster
    Titel
war, wohl bekannt. Er starb nach einigen Anfällen von Schlagflus und vieljährigen Lähmungen 66, in eben dem Jahr, da die Pest der welschen Regie ins Land kam – und hinterlies ein Vermögen, das er blos seinem ehrlichen Fleiß und christlichen Glück, auch zum Theil der Sparsamkeit unserer häuslichen und sorgfältigen Mutter zu verdanken hatte, und ohngeachtet seiner Mildthätigkeit und Gastfreyheit für seine beyden einzigen Söhne hinreichend und zulänglich gewesen wäre. Eine stotternde Zunge und ich weiß nicht was in meiner Seele vereckelte mir alle öffentl. Geschäfte und feyerlichen Umgang; jedermann glaubte dafür, daß mein jüngerer Bruder einen desto entschiedeneren Beruff zu einem geistl. Amte, dem heil. Ehstande und seinem zeitlichen Fortkommen hätte. Ich baute also im voraus darauf, einmal das Gnadenbrodt in seiner Familie zu eßen, und an ihrer Hut, Erziehung und Gesellschaft auf meine alte Tage den nächsten Antheil zu nehmen. Dieser Lieblingsgrille habe ich viel, und hätte beynahe
    alles
aufgeopfert. Eine Melancholie und eigensinnige Krankheit bemächtigte sich dieses einzigen Bruders, und ich wurde zuletzt genöthigt sein Vormund zu werden, und zur Erhaltung seiner Person, seines ganzen und meines halben Vermögens das erste das beste Amt zu ergreifen. Pour la rareté du fait und aus philosophisch-patriotischem Vorwitz wurde ich 67
    französischer Uebersetzer
bey der hiesigen Provinzial Accise u Zoll Direction. Ein geheimer Instinct zu dieser Sprache vor allen übrigen kam mir zu statten; nunmehr hab ich allen Geschmack daran verdorben und verloren. Ein noch geheimerer Instinct führte ein Landmädchen in meines Vaters Haus. Ihre blühende Jugend, eichenstarke Gesundheit, mannfeste Unschuld, Einfalt und Treue brachte in mir eine solche hypochondrische Wuth hervor, welche weder Religion, Vernunft, Wohlstand, Arzney, Fasten, neue Reisen und Zerstreuungen überwältigen konnten. Diese Hamadryade wurde die einzige, liebste und beste Stütze meines alten, gelähmten verlaßenen Vaters, und seine Pflegtochter, der ich ihn und sein ganzes Haus anvertrauen konnte. Sie wurde nach seinem bittern Tode meine Haushälterin und ist die Mutter meiner vier natürlichen und Gottlob! gesunden und frischen Kinder. Daß eine reiche, weiche Erziehung unsere Bedürfniße vermehre, weiß ich aus leidiger Erfahrung. Meine seel. Eltern haben an unserer intellectuellen Erziehung besonders verschwendet, keine Früchte ihrer Aussaat erlebt und es unschuldiger Weise in 2 Stücken versehen. Mein Vater, wenn er sich den ganzen Tag unter Patienten von jedem Stande müde geplackt hatte, liebte sehr häusliche Gesellschaft und alle Freyheit eines vertrauten Umgangs, besuchte kein öffentliches Haus, gieng fast gar nicht oder ungern zu Gast und whielt streng auf die Ordnung seiner Lebensart und Hausgenoßen; unsere Mutter war wegen ihres kränklichen Leibes und weitläuftigen Wirthschaft noch mehr einheimischer. Wir wurden also fast gantz dem öffentl. Umgange entzogen und dafür durch alle häusliche Gemächlichkeiten und Freuden eines bürgerlich behaglichen Wohllebens schadlos gehalten. Das zweite Versehen bestand darinn, daß uns fast kein Taschengeld anvertraut wurde, daher ich auch bis auf diese Stunde äußerst unwißend, verlegen und ungedultig bin bey allen Geld- Handel- und Wandelangelegenheiten. Ich habe 2 Häuser mit Verlust des halben Capitals mir vom Halse geschafft und hange noch mit dem dritten und letzten, das ich weder los werden noch auf sichere Zinsen davon rechnen kann. Endlich wurde aus einem welschen Charon und Uebersetzer 777 Königl.
    Packhofverwalter
beym hiesigen Licent mit einem Gehalt von 25 rthlr. des Monaths, freyer Wohnung, davon mir aber die welsche Regie oder General Administration die
    Hälfte
entzogen und seit beynahe 2 Jahren das einzige rechtmäßige Emolument einer seit undenklichen Zeiten uns zum Antheil des Salarii bestätigten Schiffabgabe, welche unter dem holländischen Namen Fooi- d. i.
    Bier
- oder
    Trinkgelder
bekannt ist. Noch bin ich Gottlob! ohne Schulden; wo ich aber künftig Jahr Geld zu Briefporto, Holtz, Kleidung und Unterhalt meiner Kinder hernehmen soll, weiß ich nicht, bin kaum einen Heller im stande zu ihrer Erziehung (welcher ihre ehrliche Mutter nicht gewachsen ist besonders in Ansehung der Töchter) anzuwenden und gehe daher mit halsbrechenden Entwürfen der Selbsterhaltung, Nothwehr und Verzweifelung schwanger, habe schon den 1 Jänner 83 ins Cabinet geschrieben, ohne einer Antwort gewürdigt zu seyn – der Philosoph von S. S. verstopft seine Ohren gegen alles Schreyen seiner Untherthanen u Zollbedienten über die Schelmereyen, Ungerechtigkeiten p seiner heillosen Beutelschneider und Windbeutel von Plusmachern. Ist dieser reine Wein der Wahrheit nach Ihrem Geschmack: so sind Sie dem unverdienten Vater Ihrer Wahl herzlich willkommen: Eine Sommerstube – ein kleiner Hayn Mamre, eine verwilderter Geköchgarten und die Aussicht einer Stadtwiese steht zu Ihrem Befehl und Diensten. Für Tenne und Kelter u.s.w. ist Ihre eigene Sorge. Mein einziger Sohn Johann Michael ist 69 den 27 Sept. geboren, lebt seit länger als einem Jahr auf einem Landgute 4 Meilen von hier,
    Graventihn
, das einem Kriegsrath Deutsch gehört, der als künftiger Erbe deßelben vor kurzer Zeit aus Potsdam ins Land gekommen, und ein einziges Kind, einen Sohn gleichen Alters mit dem meinigen hat. Dieser ist bereits im vorigen Jahr eingeseegnet und diesen Frühling immatriculirt worden und hat sich der Arzneykunde zu meiner großen Zufriedenheit gewiedmet. Sein guter Fortgang im
    Griechischen
, das er vor dem
    Latein
gelernt und zu seiner Facultät nicht eben so nöthig gehörtscheint als das arabische, wozu ich ihn durch das
    Hebräische
schon ziemlich vorbereitet – ein Anfang im
    Pollnischen
zum Correctiv der Erbsünde seiner Zunge – oder auch zum künftigen Fortkommen in den gelobten Ländern für die Artzte (Pohlen u Rußl) – und noch mehr Fähigkeit das Engl. zu verstehen, ist alles was ich von ihm zu sagen weiß. Ich erwarte seine Widerkunft, die von der bevorstehenden Versorgung des Hofmeisters abhängt, der ein geschickter Cand. Th. u naher Blutsfreund des berühmten
    Schellers
zu Brügg ist – um das Französische mit ihm und wenigstens seiner ältesten Schwester von neuem anzufangen. Diese heißt Lisette Reinette ist 72 den 12 Apr. am Palmsonntage geboren, hat einen Anfang auf dem Clavier und in dem Ital. gemacht u dies einem jungen Freunde
    Hill
zu verdanken, der gegenwärtig eine Wallfahrt zu Fuß nach Venedig anstellt. Lehne Käthe ist 74 den 2 Dec geboren kann mit genauer Noth lesen und die jüngste Marianne Sophie noch nicht buchstabieren. Diese kam 78 den 18 Nov. zum Ersatz meines Bruders, den ich an meinem Geburtstage deßelben Jahrs begraben ließ, nachdem er sich selbst und mir lange gnug zur Last gelebt, aber durch seine über ihn verhängtes träges Mönchsübel mich wider meinen Willen thätig, geschäftig, gesellig und fruchtbar gemacht hatte. Da ich wie jener komische Vater auch sagen kann: Homo sum – und etwas
    endlich
zu handeln gewohnt bin, muß ich Ihnen noch melden, daß Ihre Adoption bereits vorigen Sonntag Dom XIII. p Tr. zwar feyerlich aber zugleich anonymisch bey Gerichten, die einer hypochondrischen Verdauung nicht günstig sind, vollzogen, und von meinen 3 Parcen ihres neuen Herrn Bruders Gesundheit in Kirschwein getrunken worden. Der kleine Johann Michel taugt noch eben so wenig zu Ihrem Arzte als zu Ihrem Correspondenten, und uns beyden fällt das Schreiben oft noch schwerer als Reden, und beide sind eben so sehr an eine strenge Oekonomie dieserihrer Stunden und Kräfte gebunden. Ist Ihre
    Furcht
der Weisheit Anfang, und Ihr
    Glaube
derselben Ende: so wird Ihre Hoffnung auf Hülfe, und kein Werk Ihrer Liebe zu Schanden werden noch verloren seyn. Mehr Beweise von meinem theilnehmenden Herzen bin ich nicht im stande vor der Hand zu geben, kaum einen Rath, der Ihrer mir zu unbekannten Lage und übrigen Verhältnißen angemeßen seyn könnte. Ich werde übrigens Ihr unverdientes Vertrauen zu keinen eigennützigen Absichten misbrauchen, und bin eben so wenig gewohnt
    Pflichten
meinem eigenen Geschmack als meines Nächstens seinem Preis zu geben, und bekenne mich nochmals durch jede väterliche und brüderliche Gesinnung, der ich fähig bin,   für   Ihren aufrichtig ergebenen Freund und Diener Johann Georg Hamann, den 7 Septbr 84.   Packhofverwalter bey dem Königl. Licent zu Königsberg in Preußen. Adresse: Des / Herrn Franz Bucholtz, / Herrn von Welbergern, / Hochwolgeboren / zu /
    Münster
. / in Westphalen. Vermerk von Bucholtz : 7. 7br. 84.
Metakritik über den Purismum der Vernunft. Sunt lacrumae RERUM – o quantum est in REBUS inane! „Ein großer Philosoph hat behauptet, das allgemeine u. abstracte Ideen nichts als besondere sind, aber an ein gewißes Wort gebunden, welches ihrer Bedeutung mehr Umfang oder Ausdehnung giebt, und zugl. uns jener bey einzelnen Dingen erinnert“ Diese Behauptung des eleatischen, mystischen u schwermenden Bischoffs von Cloyne,
    George Berkeley
, erklärt
    Hume
* für eine der
    grösten
und
    schätzbarsten Entdeckungen
, welche zu unserer Zeit in der gelehrten Republick gemacht worden *S. a Treatise of human Nature: Being an Attempt to reduce the experimental Method of reasoning into moral Subjects Vol. I. Of the Understanding. London 739 p. 38. Dieses meines Wißens
    erste
Meisterstück des berühmten
    David Hume
soll zwar ins fr. aber noch nicht, wie sein
    letztes
ins deutsche übersetzt seyn. Auch die Uebersetzung von des scharfsinnigen
    Berkeley’s philosophischen Werken
ist leider in Stecken gerathen. Der I Theil kam bereits 781. zu Leipz. heraus und enthält nur die
    Gespräche zwischen Hylas und Philonous
, welche schon in der
    Eschenbachschen Sammlung der Idealisten
Rostok 756 stehen. Es scheint mir zuförderst, daß der neue Skcepticismus dem älteren Idealismo unendlich mehr zu verdanken habe, als dieser zufällige und einzelne Anlaß im Vorbeygehen zu verstehen giebt und daß ohne
    Berkeley
schwerlich
    Hume
der
    große Philosoph
geworden wäre, wofür ihn die Kritik aus gleichartiger Dankbarkeit erklärt. Was aber die
    wichtige Entdeckung
selbst betrifft: so liegt selbige wol ohne sonderlichen Tiefsinn im bloßen Sprachgebrauch der gemeinsten Wahrnehmung und Beobachtung des Sensus communis offen u aufgedeckt. Zu den
    verborgenen Geheimnißen
, deren Aufgabe, geschweige ihre Auflösung noch in keines Philosophen Herz gekommen seyn soll, gehört die Möglichkeit menschl. Erkenntnis von Gegenständen der Erfahrung,
    ohne
und
    vor
aller Erfahrung, und hiernächst die Möglichkeit einer sinnl. Anschauung
    vor
aller Empfindung eines Gegenstandes. Auf dieser doppelten Unm
    Un
- Möglichkeit und dem
    mächtigen Unterschiede
analytischer und synthetischer Urtheile gründet sich die Materie und Form einer transcendentalen Elementar- u Methodenlehre; denn außer dem eigenthümlichen Unterschiede der Vernunft als eines
    Objects
oder
    Erkenntnisqvelle
oder auch
    Erkenntnisart
giebt es noch einen allgemeinern, schärferen und reineren Unterschied, kraft deßen Vernunft allen Objecten, Qvellen und Arten der Erkenntnis zum Grunde liegt, keines von dreyen selbst ist, und folglich auch weder einen empyirischen oder ästhetischen, noch logischen oder discursiven Begriff nöthig hat, sondern blos in subjectiven Bedingungen besteht, worunter
    Alles
,
    Etwas
und
    Nichts
als Object, Qvelle oder Art der Erkenntnis
    gedacht
, und wie ein unendliches Maximum oder Minimum zur unmittelbaren Anschauung
    gegeben
, auch allenfalls
    genommen
werden kann. Die
    erste
Reinigung der Philosophie bestand nemlich in dem theils misverstandenen, theils mislungenen Versuch, die Vernunft von aller Ueberlieferung, Tradition und Glauben daran unabhängig zu machen. Die
    zweite
ist noch transcendenter, und läuft auf nichts weniger als eine Unabhängigkeit von der Erfahrung und ihrer alltägl Induction hinaus – Denn, nachdem die Vernunft über 2000 Jahr, man weiß nicht was?
    jenseits
der Erfahrung gesucht,
    verzagt
sie nicht nur auf einmal an der progreßiven Laufbahn ihrer Vorfahren, sondern verspricht auch mit eben so viel
    Trotz
dem ungedultigen Zeitverwandten, und zwar in kurzer Zeit, jenen allgemeinen und zum
    Katholicismo
und
    Despotismo
nothwendigen und unfehlbaren
    Stein der Weisen
, dem die
    Religion
ihre
    Heiligkeit
und die
    Gesetzgebung
ihre
    Majestät
flugs unterwerfen wird, besonders in der letzten Neige eines kritischen Jahrhunderts, wo beyderseitiger Empirismus, mit Blindheit geschlagen, seine eigene Blöße von Tag zu Tag verdächtiger u. lächerlicher macht. Der
    dritte
, höchste und gleichsam
    empyrische
Purismus betrifft also noch die
    Sprache
, das einzige erste u letzte Organon und Kriterion der Vernunft, ohne ein ander Creditiv als
    Ueberlieferung
und VSVM. Es geht aber einem auch beynahe mit diesem
    Idol
, wie jenem Alten, mit dem
    Ideal
der Vernunft. Je länger man nachdenkt; desto tiefer u inniger man verstummt und alle Lust zu reden verliert. „Weh den Tyrannen, wenn sich
    Gott
um sie bekümmern wird! wozu sollten fragen sie sich also nach iIhm? Mene, mene, tekel den Sophisten! ihre Scheidemünze wird zu leicht gefunden und ihre Wechselbank zubrochen werden!!
    Receptivität
der
    Sprache
und
    Spontaneität
der
    Begriffe
! – Aus dieser doppelten zwiefachen doppelten Qvelle der Zweydeutigkeit schöpft die reine Vernunft alle Elemente ihrer Rechthaberey, Zweifelsucht und Kunstrichterschaft, erzeugt durch eine eben so willkührliche Analysin als Synthesin des dreymal alten Sauerteigs neue Phänomene u. Meteoren des wandelbaren Horizonts, schafft Zeichen und Wunder mit dem Allhervorbringen- und zerstörenden mercurialischen Zauberstabe ihres Mundes oder dem gespaltenen Gänsefkiel zwischen den drey syllogistischen Schreibefingern ihrer herkulischen Faust – – Schon dem Namen der
    Metaphysik
hängt dieser Erbschade und Aussatz der Zweydeutigkeit an, der dadurch nicht gehoben, noch weniger verklärt werden mag, daß man bis zu seinem Geburtsort, der in der zufälligen Synthese eines griechischen
    Vorworts
liegt, zurückgeht. Gesetzt aber auch, daß es in der transcendentalen Topik auf den empirischen Unterschied desvon
    hinten
und
    von
    über
noch weniger ankäme, als bey einem a priori und a posteriori auf ein hysteron proteron: so breitet sich doch das Muttermahl des Namens von der Stirn bis in die Eingeweide der ganzen Wißenschaft aus, und ihre Terminologie verhält sich zu jeder andern Kunst- Weid- Berg- und Schulsprache, wie das Qvicksilber zu den übrigen Metallen. Zwar sollte man aus so manchen
    analytischen
Urtheilen auf einen
    gnostischen
Haß gegen Materie, oder auch auf eine
    mystische
Liebe zur Form schließen; dennoch hat die Synthesis des
    Prädicats
mit dem
    Subject
, worinn zugl. das eigentliche
    Object
der
    reinen Vernunft
besteht, zu ihrem Mittelbegriff weiter nichts, als ein altes kaltes Vorurtheil für die Mathematik vor und hinter sich, deren apodictische Gewißheit hauptsächlich auf eine gleichsam kyriologische Bezeichnung der einfachsten sinnlichsten Anschauung, und hiernächst auf die Leichtigkeit, ihre Synthesin und die Möglichkeit derselben in augenscheinlichen Constructionen oder symbolischen Formeln und Gleichungen, durch deren Sinnlichkeit aller
    Misverstand
von selbst ausgeschloßen wird, zu bewähren und darzustellen. Unterdeßen aber die Geometrie so gar die
    Idealität
ihrer Begriffe von Puncten ohne Theile, von Linien und Flächen auch nach idealisch getheilten Dimensionen durch empirische Zeichen und Bilder bestimmt und figirt; misbraucht die Metaphysik alle Wortzeichen und Redefiguren unserer empirischen Erkenntnis zu lauter Hieroglyphen und Typen idealischer Verhältniße, und verarbeitet durch diesen gelehrten Unfug die
    Biderkeit
der Sprache in ein so sinnloses, läufiges, unstätes, unbestimmbares Etwas = x, daß nichts als ein windiges Sausen, ein magisches Schattenspiel, höchstens wie der weise Helvetius sagt, der Talisman und Rosenkranz eines transcendentalen Aberglaubens an entia rationis, ihre leere Schläuche u Losung übrig bleibt. Endlich versteht es sich am Rande, daß, wenn die Mathematik sich einen Vorzug des Adels wegen ihrer allgemeinen und nothwendigen Zuverläßigkeit anmaaßen kann, auch die menschliche Vernunft selbst dem unfehlbaren u untrüglichen
    Instinct
der Insecten nachstehen müste. Bleibt es allso ja noch eine Hauptfrage:
    wie das Vermögen zu denken möglich sey
? – das Vermögen
    rechts
und
    links
,
    vor
und
    ohne
,
    mit
und
    über
die Erfahrung hinaus zu denken? so braucht es keiner Deduction, die genealogische Priorität der
    Sprache
vor den
    sieben
heiligen Functionen logischer Sätze u Schlüße, und ihre Heraldik zu beweisen. Nicht nur das ganze Vermögen zu denken beruht auf Sprache, den unerkannten Weißagungen und gelästerten Wunderthaten des Verdienstreichen
    Samuel Heinke
zu folge: sondern Sprache ist auch der
    Mittelpunct des Misverstandes der Vernunft mit ihr selbst
, Theils wegen der häufigen
    Coincidenz
des grösten und kleinsten Begriffs, seiner Leere und Fülle in idealischen Sätzen, theils wegen des unendlichen Vorzugs der Rede- vor den Schlußfiguren, und dergl. viel mehr.
    Laute
und
    Buchstaben
sind also reine Formen
    a priori
,
in denen Nichts, was zur Empfindung oder zum Begriff eines Gegenstandes gehört, angetroffen wird, und die wahren ästhetischen Elemente aller menschl. Erkenntnis u Vernunft. Die älteste Sprache war Musik, und nebst dem fühlbaren Rythmus des Pulsschlages und des Othems in der Nase, das leibhafte Urbild alles
    Zeitmaaßes
und seiner ZahlVerhältniße. Die älteste Schrift war
    Malerey
und
    Zeichnung
, beschäftigte sich also eben so frühe mit der
    Oekonomie
des
    Raums
, seiner Einschränkung und Bestimmung durch Figuren. Daher haben sich die Begriffe von
    Zeit
und
    Raum
durch den überschwenglich beharrlichen Einfluß der beyden edelsten Sinne, Gesichts und Gehörs in die ganze Sphäre des Verstandes, so allgemein und nothwendig gemacht, als Licht und Luft für Aug, Ohr und Stimme sind, daß Raum und Zeit wo nicht ideae innatae, doch wenigstens matrices aller anschaulichen Erkenntnis zu seyn scheinen. Entspringen daber
    Sinnlichkeit
u.
    Verstand
als zwey Stämme der menschl. Erkenntnis aus
    Einer
gemeinschaftlichen Wurzel, so, daß durch jene Gegenstände
    gegeben
und durch diesen
    gedacht
werden; zu welchem Behuf nun eine so gewaltthätige, unbefugte, eigensinnige Scheidung desjenigen, was die Natur zusammengefügt hat! Werden nicht alle beyde Stämme durch eine Dichotomie und Zweyspalt ihrer gemeinschaftl. Wurzel ausgehen u. verdorren? Sollte sich nicht zum Ebenbilde unserer Erkenntnis ein einziger Stamm beßer schicken mit 2 Wurzeln, einer
    obern
in der Luft und einer
    untern
in der Erde? Die erste ist unserer Sinnlichkeit Preis gegeben; die letzte hingegen unsichtbar und muß durch den
    Verstand
gedacht werden, welches mit der
    Priorität
des
    Gedachten
und der
    Posteriorität
des
    Gegebenen
oder Genommenen, wie auch mit der beliebten Inversion der reinen Vernunft in ihren Theorien mehr übereinstimmt. Es giebt vielleicht annoch einen
    chymischen Baum der Diana
nicht nur zur Erkenntnis der Sinnlichkeit und des Verstandes, sondern auch zur Erläuterung und Erweiterung beiderseitiger Gebiethe und ihrer Gränzen, welche durch eine per antiphrasin getaufte reine Vernunft und ihre dem herrschenden Indifferentismo fröhnende Metaphysik (jene alte Mutter des Chaos u der Nacht in allen Wißenschaften der Sitten, Religion u. Gesetzgebung!) so dunkel, verwirrt und öde gemacht worden sind, daß erst aus der
    Morgenröthe
der verheißenen nahen Umschaffung und Aufklärung der Thau einer reinen Natursprache widergeboren werden muß. Ohne jedoch auf den Besuch eines neuen aus der Höhe aufgehenden Lucifers zu warten, noch mich an dem Feigenbaum der
    großen Göttin Diana
! zu vergreifen, giebt uns die schlechte Busenschlange der gemeinen Volkssprache das schönste Gleichnis für die hypostatische Vereinigung der sinnlichen und verständlichen Naturen, den gemeinschaftlichen Idiomenwechsel ihrer Kräfte, die synthetischen Geheimniße beyder correspondirenden und sich widersprechenden Gestalten a
    priori
und a
    posteriori
,
samt der Transsubstantiation subjectiver Bedingungen und Subsumtionen in objective Prädicate und Attribute durch die copulam eines Macht- oder Flickworts zur Verkürzung der langen Weile und Ausfüllung des leeren Raums im periodischen Galimathias per Thesin etund ArsinO um die
    Handlung
eines
    Demosthenes
und seine dreyeinige Energie der Beredsamkeit, oder die noch kommen sollende Mimik, ohne die panegyrische klingende Schelle einer Engelzunge! so würd ich dem Leser die Augen öfnen, daß er vielleicht sähe – Heere von Anschauungen in die Veste des reinen Verstandes hinauf- und Heere von Begriffen in den tiefen Abgrund der Sinnlichkeit fühlbarsten Sinnlichkeit herabsteigen, auf einer Leiter, die kein Schlafender sich träumen läßt – und den Reihentantz dieser Manahaim oder zweyer Vernunftheere – die geheime und ärgerliche Chronik ihrer Buhlschaft und Nothzucht – und die ganze Theogonie aller Riesen- und Heldenformen der Sulamith und Muse, in der Mythologie des Lichts und der Finsternis – bis auf das Formenspiel einer alten
    Baubo mit ihr selbst
inaudita specie solaminis, wie der heil.
    Arnobius
sagt – und einer neuen
    unbefleckten Jungfrau
, die aber keine
    Mutter Gottes
seyn mag, wofür sie der heil.
    Anselmus
hielt – Wörter haben also ein
    ästhetisches
und
    logisches
Vermögen. Als sichtliche und lautbare Gegenstände gehören sie mit ihren Elementen zur
    Sinnlichkeit
und
    Anschauung
, aber nach dem Geist ihrer
    Einsetzung
und
    Bedeutung
, zum
    Verstand
und
    Begriffen
. Folglich sind Wörter so wol reine und empirische
    Anschauungen
, als auch reine und empirische
    Begriffe
:
    empirisch
, weil Empfindung des Gesichts oder Gehörs durch sie bewirkt;
    rein
, in so fern in ihrer Bedeutung durch nichts, was zu jenen Empfindungen gehört, angetroffen bestimmt wird. Wörter, als unbestimmte Gegenstände empirischer Anschauungen, heißen nach dem Grundtext der reinen Vernunft, ästhetische
    Erscheinungen
: folglich sind, nach der ewigen Leyer des antithetischen Parallelismus, Wörter, als unbestimmte Gegenstände empirischer Begriffe, kritische
    Erscheinungen
, Gespenster, Nicht- oder Unwörter, und werden nur durch ihre Einsetzung und Bedeutung des Gebrauchs zu bestimmten Gegenständen für den Verstand. Diese Bedeutung und ihre Bestimmung entspringt, weltkundiger maaßen, aus der Verknüpfung eines zwar a
    priori
willkührlichen und gleichgiltigen, a posteriori aber nothwendigen und unentbehrlichen Wortzeichens mit der Anschauung des Gegenstandes selbst und durch dieses widerholte Band wird dem Verstande eben der Begriff vermittelst des Wortzeichens als vermittelst der Anschauung selbst mitgetheilt, eingeprägt und einverleibt. Ist es nun möglich, frägt der
    Idealismus
von der einen Seite, aus der bloßen
    Anschauung
eines Worts den Begriff deßelben zu finden? Ist es möglich aus der
    Materie
des Worts Vernunft, seinen 7 Buchstaben oder 2 Sylben – ist es möglich aus der Form, welche die Ordnung dieser Buchstaben u Sylben bestimmt, irgend etwas von dem
    Begriffe
des Worts
    Vernunft
herauszubringen? Hier antwortet die Kritik mit ihren beyden Wagschaalen gleich. Zwar giebt es in einigen Sprachen mehr oder weniger Wörter, aus denen Logogryphen, welsche
    Charaden
und witzige
    Rebus
durch eine Analyse und Sylbe der Buchstaben oder Sylben in neuen Formen erschaffen werden können. Alsdenn sind es aber neue Anschauungen und Erscheinungen von Wörtern, die mit dem Begriff des gegebenen Worts eben so wenig übereinstimmen, als die verschiedenen Anschauungen selbst. Ist es ferner möglich, frägt der
    Idealismus
von der andern Seite, aus dem Verstande die empirische Anschauung eines Worts zu finden? Ist es möglich aus dem
    Begriffe
der Vernunft die Materie ihres Namens, d. i. die 7 Buchstaben oder 2 Sylben im deutschen oder irgend einer andern Sprache zu finden? Hier sagt deutet die eine Wagschaale der Kritik ein entscheidendes
    Nein
! Sollte es aber nicht möglich seyn aus dem Begriff die
    Form
seiner empyrischen Anschauung im Wort herzuleiten, vermöge welcher Form die eine von 2 Sylben a priori und die andere a posteriori steht oder daß die 7 Buchstaben, in bestimmter Verhältnis geordnet, angeschaut werden? Hier schnarcht der
    Homer
der reinen Vernunft ein so lautes Ja! wie Hans und Grethe vor dem Altar, vermuthlich, weil er sich den bisher gesuchten
    allgemeinen Character
der
    einer philosophischen Sprache
, als bereits erfunden im Geist geträumt. Diese letzte Möglichkeit nun, die Form einer empirischen Anschauung ohne Gegenstand noch Zeichen deßelben aus der reinen und leeren Eigenschaft unsers äußern u. innern Gemüths heraus zu schöpfen ist eben das Δος μοι που στω und πρωτον ψευδος, der ganze Eckstein des kritischen Idealismus und seines Thurm- und Logenbaus der reinen Vernunft. Die gegebene oder genommene Materialien gehören den kategorischen und idealischen Wäldern, peritatetischen und akademischen Vorrathskammern. Die Analyse ist nichts mehr als djeder Zuschnitt nach der Mode, wie die Synthese die Kunstnath eines zünftigen Leder- oder Zeugschneiders. Was die Transcendentalphilosophie matagrabolisirt, habe ich um der Sschwachen Leser willen auf das Sacrament der Sprache, den Buchstaben ihrer Elemente, den Geist ihrer Einsetzung gedeutet, und überlaße es einem jeden die geballte Faust in eine flache Hand zu entfalten. – – Vielleicht ist aber ein ähnlicher Idealismus die ganze Scheidewand des Judentums u. Heidentums. Der Jude hatte das Wort u. die Zeichen; der Heide die Vernunft und ihre Weisheit – Kgsb. den 135 Sept. 84. Hier ist die
    lächerliche Maus
, an der Ihnen, liebster bester Landsmann, Gevatter und Freund so viel gelegen gewesen, und vielleicht so wenig Ihres Lesens als meines Abschreibens werth ist. Die
    Folge
war eine μεταβασις εις αλλο γενος, denn nebst der Kritik lag mir das liebe Jerusalem in Kopf, und eine Idee verdarb die andere. Ich habe also das vornehmste in das kleine Golgatha verpflantzt. Der
    Eingang
bestand in einer Recension der Humischen Uebersetzung, die ich zumr Berl. Monathsschrift einschickte, ehe selbige erschien, wo ich nicht irre, aber sich gar nicht für sie schickte, daher ich es dem D. Biester nicht verdenke sondern vielmehr dafür danke, daß sie nicht eingerückt worden. An dem Bruchstück kann Ihnen nichts gelegen seyn. Ich warte jetzt des M. Schultz Auszug, Heineke Kritiken und die Prologomena zur Metaphysik der Sitten ab, um vielleicht wider in Gang zu kommen Sie haben also meinen Schiblemini eher als ich erhalten. Den 20 Aug. fand ich 12 Exempl. offen auf meinem Tisch, da ich alle Hofnung aufgegeben hatte und sehr übel damit zufrieden war auch nicht begreifen konnte wie es unserm Freund Hartkn. hat einfallen können ihn in Berl. drucken zu laßen. Den Tag drauf hatte mir eben vorgenommen zur Beichte zu gehen, wovon ich über 2 Jahr abgehalten worden. Ungeachtet der Druckfehler, diedenen durch ein nachgedrucktes Blatt wird abgeholfen werden, diente es mir zur Beförderung der Andacht u Eucharistie. Auch ich dachte, daß ich vergeblich gearbeitet und meine Kraft umsonst und unnützlich zugebracht hätte: desto erfreulicher war es wenigstens einen einzigen ganzen Leser an Ihnen, liebster Plato! gefunden zu haben. Hier kaum und mit genauer Noth einen halben an unserm jetzigen Decano Kraus, der in Arbeit u Hypochondrie bis über die Ohren sitzt, das
    Jerusalem
noch nicht einmal Zeit gehabt zu lesen, ohne welches man den Golgotha und Schedelhügel unmöglich verstehen kann, und nicht einmal die Anspielung des Pfuy! Pfui! auf die reducirte Fooi- oder Biergelder gefühlt. An Meinem Geburtstag setzte mich auf einen Korbwagen mit meinem neuen Freunde
    Mayer
, bey sehr elenden Wetter um meine 3 Parcen abzuholen, die sich 4½ Woche in Graventihn umgetrieben hatten. Ich hatte also unsern Geburtsmonat freuden- und kinderlos zugebracht. An Ihrem Geburtstage fuhren wir alle mit unsern 3 Gänschen bey leidlicher Witterung nach der Stadt, die uns schon im Gesicht lag. Der Mond wollte auch aufgehen und sah wie die untergehende Sonne aus, als auf einmal sich der Himmel bezog, und eben da wir durch den Schlagbaum waren, auf den plötzlichen Sturm, dem wir auf der Steinbrücke vor dem Friedl. Thor entgegenflogen, ein solcher Regenguß folgte, daß wir auf unserm offnen Korbwagen faselnaß unsere liebe Hausthür erreichten, und Gott dankten. Desto mehr Freude hat mir meines Sohns Geburtsmonath gemacht. Den 1 h. erhielt
    früh Morgens
die erste Nachricht von meinem Hill der den 26 Iul. zu Schiff abgegangen u gegenwärtig zu Fuß auf seiner albernen Reise nach Venedig begriffen ist. Abends fand ich Ihren unverhoften Brief, der mich auch zum Theil stärkte u labte – Freylich wünschte ich lieber, daß Sie Abt in Kl. B. als Kanzler in Gött. wären und ersteres auch zuträglicher für die Gesundheit meiner Lieb- und Verehrungswürdigen Frau Gevatterin – doch das Gute will Zeit haben um reif zu werden, und die Aloe bringt bitter Weh, macht gleichwohl rothe Wangen. Gott wird also unsere Wünsche auch erhören und für alles sorgen, was zu unserm Friede dient, beßer wie wir selbst. Den 4 h. kam von meiner Bar. Bondeli die ich seit einem halben Jahre nicht besucht zu Hause und fand wider einen Brief von unsern Kleuker der mir seine Heirath anmeldete und zugl. Paranymph, ohne es zu wißen, eines jungen Liebhabers seyn muste, deßen Brief mir manchen paradiesischen Traum und lustigen Einfall eingegeben. Ein junger Mann von 25 Jahren, reich, weich erzogen, der manche Bedürfniße hat, und über seine Hypochondrie klagt, hat sich schon in diesem Jahre vorgenommen mich zu besuchen u verspricht es künftiges, bittet mich ihn zu seinem Sohn aufzunehmen – Lavater liebt ihn und er nennt sich
    Frantz Buchholtz
, Herr von Welbergen. Ich habe den Schertz aufgefangen, und ihn so gut ich gekonnt, fortgesetzt. Schon den 7 darauf geantw. Der Brief ist aber liegen geblieben, und
    wenn ich ihn zur Beyl. mache
; so bitte selbige mit aller Sicherheit auf Ihrem Posthause abgeben zu laßen. Er kennt meine Schriften führt den Kermes du Nord u die hieroph. Briefe an, glaubt mir Dank schuldig zu seyn, ohn daß ich weiß, wofür? Ich vertraue Ihnen dies neue Ebentheuer, ohne nöthig zu haben Sie zu bitten, wenn Sie zu
    Münster
in Westphalen Verbindungen haben, mit aller nöthigen Behutsamkeit, was Sie von dem Character dieses Alcibiades erfahren können mir mitzutheilen. Kleuker kennt ihn auch nicht weiter, und entschuldigt sich deshalb mit aller mögl. Achtsamkeit. Er ist ausdrückl. nach Osnabrück gereist, um Erkundigungen von mir einzuziehen. Ich habe ihm diese ohne Rückhalt gegeben in Lebensgröße. Seine Antwort, Aufnahme der Meinigen u Entschließung muß also erwarten. Meine schwärmerische Einbildungskraft findt schon einen medium terminum zur Conclusion Ihres letzten Briefes, wenigstens eine entfernte Wahrscheinlichkeit den Wunsch eines Widersehens auf eine oder die andere Art möglich zu machen – – Doch laßen Sie mich in meiner SSeptember Erndte fortfahren. Den 8 erhielt ein klein Billet doux von Claudius, u ein bon mot oder wahres Wort darinn über meinen Hill. Den 10 fuhr nicht in einem Korbwagen sondern in einer Staatskutsche mit 3fachem Vorspann um 7 Uhr mit HE. Stadtrath Wirth nach Friedrichsthal, wo ich unsern Freund seinen Schwager den Kr. R Scheffner wartend fand, einen wackern Mittag hielt und mich mit ihm nach seinem cöllnischen Gut
    Sprintlacken
zu Fuß hinbegab u entre chien et loup ankam. Sonnabends hatten wir so viel gute Witterung, als wir just brauchten das Ufer der nahen Deime zu sehen und den schönsten nächsten Winkel seines Waldes, in deßen Umzirk er wohnt. Den übrigen Tag musten wir auf einer Dachstube beym Caminfeuer zubringen – und auf seiner zahlreichen u recht ausgesuchten Bibliothek. Den 12 Dom. XIV. machten wir uns wieder auf die Beine, seine liebe Frau, welche die beste Butter und die schönste Schmant u Glomse in gantz Preußen macht, fuhr auf einem Korbwagen mit der jüngsten Kurella, welche er aus Mitleiden aufgenommen nach Friedrichsthal, wo die Tafel gedeckt stund, und darauf stiegen wir in unsere Kutsche und nahmen den nächsten Weg unter doppeltem Vorspann nach der Stadt wo wir um 6 Uhr zu Hause waren. Meine Absicht war diesen Brief dort zu vollenden, aber die Zeit war zu lesen u schreiben zu kurz. Desto mehr haben wir von Ihnen geplaudert, u. er erinnert sich noch des letzten Briefes den Sie aus Liefl. an ihn geschrieben da Sie eben zu Schiff gehen wollen – und daß Sie beynahe in ein gelehrtes Handgemenge zusammen gerathen wären über unsere Litteratur. Er hat an unsern 3 Kammern gedient – lebt ohne Erben in einer philosophischen Gnügsamkeit – mit vielem Geschmack aber noch größerer Sparsamkeit. Ist einer unserer besten Köpfe, in dem die Seele eines
    Sülli
u
    Necker
schlummert. Nun ich mit meiner curiösen September relation zu Ende bin, und Ihre Bitte erfüllt, bitte ich auch die meinige zu erhören, und diese besteht darinn Ihre Ideen nicht ins Stecken gerathen zu laßen, weshalb ich mich schon an den Herrn Verleger fast zu Schanden gebriefwechselt habe, und daher meine Zuflucht zum
    Autor
nehme. Es thut mir immer wehe, wenn alte gute Freunde aufhören sich einander zu verstehen und wie inter bonos bene zu behandeln. Es würde Ihnen vielleicht wenig kosten einen andern Mann zu finden, der wegen des honorarii keine Einwendung machte. Schütz aus Jena hat hier an Kant geschrieben u zur einer litterarischen Zeitung ihn eingeladen mit der Anerbietung von 3 Louisd’or oder 6 # per Bogen. Der Bogen wird jetzt wirklich so hoch gespannt, daß er sich kaum mehr biegen kann, sondern brechen muß. Sie haben freylich Ursache sich eine kleine Abtey statt eines kleinen Hofes zu wünschen. Sie sind ein grosmüthiger, gutherziger, wohlthätiger Mann, und die Hand Ihrer lieben Frau scheint der Ihrigen so ähnlich im Geben als Schreiben zu seyn; aber zum Hofleben taugt das freylich nicht und unter Wölfen muß man wenigstens mit heulen, wenn man nicht mit rauben will. Aber ich wünschte doch, daß Sie mit Ihrem alten Freunde und Verleger aufs reine und mit aller Güte kämen. Sie kennen ja unsern im Grunde ἑαυτοντιμωρουμενον Hartknoch und seine Schwachheiten, die durch seine Leibesübel und zunehmende Jahre und vielleicht Vorurtheile noch eigensinniger geworden seyn mögen, daß ich Sie gern zum
    Nachgeben
mehr anrathen möchte, um Ihre Absicht bey ihm zu erreichen. Mehr Offenherzigkeit bey dem ganzen Handel würde vielleicht alles Misverständnis heben, und leichter, als wenn Sie seinem Eigennutz und Eitelkeit auch nur den Verdacht eines größeren Antheils dieser unfreundschaftlichen Leidenschaften entgegensetzten. Ein
    gut Wort
von Ihnen wird mehr ausrichten, als ein noch so heftiger Sturm von Schimpf und Hohn. Da haben Sie, liebster Gevatter, einen rechten zerlumpten Bettler Briefdenn ich hatte schon den 5 einen geschrieben, den ich zerreißen muste. Sehen Sie, wie Sie diesen zusammenflicken – disiecti membra poetae. Ich habe hier keinen einzigen Freund, mit dem ich zu Rath gehen kann – so glücklich ich übrigens mit Freunden versehen bin, aber sie dienen blos zum Gegengift der langen Weile, und nicht zum adiutorio – kein Bein von meinen Beinen, kein Fleisch von meinem Fleisch – keinen animae dimidium meae! keinen Prüf- noch Wetzstein meiner Ideen! keinen arbitrum meiner Einfälle Mein Immatriculatus bleibt noch den Winter auf dem Lande, wenn nicht Schellers Versorgung, die wir alle wünschen diesen Termin verkürzt. Ob die Sache mit meinem Adoptatitio den edlen geraden Gang der Vorsehung oder auch spiral- u Schneckenförmig gehen wird, muß die Zeit uns lehren. Gott schenke Ihnen Gesundheit und viel Aufmunterung zum Fortgange Ihrer Ideen – und meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin
    Ruhe
und Heiterkeit der Seele auch bey gegenwärtiger trüber Aprilwitterung. Ich grüße und küße meinen lieben kleinen Naturforscher und all sein Geschwister. – Ach lieber Gevatter! vergebt mirs. Ich habe Euren Geburtstag unrecht gefeyert, und ihn von Mittwoch auf den Sonntag vom 25 auf den 29 verlegt. Der ganze August ist aber für mich verkehrt gewesen. Gott gebe, daß es künftig Jahr ordentlicher und vergnügter zugehen mag. Ich denke alle Morgen u Abend wenigstens nach Weimar. Ein junger Schwätzer hat mir den ganzen Abend verdorben, und ich will gern meine Briefe morgen selbst auf die Post bringen, daß sie wenigstens einen Tag eher ankommen – Ich umarme Sie und die Ihrigen als Ihr ewig verpflichteter und verpfändeter Joh. Ge. Hamann. Eten Compagnie beym Spinnrocken. Adresse mit Siegelrest:
Des / HErrn General-Superintendenten Herder / Hochwürden / zu /
    Weimar
Gedruckte Einlage /
    fr. Halle
Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Freund, O den lieben Camin Ihrer Dachstube! Die frühzeitige Kälte geht mich so nahe, und greift mein Fleisch und Blut dergestalt an, daß ich zwey Tage voriger Woche, sobald ich zu Hause kam, das Bett in einem Schlafpeltze habe hüten müßen. Beyl. Qvittung bitte gut aufzuheben, da Herr John, dem ich das Geld bezahlt, in kurzer Zeit die Hartungsche Handlung verlaßen und nach Berl. bey Haude und Spener gehen wird – und leicht Unordnungen von seinem plötzlichen Abschiede zurückbleiben könnten. Er hat mir noch zu einem feyerl. Besuch vor seiner Abreise Hofnung gemacht, wobey ich nicht ermangeln werde, ihn an Abschreibung dieses Postens, wenn es nicht geschehen seyn sollte, ausdrückl. zu erinnern. Aus der Nota erkannte er sogl. daß die Rechnung von Ihnen war. Wegen Schwedenborgs werde mich noch erkundigen und wenn er bey Dengels ist, ihn beylegen, wo nicht, ihn künftig bey Hartung Nachfrage thun Moritzens Reise nach Engl. fehlt bey Dengel, wie ich zum voraus vermuthen konnte. Bin gegenwärtig nichts im stande beyzulegen, als Holbergs, Reiskens Leben u einen Heft von Sammelsurien. Den Traité des droits du Genie, erwarte am ersten wieder zurück, weil ich es selbst geliehen habe. Vorige Woche ist hier das erste Stück eines neuen
    Magazins für Litteratur und Wissenschaften
herausangekommen, welches Otto von Gemmingen zu Wien in so großem Qvartformat, wie Reicharts musicalisches Magazin war, herausgiebt.
    Pr. Werthes
hat es seinem Freunde Mangelsdorf hier in Commißion gegeben. Das letzte u vielleicht schlechteste Stück ist von ihm; eine Ode unter der Aufschrift:
    Thränenweide
. Klopstock, Schloßer, Hoffsteter sind Mitarbeiter. Der Anfang verspricht viel Gutes. Haben Sie schon Basedows
    Examen der allernatürlichsten Religion
angesehen? welches ich auch allenfalls mittheilen könnte. Es liegt mir schon beynahe 8 Tage auf dem Tisch, ohn daß ich dazu habe kommen können. Jetzt beschäftigt mich ein ziemlich angenehmes Werk in 7 kleinen Bänden, welches ein Katholik geschrieben:
    Die Philosophie der Religion
, und in dieser Rücksicht Aufmerksamkeit verdient. Kant hat das Mst. seiner Grundlegung zur Metaph. der Sitten abgeschickt und arbeitet jetzt an Beyträgen zu D. Biesters Berlinschen Monatsschrift. Der September enthält lesenswürdige Briefe eines Oesterreichers über Berlin und die Geschichte des berüchtigten Rätzels von Gedicke, der ohne seine Schuld an der Auflösung so vielen Antheil nehmen müßen. Lege auch Kreutzfelds Meynung über den Adel bey, weil HE von Baczko Geschichte, seiner eigenen Aussage nach, nicht so bald eintreffen wird und der zweyte Theil davon schon unter der Preße ist. Kraus hat die Nachschrift gemacht und wird auch die noch übrige Handschriften über die Preuß. Geschichte des seel. Kreutzfelds ausstatten. Er hat sich sehr über die milde Beysteuer des Göttingschen Magaz. gefreut, und sieht dem Ende seines beschwerl. Decanats und neuer Wohnung, die Prof. Kant auf der Lomse ehmals inne gehabt, entgegen – hat sich beynahe den halben Sommer an einem Gutachten über die Verbeßerung unserer Albertina zu Schanden gearbeitet, welches der gute Minister von Z. von ihm wegen eines windigen Projects, das der schreibseelige Goldbeck ihm aufgedrungen, sich ausgebeten. Dies Vertrauen allein macht beyden Ehre – und ohngeachtet der mir bisweilen bis zum Schauder auffallenden Ähnlichkeit mit seiner Mutter Bruder, Buchholtz, und der eben so großen Unähnlichkeit unsers Geschmack verehr ich seine Talente und Grundsätze cum respectu parentelae. Nun wünschte ich wohl nächstens die beiden Theile des Sully – und auch ein
    Wort der Erinnerung
, wenn mir etwas von dem, was ich versprochen habe, entfallen seyn sollte. Es soll bey mir beßer angebracht seyn, als bey unserm gemeinschaftlichen Freunde, der weder von Versprechen noch dem Rückstande einer Antwort etwas wißen will, sondern als ein bewährter Geschäftsmann alles leugnet. den 20. Sept. 84. Ich wurde gestern durch den Besuch eines jungen Berliners abgehalten. Begegnete heute auf dem Wege nach dem Buchladen den HE Siegfried, der sich schon umsonst nach der Schwedenborgschen Schrift erkundigt hatte. Dafür fand die ersten 2 Stücke des Kritikers von Heineke, die mir HE Friedrich aus Berlin zugeschickt – aber unter aller meiner Erwartung, und sich selbst gantz unähnlich. Vermöge der Anzeige, „verspricht er alles zu kritisiren, was nicht über und unter der Kritik ist. Es enthält Recensionen, Antirecensionen, Selbstrecensionen, Abhandlungen, Anzeigen und allerley gemeinnützige Sachen nur keine
    Pasquille
.“ – Er plündert große Stellen aus Büchern, ohne selbige anzuführen noch zu nennen. Die 2 ersten Stücke sind vom April u May und machen mir keine Lust die Folge zu sehen. Beynahe sollte ich vermuthen, daß die gantze Unternehmung bereits in Stecken gerathen. Von Ihrem Horatz habe meinem Sohn Nachricht ertheilt, auch Spittlers Kirchengeschichte besorgt. Ich kann ihn aber erst mit künftigen Monath hier erwarten, weil die Cantonsrevision jetzt dort gehalten wird. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin und Ihrer guten Nachbarschaft mit dem ergebensten Dank für alles genoßene Vergnügen. Wie sehr es mir in Ihrer Gegend gefallen, und wie viel Eindrücke diese erwünschte Ausflucht auf mich gemacht, werde ein andermal beweisen. Meine erfrorenen Finger erlauben nicht mehr, als mich zu unterschreiben Ihren ergebensten Joh. Ge. Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
. Nebst einem Päckchen mit 5 Büchern.
Königsberg den 3 8br. 84. Liebwerthester Freund, Ihr Brief vom 25 Jul. kam den 1 Sept. über Weimar an. Ich danke für Ihr treues Andenken, für die Beyl. zur Physiogn. und mache von Ihrer gütigen Anerbietung Gebrauch Einl. nach Zürich an unsern L. oder Pf. zu befördern, damit das verirrte Schaaf mit gutem väterl. u brüderl. Rathe – auch im Nothfall mit That – unterstützt wierde. Es ist ein junger noch ungebildeter Mensch, den ich aber wie meinen eigenen Sohn liebe, und sich durch den Unterricht meiner ältesten Tochter und eine
    treue unverdroßene Dienstbeflißenheit
um mich verdient gemacht hat. Ich denke man wird ihm alles ansehen können, was ihm fehlt, daß ich nicht nöthig habe mich bey seinen Mängeln aufzuhalten – und wie nöthig es ihm ist, sich die Hörner ein wenig abzulaufen, geschliffner zu werden. Er hat sich seit Jahren in allen mögl. Enthaltsamkeiten geübt um seinen Kützel und Ehrgeitz die Welt zu sehen stillen zu können – von Sprachen so viel ihm mögl. gewesen zusammengerafft und mit eben so einem guten Vorrath von Scheidemünze läuft er nach Italien – und wenn es auf seinen guten Willen ankomt, nach dem Orient oder einen von den beiden Erdpolen. Ich vermuthe daß für seine bacchanalische Einbildungskraft und Milchdiät die Schweitz ein gelobtes Land seyn wird, und möchte sehr gern daß er sich müde darinn wandeln möchte, auch bey seiner Gott gebe glückl. Heimkunft mir recht viel von meinen dasigen Freunden erzählen könnte; daher ich die Ankunft dieses im Grunde unschuldigen und bidern Ebentheurers Ihnen bereits angemeldt, wenn mich mein alter schwacher Kopf nicht hintergeht, und auf allen Fall meine Bitte widerhole sich dieses armen Pilgrims herzlich anzunehmen. Der liebe gute L. kann meine gelehrte Faust nicht lesen, und sie greift seine Augen wie seinen Kopf an. An Pf. schäme ich mich auch zu schreiben. Häf. wird bereits verpflantzt seyn zu seiner neuen Bestimmung. Also nehme ich zu Ihnen als einem andern Johann Georg meine Zuflucht mit der Bitte den Innhalt dieses Briefes unsern Freunden in Zürich mitzutheilen, mit Bitte,
    Hill
, über Winterthur, wenn der alte Kaufmann, meines Gevatters u Freundes Vater noch lebt und falls HE Gaupp in Italien Verbindung hat nach Schaffhausen zu weisen, sich nicht seiner zu schämen, sondern sich seiner Seelen u Leibesbedürfniße nach seiner Fähigkeit und Ihrer Klugheit anzunehmen. Zugl. erkundigen Sie sich ob L. meine Antwort vom 2 May u Ihr Mitbürger G. meine vom 5 Aug. erhalten. Hartkn. hat mir unter eben dem dato geschrieben, daß
    Gen. Superintendent Lentz die Frachtkosten wegen des Kastens für seinen Sohn wenden will
, wenn sie sich
    nicht zu hoch belaufen
;
    u da HE Gaupp versprochen alles beyzutragen
,
    daß die Sachen bis Leipzig nicht viel kosten sollen, so kann der Kasten an HE C. G. Hertel, Buchhändler für Hartkn. Kosten gesandt werden, der die Fracht bezahlen u alles nach Lübeck senden wird
. Den 4 Sept. habe einen Brief von einem
    jungen Mann
aus
    Münster in Westphalen
erhalten, den
    Lavater
liebt, den seine Hypochondrie aber abgehalten mich dies Jahr zu besuchen, und durch den ich in eine sehr angenehme Unruhe der Erwartung versetzt worden. Wenn L. der Name dieses Mannes beyfällt und er mir einige Winke darüber entweder selbst oder durch Sie geben kann und will: so geschieht mir ein großer Gefallen. Ich hoffe daß Sie u meine übrigen Freunde Golgotha u Schiblemini erhalten haben. Ein Blättchen von Druckfehlern wird hoffentlich nachfolgen. Die vornehmsten welche den Sinn betreffen, sind S. 8 der Schluß folge: S. 20. Gebaren. S. 24. 27. ihre statt ihm S. 25 alle statt alte. S. 43. Modenwechsel S. 45. deleatur gewählten S. 62. Z. 18 eben S. 63 Z. 16. heben S. 65 Z. 12. zuwider, S. 69. Z. 9. und Z. 13. verzehnteten Z. 17. Bescheid voller S. 72. Z. 9. 10 als den Z. 16. der S. 74. Z. 9. Psilosophie oder Psilologie = reine Vernunft, ratio, sapientia pura, puta, mera, tenuis, ieiuna S. 77. Siehe Garve über Ferguson S. 296, 297. andere Kleinigkeiten der Interpunction pp nicht zu gedenken. Die Sammlungen zum Magazin habe gantz neulich durchgelesen, kann mich aber bey aller meiner Aufmerksamkeit auf nichts bestimmtes besinnen, weil mein alter Kopf ein Sieb ist und ich nur so lange ein Buch genieße, als ich es unter Händen habe. Den übrigen Theil Ihres Briefes bin auch nicht im stande heute zu beantworten. Wir haben am heutigen Sonntage das Erndtefest gefeyert. Ja leyder! Machiavell ist so schön widerlegt, wie Luther von Heinrich VIII. Empfehlen Sie mich unbekannter weise Ihrem würdigen HE Bruder; ich freue mich im Geist über die Metamorphose oder Metempsychose seiner Vaterlandschen Geschichte. Weh dem reichen Fürsten deßen Unterthanen Bettler sind. Seelig der arme Landesvater der reiche Kinder hat. Gott schenke Ihnen viel der frohen Tage die Sie in Olten verlebt u entferne das Kopfweh, wenn Sie an mich schreiben. Ich umarme Sie und wünsche Ihnen u allem was Sie lieben Seegen Friede u Freude, bin Ihr   alter   aufrichtig ergebener Freund Joh. Ge. H. Bitte auch allenfalls Einl. nach Zürich zu befördern; doch überlaße alles Ihrem Gutachten; Nachricht aber von ihm wünschte, aus der Schweitz. Nochmals Gott empfohlen. Alles um mich schläft; u meine Hausmutter ist seit einigen Tagen bettlägerig für mich unbeholfenen Greis der den 27 Aug. in sein 55stes Jahr getreten, satt u. müde ist zu leben. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links), mit Druckstempel (Hamburg) und Postvermerken fro N 69 10 7
HErrn
    Johann Georg Müller
/ Candidaten des heil. Ministerii / zu /
    Schaffhausen
.
7ten Octbr 84 O lieber Herr Kriegsrath! Sie müßen sich wider verlesen haben. Ich habe über keine Sprintlacksche Kälte geklagt, sondern mir Ihr Kamin gewünscht, und weiß von keinem dorther mitgebrachten Nachwehen als daß ich mich nicht hier, wie bey Ihnen erwärmen kann. Heute erst werden neue Fensterrahmen eingepast, die noch angestrichen und beschlagen werden sollen; daß ich diese Woche an keine warme Stube noch denken kann. Der bestellte Torf ist auch ausgeblieben, und an der Vertheilung der Thorkläfter wird noch in Berlin gearbeitet. Als Freywohner sollte ich auch frey Holtz bekommen, das bisher auf die heilloseste Art uns entzogen worden, und die Unverschämten erpochen ihren Antheil. Unser einer muß sein täglich Leid in sich fressen – Hinc illae lacrumae und das Pech in meinem Gehirn, das ich mit keiner Philosophie und Kritik zu reinigen imstande bin. Ich fühle jetzt schon molimina einer zweiten Heimsuchung auf künftiges Jahr um
    Cremitten
zu sehen deßen Lage mir einen so starken Eindruck gemacht, daß ich es so deutlich vor mir sehe, wie ich noch bisweilen Ihren Hector, den Edomiter Doeg, bellen höre; denn es geht mir mit meiner Phantasie, wie mit meinem Magen. Wo ich zu Hause seyn soll, bekommt mir kein Wein, kaum einmal des Tags – und auf einen satten Mittag kein Abendbrodt. Doch diese Präliminarien kommen noch zu früh – Sonntags brachte mir erst Herr Jensch Ihre gütige Zuschrift und die 7 Bücher habe Montags erhalten. Machte mit Sully schon den Anfang, auch traf eben an dem Tage
    Mosers Leben
ein, welches beylege aber damit zu eilen bitte. Verzeihen Sie mir, daß ich mich wegen Monboddo erkundige, nicht als wenn ich ihn etwa nöthig hätte; sondern nur weil ich nicht anders weiß, als daß Sie ihn noch haben und deßen nicht gantz gewiß bin. Eben da ich antworten wollte, erhielt ein Päckchen neuer Sachen, die ich gleich wider abliefern muste. Der erste Theil von den Briefen über die Schweitz Berl. (Spener) hat meine Erwartung endl. gestillt. Unter der Vorrede steht C. Meiners und der Verf. redt immer wie der Prof. zu Göttingen, daß ich nicht anders vermuthen kann, der mir genante Reisbeck hat hier wider eine Maske angenommen, wie eines
    Franzosen
seine bey den ersten Briefen. Dergl. Reisen sind sehr nach meinem Geschmacke; und diese gehört vorzügl. in Ihre ausgesuchte Sammlung, welche ich smehr noch einmal zu nutzen wünsche. Meiners soll der würkliche Verfaßer seyn; die Maske schien mir zu toll. Das zweyte Vierteljahr des Mercur erhielte auch, der trocken u kahle April und May wird durch den
    Junius
ersetzt. Eine Folge des kleinen Romans
    Moritz
; aber noch ein
    schönerer Brief
über die Bahrdtschen Briefe im Volkston, den ich 2 mal gelesen, u Ihnen auch wünschte.
    Komische
    Erzählungen
in Versen sind kein Product eines Anfängers noch mittelmäßigen Kopfs. Le Diable dans un Benitier et la Metamorphose du Gazettier cuirassé en mouche etc. etc. enthält viel über den le Noir u die Misbräuche der welschen Policey, welche die ärgsten Schelme und Spitzbuben ihrer Politik zu Werkzeugen u Spionen liefert. Ist aber nichts mehr als ein Pasquil. Gehrkens Reisen sind bei Dengel nicht zu haben. Herr Siegfried sowol als ich erhielten eben die Antwort in Ansehung des Swedenborgs. Wie soll der Titel heißen? wollen Sie es für jemanden kaufen oder blos zum Ansehen für sich selbst haben? Vielleicht kann ich es – den 8 8br. Vorgestern war ich so weit gekommen, da ich zu HE Kr. H. gebeten wurde, der Ihnen bereits selbst geantwortet und mir das erste und einzige Exemplar welches Hofpr. Schultz von seinen Erläuterungen über die Kantsche Kritik erhalten, zum geschwinden Durchlesen mittheilte, wodurch er sich um seinen Autor sehr verdient gemacht. Er wird noch einige Bogen hinzu fügen und scheint seiner Arbeit gewachsen zu seyn. Baczko soll dem Göckingk die ärgerl. u theils lächerl. Artikel mitgetheilt haben, und verdient dadurch bey mir allen Credit eines Geschichtsschreibers – Ist es Ihnen mögl. HE Scheller zu versorgen; so wenden Sie doch alles dazu an. Sie thun dadurch ein gutes Werk an diesem würdigen, geschickten Mann und an uns allen; auch Herr Pf. K. wird wie ich hoffe einen guten Nachbar und Amtsbruder an ihm haben. Hartung kündigte in der gestrigen Zeitung den 2 Theil von Schwedenborg wahrer christl. Religion an a 3 fl 15 gl. Ich lief gl. zu meinem Freund Brahl, u bat beyde Theile mir zu verschaffen. Er hat mir aber nur den 2ten schicken können. Wenn Sie letztern allein auf ein paar Tage ansehen wollen; so denk ich Erlaubnis dazu von ihm zu erhalten. Auch Gerken’s Reisen hat er mir beygelegt, aber auch nur den ersten Theil. Ist der zweyte noch nicht heraus? auch das neueste Stück von Adelung, worinn ich sehe, Bürgers Iliade beurtheilt wird – auch April und Märtz von Schützens litterarischen Spatziergängen, welcher auch eine litterarische Zeitung ausgeben wird, wozu er unsern Kant eingeladen u ihm für jeden Bogen 3 Louis d’or bis 6 # versprochen, mit dem er stark briefwechselt über seine Kritik. Die 2 ersten Monathe von Heineke
    Kritiker
hat mir Friedrich aus Berl. überschickt. Warum nicht mehr weiß ich nicht – An der Fortsetzung ist mir eben nicht gelegen. Eine Freundin hat mir romantische Erzählungen nebst Abhandl. über Gegenstände vergangener Zeiten von M. Joh. Χstoph Krause geschickt, die mir einen vergnügten Abend gestern gemacht. Villeaume Preisschrift über die Erziehung zur Menschenliebe lag auch bey, kann mich nicht überwinden sie zu Ende zu lesen, weil ich aus Mangel der Zeit wählen muß. Meinen
    Kraus
begegnete ich Montag im Buchladen, wo er sein dickes Pack nach Berl. zusiegelte. Ich that ihm einen Gefallen es auf der Post zu bestellen und machte mir eine Ehre daraus, Handlanger gewesen zu seyn. Hier gilt auch, was Sie von Babo schreiben:
    Man muß hoffen, daß all solche Saat einst Früchte tragen werde
. Als ein treuer Arbeiter gewint er viel für sich selbst. Er gestand mir selbst, daß er dadurch veranlaßt worden die Geschichte unserer Akademie aus unseren Acten u besonders ihre Gesetze zu studiren. Eine herrliche Uebung für seinen Geschmack in der Composition, die ihn einmal zu einem rechtschaffenen Schriftsteller machen wird. Darf ich noch dem Motto der Jünger das Wort des Meisters entgegensetzen: der Mensch lebt vom Brodt nicht allein – Ich bin gegen mein Urtheil so mistrauisch, daß mir die Uebereinstimmung eines Freundes immer willkommen ist. Wie die Kritik der reinen Vernunft von einem logischen Spinnengewebe abhängt; so des guten Geschmacks seine öfters von einem seidenen Faden. Mein Antheil an des seel. Prätorius u des M. Pleßings Erstlingen ist stärker, weil ich beyde persönlich gekannt habe. Garve soll 100 # bekommen haben. Ey eine trefliche Summe – wenn es auch soviel Fed. d’or gewesen wären. Doch diese nehmen seine eigene Caßen nicht mehr an, und anstatt ⅓ müßen gegenwärtig die
    ganzen
Gefälle in # à 8 fl. 7½ gl. abgetragen werden. Basedow und Zimmermann verspreche, so bald ich kann – auch hoffe Büschings Lebensbeschreibungen. Bitte Mosers Leben bald wider zurück. Die 2 ersten Theile von Aakens Reden habe von meinem Beichtvater geliehen; den dritten hat er nicht. Für diese hab ich mir einen längeren Termin ausgedungen. Die
    Sitten
u
    Leben Davids
besitze selbst, wünschte daß Sie selbige mit der ästhetischen Idiognostik u dem aufgewärmten neusten Versuch à la Bayle über David vergleichen möchten; zu welchem Behuf ich mit erstern aufwarten kann. Befördern Sie HöchstzuEhrender Herr und Freund unsere Wünsche zu Sch. Versorgung, und verlieren Sie nicht die Gedult über mein Geschmier. Empfehlen Sie mich Ihrer gütigen Frau Gemalin u Nachbarschaft. Ich ersterbe Ihr ewig treuer Johann Georg Hamann. Kann mich am dritten
    Theil der Volksmährchen
nicht satt lesen. Auf der Innenseite des Umschlagbogens: HE Kriegsrath Hennings schickt mir nebst einer Rehkeule die eben warm angekommenen neuen astronomischen Bestimmung der Größe der Sonne u ihrer Entfernung von der Erde; vom Rußisch Kayserl. Collegien Aßeßor Benken, wozu der Rigische Rector Snell eine Vorrede gemacht hat, und worüber mehr hier gelacht als subscribirt worden. Noch komt ein Avertissement, da ich eben den Brief zumachen will, durch das Schwarzbeck den 17 h. sein Experiment ankündigt. Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren, / zu /
    Sprintlack
. Nebst 2 Büchern und den beyden ersten Monathen des Kritikers und einem Bändchen sokr. Denkw.
Kgsberg den 13 8br 84. Herzlich geliebtester Freund Diesen Nachmittag erhielt ich Ihren längst erwünschten Brief und hab mich herzlich gefreut einmal Nachrichten zu erhalten. Unsere Vermuthung einer schweren Krankheit, die ich aber für ein Recidiv der letzten hielte ist also eingetroffen; die Gefahr aber Gottlob! glücklich überstanden – Sie sind nun uns schon ein wenig näher und geben Hofnung Ihrer länger künftigen Sommer zu genüßen. Ich habe mich noch diese Woche Ihrer mit HE Ass. Hoppe der auf dem Licent war erinnert u zu Mittag bey HE Kr Hippel mit St. Wirth. Alle diese werden sich ebenso freuen, wie Ihr alter Freund Kr Scheffner, den ich diesen Herbst auf Sprintlacken heimgesucht, gute Nachrichten von Ihnen durch mich zu erhalten. Die Frau CammerHE v Reck ist diesen Sommer durchgegangen; ich habe sie 2 mal gesehen. Sie versprach mir das Leben des HE von Gleichen genannt Roßwurm durch Ihren Freund Weickhart zu übermachen. Ich praenumerirte drauf mit einer kleinen Brochure des Servan über Rousseau. Sie hat es ebenso vergeßen wie ich an Mlle Stoltz zu schreiben. Meines Wißens sollten Sie auch ein Exemplar der Bogen qu. erhalten. Ein Blatt Druckfehler ist bestellt; ob es erscheinen wird, weiß ich nicht. Wider all mein Vermuthen ist es zu B. gedruckt, und denk nicht anders als mit Censur. Habeat sibi et abeat cum cet. erroribus. Haben Sie unsers
    Kraus
Epopee auf den Landstreicher Mortzini gelesen; u des letzteren neuste Ausgabe seiner Wind- und Wurmgeschichte? Sind Sie imstande etwas von den wahren Stande dieses Weltbürgers zu erfahren oder wißen Sie dazu Mittel in Wien an die Hand zu geben: so theilen Sie Ihr Gutachten mit. Meinen Hans geht es wohl zu Graventihn. Er wird wol den Winter noch dort zubringen; wenn der dortige Hofmeister HE Scheller nicht unversehens versorgt wird. Ich werd ihm Ihr gütiges Andenken ehstens melden u ich danke in seinem Namen. Die Fr. Pf. Skub. ist hier gewesen, hat sich aber um mich nicht bekümmert und ich nicht um sie. Sie thut am besten dort zu bleiben. HE Hofr. ist willens Curl. zu verlaßen bey einer neuen Herzogswahl und sich nach Hamburg zu begeben. Von seinem Sohn erhält er jetzt beßere Nachrichten aus Berl. Meine Hausmutter hat die Rose gehabt am Fuß nebst einem starken Flußfieber, das sie nicht recht abwarten können, weil neue Fensterrahmen gemacht worden und wie es bey Kgl. Reparaturen geht, alles confus u zur Unzeit – kriecht sie herum und qvält sich. Hat sich einen Fliederthee bestellt u eilt zu Bett, unterdeßen sich die Mädchen die Cartoffeln gut schmecken laßen und dem Vater auch Appetit machen ein paar mitzueßen – der schon einen halben Semmel mit Butter u herrl. Limburger verzehrt, den mir HE Jacobi verehrt. So muß man des Hungers Bitterkeit vertreiben! Mein Freund Hill ist im Jul. nach Lübeck zu Schiff gegangen; hat mir aus Hamburg seinen ersten Brief im vorigen u den letzten in diesem aus Frankf. geschrieben. Wird gegenwärtig auf seiner kümmerl. vergnügten Wallfahrt der Schweitz nahe seyn. Gott begleit ihn und bring ihn bald wider heim – wohlbehalten u gewitzigt. Der reisende Franzos soll ein geborner Mayntzer Karl Reisbeck seyn. Statt der einverleibten Fooi- oder Pfuy! Pfuygelder hat man uns dies Jahr auf eine ansehnl. Gratification für das gehabte Plus Rechnung gemacht, dafür wider ein Qveerstrich – Wer weiß, ob ich künftig Jahr erlebe – denn wovon ich leben soll, weiß ich nicht. Kantens Prolegom. zur neuen
    Metaphysik der
    Sitten
werden in Halle gedruckt u Ihnen wol eher wie mir anheimfallen. Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht Ihren   alten verdorbnen Freund. Meine Hausgenoßen empfehlen sich Ihnen. Mehr zu schreiben weiß ich nicht, hab nicht, u kann nicht. JG Hamann. Der seel. Kreutzfeld hat ⅓ des Mannheimischen Preises auf den Kindermord gewonnen, nach seinem Tode. Seine Abhandl. über den Preuß. Adel hat Kraus ausgegeben, der noch die kleine Bruchstücke der vaterländschen Geschichte ehstens an Reichardt ausliefern wird zum Druck. Und hiemit nochmals Gott empfohlen mit Bitte mich bald wider mit einem Briefe zu erfreuen. Vale
    zum
    Widersehen
! Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Des / HErrn Doctor Lindner / Wolgeboren / zu /
    Halle
.
Kgsb. den 16. 8br. 84. Mein gütiger Freund, Ich war eben im Begriff an Sie zu schreiben, als mir Raphael Ihren zuvorkommenden Brief überbrachte, dem der Taufschein u der Kritiker beygelegt war ohne des Mosers Leben, das wie ich nicht anders vermuthe, HE Kr. R. H. an sich behalten. Heute bleibe ich den ganzen Tag zu Hause, weil man in Graventihn des einzigen Erben Geburtstag feyert, an dem ich mit meinem Sohn gleichen Antheil nehme. Ich bin mit dem Supplement Ihres Sully fertig, und sein Esprit nebst Henry IV. seinem hat mir unsägliche Freude gemacht. Es thut mir noch immer leid einen andern Esprit de Sully, bey dem des Thomas Lobschrift war, wegen meiner beygeschriebenen Auszüge so schändlich verkauft zu haben bey meiner damaligen Auction. Nicht nur ein mir natürlicher Drang, jedes fremde Buch, das ich nicht mehr brauche, aus den Augen zu haben, sondern ein Brief von unserm guten Lindner aus Halle, den ich diese Woche erhalten, bewog mich den Inhalt deßelben mit Ihnen zu theilen. Im April hat ihn ein hitziges fauligtes Nervenfieber überfallen. Von 40 jungen, mehrentheils fremden Medicinern, sind nur 7 mit dieser Epidemie verschont geblieben und 2 gestorben. Er selbst hat fast 14 Tage ohne Bewußtsein gelegen, und nichts herunterschlucken können. Ein sonst tödtliches Symptom, welches bey ihm aber nicht ex vi morbi herkam, wie er sich darüber erklärt, sondern „weil er nicht wußte, wie oder warum er schlucken, noch was er mit dem was er im Munde hatte, anfangen sollte. Endlich gab ihm sein Artzt Stolle selbst ein und rief ihm in Einem fort zu: Schlucken Sie abe, schlucken Sie abe! Worauf er ihn treuherzig angesehen und gefragt haben soll: Hab’ ich nun geschluckt? Selbst bey zunehmender Besinnung und Genesung hat er Mühe gehabt seinen Leib und Gliedmaaßen wider zu erkennen. Er hat alles verändert bis auf seine Hemdknöpfe angesehen. Zwey Monate hat es gedauert, ehe er an seine Reise denken können. Endlich sind seine Kräfte so vollständig ergänzt worden, daß er ehe dabey gewonnen als verloren hat. Wäre seine Erwartung Geld aus Curl. zu erhalten eingetroffen: so wäre er nach Paris gegangen. Nun denkt er den Winter über in Halle zuzubringen, um seine
    reiche Erndte
, die er zu Wien gemacht, in Ordnung zu setzen, und macht uns auf den Sommer zum Widersehen Hofnung. Wien ist eine herrl. Schule, aber kein Wohnplatz nach seinem Geschmack. Ich habe ihm denselben Abend geantwortet, aber HE Assessor Hoppe, unter deßen Einlage ich seinen Lindners Brief erhalten, wurde durch D. Hagens Hochzeit genöthigt seine Antwort einen Posttag später auszusetzen. Sie u Sprintlacken nebst der Nachbarschaft sind nicht bey dieser Gelegenheit vergeßen worden, nebst der Versicherung Ihres Mitgenußes und Andenkens. Weit vom Auslachen, müßte ich mich schämen, wenn ich Ihnen, GeEhrtester Freund, meinen Holtzmangel deshalb geklagt, um die Dryaden Ihres Waldes weichherzig zu machen. Im Herzen mag ich wohl freylich die Kläfter und Späne bedauert haben, welche ich bey dem kleinen Spatzierwege nach dem Ufer Ihrer Deime so ungenutzt verfaulen sahe – daß selbige aber Ohren und Füße bekommen sollten, konnte mir eben so wenig einfallen, als dem Sohn Busi auf jenem Leichenfelde. Ich will also gern dem gegebenen Beyspiel Ihres Gehorsams alle Bedenklichkeiten aufopfern und gleich den Juristen alles utiliter annehmen doch sine praeiudicio tertii – weil ich kein Misverständnis mehr zwischen uns beyden allein befürchte. Dengel hat weder Gerke, noch die
    Briefe über die Schweitz
; sonst würde letztere von selbst durch ihn besorgt haben. Ich kann die umständliche Nachricht, welche mir D. Rothpletz ertheilt, noch nicht verdauen und finde weder den Franzosen noch den Göttingschen Prof. in diesen Briefen, deren 2ter Theil vielleicht mit dieser Meße herauskommen wird, wo Sie die Bequemlichkeit haben werden das gantze Werk auf einmal lesen zu können. Meines Wißens giebt es nur Einen Prof. Meiners; aber einen Johann Werner Meiner, deßen hebräische Sprachkunst ich selbst besitze. Eben deßelben
    philosophische oder allgemeine Sprachlehre
, die er als Rector zu Langensaltza 81 herausgegeben, kam mit des de Brosses Uebersetzung zu gl. Zeit wo ich nicht irre heraus, und gefiel mir außerordentlich, daß sich der seel. Kreutzfeld auch beyde auf meine Empfehlung anschaffte, und sehr damit zufrieden war. Monboddo brauche gar nicht. Sie können ihn also nach Belieben nützen. Sein Freund Harris, deßen
    Hermes
ich besitze und deßen Philosophical Arrangements worunter er die Categorien versteht nebst seinen Philological Inquiries Untersuchungen in 3 Theilen ich mir für Hartknoch verschrieben, aber erst mit dem Frühling erwarte, ist mehr mein Mann. Albrecht hätte die schöne Vorrede des Lowth mitübersetzen, auch den Anhang seiner Abhandlung beßer ausarbeiten sollen, die mir nachläßiger vorkommt als die Grammatik selbst, dem Innhalt und Ausdruck nach. Der arme Kraus hat wider mit seinem Morczini zu schaffen, der seinen Lebenslauf durch eine neue Ausgabe ergänzt unter dem Titel: Verfolgungen des XVIII. Jahrhunderts mit einem Haufen Beyl. Hartung hat einen ganzen Stoß bekommen nebst einem mit lateinischen Buchstaben gedruckten Avertissement gegen
    Kraus
, dem er so wenig als mir ein Exemplar mittheilen wollen, ohngeachtet er von uns beiden darum ersucht worden, von mir auf eine sehr zufällige Art. Kant hat bey aller Kritik seiner reinen Vernunft die Grille dem Halunken zu glauben und seinem Zeugniße zu trauen. Hartung, die Unverschämtheit diese neue Auflage als den
    dritten
Theil der ersten zu verkaufen, ohngeachtet die beyden ersten fast verbotenus in dieser Auflage wider aufgewärmt sind, und er nur so viel Ueberlegung gehabt, alle topographischen Nachrichten gänzlich auszulaßen. Eine Liste von 312 Subscribenten ziert das Werk; die meisten aus Braunschweig u. dem dortigen Hofe, auch Abt Jerusalem hat 2 Exempl. nehmen müßen. Die Verfolgungen kommen den betisen unsers Jahrhunderts nicht gleich – und ich erwarte aus dieser Spitzmaus noch einen Rübezahl – und aus diesem Schneeball noch einen gantz stattl. Coloß für diesen strengen Winter. Den ersten Theil Jahrgang der berl. Monatsschrift besitze nur, und den werden Sie vermuthl. schon gelesen haben. Von diesem Jahre habe noch nichts erhalten. Der Bibliothekar Biester soll mir aber schon B. blasen zum Neujahr. Wünsch hat darin im Oct. ein prächtiges Denkmal seinem großen Lehrer und Landsmann
    Johann Gottlieb Güzner
, Leineweber zu Hohenstein aufgerichtet, der 72 an der Auszehrung u vor Hungersnoth starb zur ewigen Schande unsers XVIII. Von meinem Hill habe den 1. pr. den ersten Brief aus Hamburg und d. 2 huj. den andern aus Frankf. am Mayn erhalten, wo die Empfehlung des Claudius ihm die seltene Freundschaft eines dortigen Kaufmanns
    Bölling
zugezogen, der sich anerboten auf den geringsten Wink ihn zu unterstützen und ihm einen jungen reichen Banquier Willemer zugeführt welcher ihm Empfehlungsschreiben an Me la Roche, Baron Cronthal Bibliothekar zu Mayland und Tischbein zu Rom versprochen. Auf einen mündl. Gruß von Claudius hat ihn der ehrliche Jacobi in Zelle sehr gut bewirthet und sich viel nach unserer Akademie u Kant erkundigt. Ich erwarte mit Schmerzen seinen dritten Brief, um zu wißen, wie es ihm in der Schweitz ergangen und wenn das Intereßante seines Briefwechsels steigt, nehme mir wol die Freyheit, das ganze Kleeblatt Ihnen im Original mitzutheilen. Eine Meile hinter Hannover hat er das Unglück gehabt seinen Geldbeutel zu verlieren der zum Glück nicht mehr als 1½ rth klein Geld gehabt, womit er nicht nur bis Frankfurt reichen sondern sich auch dort ein paar Schuh hat kaufen wollen; denn er thut macht die ganze Reise von Lübeck aus per pedes apostolorum. Die neue Ausgabe des Reis. Franz. ist mir noch nicht vor Augen gekommen und ich habe blos Einen Canal aus dem Hartungschen Laden etwas zu erhalten, mit dem ich sehr behutsam seyn muß – auch keinen Freund, der die theol. Bibl. haben möchte als den Oberhofpred. u. Pf. Borowski denen ich aus gantz entgegengesetzten Gründen nicht oft zu nahe kommen mag und mit erstem schon für Scheller verwickelt bin; daher ich
    Umstände
abwarten muß, und selbige nicht ermangeln werde zum Behuf Ihrer Wünsche anzuwenden. HE Kr. H. hat versprochen Basedows Examen Ihnen mitzutheilen. Der seel. Praetorius erhielt ein Päckchen seiner Abhandl. die er auf dem Licent declarirte (ungefähr wie die Kaufleute:
    Einl. Waaren
) für seine eigene Fabrik. Dies machte mich aufmerksam ihn aufzusuchen, um so eher, da sein damaliges Logis mir sehr bekannt war und Kreutzfeld viele Jahre und vor ihm schon HE Kr Hippel gewohnt hatte. Er nahm meine Erinnerung wegen ein paar historischer Donatschnitzer ziemlich gut auf – und er besuchte mich dafür, wie ein Schiff abgelaßen wurde. Weiter kam unser Umgang nicht, und ich weiß auch nichts von dem, was er über die Ehe geschrieben. Ein Liebhaber vom Tanzen schien er zu seyn, dieser Stutzer von Thorn. Ein größer Rätzel ist es mir mit der Vertraulichkeit zwischen ihm u Glave. HE Stadtrath W. ist schon so gütig gewesen mir das Verständnis über die Adjunctur zu öffnen. Der Verschreib von 100 rth ist schon ein Hauptpunct. Kant habe den Kritiker mitgetheilt, aber nicht seitdem gesprochen. Daß die Episode über die symbol. Bücher ohne den geringsten Wink eines Ab- und Nachdrucks eingeschoben worden, begreif ich eben so wenig. Meinen verbindlichsten Dank an Herrn Pf. Kraft für ausgefertigten Taufschein. Es ist mir eine außerordentliche Freude Hülfe und compendium für mein Gedächtnis, daß mein Sohn den 27 Sept. der Vater den 27 Aug. u die Mutter den 27 Julii zur Welt gekommen. Finden Sie nicht auch eine chronologische harmoniam praestabilitam in dieser leichten, einfachen auffallenden Ordnung und ihrer aufsteigenden Linie. Für ein bloßes documentum domesticum wird die reservatio mentalis eines Stempelbogens hinlänglich seyn. Ich werde nicht ermangeln, ihm meinen persönlichen Dank dafür abzustatten; und denke nächstens all mein Schreibezeug zu reformiren, weil ich alle Augenblick eine andere Feder wechseln muß und mit keiner zu schreiben im stande bin. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin – Eben erhalte den Meßkatalog. Nächstens das übrige – lege den
    Spittler
zum Supplement des Sully bey – Ihr Joh. Georg Hamann.
Königsberg den 17. 8br Dom. XIX 84. Ich habe mich heute von des Morgens an bis auf den Abend in Geschäften umgetrieben, vom Friedländschen Thor angefangen, um meinen gestrigen Brief abzugeben und mit dem Waysenhause aufgehört, wo ich beym Prediger Lauwitz 2 theol. Bibl. gefunden, welche ich keinen Anstand nehme, Ihnen, mein gütiger Freund! zu übermachen, auch von beyden die Fortsetzung allmählich versprechen kann. Gestern blieb ausdrücklich zu Hause, um den ganzen Tag Briefe zu schreiben. Meine beyde Federmeßer waren verschwunden – und ich hatte alle Mühe auf der Welt Ihren zu Ende zu bringen. Da kam der Meßkatalog – und Kraus in einer so traurigen Gestalt, und that so kläglich und so finster, daß mir alle Lust vollends vergieng. Zu Zimmermanns Einsamkeit und der neusten Ausgabe des reisenden Franzosen kann Ihnen auch Hofnung machen. Von
    Kaspar Risbeck
wird eine
    Geschichte der Deutschen
zu Zürich für die Ostermeße angekündigt, wie auch eine verbeßerte vermehrte Ausgabe der Herderschen Briefe über das theol. Studium. Von Büschings Beyträgen zur Lebensgeschichte denkwürdiger Personen, besonders Gelehrten ist der 2te Band heraus. Die 3 gekrönte Preisschriften worunter des seel. Kreutzfelds sind auch zu Mannheim heraus. D. Semler hat in freymüthigen Briefen die Frage beantwortet: ob der Geist des Widerchrists unser Zeitalter auszeichne? Ein
    Mich. F. Semler
ist für mich ein gantz neuer Polygraph und hat unter andern den Horus widerlegt, auch ein
    Weißenbach
zu Basel und der rüstige
    Lüderwaldt
. Runds Geschichte von
    Boehmen
, wovon ich den ersten Theil gut und schön gefunden, ist auch mit dem dritten vollendet. Komische Romane aus den Papieren des braunen Mannes und des Verf. des Siegfried von Lindenberg sind auch ein Leckerbißen für meine Erwartung. Was mag das Leben J. G. Qvandts seyn? Hans Karl Freyherr Ecker von Eckhofen unzeitige Meinungen über die Schrift:
    über die Gewohnheit Mißethäter durch Prediger zur Hinrichtung begleiten zu laßen
, allen lieben toleranten und intoleranten Mitmenschen zur Prüfung hingelegt. Hamburg ist mir auch aufgefallen. Hat nicht unser Freund vor vielen Jahren unter diesem Titel eine kleine Abhandlung geschrieben? Hier haben Sie fast alles Merkwürdige welches ich für mich angezeichnet habe. Die mit lateinischen Typen gedruckte
    vertrauliche Briefe über die Religion
werden Ihnen schon längst bekannt seyn. Von den Betrachtungen eines Weltmanns, die Reich aus dem Fr. übersetzt und die ich auch noch nicht zu sehen bekommen, ist der dritte Theil heraus; ob es der letzte, weiß ich nicht. Philosophische Betrachtungen über Theologie und Religion überhaupt und die jüdische werden auch von mir erwartet. J. W.
    Meiner
hat auch die Lehre von der Freyheit des Menschen nach den in dem Prediger Salomo zum Grunde liegenden Begriffen entworfen. Herr von Moser eröfnet ein
    patriotisches Archiv für Deutschl
. von dem ich vermuthe, daß es schon unter einem gantz andern Titel angekündigt worden. Moritz hat seine Reisen verbeßert. Es ist also ein Glück, daß die erste Ausgabe hier gefehlt. Sollten Sie, lieber Herr Kriegsrath, etwa die allgemeine theol. Bibl. verstanden haben, welche zu Mitau ausgekommen, von Bahrdt u Mursinna, aber schon 80 aufgehört u wo ich nicht irre aus 7 Bänden besteht: so kann ich selbige aus eben der Gegend, wo ich beyl. gefunden, verschaffen. Noch fallen mir unter den Meßneuigkeiten Reisen eines Curländers durch Schwaben ein, als ein Nachtrag zum reisenden Franzosen. Kants Moral habe nicht gefunden; Hartknoch scheint aber erst die vorige Meße bloß nachgeholt zu haben. Jener wird an Sonnenfels u Kraus an Legationsr. Jacobi schreiben wegen des geistl. Abentheurers. Die nouvelles du jour sind theils komisch, theils tragisch. Erstere betreffen den Schwarzbachschen Luftball, deßen Himmelfahrt durch ein Meisterstück von Briefe vereitelt worden, den unser Vice Re an die Magnificenz geschrieben. Es thut mir leid, daß ich copiam davon nicht beylegen kann; aber die Tactik des Cabinetsstils wird allgemein bewundert. Das tragische betrift die Wittwe eines Generals von Werthes, der von seiner Frau und ihrem Liebhaber vergeben worden. Ob fugam vacui, bin ich nicht Ihrer Meinung, daß man
    nichts tadeln
    sollte
. Nil admirari – Sagt wohl Horatz. Aber
    loben
würde sonst auch Sünde seyn; und doch
    lobte
der Hausvater im Evangelio selbst den
    ungerechten Haushalter
, weil er klüglich gethan hatte. Nicht tadeln, sondern
    Richten
ist uns verboten, lästern, falsches Zeugnis geben. Hiob war ein
    leichtfertiger
Tadler, der Spötterey trunk wie Waßer XXXIX 37. XXXIV. 7. Seine Freunde eben so leidige Tröster als
    Kunstrichter
. Daher das Oracul zu Eliphas XLII. 7. Wenn Sie keine Concordantz haben; so borgen Sie welche um Ihre Meinung zu belegen, wie ich meinen Tadel derselben. Auch gefällt mir nicht recht Ihr Eifer gegen den luxum, den einige unserer Schriftsteller mit ihrem Verstande treiben. Anstatt dieses zu wehren, möcht ich lieber mit Moses sagen: Wollte Gott –
    Wahrscheinlichkeiten
sind nach meiner Bildersprache oder hieroglyphischen Logik blos die Provinzen oder vielmehr Gränzen vom
    Reich der Wahrheit
. – Und nun erlauben Sie mir allen Ausschweifungen meiner Einbildungskraft gute Nacht zu sagen, und mich von den heutigen Excursionen meiner Bothmäßigkeit zu erholen. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau Gemalin und entschuldigen Sie Ihren alten müden Freund Joh Ge Hamann. Adresse mit Siegelrest:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst
    zwey Büchern
.
Kgsberg den 18 8br 84. Herzlich geliebtester Freund, Den 30 Aug. erhielt Ihren letzten Brief u habe sämtl. Einl. sogl. bestellt. Ihrer Erlaubnis zufolge auch unter Dengels Couvert bey Unger ein Blättchen Druckfehler bestellt, aber weder er noch ich das geringste erhalten. Ich habe kein einzig Exempl. als das einzige für mich u habe für Kleuker 2 bestellen
    müßen
. Dengel hat auch die 12 erhaltene abgesetzt, ohn mehr verlangt oder bekommen zu haben. Hier bekümmert sich kein Mensch darum. D Lindner der gegenwärtig in Halle ist u ein tödl. hitziges Fieber noch in Wien aushalten müßen, thut deshalb Nachfrage. Unser alte Freund in W. scheint mein einziger ganzer Leser gewesen zu seyn. Kann also weder Ihnen noch unserm Arndt ein Musterexempl. beylegen.   Durch HE Cr. R. Jensch werden Sie ein Billet der Baroneße an mich erhalten haben, das aufzubewahren u mir mitzubringen bitte. Wie es mit der Rechnung der Lilienthalschen Auction zugegangen begreif ich nicht. Daß man mir das Geld ohne producirte u quittirte Rechnung nicht auszahlen können, versteht sich von Kaufleuten am Rande. Die Puncte vor einer Zahl: bedeuten allemal bloße gl., = bedeuten, daß es gleich dem aufgegebenen Preise erstanden worden. Die von Ihnen bezahlte Summe macht 583 fl 7 gl. Ich wünschte, daß Sie meine damals an Sie geschriebene Briefe zu Hülfe nehmen könnten um eine Vergleichung anzustellen. Die damals fatale Angelegenheit der Fooigelder machte mir so viel Unruhe, daß ich nicht in der Ordnung fortfahren konnte. Die gestohlne Bücher sind auch angemerkt. Ich habe damals auch darüber geschrieben. Sollten sich Bedenklichkeiten finden: so bitte deshalb, wenn solche der Mühe lohnen, mir Nachricht zu ertheilen, um allenfalls zu HE Cr. R. Lilienthal zu recurriren, mit dem ich damals jeden Posten verglichen und collationirt habe. HE Auerswald hat mir 4 fl. für den Shak. laut Ihrer Rechnung bezahlt. Er heyrathet eine Gräfin von Dohna Lauk und war auf einen Tag in der Stadt um zur Hochzeit Einkauf zu thun. Das Geld liegt in Ihrer Rechnung eingewickelt. Im Meß Katalog steht nur noch der Verlag von der vorigen Ostermeße. Ob Kant fertig geworden, habe nicht daraus ersehen können. Er hat bisher wacker für die Berlinsche Monatsschrift gearbeitet. Ihre Reiskiana liegen noch wie ich selbige erhalten. Ich habe sie noch nicht ansehen können – und hoffe, daß mir der Winter vielleicht mehr Muße geben wird. Mit Lausons Bibliothek ist auch noch nichts ins reine, wo ich noch ein Exemplar meiner sokratischen Denkw. zu finden dachte. Me Courtan hat nichts durch HE Balfour erhalten, und hat sich aus Noth bey Hartung hier versorgen müßen. Ich hatte schon einen Käufer zu ihrem Exemplar; derselbe erfuhr, daß es im Hartungschen Catalog u Laden für 4 fl 15 gl. feil wäre, ohngeachtet sie 6 fl. dafür bezahlen müßen. Laßen Sie, liebster Freund nach beyliegenden Papieren die Summe zusammenziehen und theilen Sie mir die pag. u no. mit, wo Sie nicht Auskunft oder Schwierigkeit finden. Ich habe mit aller mögl. Aengstlichkeit die Rechnung nachsummirt. Im Januar 83 ist das Geld der 583 fl. 7 gl. ausgezahlt worden. Ich verweise Sie noch auf meine damalige Briefe. Mein Sohn lebt noch auf dem Lande, wird auch wol den Winter noch zubringen u erst mit Ostern so Gott will! seinen academischen Cursum anfangen. Habe noch einen Sohn adoptirt, der mich schon diesen Sommer hat besuchen wollen, mir aber auf künftigen Hoffnung macht. Ein junger Mann 25 Jahr alt, deßen Hypochondrie keine feuchte, kalte Luft vertragen kann, übrigens reich, weich erzogen ist, aber viel Bedürfniße hat und mir Verbindlichkeiten schuldig zu seyn glaubt, von denen ich nichts weiß. Er lebt zu Münster in Westphalen und ich sehe seiner Erklärung auf meine Antwort mit Verlangen entgegen. Was macht Ihr lieber Sohn in Zürich? Werden Sie Albertinchen mitbringen?   Es wäre mir lieb gewesen, wenn das Blättchen von Druckfehler hätte beygelegt werden können. Dengel versichert daß ihm Unger keine Sylbe darauf geantwortet, auch nicht auf seine eigene Aufträge, sondern ihm unlängst ein Päckchen zugeschickt. Vielleicht kommen Ihre Meßgüter ehe an, als die hiesigen, daß Sie von dort aus das Exemplar nach Petersb. übermachen können. Der nächste Absatz ist abgeschnitten. Das Folgende auf der Adressseite: Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau Gemalin – und so thut mein ganzes Haus. Meine Hausmutter ist einige Tage bettlägerig gewesen an der Rose und kann sich noch nicht recht erholen. Wegen des Worts Psilosophie = leere/reine Vernunft, habe ausdrückl. eine Anmerkung gemacht und die meisten einige Druckfehler hätte der schlichte Menschenverstand vermeiden können, als ihm für ihre. All mein Mahlen und Vorschreiben hat nichts geholfen. Mit dem Druck bin übrigens recht zufrieden. Ob die bestellten Exemplarien besorgt seyn mögen, möchte ich auch gern wißen. Der alte Jacobi in Zelle habe auch eins zugedacht, um desto mehr da er meinem Freund Hill mit ein paar Gläser Wein auf Claudius mündl. Gruß was zu gut gethan. Wie es mit dem Blättchen zugegangen ob er selbiges nicht durch Dengel erhalten oder ob er es nicht der Mühe werth geachtet, wünscht ich auch zu wißen. Denn manche Stellen haben keinen Verstand u laßen sich gar nicht errathen. Ein doppelter Nachtheil für einen berüchtigten Bruder virorum obscurorum. Ich umarme Sie u ersterbe Ihr alter Freund JGHamann. Das Folgende ist teilweise abgeschnitten: ald mit einer nen Sie nicht rdinge für Postgeld. Mit einem Exemplar bedenken Sie mich
    Bitten
und meinen Dank. mein Vertrauen auf- et faue. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch, / zu /
    Riga
.
Pempelfort bey Düßeldorf den 18ten Oct 1784. Vermerk von Hamann: Erhalten den 13 Nov. Geantw den 1–5 Xbre 84 u wider geschrieben den 6 Jänner 85. Mein lieber Hamann Ihr Brief vom 2ten u 22ten November des vorigen Jahres, traf mich, in der Hälfte des Decembers, auf dem Krankenbette. Ich war lange sehr übel, und litte nachher noch mehr von dem Gedanken, daß ich meine Geisteskräfte auf immer verlohren hätte. Da mir endlich von dieser Seite wieder einiger Muth zu kommen anfieng, starb mein dritter Sohn, der im eilften Jahr u die schönste Hoffnung meines Lebens war. Er lag nun im Grabe und verweste, während sein Bild voll Leben, voll Geist und Liebe, mir immer vor der Seele stand. Meine Augen wurden nicht trocken darüber, daß sie ihn nie wieder sehen sollten. Wenn ich sage daß sie ohne mich, daß sie für sich allein weinten, so sieht es einer Spitzfindigkeit, einem Wortspiele gleich, und doch ist nichts so nackend wahr, so aus dem innersten Gefühl genommen. Die Mutter des Knaben hatte sich ermüdet, geängstigt, und war nun durch u durch verwundet. Sie wurde krank; erhohlte sich etwas nach einigen Tagen; legte sich von neuem, und starb. Ich hatte zwanzig Jahre lang, und von meinem zwanzigsten Jahre an mit ihr gelebt, und nie erblickt was ihr an Reinheit des Herzens, an Größe der Seele, an Liebe, Treue u himmlischen Wohlthun gleich war. Niemand der es nicht erfahren hat, kann wißen, kann nur ahnden was das heißt: Ueber alles zu lieben u zu verehren
    was nun todt ist
; nun auf immer unserm Anschaun, unserm Wohlthun,
    unserm heißen verzehrenden Dank entzogen
. Der Zustand worin diese schreckliche Trennung mich versetzte, hat keinen Nahmen. Ich hatte nie gedacht daß man auf dieser armen Erde so traurig werden könnte. Mit jedem Tage wurd’ es ärger, und kaum hatte ich drey Wochen so zurück gelegt, als ich eine andre heftige Erschütterung durch den Aufbruch des Rheins erfahren mußte. Die Ueberschwemmung dauerte fünf Tage, und ließ uns, unter abwechselnden Gefahren, die fürchterlichsten Auftritte sehen. So viele Stöße konnte mein geschwächter Cörper nicht aushalten; ich bekam neue Zufälle die allen Mitteln widerstunden; ließ mich auf das Frühjahr u die Landluft vertrösten, u wurde im May auch würklich etwas beßer. Es hielt sich aber mit dieser Beßerung nicht einmahl den Monath durch; mein Befinden wurde immer schlechter, und endlich vollends unerträglich. So entschloß ich mich gegen Ende des August, nach langem traurigen Hoffen, ziemlich trostlos und mit wenig Glauben, vor dem herannahenden Winter noch den einzigen Versuch der mir übrig blieb zu wagen, nehmlich eine Reise‥ Ich gieng zuerst nach Hofgeißmar, um dort den Münsterischen Leibarzt Hoffmann u ein paar Freunde aufzusuchen; hierauf nach Weimar zu meinem lieben Herder, den ich persönlich noch nicht kannte; u zu Göthe, den ich seit neun Jahren nicht gesehen hatte. Die anhaltende Bewegung; die beständige Abwechslung von Gegenständen und Gedankenformen; vornehmlich aber die seligen Tage die ich zu Weimar, wo auch unser Claudius sich einfand, lebte, haben mir ungemein wohl gethan, u ich bin gegenwärtig gesunder als ich es seit langer langer Zeit nicht wahre. Sie müßen, liebster Hamann, diesen weitläuftigen Bericht mir verzeihen, weil er zu meiner Entschuldigung, daß ich Ihren herzvollen Brief so lange unbeantwortet gelaßen, unentbehrlich war. Ihren Auftrag wegen des Fräulein von Bondely auszurichten, darauf war ich bedacht, so bald ich Ihren Brief gelesen hatte, welches erst im Januar geschah. Ich war damahls noch so schwach, daß ich vier oder 5 Tage dazu brauchte, um meine Ungeduld zu befriedigen. Meine Betty war noch im Leben, und diese schrieb, den Tag zuvor eh sie aufs Todtenbette sank, in meinem Nahmen an Sophie v Laroche. Hierauf kam die Antwort bald nach Betty’s Tode; aber die aus der Schweitz verlangten u verheißenen Nachrichten, erhielt ich erst, nach wiederhohltem Anmahnen im Juni. Nun konnte ichs nicht übers Herz bringen, den Auszug aus Kirchbergs Schreiben, den Sie einliegend erhalten, nur mit ein paar Zeilen an Sie abzuschicken; hoffte von einer Woche in die andre, daß ich mehr würde thun können, u hoffte immer vergebens. Ein
    Rechthabender
war ich von keiner Seite u in keinem Sinne ganz; und eben so wenig ein
    vollkommener Pflichttragender
, worüber ich am Ende dann ein Büßender geworden bin, der sich Ihrer Huld u Milde überläßt. Und da fügt es sich ja nun gar eben, daß ich Ihnen für Ihr Golgatha u Scheblimini, deßen Empfang mich zu Hofgeismar sehr erfreute, meinen besten Dank abstatte, wiewohl es die schlimme Folge für mich hatte, daß ich das Berlinische Jerusalem, an deßen Thore ich mich zu widerhohlten Mahlen – indem ich mir immer wieder neuen Muth einpredigte – gewagt hatte; jedesmahl aber mit – dem Herzen in den Hosen halb ohnmächtig zurück gekehrt war – nun würklich einnehmen mußte. Herder hat Ihnen vermuthlich schon erzählt, wie sehr wir alle zu Weimar uns an Ihrer Schrift ergötzten. Zum rechten Genuß derselben aber kam ich doch erst hier im Stillen. Das Mehrere darüber künftig. Ich habe jetzo noch zu viel des Alten vor der Hand, u muß mich darum vor dem Neuen hüten. Das einliegende Heft ist bestimmt, allerhand von mir an Sie auszurichten. Rede, daß ich dich sehe! Ich rede – Das Sehen ist an Ihnen. Unser Claudius versicherte, es würde Ihnen überhaupt durch die Mittheilung dieser Papiere ein Gefallen geschehen, und stärkte meinen Vorsatz. Je mehr Sie mir darüber sagen, desto lieber wird es mir seyn. Nicht daß ich von Ihnen begehrte „sich in ein Handgemeng mit Grillen einzulaßen, die keine Widerlegung verdienen, u durch keine Widerlegung geheilt werden können, weil die Dunkelheit im Augapfel des Sensus communis, u die Schwierigkeit in der Gebährmutter der Begriffe liegt“ – Sondern ich begehre nur, daß auch Sie reden, damit ich sehe! „Laßt uns nicht die Wahrheit der Dinge nach der Gemächlichkeit, uns selbige vorstellen zu können, schätzen!“ – ist eine vortreffliche Ermahnung, die aber von sehr entgegengesetzten Parthien ehrlich geschehen kann. Sie haben mir den Hang zur Grübeley vorgeworfen, und mir deßwegen einen Theil Ihres Mitleidens entzogen. Mir fielen sogleich die Worte des guten Toby ein: When I was a school-boy, I could not hear a drum beat, but my heart beat with it – was it my fault? Did I plant the propensity there? – Did I sound the alarm within, or Nature? – Was kann ich dafür, lieber Hamann, daß mein Exemplar der Natur gerade diese Buchstaben, diesen Syntax, und diese Lesarten hat? Strebe ich nicht mit ganzer Seele darnach, den wahren echten Sinn zu treffen? – Habe ich je gelernt um ein Gelehrter zu heißen u mich in den Künsten des Verstandes hervorzuthun – oder aus müßiger Neugierde?‥ „Herr, es thut mir wehe im Herzen, und sticht mich in meinen Nieren, daß ich muß ein Narr seyn, und nichts wißen, und muß wie ein Thier seyn vor Dir!“ Baco, den auch Sie verehren, wollte nicht daß die Geheimniße zu der Schwäche unseres Geistes abgerichtet würden, sondern unser Geist für die Größe der Geheimniße. Cum enim
    Deus
ipse opera
    rationis
nostrae in
    illuminationibus
suis utatur, etiam nos eandem in omnes partes versare debemus, quo magis capaces simus ad
    miysteria
recipienda et imbibenda. Modo animus, ad amplitudinem
    Mysteriorum
, pro modulo suo, dilatetur, non Misteria ad angustias animi constringantur.
    Philosophieren
da hinauf, werden wir uns mit u aus unserem gewöhnlichen Leibe nicht; sondern wenn es eine
    gewiße
Gottes Erkänntniß für den Menschen giebt, so muß in seiner Seele ein Vermögen liegen, ihn da hinauf zu
    organisieren
. Ich glaube – Herr, hilf meinem Unglauben! Lieber Hamann, ich wünsche von ganzem Herzen, Sie einmahl zu sehen, u habe öfter darauf gesonnen, wie es möglich zu machen wäre. Was Sie mir f von Ihrer Person u von Ihrer Lage melden, dafür danke ich Ihnen mit einem Gefühl, das ich nicht aufs Papier verschütten mag. Ich habe ein großes Vertrauen zu der Sympathie recht aufrichtiger Menschen. Fahren Sie fort, lieber lieber Hamann, wie Sie angefangen haben, und erzählen Sie mir immer mehr von sich selbst, von Ihren Kindern, Ihrer ganzen Lage – Was diese verschlimmern oder beßern könnte, u.s.w. U.s.w. Wenn Sie meine Papiere genug gehabt haben, so seyn Sie so gütig, sie versiegelt u mit meiner Adreße an die dortigen Herren Fischer u Lengnick abgeben zu laßen, welche sie alsdenn so gleich an mich zurück befördern werden. Sie können sich eben dieses Hauses bedienen, um auch einfache Briefe, ohne Porto zu verlegen, an mich abzuschicken. Fahren Sie fort mich als Ihren Freund zu lieben, und der meinige zu seyn. Ich umarme Sie von ganzem Herzen.Ihr Fr. Heinr. Jacobi. N. S. Ich bin nicht von Ihnen allein, sondern durchgängig für den Verfaßer der Erzählung
    Neßir u Zulima
gehalten worden; ich habe sie aber nicht geschrieben, sondern mein Bruder, der ehmahlige Canonicus zu Halberstadt, der mich nun verlaßen hat, um eine Profeßor Stelle zu Freyburg anzunehmen. Ihr Wohlgefallen an seiner Schrift hat ihn ungemein gefreut, u er wünschte, eben so wie ich, zu wißen, welches die 2 Stellen im Neßir sind, die auf Ihre Lage u Umstände, die innige Beziehung haben. Wenn Sie die
    Gedanken verschiedener über eine merkwürdige Schrift
(Etwas das Leßing gesagt hat) im Januar des Museum 1783 gelesen haben; so dient hiemit zur Nachricht, daß die Inhaber dieser Gedanken Dohm u Mendelssohn waren. Ich selbst beförderte damahls sie zum Druck. In Mendelssohns Aufsatz standen würklich die Worte, die ich in meinen Gegenerinnerungen (Februar des Mus. 83) blos supponierend anführte: „Ist denn aber Papstthum Demokratie?“ Einige Stellen Ihres Briefes die ich nicht unberührt laßen wollte, sind es nun in meiner Antwort doch geblieben. Das alles wird sich finden mit der Zeit. Vale et fave. den 22sten Oct.
Lieber Hamann! Ich habe zwei Ihrer lieben Briefe, denk ich, noch nicht beantwortet; Ihnen für Ihr Kornreiches, mir jedoch nach dreymahligem Lesen noch nicht
    ganz
verständliches
    Golgatha
und
    Scheblimini
, welcher Name mir ebenfals undeschifrirbar ist, noch nie Dank gesagt, gedankt wohl; Izt kann ich es, weil ich Buchholzen gern auf den gestern von Ihm erhaltenen Brief mit umgehender Post antworten mögte, nichts thun von dem allem; Ihnen auch nicht sagen, wie sehr Pfenninger, der Erzfreund Christus, damit zufrieden war, und es fast nicht leiden konte, daß ich über jede nicht ganz verstandne Zeile ein wenig ärgerlich war. Nur um des edeln, Gottgeliebten, menschenliebenden Jünglings
    Buchholz
willen schreib ich meinem lieben Nordischen Lehrer und Freund. Ich kenne wenige Menschen seines gleichen. „Nim ihn, das ist, mein Herz auf.“ würde Paulus schreiben, wenn er Hamanen seinethalben schreiben wolte. Er ist auserwählt, weisheit mit Gefühl – Wohlthätigkeit mit reifer Uberlegung zu vereinigen. – Könt ich beneiden, ich würde jeden Menschen beneiden, der ihn um sich hat. Ich darf nichts Schicksalisches wünschen – Sonst wünscht ich diesen unvergleichbar Edeln zu mir. „Also nim’ ihn, das ist, mein Herz auf!“ Es ist ein Moment des vorübergehenden Gottes – wo man, ohne Räsoniren, niederfallen, schweigen, anbeten muß – wenn uns solche Kinder Gottes und der Auferstehung in diesem Todesvollen und Gottesleeren Leben erscheinen. Also Lieber „alter Gebundener!“ – – Nim Ihn – (und alles, was an und mit Ihm u. durch Ihn ist und wird) Als ein Kind auf – als einen „Joseph“ – mit Israels Dehmuth und Freude! – Izt bin ich mitten im IV. und lezten Bändchen
    Pilatus
, und dichte über
    Leiden
,
    Tod
und
    Auferstehung
des
    Einzigtodten
und
    Einziglebenden
.
    Häfeli
ist wohl in Deßau.
    Stolz
ist wunderbar nach
    Bremen
berufen. Tobler komt nach Offenbach. Gott will zerstreuen und verpflanzen. Zürich den 20. Octob. 1784. J.C.L.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 10 Novbr. Geantw. den 13 – Lieber Hamann, So wenig meiner Augenblicke sind, ich muß Ihnen sagen – daß der liebe gute Kindischkindliche Nathanael Hill bey uns war, und – bald wieder von uns floh, obgleich Er nicht Worte finden konnte, für das Nichts, was Ihm in zwei Tagen geschehen konnte war, dankzusagen. Ihr Brief kam an dem Abende des Samstags, an dessen Morgen sich der Immervorwärts strebende von uns losriß. Ich sandte ihm denselben nach Meyland nach unter einer Enveloppe an einen Freund Pfenningers. Er war eben Mittwochs nach 10 Uhr Morgen den 22. Oct. angekommen, als Ihr Namen von mir auf die addresse geschrieben und auf die Post gegeben ward. Da ich Ihre Vatersorgfalt für Ihn kannte, that es mir leid, es Ihnen nicht gleich schreiben zu können. Daß Er so voll von Vater Hamann ist, wie ich von Christus zu seyn wünsche – gab mir eine neue liebliche Idee von Ihnen. Er sprach von nichts als von Ihnen und allen, die Ihm wohl wollten und wohlthaten. Es ist eine liebe Seele. Sie beleidigen heißt in Gottes Augapfel greifen – Sich ihr schämen, (wie Freund Hamann zu besorgen schien, daß ich’s thun mögte!) heißt sich der Menschheit, der Tugend und unschuld schämen. O wenn ich einmahl den Respekt für solche wesen verliere – dann ists aus mit meiner unsterblichkeit. – Er hätte wirklich in Zürich noch sehr viel Ihm Lebenslang nützliches lernen können – Aber sein Geist trieb Ihn weiter. Es schien, als ob Gott dieß Lauffeuer der Einfalt und Kindlichkeit nicht geschwind genug vom Nordpol zum Südpol treiben könne. Soviel von Ihm. Für jedes Wort, das Hamann schreibt, hab’ ich Respekt. Ich lese das Golgatha immer und immer wieder – streiche alles an, was ich verstehe, und alles, was ich verstehe, ist aus meiner Seele herausgesprochen – aber, ich peinige mich über den Mangel des Verstandes, und den Reichthum meines unverstandes, daß ich, der ich doch Sinn für alles Hamansche zu haben glaubte, so manches nicht verstehen, also nicht genießen kann – und an Verstehenslust denk’ ich, fehlt es mir doch auch nicht. Hie und da schien es mir auch schwertscharf gegen den unathletischen Moses – schärfer, als Haman es ihm mündlich gesagt haben würde… welches mir, um Christi willen und der Salzfreundlichkeit des Evangeliums willen etwas Mühe machte. – Seite 58–64. besonders hat mir wohlgemacht. Das goldenste aber war mir die Stelle S. 48–51. Der
    Schmetterling
ist nicht zu bezahlen. So was ist ewig. So viel von
    Golgatha
und
    Scheblimini
! Nun noch ein Wort über
    Buchholz
– Postskript zum Lezten.
    Buchholz
ist einer der auserwähltesten, feingebautesten, zärtesten, feinsinnigsten, gutherzigsten, edelsten Menschen, die ich gesehen. Er hat schon vor 5 u: mehr Jahren durch seine persönliche
    Erscheinung
in Zürich einen
    Erscheinungsmäßigen
Eindruck auf mich gemacht. Desiderium sui reliquit. (Mein einziger Maßstab, im Vorbeygehen zu sagen, für alle Menschen, Schriften, Vergnügen, – Speisen – (die ich geniesse) Ich fand ihn nachher wieder – glücklicherweise – in Manheim, aber durch Kränklichkeit beynah unkenntlich geworden, zaghafter, zusammengeschrumpfter – aber immergleich voll Licht der Erkenntniß, voll Durst nach Wahrheit, und wie’s mir schien – durch mancherley Dehmüthigungen zu einer erhabenen Bescheidenheit und Kindereinfalt geläutert. – Ich wiederhohle – daß ich Ihn zu den ersten Menschen die ich kenne zu rechnen, nach meiner ruhigsten überzeugung gedrungen bin.
    Hill
hatte eine ganz unendliche Freude über diesen Jüngling Gottes, der Vater Hamanns Leben zu erleichtern dürstet. Der 15. Nov. ist mein, mich ins 44ste Jahr führende Geburtstag – o mögte die Freude, die Gott Buchholzen würdigte, Ihnen zu machen – auf diesen Tag fallen!
    Häfelin
ist überwohl in Dessau.
    Pfenninger
ist unter seinen Arbeitslasten und 9 Kindern immer die Zufriedenheit selbst – Gestern vollendete ich den III. Band der Messiade, nämlich das lezte Stück, was ich noch nicht gemacht hatte – die
    Erscheinung der Heiligen
. … Meine süsseste Arbeit auf Erden war der dritte Band der Messiade. Leiden und Freuden des Menschensohnes. Ich kann nicht mehr. Grüßen Sie alles, was gern Grüsse von mir annimmt – besonders den mir durch
    Hill
liebgewordnen
    Dippel
oder
    Hippel
– und den
    Johann Michael
. Wie ich
    Hillen
inn seinen Paß schrieb, schreib’ ich Haman in seinen Brief – „Wer ihn nicht lieb hat, von dem will nicht geliebt seyn Johann Caspar Lavater. Z. den 27. Oct. 84.
Liebster, guter, treuer H. 1. Ihr Brief hat mich herzl. erfreuet: er kam, da Fr. Jacobi u. Claudius hier waren u. wir Sie, Sie, Sie, so oft zu uns wünschten. Claudius ist hier nicht warm geworden; er sehnte sich unmittelbar nach seinem ankommenden Gruße nach dem Postwagen, der ihn wegfahren sollte u. ob er gleich von Sonnabend bis Dienstag hier war, so war er doch wie abwesend. Jacobi habe ich zum erstenmal kennen gelernt, ein edler lieber Mann, voll Geist u. Herzens, der sich aber selbst verzehret. Der Tod seiner Frauen hat ihn noch zuletzt ganz hingerichtet u. ich wünsche ihm, daß er sich erhole. An Ihnen hangt er sehr: ihre Schriften sind ihm Balsam; wie er überhaupt ein Mann ganz vltra gustum communem ist. Eine Bekanntschaft solcher Art muß die Last von dreißig andern ersetzen, die dörren u. krank machen; aber nichts geben u. von welchen wir seit einiger Zeit erstaunend leiden. Fast keine Woche ist seit se dem Frühling unser Bethlehem in Juda von Fremden leer gewesen, daß ichs fast nicht mehr ertrage. Die Fr. v. Reck ist noch nicht erschienen und da sie sich schon seit 4. 5. Monaten öfters vergebens durch die jungen Neanders hat anmelden laßen: so gehts ihr fast wie l der letzten Weltankunft bei den Spöttern, u sie wird nicht mehr geglaubet. Reichard ist nicht hier gewesen u. ich sende ihm Ihren Brief mit dieser Post nach Berlin nach. Den jungen Buchholz aus Münster kenne ich persönlich. Vor 3. oder 4. Jahren war er mit dem Statthalter hier u. ich gewann ihn, gleich aufs erste Ansehen, bei Hofe sehr lieb, daß ich ihn auch nach meinem Hause nahm u. meiner Frauen zeigte. Er blieb nur Einen Tag u. hat seitdem Einmal an mich geschrieben, worauf ich ihm leider! nicht geantwortet habe. Voriges Jahr hörte ich, daß er auf Reisen gewesen u. der Referent, der ihn in Mannheim lange gekannt zu haben vorgab, beschuldigte ihn der Schwärmerei mit Lavaters, Hemsterhuis, Ihren u. meinen Schriften. Nachher habe ich nichts von ihm gehöret. Er ist ein junger, liebenswürdiger Mensch, voll Innigkeit u. ganz außer der gewöhnlichen Weise. Er ist reich u. kann seinem Geschmack folgen. Ihr Zug hat Sie also nicht fehlgeleitet, u. ich wünsche, daß auch die Weißagung Ihres Herzens daß wir uns einander noch wiedersehen, prophetisch seyn möge. Es wäre für mich eine seltene u. einzige Freude; so wie für meine Frau u. Kinder. Gott gebs u. er giebt ja was uns gut ist. Wie soll ich Ihnen für die Mühe danken, mit der Sie mir Ihre Metakritik geschenkt haben. Es sind herrliche Fingerzeige drinn, ganz für die Ahndung meines innern Sinnes, der eben so sehr nach dem Ursprung u. Quelle der Sprache u. Weisheit schmachtet, wie Sie u. bei allen löcherichten Brunnen umsonst schon nach Waßer gesucht hat. Das Ende meines zweiten Theils der Ideen wird hierüber mein Herzensbekenntniß wagen; leider aber ist von diesem
    2ten
Theil noch kein Wort zum Druck abgeschrieben worden: es liegt noch alles in Materialien u. dem ersten unvollkommenen Abriß begraben. Zerstreuungen u. das unselige Heer der Fremden, so wie mancherlei Verdrießlichkeiten u. Unmuth haben mir bisher Geist u. Herz so auseinander gescheucht oder zusammengeschnüret, daß ich zu keinem freien Gedanken Raum gehabt habe. Jeder der meinen Zustand kannte, würde sich wundern, daß ich noch eine Zeile zum Druck schreibe u. ich wundre mich selbst: so unzusammenhängend mit meinen Geschäften, so ganz ohne Lust u. Anmunterung ist meine armselige Autorbestimmung. Sie ist die Arbeit eines Taglöhners, der sich nach dem Schatten sehnet u. auch dieser, hoffe u. weiß ich, wird mir werden. Alsdenn hänge ich mein mit Tinte u. Druckerschwärze besudeltes Kleid dem Janus auf u. will meine Feder der heiligen Jungfrau weihen. Mitte Novembers hoffe ich meine Phantome zusammen zu suchen u. will, was unter ihnen Idee seyn möchte, mustern. Wünschen Sie mir Glück zur mühsamen Arbeit, die dem 2. u 3.ten d. i. letzten Theil in reichem Maas bevorsteht. – Nichts hat mir dies Jahr gelingen sollen u. so ists mir auch mit dem Krittler u. Kräckler Hartknoch gegangen, nicht ohne meine Ahndung. Als er hieher kam u. mit meiner Frauen alle die Anerbietungen kam that, die ich immer abzuwenden u. zu verreden suchte, sagte ich gleich u. sagte es immer neu: „ich kenne ihn; es ist mit ihm nichts.“ Ich mußte mich recht dazu zwingen, ihm auf sein ewiges Vorwerfen u. Mahnen das Buch zu geben u. nun macht ers so. Meine Frau soll Ihnen den Vorgang in extenso schreiben: denn ich habe dazu nicht Zeit. Aber nur das Eine, daß Er eigentl. den Hohn u. Spott angefangen hat, nicht ich. – Nun, wie ihm sei. Die Ideen soll er haben; aber auch nichts mehr. Ich habe mit dem Buchdrucker bereits gesprochen u. wenn der HE. Verleger nicht schreibt, so schicke ich ihm, wenn das Buch gedruckt ist, einen höfl. Brief, daß wir uns mit einander abrechnen u. damit Gott befohlen. Das Symbol meines jetzigen fatalen Jahrs ist: vergiß, was dahinten ist; u. in dieser Lehre werde ich Schritt vor Schritt geübt. Gnug deßen! 2. So sehr ich mich über die Sammlung Ihrer Schr. freuen, liebster H., so ganz u. gar mißfällt mir der Titel = Saalbadereien; sie mögen auch Ursachen anführen, welche Sie wollen. Ich bitte Sie um unsrer Freundschaft willen: opfern Sie ihn mir auf: denn ihre Sokratischen Denkw. ppp gehören doch wahrlich nicht unter diesen Namen, der in der That die Wirkung des Buchs stört u. seinen reinen, wahren Gesichtspunkt hindert. Ich lege also ein förmliches u. feierliches Interdict drauf u. kanns thun, weil mein Kirchensprengel an die Saale grenzt u. ich alle Eingriffe in die Badereien derselben aus Recht u. Macht, auch des Eigenthums aller u. jeder
    Saalbader
wegen, die zumal in Jena an ihr wohnen, verbieten kann. Alle Ihre vorigen Titel, zumal der ersten Schriften, sind so rein, u. ausdrückend u. gewählt, daß der Name der Sammlung ihnen entsprechen muß; u. gewiß ihnen entsprechen wird, wenn sie noch einmal dran denken. Ich sagte Claudius davon u. er war ganz meiner Meinung. Da nun in 2. oder 3. Zeugen Munde, alle Sache besteht: so p, halten Sie es für conclamatum est u. setzen einen andern Namen vor, deren Sie ja solche Menge in Ihrem tief ausdrückenden Herzen haben. Ich hoffe, Sie werden mich bald damit erfreuen oder ich bewege dagegen Himmel u. Erde. Mich freuet der Gedanke der Sammlung sehr; verändern oder verkürzen Sie doch aber nicht viel, u. beschenken sodenn mich u. Göthe, (der Ihre Schriftchen alle ungebunden in einer eignen Lade, wie in einem Heiligthum gesammlet hat) mit einem hübschen Expl. auf Postpapier. Ich wills wettmachen, wenn ichs zu thun vermag. Sobald Sie von Mendels. Aufnahme Ihres Golgatha etwas erfahren: so theilen Sie mirs doch mit. Uns, d. i. Göthe, Jacobi u. mir hat es herzl. Freude gemacht; von so verschiednen Seiten wir auch die Schädelstäte faßen mochten. Auch dieser Titel ist so außerordentl. schön u. paßend (Scheblimini verstehe ich nicht; wollen Sie mir wohl mit einem Wort Aufschluß drüber geben?) daß ich mich ärgre, daß
    Golgatha
, (dem prächtigen Jerusalem entgegengesetzt) daß Kreuzzüge des Philologen u. f. E. unter jenen Titel kommen soll. Also, lieber Gevatter, rein ab! rein ab mit dem Titel. Sie verzeihen auch meine Andringlichkeit, weil mir die Sache sehr anliegt u. der Titel, so wie unser Gesicht, Ausdruck des Innern seyn muß. – – Die Mem. de Volt. kann ich Ihnen leider! diesmal nicht schicken; mein Expl. hat Berlepsch mitgenommen u. sonst ist keins hier. Ich wills aber von Gotha aus baldigst besorgen. Mem. de Volt. ist der Titel, auch auf dem Fr Pariser Expl., das ich zuerst gelesen habe; es kann indeßen seyn, daß noch ein anderer Nachricht Nachdruck unter obigem Namen, um den Lästerer Volt. zu schonen, vorhanden ist. Es sollen mehrere Vies privées von der Art vorhanden seyn z. E. du Duc de Chartres p deren keins ich aber gesehen oder zu lesen Lust habe. Man lieset nichts als die geheime Schande des Jahrhunderts. – Wollten Sie mir auf Ostern durch Hartkn.* oder wer sonst zur Meße geht, Mezgers Disput. von der Selbsterkenntniß schicken: so verbinden Sie mich; ich habe neulich seine andern Sachen gelesen oder vielmehr durchlaufen u. ohngefähr das über ihn geahndet, was Sie mir schreiben. Wenn irgend eine gescheute Rec. der Ideen in meinem Vaterlande, dem ich freilich exsul u. extorris bin, erscheint: so erinnere ich Sie an Ihr Versprechen. Es ist jemand hier, der die Rec. drüber aus Neugierde sammlet. – Mosers polit. Journal haben Sie doch gelesen? Er hat mir den ersten Theil zugeschickt, in den er ein Fragment von einem Briefe von mir namenlos eingerückt hat; ich hoffe, daß es Niemand kennen werde. Aber sein Buch über die Regenten müßen Sie ja lesen. Der jüngere Sto Graf Stolberg hat in dieser Meße:
    Jamben
herausgegeben, in denen auch starke Stellen gegen die Götter unsres Jahrhunderts sind; doch wie mich dünkt mehr noch aus der vollen jugendl. Brust als aus dem in der Mittagshitze der Trübsal gedörrten u. reifgewordnen Herzen. Und was hilft endlich alles Reden u. Keuchen? Sie lachen ins Fäustchen und sind,
    die sie sind
, wie Joseph der Reformator u. am Ende jeder Narr in seinem kleinen Winkel. Mich graut, wenn ich für mich u. meine Kinder an die politische Zukunft denke! Deus providebit. Nun liebster H., verzeihen Sie das Mengsel meines Briefes, das gnugsam von meinem armen u. leeren Kopf zeigt, so wie von meinem umhergetriebnen dürren Herzen. Gott laße uns dem neuen Kirchenjahr mit Freude entgegengehen u. das alte als einen Plunder von uns werfen. Der Himmel sei mit Ihnen u. den Ihren, vorzüglich Ihrem ältesten Sohn, an dem Sie bald viel Freude u. Trost haben mögen. Meine Frau, die jetzt auch eine Nichte bei sich hat u. also mit 7. Zweigen umkränzt ist, grüßet sie sehr u. wird selbst schreiben. Die Kinder sind so ziemlich u. empfehlen sich Ihnen, wie insonderheit Ihr Pathe, der fleißig lernt u. zeichnet. Empfehlen Sie mich
    Kant
u.
    Scheffner
, an den ich immer mit Hochachtung u. alter Freundschaft zurückdenke. Eine jugendliche Fehde machte mich mit ihm bekannt u. ich habe einige Jahre lang viel angenehme Briefe von ihm gehabt, bis meine Entfernung aus Riga mich auch ihm entfernte. Ich wünschte, daß da er als
    Sulli
u.
    Necker
nicht wirken kann, er doch als ein solcher schriebe: so machte er sich doch auf einige Art andern Entfernten gegenwärtig mit seinem Geist. Ist Ers nicht, der den etwas vom Guicciardini übersetzen wollte? – Leben Sie wohl, liebster H., u. laßen Sie mich bald etwas von Ihnen lesen. * Ich bitte ihm etwas Guts von mir zu sagen.
VerEhrungswürdigster Freund u Gevatter! ich habe es auf mich genommen Ihnen die Verhandlung der Philosophie der Geschichte, wie sie entstanden ist bis zur Abrechnung zu schreiben; ich werde die Tugend meines Geschlechts dabei beobachten, nemlich
    umständlich
zu berichten, damit Sie als Richter alles wissen. Als Hartknoch vor einigen Jahren bei uns war bat er meinen Mann um eine neue Ausgabe der Philosophie weil die erste vergriffen sei; (wie wir auch von andern schon gehört hatten) Er machte ihm einen liebreichen Verweiß daß er die Ebräische Poesie an die Buchhandlung der gelehrten gegeben hätte. Ich sprach hernach allein Mein Mann antwortete er wüßte nicht ob er (Hartknoch) Vortheil oder Schaden von seinen Büchern hätte, glaubte auch nicht daß er soviel dafür gäeben würde oder könnte als die B. d. Gelehrten. Hartknoch versicherte er hätte keinen Schaden an meines Mannes Büchern u.s.w. Auch frug mein Mann ihn öfters: bin ich Dir noch etwas schuldig von Riga aus, so sage mirs, mache mir die Rechnung, ich will ins Reine mit Dir kommen, damit ich weiß, was ich hernach für mich u. meine Kinder arbeite. Hartk. antwortete;: das ist alles längst abgethan, ich habe alles verbrennt u. ich bin durch die Fragmente bezahlt. Darauf nahm ichs über mich mit Hartknoch über die Philosohphie zu reden, weil es meinem Mann äußerst fatal ist seine Bücher zu verhandeln, u. ers viel heißer als Herr Hartknoch wünscht, nicht ums Brod schreiben zu dörfen. Ich sprach also allein mit Hartknoch darüber; sagte ihm, daß Wieland für seinen Horaz
    Drei Louis d’ors
für den Bogen erhalten hätte; wir m. Mann hätten 2 Carlins für die Ebräische Poesie gefordert, doch hätte Bertuch als Unterhändler herabgehandelt auf 2 Louisd’ors u. nach Verlauf von 5 Jahren ist mein Mann wieder Eigenthümer seines Buchs. Hartknoch bezeugte mir, daß er sogar 2 Carlins geben wollte; ich zeigte ihm sogar den schriftlichen Contract mit der Buchhandlung u. sagte mehr als 2 Louisd’ors würde mein Mann nicht nehmen., dabei bliebs; er versprachs noch selbst meinem Mann u. sagte ihm: Du kansts drucken lassen wie Du willt. Mündlich u. Schriftlich wiederholte er, noch nicht mehr als 1000 Exempl. abdrucken zu lassen. Das Buch wurde kam an Ostern heraus, wie Sie wissen, ich schrieb selbst abn Hartknoch nebst meinem Mann, u. bat ihn zu uns zu kommen, u. Geld mit zubringen; er wüste daß er 2 Louisd’ors für den Bogen versprochen, (setzte aber in Asmus Art u. Ton hinzu, wollte er 2 Carlins geben, so würde ich nichts dawieder haben; ich seie krank, hätte schon viel verdoctert u. dergl. mehr). Diesenr Brief erhielte er ging von hier ab in der 1t Meßwoche den 7 Mai u. den 5 Juny erhielten wir endlich Antwort,; u. vorzüglich an mich gerichtet, da ich will sie Ihnen, ihrer sonderbaren Art wegen ganz abschreiben: „– nun zu unsrer Sache u. das erfordert eine frische Seite. Ihre Frau Gemahlin, die sich mit uns Buchhändlern zu handeln vortreflich versteht, verlangt 2 vollwichtige Carolins oder 2 alte Louisd’ors für den Bogen der Ideen. Das ist sehr viel Frau Autorin! Als Ihr Mann vor die Hebräische Poesie 10 rl. pro Bogen bekam, gestand er selbst, daß das viel wäre u. daß er so viel von einem Buchhändler, dessen Acker u. Pflug der Buchhandel ist nicht erwarten könne. Ich erbot mich dazu, u. will mein Wort halten. / Alle Lücken in den Ideen ungerechnet, betragen 2 Bogen davon, nur 1 Bogen der Hebräischen Poesie. Sehen Sie hier die ersten 4 Zeilen aus den Ideen p im Format u. mit den Lettern der Hebr. Poesie abgesetzt u. bemerken Sie, daß Zeile auf Zeile geht. 26 Zeilen hat eine Seite der Hebr. Poesie, u. nur 24 eine Seite der Ideen. Ich würde mit Ihnen von solchen Dingen nicht so kaufmännisch reden, wenn ich mich nicht vor allem Verdacht des Betrugs, Nichtworthaltens p frei u. sicher stellen wollte. Uebrigens befehlen Sie frei worinn ich dienen kann, u. es soll herzlich gern geschehen. Zum Beweise daß ich alles nur mögliche thue, sende Ihnen hierbei à 2 Carlins pro Bogen der Hebrä. Poesie, oder à 1 Carlin pro Bogen der Ideen p für 40 Bogen, 40 Carlins thut 160 Laubthaler welche wohl zu empfangen wünsche. Noch sind 545 Exemplare davon vorräthig, ich hoffe aber, auch diese werden in einigen Jahren nachgeholt werden, wenn der böse Nachdruck nicht darzwischen kommt. Ich hätte lieber 1500 Auflage gemacht u. wenn dies beim 2ten Theil noch redresirt werden kann so thun Sie es. Die 2 ℔ Thee kosten 2 Ducaten u. wir halten zu einer andern Zeit Rechnung darüber, so wie über das Flachs u. die gesandten 100 Ducaten. Leben Sie wohl. Hartknoch.“ Wie sehr wir über diese edle Verkleisterung des Nichtworthaltens betroffen waren, kann ich Ihnen nicht genug sagen! Es gehört nur ein mittelmässiger Kopf dazu um die Himmelweit verschiedne Arbeit dieser der
    Ideen
u.
    Ebr.
    Poesie
zu erkennen! Mein Mann hat
    Ein
Theil der Ebr. Poesie in 6 Wochen mit der grösten Musse gearbeitet; die Ideen hingegen vom November an bis Ende Mitte Aprils. Und mit welch unsäglicher Mühe von Lesen, Aufsuchen, Vergleichen um ein reines Resultat heraus zu kriegen! Und wie viel hat er im Manuscript ausgestrichen damit es ein kurzes lesbares Buch werde. Es ist sozusagen 7mal geläutert worden, um nicht weitläuftig oder wiederholend zu seyn. Auch sind alle, im Lesen so sehr störende Citationen weggelassen worden pp und nun kommt der HE. Verleger u. mißt es nun nach der Elle der Buchstaben u. Worte ab! Kränkend u. ärgend ist diese elende Behandlung! Wie oft hat er nicht zu meinem Mann gesagt: Du kanst es drucken lassen wie du willt. Es thut im Ganzen nichts! Und dies ist auch wahr. Die Buchhändler verhandeln vorzügliche Bücher den Bogen 1 ggl. Es sind 40 Bogen der Ideen, also 40 groschen oder 1 rl. 16 gl. sollte das Exempl. kosten; Nun werden kosten die Ideen nur 1 rl. 12 gl. Sehn Sie also wie grosmüthig Herr Hartknoch gegen das Publikum gehandelt hat; er schenkte ihm lieber an jedem Exemplar 4 gl. um es im Ganzen dem Autor, dem ers Wort darüber gegeben, zu entziehen. An 1000 Exempl. 4 Groschen, macht „166 rl. 16 gl. hätte er diese noch zu den 40 Carlins gethan, welche in thaler betragen „250“ – so wäre meines Mannes rechtmäßige Summe von 80 Louis d’ors (Summa 416 rl. 16 gl.) à 5 rl. = 400 rl. herausgekommen u. Hartknoch hätte noch 16 rl. 16 gl. gewonnen. In einem andern Brief sagte er meinem Mann: es sei ja nicht seines Amts um Geld zu schreiben, er hätte ja sein geistl. Amt wovon er leben könnte. Er wollte, wir wären noch in Bückeburg! der Aufenthalt in Weimar u. einem Hof sei uns nicht gut. Auch hätte er Kinder für die müste er sorgen, u. mehr dergl. Was geht ihn alle das an zu was wir das Geld brauchen? er hat seine Pflicht als Verleger zu thun u. nach seinem gegebenen Wort zu bezahlen; mein Mann hat die seinige erfüllt u. ihm das Buch geliefert. Welch hämische Ausflüchte sind dies Alles! u. haben wir nicht auch Kinder? u. mehr als er, sechse; u. seit 4 Wochen das Siebende, nemlich die Tochter meiner ältesten unglücklichen Schwester aus Strasburg, die wir nun auch erziehen. Warlich so viel wenden wir nicht an diese 7 Kinder, was Hartknoch schon an seinen einzigen Sohn schon gewandt hat. Und was gehört dies Alles hierher? Mein Mann hat ihm geantwortet, nicht Geldgierig, aber gerecht. er soll
    sein gegebenes Wort halten
. Weder Grosmuth noch Unrecht wolle er von ihm. Nur Recht. Die Auslagen für Neumann sollen abgerechnet werden u. das nächste mal die 100 Ducaten. Er möchte bestimmt antworten ob er 2 Louisd’ors geben wolle oder nicht? Auf diesen Brief hat er noch nicht geantwortet. Die Zeit rückt heran; können Sie bald Antwort verschaffen so thun Sie es, herzlich verEhrtester Freund, ich werde
    nie
an Hartknoch mehr schreiben, u. mein Mann hat ihm die Berechnung nicht so detailirt wie ichs so eben gethan habe. Es ist nöthig u. nützlich daß ers weiß, u. mit Augen sieht. Meiner Gesundheit hat es keinen geringen Stoß gegeben – ich war ohnehin nicht wohl u. litte, da diese Kränkung kam. Verzeihen Sie meine Weitläufigkeit u. Geschmier, ich bin oft von den Kindern unterbrochen worden. Leben Sie tausendmal wohl mit Ihrem lieben Häuflein! Die Vorsehung erfülle zu ihrer Zeit unsre Wünsche, wie die zärtliche Mutter die Bitten ihrer lieben Kinder erfüllt u. führe uns noch auf dieser Erde zusammen! Ihre mit Herz u. Seele ergebene W. den 28 Oct. 1784C. Herder
Kgsberg den 31 8br Dom XXI. p Trin 84. Liebster Gevatter, Landsmann und Freund, Habe heute den ganzen Tag trübsinnig zu Hause zugebracht, ohngeachtet ich schon gestiefelt war unsern Dorow zu besuchen, der noch bey späten Abend mit Freud und Leid mich überrascht. Vormittag sprach auch Friedrich zum ersten mal bey mir nach seiner Heimkunft an, und er ist willens mit dem Neuen Jahr nach Memel zu gehen, und dort sein Heil zu versuchen. Gott erhalte und vermehre Ihre Häusliche Ruhe und Glückseeligkeit, in einem treuen Arm sich Ihres Leben zu erfreun – und schenke Ihnen bald das neue Unterpfand Seines Seegens und Ihrer herzlichen Liebe. Wie komt Claudius nach Schlesien? er ist doch kein Herrnhuter, oder was sind seine dortigen Seelenfreunde? Etwa Haugwitz. Das Schicksal der Lebenden geht mich näher, als der Todten. Am Ende des Junii erhielt einen Brief vom ältesten Hogendorp, nebst ein paar Zeilen von seiner würdigen Mutter. Ich bin noch nicht im stande gewesen darauf zu antworten, weil mir graut die Feder anzusetzen, besonders im französischen. Ein jüngerer Brief war jenem lange zuvorgekommen, und ich hatte ihn daher für verloren gehalten.
    Karl
wird so gut die Feuer- als Waßerprobe aushalten. Was Sie mir von dem jüngeren Schmohl melden, beruhigt mich über unsers guten und ehrl. Vetters Schicksal, und wird auch seinen Eltern zum Trost gereichen. Ein Hunger u Kummer Leben, mit Chimären im Kopf u. einem nagenden Wurm im Herzen – vertreibt die Bitterkeit des Todes. Hintz ist vorige Woche durch gegangen und hat mir Nachrichten aus Weimar gebracht, von da ich etwas durch Sie erwartet habe und erhalten sollte – welches aber, wie ich ersehe, nicht geschehen können. Wo ist Ihr Leuchsenring geblieben? Daß er nicht der
    reisende Franzos
, hab ich Ihnen, meines Wißens, schon gemeldt. Kraus wollte schon vorige Woche die Reliquien unsers seel. Kreutzfeld Ihnen übermachen; zweifele aber, daß es geschehen. Wenn ich alter Mann nicht zu ihm gehe, zu mir kommt er nicht. Bitte mich auch mit einem Exemplar zu bedenken, da Sie die Ausstattung über sich nehmen. Was soll ich Ihnen sonst melden? Mein alter Kopf sorgt sich stumpf und grau und schachmatt. Dem seel. Sander zu Ehren hab ich meine Frisur
    umgeschaffen
, (wie der Hofprediger M. Schultz in seinen Erläuterungen über Kants Kritik sagt) und mir eine runde Rectorperücke zugelegt. Mein Sohn lebt noch zu Graventihn und wird erst vermuthl. zu Ostern seine akademische Laufbahn antreten können. Meine freundschaftliche Empfehlung an Ihre nächste Freundin mit dem Wunsch, daß Sie bald eine fröhliche Kindermutter werden möge, und an den ganzen lieben schönen Kreis Ihres Hauses. Meine 3 Mädchen grüßen und küßen Louischen und Pathchen Julie. Ich umarme Sie und ersterbe mit alter Treue Ihr ewig ergebener Landsmann, Gevatter, Freund u. Diener Johann Georg Hamann. Was macht der Königl. Bibliothekar D. Biester, daß er nicht B sagt? Es fehlen aber noch 2 Monathe am gantzen Jahrgange – u vielleicht erbarmt sich ein ehrl. Jude und bringt ihn mit, daß ich das Biergeld des Postträgers ersparen kann, wie den verfluchten fr. Haarbeutel an meiner Rectorperücke. Nicht nur Seewaßer sondern Blut möchte ich den Hunden ins Gesicht speien, – mit der Gratification wird es wie mit Fooien gehen, und mit dem Holtzklobenetat können sie auch noch nicht fertig werden. Was für infame Memoires posthumes von unserm philos. Jahrhundert werden noch ans Licht kommen! Mein Nachbar hat diese Woche seine Barbe, die General Hure, welche ihn en canaille bestohlen u gekrönt, ausgesteuert, (heute ist Nachttag) an einen Grosbürger u Mältzenbräuer der Altstadt. Gute Nacht! Adresse:
HErrn Reichardt / Königl. Capellmeister / zu /
    Berlin
.
HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath, und Freund Sie erhalten hiebey den 2ten Theil der Döderleinschen Bibl. die mir mehr Gnüge thut, als die Quedlinburgsche, mit dem ersten Theil der Meinersschen Reisebeschreibung, deren Folge mit dem Meßgut erwartet wird. Der
    reisende Franzose
hat zwar zu dieer circulirende Bibliothek gehört, ist aber von Lil. verkauft worden, weil fast gar kein Unterschied der beyden Auflagen seyn soll, und ich wegen des gröberen Drucks auch die älteste vorziehen würde. Sie hätten also gantz sicher ihn aufs Land mitnehmen können; denn auf den Fall, der Sie davon abgehalten hat, würde ich nicht ermangelt haben, Ihnen davon etwas merken zu laßen, wie ich es gegenwärtig in Ansehung des Ackens thun muß, weil es mit dem Spittler desto mehr Zeit hat. Bey der Uebersetzung des Schwedenborg kann man sich gar keinen Begriff von dem Besondern seines lateinischen Styls machen, der wirklich etwas Gespenstermäßiges an sich hat. Wie unser Kant damals sich alle die Werke seiner Schwärmerey verschrieb, hab ich die Ueberwindung gehabt, das ganze Geschwader dicker Quartanten durchzulaufen, in denen eine so eckle Tavtologie der Begriffe und Sachen enthalten ist, daß ich blutwenig und kaum über einen Bogen auszuzeichnen fand von dem, was sich durch etwas Gründliches oder wirklich etwas Paradoxes auszuzeichnen schien. In Curland fand ich eine ältere Schrift von ihm de Infinito, die gantz im wolfischscholastischen Geschmack geschrieben war. Von seinen metallurgischen Schriften, die sehr gelobt werden, hab ich niemals was zu sehen bekommen. Daß Niemand von seinen zahlreichen Uebersetzern etwas zuverläßiges von seinem Leben zusammen gebracht, wundert mich auch, und daß man bey einer Nervenkrankheit ein so hohes und zum Theil gesundes Alter erreichen kann. Daß seine Erscheinungen mit wirklichen Paroxismen begleitet gewesen, erinnere mich gelesen zu haben. Ich erkläre mir also das ganze Wunder durch eine Art von
    transcendenteller Epilepsie
die sich in einen kritischen Schaum auflöst. – Denn darinn besteht seine gantze Erscheinungslehre der Kirche. Leider sind Träume und Krankheiten die besten Data von der Energie unserer Seele. Reichardt meldt mir die bevorstehende Entbindung seiner jungen Frau, mit der er vor 6 Wochen erst von seiner Reise zu Hause gekommen – und zugl. das letzte Schicksal unsers lieben Vetter Becker, der kurz vor seiner Abfahrt über Bord gefallen. Friedrich ist aus Berl. zurückgekommen und wird sich wahrscheinlich zu Memel etabliren. Er hat dem Pr Kraus einen Brief von D. B. mitgebracht, der gewaltig über mich aufgebracht, so daß ich nicht einmal lesen sollte, worüber? Mit dem Advent wo sich unser Briefwechsel vor 2 Jahren anfieng werd ich ihn zu Rede stellen – auf alle künftige Bände Verzicht thun – aber zugl. den 2ten Jahrgang fordern und wißen, warum er mir denselben entzogen. Dieser Monath fängt sich mit einer Abhandl. unsers Pr. Kant an, den man gewiß schon mit voriger Post erwartet, aber wider Gewohnheit ausgeblieben und erst morgen eintreffen wird. Ich erhalte diese Monathsschrift immer aus der ersten Hand und möchte nicht so bald einen Schritt in den Dengelschen Laden thun. Hartung hat schon einige Exempl. von Schultz Erläuterungen hier gehabt; der HE Verleger noch keins. Eine deutsche Uebersetzung der infamen Memoires ist auch schon hier gewesen, wurde öffentlich angekündigt für 1 fl. 9 gl. unter dem Titel: Privatleben des K. v. Pr. Das mir auf ein paar Stunden zugedachte Exemplar wird von Dengel aufgefangen unter dem Versprechen, daß er es mir selbst zu Mittage abgeben wird. Gegen Abend wird es von mir abgeholt, unterdeßen ich weder Dengel noch die Schrift mit Augen gesehen habe. Zu gutem Glück hat man sie im Laden gefunden. – – Ein paar Tage drauf find ich diese Schrift bey meinem Buchbinder, wo ich auf der Stelle meine Neugierde befriedigen konnte muste. Eventualiter ist auch ein Exemplar für Sie bestellt. R. durch den ich ein franz. erhalten sollte, ist nicht in W. gewesen. Vorigen Sonntag erhielte einen langen Brief von unserm Herder und seiner würdigen Frau, über eine Angelegenheit, wo ich schon mein Möglichstes von selbst gethan, und mir kaum zutrauen kann mehr auszurichten. Er empfiehlt sich Ihnen, und denkt noch immer an Sie mit Hochachtung und alter Freundschaft zurück. „Eine jugendliche Fehde machte mich mit ihm bekannt, und ich habe einige Jahre lang viel angenehme Briefe von ihm gehabt, bis meine Entfernung aus Riga mich auch ihm entfernte. Ich wünschte, daß, da er als S. u. N. nicht wirken kann, er doch als ein solcher schriebe: so machte er sich doch auf einige Art andern Entfernten gegenwärtig mit seinem Geist. Ist Ers nicht, der etwas vom Guicciardini übersetzen wollte? – Ob und was ich ihm drauf antworten soll, erwarte von Ihrer Vorschrift, weil ich noch meiner ersten Bestimmung eines Copisten gern treu bleiben mag – und ziemlich ungern selbst concipire. Ich muste hier aber aufhören, weil ich nicht mehr sehen konnte, da der Briefträger, den ich weder kommen noch klopfen gehört, mir in die Stube kommt mit einem Briefe von einem Kaufmann aus Nürnberg an Prof. H. und Einlage von Lavater, der mir
    Hills
Durchreise meldt, der welcher sich nur 2 Tage dort aufgehalten und dort eine sehr gute Aufnahme gefunden zu haben scheint med. Oct. Desto ungeduldiger bin ich auf Nachrichten von ihm selbst und seinen dritten Brief. Wenn er meinen Erwartungen entspricht, werd ich Ihnen alle 3 mittheilen. L. meldt mir den Tag vor dem dato seines Briefes (den 27 Oct.) den dritten Theil der Meßiade vollendet zu haben, und nennt sie seine süßeste Arbeit auf Erden. Er so wohl, dem ich ex profeßo wegen meines Sohns zu Münster – als Herder, dem ich hoos en parodo deshalb geschrieben – melden mir beyde Wunder von diesem jungen Mann, der meine Antwort noch nicht erwiedert, und wünschen mir beyde Glück zu dieser Eroberung, aus der ich bis diese Stunde nicht klug werden kann. Er hat mir ein schönes Kupfer von Chodowiecky beygelegt zu Joh. IX. – und trägt mir auf alles zu grüßen was Grüße von ihm annimmt – besonders den ihm durch Hill liebgewordenen Dippel oder Hippel – der mich mit samt meinem Fideicommiß auslachen wird, wie Sie es auch thun werden, ohngeachtet Ihres XI. Gebots nichts zu tadeln. Johann Georg Müller, der zu Schafhausen bey seiner alten Mutter lebt, schrieb mir im Julii in Beziehung auf Göckings Journal daß sein Bruder in Genf bei HE Tronchin sich aufhält und seine Schweitzergeschichte in 3 Theilen auf einmal, im Plan und Styl umgearbeitet herausgeben wird, gantz anders als der erste Versuch pp. Ich begleitete vom letzten Schmause unsern Freund Hintz in sein Qvartier und eilte nach Hause wo ich den
    ersten Theil von Engels Mimik
fand, wovon die Juden ein Exemplar über die Post erhalten. Ein Pendant zur Physiognomik, mit 23 Kupferblättern in 40 Zeichnungen oder Figuren. Das meiste in Beziehung aufs Theater, wo ich eben nicht zu Hause gehöre. In 27 Briefen, deren Einkleidung sehr planmäßig genützt u angewandt ist. Meil u Engel gehen zu gleichen Theilen – Uebrigens läßt sich kein halbes Buch gantz übersehen. Von
    Flögels Geschichte der komischen Litteratur
war auch der erste Band beygelegt. Eine ziemlich gelehrte Compilation, von mehr Belesenheit als Geschmack. Eine ungemein lange vorläufige Abhandlung vom
    Komischen
oder
    Lächerlichen
überhaupt; hierauf eine kürzere von der Geschichte der komischen Litteratur
    überhaupt
. S. 273 fängt sich erst der
    erste Theil
an, und enthält blos die Geschichte der Satyre. Das 2te Hauptstück komt in den andern Band, und wahrscheinl. von der Komödie. Wie dieser erste Theil das
    Belachenswerthe
in der Gelehrsamkeit enthält: so sollte wird der zweite Theil vom
    Verlachenswerthen
handeln. Ist diese Eintheilung
    Be
- und
    Verlachenswerth
nicht selbst sehr komisch! Eben so lustig übersetzt er das engl. Wort
    cant-style
durch
    Kantschen Styl
, welches doch eher eine Art von Rothwälsch oder kauderwälsche Schreibart bedeutet. Noch fand den August des deutschen Mercurs, und darinn den Anfang einer viel versprechenden Abhandl. über die neuesten patriotischen Lieblingsträume in Teutschland auf Veranlaßung des 3 und 4 Bandes von HE Nicolai Reisen auf deren Fortsetzung ich sehnlich warte. Zimmermanns Einsamkeit war mit aller Wielandschen Kunst u Laune angezeigt, auch ein kleiner Roman sehr empfohlen: Leben und Tod des Dichters Firlifimini; halb Drama, halb Recitativ oder Epopoe. Wieland komt auch darinn vor aber die größte Rolle spielt Nicolai mit seiner Monchaussée. Alles dies Ihnen HöchstzuEhrender Freund, mündlich u cursorie mitzutheilen, war ich Dienstags des Morgens bey Ihnen angesprochen, fand Sie aber nicht mehr zu Hause oder im Begriff auszugehen, konnte also blos den Schwedenborg abgeben, den ich auch richtig widererhalten habe. Reise durch den Bayrischen Kreis soll vom Verfaßer des
    Faustin
seyn, den ich heute zum ersten mal in den Händen gehabt und weit unterhaltender als jene zu seyn scheint. Nachdem Hartung das Privatleben des Königs mit einem Denkstrich angekündigt, meldete er wider 8 Tage drauf La vie privée d’un Prince celebre ou details des Loisirs du Prince Henry de Pruße dans sa retraite à Reinsberg. à Veropolis 784. p. 96. 8o An statt des ganzen Titels war wider ein Denkstrich – aus dem man auch das Original der Uebersetzung vermuthen konnte; doch weil der Preis nur 1 fl. war so kaufte jedermann die Kleinigkeit, die ein bloßes Eloge doch einige merkwürdige Stellen, die Vertheidigung des paraphysischen Geschmacks und die Einladung zur Krone von Polen in sich hält.
    Frantz Bernardo oder der Irrthum der Liebe
ist ein elender Roman, der aber ungemein vortheilhaft u umständlich in der allgemeinen Bibl. angezeigt und gepriesen seyn soll. Seitdem habe ich gehört daß Garve nur 60 # die endl. zu 100 rth. waren eingeschmoltzen, erhalten haben soll. Wenn Ihnen mit dem ersten Jahrgange der Berl. Monathsschrift gedient ist, so habe ich selbigen. Ob und wie ich den zweiten erhalten werde, weiß nicht. Kraus hat mich gestern besucht und arbeitet an einer Cantate zur Einweihung der Tragheimschen Kirche nach einer ital. Composition – wird auch nächstens einen Beytrag für D. Biester liefern, wozu ich mein Bestes thun werde ihn aufzumuntern vice cotis – exsors ipsa secandi. Wie hälts mit der Lex contra Momum? Nur daß Sie mir nicht falsch citieren, weil ich keinen Codex habe, so gern ich ihn auch zu den Claßicis zähle. Pauw hat meines Wißens keine Geschichte der Deutschen sondern Recherches philosophiques wie über die Ägyptier, Chinesen u Amerikaner schreiben wollen. HE. Stadtrath hat mir das Holtz auf mein Gehöfte fahren laßen; ich werde erst übermorgen diesen Brief abgeben und ihm für seine Güte danken können. – Auf einen Wink des Hintz habe hier ein Werk des Mayers aus Wien
    über den Vernunftschluß
in 2 kleinen Octavbänden aufgetrieben, die bereits 77 und 79 ausgekommen u mir beßer gefallen haben als seine sokratischen Denkwürdigkeiten. Er ist ein fleißiger Leser unsers Kant, den er bis auf seine Diß. anführt, hat aber wenig Verdauungskraft und Methode. Das übrige mündlich beym heil. Christ Strützel! und beym Empfang dieses impertinent langen Briefes wünsche einen fein hellen heitern klaren Wintertag und was sich schlechterdings nicht lesen läßt – imaginez et sautez. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin u sämtl. Nachbarschaft. – Joh. Ge. Hamann
Kgsberg den 13 Novbr 84. Lieber Herzens- und Seelen Freund, Ich habe eine der schönsten Wochen in meinem Leben heute beschloßen. Sonntags den 7 erhielte einen Brief aus Weimar, Mittwochs den 10 Ihren und diesen Morgen einen noch unerwartetern und fast wichtigern aus Pempelfort bey Düßeldorf, von einem Mann, den Sie auch kennen werden, und lieben müßen. Drey solche
    Jonathans
, wie
    Herder
, Sie und
    Jacobi
– ist dies kein
    Glück
zu nennen: so muß gar keines auf Erden seyn!
    Herder
kennt mich von Person und meine Schwachheiten, die ihn nicht verwandelt haben – denn ich lernte ihn eben zu einer Zeit kennen, wo ich auch einen Psalm von der
    Schwachheit der Elenden
hätte schreiben können. Unter so tiefen Prüfungen lag ich damals, die mich noch nicht ganz verlaßen haben.
    Ihnen
und
    Jacobi
kommt meine Entfernung vielleicht zu statten und ist
    mir
günstig. Doch ich hoffe zu Gott, daß – οἱοι – αποντες, τοιουτοι καὶ παροντες wir uns einander lieben und Einer des andern Last tragen würde, wie Glieder Eines Leibes, wie Diener Eines HErrn, wie Gefäße Eines Thons und Eines Töpfers. Vielleicht dient selbst das Ungewitter, das unserm Horizont droht, dazu uns einander so nahe zu bringen, daß wir uns einander erreichen können. Αλλ’ ητοι μεν ταυτα Θεων εν γουνασι κειται. Der Brief, den Sie den 20 Oct. (wenn ich recht verstehe) an mich addressirt, ist noch nicht angekommen – und der Name des Kaufmanns aus Nürnberg Johann Christoph K…g ist auch für mich unleserlich; daher ich meine Antwort nicht füglich habe an denselben richten können, noch meinen Dank für seine freundschaftliche schnelle Beförderung Ihres Schreibens vom 27. pr. Es ist für mich allerdings eine große Beruhigung, von meinem treuen Nathanael und Onesimo Gutes zu hören – und ich wünsche mit Ihnen, daß sein Lauffeuer nicht ein Trieb
    seines eigenen Geistes
seyn möge, und daß es ihm mehr um das
    Leben lang nützliche
zu thun wäre, als um die Befriedigung jugendlicher Lüste. Doch Gott lenkt alle unsere Thorheiten zu Seiner Ehre und unserm wahren Besten; denn welcher Mensch weiß was im Menschen ist – – I Kor II. 11. Ich habe ihm den Tod seiner alten lieben christl. Grosmutter gemeldt, und gleich den Tag nach dem Empfang seines zweiten Schreibens ihm geantwortet den 3 Oct. An mir hat also die Schuld nicht gelegen, daß mein Brief um einige Stunden zu spät eingetroffen. Den innigsten Dank für all das Gute, was Sie und meine Freunde ihm erwiesen. Ob er in Schaffhausen gewesen, wird mir hoffentl. J G M. bald melden. Es gieng mir viel nahe, wie Jes. XLIX. 4. geschrieben steht – und es ist für mich ein wahrer
    Gotteslohn
, daß Sie auch Etwas für Ihren Geschmack gefunden haben. Wozu soll alles aus
    Ihrer Seele herausgesprochen
seyn? Sie ist mir so theuer und werth, als meine eigene – Aber weder Armuth noch Reichtum behagt; sondern, wie Agur sagt und betet, ein
    bescheiden Theil
. Bin ich darum Moses M. Feind worden, daß ich ihm die Wahrheit sage und verzeihen Sie mir den pöbelhaften Ausdruck, die Kolbe ein wenig lause. Es thut mir noch bis auf den heutigen Tag und diese Stunde nichts leid, was ich geschrieben – um dem Motto des Jeremias Gnüge zu thun, und dem Charakter eines Predigers in der Wüste. Öffentliche Schriften laßen sich eben so wenig, als Münzen, aus
    reinem Metall
prägen, sondern müßen mit unreinem versetzt oder legirt werden. Sie Selbst, lieber guter L. haben durch Ihr günstig Urtheil über
    Jerus
.* und noch mehr unser
    Kritiker der reinen Vernunft
ohne es zu wißen meiner sancta simplicitas Zunder zugetragen. Seyn Sie also ruhig in Ansehung meiner und laßen Sie mich mit gutem Muth dasjenige verzehren, was ich mir eingebrockt habe. M. M. ist mein Freund und bleibt es; wenn er sich für
    unathletisch
erkennte, würd ich mich mit ihm nicht abgegeben haben – noch er sich mit Ihnen und Michaelis, dem Ritter. – Das
    schärfer, als ich es ihm mündlich gesagt haben würde
geb ich Ihnen gern zu; weil keine gute schwarze Dinte roth wird. Wenn Ihnen noch ein desiderium einiger Stellen übrig geblieben: so wünschte ich sehr,
    auch meines eigenen Unterrichts willen
, selbiges befriedigen zu können, und würde mit meinem Non liquet nicht hinter dem Berge halten. Ich habe den Manaße gar nicht zu Rathe gezogen, und besitze weder diese Schrift noch das Jerusalem. In meinem
    ersten
Abschnitte finde ich selbst Lücken, die ich aus meinem Gedächtniße nicht wider ergänzen kann. Auch sollte ein Blättchen von Druckfehlern nachkommen, welches ausgeblieben, ohne zu wissen, wie? und warum? Weil Ihnen meine Hand Mühe macht: so wünschte ich durch
    Müller
Ihre Fragen zu erhalten und zu berichtigen. Der Brief aus Münster hat einen ebenso
    Erscheinungsmäßigen
    Eindruck
auf mich gemacht als auf Sie und Herder seine Person. Noch hab ich keine Antwort auf meine vom 7. Sept. erhalten, die aber erst den 14. ej. abgegangen. Ihr Geburtstag wird übermorgen von unserm Oberbürgermeister, Kriegsrath
    Hippel
gefeyert werden, dem ich auch das schöne Kupfer
    aufopfern
werde, so ungern ich auch ein
    Andenken der Freundschaft verliere und einem andern
überlaße – besonders ein so meisterhaftes, das sich auf das IX Kapitel Johannis bezieht, ein so göttliches Schaustück für mich
    mimischer Erzählung
. Er hat eine prächtige Sammlung von Schildereyen, und aus Mangel an Raum, sind seit kurzem Kupferstiche sein Wildbret. Gott schenke Ihnen Gesundheit, Ruhe und Freudigkeit zur Vollendung Ihrer
    süßesten Arbeit
– An unsern Wünschen und herzlichen Theilnehmen derselben wird es hier und dort nicht fehlen. Ueberschwenglicher Seegen über Sie und die Ihrigen! Umarmen Sie unsern zufriedenen Pf. der mein Stillschweigen mir eben so verzeihen wird, wie Sie mein stotterndes Gewäsche. Mein Joh. Mich. lebt noch auf dem Lande. Ich werde ihn nächstens mit Ihrem Andenken erfreuen und aufmuntern sich deßen würdig zu machen. Liebe, stark wie der Tod, sey Sein Panier über uns Allen! Amen. Joh. Georg H. den 15 – 84. Ich habe gestern Abends auch dem lieben Philosophen zu Pomfret geantwortet, und bis an die dritte Frühstunde diesen Morgen geschrieben, an dem ich gesund und froh mit meinen Gedanken an Sie gedacht. Dazu wie ein Senfkorn, ward er zum Baum! Wenn Ihre Meßiade fertig seyn wird, werd ich sie auch lesen. Sie kennen vermuthlich den
    lieben Jacobi
persönlich – Ich muß mich mit Silhouetten und Kupferstichen meiner innigsten Seelenverwandten und Geistesfreunde behelfen. – Bin kein
    Seher
oben ein; aber heute recht aufgelegt das erste Gebot Gen II. 16
    Du sollt eßen
zu erfüllen. Die Arbeit Ihrer Muse schmecke Ihnen und Ihren Lesern noch süßer über Sein letztes
    Vermächtnis
als bey der Erscheinung der Heiligen.
    Eßet
meine Lieben und
    trinket
meine Freunde und werdt trunken. – Ich bin irre – Vielleicht schließt Ihr dritter Band schon das ganze Werk, und die Rede ist von der Erscheinung nach der Auferstehung. In diesem Fall wünsch ich doppelt Glück und Ruhe nach so mannigfaltigen Tagewerk. Peracti labores iucundi. Die Auszahlung unserer Gratification, an der ich auch schon wie an den Fooi = Biergeldern meines Zöllnerdienstes verzweifelt hatte, wird auch wo nicht heute, doch diese Woche gewiß erwartet. Wie groß mein Antheil seyn wird, weiß ich nicht und ist mir auch gleichgiltig. Allemal gnug um
    dieses Jahr auszukommen
mit zufriedenem Dank. Auszukommen und reinen Tisch zu machen bis auf ein Körbchen Brosamen ist alles was ich wünsche. Küßen Sie Ihre liebe Frau und liebe Kinder, Pf. und seine glückliche Mutter von G. Sie werden mir den Tganzen Tag vor Augen schweben, und ich mitten unter Ihnen im Geist. Lachen Sie nur immer über meinen Reichthum des Unverstandes – desto mehr
    Respect
(hier ist es das rechte Wort) für Ihre Armuth des Verstandes, welcher wachsen wie meiner abnehmen möge. Habe ich nicht eine Liste der Druckfehler an Müller geschickt? Denn abgedruckt ist sie nicht worden, aber lange bestellt. Lauter anonyme Grüße, weil Sie Namen verstümmeln. Aus unserm Munde in Gottes Ohr! – – Adresse:
An / HErrn Johann Caspar Lavater, / Pfarrer am Waysenhause / zu /
    Zürich
.
* in Ihrem vorigen Briefe.
Kgsbg den 14 Novbr 84. Lieber würdiger Freund, Der bis hieher geholfen, wird auch weiter helfen – und was Er nimmt, ist gut aufgehoben und nicht verloren. Sein sind unsere Trähnen- und Trostqvellen. Heute vor 8 Tagen erhielt einen starken Brief von unserm H. aus Weimar, Mittwochs von L. aus Zürich, und gestern des Morgens Ihr versiegeltes Päckchen, am
    unerwartetsten
und
    wichtigsten
für mich wegen einer nahen Beziehung auf einige Grillen, die mich eben nicht beunruhigen, doch aufmerksamer auf mich selbst machen. Seelig sind die Todten, die in dem HErrn sterben, von nun an. Ja, der
    Geist
spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach. – So lange unser Lebenslicht noch brennt, und scheint, wollen wir uns deßelben erfreuen, und dabey fröhlig seyn (denn es währt doch nur eine kleine Weile) – und uns müde arbeiten, damit wir mit Grund der Wahrheit zum Abendseegen sagen können:
    wie wohl wirds thun
! Die Pflicht der Selbstverleugnung wird mir in jeder Kleinigkeit schwer. Ich habe hier kaum einen Laut über mein jüngstes Kind gehört, desto sanfter und schmeichelhafter fühlte ich das Zeugnis dreyer entfernter Zeugen, wie Balsam für mein mattes Haupt – bis zu einer kleinen wollüstigen Betäubung, die meinem Schwindel ähnlich war. Den 1 d. erhielt ein hiesiger Freund aus Berlin einen Brief, in dem man mir die bittersten Vorwürfe machte wegen S. 71. meinen alten Freund Mendelssohn so abgeschmackt u schwärmerisch der Atheisterey beschuldigt zu haben. Ohngeachtet ich mich fast deutlich erinnern konnte mit einer geheimen Ahndung und Selbstkampf diese Stelle geschrieben zu haben, und die Wahrheit nicht auf
    mein eigenes
sondern
    Johannis
Zeugnis beruht: so blieben doch meine Gedanken auf diesen Punct geheftet. Ihr herzlicher Brief hatte so manche Sayten meines Gemüths so innig gerührt, daß ich die Beylage verschloß, an meine Arbeit gehen wollte, mit dem Entschluß heute die Handschrift durchzulesen. Der Dunst meiner Amtsstube nöthigte mich nach Hause zu gehen, und ich konnte nicht eher aufhören, als bey dem fr. Briefe des Hemsterhuis – den ich trotz meiner Neugierde weder gestern noch heute anzusehen im stande gewesen. Hat Ihnen, würdigster Freund, ein guter Genius das Vertrauen eingegeben? Ich nehme selbiges als eine Wohlthat der Vorsehung an, die ich nicht
    misbrauchen
werde. Ob Ihnen so viel Nutzen davon, wie mir selbst, zufließen wird, weiß ich nicht. Kaum trau ich mir zu, mehr als Herder
    zur Sache
sagen zu können. Sie haben mir Wasser auf meine Mühle und Oel in meine Lampe geschenkt – und edlen Wein zur Stärkung meines schwachen blöden Magens, der an Eckel bisweilen laborirt. Ich kam gestern erst gegen Abend nach Hause, und trunk auf Ihre Gesundheit wider alles Vermuthen ein Gläschen Clairet bey meiner Freundin und Gevatterin Me Courtan, geborne Toussaint und muste noch spät ein paar Zeilen an unsern
    Johannes in Zürich
schreiben, dem es scheint, daß ich schwertscharf den unathletischen Moses –
    schärfer als Hamann es ihm mündlich gesagt haben würde
, behandelt habe, welches ihm etwas Mühe macht um
    Christi
willen und der
    Saltzfreundlichkeit des Evangeliums
willen. Heute habe wider meinen Willen auch beynahe den ganzen Tag herumgeschwärmt, und bey einem, wenigstens Namensvetter von Ihnen wider Ihre Gesundheit getrunken, und Ihr Andenken im Herzen herum getragen; darauf kamen 3 Besuche nach einander, ehe ich zum Schreiben kommen konnte. Außer dergl. Zerstreuungen, die ich bey aller meiner Entfernung von Umgange und Geschäften nicht vermeiden kann, ist mein ganzer Kopf, vorzüglich mein Gedächtnis so matt und stumpf, daß ich im buchstäblichen Verstande sine libro stultus bin, und so bald ich ein Buch zumache, kaum mehr weiß, was ich gelesen habe. Ich besitze weder
    Spinoza
noch
    Hobbs
, die ich beyde vor 20 Jahren mit wahrer Andacht gelesen und ihnen mehr zu danken habe, als Shaftesbury u Leibnüts, deßen posthuma ich auch nicht alle recht kenne und nichts als seine Theodicee selbst besitze. Alle metaphysische Untersuchungen sind mir durch die Kritik der reinen Vernunft jüngst fast so vereckelt worden, als ehmals durch Wolfens lateinsche Ontologie. Bey mir ist nicht so wol die Frage: was ist Vernunft? sondern vielmehr: was ist Sprache? und hier vermuthe ich den Grund aller Paralogismen und Antinomien, die man jener zur Last legt. Daher komt es, daß man
    Wörter
für
    Begriffe
, und
    Begriffe
für die
    Dinge selbst
hält. In Wörtern u. Begriffen ist keine Evidenz möglich, welche blos den Dingen und Sachen zukommt.
    Kein Genuß ergrübelt sich
– und alle Dinge folglich auch das Ens entium ist zum Genuß da, und nicht zur Speculation. Durch den Baum der Erkenntnis wird uns der Baum des Lebens entzogen – und sollt uns dieser nicht lieber seyn, wie jener – immer dem Beyspiel des
    alten Adams
folgen, als uns an seinem Exempel spiegeln – keine
    Kinder
werden, wie der Gottes Sohn
    neue Adam
Fleisch und Blut an- und das Kreutz auf sich genommen. Alle Terminologie der Metaphysik läuft auf dies historische factum hinaus und Sensus ist das Principium alles intellectus. Da Sie leider! in meinen chartis mehr und beßer bewandert als ich selbst bin: so glaub ich in den Kreutzzügen, noch kühner, statt Ihres Motto aus dem Syrach, und
    hoffe
ohne Gotteslästerung – gesagt zu haben: ουδεν και παντα Nach meiner
    Metakritik
, die vielleicht doch noch beßer einschlagen kann als der dumme Anfang, den ich aus Einfalt unserm guten lieben H. mitgetheilt, giebt es ohne ein das
    Ideal der reinen Vernunft
gar keine
    Engel noch Menschenvernunft
. Verzeyhen Sie mir, daß ich mit dem letzten Resultat so gantz ohne Vorbereitung ins Gelag hinein stürze. Sie widerlegen sich selbst, wenn Sie sagen: Philosophiren da hinauf werden wir uns mit und aus unserm Leibe – und noch weniger mit und aus unserer metaphysischen und abstracten Schulsprache nicht, bey der ein ewiger Circul unvermeidlich ist. Giebt es eine gewisse GottesErkenntnis für den Menschen: wozu ein Vermögen in der Seele,
    den Menschen da hinauf zu organisiren
?? Wes ist das Bild und die Ueberschrift, worinn Gold- und Kupfermünze eines Landesherrn sich einander ähnlich sind? Bleiben Sie bey der Antwort Ihres Mundes und Herzens: Er schuf den Menschen sich zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf Er ihn – Wir sind Seines Geschlechts – die Differentia specifica liegt blos darinn, daß wir noch in der Mache sind, und unser Leben noch verborgen ist mit Christo in Gott. Unsere Vernunft muß warten und hoffen – Dienerin nicht Gesetzgeberin der Natur seyn wollen. Niemand kann sein Herz und Magen sehen, und ein zu starkes Gefühl ihres Daseyns ist eben kein Zeichen der Gesundheit, noch ein angenehmes Bewustseyn. Erfahrung und Offenbarung sind einerley und unentbehrliche Krücken oder Flügel unserer Vernunft, wenn sie nicht lahm bleiben und kriechen soll. Sinn und Geschichte ist das Fundament und der Boden – Jene mögen noch so trügen und diese noch so einfältig seyn: so zieh ich sie allen Luftgebäudenschlößern vor. Δος μοι που στω – nur keine geläuterte und abgezogene und leere Wörter – die scheu ich, wie tiefe stille Waßer und glattes Eis. Alle die Varianten in Buchstaben, Syntax p fechten mich nicht an.
    Kein Exemplar und noch weniger Oncle Toby besteht aus lauter Varianten
. Auch im Wißen herrscht eine leidige Plusmacherey. Ein Kind, das nichts weiß, ist deswegen kein Narr, noch Thier sondern bleibt immer ein Mensch in spe. Ich
    weiß gnug
, indem ich mich im Empfinden übe – und bey wenigem Wißen kann man desto mehr thun. Wißen bläht auf, aber die
    Liebe beßert
. Alles ist eitel! – nichts Neues unter der Sonne! – ist das Ende aller Metaphysik und Weltweisheit, bey der uns nichts übrig bleibt als der Wunsch, die Hofnung und der Vorschmak eines neuen Himmels und einer neuen Erde – in schönen und lieblichen, aber eben so vergänglichen und flüchtigen Augenblicken, wie die Liebe in Wollüsten. Wenn ich im stande seyn soll dem Faden Ihres Briefwechsels nachzugehen, weiß ich kein ander Mittel als selbigen abzuschreiben, weil ich immer den Text und die Sprache meiner Urkunde vor mir haben muß, und ich meinem Gedächtnis nicht im geringsten trauen kann, auch das Abschreiben sich tiefer eindrückt als ein noch so oft widerholtes Lesen. Auf diese Art bin ich desto eher im stande Ihnen das Original eher zurück zu liefern und das Äußerste, was ich gegenwärtig tumultuarisch hingeworfen, auszufüllen und meine salti mortali Ihrem Geschmack etwas erträglicher zu machen, wenn es meine Kräfte erlauben. Sollten mir meine Schultern versagen, so würd ich mich nicht eines aufrichtigen Geständnißes schämen voluisse Sat est. Da ich selbst mit Herder zur öffentl. Bekanntmachung anräthig bin und die Offenherzigkeit unsers Jahrhunderts nichts dagegen einzuwenden haben wird: so werden Sie desto weniger Mistrauen in meine Verschwiegenheit setzen dürfen, und ich werde es Ihnen
    ausdrücklich melden
,
    wenn
ich etwa von
    Einem
od. Zwey höchstens 3 zum Vorlesen nicht zu irgend einem andern Gebrauch daran einigen Antheil von Beyhülfe mir versprechen könnte. Die Namen dieser Freunde würde ich Ihnen angeben; aber aus meinem Hause soll es nicht kommen. Dies anticipire blos eventualiter. Meine Freundin Courtan überschickte mir ein an einem Sonntage
    Neßir
und
    Zulima
. Claudius machte mir zu einem Exemplar davon Hofnung, welches aber nicht erhalten u von den 2 Stellen weiß ich keine Sylbe mehr. Um die angeführte Stücke des Museums werd ich mir hier Mühe geben um Ihren Wink davon beßer zu verstehen. Ich habe die gute Baroneße Bondeli in langer Zeit nicht gesehen, so große Ursache ich auch habe, mich Ihrer Freundschaft für mich und mein Haus täglich zu erinnern. Die mir mitgetheilte Nachrichten habe bereits hier erfahren, weiß aber nicht, ob sie etwas von dem unglückl. Ende Ihres Bruders weiß. Ihre eigene Lage und Umstände haben sich Gottlob! geändert und gebeßert. Die Anzahl ihrer Pensionairs vermehrt sich zusehends und der gute Fortgang Ihrer mehr als mütterlichen Klugheit und Liebreichen Sorgfalt hatte auf Ihre häusliche Umstände und Zufriedenheit einen sichtbaren Einfluß, wie ich selbst Zeuge gewesen bin und von andern glaubwürdigen Theilnehmern noch öfterer höre. Ein junger noch ziemlich roher unausgebildeter Mensch, der sich um mich u meine älteste Tochter durch seinen treuen Unterricht und eifrige Dienstfertigkeit ungemein verdient gemacht, ist durch einen Banquier aus Frankf. am Mayn an Ihre vortrefliche Freundin zu Speier – aus gutemr Herzen Meynung empfohlen worden. Er hat die Reise zu Fuß von Lübeck bis nach Italien gethan u Lav. hat mir die angenehme Nachricht von seinem glückl. Durchzuge durch Zürich mitgetheilt. Gott helfe ihm gut durch und wider zurück. Er heist Hill. Nehmen Sie es mit dem Innhalt und Ton meiner Briefe ja nicht genau, weil ich heute nicht mehr gut zu sagen im stande bin für das was ich gestern geschrieben. – Da Sie in Münster Freunde haben: so kennen Sie vielleicht dort auch Einen von Herder Lavater und mir – nach deßen persönl. Bekantschaft ich mich auch sehne.
    Sein Rath ist wunderbarlich und führt es herrlich hinaus
. den 15 Novbr. Unser Oberbürgermeister, Kriegsrath Hippel feyert heute Lavaters Geburtstag und seinen Eintritt ins 44 Jahr. Ich hatte bis 2 des Morgens geschrieben und bin sonst leidlich gesund bis auf einen rheumatischen oder arthritischen Schmerz an meiner linken Hüfte und Lende, der auch erträglich ist. In meinem 50sten Jahr zog mir einen Anfall von Podagra zu durch ein unüberlegtes Aderlaßen bey einem Flußfieber. Mendelssohns Schreiben an Sie hat mir viel Licht gegeben, was man in Berlin sich
    schämt
zu heißen, wegen des überhand nehmenden Pöbels von Atheisten – Im Grund eine
    lächerliche panische Furcht
vor Namen und Wörter,
    ähnlich der
Hydrophobie. Gott seegne Sie, tröste und erfreue Sie durch Erhaltung desjenigen was Ihnen noch übrig geblieben, und deßelben gedeylichen Genuß. – Schmecken und Sehen wie freundlich der HErr ist übertrifft alle Beweise ist der beste Dank, Schild und Lohn, den wir dem Geber bringen können.
    Wohl uns des feinen HErrn!
Ich ersterbe Ihr Alter radoteur per metabasin εἰς αλλο γενος Johann Georg H.
Kgsb den 29 Novbr 84. Mein alter lieber Freund Hartknoch, Ihr Brief vom 167/6 8br. wurde mir den 23 huj. überbracht nebst Hupels VIII St. ohne Anweisung für wen? Ich selbst habe ihn schon aus Ihrer Güte erhalten. Es ist mir lieb, daß Sie mit den Lilienth. Büchern ins reine sind und den Brief des Cr Raths J. werden Sie auch bereits erhalten haben, worüber mir ein Wink zur Antwort lieb wäre. Hier ist bey mir Anfrage geschehen wegen der 2 Exempl.
    des Rossi
, die ich bey Ihnen bestellt. Bitte sehr zu melden, ob Sie dafür gesorgt und ob man Sie gewiß von Ihnen bey Ihrer Durchreise erwarten kann NB nach dem Pränumerationspreise. Erwarte mit nächsten hierüber positive und umständl. Erklärung, damit man sich bey Zeiten darnach richten kann. HE. Prediger von Lauwitz gab mir damals diesen Auftrag für sich u den Oberhofprediger, bey dem ich gern mit Ehren bestehen möchte – Kann man noch ein paar Exempl. der
    Matinées
bey Ihnen bekommen und wie theuer verkaufen Sie selbige? HE Jacobi hat mich darum gebeten. Ich danke Ihnen bestens sowol für das nach Petersb. beförderte Stück des Schibl. als für Ihre Sorgfalt wegen der Druckfehler – aber einige rth Porto möchte ich Ihnen ungern zumuthen, denn soviel ist das Ding nicht werth. An
    Nachwehen
wird es mir auch nicht fehlen. Mein armer Kopf leidet so sehr von der gegenwärtigen faulen Witterung, daß mir angst u bange wird – Me Courtan hat sich aus Noth aus dem Hartungschen Laden mit den Synonymes versorgen müßen, und auch weit mehr bezahlt als sein Catalog besagt und er andern verkauft. Das übersandte Exemplar liegt also bey ihm aufgehoben. Die Sache mit unserm Gevatter, Landsmann und Freund in W. liegt mir mehr am Herzen, als ich darüber zu schreiben imstande bin. Ich habe den 7 d. einen dicken Brief aus W. erhalten. Er denkt nur im Vorbeygehen an Sie – und leider! daß von seinem 2ten Theil noch kein Wort zum Druck abgeschrieben worden – und alles noch in Materialien und dem ersten unvollkommenen Abriß begraben liegt. Bald lieber Hartkn. möchte ich Sie mit den ägyptischen Hebmüttern vergleichen, welche die israelitische Knäblein in der Geburt erstickten! Gott! wenn ich doch ein Mittel wüste solch ein paar Starrköpfe zu Paaren zu treiben – die im Grunde beyde Unrecht haben und am Ende sich selbst Schaden thun werden. Wozu entziehen Sie dem armen Arbeiter 4 ggl. um dem undankbaren Publico sie zu opfern. Freylich leben Sie von Lesern, aber diese wollen doch vom Schriftsteller unterhalten seyn. Ich begreife nicht, wie man bey einem vertraulichen Du und Du die Barbarey in der Freundschaft und im Handel u Wandel so weit treiben kann. Ich fordere also Ihre kaufmännische Grosmuth auf selbst ein Mittel ausfindig zu machen – – Wie soll ein Mann mit Geist und Feuer, mit Lust und Liebe schreiben, wenn er mit fehlgeschlagenen Erwartungen, bittern Vorwürfen und unseel. Bedürfnißen, häuslichen u Amtszerstreuungen überhäuft, niedergeschlagen und genagt wird. Zeilen sind commensurable, aber keine Ideen. Wenn es auf Zeilen ankommt – wem würden Ssie leichter fließen? Lavater schreibt mir über mein Golgatha: Der Schmetterling S. 49. ist nicht zu bezahlen. So was ist ewig – Haschen Sie mir einen zu dieser Jahreszeit oder mitten im Schnee und im Herzen des Winters. Wenn Sie wie der Boreas unsern Gevatter Landsmann und Freund ins Gesicht und auf die Fäuste blasen, so wird er Ihnen Zeilen wie Eiszapfen schreiben – aber keine Ideen. Thun Sie nicht sich selbst, iIhm und mir das Herzeleid an Ihn wie Ihren Taglöhner zu behandeln, nehmen Sie ein Ideenmaaßs zu Hülfe – Vergleichen Sie Ihre eigene Lage mit der Ihrigen seinigen – und seine jetzige zu W. mit jener zu Bückeburg und was er da und dort geschrieben – und thun Sie alles was möglich ist mit willigen Herzen wenn Sie ein gleiches mit überfließende Maas wider einerndten wollen. Das ist ja der Weg und Gang der lieben Natur worauf Handel u Wandel, Ideen u.
    Speculationen
und Ihr Fortgang beruhen. Machen Sie das Symbol des ihm fatalen Jahres:
    Vergiß was dahinten
ist zu dem Ihrigen, bieten Sie ihm die Hand, thun Sie ihm Vorschläge – auch wo Sie können Vorschüße – schenken Sie ihm reinen Wein ein, und wechseln Sie nicht mit cassirten und noch zu liquidirenden Rechnungen – damit die Sonne dieses Jahrs nicht über Euren ungerechten Zorn untergehe! Ich wünsche u hoffe daß Sie mir die Beförderung einer solchen Einlage anvertrauten zum heil Weinachtsgeschenk in W. Gott seegne Sie u Ihr Haus mit allem Guten an Seel u Leib u unsere Freunde in der Schweitz. Michael ist 8 Tage hier gewesen, u empfiehlt sich mit den 3 Schwestern. Ich umarme Sie u ersterbe Ihr alter treuer Landsmann u Freund   Joh. Ge. Hamann. Ich verliere kein Wort mehr in obiger verdrüßl. Sache. Dixi et liberaui Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Des / HErrn Buchhändler Hartknoch / HochEdelgeboren / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 24 Nov 1784 beantw d 14 Dec
Kgsberg den 1 Christm. 84. Mein Verehrungswürdiger Freund, Hier erhalten Sie Ihr mir Anvertrautes zurück mit dem lebhaftesten Dank. Nach reifer Ueberlegung mußte ich mich entschließen selbiges
    eigenhändig
abzuschreiben, machte den 16 pr. den Anfang. Den Tag drauf kam mein lieber Sohn vom Lande mit der Familie des Kriegsrath Deutsch – und den 21 war ich fertig; er reiste den 24 wider ab. Die feuchte faule Witterung hat aber auf meinen kahlen alten Kopf und ganzes Nervensystem so einen widrigen Eindruck gemacht, daß ich fast an meinen Sinnen und Gedanken zu verzweifeln anfieng, und ich mich erst seit gestern ein wenig erholt zu haben scheine. Eine Abschrift war schlechterdings unentbehrlich wegen meines gebrechlichen Gedächtnißes, deßen ich noch weniger mächtig als meiner Sprache und Zunge. Ohngeachtet ich leider! meine meiste Zeit mit Lesen zubringe: so vergehen mir doch die Gedanken, so bald ich das Buch zumache – und es geht mir im eigentl. Verstande nach dem Sprichwort: ex libro doctus – Sie haben bereits einen tumultuarischen Brief von mir erhalten, und gegenwärtiger wird kaum beßer gerathen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, warum ich so viel Antheil an dem mir anvertrauten Briefwechsel nehme, und nehmen muß. In Ihrer Abschrift an H. vom 30 Junii haben mir die
    Scrupel
, die
    man vorher
nicht gehabt,
    die Sorge
    vor gewißen läppischen
Aufsätzen, (um die ich mich auch bisher noch nicht habe bekümmern können, welche ich eben wegen gewißer anderer Beziehungen nicht aus dem Gesicht verloren – Wenn das große Beyspiel eines Leßing dort so viel Bedenken macht; wie auffallend muß es dort scheinen den M. selbst eines
    atheistischen Fanatismus
angeklagt zu sehen! Alle diese Erläuterungen fehlten mir, um den von Berlin erhaltnen Wink zu verstehen. Ich vermuthe, daß mein blinder Angriff meinen alten Freund M. noch mehr aufmuntern wird sich über den
    Spinozismus
zu erklären – worauf ich mich also vorbereiten muß, die Sache, ihn und mich selbst, unsere verschiedene Gesichtspuncte drüber zu vergleichen. Ein Versuch ist immer der Mühe werth – und
    voluisse
sat est.
Ich habe gestern und diesen Abend Ihre Handschrift noch einmal durchgelesen, und muß gestehen daß ich so ziemlich verstehe, nur nicht die
    Erinnerungen
Mendelssohns – aber desto mehr die Wahrheit seiner Bemerkung, mehr an ihm als mir selbst, ohngeachtet ich in meinem 55sten Jahr bin. Der Wandel nach väterlicher Weise vereckelt mir keinen andern Weg. Der Tract. Th. Polit. nebst den opp. posthumis liegen schon auf meinem Tische; aber ich muß seine Princ. Phil. Cart. auch ansehen, weil ich wie Leibnütz den Spinozisme für einen Cartesianisme outré halte. Das System, welches Louis Mayer in Spinoza Namen nach seinem Tode ausgegeben haben soll ist mir auch gantz unbekannt, und ich wünschte sehr daß M. sich darüber näher erklärt hätte, was er für ein Buch meynt. Es fehlen mir noch einige andere Qvellen und Hülfsmittel z. E. ich besinne mich nicht jemals des Coleri Leben gelesen zu haben, ohngeachtet es eben kein selten Buch ist. Ich weiß nicht was für ein Vorurtheil theol. Partheylichkeit hat mich abgehalten, ohne einigen Grund wider den Verfaßer. Die Qvelle von Εν και παν ist mir auch ungewiß. Der bekannte Spruch im Sirach lautet anders im Griechischen und noch spinosistischer: το παν εστι αυτος. Ihre Vergleichung des Tief- u Scharfsinns mit dem Durchmeßer und der Sehne eines Circuls ist mir weder genau noch
    deutlich
gnug. Meine Phantasie hat auf eine andere Art mit dieser Figur gespielt. Tiefsinn zu
    Wahrheiten
, die sich alle einander gleich sind, u ein den Mittelpunct durchschneiden. Scharfsinn zu
    Wahrscheinlichkeiten
, welche lauter Durchmeßer kleinerer Circul sind, alle mögl. entgegengesetzte Puncte der Peripherie berühren können, nur nicht ohne den Mittelpunct, auch eines Parallelismi fähig sind. Bey aller Schönheit des Gedichts kann ich die Anwendung nicht finden, die Leßing davon gemacht. Wozu dürfte sich Jupiter nicht an die Erde und Hütte des Menschentöpfers vergreifen. Jupiter war als ein Sclav des ewigen Schicksals ebenso zu beklagen und weder zu verwünschen noch zu verachten, als Prometheus thut. Die
    erste Hand
, welche Leßing meynte, war vermuthlich
    Aeschylus
. To
    be
, or not to be? That is the question.
    Seyn
ist freylich das
    Ein
und
    Alles
jedes Dings. Aber das το Ον der alten Metaphysik hat sich leider! in ein Ideal der reinen Vernunft verwandelt, deßen Seyn und Nichtseyn von ihr nicht ausgemacht werden kann. Ursprüngliches
    Seyn
ist Wahrheit; mitgetheiltes ist Gnade. Nichtseyn, ein Mangel, auch wol ein Schein von beyden, über deßen mannigfaltiges Nichts sich Einheit und Mittelpunct aus dem Gesicht verliert. So gieng es Sp. und vielleicht L.
Ueber des ersten System bin ich nicht eher imstande meine Herzensmeynung Ihnen zu sagen, bis ich selbiges ein wenig näher selbst kennen werde. Was den letztern anbetrift, so beruhigt mich sein letztes Geständnis, vermöge deßen dies sein gewesenes Lieblingssystem, das vermuthl. in seinem Kopf eine gantz andere Gestalt als im Cartesianischen u Jüdischen gehabt – ihm selbst nichts erklärt hat sondern ihm am Ende nichts mehr als die Substitution einer Formel für die andere zu seyn schien, wodurch man auf neue Irrwege geräth ohne dem Aufschluß näher zu kommen. Die Metaphysik hat ihre Schul- und Hofsprache; beyde sind mir verdächtig, und ich bin weder imstande sie zu verstehn noch selbst mich ihrer zu bedienen. Daher ich beynahe vermuthe, daß unsere ganze Philosophie mehr aus Sprache als Vernunft besteht, und die Misverständniße unzähliger Wörter, die Prosopopöee der willkührlichsten Abstractionen, die Antithesen της ψευδωνυμου γνωσεως, ja selbst die gemeinsten Redefiguren des Sensus communis haben eine ganze Welt von Fragen hervorgebracht, die eben mit so wenig Grund aufgeworfen, als beantwortet werden. Es fehlt uns also noch immer an einer
    Grammatik
der Vernunft, wie der Schrift und ihrer gemeinschaftlichen Elemente, die durch einander gehen, wie die Sayten auf dem Psalter durcheinander klingen, und doch zusammen lauten. Gott, Natur und Vernunft haben eine so innige Beziehung auf einander, wie Licht, Auge und alles, das jenes diesem offenbart, oder wie Mittelpunct, Radius und Peripherie jedes gegebenen Circuls, oder wie Autor, Buch und Leser. Wo liegt aber das Rätzel des Buchs? In seiner Sprache oder in seinem Inhalt? Im Plan des Urhebers oder im Geist des Auslegers? – Doch meine crassa Minerua hat mehr Lust zu kälbern, als weiter zu pflügen –
den 5 am II Advent Sont. Den 2 gieng meine mittelste Tochter, unsers Claudius Pathin, Lehne Käthe in ihr 11tes Jahr; ein guter Freund in meiner Nachbarschaft in mein 55 u seine einzige Tochter zugl. in ihr 10tes – Als ein reicher Capitalist nahm er die Kosten u Unruhe der Feyer auf seine Rechnung, und ich erschien mit meinem ganzen Hause. Es war niemand mehr gebeten als eine junge Anverwandtin des Hauses, die Schwester meines wandernden Freundes Hill, welche sämtl. Mädchen im Nähen p Unterricht giebt. Die Mutter meiner Kinder spielte in einer kalten Stube Blindekuh, Wülfchen pp und wir beyde alten saßen am Ofen. Mein Wirth unterhielt mich von seinen Ebentheuern in dänischen u holl. Diensten, von seinem langen vergnügten Aufenthalt in Guinea von den schwarzen Sclaven und Sclavinnen, und wie ihm noch jenen Morgen davon träumte. Wir hörten in der andern Stube so laut und vergnügt lachen, daß uns auch die Lust ankam ein Spiel zu machen. Ich habe wenig Neigung gehabt und durch die Zeit alle Lust dazu verloren. Es war nichts als ein Dambrett im Hause, und ich entschloß mich auf einmal Unterricht in einem Würfelspiel zu nehmen das ich niemals recht leiden noch begreifen können; D. Luthers Randgloße zu Neh. III. 5. Die Empfehlung meines Wirths und seine Artigkeit mich beyde Spiele gewinnen zu laßen werden mich beynahe in die Versuchung führen die Gesetze u den Gang dieses Zeitvertreibes beßer kennen zu lernen. Wir giengen bey guter Zeit vergnügt nach Hause, u meine Hausmutter versicherte 2mal noch nicht in der Stadt so vergnügt gewesen zu seyn; weil es wirkl. eine ganz außerordentl. Seltenheit ist, unser Haus gantz allein zu laßen und einer Magd anzuvertrauen. Es war schon alles zu Bette, da ich noch eine Unordnung entdecken muste, die mich in Harnisch brachte, und keinen kleinen Sturm nach sich zog, der aber bald mit einer Windstille abwechselte. Die beyden Tage drauf war an dem stoischen Jupiter und seiner windigen ähnlichen Frau Gemalin die Reyhe, daß mich in mein Gehäuse habe verkriechen müßen und meine 4 Hörnerchen nicht ausstrecken dürfen. Gestern kam des Abends beym Sturm noch ein Feuerschrecken in der Nachbarschaft meines Freundes, des dirigirenden Oberbürgermeisters. Zu guten Glück war es blos ein verwahrloster Schorstein. Ich konnte also ruhig die Woche beschließen und meine Leute mit einer Predigt aus
    Hahns
kleiner Postill, die mir
    Lavater
verehrt, an der ich mich aber seit 77 so müde gekauftt, daß ich mich an dem Verdienst ihrer Kürze begnügen muß – einschläfern. Heute erwach ich frühe und nach genoßenem Frühstück liegt mir
    Ackens
    Samml.
    heil. Reden
offen, die ich geborgt um einem Freund auf dem Lande damit einen Gefallen zu erweisen, der seine Erwartung nicht dabey gefunden, wie es scheint, daher ich sie noch einmal gelesen, um zu wißen, an weßen Geschmack die Schuld liegt. Ich las also die IX des 2ten Bandes
    vom Zufall
u.
    Schicksal
zu meiner PrivatErbauung, um der öffentl. überhoben zu seyn, der ich mich seit einiger Zeit sehr oft aus Noth entziehen muß. Die Materialien schienen mir alt, bekannt und gemein; aber
    gewiße Handgriffe in der Form
u. Methode haben desto mehr Eindruck auf mich gemacht und verdienten gemeiner gemacht und nachgeahmt zu werden. Wenn Zufall nichts ist, Schicksal nichts ist – läuft denn der ganze Unterschied des Deterministen u Fatalisten nicht auf ein de lana caprina heraus – auf ein hypostasirtes Symbolum der Unwißenheit? Ungeachtet der Zwischenfeyer an diesem Briefe, bin ich nicht gantz müßig gewesen. Ein unbekannter Bote brachte mir die Memoires u Anecdotes des seel. Voltaire ins Haus. Ich hatte 14 Tage in meinem Schreibpulte die deutsche Uebersetzung liegen gehabt wider meine Gewohnheit u ohn zu wißen warum? wie es mir einfiel selbige mit der fr. Urkunde zu vergleichen. Auch wegen des Ludw. Meyers habe mehr Nachrichten eingezogen. Ihm werden im Niceron u Gundling nicht mehr als 2 Bücher zugeschrieben. Lucii Antistii Constantis de Jure Ecclesiasticorum, das ich in meiner frühen Jugend mit mehr Aergernis als Einsicht erinnere gelesen zu haben, Leibnitz hielt aber den bekannten La Court oder van den Hooft für den wahren Verfaßer. Das 2te Buch ist φφia Sacrae Scripturae interpres, davon ich eine holl. Uebersetzung selbst besitze, als ein Geschenk des oben erwähnten Freundes, der es von einem Officier in Guinea ererbt und mir versichert, eine deutsche Uebersetzung davon vor ein paar Jahren in der allgemeinen Bibl. angekündigt gefunden zu haben. Demohngeachtet wünschte ich recht sehr es zuverläßig zu wißen, ob Mendelssohn eins von diesen beyden Büchern und welches er meynt, worüber Sie leicht eine Erklärung durch Ihre gemeinschaftl. Freundin in Hamburg erhalten können, weil ich nicht ruhen kann, ohne allen mögl. Qvellen bis auf den Grund nachzuspüren. Bitte mir die Nachricht davon zukommen zu laßen; besonders deshalb, weil Mendelssohn über den Spinozismum schreiben will. Was L. betrift; so bin ich beynahe überzeugt ihn persönl. etwa zur Fastenzeit 57 in Amsterdam auf einem öffentl. Concert gesehen zu haben. Ich hatte eine Unruhe den Mann anzureden, daß ich ihn nicht aus den Augen ließ und beym Ausgange noch einige Straßen verfolgte, aber zu blöde war auf eine bloße Ahndung ihn u mich in Verlegenheit zu setzen. Was urtheilen Sie Selbst aber, Mein verehrungswürdiger Freund, von des Mannes Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in dem ganzen Handel über die Fragmente? Hat nicht der Hamb. Oelgötze bey aller seiner Dummheit im Grunde Recht gehabt? Läst sich wol mit dem panischen System im Kopf ein christlich
    Vater unser
beten
? Lag nicht im Eifer des unglückl. Mannes, Feindschaft gegen das Christentum auf dem Boden? War’s die Rolle eines christl. Philosophen, deßen Maske er brauchte, oder eines
    Heuchlers
und
    Sophisten
, die er spielte? Hinc illae lacrumae – Ist es Philosophie und Religion oder theologico-politische Schwärmerey, Klugheit und Eitelkeit, welche meinen alten Freund Mendelssohn, (wenn falls der erhaltene Wink aus Berl. seine Richtigkeit hat) so empfindlich macht gegen den Vorwurf eines Atticismi, wenn ich nicht ausmit blinder Einfalt, ohn es zu wißen, den Sitz des Geschwürs getroffen hätte. Möcht’ Er sich nur gelüsten laßen sich an meinen pudendis mit seinem metaphysisch ästhetischen Scheermeßer zu vergreifen; ich will mich meiner Haut mit seines Landsmanns Kinnbacken schon wehren. O daß doch jene Delila an der Elbe unserm bärtigen Philosophen die Wangen streichelte, und sein Versuch über den Spinozismum bald erschiene! Er, der sich weiser dünkt als Nathan – und Heman, den Schauer des Königs in den Worten Gottes das Horn zu erheben. Verzeihen Sie mir eine kleine Ergießung meiner Galle, welche mir wohlthätig ist um meinen braunen Kohl und Rinderbraten desto appetitlicher und verdaulicher zu machen. – – Mittagsschlaf und der etwas langweilige Besuch eines jungen Menschen haben mir so viel Zeit gekostet, daß ich eilen muß mit meinem Briefe noch heute fertig zu werden. Sie merken, mein Verehrungswürdiger Freund, daß es mir eben geht wie Ihnen. Ich bin kein Gelehrter, und am wenigsten ein Metaphysiker.
    Nach Himmel und Erde
frage ich nichts und erwarte mit Sehnsucht des Geistes die Erfüllung des heutigen Sontagsevangelii an des Spinoza seinen Pan – daß dies ganze Gerüste eines beßeren Himmels und einer beßeren Erde – weil ich für meinen Heerd eben so wenig besorgt bin als Ihr Prometheus – im Feuer aufgehe! Die
    Thorheit des
    Christentums
ist gantz nach meinem Geschmack und meines Herzenswunsch, einer gesunden Menschenvernunft und Menschengefühl so angemeßen, wie der Majestät des Vaters und Weltrichters, daß alle Altflickereyen unsers Jahrhunderts die gröste Schandflecken und Brandmahle ihrer Unwißenheit u Unverschämtheit sind. Sapere aude – zum Himmelreich gehört kein Salto mortale. Es ist gleich einem Senfkorn, einem Sauerteige, einem verborgenen Schatz im Acker, einem Kaufmann, der köstliche Perlen suchte und eine gute fand – το παν εστιν ΑΥΤΟΣ. Alle Fülle der Gottheit hat in einem Kindlein klein, in einer Krippe Raum. Was Leßing glaubte von der Expansion und Contraction im Leibnitz gelesen zu haben, komt mir fast wie ein Gedächtnisfehler vor und bezieht sich vielleicht auf eine Anführung des Bayle aus dem Bernier. Nach meinem Anthropomorphismo ist der Othem seiner Nase und der Hauch seines Mundes hinlängl. Ψ CIV. 29, 30. Weh uns, wenn es auf uns ankommen sollte erst Schöpfer Erfinder und Schmiede unsers künftigen Glücks zu werden. Das erste Gebot heist: Du
    sollt eßen
Gen. II. und das letzte: kommt, es ist alles bereit. Eßet, meine Lieben, und trinkt meine Freunde, und werdet trunken. Aber mathematische Gewißheit? wenn Mit der wird es so aus seyn, wenn Himmel u Erde vergehen. Seine Worte aber vergehen nicht; und eben so wenig ihre Gewißheit. Gott schenke Ihnen Gesundheit und viel Freude zur Weynachtsfeyer und dem Neuen Jahr. Seegen über Sie und die lieben Ihrigen! Ich habe auch nicht schreiben können, was ich habe schreiben wollen. Bitte für lieb zu nehmen und alles zum Besten zu kehren. Auch ich nehme mir die Freiheit Sie an
    Turgot
zu erinnern. Wegen unserer Beaumont habe bereits meines Wißens das Nöthige erinnert: sie selbst noch nicht besuchen können; weil ich keinen Gang thue, ohne ausdrückl. Beruff und Geschäfte, dazu ich die Gelegenheit freylich oft vom Zaune breche. Auch die angemerkte Stücke des Museums noch nicht zu Gesicht bekommen, weil ich mich bey den beyden hiesigen Buchladen enthalten muß; der eine mich nicht leiden kann, und ich nicht fügl. den andern; das Bücherkaufen mir aber verboten ist. Neßir und Zulima schickte mir meine im vorigen Briefe genante Freundin zu an einem Sontage; aber auf die 2 Stellen kann ich mich nicht besinnen. Claudius machte mir Hoffnung zu diesen Bogen, muß es aber vergeßen haben. Wie kommt Ihr HE Bruder der Kanonicus zu einem Profeßorat? Viel Glück! Ist der liebe Jacobi zu Zelle, der meinen Hill so gut aufgenommen auch Ihr Verwandter? Ich bin morgen bey Ihrem hiesigen Namensvetter, weiß nicht wozu? eingeladen. Können Sie auch meine abscheul. Hand lesen? In Leßings Menschenerziehung fiel mir auch so eine Stelle auf; obs die angeführte seyn mag, weiß ich nicht, weil mir dies Buch auch fehlt. Von Hemst. besitze blos seine lettre sur l’homme; einer seiner Freunde im Haag versprach mir all seine Werke – die ich aus Verdruß nur kalt in der Uebersetzung angesehen habe. Unser Kant bewundert ungemein die Kunst seines Dialogs – aber auch was unser Freund in W. übersetzt, ist nicht recht nach meinem Geschmack non possum dicere quare? Gnug zum Vehiculo des mir anvertrauten. Das übrige in Gottes Ohr und von dort in Ihr freundschaftliches Herz! Joh. Ge. Hamann Vermerk von Jacobi: Königsberg den 1.sten Xbr. 1784. J. G. Hamann empf den 24.tenbeantw den 31.sten Xbr 84 und 11 Jan 85.
Königsberg den 9 Xbr. 84. Der Stritzel ist bestellt – und weil wir Ihre baldige Ankunft erwarten; so habe nichts beyzulegen, ohngeachtet ich Ihnen, HöchstzuEhrender Freund, den ersten Theil einer Reisebeschreibung zugedacht hatte von Guiana, den ich aber noch nicht zu Hause erhalten, ohne ihn selbst angesehen zu haben. Vielleicht wird sich etwas beßeres finden, das Sie Selbst mitnehmen können. Ich bin hier verlegen des Spinoza Leben von Joh. Colero aufzutreiben. Wenn Sie selbiges besitzen, würden Sie die Gewogenheit haben es mir mitzutheilen. Eben so geht es mir mit deßelben
    Principiis Philosophiae Cartesianae
Amst.
663. 4o an denen mir noch mehr gelegen ist, und die nicht einmal auf der Schloßbibl. sind; ohngeachtet mir an letzterm Buch beynahe mehr als an seinem Leben gelegen wäre. Sollte es nicht in der Bibl. des HE. von Creutz seyn, aus der ich schon durch Dero Vermittelung einmal den Rabelais erhalten? – – Ich werde aber noch einmal auf der akademischen Bibl. Nachfrage thun, weil das erste mal der Katalog fehlte. Sie haben an Vetter B. Tod Antheil genommen; dafür melde heute, daß der Capellmeister Reichardt mit einer jungen Tochter den 23 pr. erfreut worden. An D. Biester habe geschrieben – aber mit dem Blasen hat es nicht gehen wollen – dafür in sehr demüthiger Stellung um den zweiten Jahrgang gebeten und auf alle übrige Verzicht gethan. Muste leider! nolens volens schreiben, um mich wegen 2 Puncte zu legitimieren: sonst wäre sehr gern dieser Mühe überhoben gewesen, eine Seite in 4o mit leeren Worten anzufüllen. Ich weiß, daß es 2 Döderleins und 2 Teller giebt; aber mein gutes Glück hat mich mit der Bekanntschaft der beyden Orthodoxen verschont. Doch Yoriks Meinung hält weder bei Acken noch bey Eberhardt Stich. Des letzteren
    vermischte Schriften
, davon der erste Band herausgekommen, haben mir einen sehr vergnügten Abend gemacht, der alle widrige Eindrücke seiner Apologie ppp ausgelöscht und mich mit dem liebenswürdigen Verf. der
    vermischten Schriften
völlig ausgesöhnt. Ackens Predigten habe vor der Ablieferung zum zweiten mal durchgelesen, aber eben den unerklärlichen Abfall oder Contrast mit seiner Theorie gefunden, wo der Pomp seiner Kanzelberedsamkeit gantz verleugnet ist. Der zweyte Theil von Büschings Lebensbeschreibungen giebt dem ersten nichts nach. Er enthält den Lebenslauf eines Grafen Reuß XXIV und das Reisejournal seines Oberhofmeisters, eines Hofrath von Geusau. Büsching soll schon Kants kosmopolitischen Chiliasmum in der Berlinschen Monathsschrift recensirt haben, mit ein wenig Saltz. Der vorige Monath kam hier außerordentl. spät an, weil man eine zweite Auflage deßelben hat veranstalten müßen. Von Mendelssohn habe durch einen seiner Landsleute einen Gruß bekommen, auf deßen Richtigkeit ich eben nicht bauen kann. Ueber 14 Tagen erwarte einen andern Juden von dort, mit dem ich in näherer Verbindung stehe, und durch den ich auch etwas von D. Biester vermuthe. Die Memoires des Voltaire sind in Berlin nachgedruckt worden. Einige Exempl. hier à 1 rth. unter der Hand verkauft worden. Ich habe die Uebersetzung verglichen, wo nur eine Stelle fehlt ausgelaßen ist von wenigen Zeilen, kaum mit Absicht, sondern aus Flüchtigkeit und Nachläßigkeit, daran es nicht fehlt. Uebersetzungen zu vergleichen ist eine meiner liebsten Nebenarbeiten. Wenn Schaftesbury Ihnen gehört, wünsche ich diesen Gebrauch auch davon machen zu können, besonders da das engl. Original gegenwärtig auf meinem Tisch liegt, und mir Mendelssohn diesen Auftrag einmal gethan, den Sie in Ansehung des Baco äußerten, deßen physische Schriften wol kaum mehr unserm Zeitalter Gnüge thun würden. Ludwig Mayer war ein vertrauter Anhänger des Spinoza und Herausgeber seiner Schriften. Von ihm ist
    Philosophia Scripturae interpres
,
wovon ich eine holländische Uebersetzung im Mst besitze; welche vor einigen wenigen Jahren im Deutschen erschienen seyn soll. Jemand will eine Ankündigung derselben einer deutschen Uebersetzung in der Allg. deutschen Bibl. davon gelesen haben. Ich weiß nichts davon. Ist Ihnen Etwas bekannt? Es ist zur ungewöhnl. Abendzeit daß ich schreibe. Ich muß also schließen, und wünsche guten Winterweg zu Ihrer baldigen Ankunft. Empfehlen Sie mich der Frau Gemalin und lesen Sie mit Yorikscher Sympathie den Vor- und Taufnamen Ihres synonymisch ergebensten Johann Georg H. Adresse mit Siegelrest:
Des HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
/
    bei
    Tapiau
/ 224
Kgsberg den 10 Xbr. 84. Herzenslieber Sohn, Ich war mir so wenig einen Brief von Dir den Freytag nach Deiner Abreise vermuthen, daß ich es nicht einmal der Mühe werth hielt auf der Post zu gehen. Desto angenehmer wurde ich den Sonnabend drauf von unerwarteter Freude überrascht die Nachricht Eurer glückl. Ankunft zu erhalten und auch HEn Kriegsrath Hippel damit zu erfreuen. Deiner Schwester Lehnchen Geburtstag wurde bey HE Miltz gefeyert von unserm ganzen Hause, der uns zu Mittag eingeladen hatte weil es sein und seiner Tochter Geburtstag. Jgfr. Hille war auch gebeten und beschenkte Deine Schwester mit einem rothen, Louischen mit einem blauen Bande. Lieschen beschenkte ihre Freundin mit einem gedruckten Glückwunschsbillet, Lehnchen mit einem kleinen EtuiKalender, Marianchen mit einem Souvenir. Mutterchen u Hillin spielte mit den Kindern und war so vergnügt, als sie noch nicht in
    der Stadt
, wie sie sich ausdrückte, gewesen war –
    und ich lernte unterdeßen im Brettspielen vom Philosophen von Braddau, der mich 2 Spiele gewinnen ließ
. Diesen Montag war bey HE Jacobi eingeladen schon die Woche vorher in Gesellschaft der beyden Geistl. die Du wohl weist des Cr. R. Jenisch u Prof Kraus – Gantz ungewöhnl. ließ mich HE Kr. R. ruffen, und ich zog diesen Ruf vor.   Vorgestern Abend ist HE Mayer zu Hause gekommen von seiner Wallfahrt nach Kurl. und besuchte mich heute. So viel von Neuigkeiten, die mich und unser Haus betreffen. Die Witterung hat mich gantz Muthlos manche Tage gemacht. Diesen gantzen Vormittag habe herumstreichen müßen. Hinz hat an Moses Oettinger geschrieben, daß der Dir zugedachte
    Homer
nur auf Gelegenheit wartet; dafür hab ich auch einige sr. Aufträge hier besorgt, und auch dem Oettinger damit einen Gefallen gethan, der sich auch wegen seiner Unpäßlichkeit u Handels sich mit den Lappalien nicht abgeben kann. Er wollte morgen schon abreisen, wird aber noch 8 oder 14 Tage hier bleiben. Euchel ist in Berlin u wird auch nächstens erwartet. Er ist in großer Gefahr zur See von Koppenhagen nach Lübeck gewesen, und ich erwarte ihn mit Schmertzen. An Biester, Nicolai, Hartknoch habe schreiben müßen; auch nach Düßeldorf das mir anvertraute zurückgesandt. Nun bin ich noch nach Weimar Antworten schuldig, die mir auf dem Herzen liegen; wozu ich aber noch Erklärung aus Riga abwarten muß. Reichardt ist mit einer jungen Tochter erfreut worden den 23 Nov. Der Etat für die kleinstädtschen Gratificationen ist schon vor 3 Wochen hier. Woher unser hiesige ausbleibt, weiß niemand zu erklären. Zu dem allgemeinen Klagen u Murren komt noch das infamste Gewäsch, das sich weder glauben noch widerlegen läßt. Es geht alles zu gl. Theilen bis auf den kleinsten Besucher. Die Schiffart übertrift noch voriges Jahr und wenn die Foien noch wären, würd ich vielleicht über 200 rth u mehr zu genießen haben. Damit ließe sich noch was anfangen, jetzt wird mir der Eine Thaler schwer, wofür Deine Schwestern nähen lernen und der andere, dem ich dem ehrl. le Roi gern
    doppelt
bezahlen möchte. Horatz, Springers Kammerpräsident und Romani nebst Deinen Wischen oder Mstn wollt ich sagen, warten nur auf Gelegenheit; denn mit der Post hab ich nichts zu thun, auch des Einpackens wegen. Die Fortsetzung des Walchs wird denn auch da seyn – und wegen Sophiens Reise, hoffe ich selbige von Friedländer zu erhalten. Lieschen fängt auch schon an die verlangten Noten abzuschreiben. Aber 1. dum moliuntur, dum comuntur – 2. wie die Wahl und Copie gerathen wird, steht auch dahin. Das Schreiben wird gantz nun bey Seite gesetzt – die kleine Uebung in der ital. Stunde ausgenommen.
    Vom Hill und dem Herrn Bruder aus Münster ist nichts zu hören
HE Kriegsrath Hennings werde wills Gott! übermorgen besuchen. Er hat auf meine Empfehlung sich die Werke des Retif de la Bretonne angeschafft. Ob er sie fortgesetzt, weiß ich nicht; unterdeßen hoff ich ihn willig zu machen allmählig mir selbige so wol als Wünschens Kosmol. dorthin zu überlaßen. Der Auftrag von der Frau Kriegsräthin ist sogl von mir bestellt worden, und wie ich nicht anders weiß, alles bestellt und bereit zur ersten Gelegenheit. Daß ich nicht schrieb, mein lieber Sohn hab ich Dir schon zum voraus gesagt. Aber thun und ausrichten werd ich alles, was in meinen Kräften ist – und eben sowenig ermangeln zu schreiben, wenn ich nicht im stande bin etwas zu thun. Dies sind ja lauter Kleinigkeiten, die mir zur Hand sind, und bey welchen an der That gar nicht zu zweifeln ist. HE Kriegsrath bestellte bey mir eine Einlage, scheint sich aber wider bedacht zu haben. Dieser Brief wird also mit der morgenden Post nicht abgehen, sondern ich werde künftige Woche noch abwarten um wenigstens Raphaels Antwort beylegen zu können. Ich kann Dir nichts als einen Kalender zum künftigen Jahr schicken, mit denen ich unser ganzes Haus, neml mich u Lieschen an Lehnchens Geburtstage versorgt. Gesetzt auch daß die Gratification einkommt; so muß selbige doch die Bedürfniße des gantzen künftigen Jahrs bestreiten helfen. Die Zinsen des Hauses sind noch nicht gantz eingelaufen und es fehlen noch 7 rth daran. Schulden hab ich Gottlob nicht außer einer kleinen Bücher u Buchbinderrechnung, die sich ungefehr auf jenen Rückstand belaufen. Aber übrigens müßen wir uns an nothdürftiger Nahrung u Kleidung begnügen. Nuppenaus Sohn hat schon gnug unser Haus überlaufen um alte Sachen die Du abgelegt für sich zu erbetteln. Ich hab meine ganze Armencasse die aus wenig Gulden besteht, auf der Mutter Erinnerung, ihr überlaßen. Der Vater soll an der Waßersucht liegen und der junge kommt nicht. Vielleicht gehe ich morgen selbst, so sauer mir auch der Gang werden wird, diesen einzigen nahen Blutsfreund, den ich habe, noch Ein- und vielleicht zum letzten mal in Augenschein nehmen; denn thun
    kann
ich nichts und
    mag
ich auch kaum für die unglückl. Leute etwas. den 14 – Sonnabends besuchte mich Löwen mit einer alten Bitte, die ich auf der Stelle nach seinem Wunsch abgemacht. Aus dem Besuch bey Nuppenau ist nichts geworden, weil ich bey HE Cons. Rath Bock gehen muste, von da auf die Schloß Bibl. wo ich mich mit des seel. Pr. Werners Sohn bekannt machte, der Dich auch kennt – Nachdem ich lange im Zugwinde gestanden, ließ HE Pr. Reusch absagen. Ich lief selbst zu ihm, er hatte sich aber niderlegen müßen, und ich versprach Sonntags wider anzusprechen. Ich suche hier allenthalben, aber umsonst, nach Ren Descartes Principia Philosophiae more geometrico demonstratae per Ben. de Spinosa Amst. 663. 4o Sie sind weder auf der Schloß- noch akademischen Bibl. HE Pr. Kraus hat mich eben besucht und wird auf seiner Rathsbibl. nachsehen, auch sonst Erkundigung thun. Wir haben eine sehr vergnügte Stunde zusammen geplaudert, nachdem wir uns einander erleichtert hatten. Sontag habe den gantzen Morgen bey HE Kr. Hennings zugebracht, auch wegen Wünsch Abrede genommen, der Dir nicht entgehen soll. Ich speiste bey HE Jacobi herzl. vergnügt, der guter Mann bey seinem Schwager denselben Nachmittag seyn sollte, und habe die nähere Bekanntschaft mit dem Assess. Lilienthal gemacht. Gestern überschickte HE Kr. Rath Einl. und ließ mich zu Mittag bitten, von da gieng zu HE Prediger Wanowsky, der diese Nacht einen Anfall von Fieber bekommen. Er hat sein jüngstes Tochterchen vor 14 Tagen begraben laßen. Der alte Rector Daubler ist auch gestern beläutet worden. Heute begegnete ich HE Wagner der mir die fröhl. Nachricht brachte, daß HE Pf. aus Schmoditten diese Woche gewiß einkommen würde. Walch liegt fertig, nachdem ich selbst ein wenig durchgelaufen wegen des Origenes und seines außerordentl. Schicksals nach dem Tode. Deine zurückgelaßene Bücher werden auch dann mitkommen. Durch Löwen erwarte auch morgen die Sophie – Weist Du nicht wo die holl. Handschrift, welche mir HE Miltz verehrt hingekommen? Ob sie in einem Schrank oder Pult in der Kammer liegen mag. Meine Bücher kommen alle um, wenn Du nicht bald mir zu Hülfe kommst, sie zu retten. Wenn Cartesii Werke franz. in des HE Kr. Bibl. seyn sollten, besonders seine Schrift
    de Methodo
im fr. so wünschte selbige zum Gebrauch auf einige Wochen. Die Opuscula Posthuma liegen auf meinem Tisch. Ich wünschte sehr wenn Du eine beßere Aussprache als ich Dir imstande zu geben bin in der französischen Sprache mitbrächtest und Dich vor Deiner Herkunft ein wenig darinn übtest, auch Deinen Freund Ernst dazu aufmuntern möchtest. Ich habe alle Lust verloren den Vetter Nuppenau zu besuchen u das ihm zugedachte der Mutter gegeben, wenn sich der Sohn melden wird. Helfen kann ich den Leuten nicht, und ihnen ist auch kaum zu helfen. Ohngeachtet der angestellten Wetten ist unser Etat noch nicht angekommen. Heute sind die Besucher von den Waagen auf der Direction gewesen, morgen wird die Brigade erscheinen. Das Geld soll schon lange hier seyn. Woran es liegt, kann niemand begreifen. Eine abscheuliche Wirthschaft die unverantwortlich ist! Nun will man wegen der Fooi an den Prinzen Heinrich schreiben. Mein Nachbar schaft all sein Gesinde ab um seine alte Haushälterinn von ihrem Mann zurückzunehmen. Fritzchen besuchte Deine Schwestern und wird in Pension gegeben werden. Lieschen schreibt Noten so gut sie kann. Was fertig ist, soll beygelegt werden. Kommt Gelegenheit heran so erinnere
    wenn es sich thun läst
wegen der 7 fl. für Heeringe u Ratzenpillen. Schreib so oft Du kannst und willst, ohne auf meine Antworten Rücksicht zu nehmen; und wenn Dir etwas fehlt, so sag mir. Auf nothwendige Dinge werd ich niemals Antwort schuldig bleiben. Was sich von selbst versteht, braucht keine Worte. Vergiß nicht Dich auch bey gegenwärtiger Zeit Dich derjenigen Verschen zu erinnern, die Du in Deiner Kindheit gelernt hast: Ein Herz, das Demuth liebet und Kindlein! wir erkennen, daß Du der Heil. bist. Laß diese Wahrheiten Dir niemals alt noch kalt werden, sondern Dir gleich einem
    verborgenen Schatz im Acker
seyn, Anfang und Fülle aller Erkenntnis und Weisheit. Sonst verdirbt alle Zeit, die wir zubringen auf Erden. Wenn alle Stricke reißen, das hält ewig. Himmel und Erde werden vergehen, aber Sein Wort bleibt – und auf diesen Fels gründe Deinen Bau. Hör und glaubs, was Dir Dein alter Vater aus
    doppelter Erfahrung
sagt. Nun mein liebes Kind, ich küße und herze Dich mit väterlicher Liebe und Zärtlichkeit. Gott laße Dich auch in diesem neuen Jahr wachsen an Weisheit, Alter und Gnade – Empfehl mich aufs Beste dem HE Kriegsrath, Frau Kriegsräthin unter den besten Wünschen die ich für Ihr wie mein eigen Wohl thue – für Dich wie für Deinen Freund.
    Eure Freundschaft werde immer inniger, gründlicher, reifer und fruchtbarer bis in das späteste Alter
. In diesem Stück freu ich mich Dich glücklicher zu sehen wie ich bin gewesen bin; so sehr mich auch Gott an Freunden von Jugend auf geseegnet. Sag dem alten Herrn alles Gute in meinem Namen. An HE Scheller hab ich selbst geschrieben. Sey dankbar, aufmerksam und redlich gegen Ihn.
    Vergiß auch Deine gute Nachbarschaften nicht, die auch zum tägl. Brodt gehören
. Mutter u Schwestern u Freunde denken an Dich – und noch mehr wie alle Dein Dich treu liebender Vater und Nächster Johann Georg H.
Königsberg den 15 des Χstmon. 84. Mein ewig zu verehrender Sohn und Wohlthäter, Vor ein paar Stunden hatte ich einen Besuch von einem jungen Mann, den ich seit vielen Jahren kenne und der mir seine Absicht einen Bücherhandel in Curland anzulegen mittheilte; da meine älteste Tochter mit einem Briefe gelaufen kam, mit dem ich sogleich nach dem Munde fuhr, weil ich Ihre Aufschrift zu erkennen glaubte. Ich war aber nicht imstande ihn wegen des angeklebten Siegels herauszubringen, weil ich ein etwas unbeholfener Mensch bin, nahm ich zu der Geschicklichkeit meines Beysitzers meine Zuflucht, der bald damit fertig wurde, mir die Einlagen einzuhändigen. Statt des Danks für seine Mühe bat ich ihn mich allein zu laßen, weil ich nicht anders als ohne Zeugen Ihren Brief nebst Beyl. zu sehlesen imstande war. Wie wohl
    mir dabei zu Muthe gewesen
, vermag ich nicht zu sagen. Ohngeachtet ich schon auf Ihre Denkungs- und HandlungsArt durch eine umständliche Herzensergießung unsers lieben L. vom 27 Oct. welche ich den 10 Nov. erhielt, zubereitet und eingeweyht war: so übertrift doch die
    Güte
und
    Größe
der That und der Erfüllung alle seine prophetischen Winke und alle Träume meiner aufgebrachten Phantasie. – – Sie werden auf einmal zum
    Vater
an mir und den Meinigen, ohne daß ich bis diese Stunde von dem geringsten Anlaß noch nexu der Dinge etwas weiß, noch davon begreifen kann – laßen Sie mich, wie ein
    Kind
, Ihren und einen höheren Willen erkennen und annehmen.
    Dein Wille geschehe
! hat mir den ganzen Tag im Sinn gelegen, und ich unterhielt mich über dies Thema, nach einer Menge kleiner unbedeutender Geschäfte, die mich den ganzen Vormittag zerstreut, mit einem unserer angesehensten Geistl. den ich an meiner Hausthür begegnete und sich gefallen ließ eine Stunde lang bey mir abzutreten – weil wir uns eine Weile vorher bey unserm dirigirenden Oberbürgermeister einander abgelöset hatten, in Angelegenheiten, die eine Beziehung unter sich hatten. Durch einen so rüstigen, muthigen und heitern Tag ist mein Gemüth zu der Wonne dieses Abends eingeleitet worden.
    Es
    ist ein gar zu großes Stück. Ich bring Sie nicht
    darum
sollt ich nun freylich mit Gellerts Greise sagen. Die Zinsen von dem mir anvertrauten Capital sind mehr als überflüßig zur Erziehung meines Viergespanns, das mir Gott gegeben; denn meinen eigenen Bedürfnißen sind die Umstände meines Vermögens ziemlich angemeßen, und ich hoffe den Hauptstock zu erhalten: wie ich es mir zur Gnade von Ihnen ausbitte, sich von der jährlichen Verwaltung und meiner Treue darinn Rechenschaft ablegen zu laßen – Ob die
    Zeichen
und
    Wunder
meines ganzen Lebens meinen Glauben stärken oder meinen Unglauben beschämen sollen, weiß der Herzenskundiger am besten. Was die Bedingung der
    Verschwiegenheit
anbetrifft: so möcht ich auch hier, wie Horatz zum Mäcen sagen: Utrumque nostrum incredibili modo Consentit astrum – – – Aber in Angelegenheiten des Zeitlichen bin ich so unwißend und unmündig, daß ich einen Vormund nöthig habe. Die Hebung einer so ansehnlichen Summe kann auch nicht geheim bleiben; da theils der hiesige Banco-Director mein Freund und ein noch innigerer Freund unsers oben angeführten Bürgermeisters, des Kriegsrath Hippel ist, bey dem ich jede Woche wenigstens speise und den 15 Nov. unsers Lavaters jüngsten Geburtstag gefeyert habe. All mein baar Geld ist in den Händen eines hiesigen angesehenen Kaufmanns, HE Friedrich
    Conrad Jacobi
, den ich seit seiner Ankunft nach Preußen kenne, deßen Oncle schon ein guter Freund von mir war, der von mir engl. gelernt, und mit einem kleinen Capital einen in seiner Vaterstadt
    Grün
berg
    stadt
sich angeseßenen Weinhändler unterstützt, den ich auch von Person hier gekannt. Diesem rechtschaffenen Freunde muß ich mich auch entdecken, um die mir anvertraute Summe zu heben und unter seine gewißenhafte Verwaltung zu nehmen. Diesen Freund kann ich nicht eher als diesen bevorstehenden IV AdventsSonntag besuchen, wo ich oft zu Mittag speise, um die nöthige Abrede mit ihm zu nehmen. Dies ist alles – da ich schreiben
    muste
und an Niemanden als an Sie, verborgener Wohlthäter!
    konnte
– was ich heute zu schreiben imstande bin. Der überschwenglich mehr thun kann, als Menschen wißen und verstehen, wolle sich auch durch Wunder und Christfreuden Ihnen offenbaren und verherrlichen!!! Halleluja! Amen! den 20 – Erst sich zum
    Sohn
anzubieten, und alsdann sich zum
    Vater
der meinigen aufzuwerfen, und diesen Plan durch die natürliche Eitelkeit eines Schriftstellers auf die Kinder seines Geistes auszuführen, schien mir doch eine Versuchung zu seyn – und dies sind alle Wohlthaten: Je edler die Salbe, desto anziehender für die schädlichen Fliegen. Es hat also an empfindlichen Nachwehen nicht gefehlt, denn Zwillinge kämpften in meinem Kopf und Busen, wie in Rebeccas Gebährmutter. Ich machte heute den Anfang darüber an Lavater zu schreiben, bin aber wider unterbrochen worden. Ich bin Gottlob! auch von diesem Kampfe genesen, und zur Ruhe gekommen mit dem Entschluß die ungeheure Summe in der Bank in depot liegen zu laßen, bis wir uns einander gesehen hätten. Meine lebendige Erfahrung überführte mich von der Wahrheit: Was ist das mich heut erfreuet Und mich morgen nicht gereuet. Die mäßigen Zinsen der Bank ap% schienen mir hinlänglich zu einem Versuch der Erziehung, die freylich nicht vom Gelde wie unsere
    Gesundheit
und
    Seelenruhe
abhängt. Das Agio des edlen Metalls schien mir zu einer Reise hinlänglich zu seyn – und auf diese Probe sollte Gottes Wille der unsrige seyn. Aber ich werde immer mehr von der Individualität väterlicher Vorsehung wie Ihres und meines eigenen Characters überzeugt, und daß alle Ihre Maasreguln stärker und glücklicher als die meinigen sind. Mein bewährter und rechtschaffener Freund
    Jacobi
, deßen Comtoir aber die Firma seines Oncles führt, besucht mich mit einem Briefe, den die hiesige Bank vermuthlich schon gestern erhalten von dem dortigen HofFactor, und meldt mir, daß es gegen ihre Constitution ist sich selbst mit Wechselnegoce abzugeben, und daß selbige dies gantz Geschäfte ihm aufgetragen; daher er selbst mit dieser Post an HE Breslau schreiben, die Bank hingegen erst mit der nächst künftigen antworten wird. Ich bin damit sehr zufrieden, um so mehr, da dieser rechtschaffene, vorsichtige und durch sein eigen Vermögen als Credit angesehene Mann dadurch all das Meinige unter seine kluge Verwaltung bekommt, und ich in der genausten Verbindung der Freundschaft und Geschäfte stehe, und daß dies ein Mittel wird selbige noch inniger zu machen, und meine Sorgen für das Zeitliche – deren Last ich eben so empfinde wie meine äußerste Untüchtigkeit mich damit zu befaßen. Es fehlt mir gantz und gar an Augenmaaß u sensu communi zu den kleinsten Geschäften dieses Lebens. Eine eben so leichtsinnige Grosmuth in meinen Eignen als pharisäische Angstigkeit in fremden Angelegenheiten – ein unüberwindlicher Kützel moralische Experimente zu machen – und mehr als hypochondrische oder hysterische Grillen, die mir den Kopf benehmen, und mich eben so leicht zu einem unbändigen Vertrauen als Verdacht verleiten, ohne daß ich es selbst weiß. Also mein Freund
    Jacobi
schreibt mit dieser Post an den dortigen Hoffactor und an Nolten et Comp. zu Amsterdam, wünscht aber zu Ihrer Praecaution, daß Sie so gütig sind unsern Avis von abgemachter Sache abzuwarten. Ich gewinn auch hiebey den vollen Genuß der landübl. Intereßen, und verlang lieber keine als todte Capitalien, die unfruchtbar liegen. Ach mein auserwählter – ach mein gewünschter Sohn! InZu was für einer Wüste wird die
    beste Welt
, wenn alles, alles darinn eitel ist. Den Seinen giebt Er Schlaf – und Er schickte mich aus England mit dem ausdrückl. Gebot: Iß dein Brodt mit Freuden, und trink deinen Wein (oder deiner Freunde ihren) mit gutem Muth, denn dein Werk gefällt Gott. – Das hab ich bisher redlich gethan und in Ansehung der 4. Bitte denk ich wie Luther in seiner dicken Auslegung des tägl. Brodt. Ein
    tiefer
Schlaf, fast ohne Träume, stand mir nicht nur des Nachts sondern auch des Tags zu Gebot. Wenige Ausnahmen gab es in meinem Leben, ich habe mehr Freuden- als Leidträhnen darinn vergoßen; selbst meine ergiebige Galle löst sich leichter in Lachen als Wehmuth auf. Viel mehr wär es mir alten Mann auch jetzt wie dem Seifensieder oder Volteius Mena ergangen; aber es war ein Handgriff, mich in der Weisheit Salomons und Erkenntnis der Eitelkeit einen Schritt weiter zu bringen. Ich habe glücklicher wie er, nicht nur
    unter Tausenden Einen Menschen
gefunden ohne Laterne mit einer mehr als archimedischen Wonne
    gefunden
, sondern auch ein Weib unter allen, die mit meiner ältesten Tochter ein Experiment machen will, ob sie der Erziehung empfänglich ist. Gott hat mir von Jugend auf durch Freundschaft reich und seelig gemacht. Darunter gehört vorzüglich eine Baroneße Bondeli, bey deren würdigen Vater ich gegen 2 Jahre zur Miethe gewohnt, und wie ein Kind fast alle Abende gespeist. Ich bin ihr Lehrmeister im Engl. gewesen; sie heißt bey mir unsere preußische Beaumont und ist auch wo nicht über eine
    Julia
wie jene in der Romance. Diese würdige Dame hat ihr Glück der Pflege ihres alten unvermögenden Vaters und eines höchst undankbaren Bruders aufgeopfert, der ein elendes Ende seinem Spielerleben u Ausschweifungen in Bernschem Dienste gemacht. Außer einem weitläuftigen alten Hause mit einem Garten behielt sie nichts übrig als eine mäßige Pension für die Verwaltung eines einträgl. Majoratsguts deßen Besitzer in den besten Jahren starb – Diese Pension war vielleicht das einzige Gute, was dieser geitzige Schwelger ohne es zu wißen gethan hat. Sie war genöthigt nicht blos aus Noth als noch mehr aus Grundsätzen eine Schule anzulegen, die lange leer blieb und seit kurzem sich in eine völlige Akademie der Gratien verwandelt, daß sie keine mehr aufnehmen kann. Vor einem halben Jahr entfuhr ihr ein Wink auch eine meiner Töchter ohne den geringsten Eigennutz aufzunehmen: ich habe mich seitdem geschämt sie wieder zu besuchen, welches ich ohne irgend ein Geschäfte bey niemanden thue, aber nunmehr scheint der Handel unter uns beynahe abgemacht und geschloßen zu seyn. Der Fortgang auch dieses Versuches, dieses mir am Herzen liegenden Versuchs ist auch ein Moment meiner Entschließung. Meine Jahre lang schmachtende Sehnsucht Herder zu überraschen, die Mutter und das Geschwister meines Pathen kennen zu lernen, meinen Gevatter Claudius, den ich so lange gedroht und geäfft, meinen jüngsten Freund in Düßeldorf deßen Name schon für mich ein glückliches Omen ist, und die gute treue Seele in Oßnabrück. Eine solche peripatetische Cur hat mir schon lange in den Nieren und Lenden gelegen als das einzige Gegengift und Rettungsmittel der mich nagenden und aufzehrenden Hypochondrie. Daß
    mein gerader Weg
von hier nach Münster gehen wird, und von diesem radio der ganze Circul meiner Ideen und Wallfahrten abhängt, versteht sich von selbst. Weil aber dieser Entwurf von einer ausdrückl. Erlaubnis abhängt, die jeder Konigl. Bediente und homunculus unmittelbar im Cabinet suchen muß: so wünschte ich tausendmal lieber, daß Ihre Gesundheit erlaubte diese Reise selbst zu übernehmen und den Hausvater mit seiner glücklichen Familie auf einmal zu übersehen. Unser Norden wird Ihnen nicht eben nachtheilig seyn. Was jener alte Philosoph von seinem Hausheerde sagte und von seiner Küche, gilt auch von meinem Vaterlande, so wenig es auch nach meinem Geschmack ist. Ich habe Gottlob! weder Schulden noch Feinde, aber desto mehr Freunde, die beßer und größer, Ihrer Bekanntschaft würdiger sind als: ich mag nicht sagen wer? – Meinen ehrlichen homme d’affaires kennen Sie schon dem Namen nach – Bey meinem Hippel hab ich vorige Woche satt, zweymal gespeist. Er besitzt und bewohnt das schönste Haus in unserer Stadt, und seit kurzen vor den Thoren derselben eine kleine Villa, welche die erste und einzige in ihrer Art bey uns ist, und letztere sehr gern zu Ihrem Aufenthalt abtreten wird. Kriegsrath Deutsch auf Graventihn ist der Pflegvater unsers Sohns. Kriegsrath Scheffner lebt auf Sprintlacken, wo ich ihn diesen Sommer zum ersten mal besucht. Er und Hippel sind in Verdacht den
    Versuch über die Ehe
und die
    Lebensläufe in aufsteigender Linie
geschrieben zu haben, machen aber ein undurchdringl. Geheimnis daraus. Kriegsrath Hennings ist der Dechant aller meiner lebenden Freunde. Auch gehören zwey Profeßoren wenigstens in diese Gallerie – mein Freund Kraus, der Morczinimastix und Kant, der kosmopolitische Chiliast. Ich erwarte diesen Sommer aus Halle einen Doctor Lindner, der sich auf seine alte Tage auf die Medicin gelegt und aus dem leichtsinnigsten Jünglinge der respectabelste Mann geworden, und dessen Consilium fidele ich mit einer unerklärlichen Ahndung Ihnen empfehlen möchte. Er hat an seiner alten unvermögenden kindischen Mutter hier beynahe Wunder gethan, und auf ihn wird der Seegen des vierten Gebots gewiß einmal reichlich ruhen. Geht es Ihnen auch wie dem guten Lavater, der meine Hand nicht lesen kann? Ich hatte mir zu dem beyliegenden Briefe eine Feder ausdrücklich geschnitten – aber das Schreiben fällt mir so schwer als das Reden und bisweilen verstumme ich zu beyden und muß mein Leid in mich freßen. Wenigstens sagen Sie, mein auserwählter, mein gewünschter Sohn! was Sie eigentlich auf mich und meine Kinder aufmerksam gemacht? Bey mir trifft auch das Sprichwort ein: Artzt hilf dir selbst. Aber Seine Kraft ist noch in den Schwachen mächtig. Ich habe noch nicht das geringste Licht von Ihren Bewegungsgründen mich mit den Pfeilen Ihrer Liebe zu verfolgen und so tief zu verwunden. Worinn mein Zug auf Ihren ersten Brief bestanden wißen Sie auch noch nicht. So lächerlich er Ihnen auch vorkommen wird. Bitten Sie Ihren Artzt, der vermuthl. D. Hoffmann seyn wird um einen statum morbi, und theilen mir etwas Gsevon seiner Geschichte mit, damit ich allenfalls auch vor Ihrer Ankunft das Gutachten meines Freundes in Halle einholen kann. Ich muß nächstens wider schreiben um Ihnen den nöthigen Avis, daß alles hier richtig ist, zu ertheilen. Der ewig reiche Gott laße Ihre Erndte gleich Ihrer Aussaat gerathen, daß
    viele Gott danken mögen
. 2. Kor. IX. 12. Gott erhöre mein und der Meinigen einfältiges Gebet für Ihre Erhaltung und Genesung und gnädigen Heimsuchung. Ermüde Sie nicht meine Ungeduld das
    Nöthige zu wißen
und von Ihnen zu erfahren. Ich lebe und ersterbe Gottes, Christi und der Ihrige   Johann Georg H. und schmecke schon im Geist die Freude Sie zu schauen und zu umarmen.
Clarissime Domine Politice! Weil meine alten steifen Knochen zur peripatetischen Philosophie nicht kaum mehr taugen, und meine Augenblicke zu labyrinthischen Spatziergängen nicht immer
    vor
sondern auch zuweilen zwischen der Tafel ab ouis ad poma eintreffen; so muß ich schon zu einem maccaronischen Gänsekiel meine Zuflucht nehmen, Ihnen meinen Dank für den beykommenden Berlinschen Christmonath im cant-style, den der komische Geschichtsschreiber der komischen Litteratur per e wie ein Asmus cum puncto durch
    Kantschen Styl
gegeben, zu übermachen. Zum Sapere aude! gehört auch aus eben derselben Qvelle das Noli admirari! Clarissime Domine Politice! Wie sehr ich unsern Plato liebe und wie gern ich ihn lese wißen Sie; auch will ich mich seiner Vormundschaft zur Leitung meines eigenen
    Verstandes
, doch cum grano salis gefallen laßen, ohne eine Selbstverschuldung durch Mangel des
    Herzens
zu besorgen. Einen Profeßor der Logik u Kritiker der reinen Vernunft an die Regeln der Erklärung zu erinnern, wäre beynahe Hochverrath; da Sie mir überdem Ihren Hutchinson fortgenommen ohne seine Moral widererstattet zu haben; besitze ich kein anderweitiges Organon in meinem armseel. Büchervorrath. Eben so wenig bin ich imstande den Zufall jüdischer und christlicher Einstimmigkeit in vormundschaftlicher Denkungsfreyheit mir aufzuklären, weil der königl. Bibliothekar mir den zweiten Jahrgang auf eine höchst unbarmherzige Art und Weise mir vorenthalten; so sehr ich auch aus allen meinen Kräften zur Geburtshülfe des kosmopolitischplatonischen Chiliasmus durch Wünsche, Erinnerungen, Vorbitte und Danksagung beygetragen Daher laß ich es mir gern gefallen die Aufklärung mehr ästhetisch als dialectisch, durch das Gleichnis der Unmündigkeit u Vormundschaft, zwar nicht erklärt, doch wenigstens erläutert und erweitert zu sehen. Nur liegt mir das πρωτον Ψευδος (ein sehr bedeutendes Kunstwort, das sich kaum unflegelhaft in unsere deutsche Muttersprache übersetzen läßt,) in dem vermaledeyten adiecto oder Beywort
    selbst verschuldet
. Unvermögen ist eigentlich keine Schuld, wie unser Plato selbst erkennt; und wird nur zur Schuld durch den
    Willen
und deßelben Mängel an
    Entschließung
und
    Muth
– oder als
    Folge
vorgemachter Schulden. Wer ist aber der unbestimmte
    andere
, der zweymal anonymisch vorkommt. Sehen Sie hier, Domine Politice wie ungern die Metaphysiker ihre Personen bey ihrem rechten Namen nennen, und wie die Katzen um den heißen Brey herumgehen; doch ich sehe die Aufklärung unsers Jahrhunderts mit keinen Katzen- sondern reinen u gesunden Menschenaugen, die freylich durch Jahre und Lucubrationen und Näschereyen etwas stumpf geworden, mir aber zehnmal lieber sind als die bey Mondschein aufgeklärten Augen einer Αθηνη γλαυκωπις. Ich frage daher auch noch zum zweitenmal mit katechetischer Freyheit: wer ist der
    andere
, von dem der kosmopolitische Chiliast weißagt? Wer ist der andere Bärenheuter oder Leiter, den der Verf. im Sinn aber nicht auszusprechen das Herz hat. Antwort: der leidige Vormund, der als das correlatum der Unmündigen implicite verstanden werden muß. Dies ist der Mann des Todes. Die S selbstverschuldete Vormundschaft und nicht Unmündigkeit – Wozu verfährt der Chiliast mit diesem Knaben Absalom so säuberlich? Weil er sich selbst zu der Claße der Vormünder zählt, und sich gegen unmündige Leser dadurch ein Ansehen geben will – Die Unmündigkeit ist also nicht weiter selbst verschuldet, als in so fern sie sich der Leitung eines blinden oder
    unsichtbaren
(wie jener pommersche Katechismusschüler seinem Landpfarrer entgegen brüllte) Vormundes und Führers überläst. Dieser ist der eigentl. Mann des Todes – Worinn besteht nun das
    Unvermögen
oder die
    Schuld
des fälschlich angeklagten unmündigen? In seiner eigenen Faulheit und Feigheit? Nein, in der Blindheit seines Vormundes, der sich für sehend ausgiebt, und eben deshalb alle Schuld verantworten muß. Mit was für Gewißen kann ein Raisonneur u Speculant hinter den Ofen und in der Schlafmütze den Unmündigen ihre
    Feigheit
vorwerfen, wenn ihr blinder Vormund ein wohldisciplinirtes Heer zahlreiches Heer zum Bürgen seiner Infallibilität und Orthodoxie hat. Wie kann man über die
    Faulheit
solcher unmündigen spotten, wenn ihr aufgeklärter und selbstdenkender Vormund, wofür ihn der eximirte Maulaffe des ganzen Schauspiels erklärt, sie nicht einmal für Maschinen, sondern für bloße Schatten seiner Riesengröße ansieht, vor denen er sich gar nicht fürchten darf, weil es seine dienstbaren
    Geister
und die einzigen sind, deren Daseyn er glaubt. Kommt es also nicht auf einerley heraus: glaube – exercir – zahl, wenn dich der T‥ nicht holen soll. Ist es nicht Sottise des trois parts? und welche ist die gröste und schwerste? Eine Armee von Pfaffen oder von Schergen, Büttelknechten und Beutelschneidern? Nach dem befremdlichen unerwarteten Gange menschlicher Dinge, wornach fast alles im Großen paradox ist, komt mir Glauben schwerer vor als Berge versetzen, Evolutionen und Exercitia machen – und die Liquidation mit unmündigen, donec reddant nouissimum quadrantemDie Aufklärung unsers Jahrhunderts ist also ein bloßes Nordlicht, aus dem sich kein kosmopolitischer Chiliasmus als in der Schlafmütze u hinter dem Ofen wahrsagen läst. Alles Geschwätz und Raisonniren der eximirten Unmündigen, die sich zu Vormünder der Vormünder selbst unmündigen aber mit couteaux de chasse und Dolchen versehnen Vormünder aufwerfen, ein kaltes unfruchtbares Mondlicht ohne Aufklärung für den feigen faulen Verstand und ohne Wärme für den feigen Willen – und die ganze Beantwortung der aufgeworfnen Frage eine blinde Illumination für jeden unmündigen, der
    im Mittage
wandelt. Geschrieben den heil. Abend des vierten und letzten Advent Sontags 84 entre chien et loup. von des Clarissimi Domini Politici und Morczinimastix gebundenen und seiner ex- und esoterischen Freyheit
    entschlagenen
, von Poeten
und Statistikern verkannten Magus in telonio. Auch in der Dunkelheit giebts göttlich schöne Pflichten Und unbemerkt sie thun – – Matth. XI. 11. N. S. Meine Verklärung der Kantschen Erklärung läuft also darauf hinaus, daß
    wahre Aufklärung
in einem Ausgange des unmündigen Menschen aus einer allerhöchst
    selbst verschuldeten Vormundschaft
bestehe. Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang – und diese Weisheit macht uns
    feig
zu lügen und
    faul
zu dichten – desto muthiger gegen Vormünder, die höchstens den Leib tödten und den Beutel aussaugen können – desto barmherziger gegen unsere unmündige Mitbrüder und fruchtbarer an guten Werken der Unsterblichkeit. Die Distinction zwischen dem öffentl. und privat Dienst der Vernunft ist so komisch als Flögels seine in Be- und Verlachenswürdige. Freylich komt es darauf an die beyden Naturen eines
    Unmündigen
u
    Vormunds
zu vereinigen, aber beyde zu sich selbst widersprechenden Hypokriten zu machen, ist kein arcanum das erst gepredigt werden darf; sondern hier liegt eben der Knoten der ganzen politischen Aufgabe. Was hilft mir das
    Feyerkleid
der Freyheit, wenn ich daheim im Sclavenkittel. Gehört Platon auch zum
    schönen Geschlecht
– das er wie ein alter Hagestoltzer verläumdt. Die Weiber solten
    schweigen in der
    Gemeine
– und si tacuissent, philosophi mansissent. Daheim (i. e. auf dem Katheder und auf der Bühne und auf der Kanzel) mögen sie plaudern nach Herzenslust. Da reden sie als Vormünder, und müßen alles vergeßen u allem widersprechen, sobald sie in ihre eigene selbstverschuldete Unmündigkeit dem Staat Schaarwerk thun sollen. Also der öffentl. Gebrauch der Vernunft u Freyheit ist nichts als ein Nachtisch, ein geiler Nachtisch. Der Privatgebrauch ist das
    tägl. Brodt
, das wir für jenen entbehren sollen. Die ganze
    selbst verschuldete Unmündigkeit ist ein
ebenso schiefes Maul, als er dem ganzen schönen Geschlecht macht, und daßs meine 3 Töchter nicht auf sich sitzen laßen werden. Anch’io sono
    tutore
!
und kein Maul- noch Lohndiener eines Obervogts – sondern halt es mit der unmündigen Unschuld. Amen! Adresse mit Lackrest:
An /
    Herrn Profeßor Kraus
Königsberg den 20 Christm 84. Mein Herzens- und Seelenfreund Lavater Nicht den 15 des vorigen sondern dieses laufenden Monaths wurde Ihre Wahrsagung vom 27 Oct. erfüllt, und ich wurde den ganzen frohen Tag, neml. den 15 auf den glücklichsten Abend, den ich je erlebt, vorbereitet. Mein Becher lief über und zur Erleichterung meines voll eingeschenkten Herzens fieng ich noch einen Brief an – ohn daß ich mich besinnen kann, was ich geschrieben, noch denselben fortzusetzen imstande bin, als bis
    zu seiner Zeit
. Während derselben wende ich mich an Sie, guter lieber Lavater, da die ganze Sache Sie eben so nahe angeht als Ihn und mich. Die Freude, mit der ich gejauchzt hatte:
    Ein Sohn ist uns gegeben
! verwelkte wie eine Blume des Feldes, welche der Othem des HErrn anweht. Ich gerieth in eine solche Wüste – Ein Schwert durch meine Seele machte so viele Gedanken offenbar, daß ich mich selbst verabscheute und haßte, und jeden meiner Nächsten, B u L als meinen
    Versucher
ansahe. Statt des
    frommen
,
    wahren
– war ich ein Magus, wie jener Act. VIII. der zu seinen Experimenten mehr Vertrauen als zur Vorsehung hätte. Des Gewißens Stimme donnerte: Laß dich nicht gelüsten! und mein eigener Genius und Schiblemini brüllte und wieherte: Jede Lüsternheit zum Beßerseyn ist der Funke eines höllischen Aufruhrs. Ich fühlte, daß Freundschaft, Leben, Geld und alles eitel war und mir eckelte vor allem. Durch so viele Tiefen und Höhen, Berge und Thäler kam ich vorgestern am heil. Abend des vierten Adventssontages zu einem Gleichgewicht der Zufriedenheit, daß ich zu meiner betrübten und in mir selbst unruhigen Seele sagen konnte: harre auf Gott – – Hiezu kam, daß ich seit einigen Wochen auf ganz besondere Veranlaßungen über die Werke des Spinoza brüte und mir die exemplarische Mäßigkeit, Enthaltsamkeit Emsigkeit und Gnügsamkeit dieses außerordentlichen Mannes lebhaft im Sinn schwebte. Kurz der edle Balsam zog so viele schädliche Fliegen an sich, daß ich mich kaum vor ihnen zu retten wuste – und nicht wie Abraham das Gevögel wegzuscheuchen mächtig war. Ecce homo! und was ist
    menschlicher
als ein Vater und Autor? von diesen beyden schwächsten Seiten war der Angriff auf mich geschehen. Meine losen Blätter schienen mir dies unerwartete Glück zugezogen zu haben zum Besten meiner Kinder, für die ich gern durch meinen eigenen Untergang gute Seelen aufmerksam und mitleidig gemacht hätte, worauf es auch wirklich und ausdrücklich mehr wie einmal angelegt gewesen mit einem:
    Komm ich um, so komm
ich
    um
! – –
Hier wurde ich genöthigt abzubrechen, um meinen Brief nach M. zu Ende zu bringen, mit dem es nach meiner Rechnung noch wenigstens einen Posttag Zeit haben würde. Aber die Vorsehung eilt mit mir um die Wette, und mein ganzes Concept ist abermal verrückt, aber zu meinem wahren Besten und Vortheil. Ich will dem Rath meines Sohns im HErrn folgen,
    genießen
und
    ruhen in dem innern Handkuß des Vaters, der seine Kinder nie vergißt
. Ich will Ihn als ein
    Joseph
und
    Benjamin
– mit Israels Demuth und Freude aufnehmen – ich fühls am Gelenk meiner Hüfte, daß ich mit Gott und Menschen gekämpft. Die letzte Entscheidung bleibt auf unsere Intuition ausgesetzt, wodurch alles evidenter werden wird. Ich wünschte Ihn auch Seiner Gesundheit wegen am liebsten hier. Sollte selbige aber eine Hinderung seyn, so soll mich Hartknoch auf seiner Fahrt zur Ostermeße mitnehmen und ich gehe die geradeste Schnur, welche die kürzeste und liebste für mich, in die Vaterarme meines Sohnes. Gott gebe daß wir uns auch einander begegnen mögen, wie ich meinen Herder, Claudius, Jacobi und vermuthl. Gevatter Kaufmann u s.w. noch Ein für allemal in diesem kurzen Leben zu sehen hoffe. Meine älteste Tochter kommt noch so Gott will in diesem Jahr in Pension, wenn sie irgend einer Erziehung empfänglich ist, und sie verdient diesen Vorzug – Mein Sohn zieht auf Ostern in die Stadt um seine akademische Laufbahn anzufangen, oder begleitet mich auf meiner Reise, wenn Gott will. Ich bin so voll wie Elihu, bin aber so wenig im Stande zu schreiben, als Sieich Sie mit Lesen quälen mag. Von meinem Hill habe noch keine Sylbe erhalten u bin um ihn besorgt. Daß er nicht meinen Brief dort abgewartet – aber es wird ihm noch schwerer werden als mir das Eile mit Weile zu lernen. Nun denk ich, liebster L. ist der Schmetterling bezahlt mit Haut und Haar. Ich habe für Kleuker 2 Exempl. bestellt, um eins nach M. zu schicken. Ich zweifele aber, ob dieses geschehn; denn durch eben den Weg hab ich auch eine Liste an
    Druckfehlern
besorgt, ohne bis diese Stunde das geringste erhalten zu haben. Diese Sphalmata verderben freylich oft den Verstand, der sich auf das Jerusalem und die disiecti membra poetae bezieht. M. Paul Christian Hilscher hat eine kleine Abhandl. von D. Martini Lutheri vermeinten
    Spiritu familiari
oder deßen so genannten Scheblimini Ψ CX. 2 Dresden 730 herausgegeben. Golgatha = Christentum Schibl. = Luthertum. Sie mögen auch humilem und sublimem nach Döderleins Dogmatik darunter verstehen; so finden Sie immer die Beziehung auf Mendelssohns Aufschrift und Innhalt. Die Anführung S. 77 ist auch verstümmelt aus
    Garve über Ferguson
S. 296, 297. Noch ein grober Fehler ohngeachtet aller meiner angewandten Sorgfalt und Vorsicht demselben vorzubeugen steht S. 74: Psilosophie oder Psilologie, ein von mir selbst erdachtes Wort für
    reine
    Vernunft
= ratio
pura, ieiuna, tenuis p. Wenn die Weisheit spielt mit den Menschenkindern; warum sollt unser einer nicht spielen mit dem Publico? S. 25. zielen die Pfuy! Pfuy auf die Fooi das heist Biergelder welche wir Zollbediente bisher genoßen haben, und in allen Häfen gebräuchlich sind. Diese Biergelder hat der alte Barbar oder vielmehr die General-administration seine alte Hure an sich gezogen. Die Schiffahrt ist seit 2 Jahren so außerordentl. gewesen als niemals bey Menschen Gedenken, und mein Antheil hätte sich auf viele 100 Rthr erstreckt. Noch heute habe einen albernen Brief unterschreiben müßen, deren meine arme Amtsbrüder an den Prinzen Heinrich haben ergehen laßen. Die schreyende Ungerechtigkeit dieser Sache liegt mir noch immer auf dem Herzen. Ich nahm mich Anfangs derselben an, muste mich aber bald wie eine Schnecke in mein Häuschen verkriechen, habe auch seitdem meine 6 Hörnerchen nicht mehr auszustrecken das Herz gehabt. Aber was unser Kant von der
    selbstverschuldeten Unmündigkeit
statt
    Vormundschaft
in den Christmond der Berlinschen Monathsschrift einrücken laßen, geht mir bis in die Seele, und ich schrieb noch vorgestern spät Abends ein 4 Seiten langes Billet an unsern Morczinimastix, der sich über meinen Durchfall nicht gnug wundern können, aber noch keine Zeile darauf geantwortet. Nun ich umarme Sie und wünsche daß der heil. Christ und sein freudiger Geist mit seinen Gaben mannigfalt auch in Ihr Herz und Haus und aller derer die Ihn und Sie lieb haben in der Nähe, wie Pf. und in der Ferne wie Hä. und To.
    lieb haben unverrückt
, einkehren, walten und schalten möge. Amen. Was macht unser J. G. Müller in W? Bitte mir sehr mitzutheilen, wenn sich etwas von Hill erfahren läßt; auch seine Eltern u Geschwister verlangen Nachrichten. Was kann ich aber hier für N. thun? Wie nöthig haben wir arme Menschen auch unter uns einen Mittler, der alles liquidirt und ins reine bringt? Vergeßen Sie nicht in Ihrer
    Fürbitte
und
    Danksagung
den von Sorgen erlösten, erquickten und verjüngten Johann Georg H.
Gütigste Freundin, Das Ideal der Schönheit werden Sie heute zurück erhalten haben mit dem Zeugniße einer völligen Uebereinstimmung mit Ihrem Urtheil und Geschmack. Ich gehe morgen früh nach Graventihn in der Gesellschaft eines sehr liebenswürdigen Manns des HE Baron von Heuking, den ich heute zufällig und sehr
    glücklich
habe kennen lernen. Diesen Augenblick begegnet mir ein kleiner Qveerstrich, der mich außer aller Faßung bringt. Indem ich mit der grösten Andacht den
    fliegenden Mann
lese und willens war es morgen unterwegs zu Ende zu bringen, bemerke ich daß die ganze mittelste Lage fehlt. Schon gestern fiel es mir auf, daß nicht mehr als 2 Bogen waren; weil der achte Theil der Zeitgenoßinnen aber 5 Lagen hatte; so vermuthete ich, daß eine davon vielleicht zum ersten Buch gehören würde, gieng also von meiner
    gewöhnlichen Hausregul
ab, nichts für baar anzunehmen ohne Evidenz, oder ohne Zahl Maas und Gewicht. Da mir an diesem Buch unendlich viel gelegen weil selbiges eine gar zu genaue Beziehung auf den Gang meiner gegenwärtigen Ideen hat, die sich alle auf Einen Gegenstand beziehen, und ich es gern morgen um 5 Uhr unterwegens mitnehmen möchte um es wo mögl übermorgen bey meiner Rückkunft Ihnen abliefern zu können; so haben Sie die Güte und Freundschaft bey sich alles nachzusehen, ob es wo dort liegen geblieben (denn mitgenommen und mitbekommen hab ich es gewiß nicht) – und wenn es nicht bey Ihnen gefunden werden kann so wünschte ich wenn es in aller Welt möglich und thunlich ist noch heute sich den Defect der
    zweyten Lage des fliegenden
Manns vom Buchstaben J – R inclus. aus dem Laden zu verschaffen. Vergeben Sie meine dringende Eilfertigkeit – Allenfalls kann auch Ueberbringerin dort abwarten. Ich küße Ihnen die Hände und bin nach herzl. Gruß von den Meinigen Ihr alter ergebenster Gevatter Diener u Freund Johann Georg Hamann den 21 Xbr. 84. Adresse mit rotem Lacksiegelrest (Kopf des Sokrates nach links):
An / Madame Courtan, / zu /
    Hause
.
Königsberg am zweyten Christtage, St. Stephani u Sontage nach Weynachten den 26 Xbr. 84. Mein alter lieber Freund, Gevatter und Landsmann, Zuförderst wünsche Ihnen Glück zu der kleinen Tochter, die Ihnen Gott gegen Ende des Nov. geschenkt und wünsche, daß er sie Ihnen erhalten und Ihnen noch mehr von Ihrer lieben Frau beschären wolle, und Ihrem ganzen Hause so viel Freude und Seegen schenken wolle, als er mir den 15 d. hat erleben laßen. Amen. Ohngeachtet Ihnen oft gnug meine Noth geklagt: so können Sie sich doch kaum vorstellen, wie weit selbige gieng. Wenn Gott nicht den jungen Lindner auf ¾ Jahr in mein Haus geschickt; so wäre schon längst in Schulden vertieft. Ich habe mich von seiner Pension bisher erhalten und das OelKrüglein gieng auch zu Ende bis auf die letzte Neige – dennoch hatte ich das Herz monathlich noch 2 rth an meine Töchter zu wenden und zu verschwenden, einen für einen ehrl. Soldaten, den mein lieber Hill mir vermacht hatte, um das italienische worin meine Lisette bey Hill den Anfang gemacht hatte zu erhalten und den andern Thaler für seine Schwester, welche meine beyde älteste Mädchen im Nähen unterrichtete. Mit dem neuen Jahre sollte alles eingehen. Bier, das ich nur des Abends trinke, Caffe, Taback, den ich starker schnupfe als rauche – um Holtz kaufen zu können, mich und mein Haus zu versohlen und unsere Blöße zu bedecken. Ohngeachtet ich weder zum Helden noch Märtyrer noch Mönch noch Schmarotzer geboren bin: so besitze ich doch eine kleine Anlage zu allem, und in dieser Mischung besteht so verschiedner Elemente besteht vielleicht die Idiosynkrasie meines Characters. Den 4ten Sept komm ich von meiner Gevatterinn Me Courtan zu Hause und finde einen Brief von einem literarischen Freunde, mit dem meine Verbindung seit langer Zeit aufgelöst nebst einer Einlage von einem ihm ebenfalls unbekannten jungen Mann, der ihn ausdrückl. aus der dortigen Gegend besucht um sich meinethalben zu erkundigen. Dieser unbekannte schreibt mir von Verbindlichkeiten gegen mich, die ich bis diese Stunde weder zu begreifen noch zu ergründen imstande bin. Wenn ihn sein schlechter Gesundheitszustand nicht abgehalten, würde er mich schon dies Jahr besucht haben. Ich überlese seinen Brief 2 mal und qväle mich die halbe Nacht wegen dieses Gastes, der mich zugl. bat ihn zum Sohn anzunehmen. Den Morgen drauf lese ich noch einmal zum drittenmal den Brief über, und zwey Wörter machten mich aufmerksam, die ich den Abend vorher übergangen haben muß; dennoch schienen sie mir doch noch zu zweydeutig um meine Besorgnis ganz zu unterdrücken. Von einer beynahe römischen Idee begeistert lauf ich den gantzen XIII. Dom. herum um den Leuten oder meinen Freunden und Freundinnen worunter auch Ihre liebe Schwester Me Dorow gehört anzumelden:
    Mir ist ein Sohn gegeben
! Alles machte große Augen in der Meinung daß mir wirklich ein Kind geboren werde. Ich lachte noch mehr über das Zutrauen, das man zu einem alten Mann hatte, noch ein solches opus operatum leisten zu können. Mit meiner Antwort war auch nicht saumseelig; machte es aber wie die Boten Benhadads,
    nahm eilend das Wort von ihm und deutete es auf mich
1 B. der Kön. XX. 33. Währender Zeit erhielt allerhand Nachrichten von der
    Individualität
dieses edlen Jünglings und seines Characters, die meine Einbildungskraft aufs höchste spannten. Sie wurde aber unendlich übertroffen durch das
    fürstl. Geschenk
einer Anweisung auf ein so ansehnl. Capital für jedes meiner 4 lieben Kinder zu gleichen Theilen, daß ich ebensosehr über die
    unaussprechliche
Gabe als die
    unaussprechliche
Art, womit mir selbige aufgeopfert und aufgedrungen wurde, in Erstaunen und Verehrung der Göttl. Vorsehung und Ihrer Individualität, die sich auf
    Spatzen
und
    Eulen
erstreckt, vergehen möchte. Da ich meinen lieben Hans Michel mit Furcht und Zittern auf Ostern erwartet, wo er seine akademische Laufbahn anfangen soll, weil ich kein einziges Collegium zu bezahlen im stande war noch den geringsten Zuschub zufließen zu laßen: so erwarte ich ihn noch diese Woche zu sehen auf unserer beyder Freunde Kriegsrath Hippel u Scheffner Vorbitte, die sie gestern nach Graventihn haben ergehen laßen, wie auch an Scheller, der zur allgemeinen Freude auch Hofnung hat versorgt zu werden. Auf einmal bin ich gegenwärtig vermögend, wenn ich das Capital
    als ein heil. Eigentum so wol meines
unbekannten Wohlthäters und eventuelles meiner lieben 4 Kinder verwalte, sie wie ein rechtschaffener Vater von den Zinsen zu ernähren und zu erziehen. Meine Lisette geht diese Woche vielleicht noch in Pension meiner alten Freundin, der preuß. Beaumont, unserer Julie oder Julianne Bondeli, die sich als eine Mutter bewiesen und schon vor einem halben Jahr anerboten diese älteste oder eine ihrer Schwestern aus christl. Liebe in Ihr Haus zu nehmen – daher ich sie seitdem nicht mehr das Herz gehabt zu besuchen ohngeachtet ihrer widerholten Einladungen u den Verdacht einer undankbaren Vergeßenheit – Ich weiß Sie freuen sich mit mir, lieber guter Reichardt, und werden die Anwendung von diesem Zeichen u Wunder, das Gott an mir armen verlaßenen
    verschmähten
Mann von selbst zu Ihrer Stärkung u Tröstung anwenden. Ich allein hätte zur Noth einzeln leben können und für meine Bedürfniße war meine Habseeligkeit hinreichend – diese muste ich aber durch ein Testament der in meines seel. Vaters u meinem Dienst alt gewordenen Mutter vermachen und meine Kinder auf ihren Tod warten laßen. Gottlob! nun sind sie reicher wie ihre Eltern und jeder hat sein bescheiden Theil, worum ich sie von ihrer Kindheit an tägl beten gelehrt aus Spr. Sal. XXX. 8,9. Behalten Sie alles dieses für sich und melden Sie nichts nach Weimar, wo ich längst eine Antwort schuldig bin, aber wegen Umstände noch nicht geben kann. Entschuldigen Sie mich mit dem Versprechen daß ich Sie für mein Stillschweigen schadlos zu halten hoffe. Sie können leicht denken wie ungedultig ich bin meinen
    Schutzengel
von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Dazu gehört allerhöchste Erlaubnis, die ich nicht directe suchen kann, weder bey dem Oelgötzen, der weder mehr lesen noch schreiben kann, noch bey seinen welschen Scorpionen, denen ich einen tödtl. Haß geschworen habe Meine armen elenden Commilitones in telonio haben sich vor wenigen Tagen an den Printzen Heinrich gewandt und ich habe nolens volens auch unterschreiben müßen ohne zu wißen was? Mein Herz zieht uns zum Pr. von Pr. – thue ich das gerade oder können Sie das auf die sicherste Art ohne sich selbst zu exponiren durch einen
    guten Weg und Canal
bewerkstelligen: so erwarte hierauf reife überlegte positive Antwort. Ich erwarte von Ihrer bewährten Freundschaft darüber die nöthige Erklärung und alles was zu meiner Instruction dienen kann. Ich erwarte meinen Sohn aus Graventihn um alle gedruckte und geschriebene Acten mir aufzusuchen, weil er damit beßer Bescheid weiß als ich, zu Memoires u Confessions, die wo nicht interessanter doch wahrhafter seyn sollen als der welschen Ciceros unsers aufgeklärten Jahrhunderts – und ein Scherflein zu dem kosmopolitischen Chiliasmo beytragen und daß nicht die unschuldige Unmündigkeit sondern die allerhöchst verschuldete Vormundschaft Ursache sey, predigen sollen: Gott gebe, daß es Ihm gefälliger sey als der Philosophen Opfer die nicht wißen was sie böses thun, wie der Prediger weißagt IV : 17. Ist mein Schiblemini d. ist. Luthers Spiritus familiaris aus Ψ CX. 2. glücklich gehört und wie ich hoffte verstanden zu werden: so werde ich von meiner elenden Autorschaft sagen können: Auch in der Dunkelheit giebts göttl. schöne Pflichten und alle Helden unserer Litteratur auslachen, die deutsch zu sagen, nichts als Schelme Schwätzer und Betrüger sub pallio philosophico sind – – Wenigstens will ich all das Meinige thun uns einander widerzusehen u Ihnen meinen Gegenbesuch abzustatten – Gott erfülle unsers Herzenswunsch und gebe neuen Seegen zum Neuen Jahr – reiches Oel in unsere Lampen – Brodt und Wein Zach IX. 17. – und was wir uns selbst wünschen, Allen – Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Sechswöchnerinn küßen Sie mein Pathchen und das kleine nebst dem größeren Geschwister – und bleiben Sie wenigstens mein herzl. Freund in Berlin instar omniumGrüße von unsern Freunden, bereits genannten und ungenannten. Vale et fave – Ich eile zur Kirche und Dorow und ersterbe Ihr herzl. Freund Gevatter u
    Landsmann
Johann Georg Hamann. So kommt Gott eh wir’s uns versehn und läßt uns sehr viel Guts geschehn. Amen. sang unsere seel. Mutter und Wärterinnen; leider! aber nicht mehr – Unsere Kinder sollen erst Christen, hernach schöne Geister u wenn sie können auch Philosophen werden; nicht umgekehrt, die Pferde hinterm Wagen angespannt.
Dußeldorf den 30ten Dec. 1784. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 3.   Erhalten den 12 Jänner 85 Geant. den 16 Lieber edler theuerster Freund Ihr herzliches Schreiben vom 14ten Nov kam mir, über Aachen, am ersten Advent. Ich war seit vielen Tagen krank u traurig. Das verschwand mir in Ihren Armen u ich hatte einen schönen Abend. So stark ich mich getrieben fühlte Ihnen gleich zu antworten, so konte ich doch nicht. Darüber kam am Sonnabend Ihr zweyter Brief vom 1st. Χstmon. Aus diesem duftete mir nicht so wie aus dem ersten der volle Hauch der Liebe u des Vertrauens entgegen, u ich machte die Bemerkung, daß Sie am 14ten Nov den Brief an Hemsterhuys noch nicht getr gelesen hatten. Sagen Sie mir doch, ob Sie durch diesen Brief irgend an mir irre geworden sind. Ich fahre unterdeßen fort Ihnen aus dem innersten meines Herzens zu sagen, was mich der Anlaß Ihrer Briefe sagen heißt. Es freut mich inniglich daß Ihnen meine Papiere so willkommen waren, u noch weit mehr, daß Sie sich mit Ih dem Inhalt derselben ernstlich beschäftigen, u fortfahren wollen sich damit zu beschäftigen –
    Der
bisher geholfen hat, wird weiter helfen! – Sein Rath ist wunderbahrlich – Halte an, mein Herz, daß ich glauben lerne u. Vertrauen gewinne! Als ich in HofGeismar Ihr Golgatha zum ersten Mahle las, fiel mir gleich die Stelle S 71 in Beziehung auf Leßing auf, u wie Mendelssohn dabey erschrecken würde. Ich dachte so gar, Sie wüßten vielleicht etwas von der Sache durch unsern Herder. Es kann seyn daß Mendelssohn eben diesen Argwohn hegt. Dagegen ist, wenigstens fürs erste, nichts zu thun. Mit seinem Versuch gegen den Spinozismus wird er wohl nicht säumen, aus Furcht es möchte geschehen was Herder wünscht, sey es auch nur durch meine Unvorsichtigkeit. Ich schicke Ihnen einliegend einen original Brief v Elise Reimarus, der mir die erste Nachricht v Mendelssohns vVorhaben ertheilte. Mit dem System des Sp welches L. M nach dem Tode des Sp bekannt gemacht haben sollte, ist war zuverläßig nichts anders als die Ethik gemeint; er Mendelssohn hätte sie ja sonst besonders nennen müßen. Von L. Mayer ist weiter nichts vorhanden als was Sie kennen u in Ihrem Briefe anmerken; zu Ihrer Beruhigung will ich aber doch bey Mendelssohn durch Reimarus noch anfragen laßen. Läge Königsberg nicht so weit von hier, ich hätte Ihnen Augenblicklich die pr. Ph. Carth. des Spinoza u sein Leben v Colerus geschickt. Die pr. P. C. finden sich gewöhnlich bey den gesammelten Werken des Cartes. Ich habe noch ganz kürzlich ein Exemplar davon, welches ich doppelt hatte verschenkt. Schreiben Sie mir inskünftige, wenn Ihnen etwas abgeht, daß ich es Ihnen schicken soll wenn ich es habe oder zu schaffen weiß, u ich werde Sie auf das schleunigste zu befriedigen suchen. Ich möchte Ihnen sagen können, mein liebster Hamann, wie ich mich freue, u wie ich darauf gen Himmel sehe, daß Ihnen diese Sache so angelegen werden mußte! Sie urtheilen ganz recht, edler Mann, daß in Leßings Eifer für die Fragmente Feindschaft gegen das Christenthum auf dem Boden lag, u daß es keines weges die Rolle eines Χstl. Philosophen war die er spielte. Er wollte aber für letzteres auch nicht angesehen seyn. Die Maske die er brauchte sollte ihn nicht verbergen sondern nur beschützen. Es lag tief in Leßings Character, daß er keines Menschen und keines Dinges Narre seyn wollte, auch nicht der Narre der Philosophie. Bey seiner Verachtung gegen die ΧstenLehre, die zuletzt sehr bitter wurde, hätte er es für Schimpf gehalten, im Kampfe dagegen etwas auf das Spiel zu setzen; seine äußerlichen Verhältniße sollten ungefährdet bleiben; er wollte nicht ausgelacht seyn, am wenigstens v sich selbst. Uebrigens scheute er so wenig, seine wahre Meynung entdeckt zu sehen, daß ihn jeder Mißverstand darüber zornig machte. Als seine Erziehung des Menschengeschlechts von einigen als eine nicht unchristliche Schrift, beynah als eine Palynodie angesehen wurde, stieg sein Aerger über die Albernheit der Nation bis zum Ergrimmen. Das Gedicht Prometheus scheint mir näher mit 2 Gesprächen des Lucian, dem beschämten u dem tragischen Jupiter, als mit dem Trauerspiel des Eschylus verwandt. Leßing mag mit seiner ersten wohl Hand wohl auf die Natur der Dinge selbst gedeutet haben. Ich vermuthe einen Mißverstand wo Sie sagen: „Was Leßing anbetrift, so beruhigt mich sein letztes Geständniß, vermöge deßen dieß sein gewesenes LieblingsSystem, das vermuthl. in seinem Kopf eine ganz andre Gestalt als im Carthesianischen u Jüdischen gehabt – ihm
    selbst nichts erklärt hat,
sondern
    ihm am Ende nichts mehr als die Substitution einer Formel für die andre zu seyn schien, wodurch man eher auf neue Irrwege geräth ohne als dem Aufschluß näher zu
    komment
. – Leßing redete hier von des Hemsterhuys System von der Liebe in dem Briefe sur les desirs, u nicht v dem System des Spinoza. In den Zusätzen zu denen v Leßing herausgegebenen philosophischen Aufsätzen v Karl. Wilh. Jerusalem, befindet sich S 113 eine Stelle, welche Aufmerksamkeit verdient. Εν και παν soll nach Leßing die Aufschrift eines Tempels der Alten gewesen seyn. Welches Tempels habe ich vergeßen, u so auch die Authorität worauf sich Leßing stützte. Ich habe in meinem Gedächtniße gesucht, aber es gab nur Verwirrung. Daß Sie von meinen Papieren Abschrift genommen haben, ist mir gar nicht zuwider, sondern angenehm u erfreuend; nur bedaure ich daß Sie diese Mühe größten Theils selbst übernehmen mußten. Auch die Mittheilung durch Vorlesen überlaße ich Ihnen uneingeschränkt mit dem freyesten frohesten Muthe. Sie werden schon sorgen daß vor der Zeit nichts auskommt. – Aber worum ich Sie nicht kräftig genug zu bitten weiß, mein lieber gütiger Hamann: erfüllen Sie mir so bald es seyn kann Ihr Versprechen, über das System des Spinoza mir Ihre Herzensmeynung zu sagen. Ich kann heute (den 31ten) meinen Brief nicht vollenden, will aber das geschriebene doch abgehen laßen, u den nächsten Posttag auf einem frischen Blatte fortfahren. – Gebe Ihnen Gott ein glückliches neues Jahr. – In Ihrem Briefe vom 14ten Nov haben Sie 3 Mahl meine Gesundheit getrunken, welches mir ungemein bekommen ist. Den 15ten sollten Sie bey Kriegsrath Hippel speisen. Ich möchte wißen, ob auch dort meine Gesundheit getrunken wurde. Wenn Sie wieder zu dem Kriegsrath kommen, so bringen Sie ihm einen Gruß v mir, u machen Sie ihm den Gruß so angenehm als Ihr Gewißen es Ihnen erlaubt, u Ihr Herz es Ihnen eingiebt. Der liebe Jacobi zu Zelle (er verdient das Beywort) ist mein leiblicher Oheim u mein Freund. Der rechtschafene liebenswürdige Greis soll es wißen daß Sie nach ihm fragen, u in seinem Herzen darüber froh werden. Herder bot mir zu Weimar den Bruder-Bund, den ihm mein Herz schon gebothen hatte. Wir heißen einander Du. Indem ich den Brief von Elise Reimarus hervorlange um ihn beyzulegen, wandelt es mich an Ihnen noch etwas beyzulegen, einen Brief den ich vor 4 Jahren an Lavater schrieb. Sie schicken mir beydes zurück. Seelig sind die nach Recht u Wahrheit hungern u dursten; denn sie sollen ersättigt werden. Gott sey mit uns, liebster Hamann! – F. Jacobi
Königsberg den 2 Jänner 85. Der erste Brief, liebster Freund Hartknoch, in diesem neuen Jahre an Sie. Gottes Seegen kehre reichlich in Ihr Haus ein, wie bey mir mit dem Ende des alten. Sie wißen es zum Theil, und das gröste Theil wißen Sie nicht, in welchem Kummer und Sorgen für die Zukunft ich gelebt. Gottes Schickung war es, die den hartherzigen Mann in Mitau bewegen muste, mir seinen Sohn vor 2 Jahren aufzudringen. Von diesem Gelde habe ich mich bisher unterhalten müßen und es gieng auf die Neige. Den 4 Sept. kam ich des Abends von Me Courtan zu Hause und finde einen Brief von Kleuker aus Osnabrück mit einem dem Einschluß eines uns beiden Unbekannten der Kleuker ausdrückl. besucht um Nachrichten von mir einzuziehen. Dieser Unbekannte meldt mir, daß er schon im vorigen Jahre die Absicht gehabt hätte mich zu besuchen, führt den Kermes du Nord u die hierophantischen Briefe an, welche wegen ihres elenden Abdrucks, wie Sie wißen, eben keinen guten Eindruck von dem Sinn des Verf. einem gemeinen Leser mitzutheilen im stande sind. Ich qväle mich die halbe Nacht mit Grillen, und weil ich nicht im stande bin meinen Gast aufzunehmen: so nehme mir vor wenigstens diesen Umstand und alles was dazu gehört aufrichtig zu beichten. Unterdeßen fielen mir zwey Ideen ein, ohne daß ich weiß wie? 1. ich wünschte mir einen Freund und Liebhaber meiner Schriften um in seiner Gesellschaft meine Schriften die ich Ihnen feyerlich zugesagt, sammlen durchgehen und ausgeben zu können. 2. glaubte ich hier ein Mittel gefunden zu haben das Project einer Reise nach Weimar u Wandsbek, woran ich schon so viele Jahre gebrütet, vielleicht erreichen zu können. Ich theile diesen Einfall dem Herder mit, dem eben dieser Zunder ins Dach fällt – Vom Lavater, auf den sich mein Wohlthäter ausdrückl. bezogen, erhalt ich noch außerordentlichere Nachrichten, die mich im stande setzten tiefer in den Sinn des ersten Briefs einzudringen und alle meine Erwartung anstrengten. Endlich erhielt empfieng den 15 Χstm. eine Antwort die ein alles übertreffendes Geschenk für jedes meiner 4 Kinder zu gleichen Theilen in sich schloß
    mit der schweren Bedingung des tiefsten Stillschweigens
. Mit göttlichem Seegen werden die bloße Zinsen des ungeheuren Kapitals zureichen meinen Kindern eine anständige Erziehung zu geben – und ich bin voller Dank und Freuden über Gottes Barmherzigkeit, und daß die Kinder meiner Muse ein Mittel geworden die Kinder meines Leibes und Herzens zu erhalten, zu pflegen und zu bilden nach Nothdurft. Mein Sohn kam den 27 mit seinem Hofmeister an und führte seine Schwester Lisette Reinette zu meiner gnädigen Baroneße Bondeli, die Mutterstelle übernommen; meine Tochter ist also die neunte in dieser Akademie der Gratien, und man wird sich kaum entschließen mehr anzunehmen, da Sie gegen mein Kind schon Einwendungen machte und in der Wahl sehr strenge ist. Ich bin fest entschloßen meinem Wohlthäter zuvor zu kommen, und war schon willens mich zu Ihrem Reisegefährten anzubieten. Weil aber Erlaubnis aus dem Kabinette haben muß und ich keine Antwort auf meinen Brief vor 2 Jahren erhalten u an die dortige Generalhexe sr. Finanzen auch nicht mehr wenden mag: so blieb mir nur ein einziger Ausweg übrig, zu deßen Ausführung einige Papieren gehören, welche aufzusuchen ich meinen Sohn verschrieben. Dazu gehörten auch einige meiner Schriften deren letztes Exemplar ich zu einem andern
    Ebentheuer
brauchen muß, das ich Ihnen auch mittheilen werde. Vorigen Mittwoch schickt das Kayserlingsche Haus zu mir und läst mich den Tag Morgen drauf zu sich bitten, welches mir angenehmer ist als der Mittag. Da hat die Gräfin einen Brief von der Fürstin Galliczin erhalten, die sich eine umständliche Nachricht von meinen Schriften, eine der vollständigsten Samml derselben oder Anweisung ihrer habhaft zu werden, von meiner maniere d’etre, de mon caractere et de mon ton pp ausbittet. Ich bin so glückl. gewesen ein gutes Exempl. der Sokr. Denkw. hier aufzutreiben – zweifele aber einen
    Versuch über die Ehe
zu finden und die
    Hirtenbriefe das Schuldrama
betreffend. Sollten Sie noch eins finden: so ersuche drum allenfalls selbige nachzuschicken. Wegen der etwanigen Kosten giebt diese Fürstin eine Anweisung auf Ihren Bruder den Grafen von Schmettau, Chanoine de Halberstadt à Berlin. Hartung wie ich heute erfahren hat auch den Schiblemini, aber weder im Katalog noch Zeitungen angemeldt. Dengel seinen Laden an die Gebrüder Prüschmann, Kannengießersöhne in der Altst. Langgaße richt über der Holtzgaße verkauft, für 13000 rth. Der Handel soll aber nicht nur zurückgehen sondern Dengel solcher Spitzbübereyen sich dabey schuldig gemacht haben daß er sn guten Namen eben ein u alles Mitleiden einbüßen wird. Friedrich ist in Curl. um sich daselbst auch zu etabliren – und
    unter der Hand
bietet Hartung sn Laden für 12000 rth aus. Dies bitte aber nicht zu verrathen. Mich wundert, daß Sie mir nicht Gerards Abhandl. über die Theile der φφia mitgetheilt haben, die ich wenigstens gern zu sehen wünschte, weil ein guter Freund mich auf einige Gedanken darinn aufmerksam gemacht. Noch suche ich hier ein Buch auf allen öffentl.u in allen Privatbibliotheken umsonst, neml. Renati Descartes Principiorum Philosophiae Pars I. et II. nunc geometrico demonstratae per Bened. de Spinoza. Amst. Accesserunt eiusd. cogitata Metaphysica – – Amst. 663. 4o Sollten Sie es haben, so hoffe ich daß Sie es mir für Geld u gute Worte oder falls zu theuer zu einem geschwindern Gebrauch als die Reiskiana überlaßen welche ich noch keine Muße gehabt habe anzusehen. Ich brauche diese erste Schrift des Spinozas welche ihres Innhalts wegen eben keine Seltenheit wie die übrigen anonyme seyn kann zu einer kleinen mir
    aufgetragnen Arbeit
, welche desto wichtiger für mich ist weil man in Berlin sehr darüber scheel sehen soll, daß ich dem Mendelssohn einen
    atheistischen Fanatismum
aufgebürdet. Die Einl Ihres letzten Briefes den ich den 30 erhalten sind gl. mit der nächsten Post unter HE Jacobi Einschluß befördert worden, habe aber keine Zeile wegen meiner gegenwärtigen Unruhe in meinem Hause und Gemüth beylegen können. Freyl. wünschte daß Sie ein wenig glimpflicher geschrieben; der alte Adam läst sich aber mit keiner furca austreiben. Gott wolle diesen Mangel durch sn Seegen ersetzen und es an keinem Guten fehlen laßen. Je näher die Freunde welche sich katzbalgen; desto heftiger der Paroxysmus. Man wird sich über mein Stillschweigen u die Ursachen deßelben gnug dort wundern; ich hoffe aber alles gutzumachen – Gott gebe mündlich u persönlich, wiewol ein Brief der
    nicht roth werden darf
, beßer wäre. Nun mit Gottes Hülfe wird alles noch ins reine gebracht werden können. Schon bey meinem Besuch in Riga habe das voraussehen können. Unser arme geplagte Hiob hat vielleicht Ursache
    hypochondrisch
zu seyn und verdient in allem erdenklichen Fall etwas alte freundschaftliche Nachricht, worinn Sie olim zu freygebig u zu verschwenderisch, nunc zu gerecht und zu weise sind. Vergib uns unsere Schuld wie wir vergeben – und führe uns
    nicht in Versuchung
. So arg gieng es in Riga, ärger in Bückeburg und am ärgsten – Die kleinste
    Lüsternheit zum Beßerseyn
sagt der Prediger in der Wüste, sich selbst u sn Lesern – ist der Funke eines höll. Aufruhrs. Doch gnug hievon und punctum pro futuro, mit Bitte vorsichtiger zu seyn und durch Abreden allen übeln Nachreden vorzubeugen. Nun, mein lieber alter Freund H. der wohlthätige empfindseelige Richter der Menschenherzen und Gedanken und guten Werke, welcher keinen Trunk kalten Waßers unvergolten laßen wird, wolle auch das Gute in Ihre Rechnung ferti bringen, als Ihm selbst gethan, was Sie einem Ordens- und Dutzbruder, Gevatter und Landsmann und einem Ihrer Taglöhner zu seiner Erqvickung und seiner 7 Kinder haben angedeyen laßen. Er seegne dafür Sie und die lieben Ihrigen in der Ferne und Nähe in diesem Jahre, verjünge Ihre Leibes- und Gemüths-Kräfte. Ich umarme Sie, empfehle mich mit Hans und seinen Schwestern und ihren Eltern, ohne jemals aufzuhören Ihrer bewährten Freundschaft und Liebe eingedenk zu seyn. Muntern Sie unsern H. zur Fortsetzung und Vollendung seines Werks – ich denke bald im Ernst meine Brocken zu sammeln, und mich aller günstigen Augenblicke u Umstände dazu zu bedienen. Vielleicht wird auch die im Sinn liegende Reise dazu beförderlich seyn – so der HErr will und wir leben. Antworten Sie sobald Sie können Ihrem alten verpflichteten Landsmann und Freunde Johann Georg Hamann.   Wegen Rossi habe Meldung thun laßen, werde vielleicht morgen selbst zum HE Oberhofprediger hingehen. Die Matinées habe wie sie empfangen meinem Freunde Jacobi verehrt. Meine Absicht war es nicht sie umsonst zu haben. Er so wohl als HE Kr.
    Rath Deutsch
würden gern bezahlt haben. Leben Sie wohl und nach Herzenswunsch. Grüßen Sie unsern Georg B. zum Neuen Jahr. den 3 – HE Oberhofprediger habe eben besucht, und dankt sehr erfreut für Rossi. Er wünscht sich ein paar Bogen von Griesbach über Theologia popularis, wenn Sie selbige haben oder zur Meßzeit selbige aufzutreiben im stande sind. Was Rossi kostet, werden Sie mir melden und das Geld soll parat liegen. Gott seegne Sie und Ihr Haus. Ich bin den gantzen Morgen herumgelaufen und habe Gäste, Hans mit seinem Hofmeister Scheller und Prof. Kraus. Vale et faue. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu / Riga.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d. 31 Dec 1784
Vermerk von Hamann: Erhalten den 23 Febr. über Weimar. Geantw den 11 April durch HE Hartknoch.
    Eilig
. Schafh 4 Jan. 85.
    Theurster Hamann
! Sie sind mir mit unsterblicher Liebe so tief ins Herz geschrieben, daß es mich herzlich freut, wenn ich eine Zeile von Ihnen sehe, oder durch Herder oder Lavater Etwas Gutes von Ihnen höre; ich spreche mit Ihnen, wenn Sie mich gleich nicht hören, aber worte, die nicht zu
    schreiben
sind. Dies ist die Ursache, warum ich Ihren Brief vom 3 8br so alt habe werden lassen.
    Hill
hab ich leider nicht getroffen; Er weil ich auf dem Lande war u. er eilte wie ein Engel davon. Ich bedauere es, einen Menschen, der solche Entschlüsse fassen kann, ist der Mühe werth zu seyn sehen, u. bedauere es noch mehr da mir Lavater u. Gaupp allhier so viel Liebes von ihm sagen. Er ist auch bey 2 andern meiner Freunde gewesen, die sich nicht in ihn finden konnten, weil er immer selbst redte u. niemand reden ließ, u. doch nachher mit Entzükung von diesem herrlichen Abend sprach. Sein Der Zweck seiner Reise,
    gute Menschen zu sehen
, schien mir zu neumodisch. Doch das sehen Sehen allein von so Millionen Gegenstände wirkt wenigstens implicite auf ihn – ein Geist treibt ihn u. Er weiß selbst nicht wozu? und wohin? Wenn Freunde von Ihnen hieher kommen, so weisen Sie sie mir doch zu, ich lebe gerne mit ihnen, weil immer neu eine neue Seite der Seele berührt u. geöfnet wird. Lav. schickt mir oft zu. Für Ihr Golgatha u. Sch. danke herzlich, es ist wie alle ihre Schriften nach Claudius Ausdruk ein nächtlicher Himmel, wo ich aber tausend güldene Sternlein erblike. Doch versteh ich Sie immer beßer. Warten Sie der Zukunft, die gegenwärtige Zeit ist nie gerecht gegen ihre Propheten, u. villeicht spinnen in künftigen Zeiten die philos. theol Weberzünfte manchen Golddrath aus ihm. Mein edler Freund Gaupp wird Ihnen bald durch einen Freund schreiben, er hat unmögl izt Zeit. Ueber ihren König ist mir gestern Nachts bei
    Brenkenhofs Leben
ein Licht oder Schatte aufgegangen, so wie neulich bei Nüßlers, das Büsching beschreibt. Mein Bruder lebt für den winter auf einem Schloß bei Iverdun ganz allein m. s. Bedienten ein Leben voll Unschuld, künfftiges Jahr soll s. Schweizerhistoria womögl ganz kommen. Sie werden befriedigt werden. Ich – ich bin der alte Träumer u. Phantast, geliebt von Freu edlen Freunden, deren ich immermehr kenne, u. von andern heimlich gehaßt. Die vorigen 2 Jahre waren eine windstille. Izt heissts: Inter Spem curamque,
    amores
inter p
wird der Traum meines Herzens oder m. Liebe realisirt, so sollen Sie auch von m. Freude haben, u. wenigstens Ihr lieber Michael soll sie einst sehen, so Gott will. Der Herr hat alles wohl gemacht, u.
    bishieher
mir geholfen – wie das tröstet mich auch mitten unter m. Fehlern, die mir
    um
u.
    um anliegen
. Leben Sie herzlich wohl u. ruhig in Ihrem Gott, lieber alter, väterlicher Freund. Schreiben Sie mir auch wieder! Ich ersterbe der   Ihrige  
    Müller
.
Adresse:
An Vater Hamann.
Kgsb. den 6 Jänner am Großen Neujahr 85. Mein verehrungswürdiger Freund, ich habe Ihnen viel Neues zu melden, und wünsche, daß Sie so viel Muße und Lust haben mögen zu lesen, als ich aus dem Antheil Ihres Herzens an meinem bisherigen Schicksal voraussetzen kann – daß die neuen Wege der Vorsehung auch zu Ihrer Aufrichtung und Zufriedenheit beytragen könnenmögen! Vergeben Sie mir den Eckel einiges detailsA 77 wurde ich Packhofverwalter, nachdem ich mich 10
    Jahre
als Uebersetzer ins franz. gequält und durch die überhäufte Arbeit der ersten unter einem Stockwelschen Director, der wie ein Bettelbube ins Land gekommen war und wie ein Marquis heimgieng, mir die einzige Sprache, welche ich aus einem geheimen Instinct geliebt, so versaltzen hatte daß ich alle Reinigkeit des Geschmacks darüber eingebüßt und seitdem alle Fertigkeit zu schreiben verloren habe. Mein Vorgänger war nicht nur Packhofverwalter sondern auch Licent-Inspector und Admiralitäts rath gewesen. Durch die Regie wurde die Admiralität gänzlich abgesondert zum Ressort der Kriegs- und Domainen Cammer, und die Inspection des hiesigen und Pillauschen Licents in einen neuen poste de confidence mit doppeltem Gehalt und emolumenten verwandelt. Dergl. postes de confidence heißen auch
    neue
Posten, die blos den Creaturen der General- Administration anheim fallen, und ziemlich precair sind. Ich freute mich also einen alten zwar ziemlichsehr verstümmelten Posten erwartet und erbeutet zu haben mit dem alten Gehalt von 25 rth. freyer Wohnung, von der aber auch schon 2 Stuben meinem Vorgänger entzogen worden waren ohne Holtz – und (außer den zufälligen Gratificationen vom jährlichen Plus) hatte ich kein einziges andres Emolument als einen Antheil an gewißen anfänglich freywilligen aber mit der Zeit fixirten Abgaben, welche die Schiffer den Zollbedienten abzugeben schuldig sind, und den holländischen Namen
    Fooi
-
oder
    Bier- und Trinkgelder
haben. Dieses emolument war uns durch widerholte Rescripte als ein pars salarii confirmirt, ratihabirt und bestätigt worden. Diese Gelder wurden alle 6 Monathe den 1 Jun. u Xbre vertheilt, und war für mich der gewöhnl. Fonds zum Einkauf des Holtzes, des Jahrmarkts zu Johannis u Weynachten. Seit 767/8 beraubte die General-Administration nicht nur 9/32 ihren Officianten, bald darauf 7/32 und endl. gar ¼ welches sie zu ihrem eigenen willkührl. Gebrauch anwandte, sondern die quota der alten Bedienten wurde auch durch den Zuwachs der neuen noch mehr geschmälert, bis es ihr gegen das Ende des 782. Jahres einfiel diese ganze Summe dem Könige oder sich selbst zu berechnen. Auf diese Fooi zielen die
    Pfuy
!
    Pfui
! der armen Zöllner im Schiblem. S. 25. Ich suchte reinen Wein einzuschenken und machte mich allen meinen theuren Amts- und Leidensbrüder dadurch gehäßig, ließ sie schreiben – – und weil keine Antwort kam, wagte ich mich selbst den 1 Jänner 83 ins Cabinet, und erhielt weiter nichts, als daß ich über meine gehabte Furcht nachher selbst lachen muste. Noch denselben Monath ej. anni drung mir ein Freund aus Curl. seinen verwahrloseten Sohn auf, der schon hier studiert hatte, um ihn decliniren und conjugiren zu lehren. Ohngeachtet mich seine nächsten Blutsfreunde wegen des notorischen Geitzes abriethen, entschloß ich mich zum Experiment; war so glücklich, daß der Vater kaum ¾ Jahr seinen Sohn bey mir ließ, und bezahlte mich aus freyer Wahl, die ich ihm anheim gestellt hatte, so reichlich, daß ich mit dem Golde mein Oelkrüglein ausgehen sahe, und für das nächste Jahr keinen Rath mehr wuste, noch wie ich die Bedürfniße deßelben bestreiten könnte. In jener crisi gegen das Ende a. 82. machte ich ein Testament mit Beyhülfe meiner juristischen Freunde zum Besten meiner Hausmutter, welche ihre Jugend der Pflege meines altenseel. Vaters und für meine eigene Haushaltung aufgeopfert, ohne die geringste Rücksicht auf unsere 4 Kinder nehmen zu können, als auf meinen ältesten und zugl. einzigen Sohn in Ansehung meiner mäßigen aber zieml. zum Theil ausgesuchten Bibliothek. Ein Jahr vor dieser finstern Epoque hatte ich einen jungen rohen feurigen Menschen auf unserer kAkademie aufgefischt, von dem ich hörte daß er eine brennende Lust zum Griechischen hätte, und den ich sogl. zum Gespann smeines Sohns machte, das Engl. anfieng, zum Arabischen, spanischen u Portugiesischen Hülfsmittel verschaffte, einige einträgl. Stunden und ein Stipendium – Er unterrichtete meine älteste Tochter dafür auf dem Clavier mit eben so viel Treue u Eifer als gutem Fortgange, fieng des Singens wegen das ital. mit ihr an, ohne meinen rechten Willen und führte seinen tollkühnen Versuch aus vorigen Sommer in die weite Welt zu gehen, ohne daß ich im stande war ihn davon abzuhalten. Seit dem er die Schweitz paßirt, weiß ich nichts mehr von ihm. Dieser in seiner Art außerordentl. Ebentheurer hieß Hill – und er ließ mir mit s. besten Empfehlungen einen Grenadier zurück, der das ital. mit meiner Tochter unter eben den Bedingungen wie mit ihm selbst fortsetzen möchte. Die Bescheidenheit dieses Soldaten, der sich beynahe aufdrang nahm mich so für ihn ein, daß ich 1 rth. für meine älteste Tochter monathlich aussetzte, aber zugl. ihm einige vortheilhaftere Stunden verschaffte. Dies geschah nicht ohne geheime Vorwürfe einer Verschwendung an einer Sprache, die einem übrigens sehr unwißenden Mädchen sehr entbehrlich war. Hills Schwester erhielte eben so viel um die zwey ältesten Kinder nähen und einige nöthige Handarbeiten zu lehren. Diese 2 rth des Monaths hätten auch nächstens aufhören müßen, und ich mochte noch weniger daran denken, daß mein Sohn vom Lande auf bevorstehende Ostern zu seiner akademischen Laufbahn in mein Haus zurückkehren würde, weil ich nicht ein einziges Collegium für ihn zu bezahlen im stande war. Mit diesem Wurm im Herzen stellen Sie sich selbst vor, wie ich gelebt habe – was für Zerstreuungen dazu gehören, um die Gedanken von einer so trostleeren, verzweiflungsvollen Lage zu entfernen – das trotzige und verzagte Ding in unserer Brust im Zaum oder Gleichgewicht zu erhalten, daß es sich nicht dem natürl. Hang zu beyden Extremen überläßt. An dergl. Zerstreuungen – worunter ein
    Buch
oder ein
    Brief
die beste Wirkung thaten, hat es die Vorsehung nicht fehlen laßen, damit mich der Kummer nicht verzehrte Einen solchen, alle meine Gedanken und Sinnen hinreißenden Brief fand ich bey mir zu Hause auf meinem Tisch den 4 Sept. am späten Sonnabend vor Dom XIII. p. Tr. da ich meine mitleidende Gevatterin Me Courtan besucht hatte. Ich laß ihn 2 mal ohne ihn recht verstehen zu können, brachte die halbe Nacht beynahe schlaflos zu, erwachte zum fröhlichsten Sonntage mit dunkeln Anschlägen einen Besuch in meinem Vaterlande zu erleben, der mir zu einer Jahre lang aufgeschobenen Arbeit – (Sie verstehen mich, Verehrungswürdiger Freund, meine
    Saalbadereyen
mit 4 Augen durchzugehen und wo mögl. ins reine zu bringen) sehr erwünscht zu seyn schien, oder eine eben so nöthige Reise zu meiner Erholung und Valet meiner Freunde in W. u M. vielleicht ausführen zu können. Diese Ideen waren Balsam für meine Wunden und Beulen. Ohngeachtet ich erst durch Herder, hernach durch Lavater mehr als zu viel zubereitet war: so waren doch alle Zurüstungen meiner aufgebrachten Einbildungskraft nichts gegen das
    Fest der Erscheinung
, welches ich den 15 des Christmonats erlebte. Es war ein Brief, der mehr
    Gold
, Weyrauch und Myrrhen in sich hielte für meine arme Muse und die von ihr enterbte Kinder meines Leibes, als die Weisen aus Morgenland dem neugebornen Könige der Juden aus ihren Schätzen zu opfern im stande waren. Gott aber sey Dank für Seine
    unaussprechliche
Gabe 2 Cor IX. 15. Da sehen Sie mich, liebster bester J. mich 55jährigen Greis beynahe wider verjüngt und aus einer Wüste in ein Eden versetzt – durch ein Spiel der Natur – oder ein Wunder der Vorsehung. Was ist am Namen gelegen. Nenn mich einen Backopfen, sagt ein litthauisches Sprichwort, aber Brodt wirst du nicht in mir backen. Meine einzige Sorge besteht nunmehr darinn meinen Wohlthäter zu sehen, der Ihnen vielleicht bekannter als mir und wo nicht schon wie ich vermuthe einer Ihrer Freunde ist, doch es verdient zu seyn. Unser gemeinschaftl. Wunsch einander kennen zu lernen, ist auch auf guten Wege erfüllt zu werden, ohne die Gefahr zu scheuen das durch die Gegenwart zu verlieren, was ich in der Ferne erobert. Den 27 pr. kam mein Sohn auf meine Citation mit seinem Hofmeister nach der Stadt, zu deßen Versorgung auch alle Anstalten gemacht sind, und an eben dem Tage die beynahe aufgegebene und wegen ihres langen Ausbleibens für verloren gehaltene Gratification wegen des eben so außerordentlichen Plus, als die Schiffart seit 2 Jahren alle übrigen in Preußen übertroffen hat. Mein Sohn sollte mir als Bibl. die Bücher in Ordnung bringen und einige Schriften unter meinen Briefschaften aufsuchen, und führte den Tag drauf seine älteste Schwester in Pension bey der Baroneße von Bondeli, welche sie als die 9te in ihre Akademie aufgenommen, unter der Bedingung sie nicht als Fräulein noch Demoiselle, sondern wie ein ehrl. Dienstmädchen zu erziehen, für die nackte jährl. Pension, zu der ich nichts als den Thaler für den welschen Sprachmeister beytragen kann. Der bloße Umgang einer so ausgesuchten Gesellschaft von adl. u bürgerl. Mädchen, als diese vortrefliche und gelehrte Meisterinn erzieht, ist das gröste Glück, was ich meiner Tochter wol im Herzen gewünscht aber niemals für sie hoffen können; und ich höre mit unaussprechlicher Freude, daß zwey ihrer edelsten und schönsten Züglinge, eine Fräulein von Hallmann, die als eine Virtuosin schon bewundert und eine Fräulein von Bardeleben, welche durch ihren außerordentl. Geschmack an Lectür und Talenten sich unterscheidt, um ein ander wetteifern meiner Lisette Reinette in der Music und im französischen fortzuhelfen, wozu ihr der Anfang im Ital. eben so günstig ist, als wenn sie mit dem französischen angefangen hätte. Bey meinem Sohn ist der Anfang im Griechischen vor dem Latein eben so gut eingeschlagen.
    Wozu dieser Aufwand
? Ein Mädchen bildet und entwickelt sich von selbst. Dieser leidige Einwurf ist mir schon von meinen nächsten Freunden gemacht worden. Aber meine liebe weise Herren! Es ist Pflicht das Geld was mir Gott und Sein Mittler gegeben zu beyder Ehre und der
    Bestimmung gemäß
anzuwenden – und mir ist sehr wenig an der äußeren – aber desto mehr an der inneren Bildung gelegen, mit der es nicht so geschwind geht, als Ihnen ihre Erfahrung einbildet – und ins Allgemeine läst sich gut reden. Die Geheimniße meines Busens und meines Heerdes mag ich nicht gern gemein machen, weil man selbige schwerlich glaubt oder darüber lacht. Also die Armuth hat ihre Sorgen und Versuchungen, aber bisweilen noch größere der Ueberfluß des Reichtums; und man muß gegen beyde sich wapnen und auf seiner Hut seyn. Die Ebentheuer des verfloßenen Jahres sind aber noch nicht zu Ende. Den 29 Xbr. komt des Morgens ein Bedienter aus dem Kaiserlingschen Hause, in dem ich seit langer Zeit nicht gewesen, mit einem Gruß von Beyderseits Excell. die mich den Morgen drauf zu sich bitten laßen – weil Sie wißen daß ich ungern zu Mittag erscheine, und seit der Durchreise der Kammerherrin von der Reck nicht da gewesen bin. den 7. Seit vorgestern ist ein so starkes und plötzliches Thauwetter eingefallen, daß ich heute nicht im stande bin auszugehen sondern zu Hause bleiben muß, daß ich also Zeit gewinne meinen Brief fortzusetzenIch gieng also den 30 des Morgens zum Gräfl. Kayserlingschen Hause. Die Gräfin leitete das Gespräch mit der allgemeinen Anmerkung ein, daß ich außer meinem Vaterlande in sehr gutem Andenken stünde. Mit einem widerholten Ja! brachen alle Schleusen meiner Seele durch, und der Strohm war nicht in meiner Gewalt; ich war auch nicht im stande eher das geringste zu hören, biß ich mein Herz von den Begebenheiten der vorigen Tage ausgeschüttet hatte. Mitten unter dem Erstaunen, womit man zuhörte, bemerkte ich eine vorübergehende Schaamröthe – – Dies Haus ist die
    Krone
unsers ganzen Adels, unterscheidet sich von allen übrigen durch Gastfreyheit, Wohlthätigkeit, Geschmack – hat aber kaum den Schatten der vorigen Pracht, und liebt zu sehr den Glantz davon. Der Herr Graf hatte mir in der vertraulichen Stunde einmal ein ziemlich unanständiges Parallele ausgeholt, daß ich durch die Einziehung der Fooigelder nicht wüste, woher ich meinen Bedarf an Holtz bestreiten würde und mir 4 Achtel des Jahrs angeboten. Ich antwortete, daß ich an der Hälfte gnug hatte und im Nothfall mich melden würde – welches Gottlob! nicht geschehen. Von diesem Flohstich mitten unter den Sprüngen einer völlig unbestimmten Erzählung schien mir die bemerkte Röthe zu entstehen. Zweytens vermuthe ich, daß man es mir übel genommen, den Juden zum ursprüngl. Edelmann des gantzen menschl. Geschlechts gemacht zu haben, denn ich hatte wider meine Gewohnheit zwey Excell. wegen einiger naher Verhältniße, in denen ich mit ihnen stehen muste, ein Exemplar meiner jüngsten Brochure incognito mitgetheilt. Mein alter Freund Kant ist ein alter vertrauter im Kayserlingschen Hause, und der Pr. Mangelsdorf, der mich zu einer sehr unglückl. Stunde einmal besuchte, um den Pr. Werthes bey mir einzuführen, hat sich bey dem Curator unserer Akademie ziemlich tief eingewurtzelt. Ich habe weder Mangelsdorf seitdem gesehen noch einen Gegenbesuch bey ihm abgelegt. Seine Frau ist jüngst mit Zwillingtöchtern entbunden, und gestern sind sie getauft worden. Unser
    Kanzler von Korf
mit 2 Staatsministern und der Gräfin von Kayserling hatten Gevatter gestanden. Wie viel Einfluß dergl. Windbeuteleyen in das Publicum haben, und mein geheimer Dienst dieses Oelgötzen und der mir noch heiligern
    Dryade
ist Ihnen bekannt. Also Sapienti sat! Nach der herzlichen Versicherung, daß ich durch ein Wunder einer mehr als väterlichen und mütterlichen Vorsehung aus meinen Drangsalen erlöst wäre,
    volle
    Gnüge
bereits empfangen hätte und ich mich selbst für undankbar halten müste
    mehr
    zu
wünschen oder zu begehren, auch mein gegenwärtiger Reichtum fast eben so viel Sorgen mir machte, als die Armuth – kam es endlich zur Erklärung des neuen Wunders oder Ebentheuers. Die gute Gräfin theilte mir das Verlangen einer
    Fürstinn
mit, die ganze Familie meiner fliegenden Blätter zu kennen und zu besitzen, auch ein Gemälde des Autors, seiner maniere d’être, de son caractere et de son ton – Homo sum, mein Verehrungswürdiger Freund –   und da Sie selbst Vater und Autor sind, so kennen Sie den Adel und das Elend dieser menschlichen Gefühle. Den ersten Tag dieses Jahres erhalte einen Brief von unserm Freunde und
    guten Manne
Kleuker, der mir seine vollzogene Ehe meldet, und daß Sie mit dieser
    Fürstin
sich in Hofgeismar aufgehalten auch auf einer Reise nach Weimar begleitet. Daher halte ich es für meine Pflicht Sie so wol von meiner ganzen Lage als besonders in dieser Angelegenheit zu meinem Vertrauten und Rathgeber zu machen. Ich habe 57 das Glück gehabt einem sehr liebenswürdigen Fürsten Galliczin der Abgesandter am Engl. Hofe war, zu London zweymal meine Aufwartung zu machen. Der bloße Name ist also schon ein sehr günstiges Omen für mich; wie der
    Geschlechtsnahme
dieser Fürstin mir auch durch einen kleinen Umstand eindrücklich geworden. Auch besinne mich schon mehr als einmal den Namen
    unserer Fürstin
, wenn ich Selbige so nennen darf, irgendwo gelesen zu haben. Die Gräfin K. schien sich gleichwol zu wundern, wie ein Geschmack an Diderot u H. zusammen bestehen könnte. Sie fielen mir ein, als ein Gleichnis dies Phaenomen zu erklären. Sie bat sich daher Ihre Schriften aus, welche ihr gantz unbekannt waren, und selbige mit Ihres HErrn Bruders verwechselte. Vorgestern legte ich des Morgens meinen Besuch wider im Kayserlingschen Hause ab, überreichte der Gräfin die ihr versprochene Sammlung nebst einem berichtigten Auszug aus Meusels gelehrten Deutschland, und was ich von meinen Kleinigkeiten durch Freunde und aus den Buchläden zu erhalten bisher im stande gewesen. Dem HErrn Grafen, der sich sehr mit der Erziehung seiner Enkel beschäftigt, war es lieb die neuste Ausgabe von Gesner Isagoge kennen zu lernen, welche ich währender Zeit aus Graventihn verschrieben, wo meinem Sohn ein Geschenk mit diesem in meinen Augen vortrefl. Buche vom HE Kr. Rath Deutsch und seiner Gemalin zum Geburtstage gemacht worden war. Meine ganze Autorschaft besteht aus 3 Uebersetzungen und 24 eigenen Ausarbeitungen von Einem oder wenigen Bogen, wie Sie wißen, alle auf besondere Veranlaßungen meines Lebens entstanden, und als so viel
    Ohren
im Exemplar deßelben gezeichnet. Die meisten wimmeln von Druckfehlern, am ärgsten die hierophantische Briefe, durch Schuld des Censors in Leipzig. Zum Beweis und Denkmal davon hab ich mein Mst aufgehoben Meine älteste Schriften habe schon Jahre lang gesammelt herausgeben sollen, mich aber immer davor gescheut. Hartknoch in Riga hat sich um mich und meine Kinder so verdient gemacht in dieser Erwartung, daß ich selbige nicht länger verzögern oder täuschen kann.
    Es fehlt mir blos an einem Freunde und Gehülfen
dieser Arbeit,
    den ich hier aufzutreiben
nicht im stande bin. Einige Wochen
    Muße
und einiger
    Geschmack
an meiner
    sonderbaren
Denk und Schreibart gehören dazu – was
    Homer
den
    alten
Sophisten war; sind für mich die
    heiligen Bücher
gewesen, aus deren Qvelle ich bis zum Misbrauch vielleicht mich überrauscht ευκαιρως, ακαιρως. Noch bis diesen heutigen Tag, wo ich stumpf, kalt und lau geworden bin, lese ich niemals ohne die innigste Rührung das XXXVIII. Kap. des Jeremias und seine Rettung aus der tiefen Grube vermittelst
    zerrißener und vertragener alter Lumpen
Mein Aberglaube an diese Reliquien ist im Grunde herzlicher Dank für die Dienste, welche mir diese Bücher gethan und noch thun, trotz aller Kritik, die von der Bühne und nicht aus dem Loch der Gruben raisonnirt. Von den Uebersetzungen habe nur
    Bollingbroke
bisher gefunden. Die Sokr. Denk. sind hier schon gegen 4. fl. auf Auctionen aufgetrieben worden; ein guter Freund hat mir sein Exempl. für einen rth. überlaßen, weil er es für sich zu theuer bezahlt. Jetzt fehlt mir selbst eins zur Ausarbeitung. Sieben Stück kann ich nicht schaffen, habe Hofnung noch einige davon aus Riga zu erhalten 1. Kreuzzüge  2. die dazugehörige Hamb. Nachricht. Gött. Anz. Berl. Beurtheilung. 3. Schriftsteller u Kunstrichter sind ein einzelner Bogen, der schon lange ausgegangen. (Gellius) Anmerkungen zum Gebrauch deutscher Kunstrichter. Nebst einigen andern Wahrheiten 762. gaben dazu Anlaß. 4. Fünf Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend fehlen auch. Sie waren an meinen seel. Freund Kirchenrath Lindner und die beyde Billets-doux an Pr. Kant gerichtet. 5. Essais à la Mosaique fehlen auch, und möchten kaum ausstehlich seyn einem französischen Gaumen. 6. 7. Versuch einer Sibylle über die Ehe u Κογξομπαξ hoffe noch aus Riga zu erhalten. Von Recensionen und Beyl. zur hiesigen ehmaligen Kanterschen Zeitung habe ich nicht mehr als 9 Stück zusammengebracht, worunter auch Defecte. Meine Ankündigung unsers Asmus im Namen des Freundes Hein ist mir auch ausgegangen. Die 18 vorhandene Exempl. habe zum Theil aus den hiesigen beyden Buchläden, welches für mich jetzt le ventre de ma Mere sind, und der Dengelsche (olim Kantersche) verkauft und nicht verkauft ist, durch die
    dritte Hand
heraus holen müßen, und den ganzen Bettel gestern zum Buchbinder gebracht, um das nöthige planiren und alles in reinem weißen Papier einkleiden zu laßen, um alles revidirt und corrigirt der Gräfin zur weiteren Beförderung einreichen zu können, wie ich hoffe mit dem Ende künftiger Woche. Sollten sich auch die fehlenden Stücke finden: so erlaubten Sie mir wohl selbige an Sie, mein liebster bester J. an Sie zu addressiren. Meine eigentl. Autorschaft hebt sich mit 759 u den Sokr Denkw. an. Die
    zween
welche
mich feyerlich besuchten um mich zur Autorschaft zu verführen, sind der jetzige Rathsherr
    Johann Christoph Berens
in Riga der an den Schicksalen meines Geschmacks u Lebens den grösten Antheil hat, und unser
    Prof. Kant
.,
durch deßen und des seel. Geh. Commercien Rath Jacobi Hülfe, der mich damals noch gar nicht kannte, ich bey der neuen Provincial Accise- und Zoll Direction 67 die Stelle als Secretaire-Traducteur erhielt. Berens war hier mit einigen jungen Liefländern mein akademischer Freund, der mich zuerst mit der franz. u deutschen Litteratur bekannt machte. Bey seiner Zurückkunft aus Paris, nachdem er vorher in Göttingen studiert, suchte er mich in Curland auf, pfropfte mir seinen Geschmack an den neusten welschen politischen und Handlungsschriften ein, munterte mich zur Uebersetzung des Dangeul’s auf zum Besten eines neuen Buchhändlers in Mitau, der eher mit seinem Bankerout als ich mit meinem Autor fertig wurde, den ich nicht mehr habe um meine unschlachtige Uebersetzung damit vergleichen zu können. Wenn ich mich ja jemals dazu entschlüßen möchte, so würde für den Auszug aus Ulloa den Tucker setzen, deßen Schriften ich aus Engl. mitgebracht, so viel davon damals ausgekommen waren. Aber daran kann niemand etwas gelegen seyn, und eben so wenig an der Warnerschen Uebersetzung von der Gicht, die ich einem hiesigen engl. Negocianten, einem vertrauten Freunde unsers Kant, HE Green und meinem alten treuen Verleger und nachherigen Gevatter, jetzigen Erbherrn von Trutenau zu Gefallen übersetzte. Diesem braven Mann Joh. Jakob Kanter hat meine ganze Autorschaft wenig eingebracht, aber mancher Gefahr und Verantwortung ausgesetzt, und wir sind noch bey aller Ungleichheit unsers KCharacters standhafte Freunde Dergl. individuelle Personalitäten, die gantz aus dem Gedächtniße verschwinden, sind die Ingredientien meiner Composition gewesen, die sich öfters auf einen sehr einzelnen Gesichtspunct oder auf einen eben so zufälligen Gemüthszustand bezog. Ich habe so viel poßierliche Autorversuche gemacht mich selbst zu lesen, daß ich fast eben so leicht und lebhaftig mit den Vorurtheilen meiner Freunde als Feinde sympathisiren kann. Verzeyhen Sie mir diese Umständlichkeit mich zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Da ich Sie, mein Verehrungswürdiger, in Verdacht haben muß, daß Sie einigen Antheil und vielleicht mehr als ich weiß, an der Verlegenheit haben, allen meinen Vorrath von Maculatur und Pompernikel der Gräfin von Kayserling einzuhändigen – – so überlaß ich es Ihrer Freundschaft und Vorsorge allem Misverständniße vorzubeugen und meiner eigenen Unmündigkeit und imbecillität nachzuhelfen oder zu ersetzen. Meine Absicht das französische wegen der mir angewöhnten Nachläßigkeiten und Unrichtigkeiten gänzl. zu verlernen, ist so bald erreicht, daß ich nicht mehr im stande bin eine Zeile in dieser Sprache zu schreiben und seit einem halben Jahr noch eine Antwort auf ein Billet schuldig bin, daßs eine vortrefliche Mutter 2 Brüder von Hogendorp, dem Schreiben ihres ältesten Sohns vom Vorgebirge der guten Hofnung beygelegt. Ich habe ihn genauer und länger gekannt, und mehr geliebt als den andern, der mir Ihres Hemsterhuys Werke angeboten und versprochen, aber noch nicht Wort gehalten. Seine Lettre sur l’homme habe jüngst für alt gekauft. Wenn Gott zum Erziehungsplan meiner ältesten Tochter Seegen und Gedeyen giebt, daß sich selbige zum Dienst der Durchlauchtigen Fürstin auf irgend eine noch so kleine Art qualificiren möchte: so wünschte ich daß durch jener ihren guten Willen und Eifer sich einer so glücklichen Aussicht würdig zu machen, doch Etwas Gutes für die lange Weile und Ueberdruß meiner welken Blätter bewürkt würde. Können Sie mir, guter lieber J. ein wenig Licht darüber geben, wie der ganze Handel zusammenhängt, wie die Minerva dazu kommt sich um einen Eulenspiegel zu bekümmern. Ich bin so neugierig und leichtgläubig, wie eine Nachtigall. An Menschenverstand zum Umgange mit Großen fehlt es mir auch – Wenn
    Azarias, mein Bruder
, nicht komt, so bin ich reisefertig. Aber dazu gehört
    Erlaubnis aus dem Cabinette
. Am Midas Ohren wag ich mich nicht mehr – und seiner General H– – habe ich den Schwur Catons gethan: Delenda est Carthago. Hier stehen die Ochsen – und mir zugl die Haare zu Berge. Meine Brüder im Mercur haben sich wegen der verwünschten Biergelder an Pr. H. gewandt. Ich hatte Lust und Muth zu einem geraden Schleichwege, zu dem, der dem Herrn der nächste ist, – Conf. Schibl. S. 25 Z. 13. Vielleicht wäre unsere Fürstin eine Dea ex machina. Ihre öffentl. Verhältniße sind mir unbekannt, und ich habe eine abscheuliche hypersokratische Unwißenheit in solchen Dingen die jedermann weiß. Bey aller meiner poltronnerie, lacheté und imbecillitate Hominis fühl ich bisweilen eine securitatem Dei und einen furorem vterinum die Weißagungen eines M. u L. wahr zu machen. Sie lesen das Innerste meiner Seele, wenn und so gut ich es selbst zu lesen vermag. Kommt meine Reise zu stande; so ist
    Münster
der Mittelpunct. Nichts als vis inertiae in mir, welche durch CentralKräfte außer mir überwunden werden muß. Noch ist nichts reif, weder hier noch dort. Nicht ein jota inuita Minerva – aber ihr Wink sey Α u Ω, Anfang u Ende. Sie können leicht denken, liebster bester J. daß ich bey dieser doppelten Revolution in meiner Arbeit mit Spinoza nicht weit gekommen bin. Seinen Tr. Th. polit. habe durchgelaufen – auch seine Briefe studirt. Die Principia Cartesii sind hier aber in keiner öffentl. noch Privatbibliothek aufzudringentreiben, und an diesem Eckstein seines Systems ist mir alles gelegen. JVor seiner Ethik eckelt mir wegen der lächerl. abgeschmackten Methode. Ich habe die 3 ersten Definitionen nicht verdauen können., und mein Magen hat keinen Raum für mehrere. Ich fieng auch an sein Fragment de intellectus emendatione mit Cartesii Methodo zu vergleichen – aber ist es Eigensinn oder Ahndung, ich habe nicht eher Ruhe bis ich das erste u unter seinem Namen ausgekommene Werk zu sehen bekomme, wenn mich nicht die hällische Bibl. eines Beßern belehrt, die ich eben so wenig bisher gefunden als das Museum von 83. worauf Sie mich verwiesen. Schreiben Sie nach W. oder M. so denken Sie an mich, ohne sich von meinen Reisegedanken etwas merken zu laßen. Es liegt ohne das noch alles im weiten Felde. Je unerwartetetr desto durchdringender wird die Freude der Ueberraschung seyn. Ich habe heute einen sehr rührenden Brief zum Neujahr von der frommen, unschuldigen, vortrefl. Schwester unsers Herders erhalten den ich noch beantworten muß. Erfreuen Sie mich auch bald mit einer Nachricht von Ihrer Gesundheit und Gemüthsruhe, die Gott mit neuen Kräften wiederherstellen und alles ergänzen wolle – und was Sie aus Freundschaft für nöthig halten zu beßerer Unterweisung und Richtung meines Verhaltens in denen aus Vertrauen Ihnen mitgetheilten Angelegenheiten. Gott seegne Sie und die Ihrigen an Seel und Leib. Ich umarme Sie anticipando und ersterbe Ihr alter verpflichteter und ergebener Freund und Diener. J G H. Entschuldigen Sie mein Geschmier, und melden Sie mir ob Sie es lesen können, um mich künftighin darnach zu richten. Nochmals Gott empfohlen. Adresse:
Des / HErrn Geheimten Raths Jacobi. / Wolgeboren / zu /
    Pempelfort
bey Düßeldorf /
    fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 6ten Jan 1785 J. G. Hamann. empf. den 21ten beantw. den 4ten Febr.
ich habe, lieber unschuldiger alter, ihren brief vom 15ten xber schon vor acht tagen erhalten. ich bewundere nichts darinn. mir ist alles so erwartet; und aus einer welt, worinn ich durch den guten und gerechten willen des vaters zu hause gehöre. indeßen genirt mich die hitze ihrer liebe ein wenig, besonders da ich in diesem wunderlichen winter so schwer gebähre. ich mache es, so gut ich kann, und habe schon
    drey blättchen zu einer antwort
darauf fertig, welche, wiewohl sie noch lange nicht vollendet scheint, vermuthlich mit der reitenden preußischen post früher überkommt, als dieses. beygehende bücher, bath mich lavater, als er mir seinen letzten einschluß zuschickte, ihnen zu schenken: und ich, liebster haman, thu es mit dem herzlischen wunsche, daß sie kinderfreuden daraus schöpfen mögen. kinderfreuden gehören für den abend eines männlich durchkämpften tages und lebens. wenn sie das buch doppelt haben, so möchte ich um die
    fünf bücher über das schuldrama und kinderphysik. königsberg. 763. 8.
bitten. wie jauchze ich der zeit entgegen, wo wir uns kennen werden, wie wir sind? aber ich hoffe, noch hienieden werde ich es beleben, daß wir ein herz und eine seele seyn werden. mir däucht, sie müßen es an jeder knützeley meines styles fühlen, daß ich particularissimè zu ihnen gehöre. sey es das so kühn gesprochen, als es seyn wolle! ich blicke auf christus, und laße es stehen. guten abend, gute nacht! haman! ihr F. Bucholtz münster den 7ten jänner 1785 Vermerk von Hamann: Erhalten den 31 Jänner 85.
Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 5 Vaels bey Aachen den 11ten Jan. 1785. lieber Verehrungswürdiger Freund Mein Brief vom 31t. December ist nun vermuthlich schon in Ihren Händen. Ich bin seitdem beständig krank gewesen; reiste krank hierhin, u wurde noch kränker. Dabey lag es mir schwer auf, daß ich Ihnen mein Wort nicht haltte halten können. Ich will es nun am 3ten Posttage zu erfüllen suchen so gut ich kann, u ohne Vorbereitung u Einkleidung – leider auch ziemlich ohne Plan, nur hinwerfen, was ich Ihnen zu sagen vor hatte. In Ihrem Golgatha hat vor andern eine Stelle mich getroffen, S 63, wo Sie sagen: „Bey dem
    unendlichen Mißverhältniße
des Menschen zu Gott…um es zu heben u aus dem Wege zu räumen…muß der Mensch entweder einer
    göttlichen Natur
theilhaftig werden, oder auch die Gottheit
    Fleisch
u
    Blut
an sich nehmen.“ In diesem Knoten liegt alles theologische u philosophische Dichten u Trachten meines armen Geistes seit geraumer Zeit – soll ich sagen, wie auf der Folter? Verwandlung, oder wie man das Aehnliche nennen will, ist also nöthig. Johannes sagt: wer den Sohn läugnet, läugnet auch den Vater. Petrus bekannte ihn, u da er ihn bekannte, sagt Jesus zu ihm: Selig bist du, Simon Jona Sohn,
    denn das hat dir nicht Fleisch u Blut
    geofenbahret
, sondern
    mein Vater
, der in den Himmeln. Zu Nikodemo sagte Jesus: wahrlich, wahrlich, ich sage Dir: es sey denn daß jemand von neuem gebohren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
    Thue, werde, sey
heißt es überall in der Schrift. Und: der natürliche Mensch vernimt nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Thorheit u er kann es nicht verstehen. Muß also nicht im Menschen eine Kraft liegen, schon im natürlichen Menschen – deren Richtung ihn fähig macht den Geist zu
    empfangen
, von dem wir nicht wißen v wannen er kommt noch wohin er fährt, der aber die
    Wahrheit
selbst ist. Wie denn widerlegte ich mich selbst indem ich sagte: Giebt es eine
    gewiße
GottesErkenntniß für den Menschen? so muß in seiner Seele ein Vermögen liegen ihn dahinauf zu organisieren! Wahrheit ist Würklichkeit, ist seyn; u Gewißheit ist Gefühl der Wahrheit. Daß wir selbst sind u andre Dinge außer uns, wißen wir nicht durch Beweise, nicht durch Kunst, sondern wir erfahren es durch Seyn u Mitseyn. Daß alles was geschieht, jede Veränderung u Bewegung, aus einem
    Willen
hervorgehe, ist eine allgemeine Offenbahrung – oder Lüge der Natur. Vox populi, vox Dei. Mir deucht, der rohe Wilde, wie oft er auch äußerliches mit innerlichem verwechseln u Schein für Wesen halten mag, irret doch nicht in der
    Sache selbst
; dahingegen der Weltweise, der nur äußerliches annimt, den Schein für das Wesen, u das Wesen für den Schein hält, der irret
    in der Sache selbst
. Ich kenne die Natur des Willens, einer sich selbst bestimmenden u lenkenden Kraft, ihre innere Möglichkeit und deren Gesetze nicht – denn ich bin nicht durch mich selbst. Aber ich fühle eine solche Kraft als das innerste Leben meines Daseyns; ahnde durch sie meinen Ursprung, u lerne im Gebrauch derselben, was mir Fleisch u Blut allein nicht offenbahren konnten. Auf diesen Gebrauch finde ich alles bezogen in der Natur u in der Schrift; alle Verheißungen u Drohungen sind an ihn – an die Reinigung u Verunreinigung des Herzens geknüpft. – Daneben lehren mich Erfahrung u Geschichte, daß des Menschen Thun viel weniger v seinem Denken, als sein Denken von seinem Thun abhängt; daß seine Gedanken sich nach seinen Handlungen richten u sie gewißermaßen nur abbilden; daß also der Weg zur würklichen Erkenntniß ein geheimnißvoller Weg ist – kein syllogistischer – aber noch weit minder ein
    mechanischer
. Von dieser Erkenntniß glaube ich nicht
    daß sie um das Leben bringe
. Ich wüßte auch eins vom andern nicht zu trennen, u es scheint mir, daß zu höherem Leben nie anders als durch höhere Erkenntniß hinauf gestiegen wird. Wandle vor mir u sey
    ganz
! Das heißt, pflege, warte deiner Einheit, deines το Ον, säe auf den Geist; welches nur
    im
Willen,
    mittels
des Verstandes geschehen kann. Ich las vor einigen Wochen wieder Herders Theolo Briefe über das Studium der Theologie, u fand bey einer Materie Jerusalems Betrachtungen zu wiederholten mahlen angeführt. Ich hatte diese Betrachtungen nie gelesen, sondern nur hie u da angesehen. Bey einer gewißen Stelle wollte ich nachschlagen, ergriff den unrechten Band, u mein Irrthum führte mich auf folgende Worte: „Gott sprach – u es ward – u es war alles gut – – – – wahrer u faßlicher konnte diese Handlung unserer Vernunft nicht gemacht werden. Denn dieß ist der einzige Grund, worin die Vernunft ihre Beruhigung findet:
    Der Allmächtige wollte, u es ward
. Zugleich ist dies die Gränze aller Philosophie, die Gränze, wo auch Newton ehrerbietig stehen blieb; u der Philosoph, dem es zu klein deucht, bey diesem göttlichen Willen stehen zu bleiben, sondern hierüber hinaus v Ursachen zu Ursachen ins unendliche fortzugehen, u selber Welten zu bauen sich vermißt, der wird sich in ewigen Finsternißen verirren, wo er endlich den Schöpfer selbst verlieren wird.“ Mich freuten diese Worte, weil es mir unmöglich ist den Schöpfer nicht zu verlieren, wenn ich mir nicht den Willen vor der That u als das erste u oberste in seiner Natur gedenke. Wille ohne Verstand aber ist ein Unding. Am Seyn ohne Bewußtseyn, ohne Personalität ist mir nichts gelegen, u ich will lieber die dürftigste unter den naturis naturatis seyn, als eine Spinozistische Natura naturans, die man, wenn man mit Worten spielen will, die vollkommenste Liebe nennen mag, weil sie alles nur im andern ist: ουδεν και παντα! Dieses ουδεν και παντα ist wohl nicht das Ihrige. Sie verwiesen mich bey diesen Worten auf die Kreutzüge. Wenn Sie aber nicht die Stelle S. 184 (in der Rhapsodie in Kabbalistischer Prose) meynen, auf die ich selbst, in meinem Briefe vom October, schon gedeutet hatte, so ist mir die gemeynte unbekannt nicht erinnerlich, u ich habe auch bey’m Nachschlagen sie nicht finden können. Niemand kann Grübeley mehr als ich verachten, wenn sie nicht blos Anstrengung des innersten ursprünglichsten Sinnes ist u seyn will. Daß aber eine solche Anstrengung Genuß befördern könne, scheint mir außer Zweifel, u ich habe so gar den Argwohn gegen Hamann, daß er ein gewaltiger Grübler dieser Art sey. Ich bin nicht a priori, kann nichts a priori wißen, nichts a priori für mich sicher stellen: aus Gnaden bin ich was ich bin, u meine einzige Tugend ist Gehorsam, sein Lohn wachsender Glaube. Mit Ihnen behaupte ich, u glaube in meinem ersten Briefe an Sie mich schon dahin geäußert zu haben, daß sensus das principium alles intellectus sei. Aber meine so mannigfaltige Sinnlichkeit, der ich mich blindlings u aufs ohngefähr, weder überlaßen darf, noch soll, noch kann, muß doch auf etwas gepfropft seyn, das nicht schlechter u etwas mehr als ein bloßes mathematisches Centrum ist. Ich vermuthe hier ein distinktes το Ον, wenn schon kein ganz heterogenes, u daß es der Geist sey, auf den ich angewiesen bin zu säen. Δος μοι που στω. – „Ohne Wort, (schrieben Sie mir vor einem Jahr) keine Vernunft – keine Welt. Hier ist die Qvelle der
    Schöpfung u Regierung
.“ Ich spreche Ihnen dieses nach von ganzem Herzen nach. Aber ich sehne mich zu wißen, in wie fern unsre Ideen würklich mit einander übereinstimmen, oder wenigstens verträglich Ich werde einmahl über das andre erinnert meinen Brief zu schließen, weil er sonst nicht mehr weg käme. So sey es dann! – Leben Sie wohl, mein Theuerster, u schreiben Sie mir bald wieder, wenn es auch nur wenige Zeilen sind. Ich reise am Ende dieser Woche nach Düßeldorf zurück – Von ganzem Herzen Ihr Freund F. H. Jacobi Vermerk von Hamann: Erhalten den 22 Jänner Geantw den 22, 23 –
d. 15 Jan. 85. Voll Freuden komm ich zu Hause, meine 21 Hefte der Gräfin Kayserling eingehändigt zu haben. Nun mag sie mit machen, was sie will. Noch einmal diesen Dienst zu thun, bin ich nicht im Stande, das hab ich ihr gesagt! – – Wie angreifend diese Arbeit für mein Gemüth u. meinen Kopf gewesen, kann niemand sich vorstellen. – Die Durchsicht zur künftigen Ausgabe ist mir dadurch so verekelt worden, daß ich alle Lust u. allen Muth verloren, mich dieser herkulischen Arbeit zu unterziehn; denn es ist ein wahrer Misthaufen Ennii und Augias Stall. – Sich aller der Lagen und Krümmen u. Falten zu erinnern – aller der Grillen, die mir durch das Gehirn gefahren sind – aller der unzähligen blunders, Misverständniße, Plane, Gespinste – – – Ach mein lieber Sohn, mein einziger Sohn, Ja der Prediger hat schon gesagt: Hüte dich – denn des Büchermachens ist kein Ende. Wie oft hab ich schon sonst der Rebecca nach gemurret: da mirs also gehen sollte, warum bin ich Autor worden? Und doch kann ich mich noch zu den glücklichen Schmierhansen zählen. pp Mein gnädiger Gönner und Freund, Pr. Kraus und ich haben uns nicht nur Ihres Hochzeittages, sondern auch Ihres dauerhaften Wohls beym Neuen Jahr erinnert; und ich sehe die mir durch unsern Freund Dorow geschehene Auslieferung als ein thätiges Merkmal Ihres gütigen Vertrauens und unveränderter Liebe an. Das in 4o u No 2 in 8o erhalten Sie unversehrt wider zurück mit einem Bogen Beyl., von No 1. oder den Kreuzzügen den ledigen Deckel. Aus No 3. habe
    Schriftsteller und Kunstrichter
b
    Essais à la Mosaique
und c
    Versuch einer Sybille über
die Ehe heraus schneiden müßen, verspreche aber diesen Band mit der neusten Schrift ergänzt nachstens zu remittiren. Konxompax ist auch abgerißen, wird aber leicht aus Riga ersetzt werden können. Folglich sende 2 Bände zurück, u behalte
    einen
noch hier nebst den Scherfl. um den getrenten Konxompax zu ergänzen. Mein fester Vorsatz ist um einer alten Schuld die ich einmal abtragen muß, meine fliegenden Blätter zu sammlen, und denn werde nicht ermangeln ein Dedications-Exemplar für Ew. Hochwolgeboren zu bestellen. Wo ich die Originalexemplare dazu herbekommen werde, weiß ich aber noch nicht. Bin so glückl. gewesen alles aufzutreiben bis auf
    Dangeuls
Uebersetzung und die Göttingsche Hamburgsche und Berlinsche Recension der Kreutzzüge, und an beyden ist nichts gelegen. In Ansehung der Wunder, die Gott und seine väterl. Vorsehung an mir und meine Kinder gethan, ist mir ein Stillschweigen aufgelegt; und das Ebentheuer, welche die Samml. meiner Schriften veranlaßt, ist mir selbst noch unbekannt. Vielleicht bringt uns derie schöne Jahreszeit näher, welches mit allen gemeinschaftl. Freunden wünsche. Vergeben Sie meine Eilfertigkeit, empfehlen Sie mich unbekannter Weise Dero gnädigen Frau Gemalin und ersetzen was ich nicht auszudrücken im stande bin, die herzlichste Ehrerbietung und Gesinnungen Ihres alten verpflichteten und ergebensten Dieners und Freundes  Johann Georg Hamann. 
Kgsberg den 16 Jänner II p Epiph. Mein Herzens lieber Jacobi, Da haben Sie meine Hand zu dem in W. geschloßenen Munde. Heute vor 8 Tagen gab ich des Morgens einen Brief an Sie ab und den Tag drauf erhielt ich den Ihrigen von den beyden letzten Tagen des vorigen Jahrs. Ein für allemal leg ich eine Vorbitte für meine Schreibart und besonders meinen Briefstyl ein, der theils vom Bau meines Schnabels abhängt. Mein zweiter Brief war nicht Mistrauen gegen Sie, sondern gegen den bezauberten Grund und Boden, aus dem ich Sie gern versetzen wollte, wenn es mir möglich wäre, weil ich ihn nach meiner Kenntnis deßelben ihn nicht für heilsam für Ihre Ruhe halte. Ich danke Ihnen für Ihre Zurechtweisung und bin gantz Ihrer Meinung daß Mendelssohn kein ander Buch als die Opera posthuma verstanden. – So gantz gewiß bin ich nicht in Ansehung des zweiten Misverständnißes, wo ich des Hemsterhuis Hypothese mit dem System des Sp. verwechselt habe. Leßing schreibt daß seine Gedanken oder vielmehr diejenige die er Ihnen mittheilen wollte, genau mit diesem System zusammen hängen, welches er gleichwol zu tadeln scheint. Wenigstens paßt sich die Substitution der Formeln und die Veranlaßung zu neuen Irrwegen auf jedes folglich auch des Sp. System. Coleri Lebensbeschreibung habe schon gelesen – aber Ihre Bemerkung daß sich des Sp. Principia Phil. Cartes gewöhnl. bey den gesammelten Werken des Cartesii befinden, scheint nicht von der zu gelten die ich Lehnsweise besitze. Sie ist die Elzevirische von 677 in 4 Qvartbänden. Die Principia stehen vor der Abhandl. de Methodo und sind
    von Cartesio selbst
. Der 5te Band ist eine franzs. Ausgabe der Briefe. Belehren Sie mich also auch hierüber genauer. Auch der Wink von einer Aufschrift des Tempels ist mir lieb. Vielleicht steht er im Pausanias den mein Sohn aufs Land mitgenommen und dem ich auftragen werde aufmerksam zu seyn, wenn er so etwas in diesem Autor finden sollte. Ich bin so eilfertig mit antworten, theils Beyl. die Sie so gütig gewesen seyn mir mitzutheilen wider zu remittiren, weil ich von Natur darinn ein wenig ängstlich bin – theils Ihnen zu melden, daß ich gestern 21 Hefte meiner Schriften oder vielmehr Blätter im Kayserlingschen Hause zu fernerer Beförderung abgegeben, und ich diese Sache also abgemacht. Wider mein Vermuthen hab ich alles bis auf 3 Stück hier aufgetrieben per fas et nefas. Die fehlende sind der versudelte Dangeul 2.) die Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend mit 2 Billets doux an unsern Kant eine Physik für Kinder betreffend und 3. die dreyfache Recension der Kreutzzüge. Falls der durchlauchtigen Fürstin etwas daran gelegen seyn sollte: so würde ich allenfalls noch darauf Acht haben und es nachschicken können. Die Rechnungen aus unsern beyden Buchladen, was ich daselbst habe finden können, habe beygelegt, nebst des Buchbinders seiner für das Heften in Postpapier. Den Thaler für die Sokr. Denkw. habe unserm Prof. der Moral u Politik Kraus heute eingehändigt, der mir manche Exceptionen gemacht und mir den Text gelesen – Ein fleißiger Sammler meiner Schriften HE von Auerswald hat mir auch sein Exempl. sub lege remissionis abgetreten, die ich auch im Fall einer neuen Ausgabe versprochen und zum Theil durch das neuste und die Cochenille ersetzt, was ich selbst und fast von allen das allerletzte Exemplar übrig gehabt, hab ich gleichfalls berechnet und pro studio et labore der Revision 2 andere Bücher mir dafür liquidirt. Ich hoffe mit dem ungerechten Haushalter darin klüglich gethan zu haben. Die gantze Berechnung belief sich also auf 13 fl. 12 gl pr. und das ist alles mögl was man für Maculatur einzelner Bogen fordern u geben kann. Den Lettres perdues hab ich noch ein Certificat de l’Auteur angehängt. Was die Gräfin von mir schreiben wird, mag Sie selbst verantworten. Sich in alle die Situationen zu versetzen, welche diese Irrwische hervorgebracht ist eine wahre Seelenfolter und ich habe allen Appetit verloren an einer so herkulischen Arbeit zu denken als die erfordert einen solchen Miststall auszukehren und aufzuräumen und mich auf alle die kleine Anläße zu besinnen, welche Einfälle und Ausdrücke mit und ohne Fug erzeugt. Di bene fecerunt – daß ich von meinem alten Freunde M. keinen Anfall zu besorgen habe, da sich ein anderer Prediger aufgeworfen, der das Ding noch gröber gemacht, als jener in der Wüste. Der bekante Sirach für jedermann Schultz hat eine
    philosophische Betrachtung
zum Besten des Atheismi geschrieben – und der Israelit hat seinen Wunsch erreicht, wie ich meinen – jener, einen bestimmten und mit
    zureichenden
    Grund
ausgerüsteten Gegner gefunden zu haben, ich
    abgelöst
zu seyn, und einen müßigen Zuschauer abgeben zu können, weil ich als ein Pythagoräer kein polemisches Blutvergießen liebe. Diese philosophische Betrachtung ist mir erst vorige Woche in die Hände gefallen und mich wundert daß sie uns beide nicht eher bekannt geworden. Sonst kann ich Ihnen noch den aus dem Engl. übersetzten
    Versuch über die Natur und das Daseyn einer materiellen Welt
empfehlen, die ich wol der Mühe werth halte noch zum dritten mal zu lesen. Die hinten angehängte Erzählung ist ein Meisterstück und ich habe sehr viele meiner eignen Betrachtungen darinn gefunden, wie ich überhaupt glaube daß die Ueberzeugung nichts neues unter der Sonne mehr sagen zu können, alles Bücherschreiben entbehrlich macht – wenigstens für meinen Geschmack. Der Uebersetzer ist mein Nebenbuler im
    Hume
, mit dem er eben nicht meinen Freunden u mir Gnüge gethan. Ohngeachtet D. Biester meine Recension der Humischen Uebersetzung in seine Wochenschrift nicht
    einrücken können
, denke ich sie doch einmal noch anzuflicken Laßen Sie mich erst die häll. Bibl. über Sp. Principia Phil. Cart. lesen, ehe ich urtheilen kann ob ich dies Buch zu Beurtheilung seiner Op. posth. nöthig finde. Der philologische Theil ist mir noch wichtiger als der metaphysische von Sp – und am wichtigsten der politische. Ihnen meine
    Herzensmeinung
über Sp. Metaphysik und seine incompetente u unbefugte Methode zu sagen, hab ich keine weitere Mühe nöthig, und dörft ich alles weitern Suchens überhoben seyn. Die Wahrheit zu sagen seh ich den Philosophen mit Mitleiden an, der erst von mir einen Beweis fordert, daß er einen Körper hat und daß es eine materielle Welt giebt – Ueber dergl. Wahrheiten u Beweise seine
    Zeit
u
    Scharfsinn
verlieren, ist eben so traurig als lächerlich. Eine Welt ohne Gott ist ein Mensch ohne Kopf – ohne Herz, ohne Eingeweide – ohne pudenda.
Ich hab es bis zum Eckel u Ueberdruß wiederholt, daß es dem Philosophen wie den Juden geht; und beyde nicht wißen weder was
    Vernunft
noch was
    Gesetz
ist, wozu sie gegeben, zur Erkenntnis der Sünde und Unwißenheitnicht der Gnade u Wahrheit, die
    geschichtlich offenbart
werden muß, und sich nicht ergrübeln, noch ererben noch erwerben läst. Das sind Epikuräer, denen man die Frage thun muß:
    doch kennt ihr auch den Epikur
?
Dies kurze, alte u ewige Glaubensbekenntnis sagt Ihnen alles was ich a priori darüber zu sagen imstande bin, und verekelt mir die ganze Aufgabe. In der ersten Formel des Sp. Causa sui liegt der ganze Irrthum der Logomachie. Ein relativer terminus läst sich nicht seiner Natur nach absolut denken, ohne sein correlatum. Also (effectus) causa sui ist zugl. (causa) effectus sui. Ein Vater der sein eigener Sohn und ein Sohn, der sein eigner Vater ist. Giebt die ganze Natur so ein Beyspiel? Der Spinozismus ist also eine widernatürl. Meinung, nach welcher nicht mehr als ein einziges bestehendes Ding, welches Ursache und Wirkung zugleich ist angenommen wird, und das sich eben so unendlich denken als fühlen läst. Die endlichen Dinge sind Modificationen des unendlich Gedachten und unendlich Fühlbaren. So wenig nun Ursache und Wirkung in ein Subject coincidiren können: eben so wenig das Gedachte Denk- und Fühlbare.
    Wesen
ist Ursache und Wirkung die
    Existentz
. Also
    Begriff
und
    Ding
einerley. Wort ein Zeichen des Begriffs und Erscheinung ein Zeichen des Dings, ist einerley und es giebt keinen Unterschied mehr in der Natur noch Vernunft, die gleichwol unterscheidt – diese genus und jene differentiam specificam
Was causa sui beym Sp. ist, nennt der Wolfianer zureichenden Grund und mich verlangt zu sehen, was Mendelssohn dem Oelgötzen seines atheistischen Gegners antworten wird. Seit vielen Jahren such ich eine Schrift des Jordanus Bruns Brunus die aus 5 ital. Gesprächen besteht dela Causa, Principio ed uno Venezia 584 habe deshalb nach Italien schreiben laßen eben so fruchtlos wie nach Gagliani della Moneta u seinen übrigen Werken. Ersterer beruft sich in seinem Buch de triplici Minimo et Mensura, das ich besitze wegen eines
    Principii coincidentiae oppositorum
,
welches ich ohne zu wißen warum? liebe und den principiis contradictionis u rationis sufficientis immer entgegengesetzt. weil ich letztere von meiner akademischen Jugend an nicht habe ausstehen können, und ohne Manichaeismo allenthalben Widersprüche in den Elementen der materiellen u intellectuellen Welt gefunden habe
Der Nachtwächter rufft – ich eile zum Schluß. Ich fieng eben gestern Gibbon’s History of the Decline and Fall of the Roman Empire in 3 prächtigen Qvartbänden an, wie ich einen erwünschten Brief von Gevatter Claudius nebst seiner WeinachtsCantilen und den
    Anekdoten des 15 Xbr erhielt
und eine Marschroute einer Reise die er mir vorschreibt. Heute vor 8 Tagen hab ich mich an L.
    Herzenserleichterung
erbaut. Er kann den gelehrten Händeln nicht so feind seyn als ich es bin – und doch ist unser Contrast von außen so stark als die dieas Innere harmonisch. Meinen Freund H. hab ich seit dem ersten Tag im Jahr nicht gesehn auch von seinem Gast keinen Abschied genommen, werde also erst diese Woche Ihren Auftrag bestellen können. Meine älteste Tochter habe heute zum ersten mal mit Haselhünern bewirthet, die mir Hartknoch aus Riga geschickt, und die Mutter gab eine Bouteille Bischoff zum Besten, wo Ihre Gesundheit nicht vergeßen worden. Ich umarme Sie zur guten Nacht und ersterbe Ihr   Freund Hamann. Claudius Nachricht aus Weimar beunruhigt mich. Ich warte blos eine Einl. von seiner liebenswürdigen Schwester aus Morungen ab, um meine Schuld abtragen zu können. Melden Sie ihm, daß ich lebe und meine silentium taciturnitas clamor und
    vox vitae
sey in petto. Nennen Sie mir doch alle Ihre Freunde in
    Münster
außer der Fürstin Galliczin – Ihr Freund
    Bölling
in Frankfurt hat sich sehr edel gegen meinen verlaufenen Hill bezeigt, von dem ich noch keine Sylbe aus Italien erhalten und deshalb
    bekümmert
bin. Der
    liebe gute
L. hat mir seine Durchreise durch die Schweitz gemeldt. DEVS nobiscum! Adresse mit Siegelrest:
Des / HErrn Geheimen Raths Jacobi / Wolgeboren / zu /
    Düßeldorf
.
    Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 16.ten Jan. 1785 J. G. Hamann empfg den 30tenbeantw. den 4.ten Febr. Auf dem Adressblatt von Heinrich Schenk vermerkt: Von Hamanns Werken fehlen: Fünf
    Bücher
über das Schuldrama und Kinder-Physick. Hamb. Nachricht, Götting. Anzeige, Berl. Beurtheilung der Kreuzzüge. Fragmente einer Apokalyptischen Sibylle Zwey Scherflein zur neuesten, deutschen Litteratur.
Königsberg den 22 Jänner 85. Herzenslieber Jacobi-Jonathan, Ihren Brief vom 31 ist erhalten auch schon den 15 d. beantwortet worden, wenn nicht bene, dennoch cito. Ihre Kränklichkeit geht mir zu Herzen, um so mehr, da ich immer besorgen muß, daß die
    Anstrengung des innersten ursprünglichen Sinns
, wie Sie es nennen, der Oekonomie Ihres Nerven Systems und der davon abhängenden Verdauung nicht zuträglich seyn kann. Anstrengung befördert, aber schwächt auch den Genuß – der noch öfterer von
    Leiden
und
    Mangel
abhängt. Thätigkeit und Fülle ermüdet und bringt Eckel. Unsere Ideen stimmen überein, und sind verträglich – Was kann aber dies Zeugnis zu Ihrer Befriedigung beytragen – Auch Ihr Argwohn, daß ich selbst ein Grübler bin, ist wahr. Eben des wegen ist mein Rath desto aufrichtiger, weil ich meinen Fehler eben so wenig an meinen Freunden als mir selbst schonen kamag. An statt Ihnen mein Mitleiden darüber entzogen zu haben, habe ich selbiges svielmehr durch meine Freyheit Ihnen zu rathen geäußert. Ich bin nicht nur ein Grübler, sondern auch ein Wortklauber – aber freylich liegt auch die Schuld an der Gebährmutter unserer Begriffe, unserer Muttersprache im philosophischen Verstande. Erlauben Sie mir Ihren Schluß abzuschreiben: Giebt es eine
    gewiße
Gotteserkenntnis für den Menschen; so muß in seiner Seele ein Vermögen liegen ihn dahinauf zu organisieren. Conf. Rom X. 6, 7. Das
    gewiße
ist theils einer sehr unbestimmten theils sehr bestimmten Bedeutung fähig. Im ersten Verstande komt der Schluß darauf hinaus: Wo eine Anlage ist,
    kann
es auch eine Energie derselben geben. Dazu gehören denn wol
    Anläße
, die nicht nothwendig zur Anlage gehören, sondern zufällig sind.
Im zweiten Verstande kann die
    Gewisheit
unserer Erkenntnis weder von unsern Kräften noch ihrer Organisation abhängen, sondern auch gröstentheils von der Gewisheit des Gegenstandes selbst und ihrer Mittheilung nach Maasgabe unserer Kräfte p. Auf diesem Wege ist für mich kein Ende von Fragen und Antworten abzusehen. „Am Seyn ohne Bewußtseyn ist Ihnen nichts gelegen“ – am Baum des Erkenntnißes mehr, als am Baum des Lebens und doch ist nicht das Seyn, sondern Bewustseyn die Qvelle alles Elends Ich habe Ihren Brief vom Oct. und meine †Züge aufgesucht. In dem ersten finde keinen Fingerzeig auf S. 184. die ich wirklich im Sinn gehabt, um so wol die
    Schwachheit
derer, die keinen Gott sehen können – als die
    Schwärze
derer, die von ihm verbrannt werden, gleichsam zu entschuldigen. Hienieden ist von keiner Verwandlung noch Verklärung in die göttliche Natur die Rede – sondern von dem alten Wort Widergeburt. die Rede. Kinder sollen wir werden, um in das
    Himmelreich
zu kommen – und dies fällt in kein sterblich Auge, sondern
    ist da
ohne Schau.
Der Knoten des Misverhältnißes liegt zwar in unserer Natur, kommt aber wie sie selbst nicht von uns, und wird durch kein philosophisches Tichten und Trachten aufgelöst werden. DEVS intersit – dignus vindice nodus! Ohne diesen
    Knoten
wäre kein Hexameron gedacht worden – und an keine
    Ruhe
, nach verrichter Arbeit.
Die Stelle im
    Golgotha
war auf M. gezielt, und wird ihn kaum getroffen haben. Sie zu treffen ist meine Absicht nicht gewesen, hat auch nicht seyn können, hätte auch nicht disiunctive geschrieben durch aut – aut, sondern et – et. Zur Widerherstellung des
    Göttlichen Ebenbildes
– wurde der
    Abglantz göttlicher Herrlichkeit zur Sünde gemacht
. „
    Ohn weiters zu verstehen
wie unser liebe Claudius in seiner Cantilene sagt, wo mancher dürre Vers nach Grummet von der Weide schmeckt; aber auch in diesem Heu ist ein Leuchten von des Engels Klarheit – „
    denn er sagte ihnen die Wahrheit
.“ Die Hirten glaubten dem
    Zeichen
des in Windeln gewickelten und in der Krippen liegenden Kindes – giengen hin – und kehrten wider um, preiseten und lobten Gott für alles, das sie gehört und
    gesehen
hatten. Αρα ἡ πιστις εξ ακοης, ἡ δε ακοη δια ῥηματος ΘΕΟΥ. Dom III. p Epiph. 23. Januar Der Besuch eines Juden, der aus Koppenhagen seiner Heimath, zurückgekommen u auf der Hinreise in Wandsbeck sehr herzl. von Claudius aufgenommen worden, von deßen Familie und Gesellschaft ich manches ausgeforschtfragt. Er hat Ihre Elise mit dem schon seel. Bruder und Me Campe daselbst kennen gelernt u.s.w. Heute feyern wir das KrönungsFest im Waysenhause und der dasigen Kirche, und morgen ist des alten Philosophen Geburtstag. Ich habe vorgestern meinen nächsten Blutsfreund aus Lübeck, u den Nachfolger meines seel. Vaters in der mit ihm untergegangenen
    Altstädschen Badstube
verloren. Die Wittwe, seiner leibl.
    Schwester Tochter
– bleibt in der grösten Armuth mit 5 Kindern. Die guten Umstände meines seel. Vaters zogen einen ganzen Schwarm von meiner frommen, arbeitsamen, stillen Mutter Bruderkindern in unser Haus, und nach Preußen – davon die meisten von meinen Eltern unterhalten, untergebracht und unterstützt wurden – Dies ist der letzte, der mir so viel Sorgen als seine Geschwister meinen Eltern gemacht – Ich hatte mich meines seel. kranken Bruders zu Gefallen hier niedergelaßen, und mich gantz aus einander gesetzt; wie der vorige Bürgermeister, ein vertrauter Freund meines Vaters, der in seiner Jugend ein tägl. Hausgenoße bey uns gewesen, und unser alte Beichtvater, mein bester Lehrmeister in der Schule und mein Rathgeber, der im Leben und im Testament bedacht worden war, mit dem Vetter Nuppenau, damaligen Altstädtschen Bader übereinkommen, mich von der Curatel meines Bruders auszuschließen ohne die geringste Veranlaßung von meiner Seite. Ja was
    man sich kaum vorstellen kann
, der Kirchenrath läßt mich den Abend vorher zum Eßen bey sich bitten, wie ich den Tag drauf eine Verfügung bekomme meinen Bruder djenem nächsten Blutsfreunde abzutreten. Zum Glück wohnte ich damals bey dem seel. Tribunalsrath Bondeli im Hause, wie ein leiblicher Sohn – der meinen ganzen Wandel kannte. Dieser saß im Oberpupillen Collegio und konnte ihnen das ehrlichste Zeugnis geben, daß die von Bürgermeister u Magistrat nebst dem Kirchenrath bereits eingenommene Stimmen der Wahrheit u Gerechtigkeit Platz machen musten. Sonst wäre mein ganzes irrdisches Glück drauf gegangen und das Capital meines Bruders hätte auch kaum bis an sein Ende hingereicht. Da schrieb ich in der Bitterkeit meiner Seel die
    Vorrede
zur Uebersetzung des Warners von der Gicht. Der von Geitz und Chicane geblendter Geistl. starb plötzlich und ist noch seitdem in meinem Hause gewesen, ohne mich gefunden zu haben – Was er darinn gesucht, weiß ich bis diese Stunde nicht. Seinem Schwiegersohn, unserm D. Reccard hat er eingebildet, daß er uns das Legat geschenkt hätte. Ich besuchte ausdrückl. einmal dem Schwiegersohn, um ihn durch die ertheilte Qvittung vom Gegentheil überführen zu können, hatte den Beweis in der Tasche. Weil er kein Herz hatte mir das geringste merken zu laßen, so hielt ich es auch der Mühe nicht werth mich gegen einen stummen Geistl. zu rechtfertigen, und habe seitdem auch den D. Reccard in meinem Leben nicht mehr gesehen. Verzeyhen Sie mir dies Familiengeschwätze, und daß ich Ihnen so viel aus der
    Schule
plaudere; denn dies ist eine wahre
    Schule
für mich gewesen, in der ich mehr gelernt als aus dem I Vol. von Gibbon’s History of the Decline and Fall of the Roman Empire den ich gestern zu Ende gebracht ohne den bittern Feind des Christentums darinn gefunden zu haben, wenn es nicht noch nachkommt. Mein seel. Vater war ein sehr beliebter Wundartzt – Der alte Kantzler von Schlieben frug ihn einmal, ob er nicht einen Doctor oder HofrathTitel (welches damals Mode wurde) haben wollte. Er antwortete, daß er bereits einen Titel hätte. Er hatte seit kurzem 2 Leichen zu folgen gehabt, bey der einen wär er im ersten und bey der andern im letzten Paar gegangen. In beyden Fällen hätten ihn die Leute nachgeruffen: da geht der altstädtsche Bader! Das bin ich im ersten und letzten Paar, und der will ich leben und sterben. – – liberius si Dixero quid, si forte iocosius: hoc mihi iuris Cum venia dabis. Insueuit pater optimus hoc me – Seine Badwanne ist mir so heilig, als desm Sokrates seiner Mutter
    Hebammenstuhl
;
und ich nahm mir bisweilen die Freyheit zum Belag ein griechisches Epikramm anzuführen, das Vater Hagedorn übersetzt Der Bader und die H‥ baden Den schlechtsten Mann und besten Kerl Beständig nur in Einer Wanne. Herder will den Titel
    Salbadereyen
nicht gelten laßen: nun so mögen sie
    metakritische Wannchen
heißen – die Füße = medios terminos progressus unsers aufgeklärten Jahrhunderts zu waschen. Nun geh ich zum Amen! Kirchengebeth und Liturgie des Abendmals – und darauf bey Ihrem Namensvetter – den ich in diesem Jahr noch nicht besucht habe. Ich kam eben in die Altstädtsche Kirche, wie mein Beichtvater die Einseegnungsworte abzusingen anfieng, und hab einen sehr herzl. vergnügten Mittag gehabt, mich am Caviar gelabt, den ich dies Jahr noch nicht so gut genoßen habe. Vorigen Mittwoch nach dem Neujahrstage erst Ihren Auftrag an Kr. Hippel ausrichten können, und Ihrer Gesundheit wurde geopfert. Von ihm lief ich auf die hiesige Schloßbibl. um die häll. Bibl. nachzusehen wegen des Spinoza u seines Descartes. Ich denke, daß die Recension mir das Buch entbehrlich macht, und bin durch die neuste philosophische Betrachtung noch mehr überzeugt, daß nicht nur der Cartesianischen outrés sondern jede
    übertriebene
    Metaphysik
auf Seyn und Nichtseyn hinauslaufe. Wobey mir ein alter Vers von Junker, der vor Reinbecks Betr. über die Augsp. Conf. steht einfällt; den ich wie ein Kind gelesen, und mir so auffiel, daß ich ihn trotz meines unpoetischen Gedächtnißes behalten habe: Wie mag der Schöpfer nicht in seiner Allmacht lachen Wenn sich das Nichts zu was und Ihn zu Nichts will machen! Nach dieser langen Episode wider heim zu kommen; so sind die
    Kräfte
im
    natürl. Menschen
unbekannte Länder für mich, von denen ich nichts zu sagen weiß. Mir kommen alle Kräfte unserer Natur vor, gleich den Kriegsknechten im heutigen Evangelio, die
    kommen
und
    gehen
und
    thun
, nach dem Wort und Wink des Hauptmanns. Zum
    Empfangen
gehört mehr Leere, als Kraft – mehr Ruhe, als Mitwirkung.
Gesetzt daß es auch eine
    gewiße
GottesErkenntnis gebe – Sollten wir uns nicht an einer
    ungewißen
begnügen können – und ist diese Gewisheit jedermanns Ding. Wie wenige Menschen sind so glücklich ohn einvon der mathematischen Gewisheit undeinigen Begriff zu haben. Dem reinen ist alles rein – jede Methode, sie mag mystisch – logisch – mechanisch seyn. Alles menschliche und irrdische ist dem Misbrauch und der Eitelkeit ausgesetzt – und was Gott gereinigt hat, hört auf, gemein zu seyn.
    Unsere Unmöglichkeit den Schöpfer zu verlieren bey Seite gesetzt
, ist es Ihm wenigstens unmöglich auch das kleinste seiner Geschöpfe, das unwertheste Glied und Haar von seiner Vorsorge auszuschließen. Nicht unsere Liebe, sondern seine unaussprechliche Liebe im Sohn der Liebe ist der Mittelpunct – die Sonne unsers Systems. Verzeyhen Sie, daß ich Ihnen immer Einerley schreibe. Ich wünschte Sie so gern aus den Labyrinthen der Weltweisheit in die kindliche Einfalt des Evangelii versetzen zu können, und weiß selbst nicht wie ich es anfangen soll, das trockne ον Ihnen zu verleiden.
    Sensus
und
    vita
sind freylich das principium alles intellectus. Alles in der Natur und in der Schrift bezieht sich auf Gebrauch und Anwendung – aber
    ius
und
    norma
sind freylich sehr arbitrair.
    Wille ohne Verstand
daher kein Unding, weder in theoria noch praxi, sondern bisweilen ein Regale der Weisheit und Thorheit, cum grano salis genommen. Da kam ein Freund mit einem Gruß von
    Scheffner
, den er besucht – und ein sehr freundschaftlicher angenehmer Brief aus Berlin von einem Mann, den ich glaubte wider mich aufgebracht zu haben, der meinen Argwohn aber völlig beruhigt und meine Eifersucht in der Freundschaft – Seyn Sie, mein lieber bester Jacobi, in Ansehung meiner kein
    Sclav von Ihrem Wort
. Ich werde es auch in Ansehung Ihrer im Schreiben und Antworten nicht seyn. Wir haben nun Hofnung mit Gottes gnädiger Hülfe einander zu sehen von Angesicht zu Angesicht. / Gott hat durch ein Wunder seiner Vorsehung meinen armen schwachen Kopf von den niederträchtigen Nahrungs- und Bauchsorgen erleichtert; vielleicht bin ich dadurch im stande, noch ein wenig Othem auf dieser Welt zu schöpfen, und mich ein wenig umzusehen – – Dürft ich Sie auch um Mittheilung der
    Antwort von Hemsterhuis
ersuchen, wenn Sie einige auf Ihr Anschreiben erhalten – die nach Ihrem Geschmack seyn sollte. Laßen Sie sich das Heu und Stroh nicht irren in meinem Geschmiere. Finden Sie etwas drinn, was ich wünschte und ich selbst mir nicht bewußt bin zu haben, desto beßer für uns beyde. Die Furcht des HErrn ist der Weisheit Anfang und seine LEvangelische Liebe der Weisheit Ende und Punctum. Ein anderes Δος μοι που στω kenne und weiß ich nicht, als Sein Wort, sein Schwur und sein
    Ich bin
– und
    werde seyn
, worinn die ganze Herrlichkeit seines alten und neuen Namens besteht, den kein Geschöpf auszusprechen im stande ist. Heilig und Hehr! oder wie Hiob sagt: Groß und
    unbekannt
! wie er auf jenem Altar zu Athen geschrieben stand, den Paulus umsonst den Areopagiten offenbarte, ohngeachtet wir in Ihm
    leben
,
    weben
und
    sind
– und wie Sie selbst ohne Wortspiel sagen – die vollkommenste Liebe, weil sie alles in Ihrem Nächsten ist – und daher allein verdient
    über alles
geliebt zu werden, und mit Recht fordern kann, den Nächsten wie sich selbst zu lieben – Ihn aber
    über unser eigen und unsers Nächsten Selbst
. Kennen Sie schon den
    braunen Mann
; wo nicht, so empfehl ich Ihnen seine komische Romane, ich meyne die Geschichte der Waldheim. Ich bin in ihr so verliebt wie in den Retif de la Bretonne, wie ich seine Schriften zum ersten mal kennen lernte. Eine gewiße Diät im Lesen hat auch in unsere Gesundheit Einfluß. Doch auch bey mir heißt es: Artzt! hilf dir selbst! Gott schaffe in uns allen ein
    rein Herz
und geb uns einen
    neuen gewißen Geist
, und der
    freudige Geist
enthalte uns – Wenn ein Bluthund und Ehebrecher so viel Vertrauen zu Gott haben konnte, zu bitten; sollten wir als Kinder des neuen Bundes an der Erhörung deßen, was uns gut ist, verzagen oder verzweifeln – Es giebt
    Zweifel
, die mit keinen Gründen noch Antworten, sondern schlechterdings mit einem Bah! maul abgewiesen werden müßen – so wie es
    Sorgen
giebt, die durch Gelächter am besten gehoben werden können, wie es in der Bergpredigt heißt: Wer ist unter euch, der seiner
    Länge eine Elle zusetzen könne
– Wenn wir glückliche Zeitverwandten des eisgrauen XVIII Jahrhunderts nach Christi Geburt über das Maas unserer Einsichten klagen – was unsere armen Vorfahren – und unsere Nachbarn in Nova Zembla – Nein, danken schickt sich für uns beßer als Murren. – Bin ich nicht ein rechter Saalbader von Briefsteller? ich umarme Sie und erwarte Ihr Gutachten auf den Innhalt meiner vorigen Briefe – nebst Entschuldigung wenn es mir einfallen sollte gegenwärtigem eine Beyl. zu machen, deren Beförderung ich am sichersten von Ihrer Freundschaft erwarte. Leben Sie recht wohl, gesund und zufrieden mit dem Hausvater unter dem Häuflein, das Er Ihnen gegeben, und zu Seiner Ehre und Ihrer Freude und Trost erhalten wolle!! J G Hamann. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 22ten Jänner 1785 J. G. Hamann. beantw.
Königsberg den 23 Jänner Dom III. p. Epiph. Mein auserwählter – mein gewünschter Sohn, Ungeachtet aller Rechte eines Vaters, die Sie sich auf mich und meine Kinder erworben, giebt Ihnen mein Herz am liebsten diesen jenen Namen Ihrer eigenen Wahl. Ich speiste heute zum ersten mal in diesem Jahr bey meinem Freunde Jacobi, der mit der gestrigen Post Antwort aus Amsterdam von dem ihm oder vielmehr der Bank angewiesenen Comptoir erhalten hatte, das seinen Wechsel acceptirt aber damals noch keinen Avis von dem HofBanquier Breslau bekommen. Er glaubt, daß die Sache gegen Ende des Febr. völlig abgemacht seyn wird, und Sie so gütig seyn werden meine Nachricht
    davon abzuwarten
Ich habe es für meine Pflicht gehalten Ihnen dieses zu melden – und zugleich die Begebenheiten meines
    wunderbaren Jahrs
noch vollends mitzutheilen. Im Sommer besuchte ich meine Freundin, die würdige Baroneße von Bondeli, und wes das Herz voll ist, geht der Mund über: so klagte ich ihr meine Noth in Ansehung der Erziehung meiner 3 Töchter. Sie war so grosmüthig sich auch ohngeachtet meiner Unvermögenheit und Mangel sie wenigstens zu unterhalten, sich dieser Sorge zu unterziehen. Mit ebenso vieler Achtsamkeit, ersuchte sie mich einige Kleidungsstücke abholen zu laßen, wenn ich ihr diese Vorsorge nicht übel auslegte. Das geschah und ich habe sie seit der Zeit weder besucht, noch mich bedankt. Nach Erhaltung oder Erlebung des 15 Dec. war meine erste Bewegung dieser grosmüthigen Freundin an meiner Freude Theil nehmen zu laßen. Durch den Besuch eines Mannes, den ich beynahe für tod hielt, und der mich mit seiner ganzen Familie überraschte und in Bestürzung setzte, muste der Besuch einen Tag später ausgesetzt werden, als mein fester Vorsatz gewesen war – aber auch zu meinem guten Glück; denn mein Gemüth war in solchem Tumult, daß ich keiner Ueberlegung fähig war, und ich hatte Zeit gehabt nachzudenken – Meine Freundin machte mir Bedenklichkeiten, und wollte ihre Entschließung bis Ostern aussetzen. Ich bat nur um meine älteste Tochter, aber je eher je lieber – und ich kam gantz beschämt nach Hause, weil es mir gar zu auffallend war, daß Ihre Freundin und Gesellschafterinn, eine Fräulein von Morstein, es für nöthig fand, mich wie Kein Kind zu liebkosen, um ruhig zu seyn. Den 27 Xbr. erhielte meines Herzens wunsch, ein Billet und die Erlaubnis den Tag drauf meine Tochter hin zu bringen. Denselben Nachmittag kam mein Sohn mit seinem dortigen Hofmeister an, den Aussichten zu einer vortheilhaften Adjunctur auf eine Landpfarre zu gleicher Zeit nach der Stadt geruffen hatten – Den 28ten also führte der Bruder seine Schwester zu ihrer neuen Mutter Haus, wo er als ein Kind erzogen worden; und über des Sohns Gesellschaft wurde die Schwester weniger vermißt. Den 29 Xbr. erscheint des Morgens ein Bedienter aus dem Gräflich Kayserlingschen Hause, und ich werde den andern Morgen drauf hingebeten. Ich erscheine den 30 zur bestimmten Stunde, welche mir angenehmer war, als der Mittag. Man macht mir einige Verweise, daß ich nicht öfterer käme – und endlich entamirt die gute Gräfin mit der allgemeinen Bemerkung, daß ich
    auswärtig in gutem Andenken stünde
. Ich gab ihr hierinn Recht, und gab ihr einen Beweis davon, daß ich durch einen mir unbekannten Wohlthäter imstande gesetzt worden wäre, gestern meine Tochter bey der Bar. Bondeli unterzubringen, – ohne
    Namen
,
    Ort
und
    Umstände
zu verrathen, war ich meiner Zunge nicht mächtig – und ein Zusammenfluß von Ideen, die ich nicht detailliren kann und sich auf data bezogen, macht mich bisweilen eben so beredt als stumm und tumm. Sie erstaunte, daß schon jemand ihrer mir zugedachten Freude zuvorgekommen war, und theilte mir endlich den Auftrag einer Fürstin
    Galliczin
mit, welche ihr den Auftrag gethan alle meine Schriften zusammen zu bringen, und meine ganze Lage und Individualität von innen u außen ihr anzuvertrauen. Ich bin so glücklich gewesen alle meine fliegende Blätter und Maculatur bis auf 3 Stück hier aufzutreiben, und habe 21 Hefte bey den Excell. den 15 dieses zu weiterer Beförderung eingehändigt, und den 5– einen berichtigten Auszug meiner Schriften aus Meusels gelehrten Deutschland zum voraus. Alle Rücksicht auf den
    alten Adam
jeder auch noch so kleinen Autorschaft bey Seite gesetzt, ist mir auch dieses
    Zeichen
und
    Wunderspiel
der Vorsehung erfreulich und tröstlich gewesen um
    Ihrentwillen, auf daß die überschwengliche Gnade, durch vieler Danksagung, Gott reichlich preise
Denn meine Vermuthung ist eingetroffen, daß die Sache, da sie einmal an die Bank gekommen, nicht geheim bleiben konnte, und zu allerhand uns beyden nachtheiligen Vorurtheilen Anlaß geben muste, welche durch den mir ebenso unbegreiflichen und zufälligen Geschmack einer Fürstinn, und durch dieas Vorurtheil des Standes und Geschlechts, gleichsam gedeckt werden. Ich stehe seit dem Oct. in einem sehr genauen und vertraulichen Briefwechsel mit dem Geh. R. Jacobi in Düßeldorf und am Neujahrstag fand ich einen Brief, wie ich von meiner Freundin und Gevatterin Me Courtan zu Hause kam, aus Osnabrück von unserm guten Kleuker, der michr meldete, daß jener mit dieser Fürstin zu Hofgeismar und in Weimar gewesen. Meine Vermuthung, daß er die Fürstinn dauf meine Schriftstellerey und Umstände aufmerksam gemacht, ist durch keine Spur in seinen bisherigen Briefen bestätigt worden. Ich bin also bis auf diese Umstände eben so unwißend in Ansehung der Fürstin, als in Ansehung Ihrer eigentlichen Bewegungsgründe. Gott weiß alles – und Den will ich
    sorgen
laßen, da ich Seine Hand in dem ganzen
    Spiel
mit mir zu fühlen glaube. Ich schmachte nach näheren Erläuterungen von Ihnen, und Nachrichten von Ihrer Gesundheit und Gesinnungen zu einer Reise – An meiner Bereitwilligkeit Ihnen zuvor zu kommen fehlt es nicht. Die Schwierigkeiten dazu hab ich Ihnen gleichfalls gemeldt. Ich bin weder im stande an die General-Administration noch an den König zu schreiben, deßen Geburtstag morgen gefeyert wird. Daher hatte ich den Einfall mich an den Prinzen von Pr. zu wenden, in der Absicht auch zugl. das ungerechte Verfahren gegen meine
    leidende Genoßen
ihm vorzustellen, und für diese etwas auszuwirken und mich zugl. an den Verräthern meines Vaterlandes zu rächen, welche sich an den Biergeldern ihrer Unmündigen vergriffen – Diese Leidenschaft ist der Hefen- und Sauerteig aller meiner lettres perdues gewesen. Aber zu diesem Schritt habe ich noch keinen rechten deutschen impetum und ὁρμην, den ich erst von Ihrer Entschließung und Erklärung erwarte. Da Sie mir zum Dank den Mund gestopft; so sollen Hände und Füße nicht gebunden seyn, trotz den 3 Anfällen der podagra molesta, die ich bereits erlebt. Was die Verwaltung des mir anvertrauten Geschenks betrifft: so ist es für meinen Hang zu Extremen des Geitzes und der Verschwendung am sichersten, mich den gemachten Bedingungen streng zu unterwerfen, daß das Eigenthum des Capitals immer Ihnen unverletzt bleibt – denn fremdes Gut bin ich nicht imstande für meine Kinder zu veruntreuen, wie ich den Rest meines Vermögens für ihre alte Mutter unversehrt gehütet, und Gott mir bisher die Gnade gegeben hierinn gewißenhaft zu seyn. Ich bin noch nicht gewiß, wie ich diesen Brief abgehen laße, und halb entschloßen ihn zur Einl. nach Düßeldorf zu machen. Vielleicht ist der Mann auch Ihr Freund, und verdient es zu seyn. Ich bin nicht nur mistrauisch gegen die Post – sondern sie scheint auch geschwinder und gerader jenen Weg als nach Münster zu gehen. Der Herr Geh. R. Jacobi hat mir hier einen sehr beqvemen Canal zu seiner Correspondentz eröfnet; der mir angenehm wäre,
    wenn Sie nichts dagegen einzuwenden hätten
. Ob ich mich gegenwärtig deßelben bedienen werde, will mich doch diese Nacht bis Morgen bedenken – denn
    Seinen Freunden giebt er Schlaf
– – und den wünsch ich Ihnen und mir – den XXIV. Das heutige Staatsfest sollte besonders für mich ein
    Fasttag
seyn, da mir gestern der herrliche Caviar meines Wirths beynahe zu gut geschmeckt, und dies eins meiner Lieblingsspeisen ist, worinn ich mich wenigstens einmal des Jahrs, am liebsten daheim mit meinen ebenso darnach lüsternen Kindern satt eßen muß. Hartknoch versorgt mich damit, aber der seinige war diesmal nicht so gut als die Haselhüner, welche ich mit meiner Baroneße getheilt – und auf die andere Hälfte meine älteste Tochter gestern vor acht Tagen zum erstenmal und in der Stille zu Gast gebeten hatte. Das Vergnügen der Ueberraschung gerieth nicht so gut, wie ich es mir vorgestellt hatte, und ich habe sie die ganze vorige Woche nicht besucht. Doch mit welchen Kleinigkeiten unterhalt ich Sie, mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, da ich so viele wichtige Nachrichten in meinem Kopf und auf meinem Herzen habe, daß ich selbst nicht Anfang noch Ende zu übersehen weiß. Ihre Freundschaft verschmäht diese Eindrücke des Augenblicks nicht, noch ärgert sich daran. Wenn Sie mit der Fürstin in Verbindung stehen, wie ich fast vermuthen muß: so geben Sie mir
    Licht
. Ich habe Ihr meine Schriften im eigentl. Verstande verkauft, und mir alle Unkosten laut meiner Qvittung und derselben Belägen bezahlen laßen. Vor meine Lettres perdues habe ich die Antwort des guten Quintus Icilius abgeschrieben und es für nöthig gehalten hinten ein Certificat de l’Auteur anzuhängen, der seine Zufriedenheit mit dem von Gott geschehenen Ersatz ausdrückt – daßund also von kein Absichten des Eigennutzes allen Verdacht aus dem Wege geräumt. An der Uebersetzung des Dangeul, die nach meinem eigenen Urtheil sehr elend ist, kann der Durchl. Person nichts gelegen seyn. Von meinen Recensionen und Beyträgen zur hiesigen gelehrten und pol. Zeitung hab ich nicht mehr als 9 Stück auftreiben können. Wie sauer mir die Durchsicht aller dieser Misgeburten geworden, kann sich niemand vorstellen. Ich bin dadurch fast gantz vereckelt worden an eine Sammlung zu denken, weil das meiste auf öfters sehr zufällige Umstände beruht, die ich mir gar nicht wider ins Gedächtnis zu ruffen imstande bin – eben so oft auf offenbar falsche Vermuthungen und recht chimärische und willkührliche Combinationen. Von
    Druckfehlern
habe ich so viel möglich die Maculatur zu reinigen gesucht. Die hierophantische Briefe wimmeln durch ein besonderes Misverständnis des Leipziger Censors und Druckers am ärgsten. In meiner jüngsten Schrift fehlt es auch nicht dran. Luther nannte sn Spiritum familiarem
    Schiblemini
ausmit dem hebräischen Wort:
    Setz dich zu meiner Rechten
aus Ψ CX. 1. Golgatha steht also für Christentum und dies für
    Lutherthum
. Ungeachtet einer ausdrückl. Vorschrift steht S. 74. Philosophie für
    Psilosophie
. Ich habe gleich nach Erhaltung
    Ihres ersten Briefes
2 Exempl. nach Osnabrück und ein Aushängeblatt von Druckfehlern in Berlin bestellt, aber Kleuker hat nur eins erhalten und das letzte ist bis diese Stunde ausgeblieben, ohngeachtet Hartknoch selbst deshalb geschrieben. In beyden Buchläden, ist kein einzig Exemplar aufzutreiben, sonst würde Ihnen über Düßeldorf eins zugefertigt haben, und ich habe von Freunden bereits borgen müßen. Stehen Sie also mit der Fürstinn in Verbindung: so werden Sie meine gesäuberte Exempl. wenigstens ansehen können. Denn daß eine Dame von Ihrem Stande etwas zu ihrem Frommen oder Behagen in meinen panischen Bockssprüngen finden könnesollte, ist mir meine ganze Autoreitelkeit nicht vermögend zu überreden. Doch der Geschmack liebt eben so sehr Extreme als die Vernunft. Ich wunderte mich, daß Sie in Ihrem ersten Briefe 2 meiner Schriften anführten von deren einer ich nicht vermuthen konnte daß sie weit gekommen, und die andere hat im Druck so viel Unsinn oben eingewonnen, ohne den vorsätzlichen meiner eigenen Willkühr – daß ich Sie im Ernst hier wünschte um einen Freund, der
    Muße und Verleugnung
hätte, bey der Correctur meiner ersten Schriften, die ich schon seit Jahren lang versprochen, dabey zu Rath ziehen zu können. Zu gleicher Zeit würkte eine zwar dunkle aber lebhafte Ahndung in mir, die Bedürfniße meiner Reise theils zu meiner Erholung theils Herder noch einmal zu sehen und Claudius kennen zu lernen, worüber schon Jahre lang unter uns in Scherz und Ernst gearbeitet worden. Ich schrieb an Herder und überlegte pro et contra, ob ich ihm Ihren Namen oder die nähere Einkleidung Ihres Anliegens entdecken sollte. Ich wählte zum
    Glück das erste
, und unterdrückte das letztere. Herder fieng gleich Feuer, sprach mit aller Wärme, und weißagte unser Widersehen. Seitdem bin ich ihm und seiner vortreffl. Frau noch die Antwort
    schuldig
, welches beyde nicht so beunruhigen kann wie mich selbst. Nun ist mein gröstes und innigstes Anliegen Nachricht von Ihrer Gesundheit, und etwas von der Geschichte Ihrer Krankheit zu haben. Unser Leib ist der Erstgeborne, und verdient als Tempel unsere Pflege und Sorgfalt. Aus dem schönen mäßigen Winter den uns Gott schenkt, läßt sich ein ihm ähnlicher Sommer vermuthen – und vielleicht thut
    unser kaltes Klima
Ihren schwächlichen Leibesumständen mehr Dienste, und heilsamere Wirkungen – als Sie absehen können. Sollte Ihre Unpäßlichkeit und die Ärtzte eine Reise widerrathen: so bin ich fertig alles zu unternehmen mit Gottes Beystand um unsere gegenseitige Sehnsucht zu befriedigen, und werde Ihrem Rath und Vorschrift nachzuleben suchen. Mein Kopf und Herz sind nicht ein Gespann von gleichem Schritt, und ich habe zu allem Vormünder und Handleiter nöthig. Schwindel ist schon ein physischer Erbfehler meiner Natur von Kindesbeinen an gewesen, wiewol meine Gesundheit mit den Jahren mehr zu- als abzunehmen scheint, und ich mich schonen muß, ohne aber zu verzärteln. Ruhe und Vertraulichkeit ohne Zwang ist mir zum Genuß des Lebens unentbehrlich. Ich habe meinem Freunde in Düßeld. meine ganze Verlegenheit entdeckt, in welcher ich bisher gelebt, ohne ihm meinen Retter genannt zu haben. Man hält Sie hier für einen engl. Mylord, und mich für einen Betrüger, der sich durch eine verstellte Armuth Mitleiden erschlichen, auch hat man uns beyde in Verdacht einer Schwärmerey. Unterdeßen nehmen die meisten an meinem Glück Antheil, und scheinen es mir mehr zu gönnen, als zu beneiden. Ich gehe blos in Geschäften aus und hoffe dieser Regel immer treuer in diesem laufenden Jahre nachzuleben. Nicht allein meiner selbst sondern auch
    meiner Kinder wegen
, behaupten Sie das Eigentum, wenn ihre Erziehung nicht durch den Aufwand der Zinsen, wie ich hoffe und wünsche und Gottes Seegen täglich dazu erflehe, erreicht oder gar vereitelt werden sollte. Ich bin nichts imstande von dem zu schreiben, was ich eigentlich schreiben möchte – und befinde mich noch gantz im Dunkeln in Ansehung Ihrer guten Gesinnungen und Absichten. Gott wird unterdeßen alles zu Seiner Ehre und unserm gemeinschaftlichen Wohl gedeyen laßen; denn Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Ein
    Seelsorger
bin ich nicht, möchte ich Ihnen sagen, sondern ein Ackermann, und habe Menschen gedient von Jugend auf. Ein
    schöner Geist
bin ich auch nicht, möchte ich Ihrer dortigen Durchl. gern antworten – sondern ein Kuhhirt, der Maulbeer abliest. Ein ganz natürliches Gefühl meiner Unwürdigkeit und Unbrauchbarkeit, und ein eben so unschuldiger Nisus einer Gegenwirkung, die ich Gott und meinen Nächsten schuldig zu seyn glaube, machen mich so verlegen und ungedultig, daß ich meiner Sinne noch nicht mächtig bin. Haben Sie auch mit dieser neuen Noth Mitleiden, mein auserwählter – mein gewünschter Sohn – und laßen Sie mir vom
    Zusammenhange der Dinge
so viel Licht zufließen, als ich nöthig habe meine Schritte zu richten. Erfreuen Sie mich bald mit einer erfrwünschten Antwort auf mein Anliegen. Wir denken hier täglich an Sie. Sein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel, in und durch uns. Gott sey uns allen gnädig im Sohn Seiner Liebe! Ich umarme Sie und ersterbe der Ihrige im vollkommensten Sinn. Johann Georg H. Unsers L.
    Herzenserleichterung
fiel mir gestern vor 14 Tagen erst in die Hände, und ich habe selbige als ein Pendant seines Kupferstichs gekauft von dem Kayserlingschen Gelde, nebst einer für mich eben so intereßanten u merkwürdigen Streitschrift gegen meinen alten Freund Mendelssohn, der hoffentl. mit mir ausgesöhnt seyn wird nach einem Briefe, den ich gestern Abend zu meiner großen Beruhigung aus Berlin erhielt.
den 24 Jänner 85. Mein gütiger Freund, Den 20. d. habe das gebundene und gestern das ungebundene aufgerollte erhalten. – Wenn Herr Pf. Kraft den Spittler braucht, so mag er ihn behalten so lange er will. Erhalten hab ich ihn noch nicht, und ich erinnere nur um aller Verlegenheit deshalb vorzubeugen. Kraus hat das Verzeichnis der für die Bibl. erstandenen Bücher verlegt 9 Bände, und noch nichts von Godeau. Wie viel Bände enthält der? und aus wie vielen hat der ganze Handel bestanden. Doch beßer ist es das Verzeichniß beyzulegen und es mir zurückzuschicken mit Ihrer Berichtigung. Gestern besuchte mich eben HE Mayer, als ich eine sehr liebreiche Antwort von HE D. Biester erhielte, wodurch alles zwischen uns beygelegt und abgemacht ist. Ich soll ihm blos melden, was mir fehlt. Er beklagt sich einen Brief sehr spät erhalten zu haben, ohne daß ich mich besinnen kann, durch weßen Einschluß ich ihn habe ergehen laßen. In Ansehung Mendelssohns bin ich gleichfalls ruhig, weil er einen andern Gegner gefunden, an dem Jedermanns Sirach Schultz, der eine Apologie des Atheismus geschrieben, die ich Ihnen nächstens mitzutheilen denke – mit Lavaters Herzenserleichterung. Die Uebersetzung von Sp. Ethik erhalten Sie hiebey. Sie gehört Kraus. Meine 2 Theile bin ich nicht füglich im stande in die dritte Hand auszuleihen, da ich sie theils selbst brauche, theils sie mir ex speciali gratia anvertraut worden. Von Pleßing habe erst heute einen alten Brief erhalten, daß Mendelssohn ein Buch unter dem Titel:
    Spinoza oder über das Daseyn Gottes
unter dem Amboß hat. Er hat mir einige Avertissements von einem Werk seines Vaters mitgetheilt, wovon ich auch eins beylege auf allen Fall. Gestern vor 8 Tagen schickte mir mein lieber Gevatter Claudius seine Weihnachts Cantilene, (welche mit erster Gelegenheit zurückerwarte) und meldete mir die mit Lebensgefahr verknüpfte Entbindung seiner Rebecca vom 7ten Kinde, das auch eine Rebecca ist. Den Herrn Kunstrichtern schmeckt die Poesie
    wie das Grummet von der Weide
. Die Freunde des Asmus laßen sich wie die Weisen – das Heu und Stroh nicht irren. Auch vom glücklichen Componisten habe einen Brief erhalten. Den 15ten d. habe 21 Hefte meiner Opusculorum abgeliefert. Es fehlen nicht mehr als 1. Dangeul, den ich beynahe mich schäme für meine Arbeit zu erkennen. 2.
    Die Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend
. 3.
    Die dreyfache Recension der Kreuzzüge
. Sollten Sie die beyden letzten besitzen und entbehren können: so würde ich dies Opfer zu ersetzen suchen, so gut u bald ich kann. Ein Wink des Herrn Mayers macht mich so dreist – Ich glaube aber, daß die durchlauchtige Leserinn nicht eben nach mehr Maculatur
    lüstern
seyn wird, und wage nur meine Bitte auf den unvermutheten Fall einer ausdr. Nachfrage. Von Recensionen habe nicht mehr als 9 Stück schaffen können und überhaupt von den meisten das letzte Exemplar hingeben müßen – und mir ist alle Lust an einer Sammlung meiner ersten Schriften die ich im Sinn gehabt, bey dieser Durchsicht verekelt und versaltzen worden. Wo ich jetzt ein Exemplar zu den Sokr. Denkw. und einigen andern herbekommen soll, weiß ich auch nicht. Ein
    Gehülfe
ist mir überhaupt unentbehrlich, den ich auch nicht aufzutreiben weiß. Dazu gehört ein Freund, der nicht nur Muße sondern auch etwas mehr hat, ich meyne Sympathie und Verleugnung publici saporis, wie mein erster Lieblingsautor Petron sagt, und meinen zweiten Lieblingsautor den Persius versteht und zu schmecken im stande ist. Mit dem ersten Theil von Gibbons Geschichte des Verfalls und Untergangs des römischen Reichs bin ich fertig ohne
    bisher
den giftigen Feind des Christentums in ihm gefunden zu haben. Die komischen Romanen aus den Papieren des braunen Manns und des Verf. des Siegfried von Lindenberg, welche die 2 ersten Theile der
    Waldheimer
enthalten, haben mir unaussprechlich Vergnügen gemacht, das ich gern mit Ihnen zu theilen wünschte. Zwischen ein erbaue mich an D.
    Joh. Χsto. Döderleins Predigten zur christl. Belehrung über verschiedene Wahrheiten der Religion
Halle 777 die auch Ihren Beyfall erhalten würden. Vive le Roi! ruff ich Ihnen, mein gütiger Freund! noch aus der letzten Neige meiner kalten Punsch Schaale zu. Das Licht meiner Augen ist beynahe erlöscht. Dieser Heilige Abend kommt mir theuer zu stehen. Ein Szostack für meine zweite Tochter
    Lehne Käthe
mit der ich heut vor 8 Tagen einen glücklichen Anfang im Französischen Lesen gemacht und einen Düttchen für meine
    Marianne Sophie
. Doch das sind böhmische Dörfer für den Erbherrn in Sprintlacken! Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, und zucken Sie die Schultern, so hoch Sie wollen über Ihren empfind- und Punschseligen Freund und Diener J G H. Adresse mit schwarzem Siegelrest:
HErrn Kriegsrath Scheffner / Erbherrn von und / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst einem Buch in /
    Wachslein
.
Kgsb den 31 Jänner 85. Vorigen Freytag besuchte ich HE. Pf. Fischer, der mir die Kirchengeschichte abgegeben hat, und den Tag drauf speiste mit HE. Mayer und Wagner, der das Pack von Godeau hervorsuchte, welches unser Freund sogl. auftrug zu Pr. Kraus zu befördern. Ich hoffe, dass es daher auch mit den verzeichneten übrigen Büchern seine Richtigkeit haben wird. Um sie, höchstzuEhrender Herr Kriegsrath, aller Unruhe zu überheben, habe ich Ihnen dies noch heute melden wollen, da ich eben mit dem dritten Theil des Gibbon fertig bin, und den ersten Monath dieses laufenden Jahres mit einem vergnügten und zufriedenen Ἑυρηκα Ἑυρηκα schliessen kann. Vermissen Sie nicht auch die mathematischen Kupfer zu Spinoza Ethik. Ich bin über den ersten § ermüdet und den Wolfischen Commentar darüber. Möchte mich auch kaum entschlüssen fortzufahren, als biss unsers Kritikers Moral erscheinen wird. Mit seinem Tractato Theol. politico bin ich geschwinder fertig geworden, und die Auszüge, welche ich mir vor beynahe 30 Jahren gemacht, habe noch beynahe hinlängl. für meinen jetzigen Gebrauch gefunden. Hab ich Ihnen, Gütiger Freund, schon den schönen Versuch über die Natur und das Daseyn einer materiellen Welt, aus dem Engl. von
    Schreiter
übersetzt, mitgetheilt? Ich habe ihn schon zum 2ten mal gelesen und möchte es wol noch zum dritten mal thun. Dies kleine allerliebste Buch nebst des Schultzens philos. Betrachtung wartet nur auf Ihren Wink. Mehr weiss ich nicht, aber desto mehr fühl ich, dass ich müde bin. Johann Georg Hamann.
Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 6.Erh. den 16 Febr. 85 geantw. eod. nebst einem Exempl. der Hirtenbriefe über das Schuldrama nach Münster. Düßeldorf den 1sten Februar 1785. Mein liebster Hamann, Ich bin erst den 20ten Jänner von Vaels hierhin zurück gekommen. Den folgenden Morgen erhielt ich Ihren Herz erfreuenden Brief vom 6ten, u erwarte nun mit unaussprechlichem Verlangen die Gewißheit, daß ich Sie bald mit diesen meinen Augen sehen, u mit diesen meinen Ohren hören werde. Der Mann der so glücklich war Ihr Wohlthäter zu werden, ist, meinem Vermuthen nach, der junge Buchholtz in Münster. Sie schrieben mir den 14ten Nov: „Da Sie in Münster Freunde haben; so kennen Sie vielleicht dort auch Einen von Herder, Lavater u mir – nach deßen persönlicher Bekanntschaft ich mich auch sehne.“ Ich rieth gleich auf Buchholz, von dem ich kürzlich ungemein viel Gutes gehört hatte. Gesehen u gesprochen habe ich ihn nur einmahl, vor ohngefahr drey Jahren, da er an einem Morgen sich ganz unvermuthet zu Pempelfort bey mir meldete. Sein Nahme war mir nicht unbekannt, weil der Minister von Fürstenberg seiner verschiedene Mahle gegen mich, als eines der Hoffnungsvollesten Zöglinge des Münsterischen Gymnasii gedacht, u mir auch einmahl eine Ausarbeitung von ihm geschickt hatte. Nachher verlautete, es würde nichts aus diesem Buchholtz, er ließe seinen Geist verwildern, flatterte u schwärmte nach allerhand Gegenständen, ohne sich mit irgend etwas ernsthaft zu befaßen. Ohngefähr so erschien er mir auch in der Unterredung mit die ich mit ihm hatte; er ermüdete mich auf eine mir unerträgliche Weise, u ich ließ es ihn bey’m Abschiede merken, daß ich keinen 2ten Besuch v ihm erwartete. Ohngeachtet wir völlig v einander Abschied genommen, kam er den Nachmittag doch wieder um mich noch einmahl zu sprechen; ich ließ ihn aber nicht vor. Ich war auch würklich gar nicht wohl u lag zu Bette. Den Augenblick darauf gereute mich meine Härte, aber es war zu spät. Von meinem damals über Buchholtz gefällten Urtheil, bin ich erst diesen Sommer zu Hofgeismar erst zurück gekommen. Die Prinzeßin v Gallitzin hatte ihn einige Mahl gesprochen, u ihm Zeit gelaßen sich in etwa verständlich zu machen. Sie versicherte mich es sey ein herrlicher Geist in ihm verborgen. Auch sein Freund Sprickmann, der mit der Prinzeßinn zu Hofgeismar war, sagte mir viel Gutes von ihm, aber auch manches das viel geschickter war und meine gefaßte Meynung zu bestättigen, als sie zu verändern. Erst den Abend vor meiner Abreise gab mir eben dieser Sprickmann einen Brief von Buchholtz an ihn, von dem er sagte, daß er verschiedenes darin nicht verstünde. Ich fand gar nichts unverständliches in diesem 12 Quartseiten langen Briefe, u wurde voll Liebe u Bewundrung gegen den Verfaßer, welches ich Sprickmann auch auf das nachdrücklichste bezeugte, u ihn bat, wenn er es Buchholtz sagen möchte, daß ich den Brief gelesen, ihn recht herzlich von mir zu grüßen. Nun wißen Sie, wie ich mit dem Manne stehe. Den 3ten Febr. – Heute morgen fiel mir ein, daß ich an dem Tage wo ich Ihren Brief v 14ten u 15ten Nov erhielt, den 28ten Nov, an Sprickman schrieb, um ihm einen unerheblichen Auftrag zu geben, denn ich stehe sonst in keinem Briefwechsel mit ihm. SeinIch gedachte ich gegen ihn jener Worte aus Ihrem Briefe, u fügte hinzu: „Das kann doch wohl niemand anders seyn, als Ihr Freund Buchholtz.“ Da mein Schreiben keine Antwort forderte u auch keine erhielt, so blieb ich ohne Auskunft über diesen Punkt. Nun aber scheint es mir nicht unmöglich, daß meine Äußerung gegen Sprickmann, einigen Einfluß auf die Erscheinung vom 15ten December gehabt haben kann. – In Ihrem Briefe stand unmittelbar hinter jenen Worten:
    Sein Rath ist wunderbarlich u führt es herrlich hinaus
. Nun auch etwas von meiner Freundin Amalia v Gallitzinn. Es werden nun 5 Jahre daß ich mit ihr bekannt wurde, u in einem sehr engen Verhältniße mit ihr stehe. Um Ihnen von diesem vortrefflichen ganz eigenen Weibe einen Begriff zu geben, müßte ich Ihnen die Geschichte ihres Lebens erzählen, u den Einfluß, den Umstände u Personen auf ihre Bildung gehabt, im Zusammenhange darstellen. Die Χstliche Religion war ihr, da ich sie kennen lernte, fremd. Hemsterhuys, der viele Jahre lang beständig um sie um sie war, ist in Absicht dieser Religion wie Leßing gesinnt, u geht noch weiter, denn die Bibel ist ihm ein ganz unausstehliches Buch. Von diesem Buche hörte die gute Amalia nun ganz anders reden, fieng an darin zu lesen, u gewann es almählich lieb. Amaliens vertrautester Freund, der FMinister von Fürstenberg, glaubt an die Offenbahrung
    steif
u fest. Er baut alles auf Mathematik u empirische Psychologie, letztere rationalisiert in die Länge u Breite, Höhe u Tiefe, u schreibt diesen beyden Dingen wunderbahre Kräfte zu. Dabey ein Mann von großem Charakter, u ganz außerordentlichen Geistesfähigkeiten. – Einmahl da ich in Münster war u Kleuker mich dort besuchte (Ao 82 im Herbst) kam an einem Abend die Rede von Ihnen. Die Prinzeßinn wurde sehr begierig etwas von Ihnen zu lesen. Ich rieth es ihr ab. Kleuker meinte, die Sokratischen Denkwürdigkeiten könnten allenfals für sie noch genießbar seyn. Auch das wollte ich nicht zugeben; u die Prinzeßinn ließ beynah ab v dem Manne, der sich unterstanden hatte Sokratische Denkwürdigkeiten zu schreiben. Unterdeßen blieb ihr der Hamann doch im Sinne, der so viel bey mir galt, u ihr ganz ungenießbar seyn sollte. Sie verlangte, ich sollte ihr wenigstens einige von Ihren Schriften verschaffen. Es war auch mein Vorsatz, ihr zu willfahren, aber ich versäumte es. So gieng es jedesmahl daß sie mich daran erinnerte. Den vorigen Sommer zu Hofgeismar fand ich einige Ihrer Hefte bey Ihr, die ihr Buchholtz geliehen hatte, u sie war von den Sokratischen Denkwürdigkeiten u manchem andern sehr erbaut. Das übrige begreifen Sie nun leicht. Am vergangenen Dienstag habe ich der Prinzeßinn geschrieben, u ihr von dem sich auf sie beziehenden Inhalt Ihrer 2 letzten Briefe so viel mitgetheilt als ich für gut fand. Ich zweifle daß sie Gelegenheit hat Ihnen die Erlaubniß aus dem Cabinette zu verschaffen. In der Stelle Ihres Briefes hierüber, habe ich die Bedeutung zweyer Anfangsbuchstaben nicht errathen können. Sie sagen: „Bey aller meiner poltronerie, lacheté u imbecillitate hominis fühl ich bisweilen eine severitatem Dei u einen furorem uterinum die Weißagungen eines M v L wahr zu machen.“ Da unmittelbar hierauf die Worte folgen: „Sie lesen das Innerste meiner Seele, wann u so gut ich es selbst zu lesen vermag“ – so habe ich mir alle ersinnliche Mühe gegeben, was mit den Weißagungen eines M v L gemeint ist, heraus zu bringen, aber ist mir nicht gelungen. Auch weiß ich nicht vollkommen u
    gewiß
auf welche Carthago Ihr Schwur des Cato gerichtet ist. Ich vermuthe daß Sie bey der General Administration schlechterdings nichts suchen wollen. Den 4ten Febr, Nachmittags. Ich bin heute jämerlich um meine Zeit gekommen, u muß zum Schluße eilen. – Sie fragen nach meinen Freunden in Münster. Außer der Prinzeßinn weiß ich kaum noch jemand, als den HE v Fürstenberg zu nennen, u hernach den Rath Sprickmann, der mir ein Herzguter Mann zu seyn scheint. Was ich sonst von Leuten dort gesehen habe, kann ich kaum bekannte nennen. Ich vergaß den großen Arzt, den Geheimenrath Hoffmann. Ihre Hand kann ich ohne große Mühe entziefern. Nur wo mir unbekannte nom. propr – u dergleichen vorkommen, wo ich blos u im eigentlichen Verstande entziefern muß, kostet es mir Arbeit, zumahl wenn Buchstaben ausgelaßen oder verschrieben sind Um das Buch v Schultz, u das andre aus dem Englischen habe ich gestern schreiben laßen. Ich bekomme hier nichts zu sehen was ich nicht beschreibe. – Ich habe mich unrecht ausgedrückt da ich sagte die pr. ph. Cart des Sp fänden sich gewöhnlich bey den gesammelten Werken des Cart. Ich meinte in Büchersammlungen u Auctionen. Es war mir eine angenehme Nachricht daß Sie im Begriff sind den Gibbon zu lesen. Sagen Sie mir doch etwas über seine berühmte Darstellung der Entstehung des Χstenthums u seines Fortgangs. Die Lobrede der Göttinger auf den Theil dieser Darstellung welcher die Epoche des Constantins enthält, hatte mich begierig auf das Buch gemacht, u ich habe es den vergangenen Sommer gelesen. Ich werde nun die römische Geschichte v meinem lieben Ferguson vornehmen. Morgen hoffe ich an Herder zu schreiben, u werde Ihren Auftrag ausrichten. – Die nächste Woche wieder an Sie selbst. Unterdeßen erhalte ich Antwort v der Prinzeßinn, vielleicht auch v Ihnen auf meinen Brief aus Vaels. – Leben Sie wohl, mein innigstgeliebter, ich umarme Sie mit Herz u Seele, als Ihr wahrer Freund F Jacobi. Es freut mich daß Sie Lavatern so gut sind. Ich liebe ihn noch mehr seit ich die 2te Hälfte seiner HerzensErleichterung gelesen habe. Ein paar Stellen an seine Unfr Nichtfreunde, sind mir durch die Seele gegangen, u kaum hat mich in meinem Leben etwas mehr erbaut, als einige seiner Grundsätze. Lieber Hamann, kommen Sie doch ja u kommen Sie bald! Wenn Hinderniße da sind die ich mitte zu heben mittelbar oder unmittelbar im Stande bin, so entdecken Sie mirs Brüderlich –
Kgsb den 3 Febr. 85. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund Seit dem 7 Nov. pr. Dom. XXII. bin ich Ihnen eine Antwort schuldig. Desto mehr hab ich an Sie gedacht. Ich habe in diesem neuen Jahr auf eine Beyl. aus Morungen gewartet, aber das Ding währt mir auch zu lange. Vor 14 Tagen erhielte eine Nachricht von unserm Claudius, die mich Ihrer Gesundheit wegen beunruhigte – Ich war aber schon im Begrif persönliche Absolution von Pontifex Maximus zu W. einzuholen. Es ist mir wol ein heiliges Stillschweigen aufgelegt – auch ist es Gottes Ehre, eine Sache verbergen. Aber kurz, wir werden uns noch sehen, auch diese Freude erfüllt, und unsere Hoffnung wird nicht zu Schanden werden – so der HErr will, und wir leben. Auch Claudius hat mir schon im Geist meine Marschroute vorgeschrieben. Haben Sie nicht schon aus Düßeldorf deshalb einen Wink erhalten? Daß die Kammerherrin v. der Reck in W. ist habe ich wohl gehört; aber noch von keiner Verbindung mit Ihrer Probstey. Sie hat ihr Versprechen auch nicht erfüllt mir die Lebensbeschreibung des Weickharts zu schicken, die ich gern sehen möchte und nicht hergekommen Vorgestern schickte mir der gute Kanter aus Trutenau die 6 ersten Stücke der allgemeinen Litteratur Zeitung zu. Es wird Ihnen doch nicht unangenehm seyn zu wißen, daß unser Kant sie recensirt. Auf allen Fall behalten Sie es für sich, und bringen mich wenigstens nicht aus. Hintz hat Kantens Abdruck bey mir für Sie deponirt, Hofr. Metzger seine Dissert. und noch ein guter Freund u Landsmann seinen Abdruck von unserm hiesigen Künstler Collin, einem sehr rechtschaffenen Mann und fähigen Kopf, von dem es auch heißt: laudatur et alget. Ich habe diesen Mittag bey Kr. Hippel mit Pf. Fischer gespeist, die beiderseits nach Graventihn fuhren, von da ich meinen Sohn diese Ostern erwarte zu seiner akademischen Laufbahn. Ich habe dieser Epoke mit Sorgen und Gram entgegen gesehen, weil ich kein einziges Collegium für ihn zu bezahlen im stande war. Da komt Gott, eh wir’s uns versehen, und läßt uns sehr viel Guts geschehen. Mein Sohn kam den 27 Xbr. zum Besuch und führte seine älteste Schwester den Tag drauf zu meiner Baroneße Bondeli in Pension. Sie können daraus schließen, daß die Beysteuer ein Seegen ein
    göttlicher Seegen
, und nicht ein
    Geitz
gewesen. – Also wird auch der reiche liebe Gott für die Ihrigen sorgen, wie er für die meinigen gesorgt hat und täglich sorgt. Der 15 Decbr ist für mich ein ebenso
    denkwürdiger
Tag gewesen wie für unsern Claudius. Wehen und Freuden, Freuden und Wehen! Hievon mündlich mehr. Den vorletzten Tag des alten Jahrs erlebte noch ein Wunder. Ich wurde zu Kayserlings geruffen, und eine Fürstin von Galliczin verlangt alle meine Opuscula profligata nebst einer kleinen historia arcana meiner Umstände und Denkungsart. Ich habe das Glück gehabt 21 Hefte zusammenzutreiben, und es fehlen nur 3 die Hirtenbriefe, die 3fache Recension der Kreuzzüge und die unschlachtige Uebersetzung des Dangeuil, zu der ich nicht einmal den fr. Text besitze um selbige, wo es mögl. zu revidiren und statt des Ulloa den Tucker einzupropfen – Ich habe den 15 pr. die 21 Hefte so viel ich gekonnt von Druckfehlern gesäubert, eingereicht, ohne mich weiter zu bekümmern. Hinter den lettres perdues hielt ich es für nöthig folgendes Certificat de l’Auteur anzuhängen: L’Eternel lui a rendu comme à Iob (XLII. 10.) le double de ce qu’il a eu. Gloire soit à Dieu dans les lieux très-hauts, que la paix soit sur la terre et la bonne volonté dans les hommes. Amen J’ai 3 filles et 1 fils, qui me vaut mieux que 7 (Ruth IV. 15)
    saluo errore calculi
.
L’Eternel soit loué. Amen! Und hier meinen Nahmen in pleno wie ichs liebe. Die Revision aller meiner Schriften ist mir aber so sauer worden, daß ich nicht ohne Eckel an einer Auflage denken kann, weil die Erinnerung aller der Lagen, Misverständniße, Zufälligkeiten, worauf sich so manches und das meiste bezieht, erloschen und ich die Lücken nicht mehr zu errathen noch auszufüllen im stande bin. Schiblemini ist des alten Luthers spiritus familiaris, von dem Hilscher eine kleine Abhandl. 730 ausgegeben. Sind die Worte aus dem Ψ: Setz Dich zu meiner Rechten. Christus humilis und sublimis,
    Christentum
und
    Lutherthum
ist dem Judentum u Pabstum im theologico-politischen Jerusalem entgegen gesetzt. Ich habe gleich nach dem Abdruck ein Verzeichnis der Druckfehler ausgefertigt, auch an Hartkn. deswegen geschrieben, aber weiß bis diese Stunde noch von nichts Eine Versetzung ist gleich im Anfange, die aber nicht am Setzer liegt, sondern an mir. Die Parenthese kommt gantz weg, und unten auf der Seite – tugendhaften
    Gesinnungen
, „die
    kein Wohlwollen
kennen, und
    keinen Zwang
    leiden
.“ Dies sind ipsissima verba des Mendelssohns S. 5 Z. 11 Vertrag   Z. 15 gegeben hat, S. 8 Z. 16 der Schluß folge: S. 16 Z. 12 vor-   S. 32 Z. 7. ver-   S. 49 Z. ult. vern. S. 17. qualitates S. 20 Z. 11. Gebaren.   S. 24. u 27 ihre an statt ihm S. 25. Pfuy! Pfuy ist eine Anspielung auf die Fooi- oder Biergelder. S. 43. Z. 10 Metze   Z 17. Moden w. S. 45. Z. 2. deleatur gewählten S. 52. Z. 6. gegen den S. 55 Z. 13. so hat er doch die Stelle scheint sSie im Mendelssohn anzugehen; daher anstatt seyines: ich weiß nicht, 
    wer
weiß nicht.
S. 59 Z. 2. das Analogon S. 61. geschenkt hat.   Ich kann die Auslaßung der Hülfswörter nicht leiden. S. 62 Z. 18 eben so nied. S. 63 Z. 16 zu heben S. 65 Z. 12 zuwider S. 69 Z. 9 und   Z. 13. verzehnteten   Z. 17 Bescheid voll. S. 72 Z. 9. 10 als den   Z. 16 Statt der   Capitolium = Cabinet    Coheleth = Academie    der Wißenschaften S. 74. Z. 1. in den   Z. 9. Psilosophie.   Ungeachtet alles Vormahlens und einer ausdrückl. Notte hat dies neugebackene Wort für
    reine Vernunft
ψιλος tenuis, ieiunus, purus, putus cet. nicht eingeführt werden sollen. Die Psilologen und Psilosophen sollen meiner Fliegenklatsche dennoch nicht entwischen. S. 76. Der lateinische Vers ist ein flosculus Neronianus aus meinem alten Persio I. 102. den ich wie meinen Horatz ausgeschwitzt. S. 77. Z. 9. 10. Er hat sie erst hervorgebracht; um ihn zu rechtfertigen, haben wir sie erfunden. S.
    Garve
über Ferguson S. 296, 297. Ey! eine
    derbe
Assignation von Druckfehlern, wie der Altonaische Mercur sagt, der einen noch derberen Brey aus meinem Schiblemini gemacht, daß ich mich des Lachens über seinen Extract nicht enthalten können. Der theilnehmende L. hat auch seine Hand in dem ganzen Spiel der Vorsehung mit mir gehabt. Er schrieb mir: der Schmetterling S. 49 ist nicht zu bezahlen – und ich habe ihm antworten können; daß er mit Haut und Haar bezahlt wäre. Sie können leicht denken, liebster bester Gevatter Landsmann und Freund, daß ich bey aller meiner GemüthsArbeit und Herzensfreude gnug an Sie gedacht, und Ihnen den Genuß der Sympathie lieber mündlich als mit Dinte und Feder gegönnt hätte. Ich flog schon im heil. römischen Reiche trotz einem Blanchard auf und nieder. Die arme Raupe thut aber am besten, daß sie die
    Vorsehung walten
ließ und für die Flügel sorgen läßt zur Erreichung unserer
    Wünsche
, die auch ihre
    Absichten
sind. Wir wollen das Gute mit dem Munde, und sie in der That und Wahrheit. Nun ich folge weiter Ihrem vor mir liegenden Briefe nach. Sie wollen also nicht
    Saalbadereyen
– könnten es denn nicht
    Wannchen
, etwa
    metakritische
oder sonst etwas. Meines seel. Vaters Badwanne ist mir so heilig, als dem alten Sokrates seiner Mutter Stuhl. Ich habe immer an ein altes griechisches Epigramm, das Vater Hagedorn übersetzt, eine kindische Freude gehabt und es in meinem Athenäo wacker gezeichnet. Wie meine Muse eine der barmherzigen Schwestern ist; so läuft der Innhalt aller meiner Blätter auf eine barmherzige Kunstrichterey heraus, aber ohne Ansehen der Person, – beständig nur in Einer Wanne. Verpfändt bin ich an Hartknoch, und mein Wort mag ich auch gerne halten. Nicht eine bloße ὁρμη – sondern ein furor vterinus hat mich zu den meisten Aufsätzen getrieben. Anstatt Geld zu nehmen, hätte ich lieber Geld gegeben – und das Widerspiel vor andern Schriftstellern getrieben. Gott hat meine traurige finstre Autorschaft zum Werkzeuge gebraucht, den Kindern meines Leibes wohl zu thun und ihre Bedürfniße zu befriedigen und ihre Erziehung zu befördern. Es ist noch kein Vierteljahr, da ich bey meinem Freunde speiste in Gesellschaft eines Mannes vom Handwerk, der mir auch den Antrag that, daß ich ein paar 100 rthl durch eine Sammlung meiner Schriften verdienen könnte. Meine Antwort war, was ich mit ein paar 100 rthl machen könnte. Man brach in ein so lautes Gelächter aus, deßen Grund ich in meiner einfältigen Frage nicht sogl. absehen konnte; unterdeßen glaub ich nicht gantz Unrecht gehabt zu haben. Dies Interesse der Vorsehung an meinem Schicksal verbindt mich zu desto mehr Uneigennützigkeit und Treue, wenigstens dem Publico nicht Dinge aufzudringen, die ich selbst nicht mehr verstehe – oder aus einem gantz andern Lichte als damals ansehe. Also Schreiben bleibt immer für mich eine Gewißenssache – und vielleicht giebt mir Gott zum frischen Oel auch frische Gegenstände – daß ich wie Sie
    vergeßen kann, was dahinten ist
. Ein Freund von Mendelssohn schrieb hieher mit einiger Empfindlichkeit darüber, daß ich ihn zum Atheisten gemacht hätte, und schien mit S. 71 sehr unzufrieden zu seyn. Ich machte mir diesen Wink zu Nutze – um wenigstens über meine Sache nachzudenken. Daß ich gantz andres unter Atheismus verstehe, ist aus S. 54 zu ersehen. Ferner ist dort vom atheistischen Fanatismo die Rede, und ich hatte Beläge aus 1 Joh II. 23. Joh V. 23 XIV. 9 XII. 45. für mich, also nicht ex propria auctoritate geschrieben. Wie ich eben den Kopf mit diesen Gedanken voll habe, fällt es dem lieben Düßeldorfer ein mir die Handschrift, welche Sie auch gehabt, mitzutheilen. Das war für mich ein sehr gelegener Fund den Spinoza ein wenig näher zu studiren den ich schon in Curl. gelesen. Seitdem hab ich 2 Grüße von Mendelssohn erhalten mit Entschuldigung, daß er von seinen Schriften für mich Exempl. bestellt – Ich besitze weder Jerusalem selbst, noch die Vorrede. Nun bin ich sehr zufrieden, daß ich von einem andern Gegner abgelöst worden, und will sehr gern es dem M. überlaßen mit ihm fertig zu werden. Sie kennen vermuthlich den
    Prediger des zureichenden Grundes
und seine
    philosophische Betrachtung über Theol. Religion u besonders die jüdische
. Durch jenen zufälligen Umstand bin ich mit dem lieben Selbstpeiniger J. in einen solchen derben, verwilderten und vielleicht gar zu vertraulichen Briefwechsel gerathen. Weil ich kaum glaube, daß ich im stande seyn werde seinen piis desideriis ein Gnüge zu thun – so wäre es mir lieber, wenn er aus Verdruß, als wegen seiner zunehmenden Krankheit nicht antworten könnte. Den 4 – Hartung hat sein raisonnirendes Bücherverzeichnis mit diesem Jahr aufhören laßen und ich zweifele daß Ihre Ideen darinn recensirt seyn werden. Den Dengelschen Laden, der verkauft ist und nicht, betrete eben so wenig mehr. Ich will mich aber darum erkundigen und wenn ich Nachricht erhalte die Stücke gegen H. Ankunft zur Meße fertig halten. Friedrich, der bey Kanter ausgelernt, ist eben aus Curl. gekommen, wird sich in Liebau etabliren und hat mir einen schönen Basler Homer für meinen Hans mit goldnen Schnitt und zierlich eingebunden mitgebracht. Vielleicht gehe ich Friedrich zu Gefallen morgen nach Trutenau. Ich habe heute Kant zum ersten mal im Jahr im vorbeygehen versprochen. Statt der Neujahrswünsche Ihnen auch Druckfehler zugezählt. Gott gebe Ihnen nur Gesundheit, Geist und Stärke zur Ausarbeitung Ihrer Ideen. Kant ist von seinem System zu voll um Sie unparteyisch beurtheilen zu können – und auch noch keiner im Stande Ihren Plan zu übersehen. Ich getraue mir niemals zu, ein unvollendetes Buch zu richten.
    Ideen
erfordern schon ein andern Maasstab – die Memoires de V. sind schon fr u deutsch hier gewesen – daß der ungl. Schmohl, weiland
    Vetter Becker
bey den bermudischen Inseln über Bord gefallen u ertrunken, wird Ihnen schon bekannt seyn. Reichardt besorgt, meines Wißens, die Reliquien des seel Kreuzfelds über die Gesch. des Vaterlandes, wenigstens hat Kraus, der die kleine Abh. über den Preuß. Adel herausgegeben gegen Braxein, sie ihm zugefertigt. Die Idee uns
    dies
oder
    nächstes
Jahr zu sehen, macht mich verdroßen zu schreiben. Dum moliuntur, dum comuntur. Die molimina sind schon Jahre alt gnug alt – und wie ich alle Hofnung verloren und aufgegeben hatte, schlägt sie von neuen aus – Werden Sie nur nicht ungedultig und mürrisch,
    Leibnitzens
Stuhl ist Ihnen vielleicht noch Ihnen zugedacht. Er war doch Präsident der solang verwaisten welschen Akademie, die zeitig gnug germanisirt werden wird. Ich bin in der Geschichte und besonders der litterarischen nicht einmal kapitelfest. Gibbon’s History of the Decline and Fall of the Roman Empire habe in 3 prächtigen Qvartanten vor ein paar Tagen zu Ende gebracht. Der Verf. hat ein rechtes Puddingsgesicht, das dem Bauch seines Plans angemeßen ist. Diese 3 Quartanten begreifen nur die erste Epoche. Die 2te soll von Justinian bis zu Carl M. und die dritte bis zur Eroberung von Constantinopel gehen. Ich kann aber nicht sagen den Feind des Christentums in ihm gefunden zu haben; welches mich bewog einem reichen Juden hier dies Buch zu seiner Bibliothek zu empfehlen – Schade daß die deutsche Uebersetzung eines so wichtigen Werks in Stecken gerathen. Es erfordert aber einen Mann, der des Verf. schönen Schreibart gewachsen und seinen Kenntnißen überlegen wäre. Mehr weiß ich nicht weiß und was ich noch weiß, ist mir zu sagen nefas und dunkel, und meinen eignen Augen noch verborgen. Den 6 Dom. Esto mihi Aus der gestrigen Spatzierfahrt nach Trutenau ist nichts geworden wegen des plötzlichen Thauwetters. Der Winter ist außerordentlich flau hier, und angenehm, nur daß es an Schnee fehlt, und dadurch die Zufuhr verhindert wird. Claudius hat den dortigen harten Winter in seiner Cantilene verewigt. Wo dieser Widerspruch der Witterung herkommt, weiß ich nicht. Ich habe gestern Besuch gehabt und bin heute zu Gast gewesen. Sollten sich wol in der Büttnerschen nach Weimar verpflanzten Bibliothek folgende 3 Werke befinden: 1. Schultz Grammatica Linguae Indostanae. 2. Ferguson’s Dictionary and Grammar of the Hindostan Language und 3. eine zu Rom spanisch ausgekommene Grammatik von den Sprachen im Großmogolschen Reiche: so wünschte ich wol für einen Freund einige nähere Nachricht von dem rechten Titel, dem Format und Werth dieser drey Werke zu haben. Es betrifft die Sprache der Zigeuner, von der hier jemand ein klein Wörterbuch gesammelt – Hievon auch künftig oder mündl. mehr; denn die Schwärmerey uns zu sehen benimmt mir alle Lust zu schreiben. Gott erfülle unsere Wünsche und Anschläge! – Ich umarme Sie und die lieben Ihrigen zum voraus, werde wenigstens nicht eher ruhig seyn, bis die Sache entschieden ist. Haben Sie Gedult und Mitleiden mit Ihrem alten ewigen Freund JGH. Mein nächster u fast einziger Blutsfreund, Vetter Nuppenau ist vor wenig Wochen gestorben u lange vor ihm die altstädtsche Badstube in eine Oel- und Grützniederlage verwandelt, ein öffentl. Durchgang durch unser kleines Gärtchen angelegt worden.
Meine Verehrungswürdige Freundin und Gevatterin, Schon vor Empfang Ihres umständlichen Berichts in einer so unangenehmen Angelegenheit, hab ich es an einer Vermittelung von meiner Seite nicht fehlen laßen, auch nachher, alles was ich gekonnt, angewandt um die Verbitterung zwischen beyden alten Freunden zu mildern und zu besänftigen. Bey einer verjährten Vertraulichkeit sollte es niemals zu einem solchen Misverständniße kommen. Da ich in einer ähnlichen Lage bin und dem selben Mann viele Verbindlichkeiten zu verdanken habe: so ist freylich auch der ganze Vorfall für mich eine Warnung gewesen. Ich habe mich durch meine Freymüthigkeit der unangenehmen Nachfolge eines ähnlichen Schicksals ausgesetzt – und es thäte mir wehe einen Vertrauten meiner jüngern Jahren zum Feinde zu haben, um so mehr, da ich in der ganzen Sache nicht unparteyisch gnug seyn kann, und sie mir wie ein altesr Schaden vorkommt, der lange unter sich gefreßen, ehe er aufgebrochen ist. In der Freundschaft, wie in der Ehe, liegt die Schuld mehrentheils an beyden Theilen. Wenn jeder seinen Fehler erkennte, würde jeder des andern Last leichter ertragen, und sein das Kreutz auf sich nehmen, das im Handel und Wandel unvermeidlich ist. Helfen Sie mir nur, meine Verehrungswürdige Freundin und Gevatterin, unsern lieben Autor zur Grosmuth und Gedult in guten Werken aufzumuntern: so hoff ich, daß es mir auch noch gelingen soll, den
    kränklichen
alten Verleger zur Billigkeit und Bescheidenheit eines fröhlichen Gebers zu überreden, und seine gute Laune widerherzustellen – worinn er sich bisher gegen mich erhalten. O wir Kleingläubigen, die nur immer auf Menschen sehen, und bey Menschen stehen kbleiben, ofthne sie und uns selbst zu kennen, und ohne zu bedenken, daß Gott alles zu ersetzen im stande – was uns Menschen entziehen, und ihr guter Wille ohne Seines Seegens Einfluß, ein todtes und leeres Werkzeug ist, ja öfters eine Hindernis unsers Glück wird. Durch ein wahres Wunder göttlicher Vorsehung und Barmherzigkeit ist meinem Hause Heil widerfahren, ohne daß ich noch bis diese Stunde recht weiß wie mir geschehen. Alle meine Einkünfte waren so beschaffen, daß ich meine Ausgaben mit dem Wachstum meiner 4 Kinder einschränken muste. Gegen das Ende 82 verlor ich das einzige Emolument, als die Hälfte meines Gehalts, das den holländschen Namen Fooigelder hat, welches so viel als Trinkgeld bedeutet u in einer Abgabe der Schiffer besteht, welche alle halbe Jahr gegen Weynachten u gegen Johannis vertheilt wurde. Weil mir das Meßer an die Kehle gesetzt wurde; so wollte die Sache aufs höchste treiben. Machte mein Testament u setzte die Mutter meiner Kinder zur Erbin, damit sie wenigstens auf ihre alte Tage nicht betteln gehen dörfte. Meine Maasreguln die allgemeine Sache zu treiben wurden verworfen, und ich machte mir alle meine Amtsbrüder zu Feinden, und mich ihnen zum Gelächter. Ich ließ sie ihren Weg gehen, und gieng den meinigen. Den 1 Jan. 83 schrieb ich ins Cabinet, ohne den geringsten Eindruck gemacht zu haben, unterdeßen ich auf alles gefaßt war. Denselben Montag schickte ein alter Freund aus Curland seinen Sohn bey mir in Pension auf ¾ Jahr und das dabey gewonnene Geld gieng eben zu Ende, ohne daß ich eine andere Ausflucht zu finden im stande war für die Zukunft. Zu einer Gratification war uns Hofnung gemacht, die aber Monathe lang verzog. Mein Sohn lebt auf dem Lande, sollte aber Ostern seine akademische Stunden antreten, für die ich keinen Thaler auszumitteln wuste. An meine älteste Tochter hatte 1 rthl monathlich zum ital. unterdeßen gewandt und 1 zum Unterricht im Nähen. Diese 2 rthl sollten auch mit dem Ende des Jahrs eingezogen werden. In meiner Diät war nichts zu reduciren als Bier, das ich des Abends trinke, Caffé und Toback, den ich unmäßiger schnupfe als rauche. Lust u Muth vergieng mir zu leben, wenn ich an meine Lage dachte, die mir wie eine öde, leere Wüste vorkam bey dem am
    Genuß
leider! verwöhnten Geschmack. Da kam mir den 15 Xbr. ein Brief, wie ein Friedensbote vom Himmel des Nachts erscheint – mit einer Assignation an die hiesige Bank, welche jedes von meinen Kindern zu gleichen Theilen bedenkt Den 27 Xbr kam mein Sohn vom Lande und die beynahe schon verloren gegebne Gratification von Berlin an. Den 28 erbarmte sich eine gute Freundinn meine älteste Tochter in ihre Akademie aufzunehmen. Ein Glück das ich mir immer gewünscht, aber niemals zu erleben gehofft hatte. Ich hoffe daß ein Jahr hinreichen wird dies versäumte Mädchen in eine Art von Gleis zu bringen, auf dem sie sich mit Gottes Hülfe wird selbst weiter forthelfen können. Sie ist die 9te von auserlesenen adlichen und bürgerl. Mädchen, durch deren Umgang und Freundschaft allein meine Tochter gebildet werden kann. Sie können leicht denken, wie erleichtert mein Gemüth ist und daß ich wie neugebohren bin, da mich immer die Ttraurige Nothwendigkeit niederdrückte, entweder Schulden zu machen – oder den Nothpfenning meiner nach meinem Tod verlaßnen Hausmutter anzugreifen. Ich habe jetzt keine andere Sorgen, als das mir anvertraute Unterpfand der Vorsehung und unbekannter Freundschaft treu, gewißenhaft und klug zu verwalten. Die Zinsen der
    unaussprechlichen Gabe
sind für die Erziehung meiner Kinder hinreichend. Das
    Eigenthum
des Capitals soll von dem
    Willen
des Gebers und der
    Dankbarkeit
meiner Kinder und ihrer Aufführung abhängen. Mein Sohn hat schon vieles zum voraus genoßen an fremden Wohlthaten. Die Reyhe komt jetzt an seine älteste Schwester. Mit meiner mittelsten Tochter habe auch den 17 Jänner einen glückl. Anfang im französischen gemacht, von den Buchstaben an haben wir heute die 25ste Erzählung im Pepliers zur Leseübung durchgegangen – und mit der Lust zu leben nimmt auch die Lust zu arbeiten zu, und der Muth mehr zu unternehmen – vielleicht selbst eine so lang erwünschte Reise und Ausflucht zu meiner Erholung nach einer beynahe 20jährigen Quarantaine in Feßeln u Banden des Kummers.
    Auf daß die überschwengliche Gnade, durch vieler Danksagen, Gott reichlich preise
, hat die geheime Geschichte,
    ohngeachtet des mir aufgelegten Stillschweigens
, hier ruchtbar werden müßen. Es gab
    viele
arme Wittwen zu Elias Zeiten, nur
    Eine
in Sarepta – und
    viele
Außezige, nur der Eine Syrer Naeman wurde durch ein Wunder erhalten, andern zum Beyspiel, und zur Nachfolge des Glaubens und Vertrauens auf Göttliche Hülfe in der Noth. Ich weiß, daß Sie, meine Verehrungswürdige Freundinn und Gevatterin in und mit Ihrem Hause auch in der Stille sich freuen, Gott danken und von Ihm erwarten werden, was zum wahren Frommen dient. Wie
    nah bin ich
Ihnen seitdem, ohngeachtet meines Stillschweigens, gewesen, wie vollkommen wird meine Freude seyn, (wenn es vollkommene Freuden für unsere Erden giebt, so sind sie wie die vollkommenste Weisheit eines Salomo,
    erhörte
und
    erfüllte Träume
) – meinen kleinen
    Maler
und lieben Pathen und seine Brüder und die Einzige Ihrer Mutter, und meinen alten bewährten Landsmann und Dechanten aller ausländischen Freunde, die mir Gott gegeben hat, zu schauen, zu erkennen und zu finden und diese Freude seinen nächsten Nachbarn mitzutheilen. Gott schenke uns allen dazu Leben und Gesundheit – und Sein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel! denn Seine Gnade ist beßer denn Leben.  Den 7 Februar 85. Johann Georg Hamann.
den 11 Febr. 85. HöchstzuEhrender Freund, Ohngeachtet die tormenta Ihrer letzten Zuschrift nicht anzusehen sind; will ich doch gern wie Sie, mit schlechteren Briefen für lieb nehmen, lieber ohne Kopfschmerzen als mit Talenten leben. Ich hoffe und wünsche, daß Ihre Gesundheit wider hergestellt seyn wird. Wenn das Fasten mir nicht zu sauer würde, möchte ich selbiges der Ipecacuanha vorziehen. Mir fallen alle Erleichterungen von oben sehr schwer, und ich traue den weithergeholten Mitteln nicht viel, wegen der unvermeidlichen Verfälschungen. Von unserm Reichardt habe gestern die Nachricht erhalten, daß er nach London geht mit vieler Eilfertigkeit. Er bittet mir um einige Empfehlungsschreiben von hiesigen Freunden. Zwey habe heute erhalten und erwarte noch einige oder keine von dem Hause, das er mir eigentlich angewiesen. Claudius soll eine Pension vom dänischen Hofe erhalten haben; er selbst hat ihm in 3 Briefen nichts davon gemeldt. Ich zweifele daher auch noch dran. Vorgestern ist auf der Stelle an einem Stichfluß unser akademische Kanzler Crim.rath Jester gestorben – wie man sagt in traurigen Umständen für seine Familie. Heute habe eine andere Uebersetzung von Coleri Leben des Spinoza erhalten, vor welcher eine Predigt über die Wahrheit der Auferstehung J. C. steht. Sie ist in eben dem ein Jahr später zu Lemgo bey Meyer 734 herausgekommen. Der Uebersetzer nennt sich
    Wigand Käster
hat das holl. Original mit der französischen Uebersetzung verglichen, mehr Anmerkungen zur Predigt als zum Leben gemacht. Er rügt 2 Fehler seines Vorgängers, der 2 Prediger an der deutschen SavoyKirche in London für Minister des Savoyischen Hofes gehalten. Die 2 Theile bestehen im Tractatu Theologico-politico, (von dem ich eine besondere Ausgabe erhalten, deren Titel ich noch gar nicht angeführt gefunden habe) – und in Opp. posthumis – Hätte ich die beyden Bücher
    aus der Rathsbibl
. so würden Sie näher Recht dazu haben als ich. Ich vermuthe aber, daß Pr. Kant die Opp. posthuma, in denen die Ethica den Anfang macht, haben und sie gern leyhen wird. Also hoffe ich Ihnen dienen zu können, ohne die Bedingung, welche in meinen Augen zu bedenklich ist, brechen zu dürfen in Ansehung der beyden mir unter der Hand und ohne förmliche Erlaubnis anvertrauten Bücher zu meinem einzelnen nothdürftigen Gebrauch. Wenn jemand mir zu Gefallen eine Ausnahme von
    Gesetzen
macht: so bin ich doppelt besorgt für ihn und für mich – und such es mir selbst zu verheelen. Die beyden spanischen Bücher habe Montags erhalten, und sag Ihnen für Ihre freundschaftl. Vorsorge mein spanisches Fach zu vermehren den herzlichsten Dank. Des Cervantes Erzählungen habe mir längst gewünscht – aber es geht mir wie dem Geitzigen, dem mehr am Haben als Gebrauchen gelegen ist. Vielleicht schenkt mir Gott einen jungen Freund, wie mein
    Hill
war, oder bringt ihn bald wider zurück, wenn er noch lebt; denn sein Stillschweigen macht mich von Tag zu Tag unruhiger. Ich denke, die Fürstin wird an den 21 Heften gnug haben. Nicht für Sie sondern einen mir viel nähern Freund muß ich mein eigenes letztes Exemplar der
    Hirtenbriefe
abtreten und beruhige mich deshalb mit Ihrer geneigten Anerbietung – zum behuf der neuen Ausgabe. Ich habe wirklich schon mehr wie Einmal daran gedacht – auch an Herz hätte es mir nicht gefehlt Sie darum anzusprechen. Ich habe aber immer geglaubt, daß die Scheidewand unsers
    Geschmacks
zu groß wäre. Nicht nur Persius sondern auch Petron sind meine erste Lieblingsautoren gewesen. – Ich habe sehr spät den
    Horatz
lesen gelernt, und ich habe ihn Jahre lang in einem Zuge, ohne seiner müde werden zu können, Tag für Tag widerholt. Ohngeachtet ich alle 3 ausgeschwitzt: so haben sie doch in meine schedia Lucilianae humilitatis vielen Einfluß gehabt und mich auf die effectus artis seuerae und die Handhabung atrocis styli aufmerksam gemacht. Es ist für mich wirklich eine herculische Arbeit gewesen, was ich von 59 – bis 83 geschrieben durchzugehen, weil sich alles auf die wirkliche Lagen meines Lebens bezieht, auf Augenblicke, falsche, schiefe, verwelkte Eindrücke, die ich mir nicht zu erneuern im stande bin. Ich versteh mich selbst nicht mehr, gantz anders wie damals, manches beßer, manches schlechter. Was man nicht versteht, läßt man lieber ungelesen – und sollte auch
    ungeschrieben
geblieben seyn – und noch weniger
    wider aufgelegt
werden. Dennoch wünschten die damaligen Hohenpriester der neusten Litteratur eine neue Auflage der sokratischen Denkw. die ich geschrieben hatte ohne andere Qvellen als des Thomasii Uebersetzung von Charpentier und Coopers engl. Lebensbeschreibung des Socrates. – Wie mir aber bei Lesung des Plato zu Muthe gewesen, davon ist Hintz mehr als einmal Zeuge gewesen, gesetzt daß es mir auch wie den Auslegern der Physiognomie des Mondes gegangen, und der halbe Plato eine Widererinnerung meiner socratischen Hirngespinste zu seyn schien. Diese gantze entgegengesetzte
    Wirkungen
auf mein eigen Gemüth und das Urtheil der Recensenten sind wenigstens für mich Ahndungen für die Energie ihres
    zureichenden Grundes
so wol vom Werth als Unwerth meiner Arbeiten, und daß selbige nicht vergeblich gewesen sind. Ich hab mich bin einmal an Hartknoch verhaftet und will alles thun, mein Wort zu halten. An meinem Namen oder Ruff ist nichts gelegen; aber Gewißenshalber kann ich weder einem Verleger noch dem Publico zumuthen unverständliches Zeug zu lesen. Gott versteht mich, sagte wo ich nicht irre, Sancho Pancha; aber ich möcht mich doch auch wenigstens verstehen, und mein
    Nächster
. Von den Zween (Kant u Berens) hat mich letzterer fast zu innig verstanden, wovon ich noch ein starkes schriftl. Document in Händen zu haben glaube. Daß alle gleich viel verstehen sollen, ist unmöglich; aber doch jeder etwas und nach seinem Maas, das er selbst hat und ich ihm weder geben kann noch mag. Wenn Sie also, höchstzuEhrender Freund, sich wie Virgil an dem stercore Ennii nicht ekeln noch grauen laßen; so halt ich Sie beym Wort und käm es auf einen Versuch an.
    Haben Sie die Sokratische Denkw
.? so übersende ich Ihnen von jedem Abschnitt ein Verzeichnis der Druckfehler u Correcturen und Anmerkungen, die Sie sich die Mühe geben würden in Ihr Exemplar einzutragen oder damit zu vergleichen – und ich bäte mir blos eine kleine Note
    über jede Stelle aus
, die Sie nicht verstünden, um wenigstens mir selbst darüber Rechenschaft geben zu können. Haben Sie keine sokr. Denkw. so ist dies eine conditio sine qua non für mich. Denn kann ich nicht vom Ey anfangen: so kommt es nicht zu den Aepfeln. Die beyden Tomos Pasquillorum wünschte wol zum Ansehen herzuhaben und eine Nachweisung über die Seltenheit dieses Buchs. – Das übrige ist jetzt mit Kraus in Ordnung: außer daß er sich einen Belag oder Qvittung zum Belage seiner Rechnung wünscht, welches aber bis zur Entscheidung der Pasquill. ausgesetzt bleiben und auf einmal abgemacht werden kann. HE Meyer hat längst seinen Moser zurück. D. Biester erwartet von mir eine Erklärung, was mir vom vorigen Jahrgange fehlt, die ich nicht Lust habe zu thun, weil mir nur an seiner Erklärung in Ansehung des vorhergegangenen gelegen war. Unterdeßen werde für den
    braunen Mann
so wohl als die Monatsschrift durch einen andern Canal sorgen. Lehne Käthe erhielt einen Sechser; der
    pollnische
Name Sczostack ist mir ich weiß nicht warum? geläufiger, wie Tympf kürzer. Totius Medicinae idea nova ist der Tractatus Theologico-politicus; der zweite Theil aber nicht von Sp. sondern Meier dem Herausgeber der Opp. posthuma, den ich im Mst. holl. besitze, aber noch nicht ansehen können, wie ich die Qvelle des Sp. den Cartes und Hobbs schon wochenlang vor mir liegen habe, weder Zeit noch Lust. Ohne mathematische Figuren findt keine mathematische Methode statt; und es ist für mich eine mathematische Wahrheit, gleich der, daß jede Größe sich selber gleich ist: Aus Wörtern u Erklärungen läst sich weder mehr noch weniger herausbringen, als jeder darinn legen will, oder gelegt hat. Die ganze Gewißheit der Mathematik hängt von der Natur ihrer Sprache ab, und ihrer Schreiberey. Die Nothwendigkeit aller Beweise aber, von der poetischen Licentz metaphysische Puncte, Linien und Flächen zu denken, die physisch unmöglich sind. Was Demosthenes Actio – Engel Mimik – Batteux Nachahmung der schönen Natur nennt, ist für mich
    Sprache
– das
    Organon
und
    Criterion
der Vernunft, wie Young sagt. Hier liegt
    reine Vernunft
und zugl. ihre
    Kritik
und die ewigen Gränzstreitigkeiten werden so lange währen, bis die Sprachen aufhören mit Weißagungen und Erkenntnis. Die gütige Frau Kriegsräthin thut mir zuviel Ehre, wenn Sie mich eines B. Patriotismus fähig hält. Es war keine Engelzunge, die mich mit Punsch kützelte – sondern ein unruhiges Uebel voll tödlichen Gift, wie St. Jacob sagt: durch sie loben wir Gott den Vater und durch sie fluchen wir den
    Menschen
    nach dem Bilde Gottes gemacht
. Je länger ein Rehabeam lebt, desto ärger wird er selbst fühlen die Scorpionen, womit er seine alte Unterthanen gezüchtigt und sich seiner welschen Projecte schämen müßen – doch der schämt sich ewig nicht – die Wurzel alles Uebels in der besten Welt! und in der neusten Aufklärung – Sie glauben kein
    gegebenes
Aergernis. Das böse ist also, (wie Sp. sagt) causa sui(effectus) causa sui. Ach! das Recept und Arcanum zu Ihrer Friedensdose! Ich eile zu meinem Kopf- und Schlafpolster.
Königsberg den 13 Febr. Dom. Inuocauit 85. So eine Reise laß ich gelten, liebster Gevatter Landsmann und Freund – Ich schrieb eben an unsere dänischen Pensionaire, Gott gebe daß es wahr sey! als ich Ihren fliegenden Brief erhielte. Muste gleich punctum machen. Habe aber von dem mir angewiesenen Freunde nichts bekommen. Die Natur Ihres Handels erlaubt dies nicht, – – sein außerordentlicher und dabey liebenswürdiger Bruder lebt nicht in London. Sonst hatte ich sehr gewünscht, daß Sie den Mann kennen gelernt hätten. Ich gieng drauf zu
    Friedländer
, und diese gefällige Israeliten schickten mir noch denselben Tag 2 Empfehlungsschreiben zu, die ich gestern an unsern Dorow abgegeben – Heute war in der Vorstadt bey einem Freunde gleichfalls unter den hier studierenden Juden, der in Wandsbeck gewesen und in London einen jüngeren Bruder hat, den ich auch kenne und an dem ich Geschmack fand. Er sollte mir diesen Nachmittag eine Einl. bringen – dergl. ich auch diesen Mittag bey HE. Jacobi zu finden glaubte genommener Abrede gemäß. Dieser war nach Trutenau gefahren – und jener ist gar ausgeblieben. Dafür besuchte mich der gute Sub-inspector der Alumnorum, HE Sommer u bringt mir wider all mein Vermuthen etwas von HE
    Hay
. Ich bin also nicht im stande heute mein Contingent abzuliefern und werde morgen so früh ich kann bey HE Jacobi gehen und von da zu Ihrem HErrn Schwager Gott schenke Ihnen Gesundheit und recht viel Glück und Seegen zu Ihrer Reise. Mit meinen Angelegenheiten hat es Zeit bis zu Ihrer Heimkunft. Bey mir alten Mann heist es: Festina lente. Es fehlt mir an Vertrauen zu den Großen dieser Erde, und an Geschick – Uebrigens muß auch noch von der Zeit den besten Rath erwarten. Wenn ich zur Einweyhung Ihrer schönen Villa komme, desto beßer! Sollte ich mit Gevatter Claudius diesen Sommer nach dem Rhein gehen – ich zweifele aber noch daran – so könnten leicht noch mehr Wunder eintreffen Da kommen noch gantz spät 3 Briefe von meinem alten Freund
    Jacobi
Mehr bin ich nicht im stande aufzubringen. Ich wünsche, daß sie Ihnen Dienste thun mögen. Um Sie nicht länger aufzuhalten, und weil ich auch nichts mehr zu schreiben habe, empfehle ich Sie und Ihr gantzes Haus, die
    Ehre
und
    Freude
deßelben Gottlicher Obhut und mich samt den Meinigen Ihrem freundschaftlichen unauslöschlichen Andenken. Erinnern Sie sich meiner in Wandsbeck und allenthalben wo es Ihnen wohl geht – Ich ersterbe Ihr alter treuer Johann Georg Hamann.
Weimar den 14. Febr. 85. Glück zum neuen Jahr! tausend Glück u. Segen! Haben Sie meiner ganz vergeßen, lieber H., ich schmachte u. warte schon so lange, lange nach einem Briefe von Ihnen, da ich den letzten bei Claudius u. Jacobi’s Anwesenheit hieselbst bereits im vorigen Sommer bekam. Ich hoffe doch nicht, daß Ihnen etwas zugestoßen sei; wenigstens giebt ein Wort das Jacobi von Ihnen u. Ihrem Briefe an ihn an mich einfließen ließ, mir Hoffnung, daß Sie sich wohlbefinden u. vielleicht mit etwas anderm so beschäftigt sind, daß Sie mich eine Zeitlang unter die Kardinäle in petto gesetzt haben. Indessen bitte ich Sie, Lieber, behalten Sie mich darinn nicht lange u. laßen mich, der ich hier einsam wie der Straus in der Wüste lebe, einige Zeilen von Ihnen lesen. – War es vorigen November oder December, als plötzlich ein Knall in meinem Zimmer geschah, der mich erschreckte; ich gieng hinein u. Ihr Bild war von der Wand gefallen u. außer dem Ramen. Es ist eingesetzt u. mit seinen goldnen Leisten wieder bevestigt; um desto sehnlicher aber verlangte ich nach Ihrem Briefe, den ich weißagend von Posttag zu Posttag vergebens neu ansetzte. Vielleicht bringt mir der heutige denselben. In meinem Hause geht es so ziemlich; übrigens sind wir dürre u. einsam. Im vorigen Jahr hatte ich den Neujahrstext gewählt: ich vergeße was dahinten ist p u. er hat sich sehr erfüllet. Es sind in diesem Jahr so viel Abstreifungen vorgegangen, daß wir ziemlich nackt u. blos das neue angefangen haben, in dem ich Ps. 51, 12–14. zum Text u. Motto erwählt habe. Er erfülle sich an uns, wie sich der vorige erfüllt hat. – Eben kommt ein Br. von Jacobi, der mir Ihr taciturnitas, clamor u. vox vitae zuruft; aber damit bin ich nicht zufrieden; kann es auch unmöglich seyn, es sei denn, daß die taciturnitas ein clamor ad coelum, also eine Himmelschreiende Sünde seyn soll. Ihre vox vitae, l. H. ist mir lieber, nach der ich sehnlich verlange. Warum laßen Sie sich durch die Saumseligkeit meiner Schwester stören? daß Eine Sünde eine andre erzeuge. – Auch schreibt er mir von „metakritischen
    Wannchen
aber bester H. auch dies Wort ist unverständl. u. das Diminutivum insonderheit zu provinziell. Man hat uns Preußen im Spott darüber, daß wir so gern alles diminuirten u. legt es als ein Wahrzeichen unsrer Schmeichelei u. littauischen Abkunft aus, welche Sprache auch alles diminuiret. Ich hoffe, mir werde ein Titel beifallen, der Ihnen nicht unrecht seyn wird u. Ihre Idee ausdrückt: so hätte ich wenigstens wie Pilatus am titulo des Kreuzes Theil. Doch alles Ihrem Gutdünken überlaßen. Ich kann mir selbst kaum rathen u. helfen. Am 2ten Th. der Ideen wird säumig gedruckt, weil das Papier fehlet; über den 1ten Th. habe ich Ihnen aber einiges zu schreiben, das Ihnen in origine et radice nicht so befremdend vorkommen wird als mir. In Jena ist ward vorigen Jahrs eine Literaturzeitung mit so großem Pomp angekündigt, an der auch Kant als Einer der ersten Mitarbeiter genannt war. Und siehe da im 4ten u. 5ten St. erscheint eine Recension der Ideen, so hämisch u. verdrehend u. metaphysisch u. ganz außer dem Geist des Buchs von Anfang bis zu Ende, daß ich erstaunte, aber an nichts weniger dachte, als daß Kant, mein Lehrer, u. den ich nie wißentlich mit etwas beleidigt habe, s eines so niederträchtigen Werks fähig seyn könne. Er Der Rec. zupft mich darinn nehml. mit meinem Stande, legt von fern Feuerbrände 3. oder 4. mal an, so daß es nicht an ihm liegt, wenn sie nicht zünden. Ich sann hin u. her, wer in Deutschland so ganz außer dem Horizont Deutschlands u. des Buchs selbst schreiben könne; bis endlich einer dem andern ins Ohr raunt u. es jetzt laut gesagt wird: es ist der große Metaphysicus Kant zu Königsb. in Pr. – Zu eben der Zeit wird mir von einem Kantschen Aufsatz in der Berl. Mon. schr. gesagt, der auch „Idee zur Gesch. des Menschengeschl. aber im weltbürgerl. Verstande seyn soll“ u. da ich den Aufsatz lese, habe ich freilich auch über die Rec., aber nicht über den Charakter des Mannes Aufschluß. Denn wie hämisch u. Knabenmäßig es sei, den Plan eines unvollendeten kaum angefangnen Buchs aus der Vorrede zu nehmen, darauf eine Idee in eben der Manier sogar hinzustellen u. zu thun, als ob kein Buch der Art in der Welt wäre; gar von einem Newton u. Kepler zu reden, der diesen
    Kantischen
Plan künftig ausführe u. sich sodenn hinzusetzen u. in einem Journal das mir unter den Augen erscheint u. deßen Haupt entrepreneur in Weimar lebt, mein angefangnes, unvollendetes Buch auf die linkste Weise zum caput mortuum zu machen – das fällt jedermann in die Augen u. kann nur durch die Kritik der reinen Vernunft gerechtfertigt werden. Gut, daß ich jetzt weiß, was ich an dem HErn Magistro VII. artium habe; u. glücklich, daß ich seinen kindischen Plan, daß der Mensch für die Gattung u. die vollkommenste Staatsmaschiene am Ende der Zeiten erschaffen sei, nicht brauche. Was ich von Ihnen bitte, liebster Fr., ist daß Sie ihm künftig keine Schriften von mir, als einem Freunde, prima manu communiciren u. weiter an mich gegen ihn nicht gedenken. Ich laße dem HErn. Apollon. den metaphys. kritischen Richterstul, auf dem er sich blähet: denn für mich ist dieser voller Dunst u. gacklichen Wolken. Sie dörfen sich auch gegen ihn es mit keiner Sylbe merken laßen, daß ich von der Rec. oder dem Rec. ein Wort weiß; es soll mir herzl. lieb seyn, wenn ich sein Idol der Vernunft scha zurückschauern mache oder verwüste. Wie ich von mehrern fremden Orten höre, hat die Rec. kein Glück gemacht: sondern ist mit einer Verwundrung aufgenommen, die auch HE. Kant auch ein Zurückschaudern der Vern. nennen wird. Seine letzten Präceptorlichen Lehren an mich sind ganz unanständig: ich bin 40. Jahr alt u. sitze nicht mehr auf seinen metaphysischen Schulbänken. Das Geschwür sitzt aber darinn, daß ich dem HErn. Prof. nicht in seinem Schlendrian von Wortgaukeleien gefolgt bin, daher er sich über meine Eigenthümlichkeit u. unmäßiges Genie so albern beschweret. Doch satis superque! – Der Himmel helfe mir durch mein Buch u. ich will der Metaphysiker ins Fäustchen lachen, deren Stolz, wie auch aus Kants Br. an Lambert erhellet u. unerträgl. Selbstgefälligkeit nichts als des Lachens werth ist. Neckers berühmtes Buch ist noch nicht hier u. die Memoir. de Shott habe ich noch so wenig als des Beaumarchais Figaro, das Wunderding von unsrer Tage, gelesen. Ich kaue, soviel ich kann, meine einfachsten JugendIdeen wieder u. eine lange December Krankheit, wo ein unglückl. Aderlaß mir eine Schwachheit des Leibes u. Geistes gebracht hatte, die ich mir kaum als mögl. dachte, verbietet mir überdem alle fremde u. unnütze Arbeit. Ueberdruß u. Eckel liegen in 100. Sachen um mich her, daß ich mit Hiob sagen muß: wer mag eßen das Ungeschmackte des Dotters. Um so minder verlaßen Sie mich, Lieber, zu dem ich das sage, was Persius zum Cornificius sagte u. es tägl. in meiner innersten Seele wiederhole. Gott gebe Ihnen u. den Ihrigen Gesundheit, Freude, guten Muth u. innres Leben. Behalten Sie mich lieb, wie ich Sie liebe u. schreiben mir bald. Verzeihen auch das Leere dieses langen eilfertigen Briefes. Ihr ewig treuer H. Den besten Gruß von meiner Fr. u. Kindern. Apropos. Wo haben Sie den Namen Scheblimini her? mich dünkt, er bedeutet einen inspirirenden Geist, oder so etwas – haben Sie Thuns magnanephthon, der sich selbst abgegemahlt hat u. als ein Jüdischer Magus im Spanischen Kragen geht, gesehen? Für Ihre Mühe in der Differenz mit Htkn. danke ich Ihnen herzl.; sie ist gehoben u. soll auf keine Weise zu seinem Schaden gereichen. Vale. Inlage bitte doch
    baldigst
zu bestellen.
Kgsberg den 16 Febr 85. Herzlich geliebtester Freund J. Vor Freuden hätte ich beynahe dem gewöhnligen Ueberbringer Ihrer Briefe entgegenspringen mögen, da er gegen die Mittagsstunde in meine Amtsstube kam. Sind Sie’s? rief ich, weil ich meinem Gesicht nicht trauen kann. Meine Unruhe kam von einer Besorgnis Ihrer Unpäßlichkeit – und daß Sie meines vielen Schreibens,
    dies
- und
    jenseits
der Sache, müde und überdrüßig geworden waren. Das letzte war mir gleichgültiger, als das erste; denn Misverständnis läst sich leichter heben, als Krankheit. Den
    letzten Tag des ersten Monats
erhielt ein Pack aus Münster mit Lavaters Meßiade und Herzenserleichterung. Dies Pack war den 7 Jänner abgegangen und von einem Briefe darin die Rede, der vielleicht denselben zuvorkommen sollte, auf den ich aber mit getäuschter Sehnsucht von Post zu Post warte – und auch hier besorge ich
    Krankheit
sowohl als Misverständnis. Ihr liebreicher freundschaftl. Brief hat mich etwas beruhigt und in der Hofnung gestärkt, daß alles nach Gottes Willen gut und beßer als unser Tichten und Trachten gehen wird. Da Sie meinen unbekannten großen Wohlthäter errathen; so verrathen Sie Ihn wenigstens nicht, auch mich nicht. Ich bin noch um kein Haar klüger, und warte noch immer auf Licht zu meinem Wege, den ich gehen soll und jeden zu gehen gleich bereit und willig bin – mit der Post oder auf meinem alten Sorgstuhl neben meinem Bette. Den 7 d. habe erst nach Weimar antworten können auf dortigen Brief vom 7 Nov. und nach Osnabrück bin auch eine Antwort schuldig vom 1. Jänner. Nicht als wenn ich über meine
    neuen
Freunde der alten vergäße – sondern weil Sie der
    nächste
und erste Vertraute in der Hauptsache sind, die mir auf dem Herzen liegt. Sie dürfen sich nicht wundern daß ich Ihnen schon den 14 Nov. einen Wink gegeben, weil ich den 10 ej. einen Brief von Lavater erhalten, von dem ich weiter nichts als höchstens die Möglichkeit zur Ausführung einer Jahre lang in petto gehegten Wallfahrt zu meiner Gesundheit und Valet von Herder u Claudius absehen konnte. Die imbecillitas hominis und securitas DEI ist aus dem Seneca Epist. LIII und liegt mir deswegen im Sinn weil ich sie aus dem Kopf, welches ich niemals als in der grösten Noth thue – falsch angeführt habe in den Einfällen u Zweifeln gegen Nicolai. Imbecillitas ist das eigentl. Wort für mich, weil ich ohne Stock meines Schwindels wegen kaum zu gehen im stande bin. Wißen Sie denn nicht mehr, daß Moser mich zum M. in Norden gemacht und halten Sie nicht die Stelle in Lavaters Physiogn. auch für eine Weißagung. Wenn ich Ihnen alle die kleinen Umstände erzählen
    könnte
, welche mir diese beyde Erscheinungen
    eindrücklich
gemacht haben: so würden Sie es mir nicht verdenken, daß ich mich Ihrer derselben auch zur Unzeit erinnere. Ich weiß Gottlob! nichts von Kopfschmerzen; aber nichts greift meinen Kopf so heftig an als Suchen und Aufräumen. Es war mein rechter Ernst, bey dem Tode des seel. Lindners mit seiner Bibl. auch zugl. die meinige zu verkaufen. Ich schrieb daher meine Bücher an einem Sonnabend auf, weil es die allerhöchste Zeit war mit dem Abdruck zu eilen – und glaubte alle meine Sinnen über der Arbeit zu verlieren, brach auf einmal ab und nahm mir vor den Sonntag im eigentl. Verstande zu ruhen und in die Kirche zu gehen. Eben da ich mich ankleiden will, schickt mir ein alter Freund, Kriegsrath Hennings den neu angekommenen Theil der Physiognomik zum Ansehen und Durchblättern. Ich entschließ mich also zu Hause zu bleiben, setz mich der schönen Witterung wegen in das leere Gehöfte meines damaligen Hauses und lese in aller Unschuld fort, bis ich auf mein eigen Kopftuch kam und auf die über mein kahles Haupt ausgeschüttete Salbe. Dieselbe Woche wie die Auction angehen sollte überfiel mich und mein ganzes Haus beynahe ein Quartanfieber, als wenn ich es bestellt hätte, und gieng mit mir am gelindesten um. Dergl. individuelle Züge Beweise göttlicher Güte und Herunterlaßung zu unsern Bedürfnißen sind
    feurige
    Kohlen
und dringen tiefer in die Seele als das faule Holtz scholastischer Begriffe von Substanz, attributen, moden und Ens absolute infinitum. Wer keine Erfahrung hat oder braucht, kann sich immer mit diesen Schellen reiner Vernunft die Zeit vertreiben. Ich habe diese Woche eben den
    ersten Theil
der Ethick mit der deutschen Uebersetzung verglichen, in einem einzigen Abend auf Veranlaßung meines Freundes Scheffner, dem ich letztere leyhen muste und sich über die Dunkelheit derselben beschwerte. Er hat Recht – ich finde einen ganzen Satz ausgelaßen, wodurch der Verstand gantz verstümmelt ist – der Uebersetzer ist beynahe so ein Purist, als der Humische. Ein bestehendes Ding, für Substantz – formalis essentia, das ausmachende Wesen obiectiue, vorgestellter Weise – Noch mehr hat mich Sp. aber am Ende des ersten Buchs geärgert, der sich über die praeiudicia de bono et malo, ordine et confusione cet aufhält und sie für lauter modos imaginandi erklärt, als wenn seine Definitiones aus etwas anders beständen und keine modi imaginandi wären. Da seh ich den Mann der über sich selbst lacht, wenn er sich mit Fliegen und Spinnen die Zeit vertreibt. Ich habe gestern in Descartes opusculis posthumis seine regulas ad directionem ingenii mit Vergnügen zu lesen angefangen u in der X sagt er:Dialecticorum praecepta – quasdam formas disserendi praescribunt, quae tam necessario concludunt, vt illis confusa ratio, etiamsi quodammodo ferietur ab ipsius illationis euidenti et attenta consideratione, possit tamen interim aliquid certum ex vi formae concludere: quippe aduertimus elabi saepe veritatem ex istis vinculis, dum interim illi ipsi, qui vsi sunt, in iisdem manent irretiti: quod aliis non tam frequenter accidit, atque experimur, acutissima quaeque sophismata neminem fere vnquam pura mente vtentem, sed ipsos Sophistas fallere consueuisse. Ohngeachtet die Stelle keinen rechten Zusammenhang für mich hat, scheint sie mehr sehr fruchtbar zu seyn. Auf dies eitele Vertrauen ex vi formae Gewißheit zu erhärten scheint mir das ganze Kantsche Gebäude zu beruhen und ich werde wohl nicht eher Lust bekommen die Ethik des Sp. zu endigen, bis seine Moral diese Meße erscheinen wird. Scheffner nennt mir
    Swieten
als den Verf. des Versuchs über die Existenz der materiellen Welt ohne mir zu melden, wo er den Namen her hat. Neben Cartesio habe ich auch Hobbii Civem u Leuiathan aufgetrieben aber seine Opera philosophica die ich in Curl. gelesen, hier nicht finden können. Ich bin beruhigt, daß Mendelssohn seinen
    Mann
gefunden – und werde nicht eher mitreden, als biß ich etwas reifes und entscheidendes glaube gefunden zu haben. Kant ist mir näher als Mendelssohn. Dem was L. von Freunden und Feinden sagt, giebt die
    Wahrheit
selbst Zeugnis. Die einen sind die
    gröste Wohlthäter
, und die andern öfters die
    gefährlichsten Parasiten
. Es ist eine schreckliche Wahrheit des Predigers, daß
    kein Mensch kennt weder die Liebe noch den Haß
irgend
    eines, den er vor sich hat
– und dennoch haben Menschengunst und Menschenfurcht so viel Einfluß in unsere Bewegungsgründe Eh ichs vergeße, wie gehts mit Ihrer Uebersetzung des Turgot? Hieß er nicht so? Unser alte Pädagog hat den Necker auch gelesen – den ich mir auch bald hier zu haben wünsche – Ich pfleg wol sonst so ein guter Bücherjäger als Menschenfischer zu seyn. Unterdeßen ein alter Brandenburger das fr. Finantzwesen reformirt, geht hier Land und Volk durch welsche Buben und Cartouchen zu Grunde. Hinc illae lacrimae – Punicae! Auf das
    Steckenpferd
meiner Reise zu kommen: so würde ich mir gern die Marschroute unsers lieben Claudius gefallen laßen – Aber es hängt alles von Umständen ab, und vornemlich von einer
    höhern Erlaubnis
ab. Mein Freund Reichardt ist plötzlich nach London gegangen – Der mir zu meinem gegenwärtigen Posten verholfen, hätte mir auch in der gegenwärtigen Angelegenheit gern beygestanden, auch sich bereits dazu erboten. Der bisherige Mangel an Schnee ist heute beynahe durch einen Wolkenbruch ersetzt worden, und der Winter ist hier so gemächlich gewesen, daß ich nur einmal des Tags einzuhitzen nöthig gehabt, ohngeachtet ich eine wahre Stube nicht entbehren kann. Der Wolken, Luft und Winden giebt Wege, Lauf und Bahn – ProvidebitIch wünschte in mancher Rücksicht dieses Jahr lieber einen Besuch in meiner Heimath. Durch die mir widerfahrene Herzenserleichterung von Sorgen und Kummer, die mich niedergedrückt, fühle ich mich verjüngt und zum Sitzen und Gehen gestärkt. Bloß die Unmöglichkeit von der andern Seite meinen Wunsch erfüllt zu sehen, würde mich nöthigen allen Hindernißen Trotz zu biethen; denn meine philosophische Neugierde den
    Mann
zu sehen und zu genießen, ist noch
    mehr
durch Ihre
    Nachrichten
, als durch H. u. L. Empfehlungen und meine eigene Sympathie der Empfindungen gereitzt. Ich finde mich aber in einer Verlegenheit mich selbst gegen Ihn auszuschütten, weil alles den Schein eines bestochenen Urtheils und einer parteyischen Leidenschaft in beyder Augen haben muß. Lachen Sie, liebster Jacobi, so viel Sie wollen. Bey meinem
    großen Glück an Freunden
, mit denen ich mich gar nicht vergleichen darf, hab ich immer eine Leere in meiner Seele nach einem
    Alcibiades
gefühlt und am
    letzten
    Jänner
lag mir immer im Sinne Ευρηκα ευρηκα – „Unter 1000 habe ich einen
    Menschen
funden“ einen
    Jüngling
, der sich nicht schämt, ein Christ zu seyn. Nahm ich die letzte Neige meines Muttertheils um den Layenbruder zu suchen – ich hätte das Außerste gethan, Seine u Meine Neugierde zu stillen. Es giebt noch Fälle für mich alten Greis, wo ich noch wie ein
    wilder Mann
zu Werk gehe. Dies
    Homogene
ist für mich anziehender als alles übrige, was ich bereits gehört. Seiner Gesundheit und eignen Ueberzeugung wegen von meiner ganzen Lage, wünschte ich Ihn dies Jahr hier zu sehen, und gesetzt daß es Ihnen auch mit mir so gehen sollte, wie mit Ihm – sollen Sie auch unter St. Jacobi Bedingung von meiner παρουσια του σωματος ασθεης und λογος εξουθενημενος überzeugt werden Er hat mir ein ungemein ansehnl. Capital
    anvertraut
, von deßen Zinsen ich gleich Gebrauch gemacht wie Sie wißen zur Erziehung meiner Kinder. Ich hoffe es mit aller Treue dazu anzuwenden, und will Ihm das
    Eigenthum
gern überlaßen – Meine Kinder, wenn sie sich deßen würdig machen, sollen es Ihm allenfalls und nicht mir zu verdanken haben. Die Kosten
    meiner Reise
, welche ich gern mit meinem Sohn thun möchte, würde ich höchstens davon abrechnen, wenn es dazu kommt. Die 3 Briefe welche ich bisher erhalten, machen mich dürstig nach mehr und längeren – Auch seine Familienverhältniße sind mir gantz unbekannt. Das Rätzel seines
    ersten
Briefes ist zu meiner grösten Zufriedenheit aufgelöst – im dritten sind eben solche
    Aufgaben
, deren Auflösung ich von Ihm Selbst erwarten muß – und ich bin eben so wachsam auf mein eigen Herz wie auf Seins. Zur Buße für Ihre Härte, womit Sie den Alcibiades Ihres Freundes abgewiesen, bitte ich Sie Ihm Beyl. zuzustellen, von der ich mein eigenes ausgerißenes Exemplar desto eher abgeben kann, da
    Scheffner
mir das seinige zur etwanigen Sammlung meiner Schriften, deren ich mich kaum des Verlegers und Freundes Hartknoch wegen entziehen kann, zugesagt. Die Fünf Hirtenbriefe sind Ideale an den seel. Kirchenrath Lindner über seine Schulhandlungen die er als Rector in Riga ausgegeben, über die Beurtheilung derselben in den Litteraturbriefen und eine Verantwortung des Verf. dagegen, die einen Bogen macht und hier von mir besorgt wurde, kaum auswärtig bekannt worden. Die Zugabe sind würkl. Billete, die ich an Prof. Kant geschrieben. Ich werde Sie nicht mehr mit Einl. beschweren aber gegenwärtige wünschte ich am liebsten durch Ihre Vermittelung bestellt zu sehen, weil mir die losen Blätter im Wege liegen und ich sie gern aufräumen wollte, ehe etwas davon verstreut würde.
    Wenn
und
    wie viel
Hefte ich im Kayserlingschen Hause abgegeben, habe ich Ihnen bereits gemeldt, ob sie abgegangen sind, weiß ich nicht. Den 1 d. war angesprochen um Gesneri Isagoge abzuholen, die der Graf gern kennen lernen wollte; muß nächstens wider hingehen, um die Samml. Ihrer Schriften zurück zu haben. Ich habe die Gräfin nicht gesprochen und mich nach nichts erkundigen mögen. Wie sollte ich Lavater nicht lieben? Ohngeachtet seine
    Herzenserleichterung
es nicht für mich nicht gewesen in vielen Stellen, und die unerschöpfliche Thätigkeit und Sanftmuth dieses Mannes mit meiner vis inertiae, Ungedult pp seine schnurgerade Hand mit meinen Fliegenfüßen, seine klare Lauterkeit mit meinem Trübsinn, seine Angstlichkeit mit meinem Leichtsinn gewaltig absticht – so habe ich doch mit Wohlgefallen manche Ahnlichkeit unsers innern Menschen gefunden, und mir gleich dies Buch angeschafft, als ein wahres Seelengemählde zu seinem schönen Kupferstich, der über mein Bett hängt. Seine Meßiade hab ich mir gewünscht, aber nicht das Herz gehabt es mir merken zu laßen geschweige die Kupfer – Wir haben nun 2 Meßiaden, die so verschieden sind in ihrer Oekonomie als Martha und Maria. Ich freue mich auf die Fortsetzung und Vollendung einer so schönen evangelisch-apostolischen Encyclopädie, deren historischer Stoff alle Poetische Form übertrifft. Ich habe einige Tage nichts als diese Gesänge lesen können und das Wort des Uebersenders ist an mir reichlich erfüllt worden. den 17 – Was für herrlicher Winter statt des befürchteten Thauwetters! Den Dilettanten hat es eben nicht an der Bahn auf dem Eise gefehlt, aber die Zufuhr auf Schlitten ist bisher ausgeblieben aus Pohlen u Rußland und das Mark unseres Handels und Wandels. Von Gibbon kann ich Ihnen nichts mehr sagen als von jedem andern Buche, das ich lese, weil ich nichts behalte, und nur so lange ich das Buch fürvor michmir habe, seine Güte oder Mängel mehr anschauend schmecke und genieße, als zergliedere. Den Geschmack unserer Zeit abgerechnet, redt er mit Billigkeit und gesunden Urtheil von der
    Hauptsache
des Christentums, das über alle Religionen gesiegt 1. durch die überzeugende
    Evidentz
der Lehre und 2) die
    regierende Vorsehung
ihres Urhebers. Auch die Wahrheit der
    Nebenursachen
läßt sich nicht leugnen. Manche schöne Erklärungen und Milderungen aus dem Zusammenhang der damaligen Umstände. Kurz es ist ein großes herrliches Gemälde – Ideale Schönheit in den Zeichnungen – in der Zusammensetzung – im Licht und Schatten. Ein außerordentlichesr Kopf gehört immer dazu aus dem Chaos der Materialien, ein solches Meisterstück der Darstellung von einer solchen Epoche hervorzubringen.
    Ferguson
, deßen Fortsetzer er ist, kenne ich noch nicht. Sein großes Werk kam damals mit Stewarts Staatswissenschaft frisch aus Engl. an. Meine Praedilection für dies tiefsinnige Werk vereckelte mir die Weitschweifigkeit des andern. Aus seiner Moral, die ich kürzl. nach Garvens Uebersetzung gelesen, besorge ich beynahe den Autor verkannt zu haben und werde mich auch um seine römische Geschichte bekümmern. Ich erhalte eine Einladung zu Hippel – und muß auf meine Loge (so heißen die alte Amtsstuben, die neu angelegten Bureaux) Gott erhalte Sie und Ihre Lieben. Verzeyhen Sie künftig mein zufäll.
    Stillschweigen
, wie bisher mein
    Geschwätz
. Nach meiner Chronologie ist auch über Jahr und Tag
    bald
. Seyn Sie versichert, daß ich kein trahe me post te! nöthig habe, wenn ich kommen
    soll
und
    kann
.
    Beruff
und
    Kräfte
gehören zu allen. Leben Sie recht gesund und wohl bis zum Sehen, oder schriftl. Widersehn. Die Herzenserleichterungen kaufte eigentl. auch
    mit für meinen Sohn
, der seine gute Hand, die er auf dem Lande anfieng, auf einmal verdorben hat. Ich habe ihm blos die
    Stelle gezeichnet
, und nicht mehr zu lesen erlaubt, weil, ich alles, was L. sagt, eben so weit und breit auch meyne. Aber meine stotternde Zunge u Hand liegt in der
    Seele
Ohe iam satis. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 16ten Febr 1785. J. G. Hamann beantw
Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 7. Düßeldorf den 22ten Febr. 1785 Lieber HerzensFreund Ich habe erst am Freytag, da die Preusische Post schon weg war, v der Prinzeßinn von Gallitzin Antwort erhalten. Ich habe aus ihrem Briefe das was Sie angeht durch meine Schwester Helene, mein alter ego, abschreiben laßen, u lege es hiebey. Wegen des Mißverstandes Ihre Tochter betreffend, habe ich die Prinzeßinn mit heutiger Post zurecht gewiesen, u sie überhaupt zu beruhigen gesucht. Buchholtz hat mir auch geschrieben, sich als den Mann bekannt, aber zugleich gebeten, die Prinzeßinn darüber im Zweifel zu laßen, welches, so viel an mir ist, geschehen soll. Der Prinzeßinn hat er gesagt, er würde Sie von dem 1sten Juli an, den ganzen Sommer durch in Münster erwarten. Was mich betrifft, mein Theuerster, so bin ich fertig Sie von Stund an bey mir zu erwarten. Herder schwur mir zu Weimar, daß er mich ehestens besuchen wollte. Ich habe ihn an seinen Schwur erinnert u dringend ermahnt zu kommen. Wenn ich erst sagen darf daß ich auch Sie erwarte, so darf kann ich noch herzhafter sprechen. Säumen Sie nur nicht länger Anstalten zu machen, u melden Sie mir, ob u was wir thun sollen, um Ihnen den erforderlichen Urlaub zu verschaffen. Zugleich, wie Sie Ihre Reise einzurichten gedenken u.s.w. Meinen Brief vom 4ten dieses werden Sie erhalten haben, so wie ich den Ihrigen vom 22ten Jänner. Tausend Dank, liebster Hamann, für diesen Brief. Beantworten kann ich ihn heute nicht; ich habe mir Kopf u Finger schon weg geschrieben. – Meine Gesundheit ist ziemlich gut, u ich denke sie soll bald noch beßer werden, da ich v gewißen Bekümmernißen, die seit einigen Monathen mein Gemüth ganz niederdrückten, befreyt worden bin. Ich umarme Sie mit wahrer warmer inniger Liebe – F H Jacobi. Adresse mit schwarzem Siegelrest:
An Herrn / Herrn Johann Georg Hamann / zu / Königsberg.
Vermerk von Hamann: den 5 März 85. Geantw. den 31 – 4 April.
Kgsbg den 22 Febr. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn! Dies Liebesverhältnis Ihrer eigenen Wahl wird für mich immer interessanter und inniger, je mehr ich von Ihnen Selbst lese, mehr als alles Gute, das ich durch Herder, Lavater, Kleuker u Jacobi bisher von Ihnen gehört habe. Sie haben sich alle Verdienste eines
    Erstgebornen
erworben, und mich erst in den Stand gesetzt, ein
    Vater
meiner natürlichen Kinder zu seyn, aber diese und mich selbst in die Furcht einer desto größeren Verantwortung – und in das sanfte Joch einer desto gewißenhafteren Treue und aufmerksameren Gegenliebe. Ihren kleinen Brief vom 7 Jänner mit dem angenehmen Päckchen habe den
    letzten
deßelben erhalten und den ersten Monath des laufenden Jahres mit rechter Seelenfreude beschließen können – mit desto mehr Unruhe und ängstlicher Ungedult aber das mir angemeldete Schreiben erwartet, hauptsächlich für Ihre Gesundheit besorgt, gemäß Ihrer eigenen L. u Kl. Anzeigen, hiernächst für Misverständniße, die menschl. Vorsicht unvermeidlich, oft Werkzeuge einer göttl. Vorsehung sind u zu unserm Besten dienen müßen. Ein ähnl. Stillschweigen aus Düßeld. mit ähnl. Besorgnißen. Den 16 d. erhielte Antwort von Jacobi, der Sie errathen hat und den ich als Ihren Freund und Bekannten voraussetzte, und der auch bekennt es gewesen oder vielmehr geworden zu seyn. Ich wurde dadurch erleichtert, schrieb mit derselben Post zurück und legte mein eigenes ausgerißenes Exemplar der 5 Hirtenbriefe (welche Meusel in
    Bücher
verwandelt) bey, über meines Freundes, des seel. Kirchenraths Lindner Schulhandlungen, die er noch als Rector der Stadtschule in Riga geschrieben hatte und über derselben Recension in den Litteraturbriefen. Die
    Idee
dieser Hirtenbriefe war an den Verf. selbst gerichtet. Der Anhang ist ein
    wirkliches
Billet an Pr. Kant. Sonnabends den 19 in aller Früh überschickte mir mein hiesiger Freund Jacobi Ihre Einlage. Er hatte auch schon eine Antwort von dem dortigen Banquier erwartet. Ich freute mich sehr, den Abend vorher meiner mittelsten Tochter zur Gesellschaft Pillen eingenommen zu haben, und daher zu Hause bleiben muste, um sogleich auf der Stelle darauf antworten zu können. Schrieb auch flugs in einem Tummel von AbWeitschweifigkeit und Kürze – amant alterna Camoenae, nahm an einem drunter laufenden malo domestico weiter keinen Antheil als daß ich meiner Hausmutter den vollen Lohn auszahlte um ihre Magd aus dem Hause jagen zu können, mit der sie schon einige Tage vorher in Gegenwart eines Commissaire de quartier die nöthige Abrede hatte nehmen müßen – Die Magd war aus dem Hause und ehe ich es mir versahe, steht ein Gast vor mir, der Hofmeister aus Graventhin, HE Scheller, und bittet sich auf eine einzige Nacht Herberge aus, zum erstenmal mit einer förml. Empfehlung seines Schülers, bringt ein paar Karpen und einen Haasen mit. Sein einziges Geschäfte war, Sonntags morgens einem unserer Minister seine Aufwartung als Candidatus Ministerii und Adjunctus einer guten Dorfpfarre, die hier für ihn in der Mache ist, abzulegen und praecise Mittags schlechterdings abzufahren. Sonntags morgens geht ein jeder seiner Wege mit widerholter Abrede, daß unser Mittag praecise 11 Uhr fertig seyn und er nicht einen einzigen Augenblick von seinem ernsten Vorsatz abgehalten werden sollte. Im Wege zu Jacobi, der mich zu Mittag gewiß vermuthet hatte, werde ich von einem Boten meines alten
    Verlegers
, gewesenen Lotterie-Directors, jetzigen Papiermüllers, Schriftgießers und Landjunkers zu Trutenau 5/4 Meilen von hier, auch Buchdruckers zu Marienwerder, HE Kanter, angeruffen um mir zu melden, daß sein Herr in der Stadt wäre – den ich lange nicht gesehen und nöthig mit ihm zu sprechen hatte. Da ich aus eines
    alles unternehmenden Mannes
Munde erfuhr, daß er wegen des gefallenen tiefen Schnees hier vor Anker liegen muste, eile ich aus der Schloßkirche, wo Scheller auch ansprechen wollte, mit der festen Entschließung, ihm seine Abreise aus dem Sinn zu reden, und ihn noch eine Nacht bis auf den andern Morgen aufzuhalten. Meine unterwegs darüber gehaltene Soliloquia waren alle verloren, und ich erfuhr mit rechtem Verdruß, wie ich gleich nach 10 zu Hause kam, daß er ohngeachtet alles Zuredens eine Viertelstunde ohne etwas genoßen oder mitgenommen zu haben mit einem pollnischen Abschiede, wie man hier sagt, auf einem einspännigen Schlitten abgefahren war. Um meinem Verdruß Luft zu machen, wuste ich kein ander Mittel als einen großen Brief an meinen Knaben – vielleicht den letzten, den er von mir erhält, weil er in der Osterwoche zu Hause kommt, hier zu studieren, anzufangen, für die morgende Post. Zu gutem Glück kamen 3 Freunde einer nach dem andern mich einige Stunden zu zerstreuen, Kanter, ein Jude – und Pr. Kraus, den ich lang nicht gesehen und der den Kopf voll von Gedanken über die
    Amtsfreude
hatte, dem ich ein ander Motto: Thu deine Pflicht und thu sie nicht, zur
    Amtsklugheit
entgegensetzen muste. Matth. XXIV. 45! Vergeben Sie es einem so häuslichen alten Mann, daß er Sie so oft an seinen Heerd und Küchenfeuer versetzt. Auch
    hier
    sind die Götter
, sagte der mir liebe Heraklit beym Besuch einiger Abgesandten. An dieser
    kleinen Welt
hab ich gnug und sie ist das einzige Observatorium, von dem ich die große zu beurtheilen imstande bin, die ich nicht kenne, und für die ich mich auch nicht schicke. Um Ihnen die ganze Herrlichkeit meiner Schwäche sehen zu laßen, wünschte ich Sie hier, und krähe in meinem Herzen wie ein Hahn auf seinem Berge, nach Ihrer endl. Erklärung, von der mein Entschluß abhängen wird. Alles Zufällige ist zweydeutig, und bey solchen datis ist kein anderer Schluß
    möglich
als aut - aut – Ihre Neugierde einen Menschen zu sehen, dem Sie Ihr Entbehrliches, wie Sie es nennen, aufgeopfert, kann so groß und so stark nicht seyn, als mein philosophisches Bedürfnis im physischen und metaphysischen Verstande – die
    Hand
, durch welche Gott mein Alles, das schon verlorene All meiner häuslichen Gnüge, Ruhe und Freude auf Einmal widerhergestellt durch ein meinem tiefen dunkeln Glauben und Unglauben entsprechendes
    Wunder
und
    Zeichen
– diese
    Hand
wenigstens zu
    fühlen
und zu
    drücken
. Ihre eigene Besorgnis wegen Ihrer Gesundheits-umstände, Lavaters Zeugnis Sie das zweytemal kaum erkannt zu haben und auch Kleukers Wink in einem Briefe vom 27 Nov. den ich erst am Neujahrstage erhielt, über Ihre sehr geschwächte Leibeskräfte machten mich ebenso dringend Ihnen zuvorzukommen und alles von meiner Seite anzuwenden, um keine Zeit zu versäumen – Auch hatte das überflüßende Oelmaas meine halbverloschene Lampe in eine eben so unmäßige Glut, und meine Lebensgeister in solche Gährung gebracht, daß mir keine Mauer zu hoch schien einen Sprung zu wagen. Eine Gesundheitsreise meinen
    Herder
noch einmal zu sehen, seine Familie und
    Claudius
von Person kennen zu lernen, und meine beyde Gotteskinder – denn in meinem Vaterlande hab ich keine – diese Reise war eine Mine, an der ich Jahrelang gegraben, und den Gedanken daran schon gantz aufgegeben hatte. Auf einmal erwachte dieser eingeschlafene Riese – Weil die Unternehmung einer so weiten Reise, die ich unbeholfener Mann, der schon 3 Anfälle des Podagra gehabt, aber das vorige Jahr davon verschont geblieben bin, gern in Gesellschaft meines
    Hans Michael
thun möchte, das schwerste von jenen beyden aut - aut ist: so thut mir eine so alte Lieblingsidee wirkliche Dienste, und meine Einbildungskraft pflügt gern mit diesem Kalbe auf den äußersten Nothfall. Ohne bey diesen Gedanken einer Leichtfertigkeit mir bewußt, oder eben ein
    Sclave
meines
    Worts
zu seyn – ist auch bey mir Ja, ja, und Nein ist nein, wie bey jedem ehrlichen Mann Ihr erster Brief war blos für mich ein auffallendes Experiment electrischer Funken. Weil ich überhaupt ein wenig mittheilend bin und gegen mein eigen Urtheil mistrauisch – so gab ich mit Zurückhaltung des meinigen meinen vertrautesten Freunden Ihren ersten Brief zu lesen, ohne mich darüber zu wundern, daß sie weniger Antheil als ich selbst daran nahmen. Ihren zweiten Brief muste, weil ich reinen Wein und offenen Handel liebe, dem Manne, der all mein baares Vermögen in Händen hat und den ich zu meinem Unterhändler bey der Bank brauchte – der Pflegmutter meiner ältesten Tochter – auch ihrem leibl. Bruder, doch ohne Inhalt der Beyl. mittheilen.* Der
    dritte
und alle folgende Briefe bleiben vor Jedermanns Augen versiegelt und verschloßen, und ich eigne mir selbige particularissime zu und privatissime. Nach den zwey letzten hoffe ich und wünsche ich, daß Ihre Gesundheit Sie nicht an der Ausführung Ihrer schon in petto beschloßenen Reise hindern, sondern letztere vielleicht zur Beförderung der ersten gedeylich und geseegnet seyn wird. Dem ehrl. Gevatter Claudius habe ich wol eigentl. J. Freundschaft zu verdanken; aber
    meines Wißens
nur ein einziges mal an ihn geschrieben, vielleicht auch 2 ihm für die Samml. seiner Schriften zu danken. Den 15 Nov. pr. erhalt ich einen starken Brief von ihm wegen eines beyl. Mst. das mir zu recht gelegener Zeit kam, aus folgender Veranlaßung. Ohne D. Biester zu kennen erhalte ich vor 2 Jahren zur Adventszeit die Ankündigung seiner Monathsschrift, deren ersten Jahrgang er mir sorgfältig verehrte. Ohne selbst daran Antheil nehmen zu können, that ich mein Bestes ohnglückl. mit schlechtem Erfolg ihm Beyträge aus meinem Vaterlande zu verschaffen, auch selbst Kant dazu aufzumuntern. Mein einfältiger Patriotismus verleitete mich zu einigen Winken, Vorschlägen und Fürbitten – Antwort darauf wurde mir versprochen, aber selbige blieb aus mit dem ganzen zweiten Jahrgange.
    Kraus
, der ihn persönlich und genauer kennt, gab mir zu verstehen, daß ich Unrecht gethan und den Mann beleidigt hätte mit dergl. Zudringlichkeiten. Er bekam den 1 Nov. einen Brief von Biester, aus dem er mir ein Geheimnis machen wollte, weil man es mir sehr übel nahm Mendelssohn zum Atheisten gemacht zu haben. Dieser Vorwand eines offenbaren Misverständnißes brachte mich noch mehr auf – ließ mir aber Zeit bis zum Advent um an Biester wider zu schreiben, ohne mir aber von demjenigen, was er an Kraus geschrieben, etwas merken zu laßen, und eine Erklärung deshalb von ihm selbst auszuholen. Entschuldigte daher den Innhalt meiner vorigen Briefe, auf die ich keine Antwort erhalten, bat mir ausdrückl. den zweiten Jahrgang aus, that auf alle übrige Bände Verzicht, und entschuldigte so gut ich konnte, den Mangel eigener Beyträge zu irgend einer periodischen Schrift, besonders publici saporis – Ich erhielte auch darauf eine höfliche und freundschaftl. Antwort und eine Anerbietung mir alles nachzuliefern, sobald ich melden würde, seit wann man mir vergeßen hätte die Stücke zu liefern – wobey ich es denn habe bewenden laßen. Die Beschuldigung meinen alten Freund Mendelssohn sans rime und raison für einen Atheisten erklärt zu haben, war mir ungemein empfindlich, und bey dieser Verlegenheit war es ein recht erwünschtes Waßer für meine Mühle, da mir Jacobi auf einen Wink des Claudius eine Handschrift über Leßings Spinozismum mittheilte. Hiedurch entstand der genaue und vertrauliche Briefwechsels, den ich vom 1 Xbr. bis zum 17 h. unermüdet fortgesetzt, und deßen nahes oder weites Ende ich noch nicht absehen kann. Seitdem ich des berüchtigten Predigers
    Schultz philosophische Betrachtung
kennen gelernt, hat mein Freund Mendelssohn einen Gegner bekommen, über den er den Schiblemini vergeßen haben wird. Ich will gern der erste seyn ihm Glück zu wünschen gegen jenen Goliath – Zu jener Veranlaßung aus Berlin kamen meine eigene
    Ebentheuer
des wunderbaren Jahrs als neue data und argumenta ad hominem über das philosophische Problem des Spinozismus. Den 1 Jänner ersahe aus dem noch unbeantworteten Briefe des Kl. daß unser Freund Jacobi mit der Fürstin zu Hofgeismar und selbst in Weimar gewesen war. Ich machte also am Tage Epiphanias den dort so nahen Freund zu meinem Vertrauten, um auch in dieser dunkeln Sache einiges Licht zu erhalten. Meine Unruhe über sein Stillschweigen hörte erst vorige Woche auf – setzte und stillte sich vollends durch Ihren vierten Brief, als einen Vorläufer
    deßen,
    der noch kommen soll
Es fehlt mir an einem natürlichen Augenmaas zu einem Operations-plandeßen Arbeit ich mit zufriednen Dank von Ihnen erwarte. Alle meine Gedanken concentriren sich bald auf einen einzigen Fleck, und divergiren eben so natürlich ins weite Feld – Ich zweifele, daß ich über das theologisch-politische Chaos des jüdisch-cartesianischen
    Collegianten
,
wofür ich beynahe seit voriger Woche anfange Sp. zu halten, etwas zur Befriedigung unsers J. herausbringen werde. Mein Geschmack an theologisch-politischen Phänomenen, und die idiosynkratische Aßociation meiner Ideen hat manche erloschene Grillen in mir wider aufgeweckt, zu denen meine alte Liebe schon verrostet schien. Mein Patriotismus ist aus ebenso viel Liebe als Haß meines Vaterlandes zusammengesetzt. Was Mardochai zur Esther sagte,
    misbrauchte
vielleicht mein Schiblemini, die Eitelkeit meiner Muse, meiner träumenden Sulamith, zu regen mit einem: Wer weiß, ob nicht dein eigen Glück ein Aufmunterungsmittel seyn kann, auch einen Versuch für die Erhaltung deiner noch ärmeren Amtsbrüder zu seyn – und die Schande der
    welschen Jesabel
aufzudecken und zu rächen. Kurz, wie im Buch der Weisheit von jener großen Ueberschwemmung geschrieben steht, giengen alle Elemente meiner Seele durch einander, wie die Sayten auf dem Psalter durch einander klingen und doch zusammen lauten. Siehe, mein Bauch ist wie der Most – und mancher aristophanische Schlucken, mancher engastrimythische Odem ängstigt mich – In statu quo zu bleiben, dazu ist meine vis inertiae gnug; aber die molimina einer Versetzung zu befördern, braucht die Oekonomie meiner Organisation einen apparatum von Hebeln, Waltzen p die ich mir
    auf allen Fall
selbst bereiten wollte und muste. den 23 – Ich schrieb gestern später in der Nacht, als ich zu schreiben gewöhnt bin, wegen eines
    Besuchs
. Heute sollte alles mit meinem Jacobi hier abgemacht werden und wurde zu Hippel gebeten. Die Respetto Tage sind über und über voll alles daher richtig zur Ausfertigung der überschickten Qvittung, welches morgen geschehen wird. Bis Ihr Hauptbrief ankommt, ist alles ein bloßes Gedankenspiel mit Steckenpferden. Sie haben Recht, Mein auserwählter und gewünschter Sohn, mich u. J. zu entschuldigen mit innerer Noth und Luxus der Liebe. Ich vermuthete ihn als das Triebrad der Fürstin, und bey dieser etwas Ähnliches Ihres Entwurfs, dem ich sogl.
    vorbeugen
wollte, und diese Absicht bald zu erreichen, war ich zu unbehutsam, und gab mich zu bloß. Ich bin aber nirgends zu Hause, kaum bey mir selbst. Ich habe schon erzählt, wie und wodurch des berüchtigten Schultz atheistische Betrachtung eine würkliche
    Herzenserleichterung
für mich gewesen – L. seine schien mir eben so dienlich zu einer Herzensprüfung – Trotz meiner Enthaltsamkeit Bücher zu kaufen, bezahlte ich beyde auf dem Rückwege von Kayserling mit dem daselbst für meine Hefte gehobenen Gelde, das ich wie einen
    Korban
ansahe und nicht besser anzuwenden wuste. Die
    Meßiade
hatte heimlich gewünscht (weil ich die andere als einen Lohn für meine Scherflein erhalten) aber nicht das Herz gehabt mir diese Ahndung merken zu laßen, auch noch kein Exemplar davon zu Gesicht bekommen hatte. Ich freue mich auf die Vollendung – und wünsche dem mir so wohlthätigen L. zum voraus Glück dazu. Nachdem ich sie gelesen um bald wider zu lesen, erbaut sich gegenwärtiger mittler Weile ein gewißer
    Mayer
mit seiner Frau daran, der mir gestern die Kupfer wider brachte – ein Mann von außerordentlichen Führungen, der sich unter selbigen durch eben so viel Sanftmuth als Festigkeit unterscheidt, hier Theol. u Medicin studiert, da er eben in Berl. Kriegsrath werden sollen. Ich studiere Ihre Briefe, wie sie scheinen meine Blätter studiert zu haben. Sie schreiben mir
    Rätzel
, geben mir aber auch zugl. den
    Aufschluß
zu den
    meisten
.
– und erwarte das übrige von Ihrem Hauptbriefe, in deßen Gange ich ungeachtet meiner Ungedult ungern stören möchte. Warum zählen Sie aber, wie es mir vorkommt geflißentl. 3 Ebentheuer meines wunderbaren Jahrs. Ich weiß nicht mehr als 2; denn der Scherz unserer Adoption ist in meinen Briefen als ein wahres
    Geheimnis
auch nicht in Gedanken berührt worden, wenn ich noch irgend einesiges
    Bewußtseyns
fähig bin. Ob ich gleich fast alles vergeße was ich lese und schreibe; so geschieht doch letzteres mit eben so viel Anstrengung als Bedenklichkeit. Keine Sylbe ist mir von jenem unsern Spiel schriftlich entfahren, und das Certificat de l’Auteur kann kein Mensch als Sie verstehen, weil es auch im Grunde auf den
    Misbrauch
eines prophetischen Wortes, das mir
    heilig
bleibt, beruht. den 24 Alle Ihre Urtheile über Menschen und Sachen sind keine Rätzel für mich sondern Beweise unserer harmoniae praestabilitae. Der Knoten liegt immer in dem, was Sie von sich selbst sagen, da liegt immer etwas paradoxes in thesi für mich – ich vermuthe aber, daß es Ihnen mit meinen ewigen Antithesen nicht beßer geht. Die gelehrten Klätschereyen können Ihnen nicht ein so großer Gräuel seyn als mir selbst, besonders sobald ein dritter darein verwickelt wird. Meiner selbst wegen bin ich ziemlich gleichgiltig, auch wohl leichtsinnig bis zum Muthwillen eines Alcibiades. Ich wunderte mich selbst drüber, daß ich heute vor 8 Tagen einen Brief an Jacobi schloß mit einer Entschuldigung meiner bisherigen Geschwätzigkeit und künftig
    zufälligen Stillschweigens
. Es steht also immer bey mir zum eigentl. Thema unsers vertraulichen Briefwechsels, der philosoph. Untersuchung des Spinoz. Systems zurückzukehren, das noch wirklich alle mir übrige Stunden abzieht, nicht mehr als Partey des Mendelssohns – dem Himmel sey Dank, sondern als ein bloßer Zeuge seines etwanigen Streits mit dem rechtschuldigen Gegner, den er sich gewünscht und gefunden. Fortgesetzt den 24. Febr. am Tage St. Matthias. Ich komme von meinem Jacobi, wo ich Mittag gehalten und die mir vorgeschriebene Quittung unterzeichnet dagegen einen Wechsel über 12600 fl. pr. erhalten. Es ist ein rechtschaffener,
    sehr vorsichtiger
Mann, wie Sie werden ersehen haben. Bey den abgeredten Bedingungen bleibt es auch, daß meine Kinder, wenn sie sich mit Göttlicher Hülfe ziehen laßen, es Ihnen zu verdanken haben sollen, und mir die bloße Verwaltung der Zinsen zueignen. Sie behalten also Ihr volles Recht auf das Eigentum des Hauptstocks, das Agio des Goldes ausgenommen im Fall meiner Reise oder Wallfahrt.
    Eile mit Weile
unterdeßen ich mit
    Eile warten
werde, wie St. Petrus sagt 2, III. 12 auf Ihren
    Hauptbrief
,
bis er kommt; denn von diesem hängt Faden – Zahl, Maas und Ziel meiner Entschlüßung und Erklärung derselben ab – und die rechte Bestimmung alles desjenigen, was ich bisher auch an J. zum Zeitvertreib geschrieben habe, um mich selbst auf alles vorzubereiten, das Schwere mir leicht und umgekehrt vorzustellen. Meine erste Sorge soll jetzt seyn mir ein gantz neues Schreibzeug anzuschaffen; denn bisheriges ist ausdrücklich dazu bestimmt, mir alles Schreiben und Jedermann alles Lesen deßelben, was ich schreibe, zu vereckeln. Lav. § 7. an seine Correspondenten ist vollkommen mein eigenes Urtheil und die wahre Richtschnur deßelben über mich selbst und jeden Schmierhans. Was ich mit meinem Jungen über diesen Punct für Arbeit habe, können Sie sich nicht vorstellen. Er fieng auf dem Lande mit einer recht guten Hand an, worinn Scheller ein recht gutesschönes Muster ist – Meine Freude währte nicht lange, und jetzt scheint er mir allen Grundstrich beynahe verloren zu haben. In Rücksicht auf ihn mit, kaufte ich die Herzenserleichterung, schickte ihm selbige mit dem ausdrückl. Auftrag zu, die
    einzige Stelle
zu lesen und zu beherzigen. Ohne besonderen Anlaß bekommen Sie, Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, keinen Brief von mir, bis ich den Ihrigen erhalte. Gottes Seegen wird mir der Ihrige für mich, kein Geitz seyn – und Ihr Experiment zu einem
    guten und glücklichen Werk
gedeyhen laßen, und die Arbeit Ihrer Hand daran durch Gesundheit, Ruhe und Freude fördern. Sie haben doch nichts dagegen einzuwenden, falls ich mich
    bisweilen
des Einschlußes über Düßeldorf bediene. Alle Data, die ich habe, reichen nicht zu einem Resultat für mich; geschweige, die ihm mitgetheilten – Auch mir scheint der Grund und Boden, auf dem er steht und baut, bald wie ein glattes Eis, bald wie der jetzige tiefe Schneesand vor – und keine panische Furcht noch Begeisterung, der Weisheit Anfang. Doch diese Sorge bleibt Gott und jedes eignen Seele anheim gestellt. Unser Glaube an Eins ist noth! scheint nach einerley Melodie zu gehn, an der auch eben nicht so viel als am Text gelegen, und nicht so wohl an den Varianten, als an dem Geist der Kraft und des Sinns, der lebendig, enthaltsam und fruchtbar macht. Meinen herzl. Gruß, Kuß und Dank an L. Der
    letztere
für Sie bleibt ex respectu parentelae in petto. Gestern morgen erhielte einen Einschluß aus Schafhausen in Herders
    zweiten
Briefe, unterdeßen
meine Antwort auf den ersten unterwegs gewesen. Auch Kl. bin ich noch nicht imstande zu antworten. Biß ich Ihren Hauptbrief erhalte, bleibt also Ihr Nachbar unser J. mein einziger Vertrauter, den ich zu meiner retraite allmählich vorbereiten werde, weil ich in meiner Waßer und Weindiät, wie Asmus aus dem Buch der Maccab. sagt, alterniren muß. Ein klein franz. Schaarwerk, das ich dem dienstfertigen und gefälligen Bancodirector Ruffmann, Hippels Nachbar und Freunde, übersetzen soll, liegt mir vor Augen und im Wege – daß ich weder mehr schreiben noch den heutigen Aposteltag aus Hahns kleiner Postill feyern kann. Gott laße alle unsere gemeinschaftliche und einstimmige Wünsche und Hoffnungen und Gesinnungen der Liebe Ja und Amen seyn. Ich bin, lebe und ersterbe der Ihrige en tout sens Johann Georg Hamann. * Jener Zweite Brief war für mich ein vom Gewitter beschwängerter Ableiter – und würkte auf meine Hypochondrie bis zu Convulsionen. Adresse mit Siegelrest: An / HErrn Franz Buchholtz / Herrn von Welbergen, / wohnhaft zu /
    Münster
/ in Westphalen. /
    Einschl
.
Kgsberg den 23 Febr. 85. Alter lieber Freund. Ich habe das ganze neue Jahr gnug an Sie gedacht, ohne daß es mir mögl. gewesen ist zu schreiben, um mich wenigstens für die Haselhüner u. Caviar zu bedanken – welches sich wie HE Motherby sagte, da ich ihm deshalb meine Noth klagte, unter guten Freunden von selbst versteht. Vor einer Stunde komt der neue Liebausche Buchhändler zu mir, um Abschied zu nehmen, und bringt mir einen Brief von der Post, der Beyl. enthielt und selbige auf das geschwindeste zu befördern befiehlt. Ich habe seinen Brief von Novbr pr. erst den 8 d. beantworten können. Mein langes Stillschweigen komt ihm auch unerklärlich vor. Der Schreck über den Fall meines Bildes aus seiner vergoldeten Einfaßung ist ihm auch eine Ahndung gewesen viel Neues von mir zu hören. Ich war willens heute bey meinem Jacobi zu speisen, muß es aber bis morgen aussetzen, weil mich Kr. Hippel gebeten, und ich habe alle Hände voll diesen Posttag zu bestreiten. Ich erwarte Sie aber bald Selbst wegen der nahen Ostern – Gott schenke Ihnen Gesundheit, guten Weg und Witterung. Gott Lob und Dank daß am II. Theil der Ideen gedruckt wird. Ich freue mich herzlich darüber und wünschte die alte Freundschaft zwischen beyde sich einander nöthig habende Hände wieder vollkommen hergestellt und verjüngt. Haben Sie doch soviel Gedult mit unserm gemeinschaftl. Landsmann und Gevatter als Sie mit mir haben, der sich recht vorgenommen das Maas seiner Sünden voll zu machen. Ich habe das dicke Pack von Reiske noch kaum Zeit gehabt anzusehen. Gott erhalte Sie und die Ihrigen gesund – und kommen Sie mit guter Laune her. Alles übrige Neue bis auf unsere persönliche Zusammenkunft – Bey mir ist Gottlob! alles wohl, wie ich es bey Ihnen wünsche. Entschuldigen Sie und vergeßen nicht Ihren alten Cunctator und Freund Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
.
15 Fr.
Vermerk von Hartknoch: HErrn Hamann in Königsberg Empfang. d 16. Feb. 1785
Kgsb. den 27 Febr. Dom. Oculi 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, diesen Morgen erhalte durch meinen
    Jacobi
Ihren auch ungeachtet der darinn enthaltenen
    Nachwehen
erfreulichen Brief, an statt daß ich einen von unserm J. fast so gewiß erwartet wie den Besuch meiner ältesten Tochter. Ich kann aus meinen eigenen
    Wehen
sehr treffend auf die Ihrigen schließen, und hoffe aus analoger Erfahrung die neue Geburt gründlicher u lebhafter Freuden. Unser J. weiß nichts von dem geheimen Verhältniße – und wenn ich Sie meinen Vater nenne, wie kann er vermuthen, daß Sie der Sohn meines ganzen Wohlgefallens sind. Dies Wortspiel der Vorsehung liegt so tief in meiner Seele vergraben, und ist bey mir so innig verdaut, daß jede Laut- und Ruchbarkeit deßelben eine Entweihung unserer gegenseitigen Liebe, wie ein metaphysischer Cynismus – mir vorkommt. Ich habe also gar nicht nöthig mir einzugeprägen, daß Ihre wesentliche Sache mit jener zufälligen nicht einerley ist. Wie die gute Gr. Kayserl. zu praeludiren anfieng, fiel ich gleich mit der Thür ins Haus in lauter
    Generalibus
– Wie sie mir den
    Ort
nannte, war ich so behutsam mir nicht im geringsten merken zu laßen, daß es der Ihrige wäre. – Ich fand in dem Gedanken, daß Sie daran Theil hätten, ich weiß nicht was Zurückstoßendes und widriges für mich. – Um die Gräfin und mich selbst davon zu entfernen, griff ich nach Düßeldorf, und unsern J., erbot mich die Samml. seiner Schriften ihr mitzutheilen, welche sie noch gar nicht kante und von keinem Verf. als dem Domherrn das geringste wuste. Es war mir also schon gleich beym ersten Ausbruche der Sache eine Art von
    Herzenserleichterung
Sie, mein Auserwählter, von allem directen Antheil an diesem Ebentheuer abzusondern, weil mein Kopf an Einer Idee, und mein Herz an Einer Leidenschaften gnug hat – und ich mit einer Art von Eifersucht und Verdacht mich getheilt und zerrißen sahe. Durch Kl. positive Nachricht vom 27 Nov. die aber erst am NeujahrsAbend erhielt, wurde mir diese ganze Hypothese noch zuverläßiger: und weil ich in unsers J. und der Fürstin Briefe an die Kays. parallel Züge Ihres wohlthuenden Plans bemerkte oder zu bemerken glaubte, so wuste ich jedem operi operato supererogationis nicht beßer vor- und auszubeugen als durch die reine Wahrheit im Allgemeinen, mit der sorgfältigsten und aufmerksamsten Vermeidung alles zu Individuellen – weil ich in Ansehung deßelben selbst im Dunkeln war, wie zum Theil noch bin, und damals noch mehr, aus Besorgnis anzustoßen, tappen muste als jetzt, da jeder Brief, den ich von Ihnen erhalte, mein Vertrauen stärkt, – und Ihre damalige dreiste Versicherung, „daß Ihr Kopf immer mit dem Herzen zugleich marchirt“ nicht mehr so räthselhaft ist, obschon ich jenes ebenso wenig Ihnen nachsagen darf, als das Neuerliche: „Mir ist alles so erwartet, und aus einer Welt, worinn ich durch den guten u. gerechten Willen des Vaters zu Hause gehöreWir können also, mein gewünschter Sohn, von beyden Seiten gantz ruhig seyn. Unsere harmonia praestabilita zeigt sich vornemlich in einem gleich natürlichen Geschmack an der
    Wahrheit
, von dieser allein hängt Freyheit ab, und der rechte Gebrauch derselben. Gesetzt also, daß Sie unserm J. mehr entdecken sollten, als er von mir weiß und durch mich wißen kann: so habe ich eben das Vertrauen, das Sie ihm selbst in Ihrem Briefe bezeigen, zu seiner Ehrlichkeit, daß er uns beyde Niemanden verrathen wird – und was ein Freund errathen kann, muß man lieber von selbst ihm anvertrauen. Er hat mein einfältiges
    Vielleicht
zur Behülflichkeit, durch einen Geschwindschluß, in einen
    Auftrag
verwandelt, und eine mit Fleiß hingeworfene entfernte
    Frage
zu mehr als Einer Antwort und
    Vermuthung
anzuwenden gewußt. Meine Zufriedenheit mit der ersten erlaubte mir nicht der andern zu widersprechen; sondern ich vereinigte mit dem Beyspiel eigner Vorsicht, die Bitte selbiger nachzuahmen. Ich habe Ihnen meines Wißens gemeldt, daß ich den 15 Jänner 21 Hefte bey Kayserlingks abgegeben habe; den 1 d. war ich wider da, um Gesneri Isagoge, die der Graf sehen wollte und meinem Sohn gehört, abzuholen. Gestern war wider angesprochen um die Samml. des Jacobi, die ichsie lesen wollte, zurück zu haben. Die Gräfin schlief noch, und ich hatte wenigstens die Ehre dem jungen Grafen aus Curland, deßen Kinder hier erzogen werden, einen Bückling zu machen, erhielt wider einen Auftrag ihnen jemanden zum Lehrer in der Mathematik vorzuschlagen, wo mir ich weiß selbst nicht wie, der in meinem vorigen Briefe angeführte Mayer einfiel. Ich werde daher nächstens wider ansprechen müßen, um so mehr, da der alte Graf das vorige mal auf meinen Joh. Michel Anspruch machte, daß er ein paar Stunden die Woche das Griechische mit den kleinen Grafen versuchen möchte. Demohngeachtet weiß ich noch nicht, ob meine Hefte abgegangen, u habe auch deßhalb keine Erkundigung einziehen mögen. Ich hoffe von Ihnen die Ankunft meiner Hefte derselben zu meiner privat- notiz zu erfahren, und wann sie von hier abgegangen. Der erste Brief von meinem Freunde aus Halle ist auch der letzte gewesen; er hat seitdem keinen Laut von sich gegeben, der mir kaum entgangen seyn würde. Er kehrte nach einem kaum überstandenen faulichten Nervenfieber aus Wien zurück und wollte seine daselbst gemachte reiche Erndte den Winter über ordnen und gelegentlich anwenden – hatte sich aber schon vor seiner Reise eine langwierige Lähmung der rechten Seite durch seinen übertriebenen Fleiß zugezogen – und ist vielleicht durch neue eigene Leiden zu einem consilium fidele für andere noch tüchtiger geworden. Auf einen tiefen Schnee, der eine ganze Woche gewährt, hat sich heute eine grimmige Kälte eingestellt, die mich nicht erlaubte auszugehen. Meine arme Tochter hatte den Weg zu Fuß thun müßen, weil es allenthalben an Schlitten gefehlt, und kam halb verfroren und mit thränenden Augen in unser Haus. Mutter und Schwestern haben sie desto vergnügter eben jetzt auf einem Schlitten zu Hause begleitet. Ich komme wider auf die Stelle meines Briefes zurück, und finde eben so nöthig selbige zu corrigiren, wie Sie es mit einer an J. haben machen müßen – dem ich die ganze Verlegenheit (meiner
    äußerlichen und häuslichen Umstände
) sicher entdecken konnte und gewissermaaßen muste – „
    Ich habe ihm meinen Vater nicht genannt
“ bestund nicht nur in dem Geheimniße Ihres
    Namens
, sondern eigentl. des tituli, der eben die intension für alle meine Empfindungen hatte, als die
    Gabe
selbst sich über alle meine Bedürfniße
    extendirte
und selbige mehr als
    deckte
. Was Sie
    Nebengeheimniße
nennen, sind
    Name
und
    Summe
in meinen Augen – Ihr Recht zu geben und meine Pflicht zu nehmen lag in Einer
    Qvelle
– Das
    Symbol
u Pfand der
    geheimen Verhältnis
gieng aus Ihrem
    Mund
in meinen, aus Ihrer
    Hand
in die meinige. Das Eigenthum der Summe bleibt Ihnen, und ich bin Ihnen so wol für den Hauptstock als meinen leibl. u natürl Kindern für die Anwendung u Nießgebrauch der Zinsen die gewißenhafteste Red und Antwort schuldig. Der Schwachheit meiner Adamsnatur wegen, muß ich zu diesen fictionen juris meine Zuflucht nehmen, weil es mir wie dem
    Holtz am Weinstock
geht, wie den Reben, die ohne Geländer und adiutorium keiner Selbsthaltung fähig sind – und ich ohne einen
    sichtbaren Principal
nicht existiren kann. Ich sage Ihnen die Wahrheit und lüge Ihnen keine Schmeicheleyen, daß in der kleinen
    besten Welt
von
    Freunden
, die mir Gott gesuchtgeben, noch immer ein
    Gehülfe
, den ich Bein von meinem Beine, Fleisch von meinem Fleische
    nennen
könnte
    gefehlt
und
    geahnt
, ein ισοψυχος, wie St. Paul seinen Timotheum hieß, und den ich für ein bloßes Ideal hielte als Diogenes mit seiner Laterne suchte. Ihre Briefe enthalten immer mehr Randgloßen über meinen eigenen Text, an deßen Richtigkeit ich beynahe zu verzweifeln anfieng. Ich habe manche Gewalt nöthig meine innere Freude durch kein zu lautes Ευρηκα zu verrathen. Auch meine Empfindung hat das votum positiuum, und der
    zureichendste Grund
bleibt ein bloßes negatiuum, ist kein
    Bothe der Freude
für mich, noch des
    Friedens
. Was Sie von Ihrer
    Diät
und
    Selbstheilungsmethode
einfließen laßen, hoffe ich durch Ihre
    Hauptantwort
beßer zu verstehen, und bezieht sich vermuthlich auf das, was
    Sie darüber schon an mich geschrieben haben
, und ich bald zu lesen hoffe. Den letzten. Sie sind der Aspecten und Episoden in meinem Briefe schon gewohnt, und können sich leicht die Zerstreuungen von selbst vorstellen, unter denen ich schreiben muß, aus den Spuren und membris disiectis meiner Schreibart. Jetzt komme eben von meiner
    Loge
, (wie die alten
    Amtsstuben
heißen, die neu angelegten nennt man bureaux). Weil die heutige Kälte noch schrecklicher ist: so hatte sich das telonium in eine Weinschenke verwandelt. Eine Dienstbotin fehlt mir, und Briefe bestelle ich am liebsten selbst. Ich zweifele also, daß ich im stande seyn werde auszugehen, weder zu Jacobi noch auf die Post zu kommen, von der ich Montags u Freytags auch die Graventihnsche Briefe selbst abzuholen gewohnt bin. Von meinem Jacobi wünschte zu wißen, wie er zu Ihrer Einl. gekommen, da er gar keine Geschäfte in Münster hat. Meine Wohnung ist nur einige Schritte vom Packhofe, und überhaupt meine Geschäfte so selten, daß ich nicht so genau wie andere an Stunden und Gegenwart gebunden bin, welches ich für eine große und unschätzbare Wohlthat meines verstümmelten Postens erkenne. Auch hab ich die Zufriedenheit, bey aller nur möglichen Entfernung von Vertraulichkeit in einem sehr guten Vernehmen mit den allernächsten meiner Berufsgenoßen zu stehen. Diese Leute, die sich um alles bekümmern, erzählten mir, daß auf 40 Menschen gestern an Nase und Ohren, durch den Frost verunglückt wären; ich kann also noch von Glück sagen, meine Tochter ganz und unversehrt erhalten und wider abgeliefert zu haben. Irre ich, so irre ich
    mir
– und ich weiß nicht anders, als was ich Ihnen schon im vorigen Briefe und gegenwärtigen geschrieben habe. Finden Sie je in der Antwort aus Düßeld. das geringste, welches diesen Versicherungen zu wider schiene; so haben Sie die Gnade, mir selbiges mitzutheilen. Alles noch so bittere, was rothe Wangen macht und zu meiner Selbsterkenntnis frommt, ist mir willkommen. Es ist mir eben so schwer Worte zu finden, als selbige zu behalten; aber von dem ganzen Gange meiner Ideen in dieser Sache, bin ich überzeugt. Wie ich wegen der Association Ihres ersten Briefes mit dem Reiseproject kurz darauf nach Weimar schrieb um unsern hypochondrischen Briefwechsel ein wenig aufzuheitern, war es eine
    wichtige Ueberlegung
für mich, ob ich die Sache ohne Ihren Namen, oder Ihren
    Namen
ohne die Hauptsache diesem meinem ältesten und vertraulichsten Freunde mittheilen sollte. Ich wählte das letzte, und war mit meiner Wahl ungemein zufrieden, weil ich ohne Ihren Namen nicht die angenehme Nachricht seiner Bekanntschaft und der darinn zurückgelaßenen günstigen Eindrücke erhalten hätte, die ich aufnoch vor L. Antwort auf meinen Brief empfieng – und die Hauptsache immer für mich wichtiger durch die Entwickelung wurde, um die hier in der ersten Hitze begangene Unbesonnenheiten gegen meine innigste Freunde zu verbeßern. Mein seel. Freund Kreutzfeld machte mir noch einige Vorwürfe über mein Mistrauen, das ich selbst in meine Freunde setzte. Es schien mir
    überflüßig
, mich dagegen zu rechtfertigen, oder unzeitig von seiner u meiner Seite. Bey meinem Hange zur Offenherzigkeit hat die Natur für ein
    Gegengewicht
gesorgt, und ich halte selbst mit meinem Mistrauen niemals hinter dem Berge. Von der Hypochondrie möchte es überhaupt wohl heißen: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern gereicht eben so oft zur Ehre Gottes, als Schande der Aertzte – ist bisweilen ein nisus des sichtbaren Principals zur Herzenserleichterung von einer unsichtbaren Leidenschaft, die ihre stoltzen Wellen vor dem Sand des Ufers auf ein: Bis hieher! legen muß. Den 3 März auf dem Bette. Noch wollte ich den Lieblingsspruch des blinden Tiresias hinzufügen: O Laërtiade quidquid dicam aut erit aut non ich muste mich aber Knall und Fall in mein Lager verkriechen vor fieberhaften Krämpfen und einer Art von Colik, – dergl ich als ein Kind gehabt aber seitdem fast gantz verschont geblieben. – Ich hatte schon den ganzen Sommer einen mir gantz unnatürlichen Uebergang zu Verstopfungen gemerkt – denn mein Leib ist so willig, daß er sich weder bitten noch halten läßt – dabey habe seit langer Zeit den gewöhnl. Gebrauch meiner Pillen bey Seite gesetzt. Hier währt neuer Schnee und neue Kälte, die auch auf meine Eingeweide gewürkt. Der Prinzipal meiner unsichtbaren Hälfte hatte nicht Unrecht ihr die
    Mitfasten
ein wenig eindrücklich zu machen. Nach einem peinl. Abend und durchgewachten u gewimmerten Nacht verschlief ich beynahe den ganzen ersten März – Ich wollte gestern den Brief zu Ende schreiben, hofte aber noch heute auf einen neuen Brief von unserm Jacobi, der mir den 1 Febr. die nächste Woche wider zu schreiben versprach, wo ihm vielleicht der Ihrige im Weg gekommen. Ich glaube daß mein letzter Brief schon das meiste von dem jetzigen anticipirt.
    Die gantze Verlegenheit
, welche ich ihm entdeckt, bestand in meiner mehr als hypochondrischen Furcht vor
    Schulden
– die mir ein Gräuel sind, und vor der noch größern
    Ungerechtigkeit
mich an dem Rest meines Vermögens zu vergreifen u dadurch die Mutter meiner 4 Kinder in Noth u Kummer u Abhängigkeit p zurück zu laßen. Mein Testament, das ich vor 2 Jahren machte unter Entschließungen, mehr der Verzweifelung als der Ueberlegung, war im Grunde die gröste und ernsthafteste
    Gewißens
- und
    Ehren-
    Sache
für mich. Ich würde keine ruhige Minute des Lebens mehr gehabt und mich zu Tode gegrämt, geärgert oder geqvält haben, um nur der Mutter meiner Kinder, die selbst das Legat meines seel. Vaters anvertraut, im eigentlichen Verstande gerecht zu werden. Bey ihrem ländlichen Geschmack an häuslicher Ämsigkeit, unüberwindlicher Eingezogenheit und Mäßigkeit war der damalige und gegenwärtige Betrag meines verwahrloseten Vermögens völlig hinreichend, das wahre bescheidene Theil, welches sie nöthig hatte um ihrer alten Tage nach einem so langen Sclavendienst mit Gemächlichkeit und Anstand genießen zu können. Meine Kinder sollen mir schlechterdings nichts als einen ehrlichen Namen zu verdanken haben, und wie ihr Leben auch den kleinen Rest von dem Seegen meiner frommen Eltern und unglücklich gewesenen Bruders nicht anders aus der
    Hand ihrer Mutter
– und hierinn handle ich nach der Einförmigkeit, Gemächlichkeit und Eigensinn eines alten Mannes. Kein äußerliche Name oder Wort ist der Schlüßel eines inneren Verhältnißes – und ich glaube, daß diese Individualität unserer Gesinnungen und Nuanzen darinnen auch nach der Probe der Evidenz für uns selbst ein Rätzel bleiben wird, geschweige für Fremde – oder Andere. Zu jener Probe der Evidenz ist die Hypothese, die Freundschaft selbst als ein Organ der Versuchung ist mir auch nützlich gewesen, ohne daran erstickt zu seyn. Wie mich hungert und dürstet nach Ihrer Hauptantwort – die ich doch lieber spät als verstümmelt, lieber gantz als abgebrochen lesen möchte. Gott schenke Ihnen nur Gesundheit zum letzten
    Vielleicht
Ihres Briefes mein auserwählter, mein geschwünschter Sohn zu erfüllen. Vielleicht haben auch die öffentl. Coniuncturen auf unsere kleine Angelegenheiten einen guten Einfluß – vielleicht Sie zurückbegleiten – Ich kann nicht mehr – Als Hypochondrist kennen Sie die Plagegeister verschloßener und verirrter – Mein seel. Vater glaubte als ein alter Stahlianer an die Hämorrhoiden ohne sie zu erleben. Einen so anhaltenden Kreuzschmerz habe noch nicht erlebt – wohl Stiche von einigen Augenblicken Sorgen Sie weder für mich noch sich. Res integra est. Die Weisheit lehrt ihre Jünger Feinde lieben und den edelsten Theil unserer Selbst, Freunde haßen und verleugnen. Schlaf ist der beste modus existendi für mich – damit habe ich diesen martialischen Monath angefangen und wünsche ihn auch damit zu beschließen, wie Ihnen alles Gute, was ein Vaterherz seinem Τιμοθεῳ γνησιῳ τεκνῳ εν πιστει erbitten und erflehen kann – Amen. Joh. Georg H.
Liebster Freund u. Gevatter, Ihr langerwarteter Brief kam mir sehr erfreulich u. siebenfach erfreulicher, da er so gute Nachrichten enthielt, von denen ich zwar zum voraus durch Tradition etwas wuste, aber doch schwieg, theils weil es mir geheim anvertrauet seyn sollte, theils weil ich billig von Ihnen das erste Wort hören wollte. Ich erklärte mir indeßen auch hieraus u. aus der freudigen Bestürzung, in der Sie seyn würden, Ihr langes Stillschweigen. Nun Gott hat alles wohl gemacht, u. wenn ich die Verkettung der Umstände betrachte, wie Buchholz darauf kommen müßen, so wird mir der Finger der Providenz noch sichtbarer, die Wolken zusammenspinnt u. aus ihnen Thau der Erquickung regnet. Wie wir uns schon bei der ersten Nachricht hierüber gefreuet haben, bedarf keiner Worte, da wir wiewohl auf eine so unkräftige Weise in der Stille all ihr Leiden mitfühlten u. die Last, die Sie trugen, bei jedem Gedanken an Sie mir aufs Herz fiel. Nun nochmals, Gott hat Alles wohlgemacht u. es mir wie ein stiller Thau ins Herz geträufelt, daß Gott, der tausend Mittel u. Wege hat, auch für uns, wie wohl auf andre Art sorgen werde. Es ist mir seit dieser Zeit so leicht ums Herz, da ich auch ringsum mich sehe, wie Gott über u. gegen Menschenerwartung Alles schickt u. wendet. Es kommen Zeiten der Erquickung, wenn u. woher sie niemand weiß; laßet uns ihm also trauen u. glauben. Tausend Glück u. Segen für Ihren Sohn u. Ihre Tochter zu den Akademien beider u. Sie, alter Vater, legen jetzt Ihr Haupt desto ruhiger auf den Schoos der Vorsehung, die auch für die andern Sorge tragen wird, über Wünschen u. Hoffen. Ihre Lust zu reisen freuet mich, als ob ich mit Ihnen reisete; dieu. die Freude, Sie zu sehen, wird auch mir neue Jugend geben. O wie viel ist geschehen u. überstanden, seitdem wir uns nicht gesehen haben. Aber, liebster H., mit Ihnen nach Düßeldorf oder Münster (wohin es sei) wie mir Jacobi hieroglyphisch andeutet, zu reisen, ist mir unmöglich. Richten Sie sich also mit Ihrer Reise so ein, daß wir uns hier sehen: es gehe zu Lande oder zu Waßer, so kann dies leicht geschehen u. ohne großen Umweg; machen Sie mir nur bekannt, wie u. wenn Sie Ihre Fahrt antreten wollen. Die Ursache meiner Nicht-Mitreise ist
    ehehaft
; weil ich nehml. mit meiner Frau u. einigen Kindern durchaus ins Karlsbad muß u. diese Reise weder aufgeschoben noch ersetzt werden kann, obgleich der gute, brave Fritz Jac. dazu allerlei Projecte ersonnen hat. Wir können uns auch hier stiller mit einander freuen u. zusammenleben. Eröfnen Sie mir also aus den Schätzen Ihres Herzens etwas weiteres von Ihrem Zuge, sobald Sie können u. ich werde mich darnach einrichten. Ich erwarte sehnlichst etwas weit Näheres darüber u. schreibe deßwegen so flugs auf meinen vorigen Br. wieder. Glück u. Heil auf den Weg. Reiset nicht Ihr ältster Sohn mit Ihnen? Mich dünkt, die Reise würde ihm nicht schaden. Ich hätte groß Verlangen, ihn zu sehen u. Ihr Herz wird mit ihm frischer reisen. Der Tod ist hier wieder im Fürstenhause gewesen. Sonnabend früh ein Prinz gebohren u. nach 4. Stunden gestorben. Ich habe ihn diese Nacht begraben u. bin noch ganz verstört. Der Herz. von Gotha ist hier, dem, da er nach mir fragen laßen, ich Schandhalber aufwarten muß u. also an diesem Br., den ich doch nicht aufschieben möchte, leidig gestört werde. Wenn doch die tröstenden Fürsten zu Hause blieben. Unser gewesne Kammer HE. Seckendorf (der einge meiner Volkslieder componirt hat) ist vorige Woche als Preuß. Gesandter im Reich von Berlin zurückgekommen. Er hat mit Mendels. gesprochen, der auf die Fortsetzung meiner der Ideen sehr begierig ist u. ihn darüber ausfragen wollen, wohin die Sache laufen werde. „Er fürchtet, er fürchtet, daß Schwärmerei dahinter stecke u. daß ich am Ende ein Flämmchen aufstecken werde, das, wie er gesagt hat, nicht
    für uns
ist.“ Er hat gemeint, alle Christen seyn
    Schwärmer
; ich glaube, weil ihm der Pfeil Ihres Golgatha noch zwischen Fell u. Fleisch stecken mag. Es ist sonderbar, daß die Metaphysiker wie Ihr Kant auch in der Geschichte keine Geschichte wollen u. sie mit dreuster Stirn so gut als aus der Welt läugnen. Ich will Feuer u. Holz zusammen tragen, die historische Flamme recht groß zu machen, wenn es auch abermals wie die Urkunde der Scheiterhaufe meines philosoph. Gerüchts seyn sollte. Laß sie in ihrem kalten, leeren Eishimmel speculiren! – Die Reck ist hier gewesen u. kommt diese Tage wieder her. Sie hat sich hier nicht sonderlich gefallen u. da alles nach dieser Art reciproqu ist: so – – hievon ein andermal oder mündl. mehr. Indeßen ist sie eine gute Frau, die mir auch schon dadurch lieb ist, daß sie dem Claudius anonym 100. Duc. geschickt haben soll; nur sie ist mit ihren beiden Nymphen eine Dryade aus den nordischen Wäldern. Ihre Anwesenheit hier traf auf meine Krankheit; ich habe sie also wenig gesehen u. noch weniger cultivirt, weil ihr vielleicht gutgemeinter
    Allgeschmack
ohne Genuß u. Verdauung nun einmal nicht nach meinem Sinn ist. Doch ich muß fort. Leben Sie wohl, bester Hausvater u. erfreuen mich bald mit einem Briefe. Tausend Glück u. Heil über Ihnen u. den Ihren. Ihr Herder. Von Caroline Herder: Auch ich, auch ich freue mich über das Heil u. die Hand Gottes, die zu Ihnen kam als ob es uns wiederfahren wäre u. ich weiß keine Worte unsre herzlichste Theilnehmung auszudrücken. Ja Gott ist u. bleibet der alte treue Gott u. der wunderbare Gott – davon wollen wir mündlich reden u. uns zusammen freuen. Kommen Sie bald zu uns treuer Freund meines Mannes, wie erquickend wird uns Ihre Gegenwart seyn! Gott segne jetzt tausendfältig die Erziehung Ihrer herzlieben Kinder u. Ihres lieben einzigen Sohns; lassen Sie sich ja durch ihn begleiten damit Sie die weite Reise nicht allein thun. Auch die liebe Hausmutter grüßen Sie tausendmal von mir deren Herz u. Mühe nun täglich leichter wird. Doch davon alles mündlich mehr, Feder u. Dinte vermag nicht das Innere des Herzens zu fassen. C. Herder. Weimar den 28. Feb. 1785. Adresse:
Herrn / Herrn
    Hamann
/ Aufseher des Königl. Packhauses / zu /
    Königsberg
/
    in Preußen
/
    fr. berlin
Vermerk von Hamann: den 9 März 85. Geantw den 28 Ostermontag – bis zum 31 März
Kgsberg den 9 März 85. auf dem Bette. Herzlich geliebtester Freund Ihren längst erwarteten u gewünschten Brief sine die et consule habe am Dom. Laetare erhalten und bin wenigstens in Ansehung Ihrer Gesundheit beruhigt worden. Ich habe seit 14 Tagen sehr oft an Sie gedacht und war willens bey HE Ass. Hoppe anzusprechen und wenn der auch nichts wüste an Sie zu Sschreiben. Sie reden wol von einer Reise zur Ostermeße, denken aber gar nicht, ob und wenn Sie hier durchkommen werden – da ich Sie ebensosehr meiner selbst als eines Freundes wegen, den ich aus Deutschl. erwarte, zu sehen wünschte. Den letzten Febr. befiel an einer Art von Kolik mit fieberhaften Krämpfen. Ich hatte seiner langer Zeit eine Hauptrevolution in meinen Evacuationen bemerkt, die nicht so willig und stark wie gewöhnlich waren, schrieb solche dem Cichorien Caffe zu, ohne zu wißen warum? unterließ den Gebrauch meiner alten Pillen und lies meinem heftigen Appetit den Zügel. Aderlaßen habe auch diesen Herbst ausgesetzt. – Ich habe daher erschrecklich an den Plagegeistern versetzter Winde leiden müßen und besorgte schon die Güldene Ader – an die mein seel. Vater glaubte ohne selbige erlebt zu haben. Gestern Ipecacuanha p. X. eingenommen, die gut gewirkt. Alle Nachmittage findt sich jetzt eine leichte Spur vom Fieber, wo die Kälte nicht bis auf die Nägel komt, die Hitze sich aber in einen guten Schlaf und Schweiß verliert. Mein Artzt ist ein guter Freund und Nachbar von mir, der zugl. noch ein Schulcamerad von Ihnen oder Ihren HE Brüdern gewesen. HE Regimentsfeldscherer Miltz der sich lange in Africa bey der holl. Comp. aufgehalten, und ein Mann von vieler Erfahrung, u guten Urtheil. Auf dem Lande hat er unter dem Titel des φφen von Braddau gelebt u seiner einzigen Tochter wegen ist er seit einigen Jahren nach der Stadt gezogen. Unser Pr. Kant lebt, und wird auf seine alte Tage der fleißigste Autor, wie aus sn Beyträgen zur Berl.
    Monathsschrift
zur allgemeinen
    Litteraturzeitung
, wo er Herder recensirt, zu ersehen. Seine
    Moral
wird auch diese Meße erscheinen. Kraus bekomme selten zu sehen. Er ist zum Morczinimastix geworden durch sehr zufällige Umstände. Mich wundert, daß ich keine Sylbe aus Weimar von der KammerHErrin v. der Reck gehört; im Kayserlingschen Hause aber daß sie sich dort sehr in dem Umgange mit der Gr. Bernsdorf gefiele. Sie war so gütig mir einige Briefe von dem Ruß. Leibartzt Weickhart mitzutheilen, welchen ich hier hatte kennen lernen können, wenn ich
    gewollt hätte
, da er an unsern Jacobi adressirt war, der ihn aufnahm u mich auch bitten ließ. Ich war den Tag übel aufgeräumt – und der fremde Gast muß es auch gewesen seyn. Die Idee, welche man hier von ihm hatte, war gantz abweichend von der KammerHErrin Beschreibung seiner guten Laune. Von diesem Mann ist das Leben des HE von Gleichen, genannt Roßwurm, welches wo ich nicht irre confiscirt worden, und deßen System von der Erde einige Ähnlichkeit mit dem Ziehenschen haben soll. Die KammerHErrin versprach es mir zu schicken – und ich gab ihr dafür zum viatico den Servan mit. Was die Bogen qu. betrifft; so hoffe ich daß Sie ein Exempl. des Schiblemini werden erhalten haben, weil Sie selbst an dieser Schrift dachtenenken, und ich vermuthe daß ich das opus supererogationis in meinem letzten Briefe auf deßen genauen Innhalt ich mich nicht mehr besinnen kann, werde hinzugefügt haben und erinnere mich, einige grobe Druckfehler für Ihr erhaltenes Exemplar corrigirt zu haben. Daß Sie die Weickhartsche Schrift nicht kennen wundert mich – vielleicht erhalte ich sie durch die Kammerherrin – und dieser passus Ihres Briefes ist mir eben so dunkel als Ihnen der meinige gewesen ist. Über Herders Ideen hätte ich gern einige nähere Entwickelung gewünscht. Haben Sie dazu einmal ein wenig Muße, so wünschte ich daß Sie Ihre Gedanken darüber mittheilten zu meiner eigenen Belehrung. Dengel hat eben jetzt seinen Schwiegervater den Dir. Noble verloren. Er hat seinen Laden verkaufen wollen und sich dabey so niederträchtiger Schleichwege gegen einen höchst unwißenden jungen Menschen bedient, daß er sich dadurch in den Augen des ganzen Publici verächtlich gemacht. Die Sache liegt vor dem Senat, und wird vermuthl. auf jeden Fall einen stinkenden u traurigen Ausgang nehmen. Unser akad. Kanzler ist plötzl. gestorben u in der grösten Dürftigkeit. Meine älteste Tochter ist seit dem 28 Xbr. bey uns. pr. Beaumont der Bar. von Bondeli in Pension, durch ein Wunder der göttl. Vorsehung u Liebe – welches ich wol gewünscht, aber niemals hätte hoffen können. Meinen Sohn erwarte in der Osterwoche mit seinem Freund Ernst Deutsch die akademische Laufbahn anzutreten. Schreiben Sie doch nicht so sparsam, u vergeßen nicht mir Ihre Ankunft u die Zeit derselben zu bestimmen, weil mir daran viel gelegen ist. Eben jetzt besucht mich der Hofmeister des HE Seiff aus Pillau, dem ich Ihren Gruß an Me Courtan u Toussaint aufgetragen. So bald ich wider auszugehen im stande bin, werde ein treuer Distributeur aller übrigen seyn. In Friedrichsthal u Sprintlacken bin vorigen Sommer selbst gewesen – u da müßen Sie auch hinreisen. Gott gebe Ihnen gute Gesundheit u laße es Ihnen an keinem Guten fehlen. Ich umarme Sie in Gedanken und ersterbe mit aller treuer Freundschaft der Ihrige   Johann Georg Hamann. Wißen Sie nichts von Ihrem Neveu? Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Doctor Lindners / Wolgeboren / zu /
    Halle
.
Bleistiftvermerk von fremder Hand: In der Lebergaße in der Post bey Frau Vollandin. rechter Hand 2 Treppen hoch, beym Eingange durchs Thor
Kgsbg den 9 März 85. auf dem Bette. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Ihren lieben Brief vom 17 pr. habe den 5ten d. erhalten und ein paar Stunden vorher einen von unserm J. aus D. vom 22 p. worinn er mir meldt, „daß Sie ihm auch geschrieben, sich als den Mann bekannt, aber zugl. gebeten die Princeßin darüber in Zweifel zu laßen, welches, so viel an mir ist, geschehen soll“ – sind seine ipsissima verba. Sie hätten der Princeßin gesagt, daß Sie mich vom 1 Julii an den ganzen Sommer durch in Münster erwarten würden. Der kurze Brief ist nur ein Umschlag zur Mittheilung der Abschrift eines desto größeren und längeren, den die Fürstin unter dem 17 Febr. an ihn über mich und mich allein geschrieben. In was für gantz natürliche Verlegenheiten ich durch diesen zuvorkommenden Eifer unsers J. mich zu sehen und die Herunterlaßung der Fürstin zu meinem Geschmack, Rechtfertigung deßelben, jetzigen Wünschen und Bedürfnißen – gesetzt werde, können Sie sich leicht vorstellen, da ich nichts in und an mir finde, das solchen günstigen Vorurtheilen beantworten könnte. Sie haben mir in Ihrem letzten Schreiben auch den
    Trost
entzogen, an ihrem
    Hauptbriefe
nicht gedacht zu haben, zu dem Sie mir in
    jedem
Ihrer vorigen Briefe Hoffnung gegeben. Auf die Beantwortung Ihres letzten zu kommen: so ist der Empfang nicht nur der Kupfer, sondern auch des ganzen L. Päckchens bereits von mir bescheinigt worden. Ich bin in Ansehung des guten lieben L. eben so sehr beschämt als in Ansehung seines Freundes Pfenninger, daß ich noch nicht die geringste Gegengefälligkeit Ihnen bisher habe erwiedern können. Gott schenke ihm Gesundheit und Geist zur Vollendung des schönsten und grösten Heldengedichts und den er besungen, kröne ihn! dafür! Gottlob! daß Ihre Krankheit ohne Schmerzen ist! Vorigen Sonntag Laetare erhielte einen Brief von meinem D. Lindner aus Halle. Er denkt nicht an seine Abreise wohl aber an eine Lustreise zur Ostermeße. Was ich an eben dem Sonntag über Matth XIX gedacht habe, muß ich Ihnen auch noch mittheilen. Ich habe auch bisweilen noch einen
    höheren
Sinn gesucht, halte aber jetzt den nächsten und einzigen dafür den höchsten oder hoch gnug. Der HErr verwies seine Versucher auf die Genesin und den Ursprung des Ehstandes – Die Jünger machten daraus einen Schluß, der auf eine andere Art von einer andern Seite jener Urkunde wiedersprach. Dort hieß es: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sey – Die Jünger schlüßen: es ist allso nicht gut ehelich zu werden. –
    Allerdings, nicht gut, für Verschnittene
. Diese Wahrheit ist einleuchtend. Es giebt aber drey Arten von Verschnittenen. Einige werden schon aus Mutterleib unvermögend geboren – wie es blind geborne p giebt, und dergl. sind wohl die seltensten. Andere werden von Menschen verschnitten. Dies geschah wol nicht im jüdischen Lande, aber desto mehr im ganzen Orient, wo eine solche Verstümmelung zugl. zu großen Ehren- und Hofstellen qualificirte, und für ein solches Opfer schadlos hielte. Die dritte Art sind
    diejenigen, welche sich selbst verschnitten haben um des Himmelreichs willen
. Ohngeachtet Jesaias LVI. 3. 5 schon von der Glückseeligkeit solcher evangelisch-verschnittenen geweißagt hatte; muste doch das
    Selbstverschneiden
um des Himmelreichs willen ein Wort seyn, welches kein jüdischer Kopf noch jüdischer Geschmack zu faßen imstande war – Sein rechtes Auge ausreißen, seine rechte Hand oder Fuß abhauen, konnte nicht so hart in ihren Ohren seyn weil ihnen meines Wißens nicht einmal die Verstümmelung der Thiere erlaubt ist, und fruchtbare Ehen mit rechter Eyfersucht von ihnen geschätzt wurden. Dem Apostel Paulus wurde es
    gegeben
, dies Wort seines HErrn eigentlich zu faßen und der Gemeine zu Korinth 1. VII. mitzutheilen:
    Es ist dem Menschen gut
,
    daß er kein Weib berühre
– und dies ganze Kapitel ist ein Commentarius voller didactischen Weisheit über den Spruch Christi. Sich selbst verschneiden erklärt Paulus: wenn sich
    jemand fest vornimmt, weil er ungezwungen
und
    seinen freyen Willen
hat, und es
    in seinem Herzen
    beschleust
seine Jungfrauschaft so bleiben zu laßen – Wie Moses den Scheidebrief einführte um der Juden Herzenshärtigkeit willen: so rieth Paulus zum Cölibat an durch sein eigen Beyspiel und Gründe – um der damaligen Noth willen – Zu was für abscheulichen Gräueln u Misbräuchen hat aber die Heiligkeit des ehelosen Lebens Anlaß gegeben – und zu was für einem hohen Ideal unsers mit Christo in Gott verborgenen Lebens hat eben derselbe Apostel den Ehstand aufgerichtet! Nach dieser Stellung der Begriffe finde ich in der Antwort Jesu eine solche Einheit, Vollständigkeit, Bündigkeit, einen so leichten Uebergang oder vielmehr Schwung vom Natürl. aufs Geistliche, ein solch genaues harmonisches Verhältnis so wol zu dem, was schon in einem alten Propheten geschrieben stand, als zu dem, was von dem jüngsten Apostel noch geschrieben werden sollte: daß ich keine Neugierde nach einem höhern Sinn mehr brauche. Denn damals war es weder Zeit zu
    fasten
, weil der Bräutigam bey den Jüngern war, noch weniger an Verschneidung zu denken als mit einem: capiat qui capiat! Ich weiß nicht, in wie weit dieses Sie befriedigen wird. Diese Stelle hat immer meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Meine Darstellung entspricht nicht einmal recht meinen eigenen Eindrücken; wie den Ihrigen, wünscht ich zu wißen – oder allenfalls diese lange Episode – velut aegri somnia zu entschuldigen den 10 – Ich wurde gestern von Besuchen und zuletzt durch einen unerwarteten Brief aus Weimar unterbrochen, der auf meine Lebensgeister, nach einem von allen fieberhaften Anwandelungen und Krämpfen fast gantz freyen Tage, und auf meine Nachtruhe ein wenig Eingriff gethan. Mit meiner Beßerung geht es Gottlob! Berg auf – hoffe mit dem Ende der Woche aufzustehen – hab mich bisher auf Habergrütze u Kümmelsuppe eingeschränkt, seit 2 Tagen wider Brodt zu eßen angefangen und morgen vielleicht ein wenig Fleisch – Herder und seine würdige Frau bezeugen mir beide ihre Mitfreude so herzlich so innig als wenn sie ihnen selbst widerfahren wäre, und sind dadurch in ihrer eigenen Lage so aufgerichtet so gestärket, so erleichtert, daß ich durch unser sympathetisches Wechselgefühl ungemein gerührt worden bin. Beunruhigt durch einige hieroglyphische Winke, wie er es nennt, unsers Jacobi, entschuldigt er sich mich nicht nach Düßeld. begleiten zu können, weil er das Karlsbad mit seiner Frau und einigen Kindern schlechterdings diesen Sommer brauchen müßte. Die Fürstin erbietet sich auch schon durch die Pr. von Oranien beym Pr. von Pr, undoder durch den Grafen von Schmettau der ihr leibl. Bruder und Kammerherr in Berl. den besten Kanal auszumitteln zu Erhaltung eines Urlaubs. Claudius mit dem ich Jahrlang gescherzt ihn zu besuchen, gab mir schon zum Neuen Jahr eine Marschroute nach Lübeck zu kommen, von da er mich nach W. abholen und mich nach Düßeldorf begleiten würde. Ich bin freylich an dieser gantzen Gährung durch ein wenig Sauerteig schuld, den ich in meinem Briefe zu sorglos habe einfließen laßen – für diese Verwahrlosung bin ich gestraft gnug, daß ich in ein wüstes weites Feld von Grillenfängereyen gerathen bin, von dem ich weder Anfang noch Ende mehr abzusehen, und auf keine einzige Frage weder Ja! noch Nein! zu sagen weiß. Eine Leidenschaft, der Sie, mein auserwählter, mein gewünschter Sohn! den Krieg ankündigen möchten, so menschlich, so philosophisch sie auch ist, hat auch vielleicht in mich gewirkt – und noch eine Leidenschaft kindischer, weibischer Seelen –
    Ungedult
! Ich möchte vor Ungedult und Neugierde mit Ihnen selbst einen Krieg anfangen über die Auslegung Ihrer eigenen Worte. Denkt man nicht beym Zugleichmarschiren eher an
    neben
als
    gegen
einander? Ihr Kopf und Herz sind mir gleich den Reihen zu Mahanaim. Wegen meiner Einl. nach Düßeldorf hatte ich die Grille mir einzubilden, daß das Couvert zu kurz geschnitten und J. vielleicht das Unglück haben würde bey Eröfnung seines Briefes den Ihrigen zu erbrechen, welches mir der unangenehmste verdrüslichste Zufall von der Welt gewesen wäre. Durch dieses Hirngespinst wurde ich aufmerksam an Ihren beyden vorletzten Briefen zu beobachten, daß der Zuschnitt Ihrer Couverts so reich war und nur 2 Ende faßte, wodurch die beyden entgegengesetzten vom Siegel unberührt bleiben, und also leicht eröfnet werden können. Ich habe immer durch meinen J. der ein sehr rechtschaffener Mann ist und von dem ich keine Niederträchtigkeit zu besorgen habe, die Briefe immer gl. bey Ankunft der Post und mit einem Blättchen Papier, welches dieen Fehler des Zuschnitts am Couvert zudeckte erhalten. Der letzte Brief war förmlich versiegelt. Gott lob! unser Postwesen ist aber keinem dergl. Misbräuche wie in Rußl. ausgesetzt, wo man mir damals wenigstens einbilden wollte, daß alle particulier Briefe erst untersucht würden, welches aber weder glaubl. noch mögl. ist. Ich führe dies zum Theil deshalb an, um meine kindische Besorgnis nicht unmittelbar an Sie zu schreiben, gegenwärtig zu widerruffen, weil Ihre Vorsicht mir unter meines hiesigen Freundes Umschlag bisher zu schreiben darauf zu beruhen scheint. Eben weil ich den Zweck nicht im äußeren Werk suche: sehne ich mich – desto mehr bey meinem gegenwärtigen Irrsaal – nach einem festen Standpunct, nach Ihrer Haupterklärung, um aus meinem eigenen Wirrwarr so bald wie möglich herauszukommen. Ich halte mich mit Trost und Zuversicht und freudigen Muthe an dem Mann, an den Sie mir wegen meiner abzulegenden Rechnung und Dankbarkeit weisen. Er laße Ihnen die
    Seeligkeit
eides
    Gebers
, nach einem seiner von Paulo aufbewahrten Sprüche, nicht nur reichlich, sondern auch
    lauter
und
    unbetrübt
schmecken und lange genießen. – J. hat noch 2 Briefe von mir zu beantworten, und ich bin theils wegen meiner Unpäßlichkeit, theils wegen meiner Bedenklichkeit nicht im stande an ihn zu schreiben. Gott seegne Sie mit den Zeichen und Wundern Seiner Liebe, wie Er durch Sie an mich gedacht und das Heer schwarzer, ängstender, freßender Sorgen mit einem Reihen süßer, leichter, heiterer unterhaltender Sorgen abgelößt hat! – – non ego perfidum Dixi sacramentum: ibimus; ibimus Vtcunque praecedes, supremum Carpere iter comites parati. Johann Georg H. Adresse von fremder Hand, mit Siegelrest:
Herrn / Herrn Franz Buchholz / Herr von Welbergen / wohnhaft zu /
    Münster
/ in Westphalen.
den 9. Merz 85.
Königsberg den 19ten März 1785 Mein gutes, stilles, sittsames Palm-Sonntags-Kind, Das warst du mir bey deinem letztem Besuche, und seit demselben habe ich während meiner ganzen Krankheit unter diesem langen Titel an dich gedacht. Habe gestern und heute ein wenig aufzustehen versucht, in der Hoffnung, daß es morgen besser damit gehen wird. Hat die gnädige Baronesse nichts dawider, und giebt dir Erlaubniß, und hast du selbst Lust, so wird es uns allen lieb seyn, dich morgen bey uns zu sehen. Sey aber so gut und bring mir dein Schreibbuch, zur Probe deiner Aufmerksamkeit, mit; auch bitte dir einige Musicalien für unser neulich gestimmtes Clavier aus. Kannst du zu Fuß kommen, desto besser; wo nicht, so wird eine Miethkutsche besorgt werden. Meine ehrerbietige Empfehlung an die gnädige Baronesse, nebst meinen besten Wünschen und Grüßen sowohl an die alte Mamsell, als an alle diejenigen, welche du das Glück genießest, zu deinen Freundinnen und Gespielinnen zu haben. Gott segne dich, meine liebe älteste Tochter, und schenke dir ein gehorsames, williges Herz zur Nachfolge alles Guten, und zum baldigen Vorbilde und Muster deiner jüngeren Schwestern, die dich nebst der Mutter herzlich grüßen. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 8. Ddorf den 22ten März 1785 Lieber Hamann, ich leide seit 4 Wochen an einem hartnäckigen Fluß, der mir die ganze rechte Seite des Kopfs einnimt, u in dem Ohr p u den Zähnen rasende Schmerzen verursacht hat. Die Heftigkeit der Schmerzen hat seit einigen Tagen nachgelaßen, aber von der Stelle will das Uebel noch kein Haarbreit weichen. Ich habe einige Bücher an Sie abgeschickt. Wenn ich beßer bin, schreibe ich. Wenn man durch Creutz u Leiden ins Himmelreich geht, so bin ich eine Ausnahme, denn auf mich macht es immer einen entgegengesetzten Eindrucken, es macht mich hart und kalt. Leben Sie wohl u behalten Sie mich lieb – Ihr FJ Vermerk von Hamann: Erhalten den 2 April unter Münsterschem Einschluß Geantw den 4 – unter Comm. Rath Fischer Meine Herzensliebe Tochter, Ich wünsche und hoffe, daß die gnädige Baroneße, die Fräulein von Morstein und die gesammte kleine Akademie mit Gesundheit und Zufriedenheit die Osterfeyertage zurückgelegt hätten. Habe gestern als den 28 gnug an Dich gedacht, aber keinen Boten gehabt, die Einlage von unserm guten Hill mitzutheilen, welche ich gern zurückerhalten möchte. Die mit rother Tinte unterstrichene Stelle habe nicht lesen können Von Deinem Bruder habe keine Zeile erhalten. Herr Kriegsrath Hippel, der gestern so gütig war mich zu besuchen, erwartet noch diese Woche – ohne vorgängige Anmeldung – die Ankunft der Graventihnschen Herrschaft wegen bereits mündlich genommener Abrede. Ich vermuthe sie aber erst mit dem Anfang der künftigen Woche. So bald Dein Bruder hier ist, will ich ihn gleich an meinem und seinem eigenen Namen zur schuldigen Pflicht anhalten – weil ich wol noch 14 Tage zu meiner völligen Erholung nöthig haben werde. Vergiß nicht, mein liebes Kind, auch Deinen Sprachmeister an dem Innhalt der Beyl. Theil nehmen zu laßen, den er bey seinem allgemeinen Andenken gewiß mit im seinem Sinn gehabt. Nach meinen ehrerbietigsten Empfehlungen und verbindlichsten Grüßen bin mit der herzlichsten Liebe und Zuversicht eines unverdroßnen Nach- und Wetteifers    Dein alter treuer Vater JGH. den 28 März 1785. Unten links auf der Seite befindet sich eine Federprobe, vmtl. von Elisabeth Regina Hamann: ein vollständiges und ein angefangenes F Adresse mit Siegelrest:
An / meine liebe Tochter / Lisette Reinette Hamannin
Er ist wahrhaftig auferstanden! Kgsb. den 28 März am Ostermont. 85. Nun, mein Herzenslieber alter Landsmann, Gevatter und Freund! Zwey Briefe liegen vor mir die ich Ihnen zu beantworten schuldig bin. Den ersten erhielt den 23 Febr. und Einl. an Hartknoch wurde sogl. befördert, lange Zeit keine Zeile von ihm erhalten, wird aber mit der nächsten Woche hier erwartet. Dieser Brief ist zum Theil schon beantwortet durch meinen, der den Posttag drauf eingetroffen seyn mag. Ich wollte mein Stillschweigen wider ersetzen, befiel aber den letzten Febr. an einem starken Fluß, und faulen Magenfieber, das mich diesen gantzen Monath bettlägerich gehalten, und von dem ich mich noch nicht recht erholen kann, und welches mich zu einer völligen Reformation meiner bisherigen Lebensart bestimmt. Ich erhielt also Ihren 2ten mir doppelt erfreul. Brief den 9 März auf dem Bette – Mein Gemüth ist übrigens so voller hypochondrischen Unruhe und Gährung, daß ich nicht zu mir selbst kommen kann, und viel bittern gesaltznen Meeresschaum in mich schlucken muß. Unterdeßen in der Ferne ein Uebermaas grosmüthiger Freundschaft, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit, mich beynahe erstickt und unterdrückt; fühl ich in der Nähe um mich herum ein mir eben so empfindliches Uebergewicht von gegebenem u genommenem Aergernis, Eckel und Ueberdruß – daß ich in diesem Widerspruch von Täuschungen fast an mir selbst verzage, bey diesem auswendigen Streit und inwendiger Furcht in num. plurali. Das klügste und sicherste, was ich hiebey thun kann, ist Gedult – nicht Rennen und Laufen ins Gelag hinein und für die lange Weile, wie ich mir einbilde mich durch einen angestrengten trabenden Gang, von dem mir der Kopf raucht, des Schwindels entschlagen zu müßen – sondern
    Standhaftigkeit
, die Wege der Vorsehung und entscheidende Umstände ihresdes Wohlgefallens ruhig abzuwarten. Wie manchem der liebe Sabbath länger wird als die Woche: so ist das Stillesitzen, schweigen, sich enthalten vielleicht eine schwerere Lection, und saurere Arbeit als das ewige Wirken, Schaffen und Schwatzen – die
    einzige
Theorie von der Ruhe Gottes vielleicht ein köstlicheres Ey als die zahlreichen ausgebrüteten Kosmogonien. Ich habe Jahrelang wie ein Maulwurf daran gearbeitet, eine Reise zu meiner Gesundheit und Erholung unternehmen zu können, und um Sie noch Einmal zu sehen, Ihre verehrungswürdige Frau und Ihre lieben Kinder nebst Claudius und die Seinigen kennen zu lernen. Da ich alle Hoffnung dazu schon aufgegeben hatte und mich dem traurigen Schicksal unterwarf hier zu vermodern und zu verwesen; wurde dieser beynah verloschene Funke wie durch einen Wetterstrahl wider aufgeweckt und angezündet. Zu der ebenso natürlichen Sehnsucht meinen unbekannten Wohlthäter kennen zu lernen kam eine ängstliche Besorgnis, daß seine kränkliche und schwache Gesundheit ihm keine so weite Reise erlauben würde, und meine Ungedult dieser Ungemächlichkeit zuvorzukommen. Ebenso zufällig fieng sich hier der für mich so interessante und innige Briefwechsel mit unserm J. Jacobi an wegen Leßings und Mendelssohns – und die Nachbarschaft seiner Lage, und all das übrige, das Sie auch schon wißen. Was die fürstl. Episode betrifft, habe ich nunmehr alles mir nöthige Licht durch unsern Freund erhalten – In Ansehung der Hauptperson warte aber noch immer auf eine nähere Erklärung zur Auskunft, bin noch bis auf die heutige Stunde um keinen einzigen Gran klüger und desto besorgter, den grosmüthigen Mann, ohne auch vielleicht durch meine Schuld ebenso viel Verlegenheiten ausgesetzt zu haben, wie Er mich – Zinsen einzutreiben und auszugeben, darauf verstehe ich mich noch, aber als ein kluger Haushalter ein Capital zu verwalten, sicher unterzubringen, und wie ein frommer und getreuer Knecht damit zu wuchern, davon verstehe ich nichts und werde es kaum in meinem Leben lernen. Die Einziehung der Fooigelder gab mir Anlaß mein Testament zu machen zum Besten meiner Hausmutter, zu deren nothdürftigen Unterhalt eben der Rest meines Vermögens hinreichte. Dies gute Weib, das sich in meines seel. Vaters und meinem Hause, alt, lahm und blind gearbeitet und durch welches mich Gott mit 4 gesunden Kindern begabt und beseeligt hat, in Kummer u Dürftigkeit und von anderer Gnade abhängig zurückzulaßen, war in meinen Augen eine schaudernde Ungerechtigkeit. Meine Kinder sollen mir also nichts als meinen kahlen Namen, und was noch vom leibl. Seegen übrig geblieben, ihrer Mutter zu verdanken haben. Nach dieser abgemachten Verfügung war ich entschloßen die FooienSache aufs äußerste zu treiben; fand aber so viel Widerstand von Seiten der Mitintereßenten, daß mir alle Lust vergieng. Mein Brief ins Cabinet war auch fruchtlos – und Gott schickte mir den jungen Lindner ins Haus auf ¾ Jahr und deßen Pension hat mich zwey Jahre erhalten. Als dies Oelkrüglein eben auf die Neige war, und ich in der grösten Furcht mich, an das für meine Hausmutter bereits vermachte Depot vergreifen zu müßen, wurde ich auch von dieser meiner Furcht durch das letzte Wunder und Zeichen göttlicher Vorsorge und Liebe erlöset. Dem Eigenthum dieses göttlichen, dem ganzen Geschmack meiner Seele angemeßenen Geschenks, nicht nur durch die Größe der Gabe, sondern noch mehr durch die Würde des Gebers und der gantz originellen, einzigen und sonderbaren Art und Weise – hab ich mit Mund und Herzen entsagt. Als vsufructuarius und Nießherr, bin aber weder blöde noch müßig gewesen, brachte heute vor 3 Monaten gleich meine älteste Tochter zu meiner alten Freundinn der Baroneße von Bondeli – gegen das Gutachten meiner beyden Freunde Hip. u Sch. welche den Aufwand für überflüßig und zu stark hielten. Mein gewagter Versuch thut mir aber nicht leid; sondern ich sehe mit Freuden den Trieb dieses in meinem Hause gantz verwahrlosten Mädchens sich selbst zu bilden und bilden zu laßen. Sie ist die 9te in einer Gesellschaft
    ausgesuchter
adl. u bürgerl. Mädchen – und die beyden Tanten (wie sich die Bar. und ihre Freundin eine Fräul. von Morstein, welche zu der kleinen Gemeine der Socinianer gehört, aber sich hier zur reformirten Kirche hält, von ihren Kindern nennen laßen) Muster ihres Geschlechts, wie man sich immer Beaumont und la Roche in Preußen denken kann – durch Lecture, Einsichten, Talente und noch mehr durch Erfahrung des Kreutzes und die güldene Praxin gebildet von Grund aus zum täglichen Wachstum im Guten und Wohlthun. Durch eine glückliche Verbindung der Umstände hab ich bey dem seel. Tr. Rath zur Miethe wohnen, Lehrmeister im Engl. und ein vertraul. Hausgenoße seyn müßen um dies Glück meiner Tochter erwerben zu können. Die jährl. Pension ist 400 fl. Zu einem silbernen Löffel, Meßer und Gabel, welche zum Andenken bleiben, habe 4# bestimmt. In Ansehung der Stunden keine als die Fortsetzung des ital. über mich genommen, welches der gute Hill mit seinem Unterricht auf dem Clavier verbunden, und ihm zu Gefallen gern unterhalten möchte. Was die übrigen Lehrmeister und Kleidungsbedürfniße betrifft, alles der Oekonomie und Gutbefinden meiner Freundin überlaßen. Wenn also auch die vollen Intereßen in dem ersten Jahre für meine älteste Tochter rein aufgehen sollten: so kann sich Hänschen u seine Schwestern eben so gern wie ich selbst gefallen laßen, weil ich hoffe daß 1 Jahr höchstens 5/4 hinreichen werden einen guten Grund für sie selbst zu legen und ihren jüngeren Schwestern nachzuhelfen – und der für das Große gesorgt hat, auch für das Kleine sorgen wird, und das Ganze nicht beßer als durch einen verhältnismäßigen Fortgang des Einzelnen bgefördert werden kann. Meinen Sohn nebst seinem jungen Freunde Ernst Deutsch erwarte diese oder nächste Woche. Letzterer komt bey Pf. Fischer in Pension, der ihn auch einseegnen wird privatissime. Meine bisherige molimina zur Reise sind ebenso unwillkührlich als blind gewesen. Der Aufschluß, den ich noch immer erwarte, muß erst mein Ja! bestimmen – und ich wünsche Sie nicht anders als in Ihrer Probstey zu sehen, und uns einander da ganz zu genießen. Ob diese Freude uns schon im laufenden oder folgenden Jahren bereitet ist, liegt wie unser aller Loos, in Gottes Schooß. Daß ich den mir unbekannten köstlichen Wohlthäter meiner Kinder – denn ich rechne mich selbst nicht mehr, und wenn sie wachsen, will ich gerne abnehmen – von Grund der Seele zu schauen wünsche und mich nach einer persönl. Zusammenkunft sehne und verlange, können Sie leicht erachten. Er hats angefangen, und nicht ich – Ihm will ich auch die Maasreguln, Wege Lauf und Bahn des Ausganges anheimstellen. Sey still, meine Muse, bis Du erfährest wo es hinaus will, denn der Mann wird nicht ruhen, er bringts denn
    heuer
zum Ende. Ich werde keinen Augenblick versäumen Ihre theilnehmende Freundschaft zu befriedigen, so bald ich nur selbst so viel Licht habe um meine eigene Schritte unterscheiden zu können. Da haben Sie, alter lieber Freund, meine ganze Lage mit allen Schatten, Dunkelheiten, Bedenklichkeiten und Grillen, deren Umfang und Eindruck Sie leicht ergänzen können aus meiner leutscheuen ἑαυτοντιμωρουmenischen Hypochondrie. Ich will gern so viel Guts wie ich kann, meinen Kindern in meinem Leben thun; sie mögen sich aber nach meinem Tode an meinem ehrlichen Namen trotz aller Makuln und Schandflecke deßelben begnügen und sollen meinem letzten Willen weder Gold noch Silber zu verdanken haben, und Gott wird mir die Gnade widerfahren laßen dem Reichtum wie der Armuth zu entgehen; weil ich ersteren mehr fürchte als ich mich vor der letzten gefürcht habe, und beyder Versuchungen unterzuliegen. Den 5 d. habe einen Brief von unserm J. und D. erhalten auf meinem Bette, und am stillen Freytage mit einem Päckchen Bücher erfreuet, das Necker 2 Gespräche des Hemsterhuys pp enthielt ohne eine beyl. Zeile. Ich bin noch nicht imstande zu antworten und mich zu bedanken. Am heil. Abend erhielt ich zur neuen Herzensstärkung einen Brief aus Rom von meinem jungen Freund Hill, um den ich bereits als einen verlornen Sohn getrauert hatte, mit einigen herzlichen Zeilen eines dasigen jungen Malers Tischbein, vermuthl. aus Karlsruhe. Dieser Brief ist unter Göthe Einschluß über Weimar gegangen. Ein halb Dutzend # hat der arme Pilgrimm auf der Barca von Venedig aus verloren und noch einmal so viel haben ihm die Römer auf eine heillose Art fortgenommen; sonst wäre er nach Constantinopel oder durch Frankreich über Engl. zu Hause gekommen. Nun ist er aber genöthigt seine Rückkunft zu beschleunigen, nach dem er zum Vesuv gewallfahrtet. Sollte er über Weimar gehen, so bitte diesen Onesimum wie mich selbst aufzunehmen, und wenn er von Geld erblöst wäre, diesem wilden, rohen aber zugl. sehr bescheidnen Menschen, deßen Seele ein wahrer ungeschliffener Edelstein ist, Vorschuß zu geben, der mit der ersten Post von mir ersetzt werden soll, weil er mir noch eine kleine Casse zurückgelaßen, und sein reicher Oncle der in holl. Diensten zu Batavia gewesene Regiments Chirurgus Miltz, sein Oncle, mein guter Freund, Nachbar und zeitiger Artzt ist – Kant hat die 2 Bogen des T. M. vom Februar zugeschickt erhalten und eine kurze Antwort darauf der Litteratur Zeitung eingeschickt. Er arbeitet an neuen Beyträgen zur Berl. Monatsschrift an seiner Metaphysik der Natur und an einer Physik. Das Principium seiner Moralität erscheint auch diese Meße. Aus dem Anhang gegen Garve scheint nichts geworden zu seyn; vielmehr soll er dies Werk verkürzt haben. Er scheint mir an einer Diarrhée zu laboriren und ich besorge, daß er sich um seinen gantzen Autorruhm schreiben wird. Das Stück im Merkur ist vermuthl. von W. selbst und ich hoffe, daß der kleine metaphysische Unfug Sie nicht in Ihrem ruhigen heitern Ideengange stöhren wird. Ich habe in meiner Krankheit den ersten Theil 2 mal gelesen und freue mich auf den Fortgang des 2ten Theils, zu dem Ihnen Gott Gesundheit und Glück verleihen wolle. Er hat auch an unsern Claudius gedacht; Reichardt gab mir schon längst davon aber einen sehr unsichern Wink und ich hielt es daschon für ein Misverständnis Ihrer Nachricht von der Kammerherrin, der ich ein so gutes Werk nicht zugetraut. Desto beßer, wenn beides wahr wäre! Von Thuns Magnanephthon weiß gantz und gar nichts, weder was dieser Thun noch der Magnanephton ist, letzterer doch vermuthl. der Titel einer Schrift mit seinem Kupfer. Möchte gern etwas näheres hierüber wißen. Ein hier studierender Jude, Namens Euchel, der eine periodische Schrift unter dem Namen des
    Sammlers
in seiner Muttersprache herausgiebt, hat nach dem Tode seiner Mutter eine Schwester aus Koppenhagen über Berlin mitgebracht und einen Einfall des Mendelssohn, den er mir nicht selbst mitgetheilt, ungeachtet er mir schon einige mal seit seiner Rückkunft, ich auch ihn besucht. Ich habe ihn erst diese Woche durch die dritte Hand erfahren. Mendelssohn soll seine Verlegenheit zwischen dem Prediger des zureichenden Grundes (Schultz) und dem in der Wüsten mit der Lage eines Ehmannes vergleichen, der von seiner Frau wegen Impotenz und seiner Magd wegen Beschwängerung angeklagt wird, und beyden genöthigt ist Recht zu geben. Wenn mir der Kopf aufgeräumter wäre, so ließe sich aus dieser Sage etwas über den dreyfachen Gesichtspunct der ventilirten Fragen und eben so verschiednen Standpuncte der dabey intereßirten Schriftsteller herausbringen. Aber ohne nähere Veranlaßung wird es wol auch hier für mich am besten seyn: manum de tabula, die Hand vom Sack! Sonst habe weiter nichts von meinem Schibl. gehört, dem es immerhin wie dem Weitzenkorn im Evangelio gehen möge! Der Schmetterling wenigstens darinn ist mit Haut und Haar bezahlt. Mit dem herzlichsten Dank für den innigen Antheil, den Sie an meiner Autorschaft nehmen, bleibt es bey dem jüngsten Titel, bis mir ein beßerer einfallen wird. Das provinzielle gehört wie das individuelle zum Character meines barocken Geschmacks, den ich wohl nicht zu verleugnen jemals im stande seyn werde. Uebrigens Lette oder Welsche sind beyde gleiche Sünder. Ich bin dem ersten wegen eines einzigen Sprichworts gut, das ich mir zu eigen gemacht. Nenn mich einen Backofen, wirst doch kein Brodt in mir backen. Wird die ganze Sammlung, falls sie zustande komt, nicht wirklich aus lauter Diminutiven bestehen? aus Moos, der an der Wand wächst? Was sagen Sie aber zu Leßings theol. Nachlaß? Es ist Schade um einige Stücke, daß sie nicht gantz sind. Manches ist wohl nicht der Rede werth. Ich hatte mich eben an dem Parasiten und Compilator Hufnagel übel und weh gelesen; fand daher desto mehr Mark, Saft u Kraft an einem Mann, der selbst gedacht, und dem es ein Ernst gewesen eine neue Bahn zu brechen. Unterdeßen ist es doch sonderbar, daß der Genius unsers Seculi spornstreichs sich in das Pabstum wieder stürzt besonders dadurch, daß man dem Volk die Bibel durch alle mögl. Sophistereyen zu verleiden und aus den Händen zu spielen sucht – Den 31 – Nun mehr kann ich nicht schreiben alter lieber Freund, mit meinem wüsten matten Kopf. Was an Osterfreuden gefehlt, ersetze Gott desto reichlicher durch Pfingstgaben Ihrem diesjährigen Motto und Text zufolge – durch ein reines Herz, einen neuen gewißen und freudigen Geist. Wenn es noch reine Freuden hienieden giebt: so haben sie wenigstens mit den irrdischen, schmutzigen Metallen nichts zu schaffen. Erwerben, haben, erhalten, anwenden und recht brauchen sind mit solchen Martha-Martha-Sorgen und Mühn, Verfolgungen, Versuchungen und Zerstreuungen und ich möchte fast sagen Anfechtungen zur Rechten und Linken verbunden, daß ich mit ebenso viel lebendiger Ueberzeugung als sonst dunkler Ahndung ausruffen kann: Seelig sind die Armen – Mir ist vor den Täuschungen der Nähe und Ferne so angst, daß Sie vielleicht anstatt des zufriednen glückl. Freundes, den Sie erwarten, auch nichts mehr als einen andern Vulteium Menam – scabrum intonsumque – und irrenden Ritter trauriger Gestalt an mir finden werden – und daß es meinen übrigen Freunden, die mich gar nicht kennen, sondern zum ersten mal sehen, noch weit schlimmer gehen wird. Mein Gemüth ist so vergällt und verbittert; meine Vorstellungen und Empfindungen mir selbst so überlästig, daß dieich die Sympathie und Mitfreude durch keine ausdrückl. Antwort auf die Nachschrift Ihrer liebreichen Theilnehmerin und mir verehrungswürdigen Freundin verderben noch zerstören will. Der Himmel wird sich von selbst wider aufklären und alles schwarze Gewölke ins reine und liquide und Heitere bringen. Der uns giebt Leben und Geblüt, wird auch des Lebens Mangel ausfüllen, und vom Seufzen und Geschrey unserer langen Weile erweicht, uns beyden zu Seiner Zeit geben, was uns hoch erfreut und Ihm zur Ehr gereicht. Die Freude unsere Jungen und Buben zusammen zu sehen ist allein eine Reise werth; denn ohn den Kammerdiener, welchen mir die gute Frau Probstin vorschlägt, bin ich unbeholfener kranker alter Mann ohnehin nicht imstande einen so weiten Weg zu thun. Gesundheit Glück und Seegen in Ihrem ganzen Hause und zum Werk Ihrer Ideen! Mein gutgemeintes Stillschweigen entschuldigt sich von selbst und durch Ihre Fürsprache bey der Hälfte Ihres Herzens. Gruß und Kuß an meinen lieben Pathen seine Brüder u die Einzige Ihrer Mutter. Ich umarme und herze Sie im Geist und Wahrheit alter ächter Freundschaft und Liebe nebst herzl. Empfehlung meiner beyden Kleinen u ihrer Mutter – Ihr ewig ergebener Joh. Georg Hamann.
Kgsb. den 31 März 85. Herzlich geliebter Freund J. Ihre mir wegen der guten Nachrichten von Ihrer Gesundheit und Erleichterungen erfreuliche Zuschrift vom 22 pr. erhielt den 5 d. auf dem Bette, und bin auch noch nicht gantz von einem faulen Magenfieber hergestellt, das lange in meinen Eingeweiden gelauscht und von mir verwahrloset worden. Die überschwengliche Huld der Fürstl. Urkunde – und die abschriftliche Beyl. von der
    guten Hand
eines Ihrem Blut und Muth so ähnlichen und würdigen Frauenzimmers vermehren unendlich meine Furcht und Schaam, in dem schmutzigen Meßgewande meiner Autorschaft selbst zu erscheinen – wie dort Josua unreine Kleider anhatte und stund vor dem Engel. Zach. III 3. Nun ich stelle es Ihrer Freundschaft und Weltkunde anheim der Dollmetscher meines tiefenehrerbietigen Stillschweigens und tief gebeugten Erkenntlichkeit zu seyn – und wünschte nur die unangenehmen Eindrücke, welche meine Unvorsichtigkeit gegen das von K… Haus veranlaßt, wenigstens gemildert zu sehen, da ich demselben sehr gute Gesinnungen gegen mich zuzutrauen verpflichtet bin. Da die Erl. Fürstin schon 15 meiner Hefte ich weiß nicht wie aufgetrieben, so zweifele ob das hinzugekommene ¼ der Fracht und übrigen Kosten werth seyn wird. In der Voraussetzung eines jungen Prinzen habe ich den von mir besorgten Abdruck eines kleinen lateinschen Briefwechsels aus einem von Engl. mitgebrachten kleinen Buchse beygelegt, für deßen Gemeinmachung ich manchen unverdienten Dank erhalten, weil die Idee dazu eigentl. unserm Minister u Kanzler von Korff gehört. / Am Charfreytage, da ich eben den Anfang machte wider aufzustehen wurde ich mit Ihrem Päckchen erfreut, in dem aber nichts als einen Zedel der 8 enthaltenen Bücher fand., die mir eine unaussprechl. Freude gemacht. Von Necker ist nur ein einziges Exemplar hier gewesen, das ein Officier, der alles Neue franz. Gut kapert, bekommen, und ich habe in meiner Krankheit gnug an Kanäle gedacht, es von ihm geliehen zu erhalten. Bin aber, wider meine Gewohnheit, erst noch im zweiten Theil, wegen meines matten schwachen Kopfs und so mancher zufälligen Zerstreuungen. Außer den Erinnerungen, zu deren beßeren Verstande ich aber das Museum, wie mir schon längst vorgenommen, zu Hülfe nehmen muß und der Erzählung Ihres HErrn Bruders habe ich von den 3 übrigen blos den Anblick bisher genoßen. Ungeachtet das Lesen mein Element ist, das öfters mehr zur Erstickung als Erholung gedeyt, – bleibt doch noch alles Geschmack- und Kraftlos für mich. Mit der Ethik, wobey ich zugl. die deutsche Uebersetzung verglichen, bin ich erst in meiner Unpäßlichkeit fertig geworden, um blos eine allgemeine Uebersicht des Ganzen zu haben. Ich hoffe daß mir mein zweiter Cursus, den ich mit den überschickten Principiis anfangen werde, beßer gelingen wird das punctum saliens dieses im Grunde fanatischen Pantheismi zu entdecken. Mendelssohn arbeitet frisch drauf los an einer Vertheidigung der Gottheit, wie man mir gesagt – und soll seinen Zwist mit dem Prediger des zureichenden Grundes und dem in der Wüsten ungefehr mit der Verlegenheit des Vater Abrahams vergleichen, wenn er von seiner Sara wegen Unvermögenheit, und der ägyptischen Magd wegen Beschwängerung angeklagt worden wäre, weil er beyden Beschuldigungen Recht geben müste. Leßings theologischer Nachlaß hat meine meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich habe ihn 2mal hinter einander gelesen. Schade um die verlorne Anmerkungen zum Kanzeldialog und um so manches unvollendete Bruchstück. Unterdeßen fehlt es nicht an Spuren, daß das Resultat seiner Untersuchung des Christentums eben nicht günstig demselben gewesen seyn muß. Daher auch manche Kritteley und Sophisterey.
    Christi Religion
war Gehorsam bis zum Tode und die
    christl
.
    Religion
ist nichts als Erkenntnis, Bekenntnis und Anbetung seines Namens, der über alle Namen ist, und verdient
    herrlich
,
    heilig
und
    bekannt
zu werden
Am Oster heil. Abend erhielt ganz unvermuthet zu meiner großen Beruhigung einen Brief aus Rom von meinem jungen Freund Hill, an deßen Leben ich beynahe schon verzweifelt hatte wegen seines mir unerklärl. Stillschweigens seit med. Sept. Ihr Freund Bölling zu Fr. am Mayn hat sehr grosmüthige Gesinnungen gegen ihn geäußert. Claudius hat ihn dahin empfohlen, und mit meinen herzl. Dank dafür an Sie zurückgewiesen, den ich hiemit nachhole., wiewol ich keine Gelegenheit noch Mittel absehen kann zu irgend einiger Herzenserleichterung durch reelle Gegenwirkungen meiner Erkenntlichkeit. Auch an unsern lieben Bruder in Wandsbeck hat die Vorsehung gedacht auf eine Art, die ihm wie ich hoffe gefallen muß. Gott gebe, daß die Nachricht von einem guten Einfall der Kammerherrin von der Reck auch wahr seyn möge. Ich erhielte von ihm einen sehr zärtl. Brief zum Neuenjahr nebst einer Marschroute – auf die ich sehr flüchtig geantwortet, weil ich mitten im Schreiben durch einen Brief vom Kapellmeister Reichardt gestört wurde, ihm einige hiesige Empfehlungen zu seiner Fahrt nach Engl. in der Geschwindigkeit zu verschaffen. Was die molimina meiner Reise betrifft: so hat sich die Gährung meines Gemüths, während meiner Krankheit, ein wenig gelegt. Es ist weder Leichtsinn noch Wankelmuth – Wie sonst, schreib ich auch jetzt, aus der Fülle meines Herzens – Mein ernster Wunsch und Vorsatz ist unverändert, so
    der HErr will, und so wir leben
. Erlauben Sie mir aber alles dasjenige wider zurück zu nehmen was meine pituita molesta in meinen Briefen Ihnen vorgeschäumt. Zum Laufen hilft nicht schnell seyn – Ich will das Spiel der Vorsehung durch keinen übereilten Schritt verderben. Wer es angefangen hat, (nicht ich) mag es auch vollenden. Mein deutsches Ja! und herzliches Amen! soll von keiner pica meiner Lüsternheit oder guten Willens, sondern von männlichern Grundsätzen der Freundschaft und Pflicht, und von näheren Umständen und Datis der Vorsehung und ihrer Mittelsperson abhängen, deren Entwickelung und Aufklärung ich tägl. erwarte. Ich bin noch bis auf diese Stunde in der
    Hauptsache
völlig im Dunkeln. „Wer aber des Nachts wandelt der stößt sich, denn es ist kein Licht in ihm Joh XI. 10. den 4 April Vorgestern des Morgens erhielt Ihre kleine Einlage unter Einschluß des Mannes, den Sie auch lieben und mir jetzt der
    Nächste
ist, nicht durch seine Wohlthat allein, sondern noch mehr durch die
    Zeichen
seines Characters – die mein erstes Ευρηκα! der Ahndung bestätigen. Ich hätte mit keiner magischen Laterne noch Brille diesen Einen unter Tausend finden können, wenn ihm ein guter Gott oder sein Engel nicht ins Herz gegeben hätte mich zu suchen – und mir die Ohren aufgethan hätte. Da sprach ich, statt aller Hekatomben und Gelübde: Siehe ich komme – Er hat sich selbst gegen Sie, Herzenslieber J. erklärt, und Sie scheinen sich einander zu verstehen. Ich widerhole Ihnen also blos, was ich Herdern geschrieben habe: Der Mann wird nicht ruhen, er bringts denn heuer zustande Ruth III. 18. Mein Haus ist diese paar Tage wie ein Taubenschlag gewesen, und morgen erwarte ich meinen lieben unartigen Johann Michel, von dem ich seit einigen Wochen keine Zeile erhalten, welches mich zu beunruhigen anfieng, wenn ihn ein guter Freund mir nicht gemeldet ihn gesund aber gantz im Tacito vertieft vorige Woche gesehen zu haben. Er soll nun seinen Cursum academicum mit seinem jungen Freunde
    Ernst Deutsch
hier anfangen. Nun ich wünsche und hoffe, daß sich das Blatt auch mit Ihrer leidigen Migraine gewandt haben wird beym Empfang des gegenwärtigen, welches erst leicht das Uebel ärger machen könnte. Vom Kopfweh bin bisher beynahe gantz verschont geblieben, aber mein geerbter Schwindel macht ihn bisweilen so leer, stumpf und wüste, daß alles in mir und um mich herum zur Wüste, Einöde und fürchterl. Chaos wird. Dachte diesmal an die Hämorrhoiden, an die mein seel. Vater als ein Stahlianer glaubte, ohne selbige erlebt zu haben; scheint aber ein eitler Verdacht gewesen zu seyn. Ein baldiger Brief von Ihrer Hand wird mir zugl. ein angenehmes Unterpfand Ihrer Widerherstellung und Gesundheit seyn. Sie wundern sich, liebster J. daß der späte lange Winter alles
    hart
und
    kalt
macht. Unser innerer Mensch ist dem Wechsel oder vielmehr dem Bunde der Jahreszeiten eben so unterworfen, als der äußere Erdensohn. Ich antworte Ihrer übeln Laune aus dem hohen Liede: Siehe ist der Winter ist vergangen, der Schnee ist weg und dahin, die Blumen kommen hervor, der Lenz ist da und die Lerche läßt sich hören im Lande – der harte kalte Boden, wider weich und warm – Ich muß abbrechen, weil ich noch viel zu schreiben und nachzuholen habe, mit Feder und Dinte es auch nicht recht fort will – da Ihre würdige Schwester
    Helene
Ihnen zu Gefallen einer fürstlichen Hand meinen ziemlich gangbaren Namen so oft nachschreiben müßen: so wird Selbige die Empfehlung Ihres dafür erkenntlichen Freundes nicht übel aufnehmen, und ich hoffe, daß unsere Söhne auch dem Beyspiel Ihrer Väter in gegenseitigen Gesinnungen nachahmen werden. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus! und mache uns beide zu Quasimodo-genitos zum gesunden und fröhligen Genuß des nahen Frühlings und Consorten der lieben schönen guten Natur, die, wie die Sonne alle Tage auf- und untergeht, jedes Jahr zum Besten ihrer Kinder stirbt und widergeboren wird. Vale et scribe vt Te
    videam
!
Johann Georg H. Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Geheimten Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
.
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 31ten März u 4ten April 1785 J. G. Hamann empfangen den 23ten Apr. beantw. den 26ten April. u 20ten May 1785.
den 3. April Dom. Quasimod. 85. Ohne Ihre 3 vor mir liegende Briefe, HöchstzuEhrender Freund beantworten zu können, übersende Ihnen blos den 1 Theil von Necker, 3 Schriften des Hemsterhuis, eine kleine Erzählung des Jacobi in Freyburg u Erinnerungen des Düßeldorfers, wie ich vermuthe – von dem ich am Charfreytage ein mir sehr erfreuliches Päckchen erhalten. Wegen der Pasqu. bitte mir einen Termin zu Unterhandlungen mit dem Morczinimastix aus, der mir je länger je fremder wird, und mit dem ich temporisiren muß. Da ich meinen lieben Hill schon beynahe aufgegeben hatte, wurde ich am Oster heil. Abend mit einem langen Briefe aus Rom erfreut, daß ich also jetzt mein Wort zu halten im stande bin und nächstens seine 3 Briefe mittheilen werde. HE Stadtrath W. ist so gütig gewesen mir selbst Ihr letztes zu überbringen. Kant hat ohnstreitig den grösten Einfluß auf den Minister als der Bibliothekar, dem er einen Beytrag nach dem andern liefert, und wider 3 oder 4 in der Mache hat. Da ich doch schon einmal dem letztern antworten muß: so werde ich es wo mögl. mit dieser, höchstens mit der nächsten Post thun; aber die Wahl Ihres würdigen Nachbars muß erst entschieden seyn, welches unser Freund noch gar nicht zuverläßig absehen konnte, weil die Partey für einen Neumann II zum Kaplan ziemlich stark seyn soll. Dienstags werden die Graventhiner in pleno hier erwartet. Vermuthl. ist Tacitus schuld dran, daß ich seit 3 Wochen keine Zeile von meinem Sohn erhalten, wodurch ich zuletzt ein wenig beunruhigt worden bin. Raphael brachte mir gestern die gute Bothschaft vom HE. Kr. H. der Briefe erhalten. Kennen Sie Brenkenhofs Leben, das beste Buch, welches Meißner geschrieben? Ich bin erst durch einen Wink aus der Schweitz auf selbiges aufmerksam gemacht worden. Es gehört zu den Büschingschen Lebensbeschreibungen – die ich auch noch schuldig bin. Bey Leßings theol. Nachlaß habe mich Ihrer auch erinnert – und werde es noch thun. Faustin habe auch nun erst nach der dritten Ausgabe zu lesen bekommen können, nebst einem neuen Almanach für Dichter u schöne Geister a. c. der nicht viel beßer als der von 82 ist, auf den der elende Schmierer mit dem Motto des Corregio: auch ich bin ein Maler! zurückweist. Wünsche guten Empfang und der geneigten Ueberbringerinn eine glückliche angenehme Heimfahrt, bin und verbleibe Ihr     alter ergebener Joh. Ge. Hamann. N. S. Wieland hat seine Recension der Herderschen Ideen gegen die Litteratur Zeitung gerechtfertigt im Februar des T. M. der noch nicht hier ist, die 2 dahin gehörigen Bogen hat Kant ausdrückl. zu seiner Gegenantwort erhalten, welche er in aller Kürze auch bereits an Schütz in Jena expedirt, von deßen Arbeit über seine Kritik er sich viel verspricht. Jacobi hat mir auch des Sp. Principia Cartesii, die einen kleinen dünnen Quartband ausmachen, überschickt, welche ich hier auf keinerley Art habe auftreiben können. Mendelssohn soll wacker an einer Vertheidigung der Gottheit arbeiten, und sich in Ansehung des Predigers des zureichenden Grundes und in der Wüsten mit einem Ehmann vergleichen, der von seiner Frau der Unvermögenheit und von seiner Magd der Beschwängerung beschuldigt wird, auch beyden Parteien Recht geben muß. Es fehlt nicht viel zu einerm Parabel Gleichnis mit dem Vater Abraham. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren /
    Nebst sechs Brochüren
.
Kgsbg den 4 April 85 Mein Auserwählter, mein gewünschter Sohn, Wie die Mutter des Königs Lamuel, hält sich meine Muse an dies von Ihnen Selbst mir
    gegebene
Verhältnis, welches je länger je mehr meinem Herzen Gnüge thut – wenngleich dies Geräth eines thörichten Hirten meinem eigenen Urtheil und Geschmack bisweilen anstößig vorkommt. Die Verhältniße der Natur sind mir inniger und verständlicher, als die gesellschaftlichen; und ich weiß kein natürlicheres, welches dem ganzen System meiner Empfindungen und Sympathie so ganz angemeßen wäre, als dasjenige, welches sich auf Ihren eigenen Einfall bezieht, den ich lieber Eingebung nennen möchte. den 6 – Den 2 d. erhielte früh Morgens Ihre erwartete Zuschrift vom 18 pr. Die eingeschloßene Silhouette war das erste was mir entgegenfiel und meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie Sie allen meinen Wünschen zuvorkommen und selbige errathen können! dacht ich oder rief ich aus. So sehr mich der Kopf interessirte und mich für sich einnahm, fand ich doch bey allem meinen Mangel eines physiognomischen u überhaupt irgend eines Kunstsinns einen Widerspruch in mir Ihren Schattenriß darinn zu erkennen – und eben so unerklärlich war es für mich einen andern zu vermuthen. Ich eilte daher zu Ihrem Briefe zum Aufschluß. Meine hypochondrische Einbildungskraft fand so manche ähnliche Züge mit Ihrem unglückl. Freunde – und mit wie viel getäuschter Sehnsucht ich wie ein anderer Diogenses einen Menschen oder vielmehr einen
    Nächsten
gesucht, dem ich mich gantz anvertrauen und auf deßen herzl. An- und Aufnahme ich mich verlaßen könnte, und der eben die Neigung hätte
    Experimente
mit mir zu machen, welche ich so öfters gleich einem Artzt, der sich nicht selbst zu helfen weiß, mit jedem, der mir in den Wurf kam, versuchte, indem ich blos die Erfahrung meines eigenen Elends anzuwenden und mitzutheilen suchte. Mit eben der Wahrheit, womit sich St. Paul eine unzeitige Geburt nannte, sah ich mich selbst als eine große Windelpuppe an, die noch immer auf ein ich weiß selbst nicht was für ein Wunder seiner Entwickelung, Ausbildung und Leben erweckende Liebe eines Pygmalions, ohne Hoffnung gehofft. Sollten Sie der Jüngling seyn, den Gott dazu ausgerüstet mich alten versteinerten Sokrates – Wenigstens wollen wir uns bey unserer leibl. und persönl. Zusammenkunft weder heucheln noch schmeichlen, sondern
    Wahrheit
soll unsere Freyheit oder die Rechte des Eigenthums unter einander entscheiden – wünsche daher nicht mehr Ihre Silhouette eher zu haben, bis wir uns von Angesicht zu Angesicht gesehen und erkannt haben, wenn dies auch mit Ihrem Sinn übereinstimmt. Seit dem Empfang Ihres Briefes habe ich kaum eine Stunde allein und für mich selbst gehabt, indem durch ein besonderes Schicksal eine Stöhrung die andere abgelöset. Ich hatte den letzten März eine Antwort nach Düßeldorf, wo ich den Empfang des mir so erwünschten Necker u anderer Bücher wenigstens bescheinigen muste, angefangen und beschloß mit aller mögl. Eil – um die Ihnen schuldige durch dieselbe Post abzumachen. Da wurde mir eine dringende Angelegenheit mitgetheilt, ohne das geringste Vertrauen meines Einflußes in selbige deshalb nach Berlin zu schreiben, worüber ich mich seit einem Vierteljahr (den 23 Jänner) bedacht hatte. Zugleich wurde von meinem lieben Jungen Joh. Michael überrascht, der einen Tag eher mit dem Gepäcke eintraf, als ich ihn vermuthet hatte und mir nebst allen Freuden auch neue Sorgen mitgebracht – nicht nur schnell ausgewachsene Kleider, mit denen er nicht in der Stadt auszugehen imstande, und einen nach jetziger guter Sitte freyen, aber dabey auf dem Lande etwas verwahrlosten Haarwuchs, sondern auch den Kopf so voller Vorurtheile in nuce, Widersprüche und Hirngespinste, daß ich Eßig und Lauge nöthig habe um selbigen zu säubern, und seine falsche Selbsterkenntnis und blinde Studiersucht zu lenken und zu beschneiden – worauf ich freylich schon ziemlich vorbereitet und darauf gefaßt gewesen bin, so sehr auch meinen Ahndungen immer widersprochen worden und ich selbst gegen selbige mistrauisch bin. Unterdeßen ist Gottlob! alles wie in der besten Welt passable und reparable. Nur bleibt es für mich immer ein fast unerklärlicher und oft höchst niderschlagender und kränkender Contrast, daheim, bey den Meinigen und in der Nähe so wenig Vertrauen, und in der Ferne dafür einen gar zu übermäßigen Credit zu finden. Meine Unwißenheit ist wahrlich keine Ironie, und ich gehöre bin in keiner Wißenschaft noch Gesellschaft zu Hause – thue beynahe alles vor langer Weile. Meine ganze Philosophie ist wie des Pythagoras seine, wahre Maulaffererey – oder vielmehr geht es mir wie jenen Arbeitern im Evangelio, die den ganzen Tag bis zur 11ten Stunde müßig standen, und auf einen warten, der sie dingen und ihre eigentliche Bestimmung und rechten Beruf oder Weinberg noch erst anweisen soll – unterdeßen der ewig reiche Hausvater mir durch seinen guten Schaffner wie gleich den ersten, welche des Tages Last und Hitze getragen, den vollen Lohn gegeben, daß ich auch sagen kann: „Ich bin der Letzte auferwacht, wie einer der im Herbst noch lieset p Sirach XXXIII. 16/17. Das einzige große und relative bestes Wirthshaus ist hier bey
    Schenk
in der Kehrwiedergaße (einem cul de sac der hiesigen
    Junkerstraße
). Ich besuche kein öffentliches Haus, bin aber in diesem oft gnug gewesen um es noch vor allen andern am besten zu kennen. In unserm ganzen Lande sind die öffentliche Anstalten für Fremde schlecht, und die Schinderey auch berüchtigt, daß man für alles was man verlangt auch ohne zu erhalten, bisweilen bezahlen muß. In Curland desto beßer und billiger, und so immer weiter nach Norden, die Städte ausgenommen. Eine Schüßel sauer Kraut und eine pommersche Mandelsuppe, wie man die durchgeschlagene weiße Erbsen hier nennt, haben mich noch mehr bey meinem Faulfieber, wo mir alles Fleisch verboten war, noch herrlicher erqvickt als in gesunden Tagen. Je leichter aber mein natürlicher, gesunder Hunger zu stillen ist; desto schwieriger ist meine bisweilen anwandelnde Lüsternheit nach
    gutem Eßen und Trinken
zu befriedigen, und ich freue mich beynahe über ein neues Gericht und einen neuen Geschmack auf einem fremden Tisch, wie über eine neue Wahrheit, die ein anderer für mich entdeckt. Wild haben wir noch zur Noth; unsere Fleischer verarmen unter dem Druck der Accise und der zum theil militairischen Polizey; das pollnische Vieh ist Contrebande – so ist das Engl. Ale – und ein Ast nach dem andern des auswärtigen Handels – die einländische Industrie durch königl. Monopole und durch die Leute seiner Hand verschlungen. So bald ich wider auszugehen imstande seyn werde, mit Gottes Hülfe die nächste Woche, werde ich nähere und zuverläßige Erkundigungen einziehen, und so bald ich Nachricht aus Manheim erhalte, theils mit dem Wirth, den ich ziemlich kenne, meine vorläufige Abrede nehmen, theils eine andere Idee, die mir in meiner Krankheit eingefallen, berichtigen können. Es ist nemlich in meiner Nachbarschaft ein schönes Sommerhaus, welches der Judenschaft gehört, und wie ich fast vermuthe diesen Sommer ohne Miethe bleiben wird. Es liegt am alten Graben, dicht an dem kleinen Hause, das ich einst bewohnt; dies Haus blieb auch einen Sommer ohne Einwohner und wurde von einer reichen jüdischen Familie zur Brunnencur genutzt. Sollte dieses wieder so eintreffen, so würde es vielleicht angehen die untere oder obere Gelegenheit mir zum Gebrauch Zeit Ihres Hierseyns auszubitten auf billigere Bedingungen als man in einem öffentl. Hause leben kann. Die 3 Kronenloge ist gleichfalls in der Nähe und hält einen Koch, der das Eßen nach Ihrer eigenen Vorschrift besorgen könnte; und die Wahl des Weins aus unsern 3 vornehmsten Weinkellern würde eben so leicht durch Ihren eigenen Geschmack ausgemittelt werden. Dieser Einfall beruht aber auf Voraussetzungen, von denen ich erst Gewisheit einholen muß, und auf den Fall, wenn Sie wenigstens 8 Tage sich hier aufhalten können. Ich werde unter der Hand indeßen alle mögl. Erkundigungen in der Stille einzuholen suchen. Sollte aber Frkf. an der Oder nur von Ihnen erreicht werden können: so habe ich einen ebenso schnellen Wink davon nöthig um sogl. bey der General Administration um Urlaub anhalten zu können, ohne die ich so wenig im Lande als außerhalb ohne Erlaubnis der Gen. Adm. und einen Reisepaß aus dem Cabinette reisen kann, und erstere nicht so pünctl. als letzteres antwortet. Vielleicht kostet es nicht so viel Schwierigkeiten, als ich mir eingebildet, beydes zu erhalten und ich muß darüber mit kundigen Leuten zu Rath gehn, um theils das Nöthige soviel ich kann hier zu Ihrer Beqvemlichkeit oder meiner Reise einzurichten. Beydes hängt also lediglich von Ihrer Nachricht aus Mannheim ab. Nun sehne ich mich mit der äußersten Ungedult nach Ihrem
    Hauptbriefe
, und daß es Ihnen möglich wäre noch selbigen vor Ihrer Abreise und deren festgesetzten Termin abgehen zu laßen.
    Hartknoch
erwarte alle Tage aus Riga, vielleicht in Gesellschaft des
    Wolke
, und denke jenem einen Brief an
    Lavater
mitzugeben. In deßen verlegten Billet doch wol nichts gestanden, das einer besondern Antwort bedörfte; denn die Wahrheit zu sagen, ich habe seine Meßiade für ein Geschenk in seinem Namen, und nicht eigentlich von ihm selbst angesehen, und ich bin Lav. und seinen sämtl. Freunden in der Schweitz unendlichen Dank schuldig für alles Gute was einer meiner tägl. Hausgenoßen, Namens Hill, ein lieber guter hofnungsvoller, aber noch gantz roher und fast wilder junge Mann auf seiner Pilgrimschaft nach Italien genoßen, den ich schon für verloren hielt, und der mich außerordentlich erfreut und getröstet, durch seinen Brief aus Rom, den ich am heil. Osterabend erhielt. Ihr vorletzter kleiner Brief vom 16 Febr. ist den 5 März hier angekommen und den 9 und 10 auf dem Bett von mir beantwortet worden. Ich war gantz betroffen und betreten darüber, nichts von Ihrem
    Hauptbriefe
darinn zu finden, aber der allerletzte hat mich wieder aufgerichtet. Gott laße alle Ihre Arbeiten der leutseeligsten Freundschaft und Nächstenliebe geseegnet und fruchtbar seyn – Seinen Augen alle Ihre Wege wohlgefallen – Seine dienstbare Geister Ihre Reisegefährten, Gesellschafter, Hüter und Wächter seyn. „ER gebe Dir, was Dein Herz begehrt, und erfülle alle Deine Anschläge“ – wie ein Baum, gepflanzt an den Waßerbächen, seine Frucht bringt zu
    seiner
Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, geräth wohl – Gott hat auch das erste Vierteljahr an meiner ältesten Tochter so geseegnet, daß sie alle meine Wünsche und Erwartung erfüllt wo nicht übertrifft, nicht auswen- sondern inwendig, durch den Grund, nicht durch die Schau – Ich denke mit Wonne und Zuversicht aufan die Kalend. Julii und bin Ihr ewig verpflichteter, durch Liebe und Erkenntlichkeit annehmlich verpfändeter und verhafteter Diener und Freund Johann Georg Hamann. Ich laße diesen Brief, ohne ihn zu überlesen, mit der
    ersten
d. i. Donnerstags- nicht wie sonst mit der zweyten d. i. Freytags-Post abgehen. Gottes Gnade und Seegen über Sie und mit Ihnen! Amen. Adresse mit Siegelrest:
HErrn / HErrn
    Franz Buchholz
/ Herrn von Welbergen / zu /
    Münster
/
    in Westphalen
.
den 4. April 85.
Kgsberg den 10 April Dom. Mis. Dom. 85. Herzenslieber Lavater, Der letzte Tag des ersten Monaths dieses laufenden Jahres wurde für mich sehr eindrücklich, weil ich an demselben durch unsern guten B. Ihre herrliche Meßiade nebst der Herzenserleichterung erhielt. Letztere hatte mir selbst schon angeschafft wegen so mancher individuellen Züge unserer Ahnligkeit und Verschiedenheit. Die erste war mir fast ganz unbekannt geblieben – Zwar wurde ich lüstern gemacht, da Klopstock mir seine für die Scherflein verehrt, auch um Ihre anzuhalten. Die Pracht der Kupfer hätte mich aber abgeschreckt, und ich hätte mich gern an dem bloßen Text begnügt. Desto herzlicher wurde von Ihrer zuvorkommenden Freygebigkeit und freundschaftlichen Ahndung meiner Wünsche gerührt. Gott schenke Ihnen Gesundheit und Geisteskräfte zur Vollendung des schönen Denkmals und zur Verklärung des frommen Menschensohns, der keinen Becher kaltes Wassers unbelohnt läßt – mir aber Gelegenheit, Ihnen auch einmal eine Gegenfreude, ich weiß leider! nicht womit? machen zu können. Am Oster Heil. Abend wurde mit einem langen Briefe aus Rom dd den 12–16 Febr. von meinem Hill erfreut, an deßen Erhaltung ich beynahe schon ganz zu verzagen anfieng. Sein Brief ist voll Gefühl und Erkenntlichkeit für alles das Gute, was er besonders in der Schweitz genoßen und Ihren Empfehlungen noch in Welschland zu verdanken gehabt. Gott vergelte es Ihnen, Ihren und meinen Freunden in seinem und meinem Namen! Wegen der schriftl. Tabelle, die unser Pf. ihm mitgegeben, berichtet er, daß er mit den Sachen nicht bekannt gnug wäre, sich an keinem Orte lange gnug aufgehalten hätte. Ein Prof der Chymie Graf Carburi in Padua hätte gemeint, daß man von da Beitrag verschaffen könnte, aber auch Zeit dazu nöthig wäre. Was ihm Ihr Freund Heße an mich aufgetragen, hat er mir auch mitgetheilt. Einigkeit des Geistes hebt alledie Mannigfaltigkeit der Sprachen nicht auf, die alle in ihrem Zweck übereinkommen. Hill, der keiner muthwilligen Lüge fähig ist, versichert mir, die ganze Reise den Aufenthalt in Rom vom 6 Jänner bis zum 12 Febr. mit der fast unglaublichen Kleinigkeit von 16 # bestritten zu haben, und wenn er nicht das Unglück gehabt auf der Banque von Venedig 6 u 12 # durch die bösen Römer auf die schlaueste und heilloseste Art zu verlieren, wäre er entweder nach Constantinopel oder durch Frankreich über Engl. zurück gekommen. Dieser für ihn ansehnliche Verlust zwingt ihn durch den nächsten Weg zurückzueilen, daß er im Monat Junii auch vielleicht eher wider hier zu seyn hoft. / Sollte der arme Nathanael durch neue Zufälle vor Anker liegen müßen, oder HE Tischbein nähere Nachricht von seinem gegenwärtigen Aufenthalt und Umständen haben und durch Vorschuß nach Verhältnis obgemeldten Verlustes ihm zu helfen im stande seyn: so soll jede Ausgabe sogl. ersetzt werden, wozu sich auch Freund Hartknoch, der diese Einl. mitnimmt, erbietet. Zu der Wallfahrt nach der Türkey kann und will ich eben nicht anräthig seyn; desto lieber behülflich zu seiner Widerkunft. Unterstützen Sie daher meine Antwort und Bitte an HE T. der mir die Wahl durch Sie oder über Weimar zu antworten überlaßen auf seine von u zu Herzen mir willkommene Zeilen und Grüße. den 11 – Eben wie mich gestern Morgens mein Verleger und Freund Hartknoch besuchte, erhielt ich eins der ersten Exempl. von unsers Kants
    Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
, die ich bey meinem kranken Kopfe in ein paar Stunden durchgelesen. Mein Sohn ist auch diese Woche vom Lande eingekommen, und hat heute den Anfang gemacht mit seinem jungen Freunde
    Ernst Deutsch
die akademische Vorlesungen zu besuchen. Meine älteste Tochter war auch zum Besuche hier und macht mir durch ihre stille Sittsamkeit mehr Freude und Hoffnung, – daß ich sie gleich nach erhaltenem Seegen in Pension gegeben, hab ich Ihnen schon gemeldet. Uebermorgen denke ich erst mein telonium zu besuchen, nachdem ich mich über einen Monath mit einem faulen Magenfieber geqvält. Nachdem ich schon alle, Jahre lang umsonst gemachte, Reiseplane aufgegeben, erfüllt Gott auch meine Wünsche durch eine mir angenehme Aussicht, wo nicht dieses Jahr, doch in einem bevorstehenden selbige ausführen zu können – denn am liebsten wär es mir doch meinen Wohlthäter, deßen Briefwechsel immer befriedigender und zugleich reitzender für mich wird, in meinem traurigen Vaterlande zu sehen und kennen zu lernen. Doch ich will dieses ganze Spiel der Vorsehung ihrer eigenen weisen und gütigen Entwickelung überlaßen. Mein alter Kopf geht also voller Grundeis, daß ich wenig Zusammenhängendes zu denken im stande bin. Ich würde mir auch ein Gewißen draus machen, liebster L. Sie mit einem so leeren und zerstreuten Briefe zu unterbrechen,
    wenn ich nicht müste
. Vielleicht ist einer unserer Freunde so gut Ihnen die Mühe meiner Hand, vor der mir selbst eckelt, durch Vorlesen zu ersparen. Mendelssohn
    soll
an einer Vertheidigung der Gottheit arbeiten gegen den
    Prediger des zureichenden Grundes
Schultz. Dem in der Wüsten ist es ziemlich verargt worden unsern alten gemeinschaftlichen israelitischen Freund eines
    atheistischen Fanatismi
beschuldigt zu haben. Schade um so manche Lücke in Leßings theol. Nachlaß, den ich auf dem Bette gelesen! Arbeiten nicht unsere Philosophen, nicht mehr an
    Aufrichtung
eines
    neuen Pabstums
ohne es zu wißen, als die Ex-Jesuiten beschuldigt werden das alte auszubreiten? Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen. Empfehlen Sie mich Pf. und allen übrigen Freunden, die sich um Hill und mich durch Liebe, Nachsicht und Sorgfalt verdient gemacht haben – und wenn ein Vorschuß zu seiner Beförderung möglich seyn sollte, so wird anzu der Erstattung dieser Auslage kein Augenblick von mir versäumt werden nach beliebiger Vorschrift, oder durch den geschwindesten sichersten Weg. Ich bin Zeitlebens und gantz der Ihrige. Johann Georg Hamann.
Kgsb. den 11 April 85 Ihre letzte Zuschrift, liebster Müller vom 4 Jänner habe den 23 Febr. über Weimar erhalten, und von Hill nach aller schon erschöpften Gedult am Oster heil. Abend einen Brief aus Rom. Bis dahin hat ihm der HErr geholfen. Zu Anfang des März ist er willens gewesen nach dem Vesuv zu gehen in 7 Tagreisen, sich 3 Tage in Neapel aufzuhalten und vielleicht zu Schiff nach Livorno und Florenz, oder wenn die Fahrt unsicher u zu theuer wäre über Rom zu Fuß nach Florentz in 16 Tagen. Weil ich also ihn nicht zu finden weiß mit meinen Briefen, so hab ich zu Lav. und einem lieben jungen Maler Tischbein meine Zuflucht genommen ihn im Nothfall, weil er mehr durch einen doppelten Diebstahl an Gold verloren als er auf seiner ganzen Reise verzehrt, durch mit einem Nothschilling einzuholen, wenn es sich thun läst, und seinen gehabten Verlust wenigstens zu ersetzen. Er hat mir hier noch Geld zurückgelaßen, und ich würde für das Nöthige gleich Rath schaffen, daß alles ohne Verzug baar erstattet werden sollte. Es ist wirklich ein sehr guter Mensch und der das
    Glück
gehabt auch sehr gute Menschen allenthalben anzutreffen. Hier war der Zweck seiner Reise, seine Gesundheit zu stärken. Er hatte sich schon vor unserer Bekanntschaft zu dieser Reise mit der grösten Strenge eines Anachoreten vorbereitet. Alle diese Arbeit umsonst gethan zu haben, war kaum mögl. ihm zuzumuthen. Ich glaube, daß auch dieser an sich verkehrte Schritt zu seinem Besten gereichen wird Er hat mir eine Nachricht mitgetheilt, um deren Beyhülfe ich Sie ansprechen muß, nachdem ich mit HE Hartknoch darüber zu Rath gegangen, der mir HE Steiner zu als Ihren Assistenten in diesem Handel empfohlen. Auf der Ambrosianischen Bibliothek, sollen noch einige Exemplare von des Giggeji arabischen Wörterbuch, wie ihm Doct. Bugatti Bibliothekair der dortigen Bibliothek gesagt hat, welcher gegenwärtig das Morgenl. in Rom studiert, für 15 römische Scudi = 1½ # zu haben seyn. Für ein Werk von 4 Bänden scheint dies ein wohlfeiler Preis, spottwohlfeil. Wenn ich auch für 2 # die Fracht bis Schafhausen eingeschloßen ein hier so seltnes Werk für meinen Sohn, der Medicin und zum Behuf dieser Wißenschaft das arabische studieren soll, zu seinem künftigen Gebrauch haben könnte, wäre es für mich eine sehr erwünschte Beute. Auf 1 # mehr oder weniger soll es mir auch nicht ankommen für ein so gutes Werk in spe und auf die Zukunft. Sie wißen daß man nur 2 gedruckte arabische Wörterbücher hat, Golius, den Gjenhurium (welchen ich mit vielem Aufwande aus Hamburg erhalten) und Phiruzabadium, den Giggeius übersetzt hat. So hätte ich die Familie zusammen, und eine arrham auf den Fleiß meines Sohns sein Gelübde zu erfüllen, wenn ihm Gott Leben und Gesundheit schenkt, an seinem Freund Hill bekäm er auch einen guten Wegweiser und Consorten in der arabischen Litteratur, jeder in seinem Fach, der eine als Theolog für den Geist der andere als Medicus für den Leib. Vielleicht denkt auch Hartknoch selbst daran gegen HE Steiner. Es kann bey Ihnen so lange liegen bleiben, bis es beqvem zur Meße befördert werden kann und wenn der Handel zu stande kommt, soll das Geld für Sie oder Ihren dortigen Freund parat seyn. Ich danke Ihnen, liebwerthester Freund, mich auf
    Brenkenhofs
Leben aufmerksam gemacht zu haben, vielleicht das beste Buch, so ich von Meisner gelesen. Bitte mir wegen meines Auftrages eine Erklärung aus, ob Sie sich damit abgeben können, und allenfalls mein Vertrauen auf Ihre Freundschaft nicht übel zu nehmen. Mein Sohn der vorige Woche vom Lande angekommen und heute se akademische Laufbahn angefangen, soll sich einmal selbst dafür bedanken. Gott gebe Ihnen bald eine Heerde und Schäferinn nach Seinem Herzen, und Ihrer lieben Frau Mutter eine gefällige Schwiegertochter. Empfehlen Sie mich unbekanter Weise Ihrem HE Bruder, auf deßen neue Geschichte seines Vaterlandes ich mich zum voraus freue. Leben Sie recht wohl und vergeßen Sie nicht inter Spem Curamque, amores inter – Ihren alten ergebnen Freund und Diener Joh. Georg Hamann. Unter der Namensunterschrift von Lavater mit Bleistift vermerkt: Codex u Arab. auf der Sfh. Bibl Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
An / HErrn Johann Georg Müller / Candidaten des heil. Ministerii / zu /
    Schaffhausen
.
Von Lavater mit Tinte auf der Adressseite: Dank für das Gethane. Briefe von Hamann send’ ich Ihnen bald – auch eine noch vorgefundene Frau D. v. Baum L. den 8. May 1785.
Kgsberg den 14 April 85. Herzlich geliebtester Freund, Hartknoch ist vorigen Freytag angekommen, und diesen Montag abgereiset. Ich habe ihm Hippels Abdruck in seinem Namen, und in Hinzens seinem Kants, u in Hofr. Metzgers seine Disp. über das Gnothi seauton abgegeben, und in meinem eigenen nichts als bona verba – Mit dem Verleger zugl. sind 4 Exempl. der
    Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
aus Halle für den Verfaßer angekommen. Hippel hat auch eins davon zu erhalten, weil Kant eben Sonnabends einem großen Schmause beywohnte, dem Kr. Deutsch zu Ehren, der seinen Sohn auf die Akademie gebracht. Meiner überraschte mich einen Tag früher mit dem Gepäcke. Sonntags frühe, wie H. eben bey mir war, erhielt Hippels Exemplar zum Durchlesen, womit ich auch in einigen Stunden fertig wurde – Sie können sich leicht vorstellen, wie? und es noch denselben Tag wider zu Hause schickte. Statt der
    reinen Vernunft
ist hier von einem andern Hirngespinst und Idol die Rede, dem
    guten Willen
. Daß K. einer unserer
    scharfsinnigsten
Köpfe ist, muß ihm auch sein Feind einräumen, aber leider! ist dieser Scharfsinn sein böser Dämon, fast wie Leßings seiner; denn eine neue Scholastik und ein neues Pabstum sind die beyden Midasohren unsers herrschenden Seculi. Ich freue mich auf den
    zweiten
Theil Ihrer Ideen, und hoffe, daß selbiger fertig geworden seyn wird – Bin gestern zum ersten mal ausgegangen, werde aber noch nicht so bald nach der Stadt kommen können. Mein Kopf ist sehr schwach, und die Hypochondrie drückt alle meine Eingeweide und beklemmt meine Brust. Selbst der Antheil, den ich an der neuen Laufbahn meines Sohns nehme, und seine nahe Gegenwart, da ich ihm keine eigene Stube einräumen kann, ist Unruhe für mich, und vielleicht noch mehr für ihn. Er hört Logik u. die physische Geographie u über Karstens Physik bey Kant, Physik und Experimentalphysik bey Reusch, Mittwochs u. Sonnabends 2 Stunden nach einander bey Hofrath Metzger über Sellens Skiagraphie, der höchst kläglich lesen und beynahe nicht das geringste hinzusetzen soll. Weil diese Stunde öffentl. ist ihm einen allgemeinen Begriff von seinem künftigen Beruf giebt und Metzger immer sehr zuvorkommend sich wenigstens gegen mich gestellt und weiß der Himmel was für Rechnung auf meinen Sohn gemacht, und seine beynahe unverantwortl. Unthätigkeit den hiesigen Mängeln zuschreibt, hab ich diese Stunde meinem Sohn anrathen müßen, im Vertrauen, daß selbige öfters ausfallen und ihm eben so wenig nachtheilig als vortheilhaft seyn werden. Gestern in den ersten 1½ Stunden hat er von dem kleinen Buch beynahe einen ganzen Bogen absolvirt. Köhler soll ebenso elend das Hebr. u Gr. lesen, höchstens Varianten anführen – so sehr auch mein Sohn Lust hat das Griechische weiter zu treiben und ich das Hebr. zur Erleichterung des Arabischen erhalten wollte. Zu diesem allen ist hier keine öffentl. noch privat Gelegenheit. Auch Mathematik, lateinschen Styl habe noch aussetzen müßen – Im Französischen hat er noch gar keinen Anfang gemacht – und gleichwol hat er den ganzen Tag besetzt zu
    Widerholung
der Stunden und Fortsetzung der alten Autoren – das auch bey jungen Leuten ohne Aufsicht ein mißlich Ding ist. – Ich sehe also dies erste Semestre als verloren an, und opfere
    alles
meiner ältesten Tochter auf, welche mir dafür alleviel Hofnung giebt in Einem Jahr einen guten festen Grund mit nach Hause zu bringen – wo ich alsdenn eine beßere Vertheilung zu machen im stande seyn werde. Verzeyhen Sie mir, liebster H. daß ich mein Herz so gegen Sie ausschütte. Ich glaube, daß es Ihnen fast eben so geht, und Sie vielleicht noch ein schwerers Joch tragen, nur mit mehr Stärke der Vernunft und kluger Gedulte. Nun muß ich Ihnen noch im Vertrauen sagen, daß ich entweder meinen mir immer noch unbekannten Wohlthäter
    hier
erwarte oder bis Frank. an der Oder entgegen reisen muß, und daß der 1
    Jul
.
zu unserer Zusammenkunft ausgesetzt ist. Diese Alternative hängt von wichtigen Umständen ab, deren Entscheidung ich in einem Briefe aus Mannheim erwarte, damit ich sogl. um Urlaub in Berl. anhalten kann. Müßte ich schon so weit gehen, so können Sie leicht denken, wie groß die Versuchung seyn wird weiter zu gehen, weshalb ich im Cabinet um Erlaubnis anhalten müste. Bekomm ich die, welches ich gewiß versuchen möchte – und wie bedaure ich Reich. Abwesenheit! – so würde ich Anfangs Julii in W. seyn. Melden Sie mir so bald Sie können, ob sich Ihre Brunnencur alsdenn schon anfängt – welche ich um alles in der Welt bitte – nicht zu verrücken, weil noch nichts bestimmt ist. Drey Tage können wir uns satt sehen, und Ihr Haus ist das Einzige – und so allein und verborgen als mögl. zu eßen, trinken, plaudern und schlafen – Ich will vor der Hand nichts als die
    Zeit
Ihrer
    Cur
wißen, wie Sie selbige bestimmt haben in Ansehung Ihrer eigenen Gesundheits- und übrigen Umstände, ohne die geringste Rücksicht auf einen so
    mißlichen Wink
als der gegenwärtige ist. Weil ich hierauf baldige Erklärung erwarte: so muß ich Sie noch mit einem Auftrage beschweren, der mir auf dem Herzen liegt. Ein hiesiger guter Freund wünscht sehr die Sammlung des dortigen Voigt zu besitzen, welche 2 # kostet. Wenn ich nicht dem Manne alte und neue Verbindlichkeiten schuldig wäre, und die patriotische Grille hätte alles Mögl. in mein Vaterland zu ziehen, was zum gemeinen Gebrauch und zum Theil auch meinem Sohn zu einiger Kenntnis nüzl. seyn kann:, würde ich mich damit nicht befaßen. Es kommt aber auf die Erleichterung der Frachtkosten an, und man glaubt, daß Hartknoch so gut seyn würde mir diesen Gefallen zu thun. Ich kann dies auf
    keinerley Art
ihm zumuthen, ohne wenigstens das Volumen von 50 Stein, oder ich weis selbst nicht was für Arten ungefehr beurtheilen zu können. Seyn Sie also wenigstens so gütig diese Schwierigkeiten zu detailliren, damit ich diese Stelle dem Manne vorzeigen kann. Ich will mich lieber selbst auf den Fall meiner Reise damit belasten – denn ich mach mir ein Gewißen draus aus
    mehr als einem Grunde
, da ich Hartknoch wo nicht mehr doch ebensoviel schuldig bin, ihm diesen Auftrag zuzumuthen – das ganze Ding müste denn wirklich eine Kleinigkeit und KinFederspiel seyn, wie ich mir kaum einbilden kann von einer Steinsammlung, die nicht zu den Kleinodien gehört. Am liebsten wär es mir, daß Sie mir antworteten, warum
    Sie
noch
    ich
dies Hartknoch zumuthen könnten – damit ich dies aufzeigen könnte, weil mein
    guter Wille
wie K. sagt zu dienen, ohne zu wißen daß es durch einen
    dritten
geschehen sollte, übertölpelt wurde. Auf jeden Fall soll
    Ausgabe
wie der neulich
    eventualiter für Hill erbetene Vorschuß
mit der ersten Post und dem grösten Dank übermacht werden. Während meines Schreibens werde ich von neuem zu dem Auftrage gedrungen und noch mehr, durch Ihre Erklärung deßelben überhoben zu seyn. Helfen Sie mir durch Ihre Vermittelung aus dieser Verlegenheit – und weil das liebe Frauenzimmer eine abschlägige Antwort am wahrscheinlichsten einzukleiden weiß, es Ihnen auch vielleicht an Zeit fehlen möchte: so wäre ich fast so unverschämt den Beystand meiner verehrungswürdigen Freundin und Gevatterin anzuflehen, mit der Erbietung alle Aufträge mit mehr Lust und Ehrlichkeit zu übernehmen, die Sie von dort mir anvertrauen möchten. Ich bin nicht imstande zu schreiben, und mein Kopf ist wie ein Bimstein – Gott schenke Ihnen und den Ihrigen desto mehr Freude! Ich empfehle mich und mein Haus Ihrem geneigten Andenken, und ersterbe in Erwartung beßerer Stunden, Ihr alter Εαυτοντιμωρουμενος. JGH. Adresse mit Siegelrest: Des / HErrn GeneralSuperintendenten Herder / Hochwürden / zu /
    Weimar
. /
    frey Halle
Kgsberg den 22 Apr. 85. Ihre geneigte Zuschrift vom 11 habe nebst den Büchern erst gestern erhalten, und muß abermals bitten mit einer tumultuarischen Antwort für lieb zu nehmen. Sie erhalten höchstzuEhrender Herr und Freund, den 2ten und 3ten Theil von Necker, weil ich im Anfang des 2ten Theils unterbrochen, auch durch die Schwierigkeiten der Materie abgehalten werde, mitten unter so viel zufälligen Zerstreuungen fortzufahren. Kraus besuchte mich noch denselben Sontag, wie ich mich seiner in meinem letzten Billet erinnerte. Nach seiner Instruction kann er kein Buch, das über 15 rth kostet, ohne ausdrückl. Anfrage und Erlaubnis anschaffen. 2. vermuthet er nicht ohne Grund diese Pasquille in des seel. Lausons Bibliothek. Ich habe mich der Gelegenheit zu Nutze gemacht das Buch selbst zu lesen, halte aber alle Versuche deshalb für fruchtlos – Habe ihn seit der Zeit nicht wider gesehen, werde ihn auch außer ausdrücklichen Anlaß nicht besuchen. Habe am vorigen Bußtage meinen Kirchengang gehalten und den ersten Besuch in der Stadt bey HE Kr. R. Hippel abgelegt und bey HE Pr. Kant. Beim ersten mein Gelübde wie St. Johannes weder zu eßen noch zu trinken, leider! weidlich gebrochen und vom letzten – wo nicht ohne alle mein Verdienst und Würdigkeit, doch wider und über alle Erwartung – mit einem noch für kein Geld feilem Exemplar seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, beehrt und erfreut worden. Die 3 Briefe von meinem Hill lege versprochenermaaßen bey mit Beyl. und Mängeln, die den Mantel der christl. Liebe nöthig haben. Unser alte Freund Hintz ist von Hasenpoth nach Pernau als dasiger Stadtsekretair in Begleitung einer künftigen Hälfte abgegangen, und im Begriff also einmal ein ganzer Mann zu werden. Ihren Namen hab ich vergeßen, Sie werden daher nicht seine ehemalige Reisegefährtin vermuthen. HE Nicolai hat mir gestern die Ankunft seines 5ten u 6 Theils angemeldt und die Vorauszahlung auf noch 2 folgende. Mach End o Herr mach Ende, könnte man auch hier mit der alten christl. Kirche singen – denn ich zweifele daß das Lied ins neue Gesangbuch aufgenommen seyn wird. Es hätte mir wirklich um die Osterfladen leid gethan, oder vielmehr um Ihren
    gutwilligen
Magen, wenn Sie ohne Ihren Assistenzrath die Gebühren der heil. Policey hätten übernehmen müßen. Die Diät eines faulen Magenfiebers – wofür Sie der Himmel bewahren wolle! – erfordert verträgt sich mit keinem Süßteige, sondern erfordert alles, was dem Sauerteige ähnlicher ist, und ich bin vom Sauerkraut zum Sauerbraten seit dem letzten Bußtage avancirt. Von Brenckenhoff hat mir HE Mayr ein ähnliches Praeservativ gegen die Meisnersche Skizze bereits eingegeben – auch ein Ideal seiner gelehrten Hand und Unterschrift, welche sein Biograph hat wollen in Kupfer stechen laßen, aber es bey dem
    guten Willen
hat bewenden laßen – wie der
    gute Wille
der Schriftsteller oft vereitelt wird! – Zum ewigen Andenken auf einem Herderschen Briefe vor- und nach gemahlt. Den letzten März wurde von HE Stadtrath überrascht, der so gütig war selbst Ihren letzten Auftrag an Biester zu erläutern. Den 4 d. ließ er mir seiner Zusage gemäß die geschehene Wahl melden, und ohngeachtet mein Sohn einen Tag früher ankam und ich eben kein rechtes Vertrauen zur Sache hatte, die der Abrede gemäß durch unseren guten K. der sich durch seine Beyträge zur Monatsschrift um B. verdient gemacht, bezog ich mich auf deßen Brief in der Voraussetzung, daß er wirklich von HE Stadtrath deshalb ersucht worden. Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt mich deshalb zu erkundigen, und erwarte von ihnen deshalb Auskunft, weil mein Brief ohne diese Voraussetzung ein wenig rätzelhaft ihm vorkommen muß, aber in Vergleichung desjenigen was ich vor Jahr und Tag auch länger schon geschrieben, sehr leicht zu entziffern war. Denn bey aller meiner Hypochondrie habe ich wirklich meine ziemliche Dosin von Etourderie, die ich aber wie ein herrisches Mittel blos auf den Nothfall zu Rath halte. Die Anfrage, was mir vom 2 Jahrgang fehlt, hab ich gar nicht beantwortet. Kraus u. Kant erhalten – ohne ihm dafür zu danken, vielleicht weil es ihnen am Anfange, wie mir an der Fortsetzung fehlt. Mein Freund in Düßeldorf hat den ganzen Vorfall mit der Fürstin mir ins reine und klare gebracht, daß die ganze Sache für mich abgemacht ist. Aber in der großen Begebenheit bin ich noch völlig im dunkeln und nicht einen Schritt weiter. An Briefen fehlt es gar nicht, nichts als Episoden, die meine Neugierde und Bewunderung und Neigung meiner ganzen Seele aufs höchste treiben. – Alles komt auf einen
    Hauptbrief
an, von deßen Fortgang er fast in jeder Zuschrift Meldung thut. Er thut eine Reise gegenwärtig, wenn Witterung und Weg nicht selbige verzögert – und diese wird entscheiden, ob er hieher komt, oder ich den 1 Jul. zu Frankfurt an der Oder seyn soll, wie Sie leicht erachten können – zur Gesellschaft und Bedienung für einen alten unbeholfenen Mann – in Begleitung eines jungen Fuchses, der so viel Löcher hat, daß er um 5 Uhr aufsteht mehrentheils vor meinem Aufstehen ausgeht, bloß Mittag hält und sich gleich wider bis 7 Uhr Abends unsichtbar macht, dann schläfrig und müde zu Bette eilt. Wir haben Macbeth angefangen, und sein Engl. ist durch HE Scheller erhalten – den Dechant von Killerine versteht er und liest das Stottern ausgenommen, erträgl. ohne es die ganze Zeit über getrieben noch einen Anfang von einiger Bedeutung hier gemacht zu haben unter einem Vagabond, der sich für einen Professor Toupet aus Warschau ausgab. Wegen der Reise im Kopf und in spe seh ich dies Sommer semestre für verloren an, und will ihn seinem eigenen Hange überlaßen, um selbigen beobachten zu können. Unser gute Mayr hat gestern Vorlesungen über Karstens Mathematik mit ihm angefangen und er soll einen guten Vortrag haben – philosophirt auch ein wenig über die Metaphysik à la Malebranche mit ihm, das auch nicht schaden kann. – Nun muß ich aufhören um in meine Loge zu gehen. Bitte mich der Frau Kriegsräthin ergebenst zu empfehlen und bin mit Haut und Hoffaar d. i. gantz mit Vapeurs und Etourderies Ihr      treuer Vasall und Diener Joh Ge Hamann.  Mein freundl. Willkom an Ihren gewesenen Nachbar – und gute Bothschaft von seinem Nachfolger, weil ich unmögl. selbst nach dem Friedl. Thor gehen kann, bitte diese Unterlaßungssünde durch einen Wink – ob K geschrieben, zu ersetzen. Ihn selbst darüber zu fragen oder unsern Freund, scheint mir eine
    entbehrl
. Etourderie zu seyn, die zu keinem Frommen dient, und reine Neugierde die wohl ein wenig
    warten
kann. Nochmals Gott empfohlen!
Sonnabend vor Cantate. Vermerk von Hamann: den 23 Apr.
    Georg
.
85 Erhalten den 14 May Pfingst heil. Abend Geantw. den 9 Julii Dom VII. p Tr.
Hier komme ich am Geburtstage meines Louischen, die eben mit blauen Bändern geschmückt sich im Kreise ihrer Brüder behrdet, Ihnen auch liebster Hamann; ein (wenigstens unerwartetes) Geschenk zu bringen, ein richtiges Geschenk von Blumen u. vielleicht verwelkten Blättern. Wenn was Uebles daran ist, so habe ich mit meiner Hausfrauen, die ich diesmal in die Gestalt einer, wie sie sagt viel zu gescheuten, Theano maskirt habe, den Haus- u. Ehecontract gemacht, daß sie alle δυς- und ευφημια an meiner statt übernehme, weil ich von diesem gedruckten Blumenbeet oder von der Kürbishütte meines Vorfahren Jonas Trotz ihrer breiten Blätter keine fernere Notiz nehme. Das punctum saliens der Sammlung, das aber wie die Großmutter Natur bei ihren Organisationen es macht, weise versteckt ist, war nichts anders, als einen Beitrag zur Reise nach dem Karlsbade zu haben, folglich ein Allmosen zur Gesundheit, folglich ein hochnothwendiges gutes Werk, das ja auch vom Tod errettet u. eine Menge der Sünden zudeckt, folgl. folgl. Suppliren Sie weiter, lieber alter Gevatter, der auch imn dem engen Schuh gesteckt hat, diese Shakespearschen ergels u. laßen Sie ein barmherziges Gericht über den Gen. Super. u. Ob. Cons. Rath ergehen, der aus Barmherzigkeit einige Griechische Jugendblumen zu Markt bringt. Was ich im Gespräch der Antichambre des Buchs darüber gesagt habe, ist Wahrheit. In Riga war das erste Buch, das dem zeitigen oder unzeitigen Bibliothekar in die Hand fiel, die Anthologie u. Athenäus, die er beide noch nicht kannte: beide kamen ihm in Holland u. Bückeburg wieder in die Hände u. so lag das Häufchen oder die Sträuschen lagen da u. weil sie hie u. da dem, der sie roch, wohlgefielen: so wurden sie aus dem pot-pourri meiner Papiere errettet u. das erste Stück diesmeiner
    aeskulapischen
Sammlung. Die Fortsetzung soll nach dem weisen Sprüchwort: wer A. gesagt hat, muß p folgen, in der einige Griechische Fabeln pp sind, die noch in keiner der gewöhnl. Sammlungen paradieren u. der eine sehr kurze Theorie des gr. Epigramms, dem Leßing nicht gnug Gerechtigkeit wiederfahren laßen, der weil er sich in seinen Martial, wie mich dünkt, zu sehr verliebt hat, diesen Blumenkram schließen. Vielleicht ists bei mir eben dieauch Einseitigkeit des Geschmacks, daß ich die Spitzen des Martialischen Sinn- u. Windgedichts nie habe lieben können u. mich an einer simpeln Viole oder Rose im Griech. Geschmack immer mehr erquickte. Wenigstens heben sich sodann 2. Einseitigkeiten auf u. geben für das liebe Publicum ohne Augen u. Ohren die Büste eines Janus, die sie es von selbstbeliebiger Seite betrachten kann. Das Göttergespräch u. die meisten Paramythien wurden vor 2. 3. Jahren für ein sogenanntes Tiefurter Journal aufgesetzt, daran die Herzogin Mutter Freude fand u. das für 6. 7. Personen abgeschrieben wurde. Es hat sein seliges Ende erreicht u. so konnte ich auch diese Spielwerke zum Besten geben. Die Gespr. der Seelenwandr. u. den Hemsterh. Nachtrag habe ich in der Sprache der von Sprachfehlern sowohl als von denen gegen Schloßer anfangs gerichteten Pfeilen zu reinigen gesucht u. also wenigstens abermals eine geschehene Sünde durch die Wiederholung des actus illiciti gutzumachen gesucht. Nun richten Sie, lieber Cadi oder Baßa mit 3. Federn. In meinem 41. Jahr lern ichs endlich sehen u. greifen, daß ich kein ehrliches Deutsch schreiben kann, wenigstens bisher nicht geschrieben habe u. so will ich wenigstens, den Rest meiner Schreibstunden dazu anwenden, daß ich die alten verwachsnen Kinder meiner Muse, die eigentl. etourderie heißt, durch Fischbein u. Schnürleiber curire. Gnug lieber Hamann; setzen Sie sich bei dem Büchlein in verlebte Jugendzeiten, in denen Sie mich ja auch am Ufer des Baltischen Meers kannten u. nehmen die mit den triffles of the youth wie mit Gänseblümchen einer nordischen Wiese vorlieb. Seit diese alte Zeit vorbei ist, klettern wir nicht so wohl nach Früchten in die Höhe sondern wühlen oft gnug die Erde um, nach Pastoral- u. Consistorial-Kartoffeln. Ich weiß, daß Sie unsrer Gesundheitsreise ein gutes Epigramm auf der Säule Ihrer Brust stellen u. damit sind wir zufrieden, ohne weiter im Reich der schönen Literatur glänzen zu wollen – also satis superque. Mit dem Druck meiner Ideen wills nicht fort: bald fehlte Papier bald starb ein Setzer, der wahrscheinl. noch lebt; also werden sie auf Johann fertig – der 2t. Theil nämlich u. mit dem 3ten werde ich schließen. Ueber den höchsten Berg sind wir also Gottlob! herüber. Einige Stücke dieses Theils haben mir entsetzliche Mühe gekostet, ohne daß sie mich noch befriedigen; insonderheit das caput mortuum der Regierung, an dem doch die ganze leidige Geschichte, wie sie der HE. Immanuel u. das Publicum, dasder Universalgeschichte liest will, hänget. Den 2ten Aufsatz drüber, nachdem ich den ersten selbst ad carceres verdammet, gab ich unserm Freund Göthe zur Ministerial-Censur u. er brachte ihn mir mit der tröstl. Nachricht wieder, daß fügl. kein Wort davon stehen bleiben könnte. Der 3te Aufsatz ist nicht beßer gerathen u. so hoffe ich noch auf eine gute Pfingstauram, wenn meine KirchRechnungen zu Ende sind, um diesen Gordischen Knoten säuberlicher zu behandeln. So gehts, wenn verdorbne politische Säfte im Magen sind; die repraesentatio mundi pro positu corporis nostri ist eine wahre Lehre. In tiefster Autor-Demuth, (denn der Theil, auf den das meiste vorgearbeitet war, ist vor großem Ueberfluß aufs dürftigste gerathen) bin ich auf Ihr Urtheil oder vielmehr auf den sensum internum Ihres Herzens übers 9. u. 10. Buch sehr begierig. Jetzt schwitze u. buchstabire ich am Styl, wie ein armer Sünder. Also ist unsre Zusammenkunft, lieber alter Mitgenoße meiner Wallfahrt, noch in so weitem Felde? So lieb es mir für diese ersten Wochen ist: so unlieb wäre mirs für das Weitere; ich muß Ihnen aber sagen, daß ich in meiner Hoffnung nichts weniger als laß werde. Die Umstände der Vorsehung haben sich gar zu sonderbar geknüpfet, daß sie uns nicht auch diese coronam unsers Lebens flechten wollte u. sie wirds gewiß zur besten Zeit thun. Von Jacobi habe ich in langer Zeit keinen Br.; er hat aber vorigen Montag an Göthe u. seine Schwester an meine Frau geschrieben, daß er gesund istsei u. über Spinotza brüte. Mendelssohn regt ihn, wie er schreibt, dazu fleißig auf u. es scheint, dieser will damit nur veranlaßt seyn, daß er einen Anti-spinoza schreibe werde. Für mich ist diese Disceptation Waßer auf die Mühle ob ich gleich alle Metaphys. von Tag zu Tag mehr haßen lerne, weil sie das Buch der Natur versiegelt läßt oder gar selbst zuschließt u. ihre Caractere auf die äußre Rinde mahlet. Für Jac. ists gut, daß er etwas zu thun bekommt; sonst aber ist mit Mendels. nicht zu disputiren. In seinen Worterklärungen liegt alles schon fertig, was er braucht – – Der junge Spalding ist vor ein paar Wochen hier durchgegangen u. hat mir einen Br. von seinem Vater gebracht, darinn er mir ihn empfohlen. Mich freuete dieser Brief sehr, weil wie Sie wißen, eine ich vor jenen 10. Jahren mit dem Alten in einen Handel kam, der damit endigte, daß ich ihm meine Br. abfoderte u. die seinen zurücksandte. Der junge Mensch war so liebenswürdig, gutherzig u. wirklich gelehrt, daß ich ihm mit Freuden alle Höflichkeiten erwies, die ich ihm erweisen konnte; u. so freue ich mich daß auch
    die
Spitze verwetzt ist. Ich habe im Sohn den Vater studirt u. gesehen, daß gutherzige Furchtsamkeit gerade das seyn möge, was ich für ganz etwas anders aufnahm, darüber aber kein Richter hätte seyn dörfen. Wir fehlen alle mannigfaltig, sagt die Kirchensäule zu Jerusalem; wir armen Bruchstücke stecken im Winkel der Kirche eines Landkirchhofs u. da sollten wir uns einander stecken laßen, wo jedes steckt. Alles was nur von weitem an KirchenOrdnung u. Litürgie grenzt, ist mir im Thüringerlande so verhaßt oder gleichgültig geworden, daß ich nichts wünsche, als daß Luther aufleben u. den Unrath auf seinem Grabe sehen möge. Als ich die Epigramme zusammenlas u. ein paar Tage auch im furore war, dergleichen zu machen, fiel mir der schwarze Luther von Kranach auf, wie er krank u. grämlich vom Streit gegen Herzog Georg 1528. gemahlt in meinem Zimmer hängt u. ich beehrte ihn mit diesem Epigramm: Guter, schwarzer Mönch, mit starkem Arme begannst du abzukehren den Staub, der die Altäre verbarg; Aber schnell entrißen dir andre das säubernde Werkzeug, lasen vom Staube das Gold, hingen den Besen sich auf: Und nun steht der entgüldete Altar in ärgerem Staube ohne Säuberung; – Gold können sie fegen nicht mehr. Da haben Sie zu den Griechischen eine Thüringsche Superintendenten Blume. Und nun, da das Papier zu Ende läuft, Gott empfohlen! Meine Frau grüßt sSie herzl. u. wünscht Ihrer Tochter so viel Glück zu
    ihrer
, als ich Ihrem Sohn, der auch mir einmal geschenkt ist, zu
    seiner
Akademie wünsche. Wir aber lieber H., wollen
    unsre
Akademische Lection auch nicht versäumen, uns nicht zu grämen weder um die Administration des Mammons noch um seinen Erwerb. Der’s besorgte, wird es fernerhin versorgen. Vorigen Sonnt. war das Evangel. des Sonntags meiner Heirath, den 2. Mai wird der Tag seyn. Gebe Gott Ihnen u. miruns alles, was uns Gott gut ist u. er hat uns so viel, viel gegeben! Wenn Oursimus kommt, soll er nach bester Art ohne Kunst empfangen werden. Leben Sie wohl, Lieber mit Ihrem ganzen, ganzen Hause. Ich sehe, daß ich einige Punkte Ihres letzten Briefes, auch für den wir Ihnen Beide nochmals danken, besonders zu beantworten habe, auch die Fragen aus der Büttn. Bibl. also à revoir. Vale, vale. Nach Leßings Evangelisten bin ich sehr begierig.
Düßeldorf den 26ten April 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 10.   Erhalten den 17 May Pfingstdienst   Geantw. den 18–23 — Liebster Haman, Ich reise heute Abend nach Münster, um meine gute Amalia zu besuchen. Wenn es mir immer möglich ist, schreibe ich Ihnen von dort aus, nachdem ich Ihren Alkibiades nachdem gesehen habe, u in Ihre Seele von ihm umarmt worden bin. Verderben Sie unterdeßen sich die Zeit mit dem hiebeykommenden Aufsatze, den ich für Sie habe abschreiben laßen, u den Sie behalten können. Dieser verzweifelte Aufsatz ist Schuld, daß ich Ihnen seit dem Zedel den ich in Buchholtzens Brief praktizierte nicht an Sie geschrieben habe; doch hat ein langer Besuch, den mein guter Schwager v Clermont aus Vaels mir mit dreyen seiner Töchter machte auch nicht wenig dazu beygetragen. Glaube mir, lieber guter Vater Hamann, ich mache mir tausend Vorwürfe darüber! Den Brief vom 31ten März u 4ten April hatte ich kaum das Herz zu erbrechen u zu lesen, so brennend fühlte ich meine Schuld. Für heute muß ichs mit diesem Wisch gut seyn laßen. Der Kopf läuft mir herum von allem was ich noch zu thun u zu besorgen habe; denn ich verreise nicht allein nach Münster, sondern auch zugleich nach Pempelfort mit meinem ganzen Hause, wo ich nach meiner Zurückkunft (in 14 Tagen) gleich anlanden werde. Ich freue mich auf meine liebe ländliche Wohnung wie ein Kind. Ihre Grüße haben meine gute Helene sehr gefreut. Was in meinem Herzen ist, ist auch in dem ihrigen; sie liebt meinen Haman innigst, grüßt ihn u küßt ihn. – Nun Ade, lieber Herzensfreund. Von Münster aus, so Gott will, sehen wir uns wieder. – Mein Befinden ist erträglich, u ich hoffe die Reise soll es noch beßer machen. – Ich herze Sie mit innigstem Wohlgefallen F H Jacobi Hemsterhuys hat meinen Brief noch nicht beantwortet. Der Krieg macht ihm so viel zu schaffen. Er hat eben erst das Portrait des Spinoza nach einer original Zeichnung nebst einem Buch der Prinzeßinn für mich geschickt, welches ich zu Münster finden werde. Es ist doch wohl gewiß daß die kleine Schrift über das Fundament der Kräfte Kant zum Verfaßer hat? An dem scheußlichen TobacksGeruch der einliegenden Blätter ist der Abschreiber schuld. Lieber Vater. Ihre lieben Briefe ligen mit etwa 200 unbeantworteten vor mir weit oben. Doch kann ich izt nichts, als eine Zeile der guten
    Toblern
, die Hartknoch, der Ehrliche, par excellence, väterlich besorgt, und Ihnen darstellen wird mitgeben, die Ihnen sagt, daß Ihr lieber Brief
    Hillen
betreffend an
    Tischbein
abgegangen, und Ihm alles wohl empfohlen worden ist. Ein guter Genius wacht über Nathanael
    Hill
, um seinetwillen, weil er ein
    Kind
ist, quorum est Regnum
    Coelorum
!
– und um
    Abraham
Hamans willen. Buchholz hat eine Brust gefunden, an der sein Haupt ruhen kann. Nun noch ein Amt, eine Last, ein Joch, und der Mann ist, was er seyn muß – durch einen Zufall, den ich als
    Willen
des alleinwollenden verehre, ist mir Ihr Brief vom November erst die vorige Woche zugekomen. Unser (liebes Gevatermännchen) b. weiß noch nicht recht mit Bestellungssachen umzugehen. – Nicht
    mir
, Ihm haben Sie die Meßiade – mir nur ein Rouleau Kupfer zudanken, wenn es einmahl angekommen ist. adieu! Pfingsten steht bevor! – ach! – Ach! Einen Hauch nur deines Weh’ns zur unterstüzung meines Fleh’ns! Ach! nur von deinem Angesicht Ein Blik wie Mond und Sternenlicht! Ach! welcher Sünder trüg ihn ganz Den Strahl von deinem Sonnenglanz! Sagen Sie der
    Toblern
ein
    ewiges
Wort. Was aus Gott ist, ist ewig, wie Er, und was aus dem Herzen des Glaubenden und Liebenden kömmt, ist aus Gott – grüßen Sie alles, was mich, um des Hern willen liebt, von mir – ich bin Ihr ewig ergebener Lavater. Zürich ◉ den 8. Maj. 1785. am Begräbnußtage unsers Vaters.
Kgsb. den 8 May Exaudi! 85. Alter liebster Freund, Landsmann und Gevatter, Heute brachte mir mein Sohn Ihren Brief von der Post mit zur Vorkost. Der Anblick Ihrer Hand machte mir Freude, aber der Innhalt läßt mich an Ihrer Unruhe zu viel Antheil nehmen, daß ich nicht gleich darauf antworten sollte. Meine Hypochondrie ist aufs höchste – und ich bin gegen alles was ich rede und schreibe, mistrauisch. Um alles in der Welt willen beschwöre ich Sie, nicht die geringste
    Erwartung
meiner zu haben. Erwarten Sie wenigstens keine
    Freude
noch
    Zufriedenheit
von meinem Widersehn, sondern alle mögl. Last eines Besuchs von einem Menschen, mit dem nichts anzufangen ist, man mag es angreifen von welchem Ende man wolle – und der selbst nicht weiß, was ihm fehlt. Es wäre unverantwortlich, wenn Sie die geringste Rücksicht auf meine blinde molimina zu reisen nehmen wollten zum geringsten Nachtheil so wesentlicher Pflichten als Gesundheit und Geschäfte uns auflegen. Noch ist es gar nicht ausgemacht,
    ob ich reise
, ob ich
    Erlaubnis dazu
und
    besonders
aus dem
    Lande zu gehen
erhalte. Erstere Erlaubnis hängt ledigl. von der Gen. Adm. letztere unmittelbar vom Könige ab. Was anderen so leicht fällt, ist für mich mit
    Schwierigkeiten
verbunden, die theils von meiner Phantasie, theils von meinem besondern Schicksal abhängen – und beide von Kleinigkeiten welche niemand zu sehen noch zu fühlen im stande ist. Unterdeßen ist es mir lieb, daß Sie mir genau Ihre ganze Lage und den beqvemsten Zeitpunct bestimmten; denn falls ich reise, bin ich der gröste Freyherr auf deutschem Grund und Boden, mich darnach zu richten, und wenn peracti labores iucundi, würde ich mehr Ruhe in Ihrer Probstey auf dem Rück- als Hinwege oder im Mittelpunct meiner Excursion genießen. Setzen Sie also keine Feder weder nach Münster noch Düßeldorf deshalb an, sondern laßen Sie der Vorsehung Ihren Lauf, und meinem Vorspann ihren Gang – damit das Spiel nicht verdorben werde, wie bey der Tenne Nachon. Gott fördere Ihre Expedienda, und laße die Brunnenkur Ihnen und Ihrer lieben Madonna gedeylich seyn – Der Nachtisch wird wol kommen, wie die heutige Vorkost. Es waren Linsen, von denen ich zum Erstaunen meiner Hausgesellschaft 3 Suppenteller einnahm, und noch Raum gnug für eine gebratene Schweinskeule übrig behielt. Hinc illae lacrymae! Alle Begierden und Kräfte meiner Seele scheinen in den Magen übergegangen zu seyn, und in diesem objectiven Irrthum liegt vielleicht das ganze Uebel meiner gegenwärtigen und vergangenen Unthätigkeit und Sinnlosigkeit. Ich hoffe bald beßere Gegenstände meines Hungers und Durstes zu finden, und die Diät der Bewegung wird auch die Schärfe meiner stockenden Säfte ein wenig mildern. Aus Mangel beßerer Einsichten und Mittel muß ich mich an einem etwas türkschen Glauben, so gut ich kann, fest halten. Soll ich kommen; so komm ich – Soll ich nicht; so scheitern auch die besten Maasreguln im Schooß des Herzens – und in dieser Voraussetzung biethe ich der ganzen Kakodämonologie Trotz. Meinen Unsichtbaren zu kennen und zu sprechen, dies ist eigentlich mein Berufs- und Hauptgeschäfte, von dem alle übrigen Freuden oder Leiden dieses und der folgenden Jahre abhängen. Seit dem 2 April habe keine Zeile weder aus Münster noch Düßeldorf erhalten. J. meldete mir den 22 März auf einem kl. Zedelchen, daß er seit 4 Wochen krank wäre, ohne mir seine Genesung gemeldet zu haben, meiner inständigen Bitte zu folge. Ich denke zu keinem Misverständniße Anlaß gegeben zu haben. Sein Nachbar in M. ist nicht so
    frey von Geschäften und oneribus
, als Sie voraussetzen – und ich möchte ihn ungern in seinen überhollegten Entwürfen gestört sehen, sehe es auch als meine Pflicht an, mich so viel möglich leidend zu verhalten. Seine Absicht war den 16 Apr. eine Reise anzutreten – ich vermuthe aber auch, daß Wege und Witterung diesen Termin möchten verschoben haben. Aus Manheim wollte er mir den Fortgang seines dasigen Geschäftes melden. Ich werde bis Pfingsten warten – Unser Jonathan in D. hat uns alle verwirrt gemacht, und ich hätte ein eben solcher abstemius bleiben sollen im Briefschreiben an Ihn. – Aber meine Verlegenheit in Ansehung der Berl. Kunstrichter, sein Waßer auf meine Mühle durch die Mittheilung der Handschriften über Leßing, das Intermezzo mit der Fürstin G. und meine eigene Bedürfnis wenigstens Einen Vertrauten
    dort in der Nähe
zu haben – und mein Unverstand im Reden und Schweigen, und der gänzl. Mangel eines Augenmaaßes in beyden – kurz den 23 April erhielt ich einen Brief von Claudius, um mich gleich nach Empfang deßelben auf die Post oder zu Schiff zu setzen, und ja die Pfingsthochzeit seiner jüngsten Schwägerinn nicht zu versäumen, und denn meine Reise ins hollsteinsche mit ihm anzutreten unter der Aussicht einer fröhlichen Zurückkunft. Auf jeden Fall wird mir ein noch so schwüler August angenehmer seyn, als ein so kalter May wie der heurige. Wird dies Jahr aus meiner Reise nichts; so meld ich es Ihnen, und eben so, wenn ich
    fertig
dazu werden sollte – auch welchen Tag des lieben
    Augusts
ich eintreffen werde mit meinem Reisegefährten, um nichts als
    Sie und Ihr Haus
zu genießen. Beynahe wünschte ich, daß Sie den ganzen
    Junius
und
    Julius
nicht einmal an Ihren Freund, Gevatter u Landsmann von trauriger Gestalt nicht einmal denken möchten; aber die Freude der Ueberraschung ist irreparable und ich habe nicht die kleinste poetische Ader zur Täuschung – wenigstens nicht zur angenehmen. Ich fieng gl. den 24 pr. eine Antwort an Claudius an, die aber mit der ersten Seite in Stecken gerathen, und bisher liegen geblieben. Sollte es mir mögl. seyn selbige zu Ende zu bringen, so erlauben Sie mir wohl sie beyzulegen und wenn es Ihnen an Zeit fehlt einige Zeilen zur Erläuterung meiner Verlegenheit hinzuzufügen, so wie sie ist, zu befördern. Hartknoch hat eine so mühseelige u langweilige Reise gehabt, daß er vielleicht keinen Augenblick übrig gehabt. Er soll 20 mal umgeworfen worden seyn und Hartung der einen Posttag nach ihm abfuhr, hat wider umkehren müßen. Ich vermuthe, daß ersterer sehr in seiner Gesundheit und Geschäften zurückgesetzt worden und daher einige Nachsicht und Mitleiden verdient. Ihrem Päckchen mit der Post seh ich mit Ungedult entgegen, und danke im voraus für die Freude, welche ich bey Empfang deßelben haben werde. Hofr. Metzger hat sich schon bey meinem Sohn nach dem 2ten Theil der Ideen erkundigt. Er hört leider! mir zu Gefallen des erstern Vorlesungen über Sellens Einl. in das Studium der Natur- u Arzneywißenschaften – nichts als eigentl. Vorlesungen aus dem gedruckten Buche, das er schon bis in die Mitte und drüber vorgelesen. Was aus der andern Hälfte bis Michaelis werden wird, begreif ich nicht. Unser Hintz ist Stadtsekretair in Pernau geworden und hat vermuthl. auch schon seine Ehe vollzogen, wo ich nicht irre mit einer Anverwandtin von D. Hummius, die bey Hartknoch gewesen. Collin heist der Künstler, welcher die Abgüße macht in terra cotta. Hippel verschenkt blos seine an sehr wenige Freunde, und jeder bewundert die Ähnlichkeit. Den seel. Kreutzfeld fieng er auch an – aber er starb darüber. Jetzt ist die Reihe an meiner runden Perrücke. Ob selbige gerathen wird, weiß ich nicht. Ein sehr geschickter Maler HE.
    Darbés
hat sich hier aufgehalten um das Kayserlingsche Haus zu mahlen, wo er auch logirte. Er nimmt 20 # für jedes Portrait – Ich hab mich bey ihm nicht eben als einen Kenner seiner Kunst und virtù empfohlen – fand aber an dem Capriccio, Geist und Umgange dieses Mannes viel Geschmack. Er ist ein großer Verehrer und Freund der Kammerherrin von der Reck – und ich wünschte, daß er zu einer guten Stunde Sie in Weimar besuchte, wie er sich vorgenommen zu thun Ihre Erklärung in Ansehung des Steincabinets thut mir völlig Gnüge, und ich wollte nicht gern Hartknoch damit belästigen. Den Steinhungrigen Freund denke Ihnen mündlich zu nennen. Ich habe Ihre Ideen seitdem 2 mal gelesen, habe aber nicht selbige zu Haus gehabt um sie mit der Recension der Allg. Litteraturz. vergleichen zu können. Dem Mann in Jena scheint es beynahe wie meinem lieben Heimcke zu gehen. Der junge Most scheint ihnen in den Kopf gestiegen zu seyn, und ich glaube daß die Leute bona fide bewundern, was sie nicht verstehen. Kant hat mich auch durch
    Erkenntlichkeit
für Meinen Sohn gefeßelt, um eben wie Sie jedes Misverhältnis zu vermeiden. Den
    alten Adam
seiner Autorschaft bey Seite gesetzt, ist er wirklich ein dienstfertiger, uneigennütziger und im Grunde gut- und edelgesinnter Mann von Talenten und Verdiensten – In Ihren Ideen sind manche Stellen, die auf ihn und sein System wie
    Pfeile
gerichtet zu seyn scheinen, ohne daß Sie an ihn gedacht haben mögen – und ich vermuthe eben so, daß in seiner Recension manches nicht so arg gemeint gewesen seyn mag, als es vielleicht von Ihnen misverstanden wird oder gedeutet wird. Ja ich machte tägl. in meinem Hause die Erfahrung, daß man aus 2 Gesichtspuncten sich immer einander widersprechen
    muß
, und niemals einig werden
    kann
.,
und daß es unmöglich ist diese Gesichtspuncte, ohne sich die gröste Gewalt anzuthun, umzuwechseln.
    Unser Wißen ist Stückwerk
– diese große Wahrheit ist kein Dogmatiker recht im stande zu fühlen, wenn er seine Rolle, und noch dazu gut spielen soll, und durch einen unvermeidl. Zirkel der reinen Vernunft wird die Σκεψις selbst zum dogma – Ist denn keine Fortsetzung von Monboddo erschienen? Ich erwarte alle Tage die 4 Theile des Harris mit einem Schiffer aus Engl. ich meine seine Philosophical Arrangements u Philological Enquiries. Ihre Pfingstgaben werden hoffentl. diese Woche auch eintreffen. Wo ich aber eine für Sie hernehmen soll?
    Denn mein Herz ist dürr wie Sand
– Nichts wie Miswachs in der Wüsten! Alle milde Gottesregen können einen solchen Boden nicht fruchtbar machen – Gott begleite Sie und Ihre würdige Freundin mit der ganzen Fülle seines Seegens ins Bad, schenke Ihnen gute Witterung und gute Gesellschaft zu Ihrer Cur, und bringe Sie zufrieden und verjüngt wieder zurück. Ihre Nachrichten von dem Fortgang Ihres Erstgebornen und dem Geschmack meines lieben Pathchens haben mich herzl. gefreut. Mein junger Student versteht noch nichts von Composition – und ich bin nicht im stande weder selbst diesem Mangel abzuhelfen noch durch anderer Handleitung selbigen zu ersetzen. An Lust und Fähigkeit zu lernen fehlt es ihm eben nicht – und wenigstens werden unsere Kinder und Söhne Freude an einander haben und die Freundschaft Ihrer Väter fortsetzen und vollenden können. Von meiner ältesten Tochter hör ich mehr Gutes als ich erwartet und vermuthet. Gott laße alles wahr und erfüllt werden. Der Bruder hat seine beyde jüngste Schwestern heute in die Comödie geführt um
    Cabale
und
    Liebe
aufführen zu sehen. Ich hoffe Ihnen liebster Herder! alles zu Ihrer völligen Beruhigung gesagt zu haben, und eben so lieb ist es mir, in Ansehung Ihrer Maasreguln für
    Gesundheit und Leben
unterrichtet zu seyn. Wenn ich nicht als ein freyer ungebundener Mensch reisen kann, so verlang ich gar nicht auch zu meiner Cur mir die geringste Motion zu machen. Es wird also lediglich von mir abhängen, die 2 oder 3 Monathe nach unserer beyderseitigen Convenance anzuwenden, und wie Sie selbst mit Grund muthmaaßen, konnte sich die ganze Sache von selbst verzögern, und unwegbare Witterung schon den ersten Termin des 16 Aprils verlängert haben. Bey aller meiner Unvermögenheit zu schreiben werde ich nichts versäumen Sie an allem Antheil nehmen zu laßen, zu seiner Zeit – Ich tappe aber noch selbst wie ein Blinder im Finstern, und weiß von der Hauptsache nichts, bin auch nichts im stande zum voraus zu sehn, sondern überlaße mich bey aller Unruhe, noch ruhiger meinem Schutzgeiste. Wie Du auch führst und führen wirst, so will ich gerne gehen. Gezogen darf ich auch nicht werden; denn Laufen wird mir leichter als das Gehen, und diesen Jugendfehler hat mein grauer Kopf noch nicht gantz verleugnet. Ich umarme Sie und bitte mich Ihrer verehrungswürdigen Donna unter den besten Wünschen Ihrer völligen Genesung zu empfehlen. Ich grüße u küße die lieben Ihrigen, Pathchen, seinen
    großen
und jüngern Bruder, nebst der kleinen einzigen Bibi. Alle Angst und Sorge sey überstanden – und bleibe fern von Ihrem Hause! Daß ich alles nach Herzenswunsch selbst finden, sehen und mich deßen erfreuen möge. Gott schenke uns allen einen holdseeligen August – und geb uns einen
    neuen gewißen Geist
! Amen Den 9 May.
Kgsb den 12 May 85. Vergeben Sie, höchstzuEhrender Freund, daß ich so spät antworte und so wenig von meinen alten Versprechungen und Schulden abtragen kann. Die kalte Witterung hat auf meine ganze animalische Oekonomie so viel Einfluß, daß ich zu allem unfähig bin, und mein Gemüth ist so wund – und unruhig, mein Kopf so wüste – Ich bin erst gestern mit Necker fertig geworden. Das Ende übertrift beynahe den Anfang. Ich habe mich an dem kleinen Kapitel über den Esprit de Systeme nicht satt lesen können. Wie gern wünscht ich seinen
    Geist
ausziehen und ins deutsche concentriren zu können zu einem politischen Manuel oder Handbüchlein. Daß Raynal an diesem Werk Antheil haben soll, ist mir sehr unwahrscheinlich. Wenigstens hat Neckers Philosophie und Politik ein gantz ander Gepräge und ist von gantz anderm Schroot und Korn. Jemand, der es wißen kann, versicherte daß HE Pr Kant Ihnen auch ein Exemplar seiner Grundlegung verehrt: sonst hätte ich meines schon zum Durchlesen mitgetheilt, welches ich beylege, ohngeachtet ich es zum zweiten mal wider vornehmen wollte.
    Reine Vernunft
und
    guter Wille
sind noch immer Wörter für mich, deren Begriff ich mit meinen Sinnen zu erreichen nicht im stande bin, und für die Philosophie habe ich keine fidem implicitam. Ich muß allso mit Gedult die Offenbarung dieser Geheimniße abwarten. Den deutschen Hemsterhuis lege Ihnen bey, weil das letzte Gespräch Simon noch nicht in der Grundsprache erschienen – und es ein Vergnügen ist das Wachstum dieses Schriftstellers in der platonischen Gabe zu dialogiren zu beobachten. Wie gern hätte ich die
    Oeuvres de Valentin Jameray Duval
beygelegt – Ich habe nur den 1 Theil auf ein paar Tage bekomen ohn den zweiten noch gesehen zu haben. Vielleicht bringt Hartknoch ein Exemplar u die Fortsetzung mit. – Aus Weimar vermuthe ich auch mit der ersten Post ein Päckchen. Ich weiß nicht, HochzuEhrender Freund, ob ich Ihnen gemeldet, auch aus Düßeldorf des Spinozae Principia Philosophiae Cartesii erhalten zu haben, an denen mir so viel gelegen war, daß Sie nach Danzig deshalb eventuelle Aufträge geben wollten, die jetzt nicht mehr nöthig sind. Ich habe die Uebersetzung des Machiavells auf so gute Bedingungen erhalten, daß ich sie gleich zum Buchbinder gegeben, um selbige bey der ersten Muße mit dem Original vergleichen zu können, das ich kaum mehr allein zu lesen im stande seyn werde – und dergl. Vergleichungen sind eine meiner liebsten Beschäftigungen, wobey man in zwey Sprachen lernen kann – Unser Reichard ist den 22 Apr. in Berlin gewesen um seine Frau abzuholen und seinen Urlaub bis zum Novbr. zu verlängern. Er scheint auf gutem Wege zu seyn, das Ziel seiner Reise zu erreichen, zu dem ich hier alle mögl. Empfehlungen von hier auftreiben muste, welche er kaum dort brauchen wird. HE. Nicolai bittet noch um 5 fl. 3 gl. zu seinem Zarm 4 : 15 als Praenumeration und 18 gl. für Fracht etc. der beyliegenden 2 Theile. Mir ist am Ende seiner Wallfahrt desto mehr gelegen, weil ich nicht eher die Beschreibung davon zu lesen mir vorgenommen habe. Von Engels Mimik ist wider mein Vermuthen der 2te Theil auch schon heraus – nur Garve hat eines Macfarlan’s Werk über die Armuth, Ursachen und Hülfsmittel mit Anmerkungen, Erläuterungen u einem Anhange übersetzt. Adelung hat 2 Theile über den deutschen Styl herausgegeben. Ohngeachtet der liebe Ernst einen Keuch argen Husten hat, wird er die Feyerwoche in Grav. zubringen und mein Johan Michel ihn vermuthl. begleiten müßen, der alle Morgen um 6 ausgeht, Mittags erscheint, gegen 2 bis 7 Uhr des Abends mit oder bey Raphael ist, und dann müde nach Hause komt, daß selten weder Abends noch Mittags ein Viertelstündchen zum Fr. u Engl. übrig bleibt. Ernst und Raphael hören mit meinem Sohn gemeinschaftl. bey Pr. Kant die
    physische Geographie
u.
    Logik
– Michel noch obenein die Physik über
    Karstens für Aertzte
. Alle 3 bey Reusch die
    Experimentalphysik
. Ernst und Raphael noch die Mathematik bey Hofprediger Schultz; HE. Mayr ist dafür so gut diese Stunde zu ersetzen. Endl. hört noch mein Sohn alle Mitwoche u Sonnabend 1½ Stunden bey Hofr. Metzger über Selle Einl. in das Studium der Natur- und Arzneywißenschaft. Seine übrige Zeit vertreibt er sich mit Raphael im lateinischen und Gr. und Engl. Ich habe mich aber bisher noch gar nicht um ihren Fleiß bekümmern können, noch mögen – und rechne kaum auf dies Semester, für meinen Johann Michel wenigstens. Seit dem 2 April habe keine Zeile weder aus Münster noch Duderstadt erhalten. Die Gräfin Kayserl. hat mich zu sich ruffen laßen – und hat mir viel zu sagen, weil sie Briefe erhalten. Ich habe weder Lust Hand noch Fuß zu rühren, nicht zum Reisen, nicht zum Schreiben. Claudius wünscht mich im May, Herder im August und die Hauptperson des ganzen Spiels hat den 1 Julii zu unserer Zusammenkunft ausgesetzt. Ob und was draus werden wird, weiß ich nicht. Wird die Stelle Ihres HE Nachbars durch den Bruder unsers Freundes ersetzt werden und die Sache des HE Schellers bald entschieden seyn? Ich erwarte letztern nach den Feiertagen bey mir, und hoffe denn von ihm selbst mehr zu hören. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin, und erinnern Sie sich bey Ihren Spatziergängen wie die Egypter bey Ihren Schmausen, einer traurigen Gestalt. Mein Sohn wird sich Ihres geneigten Andenkens würdiger zu machen suchen, und seine älteste Schwester Lisette Reinette giebt mir eben so viel Hoffnung und Freude durch gute Gerüchte, denn ich sehe sie nur alle Monathe Einmal, und ein sittsames Mädchen ist mir lieber, als ein lebhaftes zur Tochter. Ich bin mit der vollkommensten Ergebenheit Ihr alter Freund und Diener Johann Ge. Hamann. Adresse mit Siegelrest:
Des HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst Einem rohen und 2 gehefteten Büchern.
Meine GeEhrteste Freundin, Den herzlichsten Dank für Mitgetheiltes – das ich mir die Zeit genommen abzuschreiben, wünschte Ihnen dafür das Vergnügen den Auszug geben zu können, den der Altonaische Mercur auch in lateinschen Buchstaben gegeben, weil er mir das Unsinnigste Zeug in meiner eigenen Sprache und mit meinen Worten aufgebürdet, daß ich am allerwenigsten mich des Lachens dabey habe enthalten können. Mehr verlange ich nicht von einem Recensenten, und er hat alle meine Wünsche erfüllt. Mein Sohn hat schon den heute den Auftrag erhalten sich wegen Hartknochs zu erkundigen, und da das Unglück auf der Hinreise geschehen seyn soll: so denke ich, daß wir uns seinetwegen beruhigen können. Sie wißen, daß ich ungern danke, weil ich das Ding nicht recht verstehe; und daher auch keinen Dank verdiene, desto lieber aber schuldig bleibe. Meine Tochter besuchte mich gestern und brachte betrübte Nachrichten von den Umständen – Ich werde diese Woche selbst ansprechen müßen um mich zu erkundigen, ob nicht vor der Hand an dem Rest meines Vorraths gnug ist. Ihre gütige Anerbietung auch Ihren zu theilen, habe durch mein Mädchen bestellen laßen. Meine Pfingsttage sind der Witterung zieml. ähnlich gewesen; und ich schreibe an einem Briefe, der mich vollends niederschlägt, weil ich nicht aus der Stelle kommen kann. Ende gut, alles gut; und Sie haben das Beste dazu beygetragen. Wenn Sie mit den Zerstreuten Blättern fertig sind – doch mein Sohn wird sich vielleicht die Freyheit nehmen sich darnach zu erkundigen. Ich empfehle mich und mein Hausmütterchen, die allein ist, und bin unter Anwünschung alles Guten für ewig   Ihr ergebenster Freund und Diener Johann G. Hamann den Pfingstmont. 85. Kgsbg. den 16 May Pfingstmont. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn! So sauer mir auch Schreiben und Reden wird, so sehr auch der böse Geist der Hypochondrie mich fast erstickt, muß ich es Ihnen doch wenigstens merken laßen, daß der 18 März das Datum Ihres letzten Briefes gewesen, und heute ein ganzer voller Monath des eventualiter bestimmten Termins Ihrer Reise nach Manheim zu Ende läuft – Vielleicht hat die Ueberschwemmung auch die dortigen Wege grundlos gemacht, oder Sie erfahren auch eben die nachtheiligen Einflüße der kalten Witterung auf Ihre Gesundheit und Gemüthslage – Verdenken kann ich es Ihnen auch nicht, weil mein unfruchtbarer und trauriger Briefwechsel eine leider! nur zu treue und wahre Weißagung von meiner Person ist – wenn Ihnen beyde gleichgiltig geworden. Wozu sich den Mühseeligkeiten und Zeitverlust einer so mißlichen Reise aussetzen? wenn es eigentlich von meiner Seite allein ein Bedürfnis und Beruff ist Sie aufzusuchen. Fallen die Umstände so günstig aus, daß Sie im stande sind
    Ihren ganzen Plan
von Zürich bis in meine Heimath zu bestreiten, so wären alle meine Sorgen überflüßig, und Sie hätten das Verdienst, alle Gerechtigkeit erfüllt zu haben. Erhalte ich aber die Nachricht den 1 Jul. zu Frankf. einzutreffen zu spät, oder die General-Isabel ertheilte mir einen Korb statt eines Reisepaßes oder verzögert denselben: so würde ich vollends untröstlich seyn, und noch mehr wie jetzt durchdrungen vom Gefühl meiner Abhängigkeit. Wäre ich aber schon auf halbem Wege: so würde die Versuchung zu stark seyn wider umzukehren, ohne meinen alten Freund Herder zu sehen oder meinen Gevatter Claudius kennen zu lernen, und in Wandsbeck vielleicht Ihren Nachbar, deßen Winke die beyden ersten zu einer dringenden, sie und mich beunruhigenden Erwartung aufgebracht haben – Auf jeden Fall bin ich allso willens gegen das Ende dieses Monaths um eine Erlaubnis zur Reise anzuhalten, und selbige nach Maasgabe Ihres bestimmten Dati anzutreten, weil ich Sie am liebsten
    zu Hause
bey Sich oder bey mir zu sehen wünsche, und jeder Mittelort
    Fremde
für mich ist – Haben Sie Lust einmal eine Reise zu Ihrer Gesundheit nach Norden zu thun, so kann dies ja mit mehr Ruhe nach Versorgung Ihres siechen Freundes geschehen, von Ihrer und meiner Seite. Finden Sie diesen Vorschlag billig, so werde ich gleich zur Thätigkeit schreiten, und giebt Gott Gesundheit und Glück, wie er bisher otia geschenkt und pia desideria gegeben erhört hat, eile ich zuförderst mit meinem Begleiter in Ihre Arme und unter Ihr Obdach, wo wir uns am abgeschiedensten einander mittheilen können. Dadurch würde alle Besorgnis einer Reise aufs Gerathe wohl! gehoben, und weder Ihre beßere Geschäfte noch Verbindungen unterbrochen, auch vielleicht eine heilsame Wirkung auf meine Gesundheit und Gemüthsruhe durch eine solche Wallfahrt befördert, unterdeßen eine wankende Ungewißheit eben so sehr meine gespannten als erschlaften Nerven angreift. Die Gräfin Kayserlingk lies mich am Ende voriger Woche zu sich ruffen, weil sie eine Antwort auf ihre Zuschrifft erhalten, wodurch ich völlig beruhigt worden bin – und ebenso zufrieden mit den gnädigen Gesinnungen der frommen Fürstin, als mit dem guten Ausgange der ganzen Episode – Aber zur Hauptsache fehlt mir noch immer der Schlüßel Ihres Hauptbriefes – Licht und Wärme auf den Weg. Ich bitte darum! Wenn nur nicht Krankheit die Schuld Ihres zweymonatlichen Stillschweigens ist: so erwarte wenigstens Ihr Ja! oder Nein! auf meinen Vorschlag. Mehr und beßer schreiben kann ich nicht; aber desto stärker an Sie denken in petto und effetto – in Geist und Wahrheit    Ihr ewig treuer und verpfändeter Johann Georg H‥ Adresse mit Siegelrest:
HErrn / HErrn Buchholz, / Herrn von Welbergen, / wohnhaft zu /
    Münster
/ in Westphalen.
den 16. May. 85.
Kgsb. den 17 May Pfingstdienst. 85. Mein Herzenslieber Jacobi und Jonathan! Ich hatte eben einige kümmerl. Zeilen, an denen ich fast den ganzen Tag gestern geschrieben, selbst auf die Post gebracht, und eilte wieder auf meine Amtsstube wie mir Ihr Brief zu meiner großen Freude und Beruhigung entgegen kam – denn ich habe von Posttag zu Posttag auf einen Laut aus Ihrer Gegend gewartet, und bin mehr für Ihre
    Gesundheit
als
    Misverständniß
besorgt gewesen, weil letzteres leichter zu heben als jene widerherzustellen ist. Mein Vorsatz war diese Woche an Sie zu schreiben, und mich erst mit Ihnen ein wenig zu zanken, weil ein wenig Galle mir Appetit zum Eßen und Raisonniren macht, und denn mich wider mit Ihnen noch herzlicher auszusöhnen. Aber Ihr freundschaftlicher und zärtlicher Brief beschämt mich, und überhebt mich aller Umschweife. Vorigen Freytag besuchte ich unsere gute Gräfin v Kays. und ließ mich an Ihrer Freude über die Antwort Ihrer vortreflichen Fürstin den innigsten Antheil nehmen, den ich zu
    blöde
und
    unfähig
bin mündlich und schriftlich auszudrücken. – Den Tag drauf, am Pfingst heil. Abend, wurde ich von unserm Bischof in Weimar mit einem Dedications Exemplar seiner
    zerstreuten Blätter
erfreut, und daß Sie nicht nur
    gesund
, sondern auch
    fleißig
wären, daß ihm auch, wie mir, Ihre
    Disceptation Waßer auf die Mühle
wäre. Er ist auch meiner Meinung, daß mit unserm beiderseitigen Gegner nicht füglich
    zu disputiren wäre
, weil
    in seinen Worterklärungen
alles
    schon fertig läge, was er brauche
– und daß er blos
    durch Ihre Arbeit veranlaßt seyn wollte
, ein
    Anti-Spinoza zu werden
. Zu diesem Verdacht bin ich auch geneigt. Ich wünschte daher, wenndaß Sie eine Anspielung ausdrückl. berühren möchten, die ich in der Berl. Monathsschrift angetroffen, und die mir vorkam auf Sie gezielt zu seyn, die
    vertraul. Gespräche
der Verstorbenen nicht
    gemein zu machen
. Uebrigens befinde ich mich beynahe im gl. Fall mit meinem alten Freunde M. eine Parasitenpflanze zu seyn. Ihr Aufsatz ist mir sehr willkommen; ich habe ihn schon gantz durchgelaufen, und werde ihn auch durchstudieren; denn ich habe die Gabe wie ein Raubvogel und wie ein Krebs oder Schnecke zu lesen; aber mein
    mürber Kopf
ist gegenwärtig zu nichts aufgelegt. Ich bin mit der
    Ethik
endlich fertig geworden, und die
    Briefe
habe auch mehr wie einmal durchgegangen wie auch das Fragment de Intellectus emendatione aber noch nicht das vorherstehende des Tr. PoliticiAuch Ihre Principia des Cartesii – Aber mein Gedächtnis ist lauter Löschpapier, und meine Säfte lauter zäher Schleim. Was Jarige über den Spinozisme geschrieben, habe auch in den Memoires der Academie zu Berl. aufgesucht. Es fehlt aber der
    dritte
Abschnitt, und in seinem Eloge ist gar nicht daran gedacht.
    Kant
hat mich auf diese Abhandl. Aufmerksam gemacht. Er ist aber nicht Verf. der kleinen Schrift über das Fundament der Kräfte, sondern ein Herr
    von Elditten
(auf Wickerau) deßen Familie ich in meiner Kindheit genau gekannt habe, und unser Kritiker soll nicht zufrieden gewesen seyn, sondern alle Anführungen seines Organi castrirt haben, ich weiß nicht ob als Censor publicus oder als Freund privatus des Verf. Ich sahe diesen Bogen an, wie sie aus der Preße gekommen waren, und es ist mir lieb, daß Sie mich daran erinnern. Uebrigens hab ich so wenig Geschmack als unser Herder und der Pfarrer im Merkur an das Schulidol dieser ganzen Wißenschaft – Ob es mir je glücken wird Sie von dem abgeschmackten und leeren Wortkram im Aristoteles, Cartes und Spinoza zu überführen, wird die Zeit lehren. Hier liegt der Erbschade unserer Psilosophie und Psilologie, wie ich
    reine Vernunft
übersetzt habe
– ich kann aber mit meinen Begriffen darüber auch nicht ins reine kommen. Gestern Abend schickte mir meine Freundin Me Courtan, welche auch mit einer Reise nach Riga ihrer Gesundheit wegen schwanger geht No 86 der allgemeinen LitteraturZeitung zu, wo Schibl. recensirt wird auf eine Art, die völlig nach meinem Geschmack ist. Die im
    Altonaischen Mercur
wurde mir auch von einem Freunde mitgetheilt, und ich habe so laut über meinen mir untergeschobenen Unsinn gelacht als über die Uebersetzung des Flögels von dem engl. Wort
    Cant
in
    Kantschen Styl
. Meine Freude des heutigen Morgens über Ihren Brief habe Ihnen schon gemeldet. Befördern Sie und unterhalten selbige durch Erfüllung Ihres geneigten Versprechens mir aus Münster zu schreiben, ob unser Alcibiades gesund und daheim ist, weil er auf 14 Tage eine kleine Ausflucht thun wollte, – ob er Ihre Umarmung in meine Seele beantwortet – ob die erlauchte Aspasie das Päckchen bereits erhalten, und ob das Langweilige meiner Autorschaft durch das Lächerliche derselben und meines
    guten Willens
, den unser Kant zum Grunde seiner Metaphysik der Sitten legt, wenigstens gemildert worden – Ist das Original von Hemsterhuis
    Simon
noch nicht heraus? Daß ich auf seine Antwort auf Ihr
    Schreiben
neugierig bin, können Sie, liebster Freund! leicht erachten. Was meynen Sie aber mit dem daselbst angeführten Articul
    Spinoza
– kann man darauf sub sigillo confessionis, das mir heilig ist, nicht Ansprüche machen? Zu Ihrer Darstellung muß ich jede Anführung vergleichen, auf die Sie sich in des Sp. Ethik vorzügl. beziehen; ehe hab ich nicht das Herz ein einziges Wort darüber fallen zu laßen. Ich brauche dazu nicht nur Zeit, sondern auch eine Art von Laune und Heiterkeit, der ich jetzt nicht fähig bin. Meinen Dank für Necker muß ich Ihnen widerholen, wenn ich auch nichts mehr als das kleine Kapitel de l’esprit de Systeme darinn gefunden hätte, an dem ich mich nicht satt lesen können. Auch alle meine Freunde beynahe haben sich an diesem Meisterstück von Beredsamkeit und Philosophie erquickt, gegen den Raynal nichts als ein compilirender, declamirender Sophist ist. Was für ein herrliches Enchiridion ließe sich aus der Einleitung, den locis communibus und dem Schluß, für einen deutschen Fürsten ausziehen! Wenn solche Wahrheiten, solche Schönheiten nicht zu einer kleinen Arbeit aufmuntern können: so können Sie sich leicht vorstellen, wie mir bey einem Knochengerippe eines geometrischen Sittenlehrers zu Muth seyn muß. Causam immanentem, vt ait, non vero transeuntem statuit; und mir gefällt mehr ein sich einspinnendes als ausspinnendes Insect. den 21 – Ich bin nicht im stande gewesen seit Dienstags die Feder in die Hand zu nehmen, liebster Freund J. und damit ich nicht noch einen Posttag versäume, versuche ich wenigstens zu schließen; doch habe ich mich an den zerstreuten Blättern erquickt, und sie zweymal nach einander durchgelesen, ohne daß ich weiter mehr davon sagen kann, als das Wort der Theano:
    sie haben mir wohlgethan
! Sie können sich meinen trostlosen Zustand nicht vorstellen, und wie ich an mir selbst verzage, weil ich keines gesunden, vernünftigen Gedankens mir bewußt und gantz thierisch bin. Heute haben wir Gottlob! ein Gewitter gehabt, und die rauhe kalte harte Luft scheint sich ein wenig gereinigt und auch mich erleichtert zu haben. Die Molimina meiner Reise haben bereits das ganze christl. Israel zu Weimar u. Wandsbeck irre gemacht. Sie lieben mich und freuen sich auf mich
    ohne Ursache
. Eine eben so drückende Lage, als ohne Ursache gehaßt zu werden. Ja, ja, ich werde meinen Freunden so willkommen seyn, wie einem Hausvater ein Dieb in der Nacht. den 23. Auf jeden Fall, besuchte gestern, wo ich nicht irre, zum ersten mal in diesem Jahre meinen nächsten Nachbar, den Provincial Director Stockmar, um mir seinen Rath und Beystand zu Erhaltung eines Reisepaßes zu erbitten. Weil ich gern überhoben seyn möchte an die Gen. Adm. selbst zu schreiben, übernahm er es für mich zu thun, wenn ich bey ihm blos deshalb eine Vorstellung einreichte. Er rieth mir aber die Sache bis auf den Anfang des Junii auszusetzen, weil man in Berl. alle Hände voll zu thun hätte mit dem Abschluß der Jahresrechnung, der den 25 d. geschieht. Zufällig muste ich an eben dem Dato 67 meinen Dienst antreten, ohne noch ein neues Finanzjahr erlebt zu haben. Gestern bin ich den ganzen Nachmittag und eben so diesen Vormittag von einem Besuch nach dem andern gestört worden, als wenn die Vorsicht mir selbst Hülfsmittel zur Zerstreuung entgegen werfen wollte. Meine einzige Bitte besteht noch mir aus Münster zu melden, ob Krankheit an dem Stillschweigen schuld ist. Drey lange Wochen werde ich doch auf Antwort warten müßen – Der König kommt gewiß nach Graudenz, wenn ich nur erst meiner Sachen gewiß wäre! Gestern erhielt noch gantz spät No 90. der A.L.Z. und ich hoffe daß unser Herder mit der Recension seiner
    zerstreuten Blätter
eben so zufrieden seyn kann, wie ich mit der meinigen – Der Verleger seiner Ideen wird alle Tage hier erwartet – Verzeyhen Sie, wenn ich Ihrer zuvorkommenden Freundschaft und den
    zu günstigen Vorurtheilen Ihres Würkungs- und Lebenskreises
– nicht wie ich
    sollte
und
    gerne
    wollte
, beantworten kann. Dum tacet, clamat – Gott gebe Ihnen Gesundheit, Ruhe und bey allen hausväterlichen Sorgen eben so viel kindliche Freuden ländlicher Heiterkeit. Muß eilen um Einl. zu befördern – und meinen Johann Michel aus dem Thor begleiten, der auf mich wartet, und dem am Fortgange der Reise auch gelegen ist – der Mittelpunct meiner Trägheit oder inneren Energie. Was weiß ich? Leben Sie wohl und haben Sie Mitleiden mit Ihrem alten Grillenfänger und Heautontimorumeno – H, der sich auch bald fürchtet, bald freut wie ein Kind. Auf baldige Nachricht aus M. oder Pempelfort, wo alles zu Ihrem Empfang grühne und blühe! Ainsi soit-il! Adresse mit Siegelrest:
Des / HErrn Geheimen Raths Jacobi / Wolgeboren / zu /
    Pempelfort
/ bey Düßeldorf. Fco Wesel
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 23ten May 1785. J. G. Hamann empf den 2ten Juni
Pempelfort den 18ten May 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):
    No 11
.
  Erh. den 1 Junii Geantw eod.
Lieber Vater Hamann Sie haben mein Packet vom 26ten April, wie ich hoffe glücklich erhalten, aber, leider keinen Brief aus Münster. Unser lieber Buchholtz selbst war hieran auf mehr als eine Weise Schuld. Ich sollte von einer gewißen Sache die ihn betraf keine Erwähnung thun, weil er selbst zuerst Ihnen davon schreiben wollte; das störte mich. Es störte mich hauptsächlich deswegen, weil ich nun über Ihr Reise- Projeckt mich auch nicht recht heraus laßen konnte. Buchholtz hat Ihnen den angenehmen Vorfall nun gewiß berichtet. Ich will aber doch lieber davon noch schweigen um ganz sicher zu gehen. Wenn Sie den Herbst erst reisen wollten, so könnte Ihnen die Prinzeßinn von Gallitzin die Erlaubniß dazu ohne den Kronprinzen verschaffen; wollten Sie aber früher reisen, so müßte dieser von Ihnen angegebene Weg eingeschlagen werden; u es wäre sodann nur die Frage, was Sie selbst dabey thun wollen, u in wie ferne Sie wünschen oder zulaßen mögen, daß Ihnen die Prinzeßinn dabey zu Hülfe komme. Die Hauptfrage ist, ob Ihnen die Reise zuträglich seyn wird. Buchholtz fürchtet wegen der öftern Anfälle von Podagra denen Sie ausgesetzt sind, u ist überhaupt besorgt, Sie möchten aus Liebe manches was Ihnen den Entschluß zur Reise schwer macht verschweigen, u aus Großmuth zu viel unternehmen – „Wir wollen ihn fragen, sagte ich, Hamann ist offenherzig wie ein Kind.“ – „In allen Stücken, antwortete Buchholtz, nur in diesem nicht; ich glaube fast, daß er aus Liebe gar zu lügen fähig wäre.“ – Dem sey wie ihm wolle: ich will fragen, u auch meine eigene Meynung nicht verschweigen. Claudius, Herder, Ihre Freunde so viel ich deren kenne, sind der einhelligen Meynung, daß nichts in der Welt Ihnen so zuträglich seyn würde als eine Reise. Kleuker sprach mir vor drey Jahren schon davon, u ich war damahls gleich darauf bedacht, wie so etwas für Sie einzuleiten wäre. Wie man nicht wohl aus der Stelle kommen kann, begreiffe ich nur gar zu gut, u glaube desto eher mir erlauben zu dürfen, etwas dringend zu seyn. Buchholtz meinte, es würde Ihren Entschluß erleichtern, wenn Sie Ihren ältesten Sohn mitnehmen könnten. Sollten die größeren Reisekosten hiezu nur im Wege stehen, so wäre dieses Hinderniß mit einem Worte aus dem Wege zu raumen. Und in Wahrheit es geht mir dabey wie Cäsarn mit dem Tribun: Es kostet mich weniger zu thun als zu sagen. Da wir aber einmahl auf dieses Capitel gerathen sind, so muß ich Sie an den Schluß meines Briefes vom jüngsten October erinnern. Ich weiß nicht ob Sie errathen haben, wo ich hinaus wollte. Unsere Bekanntschaft war damahls noch zu jung, als daß ich mir hätte anmaßen dürfen, deutlicher zu reden. Von denen Mitteln u Wegen welche eine so genannte Delikateße einzuschlagen pflegt, bin ich kein sonderlicher Freund. Ich will überhaupt gar keinen Dank, u eben deswegen mag ich wohl daß man mich sieht. Es gilt in einem hohen Grade v mir, was Tacitus v den alten Deutschen sagt: muneribus gaudent, sed nec data imputant, nec acceptis obligantur. Darum mache ich ungern Schulden; aber wer zu schenken weiß, der schenke mir so viel er will u mag. – Genug hievon, wiewohl mir Herz u Mund voll von Dingen ist die ich darüber noch zu sagen hätte. – Gebe Gott daß Sie sich zur Reise entschließen! In diesem Wunsche liegt viel viel unausgesprochenes. Es ist der Prinzeßinn von Gallitzinn geschrieben worden, daß wenn Sie ein andres Amt zu haben wünschten, als das Sie gegenwärtig bekleiden, man Ihnen leicht dazu würde verhelfen können. Es käme darauf an daß Sie etwas schickliches anzugeben wüßten. Buchholtz ist mir unaussprechlich lieb geworden. Er setzt seine Geschichte für Sie auf, die auch ich zu lesen bekommen soll. Bald soll ich einen Besuch v ihm erhalten. Zu Münster waren wir sehr gestört; hier werden wir einander in Freyheit genießen. O, daß ich auch Sie einmahl unter meinen Bäumen hätte! Sie haben in meinem Briefe vom Oct den Fingerzeig auf Ihre †Züge S. 184 nicht finden können. Das wundert mich, da ich die Stelle aus dem 73 Psalm, (daß in den †Zügen der 83 Psalm v 21. 22. angeführt wird, hielt ich, u halte ich noch für einen Druckfehler, so auch Buchholtz) auf die Sie in der Note hinwiesen, wörtlich einrückte. Sie antworteten: „Das Kind, das nichts weiß, ist deswegen kein Narr, noch Thier, sondern bleibt immer ein Mensch in spe.Ihre jüngsten Briefe enthalten manches, worüber ich Erläuterung wünschte; das ich nicht verstehe, oder nicht reimen kann: aber ich mag Sie nicht unaufhörlich plagen. Vielleicht erhalte ich neues Licht, wenn Sie mir auf meinen zweyten letzten Brief an Mendelssohn etwas sagen. Leßings Theologischen Nachlaß habe ich erst vor 4 Tagen erhalten, u mit großem Intereße gelesen. In Beziehung auf meinen Handel mit Mendelssohn, war mir der Aufsatz No 12, über das Χstenthum der Vernunft sehr willkommen. Daß sich die Anmerkungen zu dem Kanzeldialog nicht gefunden haben, ist mir unbegreiflich u herzl leid. Mein zweyter Sohn, Georg Arnold, ein 17jähriger Knabe, der mir schon viel Sorge gemacht hat, u noch immer viel Sorge macht, geht auf den Herbst nach Zelle zu meinem guten Onkel, dem General Superintendenten. Ich suchte einen Hofmeister, der meinen Sohn noch ein Jahr unter meinen Augen unterrichten, u dann nach Göttingen begleiten sollte. Den Hofmeister hat mir der Onkel ernstlich abgerathen, u dabey den das höchst freundschaftlichen Vorschlag Anerbieten gethan, meinen Sohn auf einige Monathe zu sich ins Haus zu nehmen, u ihn nachher in Begleitung zweyer seiner Enkelsöhne, ganz die äußerst wackere Jünglich Jünglinge seyn sollen, nach Gottingen reisen zu laßen. Von diesen beyden Jünglingen studiert der eine Theologie, der andre die Arzeney, mein Sohn
    die
Rechte: Es wäre schön, wenn Sie für gut finden könnten, Ihren Johann Michael den 4ten Mann seyn zu laßen! – An den guten Nachrichten die Sie von Ihrem Hill aus Rom erhalten haben, nehme ich herzlichen Antheil. Ich bedaure daß ihn sein Weg nicht über Düßeldorf geführt hat, u wundre mich fast darüber, da er in Zelle u in Frankfurt war. Den Versuch über die Existenz einer materiellen Welt habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Mit dem Buche des Jesus Sirach für jedermann habe ich hingegen nicht fertig werden können, u nachdem ich hin u wieder ein paar Seiten drin gelesen hatte, es für immer weggeworfen. Haben Sie in der Allgemeinen die Rezension meines
    Etwas
gelesen? In dem IVten Theile des Anhangs sind endlich auch meine vermischte Schriften beurtheilt worden; ziemlich gnädig, aber mit einem albernen Hiebe begleitet, der vermuthlich Herdern treffen soll. Mein Befinden ist ganz leidlich. Aber Leni ist mir auf der Reise krank geworden, u kann sich noch nicht recht wieder erhohlen. Wir giengen von Münster nach Langendreher, dem Rittersitz des Schwedi hollandischen Gesandten am Schwedischen Hofe, von der Borch, deßen rechtschaffene fromme Frau mir vor 3 Jahren durch Lavater empfolen wurde. Ich hoffte den HE v Reck, der in der Nachbarschaft wohnt, dort zu sehen; er war aber verreist Leben Sie wohl, Mein trauter lieber Hamann, u schreiben Sie bald Ihrem Freunde F. Jacobi
An E. Königl. Hiesige Provincial-Accise- und Zoll Direction. Da ich theils zur Widerherstellung meiner, durch eine sitzende kümmerliche Lebensart, bey nahe gänzlich zu Grunde gerichteten Gesundheit, theils zur Abmachung wichtiger Familienangelegenheiten eine Reise zu thun genöthigt bin, und ich in Ansehung des ersteren das gröste Vertrauen zu einem gegenwärtigen in Halle sich aufhaltenden Artzt habe, zum letzteren Geschäfte aber mich einer meiner nächsten Freunde zu Frankfurt an der Oder erwartet, auch die Kosten meiner Reise und Cur übernimmt: so nehme meine Zuflucht zu E. Königl. p Provincial Direction mir eine Erlaubnis auf höchstens drey Monathe geneigt zu bewirken und dieses mein Nothgedrungenes Gesuch bey E. Königl. General-Administration auf das kräftigste zu unterstützen, auch Hochdieselbe von den während meiner Abwesenheit zu treffenden Maasreguln in Verwaltung des hiesigen Packhofes zu versichern. In Zuversicht einer geneigten Erhörung habe die Ehre p Königsberg den 1 Junii 1785 Auf einem gesonderten Blatt folgen weitere Abschriften von Hamanns Hand: Abschrift der Resolution E. Königl. General-Administration an die hiesige Provincial-Direction Mr. Stockmar Directeur à Königsberg. Malgré les mesures, qui soient prises, Monsieur, pour assurer le Service du Sr Hamann, garde-magazin de la Douane de votre ville pendant son absence, nous ne pouvons déferer à la demande qu’il fait d’un congé de 3 mois pour se rendre à Halle à l’effet d’y entreprendre une cure, Vous lui repondrez, que nous pouvons d’autant moins lui accorder un pareil delai, qu’il doit trouver dans une ville aussi importante que Königsberg des medecins aussi experts qu’il peut y en avoir à Halle.  Berlin le 10 Juin 1785. Signé de la Haye de Launai Grodart. Einesige Tage darauf ertheilte die General-Administration, einem verabschiedeten Lieutenant und Sous-Controleur, deßen Handschrift noch weni ger Canzleymäßig als die meinige ist, eine gnädige Erlaubnis auf 3 Monathe seine hochwohlgeborne Familie in Berlin heim zu suchen. Des großen Tempelherren Nepotismus ist bekannt, und mit welchen reichlichen Pfründen sehr jugendliche Neveux pour le retour de leur patrie ausgestattet worden. Auch hat der andere Vater seine Söhne in seinen eigenen Departement weder zu ihrer noch seiner Ehre untergebracht. Die Kaufleute in Memel wißen mehr von den Heldenthaten des einen und seiner gegenwärtigen inactivité für sein Gehalt. War in einer ville aussi importante que Berlin kein Medecin assez expert pour faire l’operation à un vieux pecheur. C’est, Messieurs,
    l’opinion
et la foi des malades, qui font la bonne fortune des Charlatans, aux depens de leurs dupes.
Konnte einer der grösten Monarchen in seinen weitläuftigen Staaten keine vier oder fünf Männer finden, die mit mehr Verstand und Wohlstand eben dasjenige hätten ausführen können. Wenigstens wäre das Geld im Lande geblieben; das Verderben der
    Sitten
durch ein solches Gesindel ist der allergröste Schade. Nein damals gab es im Lande noch keine Bösewichter d’une avidité si impudente, que cette foule de brigands etrangers, wie einer ihrer eigenen Propheten sie nennt. Ach Erde verdecke mein Blut nicht. Hiob XVI. 18.
Kgsb. den 1 Junii 85. Herzenslieber Jacobi-Jonathan, Ihr Brief fand mich, wie ein angenehmes Frühstück, sedentem in telonio, da ich den ersten Tag des ersten Monats vielleicht für das ganze Jahr gearbeitet habe. Die ganze Einnahme meines Lagergeldes macht kaum ⅓ meines Gehalts, und die heutige fast ⅓ des ganzen vorigen Jahrs, wenn alles baar eingeht, was ich zu Papier gebracht; denn noch ist kein Heller in der Caße. Dem sey wie ihm wolle; so versprech ich mir von diesen auspiciis ein wunderbares Jahr Meine Bittschrift um einen Urlaub von 3 Monathen
    höchstens
war schon gestern fertig, nachdem mein Freund Hippel sein fiat copia dazu gegeben, und wurde heute bey unserm Provincial-Director eingereicht, sehr liebreich wider Erwarten aufgenommen, mit der Versicherung, daß es mit der ersten Post unter Begleitung eines günstigen Berichts abgehen und die Resolution mir allsobald mitgetheilt werden sollte. Diesen Abend begegnete mir einer der Directions-Secretaire, u meldete mir von selbst, das alles schon zur Expedition wäre. Die Sache ist nun also einmal im Gange, und ich gehe gerade zu. Ich habe die ganze Lage der Umstände zum Grunde gelegt, und die reine Wahrheit zur Einkleidung des gantzen Rätzels gebraucht. Wegen meiner Gesundheit, die zum Leben gehört, gehe ich nach Halle einen Artzt zu Rath zu ziehen, zu dem ich Vertrauen habe, weil ich ihn liebe – nach Frankfurt an der Oder, weil mich einer meiner nächsten Freunde daselbst zu Anfang Julii erwartet, mit dem ich wichtige häusl. Angelegenheiten abzumachen habe. Dies ist auch wahr, weil ich das mir anvertraute bisher blos zum Besten meiner Kinder verwaltet habe und diese Gabe der Vorsehung zu nichts als diesem Behuf beßer und sicherer anwenden kann. – So liegt alles nach der
    letzten Abrede
und so hab ich es zu Erreichung meiner Absicht angewandt. So bald ich Erlaubnis erhalte, gehe ich gerade zu meinem
    Ziel
, den ich als meinen
    Beruff
ansehe. Sollte wider Jedermanns Vermuthen die Antwort der Gen. Administration mir Schwierigkeiten in den Weg legen; so würde mir kein Bedenken machen zu der grosmüthigen Prinzeßin meine Zuflucht zu nehmen. Gott lob! daß ich in Ansehung des
    Stillschweigens
durch Ihre Nachrichten beruhigt worden bin, und daß weder Krankheit noch Verdruß oder Misverständnis daran schuld sind – sondern angenehmere Vorfälle. Wenn der Wind zu meiner Reise so günstig bleibt, wie er jetzt meine ganze Seele durchweht – so will ich nichts wißen, verlange keinen Buchstaben noch Heller mehr. So wenig ich bedenklich gewesen die
    Zinsen
für meine Kinder anzuwenden; mit eben so wenig Gewißen werde ich, und mit eben so viel Oekonomie, als ich fähig bin, den Hauptstock zum Bedarf meiner
    Reise
angreifen. Sie wird in jedem Fall
    Cur
für Leib und Kopf seyn, wenn nicht währendes Gebrauchs, gewiß in der Folge zu meiner Erholung wohlthätig werden. Der Apostel Ihres Namens sagt: Siehe
    ein klein Feuer, welch einen Wald zündets an
! Wie leicht ein
    Wald von Grillen
in meinem Gemüthe aufschießt durch die Feerie meiner dithyrambischen Einbildungskraft, ist mir noch unbegreiflicher. Außer der hypochondrischen Furcht wegen meines Reisepaßes, quälte ich mich mit der getäuschten Erwartung bey der wirklichen Erscheinung meiner lächerl. Gestalt, und leeren Figur, daß ich mich selbst nicht auszustehen und zu leiden im stande bin – und je manehr man mir zuvorkommt, desto verstockter und ärgerl. über mich selbst werde, und an allem irre, was mich umgiebt. Ist noch einige Erleichterung von diesem Radical Uebel möglich, so bin ich auch der einhelligen Meinung, daß nichts in der Welt mir so zuträglich seyn wird, als der
    Vor
- und
    Nachschmack
einer solchen Wallfahrt und heil. Kreuzzuges, der seit so viel Jahren wie ein Embryo in meinem Gemüthe die tollsten molimina und saltus gemacht – den 2 Junii auf der Loge. Den guten Empfang Ihrer Handschrift habe bereits bescheinigt, und um Gedult gebeten. Ich zweifele daß es weder Ihnen noch mir glücken wird von Mend. verstanden zu werden. Wie schwer wird es mir, mich bisweilen selbst zu verstehen – geschweige einen andern. Hier liegt der Knoten, mit dem man erst fertig seyn muß; sonst ist es beßer
    schweigen
und sich
    enthalten
, wozu sich auch Mendelssohn entschloßen haben soll und eine Erklärung davon herausgeben wird. Ein Frauenzimmer in Böhmen übersetzt seine Schriften ins Ital. und hat sich ihm die erste Nachricht von der in Prag gedruckten Abhandl. gegeben, die damals eben unter der Preße gewesen. Da komt es heraus, daß sie ihm von einem gewißen
    Eiyerle
ungefehr dem Namen nach gestolen worden, der seine Bibliothek einmal in Ordnung gebracht haben soll. Wegen seiner neuen Schrift an der er arbeitet habe auch neue Nachrichten, die aber verschieden sind; Morgengedanken über Gott und Schöpfung – oder über das Daseyn u die Eigenschaften Gottes. Kant fand gestern bei HE Green, einem engl. Kaufmann, wo er alle Nachmittage bis 7 Uhr zubringt. Er sagte mir mit dem HE von Elditten über sein Fundament der Kräfte correspondirt zu haben, der sich die Freyheit genommen Stellen aus seinem Briefe einzurücken, ohne ihn um seine Erlaubnis gefragt zu haben. Als Decanus hatte er zum Glück die Censur dieser Schrift gehabt und hätte diesen Unfug verboten. Die Schrift selbst ist mir versprochen worden, und gehört zu meiner jetzigen Samml. Die Stelle aus meinen †zügen ist eine meiner liebsten Ideen,
    an denen ich brüte
; ich vermuthe daß ich selbige dem Character in Rousseau Eloise zu verdanken habe. Der Druckfehler in der Zahl des Ψ ist in meinem Exemplar corrigirt und vielleicht auch in dem nach Münster geschickten. Habe endl. einmal des Harris, (deßen Hermes oder philosophische Sprachlehre ich besitze) Werk über die Praedicamente, Philosophical Arrangements, nach denen ich schon Jahre lang neugierig gewesen nebst seinen Philological Inquiries zu sehen bekommen und habe Hoffnung auch des Monboddo Ancient Metaphysicks diesen Herbst zu erhalten, mit deßen Werk über die Sprache ich eben nicht zufrieden bin. Lauter Elemente zu einer
    Metakritik der Vernunft
, von der ich ohne
    Erfahrung u Ueberlieferung
keinen Begriff habe. Nicht Cogito; ergo sum, sondern umgekehrt, oder noch Hebräischer Est; ergo cogito, und mit der Inuersion eines so einfachen Principii bekommt vielleicht das ganze System eine andere Sprache, und Richtung
. Die letzten Bände der Allg. Bibl. sind mir fast gantz unbekannt und fremde geworden – auch das Museum ist mir noch nicht aufgestoßen; weil eine Art von
    Schicksal und Zufall
auch über meine Lectür waltet und schaltet. Erlauben Sie mir daher, weil es Ihnen auch zuweilen so geht, Sie auf die Werke des
    Duval
aufmerksam zu machen. Die Nürnbergsche gelehrte Zeitung hat den Schiblemini auch recensirt auf eine für mich sehr schmeichelhafte Art, welche der Recensent wohl nicht gefühlt hat. Die allgemeine LitteraturZeitung ist die einzige, welche ich ordentl. zu lesen oder anzusehen bekomme und sie durch meinen Sohn dem Pr Kant, deßen Zuhörer er ist sogl. zufertige. Ich habe nur den Einen Sohn und er ist der älteste von meinen 4 Kindern. Der Junge hat leider! auch eine gelähmte u gebrochene Aussprache. Er ist mir unentbehrlich zu meiner Reise, und ich habe gleich dies
    halbe Jahr seines
Studierens für einen verlornen Versuch gehalten, es ihm selbst und seinen Lehrern gemeldt, und ihn sich selbst überlaßen. An Neigung zum Studiren fehlt es ihm nicht, auch nicht an Fähigkeit. Er hat das Glück geliebt zu werden und, möcht ich auch sagen, mehr geachtet, als er es mir noch zu verdienen scheint – auch hierinn Seinem Vater ähnlich. Aber keins meiner Kinder hat das
    Vertrauen
zu mir, – und durch einen eignen Contract verheelen Sie mir manche gute Seite, die sie haben, und zeigen mir immer die unangenehmste – – Gesetzt aber, daß meine Gesundheit auch nicht durch eine Reise gebeßert würde; so habe ich desto mehr Vertrauen von dem Nutzen, den mein
    Johann Michael
davon haben wird, und von dem Vergnügen, das auf ihn wartet, und auf die Väter unserer Freundschaft fortgepflanzt und zu rechter Zeit eingepfropft zu sehen. Da kamen 3 jüdische Kinder aus Berlin in Gesellschaft eines Boker oder Lehrmeisters, mit dem ich Umgang gehabt habe, und der sie wider nach Hause begleiten wird. – Zu Mittag bin ich auch eingeladen zum Kriegsrath Hippel – und der gestern auspicieuse Tag hätte sich leicht mit einem großen Unglück endigen können, weil 2 Kisten von Vitriol Oel, da der Packhof jetzt an Waaren erstickt, und ihr Innhalt durch die Aufschrift von Olitäten unbekannt gewesen, sich entzündet, aber gleich ins freye gebracht, und der Schreck gleich gelöscht gewesenworden. Um die Einl. nicht mit dieser Post zu verspäten, muß ich in Besorgung neuer Hinderniße schließen. Das wesentl. meiner eilfertigen Antwort besteht in der mitgetheilten Nachricht von dem
    ersten Schritt
den ich zu meiner Reise gethan, deßen Erfolg wir ruhig abwarten müßen. Der Reisewagen ist bereits
    geschmiert
und ich habe deshalb nicht die
    geringste Sorge
, noch unzeitige Bedenklichkeit. Daß ich mich
    weder zu einem Amte noch gesellschaftl. Leben schicke
, werden Sie selbst bald beurtheilen können. Unter allen mögl. Posten ist mein
    gegenwärtiger
der
    einzige u beste
, dem ich mit gutem Gewißen vorstehen kann. Wären unsere Fooi-gelder geblieben: wo würde ich wie der reiche Mann im vorigen SonntagsEvangelio leben können, alle Tage herrlich u in Freuden. Dieser ungerechte Raub drückt meine Brüder nach dem Fleisch mehr (auch vielleicht
    weniger
) als mich, u. der Antheil den ich daran nehme, ist vielleicht im Grunde patriotische Schwärmerey – oder sympathetische Grille. Herder schreibt mir von
    Leßings Evangelisten
, nach dem er begierig ist, ohn daß ich weiß was er damit sagen will oder darunter versteht. – Der Mittag hat sehr lange für mich gewährt; ich lief bey HE. Comm. Rath Fischer an um zu wißen, wenn er seine Briefe zumachte; ich kam aber so erschöpft, so schläfrich nach Hause – auch geht mir die kalte Witterung wider so nahe, daß ich keiner Gedanken und Zusammenhanges fähig bin. Mein jüngstes Mädchen ist mir auch bettlägerich an einem so starken Husten, daß das Weiße in beyden Augen blutroth ist. Alles geht in meinem Hause und Oberstübchen so durcheinander – wie es diesem Briefe anzusehen ist. Verleger Hartknoch wird auch heute erwartet – ich aber sehne mich noch bey hellem Abend nach meinem Lager. Gesundheit, Ruhe, Freude und Wärme beglücke Ihr Tempe, und mache Ihren Aufenthalt daselbst angenehm und gedeylich. Daß alles zu Münster nach Wunsch geht, vermehrt meine
    Ungedult
da zu seyn, als Augenzeuge und Mitgenoße. Was betrübst du dich meine Seele! und bist so unruhig in mir – Harre auf Gott, denn ich werde Ihm noch danken – Vielleicht ist meine ungezogene, ohnmächtige Ungedult selbst ein stotternder Dank. Gottes Seegen über Sie, Ihr ganzes Haus und alles was Ihnen lieb und werth ist. Das dies der letzte Brief sey in gegenwärtiger Lage von Ihrem alten Freund u Diener JGH! der alles Schreiben für das schaalste, leerste, elend jämmerlichste Ding des menschl. Lebens hält – nicht mehr Liebhaber dieser Furie, weiland Muse! – Adresse mit Siegelrest:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Pempelfort
.
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 2ten Juni 1785 J. G. Hamann empf. den 12ten
Kgsberg den 6 Jun. 85. Verzeyhen Sie, mein gütiger HErr Kriegsrath und Freund mein langes Stillschweigen auf Ihren letzten, den ich bereits den 23 May nebst dem Praenumerationsgelde für den 7 u 8 Theil des Nicolai erhalten. Ich bin den 1 dieses bey der Direction eingekommen um Erlaubnis auf 3 Monathe zu meiner Reise zu erhalten, und wurde an eben dem Tage durch einen Brief aus Düßeldorf zu meinem Entschluß gestärkt – auch wegen der andern ausgebliebenen Nachrichten beruhigt. Den Tag drauf, wie ich eben meine Antwort an J. zugesiegelt hatte mit dem Vorsatz nicht wider die Feder anzusetzen, bis ich Resolution aus Berlin erhalten würde, überrascht mich ziemlich spät HE Scheller eben so gelegen, wie HE Kriegsrath Deutsch bey dem Zerstreuung nöthig habenden Pf. Fischer einzukehren. Das
    Warten
ist eben so verdrüslich als das
    Suchen
nach etwas, was nicht mehr da ist, und die Ungedult in beyden Fällen ist vergeblich. Vorgestern brachte kam Hartknoch an (aber das mir zugedachte Pack war bey Haude und Spener liegen geblieben) nebst einem Briefe von Lindner, der nach Jena geht wegen des dasigen klinischen Instituts, das mir gänzl. unbekannt ist. Noch voll von Wien, geseegneten Andenkens, denkt er schon an eine Reise nach Engl. Mit Hartknoch kam ein junges Frauenzimmer Mlle Tobler mit, die nach Mohilew als Gouvernante bestimmt und diesen Morgen in Gesellschaft meiner guten Freundin u Gevatterin Me Courtan nach Riga abgegangen ist. Der neue Buchhändler zu aus Liebau, Friedrich, hat mich auch heute besucht, aber kein Exemplar des Eusebe mitgebracht, den er aber noch mit seinem Catalog mit der Post erwartet. Herr Wagner übernahm es zwar Ihnen die Oeuvres des Duval zu verschaffen – Hartknoch hat mir eins für meine Babet mitgebracht, das ich heute zum Buchbinder hingetragen, und Ihnen gleich mitgetheilt werden soll. Beykommende Blätter bitte mir bald wider aus. Das Programm des Girard wurde mir von Hintz sehr empfohlen; ich hab es noch nicht durchlesen können. Schlegel ist der Uebersetzer. Wenn Ihnen diese Kleinigkeit noch fehlen sollte; so bitte ich es mit derselben und der Kantschen Grundlegung eben so zu machen, wie ich es mit dem Machiavell, weil ich beides in duplo empfangen. Da Sie vermuthl. die größern Schriften des Girard vom Geschmack u Genie besitzen, so dient es wenigstens die übersetzten vollständig zu haben. Jo. Uphagen Ged. Scab. Ciuit. Prim. – Mit dem Briefe, den die Gräfin mir mittheilte, bin ich zufriedner, als mit einem andern, der fast mich allein betraf und von dem ich Misverständniße zu besorgen hatte und der deutsch geschrieben war. Jener enthielte auch Nachrichten von Ihrer gegenwärtigen Lage und geänderten Geschmack an Religion. Sie lebt zu Münster u ihr Gemal zu in Holland, jeder nach seinem Geschmack in einer sehr vernünftigen Tolerantz. Jacobi meldt mir bloß von guten
    angenehmen Nachrichten
, die ich aus der ersten Hand erfahren soll – Ich freue mich also darauf, ein Augenzeuge und Mitgenoße der dortigen Veränderung zu seyn. Die Prinzeßin erbietet sich auch mir einen Reisepaß zu bewirken, aber gegen den Herbst – Auf allen Fall ist dieser Rückhalt auch gut. Zaudert die Gen. Adm. mit ihrer Resolution, so schreibe ich selbst an sie, und gedulde mich – bis zum Herbst oder auf das künftige Jahr. Ich werde alles mögl. thun Ihnen noch die
    Mimik
vor meiner Abreise zu verschaffen, und hoffe daß HE Wagner auch für einiges neue Meßgut sorgen wird. Haben Sie Mitleiden mit meinem wüsten Kopf, der zu gar nichts taugt. Ersetzen Sie, was unserm Freund Scheller in meinem Hause fehlt; weil ich ein eben so elender Wirth als Gast bin. Vielleicht erhalten Sie auch einen Besuch von HE Cammer Sekr. Bock, den ich schlaftrunken für den D. Laubmeyer ansahe, und der mich das zweite mal nicht zu Hause gefunden. Mir graut vor mein eigen Geschmier – Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin. Ich weiß nichts mehr zu sagen als was Sie wißen von Ihrem unwürdigen Freund u Diener J G Hamann.    Der 2te Theil von Monbodo ist in Berl. geblieben. Ich habe seine
    alte Metaphysik
mir kommen verschreiben laßen und die beyden längst gewünschten Bücher seines Freundes Harris eben aus Engl. erhalten. Sie bestehen in einem Commentar über die Praedicamente des Aristotelis, welche er Philosophical Arrangements nennt und in philological Enquiries, welche Elemente der Kritik sind. Adresse mit Mundlackrest:
Des / HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
/ Nebst Herders unverwelkl. Blättern.
den 16 Jun. Mit aller Eil nur ein paar Zeilen, um Engels Mimik, die ich geliehen und Oeuvres de Duval, auf die auch die kleine Akademie wartet, Ihnen, lieber Herr Kriegsrath zu übersenden, und sich bey gegenwärtiger rauher Luft daran zu erwärmen, – Meßgut ist hier, wer nur Zeit u Lust hätte zu lesen. Im neusten Stück des Gött. Magazins finde den Anfang einer schönen Abhandlung zur Ehrenrettung Sullys gegen Linguet von einem Kammersekr.
    Patje
in Hannover, der ein Abregé historique et politique de l’Italie aus mehr als einem Tome bestehend, als sein Werk anführt. Ist Ihnen selbiges und der Name des Verfaßers bekannt? Joh.
    Macfarlans
Predigers in Edinburg Untersuchungen über die Armuth – mit einem reichen Nachtrage des Garve. Zwey Theile von
    Campens
allgemeiner Revision liegen auch vor mir. Mit dem Lesen will es aber nicht von der Stelle. Sind Sie mit
    Herder
noch nicht fertig? – Durch einen Wink aus Düßeldorf und Zürich wurde mir das Stillschweigen meines Alcibiades erträglich, der gestern alles mit Wucher ersetzt. Er ist mit sr. jungen Gemalin in Paris – und wir werden uns einige Wochen später sehen. Lauter Feerien und glückl. Aspecten für mich und meine Cur – die an meinem verstockten alten Geblüte kaum ohn ein wenig Wunderspiel mögl. wäre. Die Direction hat noch keine Resolution erhalten – aber es scheint schon alles durch die gute Fürstin dort eingeleitet zu seyn, daß alle meine Wünsche zu
    rechter Zeit
erfüllt werden sollen. – Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin und schicken uns HE. Scheller mit guten Nachrichten wider zurück. HE. Pf. Hippel ist hier und wir speisen heute zusammen, wo Sprintlacken nicht vergeßen werden wird. Daß ich kein kluges Wort mehr zu schreiben im stande bin, wißen Sie. Alles wird beßer werden. Der Mittag ruft Ihren hungrigen Freund u Diener Joh. Ge. H.    Adresse mit Mundlackrest:
Des HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / Nebst 2 Büchern / cito hin u zurück.
Nummerierung von Hamann mit roter Tinte: No 12. Pempelfort den 17ten Juni 1785. Ihre zwey Briefe, liebster Hamann, den vom 23ten May u den vom 2ten Juni habe ich richtig erhalten, u auf Ihre nahe Erscheinung mich im innersten der Seele gefreut. Hierin hat mich ein Brief den ich gestern Abend von Buchholtz erhielt etwas gestört. Er vermählt sich heute, u geht auch heute mit seiner Angetrauten nach Paris. Um die ersten Tage des Genußes ganz für sich zu haben, nimt er nicht den Weg über Düßeldorf, sondern geht auf Wesel. Dort er soll er aber wenigstens durch einen Brief von mir gestört werden, denn es ist noch eben Zeit daß ich ihn dort kann greifen laßen. Ich war Willens heute an ihn nach Münster zu schreiben, um Ihretwegen Abrede mit ihm zu nehmen, denn ich muß eines unerwarteten Vorfalls wegen Ende dieses Monaths nach Aachen, u kann erst den 17ten Juli von dort wieder weg. Buchholtz war immer gesonnen Ihnen von nach Frankfurt am Mayn entgegen zu reisen; um dahin zu gehen mußte er hiedurch; auf diese Weise schickte sich alles aufs beste. Seine Reise nach Paris ist vermuthlich dadurch veranlaßt worden, daß er, den Nachrichten der Prinzeßinn zu folge glaubte, Sie würden zu Berlin keinen Urlaub erhalten im Sommer zu reisen. Auch schreibt er mir am Schluße seines gestern eingelaufenen Briefes: „Hamann habe ich inständig gebethen, den Winter in Münster zuzubringen.“ Auf den Brief den er morgen in Wesel von mir erhält, verläßt er entweder gleich die Straße von Frankreich, oder ist doch gewiß vor Ende des künftigen Monaths wieder in Deutschland. Schreiben Sie mir nur, Bester, aus Halle, wenn Sie in Frankfurt am Mayn, u aus Frankfurt am Mayn, wenn Sie in Colln zu seyn gedenken. Oder im Fall Sie nicht über Frankfurt gehen, was für eine route Sie nehmen. – Mich verlangt herzlich nach Ihnen, u ich weiß daß Ihnen wohl bey mir seyn wird. Hätten Sie mir nur etwas mehr von Ihrem Reise Plan geschrieben. – Ich wollte auch Sie hätten mir gemeldet in welchem Theile der Berliner MonathsSchrift die stelle steht, mann dürfe die vertraulichen Gespräche der verstorbenen nicht gemein machen. Ich lese von allen denen periodischen Sachen äußerst wenig. Von Duval weiß ich nichts; ich werde darum schreiben. – Heute erhielt ich einen Brief v Claudius, dem ich den Schluß meines Briefes an Mendelsohn mitgetheilt hatte. „Ich glaube zwar, schreibt er, du wirst ihn nicht bekehren, aber es ist Deine Schuld nicht, denn Du hast sehr brav u wahr gesprochen, lieber Fritz, u mag er seinen Stockfischen fort reiten, er wird an dem wunden Popo schon inne werden daß Knochenlust nicht viel mehr sey als Fleischeslust.“ – Mich verlangt daß Ihre Metakritik reif werde; aber vor allem verlangt mich daß Sie kommen. – Gott segne uns! – reisen Sie glücklich, u schreiben Sie mir auf der route. Ich bin mit 2, oder 3 Zeilen zufrieden. Ihr F H Jacobi. Ich kann Ihnen nicht sagen wie lieb es mir ist daß Sie Ihren J Michel mitbringen. Adresse mit schwarzem Siegelrest:
An den Herrn J. G. Hamann. / zu / Königsberg.
Vermerk von Hamann: den 29 Junii S. Petr. et Paul. Geantw eod. u 30 – Berl. Monatsschrift März 785. Ueber gelehrte Lügen und Irrthümer nebst Vorschlägen die Schädlichkeit derselben zu vermindern von
    Zöllner
S. 266, 267.*)
Kgsberg den 19 Junii Dom IV. p Tr. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, In so einem Fall ist es Recht, Vater und Mutter nicht zu nur zu vergeßen, sondern auch zu verlaßen –
    Agglutinandum
est amori.
Daß Sie mich weder vergeßen noch verlaßen, hat mich Ihr letzter Brief überzeugt, den ich den 15 d. erhielt. Wer eine Ehefrau findet, der findet was Gutes, und kann guter Dinge seyn im HErrn, sagt Salomo Spr. XVIII. 22. Dies sanfte Joch, diese leichte Last gedeye auch zu Ihrer Erqvickung und zum neuen Genuß des Lebens! Wir haben schon beyde einmal über derie harmoniam praestabilitam unsers Gestirns gescherzt – Zur Fortsetzung dieses Scherzes muß ich Ihnen melden, daß jedermann dieen Schattenriß für meiner ältesten Tochter ihren hält – und ein junges Mädchen, welches einen glückl. Anfang im Zeichnen gemacht, auchund heute meine beyden jüngsten Töchter besucht, auch dieser Meinung ist, aber nicht in Ansehung der
    Stirne
Wenn ich auch nicht schreiben kann, so muß ich Ihnen doch wenigstens antworten. Die einzige herrschende Idee meines Gehirns ist auch
    Reisen
. Ich habe den 1 d. eine Bittschrift bey der hiesigen Provincial-Direction deshalb eingegeben, um mir die Erlaubnis dazu auszuwirken, wozu selbige auch willig und bereit war. Der Bericht ist deshalb auch mit derselben Post abgegangen, aber noch keine Antwort von der General-Administration eingelaufen, welche mir Director Stockmar sogleich beym Empfange mitzutheilen versprach. Mein Entwurf war gantz Ihren Datis gemäß eingerichtet, zum Anfang des Julii in Frankfurt zu seyn, und meiner Gesundheit wegen D. Lindner in Halle consuliren zu können. Seitdem hat mir letzterer seine Abreise nach Jena gemeldet – und Ihre Prolongation bis zum August kommt mir auch zu statten. Mit oder gegen den 1 Julii schreib ich an Mr. de la Haye de Launoy selbst, und habe durch das bisherige Stillschweigen des eigentl. Chef unsers Departements, Mr. Grottard, ein Recht solches zu thun, – und gleichsam an ihn zu appelliren. So bald ich Antwort erhalte, schreibe ich und melde zugleich meine Marschroute. den 20 – Ich bin der Meinung unmaasgeblich, daß Sie mich ruhig in Münster selbst, oder in
    Düßeldorf
abwarteten, und einer so weiten Reise bis nach Frankf. überhoben seyn könnten. Ich möchte gern die Geburtstage, welche im
    August
fallen, in
    Weimar
feyren – und von da nach
    Wandsbek
eilen – und dann nach Düßeldorf, wo mich
    Jacobi
so lange beherbergen wird. Dies wäre Anfangs Sept. Der Zwischenraum bis zum 20 8br. könnte durch eine kleine Ausflucht, die ich immer in petto gehabt, ausgefüllt werden – und dann würde ich
    Ruhe
im eigentlichsten Verstande haben, um bey Ihnen zu
    Hause
zu seyn. Ich bin gewohnt in einem Spannbette ohne
    Vorhänge
zu schlafen – habe leider! 2mal des Tags Caffé nöthig, trinke zu Hause des Mittags Waßer und schreite des Abends um 8 Uhr zur
    dritten
Pfeife bey einer Bouteille Bier, das ich bis zum Schlafengehen haben muß, welches gewöhnlich um 10 Uhr geschieht. Auf 4 Monathe werde ich
    wenigstens
Erlaubnis bitten müßen. Die Erklärung des Mr. de la Haye de Launoy ist immer gut im Nothfall, und die grosmüthige Fürstin würde durch eben den Canal mein Gesuch einer Verlängerung auf einen oder 2 Monathe mehr begünstigen können, wenn ich Ihnen und mir selbst nicht zur Last bin – welches ich immer
    besorgen
muß Johann Michael – (ich bin
    George
) ist mein unumgänglicher Reisegefährte, hat vorige Woche den Anfang gemacht, um sich recht zu meinem Kammerdiener zu qualificiren, das Barbieren auszulernen, ist mit 7 grauen Bärten im Königl. Hospital bey der ersten Probe fertig geworden, und nur einer hat einen kleinen Malchushieb in sein Ohr bekommen. Noch hab ich aber nicht Herz ihm meinen philosophischen Schimmel anzuvertrauen. Wie ängstlich ich von Kleinigkeiten abhänge! und was für Einfluß selbige auf meine Zufriedenheit haben! Auch meiner philosophischen Neugierde war kein Experiment zu kostbar; aber die Noth eines Hausvaters hat mich vielleicht sparsam gemacht, ohne die rechte Klugheit der
    Oekonomie
, worunter ich ebensoviel verstehe, als Demosthenes unter seinem dreymal heiligen
    Actio
.
    Die philosophische Neugierde
ist dieser jener CardinalTugend meiner reinen Vernunft und zu empirischen Willens eben nicht günstig. Die Evidenz meines Besuchs – und meine mehr als sokratische
    Unwißenheit
wird vielleicht eine uns beyden heilsame Cur seyn – Ihr Stillschweigen beunruhigte mich blos wegen Ihrer
    Gesundheit
, für die ich schlechte Folgen von der kalten Witterung besorgte: Den 1 Junii beruhigte mich darüber Jacobi, verschwieg mir aber den
    angenehmen
Vorfall, den ich von Ihnen Selbst erfahren sollte. Den 4 Junii kam Hartknoch mit einer jungen Schweitzerin an – deren bloßer Name (
    Tobler
) eben die Wirkung einer ausgeschütteten Salbe auf mein benebeltes Gehirn that. Sie hatte ein paar Zeilen von L. Denselben Mittag speiste bey Hippel und im Hinwege brachte mir ein jüdischer Kaufmannsdiener das große Rouleau mit Kupfern. Alles überfiel mich so auf einmal, daß ich meiner Sinnen nicht mächtig war. Hartknoch eilte mit seiner Schwägerin, Me Courtan, die meine
    Gevatterin
ist und Ihrer Gesundheit wegen in ähnl. Verhältnis mit mir sich befindt, nach Riga, daß ich kaum L. liebreiche Empfehlung seiner Landsmännin zu erkennen im stande war. In diesem Billet doux vom 8 May stand mit Lavaterscher Hand geschrieben: „B. hat eine Brust gefunden, an der Sein Haupt ruhen kann. Nun noch ein Amt, eine Last, ein Joch – und der Mann ist, was Er seyn muß – durch einen Zufall, den ich als
    Willen
des alleinwollenden verehre – Unser (liebes Gevattermännchen) B. weiß noch nicht recht mit Bestellungssachen umzugehen – Nicht
    mir
, Ihm haben Sie die – Meßiade – mir nur ein Rouleau Kupfer zu danken, wenn es einmal ankommen ist“ – Ich weiß also, nicht mehr aus Ahndung, an wen ich mich wegen der Folge der Meßiade zu halten habe – und Johannes L. schreibt sehr
    gerade
, ohn Lineal, blos durch sein glückliches Augenmaas. Alles übrige mündlich, so Gott will und wir leben – Kl. Brief vom 27 Nov. pr. habe erst den 1 Jänner erhalten und darauf den 11 April durch Hartknoch geantwortet – ohngeachtet das Antworten sich von selbst verbietet, wenn man nicht schreiben kann. Gestern habe die beyden letzten Theile des Zimmermanns über die Einsamkeit durchgepeitschet und mit Verdruß gesehen, daß er auch in den Zank mit
    Oberreit
eingeflochten ist. Letzterer hat durch seine Antwort beynahe allen Credit verloren – und Schweigen ist beßer öfters als Antworten für beide Theile. Eins der neuen Bücher, das Kl. geschrieben ist in einem Pack des Hartkn. zurückgeblieben in Berl. Ich mag mich selbst nicht einmal, und noch ungerner die Schriften meiner Freunde beurtheilen – auch jeder Schriftsteller muß
    seines Glaubens leben
. Bey einer persönl. Bekanntschaft wird alles ausgegleicht werden können. Heute fängt sich unser große Jahrmarkt an – der mich weiter nichts angeht, als daß ich ihn bey aller Entfernung mecum porto. Johann Michael ist mit seinem Freunde Raphael Hippel schon um 3 Uhr Morgens auf die Beine gewesen zu einer botanischen Ausflucht, wozu ihn der junge Graf Kayserling seine Kutsche angeboten – und durch einen Zusammenfluß wunderbarer Umstände hab ich mich heute an
    Weickardts Biographie
erhitzt und muste ein Glas ungarischen Wein dazu trinken. Dieser Brief muß fortgehen, er mag gerathen wie er will – Herder schickte mir 81 das damals gantz neue Werk Ihres St Martin welches aber schon 57 zu Edinburg (quasi) ausgekommen seyn soll. Es hat keine Wirkung bey mir gemacht. Der erste Theil des Tableau fiel mir übersetzt in die Hände, und machte mein Urtheil gantz irre, bis ich gegen das
    Ende
kam, wo ich wider Luft zu schöpfen im stande war – ohne mich um den 2ten Theil bekümmert zu haben. An jenem Ende schien ich handgreifliche Beweise zu finden zur Entscheidung. Ich kann mich aber auf nichts als dunkle Eindrücke besinnen. Ein reicher Kaufmann, der seinen Handel aufgegeben, und weil er keine Erben hat, in Ruhe lebt, begegnete mir vor vielen Wochen und erkundigte sich nach meinem Sohn, der bey seinem Aufenthalt auf dem Lande einen Mann hat kennen lernen, der immer bey jenem einkehrt ohne sonst fast jemanden in der Stadt zu besuchen. Ohngeachtet unserer von meiner Seiten sehr entfernten Bekanntschaft that er sehr vertraut mit mir, redte von dem vielen Guten, was Hofrath Dehn ihm von meinem Jungen erzählt, und frug ob er mir Glück zu wünschen sollte zu einer Freygebigkeit, die er gehört – Ich bat mir die Erlaubnis aus seinen Freund auch so bald er wider nach der Stadt käme, bey ihm kennen zu lernen, weil man ihn sonst nirgends hier zu sehen bekäme. Weil ich die Sache nicht leugnen mochte, so versicherte er mich seiner herzl.
    Mitfreude
. Ich freue mich auch, Herr Fischer, wenn andere
    für mich Guts thun
und ich dadurch
    es
    selbst zu thun überhoben
bin. Der Mann schien mir doch den Stich mehr zu fühlen, als ich es ihm zugetraut hab. Sein Freund Dehn muß ihn seit der Zeit nicht besucht, oder er es vergeßen haben mich davon zu avertiren. Gerathen hätte ich eben nicht zu ReiseIhrer Reise – aber
    lieb ist es mir
sehr lieb, Ihre Resultate einmal zu hören, ob sie mit meinen praeiudicatis stimmen werden. Das eine Buch liegt schon vor mir, und denke das andere auch hier aufzutreiben, wenigstens die jetzt erst vollendete Uebersetzung – auch ein Diademe des Sages gehört dazu. Um meinen Durst zu stillen, ist jedes neben mir fließende Bächlein ebensogut, als jene tiefe unterirrdische Brunnen, die gar zu kühlend für mich sind. Wir müßen uns erst einander sehen, um von Hypothesen zu
    reden
. Weder ein Vorleser noch Amanuensis ist für mich, weil ich zum Verstehen und Urtheilen selbst
    lesen
und selbst
    schreiben
muß. selbst = mit eignen Augen, mit eigner Hand. Wir waren eben mit unsern Mittag fertig und beym Butterbrodt, wie mein alter Verleger Kanter mich besuchte. Ich holte das Schattenbild – da, mein lieber Director, kennen Sie das? – Mit seiner ihm natürl. Zuverläßigkeit rief er: ihre Tochter! Die Frage nach dem Künstler wurde verredt und ich lies ihn dabey. Was sind alle Beqvemlichkeiten
    unter Weges
– – wenn man nicht zu Hause ist. Daheim! daheim! Eine Klopstocksche Ode auf die deutsche Göttin Hamsoena – Nur Schade daß
    keine
einzige meiner Schwärmereyen poetisch ist. Ich habe diesen ganzen Nachmittag im St. Martin gelesen; es geht mir aber mit ihm, wie mit dem Spinoza. Beyde widerstehen meinem Magen, an dem die Schuld vielleicht liegen mag. Es wird mir lieb seyn, wenn Sie mir a posteriori mehr zu sagen im stande seyn werden, als ich a priori zu ahnden vermag. Alles ist eitel, sagt der Prediger. Sunt lacrymae
    rerum
– o quantum est in
    rebus
inane!
Ich weiß keinen andern Rath, als‥ Iß dein Brodt mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Muth – Brauche des Lebens mit Deinem Weibe das Du lieb hast, so lange Du das eitele Leben hast, das Dir Gott unter der Sonne gegeben hat, so lange Dein eitel Leben währt. Nimm auch das Kreutz deßelben auf Dich und trag es Ihm zu Liebe und Ehren nach. Er hat für das Ende wie für den Anfang deßelben – für
    alles
gesorgt. Sammlen Sie nur recht viel für unsere October Abende – und für das vacuum immensum meines erschöpften Kopfs bis auf ein
    granum salis
,
das ich nicht gern mit allen gnostischen Schläuchen vertauschen möchte. Also vom 20 Oct. bis zum 11 Nov. wenigstens leb ich bey, mit und unter Ihnen, nicht wie ein Gast, sondern wie ein
    Kind im Hause
– und freue mich im Geist auf dieses Abendmal meines Lebens – Gott sey Ihr
    Schild
und
    großer Lohn
! – Ohne Noth erwarte keine Zeile von Ihnen, und werde das Nothdürftige nicht ermangeln zu melden. Vergeßen Sie nicht, mein wohlthätiger Freund und Bruder in Geist und Wahrheit! die Cardinaltugend eines jungen Hausvaters und einer jungen Hausmutter, das Beyspiel häuslicher Oekonomie zur Schöpfung eines Paradieses und der
    besten Welt
daheim! Adresse von fremder Hand:
à Monsieur / Monsieur Bucholtz, / Seigneur de Welbergen /
    Poste restante
. den
19. Jun. 85.
Herders Blätter habe gestern erhalten, und erwarte keinen schriftlichen Dank als die Versicherung selbige mit so viel Herzenslust gelesen zu haben, als ich dabey gehabt. Das merkwürdigste ist eine kleine Schrift, bey Nicolai herausgekommen:
    Ueber
    Offenbarung
    Judentum
    u
    Christentum
– worinn ich ganze Stellen gefunden, die aus meinem Gehirn ausgeschrieben schienen. Ich bin sehr neugierig den Verf. dann zu erfahren. Im Grunde ist es Schultz, der nackte kahle Schultz, in einem anständigen Gewande. Die beyden letzten Theile des Zimmermanns über die Einsamkeit habe auch durchgelaufen, und mein alter Freund Kleuker zu Osnabrück ist auch in der Obereitschen stinkenden Sache eingemischt, die meines Erachtens dem Z. selbst zum grösten Schandfleck gereicht. Obereit hat sich verantwortet ohne das VIII. Kapitel über sich abgewartet zu haben und hat dadurch vollends allen Credit bey mir verloren. Am Sonntage Oculi wurde ich vorigen Jahres von Jacobi zu Kloß eingeladen, um D. Weickardt kennen zu lernen, den Nicolai an seinen Vetter adressirt hatte. Ich schlug es ab auszugehen – und glaubte einen Hofmann zu finden, deßen Bekanntschaft mir eben nicht behaglich seyn würde. Des Abends war es mir lieb zu Hause geblieben zu seyn, weil ich eine garstige Stelle im Schiblemini ins reine gebracht hatte. Den Tag drauf erfuhr, keinen muntern, sondern ganz hypochondrischen und ungeselligen Mann verfehlt zu haben. Dieser Widerspruch meiner Erwartung machte mich wider neugierig und verdrüßlich. Im Julius lernte ich die Kammerherrin von der Reck kennen, die nicht gnug von der guten Laune u. liebenswürdigen Geselligkeit dieses Mannes zu erzählen wuste, auch dies mit Briefen von seiner Hand belegte, worinn er ihr schon diese Biographie anmeldte. Einige Zeit vorher hatte Herder an einen HE
    von
    Gleichen
gedacht und bald hernach ward deßelben Lebenbeschreibung in den Zeitungen angemeldt, auch die Confiscation dieses Buchs. Ich bat die Reckin mir selbiges zu verschaffen, sie versprach es, möcht ich fast sagen, mit Hand und Mund; auch war ich so galant ihr eine Kritik des Rousseau, den sie mit sich führte, zum Andenken zu überlaßen – aber nichts bekommen, als gestern die Nachricht, daß sie zu Waßer nach Curl. ihren Rückweg nehmen würde. St. Nicaise, der ausposaunte Roman über die Freymäurerey ist auch hier, habe ihn aber noch nicht zu sehn bekommen. Stark soll ihn geschrieben haben. Außer Meierotto lateinsche Gramm. und der neusten franz. – die alle verdienen gelesen, aber nicht gekauft zu werden und von denen sich so Guts als Schlechtes sagen laßen – dem durch neue Aufl. abgeholfen werden wird, habe ich nur
    Ebelings
Logik für den gesunden Verstand gelesen, die ein recht gutes Hausbuch zu seyn scheint und Resewitzens Erinnerungen. Die für gut fanden, ihr den Preis ertheilt zu haben, werden auch wohl eine neue Aufl. befördern. Nun, mein gütigster Freund, auf die Grillen meines Lebens zu kommen, ist meine Reise noch einen ganzen Monath ausgesetzt, welches mir im Grunde nöthig war. Daß mein Alcibiades eine Frau genommen, und sich gegenwärtig in Paris aufhält, habe ich Ihnen schon gemeldet. Jedermann hält die Silhouette, welche er seinem letzten Briefe beygelegt, für den Schattenriß meiner ältesten Tochter – von unserm lieben Oberbürgermeister, dem ich die Wahrheit gesagt, bis auf unsern Lotterie-Director, den ich bey seiner Meinung gelaßen. Die ganze Hauptsache bleibt noch dunkel für mich, und ich begreife nichts davon. Die Fürstin hat durch ihren Bruder den Grafen von Schmettau schon wegen meines Reisepaßes gesorgt und M. de la Haye de Launay letztens versichert, daß ich den ganzen Winter entbehrlich wäre und der König damit nicht behelligt werden dürfte. Ich werde daher, wenn keine Antwort von der Gen. Adm. oder dem Chef unsers Departements Grottard einläuft, mit dem Ende Junii selbst an de la Haye schreiben. Diesen Sonntag bin willens meine Andacht zu haben, mit meinem Sohn zum ersten mal. Es ist eben das Evangelium, mit dem ich aus Engl. verwiesen und in Riga bewillkommt wurde – ohne mich weiter drum zu bekümmern, was für Freud oder Leid mir zum Abendbrodt zugedacht ist. Da ich allen Ebentheuern entgangen zu seyn glaubte und an nichts als meine Verweisung hier dachte, sehe ich mich in ein neues Labyrinth versetzt, ohne mir selbst rathen noch andere um Rath fragen zu können, weil ich von nichts weiß. Aber eben das thut mir wehe im Herzen, und sticht mich in meinen Nieren – Ψ 73. Der junge Graf Kayserling schickt mir eben den vorigen Nov. des deutschen Museums, wo Elise (die Kammerherrin Reck) den Darbes besungen. Eine wichtigere Nachricht fand ich da von der Beaumarchaischen Buchdruckerey in Kehl, wo 36 Preßen und über 20 Setzer arbeiten – mehr als 10 Buchbinder p. Die Speculation erstreckt sich auch auf deutsche Werke mit lateinschen Lettern. Es ist ein Brief eines gewißen Frenzels an Dohm, und in einer langen Note über
    Friedel
profeßeur des Pages du Roi steht auch etwas von einem Cabinet de la litterature allemande dans la rue Saint-Honoré au coin de celle de Richelieu. Die Gräfin Genlis ist seine Protectrice. Am Ende steht die Lüge, daß H. Friedel aus Kgsberg in Preußen sey. HE Scheller wird also diese Woche eintreffen. Ich oder mein Sohn sollten ihm schreiben aber H Kr. Hippel wiederrieth es. Desto eher erwart ich ihn – In der allgem. Litt. Zeitung die ich heute gelesen nimmt man es dem Herder sehr übel, daß er Monboddo und die Uebersetzung eines so unwürdigen Buchs empfahl. Ich halt es auch dafür und gleichwol habe mir seine
    alte Metaphysik
verschrieben, wo ich noch weniger Trost für 1 ℔ Sterl. wenigstens zu finden hoffe. Wenigstens wird meine Reise für Johann Michel Erndte und Weinlese seyn. Unser Haus in Münster ist erst den 20 8br. fertig und ich habe währender Zeit Zürich in petto. Um sich zu meinem Kammerdiener zu qualificiren, hab ich meinen jungen Studenten der schönen Künste vorige Woche ins Königl. Hospital geschickt, wo er die Probe an 7 grauen Bärten gemacht. Seine Schwester hat ihm neul. erzählt, daß die Baroneße einen Morgen sie geküßt, und sich Glück gewünscht, wenn sie mit allen so zufrieden seyn könnte. Die
    Zinsen
sind also Gottlob! nicht verloren. Im Zeichnen hab ich mehr von ihr erwartet, als ich aus ihrem Buch ersehen; zu Hause schien sie große Lust dazu zu haben. Ihren Fortgang in der Musik hat sie blos der Freundschaft einer Fräul. von Hallmann zu danken. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin bestens, und was Sie nicht lesen können, bitte auszulaßen, weil nichts daran einzubüßen ist pp. J G Hamann den 21 Julii 85. Auf der Adressseite: Ist Ihnen eine Garvsche Uebersetzung aus dem Engl. bekannt: Philosophische Betrachtungen über die thierische Schöpfung? Leipz. 769. Adresse: Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / zu / Sprintlacken. /
    Nebst einem Buch
.
Kgsberg den 22 Jun. 85. Vermerk von Jacobi: beantw. den 5ten Aug. Verzeyhen Sie, Herzlich geliebtester Freund, daß ich Sie in Ihrer ländlichen Ruhe störe – Ich war ohne hin willens an Sie zu schreiben, weil ich eben mit einer kümmerlichen Antwort auf einen langen wichtigen Brief von unserm B. fertig war, den ich den 15 d. erhielt, und worin er mir seine eben so plötzliche Vermählung als Entfernung meldete. Auf die erste war ich durch einen Wink von L. vorbereitet, und in Ansehung der Ehen bin ich gantz antipaulisch gesinnt, freue mich über jedes Paar, das Gott zusammenfügt, und bin weit entfernt zur Nachfolge meiner Ausnahme aufzumuntern. Er hat mir eine gantz außerordentliche Freude mit der Silhouette seiner jungen Frau gemacht; weil jedermann dem ich sie zeige, sie für dasen Schattenriß meiner ältesten Tochter ansieht. Da ich mir gar kein malerisches Auge zutrauen kann, so laß ich mir diesen Irrthum gerne gefallen, und habe wenig dagegen einzuwenden. Ich kann der Göttl. Vorsehung nicht gnug danken, daß ich durch die Freygebigkeit eines mir noch immer unbekannten und verborgenen Wohlthäters in den Stand gesetzt worden bin, einen so rohen Stein ein wenig abzuschleifen. Mit diesem Monath geht ein halbes Jahr zu Ende, und ich hoffe daß sie in höchstens ¾ Jahren einen festen Grund gelegt haben wird, sich selbst fortzubilden und ihren jüngeren Schwestern nachzuhelfen. Gott hat mir 4 gesunde Kinder gegeben und bis hieher erhalten. Die beyden ältesten haben von der Mutter eine harte Haut in den Händen und etwas krumme Finger geerbt, welche sonst natürl. Wirkungen harter und schwerer Arbeit zu seyn pflegen; mein Sohn leider! von seinem Vater eine stotternde und widerliche
    Sprache
, deren
    Cultur
überhaupt in der ersten Erziehung verwahrloset worden bei allen 4. Die Mutter ist eine rohe Bäurin und ich, wie Sie wißen, ein Sauvage du Nord sans rime et sans raison, der sich weder auf Reime noch Syllogismen versteht, weder auf Manieren noch Maximen. Mein junger Student, noch nicht 16 volle Jahr, ist bald so groß, wie ich, und aus dem starken Verhältniße seiner Hände und Finger läst sich ein analoges Längenmaas vermuthen. Seine älteste Schwester war ein ausgestopftes Kind, wächst ihm aber ziemlich nach. Die mittelste ist von ihrer Geburt an die schwächlichste gewesen, die empfindlichste und reitzbarste zu Thränen – Die jüngste dafür desto fester und härter, daß sie nicht einmal lesen kann. Wenn dieser Detail, liebster Jacobi! nicht nach Ihrem Geschmack ist und Ihnen zu kleinfügig scheint – so bitte mir Nachsicht aus und mein Bedürfnis mit ähnlicher Waare zu befriedigen. Ich möchte gar zu gern einige Kleinigkeiten und unschuldige Umstände, wie es mit der Liebe meines Wohlthäters recht zugegangen, ob das respective Publicum auch mit der Wahl zufrieden ist, ob ihre Eltern noch leben – ob ich Unrecht gethan, meinen Alcibiades an die Cardinaltugend der Oekonomie zu erinnern – ob Er Sie zum Vertrauten sSeiner Abwesenheit gemacht – ob Er nicht mehr Guts thut, als Er gegen seine
    Erben in Hoffnung
verantworten kann – Sie sehen aus meiner einfältigen und ungeschickten Art zu fragen, daß ich nach keinen Familiengeheimnißen neugierig bin, sondern
    blos nach dem
, was
    jedermann dorten weiß oder voraussetzt zu wißen
. Ich habe wirkl. höchst nöthig, mich auf meine eigene Hand so viel ich kann, zu zerstreuen; denn aus meiner Reise für dies Jahr wird nichts, wie ich immer die Ahndung davon gehabt, so sehr auch meine Freunde das Gegentheil behauptet. Kaum hatte ich den ersten Löffel Suppe zu mir genommen, als ein Sekretair von der Direction diesen Mittag mir die Antwort überbrachte, davon ich die Copie beylegen werde. Ohngeachtet ich auf diese abschlägige Antwort im Herzen völlig zubereitet war: so rächte mich doch mit einem beynah wütenden Hunger an meiner Schüßel mit grauen Erbsen – um mit meinem Johann Michel aus dem Hause zu laufen, und Luft zu schöpfen. Mein erster Gang war zu Ihrem Namensvetter, der mir schon des Morgens frühe gesagt hatte vor Tische noch aufs Land zu gehen um seine Kinder zu sehen, die er seit 2 Tagen nicht besucht. Ich fand ihn auch wirkl. abgereist; von da zu meinem nächsten Freunde H. dem ich meine Vorstellung, ehe ich sie der Direction eingereicht, gewiesen und mir nebst seinem Gutachten die zuverläßigste Hoffnung gemacht hatte. Ihm war auch nicht gut zu Muthe dabey. Dann kam ich auf den Packhof und nachdem ich das original dem Licent Inspector de Marvilliers producirt, lieferte ich es dem Secretaire der Direction wider ab, welcher sich von selbst erbot mir die Minute des den 1 d. ergangenen Berichts mitzutheilen, woraus ich mit Zufriedenheit ersehen, daß man mit aller Treue u dringender, als ich selbst gethan, mein Petitum begleitet hatte. Weder dieser Qveerstrich, noch der Besuch eines Freundes vom Lande, den ich heute erwarte, soll mich abhalten diesen V. Sonntag nach Trin. meine Andacht, mit meinem Sohn zum ersten mal, zu halten. Der Fischzug Petri war das letzte Evangelium was ich in Engl. gehört und das erste bey meiner Rückreise in Riga im Jahr 58. In dieser ganzen Sache ist also weiter nichts anzufangen. B. hat mir alle die Nachrichten mitgetheilt, welche er von der
    grosmüthigen Fürstin
erhalten. Es thut mir leid um Ihre verlorne Fürsprache – die ohne mein Wißen und Willen geschehen. Danken Sie in meinem Namen – aber bitten Sie zugl.
    um
    Gottes Willen
– der mir heiliger ist als
    Menschenliebe
, weder Ihren eigenen Einfluß noch des HErn Grafen in einer so unbedeutenden und ecklen Angelegenheit nichtzu verschwenden, noch und zu misbrauchen. Ich habe alles zum voraus gesehen, und auf ein Haar getroffen; demohngeachtet kann ich meinen
    alten Esel
nicht bändigen, noch ihm das Ausschlagen verwehren; so weh ihm auch der Stachel thut. Wie lange hat dies schwüle Gewitter schon über meinem Haupt geschwebt, das unter dem jetzigen Ausbruch des Donners ein wenig erleichtert worden. Ich bin aber noch nicht von meiner Betäubung wider zu mir selbst kommen. Feuer im Dach, aber die Fäuste sind eiskalt, jedes glühende Eisen anzufaßen. Meine Freunde verlieren nichts. Ich wäre zerrädert hingekommen, vielleicht unterwegs liegen geblieben – und alle Liebeszeichen hätten das Gefühl meiner eigenen Unmündigkeit mehr aufgebracht als besänftigt. Sie hätten ein krankes elendes hypochondrisches Geschöpf ein Ecce homo! statt eines vernünftigen Gesellschafters auf dem Halse gehabt. den 29 St Peter u Paul. Ich habe diesen Brief angefangen, und liegen laßen, und wollte ihn zerreißen – Wozu soll ich mich schämen deßen, was ich in der Zerrüttung meines Herzens geschrieben habe, da ich mir kaum zutraue, es jetzt beßer als damals machen zu können. Ihr freundschaftliches Ohr wird durch meine gebrochene Sprache nicht beleidigt werden und Sie werden der beste Dollmetscher meines Sinnes seyn. Noch denselben Abend, wie ich zur Beichte gegangen war, erhielt ich wider einen Brief von meinem B. dem es nicht beßer als mir zu gehen scheint. Je länger, je mehr kann ich sagen, wie Horatz zum Mäcen: Vtrumque nostrum incredibili modo Consentit astrum – – –   ohne mir den
    Anfang
noch das
    Ende
dieser Sympathie erklären zu können. Es war eigentlich ein doppelter Brief, einer hob den andern auf. Das letzte Wort bestand in der Erklärung, daß er den 15 d. sich
    trauen
    laßen
und nach
    Paris
abgehen würde. Im Grunde ist es mir unendlich lieber Ihn
    nach
als
    vor
dieser Reise zu sehen und kennen zu lernen. So anstößig meiner reinen Vernunft alle Ebentheurer, Wunder und Zeichen sind; so behagen Ssie doch noch immer meinem alten Adam, und daß meine
    jüngern Brüder
etwas wagen, wozu ich zu unbeholfen und ungeschickt bin. Erfahrung ist doch immer die beste Schule, und Evidentz der beste Beweis – beyde mit keinem Golde, wenn man welches übrig hat, zu bezahlen. So hab ich vorgestern die Freude gehabt von meinem Wagehals
    Hill
einen Brief aus Wien zu erhalten, an deßen Leben ich schon zu verzweifeln anfieng – und der so viel Noth und Elend ausgestanden – daß ihm demohngeachtet der Mund wäßert Asien, Spanien und Engl. zu Fuß durchwandern zu können, weil er sich einbildet oder glaubt nun just so viel gelernt zu haben, als zu einem solchen Versuch nöthig ist. Heute habe Ihren Brief vom 17 d. erhalten, und mit meiner Antwort an B. zu Ende geeilt, um die Ihrige beschleunigen zu können. Jenen hab ich inständigst gebeten mich gantz aus seinem Andenken auszustreichen, und an keine neue Plane zu denken, bis er erst wider zu Hause seyn und
    ausgeruht
haben wird. So viel Zeit werde ich auch vollkommen nöthig haben, mich zu besinnen. Danken Sie Gott, daß ich nicht kommen kann und seyn Sie fest überzeugt, daß dieser
    Betrug
für Sie und alle meine Freunde und mich selbst ärger gewesen wäre, als der
    gegenwärtige Betrug meines Ausbleibens
. Bey allem meinem gesunden Appetit zu eßen, zu trinken und zu schlafen, ist
    Kopf und Herz
bey mir so
    krank
, daß weder ich noch irgend Jemand mit mir das geringste anzufangen weiß. Das Uebel noch ärger zu machen, lese ich den gantzen Tag, was mir in die Hände komt, weil ich nichts anders zu thun habe, noch zu thun verstehe, und mach mir den Kopf vollends so wüste – Ein
    Betrüger
wäre ich immer in den Augen meiner Freunde geworden, in beyden Fällen gewißermaaßen ohne meine Schuld. Ich sehe aber, daß des Menschen Weg nicht in seiner Hand ist und der Plan eines höheren Fingers, der meine innern und äußern Umstände regiert und lenkt – wie Er will, zu unserm allgemeinen und besondern Besten. Er mischt sich in alle unsere Thorheiten, Vorurtheile, Leidenschaften, sie mögen so blind seyn wie sie wollen. Mein Sohn hat das meiste eingebüßt, und seine Freude hätte natürlicher weise auch auf mich gewürkt; er weiß sich aber beßer, als sein Vater, darinn zu finden, und ist in manchen Stücken weit klüger wie ich – wäre auch ziemlich das Fac totum meiner Reise gewesen, und wir Alten hätten unsere Augenweide an der Freundschaft unserer Kinder gehabt. Zu einer kleinen Schadloshaltung hab ich ihm erlaubt zu Waßer nach Pillau zu gehen mit seinem gewesenen Hofmeister HE Scheller, der als ein Sachse sehr neugierig ist einen Hafen und unsere Schiffahrt kennen zu lernen – und hierauf zu Land nach Trutenau, die Papiermühle und Schriftgießerey seinem Freunde kzu zeigen Was mein alter lieber Herder von meinem Stillschweigen denken wird, weiß ich nicht. Ich habe mich noch nicht ein mal für seine unvergängl. Blätter bedankt, und schmachte nach dem zweyten Theil seiner Ideen, der um Johannis fertig werden sollte. Schreiben Sie an Ihn oder Claudius, so denken Sie meiner im Besten. Ich besorge den letzten in seinen Sommerentwürfen gestört zu haben, denn mit dem ersten hab ich nähere Abrede nehmen können. Daß diesen Sommer aus der Reise nichts werden würde, davon hab ich immer eine Ahndung gehabt. Die Folgen dieses Qveerstriches und meiner
    Schritte
, welche ich thun werde, weiß ich nicht. Der erste Theil von Mendelssohns Morgenstunden soll schon fertig seyn, ich meyne aus der Preße. Die Stelle qu. steht in diesem Jahre der Monathsschrift, etwa im 3 oder 4ten Stück. Kann ich selbige wider habhaft werden, so werd ich die Seite anmerken. Glücklich der mit Claudius Laune alles ansehen kann, aber die ist nicht jedermanns Ding. Dich glücklicher Leichtsinn find ich nicht mehr, und klügle mich elend – An Spinoza und Metakritik ist nicht zu denken. Kommt alles Zeit gnug – und der Verlust von keiner Bedeutung. Der
    Hauptbrief
meines Wohlthäters hätte mir alles, was mir jetzt zu meiner Beruhigung gefehlt, aufgeklärt – nun tapp ich noch immer im Finstern. Das Capital steht sicher bey Ihrem Namensvetter, und die Zinsen sind an meiner Tochter nicht verloren, und werden es auch nicht, wie ich zu Gott hoffe, an ihrem Geschwister seyn, wenn die Reyhe an jedes kommen wird. den 30 auf meiner Loge oder in telonio. B. ist doch wol nicht der, den Cramer in seinem Klopstock anredt. Er hat mir ein Münstersches Wochenblatt zugeschickt, wo ich mich wie ein Kind freute, seinen Namen gedruckt zu lesen. Ich habe viel Zeit und Mühe gehabt, mich in seinen Ton und Ausdruck hineinzustudieren – und dennoch zweifele ich
    einige Stellen
recht zu verstehen; desto tiefer habe ich manche gefühlt. Die
    Bescheidenheit
, sich selbst so gleichgültig und unbedeutend aufzuführen, ist für mich der gröste und
    bedeutendste
Zug seines Characters und richtigen Beobachtungsgeistes, der auch in seinen Briefen mich einnimt. Seine Sprache ist ohne Affectation eben so
    sonderbar
, wie mein barbarisches Kauderwelsch. Hat er mehr Beyträge geliefert – so sind Sie wohl so gut mich damit zu erfreuen, oder mir wenigstens einen Wink darüber zu geben. Er ist doch wol nicht derselbe, den
    Cramer
in seinem Klopstock ein paar mal anredt, den ich neulich wider gelesen.
Wenn unser lieber
    Franz
ohne Amt leben kann, wünsche ich Ihm keins wie unser SokJohannes in Zürich thut. Hoc erat in votis; ich tauge für kein öffentl.
    Amt
noch
    Gesellschaft
. Ein
    Hausvater
, der Familie und Vermögen hat, ein wenig Philosophie und Geschmack, hat keine lange Weile zu besorgen, und dem kann es an Geschäften u Arbeit nicht fehlen. Ich halte Sie für einen Judex competens D. Weickardts Biographie hat mir ungemein gefallen; und es thut mir leid die Bekantschaft dieses Mannes, die mir bey seiner Durchreise angeboten wurde, versäumt zu haben. Das merkwürdigste, was ich von dieser Meße gelesen ist eine kleine Schrift über
    Offenbarung, Judenthum und Christentum
, deßen Verfaßer ich gern wißen möchte. Ich habe viele meiner alten ehmaligen Grillen darinn gefunden, auf die ich keinen so großen Werth mehr setze als der unbekannte – Der so hoch ausposaunte St Nicaise, ist ein sehr abgeschmackter – um nichts ärgers zu sagen, des hochwürdigen Beichtvaters olim D. Stark – Er ist seiner Schwägerinn von hier bis Berlin entgegen gekommen, wo sich unser Prinz sehr lange mit ihm unterhalten haben soll – Auch der reitet sich an seinem Stockfisch wund, wie der liebe Asmus sagt. Kommen Sie, lieber Fritz, von Aachen zu Hause; so denken Sie doch an Ihren alten Lendenlahmen Görgel. Gott gebe Ihnen viel Freude, und erhalte Sie mit den lieben Ihrigen gesund. Machen Sie alles gut bey unserer
    grosmüthigen Fürstin
. – – Eine strenge Diät bey Waßer und Brodt gehört schlechterdings zu meiner Gesundheit, die wie mein Leben, in guter Hand ist. Mit der besten Hofnung ersterbe Ihr treuer Freund u Görgel. Wenn Sie Mirabeau’s vortrefl. Werk des prisons d’Etat gelesen; so verdient auch sein Memoire vom Prozeß mit seiner Frau angesehen zu werden. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 22ten Juni 1785 J. G. Hamann beantw. den 5ten Aug.
Kgsb den 26 Junii Dom V. p Tr. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Es bleibt bey diesem alten, mir einmal gegebenen Verhältniße – welches mir Ihre liebreiche Aufmerksamkeit noch fester und heiliger macht. Den 21. d. habe den ersten Brief nach Mannheim abgegeben. Den Tag drauf zu Mittag, da ich eben den ersten Suppenlöffel zu mir genommen hatte, schickte mir mein Nachbar der Director Stockmar durch einen seiner Secretaires die Resolution der General Administration vom 10 d. zu, worinn mir die Erlaubnis zu einer Reise rund abgeschlagen wurde. Dieses mir und allen meinen Freunden gantz unerwartete und paradoxe Nein! vermehrte meinen Appetit, anstatt ihn zu schwächen. Ich folgte aber doch dem Rath eines Freundes den Morgen drauf durch ein Hausmittel die übergelaufene Galle ein wenig abzuführen. Denselben Abend kam der gewesene und gegenwärtig vor Anker liegende Hofmeister zu Graventihn, HE Scheller, unter deßen Aufsicht mein Johann Michael fast 2 Jahre gelebt, und bat um Herberge während seines hiesigen Aufenthalts. Trotz dieser innerlichen Unruhe und äußerl. Zerstreuungen, hab ich Gottlosb! meine Andacht halten können, mit meinem lieben Jungen und Studenten zum ersten mal – Mittagsmahl haben wir bey unserm Oberbürgermeister, HE Kriegsr. Hippel gehalten. Also haben wir beyde jetzt
    runde Gewißheit
, daß ich nicht reisen
    kann
, nicht reisen
    soll
. Diese runde Gewisheit, ist mir freylich lieber als die
    schmeichelhafteste Täuschung
, die mir hier Jedermann eingebildet und meine Furcht oder Ahnung für lauter Hypochondrie ausgab, und welche noch ein größer Uebergewicht durch Ihre und Düßeldorfsche Nachrichten aus Berlin erhielt. Wenn Ihre Vermählung den 15 d. vollzogen worden, so habe selbige im Geist
    gefeyert
, ohne es zu wißen; denn S. Veit erhielt ich Ihren Brief vom 26 May mit der Silhouette, deren
    Eindruck
, wahrer oder eingebildeter, daran liegt nichts, mich für die Wahl Ihrer lieben Hälfte parteyisch macht. Siehe, Kinder sind eine
    Gabe des HErrn
, und Leibesfrucht ein
    Geschenk
. Der Ihnen, mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, ein freygebiges Herz geschenkt, sollte Er nicht Selbst freygebig gegen Sie seyn – Befriedigen Sie Ihre
    philosophische Neugierde
, nur erwarten Sie keine
    wirkliche Erneuerung
von St. M. Diese Erwartung beunruhigt mich eben so sehr, als Ihre und meiner Freunde Erwartung von meiner elenden Gegenwart. Was für Freude kann es Ihnen machen einen alten, abgenutzten, gantz unvermögenden Mann kennen zu lernen, an dem Sie ein wahres Werk der Barmherzigkeit und des christlichen Mitleides gethan. Um Sie und meine Freunde davon mit aller
    Evidenz
zu überführen, eilte ich in Gedanken über Weimar, Wandsbeck, Düßeldorf, Zürich und dachte in der Mitte des Octobers in Ihren Armen mich auszuruhen, und ein Zeuge Ihres häuslichen Glücks zu seyn – – Beydes Lachen und auch Zittern hätte den ganzen langen Weg in mir gewittert, ohne daß ich im stande gewesen wäre dasjenige zu genießen, was mir Gott zum Abendmal meines Lebens bereitet hat. Ich lebe mir wirklich selbst zur Last, und tauge zu keinem Amt, für keine Gesellschaft. Mein jetziger Posten ist der einzige, dem ich vorzustehen im stande bin, und ich wäre der glücklichste Sclav deßelben gewesen, auch der treuste deßelben vielleicht, wenn die Canaille financiere nicht durch den infamen FooienHandel sich nicht an unsern Biergeldern und Pfuy! Pfuy! vergriffen hätte und an meinen mehr als ich, dadurch
    leidenden Amtsgenoßen
– und mich durch das ergangene Nein! vom 10 d. gleichsam bey den Haaren zöge, wo nicht ihr
    Retter
, doch wenigstens
    Rächer
zu werden. Ich eigene mir Ihre Ideen zu, die ich aus Ihrem Briefe entlehne, weil ich blos durch die Versetzung derselben von meinem dortigen auf meinen hiesigen Beruff einigen Sinn herauszubringen weiß. Aber das:
    Artzt hilf dir selber
! verbietet mir, an andern zu pfuschern – Alles in mir stockt, nichts will von der Stelle – den 29 – Heute erhalte einen Brief aus Düßeldorf – und ich bin gantz allein, weil Joh. Michael mit seinem gewesenen Hofmeister gestern auf einem Schiff nach Pillau gereist. Es ist mir schlechterdings nicht möglich meine Gedanken ichn Ordnung zu bringen, oder ich habe vielmehr gar keine; weiß Ihnen daher keinen beßern Rath zu geben, als den: sich während Ihrer Reise, meiner verdrüslichen Angelegenheit gänzl. zu entschlagen, damit die Zufriedenheit Ihrer lieben Genoßin, noch Ihre Aufmerksamkeit auf den Gegenstand und Endzweck Ihrer Wallfahrt nicht gestört werde. Ich bilde mir ein, daß Sie diese Reise für mich selbst thun, und es wird immer nützlicher für uns beyde seyn, post peractos labores einander zu sehen und mitzutheilen. „Seine Zeiten sind seine Geheimniße; erwarte Ihn“ Das Verhältnis der 3 Schwestern ist mir in einigen Stellen nicht liquide gnug, vermuthlich weil es nach dem Leben gezeichnet ist; auch scheint mir der
    muthwillige Ernst
den
    gesetzten
beynahe auszustechen und zu übersehen. Es ist mir keine kleine Freude gewesen, Ihren Namen auch zum erstenmal gedruckt zu lesen. Sie sind es doch nicht, den Cramer in seinem Klopstock anredt. Der
    Avis
,
    der meinem hiesigen Freunde von dem dortigen Hoffactor zugeschickt worden
, ist mir völlig unbekannt. Das Siegel Ihres jüngsten Briefes ist auf die gröbste Art aufgeklebt; ob dies zufällig geschehen, weiß ich nicht. Bey einem Einschluß ist der Zufall möglich und unschuldig. Ich habe die beyden ersten Abschnitte des Erreurs et de la Verité durchgewatet. Es geht mir aber mit ihm, wie mit dem Baruch Spinoza. Das wenige, was ich davon verstehe, macht mich theils gleichgiltig, theils mistrauisch gegen alles übrige, was ich nicht verstehe. Das wichtigste für mich wird einmal seyn Ihre Erfahrungen mit meinen Ahndungen zu vergleichen. In St. Nicaise, den D. Stark geschrieben haben soll, in diesem lächerlichen und verächtlichen Roman, den die Allgemeine Litteraturzeitung so ausposaunt, ist auch die Rede von diesem Haupt einer Secte. Seit Adams Fall ist mir alle Gnosis verdächtig, wie eine verbotene Frucht. „In einem treuen Arm sich seines Lebens freun – Seinen Freunden giebt Er’s schlafend. Ich umarme Sie unter den treuesten Wünschen in petto, und küße Ihrer geliebten Lebens- und Reisegefährtin die Hände. Ohne neuen besondern Anlaß erwarten Sie keinen Brief, bis Sie im stande seyn werden, mich mit der Nachricht einer glücklichen Heimkunft zu beseeligen. Gott nehme Sie Beyderseits in Seiner gnädigen und heiligen Obhut. Ich bin leider! mehr als hypochondrisch, bey lebendigem Leibe ein kalter, stummer, todter Stein – Johann Georg H.
    Seine Zeiten sind seine Geheimniße; erwarte Ihn
! Das ist ein schönes wahres Wort der jüngsten Schwester. Verstehe ich die edle Kühnheit recht, ihre älteste mit einem
    Dornbusch
zu vergleichen, vor
    dem sie sich schmiegte, aber seitwärts um ihm auszuweichen
? Hab ich’s recht verstanden; so wünschte ich es nachthun zu können. Adresse von fremder Hand:
à Monsieur / Monsieur
    Bucholtz
/ Seigneur de Welbergen / à
/
    Poste restante
Vermerk von Hamann: den 26. Jun. 85.
Kgsb. den 30 Junii 85. Ich habe gnug an Sie, liebster H! und nach Riga gedacht, war auch willens mit der nächsten Post zu schreiben, weil ich umsonst nach zuverläßigen Nachrichten von Ihrer Ankunft erkundigt; da ich diesen Nachmittag eben Ihr Päckchen durch den Fuhrmann erhielt, mit genauer Noth Ihren kleinen Brief sine die et consule ohne einen Laut oder Echo deßelben von Me Courtan und Ihrem Wohlbefinden. Ich hoffe, daß Sie diese Unterlaßungssünden bereuen bey etwas mehr Muße, und beßerer Gesundheit, als Sie gegenwärtig zu genießen scheinen. Ist es nicht ein Wunder, wenn Sie bedenken, was Sie in diesem Frühjahr bey Ihren geschwächten Kräften ausgehalten haben, daß die Wehen nachkommen. Finden Sie die sitzende Lebensart für nachtheilig; warum sind Sie Ihr eigener Richter und Henker. Ist es ein Gottgefälliges Opfer, sich zu Tode zu arbeiten. Hat er uns nicht Selbst ein Beyspiel der Ruhe gegeben. Kein Beruff bringt das mit sich, sondern es ist das Treiben einer tyrannischen Leidenschaft und einer sclavischen Furcht vor Hunger und theurer Zeit, und eines heidnischen Unglaubens an Seine Vorsorge über Uns und die Unsrigen. Ja sagen Sie: Artzt hilf Dir selber. Auch als ein guter
    Wirth
sollten Sie sich ein wenig Ihresr übertriebenen Arbeitseeligkeit schämen. Nun Gott wird alles zu leiten wißen, ist Ihr und mein Trost. Den 22 d. erhielte durch einen Secr. der Direction, eben wie ich den ersten Löffel meiner Vorkost heruntergeschluckt hatte, den gnädigen Bescheid der allerdurchl. großen General Adm. vom 10 d. kraft welcher ich zu Hause bleiben und mich nicht vom Fleck rühren soll. Vous lui repondrez, que nous pouvons d’autant moins lui accorder un pareil delai, qu’il dut trouver dans une ville aussi importante que Kgsberg des medecins aussi experts qu’il peut y en avoir à Halle. Signé de la Haye de Launoy. Grodart. Et je lui repondrai – wenn es so weit kommen sollte, qu’il y a dans un royaume aussi important que celui de la Prusse Orientale et Occidentale assez de Jean F‥ sans avoir besoin d’ devoir en frais venir,pour qui avalent nos cadeaux à bierre. Mit Ihnen erhielt ich die Nachricht, daß D. Lindner sich von
    Halle
nach
    Jena
begeben hatte, und kurz vor Empfang dieser Hiobspost, daß mein Wohlthäter sich vermählen und nach Paris gehen wollte, welches auch wirklich vollzogen worden Den Tag Ihrer Abreise brachte mir Schückert den Dangeuil. Aber wie das Päckchen an den B. Dir. in Memel verloren gegangen weiß ich nicht, und thut mir herzl. leid. Den Jahrgang des Journals von 83 habe complet, auch 4 fl. sorgfältig verwahrt, welche ich von Auerswalde den 8 Oct. 84. für Shakesp. erhalten. Sie liegen in Ihrer eigene Note eingewickelt, können Ihnen also nicht entgehen, wenn mir auch Etwas Menschl. widerfahren sollte. An wen soll ich sie zahlen? Johann Michel ist vorgestern mit seinem gewesenen Hofmeister HE Scheller, der bey mir eingekehrt, zu Waßer nach Pillau gegangen. Ich laße mir die 36 rth pr. als den Einkaufspreiß gefallen für Demosth. u Comp. gegen Abrechnung des Theatri Europaei u daß ich bey jeder Meße etwas abtragen kann, so bald wie mögl. auch den Defect des I Vol. supplirt bekomme von Litt G. incl. bis M incl. Gott gebe daß das Gerücht von der General Superintendentenstelle mehr Grund haben mag als von jener zu Hollstein: so will ich gern zu Hause bleiben. Habe auf den Schreck vorigen Dom V. p Tr. meine Andacht, zum ersten mal mit Hänschen gehabt. Es war eben das Evangel. womit ich aus Engl. verwiesen und in Riga wider bewillkommet wurde. Wars nicht 758? und kamen nicht das Jahr drauf die Sokr. Denkw. aus? Den 27 d habe von meinem
    Christian
oder wie ihn L. umtauft,
    Nathanael Hill
einen Brief erhalten aus Wien vom 15. Nimmt zu Rom einen Paß nach Neapel mit einer Empfehlung des D. Holze um das Herkulanum u den Vesuv in Augenschein zu nehmen, überzählt seine Baarschaft, findt nebst einigen kleinen Andenken nicht mehr als 2 #. Muß also den 3 März von Rom zurück nach Pisa, wo er vom Grafen von Hohenwerth gut aufgenommen wird, der ihn gern dem Großherzog vorgestellt, wenn sein Rock nur ein wenig anständiger gewesen wäre, giebt ihm eine Empfehlung an den Kayserl. Residenten in Florentz, bey dem er 3 Tage gespeist und von seinem Bruder, einem ungemein liebenswürdigen Geistl. umgeführt worden. Beym Abschied bekam er eine goldene Schaumünze auf die Hochzeit der Herzogin von Parma, zum Andenken in sein Vaterl. mitzunehmen, muste selbige sogl. in Trieste umsetzen. Der evangelische Prediger
    Arnold
hat sich daselbst seiner herzl. angenommen, und für ihn 5½ # colligirt – findt ein Schiff nach Smyrna, vergist alle seine vorige Leiden und Freuden, bedingt schon seine Fracht, muß sich aber wegen eines Ausschlages an zu einem Medicin Apotheker seine Zuflucht nehmen, der ihm ohngeachtet seiner elenden Figur Medicamente umsonst gab und ihm sn Bruder einen Doct. Med. empfahl. Dieser Ausschlag, den er gering geachtet hat ihn 5 Wochen aufgehalten, weil er beym Purgiren immer Reiß u Schweinfleisch zu eßen bekam. Sein Geld wurde all und er muste über Hals u Kopf, ohne einen jungen Bideschini abwarten zu können, der ihn mit sich nehmen wollen nach Grätz zu seiner Braut. Der gute Arnold wunderte sich auch über seinen langen Aufenthalt und er war zu schaamhaft ihm die Ursache deßelben zu entdecken. Den 11 d. kam er in Wien an, hatte 5 Kaysergl. die 64 Meilen verzehrt, gantz zerlumpt u keinen vollen Gulden in der Tasche. Der Superintendent Fock war kein Arnold, und versagte ihm den Vorschuß von 4 # um sn Leib decken zu können, unterdeßen er nach Hause Antwort bekam. Endlich wieß er ihn an den Buchhändler HE von Wucherer zum Uebersetzer oder Corrector, der ihm Arbeit und Unterhalt versprochen, bis er von uns Antwort erhielte. Er hat schon seit Montag einige Bogen abgeschrieben u übersetzt Millers Programm de Ecclesiae Euangelicae in Austria sub Ferdinando I. et Maximil. II. fatis ins grobe um von HE. Fetzer ins reine gebracht zu werden. Er bittet mich also um das Geld, was er bey mir deponirt. Ich habe heute gantz zufällig erfahren, daß mein Unbekannter den Titel eines
    Raths
führt. Die Silhouette seiner jungen Frau welche er mir geschickt, sieht jedermann für meine Lisette Reinette an. Ich habe gantz neul. ein klein Stück mit seines Namens Unterschrift in einem
    Münsterschen Wochenblatt
gelesen. Das
    Verhältnis dreyer Schwestern
. Es hat mir viel
    Zeit und Mühe
gekostet den rechten Ton darin zu faßen. Zu Anfang wollte er schon wider aus Paris zurück zu Frkf. an der Oder mit seiner jungen Gemalin auf mich warten. Hierauf meldete er mir, daß er jene Reise aussetzen und gerade nach Kgsb. kommen würde. Den Posttag drauf aber blieb es fest nach Paris zu gehen, welches mir auch angenehmer ist, und seine Geschäfte dort als die meinigen ansehe, auch wirkl. daran Theil nehme. Nach Weimar habe noch nicht geschrieben, denke es aber gewiß mit der ersten Post zu thun. Ihre Assignation an Haude u. Spener habe mit voriger Post durch meinen Freund Jacobi an Vetter N. besorgt, aber keine Copie davon genommen. Melden Sie mir doch den Verf. des
    Antiphädon
. Ist es Ihr Verlagsbuch – Hier sind alle Exempl. davon schon vergriffen. Die merkwürdigste Schrift ist für mich bisher gewesen:
    Ueber Offenbarung, Judentum und Christenthum
. Eine philosophisch-kritische Untersuchung über das A. Testament und deßen Göttlichkeit besonders über die mosaische Religion Deßau 785 stand im Leipz. Meßkatalog, aber nicht im Hartungschen. Wenn Sie mir Ihren einmal beylegen können: so will ich darnach suchen, um wenigstens zu wißen, ob sie wirkl. ausgekommen ist. Erfreuen Sie mich bald mit beßeren Nachrichten von Ihrer Gesundheit, und wünsche Ihnen bald Muße dazu. HE Schuchart habe seit der Zeit nicht gesehen. Dengel ist mit sr. Gemalin nach dem Oberl. gereist. Das Reisen wird nun unter regierenden Häuptern und Damen ziemlich Mode. Ich denke nun eben an die
    Elisa
und ihren Gesang auf den Apell Darbes. Bitte, lieber Freund H. nicht diem und consulem zu vergeßen und breui manu zu melden, an welchem dato nach dem alten Styl Sie mit Made Courtan angekommen, und Mlle Tobler von dort abgegangen. Vielleicht schreib ich nächstens nach der Schweitz. den 1 Julii Mein Sohn ist noch nicht zu Hause, und komt er heute nicht, so wird sein Außenbleiben mich beunruhigen. Gott erhalte Sie mit den lieben Ihrigen und ganzen Hause in allem Wohl, empfehle mich Ihrem Andenken bestens als Ihr alter Freund und Diener Joh. Ge. Hamann.
Kgsb. den 1 Julii 85. HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath und Freund Herr Scheller ist mit smeinem Sohn Dienstags nach Pillau auf einem Bierboot gereist, um sich nicht länger als einen einzigen Tag aufzuhalten. Es ist heute der dritte, der Wind günstig und ich erwarte sie mit Ungedult. Diesen Morgen habe Ihre gütige Zuschrift vom 24. pr. mit den beyden Büchern erhalten, Mittags bey HE Kr. H. mit HE St. Wirth u. Cammer Secr. Bock gespeist, letzten in meinen kleinen Hayn Mamre mitgenommen, wo ich auch wegen der Uebersetzung die nöthige Vor- und Abrede genommen. Virgil ist niemals so mein Vertrauter gewesen, wie ehmals Horatz, den ich einige Jahre lang alle Tage las und gleichwol nun fast ausgeschwitzt habe – und poetische Uebersetzungen sind gar nicht mein Fach. Um nicht spröde zu thun, hab ich mir sein Mst. ausgebeten – und wie es in meinem Kopf aussieht, können Sie leicht erachten. Aus meiner Reise, wie Sie bereits wißen, wird nichts – nous pouvons d’autant moins lui accorder un pareil delai, qu’il doit trouver dans une ville aussi importante que K. des medecins aussi experts qu’il peut y en avoir à Halle. Diese Resolution z vom 10 erhielte erst den 22 pr. eben bey dem ersten Löffel Suppe. Sie war in ein Moderations Urtheil eingelegt gewesen und von ohngefehr herausgefallen. Ob Ihre Lectur durch meine zurückgegangene Reise viel gewinnen wird, hangt, wie alles von Zeit und Glück ab. Gestern meldt mir Hartknoch daß der Herzog an die Regierung zu Mitau geschrieben haben soll, die ledige Superintendentenstelle wäre bereits von ihm besetzt, und daß man dies dem Aufenthalt der
    Elisa
zu Weimar zuschreibe. Gott gebe daß es wahr werde und Herder durch seine Verpflanzung gebeßert seyn möge. So wäre ich durch seine Ankunft schadlos gehalten. Zedlitz hat eine abschlägige Antwort vom Könige selbst erhalten, die ihm noch bitterer als meine schmecken muß. St. Nicaise ist ein elender Roman, und in meinen Augen noch was ärgers. Man kann keinem Zeitungsurtheil, nach dem Lauf der Welt trauen. Auch beykommendem
    Eusebe
wünschte einen glücklichen und beßern Ausgang, der dem Ganzen gar nicht Gnüge thut. Vom Gr. Mirabeau, der das schöne Buch über Staatsgefängniße geschrieben habe ich mit viel Vergnügen ein Memoire gelesen gegen seine Frau, die sich von ihm hat scheiden wollen, welches ich Ihnen auch mit der Zeit zu übermachen hoffe – wie Adelung vom Styl, der auch meinen das Ohr gezwickt haben soll. Ich lese jetzt Blairs Vorlesungen von Schreiter, der sich schon durch eine neue Orthographie und Zusätze zu unterscheiden anfängt. Garwens Cicero ist sehr streng in der Zürcher Litteratur beurtheilt worden, welche den langweiligen wie naseweisen Ton der Berliner zu übertreffen sucht. den 2 – Mar. Heims. Mein Sohn ist noch nicht zu Hause, der Wind entgegen – und ich werde unruhig, da Scheller sich ausdrückl. vornahm nicht länger als einen einzigen Tag sich dort aufzuhalten. Das Neue St. Petersburgische Journal von 84 habe jetzt erst erhalten u Hartkn. schreibt, daß Arndt es vermuthl. beschließen wird – Mit dem Bogen K ändert sich auf einmal die Unterschrift des Titels, wie ich im Durchblättern bemerkt. Ich muß eilen – um die Einl. meiner heutigen Post zu besorgen. Hill lebt in der grösten Armuth und Dürftigkeit, seinen Brief vom 15 Juni aus Wien werde so bald ich kann mittheilen. Habe erst einen einzigen # baar erhalten und Kr. H. hat mir zu mehr Hofnung gemacht. Empfehlen Sie mich dero Frau Gemalin und sympathisiren Sie ein wenig mit meiner gegenwartigen Unruhe, doch ohne Eingriff der Ihrigen J G Hamann. Die beyde Ankündigungsblätter gehören zur Maculatur des Päckchens aus Riga. Adresse:
Des / Herrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst einem fr. u deutschen Buche.
Kgsb den 1 Julii 85 gegen 7 Uhr Nicht eine Sylbe von Ihnen, liebwertheste Freundin, in H. Briefe zu finden; davon liegt mir doch die Erklärung auf dem Herzen. Kommt diese Vergeßenheit von Krankheit – Arbeit – Laune? Ich habe heute bey Kriegsrath Hippel mit unserm guten Collin gespeist, der anfangs auch nichts wuste, sich aber endlich besann, daß Sie nach Mitau gereiset wären. Haben Sie eine angenehme Reise und Gesellschaft an Ihrer Gefährtin gehabt? Wenn S sind Sie angekommen, wenn ist letztere weiter gegangen? Wie gefällt Ihnen dortige Witterung und Welt? und vornemlich wie geht es mit Ihrer lieben Gesundheit? Bekommt Ihnen das Reisen? Habe den Nachmittag mit Kammer Secr. Bock aus Marienwerder im Hayn Mamre zugebracht – und nun warte mit Ängsten auf meinen Sohn. Den ersten # heute für meinen armen Hill eingenommen von HE Jacobi, und mein gehabter Gast hat es über sich genommen den AdmiralitätsDirector geneigt zu machen seinem Bruder dem Legationsrath dort unsern Landsmann zu empfehlen und das zusammengebrachte Lösegeld durch ihn zu befördern. Alles übrige unangenehme mag ich nicht widerholen, weil Freund H. Ihnen den Inhalt meines Briefes mittheilen wird. Die Reise- und Lebensgefährtin meines Wohlthäters ist eine geborne
    Marianne
    Detten
,
und ihre jedem auffallende Ahnlichkeit mit meiner Lisette Reinette ist eine angenehme Täuschung für mich. So wechselt angenehmes und unangenehmes, wie Licht und Schatten. Erfreuen Sie mich bald mit einigen Zeilen; ich habe Zerstreuung höchst nöthig, um mir selbst erträglich zu seyn. Sie können sich das Grundeis in meinem Gemüth leicht vorstellen. Der junge Gr Kayserlingk sagte mir neul. daß die Kammerherrin von der Reck zur See nach Curl. gehen würde. Mein Freund Mayer wird auch bald mit Frau und Kind zum HE von Kleist aufbrechen, wozu ich ihm Glück wünsche. Woher nehm ich neue Kraft, aufzufahren mit Flügeln, wie ein Adler! Wenn Sie Hintz sehen, so denken Sie auch, und so oft Sie lange Weile dazu haben, an Ihren alten ergebnen Freund und Diener, der sich mit allen, die ihm nahe und ferne sind, bestens empfiehlt mit Herzen, Mund und Hand. Mariä Heimsuchung. 2. Juli Der Wind ist entgegen, und mein Sohn noch nicht zu Hause. Wenn sie heute nicht kommen; so geht es nicht richtig zu. Leben Sie desto zufriedner u geben mir bald gute Nachrichten, beßere als die meinigen. Adresse mit Mundlackrest:
à Madame / Madame Courtan, / née Toussaint
Kgsb. den 5 Jul. 85. Mein Sohn ist Sontags nach gehaltener Caffé-Stunde und vorgängigen Mittagsschlaf mit HE Scheller glücklich zu Hause gekommen und willens morgen mit ebendemselben nach Trutenau zu wandern, und ist diesen Augenblick zu seiner Schwester gegangen, um ein Briefchen an Mlle Henriette abzuholen und morgen mitzunehmen. Währender Zeit werde ich mich also mit meiner liebsten Commere mit aller Vertraulichkeit von den Begebenheiten und Freuden unterhalten, die ich den 2ten d. am Tage der Heimsuchung Mariä genoßen. Kaum hatte ich jenen Morgen meine Post fertig, so gab ich die Einl. an HE Jacobi ab, lief über die Lomse nach dem Friedl. Thor und eilte wider zu Hause, wie aus einem Bade mit keichenden Athem, da mir der gute Ernst Deutsch entgegenkam mit der Nachricht mir von der Post einen Brief aus
    Geldern
gebracht zu haben. Aus
    Geldern
? Ist der einzige auf der Charte gewesen wird wol der erste und letzte seyn, den ich in meinem Leben erhalte. Nun rathen Sie von wem? Von einem jungen Frauenzimmer, das mir den 4ten Tag nach ihrer Vermählung selbige auf der Extra Post meldet; und eine neue Einladung auf die Winterlustbarkeiten in M‥ wo eine ganze Haushaltung, völlig eingerichtet, mich schon mit dem Anfang des Aug. erwarten wird. Ist es in aller Welt möglich, die Achtsamkeiten der Liebe und Freundschaft weiter und höher zu überspannen und übertreiben. Denselben Nachmittag kam HE Jachmann wieder mit einem Briefchen von einer nordischen Bibi – wenn Sie mir erlauben wollen, meine liebe beste Freundin und Commere, Ihnen diesen arkadischen Namen beyzulegen, und da waren alle meine, beynahe möcht ich sagen, schwermüthige Grillen wegen Ihres Stillschweigens auch beygelegt oder wie Sie vom HE Referendarius werden gehört haben, ad acta reponirt. Nun bin ich imstande Ihnen ein Tagebuch Ihrer ganzen Reise in der Nuß mitzutheilen, und bitte sich deshalb keine Mühe zu geben. Wars nicht am 6 Junii a.c., am Tage Claudius, daß Sie von hier in der Frühstückstunde abreisten? Wars nicht den 10 ej. daß Sie dem lieben Gott dankten die Gefahren von Schiffbruch, Seeräuber, Sturme und vapeurs auf dem ungeheuren Meerbusen glücklich überstanden zu haben? Wars nicht den 16 Junii, wie Sie in Riga mit der Kutsche feyerlich eingeholt wurden. Statt der läutenden Glocken und groben Geschützes wurde zu Zeiten gehustet, dann ein wenig gelacht, aber noch mehr geküßt. War’s nicht den 22 ej. wie Sie nach Mitau bis zum Sonntag Trinitatis st. vieux fuhren? Doch was den lieben Sonntag anbetrifft, so waren Sie 1.) unterwegs und 2) vermuthe ich, daß der Rigische Gottes-Dienst für eine reformirte Colonistin gar zu früh angeht, und eine kleine chronologische Unordnung der Sonntage leicht unterlaufen kann. Sie haben also blos nöthig, meine geEhrte Freundin und Gevatterin, diese Data mit den Ihrigen zu vergleichen, und wenn es der Mühe lohnt, selbige durch kurze Erinnerungen gleichstimmig zu machen. Sind Sie also mit der Gesellschaft der guten Schweitzerin zufrieden gewesen? Wenn ist sie abgegangen von Riga, und erhalten Sie Nachrichten von Ihrer dortigen Ankunft und Ihrer Lage, laßen Sie mir auch davon Etwas zukommen. Unser Freund wird für ein gutes Haus und ehrliches
    Gehalt
b gesorgt haben. Den Betrag des letzteren hätte gern gewußt, und die naive Frage durch eine ähnliche gut gemacht. Der liebe Johannes hatte mir ausdrücklich aufgetragen Ihr einen kleinen Denkzedel mitzugeben. Sie wißen, wie sauer mir dergl. Impromtus werden, und wie
    arm ich am Geist
bin – Weil ich all mein Börnstein, das mein Vater gesammelt, zerstreut, so war die Breloque das Eintzige, und ich bekam sie von unserm Oberhofprediger Schultz einmal zum Scherz geschenkt. Es ruht also wenigstens ein levitischer Seegen darauf. Es beruhigt mich wenigstens übrigens, daß Sie Selbst ihr das Zeugnis geben, nicht durch sie vom Heimweh inficirt worden zu seyn – und daß Sie die jungfräuliche Schaam über meine naive Wahrheit und Antwort ihr aus dem Sinn gebracht. Was qvälen Sie sich aber mit dem Heimweh, fast möcht ich sagen, sans rime et sans raison. Herr Courtan baut Ihnen sein Haus in Ordnung, wobey ihn Ihre Gegenwart mehr hindern als fördern würde. Mlle Henriette lebt unter Aufsicht einer Mutter und Schwester auf dem Lande, und denkt aus bloßer Wollust, gewiß nicht aus Noth nach Riga. Und mit dem lieben Jungen, ich bin ja selbst einer gewesen und habe auch einen – die sind dazu praedestinirt Vater und Mutter zu vergeßen Es freut mich am meisten, daß Sie mit Ihrem Wirth und Bruder H. zufrieden sind. Der bloße Verdacht wurmte mich – und Sie wißen, daß ich mich vor einer Stecknadel mehr fürchte als vor einem Dolch – Sollte mein Verleger nicht
    zu rechter Zeit
artig, gefällig, und im Nothfall galant zu thun wißen – Sollte ein Verleger, der so viel Jahre auf die letzte Gunst eines Autors und Schriftstellers gewartet hat und vielleicht noch eben so lange warten muß – Sollte mein sokratischer Genius, der nicht wie der seelige Valentin Jamerai Duval nur eine, sondern 3 Bibi z. E. pour le present, zu Paris, in Riga und Mohilow und der Himmel weiß wo mehr hat, sich gegen die ihm nächste so weit vergeßen können, nicht Gesundheit und Arbeit aus Gefälligkeit aufzuopfern in der Wahl eines so langgeprüften Verlegers Freundes geirrt haben – – Der arme Michael hat den Weg umsonst gethan und muß ohne Empfehlungsschreiben an Jettchen nach Trutenau gehen. Der Lisette Reinette geht es wie dem Alten, dem das Schreiben auch nicht fließen will, und Schade um meine Kursche Laune; weil ich nicht weiß, ob Sie, liebste Freundin, mein Geschmier lesen und die batons rompus meines kranken Kopfs zusammenflicken und gantz machen können. Diesen Morgen ist meine Antwort an Hill nach Wien abgegangen mit einer Assignation auf 18 # die er in Welschland eingebüßt und ich so glückl. gewesen bin ihm hier zu ersetzen. Den 1 d. erhielt von Jacobi 1 # Sonntags von unserm würdigen Oberbürgermeister in 2 Karten 12 # die noch fehlenden 5 schoß ein Freund vor auf Speculation gegen baares Unterpfand. Machen zusammen 18 # die ich ihm wirklich zugedacht und ohne alle Mühe im Schlaf zusammengebracht. Uebrigens wißen Sie beßer als ich, liebe Frau Gevatterin, daß wer andern Freude macht, selbst welche hat. Herr Cammer Secret. Bock aus Marienwerder hat zum Abschied mir seine Frau und kleinen Fritz Raphael praesentirt und wir haben eine vergnügte Stunde in unserm Hayn Mamre gehabt diesen Nachmittag. Bitte sich meiner in Pernau zu erinnern. Leben Sie gesund und vergnügt. Das wünsch ich auch Ihrem würdigen Wirth und Br. Hartknoch und Seinem ganzen Hause. Gegen das Heimweh soll das alte Sprichwort probat seyn: Wohl aus den Augen, wol aus dem Sinn. Die menschliche Natur gewöhnt sich eben so gut an Abwesenheit als Gegenwart, an Mangel als Ueberfluß. Der Abendseegen von Mariä Heimsuchung bestand in einem sanften Regen, der alles erqvickt hat. Gestern hat meine Hausmutter gewaschen, und schönes Wetter zur Bleiche und Trocknen gehabt. Marianchen Sophiechen mit Lehne Käthe gewacht vorige Nacht. Alles um mich herum schläft, und ich wache meinen Gast Scheller abzuwarten, der den Abend bey Banco Dir. Ruffmann zugebracht. Mehr weiß ich nicht – Vielleicht bringt Johann Michel morgen noch einen kleinen Nachtrag zu einem Postscript aus Trutenau mit. Brauch ich Ihnen noch zu sagen, mit welchen Gesinnungen ich mich unterschreibe als Ihren alten treuen Freund, Gevatter p p Johann Georg Hamann. den 7 – Ich weiß Ihnen, Geliebteste Freundin, weiter nichts zu melden, als daß ich bey HE. Kr. R. Hippel heute beynahe einen gar zu reichen Mittag gehabt, Adelungs ersten Theil über den deutschen Styl gelesen, und darinn 4 mal meine arme Scherflein zur deutschen Litteratur
    sehr rühmlich
angeführt gefunden habe. Ich warte auf meinen Gast, und bin schläfrich. Leben Sie recht wohl, und denken Sie an uns, wie wir uns Ihrer fleißig erinnern – und schlafen Sie auch ohne Träume und Sorgen; denn dazu sind die Tage lang genug. Grüßen Sie Bruder Hartknoch und die Seinigen von uns allen – Gute Nacht!
Kgsb. den 8. Julii 85. HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath, Gütigster Freund, Ich war eben mit Adelung fertig und wünschte Ihnen auch denselben mittheilen zu können, da ich diesen Morgen Ihren Brief erhielt. Um mir den Gang zu erleichtern, gab ich dem Boten die Bücher mit – Um Ihnen in meinem und Hills Namen zu danken, dem ich bereits mit voriger Post den in Welschl. gehabten Verlust zu ersetzen so glücklich gewesen bin. Im Nothfall würde mich nicht geschämt haben, auch eine explicite Fürbitte bey Ihnen zu thun. – Es war ein bloßer Eindruck
    frischer That
, und kein Wink, daß ich Ihnen meine Freude über den unvermutheten Empfang des ersten Goldpfennings meldete; ich nehme den Ihrigen jetzt zum Ersatz meines Vorschußes an. Mehr als 18 # hatte ich ihm nicht zugedacht – und was ich gewünscht, hat er erhalten. Wegen des Uebermachens war ich besorgt, und den Herrn Adm. Director Jacobi damit zu beschweeren; zu gutem Glück fand ich bey Wulff Friedlaender dazu eine glückl. Gelegenheit, der eben nach Wien mehr Wechsel und an einen dortigen SchwiegerSohn des Itzig in Berl. zu bestellen hatte. Durch Vermittelung des HE Bock hab ich auch die Versicherung von p Jacobi erhalten Hill dem Legationsrath dort zu empfehlen – Ein Besuch des jungen Grafen Kayserlingk, der von meinem Sohn u Raphael viel zu machen scheint, und des Einnehmers Brahl haben mich um den gantzen Abend gebracht, daß ich morgen erst fortfahren muß. den 12 – Die Witterung hat mich beynahe krank gemacht – und vorgestern bekam ich währender Predigt die HE Scheller im Kgl. Hospital hielt, einen impetum nach Weimar zu schreiben, weil ich seit Pfingsten noch den Dank für die zerstreuten Blätter schuldig bin und um den zweithen Theil der Ideen ausdrückl. zu bitten für nöthig fand. Heute wird die Graventinsche Herrschaft bey HE. Pf. Fischer erwartet, habe mit viel Erbauung mehr wie einmal einen merkwürdigen Briefwechsel des
    Garve
und
    Biester
über die Besorgniße der
    Protestanten in Ansehung des Katholicismus
gelesen in der laufenden Monathsschrift. Die philos. Betrachtungen über die thierische Schöpfung wie es heist auch von Garve übersetzt 769 liegen noch hier und warten auf Ihren Befehl, wenn Sie selbige nicht schon selbst haben oder kennen. Verzeyhen Sie mein Misverständnis wegen des Petersb. Journals, das ich immer nach Graventihn expediren müßen, und ich glaubte Ihnen die Fortsetzung schuldig zu seyn. Wenn Ihnen mit
    Sacks
Predigten und seiner Uebersetzung der
    Blairschen
gedient ist, so lese ich selbige jetzt eben und kann die 3 Bücher auf ein paar Wochen länger behalten. Mein Sohn studiert Historie und Geographie statt der Philosophie und Mathematik, an denen er wenig Geschmack zu haben scheint. Kaum kann ich eine halbe Stunde das frantz. und engl. mit ihm vornehmen. Nicht Galenus, sondern Engels Mimik war das Buch, über dem ich Ihren letzten Brief erhielt. Ich kenne weder Theater noch die neuesten Stücke, auf die er so öfters verweiset: also blos der schönen Form wegen, die Materie selbst ist mir gleichgiltig. Eben so unwißend bin ich in Ansehung des Innhalts, habe nicht die geringste Sachkenntnis von den Georgicis, woran es dem Uebersetzer nicht fehlt. Seinen Fleiß habe ersehen und er schien zufrieden mit den wenigen Anmerkungen, die ich über das 2te Buch gemacht – ich noch mehr, meine Verlegenheit, in die
    Sie mich wirklich gesetzt
, so glücklich überstanden zu haben. Theils mich zu rächen, theils das auf mich gesetzte Vertrauen zu erwiedern, hab ich diesem fähigen und würdigen Mann das Gelübde gethan Sie wenigstens jeden Monath daran zu erinnern, zu seiner Verpflanzung an die hiesige Cammer behülflich zu seyn, weil ich glaube, daß Sie ihn mit gutem Gewißen dem Dir. Wagner empfehlen können. Keine poetische Uebersetzung gehört zu meinem Ressort; und ich bin durch meine Hypochondrie so nackt und eckel wie ein Marsyas. – Gedruckte Beyl. u den vierten Brief des Hill bitte mit der nächsten Gelegenheit wider zurück – auch die erste mehr als einmal zu lesen, um mir Ihr Urtheil sagen zu können, damit ich es mit meinem vergleichen kann. Aus einem alten Brief habe erst neulich von ohngefehr ersehen, daß der Verfaßer den Titel eines Raths hat. Die jüngste ohne Namen, verdient seinen zu führen, und ihr muthwilliger Ernst gefällt mir mehr als der gesetzte Ernst der Katharina. Adelung hat in seinem ersten Theil über den hochdeutschen Styl die Scherflein 4 mal citirt; bey einer neuen Auflage werde ich ihn wol selbst, die Lettres sur le Patriotisme, das Eloge des Voltaires und das Milord Marechal von Alembert auch citiren müßen, weil es ohnmöglich ist die zusammengesetzte Anspielungen ohne einen Fingerzeig zu verstehen. Mein unbekanter Wohltäter hat sich den 17 pr. mit einer Marianne Detten vermählt; beyde haben mir den 20 d. aus Geldern geschrieben und sind vermuthl. schon in Paris. Sein gewesenes Logis steht für uns leer und fertig, weil er sich ein ander Haus besorgt. Nach seiner Rechnung sollen wir den Winter über bey ihm bleiben. Wie der Mensch denkt! und wies Gott lenkt! Seine Reise geschieht der Gesundheit wegen und ist zugl. für meine philosophische Neugierde sehr interessant. Da Sie mein GeEhrtester Freund mit HE. Pf. Hippel in Verbindung stehn; so habe die Abrede genommen daß er Herders Ideen, die ich ihm gegeben, durch Ihre Vermittelung mir übermachen sollte. Ich möchte sie gern vor Empfang des 2ten Theils wider haben der Verbindung und meines stumpfen Gedächtnißes wegen. HE Kr. Hippel wollte die Schrift über Offenbarung Judentum u Χstentum kaufen, in welchem Fall ich selbige auch für Sie besorgen werde. Wollen Sie den ersten Jahrgang der Berl. Monatsschrift; so kann ich auch damit dienen; die folgenden auch wohl verschaffen. Ich erinnere mich halb, daß Sie einmal daran dachten. Memento interpretis Virgiliani (pro Julio) Empfehlen Sie mich bestens der Frau Kriegsräthin. Mein Sohn ist ein wenig seekrank gewesen, und hat vorigen Mittwoch eine Reise zu Fuß mit unserm Candidaten nach Trutenau gethan, der heute bey Ihrem gewesenen Nachbar in seiner neuen Wohnung gespeist. Ich kann weder lesen noch schreiben, noch reisen – will ich auch nicht eher an das letzte denken, als bey dem ersten Laut von der Heimkunft aus Paris, die bald gnug geschehen wird, weil der Mann
    endlich
ist, mich eines Lutherschen Ausdrucks zu bedienen. Spalding ist der Verfaßer der schönen vertraulichen Briefe über die Religion, deren erste Ausgabe dem Grafen von Lynaar zugeschrieben wurden. Behalten Sie in mitleidigem Andenken Ihren ergebensten Freund und Diener Joh. Georg H.
den 910 Julii Dom VII. p Tr. 85. Am
    Pfingst heil
. Abend erhielte ich, lieber alter Freund! Ihre unverwelkliche Blätter zu meiner und meiner hiesigen Freunde grösten Freude – und dachte mich selbst zu bedanken mit Mund und Armen in meiner und aller Namen. Meine Ahndung ist eingetroffen, und war nicht bloße Hypochondrie undoder schwermüthige Grillenfängerey. Ich bin zufrieden und hab
    in Gottes Herz und Sinn
mein
    Herz und Sinn ergeben
– wie ich vor einer halben Stunde aus Ihrem Weimarschen Gesangbuche gesungen habe. Strafen Sie nicht mein Stillschweigen durch Zurückhaltung des
    zweyten
Theils Ihrer Ideen, die schon um Johannis fertig seyn sollten. Laßen Sie sich jammern des armen Predigers in der Wüsten, damit er nicht auf dem Wege verschmachte, und erfreuen Sie mich mit guten Nachrichten von Ihrer Wallfahrt zum Karlsbade, und daß selbige der lieben Theano samt Ihrem Demodor gedeylich gewesen ist. Nach dem Gerüchte im Hollsteinschen, wovon aber nichts weiter gehört, erhebt sich eins in Mitau, daß der Herzog an die dasige Regierung geschrieben die erledigte GeneralSuperintendentenstelle selbst bereits besetzt zu haben, und man vermuthet, daß die Kammerherrin Elisa Sie dazu vorgeschlagen habe. Gott gebe, daß dies wahr und Ihnen anständig seyn möge – Vielleicht wird Ihr Glück in eben den Gegenden, wo es die ersten Blüthen getragen, auch zu Ihrerseiner Reife kommen, und Sie denken auch an Ihre alte Verbindungen ohne Reue zurück – und mit einigem Antheil an einem Durchzuge durch Junser altesarmes Vaterland, das vielleicht nicht immer eine Stiefmutter gegen ihre Kinder bleiben wird, und wo so manche Brüder sich an Ihrem Widersehen stärken und laben werden. Nun auf die molimina meiner Reise zu kommen: so wißen Sie, daß B. den 1 Julii meiner erwarten wollte zu Frankf. an der Oder. SDieser Abrede zu folge kam ich den 1 Junii bey der Prov. Direction ein mit meiner Bittschrift mir einen Urlaub auf 3 Monathe bey der Gen. Adm. zu bewirken. Stockmar war willig und bereit dazu, beförderte selbige mit allem Nachdruck, und Jedermann machte mir weiß, daß ich meinen Endzweck leicht erhalten würde. Meine Gesundheit war ein gantz natürl. u gegründeter Vorwand; ich wollte meinen Freund Lindner zu Halle im vorbeygehen zu Rath ziehen, der mich durch die Dulcamara Cur glückl. von meiner Gicht p befreyt – und hatte Familienangelegenheiten mit einem
    Freunde
abzumachen, der mir zu Anfange dieses in Frankf. entgegen kommen würde, und mich daselbst erwartete. Alle meine Freunde hielten mich ab ins Cabinet zu gehen, wie ich aus Noth und einfältiger Liebe des geraden Weges zu thun gesonnen war. Einige Tage drauf nach Beförderung meiner Bittschrift, brachte mir Hartknoch einen zieml. alten Brief vom D. Lindner, der mir seinen plötzlichen Aufbruch nach
    Jena
wegen des dortigen Instituti clinici meldete – Wer war froher als ich in meinem entworfenen Plan nicht irre gemacht worden zu seyn. Kurz darauf erhielt ich Nachrichten aus Münster und Düßeldorf, die mir auch erfreulich waren und meinen Entwurf zu begünstigen schienen. Eine Heyrath und eben so schnelle Reise nach Paris veränderten weiter nichts, als daß ich dadurch die mir angenehme Frist gewann einen Monath später zu reisen. Ich war also bestimmt zu Anfang des Aug. abzugehen und freute mich den Ihnen beliebigen Termin pünctlich erfüllen zu können. Zugleich wurde mir gemeldet, daß die Fürstin Galliczin durch ihren Bruder den Grafen von Schmettau ohne mein Wißen und Willen die Erlaubnis zu meiner Reise betrieben und letzterer von de la Haye de Launay die mündl. Versicherung erhalten, daß man mir auf den ganzen Winter Erlaubnis ertheilen würde, ohne daß ich nöthig hätte den König selbst damit zu behelligen. Dies war alles Waßer auf meine Mühle – und ich war beynahe überzeugt die gesuchte Erlaubnis, höchstens unter Einschränkungen und einiger Verlängerung des gesuchten Termins zu erhalten. Selbst der Verzug einer Antwort schien mir ein gutes Vorzeichen einer vortheilhaften zu seyn. Wie war mir aber zu Muthe wie ich den 22 pr. nach dem ersten Löffel sSuppe ein Secretair der Direction eine Resolution ins Haus brachte vom 10 ej. dd die als eine Einl. eines andern Schreibens verdeckt geblieben und zufällig herausgefallen war, worinn mir die Reise nach
    Halle
rund abgeschlagen wurde. An die andere nach Frankf. war nicht gedacht, noch daß mir daselbst ein Freund entgegen kommen und erwarten würde. Vous lui repondrez, que nous pouvons d’autant moins lui accorder un pareil delai, qu’il doit trouver dans une ville aussi importante que Konigsb. des medecins aussi experts qu’il peut y en avoir à Halle Signé dela Haye de Launay. Grodart. Nun, Hochwürdiger Vater und Freund, ich thue Ihnen meine Ohrenbeichte, und bitte um Absolution meiner Schooß- und Busensünden. Mein damaliges Mittagsgericht war eine derbe Schüßel graue Erbsen mit Rindfleisch gekocht und Poree angemacht. Den grauen Erbsen zu Liebe war mein seel. Vater im Lande geblieben. Sonst sind die weißen durchgeschlagen mein Leibgericht; undaber auf meine alte Tage nimmt mein Geschmack an den grauen mehr und mehr zu. Ich bin daher auch damit zufrieden, daß die Hausmutter dem Studenten zu Gefallen uns öfterer damit bewirthet als sonst. Wir aßen im Hayn Mamre – und ich verschlang meinen Mittag mit einem so grimmigen Wolfshunger, mit solcher Rachgier, wie man hier zu Lande sagt, als wenn dela Haye de Launay und Grodart in der Schüßel gelegen hätten. Gleich nach der derben Mahlzeit bot ich meinen Sohn auf mich zu begleiten, um noch einige Gänge nach der Stadt vor Aufschluß des Packhofes zur Zerstreuung und Erleichterung meines schwer beladenen Herzens und Magens zu thun. Die Verdauung gieng geschwinder und leichter von statten, als ich gehofft hatte. Mein Nachbar, der Regimentsfeldscheer Miltz fand den Morgen drauf meinen Puls in seinem gewöhnlich schleichenden matten Paßgange und rieth mir ein klein Digestiv von Hausmittel einzunehmen, welches ich auch auf der Stelle that, und ohngeachtet der gewesene Hofmeister meines Sohns, HE Scheller noch denselben Tag bey mir wider Herberge nahm und mehr als eine Woche mit einem kleinen dunkeln Kammerchen für lieb nehmen wird, ließ ich mich weder durch diese äußerl. und meine innere RuheUnruhe nicht abgehalten mein jährliches Fest der Eucharistie am V. Sontag nach Tr. und noch dazu mit meinem
    Johann Michael
zum ersten mal zu feyern. Ich finde in dem ganzen Drama dieser Begebenheit einen unsichtbaren Leitfaden einer höheren Vorsehung und Regierung, dem ich blindlings zu folgen schuldig und willig bin durch jeden Act und Scene deßelben. Außer dieser Pflicht des inneren Menschen, schien mir auch die abschlägige Antwort auf mein Gesuch eine
    doppelte Wohltat
für mein Fleisch und Blut 1. ein alimentum meines vielleicht lächerlichen
    Haßes
, den ich aus patriotischen oder pharisäischen Eifer den welschen Hunden geschworen habe, wo nicht meinen Muth doch meinen Kützel an ihnen zu kühlen. Meiner Muhse hat sich das:
    Komm ich um
, so
    komm ich um
– meiner Muhme Esther so lange und so fest eingeprägt, daß ich gern ein blaues Auge wagen möchte, aber nicht eher, als bis ich bey den Haaren dazu gezogen werde. Es wäre eine heimliche Last für mich gewesen, diesen Beutelschneidern und Schinderknechten meines allerdurchl. Landesvaters ein solches Glück, als ich mir ehmals träumen laßen – zu verdanken zu haben. 2. Aber dies Glück im Traum wurde auch wie ein leerer Schlauch für mich – und um meine Ohrenbeichte, liebster Herder zu vollenden, waren Sie und noch 2 andere Freunde, die mir Gott gegeben hat, sagte Adam im Paradiese, Schuld an meiner Verlegenheit, durch Ihre Ungedult und Erwartung und Zurüstungen Freude und Ehre von mir zu erleben, die Ihnen gewiß fehlgeschlagen wäre. Ich alter unvermögender sophistischer Greis hätte wie Blumauers pius Aeneas von reiner Butter auch allen Ihren Pasteten eine sehr unsaubere Figur gemacht, daß Sie mehr Ärger und Schande als Zufriedenheit von meiner Heimsuchung gehabt hätten. Nach der Lage aller Umstände weiß ich allso nichts klügeres und beßeres anzufangen, als stille und ruhig zu seyn, bis mein unbekannter Wohlthäter mit seiner jungen Frau von Paris zurückkommt, denn ihn zu sehen ist mein
    Hauptgeschäfte
und das gröste
    Bedürfnis
, das ich allem lüsternen Genuß der Freundschaft vorziehen muß, zu dem ich stumpf und steif bin Am meisten hat es um meinen Sohn mir leid gethan, und um die Freude, die wir wenigstens an unsern Kindern gehabt hätten. Er hat sich beßer zu finden gewußt, als sein alter Vater, und ich habe ihm zur kleinen Schadloshaltung erlaubt HE Scheller zu Waßer nach Pillau, und zu Fuß nach Trutenau zu begleiten. Ich habe allem Vergnügen für diesen Sommer entsagt. Ich habe die Freude gehabt von meinem Hill einen Brief aus Wien zu erhalten den 27 pr. wo er den 11 pr. angekommen in Lumpen, ohne 1 Kaysergulden in der Tasche. Ich habe die 18 # die ihm in Welschl. gestohlen worden ihm den 4 d. übermacht. Hippel gab mir allein 12 #. Er hat in Trieste 5 Wochen wegen eines schlimmen Ausschlages sich aufhalten müßen, der ihn abgehalten mit einem Schiffer, den er bereits halb verdungen, nach Smyrna zu gehen. Ein evangelischer Prediger in Trieste Arnold hat in seiner Gemeine 5½ # colligirt, aber der Superintendent Fock nicht das Herz gehabt ihm 4 # vorzuschießen, sondern ihm die einzige Wohlthat erzeigt ihn an den Buchhändler Wucherer zu verweisen, der sich seiner angenommen. Er hat von Trieste bis Wien 5 Kaysergulden ausgegeben. Die ganze Reise bis Rom hat ihn nicht mehr als 16 # gekostet. Ich wünschte sehr, daß dieser außerordentliche junger wilde junge Mensch nach Weimar käme um ihn kennen zu lernen. Im fall er Geld braucht, bitte nichts als einen
    Vorschuß
von Ihnen, weil ich hier noch Geld von ihm liegen habe – und ihn als einen
    Vorläufer
Ihres alten Freundes anzusehen. Verstehen Sie unter JLeßings Evangelisten seinen theol. Nachlaß? Ein Pack von Hartknoch für mich liegt noch in Berl. worunter auch der 2te Theil des Monboddo, deßen Ancient Metaphysics ich auch erwarte als einen Pendant zu Harris Arrangements u Philological Inquiries, in denen ich eben nicht gefunden, was ich gesucht. Wer mag doch Verfaßer der Schrift über
    Offenbarung Judentum u Christentum
seyn? Von Mendelssohns
    Morgenstunden
soll schon der erste Theil fertig seyn, neml. gedruckt; wie sein kleines Jerusalem 2 Theile hat. Der Titel ist ein Rätzel für mich – bedeutet vielleicht eine Rhapsodie im Shaftesburyschen Geschmack. Sie sehen, liebster H. ich bin nicht im stande einen Brief zu schreiben; so mürbe ist mein Kopf, so leer – Gott erhalte Sie desto gesunder, und laß die Brunnencur an Ihnen und
    Theano
geseegnet seyn, und fördere den Fortgang Ihrer
    Ideen
und
    Blätter
. Wenn Sie kein Deutsch können; was soll ich sagen? Ihre beyde jüngste Schriften sind bewährt wie das Silber im Tiegel und das Gold im Ofen. Adelung hat meine Scherflein viermal in seinem 1 Theil über den hochdeutschen Styl citirt, ohne den rechten Fleck getroffen zu haben. Mein Gast Scheller hat heute für den Pf. Fischer gepredigt, ich habe mich nicht aus dem Hause gerührt. Ich glaube daß die naße, kalte stürmige Witterung auch viel Einfluß auf mein Gehirn, wie in meinem ganzen Körper hat. Gestern fieng ich ein paar Zeilen an Scheffner an, dem ich schon auf einige Briefe Antwort schuldig bin, muste aber auf einmal abbrechen, weil mir die Finger wie abgestorben waren, und ich muste ins Bett kriechen um mich zu erwärmen. An statt meinen angefangenen Brief zu Ende zu bringen, kommt es mir wie ein Paroxysmus an, SieIhnen zu schreiben, welches ich mir erst über 8 Tage bey beßerer Ruhe vorgenommen hatte. Weder Ruhe noch Beßerung ist abzusehen. Ich tauge weder zur Leyer der Correspondentz noch Conversation, und ich wäre Ihnen und allen meinen Freunden eine unausstehliche Last und rechtes Skandal gewesen. den 11 Montags. Nun, liebster Gevatter, Landsmann und Freund! Ich will noch suchen diese Seite voll zu machen. Habe erst vorige Woche zufällig erfahren aus einem alten Briefe unsers Jac. an unsern Kaufmann, daß unser B. den Titel eines Raths an. Seine Ehe hat mir herzl. Freude gemacht, und ich bin auch mit seiner Reise zufrieden, die er wegen seiner Gesundheit thut, und daß ich ihn erst
    nach
derselben zu sehen bekommen werde. Aber übrigens weiß ich von seinen Umständen kein lebendiges Wort, so sehr ich auch einige Winke darüber erwartet. Seine
    Diät
scheint seiner Gesundheit eben so nachtheilig zu seyn, als mein unbändiger Appetit bey meiner sitzenden Lebensart, und sein Vertrauen auf diese Diät scheint mir die gröste Qvelle des Uebels zu seyn, das er leicht durch einen welschen Qvacksalber ärger machen könnente, wofür ihn Gott behüten wolle! Der Unterschied zwischen der
    Oekonomie
eines ledigen Junggesellen und ehlichen Hausvaters muß erst durch Erfahrung und kann nicht a priori erlernt werden. Wenn man selbst Kinder zu erwarten hat, können nicht fremde auf jener Eigenthum Ansprüche machen. Den inneren Character meines Wohlthäters kann ich aus seinen Briefen und der Sympathie unserer Gesinnungen lesen und schlüßen; aber die äußeren Data erfordern eine andere Evidenz. Er hat mir immer zu einem
    Hauptbriefe
Hoffnung gemacht, den ich aber noch nicht erhalten, und der vielleicht über alles mir die nöthige Auskunft gegeben hätte. Nun aber weiß ich noch kein einziges Wort nicht was ihn bewogen noch wozu? sondern ein bloßes:
    Nimm hin, dank Gott
und
    bekümmere dich um weiter nichts
. Das hab ich auch bisher redlich gethan, und werd es auch thun – in Ansehung der Zinsen, die Gott sichtbar seegnet durch die Bildung meiner Tochter, ich meyne die innerliche, nicht die äußerl. welche der Baroneße eben so viel Thränen als mir selbst ablockt, ohngeachtet ich sie wenig besuche, und nur einmal jeden Monath in mein Haus holen laße – alles nur durch die dritte Hand und zufällig erfahre, mit welcher rührenden Zärtlichkeit sie meiner Lisette Reinette dankt für ihren triebsamen stätigen Fleiß und sittsame Gelehrigkeit, wie glücklich Sie sich schätzt, wenn alle übrigen ihr ähnlich würden und ihr das Leben so erleichterten – Sie hält meine Tochter in Kleidung und Lehrstunden beynahe ganz frey und begnügt sich mit der bloßen Pension – und den ital. Sprachmeister, den mir Hill bey seiner Abreise empfahl und an seiner Stelle zurückließ um eben den Thaler des Monaths, für den er ihm Stunden gegeben hatte. Er heist le Roi, ist ein gemeiner Soldat, den der Hauptmann Cornelius zu seinem Freund gemacht hatte. Kurz, ich hab es unserm J. so nahe gelegt, daß ich auf alle meine Grillen ein wenig Erläuterung von ihm nächstens erwarten kann. Noch eins fällt mir ein. Hippel ist hier mein nächster Freund und ein großer Wohlthäter meines Sohns. Wir speisen die Woche wenigstens Einmal bey ihm. Er hat geglaubt Ihnen als einem Landsmann und wahrer Theilnehmer, patriotischer Theilnehmer Ihres litterarischen Ruhms mit seinem Medaillon eine Freude zu machen, den er mit vieler Discretion nur selbst austheilt – er hat den Künstler Collin auch vermocht mich zu versteinern, und weil er ihn darüber eine Mäckler Stelle geben muste, werd ich wol das letzte Gemächt seiner Virtù werden – und einen jüdischen Mahler Levi gar an einem Kupferstich preuß. Kunst u Art zu arbeiten. Schreiben Sie mir allso ein wenig vor, auf welche Art ich es mir soll merken laßen, daß sein Andenken Ihnen angenehm gewesen und daß Sie an dem Guten, was er an der Residenz und Hauptstadt unsers lieben Vaterlandes thut noch einigen Antheil nehmen. Kommt es so weit, daß Sie einen Durchzug halten, so werden Sie in allem Ernst sein Hotel als das beste adl. Steinhaus in gantz Kgsberg, seinen Schultheißensitz auf den Huben, seinen Gartengeschmack bewundern – Antworten Sie doch bald wegen des Mitauschen Gerüchts – Gott laße Sie den Geburts Monath mit Gesundheit, Seegen und Wonne erleben. Auf allen Fall hat mir Gott schon einen Peltz und eine Mütze bescheert, auch Reisestiefel – die in Weimar nicht unbekannt sind. Pathchen u Louischen werden Mama Theano den zweiten Theil einpacken helfen, daß er warm und schwitzend mir zu Handen komt. Gottes Seegen über uns und die Unsrigen! Ihr ewig treuer Johann Georg H. mit Herz und Hand bis zum Widersehen!
Kgsberg den 18 Julii 85. Mein sehr lieber Freund, Ich hoffe, daß Sie gegenwärtig sich schon ein wenig ausstafiret haben und an Ihr Vaterland zurück denken – und habe zugl. die Freude Ihnen zu melden, daß ich vom Kr. Rath Scheffner den 8 d. aus eigenem Triebe 1 # erhalten und am gestrigen VIII. Sonntage nach Tr. von meiner guten Nachbarinn der 3 Kronenloge, die ihr jährliches Fest feyerte ein versiegeltes Päckchen beyl 17 # das ich auf Ihren Wink erst erbrechen werde. Ich bitte mir aber aus, bey Ihrer Rückreise nicht
    Weimar
vorbeyzugehen, wohin ich schon an meinen alten Freund Gevatter und Landsmann Ihrentwegen geschrieben. Jetzt befindt er sich im Carlsbade, wird aber im künftigen August Monath schon wider daheim seyn. HE Assessor Hoppe war auch erbötig etwas für Sie zu thun, ich hielt es aber nicht für nöthig ihn bey seinem Worte zu halten; aber Ihr lieber Oncle hat jetzt die PockenBlattern im Hause gehabt; die kleine Marie den Anfang gemacht, und Louischen auch schon alles glückl. überstanden. HE Kr. Deutsch ist gegenwärtig mit seiner Familie hier und wird morgen abreisen. HE Scheller hat bey mir logirt u die Familie bey HE Pf. Fischer, wo der liebe Ernst in Pension steht seit Ostern. Ich erwarte bald gute Nachrichten von Ihnen. Vetter Becker hat seinen Lauf vollbracht bey den Bermudischen Inseln und das Ziel seiner Reise nicht erreicht, sondern ist unterwegs über Bord gefallen. Jensch besuchte mich gestern, und ist entschloßen nach Berlin zu gehen. Alles grüßt Sie und wünscht Sie gesund wider zu sehen. Vorzügl. nimmt unser würdige Ober Bürgermeister an Ihrem Schicksal Antheil, und wünscht Sie im Vaterlande versorgen zu können. Dort können Sie wohl durch Einl. bey dem Banquier, der Ihnen das Geld ausgezahlt, antworten, unterwegs schreiben Sie auch ohne sich um das Porto zu bekümmern oder einen Heller dafür auszulegen. In W. wird H. Ihren Brief einschließen. Das gestern erhaltene Päckchen hatte die Aufschrift: Für
    den Wanderer Hill
. Bitte aber diesen
    Titel
als keinen
    Beruf
anzusehen. Melden Sie mir auch, ob HE Admiralitäts Director Jacobi an seinen Bruder den HE Legationsrath Ihrentwegen geschrieben, und schreiben Sie so umständl. als ich kurz seyn muß. Besonders seyn Sie mir aufrichtig in Ansehung Ihres ökonomischen Fußes auf den Sie stehen, damit man bey Zeiten im Nothfall Anstalten machen kann. Daß es Ihnen nur nicht wie in
    Rom
geht. Nächstens denke an den lieben Zürcher zu schreiben, der Sie zu einem
    Nathanael
umgetauft. Meine Lisette Reinette macht Ihnen viel Ehre und mir Freude, und beydes wie man mir versichert, der würdigen Baroneße. Ihr alter Freund Johann Michael freut sich sehr auf Ihren Unterricht im Arabischen. Hartknoch hat ein Exemplar des arabischen Wörterbuchs, das Sie mir angewiesen auf allen Fall für mich bestellt; aber aus Neid hab ich dem Pr. Köhler nichts davon gesagt, Ihren Gruß im Vorbeygehen bestellt. Speise heute zu Mittag bey unserm Gönner mit den Graventhinern u Mayer, der bald nach Curland gehen wird. Gott nehme Sie in sSeiner gnädigen Obhut. Erhitzen Sie sich nicht. Die noch immer kühle Witterung scheint den Wanderern günstig zu seyn. Leben Sie wohl, und erfreuen mich fleißig mit Briefen und guten Nachrichten, denals Vorboten unsers Widersehens. In Ihrem und meinem Hause steht alles wohl. Jakob ist beym Kupferschmidt in die Lehre gekommen; ob er seine Lehrjahre aushalten wird, weiß ich nicht. Grüße und Wünsche verstehn sich von selbst. Vergeßen Sie nicht das Vaterland und Ihren alten Freund Johann Georg Hamann.
Kgsbg den 20 Julii 85. Mein gütigster Freund, HE Scheller u die Graventihnsche Herrschaft sind gestern abgereiset. Weil ich meinem Gast nichts zu eßen gegeben; so hielt ich es für meine Pflicht mich wenigstens bey denenjenigen zu bedanken, die ihn nicht haben verhungern laßen, und meinen Mangel ersetzt hatten, darunter gehörte auch HE Diac. Kraft, den ich gestern gegen Abend im Vorbeygehn besuchte. Da fand ich ein Buch, das er geliehen hatte mir aber gleichwol so gefällig war auf einige Stunden zu überlaßen, und das ich ihm heut früh wider abgeliefert mit 1000 Dank, wegen eben so vieler Freudenthränen, womit es gelesen trotz der vielen schweitzerischen und desperaten Ausdrücke. Ich bin Ihnen nichts im stande als den Titel davon abzuschreiben: Philosophische Vorlesungen über das sogenante Neue Testament.
    Vor
Gelehrten,
    für
nicht gelehrte Denker, ohne Glauben und Unglauben. Der Vorlesungen sind wo ich nicht irre 13 gehen über die 10 Kap. Matthäi. Der 2 Band wird diesen Evangelisten zu Ende bringen. Der dritte Band die 3 übrigen nebst der Apostelgeschichte u der 4te der letzte seyn über die Briefe. Ich hatte meinem Sohn einige thlr zu seiner Pillau’schen Reise mitgegeben. HE Sch. hatte ihn ich weiß nicht warum? fast gantz frei gehalten. Mein Sohn, der von meiner Rührung Zeuge gewesen war und dem ich diese philosophische Vorlesungen als ein logisches Instrument und Organ empfohlen hatte und lesen zu lernen – war mit dem unrechtmäßigen Gewinn bey Hartungs gegangen und sich den ersten Theil von Gatterer und für mich dies Buch dafür zu erstehen. Das letzte ist aber in keinem Buchladen zu haben gewesen; also auch die Freude, welche ich Ihnen damit zugedacht, vereitelt worden. Wenn ich HE Kraft widersehe, will ich ihn bitten es Ihnen mitzutheilen. Nächstens schreibe nach Zürich um mich nach dem Namen dieses
    würdigen Schriftstellers
zu erkundigen. Nichts gründlicheres können wir gegen die Bahrdschen Offenbarungen erwarten und keinen beßeren Beweis gegen alle die apokalyptische Exegeten, die zu Erdichtungen ihre Zuflucht nehmen, weil sie nicht lesen können und dem einfältigen Buchstaben nicht gewachsen sind. Die Eydgenoßengeschichte kenne ich noch gar nicht selbst. – Aber man darf nur das Buch ansehen; so ist es unmöglich an
    Müller
zu denken. Sein Bruder aus Schafhausen schrieb mir, das jener sich zu Genf bey HE Tronchin aufhielt und 3 Theile dies Jahr auf einmal in Plan und Styl umgearbeitet ausgeben würde. Ob selbige auf Michaelis erscheinen werden, weiß ich nicht. – Da ich eben die Briefe dieses Umstandes wegen nachsehe finde ich darinn den Verf. der
    Chiliasmusgeschichte
genannt
    Heinrich Korrodi
, der auch die
    Bluttheol
. gegen L. geschrieben. Er soll ein kleiner, hökerichter Kandidat seyn und wie eine Misgeburt aussehen mit einer großen braunen Perücke. Ich glaube daß Pr. Kraus den ersten Band der Müllerschen Schweitzergeschichte habe, und es immer der Mühe werth seyn wird diesen ersten Versuch mit der umgearbeiteten Ausgabe zu vergleichen. Endl. habe ich Ihnen den 1. Theil der Büschingschen Biographie auftreiben können. Sobald ich HE Kr. Hippel sehe, bitte ihn um die Schrift über Offenbarung Judentum u Christentum. Zum Verhältnis der 3 Schwestern scheinen Sie mir den rechten Mittelbegriff verfehlt zu haben. Hier ist von keiner Popularität weder à la Möser noch à la Claudius die Rede, sondern vielmehr von Individualität. Die
    Bescheidenheit
des Verf. haben Sie gar nicht gemerkt, welches mir eines der stärksten Züge zu seyn zeigt. Seine Energie (die er den barmherzigen Schwestern in den Mund legt) hat freylich etwas geschrobnes in ihrer Manier – Aber die jüngste, welche Käthe mit einem Dornbusch vergleicht, Lisetten es verbietet ihre älteste fromme Schwester zu ehren und von
    Schrauben
redt, welche dazu gehören und fest an den Gott zu glauben, der dich
    gemacht hat, wie Du bist
. Eine solche Individualität ist nicht jedermanns Sache – und Familienumstände liegen auch vielleicht zum Grunde – Aber de gustibus – muß jeder seines Glaubens leben und der meinige kommt Ihnen vielleicht wie ein goldgelbes Prisma vor. Ach wie schön ist nur der impure Styl in den philosophischen Vorlesungen und seine Kritik über die impure Zürcher Uebersetzung des so genannten N.T. So muß man als Philosoph lesen, und eben so schreiben! leiden und handeln i.e. leben! Spaldings vertrauliche Briefe habe noch nicht zu sehen bekommen. Adelung habe mit den andern Büchern zugl. bekommen, und zeitig gnug. Kanters Hauskapelle ist noch nicht eingegangen. Prediger Lauwitz ist neul. sein Vicar gewesen; aber HE. Scheller that seine Reise hin und zurück per pedes apostolorum; heute vor 14 Tagen, an einem Mittwoch, wo der unermüdende Neumann nur predigt. Ihr gutes Beyspiel hat vorigen Sonntag den 17. d. ein Päckchen von 17 nachgezogen. Sie können leicht denken wie ich mich über das Glück gefreut, und wie ängstl. ich für seine Erkenntlichkeit besorgt bin. Meine gute Nachbarin die 3 Kronenloge übersandte es mir für den
    Wanderer Hill
. Mein Sohn geht mit seinem Freunde Ernst in der Fischerschen Familie Graventihn um die Hälfte der Hundstage daselbst zu feyern. Den 20 Junii haben mir B. und seine junge Frau Marianne aus
    Geldern
auf dem Wege nach Paris ihren 3tägigen Ehstand gemeldt – Sein voriges Logis wartet auf mich, und sie rechnen den ganzen Winter mit mir zuzubringen. Ich begreife von allem nichts und weiß keinen andern Rath als einen fest geschrobnen Glauben an den Gott, der mich gemacht hat, wie ich bin – Wie Er mich führt und führen wird, die Wege will ich gern gehen. Ueber diesen Grillen vergeht mir alle Lust zu reden und zu schreiben. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und verkennen Sie nicht im gegenwärtigen Taumel aller meiner Begriffe u Empfindungen Ihren alten Freund u Diener Joh. Georg H.
Kgsb. den 22 Julii 85. Vermerk von Jacobi: beantw. den 5.ten Aug. Herzlich geliebtester Freund, Ich hoffe und wünsche es, daß Sie gesund und zufrieden von Ihrer Aachenschen Reise zu Hause gekommen, wie ich auch diese Woche zu meiner häuslichen Ruhe. Die Familie aus Graventihn hat sich eine Woche hier aufgehalten und hat HE Scheller abgeholt. Ich habe an manchen Zerstreuungen Antheil nehmen müssen mit abwesenden Sinn und Gemüth, und gegenwärtigen Magen. Gestern Nachmittag stieg ein Gewitter aus Süden auf, beynahe das
    erste
über unserm Horizont. Es schien gegen 10 Uhr im Abzuge zu seyn; ich wurde aber mit vieler Mühe aus meinem besten Schlafe wach geschüttelt, und der ganze Himmel schien Feuer u Wasser durch einander zu gießen. Um Mitternacht kam der helle Mond in Süden zum Vorschein, unterdeßen das Feuer aus den schwarzen Wolken in Norden nicht aufhörte. Weil meine beyde sStuben nach diesen Gegenden liegen, war dies ein angenehmer Contrast vom Schauspiel auf meinem Lager. In einer Stunde wurde der ganze Himmel von Gewölken rein und klar; aber in meinem Kopf erhob sich ein ähnliches Meteor, deßen Bestandtheile Sie leicht errathen können. Ich brannte und schwitzte – muste einmal über das andere aufstehen – und wurde diesen Morgen so spät mit den beneficiis meiner animalischen Oekonomie fertig, daß ich heute zu Hause bleiben muß und dadurch Muße gewinne diesen Brief anzufangen. – Ein junger Freund bringt mir eben einen Brief von der Post, so abgemattet von der schwülen Luft, daß wir ein noch stärkeres Recidiv zu vermuthen haben. Die Stelle, von der ich Ihnen einen Wink gegeben, steht im März c. der Berl. Monathsschrift S. 266*. Ich habe aber geirrt in Ansehung des Verf. der aber auch zur Clique gehört. Ich wollte Ihnen eine kleine Schrift empfehlen über
    Offenbarung
,
    Judentum u Christentum
. Ich habe aber diese Woche Etwas
    beßeres
gefunden; und dies sind die
    philosophische Vorlesungen über das so genannte Neue
    Testament
die ich als ein geliehenes Buch in einigen Stunden durchgelaufen, und mich vor Freuden recht satt daran geweint. Vielleicht überlaß ich Ihrer gütigen Bestellung ein klein Briefchen an unsern Lavater, um von ihm den Namen dieses Meisters in Israel, der sein Landsmann ist, zu erfahren. Mein Sohn war so artig mir eine Freude mit diesem herrl. Buch zu machen u. in beyden Buchladen Nachfrage zu thun. Es war schon vergriffen, und man hat es von neuen verschrieben. Er hatte einige Gulden erspart, die ich zu einer Reise nach Pillau mit Scheller gegeben hatte, und dafür wollte er Gatterers Geschichte für sich selbst, und für seinen alten Vater das erste Buch kaufen, welches ich ihm auch als ein Instrument empfohlen hatte, um
    lesen zu lernen
. Zu dieser Gabe gehört mehr als ein logisches Organon, und eine eigene Diät, welche ich ein paar Jahre in meinem ganzen Leben zu beobachten im stande gewesen bin. Die wenigsten Schriftsteller verstehen sich selbst, und ein rechter Leser muß nicht nur seinen Autor
    verstehen
, sondern auch
    übersehen
können, welches bey der jetzigen Lese und Schreibesucht beynahe unmöglich, so unmöglich ist, wie den Reichen in das Himmelreich zu kommen, und dem Kameel der Durchgang eines Nadelohrs. Schreiben Sie mir doch, ob dies Werk nicht auch in Ihren Augen verdient ein allgemeines Haus- und Familienbuch zu seyn u das beste Gegengift gegen die neusten philosophischen u philologischen Offenbarungen – Ich erwarte hierüber Ihre Herzensmeynung. Ich habe mich lange geweigert mich um des Beaumarchais Figaro zu bekümmern, bis er mir von selbst in die Hände fiel. Die 5 Jahre Arbeit sind an diesem Schaustück nicht verloren gewesen. Meine aufgebrachte Einbildungskraft hat mich an alles dasjenige lebhaft erinnert, was mir mein Freund Berens in Riga bey seiner Zurückkunft aus Paris vor 30 Jahren vom dortigen Theater erzählt. Weil ich dieses Mannes Memoires u Theatre besitze, so warte mit Verlangen auf seine ächte Ausgabe und besonders die Vorrede – Wenn Sie des Grafen von Mirabeau Werk von den Staatsgefängnißen kennen: so werden Sie eben so neugierig wie ich nach dem Proceß mit seiner Gemalin gewesen seyn. Noch interessanter ist für mich Garvens und Biesters Briefwechsel über den Katholicismus gewesen im jüngsten Stück der Monatsschrift. Wie galant wie politisch sich beyde Philosophen widersprechen! Katholicismus ist nichts als Despotismus. Anstatt des
    römischen
ist ein
    metaphysisch-moralischer
in der Mache, der seinen Sitz an eben dem Ort hat, wo man so viel Zetergeschrey über das seel. Pabstthum erhebt. Mit dieser Distinction, welche schon im Schiblemini vorkommt, ist der ganze Wortkrieg gehoben.
Dieser ganze Nachmittag ist sehr unruhig für mich gewesen theils wegen des heftigen Gewitters, theils wegen unvermutheter Besuche. Ein alter Freund HE von Auerswald überraschte mich mit seiner jungen Gemalin, einer gebornen Gräfin von Dohna-Lauck, des Kapellmeisters Reichards Schwager Secretair Dorow u seine Frau begleiteten sie. Bin eben mit der Nachricht erschreckt worden, daß es auf den hiesigen Rathshuben in unsers würdigen Oberbürgermeisters Wohnung eingeschlagen haben soll, der unterdeßen mit Feueranstalten in der Stadt beschäftigt gewesen, wo es an unterschiednen Oertern eingeschlagen, doch so viel man hört, ohne sonderl. Schaden. Desto mehr soll gestern auf dem Lande Unglück geschehen seyn. Ich habe meinen Johann Michael ausgeschickt um nähere Nachrichten zu meiner Beruhigung einzuholen. Von meinem Wanderer Hill habe ich auch einen Brief erhalten aus Wien, wo er ganz zerlumpt ohne einen vollen Gulden im Sack angekommen. Hippel schickte mir gleich 12 #, vorigen Sonntag die 3 Kronenloge ein versiegelt Päckchen von 17 # bey Gelegenheit ihrer Johannisfeyer ohne die einzelnen, welche mir fast aufgedrungen worden. Der arme Schelm hat die ganze Reise von hier bis Rom mit 16 # gethan und das Unglück gehabt 18 in Welschland zu verlieren, mit denen er sich der Himmel weiß wie weit – sich vielleicht bis nach Constantinopel oder nach Spanien verloren hatben würde. Nun hab ich Hofnung ihn bald hier zu sehen und mich herzl. gefreut über eine Mildthätigkeit, die ich in meinem Vaterlande kaum zu finden geglaubt habe Unserm Herder habe endlich auch einmal antworten können, und bitte Sie, liebster Jacobi, wenn Sie an Ihn schreiben vollends auszusöhnen; weil mein Stillschweigen mehr Verzweifelung als Gleichgiltigkeit. Zum kleinen Ersatz der fehlgeschlagnen Freuden schmachte ich nach dem zweiten Theil seiner Ideen, die schon um Johannis fertig seyn sollten. Mein Sohn kommt Gottlob! mit der guten Nachricht zurück, daß die Huben verschont geblieben – Das junge liebe Paar hat mir unterwegens aus
    Geldern
geschrieben – Stellen Sie sich vor – unterwegens – und den 3ten Tag nach der Hochzeit – Es geht mir beynahe wie dem Jona, dem die Sonne auf den Kopf stach, daß er matt ward. Ebenso kann ich auch von diesem außerordentlichen Manne sagen: Vrit enim fulgore suo. den 23 – Nachdem ich mich von allen Nebendingen erleichtert, komm ich auf meine eigentl. Angelegenheit. Ich habe der Hauptperson den Rath gegeben, sich um mich nicht eher zu bekümmern, bis nach zurückgelegter Reise – und weiß auch selbst nicht das geringste anzufangen. Eben so lieb wär es mir – und unterstützen Sie, liebster Jacobi, diesen Wunsch – nicht einen Schritt meinetwegen zu thun, sondern meine Ankunft abzuwarten. Im Vorbeygehen uns einander zu sehen, würde keinem Genüge thun. Umstände der Vorsehung werden alles befördern und ins Reine bringen. Der Minister von Zedlitz hat um einen ähnl. Urlaub zu seiner Gesundheit gebeten. Der König hat ihm eigenhändig beschieden, daß er Ihro Excell. denselben nicht ertheilen könnten; wenn Ihro Exc. aber ohne Permission reisen wollten, so dörften dieselben nicht widerkommen. Wie bey der Minister-Revue Mr. dela Haye de Launay zuletzt erschienen mit einem ansehnl. Plus hat sich der alte φφ sehr gefreut: Alle die vor ihm Zutritt gehabt, holten ihm Geld ab; er wäre der einzige, der ihm welches brächte. So weit auch diese Aspecten über meinen kleinen Horizont sind, haben sie doch einigen Einfluß – – Es ist mir immer erträglicher und überhaupt beßer, daß ich die abschlägige Antwort nicht
    unmittelbar
empfangen habe. Desto mehr Ueberlegung habe ich nöthig um den letzten Schritt zu thun. Wenn allzuklug dumm ist, nach einer auf mich gedruckten Lehre: so kann auch allzudumm bisweilen klug seyn. Es wäre unverantwortlich daß B. seinen Aufenthalt in Paris schmälern oder verhudeln sollte eines so unbedeutenden Phänomens willen, als meine Gesellschaft den Winter über für ihn werden kann. Höchstens auf Mitleiden mache ich Anspruch, billigen Anspruch, aber auf keine Aufopferung – auf einigen Beyfall meines guten Willens, aber auf keine Verblendung in Ansehung meiner Kräfte das geringste mehr zu leisten, als ich geleistet habe. Die zu glühende Erwartung meiner Freunde, ihre Anstalten meiner zu genießen, ihre glänzenden Hofnungen mich von meinem Seelenschlaf aufzuwecken und wider zu verjüngen – haben mich ganz irre und beynahe gleichgiltig gemacht gegen das gröste Bedürfnis und den letzten und höchsten Wunsch meines Lebens, und die Mittel denselben zu befriedigen. Gesetzt auch, daß auch noch so viel Täuschung und hypochondrischer Mismuth bey diesen Rücksichten mit unterliefe: so bin ich doch verpflichtet jenen Eindrücken gemäß zu handeln, und sie sind wohlthätig für meine gegenwärtige Lage. – Diesen ganzen Vormittag hat der gute Auerswald bey mir zugebracht und Nachmittag ein Besuch den andern abgelöset. Morgen erwarte ich meine liebe Lisette Reinette, die ich diesen ganzen Monath noch nicht gesehen. Ich muß Feyerabend machen wegen einer halben Einladung zur Mätten oder Frühpredigt. Eine lange Zeit war dies mein liebster Gottesdienst; jetzt bin ich leider! ein so seltner u sparsamer Kirchengänger, daß ich Einladungen nöthig habe. den 25 am St. Jacobi Tage. Die gestrige Mätten wurde nicht verschlafen, unter der rechten Predigt fuhr zum ersten mal mit den beyden jüngsten Mädchen ihre älteste Schwester abzuholen, weil ich der Baronesse ein klein Billet aus Engl. von D.
    Motherby
abzugeben hatte, der vor 15 Jahren meinem Joh. Michel die Blattern inoculirte. Einer der seltensten Männer, die ich in meinem Leben kennen gelernt. Er war bey ihr wie zu Hause – und gleichwol sind dies die ersten Zeilen, die Sie von ihm erhält. Selbige waren Ihr gleichwol angenehmer, wie ich es vermuthen konnte – Gott hat Ihr ein Kreutz nach dem andern aufgelegt, und Sie zu einer wahren Heldenseele gebildet. Wie sich meine Tochter unter Ihr bildet, und was das Mädchen Ihr für Freude und Ehre macht, übertrift alle meine Wünsche und Hoffnungen – denn in meinem Hause war nichts mit ihr anzufangen – – Ihr eigenes VaterHerz wird Ihnen am besten erklären, mit was für Banden meine ganze Seele an unsers lieben
    Raths
Seele und Wohl befestigt ist – und mit was für getrosten Muth und überschwenglichen Zuversicht ich ihm von den Zinsen des ersten Jahrs
    Rechnung ablegen
kann. Der öffentliche Lohn seiner verborgenen That wird Ihm nicht entgehen; wenn es irgend eine
    Wahrheit
giebt, welche
    Gottes Wort
zu heißen verdient, und einen Seegen vom Himmel für gute Menschen, welche dem Vater alles Guten ähnlich sind. In Ansehung der Hauptsache bin ich also gantz ruhig, zufrieden und glücklich; von der andern Seite desto mehr gelplagt von Ungeziefer und Grillen. Ich traue meinen eigenen Sinnen nicht und mein Vertrauen ist ebenso blind, als mein Argwohn. Die Qvelle liegt wol in meiner Hypochondrie. Bisweilen kommt es mir vor, daß man auf meinen Dienst hier lauert. Das Uebel wäre eben so groß nicht; aber schuld daran möchte ich nicht gerne seyn. Sonst sagt ich wol aus dem Buch Esther: komm ich um, so komm ich um – dennoch möcht ich es nicht eben durch eine unzeitige Wirksamkeit – Soll ich kommen; so komme ich am besten zum Ziel durch Gedult und Warten. Mein treuer Freund und Agent in Berl. der Kpapellmeister R. kommt auch im Novbr zurück, den werd ich mit zu Hülfe nehmen. Wenn wir auch ein Jahr älter drüber werden, desto beßer für unsere Freundschaft, desto reifer oder milder. Meinen neul. Auftrag an die großmüthige Fürstin werden Sie, liebster Jacobi, fortsetzen und unterstützen, auch auf eine ähnl. Art unsern
    Rath
diesen Titel, der mir gefällt, habe ich erst neul. von ungefehr aus einem älterenn Ihrer Briefe an unsern Kaufmann u Unterhändler ersehen – dazu bewegen, daß er seinen Aufenthalt in Paris recht genieße, und meinetwegen
    keinen Schritt thue
, biß ich eine zuverläßige Nachricht von der Lage meiner Umstände zu ertheilen im stande bin. Winter und Sommer sind mir gleich in meinem
    Beruff
zu reisen. Auch mir tönt, wie dem fremden Herrn die Stimme der jüngsten Namlosen glückl. Schwester im Herzen nach:
    Seine Zeiten sind
m
    seine
Geheimniße, erwarte ihn – auch
    ich glaube fest
an den Gott, der mich gemacht hat,
    wie ich bin
– auch ich will mich allerdings schmiegen vor dem Dornbusch, um ihn seitwärts auszuweichen. Vergeßen Sie nicht, liebster Freund, mein kindisches Anliegen und meine Lüsternheit zu befriedigen nachmit den gleichgiltigsten Datis – es wird immer Nahrung und Unterhaltung für mich seyn. Ebenjetzt erhalte Blair’s Lectures on Rhetoric and belles lettres in 2 schönen Qvartbänden, die ich nicht glaubte hier zu finden. Der erste Band, den mein Nebenbuler Schreiter übersetzt, hat mich nach seinen Predigten neugierig gemacht, die ich auch jetzt lese. Adelung hat sich in dem I Theil seines Werks über den hochdeutschen Styl ziemlich über meine
    Schärflein
geärgert und selbige viermal angeführt. Vielleicht wird es in der Folge noch kommen dicker kommen. Er beschämt, aber trifft mich nicht. Meine Absicht war den Spinoza währender Abwesenheit meines Sohns noch einmal von vorn an vorzunehmen; ob es geschehen wird, weiß ich nicht. Bin weder Herr von meiner Zeit noch von meinem Kopf, noch von seiner Wahl. Ein zeitiges Kind will von selbst heraus; an kein Schreiben ist jetzt zu denken, am wenigsten an jenem Embryon einer Metakritik. Gott erhalte Sie und die lieben Ihrigen gesund und zufrieden. Haben Sie mMitleiden mit meiner crisi und Gährung. Erfreuen Sie mich bald mit einem langen geschwätzigen Briefe. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr ewiger Freund J G H. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 22.ten Juli 1785 J. G. Hamann beantw. den 5.ten Aug.
Würdigster Freund, Meine Feder ist mir bisweilen noch undienstfertiger, als meine Zunge. Ich war nicht im stande vorigen Sonntag Ihre gütige Zuschrift mit einer einzigen Zeile zu erwiedern. Um Ihnen den Empfang des Innhalts einiger maaßen zu bescheinigen, gab ich Ihrem Bedienten die Oeuvres des Duval mit, welche mir ein Student aus dem Logis des Pr. Kraus ablieferte, ich weiß selbst nicht wie? Montags frühe begleitete ich meinen Sohn zum HE Pf. Fischer zu seiner Abreise nach Graventihn, erkundigte mich genauer nach dem Hause, wo Sie abgetreten waren, und kam eben an, wie man eine Kutsche anspannte, Ihnen nachzufahren und das Geleite geben. Meine herzlichsten Wünsche haben Sie, würdigster Freund, wenigstens begleitet, und ich hoffe bald durch unsern Doron die Erfüllung derselben zu vernehmen. An Ihre weitere Reise habe ich wenigstens gedacht, da ich mit meinen beyden Kindern nach dem Tragheim fuhr, um ihre älteste Schwester abzuholen, und mir dieser kurze Weg beschwerlich wurde, weil ich des Fahrens gantz entwöhnt bin. Es war also in meinen Augen ein göttlicher Beruf für Sie, nach Hause zu eilen, und Gott gebe, daß
    Ruhe
und
    Freude
Ihrer daselbst erwarten! Meine Absicht ist es wohl nicht gewesen, würdigster Freund, daß Sie Ihre Neugierde bezahlen sollten. Ein Mensch, der mit 16 # von hier bis nach Rom gekommen, hat an 30 mehr als zu viel, um von Wien nach seiner Heimath zu gelangen: unterdeßen danke ich in seinem und meinem Namen, denn einen frölichen Geber hat Gott lieb, wie geschrieben steht: Er hat ausgestreuet und gegeben den Armen. Seine Gerechtigkeit bleibet in Ewigkeit 2 Cor IX. 7.9. Sie werden vielleicht in dem kleinen vertrauten Briefwechsel nur einen gantz
    gemeinen Kopf
finden, aber der wenigstens
    gute Füße
hat – und das
    Herz
schlägt früher, als unser
    Kopf
denkt – ein
    guter Wille
ist brauchbarer als eine noch so
    reine Vernunft
. Ich habe gestern einen Brief aus
    Paris
erhalten, wo man wegen meines Kreuzzuges im heil. Römischen Reich auf deutschen Grund und Boden ohne Noth sehr unruhig ist, und habe heute einen Brief aus
    Berlin
gelesen, wo ein HE. von Bosch, Sous-Controleur im Krahn die allergnädigste Erlaubnis zu einer Reise von 3 Monathen und vermuthl. länger, erhält – – die mir versagt worden. Beykommender zweiter Theil des Lienhard und Gertrud kostet 2 fl. das Heften 6 gl. den Ueberschuß von 24 werde b hat mein Sohn bey HE Dorow abgegeben. Die Briefe des Duval an seine nordische Bili verdienen kaum alle gelesen zu werden. Sein
    Leben
und die dahin gehörige
    Aufsätze
nebst den
    Antworten
des lieben Mädchens verdienen die meiste Aufmerksamkeit.
    Natur
und
    Erde
, die unser aller Mutter ist, sey Ihre Bibliothek – und Lieblingsstudium! Die Autorschaft Ihrer
    Muse
, ein Ebenbild Ihres Lebens, das Hände und Füße, Kopf und Herz hat! Gott mache Sie zum geseegneten und fruchtbaren Stamm, genommener Abrede gemäß, aber zum Zeugen Ihres Glücks und Ihrer Freude Dero tief ergebensten Freund u Diener Johann Georg Hamann. Kgsb. den 28 Julii 85. Mit stumpfer Feder und noch stumpfern Kopf, aber desto schärferm Gefühl Ihrer Aufmerksamkeit, die alle Mängel der meinigen völlig ergänzen wird. Vale et faue!
Kgsb. den 28. Jul. 85. Sie erhalten, höchstzuEhrender Freund, den 2 ten Theil von Blairs Predigten. Ich bin so glücklich gewesen seine Vorlesungen im Engl. hier zu erhalten. Sie machen 2 starke Quartbände mit seinem Kupferstich – Schade daß ich kein gebunden Exemplar der Uebersetzung auftreiben kann, um selbige zu vergleichen. Es ist in Göttingen ein Versuch über die Bildung der Jugend zur Industrie ausgekommen – der Vorläufer eines großen Buchs; auch sind schon Proben zur Ausführung daselbst gemacht worden, laut der Vorrede. Moritz hat in den Berliner Zeitungen dem ungenannten Verf. einen Sitz im Senat der Menschheit zuerkannt. Ich habe beynahe die Gedult verloren den Versuch zu Ende zu lesen. Der erste Band von dem kleinen Roman Moritz ist mit dem Namen des Verf. aus dem T. Merkur abgedruckt worden. Er heißt
    Schultz
mit 3 Vornamen und macht Appetit zu mehr Bänden. Bahrdts Appellation und abgedrungene Replik habe heute auch durchgelaufen, wegen der ihm versagten Censur und nachtheiligen Prä-recension seiner Dogmatik von Pr. Schultz, den ich gar nicht kenne und der am übelsten abkommt. Auch Eberhard, Nößelt bekommen ihr Theil und der halbschlägige Semler. Die Acten verdienen, completer wie ich Sie erhalten, gelesen zu werden. Haben Sie schon des Morus Uebersetzung vom Brief an die Hebräer gelesen? HE. Scheller hat mir selbige zugeschickt – Ich vermuthe daß Sie diese schöne Schrift Selbst besitzen werden. Hier läuft ein ärgerl. Gerüchte von dem würdigen Rector in Brieg, das aber für eine Lüge halte, weil er erstlich für tod ausgegeben wird, ich habe hernach gehört, daß er seine Vernunft verloren haben soll wegen eines häusl. Unglücks, und weil er sich die Schande seiner Tochter zu Gemüth gezogen. In Curl. lief zu meiner Zeit das Gerüchte daß Gellert sich aufgehangen und es hieß, sein Famulus hatte durch einen Scherz dazu Gelegenheit gegeben, weil er bey Aufräumung seiner Stube sein eigen Bild aufgehängt. Gestern erhielt einen Brief aus Paris vom 11. d., wo man noch nicht weiß, daß ich als ein glebae adscriptus Niet- und Nagelfest bin, und sich meinethalben ohne Noth beunruhigt – Heute habe einen Brief gelesen, kraft deßen die Gen. Ad. einen HE von Losch, Sous-Controleur im Krahn, einen Urlaub auf 3 Monathe allergnädigst bewilligt. Wenigstens habe ich den Trost, nicht völlig so entbehrlich zu seyn als dieser Cavalier d’honneurEmpfehlen Sie mich bitte der Frau Kriegsräthin – Erinnern Sie sich des Freundes in Marienw. und wenn Sie eine günstige Antwort seinetwegen erhalten – Gut Wetter zur Aust und für die Gäste in Graventh. Meine Gläser stehen so tief, ohne sich zu rühren. Leben Sie recht wohl. JGH. Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
Nebst
    vier
Büchern.
Königsberg den 31 Julii Dom X p Tr. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn Sie müßen 3 Briefe über
    Mannheim
erhalten haben 1.) vom 20 Jun. 2.) vom 25 bis zum 29 ej. 3.) vom 4 Julii. Diesen Monath habe ich 4 bekommen; den 13 d. ein Briefchen vom 14 Junii, an dem Sie mir Ihre Hochzeit u Abreise meldeten nebst einem alto silentio – – 27 –Ihr Circulair vom 11 Jul. aus Paris Gestern frühe  – 30do   –do   –   –   über Düßeldorf ohne eine Zeile von Jacobi durch Commercien Rath Fischer unsern seinen hiesigen homme d’affaire – Nachmittags –ein Briefchen vom4 Julii über Mannheim, in dem Sie mir Ihre glückl. Ankunft zu Paris ankündigten, welche ich schon einen Posttag eher durch das spätere Circulair erfahren hatte zu meiner großen Beruhigung. Aus meinen beyden letzten Antworten, nemlich vom 25–29 pr. und 4 huj. werden Sie den ganzen Qveerstrich durch unsere Zeitrechnung ersehen haben, aber zugleich meine dringende Bitte und inständiges Anliegen – unsere gemeinschaftliche Angelegenheiten gänzlich ruhen zu laßen – damit Alles nach Gottes Willen, und zu unserm wahren Besten gehe. Auch mir ist ein höherer Einfluß in den ganzen Weg dieser Sache fühlbar und augenscheinlich – Warum sollen wir uns beyde daher nicht auf die Treue Gottes und die Integrität sSeiner Vorsehung und Regierung auch der kleinsten Umstände, verlaßen? – Ich mag Sie daher mit einer Widerholung des seit dem 22 pr. überstandenen nicht behelligen; weil ich das Hauptsächlichste schon geschrieben habe. Ihre Hauptsache für mich ist jetzt, daß Sie und Ihre liebe Marianne gesund und zufrieden leben, daß Ihnen
    Paris
recht sehr gefalle, so lange Ihre
    Geschäfte
dort währen, und daß nach verrichter Arbeit und genoßenem Vergnügen ein sanftes Heimweh Sie wieder nach Münster ziehe, wo Ruhe, neue Freude und Freundschaft und Glück Ihrer erwarten mögen! Wenn Sie währender Zeit ja an mich denken und sich um mich bekümmern wollen: so will ich es Ihnen allenfalls erlauben einen Augenblick den 27 Aug. zu thun, wo es mir beym Eintritt in mein 56stes Jahr an Muße und Anlaß nicht fehlen wird, mich eines so auserwählten, so gewünschten Ehepaars von Menschenseelen und Menschenherzen zu erinnern, deren zärtliche Zuneigung mir Gott geschenkt, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit – denn Seinen Freunden giebt ers
    schlafend
. Denken Sie nicht einmal an Ihren
    Hauptbrief
eher, als biß Sie wieder an Ort und Stelle sind – und versäumen gegenwärtig nicht das allergeringste, den Aufenthalt in Paris für Ihre liebe Marianne angenehm und für Ihre Absicht einträglich zu machen. Ihr Urtheil über den
    Mann
wünsch ich mit der
    Zeit
zu erfahren – aber nicht damit Ihnen, wie mir mit seinem Buche, das meinem
    Geschmack
und
    Glauben
widersteht. Weder
    Widerspruch
, noch
    Beyfall
sind Criteria der
    Wahrheit
, dennsondern unvermeidliche Zufälligkeiten, und kräftige vehicula. Um Ihnen ein Beyspiel des alti silentii zu geben, schreibe ich den ganzen
    August
über nicht, als wo eine
    Antwort
oder ein
    Bericht
nöthig ist. Sie können sich meine Unvermögenheit nicht denken zu jedem Geschäfte oder Umgange, und wie sauer mir das Reden und Schreiben wird; weil ich gantz leer von Gedanken bin, und alles in mir stockt und nicht von der Stelle will – alles mich erschüttert und perplex macht. Was für eine klägl. Gesellschaft würden Sie den Winter über gehabt haben? Würden nicht auch die besten Leute unserer
    gespottet
haben. Alle diese Rücksichten, die keinen schwachen Eindruck auf mich machen, sollen mich nicht abhalten meine Pflicht und Zusage thätig zu leisten mit deßen Hülfe und Kraft, die in den Schwachen mächtig ist. Ohne Beruf rühr ich mich nicht, wenn es auch ein Seculum währen sollte oder wie das moliuntur et comuntur der französischen Damen – auf den ersten Wink einer allergnädigsten Erlaubnis werde ich laufen, um desto länger bey Ihnen ausruhen zu können – denn im Fluge und im Vorbeygehen uns zu sehen, würde uns beyden nicht Gnüge thun. Gottes überschwenglich reicher Vater-Seegen über Sie und Ihre liebenswürdige Marianne – imvon GeistIhrem Alten im Geiste und Sinn alle Tage Sie begleitenden und verfolgenden vielmehr, und Einmal einholenden Johann Georg H‥ Da die Briefe über Mannheim, besonders der letzte den ich gestern erhalten, langsamer gehen, ich den gestrigen über Düßeldorf viel früher erhalten, so werde ich diesen durch Einschluß unsers J. befördern. Auf dem Couvert des gestrigen über Mannheim gegangnen stand oben de Neustatt und unten
    frey Cassel
; woraus ich fast eine Reise des HE p von Lamezan vermuthe, wodurch die Absendung des Briefes verzögert worden. Gott sey Ihr Schild und Ihr sehr großer Lohn! Amen. Da Capo. Adresse von fremder Hand: à Monsieur / Monsieur
    Francois Bucholz
. / Seigneur de Welbergen / à /
    Paris
. / à Lyon / poste restante.
a la Chambre de La Reine au Sare den 31. Jul. 85.
Pempelfort den 29ten Julius 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 17 Aug. 85   No 13. Lieber HerzensFreund Ich lebe seit vielen Wochen in einem unausstehlichen Gewirre von Geschäften, u bin deswegen nicht im Stande gewesen, Ihren Brief vom 22ten Juni, den ich den 12ten dieses in Vaels erhielt, eher als heute, auch nur, flüchtig zu beantworten. Die abschlägige Antwort v Berlin hat mich sehr betrübt. Sie mögen sagen was Sie wollen, mein Verlangen Sie zu sehen bleibt daßelbige, u ich kann nicht zweifeln daß auch Sie bey der Reise gut gefahren wären. Von Buchholtz habe ich seit der Antwort auf den Brief den ich ihm nach Wesel schrieb nichts erfahren. Ich habe ihm auf gerathe wohl nach Paris geschrieben, u ihm, was Ihnen begegnet ist gemeldet. Cramers Buchholtz ist ein anderer; ein Holsteiner, wenn ich nicht irre. – Mit der Liebe unseres Buchholtz ist es folgender Maaßen zugegangen. Er hatte sich aus Gefälligkeit für einen Freund anheischig gemacht, auf einem bürgerlichen Feste, dem jener beyzuwohnen verhindert wurde, mit der ältesten Madle Detten zu tanzen, u so das gegebene Wort seines Freundes zu lösen. Buchholtz der die M Detten nicht kannte, gerieth erst an eine unrechte, u wurde hierauf zu seiner Mariane gewiesen, die ihn gleich intereßierte. Er besuchte sie des folgenden Tages in ihrem Hause, u es dauerte nicht lange, so war die Verlobung geschehen. Mariane Detten ist die Tochter eines Registrators, der seine Familie arm, u sich selbst tod gesoffen hat. sie hat eine sehr rechtschaffene Mutter, drey Schwestern, u einen Bruder. Jedermann hat sich über die Heyrath gefreut. Mariane ist durchaus gut gebildet; oh ihr Gesicht ist wie die Flamme v einem Wachslicht, u hat, nach meinem Gefühl etwas Klösterliches, überhaupt hat sie mir sehr gut gefallen. – Von Buchholtzens Vermögens Umständen weiß ich nichts genaues; aber ich glaube daß er mit dem seinigen ordentlich wirthschaftet. Für seine Person macht er fast gar keinen Aufwand, so daß ich zweifle ob er den vierten Theil seiner Einkünfte verzehrt. Wenn Sie eine gute Predigt für die Cardinaltugend der Oekonomie zu halten wißen, so wenden Sie sich lieber damit an mich; bis zur Buße habe ich oft u lange mich schon selbst gepredigt, aber bis zur gründlichen Bekehrung kann ich mich nicht bringen. Es gebricht mir überall an Weisheit… den 5ten August So weit hatte ich gestern heute vor 8 Tagen geschrieben, als ich durch die Ankunft der Gräfinn v Reventlow u ihres Mannes Bruder unterbrochen wurde. Sie war vor 2 Jahren mit ihrem Manne (welcher damahls dänischer Gesandte am Schwedischen Hofe war, u es nun am Englischen ist) u der Gräfinn Catherine Stolberg hier. Claudius hatte mir damahls Mann u Weib empfolen, u sie hatten auch v noch andern meiner Freunde Briefe. Das Weib gefiel mir sehr, u hat mir diesmahl noch beßer gefallen. Drey Tage blieb diesmahl die gute Gräfinn. In der Nacht vom Sonntage auf den Montag bekam ich einen starken Rheumatismus im Genicke u der rechten Schulter, so daß ich mich nicht rühren konnte. Dienstag war es am schlimmsten, u so mußte mein Brief wieder einen Posttag liegen bleiben. Ich hatte große Bekümmerniß darüber, u gestern grämte ich mich hinten nach noch mehr, da Ihre liebe liebe Epistel vom
    20
    25
Juli mir so ganz unvermuthet überkam. – Ich kann Ihnen nicht sagen, liebster, bester Hamann, wie sehr diese herzliche Epistel mich gefreut, mir im innersten der Seele wohl gethan hat. Ich bin nun gewiß daß ich Sie sehen, Sie in meinen Armen halten werde, ehe noch ein Jahr herum ist. Ich weiß auch daß Ihnen recht wöhnlich bey mir seyn wird. Ich wünschte in der Absicht mich u mein ganzes Hauswesen Ihnen schildern zu können. Aber das läßt sich nicht thun – Kommen Sie, lieber Hamann, kommen Sie! Ihr Hill, da er nach Italien reiste, hätte über Düßeldorf seinen Weg nehmen sollen. Ich habe es Ihnen schon einmahl gesagt. – Wenn es noch Zeit ist, so machen Sie daß ich ihn auf seinem Rückwege sehe. – Thun Sie’s, lieber Hamann! – O, thun sSie’s. Die
    philosophischen Vorlesungen über das so genannte neue Testament
habe ich noch nicht gesehen, noch kein Wort davon gehört. Gleich gestern habe ich darum geschrieben u schreiben laßen. Es wird aber wenigstens 8 Tage dauren eh ich es erhalte, denn wir haben keinen ordentlichen Buchhändler in der Nähe. So bald ich das Buch gelesen habe, schreibe ich Ihnen meine Herzens Meynung darüber. – Was Sie bey dieser Gelegenheit vom Lesen sagen, ist vollkommen nach meinem Sinne. Wenn ich einem Autor Meister werden
    konnte
, habe ich selten eher geruht bis ich es war. Ich bin im Grunde nur ein
    sehr
mittelmäßiger Kopf; u daß ich etwas mehr zu seyn scheine, kommt bloß von dieser Methode, oder vielmehr
    von der Noth die mich dazu gebracht hat
. Ich könnte Ihnen hierüber viel erzählen. Mirabeau sur les lettres de Cachet et les prisons d’Etat habe ich schon im Anfange des Jahres 83 nicht allein gelesen, sondern auch darüber weitläufig gegen eine Rezension in den Göttingischen Anzeigen geschrieben. Mein Aufsatz steht im April u May des Museums von demselben Jahre. Ich glaubte die Rezension wäre von Schlözer; dem ich schon ein wenig über die Nase hauen mochte, u erfuhr nachher, daß sie von meinem Freunde Müller war. Wenn Ihnen jene Stücke des Museums einmahl in die Hände fallen sollten, so werfen sie doch einen Blick auf die letzten Seiten meiner ersten Abtheilung. Es steht zwar etwas zu roh da was ich sagen wollte, u ist auch mißverstanden worden, aber ich meine noch immer daß ich im Grunde Recht habe. Das Memoire à consulter von Mirabeau sur sa demande en cassation habe ich gelesen, u bin sehr neugierig auf die vorhergegangenen Stücke dieses Prozeßes geworden. Wenn es mir gelingen sollte sie zu erhalten, wollen Sie sie sehen? Auf die procédure de Pontarlier bin ich am begierigsten, u gerade diese wird nicht zu erhalten seyn. Die Briefe des Vaters an den Marq. de Marignaux werden aber ziemlich die Stelle dieser procedure vertreten können. Es sind schreckliche Dinge in der Familie v Mirabeau vorgegangen. Diderot – oder der Graf Carl v Sickingen erzählte mir, die alte Frau v Mirabeau hätte auf ihrem Todesbette, einmahl über das andre ausgerufen: il n’y a pas de Dieu! Und mit Wuth ihren Mann aufgefordert: Dis donc qu’il n’y a pas de Dieu! Ich höre u sehe nichts v unserm Buchholtz seit er mir aus Geldern schrieb, nachdem ich ihn zu Wesel hatte greifen laßen. Es war nie seine Meynung lange in Paris zu bleiben, u er wollte im mit dem Herbste wieder in Münster seyn. – Ich habe nie eine lieblichere Physionomie gesehen wie die v diesem Manne; nie eine die meinem Ideal v einem JohannesKopfe näher käme. In den Grundzügen hat er verschiedenes v Lavater. Aber von dem vollkommen schönen Munde des Buchholtz hat Lavater nichts. Dagegen ist Buchholtz klein v Statur, u ängstlich aufmerksam auf seine Gesundheit. Ueber seine naive Unschuld muß man sich wundern. Er sagte mir einmahl, es wäre curios, sein Mädchen wäre nicht ruhig als wenn er bey ihm wäre, u denn wär’ es ganz ruhig; er hingegen wäre nie unruhig als wenn er bey seinem Mädchen wäre, u bey dem Mädchen könte er nie ruhig seyn. Aus Furcht ich möchte ihn nicht ganz verstehen, erklärte er sich noch deutlicher. Meine Erklärung von der dieser Erscheinung schien ihm Genüge zu thun. Er hatte aber schon vorhin die Prinzeßinn darüber zur Rede gestellt, ob meine Behauptung im Woldemar, daß der Trieb zur Wollust im weibchweiblichen Geschlecht so äußerst schwach sey, Grund habe. Die Prinzeßinn, um des Weiblichen Geschlechts Conto der Tugend zu vergrößern, u durch kein minus dem einem plus die Wage zu halten, versicherte, ich hätte Unrecht, u der mindre Grad der Leidenschaft bey den Weibern, sey nur die erworbene Fertigkeit, derselben Widerstand zu thun: von Natur sey das Weib nicht minder reitzbar als der Mann. – Buchholtz war im Grunde das alles gleich viel: sinnlicher sind die Weiber, sagte er, ob mit dem obern oder mit dem untern Leibe, das wäre gleich viel; oder wenn nur im Ganzen, wie ich behauptete, so daß die Sinnlichkeit verschwemmt wäre, u nichts rein: desto schlimmer! – Buchholtz hat
    unveränderlich
nichts sehnlicher gewünscht, als daß Sie den nächsten Winter, mit Ihrem Johann Michel in Münster zubringen möchten. Die Stelle in der Berliner MonathsSchrift deren Sie jüngst so gedachten, hatte mir mein getreues fac totum, Heinrich Schenk schon aufgefunden. Wir zweifeln daß sie auf mich gemeint sey. – Es hat sich verschiedenes zwischen mir u Mendelssohn zugetragen. Die Leute sind in großer Verlegenheit, u ziehen mich dadurch vollends aus aller Verlegenheit. Ich laße würklich drucken. Alles läuft am Faden der Geschichte, u ich hoffe Sie werden mit dem Werklein zufrieden seyn, das ich Ihnen schicke so bald es die Preße verlaßen hat. Sagen Sie unterdeßen
    niemand
etwas davon; auch Herder soll überrascht werden. – Die
    Morgengedanken
sind vermuthlich zurück genommen worden, u erhalten eine neue Form. – Mendelssohn sagt mir gerade heraus, daß er mich immer weniger verstünde, je mehr ich bemüht sey ihm Erläuterungen zu geben; aber
    gerade wie in meinen Aufsätzen
, sey ihm im Spinoza selbst vieles unverständlich. Er will aber den Statum controversiae in der Schrift die auf Michael erscheinen soll festsetzen, um dadurch den Streit gehörig einzuleiten, u wenigstens zu zeigen woran es liege, daß ihm manches so schlechterdings unverständlich vorkomme. – Nun muß ich ja wohl drucken laßen! denn nur der
    Meßkatalogus
, wie Mendelssohn mir schreibt, wird mir Beweiß geben, daß er nach Maßgabe seiner jetzigen Schwäche in unserer jetzigen Streitsache nicht müßig gewesen. Von unserm Herder habe ich, seit er nach Carlsbad ist nicht das mindeste vernommen. – Ich muß abbrechen, um nicht abermahls die Post zu versäumen – Leben Sie recht wohl, liebster theuerster Hamann! – Nennen Sie mich dann u wann dem vortrefflichen Hippel. – Noch einmahl muß ich Ihnen sagen, wie sehr mich Ihr gestern eingelaufener Brief gefreut hat – Sie auf einmahl wieder so ganz lebendig,
    so ganz durchweht von Ihrem Geiste zu sehen
! – Lieber Hamann. – Noch einmahl, leben Sie wohl, ich herze Sie mit innigster treuester Liebe – F Jacobi
Kgsb den 31 Julii 85. Dom X p Tr. Herzenslieber Jacobi, Bin schon wider da – Ich weiß sehr gut, daß ich, was Ihnen seit den 18 Oct. pr. an Porto koste niemals zu ersetzen im stande bin, bitte aber wenigstens Einl. auf Rechnung unsers lieben B. zu setzen, von dem ich gestern Morgen einen Brief vom 11ten huj. und gegen Abend vom 4ten erhielte, weil er wegen meiner geschehenen Abreise unruhig ist und besorgt, daß ich mich im heil. römischen deutschen Reich verlieren werde. Ich sehe daraus, daß er meine ihm seit dem 22 Junii gegebenen Nachrichten damals noch nicht erhalten, wodurch er aller Unruhe überhoben gewesen wäre. So sehr ich von einer Seite das Uebermaas seiner Aufmerksamkeit fühle; desto weher thut es mir von der andern, daß er dadurch seiner lieben jungen Marianne und einer solchen Stadt wie Paris Augenblicke entzieht, die er angenehmer und nützlicher verschwenden könnte, als für meine alte Schlafmütze zu sorgen Sie sind doch wohl gesund von Ihrer Reise nach Aachen zurückgekommen. Warum haben Sie nicht eine Zeile der Einl. beygelegt? Wie der Handlungsbediente des Herr Comm. Raths in meine Loge tratt, hüpfte ich ihm vor Freuden entgegen, in Hofnung Etwas von Ihnen zu erhalten – Zu noch größeren Leidwesen war der Innhalt auch nicht neu für mich – Sind Sie unpäßlich oder beschäftigt: so verzeihen Sie meinen unzeitigen Scherz. Ist es nichts als eine Autorwolke oder ein kleiner Groll gegen mich: so wünschte den Spaß noch weiter treiben zu können. Ich war eben mit dem Briefe nach Paris fertig, wie ich einen aus Wien von meinem Wanderer
    Hill
erhielt vom 20. dieses, worinn er mir meldt daß er den 25 von dort über Prag u Dresden nach
    Weimar
abgegangen seyn wird, ohne die neue Freude zu vermuthen die am letzten Ort auf ihn wartet. Diesen Morgen hatte ich auch einen ähnlich rührenden Besuch von einem jungen Menschen, der mit einer sehr artigen Schüchternheit mir zumuthete, sein Sprachmeister zu werden. Ich wieß ihn an meinen Sohn und seine junge Freunde und Gespielen. Wie ich mich nach seinem Namen erkundigte, hatte ich schon viel gutes von ihm gehört durch meinen Johann Michel, der seit vorigen Montag aufs Land gereist zu seinen PflegeEltern und erst diesen Freytag wider zu Haus kommen wird. Es wird mir also nicht schwer werden ein Freundschaftsband unter diesen sich ein ander aus dem Wege gehenden Liebhabern aufzurichten. Vorige Woche fiel mir ein Brief von der Gen. Administration in die Hände wo sie den 19 huj. einem Cavalier von guter Familie aber – – der als Sous- Controleur beym hiesigen Krahn steht, einen Urlaub auf 3 Monathe zu einer Reise nach Berlin, ohne die geringste Einwendung, ertheilt. Als Officier wurde er vom Könige auf dem Paradeplatz cassirt, und wenn er seine Versorgung wüste, es zum 2ten mal werden. Zu meinem großen Trost und Ruhm muß ich es gestehen, daß ich nicht völlig so entbehrlich bin auf meinem Posten als dieser begünstigte Liebling der Gen. Adm. Audiuere, Lyce, Di mea vota, DI audiuere: fis Anus! – den 1 Aug. Wenn Sie wüsten, wie viel kindische Freude mir der kleine Umstand gemacht, den ich so zufällig erfuhr, daß B. den Titel eines
    Raths
hat: so würden Sie meine Bitte mir mehr von seiner äußerl. Lage, seiner und ihrer Familie – und ob das Verhältnis der 3 Schwestern einige Beziehung auf seine jetzige glückl. Ehe hat, zu melden – nicht übel nehmen, sondern schon längst befriedigt haben. Er hat die Barmherzigkeit, sich noch in seinen letzten Billets, eines
    Hauptbriefes
zu erinnern, den er mir schon lange zugedacht, und auf deßen Ausfertigung ich bey seiner jetzigen Lage nicht dringen mag. In Entbehrung des Wesentlichen will ich mich schon vor der Hand mit dem, was alle Welt von ihm weiß oder zu wißen glaubt und öffentl. spricht begnügen, um wenigstens ein wenig Feilstaub für meine magnetische Einbildungskraft zu haben. Lachen Sie über mich, verrathen Sie mich ihm auch, wenn ich nur meinen Willen kriege Ich habe ihn nochmals gebeten, sich um mich nicht eher zu bekümmern, bis er wieder in Münster seyn wird; denn es ist unverantwortlich in meinen Augen, daß ich ihm dort ohne meine Schuld Sorgen und Unruhe mache. Ich kann es weder gegen
    Marianne
noch
    Paris
verantworten. Ist dieser Rath nicht der vernünftigste und klügste? Also unterstützen Sie ihn. Wenn ich auch nichts thue, weil ich nichts thun kann: so denken Sie nicht deshalb, lieber Jacobi, daß ich meine Zeit verschlafen werde. Ich würde nichts als Angst auf dem Herzen gehabt haben, wenn ich den Buben, die ich für Verräther des Vaterlandes und des Königs ansehe, die gröste Wohlthat meines Lebens u Alters zu verdanken gehabt. Dieser Stein wäre für meinen AuMagen unverdaulich gewesen. Ich will mich nicht aus dem Lande schleichen, oder stehlen – Zu allem andern untüchtig und unbrauchbar, soll das vnum necessarium mein vltimum visibile seyn und bleiben. Keinen Schritt thue, von dem ich nicht Ihnen und meinen Freunden Rechenschaft geben werde, wenn es Zeit seyn wird, und ich damit fertig bin oder fertig werden kann. Herder, Claudius und ich feyern diesen Monath ihre Geburtstage. Schreiben Sie und antworten Sie noch Einmal zu guter Letzt, und wenn Sie mich einer Unlauterkeit halb in Verdacht haben: so sagen Sie es mir explicite Ihre Meinung – Wenn meine Exceptiones nicht
    gültig
sind; so werde folgen, wie ein Kind. Ist das Recht aber für mich, fürchte ich kein Pereat! Gott ist ein zu großer und guter
    Oekonom
, um das geringste
    halb
oder
    vergebens
zu thun für seine arme Geschöpfe und Liebhaber – Wir wollen Seine
    Nachfolger
seyn. Sein
    Styl
, seine
    Manier
ist lauter, wie durchläutert Silber im erdenen Tiegel bewährt 7 mal. Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen. Ich ersterbe Ihr alter treuer ewiger Freund und Diener J G H. Ich bin 730 d 27 Aug. geboren – Bitte mir auch zu melden wenn Sie es sind – und Ihre lieben Kinder auf einem Zedel den ich hinter Ihr Bild kleben kann, wie bey Herder u Claudius. Adresse:
Des / HErrn Geheimen Raths Jacobi / Wolgeboren / zu /
    Pempelfort
/ bey Düsseldorff Fco
    Wesel
Vermerk von Jacobi: Königsberg den 31.ten Julii 1785 J. G. Hamann empf den 11.ten Aug. beantw. den 13.ten Sept.
Kgsberg den 1 Aug. 85. Nun komm ich, alter liebster Freund, zweimal nacheinander, und wünsche, daß Sie und Ihre würdige Theano viel Stärke und Munterkeit zur vergnügten Feyer unserer GeburtsTage mögen zu Hause gebracht haben. Sind Ihre
    Ideen
noch nicht fertig? – Ich bin so glücklich gewesen Blair’s Lectures on Rhetoric and belles Lettres hier zu finden, und habe mit dem grösten Vergnügen vorige Woche das 1. Vol. zu Ende gebracht. Die engl. Ausgabe ist in 4o mit des Verf. Bilde geziert. Wie es möglich gewesen dem Adelung dies herrliche Werk so schnöde zu beurtheilen, weiß ich nicht. Der Blair führt ein Mst. von Ad. Smith Vorlesungen an; das, was er im engl. seiner Theory of Sentiments über die Sprache angehängt, gefällt mir nicht recht, ohngeachtet ich es damals zur Beyl. der Zeitungen übersetzte. Sie haben einen Brief vonaus Paris erhalten, den ich aufzuheben und Hill mitzugeben bitte. Der Innhalt ist mir bekannt, und die Vermuthung, daß ich bereits abgereiset wäre, hat dort viel unnöthige Unruhe gemacht. Gestern meldt mir mein guter Christian Hill unter dem 20 Julii – daß er d. 25 ej. hat abgehen wollen, sich in
    Baden
abzuspülen und über Prag und Dresden nach Weimar. Er ist über die 18 # welche ich ihm den 4 pr. sandte voller Freuden gewesen. Dom. X VIII. p. Tr. schickte mir meine gute Nachbarin, die Loge von 3 Kronen ein Päckchen mit 17 # ins Haus, das noch versiegelt liegt. Vom Kriegsrath Scheffner habe gleichfalls 1 dito von Secr. Dorow, Reichardts Schwager 1 do von HE von Auerswald 1 do = 20 do. Die 5 welche ich ihm auf sein bey mir niedergelegtes Geld vorgeschossen, sind also mit Wucher ersetzt. Unser würdige Oberbürgermeister und gemeinschaftl. Freund H. hat mir ins Ohr gesagt, mehr im Nothfall zu fordern, welches er noch ich nicht nöthig haben werden. Den 18. Jul. habe ihm wol schon von dieser schönen Erndte Nachricht gegeben; ich zweifele aber, daß sie ihn in Wien erreicht haben wird. Sie werden den rohen ungeschliffenen Stein nicht verkennen. Können Sie ihm einen Winkel in einem guten ehrl. Wirthshause anweisen, wo er sich ein paar Tage ausruhen, und wollen Sie sich ein paar Abende seine Ebentheuer vorschreyen lassen: so thun Sie mir damit einen großen Gefallen, denn ich sehe diesen mir lieben Onesimum oder Nathanael, wie ihn Lavater umgetauft, als den ersten Freund meines Joh. Michael und den ersten Lehrmeister meiner lieben guten Lisette Reinette an, die ein wenig spielen auf dem Clavier u ital. von ihm gelernt hat. Sagen Sie ihm, daß Reichardt in Engl. ist und ich keine Empfehlungen nach Berl. für ihn habe. Nicolai kann er von selbst besuchen mit einem Gruß von mir und seinem Vetter Jacobi, den ich diesen Mittag bitten werde deshalb an ihn zu schreiben. Mendelssohn kann er auch von mir als einen alten unveränderl. Freund begrüßen., Eer hat ihn in meinem Hause wo ich nicht irre schon kennen gelernt. Zu D. Biester kann er auch gehen; vielleicht schreibt Kraus deshalb an ihn ausdrücklich. Allenfalls geben Sieihm Einl. an D. Lindner nach Jena mit, der auch einen Brief ähnl. Innhalts mit dem Ihrigen aus Paris erhalten. Währt seine Ankunft länger; so wünschte wenn Sie einem Freunde und Bekannten in Jena die Einlage anvertrauen könnten, weil seit dem April keine Nachricht von D. Lindner eingegangen und er damals seinen Abzug von Halle nach Jena meldete mit einer Reise nach Engl. in petto, die vielleicht währender Zeit zeitig geworden. Erfahren Sie daß D. L. in Jena ist, so thäte mir der Wanderer einen Gefallen diesen Weg oder Umweg zu nehmen. Warnen Sie ihn aber sich nicht mit
    versiegelten Briefen
zu befaßen, und sich dadurch Verlust und Verdruß zuzuziehen. Die beyde Briefe aus Paris kann er sichereröfnet mir mitnehmen. An Nicolai wird HE. Jacobi schreiben, wo er auf ein Dutzend # und mehr immer disponiren kann. Im Fall er schon in Weimar Vorschuß brauchen sollte, so kann er Ihnen, liebster Gevatter und Freund, aus Berlin wider erstatten, oder melden Sie mir davon, wenn es nöthig ist und Sie eine Anweisung zur Widerbezahlung hinzufügen wollen, etwa durch Hartknoch, oder ich werde selbst hier einen geschwindern Weg ausmitteln. Etwa vor 14 Tagen erhielt einen sehr jammernden Brief von Ihrer Frau Schwester, die außer allerhand Unglücksfällen an Ihrem Vieh und dem beschwerlichen und kostbaren Bau sich besonders beklagt, gantz von Ihnen vergessen und verlassen zu seyn. Ich habe ihr gleich den Tag drauf geantwortet, sie so gut ich konnte zu trösten und die Unschuld Ihres bisherigen Stillschweigens zu rechtfertigen. Unser neue würdige Diaconus
    Kraft
bey der Altstädtschen Kirche hat mir versprochen sich genauer nach ihren Umständen zu erkundigen; weil ich einige Suggestionen ihres
    alten Erbfeindes
vermuthe; denn im Grunde weiß ich gar nicht, was sie eigentl. haben will. Sind Sie Iihr eine Antwort schuldig, oder können Sie mir nähere Data anvertrauen – Wo nicht, werd ich Ihnen,
    wenn es der Mühe lohnt
, was ich erfahre, mittheilen. Unterdeßen kann auch Tr. gantz unschuldig seyn. An dem Gerüchte aus Mitau ist wol nichts. Man ist gegen das, was man wünscht, leichtgläubig. Ich kann weder denken, noch schreiben, noch reden – alles ist ein Tohuvabohu in und um mir. Gott sieht den Grund, den tiefsten Grund des Herzens – und die Sympathie unserer Seelen überhebt mich alles eckeln und matten details. Der
    Buchstabe
tödtet und ist selbst tod. Meine Hofnung suns zu sehen stehet feste, und seit dem heil. Abend unsers Geburtsmonats fester als jemals. Wie? und wenn? weiß der allein lebende und für alles sorgende Gott. Ihr Consilium fidele und vertrauliches Gutachten über unsemeinen Hill bitte mir aus. Erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe und guten Nachrichten von der Beßerung und Gesundheit der verehrungswürdigen Theano. Gott seegne und erhalte Sie und die Ihrigen. Wißen Sie nicht den ehrl. Schweitzer welcher die
    phi
    losophischen Vorlesungen über das so genannte Neue Testament geschrieben
? Mein Sohn ist heute vor 8 Tagen mit des Deutsch Familie nach Graventihn gereist und wird diesen Freytag zu Hause erwartet. Grüßen und küßen Sie Pathen August, den wackern Griechen und sämtl. Geschwister. Gott sey mit Ihnen und uns allen, geb mir bald Anlaß Ihnen beßer zu schreiben, als ich gegenwärtig zu thun im stande bin Sey stille, meine Seele, biß Du erfährest wo es hinaus will, denn der
    Mann
wird nicht ruhen, er bringts denn heute oder heuer zum Ende. Ruth Naemi vom weidlichen Boaz. Ich bin und ersterbe   Ihr   alter Freund Gevatter und Landsmann. Johann Georg Hamann. Den 2ten Theil der Ideen erwarte zu meiner Erquickung. Leben Sie wohl, recht wohl. Adresse:
Des / HErrn General-Superintendenten Herder / Hochwürden / zu
    Weimar
. /
    frey Halle
.
Kgsberg den 1 Aug. 85 Geliebtester Herr Doctor und alter bewährter Freund, HE Hartknoch brachte mir den 4 Junii Ihren Brief vom 14 April, wo Sie mir Ihre Verpflanzung nach Jena meldeten. Ich war eben ein paar Tage vorher den 1 Junii mit einem Petito bey der hiesigen Prov. Direction eingekommen, wo ich um einen Urlaub auf 3 Monathe anhielt, und mir die Freyheit nahm mich auf einen Artzt in Halle, unter ich Sie dachte, und auf einen Freund zu beziehen, der meiner den 1 Julii zu Frankf. an der Oder erwartete. Alle data hatten sich auf einmal geändert. Sie waren aller Vermuthung nach schon in Jena – der Freund gieng mit einer jungen liebenswürdigen Frau, plötzlich nach Paris – und den 22 Junii bekam ich von der Gen.Adm. eine abschlägige Antwort. Vous lui repondez que nous pouvons d’autant moins lui accorder un pareil delai, qu’il doit trouver dans une ville aussi importante que Kgsb. des Medecins aussi experts qu’il peut y en avoir à Halle. Ich hätte nun freyl. auch darauf
    antworten
sollen daß in einem so importanten Königreich als Ost- und Westpreußen sich ehrl. und kluge Köpfe gnug fänden, ohne daß der König und φφ von S.S. nöthig gehabt hatte une foule de f‥ betes et de brigands sich aus Welschland zu verschreiben mit so viel Kosten und risico, und daß des Patienten Vertrauen zum Verdienst des Artztes gehöre, wie der blinde Glaube zum Credit und Glück der Schelme. – Ich hätte ohne diesen Qverstrich das 2te mal das Vergnügen gehabt Sie zu überraschen, wie ehmals in Braunschw. Durch Besorgung meines Freundes Jacobi sind zu Ende des hiesigen Jahrmarkts ½ Douz. Hemde einem Berl. Kaufmann mitgegeben worden, deßen Name mir entfallen wie des Münz Controleurs zu Berlin, an den selbige durch HE Str. Wirth addressirt worden. Wenn Sie noch nichts erhalten, und Sie die beyde mir entfallene Name zur Erkundigung darnach nöthig haben: so bitte bald deshalb anhero zu schreiben. Alle ihre Freunde, deren Name Ihnen nicht entfallen seyn werden, wünschen Nachricht von Ihnen, auch im Fall einer nöthigen Addresse, damit es nicht in Jena wie in Halle geht. Sie erhalten diese Zeilen über
    Weimar
, wohin ich auch
    einen Brief
zu addressiren bitte an unsern alten Landsmann
    Herder
, der einen gleichaltigen empfangen wie Sie, und beyde meinem jungen Freund und Wanderer
    Hill
mitgeben kann, den ich vielleicht selbst an Sie addressire, um durch einen Expressen Nachricht zu erhalten. Der Brief ist eigentl. an Sie nach
    Halle
addressirt gewesen, in welchem Fall ich schlechterdings wenigstens so viel wißen muß, ob er Ihnen zu Handen gekommen oder nicht. Er kommt aus
    Paris
– in der Voraussetzung, daß ich bereits unterwegs wäre. Mein Sohn Joh. Michel studiert seit Ostern und hält die Hundstagferien in Graventihn, von da ich ihn mit dem Ende dieser Woche erwarte. Er sollte mein Reisegefährte seyn – und auf allen Fall noch werden. Meine Lisette Reinette macht der Baroneße Ehre und Freude. Gottlob für Gesundheit und alles übrige Gute. Meine alte Hausmutter hat diesen 27 Julii zum ersten mal ihren Geburtstag gefeyert. Der meinige ist den 27 Aug. und des Doctorandi den 27 Sept. Was für ein Muster von Haushaltung als mein wenn alles so verhältnis u Stuffenweise gienge, wie die Data unserer Geburtsmonate u Tage. Meinem Gesellen Hill geben Sie viel gute Lehren und Nachrichten mit, aber ungern versiegelte Briefe – Wenn Sie eine gute Seelenarzeney lesen wollen; so empfehle Ihnen die philosophische Vorlesungen über das sogenannte Neue Testament. Der Titel ist lang und bunt, aber jedes Wort hat seine gesunde Bedeutung. Ich möchte den Namen des Schweitzers gern wißen. Hat Ihnen nicht Weickhardts Leben auch gefallen. Ich sollte den Mann von Person kennen lernen, und habe die Gelegenheit muthwillig versäumt, lernte ihn nachher aus der Elisa Munde u seinen Briefen an Sie kennen. Ich umarme Sie mit den besten Wünschen und Grüßen in petto   als Ihr   alter treuer Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Monsieur / Monsieur Lindner, / Docteur en Medecine / presentement / à /
    Jena
.
4. Aug. Glück auf! lieber alter Freund. Wir sind glücklich u. so ziemlich gesund aus dem Karlsbade wieder eingetroffen u. das erste, wornach ich da die Herzungen meiner Zurückgebliebnen vorbeiwaren, suchte, war ein Brief von Ihnen. Neben an lag unter einem bloßen Einschluß an mich ein Brief an Sie, wahrscheinlich anvon B., den ich also sogleich, da glücklicher Weise heut morgen die Post abgeht, mit diesen Zeilen, die ersten die ich in Weimar schreibe, begleite. Da so viel Freundeshände u. Hirne sich in das Spiel, Sie nach Deutschland zu bringen gemengt haben, so kann es nicht fehlen, daß Einer vom andern nichts weiß u. B. Sie schon bei mir vielleicht vermuthet hat. Leider aber hat es, wie ich aus Ihrem Briefe sehe, auch hier geheißen: homo proponit, oder wie jener Junge seine ersten Verse machte: U. Kain redete mit seinem Bruder Abel Da kam der liebe Gott u. schlug ihm auf den Schnabel. – Und mich freuets, daß Sie sich den Launoi u. Grodast nicht anfechten laßen, vielmehr das böse Gericht Koloquinten, wie jene Propheten kinder gesund verschluckt haben. Ich bin überzeugt, wenn ein menschlicher Entwurf lange kocht, wird er desto genießbarer; vielleicht wäre alles noch roh gewesen, wenn Sie sich mit Ihren neuen Freunden dies Jahr schon gesehen hätten. Nur mich setze ich mich, mit Ihrer Erlaubniß nicht in diese Zahl: ich will keinen neuen blühenden Sproß an Ihnen sehen, der ich Gottlob! auch nicht mehr bin, sondern einenden alten von der Sonne ausgebrannten Stamm, wie mein Herzensfreund Persius die Gedichte des alten Maro nannte. Wir kennen uns von alten Zeiten u. haben uns sowohl in drückender Sonnenhitze als in der brennenden Winter kälte gekannt; also kommen wir wie 2. Schatten jenseit des Styx zusammen; NB aber daß der Styx in dieser Welt fließe u. wahrscheinlich die Oder oder die Saale sei. Denn ich gebe nichts weniger als meine gute Hoffnung auf, zumal sie für dieses Jahr oder diesen Monat vereitelt scheinet. Um desto beßer! Da wird, da muß desto eher was daraus werden. Es muß sich doch eine Zeit finden, u. eine Person finden, die Sie auf Monate wenigstens aus Ihrem Kerker befreie; wir wollen auch daran denken. In der Welt habe ich nicht davon gewußt, daß eine Reise aus Ihrem Lande so hart hält; im Karlsbade sind ja ganze Trupps Preußen d. i. auch Berliner in Diensten gewesen, Ursinus, der Bergrath Rosenstiel, Göcking p. Sind Sie allein denn zu den Hütten Kedar u. den Gezelten Masech verdammt, ohne einen Hauch andrer Luft zu genießen. Aber gnug! Schreiben Sie mir, liebster Alter, was Sie vorzunehmen Willens sind; wenn B. Ihnen nochmals ein rendez vous giebt, so dächte ich, Sie gingen unmittelbar ins Kabinet, ließen die Ursache der Gesundheit u. Consultation mit dem Arzt aus u. foderten die Reise blos dringender Geschäfte wegen. In unserm Jahrhundert respektirt man nichts, als Geschäfte; je weniger sie bedeuten desto geehrter sind sie u. mir ist gesagt, daß der alte Landesvater in seinen guten Stunden selten was abschlägt, was dieser Art ist. Wenigstens ist Ihnen ein refus de main de maitre glorwürdiger als das signé Launoi. Doch über das Alles werden Sie selbst am besten walten, u. B. Brief muß den Ausschlag geben. Ists nicht heute, wirds morgen seyn! Also höchstens ein Jahr gewartet u. wir alle sind ein Jahr reifer!!! Gott helf, Gotthelf! Wir sehen uns doch! Von Karlsbad u. uns kann ich in dieser Viertelstunde wenig schreiben. Gottlob wir sind hier u. leben. Meine Frau ist 14. Tage im Bade krank gewesen u.; Wind u. Regen haben auch nicht unterlaßen, uns nach Macht zu stören. Indeßen bin ich u. wir alle sind froh, daß es so weit gelungen ist; die beste Wirkung muß Gott u. die Zeit geben. Der 2te Th. der Ideen ist vom Buchdrucker Schlegel an Sie spedirt; durch wen? weiß ich in diesem Moment noch nicht; vielleicht ist er schon in Ihren Händen. Sobald Sie Ihn gelesen, erfreuen Sie mich mit einem Fetwa darüber, ehrwürdiger Mufti; mir ist durch das Karlsbad, wo ich jeden Tag 15. warme Becher u. das 5. Wochen lang getrunken, rein abgespült worden. Also komme ich vom Lethe her u. erwarte nach allen Stößen im Wagen u. allem Gedräng’ im Bade gute neue Mähr eines 2ten Lebens in meinem Alter. Vom Super. in Mitau weiß ich nichts; die Fr. v. Reck hat einige Worte drüber im Karlsb. verlohren, die aber eher zu erkennen gaben, daß irgendwo einer aufgerafft sei. Außerdem weiß ich, daß der Herz. mit den Landständen der Stelle wegen in Streit ist, da er ein zu derselben Einkünften gehöriges Gut eingezogen hat; u. also ist wohl am ganzen Gerücht nichts, zumal ich die Sprache nicht kann. Mein Plätzchen ist mir zu seiner Zeit bestimmt, wenn nicht anderswo so im Grabe. Leben Sie wohl, armer gebundner Prometheus; meine arbeitselige Mitgefährtin, die in der Natur etwas anders ist, als der blaue Dunst einer Theano (den ich dem Publikum vorgemacht habe) grüßt Sie schwesterl. u. herzl. Meine Kleinen u. Großen sämtl. u. sonders deßgleichen. Vale et fave. Nil desperandum est, duce Teucro et auspice Teucro. Vale Ihr ewiger H. am Rande: Erfreuen Sie mich ja zu unsern Geburtsfesten mit Ihrem Fetwa, da das Glück unsre hohe Zusammenkunft heurig zu verhindern scheinet. Kgsb. den 5. Aug. 85 HöchstzuEhrender Freund, Ich erwarte heute meinen Sohn aus Gr. zurück, und wenn ich ihn allenfalls entgegen gehen solte, wäre es mir ziemlich gelegen bey HE. Str. Wirth anzusprechen. Vorgestern kam ein Fuhrmann aus Berl. mit einem großen Pack Bücher von Nicolai an seinen Vetter den Kaufmann Jacobi, der für sich u den Assessor Lilienthal, welcher die stärkste u beste Lesebibliothek hier hält und auch mein Päckchen von Hartknoch mitbrachte. Ich lief also gl. um dieses zu melden, und zum zweiten mal, um bey Eröfnung deßelben gegenwärtig zu seyn, schleppte meinen Armvoll zu Hause, und fand eben Ihren Brief nebst dem 1. Theil von
    Blair
und
    Büsching
. Mein eigen Pack liegt noch, wie ich es erhalten, und soll erst von meinem Sohn eröffnet werden. Das Beste unter meinem Armvoll war
    Biographien der Selbstmörder
7 aus Liebe, 3 aus Armuth 2 aus Ehrgeitz u 2 aus Bosheit u Schicksal.
    Tagebuch eines Richters
oder Beyträge zur Geschichte des menschl. Elends. Von
    Hofrath von Eckartshausen
, auf deßen
    Erzählungen für empfindsame Herzen
ich auch aufmerksam gemacht worden, wovon auch schon 4 Bändchen herausgekommen, wie auf die 3 ersten des Tagebuchs.
    Kwerl
. ein komischer Roman, von dem ich kaum einige Seiten auszulesen im stande gewesen. Die nachgelaßene
    Werke
des
    Montesquieu
haben einen würdigen Uebersetzer gefunden. Seine
    Betrachtungen über die Ursachen des Vergnügens
an Litteratur u
    Kunstwerken
sind mir schon bekannt gewesen, u gantz treflich. Das übrige ist eine morgenl. Geschichte u ein Entwurf zu einer Lobschrift auf den Marschall von Berwick.
    Briefe nach Eichstädt
sind von Schlötzer, betreffen seinen Briefwechsel und vertheidigen die
    Publicität
, die bald zum Modewort werden wird, wie Popularität. Brief an den Verf. der Briefe über die Bibel u den Plan Jesu zu Creyfeld von 2 Bogen ist mehr bewegt als gründl.
    Meisters
Sittenlehre der Liebe und Ehe ist von gl. Schlage mit seinen übrigen Compilationen. Er führt eine Lebensgeschichte von Jaques u Lisette des Prof. Fuesli an und den sokratischen Verfaßer der intereßanten Schrift über die Ehe. Voyage de Figaro en Espagne. Currente Rota Lond. 785 ist abscheulich gedruckt vermuthl. in Deutschl. im Geschmack des Mercier, ein dürftiger Nachahmer. Der Abt Raynal ist nach seinem Urtheil diffus, plagiaire, relateur infidele, partial, impuste, mal instruit – zu jedem epitheto eine Note, die eben nicht viel beweist. Der Luftwagen oder Reise in den Mond von der Freyfrau von V…ist auch nicht viel werth. Journal aus Urfstädt vom Verf. des
    Romans meines Lebens
u
    Peter Clausen
wird kaum ein 2 tes Stück erleben. Ist das nicht ein Herr von Knigge – ein großer Fußgänger u Schmierhans in Prose u Versen? Er schlägt halbe Ausrufungs- und halbe Fragezeichen vor, mit einem Comma an statt eines Puncts. Eine Silhouette von David Plumbeus Rector in Ruhrtal stellt vermuthl. den hölzernen Sammler selbst vor.
    Schlüters Hallische Monathsschrift
enthält Übersetzungen aus Ovid und ist eben so wenig der Rede werth als
    Hebe
, die zu Gera herauskomt, zum besten der lieben Jugend, die das alles nicht zu lesen im stande ist, was man zu ihrem besten schreibt.
    Theatralisches Quodlibet
vom Lorentz ist in 2 Theilen ein eben so elender Mischmasch. Der
    deutsche Zuschauer
betrift hauptsächlich das katholische Deutschland, und ist noch das erträglichste der deutschen Journale. Im 2 ten Heft ist ein kleiner Aufsatz über die innere Verfaßung der preuß. Staaten. Mit diesem ganzen Stoß eilte gestern Abend zurück um mir einen neuen zu holen. Zum Glück war schon alles gehörigen Orts abgegeben, und ich fand das Nest leer. Der Geschichtsschreiber des Chiliasmus heißt
    Korrodi
. Wie sauer einem zwei Bände von Predigten werden, habe auch erfahren; auch nicht zum Durchlesen selbige eigentl. Ihnen zugedacht. In der allgemeinen Bibliothek sollen 2 Recensionen stehen, deren Urtheil über das Original, das zwey Uebersetzer gefunden, gantz widersprechend seyn soll. Ich wünschte selbige einmal vergleichen zu können. Eben besucht mich ein junger hofnungsvoller Mann HE Ehrenbot, Hofmeister des HE Seif in Pillau, der Hartknochs Schwager ist und eine gantz artige Büchersamml. hat. Er bringt mir die Uebersetzung von Blairs Vorlesungen, die ich ein wenig gegen den Text halten will, weil ich gar keine Möglichkeit absehen kann, wie es Schreiter ausführen wird, dies Werk in 2 Bänden und noch dazu mit seinen Anmerkungen zu liefern, ohne gewaltige Verstümmelungen. Blair hat eine Lauterkeit, eine Schönheit in seynem Styl, die nicht durch eine Uebersetzung erreicht und übergetragen werden kann. Sein Vortrag soll eben so unnachahmlich seyn. Den kleinen Engl. habe blos als eine Uebersetzung des Garve merkwürdig gefunden, weil sie mir als solche gantz unbekannt gewesen. Einnehmer Brahl wird keinen Aufschub wegen dieses Buchs übelnehmen, wünschte der Frau Stadträthin was beßeres für die Winterabende verschaffen zu können. Was meynen Sie zur Bibliothek der Romane? Davon ich die beyde ersten Bände zu Hause habe. Doch mein ordentlicher Bibliothek. ist nicht zu Hause und ich gehe ihm noch spät mit Raphael entgegen. Vergreifen Sie sich nicht an die
    Schrauben
meiner Erbauung. Sie thun mir auch gute Dienste. Hat das Experiment gegen die stockende Wände nicht angeschlagen? Ich habe mich freylich an einen Arbiter elegantiarum gewandt, der mein
    eigenes
in petto gefälltes Urtheil unterschrieben; aber der Geschmack eines
    Hungrigen
und eines
    Lüsternen
kann auch zuweilen zusammen treffen. Der Magnet hat nicht nur einen anziehenden sondern auch entgegen würkenden Pol. – Das Schöne braucht selten wahr und gut zu seyn für unsere theure
    Kunstnatur
und närrische Naturkunst. Ein Schein des Guten und Wahren bringt die angenehmsten Situationen hervor, und ist das höchst Condimentum und Gewürtz der reinen Aesthetik. Hill hat mir unter dem 20 pr. gemeldet, daß er willens ist den 25 ej. Wien zu verlaßen und über Weimar zu Hause zu kommen. Der Abend u Raphael dringen auf einen Abschied. Vom Innhalt des Päckchens nächstens mehr. Jo G H. Adresse:
Des Herrn Krieges Rath / Scheffner / Wolgebohren / zu /
    Sprintlacken
Kgsb. den 9 Aug 85. Meine gütigste Freundinn, Ich habe nicht mehr als 2 Briefe seit Ihrer Abreise erhalten; den
    ersten
durch Fuhrmann Rehahn, den ich gleich nach Empfang den 5 Julii beantwortet; und den
    letzten
vom 29 Julii durch HE Motherby. Mehr sind mir nicht zu Handen gekommen, und ich zweifele, daß Sie mehr an mich geschrieben haben als diese beyde. Ich begreife daher gar nicht, wie Sie mir die Frage thun können, ob ich einen Brief erhalten, auf deßen Antwort Ihr letzter Brief eine Gegenantwort ist. Sie thun gar nicht gut, daß Sie allein in der Stadt bleiben, und nicht an der Gesellschaft Ihrer Frau Schwester auf dem Lande Antheil nehmen, und zu Hause vor Ihrem Fenster an Ihre abwesende Freunde denken und die langweilige Winter Sonnabende anticipiren. Der Fall zwischen uns beyden ist nicht so ähnlich, wie Sie sich einbilden. Sie haben, geliebteste Freundin, Ihren Willen gekriegt, und sind unzufriedner als ich, der nicht seinen Willen bekommen. Vielleicht würde es mir schlimmer als Ihnen ergangen seyn. Ich bin ganz ruhig, schäme und gräme mich nicht, bin eben so gleichgültig als heftig, nirgends und allenthalben zu Hause, kann aus nichts auf der Welt, am allerwenigsten aus mir selbst klug werden, und mitten in der grösten Verzweifelung genieße ich einen Frieden, der höher ist denn alle Vernunft und so sicher wie Abrahams Schooß. Gestern kam HE Sievert aus Pernau mit einem Gruß von unserm Hinz, der auch Ihren Namen auf seinen Bestellungs-Zedel aufgesetzt hatte, also noch gar nicht weiß, daß Sie ihm so nahe sind. Pernau liegt gleichwol weiter von Riga, als wir es damals berechnet, und ich zweifele, daß Sie diese Reise thun werden – Sie müsten sich denn mit der dortigen Welt ein wenig bekannter machen, um sie beßer wie jetzt beurtheilen zu können. Die Ursachen, warum ich mich dem Umgange und den Gesellschaften entziehen muß, finden bey Ihnen keine Statt. Haben Sie nicht den würdigen Staabschirurgus Parisius zu Ihrem Wirth auf dem Lande – oder ihn schon kennen gelernt? In Ihrem Hause ist meines Wißens Gottlob! alles wohl; doch davon werden Sie nähere und zuverläßigere Nachrichten erhalten. Hänschen hat vorigen Sonntag der Einseegnung der Fräul. beygewohnt. Er war mit seinem gewesenen Hofmeister HE Scheller den 28 Junii nach Pillau auf einem Bierboot gefahren und kam ersten den 3 Julii zu Hause; den 6 Julii gieng er mit eben demselben u HE Jachmann zu Fuß nach Trutenau und 14 Tage hat er da Ferien mit HE Pf. Fischer und Familie in Graventhin gehalten. Hill hat mir den 20 pr. voller Freuden über den Empfang der 18 # gemeldet, daß er den 25 Wien verlaßen und über Weimar nach Hause kommen wird. Er weis noch nichts von einem versiegelten Päckchen mit 17 #, das meine gute Nachbarin die Loge der 3 Kronen mir am Tage ihrer Johannisfeyer mit der Aufschrift:
    dem Wanderer Hill
zugeschickt. Was für große Augen wird er machen über meine Lisette Reinette, in der das Mädchen kaum mehr kenntlich ist, der er auf dem Clavier und im Ital. die ersten Anfangsgründe beygebracht, und die jetzt der guten Baroneße Freude und Ehre macht, wie ich aus ihrem und anderer Leute Mund höre; denn ich sehe sie selten, und sie kommt nur alle Monate einmal. Mutterchen ist sehr vergnügt ihre Wäsche heute getrocknet zu haben; Lehnchen hat die Nachtwache gehalten. Marianchen hat einen schiefen Vorderzahn bekommen, den ich wohl werde müßen ausreißen laßen, zur Strafe unserer und ihrer eigenen Nachläßigkeit. Das beste Buch was ich gelesen, sind eines ungenannten Schweitzers
    Vorlesungen über das so genannte Neue Testament
, die ich Ihrem HErrn Wirth u allen guten Freunden zu empfehlen bitte. Mit den herzlichsten Wünschen eines glücklichen Widersehens von mir und den Meinigen unter allem nur ersinnlichen Wohl – und mit grillenfängerischer Sehnsucht die 17 Tage meines 55sten Jahrs überstanden zu haben, ersterbe mit alter Treue und Innigkeit Ihr ergebenst verpflichteter Freund, Gevatter und Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
à Madame / Madame Courtan, / née Toussaint / à
    Riga
.
den 10 Aug. 85. Herzlich geliebtester Freund Den 3 d. ist Ihr Päckchen angekommen, welches ich aber nicht eher als bey Zurückkunft meines Sohns aus Graventihn den 6 eröffnet. Wie unsere Freude gemeinschaftlich war; so unser Dank. Noch aber habe keine Zeit gehabt das geringste anzusehen, was zu binden war, unter deßen zum Buchbinder besorgt. Von der Ruß. Bibl. kommen wol die 5 Stücke des IX. B. an den Etatsrath Scriver. Ist es erlaubt den Verf. des
    Antiphädon
zu wißen? Er ist doch aus Ihr Verlag. Viel Nachfrage nach diesem Buch hier gewesen, aber sehr wenig Exempl. wie es der Fall bey mehreren seyn soll. Von Gadebusch habe nicht den I. Band erhalten – und mein Johann Michel wünscht sich, da er die Zusätze zu Fischers Naturgeschichte erhalten, auch Ihr gütiges Versprechen des Werks selbst, wenn es in Ihrem Verlage ausgekommen, bey Gelegenheit erfüllt zu sehen. Von Mümler ist wohl vermuthlich noch kein
    dritter
Theil herausgekommen, denn die beyden ersten haben wir Ihrer Güte zu verdanken. Ich habe hier jetzt unverhoft Blair’s Lectures on Rhetoric and Belles Lettres in 2 starken schöngedruckten Qvartbänden mit des Verf. Bilde geziert Lond. 83 aufgetrieben, und den ersten Theil der Uebersetzung meines alten Nebenbulers mit dem Original verglichen, das im allen 47 Vorlesungen enthält, wovon nur 13 geliefert, denn durch eine unbefugte Theilung der dritten, zählt der Uebersetzer 14 für seinen ersten Theil. Bey allem öffentl. Lobe ist der Mann ein naseweiser puristischer Sudler, der sehr willkührlich zu Werk geht; ohngeachtet sich seine Arbeit ohne Vergleichung ganz gut lesen läßt, und dem
    Sinn
auch nicht eben Abbruch thut. Seine paraphrastische Flickredensarten und gantz überflüßige Verbindungsformeln, die er einträgt, sind gantz unausstehlich, und verdunkeln alle Präcision und die gröste Schönheiten seines Schriftstellers. – Wie gehts, liebster Freund, mit Ihrer Gesundheit? Die Witterung dieses Sommers ist eben nicht günstig. Sehen Sie den Besuch unserer Freundin, als einen Beruf an, sich auch zur Erholung der seltenen schönen Tage zu bedienen, und zur Ruhe von der Arbeit anzuwenden. Ich wünsche, daß alles bey Ihnen wohl seyn möge – wie Gottlob! in meinem Hause. Man sagt hier unsern lieben Claudius tod; ich hoffe, daß ihm dies ein langes Leben bedeuten wird. Ein solcher Vorfall würde den Aufschub meiner Reise unersetzlich machen. Man hat hier eine eben so lügenhafte Nachricht von dem berühmten Rector Scheller ausgestreut, der bald vor Gram über ein Hauskreutz gestorben, bald seine Vernunft verloren haben soll. Die Varianten machen schon diese Anekdote verdächtig. Erhalten Sie Nachricht von der guten Toblerin; so bitte mir auch, allenfalls durch Me Courtan die Zeit ihrer Ankunft und den Ort ihrer Bestimmung zu melden, wie auch meine Ihre Antwort auf meine obige neugierige Frage Ihres anonymen Verlags, so weit sie können u wollen. Mein Sohn und sämtl. Gesinde empfehlen sich mit mir Ihrem gütigen Andenken und den lieben Ihrigen. Was macht der Neumann aus Morungen? Auf den zweyten Theil der Ideen warte mit jedem Posttage. Der Wanderer Hill ist unterwegs. Wenn Sie an unsern Landsmann Arndt schreiben, so denken Sie auch meiner im besten. Gott seegne Sie und erhöre alle unsere Wünsche! Ihr alter beschämter Ex-autor, Landsmann und Freund J G H. Adresse mit Mundlackrest:
An HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 13. Aug 1785
Kgsberg den 18 Aug. an meines lieben Pathen Geburtstag 85. Herzlich geliebter Freund, Ihren Brief vom 4 erhielte den 13 d. zu großer Freude und Trost. Ich wollte schon den Sonntag drauf gleich antworten, that es auch wirklich den Montag – schämte mich aber meines Geschmiers, dergl. Sie schon kurz vorher bekommen hatten, und bleibe heute den ganzen Tag zu Hause um in Gedanken bey Ihnen zu seyn, ohne alle Wahrscheinlichkeit beßer schreiben zu können – weil scribendi principium et fons bey mir ausgetrocknet sind, so sehr es auch wider regnet, und meine jetzige Materie gar keiner Form werth ist. Gottlob! daß Sie glücklich und ziemlich gesund wider zu Hause gekommen, und auch da alles nach Wunsch gefunden haben. Ihre Hoffnung guter Nachwirkungen zur Widerherstellung meiner Verehrungswürdigen Frau Gevatterin möge auch durch die häusliche Freude des heutigen Tages befördert und immer mehr erfüllt werden! Der zweite Theil Ihrer Ideen ist noch nicht angekommen. Schon gnug, daß er heraus ist und daß Sie an mich gedacht haben. Sehen Sie mich blos als Ihren innigsten Leser an, der wie der Freund des Bräutigams steht und ihm zuhört und sich hoch freut über des Bräutigams Stimme, und diese Freude wächst mit jeder Ihrer jüngsten Schriften. Dazu habe ich noch Gefühl gnug übrig – Bey dieser Ruhe eines ganz sympathetischen Genußes habe ich weder nisum, noch Activität, noch Suffisance zu urtheilen. Ich lese, wie ich eße und trinke, mit einer Ungedult, Heftigkeit und einem horror vacui, das ich in meiner Natur auszufüllen suche – und daraus entsteht ein horror motus, ein ebenso unüberwindlicher Hang zum Schlaf, eine Unlust zu der kleinsten Bewegung und Thätigkeit, ohne einen innern Affect hingerißen zu werden, oder einen überwiegenden Anlaß und Reitz – An neuen Anläßen und Reitzen hätte es bey einer Reise nicht gefehlt, meiner Diät auch nicht an Ausnahmen, die wohlthätiger auf mich wirken als die leidigen Regeln böser Gewohnheiten. Unterdeßen hat mein Glaube an dies letzte und einzige Hülfsmittel noch keinen Schiffbruch gelitten, und zu meiner großen Aufrichtung ist der Gesichtspunct, aus dem Sie die ganze Sache ansehen, auch der meinige, an dem ich mich fest halte. Bisher hat der HErr geholfen – und nach dem Sonntags Evangelio, alles
    wohl gemacht
undauch wenn es nöthig seyn sollte, wird Er den tauben Salomon auch hörend und den sprachlosen Supplicanten redend machen. Ins Cabinet zu gehen, ist mißlich – Ein refus de main de maitre machte freylich dem ganzen Spiel ein Ende. Gott bescheer ihm ein glorwürdiges und uns beyden ein seeliges! Er verweiset alles an seine
    Behörde
, ertheilt auch unter ihrer Einschränkung nur seine Erlaubnis – Der Innhalt Ihrer Einl. aus Paris, (davon das Porto auf meine große Rechnung zu schreiben bitte) war mir schon bekannt, weil 4 gantz gleichlautende an einem einzigen Tage abgegangen waren, mich irgendwo auf meiner Reise einzuholen. Was für eine unermüdete Aufmerksamkeit und Sorgfalt, womit ich Ihn ohne meine Schuld qväle, und Er mich – Ich habe ihn um alles in der Welt gebeten, an nichts eher zu denken, als biß er wider zu Hause seyn wird. Sein Wunsch und mein eigener war es den ganzen Winter mit Ihm zuzubringen; weil es wirklich nicht lohnt, uns einander im Fluge zu sehen, und ich ihm keinen so guten Aufenthalt hier, wie Er mir bey sich verschaffen kann, ich auch in Gesellschaft meines Sohns alle Neuheit und Seltenheit einer zweiten Heimath zu schmecken im stande wäre, weil Er ohne öffentl. Amtsgeschäfte und noch alle Familiensorgen lebt, und das erste Jubel und Freyjahr einer glücklichen Ehe feyern kann. Sie können sich nicht vorstellen, liebster Gevatter, Landsmann und Freund, mit was für Grillen ich zu kämpfen gehabt habe um zu wißen, ob seine Freygebigkeit, plötzliche Heirath und Reise mit der ökonomischen Klugheit zusammen bestehen könnten – – und ob auch ächte Selbstliebe das Maaß seiner Nächstenliebe ihrwäre. Ein
    Hauptbrief
, den er mir gleich Anfangs versprach und an den er noch denkt, hätte mir alles erklärt; aber noch ist er nicht damit fertig geworden. Was Sie mir in Ansehung sSeines Characters zu erst meldeten, wurde von Lavater und Jacobi bestätigt; und jeder Brief enthielt neue Beweise und Aufschlüße, aber noch mehr Knoten und Rätzel zu neuen Entwickelungen. Von unserer gemeinschaftl. Angelegenheit, seinen Absichten mit mir und Bewegungsgründen weiß ich noch bis diese Stunde nicht das geringste, und eben so unwißend blieb ich in Ansehung seiner äußerl. Lage und Umstände. Der unbedeutende Umstand, daß er den Titel eines
    Raths
hat, und den ich von ungefehr aus einem schon alten Briefe unsers Jac. an einen hiesigen Kaufmann erfuhr, war so wichtig für mich, als irgend eine Entdeckung oder Fund eines Liebhabers. Auf einmal erhielt ein gedrucktes Wochenblatt was zu Münster auskomt, worin ein kleiner Aufsatz unter seinem
    Namen
war über das
    Verhältnis
3
    Schwestern
und die Silhouette seiner
    Marianne
, die einige Ahnligkeit mit meiner Lisette Reinette haben soll. Mußt ich nicht auf seine Erben Rücksicht nehmen, wie er für meine Kinder gesorgt hatte? Zwar war ich an seinem Misverständniße unschuldig, und hoffe es auch, auf jeden Fall zu bleiben, den ein Mensch vorhersehen kann. Ohne
    data
aber läßt sich wenig vorhersehen, und ich hatte keine andern data als die unveränderte Dauer seiner grosmüthigen und thätigen Gesinnungen, zu denen mir alle Praemissen unbekannt und verborgen sind. DerUnser Philosoph in Pemp. hatte es gar nicht gemerkt, wie viel mir an allen den kleinen Umständen, die dort jedermann weiß oder wenigstens zu wißen meynt, und also keine Geheimniße sind – gelegen war, und wie viel anzügliches dieser Feilstaub für meine Einbildungskraft hatte. Ich vertraute ihm also meine unschuldige und einfältige Neugierde an. Sein langes Stillschweigen darauf ist durch Geschäfte, Besuche und einen Rheumatismum unwillkührlich gewesen. Er hat alles inter bonos bene beantwortet, und mich vollkommen befriedigt – bis auf den Stamm und die Wurzel eines so edlen Zweiges. „Jedermann hat sich über die Heyrath gefreut; und der junge Wittwer redt als ein Kenner von ihrer durchaus guten Bildung Was die Cardinaltugend der Oekonomie beträifet, scheinen wir beyde in gleicher Verdamnis zu seyn. Alcibiades könnte ihm so wol als mir den Mund stopfen mit einem: Arzt, hilf dir selber!“ Desto beßer für Ihn! Hoc erat in votis – J. beklagt sich, seitdem Sie in Carlsbad sind, nicht das mindeste von Ihnen vernommen zu haben. Er ist sehr mit meinem letzten Briefe zufrieden. Nur Schade, daß ich selbst mich auf nichts mehr besinnen kann; und daß ich immer besorgt bin, mein unfruchtbarer Briefwechsel fällt ihm zur Last, und daß der Eckel, mit dem ich schreibe, noch stärker auf den Leser würkt. Alles was ich in petto habe, besteht darinn daß ich den letzten Julii, am heil. Abend unsers Geburtsmonaths fest entschloßen war der untergehenden Sonne den Rücken zuzukehren, wie sie unserm Vaterlande, und auf gut Glück der aufgehenden entgegen zu eilen – mit dem unbeantworteten und vermuthlich unterdrückten Memoire vom 1 Januar. 83. omnia poma nona et vetera auf einmal zu überreichen. Der impetus aber ist ziemlich verraucht. Das ganze Haupt ist krank, und das ganze Herz ist matt. – Verzeyhen Sie, alter lieber Freund, daß ich über eine Sache so geschwätzig bin, die mich so nahe angeht, und wovon mir das Schweigen eben so schwer wird, als das Reden. Es ist noch alles zu unzeitig und noch nicht reif, um geniesbar zu seyn. Behalten Sie auch dieses Nichts, was ich geschrieben nach Maasgabe meiner eigenen Unwißenheit, für sich allein; weil dem Manne sowohl, welchem ich die gröste Verbindlichkeit schuldig bin, als mir selbst an einem stillen Fortgange der Sache gelegen ist. Mein Johann Michel ist diesen Vor- und NachMittag auf der Post gewesen; die fahrende ist aber noch nicht angekommen. Den Empfang mit meinem herzl. Dank werde sogl. bescheinigen – und im Fall eines längeren Ausbleibens kann Hill sich in Erfurt erkundigen, und die Abgabe auf der Post besorgen, wenn es etwa in Berlin liegen geblieben seyn sollte. Heute hat mir ein ehrlicher Jude Hirsch vom Friedländerschen Comptoir meinen letzten Brief aus Wien wider retour eingehändigt, auf dem der Buchhändler Wucherer unter dem 5 Aug bescheinigt, daß Hill schon vor 8 Tagen abgereiset. Es wäre mir lieb, wenn ich aus Weimar von ihm Nachricht erhielte. Bitten Sie ihm doch, daß er nicht vergißt sich dem D. Biester zu zeigen, weil Kraus seinet halb an denselben schreiben wird. Ich besuchte gestern einmal unsern Oberhofprediger Schultz, der mir die Acten einer Erscheinung zu lesen gab, welche viel Aufsehens macht. Es betrift dieeine Bande von Religionsspöttern, die aus 50 meistens Studenten der Theol. bestehen soll. Sie geben sich für
    Kantianer
h.aus, könnten eher
    Schultzianer
von dem berüchtigten Gegner Mendelssohns heißen, aber noch beßereigentlicher
    Domnauer
. Ein Creyßcalculator in Domnau hat einen Sohn
    Friedr. Wilh. Schultz
, der sich bey seinem Vater aufhält mit dem dortigen Pfarrer
    Riedel
in Bekanntschaft komt. Dieser würdige Mann, von dem ich viel Gutes gehört, empfiehlt ihn zum Hofmeister bey einem Edelmann. Wie sein Untergebener eingeseegnet wird; platzt sein Lehrmeister mit seiner bisher heimlichen Weisheit auf einmal heraus, vermahnt ihn alles bisher gelernte, als Pfaffengeschwätz zu vergeßen und sich nunmehr der moralischen Führung seines Hofmeisters zu überlaßen. Dieser Unfug wird immer offentlicher und lauter von ihm getrieben, selbst in der Kirche. Der Pfarrer schreibt einen ganz vernünftigen und gesetzten Brief an ihn, kündigt ihm allen bisherigen Umgang und Zutritt in seinem Hause auf, und beklagt es ihn zum Hofmeister in Vorschlag gebracht zu haben. Hierauf komt eine Antwort entre chien et loup; worauf wider eine gesetzte und gründliche Replique vom Pfarrer erfolgt, die der junge Mensch mit Wuth und Unverschämtheit erwiedert, worauf sich Riedel gemüßigt sieht die ganze Speciem facti nebst den Abschriften des Briefwechsels an das Consistorium zu referiren. Der Urheber dieses ganzen Handels hat alles gestanden, und sich mit 4 seines Gelichters unterschrieben, daß keine Sittenlehre noch gesunde Vernunft noch öffentl. Glückseeligkeit mit dem Χstentum bestehen könnte. Ob Kant von diesem eben so ärgerl. als lächerl. Vorfall unterrichtet ist, weiß ich nicht, noch wie er sich dabey verhalten wird. Er hat das Unglück gehabt sich seine rechte Hand zu verlähmen, daß er nicht imstande seyn soll die Feder zu führen, wozu er währender Hundstagferien die beste Muße hat, besonders da seine Metaphysik der Körper auf Michaelis erscheinen wird soll. Wißen Sie schon daß Hinz von Hasenpoth nach Pernau als Stadt Secretair gekommen und meine alte Inclination geheyratet, die bey Hartknoch als eine Anverwandtin seiner ersten Frau im Hause gewesen. Durch eine neue Ukase, die ihm die Advocatur hinführo untersagt, geschieht ihm Abbruch auf die Zukunft. HE Pf. Fischer besuchte mich am Sonntage mit dem pollnischen reform. Prediger Wanowsky, erkundigte sich nach Ihnen und empfiehlt sich Ihrem freundschaftl. Andenken. Er hat wieder in diesem Jahre sein einzig Kind verloren, kam eben aus Graventihn zurück, wo er sich mit seiner Frau über 14 Tage aufgehalten, weil der junge Deutsch sein Pensionair u Catechumen ist. Seine Gemeine ist klein, aber sehr ausgesucht. Alles Leute von Stande und von Geschmack. Gott laße Ihnen viel Freude an meinem Pathgen und sämtl. Consorten erleben und gebe Ihnen siebenfältig alles Gute in Ihrem 42 Jahre als ich zu meinem 56 mir immer wünschen kann – neue Kraft und Stärke zu Amts- und Autorgeschäften, Gnade und reichen Seegen zu allem Vornehmen und Thun. Empfehlen Sie mich meiner Verehrungswürdigen Frau Gevatterin, und ersetzen Sie den Mangel meines Ausdrucks. Grüßen und küßen Sie Ihre lieben Kinder von mir und den meinigen. Meine Hausmutter ist heute bettlägrig geworden, und in meiner Nachbarschaft sind 2 Leichen und 3 Kranken, von denen einer schon das Gehör verloren. Alles um mich herum schläft; und der Mond scheint neben dem dicksten Gewölke. Ich umarme Sie – und ersterbe   Ihr alter treuergebner Johann Georg Hamann.
Königsberg d. 25 Aug. 85. Mein gütiger Herr Kriegsrath, Bis auf Imberts Erzählungen habe alles richtig erhalten. Hartung, oder wahrscheinlicher einer seiner Leute schickte mir vorigen Sonnabend ein Exempl. der philos. Vorlesungen ins Haus, die ich gleich zum Heften beförderte, und mir blos Zeit gelaßen die Blätter aufzuschneiden. HE Wagner hat einige verschrieben, und hat Ihnen auch eins zugedacht; es wäre mir aber lieber, wenn Sie erst das Buch vorher ansehen möchten, und er Ihre Erklärung deshalb abwartete. Ich habe es in einigen Stunden durchlaufen müßen, und mein außerordentlicher Geschmack wurde vielleicht durch einen der ersten Holl. Heeringe geschärft, die eben damals mit der Post angekommen waren, und den ich mit dem Buche zugl. verzehrte. Die Recensenten in Nürnberg und Halle scheinen nicht bey einer so günstigen Diät und mit so gutem Appetit gelesen zu haben. Als Gelehrter ist man kaum im stande ein solches Werk ohne Eifersucht zu loben – oder es geht ihm auch, wie einem Kameel vor einem Nadelöhr. Die Vorlesungen wünsche ich daher am frühsten zurück; mit den übrigen 3 hat es gar keine Eile. Heute ist unser Freund Herder in sein 42stes und sein vierter Sohn Adelbert in sein 7 tes Jahr gegangen. Dieser doppelte Geburtstag ist von mir heute bey unserm dirigierenden Oberbürgermeister gefeyert worden. Der zweite Theil ist heraus, aber noch nicht von
    Erfurt
aus angekommen. Herr Scheller hat mir seine Abreise in Ihre Gegenden in Begleitung des HErrn Kriegsrath Deutsch gemeldet, und hoffe bald von dem guten Erfolg entscheidende Nachrichten zu erhalten. Die Bücher habe an HE Pf. Borowski abgegeben, aber noch nichts dagegen erhalten. Bey der Gelegenheit habe 3 Briefe des Spaldings, den
    Streit der Religion betreffend
, kennen gelernt, welche bereits 755 herausgekommen, als ein Anhang zu einer kleinen engl. Uebersetzung über die deistischen Grundsätze in 2 Gesprächen zwischen einem Zweifler und Deisten. Die Wechselbriefe aus Wien und Berlin über einige Paradoxa unserer Zeit haben mir mehr Vergnügen gemacht als ich denselben zugetraut. Man muß die ersteren blos der Antworten wegen aus Berlin lesen. Es soll eine Fortsetzung von beyden herausgekommen seyn, wovon aber nichts gewißes erfahren können. In diesen beyden Producten ist der Unterschied des
    Geistes
recht auffallend. Monboddo ist verkürzt und mit dem zweyten Bande glücklich zu Ende. Von Blair kann man wenigstens auf 4 Theile sich Rechnung machen. Ich habe Gelegenheit gehabt die Uebersetzung zu vergleichen, welche sich sonst recht gut lesen läßt – aber in der Vergleichung unendlich verliert, nicht aus dem von Ihnen angeführten Grunde, sondern aus Nasenweisheit, Leichtsinn oder Gleichgültigkeit des Uebersetzers. Keine Seiten, wo nicht
    Flickwörtter
und
    Redensarten
vorkommen – Ich hätte eben so gern die Uebersetzung der Predigten verglichen, weil ich auch nicht recht den engl. Styl darinn erkenne, aber ich habe das Original nicht auftreiben können. Sacks Vortrag ist auch mehr nach meinem Geschmack, als der gar zu wortreiche Zollikofer, der fast in lauter Exclamationen und Interrogationen betet und predigt. Der erste Theil seiner heil. Reden über den Werth des menschl. Lebens ist das erste und einzige Buch, das ich bisher von ihm gelesen – und ich vermuthe, daß unser Kirchenrath Neumann ehmals aus dieser Qvelle zu reichlich geschöpft, und mir selbige daher ein wenig trübe gemacht hat. HE. Sub-inspector Sommer ist endlich Sub-Bibliothecarius an des seel. Kreutzfelds Stelle geworden. Mayer ist reisefertig nach Curland, schon diese ganze Woche gewesen. Sein kleiner Samuel ist ein feines, allerliebstes Kind. Ich glaubte Ihnen bereits seit langer Zeit die bey Hartknoch ausgekommene Briefe zum Ansehen mitgetheilt zu haben. Meine Pflicht oder Absicht ist es wenigstens gewesen. Sie haben sich immer auf einem Tisch umgetrieben ohne daß ich Lust gehabt sie zu lesen, und seit einem halben Jahr hat sie Dorow in seiner Obhut. Vom patriotischen Archiv habe meines Wissens nur das erste Stück gelesen, zu dem Herder auch, wo ich nicht irre, einen Beytrag geliefert, irgend eine Urkunde der sächsischen Kirchengeschichte, oder so etwas. Ich bin sehr ungedultig nach Mendelssohns Morgenstunden – Dies soll seine letzte Schrift seyn; weil er sich ins Mecklenburgsche zur Ruhe begeben will, dem Handel und der Autorschaft entsagen. Die ihm entwandte Bogen sind wie ein Supplement anzusehen des XXIV. Stücks in Engels φφen für die Welt; ich habe aber selbige weder lesen noch verstehen können. Mein zweiter Brief nach Wien ist den 18 d. zurückgekommen, und Wucherer hat den 4 darauf bescheinigt, daß Hill bereits vor 8 Tagen abgereiset gewesen. Ich schmeichele mir einen guten Collegen für Raphael und meinen Sohn gefunden zu haben an dem ältesten Nicolovius, der ein sehr gesetztes Wesen an sich hat, viel Lust zu Sprachen und im Engl. schon recht weit gekommen ist. Auf die Bergerschen Tabellen habe schon längst für meinen Sohn gedacht. Kraus empfahl ihm einen Tag das
    Remersche
Handbuch, war aber den Tag drauf, auch mit demselben nicht recht zufrieden, wollte es zu seinen Vorlesungen brauchen. Hans liest es jetzt, und die Gottersche Geographie hat er auch schon einmal gebraucht. Es heißt aber auch hier: Verlaßt euch nicht auf Bücher – sie können ja nicht helfen. Universalmittel giebt es nicht; und der Fleiß selbst steht sich bisweilen im Wege. Die Hauptsache kommt immer auf Gedeyen an. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin und Ihrer Nachbarschaft in Friedrichsthal und Petersdorf mit dem Wunsch daß es mit der Ambulance bald zur doppelt festen Adjunctur kommen möge. Uebermorgen hoffe ich auch mit meinem 55sten Jahr fertig zu werden, an dem ich mich ganz müde geschleppt. Wir erwarten Sie hier, und ich wünschte Ihnen was Neues aus erster Hand mittheilen zu können. Ich bin mit meinem ganzen Hause Ihr ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann.
Pempelfort den 12ten Sept. 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 24 Sept 85  Geantw den 28–2.3 Oct.No 14. Innig Geliebter Hamann, Herzens Freund und Vater Ich hoffe Sie haben meinen Brief vom 5ten Aug erhalten. Am 11ten deßelbigen Monaths erhielt ich den Ihrigen vom 31ten Julii, u besorgte gleich folgenden Tages den Einschluß nach Paris. Von unserem Buchholz sehe u höre ich nichts, so daß es mich würklich traurig macht. Ich will Morgen an seine Schwiegermutter nach Münster nach Münster schreiben, ob ich etwas erfahre. Vor 4 Wochen schrieb ich an die Prinzeßin, die seit dem nach Hof Geismar verreist ist, u wurde nichts gewahr. Eben so an Kleucker. Sie sind zuverlaßig nicht ohne Nachrichten. Aber das Königsberg liegt unglücklicher Weise so weit v der Hand. Ihr Verlangen nach Detail von Buchholtzens Umständen, habe ich in meinem jüngsten Briefe nur schlecht befriedigen können, weil ich selbst zu wenig unterrichtet bin. Sie fragen diesmahl nach Marianens Schwestern. Die habe ich nur einmahl, u zwar in Gegenwart der Prinzeßinn gesehen. Das Aeußerliche sprach gar nicht für sie. Auch hat mir Buchholtz nie etwas von ihnen gesagt, weder Gutes noch Böses. Heute vor 8 Tagen, mein Lieber, habe ich 3 Exempl. meiner eben fertig gewordenen Schrift, in einem an Fischer u Legnick adreßierten Packet, an Sie abgeschickt. Der Bogen 0, der die 4 ersten u die 4 letzten Blätter ausmacht, ist der Probebogen, nur auf conformes Papier gedruckt, u es ist vergeßen worden, S. 2 ders Vorberichts, das Wort
    sie
auszustreichen, u
    diese Schrift
dafür zu setzen. Ein ganz reines Exempl. kommt mit Gelegenheit nach. Eins von den Gesche gesandten Exempl. ist für Sie, Eins für Hippel, u Eins für wen Sie wollen. Mich verlangt herzlich zu erfahren, was für einen Eindruck nun das Ganze auf Sie machen wird. Mir ist unter dem Schreiben der letzten Bogen sehr wohl geworden, u mir ist noch itzt davon sehr wohl. Gott wird weiter helfen, u mit meinem täglichen Gebeth um ein reines Herz, u einen neuen gewißen Geist, mich nicht zu Schanden werden laßen. Ich fand neulich in einem Ihrer Briefe (dem vom 17ten May) eine Stelle, die ich glaube nicht beantwortet zu haben. Ich will sie nun Punktweise hersetzen u beantworten. „Ist das Original von Hemsterhuis Simon noch nicht heraus?“ – Noch nicht. Er hat einiges darin veränderen wollen, u kann nicht damit zu Stande kommen. „Daß ich auf seine Antwort auf Ihr Schreiben neugierig bin, können Sie, l. F. leicht erachten.“ – Diese Antwort ist immer noch zurück. Hemsterhuis ist gegenwärtig mit der Prinzeßin zu HofGeismar, wo er genug gemahnt werden wird. Der
    Druck
meines Briefes an ihn, mag aber leicht noch stärker würken. Mich verlangt was er dazu sagen wird. „Was meynen Sie aber mit dem daselbst angeführten Articul Spinoza – kann man darauf sub sigillo confessionis, das mir heilig ist, nicht Ansprüche machen?“ – Ich meyne nichts anders mit diesem Articul, als was ich am Anfange meines Briefes, aus dem v Hemsterhuis v Wort zu Wort abgeschrieben habe. Seit dem hat Hemsterhuis noch ein paar Mahl über den Spinoza sich gegen die Prinzeßin heraus gelaßen, aber immer in demselbigen Geiste, u demselbigen Ton. In dem Briefe an mich kam die Rede davon, bey Gelegenheit des Bildnißes des Spinoza, welches mir Hemsterhuis versprochen hatte nebst einem Spinozistischen Werke v Kuffler. Zwischen den Büchern die ich Ihnen heute vor 8 Tagen geschickt habe, liegen zwey Exempl. eines Kupferstiches, der mich vorstellen soll, u doch etwas leidlicher ist, als die scheußliche Copie, vor ich weiß nicht welchem Bande der Allg. Biblioth. Eins von diesen Exempl geben Sie Hippeln, wenn es ihm darum zu thun ist. – Und nun noch ein Wort v Hippel. Ich weiß
    zuverläßig
daß er der Verfaßer der Lebensläufe ist, u Sie wißen es auch. Eh ich dieses wußte, habe ich einmahl an ihn geschrieben, u auch Antwort von ihm erhalten. – Sollte er Ihnen davon gesagt haben, so entschuldigen Sie mich daß ich nicht wieder geschrieben habe. Der Aufschub kam daher, daß ich den letzten Band seines Werks noch einmahl lesen wollte, u auch würklich noch einmahl gelesen habe. Hernach wollte ich die vorhergehenden Bände auch noch einmahl durchlaufen, u da fand sich daß der Erste davon verlohren war. Ehe dieser wieder angeschafft war, verstrichen einige Wochen; u so kam mir der harte Winter von 83 in 84 über den Hals – der sehr vieles ungeschehen werden ließ. Wenn ich wüßte daß der vortreffliche Mann noch gern eine Antwort v mir hätte, so sollte er sie bald erhalten. Es ist weit über allen Ausdruck was ich für ihn fühle. Hier der Zedel, den Sie jüngst von mir begehrten. – Ich danke Ihnen, lieber HerzensFreund, daß Sie mir den Tag Ihrer Geburt meldeten. Diesmahl habe ich ihn an dem eigentlichen Tage nicht feyern können, weil ich an wüthenden Kopfschmerzen zu Bette lag. – Gott erhalte Sie, u gewähre mir bald die Freude, Sie von Angesicht zu sehen. Schon seit einigen Posttagen sehe ich einer frohen Nachricht hierüber entgegen – O, daß Hamann käme – u bald, bald! Grüßen Sie Ihren wackern Johann Michael doch auch einmahl von mir! Ich habe nun die Vorlesungen über das neue Testament gelesen, u schmachte nach der Fortsetzung. Sie sind gewöhnlich alle Abende mit mir zu Bette gegangen, u waren morgens früh wieder zuerst in meiner Hand. Große, durchdringende, anhaltende Freuden habe ich dabey genoßen. Ich bin ganz Ihrer Meynung, daß dieses Werk verdient ein allgemeines Haus und Familien Buch zu werden, u habe zu seiner Verbreitung mein Schärflein beygetragen, indem ich in meiner neuen Schrift eine Stelle daraus angeführt habe. Den Brief an Lavater, um nach dem Verfaßer zu fragen, den Sie mir beyschlagen wollten, habe ich nicht gefunden. Ich habe nun selbst bey Lavater angefragt. – Sollten wir nicht diese herrlichen Vorlesungen zum Theil dem guten Lavater schuldig seyn, der in seinem gelästerten Pontius dahin Weg wies? – Den frommen reinen Willen segnet unser Vater im Himel überall. – Ich besitze eine sehr ähnliche Schrift in der Handschrift, von einem jungen Geist vollen Manne, aber noch unvollendet. Sie behandelt ganz allein den Matthäus. Künftig mehr davon. Von unserm lieben Herder habe ich seit 3 Monathen nichts vernommen, u der böse Mensch hat mir auch nicht den IIten Theil seiner Ideen geschickt, der doch heraus ist. Ich habe dieser Tage an ihn geschrieben u ihm mein Büchlein geschickt. Gerade da ich an der zweyten Seite meines Briefes war, wurde mir ein Packet von meinem Buchhändler aus Frankfurt gebracht, u darin die Ideen. Ich habe sie erst wie ein
    Raubvogel
gelesen, u werde sie nun wie eine Schnecke lesen. Als Raubvogel erblickte ich hie u da Stellen, wo mir ein gewißes
    Durcheinander
von Physics u Theologie zu seyn schien, welches mir nicht recht behagte, u gewiße alte peinliche Empfindungen in mir erneuerte. – Meine Geschichte mit Herder ist eine lange verwickelte Geschichte, voll Bewegung – Ich schrieb ihm diesmahl aus Gelegenheit meines Spinozabüchleins noch im Postscript: „Schade daß die Post abgeht. Ich habe vom
    Mohren u Zuckertrank
genommen u mich wieder erholt, u könnte nun noch ein paar Seiten mit Dir herunter schwatzen. Als ich mich gestern hinsetzte an Dich zu schreiben, hatte ich vor, unter andern Dich davon zu unterhalten, wie es dem Menschen nicht zukomme,
    Gott
zu
    offenbahren
; sondern daß Gott ihm muß offenbahrt
    werden
. So oft er jenes will, wird seine
    richtigste
Philosophie gerade die verkehrteste. – Vielleicht haben die alten Geheimniße hierin ihren Grund. Die
    eigentliche
Theologie, kann nie
    eigentliche
Philosophie werden.“ u.s.w. –. Eben erhalte ich einen Brief von dem ehrlichen, guten, lieben Kleucker. Hier eine Stelle daraus. „Sie laßen dem Untersuchungs-Geiste u der Vernunft in dem wozu sie dienen kann u soll Gerechtigkeit wiederfahren;
    erkennen dabey aber auch vermittelst des Glaubens, der wie ein Anker in das Unsichtbare u Ewige reicht, ein Gebiet Menschlicher Bedürfniße, die die Vernunft, als solche, nie befriedigen; u ein Feld, das sie nicht urbar machen kann
.“ – Leben Sie wohl, lieber Herzens Freund, u gebe Gott daß Sie bald kommen. Ihr ewig getreuer Fritz Jacobi. Am 13ten Sept. 1785.
Kgsberg den 16 Sept. 85 HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath und Freund, Ihre gütige Zuschrift vom 8 habe mit den Vorlesungen erst heute erhalten, und vorgestern die Nachricht von HE Wagner wegen der zurückgeschickten Imbertschen Erzählungen, von denen mir auch die letzte erträglich erschienen. In Hartknochs Katalog find ich eine Uebersetzung von Imberts
    Morgenzeitvertreib
oder kleine Erzählungen in 2 Theilen, die zu Breslau 84 ausgekommen, welche einerley Buch zu bedeuten scheinen. Der Einfall Reveries philosophiques in Morgenzeitvertreib zu travestiren macht mich nur neugierig nach dieser Kleinigkeit. Hartknoch hat mir ich weiß selbst nicht wie? die kleine Schrift über Offenb. zugeschickt, welche ich beylege. Ich bin jetzt aller sophistischen Schleichwege überdrüßig, und wünsche nur daß der noch immer unbekannte Verf. der Vorlesungen die gerade einfältige Bahn, welche er so glücklich eingeschlagen fortsetzen und vollenden möge. Diese verbindet das Älteste und Neueste, das trivialste und paradoxeste für meinen Geschmack. Mein zweiter Brief nach Wien ist mir durch das Friedlaendersche Comptoir den 16 Aug. widereingeliefert worden. Wucherer hat unter dem 5 ej bescheinigt, daß Hill vor 8 Tagen bereits abgereist. Sein gesetzter Termin war der 25 Julii. Den 28 Aug. erhielte einen seltsamen Brief von einem Buchdrucker Weimann, der mir viel Guts von Hill schrieb, wo ihn Wucherer in die Kost gegeben, und daß er von Me. Wucherer die er im Ital. unterrichten müßen und ihrem kleinen Albert sehr vermißt würde – mit der Bitte doch Nachricht von seiner glückl. Ankunft zukommen zu laßen. Ich erwarte mit jedem Posttag einen Brief aus Weimar von ihm – und werde beynahe deshalb unruhig. Y.R.W. kann ich wol keinen Anspruch auf das HE.R P. u. Hauptmann von S. Hochwolgeb. Vertrauen machen. Es soll nicht an meinem
    guten Willen
liegen – und das ist alles, was ich noch übrig habe. Aber Hill muß erst
    hier
seyn – und in jedem Fall werd ich das
    Beste
meines jungen Freundes meiner Neigung und Intereße ihn um mir zu haben vorziehen, und ich glaube immer daß ersteres durch die Verbindung mit einem so gründlich und gut denkenden Manne befördert werden wird, der in der Hauptsache mit Hills Character und gelehrigen Bescheidenheit zufrieden seyn dörfte. Nach einer unangenehmen Unterbrechung von einigen Stunden bin ich wider im Stande fortzufahren. – Ich war ausdrücklich den ganzen Nachmittag zu Hause geblieben, um in aller Ruhe an einem neuen Buche schwelgen zu können, das ich mir diesen Morgen mit vieler Mühe abgeholt hatte. Considerations sur l’ordre de Cincinnatus ou Imitation d’un Pamphlet Anglo-Americain etc Par le Comte de Mirabeau etc a Londres 785. p. 385 gr. 8o. Das engl. Pamphlet ist im vorigen Jahre zu Philadelphia ausgekommen unter dem Namen eines Adams Burke, der zuerst über die Errichtung des neu errichteten Ordens Lerm geblasen, der als ein erblicher Adel oder Patriciat das ganze demokratische Gebäude zu Grunde gerichtet haben würde. Auf diese meisterhafte Umarbeitung eines Mirabeau die mehr als Uebersetzung und Nachahmung ist, folgt ein langes Postscriptum über die bereits geschehene Aufhebung dieses Ordens nebst den Urkunden zu seiner Geschichte, ihre Statuten und ein Circulare dieses Ordens von Washington unterzeichnet, mit den schneidenden Anmerkungen des Mirabeau. So weit bin ich gekommen, bis p. 181. Nun folgt noch ein
    Brief
des berühmten Turgot an Doctor Price und eine
    Abhandlung des letztern über die amerikanische
Revolution und die Mittel selbige für die Menschheit nützl. zu machen. Den Schluß machen wider Anmerkungen des Verfaßers. Ich habe also noch die stärkste und vermuthlich beste Hälfte des Werks übrig; zu deßen Uebersetzungen ich mit Rath und That behülflich seyn wenigstens Kraus zur Beyhülfe aufmuntern werde – auch für des Mirabeau neu confiscirte Schrift über die spanische St. George Bank sorgen, daß selbige hergeschaft und als ein Anfang zu dieser Samml. komme. Von der neuen und berichtigsten Ausgabe der Briefe des Fr. weiß nichts. Wegen einiger Abhandlungen, auf die mich mein Freund in Düßeldorf aufmerksam gemacht, bin ich so unverschämt mir das ganze deutsche Musäum auf
    einige Zeit auszubitten
. Je eher ich diese Fracht,
    wenn sie nicht auf einmal zu stark ist
, bekäme, desto geschwinder könnte ich damit fertig werden. HErrn Deutsch habe ich heute Ihre Einlage, GeEhrtester Freund abgegeben. Er wird in ein paar Tagen abreisen die Michaelsferien über, und hat mir auf morgen unsers doppelten Candidaten Ankunft angemeldet, aber wider alle Vermuthung aus Graventihn. Ich muß mich noch wegen 2 Misverständnißen wo nicht rechtfertigen, doch wenigstens bey Ihnen entschuldigen. Bey aller meiner gegenwärtigen Schwäche das geringste Kluge zu denken oder zu schreiben, hat es mir kaum einfallen können Zollikofer u N. zu paaren. Bey allem Eindruck, den des ersten Schönheiten bey mir gemacht, widersteht etwas in seinen Reden meinem Geschmack, das ich nicht der Mühe werth gehalten zu untersuchen, und ich damals mir erklärte durch das Plagium des Schreyers, der aber den alten Cramer, wie man mir gesagt, zu seinem Steckenpferd mehr brauchen soll. Der erste Band über die Predigten über die Würde des Menschen u den Werth, sind meines Wißens das erste Buch, das ich von Z. gelesen. Nunmehr weiß ich, daß es an jener Aßociation meiner Einbildungskraft nicht liegt, sondern mehr an meiner Idiosynkrasie, die das wortreiche, das gleichförmige, das abgezirkelte, das kunstmäßige, das über und über redende für unnatürlich hält. Der 2 te Theil von Monboddo hat für mich mehr Innhalt gehabt, als der erste. An statt mit ihm gar nichts zu schaffen haben zu wollen, habe ich mir seine
    alte Metaphysik
verschrieben, so schwer sie auch meinem Beutel fallen wird. Seine Hypothese aber von Erfindung der Sprache ist immer in meinen Augen eine Grundlüge, die wie eine schädliche Fliege alle seine übrige Untersuchungen vereitelt. Sprache und Sprachkunst sind ganz verschiedene Dinge, wie Vernunft und Philosophie. Der Beyfall, den M. mit seinen Metten finden wird, und sich zum voraus versprechen kann, soll ihm keine Vesperlection von mir zuziehen; da ich mehr meine Schwäche als meine Stärke fühle – und Gottlob! keinen Brief mehr, noch Billet, viel weniger ein Buch schreiben kann. Ich habe ein Jahr lang über Spinoza Sittenlehre gebrütet, ohne um ein Haar weiter gekommen zu seyn. Mendelssohn und seine Freunde sind über den Verdacht des Atheismus sehr aufgebracht gewesen, ohngeachtet ich denselben für einen bloßen Atticismus oder Dialect der reinen Vernunft halte, und dafür erklärt habe. Leßing soll auch zum Spinozismo,
    Einem und Allem
, seine Zuflucht genommen haben, als der letzten Theorie seines Christentums. Dieser kleine Umstand hat seinen Biographen irre gemacht – und durch alle diese Episoden, bin ich auf meine Idee einer Metakritik über den Purismum der Vernunft und Sprache, die ich schon seit 81 im Schilde geführt, zurück gebracht worden. Aber gegenwärtig geht es mir nach den Anfangsworten Agurs d – und in meiner Lage hab ich weder Lust den Mund aufzuthun, noch durch meine Gänsekiele zur Menschenverklügerung oder zum Weh ihres Aergernißes eine Zeile beyzutragen. HE. Mayer ist den 27 Aug. abgereist. Er hat an seinen Freund
    Sprengel
geschrieben viel Ungemächlichkeiten unterwegs wegen der Ueberschwemmungen durch Litthauen gehabt zu haben. Ich habe bey ihm Abschied genommen um ihm einen Gang zu ersparen, und erhielt wenige Tage nachher noch eine Abschiedskarte, die er dem Licentfuhrmann abgegeben, welcher sie vergeßen zu bestellen. HE. Sprengel hat mir seinen Besuch noch diese Woche versprochen, ohne sein Versprechen bisher erfüllt zu haben. Unser Freund in M. wird wenigstens eine vortheilhafte Zerstreuung durch seine Reise nach Berlin erbeuten. Mein Sohn, der sich bestens empfiehlt, hat die Einlage nach Trutenau an Kaufmann Jacobi abgegeben, der seine Familie diesen ganzen Sommer daselbst eingemiethet, und alle Abende selbige besucht. Ich wünsche sehr den Erfolg von dem Börnsteinöl gegen das Stocken zu wißen, um das Experiment desto sicherer nachahmen zu können. Die beste Philosophie über die Sprache habe ich in einem Buche eines deutschen Schulmanns gefunden, der mit der letzten Meße noch 2 Schriften ausgegeben, die ich weder im hiesigen Buchladen noch, wo ich selbige vermuthet, habe auftreiben können, so sehr auch ihr Innhalt meine Neugierde intereßirt. Der Mann von unerkannten Verdiensten heißt
    Meiner
, und ich besitze von ihm blos eine hebräische Grammatik. Seinen Versuch einer an der menschl. Sprache abgebildeten Vernunftlehre hoffe ich in einer Auction zu erhaschen. Eine Fräul. von Bardeleben ist eine Gespielin meiner Lisette Reinette gewesen, und unterschied sich durch ihre vorzügl. Lust zu lesen und Fähigkeit in Sprachen. Diesen Sommer verließ sie erst die Pension und war ein Liebling der Baroneße. Es ist mir lieb, daß wir Kinder eines Monaths und einer Decade sind. Ich hatte mir aber den Unterschied größer vorgestellt – weil ich kürzl. die Ehre hatte von einem sehr galanten Juden, der Hartknochs Bücherhandel in seiner Muttersprache versteht und hier Hochzeit machen will, für einen 70 ger angesehen zu werden. Erwiedern Sie das Andenken der Frau Gemalin und Ihres HErrn Gevatters aufs nachdrücklichste und gefälligste von Ihrem ergebensten J G Hamann. Ich muß Hill erst
    haben
und
    sehen
; und Kraus werde mit zu Hülfe nehmen für einen guten Hofmeister Sorge zu tragen auf allen Fall. –
Kgsb. den 18 Sept. 85. Höchst zu Ehrender Freund, HE. Scheller ist gestern nicht eingetroffen, statt seiner Person erhielt einen Brief von ihm aus Petersdorf, den ich auf sein Verlangen heute dem HE. Pf. Fischer mitgetheilt, weil er von dem hiesigen Fortgange seiner Angelegenheit auch durch einen Expreßen im Nothfall Nachricht zu haben wünscht, ich aber nichts davon weiß, auch alles in Erwartung, daß er heute eintreffen wird, für überflüßig halte. Da die schlechte Witterung mich zu Hause hält, hab ich die 3 ersten Predigten Zollikofers widerholt, um mein Vorurtheil theils zu berichtigen theils mir selbst zu erklären. Sie beobachten mit Ihrer gewöhnlichen Feinheit, daß der Beyfall mich ein wenig scheu machte und zum Widerspruch geneigt, vielleicht gar zu einem heimlichen Neide. Diese Qualitas occulta meines Mistrauens macht mich gleichwol auf keine Art unfähig diejenigen Talente, auf die ich nicht den allergeringsten Anspruch machen kann und zu denen mich die Natur oder mein eigenes Misverständnis derselben mich verschnitten hat, desto inniger zu bewundern und zu untersuchen erkennen. Aber mein Geschmack ist einmal lieber gar nicht urtheilen, als nach dem bloßen
    Ansehen
der
    Person
oder
    Sache
. Z. verbindt mit dem Reichtum seiner Sprache eine sehr glückliche Oekonomie der Worte für den Verstand und das Herz. Die Schnur seiner Fragen, Ausruffungen und Redefiguren ist voller Licht und Wärme für die Einbildungskraft. Sein Mechanismus ist voller Symmetrie. In seinen Gebeten, Abtheilungen und Anwendungen ist Einheit und künstliche Beziehung. Diese Schönheiten und Energien sind so sichtbar und so sinnlich, daß nur ein Blinder und Tauber selbige leugnen oder in Zweifel ziehen kann; aber eben so wenig die Tavtologien und Einförmigkeit, und daß ich selbige mit einer ebenmäßigen Genauigkeit und Evidentz fühle, und ein wenig abergläubisch die evangel. Armuth und Einfalt den Ethnicismis und ihrer Polylogie im Beten und Lehren unendlicher und inniger vorziehe; weil ich für Wahrscheinlichkeit weniger reitzbar bin als für Wahrheit. Die Wahl des Textes fiel mir gleich auf, und die Kühnheit gefiel mir – weil man, wie Morus sagt, von keinem einzigen Menschen, auch nicht vom ganzen menschl. Geschlechte sagen kann im strengsten und eigentlichsten Verstande, daß ihm die ganze Natur unterworfen gewesen sey, als von dem einzigen Individui und Ideal, worauf ein gewißer Lehrer der Heiden diese prophetische Stelle gedeutet. Wenn auch der Sprachgebrauch es einem Redner erlaubt von jedem Unterthanen zu sagen was das eigentliche Prädicat des Fürsten und Monarchen ist: so besteht doch der Grund des Christentums oder die Form deßelben nicht in einem bloßen Sprachgebrauch. Die Frage des Kämmerers: Von wem redt der Psalmist solches? ist doch wenigstens einem andächtigen Leser erlaubt – wenn gleich der andächtige Zuhörer des Predigers Fragsucht gedultig aushalten muß und die wenigstens richtig zu beantworten kaum im stande sind ist. Ist in diesem Fall vom Menschen überhaupt die Rede: so verlier ich fast allen Sinn und Zusammenhang; weil ich gar nicht begreifen kann, daß unserer Natur dadurch Leid geschehen, daß selbige etwas geringer als der Engel oder Götter ihre gerathen, und daß der höchste Gott diesen geringen Abbruch, oder eines Sterbl. Murren darüber gut gefunden hätte mit Majestät zu krönen. Ich weiß wol, daß Hiobs Beschwerden gerechter in Gottes Augen waren als seiner Freunde Theodiceen – aber dies konnte keinem Zuhörer einfallen, weil keiner den Brief an die Hebräer scheint gelesen zu haben, wo dieser Spruch auf eine gantz andere Art ausgelegt wird. Die erste Predigt ist also im Grunde nichts anders als ein sehr schmeichelhaftes und gefälliges Gemälde von der Würde unseresr Verstandeskräfte, unserer moralischen Freyheit, unserer Thätigkeit und Perfectibilität, unserer Unsterblichkeit, woran der kein Autor zweifelt, von unserer Originalität bis auf die Physiognomie. Ueber alles dieses wird in der zweyten Predigt per arsin wider eben so viel geredt – und in der dritten Predigt erscheint das alte Kleid noch einmal mit einigen Lappen des Christentums ergänzt und aufgestützt. Sollte aber wirklich das Christentum auf so eine Flickerey unsers Verstandes, Willens und aller übrigen Kräfte und Bedürfniße bis auf die Scherben unsers Schatzes hinauslaufen – und die Hauptsache auf einige religiöse Theorien und Hypothesen berufen. Ist das die Verheißung
    alles
neu zu machen, – einer Geistes- und Feuertaufe mit neuen Zungen. Dergl. Predigten sind schmackhaft für Gesunde, die einen Koch nöthig haben, aber nicht für Kranke, denen mehr mit einem Artzt gedient ist. Wenn du ein Mal machst, so lade die Armen, die Krüpel, die Lahmen, die Blinden. Auch nach meinem Geschmack ist Z. eine natürlich warme und klare Qvelle, aber nicht mehr unter den Händen derer, die aus selbiger schöpfen oder wol, gar wider von sich geben – und die plausibelsten Irrthümer sind immer die nachtheiligsten. Unsere Würde hängt nach beßern Begriffen nicht von Verstand, Wille, Thätigkeit – sondern bleibt das Geschenk einer höheren Wahl – nicht mehr ein angebornes, sondern erworbnes – auch nicht selbst erworbenes noch selbstständiges – sondern schlechterdings abhängiges, und eben dadurch desto festeres und unbewegliches Verdienst. Alle Herrlichkeit der Menschen ist wie des Grases Blumen – aber des HErrn Wort bleibt in Ewigkeit.
    Recht zu theilen
das Wort der Wahrheit, und nicht zum bloßen Motto einer geistlichen Rede zu machen, gehört zum Fleiß eines rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiters. Es thut mir immer wehe, den lächerlichen Nachahmungsgeist, der immer die schwächsten Seiten guter Köpfe verfolgt, ihnen mit seiner Bewunderung schädlicher und gefährlicher zu sehen, als alle Furien des Neides, oder ungerechter Kritik. Doch weder Tadel noch Lob ist
    Urtheil
, sondern bisweilen ein bloßes argumentum ad hominem – eine Recension in nuce, die über den Werth eines Buches nichts entscheidet. Zur Strafe meiner bösen Laune will ich alle noch übrigen 14 Predigten von neuem lesen – und zur Schadloshaltung lege ich meinem Geschwätz das Memoire des Mirabeau bey, welches ich heute erhalten. Haben Sie schon des HE von Elditten
    Betrachtungen über das Fundament der Kräfte
gelesen? Ich habe den Verf. noch auf der Akademie gekannt, wie ich noch in die Schule gieng. Sein Hofmeister war ein gewißer Belger, ein Landsmann meines seeligen Vaters, der in unserm Hause stark verkehrte, und den ein Herr von Canitz wahrscheinl. als seinen natürlichen Sohn ins Land brachte. Jetzt ist wider ein junger Elditten auf der Akademie, deßen Vater ist also ein Domherr in Magdeburg; der die paar Bogen geschrieben, hat seine Güter nahe an Barthen und Wickerau gehört, wo ich nicht irre, dazu. In der Familie des Mirabeau sollen schreckliche Dinge vorgegangen seyn. Des Grafen Mutter soll auf ihren Todebette einmal über das andere ausgeruffen haben: il n’y a pas de Dieu! und hat mit Wuth ihrem Mann zugeschrieben: Dis donc qu’il n’y a pas de Dieu! Das Memoire bitte mir vorzüglich und durch eine Gelegenheit von Friedrichsthal wider zurück; mit den übrigen 3 Büchern hat es desto längere Zeit. Hartung soll sehr vergnügt über ein Mst. zum Verlage seyn, das er von einem gewißen Philosophe inconnu et pseudonyme Fabriccius erhalten, von dem Sie vielleicht mehr wißen als ich. den 19. HE Scheller ist noch nicht hier – diesen Augenblick kommt sein gewesener Eleve, und wird morgen früh abgehen, ohne etwas von der fehlgeschlagenen Erwartung zu wißen. Von dem Journal von und für Deutschland, deßen erste Stücke ich nur gelesen, ist mir heute unvermuthet das 2 te dieses Jahrs in die Hände gefallen wegen eines Pro Memoria von Dohna die Censur des Cranzen betreffend an den Kgl. Staatsrath – Mehr Vergnügen hat mir gemacht die Fortsetzung einer Reisebeschreibung durch Elsaß, Lothringen – als neue Relique von unserm Vetter Becker. Ich erkannte ihn an einer Anekdote, die er mir selber erzählt, ohne mich besinnen zu können
    wo
? gehört oder gelesen zu haben, bis ich von meinem Sohn auf die Spur gebracht wurde. Ich habe noch so viel weite Gänge, daß ich kaum vor Abend damit fertig zu werden denke – und mehr als zu viel geschrieben auf Abrechnung – In Ansehung des Museums bitte nach
    Bequemlichkeit
halb oder gantz oder nach Jahrgängen mitzutheilen, weil ich nur das wenigste aus sehr wenigen Bänden nöthig habe, ohne eigentlich es bestimmen zu können – und das übrige nur übersehen will. Ich habe die Ehre nach meinen ergebensten Empfehlungen incl. Johann Michel zu seyn ganz der Ihrige J. G. Hamann
Königsberg, den 22 Sept. 85 Lieber wohlthätiger Lavater, Den 4 Junii Vormittags erhielt Ihr letztes Briefchen durch Hartk. und seine Reisegefährtin, denselben Mittag durch einen jüdischen hiesigen Kaufmann ein großes Pack mit Kupfern. Antwort und Dank hofte diesen Herbst persönlich zu überbringen – Aber Sie hätten an mir wenig Freude gehabt; und ich zweifele auch, daß ich einiger fähig oder empfänglich gewesen wäre. Alle Umstände haben sich so durch eine höhere Vorsehung gefügt, daß mit meiner Reise oder Wallfahrt nichts geworden – vielleicht zu unserer aller Frommen, die wir an einander Theil nehmen – durch uns selbst unbekannte Bande. Daß unser liebe B. in Paris ist, wißen Sie. Ich denke gnug an Ihn, bin aber nicht im stande zu schreiben. Die Zinsen seines mir anvertrauten Unterpfandes sind an meiner ältesten Tochter unverloren und scheinen reiche Frucht zu bringen. Ihr Fleiß und Sittsamkeit macht der würdigen Bondeli viel Freude und Ehre. Mein ganzes Haus ist Gottlob! gesund, bis auf mein wüstes und leeres Haupt und Herz, deßen crisin ich gedultig abwarten muß, und mich an einer blos animalischen Existenz begnügen, ohne Geist und Kraft. Melden Sie mir doch, wenn Sie können, liebster L. den
    Namen
Ihres würdigen Landsmannes, der gewiß Ihr Freund ist, welcher die philosophischen Vorlesungen über das s. g. N. T. schreibt, und danken Sie ihm auch in meinem Namen für sein
    gutes Werk
. Küßen möchte ich die linke Hand des rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiters, der da recht theilt das Wort der Wahrheit, – und beyde wollen wir ihm wünschen, daß der V HErr unser Gott ihm freundlich sey und fördere das Werk seiner Rechten – den 3 Oct. So elend steht es mit mir, daß ich keinen Brief mehr schreiben kann. Die klägliche Witterung diesen ganzen Sommer durch scheint auch meine Hypochondrie aufs äußerste gebracht zu haben. Gott helf nur unser junges liebes Paar aus Paris gesund und vergnügt zur häuslichen Ruhe. Mlle Tobler ist mit Hartknoch und seiner Schwägerin gut in Riga angekommen – ob nach Mohilow? – Erstere hat gut geschlafen, und letztere viel geweint unterwegs. Des Wanderers Hill Stillschweigen beunruhigt mich auch nicht wenig. In den letzten Tagen des Julii ist er aus Wien abgegangen, mit dem festen Vorsatz über Weimar zu kommen; wo alles für ihn besorgt habe, und seitdem warte ich umsonst von einem Posttag zum andern. Auch Pf. vergißt mich nicht; ich habe 4 Bändchen der
    jüdischen Briefe
erhalten. Gott schenke Ihm Gesundheit und Muth zur anderen Hälfte! Ich allein kann leider! ganz und gar nichts thun. So arm am Geist – so untüchtig Die Baroneße Bondeli wird meine älteste Tochter in 14 Tagen einseegnen laßen, ist eben so zufrieden als meine Lisette Reinette glücklich ist. Sie können leicht denken, mit welchem vollen Herzen ich an den Urheber des Guten denke – und zuvor allem noch nichts weiß, weder aus noch ein – dumm und stumm zum Dank. Gott hat eben so wunderbar für meinen Christian oder Nathanael Hill gesorgt, ohne daß ich weiß, wo er ist und wie es ihm geht; ob ihm noch zu helfen ist oder ob er keine Hülfe mehr nöthig hat? Der Seegen war im Felde; und kein Wetter zur Erndte deßelben. Sie erhalten diese wenige unschlachtige Zeilen über Düßeldorf durch unsern Freund Jacobi, deßen neuste Schrift Sie auch bereits werden gelesen haben. An einem Zetergeschrey wird es nicht fehlen, wie über das
    Pabstum
, so über den
    Spinozismum
, wo beyde zu Hause gehören, das Thier und der falsche Prophet. Wie sehr wünschte ich Ihnen auch eine Freude machen zu können; aber weder meine Tenne noch meine Kelter – Nun Gott wird meinen Mangel durch desto reicheren Seegen über Sie und die lieben Ihrigen ersetzen und alle Seine gute Verheißungen an Ihnen erfüllen! Grüßen Sie unsere Freunde und beten Sie für einen abgelebten und fast erfrornen an Gefühl und Leben – JGH. Adresse:
An / HErrn J. C. Lavater / Helfer p / in /
    Zürich
Kgsb. den 28 Sept 85. Innigst geliebtester Freund und Jonathan, Alles erhalten mit der grösten Freude und – Verdruß Ihnen keine Gegenfreude machen, und kaum einen kahlen todten Dank dafür leisten zu können. Den 17 Aug. bekam Ihren lieben Brief vom 29 Jul – 5 Aug. in dem die Nachrichten von B. mich beruhigten und erqvickten, alle die kleinen Anekdoten von seiner Liebe und Ehe, besonders daß sich
    Jedermann über die Heirath gefreut
. Ohngeachtet
    Jedermanns Freude
nichts zur Hauptsache thut in einem solchen Fall: so ist es doch in meinen Augen ein wahres Glück und wichtiger Nebenumstand von großen Einfluß. Also sind wir in Ansehung der lieben Cardinaltugend Brüder von gleichen Kappen. Die
    Zeit
zu sammlen und zu zerstreuen gehört auch zu Gottes Geheimnißen – und vielleicht zu eines jeden Beruff. Das schlimmste ist nur, daß mit
    Verschwendung
immer
    Geitz
unvermeidlich ist, und man esalso mit 2 Feinden zu kämpfen – Wir wollen uns also, statt der
    Weisheit
, wenigstens auf
    Klugheit
einschränken, und zur ersten wenigstens die unsrigen anführen, und sie ihnen auch vermachen. Vielleicht muß Weisheit geerbt und Klugheit erworben werden. Wenn meine Kinder nur wachsen und zunehmen: so will ich alter Mann gern abnehmen – und jene Freude giebt mir Gott im vollen Maaße. Ueber meines Wohlthäters Stillschweigen darf und kann ich mich nicht wundern. Die Vermuthung meiner wirkl. Abreise hat ihm sowol vergebliche – und fast möcht ich sagen zärtliche Unruhe gemacht, daß ich ihm beynahe verwiesen sich um mich zu bekümmern, und nicht ehe an mich zu denken als bey seiner Heimkunft. Ich sehe dies würklich als einen sehr unbilligen und ungerechten Eingriff an in die Aufmerksamkeit, die Er Seiner lieben
    Marianne
– und einem so merkwürdigen, vielleicht noch gefährlichern Ort als
    Paris
in meinen Augen ist, und seinen dortigen Geschäften oder Angelegenheiten gantz und gar wiedmen soll. Ist er wider zu Hause und in Ruhe: so ist es Zeit gnug für unsere Wünsche zu sorgen. Sagen Sie mir unpartheyisch, liebster Jacobi, ob ich hierin Unrecht gethan, wenn auch die Form unartig gewesen seyn sollte? Meine Lage ist und bleibt einförmig, giebt mir also nicht die geringste Materie zu schreiben. Die geringste Veränderung, die kleinste Ausnahme würde auch mein GedankenSystem und meinen Plan ändern. Dii Deaeque me perdant – möcht ich auch zur Noth sagen, wenn ich das geringste von dem weiß was ich in meiner letzten herzlichen Epistel zu Ihrer Freude geschrieben habe. Von Grund des Herzens schreib ich immer, besonders an Sie – oder lieber gar nicht. An Hofnung uns einander zu sehen, fehlt es auch nicht. An Lust und Liebe noch weniger – Aber leider an der Kraft, Berge zu versetzen – oder alte Eichen auszuwurzeln und in ein ander Element zu verpflanzen, trotz allem Geschmack an dem was nicht Jedermanns Ding ist. Ich bin noch immer beym ersten Briefe, den ich gleich in der ersten Hitze beantworten wollte – So bald ich aber nach der Feder griff, erstarrte alles in mir. Den 22 d. fieng meine Antwort an Lavater an, und muste auf der halben Seite aufhören, wie ein stätiges Pferd, das nicht von der Stelle will. Den 23 kam HE Scheller, meines Sohnes gewesener Hofmeister der eine sehr erwünschte Adiunctur einer Landpfarre erhalten und zum Examen der Facultät erscheinen muste, und kehrte auf 2 Tage und 1 Nacht bey mir ein. Gegen Mittag ein Päckl. Bücher aus Engl. das mir auf einige Augenblicke Verdruß und Kummer machte, der aber durch die Erscheinung Ihres lieben Päckleins Nachmittags völlig ausgelöscht wurde. Ich verschlang den Inhalt und lief voller Freuden mit dem Zwillings Exemplar und Einem Kupfer zu Hippel um selbige bis zu Erhaltung eines Briefes zu deponiren. Dieser Brief kam auch den 24 d. in aller Frühe an. Ich war zu Mittag mit Scheller und meinem Sohn zu Hippel eingeladen und konnte nunmehr das eventuelle Depot zu einem von Ihnen selbst ihm zugedachten Geschenk bestätigen. Er ist ein außerordentlicher Liebhaber von Gemälden und Kupfern, hat seit wenigen Jahren eine ziemliche Sammlung von gelehrten Köpfen angefangen, auf deren Fortsetzung er sehr erpicht ist – besitzt ein seltenes Original von Rousseau, das dieser dem Lord Marshall verehrt, der es bey seinem frühen Tode ihm selbst ausliefern sollte unter gewißen Bedingungen, die den Erben gemeldt worden, welche darauf nicht geantwortet und es dem Executor Testamenti überlassen haben – Sie können leicht denken, wie vergnügt er ein so schönes Denkmal Ihrer Freundschaft aufgenommen. Er wust aber gar nicht, wie er dazu kam, welches mir schon bey dem ersten Gruß, den Sie mir auftrugen, ein wenig auffiel. Ich frug ihn daher, ob er nicht in einiger Verbindung mit Ihnen gestanden hätte, etwa des Ordens wegen? Da er mir dies rund leugnete: so machte ich mir ein wenig Muthwillen, ihn einer
    politischen
Verschwiegenheit, in der er sehr stark ist und seines
    Postens
wegen, auch wol
    seyn muß
, zu überführen. Er betheuerte mir aber mit dem grösten Ernst und auf das feyerlichste, keinen Brief an Sie geschrieben noch in seinem Leben von Ihnen erhalten zu haben. Ich weiß freylich, daß er an dem Buch über die
    Ehe
und an den
    Lebensläufen
wenigstens großen Antheil haben muß, und begreife nicht, wo er die Zeit dazu bey seiner ehmaligen Praxi herbekommen, noch wie zwey an einem Werke so geheimnisvoll haben arbeiten können. Kriegsrath
    Scheffner
, der auf einem kleinen cöllmischen Gute Sprintlacken in der nächsten Nachbarschaft seiner Schwester, privatisirt und Machiavell nebst Guicciardini übersetzt hat, ist sein vertrautester Freund immer gewesen und noch, hat also an beyden Schriften eben so viel wo nicht den grösten Antheil. Beyde leben so vertraut, und beschänden sich einander so laut, bald ins Gesicht, bald hinter dem Rücken, daß ich aus nichts klug werden kann und von Ihrer Autor Mascopey auch keinen Begriff habe – so wenig ich mir obiges
    Misverständniß wegen Ihres Briefwechsels
mit H. recht erklären kann. Sollten Sie sich irren, oder H. bey seinem außerordentl. Gedächtniße alles in so kurzer Zeit vergeßen haben – oder ich weiß nicht warum? leugnen. Zum dritten Exemplar waren 4 Candidaten. Dem Kayserlingschen Hause habe ich mit Ihren vermischten Schriften einen Gefallen gethan; also auch mit dieser – Kant liest alles, sammelt aber gar keine Bücher. Vorgestern war er im Senat, ich fand ihn also nicht zu Hause. Ich gieng gestern zu ihm, und legte ihm den Casum offenherzig vor. Er freute sich sehr über die Aufschrift, war sehr neugierig selbige zu lesen, und eben so willig sie morgen im Kayserlingschen Hause einzureichen, weil er gewöhnlich Donnerstags daselbst speist. Ich hoffe, daß Sie also auch mit dieser unserer Verfügung zufrieden seyn werden. Hippel schlug mir auch Kayserl. oder Scheffner vor, der eine sehr artige und starke Bibliothek besitzt. Mein vierter Competent war ein Accise Einnehmer Brahl, der die Hartungsche Zeitungen schreibt, und durch deßen Canal ich manche Neuigkeit erhalte. Er hat Imberts Reveries Philosophiques neul. übersetzt und arbeitet jetzt an Mirabeaus schönem Buch über den Cincinnatus-Orden, wozu ich ihn aufgemuntert, auch im Nothfall meine und unsers Morczinimastix Pr. Kraus Unterstützung versprochen. Ich habe Ihre Schrift schon zweymal durchgelesen, das 2temal mit Auslaßung des Briefes an
    Hemsterhuis
, zu deßen Verstand ich den Aristée zu Hülfe nehmen muß. Mit Ihrem Entschluß dem Mendelssohn zuvorzukommen und mit der Art den Statum causae darzustellen, bin ich vollkommen zufrieden. Die Aufnahme mag gerathen, wie sie will: so ist Ihre Absicht und Ihr Gang in dieser Sache aufrichtig und intereßant. An Tichten und Trachten hat es über Ihr Problem seit Mittheilung deßelben nicht gefehlt – ich habe auch ein paar Wochen während meines Stillschweigens versucht, und mehr als Einmal versucht zu schreiben. Aber Wind und Wetter haben auch vermuthlich, wie auf die diesjährige Erndte,
in meine kleine Welt gewürkt. Ich bleibe also vor der Hand beym
    Buchstaben
, und vermuthe S. 14 Z. 13, 14 einen Druckfehler, neml. daß
    durch
jedes Entstehen wie S. 48 Z. 9
    für
anstatt vor. Ist es erlaubt die Sternchen S. 174 zu wißen. Soll die Nachricht S. 173 von mir seyn: so habe ich den ganzen Sommer an keine Seele in Berl. geschrieben, noch von da eine Zeile erhalten, aber die zuverläßigsten Nachrichten aus der dritten Hand, daß bereits ein Theil würklich abgedruckt wäre. Ich habe mir selbige aber als die Theile des Jerusalems vorgestellt und nicht, daß es mit dem zweyten Theil noch lange Zeit haben würde nach S. 167. Von Nicolai habe einen Avisobrief erhalten bey dem Empfang der letzten Theile, und eben so merkantilisch geantwortet – sonst bin ich allen Berlinern abgestorben, bis auf Reichardts Zurückkunft. Ehe ich Ihnen mehr über Ihre Schrift schreibe, liebster Jacobi, laßen Sie dem Weitzenkornchen Zeit zu verwesen oder zu keimen, damit es Frucht bringe. Ihr Problem soll der Brennpunct meiner Metakritik über den Purismum der Sprache und Vernunft seyn – denn ich meyne den Schlüßel zu allen Dunkelheiten in Spinoza und unserm Kant gefunden zu haben, oder wenigstens auf die rechte Spur gekommen zu sein. Was Pope von Schönheiten sagt, gilt eben so gut von Wahrheiten. Zufall hilft mehr als die gröste Sorgfalt. For there’s a
    happiness
as well as
    care
.
Durch ein eben so blindes Glück bekomm ich den 23 d. an eben dem Tage wie ich Ihre Schrift erhielt 3 Quartanten nebst ein paar sehr entbehrl. Brochuren aus Engl. – – Wie ich auf diesen Einfall gekommen war,
    wußte
ich selbst nicht mehr. Der Kaufmann, ein guter Freund, hatte sich selbst nicht die Rechnung so übertrieben vorgestellt, und ich hatte oben ein das
    Gelübde
auf meinem Herzen, kein Buch mehr für mich, sondern höchstens für meine Kinder zu kaufen. Sie können allso leicht denken, daß meine Cardinaltugend über die gegen sie begangene Untreue ein wenig aufgebracht war. Unterdeßen belief sich der Bettel nicht mehr als einen
    einzigen
Monath meines Gehaltes – und dies schien mir für eine gute Lection nicht zu viel. Ich hatte den I. Theil von Monboddo’s Werk über die Sprache eben nicht mit vielem Beyfall gelesen, und sehr lächerliche Recensionen von seiner
    Ancient Metaphysics
und dies war eben der Apfel meiner Lüsternheit. Zu meinem noch größeren Leidwesen seh ich, daß der I Theil 79 der II. 82. der III. 84 erschienen und wenigstens noch einmal so viel Theile zu erwarten sind. Vorigen Sonntag fieng ich an dies Buch zu lesen, weil es mir nicht mögl. war an Sie zu schreiben, und je länger weiter ich im ersten Theil komme, je mehr freue ich mich, und bilde mir fast ein an diesem Werk ein Organon und Instrument zu meiner Metakritik – der lieben Cardinaltugend zum Pos- sen! – gefunden zu haben. Der dritte Band handelt von der vegetabilischen und animalischen Natur des Menschen – folglich der 4te von seiner intellectuellen; und der letzte wahrscheinlich von Gott und der Natur. Ich will mit Freuden 3 Guinées fertig halten, um das Ende einer solchen Metaphysik, wie diese ist, zu erleben; wenn ich mich nicht wider in meiner Rechnung betrüge. Mein lieber Gevatter Landsmann und Freund in W. hat dem Buchdrucker in Erfurt aufgetragen mir den zweiten Band seiner Ideen zu übermachen. Ich warte und schmachte mit jedem Posttag darnach und erhalte auch keine Nachricht von Hill, der da zum Geschenk ansprechen sollte. Mit dem Ende des Julius ist er von Wien abgegangen. So viel weiß ich zuverläßig. Ich danke Gott, daß diesen Sommer aus meiner Reise nichts geworden. Er helfe auch unserm lieben B. und Seiner Marianne gesund und glücklich nach Hause. Erhalten Sie Nachricht von Ihm; so haben Sie die Barmherzigkeit mir daran Antheil nehmen zu laßen. Mein Johann Michael ist gestern in sein 17 Jahr gegangen; er ist geb. den 27 Sept. 69. Ich blieb den Nachmittag zu Hause um an Sie zu schreiben. Aber Sturm, Gewitter, Hagel, Schnee, Regen, Ueberschwemmung, – Heute früh und gegen Abend Regenbogen und lauter April. Ich will morgen noch Quarantaine halten und Ihren Brief endigen, vielleicht auch Lavaters seinen. Auch mir ist Kälte und Näße unerträglich. Gute Nacht, lieber Jacobi-Jonathan! den 2 Oct. Erndtefest. Ich war den ganzen Michaelistag ausdrückl. zu Hause geblieben um Ihren Brief zu schließen. Die kalte unangenehme Witterung hat mich aber an Fingern und Gedanken gelähmt, daß ich nichts zu schreiben im stande war, und eben so die folgende Tage. Den ganzen Tag mich wie ein Kräusel unter Regen und Schlag umtreiben
    müßen
, bey Ihrem Namensvetter Mittag gehalten. Mit Nachrichten von Reichardt aus Paris vom 15 pr. erfreuet worden – er wird im Oct. bey unserm Claudius seyn u im Novbr. in Berl. Gottlob! daß ich diesen Sommer zu Hause geblieben bin. Mein Barbierer hat seine Mutter aus dem Reiche erwartet; sie ist aber unglücklich gewesen unterwegs und hat wider umkehren müßen. Die Vorsehung hat wider unsern Willen alle Umstände zu
    unserm
Besten gelenkt, hat alles wohl gemacht und wird es ferner thun. Haben Sie Nachrichten aus Paris so
    erfreuen Sie mich damit
, und
    rechtfertigen, wenn es
nöthig seyn sollte,
    mein Stillschweigen
. Ich denke alle Tage an Ihn u seine liebe Marianne – und unsere gemeinschaftl. Wünsche. Ihre Schrift werde mir Zeit nehmen zu studieren. Sie haben meines Erachtens am besten gethan an jenen Einwurf gar nicht gedacht zu haben; ich zweifele aber kaum, daß man dort nicht die Moralität dergl. posthuma bekannt zu machen rügen wird, ungeachtet die Antwort in der Erzählung selbst liegt. den 3 8br Gestern wurde es auf einmal so dunkel, daß ich weder sehen noch fortfahren konnte. Sturm und Regengüße. Das Wetterglas steigt und das Neue Licht, das heut eingetreten, machte einige Hofnung. Diesen Augenblick hagelt es. Ich bin diesen Morgen in lauter kleinen Geschäften die halbe Stadt durchgestrichen. Ist die Witterung bey Ihnen der unsrigen ähnlich? Die theure Zeit fängt sich schon bey uns an. Der große Seegen ist meist im Felde geblieben und verfault daselbst. Durch die abscheuliche Wege fast alle Zufuhr abgeschnitten. Aus Weimar und von Hill kein Wort. So bald ich wider zu meinen Sinnen komme, und was zu schreiben habe, werde ich nicht saumseelig seyn. Kant ist mit Ihrem Vortrag und dem Inhalt der ganzen Aufgabe sehr zufrieden. Aus dem System des Spinoza hat er niemals einen Sinn ziehen können – und mit
    Kraus
ein langes und breites drüber gesprochen, der aber Ihre Schrift noch nicht gelesen. Herzl. Dank, Gruß und Kuß von Hippel. Er liest sehr langsam, und war noch nicht fertig, wie ich ihn das letzte mal besuchte. Sind Sie wirklich überzeugt einen Brief von ihm erhalten zu haben: so ist mir seine Vergeßenheit oder Unwißenheit ein Rätzel, an deßen Aufschluß mir viel gelegen wäre.
Mein Monboddo ist ein wahrer Misthaufen, auf dem ich kaum eine Perle herausscharren werde. Scheffner hat mir vorgestern das ganze deutsche Museum zugeschickt, um Ihre Beyträge aufsuchen zu können. Da liegt Michaelis Dogmatik – L’ In an der Kant so viel Geschmack gefundenL’Inconnue, histoire veritable – Was für ein Nahrungssaft aus solcher Diät entstehen kann, läßt sich erachten. Nichts schmeckt, nichts will herunter – und ich komme nicht vom Fleck. Gott laße Ihnen viel Freude an Ihren lieben Kindern erleben! Mein Sohn empfiehlt sich seinen künftigen Freunden.
    Erfahren Sie etwas aus
Paris und was
    zur Geschichte Ihrer Schrift gehört
: so entziehen Sie es mir nicht. Wenn ich je noch Etwas zu schreiben im stande seyn sollte: so wird es in Rücksicht seyn. Bisweilen verzage und verzweifele an mir selbst. Damit ich die Post nicht versäume, muß ich nur schließen. Eben höre, daß ein Graf Stollberg hier nach Rußl. durchgehen wird. Ich umarme Sie und ersterbe. der Ihrige J G H. Mit genauer Noth eben ein paar Zeilen an Lavater zu Ende gebracht. Gott empfohlen! Ich kann nicht mehr, und es graut und eckelt mir – mein eigen Geschmier anzusehen. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 28ten Sept – 3.ten 8br 1785. / J. G. Hamann. / empf. den 13ten / beantw. den 13 u 14ten.
Liebster Freund u. Gevatter. Ich schäme mich, daß ich die Bitte Ihres guten
    Hills
nicht habe erfüllen u. seiner Ankunft mit einem Briefe zuvorkommen können: denn jetzt ist er wahrscheinl. längst zu Hause. Er hat uns angenehm überrascht u. durch sein gutherziges, unbefangenes Wesen viel Freude gemacht; zumal den Kindern, denen er diesem einen Italienischen Gruß, jenem ein ander Wort in den Mund gebracht u. sie dadurch recht glückl. gemacht hat. Er wird nun bei Ihnen seyn u. Ihnen die Abentheuer seiner Reise erzählt haben. mMir thuts leid, daß da er einmal so weit war, er nicht Spanien oder Orient hat sehen können; jetzt bleibt bei ihm der Funke dieses Feuers u. ich denke, daß er über Jahr u. Tag wieder Reisaus nehmen wird. Je früher dies geschieht, desto beßer: denn er ist zu einem Apostolischen Reisenden gemacht u. Fuß-Pilgrime, die einmal zu Rom gewesen sind, pflegen nachher wenig Sitzfleisch für ihr Vaterland zu haben. In der That, ich wünsche ihm diese Reise u. einedie Gelegenheit einer Condition in Cur- oder Liefland, sich zu ihr etwas zu sammlen; der erste Ausflug ist bei einem jungen Menschen seiner Sinne u. Lebensart nur Rausch oder Traum gewesen; er hat aber jetzt Erfahrungen gnug gemacht, eine zweite beßer anstellen oder wenn ihm darinn das Glück zuwider ist, die erste mit der Zeit nutzen zu können. Seine Erzählung, Geschmack u. ganzes Daseyn hat mich an so viel Kleinigkeiten meines lieben Sarmatischen Vaterlandes erinnert, daß ich in Gedanken selten an dem Ort war, wohin er mich führte. Grüßen Sie ihn von uns allen aufs beste: es möge ihm recht wohlgehn, damit er sein Italien vergeßen u. verschmerzen lerne. Der Nuncius Apostolicus war nur ein Vorbote von einer Reihe anderer Besuche, die erst jetzt geendigt haben. Der Prinz August von Gotha war 4. Wochen hier: während dieser Zeit kam auf ein paar Tage der junge
    Forster
, der eine Tochter des Hofr. Heine geheirathet hat u. seine junge Frau nach Wilna führet. Mich dünkt, seine zu frühe Reise nach dem Südpol hat dem Keime seiner Gesundheit u. seines Wn Gliederbaues etwas geschadet, daß er sich schwerlich zu einem Mann entwickeln dörfte, der an Seelen- u. Leibeskräften seiwerde, was sein Vater gewesen. Uebrigens ist er ein gutherziges, gelehrtes Männchen, der sich in den meisten Wißenschaften selbst zu etwas durchschlagen müßen, das ihm denn viel Mühe gemacht hat. Bald nach ihm kam noch unerwarteter die Fürstin Gallizin mit ihrem Gefolge, die 89 Tage hier gewesen u. seit dem vorigen Dienstag weg ist. Ein sonderbares Wesen! Voll Känntniße in u. aus allen Wißenschaften, deren keine sie äußern mag; wenigstens ist sie bei uns fast die ersten 7. Tage über sehr verschloßen gewesen: sanft u. nachgebend u. doch von dem vestesten Muth u. Willen bei dem kleinsten u. größesten Anlaß: eine Frau, die die kleine u. große Welt in ihren Seen u. kleinen Bächen gekostet hat u. jetzt in einer simpeln Tracht, die durch sich selbst dem Hofe u. allen Puppengesellschaften unzugänglich geworden ist, sich in der Erziehung ihrer Kinder u. dem Cirkel ihrer Freunde selbst eine Quelle des Genußes bereitet u. f. Der gewesene Minister Fürstenberg, Hemsterhuis u. Sprickmann waren mit ihr, die Sie
    sie
alle zu führen scheinet: ein quattro, das nie müßig, nie mit einander verlegen u. sich selbst so gnug ist, daß der Fremde bei ihnen immer nur advena u. hospes scheinet. Fürstenb. ist ein Mann von Känntnißen u. vieler Welterfahrung: nur da alles dieses auf einen Domherrn gepflanzt oder von ihm erworben ist, so bleibt bei ihm, wie eben auch beim Statthalter in Erfurt, der Domherr immer etwas durchblickend; dagegen Hemsterhuis auch in seinem ganzen Wesen ein alter, feiner, reicher, stiller Republikaner ist, der ich möchte sagen, nach der Weise eines feinsammlenden Holländers alles Schöne der Wißenschaften u. Künste in und um sich gesammlet zu haben scheint, dazu er reichen konnte. Die Wahrheit zu sagen, hat ist Er mir in der Gesellschaft der intereßantsche gewesen, ein volles aber stillliegendes Gefäß voll lieblichen Weins, das sanft hergiebt wo man es anbohret. Ich möchte eine Zeitlang ihm in der Nähe leben u. insonderheit das Band einer ganz gemeinschaftl. Sprache haben: denn da er nur Französisch spricht, so entfliehet mir schon, wenn ich die Sprache auf die Lippen nehme, das Beste, was ich sagen wollte. Sprickm. ist auch ein sehr braver Mensch, ein runder Westphäler, der im Stillen seinen Gang zu gehen scheinet. Sie können leicht denken, liebster H., daß eine solche reisende Gesellschaft, zu der ich noch den 2. Kinder der Fürstin u. ihren Sekretär zu setzen haben) mehr Schauspiel dadurch wird, was die Geselle Glieder einander unter sich sind, als daß sie sich in so kurzer Zeit entzweien u. fremden Personen mittheilen könnten: daher ich über Vieles u. das Meiste, das die Fürstin Gallizin angeht, jetzt so klug bin als ich war u. froh bin, daß wir uns einander gesehen, bewillkommt u. verabschiedet haben. Sie muß eine Frau von außerordentl. Wirkungskraft in ihrem Kreise seyn; ob mir wohl die Grundsätze ihrer Erziehung, so weitviel ich davon zu sehen bekommen habe, nicht völlig einleuchten: eben also auch die innere Selbstständigkeit ihres Daseyns hielt sie wahrscheinl. zurück, sich uns zu offenbaren, ob wir wohl tägl. beisammen waren. Buchholz kennt sie sehr gut u. spricht von ihm u. seiner jungen Frau, die auch aus Münster ist, alles Gutes u. Liebe. Verzeihen Sie die lange Gallerie von Zeichnungen, die Ihnen vielleicht nichts zeichnen, welches ich daraus spüre, daß sie mich selbst nicht befriedigen; es liegt aber mit an der Sache selbst u. einige Nachricht wollte ich Ihnen doch geben. Unsres Jac. Spinozism. oder Anti-Spinoz. werden Sie hoffentl. empfangen haben; wahrscheinl. wird er weder Spinoz. noch Antispinoz. befriedigen u. im Grunde muß ich wie Mend. sagen, daß je mehr er erklären will, sich desto mehr die Sache von mir entferne. Das πρωτ. ψευδ. scheint mir zu seyn, daß er zu sehr nach literar. Vorstellungsarten jagt, auch wo die Natur ihm den innern eigenthüml. Quell nicht gewähret: das δευτ. ψ. ist, daß er von zu verschiednen Menschen u. Freunden Eindrücke annimmt, die seine Seele nicht verbindet; eine Folge vom ersten. Der Ball ist jetzt so verflochten u. kraus hingeworfen, daß ihn auflösen mag, wem’s beliebet. Ob mein Buch (Th. 2. Id.) Ihnen zu Händen gekommen sei, weiß ich nicht; ich habe nach Lpz. geschrieben, wohin es Schlegel aus in Erfurt, der Buchdr., während meiner Abwesenheit im Karlsb. spedirt hatte, daß es mit den zu versendenden Ex. eilig spedirt würde; habe aber keine gescheute Antwort erhalten, an wen es spedirt h worden. Also wenn Sies noch nicht haben, bitte ich gar sehr, in Ihren beiden Buchhandlungen sich deßhalb zu befragen. Es ist ein Unglück daß alles was Hartknoch dient u. ihn angeht, so elend besorgt wird, woran wohl seine weite Entfernung u. zuan unrechten Orten seine mürrische Sparsamkeit Schuld seyn mögen. Dergl. Versendung an Sie u. Zurückbleiben des Drucks soll nicht mehr paßiren; schreiben Sie mir also, bester lieber Fr. u. Landsm., sobald Sie es erhalten haben. Es dünkt mich ein Jahr 100. seit ich nichts von Ihnen gelesen oder gehört habe. Vale, Vale. Gott sei mit Ihnen u. Ihrem Hause. Wir grüßen Sie sämtlich u. meine Kinder die Ihren, besonders den braven Johannes herzl.
Hamann machte auf dem Foliobogen zunächst ein umfangreiches Exzerpt der französischen Schrift „L’Inconnue, Histoire veritable 785“, der rätselhaften Biographie einer angeblichen natürlichen Tochter von Kaiser Franz I sowie der Hofintrigen um sie und der Verhöre durch Johann Karl Philipp Graf Cobenzl. Diese „Einlage“ ließ Hamann offenbar einem Bekannten in Königsberg zukommen – vermutlich Theodor Gottlieb Hippel –, der sie noch am gleichen Tag mit einer Dank-Note zurückbringen ließ. Diese wurde vmtl. nicht von Hippel selbst geschrieben, da er in jener Zeit wegen eines Augenleidens nicht schreiben konnte, sondern diktiert. Retour-Notiz, vmtl. von Hippel: Nicht volle zwo Stunden vergiengen zum Durchlesen der hier mit Dank zurück kommenden Einlage. Lange lange aber wird es mir unbegreiflich bleiben, wie eine sonst überall so milde Fürstin wie die K. s. r. n, eine Unschuldige zur härtesten Verlaßenheit zu überliefern, nachgeben mögen, und nicht vielmehr der guten Meynung des Gr. C.‥l. Beyfall gegönnt. Schieben Sie doch Ihren gefälligen Zuspruch nicht lange aus für Ihren redlichen Freund H… den 1ten October 85. Adresse auf der vierten Seite schräg geschrieben, von derselben Hand:
Des Herrn Pack Hauß Inspectoris Hamann / HochEdelgebohrnen
Exzerpt von Hamann: L’Inconnue, Histoire veritable 785. p. 99. gr 12o Avis aus dem Engl. Craftman von 80 oder 81. Daß sich ein gestörtes Frauenzimmer vor ungefehr 4 Jahren auf einem Dorfe bey Bristol aufgehalten. Mlle Atking hat sich ihrer angenommen, u ihr Name soll Bi  gewesen seyn. Ihr Ton soll deutsch oder welsch gewesen seyn   775 oder 76 soll sie ein Schiff in einem Hafen vor Engl. abgesetzt haben. Im Sommer 68 bekam der Graf von Coblenz einen Brief von Bordeaux datirt, unterschrieben La Freülen, kurz darauf einen Brief datirt von Prag unter dem Namen des Grafen von Weißendorf. Ferner aus Wien unter dem Namen des Gr. von Dietrichstein: Gegen Ende deßelben Jahres kam eine Kaufmannsfrau Me l’Englumée aus Bordeaux nach Bruxelles, – ihre außerordentliche Ähnlichkeit mit dem Kayser Franz Beschwert sich über die Verfolgung des Kayserl. Abgesandten zu Paris Graf Merci Argenteau, schickt dem Gr. Coblenz ihr Portrait, an dem der Herzog Carl von Lothringen auch die Ahnlichkeit mit dem Kayser erkante. Schickt einige Zeit nachher das Gemälde des Kaysers und der Kayserin. Ersteres erkante der Herz. v Lothr. für eine Arbeit des Liotard. Im Xbr 68. erhielt Coblentz einen außerordentl. Brief, datirt: de mon lit à 2 heures du matin, Vienne. Man lobte des Cobl Betragen u beschwerte sich über den Merci. Man bedauerte sehr das Schicksal des armen Mädchens. Elle m’a ete si tendrement recommandée par la personne du monde qui m’etait la plus chere. Der Brief war ohne Unterschrift. Nach einiger Zeit that der Unbekannte Nachfrage wegen eines erhaltenen Briefes. Im Anfang des Sommers von 769 erhielt Cobl. einen Expresse aus Wien mit der Nachricht daß der Fr. Hof ersucht worden wäre die Unbekante nach Bruxelles zu schicken um von Cobl. u Mr. de Neni Chef-President verhört zu werden. Der Zerz von Lothringen bekam von der Kaiserinn zugl. den Auftrag Cette malheureuse veut passer pour la fille de Feu notre maître; s’il y avoit la moindre apparence, je l’aimerai et la traiterai comme mes propres enfans: mais je sais que c’est une imposture, et je veux qu’on fasse tout en monde pour que ce nom si cher et si sacré de notre maître fait plus prophané par cette malheureuse – Während des Kaysers Reise erhielt der König von Spanien einen Brief im Namen des Kaysers das sein Vater eine natürliche Tochter durchgelassen hätte, von der niemand das geringste wüste als seine Schwester die Erzherzogin Marie, er selbst u wenige Vertraute, daß sie sich zu Bordeaux aufhielte u der König selbige reclamiren möchte um sie zu Madrid bey einer Frau v Stande oder in einem Kloster anzubringen – ohne daß seine Mutter die Kayserinn davon etwas wüste. Der König schickte diesen Brief dem Kayser nach Mailand – dieser der Kayserinn. Hierauf kam die Ordre u Nachfrage. Sie wurde im Aug. 769 arretirt von M. Carel de Ferrand, Lieutenant de la Marechaussée de Guienne dessen Neveu sie heyrathen wollte, welches sie immer ausschlug. Da meldeten sich ihre Gläubiger u die Frau l’Englumée, welche sie so außerordentlich dem Gr. Cobl empfohlen hatte, führte sich so grob auf, daß sie M de Ferrand aus dem Hause jagen muste. Krank von Colio-Schmerzen u Blutspeyen kam sie zu Bruxelles an unter Begleitung des M. Poyot, Exemt de la Marechaussée de Guienne. Unterwegens noch auf Fr. Boden kam ein Unbekannter in Gestalt eines Couriers u warf ihr ein Billet im Wagen. Sie bot ihrem Begleiter es zu lesen, u enthielt folgende wenige Worte: Chère enfant on a fait l’impossible pour vors sauver; ne perde pas courage esperez toujours. Cobl den sie wie in Briefen so sauch bey ihrer Ankunft als Vater ansahe, giebt ihr Zimmer im Fort Monterel unter Aufsicht des Plat Majeur Mr. de Camerlang u Mr de Neny verschaffte ihr eine Cammerfrau. Man bot ihr Bücher an, die sie ausschlug, weil ihr die Zeit niemals lang würde u sie immer Luftschlößer baute. Sie konnte weder lesen noch schreiben. HE von Cammerlang lehrte im Gefängnis ihren Namen schreiben. Gestand aus Böhmen zu seyn, immer in einem kleinen Hause auf dem Lande gelebt zu haben mit einer Frau von 50 die sie Mutter genannt hatte u einer andern von 30, Katherina – daß ein Geistl. bisweilen bey ihr die Meße gelesen u den Katechismum sie gelehrt hätte. Mama hatte sie wollen lesen u schreiben lehren, der Geistl aber hatte es nicht haben wollen. Ein Schöner Mann im Jagdkleide hatte sie einmal besucht. Der Fremde hatte sie geküst auf den Schooß genommen, sich über ihr Wachstum gewundert. Den Monath drauf wäre derselbe Mann in gleicher Begleitung widergekommen – u hatte Ahnlichkeit mit HE von Neny gehabt – Über dem rothen Kragen seines Mantels hatte sie sich aufgehalten u sich erkundigt. Worauf er gesagt, daß man daran einen Officier erkennt. Das sind brave Leute, denen ihr gut sein müst, weil ihr auch eines Off. Tochter seyd. Bey diesem 2ten Besuch hatte sie sich besonders so erfreut u beym Abschiede sehr geweint; das hatte ihn gerührt u er hatte versprochen bald wider zu kommen. Zwey Jahr drauf hatte er erst Wort gehalten wegen einer Unpäßlichkeit die er sich durch eine Erhitzung auf der Jagd zugezogen. Der Herzog von Lothr. hatte sich dieser Unpaßlichkeit erinnert, dieser letzte Besuch wär der nährendste gewesen. Sie hatte über die Nachricht seiner Krankheit sehr geweint – und die Ursache wär gewesen ihre Neigung zu ihm. Er hatte ihr auf seine Liebe versichert, versprochen sie reich u glückl. zu machen, ihr Haus, Geld u Bediente zu geben in gelber u blauer Uniform. Ob sie die Königin sehen wollte? sie hätte nicht verstanden was eine Königin wäre. Sie wäre eine schöne Frau, welche sie sehr lieben würde, wenn sie sie kennen möchte, aber ihrer Ruhe wegen müste sie selbige nicht kennen. Darauf hatte er ihr die beide Gemalde gegeben welche sie von Bordeaux dem Gr. Cobl. zugeschickt. Sie hatte sein Bild gleich gekannt, u er hatte ihr befohlen sein, der Kayserinn u ein drittes Bild einer Frau, halb verschleiert, gut zu verstehen, weil es ihre Mutter wäre. Diese Gemälde waren in einem blauseidenen Beutel gewesen mit viel #. Der Fremde hatte ihr versichert, daß sie glückl. seyn u ihr nichts fehlen sollte; aber sie müste ihm auch versprechen nicht zu heirathen u sich immer dieses Versprechens erinnern. Zwischen dem ersten u zweiten Besuch wäre einmal eine Dame gekommen mit 2 Mansleuten – ohne allen Putz, mittler Größe, weiß, ein angenehmes Gesicht, etwas völlig. Diese Frau hatte sie aufmerksam mit trähnenden Augen anschaut, gleichgiltige Dinge gefragt, sie 2 oder 3 mal umarmt, mit den Worten: Mein Kind, Du bist sehr unglückl. Sie hatte Waßer gefordert, ihre Bewegung niederzuschlagen u wäre abgereist. Ob das Bild dieser Frau ähnlich gewesen könne sie nicht sagen. Hierauf hatte sie in ihrer Aussage gewankt u auf folgende Art ihre Entfernung von dem Ort ihres bisherigen Aufenthaltes erhällt: Wenige Monathe nach dem letzten Besuche wär der Geistl. den sie für einen Jesuiten hielte gekommen mit der Nachricht daß ihr Beschützer gestorben wäre u Befehl hätte sie nach Frankr. in ein Kloster zu bringen, u sie in wenig Tagen abreisen müste. Er hatte Maas genommen mit einem Bande Kleider für sie zu bestellen. 8 Tage drauf wär er des Nachts angekommen mit eine Postchaise u hatte eine vollständige Kleidung für sie gebracht 2 Peltze, ein schwarzes u rothes Kleid Auf hartes Zureden des Gr. von Loth. hatte sie versprochen die Wahrheit zu sagen, sobald der Secretair des HE von Neni sich entfernen würde, und da hatte sie gestanden, daß aus Furcht vor dem Klosterleben sie sich gl zur Flucht entschloßen, aber nicht eher Gelegenheit gehabt als in Hamburg den Tag vor ihrer Einschiffung, wo sie des Nachts ihr Bündel gemacht u die Katherina verlaßen, ihre Hemde, ein Kleid, den Beutel mit den 3 Gemälden u den 100# welche der fremde HE ihr gegeben mitgenommen und mit Anbruch des Tags aus Hamburg gegangen wäre. Sie hätte sich vor Müdigkeit in der Scheune eines Pächters ausgeruht – Diese ehrl. Leute hätten sie aufgenommen ohne das geringste genommen zu haben. Sie hätte aber auf einem schlechten Wagen nach Schweden geeilt. Den 3ten Tag ihrer Reise hatte sie so einen gefährl. Fall gethan, daß man sie hätte müßen in einem Wirthshause trepaniren laßen. Eine holl. Familie wäre nach Schweden gegangen u sie nach Stockholm mitgenommen. Ein lutherscher Priester wäre auch in Gesellschaft gewesen, der gegenwärtig Hofmeister bey einem Kaufmann in Hamburg ist. In Stockholm hatte sie bey einer deutschen Frau logirt u da hatte sie von ihrem Peruqier gehört daß Graf Belgioso, Kaiserl Abgesandter sich nach einer Person erkundigte die von Hamburg verschwunden wäre. Durch diesen Peruquier hatte sich selbst angeben laßen den Gr. Belgioso, der ihrsie gl. durch ein Billet zu sich einladete, welches ihr das Dienstmädchen Sophie vorlesen muste. Er miethete sie bey einem Apotheker ein, u schickte ihr Eßen von seiner Tafel. Das Portrait des Kaysers setzte sie in solche Bewegung, daß sie bey dem Grafen in Ohnmacht fiel u 6 Wochen ein tödl. Fieber bekam, u da sie nur 16 Jahr alt war, 30 zu haben schien. Wie sich erholt hatte, frug der Graf ob sie mit einem jungen Engl. von Hamburg durchgegangen wäre. Weil aber Graf darauf bestand, so bekannte sie sich aus Verdruß zu dieser Lüge. Wie es endl. herauskam, daß sie nicht die Tochter des hamburgschen Kaufmanns war, die mit einem Engl. durchgegangen seyn sollte, gab ihr der Gr. 25 Louis u empfahl sie einem Kaufman der sie wider nach Hamburg begleitete. Ihre Einfalt war so groß daß HE. Commis et assoccié de Mr. de St… Consul imperial a Bordeaux, der während dieser Untersuchung nach Brüßel kommen muste ihr bisweilen die Dienste eines Secretaires geliefert hatte aussagte, wie sie ihm einmal zugemuthet einen fingierten Namen zu unterschreiben. Auf seine Vorstellung deshalb, hat sie ihm geantwortet: Wer ihr das wehren könnte und warum sie nicht jeden Namen der ihr gefiel für sich schreiben sollte. Sie fand in Hamburg ihre Leute nicht mehr nach denen sie sich umsahe. Ein 50jähriger schlecht gekleideter Mann verfolgte sie einige Tage und sprach sie endl um sie nach Bordeaux zu bringen, wozu sie sich gleich entschloß. Ihre Reise war glücklich u sie miethete sich bey Me Guillomot, wo sie einen Brief ohne Unterschrift erhielt, zum Herzog von Richelieu zu gehen u seinen Schutz zu suchen, der schon ihrentwegen Nachricht hatte. Der Herzog gestand einen Brief von der Fürstin von Aversberg erhalten zu haben welche ihm die Fräul von Schonau nachdrückl. empfohlen. – Il finit, suivant son caractere, par etre plus qu’honette. Elle se mit en pleurer en se jettant à ses genoux: Le Duce lui fit des excuses. Wenige Tage nachher legte er Gegenbesuch ab u rieth ihr das Französische zu lernen, welches sie wenig verstand. Er zog sie zu allen Festlichkeiten u sagte jedermann, der sich nach ihren Umständen erkundigte: C’est une personne très respectables. Sie hat zu Bordeaux 2 Liebhaber ausgeschlagen den Neveu de M. Carrel de Ferrand, Conseller am Parlement u M. de …‥ Sie gab beyden einen Korb wegen des Versprechens das sie in Böhmen gethan hatte. Ein Unbekannter gab ihr da sie bey Me Guillaumot logirte einen Beutel mit 1000 Louis. Eben derselbe brachte ihr dann u wann zu ihrem Unterhalt ungefehr 150000 Livres, ohne daß sie die Quelle davon gewußt hat. Sie gab alles aus wie sie erhielt u hatte bey ihrer Gefangennehmung 60000 livr. Schulden. Von ihren Gläubigern verfolgt, schwindelte sie alle die Briefe an Gr von Cobl. Gr. Johann von Weißendrof, an den Kayser nach Florentz unter Umschlag des Gr Dietrichstein, wie auch an den bayerischen Minister zu Paris u endl an den König von Spanien, wodurch der ganze Handel ausgekommen war. Alle diese Briefe gestand sie, leugnete aber das geringste von dem zu wißen mit der außerordentl. Unterschrift V. T. H. Servante, le Comte de Dietrichstein, wie auch von manchen andren welche Coblentz u Neny erhalten hatten. Man konnte ihr auf keine Art ihr Unrecht begreiflich machen; sondern gab immer die unschuldigste Antworten wie zu Bordeaux und glaubte sich durch diese Mittel der Personen zu erkennen zu geben, die an ihrem Schicksal bisher Antheil genommen hatten – p Sie versicherte alle diese Schritte für ihren eigenen Kopf gethan zu haben u leugnete gar nicht den Brief unter dem Namen der Princeßin von Aversberg an den Herzog von Richelieu geschrieben zu haben. Sobald der Herzog von York zu Bordeaux ankam, ließ er dem Fräul. von Schonau sagen, daß er über eine wichtige Angelegenheit mit ihr zu sprechen hatte u sich eine Stunde dafür ausbat. Sie bestimmte ihm zwischen 5. u 6 des Morgens nach dem Ball beym Herzog von Richelieu. Er sagte ihr daß eine Person von Stande ihm aufgetragen ihre Schuld zu bezahlen. Sie gestand deshalb beunruhigt zu seyn. Er schickte ihr denselben Tag 700 Louis u versprach für den Rest zu sorgen. Er reisete den Tag drauf ab. Sie wurde krank u eines Morgens brachte man ihr einen Brief von Herzog York aus Monaco. St. Gere laß ihr diesen Brief vor, der sich so anfieng: J’etai pret a Vous envoyer ce que me restant à vous remettre. Mais en sortant de chez vous, j’ai recu une lettre par la quelle on me chargeoit très-expressement de ne peu donner cet argent que par partie. J’ai ecrit a Me la Princesse d’Aversberg – bey dieser Stelle riß sie dem St Gere den Brief aus der Hand u erlaubte ihm nicht weiter zu lesen. Besorgt deshalb gestand sie den Namen der Prinzeßin u daß der Herzog York sie versichert, daß sdiese Pr. um das Geheimnis ihrer Geburt wüste u an ihrem Schicksal Antheil nehme. – Sie zog den Brief selbst aus ihrer Tasche u die Folge war… pour l’engager à me permettre au moins de vous remettre la somme dont vous avez besoin pour vous mettre à l’abri des poursuites de vos creanciers; mais… Wenige Tage nachher erfuhr die Unbekannte den Tod des Herzogs. Sie schrieb an seine Leute ihre Briefe u ihr Portrait auszuliefern. Man fand nicht mehr als einen Brief u ihr Portrait, welches man ihr zurücklieferte wie auch dasjenige was sie hernach dem HE von Camerlang an Fort Monterel gab. Das Verhör wurde nach 24 Sitzungen geschloßen u auf Verlangen des Hofs das gemeinschaftl. Gutachten ertheilt, diese Unglückl. in ein entlegenes Kloster zu verschließen., bis man nähere Einsichten über sie erhielte – Aber eben da das Gutachten nach Wien abgehen sollte erhielt HE von Neny einen Brief von seinem Vater Cabinet Sekretar der Kayserinn, daß diese nach dem allmählig überschickten Verhör schlecht von der Unbekannten dächte u selbige nach aller Strenge verurtheilt wißen wolle. M de Neny wurde allso anderer Meinung u glaubte als das Beste sie den Gläubigern zu Bordeaux auszuliefern. Aber von Coblenz belieb bey seinem gefasten Urtheil schlug vor ihre Schulden zu bezahlen die sich auf 60000 livres beliefen, welche zum Theil durch den Verkauf ihrer Mobilien getilgt werden konnten u sie in ein Tyrolisches Kloster oder irgend eine entferntere Provintz zu bringen. Dieser kluge Rath wurde nicht befolgt und des von Neny seiner konnte nicht ausgefolgt werden weil HE von Choiseul keinen Paß ertheilen wollte, diese Unglückl. nach Bordeaux zu bringen. Mr de Barré, Gesandschafts Secretair in Abwesenheit des Gr. von Mercy stellte umsonst den Schaden der Gläubiger vor. Den Tag da Coblentz das Vunctio empfieng sagte er zu einer vertrauten Person daß er eben vom Hofe zu Wien den Befehl erhalten die unbekante nicht fortzuschicken bis zur neuen Ordre. Es war ein Brief von HE von Kaunitz den Cobl. sogl. verbrennen ließ. Und fügte als eine Anmerkung hinzu, daß der Rath eines ehrl. Mannes doch wol den Vorzug behalten würde. Er starb den 3ten drauf, sonst würde die Sache anders behandelt worden seyn. Vier Tage zog man die Unglückl. aus dem Gefängnis; ein UnterLieut. der Marechaussee von Brabant brachte sie nach Quevrin, jenseits Mons. Man gab ihr 50 Louis u überlies sie ihrem Schicksal. Diese Erzählung ist ein treuer Auszug aus den 24 Verhören die mir vom Grafen von Coroniny, Neveu des Cobl. der ihm erlaubt hatte gegenwartig zu seyn, anvertraut worden. Den 1 Oct. 85
Kgsberg den 2 Oct. 85 Dom XIX. Ich gieng eben aus, liebster Gevatter und Freund, um das heutige Erndtefest zu feyren, wie mir unser D. Ihre Nachrichten aus Paris mittheilte und zugl. ein Billet vom HE von Auerswald mir die glückl. Entbindung seiner würdigen Gemalin von einer Tochter zu melden. Nun Gott bringe Sie erst glücklich nach der Heimath Ihrer lieben Hälfte, und laße Ihnen Wetter und Weg zur Vollendung Ihrer Reise günstig seyn. Wären Sie zu Hause gewesen, Sie würden sich auch meiner angenommen haben. Die Vorsehung hat aber Ihre Hand im Spiel gehabt, und alle Umstände zum Besten gelenkt. Ich bin also recht sehr zufrieden, daß aus meiner Reise nichts geworden. Einen so traurigen Sommer und niederschlagende Witterung habe ich noch nicht erlebt. Für einen alten Mann, der ganzer 20 Jahre hinter dem Ofen geseßen, mit dem Schwindel im Kopf, der Hypochondrie im Unterleibe und der Gicht in den Füßen – wäre alle Hofnung zur Cur und Freude ein grober error calculi gewesen, der durch eine höhere Regierung verbeßert worden. Je mehr ich Lust habe unsern Herrn Urian zu sehen, desto weniger hab ich an ihn zu schreiben. An unsern seel. Vetter Becker hab ich mich vorige Woche erinnert; da ich seine Reise nach Elsaß im zweiten Stück des Journals für Deutschland gantz unvermuthet gefunden. Der Wanderer Hill ist am Ende Julii von Wien abgegangen aber seitdem keinen Laut von ihm vernommen; welches mich auch seinetwegen beunruhigt – Mein Johann Michael ist seit Ostern auf der Akademie; meine älteste Tochter Lisette Reinette bey der Baroneße Bondeli seit ¾ Jahr in Pension und wird selbige, wie ich eben höre, heute über 14 Tage einseegnen laßen. Alles übrige in meinem Hause Gottlob! wohl und auf altem Fuß. Von unserm Landsmann D. Lindner, der von
    Halle
nach
    Jena
ziehen wollen, ist auch nichts zu hören; ohngeachtet er eine Einlage an mich erhalten Weil ich weiß, daß Sie bey Ihrer Ankunft in Berlin volle Arbeit finden werden: so werde ich nicht eher als bey völliger Ruhe und post peractos labores Nachricht von Ihnen erwarten – oder auch Sie von mir erhalten. Der Wind braust wie im King Lear – und ein Regenguß kommt nach dem andern. Kopf und Herz sind so wüste und leer, daß ich kein Billet geschweige einen Brief zu schreiben im stande bin. Ein desto reicheres Maaß von Geistesgaben wünsch ich Ihnen – Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und Reisegefährtin. Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen, Pathchen p Seyn Sie allen Ihren Freunden willkommen, und genießen Sie der Ruhe mit aller Zufriedenheit. Ich umarme Sie und ersterbe mit meinem ganzen Hause   Ihr alter treu ergebener und verpflichteter   Johann Georg Hamann. Hippel, Kant, Kraus, Jacobi sind unsere gemeinschaftl. Freunde u nehmen gewiß an Ihrem Glück Antheil. Me Courtan, meine Gevatterin ist mit Hartknoch nach Riga gegangen und wünscht sich auch wider nach Hause. Der seinen Willen nicht bekommt, ist oft glücklicher als der ihn kriegt. Adresse:
An / HErrn Reichardt / Königl. Preuß. Kapellmeister / zu / –
Kgsb. den 4 8br 85. Geliebtester Herr Doctor und alter Freund Diesen Augenblick erhalte Ihren längst erwünschten Brief nebst Einlage, wegen deren ich schon lange durch den Wanderer Hill verfügt, der am Ende des Julii von Wien abgegangen und seinen Weg über Weimar nehmen wollte, aber seitdem nichts von ihm gehört, so sehr ich von Posttag zu Posttag auf ihn und den zweiten Theil der Herderschen Ideen hoffe und warte. Den 1 Junii kam bey der Hiesigen Provincial-Direction ein um eine Erlaubnis zu einer vierteljährigen Reise bey der Gen. Administration zu bewürken. Mein Vorwand war meine Gesundheitsumstände, über die ich einen Freund und Artzt in Halle zu Rathe ziehen, und Familienumstände, zu deren Abmachung ich einen noch bis auf den heutigen Tag mir unbekannten Wohlthäter zu Frankfurt an der Oder erwarten sollte. Ein paar Tage nach Abgang dieses Gesuchs erhielte durch Hartknoch einen alten Brief von Ihnen wo Sie mir Ihre noch bevorstehende Reise nach Jena melden; deßen früherer Empfang meinen ganzen Plan geändert haben würde. Der Termin einer Zusammenkunft zu Frankf. wurde auch ausgesetzt durch neue Vorfälle von der andern Parthey und den 22 Junii kam eine Resolution der Gen. Adm. an unter dem 10 ej. wodurch mir die gesuchte Erlaubnis rund abgeschlagen wurde – und damit hatte alle blinde molimina meiner Wallfahrt ein seel. Ende. Doch ich glaube, daß Sie alles dieses schon aus einer Beyl. von mir zu HE Stadtr. Wirths Briefe u Päckchen wißen werden. Wie haben Sie aber so grausam seyn können Ihre Freunde so lange auf einige Nachricht von sich und Ihrem veränderten Aufenthalt schmachten zu laßen. Ich bin vornemlich wegen Ihrer Gesundheit besorgt gewesen. Wegen der traurigen Witterung, die wir den ganzen Sommer gehabt haben, danke ich Gott, daß ich wider meinen Willen habe zu Hause bleiben müßen. Sonst wäre ich mit meinem Johann Michael gewiß auf ein paar Tage Ihnen in Jena auf den Hals gekommen und Sie hätten für unser Unterkommen wenigstens mit sorgen helfen. Seit der Dulcamara habe ich keinen Anfall von der Gicht gehabt. Eine Spur von der Flechte scheint wider zu kommen, aber sie ist gantz
    trocken
, ohne die geringste Ungemächlichkeit. Das Porto für den Brief aus Paris müßen Sie mir schon auf Conto schreiben, bis wir uns einander wider sehen. Er war in der Voraussetzung geschrieben, daß ich unterwegs wäre, und auf diesen Fall ein Directorium meiner bis in die Schweitz entworfenen Laufbahn. Ihr Verlangen wegen Ihrer Bücher soll nächstens von mir und meinem Sohn befriedigt, kann aber mit dieser Post kaum abgemacht werden. Die Einl. nach Cracau hoffe ich auf die beste Art durch das Friedländersche Comptoir besorgen zu können aber an einem guten Erfolg zweifele ich sehr. Die Dengelsche Sache liegt noch bey der Regierung, wo sie kaum einen so vortheilhaften Ausgang für ihn nehmen dörfte, wie der Senat für ihn gesprochen. Seit dem Ausbruche derselben habe weder ihn noch seinen Buchladen gesehen. Er hat jetzt einen Gesellen von Hartknoch, der sich über des Menschen Undankbarkeit beklagt, weil er ihm dort in seine Kundschaft Eingriff thut. Es wird aber dem einen so wenig helfen, als dem andern schaden. Es ist mir nicht möglich Ihren letzten, meines Wißens durch Hartknoch erhaltenen Brief aufzufinden, den ich glaube unter des HE Stadtr. Wirths Avis wegen des Päckchens erhalten beantwortet zu haben, weil ich auf alle meine Briefe datum des Empfangs u der Antwort aufzuzeichnen gewohnt bin. – Auch der Punct in Ansehung des Wanderers bleibt unbeantwortet, hoffe aber Sie nächstens darüber befriedigen zu können, mit aller nöthigen Umständlichkeit. Auf jeden Fall danke ich herzlich für Ihre Theilnehmung. – Eben komt Kanter der seit vielen Wochen nicht in der Stadt gewesen und aus Ungedult über die betrübte Witterung, und all sein Futter und den überschwengl. Seegen an Sommer Getreyde vor seinen Augen faulen und modern zu sehen, sein Trutenau verlaßen hat. Mit seinem Preßpapier geht es nach Wunsch. Ebbe und Fluth ist keine Erscheinung kleiner Seen und Meere. Hypochondrie hat meinen alten Kopf so ausgemergelt, daß ich keinen Brief mehr zu schreiben im stande bin. Meine Kinder und ihre Mutter sind Gottlob! gesund und vergnügt. Mein Sohn empfiehlt sich bestens und hat diese Ostern seinen academischen Cursum erst angefangen; wurde aber schon unter des seel. Kreuzfeld letzten Decanat im März 84. immatriculirt. Er ist auch in Freunden glücklich, deren Umgang seinen Fleiß besonders in Sprachen befördert. Der alte emeritus D. Bohlius sollte vorigen Sontag Rector werden, der Actus hat aber ausgesetzt werden müßen, und die Entscheidung wird tägl. in Berlin erwartet. Die medicinische Facultät ist mit D. Elsner, Creißphysico aus Bartenstein, zum Nachtheil des so verdienten, würdigen und bescheidenen Haagens, completirt worden. Der alte Consistorialrath Bock ist vorige Woche gestorben, und die
    griechische
Stelle sollte mit der
    hebräischen
combinirt werden, (wie Poesie und Beredsamkeit durch Mangelsdorf) man sagt aber, daß Köhler um seinen Abschied anhält, und weder mit einer noch 2 Profeßionen zufrieden ist. Ein junger Student aus Domnau, der in der Gegend Hofmeister bey einem Landedelmann gewesen, hat sich zum Stifter einer kleinen Rotte und ein zieml. Aufsehen hier gemacht durch einen Unverstand und Misbrauch der Kritik der reinen Vernunft und eine sehr unverschämte Verachtung des Christentums, woran sein Lehrer gewiß sehr unschuldig ist. Diese
    Domnauer
haben aber bald ausgeschwärmt, und man hört jetzt nicht mehr von ihnen. Der Anführer hieß Schultz – sie verdienen aber kaum Schultzianer, geschweige K – tianer, sondern
    Domnauer
zu heißen. Die Baroneße von Bondeli ist mit meiner Lisette Reinette sehr zufrieden und wird selbige, wie ich höre, auf den Sonntag über 8 Tage in der Tragheimschen Kirche mit der Fräulein von Lehndorf einseegnen laßen. Pfarrherr Weyer ist mein Schulfreund, und wir wurden zu gleicher Zeit dimittirt. Wenn Sie nach Weimar gehen; so vergeßen Sie nicht sich meiner zu
    erinnern
. Ich erinnere mich Ihnen unter einem Einschluß dorthin geschrieben zu haben. Mein Gedächtnis ist aber auf die Neige – Um den Schibl. wenn es der Mühe lohnen sollte – zu lesen, müßen Sie außer dem Corpore delicti noch einen Catalogum von Druckfehlern p haben, den ich ob fugam vacui und eventualiter anhängen will. Gott schenke Ihnen Gesundheit und Glück – und patriam vbi bene – inter bonos. Empfehle mich Ihrem treuen Andenken samt meinem gantzen Hause. Ihre Grüße werde bestellen, wo ich Gegengrüße gewärtig seyn kann. Ich schreibe bald mehr, und was bey gegenwärtiger Eil nicht beantwortet werden können. Vergeßen Sie nicht Ihren alten treuen Landsmann u Freund. Johann Georg Hamann. Golgotha und Schibl. S. M. Paul Christian Hilscher von D. Mart. Lutheri vermeinten Spiritu Familiari oder deßen so genannten Schiblemini pp Dresden 730. S. 40 8o Ψ. CX. 2. Golgotha = Christentum Schibl = Lutherthum oder die Kirche im Stande der Erniedrigung – und Erhöhung. S. 3. Siehe Garve Anmerkungen zum 1. Buch des Cicero von den Pflichten S. 95, 96* Z. 2. deleatur parenthesis und am Ende der Seite u des Periodi – Gesinnungen, die kein Wohlwollen kennen u keinen Zwang leiden. S. 5. Z. 11. Vertrage Z. 15 – ben hat, S. 7. Z. 6. Wörtern Z. 10 Worterkl.   S. 8 Z. 16 Schluß folge Z. 18 habe; S. 9. Z. 13. trägern Z. 15 konnte
    nicht thun
und
    leiden
S. 11 Z. 5 deleatur auch   S. 12 Z. 1. welchen Z. 4; – S. 13. Z. 4. habe.   S. 15 Z. 20. nichts   S. 16 Z. 12. vorschreibt. S. 17. qualitates S. 20. Z. 11. Gebaren S. Adelungs Wörterbuch. S. 21. Qualis artifex – Suet. in Nerone cap. 49 Jerem. LI. 13. S. 24. Z. 17. ihre   S. 25 Z. 3. Erndtern S. Gleims Gespräch Pfuy! Pfuy! Fooi i.e. Biergelder der Zollbedienten. Z. 8 königl. Z. 15 im Z. 20. alle S. 26. Z. 13. unsere Z. 15 sind allso des S. 27. Cic. de Offic. Lib. I. Cap. 7. § 6. Cap 16 §. 3. Lib III. Cap. 18. § 11 lin. vlt. ihre S. 29 S. Luthers Vorrede zum Psalter S. 32. Z. 7. verr – Z. 11. Jerusalem nicht förder bleibt an ihrem Ort zu Jerusalem, sondern – Zachar. V. 10, 11. XII. 6. S. 33. Z. 17. Bewegungsgründen   S. 41. Z. 13. bis auf –   S. 42. Z. 8 del. selbst Z. 11. welches er selbst S. 43. Z. 10. Metze Z. 17. Modenwechsel   S. 45. Z. 2. deleatur gewählte S. 48. Z. 6. einkamen   S. 49. Z. vlt. vernehmen   S. 51. Z. 18 erwählte deleatur hatte S. 52. Z. 6. gegen den Z. 10. Siehe Köhlers Disput. pro loco Reg. 782. p. 36. Corollar. VII. Z.17 heraldischen Canz S. 55. Z. 13. doch   S. 59 Z. 2 das Analogon Z. 5. eines Retters und Ritters deleatur des eines Königs S. Luther über den Ψ. LXXXII. v. 4. S. 60. Grund und Gipfel deleatur Anfang und   S. 61 Z. 14 geschenkt hat: S. 62. Z. 3. Willkühr. Nach einer Lesart der Allg. Litteratur Zeitung April S. 48. Gewähr. Z. 18. eben so S. 63. Z. 16 haben   S. 64. 65. deterioris conditionis Z. 12. zuwieder S. 69. Z. 9. und Z. 11. deleatur aber Z. 13. verzehnteten Z. 17. Bescheid voller Z. 20 zu dienen, auf beyden Seiten zu hinken und den Baum p S. Luthers Randgloße ad Ψ XXXV. 15. S. 72. Z. 9. 10. als den Z. 16 Statt der S. 73. Coheleth = Akademie   S. 74 Z. 1. in den   Z. 9. Philosophie S. 75. Z. 10. Farren Z. 15 oder ist eine fertige, reinliche, gelehrte Zunge S. 76. Z. 2. deleatur göttl. Gnade und Z. 14. 15 Persius Sat I. v. 102 S. 77. Z. 10; um ihn zu rechtfertigen, haben wir sie erfunden Siehe Garve über Ferguson S. 296, 297. Ohe iam satis est! Freund Hartknoch hat Me Courtan nach Riga mitgenommen. Sie wünscht sich aber wider zu Hause wegen des ungerathenen Sommers, der dem Wirth zu seiner Gesundheit auch nicht behagt. Theurung u Krankheit scheinen unvermeidlich zu seyn. Gott helf uns all! über und durch – das Meer der Trübsal. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
Des / HErrn Doctor Lindner / Wolgeboren / zu /
    Jena
Kgsberg den 7 Oct. 85. Herzlich geliebtester Freund HE Levi hat mir den 7 Sept. Ihren letzten Brief vom 10 Aug. überbracht nebst Ihrem Catalog und der Schrift über Offenbarung Judentum u. Christentum, welche ich bereits vergeßen hatte. Ich bin so tief in Schuld bey Ihnen, daß ich in allem Ernst an Liquidation und Verlag meiner Ana denken muß; so bald ich nur ein Exemplar der Sokr. Denkwürdigkeiten auftreiben kann. Gott gebe Ihnen nur Gesundheit. Denn wie Ihnen bey der elenden Witterung zu Muthe seyn muß, kann ich aus meiner eigenen Empfindung schließen; wie ich aus meiner eigenen Erfahrung andern predige was ich selbst fühle. Gott wird uns auch bey der theuren Zeit, die uns bevorsteht, auch zu erhalten wißen. Ihr gewesener Schuchardt kommt garnicht zu mir, und ich geh in keinen Buchladen, habe auch seit diesem ganzen Jahr keinen Fuß in selbigen gehabt. Sollte ich ihn wider einmal auf der Gaße begegnen, wie es vor langer Zeit geschah, ohne ihn einmal zu kennen, wenn er mich nicht angeredet hätte: so werde mich Ihres Auftrags erinnern Der zweyte Theil der Ideen ist noch nicht angekommen, auch noch keine Zeile von Hill worüber ich sehr unruhig bin. D. Lindner hat mir aus Jena geschrieben, wo es ihm außerordentl. gefällt. Ich mußte seiner beym Diacono Kahle zurückgelaßene Bücher wegen, einen Gang biß nach dem Roßgarten thun, machte mir die vergebene Mühe ein Plätzchen für meine beide jüngste Mädchen zu bestellen, welche gern die Regimenter u 100 Bosniaken von der heutigen Revue einmarschiren sehen wollen. und wurde auf dem Heimwege durch den Besuch eines Patienten aufgehalten, den ich am Fenster gewahr werde und mir einen Wink zu geben scheint – Kaum bin ich aus dem Hause, so besucht mich der Graf Friedrich Leopold zu Stollberg, Eutinscher nach Petersb. gehender Gesandter, hat sich gegen 3 Stunden mit meiner lieben Hausmutter allein in einer zum Unglück frisch aufgenommenen Stube bey offenen Fenstern und kahlen Wänden unterhalten müßen, um mich abzuwarten, und einen Brief von Claudius abzugeben. Ich habe seinen langweiligen Verzug erst nachher erfahren, und wäre noch gern selbst angesprochen, um mich deshalb zu entschuldigen, wenn ich nicht diesen ganzen Nachmittag jemanden erwarten müßen, der gleich nach dem Eßen sich einfinden wollte, und gänzl. ausgeblieben. Er wünscht sich HE Backmeister kennen zu lernen, und unsern Freund und Landsmann Arndt. Ich habe ihn deßhalb an Sie verwiesen, um die Addressen zu erhalten. Er ist vorige Nacht angekommen, reiset diesen Abend wider ab, und denkt in wenigen Monathen wider zurück zu seyn, seiner jungen Gemalin, Gräfin Agnes zu Liebe. Ich begleitete ihn bis zum Kayserlingschen Hause, wo er zu Mittag gebeten war, und muste da Abschied von ihm nehmen. Da Weil Sie diesen liebenswürdigen Herren sehen werden; so hab ich nicht nöthig mehr von ihm zu schreiben, was Sie nicht schon wißen, und vielleicht beßer und genauer als ich. Claudius schreibt mir, daß Lavater im Oct. erwartet wird, um seinen Sohn selbst nach Göttingen zu bringen. Nichts von Ihrer Reisegefährtin glückl. Ankunft in Mohilew? Die gute Baroneße läßt meine Lisette Reinette auf den Sonntag über 8 Tage in der Tragheimschen Kirche einseegnen. Wenn Me Courtan so oft an uns denkt; wie wir an Sie: so wird sie keinen Vorspann nöthig haben. Ich hoffe, daß Sie die gute Wirkungen Ihrer Reise erst zu Hause erfahren wird; wenigstens hab ich meiner fehlgeschlagenen immer das Prognosticon gestellt. Ich werde Ihr manches zu erzählen haben, was sich weder schreiben noch wenigstens von meiner Hand recht lesen läßt. Gott laße Ihre Cur wohl gedeyen und sage zu allen unsern Wünschen Amen! Käme es auf die meinige an: so wär es mir sehr lieb und meinem Hans auch vortheilhaft unsere Wanderschaft unter Ihrer Anführung antreten zu können. Ich tappe wie im Finstern, und warte auf Licht. Die Zeit wird lehren, was ich thun und laßen soll. Ich weiß nichts weder aus Paris, noch Weimar, noch von meinem Hill. Habe diese Woche wider unvermuthet einige # für ihn eingenommen; wenn er noch Hülfe nöthig hat, und 2 Häuser für sein Unterkommen. Sollte die Vorsehung so vieles umsonst thun, wider ihr Gesetz der Sparsamkeit. Ich umarme Sie unter den herzlichsten Begrüßungen Ihres ganzen Hauses von Hans, Mutter u. Schwestern und ersterbe Ihr alter Schuldner und Freund Joh. Ge. Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn
    Hartknoch
, / Buchhändler / zu /
    Riga
. /
    Einschl
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 1 Oct 1785 beantw. d 2 –
Kgsb den 10 Oct. 85. Alter lieber Gevatter, Landsmann und Freund, Länger kann ich unmöglich aushalten. Ihr zweiter Theil komt nicht an und von Hill auch keine Nachricht. Wenn ich nur wüste, daß er noch lebt. Ist er krank; so hab ich vorige Woche widerum 4 # zu seiner Pflege auf allen Fall eingenommen; auch recht gute Aussichten ihn hier versorgt zu sehen. Von Dr. Lindner habe endl. eine Antwort aus Jena unter 11 Sept. den 4 d. erhalten unter Einschluß, den vermuthl. ein studierender Curländer mitgebracht. Er muß damals meine Einl. über Weimar noch nicht erhalten haben. Den 7 d. gieng ich wegen eines Auftrages bis an die Roßgärtsche Kirche und gerieth auf lauter Irrwege. Wie ich zu Hause komme, fand ich zu meiner Freude und Schrecken den Grafen Friedr. Leopold zu Stollberg, der wie ich erst nachher erfuhr beynahe 3 gantzer Stunden in einer wüsten Stube, die eben aufgenommen war, bey offenen Fenstern p auf mich gewartet. Er war in der Nacht angekommen, ich begleitete ihn bis zum Kayserl. Hause und er ist noch denselben Abend abgefahren. Es war der zweite Revuetag, und die erträgl. Witterung vermehrte den gewöhnl. Zulauf von Maulaffen, worunter auch meine beyde jüngste Mädchen waren. Der arme
    Johann Michel
, der sich alle Tage im Griechischen badt, kam zu meinem großen Verdruß so spät nach Hause, daß er den liebenswürdigen Mann gar nicht zu sehen bekommen. Gott gebe ihm eine glückl. Reise und uns beßer Glück zu seiner Rückkunft! Wie ist Ihnen und Ihrer lieben verehrungswürdigen Frau das Bad bekommen? Hat es gute Wirkung auf Ihre beyderseitige Gesundheit gehabt? Beruhigen Sie mich doch bald darüber mit beßern Nachrichten, als der sehr theilnehmende Graf mir geben konnte. Eine Haushaltung wie die Ihrige, bey einer kranken Gehülfin, Ihren Amtsgeschäften und Kopfarbeiten. Ich weiß nicht wie mir zu Muth wird, wenn ich dran denke, noch was und wie ich an Sie schreiben soll. Meine ganze mir unerklärliche Hypochondrie scheint aus dergl. tiefen und dunkeln Eindrücken, die auf mich fortwirken, wenn ich mich nicht mehr auf ihren Ursprung besinnen kann. Claudius hat mir auch geschrieben. Bey aller seiner Drolligkeit denkt er an schmale Bißen, die ich mit dem Glück, was man hier für gewiß ausposaunt, gar nicht zusammen reimen kann. Jährl. 1000 rthl von Gr. Schimmelmann, 100 # von der Kammerherrin, die kleine dänische Pension, ein do von der Loge und ich weiß nicht mehr was, worüber ich mich im Herzen gefreut, und immer über sein Stillschweigen gewundert, das ich mich endl. aus einer Stelle seiner Schriften, die mir neul. in die Hände fiel und aus einer Idiosynkrasie seiner Erkenntlichkeit erklärte, die ich bewunderte und billigte, trotz meiner entgegengesetzten Schwäche. Sein eigen Haus, seine artige Bewirthung und ganze Einrichtung und alles was man mir erzählte war sehr nach meinem Geschmack und Wunsch ihn glücklich zu sehen, mit seiner lieben Rebecca und ihren sechs Töchtern geborgen. Die Baroneße hat meine Lisette Reinette auf einmal in die Kinderlehre geschickt, und sie wird den bevorstehenden Sonntag Dom. XXI. eingeseegnet werden, in einem geborgten Kleide; weil ich für die Einkleidung nicht eher sorgen kann, bis die Gratification des vorigen Jahres ausgezahlt werden wird, und dieer Termin sich noch ein paar Monathe verziehen kann. So bald ich dies Geld erhalte, ist gleich die Hälfte ihr zugedacht zu einem Ehrenkleide, das wider meinen Willen und Grundsatz, seiden seyn muß. In meinen Augen kleidet Leinen oder höchstens Baumwolle ein bürgerlich Mädchen am besten. Weil sie jetzt unter Fräulein und reichen erzogen wird, muß ich schon diese kleine Eitelkeit mitmachen, aber ohne Folgen für die Zukunft. Ich bin willens zur einzigen Feyer dieser Handlung den Genuß der Eucharistie zu machen, und Gott öffentl. zu danken und seinen Seegen ihr zu erbitten. Unser Jonathan in Düßeldorf hat mir auch seine Speciem facti contra Mendelssohn zugeschickt. Was dieser dazu sagen wird, bin ich neugierig zu erfahren. SeinJacobis Verfahren scheint mir recht und klug; die Areopagiten werden schwerlich so unparteyisch seyn. Außer der Einl. des Lindners habe seitdem von meinem Wohlthäter nichts erhalten. Ich habe ihn ausdrücklich gebeten an mich nicht eher zu denken, bis er wieder zu Hause und in Ruhe seyn wird. Unser Kapellmeister hat neul. aus Paris geschrieben und ihm scheinen die Franzosen beßer als die Engl. zu gefallen. Die Ancient Metaphysics habe erhalten. Die Hälfte des Ganzen ist nur heraus; und kostet allein 3 Guinées. Diese Lüsternheit ist mir ziemlich versaltzen worden und hat mir einen ganzen Monath meines Gehalts gekostet – und noch oben ein zur grösten Unzeit. Der überschwengliche Seegen hat wegen der außerordentlich schlechten Witterung die ganze nicht zur Erndte verdorben gedeyen können. Ein Achtel Butter kostet jetzt schon über 20 fl. und man prophezeyt schon eine Steigerung auf vierzig; alles übrige nach derselben Verhältnis, und Mangel schärft den Appetit. Ein gewißer Pastor Ockel aus Waldeck gebürtig ist Superintend. in Mitau geworden. Ist Ihnen nicht der Verfaßer der philosophischen Vorlesungen bekannt? der ehrliche Schweitzer über das Neue Testament. Ich wollte eben an dem Tage wie ich vom Grafen überrascht wurde das deutsche Museum anfangen von vorn an durchzulesen wegen der Beyträge von Jacobi. Scheffner hat es mir zugeschickt. Mit dem Monboddo muß ich auch fertig werden – und denn wills Gott! soll es auf das Spinozabüchlein wie es Claudius nennt, loßgehen zum dritten mal, um es mit Spinoza u dem Aristé zu vergleichen. Sollte sich Hill melden, schriftlich oder persönlich und sollte er etwa in Noth seyn: so liegen hier 12 # vor der Hand für ihn fertig. Nach seinem Fuß zu leben ist dies schon immer gnug. In Berlin kann er sich bey D. Biester melden, wo auch für ihn schon gesorgt ist durch meine Freunde. Können Sie auch ohne Abbruch etwas zur Beförderung des mir zugedachten 2ten Theils Ihrer Ideen beytragen; so bitte gleichfalls darum. Dieser Brief geht über Erfurt und muß noch heute durch meinen Sohn befördert werden. Ich muß also schließen. Gott gebe doch Gesundheit, Leben und Seegen in Ihrem Hause, und erfülle unsere Wünsche uns noch Einmal zu sehen, und an einander zu erqvicken. Wie manches hab ich auf dem Herzen, das sich gar nicht schreiben läßt und alles übrige lohnt der Mühe nicht. Ich werde nicht aufhören für Sie und die Ihrigen wie für mich selbst und die meinigen zu beten. Empfehlen Sie mich meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin in Erwartung guter Nachrichten von Ihrer Erholung und küßen Sie alle Ihre liebe Kinder und Pathchen. Hänschen grüst seinen commilitonem und wartet zur Bestellung meines Briefs, den ich bey Mondschein schließe als Ihr alter treuer Johann Georg H.
Pempelfort den 13ten Oct. 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 26 Oct. Geantw – bis zum 30No 15. Heute Mittag, mein InnigstGeliebter, erhielt ich Ihren sehnlich erwarteten Brief, u habe mir recht wohl dabey seyn laßen. Jetzt will ich Ihnen das wenige was ich von Buchholtz weiß, und was ich über den Ihrem Oberburgermeister attribuirten Brief zu sagen habe, noch geschwinde mittheilen. Von Paris ist Buchholtz schon lange weg, u hat sich seit dem in Lyon aufgehalten. Die Prinzeßin schrieb mir unter dem 14ten Sept aus HofGeismar: „Von Buchholzen u seiner Frau habe ich hier 3 Briefe hinter einander erhalten. Sie waren bisher in Lyon u sind nun, seit dem 3ten dieses Monaths von dort zu Lavatern hin abgereist. Gegen Ende October werden sie wieder in Münster seyn. Uebrigens sind sie fröhlich u glücklich miteinander.“ – Den 12ten Sept schrieb mir Lavater aus Zürich: „Buchholtzen u seine Frau erwart’ ich in 10 Tagen hier.“ Mehr weiß ich nicht v den lieben Leuten. Sie haben in dem was Sie Buchholtzen schrieben gar nicht Unrecht gethan, u ich kann auch in der Form nichts unartiges finden. Unser Freund ist auch ganz der Mann dergleichen aufzunehmen wie man soll. Nun zum andern Punkte. Wenn ich Ihnen gerade zu geschrieben habe, ich hätte von Hippeln einen Brief erhalten, so habe ich mich unvorsichtig ausgedrückt. Was ich sagen wollte war folgendes: Hippel ist Verfaßer der Lebensläufe; Der Verfaßer der Lebensläufe hat an mich geschrieben: ergo, hat Hippel an mich geschrieben. Q. E. D. Mein Minor folgt in Person hiebey. Meinen majorem wünschte ich Ihnen auf dieselbige Weise probieren zu können, denn ich habe ihn aus Herders Munde, u zwar mit solchen Umständen, daß wenn er nicht richtig wäre, Herder gerade zu gelogen haben müßte. Das hindert aber nicht, daß auch Scheffner an dem Buche gearbeitet haben kann, u so ist es auch wohl möglich, daß er u nicht Hippel Verfaßer des einliegenden Schreibens sey. Nur bleibt es höchst unwahrscheinlich, daß Hippel gar nichts v der Sache wißen sollte. Melden Sie mir doch bey Zurücksendung des Briefes, was Sie von der Sache denken. Ich sende ihn den Brief mit dem Umschlage, ob etwa das Siegel einige Auskunft geben könnte, weswegen ich es auch verwahrt habe, weil ich damahls noch gar keine Nachricht v dem Verfaßer hatte. Verschweigen Sie aber die Mittheilung, damit weder Hippel noch Scheffner ungehalten auf mich werde. Daß Sie meine Schrift durch Kants Hände haben gehen laßen, ist mir überaus angenehm, u Sie werden mich ungemein verbinden wenn Sie mir mehr u bestimmteres von seinen Urtheilen darüber melden wollen. Sie schreiben „Aus dem System des Spinoza hat er nie einen Sinn ziehen können – u mit Kl Kraus ein langes u breites darüber gesprochen, der aber ihre Schrift noch nicht gelesen hatte.“ Ich möchte wißen in wie weit Kants Bekenntniß seines Unvermögens sich auf meine Schrift bezieht. Mit nächstem Postwagen schicke ich noch 3 Exempl: 1 gebundenes für Sie, 1 für Scheffner, u 1 für den Accise Einnehmer Brahl. Daß letzterer (von dem ich daraus, daß Sie sein Freund sind, eine gute Meynung faßen muß) unter Ihrer u noch eines Ihrer Freunde Aufsicht das Buch de l’ordre de Cincinnatus übersetzt, macht mir eine große Freude, u hat den Gedanken in mir erweckt, daß eben dieser wackere Brahl auch wohl das Buch sur la vie et les ouvrages de Turgot übersetzen könnte. Ich will ein Exemplar davon nächsten Posttag mitschicken. Die Nachricht, daß
    ich
es übersetzen wolle, rührt v einem meiner Freunde, dem Grafen v Sickingen her, der dadurch meinem
    guten
    Willen
die
    Nöthigung
beyzufügen meynte. Das Gerücht Darum ist auch das öffentliche Ausschreien dieser Nachricht durch einen
    Chemiker
(Crell) verrichtet worden, welches drollicht genug war. Es wäre gut, wenn für uns Deutsche dem Buche eine etwas andre Form gegeben würde. Die theils kleinen, theils
    unpersönlichen
Umstände von Turgots Leben müßten abgesondert werden, u gewiße details seines Ministerii wieder. So zerfiele das Buch in 3 Theile, u der große Mann stünde reiner u natürlicher da. Der französische redacteur ist ein gewißer du Puy, deßen Geist gar nicht dazu gemacht war die organische Kraft eines solchen Stoffs zu werden. – Laßen Sie, liebster Hamann, meinen Vorschlag Eingang finden, wenn es immer möglich ist. Sie höben mir würklich einen Stein vom Herzen. Die Sternchen S 174 meiner Schrift heißen Reimarus. Er ist der Bruder der Elise u der Sohn des Verfaßers der Fragmente; doctor med. zu Hamburg, u ein sehr gelehrter Mann. Das ausgelaßene
    durch
S 14 ist vermuthlich ein Schreibfehler, denn ich erinnere mich, daß mein Bruder vor 2 Jahren mir ihn anzeigte. Desto sonderbahrer daß ich ihn nachher doch übersehen habe. Das
    von
S 48 ist weder Schreibfehler noch Druckfehler, sondern eine Bestialität meines Ohrs, das mich öfter auf diese Art zum Besten hat, u über Verstand u Grammatik triumphiert. Ich hätte schreiben sollen: „u ich stehe dafür, daß sie auch Leßings Leute nicht waren.“ Das
    von
sollte den Genitif vertreten, wie es zuweilen thut. Mein Ohr erinnert mich an Reichardt, der Ende Sept hier seyn wollte, u nun den Winter in Paris bleiben wird, um für das dortige Theater 2 große Opern zu schreiben. Am 30ten Sept hat er mir v dort aus geschrieben. Ich habe gleich geantwortet, u in meiner Antwort auch Ihrer gedacht. Hill ist nun ganz gewiß bey Ihnen. Den 11.ten Sept schrieb mir Goethe daß er zu Weimar wäre; u in einem Briefe v 16.ten Sept gedachte auch Herder seiner. Daß Letzterer Sie so lange auf den 2.ten Theil der Ideen warten läßt, oder ließ, ist nicht fein, ob er gleich sonst beynah zu viel
    Cultur
bekommt. Sagen Sie mir doch so viel als Sie mögen, v dem Eindrucke dieses 2.ten Theils auf Sie. Er enthält ungemein viel vortreffliches, aber wie ich schon neulich schrieb, ein gewißes durcheinander von Physik u Theologie, von Pantheismus u Deismus will mir nicht gefallen – „da sahen die Kinder Gottes nach den Töchtern der Menschen, wie sie schön waren, u nahmen zu Weibern welche sie wollten.“ 1 B. Mos. VI. 2. Das schlimme Wetter hat uns auch hier viel zu schaffen gemacht, aber so schlimm wie bey Ihnen ists doch nicht gewesen. Mir ist das Stürmen mehr als alles zuwider, u es macht eine fürchterliche Würkung auf meine Nerven. Die Natur kommt mir dann vor als wenn sie betrunken wäre, u suchte Händel. Solch ein Stürmen hatten wir vor 14 Tagen, u ich habe 2 Bäume dabey eingebüßt. – Wenn Ihnen heitere Stunden kommen; so denken Sie an mein Problem. Was Sie mir v dem gefundenen Schlüßel sagen, hat meine Be Wißbegierde auf den höchsten Grad gespannt. – Vergeßen Sie auch nicht meine Anfrage wegen Kant, „daß er nie aus dem System des Spinoza einen Sinn hat ziehen können“ – u laßen Sie mich überhaupt so viel es k geschehen kann erfahren, in was für Funktionen er sein Gemüth über dieses = X ferner hat gerathen laßen. GegenGruß u Kuß an Hippel. Sie werden v seinem Urtheil u Scheffners mich doch auch etwas erfahren laßen. – Was zur Geschichte meiner Schrift gehört sollen Sie alles genau erfahren. – Von den Berlinern erwarte ich das Schlimmste, u alle Schliche, welche der dort herrschende Geist der piae fraudis, nur ersinnen kann. Dem Nach den letzten Stücken der dortigen Monatsschrift, muß ich sogar erwarten, daß sie mich für als einen Martinisten, Papisten u Lavaterianer sörglich warnend angeben werden. Etwas Furcht vor meiner nicht scheuen Feder möchte sie vielleicht noch mäßigen. – Und hiemit genug für heute. Ich verlaße mich auf Ihr Versprechen, daß, wenn Sie aufgelegt sind u was zu schreiben haben, nicht saumselig sein wollen. – Grüßen Sie unsern Joh. Michel u Ihre Töchter, deren Alter ich mir auch zu melden bitte. – Ich umarme Sie, Liebster, Bester, von ganzem Herzen – Ihr Fritz Jacobi Adresse:
An den Herrn / J. G. Hamann / zu / Königsberg / frco.
Vermerk von Hamann: den 26 Oct. 85. / geschrieben v 22 Oct – 30 Dom XXIII.
Kgsberg den 16 8br Dom XXI. HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath, Gütigster Freund, Den 1 d. habe ein ganzes Kästchen mit Büchern erhalten, neml. 16 Bände des deutschen Museums nebst einem sehr angenehmen Geschenk und Andenken für meinen Sohn, das ich blos dem Gerüchte nach kenne, ohne es bisher gelesen zu haben. Diese Lebensbeschreibung übertrifft vermuthlich alle übrigen Bagatelles und Frivolités des Abts Coyer, von denen mir die meisten viel Vergnügen gemacht, daß ich bei der ersten Muße auch dieses wichtigere Werk nachzuholen wünsche. Unterdeßen danke in meinem und meines Sohns Namen – mit dem besten Willen Ihnen eine Gegenfreude machen zu können. Ich habe gegen das Ende vorigen Monats einige engl. Bücher erhalten, an die ich mehr dachte und die mich um ein gantzes monathl. Gehalt gebracht haben. Das wichtigste Werk, ist des Monboddo
    alte
    Metaphysik
in 3 Qvartbänden, davon der letzte erst im vorigen Jahr ausgekommen, und nur wenigstens die Hälfte des Ganzen ausmacht. Jeder Band kostet eine Guinée – O über den Werth einer Lais von 6 Bänden ließe sich auch eine Postille schreiben. Ich habe mich satt geärgert und satt gelacht, und dabey mag es vor der Hand sein Bewenden haben. Kürzer zu werden ist keine Hofnung für einen so alten Knaben, der mehr als ein Phrygier ist. Bald darauf erhielt einen Brief von unserm Lindner aus Jena, der sich allen seinen Freunden empfiehlt, und dort nach Herzenslust lebt, ein neues Elysium für seine Wißbegierde gefunden, mehr als er gehoft und vermuthet hat, auch nicht weiß, wie und wenn er sich wird los machen können. So sehr gefällt ihm die Gegend und der Umgang mit den dortigen Gelehrten. Er hat mir aufgetragen seine Kasten mit Büchern, die er beym Kaplan Kahle auf dem Roßgarten in depot gelaßen, nachzusehen wegen der Fortsetzung oder zu completirenden Theile. Ich laß es mir unglückl. Weise einfallen den 7 d. am zweyten Revuetage wegen der feyerl. Muße in Geschäften, diesen weiten Weg abzumachen – Ich komme unverrichteter Sache zu Hause und finde den Grafen Friedrich Leopold von Stolberg in meiner frisch aufgenommenen wüsten Stube bey offenen Fenstern p der gegen 3 Stunden auf mich gewartet, als Eutinscher Gesandter nach Petersburg noch denselben Nachmittag abreiste. Ich begleitete ihn bis zum Kayserlingschen Hause, wo er Mittags eingeladen war. – Er versprach in wenigen Monathen wider hier zu seyn, hatte einen Brief von Claudius und den Auftrag mich auf seiner Rückreise mitzubringen. Denselben Vormittag hatte ich den ersten Theil des deutschen Museums auf meine Loge mitgenommen und wollte eben den Anfang machen, es durchzulaufen. Ich habe ihn erste aus dieser Monathsschrift kennen und von seinem Bruder unterscheiden lernen. Er war sehr begierig HE Kr. Hippel kennen zu lernen und seinen alten Freund Hofr. Dehn wider zu sehen, nach deßen Aufenthalt er sich schon unterwegs allenthalben erkundigt hatte. Bey mir war es ihm blos darum zu thun, mich in einem Kopftuch à la Russienne zu ertappen. Vorigen Donnerstag hab ich den Lindnerschen Auftrag in Gesellschaft meines Sohns abgemacht. Heute meine Andacht gehabt und bringe diesen Nachmittag gantz einsam zu, weil mein gantzes Haus in die Tragheimsche Kirche zu Fuß und in der Wagen Kutsche gegangen. Die gute Baroneße läßt meine Lisette Reinette einseegnen, und da ich nichts mehr thun als beten kann, daß Gott alles seegnen wolle, wie Er angefangen hat zu Seiner Ehre und meiner Freude! Diese Umständlichkeit soll zugl. mein bisheriges Stillschweigen entschuldigen, und wie wenig auch heute zum Schreiben aufgelegt bin. Die fehlgeschlagene Erwartung war von meiner und nicht von HE Schellers Seite. Eben so viel Mühe habe ich gehabt das Wort praetentionslos auszubuchstabieren, und es erst diesen Augenblick herausgebracht. Vorgestern erhielt den Meßkatalog zum Abendbrodt, das sehr kümmerlich war. Der erste Theil von Mendelssohns Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes ist bey Voß herausgekommen; auch Gottlob! der II Theil der φφischen über über das N. T. der dritte auf Ostern angekündigt. Aus Weimar nichts, noch von Hill. Ich habe vorige Woche geschrieben, auch wegen des zweiten Theils der Ideen. Ein guter Genius hat mich nach dem Deutschen Museo lüstern gemacht. Besonders ist es mir lieb gewesen einen Rath Sprickmann zu Münster kennen zu lernen. Bisher habe noch nichts von meinem Jacobi zu D. gefunden. Vielleicht kommt alles in den letzten Bänden – Ich werde eilen müßen mit der Zurücksendung – Es ist mir ein großer Vortheil gewesen, die ganze Folge nach der Reyhe haben zu können. Sollte ich die letzten Bände hier habhaft werden können: so würde Sie, gütigster Freund, gern der Mühe überheben, und bey Zeiten deshalb Nachricht geben. Eher ich damit fertig bin, werde in meinem Monboddo nicht fortfahren, und hierauf des Jacobi
    Spinozabüchl
. anfangen theils mit seiner Qvelle theils mit Hemsterhuis zu vergleichen. Daß Mendelssohn noch nicht hier ist, wundert mich. Habe heute zum 2ten mal die Z. Predigten zu Ende gebracht, ohne etwas von meiner Rechthaberey oder Orthodoxie erlaßen zu können. Bey allem Aufwand für die schöne Natur, thut es mir desto mehr leid um die Wahrheit, Kraft und den
    Grund
des Christentums, der immer vorausgesetzt, und selten berührt wird. Despotismus und ein moralischer Aberglaube bieten sich einander die Hand ein neues Pabstum aufzurichten. Die Berl. schlauer wie die galanten Sachsen machen sich ein neues Verdienst daraus, das erste blinde Lermen darüber zu machen. Meine Leute kommen in vollem Regen, ohngeachtet des gestiegenen Barometers, und sehr zufrieden mit unserer Lieschen zu Hause. Erlauben Sie mir, daß ich Feyerabend mache. Johann Michel hat das Pollnische mit neuem Muth angefangen, hört die Metaphysic, Theol. Natur. u Anthropol. bey Kant, Statistik, Historie und Encyclopädie bey Kraus, Anatomie bey Metzger und Mineralogie bei Hagen – hat einen sehr guten Gesellen an dem ältesten Nicolovius gefunden im Gr. und Engl. nebst seinem alten Freund Raphael. Wie würde sich Hill über seine Schülerin und die Schule seines comilito freuen; aber beynahe vergeht mir der Muth an ihn zu denken! Kanter treibt sich aus Desperation über das unwirthliche Wetter in der Stadt um, ohne daß ich ihn zu sehen bekommen kann. Er hat das Zerbachsche Haus gekauft und baut – Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin und setzen ergäntzen den Mangel des Ausdrucks und der Construction meiner Gedanken u Gesinnungen Joh Ge. Hamann. Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / wohlgeboren Erbherrn / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst 2 Büchern.
Kgsberg den 20 Oct. 85. Gnädiger Herr, und Freund Am Erndtefest auf dem Wege nach der Kirche erhielt ich Ihr Freuden- Billet, auf deßen Innhalt ich schon lange gewartet hatte mit dem innigsten Antheil. Gott erhalte Mutter und
    Tochter
, und laße Ihr Haus geseegnet seyn mit neuer Liebe und Wonne des Lebens – vermehre die Pfänder und Zeugen Ihres Glücks und Wohls. Ich hoffe, daß die Gnädige Frau bereits einer erneuerten Gesundheit wider genießen, und die liebe kleine Fräulein ein reicher Ersatz aller diesjährigen Mühseeligkeiten Ihnen beyderseits seyn möge! In eben diesem Augenblicke, da ich diesen Brief angefangen hatte, kommt Hill in mein Haus geflogen, mit einem Tumult, den Sie sich leicht vorstellen können – Meine Tochter ist vorigen Sonntag eingeseegnet worden, und Montags war seines Stillschweigens wegen, seit seiner Abreise von Wien, beynahe so überzeugt ihn nicht mehr wider zu sehen, daß ich schon mit dem Vorsatz umgieng alle noch hier übrigen Beyträge seiner und meiner Wohlthäter wider abzuliefern. Dienstags erhielt ich von ungefehr durch einen Juden, der von Berlin zurückgekommen war, ein sehr unzuverlässiges Gerücht von ihm dort gehört zu haben. Mit dieser Post wollten zwey Comtoire deshalb nach Berlin schreiben – und da ist er selbst! gesunder, feister und geputzter. Er hat Capt. Bentevegni besucht, der alle Augenblicke den zweyten Seegen seiner Ehe erwartet, und seiner alten Freundschaft treu bleibt. den 15 des Christm. 85. Den 21 Sept. erfreute mich unser Freund Dorow durch Ueberbringung der beyden höchst ähnlichen Gemälde. Meinen innigsten Dank habe ich wenigstens durch meinen Gehorsam zu äußern gesucht; HE Seemebald hat seine Arbeit, ohne selbige vollendet mir gewiesen zu haben, abgesandt, und jedermann, der sie gesehen, hat mir seine Zufriedenheit damit versichert. Um mein unvergebliches Stillschweigen und die Unterbrechungen meines Briefes einigermaaßen zu entschuldigen, fahre ich fort in den freundschaftl. Erzählungen meiner Zerstreuungen, denen ich beynahe untergelegen. Den 7 Oct. überraschte mich in meinem damals leeren und wüsten Hause der jüngere Graf zu Stolberg, und erwartete bey leeren Wänden, offenen Thüren und Fenstern über ein paar Stunden meine Zu Hause kunft. Er gieng als Gesandter des Fürstl. Eutinschen Hofes nach Rußl. Ich habe einige Wochen den gewesenen Lehrmeister meines Michaels in Graventihn gegenwärtigen Pastor.adjunct. in Petersdorf bey mir beherbergt. Die glückliche Widerkunft meiner Freundin u Gevatterin Me Courtan aus Riga und eines jungen Paars aus Frankreich nach ihrer Heimath in Deutschland, der mir sehr interessante Aufenthalt eines liebenswürdigen Rußl. Majors Tiemann – Das erste Stück des XIII Bandes von der Allg. deutschen Bibliothek den ich am 1. Advent zum Frühstück mit der Post erhielt enthält eine sehr politische Recension des Golgotha – Mein Freund Jacobi in Düßeldorf, der ein Büchlein über Spinoza geschrieben, und darinn bewiesen, daß Leßing Spinozist gewesen, hat mir gemeldet daß Claudius für seine Rebecca, die von einem todten Knaben entbunden worden, sehr beängstigt gewesen – Den 7 d, kam ich mit dem NB. eines gantz auf die rechte Seite verzogenen Mundes und einer schon an sich schweren Zunge zu Hause. Zum Glück war eine Dosis Ipecacuanha, die ich für eine epileptische Dienstbotin vor einigen Wochen hatte holen laßen. Ich wurde durch den Gebrauch dieses Mittels bald erleichtert, und den Tag drauf durch einen sehr artigen Brief des Gr. Christian zu Stolberg aus Tremsbüttel wieder aufgerichtet, und befinde mich mit meinem Hause recht wohl. Unter diesem Wechsel von Leiden und Freuden, bin ich, Hochzuverehrender Freund und Gönner weder meines alten grauen Kopfs, noch meines guten Willens selbst mächtig gewesen, bringe heute diesen Brouillon eines Briefs so gut ich kann, zu Ende, um mich theils dadurch zu erleichtern, theils zu neuen Zerstreuungen, denen ich entgegen sehe, vorzubereiten und darauf gefaßt zu machen. Ihre alte geprüfte Freundschaft wird dieses alles so gütig aufzunehmen wißen, daß ich kein Wort deshalb weiter verlieren darf. Daß ich meinen Reiseplan nicht aus dem Gesichte verliere, sondern in petto daran arbeite, der Rest meiner Gesundheit und irdischen Zufriedenheit davon abhängt, können Sie leicht erachten. Mit solchen Grundeis in der Seele, ist man zu nichts aufgelegt, und Eins ist bey mir Alles. Gott laße es Ihnen, und Ihrer sanft- und demüthigen Gemalin an Weynachtsfreuden nicht fehlen und Ihr kleines Ebenbild gedeyen und wachsen zu Gottes Ehre und Ihrer Freude Wonne! Heil und Seegen zum Neuen Jahr über Ihren Hof, Güter, Menschen, Felder und Scheunen. Vor allem Gesundheit und Zufriedenheit mit dem Gegenwärtigen, nebst der besten Hofnung für die Zukunft. Ich umarme Sie, und mache Sie zum Dollmetscher meiner Gesinnungen die ich der Gnädigen Frau und kleinen lieben Fräulein nicht auszudrücken imstande bin. Mein Johann Michel mit seinen Schwestern empfiehlt sich gleichfalls Dero geneigten Andenken und kommt eben von einer kleinen Uebung auf Schlittschuh zu Hause. Hill ist gut versorgt bey meinem alten Freunde Jacobi, in deßen Hause er lebt und erinnert sich seiner Wohlthäter. Ich ersterbe mit der innigsten Ehrerbietung Ihr alter ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. Pr. Kraus wird als Mentor Vater und Sohn begleiten, wenn die Reise zu stande kommt = so der HErr will. und wir leben. Der philosophische Vorleser ist mein lieber
    Pfenninger
.
Kgsb den 22 8br 85. Sie erhalten, mein lieber Jonathan, mit diesem Briefe nichts als ein freundschaftl. Geschwätz, wie Kraut und Rüben durch einander. Ich glaub es Ihnen schon gemeldt zu haben, daß ich den 1. d. wie ich noch im Bett lag, ein ganzes Kästchen vom Kr. Scheffner erhielt, mit dem Museo, von Anfang an, bis auf die beyde letzte Jahre 84 u 85, welche er nicht zu Hause gehabt. Den Tag nach Abgang meiner Antwort bekam durch Gelegenheit und folglich ein etwas alt gewordenes Schreiben vom D. Lindner, der in Jena sehr zufrieden lebt und nicht weiß, wie und wenn er diesen für ihn so angenehmen und einträgl. Ort verlaßen soll. Den 7. d. wollte ich eben den Anfang machen mit dem Museo, nahm hdaher den I. Band auf meine Amtsstube mit. Es war der zweyte Tag der Herbstrevue, und 100 Bosniaken dazu einmarschirt. Jung und Alt lief. Meine beyde jüngste Mädchen hatten auch Lust zu maulaffen, ich gieng also aus, ihnen einen sichern Ort wenigstens zu bestellen. Auf dem Wege fällt mir ein, nach dem Ende der Stadt einen Auftrag von Lindner zugleich mit auszurichten, weil ich die Hälfte des weiten Ganges dadurch zu ersparen glaubte. Alle diese Märsche waren verloren, meine Kinder machten sich meiner Vorsicht nicht zu Nutze, kurz der halbe und ganze Weg war umsonst gethan, und alles was mir begegnete, sollte mich irre führen. Ich war um 9 Uhr ausgegangen u kam erst gegen Mittag auf das Licent zurück, wo man mir entgegen rief, nach Hause zu eilen. Mit dem Bande des Museums unter dem Arme, thate ich im Sprunge die paar Schritte. Meine Hausmutter hatte zum Theil uns alle entfernt um die Stube waschen und nothdürftig Fenster und alles was hängt, für den Winter reinigen zu können. Da find ich den Grafen Fr. Leop. zu Stolberg – der über 2 Stunden in dem Wust auf mich gewartet – die Nacht angekommen war und denselben Nachmittag abreisen wollte als Eutinscher Gesandter nach Petersburg. Ich erfuhr diesen klägl. Zeitverlust erst nachher, und bildete mir ein, daß er kurz vor mir angekommen war. Dem allen ohngeachtet verweilte er sich bis über 1 Uhr und ich muste ihn fast bitten nicht den Mittag im Kayserlingschen Hause zu versäumen, wohin ich ihn begleitete. Ich kam so ermüdet und erschöpft nach Hause, daß ich meinen Mittag verschlang und mit einem Anfall von fieberhafter Kälte (nach einer mir eben so natürl. Erhitzung) ins Bett kriechen muste. Den Brief von Claudius war weder im stande zu lesen, noch zu verstehen. Der Name des Ueberbringers war mir bekannt genug, aber ohne die beiden lucida sidera recht unterscheiden zu können, welches ich mit desto mehr Antheil aus dem deutschen Museo gelernt, das ich vom 7–19 d. durchgepeitscht habe. den 23 Dom XXII. Heut vor 8 Tagen ließ die Baronesse meine Lisette Reinette einseegnen oder wie man es hier nennt, confirmiren. Ich hielte meine Andacht, und schickte Mutter, Bruder und Schwestern als Zeugen hin, schrieb an Scheffner, dem ich Antwort u Dank schuldig war, dachte mit Wehmuth an Hill, der seine Schülerin wol nicht mehr sehen würde. Den Montag beym widerErwachen dachte wider mit Kummer an ihn, weil ich seit seiner Abreise aus Wien weder aus Weimar, wo ich neuen Vorspann für ihn besorgt hatte nichts erhalten. Dienstag des Morgens besucht mich ein Jude, der aus Berlin zurückgekommen war. Ich that mehr im Scherz als Ernst die Frage an ihn, ob er meinen Hill nicht gesehen hätte. Er versicherte von ihm in Berlin gehört zu haben. Er muste mir sogleich versprechen, deshalb mit der ersten Post dort hin zu schreiben; laufe denselben Mittag zu Vetter Jacobi, der eben an seinen Vetter Nicolai zu schreiben hatte – Donnerstags gegen Abend komt
    Hill
selbst, dicker, feister und gesunder, mit lauter guten Nachrichten, worunter die zärtliche Sorgfalt, welche
    Lavater
und
    Herder
, und besonders des erstern Freunde in Welsch- und dem halben Deutschl. ihm erwiesen, mich bis in die Seele gerührt. Den Freytag drauf speisten wir bey Jacobi, und der Contract wurde geschloßen, daß er daselbst wohnen und leben wird, als Hofmeister seiner Kinder. Gestern speisten wir bey Hippel – und beym Dessert wurde ich herausgeruffen, und lief mit dem mir zugebrachten ersten Exemplar der
    Mendelssohnschen Vorlesungen über das Daseyn Gottes
, das mir Brahl mein alter Freund und Hills naher Anverwandter zuschickte. Ueber dies Buch bin ich gestern beynahe eingeschlafen Heute speist meine älteste Tochter mit ihrem ersten Schulmeister Hill, Bruder Raphael Hippel mit Louischen Miltz, einer Vetterin u. Schülerin von Hill bey mir. Hill hat sich zieml. zu Rom im Arabischen zu üben Gelegenheit gehabt. Mein Hans Michel stand vorigen Montag um 4 Uhr des Morgens auf. An statt in seinem Herodot oder Homer zu studieren, ertappe ich ihn über eine arabische Grammatik, und daß er sich übt die Buchstaben nachzumalen – vermuthlich aus Ahndung. Wie es in meinem Kopf und in meinem Hause spukt, können Sie sich kaum vorstellen. Die einzige Unruhe, welche mich qvält, ist Herders Stillschweigen, daß ich weder eine Zeile noch den zweiten Theil seiner Ideen erhalte. Nun geh ich in die Kirche, um den zweiten Theil der Eucharistie – Gott weiß wie? und wie lange? – nachzuholen. Es war mir nicht möglich, den ersten Theil vor 8 Tagen zu Ende zu hören. Ach die Schwätzer an heiliger Stätte – und die rabbinische Vorlesungen – vt mihi saepe Bilem, saepe iocumDemohngeachtet lohnt es immer noch in des HErrn Haus zu gehen, und den öffentl. Versammlungen bey zu wohnen. Des Abends – Es ist heute den ganzen Tag bey mir Jahrmarkt gewesen – und der letzte Besuch war ein Brief von unserm lieben Herder, der Gottlob gesund ist, den Printz August von Gotha, den jungen Forster – Ihre Emilie samt dem ganzen Fürstl. Gefolge, unter dem ich blos den
    Namen
des Secretairs vermiße – ist doch wol nicht der, den Sie neulich Ihr factotum nannten? – um sich gehabt. Jetzt bin gegen das Ende des zweiten Bandes in meinem Monboddo. Der Anfang des dritten fängt sich mit einer Geschichte der Metaphysik an, auf die ich äußerst neugierig bin. So bald ich mit diesem Buch fertig seyn werde, wird Ihr
    Spinozabüchlein
, wie es Claudius nennt, mein einziges Studium seyn. Eilen werd ich und kann ich auch nicht; versprechen kann ich auch nichts: aber das meinige will ich mit allem Vermögen thun, es mag nun herauskommen, was da wolle. Rechnen Sie auf weiter nicht als einen vrceumIhren Beyträgen zu Gefallen kam mich die Lust an, das deutsche Museum durchzulaufen. Ich habe Mehr von Ihnen vermuthet zu finden – die beyden letzten Jahrgänge fehlen mir aber noch zu den 16 Bänden, welche ich noch um mich liegen habe. Die
    beyden ersten Stücke
machen meines Wißens den I Band Ihrer vermischten Schriften aus; sind aber selbst nur ein Fragment Ihres
    Woldemars
, von dem Anfang und Ende im Mercur stehen. Diesen Woldemar hoff ich selbst einmal abzuholen. Hernach find ich 81. wider ein Fragment über
    Recht u Gewalt
, das Sie mir mit ein wenig animosität gegen den Mercur geschrieben u mit ein wenig Laune gegen das Museum scheinen abgebrochen zu haben. Ich bin mehr auf W. Seite und die herrliche Stelle welche Sie selbst ausgezogen haben, daß hinter dem Minimo von Weisheit eine in allen Regierungen hinter die Scene spielende und stark in die Augen leuchtende Theokratie sey, ist für mich ein recht evangelisches und christliches Senfkorn, trotz aller der sophistischen Erde, in die es verscharrt ist, ein ächter Diamant auf einem Misthaufen –
Die beyden letzten betreffen des Mirabeau großes Werk und sind von 83. Ich habe alles nur mit den Lippen kosten müßen. Den Abdruck von Ihren
    Erinnerungen
hab ich schon durch Ihre Güte erhalten. Wer ist aber der Verfaßer von den
    Gedanken Verschiedener
? – und wo finde ich Ihre Vergleichung zwischen
    Protestanten
und
    Katholiken
? Erklären Sie mir doch auch die Buchstaben mit Puncten in dem fr. Briefe der vortrefl. Fürstin – Auf dem Denkmal ihres großen würdigen Freundes heißt Sie Adelaide u in Ihrer Antwort Emilie – Mit was für Vergnügen habe ich die Beyträge des lieben Raths Sprickmanns gelesen, deßen Namen ich aus B. Briefen behalten, ohne den braven Mann zu kennen. Sind die kleinen allerliebsten Bchz. von unserm Alcibiades? und „Dein
    Buchholz
war schon abgereist“ in dem Auszug eines Schreibens an S.dd Rom 780. geht ihn doch auch an? Un. scheint mir
    Sturz
zu seyn, deßen Sammlung ich auch noch nicht gelesen habe, sondern blos einzelne Stücke. Das Vergnügen, womit ich in weniger als 14 Tagen die 16 Bände durchgewandert, wie Hill Italien und Deutschl. und die Schweitz, ist für mich unaussprechlich gewesen, und hat mich mit einer Art von Heimweh in Ihre Gegenden mit Sinnen und Geist versetzt. Geben Sie mir doch den Schlüßel zu meinen Anfragen, und schreiben Sie mir auch, was Ihnen bey Gelegenheit des Museums einfällt, weil ich noch den vor- u diesjährigen Band erwarte, und nicht eher als bey Erhaltung derselben die 16 Bände zurück geben will. Ich habe große Versuchung gehabt nach P. zu schreiben, weil Stolbergs Erscheinung und Hills Recuperation zu den Epochen dieses Jahrs gehören, welche die Leere meiner Seele ein wenig ausgefüllt haben und die Gegenwart des letztern meine Lebensgeister ziemlich jetzt beschäftigt. – den 26. Die Post ist leider versäumt. Stolberg brachte mir einen Brief vom Claudius, worinn er im Vorbeygehen an schmale Bißen denkt. Wie ich mich darüber erschreckteocken, weil hier ein junger Mensch aus Büschens Pension von einem reichen Jahrgehalt, das Gr. Schimmelmann ihm bestimmt hätte u dergl. Dinge mehr, die theils öffentl. theils privatim ausgesprengt werden. Alles erlogen – und jedermann der ihn besucht, lobt seine häusl. Einrichtung und
    Aufnahme
. Alles kam mir unwahrscheinl. vor, selbst sein Stillschweigen darüber gegen mich, daß ich mir aus meinem außerordentl. Gefühl seiner Dankbarkeit erklärte, und einer misverstandenen Stelle seiner Schriften. Er soll liebe gut erzogne Kinder haben. Gott gebe ihm doch bald einen reichen vernünftigen Schwigersohn zum Vormund und Curator, wie ich mir selbst einen wünsche und nöthig habe. Ob ich aus dem seltenen Mann
    klug werden möchte
, wenn ich ihn selbst zu sehen bekomme, wie ich so viel Jahre lang in meinem Herzen gewünscht und gehofft, bin ich neugierig – Sie haben Hemsterhuis gesehen – und vielleicht ist auch Lavater, der sich um meinen Hill so väterl. verdient gemacht, bey Ihnen gewesen. Grüßen und herzen Sie Ihn von mir. Claudius hätte diesen wilden Menschen über Düßeldorf expediren können – mir war es unmögl. und weil ich aus Weimar keinen Laut hörte, gab ich fast alle Hofnung auf ihn widerzusehen, und danke Gott daß ich ihn hier habe für Hippels Raphael und meinen Michael – mit denen er gestern schon hebräische und ital. Stunden angefangen. Er hat sich wacker zu Rom im arabischen geübt, wornach mein Junge auch brennt, daß ich alle Mühe und Gewalt brauchen muß, dies tolle Gespann zu regieren und zu lenken, und wie sauer es mir wird mein eigen kahles graues caput mortuum im Gleichgewicht zu erhalten. den 28 Simon. Judae. Ich bleibe diesen ganzen Nachmittag zu Hause, um fortzufahren. Ich hatte vorgestern frühe obiges geschrieben, und gieng um 7 Uhr nach der Stadt, um etwas nach Sprintlacken an Scheffner zu bestellen. Auf dem Rückwege hab ich die kleine Freude noch von einem Juden Abschied zu nehmen, der eben mit seiner jungen Frau, die er hier geheirathet, in den Wagen stieg. Er dient bey Hartknoch und steht seinem jüdischen Buchhandel vor. Weil Comm. R. Fischers Haus in der Nähe war, sprach ich an um mich nach einer Einl. von Ihnen zu erkundigen. Die Briefe waren aber noch nicht von der Post eingegangen. Kaum war ich auf meiner Loge, so bringt mir HE Comm.rath selbst Ihre Einl. die mir herzl. Freude gemacht. Mein ganzes Haus war bey Hills Oncle, dem Reg.Feldscherer Miltz eingeladen, der in dänischen u holl. Diensten ein paar Reisen nach Guinea gethan. In meiner Abwesenheit wurde bey mir ein Päckchen wider von Hartknoch eingereicht, worinn ich Herders 2ten Theil fand, den ich gestern durchgelaufen, und heute dem Hofrath Metzger auch nur zum Ansehen hingebracht. Dem Himmel sey Dank für die gute Nachrichten von unserm B. Gott helfe die Familie gesund und glücklich zur häuslichen Ruhe! und zum vollen Genuß der Zufriedenheit, die ich Ihnen tagtäglich wünsche. Mein Magnet wirkt, aber mit beyden Polen. Er hats angefangen, und nicht ich – meine Reise ist eine
    Gewißenssache
für mich, sie ist
    Schuld
und
    Pflicht
in Ansehung meines
    Wohlthäters
, meiner
    Freunde
, meiner
    selbst
und meines lieben
    Sohns
, zu deßen Bildung und Lebenserfahrung ich gern, alles was ich kann und vermag, beytragen möchte. Gesetzt daß sich auch jedermann seines Urtheils und seiner vorgefaßten Meinung von mir schämen müßte: so ist dem Reinen alles rein – und die Vorsehung wird auch die Weisheit ihrer Wege zu rechtfertigen wißen. Ich sage es Ihnen also zum letzten mal zum voraus, daß Sie an mir einen alten armen Mann sehen werden, der ohne allen Umgang noch Weltkenntnis – bisweilen gar nicht denken, und kein kluges Wort vorbringen – seine Verlegenheit auch andern empfinden laßen muß mit dem lebhaftesten Bewußtsein dieser Unvermögenheit, ohne dem Uebel abhelfen zu können, wenn er scheu geworden ist. Für die mir mitgetheilte Beyl. danke desto mehr, weil Sie meinen Wunsch sie urkundlich zu sehen errathen haben. Zum Glück besann ich mich auf eine kleine Anekdote, die mir meine Freundin Me Courtan von einem jungen Menschen erzählt, der Hofmeister vbey ihren Kindern war, und von demr sieden Abschreiber der Lebensläufe einmal in die gröste Verlegenheit gesetzt, daß er ihn bey dieser Arbeit ertappt hatte. Gestern morgen suchte ich diesen Mann auf, bey deßen Vater ich noch Collegia gehört und den ich sehr selten bey meiner Freundin gesehen. Ich wieß ihm eine Zeile und die Hand Ihrer Beylage, und er erkannte sogl. und nannte mir den Namen seines Freundes, der einige Jahre als Copist bey H. gedient und jetzt einen Dienst bey der Münze habet. Vergnügt über sein Geständnis eilte ich zu geschwind von ihm weg ohne die Vorsicht zu brauchen, ihm wegen meiner Absicht mich darnach zu erkundigen, einiges Licht zu seiner Beruhigung zu geben. Ich vermuthete auch, daß der ehemalige vertraute Umgang zwischen diesen Leuten aufgehört hatte; gestern Abend ziemlich spät kam aber der unschuldige verrathene halb furchtsam, halb trozig zu mir, um sich nach der Ursache meiner Nachfrage zu erkundigen. Ich kannte ihn kaum mehr, und ohne daß ich nöthig hatte mich ausdrückl. zu erklären, gab ich ihm doch so viel zu verstehen, daß wir zufrieden aus einander kamen, und eine verjährte Bekanntschaft verneuerten. Alles, was Ihnen
    Demodor
darüber versichert, komt gewiß durch meinen Canal; ich wäre also und nicht Er, der Vater der Lügen. Desto mehr dank ich Ihnen, weil mir an der Wahrheit viel gelegen, für das avthentike Dokument, das mir noch zu den vielen
    indirecten
Beweisen, immer bisher gefehlt und für mich instar omnium ist. Nun bitte ich Sie aber auch bey aller Freundschaft zu verhindern, daß nicht
    öffentlicher Gebrauch
von dieser Entdeckung gemacht wird, die ich niemanden hätte mittheilen können, wenn ich jemals zum Vertrauten dieses Geheimnißes gemacht worden wäre. Durch die Verlautbarung dieser Sache würde in irgend einer Zeitung oder Monathsschrift würde diesen beyden Freunden Wehe geschehen wegen ihrer gantz eigenen und sonderbaren Denkungsart in diesem Punct – und es würde mir eben so leid thun dazu Anlaß gegeben zu haben. Beyde wetteifern unter einander in väterlichen Gesinnungen und Aeußerungen gegen meinen Johann Michael. Die Firma besteht aus dem Anfangsbuchstaben des einen und dem Endbuchstaben des andern Namens. Kraus sagte mir, daß Kant sich vorgenommen Mendelssohn zu widerlegen, und den ersten Versuch einer polemischen Schrift gegen ihn zu wagen. Er hätte ihm aber gestanden, daß es ihm eben so wie Mendelssohn gienge, und Ihre Auslegung so wenig als den Text des Spinoza sich selbst verständlich machen könnte. Mir selbst scheint der
    helle reine Kopf
des Kabbalisten und Cartesianers noch eine sehr willkührliche Voraussetzung
. Ich will erst mit meinem Monboddo fertig seyn – und denn zum Spinoza wider zurückkehren. Aus dem Protocoll meiner Briefe können Sie die Lage meiner Seele und Umstände, von denen ich nicht Herr bin, beurtheilen. Kant werde, wo mir immer mögl. auf den Sonntag besuchen. Er war sehr neugierig Ihre Schrift zu lesen, ehe er sie im Kayserlingschen Hause abgeben würde, und schien mir auch mit der Art, wie Sie den statum causae exponirt und dargestellt hätten, vergnügt zu seyn. Mehr konnte ich damals nicht herausbringen. In meinen Augen ist schon Spinozas Aberglaube an die
    mathematische Form
schon ein Blendwerk, und eine sehr unphilosophische Gaukeley. Mit der Untersuchung der 15 Erklärungen u Grundsätze fällt das ganze erste Buch der Ethik über den Haufen. Ein solcher Streusand trägt kein Gebäude, kaum ein papiernes. Die tabula votiua bleibt also:
    Metakritik
über den
    Purismum der Sprache und Vernunft
in
    psilologischen
und
    psilosophischen
(
    Billets-doux
oder) Liebesbriefchen. Sie merken wohl, daß ich zwey der verdientesten Männer aufs Korn habe, und daß ich keinen von beyden nicht zu beleidigen, sondern ihre der guten Sache nachtheilige Vorurtheile gern mit leichter Hand und dem Stabe Sanft, im Spielen oder wie der Prophet sagt, mit dem Geräthe eines thörichten Hirten berühren möchte, zum bloßen besten kluger und würdiger Leser, denen mit einem Sapienti sat! gedient wäre, und die auf beßere Spuren geholfen werden könnten. Mit Herder bin ich gantz einig, daß unsere ganze Vernunft und Philosophie auf Tradition und Ueberlieferung heraus läuftlaufe. Ich habe aber zu frühzeitig meinen Ευρηκα Ihrem archimedischen Motto entgegen gesetzt, und es komt noch auf den Versuch an, ob der Schlüßel zum Schloß paßen wird. Wozu eilen? Mendelssohn wird es auch kaum mit seinem zweiten Theil, und Kant werde selbst und durch andere aufmuntern. Ich werde mich nicht eher erklären, als ich selbst mit meinen Gedanken und Versuchen ins reine bin – und dazu brauche ich
    Zeit
,
    Gedult
und
    Nachsicht
. Bey mir ist weder von Physik noch Theologie die Rede – sondern Sprache, die
    Mutter
der Vernunft und Offenbarung, ihr Α und Ω. Sie ist das zweyschneidige Schwert für alle Wahrheiten und Lügen. Lachen Sie also nicht, wenn ich das
    Ding
von dieser
    Seite
angreifen muß. Es ist meine alte
    Leyer
– aber durch
    sie
sind
    alle Dinge
gemacht – Γνωθι σεαυτον p. 195, 196.
den 29. Oct 85 Unser Licent ist diesen Nachmittag geschloßen. Die französische Colonie feyrt ihr Jubilaeum – und der General Rothkirch wird mit allem Pomp beerdigt. Seit gestern haben wir endl. heiteres Wetter bekommen. Mein ganzes Haus ist mit der halben Stadt mit gelaufen. Ein herzensguter Schweitzer HE Fuesli der mit einem Grafen Rasumowski die große fünfjährige Reise thut, hat vorigen Mittwoch das Päckchen von Hartknoch abgegeben. Ich sprach Fuesli vorgestern, und hab ihn heute wider besucht. Den Grafen kenne ich noch nicht – beyde befinden sich in der grösten Verlegenheit, weil der Fuhrmann ohne ihr Wißen all ihr Gepäck über das Haf gehen laßen, und wegen contrairen Windes und abscheul. Weges noch diesen Morgen nicht angekommen war. Der Graf scheint darüber trostlos, in der grösten Unruhe zu seyn, vor Verdruß krank, und sein Mentor an ihn gefeßelt zu seyn. Wir würden uns einander wohl ein paar Tage die Zeit vertreiben, und scheinen auch gnug einander anzupaßen. Weil ich aber kein Franz. zu reden im stande bin: so scheu ich mich eben so sehr den einen zu sehen als ich mir den andern bey mir zu haben wünschte – und so vergeht bey mir kein Tag ohne halbschlägige Unruhe. Für einen Standpunct das heutige Getümmel zuzusehen, hab ich gesorgt. Wenn Fuesli allein käme, würde ich sehr zufrieden damit seyn. Dank sey es Ihrem Ohr, das Sie an R. erinnert. Die Nachricht ist sehr wichtig für seine Freunde, um eine andere Nachricht, die ein Reisender aus Berl. mitgebracht, dem ich eben nicht sonderlich traue zu erklären und zu mildern. Der König soll sein Gehalt interdict – und die Hälfte der Gratification oder Remisen für OstPreußen u Litthauen auch uns gestrichen haben. – Jetzt gehen die Salven und Kanonenschüße über des – Ich sahe diesen Morgen mit einem ähnl. Abscheu in eben der Straße, wo der Pomp durchgegangen eine alte Schindmähre liegen die gefallen war. Er war als der ärgste Menschenqväler bekannt, der seine Leute wie das Vieh behandelte, und soll auf seinem letzten Lager mit Gott expostulirt haben, warum er ihm solche Schmerzen auflegte, da er doch niemanden etwas zu Leid gethan. Ein Bedienter, der einige Nächte gewacht und schlaftrunken geworden war muste den Morgen drauf neben seinem Zimmer abgeprügelt werden, und bey jedem derben Hiebe hat der Barbar sein herzl. Wohlgefallen bezeigt mit einem: daser ist brav! – Qviescat in paceWegen des schlimmen Wetters und weiten Weges hab ich den Uebersetzer des Mirabeau nur im Vorbeygehn gesehen ohne noch zu wißen, wie weit er mit seiner Uebersetzung gekommen. Ich habe
    Krausens
und meine Beyhülfe nur im Nothfall angeboten. Für die mir und meinen Freunden zugedachte Exempl. danke ich in ihrem und meinem Namen, und ich werde denselben eine unerwartete Freude damit machen, sobald sie ankommen. Brahl habe gleich beim Empfang das Kayserlingsche Exemplar auf einige Stunden mitgetheilt; er bat mich sehr dringend wider darum für einen Juden, der für alles was Mendelssohn betrifft, sehr aufmerksam ist. Ich muste es ihm abschlagen wegen Ihrer Innschrift, die nur Einer gesehen. Wenn er darüber empfindlich geworden, wie es scheint, so geben Sie mir das beste Mittel ihn wider auszusöhnen. Dem Kr. Scheffner habe Hip. Exemplar zugeschickt, der es länger behält, wie er gewohnt ist. Ich bin neugierig, ob und was er dazu sagen wird. Auf Anfechtungen von B. aus müßen Sie sich freylich gefaßt machen. Uns Preußen sind sie gleich Samaritern, Philistern und dem tollen Pöbel zu Sichem, oder sollten es wenigstens seyn, wenn wir Patrioten und Kinder des Königreichs wären nicht Vasallen des Churfürsten noch Nebenbuler des Kaysers. Wenn Sie, liebster Jacobi, Ihre nicht scheue Feder furchtbar machen wollen: so fürchten Sie sich selbst dafür, nicht vor der Zeit nicht ein Schwert aus ihr zu machen. Bis jetzo, ist alles gut, löblich und rechtmäßig in Ihrem ersten Schritt, den Sie gethan. Ihr Spiel ist groß und ehrlich; verderben Sie es durch keinen übereilten Zug. Eckelnahmen sind keine Gründe; und an Mendelssohns
    Antwort
muß Ihnen vornemlich gelegen seyn. Herr Herr! sagen ist so wenig ein Beweis, als des Voltairens Dieu! eine Widerlegung des Systeme de la Nature. Ich wünschte also Ihnen die gröste
    Gleichgiltigkeit
gegen alle Confoederirten und Secundanten des Rabbi zu B. die Sie zeitig gnug und mit desto mehr Nachdruck abfertigen können. Hierinn besteht mein ganzer freundschaftl. Rath quoad formam, bis ich zur Materie und Sache selbst kommen werde, welche mir im Grunde, wie ich schon Ihnen zu verstehen gegeben, auf eine bloße Logomachiam hinauszulaufen scheint, oder auf eine optische Täuschung unsers Vernunftorgans wie unser liebe Kant seinen Leser, aber nicht sich selbst, lehrt; weil wir ohne Unterscheid von Autor, Leser und Kunstrichter uns der
    Vernunft
rühmen bey dem grösten Mangel ihrer Ausübung und Gerechtigkeit. Der Nachtwächter rufft: Ihr Herren laßt euch sagen – und ich gehorche. Gute Nacht!
Dom. XXIII. 30. Oktober 1785 Sturmwinde, die
    Sein Wort ausrichten
, sagt der Psalmist 148. v. 8. Mit Freuden thun sie Seinen Befehl, und sind bereit, wo Er ihr bedarf auf Erden, und wenn das Stündlein komt, laßen sie nicht ab – lass ich diesen Morgen im Sirach 40, 37. Wenn diese rauhen Engel ein paar Ihrer Bäume zum Lob ihres Herrn nöthig gehabt: so müßen Sie nicht gleich die liebe Mutter Natur, wie Eli die Hanna in Verdacht haben. Oben auf den Mastbaum zu schlafen, so weit geht nun wohl mein dithyrambischer Geschmack nicht. Aber hinter meinem Ofen oder in meinem Bett kommen mir auch die Elemente, wenn sie durch einander gehen wie die Saiten auf dem Psalter – und ihre concordia discors recht schrecklich angenehm vor, daher ich auch gern bey einem starken Ungewitter mein HausGesinde mit dem alten Liede
    Joh. Franke
, der ein Landsmann meines Vaters war, ein Lausnitzer – mein Hausge aufmuntern mag.
Ihr lieber Turgot wird mir herzlich willkommen seyn. Nur besorge, daß mich meine Freunde so sehr an das
    Nehmen
verwöhnen, daß ich darüber vergeße das Geben, und die Seeligkeit deßelben beynah verliere. Sie sind doch wol so gütig mir des lieben jungen Paars glückl. Heimkunft zu melden. Ich denke, daß ich doch Ihm so viel Zeit laßen muß, sich zu besinnen und zu sich selbst zu kommen – Hippel erinnert sich Ihrer mit einem Enthusiasmo der Freundschaft. Er muß wegen kranker Augen sich einhalten, und er hat bey aller seiner jovialen Lustigkeit einen noch stärkern Hang zur Melancholie und Schwermuth. Kraus hat mir eine angenehme halbe Stunde durch seinen Besuch gemacht. Schellers Bestätigung zur Adjunctur einer guten Landpfarre ist von Berlin angekommen, und ich erwarte ihn zum letzten mal in meinem Hause, wo er bisher Herberge gehabt. Sein Senior hat zum Glück eine sehr liebenswürdige Tochter und für ein Ehpaar ist in meinen 2½ Stuben kein Raum. Mein ganzer Etat liegt anbey. Er peccirt in defectu et excessu. Bald hätte ich mich obenein in die aufsteigende Linie vertieft, die zum Glück nicht weit reicht. Gott laße es unsern
    acht
Kindern wohl gehen, und Freude an ihnen auf unsere alte Tage erleben! Hans Michel kommt mit seinem alten Vater. Vermerk von Jacobi: Königsberg den 22ten bis 30ten. Oct. 1785. J. G. Hamann empf. den 10ten Nov. beantw. den 18ten. –
Zürich, 29 Oct. 1785. Lieber Haman, Lieber wenig und schnell, als aufgeschoben, und auch nicht viel. Ich habe das liebe, mich erst, da ich statt „hoff
    te
“ „hoffe“ las, entzükende dann hoffnungslose Briefchen vom 22. September wohl erhalten. Ach – Haman – in meinem Hause! Welch ein Gedanke! – Doch Haman in meinem Herzen ist auch was. Von
    Hill
weiß ich, leider kein Wort. Gott aber, sein Vater, weiß wo Er ist, und trägt Sorge für Ihn. Ein solcher Augapfel Gottes darf von keinem Argen berührt werden. Buchholz war mit seinem Weibchen bey mir – das auserwählte Paar. Aber! ach! Seine Lebensart ist tödlich peinlich – Seine Sorgsamkeit für Seine Gesundheit krankmachend. / An aller Ihrer Vaterfreude nehm’ ich Bruderantheil. Pfenninger ist der Verfaßer der Vorlesungen. Beynahe Thränen auspreßte dein Wort dem Erzlieben – der alle Tage sein 9tes Kind erwartet. Sie erhalten dieß Zeilchen durch unsern lieben Antispinosist und Antileibnizianer, der mit dem wenigen was er schrieb – viel gewagt hat. Eine christliche St.Gallerfreündin
    Weyermann
, der ich bisweilen aus Haman Auszüge über dem Eßen vorlese – denkt mit Hoffnung ewiger Liebe zu Ihnen an Sie. Ich kann nichts mehr.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 14 Novbr 85. Ich weiß mir anders nicht zu helfen, liebster Freund, als daß ich ein Ex. der Ideen an Sie auf die Post gebe: kommt das andre endlich durch einen hinkenden Buchhändlerbothen bei Ihnen an: so machen Sie damit, was Sie wollen. Ich habe Ihnen schon gemeldet, daß vor meiner Abreise nach dem Karlsbade ich die Uebersendung an Sie mit den Buchhändler-Exemplaren bestellt hatte. Daß Hill glücklich hier angelkommen u. wieder abgereiset ist habe ich Ihnen auch gemeldet u. es wäre früher geschehen, wenn der Br. hier nicht auf die 3. Wochen liegen geblieben wäre. Er wollte b in Stetin zur See; u. ich hoffe nicht daß bei der späten Jahrzeit er in die Tage des Sturms getroffen seyn werde. In Jena, höre ich, hatte er sich nur 1. Tag aufgehalten u. er eilte sehr. Ich hoffe, der gute Paßagier ist jetzt glücklich bei Ihnen. Den Br. an Lindner hat er überbracht. In der Ansehung unsrer Gesundheit beziehe ich mich auf den Br. der mit der reitenden Post an sSie gekommen seyn wird. Seit 3. Tagen habe ich meine alten Rückenschmerzen wieder, von denen ich durch das Karlsbad frei zu seyn glaubte. Das Leben ist – Leben Sie wohl, liebster H. mit Ihrem ganzen Hause u. erfreuen mich über Hills Ankunft bald mit einem Briefe. Alle die Meinigen grüßen die Ihrigen bestens. H. Kgsb. den 1. Nov. 85. Höchst zu Ehrender Freund, Herr Prof. Kraus hat für Ihren lieben Pathen gesorgt und ich bin mit seiner Wahl sehr zufrieden. Herr Räbel ist aus Berlin gebürtig, 22 Jahr alt, hat sich hier 3 Jahr auf der Akademie aufgehalten, und sich bereits veniam concionandi erworben. Er wurde von D. Biester an Kr. empfohlen – und ich habe während seines hiesigen Aufenthalts in Verbindung mit ihm gestanden, um das beste Zeugnis seinem Fleiße und seiner guten Aufführung geben zu können. Er ist ein würdiger Schüler des Gedicke – und ich bin völlig überzeugt, daß der HErr RegierungsPräsident eben so zufrieden mit einem jungen Mann von einem so gesetzten Geschmack und reifen, gründlichen bescheidnen Urtheil seyn werden, als er selbst, deßelben Haus den Anwerbungen eines Gräfl. vorgezogen zu haben. Ich wünschte also, daß die Sache so bald als möglich durch meinen Freund Kraus abgemacht werden könnte. Im Zeichnen scheint er mehr als in der Musik gethan zu haben; und im französischen so viel als zum Unterricht nöthig ist. HE Pr.
    Kraus
hat in den
    beyden letzten Jahren mehr Umgang mit ihm gehabt
, und wird alles
    näher gewissenhaft
bestimmen können. Die melancholische Jahreszeit wird doch keinen Nachtheil auf ihre Gesundheit gehabt haben. Ich bin deshalb besorgt, höchstzuEhrender Freund, weil ich lange nichts von Ihnen erhalten. Ich erwarte jeden Morgen HE Scheller, deßen Bestätigung vorige Woche von Berl. eingelaufen seyn soll. Vermuthlich wird auch der gräuliche Weg ihn abhalten, wenn die Schuld nicht an der hiesigen Expedition aus der Geheimen Canzley liegt. Richtig erhalten haben Sie doch
    Heynecke
und das
    Spinozabüchlein von Jacobi
in Düßeldorf, nebst den 3 ersten Bänden der Romanbibl. für die Damen, welche weder säen noch spinnen – Die beyden ersten Bücher gehören nicht mir; aber mein Freund zu Pempelfort hat Ihnen auch ein eigen Exemplar zugedacht, das unterwegens ist, aber nicht eher ausgeliefert werden wird, als bis ich das
    geliehene
zurück erhalten. Daß Herder mich mit einem Briefe erfreut, werde ich Ihnen schon gemeldt haben. Vorigen Mittwoch bekam ich den 2ten Theil der Ideen aus Riga durch HE
    Fueßli
, der mit einem Grafen v. Raßumowski auf Reisen geht, und hier vor Anker liegt, weil alle Coffres von dem Fuhrmann auf Schaakner Boot gegeben worden, das wegen contrairen Windes nicht ankommen kann. Es thut mir um den ehrl. Schweitzer leid, der seinen Grafen hüten muß und nicht sein eigener Herr ist. Zum Unglück war ich mit meinem gantzen Hause ausgebeten, wie beyde mir das Päckchen überbrachten. Ich habe Fueßli 2 mal besucht ohne noch den Grafen gesehen zu haben, mit dem ich weder deutsch noch französisch reden kann – und muß daher des ersteren
    wider meinen Willen
auch entbehren. Sonnabends habe
    Mendelssohns Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes
durchgelaufen. Es ist nur der erste Theil heraus, und der zweite noch in der Ferne. Er hat diese Vorlesungen würkl. für seinen Sohn u seine Freunde gehalten. Er bekennt in der Vorrede ziemlich weit in dem Decennio unsers Jahrhunderts zurückgeblieben zu seyn, weder
    Lambert
, noch
    Plattner
p noch den alles
    Zermalmenden Kant
gelesen zu haben. Dies Beywort hat er schon bei seiner Kritik in einem Briefe gegeben, nun läßt ers gar drucken als ein Attribut des Schriftstellers. Kant will, wie ich gehört, seinen ersten polemischen Ritt gegen ihn wagen. Ein Kaufmann führte mir heute einen jungen Menschen zu, Namens Lorck, als einen Vetter des Claudius, der schon bald 2 Monathe hier ist, ohne Aviso von ihm. Ich eile was ich kann auch mit dem dritten Bande des Monboddo fertig zu werden. Seine alte Metaphysic ist ein albernes Buch. Ihm ist jeder ein Atheist, der glaubt, daß die Materie sich von selbst bewegen könne, und den Orang Utang hält er schlechterdings für eine Menschenrace. Dies sind ein paar seiner Lieblingshypothesen, welche einen guten Theil seines Werks ausmachen. Ein Frauenzimmer, die sich eine Zeitlang in der Gegend von Bristol aufgehalten, kommt auch bey ihm vor. Von dieser Erscheinung ist neulich eine kleine Schrift herausgekommen unter dem Titel: L’Inconnue. Histoire veritable 785. p. 99 c., worin sie für eine natürl. Tochter des vorigen Kaysers ausgegeben war. Ein ähnliches Gespenst mit der
    französischen Maske
. HE Pr. Köhler ist reisefertig, nachdem er zu seiner oriental. Profeßion nicht nur die griechische sondern auch die dritte Vacantz der juristischen Facultät gesucht, auch wo möglich noch eine civil-Bedienung. Er hat auch im Cabinet widerholentlich angehalten ein Academicien zu Berl. zu werden, auch große Lust gehabt ein reiches Fräulein zur Braut zu haben, welches aber ihm alles in Gnaden abgeschlagen worden. Ein gewißer Pörschke, der sich für einen Schüler Herders ausgibt und ihn in Weimar besucht, wird sich hier vielleicht zum Prof. der gr. Sprache qualificiren. Ich habe ihn aber noch nicht gesehen, sondern blos pro und contra von ihm gehört. D. Bohlius wird erst auf den Sonntag über 8 Tage zum Rector creirt werden können; woraus ich vermuthe, daß künftiges Jahr die Ostern spät eintreffen müßen. Röbel oder Räbel heist der in Vorschlag gebrachte Hofmeister. HE Caplan Hermes hat ihm auch schon eine Stelle mit 120 rth bey einem Gr. von Dohna angeboten, die er ausgeschlagen hat, oder nunmehr ausschlagen wird. HE Kriegsrath Hippel hat kranke Augen gehabt, ist aber nunmehr wider im stande auszufahren und wird hoffentlich nicht ermangeln, gutes Feyer Festbrot zu bestellen, woran ich auch in Ihrer Gesellschaft theil zu nehmen hoffe. Mein Hans Michael hört bey Kant, Metaphysik, natürl. Gottesgelahrtheit und Anthropologie bey Kraus mit mehr Geschmack wie es scheint, die alte Geschichte nach Schlötzer und die Statistik, nach Tolle u. bey D. Hagen die Mineralogie, mit Raphael, Nicolovius und Hill liest er Homer, Englisch, Italienisch – und vielleicht arabisch, mit seinem Vater bisweilen den Boileau, mit Jenisch den Sophokles, und hat aus eigenem Triebe das Pollnische bey einem jungen Wanowski angefangen, für sich selbst setzt er den Herodot fort, und liebt die
    güldnen Morgenstunden
, deren Werth ich spät kennen gelernt. Nur Schade, daß seine Zunge wie meine Handschrift ist – ein elend, jämmerlich Ding, wie aller Menschen Leben! Ich hoffe, HöchstzuEhrender Freund, daß es mit den
    philosophischen Vorlesungen über das so genante
N. T. Ihnen beßer gehen wird, als mir mit der
    alten Metaphysik
meines ehrlichen Monboddo – der meine Galle und Leber angreift. Empfehlen Sie mich der Frau Kriegsräthin. Gott helfe die gegenwärtigen Unbequemlichkeiten des Landlebens überstehen, und der unumgängl. Witterung, welche selbst uns Stadtleute ungesellig macht. Ich bin mit meinem ganzen HauseIhr alter verpflichteter Joh. G. H. Können Sie mir nicht im Nothfall eine nähere Anweisung geben, wo ich künftig Briefe oder Bücher zu Bestellung abgeben kann? Der Weg nach dem Friedl. Thor ist bey einer so elenden Witterung theils wegen der Weite theils wegen des schlechten Pflasters unausstehlich. Sprechen nicht die Gelegenheiten bey
    einer Me Cuvry
in der Altstadt an? Verzeihen Sie diese Anfrage, die vielleicht überflüßig ist, und ein Uebergang der Jahreszeit uns bevorsteht – amant alterna Camoenae. Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
.
Kgsb. den 4 Novbr 85 Herzlich geliebtester Freund, Den 16 Oct. Dom. XXI. hatte ich meine Andacht, und Nachmittags wurde meine Lisette Reinette in der Tragheimschen Kirche eingesegnet. Den 20 kam mein lieber Hill an mit einem kleinen Homer zum Geschenk von Herder und einem ganz kleinen Epictet von seinem lieben Gottfried an Michel und einem Briefchen von meinem Pathen August in der Tasche an. Den 26 war mein ganzes Haus zu Hills Oncle, dem Reg.Feldscherer Miltz eingeladen. In meiner Abwesenheit hat HE Füesli Ihr Päckchen abgegeben. Ich habe ihn Donnerstags u Sonnabends drauf des Morgens besucht, und fand ihn voll Unruhe, weil der Fuhrmann alle Coffres über das Haff hatte gehen laßen. Sie waren also nicht im stande den geringsten Besuch abzulegen, und sind Montags frühe abgefahren, nachdem die Sachen den Tag vorher angekommen waren. Er schien in Ansehung seines Grafen in Verlegenheit zu seyn, und ich habe letzteren gar nicht gesehen. Ich und Ihr lieber Fuesli haben uns einander wenig kennen gelernt. Die Schuld hat an uns beiden oder an keinem gelegen, sondern an Umständen. Den 23 pr. wurde endl. mit einem Briefe aus Weimar erfreut, deßen Ausbleiben mich wegen Hills so beunruhigt hatte. Der Printz von Gotha, die Fürstin Galliczin mit dem Minister von Fürstenberg, Hemsterhuis und dem Rath Sprickmann p p haben sein Haus nach des Wanderers Abreise heimgesucht, der sich 3 Tage bey ihm aufgehalten, und alles Liebe und Gute genoßen, das ich weder Ihm noch keinem meiner Freunde vergelten kann. Ihr Levi ist den 26 abgereist. Ich konnte ihm noch eine gute Reise wünschen, da er eben in die Kutsche stieg und mit seiner jungen Frau abreisen wollte. Dängel,
    sagt man
, legt sich auf die Theologie. Schlimmer wär es, wenn Sie auch die Bücher eingebüßt hätten außer ihrem Werth. Dies Glück haben Sie vielleicht dem undankbaren zu verdanken; denn menschl. Ansehen nach, geht es mit der ganzen Wirthschaft auf die Neige. Kanter hat sich das Zerbachsche Haus gekauft. Mit Cr. Rath Jensch werde noch vorher wegen des verlornen Briefes reden, ehe ich der Bar – daran denke, bey der ich alles was ich kann thun werde. Zeit bringt Rath. Mein Wohlthäter ist schon längst von Paris nach Zürich gegangen und wahrscheinl. schon daheim. Die Haare stehen mir zu Berge, an meine Reise zu denken. Was ist unser
    Tichten
und
    Trachten
– wenigstens
    wandelbar
! Gott gebe Ihnen nur Gesundheit zu Ihren Geschäften und erhalte Sie bey Kräfte und gutem Muth – Das wünsch ich auch meiner lieben Frau Gevatterin – Aber was für ein Weg! Nun es giebt ja noch Engel, die Menschenhüter und Wächter sind. Unser Kapellmeister Reichardt bleibt diesen Winter in Paris. Wie das zugegangen, weiß man noch nicht. Der erste Theil von M.
    Morgenstunden
oder
    Vorlesungen
    über das Daseyn Gottes
ist auch schon hier und der
    alles zermalmende K.
wie er ihn in der Vorrede nennt, wird nicht dazu stillschweigen, welches ich ihm nicht verdenken kann – recensirt auch vielleicht jetzt schon den 2ten Theil der Ideen – Mein alter schwindlicher kahler Kopf hat nichts als Grundeis, aber keine Grütze mehr in sich. Nun Gott wird helfen Amen. Habe
    alles richtig erhalten
, und
    mehr
als ich gebeten und gewünscht habe. Haben Sie Gedult mit Ihrem unnützen Knecht, und seinem unartigen Sohn, der übrigens
    fleißig
ist, das ich ihm zum Ruhm nachsagen kann. Das Gedeyen kommt aber von höherer Hand. Von Me Courtan erwarte ich wenigstens manchen guten Winterabend, uns Ihrer zu erinnern. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus, erfülle alle Ihre Wünsche und die meinigen, Ihnen mit der That beweisen zu können, daß ich Ihres freundschaftlichen Vertrauens nicht unwürdig gewesen bin, und niemals aufhören noch ermangeln werde zu seyn, mit den Meinigen, der Ihrige in petto und effetto Johann Georg Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 3 Nov 1785
Kgsb. den 5 Novbr 85. Herzlich geliebtester Freund und Jonathan, Ich habe diesen Morgen mit einem gewaltigen Gelächter eingeweyht, bey Ihrem Namensvetter, wo ich eine Einl. an Hartknoch zu bestellen hatte. Der Anlaß betraff einen Wortwechsel mit einem Oncle Tobias, der heute vor 8 Tagen eine große Gesellschaft von Mädchen bey sich gehabt des Leichenaufzuges wegen. Wir Er und ich konnten garnicht einig werden, ob diese Gesellschaft aus 9, 10, oder 11 Personen bestanden hatte. Der Oncle hat den hiesigen Rathskeller und ist also ziemlich geübt Gäste zu zählen. Mir war eben so viel daran gelegen die rechte Zahl auszumitteln, weil meine Tochter mit gewesen war. Der junge Neveu nahm blos an dem Spiel unserer Finger beym Rechnen und Zählen Antheil – und da er aus respectu parentelae sich des Lachens hatte enthalten müßen, war er desto froher mich beym Abschiede begleiten zu können. Wir schöpften an der Thür Luft, und die Natur hielt sich mit vollen Zügen schadlos, daß uns beyden die Thränen aus den Augen stürzten – Ich lief den Comm. Rath Fischer vorbey und eben gieng sein Bedienter ins Haus, der just von der Post kam mit dem Avis Ihres Päckgens, das er sich erbot von dem Plombage-Bureau abzuholen, womit mir auch ein großer Gefalle geschah. Vor mir fand in meiner Amtsstube auf dem Tische die Hamburgschen Zeitungen und weil ich selbige immer von hinten anfange, den neuesten Band der allgemeinen deutschen Bibliothek angezeigt und im Innhalt eine Recension des
    Schiblemini
. Das war wider Waßer auf meine Mühle – und Sie können leicht denken, wie ungedultig ich bin meine Erwartung vergleichen zu können mit dem ergangenen Gerichte, das mir je ärger, desto lieber seyn wärewird. Ich wurde auf eine Viertelstunde zu Hause geruffen, und kaum war ich auf meinen Posten zurück gekommen; so kam der gute Bote mit Ihrem Päckchen. Mit dem einen Exemplar lief ich gleich auf die AcciseCammer um es meinem Freunde dem Einnehmer einhändigen zu können, der mir dafür meldete, daß diesen Morgen die Auszahlung unserer Remisen oder Gratification angekommen, aber die gröste Hälfte gestrichen wäre, anstatt einige 80 allso nur 41 rth uns ausgezahlt werden sollen. – Ich schreibe diesen Brief, da Candidat Jenisch mit Raphael und meinem Michael in der einen Stube den Sophokles exegesirt, und Cand. Hill in der andern die Anfangsgründe des Claviers meinen beiden jüngsten Mädchen vor declamirt – und mehr Stuben hab ich im Winter nicht. Gottlob daß ich von meiner Kindheit an zum Tumult beym Arbeiten gewohnt worden bin. Ich habe vorgestern den Aristée des Hemsterhuis mit so viel Vergnügen durchgelesen, daß ich mir vornahm meinen Dank dafür ausdrückl. zu widerholen, und bin heute durch neue Gaben für mich und meine Freunde dazu verpflichtet. Das dem Kr. Scheffner zugedachte Exemplar habe heute schon an Hippel abgegeben, der sich daran statt des seinigen pfänden kann, und ihm die Auslieferung oder Umtauschung mit dem seinigen überlaßen. Scheffner, der alle Woche fast zu schreiben und Bücher an mich zurückzuliefern, die ich hier für ihn auftreiben kann, gewohnt ist macht mich für seine Gesundheit besorgt. Vielleicht ist aber der schlimme Weg schuld daran, daß nichts nach der Stadt kommen kann. Wann ich den Turgot werde lesen können, weiß ich nicht. Kraus wollte mir einbilden ihn schon im deutschen gelesen zu haben. Vorgestern besuchte Kant, und gab mir den Brief des Mendelssohns zu lesen, mit dem er ihm seine Vorlesungen zugeschickt unter 17 Oct. Ich versprach ihm keinen Misbrauch davon zu machen, und muß Ihnen
    im Vertrauen
sagen, daß man dort über Ihr Büchlein sehr erbittert und aufgebracht zu seyn scheint. Dieses melde ich Ihnen mit widerholter Bitte, sich nicht aufbringen noch in Harnisch jagen zu laßen: sondern desto gleichgiltiger zu seyn
Ich glaube daß die Recension des Schiblemini schon mehr Licht geben wird für uns beyde. Kant wunderte sich selbst – Er hat Hip. schon diesen Brief mitgetheilt, der mir nicht eine Sylbe davon gesagt und sich über K. Vertraulichkeit wundert. / Sie merken hieraus das Verhältnis des Politici gegen den Philosophen u Philologen, nicht eben zu unserm beiderseitigen Vortheil. Nehmen Sie sich alles ad notam, machen Sie aber keinen Gebrauch, auch selbst bitte ich um Verschwiegenheit gegen Ihre u unsere Freunde. Kant hat sich vorgenommen,
    mit aller Kälte
, sich in einen Gang mit Mendelssohn einzulaßen, woran ich viel Antheil nehme und ihn dazu aufgemuntert habe. Eine kleine Diversion kann Ihrer guten Sache auch nicht schaden. Ich bitte also nochmals, enthalten Sie sich, entziehen Sie sich, so viel Sie können. Der
    Frevel
, Briefe
    ohne Erlaubnis
lebender Freunde offentlich zu machen,
    Vertraulichkeiten tTodter
aufzudecken – ist nicht vergeßen. Man versteht Sie nicht – und hierinn sind Sie mit Kant – und vielleicht dem Prediger in der Wüsten in gleicher Verdamnis.
    Versteht man sich selbst
?
    Lavater
komt auch in dem Briefe vor. Man findt in Ihrem Spinoza Büchlein, wie Claudius es nennt, des Sp. Kopf, Herders Torso u Göthens Zehen. Ich muß Sie ein wenig vorbereiten und abhärten gegen ärgern Unglimpf, dem Sie kaum entgehen werden. Bekommen Sie die
    allg. d. Bibl
. eher in Händen als ich, so theilen Sie mir Ihre Gedanken darüber mit. Für mich wäre es eine Wohlthat, wenn Ssie das Spiel so grob wie mögl. getrieben hätten.
War willens morgen den ganzen Tag zu Hause zuzubringen, werde aber wohl ausgehen müßen. Ihr Namensvetter hier ist ein weitläuftiger Anverwandter und steht in Geschäften mit dem alten Vetter Nabal. Ich werde also wo nur immer mögl. ein Exempl. mit der Post kommen laßen. Vielleicht arbeiten diese ehrlichen Leute ohne ihr Wißen und wider ihren Willen für mich. Da ich aber noch nichts weiß; was kann ich davon sagen? Dom. XXIV. 6. November 1785 Ich habe heut frühe dem Kr. Scheffner den Empfang Ihrer Schrift angemeldt, gieng darauf in die Kirche, und von da zu einem außerordentl. Frühstück – wobey ich zugleich das neueste Stück der allgem. d. Bibl. besorgte, das mit der ersten Post – höchstens innerhalb 14 Tagen – hier seyn kann. Mehr kann ich vor der Hand nichts thun, und muß das Corpus delicti abwarten. Da kommt ein zweiter Brief aus Wien, von dem mir jeder ½ rth Porto kostet. Er ist von einem ehrl. Mann, der meinem Hill Guts gethan. Ich habe noch keinem meiner Freunde Nachricht u Dank abtragen können; nicht einmal Herder für seine letzte Oelung, die bis nach Konigsberg gereicht, noch dem Apostel in Zürich, dem Hill so viel und ich noch mehr zu danken hat. Was Sie neulich gegen Ihr Ohr ausstießen – eine solche Bestialität meines ganzen Sinns und Gefühls drückt mich bisweilen zur Verzweifelung. Ich bin nichts, ich weiß nichts, ich kann nichts. Beßer nihil, als Caesar zu seyn. Dieser Trost ist so närrisch, als die Verlegenheit meiner Lage. Sie erfüllen meinen Wunsch mir B. Ankunft zu melden. Was soll ich Ihm schreiben? Mir fehlt es noch immer am ersten Wort: Es werde Licht! Meine Geschwätzigkeit gegen Sie ist eine eben so grober Misbrauch Ihrer Gedult und Nachsicht. Ich muß Ihnen noch eine Lüsternheit beichten – Es fehlt mir jetzt nicht zum äußern Verstande Ihres Buchs, als der Brief des Hemsterhuis, deßen Antwort Sie dem Publico mitgetheilt. Ich möchte gern sein ganzes Urtheil über Spinoza wißen. Sind
    keine Familienumstände in seinem
Briefe: so wär mir das Original lieber als eine bloße Copie und ich werde die mir vorgeschriebene Bedingungen gewißenhaft erfüllen. Des Mannes Denkungsart intereßirt mich mehr – und meine übrigens unfruchtbare Einbildungskraft wird durch jeden originellen Zug aus der ersten Hand, bisweilen impraegnirt. Verzeyhen Sie meine Thorheit – auch eine abschlägige Antwort ohne Motiven wird mir lieb seyn. Ich eile mit meinem Brief zu Ende, hoffe auf gute Nachrichten von Ihnen u Ihren Nachbarn – bin willens morgen Abend ein paar Stunden bey meinem
    ältesten
Freunde, Kriegsr. Hennings zubringen, dem ich schon seit Monathen einen Besuch versprochen, werde mir alles was mögl. vom Halse zu schaffen suchen – wünschte daß Scheller bald ankäme und in völliger Ruhe zu seyn zum Empfang des auf Golgotha gepflanzten Kreuzes – nicht darauf zu antworten, sondern vielleicht etwas zur Beförderung meines Plans zu finden oder anwenden zu können. Die Vorsehung hat mit weiser Güte meine diesjährige Reise aufgeschoben u wird selbige durch ähnliche Wege befördern,
    die ich jetzt nicht weiß
. Umarmen Sie B. u Seine M. Gottes Seegen über Sie und die Ihrigen! Alles übrige versteht sich von selbst – undwird sich zu unserer allerseitigen Befriedigung entwickeln. Verachten Sie meinen guten Rath nicht, langsam zu Werk zu gehen und erst Mendelssohns Antwort abzuwarten, auch von meinen Vertraulichkeiten blos
    einheimischen
Gebrauch zu machen. Die Wahrheit offenbart sich nicht im Sturm, noch Feuer noch Erdbeben, sondern ἁδυ το Ψιθυρισμα, ein sanftes Sausen ist ihre Stimme. So bald ich kann und was habe, mehr von Ihrem alten treuergebnen  Joh. Georg Hamann. Ich würde diesen ganzen Brief gern in Stücke reißen, wenn ich einen vernünftigern schreiben könnte. But take me, as I am – Ich warte auf meinen Michael, um schlafen zu können, als einer, der des Tages Last und Hitze getragen, und dem das Leben Arbeit ist – im Schweiß des Antlitzes. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Pempelfort
/ bey / Düßeldorf. / Frco
    Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 5ten Nov 1785 J. G. Hamann empf den 17.tenbeantw den 18ten –.
den 6 Nov. Dom XXIV. 85. HöchstzuEhrender Freund, Den 23 Sept. erhielte von HE. Geh. Rath Jacobi von Pempelfort 3 Exempl. seiner neuesten Schrift, davon eben der letzte Probebogen aus der Preße gekommen war 1 für HE Kr. Hippel 1 für mich selbst, und das dritte überließ er meiner eigenen Willkühr, wem er es geben wollte. Meine Wahl war zwischen 4 getheilt, 2 von seiner, und dito von meiner Seite. In Rücksicht
    seiner
vermuthete ich, daß es ihm lieb seyn würde, wenn Pr. Kant, den er anführt, oder das Kayserlingsche Haus, wegen der von ihm angeführten Fürstin, unter die ersten Leser seiner Schrift wären. Da der erste keine Bücher sammelt und selbige blos zum Lesen nöthig hat; so war ich im stande beyde zu befriedigen. Sie hatten von meiner Seite einen Nebenbuler am Einnehmer Brahl, der mein vornehmster Büchercanal ist und mir sehr oft aus Verlegenheit hilft, ohne daß ich seine Gefälligkeit erwiedern kann, die er so wohl für mich selbst als für meine Freunde hat. Ich hatte ihm auf einen halben Tag gleich beym Empfange das dritte unbestimmte Exemplar auf einige Stunden gegeben; er ließ mich ein paar Tage wider dringend darum bitten für einen Juden. Ich muste es ihm abschlagen, weil mein eigenes eine Innschrift hatte, die ich nicht in fremde Hände geben mochte und die beyden übrigen schon vertheilt waren. Er schien darüber ein wenig empfindlich zu seyn, weil auch die Juden mit ihren Bibliotheken gegen uns beyde dienstfertig sind. Gestern hab ich Ihr Exempl. von Jacobi unter ausdrücklicher Anweisung erhalten. Ich habe es sogl. HE Kr. Hippel eingehändigt; und Sie können s Sich einander darüber vergleichen durch einen Tausch oder gegenseitige Auslieferung des Suum cuique. Dies hab ich Ihnen, höchstzuEhrender Freund melden wollen, indem ich zugl. wegen Ihrer Gesundheit ein wenig besorgt bin, weil ich lange nichts von ihnen erhalten. Die Memoires de Turgot stehen Ihnen auch zu Dienst, welche auch dem Päckchen beigelegt waren. Daß eine Uebersetzung von Jacobi ohne sein Wißen aber durch des Chymisten Crell piam fraudem, wie er mir meldt, angekündigt worden wißen Sie. Kraus behauptet, daß eine deutsche anderweitige ausgekommen seyn soll. Wißen Sie was davon; so wär es mir lieb davon gewiß zu seyn. Gestern wurde in der Hamb. Zeitung der neueste Band der allg. d. Bibl. angemeldt, welche unter den ausführlichen Recensionen auch den Schiblemini, oder vielmehr das Golgotha in sich hält. Ich war willens heute zu Hause zu bleiben, muß aber ausgehen um wo es möglich ein Exemplar mit der Post zu erhalten von meinem alten Vetter Nabal durch seinen hiesigen leiblichen Vetter, Jacobi, der zugl. sein Commissionair ist, und mächtige Kisten von Büchern nach Petersb. für ihn expedirt für die Kayserinn u ihre Bibl. wobey sich beyde Vettern sehr wohl befinden, wie leicht zu erachten. Gestern ist auch von der Gen. Adm. eine Ordre zur Auszahlung unserer Remisen gekommen, und die gröste Hälfte uns gestrichen worden. Mein Antheil von einigen 80 rth ist auf 40 geschmälert. So viel von gestern. Was der liebe Gott heute bescheren wird – weiß ich nicht. Ein gutes Frühstück ist mir zugedacht, das ich dem Cr. R. Jenisch eigentl. zu verdanken habe. Wenn ich in meinen Anwerbungen glücklich bin, so will ich miteßen, wie des Abrahams Hausvogt. Unsern lieben Kant hab ich auch vorige Woche besucht, um den 2ten Theil der Ideen abzuholen, die ich noch nicht recht gelesen, und Metzgers Ungedult erst befriedigen müßen, der sie mir gl. den andern Tag wider schickte. Aus Kants ungewöhnl. Langsamkeit vermuthe ich, daß er auch diesen Theil recensirt. Er hat ihn eine ganze Woche behalten, und ich erwarte ihn erst heute zu Hause. Da hatte ich die unerwartete Freude einen Brief von Mardochai M. zu lesen, der mich ungemein erbaute. Vorgestern speiste bey unserm Freunde, deßen Augen noch nicht gantz hergestellt sind. Er hatte den jüdischen Hirtenbrief vor 14 Tagen schon in Händen gehabt, ohne mir das geringste gesagt zu haben; wunderte sich obenein über des Philosophen Treuherzigkeit gegen den Philologen. Mir schien dieses politische Urtheil eine Folge seiner Augenkrankheit zu seyn – und wenn ihr Stillschweigen auch ein Symptom von Unpäßlichkeit seyn sollte: so wünsch ich allen Patienten gute Beßerung, und eile in die Kirche – mit allen meinen Wünschen und Anliegen in Gottes Schooß oder wie Homer sagt, zu Seinen Knien. Leben Sie recht wohl, und erfreuen mich mit einigen Zeilen zum Zeichen Ihres gütigen u. freundschaftl. Andenkens. Empfehle mich und die Meinigen, als Ihr alter treu ergebener Joh. Ge. Hamann. Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren / Erbherrn von und zu /
    Sprintlacken
.
Königsberg den 9 Novbr 85. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Endlich kann ich dazu kommen, Ihnen für alle das Gute zu danken, welches Sie meinem Hill erwiesen und das ich in ihm genoßen und mit ihm wiedergekaut. Ohngeachtet er mich mit seinen Erzählungen von seinem dreytägigen Aufenthalt in Ihrem Hause übertäubt: so wird mich doch nichts beruhigen und vollkommen befriedigen als der Selbstgenuß Ihres Anblicks – so wenig ich auch den Weg zu dieser Glückseeligkeit noch absehen kann. Gottlob! er hat mir auch gute Nachrichten von der Gesundheit meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin mitgebracht, und daß alles in Ihrem Hause wohl steht, daß Gott erhalten und seegnen wolle, und mich würdigen ein Augenzeuge Ihrer Zufriedenheit zu seyn. Den 16 Oct. wurde meine Tochter in der Tragheimschen Kirche vom Pf. Meyer, mit dem ich aus der Kneiphöfschen Schule dimittirt worden bin, eingeseegnet, alles auf Veranstaltung der guten Baroneße. Ich konnte nichts mehr dabey thun, als daß ich meine Andacht in der Altstädtschen Kirche hielt, Nachmittags zu Hause blieb, Mutter, und Schwestern mit einer Cousine des Hills in die Vesper fahren ließ, wegen der elenden Witterung, und den ganzen Abend mit Kummer an den Wanderer dachte, der seine Schülerinn wohl nicht widersehen würde. Den Montag draußenf wachte mit eben Sdenselben Sorgen drauf, und dachte schon dran den von mir gesammelten Seegen wider abzugeben. Dienstags kam ein Jude von Berlin und brachte mir Grüße mit. Ich frug ihn mehr im Scherz als Ernst, ob er nichts von Hill gehört hätte. Er bejahte diese Frage. Weil er aber nichts zuverläßiges zu sagen wußte, trug ihm auf, gleich mit erster Post zu schreiben, und lief noch denselben Mittag zu meinem Freunde, dem Kaufmann Jacobi, der ein weitläuftiger Vetter von Nicolai ist, mit einem ähnl. Auftrage, sich bey ihm nach demselben zu erkundigen. Nun erklärte ich mir das ganze Rätzel des Stillschweigens aus Weimar dadurch, daß er aus Eilfertigkeit den geradesten Weg genommen, und Sie auf ihn umsonst gewartet hätten. Ehe noch jene bestellten Briefe abgegangen waren, kam Hill selbst den 20 Oct. in mein Haus gestürmt, mit Ihrem kleinen Homer in der Tasche für mich und dem kleinen Epictet von Ihrem lieben Gottfried für meinen Hans michel, der ihn statt seiner Uhr immer bey dsich trägt – und dem ersten Handbriefe von Pathchen August. Den 23 speiste meine älteste Tochter in Gesellschaft des Hills bey uns. Nach dem Eßen kam ein Besuch nach dem andern, Hills Oncle der Regimentsfeldscheerer Miltz mit seiner Tochter, endlich auch HE Pfarrer Fischer, und der letzte Besuch war Ihr längst erwünschter Brief, der das Fest krönte. Den 26 war ich mit meinem ganzen Hause bey Miltz zu Gast; in meiner Abwesenheit gibebt bey mir HE
    Fueßli
mit einem Grafen Rasumowski, wo ich nicht irre, ein Päckchen von Hartknoch ab, in dem auch der
    zweyte Theil Ihrer Ideen
enthalten war. Nun waren alle meine Wünsche erfüllt. Hartung hat nun auch schon einige Exempl. erhalten. Meins habe gleich beym Empfange verschlungen, und da ich von Hofr. Metzger schon einige mal darum gemahnt worden, muste ichs ihm auf ein paar Tage überlaßen. Kant ließ mich auch durch seinen Zuhörer darum ersuchen, und behielt es wider seine Gewohnheit über eine Woche. Er schien mit den 2 ersten Büchern sehr zufrieden, die er beßer als ich zu beurtheilen im stande bin. Ich habe es eben jetzt zum zweytenmal durchgelesen mit verdoppelter Zufriedenheit und Sehnsucht nach der Fortsetzung. Das terque quaterque placebit ist mir noch nicht hinlänglich zum Urtheil und zur Uebersicht des Ganzen; wornach ich lüstern bin. Der Abschnitt über die Regierungen scheint mir weniger ausgearbeitet zu seyn. Noch 2 Theile vermuthe ich zur Vollendung Ihres Plans, den ich nicht zu anticipiren fähig bin. Ich vermuthe eine Recension von derselben Hand in der lateinschen Zeitung. In der allg. d. Bibl. erwarte ich auch Galgen u Rad auf mein Golgatha und haben mir schon den neuesten Band verschrieben, der kaum in 14 Tagen ankommen wird. Sie werden ihn also wohl eher als ich zu lesen bekommen und bitte meiner armen Muse eingedenk zu seyn. Auch unser Jonathan zu Pempelfort kann sich auf ein unbarmherziges Gericht gefaßt machen, wenn ich den Aspecten trauen soll, unter denen Mendelss. seine Metten unserm Kritiker der reinen Vernunft addressirt – den 10 – Unterdeßen ich gestern diesen Brief anfieng, mußte ich immer Hill mit Michael u Raphael den Goldoni plaudern hören, darnach fieng er gar das arabische mit ihm an, worauf sich mein Sohn just in der Woche seiner Ankunft vorbereitet hatte. Die Baroneße hatte ich auch besucht und war müde zu Hause gekommen; ich muste daher in mein Bett eilen. Heute war willens den ganzen Tag zu Hause zu bleiben; wurde gantz frühe zu Hippel eingeladen. Sie können sich, liebster Herder, den Gräuel der Verwüstung in meinem Kopf und in meiner Lage nicht vorstellen. Eben da ich von meiner Amtsstube zu Hause komme, finde ich die Nachricht, die gantz unvermuthete Nachricht, daß unser Reichardt den 5 d. in Berl. angekommen – Gottlob! Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Eindruck selbige auf mein Gemüth gemacht, wie sehr er mir dort in meiner Sache gefehlt, und was für
    gute Ahndungen
ich aus seiner plötzlichen Erscheinung auf seiner alten Stelle ziehe. Wenn Sie aus meinem Geschmiere auch nichts mehr sehen als daß ich noch
    lebe
und Gottlob! gesund bin mit meinem ganzen Hause: so wird es Ihnen gnug seyn. Alles übrige in meiner Seele läst sich nicht schreiben noch mit Worten ausdrücken. Mein Dank, meine Erkenntlichkeit für alles was Sie an meinem ehrl. Hill gethan, der auch in der Feder nicht stark ist, aber am Gefühl nicht schwach. Daß Sie auch ihm noch Reisegeld aufgedrungen, liegt ihm auf dem Herzen, und mir auch. Er sammelt an einem Börnstein Beytrag zum Cabinet meines lieben Pathchen, und ist mehr im stande zu seiner Freude zu thun als ich. Vielleicht bin ich so glücklich der Ueberbringer seines guten Willens zu seyn. Uns hat die Gen.Adm. wider die gröste Hälfte der Remise gestrichen. Anstatt 86 rth die ich schon alle bestimmt hatte zu meiner u der Meinigen Nothdurft, habe ich mit 41 für lieb nehmen müßen. So viel hatte ich meiner Lisette Reinette allein zu Ihrer Einkleidung ad sacra zugedacht, weil sie ohne ein eigen neues Kleid hat eingeseegnet werden müßen. Nach meinem Geschmack sollen meine Mädchen keine Seide tragen; aber die Baroneße war in diesem Punct mir entgegen, und ich habe nachgeben müßen. Gestern habe ich ihr meine Hälfte abgebracht zum depot, bis ich den Rest zusammen bringen werde. Sie ist selbst in das Mädchen verliebt, und hat die Schwachheit und Eitelkeit einer leibl. Mutter. Vorgestern erhielt eine traurige Nachricht aus Riga von Me Courtan, die dort außer aller Hofnung liegen soll. Wie unglücklich die arme Frau ihre Zeit zu einer Reise getroffen, die von einer Seite mit der meinigen ähnlich war und ihre Gesundheit zur Absicht hatte. Seine Haushälterin liegt auch am Faulfieber; denken Sie sich den kranken, arbeitsamen u überhäuften Mann. Fuesli redte mit Erstaunen von seiner unüberwindlichen Gedult und Standhaftigkeit im Leiden und Arbeiten. Den 7 Oct. gieng der Graf zu Stolberg hier durch als Eutinscher Abges. nach Petersb. kam des Nachts an, fuhr denselben Nachmittag ab und ist für seine Neugierde mich in meinem Schweiß-Kopftuch zu sehen abscheul. abgestraft worden. Alles war bey mir ausgegangen, die Mutter gantz allein mit Aufräumung der Stube beschäftigt zum Winter, Diehle aufgenommen, die Fenster offen, die Wände kahl – In diesem Zustande, wie ich erst nachher erfuhr, hat er über 2 Stunden auf mich gewartet – Ich kam mit dem ersten Theil des deutschen Museums unter dem Arm zu Hause, weil ich an dem Tage dies ganze Journal anfangen wollte nach der Reihe durchzugehen, aus dem ich ihn erst als
    Schriftsteller
post festum kennen und von seinem älteren Bruder unterscheiden gelernt. Ohne einen solchen Wirwarr vergeht fast keine Woche, und ich glaube, daß er nöthig ist meiner Lethargie zu widerstehen, und der Fäulnis meiner Säfte und stockender Lebensgeister, die immer von einem Extrem zum andern überlaufen. Ich thue fast keinen Gang nach der Stadt ohne Erhitzung, und mit dem Schweiß, dem ich nicht immer durch Umkleidung abhelfen kann, wechselt ein noch unangenehmerer Frost, der meine ganze animalische Oeconomie wieder erstarrt, daß ich nicht weiß wo ich Lebenswärme hernehmen soll. Kant ist entschloßen wie er mir versichert, trotz seiner Abneigung vor polemischen Schriften, den Mendelssohn zu widerlegen. Beruhigen Sie doch unsern J. daß er M. zweiten Theil abwartet, ohne sich um das seitwärtige Gekläffer zu bekümmern. Die Aufnahme meines Golgotha wird ihm auch vielleicht zum Beyspiel dienen können. Ich hoffe wenigstens einen guten Stoß zu erhalten, der meine vim inertiae ein wenig überwiegen wird. Bey mir hängt alles zusammen und ineinander, wie Himmel und Erde. Ueber Jahr und Tag liegt Spinosza auf meinem Tische – Ihr Thema über
    Sprache
, Tradition und Erfahrung ist meine Lieblingsidee, mein Ey, worüber ich brüte – mein Ein und Alles – die Idee der Menschheit und ihrer Geschichte – das vorgesteckte Ziel und Kleinod unserer gemeinschaftl. Freundschaft und Autorschaft. Wir werden uns einander sehen, und vielleicht wird unser Landsmann das Werkzeug seyn, um an Ihren lebendigen Kohlen meine todten anzustecken Der Cremittsche Pfarrer
    Kraft
, welcher sich noch Ihrer erinnert, ist hier in der Altstadt Diaconus geworden. Erst vorigen Sonntag hat unsere Akademie einen neuen Rector an dem alten abgelebten Bohlius bekommen, den die Regierung ausschließen wollte dem Metzger zu gefallen. Köhler nimmt seinen Abschied u geht nach Berl. weil er außer der oriental. auch die griechische u die
    dritte
Prof. iuris, auch wo mögl. noch einen Civildienst oben ein an sich reißen wollte. Nach reichen Fräulein hat er auch gefreyt. Bey aller Gelehrsamkeit taugt der Mann gar nicht zum Unterricht, unterhält seine Zuhörer mit nichts als Lesarten, welche die Syntaxin nöthiger haben. Ins Cabinet hat er auch mehr als einmal geschrieben, um Academicien zu werden; der König hat immer mit einem gnädigen Nein! geantwortet. Mangelsdorf hat nebst der Rednerstelle auch die poetische erhalten und hier schon ein großes Mältzerbrauerhaus im Lobnicht gekauft durch Gunst unsers schon agonisirenden Kantzler v Korf, deßen natürl. Sohn er in Pension hat, 300 rth dafür bekommt. Seine Schwiegermutter mit der ganzen Familie ist auch hergezogen; eine Schwägerinn bereits verheyrathet, und sein Schwager, ein gantz unwißender Student zieht eins der besten Stipendien. Es hält sich hier ein gewißer Pörschke auf, der Sie auch besucht, den ich aber noch nicht kenne, sehr entgegen gesetzte Urtheile von ihm gehört. Ich eile von meiner Loge Abschied zu nehmen u von da mit Hill u Michael zu Hippel. Ersterer ist bey meinem hiesigen
    Jacobi
vor der Hand versorgt, wo er mit künftigem Monath hinziehen wird. Er kam fett her, bildete sich ein eine Cur nöthig zu haben, und hat seinen Leib durch Fasten und Arzneyen so casteyt, daß er wider fetter zu werden wünscht. Wie er an Weimar oder vielmehr an Ihr Haus denkt, dazu kennen Sie den Mann, ohne daß ich ihn erst mahlen darf. Ich fand Nachmittags Kraus u Brahl bey mir. Bey der Mahlzeit fällt es dem Hill ein, daß morgen 6 Meilen von hier eine BauerHochzeit ist, auf die er gebeten worden. Er nimmt sich auf einmal vor noch heute 3 Meilen zu gehen u. morgen die 3 übrigen und übermorgen des Abends wider hier zu seyn. Wahrscheinlich hat er diesen tollen Vorsatz ausgeführt, weil er weder zu seiner ital. arabischen noch musicalischen Stunde gekommen, die er sonst mit der pünctlichsten u ängstlichsten Gewißenhaftigkeit abwartet. Meinen Wohltäter B. vermuthe ich gegenwärtig zu Hause – und hoffe, daß er’s mir melden wird. Kann an Niemanden schreiben, selbst nicht an Ihn. Wenn ich unsern J. so oft heimsuche, so ist ein Zusammenhang von Umständen und Empfindungen schuld daran – und ich entschuldige mich selbst mit der vielleicht falschen Voraussetzung, daß er die meiste Zeit aufzuopfern hat. Wo Sie, liebster Herder, Ihre hernehmen alles zu lesen, zu sammlen, in Wachs und Honig zu verdauen, – –
    Wer da hat, dem wird gegeben
. Ich möchte vor Schande, Schaam und Angst vergehn, wenn ich mich mit Ihnen und meinen Freunden, wovon so manche Ihnen ähnlich sind, vergleiche. Mein Bauch klebt am Erdboden – und ich bin keiner Freude fähig. Ich kann nicht schlecht gnug von mir denken – und doch kommt es mir zuweilen vor, daß ich mir und meinen Freunden dadurch zugleich Unrecht thue. In diesem Labyrinth liegt mein Schwindel, ohne daß ich herauskommen und aus mir selbst klug werden kann. Arbeit ist mir verhaßt, noch verhaßter Müßiggang, und doch suche ich hungrig und durstig darnach mitten in Ueberfluß von beyden. Ist ein solcher Gemüthszustand Sünde, oder Strafe, oder Prüfung – wo nicht eine Hölle, wenigstens ein Fegfeuer? Als Hofmeister in Curl. gieng ich in einem zerlumpten Schlafrock, weil ich Schulden hatte, der ich mich schämte, und es war mir sehr lieb, daß man mich für reich und geitzig hielt. Dem Himmel sey Dank daß ich keine Schulden habe, aber desto mehr Zwang kostet es mir ihnen zu entgehen, und auf mich zu wachen. Meine Näscherey des Monboddo ancient Metaphysics p hat mein Jahr um einen ganzen Monath verkürzt – Erndte hat fehlgeschlagen und der abscheulige Weg hindert die Zufuhr und Aussaat. Daher Theurung u Mangel an Lebensmitteln. Ich denke dahernun öfters an unsern Claudius, der im vorbeygehn auch an schmale Bißen denkt und alle die Lügen widerlegt, von einer Pension von 1000 rth die er von Gr. Schimmelmann jährl. ziehen soll, und von 100 # die ihm Elise incognito zugewandt, das kl. Jahrgeld vom Erbpr. ungerechnet. Ich habe mich darüber gefreut und über sein Stillschweigen gewundert, es mir aber aus seinem Briefe an Andres bey Gelegenheit des alten lahmen
    Dietrichs
erklärt, der sich auch von seinem neuen Holtzbein und Bärenmütze nichts merken lies, seinen stillen Genuß meiner aufbrausenden Unruhe vorgezogen. Nun muste ich zu meinem Leidwesen erfahren, daß alles lauter Wind gewesen, womit ich mich in Ansehung seiner beruhigt und getröstet. Gott helf mir nur nach Berlin, von da soll mir der Weg nach Weimar ein Sprung seyn. Vielleicht finde ich unsern J. in Wandsbeck und gehe in seiner Gesellschaft und Bedeckung nach Münster. Doch alles kommt mir wie ein Traum vor – Ist doch der liebe Schlaf der beste Theil meines Lebens? Der das ganze Spiel angefangen und entworfen hat, wird es auch ausführen. Der liebenswürdige Graf hat mir seine Reisekutsche bey seiner Rückreise angeboten; sie ist aber nur einsäßig, und ich versicherte ihm, daß ich ohne meinen Hans Michel nicht zu reisen im stande wäre. Er hört jetzt die Metallurgie bey D. Hagen, und studiert von des Morgens vor oder spätestens um 5 Uhr bis gegen 10 des Abends in Ihrem Homer und dem Theokrit, und ab und zu im Herodot. Gott laße uns Freude an unsern Kindern erleben. Freunde werden Sie gewiß gl. Ihren Vätern werden, und uns ähnlich im Geschmack u Glück der Freundschaft. Der schwärmende Hill und mein Michel werden gemeinschaftlich sich an Ihren lieben Gottfried wenden, so bald nur jener erst ein wenig in Ordnung gekommen seyn wird. Scheller ist Adiunctus des alten Pf. Gottscheds in Petersdorf, und zugl. sein Schwiegersohn in spe. Ich erwarte ihn alle Tage zum
    letzten mal
bey mir, zum Examen u Ordination; denn für ein Ehpaar hab ich nicht Raum. Voller Hofnung und Verlangens selbst zu kommen, schreib ich vielleicht nicht mehr,
    ohne besondere Veranlaßung
, in diesem Jahr an Sie, alter liebster bester Freund! Hat Gott etwas menschl. über mich verhangen, so hab ich meinem einzigen Sohn, der eben gute Nacht gesagt, meinen väterlichen Rath und Befehl deshalb ertheilt. Gott seegne Sie mit Gesundheit und Freudigkeit und Stärke, die vortrefliche Mutter sammt allen Ihren lieben Kindern. Mein innigst geliebter August wird mich entschuldigen, wenn ich seine lerste Handschrift nicht mit ein paar Zeilen erwiedern kann, wie ich fest willens gewesen. Ich umarme Sie u. die Ihrigen unter den besten Wünschen. Vale, gaude et ama.
Düßeldorf den 11.ten Nov. 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): No 16. Erhalten den 23 – Geantw. den 27, 28 mit Einl. v Prof. Kraus an Steudel. lieber, unaussprechlich lieber Hamann – Hier eine lange Epistel v Buchholtz. Er kam mit seinem lieben Weibel am Dienstag den 8 Morgen, u gieng Mitwoch 9. früh schon wieder weg nach Münster. An gutem Aussehen hat er zum Erstaunen gewonnen. Er schreibt Ihnen, Lieber, was ich von seinem Briefe gelesen habe, u bittet Sie, es mir in Abschrift mitzutheilen. Das ist nun nicht mehr nöthig, da er mir seinen Brief ungesiegelt zurück ließ. Auf das vorhergehende habe ich kein Auge geworfen. Gestern Nachmittag, Herzensmann, erhielt ich Ihren lieben Brief vom 22 bis 29ten Oct. Heute kann ich nicht antworten; am Dienstag, so Gott will, geschieht es ohne Fehl. Ich meine ich müßte von hier aus Sie irgend wo faßen daß Sie es fühlten u inne würden wie ich Sie liebe u ehre. – Ich herze Sie vor Gottes Angesicht – Ihr Fritz Jacobi Kgsb. den 12 Novbr. 85. Sie werden, Herzenslieber Jacobi-J. wider mit einem Briefe von mir heimgesucht, wie wir heuer von Gewölk und Regen. Wenn Sie weder Zeit noch Lust haben zu lesen, so werfen Sie ihn fort, und laßen ihn liegen, daß er schwarz wird, oder Sie Muße zu verlieren haben. Heute wieder Sonnabend, und die Woche zu Ende, ohne daß ich das geringste habe anfangen können, mit genauer Noth unserm lieben Plato in W. geantwortet. Ich brachte den Brief gestern Morgen selbst auf die Post, kam aber zu spät. Ohne einmal recht, als aufs Hörensagen, zu wißen ob heute eine abgeht, hab ich ihn meinem Joh. Mich. mitgegeben. Gestern den heil. Martin bey einer magern Ente, statt einer fetten Gans gefeyert. Nachmittags bin ich zu Hause geblieben, das mir mein müßiger Posten und die Nähe des Licents füglich erlaubt, – und hierin ist mir mein Loos lieblich gefallen. Da kam ein junger guter Mensch, der sich den gantzen Sommer auf dem Lande aufgehalten, brachte mir einen Curländer, der von Leipzig nach Hause geht – Wenn ich schon einmal aus meinem Circul herauskomme – Kurz, es wurde aus allem Nichts – Was ich gestern und seit vielen Wochen mir vorgenommen, habe ich heute zum Frühstück genoßen. Meines lieben Alc. B. Briefwechsel von Anfang bis zu Ende widerholt, numerirt und in der grösten Ordnung seponirt. Daß diese
    Arbeit
nicht ohne Rührung und Zufriedenheit und einigen Wehen der Sehnsucht und dem tiefsten dunkelsten Gefühl im Grunde des Herzens abgemacht werden können, darf ich Ihnen nicht sagen. Ich erwarte mit jedem Posttage einen Wink von seiner glücklichen Heimkunft, wenigstens von Ihnen, als dem nächsten Paranymphen unserer Freundschaft. Mein Verbot nicht eher an mich zu denken, biß er in
    Ruhe
gekommen seye, macht mir das Stillschweigen zum Gesetz und Gebot. Ich beschwere Sie also lieber Jonathan! Ihn nicht eher zu wecken noch zu regen, als biß es ihm Selbst gefällt; Aber Nachricht erwarte ich durch Sie von sSeinen und Seiner lieben Marianne Glück und Wohl – so gewißenhaft und umständlich, als ein
    Augenzeuge sich selbst
Rechenschaft geben kann, von
    dem was er sieht und erfährt
. Reichardt, mein Ariel, ist den 5ten dieses glückl. angekommen. Alles gut, und auf dem vorigen Fuß. Nun denke ich mit Wohlgefallen an Berl. das nicht mehr Babel in meinen Augen ist, weil ich nunmehr
    Einen
Freund habe, woran es mir seit seiner Abwesenheit gefehlt. Sein Schwager Dorow schrieb es mir vorgestern frühe, und ich hatte einen vergnügten Mittag bey unserm Hillppel. Der Wanderer Hill aß mit; auf einmal fällt ihm eine Bauernhochzeit ein 6 Meilen von hier, wo er eingeladen worden. Er läuft auf einmal weg, ohne Abschied um 3 Meilen noch denselben Abend zu bestreiten, die übrigen 3 gestern als zum Hochzeitmal – und will heute wider in der Stadt seyn. Aus diesem Zuge können Sie leicht urtheilen, wie sauer es mir bisweilen wird, diesen Bucephalus Kopf im Gleise zu erhalten. Von Scheffner habe noch Zkeine Zeile erhalten, dafür eine pathetische Entschuldigung durch H. weil er Kirchenvorsteher geworden seyn soll, und an Revision vieljähriger Rechnungen arbeitet. Er sollte mir wenigstens ein fremdes geliehenes Buch zurück schicken, und begreife nicht Recht diese Ausnahme von seiner strengen Genauigkeit im Borgen und widergeben. Sein Museum liegt zwar auch noch bey mir; ich erwarte aber vor der Ablieferung noch den vor- u diesjährigen Jahrgang. – Hier begegnete mir ein gantz vermaledeyter Streich in einer königl. Dienstsache, den ich Ihnen erzählen muß. Mein ganzes Amt besteht in Hütung des Packhofes, welche eigentl. von meinen unter mir stehenden Licentträgern abhängt, und in Bewahrung und gehöriger Auslieferung aller Beschläge, wozu ich eine besondere Depotcammer habe, und für die ich haften muß. Kurz vor dem Essen kommt der Aufwärter von der Prov. Direction und verlangt gegen Qvittung einen versiegelten Sack mit Sachen die auf einer kleinen Stadt beschlagen worden, bereits im Martio. Verdrüßlich über den Vorfall, der selten und desto ungelegner kommt, geb ich ihm die Schlüßel und bitte an einen von denen, die in meiner Amtsstube arbeiten, die Sachen ihn herauszugeben. Werfe mich aber geschwind in Kleider u laufe selbst nach. Der Aufwärter kommt mir schon entgegen mit der Nachricht, daß man nichts finden kann. Ich zu meinem Register wo ich das Protocoll eingetragen finde, und noch offen. Jede Sache, die ich schon suchen muß, ist gleich in meinen Augen verloren, und denn kommen mir gleich ein Dutzend Arten und Weisen in Kopf, wie selbige hat verloren werden können. Mit einemmal verliere ich denn alle Besonnenheit, weiß von meinen Sinnen nicht – Es war nicht mehr als ein einziger versiegelter Sack, der es nicht seyn konnte und sollte – dennoch es würklich war. Kurz die schreckliche Angst einer halben Stunde lößte sich, nachdem ich mit Gewalt und gleichsam bey den Haaren zu einem Augenblick kalter Ueberlegung gebracht war, in Schaam und Gelächter über Blindheit auf. Dieser Naturfehler ist aber incurable, und macht mich zu meine allen, besonders kleinen Geschäften untüchtig – vielleicht gemeiner unter den Leuten, die Philosophen heißen, nur würkt er bey mir auf eine epileptische Art. Daß man sich Dinge, die weder
    sind
noch seyn
    können
als würklich vorstellt und gleich Theorien fertig hat die Wunder seiner eignen Einbildung zu erklären und wahrscheinlich zu machen, figmenta als data voraussetzt und sich in Schlüßen darüber verliert, daß man nicht wider heraus finden kann. Ich präge mir alle dergl. Vorfälle so tief wie ich nur kann und in mancherley Gestalt und Methode ins Gemüth; aber alles ist umsonst. Auf dies Leid folgte noch eine kleine Freude von anderer Art. Mein Johann Michel brachte mir die Abhandlung eines D. Hufeland mit über den Grundsatz des Naturrechts, den Kant erhalten und ihn hauptsächlich angeht. In dem Versuch habe ich die gantz unerwartete Ehre unter die neuesten Schriftsteller über das Jus naturae sechsmal mit allem Glimpf und mehr als ich verlangen kann, feyerlich citirt und allegirt zu werden mitten unter die Grotios, Puffendorfios, Hobbios, Vattelios, Schmaussios, Flattios etc etc. Was meynen Sie dazu? Befördert ein solches Dessert nicht die Verdauung? Das niederschlagende Pulver wird wohl bald hier seyn. Ich kann das Ende der künftigen Woche nicht abwarten, und den 63sten Band – Ich habe das gefahrliche Buch kaum eine Stunde in meinem Hause behalten, und den Ueberbringer gleich damit fortgeschickt – Mir blos die Freude gemacht an den Fingern abzuzählen, wie oft mein Name mit Schwabacher gedruckt vorkommt. An der Materie nimmt der Prediger in der Wüsten keinen weitern Antheil Wie Kant noch Magister war, pflegt er imoft im Scherz zu erzählen, daß er immer Happelii Relationes curiosas lesen müste vorm Schlafen gehen. Darnach kam die Reyhe an Basedows Philalethie u.s.w. Ich besorge daß meine Relationes curiosae Sie auch ermüden. Dennoch muß ich Ihnen noch erzählen, was der Heil. Martin gestern für Freude in mein Haus gebracht, die ich meinem Johann Michael zu verdanken habe, und er zum Theil mir. Er kommt ganz bestürzt zu Tisch, der nur Mittags bey uns gedeckt wird. Nun mein Sohn – Vaterchen! ich habe ein großes Großes Geschenk bekommen – Hippel hat seinem Raphael und meinem Michel diese Woche ein gleichförmiges Kleid bestellt. Davon hatte ich schon Wind – ich konnte mich also auf nichts mehr besinnen, was ihm fehlen könnte noch wo es herkommen sollte. Ich wurde verdrüßlich weiter zu rathen, und sagte mit einiger Hitze: Junge! rede: von wem? wie? was? – Ein Plinius ex ed. Harduini in folio vom HE. Nicolovius. Ich muste ihn annehmen. So und so hat ers mit mir gemacht. Liebster J. Ohne Ruhm zu melden, bin ich sehr genau alles in Einnahme und Ausgabe zu bringen, schreibe jeden Besuch den ich bekomme und abstatte in meinen Hauskalender. Daher weiß ich sehr genau daß den letzten Julii Dom X. p Tr. ein feiner junger Mensch, den ich nicht kannte zu mir kam. Seine Verlegenheit machte mich ungedultig, daß ich ihn etwas dringend frug: womit ich ihm dienen könnte. Ich hatte eben einen Brief unter Händen. Er bat mich gantz gerade, daß ich ihm wo mögl. im Engl. oder Griechischen Stunden geben möchte. Dies außerordentliche Vertrauen gefiel mir und ich hielt es der Mühe werth den Jüngling näher kennen zu lernen. Ich benahm ihm gleich sein Misverständnis, daß ich spät mich mit einigen Sprachen abgegeben hätte, nicht weit darinn gekommen, und von Tag zu Tage das wenige allmählich vergäße – wenigstens die Erfahrung gemacht, wie man auch mit dem kümmerlichsten Gedächtniße sich in Sprachen forthelfen könnte. Bedauerte die Abwesenheit meines Hills, der in diesem Fache lebte und webte, schlug ihm meinen Joh. Michael vor, der eben die Hundstage auf dem Lande feyerte. Sie kannten sich einander und sahen sich alle Tage in Stunden bey Kant. Er schien mit diesem Rath zufrieden, und ich wars noch mehr einen neuen Freund und Gehülfen für meinen Sohn an ihm gefunden zu haben. Der Name und das Haus seiner Eltern war mir bekannt, weil ich in der Nachbarschaft einmal gewohnt. Daß sein Vater eine der grösten Stellen hier gehabt, die Hippel sich vor seinem jetzigen Posten wünschte und ungern aufgeben muste seine Ansprüche. Er war OberSekretair bey der Regierung, dem jetzigen Etats-Ministerio. Seine beyde Eltern wären gestorben, meldete er mir. Ihr Haus verkauft mit der Bedingung, daß sie solange ihre Tante lebte, darinn wohnen könnten zur Miethe. Er hätte noch 2 Brüder, die Zwillinge wären, und eine jüngere Schwester außer einer bereits verheyratheten. Die 3 Geschwister lebten gemeinschaftlich mit ihrer alten Tante. Er hätte sich der Theologie gewiedmet – dies fiel mir eben so sehr auf, weil Leute von Vermögen und einem gewißen Stande selten sich zu diesem Studio entschließen. Seine beyde Zwillingsbrüder studierten auch, aber ihre Wahl wäre noch nicht entschieden. Sie hätten beyde natürliche Fehler der Aussprache, einer hätte Lust ein Buchhändler, der andere ich weis nicht mehr was? zu werden. Ich nahm daher Gelegenheit ihn zu praeveniren, daß mein Sohn auch einen Zwillingsfreund an seinem Raphael Hippel hätte, von dem er sich ungern in seinen Uebungen scheiden würde, und so wurde von mir der Grund zu dem kleinen Triumvirat gelegt. Mein Sohn fängt das Engl. an, gesteht mir bald, daß sein commilito weiter darinn wäre als er selbst, nicht nur seinen Pope und Milton lesen könnte, sondern auch im Sprechen und Schreiben geübt wäre, worinn es meinem Michael wie dem Vater, selbst in seiner Muttersprache fehlt, an Zeit und Lust und Muth. Ich geb ihnen meinen Shakesp. und wie sie mit einem Stück darinn fertig sind, merkt Nicolovius auch, daß er sich selbst helfen kann, besonders da er in seiner ausgesuchten Bibl. die Eschenb. Uebersetzung hat. Sie schränken sich aber seitdem blos auf das
    Griechische
ein, fiengen mit dem Aeschines an, haben die ersten 4 Gesänge der Odyßee zu Ende gebracht. Nicolovius findt eben die Leichtigkeit auf seine eigene Hand darinn fortzufahren – und übermorgen auf die Woche kommt die Reyhe an Theocrit Ich kann Ihnen nicht sagen, was der erste Besuch dieses jungen Menschen für einen ungemeinen Eindruck auf mich gemacht, aber noch weit mehr alle die Kleinigkeiten, welche ich meinem Sohn bisweilen aushole über den gantz außerordentl. originellen Character dieser 3 Brüder, von denen jeder seinen eigenen Gang gehen soll, bey der grösten Harmonie. Mein Sohn qvält mich immer mit der Frage: warum er ihm seine Stärke im Engl. verheelt. Nach dem erfährt er, daß einer der Zwillinge sich mit ähnl. Eifer auf das griechische legt, und es weit darinn gebracht haben soll, weiß er wider nicht, wozu er sich mit dem in dieser Sprache übt. Wo er die Ausgabe herbekommen, weiß ich nicht. Eben heute meldt mein Sohn, daß er voller Vergnügen gewesen über das Voigtsche Steincabinet, das er sich auch verschrieben. Sie hören beyde die Mineralogie bey unserm würdigen D. Hagen. So ersetzt die mütterliche Vorsehung meine Mängel zur Erziehung dieses Jungen, den Sie mehr liebt als ich es thun kann und will u mag. 13. November Dom. XXV. Wir hatten gestern Abend kaum Licht angesteckt, wie der tolle Hill kam mit einem Töpfchen Honig in der Hand u die Taschen voll kleinstädtisch Brot für meine Kinder, um sie und mich zu bestechen und uns den Mund zu stopfen. Weil es nicht möglich gewesen wegen des Grundlosen Unweges das hochzeitl. Dorf zu erreichen, bedenkt er sich kurz und marschirt nach Pillau, also 14 Meilen an statt der 12 in einem u 2 halben Tagen. Ist bis über den Nabel in deneinen blinden Graben gefallen. Heute früh beschlich nach der Mettenzeit die 3 Brüder und fand sie wie ein Blatt eine Klette zusammen über den Juvenal. Ihr Vater soll ein beynahe finsterer Mann gewesen seyn, zu Geschäften gemacht und von wenig Worten. Bey allem dem macht mich mein habitus zu
    nehmen
und zu
    empfangen
für mich besorgt, und diese Süßigkeit hat für mich einen bittern Nachschmack. Hippel hat mich zu Mittag gebeten, den Altgesellen Hill mit den beyden Burschen Mich. u Raph. deßen Bruder Samuel Hippel heute eingeseegnet wird nebst dem Ernst Deutsch, der bey dem Pfarrer Fischer in Pension steht. Meiner wurde es, ehe er nach Graventihn gieng. Fischer ist zwar nur beym Königl. Hospital aber der Leibprediger unseres hiesigen Beau monde und meiner Freunde. Für mein hartes Ohr redt er ein wenig zu sachte Wir werden also, liebster J. Ihre Gesundheit trinken, und mit unsern Gedanken in Pempelfort und Ihrer Nachbarschaft seyn. Mit Herders 2ten Theil bin zum zweiten mal fertig geworden. Das langsame Lesen wird mir sehr sauer – und noch saurer das Urtheilen, oder vielmehr die Entwickelung deßelben. Flüchtiger scheint mir an einigen Stellen dieser Theil zu seyn, auch mehr ornamenta ambitiosa die Schreibart zu haben, besonders thut mir auch der Abschnitt über die Regierungen nicht völlig Gnüge. Es fehlt aber nirgends an großen und schönen Gedanken, die mit Würde und Anstand gesagt sind für die Bedürfniße unserer Zeit und die Gränzen seines Beruffs. Seinen Plan bin noch nicht im stande zu übersehen; und vom Ganzen hängt doch der Zuschnitt jedes Theiles ab. Der lauterste und reinste Geschmack herrscht in seinen
    zerstreuten Blättern
, und ist ein Werk der
    Theano
. Die Ideen erfordern eine männlichere Muse – artis seuerae effectus. Bey seinen Amtsgeschäften, unvermeidl. Zerstreuungen der leidigen Celebrität p der überschwengl. Belesenheit u Mannigfaltigkeit von Kenntnißen – ist vor dem Exegi opus die
    reinste
Kritik summa iniuria. Gewißenshalber kann ich gar nicht urtheilen – und die Liebe für die Sache so wol als den Verfaßer ist Humanität, die Alles deckt. Gott hat den Leib also vermengt und dem dürftigen Glied am meisten Ehre gegeben – und wo ist ein Autor wie Er? – ein beßeres Muster aller Systeme im Großen und Kleinen? – – – Ich komme müde und matt zu Hause, bin den ganzen Tag im Regen und Schlag herumgegangen und finde einen ledige Addresse zu einem Exemplar der Ideen aus Weimar. Das vorige war aus Riga. Mein gestern abgegebener Brief geht erst morgen ab, wie ich mir zum voraus vorgestellt. Wenn ich über Spinoza was zu schreiben im stande bin; so werden Sie es nicht anders als
    gedruckt
erhalten. Zur freundlichen Nachricht! Ueber das Gedruckte wird es mir lieb seyn von Ihnen gescholten, getadelt und questionirt zu werden nach Herzenslust. Werde auf alles mit
    Ja
oder
    Nein
, oder mit Ja
    und
Nein antworten. Vor- macht keine Nachrede. Heute über 8 Tage ist der letzte Sonntag des Kirchenjahrs, und der Advent ist meine liebste und einträglichste Jahrzeit wegen der kurzen Tage zu meinen opusculis der Finsternis und Nacht und des sie, Ebbe und Fluth regirenden Monds. Wegen der Einkleidung bin ich noch ungewiß; keine
    Liebesbriefe
eines Adonis sondern Endymions. Der Titel ist für mich kein Schild zum bloßen Aushängen, sondern der nucleus in nuce, das Senfkorn des ganzen Gewächses. Hinc illae lacrumae über diese Kleinigkeit erst mit mir selbst einig zu werden. EintheilungEntwickelung und Ausfüllung überlaße ich den Säften des Bodens und Einflüßen der Witterung u des Himmels. Aus lecta potenter re fließt von selbst facundia und lucidus ordo. Diese meine methodum arcanam werde ich nun freylich nicht den Bürgermeistern und Philistern der A. d. Bibl. auf die Nase binden. Laßen sie sich mit ihrem Moses die Köpfe
    zermalmen
!
Gottlob! die erste Handvoll Schnee, mich damit zu waschen. Das wärmt, sagt man, auf den ganzen Winter. Schwatzen hat seine Zeit, Schweigen hat seine Zeit – amant alterna Camenae. Vale et faue. Bin mit dem ersten Theil im Turgot stehen geblieben. Brahl arbeitet an sm Mirabeau wie eine Schnecke, u muß erst damit fertig seyn – – Haec ruit. Erbarmen Sie sich mein, lieber J. und kühlen bald mit einem Tropfen aus der Ferne Ihren schmachtenden und wie David des Waßers aus dem Brunnen zu B. lüsternen – Sie und alle Ihre Lieben zu P. D. u M. seegnenden – im Geist umarmenden   alten radoteur Johann Georg Hamann den 14 frühe unter dem Morgenseegen meiner Kinder. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 12 u 13ten Nov. 1785 J. G. Hamann empf den 24.tenbeantw den 16.ten Xbr.
Kgsb. den 15 Nov. 85. Herzlich geliebtester Freund, Me Courtan hat mir den 28 pr. einige Zeilen geschrieben, welche ich den 8 d. erhalten. Mit der traurigen Nachricht von Ihren Gesundheitsumständen, meldet sie zugl. daß sie denselben 8–12 abgehen würde. Ich vermuthe daher, wie Sie selbst sagt, daß Schwermuth und Heimwehe Ihr Uebel vermehrt, und Ihr dadurch beschwerlicher wird und gefährlicher vorkommt, als es wirklich ist und den neuen Aerzten die Ihre Constitution und Krankheit nicht kennen, scheinen mag. Wie sehr Sie Selbst dabey leiden müßen, kann ich mir leicht vorstellen. Seyen Sie unterdeßen gutes Muths und trauen dem guten Gott der jede Last die Er uns auflegt, auch tragen hilft, und alles zu unserm Besten lenkt. Da ich nicht ins Ungewiße schreiben mag: so können Sie leicht denken, mit welcher Ungedult und Unruhe ich jeden Posttag beßeren und zuverläßigen Nachrichten entgegensehe. Besuche und am wenigsten schriftliche sind Kranken immer angenehm. Der Weg muß abscheulich seyn; aber das Verlangen zur häuslichen Ruhe und die mütterliche Liebe überwandt alles. Sagen Sie das Beste was Sie wißen und können in meinem Namen zur Aufrichtung unserer kranken Freundin und meiner lieben und werthen Wohlthäterinn und Gevatterin. Ich kann nichts mehr thun als für Sie beten, und Gott wird unser gemeinschaftliches Gebet erhören. Sein Wille ist doch der beste. Die Erde ist des HErrn und Er ist uns allenthalben gleich nahe und gegenwärtig, daß kein Haar unserem Haupte entfallen geschweige ein Glied unseres Leibes ohne Sein Mitgefühl und Bewußtseyn leiden kann. Herr Cr R Jensch hat mir versichert Ihnen das Billet der Baroneße bey Ihrer Durchreise eingehändigt zu haben. Die Pension ist 400 fl. Stunden in Music, Tantzen, Schreibekunst, Historie u. Geographie werden besonders bezahlt und nach Nothdurft und Verlangen eingerichtet und bestimmt. Ein Besteck von einem S silbernen Löffel, Meßer u Gabel nebst dem Tafelzeug bleibt zum Bestand. Die Pension praenumerando bezahlt. Der wesentlichste Hauptpunct ist, daß Ihre liebe Albertine gantz unumschränkt vom mütterlichen Willen der Baroneße, die sich von Ihren Kindern Tante nennen läßt, abhängen muß; folglich aller respectus parentelae und übrige Familienverhältniße schlechterdings aufhören und abgeschnitten oder von dem Gutbefinden der Baroneße schlechterdings abhängen müßen. Die unumgängliche Nothwendigkeit dieser Bedingung läßt sich von vernünftigen Eltern, die gegenwärtig geschweige entfernt sind, von selbst einsehen. Ich habe 2 mal deshalb mit der Baroneße gesprochen, und das übrige kann Ihre Gemalin mündlich abreden. Mein Golgotha hat die unerwartete Ehre gehabt einer
    ausführl
. Recension in dem LXIII. Band 1. gewürdigt zu werden. Heute vor 8 Tagen ist deshalb an Nicolai geschrieben worden und ich erwarte diesen armen Sünderwein mit der nächsten fahrenden Post. Ein gewißer D. Hufeland in Leipzig hat einen Versuch über das Principium des Naturrechts herausgegeben u ein Dedications Exemplar unserm Pr Kant zugeschickt, der fleißig angeführt seyn soll und mein Name soll auch die Ehre haben mit Schwabacher oft genug angeführt zu werden mitten unter den Sternen der ersten Größe die über das Ius naturae zu Helden geworden. Die General-Adm. hat uns wider die gröste Hälfte von unserer vorjährigen Gratification abgezogen. Anstatt 86 sind mir nicht mehr als 41 rth zutheil geworden. Gott hat alles reichlich ersetzt, ein neues Kleid meinem Johann Michael und einen Plinium ex ed. Harduini fol 741 geschenkt. Wir werden also mit Wahrheit des Geistes bald singen können: Der
    König will bedenken die welch er herzlich liebt mit köstlichen Geschenken
– Er kehre auch in Ihr Haus mit Gesundheit, Seegen bey gegenwärtiger Theurung und Mangel der Lebensmittel, Freude und Zufriedenheit mitten unter den Kreutzesdornen und herzlicher Ergebenheit in Seinen heiligen guten Willen ein. Empfehlen Sie mich und die Meinigen unserer kranken Freundin und geben uns bald zuverläßige Nachricht von Ihrer Beßerung und glückl. Abreise. Ich ersterbe mit den besten Gesinnungen und unter den brünstigsten Wünschen   Ihr alter treuer Freund   Joh. Ge Hamann. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn Buchhändler
    Hartknoch
/ zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 12 Nov 1785
Kgsb. den 17 Novbr. 85. HöchstzuEhrender Freund, HE Kr. H. überschickte mir vorgestern Abend Ihren Brief vom 12 nebst den beyden dazu gehörigen Büchern. Ich wurde durch denselben sehr beunruhigt, und glaubte zuletzt gar darinn ein bloßes Persiflage meines bisherigen Geschmiers an Sie zu finden. Gestern brachte mir der Commissair unsers Viertels von HE Stadtrath W. das Schreiben vom 11 – worinn ich alles das aufgelößt fand, worüber mich Ihr Stillschweigen befremdet und irre gemacht hatte. Ich schreibe aus bloßer Nothdurft, die Ihre Freundschaft nicht misdeuten wird, und darf mich daher wegen Inhalts und Tons nicht weiter entschuldigen. Die Hofmeisterstelle lag
    mir wirklich am Herzen
, weil ich
    beyde
Theile nach
    Wunsch glaubte
und
    hoffte
versorgt zu haben. Es war mir auch an einer baldigen entscheidenden Antwort gelegen, weil der Candidat andere Vorschläge hat und derselben würdig ist. Desto lieber ist es mir, diese Sache nunmehr abgemacht zu sehen – wenigstens im Gange und in beßeren Händen. Hoc erat in votis. Ich habe eben ein sehr angenehm unterhaltendes Buch des Hptm. von Archenholtz über Engl. und Italien gelesen. Die beyden Theile über das erstere sind vorzügl. Der letzte hat mir blos zum Examen mit
    Hill
gedient, der mir keine Antwort schuldig geblieben und mit mehr Nutzen gereist, als man es ihm zutrauen sollte. Mit dem 1.Xbr. zieht er bey Jacobi. Alles lebt wider mit ihm in meinem Hause. Ich habe die
    philosophischen u critischen Untersuchungen über das
A.T.
    und deßen Göttlichkeit, besonders über die mosaische Religion
London 785. welche dem Min. von Zedlitz dedicirt sind, nicht aushalten können, sondern sie beynahe ungelesen zurückgegeben. Sie verdienen kaum die Ehre ein
    Pendant
des Horus zu heißen, und scheinen mir eher von einem elenden Ulrich oder Schultz zu seyn. Der November der Berl. Monatsschrift ist desto wichtiger für mich gewesen wegen eines Briefwechsels des Lavaters, der dem D. de Neufville aus Frkf. in Gegenwart des D. Hoze einen Brief im Sept. über die Krankheit seiner Frau dictirt an Hofrath
    Marcard
zu Hannover, der aus Lausanne darauf geantwortet in einem sehr meisterhaften Ton. Der Gr. zu Stolberg sagte mir schon, daß L. in Gefahr wäre durch eine Krankheit seiner Frau sich wider anstößig zu machen durch Experimente, die in Paris getrieben würden mit einer Umstimmung der
    sinnl
. Werkzeuge, welche man jetzt Desorganisation nennt. Ein Marquis de Puysegur laborirt zu Strasburg u ein Mr I hat schon zu Paris einen Essay sur les probalités du Somnambulisme magnetique herausgegeben. Der gute L. hat also durch diese neumodische Cur seine kranke Frau in einen so
    exaltirten Zustand
versetzt, daß sie im Schlafe weißagt – und Wunder redt, die den ungläubigen und lieblosen Berl. zum Gelächter dienen. Unser Kant, der auch in diesem hat Monath den Begriff des, was er unter Menschenracen versteht, entwickelt – kürzl. einen
    Versuch über den Grundsatz des Naturrechts
von einem Doct. Philos. u. Jur. Vtr.
    Gottl
.
    Hufeland
erhalten, in dem er fast auf allen Seiten, der Schiblemini auch oft gnug angeführt und citirt wird. Der Mann hat Belesenheit und eine gewiße Evolutionsgabe, aber nicht in dem besten Verstande, der Ihrem Geschmack Gnüge thun würde. Meine Eitelkeit in so guter Gesellschaft aufgenommen zu werden wird wol nicht lange währen, und ich erwarte mit der nächsten Post den neuesten Band der Allg. D. Bibl. welche sich bis zu einer ausführl. Recension meines Golgotha herabgelaßen, um mir vermuthl. Galgen und Rad aufzurichten. Wenn die Fische nur recht angebißen hätten, so würde ich meinen Köder nicht umsonst ausgeworfen haben – und ich würde das Kirchenjahr vergnügt beschließen und anfangen. Die langen Abende der lieben Adventzeit sind mir immer Erndte und Weinlese gewesen, und der Winterheerd geselliger mit seinem Mond- u Schneelicht als das weite Feld und alle verführerische Gartenluft. Anstatt der 86 rth habe mit 41 u einigen gl. für lieb nehmen müßen. Gott hat aber alles reichlich ersetzt; meinem Hans ein neues Kleid beschert und einen Plinium ex ed. Harduini in fol 748 – nach dem ich längst getrachtet, schon in Basel 3 bis 4 Carolinen auf eine 4te Ausgabe bot, aber um einen mit dem Buchhändler differirte. Sein junger Freund Nicolovius hat ihm dies Geschenk auf eine so unerwartete als annehmungswürdige Art gemacht. Ich bin schon zu alt dies Buch mit Nutzen zu lesen; aber für meinen Sohn ist es der rechte Zeitpunkt in dieser Qvelle zu schöpfen und sich zu baden. Die
    Briefe über die Naturproducte vom Verf der kosmologischen Unterhaltungen
sind mein Zeitvertreib. Der erste Theil ist nur heraus, aber wegen der schönen illuminirten Kupfer sehr kostbar. Dies ist der beste Philosoph meines Erachtens für die junge und schöne Welt, und ich ziehe sein Talent dem Campe u Saltzmann weit vor. Eben so viel Vergnügen macht mir Zimmermanns geographische Geschichte des Menschen, deßen
    dritten
Band ich lese. Der ganze 2te u die letzte Hälfte des ersten ist ein bloßes Verzeichnis nach seinem Plan. Von einem so vorzügl. Buche läßt sich aber bald eine neue Auflage vermuthen, welche die jetzige übertreffen wird. Vielleicht bin ich im stande, Ihnen beyde einmal mitzutheilen, wenn Sie, höchstzuEhrender Freund, zum Lesen aufgeräumter seyn werden. Kraus hat die beyden besten Schriften von
    Heynecke
sich anschaffen müßen auf meine dringende Empfehlung, und nach denen müßen Sie ihn beurtheilen. Seine Methode ist ein
    Geheimnis
, so viel ich weiß, aber aus seinen Leidenschaften macht er keins. Er hat noch ein großes Buch über das Buchstabiren gemacht, in deßen Vorrede mein nomen proprium zu einem verbo modificirt. Es scheint daher eine Art von Sym- und Antipathie zwischen uns im Spiel zu seyn. Von Hemsterhuis ist das Original des Simons noch nicht herausgekommen. Herder hat ihn 9 Tage in Weimar um sich gehabt in Gesellschaft der Fürstin Galliczin, des Exministers Fürstenbergs und des mir durch Ihr Museum so lieb gewordenen Raths Sprickmann. Unser Freund H. war sehr zufrieden mit seinem Gemälde von dieser
    ausgesuchten Gesellschaft
. Ich will Ihnen abschreiben das von Hemsterhuis. – in seinem ganzen Wesen ein alter, feiner stiller Republicaner, der, ich möchte sagen, nach der Weise eines schlausammelnden Holländers alles Schöne der Wißenschaften u Künste in und um sich gesammelt zu haben scheint, dazu er reichen konnte. Die Wahrheit zu sagen ist er mir in der Gesellschaft der intereßanteste gewesen, ein volles aber still liegendes Gefäß voll liebl. Weins, das sanft hergiebt wo man es anbohrt. Ich möchte eine Zeitlang ihm in der Nähe leben und insonderheit das Band einer gantz gemeinsch. Sprache haben: denn da er nur frantz. spricht, so entflieht mir schon, wenn ich die Sprache auf die Lippen nehme, das Beste, was ich sagen wollte. Und Sie fragen noch, warum ich es
    politisch
nenne, daß unser Freund 14 Tage früher den Brief des Rabbi an den Kritiker gelesen ohne mir ein Wort zu sagen, und mir sein
    Bewundern
ins Gesicht äußert, daß man mir denselben mitgetheilt, als wenn kein depot in meinem Ohr sicher wäre. Ich habe meinen letzten Brief bey dem Kaufmann Jacobi
    gesiegelt
, deßen Factor neben dem HE Stadtrath Wirth wohnt, und dadurch ein Compendium entdeckt – Des mir angewiesenen bey Me Cuvry werde mich bedienen zur Uebersendung des Kästchens mit dem Muses, womit meine kranke Magd kaum bis nach dem Friedl. Thore vom Licent aus erreichen möchte – Des Jacobi Spinozabüchl. wie es Claudius nennt, nehme mir die Freyheit zu remittiren, weil es Ihnen zugedacht gewesen, und Einnehmer Brahl auch seins erhalten. Vor der Samml. seiner Schriften steht nicht sein Kupfer. Er hat dem HE Kr. H. u mir einen neuen Kupferstich nach der Zeichnung seines Freundes Hemsterhuis zugeschickt, welches Sie hier zu sehen bekommen werden. Den 2ten Theil von Herders Ideen lege auch bey und bitte es nicht eher wider zu schicken als bis mir der Verleger etwa dazu nöthigen möchte; wie er mir den ersten Theil für Kant abnahm, weil ich eins wie gegenwärtiges vom Autor erhielt. Wenn Ihnen an dem Dintenfleck nicht gelegen ist, so werden Sie dadurch überhoben seyn vermuthl. diesen 2ten Theil sich anzuschaffen, und mir zu Gefallen dafür lieber sich nicht gereuen laßen die Cllischen Vorlesungen fortzusetzen. In Graventihn haben siche einen Gast aus Potsdam gehabt, HE Bräunlich der als Hofmeister bey einem Grafen von Dönhof und Finkenstein komt – HE Scheller hat sich auch bei mir angemeldt, ich habe ihn aber schon vor seiner Anmeldung erwartet – der Feldprediger Bertau, welcher ehemals Hofmeister bey HE Kanter war, heyrathet meine Nachbarinn die Mlle Borowski – und meine jüngste Tochter Marianne Sophie beschliest heute ihr erstes Stuffenjahr und tritt morgen in ihr 8tes, hat unter Hill bereits Claudius Liedchen nach Reichards (der den 5ten d. in Berl glücklich gottl. angekommen) Melodie klimpern gelernt. Ich danke Gott und freue mich. Von M. Pleßing habe aus Wernigerode wo er bey seinen Eltern privatisirt, gestern einen Brief erhalten. Er hat sich gantz auf die griechische Sprache gelegt und sucht einen Verleger zu einem großen Werk in 2 Bänden von 80 Bogen in kl. 8o über
    die schon im frühen Alterthum erkannte höchste Gottheit oder historisch-philosophische Untersuchungen über die Denkart, Theol. u. φφie der ältesten Völker vorzügl. der Aegypter
u Griechen
    bis auf Aristoteles Zeiten
. Benzler, Gr. Stolbergscher Bibliothekar hat mir auch einige Anzeigen zu seiner engl. poetischen Bibliothek zugeschickt, wozu mein Sohn schon einige angeworben. Ich habe seit vielen Jahren an dieses unglückl. halb blinden u mit Kindern begabten Mannes Geschick Antheil genommen der schon einmal sich anerbot hieher zu kommen u sein Glück zu versuchen. Wie wohl haben Sie gethan kein Engl. gelernt zu haben. Nun sind Sie freilich f vor meinem Coge intrare sicher. Nicht beym lieben Brodt – von dem der Mensch nicht allein lebt, wie Moses sagt und des Menschen sohn bekräftigt, schwitzt mein Nase, sondern lieber beym Sauerbraten. Der ist mein Diaphereticum. Ein gewißer Michaelis hat des
    Spalanzani
Werk von der Verdauung übersetzt, das sich pour la rareté du fait ungemein appetitlich lesen läßt, als ein Chef d’œuvre in seiner Art. Um Ihre zu schonen u meine zu befördern muß ich dem Beyspiel meiner Leute folgen und schlafen gehen. Gott helfe meine kranke Freundin u Gevatterin Me Courtan glückl. wider nach Hause, die wo nicht unterwegens ist, doch es wünscht zu seyn. Empfehlen Sie bestens der geehrten Frau Kriegsräthin Ihren alten ergebensten Diener u Freund Joh. Ge. Hamann. Adresse:
Des HErrn Kriegsrath Schefner / Wolgeboren / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst
    drey
Büchern.
Düßeldorf den 17ten Nov. 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 30 Nov. 85 Geantw eod.No 17. lieber Herzensfreund, Ich habe am 11.ten ein dickes Packet, welches einen Brief v Buchholtz u ein biljet von mir enthielt an Sie abgefertigt. Ich versprach ein Biljet mit der nächsten Post mehr zu schreiben, aber mein Befinden hat es mir nicht zugelaßen. Ich bin auch gegenwärtig noch nicht wohl, könnte aber um alles in der Welt nicht noch einen Posttag versäumen, wenn auch Ihr 2tes Schreiben vom 5.ten Nov nicht noch dazu gekommen wäre. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, liebster Hamann, was Sie mir sind, u wie Sie mit Ihrem ganzen Wesen auf das meine würken. Gott wird helfen daß wir uns bald sehen. Daß Mendelssohn u sein Anhang schrecklich böse auf mich werden würde, konnte ich voraussehen, aber doch nicht so klar, als nachdem ich die Morgenstunden erhalten hatte. Da Sie die Urkunden gern leibhaftig sehen, lege ich den Original Brief v Mendelssohn, womit er sein Buch mir überschickte hiebey. Dann auch die Abschrift des Briefes womit
    ich
Mendelssohn
    mein
Werkl. übersandte. Die Packete haben glücklicher Weise sich gekreutzt. Bald darauf erhielt ich einen Brief v der Elise, den ich auch in original beilegen will, nebst einer Abschrift meiner Antwort. Wenn Sie diese etwas zu lebhaft finden sollten, so glauben Sie nicht daß ich Ihren guten Rath darum in den Wind schlagen werde. Ich werde nichts übereilen, u
    Sie sollen gewiß mit mir zufrieden seyn
. – Wüßt ich doch ein Mittel, wüßte Ihnen ein recht wahres Bild v mir zu geben! – Weil ich fast immer
    mit
Affect handle u rede, so handle u rede ich darum nicht immer
    aus
Affect. Die Menge tiefer Leiden hat mein Inneres zu einer eigenen Art von Unterthänigkeit zerknirscht. Nicht daß ich mir Gefühle geben u nehmen, sie nach Willkühr schwächen oder verstärken könnte, sondern mir ist nur eine Fähigkeit u Fertigkeit geworden, gewißermaaßen keine Notitz v ihnen zu nehmen, u ihnen zuzusehen, als wenn sie nicht zu mir gehörten. Was für sonderbahre Contraste dies erworbene Flegma (wovon auch schon der Keim in einem angebohrnen Tiefsinn lag) mit meinem Feuer, wovon ich noch nicht das mindeste verlohren habe, machen muß, u ihr gegenseitiges Spiel mit einander, können Sie ohngefähr sich vorstellen. Mit lauten, brausenden, unruhigen Menschen; mit auffahrenden (es sey in Begierde oder Abscheu, Liebe oder Haß) kann ich gar ohne Ueberwindung nicht umgehen. Verschloßene Menschen kann ich nicht lieben, weil ich selbst im höchsten Grade offenherzig bin. Unter allen Affecten, bin ich zur Rachsucht am wenigsten, u zum Unwillen am mehrsten geneigt. Aber
    geneigt
ist nicht das rechte Wort, sondern Unwille u Eckel ist das was ich am
    stärksten
, u Rachsucht, was ich am schwächsten empfinde. Uebrigens bin ich durchaus so beschaffen, daß ich das vom schönen u Guten weit mehr, als vom Häßlichen u Bösen
    gerührt
werde, folglich auch jenes mehr suche als diesem aus dem Wege gehe. den 18.ten Nov. Doch fange ich an v dieser Seite einige Veränderungen zu spüren, die ich dem herannahenden Alter zuschreibe. Indeßen ist mir aller Calcul in etwas wichtigen Dingen noch immer eben sehr zuwider, u wird es wahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens bleiben. – Soviel, für diesmahl, von meinem natürlichen Menschen. Die Worte in Ihrem Briefe vom 30ten Oct.: „Herr Herr sagen ist eben so wenig ein Beweis, als Voltairens Dieu eine Widerlegung des Systeme de la Nature“ – habe ich auf mich gedeutet, u sie mir gesagt seyn laßen, wenn sie mir auch nicht gesagt waren. Ich hoffe sie werden, so wie ich sie aufgenommen habe, in meinem Gemüthe G haften bleiben. Es ist mir aufgefallen daß Sie mir nichts v Kants eigenen Gesinnungen melden, nichts v seinem näheren Urtheil über mein Spinoza Büchlein, da Sie doch in der Absicht etwas Näheres darüber zu vernehmen zu ihm gegangen waren. Auch v Hippel melden Sie mir nichts. – Was die Berliner angeht, so bin ich sehr zufrieden, wenn sie in meinem Büchl. den Kopf des Spinoza, Herders Torso, u Göthens Zehen finden, gesetzt auch daß sie mit den Zehen Klauen oder Krallen meinten. Es ließe sich zum größten Lobspruch deuten, denn was könnte man für einen Schriftsteller wohl schmeichelhafteres sagen, als er denke mit einem Kopfe wie der v Spinoza, athme wie aus Herders Brust, u bewege sich, wie mit Göthes Füßen. Die nähere Bestimmung wird auch mir wohl mit der Zeit bekannt werden; unterdeßen wird das Ding sich v selbst schon rühren, wenn es nicht in der That blos
    zusammen geflickt
ist; ich werde um seine einfache Substanz u seine Unsterblichkeit darzuthun keinen Phädon schreiben. Mich wundert daß
    Sie
nicht auch in Mendelssohns Briefe vorkommen. – Auf meine Verschwiegenheit können Sie sicher zählen. Ihnen gebe ich einen ein für allemahl die Erlaubniß, von dem was ich Ihnen schreibe oder mittheile, nach dem Rath Ihres Genius Gebrauch zu machen, sintemahl er bey mir in einem ungleich größeren Ansehn als mein eigener steht. Der ganzen Menschheit in einem Menschen kann ich alles, der Weisheit, Tugend u.s.w. aber, die nur
    in
ihm ist, Bluts wenig zutrauen. Sagen Sie mir doch, Lieber, ob Sie es begreiffen, daß es dem Verfaßer der Critik der reinen Vernunft, eben so wie Mendelssohn ergeht, u er meine Auslegung sich eben so wenig als den Text des Spinoza sich selbst verständlich machen kann. Ich habe die Critik der reinen Vernunft von neuem vorgenommen, u kann nicht anders denken, als daß dieser Aussage eine Sophisterey unter liegen muß. Daß CKant sich zu einem Gang mit Mendelssohn entschloßen, war mir eine sehr angenehme Nachricht. – Hier der original Brief v Hemsterhuis, aus dem Sie, Leider, wenig Trost schöpfen werden. – Die Methaphysik kommt mir je mehr u mehr, nach allen Prädicamenten u Prädicabilien der Vergleichung – wie der Turm zu Babel vor. Aus Furcht am Ende mit der Zeit zu kurz zu kommen, will ich vor der Hand Ihre Fragen das Museum betreffend abthun. Die Gedanken Verschiedener sind von Mendelssohn u Dohm, aber auf meine eigene Veranlaßung zum Druck befördert durch Dohm. Der französische Brief ist nicht v der Prinzeßinn, sondern v dem HE v Fürstenberg. Die Buchstaben B et H… bedeuten Bokum u Ham. Pour le votum de bedeuten die Punkte,
    München
. W-r. Woldemar. – In meiner Antwort: ch E‥‥: chere Excellence. – Die Prinzeßinn hat den Nahmen Amalia; vielleicht aber heißt sie auch Adelaide. Ich meine auch daß ich sie so habe in Briefen genannt gefunden. – Meine Vergleichung zwischen Protestanten u Katholicken steht in meinen vermischten Schriften S 128; u im Museum 1779. May. S 420. Die kleinen Bchz. sind von unserm Alcibiades, u er ist es auch v dem in dem Auszuge aus einem Schreiben aus Rom die Rede ist. – Das Fragment über Recht u Gewalt habe ich weder aus Animosität gegen den Merkur, noch in irgend sonst einer persönlichen Rücksicht geschrieben. Wielands Aufsatz hatte mich dergestalt revoltiert, daß ich ihm gleich bey der Erscheinung schrieb, um ihm die Freundschaft aufzukündigen. Ich hatte unzählige Unarten, die nur meine Person angiengen, von ihm ertragen, weil ich ihn akkurat wie ein Kind von Seite des Charakters betrachtete. Durch diesen Aufsatz wurde er mir eckelhaft u abscheulich. Wegen dieses Eckels u dieses Abscheues, hat es mich keine geringe Ueberwindung gekostet die Widerlegung dieses Aufsatzes zu unternehmen, u wenn ich es mit Geld hätte abkaufen können, ich hätte es gethan. Aber es war etwas in mir, das mir keinen Frieden ließ bis ich mich entschloß. Die Fortsetzung blieb aus, weil eine Unpäßlichkeit, eine Reise, u andere Hinderniße dazwischenkamen. Hernach schien es mir auch beßer, es dabey zu laßen. Die üble Launen gegen das Museum, auf die ich mich nur dunkel besinne, hat nichts dazu gethan. Der Mann, den ich neulich mein fac totum nannte, der mein eigentlicher Vertrauter u mein Busenfreund im engsten Verstande ist, heißt Heinrich Schenk, u ist nicht mit der Prinzeßinn zu Weimar gewesen. Vielleicht hat man dort den Rath Sprickmann für den Sekretär angesehen. Der Sekretär der Prinzeßinn, der zugleich die Aufsicht über ihre Kinder hat, heißt Hase, u ist ein guter aber sehr bornirter Mensch. Aus einem Briefe der Prinzeßinn an meine Schwester, der heute angekommen ist, weiß ich Buchholtzens glückliche Ankunft in Münster, mehr aber nicht. Ich werde alle Augenblicke im Schreiben unterbrochen, u mein übles Befinden läßt mich in den Zwischen Räumen nicht fort kommen. – Herzlichen Dank, liebster Hamann, für die Auskunft über das Schreiben des Ungenannten welches ich Ihnen neulich mittheilte. Fürchten Sie v meiner Seite keinen Mißbrauch. – Daß Hippel als Verfaßer der Lebensläufe in Meusels gelehrtem Deutschlande steht, werden Sie wißen. Wenn ich v den Berlinern zu einer Verantwortung genöthigt werde, so nehme ich den Eingang aus Leßings letztem Briefe an mich, in dem er mir aufs einer gewißen Veranlaßung schrieb: „Ich wüßte nicht, was ich nicht lieber v Ihnen lesen möchte, als eine Rechtfertigung Ihrer selbst. Der Mann, wie Sie, hat bey mir niemals unrecht, wenn er es auch gegen eine ganze Welt haben könnte.“ – Es wird beynah zu jedem Uebergange paßen. Die Recension des Scheblimini habe ich schon vor 3 Wochen gelesen, u sie höchst elend, seicht u abgeschmackt gefunden, so daß sich nichts darüber sagen läßt. Es läßt sich nichts daraus nehmen, u nichts damit anfangen. Ich kann nicht länger schreiben, u doch muß ich Ihnen noch sagen, daß ich Gott wie ein Kind um Gesundheit für Sie bitte, um Heiterkeit u Gnade, daß Ihnen Ihr versuch bald gelingen möge. – Ich habe am Sonnabend wieder ihre Apologie des Buchstaben H gelesen, u mich bis ins innerste Mark daran erbaut. Den Sonntag las ich auch die Denkwürdigkeiten noch einmahl – lieber, lieber Hamann! Grüßen Sie Ihre Kinder von mir, u die Mutter Ihrer Kinder – Von ganzem Herzen u v ganzer Seele – Ihr F. Jacobi Mein Kopf ist so trübe, daß ich glaubte in meinem vorigen Briefe Ihnen schon geschrieben zu haben, daß Reichard mit seinem lieben Weibe hiedurch gekommen ist, u sich einen Tag bey mir zu Pempelfort aufgehalten hat. Es war am 26.ten Oct. Der Mann hat mir sehr gefallen, wußte mir aber von Ihnen nicht so viel zu erzählen als ich gern gehört hätte: Il m’a l’air d’un homme un peu trop repandu. Wenn Sie mir einiges Licht darüber geben könnten, wie man Göthes Zehen in meinem Sp. Büchl. findet, geschahe mir ein Gefallen. – Der Prometheus ist v ihm, das erräth man vermuthlich, aber daraus versteh ich nicht genug. Bey der neuen verbeßerten Ausgabe v Herders Theol Briefen ist eine närrische etourderie begangen worden. Man hat die Vorrede zum 2.ten Bande v neuem wörtlich abgedruckt, u NB, die dort angezeigten Druckfehler von neuem treulich wiederhohlt. – Haben Sie die Rezension des 1sten Theils der Ideen im 61 Bande der Allg. gelesen? Die Abschriften brauchen Sie nicht zurück zu schicken.
Kgsb den 18 Nov. 85. Geliebtester Freund, HE M. Pleßing hat mir diese Woche aus Wernigeroda geschrieben. Er hat sich seit seines Aufenthalts bey seinen Eltern gantz auf die griechische Sprache gelegt und ein großes Werk in 2 Bänden, das in klein Octav beynahe 80 Bogen betragen möchte, zu Papier gebracht unter dem Titel:
    Die schon im frühen Alterthum erkannte höchste Gottheit, oder historisch- philosophische Untersuchungen über die Denkart, Theologie u Philosophie der ältesten Völker, vorzüglich der Aegypter und Griechen bis auf Aristoteles Zeiten
. Er beklagt sich mit diesem Mst schon von 2 Buchführern gelitten zu haben – und erinnert sich Ihrer, weil es nur für Gelehrte geschrieben, also kein eigentl. Meßarticul ist, daher einen großen Buchhändler nöthig hat. Ich bediene mich seiner eigenen Worte. Da sein äußeres Glück von der baldigen Herausgabe abhängt: so ist sein gröster Wunsch es auf der Ostermeße erscheinen zu sehen und zwar beide Bände zugl. Was das Honorar betrifft, das er auch zwar bedarf und worauf er bey seiner Lage allerdings Rechnung macht, so will er sich bey einem Mann wie Sie, gantz Ihrer Discretion und Generosité überlaßen, auch z.E. Kants Schriften u Kleukers Zendavesta nehmen Göthe hat einen ähnl. Auftrag mit mir erhalten. Der Mann hat wirklich einen stupenden Fleiß. Ob eine so kurze Zeit hinlänglich ist zu einer gründl. Erkenntnis der gr. Sprache, kann ich nicht beurtheilen. An Kopf fehlt es ihm auch nicht und an einer gewißen philosophischen Anlage. Seine Feder ist sehr ergiebig und fruchtbar, wie Ihnen bereits schon bekannt ist. Das Thema ist auch nach der neuesten Mode, durch Mendelssohns Vorlesungen und wenn sich Kant gegen ihn einlaßen sollte – wird es noch mehr aufs Tapet kommen. Ich erwarte
    also Ihre Erklärung
nach
    gemachtem Ueberschlage
, zu meiner Antwort. Unsere liebe Me Courtan soll diese Woche allso Riga verlaßen haben. Gott begleite Sie mit Seinen guten Engeln bey so mißlicher Gesundheit, Witterung und abscheulichem Wege. Unser ganzes Haus hat an Sie gedacht, weil Ihre kleine Pathin Marianne Sophie ihr erstes Stuffenjahr beschloßen, und ins achte Jahr eingetreten. Ebenso neugierig als ungedultig erwarte mit der ersten Post den neuesten Theil der A. D. Bibl. u die
    ausführl
. Recension meines Golgatha mit Galgen u Rad drauf – Kant hat von D. Hufeland seinen Versuch über das Grundgesetz des Naturrechts erhalten, in dem der Schiblemini mit desto mehr Glimpf unter die Sterne dieser Wißenschaft versetzt seyn soll. Von der vorjährigen Remise sind uns an statt 86 rth nur 41 u einige gl. zu Theil geworden. Gott hat aber alles reichlich ersetzt, durch Kr Hippel meinem Hans ein neues Kleid u durch seinen jungen Freund Nicolovius, mit dem er sich im Engl. u Griechischen ein wenig übt, einen Plinium ex edit. Harduini in fol. 741 gantz unerwartet beschärt. Meine Lisette Reinette hat sich statt der ihr zugedachten 40 rth mit 20 behelfen müßen zu einem Ehrenkleide, deßen sie bey ihrer Einsegnung entbehren müßen. Zu
    Benzlers Poetian Library
habe hier einige Subscribenten aufgetrieben u bitte ein gl. für diesen unglückl. Mann zu thun. Er suchte vor einigen Jahren hier unterzukommen, soll beynahe blind seyn u viel Familie haben, übrigens ein geschickter u ehrl. Mann. Erfreuen Sie mich bald mit Antwort und guter Nachricht von Ihrer Gesundheit u Familie die Gott in Seinen Schutz nehmen wolle gegen die fürchterl. u traurige Aspecten und Einflüße der gegenwärtigen bösen Zeit. Ich umarme Sie und empfehle mich samt den Meinigen Ihrem guten Andenken als Ihr alter treuer Johann Georg H. u Sohn. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Düßeldorf d 22ten Nov. 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 3. geantw. eod 4. Xbr. Geantw. und den 14 über meinem Zufall. No 18. lieber Herzensfreund Ich habe Ihnen am Freytag geschrieben, u bey’m Zusiegeln vergeßen, den Brief der Elise beyzulegen. Es fiel mir erst spät am Abend ein, daß ich ihn vielleicht vergeßen hätte, sah nach, u fand ihn. Mein Kopf hat heute angefangen sich etwas zu beßern, u ich hoffe es wird nun wieder eine Zeit lang gut bleiben. Heute erhielt ich mit der Hamburger Post ein Brieflein vomn unserem Claudius, worin er mir meldet daß seine Frau zu früh in Wochen gekommen ist, mit einem Sohne, zu dem ich im Früjahr hatte Gevatter stehen sollen. Gott erhalte doch dem Manne seine gute Rebecka. Mich überläuft ein Schauder so oft ich daran denke daß er sie verlieren könnte. Wenn es Ihnen erlaubt ist, so eröffnen Sie mir doch den eigentlichen Sinn in welchem Mendelssohn sagt daß sich in meinem Büchlein des Spinoza Kopf, der Torso v Herder, u die Zehen v Göthe befänden. Ich habe mir den Kopf so viel darüber zerbrochen, um das wahrscheinlichste v allem Argen welches darin liegen möchte heraus zu finden, daß ich nun gar nicht mehr weiß was ich davon denken soll. Ich habe am Sonnabend Ihr Scheblimini wieder gelesen, u noch keinmahl mit so viel Gewinn. – Wie will ich mich freuen wenn Sie mir einmahl schreiben, daß Sie mit Ihren Biljets doux würklich im Gange sind. Drängen werde ich Sie nicht, u auch mein Verlangen so viel ich kann in Ruhe halten. Ich habe noch über Kant u sonst verschiedenes schreiben wollen, aber es will nicht in den Fluß kommen. Ich breche also ab, u sage: Guten Abend, lieber Hamann – FJacobi Kgsbrg den 28 Nov. 85. Sie sind mein lieber treuer Jonathan, und nehmen mit ein paar Zeilen fürlieb. Heute vor 8 Tagen ist Scheller, der Lehrmeister meines Joh. Michaels in mein Haus und das dunkle Schlafkammerchen neben meiner Wohn-Visiten- Schlaf-Bücher- und Studierstube eingekehrt, wird morgen examinirt und auf den Freytag ordinirt. Ohngeachtet er nichts als Bett, Caffe u ein Pfeifchen zum Frühstück, abermal ein Pfeifchen nebst einer Bouteille Bier zum Abendseegen bekommt, bin ich doch nicht gantz mein eigener Herr. Gestern erhielt zum ersten Advent die Berl. Bibl. und die ganze ausführl. Recension ist nichts als ein ridiculus mus – da ich mich auf gantz andere Dinge gefreut, und fast Schlößer darauf gebaut. Hätten Sie mich namentlich aufgeführt und gewiße Stellen mir vorgerückt: so wär der Henker los gewesen und meine Dido hätte Himmel und Erde aufgeboten. Ich hätte reinen Wein eingeschenkt, aber auch zugl. reinen Tisch gemacht und was wäre das Ende vom Liede gewesen? DI bene fecere. Auf Nichts läßt sich nichts antworten. Wenn Sie das Ding lesen werden; so bitte mir auch Ihre Meinung drüber zu sagen. Mir kommt es so lau vor, daß ich nichts damit anfangen konnte – wenigstens keine Luftmaschine zu meiner Reise. Ist aus unsers lieben L. Reise nichts geworden? Er hat seinen Sohn nach Göttingen bringen u seine Freunde in
    Bremen
besuchen wollen? Es ist ein wahres Unglück zu
    viele
    Freunde
zu haben. Armuth und Reichthum gieb mir nicht – und die
    Armen
sind in jedem Fall seeliger. Des Hofraths Antwort ist in meinen Augen ohne
    Tadel
. Kennen Sie etwa den Mann? aber unsers Freundes heilige Einfalt beynahe anbetungswürdig. Die Engel des Lichts in B: die
    inhumansten Barbaren
. Ich bin ihnen so gram, wie Sirach dem tollen Pöbel zu Sichem. Wer hat ihnen denn Erlaubnis gegeben diesen vertraul. Briefwechsel auszuposaunen? und gemein zu machen?
Kant hat seinen Vorsatz geändert, und denkt jetzt mit einer bloßen Recension der Morgenstunden abzukommen. Meine Gevatterin und Freundin Courtan ist vorgestern glücklich und gesund angekommen. Ich habe sie gestern auf eine Viertelstunde gesehen, und mit ihr Abrede genommen sie nicht eher als mit dem Ende der Woche zu besuchen. In ihrem letzten Briefe nahm sie schon Abschied von mir – ich bin schon dergl. οξυμωρα von ihr gewohnt. Sie wird jetzt erst die Vortheile ihrer Reise erndten – und ich stell mir ein ähnliches PrognosticonIhre gute Nachricht von dem guten Ansehen, mit dem mein Alcibiades zu Hause gekommen, hat mir recht wohl gethan. L. schreibt mir, daß seine Lebensart tödlich peinlich ist p. Doch Sie haben, liebster J. sein offenes Briefchen lesen können. Ich habe mir die Freyheit genommen dem jungen Paar Luft und Waßer zu empfehlen. Einen wohlfeileren guten Rath giebt es nicht; dem ohngeachtet wär er nicht zu verachten. Ich habe Mühe gehabt heute mit einer elenden Antwort auf den langen Brief fertig zu werden, und will diese Zeilen auch noch heute selbst bey dem C.R.Fischer abgeben. Wegen des Porto sind Sie bereits unter einander einig. Diese ganze Woche werde ich feyern und schmausen müßen – also zufällig auf die glückl. Heimkunft meiner Freunde vergnügt seyn, so viel mir mögl. im finstern Thal. Daß unser Reichardt den 5 d. zu Berl. angekommen, habe ich meines Wißens Ihnen schon gemeldt. Bis zum Geburtstage des Königs ist er mit Geschäften überhaupt. Dies macht mich besorgt, eher an ihn zu schreiben und ihn zu Rath zu ziehen. Niemand will hier noch etwas von seinem Daseyn in Berlin wißen; aber sein Schwager hat es mir gesagt. Eben diese Besorgnis, und die Unmöglichkeit mich in fremde Launen versetzen zu können und die meinige zu sehr blos zu geben, macht mich stumm. Daher ich auch weder L. noch meinen nächsten Freunden antworten kann. Vorige Woche muste, und noch dazu in mehr als einer verdrüßl. Angelegenheit an meinen alten Freund Häfeli und nunmehrigen Nachbar in Wörlitz schreiben. Er hatte meinem Hill einen kleinen herzl. Laufzedel mitgegeben, der morgen zu Ihrem Namensvetter als Hofmeister zieht. Scheffner hat mir nebst seinem Dank umständlicher sein Urtheil über Ihr Büchlein beygefügt, das ich künftig Ihnen ausziehen werde in der Voraussetzung, daß Sie über alle diese Dinge so gleichgültig wie ich denken, und so viel brauchen als sich brauchen läßt zu Ihrem eignen Frommen. Unter dieser Bedingung hab ich Ihnen auch das Mendelssohnsche mitgetheilt. Nun ist hohe Zeit. Ich umarme Sie und seegne Sie und alle Ihre Lieben, denen sich auch Johann Michael empfiehlt. Mein kahler grauer Kopf kann weder denken, noch arbeiten sondern ist stätig – und ich selbst krank vor Furcht und Ungedult des
    Kommenden
– – – und Zaudernden
. Leben Sie wohl u denken Sie meiner im besten. Habe dies ½ Blatt aus Versehen gekommen und in der Eil. Vale et faue! Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 28.ten Nov. 1785 / J. G. Hamann / empf den 8.ten Dec. / beantw den 16.ten
Königsb. den 30 Nov. 85. Haben Sie schon mein HerzensJonathan! des Herrn
    von Göz Lenardo und Bellina
mit den 160 Zeichnungen gesehen? – Ueber dies prächtige Werk fand mich diesen Morgen Ihr angenehmes Schreiben vom 17.18.d. in dem ich so viel neue Beweise Ihrer Zuneigung und Freundschaft finde – aber auch einige Symptomen von Hypochondrie, welche die Krankheiten der jetzigen Jahreszeit beschwerlicher und empfindlicher machent. Werden Sie auch durch meine Schmieralien angesteckt? Vor meinen Briefen graut mir selbst – und ich würde mich ihrer schämen – mache mir auch bisweilen eine Gewißenssache daraus,
    mich selbst
und andere damit zu qvälen, was ehmals eine meiner besten Erholungen war Mit Pr. Kraus habe gestern beynahe halbe Abrede genommen, daß er, wenn es zum Reisen kommt, Vater und Sohn als
    Vormund
begleiten wird. Er hat eine Ausflucht höchst nöthig, und eine gantz platonische Liebe für einen ehrlichen Schwaben in Eßlingen,
    Steudel
, den Sie vielleicht auch kennen, und auch besonders B. Sie können sich kaum vorstellen, wie dieser Einfall auf mich wirkt. Es wird ihm leicht werden einen Urlaub vom Minister von Zedlitz zu erhalten; nur Wege zu meinem eigenen kann noch nicht absehen – und ich tummer Geck glaubte, daß die allgemeine Berl. Bibliothek mir ein Loch machen würde, durchzubrechen. Die Berl. Recension scheint mir wirklich von einer Seite alle die Beywörter zu verdienen, welche Sie gegen dieselbe ausstoßen; von der andern ist sie eben so politisch, giftig und fein, daß mir dadurch die Hände gebunden sind, mir selbst Gnugthuung zu verschaffen. So weit geht mein Vortheil, daß ich vollkommener Herr bin zu reden und zu schweigen; aber eben diese freye Wahl auf dem Scheidewege macht mich bedenklich, ob ich ihre
    Politick
nicht eben dadurch vereitele, daß ich die Gelegenheit vom Zaune breche. Wo nehm ich aber Kopf und Laune her zu einem solchen
    muthwilligen
Versuche? Ich mag so mistrauisch seyn als ich will gegen meine Einbildungskraft, die mir tägl. Streiche spielt und daß ich gegen meine Sinnen und Gefühle mistrauisch bin: so bin ich doch gar zu sehr überzeugt, daß man in B. empfindlich dadurch beleidigt worden M. zum
    Atheisten
gemacht zu haben. Ohne die geringste Abrede zwischen uns beyden muste es Ihnen liebster J. eben so einfallen Leßing zum
    Spinozisten
zu machen. Vielleicht bin ich der erste gewesen, der den Rabbi Moses auf die Sprünge gebracht mit seinen Vorlesungen auszurücken. Dadurch wurde die
    Beschuldigung
ipso facto widerlegt, und ihm zugl. die Arbeit erleichtert den todten Freund vom Verdacht des Spinozismi zu reinigen; und so hält er seinen Einzug mit doppelten Palmen in sein berlinsches Jerusalem und frohlockt über uns beyde. Wir können also unserm beyderseitigen Erbfeinde gar nicht einräumen, ihm seine ganze Lection zu Ende lesen zu laßen sondern müßen über seine Vorlesungen die Epistel lesenhalten, und den Metten eine etwas starke Vesperlection entgegen setzen. Dazu sehe ich kein beßer Mittel als einen Hirtenbrief an den Prediger in der Wüsten zu entwerfen und ihm alles das in die Nase zu reiben, was der
    allgemeine Bibliothekar
gern gethan hätte, wenn er es nur gedurft – und durch diesen Umweg könnte ich den stummen tückischen Hunden auf das Fell kommen. Eine solche Diversion würde eine sehr heilsame Wirkung thun. Sie würden mir die Erlaubnis geben mit
    Ihnen
und meinem alles
    zermalmenden Landsmann
auf gleichen Fuß herumzuspringen.
den 3 Xbr. Meine Absicht war, durchaus mit der vorigen Post zu schreiben; es gieng aber nicht an. Ich habe Wort gehalten und die gantze Woche geschmaust. Dienstag hatte mich Kraus gebeten bey einem hiesigen Kaufmann Müller, wo er fast tägl. u exclusive verkehrt und gleichsam ein Kind im Hause ist zu speisen – ich aber Jahre lang allen Umgang aufgehoben. Ich sollte einen Kaufmann aus Bern kennen lernen, der in Lißabon und Setuval etablirt ist, sich hier einige Wochen aufgehalten u den Tag drauf nach Petersb. u Moskau abgegangen um über Finnland u Schweden zurückzugehen nach Sp. u Portugall. Mr. Durig, associé de Stuhr, Baurmann Posch et Comp. war ein sehr liebenswürdiger, bewanderter Gesellschafter, aber kein Herr mehr für mich. Ich hatte den Morgen, Kraus zu gefallen die Probepredigten von 4 Candidaten gehört, worunter mein Gast Scheller der erste war, kam also hungrig zu Mittag und bat mir so viel G Schüßeln aus als wir Predigten gehört hatten. Als ein conviva satur besuchte meinen Beichtvater den Altstädtschen Archidiaconum Matthes, und fand zu Hause auf meinem Tisch das liebe Bilderbuch und den noch
    herrlichern Text
des von Göz, den ich noch denselben Abend beynahe durchlas, und die Kupfer dazu erst den morgen drauf bey und mit meinem
    ältesten
Freunde Kriegsrath Hennings durchblätterte. Von da schleppte ich meinen Raritäten Kasten zu Ihrem Namensvetter, der muste mittler weile zu Fischer schicken, weil er in der Nachbarschaft wohnt, und so erhielt ich Ihren vorigen Brief. Von Jacobi ging ich mit meinem Convolut unterm Arm bey einer Mlle Podbielski, die ein sehr liebenswürdiges, aber eben nicht schönes Mädchen ist, eine vorzügl. Malerin und Virtuosin, wo ich bey Gelegenheit mein Connterfait und der Baroneße Bondeli ihres sehe. Ich hatte vermuthet bey unserm Oberbürgermeister samt meinem Gast Scheller eingeladen worden zu seyn, und freute mich also desto mehr auf meine eigene Hand mit Ihren Briefen schmausen zu können. Fieng an, war schon eine halbe Seite weit gekommen – da kam Kraus, fand keine Spur der vortägigen Indigestion und noch mehr junge Leute, die mein Sohn auf die Kupfer eingeladen hatte. Es wurde gelacht, gezankt, von unserm Reiseplan geschwatzt. Mein angefangenes Blatt cassirt. Den Donnerstag eilte ich zum Kayserl. Hause mit dem Göz um meinen Unterthänigsten herzlichsten Dank abzustatten, stammelte dem Grafen etwas vor, der mich an die Gräfin wies, mit der ich es noch ärger machte, und sprach zugl. reinlicher und lebhafter mit einem Danziger Grafen und Neveu, der da logirt und durch den ich das schöne Buch eigentl. besorgt hatte. Ich war des Morgens bey Hippel gebeten u auch zur Tafel gewinkt, sagte einige Impertinentien auf Rechnung der
    Elise
, die alle Tage im Kayserlingschen Hause erwartet wird, und eilte zu Ihrem Namensvetter, der mich zum Introductionsschmauß seines neuen Hofmeisters auf einen Sauerbraten bestellt hatte, den ich allen sterblichen Gerichten vorziehe, und war herzlich vergnügt. Eine Bouteille oder Kolbe Florentiner Wein wurde angebrochen und ich nahm den Rest sdes Gefäßes wegen unter meinem pallio philosophico zu Hause, wo ich noch 3 Gläser denselben Abend austrunk. Meinen Leuten war er zu brusque. Freytags als gestern wurde Scheller ordinirt – er mit Vater und Sohn wurden zu Hippel gebeten. Wir beyde musten absagen, weil Lehne Käthe ihren Geburtstag feyern sollte mit meinem ganzen Hause bey Hills Oncle, dem Reg. Feldsch. Miltz, der mit seinem einzigen Kinde Louischen an demselben Tage (aber nicht in demselben Jahre) zur Welt gekommen. Es fiel mir ex abrupto ein der Ordination in der Schloß Kirche beyzuwohnen. Vor Kälte konnte nicht das Ende abwarten, sondern gieng nach mitgehörten Einsetzungsworten (weil die Communion immer den Candidaten ertheilt wird) mit dem Anfange des Verses: Jesu! wahres Brodt des Lebens zu Hause. Den ganzen Weg durch murmelte ich immer mit einem unwiderstehlichen Geschmack die letzten Worte unterm Bart Daß ich mög, wie jetzt, auf Erden Dort ein Gast im Himmel werden. Meine Diät im Eßen ist ungefehr wie ich mir meines lieben Alcibiades seine im Trinken vorstelle wiewohl auch letzters in gehörigem Verhältnis geschieht. Suppe, ein herrliches Gericht Butterfische, ein gantz delicates Stück Hamb. Rauchfleisch nebst einer Schüßel braunen Kohl, worauf ein abermaliger saurer aber Schweinsbraten folgte, und zuletzt ein Kuchen mit 12 kleinen Wachslichtern nach Zahl der Jahre welche die Tochter hat, nebst recht schönem Obst, von dem ich wider meine Sitte auch naschte. Eine große Schaale mit Bischoff muste nachgefüllt werden. Kurz ich hatte den Scherz so weit getrieben, daß ich mich des Schlafes nicht erwehren konnte, und da ich sonst immer liegend und ausgekleidet diese mir zwar oft, aber nicht täglich einwandelnde Bedürfnis abwarten muß: so ließ mich mein guter Wirth der in holländischen Diensten und auf der Goldküste sein Glück gemacht ruhig auf dem Stuhl hin und her schweben, in dem ich alle Augenblick mit Schauder erwachte, um nicht mit der Nase auf der Diele zu schlagen – Unterdeßen kam der Caffé, mein Sohn der Gottlob! keine warme Getränke liebt, war zu Hause gegangen und die Zeit wurde mir lang ihm nachzufolgen. Ueber diesen unbehaglichen Wankelmuth zu gehen und nicht zu gehen, komt meine Magd gelaufen mit der Bothschaft, daß ein
    Officier aus Münster
auf mich wartete. Da gieng es in meiner Seele und mit meinem Gesicht wie den X Jungfrauen beym mitternächtl. Geschrey:
    Siehe der Bräutigam kommt
!
Es war aber keine militairische Execution von irgend einem martialischen Bischofe – sondern ein sehr liebenswürdiger Paßagier, desr mein liebenswürdiges junges Paar in Paris in Lyon und unsern Meister der Liebe in Zürich gesehen hatte. Die Zeit wurd uns nicht lang und wir hatten die ganze Nacht Materie zu vertraul. Gewäsche gehabt. Er wollte mir seine Herberge nicht sagen, und versprach, mich noch solang er hier bliebe, öfterer zu besuchen. Der Pfarrherr Scheller hat heute zum 3ten mal nach einander bey Hippel gespeist und glaubte heute gewiß in meiner, Kants und mehrerer Bekannten von mir zu speisen. Den Nachmittag hatte mich bey meiner Courtan selbst eingeladen. Weil ich aber den mir lieben Major erwarten muste, gieng ich selbst zu Hippel um theils das Logis deßelben bey ihm als Policey-Director zu erfahren, und im Fall seiner Einladung mein Ja! oder Nein! einzurichten. Der Rapportzedel von gestern war den Viertelscommissaires gegeben und ich verschont. Weil ich auf die gantze Woche Urlaub genommen; so lief vom Bureau zur Me Courtan um sie zu sehen und mein Ausbleiben zu entschuldigen. Ich kam aber ans Waßer und das Fährboot war jenseits – Ungeachtet meines kurzen Gesichts fiel mir der Ueberbringer Ihrer Briefe in die Augen; ich konnte nicht abwarten, bis er ans Land kam, sondern rief ihm entgegen: ob er was an mich hätte. Ueber sein Ja! reckte ich schon die Hand aus um das Boot zu ziehen. Mit Ihrem Briefe in der Tasche setzte ich über, umarmte meine Freundin, der ich einen außerordentl. Gefallen that ihren Caffé austrinken zu helfen. Nachdem ich alles abgemacht, eilte ich nach dem Packhofe u von ihm zu Hause – und in meinen neuen Schlafpeltz von Genithkatzenfell, der mir 1000 Spaß gemacht, den ich ins kurze ziehen will, weil ich vor Ungedult schreibe, daß mein Rußischer Major nicht kommt, auf den ich den ganzen Tag wie die Juden auf den Meßias gelauert und noch laure, so spät und finster es auch wird. Alte Kleider sind mir sehr beqvem und werden mir immer lieber, daß ich mich ungern von ihnen scheide. Eine zweite Schwachheit ist meine Furcht und Einfalt im Handel und Wandel, daß ich kaum etwas zuselbst zu kaufen das Herz habe. Mein alter Schlafpeltz war irreparable und hatte von hinten eine höchst scandaleuse Öffnung. Vorige Woche besuchten mich ein paar junge Studenten, davon der eine aus Leipzig kam, nach Liefl. zurückgieng und mir sein Stammbuch überreichte. Ich bin immer Verlegen mich auf dergl. Dinge die ich aus dem Stegreif thun soll, zu besinnen, laufe in der Angst nach Tinte und Feder, in mein Gynecaeum, laße die Thür offen und meine Weibsleute bemerken also, wie sich die Burschen über meine Gestalt von hinten kaum des Lachens enthalten können. Heute vor 8 Tagen muste sich die Hausmutter entschließen einen neuen Peltz zu kaufen; ich wünschte einen schwarzen, wegen des leidigen Schnupftobacks und wegenum mehr Wärme zu gewinnen. Sie bringt mir einen, der weiß und schwarz zugleich war – und in deßen lächerliche Gestalt wegen eines lustigen mir von Jugend auf geläufigen Refrains: bunt wie die Alastern, ich mich gleich verliebte. Er kostete 9 rth, also etwas mehr als ich bisher bezahlt. Den Namen des Unterfutters hatte die Einkäuferinn vergeßen, der Kaufmann sich erboten ihn wider anzunehmen – Ich zieh ihn voller Freude an, alles fängt mir am Leibe zu brennen u zu jucken, daß ich froh bin ihn mit meinem alten wider zu verwechseln. Ich noch denselben Abend mit dem Peltz aus dem Hause zu Ihrem Namensvetter, um den Sonntag drauf mit ihm zu Rath zu gehen. Die Klügsten sagten mir, daß Katzenfell von der Art kostbarer wäre und wünschten mir lachend Glück. Noch mehrere, besonders vom andern Geschlecht hatten auch dergl. gehabt, die nicht warm gewesen und gar nicht gehalten hätten, meine Hausmutter welche ihn selbst gekauft, war die hitzigste mir ihren Einkauf zu verleiden. Desto mehr hielt ich ihr die Stange und Montags frühe geh ich selbst zu dem Rauchhändler ihm meine Zweifel zu entdecken; der Peltz war aber schon Sonntags Abends in der Stille heimgeholt. Der Kaufmann machte nicht die geringste Schwierigkeit sich seiner genommenen Abrede ihn wider anzunehmen zu unterwerfen: sondern versichert aus einer außerordentl. Achtsamkeit für meine Person, die ihm bekannter wäre, als seine mir seyn könnte, mir diesen Peltz um einen Preis, für den ich nirgends so wohlfeil finden würde, zugedacht und ausdrückl. ausgesucht zu haben, um meinem Alter wohlzuthun. Einem solchen Argument konnte ich gar nicht länger widerstehn. Aber der Major kommt nicht, und ich darf heute keinen andern Gast mehr erwarten als einen jungen Pfarrer, mit deßen Adiunctur ein sehr liebenswürdiges Mädchen verknüpft, die heute vor 8 Tagen ihre Mutter verloren welcher der Senior wahrscheinlich bald nachfolgen wird. Der Mann ist also unter sehr guten Aspecten versorgt – Einfügung von Jacobi: den 30ten Nov 1785. Die traurige Nachricht von unserm Claudius u seiner lieben
    Rebecca
beunruhigt mich eben so sehr als Sie. Melden Sie ihm, daß ichs weiß, und daß ich für ihre Erhaltung beten ihm helfen werde. Erfreuen Sie mich bald mit beßeren Nachrichten u näheren Umständen dieses Unglücks – das Gott in Gnaden abwenden wolle. Ein armer Mann mit soviel Kindern! Gott wird Mitleiden mit ihm u ihnen haben. Den herzlichsten, innigsten warmsten Dank für die 3 beyliegende Urkunden, worunter die letzte u heutige für mich am wichtigsten gewesen ist. Wie Sie nagen und kauen wir an dem Einfall des Juden, deßen Vergleichung Ihrer Schrift mit dem bekannten Gesicht im Daniel II. ich nicht mit seinen Worten, sondern nach
    meiner Art
ausgedrückt; weil mir statt des Bauchs der Torso einfiel. Das Bild paßt sich noch beßer auf sein verjährtes System, das er für eine Bildsäule hält und seine eigene faule Füße nicht merkt. Ein wenig zusammengesetzt und buntfleckigscheckig ist Ihre Composition, mein lieber Jonathan wie mein Schlafpeltz. Ihre Antwort an Hemsterhuis eine Episode. Der Anfang historisch, die Mitte metaphysisch und das wenigstens poetisch und verräth Ihren Geschmack an dithyrambischen Schriftstellern. Die Materialien waren Sie so gut mir mitzutheilen. Daß und wie Sie alles zusammensetzen oder schmeltzen würden, davon wuste ich nichts – und davon ist auch nicht die Rede zwischen uns gewesen. Hierin besteht auch meines Erachtens nicht die
    Hauptsache
. Ihre Freundin die Männin hat sie selbst aufgemuntert. Die liebe gute Ilse gefällt mir mit ihrem non putaram. Herder und ich mögen ohne Verabredung im Herzen vielleicht ähnlich gedacht haben. Ihr ganzer Spinozismus kam mir wie ein Geschwür vor, durch deßen Auf- und Ausbruch ich Ihnen Erleichterung zu verschaffen hoffe. Haben Sie meinem Rath in Ausfertigung gefolgt: so folgen Sie ihn auch in Abfertigung aller Qvacksalbereyen. Sie können M. Freundschaft eben so gut wie ich entbehren. Dadurch daß man die Wahrheit sagt,
    ist
und
    wird
man keines Menschen sein Feind, und ein solcher Haß ist wohlthätig für uns selbst und andere.
Es soll Ihnen nicht gelingen mich auf meine opuscula perfligata und Praeludia meiner Autorschaft eitel zu machen. Kant war mit der Apologie des Buchstabens H. so zufrieden, daß er mir wünschte diesen Ton zum
    Muster
zu adoptiren.
Meine beyde Motto aus Mose nach M. Uebersetzung und aus dem Jer. nach der Lutherschen sind wie zwey Leuchtthürme für meine Predigt in der Wüste. Sie wird mir immer
    wichtiger
und
    angelegentlicher
durch die Berlinsche Recension – etiam ab hoste consilium, ist eine meiner alten Maximen. Ich versteh von Zeichnung, Malerey u Schauspielerkunst nicht ein lebendiges Wort; aber lesen Sie nur den Text, den erbaulichen Text des lieben
    Göz
. Lebendige Erfahrung paßt auf alle Fälle und für alle Künste. Metaphysische Beweise vom Daseyn Gottes liegen in jedem abgedroschenen Strohhalm. Ihr Dixi et liberaui animam meam – ist kaum aus der Preße gekommen und hinter den Ohren trocken geworden: so wollen Sie schon alle Antworten anticipiren durch Widerlegungen. Hab ich Ihnen mein lächerliches Mährchen umsonst erzählt – wie verkehrt ich mir den Berlinschen Wind aus Norden vorstellte, da er aus Süden undoder dem wäßrigen Westen herkam. Die liebe Else ist keine Hexe zu Kadmonbor, und Sie dürfen sich vor dem Schatten des Leßings nicht fürchten. Er liege in Abrahams Schooß oder schmause an Plutons Tafel: so sind Sie jetzt sicherer als bey seinem Leben, daß er keine Sottise von Ihnen denken wird. Bey meiner Lage hatte ich eher Ursache und mehr Fug die Männer zu Babel, die rothe und welsche, glatte und bärtige Juden zu fürchten. Haben Sie lieber Jonathan! Unrecht, so laßen Sie sich von Kindern und Narren belehren. Haben Sie Recht: so wird Ihnen weder Diabolus noch sein Advocatus um Ihre Autorkrone bringen. Es geht Ihnen auch wie mir: Beym Aufräumen, Einpacken, Umziehen, Suchen und in Ordnung bringen, werd ich immer todkrank, und denke auf der Stelle zu verscheiden. Sonst weiß ich von keinem Kopfweh; aber sobald ich etwas suche, wo ich nichts hingelegt habe, will mir der Hirnschädel bersten und die Nath sich von einander trennen, daß mir um die pia und dura mater und den ganzen Vterum meines Cogito: ergo sum Angst und Bange wird. Absatzüberschrift von Jacobi eingefügt: (Biljet v Scheffner) Ehe mein Dominus Reuerendus erscheint mit den Brosamen der philosophischen Tischreden – In Ansehung der
    Körbe
habe ich mit dem Wirth diese Woche liquidirt. Mittwoch u Sonnabend Einladungen erwartet, Donnerstags und Freytags selbige ausschlagen müßen – will ich Ihnen abschreiben was mir Scheffner geschrieben. „Jacobi’s Spinozabüchlein ist ein lautredender Beweiß seiner scharfen Denkkraft, ich hab es gröstentheils zweymal gelesen, indeßen scheint ihm doch bisweilen eine gewiße Evolutionsgabe zu mangeln, die
    Engel
vorzüglich besitzt. – Wenn er aber glaubt durch seine Schrift Einen vom Spinozismus zurückzuführen, so irrt er wahrlich; seine Entwickelungen dienen dazu ihn mehr drinn zu bestärken, und es ist überhaupt schwer nicht ein Spinozist zu seyn wenn man über Gott philosophiren und nicht lieber an ihn glauben will. Ich halt es mit dem letzten, und würde mich ohne den oft sehr schlecht befinden. Der Glaube an Gott aber ist die feste unbezwingliche Burg, und wer in ihn sein Trostmagazin anlegt, dem wird es nie mangeln. Manche Stellen des Büchleins verrathen einen Mann, der es gern dahin brächte schon in dieser Welt die Kräfte der zukünftigen zu schmecken. Ob dies angehe, weiß ich nicht und Gottlob! ich besitze auch keine Neugierde nach den Mitteln dazu. Kommt Zeit, kommt Rat; ich habe mir durch mancherley Lebensvorfälle beynah ein Ergebungstemperament zugelegt und befinde mich sehr wohl dabey. Gelegentlich mein Bester, schicken Sie mir doch das Bändchen von J. Schriften, vor dem sein sehr schönes Kupfer steht. Er sieht indeßen doch viel liebreicher und sanfter und feiner aus wie er schreibt. Verzeyhen Sie mir lieber H. dies freymüthige Urtheil und berichtigen Sie es ex meliori causae cognitione – Nun da werden wir sehen schöne Spitzfindigkeiten u Subtilitäten u Künsteleyen, wenn Kant u Mendelss. ihre Stirn zusammenstellen und malen werden – sie werden beyde scharf stellen und die Ideen der Popularen Philosophie, die sie zwischen ihre Steine schütten, wird das Publicum so aus
    der
Mühle zurück erhalten, daß es nichts daraus wird backen können p
Am II. Adventssonntage. Absatzüberschrift von Jacobi eingefügt: (Hippels Charakter) Kant hat mir gestanden den Spinoza niemals recht studiert zu haben und von seinem eigenen System eingenommen hat er weder Lust noch Zeit in fremde sich einzulaßen. Mit Ihrem Vortrag war er sehr zufrieden, und diesen beneidet er auch dem Mendelssohn. Er ist ein sehr angenehmer Schwätzer in Gesellschaften, und könnte es noch unterhaltender für das Publicum seyn. Er liest alles Neue besonders im historischen u geographischen Fache und hat ein sehr glückliches Gedächtnis die schwersten Namen zu behalten. Die Gräfin K. dachte an Ihre Schrift und an die Vorlesungen von denen sie aber mehr schien eingenommen zu seyn. Die allerwenigsten sind im Stande die Frage zu übersehen und
    selbst
darinn zu urtheilen. Man wartet also natürl. auf mehr Entwickelung. Hippel lebt in der Welt und unter lauter Geschäften, kennt also die Gewalt der Vorurtheile und Leidenschaften mehr, als das Geheimnis der Wahrheit – oder vielmehr, um die
    Wahrheit geheim
zu halten, erlaubt er sich jedes Gegenmittel bey einer sehr lebhaften und fruchtbaren Einbildungskraft. Er ist zum Redner, Schauspieler und Staatsmann geboren – Jetzt ist sein ganzes Lebenssystem
    Actio
; besitzt aber eben so viel Talente zu einer speculativen Ruhe, als Geschmack an öffentlicher Würde. Auf alle diese Charactere würkt mehr oder weniger der Gesichtspunct, den Ihre
    weiblichen Kunstrichter
Ihnen so offenherzig und dringend aufgedeckt. Da ich mehr auf das Intereße Ihres Herzens und Ihrer ganzen Seele Antheil nehmen muß: so sehe ich manches in einem ganz andern Lichte und Zusammenhang an, und mache mir Grillen, die vielleicht eben so wenig Grund haben
– Weil diese Sache aber gemeinschaftlicher für uns beyde ist, als für diejenige, welche draußen sind: so theile ich Ihnen meinen eigenen
    Plan
mit. Ich bin fest entschloßen mit Gottes Hülfe die politische Recension zu vereiteln und ihr ich weiß noch selbst nicht
    was
? oder wie? oder wenn? ihr entgegen zu setzen. Mein Haß gegen die Berliner und ihre Ungerechtigkeit soll mich nicht hindern ihre Klugheit nachzuahmen, da ich mehr Ursache habe als Sie, mich vor ihnen zu fürchten. Ihr Zweykampf mit M. ist genau damit verbunden; ich werde aber kaum Lust bekommen eher seine Vorlesungen anzusehen, als bis Kant erst mit seiner Recension fertig seyn wird; denn die hat er wenigstens versprochen. Daß ich alle Recensionen Ihres Buchs erhalte, dafür will ich hier nächstens bey einer Lesegesellschaft sorgen, zu welcher Hippel auch mit gehört. Bitte mir auch hierüber Winke zu geben. Diese Recensionen müßen Sie vorher ruhig abwarten, auch selbst M.
    zweiten
Theil. Um die Ihnen vielleicht im ersten gelegten Schlingen bekümmern Sie sich nicht, bis er Gebrauch davon machen wird. Ueberlaßen Sie, liebster J. der
    Zeit
und Ihrer Tochter
    Wahrheit
den Sieg und Ausgang. Dadurch werden Sie und der
    beste
Theil des Publicums am meisten gewinnen. Zu keinen Conferenzen und Unterhandlungen will ich Sie rathen. Was M. mit dem Munde schwatzt, thun Sie lieber mit Rath und That. Irren ist menschlich – aber unsere infallible Philosophen aspiriren zu einer mehr als menschl. Autorität, und fallen dadurch in transcendentelle Unwißenheit und Thorheit, die ihre Anbeter wie des großen Lama excrementa in sich schlucken. Wenn Sie sich keines Ergebungstemperaments rühmen können: so nehmen Sie Reisen nach Münster, nach Wandsbeck zu Hülfe – arbeiten an der Fortsetzung Ihrer vermischten Schriften – und denken so wenig wie Sie können an Ihr gelegtes Straußeney und ausgestreuten Saamen, ohne sich um das nächtliche Unkraut der Feinde zu bekümmern. Laßen Sie beydes reif werden, und denn schreiten Sie zur Sichel der Kritik über sich selbst und ihre Widersacher. Mit einem bloßen Federfechten oder klugen Vergleich ist der Wahrheit nicht gedient. Gott selbst braucht den Teufel zum Siebe seines Weitzens. Kehren Sie sich an keinen Schnickschnack, noch laßen Sie sich mit
    andern
ein: sondern halten Sie sich schlechterdings an
    Mendelssohn
als
    Biographen seines und ihres seeligen Freundes
, deßen Lehrmeinungen mit keinen Rechten einer andern Welt im Zusammenhang stehen. Nehmen Sie sich Zeit Ihre eigene Schrift zu studiren, so unangenehm auch diese Curae posteriores sind. Es gehört viel Zeit und Mühe sich selbst, geschweige einen andern zu verstehen. Ich bin noch nicht so weit gekommen bey widerholten Versuchen Ihren Sinn zu fassen; und man muß
    übersehen
können, um zu urtheilen. Sp. und Hemsterhuis sind die Qvellen welche ich nöthig habe. Mit dem letztern glaub ich oder hoffe ich weiter zu kommen, als mit dem ersten. Alle diese Nebenbegriffe aus fremden Systemen und Hypothesen machen die Auflösung der Frage verwicklelter, daß man außer Stand gesetzt wird sie ins
    reine
zu bringen. Kant macht Gott zum
    Ideal
ohne zu wißen, daß seine reine Vernunft eben daßelbe ist;
und eben so muß es dem Spinoza mit dem kabbalistischen Adam und dem cartesianischen Begriff von Substantz gegangen seyn. Absatzüberschrift von Jacobi eingefügt: (Hemsth. Diotima). Wie sich die gr. δελτα in einem fr. Briefe auszeichnen! Der liebe Mann behandelt die Philosophie völlig wie ein Hofmann, der alle Musen und Gratien in seinem Sold hat, oder mit dem Golde seiner republicanischen Beredsamkeit feile Dirnen in Theaterprinceßinnen verwandeltn kann. Hat er Ihnen Abraham Johann Cuffeler Specimen Artis ratiocinandi naturalis, Hamb. 684. geschickt? auch die Nachzeichnung von Sp. Original? Weicht diese sehr ab von den gewöhnl. Kupferstichen? Des Aristée Diotime residirt also in M. Als Adelaide steht Ihr Name auf dem Denkmal zu Althoff der Vraniae Veneri ac Sapientissimo Viro geweyht. Herder hat mir ein allerliebstes Gemälde von der
    auserwählten Gesellschaft
, die er nicht wenigstens H…nicht satt genießen können – Mich würde ein Creys von solchen seltnen Menschen versteinern. Einige Beyträge im D. Museo haben mich für Brinkmann ungemein eingenommen. Steht Ihr Factotum auch in Meusel – der mir aber, wie so manches Handbuch fehlt. Mein großer Plinius ist gestern zu Hause gekommen vom Buchbinder in einem kahlen Pappbande, habe ihn aber noch nicht einmal ansehen können.
Alle 3 Urkunden habe abschriftl. Ihren Briefen angehängt, weil ich in jedem
    Waßer auf meine Mühle
gefunden habe. Meinen Reisegefährten Kraus, der ein außerordentlicher Liebhaber des griechischen Bataver ist, habe ich denseine Hand gewisesen – für jeden Misbrauch gegen irgend einen andern können Sie sicher seyn. Beyde sind bey mir vergraben. Ihrer Elise haben Sie zu ernsthaft geantwortet. Wenn Sie es mehr mit dem jüdischen Sokrates hält, und das Qu’en dira-t-on ihr mehr an Herzen liegt, und die Verstümmelung ihr lieber ist als eine neue Schöpfung des Ganzen: so geben Sie Ihr den Scheidebrief, daß sie mit guten S Gewißen zur Berl. Synagoge übergehen kann. Jede Autorschaft ist schon an sich eine
    Versuchung
– es beßer wie die ganze Welt zu machen, oder wenigstens wie sein Nächster. Laßen Sie sich die aufsteigende Hitze nicht befremden, als widerführe Ihnen etwas Seltsames. Es ist der Weg alles Fleisches, das gekreuzigt werden muß samt den Lüsten und Begierden. Verweise Sie also nochmals auf das mosaische Motto des Golgotha – Bitte aber meine Episteln nicht wie Evangelien zu lesen, sondern meinen Operationsplan Selbst zu beurtheilen, ihn in der Anwendung zu berichtigen, und mir eben so freymüthig Ihre brüderliche Erinnerungen mitzutheilen. Es gehe wie es gehe, so leb ich der guten Hofnung mit meiner wiehernden Roßinante die Cherubims- und Pegasusritter auf ihrem geflügelten Gespann ein wenig scheu und stutzig zu machen. Aber zu einem guten Dinge gehört Weile, lange und kurze. Auf den Major habe diesen ganzen Tag umsonst gewartet, und niemanden wie Hill auf eine halbe Stunde gesehen. Waren Sie nicht willens Ihren Sohn nach Göttingen zu bringen – auch Lavater seinen. Ist aus beyden nichts geworden. Ich muß nun bey meinem Abendpfeifchen den Pastor u meinen Sohn alle Augenblicke erwarten. Sie speisen zusammen bey unserm Banco- Director Ruffmann. Erst mit dem Ende dieser Woche wird Scheller abreisen. Melden Sie mir bald gute Nachrichten aus Wandsbeck – und haben Sie die Güte fortzufahren in dem was zur Geschichte unserer Autorschaft weiter vorfallen möchte. Der be- und verkleidete Prediger in der Wüste wird sich selbst entkleiden und seine Verklärung in einem armen Sünderhemde zu bewerkstelligen suchen, wie er in der Allg. Bibl. zwischen einem
    Zöllner
und
    Atheisten
geflochten liegt. Quiescat in pace! Wie gut wirds sich doch nach der Arbeit ruhn. Wie wohl wirds thun. Auch Ihnen wird Ruhe Ehre seyn. Jes. XI. 10. Misce stultitiam consiliis breuem. Ich umarme Sie. Gottes Seegen über Ihr Haus und alle die Lieben Ihrigen! Kommt der Major morgen nicht: so leg ich ein paar Zeilen nach Münster bey. Es läßt sich beßer hindenken als schreiben, und das allerbeste wäre, bald Vogelfrey erklärt zu werden, worauf ich ringe, dtichte und trachte selbst mit einem salto mortale nach meinem alten Familienmotto: Komm ich um, so komm ich um oder dem Griechischen: Periissem nisi periissem! Auf jeden Fall ersterbe Ihr   alter treuer   Johann Georg H. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 3.ten Xbr 1785 J. G. Hamann empf den 15.tenbeantw den 16ten
Kgsb. den 5 Xbr. 85. Mein auserwählter, mein gewünschter Franz, Daß ich die ganze vorige Woche die glückliche Heimkunft des lieben jungen Ehpaars in M. und meiner Gevatterin Courtan gefeyert, davon habe ich eine Bogenlange Relationem curiosam vorgestern an unsern J. geschrieben. Freytags den 2 d. wurde der Geburtstag meiner mittelsten Tochter, Lene Käthe, bey des Wanderers Hill oncle gefeyert, weil
    er
so wol als seine 12jährige Tochter Louise an einem dato zur Welt gekommen. Gegen Abend schickte Joh. Mich. unsere Dienstmagd (denn zum Glück war er zu Hause gegangen, weil er keinen Caffé trinkt) und ließ mir über Hals und Kopf sagen: daß ein
    Officier
    aus Münster
zu Hause auf mich wartete. Ich erschrack, weil ich nichts anders als militairische Execution von Ihnen vermuthen konnte. Um die Sache kurz zu machen war es HE Maior Tiemann, deßen Erzählungen von Ihnen und Ihrer Marianne und Lavater zu einem Creditiv hinlänglich waren. Ich hätte gern ein Licht mehr gehabt, weil die Hausmutter wider ihre Sitte die Kinder begleitet hatte, so war alles verschloßen, ich suchte allso meinen Michael mit seinem Freunde Raphael fortzuschicken, und wir hatten vielleicht den ganzen Abend zusammen zugebracht. Er wünschte sehr die Berlinsche Monatsschrift zu sehen, die ich gleich durch meinen Sohn besorgte und ihm zu bringen versprach. Sein Logis wollte er mir ich weis nicht warum? nicht sagen, sondern versprach, mich Sonnabends auch öfterer während seines Aufenthalts weil er seine Reisegesellschaft noch abwarten müße, zu besuchen. Ich versprach alle 3 Tage, die er noch zu bleiben willens war, zu Hause oder wenigstens zur Hand zu seyn, sagte Sonnabends vormittag den Besuch ab, den ich der Me C. schon bey meinem ersten Gruß vor 8 Tagen versprochen hatte, und habe vorgestern den ganzen Nachmittag und Sonntag aber umsonst, wie auf eine Erscheinung gewartet. Ich denke Ihnen bereits gemeldt zu haben, daß Scheller bey mir eingekehrt ist. Vorigen Dienstag hielt er seine Probepredigt und wurde examinirt; Freytags ordinirt. Wir redeten von dem überstandenen Actu; er meldete mir, daß der Hofprediger ihn ersucht heute das Montagsgebet in der Schloßkirche für ihn zu halten; ich ihm einen angenehmen Besuch von einem Landsmann aus Sachsen gehabt zu haben. Ich hatte ein gleiches dem Major gethan, dem aber sein Name völlig unbekannt war. Scheller hingegen versicherte vor einem Jahr einen Schweitzer unter diesem Namen hier im Lande gesehen zu haben. Ungeachtet das Creditiv so avthentisch war, fiel es mir ein wenig auf, daß er mir sein Qvartier verschwiegen. Ich gieng also zu Hippel als PoliceyDirector, deßen Einladung ich vorige Woche 2mal verbitten müßen und zum dritten mal denselben Mittag vermuthete. Zum Unglück hatte er den Rapportzedel der einkommenden Fremden vom 2 d. an die Commissaires de quartier abgegeben. Ich hatte den Nov. der Monatsschrift aufgesucht, und konnte mir also desto eher diesen Vorwand zu nutze machen, weil ich gern über den außerordentl. Briefwechsel, nachdem er selbigen gelesen, woran ihm viel gelegen zu seyn schien mit ihm gesprochen hätte. Hippel bat mich nicht und ich verbat seine Anerbietung nach dem Rapportzedel zu schicken, sondern ließ der Sache ihren Gang und baute auf sein Versprechen mich noch zu besuchen. Ich war die 1½ Tage unruhig, und meine Dienstmagd wurde dadurch veranlaßt den Kindern zu sagen, daß sie von dem Bedienten des fremden Herrn gehört, sie wären bey
    Schenk
eingezogen. Diesen Morgen gieng ich in die Schloßkirche, weil ich nur die Hälfte der Probepredigt gehört hatte und die Neugierde fühlte Etwas ganzes zu hören, auch den gestern versäumten Gottesdienst nachzuholen – von da sprach ich bey dem Gasthofe an, fand die Tochter des Hauses, welche mich schon kennt, gab ihr das Buch mit der Bitte es bey seiner Abreise für mich in Empfang zu nehmen, weil ich es geliehen hätte und den HE Oberstwachtmeister auch vielleicht stören möchte, da er mir seinen Aufenthalt verschwiegen hätte. Sie möchte es also als ein nicht von mir selbst überbrachtes sondern überschicktes Buch einhändigen laßen. Sie sagte mir, daß seine Gesellschaft noch nicht angekommen wäre und er noch ein paar Tage hier bleiben würde. Auf jeden Fall versprach ich wider anzusprechen. Wir wurden ungemein vertraut mit einander. Er war im stande mir manches von S. M. und einem
    Doctor Villamons
zu erzählen, wenn ich den letzten Namen recht gehört habe. Seinen eigenen war er so gütig mit eigner Hand auf ein Couvert des Jacobi aufzuschreiben. In Namen und Titel bin ich theils harthörig, theils vergeßen. Seine Hand gefiel mir, wie sein Ausdruck. Aber von seinem Gesicht und Rock hab ich keinen Eindruck gehabt, weil ich nur bey einem einzigen Licht mich mit ihm unterhalten muste. Er kennt Hartknoch, und selbst meinen Freund Arndt in Petersb. deßen Charakter er mir zu nennen wußte. Lentz war ihm auch nicht unbekannt, und der Name eines Staatschirurgus Parisisus, eines mir sehr schätzbaren Mannes, von dem mir Me Courtan versichert nach der Hand, daß er dieses Frühjahr hier durchkommen wird um ein Bad in Deutschl. zu besuchen – und den ich auch über Ihren Statum Sanitatis gern consuliren möchte. Des Lenzen Vater war ihm auch sehr bekannt, und ich habe ihn inständigst gebeten durch
    Arndt
oder
    Hartknoch
mir von seiner Lage genaue Nachricht zu ertheilen, wegen eines Auftrages, den ich schon Jahre lang gehabt den bewußten Kasten zu besorgen. Ich bat mir aus ihm einen Brief an Hartknoch deshalb mitgeben zu können, wozu er sehr bereitwillig war. Aus seinen widerholten Besuchen ist aber nichts geworden. Sonntags war er, wie er mir zuvorkam bey einem D.Gräff, Pfarrer beym Dohm, eingeladen, den er in Landsberg gekannt. Seine Frau soll eine sehr artige und muntere Sächsin sein, ich meldete, daß ihr Bruder unser Provincial Receveur wäre, ohne daß ich mich auf seinen Namen zu besinnen im stande war, der ihm aber auch unbekannt zu seyn schien. Die Witterung ist heute so feucht und kalt, der Weg so beschwerlich, daß ich keinem ehrl. Mann diese Mühe zumuthen kann. Heute ist der dritte Tag, daß ich genommener Abrede nach, zu Hause bleiben will. Morgen früh bin ich willens ihn aufzusuchen. Hätte er das Tableau naturel mit sich geführt, wie ich aus seiner Parteylichkeit für S. M. vermuthete, so wäre es mir lieb gewesen es in einigen Stunden verschlingen zu können. Ich werde aber nicht ruhen, biß ich wenigstens die Uebersetzung hier auftreibe. Ich war vor Freuden des Mittags u Abends ein wenig aufgebracht und dummdreist, daß ich leicht zu einem Misverständnis Anlaß gegeben haben kann, welches ich gern wider gut machen möchte. Entweder zu auffahrend gegen Leute die mir gefallen u denen ich mich gantz mittheilen möchte oder zu niedergeschlagen gegen solche, für die mein Blut nicht redt – am meisten bey ersten Bekanntschaften. Wie gern ich ihn sehen möchte, und wie ungern ich mich jemanden aufdringen mag! ah miser, Quanta laboras in Charybdi! Nun versteh ich leider! Seelen Franz, was L. mit Ihrer
    tödlich peinlichen Lebensart
sagen will. Ein solches Fegfeuer kann kaum ein Salamander aushalten, aber kein Menschenkind von Fleisch und Blut. Es muß Ihnen bey einer solchen Feendiät nichts als Haut und Knochen und ein homerisches Ichor, Götter- und Nervensaft übrig bleiben. Haben Sie mit sSich Selbst, mit der jungen Mutter in Hofnung, Ihrer Familie und Nachwelt Mitleiden, und entwöhnen sich von einer solchen widernatürl. und künstl. Ammenzucht. In einem solchen Treibhause und Backofen, wozu Sie Ihren Leib machen, kann kein animalisches Leben in petto, weder Franzchen noch Marianchen gesund zur Welt kommen. Sie müßen nolens volens, zum Gebrauch der
    freyen
Luft und des
    kalten
Waßers freylich Schritt vor Schritt, wider zurückkehren, um fest und warm zu werden Unser J. laborirt auch an einer verzweifelten Autranscendentellen Autorkolik. Ich habe ihm gerathen um dieser Grillen los zu werden nach Münster zu gehen. Er ist ein junger artiger Witwer, und ein Verehrer Ihrer Marianne. Ich gebe Ihnen also den Rath auf Ihrer Hut zu seyn und ein wenig eifersüchtig zu werden – – Das erste beste Blindekuhspiel einer Leidenschaft ist ein souveraines Mittel gegen alle speculation und künstliche Einbildungen. Da Sie an meiner kleinen Autorschaft Antheil nehmen: so liegt mir die berlinsche Recension des Golgotha im 1 Stück des 63 Bandes No III. S. 33–37 wie ein Stein auf oder unterm Herzen. Ich und Jacobi sind Consorten; der eine hat Mendelss. zum Atheisten, der andere den seel. Leßing zum Spinozisten erklärt. Wir müßen also als gleiche Brüder auf gleiche Berl. Kappen gefaßt machen. Dieses gemeinschaftliche Autor-intereße waltet gegenwärtig unter uns. Ich wünschte sehr zu seiner Ruhe und Ehre, daß er sich um nichts eher bekümmern und auf keine andere Antwort sinnen möchte, bis der zweite Theil der Morgenstunden herausgekommen wäre, auch sich schlechterdings an den
    Biographen
hielte, mit dem er es eigentlich aufgenommen. Unterstützen Sie diesen Rath – Ich kündige Ihnen also hiemit, mein auserwählter und gewünschter Frantz, eventuellement die Sechswochen meiner Muse an – Meine
    jüngste Schrift
ist mir sauer geworden, daß es mir mit dem Spiritu des Christentums u Lutherthums gieng ceteris paribus wie dem großen Montesquieu mit seinem Witz der Gesetze: Bis patriae cecidere manus – – Vielleicht hilft mir mein
    eigensinniger Genius
diesen Benoni in einen Benjamin zu verklären, daß ich mit einem fliegenden Briefe unter dem Arm vor Ihnen und Ihrer Marianne Antlitz erscheinen kann. Unser Leben ist ein Dampf, der eine kleine Zeit währet und verschwindet. Anstatt also zu sagen:
    Heute oder morgen wollen wir gehen in die Stadt
,
    und wollen ein Jahr da liegen
– will ich mit dem H. Jacobo sagen:
    So der Herr und wir leben
,
    wollen wir dies oder das
– – Gott weiß allein und am besten was? thun. Nun, mein Seelen Franz, scheuen Sie weder Luft noch Waßer, um die Rolle eines eifersüchtigen Mannes recht fein zu spielen, und laßen Sie ja bey den respectiven Hauptpersonen nichts merken, daß ich sie Ihnen verrathen habe: Es ist doch alles in guter Meinung und Absicht geschehen. Gott gebe, daß wir 86 zu Weynachten zusammen singen:
    Uns ist geboren ein Kindelein
– – Vorigen Mittwoch schrieb mir Lindner aus Jena, wo es ihm so gefällt, daß er noch an keine Rückreise denkt. Vielleicht geht er nach Engl oder Holland – oder Parisius in Ihre Nachbarschaft. Ich erwarte mit der grösten Ungedult Ihren Statum – so lebhaft ich mir auch die Desorganisation eines Heautontimorumenen vorstellen kann, und daß alle Ihre Uebel im Grunde passables und reparables sind, wenn Sie nur Herz gnug haben zur
    einfältigen
und
    unschuldigen Natur
zurückzukehren. Sie ist die herrliche Tochter und gebenedeyete Mutter der Gottheit, und
    Marianne
sey Iihr Bild Ihnen im Spiegel! Friede und Freude, Seegen und Gnade zum Neuen Jahre. Es werde zur neuen Epoche des Heils – und erfülle unsere gemeinschaftliche Wünsche zur Evidenz und Energie Ich ersterbe mit den meinigen Ihr vaterlich gesinnter pp Johann George. Auf dem Adressblatt: den 5. des Abends um 6 Uhr Eben hatte ich diesen versiegelt, um ihn noch heute zum Einschluß befördern zu können wie der Major in meine Stube trat, und mir eine der
    seeligsten Stunden
machte. Er ist in dem hebr. und gr. Testament mehr zu Hause denn ich. Ich habe ihm auch die philosophischen Vorlesungen des vortreflichen
    Pfenni
n
    gers
empfohlen – und kann mich noch nicht von meiner Begeisterung erholen. Hill wollte mit Raphael und Michael eben die Psalmen vornehmen, sich im Ital. u Arabischen üben. Ein solches Phänomen war die beste Lection für meine junge Leute! und ein Beyspiel zur Nacheiferung. Gott begleite ihn! Morgen bringe ich ihm Briefe an Hartknoch u Kant. Mit welchem Taumel wird mich noch mal Ihr Anblick berauschen. Solang ich Gefühl für Menschen u Bücher hab, lebe ich noch!
    DEVS
vobiscum – Amen
den 5 Xbr. 85. Adresse:
HErrn / Franz Buchholz / Erbherrn von Welbergen / zu / Münster.
Kgsb den 5 Xbr. des Abends 85. Zur Einlage an unsern lieben Arndt bitte die Aufschrift zu machen; weil ich auf seinen eigentl. Character nicht mich besinnen kann. Herzlich geliebtester Freund Ohne noch eine Resolution auf Pleßings Anfrage erhalten zu haben, von der meine Antwort abhängt, bin ich schon wieder mit einer neuen Commission da, welche die alte Sache des Kastens betrifft, den HE Lentz in der Schweitz stehen gelaßen. Ein Freund erbietet sich an den Kosten Antheil zu nehmen, wenn der Vater selbige nicht zu übernehmen Lust hat. Man wünscht aber vorher eine zuverläßige Nachricht von seiner Lage zu haben, welche mir der Verehrungswürdige Ueberbringer dieses Briefes durch Sie und unsern Arndt mitzutheilen versprochen hat. So bald ich selbige durch Ihre Güte erhalten, werde an HE Gaupp der bereits Unterhändler gewesen schreiben u durch ihn den Transport bis nach Leipzig zu befördern suchen, wo Sie selbigen bey Ihrem Meßgut bis Riga besorgen können. Die Kosten von Leipzig könnte wol der Vater und die aus der Schweitz bis Leipzig der unbekannte Freund übernehmen. Sind Sie im stande für Beylage etwas in Liefl. und nach Petersb. auszurichten: so thun Sie damit einem ehrl. Mann einen Dienst, an deßen Schicksalen ich immer, ohne ihn zu kennen Antheil genommen habe. Er soll beynahe seines Gesichts beraubt seyn u Gottes Seegen an Kindern haben. Dies hat man mir wenigstens vor vielen Jahren erzählt. HE Nicolovius, der Freund meines Sohns, hat 2 jüngere Brüder die Zwillinge sind, deren einer den seltsamen Einfall hat Buchhändler zu werden. Es sind junge Leute von gantz besondern Schlage und außerordentlichen Kenntnißen. Die Wahl ist zwischen Ihnen und Nicolai. Ohngeachtet ihres ansehnlichen Vermögens, wird der älteste Theolog u der zweite Buchhändler, der dritte ich weiß selbst nicht was. Die Zwillinge haben einen natürlichen Sprachfehler, der vielmehr an der Stimme sich äußert. Möchten Sie sich entschließen in Rücksicht Ihres lieben Sohns
    einen so seltnen Jüngling
in Ihr Haus zu nehmen? Daß Me Courtan den 26 pr. gesund glücklich und zufrieden angekommen wird Sie Ihnen bereits selbst gemeldt haben. Ich habe Sie den Sonntag drauf eine halbe Stunde gesehen, versprach vorgestern den halben Tag bey ihr zuzubringen, muste mich aber Vormittags entschuldigen – und denke erst in dieser Woche einen rechten Willkommbesuch bey Ihr abzulegen. Die angenehmste Nachricht, welche sie mir mitgebracht ist die Hofnung den HE
    Staatschirurgus Parisius
hier zu sehen; worauf ich mich wie ein Kind freue. Dem HE Oberstwachtmeister wird auch die Bekanntschaft eines so rechtschaffenen Mannes nicht gleichgiltig seyn – und des Pfennigers
    philosophische Vorlesungen
über das N.T. eine gute Reisegesellschaft, die er aus Ihrem Laden mitnehmen kann. Ueber die Bedingungen der jährlichen Pension, welche 400 fl. beträgt, glaube ich schon das Nöthige geschrieben zu haben. Bitte mir auch so bald wie mögl. auf meine Puncte zu antworten. Gott erhalte Sie und Ihr ganzes Haus gesund, und gebe uns ein vergnügtes Widersehen. Die Recension des Golgotha ist nicht der Rede werth. Der Recensent geht wie eine Katze um den heißen Brey herum. Ich bin aber beynahe entschloßen diese politische Behutsamkeit zu vereiteln, Mantel und Kragen aufs Spiel zu setzen. Der Prediger in der Wüsten steht zum Glück zwischen
    Zöllner
und dem
    Atheisten
Schultz der die abscheul.
    philosophische Betrachtungen
und die Sittenlehre für Jedermann geschrieben. Fröhliche Weynachten und Gottes reichen Seegen zum Neujahr. HE Scheller meines Sohns gewesener Hofmeister in Graventihn ist Pastor adjunctus geworden, vorige Woche examinirt u ordinirt worden. Er komt nach
    Petersdorf
wo der
    Gottsched
lächerl. Andenkens seine alte Frau diese Woche begraben laßen und ihr wahrscheinl. bald nachfolgen wird. Mein gegenwärtiger Gast, sein adiunctus und Schwiegersohn, wird mit dem Ende dieser Woche abreisen. Ich umarme Sie unter den herzlichsten Begrüßungen meines Joh. Michel u Geschwisters, ersterbe Ihr alter Freund Johann Georg Hamann. Bitte nochmals um Antwort, von der meine abhängt. Adresse mit Mundlackrest:
An / HErrn
    Hartknoch
. / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: H Hamann in Königsberg Empf 5 Dec 785 beantw. d. 7 Jan 1786
Kgsberg in Preußen den 6 Xbr. 85. Herzlich geliebtester Landsmann, alter Freund und Gönner Wenn jeder thätliche Anlaß an Sie zu denken und mich Ihrer zu erinnern zu einem Briefe geworden wäre: so würde ich Ihre Augencur sehr gehindert haben. Ich hoffe, daß Sie von dieser bösen Krankheit so weit hergestellt sind, auch meineeinmal einige Zeilen von meiner Hand ohne einige Beschwerlichkeit lesen zu können. Der mir unendlich schätzbare Ueberbringer wird mündl. meinen Mangel ersetzen. Er kennt meine
    besten
und
    nächsten
Freunde – die ich noch vor meinem Ende von Angesicht zu Angesicht zu sehen wünsche, und nach diesem Ziel meines Glücks und Lebens ringe. Was Horatz von der Melpomene, kann ich von der Freundschaft sagen: Quod spiro – TVVM est. Aus einigen Beyträgen, welche HE Lentz Ihnen geliefert und die mir vorzüglich von seinen sonstigen Effervescenzien der Muse gefallen haben, vermuthe ich daß Sie vielleicht noch in einigen Verbindungen stehen, um mir eine
    zuverläßige Nachricht
von seiner gegenwärtigen Lage mittheilen zu können, da ich unter dieser Bedingung den Auftrag erhalten zur Beförderung eines von ihm in der Schweitz zurückgelaßenen Kastens beyzutragen und behülflich zu seyn. Der würdige HErr Oberstwachtmeister hat mir auch seinen Beystand versprochen sich nach seinen Umständen zu erkundigen, und Hartknoch unser gemeinschaftlicher Freund, wird gern in dieser Sache Unterhändler seyn. Mein Sohn
    Johann Michel
ist auf der Akademie und ich bin mit der Wahl sich der Medicin zu wiedmen zufrieden. Meine älteste Tochter
    Lisette Reinette
hat das seltene Glück seit einem Jahre beynahe in Pension bey unserer preuß. Beaumont, der Baroneße Bondeli, zu stehen, und macht mir Hoffnung ihre beyde jüngern Schwestern
    Lene Käthe
und
    Sophie Marianne
erziehen zu lernen. Denken Sie gar nicht an einen Besuch Ihres Vaterlandes? Ich freue mich unsern lieben StaabsChirurgus Parisius aufs Frühjahr zu sehen, auf einer Durchreise nach dem Bade. Der liebenswürdige
    Graf zu Stollberg
, Friedrich Leopold, wollte Sie aufsuchen; wenigstens habe ich mir diese Gnade von ihm erbeten. Es verdriest mich noch immer, so oft ich dran denke, daß ich die mir angebotene Gelegenheit Ihren dortigen Leibartzt kennen zu lernen nicht genützt, deßen
    Leben
ich mit soviel Antheil gelesen, daß ich alle seine Werke per fas et nefas einmal zu fischen hoffetrachte. Beym letzten Stück Ihres Journals versicherte mir Hartknoch, daß Sie genöthigt wären damit aufzuhören – Vielleicht muntern Sie Gesundheit und höhere Unterstützung bald auf, ein so nützliches Werk mit neuem Muth fortzusetzen. Unser jetzige Oberbürgermeister Hippel, bey dem ich alle Woche gewöhnlich speise und sich um die Armen überhaupt und studierende Jünglinge, worunter 2 seiner Blutsfreunde gleiches Namens und ihr Freund, mein Sohn gehören sehr verdient macht, denkt sehr oft an Sie in Wünschen und Erzählungen von
    jenen Zeiten
– die uns immer beßer vorkommen als die gegenwärtigen. Ich empfehle Sie Göttlicher Gnade und Obhut zu bevorstehenden Christnachtsfreuden und Neuen Jahre, und ersterbe mit alter Treue und den unaussprechlichsten Empfindungen des Herzens Ihr ewig erkenntlicher und innigst ergebenster   Landsmann und Freund Johann Georg Hamann. Mein schwacher schwindlicher Kopf kann weder Namen noch Titel noch Zahlen mehr behalten, überlaße also die Aufschrift unserm Hartknoch.
Oßnabrück d 9ten Decemb. 85. Nachdem ich Ihr leztes vom 11ten April etwas spät erhalten, war ich willens, Ihnen, mein Höchstgeschäzter Freund, im Julius oder August wieder zu schreiben, verschob es aber, weil mir von Münster u Düßeld. aus die angenehme Hofnung gemacht wurde, daß Sie selbst noch vor dem Herbst oder Winter unsere Gegenden besuchen würden. Es thut mir um so mehr leid, daß diese Reise Hinderniße gefunden hat, da Sie sich bereits darauf gefreuet u wahrscheinlich auch Nuzen für Ihre Gesundheit davon gehabt haben würden. Ist diese Hofnung für Sie nun ganz verschwunden? HE Bucholtz schrieb mir vor seiner Reise nach Frkrch, daß er Sie in Kgsbg besuchen u wo möglich mitbringen wollte, ich weiß aber nicht, wie es damit geworden. Von Grund der Seele habe ich mich über die Nachricht Ihre Kinder betreffend gefreuet: u ich wünsche mit eben der herzlichen Theilnehmung an allem, was Sie betrifft, daß die Vorsehung Sie den Ihrigen noch lange erhalten u Ihnen selbst gesundere Tage schenken wolle. Ich selbst lebe nun seit 15 Monathen in einem vergnügten Ehestande mit einer Frau, die mir jeden Tag Freude macht, ohne jedoch bis iezt noch Hofnung zur Vaterschaft zu haben, welches mir einige Gedanken macht. Die
    Salomon. Denkwürdigkeiten
wird HE Hartknoch hoffentlich an Sie besorgt haben. Geben Sie mir einen Wink, wo Sie finden, daß ich in der Bestimmung des Werths u Gehalts seines Lebens gefehlt habe. Auf die fama multiplex seiner sogenannten Magie auch Rücksicht zu nehmen, schien mir ein- für allemal nothwendig. Das Buch der Weisheit habe ich hinzu gefügt nicht so wohl, weil ich es von Jugend auf geliebt habe, als weil es mir einer neuen Uebersezung u Erläuterung werth schien. Es thut mir zwar leid, daß Sie behindert worden, den 2ten Bd des Anh. zum Z – A – auszulesen; indessen bescheide ich mich gern, u überlasse es dem Zuge Ihres Genius, ob Sie einmal wieder daran gehen wollen. Der Strom von Ideen ganz anderer Art, der, wie Sie schreiben, Sie davon abgezogen hat, betrifft vermuthlich das Ἑν και παν des Spinoza, über welches Sie ja auch Etwas schreiben wollen, wie ich selbst wünsche. Mir ist es noch immer ein Problem, wel wie ein tiefdenkender Kopf, wie Spinoza, in
    dem
System, was unser Freund Jacobi aus ihm gezogen, Ruhe u Glük des Lebens finden konnte. Auch ist mir unter den Juden keiner bekannt, dem das Studium der kabbalistischen Theologie eine solche Richtung u Intension der Seele gegeben hätte, welches vielleicht aus seinem in der Folge adaptirten Methodo Cartesiano erklärt werden zu können scheint, als wonach er Intensa cabbalistica zu Extensis geometricis machte, u auf die Weise in der Peripherie eines unendlichen Labyrinths herum getrieben wurde, ohne von der Natur etwas mehr als ihre
    Trebern
zu schmecken. Mein alter Grundsaz: „alle Quellen der Erkenntniß zu versuchen, um das was sie irgend Schmackhaftes liefern daraus zu nuzen“: hat mich dahin gebracht, daß ich mich seit einigen Jahren (seit 81–84) mit dem Studio dessen, was man die ältern u neuern Mysterien nennt, befaßt, aber auch hier mehr Unrath gefunden habe, besonders in den traditis praeiudicatis der Neuern, als der größte Theil ihrer Anbeter jemals glauben wird. Indessen habe ich von dem Studio als Uebung betrachtet, Nuzen gehabt, u manchen Aufschluß über gewisse Tradita prisca Sacrorum erhalten, die mir auch bei meiner Schrift: „Ueber die Natur u den Ursprung der Emanationslehre bei den Kabbalisten (welche von der Gesellschaft der Alterth. zu Cassel dieses Jahr den Preis erhalten, aber noch nicht gedruckt worden,) zum Theil zu Statten gekommen. Mich soll verlangen, wie das aufgenommen werden wird, was ich von der Natur dieser Lehre u ihrem Verhältniß zur prophetischen Theologie u den höhern Lehrern mehrerer alter Völker gezeigt habe. Durch eben dieses archäologisches Studium bin ich vor 3 Jahren mehr von andern, als aus eigenem Triebe dahin gebracht worden, das System der neuesten Franz. (u auch Englischen) Theosophie (welches in den berüchtigten Büchern des Erreurs et de la Verité; u Tableau naturel des rapports qui existent entre Dieu, l’homme et l’univers enthalten) in einem Μαγικον zu erläutern, wozu gewisse „Bemerkungen über die Grundlehren dieses Systems u ihr Verhältniß zu ältern Mysteriologien“, die ich für den Herz. Ferdin. u einige andere schrieb, den ersten Grund legten. Ich habe das Buch aber nicht selbst herausgegeben. So sehr ich mich an
    Kants
Metaphysik der Sitten erbauet habe, u fast glaube, daß über das Grundgesez der Sittlichkeit nicht leicht etwas besseres gesagt werden könne: so hätte ich doch zur Steuer der Wahrheit die Bemerkung gewünscht, wenn sie einem Philosophen anständig wäre, daß der Volkslehrer Jesus v. Naz. das Höchste u Vollkommenste in dieser Art ganz deutlich und klar angegeben hat.; Wie ein Gesez des Himmels, das auf Erden gelten soll, u das sich in jedem Regen u Sonnenschein bewährt. Kürzlich habe auch den 2 Th. von Herders Ideen gelesen, der mich aber noch weniger als der erste befriedigt hat. Den physikalischen u historischen Bemerkungen u Translatis lasse ich ihren Werth: allein ich finde in ihnen u der Art ihres Gebrauchs keinen apparatus zu einem Tempel der Natur, noch weniger gediegene Grundsäulen von kosmologischem Gehalt. Und was ich aus seinen Hypothesen über die Mosaische Archäologie gegen das Ende diesen 2ten Th. machen soll, weiß ich gar nicht. Sie haben vielleicht in den Hamburg. Zeitungen gelesen, daß Donatius in Zellerfeld die
    Ziehen
sche Nachlassenschaft bekannt machen will. Bis Ostern 86 ist die kritische Zeit seiner Weissagung. Aus seiner an die Kgl Regierung zu Hannover abgegebenen Schrift habe ich vor drei Jahren, da ich sie las, verschiedene Fragen formirt über die Natur seiner Chevillah u die Hieroglyphen göttlichen u menschlichen Ursprungs, u darüber Antworten von einem Mitverbundenen des Verstorbenen erhalten, woraus ich wenigstens so viel ersehen diedaß die Gesellschaft oder Verbindung, wozu Ziehen gehörte, immer der Aufmerksamkeit werth ist, ob ich gleich noch durch keine directe Beweise überzeugt worden, daß es einige von dieser Verbindung gebe, welche in das Mysterium magnum et multiplex der Welt- u Menschengeschichte unerhörte Einsichten hätten. Ich schliesse mit dem herzlichsten Wunsche alles göttlichen Segens an Leib u Seele Ihr   verbundenster     Kleuker. Adresse: S. T. Herrn / Herrn Joh. Georg Hamann / in / Königsberg / D Einschl.
Kgsb. den 13 Χstm. 85. Mein alter lieber Landsmann, Gevatter und Freund! Heute ist ein runder Monath, daß ich den 2ten Theil Ihrer Ideen mit der Post erhielte, und das dritte den 5ten dieses von Hartung, der mich begegnete und den ich selbst begleitete um es aus seinem Buchladen abzuholen. Meinen dreyfachen, das heist vollkommensten Dank von Grund der Seele. Gott gebe Ihnen Gesundheit das Ende Ihrer Laufbahn mit Preis und Zufriedenheit zu erreichen. Sie müßen meinen Brief eben erhalten haben, wie Sie Ihr freundschaftliches Billet dem Buche beygelegt, welches also beantwortet ist. Noch habe von keiner Recension gehört, geschweige etwas darüber gelesen. Ich denke auch an meine
    Abschieds Audientz
von
    Niemanden
    dem Kundbaren
– Gott gebe, daß Ihre beste Hälfte sich völlig hergestellt fühlt und in Ihrem geseegneten und bevölkerten Hause alles hüpft und springt. Unser Claudius hat einem zieml.
    Schreck
an seiner Rebecca erlebt der auch, wie ich hoffe und wünsche, glücklich überstanden seyn wird. Ich habe auch den 7 dieses eine kleine Warnung bekommen, welche mit Gottes gnädiger Hülfe von keinen Folgen seyn wird. Es gehe, wie es gehe – Vielleicht ein vehiculum und Vorspann zu meiner Reise und dem Glück uns einander noch in dieser Welt zu laben. Eine Idee, in die gegenwärtig die ganze Geschichte meiner Menschheit concentrirt ist. Nun laßen Sie mich weiter schwatzen, wiewohl ich selbst nicht weiß wo ich geblieben bin. Hill ist meines Erachtens gut bey meinem alten Freunde Jacobi versorgt und mit dem Anfange dieses Monaths als Hofmeister eingezogen. Das Gehalt ist mäßig, er hat aber sehr Hoffnungsvolle Kinder, einen Krauskopf von 7 Jahren, in dem ein wahres Genie vergraben zu seyn scheint, ein sehr gutes älteres Mädchen. Das jüngste ist noch zu klein zur Schule; dafür eine Wayse aus der Pfaltz oder aus Bayern, die mehr versäumt und imgl. hartköpfiger ist. Jacobi brachte sie ins Land, den Zusammenhang aber weiß ich nicht. Jacobi ist ein Mann von Planen, die ins Große gehen, und mit einer kaufmännischen Genauigkeit ausgeführt werden müßen, mit Absichten auch viel Liebe für seine Kinder, und wie es scheint ein Verhältnismäßiges Glück in ihrer Erziehung und Ausführung. Hill lebt ungebunden, nur wenige Stunden zum eigentl. Unterricht, behält also viel Zeit übrig in vielen Dingen weiter zu kommen, und meine Mädchen auch fortzuhelfen auch mit Michael u Raphael die Uebungen im Ital. hebr. arabischen fortzusetzen. Die Lisette Reinette besucht er auch 2 mal die Woche und setzt den mit ihr gemachten Anfang im Ital. mit der grösten Zufriedenheit fort. Scheller hat seit dem 21 Nov. bey mir geherbergigt, ist Adiunctus des alten Gottscheds in Petersdorf geworden, hat sein Examen und Ordination überstanden, seine alte Schwiegermutter während seines Aufenthalts verloren und gestern früh nach Peterdorf abgegangen von dannen er – vielleicht introducirt – oder nicht, ich weiß nicht wann? widerkommen und nach Graventihn gehen wird um seine Sachen abzuholen nebst einer guten Ausstattung zu seiner baldigen Qvarre. Den Sonnabend vor dem 1. Adv. kam Me Courtan
    gesund
und
    vergnügt
aus Riga an, wo sie zu verscheiden glaubte, vielleicht an Heimweh. Eine so lebhafte Frau bey einer so elenden Witterung, als wir diesen Sommer gehabt, und bey einem kranken Wirth, der vor Arbeit und Krankheit sich selbst verzehrt. Dieselbe Woche hab ich gute Nachrichten von der gesunden Heimkunft des jungen Paars erhalten. Den ersten Advent erhielt ich frühe zum Frühstück den Band der Allg. Litt. Zeitung wo mein Golgatha so politisch recensirt ist. Ich hatte mir durch Jacobi den Bettel verschrieben. Meine Erwartung recht derbe mitgenommen zu seyn war getäuscht, und beleidigte mich desto mehr. Ich nahm mir also vor die gantze Adventswoche Fastnacht zu halten. Den 2 Xbr wurde mein ganzes Haus bey Hills Oncle, dem Regimentsfeldscheerer Miltz, Mittags u Abends beschmaußt. Es war sein und seiner einzigen Tochter und meiner mittelsten Geburtstag. Mein Michael war so klug gewesen gl. nach dem Essen zu Hause zu gehen, weil er keinen Caffé trinkt. In der Abendstunde kommt meine Magd gelaufen mit der Bothschaft, daß ein
    Officier aus Münster
nach mir früge. Ich finde bey mir einen Ruß. Major Tiemer, der mir Grüße von Lavater brachte und mir die genauesten Nachrichten von seiner Verbindung mit meinem Alcibiades in Paris u Lyon brachte, auch seiner lieben jungen Frau. Sie können leicht denken, wie ich mich an einem solchen Besuch erquickte. Er hatte in W. niemanden als Bode gesehen, kannte Arndt in Petersb. u. unsern H. in Riga. Unsere Vertraulichkeit war gegenseitig – Er wartete noch einige Tage auf seine Reisegesellschaft, und versprach mich öfters zu sehen. Ich versprach seine Neugierde nach dem Nov. der Berl. Monathsschrift zu befriedigen, die er noch nicht gesehen hatte. Den Tag darauf wollte er selbige bey mir abholen kommen, weil er Sonntags beym D. Gräff versagt wäre. Ich warte den ganzen Sonnabend u Sonntag umsonst auf ihn. Montags gieng ich ins Gebet, und sprach bey
    Schenk
an, weil der Bediente dies GastHaus meiner Dienstbotin genannt hatte, gabe den Nov. der Tochter ab mit Bitte das Buch in Empfang zu nehmen, wenn der Major nicht Zeit haben sollte mich noch zu sehen. Des Abends kommt er selbst, wie ich eben an ihn zu denken aufgehört hatte – Er entschuldigt sich wegen seines Ausbleibens, und auf einmal entdecke ich in diesem liebenswürdigen Mann, den ich bloß für einen Dilettante gehalten, einen außerordentl. Liebhaber der griechischen u hebr. Sprache. Ein neuer Brennpunct für meine Phantasie. Er bat sich Briefe nach Riga u Petersb. aus den Tag drauf, weil er Mittwochs frühe schon abgereist seyn würde. Durch einen blinden Trieb gehe ich Dienstags gleich nach dem Eßen aus um mir eine Bewegung zugl. trotz des elenden Wetters zu machen wollte weder meinen Sohn, der um drey Uhr vorbeygehen mußte, noch Hill die Briefe anvertrauen. Von weitem seh ich schon alles angespannt und mit Einpacken beschäftigt, daß ich also den rechten Augenblick geahndet hatte. Mittwochs frühe werde gantz unerwartet, weil ich ihm Hippel die vorige Woche 2 Körbe auf seine Einladungen geben müßen, mit Pf. Scheller eingeladen. Ungeachtet aller Vorsicht meinen Magen zu schonen, gab ich ihm den letzten Stoß durch eine ganze Neunauge zum Nachtisch u engl. Käse, trank aber mäßig und nicht mehr als 3 Gläser Bischoff, den ich sonst sehr liebe und ohne Schaden noch einmal so weit gehen kann. Ich besuchte zum ersten mal D. Gräff, den ich in einem finstern Gewölbe fand, und mich sehr liebreich empfieng, verheelte ihm gar nicht die Absicht den Major näher zu kennen. Er versicherte mir auch ihn zum erstenmal in seinem Leben gesehen zu haben und war von den Kenntnißen dieses Mannes gantz eingenommen, weil er einige mal die große Reise mit jungen Herrn gethan u allenthalben in eEuropa beynahe zu Hause wäre. Sein Bruder wäre sein intimster Freund gewesen, Kriegscommissarius zu Landsberg an der Warte, und hätte sich öfters seiner erinnert, daher ihn auch jetzt an ihn gewiesen. Er lobt auch diesen als einen ungemein thätigen Mann und ich vermuthe daß der mit mir recensirte preuß. Amtmann zu Bradwede in der Grafschaft Bradwede auch ein Bruder seyn muß. Bey diesem Besuche fühlte ich, daß meine Zunge mir Mühe machte, und daß ich gl. einem Trunkenen lallte. Ich schrieb diese Veränderung dem finstern Zimmer zu und eilte zu Hause. Im Fortgehen fiel mir der Hut aus der Hand und ich sprach bey Hill der nahe wohnt an mich zu Hause zu begleiten, welches Gehen mir eben so sauer als das Reden wurde. Kinder, ich weiß nicht, das Reden und Gehen fällt mir so schwer. Meine Leute sehen mich an. Der Mund ist mir gantz auf die rechte Seite verzerrt – und zum Glück war ein Vomitiv zu Hause, das meine Magd wegen ihrer epileptischen Zufälle hatte einnehmen sollen. Dadurch wurde ich gleich erleichtert und ich hatte eine sehr gute Nacht. Mein seel. Vater bekam seinen ersten apoplectischen Zufall nach einem Gerichte Stinte, welche er sehr liebte und die ich auch noch gerne eße. Mein Gottlob! nicht zur tägl. Gewohnheit aber so oft er mich befällt, gantz unüberwindlicher Mittagsschlaf, mein scharfer Appetit bey so weniger Bewegung, mein Ohrengellen, das mir zuweilen ängstlich und gefährlich vorkommt – Mein ein gantzes Jahr lang ausgesetztes Aderlaßen, daß ich seit vielen Jahren von 4 u 5 auf 2 mal eingeschränkt. Das gefährliche Faulfieber, das ich diesen Frühling überstanden – kurz: alle Umstände machen die Bedürfniße meiner Reise desto dringender, oder sind auch Vorboten einer andern, die keiner allerhöchsten Erlaubnis bedarf. Den Tag drauf am 8ten wurde ich mit einem Briefe, vom Grafen Christian aus Tramsbüttel erfreut, der bereits die Widerkunft seines Bruders aus St. Petersburg, aber meines Erachtens zu früh vermuthet. Ich habe gestern so gut ich gekonnt, unter Claudius Einschluß, geantwortet. Eben fällt mir der December der Berl. Monatsschrift in die Hände? Wie gefällt Ihnen der Streit des Garve u Biesters über den Catholicismus? Sollte nicht Stark der R. Fr. Archidemides ab Aquila fulua seyn. Vor allen Dingen wünschte ich Ihr Gutachten über die Recension meines Golgotha, weil ich meinem eigenen Urtheile nicht traue, und ob Sie mir anräthig seyn die hämische Be- oder Verkleidung meiner Autorschaft durch eine Entkleidung u Verklärung des Predigers zu widerlegen und zu Schanden zu machen in einem fliegenden Briefe an Niemand den Kundbaren? Es liegt eine solche moles indigesta in meinem Gehirn, die ich nicht in Ordnung zu bringen im stande bin, weil die Verdauung meines Cerebelli wie meines überstopften Magens ist. Ich glaube auch dies unserm J. in D. schuldig zu seyn, weil wir Brüder gleicher Kappen sind, er den Leßing zum Sp. und ich seinen Biographen zum Atheisten gemacht habe. Können Sie sich noch liebster H. Ihres alten Coaetanei
    Kraft
besinnen. Er ist von Cremitten aus der Nachbarschaft Scheffners und seines köllmischen Gütchens Sprintlacken an unsere Altstädtsche Kirche als Diaconus versetzt worden an des seel. M. Weiß Stelle. Er ist eben so beliebt in seinem Amte als Umgange. Doch meine Wesen und nisus benehmen mir alle Gedanken und Lust Ihnen die Zeit zu verderben. Wir werden uns mit Gottes Hülfe sehen und mündlich ersetzen können, was dies Jahr hat aufgeschoben werden müßen. Gott schenke Ihnen alter lieber Gevatter Landsmann und Freund, meiner verehrungswürdigen Freundin und Gevatterin und Ihrem ganzen Hause Gesundheit vorzüglich zu Ihren Amts- und allen übrigen Arbeiten und Werken Ihrer Hände. Sein Seegen kehre reichlich bey Ihnen ein zum Fest und Neuen Jahre. Er fördere unsere beyderseitige Wünsche zu einem glücklichen Widersehen und bahne die
    Wege
zu unserer CaravaneSie erhalten diese Zeilen über D. Wie und oft Hill an Weimar denkt, brauch ich Ihnen nicht zu sagen, und wie oft wir in Ihrer Probstey sind und Bischofshofe. Gott sey mit Ihnen und den Ihrigen, wie mit mir und den meinigen! Gantz der Ihrige Joh. Ge. Ha. Mir fällt noch ein, wenn Sie etwa meinen Recensenten in der Allg. Litter. Zeitung wißen, ihn mir zu entdecken. Eine Kleinigkeit macht mich darnach neugierig. Er hat das Wort
    Willkühr
S. 62. in
    Gewähr
verändert. Das gemeinschaftl. Autor Intereße nöthigt mich dem am meisten zu schreiben u am öftesten, der die meiste Zeit zu verlieren hat. Gott sey Ihr Freund, Schild u großer Lohn, lieber Herder! und sey in Ihrem Hause u Herzen allgegenwärtig mit Seiner Liebe Gnade u Seegen! Amen. Den 15 des Morgens – Ich muß eilen die Briefe aus den Augen u Gesicht zu schaffen – Vale et faue mit Weib und Kindern mir u den meinigen, die nicht ausarten werden in den Gesinnungen Ihres – u nochmahls Gott empfohlen! Adresse:
An / meinen lieben Landsmann, / Gevatter und Freund Herder / in /
    Weimar
.
    Cito per Düsseldorf
.
Kgsberg den 14 Christm. 85. Da erhalten Sie liebster J.J. wahrscheinl. den letzten Brief in diesem Jahre, nebst Beyl. an H. die ich aus mehr als einer Ursache zum Einschluße Ihnen empfehle. Ich hoffe, daß alles in Wandsbeck gut abgelaufen seyn wird – Vorige Woche konnte ich erst den gewöhnl. Sonnabendsbesuch bey Me Courtan abstatten, wo ich des Kants amanuensem fand, der mir sagte, daß K. sich mit Mend. nicht einlassen wollte, weil 1.) die Morgenstunden ihn eigentl. nicht selbst beträfen, wie er anfängl. gedacht u 2) mit seinen eignen Arbeiten zu sehr beschäftigt wäre. Die Metaphysik der Natur oder Körper würde unter dem Namen Phoronomie erscheinen u an dieeine Metaphys. der Aesthetik dächte er auch zur Ostermeße. Die Recension hatte ihm Schütz abgeschrieben, weil er sie selbst für die Allg. L.Z. liefern würde. Dies war wieder ein kleiner Qveerstrich durch meine Rechnung. Vorgestern besuchte mich Kraus u versicherte oder meynte wenigstens daß er die Morgenstunden vor sich an etwas gearbeitet hätte. Es scheint also noch nichts ausgemacht und entschieden zu seyn. Bey meinem Vorsatz bleibe ich noch vor der Hand, die Recension der Berl. zu beantworten. An Materie fehlt es nicht, ich bin aber meines eigenen Vorraths selbst nicht mächtig. Ich habe mit einer Dedication an Niemand’ den Kundbaren angefangen, und denke mit einem fliegenden Brief an ihn meine kleine
    Autorschaft
zu schließen (weil doch in dem gantzen Brey davon hauptsächlich die Rede ist) zum Motto der bekante Spruch des Horatz: Non fumum ex fulgure sed – – Das Thema der Entkleidung u Verklärung des Predigers in der Wüste, der zum Glück zwischen
    Zöllner
und dem Monstro eines geistl. Atheisten steht, der wenigstens mehr Aufmerksamkeit verdient als der Fr.R. Fr. de Aquila fulua in der polemischen Correspondentz der beyden Philosophen des Xbers, an der ich mich gestern Abend erbaut. Giebt mir Gott Glück u Kräfte mein Ideal, das in meiner Seele gährt, darzustellen und herauszubringen: so sollen dem andächtigen Leser in Berl. die Haare zu Berge stehen vor meiner Gabe der Deutlichkeit, und Sie sollen noch mehr über das Feuer als den Rauch klagen. Aber es geht mir auch gleich als wenn die Kinder bis an die Geburt kommen, und ist keine Kraft da zu gebären Jes. XXXVII. Es soll ein wahrer Tractatus Theologico-Politicus und Totius Medicinae idea noua gegen alle bisherige juristische, finanzische und welsche Qvacksalbereyen in der Kunst Menschen u Staaten zu regiren seyn. Die Großen dieser Erde, welche sich selbst ein Jerusalem nicht schämt anzuruffen um das Heil der Welt zu bewirken, sind eben die Mordbrenner, welche Gott und Menschen täuschen, von denen also kein Heil zu erwarten ist. Ich habe auf diese heillose Redefiguren schon ich weiß nicht wo? mehr angespielt. Wenigstens will ich meinen höltzernen Arm so weit ich kann ausstrecken, um fähigern Köpfen den rechten Weg zu weisen. Ein einziger Preuße soll den Berl. mehr zu schaffen machen als die ganze Schaar der Wiener – und die ridiculus mus meiner Bergekreißenden Muse soll dem gefangenen Löwen nicht mehr lächerlich seyn. – Sie selbst, συζυγε γνησιε Phil. IV.3. sollen die Stimme des Predigers aus den
    Wolken
nicht umsonst citirt haben, und über seine Erscheinung weinen u lachen, Furcht und Freude fühlen. Alea iacta est – Jenseits des Rubicons oder Cedernbachs wollen wir mehr plaudern. Um eine Stunde kommt der Schlaf mit einem Quos ego – wie Neptun mit seinem Dreyzack, und der ganze brausende Tumult verwandelt sich in eine Windstille, mit der ich nicht vom Fleck kommen kann. Sie werden aus dem was ich auf den Umschlag meiner letzten Einl. gekritzelt habe sich noch des Vergnügens erinnern womit ich an dem lieben Major Tiemann einen Virtuosen der beyden heil. Grundsprachen entdeckte. Er wollte Mittwochs erst abreisen bat mich aber schon den Tag drauf einen Brief an Hartknoch in Riga u Freund Arndt in S. Petersb. ihm zuzuschicken. Ich hatte eine Motion nöthig gleich nach dem Mittagseßen am Dienstage, wollte weder meinem Sohn der um 3 Uhr das Gasthaus vorbey gieng noch Hill mein Packchen anvertrauen, gieng also selbst ungeachtet des elenden Wetters, und fand schon Dienstags gl. nach meinem zeitigen u geschwinden Mittag alles angespannt und mit Aufpacken beschäftigt. Ich übergab die Sachen einem Bedienten, und hatte mich nicht zufrieden gegeben, wenn ich die Gelegenheit des Augenblicks versäumt hätte. Es war mir zuviel daran gelegen diesem Mann etwas zu meinem Andenken mitzugeben – und wißen Sie, was ich dazu wählte, nach mancher überstandener Bedenklichkeit? Ihr gebunden Exemplar des Spinoza Büchleins und ein ausgewaschnes von meinem Golgotha – weil ich ahnde, daß diese beyde capita unsers Delicti noch mehr corpora und membra nach sich ziehen werden. An Ihrem DQv exemplar mit der Zuschrift hab ich vor der Hand gnug, und werde nicht eher die Ersetzung des andern verlangen oder darauf Ansprüche machen, als bis ich mit meinem jetzigen Embryon fertig bin, oder so glückl. seyn werde Ihnen meine Entbindung melden zu können. Mittwochs den 7 wurde ich ungeachtet der beyden vorige Woche ertheilten Körbe wider zu Mittag eingeladen mit dem Pf. Scheller der vorgestern frühe zu seinem Senior abgereist ist,. Ich haute wider über die Schnur, und ließ mir gelüsten eine ganze Lampreten statt des Nachtisches gelüsten nebst einem Stückchen Schweitzer Käse. Mit dieser vollen Ladung aber heiterm Kopf besuchte ich noch zum ersten mal den D. Gräf, wo der Major auch des Sonntags gespeist hatte. Er führt mich in ein dunkles Gewölbe seiner Studierstube. Ich bin von Kindesbeinen an, einer freyen heitern Aussicht gewohnt. Mir befällt eine Bangigkeit, und ich fühle eine Schwierigkeit der Aussprache, die mehr einer Trunkenheit als Stottern ähnlich ist. Er freut sich mich zu sehen in seinem Hause, ich sage ihm die Ursache meines Besuchs. Er ist eben so voll wie ich von unserm reisenden Gast. Bey Hippel hatte Reichardts Schwager erzählt, daß Gräfs seiner, unser Provincial-Accise- und Zoll Rendant seinetwegen eine Gesellschaft zusammengebeten hätte u ihn auch, daß er aber ausgeblieben wäre – Gräf versicherte ihn ein gleiches ihn gestern umsonst erwartet zu haben, daß er aber den Major zum ersten mal in seinem Leben gesehen, aber seinen würdigen Bruder, einen Kriesgscommissarium sehr genau gekannt, und dieser ihn daher an ihn addressirt hätte. Von seinen Kenntnißen sprach er mit Wohlgefallen und wuste nichts von denen, die ich zufällig ausgeforscht hatte. In eben dem Theile der Allg. Bibl. finde ich auch einen Brandenb. Amtmann Tiedmann, den ich gleichfalls für einen Bruder halte. Ich eilte aus Gräfens Hause, beym Abschiede fällt mir der Hut aus der Hand, und weil Jacobi u mein Hill in der Nachbarschaft wohnen, spreche ich an um mich zu Hause leiten zu laßen, welches mir eben so sauer wurde als das Sprechen unterwegs. Beym Eintritt klag ich meinen Leuten, was mir fehlt. Sie sehen mich an, und finden meinen Mund gantz nach der rechten Seite zu verzuckt. Ich hatte zum Glück meine Dosin Ipecacuanha zu Hause, nehme die Hälfte u. weil diese nicht geschwind gnug wirken wollte, die andere hinterher. Erleichterung folgte, und ich schlief die Nacht herrlich – befinde mich auch nach Wunsch und habe heute die halbe Geistlichkeit besucht. Mein seel. Vater, ein außerordentl. mäßiger Mann, bekam den ersten apoplectischen Anfall von einem Gericht Stinte, die er gern aß, und ich bin durch diese Warnung auch auf mehr Diät und Enthaltsamkeit aufmerksam gemacht worden, und auf manche andere Dinge mehr. Den Abend drauf machte mir ein Brief des älteren Grafen Christian zu Stolberg, der seinen Bruder zu früh aus Petersb. zu erwarten scheint, viel Freude. Ich habe vorgestern geantwortet und in einen Brief an Claudius eingeschloßen, auch Herder von diesem Zufall gemeldt – der vielleicht meine Reise eher befördern als aufhalten könnte, meine Sprachfehler in eine apoplectische Schwäche ausgeartet und alles zu meinem wahren Besten gediehen. Mit meinem fliegenden Briefe an Niemand’ den Kundbaren die Entkleidung u Verklärung eines Predigers betreffend, hoff ich mir wenigstens ein Vorspann u Freypaß zu meiner Reise zu verdienen, und also meiner eigenen Entkleidung u Verklärung immer näher und näher zu kommen. Diese Weynachten und die Hefen des Jahres unter mancherley Gedanken und Einfällen recht erbaulich zuzubringen, und das große Neue Jahr für mich zu erleben. Komm ich als ein Geist zu Dir, So erschrick nur nicht vor mir. Da ich aber liebster J J. ein wenig tenax bin, so werde ich mich meiner Haut, meines Fleisches gegen Freund Hain, den Knochenmann wehren, so gut ich kann. Ich habe die halbe Clerisey besucht heute in lauter Privatangelegenheiten, habe zwey nicht gefunden oder nicht finden wollen, und der dritte hatte Geschäfte, überließ mich aber seiner Tochter Braut, die mein schiefes Maul in integrum restituirt fand. Ihres Namensvetters kleine Mädchen haben mich alle heute drauf geküßt. Also bitte ohne alle Sorge deshalb zu seyn. Bitten Sie unsern lieben Frantz um den versprochnen Statum, den ich erwarte um einen Brief, den ich den 3 Nov angefangen habe, wenigstens mit diesem Jahresschluß vollenden kann. Von meinem schief gewesnen Maul melden Sie lieber nichts; Sie wißen, wie man die Einbildungskraft der jungen Weiber schonen muß, und wie unwillkührlich es ihnen ist, sich geweseneabwesende Dinge als gegenwärtig vorzustellen. Morgen hoffe ich mit Gottes Hülfe meine liebe älteste Tochter und übermorgen Hippel zu besuchen, – Weiter gehen meine Entwürfe für diese Woche nicht. Der Domine Politice Kraus oder Crispus bleibt noch bey seinem gegebnen Wort uns zu begleiten. Mein jetziger Artzt und Nachbar Miltz ist auch halb angeworben, um ein Bad zu brauchen; meine Hausmutter soll seine Tochter unterdeßen in Pension nehmen, und wird von Tag zu Tag mehr arrangirt aus unserer Reise Ernst zu machen. Wenn das schiefe Maul, das ich den Berl. zugedacht mir gut geräth: so hoff ich wird es so viel Wunder thun, als Moses Stab auf Pharao und der Egypter Herz. den 15 frühe Morgens. Der Frost soll sich diese Nacht in Glatteis verwandelt haben, das für meinen schwindlichen Kopf und schüchterne Füße nicht taugt. Vielleicht lege ich morgen vor u nachmittags meine Besuche bey H. u der Baroneße ab. Wäre ich in Düßeldorf so würde ich die Feyertage in Münster zubringen. Da Sie wenigstens dahin schreiben werden, so erinnern Sie sich meiner in
    allen denen
Briefen, woran ich einigen Antheil nehmen kann mit den besten Wünschen zum Neuen Jahr, die ich auch für Sie und die liebe Ihrigen in petto behalte und ihrer rechten Behörde im Verborgenen anvertrauen werde. In meinem letzten Briefe an unsern lieben Frantz habe
    meines Wißens
schon an die bevorstehenden Zeitwechsels gedacht. Ich schreibe selbst nicht eher hin, als dbis ich Antwort erhalte. Schreiben Sie nach Zürich: so versichern Sie unsern lieben Lavater u seinen Freund Pf. meines unverletzten Andenkens, trotz meines Stillschweigens u Hills. Es wird Ihm an Arbeit nicht fehlen – und aus eben der Achtsamkeit stöhre ich auch ungern unsern sonst gefälligen Kant. Scheffner wird auf die Feyertage am Lande bey Hippel erwartet, ob ich sie mit ihnen verschmausen werde weiß ich nicht; möchte lieber arbeiten und in meiner Wüste zubringen, in der ich meine Lisette Reinette erwarte zum Besuche außer denen, die Gott noch oben ein beschären wird. Dem homerischen Grafen will gern in meinem Katzenpeltz und mit einem rußischen Winterdiadem, worinn er mich zu sehen wünschte, entgegen laufen. Lieber wär es mir, wenn die nordische Elise mit ihren 2 Nymphen sich um mich nicht bekümmerte und diese Calypso meinen Mentorwink ersparte, den ich ihr schuldig bin. Bey der Abreise des Herzogs lief das allgemeine Gerücht in seinem Lande, daß er der Regirung entsagte hätte, bey seiner Rückkunft redt man eben so allgemein jetzt von seiner abermaligen Scheidung, um einen männl. Erben zu haben. Ich umarme Sie, lieber Jonathan und sehe mit jeder Post
    guten Nachrichten
aus D. M. u W. entgegen. Leben Sie mit den lieben Ihrigen gesund und recht wohl. Denken Sie, quantum sufficit, an Ihren zwar nicht gesunden aber auch gar nicht kranken sondern in glücklicher Mitte schwebenden Schwärmer, Mitarbeitenden und mitleidenden Freund Johann Georg H. Den 2ten Theil der Vorlesungen habe noch nicht gelesen, erwarte ihn mit Ungedult heute. Nichts als Saltzmann nöthiges Buch über die Sünden der Jugend u den dritten Theil der Büschingschen Biographien, die Ihnen auch empfehle. Kennen Sie Ramsays Buch über die Religion in mathematischer Methode geschrieben? Ich nicht. Das Original soll engl. seyn. Ade! Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. / Fco
    Wesel
.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 14.ten Xbr 1785 J.G. Hamann empf den 25ten Xbr. beantw den 30.ten Xbr.
Düßeldorf den 16ten Xbr. 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 28 Xbr. 85. geantw. eod.No 19. Lieber Herzens Freund, Ich werde heute Blut wenig schreiben können, weil ich den gewöhnlichen Anlauf gestern nicht nehmen konnte. Ich hatte arge Kopfschmerzen, u wurde nicht, wie gewöhnlich, über Nacht davon befreyt. Mußte darum gegen 8 Uhr v neuem den Schlaf suchen; welches mir zwar geholfen, aber auch so viel Zeit gekostet hat. Um 9 Uhr kamen die Hamburger Briefe, mit der frohen Nachricht, daß Frau Rebekka vollkommen auf der Beßerung, ist u unser Claudius nun daran ist, an ihrem blaßen spitzen Gesichtlein zu bauen z u zu beßern. Ich mußte an die lieben Leute schreiben. Habe Ihren Auftrag ausgerichtet. Eine Seite wurde nach der andern voll, bis zur 6.ten – da noch ein paar Zeilen an Buchholtz; u so wäre beynah die ganze Expedition liegen geblieben. Ich erschrack da ich auf die Uhr sah. Schel Klingelte um Licht, u Bedienten; da war alles ausgelaufen; mein quasi Kammerdiener in seinem Morgen Costume – Der warf aber hurtig die Schürze v Leibe, u fort mit den Briefen. Alles ist glücklich weg gekommen. – Nun bin ich auch rasiert u gekämmt, u will nun mit der Einheit der Handlung dieses Schreibens an Sie, so viel Zeitbestimmungen erzeugen, als mir a priori Zeit in der Zeit gelaßen ist. Grüßen Sie den Profeßor Kraus recht herzlich v mir, wenn ihm an einem Gruße v mir etwas gelegen ist. Alles was Ihre Reise befördern kann, ist mir unaussprechlich lieb. Steudel ist mir unbekannt, aber so gleich ein theurer Mann, ohne weiteres, wenn er mit Hand anlegen hilft um Sie herbey zu ziehen. Haben Sie wegen Ihres Urlaubs schon an Reichardt geschrieben. Sie wißen doch daß er Berlin im März schon wieder verlaßen wird? Noch habe ich nicht gesagt, daß Ihre 3 Briefe richtig eingelaufen sind; den letzten erhielt ich gestern, u hatte auch darauf gerechnet, daß ich ihn gestern erhalten würde. Es war ein großes Elend, daß ich wegen meiner Kopfschmerzen ihn nicht gleich lesen konnte. – Lieber Hamann, ich fühls im innersten meiner Seele, wie Väterlich Sie für mich sorgen; wie
    gründlich
Sie mich lieben. Gewiß ich danke Ihnen auch dafür, aus dem innersten meiner Seele u meines Herzens. Daß die Berlinische Rec. giftig, politisch u fein sey, habe ich gar nicht in Abrede seyn wollen. Sie ist es aber nur innerlich. Äußerlich erscheint sie, wie ich Ihnen neulich sagte, u Sie selbst in Ihrem Briefl v 28ten Nov schrieben. Darum ist ihr
    gerade zu
nicht wohl beyzukommen. – Durch einen Umweg aber können Sie sehr gut den stummen tückischen Hunden auf das Fell kommen, u ich freue mich, daß Sie fest dazu entschloßen sind. Mit mir auf gleichem Fuß wie mit ihrem Landsmann, u überhaupt nach Wohlgefallen herum zu springen, gebe ich Ihnen vollkommene Erlaubniß. Einliegend Abschrift eines Briefes von mir an Kleucker, eben dieses Volk betreffend, dem ich nicht minder gram bin, als Sirach dem tollen Pöbel zu Sichem. In Lavaters Pontius (Th. IV. S 233) steht: „Sie haben keinen Sinn, als für Schiefheit. Sie sind wahre Visionärs alles krummen u unedeln. Sie sehen’s, wo es ist, u wo es nicht ist; Sie lauern immer, u beobachten nichts.“ Den November der Berl Monathschrift habe ich noch nicht. Ich weiß v den Briefen über den Magnetismus nur durch die Hamburger Zeitung, in der, unter dem Art.
    Berlin
, der Inhalt mit aller mögl. Bosheit erzählt wurde. Markart habe ich nie gesehen. Er kam vorigen Sommer hiedurch, u gab in meinem Hause in der Stadt ein Biljet ab, u ob ich nichts nach Hannover zu bestellen hätte. Mich verlangte gar nicht nach dem Menschen, weil Zimmermann in den Einsamkeiten (Ein Buch das mir alles im Leibe umgekehrt hat, die wenigen Bogen nehmlich, die ich im 1sten u 3ten Theil ansah) ihnen seinen vertrauten Freund nennt. Claudius hatte eine Anzeige meines Sp Büchl gemacht, u schickte sie dem Hamburger Correspondenten, weil der gelehrte Art. der Neuen Zeitung durch einen Freund v Reimarus dirigiert wird. Die Anzeige war im höchsten Grade milde u unpartheiisch; wurde aber zurück geschickt, weil bereits eine Rezension v Jacobis Briefen, die
    sehr heftig gegen den Verfaßer
gewesen wäre, hätte sollen eingerückt werden. Da man diese erste nicht aufgenommen hätte, so könne man auch die letzte jene nicht aufnehmen. Ohne Zweifel hat Ihr Scheblimini auf die Morgenstunden Einfluß gehabt. Gegen die Gottesläugner zu schreiben war aber Mendelssohn schon im Frühjahr 84, also vor der Erscheinung meinesIhres Scheblimini entschloßen. Am Dienstag erhielt ich einen Brief von Göthe, dem ich auf einen den ich vor 6 Wochen v ihm erhalten, noch nicht geantwortet hatte. Er schreibt: „Was hast Du zu den Morgenstunden gesagt? Und zu den Jüdischen Pfiffen mit denen der neue Sokrates zu Werke geht? Wie klug er Spinoza u Leßing eingeführt hat ?! O du armer Christe wie schlimm wird dir es ergehen ?! Wenn er Deine schnurrenden Flüglein nach u nach umsponnen haben wirt! Machst Du Gegenanstalten? Und Wie?“ – diese Theilnehmung hatte ich v Goethe nicht erwartet, da er mit dem Schluße meiner Schrift unzufrieden gewesen, u mir folgendes darüber geschrieben hatte:
    Dir
kann ich diese Manier noch nicht paßieren laßen; sie gehört nur für Glaubens-Sophisten, denen es höchst angelegen seyn muß, alle Gewißheit des Wißens zu verdunkeln, u mit den Wolken ihres schwankenden luftigen Reichs zu überziehen, da sie die Grundfesten der Wahrheit doch nicht erschüttern können.“
Auf Goethes Fragen habe ich geantwortet, u ihm gemeldet, daß ich keine Gegenanstalten mache. Er solle mir aber melden, wie über die Sache zwischen M u mir, geurtheilt werde; wie sie gemein hin auffalle, den Leuten
    entgegen
komme. Diese Nachrichten, Lieber, sind nur für Sie
    allein
. Laßen Sie sich auch gegen Herdern nichts davon angehen, den ich vielleicht nicht weniger liebe als Sie, u gewiß in einem höheren Grade bewundre: von deßen innerer Oekonomie, Art u Kunst ich aber einen Begriff habe, der v dem Ihrigen sehr verschieden ist. Wie mir H vor 12 Jahren, da ich zuerst seine Urkunde las, erschien – so war er vielleicht damals explicite nicht ganz – aber so
    ist
er; so will es seine Natur – Hamann, ich rede mit Dir, als redete ich nur mit einer eigenen Seele, oder mit Gott. Scheffners Urtheil hat mir weder wohl gethan noch weh, weil es gar nicht adequat ist. Das ist ja der gestandene klare Inhalt meines Buchs, daß es schwer, ja gar unmöglich sey, nicht ein Spinozist zu seyn, wenn man über Gott philosophieren, u nicht lieber an ihn glauben will. – Mein Buch heißt:
    ich habe meine Sach Gott heim gestellt
. – Wenn Er ist, so wird er mir u uns allen helfen, nach unserer
    Nothdurft
; ist er nicht: nun so brechen wir uns je eher je lieber die Hälse, oder machen sonst auf eine Weise dem eckelhaften Undinge
    Mensch
ein Ende. Mit erster Gelegenheit schicke ich Ihnen ein Exemplar meines Kupferstichs für Scheffner, u sSie sagen ihm dann, daß ich noch viel liebreicher, sanfter, u feiner aussähe als dies Bild, aber freylich nicht mehr so glatt. Schrecklich ernsthaft muß ich wohl zuweilen aussehen können, u zumahl denen so erscheinen, die mich in einem solchen Augenblick zum ersten Mahle sehen. Mir ist bey Gelegenheiten allerhand darüber zu Ohren gekommen; auch ganz verschiedene Urtheile über denselben Moment. Meinen vertrautesten Freund, den Grafen v Neßelrode, habe ich st zurück gestoßen das erste Mahl, ob er mich gleich mitten in meiner Familie fand, u in einer Unterredung mit einem Manne, den ich sehr liebte, u der schon viele Jahre lang Neßelrods Freund war. Eine sonderbare Anecdote hierüber wollte ich Ihnen erzählen, u die mir selbst aufgefallen ist. Es mögen 18 Jahre seyn, daß ich mit meiner Betty u dem (jetzigen) Obristen v Harold Harold, dem Uebersetzer des Oßian, eine Reise nach Holland that. Zu Amsterdam gieng ich mit Harold u einem dortigen Kaufmann die Musicos in Augenschein zu nehmen. Wir besuchten 5 nach der Reihe, u keins v denen Weibsbildern hatte sich nur mit einem Worte an mich gemacht. Da wir aus dem 4ten kamen machte H die Bemerkung, u ärgerte sich, daß ihm die Creaturen keine Ruhe ließen wie ernsthaft er auch hätte aussehen mögen. Im fünften gieng es ihm nicht beßer. Ein langes Weibsbild kam auf ihn zu, u fieng an Französisch mit ihm zu reden; er winkte, daß er sie nicht verstünde – Holländisch – Deutsch – italianisch – zuletzt fieng sie an englisch zu reden; da konnt er das Lachen nicht halten, u gab ihr Antwort. Sie war würklich eine Engelländerinn. Ich hatte nicht daran gedacht, daß ich ernsthaft seyn wollte, aber gleich bey’m ersten Eintritt, einen Eindruck von Schwermuth u Eckel bekommen, daß mir die Augen ganz trübe davon würden. Sie sagen bey Gelegenheit v M Vergleichen aus Dan II: „Ein wenig zusammengesetzt u buntscheckig ist Ihre Composition, mein l.J, wie mein Schlafpelz. Ihre Antw an Hemst eine Episode. Der Anfang historisch, die Mitte metaphysisch, u das Ende, wenigstens poëtisch –.“ Das verstehe ich nicht. Ich habe Briefe gegeben u ihre Geschichte. Meine Philosophie mag buntscheckig u zusammengesetzt seyn; aber mein Buch ist es nicht, sondern hat in mehr als einem Betracht, eine nicht gemeine Einheit. Des HE v Goetz L u B ist mir nie zu Gesicht gekommen, wohl aber der Verfaßer im Jahre 79, da ich als geheimer Referendarius zu München arbeitete. Er sprach damahls mit mir v seinem Vorhaben. Sie schrieben mir den 1 Xb. 84. „Was Leßing glaubte v der Expansion u Contraction Gottes im Leibnitz gelesen zu haben… bezieht sich vielleicht auf eine Anführung des Bayle aus dem Bernier. – Können Sie mir diese Anführung nicht näher anzeigen? Den A.J. Cuffeler Spec. A. v. Hamb. 684 hat mir Hemst geschickt. Ich habe das Buch noch nicht gelesen. Das Bild des Spinoza ist gerade wie das v der deutschen Uebersetzung; man kann nichts ähnlicheres sehen.
    Etwas
plumper ist der deutsche Nachstich. Ich bin es wohl zufrieden wenn Ilse meine Antwort als einen Scheidebrief gebraucht, u mit ihrem guten Gewißen zur Sinagoge übergeht. Ich bin allem Getalme (wie die Holländer) oder Gequengel (wie wir hier sagen) gram. – Fürchten Sie nicht daß ich mich auf Conventionen, oder Tausche (nach dem Beyspiel meiner gnädigsten H.) einlaßen werde Wißen Sie wie es zugegangen ist, daß dieser Brief noch zu lang geworden ist. Ich habe nicht zu Mittag gegeßen. Verzeihen Sie dies Gesudel; u noch einmahl Dank, Bester, für die große Wohlthat Ihrer Briefe. – Wenn Sie nur Einmahl sähen, wie ich sie empfange, u wie ich sie lese! – Von ganzem Herzen Ihr F Jacobi Mein fac totum steht nicht im Meusel; hat nie etwas drucken laßen.
Düßeldorf den 20ten Xbr. 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 31 Xbr. 85 Geantw. den 1. 2 Jan. 86. No 20. lieber Vater Hamann Ich war Willens meiner Sudeley v Freytag heute einen Nachtrag nach zu schicken, weil ich vieles zu flüchtig, einiges gar nicht berührt hatte; aber ich war alle die Tage gar nicht wohl, u bin heute beynah krank. Hätte also gar nicht geschrieben, wenn nicht ein Brief v Lavater gekommen wäre, wovon ich Ihnen durchgaus gleich eine Abschrift schicken mußte. Ich hatte Lavatern wegen eines Auftrags Nachricht zu geben; meldete ihn bey der Gelegenheit, daß Leuchsenring, der jetzt in der Schweitz, vielleicht bey ihm in Zürich wäre, denen Hyper-KryptoJesuiten zu Berlin, alle ihr Geschwätz über die Prolesitenmacherey eingeblasen hätte. Berührte hiernächst den Brief an Markard, gemäß denen Nachrichten der Hamb. Zeitung, weil ich den Nov der Berl. MonathSchrift noch nicht hatte. Fragte, warum er wieder so schnell gewesen wäre; er sollte immer der letzte seyn dergleichen Nachrichten zu geben, u es könnte nie zu irgend etwas gut seyn, daß er der Erste wäre. Fragte, wie es mit der Publikation dieser Briefe zugegangen wäre; ob sie ohne seine Schuld u gegen seinen Willen geschehen sey. – Die Abschrift die ich Ihnen schicke ist hierauf die Antwort. Gestern Abend erhielt ich endlich den November der Berl MonathsSchrift. In
    meinen
Augen ist die Antwort des Hofraths
    nicht
ohne Tadel. Sie ist v Anfang bis zu Ende mit der Absicht geschrieben, die Sache in den Druck zu geben. Was er über Philosophie sagt ist sSophisterey, denn wo ist die Grenze der Spekulation, wenn die Philosophie nur sich selbst zur Unterlage hat, u zum Gegenstande einzig u allein unser Fleisch u die Oekonomie seiner Lüste u Begierden? Daß man nur für seinen Leib sorge, das u nicht anders, verstehen sie unter dem gesunden Menschen Verstande. – Die Publication der Briefe ist v den Berlinern nach der Maxime des Cicero geschehen: servanda fides, nisi violetur regnandi causa. In Beziehung auf meinen Brief an Kleucker muß ich noch sagen, daß ich zu keinem Orden gehöre, zu keinem nie habe gehören wollen. Ich denke über diesen Punkt gerade wie Garve*, deßen Epistel, die Complimente ausgenommen mir sehr gefallen hat. Sie schrieben mir neulich von politischen Charaktern, wie denen mein Spinoza Büchlein entgegen käme, u fügten hinzu: „Da ich mehr auf das Intereße Ihres Herzens u Ihrer ganzen Seele Antheil nehmen muß, so sehe ich manches in einem ganz andern Lichte u Zusammenhang an, u mache mir Grillen, die vielleicht eben so wenig Grund haben. – Können Sie mir nicht sagen, was das für Grillen sind. Die heutige Post hat mir ein liebes Briefl v unserm Buchholtz gebracht. Er spricht darin von einem andern Briefe den er mir geschrieben habe, u der nicht in meine Hände gekommen ist. – Fahren Sie fort ihm Luft u Waßer nachdrücklich zu empfelen. Ich hoffe bald zu hören daß Sie würklich daran sind die Novitzen des Pater Brey ihre Residenz halten zu laßen. – Am Sonnabend las ich Blumauers 42te Beylage zu Nikolais Reisebeschreibung, u hatte große Lust. Dies Pamphlet, daßs schon im Jahr 84 gedruckt ist, war mir nie zu Gesicht gekommen. Leben Sie wohl, lieber HerzensFreund! – Ihr Fritz Jacobi Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco
Vermerk von Hamann: Erhalten den 31 Xbr. 85 Geantw. den 1. 2 Jänner 86 * u lange vor ihm Sokrates gedacht hatte.
Düßeldorf den 23ten Xbr 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 4 Jänner geantw eod. 5. nebst einem Bilde von Sennewald No 21. Mein Befinden, lieber Hamann, ist noch immer eben schlecht; ich gehe herum wie ein Träumender, und kann den Gram darüber, daß ich so herum gehen muß, nicht überwinden. Heute erhielt ich einen Brief v Reichard. Mendelssohn hat zu ihm gesagt: „sein (Mendelssohns) Vergehen gegen mich, liefe wohl hauptsächlich darauf hinaus, was ihm schon eher seine Freunde vorgeworfen hätten, daß er keinen rechten Begriff v Ehre u point d’honneur habe, u man hierin seine Erziehung erkenne.
    In meiner Schrift, so weit sie ihn beträfe
, könne er keine andre Absicht erkennen,
    als daß ich ihn bekehren
    wolle
, wie ich vielleicht auch Leßing hätte bekehren wollen. Ein Schreiben an mich hätte er schon aufgesetzt, welches nächstens öffentlich erscheinen sollte, u womit er mich nicht zu beleidigen glaubte.“
Ich vermuthe, Mendelssohns Schreiben, wird im nächsten Stück der Berl. M Schrift sehen. Machen Sie also daß Sie dieses Stück gleich erhalten, u melden Sie mir dann, was ich thun u was ich
    nicht
thun soll soll. Das Vornehmen des Rabbi scheint äußerst malizieus zu seyn. Er will wahrscheinlich von der einen Seite mich lächerlich machen, um von der andern Seite desto mehr Zweifel gegen die Treue meines Berichts erregen zu können. Da erhalte ich eben das 197 Stück der Gött. Zeitung, mit einer Rezension meines Sp. Büchlein, unter einem besondern Couvert. Auf dem Petschaft steht ein H, u ist also wohl gar eine Politeße v Heyne. Ich habe alle Ursache mit dieser Rezension zufrieden zu seyn. Die Verlegenheit des Verfaßers, zwischen dem Atheismus u dem Mystizismus des Büchleins, reine durch zu kommen, hat mich ergötzt. Leben Sie wohl, lieber HerzensFreund, u nehmen Sie vor lieb mit diesem elenden Wisch. Ich selbst bin mit meiner Lehrheit weit übler dran als Sie – Von ganzem Herzen Ihr F Jacobi Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco Wesel.
Vermerk von Hamann: den 4 Jänner 86. Geantw eod. 5 – nebst einem Bilde von Senewald.
Am Weynachts heil. Abend 85. Vermerk von Jacobi:
    Ankündigung des fliegenden Briefes
Sind Sie nicht mehr mein Jonathan? Ich bin 2 Posttage selbst bey unserm Entreposeur gewesen, und habe heute den Hill geschickt, der in der Nachbarschaft wohnt, mir eine Einlage zu bringen, wenn eine da wäre. Es ist schon gegen 10 Uhr Vormittage, und er kommt nicht; so nöthig auch einen Trunk kalten Waßers von Ihrer und B. Hand hätte. Nichts als altum silentium. Ich bin diesen Mittag zu Hippel gebeten, bey dem Scheffner angekommen – mein Michael soll mich entschuldigen. Die Kälte geht mir nahe – Hartknoch hatte zu Ostern den frommen Einfall mir einen alten Peltz zur Reise zu verehren, der mir sehr wohlthätig ist: sonst wäre ich gar nicht im Stande auszugehen, und müste schlechterdings die K Stube in meinem Katzenpeltz hüten. Ich fühle jetzt mehr wie sonst, daß mein alter Kopf unter der Vormundschaft des verdorbenen Magens steht, habe schlaflose Nächte, und habe gestern den ganzen Tag nach 2 Biergläser mit Sal Glauberi laufen müßen. Woher kommt Ihr u B. altum silentium? Ist letzterer mir böse geworden, daß ich ihm die Wahrheit wegen seiner Diät gesagt, die er freylich als eine alteram naturam säuberlich behandeln muß. Es ist doch mit den Wochen seiner Marianne nicht so weit gekommen, als mit den Geburtsschmerzen meiner Muse und Autorschaft, der es beynahe wie der
    Rebecca
geht mit ihrem Bennoni oder Benjamin. Ich nehme jetzt meine Abschiedsaudientz von
    Niemand
dem
    Kundbaren
, und der Keßel meines brennenden Gehirns schäumt so entsetzlich, daß ich beyde Hände nöthig habe den Unrath abzuschäumen und das Ueberlaufen zu verhindern. So was
    Panisches
haben Sie weder gelesen, noch im Rabelais oder Tristram Shandy gefunden – Es ist nicht mehr die Stimme eines Predigers in der Wüsten, sondern des dreyköpfichen Höllenhundes Cerberus. Es ist eine wahre
    Feuertaufe
, die über die Philosophen und Chaldäer in Babel regnen wird. Kein
    Jupiter pluvius
wie in der Beylage der Sokr. Denkw. sondern ein Schwefelregen über Sodom u Gomorrha. Ich liege beynahe der Wuth unter, die in allen meinen Adern pocht und tobt, und erschrecke vor meiner eigenen
    Kraft
, die einem hitzigen Fieber ähnlich ist, und mir selbst nicht natürlich vorkommt. Es ist nicht Schertz, sondern
    Ernst
mit dem ich Ihnen, lieber Jacobi, die Schwachheiten meines Herzens anvertraue. Sie wißen meinen ganzen Plan, und ich habe Sie zum
    Theilnehmer
, zum innigsten deßelben gemacht, und erwarte auch Ihren Beystand zur Ausführung. Aut – aut – Stillschweigen stockstill – oder Himmel und Erde bewegen. Das erste steht noch immer in meiner Gewalt und beruht auf meiner Willkühr – Ich besorge aber daß ich in meiner Arbeit, die das Maas von 3 Bogen nicht übersteigen kann – denn ein solches Specimen muß seiner Natur nach kurz seyn, und selbst die Natur des Lesers erfordert
    Kürze
, das feinste Crystall zu Spitzgläsern, keine engl. Punsch-Schaalen. Ich will dies monumentum meiner Autorschaft wohl anbieten meinem Landsmann Hartknoch, kann ihm aber weder den Verlag zumuthen noch anrathen, weil es ein salto mortale wenigstens seyn soll, auf den ich mich lange vorbereitet – und mein ganzes bisher im Dunkeln getriebenes Federspiel entscheiden soll zu einem seel.
    Ende
und Punctum saliens eines
    beßeren Lebens
. Ich beschwöre Sie also bey aller unserer Freundschaft, lieber Jonathan, mir mit der ersten Post zu melden, wo Ihr Spinoza Büchlein gedruckt worden, und ob Sie das Herz und die Barmherzigkeit dieses letzten Freundschaftsdienstes für mein noch ungebornes Kindlein zu übernehmen, es mit aller nur mögl. menschlichen Vorsicht und Verschwiegenheit zur Welt zu bringen. Ich verlange mehr nichts als eine reiche Anzahl Exemplarien für meine und Ihre Freunde in memoriam. Die Liste der ersten werde dem Mst beylegen, sobald es fertig ist zum Ueberschicken, auf Ihr deutsches
    Jawort
. Alea iacta est und der Rubicon wird kein rothes Meer seyn. Allso kein politisches
    Schone Dein selbst
! meinem festen Entschluß entgegen gesetzt, sondern ein eben so mannhaftes Legatur zu meinem Scripsi. Ich erwarte mit allernächster Post Ihre Antwort mit der deutlichsten
    Umständlichkeit
, um meinen eigenen Detail darnach bestimmen zu können. Machen Sie auf allen Fall, alles fertig zur pünctl. Execution meines letzten Autorwillens, und werden Sie mir keine feige Memme aus Freundschaft oder Superklugheit. Ein Mann, der sich 25 Jahre bedacht hat, ist befugt, peremtorisch u ein wenig dictatorisch zu Werk zu gehen bey einer so
    bösen
und
    kurzen
Zeit. Der letzte Schlag ist dem
    Helden
vielleicht näher als mir, oder wir sind beyde gleich recht. Ich werde eilen – und Sie auch, als mein General-Lieutenant. Vergeßen Sie aber deshalb nicht mir auch zu melden, was mein Alcibiades Buchholtz und seine junge Marianne macht; ob sie schon anfängt ihre Feengestalt zu verrathen. Wenn Sie eine Xantippe wird, so ist der welsche Champagner Schuld daran, der den schwangern und unsichtbaren Engeln nicht gut ist. Meine Diät wird mir auch verflucht sauer; aber zu meinem Exorcismo der unreinen Geister die ich austreiben will, muß ich reines kaltes Waßer und mein Kämmerlein dem öffentl. Gottesdienst vorziehen müßen. Den 2ten Theil der philosophischen Vorlesungen habe durchgelaufen und bin eben so zufrieden als mit dem ersten; desto ungedultiger auf den dritten. Sonst habe nichts gelesen als den dritten Theil der Büschingschen Biographien, die Ihnen auch empfehle. Scheller ist bey seinem alten wunderl. Senior in Petersdorf, und wird wie ich gehört auf Neujahr introducirt werden. Wenn er von da über Königsberg durch mein dunkles Kämmerchen wider nach Graventihn gehen wird, um seine Sachen und Ausstattung von da aus gerade in seine Adiunctur zu bringen wird weiß ich nicht. Mein Nachbar u Artzt, Miltz, besucht mich und macht mir Hofnung noch ein Kindelbier zu erleben, auf dem er sich selbst zu Gaste gebeten. Besorgen Sie mir, lieber J. eine gute Säugamme für die unzeitige Geburt meiner saturninischen Vaterschaft. So warm wie er mir abgeht, sollen Sie den kleinen Phosphorum meiner s.v. vulua erhalten, bitte mir aber den richtigen Empfang und Transport ins Reich der schwarzen Kunst des Lebens zu bescheinigen. Das Mst. das ich Ihnen zum Heil. Christ oder Neujahrsgeschenk gewiedmet habe ist kein Kinderspiel, sondern der ganze Schatz meines Kopfs, meines Herzens, und sämtl. Eingeweide die Pudenda nicht ausgeschloßen. Also entsprechen oder antworten Sie bald meiner Ungedult. Getrieben vom freundschaftl. Rath meines Artzts und durch eine sehr herrliche Mahlzeit von einigen Löffeln grauer Erbsen, von denen ich selbst einen Scheffel à 2 rth eingekauft mit einem ℔ Kalbfleisch in einer Kranken- Suppe und einem Paar Semmel für 32 Schilling – woraus sich mein gesunder Appetit errathen läßt – gestärkt eile ich diesen Brief zu beschließen, von meiner Amtsstube zum Dessert der beyden Kriegsräthe und mit meinem Ascanius zur Dido Courtan auf ein Schälchen Caffé – Uebermorgen, am letzten olim mittelsten Feyertage ist meine Lisette Reinette und Louischen Miltzin zu Gaste, wird daher kaum am Schreiben zu denken seyn. Gr. Stolberg soll von Petersb. wirkl. abgereist seyn, aber noch nicht hier – Die holde Elise mit ihren beyden Nymphen auch nicht. Nachricht aus Wandsbeck auch nicht weder durch Sie noch sonst woher. Hoffe daß alles glückl. überstanden ist – und wenn ich was in Münster verdorben haben sollte, es gut zu machen bis ich mich selbst rechtfertigen kann mit odyßeischer Klugheit. Leben Sie wohl, lieber Geschäftsträger! und machen Sie, daß ich mit Ihnen auch künftiges Jahr zufrieden seyn kann: sonst hört alles mit dieser Neige auf. Vor allen Dingen schenk Ihnen Gott Gesundheit, wenigstens so erträgl. wie wir uns hier zu erfreuen haben ohn all unser Verdienst u Würdigkeit, durch Göttl. Gnade, Barmherzigkeit u Langmuth. Halt Ihre liebste Schwester Helena nicht Nachbarschaft mit der M.B? Wie pfiffig unser alte Kant den 2 Theil des Herders recensirt hat, auch Ihre Erinnerungen an den Mann gebracht. Meine letzte Einl ist doch wohl schon unterwegs nach Weimar. Nach Zürich kann noch nicht schreiben. An unsern Hill wird auch dgedacht von oben her, und eine eventuelle Vacantz unserer hohen Schule in der Mache u Arbeit. Gott seegne Ihr Haus mit allem, was ich mir selbst u den Meinigen – auch zu Ihrer Empfehlung – wünsche. Wenn meine schwere patriae manus nicht sinken: so jauchzen wir Triumph und Sieg über Amalek. Unterstützen Sie selbige durch gute Nachrichten u leben Sie recht wohl in secula seculorum. Amen. To be or not to beNon omnis moriar. Mehr zum Neuen Jahr, so Gott will und wir leben. Aber vor allen Dingen
    Antwort
, auf die man bauen kann wie auf einen
    Felsen
, wenn es zum
    Bauen
komt. Aut nil aut παν. Joh Georg H. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. / Fco Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 26ten Xbr 1785 J. G. Hamann   empf. den 5ten Jan 1786 beantw. den 6.ten
Kgsb den 28 Xbr. 85. Diesen Morgen, lieber Herzens J. fand ich das XII Stück der Beytr. zum H. Corresp. auf meinem Amtstische. Ich verschlang es und laß es noch einmal ohne eben daran erbaut zu werden. Da habe ich ganzer 2 Stunden gelauert auf Ihren Briefboten – Er kam nicht und ich machte mir andere Plane, borgte einen Stock u lief nach der Stadt. Eben kam ich auf das Eis bey der Ueberfahrt, da ich unverhoft den Mann vor mir fand mit der ganzen EinlLadung von Einlagen. Bey Me Courtan hatte Bestellungen u nahm zugl. auf dies Jahr Abschied. Von da lief ich zu Ihrem Namensvetter, der auf dem Lande die Feyertage zugebracht hatte, besorgte die Einl. nach Petersburg, die bestens bestellt werden wird, weil C.R.F. dort keine Verbindung zu haben scheint, und weiß daß Freund Jacobi dort zu thun hat, der auch über den Namen stutzte und sich erinnerte einen sehr liebenswürdigen Mann ohne
    von
gekannt zu haben, sich aber nicht recht besinnen konnte. Wegen Claudius bin ich beruhigt, theils aus dem Stillschweigen des Grafen aus
    Tremsbüttel
– theils aus dem Gerücht einer angekündigten Uebersetzung. Aber daß ich keine Zeile aus Münster erhalten, kann mir unmögl. gleichgiltig seyn. Ich bin die Feyertage nicht aus dem Hause gewesen. Montags besuchte mich Lisette Reinette und gestern habe ich auf das 2te Jahr das erste Viertel praenumerirt. Heute ist just Ein Jahr, daß meine gute liebe älteste Tochter in Pension kam, die eine Mutter an der Bar. und Ihrer Freundin Fräul. von Morstein hat, ohngeachtet sich beyde nur Tanten von ihren Pflegkindern nennen laßen. Sie können leicht denken, wie ich nach Münster hindenke, und wie mich alle Freuden, die ein Vater haben kann, mich daran erinnern. Sollte ich mit meinem Briefe Anstößig gewesen seyn: so habe ich die gute Meinung von B. Aufrichtigkeit, daß er sich rund und deutsch darüber gegen mich erklären wird. Da ich an meiner Entkleidung u Verklärung arbeite: so kann ich jetzt nicht schreiben – und von beyden hängt auch meine
    Freyheit
ab – Es mag nun gehen, wie Gott wolle. Ich habe die Hand einmal an den Pflug gelegt und werde nicht zurücksehen noch ziehen, ohne
    höheren Wink
. Einen Brief vom lieben Kleuker habe am wenigsten erwartet, und mich lange besinnen müßen, daß ich ihm geantwortet habe. Seine Salomonische Denkw. hat mir der Verleger bis auf das Titelblatt mitgetheilt. Ich habe auch selbige gelesen – aber Dii Deaeque me perdant – wie ein römischer Tyrann an den Senat schrieb. Mein Kopf ist so schwach, daß ich alles unter den Händen vergeße. An Gedächtnis fehlt es mir noch eben nicht aber gantz an reproductionen. Ich muß das nehmen was es mir von selbst auswirft, nicht was ich haben will oder mir nöthig ist. Auf seine Untersuchungen freue ich mich über die Mysterien – manum de tabula aber heißt es bey mir. Vor jenen 20 Jahren lernte ich arabisch, um auf die Origines der
    Humanität
wie Herder es nennt, zu kommen. Nun ist mir alle Lust vergangen – und der Gaul taugt nicht mehr zu ebentheuerl. Ritten. Nach der
    Chevilah
habe ich lange gnug herumgesucht; denn was der seel. Ziehen von der hieroglyphischen Sprache sich verlauten ließ, machte auch ungemein aufmerksam. Seine ganze Astronomie und alle übrige geht mich so wenig an als das die gantze
    Botanik
,
    Chymie
u andere Dinge mehr, von denen ich sehr hohe Begriffe habe, weil ich leider! beynahe keine davon mir habe erwerben können. Also ist meine Diät auf Ein einziges Gericht und Vnum necessarium eingeschränkt. Auch verträgt mein alter Magen nicht mehr. Ich biethe allso Ihre Freundschaft auf, mich bestens bey unserm lieben Kleuker zu entschuldigen, den ich noch immer Hofnung habe persönlich zu kennen und mündl. alles gut zu machen, was ich nicht mit der Feder thun kann. Ich habe auch unserm Lavater noch nicht einmal danken können weder in meinem noch Hills Namen. Der ins Verborgene siehet, wird es thun – Aber den 4ten Theil des Pontius Pilatus hab ich noch nicht, auch seinen Salomo noch nicht einmal gesehen, muß mich auch damit trösten Ihn selbst darüber exequiren zu können. Versichern Sie Ihn wenigstens, daß der Berlinsche Handel meine Freundschaft für ihn
    vermehrt
und
    gestärkt
hat – und daß ihm eben so heilsam wie dem heil. Paulo ist bisweilen gestäupt zu werden, wenigstens zum Besten seiner blinden Anhänger, die vielleicht ein solches Correctiv nöthiger haben, als Er selbst.
Vor einigen Wochen erhielt ich einen Brief von einem Geistl. bey Emden, der sich auch als einen Freund u Schüler unsers Johannes anmeldete eines mir bekannten Juden wegen, der über die Kantsche Philosophie seine 5 Sinne verlor, und jetzt ein Proselyt werden will. Kant u sein Exeget der Hofprediger M. Schultz, haben gl. geantwortet mit verguldeten Pillen. Dieser an sich unbedeutende Umstand und ein noch verdrüßlicherer Vorfall gaben mir Anlaß an den würdigen Häfeli zu Wörliz zu schreiben dem ich eine Antwort schuldig war auf einige sehr liebreiche Zeilen die er meinem Hill, der bey ihm angesprochen war, mitgegeben hatte. Den IV Advent erhalte ich von diesem rechtschaffenen Freunde eine Antwort nach Wunsch, aus der ich Ihnen folgende Stelle abschreiben muß: „Dem hiesigen Superintendenten de Marees, der vor einem Jahre die lesenswürdige Schrift:
    Gottesvertheidigung über die Zulaßung des Bösen
herausgab, habe ich vor ein Paar Wochen ihr G. u Sch. zu lesen gegeben. Den Jubel des 68jährigen Mannes hätten Sie sehen sollen. Er las mir in der Freude seines Herzens das ganze Büchlein vor, wie wenn er mirs erst bekannt zu machen hätte. Den Mann müßen Sie doch kennen lernen, wenn Sie können, er ist erzgelehrt in seinem Fache. Auch sein Buch müßen Sie lesen. Sagen Sie mirs, wenn’s Sie’s nicht beqvem bekommen können, ich will es Ihnen zu verschaffen suchen“ Ich bin gegen Lob und Tadel nicht gleichgiltig, aber sehr behutsam und beynahe scrupulös, daß beydes von
    guter Hand
komme. Der Innhalt aller
    Theodiceen
u der Manichäismus mit allen seinen Widerlegungen ziemlich verdächtig. Häf. ausdrückl. Bitte u der Geschmack eines so alten Mannes reitzten demohngeachtet meine Neugierde, und die Unvermeidlichkeit einer Gegenantwort auf seine Gefälligkeit und Aufrichtigkeit seines Verhaltens in einer sehr indiscreten Angelegenheit von meiner Seite. Ich erkundige mich durch alle mögl. medios terminos in beyden Buchläden, ohne es erhalten zu können was ich suche, weil ich selbst in keinen komme, und nichts unmittelbar borge noch baar kaufe. Gestern bringt mir einer meiner Emissarien von demselben de Marées eine
    Untersuchung der Verbindlichkeit der göttl. Gesetze von der Todesstrafe des Mörders
und von Vermeidung blut
    schänderischer Heirathen
Deßau 771. Ich habe dies Buch mit so viel außerordentl. Vergnügen gelesen, daß ich nach dem neuesten die Zeit nicht abwarten kann, und empfehle es Ihnen auch, ohne zu begreifen wie ein so gründliches vorzügl. Werk nicht allgemeiner bekannt geworden. Es ist gegen Michaelis u Baumgarten gerichtet, und ich habe mich nicht satt lesen können. Ich habe so viel Neues, so viel Individuelles für meine Ahndungen darinn gefunden – so viel Aufrichtendes an dem Beyfall eines solchen Meisters in Israel, daß ich alle Recensionen in römischen u gothischen Lettern nicht vertauschen wollte. Wenn seine Gottesvertheidigung auch so gerathen ist: so wird Ihnen mein Wink nicht leid thun, sich darum zu bekümmern. Oder sagen Sie mir, wenn das Lob mein Urtheil bestochen. Ich habe wenigstens sehr merkwürdige Aufschlüße über Hams, Onans Sünde, die Leviratehe und selbst Anticipationen über die Autonomie unserer neusten Kritiker gefunden, und manchen andern Wind unsers Genii Seculi.
Der ehrl. Kraus brachte mir am 1. Feyertage des Abends selbst unter seinem Peltz eine halbe Bouteille rothen Wein, den er geschenkt bekommen und nicht hatte bezwingen können, u bat mich den andern Tag eine volle mit weißem Wein der ungemein nach meinem Geschmack und für meinen Magen war zu trinken. Brahl brachte mir Gerstenbergs Melodrama, einen impertinenten Versuch des Beckers über ein Noth- und Hülfbüchlein, der Z. F. D. u R. Briefe hat vordrucken laßen ohne ihre Winke nicht verstanden zu haben, um in einer vierspännigen Equipage sich den armen Bauern oder ihren gelehrten Mecänen bestens zu empfehlen. Den Morgen drauf schickte ich beyde dem Scheffner zum Ansehen zu, eines als ein sehr schönes, das andere als ein sehr impertinentes Buch und mit der Nachricht das
    Beste
für mich behalten zu haben. Dies war
    Götzens Allerley
. Meine Kritik war unterwegs geblieben und wie ich die Bücher gestern Morgen wider abholte versicherte er mich, das sSchöne gar nicht angesehen, und von dem argen 40 Exempl. für sich u seine Nachbarn bestellt zu haben in petto. Wir lachten über unser beyderseitiges Mißverständnis, und bleiben bey aller Divergentz unserer Urtheile u Meinungen gute Freunde. Meine Gesundheit verbietet mich aber diesmal sein Adiunctus an seines Wirths Tafel zu seyn. Ihren klugen Freund G. halten Sie gegenwärtig warm u bey guter Laune. Da er den Herz. begleiten wird, so kann er die Chaldäer in B. am besten ausholen, und bitten Sie ihn um seinen
    guten Rath
oder Gutachten. Ich habe gar nicht gemeynt, daß mein Golgotha bewegen können den Mendelssohn, Vorlesungen für seinen Sohn zu halten – denn das sie es wirkl. sind, weiß ich von einem Zuhörer derselben, sondern nur die
    Herausgabe
derselben befördert, und hierin glaube ich nicht gantz falsch vermuthet zu haben. Wenigstens kommt es mir gantz natürl. vor die Beschuldigung des Atheismi dadurch so kurz wie jener durch sein Auf u Niedergehen die Existentz der Bewegung bewies, widerlegt zu haben. Hill hat mir eine ähnl. Geschichte von G. erzählt der ihren Bust Schmeicheleyen in W. gemacht u die denen in seinem Briefe ähnlich sind. Auf seine Fragen von Gegenanstalten hätten Sie auf der Stelle antworten sollen. Meynst du? – und wie? Giebt es denn kein anderes Wißen als à priori und muß man aus Cogito allein folgern das Sum. Dieser Cartesianismus ist von Sp. u Wolf übergegangen und da liegt der Haase im Pfeffer. Das
    meiste
Ihrer mir mitgetheilten Anekdoten ist mir bekannt. Das Wunder wurde mir bey seiner ersten Erscheinung in B. sehr weitläuftig geschildert. Ich habe also an
    Bestätigung
und
    Zusammenhange
etwas mehr gewonnen. Fahren Sie fort mir Ihre Nachrichten das Nöthige u Nüzliche zukommen zu laßen und versichert, daß ich Schlangenklugheit mit Taubeneinfalt auch nöthig habe conf Joh. II. 24. Also darüber seyn Sie gantz ruhig. An Ihren
    Spinozismum
denke ich jetzt gar nicht. Der kommt Zeit gnug, aber der
    Atheismus
gehört in mein ressort. Sie citiren eine Stelle aus meinem Briefe und beschweren sich darüber Iihren Sinn nicht zu verstehen. Der Anfang Ihres Büchleins betrifft ein historisches Factum und ist also
    Erzählung
. Mit dieser Erzählung ist Scheffner so zufrieden, wie Göthe mit der Klugheit oder Arglist Mendelssohn den Spinoza u Leßing anzuführen. Darnach kommt der
    dogmatische
undoder
    kritische Theil
– Ihr Brief an Hemst. war doch wahrlich keine Antwort auf seinen Brief, und überflüßig zum historischen Theil des Werks. Sie verriethen darinn zu viel arcana Ihrer Philosophie – Das Ende war in einer gantz andern
    Manier
, die Göthe Glaubenssophisterey nennt. Weder Hemst. weiß mag wißen, wie er zu diesem Briefe von Ihnen gekommen ist, noch das Publicum, warum Sie selbigen ihm in Original und Uebersetzung mittheilen. Es ist weder rechte Widerlegung noch Entschuldigung des Spinozismus. Ich habe nur den Extract des Bayle u ihn dem Kraus ausgeliehen. Im Article Spinoza werden Sie die Stelle aus
    Bernier
finden. Das obige schrieb ich vielleicht damals um Mendelssohns Anspielung Ihnen zu erklären auf die Säule Nebucadnezars. Ich hoffe es noch bunter zu machen und dadurch eben die
    Einheit
zu befördern, welche in der innern Oekonomie mehr als der äußern liegen muß. So bald ich einen Bogen von meiner traurigen Arbeit fertig habe, will ich Ihnen zur Probe selbigen überschicken. Da mögen Sie auch sagen, was Sie wollen. Seit 3 Tagen habe keine Feder wider ansetzen können. Ebbe u Fluth wechselt immer bey mir. An meinem Willen soll es nicht fehlen daß die Philosophen, die allgemeinen deutschen zu B. Zeter über mich schreyen von den Cedern bis auf den Moos der an der Wand wächst. Ob ich Wort zu halten im stande bin, soll schon Sie die Probe lehren – und wie mir dabey zu Muth gewesen. – Das geht aber so geschwinde nicht dem
    eckeln Undinge
ein
    Ende
zu machen – ein solches Ende ist der Anfang eines noch eckelern Undings – Mit Gedult u Weineßig kommt aber über die Aplpen und bahnt sich Wege, wo andere verzweifeln. Ich war am heil. Abend meiner Sachen schon so gewiß, daß ich alles bey Ihnen bestellte. Wie hängt alles von Augenblicken, von den kleinsten Umständen ab! Das tiefste innigste Gefühl davon ist Sporn und Zügel meines geflügelten Gauls – das bald stätig, bald wild wird und wie Bileams Esel Dinge sieht, welche den Augen des Propheten selbst verborgen sind. Meine letzte Audientz soll wenigstens so feyerlich seyn als meine erste bey Niemanden dem Kundbaren gewesen.
Wenn Sie es Ärger oder beßer machen können: so will ich mir gern das Maul stopfen laßen von Ihnen auf beyden Fällen. Nun
    denke
ich nicht eher zu schreiben bis ich mit der Beyl. fertig seyn werde; gesetzt daß es auch bis zum Geburtstage unsers Davids währen sollte, der mit dem Ende des ersten Monden eintritt, und dem ich gern zum zweiten mal mein Schicksal anheimstellen will.
    Es gehe
, wie
    es gehe
! In meiner Sache ist nicht die Rede vom menschl. Urtheil zweer Todten – sondern Rem populi ago, Suis atque Mineruae, wie mein seel. Lehrer Rappolt sagte in seinem Sermone ad Pisones über die grauen Erbsen. Geben Sie mir, liebster J. bald von des jungen Paars Gesundheit gute Nachricht ohne von Befremden über sein Stillschweigen sich merken zu laßen, zu dem Er so gute Gründe wie ich zu dem meinigen haben mag. Grüßen Sie auch den Charon Claudius, der was klügers u einträglichers als Uebersetzungen liefern sollte. Kann er Ihnen den Gecken nicht melden, der Ihr Sp. Büchlein u die jüdigen Morgenstunden oder Vorlesungen ausposaunt. Sind Ihre Buchladen auch so schlecht wie unsere bestellt? Sehen Sie doch wenigstens de Marées an, um mein Urtheil zu berichtigen. So bald ich seine
    Gottesvertheidigung
auftreiben kann, werde auch dran denken. Wenn sie so gut als das erste ist: so find ich gewiß Oel für meine Lampe, und Sie für die Ihrige. Es giebt nur Eine gerade Linie und Philosophie, welche zugl. die kürzeste ist  
    Minimvm est
, quod scire laboro,
sagt mein alter Persius. Haben Sie schon Pf. zweyten Theil gelesen? Er thut mir Gnüge und macht mich noch lüsterner nach dem dritten. Ich drücke Ihn an meine Brust, u. verzeih ihm jetzt seine Journale (deren Plan mir gar zu polypragmatisch vorkam) und ein wenig schlimmer – Auch seine jüdische Briefe werde kaum lesen können, bis er damit zu Ende seyn wird. Der Verdacht von unserm lieben Johannes, könnte einem eher von
    jenem
einfallen – denn da lag etwas mehr dahinter, bey dem mir eben nicht recht zu Muthe war, weil die Expansion der guten Sache eben nicht mein Fach ist. Aber seine Vorlesungen haben mich völlig ausgesöhnt – und der Schein des Bösen ist doch beßer als der Schein des Guten, wenn die Welt ja betrogen seyn will und muß.
Ich umarme Sie mein lieber Jonathan, und bitte das Neue Jahr gesund und heiter anzufangen ohne Kopf- und Magenweh noch Herzklopfen sondern in der besten harmonia praestabilita des Mir nichts, Dir nichts – der den Himmel auch auf Erden schalten und walten läßt, sein Brodt mit Freuden ißt, seinen Wein mit gutem Muth dringt – und ruht von seiner Arbeit in guter Hofnung, daß seine Werke ihm nachfolgen werden. Non omnis moriar! Gott seegne Sie und die Ihrigen – worunter mich u die meinigen auch zu rechnen bitte  J. G. H. Ich werde noch alles anwenden um Kant zum Schreiben aufzubringen. Haben Sie seine Recension der Ideen gelesen und die Wirkung auf unsern Freund? Ich muß ihn so nächstens besuchen in einer Angelegenheit Hills, für den er sich interessirt. den 29 – des Morgens. Ich besinne mich noch eine Frage nicht beantwortet zu haben. An meinen Gevatter Reichardt habe noch nicht geschrieben, weil er gegenwärtig mit Arbeit so überhäuft seyn muß, daß er nur seine Ankunft in wenig Zeilen an seine nächsten Blutsfreunde hier gemeldet. Außer der Opera buffa vielleicht zum
    Abendliede
des Maitre hat er Autorschaft und Reise, wie Sie mir melden, und der Himmel weiß was noch mehr im Kopfe. Ich werde also wenigstens den terminum der öffentl. Lustbarkeiten abwarten und die Sechswochen meiner typischen Autorschaft, weil selbige mit zu meiner Lage gehören und den erforderl. Maasreguln zu meinem Exilio oder Exodo. Diese 3 letzten Tage des alten Jahrs möchte wohl zu Hause bleiben und von neuem ansetzen, weiter zu kommen. – – Eben komt die Nachricht, daß ein Holtzdieb diese Nacht unsern
    eingefallenen
Stall besucht und den kleinen Vorrath noch kleiner gemacht. Die Domainen Cammer u das Admiralitäts Collegium von einer Seite und die Direction u Administration streiten sich wer die Kosten zum Bau hergeben soll – Darüber fällt alles ein, und geht zu Grunde. Gestern erfuhr, daß
    Sämmtl. Zollbediente sich an den Kronprintzen gewandt
und ihm ohne Vorwißen der Mehreren noch einer andern als allgemeinen Unterschrift den Raub unserer Fooi-Gelder u die um die Hälfte beschnittene Gratification des vorigen Jahres vorgestellt durch die Hinterpforte der Küche. So vielen Einfluß haben die Minister des Sieur Noel. – Verzeihen Sie diese lächerl. Kleinigkeit; sie gehört aber mit zu den Considerations oder Conjectures über die Größe der preuß. Monarchie u den Verfall des Königreichs Preußen und zu meinem Erbhaß gegen die verwünschte Berliner und ihre Chaldäer. Da haben Sie, liebster J. pro arrha den Titel: Fliegender BriefZach. V. conf. Matth. XXIII. 34. an NIEMAND den KundbarenIch ziehe Niemand vor als indeclinable dieum die Collision des Ohrs zu vermeiden
    Entkleidung
und
    Verklärung
u Niemand als
    proprium
besser
einesindeclinable klingt.
Predigers betreffend Non
    fumum
    ex
    fulgore
, sed ex
    fumo
dare LVCEM
Cogitat   – – –  Horat.
MDCCLXXXVI. Der Tag ist da, und ich will nicht mein Talchlicht eher auslöschen, bis ich diesen Umschlag gesiegelt habe. Vale et faue! und schreiben Sie bald, wie ich es auch zu thun denke. DEVS VOBIScum!!! Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fc Wesell
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 28ten Xbr. 1785 J. G. Hamann empf. den 10ten Jan 86 beantw den 13ten
Düßeldorf den 30ten Xbr. 1785. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 14 Januar 86. Geantw. d 15 – 18 nebst der I. FortsetzungNo 22. lieber Herzens Vater, Freund u Bruder, Ich kann das alte Jahr nicht zu Ende gehen laßen, ohne Ihnen noch einen Gruß aus dem innersten Grunde meines Herzens zu bringen. Wie viel sind Sie mir nicht in dem kurzem Zeitraume geworden! – Gott wird Sie erhalten; er wird Ihre treue Seele noch nicht von mir nehmen. – Er sey mit uns, lieber Hamann, auch im neuen Jahre. Mit innigster Andacht steh ich in diesem Augenblicke vor ihm – mit Dir; rede von Deinem Vaterherzen mit Ihm; und vertraue mit lebendigerm Glauben dem Seinigen – Ich möchte mehr reden, u kann nicht, und mag nicht. Ich hoffe die Unpäßlichkeit mit dem Bösen Nahmen, ist wohl nur ein Krampf gewesen, u wird ohne Folgen bleiben. Aber laßen Sie sichs immer eine Warnung seyn, u wehren Sie sich, wie Sie versprochen haben, gegen den Knochenmann so gut Sie können. Mir ist als wenn mirs verheißen wäre, daß Sie mir nicht genommen werden sollen. – Die böse Nachricht ausgenommen, hat Ihr Brief mich im innersten der Seele erfreut. Ich erhielt ihn Abends am Christtage, eine Stunde vor Abgang der Reichspost, so daß ich die Einlage an unsern Herder noch befördern u ein paar Zeilen dazu schreiben konnte. Die Aufträge an unsern Franz habe ich mit erster Post ausgerichtet, u heute auch Ihren Gruß an die Fürstinn bestellt. – Mich verlangt unaussprechlich nach der Nachricht, daß Ihr tractatus Theologico Politicus u totius medicinæ idea nova, guten Fortgang gewonnen habe. Aufgeschrien hätt’ ich fast vor Freude bey den Worten Ihres Briefes: „Giebt mir Gott Glück u Kräfte…‥‥ so sollen dem andächtigen Leser in Berlin die Haare zu Berge stehen
    vor meiner Gabe der Deutlichkeit
“. Denn davor war mir immer bange, daß Sie sich dem großen Publico, welches die Berliner verführen, nicht verständlich machen würden, also nur für die wenigen geschrieben haben würden, welche die Berliner nicht verführen
    können
. So ist es mit dem Scheblimini gegangen, weswegen ich auch glaube, daß es Mendelssohn nicht sehr angefochten hat; er fühlte nur die Widersetzung eines Mannes, u weniger mit ihm gleich gesinnten, die er nie zu den seinigen gerechnet hatte. Ich sagte zu Weimar meinen Gram darüber Herdern, der darin völlig mit mir übereinstimmte. Darin aber widersprach er mir, daß nicht einmahl Mendelssohn selbst Sie verstehen würde. Gestern schikte mir ein Freund das Blat des Hamburger Corespondenten, welches die Recension meiner Briefe in Verbindung mit den Rabbinischen Vorlesungen enthält. Hier ist auch „Ungerechtigkeit, Schalkheit, Lüge so gar affischirt“ – so daß man über der Unverschämtheit verstummen muß. Sie schreiben: „Den 2ten Theil der philosophischen Vorlesungen über das N. T. habe noch nicht gelesen, erwarte ihn mit Ungeduld.“ – Haben Sie denn Nachricht daß er so bald erscheinen werde? Ich habe den ersten Theil der Vorlesungen noch nicht einmahl gelesen. Mir ist Mendelssohn in der Philosophie, was mir Gellert in der Poesie ist. Wir haben seit einigen Tagen kaltes Wetter, u ich hoffe die heitere Luft soll mich wieder gesund machen. Am Sontag über 8 Tage erwarte ich abermahls Briefe v Ihnen – Ich muß aufhören; die Feder liegt mir heute zu schwer in der Hand. –  Von ganzem Herzen Ihr Fr Jacobi Da erhalte ich eben noch einen Brief v Claudius, der sich mit seiner Rebecka u Kindern recht wohl befindet. Er schickt mir auch die Recension., u schreibt: „Hiebey die Rec. des Unpartheyischen Correspondenten: Das heiß’ ich doch
    unparteyisch
. Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg /
    Frco
.
Vermerk von Hamann: den 14 Januar 86.   Geantw den 15 – Dom. II p Epiph. den 18 die erste Fortsetzung überschickt am Krönungstage.
Kgsb. den 1 Jänner 86. Walt’s Gott! Der alte Görgel fängt das Neue Jahr an, wie er das alte beschloßen. Der erste Brief den ich schreibe ist an Sie, lieber J. Gestern frühe erhielt Ihren letzten nebst copeyl. Beyl. Die Stunde drauf ließ sich der Graf F.L. zu Stolberg melden, der den vorigen Abend angekommen war und nicht den 29 nach dem Rapportzedel, den Hippel mir eine Stunde zuvor zugeschickt hatte. Ich hatte eine vergnügte Stunde mit ihm, er fuhr zu den Zwillingsbrüdern der Lebensläufe, wollte zu Mittag bey Kayserling speisen und nach dem Eßen gleich abreisen. Gott begleite Ihn! Ich schrieb ein paar Zeilen an Claudius. Ihr Brief und dieser Besuch sind der einzige Trost für mich gewesen zum Beschluß des alten Jahrs. Der Pf Scheller überraschte mich vorigen Donnerstags gantz spät und wird in ein Paar Tagen nach Graventhin und von da mit Hack u Pack nach Petersdorf ziehen und den 22 d. daselbst introducirt werden. Die Kälte verbiethet mir das Ausgehen, und mein Magen hat einen guten Willen mehr zu begehren, als er vertragen kann. Ich lebe also entre chien et loup und kann weder arbeiten noch feyren. Da schicke ich Ihnen
    pro arrha
die ersten beyden Blätter meines Brouillons. Der Radius der letzten Seite zeigt, daß ich damit noch gar nicht fertig bin, auch nicht zufrieden seyn kann. Es ist Ihnen also erlaubt und Sie werden recht darum gebeten mit Ihrer Unzufriedenheit nicht hinter dem Berge zu halten. Sie sehen daß ich wenigstens auf dem Wege bin zur Sache, das heist zur Recension selbst als dem Corpore delicti zu kommen. Werde ich damit fertig, daß sich doch wohl diesen Monath, so Gott will ausweisen muß: so dächte ich wegen der ersten langen Noten, welche bald aufhören werden, je weiter ich in den Text komme, daß sich das Qvarto Format beßer als ein klein Octav schickt. Es ist mir nichts verdrüßlicher als wenn die Noten zu weit in die Seiten des Texts übergehen. Dieser Uebelstand wird durch ein größeres Format vermieden. Glückts mir das Ideal meines Gehirns darzustellen, so mag es auch kein folio, wie die Funeralien seyn! Aber
    lieber Fritz
! kein Blatt vors Maul genommen – denn nun ist es noch Zeit zu reden, und für mich, noch zu hören. Wenn das Ende meiner Autorschaft so gut wie der Anfang gewesen: so ist mir mein Loos lieblich gefallen. Daß ich das verdeckte Gericht nun aufdecken werde, versteht sich. Ich habe die Litteraturbriefe nicht selbst, erinnere mich aber daß man dem Ausgang der Sokr. Denkw. eben die Causticität vorrückte, die man am Golgatha tadelt. Daß ich aber Ursache habe
    grämlich
zu seyn, will ich mit
    Xenophontischer Simplicität
auch erzählen, wenn ich erstmal den Leser durch
    Leibnitzische Erhabenheit
philosophische Ideen und
    Roußeauische Wärme
der Beredsamkeit ein wenig werde vorbereitet zu haben zur
    Entwickelung des Knotens
– – – Daß dies schlechterdings unter
    uns beyden
bleiben muß, versteht sich von selbst, Ihr Factotum nicht ausgenommen von dem ich nicht weiß, ob er Ihr alter Hausfreund, der Hofmeister Ihrer lieben Kinder oder was er eigentl. ist – oder der schöne amanuensis Ihrer copeyl. Beyl. In dem Briefe v. B. den Sie vermißen, ist doch keine Einl. an mich gewesen. Sein Stillschweigen entschuldigt das meinige und ich bin recht sehr damit zufrieden. Geben Sie ihm aber einen Wink, daß ich theils aus Kränklichkeit theils aus einer analogischen Verlegenheit meiner alten Muse mit seiner M. …zwar für ihn aber nicht an ihn schreibe. Sie haben hierüber Carte blanche Ihm zu sagen was Sie wollen Ernst oder Scherz. Der Durchreisende hat mir vielleicht ansehen können, daß ich arbeite, und ich habe ihm auch kein Geheimnis daraus gemacht. Arbeiten und krank seyn istsind für mich Synonima, wie gesund seyn und nichts fühlen vom Fluch der Erde. Einem Gesunden ist Arbeit wahre Ruhe und Zeitvertreib. Er kennt auch unsers L. Correspondenten als einen Mann von viel Talenten, aber einen affectirten Nachahmer des Rhapsodisten von der Einsamkeit. Sie mögen die zum Druck geschriebene Antwort tadeln so viel Sie wollen. Ich lobe mit dem Hausvater den ungerechten Haushalter der
    klüglich
handelt. Unserm Freunde geschieht dadurch im Grunde mehr Wohl als Weh. Warum will er nicht glauben, es sey denn, daß er
    Zeichen
und
    Wunder
sieht, die vielleicht eben so wenig beweisen, als die Begriffe a priori das Daseyn. Ich schwöre es Ihnen zu daß meine Freundschaft für L. durch diese Treuherzigkeit gewonnen und zugenommen. Gehört das
    Antichristentum
nicht zum Plan der göttl. Oekonomie? Wenn das Rindvieh beyseit austritt, wird man denn die Bundeslade gleich für verloren halten und die Hand, wie Usa, darnach ausstrecken?
den 2 Jänner. Ich habe die beyden ersten Nächte dieses Neuen Jahrs elend geschlafen, und sehne mich allein zu seyn. Ich habe so abscheuliche Auswüchse und Ueberbeine in meiner ersten Abschrift gefunden, daß ich eine andere habe umschreiben müßen. Ob ich dadurch gewinnen werde den rechten Schlüßel und Ton zu finden, weiß ich nicht. Ich werde alle Augenblicke auf Abwege hingerißen, in diedenen ich mich verwildere Diesen Nachmittag erhalte die Allgemeine Letteratur Zeitung, und das erste Blatt war eine Beurtheilung des vierten Theils von Pilatus, wo auch mein Name vorkommt. Ich wünschte daß unser liebe Freund diese gantze Recension
    beherzigen
möchte. Ich kann dem Recensenten nicht gantz Unrecht geben. Sie fragen mich, liebster J. nach Grillen, die ich bey einer Stelle gehabt habe, und auf die ich mich nicht mehr besinnen kann. Mit einem alten kranken Mann geht es bisweilen oben, bisweilen unten nicht richtig zu. Gott gebe, daß meine künftige Briefe und Beylagen beßer gerathen, als dieser Anfang; doch ich schäme mich nicht, Sie zum Vertrauten meiner Thorheiten zu machen. Ich umarme Sie, erfreuen Sie mich bald mit Nachrichten einer völlig widerhergestellten Gesundheit. Zwey Spinnräder und das welsche Geschrey meiner 3 jungen Leute neben mir, die im Metastasio lesen betäuben mich. Leben Sie recht wohl und denken im Guten an Ihren alten Freund Joh. Ge. H. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesel
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Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 1ten Jan 1786 J. G. Hamann empf. den 123tenbeantw. den 13ten
Glück und Heil zum neuen 1786. Jahr für Sie u. die Ihrigen, wie für mich u. die Meinigen, auch alle unsre Freunde u. Lieben, Amen. Die erste Feder, die ich in diesem Jahr in die Hand nehme, ist außer der gestrigen Predigt, ein Brief an Sie, lieber Freund u. Gevatter, da mir durch Jakobi der Ihrige eben in den letzten Dezemb. Tagen des vorigen Jahrs geworden ist. Ihr Zufall, lieber H. geht mir nah u. ich bitte, ihn, nicht leicht zu nehmen. Das Erste, worauf Sie, ich bitte Sie um alles sehen müßen, ist die Diät, die vor bei Ihnen mali fons et origo zu seyn scheinet. Was soll die verhaßte Schlange, die Neunauge? die ich seitdem ich lebe, nicht habe eßen können, ohne eine Unverdaulichkeit, die sich theuer gnug bezahlet. Sogar jedes kleinste Stück Aal, Säufleisch, wenn ichs auch unwißend zu mir genommen, straft sich hart u. ich muß als ein Phryx u. piscator ictus mit Gewalt klug seyn lernen. Thun Sie ein gleiches, lieber Alter: denn in Ihren Jahren verträgt der Magen nicht, was er wohl sonst vertrug: fuimus Troës. Auch habe ich manchmal in Ihren Briefen über die Schweiße u. plötzl. Erkältungen gezittert, denen Sie sich nach jenen aussetzen. Was will das werden? Ihre Natur ist bei dem kleinsten Funken ein Feuerrad, das Sie darauf mit Eiswaßer begießen u. das also wohl stille stehn oder stocken muß. Ich bin der erbärmlichste Arzt auf Gottes Erdboden, aber da ich Sie kenne, ist hier leicht zu warnen, vielleicht schwerer die Warnung zu befolgen. Auch bei Ihrer Reise hüten Sie sich doch ja vor Erkältung u. reisen daher nicht, wenns noch zu kalt ist. Giebt Ihnen der Himmel Frühling u. eine Reise, wie ichs wünsche, so bin ich gut dafür: nach so langem Einsitzen wird diese Hauptveränderung zu Ihrer neuen Gesundheit dienen u. ein neues großes Jahr in Ihrem Lebenslauf und Umlauf bewirken. Könnten Sie mit uns das Karlsbad brauchen, wohin wir auf den späten Sommer wieder zu gehen gedenken: so wäre dies eine Reinigung u. Erquickung von innen, die wohl kein Mittel auf der Erde bewirken oder ersetzen kann; nur muß Brunnen u. Bad einige Wochen fortgebraucht werden. Wie über alle heilsamsten Dinge in Gottes Welt sind auch über diesen Gesundheits- u. Lebensquell Vorurtheile im Schwange, an die man sich nicht kehren muß u. die wir im vorigen Sommer durch Erfahrung haben abschütteln lernen. Wir können Ihnen also sichere Mystagogen zu diesem Heiligthum der Gesundheit werden, wenn Gott Sie nur erst von Ihrer Nordküste, wo die Nymphen am Eridanus harte Bernsteintropfen weinen, die niemand hört sondern sie in Kabinetten aufstellt, zu uns führet. Kommen Sie, sobald die Verabredung mit Buchholz getroffen ist, wenn Sie wollen; unser Haus u. Herz soll Ihnen offen stehen. Dörfte u. könnte ich zum Neujahrswunsch noch eine kräftige Segnung zufügen, so wärs, auch Ihr Gemüth etwas mehr zu beruhigen und sich von dem Freunde in Düßeldorf nicht gar zu sehr mit Gedanken umher jagen zu laßen. Er ist ein Treiber Jesu, der selbst in unaufhörlichen Kopfschmerzen denket u. lebet, weil er die Diät eines Reichen, der keine Geschäfte hat, mit einer Metaphysik verbindet, die eben so wenig als jene Ruhe schaffen oder leiden kann. Zu seiner Gesundheit wünschte ich ihm ein Amt, wo er aus sich herausgesetzt oder ein Werk de longue haleine, wo er mit einem deutlichen Zweck arbeiten u. sich selbst vergeßen müßte. Jetzt merke ich ist er in Kant, den er gegen Mendels. gebrauchen will u. ich fürchte, er geht selbst mit diesem Metaphysiciren zu Grunde. Sie haben ein großes Gewicht über ihn u. ich wollte, Sie wendeten es dazu an, sein metaphys. Uhrwerk aufzuhalten u. den Zeiger auf einen andern Punct zu rücken: denn aus diesem wird für beide Theile nichts. Mend. ist zu alt u. ein zu claßischer Philosoph der deutschen Nation u. Sprache, daß er sich belehren ließe u. ein zu pfiffiger Ebräer, als daß ein ehrlicher Christ mit ihm auskäme. In seinen Morgenstunden hat er unserm Jacobi auf eine so listige Art den blanken Hintern gezeigt u. seinen
    Schatten
von Leßing, (denn es ist gewiß nicht Leßing selbst, den er da als den matten Hirsch etc. etc. vormahlet) aus dem Gefecht zu bringen gesucht, daß er durch diese Vorrückung der Steine schon gewonnen Spiel hat. Wie Jac. mir schreibt, will er in der Berlin. Monatschrift erklären, daß da Jac. Leßing u. ihn habe
    bekehren
wollen: so p das weitere kann man sich denken. Es ist sonderbar, daß in dem alten Mann der versteckte Haß gegen die Christen von Tag zu Tage mehr hervorzutreten scheinet: denn allenthalben bringt er, wo mit der eiskalten Wolf. Mod Wortphilosophie nicht weiter auszukommen ist, die Christen als gebohrne oder wiedergebohrne
    Schwärmer
ins Spiel u. mit dieser geheimen bittersten Intoleranz ist alles Disputiren am Ende. Doch das wißen Sie alles beßer als ich u. könnens beßer am Zipfel faßen u. zurechtlegen. Ueber Buchholz u. seine junge Frau hat Müller in Schafhausen neulich einen Brief geschrieben, der sich in Absicht des Ersten so sehr mit meinen eignen Eindrücken von ihm begegnet, daß ich mich auf die persönl. Bekanntschaft Ihrer beider herzl. freue. Er soll eine so liebenswürdige, stille, energische Ruhe haben; seine Gemahlin auch von einem so sanften Marien-Charakter seyn, daß es nicht viel fehlt, wenn Müller sie durch einen kleinen chronologischen Irrthum sie wirkl. ins N. T. hinüberrückt u. künftig die beata virgo der Evangelisten in ihrem Bilde denket. Ich wünsche herzl. Eurer beiden persönliche Bekanntschaft: sie wird für beide erwünscht u. befriedigend werden. Müller schreibt, Buchholz wolle auf den Frühling nach Weimar kommen: wenn dem also ist, scheinen sich die Fäden ziemlich zusammen zu rücken u. die weise Minerva oben wird zu rechter Zeit den Schlag thun, daß die Figur im Gewebe ganz werde. Faxit Deus! Ueber Ihren Rec. in der lat. Zeitung geben Sie sich, liebster H. durchaus keine Mühe. Ich hatte das Ding, das nicht kalt, noch warm ist, vor einem halben Jahr durch einen Zufall gesehen u. schrieb es gleich in meinem Sinn auf einen Verf., der, wenn er die Rec. gemacht hat, sie als ein wahres Schaaf, sine culpa et noxa, dahingestellt hat, weil er eigentl. nicht wußte, was er sagen wollte. Neulich kam ich mit Göthe, der mir jedesmal einen Gruß an Sie aufträgt, darüber zu sprechen u. ich verwunderte mich, daß er sie eben dem Verf., den wir beide kennen, in Gedanken zugeschrieben hat, u. sonach könnte sie aus meinem Ex. selbst, wie Kants Rec. des 2ten Th. der Ideen aus dem Ihrigen, gemacht seyn. Wahrscheinlich wollte er loben, wußte aber nicht recht, wie ers angreifen sollte, weil ihm das Büchlein zu kraus, bunt u. schwer war, er auch in der honetten Welt mit dem Lobe nicht recht auszukommen getraute. Indeßen hatte er durch Claudius, mich u. a. eine Art dumpfemn vorgefaßten estime sur parole für den Verf. u. so mußte der arme Zwitter von Rec. werden. Ich will mich, ob sie gleich sehr geheim mit den HErn. Arbeitern dieses Jenaischen Weinberges voll saurer Trauben thun, nach ihm erkundigen u. bestätigt sich meine Vermuthung, so müßen Sie keine Feder über ihn anrühren u. Ihre Kraft für den Berlin. Recensenten, der bald gnug vortreten wird oder für Mend. Antwort an Jacobi, die, wie dieser mir schreibt, unter der Preße seyn soll, sparen. Kants Rec. über den 2. Th. der Ideen werden Sie schon gelesen haben: Das Hämische darinn kann u.
    soll
ich der Urheber des Buchs am meisten fühlen; darauf ists angelegt u. damit soll es gut bleiben. Die Fortsetzung rückt ganz aus seinem Gebiet u. er mag drüber, was er will, sagen: so will ich nichts über oder gegen ihn sagen; die Welt ist ja groß gnug, sagt Onkel Toby, daß sie seine Metaphysik der Natur u. meine armen Ideen, über die Geschichte, die gar keine Metaph. seyn sollen, faße; indeßen thuts mir wehe, daß ich auf völlig unverdiente, wenigstens durch meiner Unwißenheit unschuldige Art mit ihm als meinem Lehrer in einen quasi-Zwist gekommen bin. Ich habe beim ersten Theil, den er angrif, ac si de ipso et suo res ageretur, an ihn oder an seine Behauptungen mit keinem Gedanken gedacht, als wo ich ihn genannt habe. Daß er ein Werk der Art im Sinn gehabt habe, ist mir völlig unbekannt gewesen etc. u. es war mir also äußerst unerwartet, daß er nach Lesung des 1. Th. mit seiner Rec. u. einem Plan in der Berl. Mon. schr. für einen künftigen Newton dieser Philosophie herausrückte. Im 2ten Th. mußte ich nothwendig meinen Weg nehmen u.
    absondern
, was er denn mit einer Art Hohnlache gerügt hat. Habeat sibi! Der 2te Newton trete nach mir auf; ich habe mit ihm nicht wetteifern wollen. Doch gnug von diesen Schmetterlingen u. Wespenstichen, die einmal in der Literar. Luft unvermeidlich sind; Gott erlöse mich auch von diesem Uebel. Amen. Meine Frau, die schwächl. ist, aber doch im Ganzen einen beßern Winter, als den letzten hat, grüßt sSie herzl. u. innig, mit 1000. schwesterl. Wünschen zum N. Jahr für Sie u. die Ihrigen. Meine Kinder thun ein gleiches. Grüßen Sie Hill, deßen Sie sich auch mit Freude erinnern, Hippel u. wer sonst meiner in Gutem gedenkt. Göthe, ein sehr braver Mensch, grüßt Sie herzl‥ Gott empfohlen! lieber, guter, treuer Freund u. Landsmann. Mein gestriger Text war nebst dem Ev. Psalm 139. Deine Augen sahen mich pp Vale, Vale. Herder Sobald sich etwas Bestimmteres von und zu Ihrer Reise ausmacht: so erfreuen Sie mich doch bald mit einem Briefe. Wollen Sie aber unerwartet kommen, desto beßer, wenn Sie nur gesund dasind. Vale. Den 2. Januar 1786.
Kgsberg den 4 Jänner 86 Nun Herzenslieber J. Diesen Morgen erhalte Ihren Brief vom 23 pr. und sehe mit Verdruß daraus, daß Sie krank sind und kalmäusern. So muß man das Neue Jahr nicht anfangen. Ich habe die beyden ersten Nächte deßelben auch beynahe schlaflos zugebracht, aber die beyden letzten sind desto gesunder und ruhiger gewesen. Sie wollen meinen guten Rath, und den darf ich Ihnen nicht geben. Ihre Neigene Natur und die Vorsehung giebt Ihnen schon den Wink sich zu zerstreuen, und Mendelssohn mag schreiben, was er wolle, es nicht einmal eher zu lesen, als bis Sie Lust dazu haben, und es mag nun Wermuth oder süßer Wein seyn, mausestill zu schweigen. Ein
    Patient
muß nicht
    schreiben
. Et ab hoste consilium – Wie er dem Publico seine Nervenschwäche klagt; so machen Sie es mit ihm. Ein artiger Weltmann wird den Ton bald zu finden wißen, und ohne Politik giebt es leider! heut zu Tage keine Philosophie. Sie müßen sich schlechterdings kasteyen und fasten, wie ich es thun muß, um diese unreinen Geister zu vertreiben. Ohne diese äußerl. Zucht schlägt kein Exorcismus an. Ich arbeite wie eine Schildkröte und warte auf einen Adler zur Luftfahrt; um dem alten Aeschylum der Allg. deutschen Bibl. auf seinen kalten Haarschedel zu fallen. Der Anfang den ich Ihnen zugeschickt, kommt Ihnen vielleicht zu matt vor – – ach wenn Sie wüsten, was für Arbeit ich mit der Scheere an diesem Anfange ausgeübt habe. Wenn Sie sehen könnten, wie ich meinen beynahe ausgeschwitzten Horatz im Busen trage – Wie sauer die einzige Regel: iam
    nunc
debentia dici Pleraque
aufzuschieben und praesens in tempus auszulaßen Vielleicht schicke ich Ihnen die Fortsetzung, sie mag so klein seyn wie sie wolle – Es raucht und braußt noch immer in meinem Kopf so herum, daß ich weder zu sehen noch mich selbst zu hören im stande bin.
    Rebecca
schwebt mir vor Augen und
    Rahel
, der ersten Schwangerschaft und der zweiten Entbindung. Lesen Sie beyde um sich die Wehen meiner Muse vorstellen zu können. Vergeßen Sie Ihre eigene Autorschaft der meinigen zu Gefallen – wie ich die meinige, aus Liebe zur Ihrigen – nicht vergeßen, sondern aufs höchste treiben will. – Coelum et Acheronta mouebo, so wahr ich keine Dido sei, aber auch kein Windbeutel. Aber miracula speciosa soll Niemand der Kundbare zu lesen bekommen, und L. selbst soll keine mehr verlangen zu erleben. Sie müßen nicht wie ein
    Träumender
in der Stube auf und niedergehen; sondern nach Münster reisen, und das junge Paar überraschen. – Die Winterbahn ist herrlich, Kälte stärkt die Nerven. Allenfalls will ich etwas beylegen zu überbringen – bitte aber der schwangern Marianne nichts abzuschlagen. B. können Sie ein wenig eifersüchtig machen und alteriren, bis er Appetit zum Glas kalt Waßer bekommt; aber die Frau muß mittrinken. Erlauben Sie beyden den Wein aber ad modum Timothei, wie S. Paulus sagt. Vorgestern wuste mir Brahl aus einem Briefe zu erzählen, daß die Anmerkungen u. Zusätze von Reimaruss sind hinter den Metten des M. Gestern besuchten mich Hippel u Scheffner – der erste verfroren in seidnen Strümpfen. Ich habe beyden reinen Wein eingeschenkt, nicht aus dem Evangelio aus Cana, sondern im epistolischen Geist, und illuminirt von oben bis unten, daß ihnen Kopf und Füße warm wurden, und davon liefen. Lauter politische Algebra für Kannengießer! So muß man sich des Lebens Bitterkeit vertreiben. Goecking wird mit der Kammerherrin Elisa hier erwartet, als Nachfolger des seel. Schwanders. Laßen Sie nur Mend. weißagen und den Hohenpriester Kaiphas nachahmenspielen. Das Lachen soll ihm werden theuer. Sein Jerusalem, von dem ich keinen Buchstaben mehr weiß und seine Metten habe gestern von Brahl geborgt. Auf die
    Göttingsche Recension
warte mit Schmertzen und noch durch meinen Landprediger und Kantens in derselben erinnern laßen Freund Fischer, der mir heilig ausmit eignem Munde und durch noch 2 Zeugen versprochen, sie mir gl. zuzuschicken. Das 197 Stück muß also noch nicht hier seyn. Mein Johann Michael speist diesen Mittag mit meinem
    Gast
bey Scheffners Schwagers, Stadtrath*
    Wirth. Scheller
wird erst mit Ende dieser Woche abreisen. Ich bin seit dem 29 pr. nicht aus dem Hause gewesen, und denke erst mit dem
    Neujahr der Heiden
, das Sontags eingezogen wird, wider frische Luft zu schöpfen. Trauen Sie, liebster Freund, keinem Gewäsche aus Berlin, und warten Sie erst ab, ohne sich gleich zum Zweykampf zu rüsten. Eben die Gesetze finden bey gelehrten Ausforderungen statt, als bey bürgerl. Man muß nicht jedem
    Narren
zu Gebot stehen, der sich um einer halben oder Viertel Wahrheit mit uns balgen will. Die Wahrheit verträgt sich nicht mit allen dergl. Katzbalgereyen. Behandeln Sie die Sache Ihres todten Freundes, nicht mit warmer, sondern eiskalter Hand de main-morte. Ist Mendels. im stande Sie eines beßern zu belehren; desto beßer für Sie. Braucht er nichts wie Taschenspielerkünste: so werden es die Leser wohl merken, und dann ist es Ehre für Sie der letzte zu seyn es ihm unter die Nase zu reiben. Wenn Sie es nicht für eine stinkende Eitelkeit halten; so warten Sie wenigstens den Fortgang meiner Arbeit ab, weil ich dadurch Ihren Gang zu erleichtern hoffe, und auch die Fehler unserer Freunde sind lehrreicher als ihre Regeln, wie jedes Beyspiel selbst einer Ausnahme. Fahren Sie also getrost nach Münster, und ziehen Sie mir genaue Erkundigung von dem jungen Paar ein, ob ein Asmodi demselben etwa nachstellt, und nach Bewandnis der Umstände überlaße ich es Ihnen Beyl. abzugeben oder für sSich Selbst zu behalten. Sie können ihm auch an dem ganzen Geheimniß meiner 6 Wochen Antheil nehmen laßen und sein kritisches Gutachten, dem ich mehr zutraue als ich sagen mag und weil er unparteyischer als wir beyde Intereßenten seyn können, Er auch im Namen seiner
    Mutterkirche
, die ich wie das
    Judenthum
, für die Ahnen meines lutherschen
    Magens
und
    Schwertes
erkenne, Sitz und Stimme in diesem Handel haben muß. Da haben Sie auf einmal so viel zu thun, daß Sie nicht Zeit haben werden sich um die Chaldäer in Berlin zu bekümmern. Vergeßen Sie nicht auf diesem Kreuzzuge meine beyde Elemente der Luft und des Waßers zu predigen. Mit der Feuertaufe werde nachkommen. Haben Sie noch nicht die relationem curiosam von meinem schiefen Maul erhalten. Bitte mir doch das Datum dieses Briefes zu melden, den ich wider meine Gewohnheit schändl. vergeßen haben muß auf den Umschlag der Ihrigen zu schreiben. Ich gehe sonst darinn sehr kaufmännisch zu Werk. Bin ich im stande eine Fortsetzung meines fliegenden Briefes beyzulegen, der aber noch wie eine Raupe kriecht: so erinnere ein für allemal, daß es bey diesem Entwurfe noch nicht bleiben kann, sdn noch alles siebenmal im irdenen Tiegel geläutert werden muß, und ich alle Mühe von der Welt habe meine Hörner oder Flügel, die immer ausbersten wollen, zurückzuhalten und gemächlich einzuziehen, bis die Zeit kommen wird meine Seegel zu spannen und allen 4 Winden Preis zu geben und Sturm zu laufen auf die Carte blanche eines ehrlichen
    Urlaubs
oder
    Abschieds
, nach dem das Schicksal mir zugedacht. Da sehen Sie die Achse an dem großen Rade meiner ganzen Wind- und Waßermühle – So bald mein Hill komt (der gestern wider alle seine Sitte, Art u Weise ausgeblieben, weil er vielleicht Witterung von der Staatsvisite gehabt) schicke ich ihn nach dem großen königl. Hospital mich nach No 197 zu erkundigen, von dem die Fülle der letzten Seite abhängt. Ist Heyne der Recensent; so vergeb ich ihm allen Unfug an Voss u wünsch ihm ein gut Neujahr. Könnte es nicht H. in W. seyn? den 5. Artzt, hilf Dir selber. Der Rath, den ich Ihnen liebster Jacobi gestern gegeben habe, ist noch nöthiger für mich selbst; und man befiehlt mir schlechterdings auszugehen. Die Bedürfnis der Noth fühle ich selbst. Zum Unglück bekomm ich gestern Abend die Herzenserleichterung 2 Menschenfreunde über L. Glaubensbekentnis ins Haus, habe mich an dem feinen Druck bey Licht die Augen aus dem Kopf gelesen, und die Füße eiskalt und das Gemüth so wund und niedergeschlagen, daß ich zu Bette gehen mußte, ohn Sch. abwarten zu können. Diese Schrift verdient, daß Sie sie kennen lernen. Da ist die Idee L. zum Mitgl. u Haupt des neuen CryptoKatholicismus zu machen, an die Sie neulich dachten schon ausgekramt. L. u ich haben zu gl. Zeit unsere Gedanken über die Einförmigkeit des Theismi u Atheismi mit eben
    denselben Sprüchen
belegt. „Welche seltsame Dinge, ruft der Verf. aus, laßen sich nicht aus diesen Stellen ausbuchstabiren! Vielleicht giebt es in der ganzen Bibel keine, bey denen die große biblische Wahrheit:
    Der Buchstabe tödtet
, augenscheinlicher einleuchtet!“
Ich bin wider aus dem Ton heraus, und kann nicht wider auf die rechte Spur kommen. Das macht mich trostlos und bringt mich beynahe zur Verzweifelung an mir selbst. Mein verfluchter
    Wurststil
, der von
    Verstopfung
herkommt, und von L.
    Durchfall
ein Gegensatz ist, macht mir Eckel u Grauen.
Ich habe schlechterdings einen Freund zum Corrector und Erinnerer nöthig, der mir hier fehlt. Es scheint mir daher beßer zu seyn, daß ich erst Ihre Meinung über den Anfang abwarte, und mich von dem jetzigen Rückfall ein wenig wider erhole. Mein Rath bey Ihrer gegenwärtigen Gesundheitslage nicht die Feder zu einer öffentl. Arbeit anzusetzen, bekommt durch meine eigene Erfahrung mehr Gewicht. Beynahe möchte ich Sie auch warnen sich mit meinen Schmieralien nicht den Geschmack zu verderben. Hippel verliert übermorgen seinen u ich meinen Gast. Ich freue mich recht darauf, ohne arbitro und teste meiner Schwachheiten zu seyn, und werde morgen vielleicht ein wenig ausgehen, um dem guten Rath meines Artztes Gnüge zu thun. Wenn ich weiter komme, werde Ihnen die Fortsetzung mittheilen und mir Ihren Rath aufmuntern oder zurück halten laßen. Man kann den Täuschungen seiner Phantasie nicht trauen; mit diesen Irrlichtern läuft man Gefahr, in Sumpf u Morast zu gerathen. Wenigstens brauche ich jetzt eine ganze Umstimmung meines Organi. Haben Sie Mitleiden mit einem alten kranken Mann und werden Sie bald gesund. Ich will mir heute Ruhe schaffen. Gott seegne Sie und die Ihrigen. Vielleicht bald mehr in beßerer Laune – No 197 muß noch nicht hier seyn. Wenn Scheller des Abends zu Hause kommt, werde ich es zuverlässig erfahren. Ich ersterbe der Ihrige. Vale et faue peccatorum et amicorum Tuorum primo. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 4ten u 5ten Jan 1786 J. G. Hamann empf den 15ten beantw den 17ten * Am Rand von Hamann notiert: nom propr.
Düßeldorf den 5ten Januar 1785 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 25 Januar 86 Geantw. den 29, 30 –  No 4. Grüße Dich Gott, Du Lieber, Und schicke mir nur den Augenblick Deine Handschrift; ich will alles gut u wohl besorgen, u mir gewiß nicht bange werden laßen. Mein Spinoza Büchlein ist zu Mülheim am Rhein gedruckt, 3 Meilen von hier. Der dortige Buchdrucker ist ein rechtschaffener u sehr geschickter Mann. Bey dem schrecklichen Eisgang im Jahr 84, gieng ihm alles zu Grunde. Er hat aber Unterstützung gefunden, u seine Druckerey ist wieder gut im Stande. Die letzte Correctur besorg ich selbst mit meinem treuen Schenk. – Ich werde verschmachten vor Begierde bis ich die Handschrift habe. Schicke (Du mußt leiden, Vater, daß ich diesen ganzen Brief durch Dich
    Du
nenne; ich kann nicht anders) – Schicke mir, wenn es sich immer thun läßt das Heft mit der Briefpost. Uebergieb es Fischern, daß eser es
    gerade hieher
an mich abfertige frco Wesel. Das Porto, u wenn es 20 Mahl so viel wäre ist nichts gegen meine Ungeduld. Thue diese Barmherzigkeit an mir, lieber! – Dein Brief hat mich in eine Gluth gesetzt, daß ich nach drey Stunden noch nicht weiß wie ich wieder zu mir selbst kommen will – Du Lieber! O, Du Lieber! – Dich einmahl an meine Brust zu drücken, mich in Dein Auge zu senken, Deinen Blick, Deine Seele in mich zu trinken – es zu fühlen daß Du mich ganz durchschaust – u so wie ich bin, dann wieder in Deine Arme, u wieder! – das wird seyn, Lieber, das wird seyn; Gott sagt, daß es seyn wird. Ich will alle Vorkehrungen machen in Erwartung Deiner Handschrift, u auch zum Vertrieb des Werks den schicklichsten Verleger aussuchen, im Fall Du mir dieses überläßt. Löwe ist zu träge. Ich gab ihm mein Spinoza Büchlein, daß er vom Gewinn den guten Claudius, dem er noch schuldig ist bezahlte. Claudius wünschte daß es so geschähe, u ich thue gern den Willen derer die ich liebe nach ihrem eigenen Sinn. Die drey Briefe die ich Dir hinter einander geschrieben, wirst Du erhalten haben. Vielleicht hör’ ich am Sonntage daß sie zwey davon angekommen sind. Einen 4ten Brief schrieb ich Dir den Tag vor Neujahr, u meldete daß der Einschluß an Herder gleich befördert worden. Zu Münster steht alles wohl, u Buchholtz hat gewiß nichts wider Vater Hamann. Ich hab ihn in der Seele lieb unsern Buchholtz, aber ich schreibe nie viel von ihm, weil ich ihn noch nicht ganz rund in mir habe. Mariane u Lene lieben sich sehr; auch Mariane u Lotte, (meine ältere Schwester) aber sie wechseln keine Briefe. – Auch um Marianens willen wünschte ich daß Buchholtz von seiner unausstehlichen GesundheitsPflege abgebracht werden könnte. Z. B, Er geht nie durch eine etwas anders temperierte Luft im Hause selbst, ohne einen Mantel umzuhangen; wechselt alle Tage 2 oder 3 Mahl Strümpfe, u reibt sich dann jedesmahl eine große halbe Stunde lang, oft noch länger die Füße ab; wenn ich nicht irre wechselt er auch jedesmahl mit Schuhen. Wegen der Thüren ist er in beständiger Agitation, daß sie ja den Augenblick geschloßen u fest zu seyn, besonders in etwas weitläuftigen Gemächern, wo mehrere Zimmer durch einander gehen. Ich überführte ihn hier verschiedene Mahle, daß ihn sein Gefühl, hierüber welches er für untrüglich ausgab, betrogen hatte; dennoch blieb er eben steif u fest dabey, daß seine Grille keine Grille sey. Ich komme wieder zu der Einen lichterlohen Flamme Deines Briefes, um Dir noch einmahl zu sagen, daß Dein Jonathan gewiß alles nach Deinem Wunsche ausführen wird. Du verlangst meine Antwort mit der
    deutlichsten
Umständlichkeit, uum Dein eigenes Detail darnach bestimmen zu können. Ich weiß Dir aber weiter nichts zu sagen, als daß ich vor Begierde brenne Deinen Willen zu erfüllen, u auch
    auf alle ersinnliche Fälle
    dazu im Stande zu seyn glaube
. Wenn Deine Schrift nicht mehr als 3 oder 4 gedruckte Bogen einnimt, so soll 14 Tage nach ihrer Ankunft der Druck vollendet seyn. Zu Mülheim ist keine Censur; der Buchdrucker ein rechtschaffener u mir ergebener Mann. Also von der Seite nicht die mindeste Schwierigkeit. Für einen tüchtigen Verleger steh ich Dir, u Du sollst so viel Exempl. für Dich haben, als Du verlangst. Die Versendung der Auflage an den Verleger, u der besondern Exemplare gemäß Deinem Auftrage, besorge ich auf das pünktlichste. Kurz Du sollst nie in Deinem Leben bedient worden seyn, wie ich Dich bedienen will. – Wer für sich selbst entschloßen ist, der ist es gewiß auch für den Mann den er ehrt. Gott hat mich so deutsch, so blank u baar gemacht wie einen, u ich weiß wo man weder sich noch andre fragen u bedeuten muß. Dann u wann mag ich über die Linie gegangen seyn; dießeits trat ich nie. Mein Legatur zu Deinem Scribpsi ist Dir also gewiß. Erhalte ich am Sonntage Briefe v Dir, so schreibe ich am Dienstag wieder. Mit meinem Befinden geht es wieder. Wir haben starken Frost gehabt, u der Rhein ist zu. Die Rezension v Herders 2ten theil habe ich noch nicht gesehen; bin sehr neugierig darauf. Den Büsching will ich mir verschaffen. Grüß die Hausmutter u die Kinder, u was Du sonst in Liebe mit mir binden magst. – Gott erhalte Dich u sey mit uns! – Noch einmahl, laß Dich herzen – Dein Fritz Jacobi
Kgsb d 10 Jänner 86. Mein Herzenslieber J. – Ich kann die morgende Post nicht abwarten, sondern nehme noch heute meine Zuflucht zu Ihrer Humanität und Freundschaft Sie wegen der Briefe um Verzeihung zu bitten, womit ich Sie gegen das Ende und beym Anfange des Jahreswechsels bestürmt. Es scheint würklich, daß ich selbige in trunknem Muthe geschrieben habe. Noch denselben Abend, als mein letzter Brief eben abgegangen war, erhielte das 197 St. der Göttingschen Zeitung, und ersah daraus, daß Ihre Schrift in Breslau bey Löwen ausgekommen war. Ich begreife also nicht, wie ich dies habe übersehen und Ihnen zumuthen können, sich mit derm Abschriftdruck meines foetus zu belästigen. Ihre Schrift war mir nicht zur Hand, und ich bildete mir ein, daß der Abdruck, mit dem ich zufrieden war, unter Ihren Augen war veranstaltet worden, daß Fkf. u Leipzig darauf gestanden hätte u d. gl. mehr. Dieser blinde Einfall fällt nunmehro von selbst weg, und das AutorFieber hat sich ein wenig gelegt. Ich bin gestern zum ersten mal ausgegangen, heute in aller Frühe ausgewesen. Die Witterung ist Gottlob! gelinder worden; und weil ich die Nothwendigkeit u Wohlthätigkeit des Ausgehens an meinem ganzen Körper fühle; so bin ich heute wider willens der gestrigen Einladung meines ältesten Freundes Kr. R. Hennings Gnüge zu thun. Alles was ich während dieses Paroxysmi geschrieben, bitte also cum grano salis zu lesen und in bonam partem auszulegen. Dergl. crisies gehören zu meiner Art und Weise, dienen zur Erleichterung meiner humorum peccantium. Ich setze meine Arbeit langsam fort, und werde Ihnen sobald ich kann, wider Etwas mittheilen, wol schwerlich mit dieser Post. Bitte aber nochmals mir Ihren wehemütterlichen Beystand aus; weil ich wirklich hier keinen Freund habe; H. ich dies nicht zumuthen kann; Sie aber nöthig haben ein wenig durch Antheil an fremden Arbeiten von einer übereilten Selbstthätigkeit abgehalten zu werden. Das Göttingsche Blatt habe abgeschrieben, in meinem Gedächtnis ist keine Spur davon; und ich denke, daß Sie damit zufrieden seyn können. Ich kenne Heynens deutschen Styl gar nicht; ahnde aber immer auf unsern Freund in W. Ich habe M. Jerusalem u Vorlesungen seit 14 Tagen von Brahl geborgt, ohn selbige ansehen zu können. Gestern ersucht mich mein Artzt, den ich als meinen Nachbar besuchte, um das letztere Buch. Ich fange gestern Abend an drinn zu lesen – Mein Billigungsvermögen ist eben so aufgebracht, wie Ihrs, gewesen. Zum Glück wurde das Buch diesen Morgen abgeholt. Wenn mich nicht mein äußerer und innerer Sinn trügen; so ist seine ganze Philosophie ein solch elend jämmerlich Ding, wie das menschliche Leben. HE. Kriegsrath Deutsch ist Sonnabends unvermuthet nach Königsberg gekommen und hat seinen Sohn wieder nach der Stadt gebracht. Ich habe ihn heute frühe erst gesehen u zugl. Abschied genommen, um ihn der Mühe zu überheben, bis in meine Gegend zu kommen, wie er sich anerboten hatte. Meinen Kopf muß ich schonen, und langsam zu Werk gehen. Damit hoff ich, so Gott will, weiter zu kommen als ihn zu übertreiben und Gewalt anzuthun. Morgen so Gott will mehr. Meine Amtsstunde schlägt. Ich wünsche morgen beßere Nachrichten von Ihrer Gesundheit als bisher zu erhalten, und sich an meinem Beyspiel zu spiegeln. den 11. Scheller hat heute gantz unvermuthet Abschied genommen, da die Reise auf morgen ausgesetzt war; Kr. Deutsch ist wegen des auf einmal eingefallenen Thauwetters besorgt geworden, und daher geeilt. Vielleicht hat ihn Hippel noch überredt hier zu bleiben – ich bin also noch nicht gantz gewiß, ihn vielleicht diesen Abend wider zu sehen. Durch meinen Sohn denke ich in einer Stunde die völlige Gewißheit zu erfahren. Ich sehne mich nach Einsamkeit u Ruhe; und mein Gast hat auch zu eilen. Er wird auf den Sonntag über 8 Tagen introducirt, und hat nur 8 Tage noch in Graventihn zu verweilen, um Abschied zu nehmen und an seiner Predigt zu arbeiten. Er ist ein offener Kopf, geschickter Mann und sehr angenehmer Gesellschafter. Lauter Verdienste die ich in meiner jetzigen Lage nicht genießen kann – und er eben so wenig an meinemr Antheil nehmen. Ich habe mich in Ansehung des Vergangenen aufrichtig gegen Sie erklärt, und hoffe auch mich hinlänglich entschuldigt zu haben. Homo sum, sagt alles. Meine Idee gebe ich noch nicht auf, biß ich wenigstens von der Unmöglichkeit der Ausführung durch mich oder Ihr Zeugnis überführt bin, die Sache liegen zu laßen. Vergraben Sie wenigstens in Ihrem Pult, was ich Ihnen mittheile, und wenn ich Sie drum bitten werde, in Ihrem Kamin. Diesen Mittag habe bereits die Morgenstunden zurück erhalten; sie müßen wahrscheinl. dem Leser gut geschmeckt haben. Ich habe diesen Nachmittag wider von vorn angefangen und finde statt Geist und Wahrheit bona verba praetereaque nihil. Einer von beyden muß blind seyn, der jüdische Philosoph oder ich. Es ist eitel Taschenspielerey und Gauckeley mit ihrem Suchen und Finden der Wahrheit. Es ist keine Kunst zu finden, wenn man die Sache selbst hingelegt hat wo man sie hernehmen will. Mein Sohn komt mit der Nachricht von Mendelssohns Tode zu Hause, die mich sehr gerührt und meine alte Freundschaft, die wol noch nicht Schiffbruch gelitten, von neuen aufgeweckt. Ich habe ihn weniger gemeynt, als die dummen Bewunderer u Chaldäer, die nicht ermangeln werden, an seiner Apotheose zu arbeiten. Nehmen die Todte noch an unsern Händeln Antheil; so hoff ich, daß er mit mir mehr als mit jenen übereinstimmen wird. Er ist jetzt jenseits der Wahrheit näher, als wir beyde. Ich hatte an ihn eine Apostrophe im Sinn, daß unsere Freundschaft um 3 Jahr älter ist als meine leidige Autorschaft, die ich das Herz habe bey lebendigen Leibe zu anatomiren und ihr Eingeweide, wie jener Landsmann im Buch der Maccabäer, den kritischen Hunden in den Rachen zu werfen. Ich habe dem Judentum ein beßer Zeugnis gegeben als er, und ein gleiches der katholschen Mutterkirche zugedacht. Unsere Mütter mögen noch so große H‥seyn, so ist
    Wahrheit
doch immer der beste respectus parentelus, den wir ihnen als
    Kinder
nicht versagen können. Ein neuer Grund mehr, lieber Jonathan, sich mit Ihrer Autorschaft Zeit zu laßen. Es sollte mir leid thun so ein Buch als
    Vorlesungen über
    das Daseyn
Gottes geschrieben zu haben. Wenn man das Judentum zu einer göttl. Gesetzgebung gemacht hat: so ist es ein lächerlicher Rücksprung, das Daseyn eines
    philosophischen Ideals
und die Uebereinstimmung deßelben mit einigen Begriffen der Schule herauszubringen.
Daß er mich nicht lesen darf, erleichtert die Ausführung meines Plans – und ich hatte mich immer eine Erklärung darüber nach
    verrichteter Arbeit
ihm zu geben, gefaßt gemacht. Ich sehe es daher für eine Art von Pflicht an, dies nachzuholen auf eine vielleicht öffentliche u nachdrücklichere Art. Es ist eine
    unerkannte Freundschaft
jemanden seiner Irrthümer zu überführen, oder ihn wenigstens aufmerksam zu machen auf solche Dinge, die uns bedenklich scheinen. Diese Samariterpflicht ist nicht mehr Mode und es niemals gewesen unter Priestern und Leviten. Ich lernte ihn 56 zum ersten mal kennen, und er gefiel mir sehr wegen seiner Unschuld und Bescheidenheit. Wir waren damals schon nicht einig in unsern Urtheilen. Seine Briefe hatten mir beßer gefallen als die Gespräche. 62 sah ich ihn wieder, aber der Geist der Litteraturbriefe schien auch in seinem Umgange merklicher zu seyn. Das recensiren ist eine traurige Arbeit und ein kleiner Handwerksstoltz unvermeidlich. Bey seinem Besuche in meinem Vaterlande besuchte ich ihn alle Tage; aber die Scheidewand in unserer Denkungsart war schon merklicher; ich aber vermuthlich auch selbst schuld daran. Meinem Johann Michel gab er noch damals zum Andenken seinen hebräischen Coheleth. Ich glaube, daß er seine Plage von eignen Landsleuten u unsern Glaubensbrüdern gehabt. Vorigen Sonnabend erzählte mir noch ein jüdischer Maler, dem ich sonst nicht viel zutraue, daß er eine sehr heftige und impertinente Antwort von einem Rabbinen erhalten, der ihn wegen der frühen Beerdigung um Rath gefragt, weil er geleugnet, daß ein ausdrückl. Gesetz darüber vorhanden wäre – Die Gesellschaft ist heute wirklich abgereist, und ich bin also heute ruhig – aber nicht im stande mehr zu schreiben. Daß die Zusätze hinter den Vorlesungen von Reimarus sind, werden Sie wohl wißen. Erfreuen Sie mich bald mit beßern Nachrichten von Ihrer Gesundheit, und ob alles gut in Münster geht und steht. Wenn Sie nicht Lust haben die Fortsetzung meiner Handschrift zu lesen, so bitte mir auch darüber ein aufrichtiges Geständnis aus. Hanc veniam damus petimusque vicissim.
    Wechselsweise
ist ein Aaduerbium, das ich mit Fleiß adiectiue gebraucht. Ich werde weder heute noch morgen die Feder mehr ansetzen, sondern empfehle mich Ihrer Freundschaft und Ihr gantzes Haus nebst dem Meinigen göttl. Gnade u Obhut. den 12 – Die halbe Nacht nicht geschlafen; den gantzen Tag hat M. in meinem Kopf gespuckt. Gegen Abend komt ein Brief vom lieben Herder, der an meine Reise denkt, und mich traurig macht. Darauf komt Kraus, voll allanderer Grillen – Ach lieber Jonathan! geben Sie mir bald Nachricht, daß Sie gesund bin, und nehmen Sie sich vor Denken und Schreiben in Acht. Der Tod ist in den Töpfen! Ich umarme Sie und kann nicht mehr – Kyrie eleison. Joh. G. H. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 10 – 12ten Jan 1786. J. G. Hamann empf. den 23tenbeantw den 24ten
Düßeldorf den 13ten Jan 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 25 Januar geantw den 29 –  No 23. Herzlieber Hamann Die Posten laufen um diese Jahrszeit in unserer Strohm- und Flußreichen Gegend so unordentlich, daß ich Ihren Brief vom 29ten Xbr erst am Dienstag Abend, nach Abgang der Weseler Post erhielt. Heute Morgen kurz vor Mittag kam das liebe Neujahrsgeschenk, für das ich Ihnen nun geschwinde noch die Hände küßen will. Aber, lieber Hamann, es geht mir nicht gut. Mein zweyter Sohn machte mir tödtlichen Verdruß. Er ist dem guten alten Consistorialrath entlaufen, der ihn auf allen Wegen u Straßen vergeblich hat aufsuchen laßen. Der Knabe selbst hat mir geschrieben: er würde kommen, sich zu meinen Füßen werfen. Ein verächtlicher, eckelhafter Wurm; eine Fleischmaße, ohne Nerve u voll Heucheley, Lüge, Trägheit, Lüsternheit u Feigheit. Von seiner Kindheit an hat er mir u seiner Mutter nichts als Kummer verursacht. Er schreibt, er hätte wollen Soldat werden, wäre aber noch in sich gekehrt, um nicht Sünde u auf Sünde zu häufen. Ich werde ihm das Gewißen erleichtern, u ihn dem General Gaudi zu Wesel auf 2 Jahre in die Zucht geben. – Sie können sich vorstellen wie mir bey einem solchen Entschluß zu Muthe ist, den
    alle
meine Freunde für den einzigen halten der zu nehmen ist. Den 21ten März wird er 18 Jahre
alt. Noch ist er nicht erschienen. Ich erwart ihn jeden Augenblick. An meinen andern Kindern erlebe ich lauter Freude, außer daß mein guter Max nicht die beste Gesundheit hat. Ich denke das soll sich beßern. Er wachst zum Erstaunen. Mein ältester ist ein Ausbund v einem guten Menschen, u der wohl an nichts mit größerer Leidenschaft hängt, als an seinem Vater. Ihre Beylage habe ich viermahl mit größter Freude gelesen; finde nichts dagegen einzuwenden, u sehne mich nach der Fortsetzung. Bey den Worten S 4 gemino ex ovo steht ein * – u das Cit. fehlt. – Am Ende der 4ten Seite heißt es: „gleich derm ehernen Schlange Typo, den Mose gemacht u der eine Schlange vorstellte, ohne es würklich zu seyn, unter einem kühnen Könige aber zum Nehustan* ward.“ – Nach der angeführten Stelle meyne ich, die Schlange sey unter Hiskia nicht zum Naehustan
    geworden
, sondern habe vielmehr
    aufgehört
es zu seyn. Ich weiß aber die Bedeutung des Wortes Nehustan nicht. S 3 in der Note steht „das Gärtchen u Lusthäuschen meiner Kindheit u. Jugend in einer bey – – – – –“ – Diesen Augenblick finde ich daß es bequemen heißen soll. Diese Anmerkung ist mir nicht in
    jedem Theile
ihres Sinnes klar. – Alles übrige vortreflich!!! Meinen Freund Schenk habe ich in meiner Kindheit kennen gelernt. Mein Hoffmeister wurde Rector an der hiesigen lateinischen Schule, welches Gelegenheit gab daß ich ein Jahr lang öffentlichen Unterricht erhielt. Der junge Schenk, Sohn eines Feldwebels, war der feurigste, fleißigste, bravste unter allen meinen Mitschülern. Nun begab es sich im Jahr 70, daß ich in gegenwart eines Offiziers darüber klagte, daß man hier keinen guten Copisten haben könnte. Da nannte mir der Offizier (ein HE v Acton), Bruder des bekannten Admirals) seinen Feldwebel, den er mir überhaupt als einen ganz ausgezeichneten Menschen anprieß. Den folgenden Morgen meldete sich der Feldwebel bey mir, u ich erkante in dem wohlgewachsenen Jüngling, meinen ehmahligen SchulCameraden. Schenk hieng sich außerordentlich an mich, u that mir nach ein paar Jahren den Vorschlag, ob ich ihn nicht zum Sekretär annehmen wollte. Ich stellte ihm vor, daß er sein Glück verscherzte, weil er auf dem point war adjudant zu werden – „u wenn er gleich Hauptmann werden könnte, so wollte er lieber bey mir schreiben u meine Kinder unterrichten helfen. – Ich verschafte ihm also seinen Abschied, u nahm ihn zu mir. Er hat immer große Lust zu Sprachen gehabt, u brachte es nun bald im Latent latein so weit, daß er mich weit hinter sich zurück ließ. Eben so in den lebendigen Sprachen. Es hätte ein großer Philolog aus ihm werden können. Esr ist glaube ich 5 oder 6 Jahre jünger als ich. – Die schönsten Abschriften die Sie von mir erhalten haben sind von ihm. Ich brauche aber gewöhnlich einen andern Copisten, deßen Hand Schenks Hand zum verwechslen ähnlich ist, aber lange nicht so fest u regelmäßig. – aus gewißenhafter Treue habe ich ihm Ihre beylage nicht sehen laßen; ich hoffe aber, Sie machen mir das Herz hierüber künftig leichter. Gestern erhielt ich das 12te Stück der B Monatschrift; habe Garvens Brief angefangen zu lesen, der mir aber schlecht gefallen will. Ihrem fliegenden Briefe will ich ein gutes 4 Format besorgen. – Ich muß schließen, die Post geht ab. Von ganzem Herzen
    Ihr Fritz
Seyn Sie mir immer, Lieber, auf Lucem
    dare
bedacht!
* 2 Konig XVIII. 4.
Kgsb. den 15 Jänner Dom II. p Epiph 86. Der Comm. Rath Fischer gab mir seine Einl. gestern selbst auf meiner Amtsstube ab; weil das Commercium Collegium und die Admiralität zu den Licent Gebäuden gehört, im Vorbeygehen also und versprach mir zugl. ein Recipe das ihm bey seiner Hypochondrie die besten Dienste bisher gethan, womit ich auch also einen Versuch machen will, weil meine Verdauungskräfte noch immer leiden – – Ich hatte mir vorgenommen, liebster J. eine Pause in meinem Briefwechsel zu machen, weil ich bisher Sie gnug damit verwirrt und beunruhigt haben mag. Erstlich muß ich mich aber für Ihren herzl. Wunsch zum Neuen Jahr bedanken. Mein tägl. Wunsch ist zu Gott, meinen Freunden noch nützlich und erkenntlich zu werden, unter welcher Gestalt Er wolle – und ich hoffe auch noch die Erfüllung davon zu erleben, so arg es auch in mir und um mich herum aussieht. Zweytens muß ich ein Misverständnis Ihnen benehmen, wozu ich unschuldig Anlaß gegeben. Ich habe den 2ten Theil der philosophischen Vorlesungen über das N.T. gemeynt und Sie haben die Morgenträume des seel. M. drunter verstanden. Drittens schreib ich, weil ich doch noch allerhand Ihnen zu melden habe. Der schleunige Tod des armen Mendelssohns gieng mir den ganzen Donnerstag so im Kopf herum, daß ich keine Ruhe hatte, und immer bedauerte ihm nicht vor seinem Ende, wie ich mehr als Einmal willens gewesen bin, geschrieben und mich gegen ihn erklärt zu haben, daß ich sein Feind durch mein Bekenntnis der Wahrheit gegen die Berlinschen Kunstrichter gar nicht geworden wäre, und mein Golgotha mehr die letzteren als ihn selbst angienge und angehen sollte, wie der Erfolg erwiesen haben würde, wenn ich ausgeredt oder ausgeschrieben hätte. Mendelssohn schien so etwas von mir erwartet zu haben, aus dem wenigen, was er gegen andere u Hill sich geäusert und aus Biesters Briefen an Kraus, der mich gerechtfertigt ich weiß nicht wie? Aus eignem Stoltz schloß ich vielleicht auf seinen, und glaubte, daß wenn ihm an meiner Freundschaft etwas gelegen wäre, er eben so gut den ersten Schritt thun konnte. Es wurde mir daher wirklich sauer und es hat mir bisweilen Gewalt gekostet mich zu überwinden. Um mich in Ausführung meines Plans nicht zu stören, dachte ich mit der Ausführung deßelben fertig zu werden, und wenn ich mich öffentl. gerechtfertigt, privatim mit ihm auf gewiße Art auszusöhnen. Ich qvälte mich also mit dem
    albernen Einfall
, gegen den Sohn dasjenige zu thun, was ich dem Vater schuldig zu seyn glaubte; wollte ihm u seiner Familie, weil ich in seinem Hause Höflichkeit genoßen, mein aufrichtiges Beyleid bezeigen – und die letzten Warnungen seines Vaters wie ein alter Freund deßelben unterstützen, sich vor der
    verpesteten Freundin
zu hüten,
    Mose und den Propheten
treu zu bleiben und ihr Zeugnis allen mathematischen u metaphysischen Speculationen vorzuziehen. Es ist noch ein Knabe von 14 Jahren ungefehr – und die Grille vergieng mir, wie sie sich meiner bemächtigt hatte. Herders Brief und Krausens Besuch kühlten mich ab, und ich wurde nüchtern auch von diesem philtro. Freytags Hartknoch schickte mir Freytags ein paar Fäßchen Caviar, nach dem ich jedes Jahr lüstern bin, und wenigstens Einmal mich dran satt eßen mag mit meinen Kindern, die wie die Fliegen drauf fallen. Mit dem Empfang ohne eine einzige Zeile von einer Antwort auf Briefe, die fremde Angelegenheiten betreffen, vergieng der Appetit. Ich lief mit dem einen für
    Kant
bestimten Fäßchen selbst zu ihm, habe ihn in diesem Jahr noch nicht besucht hielt mich länger bey ihm auf, als ich willens und es ihm vielleicht lieb war, sprach noch bey Hippel an, der in der Nachbarschaft wohnt, und deßen Tisch ich nun zu vermeiden den besten Vorwand habe. (Eine verdrießliche Verlegenheit weniger für uns beide) An beyden Orten hatte ich Gelegenheit die von dem hiesigen Wirth Mendelsohn, dem Schutzjuden Seeligmann eingezogene Nachrichten mit andern zu vergleichen. Die Summa besteht darinn, daß Mendelssohn noch den letzten Tag im Jahr bey seinem Verleger Voss gewesen, leicht angezogen bey starker Kälte. Von da ist er bey David Friedlaender deßen Brüder hier wohnen zu Tisch gegangen, hat in Gesellschaft des Hofr. Hertz gespeist, aber ohne Appetit sondern unter lauter Beschwerden, daß ihm nicht wohl wäre. Dieser Artzt hat seinen Puls bedenklich gefunden. Dienstags Hofnung geschöpft, und den Ausbruch eines Fiebers bemerkt. Mittwochs frühe wird ihm sehr übel, und er verscheidt in den Armen seiner Tochter. – Vermuthlich ist er in seinen Autorgeschäften bey Voss gewesen. Der 2 te Theil soll wirklich schon unter der Preße seyn – ob zum völligen Abdruck daran zweifele ich, aus dem Briefe eines mir bekannten Juden, der gestern an Brahl geschrieben, demund gemeldt, daß der Abdruck im Stecken gerathen würde. Ich denke hierüber bald zuverläßige Auskunft zu erfahren. Kant meynte, die Christen hätten nichts, desto mehr seine eigene Nation verloren, um die er sich auch in Handlungsgeschäften und offentl. Sachen sehr verdient gemacht haben soll durch sein gesundes practisches Urtheil. Von seiner Schreibart ist er gantz eingenommen, bewunderte einst
    sein
Jerusalem wie ein unwiderlegliches Buch, ist noch willens mit der Zeit über die Morgenstunden etwas herauszugeben, eilt jetzt mit der Ausgabe seiner eignen Werke. Ich mag darüber nicht ein Wort gegen Kant verlieren, weil er von der Ueberlegenheit seines Systems eben so überzeugt ist, als ich Mistrauen dagegen habe. Hippel meynte es würde unserm Kant bald eben so ergehen.
Gestern kamen mir zwey Jänner der Berl. Monatsschrift ins Haus geflogen, worinn kein Mendelssohn, aber eine allerliebste Seifblase von unserem Kant ist, an der sich Herder sehr erbauen wird, und die Ihre Aufmerksamkeit auch verdient. Ich habe sie zweymal gelesen, u beyde Exempl. durch meinen Sohn schon wider abgeliefert. Gestern besuchte ich Me Courtan auf ein halb Dutzend romischen Camillen Thé, der meinem Geschmack u Magen wohl gethan, fand die Anlalecten des Leßings, wo ich eine Entdeckung machte, daß die Litteraturbriefe in eben demselben Jahr 759 ihren Anfang genommen, also um nichts früher wie meine Sokr. Denkw. sind. Diese Stelle muß also geändert werden. Ich zweifele Selbst, daß Mendelssohn mein Golgotha verstanden. Ich wollte sein Jerusalem vor ein paar Tage lesen und es wurde mir Angst dabey, ihn falsch gefaßt u Unrecht gethan zu haben. Endlich kam ich auf die Spur, und konnte mich beruhigen, daß ich das
    wenigste
, was ich gedacht, aufgeschrieben, und beynahe zu viel im Sinn behalten habe. Was im Jerusalem S. 10 steht kann ich auch sagen: „Es hat Aufwand gekostet mir diesen Steig durch die Wildnis geebnet zu haben. Dies ist die Eigenschaft aller sittlicher
    Vorurtheile
. So bald sie in ein (falsches) Licht gesetzt werden, vereinigen sie sich so sehr mit der Sprache u verbinden sich mit den alltägl. Begriffen der Menschen, daß sie dem gemeinen Menschenverstande einleuchten, und nunmehr wundern wir uns, wie ein anderer an solchen angenommenen Begriffen zweifeln und auf einem so ebenen Wege straucheln kann.“
Es ist allso eine Nothwendigkeit für mich das Jerusalem so wohl als mein Golg. von neuem zu studiren, um das letztere gegen den Berlinschen Kunstrichter retten zu können. Der Tod des Verf. giebt mir
    Freyheit, ohne
    ihn zu kränken, sein
Buch zu widerlegen u die Blöße deßelben aufdecken zu können. Herder beurtheilt Mend. eben so wie ich „er ist zu alt und ein zu claßischer Philosoph der deutschen Nation u Sprache, daß er sich belehren ließe und ein zu pfiffiger Ebräer, als daß ein ehrl. Christ mit ihm auskäme. In seinen Morgenstunden hat er seinen Schatten von Leßing (denn es ist nichts als ein Schattenbild das er als den matten Hirsch p vormalt) aus dem Gefecht zu bringen gesucht, daß er durch diese Vorrückung der Steine schon gewonnen Spiel hat. – – Es ist sonderbar, daß in dem alten Mann der versteckte Haß gegen die Christen von Tag zu Tag mehr hervorzutreten scheint: Denn allenthalben bringt er, wo mit der eiskalten Wolf. Wort φφie nicht weiter auszukommen ist, die Christen als geborne oder widergeborne
    Schwärmer
ins Spiel u mit dieser geheimen bittersten Intolerantz ist alles Disputiren am Ende“ – – – Gesetzt daß Ihnen Herder auch eben daßelbe geschrieben: so ist es uns beyden doch nützlich, und ich habe nichts weder mit dem lebenden noch todten Juden und Rabbi zu thun, mag ihn weder bekehren noch verurtheilen, sondern die
    Berliner
sind meine Gegner und Philister, an denen ich mich rächen werde.
Ich habe die
    Wollust
eines
    Ixion
und beynahe sein
    Rad
gefühlt. Muß also langsamer zu Werk gehen, ohne meine Idee aufzugehben, oder für eine bloße Wolke zu halten. Ich hoffe den Prediger in der Wüste noch in ein
    brennend
und
    scheinend
Licht verwandelt zu sehen, und die versprochene Freude an seiner
    Gabe der Deutlichkeit
wahr zu machen. Wie Herder auf den Gedanken kommt daß ich mich mit dem lateinischen Recensenten, wie er die Allg. Litter. Zeitung nennt, einlaßen wolle, weiß nicht. Ich bin mit seiner Ankündigung recht sehr zufrieden gewesen, und verlange kein größeres Lob. Er giebt mir den Rath meine Kraft für
    den Berl.
    Recensenten
, der bald hervortreten wird, zu sparen. Noch hat er die Bibl. also nicht gelesen – und diesem Rath bin ich also auch schon zuvor gekommen. Ich bin wol, mit vieler Mühe, etwas weiter gerückt, aber noch nicht im Zuge oder Gange, daß es kaum lohnen wird Ihnen diesen Lappen mitzutheilen. Mendelssohns Tod hat auch den Gang meiner Ideen verändert, und wie ich Ihnen, liebster J. schon gesagt, den Fortgang derselben erleichtert. Ich will gleich nach dem Ihnen mitgetheilten Anfang diese Episode einzureyhen suchen, und will erst Ihr Urtheil abwarten, ehe ich Ihnen mehr liefere, auch nach W. sobald ich nur kann schreiben, und ihm Rechenschaft von meiner Arbeit geben. Unsere Uebereinstimmung muntert mich dazu auf; und ich wünschte daß unser liebe H. die Kritik seines alten Lehrers nicht so ungleich beurtheilte, wie er es thut. Ein guter Schriftsteller hat Gegner und Feinde auch nöthig, muß gegen selbige dankbarer seyn, als gegen die blinden Bewunderer. Kant schickt mir die lateinische Zeitung bis zum 8 pr. aber nichts von Ihnen noch von Mendelssohn. Reid deßen Inquiry into the human mind ich franz. besitze hat Essays on the Intellectual Powers of Man herausgegeben, die meine ganze Aufmerksamkeit rege machen und deren Recension ich wenigstens bald im Monthly Review zu lesen wünsche u hoffe. Nun Herzenslieber J. Paroli zu allen Ihren Wünschen, oder unsern! Können Sie auch mein Geschmier lesen? Macht es Ihnen Kopfschmerzen? Nur nicht über das Cogito das edle Sum vergeßen. Gott
    schuff
– Ohne diesen Beweiß giebt es keinen andern von Seinem Daseyn. Geben Sie mit diesem Jahr der
    verpesteten Bulerin
den Scheidebrief, welche Ihrem Leßing u seinem Mendelssohn Leben u Genuß u Ruhe verkürzt. Lieber Pantheismum als Anthropotheismum geglaubt. Auch Unglaube ist Religion, die natürliche und stärkste. Zweifeln Sie noch an meiner Gabe der Deutligkeit? Mendelssohn hat mit Pilatus Frage angefangen um mit einem analogen Richterspruch aufzuhören. Laßen Sie den Todten ausreden, ehe Sie an eine Antwort denken, u schreiben Sie mir bald Evangelien u Episteln aus Münster. Gott sey mit Ihnen u den Ihrigen wie mit mir u den Meinigen. Sobald ich was erfahre, theile es mit. Ihr alter gebundener Johann Georg H. Gott hat Ihren Gegner beßer entführt und zum Schatten gemacht, wie er seinen angesteckten Lehrer u Freund, Nathan den Weisen, zum verschmachtenden Hirsch. Heraus mit der metaphysischen Hagar. Alle Kritik der Ismaele ist Logo- u Sciomachia. Vive la Bagatelle! Die machen Sie zum Gegenstand, zum wichtigen
    Gegenstand Ihres Forschens
. Optimus Maximus verlangt keine Kopfschmerzen, sondern Pulsschläge! Dixit! ΑΥΤΟΣ εφα.
Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 15ten Jan 1786 J. G. Hamann empf den 27tenbeantw den 3ten Febr.
Düßeldorf den 16 Jan 1786. Montag Abends. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 2 Febr Geantw den 4 – 6.  No 24. Lieber Hamann! Gestern, kurz vor Mittag, wurde Ihr Brief vom 4ten mir gebracht. Ich fand den Augenblick das Bild, u vor Freude fieng mir das Herz so gewaltig an zu schlagen, daß ich mich niedersetzen u die Hände auflehnen mußte. Zwey mahl sprang ich auf um damit hinüber zu meinen Schwestern zu laufen, u kam beyde Mahl zurück um vorher den Brief zu lesen. Bey der Stelle Ihres Briefes, wo es läßt, als wäre das Bild für Buchholtz, wurde mir ganz schwühl, u tausend Ränke, Schikanen u Hülfsmittel giengen mir durch den Kopf. Eine ganze Weile saß ich so, ohne mit dem Lesen v der Stelle von der Stelle zu kommen zu kommen. Endlich gieng es denn doch wieder voran, u auf der dritten Seite war das Bild mein. Lieber Hamann, Sie sind gewiß der Mann, der auch sich recht von Herzen freuen kann: so denken Sie sich selbst denn meine Freude. Sie schrieben ohnlängst v einer Portrait-Mahlerinn, u da machte ich gleich Anschläge auf ein Bild von Hamann, wußte aber noch nicht, wie ich mich ab am besten dabey nähme. – Nun hielt ich mich nicht mehr; ich sprang hinüber zu meinen Schwestern, so daß alle Thüren hinter mir offen stehen blieben; that aber beym Hereintreten denn doch ganz gelaßen, u ließ rathen, wen das Bild vorstelle. Sie erriethens bald. – Lieber, ich hatte schon vor Freude geweint, u gestand es den guten Mädchen. – „Der Hamann hat Dich doch recht lieb, sagte Lotte.“ Ach, so lieb, sagte ich, wie noch kein Mann mich gehabt hat; u so im innersten der Seele gerührt hat mich auch noch keines Mannes Freundschaft, wie die seinige. – Ich dachte mir Augenblicke, wo mein guter ältester Sohn wohl an meinem Seßel kniete, mich umschlang, u seinen Kopf an mich lehnte. So, guter Vater, war nun ich bey Dir; küßte Dir die Hände; ergriff sie, u drückte mein Gesicht in sie. Um Ein Uhr, da ich eben zu Tische gehen wollte, schickte mir Schenk die Cöllnische deutsche Zeitung, die ich nicht halte: „ich möchte den Artikul Berlin lesen.“ – Und, siehe da die Nachricht, daß Mendelssohn gestorben, u auch schon begraben war. Ich fuhr etwas zusammen, u hätte nun auch gleich schon wißen mögen, in wie fern
    Sie
bey diesem Todesfall betroffen sind; wie er zu Ihrem gegenwärtigen Zustande paßt; Ihre Bewegungen fördert oder hindert. Für mich ist die Begebenheit sehr unangenehm, da sich der ganze Pöbel zu Sichem nun in seinen den Mantel des Propheten theilen wird. Ich werde unterdeßen mich gewiß ganz stille halten, u in der Folge über alles mit Ihnen erst zu Rath gehen. Wir werden nun bald erfahren, wie es um die an mich gerichtete Epistel steht. Die Sache kann einen recht wilden Lauf nehmen. Daß allerschlimmste für mich wäre, wenn Mendelssohns Absterben Ihren Plan dergestalt verrückte, daß Sie nun erst wieder einen neuen machen müßten. Aber es stehe darum wie es wolle; ich laße nicht ab von den Verheißungen in Ihren letzten Briefen‥‥ doch vor allen Dingen, Lieber: cura ut valeas! Dienstag früh den 17ten Jan Die Stelle in Ihrem Briefe v 1 Jan: „Wenn das Rindvieh beyseit austritt, wird mann denn die Bundeslade gleich für verlohren halten, u die Hand, ein Usa, darnach ausstrecken“ – ist groß u herrlich. – Beßer als alle Wunder ist wohl das Licht wovon der Stahr an unsern Augen reif wird, u dann von den Augen fällt, wie Schuppen. Ach, daß auch einmahl für mich der Befehl ausgienge:
    Siehe, er betet
! Dem Guten Lavater bin ich noch immer auf seinen letzten Brief die Antwort schuldig. Ich schreibe ihm, so Gott will, morgen. – In dem IV.ten Theil seines Pontius sind für mich ganz unerträgliche – ich möchte sagen, abscheulige Dinge Stellen, u so auch in den vorigen Theilen; aber auch wieder andre, die mir wie Othem Gottes eingehen. Dieser Mann hat einen ganz eigenen sonderbahren Beruf; unser Vater im Himmel wird wißen was er mit ihm will, u wird ihm seinen Frieden schenken wenn es Zeit ist – Er heilige uns alle durch u durch!!! – Amen! Die Herzenserleichterungen will ich mir verschaffen; auch die beyden Schriften v de Marees, die Sie in Ihrem Schreiben v 28 Xbr mir empfolen haben. Ihnen nachzukommen im Lesen ist mir nicht möglich. Pfenningers 2.ten Theil habe ich angefangen, wurde aber unterbrochen, u muß ihn ganz v vorn wieder anfangen. Mit dem ersten Theile wurde ich gegen das Ende weniger zufrieden, u der Anfang des 2ten kam mir vor wie das Ende des ersten. Ich habe sonst von Pfenninger noch nichts gelesen, u hatte ein Vorurtheil gegen ihn, weil ich ihn als Lavaters moralisches Weib ansah. Der Brief worin Sie mir bey v Ihrem Zufall bey D Gräf schrieben, ist vom 14ten Dec. / Ich bestätige was ich Ihnen am Freytage über den Anfang Ihres fliegenden Briefes geschrieben, u sehe der Fortsetzung mit heißem Durst entgegen. Was Sie in Ihrem letzten Briefe v Ihrem Wurststyl sagen, u der Vergleich Ihrer Verstopfung mit Lavaters Durchfall, hat mich über alle Maßen ergötzt. Auf den Grund habe ich Ihrer dunkeln Methode nie recht kommen können. Sie hat mir nicht selten wahre Folter angethan, u mich dann in Grim gesetzt gegen den: qui pectus inaniter angit. Was ich aber wohl verstand, entweder gleich, oder nach wiederholt darauf verwendeter Mühe, sah gar nicht aus als wenn nur Bosheit diese Methode eingegeben hätte. „Daß die weisesten Kunstrichter, ohne es zu wißen, ihre eigene pudenda ausgespuckt haben“, ist darum nicht minder wahr. Der Grund Ihrer Magischen oder Mystischen Methode, was er auch sey, ist ein = X, das in seinen Erscheinungen, abgesondert, durch keinen Erinnerer u Corrector umgestaltet werden kann noch darf. An sich selbst zu verzweifeln haben Sie ganz u gar nicht nöthig; verzweifeln Sie nur ein wenig mehr an Ihrem Leser, von dem sSie überall eine zu gute Meynung haben,
    u ihm zu viel Ehre
    erweisen
. Es ist, sagt Salomo, ein trockener Bißen daran man sich genügen läßt, beßer, denn ein Haus voll Geschlachtetes mit Hader. Heute Abend erwarte ich den würdigen Bruder meiner seeligen Betty, meinen lieben Clermont aus Vaels mit 4 seiner Töchter, die mir alle ans Herz gewachsen sind, besonders die älteste, Eleonore, u die 3te, Friderike. Luise heißt die zwischen beyden, der HerzensAbgott ihres Vaters u meines ältesten Sohnes, dem sie auch so gut als verlobt ist. Drey Wochen wollen diese lieben Gäste bey mir zubringen. Sie sehen also daß ich fürs erste nicht nach Münster kann. Ich erwarte Briefe v unserm Buchholtz. Die Post ist noch nicht angekommen. Der verirrte Brief hat sich endlich gefunden, u enthielt keinen für Sie. Ihre Aufträge vom 14ten u 25ten Xbr an Buchholtz habe ich genau ausgerichtet. Mein ungerathener Sohn ist noch nicht erschienen; habe seitdem auch nichts v ihm vernommen, u bin auf die Ankunft der Post Begierig. Gott sey mit Ihnen, lieber Hamann, u mit Ihrem ganzen Hause! – Anima est ubi amat, sagt der hl Augustinus. Wenn das doch noch wahrer wäre als es ist. – Ich hoffe die Weseler Post bringt mir übermorgen so viel, daß ich Freytag wieder schreibe. Grüßen Sie unsern lieben Joh Mich. v mir; auch Hill; u auch Ihre Töchter, mit der Hausmutter. – Von ganzem Herzen, lieber lieber lieber Hamann Ihr Fritz. Ich habe mir verschiedene Papier Proben schicken laßen,, u eine Sorte zuvorläufig zurück legen laßen.
Königsberg den 18 Jänner 86. Ich halte Sie recht im Schweiß, liebster J. oder steke Sie mit meinem an. Unsere Albertine feyert heute das
    Krönungsfest
, und ich zwischen meinen vier Wänden. Da haben Sie meine erste Fortsetzung, wo mir die Einführung des TodesEngels sauer gnug geworden, ohne daß Sie es der Stelle selbst und dem, was da ist, werden ansehen können, wie viel Gedanken und Wendungen ich ausstreichen und was mir das Zusammenschmeltzen für Arbeit u Mühe gemacht hat. Wenn Sie unter
    Deutlichkeit
eine gehörige Vertheilung des Lichts und Schattens verstehen:
so hoffe ich diesen Wunsch zu erreichen. Es ist noch alles roh – allso setzen Sie
    Ihrer Kritik weder
    Maaß noch Gränzen
, im Fall Sie meynen, daß die Idee der Darstellung werth ist. Meine und meines Vaterlands Geschichte – Mein Haß gegen Babel – das ist der wahre Schlüßel meiner Autorschaft, den ich jetzt selbst überreichen will, und ohne die eine Auflage meiner Saalbadereyen nicht lohnt weder für meinen Verleger, den ich Jahrlang bey der Nase herumgeführt, noch für den Autor. Es war dem Herzogtum keine solche Schande von Pohlen abzuhängen, als es dem Königreich ein Unglück ist von der Politik der Chaldäer im deutschen römischen Reich. Mit welcher Art dergl. Materien behandelt werden müßen, und die skandaleuse Geschichte der
    Pfuy!
    Pfui!
und der welschen Wirthschaft. Ein Staat der alle seine Unterthanen für unfähig erklärt seinem Finanzwesen vorzustehen, und dafür einer Bande unwißender Spitzbuben sein Hertz, den Beutel seiner Unterthanen anvertraut. Das tolle Geschrey über Pasbstum – kurz alle loci communes des Berlinschen Wahnsinns in der Litteratur u Religion – kurz alles was ich nur mit meinen Krallen erreichen kann. Wir erwarten hier alle Tage einen Regierungsrath u Liebling des Großkanzler aus Memel, der die abscheulichste Ausschweifungen u Boßheiten angegeben. Er heist
    Glawe
. Er wurde hier wie der leibhafte Teufel
    gefürchtet u angebetet
; in den grösten Häusern oben drauf, und eben so bald drunter. Einmal in meinem Leben habe mit dem Schurken gefreßen, wie der Sophienschreiber hier war, bey meinem Gevatter und alten Freunde,
    Lotterie Director Kanter
.
Wenn mein letzter Brief auf Ihren Geburtstag eintrifft, so bitte meinen Glückwunsch als P.S. anzuhängen, und selbigen zu ergänzen, wozu damals kein Raum übrig war. Ich vermuthete mir heute Etwas von Ihnen; noch ist nichts da. Allso schreibe ich selbst; damit Sie nicht argwohnen, daß alles auf eine Windkolik hinausgelaufen ist. Die eckelste Arbeit für mich ist aus dem Buchstaben F. Grütze zu machen. So eine Bewegung mit der Mörserkeule greift meine Knochen zu sehr an. Ich muß aber seine eigene Weißagung über mich wahr zu machen suchen, auf seine und meine Kosten, daß ich
    gefährlich
bin. Nun liebster J. ich wünsche Ihnen so viel Kälte und Gedult zum Lesen als ich Hitze und Gedult vereinigen muß, zum Schreiben. So bald ich diesen
    Hügel
überstiegen habe, will ich mich ein wenig ausruhen u nach Weimar schreiben. Er hat Oel und Wein in meine Lampe und Kelch – oder soll ich lieber sagen, in meine Wunden gegoßen, und mich gestärkt, da mir aller Muth zu vergehen anfieng, und ich an meinen innern und äußern Sinnen verzagte. Der bittere Geschmak, mehr im Magenschlunde als in der Gurgel, mehr bey Feuchtigkeit als Speisen will noch nicht verschwinden, und verekelt mir den herrlichsten Caviar, den mir Hartknoch je geschickt, und den ich nicht einmal meinen Kindern u ihrer Lüsternheit Preiß geben mag, ohne wenigstens noch einmal den Versuch zu machen mich daran zu erqvicken. Wir haben bisher nichts als Regen und Thauwetter gehabt, ohngeachtet des Ostwindes; heute ist ein heiterer Himmel und neigt es sich zum Frost mit Südwind. Die Witterung und mein Magen wirkt in mein Organon stärker wie je. Gestern war bey Ihrem Namensvetter eingeladen, wo eine große Gesellschaft gewesen. Ich nahm Rhabarber ein, die erst diesen Morgen zu wirken anfieng. Meine willige Natur wurde durch einen römischen Camillen The irre gemacht. Der Versuch ist mit dem Caviar zum Frühstück gemacht. Ich habe aber mit dem vierten Schnittchen aufhören müßen, er schmeckt nach lauter Coloqvinten. Abeat cum ceteris erroribus! Des de Marées Gottesvertheidigung über die Zulaßung des Bösen ist hier nicht aufzutreiben, habe selbige also allenfalls verschreiben laßen, um dem guten Häfeli antworten zu können. Als meinen Kunstrichter kann ich Sie kaum davon dispensiren den Text der A. D. Bibl. zur Seite zu legen oder bey der Hand zu haben. Die Wahrheit zu sagen, gehört es mit zu meiner Absicht Sie in Ihren eigenen Circuln ein wenig zu stören – und ob ich diese Absicht erreiche, werde aus der Individualität u Genauigkeit Ihres Details und Ihrer Severitate über Sachen und Wörter absehen können. Denn wenn Sie nicht coll’ amore dabey zu Werk gehen, krieche ich mit allen meinen Hörnern wie eine Schnecke in ihr mein Häuschen zurück. Daß man in M.S so mausestill ist, thut mir wohl und weh. Meine Luft und WaßerDiät ist doch nicht übel aufgenommen worden. Es geht mir aber wie jedem Artzt für andere und nicht für sich selbst. Ich mag nicht schreiben, nicht lesen – als gute Nachrichten in Ihren Briefen und ich hoffe daß diese Mediation dort auch die gefälligste seyn wird. Alles übrige gehört zu den
    göttl. Geheimnißen
der
    Zeit
und ihrer Entwickelung – und diese
    reine Natur
übertrifft alle menschl. Kunst. Also wünsche V.R.W. Ihren Geburtstag gesund und vergnügt ohne Kopfschmerzen noch curas secandas p. Er folgt auf unsers
    Davids
seinen, der sich um
    beyde
so verdient macht, quod bene notandum. Hier hält sich ein verlaufener Mönch auf seit 14 Tagen, der sich Prof. der orientalischen Sprachen und Wiener nennt. Der Abgang unsers Pr. Köhlers machte auf diesen Mann aufmerksam unsere Policey. Man erfuhr, daß er sehr kümmerl. in einem schlechten Wirthshause lebte. Meine Neugierde hat sich schon ziemlich abgekühlt, und jetzt mag ich vollends mich um nichts bekümmern. Hill that ich vor ein paar Tagen einden Auftrag, nähere Nachricht einzuziehen. Kant u Kraus haben gestern so nachtheilig von diesem Umtreiber gesprochen, daß er auch wenig Lust dazu hatte. Zu Mittag bringt mir mein Sohn die Nachricht, daß er aus Münster seyn soll. Können Sie etwas, liebster J. von diesem Menschen erfahren: so könnte es auf allen Fall dienen mich darnach zu richten. Er soll aus Polen gebürtig, im Osterreichschen gewesen seyn, und giebt vor eine Professur orient L L. zu Münster wirkl. gehabt zu haben die er wegen geschmälerten Gehalts aufgeben müßen. Schon dieser Umstand ist mir verdächtig, und es liegt mir eben so viel daran unnützes verlogenes Gesindel fortzuschaffen, als für unglückl. Mitleiden zu befördern. Erkundigen Sie Sich also nach einem dort eclipsirten Pater oder Prof. Wiener, und Hill soll noch heute seine Herberge oder Praesepium ausfragen. Hat er was in seinem Fach gethan, so soll
    Hill
Stunden bey ihm nehmen. Man hat an ihn gedacht bey bevorstehender Vacantz; Kraus hat weniger Vertrauen zu ihm als Kant, und ich kann beyden nicht widersprechen. Ihr Namensvetter hat an diesem jungen Menschen einen Schatz für seine Kinder – – wenn er ihn nur dafür erkennt – – – – So bald ich was habe, schreibe wieder. Erwarten Sie aber keine zweite Fortsetzung vor einer Antwort oder Bescheinigung über Empfang desr ersten. Leben Sie recht wohl mit Ihrem ganzen Hause unter den besten Grüßen u Empfehlungen von mir u den Meinigen. Much good may you do! Der garstige Klecks ist kein gutes Omen – Sey’s was es wolle: so bin und bleibe unverändert Ihr alter Freund Johann Georg H. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 18ten Jan. 1786. J. G. Hamann empf. den 29tenbeantw den 3ten Febr.
Kgsbg den 19 Jänner 86. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und redlicher Freund, Ihren Brief erhielt eben den 12 wie mir der Kopf gantz benommen war von des M. plötzl. Todesfall, den ich den Abend vorher durch meinen Sohn aus den Zeitungen erfahren hatte. Pf. Scheller war eben mit Kr Deutsch nach Graventihn abgereist, ersterer eine ziemliche Weile bey mir zur Herberge gewesen, und wird diesen Sonntag als Adiunctus und vermuthlicher SchwiegerSohn des alten berüchtigten Gottscheds zu Petersdorf introducirt werden. Sie können leicht denken, daß weder dem alten kranken Wirth noch dem muntern Gast, der ein Sachse-DeutschGascogner ist die Zeit über nicht wohl zu Muthe gewesen. Zum Glück war er alle Tage ausgebeten, kam sehr odrdentl. zum Pfeifchen zu Hause; ich legte mich aber so frühe ich muste nieder, ohne Umstände zu machen. – Mein Magen ist wohl noch nicht hergestellt, ich habe noch Hoffnung mich zu erholen, aber nicht wieder jung zu werden. Gott erhalte man alles in Ihrem lieben Hause im guten Gange, daß Sie mich bald mit dem zweyten Theil Ihrer Zerstreuten Blätter erfreuen können. Ich danke Ihnen recht herzlich, liebster alter Freund, für den Antheil den Sie an meiner Gesundheit und Reise, denn beyde scheinen sehr nahe zusammen zu hängen, nehmen. Die Morgenstunden habe ich nur bey der ersten Erscheinung durchgeblättert u einige Stunden angesehen, und eben machte ich wider den Anfang mit schlechtem Fortgange und etwas aufgebracht, als ich den Tod des Verf. erfuhr, da meine ehmalige Freundschaft für den armen Mann aufwachte, und es mir recht weh that ihm nicht Einmal vor seinem Ende geschrieben zu haben um ihm einige Erläuterungen mitzutheilen. Aber Sie urtheilen gantz recht von ihm. Er glaubte weder Mose noch den Propheten, ungeachtet er sie übersetzt und würde allen meinen briefschaftl. Versicherungen auch nicht getraut haben. Der Unglaube ist die älteste stärkste und nebst dem Aberglauben die einzige
    natürliche Religion
. Er ist am letzten Tage des Jahres der auf den Sabbath fiel, noch bey seinem Verleger Voß gewesen, der wahrscheinl. schon den Anfang zum Abdruck des zweiten Theiles gemacht. Nichts Zuverläßiges habe noch bisher darüber erfahren können, werde aber unsern J. in D. davon sogl. Nachricht ertheilen. In Ansehung seiner ist es mir recht lieb, daß ihm sein Gegner eben so entrückt worden ist, als dieser seinem Achates – Ich habe alles Mögl. schon gethan, was Sie mir an der Hand gegeben haben, und laße ihn beynahe nicht zu Othem kommen, an eigene Arbeiten zu denken. Den 27 Nov. habe bereits den 63sten Theil der A. D. Bibl. über der Post erhalten u mir durch einen guten Freund von mir u Nicolai, dem Kaufmann Jacobi verschreiben laßen. Nunmehro werden Sie auch No III. nebst II u IV. gelesen haben. Mit der lateinschen Zeitung bin recht wol zufrieden gewesen und wünschte aus Dankbarkeit den Verf. zu wißen. Ein mäßiger Beyfall ist mir lieber als ein verdachtiges übertriebenes Lob. Aber an dem politischen Philister F. muß ich mich rächen mit einem Eselskinnbacken. Das hab ich beynahe ihm zugeschworen und hoff es ihm redlich zu halten, so wahr mir Gott hilft und Sein heiliges Evangelium!!! Keine Art Urlaub zu erhalten ist weder fürvor meine Augen möglich noch für meinen Geschmack. Ich will von meiner Autorschaft eben so feyerlich Abschied nehmen, als ich vor 25 Jahren selbige angetreten habe. Und dann erst werde ich an eine zweite Auflage meiner Schmieralien denken können zum Besten meines Verlegers, den ich Jahre lang bey der Nase herumgeführt. Er schickte mir den Tag nach Empfang Ihres Briefes ein Paar Fäßchen Caviar, wovon ich eins an Kant abzugeben hatte. Die ganze Woche war ich lüstern darnach gewesen. Beym Empfang war mein Appetit schon halb gestillt. Der bittere Geschmack im Munde vergällt mir alle Feuchtigkeiten; und mein schwacher Magen kann diesen Leckerbißen auch nicht recht mehr verdauen. Ich habe einige male angesetzt; denn schöner hab ich ihn noch nicht erhalten, als dies Jahr zu meinem Verdruß. Die letzte Neige habe ich diesen Mittag meinen Kindern Preis gegeben, welche wie die Fliegen drauf erpicht sind Vorgestern Montags Abend läßt sich meine Hausmutter verführen in die Comödie mit den beyden Mädchen zu gehen. Auf einmal fiel ein starkes Thauwetter ein. Ich schickte den guten Hill nach um die Kinder zu Hause zu begleiten. Es geht alles gut; vor der Hausthür thut meine Alte so einen entsetzl. Schlag, daß ihr beynahe eine Ohnmacht ankommt. Der Regimentsfeldsch Miltz, deßen Tochter an dem gantzen Aufzuge schuld war, hat ihr heute Blut gelaßen, und ich denke allen übeln Folgen dadurch vorgebaut zu haben. Gestern gieng sie den ganzen Tag wie eine betäubte Gans im Hause herum. Nach dem Aderlaßen ist ihr leichter. Heute ist der dritte Tag daß ich das Haus hüte, Rhabarber und meine Pillen von Aloe u Assa foetida eingenommen, um den Wermuth Geschmack aus dem Magenschlunde los zu werden. Gestern Abend ist ein Schurk von Regierungsrath, Namens
    Glawe
, ein Liebling des Großkanzlers mit einem Commando aus Memel eingebracht, der die Grube vielen andern und zuletzt sich selbst gemacht. Wie es ihm gehen wird, läßt sich noch nicht absehen. Nach allem Menschl. Vermuthen, schlecht! So bald ich mitvon meiner Arbeit glücklich entbunden bin, werde ich anmelden das gelegte Ey. Der Kopf hat mir bereits so gebrannt, daß ich von Sinnen zu kommen glaubte, und ich habe die Vormundschaft des Magens über die Denkungskräfte niemals so merklich gefühlt, als dieses mal. J. hat seinen Jehu an mir gefunden, und ich besorge ihn beunruhigt zu haben durch meinen Autorparoxysmos. Das beste was ich thun konnte, war freylich aus mir selbst für ihn eine Fabel zu machen, an der er sich spiegeln konnte. Nun haben Sie auch schon den Newton in nuce im Jänner gelesen. Das kleine Ding thut eine allerliebste Wirkung zum
    ersten
mal – das bis aut ter lectus vermindert immer mehr die Ueberraschung. Ey! ey! mein lieber Gevatter, Landsmann und Freund! daß Ihnen die Schläge Ihres alten Lehrers so weh thun, gefällt mir nicht Recht. Dies gehört zum Autorspiel – und ohn diese veniam mutuam muß man sich gar nicht einlaßen. Jeder gute Kopf hat so einen Satansengel nöthig, statt eines memento mori und die bittere Aloe macht rothe Wangen – befördert den Umlauf des Bluts und den Fortgang der Arbeit besonders solange sie noch unter dem Amboß ist. Das dient im Grunde alles zu Ihrem und Ihres Werks Besten, wenn Sie es gut anwenden wollen – etiam ab hoste consilium. Und das ist K. nicht, sondern im Grunde ein guter homunculus, dem Hippel ebenso ein Ende wie dem Mendelssohn weißagt. Das Schreiben ist ihm jetzt eben so eine Bedürfnis, als das Reden und Plaudern. Der Kgl. Bibl. soll sich sehr für diesen ersten Beytrag zum N. J. bedankt haben; wie leicht zu erachten. Sind Sie nicht erst in der Hälfte Ihrer Ideen? Sind seine Erinnerungen ohne Grund; so fallen sie von selbst weg. Haben Sie Grund; desto beßer für Sie ihn noch bey Zeiten zu entdecken, und sich darnach richten zu können. Ich würde so politisch u billig seyn mich auf jeden Fall dafür zu bedanken – wenn ich nicht einen kahlen Kopf hatte – und ein Kritiker der reinen Vernunft so galant wäre, was ich eben jetzt meine Magd sehe meinen beyden Mädchen thun, weil die Mutter nicht mehr recht sieht, und ihre Nase zu einer Brille ein wenig zu klein ist. Also iß Dein Brodt mit Freunden, trink Deinen Wein mit guten Muth, denn
    Dein Werk gefällt
Gott. Dieser Billigungstrieb vulgo Glaube hält doch immer fest, wenn alle andere Stricke reißen. Wenn der Caviar bitter schmeckt, liegt nicht die Schuld an einem künftigen Verleger noch am vergangenen Recensenten: sondern sehr oft an unserm Oesophago, wie ich die leibhafte Erfahrung habe. Der liebenswürdige Graf Stollberg gieng am Neujahrs heil. Abend hier durch, gieng von mir zu Hippel, wo er aber den Scheffner nicht zu sehen bekommen, speiste bey
    Keyß
u reiste denselben Tag glücklich ab. Die Elisa wird alle Tage in Gesellschaft JIhres Goeckings erwartet. Ich habe mich die Feyertage über nicht aus dem Hause gerührt, gieng den 10 d. zum ersten mal aus, um Kr Deutsch den Gang zu ersparen u ihm mein Compliment im Vorbeygehen zu machen. Auf die PoliceyStrützel u Leibkuchen habe dies Jahr Verzicht thun müßen und Scheffner besuchte mich in Gesellschaft seines Wirths auf eine Stunde, da mir eben der Kopf rauchte. Hat Sie der gute Häfeli aus Wörlitz besucht, wie er sich vorgenommen. Er hat mir eine Gottesvertheidigung über die Zulaßung des Bösen empfohlen, die ich hier nicht auftreiben können, und diese Woche verschreiben laßen durch den Ex-buchhändler und künftigen Lombard-entrepreneur Wagner. Statt deßen hab ich hier eine alte Abhandlung von demselben Autor de Marées, der ein geborner Schwede seyn soll, wiewol er Mendelssohn einenseinen Landsmann nennt, über die
    Verbindlichkeit
    der göttl. Gesetze von der Todesstrafe des Mörders u
    Vermeidung blutschänderischer Heirathen 71
. gegen Baumgarten u Michaelis. Ich weiß nicht ob mein Urtheil bestochen ist, sie hat mir ungemein gefallen und ich habe viel Neues, beynahe anticipirtes gegen den Genio Seculi darinn gefunden daß ich die andere Schrift nicht abwarten kann, um meine Neugierde zu stillen. Kennen Sie selbige, so bitt mir Ihr Urtheil aus, meins zu berichtigen. Häfeli war so grosmüthig mir die Schrift anzubieten; ich bin aber ohnehin in seiner Schuld, und ich hoffe sie bald zu sehen um ihm antworten zu können. Ich bin in der Verlegenheit gewesen ihm eine Sache zuzumuthen, in welche ich mich weder selbst mischen noch gute Freunde compromittiren mag. Es war eine elende Pfarre auf den Deßauschen Gütern, wo unser jetzige Altst. Diac. Kraft, (der vielleicht auch Ihr akademischer Freund, wie von Fischer u Scheffner) seyn mag seinen alten Schulmeister anbringen wollte als einen ehrl. u durch seinen Nachfolger geplackten Mann. Weil Köhler nicht außer der morgenl. Prof. die griechische und dritte juristische erhalten, ist jetzt im Abzuge. Man hat in Berl. an
    Hill
gedacht; er ist aber noch zu unreif u vielleicht zu Schade für ein öffentl. Amt. Meine Lisette Reinette hat den Generalbass bey Podbielski, der sich über den Fortgang dieses Mädchens durch die bloße Nachfolge einer Freundin, die seine beste Schülerin so gefreut, daß er aus Neigung ihr weiter hilft. Hill setzt das italienische fort und qvält sich mit Lehnchen u Marianchen auf dem Clavier. Raphael lehrt die eine schreiben die andere lesen und HE Johannes studiert sich gantz zum dollen Greeken, weiß aber weder Bu noch ba von Philosophie und Mathematik. Es fehlt also nicht an häuslichen Freunden – An öffentl. Leiden auch nicht. Kein Gekoch, keine Zufuhr; das Stein Butter 20 fl. kein Futter, Gerüchte von Viehsterben und lauter Aspecten noch schlechterer Zeiten. Ein Sch‥knecht hat sich gelüsten laßen vorige Woche eine gantze Fuhr mit Würsten, sSie können leicht erachten welche? zu Markt zu bringen – Lohnt es wohl Ihnen solch Zeug zu lesen zu geben – Es ist Zeit aufzuhören. Sie sehen, lieber alter Freund, daß ich noch lebe und schmiere. In Wandsbeck soll auch alles wider auf den alten Fuß seyn. Die Ankündigung einer neuen Uebersetzung habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen, auch keinen Wink deshalb. Er hat einen Vetter
    Lorck
hier aus Flensburg, der mich mit seinem Herrn einmal besucht, aber noch keine Gegenvisite gemacht. Aus Münster keine Zeile erhalten seit seiner Ankunft. Gnug für mich, daß alles nach Wunsch dort geht. Empfehlen Sie mich meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin, welche Gott stärken wolle, und Sie mit Ihrem ganzen Hause seegnen. Von mir und den Meinigen, worunter auch Hill gehört, die zärtlichen Grüße und Küße. Ich umarme Sie und ersterbe   Ihr   alter ewiger Freund Johan Ge.H. Mein Kopf ist leer und wüste, daß ich abbrechen muß – und den Brief mir aus dem Gesichte schaffen. Ersetzen Sie alles, woran ich nicht denken kann. Gott empfohlen. Küßen Sie Pathchen.
Düßeldorf, den 23ten Jan 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 6 Febr 86 Geantw eod.No 25. Heute früh, mein Herzinnig geliebter Hamann, erhielt ich Ihren Brief vom 10ten – 12 Jan. Sie sagen mir nicht daß Sie den meinigen den Sie erwarteten (v 30.ten Dec.) erhalten haben. Der niedergeschlagene Ton, vornehmlich bey’m Schluße Ihres Schreibens macht mich bekümmert. Ach daß ich nicht zu Ihnen hin fliegen u selbst sehen kann! Am Sonnabend erhielt ich auch v Herder, bey Gelegenheit eines Einschlußes an Camper den ich befördern soll, einen Brief voll Sorge für seinen alten u frühesten Freund,
    den
    Freund seiner Freunde
. Ich soll Sie schonen;‥ soll helfen Ihnen heiter u still Ihre Reise auf den künftigen Frühling möglich machen… Wie gerne will ich das. Aber alles Eingreifen läuft gegen meinen Character. So gern ich gehorche, mich zufrieden gebe, zu thun auf einen Wink bereit bin: so ungern mache ich Vorschläge, oder ertheile Rath – Laßen Sie mich laut anstimmen: Wer nur den lieben Gott läßt walten – Ich kann das Geflüster um
    Ihn
herum nicht leiden. Ich hab’ es in der Erfahrung überall so armselig gefunden. Also, lieber Haman, Er sey mit uns! und wir gehen unsern geraden Weg. Ich hoffe sehr darauf mit nächster Post wieder Nachricht von Ihnen zu erhalten. Daß die Nachricht v Mendelssohns Tode Sie rühren würde, hatte ich erwartet. Claudius schreibt mir, Nikolai hätte eine Alfanzerey auf seinem Grabe gemacht, des Inhalts: „daß der
    alte
Moses noch wohl von ihm (dem M. M.) hätte profitieren können, wenn sein gutes Glück ihn zu unserm Zeitgenoßen gemacht u seine Morgenstunden hätte frequentieren laßen.“ – Es freut mich daß es die Ausführung Ihrens Plans erleichtert, daß Mendelssohn Sie nicht zu lesen braucht. Dieser Umstand wird auch mir dereinst zu statten kommen. Der größte Theil des Inhalts v Ihrem heute eingelaufenen Schreiben, ist durch die meinigen vom 6ten, 13ten u 17ten dieses schon beantwortet. – Mit größtem Verlangen sehe ich neuen Beylagen entgegen, u werde Ihnen über alles meine innerste Herzens Meynung unverholen seyn laßen. Auf meine Verschwiegenheit u treueste Befolgung Ihres Willens bis zur geringsten Kleinigkeit, können Sie sich fest verlaßen. Den 17ten, Abends, da ich eben zu Bette gehen wollte, langte mein entlaufener thörigter Junge an. Ich sah ihn, u er mich, nur mit einem Blicke. Meine Schwester Lene beförderte ihn zu HE Schenk. Ein heftiger Sturm hatte meinen Clermont mit seinen Töchtern genöthigt jenseits Rheins zu bleiben. Diese –
    Zärtlichkeit
(ich fühlte es so) der Vorsehung, bewegte mich bis zu Thränen. – Alles war zur Ueberantwortung nach Wesel fertig. Schenk aber, der am ernstlichsten für diese Maaßregel gesprochen hatte, fand den Jungen so zerknirscht, so gedemüthigt bis ins Mark, daß er anderer Meynung wurde. In einem Athem war er v Zelle bis nach Hamburg gelaufen, auch zu Wandsbeck vor Claudius Thüre gewesen; hatte sich aber nicht überwinden können hinein zu gehen. Auch nicht nach Zelle zurück zu kehren, ob er gleich eingesehen daß dies das vernünftigste sey. Ich sollte mit ihm machen was ich wollte, darum wäre er gekomen. Nun bin ich würklich sehr verlegen was ich mit ihm mache. Wie der junge Mensch beschaffen ist, werden Sie ohngefähr aus den hiebey kommenden Auszügen sehen.* Wenn Sie einen guten Rath wißen, so theilen Sie mir denselben mit. Er war 2 Jahre in Claudius Hause; 4 Jahre bey der Prinzeßinn von Galitzin;
u nun wieder 5/4 Jahr bey mir. Ihn irgend unter eine strenge Gesetzliche Form zu bringen, die mehreren gemein wäre, wäre wohl das Beste; aber wo findet sich eine solche Anstalt? Ihn blos einem Hofmeister zu unterwerfen möchte nicht hinreichen; wo findet sich der Mann, der in diesem Falle meine Sache ganz zu der seinigen machte? – Konnt ich mich doch nicht einmahl auf mich selbst hierin verlaßen. Die Rec. meiner Briefe in den Götting. Anz. ist gewiß nicht v Herder. Da müßte sie aus andern Augen sehen. Würde auch fast durchaus anders lauten. Das Blatt der Ideen Litt. Z. welches die Rec. v H Ideen Th II enthält, ist noch nicht hier. Ich habe aus Ungeduld darum nach Duisburg schreiben laßen, aber es auch von da her nicht erhalten. Daß bey’m Durchsehen der Morgenstunden Ihr BilligungsVermögen eben so aufgebracht gewesen wie das meinige, freut mich sehr. Daß die Zusätze v Reimarus herrührten, verstand sich bey mir v selbst, u ich glaubte, nach dem was ich Ihnen geschrieben hatte, es wäre eben so bey Ihnen. Sie fragten mich gleich anfangs, was die Sternchen S 174 meiner Schrift bedeuteten, u ich nannte Ihnen den Eingebohrnen der Fragmente. Mir graut vor den Vorlesungen wenn nebst Zubehör, wenn ich einmahl sie werde lesen müßen – Wenn Eifer für Hirngespinste das Charakterischtische des Fanatismus ist, so giebt es jetzt in Deutschland keine ärgere Fanatiker als die Berliner. Sie selbst können das nicht glauben, weil sie sich v Schwärmerey eben nichts zu Schulden kommen laßen – Messieurs les
    bande-à-l’aise
!
Ich soll zu Tische u muß also schließen, weil ich, meiner Gäste wegen, länger aushalten muß, u die Briefe vor 4 Uhr auf der Post seyn müßen. Gebe Gott daß ich übermorgen erfreuliche Nachrichten v Ihnen erhalte. Mit meiner Gesundheit habe ich Ursache gerade so zufrieden zu seyn, wie mit meinem Göttingischen Recensenten: sie ist sehr erträglich. Vor dem Tod in Töpfen, b vor dem Sie mich warnen, bin ich, so lang ich die 4 Mädchen im Hause habe ziemlich sicher. Aber ach, ist nicht in allen unsern Töpfen der böse Tod! Es leidet einen guten Sinn was Spinoza sagt, daß der Weise sich nicht um den Tod, sondern nur das Leben bekümmere u darauf bedacht sey. – Bey allem dem, aber auch eben deswegen:
    cura ut valeas
!
Von ganzem Herzen Ihr F. H. Jacobi. Warum, Lieber, laßen Sie Ihre Briefe an mich nicht durch Fischer besorgen? Es ist nicht recht daß bey einem Briefwechsel, wovon ich weit den größten Vortheil ziehe, Sie nicht alle die Mühe, sondern auch noch Unkosten haben. Ihre Briefe frco Wesel kommen alle ganz frey in meine Hände, weil ich, als ein Glied der Dicasterien, auf allen Kaiserlichen Posten die Postfreyheit genieße. * Diese Abschrift ist v Schenk.
Kgsb. den 29 Januar Dom. IV. p Epiph. 86. Herzlich geliebtester J.  Wie ich nicht mehr hoffe einen Brief von Ihnen zu erhalten, bekam ich an Ihrem Geburtstage zwey auf einmal. Zufällig erbrach ich den vom 5 d. zuerst, worinn Sie meine Schwärmerey beynahe auszustechen schienen. Was Sie nachher erhalten, wird selbige ein wenig abgekühlt haben. Wir haben beyde Ursache vor unserm Geist uns in Acht zu nehmen. Gott gebe, daß die Nachricht vom 13 d. worinn Sie mir Ihr
    Hauskreutz
melden bereits zu Ihrer Beruhigung abgemacht ist. Die Vorsehung wird Ihren Väterlichen Entschluß zum Besten Ihres verlornen Sohns lenken und regieren, und Ihren jetzigen Schmerz durch die Rückkehr deßelben mildern. Wie schwer wird es uns armen Menschen die Vollkommenheit des himmlischen Vaters und seine Barmherzigkeit gegen unsere eigene Kinder nachzuahmen. Ich wollte Ihre häusliche Unruhe erst abwarten, ehe ich wider schriebe; habe mich aber anders entschloßen. Vielleicht haben Sie liebster Jonathan, eben die Zerstreuung eines Briefes so nöthig, wie ich selbst diese Erleichterung. Gemüth und Leib leidt bey mir gewaltig von der elenden Witterung, die mich beynahe gantz desorganisirt. Ich bin nicht im stande gewesen, die vorige Woche auszugehen, und habe mich heute beynahe den ganzen Tag umgetrieben. Gestern frühe kam Brahl zu mir mit der Nachricht, daß die hiesigen Juden mit der heutigen
    fahrenden Post
2 Exempl. von den 5 Bogen des M. M. an Leßings Freunde erwarteten. Ich habe kaum den heutigen Tag abwarten können; die fahrende Post ist bis jetzt ausgeblieben und wird kaum morgen anlangen können wegen der Nogat u. Weichsel, die es eben so wie Ihre dortige Gewäßer macht. Ich habe die Ankündigung in den Berlinschen Zeitungen wenigstens zu lesen bekommen; und man hat Wunder von dort über die Vorrede des
    Engels
geschrieben; die ich mir noch nicht vorstellen kann – Vielleicht erhalt ich sie noch morgen, ehe ich diesen Brief schließe. Zu Ihrer Beruhigung melde Ihnen noch, daß meine 2te
    Fortsetzung
    wenigstens auf die Hälfte nichts taugt und von mir selbst
    verworfen ist
. Desto lieber wird es mir seyn Ihr strenges Urtheil über jede Stelle zu hören, in wie weit es mit dem meinigen übereinstimmt. Ich habe mehr Zeit und Gesundheit vor der Hand nöthig um in den rechten Gleis zu kommen, verlauf mich alle Augenblicke, und qväle mich vergeblich mit Dingen die nicht zur Sache gehören und der Mühe, die sie mir kosten, nicht werth sind. Ich habe mich von einer Seite verbannt und beynahe verflucht zu dieser Arbeit, auch noch in meinem letzten Briefe an Herder einen körperl. Eyd auf selbige gethan damit durchzusetzen – von der andern fühl ich die Schwierigkeit sie zur Reife und ins Reine zu bringen, und daß ich mir Zeit laßen muß, behutsam zu Werk zu gehen und mich nicht zu übereilen, meinem Ungestüm nicht blindlings zu folgen, und auf die Schwächen meines Unterleibs Rücksicht zu nehmen, daß selbige nicht in die Höhe steigen und Wolken in Erscheinungen der Juno verwandeln. Alle
    dumme Schnörkel
müßen fort, und das Ganze muß ein Phalanx seyn. Mir ist es lieb, daß Engel und der
    Philosoph für die Welt
sich ins Spiel mischt; aber man muß erst sehen, was? und wie? Verzagen Sie also nicht, wenn meine Hand ermatten und so oft anfangen zu sinken im Streit gegen Amalek. Ich habe noch immer Hoffnung ειϛ νικοϛ την κρισιν auszuführen. Er wird das glimmende Docht nicht auslöschen, noch das geknickte Rohr zubrechen. Ich speiste heute zum ersten mal in diesem Jahr außer Hause bey Ihrem Namensvetter – aber der bittere Geschmack bleibt mir noch immer. Hill brachte mich zu Hause. Der Pr. Wiener war auch bey mir gewesen, er kann nichts als ein
    Jude
seyn, der ein Allmosen braucht. Meinem Sohn muste ich auch die Epistel lesen. Er verwahrloset seine Sprache so stark, daß er bald ein größerer Stammerer wie sein Vater seyn wird, und in einigen Dingen, die ich nicht eben an mir liebe u lobe, scheint er mir zu sehr nachzuarten. Gleich darauf wurde ich mit einem längst erwarteten Briefe von Claudius erfreut, der in langer Zeit nicht so viel und vergnügt geschrieben. Da kommt Pr. Kraus und bringt mir den Herrn von Auerswald und einen Brief vom Kapellmeister Reichardt, der mir eine unerwartete Freude gemacht, weil er noch den Tag vor seiner Abreise sich wegen
    meines Urlaubs Mühe
gegeben, und mir noch ein paar Zeilen geschrieben, ehe er auf den Postwagen gestiegen. Er erinnert sich der frohen glückl. Tage in Düßeldorf und wünscht mich in Wandsbek. Aus wahrer Achtsamkeit hab ich ihm keine Zeile nicht geschrieben, weil ich glaubte, daß er mit seinen eigenen Angelegenheiten, Amtsverrichtungen und Reiseanstalten nebst der dazugehörigen Arbeit den Kopf viel zu voll haben würde, daß ich ihn mit meinen Grillen nicht oben ein beunruhigen wollte. Ich habe ihm meinen jetzigen Posten zu danken, den ich damals als das vltimum visibile meines zeitl. Glücks und aller irrdischen Wünsche zur Ruhe ansahe. Sie können leicht denken, wie angenehm und überraschend es für mich war, daß er aus alter Freundschaft an mich gedacht unter allen den Umständen. Er ist nicht nur bey einem Geh. Finantzrath, der zur General- Adm. zur Abschiedsvisite gewesen sondern hat auch 2 Billets in meiner Sache geschrieben deren Beantwortung er seinem Briefe beygelegt. Der Gen. Adm. welcher das Departement von Schlesien, wo ich nicht irre hat, schreibt ihm, „daß sein College, der neml. das Departement von Preußen hat, jaloux seyn würde, wenn ich mich nicht vorzüglich an ihn gewandt. Er glaubt daß ich eine Brunnencur gebrauchen wolle und dies zu Widerherstellung der Gesundheit zuweilen das einzige Mittel sey, und zugleich einen zureichenden Bewegungsgrund ausmachte um die Bewilligung zu einer Reise zu ertheilenSapienti sat. Fast wird meine Vermuthung daraus bestätigt, daß ich mich hatte gerade an die Adm. melden sollen, und nicht durch Vermittelung der Prov. Direction. Dies ist auch meine erste Instantz, die auch hätte jaloux werden können; und zweitens wißen Sie daß ich auch dieser verpesteten Freundin des Philosophe de S.S. nicht das letzte Glück meines Lebens zu danken haben wollte; und ihre abschlägige Antwort war eine Nahrung für meine Rache und den catonischen Patriotismus: Delenda est Carthago, auf der mein ganzer letzter Versuch der Autorschaft beruht. Ich bin also immer zwischen Thür u Angel; und Umstände müßen den Ausgang meines Entschlußes und der Ausführung reif machen und wie ich schon oben gesagt den Brouillon meiner Ideen ins Reine bringen. Ich habe doch also nicht gantz wie ein dummer Jahn ins Gelag hineingeschrieben; sondern Ihre Schrift ist unter Ihren Augen gleichsam gedruckt. Ich erschrack wie ich
    Breslau
und des
    Claudius Verleger
sahe; weil ich mir durch eine Art von Verblendung
    Frk u Leipz
. ohne Verleger den Titel vorstellte, und nicht Lust hatte nach Ihrem Sp.Büchlein in meinem geheimen Pult zu suchen, über den mein Confusionsrath Joh. M. die Aufsicht hat, der den Tag über nicht zur Hand ist. Darüber künftig mehr, wenn es
    Zeit
seyn wird; denn es kann alles anders gehen wie man denkt und ich muß erst mit meiner Arbeit weiter seyn oder das Ende näher sehen können. den 30 – Die
    fahrende Post ist noch
nicht hier. Mein Sohn ist bey Hippel zu Mittag und er schickte mir eine Observation des HE von Roeber über eine Stelle der Herzbergschen Vorlesung sur les revolutions des Etats die Justitzreform betreffend. Eben war ich darüber her, als Wiener erschien – den ich mit Verdruß kurz abwies, weil ich zu meiner Arbeit auf dem Licent eilen muste. Vor dem Eßen laufe ich noch selbst nach der Stadt, um noch wo mögl. Mendelssohns Vermächtnis ansehen zu können. Ein guter Freund gieng aus Curl. vorige Woche nach Berl. dem ich sogl. bey seiner Ankunft sich darnach zu erkundigen aufgetragen, und mir es zu übermachen. Daher ich es nächstens auch erwarte. Ihr Freund
    Schenk
ist alles für mich, was er für Sie ist. Ich erinnere Sie nochmals alles noch als einen rohen Entwurf anzusehen und die
    zweite Fortsetzung
besonders als misgerathen wenigstens bis auf die Hälfte. Die ausgefallene Note ist in Serm ad Pisones v. 147–149. Das geminum ovum betrift die Litteraturbriefe u A. D. Bibl. Der ehernen Schlange wurde geräuchert und
    abgöttisch
verehrt. Der Name des
    kühnen Königs
ist aus der Gloße Luthers, deßen Uebersetzung das Ansehen der Vulgata für mich hat. Sie
    hörte
auf ein Abgott zu seyn, und bekam den Namen mit der That einer ehernen Schlange, denn mehr, wie das, war sie wirklich nicht. „Denn ohne
    Gottes Wort
ist das Waßer
    der Taufe schlecht Wasser
, weder
    Typus
, noch
    Sakrament
. Der
    schöne
Zeigefinger ist aus dem Persio der bekannte Vers I. 28 at pulcrum est digito monstrari et dicier HIC
    est
.
Der politische Mitlauter erklärt sich nachher und be kommt beynah zu oft vor. Ich werde Ihre Nachschrift das Dare lucem nicht vergeßen, und es soll nicht blos vor der Stirn, sondern der
    Geist
der ganzen Schrift seyn, und ihre eigentliche Absicht; aber Zusammenhang und Fortschritt erfordern noch ein wenig die Gedult des Lesers. Die zweyte Fortsetzung ist voller Flecken, und ich bin gantz vom Wege zum lucidus ordo abgekommen. Ich wünschte aber, daß Sie mir alles aufrichtig sagten, was Ihnen dunkel, falsch u unverständlich oder spitzfindig vorkommt, um mein eigen Urtheil an Ihrem wetzen zu können, und Erinnerungen eines Freundes drücken sich tiefer ein als seine eigenen, die man sich selbst macht. – Verdenken Sie es mir nicht, liebster J. daß ich mich durch alle nur mögl. Mittelbegriffe und Leidenschaften gleichsam selbst an diese Arbeit angeschmiedet. Demohngeachtet geht mein Eigensinn nicht so weit mihi res, sondern es ist eine Gewißenssache für mich, me rebus subiungere. Es ist 6 Uhr Abends; noch nichts da, ohngeachtet ich noch vor dem Eßen nach der Stadt lief um die genommene Abrede gleich bey Ankunft der Post zu bestätigen. Sie werden es vermuthlich eher als ich erhalten. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer häuslichen Ruhe. Wenn alle Ihre Freunde Ja sagen; so weiß ich zu wenig, um dagegen etwas einwenden zu können. Hoffnung läßt nicht zuschanden werden. Er wird das Herz der Väter bekehren zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu den Vätern – ist eine tröstl. Verheißung. Michael u Raphael sind in die Comödie gegangen den Hamlet zu sehen. Es ist diesen Winter das erste mal, und ich hatte ihm das heutige Concert der 2 Waldhornisten Gebrüder – die nach Petersburg hier durchreisen, und die ich selbst gern gehört hätte – zugedacht. Ob mein Sohn musicalisch ist, weiß ich nicht. Die Mädchen scheinen es mehr zu seyn und Lisette Reinette hat dies Jahr den Generalbaß angefangen. Ich wünschte das Geld was mein seel. Vater für die schönen Künste verschwendt u verloren, weil meine Kinder vielleicht mehr dabey gewinnen würden, und ich gantz ohne Sinn für das Schöne bin, das mich übertäubt ohne mir etwas davon erklären zu können. Wenn Reichardt über D. geht; so danken Sie ihm für seine freundschaftl. Aufmerksamkeit, die mich gerührt und aufgerichtet hat. Mein Stillschweigen hat eine ähnliche Qvelle, die er scheint nicht verkannt zu haben. Gott seegne die Ihrigen, wie die Meinigen – In Münster ist doch alles gut; die Uebelkeiten mit eingeschloßen, als Vorboten neuer Liebe. Mein dienstbarer Geist Hill soll diese Einl. mitnehmen. Ich umarme Sie mit vollem Herzen und Sehnsucht erwünschter Nachrichten.J. G. Hamann. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 29ten u 30.ten Jan 1786. J. G. Hamann empf. den 9.ten Febr beantw den 10.ten
Dußeldorf den 2ten Febr 1786 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 15 Feb. Geantw. eod.No 26. lieber HerzensFreund An dem Tage da ich Ihnen meinen jüngsten Brief schrieb, hatte ich ziemlich starkes Halsweh. Den Abend stellte sich ein Fieber ein, mit Kopf- u Glieder-Schmerzen, u ich konnte am folgenden Morgen nicht aufstehen. Mein größter Kummer dabey war die Stöhrung meiner Geburtstags Feyer. Ich hatte aus verschiedenen Merkmahlen abnehmen können, daß sie ganz außerordentlich hatte seyn sollente, da die vier Mädchen aus Vaels u meine Schwestern, sich in Anschlägen u Anordnungen hatten gegenseitig unterstützenten. können. Nun machte ich mich zwar so stark als ich konnte, u stand auch gegen Mittag auf. Kaum aber war der Auftritt der mich beym Frühstück erwartete nachgeholt, so mußt ich mich schon wieder legen. Das Fieber wurde heftiger u dauerte bis zum folgenden Morgen. Vermuthlich wäre nun alles gut gegangen, wenn ich mich geschont hätte. Nun aber gieng ich schon am Freytag wieder aus, u gab Abends einen AusternSchmauß, wobey es sehr fröhlich hergieng, u tief in die Nacht hinein gewacht wurde. Den folgenden Morgen war ich nicht ganz wohl. Ich schrieb es dem Champaigner zu, der mir zuweilen nicht bekommt. Den Sonnabend klärte sich das Ding schon beßer auf; ich fühlte einen entsetzlichen Schnupfen im Anmarsch, mit den dazu gehörigen Kopfschmerzen; auch hatte sich das Halsweh wieder eingestellt. Ich wurde gegen Abend sehr übel; befand mich aber den folgenden Tag schon etwas beßer, u glaubte Nachmittags, es würde alles so vorüber gehen. Ihr erfreulicher Brief v 18ten nebst Beylagen war angekommen. Ich las das alles noch vormittags, mit unaussprechlicher Herzenslust, u genoß dieselbe Freude an eben dem Tage noch zweymahl; schrieb auf auch noch mit Leichtigkeit, einen nicht ganz unerheblichen Brief. In derselben Nacht aber brach das Recidiv mit voller Stärke aus, u ich bin 3 Tage recht von Herzen krank gewesen. Daß ich Ihnen am Dienstag nicht schreiben konnte, war mir höchst empfindlich. Ich hoffte bis zu Abgang der Post auf eine erträgliche halbe Stunde, die aber nicht kommen wollte. Nun haben die Schmerzen überall, auch das Fieber sehr nachgelaßen: Die Gesundheit wird sich also auch wohl wieder einstellen. Ehe ich auf die Fortsetzung Ihres fliegendesn Briefes komme, auf die ich mich wegen meines sehr trüben, schwindlichen u schmerzhaften Kopfes, vor Morgen, da es hoffentlich etwas beßer damit seyn wird, nicht einzulaßen gedenke: laßen Sie uns ein Wort von der langen, aus der Voßischen Zeitung abgeschriebenen
    Mordgeschichte
im Hamburger Correspondenten sprechen. Daß Mendelssohn um meinetwillen sich so sehr erhitzt u wieder verkältet hat, daß er davon gestorben ist, thut mir herzlich leid: aber die lange Predigt davon, u der
    heilige
Eifer des seligen Mannes selbst, hat mich lachen machen. Mich verlangt seinen ungläubigen Glauben im original zu sehen, u wie ich dort mit Lavatern in Eine Pfanne gehauen u mit Einer Brühe angerichtet seyn werde.
den 3ten Ich wurde gestern durch ein paar Besuche unterbrochen, u hernach war das Kopfweh so stark, daß weiter an kein Schreiben zu denken war. Das Fieber fährt fort geringer zu werden, u mit ihm die Schmerzen. Unmöglich aber kann ich heute daran gehen, Ihre Fortsetzung zu recensieren. Mendelssohns Tod haben sie trefflich eingeführt, u die Gegeneinanderstellung des Atheistischen mit dem nur tonsurierten Prediger ist meisterhaft. Vieles ist sehr – u das mehrste wenigstens nothdürftig deutlich. – Die Stelle aber in Ihrem Briefe an mich v 15ten –, an deren Schluß Sie sagen: „Zweifeln Sie noch an meiner Gabe der Deutlichkeit?“ habe ich nur schwer enträthseln können, u bin ungewiß bis auf die Stunde, ob ich Ihr ihren Sinn getroffen habe. – Ich muß es für heute hiemit gut seyn laßen. Künftigen Dienstag mehr. Ich werde dann auch wegen Pater Wiener nach Münster schreiben, welches meine Krankheit mich vergangenen Posttag u auch heute zu thun verhindert hat. Von ganzem Herzen Ihr F H Jacobi
Kgsb. den 4 Febr. 86. Der erste Monath in diesem Jahr schloß sich für mich, liebster J. auf eine sehr merkwürdige und interessante Art. Wir hatten hier Eisgang und das Eis verlor sich auf einmal in unserm Pregel, wo man noch denselben Tag fischen konnte. Heute ist wider ein neuer Winter. Gegen Mittag kam endl. die fahrende Post an, und ein Jude brachte mir die Epistel, welche Sie vermuthlich auch schon werden gelesen haben. Ich lief selbige in der Geschwindigkeit durch. Es thut mir leid ein Exempl. mit der Post bestellt zu haben, da sie hier schon im Buchladen zu haben ist. Den Abend empfieng 11 poetische u prosaische Raritäten auf des Vetter Nabals silberne Hochzeit, die den 11 u 12 Xbr gefeyert worden. Biester, Ramler wie es scheint im Namen des Montagsclub bey Corsica, Dohm, Gleim doppelt, ein Dutzend Almanachmusen, worunter auch die
      Sophia
    Beckerin
, Cons. R. Gedicke, Nabal iunior. Ich habe einen Catalogum mir davon aufgesetzt – kurz, man kann sich kein rasender Abendbrodt und Frühstück vorstellen, als damit ich den letzten Jänner regalirt wurde, trotz meines kranken Magens. Den 1 dieses war zum Glück ein sehr strenger Fasttag. Mit genauer Noth eine gedruckte Zeitung, die ich ohnehin kaum ansehen mag. Als Rüsttag zu Mariä Reinigung, beschloß ich ihn mit einer Predigt aus des Hahns kleiner Postill, die mir Lavater verehrt, eilte frühe in mein Bett, schlief gleich ein, wachte aber um Mitternacht auf, und konnte kein Auge zuthun, daß ich Gott dankte, wie ich 5 schlagen hörte und mein ganzes Haus aufwecken konnte. Da ich in puncto der Marien- und Aposteltage ein Katholick bin wie in Ansehung der Geburts- und aller Kindertage ein eifriger Claudia- und Wandsbeckianer, so gieng ich in Begleitung meines Sohns, der um 7 Uhr bey Kant gehen muß, in die Altstädter Kirche, fand wegen des erbärmlichen Regenwetters kaum 7 Menschen drinnen, die lauter Communicanten waren, und von da ins königl. große Hospital wo Reichards Schwager wohnt. Die Mutter Maria war erkenntlich und erfreute mich denselben Tag mit 4 Briefen, worunter Ihrer der
    zweite
und angenehmste war, und nach dem Hartknochs seiner, auf deßen Antwort ich ein ganzes Vierteljahr gewartet. Der erste war ein engl. von einem jungen Menschen, der meinen Sohn auf das Frühjahr nach sein Vaterland mitnehmen wollte. Der letzte war der tollste aus Wien wo ich zu einem Königl. Preuß.
    Backoffenverwalter
ab extra
ernannt war und 1 fl. 16 gl. Postgeld bezahlen muste. Ich habe mich um einen so wohlfeilen Preis recht satt gelacht. Er betraf meinen guten Hill, an deßen glückliche Zuhausekunft und hofnungsvolles Widersehen eine gute Dame sehr herzl. Antheil nimmt, und einen
    Buchdrucker
zu ihrem Secretaire perpetuelel erwählt hat, der mir schon 3 Briefe gleiches Inhalts geschrieben, und unsere Antwort zu unserm allgemeinen Herzeleid nicht erhalten haben muß. Die Freude dieses Marientages wurde mir noch durch einen sehr qvälenden Besuch versaltzen und verbittert, wo mir die glückl. Ankunft der Elisa, ohne Göckingk, angemeldt wurde. Ich habe 2 Stunden wie auf der Folter zugebracht, und wie Sie vermuthlich auch einige Schweißtropfen über die erste Seite dieses Hirtenbriefes vor Ihrer Stirn fühlen werden. – Nun ich will Ihnen Zeit laßen, selbige abzutrocknen – Noch bin ich bey Vorgestern; und begleitete meinen hinkenden hochadlichen Gast aus meinem Hause, um meinen Beichtvater zum erstenmal in diesem Jahre zu besuchen, der eben nach mir hatte schicken wollen, um zu wißen ob ich tod oder lebend wäre. Nach einer verplauderten Stunde erfuhr ich, daß
    Kraus
mich besucht hatte und ein großes Verlangen bezeigt sein Herz zu erleichtern. Ich hatte ein ganzes Nest von Einl. im Hartknochschen Briefe zu bestellen, womit ich den gestrigen halben Vormittag zubrachte und sprach daher auch bey Kraus an, dem das Herz von Ihrem Büchlein u der rabbinischen Epistel voll war, und wider mein Vermuthen sich zu unserm Bundesgenoßen erklärte. Er hat wenig Zeit und Geschmack am Lesen, und an allen Schriftstellern, die sich der Schwärmerey verdächtig machen. Sein Urtheil für Sie gegen den Todten war mir eine ungemein angenehme Entdeckung und gantz unerwartete Eroberung für unsere Partey. Das Jerusalem hat er noch nicht einmal gelesen – Vor einem halben Jahr borgte ich das ihm geschenkte Exempl. des Golgotha, er hat mich mehr wie einmal um Erstattung gemahnt, und ich schickte ihm erst am Marientage durch meinen Sohn ein anderes wider zurück. Das war ihm sehr lieb, und ich hatte, ohne es zu wißen, einen sehr glückl. Augenblick zu diesem erneuerten Geschenk bgetroffen. Demohngeachtet versagte er mir meine Bitte das Jerusalem zu lesen, oder schob selbige vielmehr auf, bis er sich zu seinen Vorlesungen über das Ius naturae hermachen würde, und dies im Kurzen. Auf seine dringende Empfehlung nahm ich Pestels Fundamenta Jurisprud. naturalis deßen Commentarios über die holl. Staaten er sich wünschte, weil die deutsche Uebersetzung davon nichts taugte. Durch das schöne heitere Wetter ein wenig erfrischt, nahm ich mich vor meine Tochter und Ihre Mutter die Baroneße Bondeli zu besuchen, sprach daher bey Hippel an, der eben so sehr von der Epistel voll war, und Ihrentwegen besorgt, daß Sie sich aus dem Morde des jüdischen Philosophen doch wol bey übler Laune einmal ein Gewißen machen könnten. Als Director des Criminal Collegii, Hof und Halsgerichtes muste er sich freylich einige Spöttereyen über diesen Scrupel gefallen laßen; dafür ist Johann Michael heute Mittags bey ihm zu Gaste. Ich fand Fremde bey der Baroneße, und stellte den Ritter der traurigen Gestalt vor – trank 3 Tassen herrlichen Caffé, gieng ziemlich schwermüthig nach Hause, schrieb ein paar Zeilen an Reichardt, den ich um allen Detail zu vermeiden, nach Düßeldorf verwieß. Sie werden ihm also blos das allgemeine u communicabele mittheilen. Was mir die Gen. Adm. geantwortet und was mich abschreckt diesen indirecte gethanen Schritt in einen directen zu verwandeln. Der starke Caffé hat mir eine sehr ruhige Nacht verschafft, und ich bin dadurch gestärkt worden, dies abscheuliche Exordium an Sie, liebster Jonathan! ergehen zu laßen. Die Nachricht von der bevorstehenden Heimsuchung ist ungemein tröstlich für mich gewesen und wird Ihnen sehr heilsam seyn. Nur wünschte ich daß Ihr verlorner Sohn so listig wäre in einer so guten Gesellschaft lieber Engel sich in das väterliche Haus wider einzuschleichen, und erdreiste mich eine Fürbitte beynahe förmlich zu interponiren; wenn selbige überflüßig ist und die Sache bereits gut abgemacht wäre, desto beßer! Wenn Erst müßen Sie mit dieser Familienangelegenheit fertig seyn; alsdenn denken Sie ans Publicum, und den elendesten Theil deßelben, das litterarische u philosophische. Dafür komme ich Ihnen auch mit der heiligsten Versicherung zuvor, daß die
    Berlinsche Epistel mit allen mimischen
und
    theatralischen
    u hypokritischen Apparatu meinen Plan
nicht im geringsten verrückt, sondern vielmehr denselben im Gegentheil Nagel und Nietfester gemacht. Mein
    Wille
bleibt allso
    Ja
und
    Amen
– aber vltra posse nemo obligatur. Der das Wollen gegeben hat, wird auch das Vollbringen geben. Den 17 Xbr. am Tage
    Lazari
habe ich die Feder dazu angesetzt und die Hand am Pflug gelegt.
Wegen der zweiten Fortsetzung habe ich Ihnen schon das Nöthige geschrieben; wenigstens werden Sie aus diesem Brouillon etwas mehr Land von meinem Plan errathen können, und der gantz darauf angelegt ist, den Betrug der allgemeinen deutschen Baal, und die heillose BibliothekPolitik der Kinder Belials gegen mein Vaterland und Deutschl. zu Schanden zu machen – und dazu hab ich neuen Trieb und Anlaß durch die Epistel erhalten. Ich habe sie mehr angerochen, als gelesen – auch nicht die Hand beynahe seit 8 Tagen an meinen fliegenden Brief wider ansetzen können. Aber bey aller meiner Unthätigkeit und Ruhe wütet ein feuerspeiender Vesuv in meinem Gehirn und Nieren. Incedo per ignes – Es ist also keine Pralerey, wenn ich langsam zu Werk gehen muß. Das gröste Bedenken betrift die
    untergehende
oder
    aufgehende
Sonne. In beyden Fällen hab ich keine Zeit zu verlieren; aberund alle menschmögl. Klugheit, Vorsicht und Ueberlegung nöthig. Nach einem verdrüsl. ärgerl. einsamen Mittag holte mich mein Nachbar u Artzt zu einem Spatziergange ab, und nun eile zu Me Courtan, der ich heute vor 8 Tagen absagen muste. Morgen erwarte meine Lisette ReinetteUnter allen diesen Ungemächlichkeiten werde fortfahren. Meine Freundin fand bettlägerich; ich eilte also mit meinem Sohn, den ich bestellt hatte mich abzuholen nach Hause, wo ich zu meinem Verdruß erfuhr, daß die Kammerherrin von der Reck sich hatte nach mir erkundigen laßen. Morgen rühr ich mich nicht vom Fleck. Ich bin nun ziemlich darüber ruhig, daß ich den M. M. nicht zu viel gethan, wenn ich ihn zu einem
      Sophist
    en, Lügner Heuchler
und etwas ärgeres gemacht. Darüber bin ich aber nicht einig, ob ich sein gänzl. Stillschweigen für
    Verachtung
oder
    Furcht
erkennen soll. Daß er unruhig gewesen, weiß ich. Daß an dem zweiten Theil nichts war, vermuthete ich gleich. Das blinde Gerüchte, als wenn er schon in der Preße wäre, machte mich sehr stutzig; ich bekam aber bald zuverläßigere Nachrichten, die das Misverständnis aufklärten. Lavater hat sich ins Bockshorn damals jagen laßen, und scheint mir einen großen Fehler durch seine Palinodie begangen zu haben. Die Anlage ist jetzt eben so künstlich gemacht Sie und das Publicum zu übertölpeln. Nur hüten Sie sich nicht in den entgegengesetzten Fehler zu gerathen. Der
    Philosoph für die Welt
hat sich grosmüthig an die Spitze gestellt. Die Anklage eines begangenen Mords hat eine sehr komische Seite, und ist noch
    verächtlicher
, als grobe
    Verläumdung
betrachtet. Es ist eine wahre Demüthigung dergl. Ränke zu widerlegen, und mit solchen Kindereyen – –
den 5 Dom V. p. Epiph. Ich kam gestern ganz heiser, legte mich mit einem starken Flußfieber zu Bette, und leide von allen Ecken und Kanten. Erhalte eben jetzt die ersten 4 N
    os
der Allg. Litt. Zeitung; aber No 7. ist noch nicht da und erst dann wird die Reihe an Ihr Büchlein kommen. Wie schief, wie abgeschmackt, weitschweifig mir alles vorkommt. Nur Schade daß ich mein gesundes Urtheil nicht von der überflüßigen Galle absondern kann. Meine Absicht war den tollen Anfang meines Briefes durch einen recht kräftigen Schluß gut zu machen. Das ganze Gebräusel ist aber umgeschlagen und sauer geworden. Auch wollte ich nach M. ein paar Zeilen beylegen. Alles kommt mir zur Unzeit und in die Qveere. Denken, Schreiben und Leben ist mir zum Eckel. Vielleicht wird Ihre Nachricht vom Empfange der Epistel meine zerstreuten Gedanken wider sammeln. Ihr eigener Vorsatz sich
    gantz stille zu halten
ist meines Erachtens das Beste, was Sie vor der Hand thun können. Cunctatio ist hier restitutio. Mit dem Todten haben Sie nichts mehr zu thun, sondern Sie müßen sich als ein
    Freund der lebendigen Wahrheit
, wie Mendelssohn gegen Engel und Erzengel mit einem der
    HErr schelte
    Dich
! erklären, sich gantz zur Fahne des Glaubens, wie der Jude seines väterl. Unglaubens unerschrocken bekennen – und den metaphysischen Theil der jetzigen Crisi zur Entscheidung überlaßen. Beynahe halte ich es für
    Nothwendigkeit
und
    Geschicklichkeit
, sich Ihres mitschuldigen Freundes anzunehmen, wie der Gegner des seinigen – und für 2 lebendige, sSich selbst u Lavater, sollte sich doch mit mehr Leben und Nachdruck reden laßen, als ein Engel für die beyde Todten, oder vielmehr für das unter ihrem Namen versteckte
    Reich der Todten
, das mit Ideen und Speculationen gegen Data und Facta, mit theatralischen Täuschungen gegen historische Wahrheiten, mit plausiblen Wahrscheinlichkeiten gegen Zeugniße und Documenta ein bloßes Spiegelgefechte treibt. Dieses sind aber leider! lauter Brocken, die ich mir selbst vorbehalte und Ihnen keine Dienste thun können – Ich kann meinen Kopf nicht anstrengen ohne ein sympathetisches Mitgefühl aller meiner Eingeweide; und ich bin eben so wenig im stande mich in Ihr Concept zu versetzen, ohne meine eigenes in Ordnung zu bringen, so lange ich nur die geringste Hoffnung haben weiter zu kommen. Mendelssohn scheint einen großen Irrthum calculi begangen zu haben, wenn er alle
    Freunde
L. für Philosophen hält, die dseinen jüdischen Theismum oder philosophischen Pantheismum dem christl. Anthropotheismo vorziehen; denn wenn Gott alles ist, oder alles Gott: warum das
    kleine All
nicht, der Mensch, auch
    Gott
? oder auf der
    Erde
, was der große Ur- und Allvater im
    Himmel
.
den 6 – Das war gestern ein Jahrmarkt. Dem Bettler Wiener wurde die Thür gewiesen. Es that mir doch leid um ihn, ohngeachtet ich nach meiner Erkentnis handelte. Nach der Malzeit mit allen meinen Kindern kam ein Candidat, den ich in einem guten Hause versorgen geholfen, u brachte mir aus Erkenntlichkeit
    Müllers Dorfprediger u Dorfschule
, die ich noch nicht ansehen können. Sub-inspector u Sub-Bibliothecar Sommer mit seinem frühlingsrothen lachenden Gesicht kam drauf, denn unser Mentor Kraus, ein junger Friedländer mit seinem jüdischen Schulmeister
    Euchel
, der reformirte pollnische Prediger Wanowski, Raphael Hippel gieng weg ohne heranzukommen wie sich alles verloren hatte, ersetzte Hill u aß ein Butterbrodt mit. Ich schrieb ein Paar Zeilen an meinen Alcibiades, deßen Namensschrift ich schon vergeßen hatte. Entschuldigen Sie mich – und Ihm können Sie alles anvertrauen, was ich noch selbst Ihrem Hausfreunde, biß er uns helfen kann, zum Geheimnis erhalten möchte. Ich gieng so heiser zu Bette, daß ich mich selbst nicht hören konnte. Habe gut geschlafen, traute mir aber nicht zu auszugehen, und blieb also daheim. Auf meinem Bette fielen mir neue Lichter für meinen Wald ein, zum Durchhauen; auch ein Billet doux an die Kammerherrin. Mitten im Schreiben kam Ihr Brief wie ein Engel mit einem Kelch zur Stärkung an. Mein Namensverwandter Georg hat mir auf dem Herzen gelegen, und mehr Grillen gemacht, als ich es mir habe merken laßen. Gottlob! daß er zu
    Gnaden
angenommen ist. Ich nehme ihn nun förmlich und ausdrücklich in meine Protection, und ersuche es weder an
    Kälberbraten
noch
    Bällen
noch Feyerlichkeiten zum freundlichen und herzlich fröhlichen Willkomm! nicht fehlen zu laßen. Laßen Sie ihm den Willen, nichts zu thun, bis ich mit meinem Mentor Crispus komme, wo wir alles in Augenschein und Deliberation nehmen wollen. Ich hatte schon einen Verdacht auf Ihren Hausfreund, der sich jetzo bey mir
    legitimirt
hat; denn ich glaube an die Propheten mehr als an meine 5 Sinne Micha VII. 5.
Kaum hatte ich Ihren Brief zu Ende – so kam ein Bote mit einem Billet u einer fr. Copie aus dem Kayserlingschen Hause und einer Warnung, daß die Elise abreisen würde Morgen früh. Tant mieux – und schrieb mein Billet-doux zu Ende, da erhielt ich einen Gruß durch Hippel der gestern im K. Hause gespeist u noch einen Compl. ähnl. Inhalts. Meinen Sohn vom Eßen weggejagt, und nun will ich Ihnen copiam anhängen zum Muster eines galanten Briefstyls. Ehe ich zur Abschrift schreite, dient zu wißen, daß sie mir bey ihrer winreise Gleichens Leben von Weickhardt versprach u ihr dafür ein fr. Brochure des S‥einen Advocaten über Rousseau mitgab. Ich habe seit kurzem den Wisch zu lesen bekommen der mir nicht halb so gefällt als seine eigene Biographie, die ich mit allen seinen Werken meinem Joh. Michel zugedacht. Hochwolgeborne Frau, Gnädige Frau Kammerherrin, Die Schwachheiten meiner leibl. Gegenwart, wovon Ew H. bereits ein Beweis des Gehorsams abgelegt worden, haben seit Kurzem so über Hand genommen, daß ich Ihnen G. F. den Eckel einer persönl. Aufwartung durch einen langweiligen Brief ersparen muß. Den 7. des Christm. da Apoll mit allen 9 Musen u 3 Gratien, Corsica und der Kayser von Japan mit Zurüstungen einer silbernen Hochzeitjubel beschäftigt waren, kam ich mit einem schiefen Maule und außerordentl. Lähmung meiner spracharmen stotternden Zunge, die sich öfterer u mehr durch ein verbißenes Stillschweigen der Achtsamkeit als durch Schmeicheleyen an großen, starken, schönen und reichen Geistern versündigt haben mag, zu Hause. Von dieser Zeit an ist mein Kopf und Magen beynahe völlig zerstört, daß ich wenig Hoffnung habe das Band ihrer Harmonia prästabilita, wie die Gelehrten es nennen, widerhergestellt zu erleben. Kaum bin ich im stande den geringsten Zusammenhang meiner Gedanken und Ausdrücke zu erzwingen, ohne Uebelkeiten unter meinem Herzen zu fühlen, die bey einem
    alten Manne
keiner natürl. Deutung noch lächerlichen Consequenz fähig sind, wie etwa der Fall bey jungen empfindseeligen Damen eintreffen könnte. Vorgestern besuchte ich eine Freundin, welche meine einzige hiesige Gevatterin ist, die den Tag vorher mit einem höchst gefährl. Magenkrampfe befallen war und kam mit einem Anstoß von Flußfieber und einer Heiserkeit zu Hause, von der gestern die glaubwürdigsten Männer, welche der Himmel zu einem Besuche bey mir zusammenführte, Ohrzeugen gewesen sind. Ihre
    Namen
* sind in dem Hochgräfl. Hause zum Theil bekannt u beliebt, daß ich eben deswegen Bedenken trage die Ehre u Würde ihrer Freundschaft für mich, zum Beleg einer solchen Kleinigkeit wie meine zufällige Heiserkeit ist, zu misbrauchen. Ew. Hochw. kommen übrigens aus der Hauptstadt eines Churfürstentums, die zum Unglück des Königreichs Preußen (wie einst Warschau für Sachsen) die Residentz unsers großen Königs ist – – aus einer Residentz, wo ich nach dem Tode eines jüdischen Weltweisen und seit der Abreise eines rechtschaffnen Landsmanns nach Paris keinen Freund weiter habe, auf den ich mich vorjetzt besinnen kann – aus einer Residentz, die 2 meiner lebenden Freunde eines Mords beschuldigt, ohne zu wißen, daß sie selbst eine Meuchelmörderin u verpestete Feindin aller Wahrheit u öffentl. Wohlfahrt ist – die sich mit dem Mark unserer preuß. ElendsKnochen** mästet – – Gott ist nicht ein Gott der Todten, sondern ein Gott der Lebendigen. Verzeihen Sie es also Gn Fr wenn mein Herz, so lange es noch selbst lebt für 2 lebendige Freunde stärker und gewaltiger schlägt, als die allgemeine deutsche Baal mit ihren mimischen Engeln und mercurialischen Hofräthen um den Leichnam eines Moses u Aarons, die Brüder im Pantheismo, wie die Gelehrten es nennen gewesen seyn sollen, zu heulen und wehzuklagen im stande seyn wird. Da ich Hochw. Fr Kammerherrin lieber Wort halten als drohen oder versprechen mag: so haben Sie Mitleiden mit einem alten Invaliden, der an nichts denkt als sein Haus zu bestellen oder reisefertig zu seyn, der ohne Magen, Kopf u Stimme sich von der großen Welt absondern und aus Noth die Einsamkeit seines wüsten Kämmerleins allem Geräusche u Gepränge vorziehen muß; dem Berlin noch gleichgiltiger als ein welsches Bedlam oder chaldäisches Babel ist; der alle Salomonische Herrlichkeit nicht mit dem Loos eines Lazarus vertauschen möchte; der mit einer zuckersüßen Rache im schäumenden Munde – mit einer Wuth, die nur ein Sauvage du Nord aber kein alles zermalmender Kunstrichter der reinen Vernunft nachzuempfinden fähig ist, das Ende aller Dinge und sein eigenes zum einzigen Augenmerk der wenigen ihm noch übrigen Augenblicke macht – Gnädige Frau! ich bin Gottlob! am Ende all meines Schreibens, und auf der letzten Seite dieses großen Bogens. Darf ich Ew. Hochw. wohl noch zumuthen, ohne es mir zu verargen noch zu vergeßen dem hochgrafl. Hause meinen unterthänigsten Dank für die mitgetheilte franz. Abschrift, die ich eben diesen Augenblick erhalte, zu erkennen zu geben; auch sich meiner alten Freundin, deren böser Name mit dem übeln Ruf des meinigen so unschuldig symphathisirt, bey Gelegenheit zu erinnern. Vielleicht wirdthut die Vorsehung Wunder bey irgend einer wohlthätigen Qvelle Dero poetischen Einbildungskraft mit der Erscheinung meines Schattens Gnüge zu leisten und auszusöhnen. Mit diesem einzigen Wunsche, der mir vom Herzen geht, der aber Leben und Glück für alle Pilgrimme nach Ruhe voraussetzt, meyn’ ich alles was ich nicht auszudrücken vermögend bin, und ersterbe mit der tiefsten Ehrerbietung und lebhaftesten Hofnung eines beßern Widersehens Dero unterthänigst ergebenster u demüthigster J. G. H. Eine Mlle.
    Stoltz
, eine intime Freundin der Elise lebte hier ein Jahr u war eine Bekanntin in meinem Hause, auch der Anlaß zur ersten Bekanntschaft mit der Kammerherrin, deren Ehscheidung ich einstmal verhindern wollte; u die wenn sie gleich diesen Brief nicht versteht, doch immer ein gutes Organon meiner Absichten ist, ihnen mitzutheilen u mich dadurch zur Erfüllung desto stärker zu verbinden. Was ich dem seel. M M. für eine angenehme Stunde zu verdanken habe. Ich gieng mit Scheu an die beyden Müllersche Schriften den ich bald für den Schweitzergeschriftsteller verkannt hätte: und ich bitte Sie um alles, diese allerliebste Blätter sich so bald wie Sie nur können zu verschaffen. Geben Sie doch unserm Görgel es zu lesen; vielleicht bekommt er Lust ein Dorfprediger zu werden. Sorgen Sie doch für nichts, am wenigsten denken Sie daran einen neuen Käfich für diesen Vogel zu machen. Laßen Sie ihm wenigstens Zeit sich ein wenig zu erheben und zu besinnen Die Abschrift aus dem Kayserl. Hause war die Beschreibung einesr Seeaction vom Oct. 84. wo ein HE de Hogendorp sich als einen Held hervorgethan, deßen würdige Mutter Ihre Fürstin kennen wird. Er hat mir das Leben sauer gnug gemacht, und dennoch mein Vertrauen u meine Hofnung erfüllt. Man sagt daß er im Begriff ist die Tochter des Gouv. aus Batauia zu heirathen. Alles was Sie mir vom Character des G. mittheilen vermehrt meine gute Meinung und überführt mich, daß alles auf ein Mißverständnis hinaus läuft. Halten Sie mir den Einfall eines pommerschen Pfarrers zu gut, den Kant sehr mimisch zu erzälen weiß. Unsre Uebereilung aus jungen Leuten Engel zu machen, vermehrt die Reimendung mit dem fatalen Buchstaben B. Kinder müßen sich selbst erziehen, und durch eigene Erfahrung klug werden. Laßt das Unkraut wachsen, sagt das gestrige Evangelium. Sehen Sie ihm einige Wochen oder Monathe mit der äußersten Gleichgiltigkeit zu, und überlaßen Sie ihm seinen eigenen Geschmack. Meinem bey aller Einfalt ehrl. Hill ist der Oncle ungeachtet seines guten Weins den er ihm vorgesetzt, ein wenig zu ernsthaft vorgekommen. Daß er vor Claudius Thür vorbey gegangen, der so viel hübsche Töchter hat, ist für mich ein gutes Zeichen seines Gefühls. Bald möchte ich Ihnen den Rath geben mit meinem Alcibiades darüber zu consuliren, der gern Experimente macht, und der immer ein reifes Urtheil über Menschen fällt. Auch die gute Fürstin ist Mutter und Ihre Freundin. Wenn Sie zum Besuch nach Münster reisen möchten nach dem Abschied Ihrer Gesellschaft, rieth ich Ihnen das Corpus delicti mitzunehmen, aber ihn nicht in dem Gesichtspunct zu behandeln, sondern mit aller Freude eines wiedergefundenen Schaafes oder Groschens. Nun fang ich erst an Ihren Brief zu lesen; den vom 30 Xbr habe den 14 Jänner erhalten; und mit der Antwort die erste Fortsetzung, welche ich bisweilen irrig die zweite genannt habe, überschickt. An Ihrem Geburtstage erhielt ich 2 Briefe auf einmal vom 5 u 13 Jänner. Ich bin niemals einen andern Weg unserer Correspondenz als den mir angewiesenen gegangen; also dies kommt von Fischer, und nicht von mir. Als Haushalter sehr oekonomisch und sehr damit zufrieden kein Eigenthümer zu seyn. Einen Kreutzer für meine eigene Briefe zu bezahlen, macht mir eben soviel Bedenklichkeit als andern damit Unkosten zu machen. Da Ihr Haus in Handlungsgeschäften steht: so bediene mich mit gutem Willen des Vortheils. Ehstens eine Einl. von Kraus an seinen sokratischen Schwaben. Mehr kann ich nicht heute; so gern wie ich wollte. Gott sey mit Ihnen u den Ihrigen, dafür ich meinen George von ganzen Herzen zu erkennen bitte. Werden Sie auch lesen können? Ich umarme Sie von ganzen Herzen und kann nicht mehr. – Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fo Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 5ten Febr 1786 HE J. G. Hamann empf den 16.ten –. beantw den 21ten –.
* Kraus hat wie Hofmeister eines Anverwandten darinn gestanden. ** Die ElendsKnochen werden wegen der Delicatesse ihres Marks nach Berlin geliefert für den Hof.
Königsberg den 5 Febr. 86. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Mit HE Major Tiemann, der den 6 Xbr pr. abreisete, schrieb ich an Hartknoch und habe erst den 2 d. folgende Antwort erhalten: L‥ Kasten steht längstens schon in Leipzig und ist durch ein erbärmliches quid pro quo meines dortigen Commiss.ionaire in Ostern 85. nicht nach Liefland geschickt. Jetzt kommt er bey widereröffneter Schiffahrt sicher her. L. ist Informator in dem Institut einer gewissen Me welche die beste Pensionshalterin in Moskau ist. Man hatte mir geschrieben, daß er wieder gantz erstaunend faseln sollte. Ich habe Pastor Brunner auf speziellen Auftrag seines alten Vaters um die Wahrheit dieses bösen Gerüchts befragt, der hat ihn besucht, und zu sich auf einen ganzen Tag genommen, aber nichts dergl. merken können. „Ein elender Mensch ist er immer, deßen jetzige und vielleicht alle künftige Lagen, in die er kommen kann, nicht mit der Meinung, die er von sich hat, übereinstimmen.“ Ich wollte das letzte Urtheil schon auslaßen; weil Krankheit und Laune es mir verdächtig machen. Die gute Nachrichten, welche ich bisher von Ihrem und Ihrer lieben Marianne Wohlbefinden aus Ihrer Nachbarschaft bisher erhalten, haben mich wegen Ihres Stillschweigens beruhigt. Auch mein Freund in Jena hat keine Sylbe seitdem geschrieben, und ich habe immer auf Ihren Bericht gewartet, um ihm selbigen mittheilen zu können. Meine Gesundheitsumstände machen die Nothwendigkeit einer Reise dringender, wenn ich nicht wie der Faule über meinem Wünschen sterben soll. Ich habe wirklich nichts zu schreiben, was Sie nicht schon wüsten. Lisette Reinette ist heute zum Besuch hier; und Wem hab ich alle
    Freude
und
    Hofnung
von diesem Mädchen zu danken? – Sie hat das
    Glück
von ihrer Tante vorzüglich geliebt und unterschieden zu werden. Die würdige Baroneße Bondeli läßt sich von allen ihren Pflegkindern Tante nennen; und ihr Beyfall ist die gröste Freude und Hoffnung für mich von der Erkenntlichkeit meiner Tochter gegen die Wohlthaten des Himmels und Seiner Hand. Ihre Freuden und Hofnungen werden doch auch wohl in gutem Wachstum seit dem 19 Nov. pr. seyn. Wie lieb würde es mir seyn diesen damals mir gegebenen Wink durch eine neue Botschaft bestätigt zu sehen. Gott erfülle Ihre und Ihrer lieben Marianne Wünsche, wie die meinigen, zu unserm gemeinschaftl. Heil und Dank. Ich ersterbe mit den Gesinnungen unwandelbarer Treue von meiner und aller der Meinigen Seite Ihr  alter Joh. George H. Adresse: HErrn / HErrn
    Franz Buchholz
/ Herrn von Welbergen / zu /
    Münster
. den 5. Febr. 86.
Kgb. den 6 Febr. 86. Mein alter lieber Freund, Ihre Antwort vom 7 Jan habe den 2 d. erhalten und alle 3 Einl. selbst abgeliefert. Den 7 Xbr. kam ich mit einem schiefen Maul u einer gelähmten Zunge nach Hause. Ein Vomitif, welches zur Hand war, gab mir bald Erleichterung. Mein Magen und Kopf ist aber noch nicht hergestellt; selbst Ihr schöner
    Caviar
den ich den 13 Jänner erhielt, und nach dem meine Lüsternheit durch den Mangel eines Briefes geschwächt wurde, wollte ohngeachtet allerhand Versuche nicht recht schmecken wegen der zurückgebliebnen gallichten Bitterkeit. Ich habe seit dem 17 Xbr. meinen Kopf ziemlich angestrengt, aber mit wenig Fortgang um auf eine ebenso feyerliche Art meiner kleinen Autorschaft ein Ende zu machen, als der Anfang Sokr. Denkw. gewesen. Von dieser
    kützl. Arbeit
, zu deren Unternehmung ich Sie kaum misbrauchen kann, hängt die
    Sammlung meiner Schriften
ab, aber vorher die Ausführung meiner Reise. Geräth mir dieser Schluß: so können Sie sich desto mehr Vortheil von der Ausgabe versprechen. Mislingt er; so mag alles mit mir selbst zu Staub und Asche werden. Dies ist mein Plan, den ich Ihnen in aller Kürze mittheile, und statt eines
    Schlüßels
zu allen meinen verlornen Blättern, von deßen Aufnahme das Uebrige für Sie und mich abhängen wird. Freytags war ich bey der Baroneße mit Ihrem Auftrage, die mich versicherte bereits mit der Me Courtan, die ihr einen ausdrückl. Besuch auf Verlangen ihrer Frau Schwester abgelegt, verabredet zu haben. Vorgestern besuchte ich Me Courtan, die ich seit langer Zeit nicht gesehen, und fand Ssie sehr elend, weil sie den Tag vorher einen heftigen Anfall von einem Magenkrampf sich zugezogen hatte. Ihr Verdruß schien mir gerecht und billig zu seyn. Der Unterhändler hatte den erhaltenen Brief an Me le Noble gewiesen; ohngeachtet sein Sohn Stunden bey der Baroneße giebt, und es waren allerhand Klatschereyen vorgefallen, von denen ich nicht wünschte, daß sie der Baroneße zu Ohren kämen, die dadurch sehr abgeschreckt und stutzig gemacht werden dörfte. Me Courtan versichert mich, noch vor ihrer Abreise mit Ihnen und Ihrer Frau Schwester ernsthafte Abrede genommen zu haben; sie befolgt dieser Abrede, fährt zur Baroneße und unter der Hand nehmen Sie zu einem Gewißensrath Ihre Zuflucht und dieser wieder zu einer Frau, die dabey interessirt ist. Sie schimpfen auf den Cr. R. J. schimpfen Sie auchf den, der Ihnen den Rath gegeben sich an einen Mann zu wenden, der seine vollen Geschäfte und keine Verbindungen mit der Person noch Sache hat. Die Baroneße treibt Ihre Pension als kein bloßes Handwerk noch Gewerbe, sondern mit einem wahren Adel der Seele, mit Gewißenhaftigkeit und Ehrgeitz ihren Nächsten nützlich zu seyn. In ihrer ganzen Erziehungsanstalt und Haushaltung weiß man nichts von Ränken, Arglist, Grimaßen und niedrigen Brodtkünsten. Das Gesinde muß den Kindern nicht zu nahe kommen. Sie sind unter beständiger Aufsicht einer Frl. von Schlichting, unterdeßen die Baroneße und ihre kränkliche Freundin, von Morstein für das Ganze sorgen. Je mehr Ihre liebe Tochter Anlagen hat, desto nöthiger ist ihr eine gute Erziehung – – Ich habe mich ohne mein Wißen eines Irrthums schuldig gemacht, daß ich sie für jünger ausgegeben als sie wirklich ist. Ich habe sie nur für 8jährig gehalten – – Me Motherby war eben zum Besuch bey Ihrer Frau Schwester, von der ich mit einer Heiserkeit zu Hause kam, daß ich kaum vor Mittwoch auszugehen im stande seyn werde. Ich habe sie gebeten sich zu beruhigen, und sich dieser Sache gantz zu entschlagen, da alles bis zu Ihrer Ankunft ausgesetzt bleiben muß, und Sie nun alles wißen, auch noch Zeit übrig haben sich zu bedenken, per und contra Stimmen zu sammeln. Es thut mir leid, lieber alter Freund, daß Sie Ihre würdige Frau Schwester l. so schlecht kennen u. in ihren Einsichten und redlichen Gesinnungen der Dienstfertigkeit das geringste Mistrauen setzen können – Sie hat so wenig wie ich selbst in dieser ganzen Sache keine andere Absicht, es läßt sich auch andere erdenken, als das wahre Glück Ihrer lieben Tochter zu befördern, und die Zufriedenheit der Eltern, wenn Ihnen etwas an einer rechtschaffenen Erziehung gelegen ist, und Sie von dem Einfluß derselben in unser zeitliches als künftiges Wohl überzeugt sind. Die Welt aber betrügt und will betrogen seyn. Hängt die Sache von Ihrer Wahl ab: so sind Sie ja Herr zu thun, was Sie wollen. Hängt sie von Ihrer Frau Gemalin und der Familie ab: so überlaßen Sie das Schicksal Ihrer lieben Tochter einer beßeren Wahl. Ich will mit Freuden den Gang für Me Courtan thun, alle ihre genommene Abreden zu widerruffen. Es fehlt an Competenten nicht; man ist eher bedenklich, als leichtsinnig, und an sich ziehend. Gott gebe Ihnen Gesundheit und eine gute Reise, daß wir uns vergnügt widersehn. Meine Lisette Reinette hat mich gestern zum erstenmal in diesem Neuen Jahre besucht und Beyl. mitgebracht. Das übrige mündlich, so Gott will. Die Kammerherrin von der Reck reist morgen nach Curl. ab. Für mitgetheilte Nachrichten danke herzl. ich habe selbige schon weiter befördert, und ersterbe mit einem herzl. Gruß von Joh. Michel und Compagnie an die lieben Ihrigen dort u in der Schweitz   Ihr alter treuergebener Freund J. G. Hamann. Meine Hände sinken, und ich verzweifele beynahe, daß aus meinem Abschiede der Autorschaft das werden wird, was ich dachte. Bey Ihrer Ankunft wird wie ich denke alles entschieden seyn, um näher davon reden zu können. Adresse:
An / HErrn Buchhändler
    Hartknoch
/ in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg empf. u. beantw d 8 Febr 786
Dußeldorf den 7ten Febr 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 18 Febr.  Geantw eod.  No 27. lieber, bester Hamann Es hat mit meiner Genesung nicht recht fort gewollt. Von Fieber bin ich gegenwärtig frey, aber ich kann übrigens noch wieder zurecht kommen. Doch gewinn ich alle Tage etwas. Nur bis zu nächstem Freytag will ich noch um Ausstand gebeten haben. Um nicht ganz leer zu erscheinen, lege ich einen Brief der Elise bey. Heute erhielt ich das Reichardtsche Gespräch, welches, was meinen Auftrag betrifft, verschiedene Unrichtigkeiten enthält. Der mittlere Punkt gehörte gar nicht hinein. Das beste darin ist die Anecdote v Claudius. Sie ist würklich unbezahlbar. Meinen Anhang habe ich noch immer nicht. Wenn diese Schrift dieselbe Würkung auf mich machen sollte (nach der Absicht des Verfaßers) wie die meinige auf ihn, so mag ich mich nur wohl vorbereiten. Ich denke es soll alles ganz erträglich ablaufen. – Sie haben mich seit kurzem so verwöhnt, lieber Hamann, daß es mir schon fremd vorkommt zwey Posttage keine Briefe v Ihnen erhalten zu haben. Es wird noch ein Weilchen anstehen eh ich erfahren kann was Sie zu dem letzten Willen Ihres Freundes sagen, u welchen Rath Sie mir darob ertheilen. Ich hoffe ein Exemplar davon nächsten Sonntag zu erhalten. Uebermorgen Briefe v Ihnen u Nachricht daß Sie wohl sind. Von der guten Fürstinn zu Münster erhielt ich heute einen Brief, worin sie mir schreibt: „Gott lohne Hamann einige köstliche Stunden die ich bey Lesung seiner Wolken u wiederlesung seiner Sokratischen Denkwürdigkeiten genoßen habe.“ Von Buchholtz nicht ein Wort. Von Göthe heute vor 8 Tagen eine sehr trockene Antwort, ohne allen Bescheid. Ich hatte ihm ohngefähr geschrieben, wie Sie wünschten daß ich ihm geschrieben haben möchte. Er mag wohl ein paar Stellen in meinem Briefe, wobey ich an keine Satyre dachte, für Satyre genommen haben. Am Freytage, so Gott will, mehr. Von ganzem Herzen Ihr F H Jacobi. Die Gattin meines Freundes Neßelrode ist gefährlich krank, welches mich ungemein beunruhigt. Ich fürchte der Mann stirbt vor Gram wenn er seine Frau verliehrt. Kgsb. den 8 Febr 86. HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath, Liebwerthester Freund und Gönner. Gestern vormittags erhielte Einl. die ich mir die Freyheit genommen unserm gemeinschaftl. Freunde mitzutheilen; bitte den Mangel meiner Antwort dadurch zu ersetzen, daß Sie selbige zur Begl. der Ihrigen machen. Mein Magen u Kopf sind so elend, daß ich kaum ein Billet doux, geschweige einen Brief zu schreiben im stande bin, selbst unter Begeisterung der Göttin Indignatis versifax. Der letzte Jenner hat sich bey mir unvergeßlich gemacht, daß ich M. Mendelssohns Epistel zum Frühstück, und 11 poetische u prosaische silberne Hochzeit Gedichte zum Abendbroth erhielt. Die unangenehme Stunden, welche mir die erste
    Lectür
gemacht hat, sind durch die beyden allerliebsten Schriften eines Müllers, deren Kenntnis ich ihr zu verdanken habe, reichlich ersetzt worden. Sie heißen
    Dorfpfarrer
und
    Dorfschule
zur beliebigen Nachahmung in Spr. u Pet. HE Secr. Mayer ist nach Berlin durchgegangen und hat mir aufgetragen seiner zu gedenken. Ich erwarte mit jeder Post das Mendelssohnsche Legat, um deßen Porto es mir leid thut, weil es schon hier zu haben ist. Das lustige Quid pro quo mit Luthers Käthe Xantippe ist mir schon aus erster Hand mitgeteilt worden. Kürzl. erhalte ich einen Brief aus Berl. mit der Aufschrift
    Kgl. Preuß. Backofenverwalter
. Porto kam mir 44 gl. ich habe mich aber dafür satt gelacht. Zur beliebigen Nachahmung wenn das Eßen nicht mehr schmecken will. Empfehle mich u die Meinigen Ihrem geneigten Andenken und Dero Frau Gemalin, ersterbe mit der vollkommensten Hochachtung (und gelegentl. Gruß an HErrn P. Adiunctum deßen Eleve die Blattern hat unter guten Aspecten pp) Ew. Wolgeboren ergebenster Freund und Diener Johann Georg H. Eben meldt mir Joh. Mich. daß beyde Eltern aus Grav. heute angekommen, der Sohn abscheulich viele aber sehr gutartige Blattern haben soll. Adresse:
Herrn / Herrn Kriegsrath Scheffner / Wohlgebornen /
    auf
/ Sprintlacken.
Düßeldorf den 10.ten Febr 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 25 Febr. Geant. eod. Nebst den ersten 5 Blättern abgegangen den 28.  No 28. Einliegend, mein Liebster, erhalten Sie endlich die versprochenen Anmerkungen. Ich schrieb sie gestern Morgen auf; u da ich um Mittag Ihren Brief erhielt, worin Sie mir sagen: „Ihr Freund Schenk ist alles für mich, was er für Sie ist“ – so überantwortete ich meinem Freunde mein Gekritzel nebst Ihrer Handschrift, damit er jenes abschreiben, u wenn er selbst noch etwas anzumerken fände, es hinzuthun möchte. Meine erste Gloße hat er richtiger gemacht; u die mit einem NB bezeichnete rührt v ihm selbst her. Mich verlangt sehr auf Ihren nächsten Brief, nachdem Sie Mendelssohns Vermächtnis werden gelesen haben. Ich muß noch immer darauf warten, u werde leicht noch 8 Tage darauf warten müßen. Am Montage reist Clermont mit seinen Töchtern wieder zurück nach Vaels. Ich habe ihm die Flucht meines Sohnes u daß er hier sey, nicht entdeckt, selbst den Knaben auch noch nicht gesprochen. Ihrem guten Rath in Absicht seiner seh ich mit Sehnsucht entgegen. Schade daß Hill nicht mehr frey ist. Er wäre vielleicht der Mann gewesen, deßen Leitung ich meinen Sohn hätte anvertrauen können. Meine Verlegenheit ist unaussprechlich. Es scheint ich bin dazu bestimmt v allen Gattungen des Zweifelns u nicht Wißens in die Enge getrieben u verzehrt zu werden. Mit meiner Gesundheit schickt es sich allmählich wieder. Möchte ich nur bald recht gute Nachrichten v der Ihrigen erhalten. Strengen Sie sich nicht zu sehr an; man kommt damit nicht weiter, wie Sie selbst öfter werden erfahren haben. Nachmittags Ich wurde heute Morgen abgerufen, u gestört bis zum Eßen. Am Dienstag, so Gott will, mehr. Wenn ich nur so glücklich bin bis dahin Mendelssohns Schrift zu besitzen. Ich bekomme so viele Briefe über das Ding, daß ich wohl muß anfangen ungeduldig zu werden. Leben Sie recht wohl. Ich umarme Sie u herze Sie mit innigster Liebe – Ihr F H Jacobi Kgsb. den 15 Febr. 86. Herzlich geliebtester Freund Ihr Stillschweigen hat mich beunruhigt, und der Innhalt entsprach auch nicht der Freude über den ersten Anblick des heut erhaltenen vom 2. u 3 d. Ich hoffe, daß Ihre Gesundheit beym Empfang des meinigen völlig wider hergestellt seyn wird. Mich verlangt, den Eindruck der Epistel auf Ihr Gemüth zu wißen. Da Sie über die Berl. Recension
    gelacht
: so hoffe ich, daß Sie alles übrige eben so gleichgültig ansehen werden. Ich habe heut frühe noch einmal den letzten Willen an
    Leßings Freunde
gelesen. Sie haben doch wenigstens eine
    Maske
, an die Sie sich halten können. Was mein ehrl. Landsmann R. gethan im Fluge auf dem Wege, gefällt den meisten, und ist ein gutes Actenstück zum Proceß, auch ein vortreffl. Beweis seiner Redlichkeit und Dienstfertigkeit. Vermuthlich werden Sie ihn zu Sehen bekommen, und dann danken Sie auch in meinem Namen. Wie über Ihr Stillschweigen, bin ich noch mehr über meinen Briefwechsel, Materie und Innhalt deßelben beunruhigt gewesen, die Ihnen eckelhafte Begriffe veranlaßt haben müßen, und manche widerliche Empfindungen. Die Liebe deckt der Sünden Menge, und deshalb erscheint es mir überflüßig, mich weitläuftiger deshalb zu erklären. Ich warte nur noch auf die Aufnahme der Epistel, und wie Sie selbige gelesen haben, worauf ich mehr als blos neugierig bin. Daß ich Recht und Fug gehabt M. M. als einen Sophisten Lügner, Heuchler und Atheisten aus seinem Jerusalem anzusehen, hat er durch seine Vorlesungen und Hirtenbrief an L. Freunde noch beßer bewiesen – Doch wer kann
    Menschen
ins Herz sehen, geschweige
    Schriftstellern
, und ihre
    Narrenopfer
, die sie dem Publico bringen, das betrügt und betrogen seyn will.
Mein einziger Rath bleibt noch immer derselbe, sich nicht zu übereilen. Die Wahrheit und Ihr guter Name werden dadurch nichts verlieren. Dank sey es dem Rheumatismo Ihrer Freundschaft, daß Sie meine Fortsetzung nicht abscheulich gefunden. Es geht meinen Gedanken wie den Bällen eines unglücklichengeschickten Spielers, die sich immer selbst verlaufen. Ich rede von einem Spiel, das ich niemals gekonnt und jetzt völlig vergeßen habe. Mit meinem Chaos geht es sachte weiter, und ich verzweifele noch nicht das Ende zu erleben. Die Wendung mit M. Tode habe beybehalten, und es ist mir lieb, daß wir hierinn über einkommen. Die Stelle in meinem Briefe verstehe ich selbst nicht mehr. Vielleicht hab ich unter
    Deutlichkeit
ein gröberes und crasseres Ding verstanden. Nehmen Sie es um des Himmels willen mit meinen Briefen nicht genau. Ich denke schon zweimal die Fortsetzung gleichsam widerruffen zu haben., und werde das mir sowol als Ihnen durch übereilte Ueberschickung veranlaßte Misvergnügen nicht so leicht widerholen. Unterdeßen werde ich doch Ihre Erinnerungen zu nutzen suchen. Wir müßen noch immer wie die Kinder durch Straucheln u Fallen gehen lernen. Elisa ist den Tag drauf nach meinem Briefe abgereiset, und hat mich grüßen, und eine Antwort aus Memel oder Curl. zu ertheilen versprochen, worauf ich eben nicht Rechnung mache. Ich habe den ganzen Dienstag eine
    Höllenfahrt
ausgehalten, von der ich nur gegen die Nacht mich wider besinnen konnte. Unser Leben ist ein Dampf, und alle Freuden und Leiden deßelben scheinen aus Dünsten zu bestehen, oder vapeurs von denen man nicht weiß, woher sie kommen und wo sie bleiben. Ich habe Ihr Büchlein und die Vorlesungen noch einmal durchgelesen. Es fiel mir auf, daß ich in einer Stelle, die Sie selbst anführen, schon den Nehusthan in Gedanken gehabt, ohne mich im Geringsten besinnen zu können. Stupid bin ich immer gewesen, aber seit kurzen leide ich eine Art von Zerstreuung, von der ich bisher nichts, wenigstens in dem Grade, wie jetzt gewußt, und die mich schüchtern und scheu macht zu jedem Geschäfte oder Umgang. Der junge Deutsch hat die Blattern. Beyde Eltern kommen nach der Stadt; er ist das einzige Kind, und alles Gottlob! gut überstanden. Vorigen Sonnabend geh ich des Morgens hin, ohne und wider meinen Vorsatz. Er sitzt im Pudermantel, und sie neben ihm am Caffetisch. Ich will ihm die Hand küßen – Sie sehen mich für meine Frau an. Ich biethe ihr den Mund – und setz mich ein wenig verdrüßl. hin, ohne zu wißen, warum mir Hand u Mund versagt wird, rede ins Gelag hinein, komme nicht eher zu mir selbst biß ich auf der Straße bin, wo mich eben ein so unwiderstehliches Lachen anwandelt, das ich bis zum Schlafengehen kaum unterdrücken konnte. So ein toller Streich ist mir noch nicht begegnet, und wenn man nicht mehr
    ihn
und
    sie
unterscheiden kann; wie mag es mit Speculationen gehen, die man nicht durch seine fünf Sinne so leicht berichtigen kann. Bey allem lächerl. war etwas ärgerliches und schauerliches in meiner Erfahrung. Ich muß mich also ein wenig in Acht nehmen, mit einem so mürben Kopf gegen die Wand zu laufen.
Auch ein
    ganzes Jahr
soll mir nicht zu lang währen, meine letzte Kräfte zu versuchen.
    Weiter
bin ich, und bisweilen schimmert mir auch schon das Ziel vor Augen. Ohne diese
    optische Täuschungen
hätte ich freylich niemals die Hand ans Werk gelegt; aber zur Ausführung gehören mehr als optische Täuschungen – mehr als Versuchungen: Flügel zum fliegen, wenn es ein fliegender Brief werden soll. Ich hoffe also noch mit Hiob sagen zu können:
    Mein Bogen beßert sich in meiner Hand
Bitte also liebster J. die
    Fortsetzung
beyzulegen, und nicht weiter daran zu denken. Was ich darüber erhalte; soll nicht verloren seyn. Ach!
    Freunde
taugen selten zu Kunstrichtern. Ihr
    Schone Dein selbst
! bis weilen Satans Stimme. Die stumme Physiognomie eines gegenwärtigen Kunstrichters ist lehrreicher als die schönste Epistel eines entfernten; und Sie haben den Fehler Ihren Freunden zu viel zuzutrauen u gegen Ihre eigene Empfindung zu mistrauisch zu seyn. Mein Freund und Reisegefährte Crispus soll Ihre Stelle vertreten. Wir haben uns heute zu Mittag Ihrer erinnert auf unsern Kreuzzügen in petto bey einer Rehkeule und Gläschen Mallaga, womit mich der Dechant meiner akademischen Spiesgesellen und der einzig übrig gebliebene Kriegsrath Hennings, ich weiß nicht wie noch warum beschenkt hat. Mein J. Michel war bey Hippel zu Mittage mit Hill. Ich warte also auf Ihr
    Willkommen bey Empfang
der Epistolae posthumae und ob Sie mit Ihrem wiedergekehrten Sohn in Ordnung sind, und bin unterdeßen an meiner Arbeit fleißig, so viel ich kann, mit weniger Ungedult, als ich aussetzte, weil ich das Vertrauen habe, daß
    Zeit
und
    Vorsehung
an meinem
    Plan
Antheil nehmen wird, der sich auf meinen
    Urlaub
zur Reise mit bezieht. Ob ich ihn ihn e Sobald ich das Ende meiner Arbeit erreiche; geb ich Ihnen Nachtheilricht davon, wie auch wenn ich von der Unmöglichkeit ihn auszuführen überführt werden sollte,
    welches ich noch nicht bin
. Vielleicht bin sich selbst Ueberbringer der Handschrift. Vielleicht macht eine öffentliche Veränderung und Castrum doloris einen andern Zuschnitt meiner Disposition nöthig. Freund Crispus der Mentor unserer Wallfahrt hat mich wenigstens zur Ausführung meiner Idee aufgemuntert; und von einer Seite ist mir
    Aufmunterung
ebenso nöthig, als von der andern überflüßig. Der jüdische Philosoph beklagt sich, Ihre metaphysische Sprache nicht verstehen zu können. Es geht mir eben so, wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll. Seine Uebersetzung des Spinoza in den Morgenstunden ist mir einleuchtender, als Ihre Darstellung seines Systems, das gleich dem K. aus lauter wortreichen Formalitäten ohne denkbaren Innhalt besteht. Ich habe zufällig von einem 70 jährigen Cartesianer, einem D.
    Siegwart
in Tübingen, eine allerliebste Schrift unter dem Titel Fragmenten I. Cogito gefunden, das 781 ausgenommen. Ob das II Fragm. über
    Sum
erschienen und ob der alte Greis noch lebt, hab ich nicht ausmitteln können. Das erste ist mit vielem
    Scharfsinn u lebhaften Witz
geschrieben, daß ich es Ihnen wohl empfehlen möchte, und eine Nachfrage wegen des versprochenen Fragments, an deßen
    Existenz
mir selbst gelegen wäre. Bey dem philosophischen Wort fällt mir die Stelle in Engels Vorrede ein, daß M. M. anfängl. die Existenz Ihrer Schrift, u also diese bald außer Zweifel gesetzt war (qu. a priori oder a posteriori, einen
    solchen
Innhalt derselben durchaus nicht glauben wollen. Wir wollen lieber J. auch die
    Gaben
der
    Abtrünnigen
nicht verkennen – Ich habe meine Freude immer an der Advocatenlist, womit er sich aus dem Handel mit unserm L. wie eine Schlange herausgewunden, und wie er jetzt sich u seinen Freund in Sicherheit gebracht, und die Fortsetzung den Berl. Erben übertragen. Auch die
    ungerechten Richter u Haushalter
sind uns zu Mustern empfohlen mit einem mehr als horazischen Sapere aude! Schickt euch in die Zeit, denn es ist böse Zeit. Ich denke immer, Sie haben der Wahrheit und guten Sache einen Dienst gethan durch die unschuldige Offenbarung des Geheimnißes der Bosheit – das mit so viel Energie in den Kindern des Unglaubens wirkt zum Haß des Christentums. Laßen Sie sich also die kleine Verfolgung um Seines Namens willen nicht leid thun. Wie lieb und leicht würde mir Ihr Spiel seyn
Um Ihr und meins nicht zu verderben – manum de tabula – laßen Sie mich einen philosophischen Maulaffen seyn. Anstatt des Todten haben Sie eine
    Legion
wider sich, gegen welche Sie nichts als die feste Burg ab hoste consilium schützen kann. Melden Sie mir bald, ob Sie ein Digestiv oder Vomitiv des hebr. hirBerlinschen Hirtenbriefs nöthig gehabt haben, und ob Ihr Magen schwächer als der meinige ist. Nur bitte, nicht
    ihn
für
    sie
und
    sie
für
    ihn
, anzusehen, und sich an den
    Freunden
nicht an den
    Todten
zu halten. Doch jene sind todt, und diese leben; und alles läuft am Ende auf eine
    Maskerade
hinaus, wie im Shaftesbury geschrieben steht. Quid rides? de TE fabula narratur – Suchen Sie allso, lieber Jonathan mit dem Brl. Fabelhansen, wie ich mit ihren Fibelisten herumzuspringen und fertig zu werden. Ich werde wie ein entfernter Secundant Ihrem Zweykampf zusehen, und meine Sichel in keine fremde Erndte wagen. Sie sind so glücklich wie St. Paulus, an den Kayser appelliren zu können; ich kann mich bloß für einen Pharisäer ausgeben gegen die allgemeinen deutschen Sadducäer. Unsere subjective Lage muß jedes seine objective Nothwehr bestimmen. Wir wollen auch unsere freundschaftliche Correspondenz auf eine Zeitlang verläugnen, und uns einander eine Qvarantaine auflegen, damit nicht einer des andern Concept verwirre – Vorher erwarte ich aber offenherzigen Bericht, wie zuckersüß die Epistola posthuma Ihnen geschmeckt, und ihredie Wirkungen derselben in den Intestinis deroder in den Musculn des Lachens. Nur keine Lüsternheit nach douceurs, noch Ekel vor Arzeneyen – et ab hoste consilium. Weder welsches noch hebraisches Point d’honneur; sondern deutsche Wahrheit sey Ihre Muse. Eben erhalte von K. die Allg. BLittératurzeitung bis zum 20 Januar. Wo bleibt Ihre Recension? In meinem fliegenden Briefe bin mit der Verklärung des evangelischen-lutherischen Tituls: Golg. u Schibl. ziemlich ins reine, auch mit der panischen Furcht der Berl. Diana vor dem Pabstum, das in Despotismo, Infallibilität, Unterdrückung des Göttl. Worts u der heil. Schrift, Werkheiligkeit und einer ganzen Pandorenbüchse besteht nicht extra sondern intra muros Iliacos gesucht werden wird. Alsdann über den Atheismum der jüdischen Vorlesungen – und die cartesianische Kabbala der verpesteten Freundin – Ob das Kind zur Welt kommen und beym Leben bleiben wird vor der Herodianer argen List vix credat Judaeus Apella. Gevatter sollen Sie seyn; nehmen Sie sich aber vor ein Nachtmal von Austern, dem welschen Most in Acht, die ich mir auch schon einmal vor vielen Jahren bey einem Schmause Ihres Namensvetters vereckelt und vor
    Verkältung
auch
    Jachzorn
in Acht. et ab hoste consilium. Cura vt valeas et rideas über die Berl. Klagweiber. Gottes Seegen über Sie u die Ihrigen. Grüßen Sie meinen Namensbruder Georg, und vergeßen Sie nicht Ihren Gevatter den Alten. J G H. Am Rand der letzten Seite: Vergeßen Sie nicht Müllers
    Dorfprediger
u
    Dorfschule
zu lesen auf seel. Mendelssohns u meine Empfehlung. Ich trinke alle Morgen u Abend ein Glas Waßer mit Sal Glauberi tingirt, und es schmeckt mir beßer als Mallaga, und bekommt mir beßer als der petillirende Geck und dolosus luctatur. Pereat mit allen welschen Näschereyen der verpesteten Freundin. – Vale. Sapienti sat! Der Pater oder Prof. Wiener ist bereits aus meinem Hause verbannt und ich höre weiter nichts von diesem Betteljuden oder entlaufenen Mönch. Am Rand der vorletzten Seite: den 16Mein Joh. Mich. ist auch heute an einem Flußfieber bettlägerig geworden. Verzeyhen Sie doch mein abscheul. Geschmier u erfreuen mich bald mit guten Nachrichten von guter Gesundheit. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 15 Febr 1786. J. G. Hamann empf. den 26ten beantw den 3 März.
Kgsb. den 18 Febr. 86. Herzlich geliebtester Freund – Beruhigen Sie mich nur erst mit der guten Nachricht von Ihrer völligen Gesundheit. Ich bin auch halb krank zu Hause gegangen, und hätte schon eher es gethan, wenn ich nicht Ihren Brief abwarten wollte selbigen mit zu nehmen. Finde eben das Pack mit Mend. Epistola posthuma famosa angekommen, und muste 1 fl. 16 gl. Porto bezahlen, da es hier für 24 gl. zu haben ist. Es thut mir aber nicht leid, weil es ein schönes Exempl. auf Postpapier ist und ein paar flüchtige Nachrichten enthält. Der Freund ist den 2 d. angekommen u hat den 4 geschrieben. Vielleicht ist aber der Brief liegen geblieben. Er meldt mir, daß
    Biester hätte
    über den Garve auch bald ins Gras büßen müßen
, jetzt aber zieml. widerhergestellt sey. Eher hatte ich umgekehrt schließen mögen. Doch wenn man nicht zu verlieren versteht, sollte man sich lieber gantz des Spiels enthalten. Mein Joh. Mich. hat auch einen Ausschlag, den ich noch nicht beurtheilen kann; geht aber dabey herum. Meine 3 ältesten Kinder sind zwar inoculirtaber ich bin für keines meiner Kinder recht sicher. Was mir fehlt, weiß ich und weiß ich nicht. Ich hoffe aber und wünsche, daß das Ärgste zu Beförderung unserer gemeinschaftl. Wünsche dienen wird. Gott gebe, daß Sie den nächsten Freytag mich beruhigen können, und Sie den
    Bettel
bereits erhalten haben mögen, und ich hoffe daß Sie zubereitet sind das ganze Radotage eines
    Nachtwandelers
zu lesen und beynahe möchte ich sagen zu verachten., oder wenigstens im Licht der
    Wahrheit
und
    Liebe
, die nicht den
    Buchstabe
sondern den
    Geist
, nicht das Gegenwartige sondern das Künftige zum Ziel macht, nicht wie ein
    äußerlicher
Jude das
    Lob aus den Menschen
, sondern wie ein
    innerer
    verborgener Jude
das
    Lob aus Gott
. Diese Paulinische Distinction aus Rom II. 28, 29 hat michr immer im Sinn gelegen seit der Berl. Apotheose eines Juden, der das Andenken des unglückl. Fürsten auszustechen scheint – – Ich habe in diesen Tagen nichts als das
    Jerusalem
studiert, fast wie ein neues Buch. Es war hohe Zeit, um mein Golgotha nicht gantz auszuschwitzen, das ich wenig gefehlt, bald selbst nicht mehr verstehe, und mir daher alle Stellen auf die ich Rücksicht genommen am Rand gezeichnet. Wenn es mir so geht, daß ich mir selbst deutlich zu seyn aufhöre, so bald ich abgekühlt bin – wie darf ich mich wundern andern nicht deutlich gnug zu seyn. An Anlaß hat es nicht gefehlt, über die
    Deutlichkeit
eines M. und meine eigene
    Dunkelheit
zu studieren und meditiren., nicht ohne Erfolg. Aber ich habe selbst nichts thun können; weil ich ein Non possum non – zum Reden und Schreiben nöthig habe – ein dem lächerl.
    Sturm u Drang
ähnliches Intereße, wie ein brennend Feuer in meinen BGebeinen verschloßen, daß ichs nicht leiden kann und schier vergehe – Jer. XX. Diese Schäferstunde will nicht kommen – Sie haben schon so manchen Brief in puris naturalibus von mir erhalten, daß ich besorgt war Ihnen dadurch überlästig zu werden, und Sie durch meine Paroxysmos zu verwirren. Daher war ich im Ernst auf eine Qvarantaine bedacht, zu der ich mich aber nicht eher recht entschließen kann, bis ich Ihr unbefangen Urtheil über die heil. Epistel weiß. Verzeihen Sie, daß Sie Beylage mit einem Macul meiner triefenden Nase zurück erhalten, auf deren Ausflüße ich nicht Zeit hatte Acht zu geben. Es ist
    alles gut gemeynt
, und weiter geht menschl. Freundschaft nicht. Vor allem der Rath sich nicht die Hitze befremden zu laßen, als widerführe Ihnen etwas seltsames, und sich von den
    Freunden Leßings
zu unterscheiden, an die dasder hebräische Seegensabschied gerichtet ist – für die Todten kein Wort zu verlieren, noch an ihrer Taufe den geringsten Antheil zu nehmen. Wahrheit ist von beyden Theilen; aber sie zu trennen und zu scheiden, dazu gehört Ruhe Gelaßenheit, welche die Zeit
    ehrlicher
giebt, als diealle Kunst. Ihre
    Sache
ist gut, das ist schon ein großer Trost, und Ihr Spiel beßer und sicherer und klüger als jener ihrs.
Man wirft Ihnen
    falsch
vor, sich übereilt zu haben; Für das
    Vergangene
kam die Warnung zu spät; aber nicht für das Folgende. M. war es um das erste Wort zu thun; halten Sie sich an das letzte und jüngste. Laßen Sie jeden, der Lust hat mit u ohne Beruff und Fug sich einzumischen, ausreden: Desto beßer für Sie und den Grund der Sache, der
    ewig
und unveränderlich bleibt,
und eine
    nothwendige Wahrheit
betrifft, die weder von
    Zeit
noch
    Ort
abhängt, in so fern sie ästhetische Formen sind; Moden- und Mondwechsel.
Diesen Augenblick erhalte ich No 15 des Correspondenten, den ich zufälliger weise nicht gesehen hatte. Es ist nichts als ein reiner Abdruck der
    Moritzischen
Recension aus der Berl. u dieser ein eben so reiner Auszug aus der Engelschen Vorrede. Daß Moritz schon auf das R. Gespräch geantwortet, habe Ihnen bereits gemeldt., aber den Inhalt auch vergeßen. Daß G. ein wenig verlegen ist, kann leicht erachten. Was ich aber gewünscht in Ansehung seiner weiß ich leider! auch nicht mehr. Auf die Woche bin ich willens die
    Vorlesungen
zu widerholen, über die Kant auch noch das letzte mal, wie ich ihn besuchte, zu schreiben willens war, so bald er in dem, was zu seinem jetzigen Cursu der Autorschaft gehört, weiter seyn würde. Eine
    Maske
, oder ein
    Misverstand
(der Sprache und Vernunft) liegt offenbar zum Grunde; aber den aufzudecken, ist schwer und vielleicht unmöglich, bey den
    angenommenen Begriffen zufolge
. Ich suche wenigstens Ueberzeugung für mich selbst. System ist schon an sich ein Hinderniß der Wahrheit, wie Gewohnheit der Natur widerspricht. Sie müßen sich also schon gedulden, lieber J. bis ich selbst ein wenig weiter bin. Weil der Vorwurf des
    heidnischen, naturalistischen, atheistischen Fanatismi
ein Hauptpunct ist, auf den ich in den Sokr. Denkw. in meiner kabbalistischen Rhapsodie gezielt u die den Berl. im Golgotha so empfindlich gewesen: so habe ich Anlaß gnug diese Materie aus einander zu setzen, auch die Vorlesungen ein Commentar über viele Stellen des Jerusalem sind. Ich werde mich also weitläuftiger dabey aufhalten, als ich anfangs nach meinem ersten Entwurf, der auf einen Rabelaismum herauslief, willens war. Erhalt ich Urlaub: so ist ein Hauptzweck meiner Arbeit schon erreicht, den ich gantz aufgeben muß. Wird mir der aber abgeschlagen: so kehr ich auf meinen ersten Plan Sturm zu laufen zurück. Unser
    David
soll bereits die Regimenter zur AbschiedsRevue in Graudentz bestellt haben. Hier liegt die Episode meiner Henriade, von der ich auch sagen kann: Incedo per ignes – und der focus, deßen Verhältnis ich noch suchen muß, und der eben so sehr von meinen inneren Gesinnungen als äußeren Umständen abhängt.
Babel, seine
    verpestete Freundin
, nicht den philosophischen Hudibras sondern den Genium Seculi des verlogenen Voltaire, seine Apostel und Evangelisten du jour habe ich immer aufs Korn gehabt – und vielleicht ist ihre Stunde gekommen. Wenigstens hab ich noch immer Hoffnung, nicht umsonst gearbeitet zu haben. Wenn ich mich auch nur erst ein wenig erholen könnte; die Witterung aber hat schlimme Wirkungen auf meine Gesundheit. Crispus ist noch immer entschloßen uns als Mentor zu begleiten, und seinen Schwaben zu überraschen. Haben Sie keine Nachrichten von unserm Freund in Weimar? Wenn meine Briefe ausbleiben sollten: so ist es ein Zeichen, daß ich arbeite. Was nöthig zu beantworten oder zu melden ist, werde deshalb nicht versäumen. Im Fall einer Krankheit, soll mein Joh.Mich. Nachricht geben, dem seine Grütze zum Abendbrodt gut schmeckt, sich aber doch noch wenigstens ein paar Tage einhalten soll. Wenn alles in M. nach Wunsch geht; so habe ich gegen das dortige Stillschweigen nichts einzuwenden. Das Vergnügen zu lesen wird mir öfters durch die Noth zu antworten sehr versaltzen. Auch unserm Johann zu Zürch bin ich noch Antwort schuldig. Inter bonos bene! Vergeßen Sie auch nicht, was Sie mit Ihrem George anfangen werden, und denken Sie an die
    auswärtige Angelegenheiten
nicht eher, als biß die häuslichen nach Wunsch eingerichtet sind. Wie mag der Schöpfer nicht in Seiner Allmacht lachen, Wenn sich das Nichts zu Was und Ihn zu Nichts will machen! Gewiße Dinge sind für mein armes Gedächtnis unauslöschlich. So geht es mit diesem Vers den ich in meiner ersten Jugend vor Reinbecks Augsp. Confeß. von einem Pr. Junker gelesen. Der ganze Handel hat eine so lächerl. Seite – welche selbst die
    schwärzeste
erheitert, daß ich jenen Gesichtspunct Ihnen gern empfehlen möchte, auch wegen der
    Fruchtbarkeit
, wenns nicht wäre selbst wegen ihrer
    Richtigkeit
, wie der Mettenprediger die Erklärung der Wahrheit unterscheidt. Denn wenn die Narren sind, die in ihrem Herzen das Daseyn Gottes leugnen; so kommen
mir die noch unsinniger vor, die selbiges erst beweisen wollen. Wenn das Vernunft u Philosophie heißt: so ist es kaum eine Sünde, selbige zu
    lästern
. Lachen wollen wir, lieber J. wie unser Freund in Wandsbeck, aber mit der Wahrheit nicht unser Gespött treiben wie die allgemeine deutsche Athenienser u Areopagiten, die Freunde Leßings u Apologisten M. des Moren, der unsere weiße Gesichter auch für Masken hält, wie seine Carnevals-Brüder ihre, denen das Lachen theuer gnug werden wird.
    Schweigen
wollen wir und nicht eher reden, bis die
    Zeit
kommt und es der Mühe lohnt, unsern Mund aufzuthun, und den
    Schatz unsers Herzens
zu eröffnen. Gott wird mich weder an Ihnen noch meinen Freunden zum
    Lügner
werden laßen. Er wirds wohl machen, daß wir unsere Lust noch sehen werden. Ich umarme Sie mit der besten Hoffnung
    Wort
zu halten. Theilen Sie mir alles mit, wie ich auch nicht ermangeln werde von meinem Theil. Mehr kann ich nicht schreiben weder heute, noch morgen noch übermorgen, da dieser Brief abgehen wird. Also leben Sie recht wohl, werden Sie gesund und bleiben Sie mein Freund wie ich der Ihrige  J G H.
N.S. Bald hätte ich einen dummen Streich gemacht u Ihren Brief statt der Elisa ihren zurückgeschickt. Beyde Gedichte in Ihrem Sp. Büchl. sind doch von einem Verfaßer? Vielleicht thue ich diese Frage schon zum zweiten mal, aber es ist mir daran gelegen. Erlaubnis sie drucken zu laßen, werden Sie ohne Zweifel erhalten haben. Nicht wahr? Ich weiß daß dem Mann seine Autorschaft für minima pars sui ist. Vergeßen Sie nicht diesen Punct. Das Gedicht über Prometheus hat mir eben so sehr gefallen wie
    Nachahmung
der alten als Urbild unserer neusten Menschenschöpfer.
Nun will ich siegeln u den Brief ruhen laßen bis Montag. Vale et cura valeas. Liebster Jacobi, Eben haben mich Pr. Wanowsky und unser Prof. Mor. u. Polit. besucht, letzterer mit dem III. Stück der Beyträge zum gelehrten Artikel des Hamb. Correspondenten, aus dem er uns das Trio des Engels, M. Herz u Friedländer, deßen D. David nicht Doctor bedeutet., vorgelesen. Freund Kraus wollte selbst Ihnen schreiben, wenn ichs nicht wollte und Ihnen den Rath eindringl. machen mit einem alto silentio alle dies unverschämte Geschwätz zu widerlegen und zu Schanden zu machen. Ich hoffe, daß Sie ohne einen mathematischen Beweis von der Nothwendigkeit und Schicklichkeit einer solchen negativen Widerlegung schon von selbst überzeugt seyn werden. Ergo απεχου και ανεχου dem
    innern
Menschen nach: was den
    äußern
betrifft, so iß Dein Brodt mit Freuden, trink Deinen Wein mit guten Muth et cura vt valeas. Ich habe heute theils lavirt, theils vor Anker gelegen, und bin nicht weiter gekommen. Wir wollen L. u M. Freunde lieber wie unsere
    Feinde
lieben, und diese
    warme Brüder
ihrem Schicksal überlaßen, ohne den geringsten Antheil daran zu nehmen. Non putaram! würde die Elise sagen, wenn sie lateinisch versteht. Umarmen Sie unsern lieben fahrenden Ritter und wünschen Sie ihm eine glückl. Reise ins gelobte Land. Wenn wir uns einander sehen; soll es uns an Materie zum lachen nicht fehlen. Aruspex aruspicem – ein Knapp den andern. Alcibiades beschämt mit seinem klugen Stillschweigen das ganze weise Griechenland und Judentum. Es will mit meiner Laune heute nicht fort. Also gute Nacht!den 19 Sexag.
Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. / Fco. Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 18ten Febr 1786. J. G. Hamann empf. den 3ten März beantw. den 3ten
Dußeldorf den 21ten Febr 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 4 Mart.   Geantw. eod– 6 –  No 29. Ihren Brief vom 4ten u 5ten, lieber HerzensFreund, erhielt ich am Donnerstag Nachmittag, u labte mich daran; hatte aber keine Lust zu antworten, weil mir noch immer Mendelssohns letzter Wille fehlte. Am Sontag Abend kam er endlich an. Ich speiste, gegen meine Gewohnheit aus, bey einer Gräfinn v Horion, die sich einbildet, sie hätte ein außerordentliches Gefallen an mir, u kam erst um Mitternacht zu Hause. Ich las diesen sonderbaren Roman, den man mit allem Recht eine Schmähschrift nennen kann, noch vor Schlafengehen, u ruhte recht sanft darauf. So ganz ohne die mindeste Bewegung, hätte ich gewiß nicht das Ding gelesen; wenn es mich selbst nicht so nahe angegangen hätte. Nun aber fühlte ich die große Sicherheit meiner Lage, u die mißliche meiner Gegner, u die Freude darüber ließ meinen Unwillen nicht aufkommen. Ich konnte unmöglich böse werden über einen Mann, den ich so schrecklich böse gemacht hatte, u der wahrscheinlich vor Gift gestorben ist. war. Sie wißen nicht, u können sich nicht vorstellen, wie unverschämt der Mensch gelogen hat. Sie sollen es sehen. Er sagt S 57: Der Richter müße alles in Händen haben was zur Streitsache gehört. Das soll er dann. Ich verspreche Ihnen, daß Sie sich über meine Gelaßenheit u Kaltblütigkeit wundern sollen. Lavatern war ich schon Willens in Schutz zu nehmen. Wenn er nur nicht meinen guten Willen durch irgend eine zuvor kommende demarche vereitelt. Ihr Brief an die Churländische Elise hat mir große Freude gemacht, u ich habe heute Claudius eine Abschrift davon geschickt. Unser wackerer Claudius hat eine ausführliche Beurtheilung der Mendelssohnschen Schrift drucken laßen, die ein wahres Meisterstück ist, u alles übertrifft, was er je geschrieben hat. Ich habe ihn gebeten gleich ein Exemplar an Sie, unter Fischers adreße mit der reitenden Post abzuschicken. Mit meiner Gesundheit kann ich noch nicht wieder ganz zurecht kommen. Aber wenn es nur mit der Ihrigen einmahl wieder ein ordentliches Ansehn gewinnen wollte. Ein paar Stellen darüber in Ihrem jüngsten Briefe haben mich sehr beunruhigt. Lieber Hamann, ich bitte – ahnden Sie,
    wie
ich Sie bitte, Ihrer zu schonen! Wenn jede Anstrengung Ihnen Uebelkeiten verursacht, so bringen Sie sich ja, nach den Anzeigen die Ihr neulicher Zufall giebt, sich durch GeistesArbeiten offenbar ums Leben. Es macht mich bekümmert, HerzensMann, daß ich heute wieder nur ein so kahles Blatt an Sie abschicken kann. Aber es war unmöglich vormittag eine Minute auszugewinnen. Einige Nachricht ist doch beßer als gar keine. – Da kommt meine Lene, u sagt, ich müßte siegeln. Gott sey mit Ihnen, lieber theurer Hamann. Wie wollt ich jubeln, wenn ich bald Nachricht bekäme, Sie wären wieder. – Künftigen Freytag. Dieser Wisch soll gar nicht gelten. Von ganzem Herzen Ihr Fritz J
Kgsb. den 25 Febr. 85. Nun, mein lieber Fritz Jacob Jonathan – Meine Papierscheere ist entzwey, die ich von bey der Kriegs- und Dom. Cammer noch C als Canzleyverwandter zum Weynachtsgeschenk erhalten, und ich schreibe also auf einem unbeschnittnen Bogen – Eben wollte ich mich anziehen und Ihrem Brief entgegen gehen, als er mir entgegen kam – Ich bleibt also zu Hause, wie amdem heil. gestrigen Matthiastage zu Ehren – um Ihnen antworten zu können. Bald hätte ich Sie für keinen
    Mann von Wort
gehalten, da ich diesen Mittwoch laut Versprechen den gantzen Vormittag auf den verheißenen Brief wartetete. Gottlob! daß es mit Ihrer Krankheit bergab geht, und melden Sie mir bald das Berg an! Ihrer völligen Genesung. Ihre politische Proceduren mit meinem Namensverwandten Georg gefällt mir nicht recht. Qui cito dat, bis dat – auch Vergebung. Seyn Sie kein Nachrichter, sondern
    Vater
und barmherzig. Die Sonne wirkt mehr auf den Mantel eines Irrenden als der wütende Nordwind. Aendern Sie Ihr ganzes Verfahren, wenn Sie den jungen Menschen ändern wollen. Darin besteht mein punischer Rath, den ich schon gegeben habe. Wenn aber die Philosophen nicht hören wollen so sind sie harthörig. Vide Ihres Freunds Gleims Gespräche mit einem Philosophen., der auch leider! mein Landesvater ist. und vielleicht jetzt schon in den Banden des Todes röchelt. – Mit meinem Jünger ist nichts zu machen. Er ist bey dem
    Besten
Willen der gröste Idiot und Starrkopf. Freylich wär er beßer bey Ihnen als dem hiesigen Namensvetter besorgt, der kaufmännisch denkt und seine Kinder nach Maas u Gewicht liebt – Aber unser Reise-mentor soll auch für Sie kommen, und man muß den Patienten sehen, a posteriori und nicht a priori die Sache anfangen, welches ein großer Fehler der modernen Philosophen ist. Ich besorge immer, daß Sie ohne das Corpus delicti gesehen zu haben, sich mit Ihrer Apologie und seiner Anatomie den Kopf zerbrechen. Da haben Sie was zu thun. Die Selbsterkenntnis fängt vom Nächsten, dem Spiegel, an und eben so die wahre Selbstliebe; die vom Spiegel zur Sache geht. Es freut mich daß Ihr Freund Tiro ein Vir emunctae naris ist. Ich bin freylich für einen alten Podagristen und Gichtbrüchigen ein wenig zu rasch; aber demohngeachtet werden wir Freunde werden, so bald wir uns einander sehen werden. Wenn Sie den Kopf nicht mit eigenen Grillen voll hätten, würden Sie
    mehr
und manches runder gesagt haben. Aber Sie haben meiner geschont, wie ein Vater sein Kind. Und ich habe das Meiste von dem schon gethan, was Sie erinnert haben. Das Interregnum war die Rußische Epoche 1759. Nicht wahr? denn meine Chronologie ist sehr wurmstichig. Mehr Gänsefüße kann ich nicht füglich anbringen. Ich danke wegen des Worts
    hägen
. Frischens D Wörterbuch liegt mir immer vor der Nase und es ist recht ärgerlich für mich, daß ich nur noch die beyden ersten Theile des
    Adelungs
besitze, die ich allein brauchen kann, weil mir die übrigen fehlen und leider! ohne ein Wörterbuch nichts zu schreiben im stande bin, selbst nicht bisweilen einen Brief oder Billet doux. Verweise also auf Frisch wegen des guten Worts
    heägen
, das ich eher für Ihren Landsmann gehalten habe. Was Adelung darüber sagt, weiß ich nicht, weil der 2te Theil beym Buchbinder liegt einen verlornen Bogen einzukleben, den ich erst kürzl. erhalten zur Ergänzung meines incomplet gekauften Exemplars. Typus muß stehen bleiben und bereitet auf die von Ihnen selbst citirte Stelle aus den Wolken, hat auch seinen praegnanten SVerstand. GKeine überflüßige Gänsefüße. Die dreyfache Recension wird überhaupt zum Grunde gelegt, und ich verwöhne faule Leser nicht – Ich schreibe
    Leibnütz
, wie er sich selbst buchstabirt hat, und meine orthographische Gesetze sind dem bayerschen Edict ziemlich conform. Das ärgste, was ich ersehe, besteht darinn, daß Sie und Ihr lieber Tiro Schenk meine verwünschte gelehrte Faust, die ich selbst nicht immer lesen kann, mit vieler Gefahr u Mühe entziffern. Nun zur Sache! Beßer, wie dies Trifolium,
    kann ich
und bald möcht ich sagen,
    will ich es
nicht machen, und Gott danken, daß mir das Ende wie beykommender Anfang zum Abdruck – gerathen möchte. Mein Reisementor Crispus besuchte mich Mittwochs zur ersten Vorlesung – und ich habe ihn durch Joh. Michel diesen Nachmittag zur zweyten einladen laßen. Seine scheue Erinnerungen haben mir trotz meines Widerspruchgeistes, trefl. Dienste zur Feile gethan. Geben Sie sich die gewiß nicht undankbare Mühe und Muße, diese ausgewaschene Lumpen mit der ersten faulen Wäsche zu vergleichen. Meine erste Bitte, Anliegenheit und Auftrag besteht darinn, meinen Alcibiades zur silbernen Hochzeit meiner Autorschaft und letzten Kindelbier der Muse Sarai, einzuladen. So bald er sie für eine Sara erkennt: so zaudern Sie nicht mit dem Abdruck unter Eides- und confessionis auricularis Pflicht. Ohne diese Bedingung komm ich weder bey Ihnen zu Gevatter, noch bey Ihnen zur zweiten Hochzeit, wenn es Gottes Wille seyn sollte. Meinet und Ihrentwegen ist mir an des jungen Ehmanns Gutachten und Genehmigung schlechterdings zu thun. Sie haben Kinder, und Er muß sie noch erwarten. Wenigstens müßen die Kosten sichzwischen beyden auf die Hälfte gehen zu meiner silbernen Hochzeit, und
    Alcibiades
muß mir selbst sein Legatur und Imprimatur bescheinigen eigenhändig, auch wo mögl. mit Seiner Mariannen Unterschrift. Einem Mann wder wie Sie einen Sekretair u einen Kopisten hällt, kann man nicht recht trauen – und ich habe eine Handschrift aus Münster nöthig zur Stärkung in meinen Geburtswehen, die unaussprechlich sind – Ich muß
    allerdings einen
Probebogen haben, ehe zum Abdruck geschritten wird, und bin seit 25 Jahren schon gewohnt meine Tirones und Ama Amanuenses so zu qvälen, wie Sie mich qvälen mit ihren verwünschten Pfoten, gegen die meine eine Jungferhand ist. Vom Probebogen, der aus Düßeldorf oder Pempelfort stante pede expedirt wird, bleibt kein einziger Abdruck weder bey Ihnen noch nach Münster, sondern höchstens ein duplum nach
    Weimar
, alles sub sigillo extremae confessionis – Mit diesem Probeabdruck wird nach erhaltenen Vidi et V des Alcibiades über Hals und Kopf geeilt, und im Fall einer allgemeinen Veränderung nach der Residentz des Preuß. Salomons geschickt, den diesmal nicht ein welscher Lügenprophet, sondern alter Preußische Barde dazu ernennen wird. Die Formula solennis folgt mit der nächsten Post und liegt dort bereit nach näherer japanischer Instruction ad imitationem der Dohmischen auf Vetter Nabals silberner Hochzeitfeyer. Denn ob ich gleich an meinem fliegenden Briefe wie eine Schnecke oder Faulthier schreibe: so bin ich doch ein rascher Grammaticus von einer Person zur andern zu gehen. In den Noten redt also 1. im Text 3a persona, und dabey bleibts. Eben so fall ich von 3a persona in 2dam in der heiligen Verwünschungsapostrophe an Niemanden den Kundbaren, deßen Namen auch als persona indeclipoetica lieber indeclinabilis seyn mag, denn mobilis; weil ich diesen Schnitzer schon in S. D. begangen habe. Am liebsten für mich und heilsamsten für Sie Selbst wär es, Lieber HerzensfFritz, wenn Sie in Gesellschaft unsers George, meinen Brief und das Fragmentum profligatum in Ihrer Portefeuille und Tasche, nach Münster führen, und von da sich nach der Residentz unsers auserwähleten Amanuensis verfügten und alles persönlich in Gang vor den fatalen Idib. Martii brächten. Wo nicht hab ich das Vertrauen zu Ihrem Tiro Schenk, daß er Ihren Mangel der Gegenwart kindlich und brüderlich ersetzen wird. Ehe ich einen Schein vom Empfang der 3 Sibyllinischen Blätter erhalte, bekommen Sie keine Fortsetzung; denn ich hoffe, daß dies zu Füllung des ersten Qvartbogens hinlänglich seyn wird, besonders wenn der Titel das erste Blatt deßelben füllt. Für gut Papier haben Sie gesorgt. Einige DedicationsExemplare 1. nachfür den Salomon du Nord u 21 nach Münster 1. nach Weimar pro futuro – die Probbogen eingerechnet – soviel wie der φφ zu Pempelfort will, ohne den Autor zu K. zu vergeßen. – Dazu kommt der Rath mit der Zeit. Eben erhalte ich das Gottingsche Mag. IV. B 2. St. von Brahl, der den Mirabeau übersetzt und nach dem Freund Crispus zu Dach geht, um meiner zu schonen, welches mir sehr lieb ist, weil ich lieber hinten als vorn angehe, und meiner eigenen Seele und ihres Organi nicht mächtig bin. Alles was ich Ihnen bisher mit lachendem Muth geschrieben habe ist mein wahrer Ernst. Beßer kann ich nichts machen, und das το λιαν ist mein ärgster Feind, wie das ne quid nimis meine schwerste Lection der 7 Weisen Griechenlands. Nach B. Bewilligung wird geeilt, und so bald der erste Bogen, wenigstens Probebogen fertig ist, der zur Ausführung meines Plans hinreicht, und deßen Anblick neues Oel für meine Lampe, die alle Augenblicke verlöschen will, seyn wird. Kosten nimmt Alcibiades mit Ihnen auf die Hälfte über, weil ich Ihm und mir selbst näher bin als einemdem entfernten Freunde, für den ich neulich an ihn geschrieben. Wegen des Verlages und Erstattung dieser Druckkosten wird nichts verabredt, ohne mich vorher mit dmeinem alten Freunde, Landsmann u Verleger pro praeterito et futuro verglichen zu haben, dem ich diese Achtung und mehr schuldig bin. Nun liebster Jacob-Jonathan! zeigen Sie sich jetzt als Mann von Wort und That. Die Sache ist eingefädelt und geht mit Gottes Hülfe glücklich durch, wenn mein Spiel nicht durch eine unter mischende Hand verdorben istwird. Ist unser Patroclus R. nicht über Düßeldorf gegangen. Seine Erklärung vom 13 d. werden Sie wohl schon mit dem dazu gehörigen dreyfachen Protocoll gelesen haben. Er hat mit seiner breui manu ein gut Werk gethan, wenn er gleich den Ruhm eines Philosophi durch sein Interlocut eingebüßt. Daran ichist nichts gelegen, und seinen Freunden desto mehr. Ein guter Socius wagt immer ein blau Auge in einer guten Sache, und ich halte Ihre und meine dafür. Da komt der neue Miscell. XIX Stück mit einer kleinen Note an Joh. Michel, der eben nach dem Eßen ein wenig spatziren gegangen ist und seine Schwestern zu ihrem wöchentl. Besuch bey ihrer Nachbarin Louise Miltz begleitete. Wo war ich? Bleiben Sie auch der philosophischen Autorschaft wegen nicht zu Hause, sondern spielen Sie den
    fahrenden Ritter
und laßen Sie es zu meiner Silberhochzeit nicht fehlen, damit meine alte Käthe Xantippe, wie man mich in Wandsbeck nennen soll, nicht anstatt der Jubel Music nicht den Stab wehe und Klagelieder nöthig hat. Thun Sie keinen Schritt ohne sich vorher von ganzen Herzen mit meinem Liebling Georg auszusöhnen, und geben Sie unterwegs zgut Achtung, ohne daß er es merkt. Ein guter Schreiber kann selten gut lesen. Machen Sie nur die Probe, und ziehen Ihre liebste Schwester zu Rath, ohne daß sSie aber vor meiner Hand erschrickt. Allso mit Vor- und Zubereitung; weil ein Frauenzimmer auf eine schöne Mannshand Ursache hat eifersüchtig zu seyn. Es ist schon über 2, Crispus kommt noch nicht; er wohnt am andern Ende der Stadt auf der Lomse, vulgo Ochsenmarkt. Doch bald werden Sie so bewandert, wie ich selbst und der Herr Niemand in Königsberg seyn, den Priester in der Wüsten auch ohne Miethslakay finden zu können. Ich habe ein bloßes M. vor dem Namen des verewigten Mendelssohns gesetzt, damit man Mauschel oder Magister lesen kann, und des Leßings christl. Tauf in einen jüdischen Vornahmen verwandelt. Das hat er alles sich selbst durch seine Epist. posthuma an die Fr. Leßings zu verdanken. Da Sie förmlich von selbigen ausgeschloßen sind, so machen Sie ja keinen weiteren Anspruch auf diese Gesellschaft. Der parthische Abzug hat von Ihrer Seite der Sache ein gewünschtes Ende gemacht. Ergo claudite iam riuos pueri. Ich werde mich für Ih bey Crispus für seinen politisch moralisch christl. Rath, den er Ihnen gegeben, in Ihrem und meinem Namen bedanken. Schreiben Sie ja
    Dienstags
, als ein Mann von Wort, ich diesen nächsten Mittwoch, so Gott will und ich kann. Leben Sie recht wohl und beantworten Sie alle leidtragende Briefe nicht, zu denen dieser nicht gehört von  Ihrem alten Freunde dem Scurra Regiomontano et Rabelesio Anti-Gallicano J G H. Morgen hoff ich Esto mihi! bey Ihrem Namensvetter zu feyern. Dom. Esto mihi! den 26 Hor. 85. Abends. Vor allen Dingen muß ich Ihnen Herzlich lieber J. um Verzeyhung bitten wegen meines gestrigen Geschmiers, wenn auch das heutige nicht beßer gerathen sollte: Ich habe mich heute den ganzen Vormittag umgetrieben, Patienten besucht und die Kirche leider! im Vorbeygehen, um wenigstens den Seegen mitzunehmen. Mein Joh. Mich. hat auch das Haus hüten müßen wegen Stiche im Unterleib, die mehr Verkältung als einen verdorbnen überladten Magen anzeigen. Bey Ihrem Namenvetter bin nicht gewesen, sondern speiste post festum zu Hause, weil Crispus, den ich des Morgens schon mit dem Uebersetzer des Mirabeau besetzt fand, mich Nachmittags besuchen und ich ihn nicht verfehlen wollte. Wir haben allso die dritte Vorlesung abgemacht. Sie erhalten also statt eines Trifolii vier Blätter so wie sie aus der Mache gekommen sind. Das Abschreiben ist, wie Sie leicht erachten können, eine verdrüßliche Sache für mich und mein Dintenfaß nebst dem Apparatu ein kläglich, jämmerlich eckel Ding, wie das Schreiben. Vielleicht erbarmt sich Ihr Freund Tiro und übernimmt eine Abschrift für mich, weil ich die disiecti membra poetae Mühe haben werde herauszubringen, und ich meine Arbeiten gern unter mehr als einem Gesichtspunct ansehen mag – und wegen der Fortsetzung Ihr u sein Urtheil nothig habe; denn Erinnerungen sind nicht vergeblich! oder verloren an mich wie der Berolinensis meint. Crispus hat mir den Rath gegeben zu eilen; weil er zweifelt, daß ich das Ende erreichen werde – Ich habe ihm einen Beweiß meiner Folgsamkeit gegeben, und bin nun mit dem Recensenten fertig, der dem Leser nicht so eckel werden kann, wie er mir geworden. Gesetzt daß Sie auch mein gestriges Geschmier nicht herausbringen können, so ist daran nichts versehen. Ich werde schon alles deutlicher machen, wenn es soweit kommt. Das Wesentliche ist eine Abschrift für mich – denn meine Handschrift muß Ihnen der Buchdrucker, deßen Namen u Umstände seiner Preße ich wohl näher wißen möchte zurückgeben. Ich bekümmere mich um ihn, ohn daß er nothig hat das Geringste von mir zu wißen. Nach dem Münsterschen Gutachten schreiten Sie gleich zum Werk, und besorgen einen Probebogen nach Weimar, wenn Er etwas zu erinnern haben sollte. Ihre Wahl in 4o ist die meinige. So einen überflüßigen Rand wie Ihr Freund im Haag kann ich nicht leiden, aber ich wünschte einen guten, deutlichen, räumlichen Druck, weil die Gedanken so enge so enge in einander gedrängt sind, daß sie sich beynahe einander ersticken. So bald ich nur kann, schicke ich Ihnen einen versiegelten Brief, um im Nothfall auch mit dem Probebogen selbigen an die höchste Instanz meiner Autorschaft zu befördern. Ich hoffe daß unser Freund Tiro mit demeinem Bogen meiner Hand in ein paar Tagen fertig werden kann, und dadurch eben nicht die übrige Arbeit aufgehalten werden wird. Es ist ja meine
    silberne Hochzeit
; also machen Sie mir alten Mann Freunde, wahre Freude nicht politische durch Verheelung Ihres Urtheils und des kleinsten Umstandes, was zur Sache gehört, esr mag wider oder für mich seyn. Crispi und meinem Rath folgen Sie auch, stille zu seyn, und sich nicht zu rühren noch die Feder anzusetzen, bis ich wenigstens ausgeredt habe. Wenn Ihnen das nicht Gnüge thut: so mögen Sie mich auch noch obenein mit widerlegen. Herder ist gerochen, melden Sie ihm doch das. Sein Recensent ist durch die Beurtheilung der Ulrichschen φφie auch empfindlich gestraft worden, nachdem er vernommen, daß selbige von unserm Hofprediger (nicht Oberhofprediger) Schultz herrührt, der ein Epitomator der dicken Kritik ist und den Beweis von den Paralllinien geschrieben hat. Ihre
    Ruhe wird Ehre
seyn Jes. XI. 10. Ihr altum silentium wird die Rache eines wahren Löwen seyn, die jene Pudelhunde sich gewiß nicht vermuthen. Wenn der pruritus unüberwindlich in Ihren Fingern ist; so warten Sie wenigstens meine Erklärung über die
    Frage
ab, die Sie mir eben so gut als dem jüdischen Philosophen anvertraut haben – und denn setzen Sie die Feder an. Das Leben ist so kurz und köstlich, daß es Schade ist, es mit Katzbalgereyen, mit gelehrten Wortkriegen zu verhudeln. Dergl. Opera supererogationis sind Misbrauch und Schande der wahren Philosophie, welche den Genuß des Lebens veredeln soll,
    Friede
und
    Freude
befördern, nicht auf Beschneidung und Verstümmelung hinauslaufen.
Ich erwarte also gegen das Ende des März wenigstens Abschrift mit Ihren Erinnerungen – und Nachricht von allem – Gott seegne ISie u Ihr gantzes Haus – Meins schläft – Si non pie, tamen caute, sagt Augustinus – Dies war ein Sprichwort eines alten Landpredigers, der mein guter geerbter Freund war, und ein Vater des lieben Mannes, der das Petersburgsche Journal geschrieben, und mir seine Opera mit manchen ℔ chineser Thé zugefertigt. Ob diese Worte im Augustino weiß ich eben so wenig als ich bisher die ihm zur Last gelegte peccata splendida der Heiden habe auffinden können. Gehen Sie also lieber pie und cauté zu Werk. Man kann nicht vorsichtig gnug seyn – und ich bin nicht nur vorsichtig sondern auch leider! mistrauisch. Dieser Fehler hat mich öfters
    beschämt
und inaniter geängstigt, aber auch die großen Dienste gethan, daß ich ihn nicht füglich abschaffen mag, weil er wie der ungerechte Haushalter für meine Oeconomie unentbehrlich ist Ich hoffe daß meine Freunde nicht auf Sie eifersüchtig seyn werden, diedaß ich an Sie allein fast schreiben kann, und für die gantze Welt todt bin – Sie werden eben so wenig auf dies
    beschwerliche
Glück Ursache haben eitel und stoltz zu seyn. Wir werden uns beyde auf allen Fall zu legitimiren im stande seyn durch unser gemeinschaftl. Inh. Wenigstens versichern Sie unsern Lavater meines frischen und grünen Andenkens, um ihn davon zu überzeugen, mahnen Sie ihn zur Ostermeße um den Rest des vierten Theil seines Pontius Pilatus.
Weder seinen Salomo noch Predigten über meine LieblingsEpistel an Philemon habe ich zu Gesicht ohngeachtet aller Nachfrage bekommen können. Ich hoffe diese Woche, in der ich Fastnacht zu halten denke mich bey unserm Oberhofprediger darnach zu erkundigen. Ich will mich ausruhen, bis ich Antwort von Ihnen erhalte, ob und wie ich in meinem Opere profligato fortfahren soll. Melden Sie mir bald, daß sSie mit Ihrem zurückgekehrten Sohn G. ausgesohnt sind, und vergeßen Sie nicht das Experiment mit meiner Handschrift bey Ihrer liebsten Mamsell Schwester. So bald mein Cursus absolvirt und die silberne Hochzeit überstanden ist, und Mamamuschi seiner 3 Federn humida vestimenta wird abgeliefert haben, soll für ein neues und beßeres Schreibzeug gesorgt werden von Ihrem oekonomischen Freund u Diener J G H. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 25 u 26ten Febr. 1786 J. G. Hamann empf. den 10ten beantw. den 10ten u 13ten
Düßeldorf den 28ten Febr 1786 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 15 März. Geantw. eod.No 30. Was habe ich gethan, lieber Hamann, um einen Brief v Ihnen zu erhalten, wie der v 15ten? Er hat mich geschmerzt, wegen des ganz veränderten Tons den Sie darin annehmen, u wegen gewißer Modulationen, über deren Ausdruck u Absicht ich nicht immer mit mir selbst einig werden kann. Daß ich über die Berliner Rezension des Mendelssohnschen Testaments gelacht habe, sollte Ihnen das in dem Grade widrig aufgefallen seyn? – Ist denn alles Lachen reine Lust? Und hatte nicht die Sache eine höchst lächerliche Seite – zumahl für den, der sie aus der zweyten Hand, in dem unpartheischen Correspondenten, als einen
    politischen
Artikul empfieng. Ich fand in dem tollen Eifer dieser Leute etwas so ungeschicktes; die ganze Decoration ihres Schaugerüstes so poßierlich; den versteckten Stiefen Schmerz, die Quelle ihres Grims, so sichtbar – daß ich darüber nichts als Poßenspiel erblickte. Wie ich das Büchlein selbst aufgenommen habe, schrieb ich Ihnen scheu am vergangenen Dienstag. Zwey oder dreymahl hatte ich hatte ich es schon durchgelesen. Nun habe ich Zeit gehabt es vollends zu studieren, u glaube nicht daß irgend ein Zug der Schalkheit noch darin verborgen seyn kann, der mir entgangen wäre. Ich würde mich mit der Beantwortung nicht übereilen, ob ich gleich so viel dabey nicht zu bedenken habe, da ich mich nur an den Faden der Geschichte, den mir meine Documente an die Hand geben, zu halten brauche. Ich muß Ihnen mehr als einmahl schon gesagt haben, daß Resignation auf mein Seyn u den
    Schein
meines Seyns, meine große Philosophie ist, u dabey hat man nicht viel Politik vonnöthen. Bey meiner lebhaften Gemüthsart, muß ich was die mehrste
    innerlichste
Ruhe schafft am mehrsten suchen. Ab hoste consilium! rufen Sie mir zu widerholten Mahlen zu. Ganz
    bestimmt
u
    klar
bin ich an keiner Stelle dieses Zurufs zu faßen im Stande gewesen, am wenigsten da, wo Sie ihn eine
    feste Burg
nennen. Ich beschwöre Sie bey Ihrer Liebe u Treue, mir mehr Licht hierüber zu ertheilen. Da ich Sie von ganzem Herzen liebe u verehre, so quält mich u ängstigt mich jeder zweydeutige Rede, jeder räthselhafte Ausdruck, deßen Sie sich gegen mich bedienen. – O, daß Sie einmahl mich sähen u mich kennten!!! Ich kann heute mehr nicht schreiben, weil mir unheimlich geworden ist – das Herz Ihres Jacobi Jonathan ist ohne falsch, u sein Mund aufrichtig. Er ist zu vertraulich, um anders als vertraulich reden zu können. Den Dorfprediger u die Dorfschule hatte ich schon verschrieben. Die Fragmente v Siegwart verschreibe ich morgen, u melde Ihnen ob ein 2tes da ist. den 2ten März So weit, lieber Hamann hatte ich vorgestern Morgen geschrieben, u zwar im Bette, denn mein Catharr hatte sich neuer Dings verschlimmert, nach einer Einladung zu meinem Vater nach Pempelfort (er wohnt dort Winter u Sommer auf einem Gute neben meinem Garten). der ich folgen mußte. Der alte Mann ist halb verwirrt, u sein Gemüth beständig in einer höchst unglücklichen Bewegung. Wenn er mich, wie diesmahl, zu einer besondern Unterredung hohlen läßt, so ist mir immer als wenn ich in meinen Tod gienge. Er ängstigte mich wie gewöhnlich, so daß mir die ganze Zeit über das Herz so laut schlug daß ich es hören konte. Da ich endlich los kam, folgte er mir noch auf den Hof; hielt mich da, im strengsten Nordwinde wie lange auf, u setzte mich in noch größere Bewegung. Ich sagte meiner Schwester, gleich da ich nach Hause kam, wie mir der Gang bekommen würde, u so bekam er mir auch würklich. Also: ich schrieb im Bette., nachdem ich Ihren Brief noch einmahl aufmerksam gelesen hatte. Der Dorfprediger u die Dorfschule, die ich auf Ihre
    u des
    seeligen
M Empfelung lesen sollte, bewogen mich die Stelle des Sendschreiben wo diese Schriftchen empfolen werden noch einmahl nachzuschlagen. Mir fielen dabey die Worte Ihres Briefes ein: „Nur keine Lüsternheit nach douceurs, noch Eckel vor Arzeneyen –“ die mir noch eindringender wurden, indem ich die andre Stellen der Mendelssohnschen Schrift recapitulierte, wo der lose Mann offenbar, den
    Sack
schlägt u den
    Esel
meint, wie z.B. S 22 bey dem so sorgfaltig ausgemahlten Bilde Leßings nach meinem vorgeblichen Ideal. – Nun glaubte ich auf einmahl Ihre: ab hoste consilium! den Ton Ihres Briefes, kurz alles zu verstehen. Und ich kann Ihnen nicht sagen, Lieber, wie diese Vorstellung mich rührte. – Ich beschloß daher meinen Brief nicht abgehen zu laßen. Mit dieser Vorstellung, aber bey stillem Geiste, las ich nun gestern noch einmahl Ihr Schreiben v Anfang bis zu Ende, u fühlte dabey, daß es doch zu meiner Idee so recht nicht paßen wollte. Ich muß also abwarten wie sich die Sache entwickelt, u ob Ihre nächsten Briefe mir vielleicht mehr Licht verschaffen. Sie haben mir versprochen daß Sie es mir immer gerade heraus sagen wollten, wenn Sie etwas gegen mich auf dem Herzen hätten, u das nehmliche v mir gefordert: laßen Sie uns Wort halten! den 3ten März. Die letzte halbe Zeile schrieb ich diesen Morgen
    früh
. Ich mußte gestern plötzlich abbrechen, weil der Wagen vorgefahren war, u meine Schwester, u Hofrath Abel (unser Arzt u Freund,) u Magister Witzenmann, mit Geräusch in mein Zimmer kamen, u die Schwester etwas stürmisch war, weil es schon so spät sey, wofür ich doch nicht konnte, weil sie selbst mit dem Wagen bey der Gräfin v Neßelrode gewesen, war u denselben Augenblick erst wieder gekommen war – aber eben darum. Also eingestiegen mit der Gesellschaft, u fort. Wir fahren gewöhnlich den Donnerstag nach Pempelfort zum alten Vater u speisen mit ihm zu Nacht. Er war gestern wieder außerordentlich verwirrt, unruhig u bitter – Ich kann mich nicht daran gewöhnen das Elend anzusehen…‥ – Da ich wieder nach Hause kam, war ein Packet v Frankfurt angekommen, u darin der Dorfprediger. Ich freute mich, u legte das Büchlein auf meinen Nachttisch. Heute früh schrieb ich nun gleich die fehlende halbe Zeile an diesem Brief, u hernach über den Dorfprediger. Ich war am 3ten Bogen, als man mir die Briefe von der Preußischen u niederländischen Post, die gestern nicht angekommen war, brachte – u dabey ein Brief von Hamann – O, der Freude, Lieber! O, der Wonne, die ich aus diesem Briefe schöpfte! – Lieber Hamann – Lieber, Lieber, Lieber, möchte ich die ganze Seite herunter schreiben. Ich soll vor allen Dingen auf folgende Fragen antworten. „Ob beyde Gedichte in meinem Sp.Büchl v einem Verfaßer sind?“ – Ja! „Ob ich Erlaubniß hatte sie drucken zu laßen?“ – Das erste drucken zu laßen hatte ich keine Erlaubniß. Wegen der guten Absicht die ich dabey hatte, verhinderte mich eine gewißes zartes Gefühl sie zu fordern. Ich schrieb Goethe bey Uebersendung meiner Schrift, mein Genius hätte mir nicht allein erlaubt, sondern befohlen, den Antiprometheus vorzudrucken. Er antwortete – doch hier sind der Brief im Original. Ich antwortete, es sey noch Zeit den AntiPrometheus auszuschneiden, u auch den andern zu vertilgen, da er auf ein besonder Blatt gedruckt war zu vertilgen sey. Die Exemplare konnten kaum Frankfurt paßiert haben, u unmöglich noch in Leipzig seyn. Ich legte einen Brief an Heinsius, dem Geschäftsträger v Loewe zu diesem Ende bey. Auch noch einen ganz weißen Bogen; mit meiner bloßen Unterschrift am Ende der 3ten Seite bey, damit wenn der eingelegte Brief nicht recht sey, ein anderer gemacht u nur v ersten das Couvert gebraucht werden könnte. Der Ton worin ich schrieb war so, daß Goethe nicht zweifeln konte, es sey mein Ernst, u ich meine es treu u ehrlich. Das Original der Antwort lege ich auch hiebey. Den Prometheus pure abzu abdrucken zu laßen, ohne Besorglichkeiten merken zu laßen an den Tag zu legen, wäre freylich das beste gewesen. Ich wurde zu der Maaßregel die ich ergriff durch die Aengstlichkeit meiner Freunde übergehohlt. – Was Mendelssohn über das Gedicht selbst sagt ist Hundedumm. Leßing fand es in der That vortrefflich, u forderte in der letzten halben Stunde, vor unserer gänzlichen Trennung in Halberstadt, es mir noch einmahl ab. Ich hatte ihm eine Abschrift geweigert, weil ich damahls mit Goethe entzweyt wasr. Leßings Urtheil war um so unpartheyischer, da er Goethen nicht leiden konnte, u mich beynah nöthigte, ihm in die Hand zu versprechen, daß ich mit diesem
    practischen Egoisten
, mich nie wieder einlaßen wollte. Mein Sohn in Aachen schreibt: „daß Kant an einer Widerlegung der Morgenstunden arbeitet, wird Ihnen wohl bekannt seyn.“ Ich laße mich heute bey ihm erkundigen, woher er das hat. Es muß irgend in einem öffentlichen Blatte stehen. Die Chicane derdie mir die Lit. Zeitung in Absicht dieses Herkules unter den Denkern macht – sollte mir diese wohl auf seine Veresanlassung gemacht worden seyn? Ich habe Ihnen über den Mann u die Sache mehr schreiben wollen, muß es aber auf künftig verschieben. Der Morgen ist mir unter den Händen weg gekommen u nun geht es schon auf viere. – Grüßen Sie den lieben Crispus recht herzlich v mir, u verlaßen Sie sich beyde darauf, daß ich Ihrem Rathe folgen u nicht vorschnell seyn werde. Es würde mich kaum Ueberwindung kosten auf die Mendelssohnsche Schrift gar nicht zu antworten. Unterdeßen arbeite ich gelaßen fort an meinem Aufsatz, u ich denke er soll gut werden. Daß Der Aufzug von Friedl Engel, Herz u Friedländer im Hamburger Corr., wo die Leute, in einer den Bayerischen nicht unähnlichen Proceßion, mich, wie Cain der seinen Bruder Abel erschlug, in der Mitte haben, war eine recht gute NachComödiirene. Nur daß Reichard mit Kölbele verglichen wurde that mir leid, weil es lächerlich auffällt, u dem guten Manne leicht mag wehe gethan haben. Er soll noch in Hamburg seyn. Von meinem verlohrnen Sohne heute kein Wort; aber nächstens. Grüßen Sie den wackern Johann Michel. Sie sollen nicht krank werden; aber laßen Sie bey sonst einem Vorfall ihn mir an Ihrer Stelle schreiben. – Ich freue mich Ihrer Hoffnung daß Sie Wort halten werden, u bin überall voll gutes Muths. Hier noch das Motto zu meinem Aufsatz. Hoc nimirum est illud, quod non longe a gradibus Aureliis hæc causa dicitur. Ob hoc crimen hic locus abs te, Læli, atque illa turba quæsita est. scis quanta sit manus, quanta concordia, quantum valeat in concionibus. submissa voce agam, tantum ut Judices audiant. Cic. Or. pro. L. Flacco. Sehen Sie die Worte an ihrer Stelle nach, u Sie werden finden daß es ein recht
    Hamannisches
Motto ist. – Vier Uhr ist durch. So Gott will am Dienstag mehr. – Von ganzem Herzen – Ihr Fritz – Auf beigefügtem kleinen Zettel: Seyn Sie, lieber Hamann, wegen des Eingansgs dieses Briefes unbekümmert; ich habe heute Morgen den Ihrigen v 18ten erhalten; den lieben lieben Brief; auch ihn zum Theil schon beantwortet.
Kgsb. den 1 März Aschermittw. 86 Mein liebster Freund J. Auch Gevatter Claudius hat seine Recensionen drucken laßen. Ich bin ihm noch eine Antwort schuldig auf einen schönen langen Brief, an dem er freylich vom heil. 3 Königstage bis gegen das Ende des Jänners geschrieben, aber mit recht guter Laune. Erinnern Sie ihn doch mir seine Machwerke zu überschicken; denn der faule Socius wird es kaum von selbst thun. Wenn er auch meines alten Landsmanns D. Moldenhawers Homilie beylegen möchte, will ich das
    Porto
gern bezahlen. Diesen Morgen umsonst dem versprochenen Briefe entgegengesehen. Gestern ist der Anfang meiner Handschrift abgegangen, und ich habe es selbst dem CR.Fischer eingehändigt mit Bitte um mein Cito Couvert noch einen Umschlag durch seine Leute machen zu laßen. Die drey ersten Blätter bleiben; ich erwarte Ihre Erinnerungen, wenn Sie mit dem Anfange zufrieden sind, über die Fortsetzung. Eine Abschrift habe ich selbst nicht zurückbehalten. Ich war so ungedultig Sonntags Abends das Pack zuzumachen, daß ich mich zu spät besann die Veränderungen mir anzumerken. Daher ist meine Bitte desto dringender Freund Tiro damit zu belästigen. Was ich geschrieben von seiner Hand zu sehen, wird eine Vorbereitung zum Abdruck seyn. Ich hoffe, daß sich der Buchdrucker gefallen laßen wird, so lange zu warten mit dem Abdruck, biß der Correcturbogen von hier wider zurück kommt. Wenigstens der erste, mit deßen Erscheinung ich mir vorgenommen, an die Administration zu schreiben u bey ihr selbst, aber deutsch, um Urlaub anzuhalten. Die Lücke zu Note 17 wo ich nicht irre ist in meinem Mst offen geblieben, weil ich den rechten Titel der
    Devisen
nicht weiß. Vielleicht haben Sie selbst diese Kleinigkeit, die man einem gewißen Unzer zuschrieb; oder vielleicht steht sie im Meusel, den ich auch nicht habe. Gegen das Ende kommt noch eine Stelle, die Crispus so geändert haben will: Warum nicht gar „Beurtheilung“? Von Abc Schützen, die noch nöthig haben, lesen und verstehen zu lernen, was sie selbst schreiben, und denen ihre erworbene Imbecillität, natürlicher Weise, das Lesen und Nachdenken fremder Gedanken mehr erschwert, als die Unhinlänglichkeit Unvollständigkeit ihrers eigenen Bewustseyns zu beweisen. Kraus verwirft den letzten Gedanken auch, als unrichtig und dunkel. Ich bin heute nicht im stande was Kluges zu denken und zu urtheilen. Schreiben Sie doch – Erhalte ich Sonnabends keinen Brief; so werde ich noch unruhiger werden um zu wißen Ihren Empfang der Epistolae posthumae. Vorbereitet sind Sie schon gnug, auch das Ärgste zu lesen. Ich denke, Sie können mit dem Aufsehen Ihres Büchleins zufrieden seyn; und ich glaube kaum, daß es dabey bleiben wird. Desto mehr haben Sie Ursache, sich Zeit zu laßen. Auch beyliegende Fortsetzung gefällt mir nicht – und ich werde jetzt nicht eher mehr schicken, biß ich das Ende erreicht habe. Gestern fand ich bey einem Besuche Roustans Briefe zur Vertheidigung der christl. Religion von dem unglückl. D. Danovius übersetzt mit seiner merkwürdigen Lebensbeschreibung von seinem Schwager Schütz in Jena. Wie ich zu Hause kam, fand ich de Marées Gottesvertheidigung, die ich mir aus Berlin hatte kommen laßen, welche ich auf der Stelle durchlesen muste. Sie ist gegen die Allgemeine Bibl. meine verpestete Freundin gerichtet, und vorzügl. gegen Jerusalem, deßen Anruffung an die Götter der Erde zu Heilanden des menschl. Elends ich noch nicht verdauen kann. Sie können nicht glauben, wie sehr ich mit dem alten Greis sympathisire, und so ungern ich Bücher kaufe, thut mir das Geld nicht leicht. Es ist nur der erste Theil, und betrifft die
    Geschichte des Sündenfalls
, die so albern jetzt in Gedicht und Allegorie verwandelt wird. Der dritte Theil von Lienhard u Gertrud liegt auch hier; ich habe ihn aber noch nicht ansehen können. Unser Patroclus liegt noch in Hamburg und wird vermuthl. Ihnen nähere Nachrichten mittheilen oder vielleicht selbst überbringen. den 2 – Ich denke, daß wenn ich bald eine Abschrift erhalte und Sie nichts einzuwenden haben, der erste Bogen füglich ohne einen Probebogen abgedruckt werden kann, und daß die
    Abschrift
eben die Dienste thun wird und ich nach selbiger Ihnen lieber J. noch das Nöthige und auf Ihre Erinnerungen zugl. antworten kann. Ich bin jetzt wider in einer crisi, die ich abwarten muß und in welcher ich nichts thun kann.
Mit dem Ende dieses Monats kann ich erst Ihre Antwort auf meinen letzten Brief abwarten – und Alcibiades Gutachten, auf das ich desto mehr Vertrauen haben muß, weil er unparteyischer in dieser Sache ist, als wir beyde. Wenn ich nur Sonnabends einen Brief von Ihnen erhalte und – – so würde ich vielleicht im stande seyn den Sonntag Inuocauit zu nutzen. Schreiben Sie ja an Claudius, und melden Sie auch nach Weimar, daß ich noch immer
    Hofnung
habe meinen Plan auszuführen, er mag nun gerathen und ausschlagen wie er wolle. Die Erklärung meines Titels hat mich auf das Modegeschrey über
    Pabstum
geführt, und ich wünschte gern diese Materie in einem andern Ton auszuführen, als den ich gegen den blasenden Mitlauter führen müßen, der mir eckel geworden. In meinem Golgatha selbst sind nur die beyde Stellen sS. 71. über die Beschuldigung des heidnischen naturalistischen atheistischen Fanatismus, den Mendelssohn durch seine Vorlesungen bewiesen anstatt widerlegt zu haben und S. 25 über die Pfuy, Pfuy armer Sünder oder die Fooi- u Biergelder der armen Zöllner. Hier liegt eigentlich die Hauptsache der
    Entkleidung u Verklärung
– – Hic Rhodus, hic salta. Die Wendung dazu hängt noch von Umständen ab, und von der Antwort auf mein Gesuch um Urlaub – und andern Begebenheiten, deren Vorfall wahrscheinlich ist und allein von der Vorsehung abhängt, die sich um Sperlinge u ihre Nahrung wie um die Gallakleider der Salomone und ihre Herrlichkeit bekümmert. Dies ist ein entre chien et loup, das wie ein Bubenstück oder wie ein Heroismus oder Don Quixotterie ausgelegt werden kann. Lieber ausgelacht als beklagt zu werden! Auch beydes, wenn man etwas Gutes, wäre es auch blos für unsern Nächsten dadurch bewürkt werden kann. Wer nicht die Kunst zu verspielen versteht, muß sich in kein Glücksspiel wagen – und mit der
    Autorschaft
geht es eben so. Wer nicht ungleiche Urtheile verschmertzen kann, laß das Schreiben gar bleiben. Ich verzweifele oft durchauf diesem Weg Gutes zu thun; weil alles schon gesagt u gethan und erfüllt und nichts Neues mehr unter der Sonne istzu erwarten ist. Das Eins wurd All; das Wort wurde Fleisch; der Geist wurde Buchstabden Juden Ein Ärgernis, den Griechen Eine Thorheit; nur denen, die beruffen sind, wird Göttliche Kraft und göttliche Weisheit offenbar, und dieser Beruff hängt von keinem Willen des Fleisches, noch eines Mannes, noch von Geblüte ab – weder von Materie noch Form und Lehrart. Ich habe Ihnen schon mehr wie ein mal geklagt, wie ich mich alle Augenblicke verlaufe und Irrlichtern nachjage, daß ich in Sümpfe bis über die Ohren einfalle, und Mühe habe mich heraus zu helfen und den rechten Weg wider zu finden. Die Charactere des Pabstums sind 1. Despotismus 2. Infallibilität 3. Verachtung oder Unterdrückung der Schrift; wo ich eine merkwürdige Stelle aus
    Müllers Dorfschule
rügen muß, der eine lange Tirade über die Schädlichkeit dieses Buchs macht, und den giftigen Geist unsers Jahrhunderts und der berl. Reformationssucht verrath.
4. Werkheiligkeit 5 u 6. Werkheiligkeit, Aberglauben u Unglauben u
    Gottlosigkeit
des Atheismi.
Hier ist der Uebergang zur den
    Vorlesungen
u
    Morgenstunden
;
dem Spinozismo Pantheismo und dem gantzen philosophischen VernunftSchleichhandel – deßen Betrug ich gern
    augenscheinlich
machen möchte, und daß diejenigen nicht Unrecht haben uns vor der
    Vernunft
zu warnen und keiner Gotteslästerung sich durch eine so
    nöthige
Warnung schuldig machen, weil die Philosophen den Anfang mit mder
    Sprachverwirrung
gemacht und aus der menschl. Erkenntnis ein wahres Babel.
    Vernunft
und
    Schrift
    sind
im Grunde
    Einerley
= Sprache Gottes. Dies Thema in eine
    Nuß
zu bringen ist mein Wunsch und das punctum saliens meiner kleinen Autorschaft, die ich
    vergraben u beerdigen
will durch Entkleidung u Verklärung. Die Idee ist aus eben dem Propheten, aus dem ich die Anspielung des Epha hergenommen im Golgatha S. 32 wo die Stelle so heißen muß – der zwischen Himmel u Erde schwebende Epha der Theorie im Lande Sinear, und Jerusalem nicht förder bleibt an ihrem Ort zu Jerusalem, sondern unter dem Meridian Babels (Berlins) zu liegen kommt. Zach. X. 10, 11 XII. 6.
Ich denke noch heute nach Wörlitz zu schreiben und mich für die Bekanntschaft des lieben alten de Marées zu bedanken, u einige nähere Nachrichten von diesem Manne einzuziehen. Leben Sie also recht wol, und laßen Sie mich nicht auf verheißene Briefe vergebens warten. Auch melden Sie mir wie Sie meinen guten Rath in Ansehung Ihres G. aufgenommen haben und zu befolgen im stande sind. Ihm herzlich zu vergeben zaudern Sie nicht, und laßen Sie ihm solange seinen eignen Willen über, bis Umstände den Ihrigen entscheiden. Ich umarme Sie und ersterbe   Ihr   alter Joh. Georg Hamann. Ich hatte schon meinen Brief zusammengelegt, um ihn des Abends zu versiegeln u Hill zur Bestellung mitzugeben, wie ich Moritz Verantwortung gegen Engel erhalte. Ewalds Uebersetzung von den Fragmenten Spinoza mit Bitte sie mit dem Original zu vergleichen. Des Bayle Logick u Metaphysik scheint ein elendes Schulbuch zu seyn – ohn Avis noch Nachricht von seinem Ursprung. Eben werde ich lüstern Milton’s Paradise zu lesen zur Vorbereitung aufs das nächste Sonntagsevangel. Der Kopf ist mir so voll und die Kälte so empfindl. ohngeachtet das Wetterglas stark gefallen, daß ich diesen Nachmittag mich nicht vom Ofen rühren werde. Leben Sie wohl, – und wenn ich nicht diese Woche einen Brief von Ihnen erhalte, und Ihr ganzes Herz drinn: so versprech ich Ihnen eine Epist. posthum. die ärger seyn soll als alles was Sie noch gelesen haben von Ihrem vt supra. Grüßen Sie Ihren Tiro u entschuldigen Sie die extraord. Arbeit die ich ihm mache um ihn der ord. zu überheben, der aliter für Sie zu schreiben. Sie sollen schlechterdings warten und schweigen lernen. Das ist φφie und nicht gackeln nach gelegten Eyern. Litteras has scripsit Gallina. Adresse: An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. / Fco
    Wesel
.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 1sten Marz 1786 J. G. Hamann empf den 142ten beantw. den 14ten –.
Kgsb den 4 März 86. Nun bin ich ziemlich ruhig, mein lieber J. J. Kaum ist es mir möglich gewesen die Post abzuwarten. Seit der MittwochsPost habe auf die heutige gerechnet, gezählt und gewartet. Wäre Ihr Brief ausgeblieben; so hätte ich vor langer Weile nicht gewußt etwas anzufangen. Die Kälte ist heute wegen des schneidenden Ostwindes – und überhaupt diesen ganzen Winter empfindlicher für mich, wie sonst. Nach Lesung Ihres Briefs zog mich an wider meinen Vorsatz mich wenigstens auf meiner Loge und Amtsstube zu zeigen – und bin jetzt drüber her das Erhaltene zu beantworten.   Der Himmel gebe daß Sie auf den Sonntag
    Reminiscere
auch mein Päckchen zum Nachtmal oder Schlaftrunk wohl erhalten mögen. So bald Sie es selbst gelesen haben, ist die Hauptsache das
    Münstersche Gutachten
, ohne welches Sie nichts anfangen, und ohne welches ich keinen Schritt weiter gehe. Dies erwarte ich von Ihm oder Marianne eigenhändig. Wenn Sie und Comp. nichts zu erinnern haben, geht der erste Bogen gleich zum Druck und
    Abdruck
. Sollte der Abdruck nicht zu lange aufhalten: so hoffe ich daß der erste Bogen die Probe ohne meine Correctur durchgehn kann. Nicht mehr wie einen Einzigen nach Weimar; sonst nirgends weiter. Ihnen kann ich es nicht verwehren sich mit dem Kreuze zu seegnen; aber Alcibiades muß erst Erlaubnis dazu von mir einholen oder erhalten.
    Gegen
100 Exempl. denke selbst zu brauchen; nach einem beiliegenden Entwurf für die lange Weile. Herders Erinnerungen bitte mir mitzutheilen und wo mögl. zu nutzen. Ich muß Ihnen so viel ich nur immer kann zu schaffen geben, damit Sie sich mit dem mimischen u jüdischen Gesindel nicht einlaßen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre freundschaftl. Instruction an Claudius, und noch mehr für Ihren Beyfall, der mich desto ungedultiger macht. Wenn er doch so klug wär Moldenhawer beyzulegen. Er weiß nicht, daß er mein Landsmann ist u ich die Hebamme zu seinen Anmerkungen über das N.T. gewesen bin, unter sehr mißl. Umständen. Es geht ihm bisweilen wie jenem Dichter: Demitto auriculas, vt iniquae mentis asellus Quum grauius dorso subiit onus. – – – Wie ich ihm schon aus der Epistel an Vinium sein paternum Cognomen bey Anmeldung seines Boten habe vorrücken müßen und der liebe Hohepriester zu W. auch denselben bisweilen cum puncto schreiben muß. Also laßen Sie sich es nicht verdrießen Ihre Instruction zu widerholen; auch allenfalls hatte ich das Porto gern übernommen, wie ich gestern selbiges mit Freude bezahlt für eine Comödie: der Betrüger, den die Kayserin von Rußl. auf Cagliostro geschrieben, und mir eben nicht selbst sondern durch Ihren Uebersetzer meinen alten lieben Freund
    Arndt
, der mir lieber als ein Dutzend Semiramis u Alexanders sindauch Salomons sind überschickt hat. Es waren 2 Exempl. vermuthl. isteines für seine Familie einen PLandprediger bestimmt. Ich habe ohne zu lesen, beyde schon verliehen. Aber Claudius werde ich erst lesen, ehe ich ihn in die Welt schicke. Nun fehlt mir noch Eins zu meiner Beruhigung und Gesundheit; ob Sie schon in Ansehung Ihres u meines G – meinem unmaaßgebl. Rath gefolgt haben, ihn wider zu Ihrem Sohn, wie jener des verlornen, mit Freuden und willigem Herzen aufzunehmen – und cunctando an seine Wiederherstellung zu denken. Crispi Rath in Ansehung einer Antwort kommt mir eben so
    klug
als
    billig
vor – und mich alten Mann auch nicht zu ärgern und böse zu machen wie den jüdischen Weltweisen durch ein
    praeuenire
.
Das böse Gewißen macht die Berl. Engel so geschäftig u thätig – daß sie in das Gelag hineinreden, und sich nicht Zeit laßen, ihre eigene Gedanken erst zu überlegen, höchstens ihre Worte und Ausdrücke als wenn die pharisäische Reinigkeit der Schüßeln auch das Innere rein machte.
NB
    was ich sage
: ist einer von meinen liebsten dictis classicis der 2 Tim. II. 7. gedruckt steht in allen Bibeln, ohne Unterscheid der Ausgaben.   Ich verlange keine
    Wunder
von Ihrer Gelaßenheit an Kaltblütigkeit zu sehen noch zu lesen; weil ich selbige leider beßer als meine eigene kenne: sondern wünschte lieber, daß Ihnen wie einem wahren Galanthomme ein wenig mehr alsan
    meiner
als
    Ihrer eignen Autorschaft
gelegen wäre. Je anmaaßender die Forderung; desto angenehmer wird mir Ihre Willfahrung seyn: Daß Sie in der ganzen Sache
    Recht haben
, braucht gar
    keines Beweises
, und am aller wenigsten, von
    Ihrer Hand
und
    Seite
. – Allerdings liegt die Schuld an Ihnen, die unerkannte Schuld, daß Sie
    Wahrheit
bey einem Juden einem natürl. Feinde derselben gesucht und vorausgesetzt haben.
    Solche Leute nimm nicht zu Rathe
, sagt der weise Jesus Sirach XXXVII.12,13,14. Und darinn bestand Ihr Hauptfehler, den Sie nicht umhin können auch zu beichten, wenn Sie sich Absolution vom Publico und nicht neue Chicanen zuziehen wollen. Wozu brauchen Sie Autoritatem Lessingianam et Mendelssohnianam, die gar nicht zur
    Sache
gehören, wenn Ihnen daran etwas mehr gelegen ist als an dem Beyfall gelehrter u witziger Lügenzeugen. Sie haben durch die Mittheilung und
    Verrätherey
wie die Sprachverderber es nennen des Mysterii iniquitatis ein wahrhaftig gut Werk gethan. Es ist die lächerlichste Eitelkeit, daß Ihr Gegner alles in ein point d’honneur verdreht. Ein Jude – ein Sophist und point d’honneur und Delicatesse! Wer hier nicht faule Fische riecht, hat keinen Geruch noch Geschmack. Ihr Anliegen an Lavater ist meines an Sie, und vereiteln Sie meinen guten Willen die
    Frage
    wenigstens in integrum zu restituiren
nicht durch eine zuvorkommende Demarche.
Werde ich nicht fertig; desto beßer für Sie, Ihr Bestes zu thun. Mit meiner Gesundheit geht es Gottlob! gut, und ich schone mich mehr, als ich nöthig habe und sollte im Arbeiten, aber nicht im Eßen. Es schmeckt mir alles herrlich u köstlich – Unterwegs und auf der Reise habe ich mir vorgenommen wacker zu fasten. Elisa hat mir durch den jungen hinkenden Geitzhals sagen laßen, daß sie wo nicht aus Memel doch aus Mitau gewiß antworten würde, wozu sie hier nicht Zeit gehabt. Mir wär es lieber, wenn sie nicht Wort hielte, das auch das beste für sie selbst wäre. Wind bleibt Wind er mag aus Kurland oder aus Berl. wehen. Da geht es mir, wie meinem lieben Alcibiades, nur daß ich keinen solchen Mantelträger ad nutum, vor jedem Zuglüftchen zur Hand haben kann. Haben Sie Ihn schon in seiner neuen Wohnung besucht? Wenn ich den ganzen Weg über faste, werde ich sehr
    hellig
nach Münster kommen. Er wird doch wohl nicht verreist seyn – Doch aus den heutigen Zeitungen habe ich gute Aspecte für das laufende Jahr ersehen – und eine Vertheidigung der Frau von Wahrens? Was meynen Sie dazu? Sollte auchnicht Jean Jaques auch nicht Romane für Beichten ausgegeben haben. Ich muß schließen, erwarte Crispum, um sich auszuwärmen, denn zu Vorlesungen dürfte es nicht so bald wider kommen. Bleibe ich im Morast stecken: so werden die Kosten eines Bogens nicht zu schwer fallen – An den Brief habe ich noch nicht denken können: und ich folge Ihrem medicinischen Rath, meinen schwärmenden Bienenkorb zu schonen. Morgen, wenn die Witterung gelinder wird, weil es gern schneien will und nicht kann, denke ich wenigstens
    Kranke
zu besuchen. Ich umarme Sie und erwarte mehr am Freytag. Für den heutigen Sonnabend ist gnug. Marianchen meine jüngste Tochter hat sich auf ein Dosin Rhabarber wider erholt und hat Spielgäste, die um mich herum plaudern – Bald mehr von Ihrem emerito J G H. Catalogue raisonné. Düßeldorfq.s. = nach Gutdünken, den jüngsten Freund Tiro Schenck, auch allenfalls – nicht zu vergeßen. Münster 2für Alcibiades, wenn er sein Vu bon giebt. Wo nicht, erhält die gute Fürstin alle beyde, mit dem Ordre eines davon nach Haag an die Frau von Hogendorp für ihren ältesten lieben Sohn Dirck, meinen unvergeßl. Freund in Ostindien zu befördern oder zu seiner Gott gebe glückl. Heimkunft aufzuheben. Sein HE Bruder der gelehrte meines Wißens Jura jetzt studierende ist mir die Oeuvres des Hemsterhuys schuldig geblieben, von denen mir noch noch die Abhandl. sur la Sculpture fehlt. Paris 1.an unsern Patroclus. Schweitz.67.zwey für
    Lavater
, der eins nach Rom an den Maler
    Tischbein
zum Andenken meines Hills befördern wird,
1. für
    Pfenninger
2 für Johann
    Georg Müller
in Schaffhausen und seinen würdigen Bruder den Geschichtschreiber. Alle 6 können vorgeschriebener maaßen an unsern lieben Lavater addressirt werden noch eins an den würdigen Tobler, deßen Anverwandtin gl. Namens hier durchging. Weimar 3.an
    Herder
außer dem einzelnen Bogen ein ganzes
Exemplar, das zweite an
    Göthe
, das dritte an
    Wieland
.
Wandsbek 6.für
    Claudius
,
der für gutes Botenlohn an
    Klopstock
,
    Voß
in Eutin die
    beyden
lieben
    Grafen
und
    Gerstenberg
, jedem das seinige expediren wird.
Darmstadt 1.an HE
    von Moser
Osnabruck 1.an Freund
    Kleuker
.
Jena 2.für die lateinsche
    Zeitung
,
für meinen Freund D.
    Lindner
, wenn er nicht schon abgereist seyn wird.
Wernigerode 1.an HE PMag.
    Pleßing
.
NeuSaltza 1.D. und Gevatter
    Kaufmann
.
Magdeburg 2.An den HE Rect. Funk und Regierungsrath, wo ich nicht irre Philippi, des Prof. in Berlin Sohn. Wörlitz 2.an den Hofkapl. Häfeli u seinen Nachbar den GenSuper. de Marées Dantzig 1.Schöppennherr Uphagen für seine Parerga historica Marienburg 1.Capitain von Bentevegni Marienwerder 1.KammerSecretair Bock Liebau 1.für den dasigen neuen Buchhändler Friedrich. Mitau 3.Hofrath Tottien, meinen alten Wirth u Freund – KammmerHE von der Reck – Pastor Ruprecht in Grünbeck, meinen ehemal. Nachbar. Riga 34.für die 3 Brüder Karl, Christoph, Georg Berens. Der mittelste ist nebst Kant einer von den Zween der Sokr. Denkw. – Für meinen alten Freund u Verleger gegenwartig Notarium in Pernau,
    Hintz
.
St Petersburg 2.meinen lieben Freund, Cabinetsaßeßor Arndt und den Obristwachtsmeister Tieman. Königsberg 24Kriegsrath Hennings, meinen ältesten u einzigen academischen Freund  2. Kr. Hippel  4. Pr. Kraus 2 Exempl. pro studio et labore  5. Archidiaconus Matthes, meinen Beichtvater  6. den pollnisch reformirten Prediger Wanowski  8 Namensvetter Jacobi, der auf seine Kosten mir den LXIII. Band 1. St. der allgem. d. Bibl. mir verschrieben, u seinen Hofmeister  9. Oberhofprediger Schultz  10. Pastor adj. in Petersdorf HE Scheller  11. RegimentsFeld. Miltz, Nachbar u Gesundheitsrath, sonst der Philosoph von Pratnau genannt.  12. Das Grafl. Kaiserlingsche Haus.  13. Pf. Fischer am Kgl. großen Hospital.  14. Baroneße von Bondeli  15. Me Courtan  16. Criminalrath Jensch.  17. Sub-Biblioth.-Insp. Sommer.  18. Lotterie Dir. Kanter, ehmaliger Verleger, Papiermüller, Schriftgießer u Erbherr von Trutenau, Buchdrucker in Marienwerder – Ob er den Abdruck erleben wird. N. Liquet. Will ihn morgen besuchen.  19. AcciseEinnehmer Brahl  20. HE von Auerswald auf Faulen.  21. Kr. Deutsch auf Graventihn.  22. Kr Scheffner auf Sprintlacken  23. HE Pfarrer Meyer, der einzige Schulfreund, wurde mit mir dimittirt, und hat meine Tochter eingeseegnet.  24. HE. Nicolovius und Raphael Hill, die nächsten Freunde meines Joh. Michels.
Noch 3 ungewiße. Wenn der Ex-
    Minister von der Horst
, den ich ehmals durch Eberhard u nach ihm mit Briefen für meine Versorgung bestürmt, in Ihrer Nähe auf seinen Gütern und nicht in Berlin sich aufhält, wünschte ich auch zur schuldigen Danksagung für seine gnädige Handschreiben. Noch ein Freund
    Maj. von Oven
der in Rußl. Diensten war und deßen Aufenthalt wo ich nicht irre ehmals in Glatz, nachher in Neiß mir unbekannt ist. Und denn 1 für den
    Geh. Secr. Mayer
der mir die Epist. posth. übermacht aber unstätig ist, bald dort, bald hier bald in Curl. für mich den Schreiber höchstens 12 wenigstens 6 oder 7. Fa. Summa 70. Ob ich dem andern der Zween, neml Kant selbst oder durch unsern gemeinschaftl. Verleger Hartknoch auch ein Exemplar übergeben werde, weiß ich nicht. Ich bin auf jeden Fall bereit und willig dazu. Denn jede Freundschaft ist beynahe in meinen Augen unzertrennlich. Eben hör ich, daß Schütz aus Jena ihm geschrieben haben soll, wie der Verdacht des Atheismi gegen ihn dort zunehme, und wie aus den von Ihnen angeführten Stellen Sie auch diesen Argwohn zu bestätigen schienen. Da klopfte jemand an der Thür. Ich schrie; das ist nicht Hill: der ein sehr ungestümes lautes Klopfen hat. Da war es der Graf Kayserlingk, den ich vorhin eben nicht fein gemahlt hatte – in Galla mit seidenen Strümpfen, wie ich ihn noch niemals gesehen. Dies fiel mir desto mehr auf; da ich von meinem pallio philosophico oder alten Peltzrock das letzte mal Gelegenheit nahm, ihm zu verstehen zu geben, daß mein innerer Geschmack meinem äußern sehr entgegengesetzt wäre, und ich einen reichen jungen Mensch nicht in sordider Tracht ausstehen könnte. Diese zufällige Beobachtung machte mich heiterer, und ich trank über eine Bouteille Bier aus, das ich sonst nicht eher als des Abends um 8 zu trinken anfange. Darnach kam Hill, den er sich längst zu sehen gewünscht, und der bereits mehr wie einmal durch Kant bey Ihro Excell. eingeladen worden. Ich habe ihn zu Fischer hingeschickt sich nach der Einl. aus Hamburg zu erkundigen u bin willens morgen selbst anzusprechen. Hat sich Ihr kranker Freund erholt? Wer ist die Gr. von Horion? Nach Wörlitz habe geschrieben, der Brief treibt sich aber noch herum, und ich hoffe ihn morgen unterzubringen. Ewalds Uebersetzung habe besonders das erste Stück de emendatione zieml. genau durchgegangen, Weitschweifigkeit u einige Nachläßigkeit drinnen gefunden. Crispus oder Crispinus ist ein Scheerenschleifer wie alle Politici – hat nicht Wort gehalten. Der Besuch hat ihn geahndet, und wohl ihm, daß er ausgeblieben. Man hat mich nach der Recension der Morgenstunden in der Allg. D. Baal lüstern gemacht. Sie soll bey allem Lobe aber nicht günstig seyn Sat prata biberunt! Ehe ichs vergeße, habe Roustans Briefe zur Vertheidigung der Religion mit Vergnügen gelesen, von dem
    unglückl. Danovius
übersetzt, nebst seinem Leben u Character von deßen Schwager Schütz zu Jena in der Vorrede. Ihre Buchladen scheinen wie die unsern zu seyn!
    Müllers
Dorfschule u Dorfprediger nebst
    de Marées
kann Ihnen auch empfehlen. Kant hat den Verdruß gehabt gantz abscheulich in Kupfer gestochen zu werden von einem Juden Löwe oder Löve, dem er einen Injurienproceß ankündigen will, wenn er ihn verkauft. Er soll dem Pan oder Pastor Polyphemus ähnlich sehen. Der Künstler ist ein protegé des H. wo ich das monstrum horrendum auch nächstens in Augenschein zu nehmen denke. Nun nicht ein Strich mehr! Es ist Rüstabend. den 6– Ich habe gestern Kanter, deßen starke Natur kaum einen dritten Stoß aushalten möchte, Me Courtan, auch Kant besucht der voll von der Mendelssohnschen Sache zu seyn schien. Wir waren weit von einander in unsern Urtheilen, und wurden durch einen Besuch gestört der ihm so wenig als mir angenehm zu seyn schien. Ich sprach bey unserm Fischer umsonst an. Claudius wird sich von Ihnen bitten u mahnen laßen. Zur Strafe soll es ihn noch 2 fl lübsch für Moldenhawer kosten. Bey Ihrem Namensvetter aß zu Mittage, kam früh mit Hill zu Hause, aber zu nichts aufgelegt. Kraus u Sommer besuchten mich. Letzterer hat von Hof aus, vermuthl. auf des ersteren Wink die Revision der Königl. Schule, welche das Collegium Fridricianum heißt mit D. Gräf u Hdem reformirten Hofprediger Crichton zu übernehmen zu halten. Die Kälte ist mir ungemein empfindlich, und ich bin nicht im stande zu denken, noch zu lesen. Kanter hat eine gute Nacht gehabt, und ich wünschte, daß ihn Gott noch erhielte. Der Sitz seines Uebels ist in der Leber. Gegen Abend muß noch meinen Beichtvater besuchen, der meinen Sohn vorige Woche angeruffen und mich zu sehen gewünscht. Morgen oder übermorgen wünsche Hippel zu sehen, und gegen Ende dieser Woche ist es wider hohe Zeit meine Arbeit fortzusetzen, an deren Ausführung Crispus zu zweifeln scheint. Man muß, wie Vater Abraham, παρ’ ελπιδα επ’ ελπιδι πιστευειν daß seine Kraft in der Schwachheit mächtig sey. Eben schickt mir Me Courtan in Hartknochs Namen 5 paar Haselhüner, auf die ich meine Lisette Reinette, Crispus und den Philosophen von Braddau mit seiner Tochter zu Gast bitten will. Kraus ist nach Relat. curios. aus Africa von den Negern u Mohren neugierig, womit Miltz ihn unterhalten soll. Das wär doch ein verflucht dummer Streich, wenn ich schon einen Catalogue raisonne von allen Gästen zur silbernen Hochzeit meiner Autorschaft gemacht hätte, und hernach aus der ganzen Sache nichts würde. Wie würde ich die Augen aufheben können, wenn ich nach Pempelfort käme. Wie würde Asmus lachen? und ich gewiß nicht der letzte noch der faulste seyn mitzulachen über den Anschlag meines Thurmbaus und geheimen Expedition gegen die allgem. deutsche Pucelle – Absit omen! – quis neget arduis Pronos relabi posse rivos Montibus et Tiberim reuerti. – Melius te posse negares, Bis terque expertum frustra! Erwarte, lieber Jonathan übermorgen zum
    Frühstück des Gastgebots
einen langen Brief von Ihnen, u guten Empfang meines Anfangs zum Abendbrodt des nächsten Sonntags Reminiscere! Fischer hat keinen Corresp. zu Hamb. Wenn Claudius doch mir das Porto überließe! Ich zahl es gern. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 4ten Marz 1786. J. G. Hamann empf den 16ten beantw den 21ten
Kgsb. den 10 März 86. Geliebtester Freund, Den 3 d. habe 2 Exempl. des Betrügers erhalten, wovon eins vermuthl. dem Bruder des Uebersetzers bestimmt ist, welches nicht ermangeln werde, an den mir angewiesnen Kaufmann richtig abzugeben. Ob die Sachen bisher richtig befördert worden, davon weiß ich nicht. Danken Sie aufs beste unserm Landsmann und Freund für sein thätiges Andenken. Diesen Montag empfieng durch Me Courtan die mir zugedachte hh. womit ich vorgestern Pr. Kraus, RFeldscherer Miltz mit seiner Tochter und meine Lisette Reinette bewirthet, die sonst nur Sonntags uns besucht, und den Monath einmal. Sie waren delicat, und ich werde heut Nachttag halten. Eben denselben Morgen erhielt des Claudius 2 Recensionen zum Desert aber keine Zeile dabey. Gott gebe Ihnen Gesundheit und laße es Ihnen an keiner Erqvickung fehlen. In der Sache bleibt es bey meiner geschehenen Erklärung, und alles wird sich bey Ihrer glückl. Ankunft von selbst entwickeln. Mehr, als Me Courtan gethan und ich zum Theil kann vor der Hand nicht geleistet werden. Meine Tochter hat schon gleich beym Anfange mich durch eine glückl. Ahndung zu guter Hofnung aufgemuntert – daß es der Ihrigen dort gefallen wird, und die neue Welt Ihr wohl thun wird, wie sie selbst zufrieden, gesund und glücklich ist. Me Courtan befindt sich schlecht, liegt ihren Krämpfen beynahe unter und ist sehr kleinmüthig. Sie ist nicht im stande zu schreiben, und muß die meiste Zeit das Bette hüten. Sie hat mich gebeten, Ihnen dieses zu melden und zugl. dem
    Schenkschen Hause, für deßen Aufträgen sie nichts
    wird
ermangeln laßen, auch einige bereits ausgerichtet, und das
    Uebrige
    so gut und bald als möglich besorgen wird.
Gestern Abend brachte mir ein guter Freund den März der Berl. Monathsschrift, die auch von Mendelssohn u den dazu gehörigen Händeln überläuft. Unser Landsmann R. bekommt sein Theil, hat aber einen breiten Rücken und die Gabe einer leichten Schulter. Daß ich Antheil daran nehme, können Sie leicht erachten. Ich bin noch immer beym Anfange meiner Arbeit, ohne weiter darinn kommen zu können. Verzage bisweilen, aber verzweifele noch nicht. Bey Ihrer Ankunft wird die Frage: ob was daraus werden wird? hoff ich völlig entschieden seyn. Finis coronat opus. Ende gut, alles gut! Ich habe also Ursache mit
    Furcht und Zittern
den Ausgang meiner kleinen Autorschaft zu bedenken und zu überlegen; weil ich zugl. die
    Hoffnung
meiner
    Freyheit
zur Reise und Erholung meiner Gesundheit darauf gründe.
    Religion
,
    Patriotismus
,
    Selbstliebe
,
    Freundschaft
, sind Irrlichter, vor deren trügl. Schein ich mich eben so sehr in Acht nehmen muß, als ich ihr Licht
    und
Recht zur Ausführung meines Entwurfs nöthig habe – Ich lese jetzt eine
    Geschichte von Jamaica
die zu London 74 in 3 Qvartbänden ausgekommen, und muß eilen, damit fertig zu werden, um wider zu meinen verirrten Schaafen zurück zu kommen, und selbige zu sammeln. Sollte was Ihnen zu melden seyn; so mache Ausnahme. Ich bin seit der ganzen Zeit nicht bey meiner Freundin auf dem Tragheim gewesen. Den 27
    muß
ich hingehen, als der Termin der Praenumeration auf das 6te vierteljahr, die Hälfte der ganzen Lehrzeit. Gott erhalte Sie und die Ihrigen, erfreue Sie mit guten Nachrichten aus der Schweitz. Diesen Mittag wird sich mein ganzes Haus Ihrer Güte feyerlich u thätig erinnern. Das übrige mit Gottes Hülfe mündlich. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin. Auch mir ist keinen Winter der Frost so empfindlich gewesen. Me Courtan wünscht außer dem oben bestellten recht sehr bey Zeiten zu wißen, ob zu dem
    Bettzeuge
auch
    Ueberzug
und ein
    Spannbette
besorgt werden soll; falls sSie der Beqvemlichkeit wegen etwa letzters mit sich führten. Leben Sie wohl u glückl. und haben Sie Gedult mit Ihrem alten Freund Landsmann u Autor. J G. Hamann. Adresse von fremder Hand mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
Herrn / Herrn Buchhändler
    Hartknoch
/ Hochedelgebohrnen /
    in
    Riga
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 4 Merz 786 beantw eod
Düßeldorf den 10ten März 1786. Freytag Nachmittags um 3 Uhr. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): e. den 22.ten   b. den 25.tenNo 31. Eben, Lieber, so eben erhalt ich Ihr Packet vom 25ten erhalten, u haben nur gerade noch so viel Zeit Ihnen zu sagen, daß es da ist. Wenn ich auch mehr Zeit hätte, ich bin in solchen ersten Augenblicken zu unruhig vor Freude, um sitzen, u gar um schreiben zu können. Alles soll gut u genau besorgt werden. Der Frost ist Schuld daß die Post die gestern ankommen sollte, erst heute angekommen ist. Ich hätte freylich auch ohne Brief schreiben können u sollen. Hab’ es zuverläßig auch gewollt. Am Dienstag desto ausführlicher. Als einen Mann von Wort u That sollen Sie mich überall finden. Ich danke Gott für den muntern Ton Ihres Briefes. Er wird mir meinen Vater Hamann erhalten. – Vergangenen Sonnabend habe ich Herdern geschrieben; u am Dienstag unserm Alkibiades, u auch Reichardten, der erst auf seiner Zurückreise hiedurch kommen wird. Durch Moritzens Rechtfertigung ist er einigermaaßen gerächt. Das ist ein kostbares Stück. Mich verlangt was Sie dazu sagen werden. Und zu dem Werklein unseres Claudius. – Der Probebogen wird vor heute Dienstag über 8 Tage nicht abgehen können, wenn ich auch eine Estafette nach Münster schicke, wie ich vermuthlich thun werde, wenn ich nicht gar noch selbst reise. – Unserm Johannes in Zürch, dem ich so lange schreiben wollte, habe ich noch immer nicht geschrieben, u trage gegenwärtig auch Bedenken es zu thun. – Ich muß nurn aufhören. Grüßen Sie Freund Crispus! – Von ganzem Herzen – Lieber, lieber Hamann – Ihr. Fritz Jacob Jonathan Adresse: An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco Vermerk von Hamann: den 22 März Mitfasten. 86. Geantw den 25 – Mar. Verkündigung auf diesen u den vorigen nächsten. Kgsb. den 11 März 86. Viel Glück, liebster Jacobi, wenn Sie arbeiten und schreiben. Wenigstens wär es mir lieber und beßer als krank zu seyn. Diesen Mittwoch lieg ich voller Ungedult zu Fischer; anstatt eines Briefes von Ihnen wurde ich mit den 2 Recensionen unsers lieben Cl. erfreut, welche ich zum Dessert des Haselhünerschmauses erhielt. Ungeachtet keine Zeile dabey war, danken Sie ihm doch herzlich in meinem Namen. Er hat seine Sachen so gut gemacht, als es keiner ihm nachthun wird. Die beyden Bogen circuliren noch immer; Kant erhielt sie erst gestern Abend, und ließ mir durch meinen Sohn sagen, daß er sie noch gestern mit vielen Vergnügen durchgelesen. Vorgestern brachte mir noch ein Freund den März der Berl. Monathsschrift, wo alles noch von M. M. überläuft, unser Landsmann Patroclus wegen seiner
    Zudringlichkeit
abgefertigt wird, und man Sie öffentlich auffordert das zu
    verantworten
, was
    jener erzählt
. Es steht nun bey Ihnen, zu compariren.
Wenigstens ist kein Termin Ihnen angesetzt. Die Recension der Jenaischen lateinschen Zeitung ist auch schon hier, habe selbige aber noch nicht erhalten können, und die mir gemachte Anzeigen widersprechen sich einander – muß also abwarten. Diesen Morgen habe zum herrlichen Digestiv Adelungs 2 und 3 Theil über den deutschen Styl durchgelaufen; nachdem er mir lange versprochen worden, fiel er mir gantz ungefähr in die Hände, und die Arzeney that gute Wirkung – – Gesetzt, liebster J.J. daß ich Ihnen auch wie ein wankend Rohr vorkomme, daß vom Winde bewegt wird; so muß ich mich doch entschließen den Rath meines Freundes Crispus zu befolgen, der mir die Absendung meiner Handschrift so lange abrieth, bis ich das Ende meiner Arbeit absehen konnte. Ich blieb Dienstags ausdrücklich zu Hause, um darinn fortfahren zu können: aber es war schlechterdings unmöglich. Sie werden mir allso Ihre freundschaftl. Gedullt u Nachsicht bey meiner Gemühtslage nicht versagen. Ich muß mir schlechterdings Zeit nehmen und laßen – widerruffe also alles was ich im trunknem Geiste und Muthe vom anzufangenden Abdruck geschrieben – bitte mir aber dafür, so bald Sie nach Beqvemlichkeit können mir eine Abschrift unsers lieben Tiro zuzufertigen, deßen Hand die Stelle des Drucks bey mir vertreten wird. An den wirkl. Abdruck wird nicht eher gedacht, als biß ich Ihnen die ganze Handschrift überschicke, woran ich bey aller meiner Furcht und Angstlichkeit noch nicht gantz
    verzweifele
. Sie werden so gefällig seyn meine Handschrift nebst Anliegen des Herzens unserm B. mitzutheilen, von deßen
    Gutachten
ich
    schlechterdings
    abhängen
will, welches er mir hoffentlich auch nicht versagen wird – es mag nun übrigens ausfallen, wie es wolle. Ich brauche eine Abschrift deßhalb, weil ich aus meinem Geschmiere fast gar nicht das abgeschickte widerherzustellen im stande bin, und gern Ihre Anmerkungen zugl. dabey gewinnen möchte. Der erste Bogen zum Druck möchte kaum meine Eile nöthig haben; aber vom zweiten bin ich des Gegentheils beynahe versichert. Mein Kopf ist so schwach und bisweilen so warm, daß ich mich auf nichts besinnen kann, was ich im letzten Fall besonders – ausschütte. Ich glaubte, wenn ich nur erst mit der eigentl. Recension fertig wäre, die mir eckel war, daß ich desto mehr Luft zu den übrigen Materien schöpfen und gewinnen würde – aber ich erfahre das Widerspiel; und nun ich glaubte erst einen rechten freyen Spielraum für meine Gedanken zu haben, komm ich nicht von der Stelle und es geht mir wie einem stätigen Pferde, das sich immer bäumt, aber nicht fort will – beynahe bin ich auf meine Muse so aufgebracht wie jener Lügenprophet auf seine Eselin, die vor einem ihrem eigenen Herrn unsichtbaren Engel auf die Knie fiel. Ich habe durchaus Zeit nöthig um meine Gedanken in Ordnung und zur gehörigen Reife zu bringen, und hoffe, wenn ich mit der Arbeit fertig werde und im stande seyn werde Ihre u des Alcibiades Erinnerungen nützen zu können, Ihnen das Gantze auf einmal und
    rein
zum Abdruck liefern zu können. Daß mir an einem
    guten Ende
meiner Autorschaft gelegen ist und seyn muß, können Sie leicht erachten. Ich will allso alle meine Kräfte aufbiethen, und alle menschliche Vorsicht, daß nicht das Letzte ärger werde als das Erste; denn unter keiner andern Bedingung als der eines
    guten Gewißens
kann man dem Schicksal und der Welt Urtheil Trotz bieten.
    Religion
,
    Patriotismus
,
    Selbstliebe
und
    Freundschaft
sollten die Leuchtthürme unsers Lebens seyn. Wir können aber auch leicht
    Irrlichter
dafür ansehen, besonders wenn esman hernachauch singen ließe kann: Mitternacht heist diese Stunde! Es gehört also mehr wie eine Kritik der reinen Vernunft und des guten Willens dazu, um solche vier Leidenschaften zu Paaren zu bringen; da eine einzige stark gnug ist, uns schwindlich zu machen.
Ich hoffe daß dieser Brief nicht zu spät kommen wird, dem Abdruck Einhalt zu thun, und daß Ihnen auch dadurch ein Gefallen geschehen wird, wenn Sie die Preße und die Zeit zu Ihren eigenen Arbeiten etwa brauchten. Aber melden Sie mir doch wenigstens, was Sie machen; denn ich bin beynahe eben so verwöhnt, als Sie mit jeder Post was Neues aus Preußen zu hören, wenn gleich ein kalter Boden nicht so unfruchtbar seyn kann, als ein wärmerer. Nun ich hoffe, lieber J. Sie werden mit mir Gedult haben, und mich mit meinen Curis posterioribus nicht auslachen. Ich bin nicht Herr von meinem Kopf, noch Magen noch Geblüte – und ich glaube, daß meine gemachte Ueberlegungen mir
    Nachwehen
ersparen werden. Crispus dringt in mich, fortzufahren; aber ich traue mir selbst nicht, geschweige ihm. Vor einigen Jahren machte er in meinem Hause ein Experiment invita Minerua ein Autor zu werden, das ihm bald schlecht bekommen werde. Ich habe ihn und mich selbst daran erinnert, zu meiner eigenen Warnung, die ich jetzt nöthiger zu haben glaube, als er. Meine Bitte ist also um eine Abschrift, Ihre Erinnerungen, und mir das freundschaftl. Gutachten Ihres Nachbarn mit Bedacht zu verschaffen – um wider einen Stoß durch neue Gegenstände zu erhalten. Kommt eine Schäferstunde unterdeßen; so fahre ich fort, und will selbige nutzen. Reminiscere! 12. März 1786 Kraus und nachher ein anderer Freund sprachen gestern bey mir an. Ich wollte eben mich heute anziehen, um wenigstens frische Luft zu schöpfen, da ich von Kant die lateinsche Zeitungen erhielt, wo ich gleich nach No 36 suchte. Nun fehlt noch die Allgemeine deutsche Bibl. Mir ist so übel und weh, alles so eckel, daß ich nichts hören noch sehen mag. Ich habe mich eine halbe Stunde umgetrieben, bin wider meine Gewohnheit in 3 Kirchen angesprochen, und eilte wider nach Hause. Ach lieber J. wenn es Ihnen nur nicht mit dem Publico geht wie mit deßelben Hohenpriester M. M. Je mehr man schreibt und redt; desto mehr giebt es Misverständniße, und Nebenumstände, um die Sache selbst an seinem Ort gestellt zu seyn laßen, und die man sich zu Nutze macht zur Chikane – und davon lebt man. Wenigstens müßen wir beyde unsern Styl reformiren, und die Erinnerungen der Herrn Grammatiker uns nicht umsonst gesagt seyn laßen. Ohngeachtet ich ein größerer Sünder und Verdamnis bin als Sie, machen auch die 3 letzten Bogen die Sache und Absicht ein wenig verdächtig. Man
    will
das nicht wißen noch verstehen, was sie eigentlich sagen wollen. Alles
    beßer sagen
wird das Uebel ärger machen. Der letzte Gesichtspunct, worinn Sie sich versetzen, widerlegt alle Fragen und Untersuchungen, und hebt selbige auf, wenigstens ihren Werth und Gewicht, und die Veranlaßung der öffentl. Bekanntmachung. Sie hätten also lieber mit diesem Schlüßel noch an sich halten sollen, und er muste das Ansehen eines
    philosophischen
    Hochverraths
und eines
    Mantels
sich selbst zu decken bey arglistigen Lesern Ihnen zuziehen. Doch es wird dabey nicht bleiben, und Kant wird auch zu einer Erklärung gebeten, die nicht ausbleiben wird, da Schütz ihm gemeldt haben soll, daß man ihn in dortigen Gegenden wegen einer Gemeinschaft mit dieser Lehre in Verdacht haben und dieser Verdacht zunehmen soll
Meinen Rath habe ich Ihnen gegeben, und ich kann es Ihnen nicht verdenken liebster J. wenn er Ihnen so feige vorkommt, als ich selbst geworden bin. Sie theilen also blos nach Ihrer Gemächlichkeit die Sache unserm Freunde mit, und melden mir ob er sein Gutachten darüber ertheilen will, und fangen den Druck nicht eher an zu besorgen, bis Sie das Gantze erhalten. Ertheilen mir mittlerweile Ihre eigene Erinnerungen so wohl als so bald Sie können Ihre Entschließungen wegen Ihrer eigenen Arbeiten mit. Sollte wider Vermuthen Unpäßlichkeit an Ihrem Stillschweigen schuld seyn: so ist Freund Tiro Schenk so gut, Ihre Stelle zu vertreten. Ich bin nicht im stande mehr zu schreiben, und ersterbe Ihr trotz allem Wandel unveränderter Joh. Georg H. Wenn heute meine Handschrift antrifft: so sollte es mir leid thun, im Fall sie Ihren
    Circul stören
sollte. Freundschaft und Gefühl wird alles ersetzen, was ich wegen Entfernung nicht geschwind u bald gnug mittheilen kann. Zum voraus laß ich mir alles herzlich gefallen, was Sie für
    gut
finden und entschließen. Alea iacta est, und ich weiß selbst nicht, was ich schreibe. So viel ist ausgemacht, daß ich Zeit gnug komme, je später je lieber, zum Druck. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 11ten März 1786 J. G. Hamann empf den 24ten beantw den 25ten
Dußeldorf den 14t März 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 25 Marz.  Geantw eod. u zugl. auf den vom 10  32. lieber Herzens Freund u Vater, Auch Ihr Brief v 1sten ist glücklich angekommen, am Sonntag Abend. Ich bin nicht in eigener Person nicht nach Münster gereist. Meine Schwester machte so gründliche Einwendungen dagegen, daß ich nachgeben mußte. Hierauf wurde folgende Einrichtung getroffen. Ich ließ Schenk eine vollständige Abschrift von Ihrer Handschrift machen, die heute nach Münster an Buchholtz abgegangen ist, nebst Ihrem Schreiben an mich vom 25 u 26ten Februar. Diese Abschrift schickt Ihnen Buchholtz, so bald er sie gelesen hat, mit seinem legatur et imprimatur, an dem ich keinen Zweifel habe. Ich laße unterdeßen einen Probebogen verfertigen, der versprochener Maaßen, heute über 8 Tage an Sie abgehen soll. Ich hoffe Mittels dieser Combination der Erfüllung Ihres Willens so nahe zu kommen wie möglich. Uebrigens können Sie sich darauf verlaßen, daß Ihr Geheimniß in sicherer Hand ist, u daß es immer in Ihrer Gewalt bleiben wird, während des Drucks die ganze Sache wieder zu nichts zu machen. Damit Sie im Fortarbeiten so wenig aufgehalten werden wie möglich, laße ich v Ihrem letzten Blatte noch eine besondre Abschrift machen, u lege sie hiebey. Von diesem letzten Blatte wird wahrscheinlich wenig oder nichts auf den Probebogen komen; aber wenn auch, so dürfen Sie sich daran nicht stören, weil der Buchdrucker seinen Satz die 3 Wochen nicht wird stehen laßen. Mit den Veränderungen die Sie in dem was ich bereits gelesen hatte gemacht, bin ich höchlich zufrieden. Nur Eine Stelle kann ich nicht verstehen, diese: „Ein Prediger in der Wüsten, an deßen Entkleidung u Verklärung ihm selbst eben so viel als Niemand dem Kundbaren, nach geleistetem Opfergelübde gelegen seyn muß (wenn nehmlich die Götter der Erde weiter nichts, als die gespannte „reine“ Ideale Ihrer Opferer sind)“ – LNicht viel beßer geht es mir mit der Stelle, die mit den Worten anfängt: „Der Recensent hält sich auch über meine galiläische „Sprache“ u altfränkische „Kleidung“ auf –“ Wo ich die Verbindung mit dem folgenden Satz: „Es ließe sich mit eben so viel Subtilität untersuchen! u.s.w. –“* wo ich die Verbindung nicht sehe, den Uebergang nicht wahrnehme. Auch stimme ich Freund cCrispus bey, daß es unrichtig u dunkel sey, wo Sie die Periode mit den Worten schließen: „als die Unvollständigkeit ihres eigenen Bewußtseyns zu beweisen.“ Die Stelle voll hohen Sinnes u großer treffender Gedanken der hiebeykommenden Abschrift, die mit den Worten anfängt: „Zwar hat die deutsche Sprache u.s.w.“ scheint mir durchaus sehr schwer zu verstehen, u ich zweifle, ohngeachtet der Zeit u Mühe die ich darauf verwendet, daß ich überall den rechten Sinn gefaßt habe. Soll der Vaterländische Ueberläufer Gotsched seyn? Was gleich nachher kommt, gemäß der von Ihnen angegebenen
    Folge
, im detail historisch anzupaßen, bin ich nicht im Stande. Ich muß also Verwirrung fühlen. Auch mit den fetten u magern Kühen weiß ich nicht fertig zu werden. Die Erklärung des Tituls v Ihrem Golgatha, scheint mir durchaus vortrefflich. Nur in der Stelle „Auf diesem geistl Fels, ist eine Unrichtigkeit in der Wortfügung, die wahrscheinlich v einem ausgelaßenen Worte herrührt. Gleich am Sonnabend habe ich meiner Schwester Ihr opus vorgelesen, u heute hat sie es selbst in Ihrer Handschrift noch einmahl gelesen, auch, zum Beweise daß sie lesen kann, an der einliegender Abschrift Theil genommen. Ich bat, sie sollte selbst Ihnen etwas darüber schreiben, habe sie aber nicht dazu bringen können. Bey der Stelle, die ich hieneben mit einem L bezeichnet habe, hat sie sich am mehrsten aufgehalten. Sie behauptet, der Uebergang sey nicht natürlich, oder v einer Natur die nichts tauge. Uebrigens hat sie an der ganzen Sache ein großes Wohlgefallen, u liebt den Mann Gottes in Koenigsberg von ganzem Herzen; freut sich seiner Ruhe, seines Schildes u seines Lohns. Die Charaktere des Pabstums, in Ihrem jüngsten Briefe, sind herrlich ausgezeichnet, u man kann nicht reicher für die Anwendung. Laßen Sie diesen Faden ja nicht aus der Hand! Sie wiederholen in allen Ihren Briefen, ich solle meinem Georg verzeihen. Lieber, ich verzeihe ihm nur zu sehr, weil ich ihn v Grund aus kenne. Kennten Sie ihn nur einiger Maaßen, es hätte Ihnen nicht in die Gedanken kommen können, daß ich mit ihm verfahren sollte, wie Sie mir rathen. Wenn noch etwas auf ihn würken kann, so ist es seine gegenwärtige Lage. Sein Arrest ist sein eigen Werk, u er fühlt daß ich Ursache habe mich zu schämen, ihn jemand sehen zu laßen; zu scheuen, mich u ihn der Frage auszusetzen, was ihn so schnell wieder nach Düßeldorff gebracht habe. Die Erwartung des Augenblicks, wo er mich zum ersten Mahl wieder sehen wird, erhält seine schlaffe Seele wenigstens in einiger Bewegung. Daß ich nicht aus Zorn oder Härte mich ihn von mir entfernt halte, weiß er. O, er kennt mich so gut, als ein Mensch seiner Art mich nur zu kennen fähig ist! Künftigen Monat zieh ich nach Pempelfort; da will ich ihn aufnehmen. Ich bin nun mit der ganzen Begebenheit vollkommen zufrieden, u weiß es dem Knaben keinen geringen Dank, daß er von Zelle weg gelaufen ist. Dem Knaben? O, Lieber, daß ich nicht irren möge, daß wenn ich es als einen Wink der Vorsehung zu neuen Hoffnungen ansehe; als einen beßern
    Rath
von oben, darnach es gut gehen soll. Sie verlangen v dem Buchdrucker in Mühlheim etwas zu wißen. Daß er ein geschickter u sehr rechtschaffener Mann ist, habe ich Ihnen schon gemeldet. Ich kann nur dies noch hinzufügen, daß er Eyrich heißt, u aus Sachsen gebürtig ist. Er hat eine Tochter des verstorbenen Buchdruckers zu Mülheim geheyrathet, u dadurch sein Etablißement bekommen. Mein Brief vom 21ten ist nun schon lange in Ihren Händen. Es würde mich freuen wenn ich am Donnerstag schon antwort darauf erhielt. Aber wahrscheinlich werden sie mein folgendes Schreiben haben abwarten wollen, das doch nun auch in Ihren Händen seyn muß. Ich hoffe Sie werden nach Erhaltung dieser Briefe weniger, fürchten, daß ich meine Beantwortung der Mendelssohnschen Schrift übereile. Meine Arbeit rückt ganz sachte voran, u geräth. Ich weiß, Sie werden damit zufrieden seyn. Ich kann mir Mendelssohns Unbesonnenheit auf keine andre Art erklären, als daß er ganz ungewohnt war mit Leidenschaften umzugehen, u nun da ihn verschiedene auf einmahl bestürmten, ein Raub ihrer Gewalt u ihrer Tücke wurde. Er ist ein merkwürdiges Beyspiel, wie gefährlich es ist, einer Weisheit die unser ist, die Wahrheit die nicht unser ist zu unterwerfen. – Nun Gott walts, Lieber Hamann! Ich umarme Sie von ganzem Herzen Ihr Fritz Jacobi Sie reden v 12 Jahrigen Beyträgen der All. B. Es sind sechsJährige. Und desto beßer! – Ein al An ein altes deutsches Sprüchwort hab ich Sie erinnern wollen:
    zu scharf schneidet nicht
. * Diesen 2ten Satz an sich, möchte ich um alles nicht mißen; nur auch mit rechten Dingen dazu kommen.
Kgsb den 15 März 86. Herzlich geliebtester Freund J.J. Diesen Morgen gieng schon frühe die Post vorbey und fand Fischers Name auf der Charte. Endlich brachte mich auch Hill Ihren Brief, der in der Nachbarschaft wohnt, und brachte mir ein wenig nach 10 Uhr, da ich schon alle Hofnung fast aufgegeben und mich auf den dritten
    leeren
Posttag gefaßt gemacht hatte. Ich erinnerte mich zwar einige Bedenklichkeiten wegen unsers Briefwechsels geschrieben zu haben, von dem ich wirklich besorgte, daß er wegen meiner Nachläßigkeiten und Ungleichheiten Ihnen überlästig werden müste. Was ich den 15 pr. geschrieben, weiß ich nicht mehr um mich näher darüber erklären und rechtfertigen zu können. Es geht mir wirklich nicht viel beßer, als dem lieben alten Herrn, mit dem Sie auch Gedult haben – Ich habe beynahe mein eigen Bild in Ihm erkannt. Ich war Ihrentwegen besorgt, und traute Ihrem
    Lachen
nicht – Ihr Stillschweigen machte mich besorgt, daß Sie zu eilfertig und nicht mit gehöriger Kälte antworten, oder sich gar zu verantworten die überflüßige Mühe geben würden, und daß Sie von Freunden und Feinden dazu gereitzt werden möchten. In diesem einzigen Punct bin ich mistrauisch gewesen. Meine Lebensgeister sind in solcher Ebbe und Fluth, daß ich gar nicht Meister davon bin, und was ich weiß oder nicht weiß geschrieben zu haben, macht mir öfters so viel Unruhe, daß ich mit einer ähnl. meinen Freund gern verschonen möchte. Sie sind der Einzige seit langer Zeit, dem ich gegenwärtig zu schreiben im stande bin. Ich fühle die Bedürfniße einer Reise je länger je mehr zur Widerherstellung meiner Gesundheit und Gemüthsruhe; demohngeachtet kann ich mich nicht entschließen die Feder dazu anzusetzen. Alle Briefe des vorigen Monaths sind treue Copien meines wankenden Gemüths von einem Äußersten zum andern. Laßen Sie sich dadurch liebster J. nicht irre machen. – Vorigen Sonntag schrieb Ihnen, wie mir zu Muthe gewesen, daß ich von einer Kirche in die andere lief. Mein ganzer Rumpf war wie ein voller Schlauch. Dem ohngeachtet aß ich Mittags mit Geschmack u. Appetit. An Arbeiten war nicht zu denken. Ich war froh mit Ihrem Briefe fertig zu werden. Kommt gegen Abend Kraus, als wenn er verscheiden und Abschied nehmen will. Zum Trost erzählte ich ihm meinen eigenen Zustand. Wein halte ich niemals, sondern Bier, daß ich nur des Abends um 8 Uhr gewöhnlich anfange zu trinken zu einer einzigen Pfeife Toback. Ich schob die Schuld auf die elende Witterung, und bot ihm die letzte Bouteille an, welche von unserm Haselhünerschmauße übrig geblieben war, weil es mir schien, daß ihm der Wein damals geschmeckt hatte, den ich dem Reg. Feldsch. Miltz zu Gefallen hatte holen laßen und ein Lieblingswein meines seel. Vaters war. Mann nennt ihn hier Roquemon; er ist das aber gar nicht mehr, was er damals war. Jeder trunk von uns 2 Gläser, und mein Freund schien vergnügter fortzugehen, als er hergekommen war. Ich hatte eben einen Brief zu beantworten angefangen der mir schon einen Monat im Wege gelegen hatte. Mein Sohn geht mehrenteils alle Sonntage des Abends bey Banco-Dir. Ruffmann. Ich schreibe immer fort und zähle kaum gegen 9 Uhr, da der Nachtwächter 10 abrufft. Alles was ich geschrieben hatte, war dummes Zeug, das ich cassiren muste. Thue ein paar Züge aus meiner gestopften Pfeife um meinen Sohn abzuwarten, trinke anstatt meiner 2 Bouteillen nur ein paar Gläser Bier. In meinem Bette fängt mein Kopf an zu arbeiten, sehe meinen ganzen fliegenden Brief fertig, melde Herder, mache anstatt des cassirten Briefes einen andern, schlaf erst gegen Morgen ein, und beym Aufwachen glaub ich das Ende meiner Arbeit bereits erlebt zu haben, bleibe ausdrückl. deshalb zu Hause. Wie ich mich hinsetze, und kaum einige Zeilen geschrieben habe, fühle ich alle meine Eingeweide in Empörung nach oben und muste Gott danken, daß ich aufhören konnte, hab auch seitdem nicht aus der Stelle kommen können. Bey solchen Phänomenen wird einem nicht gut zu muthe – und bey solchen Krämpfen, die mit noch stärkeren Erschlaffungen abwechseln, ist man seiner Sachen niemals gewiß – Ich hätte in der Nacht vor Freuden Hekatomben geopfert, und glaubte einen entscheidenden Ausschlag für das Ende meiner Arbeit wenigstens schon in Händen zu haben; wenn nicht alles auf einen wachenden Traum hinausgelaufen wäre. Sie werden eben dergl. Symptoms von Unenthaltsamkeit und entgegengesetzter Zurückhaltung in den folgenden Briefen finden ohne sich deshalb zu beunruhigen. Ich konnte mich auch auf des Siegwart Fragment nicht mehr besinnen, wenn mich Hans Michael nicht auf die Spur geholfen hätte. Er hat heute bey Hippel gespeist, den ich seit langer Zeit nicht gesehen, aber noch diese Woche besuchen werde. den 16 – Was Göthe schreibt wegen seiner Gedichte ist ungemein nach meinem eigenen Geschmack. Ich weiß nicht wie die Allg. L.Z. dazu komt das Gedicht als einen Anhang anzuführen; aber dahin gehört es beßer als vorn zu stehen. Das Gedicht hat wegen seiner darinn liegenden Wahrheit und Stärke einen schönen Eindruck auf mich gemacht, der dem Urtheil der Berliner immer widersprach. Da ich von Poesie nichts verstehe, so frug ich Kraus, der ihm blos
    Härte
vorwarf, die mir bey so einem Gegenstande Treue und Natur zu seyn scheint, den Gegenstand darstellt und dem Inneren deßelben angemeßen ist. Ich habe diesen Gesichtspunct auch in meine Schrift aufgenommen.
Ihr Motto habe in meinem alten Cicero gefunden. Da der forschende Leser nur finden wird, daß dort von Juden die Rede ist, so würde ich mich blos an dem Summissa voce agam, tantum vt iudices audiant, begnügen, und jenem auch die andern Züge überlaßen, oder sie lieber im Text anführen oder dahin wieder verweisen. Aber der Geschmack cum adiuncto sey keine Empfehlung für Sie. Zu antworten haben Sie im Grunde gar nicht nöthig – und noch weniger sich dazu
    reitzen
oder
    zwingen
zu laßen. Ihr Stillschweigen wird den berl. Marktschreyern unerwarteter u empfindlicher seyn, als die beste Antwort. Höchstens laßen Sie Ihre Antwort, auch dem mitleidenden Göthe zu Gefallen, blos auf den historischen Theil gehen, mit dem er gleichfalls zufrieden gewesen. Sagt Ihnen Ihr Genius etwas anderes; so hören Sie ihm mehr als Freunden und Feinden. Aber unser Genius kann so gut irren, als unser Gewißen. Ohngeachtet ich meinen wachenden Traum beynahe für ein Unterpfand meiner Autorschaft angesehen hatte: so bleibt alles bey meinen jüngsten Erklärungen. Sollten Sie sich mit dem Abdruck des ersten Bogens übereilt haben: so ist nichts daran gelegen. Mit dem zweiten warten Sie bis ich alles übrige auf einmal überschicke. Aber meine Abschrift von unserm Freund Tiro Schenk ist mir unentbehrlich, wie eine Zeile von Alc.B. zur Stärkung auf beyde Fälle; denn sein
    Stillschweigen
wird mir unerträglich. Hab ich ihm was zu Leide gethan: so muß ich es doch auch wißen – die Wahrheit kann keinem von uns beyden schaden; und auf deßen Seite sie ist, mag sie für sich selbst handeln. Er ist eben so gut in meiner Schuld, wie ich in sSeiner und Suum cuique! Nun erwarte ich wegen Ihres Sohnes den versprochenen Aufschluß. Was macht ihr ältester zu Aachen? Haben Sie ihn dem Handel oder Wißenschaften gewiedmet. Wer ist G. Fritz? Kant hat wahrscheinl. dem Schütze alles das geschrieben was er mir u andern hier gesagt, und Schütze hat blos seine Wendung daher genommen ihn zu Erfüllung seines Vorhabens aufzumuntern. Das Herz Ihrer φφie, die Resignation auf das Seyn in dem Schein des Seyns ist noch eben ein solches
    Rätzel
für mich, als Ihnen mein etiam ab hoste consilium. Aus eben dem Grunde, warum Freunde Recht zu haben scheinen, ist das Unrecht unserer Feinde auch ein bloßer
    Schein
. Einer solchen
    Substitution
muß man
    Gnüge zu leisten
suchen, um vor aller Selbsttäuschung sicher zu seyn. Jedes widrige Urtheil eines Feindes wie eine Arzney verschlingen, und jede Douceur eines Freundes sich selbst vereckeln, und seinem Geschmack daran entgegen handeln. Das Gedicht am Anfange und der Schluß Ihrer Schrift waren in den Augen der Berliner Douceurs, die Sie hatten der Sache ersparen können – und man findet dort im Atheismo, Pantheismo und sSpinozismo ein heroisches Mittel den Aberglauben zu curiren. Gesetzt also daß vox populi auch im ärgsten Verstande vox DEI wäre; quid tunc? durch
    Gehorsam
und
    Glauben
siegen! Ich predige mir selbst, mein lieber JJ. nicht Ihnen. Ich rede aus Erfahrung, weil ich meinen Feinden wenigstens eben so viel Guts als meinen besten Freunden zu verdanken habe, und es ist eine wirklich christliche Pflicht jene zu lieben und diese haßen zu können mit einem: Gehe hinter mir Satan! zu einem Petro. Die
    ganze Lehre des Sp
. ist in meinen Augen keiner Widerlegung werth, und der Rückzug hinter der Fahne des Glaubens muste natürlich dem jüdischen φφen
    Thorheit
u
    Aergerniß
werden in beyden Verhältnißen seiner Religion sowohl als Philosophie. Das που des Antiprometheus ist ich weiß nicht wie? durch die lateinsche Zeitung an den
    rechten Ort
versetzt. Das που στω ist im Grunde nicht beßer als eine mathematische Windbeyuteley; wie mein wachender Traum. Kant kein Herkules, sondern ein wahrer Jünger des Prometheus, welcher aber gegenwärtig in seinen Vorlesungen der Offenbarung ein Haufen Douceurs sagt. Maske! Maske!
eine sehr wahre Weißagung im Munde Mendelssohns, wie er selbst der Aethiopier, der Sie als einen Berliner beurtheilt, aber durch Ihre eigene
    Schuld
und
    Politik
. – Ob ich Wort halten werde,
    weiß ich noch
    nicht
. Einem Eidschwur zu Gefallen möchte ich nicht gern den
    Herodes
nachahmen, und dem Gefangnen
    Prediger in der Wüsten
durch eine Speculation den Mund stopfen. Es bleibt also bey der
    widerholten
    letzten Abrede
. Resignation auf allen
    Schein des Seyns
zum Besten des
    wahren
    Seyns
übersetzte ich Ihr Principium. Das Seyn läst sich nicht resigniren, ist nicht unser Eigentum, desto mehr als der Schein des Seyns das Eigentum der Kunst u Politik. Innerliche Ruhe = Seyn. Beym Schein ist alles wandelbar, Schatten u Unruhe. Hab ich Recht? und meynen Sie es nicht so. Ein Seyn läßt sich im Schein nicht denken; aber wohl neben und mit demselben, wie jeder Schatten nicht
    im
Licht snoch
    im
Körper, sondern
    mit
jenem und
    neben
diesem da ist. Seit den philosoph. Vorlesungen habe ich kein schöneres beßers u kräftigers Buch gelesen als den dritten Theil des Lienhard u Gertrud, so abscheulich auch Pestalozzi mein Held die Sprache zum Volkston verstimmt hat.
Mein Hans Michel ist nicht so wacker, wie ich ihn wünschte, ein Näscher und Confusionsrath, und Stotterer wie sein alter Vater, der Gedult, Nachsicht und Hoffnung nöthig hat. Ich umarme Sie und antworte so bald ich wider etwas erhalte. Leben Sie recht wohl mit Ihrem gantzen Hause, wie mit dem seinigen Ihr alter Johann Georg Ich liebe Ihren Bruder G. sub rosa, auch unter andern dafür, daß er uns. H. liebt, ungeachtet ich ihn von andern Seiten kenne ohne daß er es weiß, wie L. ihn gekannt zu haben scheint. Lesen Sie Pestalozzi. Ein Titel des Buchs paßt auf alle gute Leute, daß sie leider nöthig haben böse zu scheinen. Das letzte Kapitel empfehle Ihnen und was er vom Predigen sagt, vernünftiger als Müllers Tirade gegen die Bibel. Vale et faue. Adresse:
An HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu / Düßeldorf. Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 15ten Marz 1786 J. G. Hamann empf den 26tenbeantw den 7 u 14ten Apr.
Kgsb. den 17 März 86. HöchstzuEhrender Freund, so sehr ich überzeugt bin, daß eine Reise das einzige Mittel zur Widerherstellung meiner Gesundheit und Gemüthsruhe seyn kann: so wenig habe ich Lust, die Feder dazu anzusetzen. Es gehe wie es gehe! Sie erhalten hiebey 1. M. Mendelssohns Epistolam posthumam nebst Gevatter Claudius 2 Recensionen zur Ersetzung, daß ich Sie so lange auf die erste habe warten laßen, bitte mir aber selbige so bald als mögl. zurück, weil ich beyde nicht fügl. entbehren kann, und letztere noch gar nicht hier zu haben ist. 2. den de Marees, den ich vor dem Einbinden bloß angesehen, und HE Wagner so gut gewesen mir zu verschreiben, weil ich hier allenthalben umsonst Nachfrage gethan. 3. den dritten Theil von Lienhard und Gertrud, das einzige Buch, das ich von neuen Sachen gekauft und das beste, das ich seit den philosophischen Vorlesungen über das N.T. gelesen. Der Verf. hat die Schreibart gantz nach dem Nationalton herabgestimmt. Ungeachtet dieses Fehlers für Liebhaber der Reinigkeit und Deutlichkeit giebt es unwiderstehlich schöne, starke, große Stellen, daß man sich gar nicht daran satt lesen kann. Ich bitte auch ein wenig zu eilen, weil andere auch darauf warten. 4. Den Betrüger von der Nordischen Semiramis u unsern Landsmann übersetzt. Der unaussprechl. Name des Helden sagt schon alles, und soll eine Anspielung auf den berühmten Menschenfreund, die gegenwärtige Fabel der Pariser seyn. 5. Salomonische Denkwürdigkeiten, zu denen noch der Titel fehlt. Die Dorfschule u Dorfpfarrer sind hier schon sämtl. vergriffen gewesen. Unser alte Freund Kanter der bereits 2 mal dem Tode nahe gewesen, hat das letzte Exemplar bekommen und nach Trutenau geschickt, von da ich es erwarte, und sogl. befördern werde. Mit dem ersten geborgten Exempl. habe ich so viel Verdruß gehabt, daß ich froh war es aus den Augen zu schaffen. Zu Ihrer Strafpredigt gegen die Gelehrten im Namen der armen Layen, unter denen ich der vornehmste bin, sag ich von Grund des Herzens Amen! Wenn Asmus gesund ist; so ist seine Rebecca schuld daran, in die der alte Bote noch immer unsterblich verliebt bleibt. Man kann auch ohne Gesundheit und Rebecca der menschl. Bestimmung Genüge thun, und passiv ist bisweilen beßer wie activ, Weinen und heulen vernünftiger als lachen. Weil ich Gottlob! alles vergeße, was ich lese; so kann ich mich nur auf Rustans Briefe über das Xstentum besinnen, die der ungl. Danovius herausgegeben übersetzt und sein Schwager Schütze mit einem Leben und Charakter deßelben herausgegeben. Der Schulmeister Gülphi ist unendl. mehr werth als alle witzige Tiraden des Pr. Müllers, worunter die längste gegen die
    Bibel
ist. Wie kommen Sie in aller Welt, HöchstzuEhrender Freund, auf die Neugierde mein Urtheil über Hufnagel zu wißen. Der bloße Namen dieses Schriftgelehrten war schon so ominös für mich daß ich alle meine Beredsamkeit zu Pferd und zu Fuß aufgeboten, wie ich noch nach Berl. schrieb, daß kein Hufnagel sich zum Nachfolger des
    Lilienthals
qualificiren könnte. Vor einigen Jahren war ich im Ernst bettlägerig, und jemand brachte mir den ersten Theil eines Werks, das mit dem Ihrigen einerley zu seyn scheint. Da mein Name selbst ein wenig ominös ist leider! durch meine gute Freundin und ihr Gerücht: so las ich mit aller Andacht, aber mit der Erbauung wollte es so wenig fort, daß ich mich um die folgenden Theile nicht bekümmert habe. Ich wünschte den Doctor lieber in Berlin als in Kgb. versorgt zu sehen. Da mit dem neuen Gesangbuch nur die Hälfte der neuen Reformation geleistet worden; und uns noch eine neue Bibel unumgängl. nötig ist, um gantz neue Xsten zu seyn: so gebe ich meine Stimme zur Anfertigung derselben nach Maasgabe des Tellerschen Wörterbuchs; das keinen würdigern Executor als diesen Schriftgelehrten finden könnte. Ich hoffe, daß in seiner neuen Bibel auch mein Name weder omen noch Skandal mehr seyn wird. Ainsi soit-il! Aus Weimar und Wandsbeck u Jena weiß nichts. Ich bin letzterm noch seit dem neuen Jahr Antwort schuldig, und er hat nicht ein Wort seinen beyden Rec. beygelegt. D. ist der einzige Ort im heil. römischen Reich, wo ich zu Hause gehöre, und der einzige Canal, den ich nöthig habe, um in meiner Wüste nicht zu verhungern. Ein gewißer Ewald hat 2 kleine Fragmente des Spinoza übersetzt, die ich ein wenig verglichen, und erträgl. gefunden. Kommt Ihnen der
    Prometheus
auch so klägl. vor, wie den jüdischen Kunstrichtern? Jacobi ist nicht Verfaßer davon. Mein Freund Crispus, welcher der einzige Dichter hier ist, den ich darüber zu Rath gezogen, schilt es blos wegen seiner
    Härte
, die meines Erachtens zur Natur des Gegenstandes gehört, und worin der alte Menschenschöpfer und Bildhauer mit den modernen Feuerdieben von gantz gleichem Gehalt und Stoff ist. Die beyden letzten Theile des Adelungs über den deutschen Styl habe mit genauer Noth nach einem halben Jahre Frist auf einen gantzen Vormittag zu lesen bekommen. Sie haben wie ein Digestiv mir Dienste gethan, und sind beyde zusammen weit kleiner als der erste Theil. Ein Ribbe von Pestalozzi schmeckt mir beßer, als alle Glacés von mimischen Engeln u welschen Köchen. Die beyden ersten Theile von Johnsons Uebersetzung biographischer Nachrichten der engl. Dichter sind vermuthl. schon in Ihrer Bibliothek, oder verdienen eine Stelle darinn. Empfehlen Sie mich der Frau Gemalin – und Ihrer Nachbarschaft, wohin auch HE. Pastor Scheller gehört. Ich habe eine Art von Hydrophobie, und mein elendes Schreibezeug vermehrt meinen Ekel und des geneigtesten Lesers seinen. Ich freue mich auf Ihren Besuch; aber zum Gesellschafter taug ich so wenig als zum Arbeiter quoad formale materiale; denn zum formale hab ich in meinem gantzen Leben nicht getaugt in keinem einzigen Stück. Was Sie nicht lesen können schmecken Sie wenigstens. Mit No. 4 u 5 hat es desto weniger Eile. Ist Ihr lieber Pathe zufrieden mit Pr Krauses Wahl? Mein Joh. Mich. wollte das Werk der Barmherzigkeit thun, mich wenigstens zu entschuldigen, und Sie werden so geneigt seyn seinen guten Willen zu unterstützen durch eigenes Zeugnis meiner Unvermögenheit, die Mitleiden und Nachsicht verdient. Ich kann nicht mehr und mag nicht widerholen, was Sie bereits wißen, daß ich niemals aufhören werde zu seyn sub quacumque forma Ihr ergebenster und verpflichtester J. G. Hamann. K. Uebel sitzt in der Leber und wird kaum gänzl. gehoben werden können.
Düßeldorf den 21ten März 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 2 April   No 33. Lieber Herzens Freund Es hat mir nicht gelingen wollen Ihnen heute den Probebogen liefern zu können; alles in der Druckerey war gerade besetzt, u ich erhielt den Correctur Bogen erst Sonntag Abend gegen 8 Uhr. Diesen erhalten Sie einliegend, u der Probebogen folgt am Freytage. Die Münsterische Post ist heute noch nicht angekommen. Schon zwey Posttage sah ich vergeblich Briefen v Buchholtz entgegen, ich fürchte, er ist verreist. – Sie werden mir nun sagen, was Sie bey’m Drucke gern verändert haben möchten. Mir deucht die Collonnen müßten wenigstens um 10 Buchstaben schmäler seyn, um 6 schmäler nach der Falze hin, u um 4 nach dem Rande. Es ist ein alberner Gebrauch von uns Deutschen, daß wir gegen die Falze nur halb so viel weiß laßen als gegen den Rand. Ein umgekehrtes Verhältniß wäre wenigstens vernünftiger. Die Englander laßen an beyden Seiten gleich viel weis. – Daß die vignette auf dem Titul nichts taugt, versteht sich. – Für fünf bis sechs gedruckte Seiten ist nun noch Manuscript vorräthig. Sollen wir nicht auch eine größere Schrift nehmen, wie die v Herders Ideen? Für 4 Format dünkt es mir schicklicher. Bestimmen Sie nur alles wie Sie es haben wollen. Ihr lieber Brief v 4ten ist am Donnerstag angekommen. Leider kann ich ihn heute nicht beantworten. Ich war gestern nicht wohl; nahm ein Arzeney Mittel, u wurde davon erst recht krank. Die vergangene Nacht habe ich vor halb 3 kein Auge zu thun können, u auch nachher schlummerte ich nur sehr unruhig u ohne Erquickung. Loewe hat mir geschrieben, er müße auf die Jubilate Meße eine 2te Ausgabe meiner Briefe veranstalten. Er meldet mir, daß auch seine gelehrte Mitbürger sich über meine Schrift die Köpfe sehr zerbrächen, besonders aber Garve u Lieberkühn, die mit Schmerzen einer näheren Erklärung meines Systems entgegen sehen.
    Leßings Bruder, der Münz-Direktor, sagt
    öffentlich, es sey ihm sehr wohl bekannt, daß der Bibliothekar der Lehre des
    Spinoza zugethan gewesen
. Die Berliner MonatSchrift v März, u den Correspondenten v 11ten werden Sie gesehen haben. Ich habe mich über die Bosheit dieser Leute, diesmahl doch etwas entsetzt – Sie treten mich wahrlich unter die Füße, wenn ich nicht dazu thue. – Können oder dürfen Sie mich gar nicht wißen laßen, was ich v Kant zu erwarten habe. Ich fürchte, er bleibt nicht einmahl neutral, sondern geht zu meinen Feinden über. Es ist eine fürchterliche Rotte. Claudius Rec. sind nun gewiß in Ihren Händen. Schwerlich hat er den Moldenhauer beygelegt, den auch ich noch nicht gesehen habe. Sie sollen ihn gewiß bekomen. Ungern, liebster Hamann, schicke ich diesen elenden Wisch an Sie ab. Am Freytage, so Gott will, mach ichs wieder gut. Von ganzem Herzen – Ihr Fritz – Da kommen eben noch die nordischen Briefe. Nichts v Buchholtz. Aber ein Schreiben den der Prinzeßinn, woraus ich sehe daß Buchholtz in Münster u gesund ist.
Düßeldorf den 24ten Marz 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 5 Apr. Geantw den 9.   No 34. Lieber HerzensFreund, ich hatte am Dienstag meinen Brief an Sie schon auf die Post geschickt, als mir von der Münsterischen noch ein Packet nach gebracht wurde. Es war eine große dicke Einlage an Sie. Eilig machte ich den Umschlag an Fischer, u brachte auch glücklich das Packet noch fort. Wenn es nur nicht zu Wesel auf die fahrende Post gegeben wird, eine Freyheit die si man sich dort öfter nimt, wenn die Briefe dick sind; wahrscheinlich aus Ehrfurcht u Liebe gegen Euch Zöllner u Sünder. Zur Vorsorge will ich also folgendes aus Ham Buchholtzens Brief an mich abschreiben. „Das „Manuscript gefällt mir sehr
    ganz herrlich
. Die cit. Math. XI. 42 muß ein Schreibfehler seyn, weil das XIt. Cap nur 29 oder 30 Verse hat. Die Kosten des Drucks bist Du doch so gut, mich wenigstens zur Hälfte zahlen zu laßen. Ich muß den Brief an Hamann Dir zuschicken, weil ich sonst riskiere (wegen der Ursachen die ich Dir hier sagte) daß Hamann den Brief 10 Tage später erhält.“
Hier der Probe Bogen. Es sind doch noch 2 Druckfehler stehn geblieben. Daß Sie den 11ten meinen Brief vom dritten noch nicht hatten, wundert mich. Ich hoffe übermorgen zu vernehmen, daß er angekommen ist. Seyn Sie ganz ruhig, Herzens Freund u Vater, über alle Befehle u Gegenbefehle die Sie mir ertheilen. Ich ahnde von ferne den Gang Ihrer Seele, u bin lauter Ehrfurcht u Liebe gegen Sie. Biestern werde ich mich gewiß nicht stellen, aber in meinem Aufsatz gegen Mendelssohns Beschuldigungen, soll er v Anfang bis zu Ende, die Antwort auf seine Frage finden. Ich glaube die Berlinische Methode, ihre falsitatem dispensativam so deutlich u so vielfach dargestellt zu haben, daß mich jedermann begreiffen soll. Von meiner eigenen Philosophie, nicht eine Silbe. Das mag in einem zweyten Aufsatze nachkommen, der den Beschuldigungen, die mir
    allein
aus M M Person u seiner Philosophie erwachsen, u gewiedmet ist, u mit denen es so gute Weile haben mag, wie es mit dem 2ten Theile der Morgenstunden haben sollte. Ich denke, Sie sollen mit mir zufrieden seyn. Zweymahl habe ich Kant citirt, u das erste Mahl dabey die Stelle von Leßing, womit er seine Axiomata schließt, angebracht. Es würde mir sehr leid thun, wenn Kant die Parthey der Berliner Lumpenhunde nähme, u es würde ihn am Ende gewiß nicht wenig gereuen. Ich wiederhole meine schon am Dienstag gethane Bitte, daß Sie mir melden, was ich ohngefähr v ihm zu erwarten habe. Gestern war ich in Bedenken, ob ich nicht an ihn selbst schreiben, u ihn fragen wollte, ob ich eine gewiße Note, die ich in der Ungewißheit anbringen mußte, ausstreichen, oder stehen laßen sollte. Auf jeden Fall soll er diesmahl nicht Ursache haben über mich zu klagen. Aber beßer wäre es für ihn u mich, wenn ich wüßte, woran ich mit ihm bin. Seine Relationen mit den Berlinern u Jenensern, scheint etwas suchend kleinliches im Charakter zu verrathen. Sie wißen doch daß Johannes Müller, der Geschichtschreiber gegenwärtig Bibliothekar in Mainz ist, an Dietzens Stelle. Ich erhielt heute einen sehr lieben Brief v ihm. Ich denke alle Tage an Lavater; schriebe gern an ihn; aber es ist etwas in mir das s mir sagt, ich thue beßer, wenn ich nicht warte. Mein Befinden ist abwechselnd, im Ganzen aber leidlich. Claudius klagt sehr daß der Winter so kalt gewesen ist. In seinem letzten Briefe äußert er ein großes Verlangen, Sie vor seinem oder Ihrem Ende noch zu sehen. Ich besuche ihn diesen Sommer zuverläßig, wenn der Himmel es nicht ausdrücklich anders will. Es freut mich sehr daß Sie mit den Recensionen nicht weniger zufrieden gewesen sind als ich. Es soll Dienstag nach Wandsbeck gemeldet werden. – Es schlägt 4 Uhr. Am Dienstag, so Gott will, schreibe ich wieder. Ich grüße Sie aus dem innersten meines Herzens, u küße Sie mit wahrer warmer Liebe. Ihr Fritz Jacobi.
Kgsb. den 25 März Heimsuchu 86 Ich fange diesen Brief an, in
    guter Erwartung
des Ihrigen, liebster J.J. Vorigen Mittwoch war Mitfasten; ich blieb den ganzen Tag zu Hause, mit der Absicht etwas zu thun. Aber alles umsonst. Auch selbst Ihre Nachricht vom Empfang beunruhigte mich mehr, als sie mich aufmuntern konnte. Ich überlaße alles der Göttlichen Führung, welche Umstände und Gesinnungen entwickeln wird. B. Videtur wird erst die Sache selbst im Gange bringen. Nur nicht durch unnöthige Kosten, Estafetten, und übertriebene Freundschaft sich selbst und mich in Verlegenheit und Unruhe gesetzt. Was ich jetzt am nöthigsten brauche, ist eine Abschrift – weil ich aus meinem eigenen Geschmiere nicht klug werden kann, und ich lauter Bruchstücke hier habe, alles beynahe in meinem Kopfe schon verlöscht ist, und ich den
    Schlüßel
und
    Ton
gänzlich verloren habe, auch ohngeachtet alles Suchens nicht widerzufinden im stande bin. Der
    erste Bogen
ist für mich eine Grundlage für die übrigen, und das Muster oder Specimen, nach dem ich meinen Gang fortsetzen und einrichten muß. Gedruckt oder geschrieben soll mir also ziemlich gleichgültig seyn, und ich werde davon immer
    Gebrauch
machen können. Unser Salomon soll sich sehr erholen – desto beßer für mich. Den Zusammenhang oder die Harmoniam praestabilitam dieses Windes mit meiner Muse weiß ich mir selbst nicht zu erklären. Erhalt ich den ersten Probebogen oder wenigstens B. Gutachten: so werd ich mehr Luft bekommen. Herder melden Sie nichts, sondern überschicken ihm, wie mir, sub rosa. Gegen unsern Johannes entschuldigen Sie blos mein fast unverantwortliches Stillschweigen. Ich glaube kaum, daß Sie Selbst unsers Cl. Büchlein mit so viel Antheil können gelesen haben als ich; wenigstens hat es hier nicht eine gleiche Wirkung gethan. Wenn der liebe gute Mann nicht sein Urtheil durch die Uebersetzung des
    schändlichsten
Buchs verdächtig gemacht: so wäre nichts dagegen einzuwenden.
Vorgestern erhielte auch Moldenhawers Bogen, der nicht so schlecht ist, wie er aussieht.
    Ansehen
aber ist leider!
    Urtheil
.
Gestern habe das 2 St. des 66. Bandes der A. D. B. auch durchgelaufen und das Nicolaitische Etwas zweymal gelesen, worinn Sie auch das Ihrige erhalten. Nun fehlen mir noch die
    Annalen
von Crantz, und denn hoff ich die Acten ziemlich complet zu haben. Gestern setzte noch einmal an die
    Morgenstunden
zu lesen. Es sind nichts wie
    Waßerblasen
, und wenn es mir glückt, wie ich noch immer
    hoffe
und
    glaube
: so soll es an einem
    schreyenden
Beweise von der Blindheit der berlinschen Bewunderung und blinden Schwärmerey nicht fehlen. Sagen Sie mir doch, denn Vetter Nabal scheint alles wie im Schlaff u Traum geschrieben zu haben, waren die
    Gespräche
nicht M.
    erste
Schrift? Ich möchte viel darum wetten – und erinnere mich gar zu deutlich mit dem Verf. darüber gestritten zu haben, daß er die Briefe welche später herauskamen, jenen vorzog.
Wer, wie ich gethan, des Ernesti Clavem zu rathe zieht über das Tribunal wird gegen die
    Wahl des Motto
nicht das geringste auszusetzen haben. Brauchen Sie es daher ohne alle H… Verstümmelung und Beschneidung. Mein Sohn hat Ihren Gruß an Kraus bestellt. Er hat vor Freuden gehüpft, daß Sie den Berlinern nicht antworten würden, weil er meynt, daß Sie den Schreyhalsen keinen ärgern Streich spielen könnten, als auf ihr Lärm nicht einen Laut von sich zu geben. Ich halte es im Grunde auch mit dieser Politik.
Wenigstens beschwöre ich Sie und bitte darum, die Recension der Bibliothek abzuwarten. M. gesteht selbst daß es ihm um ein
    point d’honneur
zu thun war. Gegen diese unphilosophische Grille verlieren Sie kein einziges Wort, und trauen Sie keinem Freunde, der es für nöthig findt sich gegen den Unfug ungebetner Mittler zu retten. Mit Leuten, die gegen die Wahrheit streiten, verliert man immer durch Worte und je mehr man dergl. glaubt nöthig zu haben, desto mehr giebt man ihrer Geschicklichkeit, selbige zu verdrehen, Handhaben. Also um der
    Wahrheit
willen, die doch Ihre einzige Sache ist, leiden Sie, und überlaßen ihr selbst die Rache.
Je länger Sie warten und die Schwätzer ausgeifern laßen; desto
    treffender
wird Ihr Motto werden, desto nachdrücklicher für Sie reden. Ich habe beynahe gewünscht Ihnen mit meiner Autorschaft so viel zu schaffen zu machen, daß Sie kaum Zeit übrig haben sollten an Ihre eigene zu denken. Geräth selbige – nun gut für Sie u mich. Wird nichts draus; so machen Sie was Sie können, und meine Sache zur Ihrigen, wie ich die Ihrige zu meiner. In beyden Fällen setze ich keine Feder mehr an und bekümmere mich eben so wenig um das, was ich geschrieben habe, als was ich
      nicht s
    chreiben kann
.
Hill komt noch mit keinem Briefe. Es ist aber noch nicht 10. Dafür erhalte die 3 ersten Monate eines Journals aller Journale. Laßen Sie mich ein wenig blättern. Ich habe mir heute einen Feyertag gemacht. – Kaum den Wisch des ersten Monats durchgegangen; so kommt der Götterbote Hill. Alles gut, alles gut, nach Herzenswunsch. Ich muß also den
    gedruckten
    Anfang
abwarten, weil dieser das
    Exemplar
meines Ideals entwickeln helfen muß. Alcibiades mag Ihnen oder mir antworten: so bitte im ersten Fall mir alles
    lauter
mitzutheilen. Auch es
    schneidt
Ihr altes deutsches Sprichwort im P.S. Ich fühl die Wahrheit von dem was Sie sagen, und mein
    Affect
geräth zu oft in Dunst u Galimathias. Das XIII. Kap. des I.Cor. ist eins der grösten Räthsel und schwersten Schriftstellen für mich; besonders die ersten 7 Verse.
Was Sie mir zurückschicken, ist noch nicht ausgearbeitet – Nur der
    erste
    Bogen
hielte damals die Probe, der
    Druck
muß das erst ausweisen. Der 2te Bogen ist noch voller Schlacken u daran wird von mir noch nicht gedacht. Bitten Sie Ihre Mamsell Schwester 1000 mal um Vergebung. So war es gar nicht gemeint; hat mir auch nicht einfallen können. Es betrifft
    nicht
meine Handschrift oder Mst sondern blos die Züge meiner Schreiberey. Wenn Ihnen ein
    Wort
etwa unleserlich wäre; ein Umstand der eben damals im frischen Andenken war, wo ein gantz unbefangener den ärgsten Zug einer gelehrten Feder beßer zu errathen im stande ist, als ein gelehrtes ungedultiges Auge, das vor der Menge von Hypothesen, durch die man den Sinn eines chinesischen Pinsels erzwingen will, geblendet wird und die nächst liegende Ähnligkeit übersieht. Daß der gedruckte Bogen so weit in der Handschrift reichen sollte, kann ich mir kaum vorstellen, und hätte es nicht geglaubt; es fehlt mir aber in allen Dingen an Augenmaaß – und ich sehe alles bald durch ein Micro- bald Telescop. Die Abschrift fängt sich mit dem Abschnitt an: Zwar hat die deutsche Sprache – – – Sollte der Druck nicht so weit gereicht haben: so bitte mir das
    Mittelstück
zu ergänzen. In dem letzten Period fehlt überhaupt das Zeitwort. Noch einen
    kleinen Abschnitt
hab ich meines Wißens nachgeschickt; denn das ausgestrichene auf dem Blatt gilt nicht. Ich will also gedultig auf den
    abgedruckten Anfang
warten, nemlich auf den Probebogen, zu dem Sie auch wohl, liebster Fritz, sich Herders Erinnerungen ausbitten könnten, wenn er welche hat. Ich habe mittlerweile das Journal aller Journale durchgelaufen. Der Herausgeber nennte sich am Ende dieses Monats oder des ersten Vierteljahrs von Heß und lebt zu Hamburg. Die elenden Uebersetzungen aus dem Seneka schreckten mich beynahe ab; unterdeßen hab ich doch allerhand gefunden. Eine Ankündigung von Mendelssohns Tode, wo Sie auch gerechtfertigt werden auf eine lächerliche Art. Ein Gespräch zwischen Leßing Klotz u einem Dorfprediger im Reich der Todten ist auch eingerückt u wo ich nicht irre besonders herausgekommen. Daß der Buchdrucker in Mühlheim
    Eyrich
heißt, ist mir gnug. Aber wenn es ein Probebogen seyn soll, so muß der Satz des Buchdruckers, denk ich, so lange stehen bleiben, bis ich antworte. Ist dieses wohl für ihn möglich? und wird er sich dazu beqvemen, wenigstens bey dem ersten Bogen – denn bey der Fortsetzung will ich all was ich kann thun, die Sache ins Reine zu bringen Die Stellen, welche in der Abschrift vorkommen, müßen noch umgearbeitet werden, und ich behalte mir vor Ihre Erinnerungen zu nutzen – Was die 3 vorhergehenden betrifft, so fehlt mir die Ansicht derselben, und ich wünschte nicht, daß der Abdruck so weit gienge, als Sie dort dem Buchdrucker gelaßen haben. Es sind doch nur wegen des zum Titel bestimmten Blatts 3 Qvartblätter übrig, und ich wünschte gern einen etwas gedehnten Raum der Zeilen,
    ungefehr
wie Herders Ideen, nicht völlig so geraum. Von diesen drey Stellen kann ich daher nur die erste beantworten, und der Sinn bezieht sich gantz auf dasjenige was ich in der Dedication der Sokr. Denkw. über Niemanden den Kundbaren zum voraus gesetzt Jeder Schriftsteller hat sein eigen Publicum; dies
    Idol
ist sein eigen Ideal. Als
    Idol
ist ihm dem Publico an einem
    Opfer
so viel gelegen, als dem Opferer an seinem Ideal. Das gegenseitige Intereße zwischen Leser und Autor ist durch eine
    Kantsche Idee
ausgedruckt, die jetzt ziemlich geläufig seyn muß, und worüber ich mehr zu sagen willens bin. Wenn das Publicum an jedem Maulaffen und Bauchpfaffen Antheil nimmt; sollte es nicht einem s.v. Schmierhans Antheil nehmen, der Lust hat ins Feuer zu springen, wie ich in petto habe ein
    groß Opfer
der allgemeinen deutschen Baal zu thun. 2. Reg. X. 18–28. Diese Stelle kann also ihre Dunkelheit behalten, weil sie nothwendig aufgeklärt werden wird. Wegen der andern beyden Stellen, die dort stehen, muß ich selbige im Zusammenhange lesen.
Ich muß von dem
    Eingange
wider impraegnirt werden, ehe ich weiter gehen kann, und habe
    Schlüßel
und Ton, wie ich bereits gesagt, gantz verloren. Es geht mir wie einer Frau in Kindesnöthen, die zappelt und in Ängsten und Schmerzen ist. Jerem. XLIX. 24. oder wie ich Ihnen, glaub ich, schon ein ander eben so wahres Gemälde meines Seelenzustandes aus Jes. XXXVII.3. – es ist
    keine Kraft da zu gebären
. Ich weiß lieber Freund Fritz; daß ich in Ansehung Ihres Hauskreutzes ins Gelag hereingeredt. Ihre jetzige Erklärung beruhigt mich völlig, daß Sie mit der ganzen
    Begebenheit vollkommen zufrieden
    sind
.
Auch die Abtrünnigen nehmen an Seinen Gaben Antheil, und Er redt auch durch sie
    zu
uns, und wirkt auch durch sie
    für
uns. Der Wink der Vorsehung zu neuen Hofnungen wird zu seiner Zeit nicht unerfüllt bleiben. Da kam Freund Crispus, noch gantz begeistert von der Wirkung Ihres Stillschweigens. Die Berliner schämten sich schon selbst ihrer dummen Aeußerung, und suchten jetzt einer die Schuld auf den andern zu wälzen. Ich war gantz außer meiner Laune, und ein anderer Besuch, der ihm nicht angenehm war, störte ihnuns vollends. Es ist heut bey mir Rüsttag, und morgen speise ich bey Ihrem Namensvetter, übermorgen praenumerire ich auf das 6te Vierteljahr für meine Lisette Reinette, die ich lange nicht besucht. Kant wird zum ersten mal Rector Magnificus, und der Actus geschieht am Sonntage Quasimodogeniti, den Tag nach seinem Geburtstage. Bey seiner Wahl sind viele Schwierigkeiten gewesen, die Kraus durch eine meisterhafte Deduction erläutert und gehoben, welche ich ohne sein Wißen zu lesen bekommen. Kant hat sich auf eine sehr edle philosophische Art dabey betragen, die seinem guten Character, den ihm niemand absprechen kann, Ehren macht. Er arbeitet jetzt an einer neuen Auflage seiner Kritik, und hat den Verdruß gehabt von einem jüdischen Maler
    Löwe
auf eine gantz abscheulige Art in Kupfer gestochen zu werden, nach dem er wie ein wahres Monstrum aussieht, und der beste Physiognomist ein air de reprouvé ihm zusprechen würde. Ich vermuthe doch, daß einige Abdrücke davon nach Berlin gekommen seyn mögen, ohngeachtet der Debit eines solchen Pasquils verhindert worden und der Geck ad vivum pinxit die Unverschämtheit gehabt drauf zu setzen. 26. März 1786 Freuden-Brodt- u Rosen-Sonntag. Wird es kaum für mich seyn! Da Sie meinen garstigen Briefwechsel aushalten können, so wird Ihre Gedult, liebster J. nicht über noch meinen elenderen Umgang ausreißen. Jener ist allso Ihnen wenigstens eine Vorbereitung und Prüfung zum letztern, wenn es wie ich hoffe, dazu kommen sollte, uns einander zu sehen und Aug ins Auge kennen zu lernen. Ich bin fest entschloßen erst den Abdruck abzuwarten, ehe ich weiter zu arbeiten fortfahre. B. Antwort oder Erklärung und der Anblick des gedruckten Anfangs werden mich vielleicht wider in den Gleis bringen, aus der eccentrischen Lage, worinn ich mich gegenwärtig befinde. Ich weiß nicht, ob ich mich schämen oder lachen soll über das Misverständnis wegen meiner Hand und Msts. Sie sollten mein altes, verbogenes, bestaubtes, gelbes Hearz ausschwitzendes zinnernes Dintenfaß ansehn; so würden Sie aus dem Eckel, den dieser Anblick giebt, alles was daraus herfließen kann, beurtheilen können, und wie wenig ich Lust zum Schreiben habe. Ueberstehe ich meine gegenwärtige Crisin, die unmöglich eine blinde Windkolick seyn kann: so will ich es mit diesem Geräth machen wie ein vom Schiffbruch Geretteter der seine u vuida vestimenta dem mächtigen Meeresgotte zu Ehren aufhängt. – Zu
    scharf schneidt nicht
– Ist es nicht mit dem Denkspruch einerley:
    Allzuklug ist dumm
. Der auch an meiner Wand hängt von der Hand eines Schreibemeisters, der la Roche-Noblot hieß, und im Meer ertrunk mit einem Schiffe, das ihn nach Riga bringen sollte. Ich werde mir Ihr Postscript und das alte deutsche Sprichwort einzuprägen suchen; denn eben die affectirte übertriebene Schärfe hat mich stumpf gemacht. Natura und altera Natura, ein falscher erworbener Geschmack sind Schuld daran. Diese
    Entkleidung
thut so wehe, wie
    Haut
um
    Haut
. Nur ein so
    wilder
Schriftsteller, wie ich mich beynahe fühle, kann sich an das Escalpiren wagen und sein Selbstgefühl abhärten.
Meine Antwort auf Ihren Brief vom 21 pr. ist den 4 d. abgegangen. Gott gebe daß Sie mit Ihrer Erklärung von M. Unbesonnenheit weiter kommen, als er mit seiner Hypothese. Die
    Unvollständigkeit
    unserer Selbsterkenntnis
ist freylich an allen Beweisen schuld. Was brauchen Sie sich erst einen
    Schlüßel
zu machen, wenn Ihnen schon einer
    gegeben
ist von unserm
    Freund Reichard
, der wegen des einen verrathenen
    Worts
allen unsern Dank verdient. In dem einzigen Worte liegt alles, was M. zu beichten im stande war, und der engl. Commentar hängt nicht umsonst wie ein
    großes Schild
. Welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne den Geist des Menschen, der in ihm ist; und dieser verräth sich durch einen einzigen
    Zug
oder
    Laut
, den man erhaschen muß, und da muß man seine
    äußerliche
Sinnen zu Hülfe nehmen, aufmerksam seyn auf den
    gegebenen Buchstaben
, als das einzige vehiculum des zu
    erhaschenden Geistes
. Wenn man
    data
hat, wozu braucht man ficta? Mendelssohn war gewohnt mit Leidenschaften und ihren Masken umzugehen., beßer wie wir beyde. Quid rides? mutato nomine de te Fabula narratur. Er war selbst der Afrikaner, der sich an Johannes wie an Fritz irrte. In meinem Golgotha war es mir darum zu thun, die Philosophische Maske den Berlinern abzureißen. Daß es ihnen an Instinct nicht gefehlt diese Absicht zu errathen, davon habe ich indicia genug erhalten. Nun liegt mir noch der Beweiß auf, daß die
    Vorlesungen
anstatt den Verdacht des atheistischen, heidnischen, naturalistischen Fanatismus zu widerlegen, lauter apodictische Beweise deßelben sind. Kant hat nicht Unrecht, wenn er diese Metten für ein reines
    System der Täuschung
ausgiebt.
Die ganze Fabel meiner Autorschaft ist auch eine Maske, und ihre silberne Hochzeit wie Simsons seine um den Philistern ihre eigene Blöße zu zeigen, sie zu
    entkleiden
und sie zu
    verklären
daß man ihre naturalia nicht länger verkennen soll, sie zu malen, wie der verwünschte Jude den Kritiker der reinen Vernunft in Kupfer gestochen hat, daß Kinder u alte Weiber sich kreutzigen u seegnen sollen vor der mala bestia, ihrem Bild und seiner Uberschrift – Was der Leser thun sollte, muß ich nicht selbst thun, sondern
    ihm
überlaßen.
den 27 Der gestrige Morgen fieng sich mit ein paar Sonnenblicken an, auf die ein Nebel folgte, und den ganzen Vormittag ein Regenguß, auf den es zu schneyen anfieng. Alle meine Gänge sind auf heute verlegt, weil ich mitten im Regen nur einen einzigen zu meinem ältesten Freunde Kriegsrath Hennings bestreiten konnte, der dem Grabe auch nahe zu seyn scheint. Ich aß also zu Hause und ein Zufall spielte mir die
    Familie Frick
in die Hände, welche ich mich erinnerte schon einmal mit Vergnügen gelesen zu haben, und mit der grösten Zufriedenheit erneuerte, daß ich Wetter u alles Unlust an mir selbst vergaß. Da überraschte mich gegen Abend Freund Crispus, und wir ersetzten den Mangel des vorgestrigen Abends durch das vertraulichste Geschwätz über den Contrast unserer Lagen, und Angelegenheiten und Urtheile auch in Ihrer Sache, über M.
    Maske
, worunter er allein seine
    Leidenschaften
befriedigen konnte, und die ihm unentbehrlich war – über den von Ihnen angeführten Spruch des
    Pascals
, für den er und ich wider ihn an. Wir streuten uns
    Funken
und
    Saamenkörner
einander in die Seele, die nicht gantz ohne Wirkung und Frucht bleiben werden.
    Natur
und
    Vernunft
widerlegen eben so stark den Dogmatismum als Scepticismum. Unser Wißen ist
    Stückwerk
; aber noch mehr zweifeln,
– – Ich brachte den unvollendeten schönen Roman zu Ende. Sollte nicht selbiger von Sturz seyn? Wollte noch schreiben, muste aber aufhören und diesen Morgen das abschneiden, was ich gestern geschrieben hatte. Hätte bald diesen ganzen Brief cassirt, wenn ich Zeit zu einem andern, und die geringste zu einem klügern hätte. Gesundheit, gut Wetter, Ruhe und Freude zu Ihrem Aufenthalt in P. Wenn es auf Crispi suspiria und meine lacrumas ankäme: so würden Sie diesen Sommer so glücklich als August seyn. Ihr George und mein Michael würden auch ihre Rechnung dabey finden. Bey Ihrer liebsten würdigen Sgefälligen Schwester werden Sie alles gut zu machen wissen; wenn dies inter bonos nicht überflüßig wäre. Vale et sustine. N.S. Eben wie ich zumachen wollte, erhalte von Hippel das XII. Stück der Büschingschen Nachrichten vom 20 d. worinn der März der Berl. Monatsschrift recensirt wird mit vieler Unparteylichkeit. Mendelssohn mehr als Maimonssohn für sein Volk, aber das übertriebene Lob der berl. Nichtjuden ist den verständigen Berlinern so wohl als Auswärtigen eckelhaft und anstößig. Der Schluß in seinem letzten Briefe an Sie kommt ihm auch als ein gantz unverdienter, unverantwortlicher und unvergeblicher Spott über unsere Religion und ihren φφen vor – Das Berlinsche
    Tolerantz
    Monument
mehr ein
    Denkmal für die letzten berlinschen
    Wolfianer
. Komt es zu Stande, so wird er so lange er lebt hingehen um beym Anblick deßelben sich mit Lebhaftigkeit u Vergnügen zu erinnern, daß es einmal
    Wolfianer
in Berlin gegeben habe. Ich erhalte eben Sturzens Schriften, um mich wegen meiner Vermuthung zu widerlegen. Ist Ihnen der Verfaßer
    der Frickschen Familie
bekannt; so wünscht ich ihn auch zu wißen. Wenn ich doch nur wüßte, was in meinem Kopf u Eingeweiden – Muß mir die Erlaubnis nehmen mich den ganzen Tag umzutreiben durch dick und dünne. Vielleicht werd ich durch Bewegung ein wenig erleichtert. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 25ten März 1786. J. G. Hamann empf den 6ten Apr. beantw den 7 u 14ten
Kgsberg den 2 Apr. Dom. Judica 86. Ach! mein auserwählter! ach mein erwünschter Sohn! Gottlob! wir stehen also noch auf dem alten Fuß. Ihr Stillschweigen war mir Anfangs wohlthätig; aber in die Länge wurde es mir ein wenig verdächtig und peinlich. Ich glaubte mir wirklich Ihren Unwillen zugezogen zu haben, und war entschloßen selbigen mit eben dem Herzen wie Ihre unverdiente Güte zu ertragen. Dies sind nicht leere Worte, sondern Ausdrücke wahrer Gesinnungen – Es freut mich herzlich, daß alles gut geht und steht. – Ich war wirklich so tief versunken, und Muthlos, daß ich einen Engel nöthig hatte, der mich stärkte – und Ihr Brief war der Kelch, den ich erst heute gegen Abend erhielt, wie ich eben an Herder schrieb, und den beruhigen wollte, weil seine
    Weißagung
erfüllt worden die er unserm Jonathan in Pempelfort anvertraut, an deßen Autorschaft ich beynahe zu viel Antheil genommen und besorgen muste ihn dadurch eben so sehr wie mich selbst verwirrt zu haben. Ich werde Ihnen nicht viel schreiben, und traue mir kaum zu, Ihren Brief beantworten zu können – – Bey dem Abschluß meiner Schriftstellerey hab ich die Ausführung meiner Reise vornehmlich im Schilde geführt und mir die Hofnung gemacht meinen Urlaub dadurch befördern zu können. Also rühren Sie sich nicht von der Seite Ihrer
    Marianne
– – denn wie wär ich nach Weimar gekommen, ohne Ihren Vorspann? Also ist nicht Weimar, sondern
    Münster
und Ihr Haus der eigentliche Focus und Heerd, bey dem ich mich zu erwärmen und zu verjüngen hoffe – Meine Gesundheit erfordert schlechterdings eine Ausflucht und Reise – und ich dächte Sie hätten mir Ursache gegeben mein Leben mehr zu lieben, als zu haßen, worinn ich beynahe weiter gekommen wäre, als es recht und gut ist. Der das Wollen gegeben hat, wird auch nach Seiner Treue, Kräfte und
    Bewegungsgründe
zum Vollbringen geben, und ich hoffe und bin entschloßen das Meinige nach Vermögen (das Er darreicht und darreichen wird) zu thun. Ich danke Ihnen herzlich für die dreyfache Beylage, deren ich eins der Baroneße oder meiner Freundin Courtan geben will – das zweite vielleicht Hippel. Sie wißen wie ich an dem einzigen Worte:
    Seine Zeiten sind seine Geheimniße
mich gestärkt; weil ich diese Wahrheit täglich erfahre. Meinen Freund Kraus bring ich auch Ihrem ehrl. Schwaben mit wenn alles nach menschl. Entwürfen geht, denen sich Gott mehr accomodirt als wir den Seinigen zu thun im stande sind und Lust dazu haben. Also Ihre Marianne ist eben so ängstlich im Fahren wie der alte großer Papa, der immer das Gleichgewicht halten will, wenn es ein wenig schief geht, und wenn es vorbey ist, über sich selbst lacht, ohngeachtet ich die kursche Wege kenne, jetzt aber beynahe des Fahrens entwöhnt bin. Nun hab ich Ihnen vom Reisen mehr als zuviel geschrieben. Am liebsten möchte ich
    unterwegs
an Sie schreiben wie Sie gethan haben. Gott laße diesen Sommer so gerathen, wie die Erstlinge, die wir einige Tage so frühzeitig genoßen. Keine weitere Vor- und Nachrede ist unter uns nöthig. Mich wundert, daß J mir von Ihrem Unglück bey Dudlingen nichts gemeldt. Gott laße Ihre und Mariannes
    Freude vollkommen
werden durch Leben und Seegen. Dies ist mein täglicher Wunsch in petto. Dich glücklicher Leichtsinn! find ich nicht mehr, und klügle mich elend. Ein jfürstlicher Greis – – war mein jugendliches Motto, will mich auf meine alten Tage ein beßeres wählen, nicht mehr aus Gemmingen sondern Maleachi IV. 2. Der Belial Roterodamus ist Bayle, deßen Logick u Metaphysik zu seiner Schande u unsers Jahrhunderts vom Salomon du Nord u auf seine Kosten herausgekommen ist. Matth. XII. 42. ist der Schreibfehler. Tausend Liebes und Seegenswinke für die liebenswürdige Fußgängerin. Unterweges wird sich beßer und gemächliger schreiben laßen. Für die blinden und leichtgläubigen giebt es nur Fallen und Gruben. Der beste Magnetismus und
    schwerste
für mich, wie ich noch jüngst an Jacobi schrieb, ist 1 Cor. XIII. Ihre und Mariannens opera werden Ihnen beßere Commentarii als Joh. Casp. und Joh. Georgs gedruckte Randgloßen seyn. Giebt es einen Magnetismum; so laß er sein Daseyn durch Werke beweisen, gegen die kein Zweifel statt finden kann, und durch Früchte, die edler sind als Zeichen und Wunderkräfte. Alle Menschen sind Lügner – aber die Wahrheit ist einfach und braucht nicht viele Künste. Wir wollen darüber mündlich mehr reden, lieber muthwillig als ernsthaft. Ich weiß wenig selbst davon; es hat mir aber immer geahnt. Ich umarme Sie und Ihre fruchtbringende Hälfte im Geist und Wahrheit eines von Grund des Herzens erkenntlichen und zufriedenen Vaters und schon in Gedanken reisenden und kommenden Theilnehmers u. Zeugen. Joh. Georg H. Adresse: Herrn Franz Bucholz / Herrn von Welbergen / zu
    Münster
22. Apr. 86.
Kgsb. den 2 April Judica 86. Nun, mein alter lieber würdiger Freund – Sie haben mich nicht vergeßen, das weiß ich, und ich habe gnug an Sie und Ihr Haus auch gedacht, wo alles, wie ich hoffe und wünsche, wohl versehen wird. Wir haben hier seit Mittwoch, nicht nur Frühlings sondern beynahe Sommerwetter, das den Kranken wohlthätiger seyn dörfte als den gesunden und starken, die zum Misbrauch deßelben geneigt sind und sich im Genuß nicht mäßigen können. Meiner verehrungswürdigen Gevatterin, Ihrer Caroline wird es hoffentlich wohl thun, und Gott gebe, daß dieser Sommer die Mängel des vorigen Jahres ersetzen mag – uns allen, durch einen guten nexum rerum. Sie sind meinethalben in Sorgen gewesen, und ich danke Ihnen, liebster Landsmann, für den Antheil, den Sie an meinem Schicksal lnehmen. Ist Ihr dritter Theil der Ideen oder der zweite Theil Ihrer zerstreuten Blätter zur Ostermeße fertig geworden? Ich bettele darum, weil ich mir Erqvickung dabey auf einige Stunden verspreche, und ich selbige sehr nöthig habe. Daß ich im Genuß sehr eilfertig auch leider bin, und daß ich die Innigkeit der Dauer vorziehe, ist ein Naturfehler, den ich kaum ablegen werde. Ich will das
    Ende
von allem sehn, und dann sitze ich bisweilen erschöpft oder überladen. An unsern J. in D. habe ich mich in diesem Jahr zu Spott und Schande geschrieben. Mein Kopf leidet von dem Zustande meiner Eingeweide; das fühle und merke ich jetzt gar zu handgreiflich, und habe daher Halte! gemacht, und will mir Zeit laßen mich zu erholen und zu besinnen, daß ich von neuem anfangen kann, wenn noch ein
    Leben
für mich in
    Gottes Hand
ist, woran ich nicht verzweifele: απορουμενοι, αλλ’ ουκ εξαπορουμενοι – Wenn nicht J. Siedurch meinen Widersprüchen und Ausschweifungen gantz irre gemacht worden; so erhalten Sie vielleicht bald den ersten Bogen meiner
    Schrift
, womit ich schließen will, die ein wahrer
    Benoni
für meine alte Muse ist, der beynahe die Seele drüber ausgegangen. Dieser erste Bogen schien mir damals ziemlich gut gerathen zu seyn, wenn der Teufel nicht, wie beym Anfange der
    besten Welt
, sein Spiel gehabt und alles wider verdorben hat, selbst in meinen eigenen Augen. Bey diesem Anfange soll es so Gott will bleiben, und nach diesem
    Specimen
wünschte ich die übrigen. Ich bin auf einmal in ein so
    leidenschaftliches leeres
,
    blindes
und
    taubes
Geschwätz gerathen, daß ich den ersten Eindruck meines
    Ideals
gantz darüber verloren, und keine Spur davon wider herstellen kann. Lachen Sie über meine Ruhmredigkeit; es war eine Cherubsgestalt mit einem flammenden Schwert über das allgemeine deutsche Babel, wodurch ich wie begeistert wurde – und nun geht es mir wie den mit Blindheit geschlagnen Kindern Sodoms, welche die Thür nicht finden konnten, wo die Engel einkehrten. Ich wünschte, daß der Probebogen, den ich für Sie bestellt, Ihnen nach verrichteter Arbeit zu einem Osterfladen käme, weil derselbe so weit reichen würde als gnug ist meinen Plan hinlänglich zu exponiren; und da ich nunmehr weder mit dem Druck noch Entsetzung oder Ausführung dieses Plans eilen kann noch will: so bitte ich Sie bey aller Ihrer Freundschaft mir Ihr Gutachten mitzutheilen und Ihren unpartheyischen Rath mir nicht vorzuenthalten. In magnis voluisse sat est – – Wie alles was dies Jahr in der gelehrten Republik auf mich gewirkt in meinen Themata können Sie leicht erachten; und bey alle meiner schriftstellerischen Raserey und Autorwuth hab ich mich auf alle äußerste Fälle vorbereitet, und suche es noch zu thun. Ein gar zu heftiger Antheil, den ich unsers Freundes in Pempelfort Autorschaft genommen, hat auf meine auch Einfluß gehabt, daß ich selbige erzwingen und der Minerva meines Gehirns Gewalt anthun wollte, ihn durch mein eigenes Beyspiel auf allen Fall warnen, und dadurch auf sich selbst aufmerken machen, wie sich die Spartaner ihrer trunkenen Sclaven bedienten – Kurz ich lebe und zufrieden in dem, was ich überstanden, und vielleicht dadurch mehr und besser ausgerüstet, das Äußerste und Letzte zu wagen. Nach überstandenem Sturm wird ein günstiger Wind desto mehr meine Schiffahrt in den Hafen fördern. Sie werden das übrige schon von selbst errathen,
    wenn
Sie den Probebogen erhalten, zu deßen Erläuterung ich dieses habe voraus schicken müßen, um durch Ihr Urtheil das meinige u unsers J. zu berichtigen und zu bestimmen. Von B. aus M. habe seit seiner Heimkunft noch keine Zeile erhalten. Ist er mir böse; so muß ich mir das ebenso gefallen laßen als seine Güte, und beydes als von Einem Herren annehmen. Ich erwarte auch von seinem
    Urtheil
den Ausgang meiner Schriftstellerey, und von diesem Ausgange das übrige Schicksal derselben; denn auf ein Vehiculum zum Urlaube sollte alles mit angelegt seyn. Es gehört also wirklich ein wenig Zeit, und wo nicht Lust doch viel Glück dazu um so viel divergirende Absichten zu concentriren und in einen Stall oder Heerd zu bringen; und es ist kein Wunder, daß sich alle meine Bälle verlaufen, oder an statt den alten Sauerteig auszufegen, selbst der neue Süßteig versäumt worden ist, durch meine
    leidenschaftliche Uebereilung
, die ich niemals so tief kennen gelernt habe Unserm alten Freunde und Verleger H. habe gestern auch einen Scheidebrief geschrieben, szu dem ich mir 12 Tage Zeit genommen, und der mir so sauer geworden, daß nach dem
    siebenten Ansatz ihm zu
    antworten
ich erst mit einem Billet doux in seinem eignen Format fertig werden konnte – ohngeachtet des Caviars und der Haselhüner, womit er mich diesen Winter erfreut und der guten Dienste, die mir sein alter Peltz, den er vorigen Sommer zu meiner Reise hergab, mir bisher gethan. Die Sache betrifft seine Albertinchen, die er bey der Baroneße unterbringen wollte und andere unschuldige Leute, die ich Ursache habe für meine Freunde zu halten und dafür zu erkennen, gegen die er auch mit den gröbsten, Grund- und Lieblosesten Schmähungen um sich warf. Auch Ihres damaligen Verdrußes mit ihm erinnerte ich mich, und in einem gantz andern Lichte, als ich
    damals
    empfänglich
war, und es verlangt mich zu wißen, ob wir uns mit lachendem Gesicht einander ansehen werden, wie aruspex aruspicem – Ich habe so tief ich gekonnt mit der Sonde in seinem alten Schaden den Grund gesucht – Ich mache nun das Maximum zu meinem Ziel, und treffe das Minimum, womit ich auch gern für lieb nehme. Er hat sich schon den 12 d. vorgenommen von Riga abzureisen; er kann sich also noch meinen Brief zu Nutze machen. Wenn es der Mühe lohnt, sollen Sie mehr von dem Zusammenhange und Erfolge dieser mir empfindlichen Kleinigkeit erfahren. Unser Kanter liegt auch an einer Leberkrankheit ohne alle menschl. Hoffnung, wenn seine Natur nicht Wunder thut, wie sie bisher gethan hat. Meinen ältesten akademischen Freund Kr Hennings sehe ich auch zum Grabe eilen. Seit meinem schiefen Maule habe ich bey Hippel nicht gespeist und Jacobi ist der einzige wo ich zuweilen Mittags eße, aber auch nur selten. Der Umtreiber Hill scheint auch bey seiner sitzenden Lebensart an seiner Gesundheit zu leiden. Wir haben uns noch beyde diesen Morgen Ihres Hauses erinnert, und ich erwarte ihn gegen Abend wider. An der
    rechten
Stelle ist er nicht; er kann aber zufrieden seyn mit seiner Lage – In meinem Hause ist Gottlob! alles wohl, und voller Aussicht eines beßeren Jahres, als das vorige war. Kant soll über des Hofpredigers Schultz Recension des Ulrichschen Lehrbuchs empfindlich gewesen seyn, aber nicht so sehr, wie hier erzählt wurde. Er wird diese Ostern zum ersten mal Rector Magnificus. Er wird sich in der Vorrede zur Phoronomie gegen jene Recension verantworten. Er hat das Unglück gehabt von einem Juden
    Löwe
in Kupfer auf eine gantz abscheuliche Art verunstaltet zu werden und den Debit eines solchen monströsen ad vivum pinxit untersagt. Er arbeitet an einer verbeßerten Ausgabe seiner Kritik. Ist unser Landsmann D. Lindner nicht in Weimar gewesen? Von welchem Schriftsteller ist doch der Roman im deutschen Mercur, der unter dem Namen
    Moritz
herausgekommen – und die Abhandlungen über die
    Aufklärung
, ich weiß nicht, ob im vorigen Jahr oder 84. Das erste möchte ich, das andere eine Freundin gern wißen. Vergeßen Sie doch nicht wenn Sie können unsere Neugierde zu befriedigen. An Claudius 2 Recensionen habe ich viel Freude gehabt, und noch mehr wäre eine Zeile beygelegt; ich bin ihm aber Antwort auf einen freundlichen Brief schuldig, den er mir zu Anfang des Jahres schrieb, und zu deßen Antwort ich eine verhältnismäßige Laune erwartete, die mir versagt worden, und auf die ich, wie die Juden auf den Meßias, umsonst laure. Er wünschte mich mit einem Büchlein unter dem Arm zu sehen, und es hat nicht an der Autonomie meines guten Willens gelegen, ihm diese Freude zu machen. So bald selbige aufgehoben ist, werd ich mich nicht schämen, ihm meinen Banquerot anzumelden, und alle meine Freunde sollen sich in ihrer Rechnung nicht betrogen finden, die wenigstens so ehrlich gewesen ist, wie ich die Ihrige voraussetzen kann. – Ich hoffe bey einem so unaufgeräumten Kopf mehr wie ich sollte und kann geschrieben zu haben. Ihre Freundschaft, liebster guter H. ist die älteste, bewährteste wie Ihre Humanität. Erqvicken und stärken Sie mich alten matten Greis, denn meine Haare werden immer weißer – mit einem Werk Ihrer Muse et eris mihi magnus Apollo und Gewißensrath ohne
    Höflichkeit
, insofern sie der Humanität entgegengesetzt werden kann; sondern mit altdeutschem Biderherzen. An das philippisirende und judaisirende Geschmier in Berlin mag ich nicht denken; ich kann mir leicht vorstellen daß Ihnen eben so zu Muth (wie mir) dabey gewesen seyn wird. Das Α und Ω läuft im Grunde auf nichts, als ein
    Ideal der reinen Vernunft
heraus, und dadurch gewinnt man einen unendlichen Spielraum zu den willkührlichsten Einbildungen, von der andern Seite wird alle Wahrheit zu Schwärmerey. Durch diese Sprachverwirrung wird der Thurmbau von selbst aufhören. Haben Sie in
    Müllers Dorfschule
die witzige Tirade gegen die Bibel gelesen? Pope ein Metaphysiker! Mit einem noch stärkeren Exclamationszeichen ist die Frage
    ob
Leßing und Mendelssohn und
    wie
sie es gewesen sind? wenigstens für eine
    große Claße von Lesern
    und
zu ihrer Beruhigung aufzulösen und zu entscheiden mit eben so viel Energie als Enargie. Dies ist mein ganzes orphisches Ey, an dem ich brüte, daß es eine Gestalt gewinne. Die alte Frage Agurs: Wie heißt Er? und Sein Sohn weist du das? oder des mir noch immer lieben Persius: – Minimum est quod scire laboro:
    de Joue quid
    sentis
?
Wenn erst die
    Vernunft
zur wächsernen Nase wird; so werden natürl. die unphilosophischen Vorstellungen von
    Gottes Daseyn
und noch mehr von seinem
    Worte
die abentheuerlichsten Hirngespinste unter dem Namen von metaphysischen Theoremen und Problemen. Es ist ein größerer Atheismus Gottes Daseyn beweisen, als es leugnen zu wollen, und beydes läuft natürlich auf einen bloßen WUsum eines
    guten Willens
hinaus, der ohne Kopf ist, oder die
    Zunge
deßelben Stelle vertritt. Ich nehme nicht blos als Landsmann und Patriot, sondern aus einem weit nähern Intereße an Kants Autorschaft Antheil, und an ihrem Fortgange oder Schicksal – und wünschte sehr seine nähere Erklärung über das was Schütz aus einem Privatbriefe mitgetheilt hat, und woran ihn Schütz geflißentlich erinnert hat. Es geht mir mit ihm, wie ihm selbst mit den Berlinern. Die Vorlesungen sind ihm ein
    System der Täuschung
, die der Mendelssohnschen Beschreibung eines Mondsüchtigen ähnlich ist. Mir kommt sein ganzes System nicht um ein Haar beßer fvor. An keinem von beyden ist mir gelegen, und will mich in keines weiter einlaßen, als blos mich an die
    Grundsäulen
halten, die wurmstichig sind. Das übrige findt sich per nexum rerum von selbst. Mein zweites Criterion ist:
    an ihren
    Früchten sollt ihr sie erkennen
. – – Halt! lieber Landsmann, Gevatter und Freund! Ich umarme Sie unter 1000 Seegensgrüßen. Die ausgebliebene Post hat mich wacker geängstigt. Die Flüße sind ausgetreten und haben eine schreckl. Verwüstung gemacht. Eben kommt ein Brief aus Münster u Düsseldorf. Meine ganze Seele ist in Aufruhr: sie zu erbrechen. Der heutige Sonntag ist ein Freuden- Brodt- und Rosensonntag für mich gewesen; der vorige ein Todtensonntag. Judica me DEVS et discerne causam meam – Erstlich das Imprimatur von meinem Alcibiades und dann von unserm Jonathan den Probe- und Correctur bogen, den Sie vermuthlich auch mit einem Briefe zugl. erhalten werden. Beydes Lachen und auch Zittern – Nun, wenn Sie etwas zu sagen haben; so melden Sie dem Fritz Ariel – der Druck hat weiter gegriffen, wie ich gedacht und gewollt. – Nichts was aus Mutterleibe und aus der Gebehrmutter unsers Gehirns kommt, darf auf reine Vollkommenheit Anspruch machen. – ich will also lieber dieser transcendentellen Grille entsagen, als länger nach einem Schatten haschen und springen – Nun lieber Landsmann, Freund und Gevatter! schließen Sie mich auch in Ihr hohepriesterliches Gebet, wie in dem Urim und Thummim Ihres freundschaftlichen Herzens, daß ich von meiner Leibes und Seelenbürde glücklich entbunden werde. Meine verehrungswürdige Frau Gevatterinn weiß es auch, wie einer guten Seele in diesen Umständen zu Muthe ist, wenn man nach Jer. XLIX. 24 zappelt und in Aengsten und Schmerze ist. Gott gebe Ihnen fröhliche Ostern und seegne Ihr ganzes Haus. Hill wird wohl an Pathchen schreiben, wenn Hartknoch den Brief mitnehmen wird. Ich umarme Sie ut supra und ersterbe, wie ich lebe Ihr alter Joh. George mit seinem ganzen Gesindel, Michel u Comp. Adresse:
Des / HErrn General-Superintendenten
    Herder
/ Hochwürden / zu /
    Weimar
/ fr.
    Halle
den 3 April Montags 86. Sie sind mir recht so ein quainty spirit, wie der Ariel dem alten Prospero war. Gott gebe Ihnen liebster Jonathan nur Gesundheit, wie er uns jetzt das schönste Sommerwetter seit Mitwochs geschenkt hat. Die Weichsel u Gewäßer sollen so ausgetreten seyn, daß die Mittwochspost erst Sonnabends ankam. Vorgestern schickte Hill und des Abends Raphael miund Michel zu Fischer, und sie brachten mir die niederschlagende Antwort, daß nichts wäre – und aus Misverständnis die Nachricht, daß die Post schon angekommen. Ich war ruhig genug gestern an
    Herder
schreiben zu können, und wurde gleichsam dazu
    getrieben
so wol Seinet als Ihrentwegen, habe ihn auch auf den Empfang des Anfanges vorbereitet, und ihm den natürlichen Gang meiner überlegten und übereilten Schritte zu erklären gesucht. Es war schon ziemlich spät gegen Abend, und beynahe beym Schluß meines Briefes, wie ich ein
    zwiefältiges empfieng
– als von der Hand des HErrn. Es gieng mir eben so wie Ihnen wenn Sie überrascht werden. Die Stärke der Briefe war mir schon eine Weißagung eines guten Innhalts; und ich konnte sie nicht erbrechen, als bis ich erst diesen Empfang unserm Freunde gemeldet hatte. Es war eine große Beruhigung für mich vor
    Empfang
an H. geschrieben zu haben. Ich antwortete nach M. noch gestern bey Licht, und mein Joh. Mich. kam später wie gewöhnlich zu Hause. Mein Alcib. ist
    sich gleich
, und hat nichts wie Liebe und Nachsicht für mich, vielleicht
    zu viel
, wie Sie. Gott weiß es auch, daß ich dergl. Heilsmittel nöthig habe. Seine Marianne ist auf guten Wege ihn vollends glücklich zu machen. Um ihre Wehen zu erleichtern, wünschte ich, der Himmel weis was, zu thun. Das Bild eines
    geseegneten
Weibes ist mir immer sehr lebhaft vor Augen und im Herzen. Wegen der Mühe zu lesen wird ihm mein Brief
    lang
gnug werden, und ich habe nichts Neues hinzuzufügen, als daß ich mit Gottes gnädiger Hülfe
    komme
, und so
    bald
als ich nur immer kann. Ich will in Weimar nichts als Herders Haus sehen, in Wandsbeck unsers Claudius Schloß, Ihr Museum in Pempelfort nebst allen dazu gehörigen akademischen Wäldern anstaunen, statt des Danks mich mit Ihnen zanken und überwerfen, damit Sie mich bald nach Münster befördern, wo ich im eigentl. Verstande meine
    Wohnung
aufschlagen werde, bis man meiner auch überdrüßig wird – Und denn schlagen Sie, meiner beßern Gesellschaft wegen, uns nicht eine Herberge auf einige Nächte ab, wenn ich verspreche das zweite mal artiger als das erste mal zu seyn – Wenn der Schwindel mich nicht abschreckte u die steile Alpen, so machte ich gern einen Spuk in Z. wegen des dortigen Magnetismus, und kehrte geradesweges desorganisirt in den Schooß meiner Mutter Erde zurück, um daselbst die letzte Nothdurft meines Lebens zu verrichten mit einem: Vti puto Homo FVI. Da sehen Sie, lieber Ariel Jonathan, daß ich schon im vollen Marsch bin und daß ich heute unmöglich dem fliegenden Brief die Federn beschneiden kann, undm ihn in einen kriechenden zu verwandeln. Bey mir geht nichts nach dem Lauf der Natur. Aus dem Schmetterling wird die Raupe, aus dem Vogel ein Insect. Nun es gehe, wie es gehe! Mach ich es doch nicht beßer, wie die Kinder, die so bald sie ihren Willen bekommen, vor Muthwillen ausgelaßen sind, und eben so leicht heulen und weinen?! Es hat mir wirklich um Sie leid gethan, und ich recht in Sorgen deshalb gewesen, Sie durch meinen Briefwechsel irre gemacht zu haben, weil er voller Widersprüche, wie ein treues psychologisches Journal meines
    innern
und
    äußeren
Zustandes, das blos ein Freund von gleichem Schroot und Korn auszulegen im stande ist. Sie nehmen es mir also auch nicht übel, wenn Sie erst mit nächster Post den Probe- und Correctur Bogen zurück erhalten. Ich muß erst Crispum darüber zu rathe ziehen, und meinen alten Freund H. auch zum
    Vertrauten
machen, um meine Laune seit dem 7 Xbr die ihn näher als irgend Jemand angeht, einigermaaßen zu rechtfertigen. Er ist auch der einzige
    Judex competens
,
deßen politisches Urtheil ich darüber zu Rathe ziehen kann und muß; denn im ästhetischen ist er auch
    stark
, aber sein Geschmack hängt mehr an das Schöne, als Wahre.
Ich habe an meiner Schrift zwar nicht die Hand angelegt, aber immer daran im Sinn gearbeitet, und entschloßen den alten Sauerteig meiner alten Art und Natur völlig auszufegen. Der Anfang ist noch nach meinem Urtheil derselbe u schlliest mit der Episode des Mendelssohnschen Todes.  Ihre Gründe wegen der Parenthese von den
    reinen Idealen
und des
    Nehusthan
machte mich auch bedenklich, und der eckle Zweykampf mit dem dreyrumpfigen Recensenten sollte auch verkürzt, gemildert werden – Ihr
    allzuscharf schneidt nicht
machte mir eine Ttiefe Wunde und drung ins lebendige Fleisch und Gefühl, weil eben die leidenschaftliche Heftigkeit und Bitterkeit schien mir die wahre Ursache zu seyn, welche meinen Ton so verstimmt hatte. Die strenge Gerechtigkeit selbst ist nicht lieblos – Selbsterkenntnis ist und bleibt das Geheimnis ächter Autorschaft. Sie ist der tiefe Brunnen der Wahrheit, die im
    Herzen
, im
    Geiste
liegt, von da in die Höhe steigt, und sich wie ein dankbarer Bach durch Mund und Feder ergiest, wohlthätig ohne Geräusch und Ueberschwemmung. Ich suche immer in M. das was ihm zugeschrieben wird vom Berl. Recensenten Xenophontische Simplicität, Roußeausche Wärme und Leibnitzische Erhabenheit philosophischer Ideen. Je länger ich lese, je mehr befinde mich wie in einer Wüste, die leer ist, Finsternis auf der Tiefe, und kein Geist Gottes schwebt auf dem Waßer seiner Schreibart. War ich gewiß und kam es mir wahrscheinlich vor mein Hirngespinst nur erträglich zu einer sinnlichdeutlichen Darstellung zu bringen: so würde ich um eine
    größere
Schrift bitten, und selbige fast wünschen, besonders wenn selbige zugleich so rein und deutliche ist, wie diese mir vorkommt zu den Noten. In Ansehung der übrigen Beobachtungen haben Sie gleichfalls alles anticipirt, weil ich meine Eindrücke nicht zu entwickeln vermögend bin. Wenn auch aber die Schrift so bleibt: so finde ich nichts daran zuauszusetzen. Was die Colonnen betrift; so überlaß ich Ihrem Auge die
    Bestimmung
des Raums. Nur was mich näher angeht, ist ein reiner Titel ohne Vignette u Schmuck, und höchstens ein simpler Strich zum Anfange und Ende. Das Misverhältnis des Α–Ω! (welches ein wenig
    größer
seyn könnte) entsteht vermuthlich durch den ungleichen Raum des typographischen Herkommens in Deutschland, welches mir gleich auffiel, weil ein natürliches Auge leichter die Hälfte eines gantzen als ungleich getheilten Raums bemerkt u. findt. Wegen der Zahlen wünschte ich beynahe kleinere u etwas in die Höhe gerückte; weil die Parenthese ein gleichförmiges Zeichen hat als S. 5. Z. 1. Wir sagen hier zu Lande Bude und Buhdchen, meines Erachtens richtiger, weil der Vocalis nicht im plur. geändert wird so ist auch keine Veränderung im Diminutiuo nöthig. Die Häkchen u „“ können füglich S. 6 bey
    so weit
    so weit
und S. 8 bey
    so nahe
,
    so nahe
weg bleiben. S. 6 halt ich mich an des Cellarii Orthographie und schreibe u in der Mitte und v nur zu Anfang; also ouo. Das ausgelaßene etwa auf derselben Seite kann auch ausgelaßen werden S. 8 fehlt das e im Wort Opf
    e
rer
, und lin. penultima deleatur comma hinter Meisterstücks und ponatur nach Menschenliebe, Mehr bin ich mit meinen krittelnden Augen nicht im stande auszuspähen. Noch eins! In der Note 2. Ισα λεγειν sollte größer kommen, wenn welche da sind   – 3. kann bey vtens punctum seyn und sagt deleatur. Noch eins Der Vers des Horatz Incitat muß zu Anfang der obern Striche gerückt werden, weil die vorige Zeile ein bloßes hemistichon ist. Abermal eins Not 6. Top. § 4.   und noch eins S. 6. Das erste
    Ihm
so groß, wie möglich, auch ein punctum bey Kundbaren vor den Strichen. Kraus erwarte ich Nachmittags, und denke noch mit dieser Post zurückzusenden. Für die Zukunft sind Sie so gütig lieber 2 beyzulegen, damit ich eins zurück behalten kann. Vor der Hand ersetzt die Abschrift – Ich bin die beyden abgeschriebenen letzten Bogen mit wahrem Schauder und Schrecken durchgegangen, und begreife nicht, wie ich verblendet habe seyn können Ihnen solches rohe, unschlachtige Gewäsch zu überschicken, das ein wahrer Weschselbalg ist. Kraus findt Typen und alles gut; allso bleibt es, wie es ist. Wir haben wohl beyde gelacht. Mir hat die Nase aber geschwitzt, als wenn ich Sauerbraten eße; aber das Herz hat mir beynahe geblutet. Zeigen Sie es um aller Welt Niemanden. Ich will mich zu beruhigen suchen. Aber ich verzage an allem, was ich schreibe und geschrieben habe, beynahe bis zur Verzweifelung.
Düßeldorf den 7ten April 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 19 April Geantw den 23 – mit ½ Bogen Mst.No 35. Am vergangenen Dienstag, liebster Hamann, überaschte mich die Prinzeßinn v Gallitzinn mit ihren Kindern, u was kann billiger seyn, als daß ich mich Ihr, die wenigen Tage die Sie bey mir bleibt, ganz wiedme. Sie will am Sonntag schon nach Münster zurück. Ihren Brief vom 15t u 16ten, erhielt ich am Sontag vor 8 Tagen, u gestern kam der v 25t u 27ten. Buchholtzens Antwort, Abschrift u Gedrucktes, alles wird nunmehr in Ihren Händen seyn. Ich habe Herdern den Probebogen noch nicht geschickt, weil Sie Ihren Entschluß verändert zu haben schienen, u die Sache wenigstens keine Eile mehr hatte. Herder ist mir noch eine Antwort schuldig, u ich nöthige ihn ungern in diesem Augenblick an mich zu schreiben, weil er sehr apprehensiv ist. Nun soll aber doch Ihr Probebogen unfehlbar mit erster Post an ihn abgehen. Ihre beyden letzten Briefe, liebster Hamann, sind voll gediegenen Inhalts. Ich fürchte mich der Sünde Eine dieser Stellen zu berühren, weil ich zu sehr zerstreut bin. – Was mir Ihre Briefe sind, u wie ich Sie lese, wenn Sie das wüßten, lieber Hamann! Der Zustand Ihrer Gesundheit macht mich sehr bekümmert. Ach wenn doch Gott gäbe daß es sich mit Ihrer Reise hierhin fügen wollte. So eben erhalte ich einen Brief v Claudius, der auch wieder davon spricht. Goethes Fritz ist ein Sohn der Frau v Stein, Goethes vertrautester Freundinn. Er erzieht diesen Sohn, u läst ihn kaum aus den Augen. Den Roman, die Fricksche Familie, habe ich nie gelesen, u weiß den Verfaßer nicht. Ich habe in diesem Fache gar keine Belesenheit. Den 3ten Theil v Lienhard u Gertrude habe ich v einem Freunde geborgt, u große Freude daran gehabt. Ich werde mir das Buch anschaffen. Siegfried v Lindenberg u die Papiere des Braunen Mannes, die Sie mir vor ohngefahr einem Jahr anrühmten, haben mir nicht schmecken wollen. Sie fanden Aehnlichkeit in der Manier des Verfaßers, mit dem Retif de la Bretonne. Von diesem Retif habe ich nur den paisan perverti gelesen, nicht ohne Beschwerde, aber doch mit viel Erbauung. Was nicht von der einen oder der andern Seite
    Tiefsinn
, oder mehr als gemeinen
    Scharfsinn
verräth, kann ich nicht genießen. Die künftige Woche wird mich mein ältester Sohn aus Aachen besuchen. Bey dieser Gelegenheit soll auch George wieder aufgenommen werden. Der älteste ist der Handlung gewiedmet, weil ich von meiner Frauen den 4ten Theil an einer ansehnlichen Handlung geerbt habe, in der, wegen dieses 4ten Theils, auch das beynah mei n ganzes Vermögen steckt. So viel ich weiß hat Nikolai recht, daß die Briefe über die Empfindungen vor den Gesprächen erschienen, u, die Aufsätze in der Bibliothek der schönen Wißenschaften ausgenommen, Mendelssohns erstes öffentliches Werk wären. Uebrigens haben Sie wohl recht daß dies Nikolaitische Etwas, wie im Traum geschrieben ist, u die Betrübnis darin gleicht der des Agamemnon nach dem Homer; Ein Eselsgang, wie man einen sehen mag. Gott befohlen, Lieber! Ich muß abbrechen. Am Dienstag schreibe ich zuverläßig. Grüßen Sie Krausen, u unsern lieben Johann Michael. Von ganzem Herzen Ihr Fritz Jonathan Von der Prinzeßin, die herzlichsten Grüße, u sie läßt Ihnen sagen, daß Ihre Schriften jetzt fast das einzige wäre, was ihr wohl machte.
Kgsb den 9 Apr. Palmsonnt. 86. Wie ein Hund hab ich mich geschämt, und eine ganze Woche Zeit gehabt mich wider zu erhohlen. Heut vor 8 Tagen schrieb eben an Herder – und beym Schluß des Briefes und des Tages erhielt, worauf ich noch nicht antworten können – auch nicht weiß, wie ich es heute thun werde. Den gemachten Anfang lege Ihnen, Herzenslieber Fritz Ariel-Jonathan, um die Acten meiner Divina Commedia bey Ihnen und in Ihrem Schooß complet beyniederzulegen. Alles was ich Dom Judica nach Weimar geschrieben, bleibt noch heute wahr. Aber ich fühle es mehr wie jemals, wie vom corpore sano mens sana abhängt, und was der ältere Bruder demr jüngeren Schwester zu schaffen macht, das Fleisch der Vernunft. Ihre und B. großmüthige Freundschaft und Nachsicht druckte mich von einer Seite so tief herunter, als sie mich von der andern erhob und schwindlich machte. Ich lief vorigen Montag zu Hippel, zum Glück hat er Leute bey sich, und noch mehrere erwarteten ihn im Vorzimmer. Weil ich Geschäfte in der Stadt hatte, speiste ich bey Ihrem Namensvetter, und aß mit vieler Behutsamkeit einen Teller mit weißem Kohl. Nachmittags kam Kraus, und es gieng ziemlich gut mit der Correctur. Zum Unglück fiel es mir ein die Fortsetzung des geschriebenen mit ihm zu lesen. Darüber kam ich aus aller Contenance, ich machte ihm Vorwürfe, daß er mir solches Zeug hätte passiren laßen. Er wollte Manches mit meiner
    Excentricität
entschuldigen, die man mir nicht nehmen könnte, sondern laßen müste: aber wir waren doch einig, daß eine gänzliche Umarbeitung nöthig wäre. Ich und alles, Freundschaft und Feindschaft kam mir als das zweydeutigste Ding verdächtig vor; und ich hätte vor Angst aus der Welt laufen mögen. Die Blähungen verloren sich aus den Gedärmen und der pia mater. Es schien mir nicht Eitelkeit, sondern ein nicht unvergeblicher Stoltz und eine Art von Pflicht zu seyn, Ihre Grosmuth nachzueifern, und das beste zu thun, um Ihnen nicht Schande zu machen; in Ihrem letzten Briefe vom 24 März, den ich den 5 d. erhielt war auch Balsam für meine Wunden, und ich freute mich wenigstens über die
    Ahndungen
von meinem Gange, und über Ihre Zärtlichkeit mir Ruhe zu empfehlen – Freytags besuchte ich Hippel. Er hatte auch nichts auszusetzen, und überredte mich Mittags mit ihm zu eßen: welches ich seit dem 7 Xbr. zum ersten mal wider gethan. Weder er noch Freund Crispus, so sehr mich beyde aufmuntern, scheinen doch die Möglichkeit der Ausführung nicht absehen zu können. Ich nahm mich im Eßen und Trinken in Acht; muste aber des Abends wider Pillen und den Morgen drauf einnehmen; weil meine sonst willige Natur jetzt zu Verstopfungen verstopft ist. Ich habe mir die ganze Woche durch Bewegung gemacht, wenigstens mit meinem Michael ein halb Stundchen spatziren gegangen, und gestern eine Diät angefangen, womit ich mir in Engl. glaube das Leben gerettet zu haben. Da ich bey dem besten Appetit, meines Wißens über 8 Tage ohne Oeffnung blieb, und mich dadurch widerherstellte, daß ich mich auf eine Portion Caffé und Habergrütze einschränkte. Ich will diesen Versuch so lange aushalten, wie ich die Wirkungen deßelben auf die Cruditäten meines Unterleibs und Kopfs erfahren werde. Fasten und Beten, Diät und Ruhen von überspannter Arbeit sind die einzigen Mittel gegen dergl. Besitzungen von malis bestiis, die in der Luft und unsern Säften herrschen. Es ist mir lieb, daß Sie und Alcibiades den Vorschuß unter sich theilen, und ohne
    aushaltende Hoffnung
zum Ziel zu kommen, würde ich darein nicht willigen können. Wenn es mir gleich wie
    Bileams Eselin
geht: so denk ich doch nicht auf seinem Wege zu seyn. Ich glaube
aber, daß unser
    gegenseitiger Wetteifer
ein wenig Abkühlung höchst nothig hat, und daß die Vorsehung Selbst dafür sorgt, uns
    nüchtern
zu erhalten und
    wachsam
zu machen. Sie erhalten also den Correcturbogen hiemit zurück, nachdem ich mich eine ganze Woche lang damit befreuet und gemartert habe, nur bitte H. Antwort abzuwarten, aber ihm ja nichts handschriftlich mitzutheilen – Crispus findt alles unverbeßerlich, und meynt, daß alles bleiben soll, wie es ist, und ich habe dagegen eben so wenig einzuwenden, als gegen Ihre Bemerkungen, die gleichwol meinem Geschmack näher kommen, wenn ich nur erst das Ende erreicht, und damit so zufrieden seyn könnte, wie ich es mit diesem Anfange bin und seyn kann. Auf den noch unabsehlichen Fall, daß ich diesen Benoni den Benjamin meiner Muse nennen könnte, wären mir die Typen des Tit Texts lieber zu den Noten, und zum Text ein verhältnißmäßiger größerer und geraumer Druck. Ich traue mir aber in allem diesem
    Äußerlichen
weder Geschmack noch richtiges Urtheil zu, und gebe Ihnen als Unternehmern ausschliessende Vollmacht mit der einzigen Einschränkung des: ne quid nimis, wozu Sie eben so geneigt als ich selbst zu seyn scheinen. Alles was ich in Ansehung der Zahlen zu den Noten und der Interpunction angemerkt, überlaß ich Ihnen, und ob nicht durch Auslaßung der Gedankenstrichen nicht der Sinn beßer zusammengehalten werden kann, als durch den Ueberfluß. Meine Orthographie ist nicht einförmig, u soll es auch nicht seyn. Ich schreibe bald Akademie bald mit dem c nemlich jede französische oder lateinsche; also auch die welsche in Berlin u Platons Schule mit dem k. Ich schreibe De kan mit dem k als Anführung aus einem Buche u mit dem c als meine eigene Anspielung nach etymologischer Form die uns aus dem lateinschen näher als aus dem Griechischen. Dies gehört zu meiner Mikrologie, die mir selbst lächerlich aber deshalb nicht gantz gleichgültig ist, und mein lieber Alc. hat Unrecht gehabt unsern Claudius mit einem K. zu schreiben.. Ist der Verstand geschloßen; so müßen die Puncte vor dem Gedankenstrich nicht vergeßen werden. Ob ich Dorfprediger oder Dorfpfarrer, wählen Sie auch; ich wollte eine Geckerey anbringen – Wenn die andächtigen Leser so viel lachen als Crispus und Hippel: so bin ich für mein
    sudavit
und
    alsit
des Autorfiebers entschädigt; weil es doch beßer ist durch Lachen als Aergernis seinen Zweck zu erreichen. Ist die Stelle S. 8 durch
    noch mehr
jetzt deutlicher als durch
    eben so viel
? Scheller hat seinen Freunden hier den auf den 4 angesetzten Hochzeittag angekündigt und die Ausstattung sollte in Graventihn geschehen. Hippel feyerte diesen Tag und Michaels als sein Schüler war auch eingeladen. Kant war auch zugegen, Raphael war eben aufgestanden, wie das Gespräch auf Mendelssohn gekommen, deßen Ausgang er daher nicht abwarten können, und ich gieng deswegen zu Hippel der mir alles ersetzt. Von Brahl, den ich lange nicht gesehen, und der auch bey mir ansprach, erhielte den vorläufigen Wink, daß Kant sollte ersucht worden seyn aus Berlin den
    Schiedsrichter
abzugeben; wozu er denn wohl zu klug ist. Er soll sich aber auch soetwas haben entfahren laßen, und es ist wahrscheinlich, daß er von seinem gewesenen Schüler und Vorläufer D. Herz darum ersucht worden. Kant hat erklärt, daß er etwas in die Monatsschrift über
    die Verdienste
    Mendelssohns um die jüdische u christl. Religion
wollte einrücken laßen, wenn es dort aufgenommen würde – und bis zur Schwärmerey von M. Originalgenie und seinem Jerusalem eingenommen gewesen,. Das erste soll er in die Geschicklichkeit gesetzt haben, mit der M. die Kunst sich jedes Umstandes zu Nutz zu machen gewußt, jede Hypothese in ihr günstigstes Licht zu setzen. Der Wortwechsel soll so heftig geworden seyn, daß Kant voller Unmuths weggegangen, und sich beynahe gegen den Bancodirector Ruffmann ungezogen und grob aufgeführt, worüber sich Hippel selbst wunderte und eben damit nicht sonderlich zufrieden war.
Kant ist ein Mann von eben so großen Talenten, als guten und edeln Gesinnungen, der sich von Vorurtheilen sehr begeistern läßt, aber sich nicht schämt selbige zu widerruffen, abzulegen und zu verleugnen. Man muß ihm nur dazu Zeit laßen, selbst in sich zu gehen. Er plaudert lieber, als er hört. In puncto seines Systems und dadurch erworbenen Ruhms ist er gegenwärtig ein wenig kützlicher und eingenommener, wie Sie selbst leicht erachten können. Das ist nicht gantz seine, sondern vornemlich des lieben Publici schuld. Man kann es ihm also nicht gantz verargen. Hofprediger Schultz, mit deßen Recension des Ulrichschen Compendii er ungemein misvergnügt gewesen, ist ihm zuvorgekommen, und hat ihn neulich besucht. Die Unterredung hat lange gewährt; Kant scheint mit dem Ausgange zufrieden gewesen zu seyn. Gestern kam einer unserer besten Köpfe,
    Jenisch
zu mir, der ein Vertrauter des Hauses ist, und durch deßen Wink der Hofprediger zu diesem Besuche vielleicht bewogen worden – Aus dem was er mir erzählen konnte, merkte ich daß der Geistliche dem φφen in die Karte geguckt – und daß K. in der ersten Hitze erbitterter gewesen seyn muß, als es ihm selbst lieb gewesen. Diese Schwachheit kam durch seinen Amanuensen heraus und wurde hernach bemäntelt. Kant ist überhaupt bey aller seiner Lebhaftigkeit ein treuherziger unschuldiger Mann. Aber schweigen kann er so wenig als
    Jachmann
, der von gl. Schlage ist und dabey ein sehr junger und sanguinischer Mensch. Beyde sind meine u meines Sohns Freunde, Jenisch, ein nur etwas zubrausender Kopf übt sich mit RMichael u Raphael im Griechischen, wo sie jetzt den Aeschylum lesen. Beyde gehen nächstens nach Berlin
    Jachmann
seinen Cursum medicum auszuführen,
    Jenisch
als ein philologico-theologischer Glücksritter, wozu er gute Aussichten hat. Dieser geht mich näher an, als jener. Auf unsern Kritiker bauen Sie nicht und haben es auch gar nicht nöthig. Er ist wie sein System, kein Fels sondern Sand, in dem man bald müde wird weiter zu gehen. Laßen Sie der Wahrheit Iihren geraden Lauf, und jedem seine Freyheit. Sie fahren dadurch am sichersten und besten. – Mir ist eben so viel daran gelegen, daß er mit seiner Arbeit herausrückt, als Ihnen nur seyn kann. Die Verdienste des Todten gehen uns beyde nichts an; ich habe es bloß mit der
    berlinschen Schätzung
derselben zu thun. Jede Anhänglichkeit eines Systems ist ein Sauerteig für die reine lautere Wahrheit, welche unssich mit ihrer Milchspeise nicht verträgt. Entwöhnt vom System müßen wir werden; und für Säuglinge taugt kein starker Wein.
Also Kants
    Neutralität
laßen Sie sich gar nicht beunruhigen. Alle meine Verbindlichkeiten die ich ihm schuldig bin, und daß Michael alle seine Collegia die Erlaubnis hat zu hören, soll mich nicht abhalten, anders so zu schreiben als ich denke – und ich besorge von mir keinen Neid noch Eifersucht auf seinen Ruhm. Ich habe schon manchen harten Strauß mit ihm, und bisweilen offenbar Unrecht gehabt; er ist darum immer mein
    Freund
geblieben, und Sie werden ihn auch nicht zum Feinde machen, wenn Sie der Wahrheit die Ehre geben, die Sie schuldig sind u ihr angelobt haben. Von jedem Systematiker müßen Sie eben die Denkungsart erwarten, daß er von seinem System wie ein römisch Katholischer von seiner einzigen Kirche denkt; und eben das Principium, das in Leßing u Mendelssohn war, scheint auch K. πρωτον ψευδοϛ zu seyn, wiewohl er, wie ich vermuthe, ohne Heucheley von Offenbarung bescheidener redt u selbige mit in sein Intereße zu ziehen scheint. Der Auftritt mit den jungen Leuten, von dem ich Ihnen gemeldt, die sich bald von ihm bald von Schultz nannten, hat ihn glaub ich behutsamer gemacht.
Schellers Hochzeit ist in Graventhin ohne das Brautpaar gefeyert worden. Der Eisgang und eine abgerißene Brücke hat die Hinfahrt unmögl. gemacht. Wie unangenehm dem grösten Theil der Intereßenten und wie lächerlich dieser Umstand den übrigen gewesen seyn muß, läßt sich leicht erachten. Hippel ließ es mir gestern melden; keiner seiner hiesigen Freunde ist eingeladen worden. Da Sie Gottlob! liebster Jonathan, ruhiger und gesunder als ich bin, so schreiben Sie allerdings – An meinem guten Willen hat es nicht gelegen, Ihnen ein wenig Bahn zu machen, und die fürchterliche Rotte näher kennen zu lernen. Wir haben wenigstens immer Ein Spiel und ein einziges Intereße, das auf meiner Seite nothwendig wachsen und zunehmen muß. Sie arbeiten wirklich für mich, und laßen mir denn die Erndte oder wenigstens eine noch reichere Nachlese. Gottes Zeiten sind Geheimniße, sagt unser B. und ich erfahr es auch in diesem Fall. Ich bin auf den ärgsten vorbereitet und entschloßen gewesen, der vielleicht nicht so arg seyn mag, als ich mir ihn vorstelle, wenn ich nemlich über der Jagd meiner Irrlichter im Morast stecken bliebe. Ich wollte mir selbst Bande und Feßeln anlegen – Hippel billigte dieses Hausmittel, deßen er sich selbst bedient – und bin dadurch wirklich unthätig und ein Gebundener geworden. Bedienen Sie sich Ihrer Freyheit und Ihrer Kräfte – Ich freue mich darauf und wünsche Ihnen zum voraus Glück, wie zur zweiten Auflage Ihres Spinoza-Büchleins. Nur eilen Sie nicht mit der
    näheren Erklärung Ihres eigenen Systems
; sondern halten sich so viel Sie können an die politische Seite und suchen Sie die quaestionem facti in integrum zu restituiren, und Ihre Redlichkeit gegen die berlinschen Masken und ihr hypokritisches Theaterspiel und philosophisches Taschenspiel, so gut Sie können zu rechtfertigen. Die Rotte mag so fürchterlich seyn wie Sie wolle, und ihre Zahl eine Legion: so ist daran nichts gelegen. Ich will Ihnen gern nachhinken, und kann nichts mehr darüber sagen, als ich gethan habe – daß keine
    Schwierigkeit
, kein
    Berg
, der
    unersteiglich wäre
– Freylich sauer wird es mir. Schultern und Lenden thun mir weh; aber ich gehe deshalb noch immer vorwärts, und komme auf die alte Spur, die ich beynahe verloren hatte und deren Verlust mich eben verwilderte, und auf
    krumme
    wWege
    wandelte
statt des geraden Pfades. Bitten Sie Freund Tiro Schenk um Vergebung, daß ich ihm die Mühe und den Eckel gemacht, solch tummes Zeug abzuschreiben, worüber mir selbst Hören und Sehen vergieng, da ich es nur laß, geschweige wenn ich es hätte ins Reine schreiben wollen.
Sie arbeiten also selbst, liebster HerzensJonathan, und brauchen die Preße, und ich muß mich in Ernst in eine
    Wüste
versetzen, Däiät halten ohne gesetzliche Strenge, jeden Tag eine Stunde spatzieren gehen und die Hände in den Schooß legen, weder lesen noch schreiben, selbst Ihre Briefe nur dann beantworten und an Sie schreiben, so bald ich ausdrückl. Anlaß und Materie dazu habe – So werden wir beyde in unserm
    Plan
und C
    Zirkeln
nicht gestört, und sind uns einander nicht im Wege. Erfahr ich das Geringste, womit Ihnen gedient und wovon Sie Gebrauch machen können; so bin ich eben so pünctlich wie Sie, und von Ihrer Seite erwarte ich ohne noch erst zu bitten eben diese Bereitwilligkeit und freundschaftlichen Eifer. Mens sana in corpore sano ist das Einzige und Beste, was die Kinder so wohl unsers Leibes als Geistes von Ihren Eltern ererben können. Ich hoffe daß Sie die unumgängliche Nothwendigkeit und beyderseitige Verbindlichkeit zu diesem Entschluße eben so lebhaft wie ich einsehen werden. Bey diesem ersten Bogen, den ich Ihnen mit stummen Dank widergebe, bleibt es also, aber mit der Fortsetzung machen Sie Halte. Wie ich ihn heute vor 8 Tagen erhielt, gieng es mir wie dem alten Simeon mit dem Kindlein auf dem Arm. Ich verlor alle Lust zu schreiben, und dachte an nichts als Fahren und Reisen. Einl. an unsern guten B. habe noch denselben Abend geschrieben, bin aber schlechterdings weder im Stande einen andern zu schreiben. Wenn Gottes Wille nicht dem unsern entgegen ist; so wird alles in Ihm Ja! und Amen seyn. Vielleicht ist es beßer, daß die Schrift in meiner Abwesenheit erscheint – – und dies war mein erster Gedanke. Den Einfall hab ich gänzlich aufgegeben sie zum Apparatu und vehiculo meiner Reise und Urlaubs zu brauchen. Ich habe diese ganze Woche an dem Resultat zugebracht – und finde, daß
    Reise
nöthiger wie
    Arbeit
ist, jene füglicher wie diese getrieben werden kann. Erhalte ich wider eine abschlägige Antwort; so ist Zeit gnug, den gordischen Knoten mit dem Schwerte aufzulösen, Leben und Kragen aufs Spiel zu setzen, ohne meiner selbst zu schonen. Dieser Instinct kann mehr dunkeln Einfluß gehabt haben, als ich weiß. Die Witterung dieses Frühjahrs ist außerordentl. Ein starker Regen ist heute gewesen – und alles sieht nach einem milderen Sommer aus, als der vorige Jahrwar. Die Weichsel hat in Westpreußen einen seit 100 Jahren unerhörten Schaden gethan., in dem dortigen Paradiese der Niederung von Marienburg bis nach Thorn. Ueber 40 Dörfer mit Menschen u Vieh umgekommen. Ueber eine Million rth wird der Schade geschätzt. Was kann es Ihnen helfen oder für Freude machen mit jedem Posttage aegri somnia zu lesen! Sie werden also gegen meinen Plan nichts einzuwenden haben, und alle meine Briefe noch beantworten, auch wenn ich einschlafen sollte mich ein wenig aufmuntern und aufwecken mit einem: Schläfst du Brute! Ich werde bey meinem far niente Sie auch nicht vergeßen heimzusuchen, und so bald ich das Maas eines Bogens erfüllt zu Ihnen als dem Speisemeister und Architectivo meiner silbernen Hochzeit den neuen WMost zu kosten geben. Theilen Sie dem Hohenpriester zu W. nichts als gedrucktes mit und vergeßen Sie auch nicht Freund Claudius mit einem Abdruck zu versorgen – Moldenhawer habe schon – aber Sie werden von selbst nicht vergeßen Nicolai Ehrengedächtnis auf M M. in dem neusten Bande der A. D. B. zu lesen, weil er sie auch angeht. Hier hatten die Juden ausgesprengt, daß sein Mst auf Lavater jetzt ans Licht kommen würde. Man hört aber nichts weiter mehr. Kurz, ich bin krank – und die Sache so wol als Materie, über die ich arbeiten soll, ist noch nicht reif gnug, in zu großer Gährung – Mir wär es also lieb, wenn Kant die Berliner sicherer und stoltzer macht, daß sie so weit sie könnten, ausfielen und ihr Maas voll machten. Also hat meine Cunctatio auch von dieser Seite Vortheil – und was eben so wahr ist, ich bin nicht
    reich
gnug an Materie im Spinoza, den ich wegen Ihres
    Buchs
, tiefer, ohngeachtet meines Eckels und meines schwachen Gedächtnißes und Kopfs, und langsamer buchstabiren muß, noch nicht bewandert gnug, selbst Ihre Exposition völlig zu verstehen und beurtheilen zu können. IchMan muß ein eben so guter Kameelschlucker als Mückenseyher seyn, ex vtroque Caesar, um solchen Gegnern wie die Berliner sind, die Stange halten zu können., die alles durch Schul und Hofwitz abmachen und den gesunden Menschenverstand blos nöthig zu haben glauben, um sich orientiren und die Leser bey der Nase herumführen zu können. Hypochondrische und mikrologische Aengstlichkeit macht mich untüchtig das Gantze, meine Ideals zu faßen und fest zu halten, und jeder Theil drängt sich und will selbst das Gantze seyn, daß ich mit der Subordination nicht fertig werden kann. Materie hängt von Umständen ab und Form von
    Schäferaugenblicken
, die eben so wenig in meiner Gewalt sind. Weder meine Tenne noch Kelter haben Vorraths gnug – Schwert und Bogen hilft auch nicht. Die Sache muß sich also durch ihr eigen Gewicht fort wältzen und mich mit sich reißen – daß es nolens volens geht.
Freund Crispus besucht mich, und meynt auch, daß Sie wegen Kants nichts zu besorgen hätten. Er giebt sich mit seinen persönlichen Händeln ab, und würde höchstens seine Meinung über die Sache sagen, das Ihnen auf keinerley Weise nachtheilig seyn könnte. Er hätte damals auch schreiben wollen, über das Recept des Mendelssohn gegen Aberglauben u Schwärmerey, das ihm lächerlich vorgekommen wäre. Das Jerusalem wäre ihm immer als ein unwiderlegliches Buch vorgekommen. D. Marcus Herz hatte ihm sein dunkdickes Buch über den Schwindel zugeschickt, das er nicht lesen könnte, weil es zu psychologisch wäre. Er war hier sein bester Schüler und Respondent, beklagte sich aber über die Misverständniße seiner Philosophie ziemlich laut, die er ihm aufgebürdet in den
    Betrachtungen aus der
    speculativen Weltweisheit
Kgsb. 771. Kehren Sie sich an alles das Geschwätz nicht. Als Philosoph hält er es mit Mendelssohn, aber gewiß nicht als mit einem Wolfianer und mit dem Juden nur in so fern er Naturalist ihm scheint. Es geht allen den weisen Nathans wie dem Aethiopier. Sie verwechseln das Gesicht mit der Maske, und umgekehrt, um im Grunde über sich selbst zu lachen. Melden Sie mir doch, wenn Sie Reichardt sehen. Zwischen ihm u K. ist eine Art von Antipathie, und man macht ihm hier ein Verbrechen daraus, daß er sich in Dinge gemischt, die ihn nichts angehen. Ich bekam über diesen Punct auch ein Billet doux, das mir sehr sauer geworden zu beantworten, weil die Sache mit so viel empfindlichen Nebenumständen für mich verwickelt war. Nach 12 Tagen Bedenkzeit und 7 Concepten wurde ich endlich mit einem Billet doux auch fertig, und bin ungedultig die Wirkung davon zu erleben. Urtheilen Sie selbst aus dieser Kleinigkeit, wie eingeschreckt ich bin den Mund aufzuthun oder die Feder anzusetzen, und mein mens sana in corpore sano meine erste Sorge seyn muß, um meiner Sache subjective so gewiß zu seyn, als ich es objective bin. Der erste Bogen, soweit er abgedruckt ist, bleibt, wie er ist, und ich weiß an selbigem nichts mehr auszusetzen; was Sie von meinen Correcturen genehmigen, bleibt, was Ihnen beßer deucht, wird mir lieber seyn. Weiter aber keine Zeile mehr abgedruckt, bis Sie das übrige erhalten. Unterdeßen kann der Abdruck Ihrer Schrift vor sich gehen. So bald ich mit dem zweiten Bogen fertig bin, sollen sie ihn liebster Jonathan! erhalten. Eilen Sie aber nicht, bis ich gantz fertig bin. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Heiterkeit zu Ihrer Arbeit, auf die ich mich freue. Wegen des Abdrucks der meinigen kann ich unbesorgt seyn, daß eine correcte Ausgabe alle meine verhudelte Blätter übertreffen wird, die von Druckfehlern wimmeln, wovon dieser Bogen so rein als möglich ist den 10 – Ich hab es beschlafen, dabey bleibt es also, liebster Jonathan. Ob die Form des ersten Bogens so lange bleiben kann, weiß ich und versteh ich nicht. Er kann also wie er gegenwärtig ist abgedruckt werden, aber keine Zeile weiter wird gesetzt, biß ich die Fortsetzung schicke. Da ich allein gegen 100 nöthig, so werden Sie eine hinlängl. Auflage machen laßen um den Vorschuß der Kosten damit ersetzen zu können. Ich überlaße auch die Correcturen dieses Bogens Ihrem
    völligen Gutbefinden
unumschränkt in Ansehung der Interpunction, was Ihnen am besten ist, wird es mir auch seyn. Die wenige ausgestrichene Zeilen können denk ich leicht ersetzt werden, wenn auch die erste Seite ein wenig tiefer kommt. Nur keine Vignette, kein Zierrath. Wenn es Ihnen auch genehm ist, so könnte das Α – Ω lieber vom Titel auf den Anfang des ersten Blatts versetzt werden, und statt eines Strichs oder Stocks dienen. Einl. nach Münster ist schon über 8 Tage alt. Ich bin nicht im stande andres zu schreiben, und Gottlob! es bleibt alles beym Alten. Ergänzen Sie aus meinem Brief und übersetzen Sie es so gut Sie können, wenn ich Entschuldigung nöthig haben sollte, die zwischen uns 3 ein Opus operatum zu seyn scheint Heut ist der dritte Tag meiner Diät, und ich verspreche mir Vortheil für meine Gesundheit. Werde diese Woche kaum ausgehen, auch es bey meiner mäßigern Nahrung weniger nöthig haben. Der Nordwind herrscht und es sieht nach Hagel aus. Sie beantworten wenigstens diesen Brief und erfreuen mich so oft Sie können mit Nachrichten von Ihrer Gesundheit und Fortgange Ihrer Arbeit. Der erste und eine Bogen meiner ist mir ein Unterpfand und Haftgeld für das All und Gantze, es mag im
    Fluge
oder wie es immer wolle gehn, durch dick u dünn – durchs rothe Meer u Wüsteneyen. Man kann was man will, wenn man will was man kann. Der
    angefangen
hat nicht allein das
    Thun
, sondern auch das
    Wollen
, wird auch
    vollbringen
das Thun 2 Kor VIII. 10, 11. denn Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Freude zur Osterfeyer. Meine Lisette Reinette ist ein Palmsontagskind, u geht den 12 in ihr 15 Jahr. Sie hat gebeten sie erst auf Ostern zu erwarten, weil ihre nächste Freundin u Lehrerin Fräul. v Hallmann, eine geborne Virtuosin ihren alten Vater verloren. Wohl dem, der Freude an seinen Kindern erlebt, und die hab ich nebst Θ uns. A. B. zu verdanken. Gott schenke diese Freude auch Ihnen in vollem Maaße. Ich umarme Sie im Geist u Herzen unter den besten Wünschen u Hofnungen. Vergeßen Sie nicht den alten Prediger in der Wüsten Johann Georg H. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 3 – 9ten April 1786. J. G. Hamann empf den 20tenbeantw. den 21. 25ten Apr. u 5ten May.
Kgsb. den 12. April 86. HöchstzuEhrender Freund, Meiner ohne Ruhm zu melden ältesten Tochter Geburtstag, die heute Gottlob! in ihr 15tes Jahr tritt, aber wie die Hochzeit in Graventihn, in Abwesenheit der Hauptperson gefeyert wird, und die Freude in meinem Hause, an der nur halben Antheil nehmen kann, erinnert mich an die Ihnen schuldige Antwort, der zufolge ich alles richtig erhalten habe, außer den de Marées, von dem ich nicht weiß, wohin er verirrt ist, und es daher für meine Pflicht halte Ihnen Nachricht von diesem Manquement u Defect zu ertheilen. So eilfertig wie Sie es verstanden, hab ich es eben mit meinen Büchern nicht gemeynt. Eben erhalte ein vortrefl. Buch zum Ansehen, das für den PraenumerationsPreiß Ihnen angeboten wird und schlechterdings zu Ihrer Engelschen Mimik als der beste Pendant gehört. Ich bitte mir also mit nächstem baar Geld oder die gebrauchte Waar zurück. Es sollen keine Exemplare mehr zu haben seyn, wie man mir versichern wollen. Unser gemeinschaftlicher Freund H. hätte es behalten, wenn er es nicht durch HE. Wagner verschrieben hätte, wodurch zugl. die Wahrheit jenes Umstandes ausgemittelt werden dörfte. HE Pr Köhler hat mich heute zum Abschied besucht mich seiner Sachen u Bibliothek anzunehmen die durch einen Lübeckschen Schiffer abgehen sollen. Wir reden so viel u so heftig, daß mir nicht einfiel mich nach seinem Urtheil über Hufnagel zu erkundigen. Ich fand seinen übersetzten Hiob ohne mein Wißen unter meines Sohns geborgten Büchern, war aber kaum imstande den Ekel der müßigen Gelehrsamkeit in den polyglottischen Noten auf ein paar Kapitel auszuhalten. Moldenhawers Uebersetzung dieses Buchs werden Sie vielleicht schon kennen. Ich habe sie blos gelesen, um sie gelesen zu haben. Die Hauptsache, der Schlüßel fehlt noch, den ich abwarten will um ihn aufmerksamer zu widerholen. Seit dem 7 Xbr. habe den 7 huj. zum ersten mal bey unserm ObbMeister geschmaust, und mich den Tag drauf entschließen müßen, mich wie in Engl. bereits zur Rettung meines Lebens versucht, auf Haberschleim, 2 Portionen Caffé und 3 Schillings Semmel einzuschränken. Mein malum scheint von einer Art der Daemonen zu seyn, die nicht anders als durch Fasten und beten, Diät und in Schooß gelegte Hände, nebst Spatziergehen vertrieben werden kann. Wünsche baldige Befreyung von ihrer pituite moleste. Die Papierfiltze werden nirgends als in Zinten fabricirt; wo die Breite nach Vorschrift bestellt werden kann. Die Mühle erhält selbige roh, und färbt sie selbst. Die dazu bestimmten kosten 3 Bgl. à 2 fl. Mit meines Gevatters K. Wiedergenesung sieht es sehr mißlich aus. Ich habe diese Woche ihn nicht besuchen können. Die Aertzte und seine Familie, worunter die schöne Hälfte oder theure Hinter ¼ nicht gehört, sind gänzl. hofnungslos. Unter allen Talenten, die man ihm nicht absprechen kann, bewundre ich jetzt am meisten seine Heiterkeit und Gelaßenheit. Er hat mir aufgetragen Ihnen zu melden, daß der topographische Erzpriester ein – quid dicere nolo wäre, der sich einige Tage in Kgsb. umgetrieben hätte, ohne an seinen kranken Gläubiger gedacht zu haben. Mehr zu schreiben und zu antworten hab ich nicht und verträgt sich nicht mit meiner evangelischen Diät, und der Unfug, den Candidat Hill, Raphael u. Michael treiben und mein Museum zu einem Gymno entweyhen. Ich muß aufstehen und den Tumult mit einem quos ego stillen. Meine beste Empfehlungen von meinem gantzen ungezogenen Gesindel bitte gehörig zu vertheilen und ersterbe mit der vollkommensten Ergebenheit Ihr schuldiger Verehrer und Freund Johann Georg Hamann. Wäre es Ihnen gefällig mir die
    gefährliche
Stellen in dem Büchlein zu citiren die in christl. Augen gantz anders aussehen als sie den jüdischen vorkommen müßen – zu keinem Misbrauch thue ich diese fragende Bitte. Weil ich nächstens mir vorgenommen den Weisen zu Pempelfort mit dem Helden Sp. zu vergleichen, und zum letzten mal aufmerksam zu lesen, als es mir bisher mögl. gewesen. Kant ist auch willens über M. M. Predigten von der jüdischen u xstl. Religion zu schreiben – und ich damit auch was thue, bin ein leidiger Zuschauer auf einem Strohstuhl, weil der Großvaterstuhl einen seiner 4 Füße verloren u auf den Boden promouirt werden müßen.
Adresse:
Des / HErrn Kriegsraths Scheffner / Wolgeboren Erbherrn / zu /
    Sprintlacken
. / Nebst
    einem Buche
zu beliebigem / Gebrauche.
Düßeldorf den 13ten April 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 26 Apr.   Geantw. eod 27 –   No 36. lieber Hamann Ich habe Ihnen am Dienstag nicht geschrieben, weil die 4 ersten Bogen meiner Schrift gegen Mendelssohn u seine Leute, die ich durchaus mitschicken wollte, ausgeblieben waren. Anstatt der 4 Bogen erhalten Sie nun 5, u denn auch gleich mit der nächsten Post den Rest. Ob der Augenschein die Würkung die ich hoffe auf Sie machen wird, muß ich abwarten. Sind Sie mit dem was Sie diesmahl erhalten nicht ganz unzufrieden, so darf ich des folgenden wegen ruhig seyn. Was mir immer geschieht wenns zum Treffen kommt, ist mir auch diesmahl begegnet; ich bin mitten ins Feuer gegangen, ohne weiteres. Sie werden sehen wenn die 4 letzten Bogen kommen, daß Sie alles geh – den 14ten So weit hatte ich geschrieben, als mein Fritz aus Aachen ins Zimmer trat. Er hat zwey Vettern mitgebracht, u ein 3ter war schon Tags zuvor von einer andern Seite her gekommen. Heute Morgen ists schon wieder sehr unruhig um mich herum gewesen, u meine Lebensgeister, wenn sie einmahl in Bewegung sind, werden desto unruhiger, je mehr ich sie stillen will. Ich wurde gestern in der Bitte unterbrochen, daß Sie, was ich Ihnen mittheile, äußerst geheim halten mögten. Ich habe die Bogen so arg beschneiden laßen, nicht um das Porto zu sparen, sondern damit das Paket zu Wesel nicht auf den Wagen gegeben werde. Meine Intention ist aber übertrieben worden. – Das Packet v Buchholtz ist wahrscheinlich zu dick gewesen u Sie haben es nicht zugleich mit dem Correctur Bogen ihres Fliegenden Briefes erhalten, sonst hätte ich wohl mit der gestrigen Post Antwort erhalten. Nach Tische. Meine Schwester Lene hat ein schwörenden Finger. Sie sollte Bley-
    Waßer
brauchen, u der Apotheker schickte Bley
    Extract
. Davon ist der Finger so schlim geworden, daß ich meinem Hofrath Abel länger nicht trauete, sondern den Staabs Chirurgum hohlen ließ. Der kam da ich am Ende der vorigen Seite war. Darauf gieng ich spazieren, u darauf an den Tisch. Ich werde die folgenden Bogen am Dienstag doch nicht schicken können, weil am Montag Feyertag ist. Wegen Ihrer Reise wünschte ich bald etwas näheres zu erfahren. Ich bin sehr versucht einen Sprung nach England zu thun, der Grafinn v Reventlow zu Liebe, die ich sehr hochschätze, u v der ich auf das dringendste eingeladen werde. Sie ist die Gemahlin des dänischen Gesandten. Auch er ist ein sehr wackerer Mann. Ich war noch nie in England. Könnte den Rückweg über Hamburg nehmen. – Heute wieder ein Brief v Claudius, worin er fragt, wenn Sie kommen. Ich höre nicht ein Wort v unserm Johannes in Zürch. Habe meine Schrift abermals mit einer Stelle aus dem Pon tius versiegelt, aus dem Capitel, Hohenpriester u Dienerwuth. Gleich nach der Osterwoche will ich an ihn schreiben. –
    Gott befohlen
, lieber Hamann! – Ihr Fritz Jacobi Ich habe diese Woche 2 Mahl das requiem æternam von Jomelli ganz vortrefflich aufhören hören, u auch die Israeliten in der Wüste v E.Bach.
Düßeldorf den 18ten April 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh den 29 April Geantw den 30 –   No 37. Die Post am Sonntage hat mir wieder keine Briefe von Ihnen gebracht. – Wenn Sie nur gesund sind, lieber Hamann. Ich hoffe Ihr Stillschweigen rührt blos daher, daß Sie den Brief v Buchholtz abwarten wollen, ehe Sie schreiben. Unterdeßen erhalten Sie einliegend abermahls zwey Bogen meiner Rechtfertigung. Der Bogen G ist Correctur. Freytag der Rest. Alsdenn müßen Sie mir aber auch gleich Ihre Meynung über das Ganze sagen. Persiflierend oder gerade zu, das ist gleich viel, wenn es nur so ist, daß ich den rechten Sinn treffen kann. Künftige Woche schicke ich Ihnen ein halb Dutzend oder mehr saubere Exemplare, mit der fahrenden Post. Mein verlohrner Sohn ist die Feyertage nicht aufgenommen worden. Mein Befinden ist nur mittelmäßig, u eine zeither nur Stunden lang gut Von ganzem Herzen – Ihr F H Jacobi Von Hamann: Εστ φιλοσοφιας συνεσεως ακρας, φιλοσοφουντα μη δοκειν φιλοσοφειν. Plutarch. Symp. I.1. Düßeldorf den 21ten April 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 3 May   Geantw eod.No 38. lieber HerzensFreund! Hier der letzte Bogen meiner Schrift, nebst SchlußBlatt u Titelkupfer. Der Vorbericht, welcher gerade einen halben Bogen einnimt, folgt am Dienstag. Mit dem Postwagen schicke ich vorläufig 3 Exempl, u 8 Tage nachher, sechs andre. Ihren Brief von 3ten u 9ten April, lieber, trauter, herziger Vater Hamann, erhielt ich gestern eben vor Tische. – Er that mir im innersten der Seele wohl. Aber antworten konnt’ ich gestern nicht, u kann es heute noch weniger. Ich weiß nicht was ich seit einigen Tagen im Leibe habe, das mir ein unsägliches Unbehagen verursachte. In der Gegend des Magens ist der Hauptsitz des Uebels. Bey so gereizten Nerven erhielt ich nun gestern Abend spät noch Lettre du Comte de Mirabeau a *** sur M M de Cagliostro et Lavater. Ich kann Ihnen nicht sagen wie mich der Wisch erschüttert hat. – Das erkaufen u sich erkaufen laßen, das schändliche u grausame des ganzen Gewerbes ‥ Es gieng mir durch Mark u Bein, u da ich zu Bette gieng, bat ich Gott, er möchte mich v der Welt nehmen. – Sie werden nach u nach immer beßer einsehen lernen, lieber Vater Hamann, wo der eigentliche empfindliche Fleck meiner Seele ist, u wie alles auf die schwermüthige Trauer über die Natur des Menschen hinaus läuft. Erst gestern, Lieber, habe ich den ersten gedruckten Bogen des fliegenden Briefes an Herder geschickt. Der Zweifel, ob ich blos das gedruckte, oder auch Manuscript mitschicken sollte, ließ mich zögern. Doch wäre ich wahrscheinlich eher zu einem Entschluß gekommen, wenn es mir weniger entgegen gewesen wäre an Herder zu schreiben. – Ich kann nun einmahl zu dem Manne, wie ich lieb ich ihn habe, kein Herz faßen, u glaube daß er weit mehr Egoist, u überhaupt lange nicht so gut u
    brav
ist, wie Goethe. Zerreißen Sie diesen Wisch. – Lieber HerzensFreund – Gott sey mit uns! – Ich herze Sie mit innigster Liebe, u küße Ihnen die Hände – Ihr Fritz –
Quasimodog. 86. Nun, mein Herzenslieber Fritz – Ariel – Jonathan – Gestern war nichts von Ihrer Hand, wollte also bis zur nächsten Post warten, habe mich aber wider bedacht. Ihr letzter vom 7 erhielt den 19 – Die Fortsetzung wird wohl Mittwochs kommen. Mit Ihrer Gesundheit geht es doch gut, weil Sie nicht dran denken. Meine Diät scheint mir auch gut zu thun, wenn ich mir nur mehr Bewegung machen könnte; ich verspar aber alles auf meine Reise, für die ich wider mit dem 1 May zu schreiben gedenke. Kant ist heute Rector Magnificus geworden, und ich habe ihn gestern zu seinem Geburtstag der zugl. sein Namenstag nach unsern Almanachs ist, Glück gewünscht, welches er sehr gut aufzunehmen schien, ich konnte u wollte mich aber gar nicht aufhalten laßen. Ein gestörter Cand. Medic. hat durch einen närrischen Auftritt den heutigen Actum unterbrochen, hat sich auf den Katheder gedrängt und seine Lectiones ankündigen wollen. Sie sind ein Mann von That – Sind Sie weiter gekommen, als ich, mit einem halben Bogen, von dem ich Ihr Gutachten erwarte und des Alcibiades. Das ist gnug über die Recension u dabey will ich es bewenden laßen. Gott gebe, daß ich die Sache selbst ruhiger, gesetzter und – – ich weiß selbst nicht wie? behandeln kann. Aber übereilen kann ich mich nicht, wenn das Ding auch ein Jahr lang währt, unterwegs oder bey meiner Heimkunft fertig wird. Ich erwarte heute Brahls Familie, die mir die Morgenstunden abgenommen und die
    neue Auflage
dafür versprochen, so bald sie gebunden seyn wird. Mein Kopf ist mir so voll und wüste, daß ich mit meinen Gedanken nicht in Ordnung kommen kann. Haben Sie die infame Lettre des Conte de Mirabeau sur Cagliostro et Lavater gelesen. Ich glaube, daß diese Fäustenschlage des Berl. Satansengels ihm nicht Sschaden werden; aber fühlen muß er sie, und ich wollte weder ihm noch seinen Freunden rathen, darauf zu antworten. Der welsche Theist hat sich wie ein Kind den Brey ins Maul schmieren laßen, um selbigen wider auszugeifern. Ich erwarte heute oder morgen Hartknoch, und wünschte sehr den 4ten Theil
    des Pontius Pilatus
bey seiner Rückreise von der Meße zu erhalten. Ferner bin ich inständigst gebeten worden um eine Predigt, die L. über die Ziehenschen Prophezeyungen erhalten haben soll. Einem seiner Glaubensbrüder und herzl. Freunde, dem hiesigen pollnischen Prediger Wanowski ist so viel daran gelegen, sie zu lesen. Ich glaube, unser Johannes wird mir meine Bitte um diese Predigt und den 4. Theil des P.P. nicht abschlagen, da er mir die 3 ersten verehrt, und die 2 ersten Theile seiner vermischten Schriften, ohne daß ich weiß, ob nicht mehr ausgekommen. Seine salomonische Denkw. habe ich auch hier nicht auftreiben können, und seine Predigten über meinen Lieblingsbrief an
    Philemon
von dem ich mir ebenso viel Erqvickung verspreche, als da ich seinen
    Jonas
las. Er und seine Freunde in Zürich sind immer das vltimum visibile meiner Reisevisionen gewesen, und seine gegenwärtige Lage hat sowohl meine Liebe zu ihm als Neugierde ihn zu sehen vermehrt und erhöht. Außer der Predigt über die
    Ziehenschen Weißagungen
hab ich noch eine Bitte, an der mir unendl. gelegen ist. Können Sie mir nicht zuverläßig den Verfaßer des in der Beyl. angeführten
    Reinhart Morgensterns
zuverläßig entdecken. Man will hier dem Stark selbige zuschreiben, welches mir
    schlechterdings
unmögl. vorkommt, wenn ich nicht all mein Gefühl und Urtheil verloren, unwiderbringl. verloren habe. Scheffner ist hier gewesen, ihm zu Gefallen muste ich vorigen Mittwoch bey Hippel speisen. Sie besuchten mich gestern nebst Banco Dir. Ruffmann. Zu meiner großen Freude habe ich heute erfahren, daß
    Hippels würdiger
Bruder, der sich bisher auf einer kümmerl. Landpfarre beholfen, eine der
    besten in der Nähe von der Stadt
erhalten wird. Es sind so viel Umstände dabey die mich interessiren, daß ich an dieser Schickung der Vorsicht den innigsten Antheil nehmen würde. Mit Schellers Hochzeit, die den 4 d. in Graventihn gefeyert werden sollte, ist es sehr wunderbar zugegangen, daß sie erst den 17 auf einem andern adl. Gute vollzogen worden. Ich denke daß man sich an den tägl. Brodt genügen kann, ohne sich nach himml. Wundern lüstern zu seyn Ich bin immer besorgt, daß Sie sich diean meinen Briefen satt gelesen hätten, und die Gnädige Fürstin an meinen Opp. omnibus. Das Gegentheil gefällt mir beßer als ich es recht begreifen kann – also auch schon ein Wunder und dergl. giebt es eine solche Legion, daß ich zum Nil admirari der Weltweisheit alle Hoffnung aufgeben muß. Ach mein liebster Fritz Ariel Jonathan, der ridiculus mus, den ich zur Welt bringen wollte, wird ein Riesengebirge – oder ein Myrrhenhügel, wie Golgotha – wenigstens ein sehr blutiger Nierenstein, von dem ich ohne Schnitt nicht erlöst seyn werde. Ich erwarte Ihr Gutachten über den ersten Bogen. Das ΑΩ ! muß schlechterdings vom Titel fort und auf die
    dritte
Seite kommen. Das Versezeichen v. bey Dichtern z.e. S. 4 lin. vlt. kommt auch fort und wo ich es etwa vergeßen haben möchte als S. 6. 8.). Auf der letzten Seite konnte doch die ausgestrichene Stelle bleiben: Nun was geht es mich an? hat er nicht die Augensalbe so nahe, so nahe, zur Erleuchtung des philosophischen Verständnißes? – Doch dies überlaße auch Ihnen. Thut Beyl. Ihnen u B. Gnüge; so wird Freund Tiro Schenk sich nicht die Mühe der Abschrift verdrießen laßen; aber mit Weile und nach Beqvemlichkeit. Ein paar Parenthyrsen werden Sie meinem alten Adam schon zu gut halten müßen; er kann seine Nicken nicht laßen. Unser Freund Crispus und der seel. Kreutzfeld haben einen garstigen Gegner hier an einem Ex-minister bekommen, einem HE von Braxein, der vor einigen Jahren
    historisch-genealogische bisher ungedruckte Geschlechtsnachrichten seiner alten hochadl. ostpreuß.
Nationalfamilie herausgab. Er und ich waren damals gantz begeistert von den eben ausgekommenen Schlivenschen Nachrichten, davon ein Exempl. an die Königl. Bibliothek anher kam. Der seel. Mann hat als Subbibliothecar Veranlaßung an den vortrefl. Autor selbst zu schreiben und theilte ihm so viel er konnte von den bisher umsonst verlangten u gesuchten Nachrichten u Mst mit, die er sehr grosmüthig aufnahm und beantwortete. Bey der Gelegenheit fiel es ihm ein, etwas über den
    Preuß. Adel
zu schreiben, das ihm mancherley Verdruß mit dem Hartung als
    Verleger
zuzog, der sich wie ein grober schlechter Mensch gegen ihn verhielt. Es kam erst nach seinem Tode aus der Preße, und Crispus war Hebamme dieses kleinen Posthumi. Darauf hat nun der cassirte Staatsminister mit aller Infamie, wodurch er sich im gantzen Lande stinkend gemacht, theils selbst geantwortet theils antworten laßen mit solchen groben Lügen – Crispus hat nicht Lust darauf zu antworten, aber er wird von jedermann dazu aufgemuntert. Mein alter Verleger, Gevatter Kanter ist auch den 18 eingeschlafen; ich sahe ihn am Gr.- Donnerstag zum letzten mal, und lief noch ihm zu Gefallen ungern in den Hartungschen Buchladen nach der Weisheit Morgenröthe, die er noch zu lesen lüstern gemacht wurde, damit aber schwerl. fertig geworden. Die beyden Ostertage war ich noch in seinem Hause ohne ihn aber zu sehen. Er war einer der außerordentlichsten Menschen und desperatesten Unternehmer, der eben so leichtsinnig andere als sich selbst aufzuopfern im stande war – Quiescat in pace! Meine Gäste sind nicht gekommen; dafür sprachen Wanowski Kraus u sein Schatten der Subinsp. u Subbibl. Sommer an. Crispus las meine Abschrift, und hat ein
    ihrer
auf der dritten Seite eingeflickt, das ich wider ausstreichen müßen. Crispus klagte gestern über Magenkrampf u sieht elend aus. Er hat das heutige Ehrengedicht auf Kant zurück gelaßen aus Vergeßenheit, das ich statt des Andenkens beylege. Der unterstrichene Name ist des Verf. seiner. Der ältere ist Kants amanuensis, von dem ich schon einmal gesprochen. Mein Michel als auditor gratuitus hat weiter keinen Antheil, als daß er seinen thaler u Namen dazu gegeben. Daß der alte φφ den Juden vom Monument ausgeschloßen, werden Sie schon wißen. Man sprach hier anfängl. sehr viel von dem berühmten Mst gegen Lavater; jetzt ist alles davon stille. Gott gebe daß ich bald mehr u beßer schreiben kann. Mittwochs erwarte ich gewiß Ihren versprochenen Brief. Bitten Sie Claudius daß er wenigstens so viel Gedult mit mir haben möge als ich selbst brauche mich zu ertragen. Ist Reichardt nicht eingesprochen. Wetter und Gesundheit – zum Genuß des Frühjahrs in Ihrem ganzen Hause, wo ich oft mehr als in meinem daheim bin. Erinnern Sie sich meiner wenn Sie nach Münster schreiben. Ich ersterbe Ihr alter Johann Georg Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 23ten Apr. 1786 J. G. Hamann empf den 4ten May beantw den 5ten
Dußeldorf den 25 Apr. 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 6 May Geantw den 13 – 15 mit Fortsetzung zum zweiten Bogen.   No 39. lieber Herzens Hamann Kaum so viel Zeit bleibt mir übrig, einen Umschlag um den einliegenden halben Bogen zu machen. Gestern sind 2 Exempl. auf holl. Papier an Sie abgegangen. – Eins davon, wenn Sie es für gut finden, geben Sie Kant in meinem Nahmen. Mit dem Mo nächsten Wagen gehen mehr Exempl. ab. Auf die Resultate dürfen Sie sich freuen. Alles müßte mich betrügen, wenn sie nicht ganz in Hamanns Geist sind. – Ade, für heute Von ganzem Herzen Ihr Fritz – Kgsberg den 26 April 86. BBravo! Bravo! mein lieber Fritz-Ariel-Jonathan! Nach 3 Tagen, die ich im ängstlichen
    nisu
zugebracht, ohne die geringste Wirkung, bin ich heute gleich beym Aufstehen ein wenig wider zu mir selbst gekommen, und habe das Liegen und Sitzen dadurch eingeholt, daß ich mich den ganzen Tag herumgekräuselt, und mich hinsetze um Ihnen meine Mitfreude zu dem guten Anfange mitzutheilen. Geschichte ist die beste und einzige Philosophie, und daran ist dem Publico allerdings gelegen, und die hat es Recht von Ihnen zu erwarten; mehr brauchen Sie zu Ihrer Rechtfertigung nicht. Ihrem alten Görgel gieng es sans comparaison wie dem kindischen Swift vor dem Spiegel, der über den alten Mann im Spiegel die Achseln zucken konnte. Ich konnte mich kaum besinnen, daß ich so was geschrieben hatte – der Commentarius über ihren νομον οντος ist doch von dem alten Mann, den ich meyne. Die
    Fortsetzung
und das
    Ende Ihrer Bogen erwarte
ich mit
    Ungedult über Post
. Aber ein
    ganzes
Exemplar, weil ich, wie ich Ihnen gemeldet dem Major Tiemann das gebundene zum viatico mitgegeben, also wünschte ich selbiges mit dem gegenwärtigen zusammengebunden zu erhalten. Dies nebst den übrigen an meine Freunde kann mit dem Meßgut an
    Hartknoch
befördert werden; denn Sie verschwenden schon zu viel an Porto; aber auf die Ergänzung der heute erhaltenen ersten Bogen bin ungedultig und etwas mehr als neugierig. Da kam Diakonus Kraft, und hernach Kraus – Werden Sie etwa die zweite Ausgabe des ersten Buchs ändern oder verbeßern. Ich wollte erst mit nächster Post oder nach Erhaltung der übrigen Bogen schreiben; aber ich habe lieber mit umlaufender Post Ihnen meinen Dank und herzliches Gefallen bezeigen wollen. Die Fabel mit den Masken haben Sie gut genützt; ich hoffe mich aber noch mehr damit lustig zu machen. Dieses kleinen Umstandes wegen bin ich mit meinem Landsmann R. recht sehr zufrieden; ich hätte vor Freuden einen # an die Armen gegeben; denn in gewißen Fällen gehet es mir wie unserm lieben Alcibiades, daß ich ins Gelag hinein grosmüthig, und wo ich das nicht seyn kann, zehn mal lieber ein filtziger Knauser seyn mag. Ja liebster Jonathan Sie sind sich und der Welt diese
    Aufklärung
schuldig gewesen und haben keine andere Rechtfertigung nöthig. Eben brechen die Bogen bey einer Krisi ab – die, ich wünsche, nicht Sie zu tief in das theoretische und speculative Feld verleiten wird, das ich gern in gegenwärtiger Sache abgesondert sehen möchte, aus Gründen, die ich nicht zu entwickeln im stande bin. Ihre Verlegenheit über meine cunctationem wird durch den Empfang meiner Antwort aufgehört haben. Die Schuld hat freylich an mir gelegen, aber nicht an meinem guten Willen; sondern an Umständen und
    Pflichten
, die ich Ihnen und mir selbst schuldig zu seyn glaubte und noch immer glaube. Ich hoffe, daß Sie an den Berlinern werden gerochen seyn und noch mehr werden. Hartknoch ist als mein Freund zurück gekommen und mit seiner Frau sehr vergnügt ihre Tochter bey der würdigen Baroneße neben der meinigen in Pension gebracht zu haben. Sie können sicher durch ihren Verleger alles an
    ihn
für mich mit dem Meßgut addressiren. Ihr Handel war die Veranlaßung die ich vom Zaum nahm, um mit ihm zu brechen. Dies muß Ihnen rätzelhaft vorkommen, ohne daß ich es Ihnen erklären kann. Er hat durch ein Misverständnis Ihren ersten Bogen zu sehen bekommen – aber nicht mehr als von außen zu sehen bekommen, weil ich Ihren Brief bey ihm erbrach; sonst kein Mensch, als mein
    Johann Michel
. Wenn ich aber das Ganze complet erhalte; so werd ich es wenigstens bmeinen beyden intimis es zeigen können – doch nach Ihrem Gutbefinden, weil ich gern meine Vergnügen nicht nur
    mittheilen
, sondern auch
    berichtigen
mag. Das ist Crispus und der Mann mit der Hippe; wiewohl ich beyder Urtheil cum grano salis anwenden muß, weil der eine Weltmann u der andere ein Schulmann, ich aber keines von beyden, sondern am liebsten Nichts. Ich will Sie in Ihren gaudiis domesticis nicht stören, an denen ich hoffe George Antheil nehmen wird, wenn die Vettern nicht den Actum seiner Wiedererkennung und Aufnahme gehindert haben den 27 – Ich habe gestern meinen beyden Nachbarn gemeldt daß ich nach Berl. schreiben würde, und Sie waren damit sehr zufrieden. Diesen Morgen besuche Hippel, u auf seinen Rath auch Hofr. Metzger, der ein Gutachten über meine Gesundheit u Cur nicht versagen wird. Mit dem 1 May schreib ich gewiß – und so bald ich Resolution erhalte, überschicke ich selbige. Ich bin auf
    alles
vorbereitet, so viel nur menschmöglich ist. Sonderbar ist es, daß der eine nach P. u der andere nach L. gehen muß. Laßen Sie sich aber in Ihrem Plan nicht irre machen. Die Vorsehung wird alles für uns gemeinschaftlich entwickeln, wenn wir ihr gemeinschaftl. folgen, keiner in Rücksicht auf den andern, sondern jeder für sich auf ihren Wink. Komme ich, so werden wir uns einander nicht verfehlen. Unter dieser Bedingung wird keiner von beyden irre gehen. Für meine Gesundheit muß ich diesen Sommer gewiß sorgen; denn mein Zustand ist ein wahres Fegfeuer. So bald ich eben im Begriff bin alles wegzuwerfen und aufzugeben; denn bekomm ich wider Luft u Muth fortzufahren. Mein fliegender Brief ist eine wahre Epistel an die Galater, eine Angstgeburt, die aber doch zur Welt kommen wird, ohne daß ich absehen kann unter welcher Gestalt. – – Von unserm Stadt Physico Hofr. Metzger habe diesen Morgen mein medicinisches Consilium abeundi abgeholt, das ich beylegen werde. Hippel war schon um 7 Uhr ausgegangen. Hartknoch geht heute mit der Post ab. Ich bin den ganzen Vormittag herum gelaufen, bin aber wider wo ich vorgestern war, und zu nichts nutze. So bald ich Antwort bekomme, schreibt Crispus auch an den Minister von Zedlitz. Lieb wär es mir, wenn Sie mir ungefehr den Termin Ihrer Reise u Aufenthalts in London melden könnten, damit ich ungefehr mich darnach richten kann. Das verbitte ich aber schlechterdings, sich an meine molimina gar nicht zu kehren. Erhalt ich Nein; so würden Sie gantz umsonst und vergeblich sich nach meinem Wind gerichtet haben. Erhalt ich Ja, so bin ich schlechterdings mein eigener Herr, und kann mich gemächlich nach Ihrem Termin beqvemen, weil es auch Herdern lieber ist, wenn ich ein wenig später komme. Sollte der Zufall so spielen, daß ich eben vor Ihrer Abreise hinkomme, so mag Sie mein Michel als Geißel nach Engl. begleiten, daß Ihnen der Vater nicht entwischen wird. Kraus geht zu seinem Schwaben, und will mich zu Münster gesund pflegen laßen. So bald ich was
    habe
oder
    weiß
, ertheilschreib ich, nicht eher. Heute bin ich keines Gedankens mächtig. Metzger sagte mir, daß mein Uebel mit Fractur in meinem Gesicht zu lesen wäre. Er hat untersucht und gefunden, daß meine
    Verdauung geschwächt
, die
    Circulation der Säfte im Unterleibe durch Infarctus gehemmt sey
, daher
    hypochondrische u Nervenzufälle entstehen
, u daß
    diese kränklichen Umstände eine Zerstreuung von Geschäften und eine stärkere Leibesbewegung erfordern, welche nur durch eine Reise nach dem Bade bewirkt werden
    möchten
. – Ich bin mit meiner Vorstellung mit Zurathziehung H. fertig geworden, und Hartknoch nimmt sie diesen Abend mit, der für richtige Abgabe sorgen wird. Mehr schreiben kann ich heute nicht. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Widerherstellung Ihrer liebsten Schwester, und genießen Sie viel Ruhe und Freude von der gegenwärtigen Gesellschaft, die Sie um sich haben. Vorgestern war hier das erste Gewitter u. ziemlich stark. Ich sehe mit Verlangen und Sehnsucht dem Ende und Anfang Ihres Büchleins entgegen. Mein Freund und Reisegefährten empfehlen sich. So bald ich Antwort erhalte, und etwas schreiben kann, bin ich da. Jetzt wird alles Maculatur unter meinen Händen. Leben Sie wohl, und haben Sie Gedult mit meiner Schwachheit. Noch eines, das mir Hippel erzählte, und ich Ihnen zu melden versprach. Kant hat einen Juden Theodor unter seinen
    liebsten
Zuhörern, wie D Herz damals war und ein Elkana, der aber gestört wurde. Theodor hat ihm mit viel Umständen das Misvergnügen vorgehalten daß die hiesige Judenschaft darüber bezeigte, weil er sich über die Berlinsche Collecte zum Monument aufgehalten hätte. Kant ist darüber ungemein empfindlich geworden, und hat der Judenschaft sagen laßen, daß sie von Rechts wegen die Kosten
    allein
tragen sollte für die Ehre die man einem jüdischen φφen anthäte ihm unter solchen Männern einen Platz einzuräumen. Was unser Alter decretirt sowohl in dieser Sache, als in der gegenwärtigen zu Berlin herrschenden Schwärmerey alle Bediente durch Livrée zu unterscheiden, hat mir sehr gefallen.
    Man sollte ihn mit dergl. Narrenspoßen ungeschoren laßen
. Nochmals Gott empfohlen bis auf baldiges gesunderes Widersehen! Gantz der Ihrige Johann Georg.
Adresse: An / HErrn / Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Pempelfort
/
    bey
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesell
.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 26ten Apr. 1786. J. G. Hamann. empf den 7ten May beantw den 12ten
Abschrift meiner unterthänigen Bitte an E. Königl General-Accise und Zoll-Administration. E. Königl. Hochverordneten General-Accise- und Zoll-Administration sehe mich genothdrungen wegen meiner bis zur Verzweifelung abnehmenden Gesundheitsumstände um eine gnädige Erlaubnis zu einer Reise auf höchstens vier Monathe anzuführen, weil selbige laut beyl. Attest des hiesigen Stadt Physici das einzige wirksame Mittel zur Erhaltung meines kümmerlichen Lebens ihm zu seyn scheint. Da ich nun dieses Uebel hauptsächlich durch einen überstrengten Fleiß mir zugezogen, durch den es mir allein möglich geworden in den ersten Jahren meines zwanzigjährigen Dienstes alles unter dem damaligen Provincial Director Magnier vorgefallene an deutscher Correspondence, Stößen von Acten und Bänder von Edicten und Urkunden ins französische zu übersetzen: so habe nunmehr die sichere Hoffnung diese Erlaubnis zu erhalten, als meine Packhofverwaltergeschäfte wegen der wenigen in diesen Jahren zuerwartenden Schiffe sehr leicht durch einen meiner dazu willigen Amtsgehülfen zu versehen seyn werden. Ich ersterbe p Königsberg den 27 April 1786. Misericordias SDomini den letzten April 86. Awe! mein lieber Fritz! was hast Du mir für einen Schnurrbart und ein paar Whiskers, hier zu Land heist man sie Wonsken, gemacht. Nun haben dSie den engelreinen Mund des Joh. Casp. Dir auf dem Butter Brodt zu eßen gegeben; Du wirst Dein Wunder sehen, wie Du wirst homeromastizirt, und was Sie für einen Eyerkuchen aus Deinem Pastor Polyphemus, dem Riesen und wunderlichen heiligen Johann Georg Hamann Dir zum Leckerbißen machen werden. Sie werden wie die Schwaben auf den Haasen losgehen, den Du für sie aus seinem Lager herausgehetzt hatst. Magst mich immerhin einen Backofen nennen, lieber Fritz, wirst doch kein Brodt in mir backen. Das ist ein litthausches, kein morgenländisches Sprichwort. Scheinst doch ein Semi-Päbstler zu seyn, und kein ächter Protestant. Werd mir schon Deine
    hämische
Ironie hinter beyde Ohren schreiben. Wünsche wol zu bekommen. Bist bey allem Deinem Händewaschen ein gewißensloser Pontius Pilatus, der alle Posttage beynahe bisher von meiner
    mikrologischen Mückenseiherey
und
    Grillenfängerey
avthentische Beläge erhalten hast und erhalten wirst. Oleum et operam perdidi; rief jener Vogel des Apolls. Wars nicht eine Krähe, oder wenigstens von der Race. In allem Ernst; ist das ganze Wortspiel nicht klug von Dir, und Du läufst Gefahr Dich um Deine Beynahmen Ariel und Jonathan zu bringen – und setztest mich in die unumgangl. Verlegenheit in allen mir zugedachten Exemplarien die beyden sokratischen Epitheta durch und durch mit der dicksten und schwärzesten Tinte überzustreichen. Ich habe mich diese gantze Woche umsonst gemartert, bey der
    Entkleidung u Verklärung der Aufschrift
demn Berlinschen Recensenten zu einem Flacius Fulbert zu verklären, daß er sich erfrecht sich an dem doppelten Motto aus Deut. u Jeriemia mit seinem Cultello Fallaciano zu vergreifen, weil diese zwey Zeugniße die wahren Testiculi meiner Autorschaft, und der Achilles Ihrer Beweiskraft. – Unterdeßen ich meine Hände nothig habe die sichemitischen Wunden meiner med. terminorum zu bedecken; habe ich keine Lust mich um Deinen Knebelbart zu bekümmern. Magst Dein Scripsi Scripsi immerhin verantworten – Sorge immer für eine gute Kälberleber, zum Nasenfutteral – und laß Dich in puncto des Gehörs mit dem Berl. Apoll in keinen Wettstreit ein, deßen Finger beßer zum Raufen und Kratzen als zum Spiel bewaffnet sind. Ich erwarte mit noch mehr Ungedult das Ende vom Liede; ohne längere Triller. Wie kann man mit einem solchen Rauch ins Gesicht, seinen Augen trauen? Leider fühl ich es alle Tage, daß wenn wir selbst nicht urtheilen können, uns kein fremdes Urtheil nützt oder frommt. Also manum de tabula! Ich bin Partey und kann also kein Kunstrichter seyn. Als Mitgast kann ich dem Hausvater nicht in sein Recht greifen; sondern schließe mit einem herzl. Abstine et sustine! Nur ist es nöthiger selbst in die Schule zu gehen, als ein Orbil anderer zu seyn. Ich muß mein Werk bey Mondschein treiben, und will kein Mittagsgespenst seyn, alles seinem natürlichen vorbestimmten Gange oder Laufe überlaßen. Die Rinder mögen beyseit austreten; die Lade des HErrn hat meine Hand nicht nöthig um gehalten zu werden, wie bey Peretz Usa. Tantum! Es ist mir ein großer Stein vom Herzen, daß der Brief schon Donnerstags Abends abgegangen, den ich erst morgen zu schreiben gedachte. Ich war gestern bey Toussaint mich nach der Hartknochin zu erkundigen, die mit schlimmen Augen hergekommen und wegen der Aufführung ihrer äußerst verzogenen Tochter besorgt ist. Weil ich keine Zeit mich aufzuhalten hatte, erkundigte mich bloß bey ihrem Bruder u bat selbigen zugl. an seinen Schwager Laval zu schreiben, der sich als Deputatus unserer Kaufmannschaft dort aufhält, durch denihn sobald wie mögl. die Resolution von dort zu erhalten – Mehr kann ich nicht thun und bin ruhig auf alles gefaßt. Meine zweite Erleichterung besteht in der Kenntnis meines bisherigen Uebels und der Hülfsmittel. Der seel. Kanter hat mir oft das Kämpfsche Buch über die Hypochondrie empfohlen, und sich selbst nach dieser Methode zu helfen gesucht. Wie ich den Hr. Metzger besuchte, bitte ich mir das Buch aus, und hab es meinem Nachbar und Freunde Miltz zu lesen gegeben, der eben so sehr wie ich von der Methode eingenommen ist, und mit dem ich zur Anwendung mich entschließen werde. Er hat selbst durch Clistiren in Guinea Wunder gethan. Die Negerinnen leben vollkommen auf französischem Fuß, und spülen sich alle Morgen mit Seewaßer ihr os posticum aus. Wenn die neue Ausgabe des Kämpf hier ist, muß ich es mir selbst anschaffen. Ich bin vollkommen überzeugt, daß blos die Infarctus meiner Eingeweide an meiner sonderbaren Unvermögenheit zu denken Schuld sind, und daß alles oben wie in der Mitte von Schleim, Morast und Cruditäten stockend und verstopft ist. Komm ich mit diesem Uebel auf dem Postwagen: so wird es durch Congestionen u Verstopfungen mir den Garaus machen. Ueber 20 Jahr geseßen, mich gemästet mitdurch einem brennenden Hunger und Durst, das Gemüth von Leidenschaften gespannt. Hiezu kommt mein Geschmack an fetten, starken, hitzigen und scharfen Nahrungsmitteln. Mit meinen Gedanken und ihren vehiculis muß es eben so gehen wie mit meinen Säften und ihren Gefäßen. Alles kleisbt wie Leim und Kleister unter meinen Händen, daß ich nicht im stande bin weder zu diluiren den Pech, noch ihn los zu werden. Ich kann nicht anders als unter so
    groben
Bildern davon reden. Auf ein Diarrhee muß ich mich auch, wie das erstemal bey meiner deutschen Reise gefaßt machen, und nach der Bewegung wird sie auch zur Ausschüttung des Bettelallasts zuträglich seyn. Die 35ste Krankensgeschichte von dem Franzosen, der zum Spanier geworden war, hat mir am meisten behagt, und die Vorsehung, welche mich bisher so wunderbar erhalten, daß ich dem Uebel nicht untergelegen, scheint mir noch Hofnung gnug einzuflößen zu einer Erholung wenigstens. Ob ich die Wirkungen nicht erst bey smeiner Zu Hausekunft empfinden werde, steht dahin, aber klüger hoff ich zurückzukommen, und wenigstens geschickter meinem Hause vorzustehen, als ich es bisher in diesem Nebel und Schwindel habe seyn können. Ohne Diät und Oekonomie lebt man nicht menschlich, noch glücklich oder wenigstens ruhig und zufrieden mit der Natur und sich selbst, ist man kaum im stande sein Talent zu erhalten, geschweige damit zu wuchern, daß es Gott und Menschen gefällt. Vorigen Donnerstag, wie ich theils Ihnen antwortete theils herumlaufen muste, erhielt ich durch Brahl den appendix zum VII Theil der Nikolaitischen Reisebeschreibung gegen Garve, welche besonders abgedruckt worden, und ein gantz abscheul. Denkmal der babylonischen Unverschämtheit ist ihre Tolerantz und bon ton aufzudecken u zu entblößen. Ich fieng noch denselben Abend zu lesen an, und hatte Mühe aufzuhören. Den Schluß macht abermals ein Mährchen de se ipso ad se ipsum, im wahren alten Weiberton. Ich wünschte daß sich Blumauer durch eine Romanze für den ihm gestreuten Weyrauch bedanken möchte. Hippels Bruder hält heute die Gastpredigt in Arnau – Ich hoffe u wünsche es, daß dieser würdige Mann uns näher käme. Die Vorsicht hat hier die Hand im Spiele gehabt, und wird den gedultigen bescheidenen grosmüthigen Mann belohnen. Mein Michel wollte heute mit seinem Freunde Nicolovius u Raphael eine Wallfahrt thun; aber die Witterung und der erste Regen in diesem gantzen Monathe (seit dem einzigen Gewitter) hat alles rückgängig gemacht. Meine Bestellungen durch Hartkn. mir die zugedachten Exempl. zu übermachen werden zu spät kommen. Ich besorge Ihnen, liebster Jonathan, mit dem ungeheuren Briefporto beschwerlich zu fallen, ohngeachtet Sie mir darüber meine Zweifel schon benommen haben; denn auf die letzten Bogen u den Anfang Ihrer Schrift bin ich äußerst ungedultig. Nehmen Sie ja ein gutes Exempel für Ihre Gesundheit zu sorgen. Dies ist ein unentbehrl. Viaticum zur Reise. Ich widerhole meine Bitte auf die meinige nicht die geringste Rücksicht zu nehmen, und mir diese Sorge zu überlaßen, daß mein Bedürfniß Sie zu sehen mit dem Ihrigen in volligem Gleichgewicht steht. So bald ich Resolution oder einen Wink davon erhalte, schreibt Crispus an den Minister – auf die dringendeste Art auch bald beschieden zu werden. Sein Freund in Eßlingen lebt doch noch; Steidel, ni fallor. Ich kann mich mit Packen und Hüten meiner Sachen nicht behelfen, gehe so leicht als mögl. – auch eben so directe und gerade zur Sache, weil ich mich um nichts bekümmern werde, noch als Invalide bekümmern kann – als den Bedürfnißen meines Herzens und meiner Natur Gnüge zu thun. So lang ich meine Pflichten thue, erlaub ich es Ihnen gern mich für Ihren Freund zu halten. Die tumste Pflicht ist mir aber lieber als das beste opus operatum der Freundschaft, und darinn müßen Sie schon mit dem wunderlichen Heiligen Gedult haben – und in diesem Punct muß ich von meinem eignen Urtheil abhängen, laß mir keine Eingriffe thun. Erfreuen Sie mich bald mit einer guten Nachricht von der Aufnahme Ihres George – Gott laße Gesundheit, Friede und Seegen in Ihrem ganzen P. walten. Je weniger ich mit meinem fliegenden Brief vom Fleck kommen kann, desto mehr hoffe ich malgré moi damit fertig zu werden, und desto weniger habe ich
    Grund
Ihnen und mir diese Hoffnung zu benehmen. Ich mache aus der
    Wahrheit
kein Geheimnis, so bald ich ihrer habhaft bin, sie mag übrigens für oder wieder mich seyn.
Morgen bin ich willens zu Hause zu bleiben, den ersten May und die Zwillings Apostel zu feyern. Ich habe schon seit 3 Posttagen ein Blatt beylegen wollen; aber es ist mir schlechterdings unmöglich gewesen. Da kamen meine 3 junge Leute, Raphael, Hill u Jenisch, der in 14 Tagen seine Reise nach Berl. antreten wird – Endlich der von Hypochondrie u kalten Witterung fast agonisirende Kraus. Er setzte sich in einen Winkel, und ich suchte mit ihm allein zu seyn. Ich gab ihm die ersten Bogen Ihres Abdrucks, und sein Geist kam wider zu ihm – Er bat mich so inständig ihm sie mitzugeben, daß ich sie ihm bis morgen überlaßen muste. Er verließ mich mit der Versicherung, ihn erqvickt zu haben. Mit dem was er sehr bedächtig und langsam gelesen hatte, wie er sich selbst entschuldigte, schien er gantz zufrieden und einig mit mir zu seyn. Das übrige denke ich morgen zu hören – Er frug mich wegen der ausgezogenen Stellen, ohne daß ich mich verrieth, weil ich mich
    kaum der gedruckten
mit Mühe erinnern kann, und ich mir kaum zutraue, was ich einst geschrieben gegenwärtig noch einmal schreiben zu können. Es war ihm also lieb, seinen Rath nicht gefolgt zu haben, und er hielt Ihre Rechtfertigung für nöthig und nützlich, durch nichts als
    Licht
die Schatten der Finsternis auf Ihren Character vertrieben zu haben. Ich warnte ihn nicht zu vorläufig in seinem Urtheil zu seyn, und daß ich selbst mit dem historischen Theil sehr zufrieden wäre, auch nichts daran auszusetzen fände, aber desto besorgter für den theoretischen und speculativen, den ich gern zum Vortheil der Sache und der Leser gantz abgesondert gewünscht hätte
– Den Bogen F. holte ich auch hervor unvermerkt. Mit dem Probebogen werde ich an mich halten, bis das übrige ankommt, und mich darnach einzurichten suchen. Gott gebe, daß meine Sehnsucht und Ungedult diesen Mittwoch befriedigt wird. Vielleicht werd ich nicht eher fortfahren können, bis Sie mit Ihrer Autorschaft vor der Hand fertig ist. Vielleicht geht es mir wie der Diana, die sich um ihr eigen Haus nicht bekümmern konnte, weil sie mit der Geburt Alexanders beschäftigt war. Es gehe, wie es gehe – – – Je länger ich lavire, desto mehr sehe ich Land um mich herum – und verliere nicht Muth aus einem Cunctator ein Restitutor zu werden. Gedult aber ist uns noth, den Willen Gottes zu thun und die Verheißung zu empfahen Ebr. X. 36. Mehr kann ich heute nicht schreiben, und morgen soll der ganze Tag mir allein gehören. Leben Sie recht wohl, und erfreuen mich – So bald ich kann, bin ich wider da. Grüßen Sie die lieben Ihrigen von mir und den Meinigen herzlich. Nach M. schreibe so bald ich gute Antwort erhalten, und es lohnt die Feder anzusetzen. Erwiedern Sie mein Andenken dem Linus und seiner Claudia in W. Nächstens mehr von   Ihrem   Görgel – S.Phil. u Jacob. 1. Mai 1786 Der 1 May ist mit Schneeflocken eingetreten und meine Stube ist geheitzt. Die Gr. Kayserlingk schickt mir einen Brief von 2 Bogen den ihr fils adoptif mein alter Freund von Hogendorp aus Batavia den 12 h. 85 an Sie geschrieben u alle seine Schicksale enthält, die mich ungemein interessiren, daher ich ihn in der Geschwindigkeit abgeschrieben. Er enthält seine kriegerischen Expeditionen gegen die Könige von Malvi u Sallegar, seine Friedensunterhandl. mit einem Usurpator Raja Ali, seine zurückgegangene Heyrath mit des Gen.Gouv.Altings jüngsten Tochter, und seine bevorstehende Hochzeit mit einem Mädchen von 13 Jahren mit der er glückl. zu werden denkt. Zu gl. Zeit schickt mir Brahl den ersten Theil seiner Uebersetzung bis zum Postscriptum, den 2ten Theil von Flögels komischer Litteratur welchen ich noch nicht gelesen und Volkmanns Reise durch Spanien die ich auch nicht kenne. Aus meinem Vorsatz Ihnen einen Vorschmack meiner Fortsetzung mitzutheilen die Crispus noch nicht gelesen, wird also nichts und dann kam Hill um meine beyde Mädchen zu Ihres Namensvetters kl. Familie abzuholen. Es läuft alles so kunterbunt durch einander in meinem Hause wie in meinem Capitolio, daß ich selbst nicht weiß, was ich schreibe, und womit ich den Anfang machen soll. – Da kam ein Mann zu mir, der wißen wollte, wie ein Spannagel auf französisch hieße, und den ich nach vieler Mühe mit dem Worte une atteloire ablaufen ließ. Endlich kam Crispus so erfroren wie ein Schneidergeselle, und hatte den Einfall mich um eine Bouteille rothen Wein zu mahnen, die er mir vor länger als ein vierteljahr in depot gegeben. Wie ich mit meinem ganzen Hause schon halb trunken war, fiel es uns ein Ihre Schrift vorzunehmen, die wir bis auf den ex- und esoterischen Character durchkritisirt und in der consecutione temporum einige Fehler gefunden haben, die ich Ihnen treulich in meinem Nächsten melden will; denn heute kann ich nicht, weil eben Hill mit meinen jüngsten Töchtern zu Hause kommt, und den Brief abholen will. Wir haben Ihren Namenstag gefeyert und Ihre Gesundheit getrunken – Leben Sie auf heute recht wohl und werden Sie nicht mistrauisch gegen Ihren profanen Görgel, in deßen Papiere ohne Erlaubnis Crispus geguckt und durchaus mir nicht passiren laßen will, daß ich den Berl. Flacius Fulbert einen
    Beutelschneider
gescholten, ohngeachtet ich es in nüchternem Muth gethan. Leben Sie wohl; bekomm ich keinen Brief übermorgen; so erhalten Sie keine Antwort. Vt supra.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 30ten Apr 1786. J. G. Hamann empf den 11ten May beantw den 12ten
den 3 May 86. Gott seegne Dich, lieber Herzens Fritz-Ariel-Jonathan für Deinen Anfang und Ende! Ich umarme Dich von Grund meiner Seele und mit allen Hacken und klammern derselben für Dein
    gutes schönes
Buch. Du siehst dem Mann mit dem Zirkel über dem Mohrenkopf so ähnlich, wie ich dem über Dir schwebenden Genius – Der Schluß aus Lavater gefällt mir eben so sehr als das Motto aus dem Cicero. Du hast den guten Wein bis zuletzt behalten – Das ist groß und heilig, unserm großen heil. Meister gemäß. Dom Quasimodog. wirst Du die Auflösung meines ungewöhnl. Stillschweigens erhalten haben, und wie ich hoffe mit allen Bedingungen meiner Autorschaft zufrieden seyn, und alles nach Deiner geprüften Sagacität im rechten Lichte der Wahrheit und Freundschaft beurtheilen können. Wegen des Lumpenbriefes von Mirabeau, der so ein großer Dupe wie Cagliostro ein Betrüger ist, habe ich Dir schon meine Meinung gesagt, und es lohnt nicht der Mühe sich um den – wie Asmus sich gern ausdrückt, zu bekümmern. Es soll der Schola tyrannica wie dem Hunde das Grasfressen bekommen. Die Vögel sollen sich an dem gelegten Ey weiden, daß sie ihre Eingeweide, wie wir die unsrige fühlen. Lies nur erst das nicolaitische Meisterstück gegen G. oder vielmehr nimm das Aaß nicht in die Hand, ich will mich an Deiner Stelle um alles bekümmern, was nur mögl. ist, und lies meinen Leibartzt Kämpf, und zieh den Deinigen bey der Anwendung zu Rath. Der vorgestrige Rausch, von dem die letzten Zeilen sichtbare Zeugen sind, hat meiner Gesundheit sehr wohl gethan. Ich habe darauf wie ein Taglöhner geschlafen und hatte den Morgen drauf eine Oeffnung, wie ich sie in langer Zeit nicht gehabt. Dies ist eine von den Hauptanekdoten, womit unser liebe Kritiker des Morgens seine Besucher unterhält, auch selbst der Gr Kayserlingk vor der Tafel nicht ermangelt zu referiren zum herzl. Gelächter meines Freunds mit der satyrischen Hippe – den ich gestern trostlos fand, weil sein rechtschaffener Bruder gantz unerklärl. Hinderniße findt, worüber ich ihn schon diesen Morgen beruhigt habe, aber ohne viel Glauben zu finden. Ich habe gestern den gantzen Nachmittag, wie ein Bote herumgelaufen, und kam allenthalben wie geruffen – durch die wunderbarste Zufälligkeiten. H. nahnnte mich mehr wie einmal einen Engel, weil er einen Freund nöthig hat sein Herz auszuschütten, u ein erhaltenes Billet jemandem mitzutheilen, so geheim er auch sonst mit seinen Angelegenheiten ist. Ich wurde ebenso zur Baroneße
    hingestoßen
und
    hingetrieben
durch einen Mann, der mich begegnete und durchaus darauf bestand mich Ihrer Verlegenheit mit der kleinen ruß. Marwood anzunehmen. Mit 100 Planen im Kopf gieng ich hin, und hörte, daß die ungezogene Albertine schon Montags von ihrer Mutter abgeholt worden war. Voller Freuden lief ich weg, ohne den Caffe mitzutrinken, auf den ich eigentl. zu Gast gekommen war, lief zu meinem Beichtvater, dem ich schon lange einen Einspruch versprochen hatte, und der mir auch so viel zu beichten hatte auch nicht gantz unnütz gesehen hatte. Voll Zuversicht lief ich noch bey meinem Artzt Miltz, um den
    rein auszuholen
, als intimum des Mannes, der das ius Patronatus über die Pfarre qu. hatte, und schöpfte lauter Hofnung für mich u den schon verzweifelnden Oberbürgermeister. Ich habe also so viel GugucksEyer in meinem Kopf, daß ich an mein Straußen oder Colibri ey nicht denken kann – brauche noch ¼ Holtz das ich schon längst bey Deinem Namensvetter besprochen habe und deshalb bey ihm speisen will, ihm auch schon ein Exemplar Deines
    Büchleins
von Herzen zugedacht. Hier bin ich auf dem halben Wege zu Crispus, der mich gestern nicht besucht, u dem der Rausch nicht so gut bekommen seyn – Mein Stürzen ist eben so dumm als sein Sippen; wenigstens werde ich durch einen vollen Trunk eher nüchtern, als er durch sein Tröpfeln. Wir haben wie ein paar Grammatici und kritische Orbile die ersten Bogen durchgegangen. Du sollst zum Spaaß unsere notas ebrias alle zu lesen bekommen; aber dazu hab ich heute nicht Zeit. Hippel u Kraus, der einen Bogen mehr gelesen waren äußerst zufrieden und harmonisch gesinnt mit Deinem guten gesetzten feinen Ton; ich habe sie aber beyde besorgt gemacht für den theoretischen u speculativen Theil. Nun ist alles überstanden und vortreflich – und ich hoffe selbst den optischen Schein der heil. Größe womit Du im Grunde Dich selbst und noch mehr mich lächerl. gemacht, auch mit der That zu retten und die poetische Hyperbole zu keiner prosaischen Lüge werden zu laßen.
    Selbst unsere Feinde sollen Richter seyn
Deut XXXII. 31. nach Mendelssohnscher Uebersetzung. Diesen Morgen um 6 Uhr komt meine Dienstbotin mit der Nachricht eines Himmelszeichens zu Hause, ich gehe heraus und sahe einen schönen Hof um die Sonne mit Regenbogenfarben, der eben vergehen wollte und von dem ich bloß einige Spuren der abgeschnittenen Bogen gewahr wurde. 100 Schiffe liegen in Pillau, die meisten gehen nach Elbing wo das Getreyde wohlfeiler ist. Ich habe der Gen. Adm. eine todte Schiffahrt diesen Sommer geweißagt meinen Urlaub dadurch zu erleichtern. Gegen 7 laufe bey Hippel, schicke meinen Michel zu unserm Kaufmann. Wir begegnen uns einander, und die Briefe waren noch nicht von der Post geholt, – ich in meine Amtsstube oder Loge – die neuen heißen Bureaux, zu Fischer, wo das Comptoir noch zu war, aber schon fertig lag. Von da zu Vetter J. um mich zum Mittag auf einen Heering zu Gast zu bitten, von da zu seinem kranken Compagnon, deßen Hausjungfer ich die Kämpfsche Methode vorpredigte, aber leider tauben harthörigen Ohren, von da in die Speicher des Mannes, der mich gestern zur Baroneße trieb. Ein Umstand von dem mein ganzes curriculum pomeridianum bis in den späten Abend abgieng. Jetzt komme ich von der Loge und schreib diesen Brief, nachdem ich noch einmal Anfang u Ende durchgesehen, befinde alles sehr gut, bis auf den
    Nabel
, dem Wahrzeichen Deiner schönen Natur und Freundschaft. Er soll mir ein runder Becher seyn, dem ich es an Getränk nicht werde fehlen laßen wie im hohen Liede VII. geschrieben steht
. S. 118 hätte ich statt objectiver lieber subjective gelesen, wenigstens ist dies unserm Kritiker u seinem Schlüßel zu Mendelssohns Mondsucht gemäßer.
    Objectiv ist eine
, subjectiv so mannigfaltig als das sehende Auge. Leider giebt es aber keine Objecte mehr, sondern lauter Phaenomena von ihnen. Also kommt das quadrat mit dem Circul über ein, daß sie beydes Figuren sind, u nichts mehr, Merkmale der Dinge, nicht die Realitäten selbst. Vor allen Dingen ruhe Deinen Kopf und noch mehr Dein Herz aus, denke an Deine Engl. wie ich an meine deutsche Wallfahrt. Haben Sie den HErrn und Meister Beelzebub genannt; so mögen Sie immerhin unsern guten Namen lästern, wie cynische und epikurische Schweine mit unsern Caldaunen umgehen, – Eyern und Blättern. Es wird uns alles in integrum restituirt und mit Wucher ersetzt werden. Schreib mir doch was Lavater dazu sagt, und ob er noch mehr Wunder braucht, um von der Wahrheit u Göttlichkeit der Lehre die er bekennt überführt zu seyn. Schreiben Sie ihm Apoc. in fine II cet. und damit Punctum um auch das heutige Pensum zu bestreiten. Ey Gottes Seegen, und just so viel als ich nöthig habe. Ich lese nun erst die mir zugedachte Anzahl. So ein blinder Görgel bin. Die 9 barmherzigen Schwestern und der MarsyasSchinder Apoll vergelten Dirs und Deinen Feinden 7 × 70 mahl! Mehr brauch ich wahrhaftig.
    Gnug
, aber nicht zu viel, ist mein Symbolum. Der empfindl. Sitz unsrermeiner Seele liegt nach Kämpf nicht weit von der Pfortader. Lies das Buch selbst. Also den 20 April ist der gedruckte Bogen nach W. abgegangen; also tant mieux pour lui et pour moi. Mit dem Mst hätten Sie ihn verschonen sollen. Unsere besten Kenntniße u Leidenschaften hangen oft von
    Misverständnißen
ab; sie gehören also zum Gantzen u Wohl deßelben. Bitte sich das zu merken, und sich über dergl. Kleinigkeiten nicht zu beunruhigen. Es wäre mir nicht lieb, wenn er seinem alten Lehrer antwortete wie der Verleger mir zu verstehen gegeben. Ich habe eben so vieles auf dem Herzen, womit ich zurückhalten muß, und worüber ich mir Evidenz zu erhalten verspreche. Meynst Du lieber Fritz, daß es uns beyden beßer gehen wird. Der allein welcher ins Herz und
    ins Verborgene
sehen kann ist dazu bestimmt unser ächter Freund zu seyn ist das einzige Object unserer Begierden und Ideen. Alles übrige sind
    Erscheinungen
, wie die φφen gantz recht sagen ohne sich selbst zu verstehen oder verstanden zu werden. Mit diesen Phaenomenis müßen wir uns behelfen, bis wir ins
    Reine
und
    Freye
kommen, aus unserm
    Mutterleib heraus
, der uns eingewindelt hält und halten
    muß
, bis wir zur Reife kommen. Ich werde ein Mystiker; das ist ein Zeichen zur Mittagsstunde und ein Gähnen meines Magens, der sich auf einen Heering u Glas Wein freut. Eccles. IX. VII 7. Valeas in corpore sano et Pax VOBISCUM.
den 4 – Gestern kam Crispus zur zweiten grammatischen oder philologischen Seßion über Ihre Schrift, und wir haben die 5 ersten Bogen zu Ende gebracht. Er ließ mir keine Ruhe ich muste ihm die übrigen Bogen mitgeben. Ich habe ihn aber betrogen und den Bogen G zurück behalten. Er hat den Anfang mit so viel amore gelesen, und ist mir im stande gewesen sein tiefes lebhaftes Gefühl über manche Stelle mitzutheilen, und es waren recht viele, von denen er sehr eingenommen war. Er hat wirkl. mehr Gedult und Scharfsinn zum Lesen wie ich, und beynahe zu viel Vorurtheil für Mendelssohn Sprache und Schreibart, worinn er überhaupt zuweilen ins fantastische u pedantische fällt. Ich
    will
und mag nicht alles verstehen, nicht einmal
    mich selbst
gantz. Ein bisweilen großer Fehler, den ich aufrichtig bekennen muß, und der in der Organisation meines schwindlichsten Kopfs oder den Infarctibus seiner Eingeweide liegen mag.
Sinne u Gedächtnis vergehen mir durch Anstrengung, zu der ich geneigt bin, und die mir nachtheilig ist. Ich werde Ihnen alle diese Kleinigkeiten rein mittheilen. Wenn Ihr erstes Büchlein eine zweite Auflage nöthig gehabt hat, so wird es diesem
    beßeren
, auch weil es kleiner und concentrirter ist, nicht daran fehlen, und Sie können allenfalls dabeyvon Gebrauch machen. Kr. meynt daß eine Lauterkeit der Sprache auf den Leser wirkt, ohne daß er sich selbst die Ursache dieser Bezauberung zu erklären weiß. Dies ist ein argumentum ad hominem, das ich mir gefallen laßen muß, und aus dem Sie den Mann auch schon beurtheilen können. Auf dem letzten Blatt des Bogens E. ist der V. Theil des Sp. statt des IV.p. 217 angeführt. Wo die Stelle steht: Er glaubte – seinen Bauch in Gedanken, habe ich noch nicht finden können. Ich zweifele, daß ich Ihnen heute diese Noten mittheilen kann. Sie sollen nächstens erfolgen, wenn der Vorbericht angekommen seyn wird, und alles auf einmal.
Ich wachte heute noch vor dem Nachtwächter auf, und es war mir lieb aufzustehen, da sich meine Leute zu einer Wäsche rüsteten. Gieng schon um 6 Uhr mit meinem Michel aus, der zu Kant eine Stunde früher, als er liest, einen Platz sich aussuchen muß wenigstens die ersten Monathe beym Anfang eines Semester so gewaltig ist sein Zulauf, und habe mich auf den ganzen Tag durch einen unangenehmen Besuch bey Reichards Schwager dem Secr. Dorow bestimmt. Der bittet mich um Hills Stammbuch, ich verschaffe es ihm. Hill denkt einige mal daran, ich schick ihn selbst hin. Er ist ein kindisch blöder Mensch; ich beruhige ihn also mit der notorischen Ordnung u Pünctlichkeit, die ihn zur Fabel der Stadt u zum Mährchen seiner Freunde gemacht hat. Vor 14 Tagen begegnen wir uns, das erste was mir einfällt, ist Hills Stammbuch; er lacht darüber, es schon längst wider abgeschickt zu haben ohne zu wißen ob an Kraus oder Jacobi. Mir wird nicht gut zu Muthe dabey u ich ärgere mich schon über seinen Leichtsinn; nehm mir diese Woche ausdrückl. vor selbst den Gang zu thun, finde ihn noch schlafend, mit einem Bedienten versehen, an deßen Ängstlichkeit man auf den Augenblick den Herrn erkannte, laß ihn aufwecken, und rede so laut und ernsthaft ich kann mit ihm. Er kann sich auf den Boten nicht besinnen, ob es ein Student oder ein Hospitalite ist (weil er im Kgl. Hospitale logirt). Ich bitte wenigstens die Leute abzufragen; beyde sind verreiset, der eine aufs Land, der andere nach Memel. Von der einen Seite ist dieser Verlust für den armen Wandrer unersetzl. der keinen andern Beleg von seiner Pilgrimschaft als diesen Wisch übrig hat. Von der andern Seite ist es mir angenehm diesem auf seine Pedanterie eingebildeten Pharisäer die Hölle recht heiß zu machen. Ich habe ihm dafür im Herzen ein Exemplar von ihren 9 zugedacht, damit ich wider im Fall ich die Sache aufs höchste triebe, wider gut machen u aussöhnen kann, weil ihn Ihre Sache wegen seines Schwagers
    nahe
angeht, und er dem auch untreu wurde, wie die Philister über ihn zu triumphiren schienen. Ich habe mit Scheffner, der auch ein Erzengel der Ordnung u Genauigkeit seyn will und seinen Bruder u Wirth Hippel immer einen Confusionsrath nennt, seit kurzem einen ähnl. Vorfall gehabt, und mich um de Marées gebracht, den er mir über der Post zugeschickt und durch seines Schwagers Leute (Stadtrath Wirth) verloren gegangen. Der Wille ordentl. zu seyn ist noch lange nicht die That, welche von Zufällen abhängt, die ich gern nütze um diejenige, welche sich auf ihren Mechanismum der Ordnung so viel zu gut thun, ein wenig heimzusuchen. Ich habe das Schicksal eben so selbst anzulaufen, wie die allgemein verschriensten Leute öfters für mich die seltensten Ausnahmen von der Regel sind. Verzeyhen Sie mir liebster Jonathan dies Geschwätze, wodurch ich wenig erleichtern muß. Ein paar Schnitte Hamb. Rauchfleisch haben mir auch gestern ein wenig Dampf, und meine Bouteille mit Sal Glauberi war auch nicht zum Morgentrunk gefüllt. – O Spectacul! Da kommt Dorow mit dem gefundnen Schaafe und Groschen zu Hause. Er konnte vor Eyfer und Freude kaum Othem schöpfen. Er hat es bey sich zu Hause
    liegen gehabt
; und wir haben herzl. uns einander mit lachenden Munde und feuchten Augen permoto oculo die Wahrheit gesagt. So habe ich den Rabulisten Reichard, ihren Advocaten wolte ich sagen an Harseinem Schwager wie an Hartknoch meinen Verleger gerochen, an den ich wegen seiner Albertine aber ohne Wehmuth nicht denken kann. Da kommt ein Licentträger mit einem langen Zedel, worauf geschrieben steht, daß ein SpannNagel Clavette heißt; hingegen atteloire die Bracke, werde unterwegens mir einen physischen Begriff von diesen Dingen beyzubringen suchen, wenn ichs nicht vergeße. – Ich bin leider! wider gantz desorganisirt, Kraus hat mit mir seine grammaticalische Untersuchung zu Ende gebracht, aber es ist mir ohnmöglich die Feder zu führen. Den Bogen G hab ich ihm vorenthalten und ich warte mit der nächsten Post auf den Vorbericht. An Gedanken haben wir wenig gefunden auszusetzen, einige ausgenommen über deren Sinn wir nicht einig sind. Das meiste betrift den Ausdruck. Gott erhalte Sie nur gesund zu Besuchen und Gästen. Hippels fehlgeschlagene Pfarre und Hartknochs Hofnung beunruhigt mich, und ich qväle mich den
    Grund
von beyden zu finden, um wenigstens gesund urtheilen zu können. Es sind Gottes Wege, und seine Fußstapfen unsichtbar im Luft- und Waßermeere – Mein attisches Uebel des Tenesmi ist der einzige Trost, den mir Crispus zu sagen wuste. Die Hungercur ist auch vorbey, und ich habe alle Lust verloren mir zu helfen. Gegen das Ende Ihres Ruhepuncts kommen Sie mir zu schwermüthig vor, desto mehr stimmte Kraus mit diesem Ihren Ton überein. Tot capita, tot sensus. Ich habe mich jeden Posttag darauf gefreut Sie durch für den Verzug meiner Fortsetzung schadlos zu halten, aber bey aller Fülle bin ich nicht im Stande das geringste heraus zu bringen, und ich bin oft über meine Impotenz in Verzweifelung, die das Uebel immer ärger macht. Ein beynahe tollkühner Bösewicht, Regierungsrath Glawe, ist sehr lange hin Untersuchung gewesen. Er wurde cassirt, und zu 2 Jahren Vestungsstrafe verdammt. Dies Urtheil kam der ganzen Welt zu gelinde vor, ihm aber noch zu hart. Er untersteht sich an den Salomo zu appeliren; und erhält zum Bescheid Confirmation in Ansehung der Zeit, aber zur
    Karrenarbeit
geschmiedet zu werden. Er hat sich immer selbst den Galgen oder zum Minister prognosticirt. Das sind noch immer Züge de main de maitre, und Strahlen der untergehenden Sonne, die der Himmel weiß wie? mit meiner armen Autorschaft sympathisirt. Nun ruhe Dich aus, lieber Fritz! und Deine Ruh sey Ehre, nicht wie die meinige. Mein Nachen komt alle Augenblick statt des Hafens auf den Strand. Die mir zugedachten Exempl. denke allso zu vertheilen 1. für Crispus pro studio et labore, der herzlich in Deinen Ton verliebt ist, und der guten Hoffnung lebent, daß Du über unser gemeinschaftliches Exercitium styli an Deinem Ey so herzlich lachen wirst, als es uns bisweilen angekommen über uns selbst zu lachen. Vielleicht ist dies jenes zur zweiten Auflage brauchbar u anzuwenden. Was hat das Ey für eine mystische Bedeutung in der Schlußvignette? Ist es ein orphisches oder Straußeney, oder irgend auf einen Aesopischen Apolog der uns nicht eingefallen, eine Anspielung. Sömeringk stellt ungefehr unsern Kant u der Operateur mit seinen Freunden den jüdischen φφen vor. 2. durch Kant in das Kayserlingsche Haus. 3. für Hippel 4. Scheffner 5. Brahl. 6. des Adjutanten Schwager Dorow für den heutigen Schreck. Also bleiben noch 3 übrig zu meiner freyen Willkühr u Disposition. Beynahe wünschte ich von diesen 3 ein rohes Exemplar, wie ich mir eins, wenn ich mit meinem fliegenden Briefe fertig bin u Wort halte, schon ausgebeten habe um alles zusammengehörende in einem Bande nach der Reihe und auf der Schnur zu haben. Doch dies kommt Zeit gnug. Hält mein Tenesmus an; so muß ich Punctum machen, und meine silberne Hochzeit mit der goldenen einziehen. Ich lache wol über mich selbst, aber es geht nicht recht von Herzen. DEVS prouidebit. Heute ist Hartknoch mit meinem Petito vielleicht angekommen; denn hört so alles auf. Das Leben ist mir näher als die Autorschaft – Vielleicht ist es am sichersten beyde aufzuopfern. Wie Du mich führst und führen wirst, so will ich gerne gehen – über den Hügel Golgotha zum Schiblemini! Hippel und Kraus wünschen Dir beyderseits Glück. Ersterer ist gleiches Sinnes mit uns. Ich denk ihm die letzten Bogen ohne G morgen zu bringen, wenn ich ausgehen kann. Weiter will es nicht. Gott seegne Dich und Dein ganzes Haus, das ich bald in integrum restituirt wünsche. Lebe wohl und habe Gedult mit Deinem alten Görgel et Comp. Ich möchte alles wiederruffen was ich geschrieben habe, und bisweilen kommt es mir vor, daß ich mit meiner Polypragmosyne mich selbst u andere mehr verwirre, als mit einem ich weiß nicht was für Willen beförderlich bin. Gott versteht mich, weil ich aus mir selbst und nichts klug werden kann. Ja lieber Fritz, unsere Misverständniße gehören zu den Arcanis der göttl. Haushaltung und Regierung. Sie hängen wie das Unkraut mit dem Weitzen zu genau zusammen, daß alles bis zur Erndte wachsen muß und in statu quo gut ist und wird. Fac valeas! Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 3ten u 4ten May 1786 J. G. Hamann empf den 14tenbeantw den 16ten
Pempelfort den 5ten May 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. den 17 May Geant. d 22 nebst der III. Fortsetzung.   No 40. lieber, herzlich Geliebter Vater Hamann! Ob ich Sie diesen Sommer hier sehen, hier an mein Herz drücken werde? Gott weiß es. Ich las eben wieder Ihren Brief v 3ten April, der erst den 9ten abgieng, u mit dem v 9ten, von einem so lieben lieben Hamann zeugt, daß ich weiter nichts darauf zu sagen weiß: als Gott gebe daß ich bald einmahl vor dem lieben Hamann stehe, u er mir so tief ins Auge sehe, als das seinige reichen mag. Ihren Brief vom 263ten erhielt ich gestern. Was ich vor u nach an Sie abgeschickt habe, wird nun alles in Ihren Händen seyn. 8 Exempl sind am vergangenen Montag mit der fahrenden Post an Sie abgegangen, nebst einem gebundenen Exempl meiner Briefe, u 2 Portraits. Von den 6 gehefteten Exempl der Rechtfertigung geben Sie 1. Ihrem Freunde Hippel, das andere Schäffnern, u vertheilen die übrigen nach Belieben. Mich verlangt nun unaussprechlich nach Ihrem nach Ihrem nächsten Briefe. Sollte Kant mit ein paar Stellen nicht ganz zufrieden seyn, so bedeuten Sie ihm, wie er seine Jünger in Jena u Gotha beßer in der Zucht halten sollte. Diese Abkömlinge machen ihm wahrlich nicht viel Ehre. Die Fortsetzung Ihres fliegenden Briefes habe ich gestern zweymahl gelesen u bin höchlich damit d zufrieden, so wie mit den Correcturen des ersten Bogens. Nur das Budchen kann ich Ihnen, wenigstens aus dem angegebenen Grunde nicht paßieren. Sie sagen ja doch Blümchen, Röschen, Mund Näschen u.s.w. – Der Buchdrucker hatte den Satz doch stehen laßen. Ich habe ihm geschrieben daß er ihn auseinander nehmen solle, weil die TextSchrift größer u die Colonnen schmaler seyn müßen. Könnten Sie mir nur noch ein einziges Quartblatt schicken, so hätte ich genug für den 2ten Bogen. Eh ich so viel Manuscript beysammen habe, mag ich nicht wieder anfangen laßen. Die gestern eingelaufene Fortsetzung schicke ich am Montage mit der fahrenden Post an Buchholtz. Seit den 8 Tagen die ich hier bin habe ich mir die Finger beynah kurz u klein geschrieben; Theils in einem höchst verdrießlichen Geschäfte das mir über den Hals gekommen ist, u einem andern das mir schon über den Hals gekommen war; Theils um Briefschulden abzutragen. Ich war so heiter da ich heraus kam, u fühlte die ersten Tage ein Wohlseyn, daß ich gar nicht wußte wo hinaus damit. Nun hat das ewige Schreiben, des ich noch kein Ende sehe, mich so verdrießlich gemacht, daß ich übeler dran bin, als wenn ich krank u in der Stadt wäre. Entlaßen Sie mich für heute, lieber Hamann; ich schäme mich meiner albernen Laune. Den Auftrag an Lavater will ich bestellen, auch mich wegen Reinhard Morgenstern erkundigen. Ich vernehme durch Sie das erste Wort v diesem Buche. den 4 May Gestern ist George wieder bey mir eingezogen. – Mit innigster Liebe u unverbrüchlicher Treue – Ihr Fritz Jonathan – Adresse:
An den Herrn Johann Georg / Hamann / in / Koenigsberg /
    Frco
Vermerk von Hamann: den 17 May 86. Geantw den 22 May nebst der III. Fortsetzung.
Pempelfort den 12ten May 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 24 – Geantw den 25 nebst der vierten Fortsetzung No. I. II. III / 2.   No 41. lieber Herzens Vater, Freund u Hamann! Daß ich am Dienstag nicht schreiben konnte, war mir ein rechtes Herzeleid. Mein Befinden ließ es schlechterdings nicht zu. Mit genauer Noth brachte ich einige Zeilen an Buchholtz zu Stande, dem ich die Fortsetzung des fliegenden Briefes schickte. Am Montag hoffe ich seine Antwort zu erhalten, u dann schicke ich am Dienstag die begehrte Abschrift. lieber Vater, laß mich Dir die Hände küßen, für das Herablaßende tTrauliche Deines Briefes vom 30ten April! Ich weiß daß Du mich liebst. Gewiß weißt Du auch daß ich Dich liebe! Schon der Brief vom 26ten machte mir viel Freude u gute Hoffnung. Ich behalte guten Muth, u sehe mit Freude Ihren folgenden Briefen entgegen. In dem May der Berliner Monatsschrift ist ein Herr General Major v Scholten, als Umsegler des ganzen Ozeans der Metaphysik, mit dem Compas der Logik in der Hand, gar komisch aufgetreten. Aber der Ausfall g wider den Glauben, u wie er auch nicht einmahl mehr
    genannt
werden soll, ist gar zu brav. – Was in aller Welt sagt doch Kant zu dergleichen Betisen? – Unmöglich könte er mit dem Gesindel Gemeinschaft haben, wenn er ein Mann wäre. Ich bin so frappiert u so gerührt v dem Gange unserer Sache, daß ichs nicht sagen kann, u nichts darüber sagen möchte. – Hätten Sie nur erst die Resultate. Ich hatte Goeschen schon geschrieben daß er Ihnen sechs Exempl davon zuschicken sollte, u habe ihm nun aufgetragen, sie Hartknochen mit zu geben. Ihre Bestellung an Lavater habe ich auch ausgerichtet. Mein Büchlein hat ihn hoch erfreut; aber nichts hat ihm so wohl gethan, als der Schnurrbart den ich Ihnen machte. – Ersehen hat er aus meinem Büchlein, daß „M M kein Israelite ohne falsch ist, sondern ein kleingeistiger, nebenabsichtlicher, ärgerlich bornierter Feinschreiber nach dem Weltgeiste dieser Zeit“. Der letzte Zug gefällt mir sehr. Mein Befinden taugt heute nicht viel, von der Scheitel bis zur Fußsole; weiß also nicht wie lange ich werde schreiben können, u will darum nur gleich das Dringendste, das Capitel v unserer Reise abthun. Heute vor 8 Tagen habe ich nach London an die Gräfinn v Reventlow geschrieben, um Erkundigungen einzuziehen u Abrede mit ihr zu nehmen. Von ihrer Antwort wird es abhangen, ob u wenn ich reise. Wenn etwas aus meiner Reise wird, welches höchst wahrscheinlich ist, so würde ich am liebsten mich noch vor dem halben Juni auf den Weg machen. länger als 4 Wochen bleibe ich nicht in London, u kehre gerades Wegs zurück. Ich wäre also Ende Juli wieder zu Hause. So bald ich die Antwort der Gräfinn habe, melde ich Ihnen den Augenblick, was geschehen wird. Meinen jüngeren Bruder Johann Michel nehme ich herzlich gern mit. Aber es würde mir doch immer schwer aufgehen, wenn ich Sie in der Nachbarschaft hätte, eine Reise über See zu thun. Sie, von Ihrer Seite, geben mir v Ihren Aussichten die schleunigste Nachricht. Ich will lieber in meinem Leben London nicht sehen, als die mindeste Gefahr in Absicht der Zusammenkunft mit Ihnen laufen. Was ich Ihnen sage, ist die reine Wahrheit. Daß es Ihnen in meinem Hause behagen, u schlechterdings nicht gelingen wird, sich mit mir zu überwerfen – sollen Sie erfahren. Für Ihre Gesundheit wird das Reisen u die Freude derer die Sie lieben ganz gewiß die besten Folgen haben, u mehr würken als die Kämpfschen Kliestiere, zu denen ich doch auch kein geringes Zutrauen habe. Mein 3ter Sohn, der in übeln Umständen war, einen Ansatz von Rachitis bekam, u besonders am Kopf gewaltig litte, hat sie mit dem besten Erfolg gebraucht, u ich habe die feste große Hoffnung, daß sie ihn völlig herstellen werden. Einen hiesigen Freyherrn v Mirbach, der v einer todlichen Gefährlichen Krankheit in die andre fiel, haben sie vergangenen Sommer augenscheinlich vom Tode gerettet. Die Fortsetzung des fliegenden Briefes, die Sie Ihrem mir gestern eingelaufenen Schreiben beylegen wollten, wird doch hoffentlich am Sonntag kommen. Ich wünschte die Erlaubniß den 2ten Bogen drucken zu laßen käme mit. Ich gehe nicht gern zur rückwärts, u durch die Vertilgung des Satzes des ersten Bogens, sind wir gewißermaaßen rückwärts gegangen. Auch sahe ich gern die Sache so weit eingerichtet u ins Reine gebracht. Nikolai’s Beylage gegen Garve habe ich noch nicht; ich erwarte sie dieser Tagen. Schreiben Sie mir doch ja den Augenblick nachdem Sie die Resultate gelesen haben. – Unserm lieben wackern Crispus tausend Grüße. – Von Herdern nicht eine Silbe, weder auf Claudius 2 Recensionen, noch auf Ihren fliegenden Brief, noch auf meine Rechtfertigung. – Die S 14 angeführte Stelle ist allerdings aus einem Ihrer Briefe an mich genommen. Ich hatte mich nach Tische auf meinem Seßel gesetzt, u bin eingeschlaffen. Jetzt muß ich nur geschwinde zumachen. – Setzen Sie in Zukunft nicht mehr auf Ihre Briefe zu
    Pempelfort
, sondern blos Düßeldorf. Die Preußische Post hat deswegen mit der hiesigen Kayserlichen hiesigen, die mir die Briefe v Wesel frco liefern muß, ich weiß nicht welche Chicane gemacht. Gestern ließen mir die Postbedienten es auf diese unbestimmte Weise wißen, mit Bitte zu verordnen, daß das Pempelfort hinführo weggelaßen werde. Was Ihr Preußen Euch nicht alles einfallen laßt! – Gott befohlen, lieber, herzlieber Hamann. Ewig Ihr Fritz Jonathan Ariel
den 13 May 86. Nun, mein lieber Fritz-Ariel-Jonathan, gantz hellig lief ich heute nach einem Briefe, und seit 2 Posttagen rein nichts. Bist doch gesund? Peracti labores iucundi – Wenn ich auch nur erst so weit wäre! Ich habe aber mein eigenes Stillschweigen zu rechtfertigen. Heute vor 8 Tagen erhielt ich Vorbericht. Die Freude drüber wurde bald gedämpft; und ich befand mich so übel, daß man mich aus dem Packhofe trieb und dringend anrieth mir eine Bewegung zu machen, zu der ich meinen Nachbar und Arzt Miltz zum Gefährten nahm, weil ich mir nicht allein zu gehen zutraute. Er rieth mir, da ich nicht im stande war meine Lenden fortzuschleppen, X gr Ipecac. einzunehmen, die ich mit genauer Noth selbst mir aus der Officin abholte, und statt des Mittags einnahm. Ich versah es wider durch meine Ungedult, daß ich zu bald und zu viel lau Waßer nachsoff, unterdeßen würkte es doch, ich muste mich aber aus Mattigkeit niederlegen, schlief länger wie ich wollte u vermuthete, wachte aber mit einer solchen Eiskälte, die aber gar nicht fieberhaft war, auf, daß ich vom Gehen mehr Vortheil mir versprach als vom Liegen unter Federbetten. Drey Tage blieb ich zu Hause, ohne Muth und Lust. Dienstags erholte mich, und war entschloßen, den ganzen
    Mittwoch
, da Bußtag gefeyert wurde, zu schreiben und zu antworten. Ich hatte meinen Hill gebeten, Mittwochs um 8 Uhr des Morgens mir eine Einl. zu bringen. Ich wartete bis 9, er kam nicht; und ich zog mich an, und gieng aus. Bey Fischer war alles verschloßen, wegen des Gottesdienstes – Ich sprach in der Dohmkirche an und konnte die Zeit nicht abwarten, mich nach Einl. zu erkundigen. Endlich fand ich Zutritt, und nichts von Dir. Da vergieng mir aller Appetit zu Hause zu gehen, zu schreiben – Ich sprach daher 2 mal bey meiner Freundin Courtan an, die ich seit Hartknochs Abreise nicht gesehen hatte. Wir waren gemeinschaftl. Unterhändler gewesen in Unterbringung seiner Albertine – Wir hatten uns also viel zu sagen, das ohne Aergernis und Lachen nicht gesagt werden konnte, und weder das eine noch das andere war nicht recht nach unserm Geschmack. – Da komt Ihr jüngster Sohn u bittet mich inständigst gl. zu Me Hartknochin. – Gottlob! der Gang ist auch zurücke gelegt. Die arme Mutter hat schlimme Augen mitgebracht und fühlt eben so viel Nachwehen über die Schwäche womit sie ihr Kind erzogen, als der Vater Ursache hat sich größerer entgegengesetzter Dummheiten zu schämen. Nun ist alles überstanden, quoad nos. Das übrige geht uns 3, die Baroneße, Courtan und mich nichts weiter an. Mittwoch war also Bußtag. Ich erzählte meiner Freundin, daß ich einen Brief von Ihnen erwartet und nichts erhalten hätte, daß sSie Mendelssohn geantwortet u.s.w. Da war die Frau neugierig, und ich versprach es ihr auf einige Stunden zuzuschicken. Wie ich zu Hause kam, fand ich keinen Boten, und ich lief selbst, weil ich unruhig war. Es war Mittag, und ich bat mich zu Gaste, um einen jungen Menschen, der auch speisen sollte, zu sehen, und weil der Mann nicht zu Hause kam. Es schlug 6 Uhr, und ich hielt es erst 4. So war uns die Zeit vergangen und ich kam so voll zu Hause, daß ich den gantzen Abend und den Tag drauf genug zu verdauen hatte. Bey meiner Heimkunft kam mir mein Michael mit einem Briefe von Herder entgegen, deßen Innhalt mir ungemein wohl that, und ein wahrer Balsam auf mein Haupt war. Ich hatte die vorige Nacht fast kein Auge zugehabt und wider meine Gewohnheit gegen Morgen mehr
    geträumt
, fürchterlich geträumt als geschlafen. Mein Uebel war eigentl. ein Schnupfen gewesen. Ein Fußbad, das mir Dienstags abend oder vielmehr meinen Leuten einfiel hatte mir die Nacht verdorben, weil es kühler hätte seyn sollen. Nun H. ist mit dem ersten Bogen gantz zufrieden und hat ihn mit mehr Gefühl als irgend jemand gelesen, weil er sich dabey seiner
    Jugend
recht lebhaft erinnert und mit der Localität und dem Detail bekannter als ich selbst. Er dringt auf Fortsetzung, die Du schon lieber Jonathan hast, und zu der ich wider einen kleinen Nachtrag beylege, ohne noch zu wißen, in wiefern Dir die erste Gnüge gethan hat. Der erste Bogen wird also den Correcturen gemäß bereits abgedruckt seyn, oder kann es nunmehr werden. Quod scripsi, scripsi. Das ΑΩ komt auf der ersten Seite,
    nicht auf
dem Titel. Alles, was ich darüber geschrieben z.E. in Ansehung der Zahlen zu den Anmerkungen, damit die Klammern nicht für Parenthesen angesehn werden und der Leser durch zweydeutige Zeichen irre gemacht wird. Ist der Abdruck des ersten Bogens geschehen, so wird der zweyte gesetzt, von dem ich wider Correctur erhalte, bis ich vielleicht mit dem dritten Bogen ins Gleis und in den rechten Gang komme. Deine Reise nach Engl. wird durch dies freundschaftl. Schaarwerk nicht gestört. Freund Tiro wird Dein Substitut und Plenipo mir die Correctur zu besorgen und alles was dazu gehört, auch für Herder. Dich zu begleiten, will ich ihn auch nicht hindern. Vielleicht übernimt auch Alcibiades, oder hat irgend einen dienstbaren Geist dazu um sich. Wenn ich nur erst wider eine Zeile aus Pempelfort erhalte; so werd ich bestimmter darüber reden können. Die 2 Posttage sind mir recht lang geworden. Ich bin Deiner Gesundheit wegen besorgt. Dein alter Vater und George ist mir auch eingefallen, und mein ganzer Kopf ist ein baufälliges Haus, wo mehr einfällt, als ich zu flicken im stande bin. Vorgestern Abend höre ich, wie von ohngefähr, daß Brahl das erste ⅓ oder ¼ das bey mir zur Revision liegt von seiner Uebersetzung durch Jenisch nach Berl. schicken will, der reisefertig ist. Ich wie ein Wetter über sein Mst her, an dem sich schon Crispus fast müde geqvält, und wurde gestern Abend spät fertig, daß es mein Michael mir heute aus den Augen schaffen muste. Habe noch gnug gefunden, und so flüchtig verglichen, daß gnug noch übergeblieben seyn wird. Diese Arbeit konnte ich am besten auf meinem telonio thun. Eben wie ich drüber sitze, kommt Hill um 11 Uhr um zu wißen, warum ich nach ihm geschickt hätte. Ich weiß von nichts; es ahnete mir aber gleich, daß es ein Bote aus seiner Nachbarschaft seyn muste, neml. von Fischer, wohin ich ihn verwies. In einer Viertelstunde brachte er mir gegen 12 Mittags Deine 2 Ded. Exempl. Ich laufe stehendes Fußes zu Kant, der sich schon darnach bey Crisp erkundigt und auf die beyden Wonsen unterrichtetzubereitet war. Er freute sich sehr mich zu sehen und auf das Buch. Eine Autorangelegenheit gieng ihm auch im Kopf herum, die er mir sogl. mittheilte. Es ist die Tübingsche Recension seiner Moral. Schütz hatte ihn auf eine Widerlegung eines Kirchenraths Tittel vorsbereitet, der ein Commentator des
    Feders
seyn soll, der mir gantz unbekannt bisher geblieben ist. Vielleicht ist die ganze Widerlegung diese kahle Recension, die Kanten nicht anficht, und für wichtig gnug von schwachen Freunden gehalten worden, sie ihm zu Gefallen hier nicht circuliren zu laßen. Er muste sich ankleiden, in sein nahes SpeiseQvartier zu gehen, und ich lief zum HE Namensvetter. Was Kant selbst zu der Schrift sagen wird, werde ich durch Crispum u anders woher erfahren, wie auch von ihm selbst. Er hat ein reines unversehrtes uncastrirtes Exemplar erhalten. Der politische Pharisäer Cr. wollte mir auch anfängl. wie ich ihm die Casum zur Decision mittheilte, dazu anräthig seyn; ich hab ihm aber bald den Mund gestopft, und von der Unschicklichkeit, Unhinlänglichkeit ppp überführt – und mit den übrigen 7 werde ich es eben so halten, daß ich meine Hand nicht dran legen werde. Ich war schon drüber her mich von den Schnurren rein
    abzuwaschen
; aber es geht nicht so geschwinde, und ich bin überhaupt ein wenig waßerscheu. Die Anlage war schon fertig, aber nicht recht gerathen, und es wird von Deinem Urtheil abhängen, wenn ich mich nicht Deine kleine Abwesenheit zu Nutze mache. Herder ist Dein wahrer Freund, und urtheilt von Deiner Vertheidigung eben so wie ich, daß sie
    brav
geschrieben ist. Aber wer ist in aller Welt der
    Resultatenmacher
. Crispus vermuthet keinen andern als
    Herder
, den ich eben an seine Parallele erinnern wollte, die er im Sinne gehabt. Ich bin voll Ungedult und Erwartung den Mann zu sehen, der mir Licht über Sp. und Deine Exposition anzuzünden im stande ist, die ich höchst nöthig habe, weil ich währender Zeit in meiner Arbeit bis auf die Morgenstunden zu kommen hoffe und wünsche. In Hinter Deinem Stillschweigen scheint mir ein Stratagem der Freundschaft zu lauschen, mich damit zu überraschen: und das wäre der rechte Spiritus für meine Nachtlampe. Sie verlöscht nicht, wenn sie auch matt und langsam brennt. Weder mir selbst noch keinem Freunde zu Gefallen werde ich mich übereilen; sondern alles soll seinen bedächtigen Gang fortgehen. Es wäre mir auch um Deinetwillen lieb, wenn Herder es wäre, der die Resultaten geliefert. Ich liebe Göthe, ohne ihn zu kennen, aber Herder muß man kennen, wenn man ihn wie er es verdient lieben soll. Desto lieber ist er mir, weil er nicht so klug wie G. ist, aber gewiß klüger wie Asmus und Flaccus bei aller corres analogischen Differenz. Also Fido et Videbo! Du hast mir einmal, Lieber Jonathan 9 Exempl. verschrieben, und ich kann von den 7 die ich durch Hartknoch u so spät es seyn mag erwarte, nichts ablaßen; denn auf so viel habe ich gerechnet, und so viel werde auch gerade nöthig haben. Gestern erhielte das 2te Lustspiel von der nordischen Semiramis. Es heist der
    Verblendete
, und es hat mir um das Postgeld leid gethan, das es mich jedesmal kostet. Freund Charon Arndt ist nicht schuld daran, sondern mein Pinsel von Verleger Hartknoch. Diesen Morgen besuchte Hippel, und brachte ihm mein Dedic. zum Durchlesen, bis er sein eigenes erhielte. Michel speist bey ihm zu Mittag; ich habe mich auf die nächste Woche versagt, wenn er gantz allein seyn wird auf einen sauren Braten. Ich habe alle nur mögl. Versicherung, daß sein Bruder die schöne Pfarre bekommen wird; dem ohngeachtet glaubt er noch nicht gantz gewiß daran, welches ihm auch nicht zu verdenken. Der Feind mit seiner Hand wird des lieben Gottes Spiel nicht verderben. Hartknoch hat seiner Frau den 4 d. geschrieben, daß er mein Petitum auf die sicherste u beste Art eingehändigt in des Geh R. de la Haye de Launoy Hause. Mir wurde heiß und kalt unterwegens, weil ich mich schon auf einen Wink der Resolution gefaßt mache. Sie könnte schon selbst hie seynDie Luft ist schwühl, und es sieht nach einem Gewitter aus. Ich habe bereits – – – Dominica Cantate 14. Mai des Abends Gestern kam Jenisch, der morgen nach Berlin abgeht. Kraus verschwand auch mit vollem Kopf von einer Deduction für die hiesigen Kaufleute gegen die Elbinger. Heute schickt er mir den Grafen v Kayserling auf den Hals mit dem Versprechen bald nachzukommen, und er hielt nicht Wort, wie ich gleich zum voraus absehen konnte. Den May der Berl. Diana brachte mir mein Michael, den ich in einer halben Stunde durchgeblättert und Dir zu einem gneuen Federfechter Glück wünsche, der nichts weniger als ein Gen Major von Scholte ist zu Treuenbritzen, der s. Schreiben datirt an Doctor oder David Friedländer den grösten Windbeutel und Gecken, den man sich vorstellen kann la veille de la date Deines Vorberichts. Ich wollte heute fasten; aber ich habe gefreßen wie ein Gerberhund, und eine Art an Diarrhée den gantzen Nachmittag gehabt. Es war mein Leibgericht Linsen und – wer sollte es sich vorstellen? einen trotz dem Hünerfleisch zarten Schweinsbraten, mit Pflaumen- statt der Kirschmuß. Dafür hab ich auch gearbeitet mit meinem Kopf und Gänsekiel, daß mir der Schaum vor dem Munde, wie dem Lügenpropheten Mahomet, gestanden haben muß, wenigstens dem Geist nach. Nun wirst Du so viel erhalten, als zum
    zweiten Bogen
hinlänglich seyn wird. Sey wider Ariel, und strenge die Cyclopen der Preße an – Hab ich sie doch lange gnug ausruhen laßen. Wenigstens müßen die ersten 2 Bogen fix u fertig seyn, und denn reise unter Castor u Pollux, der beyden guten ZwillingsEngel Begleitung nach London mit einem schönen Gruß von Ihrem alten Freund und Miethmanne, dem großen und heil. Manne – Du weist pp. Sieben Exempl. Deiner Apologie erwarte ich noch, aber mit Gelegenheit. Was man verspricht, muß man halten. Da geb und nehm ich kein Qvartier an. Das Wort eines Mannes ist kein Rechenpfennig, kein Jetton, sondern lauter Schaumüntze. Ich bin so erschöpft – und wenn ich ein Büchlein schreiben soll in 4
    o
kann ich keine Briefe schreiben. Niemand kann 2 Herren dienen. Wenn Mittwochs die Post wider ohne Einlage kommt: so gehts nicht richtig zu, und ich rühre mich dies Jahr nicht von Fleck. In M. ist doch alles auf guten Fuß. Bleib mit Deinem ganzen Hause gesund jusqu’aux bouts des doigts, die zum Nähen, Spinnen und Schreiben unentbehrlich sind, auch zum Zählen. Ich kann nicht mehr und hiemit Gott empfohlen. Cantate Canticum nouum Ψ XCVI. Amen! Dein alter treuer Johann Georg. den 15 Am Namenstage meiner jüngsten Tochter Sophie. Ich bin diesen ganzen Tag zu Hause, weder recht fleißig noch recht faul; aber ich kann kaum die Hälfte von dem, was ich zugedacht hatte abschicken. Habe den gantzen Nachmittag bis gegen Abend auf den Decanum Crisp. gewartet bis er endl. entre chien et loup geschlichen kam. Ich glaube, daß dieser Anhang zu dem vorigen mehr als reichlich hinlangen wird den
    zweyten
Bogen zu füllen. Die Stelle, welche jetzt kommt, muß noch sieben mal geläutert werden – und ich muß mich ein paar Tage wider erholen und abstrahiren. Im Groben habe bereits das meiste herausgebracht. – Wenn ich nur unterdeßen daß ich auf den Atheismus nach dem Papismus komme die
    Resultate
erhalte, werde ich Gott danken. Jene muß ich schlechterdings erst haben u lesen, ehe ich selbst anfange – Da komt Hill, den Brief abzuholen. Gott gebe nur daß ich mein lieber Ariel Jonathan Briefe von Dir übermorgen erhalte, und wegen der Fortsetzung, die ich überschickt, daß selbige längst da seyn muß. An gegenwartigen kann ich nicht mehr Fleiß wenden, als ich gethan; und für die Folge werde auch sorgen. Morgen bin, so Gott will, willens bey Hippel zu schmausen, und über morgen an Deiner Einl. Ich schreibe alles was ich meyne; deßwegen magst Du immer thun was Du für beßer hältst. Alles wird mir lieb seyn und willkommen – wenn ich nur Briefe und gute Nachrichten von Gesundheit p erhalte. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 13 – 15ten May 1786 J. G. Hamann empf den 25tenbeantw den 26ten
Pempelfort den 15ten May 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 27 Geantw eod 29 mit der fünften Fortsetzung No. I. II. den 6 Junii die sechste Fortsetzung.   No 42. lieber Herzens Vater! Was für eine Freude Du mir gemacht hast! Die Preusische Post kam gestern ungewöhnlich früh an, so daß der Bediente Deinen Brief mit den Oberländischen, die des Morgens früh um 8 Uhr ausgegeben werden, mit aus der Stadt brachte. Gleich die ersten Worte bewegten mich, daß mir die Lippen bebten u mich Schauder auf Schauder überlief – O, Du lieber Lieber! – Was nun auch des Büchleins wegen über mich kommen mag; ich will es gern, herzlich gern ertragen. Auf die kritischen Anmerkungen freue ich mich. Ich werde immer Vortheil daraus ziehen, wenn auch nicht so bald eine zweyte Ausgabe erscheinen sollte. Wegen S 118, wo Du lieber subjective statt objective gelesen hättest, sollte eigentlich keins von beyden, sondern blos
    Symbolum
– oder
    Symbolum objectiver Wahrheit
stehen. Findest Du das nicht auch? – S. 79 habe ich den Vten Theil der Ethic nicht unrichtig citiert. Ich wußte sehr wohl daß die unmittelbar vorher angeführten Worte im IVten Th p. 217 stehen. – Am Donnerstage werde ich nun hören wie es mit dem Vorbericht abgelaufen ist. Hernach wird mich sehr verlangen wie sich Kant geäußert hat. Und dann, was Du zu den Resultaten sagst. Lavaters Brief schicke ich Dir am Freytag. Die Prinzeßinn hat ihn, wegen einer Stelle darin die sie angeht. Dir wollt ich ihn nicht schicken, wegen dem was er über den Schnurrbart sagt; aber nach Deinem letzten Briefe habe ich kein Bedenken mehr. Unterdeßen hier ein Brieflein v Buchholtz, daß ich so eben erhalte u Du gern lesen wirst. Er nennt Deine Fortsetzung die er mir zurück schickt, sagt aber nichts darüber. – Bey seinem Nachschreiben fällt mir ein daß ich Dir haben sagen wollen, daß ich durch den IIten Theil v Pfenningers ph. Vorles. unmöglich habe durchkommen können, u heute endlich das Buch weggesetzt habe. den 16 ten. Am Sonnabend Morgen meldete sich der Dichter Bürger aus Göttingen bey mir durch ein Biljet. Er hatte zu Brüßel einen jungen Engländer abgeholt. Ich ließ beyde zum MittagsEßen einladen, u behielt sie auch zum Abendeßen. Anfangs wollte mir Bürger gar nicht gefallen. Hernach gieng es beßer, u ich hätte gern gesehen daß er noch einen Tag geblieben wäre, um ihm mehr auf den Grund zu kommen. Mich verlangt nach dem Ausgange der Geschichte mit Hippels Bruder, die mir ungewöhnlich intereßant geworden ist. Den Kämpf will ich lesen u seine Methode versuchen. Vor allen Dingen aber muß ich bald hören daß es mit Deiner Reise seine Richtigkeit hat. Ich schreibe Dir, so bald ich Antwort aus England habe, wie sie lautet. Mein heimlicher Wunsch ist daß nichts aus der Sache werde. Hier die Abschrift der Fortsetzung Deines fliegenden Briefes – Thue ja wie Du gesagt hast, u laß Dir das Leben näher seyn als die Autorschaft. – Grüße den Oberburgemeister u den wackern Crispus. Crispus darf durchaus nicht in Schwaben hängen bleiben, sondern muß mit hieher kommen. – Ich küße meinen Johann Michael. Am Freytag, so Gott will schreibe ich wieder. – Laß die Ruhe die Du mir empfielst auch Dich erquicken. Sie komme aus dem Schooße des Friedens über uns beyde! – Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan
den 22 May 86 Mein Herzenslieber Ariel Jonathan! Mittwochs wurde ich erschreckt und erfreut. Ich konnte den 17 kaum erwarten, daß ich zu F. hinlief weil ich in 8 Tagen nichts erhalten hatte. Sein Compagnon wollte mich abtrösten, aber ich rührte mich nicht, sondern hielte einen Monolog: ob Du krank oder schon nach London abgereiset seyn müste. Der gute Mann hielt sich an die letzte Hälfte des Dilemma, an die ich gar nicht glauben konnte und ihm widersprechen muste. Durch meinen Widerspruch besann er sich, daß der neue Lehrbursch noch nicht auf der Post gewesen war; und ich schöpfte Luft und Muth, lief unterdeßen bey Deinem Namensvetter, der ausgeritten war, kehrte also flugs wider zurück, fand den C. Rath selbst, und half seinem Compagnon in seinen Entschuldigungen weil ihm ein Jude den Kopf warm gemacht hatte. Und endlich kam der Brief an, den ich eher erkannte als die beyden Herren, die wider zur Negative neigten gegen meine positive Ahndungen. Nach meinem Calculo muste das Pack mit der fahrenden Post Freytags den 19 eintreffen, und es kam. Mit denzwey Exempl. lief ich selbst zu Hippel für ihn u Scheffner – Hill meinem dienstbaren Geist gab ich auch ein Exempl. des Buchs u Kupfers mit für den Namensvetter. Ich war eben im Begriffe Crispus das seinige abzugeben, wie mich ein Secretaire der Direction zurückrief die auch eben ein Schreiben wegen meiner und zwey anderer Officianten gl. Gesuchs erhalten. Es war vom 8 d. datirt Le Garde-magazin h. de votre ville nous ayant fait la meme Sollicitation pour prendre les bains pendant un mois, mais ne nous ayant pas determiné l’endroit où il vouloit les prendre, vous le lui demanderez et en nous faisant part Vous nous manderez en meme tems, si sa santé est delabrée, comme il le dit. Darauf hat der Dir. mir versprochen heute zu antworten, und zwar auf die günstigste und vortheilhafteste Art. Crispus versprach auch mit dieser Post an Biester zu schreiben, macht sich aber Scrupel wegen seines Aufenthalts während des meinigen, und ob sein Schwabe im stande seyn würde ihn zu beherbergen. Ich werde deswegen an unsern Alcibiades auch schreiben – im Fall mein lieber Ariel abwesend seyn sollte. Crispus und mein Sohn brauchen noch weniger wie ich – Brahl hat auch eins bekommen, weil er mit dem ersten bedacht ist. Unser Buchladen ist auch schon versorgt, und die Judenschaft, von der mich einer vorgestern besuchte, hat unmittelbar aus Berl. erhalten. Das letzte Exemplar, das ich anfängl. Reichards Schwager, dem Secret. Dorow zugedacht hatte, liegt hier für meines Mich. Freund Nicolovius aufgehoben, der verreist ist, und dem ich eine große Freude damit machen werde. Ich danke also für mich u meine Freunde, von denen ich
    nur Hippel u Kraus gesehen
, die mit dem Autor und seinem Werk vollkommen zufrieden und
    hierinn
einerley Sinns sind, sonsten aber nicht
. Crispus kam voller Freuden gestern zu mir mit der guten Nachricht, daß er endlich mit seiner Deduction fertig geworden gegen die Elbinger. Wir haben so viel Anmerkungen über unsere homogene u heterogene Autorschaft gemacht, und ich habe so viel Gelegenheit gehabt über die meinige nachzudenken u zu beobachten, daß sich darüber ein neues Buch schreiben ließe. Er ist so ein Purist in der Sprache, als Kant in der Vernunft, und ich bin ein Antipod von beyden aus gantz ähnlichen Principes. Ich hatte mir vorgenommen gestern den gantzen Tag zu Hause zu bleiben. Jacobi ließ mir des Morgens die Nachricht melden, daß Lavater nach Bremen käme. Darüber verlor ich die Tramontane und gieng nach einem langen Kampf zu Mittag bey ihm; weil ich glaubte ein wenig Bewegung unentbehrl. nöthig zu haben; lief also gleich nach der Mahlzeit ohne Caffe mit Hill nach Hause. Ich bin diesen Morgen – und dies begegnet mir seit einigen Tagen zum dritten mal, – mit Stichen in der linken Schulter aufgewacht, die mich beynahe Zeter! schreyen machen, weil sie mir so empfindlich sind, als wenn ich auf einem Speer stecke. Ich gerathe in einen Schweiß, den ich beßer als das erste mal abgewartet habe, und befinde mich drauf wohl nach causam remotam, die in Blähungen besteht. Daß mir das unterwegs auf dem Postwagen begegnen möchte oder auf der Straße, würde schrecklich für mich seyn, weil ich vor Ohnmacht nicht sicher wäre. – Ich habe fürchterlich gearbeitet aus einem Labyrinth herauszukommen, und dachte mit voriger und dieser Post schon mit der indigesta mole fertig zu seyn, aber es ist ein Chaos, das ich noch nicht ins reine bringen kann über den Titel
    Jerusalem
; in dem ich den ganzen Geist des Buchs u Verfaßers und seiner verpesteten Freundin Berlin aufdecken will, Lavater gegen den welschen Plutarch retten und meine Wonsen, die ich in Deinem Buche empfangen, verklären will. Erschrickst du nicht lieber Ariel Jonathan für ein solches Alpengebürge bey meinem schwindlichen Kopf. Wenn ich damit zu Stande komme: so will ich Punctum machen, mich ausruhen, und opfern oder reisen. Wird der Druck so weit fertig: so soll mir die
    andere Hälfte
desto leichter werden, zu welcher ich die Resultate unumgängl. nöthig habe, und ohne sie an nichts eher denken will. Was ins reine ist, hoff ich beyzulegen – und ich habe mein
    Ideal
per approximationem wenigstens so gut ich
    kann
und
    will
ziemlich erreicht, und warte nun auf das Urtheil des Triumvirats. Meine Autorschaft hat sich mit Nemo vel Duo angefangen und soll sich in ein Omne Trinum perfectum endigen, und dem Nemo das Urtheil über mein Exegi anheimstellen. Der ins Verborgene sieht mag mein Brabeuta seyn; denn bitter sauer ist es mir geworden und die Species ludentis fast zur Tortur u Folter, auf die ich meinen Kopf nicht noch einmal spannen werde. Ainsi soit-il! Der vor Freuden unruhige Freytag u 19 d. schloß sich mit dem Universal Catalogo, der immer eine Art von Schmause für mich ist. Die
    Resultate
sind mir entwischt, aber Michael hat selbige angekündigt gefunden. Ich erwarte sie als einen Spatregen für mich, Dein kleines Buch war der Frühregen für meine Saat. Was Recht ist, muß Recht bleiben; also danke ich für die Correctur des Büdchen. Ich bin in einigen Fällen ein Praetor, aber übrigens ein noch größerer Mückenseiher als der politische Pharisäer Crispus. Es beruhte blos auf einem falschen Eindruck unsers Provincialdialects, der das beste Ohr umstimmt. Daß die Textschrift größer ist, wäre eben nicht
    nöthig
gewesen; unterdeßen
    überflüßige Dinge
schaden nicht immer, und für meine Natur ist nimis leider! satis. Ueber den Einzug meines Namens Bruders habe ich mich herzlich gefreuet, und lange darauf gewartet. Gott laße alle Mittel gedeyen zu seiner Beßerung. Gedult ist das
    sicherste
u
    wirksamste
. Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn und Leibesfrucht ist ein Geschenk. Das Eigentumsrecht und der vsus fructus geht auf Rechnung des Gebers, der für beydes stehen muß und sorgen wird. Selbst auf den schlimmsten Fall muß man von sich u seinen Kindern wie jener Held denken. Nisi periissem, periissem! Nisi periissent, periissent! Er ist
    Vater
und
    Pädagog
κατ’ εξοχην, deßen Methoden und Wege unsern eigennützigen, eingeschränkten und selbstsüchtigen Planen und Projecten überlegen sind, und damit wollen wir uns als treue Gesellen συζυγοι γνησιοι Phil IV. 3 untereinander trösten, Ehre und Freude von unsern Kindern erwarten, sie als die Hoffnung und Krone unsers Ruhms annehmenansehen und ertragen im Schweiß unseres Angesichts unter Dornen. Malus pudor! mit Deiner
    albernen Laune
hat es weniger zu sagen, als mit meiner zum Schreiben. Es geht mir noch öfterer und stärker und ärger, daß ich Anfechtungen gnug drüber habe, wenn mein Kopf stätig ist, sich bäumt u nicht von der Stelle will. oder ausreist, das mir Hören und Sehen vergeht. Aber jetzt lieber Ariel Jonathan! bin ich ungedultig auf
    Resultate
, die vielleicht eher brauche als ich es wißen kann, auf Visa und reperta, auf Probebogen in duplo, auf qu’en dit-on? und qu’en dira-t-on? über Deine publike u prmeine Privat-Autorschaft. Ich lebe gantz isolirt und an meinen fliegenden Brief genagelt, mit dem ich gern so weit wie möglich kommen kmöchte bis auf einen Ruhepunct, wo ich mich nicht länger mit Beschuldigungen und Vorwürfen – sondern beßern Materialien und Personalien beschäftigen kann. Bitte mir Erklärung über S. 94 aus, die ich nicht herauszubringen im stande bin von selbst. Ich eile zu einer neuen Copia meiner Fortsetzung, weil die gestrige nicht gerathen ist und ich durch Crispum u noch 2 andere Einsprüche gestört wurde. Des Schutts ist so viel, daß ich keinen Raum zu gehen habe – Sie werden es schwerlich finden und errathen können, wie viel Arbeit mir das Aufräumen gekostet – Nun Gott sey mit Ihnen und Ihrem gantzen lieben Hause, und erfreuen Sie bald mit Resultaten, an die Sie vermuthl. mit Fleiß nicht gedacht haben in Ihrem letzten. Crispi Vermuthung wird mir dadurch zur Gewißheit. Sie haben sich also durch Ihr muthwilliges Stillschweigen selbst verrathen. Doch alles gut in M. Hat Claudius schon den ersten Bogen erhalten? Nächstens so Gott will, mehr vonIhrem alten treuen Georg Mephiboseth. Die Stelle S. 3. lautet so: Durch ein solches Sehrohr historischer und prophetischer Vorerkenntnis wäre dem Beobachtungsgeiste ein exemplarischer
    Schatten u Grundriß
aus einem C dichten Cederhayne zum Materiale zur eines Werk – – Vor einem solchen Werk wäre der Name Jerusalem alsdann zwischen den beyden Nebensonnen p Wollte Gott daß ich mit Hiob sagen könnte: Mein Bogen beßert sich in meiner Hand – oder meine Freunde mit dem Speisemeister zu Cana in Galiläa: Du hast den guten Wein zuletzt behalten. Ich wünschte nur diese Stelle glückl. herauszubringen durch Gedult und Glück. Für den Schatten- und Grundriß möchte Crispus lieber Ideal.   Anstatt entgegen gekommen erschienen seyn Durch ein solches Sehrohr historischer u prophetischesr Vorerkenntnis würde dem Beobachtungsgeiste, ein exemplarisches
    Idelal
aus einem Cederhayn
    entgegen gelacht haben
zum Materiale eines Werks
    Schatten u Grundriß
    geeilt
    Schema
    gewinkt
Non liquet
    erschienen seyn
entspann aus seiner mehr erworbenen als geerbten Ideenkunkel, vermittelst willkührlicher Fiction u Manipulation ein funkelneues Jer. Vox haerit in faucibus et pcalamus in vacuo – Ich kann nicht mehr – Ergo vale et faue TVO. G.
den 25 May 86 Herzenslieber Ariel-Jonathan Himmelfahrt habe ich heute gefeyert, und mich kaum vom Stuhle gerührt. Die christl. Kirche in Preußen hat dies alte Fest auf den Sontag Exaudi verlegt. Auf den vergnügten Morgen den ich gestern über Deinen Brief hatte, mein lieber Ariel! folgte ein sehr unruhiger Nachmittag bis an den spaten Abend. NDes Namensvetters Familie brachte Hofmeister Hill in meinen Garten, der Vater kam spät nach, und es war eine ziemlich laute und lustige Kindergesellschaft zusammen. Me Courtan (mit ihrer Familie und Hofmeister Jachmann) ruhte sich auch ein paar Stunden beynahe aus – und in Dder letzten Dämmrung kamen noch ein paar junge Engl. aus Pillau, von denen der eine mit meinem Sohn einmal zufällig Bekanntschaft gemacht hat. Ich erwarte alle Augenblicke noch eine Disputation durch des Kants Amanuensem Jachmann die Prof Born über den Begriff der Existentz ihm zugeschickt mit der Nachricht, daß er willens wäre seinen ganzen Cursum in ein zierl. Latein zu übersetzen. Das ist der dritte Tag, an dem ich recht fürchterl. Mahlzeiten thue. Kopf und Magen arbeiten bey mir um die Wette – und nun müßen die Cyclopen schmieden, pendant que le fer est chaud. Sechs Exempl. der Resultaten sind beynahe zu viel, aber ich werde auch andern dadurch eine Freude machen, so eigennützig ich auch gewesen wäre ein einziges auf mit der Post vorzuziehen. Es ist aber alles wohl bedacht und gut gemacht von meinem lieben Ariel; denn so sehr ich auch kämpfe, mich küzle u ansporne bis auf die Morgenstunden zu kommen, werde ich kaum dies mein höchstes Ziel bis in die Pfingstwoche erreichen können. Mir stehen die Haar zu Berge, durch was für Schutt ich noch zu gehen haben werde, ehe ich mit meinen Gedanken ins reine komme. Ehe ichs mich versehe, und wenn ich eben die Juno umarmen will, werde ich bis aufs Hemde naß und stehe in der Traufe. Mein Nachbar Dir. Stockmar hat Wort gehalten und gl. denselben Tag den 19 d. geantwortet. Dienstags den 22 ist es abgegangen und ich bin vollkommen mit seinem Rapport zufrieden, wenn er nicht dort den Fehler haben wird ein wenig partheyisch für meinen Gesuch auszusehen und man daher gern Anlaß nimmt ihm in die Qveer zu kommen u mich für einen seiner Protegés u Clienten anzusehen. Die Maasreguln zur Engl. Reise correspondiren vollkommen mit meinem Plan in der Idee. Sie haben also nicht die geringste Ursache auf mich Rücksicht zu nehmen; sondern überlaßen Sie gänzl. diese Sorge mir. Wenn ich in meinem Geburtsmonath Aug. da bin – Heute fängt sich netto ein Neues FinantzJahr an, und ich trete zugl. in das 20 meines Dienstes. Die welsche Administration ist + 1 älter als ich. Man spricht hier laut daß alles wieder unter die Kriegs- und Domainen Cammer wie vor altenolim kommen wird, und prognostisirt viel, das ich günstiger auslege. Wer Recht haben wird, mag die Zeit lehren. Die paar Tropfen kamen eben zu rechter Zeit in mein Spitzglas, und ich habe sogl. eine Libation daraus gemacht pro publicoa Salute. Meine Adler haben eine gute Witterung Ja, lieber Fritz, sollst so lange warten bis ich Dir etwas über die Resultate schreiben werde, als ich warten muß, ehe ich sie mit Hartknoch bekommen werde – vielleicht 14 Tage. Es ist aber schon recht gut, ich kann und will sie jetzt nicht lesen, biß ich erst mit dem Misthaufen vor meiner eignen Thür fertig bin. Freund Tiro wird sehen, daß der letzte Abschnitt des vorigen auf No I. geändert ist, und sich darnach zu richten u achten wißen. Crispus ist gestern zum Scheerenschleifer geworden, ohngeachtet er sich durch Vetter J. anmelden ließ. Vielleicht hat er an Biester geschrieben. Mit seiner Deduction fürgegen die Elbinger ist er endl. einmal fertig geworden. Wir sind jeder in seiner Art so ein paar poßierl. Aruspices, die sich nicht einander ohne Lachen u Mitleiden ansehen können. Er hat sich Grillen in den Kopf gesetzt, daß er unbekannten Freunden zur Last fallen wird. Die arme Schlafmütze kann weder eßen noch trinken, und ist den gantzen Tag wie eine Nachteule u Käuzlein. Die 1000 Grüße von Deiner Hand warten auf ihn, sonst wären sie schon bestellt, und liegen parat u promt vor mir. Die Aufschrift meiner Briefe ist bisher vorschriftmässig gewesen und soll es hinführo auch seyn. Hippel ist vorgestern mit seinem Raphael aufs Land gewallfahrt die Paradiese des Vaterlandes in Augenschein zu nehmen u seinen Weinberg darnach zu modeln. Morgen komt er wider heim. Mit der letzten Post haben die Juden von D. Herz eine fröhl. Nachricht erhalten, die ich noch nicht für gantz kauscher ansehe. Daß Ihr Prophet Moses doch erhöht werden wird. Was ich davon gehört, war sehr lächerlich u abgeschmackt. Hab ich Dir nicht, lieber Fritz geschrieben, daß das hiesige Israel mit unserm Kunstrichter verfallen ist, u dieser ihnen das Geschmier derb aufgedrückt. Er denkt an keine Abhandl. mehr von den Verdiensten die er einmal einen gantzen Mittag bey Hippel ausgekramt und beynah gegen einen Mann, den er sonst schätzt, wider seine Gewohnheit heftig geworden. Es war Ruffmann. Der Amanuensis versicherte mir gestern, daß er keine Feder wider für die Luna angesetzt. Sein alter Freund Green, wo er jeden Tag bis auf den Schlag 7 und Sonnabends bis 9 zu Hause ist, liegt so gut wie verrechnet, und ist nicht mehr im Stande sein Bett zu verlaßen, in dem er allein sich erträgl. findt, geht ihm sehr nahe. Ob er sein Exemplar wider an Kayserlingk abgegeben weiß ich noch nicht. Der liebe gute Hohepriester in W. meldete mir den 1 d. daß er an dich schreiben wollte – Warum meldest Du mir nicht den Namen des Resultators? Nun muß ich noch 14 Tage warten, ehe ich selbst weiß, was ich jetzt nur glauben muß. In diesem einzigen Punct bist Du weder ein flinker Fritz noch Ariel gewesen. Mach dafür den Preßbengeln das Leben so sauer, wie es mir wird, und schicke bald etwas in die Küche; denn meine Hausgötter sind hungrig. Alcibiades wird seinen Keller wieder angreifen – Denk nur nicht daß der ganze fliegende Brief aus solchen Capriccios wie Maestro Ludovici seine waren, bestehen wird. Nein, je pcreerai un autan – Wenn Du meine Feinschreiberey nicht lesen kannst; so laß sie liegen bis das W. Abc Buch herauskommen oder bis ich Dir bey Deiner Zurückkunft aus London entgegengefahren oder gegangen komme, um Dichr meine Hand vorzulesen. Wenn nicht was vorfällt, bis zum Abgange: so ist es auf heute gnug. Und hiemit Gott befohlen! Noch kein Crispus da! Sein erster Willkomm ist immer eine klägl. Bitte um ein Glas Waßer – unterdeßen es kommt, räuspert er sich – Des Gauners Stimme klingt aber so rein wie Silber, wenn es mit ihm zur Sprache kommt. Einen solchen Gast wirst Du auf ein paar Wochen auch Monathe nicht verschmähen. Er ist zu allen Handarbeiten im Hause brauchbar, auch ein guter Phantast in der Musik, und windt sich wie ein Aal, daß sich Deine liebe Schwester Lehne nur ein wenig in Acht nehmen kann – Dies meld ich meinem lieben Ariel u Jonathan sub rosa! und will ein ander mal mehr schreiben, wenn er mir nicht in puncto seiner Reisegesellschaft untreu wird, wovon ich noch eben so wenig etwas zuverläßiges weiß als von meiner eigenen. Die Molimina entscheiden weder diem nicht annum noch euentum, die Wie Alc. sagt, noch lauter Gottesgeheimniße sind. Iterum vale! Kant läßt mir diesen Augenblick durch seinen Amanuensem sagen, daß er eben Born antwortete und ich morgen um 9 Uhr die Abhandl. haben sollte. Ecce Crispus –! Mit dem war heute nichts anzufangen. Er eilte um an Biester zu schreiben; ob er Wort halten wird, weiß ich erst morgen. Meine Hausmutter muste sich wegen eines Flußfiebers niederlegen und mein nachbarl. Artzt Miltz hatte Lust zu schwatzen und im Garten nach den Arbeitsweibern sich mit ihm herumzusehen. Wo es nur immer mögl. ist, schicke ich mit der nächsten Post eine Fortsetzung. Kraus hat No III. gar nicht gesehen. Wenn ich doch übermorgen wieder mit einem Fingerhut in mein Spitzglas erfreut würde. Wie froh werde ich die Pfingsten feyern, im Fall ich so glückl. wäre just mit meinem Wust bis auf den Ruhpunct der Morgenstunden fertig zu werden und daß Hartkn. mit den Resultaten denn ankäme und meinen Spiritum mitbrächte. Ich weiß nicht ob die Rolle eines Feindenkers, die ich jetzt spiele, nicht ermüdend für die erstgebornen Leser seyn wird. Je mehr ich im Praeludio mir vorarbeite, desto kürzer hoffe ich mich in Postfacione zu faßen. Ich müste mich im Augenmaaß meines Ideals mächtig verschnitten haben, das ich noch nicht nah gnug zu übersehen im stande bin. Höchstens auf 6 Bogen rechne ich Zur Correctur hoff ich immer 2 in duplo zu erhalten, und schicke das meiste ab ohne copiam hier zu haben, die ich kaum von hier aus wider herstellen könnte. Ich bin matt u müde, will meinen Leuten nach der Predigt aus Hahns kleiner Postill vorlesen. Grüß alles was Dir und uns beyden lieb ist! und leb gesund und zufrieden – wie ich es selbst nur wünsche u hoffe Dein    alter treuer Georg. Crispus war auch giftig auf die Nachricht, wegen der Pyramide, von der erst heute Nachri gehört. Sie kommt mir noch verdächtig vor; und an dem Uebermuth womit sie von dort gekommen und hier aufgenommen worden ist. Ist Reichardt nicht über Düßeld. gegangen und schreibt er nicht, als was publici juris werden soll? à Dieu! Pempelfort den 26ten May 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 7 Jun.   Geantw eod. 8 –   No 43. lieber Herzens Vater, Ich habe gleich heute Morgen einen etwas langen Brief u der Nachdenken erforderte an unsern Buchholtz schreiben müßen. Er ist mit der Prinzeßinn zerfallen, u scheint überhaupt sehr hypochonder. Mich verlangt nach seiner Antwort auf meinen heutigen Brief u Beylage. Ich gebe Dir am Dienstag wieder Nachricht von ihm. Da der Brief an Buchholtz fort war, überlegte ich mit Schenk wegen Deines fliegenden Briefes. Darauf gieng ich ein paar Mahl auf u ab in meinem Garten – und auf einmahl eine Allee herauf in vollem Fluge mein homme de chambre mit einem Packet aus Leipzig. Es waren die II letzten Bogen der Resultate. Ich so gleich in mein Zimmer und die Feder in die Hand, ohne weiter ein Auge auf die Bogen zu werfen. Es ist kein geringes was ich Dir da beweise, u wenn Du mich nicht bewunderst, so kennst Du mich nicht. Nun laß Dir zu allererst sagen, Du unaussprechlich Lieber, daß ich mit Deiner gestern eingelaufenen Fortsetzung ganz superlative zufrieden bin, u Dich beynah im Verdacht habe, daß Du nur an Deinem Schnurrbart kämmst u wixest, wenn Du von dem Unvermögen Deines Kopfs so viel erzählst. Claudius schrieb mir schon einmahl vor Jahr u Tag, Du kämst ihm vor wie einer der über Strangurie klagte, u dann auf einmahl ein ganzes Nachtgeschirr voll machte. Du sollst sagen ob ich unrecht habe, wenn Du’s gedruckt liesest. Aber auf den zweyten Bogen wird diese Fortsetzung schwerlich kommen, wie mir Schenk so eben bedeutet hat, u mir früher hätte bedeuten sollen, denn ich habe ihm mehr als einmahl gesagt, wie sehr mich darnach verlangte, daß der erste Bogen abgedruckt, u der zweyte gesetzt würde. Ich hoffe Dir heute über 8 Tage einen reinen Abdr. Abdruck des ersten Bogens, u vielleicht die Correctur des 2ten zu schicken. – Aber bey allem dem, u so herrlich auch Deine Fortsetzung ist, bin ich Deiner Gesundheit wegen äußerst bekümmert – Gott erhalte Dich! – Er wird Dich erhalten; wird Dich zu mir senden. O, Lieber, wenn ich Dich einmahl habe; meine Lene Dich pflegt; meine Lotte Dich küßt; meine Cläre u mein Max Dir zwischen den Beinen stehen – Lieber! Lieber! – Du wirst Dich wiegen in meinem Arm; wiegen, wie vielleicht noch in keines andern Menschen Arm. Die Resultate werden vor Ankunft dieses Briefes in Deinen Händen seyn. Hätte ichs nur bey meiner ersten Verordnung gelaßen, daß Goeschen Dir 6 Exempl. unter Fischers Adreße gleich mit dem Postwagen schicken sollte. Ich folgte Deinem ausdrücklichen Befehl alles durch Hartknoch zu schicken, u gab Goeschen diese neue Weisung. – Von Herdern sind die Resultate nicht. Ich darf ihn Dir den Verfaßer nicht nennen, bis Du über das Buch geurtheilt hast. Aber er ist gerade so ein Tropf wie ich, u sieht Dich für einen großen u heiligen Mann an. Was mich nach Deinem Urtheil über dieses Buch verlangt, ist über alles Sagen u Bedeuten. Die Prinzeßinn hat vergeßen den Brief v Lavater zurück zu schicken. Du erhältst ihn nun doch gewiß mit nächster Post. Deine Versicherung, Herder sey mein wahrer Freund, u finde meine Vertheidigung brav geschrieben, hat mir wohl gethan. Ich werde ihm eine Correctur des 2ten Bogens schicken so bald ich eine habe, mit einem reformierten ersten. Herzlichen Dank für die Anmerkungen. Ich finde sie, wenige ausgenommen, ganz richtig. Meine Exceptionen nächstens. Heute nur dieß: das; S 72. Z 7 ist ganz richtig, weil das darauf folgende auf Sp u nicht auf Leßing gehen soll. Sp hat es gerade so gemacht wie Leßing; er spielt in dem ganzen Tract. Th. Pol überall den Christen. Läßt sich auch Christlicher gebrauchen wie Leßing – Ohe! Du stellst Asmus u Flaccus zusammen. Wenn Du unter letzterem Wieland meynst, so vergebe Dir Gott die Sünde. Die feige Memme, das alte Weib, den lahmen schiefen Wetterhahn, an dem man nicht einmahl sehen kann woher der Wind kommt, den mit dem bidern Asmus in einem Othem zu nennen! Und Du Ungläubiger! Wirst sie nun schon haben den die 8 Exempl anstatt der versprochenen 7. – Am Sonntag wird doch wieder ein Brief von Dir kommen. Mich verlangt sehr, was Kant gesagt hat. Schütz muß ein rechter armseliger Kerl seyn. Wenn er mir nur noch einmahl mit seinem Verstoß gegen die erste Regel der Logik käme! Ich wollte ihm dagegen aus dem Hüme vorlesen. Es ist schrecklich, die impertinenz bey der Unwißenheit u sorglosen Dumheit. Aber wahrscheinlich hat ihn Kant schon gewarnt – Ich muß es immer wieder sagen, das Geträtsch des Mannes mit dem allerley Gesindel, läßt mir nicht zu eine gute Meynung v ihm zu faßen. Ich sehe u höh höre nichts v Reichart, als was neulich in der Hamburger Zeitung stand – Du gedenkst des Gen Maj. v Scholten, aber nicht mit hinlänglicher Belustigung. Von den ernsthaften Gedanken über den Glauben sagst Du nicht ein Wort. – Nenne mir doch ja den allen diesen Leuten den Hüme nicht! Es wäre ärgerlich wenn ich mir so lange umsonst die Lippen zerbißen hätte, u die General Vorlesung auf die ich mich freue, ihr brio des unerwarteten verlöhre. – Ich habe laut lachen müßen daß es einen Menschen giebt der den
    Feder
commentieren kann. – Ich grüße u küße meinen jüngeren Bruder Johann Michael. Laß mich, Lieber, in Deinem Hause wohnen. Du wohnst in dem meinigen – Lieber, ich herze Dich, u bin Dein – Dein Fritz Jonathan Ich habe noch keine Antwort v London, u vermuthe immer mehr daß nichts aus der Reise wird.
den 27 May 86. Großen schönen, herzlichen Dank für Deinen dicken halben Brief und Beyl. davon ich unsers Alcibiades zurück schicke. Gottlob! daß alles dort gut geht. Mein Joh. Michel brachte ihn mir heute, weil Hill den er diesen Morgen besuchte krank seyn soll, und ich Rhabarber, meinen letzten eingenommen, aber doch auf meiner Loge gewesen bin. Meine liebe Hausmutter lag gestern den gantzen Tag. Unsere Köchin ist verheyrathet, und ihre Stelle noch nicht ersetzt. Meine mittelste Tochter Lehne Käthe machte also ihr erstes Probestück an einem eingeschnittenen Braten sauren Braten, dazu die Sauce so reichlich war und mir so gut schmeckte, daß ich sie auslöffelte, und einen wohltätigen Durchfall davon bekam, den ich befördern will. Crispus ist gestern nicht bey mir gewesen, auch bey seinem Kaufmann Müller nicht bey deßen Gesellen ich mich heute im Packhof darnach erkundigte. Hat er an Biester geschrieben: gut! Wo nicht, so denke ich an seine Reisegesellschaft weiter nicht, und sein Censuramt verliert er auch. Es macht mich so ein wenig nachläßig mein eigen Judicium anzustrengen; und seinem nachzugeben, ist auch nicht immer leicht. Nun komt es, lieber Ariel Jonathan auf ein Pater peccaui! an. Die vorige Fortsetzung ist auf die Hälfte geändert. Ich bitte dich aber recht sehr, daß ich Dir die Mühe zumuthen muß, um Verzeihung, beyde Abschriften zu vergleichen. Die heutige habe ich unmögl. wider aus meinem Kopf herstellen können; die Wahl zwischen den Varianten bleibt Dir vollig anheimgestellt und mein Eigensinn ist keine Infallibilität. Wenn ich Unrecht habe, so mach es wie mit dem Büdchen, ohne alle Umstände. Ich war vorgestern gantz verwildert und erpicht weiter zu kommen, als es mir mögl. war, machte Saltus, weil ich glaubte wirklich gesagt zu haben, was ich mehr wie einmal über dacht hatte. Gestern war mir so angst wie einem Menschen, der in einem dicken Walde keinen Ausweg zu finden weiß und vor Müdigkeit sich nach Hause sehnt. Nachmittags fand ich, wo ich hinaus wollte. Festina lente! Die Citationes wird sich Freund Tiro nicht verdrießen laßen, aus der ersten Abschrift zu ergänzen. Ich habe die Zahl auch verloren. Wie es mit den im Text angeführten Citaten zu halten ist: überlaß ich am liebsten Deinem Auge u Geschmack. Einige u vielleicht die meisten mögen bleiben, aber nicht alle. Was sich herunter werfen läßt. Bey den Worten so selten! so wenig hatte gern in der Note 12 die 3 Worte: –
    raro
et
    perpauca
,
Hor. I. Sat IV. 18 – und die Zahlen müsten geändert werden. Das NB in der Beyl. zeigt an wie weit die Vergleichung mit der ersten Abschrift gehen muß. Noch kein Wort, wer der Resultatenmacher ist! Schicke doch gl. einen Probebogen an H. wenn er ja was zu erinnern finden sollte. Ich werde mein bestes thun so weit unterdeßen zu kommen, wo ich sie nöthig haben werde, und schicke vielleicht mit nächster Post wider eine Fortsetzung, falls ich die letzte Seite nicht heute oder morgen füllen kann. Ich verlange nun äußerst aus Ungedult oder noch blindern Ahndung, daß wenigstens 3 Bogen gedruckt seyn möchten und die unmaasgebl. Hälfte bis zu den Morgenstunden bald fertig würde, ohne Aufschub Deiner Reise, die ich eben so sehr befördert sehen möchte. Wenn aus meiner Etwas wird, so hoffe ich auch alles in Münster in Ordnung Ruhe und gesetzter Freude zu finden mit Gottes gnädiger Hülfe. Um die Zeit des Abschreibens zu ersparen, würde ein Abdruck nach M beßer als Handschrift seyn. Hat er ja Lust einen Strich zu machen. Auf Hartkn. werd ich paßen, der mir vermuthl. Lavateriana u die Resultate mitbringen wird. Nur schade daß ich ihm die Freude die er mir macht, nicht wider geben kann. Es scheint ihm aber schon von seiner Albertine etwas zu ahnden. Hippel ist gestern Abend zu Hause gekommen, und ohne Noth besorgt für seinen Bruder. Ich ließ ihn noch gestern Abend durch Raphael deshalb beruhigen, weil die Sache völlig abgemacht ist. Das freundschaftl. Andenken werde bestellen,
    so bald
ihn sehe. Nicolovius ist auch schon hier und wird mich besuchen. Er bringt mir – vermuthl. einen Brief von des Herders würdigen aber unglückl. Schwester mit – Ich werde ihm auch eine Freude machen mit dem 7ten Exempl. Auf Beyl. von Lavater freue mich. Er kommt doch nach Bremen. Ich hätte gern die Picque der Schweitz gesehen; aber Bremen ist näher, und ich fürchte mich so erschöpft, wie ein ausgelaichter Ströhmling hinzukommen, daß ich good for nothing seyn werde, als ein Spitzgläschen von Deinem Malaga – und dann schlafen zu gehen. Ich spühle meinen Kopf so mrein aus, daß nichts als die reine Vernunft überbleiben wird, das Gespenst – das höchstens winken, aber nicht mehr reden kann. Born’s Schrift ist keine Disp. sondern ein Programm – zu seinen Lectionibus cursoriis als Prof extraord. ist schon im Sept. p.a. herausgekommen. Es fehlt dem Mann weder an Styl noch Geschmack. Er führt noch eine Disp. von sich de natura fortuiti cum necessario comparata an. Kant würde einen vernünftigeren u glücklicheren Uebersetzer an ihm haben als ein hiesiger Landpfarrer gewesen seyn soll, in deßen lateinischen Versuch er sich selbst nicht verstand, so er sich drauf freute auch in Engl. Fr. u Holl. gelesen zu werden.
    Vielleicht
besuche ich ihn morgen – Ich habe ihn seitdem nicht gesehen noch etwas gehört, u ich besann mich nicht seinen Amanuensem auszuholen, mit dem er auch nicht eben mag darüber gesprochen haben. Ja ich geh morgen. Diesen Augenblick erfahre, daß seine metaphysischen Grundsätze der Physik angekommen sind. Lieber wie Born wäre mir Siegwarts: Sum. Zweifele aber, daß selbiges herausgekommen ist. Der dritte Theil des Pfenningers wird mir auch willkommen seyn. – Der 2te ist noch gut gnug für mich, aber freyl. etwas leerer als der erste. Der Wink auf den Titul ist für mich nicht verloren. Meinen alten des Marées sollen Sie sehr in der A.Bibl. mitgenommen haben; kaum wird er auch für Deinen Geschmack seyn; eben so wenig als Meiner, für den ich wegen seiner philosophischen Sprachlehre ein starkes Vorurtheil habe, mit seiner Erklärung der Freyheit nach dem Pred. Salomo, der auch keinem als mir hier schmecken will, und den mein Nicolovius mir zu Gefallen verschrieben, weil hier alles Nachfragen umsonst war. Statt Symbolum p würde ich schlechtweg ein
    Schemen
gesetzt haben. Ich habe den 3. u 4 Theil Adelungs geliehen bekommen, den mir ein guter Freund aufdrung. Die Bedeutung stimmt auch mit dem Sinn gut überein den ich meine. Mit Vergnügen habe ich auch die Note über
    Lästerer
mir aufgeklärt. Kraus ist nicht bey mir, auch nicht zu Hause gewesen, wo Brahl ihn nicht gefunden u deshalb zu mir kam. Nicolovius brachte mir einen Brief von der Frau Güldenhorn Herders Schwester mit, die ihm unendl. beßer gefallen als Trescho. Sie hat mir eine Einl. geschickt, die ich gern morgen befördern möchte da ich noch eine Antwort schuldig bin. Mit dem Lobe Kants in Beyl. bin ich nicht recht zufrieden u zweifele daß er es seyn wird. Ich thue es pro patria, und liebe den Mann außer seinen Talenten als einen alten Freund und jetzigen Lehrer meines Sohns. Brahl hat mir den 66 Band 1 Stück der allgem. Bibl. mitgebracht, wo der arme alte des Marées schlecht behandelt seyn soll, wie leicht zu erachten. Er scheint in seinen 70 noch ein heftiger Mann zu seynDa kam Crispus so spät, wie er selten u gar nicht zu kommen pflegt. Er hatte den Brief an Biester in der Tasche, und soll übermorgen abgehen. Er sah elend aus, und hatte Metzger zu Gefallen auf die Rathsbibl. gehen müßen, von der er Subbibliothecar ist. Morgen wird er abansprechen, und er hat heute nichts zu sehen bekommen. Er hat B. dort einen Mann angewiesen, den sie beyde kennen u von dem er unmittelbar die Resolution der Adm. wegen meiner Erlaubnis erfahren kann, und sehr auf Antwort gedrungen. Exaudi. 28. Mai 1786 Ich war gestern Abend so matt, daß ich mit Schaudern an meine Reise dachte, und meine Leute anstatt mich aufzumuntern machten sich noch mehr Grillen, gegen die ich mich selbst ermannen muste und mich in die Federn stürzte. Nach Mitternacht hatte meine Hausmutter alle Mühe mich aufzuwecken, weil ein starkes Gewitter war, und mir meine Empfindung davon also erklären konnte. Ich blieb also liegen und war der erste, der einschlief – Ich wollte noch in der Kirche wenigstens ansprechen wie Miltz schon herauskam. Ich fuhr in meine Kleider u besuchte Kant, bey dem seinen Lieblingszuhörer den Juden Theodor fand. Es betrifft ein Anliegen in eines Freundes u in meinem eignen Namen, worüber ich Ihr Ja oder Nein ausbitte. Es ist spät ich will Sie nicht wie neul. vom Anziehen aufhalten. Die Liebe fängt von sich selbst an. Sie haben Ihr neues Buch erhalten. Der Verleger bringt mir ein Exemplar mit; aber ich bin neugierig, wie Sie wißen. Er war so gut u drang mir gl. ein Exemplar zum Geschenk auf, weil er nach seiner Versicherung gnug u überflüßig erhalten hätte. Der Jude blieb, und ich trug mit Fleiß kein Bedenken ihn zu fragen, ob es ihm auch unangenehm gewesen wäre, daß mein Jonathan sich auf sein Zeugnis beruffen hatte. Er versicherte mir das Gegentheil und schien völlig mit Deinem Buch zufrieden zu seyn. Die Anwesenheit des Juden schien ihn aber doch mehr zu drücken als mich. Er muste gestehen daß die Thatsachen wider M. wären, aber ob L. Nathan ein Spinozist gewesen wäre, schien ihm noch nicht so ausgemacht u daß sein Busenfreund so unverschämt gewesen seyn sollte dies zu leugnen, oder so gleichgiltig dies nicht gemerkt zu haben. Er schlug mir die Note zu S. 105 auf, die er mir aus den Tübingschen u Göttingschen Zeitungen erklärte. Ich wär bald so
    dumm
gewesen sie auf die Jenaische u Gothaische, gantz verkehrt zu nehmen, wie es mir beynahe zur Natur geworden manche Dinge wie das oriental. rückwarts zu lesen und ärschlich anzusehen. Unterdeßen gab er doch mit einem
    aber
mir zu verstehen, daß er sich vorbehalten hätte sich über diese ganze Sache besonders noch zu erklären und auszulaßen, und daß er auch auf Dich Rücksicht nehmen würde, nur blos was die
    Sache
selbst beträfe, ohne sich mit irgend jemand persönlich einzulaßen. An HE. D. Biester hätte auch ein Monitorium über die gegenwärtige Schwärmerey der Berl. ergehen laßen, alles nieder auszureißen was sie bisher gepflantzt hätten. Crispus sagte auch, so was ähnl. geschrieben zu haben in seinem Taschenbriefe. Ich habe heute wider Schweinsbraten geeßen, weil wir Mangel u Noth an Fleisch haben; und denke weder an Diät noch Kämpfs Reinigungsmittel. Ich erwarte Crispum und will ihn von seinem Censoramt nicht absetzen. Ob Freund Tiro die letzte Seite wird lesen können, weiß ich nicht. § penultimus schickt sich beßer zum vlt. Die Sprüche werden sich durch den Sinn des Textes ergeben. Da liegt die Allg. Bibl. u Schweizer Journal, das ich gleich von Anfang verachtet habe, Marcards Pyrmont u Kant, daß ich sie wenigstens ansehen soll, und diese Woche wünsche ich noch eine Beyl. so der HErr hilft und ich lebe abschicken zu können. Hippel habe noch nicht gesehen. Ich denke die Pfingstfeyertage aus zu den meinigen zu machen. Gott gebe daß die Resultate!   Auch Dein ewig u ganz! Georg Noch Exaudi 86. Crispus geht eben weg, und kann nicht absehen, wie ich aus dem Labyrinthe herauskommen werde. Er besorgt, daß ich Beyl. nicht eher abschicken soll, bis sich die Entwikelung absehen läßt. Kant hat durch die Briefe über Sp. wie er mir erzählt, ein Vorurtheil gefaßt von dem er durch die letzte Schrift zurück gekommen, mit der er sich stärker gegen Cr. als gegen mich seine Zufriedenheit bezeigt haben soll. Er soll nachdrückl. an Biester ebenfalls darüber geschrieben haben u. das gantze Verfahren in der Mendelssohnschen Sache gemisbilligt haben. Den Brief an Herder habe angefangen – und nun will ich zu meinen Papieren zurückkehren, um noch einen Anhang zu liefern. Freund Tiro wird Mühe haben – ich kann ihm aber nicht helfen. Es wird mir auch sauer und Freytags Abend wurde mir so angst, daß ich beynahe zu verzweifeln anfieng den 29 – May Der Wandsbecksche Dichter Claudius hat heute auch einen Gegner bekommen. Ich habe heute gearbeitet, daß ich nicht mehr kann, lieber Jonathan und will den Wust aus den Augen haben. – Aber noch einmal abzuschreiben, ist mir unmögl. Crispus erwiedert alles, und hat sich heute tapfer erhalten. Er kam bis zu Thränen gerührt her mit einem Billet von Kant, der eben so bestürzt ihm die Nachricht giebt, daß Köhler mit einer doppelten Professur der orientalschen u griechischen wider zurück kommt. Ich habe mit dem Briefe nach Weimar nicht fertig werden können, und weiß selbst nicht warum ich jetzt den Abdruck treiben muß, um wenigstens die erste Hälfte vollendet zu sehen, ehe der Urlaub ankommt. Freylich sollte ich wohl ein Haufen Entschuldigungen machen – aber die Sache selbst redt und tacens clamo. Ein paar Tage werde ich nichts ansehen können, um mich zu erholen durch Lesen, und Laufen. Gott gebe, daß ich mit einem Briefe Mittwochs erfreut werde! Ich u die Meinen grüßen und umarmen Sie. Noch einmal ewig und ganz Ihr Georg.
Kgsb den 28 May Exaud 86. Mein Herzens lieber Gevatter, Landsmann und Freund, Ihren lieben erwünschten Brief von 1 May, da ich sehr vergnügt war über Nachrichten aus Batauia von meinem tollen Hogendorp und mich sub rosa mit unserm feinen Prof. Mor u Polit. Namens Crispus in einem rothen Wein, den er mir vor einem halben Jahr verehrt hatte bis zum Taumel gelabt hatte, erhielte ich an unserm jährigen Bußtage, der den vierteljährigen ersetzt, den 10 d. und gestern brachte mir mein junger Freund Nicolovius Einl. von Ihrer würdigen HSchwester, die munterer und gesünder seyn soll, wie ich mir vorgestellt. Ich muß also antworten, um Einl. zu befördern. Hartknoch hat den 27 pr. meine Supplique um Urlaub mitgenommen. Den 4 May avisirte Hartknoch seine Frau daß er den Brief bestens bestellt, dies erfuhr ich den 13. Den 19 erhielt die Direction eine Antwort unter 8, wo sie statt 4 nur 1 Monath gelesen hatte, wißen wollte, ob ich wirkl. so krank wäre, wie ich vorgebe, und wohin ich meine Zuflucht nehmen wollte. Unter demselben d. des 19 antwortete die Direction zu meinem Vortheil, und nun ist alles zum Ja oder Nein reif. Ob ich Sie
    zuerst
soder
    zuletzt
sehen werde weiß ich nicht. Das letzte hätte Vortheile für uns beyde, und ich werde mich vollkommen nach Ihnen richten können, so bald ich nur erst das Ja! habe. Auf der Rückreise hoffe ich gelehrter klüger, gesetzter auch vielleicht ein wenig artiger zu seyn, als auf der Hinreise, und werde mehr zu erzählen wißen. Der erste soll also dadurch nichts verlieren wenn er auch der letzte würde, und in der Freundschaft giebt es keinen Rangstreit. Hippel ist diese Woche nach Dähnhofstädt gewesen den dortigen Garten zu sehen und sein Elysium auf den Huben darnach schaffen zu können. Er nahm seinen Pupillen Raphael mit. Der bat meinen Michael um ein Buch, und der wuste ihm nichts beßers zu geben als Ihre zerstreuten Blätter, die er ohne Ruhm zu melden fleißig gelesen hat. Heute bringt mir Raphael von Hippel, daß er sich an diesem Buche unterwegens geweidet, u jener beschwert sich, daß er darüber selbst daßelbe hat entbehren müßen zum Viatico. Ich freue mich also auf den zweiten Theil, den mir Hartknoch nebst den Resultaten mitbringen wird. Crispus vermuthet Sie zum Verfaßer; und Jacobi, der an Postgeld verschwendt, läßt mich mit dem Buch im Stich und ist eben so zurückhaltend mit dem Verfaßer. Etwas und viel wahrscheinl. ist es, daß Sie es sind, da Sie über die triumviros haben einmal was im Schilde geführt. Aber Ihr Abc Buch Ich freue mich herzlich, daß Ihre liebe Frau, und meine verehrungswürdige Freundin u Gevatterin sich Gottlob! erholt hatte. Gott gebe gute Fortsetzung, und Muth zum Abstine und Sustine. Mit meiner Diät und Kämpfschen Curart ist alles vorbey. Ich lebe wie ein Epikuräer, eße mit einem Geschmack der sich nicht beschreiben noch zeichnen läßt. Ich glaube, daß meine Sechswochen mich so angegriffen und eine solche Revolution in meinen Eingeweiden wie in meinem Gehirn gewirkt haben. Morgen oder vielmehr übermorgen früh geht schon die fünfte Fortsetzung ab, und ich hoffe noch diese Woche eine VI. Wenn ich bis an die Morgenstunden u den Atheismum komme: so will ich eine Pause machen und wie jener Bauerjunge sagte, mich ein wenig verpusten oder verschnaufen. Es wird wohl die gröste Hälfte alsdann überstanden seyn; und wenn ich diesen Schlucken überstanden habe, zeitlebens dran denken, und mir es nicht mehr gelüsten laßen. Schlägt dieser Wurf ein; so hab ich gnug Arbeit übrig die vorigen Brocken zu sammeln, daß nichts umkomme; denn im Grunde ist doch alles, was der Mensch thut u thun kann, Gottes Gabe, das Kleinste wie das Gröste. Meinem Ariel zu Pemp. hab ich schon eingebunden, alles noch feucht aus der Preße zu übermachen. Alcibiades freut sich auf einen kleinen Gast, der mein Vorläufer sein wird. Vielleicht wird seine Marianne an Einem Tage mit mir entbunden. Nach unserm jetzigen Plan in petto wird Crispus unser Reisegefährte. Morgen geht seyn Brief an Biester ab um Urlaub bey dem Minister auszuwirken. Ich mache mir gleich das Vertrauen Excellentissimi Hominis zu Nutz, ihm die Sorge für das Unterbringen unsers politischen Gefährten zu überlaßen. Sie werden sich einander in theoria et praxi versuchen können. Der kleine φφus ambulans wird sich seines stammelnden Bruders Michael annehmen; und wir alte beyde wollen mit Mutter Caroline – wie heist doch schon Ihr griechischer Name? – ich lief nach dem Buche u es ist nicht zu Hause – über Küchen- u Keller Geheimniße philosophiren und raisonniren nach Herzens Lust. – – den 30 – Ich wurde vorgestern unterbrochen, und darauf wandelte mir eine Schäferstunde an, die ich mir gern zu Nutz machen wollte. Die Fünfte Fortsetzung ist heute an J. abgegangen und es geht mir nach dem welschen Sprichwort: L’appetit vient en mangeant. Wenn ich gleich mein Ideal nicht erreiche; so hoffe ich doch demselben ziemlich nahe zu kommen. Wie sauer mir die beyden ersten Bogen geworden sind, kann ich Ihnen, liebster H. nicht beschreiben. Ich habe mehr als einmal an Leben und meinem Kopf und meinen Eingeweiden verzweifeln wollen; denn die letzten wollten immer mitreden, daß der erste nicht von der Stelle kommen konnte. Ich habe mir durch Fasten in Engl. schon einmal das Leben gerettet, wollte auch schon zur Kämpfschen KCur meine Zuflucht nehmen; aus seinem schönen Buch hab ich mein Uebel kennen gelernt. Der seel. Kanter sprach mir immer davon, der gantz davon eingenommen war und gnung an Lavements verschwendet hatte. Wie ich den Hofrath Metzger um einem Zeugnis wegen meiner Gesundheit besuchte; so bat ich ihn um das Buch, aus deßen Bande ich ersahe, daß es in Trutenau gebunden war, wo er einen eigenen Buchbinder für seine Bibliothek unterhielt. In des Stadt u Land Physici Testimonio waren auch Infarctus angegeben, deren Namen ich nicht einmal recht verstand; aber im Kämpf wurde mir alles klar. Zehn Tage schränkte ich mich auf Haberschleim u Caffé u Butterbrodt ein. Nachdem ich einmal aufgehört, war es mir zu schwer, wider herein zu kommen. Ich habe jetzt Diät und Lavements aufgegeben, eße mit dem grösten Appetit, und befinde mich erträglich. Unterdeßen stehn mir doch bisweilen die Haare zu Berge, wenn ich an meine Reise denke. Meine verwöhnte sitzende, träge Lebensart ist mir zur andern Natur geworden, und ich besorge alles Uebel aufzurühren, was jetzt feste sitzt und verstockt ist, unterwegs aber in Gährung kommen möchte. Erhalte ich das Ja, undso sehe ich es als einen Beruf an, zu dem ich auch Kräfte erhalten werde. Aber sinnlos und betäubt werde ich gewiß seyn, und nicht bey mir selbst daheim gehören. Sie werden mich aber auch als einen Cretinen aufnehmen und Gedult mit meinen Schwachheiten haben. Die Aussicht zum Ziel und unsers Mentors Gesellschaft nebst meinem Michael wird auch vielleicht Schlagwaßer für meine Ohnmacht seyn; wenn es nicht beyden eben so arg geht. Ob mein Junge das Fahren vertragen kann, weiß ich nicht einmal. Er ist schon auf dem Haff Seekrank gewesen; und ich bin nicht mehr als ein einziges mal mit meinen Kindern in der Kutsche gefahren, wo Lisette Reinette keine Meile aushalten konnte. Mag Michael mit seinem Mentor laufen. In meinen Lenden ist das Qvecksilber zu Bley worden, daß ich kaum einen Gang in der Stadt bestreiten kann, ohne lahm zu werden. Alle Säfte und Lebensgeister müßen inwendig verkleistert seyn, unnatürl. Schärfe haben – und der innere Mensch ist ad modum der Maschine und seines Organi; daß ich Pferdearbeit nöthig habe meine Ideen zu diluiren und potable zu machen. Crispus ist mein Cynthius, und wir zupfen uns einander weidlich die Ohren. Er mit seiner flachen Hand, ich mit der geballten Faust. Wir verstehen uns aber, deje länger, desto beßer einander, und bisweilen verwechseln wir unsere Attribute, daß er hartmäulich und ich das weichmäulige Pferd bin. Die Selbstkritik meiner Arbeit ist vielleicht mehr werth, als die Arbeit selbst, nur Schade, daß jene weder geschrieben noch gedruckt werden kan, wie sich kein Zucker mit Zucker eßen läßt. Entziehen Sie mir Ihre Erinnerungen nicht, wenn Sie selbige nöthig finden. Der Beyfall kommt Zeit genug; aber post factum komt der gute Rath zu spät. den 31 May Ich habe mich gestern den ganzen Nachmittag umgetrieben, die Baroneße, welche ich seit langer Zeit nicht gesehen, besucht, meine Tochter auf Pfingsten los gebeten, und Kr. Deutsch bey Hippel zum ersten u letzten mal gesehen, der sn Sohn auch während der Ferien abholt. Auf Hartknoch freu ich mich, und fürchte mich ihn zu sehen. Der arme Mann hat ein Hauskreutz, das man sich gar nicht vorstellen kann, an seiner Tochter Albertine, die ich bey der Baroneße anbringen wollte, aus Freundschaft für
    Vater
und
    Kind
und Me Courtan, die auch ein gut Werk gern befördern hilft, und schon seit Jahren mit mir in petto daran gearbeitet. Die Mutter u die ganze Familie war uns entgegen, und hatten eine andere Pension bey einer Tobacks Directorin Me le Noble, die eine Anverwandtin ist, für das Kind im Sinn. Hartknoch folgte unserm Rath, stimmt seine Frau um, wie wir die Baroneße, er bringt sie mit und beyde Eltern sind entzückt, wie sie unsere Beaumont und ihre Pflanz-Schule oder kleine Akademie zu sehen bekommen. Das Kind wird aufgenommen, den Tag da Hartkn. abreiste. Den fünften Tag drauf, muß die unglückl. Pflegmutter den kleinen eingefleischten Satan wider zurückliefern, und Me le Noble erbarmt sich, selbige aufzunehmen. Sie können sich einen solchen Wechselbalg weder denken noch vorstellen, und Hartknoch hat die Einbildung sie als einen köstl. Edelstein zu empfehlen, der blos nöthig hatte geschliffen zu werden um der herrlichste Brillant zu werden. Sie können sich nicht vorstellen, wie nahe mir die Sache an das Herz gegangen sämtl. Interessenten wegen, und was fürvor unangenehme Aufschlüße über
    manches
dieser Vorfall gegeben, worinn ich mich geirrt. Die Familie hat Recht behalten, daß es auch hier heißen kann: Vox populi, vox Dei. Die meisten, aber nicht die klügsten, haben die Schande dieses Kindes nicht öffentl. machen wollen, und daher selbige im Hause einer Freundin zu verheelen gesucht, bey der von keiner Erziehung sondern einem bloßen Schlendrian, das den Namen führt, die Rede ist. Es ist erst an dem Kinde an keine Erziehung, menschl. Weise zu denken, und alles was man noch thun kann, ist ein wenig Schminke, um das Uebel zu bedecken und weniger auffallend zu machen, wenigstens den zu ihrem Unglück zu klugen u blinden Eltern zu entziehen. Das Kind hat wirkl. vortrefliche Anlagen des Kopfs gehabt, die aber alle zum Bösen, und Schein des Guten verstimmt u versäumt worden, daß der scharfe Eßig in keinen Wein wider verwandelt werden kann. Des Vaters harter Eigensinn und der Mutter weichliche Schwäche sind der Grund ihrer Natur, und was für ein Amalgama aus solcher Mischung entstanden, ist ein trauriges u fürchterl. Portentum, das man ohne Gram und Abscheu nicht ansehen kann. Er hat Religion und φφie an ihr gemisbraucht, und sie die Frivolité ihres Geschlechts u Familie. Hinc illae lacrumae! Gott wolle uns nicht so strafen, und dem Unglück abhelfen, das von Ihm komt und durch Ihn allein gehoben werden kann, wie an jenen Blinden im Evangelio,
    daß seine Werke offenbar werden
. Die KinderFinger sind mir so verfroren, daß ich nicht schreiben kann. So kalt schließt sich der May. Ich schreibe bald, oder komme selbst. Gott sey mit Ihnen und den lieben Ihrigen. Michael ist heute herborisiren mit dem würdigen D. Hagen, bey dem er die Botanik angefangen. Hill ist auch in der Gesellschaft. Ich umarme meinen kleinen φφe ambulant. Eltern und Kinder Gottes Liebe empfohlen vom alten Mann auf dem Berge. Ich umarme Sie u Ihre Muse. Adieu. Adresse:
Des / HErrn GeneralSuperintendenten Herder / Hochwürden / zu /
    Weimar
. / fr.
    Halle
.
Pempelfort den 2ten Juni 1786.   Antwort auf den Brief v 22ten May Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh den 14. – Geantw d 15.   No 44. lieber Herzens Vater Die Reise nach England ist beschloßen. Am vergangenen Sonntag kam die Antwort der Grafinn von Reventlau, und sie war so, daß ich nicht mehr wohl zurück konnte. Dennoch blieb ich unentschieden, u erst heute habe ich, nach einem langen Kampf, den Tag der Abreise fest gesetzt. Den 12ten, so Gott will gehe ich v hier weg, u ich wünschte schon Morgen fort zu können, um desto eher wieder hier zu seyn. Meine Lene begleitet mich. Graf u Grafin Reventlow wollen durchaus daß wir in ihrem Hause unsere Wohnung aufschlagen. Gott gebe daß die Freude dieser guten Menschen gerechtfertigt werde! Deinen lieben Brief v 22ten erhielt ich gestern. Ich kann auf nichts antworten; ich bin zu bewegt; zu st zerstreut. Von der beygelegten Fortsetzung kann ich Dir zum wenigsten eben so viel Gutes sagen, als ich Dir v der vorhergehenden in meinem Briefe vom 26ten May sagte. Der Abdruck des ersten Bogen kommt erst mit nächster Post. Eyrich hat einen Sohn bekommen u andre Unruhen gehabt. Am Dienstag hoffe ich aber beyde Bogen zu überschicken. Schenk wird alle Deine Aufträge in meiner Abwesenheit auf das pünktlichste besorgen. Ich schreibe Dir wenigstens noch einmahl ehe ich verreise, u werde Dich auch während der Reise gewiß nicht ohne Nachricht laßen. Ich hoffe mit Deinem Urlaub wird es nun auch bald richtig werden. Melde mir, so bald Du ihn hast, wie Du ihr Deine Reise einzurichten gedenkst. Die Resultate, denke ich, sind nunmehr in Deinen Händen. Es ist über allen Ausdruck wie mich nach Deinem Urtheil darüber verlangt. – Du sagst kein Wort v Kant in Deinem jüngsten Briefe, welches ich für eine böse Nummer ansehe. – Fahre fort mir hierhin zu schreiben. Es wird so am sichersten seyn. Erhalt’ ich übermorgen Briefe von Dir, so schreibe ich gewiß am Dienstag wieder. Anfangs dieser Woche hatte ich eine starke Verkältung; es geht aber nun wieder beßer. – Gott befohlen! ! Mit innigster Liebe –
    Dein
F H J
Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg /
    Frco
Vermerk von Hamann: den 14 Junii 86 Geantw den 15 –
Konigsb den 5 Juni Pfingsten. 86. Herzenslieber Jonathan, In 2 Posttagen keine Zeile. Ich kann den Mittwoch nicht erwarten; und dachte diese Seite auch noch mit der Fortsetzung anzufüllen; es will aber nicht von der Stelle, und ich bin auch mit dem, was ich heute liefere, nicht recht zufrieden. Bist Du krank oder in Münster? Steht dort noch alles gut? Eben läst mir Reichards Schwager melden heut früh mit einer jungen Tochter erfreut zu seyn. Ich weiß nicht, was oder wie ich schreiben soll? ob Du krank oder abwesend oder beschäftigt oder übel aufgeräumt bist? Ich bin verwöhnt durch Dein freundschaftliches Andenken. – Gottlob mit meiner Gesundheit fieng es gut wider an; aber mein unbändiger Appetit, und meine innerliche Unruhe, die einem Seelenhunger ähnlich ist, hat mich wider zurück gesetzt. Gestern war meine Lisette Reinette bey uns morgen u heute aß ich mit meiner Freundin Courtan, welche die Kämpfsche Cur angefangen, an der ich den grösten Antheil nehme. Wenn übermorgen die Post nichts mitbringt: so vergeht mir alle Lust zu schreiben und zu denken. Diese Woche wird Hartknoch vermuthet, und wie ich hoffe, mit den Resultaten. Ich dachte so weit zu kommen, daß ich selbige nöthig haben würde; bin aber gantz zurück geblieben. Wie lang mir die Zeit bis übermorgen werden wird! und komt denn auch nichts – Was ich heute schicke, sollte schon vorigen Donnerstag abgehen; aber noch heute, scheint es mir noch nicht Zeit zu seyn. DEVS prouidebit! Der Abend klärt sich auf zur Freude meiner Mädchen, die morgen mit des Miltzen Tochter eine kleine Lustfahrt aufs Land thun wollen. Vielleicht komt diese Woche auch Antwort aus Berlin. Ich habe mich heute kaum erwärmen können – Ich kann nicht mehr schreiben, und wünsche gute Nachrichten übermorgen für   Deinen alten Jürgen. Gott gebe in Deinem Hause alles wohl wie in meinem – Nur ich taug nichts. Ist doch wol die sechste Fortsetzung oder hab ich mich verzählt? Pempelfort den 6ten Juni 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 17 Jun.   Geantw den 19 nebst Einl. nach Münster.   No 45. lieber Herzens Vater Du kriegst heute wieder nur einen Wisch. Ich bin seit einigen Tagen gar nicht wohl, u mein Vater u andre Familien Umstände, machen mir so viel Kummer, Sorge u Herzeleid, daß ich mich oft hinlegen möchte zu einem recht langen Schlaf. Deinen Brief v 25ten habe ich vorgestern erhalten, u mich herzlich an den Beylagen gelabt. Du schreitest herrlich voran, unterdeßen ich mit meinen Preßbengeln hinten bleibe. Der erste Bogen war wieder nicht recht; u da gestern Feyertag war, hat die 2te Probe heute nicht kommen können. Nun kommt aber Freytag gewiß ein reiner mit einem Correctur Bogen. Ich hoffe den 3ten vor meiner Abreise noch gesetzt zu sehen. Zu dem Ende aber müßte übermorgen noch etwas Zuschuß kommen. Unserm Claudius habe ich noch nichts geschickt. Er bekommt nun 2 Bogen auf einmahl. Sie sollen am Freytag Morgen abgehen. Nach der Nachricht daß Deine Reise gewiß sey verlangt mich sehr. Hernach wie Du sie einzurichten gedenkst. Adreßiere nur immer Deine Briefe an mich hierhin. Ich hoffe die Resultate sind gegenwärtig in Deinen Händen. So bald ich Dein Urtheil darüber weiß, u es ist leidlich ausgefallen, so nenne ich Dir den Verfaßer. Vorher darf ich nicht. Noch einmahl, Deine Fortsetzungen sind vortrefflich. Laß die Berliner immer M an ihre Piramide kleben. Neben Sulzer kann er seine Stelle schon behaupten. Gott erhalte Dich, Du lieber! Ich hoffe, ich bin am Freytag wieder wohl, dann schreibe ich mehr. Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan. Kgsb. den 7 Jun 86. Ohngeachtet ich mich gantz verseßen an einem geschriebnen Plunder, den mir jemand gestern aufdrunge, muß ich doch noch wenigstens heute, mein Herzenslieber J.J. den Anfang machen, wenn ich auch nichts mehr als den Empfang Deines erwünschten Briefes melden kann, und meine Freude darüber, weil ich voller hypochondrischer Unruhe wegen des Vacui einer ganzen Woche war, und für Deine Gesundheit oder verdrüßl. Vorfälle besorgt. Nun Gottlob! daß meine Furcht eitel gewesen ist. Noch erwarte ich mit Ungedult auf gute Nachrichten aus Münster diesen Montag, und ich vermuthete Dich auf die dringende Einladung dort. Die Lage eines Vaters ist immer in solchen Umständen kritisch, und jedes Warten für mich peinlich, geschweige ein solches, wo es auf so vieles ankommt – Nun Gott will helfen und die Angst in Freude verwandeln, in vollkommene Freude – Leibesschmerzen zerstreuen vielleicht die innerl. Unruhe. Ich glaube, daß ein Vater bisweilen mehr leidet, als die kreißende Mutter; wie Einbildung Empfindung übertrifft, u letztere zu übertreiben vermag – Ein klein Misverständnis schadt der Freundschaft nicht. Man lernt sich dadurch beßer schätzen oder kennen, wird gründlicher oder vorsichtiger u klüger. Noch keine Resultate sind hier, und eben schickte Me Hartknoch zu mir u bat sich Nachricht von ihrem Mann aus. Die rechte Antwort fiel mir erst ein, wie der Bote weg war. Ich versteh das Opfer der Verleugnung nicht recht, was ich bewundern soll – und habe eine ähnl. Probe wo ich nicht irre, heute an Deinem Briefe abgelegt. Mich gnug auf den heutigen Posttag gefreut, und auf den Fall, daß wider nichts seyn sollte vorbereitet. Hatte dennoch nicht das Herz selbst zu gehen, sondern trieb meinen Joh. Michael zum Kaufmann; weil ich mir nicht zutraute von meinen Gebärden Meister zu seyn. Wie er mit dem Briefe gelaufen kam, steckte ich ihn eben so in die Tasche, als wenn er schlechterdings nicht hätte ausbleiben können, sondern unfehlbar eintreffen müßen. Aber 2 Nebenideen setzten mich in diese grosmüthige Gleichgiltigkeit. Ich wollte 1.) um recht ruhig zu lesen eine KlAmtskleinigkeit abmachen die mir höchst unangenehm war und mit reinem Kopf lesen 2.) kam er mir zu klein vor, und ich hatte mir ihn dicker eingebildet. Von Berlin noch kein Laut – weder für mich noch Crispum, den die kalte Witterung angreift, daß er elend aussieht. Vielleicht bringt Hartknoch mit den Resultaten auch Nachricht mit. Ich scheue mich aber eben so sehr für Erklärungen über seine Albertine, als ich mich freue auf das, was er mir mitbringen soll. Ich thue alles was ich kann auf ein Nein! gefaßt zu seyn und den besten Gebrauch davon zu machen, wenn es Gottes Wille ist, daß ich noch ein Jahr warten sollte. den 8. Mit meiner Gesundheit gieng es vorige Woche ziemlich; aber sie hat seitdem wider gelitten. Ich habe mich auf die Pfingsten gefreut, und meinte recht weit in denselbigen zu kommen mit meiner Arbeit, die jetzt gantz den Krebsgang geht. Weder ich noch Crispus sind recht mit der letzten Fortsetzung zufrieden, ohne daß wir unserm Urtheil recht trauen können, noch sagen, woran es eigentlich liegt. Von der wünschte ich wohl vorzügl. eine Abschrift, um selbige anzusehen in einem andern Lichte. Aus meinen Concepten ist unmögl. klug zu werden, noch sich darauf zu verlaßen. Bey den vorigen kann es bey dem Probebogen bleiben. Ich ändere, so oft ich abschreibe, und eine Hauptstelle, wie ich mir wenigstens einbilde, ist verhudelt worden. Meine Absicht war durchaus bis so weit fertig zu werden, wo ich die Resultate nothig haben würde. Es ist aus allem Tichten u Trachten nichts geworden und mein Kopf ist gestrandet. Meine Freundin Courtan kam gantz elend in der Kutsche vorige Woche zu mir gefahren mir ihre Noth zu klagen. Ich lief zu meinem Nachbar Miltz, den zu mir zu hohlen, und sie hat am ersten Pfingsttage die Kämpfsche Cur angefangen. Gott gebe, daß selbige anschlagen möge, wozu ich viel Hofnung habe. Ihr Beyspiel wird mir und vielen andern heilsam seyn zur Nachahmung. Ich habe Marcard auch mit Vergnügen durchgelaufen, und so unzufrieden ich gegen das öffentl. Urtheil mit seinem witzigen Hirtenbriefe war, beurtheil ich ihn jetzt beßer, da er auch die Hypochondrie aus Erfahrung kennt. Auf Lavaters Brief freue ich mich. Daß Du aber gar nicht an seine Versetzung nach Bremen denkst, befremdet mich, ich weiß nicht warum? Meine Säfte sichnd versäuert, corrosiv, meine Gefäße verschleimt, verstarrt, gelähmt. Ich bin meiner Gedanken, meiner Empfindungen meiner Organe und besonders meiner Zunge nicht mächtig. Was andere reitzt und aufmuntert, unterdrückt mich und betäubt mich. Die Wirkungen der Reise auf mein verdorbenes System und deßen Oekonomie kann ich gar nicht absehen. Ein gekünstelter Greis, der sich eben so elend zu klügeln als glücklich zu träumen im stande ist. Von einem so elenden Geschöpfe erwarte doch nichts, lieber Fritz Jonathan! als ein trauriges Ecce homo! Ich bin mir selbst eckel, und sehe alle Liebkosungen für unnatürliche Erscheinungen an, die mich irre machen und ebenso auf mich wirken, wie Licht auf ein krankes Auge. Es ist weder artig noch recht schicklich, was ich Dir antworte; aber in dem Augenblicke, da ich es schreibe, wahr und aufrichtig. Du und Dein armer Georg sind die ersten Gegenstände meiner Neugierde und meiner geheimsten Neigungen. Vielleicht bist Du im stande durch die
    gute Gesellschaft
in Deinem Hause auf meinen Michael zu wirken, dem Du zu viel Ehre anthust, Dich seiner so liebreich zu erinnern. Er scheint das Vertrauen zu mir nicht zu haben, und es geht mir beynahe eben so mit ihm. Mein Freund Crispus hat Pflege nöthig; ich mehr, davon abgehalten zu werden von meinem Hange zur Sinnlichkeit und Trägheit. Crispus ist Virtuos u Dichter und alles was er will. Ich versteh von allem das zur artigen Welt und schönen Natur gehört nicht ein lebendiges Wort und bin zu alt zur Schule. Doch alles, wenn es so weit kommt wird sich von selbst geben und berichtigen laßen. Wir müßen dies alles wie noch
    unbekannt
ansehen, und ignoti nulla cupido. Es thut mir nicht leid, lieber Fritz, Dich ein wenig geärgert zu haben – das macht Appetit zum Eßen – nemlich Asmus u Flacius so nahe so enge, so enge zusammengestellt zu haben. Konnte es mir auch gantz gleichgiltig seyn, Deine Vorurtheile gegen H. zu lesen. Also erstlich, abgegeben. Zweitens war, vom Urtheil die Rede und nicht vom Herzen oder guten Willen. Flacius ist allerdings ein guter
    beweglicher
Wetterhahn, weder lahm noch schief. Die Unbeständigkeit seines Geschmacks liegt allerdings nicht in ihm sondern seinem Element. Was nennst Du, lieber Jonathan, die
    erste Regel der Logik
, gegen die Schütz verstoßen hat. Ich erhalte fast nicht mehr seine lateinsche Zeitung seit Kanters Tode – und meine Logik ist dem Flacius ähnlich, ein lahmer schiefer Wetterhahn. Vergiß mir nicht zu bekennen, was in Deiner Logik die
    erste
ist. Mir liegt an dieser Antwort recht viel, ich weiß selbst nicht warum? wie mir bisweilen mehr daran gelegen meine Feinde als meine Freunde zu kennen. Das ernsthafte Ding vom Glauben habe ich kaum der Mühe werth gefunden zu lesen. Es läuft auf eine wahre Bilderstürmerey hinaus. Laß Dich an Deiner Reise durch meine blinde molimina nicht irre machen. Geh mit Gott, von Ihm allein hängt unsere Zusammenkunft ab, und nicht von unsern Maasreguln, und Cartenhäusern. Will lieber in Deinem Hause wohnen als wünschen Dich zu meinem Gast zu haben, wo alles wüste, verstört, einem Sterquilinio ähnlich ist – curta suppellex, im eigentl. Verstande, kein halbes Dutzend ganzer Stühle. Ich bin auch in meinem ganzen Leben zu keinem ordentl. Anzuge de cap a pied gekommen, habe umsonst bisweilen Versuche gemacht, dies zu erreichen, weiß auch sehr implicite nur, was dazu gehört, bin immer mit einem Ideal davon schwanger gegangen, und jetzt überlaße ich es beynahe einem meiner Schwiegersöhne, die mir der Himmel zugedacht hat. Mein Michel scheint gar kein inneres Gefühl davon zu haben, das ungeachtet der Vernachläßigung des äußeren, bey mir nicht stumpf geworden. Ich freue mich in der Stube jedes jungen Menschen, wo es ordentlich aussieht, besonders wo simplex mundities da ist, die mir mehr ins Auge fällt als Pracht des Geschmacks. Ich schließe hier, um meine Amtsstube nicht warten zu laßen – Fällt noch heute etwas vor: so ist noch Raum auf der dritten Seite. Wo nicht, so bleibe sie leer! Ich habe viel zu schreiben aber ich will nicht sagt der heil. Johannes mit Tinte u Feder. Mündlich! Mündlich! στομα προς στομα. Ελπιζω wo nicht dies laufende, doch das
    nächste
Jahr. Also glückl. Reise nach London; und laß mich den Reaid bey Dir finden, daß ich im Nothfall etwas lesen, wenn nicht reden noch denken kann. Vormittags lief auf einen Augenblick bey Me Hartknoch um die gestern schuldige Antwort zu ergänzen. Ich fieng wohl an, aber glaube doch wider in der Mitte stecken geblieben zu seyn und nicht zu Ende geredt zu haben. Ihre Augen sind noch nicht beßer, und der kleine Sohn bekommt wahrscheinl. die Pocken, weil sie im Hause gewesen sind. Ihren Mann vermuthet sie auf die Woche weil er 2 Frauenzimmer mitzubringen hat. Nimm Dir also viel Zeit auf mein Gutachten der Resultate zu warten. Was es aber mit den letzten 11 Bogen für Bewandnis hat, begreif ich nicht; wie ich überhaupt am Ende Deines Briefes viel nicht verstehe. Warum ich Deinen Berl. Gönnern nicht den
    Hume
nennen soll? Hab ich es gethan; so besinne ich mich nicht mehr. Was Du recht mit Deinen Lippen verbeißen sagen willst und mit der
    General Vorlesung
, auf die Du Dich freust – und mit dem Trio?Ich glaube bey meiner Treue, daß Du wie Heineke sagt, ein wenig hamannisirst, und zur Gesellschaft vapeurs bekommst, und mir nach gähnst. Daß es Dir mit meinen Briefen oft kunterbunt gehen mag, und daß es halsbrechende Arbeit für den Menschenverstand u Geschmack ist; sie erst zu buchstabiren und denn Sinn zu finden: daran zweifele ich gar nicht. Da fällt mir eben ein, was ich diesen Morgen dachte: da ich mein künftig Hotel in Düßeld. oder P. mir vorstellte; die Welt deßelben in gute und nicht gute Gesellschaft, neml. für mich, eintheilte; die erste meinem Mentor und Michael abtrate, den
    Wirth
aber u seinem
    George
auf mein Loos nahm. Dies war keine Insolentz, noch Sottise: so ähnlich sie auch vtriusque generis zu seyn scheint. Ich wünschte mir oder substituirte ohne es zu wißen noch zu wünschen an Dir einen solchen elenden Wirth, wie ich selbst bin, der keinen Menschen einzuladen noch aufzunehmen im stande ist, sondern die Gäste sich gantz selbst überläst. Der ist mir der willkommenste, der ungebeten kommt, der so gut ist sich selbst zu nehmen, und so galant mir auch einen guten Bißen, den er selbst nicht mag, vorzulegen. So behandele ich meine Gäste, und so mag ich auch nicht ungern selbst behandelt seyn. Eine zuvorkommende Aufmerksamkeit sättigt mich; ich muß etwas selbst zu wählen und zu vermißen übrig haben. Die Aufmerksamkeit anderer zu beobachten greift mich an u kostet mir, mehr als sie ihnen bisweilen kosten mag, die es gewohnt sind. Ich habe mehr Lust aufmerksam zu seyn, wenn es andere nicht sind, als mit ihnen zu wetteifern. Die scharfsinnigen Leute welche mir alles an den Augen ansehen, machen mich mistrauisch und scheu. Ich mag lieber um etwas bitten, und dafür danken; als beydes unterdrückt sehen. Also übe Dich nur fein in Gedanken einen solchen Wirth, wie ich bin, vorzustellen – und alles so verkehrt, wie ich es in meiner camera obscura sehe – Der 23 May ist also wirkl. zum Andenken des jüdischen Weltweisen in Berl. gefeyert worden; und wie von mir? Ist das nicht ein eben so unauflöslicher Contrast? Wer wird mich nicht für den bittersten niederträchtigsten Feind dieses armen unschuldigen Menschen halten, in deßen Hause ich gespeist, dem ich in meinem keine Höflichkeit habe erzeigen können, deßen Ruhm ich das Ansehen habe zu zerstören? Resolue mihi hunc Syllogismum – den ich unter dem Schein der grösten Leidenschaft mit keinem Gefühl als der Menschlichkeit verfolge? Hab ich mich in dem Calculo nicht geirrt? Sind es schon wirkl. VI Fortsetzungen? Ich bleibe diesen Nachmittag zu Hause und wünschte die siebente wenigstens anfangen zu können, in der ich das meiste vorgearbeitet und zubereitet habe, ohne daß ich mit der Digestion weiter kommen kann. Gegen die letzte bin ich noch mistrauisch, und ich wünschte selbige zurück mit Erinnerungen. Die übrigen können in Gottes Namen abgesetzt werden. Was Mendelssohn seinen Freunden zudachte, muß ich vielleicht an ihm selbst thun?
    Ein Exempel statuiren
. Prosit! Erhalte ich
    Nein
! so ist dies eine Vocation zu einem Sturm gegen die welsche H. Den brauch ich den Sommer mich durch die Kämpfsche Ibis zu reinigen und zu arbeiten, daß mir der Kopf raucht, mich an die Philister zu rächen. Es geht meiner trächtigen Kuh mit ihrem Kalbe wie dem alten φφen, der auch nicht entbunden werden kann. Vielleicht hängt unser Schicksal von einem Zauber ab, der zu gleicher Zeit gelöset werden wird. Reise in Gottes Namen, und warte nicht auf mich! Verfehlen werd ich Dich nicht. Freund Tiro wird alles besorgen. Gott gebe nur, daß in Münster alles gut überstanden wäre. Ich umarme Dich und bin mit allen den meinigen   Dein alter treuer   Johann Georg. Liebster Jonathan Ariel habe noch eine Abschrift des letzten Stücks gemacht und den Abschnitt vollendet. Crispus ist heute ausgeblieben u hat sich durch Michel entschuldigen laßen. Beyde Abschriften müßen verglichen u ergänzt werden. Die Noten stehen dorten und bloß die zu den neuen Stellen stehen hier. Ich muß einmal aus dem Wust heraus kommen damit nicht alles verschimmelt; und erwarte von Dir einige Beyhülfe, da ich Te autore tTe consule cet das Ding angefangen. Aber Abschrift von diesem letzten Stück wünschte ich wohl mit Notaten. Ich muß den Wisch aus den Augen haben und weiterkommen und mir Raum machen zur Herberge für die
    Resultate
. Guten Abend und Gott empfohlen! samt den Deinen u Meinen bis Münster incl. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
.
Pempelfort den 9ten Juni 1786   Antw. auf H–s Brief v. 27ten u. 29ten. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 21 Junii   Geantw den 22 zurückbehalten bis zum 24 AugustNo 46. Hier Lieber! ein reiner Abdruck vom ersten Bogen Deines fliegenden Briefes, u 2 Correcturen des zweyten Bogens. Ein Exemplar des 2ten Bogens hat Schenk mit Bleystift corrigiert, damit Du desto bequemer mit Dinte recorrigieren könnest. – S. 15 steht: „Einigen in einem Fuder zerstreuten Stecknadeln willen werden u.s.w“. Das muß heißen, entweder: „Einigen‥‥
    zu Liebe
“; oder: „
    Um
einig
    er
‥‥ Willen“. Du wirst entscheiden. Die Handschrift lautet wie der Abdruck. Deinen Brief vom 27ten – 29, mit den Varianten erhielt ich gestern. Die zweyte Lection ist unstreitig die Beßere, nach Schenks u auch nach meiner Meynung. Meine Meynung will aber diesmahl nicht viel heißen, weil ich zum Vergleichen gestern u auch heute Morgen zu krank war. Der anhaltende Nordostwind saugt mir das Mark aus den Gebeinen. Ich habe diese Tage viel gelitten. Dabey die Reise nach London vor der Thür; vorher noch so vieles zu besorgen; u nun das gänzliche Unvermögen, irgend etwas anzugreifen, geschweige es v der Stelle zu bringen. Seit einer Stunde ist mir etwas beßer, u mir deucht ich fühle daß es anhalten wird Vermerk von Hamann: Remittirt den 22 Jun. Hier der versprochene Brief v Lavater, nebst einem den ich heute von ihm erhielt. Ich lege eine Abschrift zweyer Stellen aus Briefen v mir an ihn bey. Die Vergleichung mit dem Nagel hat er vortrefflich gefunden. Es ist schrecklich wie man jetzt in Deutschland gegen den Mann aufgebracht ist. Ich vergaß schon 2 Mahl Dir auf die Frage wegen S 94 meiner Apologie zu antworten. Ich habe ich mich allerdings da nicht zum besten ausgedrückt. Es soll so viel heißen, daß der Rest meiner Apologie in einer zweyten Schrift nachfolgen soll werde, wie ich Dir damahls auch gemeldet habe. Weil ich aber zu dieser 2ten Schrift wenig Lust hatte, so wurde ihre Verheißung so dunkel u unbestimmt. Daß Kant so weit mit mir zufrieden ist, ist mir sehr angenehm. Daß er die Note S 104 u 5 auf die Göttinger u Tübinger gezogen hat, hat mich sehr ergötzt. Ich weiß nicht einmahl wie die Tübinger Zeitung aussieht. Wieder auf Deinen fliegenden Brief zu kommen, so wird es nicht angehen daß die Correctur des 3ten Bogens eher als Freytag an Dich abgeschickt werde. Du kanst Dich übrigens darauf verlaßen daß in meiner Abwesenheit alles so gut wird besorgt werden, als wenn ich auch hier wäre. Mein nächster Brief soll Dich hierüber noch umständlicher beruhigen, denn ich schreibe Dir zuverläßig noch vor meiner Abreise. Am Mitwochen gedenke ich aufzubrechen. – Da kommt Lene, u sagt, es wäre Zeit zu siegeln. – Morgen schicke ich Herdern den 2ten Correctur Bogen. – Gestern erhielt ich Exempl der Resultate von Leipzig. Ich werde vor meiner Abreise wohl nicht die Freude haben zu hören daß sie in Deinen Händen sind. Fahre fort mir hieher zu schreiben. Die Post nach London geht denselbigen Tag von hier ab, an dem die Preußische ankommt, u wir gehen beyde auf alle Fälle so am sichersten. – Ich hoffe Crispus komt mit Dir. Wenn meine Einladung etwas dazu thun kann, so mache sie nur recht dringend. – Am Dienstag mehr. Ich fühle daß mir beßer wird. Fahre fort Manuscript zu schicken u sey ohne Kummer. – Es ist sonderbar, sonderbar, daß ich nach England reisen muß, wahrlich gegen meinen Willen. – Ich gehe schnurstracks nach Calais, u komme auf demselbigen Wege auch schnurstracks wieder zurück. – Gott erhalte Dich, Du lieber, stärke u erfreue Dich –  Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan. von Hamann auf dem unteren Rand der ersten Seite notiert: Kein Flecken ist so klein, den ungerügt ich laße; Kein Sinn so fehler frey, den ich nicht tödlich haße! So schon ist keine That! So göttlich keine Schriften – Kein Herz so engelrein – Ich kann, ich muß vergiften. Satan Am Morgen, eh ich Deine Broschüre erhielt.2. 5. 86.
Pempelfort den 13ten Juni 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 24.   Geantw den 25 u den III. Correctur Bogen zurückgeschickt.   No 47. lieber Vater, Ich hoffte so viel Zeit auszugewinnen, daß ich vor meiner Abreise mich noch ruhig hätte hinsetzen können um an Dich zu schreiben; aber es hat mir nicht gelingen wollen. Warum geht mein Weg nicht zu Dir hin, Du Lieber; hin zu Deiner frommen, armen, traulichen Hütte? – Sorge, o sorge, Vater, daß ich Dich finde wenn ich wieder komme! Mir ist es oft so vorgekommen, als wenn es um eine Empfindung mitzutheilen nicht auf den Ausdruck, ganz u gar nicht darauf ankäme, sondern nur auf den Seegen, auf die treue Wahrheit, womit irgend ein Zeichen gesetzt würde. Hier der 3te Bogen Deines fliegenden Briefes. Ich weiß nicht in welcher Zerstreuung Eyrich gewesen seyn muß, daß er nur 1 Exempl geschickt hat. Sende dieses gleich zurück; mit nächster Post erhältst Du zuverläßig ein zweytes. Schenk meynt es wäre auch zum 4ten Bogen Manuscript genug vorräthig. Wenn nun Eyrich wegen dem Stehen laßen der Schrift keine Schwierigkeit macht, so geht heute über 8 Tage der 4te Bogen an Dich ab. Wenn am Donnerstag ein Brief v Dir kommt, so wird Schenk ihn eröffnen, u die Fortsetzung des fliegenden Briefes, wenn er eine enthält, heraus nehmen. – Herder ist versorgt, u wird ferner versorgt werden. So auch Claudius u Buchholtz. Alles wird seinen richtigen Gang gehen, als wenn ich auch hier wäre. Kommt übermorgen ein Brief von Dir, so finde erhalte ich ihn am Sonnabend in Brüßel, u antworte Dir v dort aus ein paar Zeilen. Vermuthlich laße ich mich zu Calais übersetzen. Du kanst Dich darauf verlaßen daß Du nicht ohne Nachricht v mir bleiben wirst. Gestern erhielt ich die Dichtungen v Andreä, u lief Herders Vorrede durch, aus der ich nicht recht klug werden kann. Müller hat mir die neue Ausgabe seiner Schweitzer Geschichte verehrt. Ich hatte gegen ihn v Leuchsenring Erwähnung gethan. Er antwortet mir: „Den Menschen v welchem Sie schreiben habe auch ich u in gleichem Lichte gesehen vor etwa einem halben Jahr gesehen. Welch sonderbarer Kopf! Ihm ist alles durch geheime Gesellschaft geschehen. Aufs wenigste das A.T., Mosis Bücher zumahl, hat eine solche geschrieben, welche an Cyrus Hof die Spekulation ersonnen, den Juden ein Centrum zu geben wohin sie aus aller Welt steuren sollten. Das Gesetz war v gestern, u die geh. Gesellschaft machte ihnen weiß, es sey tausend Jahre alt. Nachmahls wurde ein Salomo u David erdacht, weil doch die Römer einen Romulus u Numa hatten – – So alles. Ich könnte ein Buch v seinen Einbildungen schreiben, das unglaublich scheinen würde.“ Ich habe Lavatern nach Offenbach geschrieben., u ihm sehr gerathen nach Goettingen zu gehen. Es kommt eine Stöhrung nach der andern. Ich muß schließen. Gott lob daß ich mich heute ziemlich wohl befand. Ich habe schrecklich gearbeitet von Morgens halb sechs an, bis jetzt Nachmittags halb 5. Nun muß ich noch in die Stadt; dann noch ein paar Briefe schreiben, Papiere einpacken u.s.w. Um 9 Uhr fahre ich fort. – Lebe wohl lieber – Gott mit uns! Dein Fritz Jonathan. Kgsb. den 15 Jun. Donnerstag 86 Seegen und Glück zur Reise, wenn sie den 12 d. vor sich gegangen ist. – Vorigen Sonnabend wartete ich mit Ungedult und Zuversicht auf einen Brief. Meine Hofnung schlug fehl, und ich wollte mich dadurch zerstreuen, daß ich die VI Fortsetzung, wenn es wirklich die sovielste ist, noch zum dritten mal ins reine bringen wollte. Crispus war immer unzufrieden geblieben – und ich wollte das meinige thun, und mich nicht an sein Urtheil kehren. Er kam gegen Abend, da wir aber eben die Köpfe zusammen stecken wollten, trat Maler Sennebald ins Mittel, Brahl brachte den Feldprediger Zitterland, und es wurde aus allem nichts. Crispus schien recht Lust zu haben, ich gab ihm das Papier mit, und er wollte Sonntags mit mir eßen. Wir wurden vor dem Mittag nicht fertig und die Mittagsarbeit macht mich faul. Crispus gähnte und ich ließ ihn gähnen. Er blieb dabey daß das Ding dem übrigen nicht ähnlich sähe – Ich setzte mich noch einmal hin, und fieng von vorn an wider abzuschreiben, wollte durchaus in meinem Kopf Platz haben – Kaum war ich mit der ersten Seite fertig: wie mir die Augen aufgiengen, und ich in einen solchen Paroxysmum von Hypochondrie verfiel, daß ich gegen meine ganze Arbeit mistrauisch wurde, und an meinem u meiner Freunde Urtheile verzweifelte und verzagte. So qvälte ich mich den gantzen Abend und wünschte Crispum widerzusehen, der mir immer versichert hatte, daß ich von selbst auf die Spur kommen würde, daß diese Fortsetzung dem ersten gantz unähnlich wäre und die letzte Hand schlechterdings noch fehlte. Ich sahe nun wohl ein, daß er Recht u ich Unrecht gehabt hatte; aber wuste weder aus noch ein und wie ich aus dem Sumpf, worin mich meine Irrlichter geführt, wider auf die rechte Bahn kommen sollte. Durch einen Leichtsinn u Unbesonnenheit, die mir jetzt unbegreifl. schien, hatte ich den Faden meiner Gedanken gantz verloren und konnte keine Abschrift des vorigen finden. Ich qvälte mich den gantzen Montag vormittag, wuste nicht vor langer Weile was ich auf meiner Amtsstube anfangen sollte, dachte an nichts, als mich nur zu besinnen und zufrieden zu stellen. Die hiesigen Zeitungen kamen endlich an und ich fand die Resultate unter den neuen Büchern angekündigt. Ich wie ein Blitz auf die Accise zum Einnehmer Brahl, der mein Canal ist als Zeitungsschreiber. Er hatte schon einen Zedel geschrieben, und wartete nur auf den Aufwärter um darnach zu schicken. Ich nahm also Abschied u die Abrede in einer halben Stunde meinen Johann Michel zu schicken; weil er bis 12 Uhr warten würde. Das Buch kam mit der dringendsten Bitte es so bald wie mögl wider zu liefern. In 2 Stunden, währender Eßen und Verdauung war ich fertig und freute mich auf Hartknoch auf meine u meiner Freunde Rechnung, unter denen ich schon mit vieler Ueberlegung eine Theilung gemacht hatte. Ungeachtet mein Urtheil parteyisch in meinen eignen Augen seyn muß: so warte ich nur auf die Exemplarien um meines Jonathans Willen Gnüge zu thun. Dienstags war ich im stande wieder meinen Kopf zu brauchen. Nachmittags kam Joh. Michel voll Freuden mit dem von Alcibiades angekommenen Päckchen gelaufen, daß bey Hartungs angekommen war, und worauf Brahl wachsam seyn sollte. Ich fiel über den Salomo wie ein hungriger Wolf, wollte noch denselben Abend antworten; als ein Profeßor Hennig aus Thorn mich mit seinem Schwager besuchte, dem Pfarrer Fischer – Darauf kam Crispus, der bey dem Anfange meiner Umarbeitung nicht mehr gähnte sondern sich darauf zu gut that, daß seine Prophezeyung eingetroffen hatte. Er freute sich über den Empfang und auf die Erwartung des Hartknoch, der alle Stunden eintreffen sollte. Mittwochs sollte Hans Michel gleich nach 8 Uhr bey Fischer gehen und sich zugl. nach dem Ueberbringer der Resultate erkundigen. Ich konnte die Zeit nicht warten, sondern lief immer ab und zu auf halben Wege am Waßer entgegen. Endlich kam ein Brief, der mir auch nicht groß gnug für meine Erwartung zu seyn schien, u die Nachricht, daß Hartknoch diesen Morgen angekommen, aber schlaflos und unruhig über seinen kleinen Sohn, der die Pocken hätte. Mein lieber Jonathan war also an eben dem unruhigen Montag für mich abgereiset, und beym Empfang stellte ich Sie mir schon unterwegs vor. Also in dem Briefe war also würkl. eine Art von Leere für mich, die man bey jedem Abschiede fühlt, und da Pempelfort schon weit gnug für mich liegt, so schien es sich auch immer noch weiter zu entfernen. Ich lief also zu Hartknoch, der hinter seiner Frau stund, die mir ins Ohr sagen wollte, daß ich nicht an Albertinchen denken möchte. Er horchte aber eher, wie ich und lachte uns beide aus. Wo sind die Resultate – Ich weiß von nichts. Haben Sie auch nichts von Herder? Auch nichts, und habe auch gemeint, daß er Ihnen alles schon geschickt hätte. Die Stube war mit lauter grünen seidenen Fenstervorhängen dunkel gemacht. Kein Wunder wenn ich lauter gelbe u grüne Gespenster um mich sahe. Ich wuste aber nicht wie mir zu Muthe wurde; der Mann suchte unter seine Papiere. Der Name des Spediteurs war mir auch entfallen wie es mit allen Namen mir geht. Hartknoch gab mir einen Brief von Herder um sich zu legitimiren. Da find ich eine Einl. an mich abzugeben. Da hieß es wenn eine im Briefe ist, so muß noch eine im Coffre seyn. Wurde lange darnach gesucht. Er fand ein Billet von Goschen der ihm ein Exemplar von Andreä Dichtungen zur ReiseLectur mitgegeben hatte, die er mir samt dem Buch verehrte und an die Herder nicht gedacht. Tausend Entschuldigungen, daß er dies Päckchen so vergeßen, welches sich leicht entschuldigen ließ bey so vielen schlaflosen Nächten auf der Post und der häusl. Unruhe, die er vor sich gefunden. Nachmittag kam er mit einem großen Pack seines Verlages, aber von den Resultaten nicht die geringste Spur. Heute wollte er selbst an Gosche schreiben sich darnach erkundigen, und es an die Hartungsche Buchhandl. adressirt werden sollte. Wegen meines Urlaubs wies er mir sein pro Memoria, wo meine Angelegenheit auch drauf stand. Er hatte aber nicht dran gedacht und sich damit getröstet, daß ich schon längst eine Antwort haben müste. Morgen komt noch eine fahrende Post, welche die Accise Sachen mitbringt; und wenn die nächste Woche keine Antwort komt: Sapienti sat. Erhalte ich Ja: so reise ich in Gottes Namen ohne mich an Jahreszeit noch Witterung zu kehren. Kommt Nein: so sehe ich es auch als Göttlichen Willen an, und unter den Schwierigkeiten meiner Arbeit nimmt die Liebe zu, selbige zu überwinden. Vielleicht wird meine erste Ahndung, die ich als eitel verlacht, dennoch erfüllt, daß diese meinen Abschied bewirken soll; und ein solcher Urlaub würde beßer schmecken, den ich mir gleichsam verdient und erworben hatte im Schweiß meines Angesichts. Mein Frühstück ist diesen Morgen der März des d. Mercurs, von dem ich am meisten den Anfang u das Ende über die Reformation vermißt und weniger Antheil an die Confoederation mit der Berl. Monatsschrift genommen, die andern wichtiger wie mir vorgekommen war. (Die Recension des Spinoza habe auch erst kürzl. gelesen, möchte aber gern wißen, von wem sie wäre. Von der Berlinschen Recension habe heute gehört aber noch nichts gesehen) Der zweite Theil der Mimik war der wahre Leckerbißen des Frühstücks, bey dem ich mich beynahe ärgerte, daß kein einziges Exemplar weder nach Düßeldorf noch nach Münster gekommen war. Mit eben den Vorwürfen gieng ich bey Hippel zum Mittagsmahl, und bot 1 # und wenn es der letzte wäre aus einem Mitgenoßen, der mir ein Exemplar davon verschaffen wollte. Es ist ein Ex-bibliopola, der bey Hippel, im Keiserl. Hause u mit Scheffner sehr fein filirt ist und ein Lombardhaus hier anlegen will, mittlerweile mit seinem Handwerk noch Dienste thut und Bücher kommen läßt. Ich habe mich an diesem Chef d’œuvre de main de maitre den Kopf so voll und den Magen so leer gelesen, daß ich mit ihm ein wenig brutal umgieng und Nachwehen fühlte von zwey Spitzgläsern griechischen Wein. Zu alle diesen kleinen Uebeln komt noch das Hauskreutz einer diebischen Magd, die ich seit 14 Tagen in Dienst nehmen müßen, weil meine vorige geheyrathet hat. Ich hatte also recht viel Anlaß Hippel zu sprechen und ihn an meinen Freuden u Leiden Theil nehmen zu laßen, und mir seinen Rath oben ein in andern Angelegenheiten auszubitten. Ich wollte in diesem Tumult gar nicht schreiben – will aber noch ein paar Posttage abwarten, um vielleicht etwas positives meinem Wohlthäter schreiben zu können, weil ich selbst nicht weiß, woran ich bin, und diese Ungewißheit mich mehr drückt als eine entscheidende Antwort; ich auch meine Arbeit als
    Mittel
zu meinem Endzweck anzusehen wider anfange. Man muß doch auf alle Fälle sehen, und das Bittere sich zu versüßen suchen, so gut man kann. Es geht mir im eigentl. Verstande wie dem heil. Apostel, der Lust hatte abzufahren, aber sich selbst nicht für klug gnug hielt sondern die Entscheidung dem überließ, der allein recht zu richten im stande ist. Also die Summe meines Briefes besteht darin 1.) daß die Resultate nicht hier sind. Daß Freund Tiro dafür sorgen wird dies Misverständnis aufzuklären, und Hartknoch auch schon deshalb geschrieben hat. Ich habe sie blos durchgejagt, und werde nicht einmal eher im stande seyn sie comme il faut zu lesen, bis ich auf die Morgenstunden komme, wo ich sie und die Qvelle des Spinoza nöthig haben werde beßer zu lesen, als es mir bisher möglich gewesen. Der Vorschmack hat mir völlige Gnüge gethan ich habe viele meiner eigenen Begriffe entwickelt gefunden, wie ich es selbst zu thun nicht im stande gewesen wäre, weil es mir wirklich an Methode und
    Schule
fehlt, die eben so nöthig als die
    Welt
ist zu einer gründlichen Mittheilung und commercio der Gedanken, und von beiden Seiten sehe ich den Verfaßer als meinen Meister an. Unterdeßen ahndet es mir wenigstens dunkel, daß er mir nicht alles scheint entzogen zu haben, was ich gern gesagt hätte. Wir werden uns also vielleicht ergänzen können; und ich bitte mir den Namen eines meiner Freundschaft und Erkenntlichkeit so würdigen Mannes nicht länger zu vorenthalten. Da sein Name nichts zur Sache thut: so wird er auch in dem Urtheil, das ich Ihnen so bald ich kann mittheilen werde, keinen Ausschlag geben. Ich bin durch sein günstiges Vorurtheil und Achtsamkeit für meine Anonymität gestärkt worden von neuen in meiner Arbeit anzusetzen, den Tag drauf, habe aber seitdem vor Zerstreuungen von denen ich Ihnen Rechenschaft gegeben, an nichts weiter denken können. 2. Meine VI. Fortsetzung, wenn es die sovielste ist, bleibt nul und nichtig, biß ich die dritte copiam schicke. Ich hoffe daß unserIhr gute Tiro Vollmacht erhalten wird meine Briefe zu erbrechen, und daß HE Schenk alle an Sie gerichtete Briefe Ihren Vorschriften zufolge zur Beförderung des Pflegkindes ausführen wird, wie er sich bisher derselben angenommen. Hippel und Kraus vereinigen Ihre herzliche Wünsche mit den Meinigen zu einer vergnügten heilsamen Reise. Ich kann den Uebermorgen nicht abwarten – und doch Ihre würkliche Abfahrt erst mit dem Ende des Monats erfahren, der mir ebenso wichtig und merkwürdig ist wegen – Die Ausgabe des Spinoza Büchleins ist heute schon vermehrt u verbeßert angemeldt und diesen Augenblick erhalte ich 2 Fortsetzungen ohne Anfang von der Berl. Recension. Ich muß aber schließen und Hill wird gleich hier seyn diesen Brief abzuholen. Verlieren Sie sich nicht in London – das ist ein Abgrund für einen Ankömmling. Doch Sie sind schon in Paris zu Hause gewesen, und ich kam wie ein Novice hin, der da sein Vaterland, das er bisher gesucht zu finden glaubte, aber um aller Welt Schätze willen nicht zuletzt selbes mit seinem armen Ithaca vertauscht hätte. Finden Sie zufällig einen Dr Motherby, der meinen Johann Michael inoculirt hat, so erinnern Sie ihn des Vaters u Sohns. Sein medicinisches Wörterbuch habe gelesen. Es wurde auch eine deutsche Uebersetzung angemeldt, die aber nicht erschienen. Er war einer der sonderbarsten Menschen in seiner Diät u Denkungsart, die eben so philosophisch als enthusiastisch war. Nun reisen Sie glücklich mit Ihrer liebsten besten Schwester Lene in Begleitung guter Engel. So bald ich Ihren letzten Brief aus Münster erhalte, denke ich mehr Ruhe zu meiner Arbeit wider zu finden, und Kraus treibt mich auch. Ich umarme Sie und wünsche an der Freude Ihres Hauses bey glücklicher Heimkunft Theil nehmen zu können.   Ihr alter treuer  Johann Georg Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi. / zu /
    Düßeldorf
. /
    Fco Wesel
.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 15ten Juni 1786 J. G. Hamann Auf dem unbeschriebenen Rest der letzten Seite befinden sich Mitteilungen Schenks an Jacobi: Den 27. Juny 1786. Liebster HE. Geh. Rath. Der Abrede gemäß zeige ich Ihnen an, daß ich gestern über Ostende geschrieben, und einen Auszug aus obigem Briefe gesendet habe. zugl. enthielt mein Brief einen Auszug aus einem Schreiben von Göschen, das aber nichts wesentliches enthält. Heute ist nichts eingelaufen. Die Resultate sind noch nicht recensiert. An Goeschen ist geschrieben worden nach dem Inhalte meines gestrigen. Ihre Schwester wird Ihnen gemeldet haben, daß von der Prinzeßinn ein Brief gekommen ist. Nach langem Besinnen, ob er mit der Briefpost oder mit Thellot gesendet werden sollte, trug endlich die Parthie der Oekonomie den Sieg davon, und er liegt jetzt bey Herrn Heinickens Epistel, und wartet auf Thellots Abmarsch. Der Träger ist ein ganz wackerer Mann; aber die übrigen Consorten des Briefes sind schlimme Gesellschaft. Warum macht aber auch die Fürstinn solche enorme Packete.
Pempelfort den 16ten Juny 1786 Vermerk von Hamann über dem Datum: Freytag Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 28 Julin. Geantw eod.No 1. Verehrungswürdiger lieber Mann Tiro schreibt Ihnen zum ersten mahl im Nahmen Ihres und seines Jacobi, der am Dienstag* Abend um 10. Uhr von hier abgereiset,
    vorgestern
** um 12. Uhr in Aachen angekommen, und heute auf dem Wege nach Brüßel ist. Ihren jüngsten Brief habe ich ihm dorthin nachgeschickt, nachdem ich zuvor eine Abschrift desjenigen Theils Ihres Mscrpts genommen, welchesr auf der Rückseite Ihres Briefes stand. Sie erhalten hier noch 2. Exemplare von dem Bogen C. des fliegenden Briefes. Das Exemplar, welches Ihnen HE. Jacobi am verwichenen Dienstag sandte, hatte wegen der übrigen Geschäfte die zu besorgen waren, nur sehr flüchtig können durchgesehen werden. Daher die Menge vonder Fehler, die stehen geblieben sind. Seite 22. Z. 14. habe ich damahls, in Absicht des Beyworts zu:
    Krampfe
, einen Alexanders Hieb, vielleicht mit sehr unglücklichem Erfolg, gewagt. Das Mscrpt. ist an dieser Stelle schlechterdings unleserlich, und ich bin wenig mit der Terminologie der Facultät bekannt. Alles worauf ich mich besinnen konnte, war das Griechische Wort: τετανος, welches mir zu paßen schien, und so, aus Mangel eines beßern, in den Text aufgenommen worden. Ich bin aber nichts weniger als überzeugt, daß ich nicht übel ärger gemacht habe. S. 19. Z. 4. scheint die Interpunction zu fehlen. Allein der Abdruck stimmt mit dem Mscrpte überein. Auf meine Emsigkeit und Sorgfalt, lieber würdiger Mann, können Sie Sich verlaßen. Es ist mir lieb, daß dieses Geschäft mich in einiges Verhältniß zu Ihnen bringt, und mir den Vortheil verschaft, Ihnen meine Verehrung und Liebe, statt der Worte, durch That an den Tag zu legen; sey diese That auch noch so unbeträchtlich und gering. Die Resultate werden Sie jetzt erhalten haben. Hier ist nur eine Stimme darüber. Alle, Gläubige und Ungläubige, erklären sie für vortrefflich. Die ersten insonderheit freuen sich über das schöne Ziel, wohin die ganze große Maße dieser Schrift sich von Anfang bis zu Ende
    fortwälzt
. Mit der innigsten Verehrung und herzlicher Anhänglichkeit Ihr Tiro-Schenk P.S. Es kann nun nicht eher wieder gesetzt werden, als bis die Correctur des Bogens b. zurück gekommen ist * Vermerk von Hamann am Rande: den 13. Junii ** Vermerk von Hamann am Rande: den 14 –
Königsberg den 19 Juni 86. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Den 13 d. erhielt ich Ihr Päckchen, wollte noch denselben Abend den guten Empfang deßelben bescheinigen; wurde aber durch Verhinderungen von außen und Bedenklichkeiten von innen abgehalten; weil ich mit jeder Post Entscheidung aus Berlin vermuthen muste, die auch heute kurz vor dem Mittag eingetroffen. Man bewilliget mir an statt der vier erbetenen Monathe nicht mehr als einen einzigen, unter so harten Bedingungen, daß ich diese Gnade nicht annehmen kann; weil wenn ich diesen Termin überschritte, gleich ein Surnumeraire an meiner Stelle auf meine Kosten angesetzt werden sollte. So gefaßt ich auch auf eine abschlägige Antwort war: so kann ich doch nicht leugnen, daß diese chicaneuse Einwilligung mich etwas näher traff, wie ich jene gefühlt haben würde. Es sind nun keine Instanzen mehr übrig, als ins Cabinet und an das Publicum zu appeliren. Das erste ist unzugänglich für mich, und ich thue keinen vergebenen Schritt zweymal. Dieser Vorfall ist also die letzte Oelung für meine Autorschaft. O HERR hilf, o HERR, laß alles wohl gelingen! Da Sie diesen Monath häusliche Freude und Glückseeligkeit verhoffen: so wird es Ihnen an Zerstreuungen nicht fehlen, und daß ich in Gedanken mehr dort als hier bin – Ich beruhige mich aber mit der Ueberzeugung, daß die Vorsehung an meinen innigsten Gesinnungen Antheil nimmt, und nichts blindlings geschieht. Es ist zum Theil beruhigend für mich, von der Ungewißheit, worinn ich bisher geschwebt, befreyt zu seyn. Gott verkürze nur die Wehen Ihrer besten und liebsten
    Marianne
, und erfreue mich bald mit der Nachricht Ihrer glücklich überstandenen Arbeit. Dadurch werden die meinigen erleichtert werden. Hippel habe ich eine von Ihren Silhouetten abgetretengeben. Die Baroneße Bondeli hat sich nicht satt sehen können, und freut sich, eine Ähnligkeit mit Ihrer Nase zu haben. Ich hatte meiner 3 Mädchen ihre bey einem hiesigen guten Silhouetteur, den ich ohne Rücksicht seiner Kunst liebe, bestellt, damit Sie mein ganzes Haus zu sehen bekämen, wenn ich und Joh Mich. gegenwärtig erschienen wären. Der Mahler ist aufs Land gefahren, und nun ist es Zeit gnug sie mitzubringen. Heute ist bey uns Jahrmarkt – und die Anwesenheit Hartknochs, der morgen abreisen wird, hat mir das Leben auch sauer gemacht, daß ich von meinen Sinnen nicht weiß. Ueber den Salomo fiel ich gleich her, und konnte nicht eher aufhören, bis ich ihn zu Ende gebracht hatte. Den dritten Theil der Meßiade bin ich noch nicht im stande gewesen anzusehen – Haben Sie Mitleiden mit meinem wüsten Kopf – Ich hoffe daß unser Freund heute vor 8 Tagen, seinem Vorsatz gemäß abgereiset und meinetwegen ruhig seyn wird, wenigstens ruhiger, wie Sie bey Ihrer damaligen Reise waren. Das Geheimnis seiner Zeit und Stunde wird uns auch offenbar werden. Erfreuen Sie mich bald mit dem Briefe, wozu Sie mein auserwählter, mein gewünschter Wohlthäter, Vater u Sohn mir Hofnung gemacht. Es wird Oel und Wein in meine Wunden seyn; selbst Ihre Verweise, wenn Sie selbige nöthig finden. Ich weiß mir selbst nicht zu rathen, nicht zu helfen, und kann meine Gedanken nicht ins reine bringen. Gott laße Ihrem Hause Heil widerfahren, Leben, Gnade und Freude, und mir nächstens Theil daran nehmen. Denken Sie mit Nachsicht und Gedult, liebes glückliches Paar an mich alten, niedergeschlagenen, schwachen Mann Johann Georg Hamann Adresse: HErrn / HErrn Franz Bucholtz / Herrn zu Welbergen / in /
    Münster
. den Jun. 86.
Kgsb den 19 Jun. 86. Herzenslieber Jonathan, Ungeachtet Ihres für mich traurigen Briefes vom 6 d. wo Sie über Gesundheit und Sorgen klagten, wünsche und vermuthe ich Sie gegenwartig schon auf gutem Wege, den Sie desto ruhiger meinetwegen fortsetzen können, da ich meine Entscheidung erhalten. Ich gieng diesen Morgen frühe aus um
    Kämpf
dem Hofr. Metzger abzugeben, der meinen ungewöhnl. Fehler sein Buch, das ich auf ein paar Tage geliehen, Monathe lang behalten zu haben, nicht übel zu nehmen schien. Auf dem Rückwege fiel es mir ein bey sehr ehrl. guten Leuten, die von Adel sind, aber ein Handwerk treiben, eine zinnerne Spritze zu Lavements auf allen Fall für mich, zuförderst aber für meinen Hill zu kaufen. Me de Villet freute sich herzlich mich seit 2 Jahren beynahe einmal in ihrem Hause wider zu sehen, und bewies mir ihr gutes Herz mit der That, indem sie für mich selbst dungdingte, und mir die eckelhafteste Sache von der Welt, meinen Handel so erleichterte, auch mir sehr wichtige Nachrichten von einer Person mittheilte, durch die unsere alte Bekanntschaft entstanden war, und mehr Verbindungen – Gegen Mittag komt ein Secretaire von der Direction auf meine Loge, mit einer Antwort, wovon Copia folgt. Berlin le 8 Juin 86. a Mr Stockmar Dir Prov. des Accises a Kgsberg. Nous vous autorisons Mr. en reponse a votre lettre du 19 May dr Nr 263. à accorder au Sr H. Garde magazin un congé d’un mois pour le retablissement de sa Santé, mais si contre notre attente il outrepassoit ce tems, Vous ferez faire ses fonctions par un Surnumeraire à Ses depens, de quoi nVous nous rendrez compte, si le cas avoit lieu. Signé   Delahaye de Launay.   Grodart. Das erste, was ich nothig fand, war zu Hause zu laufen und mir ein Glas Waßer geben zu laßen. Meine Hausmutter schlug mir Weineßig vor. Ich zu meinem Nachbar Miltz, der mir eine Citrone rieth, die ich von ihm nicht annahm, weil ich wuste, daß ich eine zu Hause hatte. Auf so eine hämische Gnadenbezeigung war ich nicht gefaßt. Mein Joh. Michel ist mit seinen Commilitonibus auf eine botanische Excursion ausgefahren. Heute ist oben ein Jahrmarkt. Ich lief nach dem Eßen zu Hippel, der sich auch wunderte und mir Recht gab. Nachmittags um 3 Uhr erwartete ich Hartknoch und Miltz. Ersterer blieb spät aus, und wenn ich jemanden erwarte, bin ich nichts im stande zu thun. Kam Crispus, der auch geruffen kam, Reichards Schwager mit einem Gruß aus Paris, und unter diesem Tumult hab ich ein paar Zeilen nach Münster geschrieben. Bleibt mir also nichts übrig als mein heute erkauftes Manuale für meine Gesundheit. So sehr ich über meine Einfalt gelacht, durch meine Autorschaft zu meinem Zweck zu kommen: so seh ich jetzt keinen andern Rath vor mir, als mein angefangenes Werk zu vollenden, und ich bin zu neuem Muthe durch Verzweifelung erweckt, das Ärgste u Letzte zu wagen. Ich werde also frisch darauf los arbeiten müßen, wenn Gott nur Kräfte u Gesundheit giebt und erhält. Unterdeßen man in Münster Wiegenlieder anstimmen wird, werde ich kreyßen, um mit meinen kahlen Mausarbeiten fertig zu werden. Gott im Himmel wird helfen Amen! Fällt eine öffentl. Veränderung vor, wie alle Tage zu vermuthen; so kann ich meinen Lauf anders einrichten. Jetzt sehe ich keine andere Bahn vor mir, als mit der Axt in der Hand. Hartknoch hat mir während seines langen Aufenthalts viel zu schaffen gemacht, theils wegen seiner Tochter, wo er mir Wahrheiten ausgewunden, die ihm wehe thun müßen, aber dixi et liberaui; theils wegen so manchen andern Angelegenheiten, in denen er seine Freundschaft zu äußern sucht u mich dadurch in Verlegenheit setzt, auch die Ihrige zu misbrauchen. Ihr Aufenthalt ist in Engl. so kurz, aber ich hoffe, daß Ihre dortige Verbindungen einen Auftrag erleichtern werden, an dem ihm viel gelegen ist. Er möchte gern Swedenborgii Arcana Coelestia haben, weil ein Uebersetzer sich zu selbigen erbot und er sie schon längste dem Publico schuldig geblieben. Sie bestehen aus VIII.Vol. die Kant sich einmal auf seine Kosten verschrieb, und daher glaubte er noch selbige hier anzutreffen. Sie kosten 18 ℔ sterl. bey Elmsly. Er ist auch erbötig dies Geld dafür zu geben. Wenn er aber ein Exemplar für alt auftreiben könnte: so wäre es doch eine Erleichterung für ihn. Vielleicht finden Sie in dem Hause wo Sie leben einen Mann, der dies Geschäfte übernehmen könnte oder wenigstens Ihnen Auskunft geben. Finden Sie zufällig jemanden dort, der sich dieses Auftrages wegen erkundigen kann: so würden Sie wohl so gefällig seyn daran zu denken. Er wünscht es auf seine Kosten an
    Hertel
in Leipzig expedirt zu sehen. Wegen promter Bezahlung können Sie sicher seyn. Wenn es nicht für alt zu bekommen, beqvemt er sich auch zu den 18 ℔. Es ist ihm alles daran gelegen das Buch zu haben, und mir, wo es immer mögl. ihn wenigstens von Ihrem guten Willen gegen mich zu überführen. Es soll ein Auszug mir davon geliefert werden. Den ich aus diesem Buch einmal gemacht, füllt kaum 1½ Bogen. Ich hoffe mich mündlich einmal wegen dieses Auftrags zu entschuldigen. Ist er Ihnen beschwerlich; so laßen Sie ihn liegen. Geht es an, ihn durch jemanden zu besorgen: so werden Sie es nicht unterlaßen, wenigstens mir darüber aufrichtig Ihre Meinung zu sagen, zu meiner und seiner Achtung. Mein Kopf will mir beynahe bersten, und ich hoffe übermorgen erleichtert zu seyn zum Empfang Ihres Briefes, der vielleicht stärker u mit Beyl. versehen seyn wird. Daß mein letzter nichts taugt wißen Sie schon, vielleicht werd ich jetzt ruhiger, wenn der erste Tumult sich gelegt haben wird, zur Arbeit. Gott gebe es, aber ich weiß selbst nicht, wie es mir gehen wird. Ich will mich sammeln, so gut ich kann. Diese ganze Woche wird verloren für mich seyn. Gott begleite Sie und Ihre Gefährtin mit Seinen guten Engeln. Ich kann auf heute nicht mehr. Ihr alter   Johann Georg. Wie gut wird sichs doch nach der Arbeit ruhn! Wie wohl wirds thun!
Pempelfort, den 20ten Juny 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 1 Jul.   Geantw den 9 –  No 2. Ehrwürdiger, lieber Mann Sie erhalten hier die verlangte Abschrift der 6ten Fortsetzung Ihres fliegenden Briefes. Das Original habe ich hier behalten, um entweder zum Drucke oder zur Vergleichung davon Gebrauch zu machen; doch habe ich mich nicht entbrechen können, noch einen großen Theil daraus abzuschreiben, und es mit Ihrem Briefe vom 8ten Ihrem Jacobi nach London nachzusenden. Zu dem abgeschriebenen gehört unter andern die
    schöne
Stelle über das enge Band zwischen dem Geist der Beobachtung und Weißagung (b. S. 2); die furchtbare treffende Apostrophe an die Berliner (b. S. 3. 4. c. 1); das Apostolisch brüderliche Wort der Ermahnung an den Thomas Gläubiger in Zürich (c. S. 1–4) und der Schluß S. 1. bis 3 des Bogens d. –
    Großer heiliger Mann
! Schon Alexanders Liebling entschied, daß grandia fastidire das Maas einer „gemeinen Menschenelle“
    weit mehr
übersteige, als seiner AugenwWeide und seines Herzens Lust daran zu haben. Auch hilft es Ihnen nichts, daß Sie den Nimbus von der Scheitel ziehen. Aus der bescheidenen Hand die ihn abnimmt, fällt sein Licht nur desto stärker auf den Verklärten, und war zuvor Ihr Haupt umstralt, so stehen Sie jetzt in vollem Glanze von der Sohle bis zur Stirne. – – Sie verzeyhen, Ehrwürdiger Liebevoller Mann! – Quo constantior in abnuendo, eo dignior visusDas Mscrpt, welches jetzt hier ist, reicht einschließl. der letzten Fortsetzung bis zur 5ten Seiten des 6ten Bogens hin. Sobald die Correctur des Bogens b. zurückkommt, laße ich gleich abdrucken, und den Bogen d. setzen. Um dem Setzer die Arbeit zu erleichtern, und zugleich den Correctur Bogen etwas fehlerloser zu erhalten, habe ich das Mscrpt abgeschrieben, so weit Jacobi es erhalten hatte. Mit der Folge werde ich eben daßelbe thun. Mit der aufrichtigsten Verehrung und Ergebenheit Ihr Tiro Schenck. – Ps. LXXXVIII. 28 kann auch nicht richtig seyn (Note 88.); dieser Psalm hat nur 19. Verse.
Kgsb. d 22 Jun. 86. Mein Herzenslieber Fritz-Jonathan! Nun hoff ich und wünsche Dich unterwegens, der seine Straße mit frohem Muthe fährt. Meine beyde letzten Briefe waren in dieser Voraussetzung schon geschrieben. Ich bin voll Verdruß, Kummer u Sorgen, werde es so lange seyn, biß mir die Nachricht von Deiner glückl. vergnügten Zurückkunft, wieder ein wenig Freude machen wird. Unser Briefwechsel muß nun gänzlich aufhören, und Freund Schenk, an den ich den 2ten CorrecturBogen zurücksende, bleibt jetzt mein einziger Correspondent. Dich dort mit meinen Pinseleien zu verfolgen, komt mir wie die gröste Grausamkeit vor. Daß dies Jahr nichts aus meiner Reise werden würde, ist meine Ahndung und beynahe mein eigener Wunsch gewesen. Ich habe Dir kein
    Geheimnis
daraus gemacht. Dieser Umstand kann mir also nicht nahe gehen. Bekümmere Dich also um einen Menschen nicht, dem weder zu rathen noch zu helfen ist. Hartknoch hat mir 8 Tage auf dem Halse gelegen, und noch mehr Verwirrung zurück gelaßen, wovon ich eben so wenig begreifen kann. Daß Leute, die sich selbst nicht verstehen können, sich immer in fremde Angelegenheiten mischen. Dies ist mein eigen Unglück. Die beyden L. Briefe habe an Schenk beygelegt. Ich habe den Mann bewundert, und bedaure ihn jetzt mit noch mehr Sympathie. Wie engelrein denkt und schreibt der Mann! und wie menschl. handelt er! Aus Deinem Extract des Briefes vom 27 May vermuthe ich, daß er eine Rechtfertigung geschrieben, von der ich noch nichts gehört, und mich darüber wundere. Es hat mich befremdet, mein lieber Fritz J. daß Du nicht eben die
    Freymüthigkeit
gegen mich in der zweiten Person ausübst. Ich fürchte aber wie er, daß sie auch
    vergebens
seyn würde. Das
    Du
durch die dritte Hand verliert allen Effect der Leidenschaft und Vertraulichkeit, und kommt mir affectirt vor: vielleicht aus der einfältigen Ursache, daß ich es nicht gewohnt bin. Ich begreife nicht, wie ich in meiner gegenwärtigen Lage an meine Arbeit denken soll; und doch habe ich, um selbige zu fördern, Ruhe mir gewünscht wenigstens dies Jahr durch. Statt deren nichts, als noch eine größere Unruhe, die ich weder Dir noch mir selbst zu erklären im stande bin. Cr. geht es mit seinen klaren Begriffen eben so wie mir mit meinen dunkeln Empfindungen. Er ist der einzige, der mir noch treu bleibt, auf wie lange? wißen wir beyde selbst nicht. Vor der Hand spricht er mir Muth ein, so sehr er ihn selbst braucht. Hörst Du von Tiro daß ich ihm Arbeit liefere, mit der er zufrieden ist: so lebe ich, und es geht mir nach Wunsch. Das ist alles, was Du zu wißen brauchst. Hätte ich Ja erhalten: so hätte mich an nichts gekehrt, und ich wär mit Haut u Haar, wie ich ausgesehen hätte, abgefahren, hätte mich allem unterworfen, was mein Schicksal zu meiner Demüthigung oder Erqvickung zugedacht hat. Nun bin ich mit meiner eigenen Baarschaft bezahlt, u durch meine Sophisterey gefangen. Schenkt mir Gott nur so viel Gesundheit u Kräfte, daß ich in meiner Arbeit
    weiter
, nur
    weiter
kommen kann: so bin ich für meinen Verzug belohnt, und kann mit leichterem Kopf u Herzen das Ende u Ziel meiner Wünsche sehen. Findst Du wol in allem dem, was ich schreibe, Menschenverstand? oder wird durch Deine Aufrichtigkeit die Frage entschieden und dem Mangel abgeholfen? Ich kann diese Woche an keine Arbeit denken, und muß die Gährung übergehen laßen. Vielleicht komt übermorgen der dritte Correcturbogen an, und ist mir erträglicher, gesunder u vernünftiger. Absolution von oben, Mitleiden von Dir, lieber Jonathan! wenn es Euch beiden Lehrgeld kosten sollte: so lernt Niemanden für gut halten weder Euch selbst, noch Euern Nächsten. Wer hat es je beßer gemeint, als Dein Nachbar und Du mit mir, und ich mit Euch. Was ist der
    gute Wille
für ein schöner Pendant zur
    reinen Vernunft
? Verdienen sie nicht beide einen Mühlenstein am Halse? Gottes Barmherzigkeit ist die einzige seeligmachende Religion, hat Dangeuil zu meinem Freunde in Riga recht gut gesagt. Ich erwarte mit jeder Post einen Brief aus Münster, daß alles gut und glückl. überstanden ist; vielleicht ist Schenk so gut mir Nachricht, so bald ers erfährt, zu geben. Ich bin weder im stande nach W. noch W. zu schreiben. Beide werden die Nachricht wohl ohne mich erfahren. Kann ich arbeiten, so gönne mir die Ruhe dazu, und stärke mich durch ein paar Zeilen Einl. an Freund Tiro, der Deine Stelle in allem vertreten wird, was durch einen treuen u klugen Mittelmann gethan werden kann. Wenn es nur nicht an mir liegt, an ihm gewiß nicht. Es sey immerhin malus pudor, IhrenDeinen errorem calculi in puncto der Größe u Heiligkeit aufzudecken. Die Wahrheit wolle uns beyde, lieber Fritz! frey machen selbst auf Kosten des je ne sais quoi unserer Freundschaft. Laße mir nur Zeit, bis ich mich wider besinnen kann. Ich lebe und ersterbe in jeder Gestalt IDein immer begleitender Schatten   Johann Georg.   Ich dachte Wunder, was ich schreiben würde in diesem Steckbriefe. Hoc age, sey gantz in Engl. und genieß des Guten. Das ist die Hauptsache, die ich Dir einprägen wollte. An mich wird die Reihe auch kommen, aber nicht eher als zu Seiner Zeit, die eben das Rätzel ist, worüber ich mir umsonst den Kopf zerbreche. Amare et sapere aude et vale. den 12 Julii. Nun Gottlob! mein lieber wallfahrender Jonathan, daß Du vergnügt u glückl. in London angekommen bist. Seit Deiner Abreise hab ich kein Herz gehabt an Dich zu schreiben, und änderte bey dem ersten Brief von dem ich vermuthen konnte, daß er durch die dritte Hand erst gehen sollte, die
    Person
und
    Zahl
der Vertraulichkeit, aus einer Art von natürl. Schaam – Mein Joh. Michel kam heute mit leerer Hand von Fischer. Eine halbe Stunde nachher brachte mir ein Bote diese Einl. vom 29 pr. aus der ich Deine glückl. Reise ersehe, und ich wurde wie neu geboren. Eben schrieb ich an Hartknoch, der mir unschuldiger Weise viel Gram u Sorgen gemacht hat, durch seinen
    guten Willen
, sich um meine mittelste Tochter verdient zu machen, die er durchaus bey der Baroneße auf seine Kosten anbringen wollte, weil er sich in ihre kleine Anlage zur Music vergafft hatte. Es sollte eine Nachahmung vielleicht des Alcibiades seyn, und war im Grunde eine
    kaufmännische Speculation
, die auf ritterl. Ebentheuer hinauslief. Meine damalige Verlegenheit und Gemüthsverwirrung über die Antwort der Gen. Isabel benahm mir alle Sinnen u Aufmerksamkeit. Er machte alles mit der Baroneße schriftlich und mit mir mündlich ab, verwies immer den einen auf den andern. Der Curator meines Vermögens, Dein Namensvetter leider! gegen den ich schon lange das Herz voll gehabt u noch habe, wegen seiner
    Frankfurter Denkungsart
, die ich wie die jüdische immer gehaßt habe, hatte mir auch den Kopf warm gemacht wegen seines Characters am meisten in seinem Betragen gegen Hill. Geldangelegenheiten sind für mich Ratzenpulver. Hartkn. hatte mich treuherzig gemacht, die Sorge meiner Capitalien zu theilen. Ich auf diesen Rückhalt muthig, machte mir selbigen zu Nutze, um den alten Curator ein Capital, das er mir
    halb
aufkündigen wollte beym Worte zu halten, und erkläre ihm daher, daß ich seine Interessen eben so wenig nöthig hätte, als jederder dritte Freund den Theil meines Capitals, von dem die Rede gewesen war, und deßen Zurückzahlung auf die
    Weinlese
ankommen sollte. Der Vetter dringt mir die Interessen zu Bezahlung der vierteljährigen Pension 8 Tage eher auf, als ich dem Termin nach bezahlen sollte. Ich noch denselben Tag zur Baroneße, mehr aus
    Vorsicht
als Vorwitz. Hartkn. hatte uns beyden eingebildet, alles schon abgemacht zu haben. Wir wusten beyde von nichts. Sie vertraute mir die Briefe, und ich das Mündliche. Die Baroneße hatte sich blos erklärt, daß sie aus Freundschaft für mich noch eins meiner Kinder nicht abweisen würde – und ich eben so herzlich, alle meine Mädchen von ihrer Mutter-Hand erzogen zu sehen. Diese allgemeine unbestimmte Erklärung hatte er für eine förmliche Abrede jedem Theil eingebildet, ohne mir zu sagen, daß er die Kosten dazu hergeben wollte, welches mir auf keinerley Weise einfallen konnte, u die Baroneße sich eben so wenig von mir vorstellen. Wir wurden also gleich einig, daß wir beyde uns dazu nicht verstehen konnten. Unterdeßen that mir die Uebereilung gegen den alten Curator Leid – und ich war in Verlegenheit, meine Gelder unterzubringen, die ich nicht gern
    fest
haben wollte und Hartkn. gern auf sein Haus hatte ingrossiren laßen, um dort armer zu scheinen, als er wirklich ist. Die Hauptsache war ein Handel auf meine älteste Tochter, die er seinem verzognen Kinde zur Gesellschafterin und Gouvernante, aus schwärmerischem Vertrauen zugedacht hatte. Dieser Plan machte ihn von einer Seite so
    weiß
und von der andern so
    schwarz
und für meine
    Leichtgläubigkeit
, die eben so weit geht als mein
    Mistrauen
, daß ich mich wie eine arme Fliege in einem Spinngewebe zerarbeitet habe. Meine infarctus wirkten auch dabey meisterhaft. Den 1 Jul. fieng ich die Kämpfsche Cur an; den Sonntag brachte mir meine Hausmutter eine glückl. Probe. Ich war vor Freuden außer mir, gieng in die Kirche und trieb mich den gantzen Tag herum, wie Fontaine vom Baruch, meinen mitleidenden Schwestern u Brüdern den Wunderanfang zu erzählen der beyden Experimente – Darnach fanden sich solche Schmerzen, daß ich mit dem 9 Lavement den 4 aufhören muste und beynah in Ohnmacht gefallen war. Seitdem brauche ich die Mittel von oben u vermuthe daß die güldene Ader, von der ich in meinem Leben bisher nichts gewußt, an diesem gantzen Aufruhr meiner Natur schuld gewesen. Auf die Woche will ich noch eine Probe machen, selbst zu appliciren, ehe ich vollends auf diesen Weg des Genies und Sitzleders Verzicht thue. Heute habe ich nach Riga die Antwort, vor der mir gegraut, vollig abgemacht, und alle domestica mala sind Gottlob! glücklich beygelegt. In der Laune dieses Fegfeuers schrieb ich – und wollte die Feder nicht weiter ansetzen, sondern mit meinem gantzen Briefwechsel bis zu Deiner glückl. Heimkunft an mich halten. Bey diesem Vorsatz beharr ich, weil ich gern mit meinem Bettel fertig werden möchte und alles an dem vierten Bogen liegt, den ich mit jeder Post entgegen sehe. Deshalb mach Dir lieber Jonathan keine Sorgen und bekümmere Dich um nichts als Freundschaft u Engl. zu genießen. Sorge für nichts auf dem festen Lande als für Dein Haus. Ich muß meinen
    Leib
u meinen
    Kopf
rein haben, ehe ich ans Reisen denken kann. Mit der jetzigen Ladung wäre ich nicht weit gekommen sondern unterwegens sitzen geblieben. Crispus hat sich auch ein Organon angeschafft zur Cur, will aber erst selbige in seiner neuen Wohnung auf Michaelis anfangen. Kant klagt mir vorgestern Abend seine bittere Noth, daß er seinen Sphincter nicht zur Oeffnung bewegen könnte. Er schreibt über das Mendelssohnsche Orientiren etwas – aber ist Dein Freund u des Resultatenmachers. Crispus studiert auch jetzt den Spinoza, und die Berl. Monatsschrift hat den Hierophanten Stark in der Mache. Die Allg. lateinsche Zeitung hat Dich recensirt, aber ich habe noch nichts zu sehen bekommen. Den 5. sind die Resultate angekommen. Ein Dutzend Danksagungen. Ich habe aber selbige noch nicht ansehen können. Incredibile, sed verum. Kant hat einen wichtigen Nebenbuler an
    Abel
in Stuttgard gefunden, der einen Ruff nach Göttingen hat. Die
    Seelenlehre
hat mir mehr Gnüge gethan, als der Versuch über den Ursprung unserer Vorstellungen, der gröstenteils schon in jenem enthalten ist. Wenn dies Blat nicht abgehen sollte, so mag alles bis zu Deiner vergnügten Heimkunft liegen bleiben. Gott erhalte Dich und Deine Gefährtin bey gutem Muth. Meinen unverschämten Auftrag überlaße Deiner besten Ueberlegung und dem Lauf der Umstände. Kannst Du Deinem Nächsten dienen, so thust Du gerne. Ultra posse nemo obligatur. Verleger u Autor sind sich zieml. ähnlich in partibus. Ich ersterbe Dein alter Johann Georg.
Lieber Herr Schenk Wir kennen uns einander schon lange. Sie leider! nur aus der Mühe, die ich Ihnen bisher gemacht. Ich aus dem Vertrauen des HE. Geheimen Raths und dem Antheil, den Sie an seiner Freundschaft für mich nehmen. Wie sehr wünschte ich, der letzteren so würdig zu werden, als Sie des ersteren sind – und diesen Wunsch thue ich von Herzen! Nunmehr zur Sache. Der Correctur-Bogen kommt nunmehr zurück, von dem Sie vermuthlich für sich noch einen andern Abdruck nöthig haben werden. Ich werde noch die vornehmsten Stellen durchlaufen S. 11. wünschte wol die Verse aus dem Virgil ein wenig weiter vorgerückt, daß ademtum noch in die vorhergehende Zeile käme. Der dadurch entstehende Raum könnte dem neuen Abschnitt gelaßen werden, und ein etwas größeres Spatium schickt sich für den Inhalt S. 14. statt tragisch muß
    tropischer
S. 15 so bald nur wenn einmal der Untersch. der sch. Natur nicht mehr auf den Rock, noch auf die Mundart des Modenschn. ankommen, und der jüdisch-welsche – – in der Note 16.) statt baal bibl. S. 16 Note 17 κεφαλαιονβ Das kleine Βητα ist die griechische Zahl, weil das
    Buch
so angeführt ist, also auch das
    Capitel
. Aus dem übrigen werden Sie sich wohl zu finden wißen, wie auch aus der fast zu genauen Interpunction meines Mit-correctors. Ich kann nicht begreifen, daß es an Mst. zum dritten Bogen fehlen kann, denn die letzte doppelte Fortsetzung, welche, wenn ich mich nicht verzählt, die VI. seyn muß, taugt nicht. Ich habe die mir selbst unbegreifliche und fast unverzeyhl. Unbesonnenheit begangen keine Abschrift von meinen übersandten Stücken genommen zu haben, und bin nicht im Stande aus meinen Papieren klug zu werden. Wie Der dritte Correcturbogen wird vielleicht mich aus von dieser Verlegenheit befreyen, den ich daher abwarten muß, und zu dem mir schon mit der nächsten Post Hoffnung gemacht worden ist. Haben Sie Gedult mit einem kranken Mann, der gegen die Sitte der Hypochondrie, vielleicht kränker ist, als er es selbst weiß. Mit der künftigen Woche werde ich erst wider zu arbeiten anfangen können. Die Beyl. aus der Schweitz lege ich Ihnen offen bey. Alle meine künftigen Briefe unter der Addresse unsers Freundes sind hinführo für Sie und werden vermuthlich blos und hauptsächlich den Abdruck betreffen. Ich habe vorausgesetzt, daß der HE G. Rath schon den 12 d. abgereist seyn würde; aus dem gestrigen Briefe ersehe, daß es ein paar Tage später geschehen soll, und verlange darnach den würkl. Tag seiner Abreise am zuverläßigsten durch Sie zu erfahren. Wenn er sich doch weder um mich noch meine unglückl. Misgeburt unterwegs und während seines dortigen Aufenthalts gar nicht bekümmern möchte! Ich werde Ihnen wenigstens ein gut Beyspiel geben, und nicht anders als im Nothfall an Ihn unmittelbar schreiben, alles übrige Ihnen allein überlaßen. Können Sie mir den Namen des würdigen Mannes der die Resultate geschrieben nicht anvertrauen? Hartknoch hat bereits deshalb an Göschen geschrieben, und alle die ihn gelesen, sind mit seiner Arbeit höchst zufrieden. Also dürfen Sie sich wegen des zurückgebliebnen Päckchens keine Mühe geben, und ich wünsche von Ihnen nichts mehr, als den Mann zu wißen, dem das Publicum und ich pro rata die Zufriedenheit und Genugthuung zu verdanken hat. Der Name thut wohl nichts zur Sache, aber es fehlt uns doch immer was viel, wenn wir etwas nicht nennen können. Mein vorläufiges Urtheil habe ich schon gegeben, und daran gewiß kein Zweifel seyn konnte, und daß der Name keinen Einfluß in das noch folgende haben wird, hoff ich mit der That zu beweisen. Gegenwärtige Beyl. bitte
    unmittelbar
nach London zu befördern. Meine übrigen Briefe sind blos für Sie und werden aufgehoben bis zur glückl. Widerheimkunft unsers gemeinschaftl. Freundes, weil alles was ich gegenwärtig schreiben kann, nicht des Porto’s werth ist noch der Mühe, es zu buchstabieren. Mir ist den ganzen Morgen übel gewesen, und ich weiß selbst nicht was mir fehlt. Verzeyhen Sie also das tumultuarische dieses Briefes. Ich vermuthe, daß ein Gewitter in der Luft meinen Druck vermehrt, dem ich beynahe unterliege. Ich kann der Grille nicht widerstehen, mich bey Ihnen nach dem Sohn des HE G. R. zu erkundigen, der meine Vornahmen führt, und deßen Schicksal ich den nächsten Antheil nehme, weil er unglücklich ist. Denken Sie völlig einformig mit seinem Vater über ihn? Da Sie an seiner Erziehung gewiß Antheil genommen: so werden Sie mir am besten im stande seyn zu sagen, wie er sich gegenwärtig anläßt, und wie er währender Abwesenheit versorgt ist. Meinem Freunde thut es wehe über diesen Gegenstand sich auszulaßen; dennoch geht es den besten Vatern bisweilen so, entweder zu gut oder zu schlecht von Ihren Kindern zu denken. Der letzte Fall ist wohl seltner, aber eben so natürlich, wie der erste. Ohngeachtet es bey mir heißt: Artzt hilf dir selber! hatte ich doch etwas mehr Vertrauen in diesem Stück zu meinem Reisegefährten Prof. Kraus, aber nun ist schwerlich dies Jahr daran zu denken. Wenn ich wirklich so viel Fortsetzungen geschickt habe, als ich mir besinnen kann, die letzte nicht mitgerechnet, welche nichts taugt; so zweifele ich, daß es zum
    dritten Bogen
fehlen sollte. Bliebe aber etwas Handschrift über; so wäre es unumgänglich, daß ich das Ende der V. Fortsetzung zugl. miterhielte, um meine Arbeit gantz übersehen zu können. Ich hoffe mit der nächsten Post darüber beruhigt zu seyn. Wäre aber etwas wider Vermuthen von der V. Fortsetzung (nach meiner Rechnung) zurückgeblieben: so wünschte selbiges mit der nächsten Post zu erhalten. Da ich Ihnen so viel Arbeit u Mühe machen, so kann ich füglich nicht mehr thun, als versichern, daß Ihre Erinnerungen, wenn Sie etwas auszusetzen finden, mir zum Beweise Ihres freundschaftlichen Vertrauens dienen werden, und ich bey meiner Verfaßung nicht mistrauisch gegen mich selbst gnug seyn kann. Mehr zu schreiben, weiß ich nicht; beßer kann ich heute auch nicht. Kommen gute Zeitungen aus Münster; so säumen Sie nicht mir selbige mitzutheilen. Ich bin mit der vollkommensten Hochachtung Lieber HErr Schenk, Ihr ergebenster Freund u. verpflichteter Dr. Johann Georg Hamann. Ich halte es für beßer meine Antwort nicht beyzulegen, um meinen Freund nicht ohne Noth zu beunruhigen. Sie finden also blos den Correcturbogen u die beyden Briefe von Lavater. Der dritte Bogen ist mir fast
    unentbehrlich
, ehe ich weiter gehe. Von der zweymal überschickten VI. Fortsetzung kann nichts bleiben als nachstehender Anfang, den ich auf gut Glück hier abschreiben will. Wie Gott, groß und unbekannt1, ist der Name dieses Königs; wundersam, wie seiner Boten2, der Name seiner Stadt. Ihre Geschichte und Gesichte vereinigen alle denkbare Vorstellungen und Ideen unsers Beobachtungsgeistes zu einem Urbilde eines göttlichen Staats, zu einem Rätzel des Widerspruchs, deßen sieben aus- und inwendige Siegel keine endliche Kraft des Erkenntnis- Billigungs- und Begehrungs-Vermögens, ohne Löwenmuth und Lammesgedult zu eröffnen vermag. Weißagung ist in dem Munde des Königs3; Weißagung, in dem Namen seiner Stadt, die war, seyn wird, und noch nirgends ist. Was von der Welt her kein Michel Angelo und Raphael mit ihrem Seelenauge geschaut, kein David Virtuoso noch sein Capellmeister mit gespitztem Ohr erlauscht, kein Leviathan, noch Platon, kein attischer Cyropädist noch welscher Quietist und Machiavellist das Herz gehabt haben, in einem Fürsten- und Staatenmuster, durch Abstraction und Fiction denkbar und erkennbar, merklich und vorstellig zu machen: alles dieses und überschwenglich mehr ist fertig zubereitet und geschmückt, hernieder abzufahren4 und die Herrlichkeit mündiger Kindschaft zu offenbaren der ängstlich harrenden Creatur, die sich sehnt frey zu werden von dem Joche des vergänglichen Unwesens, und auf ihres Körpers Erlösung wartet5. Mehr hab ich nicht, auch keine Concordanz in meiner ganzen Bibl. mir das Aufschlagen so vieler Sprüche zu erleichtern; geborgt auch keine. Vergeßen Sie nicht, liebster HE Schenk den Namen des Resultatenmachers der meines Freundes Kraus gantzen Beyfall hat, und dieser ist mehr werth als der meinige. Gott empfohlen! 1.) Hiob XXXVI. 26. 2.) B. der Richt. XIII. 18. 3.) Spr. Sal. XVI. 10. 4. Apok. XXI. 2. 5 Röm. VIII. 19–23.
Richmont den 28ten Juni 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 15. Jul. Erhalten den 15 Julii. Die zurückgehaltene Antwort den 24 Aug. beygelegt.  No 48. lieber Herzens Vater! Ich erhielt Deinen liebevollen Brief vom 5ten zu Gent. Heute hoffe ich wieder einen von Dir zu erhalten der eine Antwort ist. Gott weiß mit welchen Empfindungen u Gedanken ich an Dir hange. Meine Reise ist sehr glücklich gewesen, u es gefällt mir hier über alle Maaßen wohl. Vergangenen Sonntag Morgen schiffte ich ein zu Calais. Wir hatten zu wenig u unstäten Wind, so das wir 14 Stunden brauchten um nach Dower zu kommen. Den folgenden Morgen wurde es 9 Uhr eh ich mein Gepäcke aus dem Zollhause bekam. Abends um halb zehn Uhr war ich in London. Von da fuhr ich Sonntag Morgens hierher, wo man mich u meine Lene mit großer Freude empfieng. Der Graf Reventlow, den ich nur einmahl vor 2½ Jahren ein paar Tage gesehen hatte, wird mir mit jeder Stunde lieber; ich finde daß er seine Julie vollkommen verdient. Den wackern Schönborn sah ich hier zum ersten Mahl. Unsere häußliche Gesellschaft würde Dir nicht mißfallen. Zu dieser gehört auch der junge Spalding; d ein herzguter Junge, voll der besten Anlagen ist. Er muß gewaltig darüber leiden daß er ein Berliner ist. Gestern Mittag speiste ich mit dem Grafen, der Gräfinn u Lene bey dem rußischen Gesandten Grafen v Woranzow in London, in Gesellschaft fast aller übrigen Gesandten u einiger Damen. Der einzige Woranzow, den ich den Tag zuvor hatte kennen gelernt, gefiel mir in dieser Gesellschaft. Wir hatten aber bey dieser Gelegenheit einen großen Theil des westlichen London durchfahren, den St James Park, u eine herrliche Gemählde Sammlung, für die ich die ganze Düßeldorfer Gallerie hingäbe, bey Eger gbesehen. Nach dem großen diné fuhren wir desto vergnügter nach Richmont zurück. Ich kam erst gegen 1 Uhr zu Bette; habe zu wenig geschlafen, u befinde mich deswegen heute nicht zum Besten. Ein paar stille Tage wären mir nöthig, um wieder ganz zu mir selbst zu kommen. Von Deiner Fortsetzung habe ich nur die Anrede an Lavater durch Schenk erhalten, die auf der andern Seite Deines Briefes stand. Das Quartblat hat Schenk zurück behalten. Mit dieser Anrede bin ich höchst zufrieden. Ich hoffe Du bist wohl u kanst, ohne Deiner Gesundheit zu schaden fortarbeiten. Mich verlangt sehr nach den heutigen Briefen. Schwerlich aber bringen sie mir schon die Nachricht daß die Resultate in Deinen Händen sind. Aber ich bin denn nun doch gewiß daß sie in Deinen Händen sind. Wäre ich nur eben so gewiß, daß Du den Urlaub zu Deiner Reise hast, u auf Deinem Vornehmen beharrst. Aber in Wahrheit, ich zweifle auch hieran nicht im Grunde meines Herzens. Du wirst kommen. – Ich gieng herunter in den Garten. Die Gräfinn erwischte mich da ich im Saal meinen Hut holte, u nun kam ich nicht weg, bis wir zu Tische giengen. Nun ist es sechs Uhr u wir die Briefe sollen in die Stadt. Lebe wohl, lieber Herzens Freund u Vater. Ich schreibe Dir bald wieder, wahrscheinlich schon mit nächster Post –. Gott mit uns! – O, Du Lieber, wie ich Dich liebe! – Grüße von mir, was Du segnest – Dein Fritz Jonathan. Kgsb. den 298 Jun. 86. Werthgeschätzter Freund Tiro-Schenk, noch ehe ich diesen Morgen ausgieng Ihre Einlage vom 16 d. abzuholen, arbeitete ich schon an einer Antwort darauf, in der ich wenig oder nichts ändern darf. Sie beweisen mir Ihre Liebe mit der That; was kann einem armen Autor schmeichelhafter seyn, als Ihre unverdroßene Sorgfalt und Treue, womit Sie sich der herculischen Arbeit unterziehen – – Ich erkenne darinn und fühle aufs lebhafteste die Harmonie Ihrer Gesinnungen mit unserm Freunde, und Ihr gegenseitiges Glück. Es fehlt mir schlechterdings mens sana in corpore sano – Ich werde also wo möglich noch diese Woche in Gesellschaft meines nächsten Freundes Kraus mit der Kämpfschen Cur den Anfang machen. Bin seit einer ganzen Woche nicht im stande gewesen einen vernünftigen Begriff zu haben – Mein fester Vorsatz ist also in diesem Zustande nicht die Feder anzusetzen, bis ich den vierten Correcturbogen werde erhalten haben, den ich nicht eher zu remittiren willens bin, als bis ich selbigem das ganze Mst beygelegt habe. Jede außerordentl. Veranlaßung wird für mich eine Ausnahme von dieser
    Regul
seyn. Die Gedult und Nachsicht unsers Freundes für mich ist unbegreiflich; ich will selbige aber nicht misbrauchen, noch erschöpfen – nicht aus einem Mitleidenswürdigen zu einem Verachtungswürdigen – – Aus einer securitate oder imbecillitate, die ich mir selbst nicht zu erklären im stande bin, habe ich nichts hier aus dem ich mich heraushelfen kann um mich auf das, was ich geschrieben habe, deutlich besinnen zu können. Die 3 Bogen bleiben, wie sie sind, sie mögen gerathen seyn, wie sie wollen; aber die
    letzte Hälfte
muß mit Ernst und Ueberlegung ausgeführt werden. Ich begreife selbst nicht, wie ich trotz meiner Ungedult zur Sache zu kommen, mich immer weiter davon habe entfernen können, und so weit, daß ich im eigentl. Verstande in eine Wüsteney gerathen bin, aus der ich mich nicht wider herauszufinden weiß, und mir selbst die letzte Gewalt anthun muß. Autorschaft ist eine wahre
    Versuchung
– aber Gott ichst
    getreu
er, und ich hoffe, daß das Ende
    erträglich
seyn wird. Ich habe nicht ins Gelach und aufs Gerathewohl angefangen, sondern einen Plan im Kopf und im Herzen gehabt; aber bey dem vierten Correcturbogen habe ich nöthig die Augen aufzusperren, und alle meine Sinnen und Kräfte zusammenzunehmen, um gehörig einzulenken. Alle bisherigen Ausschweifungen laßen sich noch ziemlich bemänteln mit der Maske eines Predigers in der
    Wüsten
. Bey den ersten 3 Bogen bleibt es; die 3 oder 4 letzten müßen einen andern Schwung nehmen, wenn nicht der
    letzte
Betrug ärger als der
    erste
werden soll. Ich erwarte also am liebsten den
    vierten Bogen auch gedruckt
, wenn er auch einem Bidental ähnlich sieht, und wenn noch etwas vom Mst übrig bleiben sollte, auch eine Abschrift oder das Original bis auf das letzte Anhängsel im P. S. welches sich anfängt: Gott
    ist groß und unbekannt
– welches ich nicht nöthig habe. Diesen vierten Bogen erwarten Sie nicht anders als mit dem Rest der ganzen Handschrift. Gott weiß allein;
    wenn
? und
    wie bald
? Ihr Auge hat dem meinigen nichts übrig gelaßen in dem letzten Correcturbogen die einzige Kleinigkeit S. 18 ausgenommen, wo zwischen prius und more ein bloßes kleines Hyphen, kein Signum omissionis oder Gedankenstrich stehen muß. Bisher hat keine meiner flüchtigen Blätter das Glück gehabt, so correct wie diese Bogen abgedruckt zu werden. Das
    verkannt
für verkennt S. 22 wird wohl von uns schon bemerkt worden seyn. Ich hoffe, werthgeschätzter Freund Tiro Schenk, daß Sie mein Stillschweigen bey meiner gegenwärtigen Lage eben so billigen werden, als mein Entschluß den vierten Bogen so lange zurückzuhalten, bis ich mit dem Ganzen fertig bin, oder wenigstens festen Grund habe – Sollte dies dem Buchdrucker nachtheilig seyn; so bitte es mir zu melden. So bald die Resultate für mich ankommen, bescheinige Ihnen sogl. meinen Empfang und Dank. Gegenwärtig kommen sie zeitig gnug für mich zum Lesen. Was Jmo gesagt, ist mein eigener Fall, daß manche meiner eigenen Gedanken beßer entwickelt sind, als ich es selbst imstande gewesen wäre. Ein mehr Quasi-Urtheil von mir erhalten Sie auch, so bald wie mögl. weil unser Freund es ausdrückl. verlangt, ohne mich an das Urtheil des Publici zu kehren. Ohne Einfluß des Namens soll es gewiß seyn. Man vermuthet hier einen geschickten Mann, der schon manches geschrieben, von dem ich aber nichts bisher gesehen. Sein Name ist Rehberg; er hat in Göttingen sich aufgehalten. Eberhard in Halle hat viel Gutes von ihm geurtheilt. Meines Wißens hör ich den Namen des Mannes zum ersten mal; er soll aber in Ihren Gegenden sich dort aufhalten. Gestern wird mir ein Buch zugeschickt, deßen Anfang ein sehr mittelmäßiger Roman zu seyn schien, des Ende mich aber desto näher angieng, weil es beynahe alles anticipirt, was ich vom Catholicismo zu sagen willens gewesen bin. Der Titel ist:
    Entwickelung des Systems der Weltbürgerrepublik
. Mein alter Verleger und eventueller aller meiner verlornen Blätter hat mir einen Wurm zurückgelaßen, der mich gantzer 8 Tage genagt hat. Im Mismuth antwortete ich den letzten Brief unsers reisenden Freundes, dem ich auch in der Verwirrung meines Gemüths einen unverschämten Auftrag aufgebürdet, wegen der Arcana Coelestia des Swedenborgii Erkundigung durch irgend jemanden einziehen zu laßen. Ich werde diese Antwort nicht zurück halten – so bald ich im stande seyn werde ruhiger zu schreiben. Die Sache war des Eindrucks nicht werth, den sie auf mich machte; zu kleinfügig u zu eckel, mich darüber auszulaßen, weil es domestica betrifft. Wenn in meinen Eingeweiden ein Aufruhr ist, so geht es mir wie einem feuerspeienden Berge, bey allem seinen unfruchtbaren Eise auf dem Scheitel, der Steine und Asche um sich wirft. Mein Vertrauen und Mistrauen weiß von keinen Gränzen. So geht es mir mit mir selbst, und mit meinen Nächsten. Die heiße Witterung vermehrt den Druck meiner Lebensgeister. Seit 8 Tagen umgeben uns Gewitter, die zu keinem Ausbruch kommen können. Die jüngsten u gesündesten Leute verschmachten, und haben wenig Appetit zum Eßen. Der meinige nach Fleisch ist immer derselbe. Eine unnatürliche Schärfe kann allein daran Schuld seyn. Die zurückgegangene Reise stimmte mit meinen Ahndungen und Wünschen überein. Wie wär es mit dem Geschwür im Kopf, bey der gegenwärtigen Hitze unterwegs mir ergangen? Die Cruditäten in meinen Gedärmen und meinem Gehirn – – Ich muß beyden erst ein wenig Luft zu machen suchen. Die Verehrung hat mich wie ein süßer Wein berauscht; Verachtung ist der bittere Kelch zu meiner Genesung, und dazu bin ich entschloßen – – Daß ich mit dem vierten Bogen einer neuen Epoche nöthig habe, werden Sie werthgeschätzter Freund Tiro einsehen. Den erwarte ich noch, er mag aussehen wie er wolle. – So bald ich die Resultate erhalte und das geringste vorfällt, woran unserm reisenden Freunde oder Ihnen etwas gelegen seyn könnte, werde ich nicht zaudern noch mich bedenken, zu schreiben. Ich bin mir hier aber selbst unentbehrlich, zu meiner Cur und Entbindung meiner Uebel, so lange ich noch die Hoffnung habe, daß selbige corrigible u reparable sind – es sey cunctando oder peremtorie. Da ich kein ander Mittel als die Feder vor mir sehe, zum letzten Genuß meines Lebens zu gelangen: so scheint dies meiner Arbeit ein neues Gewicht zu geben, wenn nicht alles auf
    Eitelkeit
hinaus läuft. Diese traurige Gestalt aller menschlichen Dinge ist der letzte Trost. Werden Sie nicht müde die Abwesenheit unsers reisenden Freundes zu ersetzen mit eben der Genauigkeit wie Sie mir den Tag u die Stunde seines Abzuges gemeldet haben. Alte Leute lieben den Detail und beschäftigen damit ihre müßige Einbildungskraft. Ich werde meine Gelübde auch zu erfüllen suchen. Meine Gedanken und beste Wünsche begleiten meinen Jonathan, und bleiben Sie unser beyder Ariel. Ich vermuthe, daß Sie nach Pf. u W. keine andere als corrigirt u abgedruckte Bogen schicken; vom vierten nichts, als biß er zurückkommt. Hat Lavater sich gegen Markart gerechtfertigt? Ich habe seinen
    Geist
oder Gespenst am Johannistage gelesen, so flüchtig wie mögl. und Pfenningers Dedication des V. Bändchens seiner jüdischen Briefe an den Wanderer Hill, den ich mich wundere noch nicht, wie die vorigen, erhalten zu haben. Sie kommen Zeit gnug, und ich lese am liebsten Bücher, wenn sie zu Ende sind. Ich hoffe Sie werden mich beßer verstehen, als ich mich zu erklären im stande bin, und beßer lesen, als ich zu schreiben imstande bin. Gott sey mit Ihnen und Ihrem   alten verpflichteten   Joh. Ge. H. am Tage St Paul u St Peter.
Pempelfort, den 29ten Juny 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: No 3. Lieber, Verehrungswürdiger Mann! Gestern lief ein Brief von Dover ein, worinn der HE. Geh. Rath Jacobi seine glückliche Ankunft in England meldet, und mir den Auftrag giebt, Sie davon gleich zu benachrichtigen. Sein Brief ist vom 24ten dieses datiert. Er gedachte, noch den nehmlichen Tag nach Richmont abzufahren. Die Reise durch Braband hat ihm und seiner lieben Reisegefährtinn außerordentlich viel Vergnügen gemacht, und in die See ist er so verliebt geworden, daß er wie der Doge zu Venedig sich damit vermählen möchte. Der Tag an welchem die Ueberfahrt geschah war so heiter, der Anblick vom Verdeck für ihn so neu und reitzend, daß er in vollem Entzücken davon schreibt. Weder er noch seine Schwester haben nur die entfernteste Anwandelung von Uebelkeit empfunden. Ihr Brief vom 19ten geht heute nach London ab. Sein Inhalt wird äußerst unwillkommen seyn. Despotismus bezeichnet das neue Babel in allem was nur von ihm herrührt. Der Einschluß an Herrn Buchholz ist diesen Morgen schon besorgt worden. Die letzte Fortsetzung Ihres Manuscriptes war würklich die 6te. Wenn sSie solche umändern, so bitte ich nur um Gnade für die Stelle gegen die Ahabs Propheten und Consorten; es sey dann, daß Sie beschloßen hätten, dies Gezücht salientiori mica zu erweichen, zu deutsch:
    noch
schärfer
    in die Beitze zu nehmen
. Für ein so zähes Volk können die Ingredienzen nicht beißend genug seyn. Was vom gedruckten Bogen C an bis zur 6ten Fortsetzung an Mscrpt nun noch hier ist, wird ohngefähr 1½ Bogen betragen, folglich bis zur Hälfte des Bogens e. reichen. Sobald Sie den Bogen b. zurückschicken, laße ich ihn abdrucken, und demnächst den Bogen d. in Arbeit nehmen, wovon, sobald er gesetzt ist, ein doppelter Correctur Bogen Ihnen zugesendet werden soll. Vermuthlich wird dieser Bogen b. nächsten Sontag zurückkommen. Der Drucker wünscht es. Mit der innigsten Verehrung und Liebe Ihr Tiro-Schenk. Adresse:
An / Herrn Georg Hamann / in /
    Königsberg
.
Vermerk von Hamann: den 12 Julii 86. Geantw deneodem.
Pempelfort, den 4ten July 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 15 Julii Geantw den 16–23. No 4. Ihr liebevolles gütiges Briefchen vom 23ten p:, würdiger Mann, habe ich mit den Einlagen von Lavater und dem Correctur Bogen B. Ihres fliegenden Briefes am verwichenen Sontag den 2 Jul. erhalten. Letzteren habe ich noch den nehmlichen Abend an unseren Buchdrucker in Mülheim gesendet, und diesem ein kleines Pro Memoria beygelegt, worinn ich ihm, wo es mir nöthig schien, über die gemachten Veränderungen Erläuterung gegeben habe. Der Buchdrucker ist ein wackerer und pünktlicher Mann; aber blos mechanisch in seinem Gewerbe. Aus Sorge, daß noch ein Fehler stehen bleiben möchte, habe ich ihn gebeten, bevor er zum Abdruck schreitet, nur noch eine Correctur zu senden. Künftigen Freytag den 7 Julii hoffe ich Ihnen einen reinen Abdrucks Bogen von B. und zugleich einen Correctur Bogen von D. zu verschaffen. Manuscript wird alsdann noch für einen halben Bogen vorräthig bleiben. Den begehrten Schluß der 5ten Fortsetzung finden Sie einliegend. Auch schließe ich Ihnen einen Brief aus London von Ihrem Jonathan bey, der, wie Sie sehen werden, als er den Brief schrieb, noch voll Hoffnung war, Sie bald nach seiner Zurückkunft hier in Pempelfort zu umarmen. Daß diese Hoffnung ihm vereitelt worden ist, wird, ich weiß es, ihn sehr empfindlich schmerzen. Ich bin, in einer so weiten Entfernung von Ihnen und bey dem daher entstehenden Mangel an Einsicht in den ganzen Zusammenhang der Umstände, nicht fähig zu beurtheilen, in wie ferne die Aenderung Ihres Entschlußes durch die Antwort der Berliner Direction auf Ihr Gesuch nothwendig geworden ist: – doch darf ich wohl an dieser Nothwendigkeit nicht zweifeln. Sollten Sie jedoch noch einen Ausweg finden können, Ihre diesjährige Reise möglich zu machen, so können Sie überzeugt seyn, daß dies der stärkste Beweis der Freundschaft wäre, den Sie Ihrem Fritz Jacobi geben könnten. Sie haben den Nahmen des Verfaßers der Resultate zu wißen verlangt: hier ist er in der Einlage. So kindlich, so fromm und so herzlich, als der Ton des Briefes ist; so sehr ist es der Jüngling selber, der ihn geschrieben. Leider, ist nur allzuwahr, was er von seiner Gesundheit sagt. Er muß seiner mit der äußersten Sorgfalt schonen, – sonst wird die Blume abgemäht, ehe sie noch völlig aufgeblühet. Ich finde nöthig, noch zu erinnern, daß buchstäblich wahr ist, was Jacobi in der Vorrede zu seiner Apologie sagt, daß er nehmlich die Resultate nicht eher zu Gesicht bekommen, als bis seine Apologie schon völlig geschrieben, und auch schon zur Hälfte gedruckt war. Der Verfaßer arbeitete daran im Stillen, wollte Jacobi überraschen, und überraschte ihn auch würklich, weil dieser von einem jungen Manne von 25. Jahren eine ähnliche Schrift nicht erwartete. Daß sie ihre Mängel habe, erkennt der Verfaßer; besonders wünschte er den Schluß derselben, und sein Haupt Thema, das S. 184. angegeben ist, beßer ausgeführt zu haben. Allein er eilte, und mußte eilen, theils um seine Schrift, die eine Gelegenheits Schrift ist, zu rechter Zeit ins Publikum zu bringen, theils wegen seiner Gesundheit. Schenket Gott ihm Kräfte, so wird er das Versäumte nachholen. Ihre Anfrage, den 2ten Sohn des HE. Jacobi, Joh. Georg, betreffend, behalte ich mir vor nächstens zu beantworten. Ich gedenke Ihnen mehr Geschichte zu liefern, als Urtheil, weil ich selbst zu lebhaften Antheil an dem Unglücklichen nehme, und ihn vielleicht
    zu lange
beobachtet habe, um ihn unbefangen zu beurtheilen. Heute bin ich mit der Zeit zu sehr eingeschränkt, Ihrem Verlangen zu willfahren, und ich will Sie lieber warten laßen, als nur obenhin befriedigen. Mit der innigsten Verehrung und Liebe der Ihrige Tiro-Schenck – Die Abschrift des Schlußes, den ich Ihnen schicke, ist noch hier. Auch stören Sie Sich daran nicht, daß HE. Jacobi sagt, er habe von Ihrer 6ten Fortsetzung mehr nicht, als die Stelle über Lavater gesehen. Ich sendete ihm mehrere Stellen, wie ich Ihnen auch angezeigt, mit der folgenden Post nach.
Pempelfort, am 4 t Jul. 1786. L. V. H! Der kranke Jüngling, welcher sich an den Resultaten fast zu Tode geschrieben hat, stellet sich hier im Geiste vor Sie, und neiget sich ehrerbietigst vor dem Manne, durch den er schon so viel frohe, schöne, erhabene und heilige Eindrükke empfangen hat. Ihr Einfalt und ihre Laune, Ihr Kinderglaube und Ihr Scepticism; kurz Ihre Menschheit, so wie sie ist und wie ich sie kennen lernte, ist für mich oft eine Speise und ein Trank gewesen, der meinen ganzen Menschen auf das heilsamste durchregte. Auch ich bin einer von denen, welche Sie in Pempelf. mit innigem Sehnen erwarten, und ich werde glücklich genug seyn, wenn ich nur Eine
    vertrauliche
Stunde an Ihrem Herzen genießen darf. Ich bin aus Wirtemberg. Mein Vater ist Tuchmacher in der herrschaftl. Fabrik zu Ludwigsburg. Mich hat eine treue und fromme Mutter, die schon vor zehn Jahren in die Wohnungen des Friedens heimgegangen ist, erzogen. In Tübingen habe ich studiert, und durch den subtilen Ploucquet Geschmack an der Philosophie, so wie durch den D. Storr Liebe zur Theologie bekommen. Nach viertehalb Jahren, nahm mich der berühmte Hahn in Kornwestheim, jetzt Pfarrer in Echterdingen, zu sich, und wirkte mir in Stuttgardt ein früheres Examen aus, als nach den Gesezen erlaubt ist. In seiner Gesellschaft und durch Oettingers Schriften, wurde ich tiefer in die Philosophie der Bibel geführt. Heß, Lavater und Herder öfneten mir das Aug über die Geschichte derselben. Der Leztere vorzüglich wirkte durch seine Urkunde und andere kleinere Schriften mit einer gewissen Allgewalt auf mich. Drauf wurde ich drey Jahre lang Vicarius in Essingen bey Aalen, bey einem wunderlichen, aber mit philosophischer Litteratur und besonders mit der Astronomie und dem Mikroskop bekannten Manne. Mendelssohn, Loke, Leibniz, Wolf, Oetinger, Boehm, Herder u. a. waren hier meine Unterhaltung. Damals schon wollte ich den Phädon wiederlegen, und weiß wohl noch, wie ich mit dem Fuß auf die Erde stampfte, als ich den Sophismen zum erstenmahl auf den Grund sah. Die Geschichte der Bibel ward mir immer theurer, je bekannter ich mit der Philosophie wurde. Doch fand ich gewisse Begriffe, die das Licht meines ganzen Lebens seyn werden. Immer freyer wurde mein Urtheil. An dem dunklen Oetinger übte ich meine Analyse: Bengel war mein Exeget, aber an keinem hieng ich, wie an Herder. Doch blieb ich, meines Wissens, frey in meinem Urtheil. Ich kam auf Punkte, die mir weite Aussicht gaben, und trug nun geheime Zweifel in mir umher. Jezt kam ich in hiesige Gegend, nach Barmen und unterrichtete zwey Jahre lang vier liebenswürdige Kinder eines Kaufmanns. Eine kleine Schrift machte Jacobi begierig, mich zu sehen. Er würdigte mich seiner Liebe. Ich wurde krank, und er ließ mir keine Ruhe, bis ich zu ihm zog, um meiner sehr geschwächten Gesundheit zu pflegen. Durch ihn lernte ich Spinoza kennen. Durch wie viel Kampf, durch wie viel Aufwand von Kräften habe ich endlich – die Philosophie und die lose Lehre derselben unter die Füße gebracht! Das unbändige Roß geht jezt sachter an der Hand des kränkelnden Jünglings, und das Evang. allein ist mein Trost. Die Resultate sind ein Werk zweyer Monate, und niemand kann lebhafter fühlen als ich, wie viel ihnen mangelt. Ihr dritter Theil war eigentlich mein Zwek, aber als ich mich ihm näherte, war ich ermattet, und ich mußte eilen, um rasten zu können. Noch fühle ich die Nachwehen der unterdrükten Leidenschaft, mit welcher Sie geschrieben sind. Sie sehen, V.H., wie sehr ich Sie liebe, wie ich mich Ihnen vertraue. Nur sehr wenige kennen meinen Namen, und auch Sie muß ich bitten, sehr vorsichtigen Gebrauch davon zu machen.
    Sie
sollten mich namentlich kennen lernen, das war eine meiner liebsten Aussichten und Hofnungen, während daß ich die Resultate schrieb. Schenken Sie mir Ihre Liebe! – Ich umarme Sie mit dem kindlichsten, liebevollesten Herzen. Thomas Wizenmann.
Auf der Vorderseite des Adressblattes: Zwei Lacksiegelreste (vmtl. von der Hin- und Rücksendung) und Göschens Adresse von fremder Hand: Herrn / Herrn George Joachim Göschen / wohlangesehn Buchhändler / in / Leipzig. / Abzugeben auf dem neuen Neu Marckte in Kramer Hause / Franco. Auf der Rückseite die Adresse Hamanns von fremder Hand: Sn. Hochedelgebohrnen / Dem Herrn Packhofverwalter / Hamann / Abzugeben bey den Herren Fischer & Lengnick / in / Königsberg Erhalten-Vermerk von Hamann: den 7 Julii   1fl. 3gl. Kgsb. den 9 Jul. Dom IV. 86. Liebwerthester Freund, Vorgestern den 7 d. sind die Resultate mir durch Hartung zugeschickt worden, den ich darum hatte ersuchen laßen, sobald sie etwa nach Hartknochs Anweisung ankämen. Mein eigen Exemplar noch nicht ansehen, geschweige lesen können; die übrigen sind an Hippel, Kraus, Brahl, Nicolovius bereits vertheilt, und das letzte dem Kr. Scheffner zugedacht, so bald ich an ihn schreiben kann. Gestern vor 8 Tagen erhielte ich Ihren letzten Brief vom 20 pr. Seit dem sind 2 Posttage leer für mich verstrichen, ungeachtet mir mein J. in seinem letzten vom 153 Hoffnung machte in 8 Tagen zum vierten Bogen, an deßen Haaken nun alles hängt, daß ich nicht aus der Stelle kommen kann. Aber auch ohne den hab ich diesen Monath gantz vor Anker gelegen. Den 1. d. fieng ich die Kämpfsche Cur an. Die beyden ersten Versuche blieben bey mir und ich wußte heute vor 8 Tagen nicht was ich für Freude machen sollte. War im stande einmal die Kirche zu besuchen, den ganzen Tag in Bewegung – Wie es des Abends zum 3 Lavement kam, gieng es fruchtlos und mit den grösten Schmerzen ab. Montags eine Art von Fieber. Die Schmerzen nahmen immer zu, daß ich mit dem 9 Lavement Mittwochs aufhören muste. Worauf ich mich entschließen müßen, das die von oben einzunehmen – Ich habe von der güldenen Ader bisher nicht das geringste gewußt, und die scheint auf einmal aufgerührt und reif oder wenigstens sichtbar geworden zu seyn. Mein Vertrauen durch diese Cur erleichtert zu werden, und mit demselben ist aller Muth gesunken. Ich erwarte wol auch noch gute Wirkung von dem innern Gebrauch der Kräuter und Wurzeln – aber die Kämpfsche Methode kam mir geschwinder und sicherer vor. Während dieser Crisis, deren Ausschlag ich noch nicht absehen kann, bin ich vollends aufs Haupt geschlagen. An der letzten Abschrift, die ich den 1. d. erhalten, ist mir weniger gelegen gewesen als an dem Innhalt des 4 Correctur oder Probe Bogens, wie ich Ihnen schon gemeldet, weil ich mich fast auf nichts mehr zu besinnen weiß, und durch ein eben so wunderliches Spiel des Zufalls mir gar nicht heraushelfen kann. Das Stillschweigen von Ihnen und der Mangel an Nachrichten von unsers Freundes glückl Fortgang, wie auch aus
    Münster
vermehrt meine Unruhe. Gestern ein Brief aus Weimar wo man auch durch meine Erwartung irre gemacht ist. Wenigstens werden Sie mir seine
    Ankunft in
Engl. melden, und wie es in
    Münster geht
– auch leicht einsehen, wie ich in
    meiner jetzigen Lage
nicht selbst zu schreiben im stande bin, und daß mir vor mir selbst ekelt, und allem, was ich thue. Erhol ich mich, so hoffe ich alles wider einzuholen, was ich gegenwärtig aussetzen oder aufschieben muß. Bettlägerig bin ich nicht, die Schmerzen sind auch erträglich – aber Kopf und Herz sind gelähmt und gebrochen, ich weiß weder wo ich bin noch was ich thue. Wär ich mit diesem Unrath oben und unten abgereist, weis Gott, was unterwegs aus mir geworden wäre. Allso alles gut und zum Besten. Es ist für mich ein Trost, daß ich meinen J. auf meine Quarantaine zubereitet habe. Der Laut von seiner glückl. Heimkunft wird mich schon wider aufwecken, wenn ich auch währender Zeit einschlafen sollte, weil ich Ruhe nöthig habe. Ich laß es auf Ihre Freundschaft ankommen,
    ob
und
    wie viel
Sie michr wollen an seiner dortigen Zufriedenheit Theil nehmen laßen – Jetzt hab ich nichts so nöthig, als zu wißen, was im 4ten Probebogen enthalten ist, um meine eigene Gedanken mustern zu können – Geschrieben oder gedruckt, soll mir gleichgiltig seyn, wenn ich nur den verlornen Faden widerfinde, um zu wißen, ob ich mich aus diesem Labyrinth wider heraushelfen kann – und wozu ich mich entschließen soll wegen des gordischen Knotens. Sollte der vierte Bogen diesen Mittwoch den 12 ankommen: so erhalten Sie, so bald ich nur immer kann, eine Antwort darauf. Währt es länger; so liegt die Schuld nicht an mir. Ich bin fest entschloßen keine Fortsetzung mehr ohne das Ende und Gantze zu schicken. Alles übrige gehe, wie es Gott will. Verzeihen Sie, daß ich abbrechen muß, weil ich nichts mehr zu schreiben im stande bin – Ihr ergebenster Joh. Ge. Hamann. Adresse mit rotem Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
.
    f
o
    Wesel
.
Pempelfort, den 11ten July 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 30 Julii.No 5. Ehrewürdiger lieber Vater Hamann Ein sehr unangenehmer Vorfall ist Schuld, daß Sie mit der Post vom verwichenen Freytag das Versprochene nicht erhalten haben. Ich hatte Sontag vor 8. Tagen, gleich nach Empfang Ihres Schreibens, an unsern Buchdrucker Eyrich in Mülheim Ihre Correctur des Bogens B. abgehen laßen, und ihn gebeten, wenn er diesen Bogen der Vorschrift gemäß abgeänderte hätte, mir ein Exemplar davon vor dem völligen Abdruck zur nochmaligen Durchsicht hieher zu senden. Zugleich hatte ich ihm empfohlen, hiemit so eilig wie möglich zu verfahren, weil ich wünschte, mit der Weseler Post vom 7ten nicht allein einen reinen Abdrucks Bogen von B, sondern auch die Correctur des Bogens D. an den Verfaßer abgehen zu laßen. Da ich meinen Brief mit der fahrenden Post, als der zuerst abgehenden, absenden mußte, so schloß ich, um nachher mit der Briefpost das schwerere Porto zu vermeiden, ohne etwas Arges zu vermuthen, zugleich eine Abschrift Ihres Mscrptes für den Bogen D. bey: Nun erhalte ich verwichenen Mittwoch (den 5ten) ein Schreiben des Buchdruckers mit 2. Exemplaren des Bogens D. Er meldet mir, daß er meinem Verlangen, dem Verf. den Bogen D. am nächstfolgenden Freytag in Correctur zu senden, nicht würde haben willfahren können, wenn er mir B noch einmahl zur Durchsicht mitgetheilet hätte; zeiget an, daß D. schon unter den Händen des Setzers sey, der zu gehöriger Zeit damit fertig werden würde, und schließt mit der Versicherung, daß er selber die Correctur B. genau revidiert habe, und von der Richtigkeit des Abdrucks überzeuget sey. Ihm sey sogar noch ein Fehler aufgestoßen, den der Verf. übersehen habe. Seite 15. Z. 14. stünde nehmlich in dem Correctur Bogen: „
    Aprilgeschickte
“, welches heißen müßte „in
    Aprilgeschickte
“; er habe also das ausgelaßene Wörtchen
    in
noch eingerückt u.s.w. – – Wie ich erschrocken bin, lieber würdiger Mann, über diese so unglückliche, Ihrem Stile so ganz unangemeßene Aenderung können Sie sich vorstellen. Ich machte mich gefaßt, auf noch ärgere Fehler zu stoßen, und setzte in größter Angst mich hin, den reinen Abdrucks Bogen B. mit Ihrer Correctur zu vergleichen. Was ich nach einer 3 mahligen sehr strengen Durchsicht noch gefunden habe, ist folgendes: Seite 12. Z. 9. fehlt nach Rechts wegen das Comma. Seite 13. Z. 20. steht Schatzkammern, statt Schatzkammer. Seite 15. Z. 13. ist die Präposition
    um
überflüßig, und halb
    en
muß
    halber
heißen. Z. 14. ist das unglückliche
    in
vor April zuviel Seite 16. Z. 13. muß nach dem Gedankenstriche hinter μανθανοντα ein Comma stehen. Ich schickte die Liste dieser Fehler denselbigen Abend noch dem Buchdrucker, und fragte ihn, ob denn würklich der Satz des Bogens B. schon ausgenommen, und die Sache nicht mehr zu ändern wäre? Seine Antwort war, das Versehen sey ihm leid, aber nicht mehr zu ändern; doch wolle er gerne, was die 3. Fehler des letzten Quartblattes beträfe, zu einem Carton sich bequemen, und da gerade diese Fehler die beträchtlichsten wären, so hoffe er, der Verfaßer würde dadurch zufrieden gestellet werden. – Dieser Carton nun, guter lieber Vater, soll und wird gemacht werden. Auch können Sie sich darauf verlaßen, daß das Comma S. 12 vor Absendung des Werks an den Buchhändler in alle Exemplare noch eingerückt, und das
    n
in Schatzkammern ausradiert werden soll. Auf diese Weise wird der Correctheit des Abdrucks durch diesen Vorfall kein Schade geschehen seyn; aber darum ist er mir nicht minder unangenehm, weil er einen kleinen Schandflecken auf meine Vorsicht bringt, und ich so gerne Sie
    auf das vollkommenste
befriedigt hätte. Durch das Hin- und Herschreiben ist der Buchdrucker auch obendrein in Verwirrung gerathen, und hat die Correctur des Bogens D. nicht am Donnerstag Abend, sondern Freytags Nachmittag erst abgesandt, wodurch der Verzug auf meiner Seite entstanden ist. – Jetzt finden Sie einliegend 2. Exempl. von B., 2. Correctur Bogen von D., und 1. Correctur Bogen von C. von welchem letzteren ich heute ein ähnliches corrigiertes Exemplar dem Buchdrucker zurückschicke, um darnach den Bogen C. abzudrucken, weil er, wo möglich die Typen auszunehmen wünscht, und Ihr letztes vom 28. p. eine Erlaubniß des Abdrucks enthält. Von Ihrem Jonathan ist gestern ein Schreiben aus London eingelaufen; welches vom 4ten c. datieret ist. Er ist seit dem 2ten in dieser Stadt, um die Merkwürdigkeiten derselben zu besehen; erwähnt aber blos noch des Ranelagh und des Astley’s Entertainment, wobey ihm vorzüglich der junge Astley durch den schönen Bau seines Körpers, seinen graciösen Anstand, und seine außerordentliche Geschicklichkeit im Kunstreiten aufgefallen ist. Außerdem macht er eine reitzende Beschreibung von den herrlichen Naturscenen längst den Ufern der Themse von Richmont nach London hin, die alle Gemählde von Claude Lorrain und Poussin weit hinter sich zurücklaßen sollen. Von dem jungen Spalding fährt er fort, viel Gutes zu sagen, und für Reventlow und Schönborn vermehrt sich seine Achtung mit jedem Tage. Er meldet, daß ihn der junge Spalding versichert habe, in Berlin würde
    Herder
allgemein für den Verf. der Resultate gehalten; eine Vermuthung, die weit weniger zur Entschuldigung für sich hat, als die Vermuthung Ihrer Königsberger, welche Rehbergen für den Verfaßer halten. Dieser letzte wohnt in Hannover, ist
    Kleukers
sehr genauer Freund, ein wakerer Mann und ein denkender Kopf, der aber noch zu sehr an dem
    Buchstaben
der Philosophie hängt, um ein Werk wie die Resultate schreiben zu können. Der Verf. dieser Schrift ist äußerst begierig, auf Ihr näheres Urtheil, um seiner Belehrung willen, und er will gerne
    Kants
seines ignorieren, wenn er nur das Ihrige erhalten kann. Da vermuthlich Göschen ein verstümmelten Abdruck der Errata nach Kgbrg schiken wird, so lege ich Ihnen hier ein vollständigeres Exemplar bey. Dieser Göschen zeigt sich jetzt etwas nachläßiger, als er anfänglich sich angekündiget hat. Die Entwicklung des Systems der Weltbürger Republick hat Jacobi mit nach London genommen. Er war durch eine Critick dieser Schrift im D. Merkur aufmerksam auf dieselbe geworden, hatte sie kommen laßen und gerade den Tag vor seiner Abreise erhalten. Auch er war mit dem Ende der Schrift sehr zufrieden, und weil er sie unter der Vorbereitung zu seiner Reise nur flüchtig und zerstreut hatte lesen können, so nahm er sie, wegen der guten Idee, die er davon gefaßt, zum nochmaligen Durchlesen mit. Lavaters Gespenst spukt auch schon hier umher, schreckt aber nicht, wie doch sein Beschwörer HE. Friedr. Nikolai Buchhändler in Berlin u. Stettin durch sein Hervorrufen ohne Zweifel veranlaßen wollen. Die Betriebsamkeit der Herren ist außerordentl. Im D. Merk. findet (Jun. 1786.) findet sich eine Theogonie des
    blinden Glaubens
, und die Nikolaitische Abfertigung des würdigen Garve, in nuce; auch findet sich darinn eine Warnung gegen den Gebrauch des Ausdrucks historischer
    Philosophischer
Papismus (S. LXXXVI. des Anzeigers) welche den Beförderern der
    alten Nacht
entgegen gestellet wird. Auch Nicht minder haben die Jenaer haben Jacobi und den Verf. der Resultate, in der Recension dieser letzten Schrift, förmlich coram’ publico vorgeladen, von dem Ihrer Anklage wegen eines philosophischen Schleichhandels genaue Red’ und Antwort zu geben. Diesen Jenaern ist insonderheit der Angriff auf die Moral Theologie der Herren Kantisten, und die des Verfaßers Vertheidigung des Historischen Glaubens ein Stein des Anstoßes gewesen. Man kann sich des Mitleids nicht erwehren, wenn man die tollkühne Wuth dieser Biblioklasten sieht, denen es mit ihrem Bemühen, wie der Schlange in der Fabel mit dem Nagen an der Feile, ergeht. Da ich einmahl im
    Gespräche
mit Ihnen bin, so will ich mich auch noch meines Versprechens entledigen, das ich Ihnen in Absicht unseres hiesigen
    Johann Georg
gethan. Ich wähle Geschichte, lieber als Raisonnement, weil sie aus jenem den jungen Menschen vielleicht beßer und bestimmter als aus diesem werden kennen lernen. Sehr zusammenhängend wird diese und sehr ausführlich wird diese Geschichte nicht seyn, weil ich mich sowohl wegen der Zeit, als wegen des Raumes einschränken muß. Der junge Mensch ist bey einem übrigens zieml. grob gebauten Körper mit äußerst reizbaren Sinnen und einer sehr empfänglichen Einbildungskraft geboren, so daß seit seiner frühesten Kindheit jeder nur etwas auffallende Gegenstand ihn leicht in seine Gewalt bekam, und der alte Zauber sich nicht eher löste bis ein neuer an die Stelle trat. Er war ein Knabe von 5. Jahren, als ich ihn kennen lernte. Damahls war der Soldatenstand sein höchstes Ideal von Glückseligkeit; er war in jede Uniform und in jede Flinte verliebt, machte mehr als einmahl sein Bündelchen zusammen, um von seinem Vater hinweg in die Caserne zu ziehen, und als zuletzt der Zufall wollte, daß ein junger Offizier, der ihn liebgewonnen, ihm zuweilen Unterricht im Exercieren gab, so gieng würklich sein Entzücken darüber fast zum Unsinn, und der Vath Vater mußte seiner Bekanntschaft mit diesem übrigens sehr liebenswürdigen Officier Einhalt thun, um ihn nur einigermaßen in das Gleis der Vernunft zurückzubringen. Die Soldaten Grille wurde durch die Tragikomanie verdrängt. Je wüthender und mörderlicher es in einem Trauerspiele hergieng, desto baß behagte es ihm; er schaffte sich einen ganzen Vorrath von Giftbechern, Dolchen und andern Mordgewehren an, womit er unter fürchterlichen Deklamationen, einsam, zwischen seinen 4. Wänden ein
    geheimes Gericht
an allen denjenigen vollzog, die es mit ihm zu verderben das Unglück gehabt hatten. Insonderheit schob er gerne seine Widersacher, wie der Wirth im Götz v. Berlichingen die Reuter, mittelst dazu erwählter Repräsentanten (der Stühle und Bänke auf seiner Stube) mit voller Aeußerung seiner Kraft zur Thür hinaus. Aber so wie er als Soldat vor dem Knall einer Pistole sich die Ohren verstopfte, und bey dem Manövrieren der Truppen, das übrigens seine höchste Lust war, sobald man Pulver auf die Pfanne schüttete, den Reisaus nahm, eben so ergieng es ihm mit seiner Theater Herzhaftigkeit im würklichen Streit mit seinen Gespielen. Püffe zu ertragen, wenn gleich auch er ihrer ertheilen konnte, war ihm viel zu schmerzlich, und lieber zog er sich aus einem solchen Scharmützel in seine Stube zurück, um dort seine Rache nach gewöhnter Weise ohne Gefahr zu befriedigen. Mitten unter allen seinen Grillen hatte er manche lucida intervalla, und zeigte in solchen große Wißbegierde, besonders was Geschichte und Geographie betraf, in welchen beyden Wißenschaften ihn selbst das allertrockenste, (Chronologie, Länder Eintheilung, die Zahlen der Polit. Arithmetick) nicht abschreckten, so daß er jetzt weit mehr Facta, besonders aus der alten Geschichte, mit Tag und Datum herzusagen, und von weit mehr Städten, die Provinz, ja selbst die Länge u. Breite aus dem Gedächtniße anzugeben weiß, als ich sein erster Lehrer in diesen beyden Fächern. Im 11ten Jahre kam er zu Claudius. Hier fand er zwar wenig
    eigentliche
Zucht; aber vortreffliches Beyspiel, herzliche Ermahnungen und guten frommen Unterricht. Dem lieben Asmus machte er mit seinen Grillen viel zu schaffen, und entlief auch diesem schon, ehe er noch 12 Jahre alt war; kam aber nicht weiter als bis zu einem Dorfe vor Altona, wo er sich eines Beßeren besann, und zurückkehrte. Bey Claudius blieb er nebst seinem ältern, weit gesetzteren, würklich schätzbaren, obgleich minder fähigen Bruder etwas über 2. Jahre. Der Vater selbst holte beyde Söhne im Sommer 1780 von Wandsbeck ab. Auf der Rückreise fanden sie die Fürstin v. Gallitzin in Hofgeismar bey Heßen Caßel. Dieser gefiel Johann Georg wegen einer gewißen Lebhaftigkeit und Offenheit, wodurch er sich vor seinem Bruder auszeichnete. Sie selbst bat den Vater, ihr dessen weitere Erziehung anzuvertrauen, und der Vater nahm dies ein solches Anerbieten von einer so vortrefflichen Frau, die man unter ihren Kindern gesehen haben muß, um ihr pädagogisches Talent nach Würde zu schätzen, mit Dankbarkeit an. Georg kam nun in Vergleichung mit seiner vorigen Lebensart in eine wahre Spartanische Schule. Er mußte, selbst im Winter, noch, schwimmen und baden, im heißesten Sommer fortfahren zu fechten und zu voltigieren, mit äußerst simpler Kost sich begnügen, auf hartem Lager ausruhen, genau zu jeder Stunde die ihm aufgegebene Arbeit verrichten: lauter Dinge, vor denen anfänglich sein alter Adam sich entsetzte, in die er aber nach und nach sich zu fügen gelernet hat. In der Mathematick hat er in Münster große Fortschritte gemacht, so wie in allen Leibesübungen, und sein ohnehin starker Körper hat dadurch die letzteren eine beynahe eiserne Festigkeit erlangt. Aber leider! hat sich auch in dieser Schule sein
    innerer
Mensch an Stärke nichts gewonnen. Der geringfügigste Gegenstand behauptet über ihn seine alte Herrschaft, und diese seine außerordentliche
    Impotenz
ist es eben, welche seinen Vater und alle die an ihm Theil nehmen, seinetwegen so bekümmert macht. Noch neulich hat er mir von dieser Impotenz wieder ein Beyspiel gegeben. Seine Tante gab hielt der glücklichen Ueberkunft Ihres Bruders nach England zu Ehren ein kleines Fest, welches sich mit einem Balle schloß. Er war, wie natürlich, mit zugegen, und dieser Ball verrückte ihm so den Kopf, daß er wohl noch 8. Tage nachher, wie eine Klette an dem Tanzmeister hieng, wo er gieng und stand Englische Tänze trillerte, und, obgleich er weiß, wie streng sein Vater von der Anwendung seiner Zeit bey seiner Zurückkunft Rechenschaft fordern wird, dennoch sich nicht ermannen konnte, diese 8. Tage hindurch nur eine einzige seiner Arbeiten mit der erforderlichen Sorgfalt zu thun. – Gott wolle ihn leiten, und sich seiner annehmen. Ich gestehe, bevor er sein 40tes Jahr erreichet hat, ist er mir ein fürchterlicher Mensch. Verstand hat er, aber sein Verstand ist ihm zu nichts nütze, weil bis jetzt
    Gedanke
bey ihm noch nicht das allermindeste über den
    Sinn
vermag; auch gute Gefühle hat er, aber sie sind ohne Wirksamkeit und Leben; des Vaters Ansehen vermag sehr viel über ihn, aber der Vater muß gegenwärtig seyn, und dieses Ansehen auf der Stelle interponieren. Es ist Schade um den Jüngling. Wäre er nicht ein Sklave jeder äußeren Versuchung, so würde er durch seine Talente auf eine vorzügliche Weise sich auszeichnen, und eben so sehr die Freude seines Vaters werden, als er jetzt ein immerwährender Wurm in dessen Herz ist in dem Herz desselben ist. Verzeyhen Sie, ehrwürdiger lieber Vater! Ich bin sehr weitläufig geworden, und habe, aus Begierde Sie zu befriedigen, vielleicht Ihre Geduld mißbraucht. Doch mein Bewegungsgrund wird mir bey Ihnen zur Entschuldigung dienen. Mit der innigsten Verehrung und Liebe Ihr Tiro-Schenck. Ich schicke, der allzugroßen Dicke des Packets wegen nur 1. Bogen B.
Kgsb. den 12 Jul. 86. Liebwerthester Freund, Mein Sohn kam heute vom Kaufmann zu Hause, und sagte, daß keine Einl. für mich wäre. Ich wurde darüber sehr niedergeschlagen, machte mich aber auf das ärgste gefaßt, nahm mir aber vor Ihnen nicht eher wider zu schreiben, bis ich das versprochene Urtheil über die Resultate einem Briefe beylegen konnte. – Eine halbe Stunde nachher erhielte durch meine Tochter eine Einlage, die ihr ein Bote abgegeben. Ich war so voller Freuden, daß ich meinen zurückgehaltenen Brief vom 22 pr. hervorsuchte, und die leer gebliebene Seite des Papiers vollkritzelte. Eben war ich beschäftigt einen Brief zu beantworten in einer mir sehr beschwerlich und sauer gewordenen Angelegenheit, die ich nunmehr glaube abgemacht zu haben. Sie betraff ein Misverständnis von Freundschaft und hatte in alle meine Empfindungen und Begriffe über diesen Gegenstand Einfluß, der vielleicht durch meine hypochondrische Nebel vergrößert wurde. Mein Herz muste sich also natürl. auch an meinen Freund in London deshalb erleichtern. Ich halte es aber für vernünftiger u. anständiger ihn mit allen den Kleinigkeiten zu verschonen, weil sie ihn dort stöhren könnten – Das gantze Blatt bleibt also zurück, und soll ihm nicht vorenthalten werden, bey seiner glückl. Heimkunft. Alles übrige war von keinem Belange – – Ich freue mich herzlich auch über Ihre sorgfältige Genauigkeit mir mitzutheilen, was ich zu wißen nöthig habe. Mein Nachbar, Freund und Artzt, HE Miltz, fand mich auch ungewöhnlich heiter; ich bin gestern und heute zu Hause geblieben und fahre im Gebrauch der Kämpfschen Species fort von oben – bin aber noch immer entschloßen, so bald ich keinen Reitz von unten mehr fühle, wider auf dem Wege einen Versuch zu machen um wenigstens zu wißen, ob die Schmerzen von der güldnen Ader oder durch eine zufällige Verletzung entstanden sind. Kant hat auch vorgestern den Anfang mit den Kämpfschen Mitteln machen wollen, klagte mir aber gleichfalls seine Noth – und ich werde ihn ehstens aufsuchen, welches ich desto nöthiger habe, weil ich erfuhr, daß er etwas für die Berl. Monatsschrift arbeitet über das Mendelssohnsche
    Orientiren
. Er mag so verschieden denken als er wolle, so hoffe ich und bin gewiß, daß unser Freund und sein Apologist mit seinem Ton zufrieden seyn werden. Ich glaube kaum, daß es vor den Sept. eingerückt werden wird. Den rasenden Innhalt und Aufzug gegen den alten Hierophanten Stark werden Sie am besten selbst nach London melden können. Jedermann ist neugierig nach dem Ausgange. Ich nehme von
    beyden Seiten
Antheil. Der Unfug meines gewesenen Beichtvaters ist unverantwortlich; aber der Berl. Kützel und Uebermuth muß jeden Bidermann auch unausstehlich seyn. Es ist mir also nicht gleichgiltig, diese Saite auch schon berührt zu haben – – Nun fehlt mir noch zu meiner Beruhigung eine gute Nachricht aus
    Münster
, daß dort auch alles nach Wunsch überstanden ist, damit meine Freude und Ruhe zur Arbeit vollkommen sey. Ohne den 4ten Bogen kann ich nicht vom Fleck kommen. Liegt die Schuld am zweyten, so ist selbiger gleich den 22 pr. zurückbefördert worden, und dieser Stein wird gehoben seyn. Ich bin irre geführt worden, und in diesem vierten Bogen muß die gantze Maschine eine andere Wendung bekommen. Die Abschrift der 6ten Fortsetzung war mir ziemlich entbehrlich. Aber im vierten Bogen liegt die Crisis, von der Fortgang u Ende abhängt. Ich begreife weder wie ich selbst, noch meine Freunde mir das unsinnige Geschwätze haben durch die Finger sehen können. Nun schick ich nicht eher, bis ich zu Ende und fertig bin, und muß schlechterdings übersehen können, was ich bisher geschrieben, den ganzen Zusammenhang übersehen, um mich so gut wie möglich in eine andere Lage versetzen zu können. Sollte am vierten Bogen noch etwas fehlen, so muß ich schlechterdings eine Copey von dem haben was nicht auf der sechsten Fortsetzung steht.   Wenn die Quarantaine noch länger währt; so verraucht mir alles was ich im Kopf gehabt habe   Nun ist noch die Frage: ob der vierte Bogen füglich wird so lange stehen können, bis ich zu Ende bin? Ihre Antwort wird mich hierüber bestimmen. Erholt sich meine Gesundheit: so denk ich geschwinder arbeiten zu können. Ich kann schlechterdings nicht eilen: es ist der gröste Vortheil für mich und meinen Endzweck der letzte zu seyn, und das zu erndten, woran andere gearbeitet haben. Wenn Kant und Kraus was zu sagen haben, wie es mir von beyden scheint: so habe ich desto mehr Beruff, mir Zeit zu laßen, und beiden, deren Mühe weder für die Sache selbst noch meine Nachlese verloren seyn wird.   Kennen Sie schon
    Abels
Seelenlehre? Ich sympathisire ziemlich mit diesem Mann, der ein starker Nebenbuler des Kant ist. Sein Versuch über den Ursprung der Vorstellungen ist schon in dem ersten beynahe enthalten. Der junge Graf Kayserling besuchte mich, voll von den Resultaten, die er eben gelesen hatte. Darauf kam Kraus, welcher den 4 CorrecturBogen zu finden glaubte. Ich zweifele, daß er ohne besondere Veranlaßung sich in die Sache mischen wird. Kant scheint jetzt desto rüstiger zu seyn; so entfernt er ehmals vom Schreiben war. So bald ich nur den vierten Bogen und die Lücke bis zur 6ten Fortsetzung erhalte, will ich alle meine Kräfte aufbieten, meinen Plan in ein beßer Geschick zu bringen. Alles was Sie zu erinnern finden, wird mir ein Beweis Ihrer Güte und Zutrauens seyn. Aber soviel ich mich erinnern kann, taugt die gegenwärtige Anlage nichts, und ich muß schlechterdings den geradesten, kürzesten Weg zur Sache einzuschlagen suchen und alle bisherige Winkelzüge, in die ich mehr aus Instinct als aus Ueberlegung mich verloren habe, vermeiden. Das Corpus delicti fehlt mir um meine begangene Fehler beurtheilen und verbeßern zu können – und ich mag die gedruckte 3 Bogen nicht eher ansehen, bis ich den letzten erhalten, und alles was etwa noch fehlen möchte bis zur Abschrift der 6ten Fortsetzung. Der ganze Entwurf ist so einfach wie möglich, und beruht auf 3 oder 4 Puncte. Golgotha u Schiblemini, als der wahre Innhalt meiner ganzen Autorschaft, die nichts als ein
    evangelisches Lutherthum
in petto hat. Daraus folgt ein gantz entgegengesetzter Gesichtspunct von dem gegenwärtigen Zetergeschrey über Katholicismum. Dies ist ein Hauptstück, worüber ich mich gern so
    erweichend
wie mögl. und ohne
    Beitze
noch Lauge, aber mit desto mehr Nachdruck und Deutlichkeit erklären möchte. Das II. ist über den Vorwurf des
    atheistischen Fanatismi
S. 71 den ich dem M. gemacht u der durch seine
    Morgenstunden
nicht widerlegt sondern bekräftigt worden. Man hat mir diese Anklage in Berl. sehr übelgenommen. Das letzte betrifft die Pfuy! Pfuy! meiner Zöllnerschaft und Brüder nach dem Fleisch S. 25 die Niemand ohne einen Schlüßel verstehen kann. Ich citire die Stelle meiner letzten Schrift Golg. u Schibl. Der 2te CorrecturBogen ist den 22 pr. gleich mit umgehender Post von mir remittirt worden nebst den beyden Briefen des Lav. aber die Antwort behielt ich zurück, nebst der heutigen Fortsetzung. Beyde sollen zu ihrer Zeit übermacht werden, wenn unser Freund wider heim u in Ruhe seyn wird. Findt sich etwas wichtiges ihm unmittelbar zu melden; so werde gl. eine Ausnahme von meiner Regel machen und eine kleine Einl. nach Engl. beylegen. Ich bin in einer
    natürl. Verlegenheit
durch irgend eine dritte Hand mit der zweyten Person vertraulich zu seyn, und habe keinen dringenden Anlaß diese Grille zu überwinden u zu verleugnen. Mein unbescheidener Auftrag wegen Swedenborgs arcana Coelestia bezieht sich bloß auf den
    Fall
, daß
    Gelegenheit
sich dazu darbietet; meine Verwickelung mit dem Freunde, dem damit ein großer Gefallen geschah, war an dieser Uebereilung schuld. Ich habe gnug Kummer deshalb gehabt, und meine heutige Erklärung wird der ganzen Sache wie ich hoffe ein gutes Ende geben. Ist unser Freund im stande hierinn dienstfertig zu seyn; so wird er es von selbst thun, und geschieht beyden ein Gefallen. Aber nicht die geringste Unruhe oder Zerstreuung bey seinem kurzen Aufenthalt soll ihm dadurch zugemuthet seyn. Ich habe mich auch darüber schon in dem heutigen zurückgehaltnen Briefe pro futuro erklärt und entschuldigt. Erfreuen Sie mich bald mit mehr guten Nachrichten aus Engl. und womögl. aus Ihrer Nachbarschaft. Nun schreib ich kaum eher als ich das verlangte über die Resultate mitschicke oder den Empfang des 4. Bogens bescheinigen kann. Gott sey mit Ihnen und schenke Ihnen Gedult und Nachsicht gegen einen alten kranken Grillenfänger der sich u seinen Freunden zur Plage lebt. JGH. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. fo
    Wesel
.
Kgsb. den 12 Jul. 86. Mein alter lieber Freund und Landsmann, Ich habe den 6 d. Ihr Schreiben vom 20 Jun. erhalten, bin aber nicht im stande gewesen eher darauf zu antworten, nicht aus Mangel des Entschlußes, der bereits den Tag nach Ihrer Abreise gefaßt war, und durch die Ueberlegungen der mir dazu genommenen Zeit nicht geändert worden, sondern wegen meiner elenden Gesundheitsumstände, die auf meinen Kopf und meine Gedanken außerordentlichen Einfluß haben, ist es mir unmögl. gewesen zu schreiben. Nicht
    Delicatesse zu nehmen
, was mir gegeben wird – denn daß ich garnichts davon in mir fühle, davon habe ich Ihnen Beweise gnug gegeben: sondern meine
    Selbsterkenntnis
, die so schwach auch selbige seyn mag doch immer der Maasstab seyn muß, nach dem ich meinen Nächsten beurtheilen und mein Verhalten gegen ihn, vor meiner
    Vernunft
so wol als meinem Gewißen rechtfertigen muß, meine traurige Selbsterkenntnis verbietet mir schlechterdings die meinem Kinde zugedachte Wohlthaten anzunehmen und davon für sie und mich Gebrauch zu machen. Ihr
    guter Wille
bleibt in Gottes Augen und auf meiner Rechnung für die That. Ich erkenne den Werth deßelben, aber um diesen
    guten Willen
in Ihnen und für mich zu erhalten, kann ich zur Ausführung deßelben mein Ja! nicht geben. Von den Verbindlichkeiten, die Sie mir schuldig zu seyn vorgaben, weiß ich kein lebendiges Wort; aber die meinigen gegen Sie sind desto tiefer in mein Gemüth eingegraben. Unsere Grundsätze sind so heterogen und ungleich artig, als unser Stand. Sie ein thätiger Kaufmann; ich der unthätigste Grillenfänger. Wir können also bey aller unserer gegenseitigen Freundschaft uns in kein gemeinschaftliches Joch von Intereße
    und Handlungen
einspannen laßen, ohne einen unaufhörlichen Widerspruch zum vorauszusehen, der unsern Gesinnungen nachtheilig seyn würde. Ich denke von Erziehung und von Geldsachen, wie von allen
    Mitteln
zu theoretisch; Sie
    müßen
darinn practischer, (und können es zum Theil) zu Werk gehen. Meine Grundsätze über den
    einen
Punct auszukramen, lohnt der Mühe nicht: weil sie zu Ihrer Anwendung nichts taugen können; und weil wie in allem, auch hierin, jeder seines
    eigenen Glaubens
leben muß. So ungleich der Fall zwischen Ihnen u meinem ersten Wohlthäter in M. ist: muß ich Ihnen doch aufrichtig sagen, daß ich unter dem Druck seiner Wohlthaten gnug leide, und davon so gebeugt werde, daß ich meinen Schultern keine andere
    neue
schwerere Bürde auflegen kann, wenn ich der Last nicht unterliegen soll. Von einem solchen Gefühl läßt sich kein wahrer bestimmter
    Begriff
mittheilen. Je dunkler, desto inniger.
    Gott mag also für mich, die Meinigen u das Meinige sorgen. An diesem Kinder – seys auch Weiberglauben! muß ich mich fest halten
. Ein Mistrauen gegen mich selbst, macht mich eben so mistrauisch gegen die ganze Welt; und dies Mistrauen ist eine fuga vacui, die mich desto fester an die Vorsehung anschlüßt und feßelt, und im eigentlichsten Verstande macht zu einem gebundenen Knecht des einzigen HErrn u Vaters der Menschen. Gleich den Tag nach Ihrer Abreise, führte mich der Zufall zu Jacobi, der mir die Intereßen aufdrung. Dieser kleine Umstand trieb mich noch denselben Tag, mehr aus
    Vorsicht
, als
    Vorwitz
zur Baroneße. Sie schien eben so ungedultig zu seyn mich zu sehen, als ich es war meine
    Vorsicht
bey Zeiten anzubringen. Sie wuste mir weiter
    kein Licht
zu geben, als was Sie ihr geschrieben hatten, und vertraute mir Ihre Briefe. Dies war das einzige Mittel unser dreyseitiges Misverständnis zu erörtern. – Ich wünschte freyl. alle meine Kinder unter Ihrer Aufsicht, ohne ihr deshalb zuzutrauen, daß die Erndte bey allen einschlagen müßte. Ich wünschte mich ebenso sehr nach M. und die meisten haben mir angerathen auf den monathl. Urlaub getrost es zu wagen. Was der
    monathl. Urlaub
in der einen Sache ist, das ist in der andern Sache Ihr gemachter Entwurf die
    Kosten zur Erziehung
vorzuschießen. Eine solche Annahme kann ich nicht gegen mein häusliches forum und noch weniger gegen Ihre Familie verantworten, der ich nicht mehr vor Augen kommen könnte. Ist meine älteste Tochter des Guten fähig, das
    die Tante
und Pflegmutter ihr zutraut: so soll sie keine Gesellschafterin, sondern als
    Schwester
, als
    Tochter
ihre Pflichten erfüllen, um eine gute
    Ehfrau
und
    Hausmutter
zu werden. Hat sie Talente zu Erzieherinn u Gesellschafterin: so haben Eltern u Geschwister das nächste Recht zum Genuß derselben. Ihre gegenwärtige Lage ist blos der
    Grund
, der gelegt wird, und von dem allein sich noch nichts erwarten läßt, der sich erst setzen und der Natur nach nicht beschleunigt, sondern durch
    Wartung
womögl. der nächsten natürl. Mittelspersonen fortgesetzt werden muß; wozu Gott Gnade geben wird ohne misliche und weitsehende Speculationen. Das
    Gute
und
    Gerade
sind für mich Synonima. Gut zu seyn u Guts zu thun, dazu ist der gerade Weg der kürzeste,
    und den hoff und wünsch ich zur Zeit, ohne zur Rechten noch zur Linken abzuweichen
. Durch ein gerades Nein! hoff ich der Liebe, die ich Ihnen u mir schuldig bin, und durch diese Liebe zugl. das Gesetz und die Propheten zu erfüllen. Ich habe den 1 d. die Kämpfsche Visceral-Elixir angefangen, nach 9 schmerzhaften Versuchen selbige a posteriori aufgeben müßen, wahrscheinl. wegen der Hämorrhoiden, von denen ich in meinem bisherigen Leben noch nicht die geringste Spur gehabt – brauche von oben daher die Mittel, und habe viel ausgehalten. Heute ist der dritte Posttag, daß ich keine Briefe weder von Jacobi noch seinem Unterhändler habe, auch mit Schmerzen auf den 4ten Correcturbogen warte, ohne deßen Empfang ich nicht aus der Stelle in meine Arbeit kommen kann, vor der mir die Haare zu Berge stehen. Sie können also leicht denken, wie erschrecklich wüste es in meiner Seele aussieht, und von Sorgen sowohl als Krämpfen der Eingeweide u des Gehirns zerrißen werde, daß ich nichts zu thun im stande bin. Gott gebe Ihnen Gesundheit, Seegen u Glück – und laße alles vielfältig zurückwirken zu Ihrem und der Ihrigen Besten, die ich wie der Meinigen im Herzen habe, und deren Erbteil unsere verjährte Freundschaft werden u bleiben mag. – Der Tante Plan ist älter u natürlicher; sie hofft selbigen auszuführen, und ich will Sie hierinn nicht irre machen. Ihren Mutterrechten sollen durch keinen Pflegvater Eingriff geschehen, am wenigsten durch den
    natürl
. der in diesem Puncte selbst gegen den nächsten u ältesten Freund eifersüchtig ist. Eben jetzt erhalte wider Vermuthen durch einen Boten einen Widerruf der traurigen Nachricht, die mir mein Hans brachte, daß kein Brief an mich wäre. Er ist Gottlob! glücklich in Engl. angekommen und hat eine ungemein angenehme Reise durch Brabant u über See gehabt. – Also diese Unruhe ist auch überstanden – Gott gebe daß alle übrige die ich mir selbst leider! mache ein so gutes Ende nehmen. Ich muß aufhören um nicht die Post zu versäumen, und hoffe daß Sie meine herzl. Erklärung aus dem rechten Gesichtspunct ansehen werden, der sich Ihnen schon zeigen wird, gesetzt daß Sie ihn auch in der ersten Wallung nicht treffen sollten. Ein für allemal ist es eine Regel für mich: nach der Selbstliebe diejenige welche ich meinem Nächsten schuldig bin, wirken zu laßen. Wer sich selbst zu nahe tritt, läuft immer die Gefahr eines gleichen Mistrittes gegen seinen Nächsten. Als Kaufmann können Sie für eine solche Speculation für die Erziehung meiner
    natürl
. Kinder nicht 1200 fl. aufopfern, und ich ein solches Opfer ebensowenig annehmen, ohne mich selbst verächtlich zu machen gegen meine eigene Kinder. Ich kann meine Capitalien nicht festmachen, sondern muß selbige auf mehr als einen Fall immer parat haben zum Auszahlen – oder Anwenden zur Reise. Vestigia me terrent. Ich denke nicht wie unser Freund, Gevatter und Landsmann. Einen Peltz zu tragen und Ihr Waarenlager und dergl. Freundschaftsdienste hoffe ich noch wie ein ehrl. Mann liquidiren zu können; aber Capitalien sind für mich Halssachen – und als Landsmann ist das Timeo Danaos verzeihlich und nothwendig. Meine
    wenige Delicatesse im Nehmen
, und meine zu ängstl. im Geben macht mir manchen schweren Augenblick, weil ich in beyden Fällen Heucheley in mir vermuthe und nicht rein in meinen
    eigenen Augen
bin, die mir lieber u näher sind als des Publici Augen. Mit diesem
    Argus
kann der
    Mercur
bald fertig werden. Ich ziehe aber ein cyclopisches gesundes und christl. einfältiges Auge den 1000 der Insecten vor, und habe zu meinem Maulwurfsleben kein scharfes noch weites Gesicht nöthig. Meine Oekonomie hat am compendio der Addition und Subtraction gnug, und darinn besteht meine ganze politische Arithmetik, reinen Tisch zu machen. L’appetit vient et s’en va en mangeant. Willkommen! und Abschied! wird also beydes von Herzen gehen. Die Reyh wird auch ans Fasten kommen, wie ich jetzt Hunger u Durst oft wider meinen Willen stärker als andere Menschen befriedigen muß, zum Nachtheil meiner moralischen u physischen Gesundheit, die ich dem Geschmack zu Liebe zu oft leider! aus den Augen setze. Caffé, Taback, ein Abendtrunk in Bier, der sich kaum auf 2 Bouteillen erstreckt, woran ich meinen Hausleuten abgebe, und
    dann und wann
eine pica zum Buch sind die einzigen Schwelgereyen, die ich mir nicht auspredigen kann. Ruhe und Schlaf sind einem alten kranken Mann zu gönnen. Könnt ich nur arbeiten, so würd ich auch mäßiger im Eßen, Trinken, Lesen und Schlafen seyn. – Da ist mein Artzt – Ich schließe und umarme Sie mit dem dankbarsten und
    ergebensterkenntlichsten
Herzen, das ich eben durch mein aufrichtiges Nein! Ihnen und mir selbst zu erhalten suche. Ihr alter Autor, Landsmann u Freund Johann Georg Hamann. Vermerk von Hartknoch: beantw d 12 July 1786
Pempelfort, den 164ten Juli 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 26 Julii 86. No 6. Ehrwürdiger, lieber Mann Gestern ist ein Brief vom 6ten c. von Ihrem Jonathan aus London eingelaufen, worinn er mir aufträgt, Ihnen zu melden, daß sein Vorsatz gewesen wäresey, mit derselben Post Ihnen zu schreiben, aber daß er vor den Zerstreuungen, worunter er lebt, nicht dazu habe kommen können. Was sein Brief merkwürdiges enthält, theile ich Ihnen hier in Abschrift mit. „Je mehr ich sehe, sagt er, je mehr erkenne ich, daß ich anstatt 4. Wochen wenigstens 4. Monathe hier seyn müßte*, um nur einiger Maaßen London und seine Gegend zu kennen. Morgen Nachmittag um 4. Uhr fahren wir nach Richmont zurück um dort zu Mittag zu eßen. Uebermorgen aber kommen wir wieder herein, die Mara und andre große Sänger und Sängerinnen in der Armida zu hören; auch Vestris, Fabiani, (der mir ein größerer Tänzer als Vestris zu seyn scheint), die Signora Baccelli und Mlle
    Mozon
noch einmahl tanzen zu sehen. Die Gelegenheit, diese große Künstler zu sehen und zu bewundern, rechne ich zu den angenehmsten Zufällen meiner Reise. Eine höhere und größere Freude aber genoß ich heute in der berühmten Antiken Sammlung von Townley. Diese Sammlung von Köpfen und Statüen ist so beschaffen, daß sie allein eine Reise nach London werth ist. Ich hatte nie so etwas gesehen. Sagen Sie Heinsen“ (der das Künstler Bachanal im vorigjährigen Museo geschrieben) „daß ich ihn in seinem feurigsten Lobe, das er den Göttlichen Griechen gegeben, kalt finde, seitdem ich selbst von ihren besten Werken gesehen. Aber sagen Sie ihm auch, daß ich von der Wahrheit deßen, was er von den Würkungen der Gymnastischen Uebungen gesagt, durchdrungen worden bin, indem ich den jungen Astley alle Schönheiten des Menschl. Körpers auf seinem Pferde stehend entwickeln gesehen. Mein ganzes Wesen wurde plastisch; ich begriff die berühmte alte Statue des fliegenden Hermes, und fühlte was der Künstler nicht hatte erreichen können. – Ich verspare alles erzählen auf lebendige Rede. Verschiedenes muß ich noch einmahl sehen, unter andern die Paulskirche, deren Inneres mich noch mehr, als ihr Aeußeres frappiert hat. Was meinen Genuß ein wenig stört, ist daß ich böse Augen bekommen habe. Uebrigens ist mein Befinden vortrefflich, und ich fühle,
    daß ich mich an Seelen und Leibeskräften, über alle Erwartung recrutiere
.“ Wegen der Exemplare der Resultate, die Hartknoch Ihnen hat mitbringen sollen, schreibt er folgendes: „Daß Göschen nicht exact ist, ist wohl offenbar. Wegen der Exempl. für Hamann habe ich 2. mahl an ihn geschrieben. Zuerst bestellte ich vier Exempl. die unter Fischers Adreße geschickt werden sollten. Hernach wiederrief ich diese Ordre, und trug ihm auf, Hartknochen sechs Exempl. mitzugeben. Ich habe, wie Sie wißen, alle Versendungen ihm selbst, und die an Hamann wiederholt und dringend ihm anbefohlen. Melden Sie dieses Hamannen, und schreiben Sie an Göschen p. p.“… An diesen habe schon vor 14. Tagen wegen der schlechten Besorgung dieses Auftrags geschrieben. Vermuthlich werden die Exemplare nunmehr in Ihren Händen seyn. Bevor ich schließe, ehrwürdiger lieber Vater, muß ich Sie noch wegen meiner unzusammenhängenden Rhapsodie über unseren hiesigen Johann Georg vom verwichenen Posttag um Verzeyhung bitten. Ich hatte den Morgen nach London an Ihren Jonathan geschrieben, und die Bogen C und D. Ihres fliegenden Briefes nachgesehen. Gleich nach Tische schrieb ich an Sie, und der Brief mußte um ½5. Uhr in der Stadt auf dem Post Comtoir abgegeben seyn, wenn er fort sollte. Hiedurch gerieth ich wegen der Zeit ins Gedränge, insonderheit da ich noch verschiedenes andre zu schreiben hatte; so daß ich darauf Verzicht thun mußte, die Facta so zu ordnen und mit solcher Bestimmtheit vorzutragen, daß Ihnen der Character des jungen Menschen etwas auffallender geworden wäre. Sie wißen indeßen nunmehr
    im Ganzen
, was ich von ihm halte. Worauf ich gewünscht hatte, Sie aufmerksamer zu machen, ist der
    schnelle und etwas gewaltsame Uebergang
von seiner vorigen Lebensart zu einer ganz entgegengesetzten bey der Fürstin v. Gallitzin in Münster. Ich verehre diese würklich große Frau, und bewundere die Standhaftigkeit und Treue, womit sie alles was sie für gut und recht erkennt, selbst mit Aufopferung ihrer liebsten Neigungen befolgt. Auch weiß ich, daß eine Erziehungsart, wie die Ihrige, wenn sie gleich mit der ersten Kindheit in Ausübung gebracht wird, die besten Würkungen hervorbringen kann. Aber George war schon zu alt, als er zu ihr kam (er hatte bereits das 12te Jahr zurückgelegt) um völl bey seiner ohnehin geringen Gelehrigkeit völlig gebeßert zu werden; und die Unterdrückung der Aeußerungen seiner Leidenschaften und Neigungen hat vielleicht blos dazu gedient, diesen Leidenschaften und Neigungen selbst mehr Stärke und Elasticität zu geben. Auch der Vater scheint dieses dunkel zu fühlen, mag es sich aber aus einer sehr edeln Empfindung nicht aufklären, und in der Grundanlage von Georgens Character liegt überdieß schon eine so ergiebige Quelle zu schlimmen Eccentricitäten, daß es nicht nöthig ist, bey andern darnach um sie auch noch aufzusuchen. Uebrigens behandelt ihn der Vater nunmehr auf eine sehr liebreiche Weise; aber mit anhaltender, wiewohl meistens unwillkührlicher Aufmerksamkeit auf seine Fehler. Das unwillkührliche dieser Aufmerksamkeit, das blos aus väterlicher Theilnahme und Besorgniß entspringt, scheint vorzüglich auf Georgen Eindruck zu machen. Wenigstens fängt es an ihn über die Folgen seines Characters zu einem Nachdenken zu leiten, wovon zuvor nicht eine Spur bey ihm zu finden war, und welchem der liebe Gott Kraft und Würksamkeit verleihen wolle, damit es dazu diene, den jungen Menschen auf beßere Wege zu bringen, und des Vaters Kummer in die herzlichste Freude über ihn sich noch verwandeln möge. An Herrn Buchholz sende ich Montag einen reinen Abdruck von dem Bogen C. und Mittwoch einen andern an Herder. Von D. halte ich bis auf näheren Auftrag alles hier. Sollten gute Nachrichten von dem ersteren aus Münster hieher einlaufen, so theile ich sie unverzüglich mit. Seit HE. Jacobis Abreise hat er nicht geschrieben. Mit der innigsten Verehrung und Liebe Ihr Tiro Schenck * In einem Briefchen an die hier gebliebene Schwester setzt er indessen seine Abreise von London gegen das Ende dieses Monaths fest.
Kgsb. den 16 Julii Dom V. 86 Lieb- und werthgeschätzter Freund, Gestern gieng ich selbst zum Comm. Rath Fischer nach Einlage. Das schwarze Siegel Ihres Briefes machte mich anfängl. ein wenig aufmerksam und unruhig. Mit dem Briefe in der Tasche machte ich einen kleinen Umweg, nahm ein abgebranntes Haus in Augenschein, bey dem vorigen Donnerstag einige Menschen das Leben eingebüßt haben, kam die Post vorbey, und fand einen Trieb auch da einzusprechen. Ich lachte selbst über meine Sorgfalt zu suchen, hatte die Gedult die ganze Carte und jede Stadt durchzusehen. Unter Hamm fand ich meinen Namen. Weil ich aber unlängst an einen Juden Heiman mich versehen hatte: so war ich besorgt und meiner Sache nicht gewiß. Es war aber ein Brief aus Münster Gottlob! mit rothem Lack. Ich trage niemals fast Geld bey mir – lief also zu einem Geistl. in der Nachbarschaft, wo ich nicht nur Geld bekam sondern auch eine Schrift von dem alten würdigen Oncle über die Einwürfe gegen die Lehre von der Aussöhnung durch einen Mittler, die mir neu war und die ich zugl. mitnahm. Ich fand in den Briefen lauter Gutes und Erfreuliches, dafür ich dem Himmel nicht gnug danken kann. Mit dem heutigen Sonntagsevangelio 758 verließ ich Engl. Ich hielte meine Andacht und der damalige Prediger in der Savoykirche hatte zum Eingange: Iß dein Brodt mit Freuden p Es war zu Ende des Junii, ich war einen ganzen Monath auf dem Schiffe, und dennoch besinne ich mich ebenso lebhaft mit eben demselben Evangelio in Riga wider bewillkommt zu seyn, weil ich wider vor Freuden mit dem ersten Sonntage meine Andacht hielte. Wie dies möglich gewesen ist, begreif ich bis diese Stunde nicht, da der Unterschied der Sonntage zwischen dem A. u N. Styl keinen ganzen Monath ausmachen kann. Vorgestern Abend brachte mir ein Freund den May der lateinschen Zeitung, und in eben derselben Viertelstunde schickte ihn mir ein anderer zu. Ich hatte mir vorgenommen Ihnen einen kleinen Betrug zu spielen mit einer fremden Recension der Resultate, die ich für meine Arbeit ausgegeben hätte, sie möchte ausgefallen seyn, wie sie wollte. Daher schrieb ich Ihnen, daß der
    Name
keinen Einfluß auf
    dies Urtheil
haben könnte, wenn ich selbigen auch eher erführe, als dies Urtheil ankäme. Der lateinsche Recensent hat mir diesen Spaß verdorben, aber diesen Verlust durch einige Züge ersetzt, die mir Waßer auf meine Mühle zu seyn scheinen. Sie können sich also, liebwerthester Freund Sch. T – leicht vorstellen, wie in dieser Gedankenreihe und Gemüthslage ein Brief meines Jonathans aus Engl. und ein Brief des Autors den ich in Pempelfort nicht vermuthet und die erfreul. Nachrichten aus Ihrer Nachbarschaft auf mich gewirkt haben. Mein Joh. Mich. stand heute um 4 Uhr auf, auf das Land zu gehen, um der Introduction des Pfarrers Hippel in Arnau beyzuwohnen. Ich bekam also auch Lust, wenigstens die Metten, meinen liebsten Gottesdienst einst, dieses Sonntags zu feyern. Alle Bewegungen die ich gestern hatte zu schreiben und zu antworten sind vergangen, und ich fühle mich ohne Kraft und Muth. Meine Freundin Courtan geht auf einige Wochen nach Pillau und Pr Kraus, deßen Gelegenheit einfallen will, reiset morgen mit der Post aufs Land, wo er sich einen Monath ausruhen wird, damit sein Wirth die Reparatur des Hauses mittlerweile vornehmen kann. Ich bleibe also ziemlich einsam und verlaßen, und wünschte diese Ruhe nützen zu können. den 23 Jul. Dom. VI. Ich muste ins Bett eilen heut vor acht Tagen; konnte mit genauer Noth den Montag drauf eine Antwort nach Münster, die unumgänglich war, zu stande bringen und habe mit der Mittwochs und der gestrigen Post auf den vierten Bogen mich gespitzt. So überschwenglich meine Freude über den Brief meines Jonathans war, und so viel Nachdruck selbige durch das Andenken meines alten curriculi erhielt und noch mehr durch die gute Bothschaft aus Münster, ja so voll mein Kopf von Antworten war: so verwelkte doch alles wie Heu, und die Herrlichkeit war vorbey wie ich heut vor acht Tagen die Feder in der Hand nahm. vltra posse nemo obligatur – und ich legte mich zu Bette, stund den Montag wider auf und schrieb à batons rompus, was man Mühe haben wird zu lesen und zu verstehen. Ehe ich weiter fortfahre, liebwerthester Freund, muß ich einen Scrupel berühren, den Sie mir machen, nemlich: in wie fern die Aenderung meines Entschlußes durch die Antwort der GeneralAdministration nothwendig geworden ist? Ich habe hierüber meinem Freunde schon meine
    innigsten Gedanken
und mein
    dunkelstes Gefühl
gebeichtet, daß ich keine Vermuthung gehabt habe diese Erlaubnis zu erhalten, und ich auch kein Recht gehabt eine Erlaubnis außerhalb Landes zu gehen von ihr zu bitten, das schlechterdings im Cabinet gesucht werden muß. Gesetze sind für mich Gesetze, die ich weder selbst übertreten mag, noch irgend jemanden versuchen mir zu Gefallen ein Uebertreter zu seyn. Weil der Generalregißeur und Präsident de la Haye de Launay sich ausdrückl. gegen den Grafen von Schmettau ausgelaßen hatte, daß es von ihm
    abhienge von diesem Gesetze
    zu
    dispensiren
: so erlaubte ich mir auch eine latitudinem des Gewißens mir diesen Schleichweg gefallen zu laßen, und eine Ausnahme zu machen von meiner Regel, keine
    erlaubte
und
    rechtmäßige
Mittel unversucht zu laßen, wenn mir selbige bekannt sind. Den 19 May erhielt die Direction eine Anfrage,
    wohin ich gehen wollte
. Ich überließ es ihr darauf zu antworten weil man in Geschäften zu Ausflüchten gewohnt ist; merkte aber gleich, was hernach eintraff. Anstatt einer 4monathl. Erlaubnis war die Rede schon von einem Monath. Man glaubte aber nicht nöthig zu haben dies Misverständnis zu erörtern, da ich in meinem vorjährigen Petito nicht nur von einer Cur, sondern auch von Geschäften in Familienangelegenheiten geredt hatte, die in einem Monathe nicht abgemacht werden konnten. Die Erlaubnis auf einen Monath kam endlich an, aber mit einer Clausul, die gantz neu und befremdend war und wodurch man genung verrieth, daß alles darauf angelegt war mir das Leben sauer zu machen. Es ist was unerhörtes, daß man bey einem so kurzen Termin einem Officianten droht gl. bey
    Verlauf deßelben auf seine Kosten einen Substitutum zu setzen
. Dieser außerordentl. Umstand war entscheidend für mich, und mir war mit dieser
    Chicane und Beleidigung
im Grunde gedient: (so sehr sie mich verdroß,) daß ich diesen Verräthern keinen Dank schuldig war, u. ihr Unwille mich nicht gehen zu laßen mit meinen Bedenklichkeiten heimlich mit
    geschwächtem Leibe
u
    wüsten Kopfe
und
    unruhigem Gemüthe
diese Reise zu übernehmen im Grunde des Herzens übereinstimmte. Die Vorstellung ohne
    Wißen und Willen des höchsten
blos durch die
    unerlaubte Gefälligkeit
seiner mir verächtlichen
    Creaturen
gegangen zu seyn würde mich wie ein Gespenst unterwegs verfolgt haben und ich wäre immer in Furcht u Ängsten gewesen von irgend jemand verrathen oder verläumdet zu werden, da ich nach meinem Gewißen nicht recht gehandelt hatte. Gesetz als ausdrückl. Wille des Monarchen ist mir so heilig und noch heiliger als seine Person, um Gottes und meines Gewißens willen. Diese moralische Nothwendigkeit band mich umso mehr, da ich Hofnung behielt diese Freyheit nach meinem eigenen
    Willen
und
    Wunsch
zu erhalten unter beßern Auspiciis u
    Umständen
, woran in Münster gearbeitet wird – – Da meine Autorschaft in meiner äußerlichen Lage und individuellen Denkungsart gegründet ist; so lag mir auch dieser Stein auf dem Herzen. Hätte ich die Erlaubnis erhalten; so wäre selbige ein
    Göttlicher Beruff
gewesen. Da diese Erlaubnis in einer bloßen Geckerey bestand: so wurde sie wider in meinen Augen ein göttlicher Beruff meine angefangene Arbeit in Gottes Namen fortzusetzen, und wo mögl. zu Ende zu bringen, ich mag Amt und mehr darüber aufs Spiel setzen. Ich bleibe also bey allen krummen und eccentrischen Abweichungen meinem Plan treu, so wenig ich auch denselben zu übersehen im stande bin und so viel Gründe ich leider! habe an einer glücklichen Entwickelung beynahe zu verzagen und zu verzweifeln: so sehe ich doch lieber alle Versuchungen der Vorsehung als Prüfungen meines Vertrauens auf ihre Hülfe und Beystand an, oder als heilsame Mittel den Dunst von Heiligkeit und Größe zu vertreiben, den meine Freunde sich u mir in den Kopf gesetzt zu unserm gemeinschaftlichen Nachtheil u Schaden. Also wer für A. B. C. gesorgt hat, muß auch D. schicken. Gott geb daß es mit der nächsten Mittwochs oder Sonnabends Post kommt, damit ich wenigstens
    Licht
sehen kann, wo ich hingerathen bin und wie ich wider mich herauswinden kann. Meine Nachbarin die 3 Kronen Loge feyert heute ihren Johannistag und die Kutschen gehen wie ein Paternoster und Ave Maria am Rosenkrantz. Um meiner Freunde und Brüder willen und für das Gute, das sie vor 2 Jahren meinem Wanderer Hill gethan, will ich Ihnen Friede und Guts wünschen. Habe ich Ihnen schon gemeldt, daß Kant eine Abhandl. nächstens in die Berl. Monatsschrift über das
    Mendelssohnsche Orientiren
liefern wird. Crispus nahm heute vor 8 Tagen Abschied, um den Abend drauf mit der Post nach Oberland zu gehen. Er hat mir eine Einl. von dort versprochen an seinen kranken Freund Steudel, die ich Ihnen überschicken werde, das mein Jonathan 3 kranken Brüdern gern zu gefallen thun wird. Diesem guten Mann zu gefallen wollte er mich begleiten. Gestern ist meine Freundin Courtan nach Pillau abgefahren – und noch mehr gute Freunde sind schon oder gehen noch aufs Land, da ich also ziemlich einsam lebe und gern den jüngsten verlornen Sohn meiner Entkleidung u Verklärung zum Zeitvertreib bey mir hätte, um ihm das Fell waschen zu können. Wollte heute wider einen Versuch machen mit einem Experiment à posteriori. Es ist mir aber unmöglich und Kant geht es ebenso. Ich habe gestern den Anfang gemacht mit dem destillirten Waßer der Pfeffermüntze, das mir gut schmeckt, wie alles. Beruhigen Sie sich also, lieber Freund Schenk-Tiro. Weg hat Er allerwegen an Mitteln fehlts ihm nicht. Statt eines Berges werden Sie einen Misthaufen zu sehen bekommen, und wir wollen uns einander wenigstens auslachen. Bedeuten Sie nur meinen Jonathan, daß mein Stillschweigen sich in ein eben so unauslöschliches Gewäsche auflösen wird, und daß ich die grösten Virtuosen übertreffen werde in der fröl. Laune
    anzufangen
und
    aufzuhören
, die ihnen Horatz zuschreibt. Ich freue mich in jeder Zeitung Nachrichten von Lavaters Wallfahrt zu finden. Es wäre mir aber nichts angenehmer als ihn daheim zu sehen, und an keinem fremden noch dritten Ort. Auch dies ist unter meinen Wünschen, wie Zürich das ultimum visibile meiner Laufbahn. Bey Löwen in Breslau ist eine kleine Schrift über den Ursprung Natur und Fortgang einer heil. Wißenschaft herausgekommen. Wenn Ihnen der Verf. davon bekannt werden sollte oder schon ist, wünschte ich seinen Namen zu wißen, den ich auch in einer kleinen Compilation über die leidende Kraft des Menschen angeführt gefunden zu haben glaube, ohne eine solche Neugierde zu fühlen nach dem quis? weil mir an dem quid? wenig dran zu seyn scheint. Ihr Nachbar soll einen rüstigen Kunstrichter an mir finden. Ich warte nur auf eine Stunde, dergl. rara auis bey mir ist, um ihn mit gusto und amore lesen zu können. In dem
    Schulgange
ist er mir ein wenig überlegen und dem gehe ich gern aus dem Wege, und lieber auf Pantoffeln, als mit Stiefel und Sporn. Fast immer in Stiefeln seit langen Jahren, aber noch in meinem Leben keine Sporen angehabt, weil ich nicht reiten kann. Wie mein Jonathan an diesen
    Gast
niemals gedacht, begreif ich nicht. Ist bloße Hypochondrie sein Uebel, oder etwa eine zehrende Krankheit, die ihn so schwächlich macht. Ist Ihre Lebensart, lieber Freund Schenk nicht auch sitzend, und leiden Sie nicht dabey. Haben Sie Ihr Gemüth wie Ihre Hand klar und gesetzt gemacht, und schreiben Sie mit der Leichtigkeit u Heiterkeit, womit man Ihre Gedanken und Gesinnungen liest und sieht. Machen Sie es doch unserm Jonathan recht sinnlich u augenscheinlich, warum ich weder schreiben kann noch mag, und wenn es Ihnen nicht an Zeit fehlt, so unterlaßen Sie es doch nicht unser Dollmetscher zu seyn – Ich habe wirklich Stärkung nöthig um nicht meinem
    Gram und Verdruß über mich selbst
unterzuliegen. Das Ἑν και παν meiner unglückl. kranken Phantasie ist nun der Bogen D. von dem ich mir einbilde, daß Reise und alles abhängt, und ich denke immer daß meine Unruhe erst mit dem Empfang deßelben recht ausbrechen wird. Desto mehr Ruhe können Sie währender Zeit gewärtig seyn von Ihrem   gegenwärtigen Plagegeiste, dem Freunde Ihres Freundes. Bachmanns Rund habe mit großem Antheil gelesen, weil der Verfaßer
    Sander
dort in dem gräfl. Hause leben soll, wo es meinem Jonathan recht wohl gehen möge!!! Wenn er nur mit dem Herbste ans feste Land und nach Hause denkt, und ich denn auch fertig seyn möchte, um mit leichtem Kopfe, Muthe und Magen reisen zu können. Wenn ich nur erst wüste, ob ein Kayserschnitt des vierten Bogens die Arbeit meiner mühseeligen Autorschaft und ihr Ende befördern und entscheiden könnte. Gott sey mit uns allen! Amen.
Kgsb. den 17 Julii 86. Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn! Vorgestern holte ich selbst Ihren Brief von der Post, und fühlte bey Lesung deßelben die innigste Freude eines Großvaters. Ich bin gegen alle Ahndungen sehr mistrauisch, weil ich mehr böse als gute habe, aber zugl. die ersten beßer weniger eintreffen, als die letzten, und ich leider mehr in meinem Argwohn beschämt werde, als in meinem Vertrauen. Einen Sohn wünschte ich Ihnen, vermuthete aber immer eine Tochter; weil ich eben diese Grillen bey meinem ältesten Kinde hatte, bey den andern war ich in Ansehung des Geschlechts völlig gleichgiltig. Nun Gottlob! daß auch meine Furcht in Ansehung Ihrer lieben Marianne in Freude verwandelt ist, denn Sie können sich nicht vorstellen, was ich für ein Martyrer meiner kranken Einbildungskraft bin. Ich war vorgestern voller Trost und Hoffnung, daß Gott Selbst und sein guter Engel den zarten Zweig eines so edeln Stamms pflegen und in seine Wartung nehmen wird, daß er wachse und zunehme an Weisheit (von der
    Säuglinge
nicht ausgeschloßen sind) Alter u Gnade bey Gott und Menschen. Vielleicht werd ich Eltern und Sohn bald zu sehen und zu umarmen bekommen. Nun wir beyde Väter sind, sollte der respectus parentelae füglicher in einen respectum fraternitatis verwandelt werden – doch davon mündl. Der gestrige Sonntag ist einer der feyerlichsten meines Lebens. Ich wurde in die Frühpredigt getrieben – hörte eben den Geistl. bey dem ich den Tag vorher Geld geborgt hatte, um Ihren Brief von der Post auszulösen, weil ich immer ohne Münze gehe. Mit dem Evangelio von Petri Fischzuge verließ ich 58 Engl und mit eben dem Evangelio kam ich in Riga an. Der Prediger in London hatte die Worte Eccles. IX. 7. Gehe hin, iß dein Brodt mit Freuden – und der gestrige zum Eingange 1 Petr. V. 5 Gott widersteht den Hoffärtigen p Mein außerordentlicher Geschmack an Nahrung und Genuß, mein Seelenhunger beunruhigt mich eben so sehr, als der Verdacht, den Sie gegen sich selbst haben, – Ich lag die ganze Predigt über mit dem Kopf auf meinen Stock gestützt, und lies den Thränen ihren Lauf, die mehr aus Dank und Freude als Reue floßen. Den ganzen Tag war ich untüchtig, und mußte mich früher wie gewöhnlich ohne Klang u Sang niderlegen, weil ich eine Eiskälte in meinem ganzen Leibe fühlte. Beantworten muß ich Ihren Brief, liebster Compere Bucholtz, und ich schreibe, was ich kann. Meine Seele ist ein wahres Echo der Ihrigen, ungeachtet der Verstümmelungen, die zur Natur des Echo gehören. Selbst diese gegenseitige Misverständniße müßen unserer Freundschaft wesentlich seyn, und nothwendig ohne Nachtheil der Hauptsache. Ich bin allso mit allem zufrieden,
    was Sie machen werden. So heftig auch meine Wünsche sind, getraue ich mich eben so wenig einen einzigen in einen Willen zu verwandeln
– –
    An das Publicum zu appelliren
, war aber der erste Stoß und Trieb meiner jüngsten Autorschaft, und diesen ersten impulsum kann ich noch nicht verleugnen. Ob das Gaul vermöge seines Instincts klüger gewesen ist, als sein Reiter, weiß ich noch nicht. Es überfiel mich aber eine Feigheit und Faulheit mitten in der Arbeit, und ich gerieth auf so viel Abwege, daß ich gar nicht mehr die erste Spur meines Weges widerfinden konnte Mein
    Amt
zu verlieren oder aufzuopfern, war das Wenigste, das ich mir vorstellen konnte, laut meiner traurigen ängstlichen Einbildungskraft. Der Verlust schien mir aber leicht gegen den Gewinn, den ich mir vielleicht einbildete. Mit diesem Wurm im Kopf und Feuerbrand im Busen kqväle ich mich noch immer Auf eine abschlägige Antwort war ich gefaßt, und diese kam mit meinen geheimen Wünschen überein. Hätte ich wider Vermuthen Ja erhalten; so wäre ich drauf losgegangen, wie in
    meinem Beruff
. Ob ich die Reise mit meinen infarcirten Eingeweiden und dem Ballast oben ausgehalten hätte, weiß ich nicht. Durch meine Gegenwart alle günstige Vorurtheile, die Sie und meine dortige Freunde für mich haben, auf einmal zu widerlegen und umzuwerfen, Ihnen statt eines Mercurii einen wahren truncum ficulnum, inutile lignum darzustellen, war ich auch willig u bereit, es mochte Ihnen und mir so weh thun – so zieh ich die reine Wahrheit allen glänzenden Vorurtheilen vor. Bitter und sauer ist meinem Geschmack eben so angemeßen, und entspricht mir beßer als das süße und schaale. Einige wollten mir durchaus anrathen die Reise zu unternehmen – die Klügsten waren auf meiner Seite und riethen zur Gedult. Durch diesen Qveerstrich kam ich wider auf meine alte Bahn an das Publicum zu appelliren. Die Pfuy! Pfuy! von Golg. und Schiblem. waren eigentl. die Worte, welche schlechterdings einen Commentar nöthig hatten und mir Anlaß geben sollten die gantze Ungerechtigkeit der unsern Leuten geraubten Fooigelder aufzudecken Auf diesen Punct sollte meine ganze
    Entkleidung
beruhen. Alles was seit Kurzem über Protestantismum, Catholicismum u Atheismum geschrieben worden, schien auch noch ein Scherflein zu fordern, und die Aufklärung dieser Eitelkeit schien mir auch nicht gantz überflüßig zu seyn durch ein
    Wort zu seiner Zeit
– – Wer hat wohl mehr Ursache sich dem gegenwärtigen Unfuge der Berlinschen Synagoge ein wenig zu widersetzen, als ein
    Preuße
, der in seinem Vaterlande so unbekannt ist und gegen selbiges so gleichgiltig, wie ich leider! bin – – Eben war Hartknoch hier, als die Antwort von Berlin kam. Wir sind alte Freunde, und er hat mir keine Ursache gegeben, die andern hatben über ihn zu klagen. Ich hatte dazu beygetragen seine Tochter bey der Baroneße unterzubringen, die aber selbige in wenig Tagen wider zurückschicken muste. Dieser ganze Handel hatte mein Gemüth angegriffen, und ich hatte es drauf angelegt mit ihm aus einander zu kommen. Anstatt seiner Unzufriedenheit, zu der ich Anlaß gegeben hatte, treibt er seinen Enthusiasmum der Freundschaft aufs höchste, und spiegelt mir einen Plan vor, den er schon längst versichert in petto gehabt zu haben. Er bestand in nichts weniger, als darinn Ihr Nachahmer undoder Nebenbuler in der Liebe meiner Kinder zu werden. Mit der Baroneße wurde alles schriftlich, mit mir mündlich abgemacht. Das ganze Project war so mercantilisch, mit einer so unlauter schiefen und krummen delicatesse angelegt, daß ich mich einige Tage gegrämt und geschämt habe über mich selbst und alles, was man unter dem Namen von Liebe und Freundschaft – – Er schrieb mir den 6 d. aus Riga und erhöhte seine Anerbietungen. Der Entschluß war aber schon längst gefaßt und den 12 habe ich geantwortet und hoffe die Sache zur Endschaft gebracht zu haben. Die Speculation gieng auf meine älteste Tochter, die er gern zur Gesellschafterinn der seinigen haben wollte. Um sich ein Recht auf selbige zu erwerben, wollte er für die mittelste eine Pension auf 3 Jahre bezahlen. Mein Wunsch alle meine Töchter von der Baroneße erziehen laßen zu können, war ihm hinlänglich zur Einwilligung, wenigstens hatte er siche dafür angenommen; und die gegenseitige Bereitwilligkeit der Baroneße mir wohl zu thun, war von ihm eben so ausgedeutet worden. Zum Glück hatte ich schon vor einem halben Jahre die Abrede wegen meiner Lisette Reinette genommen, mir weil ich selbige durch die mittelste zu ersetzen wollte. Sie schlug mir aber diese Gefälligkeit rund ab, und machte auf 3 Jahre Anspruch, in welcher Zeit sie die älteste so weit zu bringen glaubte, daß sie ihre Stelle bey dem Geschwister füglich vertreten könnte. Ich habe weder damals noch jetzt das geringste gegen diese Verfügung einzuwenden gehabt. So bald wir uns einander das Mündl u Schriftl. mittheilen konnten, waren wir gleich einig. Der
    gute Wille
verdiente einen herzlichen Dank; die
    reine
    Vernunft
aber eine eben so herzliche Kritik. Nachdem ich den guten oder bösen Engel in diesem Plan sahe, wurde ich selbst zu einem und dem andern Original. Mein krankes Gemüth verwandelte diesen ganzen Vorfall in eine Hölle, die mir jetzt beynahe lächerlich vorkommt. Den ersten Julii fieng ich die Kämpfsche Cur an. Die ersten beyden giengen ziemlich gut ab, sie blieben bey mir und ich war voller Zufriedenheit und Vertrauen – Mit dem neunten muste ich aufhören. Die Schmerzen waren unerträglich, ich bemerkte Blut in meinen Absonderungen, und bildete mir ein die güldene Ader, von der ich in meinem Leben noch nichts gemerkt mir zugezogen zu haben. Habe also seitdem von oben das einnehmen müßen, was ich lieber von unten gebraucht hätte. Jetzt vermuthe ich fast, daß ich blos ein wenig in der Anwendung verletzt worden bin, und entschloßen so bald wie mögl. den Versuch mit eigener Hand zu machen. Auf jeden Fall lebe ich der guten Zuversicht meinen Leib ein wenig zu einer Reise vorbereitet und erleichtert zu haben, und mit meinen Grillen auch noch ins Reine zu kommen. Verzeyhen Sie, liebster Compere B. diesen eckeln und leeren Detail. Meine Unwürdigkeit unter Ihr Obdach zu kommen soll mich nicht abhalten. Alles was die Gnädige Fürstin in der Sache thun kann und will, sehe ich als eine Wohlthat des Himmels an. Aber schreiben kann ich keine Zeile selbst. Mein Bedürfnis Sie zu sehen muß natürlicher Weise dringender seyn, als das Ihrige. Komme ich im
    Herbst
, so hoffe ich bey Ihnen
    auswintern
zu können, und der Winter ist mir von Jugend auf die geselligste Jahreszeit gewesen. Ich glaube daß mein Geschmack an der Dunkelheit auch damit übereinstimmt. Ich habe in Riga noch
    Freunde
, dergl. ich mich hier nicht rühmen kann, so wenig es mir auch daran Gottlob! fehlt. Der Seegen St. Peter hat immer auf mich geruht, wie er es auf meinem Johann Michael scheint. Meinem Garn kann ich es nicht zuschreiben, wenn ich in dieser Jagd glücklich gewesen bin. Ich habe manch blaues Auge gewagt, und bin immer mit ganzer Haut davon gekommen, weil ich auch mit Leuten gekuppelt gewesen bin, die als böse und wilde verabscheut werden. Das Andenken an Riga machte mich geneigt gnug eins meiner Kinder dorthin zu geben. Eben so wenig kann ich noch bisher die Idee an das Publicum zu appelliren, schlechterdings aufgeben. Die gegenwärtige Gährung scheint zu sehr meine Aufmerksamkeit zu reitzen – das Gegengewicht
    abzustehen
muß eben so stark seyn; als es gewirkt hat,
    anzufangen
. – Der vierte Probebogen wird vielleicht den Ausschlag geben, ob ich im Stande bin dem Ganzen eine geradere Richtung zu geben und das
    Ende
abzusehen. Keine Schaam soll mich abhalten, alles liegen und schlafen zu laßen. Alles denk ich in Ihrem Briefe, wie mich
    selbst
zu verstehen bis auf zwey Worte:
    Beruff
und
    Mitopfer
. Das idiosyncratische Χ ist vielleicht das
    Heiligtum
deßen, der
    ins Verborgene sieht
, und in dies sein Eigentum wollen wir keine Eingriffe thun.
    Gott versteht mich
, ist eins der weisesten Sprüche im Munde des ehrl. Sancho Pancha. Cormanns Glück und Druffzels Vertrauen ist mir höchst erfreulich gewesen. Ich war vorgestern außer mir. Zu gleicher Zeit erhielt den ersten Brief von unserm J.acobi aus Engl. das ich bey meiner Ankunft für mein gesuchtes Vaterland hielt, und hernach das gröste Glück darinn verschmäht haben würde. Ich habe mir vorgenommen ihm nicht eher zu schreiben, bis er wider zu Hause ist; beynahe hatte ich mein Gelübde gebrochen, wenn ich nicht gestern den ganzen Tag gelähmt gewesen wäre. Der liebenswürdige junge Mensch welcher die Resultate geschrieben, ist mir auch zuvorgekommen und hat sich auf eine Art entdeckt, die mich für ihn einnimmt. In Pempelfort hätte ich den Mann nicht gesucht, noch vermuthet – – Meine nächsten Freunde verlaßen mich alle, und gehen aufs Land. Ich werde diese Einsamkeit zu nutzen suchen, um meine Grillen sichten zu können. Gott laße die Unterhandlungen der gnädigen Fürstin zu Erfüllung unserer gemeinschaftl. Wünsche gelingen und gedeyen! Schreiben kann ich nicht, aus Ursachen, die Sie getroffen haben. Freund Hippel prophezeyt mir immer
    dort
so wenig Ruhe wie
    hier
, aber verspricht mir wenigstens eine gute Wirkung für meine Heimkunft. Ein solch Experiment ist meiner Mühe werth, um endlich einmal zu wißen, woran die Schuld liegt, daß es mir nirgends recht gefällt. Man hat hier schon ausgesprengt, daß ich selbst den medium terminum ergriffen hätte, und mich deshalb ausgelacht. Der Altflicker Zimmermann setzt den Termin noch auf ein paar Jahre aus. Ich gehöre gewiß nicht zu denen, die Veränderungen wünschen, und sich viel davon versprechen. Ich werde darauf paßen, wenn man sich von Berl. aus wegen meiner Reise Erkundigung einziehen möchte, und wenn eine allgemeine Veränderung vorfällt, auch zu Rath gehen – Vielleicht ist auch mein einziger Freund in Berlin, Capellmeister Reichardt gegen die Zeit wider zu Hause. Er ist ein thätiger und glücklicher Mann in dergl. Angelegenheiten für mich u meine Freunde, hat auch aus eigenem Triebe von seiner Abreise alles mögl. in dieser Sache gethan, und ich habe seinen Maasreguln blindlings gefolgt. Das Ende vom Liede ist,
    daß ich gehe
, so bald ich die Erlaubnis auf eine
    sichere
, anständige Art erhalte. So wenig mir auch an meinem Amte gelegen ist: so leid sollte es mir thun, und so wenig könnte ich es mir selbst verzeihen, es durch meine Schuld zu verlieren. Ich unterschreibe alles, was Sie darunter und dazu für gut finden, als gerade und unmittelbar von mir selbst gethan und ein Complementum meiner eigenen Pflichten und Wünsche. Gott seegne die liebe frohe glückliche
    Mutter
Ihres kleinen Josephs, und laße Ihnen die Herrschaft und Bande der Liebe inje länger, desto heiliger und inniger werden. Ein solcher
    sichtbarer Prinzipal
ist auch immer eine meiner eigentümlichsten Ideen gewesen. Ein Vormund ist mir unentbehrlich, und der
    Philolog
hat noch seine
    Julie
auf seinem Herzen, die ich noch wie ein Greis, und sie wie ein altes triefäugichtes Mütterchen zu lieben neben mir und um mich zu haben wünsche. Meine Jugend ist ein Alter gewesen; ich träume daher bisweilen noch mein Alter in eine Jugend umgeschaffen zu sehen, und daß mir der Winter beßer behagen wird als die 3 übrigen Jahreszeiten meines Lebens Erfreuen Sie mich, wenn Sie können mit Ihrem
    Hauptbriefe
– – Alles was von Ihrer Hand kommt ist bey mir versiegelt; und bey aller meiner offenen Treuherzigkeit, vor der ich auf meiner Hut seyn muß, fehlt es mir doch nicht an Enthaltsamkeit, besonders in Angelegenheiten meines
    Nächsten
, ohne den mein Ich ein leeres, müßiges unvollständiges Fragment ist. Mein Menschenhaß und meine Menschenfurcht ist bisweilen ein Symtom der Liebe; und hierinn komm ich mich auch bisweilen wie ein Antipod vor – – – Nun mein auserwählter gewünschter Compere und Confrere! Sie werden Mühe haben diesen Brief zu lesen. Hüpfen Sie über, Sie verlieren nichts daran. Es geht mir eben so oft mit meiner eigenen Hand Sie haben in Ihrem Bericht nichts als das Datum des
    Tauftags
vergeßen, und haben es hierinn mit einem pünctlichen Schulfuchs zu thun. Wenn der kleine Joseph nicht saugen will: so überlaßen Sie ihmn seinem Geschmack, wenn er dabey sich wohl befindt. Gott erhalte und vermehre Ihre häusliche Freude und Glückseeligkeit, und laße mich bald einen Augenzeugen und Mitgenoßen derselben werden. Ich rechne schon im Geist auf einen ganzen Winter; an einem Monathe ist mir nicht gnug. Die Vorsehung wird selbst unsere Wünsche erfüllen – Hier liegt Anfang und Ende – – Meine tägl. Wünsche für Vater, Mutter und Sohn sind unaussprechlich. Gott erhöre Ssie nach Seiner Gnade und Liebe. Grüßen Sie das junge Ehpaar, und Freund Dr. Ohngeachtet es auch bey mir heißt: Artzt hilft dir selber! so würden mir Ihre oder seine Briefe doppelt willkommen seyn, in dem Fall daß ich mit meiner Arbeit nicht fortkommen möchte. Vielleicht bringe ich die Antwort selbst mit. Desto beßer für uns alle! Auch ich bin ewig und gantz der Ihrige Johann Georg H. Sie sehen aus dem Gange meines Briefes, daß ich gar nicht im stande bin, einen vernünftigen Zusammenhang meiner Gedanken fest zu halten, und ich in lauter Krämpfen schreibe –
Pempelfort den 21ten Junly 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 2 Aug. Geantw. eod.No 7. Das Misverständniß, lieber Verehrungswürdiger Mann, welches durch des Herrn Jac. Schreiben vom 13ten Jun: veranlaßet worden, und wovon ich vor dem Empfang des Ihrigen vom 9ten dieses nicht die mindeste Ahndung hatte, ist mir äußerst empfindlich gewesen. Ich habe Ihnen schon gemeldet, daß ich jenen 13ten Juny sehr besetzt war, und aus dieser Ursache die erste Correctur des Bogens C. nicht mit der gehörigen Sorgfalt hatte durchsehen können. HE. Jacobi war es seiner Seits nicht weniger; er schrieb Ihnen mitten unter den Vorbereitungen zu seiner Abreise, und ließ den Brief ablaufen, ohne mir ihn zu zeigen, oder des Inhalts deßelben gegen mich zu erwähnen. Daß er Ihre Erwartung auf den baldigen Eingang der Correctur des 4ten Bogens sollte rege gemacht haben, konnte ich mir nicht einfallen laßen, da wir noch den Tag zuvor von der Stockung, die jetzt im Abdruck Ihrer Schrift erfolgen würde, miteinander gesprochen hatten, und ihm die Einrichtung unserer Preßen bekannt ist,
    wo selten die Typen einer Schrift über 2. compreßgedruckte Bogen hinausreichen
. Sein Versprechen also, daß in 8. Tagen der 4te Bogen zur Correctur kommen würde, ist bey seiner sonstigen Pünktlichkeit in dergl. Dingen blos durch die Zerstreuung, worinn er Ihnen schrieb, und in der er nicht bedachte daß schon 2. Bogen an Sie unterweges waren, erklärlich. Hätte ich nicht gemuthmaßt, daß Sie von allem unterrichtet wären, so würde ich Sie
    gleich mit Absendung der 2ten Correctur des Bogens C
. auf das Ausbleiben der übrigen Bogen vorbereitet haben. Ueber 23/8 Bogen kann der Drucker von Ihrer Schrift nicht setzen. Seit 8. Tagen sind von Ihrem Jonathan selbst keine Briefe aus England eingelaufen. Er hat Augenweh, welches ihn am Schreiben hindert, jedoch nicht an Besichtigung der Londoner Merkwürdigkeiten, indem sein Apothecker ihm die Erlaubniß gegeben hat, der freyen Luft sich auszusetzen, und auszugehen oder auszufahren, wohin er will. Seine Reisegefährtinn faßt sich zu kurz, als daß ich aus Ihren Briefen Ihnen etwas mittheilen könnte. Sie verweiset immer auf das Reise Journal welches sie hält, und bedenkt nicht, daß es eine sehr erlaubte Neugierde ist, auch noch vor ihrer Zurückkunft wenigstens im allgemeinen zu wißen, was ihnen in England Freude gemacht hat oder nicht. Die Abreise von London bleibt nach den letzten Briefen vom 11ten und 15ten auf den 29ten dieses festgesetzt. Die Rückreise geschieht wieder durch Brabandt. In Aachen, wohin die hiergebliebene Schwester den Reisenden entgegen fahren wird, bleiben sie 3. oder 4. Tage, und sie gedenken sodann den 12ten oder 13ten des künftigen Monaths wieder hier zu seyn. Eine seiner der angenehmsten Aussichten Ihres Jonathans bey seiner Abreise war, bald nach seiner Zurückkunft hier in Pempelfort eine Zeitlang Ihres persönlichen Umgangs zu genießen. Ich bin überzeugt, daß es ihm äußerst unangenehm seyn wird, diese Aussicht sich für dieses Jahr benommen zu sehen. Dohm ist gestern hier durchgereist, um seine Station in Cölln anzutreten. Er kam, während die Pferde an seinem Wagen in der Stadt gewechselt wurden, heraus nach Pempelfort um Ihren Jonathan zu besuchen. Von der Rechtfertigung Jacobis gegen die Mendelssohnschen Beschuldigungen sprach er im Ganzen mit vielem Lobe, doch fand er den Ton derselben zu heftig, und etwas Ungerechtigkeit in der Allgemeinheit des Ausdrucks:
    Berliner
Süffisance p. p. weil eine Menge schätzbarer Gelehrten in Berlin wären, die weder zu der allgem. D. Bibl. Clique, noch zu der Clique des Biesterschen Journals gehörten, und welche die Vorwürfe, die den Berlinern in der Schrift des HE. Jacobi gemacht würden, nicht verdienten. Als ein Beyspiel von Unpartheylichkeit womit man selbst das Verdienst selbst der Feinde anerkenne, erzählte er mir, daß in seiner Gegenwart nach Erscheinung der Jacobischen Apologie in einer gewißen Lesegesellschaft von einem Mitglied derselben der
    Kunstgarten
(worin Schriften von F. H. Jacobi I. B) zum Lesen vorgeschlagen worden sey, und daß diese Schrift ohngeachtet der Erbitterung gegen den Verfaßer, den allgemeinsten und lautesten Beyfall der Gesellschaft erhalten, und sogar Engel sie öffentlich für
    vortrefflich
erklärt habe. Das Epigramm S. 100. der Apologie: Es ist ein Gott u.s.w. habe nicht Nikolai, sondern einen gewißen Feldprediger, auf deßen Nahmen er sich nicht besinnen konnte, zum Verfaßer, und werde in Berlin selbst verachtet. Die Resultate hatte man noch nicht bey seiner Abreise in den Buchläden; es sey aber wahr, was der junge Spalding gesagt, daß man vorläufig auf Herdern als den Verfaßer derselben
    Muthmaßung
gehabt habe. Daß Mendelssohn zu weit gegangen sey, und daneben hier und da großer Inconsequenzen sich schuldig gemacht habe, sehe man ein; aber Jacobi sey jetzt gleichfalls zu weit gegen Mendelssohn gegangen u.s.w. Schweigen würde man nicht, und vielleicht von einigen nicht der beste Ton zum Gegen Angriff gewählt werden; doch hinderte dieses nicht, daß Jacobi von den besten Köpfen in Berlin geschätzt und für einen unserer scharfsinnigsten Schriftsteller gehalten würde. Ich schreibe Ihnen dieses alles hin, obgleich es weder recht warm noch kalt ist, weil es übrigens von einem sehr schätzbaren Manne herrührt, der überdieß, nach seinem äußeren Belieben Betragen zu urtheilen, sehr viel und
    warmen
Sinn für Ihres Jonathans Vortrefflichkeiten hat. Ich habe heute morgen zum
    letzten
mahl nach London geschrieben. Sontag werden wieder Briefe kommen. Ist darinn etwas enthalten, das Sie intereßieren könnte, so theile ich es Ihnen unverzüglich mit. Unser arme Johann Georg liegt seit 6. Tagen an einer Art von
    Faul
Fieber zu Bette. Zum Glück ist sein Körper stark, und gleich gute Vorkehr gegen die Krankheit gebraucht worden. Er ist jetzt außer aller Gefahr, doch wird er das Bett noch eine Woche hüten müßen. Von Ihrer Gesundheit, hoffe ich, werden auch bald beßere Nachrichten einlaufen. Ich bin zwar ein Laye in der Medicin, aber mich deucht, es ist kein Geringes, welches Sie dadurch gewonnen, daß die güldene Ader sichtbar geworden. Leben Sie wohl, lieber ehrwürdiger Mann. Ich bin mit der innigsten Verehrung und Liebe Ihr Tiro Schenck Weil ich doch geschrieben habe, so will ich 2. rein abgedruckte Exemplare des Bogen C. beylegen. Die Exemplare nach Münster u. Weymar sind versendet. Von Münster sind noch keine Nachrichten hierhin eingelaufen. Weder Buchholz noch die Prinzeßinn haben geschrieben, seit Fr. Jacobi abwesend ist. Künftige Woche wird jemand von Münster hieher kommen, der im Hause der Prinzeßinn aus und eingeht, und auch HE. Buchholz kennt. Bey diesem will ich mich erkundigen, um Ihnen wenigstens im allgemeinen melden zu können, wie es um den Letztern das junge Ehepaar steht.
Königsberg den 22 Jul. 86. Geliebtester Freund, Es geht dem Greise nicht beßer als dem kranken Jünglinge – Wie entzückt war ich heute vor 8 Tagen über Ihr zuvorkommendes Vertrauen. Zu gleicher Zeit erhielte aus Engl. und aus Münster erwünschte Nachrichten, auf die ich mit Schmerzen gewartet hatte, wollte den Sonntag drauf alles beantworten, und bin erst heute im stande Ihnen wenigstens für Ihr gütiges Zutrauen zu danken. Es freut mich einen Freund mehr in Pempelfort, den ich mir nicht dort vermuthet, zu wißen. Gott schenke uns nur beyden Leben und Gesundheit: so werden wir uns einander näher kennen lernen, als es durch Schreiben und in einer solchen Form möglich ist sich alles im kleinen und ganzen mitzutheilen. Gegenwärtig bin blos im stande Ihre Aufrichtigkeit zu erwiedern. Den 12 Junii erfuhr in den Zeitungen, daß Ihre Resultate angekommen wären. Ich lief gl. weil ich keinen Buchladen besuchen mag zu einem Freunde, durch den ich alles erhalte, der mir auch vor der Mittagsstunde gl. ein Exemplar zuschickte mit der dringendsten Bitte ihm selbiges so bald ich nur könnte, wider abzuliefern. Ich eilte also mit einer mir natürl. Hitze die ganze Schrift durch, wie ich es mit vielen Büchern thue, wenn es mir vor der Hand nur um einen Totaleindruck des Zusammenhanges zu thun ist – Den 7 d. erhielt ich die von meinem Freunde mir zugedachten Exempl. habe immer auf eine gute Stunde gelauert, woran es mir aber seit langer Zeit gefehlt, bis ich sie endl. zum Buchbinder brachte um sie mit desto mehr Beqvemlichkeit lesen zu können. Erst heute habe sie selbst abgeholt, um blos die von HE Schenk mir angewiesene Stelle S. 184., welche das Thema anweist, nachschlagen zu können. Unser abwesende Freund drung auf mein Urtheil. Ich versteh nicht Spinoza, nicht Hemsterhuis, mich selbst nicht, und suche noch immer mehr Licht über den Gesichtspunct, unter dem unser gemeinschaftl. Freund selbige angesehen – Wollte also einen kleinen Betrug spielen, zu dem sich ein Freund anerbot, deßen Gedanken ich für die meinige bis zur Entwickelung der Sache ausgegeben hätte. Da kam das Urtheil der lateinischen Zeitung dazwischen und verdarb mir auch dieses Spiel. Er hätte wol seine Bedenklichkeiten etwas unparteyischer eingekleidet, aber mit dem Ende schien er audoch etwas unzufrieden zu seyn, und daß Sie zu einem Misverständniße durch einen zu
    unbestimmten Sprachgebrauch
Anlaß gegeben hätten, war auch seine Meinung. Ich habe mich jetzt entschließen müßen, Ihre Schrift nicht eher zu lesen, bis die Reihe an selbige kommen wird, und ich Ihre nähere Prüfung zu meiner eigenen Arbeit nöthig habe. Daß ich auch an der Autorschaft krank liege, ist Ihnen kein Geheimnis bey Ihrer gegenwärtigen Lage kann es Ihnen die meinige nicht seyn. Ob meine Krankheit zum Tode oder zur Genesung ausschlagen wird, wünsch ich zwar auch und hoffe – – Ich bin auf eine Höhe gerathen, wo ich Mast und Seegel verloren samt meinem Compaß – und nichts als meinen Anker und sein Thau übrig habe. Habe ich diesen Schlucken überstanden: so soll mir die Lust zu schreiben vergangen seyn auf immer und zeit Lebens. Daß Ihre Krankheit durch die Arbeit zugenommen, ist kein Wunder – – Ich will mich beßer wahrzunehmen suchen, und mich selbst rein und leer ausschreiben, daß keine materia peccans zurück und übrig bleiben soll. Ich habe diese ganze Woche nach Ihrer ersten Schrift hier allenthalben gesucht. Der Titel war mir so auffallend gewesen, daß ich mich deßelben noch erinnern konnte. Endlich fand ich eine kurze Recension in einem raisonnirenden Bücherverzeichnis, das hier ein paar Jahre herauskam, indem ich zufällig mit einem reformirten Prediger aus Tilsit speiste, der sich selbst für den Verfaßer der Recension bekannte. Dieser Recensent erklärt den Titel ihrer ersten Schrift für mystisch graciös, und die darinn vorgetragene Hypothese nicht nur für neu, sondern auch äußerst befremdend. Wenn er selbige recht gefaßt und verstanden; so wundert es mich, daß Sie Ihre Erstlinge nicht
    göttl. Erziehung des Satans durch das M. Geschl
. genannt haben. Eine Entwickelung zur Beßerung scheint mir Erziehung und Cultur zu seyn Sie scheinen mir also wie Pope aus dem God damn einen Euphemismum God mend gemacht zu haben. Die Berlinschen Recensenten werden vermuthl. Ihnen auch Chicane wegen des neuesten Titels machen, auf dem Sie sich auch des Worts φφie in einer etwas zu individuellen Bedeutung bedient haben. Sie sehen hieraus, daß ich freymüthig gnug bin Sie selbst auf meine eigene Chicanen vorzubereiten, so bald ich nur zu einer näheren Prüfung Ihres Buchs Anlaß haben werde. Wie elend es mit meinem Kopf bestellt ist, werden Sie aus dem Abdruck der 3 ersten Bogen urtheilen können. Ich bin mir heute wider aber umsonst den vierten vermuthen gewesen, wo sich die Wolken schlechterdings brechen müßen. Daß ich in einen gantz falschen Ton und auf lauter Irrwege gerathen bin: so viel Selbstgefühl und Selbstkenntnis habe ich noch. Ob es mir aber gelingen wird einen ebnern geraderen Weg einzuschlagen – – adhuc sub iudice lis est. Kann es mir unser Freund in Richmont übelnehmen, wenn ich in einer solchen Verwirrung meiner selbst mich enthalte Ihm zu antworten, und von mir Nachricht zu geben, da ich nichts Gutes, nichts Gewißes Ihnen schreiben kann, sondern wie ein wankend Rohr in der Wüsten vom Winde geweht werde, und besorgen muß ihn ohne Noth mit meiner Unruhe und Unzufriedenheit anzustecken, der er doch nicht abzuhelfen im stande ist. Die Postille Ihres lieben Hahns ist seit dem May 777 mein immerwährendes Sonntags und Hausbuch, da ich es von Lavater erhielt. Ihren subtilen Plouquet v – – Oetinger kenne ich nur dem Ruff und Namen nach, auch von Storr besinne mich nicht irgend etwas gelesen zu haben. Wie gern möchte ich dem wallfahrenden Evangelisten ein schriftliches Willkommen in Deßau zuruffen, wenn ich schreiben könnte; wo ich Häfeli u einen De marées noch von Angesicht kennen möchte. So bald ich nur den Bogen D erhalte, werde ich alle meine Kräfte sammeln und versuchen ob es mir möglich seyn wird das eigene Chaos meiner Gedanken in Ordnung zu bringen, und etwas reineres Licht und gesunderes Leben nach überstandenem Taumel mitzutheilen. – Durch einen mir selbst unerklärlichen Zufall bin ich hier so im Bloßen, daß ich selbst nicht weiß, was ich geschrieben habe, und ohne den vierten Bogen nicht vom Fleck kommen kann. Thun Sie das Ihrige, daß unserm Freund Schenk die Gedult nicht vergehe. So bald ich nur erst den Faden wider habe, soll ich beßer auf meiner Hut seyn. Ihr Name und Aufenthalt bleibt bey mir in petto, weil mir selbst daran gelegen ist, daß nichts durch mich auskomme. Darüber können Sie also ohne Sorgen seyn. Der Eindruck des Gantzen, den ich bey dem ersten Anblick Ihrer Resultate gehabt, ist mir so schmeichelhaft gewesen, daß ich noch mehr bey einer näheren Prüfung derselben für mich selbst sowohl als auch zu Ihrer eigenen Zufriedenheit zu gewinnen hoffe, so bald es mir möglich werden wird, so weit zu kommen. Bey meinem gegenwärtigen Drucke ist meine einzige Arbeit mich selbst zu ertragen. Ich zweifele nicht daß unser Freund auch die Nothwendigkeit u Schicklichkeit meines Stillschweigens von dieser Seite erkennen wird. Leben Sie recht wohl, und nehmen Sie meinen guten Willen Ihre Gesinnungen zu erwiedern für die That, deren Mängel ich künftig zu ergänzen suchen werde. Gott schenke uns beyden Mäßigkeit und Gedult zu unserer Genesung und Ruhe. Wer zu viel Honig ißt, das ist nicht gut, sagt ein erfahrner Weise. Ich vermuthe, daß es in Ansehung gewißer Leidenschaften und ihrer darauf beruhenden Erkenntnis der Gegenstände, Verschnittene giebt von Mutterleibe an, die keines Begriffs noch Sinnes noch ihrer Energie fähig sind, wo alle Entwickelung und Cultur verloren ist. Fleisch und Blut kennt keinen andern Gott als das Universum, keinen andern Heiland als einen homunculum, keinen andern Geist als den Buchstaben. Ein
    Mensch kann nichts nehmen
, es
    werde ihm denn gegeben
und wem Ers giebt, der hats umsonst Es mag niemand
    ererben
/ Judaismus transcendentalis noch
    erwerben
/ Papismus philosophicus, wie die lateinsche Zeitung ganz trefflich sagt Durch Werke Seine Gnade Die uns errettet vom Sterben / das ultimum visibile u summum bonum das uns thätig und unglücklich, oder ruhig und glücklich macht. Durch den Baum der Erkenntnis, werden wir der Frucht des Lebens beraubt, und jener ist kein
    Mittel
zum Genuß dieses letzten
    Endzwecks
und
    Anfangs
. Die Künste der
    Schule
und der
    Welt
berauschen u blähen mehr, als daß sie im stande sind unsern Durst zu löschen und Hunger zu stillen. Mündlich, so Gott will, mehr. Ich umarme Sie, und bitte mir Ihre Freundschaft zu erhalten, wie Sie der meinigen versichert seyn können. Johann Georg Hamann. Adresse:
An / meinen Freund, HErrn
    Thomas
    Wizenmann
/ in /
    Pempelfort
.
Pempelfort, den 25ten July 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: No 8. Lieber Verehrungswürdiger Mann Ehe ich zur Beantwortung Ihres gütigen Briefes vom 12ten schreite, laßen Sie mich aus einem Briefe Ihres Jonathan vom 18ten July Ihnen dasjenige mittheilen, was Sie intereßieren kann. Er ist den 16ten nach Richmont zürückgekehrt, und sein Brief ist daher datiert. „Meine Lust an diesem Lande, sagt er von England, wächst mit jedem Tage, und ich erschrack gestern Abend, da ich fühlte, indem ich an den Tag meiner Abreise dachte, daß mich eine Art von Schauder überlief. Ich bin überzeugt, wenn jemand im Schlafe aus Deutschland an die Ufer der Themse bey Richmont versetzt würde und hier erwachte, daß er durchaus glauben müßte, er sey jenseits des Mondes in die Gärten des Himmels versetzt. Denken Sie Sich dabey die Gesellschaft in der ich das alles genieße, Reventlow und seine Gemahlinn, Schönborn, Spalding, Schlaberndorf, Empirius (lauter in ihrer Art vortreffliche Menschen) – tausend liebliche zufälligkeiten des Genußes, die ich meinem edeln Gastfreunde und seiner beneidenswürdigen äußern Lage zu verdanken habe, und urtheilen Sie mit welcher Rührung ich der Vorsehung danken muß, die mich, wie ehmals den Propheten Habakuk durch einen Engel beym Kopfe nehmen ließ, und so sanft hier lächelnd niedersetzte,
    wo sich meine Gesundheit vortrefflich erholt
.“ – Weiter unten sagt er: „Ueber die Berlinsche Antwort an Hamann (der Brief der Direction in Absicht Ihres Urlaubs) mag ich nicht reden;. Ich hoffe mit der heutigen Post wieder von ihm zu hören. Sagen Sie ihm doch, daß ich ihn im Innersten meines Herzens trage, und hier oft noch mehr in seiner Gegenwart lebe, als in meinem einsamen Pempelfort. Gott weiß, daß ich die Zeit an ihn zu schreiben unmöglich hier ersparen kann.“ – Schlaberndorfs Schönborns Umgang scheint ihm vorzüglich zu gefallen; er gedenkt seiner ein Paar mahl in seinem Briefe mit großem Lobe, und sagt unter andern von ihm, daß es sey ein Mann, wovon man mit Wahrheit behaupten könne, daß er den ganzen Ocean der Metaphysick umschiffet habe. – Die Abreise von London ist auf den 1ten des künftigen Monaths verschoben; dies soll aber auch der späteste Termin für die
    jetzige
Reise seyn. Er hat sich aber vorgenommen, England noch einmahl zu sehen, und will alsdann nicht weniger als 2 bis 3 Monathe darinn verweilen. Für jetzt treiben ihn Familien Lage, sdie neue Ausgabe seines Spinoza Büchleins, und die Uebersetzung des Alexis zurück Aus Münster ist auch heute ein Brief von der Fürstinn eingelaufen. Sie können Sich vorstellen, da ich dazu durch die Adreße bevollmächtigt wurde, wie begierig ich ihn, in Erwartung einiger Nachrichten über Buchholz erbrochen habe; aber leider stand nicht eine Zeile diesen betreffend darinn, und der Münstersche Officier, deßen ich in meinem jüngsten Brief erwähnte, ist auch noch nicht gekommen, so daß ich in völliger Unwißenheit wegen der Niederkunft der jungen Gattin bin. Wahrscheinlich ist es indeßen, daß diese Niederkunft noch nicht vorüber ist, weil die Fürstin sonst derselben Erwähnung gethan haben würde. Ihre Nachricht, daß Kant über das Mendelssohnsche
    Orientieren
schreiben will, habe ich dem Verf. der Resultate mitgetheilt, und auch heute noch nach London gemeldet. Es ist natürlich, daß Kant dieses Orientieren in Schutz nimmt, da er mit seiner
    Moral-Theologie
ohngefähr denselben Weg einschlägt; nur daß er sich durch Worte etwas beßer verschanzet. Sollten Sie über sein Vorhaben etwas
    bestimmteres
hören, so säumen Sie doch nicht, es mitzutheilen, weil, wie Sie leicht begreifen werden, Ihrem Jacobi und dem Verfaßer der Resultate daran gelegen seyn muß, da es zu wißen. Ihr Urtheil über den Aufsatz gegen Stark in der Berl. Mon. Schrift ist vortrefflich. Ueber Stark mag man denken wie man will, des höchsten Unwillens gegen die Berliner kann man sich nicht erwehren, wenn man sieht, mit welcher
    teuflischen
Bosheit sie ihre Zwecke verfolgen.
    Abels
Seelenlehre habe ich noch nicht gelesen; ist es aber der
    Stuttgarder
Abel, so kann ich Ihnen von diesem melden, daß er gegen die Resultate zu Felde ziehen wird. Er steht mit einem von Witzenmanns Freunden in genauer Verbindung, hat von diesem ein Exemplar der Resultate zum Geschenk erhalten, läßt den Talenten des Verfaßers Gerechtigkeit widerfahren, ist aber mit der Entwickelung, die Endursachen betreffend, und mit noch einigen andern Punkten, die Witzenm. Freund nicht bestimmt angegeben hat, unzufrieden. An seinem Aufsatze gegen die Resultate arbeitet er würklich, und will ihn vor dem Drucke dem Verf seinem Gegner mittheilen laßen, um deßen eigenes Urtheil darüber einzuziehen. Ein vortrefflicher Kopf soll dieser Abel seyn, und daneben ein sehr gerader liebenswürdiger Mann, der von jedermann geschätzt wird. Ich habe neulich den 4ten Bogen Ihres fliegenden Briefes noch einmahl durchgelesen, und ihn auch dem Verf. der Resultate zu lesen gegeben .(dem einzigen der außer J. u. mir Ihre Schrift hier gesehen hat); – wir finden beyde nicht, daß Sie Sich darinn Excursionen, die Ihrem Plane
    schaden
könnten, erlaubt haben. Inzwischen kann man über das: non erat hic locus, so lange die ganze Schrift nicht beysammen ist, nicht wohl entscheiden. Einige Druckfehler habe ich noch bemerkt, worüber ich in Zweifel bin, ob ich sie schon angemerkt habe, und welche ich desfals auf gut Glück hier anzeigen will. S. 26 Z. 16. steht
    Aus
ohne die Verbindungsstriche für die in der nächsten Zeile folgende Sylbe
    gieng
. – S. 29 Z. 7. wird nach admonuit ein Punkt stehen müßen. – Eben daselbst Z. 5. statt jüngfersäuberlicher, lies jungfersäuberlicher. – S. 30. Z. 13. statt abh
    ä
ngen, l. abhangen. S. 31. Z. 15. Ist vielleicht Lehnsätzen statt Lehrsätzen zu lesen. – Bloße Sylbenstecherey mag es seyn, daß mir S. 26. Z. 6. das Pronomen
    diesen
etwas unbestimmt scheint. An
    Nachdruck
fehlt es übrigens auch diesem 4ten Bogen nicht; eben so wenig fehlt es ihm an Deutlichkeit für Ihre
    Leser
und für Ihre Gegner. Was vom Schluß des 4ten Bogens an bis zur 6ten Fortsetzung fehlt, habe ich gesendet. Unser George ist nun entschieden auf der Beßerung und wird in wenig Tagen seinen gewöhnlichen Arbeiten wieder obliegen können. Gottes Wege sind die
    weisesten
und
    besten
. Der Wink, den Er Georgen durch Zusendung dieser Krankheit gegeben hat, scheint wenigstens diesen Sinnlichen auf das
    Eitele
des Götzendienstes, womit er seinem
    Leibe
anhieng, aufmerksam gemacht zu haben. – In der Krankheit selbst hat er sich gut betragen, und weder Ungeduld noch weibische Niedergeschlagenheit gezeigt. Gefühlt hat er übrigens sehr wohl, daß die äußerste Gefahr
    nicht
ferne war. Leben Sie wohl, verehrungswürdiger Mann. Ich bin und bleibe Ihr getreuer Tiro-Schenck. Adresse:
An / Herrn Georg Hamann / zu /
    Königsberg
. /
    Einschluß
.
Vermerk von Hamann: d. 5. Aug. 86.
Königsberg den 28 Julii 86. Mein auserwählter, mein erwünschter Sohn! Gestern Abend erhielt Ihre traurige Anzeige vom 9ten d. wodurch die Freude, die Sie mir den 5 mitgetheilt hatten, auf einmal niedergeschlagen ward. Das erste, womit ich mich wider aufrichten konnte und wie ein Wort der Eingebung auf mich wirkte war der Ausspruch: denn solcher ist das Himmelreich. Ich war allein und sagte es laut zu mir selbst mit dem Wunsch, daß es auf Ihr und Mariannens Gemüth einen eben so starken und lebhaften Eindruck machen möchte, wie damals und bis jetzt auf mich. Laßen Sie den Schmerz sanft verbluten; das ist natürlicher und wohlthätiger, als die Gewalt stillender Mittel. Danken Sie Gott, daß Marianne eine fröhliche Kindermutter
    gewesen ist
, hoffen Sie mit eben so gewißer Zuversicht, daß Sie es wider
    seyn wird
, und zweifeln Sie nicht an dem
    Leben, das man nicht sieht
: so ist die Arbeit Ihrer Marianne nicht vergebens gewesen, die Erstlinge Ihrer Liebe sind nicht nur gut aufgehoben, sondern auch gekrönt mit vollem Lohn. Der treue Schöpfer in guten Werken versteht sich beßer auf ächte, wahre Vater- und Mutterliebe, als wir Sterblichen. Sollte es dem kleinsten Waßertropfen nicht beßer gefallen, ein Element des großen Weltmeers zu seyn, als im Triebsande der Erde zu versiegen? oder sollte es ein wirklicher Verlust und Schade für Eltern seyn, ihr Fleisch und Blut in eine höhere Natur als ihre sinnliche und sichtbare ist, erhöht zu wißen? Besteht nicht hierin die höchste Seeligkeit einer fröhlichen Kindermutter, so sie bleibt im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung samt der Zucht? Gotte Frucht zu bringen – Das natürliche Misverhältnis in den Bevölkerungstabellen mag vielleicht seinen geheimen Grund in der arithmetischen Politik des Himmelreichs haben, das sich in dieser Claße der Unschuld gleichsam recrutiren muß. Alles was hervorragt und Fortschritte in Jahren, Größe, Ansehen p macht, hat den menschenfeindlichen Stab des Tarquinius Superbus und Fürsten dieser Welt zu fürchten. „Laßt die Kindlein zu mir kommen, und wehrt ihnen nichtsagte der Stifter des Taufbundes, der Lebendigen Gott; denn sie
    leben
    ihm alle, im Geist
, die nach dem Buchstaben unserer Sprache und Sinne
    todt
heißen und scheinen, ohne es darum in der That und Wahrheit zu seyn. Der kleine
    Joseph
lebt, nicht nur im sSinn und Herzen derer die Ihn geliebt und gesehen haben, sondern sein Leben droben wird auch wie ein Magnet wirken auf uns, zu trachten nach dem Ort und Zustande, worinn er ist, und wohin er unser Vorläufer geworden, um die Pflichten des Erstgebornen vielleicht wie ein Schutzgeist und guter Engel seines künftigen Geschwisters beßer zu erfüllen, als Fleisch und Blut zu dichten und zu leisten vermögend ist. Wer von uns weiß, wozu seine animula vagula, blandula vom Vater der Geister beruffen war? Wärs auch um einige göttliche Gesinnungen in uns hervorzubringen, uns von dem
    sinnlichen Genuß
zu entwöhnen, der doch nur vergängliche Speise ist und nicht bleibt in ein beßeres Leben, noch zu einem höheren Genuß fördert. Der Gegenstand meiner jetzigen leidigen Autorschaft machte mir diese Ideen so weit und breit, und alles was jetzt die Philosophie über Gott und Natur schwatzt, komt mir so abgeschmackt vor u. ist mir so eckel als das Gewäsche des Gesindes über ihre Herrschaft auf dem Fisch- oder Fleischmarkt. Verzeihen Sie, mein auserwählter und erwünschter! das Gewäsche eines alten Mannes, der aufs Gerathewohl hin schreibt, um zum Theil sich selbst zu zerstreuen und aufzumuntern. Der mütterliche Schmerz wird Ihrem Vaterherzen Festigkeit und Stärke zum Gleichgewicht geben. Das Wort Sprühl war mir unbekannt; ich vermuthete, daß es eben die Krankheit im Halse ist, welche man hier Schwämme oder Bräune nennt. Das Uebel war damals im Abzuge, und ich hielte es nicht für nöthig um einen fliehenden Feind mich zu bekümmern; hab es nachher im Adelung unter dem Namen Sprau gefunden. Die beste Hoffnung muß mit Resignation verbunden seyn, und die Furcht zu verlieren macht mich unruhiger, als der Verlust selbst. Davids Verhalten bey einem kranken und todten Kinde ist gantz natürlich nach meinem Gefühl. Sympathie ist nagender und wirkt stärker auf die Einbildungskraft – Wie oft bin ich wegen Ihrer eigenen Gesundheit und während der Schwangerschaft Ihrer lieben Marianne und nach der glücklichen Entbindung wegen schlimmer Brüste in Angsten und Unruhe gewesen – Was haben mir Zähne, Blattern, Masern p für Sorgen gemacht; weil ich mir immer das Ärgste vorstelle, und mich immer auf jedes äußerste gefaßt halte. Was in den gemeinsten Fällen Einbildung ist, sieht in den seltensten der Ueberlegung ähnlich und hält mich schadlos. Ich führe Ihnen lauter Beyspiele häuslicher Erfahrung an, und ich schäme mich gnug, daß ich dies kindische Wesen nicht ablegen kann, worüber ich von meinem Gottlob! gesunden und erwachsenen Gesinde oft ausgelacht werde, daß ich
    nil humani
a me alienum puto.
Ich fand in meiner Jugend in einem alten Tröster einen Beweis von der Unsterblichkeit der Seele aus dem A. T., den ich nirgends widerholt noch aufgewärmt wider gefunden habe noch die Qvelle deßelben habe finden können. Hiob bekam alles doppelt wieder, aber aus der einfachen Zahl seiner Kinder ließe sich nicht anders schließen, als daß die Todten für lebendige mitgerechnet werden müßten, und er also von seinem Geschichtschreiber als ein wirklicher Vater von 14 Söhnen und 6 Töchtern, von denen aber nur die eine Hälfte gegenwärtig und die andere abwesend war, geschätzt und angesehen wurde. Vorgestern muste den ganzen Tag im Bette zubringen, hatte aber eine so gute Nacht, wie ich in vielen Zeiten mich nicht besinnen kann, und meine alte gute Hausmutter feyerte ihren Geburtstag zum ersten mal in ihrem Leben, weil ein Landprediger des Kirchspiels, wo sie zu Hause gehört, und seit kurzem in der Stadt eine Stelle bekommen, mir aus den Kirchenbüchern ihren Taufschein mitgebracht. Sie hatte ohne mein Wißen und Willen Lisette Reinette zu Mittag bestellt, und zwo ihrer Freundinnen, meines Nachbars u Artzts Miltz einzige Tochter und eines hiesigen Organisten Podbielski auch einzige, die ein außerordentl. gutes Kind in der Music u Malerey ist. Gegen Abend kam der Briefträger außer Ihrer Hiobspost mit 2 andern Briefen, einer weitläuftigen Antwort von Hartknoch, der auf seinen guten Willen besteht, den ich nach der reinen Vernunft auch erkenne, aber eben so wenig annehmen als erwiedern kann – und einem Briefe von meinem Pr. Kraus, der sich bey einem unserer gemeinschaftl. Freunde auf dem Lande aufhält und eine Einl. an seinen kranken Liebling Steudel mir anvertraut, auf deren Empfang u Bestellung ich schon meinesunsers J. Tiro zubereitet. Sie werden aber ebensogern einem Kranken damit wohl thun. Ich schreibe nicht eher nach Düßeldorf, als bis ich den vierten Probebogen erhalte, der den Fortgang oder das Ende meiner leidigen Autorschaft entscheiden wird. Ich bin gantz aus meinem Concept herausgekommen, und als wenn eine höhere Hand in dem Spiele ist, weiß weder aus noch ein. Es stürmt und regnet, daß Gärten und die umliegenden Wiesen überschwemmt sind – – den 29 – Gottlob! das Wetter ist wider heiter; aber die reitende Post hat mir nichts mitgebracht. Vielleicht ersetzt die fahrende diesen Mangel mit dem vierten Bogen, und ich hoffe morgen auszugehen. Ich werde mich scheuen, wie Hiskias sagt, all mein Lebtage vor solcher Betrübnis meiner Seelen. So ist mir der Kitzel zu schreiben versaltzen und vereckelt worden. Vielleicht hängt von diesem Geschwüre die Reinigung meiner Natur und von ihrer materia peccans ab. Was andern nugae sind, werden seria mala für mich. Vater und Autor zu seyn ist kein Kinderspiel. Timent, fugiunt, qui sapiunt: agitant pueri, incautique sequuntur Es geht mir mit dem Schreiben, wie St. Paulo mit dem Thun. Ich schreibe, was ich nicht will, sondern das ich haße schreibe ich. Der Leib dieses Todes macht uns zu elenden Menschen. Ich weiß selbst nicht, was ich bey der Entkleidung auf dem Titel meines fliegenden Briefes, den ich post factum Zach. V. gefunden habe, eigentl. gedacht und im Sinn gehabt. Zeit und Erfahrung werden michs lehren. Vernunft und Geschmack gehören zu den Arcanis der Zeit; sie macht das bittere und herbe, mild und reif. Mögen Sies auch bald erleben. Mit dem Gebrauche der Kämpfschen Kräuter und Wurzel fahre von oben fort, werde zum dritten mal nächstens den rechten Weg wider versuchen. Alle Morgen und Abend 2 bis 3 Biergläser, die einen angenehmen Nachschmack für mich haben – ab und zu, aber nicht alle Tage ein Spitzgläschen Aqua distill. der Pfeffermünze; weil ich vor der Hand mehr auflösende als stärkende Mittel nöthig zu haben scheine. Diese Vorbereitungsmittel zu einer Reise scheinen mir unentbehrlich zu seyn, und ich hoffe, daß die gnädige Fürstin mehr ausrichten wird. Erhalte ich Ja (nicht im babylonischen Dialect auf einen Monath, sondern für den Winter, wo ich entbehrlich bin) so bin ich wie ein Bräutigam reisefertig und den Herbst lieber als das Frühjahr, welches ich mir eher zur Heimfahrt wünschte. Bewegung des Leibes und des Gemüths werden die rechte Cur seyn, die einzige Arzneymittel meine mehr unterdrückte als erschöpften Kräfte wider in Gang zu bringen. Ohne einige seltene momenta lucida würde ich gantz an meinem Kopf verzweifeln Gott gebe nur, daß ich Sie und Ihre Marianne gesund antreffe, denn ich bin ein schlechter Patienten und Kinderwärter, als ein von Natur unbeholfener Mensch brauch ich selbst Wartung und habe sicht- und dienstbare Geister nöthig, dergl. verdorbene vornehme Herren es leider! zu viel auf der Erde giebt. Ich hoffe, daß uns der Winter nicht zu lang werden wird – – Ihren langen Brief hielte für den, welchen Sie fast den ganzen August über auf Ihrer Reise schrieben. Darf ich Sie darum bitten nebst Ihrem Tagbuch. Vielleicht gehören selbige auch zum Vorspann und Ausrüstungen zu meiner Reise. Vielleicht find ich in Ihren Vertraulichkeiten, was ich suche und woran es mir auch fehlt, um meines Daseyns vollständiger zu genießen. Es giebt keine größere faineantise als Schreiben und Lesen, die gleichwol jetzt mein einziger Beruff und Geschäfte zu seyn scheinen, ohngeachtet ich selbige wie mein eigen Leben haße und verachte. Sie werden, mein auserwählter und gewünschter B. der beste Paraclet Ihrer Marianne seyn; Gott erhalte Ihnen nur die treue Gesellin Seines Bundes und Seegens, laße ihn reichlich und fruchtbar seyn. Seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit! 2 Cor. IX. 9. Ich kann weder reden noch schreiben, was ich durch einander empfinde. Gottlob! daß es unserm J. in Richmont u Engl. wohl geht und dort gefällt. Ich werde nicht eher an ihn schreiben bis er zu Hause ist. Vermuthlich kennen Sie den Verf. der Resultate. Er hat das Vertrauen gehabt, sich mir zu entdecken. Ein nach Curl. durchreisender Freund brachte mir einen Gruß von Häfeli mit nebst einigen Schriften des dortigen Oberhofprediger de Marées. Man hält auch dort Herder für den Verf. den 31 – Heute vor 8 Tagen brachte ich eine vergnügte Stunde bey meinem ältesten und letzten akademischen Freunde, Kriegsrath Hennings zu. Den Tag drauf rührte ihn der Schlag. Ich habe ihn gestern u heute besucht. Sprache u Gehör haben sich Gottlob! wider gefunden, und er scheint außer Gefahr zu seyn – Gestern kam der zurückgebliebene Brief mit der fahrenden Post an, und der vierte Bogen auch. Habe das gedruckte noch gar nicht ansehen können, werde auch vielleicht weder heute noch morgen dazu kommen. Muß wegen eines erhaltenen Einschlußes auch, (wo mögl.) nach Weimar einmal antworten, und auf Crispi Aufträge noch mit dieser Post Bescheid thun. Gott laße Ihnen und Marianne sein Antlitz leuchten – Grüßen Sie Freund Druffzel und das junge Paar, dem Sie als ein älteres ein gutes Beyspiel zu geben schuldig sind. Zaudern Sie nicht mit der letzten Oelung zur Reise für Ihren   alten eilfertigen, immer harrenden, fast ungedultigen aber noch nicht verzagenden, sondern bis zum Sieg mitduldenden und mithoffenden Wintergesellen und Busenfreund Johann Georg Hamann. Ihr
    langer Brief
und
    Tagbuch
auf jeden Fall des Lesens oder Nicht-schreibens soll mir der beste Zeitvertreib und Gegengift der langen Weile seyn – Sporn und Peitsche für meine vim intertiae, wenn selbige noch durch irgend etwas überwindlich ist. Gott sey zwischen, mit und bey Ihnen!
Kgsberg den 31 Jul. 86. Liebster Freund und Mentor unserer Reise in spe Die ältesten ächten Weisen waren Kämpfer und Schauspieler. Aus ihnen wurden leidige Zuschauer – ich wünschte, daß das Drama einer glücklichen Ehe, nebst dem Anblick der lieben Natur gemeinschaftlich zu einer Nachahmung und thätigen Entschließung einer schönen Nachfolge wirkten – und das gute Beyspiel nichts durch theoretische Probleme und sceptische Dialogen nicht erstickt würde. Empfehlen Sie mich bestens dem Ihres Glücks würdigen Paar, und gedenken Sie meiner im Besten. Dom V. p Tr. mit dem reichen Fischzuge Petri nahmen Sie von mir Abschied, ich wartete noch den Montag den 17 d. bis zu Abgang der Post und begleitete mit meinen Wünschen. Dienstag speiste bey unsern Jacobi, von da gieng zu Cr. Rath Lilienthal ihm das Porto für einen Brief aus Wien zu bezahlen, den der gute Mann gantz unschuldiger Weise an den königl. Backofenverwalter erhalten hatte. Ich glaube, daß die Chargements nunmehr aufhören werden. Den 19 stieg zweymal den mir zunächst liegenden Berg Zion umsonst um meine Lüsternheit nach einer kleinen Schrift über die
    göttliche Entwickelung des Satans durch das menschl. Geschlecht
zu befriedigen. Den 20 speiste abermal uneingeladen bey unsern Jacobi, und fand oben eine gedeckte Tafel für Prediger Lauwitz, unsern Apelles Sennebald p wo ich mich aber so impertinent gegen die Groß Mama aufführte, daß der Wirth mir das Kapitel aus dem Haus und Sittenbüchlein Sirach las. Den 21 wünschte meiner Freundin Me Courtan eine glückl. Reise, die den Tag drauf mit dem belobten Mahler und Treffer nach Pillau abgegangen. Ich las denselben Abend einen zu Halle herauskommenden
    medicinischen Briefwechsel
, in deßen 2 Stück unser Hofrath Metzger seine Biographie und eine etwas hämische Recension der Abhandl. über die Racen des menschl. Geschlechts empfiehlt geliefert. In eben dieser Schrift wurde Aqua destillata der
    Pfeffermüntze
als ein souveraines Mittel in allen Nervenfiebern empfohlen, womit ich gleich den Tag drauf in Gesellschaft meines Nachbarn einen Versuch machte. Auflösende Mittel scheinen mir aber vor der Hand noch nöthiger, als stärkende zu seyn. Dom VI. war Johannisfeyer, und ich machte umsonst einen neuen Versuch zur Selbstreinigung a posteriori; muste also fortfahren zu schlucken, was ich nicht einzusprützen im stande bin, und saufe noch alle Morgen und Abend 2 bis 3 Biergläser des Kräuter und Wurzeldecocts bis zum dritten und letzten Versuch mit der andern Röhre, die unser Critiker auch inapplicable befunden. Montag den 24 machte mir einen vergnügten Abend mit meinem ältesten und einzigen übrig gebliebnen akademischen Freund, der den Tag drauf einen apoplectischen Zufall bekam. Dienstag war
    Jacobi
. Vormittag besuchte mich Geh. Secr. Mayer in Gesellschaft des HE Sprengels, der mir einen Gruß von dem Hofkapellan Häfeli aus Deßau mitbrachte, nebst 2 poetischen u 2 prosaischen Schriften von dem lieben de Marées, und ein ga noch unerwarteteres Donum von dem doppelsinnig berühmten M. Masius. Ich begleitete eben meine Gäste aus der Hausthür, wie HE Pf. Scheller uns entgegenkam. Den Morgen drauf war ich willens unsern Jacobi im Logengarten bey seiner Brunnencur zu beschleichen und zugl. den Pfarr Lauwitz, der ebendaselbst eingekehrt war, zu besuchen. Homo proponit, DEVS disponit. Zugl. war ich in halber Erwartung eines Morgenbesuchs bey mir. Wurde aus allem nichts. Unser Graf hatte zum ersten mal im Hayn Mamre den Nachmittag Caffé getrunken u geraucht. Mittwochs früh wachte mit einem Durchfall auf, muste den gantzen Tag das Bette hüten, trank Caffé und aß 3 Zwiebacken statt des Mittags, in Gegenwart meines nachbarl. Artztes einen seiner Heeringe zum Abendbrodt halb auf, und war so müde daß ich zu Bett eilen mußte, schlief aber so sanft, bis zum hellen Morgen, ohne ein einzigmal erwacht zu haben. – Donnerstags war meiner lieben Hausmutter
    erster
Geburtstag, der mir erst dies Jahr bekannt geworden war. Sie wißen wie lieb mir die Geburtstage sind. Ich dachte an nichts weniger als eine Feyer Deßelben à Asmus; sondern glaubte die Sache mit einem herzl. Wunsch u einem kleinen Heftgelde abgemacht zu haben. Ich komme zum Mittage unten finde einen zusammengesetzten Tisch ohne das geringste daraus zu schließen, höre jemanden spielen im Alcoven, den man mir für Lehnchen ausgiebt – Anstatt Lehnchen finde ich ein geputztes Mädchen, die ich mit genauer Noth für meine Lisette Reinette erkannte. Nichts ist mir lächerlicher als jemanden zu bitten, und ärgerlicher, als ihn zu erwarten. Geschweige sein eigen Kind. Das war also eine recht angenehme Ueberraschung für mich. Bald kam Lehnchen mit Louischen Miltz, und wir eilten zur Sache. Nachmittags kam Mlle Podbielsky – und dabey bliebs. Gegen Abend kam der Postbote mit 3 Briefen – Außer ihrem war einer aus Münster, der unter dem 9 nur mit einer einzigen Zeile das Ende der Freude meldete, die mir den 5 mitgetheilt wurde. Ich wurde sehr betroffen, und sagte laut zu mir selbst, als wenn mir jemand das Wort in den Mund gelegt hätte: solcher ist das Himmelreich. Das Misverhältnis der Kinder in der Bevölkerungstabellen ist freylich sehr natürlich; mag aber vielleicht in der politischen Arithmetik eines höheren Staats gegründet seyn, deßen Bürger mehr aus Unmündigen als Philosophen, Rittern, Kraft- und Weltmännern bestehen werden. Durch die Mortalität der Kleinen scheint also das Himmelreich der Bevölkerung aller irrdischen Reiche überlegen zu seyn, und von Rechts wegen. Der dritte längste Brief war aus Riga, und dieser droht dreymal länger zu werden, als alle drey zusammen genommen, wenn ich nicht alle Augenblicke heute gestört worden wäre, und der Abend mich nicht übereilt. Den 28 war hier nichts als Regen und Sturm, Garten und Wiesen überschwemmt. Mein guter Nachbar besuchte mich blos aus Neugierde, ob ich nicht zu viel geschwelgt hätte. Auch Wagner kam wie eine naße Katze, und holte die beyden Dramen der Kayserin für das gräfl. Haus ab. Den 29 war schön Wetter. Freund Sommer besuchte mich, hatte seinen Urlaub von 2 Tagen auf 8 ausgedehnt, war in Graventihn und Dähnhofstädt gewesen, und die Ehre in seiner Abwesenheit erlebt, zum Commissario perpetuo nebst den beyden Ihnen nicht unbekannten Obern constituirt worden zu seyn, kraft eines ihnen gratuite supponirten Patriotismus zum Besten der hiesigen Stadtschulen. HE Oberhofprediger, dem ich Ihren Brief durch Hans Michel gleich nach Empfang zugeschickt hatte, war so gütig mich in Gesellschaft des HE Mayers zu besuchen, brachte mir den III. Theil der Supplementen ad Lexica Hebraica von Ritter Michaelis, und schlug den Pf. Kelch in Klein Tromnau, den Rector Baranski in Margrabowa, ehmals in Rosenberg, und einen Candidaten Gelbfuß, deß Name mir ein wenig verdächtig vorkommt. HE Oberhofprediger eilte, weil es im Hayn Mamre wegen der vortägigen Ueberschwemmung ein wenig feucht u locker war. Die übrigen Besuche währten und wechselten bis auf den späten Abend. Zwey Wanderer waren die letzten Gestern Dom VII. gieng nach einer Quarantaine von 4 gantzen Tagen zum ersten mal wider aus. Mein Johann Michel war in aller Frühe nach Arnau gegangen zur eventuellen Antrittspredigt, die aber erst künftigen Sonntag gehalten werden soll. Mein erster Gang war durch die Altstädtische Kirche zu meinem kranken Freunde, deßen Sprache, Gehör und Gesicht sich wider erholt hatte. Mein letzter Gang war zu Ihren Pflegeltern, die noch in der Kirche waren. Der Tisch war schon gedeckt, die freundliche Köchin zwang mich oben zu gehen, und ich hatte mich beynahe müde gewartet, ließ mich also nicht lange bitten Ihre leere Stelle einzunehmen. Also auch dieser Auftrag war auf die reelste Art abgemacht. Die Mamsell war unpäßlich mitzueßen, aber gesund mit der Mama auszufahren, von der ich nicht Abschied nahm, die ich mir aber morgen vorgenommen wider zu sehen in puncto der Kämpfschen Practic, an der Sie ich wie Sie wißen Antheil nehme und jedem dem ich begegne von diesem medicinischen Brauch unterhalte. Der gewesene Musensohn hat Lust die alte Bekanntschaft mit meinem facundo Mercuri nepote zu erneuern. Mit den Gegenaufträgen werde ich mich nicht verweilen und überlaße selbige Ihrer eigenen Sagacität zur Ergänzung. Ich holte hierauf meinen Wanderer ab zur Begleitung nach Hause, wo ich mich ein wenig ausruhte, bis der Caffé fertig war. Hierauf fand ich mich gestärkt zum Vorlesen aus meiner kleinen Hauspostill, die schon aufgeschlagen lag, als ein junger Mensch ins Gehofte kam mit einem dicken Briefe, deßen Ausbleiben mich schon am Mittwoche auf dem Bette beunruhigt hatte. Es war der Bogen D. Ich habe noch keinen Augenblick übrig, und keine Anwandelung von Neugierde gehabt das gedruckte anzusehen. Mein Sohn kam von Arnau zu Hause, bald darauf der Liebe Commissarius perpetuus Heute kam auf mein Bureau, wo nichts vorgefallen war, las ein Kapitel in meinem schwarzen Buche, und eilte nach Hause – fand gegen Mittag meinen kranken Freund sitzend im Bette, aber sehr abgemattet, und HE Miltz empfahl mir zur Rosenbergschen Pfarre den Schulcollegen Ollech bey der Dohmschule – Nachmittags erschien abermal auf meinem □ um die Zeitungen zu lesen und den monathl. Abschluß zu machen. Darauf eilte wider heim, wie HE Miltz mit seinem Candidaten erschien, der aber sich einen beßern Tausch wünschte. Es war mir lieb den Mann kennen zu lernen, dem es weder an Talenten noch Enthusiasmo zu fehlen scheint, aber noch zu viel Feuer hat. Bald darauf kam der würdige Commissarius perpetuus, dem ich auch zu seinem Ressort den Collegen bestens empfahl, wie Ihnen. Raphael brachte mir Beyl. und die inständigste Bitte von Ihrer Frau Wirthin noch ein 3 Wochen die Ferien zu verlängern. Von Seiten des Herrn Wirths hatte HE Commissarius einen gleichstimmigen Auftrag. Bitte sich also darnach zu richten. Ihr Brief ist heute abgegangen, gerader und schicklicher nach Münster, als nach Düßeldorf. In Deßau und Deutschl. wird Herder für den Verf der Resultate gehalten. Ich weiß es aber beßer aus der ersten Hand, ohne daß es eine andere wißen soll. Es ist ein gar liebenswürdiger Jüngling D. Buck liegt ohne alle Hofnung. Vom neuen Könige in Taurien werden Sie schon gehört haben. Credat Judaeus Apella. Daß morgen der Augustus anhebt, wird beym Empfang dieses Journals keine Neuigkeit mehr seyn. Was dem Maecen begegnet ist, adhuc sub iudice lis est. Wenn der Gruß an unsern Einnehmer schon besorgt wäre; so verdiente auch von Ihnen, lieber Mentor Crispus zu Ihrem Commissario perpetuo constituirt zu werden, während Ihrer Excursion. Ich habe aber unmögl. mit dem Julio alle Ihre Commissionen bestreiten können, so endelich auch in meinen Geschäften zu seyn wünsche. Morgen soll auch dieser kleine Defect ersetzt werden. Ich habe ως εν παροδῳ gestern den Rector Bierwolf aus Pr. Holland gesehen, wo Sie auch im Durchreisen eine kleine Sensation gemacht. Fürchten Sie nicht daß ich von gestern bis auf den 17 p. zurückgehen werde. Es möchte Ihnen noch weniger an einem regressiven Tagebuch gedient seyn, und ich hoffe daß Sie fügl. mit dem progressiven fürlieb nehmen können. Nur bitte den 27 c. nicht zu versäumen, um allenfalls wegen unserer Wallfahrt Abrede nehmen zu können. Mein groß und klein Gesindel schläft, aber Auditor Anacharsis, der zum 1 Aug. um 4 Uhr geweckt seyn will, hat es mir scharf eingebunden Ihrem Andenken empfohlen zu seyn nomine omnium. Ich umarme Sie mit den besten Wünschen Sie um einige Zoll ex- und einige Grad intensiue vollkommener, stärker und zufriedner wider zu sehen. Für die künftigen Briefe werde mit sorgen helfen, wenn über den Bau nicht daran gedacht werden sollte. Und hiemit Gott empfohlen bis zum vergnügten Widersehen Ihres alten Freundes Joh. Ge. Hamann. den 2 Aug. Durch ein Misverständnis kam der Brief eine Stunde zu spät auf die Post; ich war also genöthigt ihn zurückzunehmen und bitte um Verzeihung. Der Gruß an Brahl ist bestellt. Gestern speiste bey HE Kriegsrath; heute bey unserm Jacobi, der seinen Vetter herzl. grüßen läst und mit dem Ende dieser Woche oder Montags nach Trutenau zu ziehen wird. Holl. Heeringe sind angekommen. Da ich keine Presente erwarte schickte mir mein College Gom 2 und Nachbar M. 3. also mehr als ich vermuthet und soviel als ich nöthig habe meinen Appetit zu stillen. Diesen Abend einen herrl. verzehrt, und dabey ein Fest an Penzels Dion Caßius gehabt, und der Vorrede zu selbigem; der ein Pendant zu seinem Strabo ist. Ich verspreche mir noch mehr wie eine vergnügte Stunde für diese Woche – Aus Düßeldorf abermal einen dicken Brief, mit 2 Bogen C. Diesen Morgen habe das erhaltene nachgesehen und brauche jetzt nicht mehr, um fortzufahren wenn ich kann. Wunder über Wunder diesen Abend von einem Magazin zur Geschichte und Statistick von Preußen, die Mangelsdorf ausgeben wird, und wegen abgeschlagener Censur auswärtig gedruckt werden muß. Hievon mündl. mehr. Aus einem Briefe von Riga schreibe folgenden Passum ab: Man will unsere Kinder zwingen den Normalkatechismum den der Jesuit Jannowiz geschrieben, anzunehmen und unsere Kinder nach den übrigen Büchern der Normalschule unterrichten zu laßen, weil man sich eine Vereinigung aller christl. Religionen träumt und diese als die letzte Ehrensäule des Ruhms denkt. Dohm ist in Pempelfort angesprochen und nach Cölln gegangen, und hat sich dort manches merken laßen. Nicht Nicolai sondern ein Feldprediger ist der Verfaßer des Epigramms auf den alten u jungen Moses. Jacobi wird mit dem Ende pr. aus Engl. gehen u medio Aug. erwartet. D. Buck lebt noch aber man traut ihm kaum zu diese Woche zu überleben. Der seel. Kreutzfeld und der noch lebende Crispus werden noch ihr Spectacul erleben, daß sie zu den Herausforderungen des Exministers still geseßen, die Hände in den Schooß gelegt und sich mit der Feder in der Faust nicht ihres guten Namens u Leumunds angenommen haben. Nun wird es in der neusten Statistick des Vaterlandes desto ärger und baß Ihnen ergehen. Hab ichs nicht gesagt? Principiis obsta. Der Maecen wird bereits tod gesagt, vielleicht ciuiliter mortuus. Mein alter akademischer Freund beßert sich Gottlob! Vorige Woche ist Kriegsrath Deutsch mit der Familie seines Schwagers Oberappellationsraths Ballhorns hier gewesen. Ich habe aber keinen gesehen. Mehr hab ich nicht nachzutragen. Bleibt noch ein Plätzchen auf morgen übrig, und hiemit gute Nacht. den 3 – Mein Sohn ist heute bey Ihnen gewesen um sich nach Briefen zu erkundigen, hat nichts gefunden. Die Frau Wirthin hat nochmals gebeten noch 3 oder 4 Wochen sich zu verweilen; weil der Bau wichtiger geworden als man hat absehen können. Der M. v Z. wird wirkl. tod gesagt. Eben erhalte einen Brief von Me Courtan aus Pillau, wo Jachmann unpäßlich ist, und sie auch traurig lebt. Nachbar Miltz hat mir seine besten Grüße aufgetragen. Empfehlen Sie mich der gnädigen Herrschaft in Faulen, und verzeihen Sie mein Geschmier. Ihr alter p vt supra. Von Vetter Jacobi Gegengrüße. Künftig mehr, wenn es mögl. u nöthig ist. Raphael ist mit Kr Hippel aufs Land gereist heute vielleicht wird Michel auch nach Petersdorf abgeholt. Heute eine traurige Geschichte von einem Bräutigam, dem seßen Braut gestorben, und er Verstand u Leben darüber eingebüßt haben soll. Die Braut war eine Bekanntin meiner Lisette Reinette, die in Pension kam, wie jene herausgieng. Die Fräul. von Rochau ist tod; ob das übrige wahr ist, weiß ich nicht. Habe heute des Denina Discours sur les vicissitudes de la Litterature gelesen, wovon der erste Theil herausgekommen u dem Könige dedicirt ist. Sie können sich leicht vorstellen, was für Wust darin vorkommt. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
An / HErrn Profeßor
    Kraus
/ gegenwärtig / zu /
    Faulen
/ durch Riesenburg. / Mit der
    reitenden
Post /
    frey
.
Kgsb den 2 Aug. 86. Mein liebwerthester Freund Ariel-Schenk, ich bin recht beschämt und ärgerlich über die Mühe und Arbeit, die ich Ihnen mache, ohne daß ich weiß, wie ich Ihnen dafür danken soll. Heute vor 8 Tagen den 26 pr. erhielte Ihren Brief auf dem Bette. Sie bezogen sich darinn auf einen vorigen, den ich noch nicht erhalten hatte. Meine Unruhe darüber legte sich bald, nachdem mir ein wenig Zeit zu überlegen genommen hatte. Der dicke Brief kam auch wirklich mit der fahrenden Post an. Diesen Morgen habe erst einen Augenblick gehabt, das gedruckte anzusehen, wenigstens zu untersuchen, ob nichts zwischen dem gedruckten Bogen und dem bereits erhaltnen Mst fehle – Es ist alles im Zusammenhange hier, und nun werden Sie, mein guter, treuer, zu sorgfältiger Freund Ruhe auf eine Zeit lang haben. Diese Woche werde ich kaum dazu kommen können, das gedruckte und geschriebene anzusehen. Gott gebe mir Lust und Muth auf die künftige Woche. Mein Sohn bringt mir diesen Morgen unerwartet den dritten Brief mit 2 Bogen C. Ich habe nun Alles – und es fehlt an nichts als meinem eigenen
    Selbst
, das ich Ihrem thätigen, lebhaften
    Ich
gewachsen zu seyn wünschte. Die Freude in Münster ist verwelkt, wie eine Blume. Den 27. erhielt ich in einer Zeile diese traurige Nachricht, die mich in ein Labyrinth von Betrachtungen führte, aus dem ich nicht wider herausfinden konnte. Mit genauer Noth habe ich mit der gestrigen Post geantwortet, weil man von dort aus an meinem Urlaub arbeitet und die Hoffnung einer diesjährigen Reise noch nicht gantz vereitelt ist. Ist es nicht gut, daß ich Jonathans kranke Augen mit meinen Fliegenfüßen und Mückenschrift verschont habe? Wenn wird der Mensch glauben, daß sich die Vorsehung bis auf unsere
    Haare
erstreckt und kein Wort weder unserm Munde noch ein Buchstab unserer Feder entfährt, ohne daß es der HErr nicht wüste. Incredibile sed verum – und dem ohngeachtet kommt es uns vor, daß unsere Kinder u Gedanken weniger werth sind als die Sperlinge, sondern fruchtlos und von ungefehr fallen. Unglaube ist das erste Element unserer Vernunft und verkehrten Denkungsart. Ich bitte Sie auf das inständigste sich nicht mehr wegen der Druckfehler die geringste Bedenklichkeit zu machen. Alles bisher von mir gedruckte, wimmelt von so vielen Drucksünden, daß diese letzte Schrift
    engelrein
dagegen ist in Vergleichung aller übrigen. Die Eitelkeit wegen des Abdrucks ist leider! vergangen. Mein Ideal ist verhunzt, verdunkelt – ich verzweifele beynahe es erträglich herausbringen zu können – Der Himmel weiß, was für eine Misgeburt herauskommen wird. Verlieren Sie darüber kein
    Wort
mehr, noch machen Sie sich die geringsten Scrupel. Ihr schwarzes Lack hat mich beunruhigt. Gott lob daß sich mein Namensgenoße wider erholt vom Faulfieber, das ich auch aus Erfahrung kenne, wie analoge Gebrechen seiner Natur, die mehr Mitleiden verdienen und durch das gegenwärtige Verhalten des Vaters und seiner Freunde – Empfehlen Sie wenigstens unserm J. so viel Nachsicht für seinen Johann Georg, als er für mich hat. Dort wird sie beßer angewandt seyn, als hier; denn junge Leute sind noch corrigible, aber an solchen verjährten Patienten – Mit meinen moliminibus der güldnen Ader geht es wie mit denen meiner Reise. Die zweite Probe, mir selbst zu appliciren ist auch nicht von Statten gegangen. Vielleicht gelingt der dritte Versuch zur Reise und Zurüstungen der Gesundheit beßer. Hätte ich die geringste reelle Kleinigkeit zu schreiben gehabt: so würde meine philosophische Taciturnität sogl. aufgeopfert haben. Die mir mitgetheilte Nachrichten sind für mich ein wahres Labsal gewesen; aber mit der Eilfertigkeit der Rückreise bin ich nicht recht zufrieden. Aber es heist auch hier: nicht quamdiu, sondern quam bene. und das Auge der Vernunft
    sieht sich satt
und erspart sich dadurch den Eckel der Eitelkeit – Wegen seiner Augen bin ich besorgt, und erwarte von Ihrer Freundschaft Dauer, bis Sie mir die gewiße Nachricht glücklicher Heimkunft gewähren können. Mit Domin. VIII. hoffe und wünsche ich meine Arbeit anzusehen, und einen neuen Sturm zu wagen. Nehme also von Ihnen Abschied, um mich völlig unterzutauchen – Ich bin auf
    eine Höhe
gerathen, in der ich kaum auf einen Fischzug ohne ein neues evangelisches Wunder Rechnung machen kann. Muß meine Seegel einziehen, flicken, so gut ich kann, das zerrißene, und das Ufer zu erreichen mich bemühen – wenn ich nicht Schiffbruch leiden oder auf Sandbänken scheitern soll. Heut vor 8 Tagen bekam ich auf dem Bette Appetit, die Resultate zu lesen. Es wurde mir beynahe Angst dabey von den ersten 100 Seiten sehr wenig zu verstehen. Aehnliches besinn ich mich bey dem ersten Anblick empfunden zu haben. Meine Verlegenheit wurde durch die Folge bis ans Ende desto reichlicher mit Zufriedenheit ersetzt. Andern ist es umgekehrt gegangen. Sie sehen daß ich widerholte Erfahrungen nöthig habe mein eigen Urtheil zu berichtigen. Einige Tage drauf brachte mir ein hiesiger Geistlicher mit desto lebhaftern Antheil das Buch zurück. Am Tage
    Jacobi
wurde ich von einem aus Deutschl. nach Curl. zurückgehenden Freunde überrascht, der mir gleichfalls meldete in
    Deßau
alles mögl. Gute von den Resultaten als einer Schrift des Herders gehört zu haben, und sie selbst dafür gelesen hatte. Grüßen Sie herzl. von mir Ihren lieben Nachbar W. an den ich gnug denke und mich auf seine Bekantschaft freue. Ich habe nöthig seine Res. beßer zu studiren und zu verstehen, und sie gehören als ein Hauptstück zum Plan meiner Arbeit, deren Schicksal mir selbst noch ein Geheimnis ist. Der
    Aposteltag
ist halb von mir in Engl. u Richmont gefeyert worden, und ich bekam einen Besuch nach dem andern, von denen ich des Abends müde und den Tag drauf krank ward, aber mich bald wider erholte, daß ich der kleinen stillen Feyer des ersten Geburtstags meiner Hausmutter, den ich erst in diesem Jahr aus den Taufbüchern herausgebracht, beywohnen konnte. Des Morgens am 27 pr. wurde ich aber durch die Nachricht eines apoplectischen Zufalls zieml. alterirt, der meinem einzigen u letzten akademischen Freunde begegnet, und mit dem ich noch dieselbe Woche einen vergnügten Montag mir gemacht hatte in der Abendstunde. Seit vorigem Sonntag, wo ich zum ersten mal ausgieng, besuche ich ihn alle Tage. Sprache und Gehör haben sich Gottlob fast gänzl. widerhergestellt, und ich hoffe in einer Stunde gute Nachricht von dem Fortgange seiner Beßerung einzuholen. Ich begreife nicht, warum man nicht von Berlinern so reden soll, wie man dort von Katholiken u Jesuiten redt, in allgemeiner und abstracter Mundart? Es kam mir auch nicht wahrscheinl. vor, daß Nicolai Verf des Sinngedichts seyn sollte. Die abgeschmackte impertinente pointe verdiente aber eine öffentl Rüge. Kriegsrath Hennings, mein alter Freund, befand sich heute munterer, und ich habe gute Hoffnung ihn noch zu behalten. – Ich habe eben guten Muth, daß der genesene Patient seinem Vater noch Freude machen wird. Gott gebe Ihm Beßerung und Gesundheit! Wünschte noch alles mögl. diese Woche aufzuräumen, und reinen Tisch zu machen, um mit der neuen vollen Woche wider von neuen ansetzen zu können. Ist mit der neuen Auflage von den Briefen über Spinoza schon der Anfang gemacht? Ich wollte schon mit der gestrigen Post eine Einl. aus Riga nach Weimar, wohin ich schon seit dem 8 pr. eine Antwort schuldig bin , schicken. Mit Einlagen bin aber gewißenhafter selbige sogl. zu befördern, und habe auch diesmal ungern und wider Willen eine Ausnahme gemacht. Nunmehr hört es also mit der Preße auf, und es erfolgt ein Stillstand. Ob es mit der Correctur des vierten Bogens so lange währen kann, wie mit dem ersten, weiß ich nicht. Mein fester Vorsatz ist jetzt nichts weiter zu liefern, als bis ich gantz fertig bin. Von Ihrer Seite ist alles erfüllt und aufs beste gethan worden – und ich wünschte von der meinigen eben so glücklich und endelich zu seyn. Ich hoffe, daß keiner mehr in puncto der
    Unmöglichkeit
an des andern Willen den geringsten Verdacht und Zweifel haben wird, den ich nicht mit der That nicht zu widerlegen hoffe. Ich möchte nicht gern, daß unser Freund und Jon. sich mit schlimmen Augen auf den Weg machte. Gott laße seine Rückreise so glücklich seyn, daß er alles nach Herzenswunsch in seinem Hause finden möge, und erfülle noch vielleicht dies Jahr unsere Wünsche nach Seinem gnädigen guten Willen. Ich umarme Sie mit dem herzlichsten innigsten Dank, und bitte meinen Mangel freundschaftlich zu ersetzen. Die zurückgebliebene Briefe wollte beylegen; sie kommen aber Zeit gnug, und enthalten nichts als Jeremiaden. Vergeßen Sie nicht   Ihren nach Luft schmachtenden Freund Joh. Ge. H. In einem Briefe aus Riga, den ich auch den 27 pr erhielt steht: „Man will unsere Kinder zwingen den Normalkatechismus, den der Jesuit Jannowitz geschrieben anzunehmen, und unsere Kinder nach den übrigen Büchern der Normalschule unterrichten zu laßen, weil man sich eine Vereinigung aller christl. Religionen träumte und diese als die letzte Ehrensäule des Ruhms denkt.“ – Wißen Sie dort nichts zuverläßiges von D. Stark? Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
.
Kgsberg den 3 Aug. 86. Herzlich geliebtester Landsmann, Gevatter und Freund, Den 8 pr. Ihr Monitorium richtig erhalten und durch Hartknoch die zweyte Sammlung nebst den Palmblättern und dem Chef d’œuvre. Die Dichtungen des Andreä ersetzte er selbst. Gott gebe Ihnen neue Kräfte im Bade, und fahren Sie fort sie aliis inferiendo zur Fortsetzung der Ideen und hebräische Poesie anzuwenden. Ich kann nichts schreiben, weil ich nichts habe, und an dem was ich zu schreiben leider! habe, nicht gern denken noch andere damit unterhalten mag. Sie können für mich so ruhig seyn in Karlsbade, wie unser J. in Richmont, der vielleicht schon unterwegens ist. Ich habe nicht ein einzig mal an ihn in Engl. schreiben können, aber desto mehr an Engl. gedacht an Sonntage vom Fischzuge Petri. Daß aus meiner diesjährigen Reise nichts geworden ist, wißen Sie. Eine abschlägige runde gAntwort wäre mir nicht so unerwartet gewesen als der Einmonathl. Urlaub mit der Bedrohung, wenn ich länger ausbliebe, meine Stelle sogl durch einen Surnumeraire auf meine Kosten vertreten zu laßen. Daß es mit meiner Autorschaft nicht beßer geht, werden Sie leicht erachten können, und selbst die Musa indignatio versagt mir ihre Begeisterung. Den 5 Jul. meldete mir B. seine Freude über einen kleinen Josepf und den 9 war auch diese vorbey. Einl aus Riga sollte schon vorgestern abgehen. Ich kann aber weder lesen noch schreiben. mehr. Mit dem Kämpfschen modo procedendi wollte es auch nicht fort, so viele Proselite ich auch dazu gemacht. Ich brauch den Kräuter- und Wurzel Extract à priori und saufe alle Morgen und Abend wenigstens ein paar Biergläser voll aus. In Münster wird noch an meinem Urlaube gearbeitet, und ein wenig Artzeney ist eine unumgängl. Zurüstung auf den Fall einer Herbst- Excursion, von der ich nicht abgeneigt bin. Ich reise also seit 2 Jahren ohne vom Fleck zu kommen, und hoffe daß es zum dritten mal Ernst werden wird. Das Pro und contra in meiner Seelen können Sie sich leicht vorstellen. Ich glaube in diesem ganzen Zickzack ein Spiel der Vorsehung zu finden, und eine Herunterlaßung zu meinem Fleisch und Blut – Der Ausgang wird alles rechtfertigen und zu unserm Besten ausschlagen laßen. Ist es erlaubt zu wißen, wer die Dichtungen des Andreä und die Palmblätter gemustert – Ist Djengistan von Wieland? Der Verf. vom Ursprung p einer heil. Wißenschaft scheint auch ein Freund von uns beyden zu seyn, wie der Resultatenmacher, die man Ihnen in Berl. und Deßau zuschreibt. Ich wünschte Ihnen bald Zeit und Lust den Spinozismum in Erwägung zu ziehen, aus deßen bisherigen Vorstellungen ich nicht recht klug werden kann. Heute hab des
    Penzels Dion Caßius
erhalten und Wunder in der Vorrede gelesen, die mich auf die Noten und den Appendix neugierig machen. Es ist immer Schade um die Talente dieses lüderl. Menschen Sie haben, liebster Freund, 3 Bogen erhalten u ich am Sonntage den vierten aus der Preße. Ich bin ganz aus dem Concept gekommen ohne zu wißen wie? und ob ich auf den rechten Weg kommen werde. Ich und mein Gaul haben im Finstern getappt, und das letztere scheint dem blinden Instinct sich überlaßen zu haben – Die 3 Bogen müßen schon bleiben, ob es im vierten zum Bruch des Gewölks kommen und ein wenig heiterer werden wird, trau ich meinem gelähmten Kopf kaum zu. Noch eine Probe will ich machen künftige Woche mit den Visceral-Clistiren so wohl als mit dem noch eckleren Organo meiner Autorschaft. Mein Ideal erschien wie ein Regenbogen, den ich mit Händen und Füßen zu erhaschen glaubte; noch kann ich nicht alles für optische Täuschung ansehen. Das Irrlicht soll mich nicht länger in Sümpfe locken, die grundlos sind. Jetzt komt keine Fortsetzung weiter ohne Ende, und es thut mir nur leid um die Mühe, die ich meinem Jacobi gemacht, deßen Gedult und Vertrauen die stärksten Proben ausgehalten. Was sagen Sie zu dem nicolaitischen Unfuge gegen Garve und selbst gegen Stark. Wißen Sie nichts von letzterem? Er hat sich freylich die Ruthe selbst gebunden und verdient damit gezüchtigt zu werden. Was geht die Berliner aber ein fremder Knecht an? und Bahrdt mit Schultz machen größere Misthaufen vor ihrer Nase, ohne daß ihre eigenmächtige Policey sich darin legt, wenn von Wahrheit und Christentum bey diesen Kunstrichtern die Rede wäre. Das Thema meines fliegenden Briefes ist freylich ein aleae opus und so kitzlich, daß es meinem Pegasus nicht gantz zu verdenken, wenn er ein wenig scheu wurde, und Winkelzüge machte, statt den geraden Weg zu gehen, und es erforderte einen gesunderen, stärkeren, festeren und gewandteren Kopf, und nicht einen von Alter, Krankheit, Hypochondrie und Grillen wackelnden, der Gedächtnis, Gehör und Gesicht verloren. Sie können sich nicht vorstellen, wie erschöpft diese drey Seelenkräfte in mir sind. Ich bin im eigentlichsten Verstande meiner Sinne nicht mehr mächtig, und die momenta lucida sind so selten und mislich, daß sie vorbey sind, so bald ich Gebrauch davon machen will. Mit meinem Unvermögen nimt mein Mistrauen gegen mich selbst noch stärker zu, und alles ist mir so unausstehlich, wie ich mir selbst bin. Ταλαιπωρος εγω ανθρωπος τις με ρυσεται εκ του Σωματος του Θανατου
    τουτου
;
In diesem Nachhall finde ich meinen einzigen, höchsten und letzten Trost. Kahl und blind soll ich spielen, eine Gigue und Bardus nach dem Geschmack der Philister u ihres Saeculi pavonum?. Wenn ich
    Eins
im Kopf habe, vergeht mir die Lust zu
    Allem
. Das ist mein Ἑν και παν. Nichts ist reif. Äußere Umstände müßen noch meine innere Ahndungen beßer entwickeln. Ich traue eben so wenig den
    deutlichen
als
    dunkeln
Begriffen; man kann sich durch beyde hinters Licht führen laßen; denn Finsternis ist wie das Licht, wie der Psalmist sagt. Ich suche nach dem Faden, der mich in das Labyrinth geführt, um wider herauszufinden. Also die Hoffnung uns einander zu sehen bleibt noch immer feste und unverrückt. Bewegung vornemlich Ausspannung des Gemüths ist das einzige Hülfsmittel meine Gesundheit zu retten und mein Leben zu erhalten. Ich überlies unserm Jacobi Ihnen wegen meiner zurückgegangenen Reise alles zu melden. Ich habe alles anwenden müßen ihn dazu zu überreden, und das Gewiße dem Ungewißen vorzuziehen. Jedermann dachte, daß mir der Urlaub nicht abgeschlagen werden könnte. Reichardt hat aus eigener Bewegung vor seiner Abreise daran gearbeitet. Ich glaubte daher mehr aus Gefälligkeit, als Überzeugung daran. Ohne
    Plerophorie meines eignen Gewißens
eine solche Reise zu thun, wäre mir in keinerley Absicht heilsam gewesen; mich aus dem Lande zu stehlen, und den Feind im Rücken und auf dem Nacken zu haben – – Mein liebster Gevatter, Landsmann und Freund, ein Paßah, keine Henkersmahlzeit soll mein Abendbrot seyn. Nicht durch meine Schuld wenigstens verlange ich einen solchen Noel, sondern einen ehrlichen saluum conductum zum Valetschmause. Asmus mag schmollen; Sie werden mir Recht geben und alles verstehen, was ich sagen will – Gott schenke Ihnen nur und meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin, Pathgen und Ihr ganzes mir immer gegenwärtiges Haus Gesundheit, Leben und Seegen. Hier steht alles gut, und empfiehlt sich Ihnen und den Ihrigen zum voraus. Das Lesen wird Ihnen noch saurer werden, wie mir das Schreiben. Also punctum bis aufs Widersehen. Gott wird alle unsere Wünsche erfüllen, reichlicher und beßer, als wir selbige mahlen und dichten können. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Johann Georg Hamann. Um Einlage zu befördern, muste ich schreiben. Ich sage die
    Wahrheit
und sie wird mir das Wort in Ihrem Herzen reden. Gott seegne Sie und laße die Cur wohl gedeyen! Amen. Nach den heutigen Zeitungen ist Lavater auch beyin IhWeimar gewesen. Ich habe seit langer, undenkl. Zeit nicht an ihn schreiben geschweige Abrede zu einer Zusammenkunft nehmen können; so wie ich hier niemanden sehe noch besuche ohne ein Geschäfte oder Ruff zu haben – Selbst nach Münster nur geantwortet, wenn ich müßen. Nach D. habe allein schreiben müßen und leider! in den Angelegenheiten, die jenen u mir sauer gnug geworden sind, wenn nur nicht fruchtlos. Noch einmal Gott empfohlen und Ihrem treuen Andenken – Adresse:
Des / HErrn GeneralSuperintendenten Herder / Hochwürden / in /
    Weimar
. /
    frey Halle
Kgsb. den 4 Aug. 86. Geliebteste Freundin und Frau Gevatterin, Da es mir nicht viel beßer geht wie Ihnen; desto mehr mein Mitleiden von Herzen. Gedult ist uns freylich noth, um die Krone zu empfahen. Sie werden bey Ihrer Krankheit immer stärker; und ein ähnliches erfuhr ich an meinem zunehmenden Appetit, der mir alles so schmackhaft macht, daß ich mit Mühe aufhören kann. Wenn es mit dem aufhören wird; so werden die Klagen aus einem andern Ton seyn, und das Murren wird endlich zur andern Natur und Gewohnheit. Mein Nachbar, unser gemeinschaftlicher Gesundheitsrath ist desto zufriedner mit der Fortsetzung seiner Cur. Es hat ihm an neuen Zufällen nicht gefehlt, die er aber glücklich überstanden, und dieses dem Gebrauch eben derselben Mittel zuschreibt, die bey Ihnen nicht
    haften wollen
, und daher auch nicht recht
    wirken können
, ich hingegen nicht in der rechten Art noch durch den eigentlichen Weg brauchen kann. Der zweyte Versuch mir selbst beyzubringen, hat auch nicht ausgeführt werden können. Nun bleibt noch der dritte übrig, mit der krummen Röhre, womit ich morgen oder übermorgen noch eine Probe machen will. HE Pr. Kraus reiste den Montag nach Ihnen ab über Riesenburg nach Faulen zum HE von Auerswald. Denselben Abend besuchte ich meinen ältesten, einzigen übergebliebenen Akademischen Freund, HE Kr. Hennings. Den Tag drauf bekam er einen Anfall vom Schlage. Ich habe ihn seit Sonntag täglich besucht. Sprache und Gehör sind fast völlig hergestellt, und ich hoffe ihn noch länger zu behalten. Dienstag war Jacobi. Des Morgens überraschte mich der Geh. Secr. Meyer, der diese Woche nach Curl. wider abgegangen, und seine Familie bald wider zurück bringen wird. Er scheint das gelobte Land auch noch zu suchen – – Eben wie ich ihn aus der Thür begleitete, begegnete mir HE Pf. Scheller aus Petersdorf, mit dem ich wider nach Hause umkehrte. Dem scheint das Loos lieblicher gefallen zu seyn, oder er weiß sich beßer in sein Schicksal zu schicken und lebt mit selbigen zufrieden. Nachmittags bekam ich einen Besuch von dem Grafen von Kayserling, mit dem ich zum ersten mal in meinem Garten ein Schälchen Caffé trank und ein Pfeifchen rauchte. So wurde der heil. Jacobus gefeyert unter fleißigem Andenken seines Namensvetters in Engl. Den Morgen drauf erwartete ich theils einen Besuch, theils wollte unsern Jacobi bey sr. Brunnencur im Logengarten beschleichen, wo zugl. Pf. Lauwitz Adiunctus in Tilsit, eingekehrt war. Es wurde aus beyden nichts; ich erwachte mit einem Durchfall und muste den ganzen Tag fast auf dem Bette zubringen. Hatte aber eine so ruhige Nacht auf einen mühseeligen Abend, daß ich nicht ein einzig mal aufwachte, und länger wie gewöhnlich schlief. Zur Feyer des 27 Julii, den meine alte liebe Hausmutter zum ersten mal, weil wir ihn erst in diesem Jahre aus den Taufbüchern in Cremitten ausgemittelt hatten, in der Stille begehen wollte. Es war mir eine große Freude meine Lisette Reinette unvermuthet bey mir zu sehen. Louischen Miltzin wurde auch von Lehnchen abgeholt, u Nachmittags fand sich Mamsell Podbielsky auf den Wink ihres lieben Vaters auch ein. Gegen Abend kam der Postbote mit 3 Briefen. Mein Wohlthäter in M. schrieb mir unter dem 9 Jul. die Freude ab, welche er mir den 5 gemeldt hatte. Eine einzige Zeile war der ganze Brief, und die Freude verwelkt, wie eine Blume. Der zweite Brief war aus Riga, und der dritte aus Faulen mit Aufträgen. Freytags waren von Sturm und Regen Garten und Wiesen überschwemmt. Sonnabends wider schön Wetter. HE Oberhofprediger Schultz brachte mir selbst ein subscribirtes Buch des Ritter Michaelis, und führte mir HE Mayer zu – Die Besuche wechselten und währten bis in den späten Abend, und die erste Woche nach Ihrer und Krausens Abreise überstanden. Sonntags stand mein Sohn um 4 Uhr auf nach Arnau mit seinen beyden nächsten Freunden zu wandern auf den Fall einer dortigen Antrittspredigt, die aber erst übermorgen gehalten werden wird. Ich war auch im stande wider auszugehen, besuchte meinen kranken Freund, begleitete den reisenden in die Kirche, nahm Abschied von ihm – und dachte auch an Ihr Haus, wendete mich aber Krausens Pflegeltern einen Gruß zu bestellen und vertratt seine Stelle zum Mittage, zog auch Nachrichten von den Wirkungen der Kämpfschen Mittel ein, mit denen ich eben so wenig als dem halben Gebrauch zufrieden seyn konnte – eilte zu Hause und wurde bald darauf mit einem dicken Briefe aus Düßeldorf erfreut, auf den ich schon 2 Posttage gewartet hatte. Montags meldete sich ein Klempner vom Anger, der zu meinem Hause Lust hatte. Ich übereilte mich, und lies es für 4000 fl, da ich 5000 dafür baar gegeben, an Proceßkosten, Zinsen etc. noch ein ansehnliches verloren habe. Dingen sSie mit mir, so erhöh ich und schlag 500 auf – Laßen Sie sich mein Wort gefallen, desto beßer für uns beyde. Dienstag wurde mit meinem Sohn zu HE Kr. Hippel gebeten, der gestern mit Raphael verreist ist nach Rathswalde, aber morgen schon wider eintreffen wird. Mittwochs speiste bey unserm Jacobi, der mit seiner Familie spätensten zu Anfang künftiger Woche nach Trutenau abgehen wird, und noch den bitterbrunnen den Pyrmonter anfangen wird. Gestern wurde mit Ihrem gütigen Andenken erfreut, und diesen Nachmittag, wie Sie sehen, antworte ich drauf, so sauer und schwer mir auch das Schreiben wird. Bin auch willens und verpflichtet unserm Freund in Riga zu antworten, deßen Einl. ich vorige Woche durch meinen Sohn bestellen muste, weil ich nicht selbst auszugehen im stande war. Der Gruß an die Baroneße ist heute durch meinen Sohn an seine Schwester bestellt worden. Die Baroneße ist seit einigen Tagen in großer Betrübnis und Furcht gewesen, weil ihre Freundin in Gefahr gelaufen durch Blutspeyen die letzten Kräfte zu verlieren. Sie hat weder meinen noch HE Jacobi Besuch annehmen können, der mich ersuchte ihn zu begleiten und eine Tochter des Kr. Reichards, Klohts Schwagers, anzubringen. Fräul. von Rochow, ihre älteste Eleve ist jüngst als Braut gestorben eines Lieut von Powisch, der ihr auf eine unglückl. Art nachgefolgt seyn soll.
    Wie man erzählt
, reiset er auf erhaltene Nachricht ihres plötzl. Todes hin mit dem Vorsatz die Leiche noch im Grabe zu sehen, verliert darüber seine Vernunft und stürzt mit dem Pferde. Unser Provincial Rendant Fritzsch hat heute auch einen Auftritt gemacht, von dem die ganze Stadt redt. Ist in eine Art von Wahnsinn gefallen, der eine Untersuchung seiner Casse veranlaßt – an deren Richtigkeit man sehr zweifelt. Er hat um seine Nachbarinn, unsers seel. Kanters Tochter angehalten. Etwas ähnl. erzählt man auch von einer Neigung zu Dir. Friedels und seiner eigenen Schwester Tochter, die aber meines Wißens noch ein Kind seyn muß. Vor 8 Tagen hat ihm mein Nachbar, der Licent- Baumschließer Link einen Injurienproceß gemacht – und das Uebel scheint wohl älter seyn als der Ausbruch, auch wird der Liebe und der Vernunft vieles aufgebürdet, das keine von beyden sich träumen läßt, weil es unter den Liebhabern so viel Gecken wie unter den Philosophen giebt. Der Salomon soll kürzlich das Gesuch des Kriegsrath Röhrtanz um den Adel zum Ankauff adl. Güter mit folgendem eigenhändigen Rebus oder Leberreim entschieden haben: Hans, Baron von Röhrtanz, tanz! Warum fehlt es uns doch, gütigste Freundin, uns beiden an lachendem Muthe zu leben? wenn andere noch so viel im Rachen des Todes übrig haben. Sind jene oder wir glücklicher? Das Lachen wird ihnen werden theuer, und die jetzt Leid tragen, werden getröstet werden. Desto beßer für uns, daß das beste Theil nicht von unserer Wahl abhängt, die oft ärger als
    kindisch
ausfallen würde. Ein höherer Vater und guter Meister wählt für uns, nicht was angenehm sondern uns heilsam ist, und den wollen wir schalten und walten laßen: so wird es uns immer wohl gehen im Lande der Lebendigen. Ich suche diese Woche alles was ich nur kann aufzuräumen, um mir Muße und Ruhe zur Arbeit zu verschaffen; lese jetzt ein neues Meisterstück von meinem seel. Penzel und seinem alten Adam. Er hat römische Jahrbücher aus einem alten griechischen
    Dion Caßius
übersetzt. Den Anfang schliest ein Brief an den Commerzienrath Kriting über das Commercium zu seines Helden Julius Cäsar Zeiten. Er ist ein geschworner Feind aller republicanischen Freyheit, von desto größerem Eifer für die monarchische Regierung. Man kann sich des Lachens und Bewunderns und Mitleidens nicht enthalten. So reichhaltig, mannigfaltig, niederträchtig und hochfahrend, absurd und überlegt! HE Secr. Berend hat mir heute auch seine besten Grüße und Wünsche Sie bald wider hier zu sehen aufgetragen. Mein Nachbar HE Milz wünscht nichts so sehr, als daß Sie es erst so weit brächten die Lavements bey sich zu behalten, um, wie er, von den guten Wirkungen dieser Cur überzeugt zu seyn. Herr Jachmann krank! auch so einem blühenden Mann, der selbst Artzt ist, fehlt es an Gesundheit. Um krank zu werden, hat es nicht gelohnt nach Pillau zu gehen. Wünschen Sie ihm gute Beßerung von mir u meinem Sohn durch den er mir erlaubt des M. Schmidts Kantsches Wörterbuch noch ein wenig länger zu behalten, als ich willens war, und es noch ein wenig nöthig habe, weil es mit meinem Lesen nicht fort will. Was man dort in Ansehung meines Urlaubs zur Reise ausgerichtet hat, oder ausrichten wird, davon weiß ich bis diese Stunde nichts. Jacobi ist vermuthlich schon unterwegs auf der Rückreise, wenn seine schlimmen Augen nicht selbige aufhalten, denkt er in 14 Tagen schon in Pempelfort zu seyn. Ich habe keine Zeile nach Engl. an ihn schreiben können; aber sein Aufenthalt ist dort sehr angenehm und unterhaltend für ihn gewesen. Die holl. Heeringe sind dort eher wie hier angekommen. Ich habe mich auf keine Rechnung gemacht, und mein Amtsbruder Gomm schickte mir noch denselben Abend, wie sie angekommen waren, 2 durch seinen Pflegsohn ins Haus, HE Miltz drey. So viel habe ich auch nöthig meinen Appetit zu stillen. Sie sind mir des Abends Arzeney und ein Digestiv, das mir immer den Morgen drauf wohl thut. Capt. Mallisson wird schon glücklich angekommen seyn, und Sie werden den Eltern ihre Freude dort nicht lange entziehen Der Minister v Zedlitz wird hier todt gesagt, und viel von seiner Krankheit erzählt. Mein Nachbar und ich trinke uns bisweilen einander ein
    Gläschen distillirtes Pfeffermünzenwaßer
zu, das neulich in einem merkwürdigen
    medicinischen Briefwechsel
für Nervenfieber ungemein empfohlen worden. Ich habe vor der Hand noch mehr auflösende als stärkende Hülfsmittel nöthig. Eine preußische Geschichte und Statistik ist hier in der Arbeit und wie man sagt schon unter der Preße, worinn der seel. Kreutzfeld und sein lebender Freund noch schlimmer mishandelt werden, als es von dem Exminister geschehen. Morgen werd ich mich noch um Me Hartknoch erkundigen, wenn ich mit der Antwort nach Riga fertig werden sollte. Es sollte mir leid thun, wenn sie schon abgereist wäre. Bitte sich nicht zu ärgern, wenn Sie meine gelehrte Faust nicht lesen können, und mich lieber für meinen guten Willen zu schreiben ins Fäustchen zu lachen. Da komt Freund Brahl; und ich küße Ihnen die Hände mit der herzlichen Empfehlung meines gantzen Hauses und Michels an Mlle Henriette Ihr ergebenster Freund und Gevatter Johann Georg Hamann. Adresse:
à Madame / Madame Courtan, / née Toussaint / presentement / à /
    Pillau
.
Pempelfort, den 4ten Aug. 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 16 Aug.No 89. Geantw. den 24 – zum Abschied nebst der ersten Einl. an J.J. worinn die beyden zurückbehaltenen Lieber Verehrungswürdiger Mann Der heutige Morgen ist mir durch ein Geschäft mit der hiesigen Hofräthinn Brinkmann geraubt worden, und der größte Theil dieses Nachmittags durch unaufschiebbare Briefe an Loewe, Göschen, den ältesten Sohn des Ihres Jonathans in Aachen, und an ein Amsterdamer Handlungs Haus, mit welchem wir in Verbindung stehen. Ich muß also die
    eigentliche
Beantwortung Ihres Schreibens vom 16ten & 23ten p. auf künftigen Dienstag verschieben. Für heute will ich Ihnen blos den Empfang dieses Ihres Schreibens und der Einlage an Witzenmann bescheinigen, Ihnen im Nahmen des letztern den herzlichsten Dank für die Versicherung Ihrer Freundschaft und Ihres Wohlwollens bringen; – und dann noch sagen, daß Ihr Jonathan würklich den 1ten dieses v. London abgereiset ist, und den 12ten oder 13ten hier einzutreffen gedenkt. Er schreibt unterm 25ten p. „Die Tage, die ich hier noch zuzubringen habe, sind nur wenige, und ich habe mich den ganzen Morgen mit Zubereitungen zu meiner Abreise beschäftigt. Die peeps, die ich von hieraus heimlich nach meinem kleinen Pempelfort thue, machen mich gar nicht schwermüthig, und ich gebe meine kleine Insel nicht für diese reiche herrliche hin, soviel Vergnügen ich auch darauf genoßen habe.“ – Vermuthlich erhalte ich Sonntag einen Brief von Calais, und in demselben die Nachricht von seiner der glücklichen Ueberkunft Ihres J. auf das feste Land. Dienstag theile ich Ihnen sodann das nähere mit. Es wundert mich, daß Sie den 23ten p meinen Brief
    vom
11ten noch nicht erhalten hatten. Ich habe Ihnen an diesem Tage einen nur allzu weitläufigen Brief geschrieben, u. 2. Exempl. des Bogens D. 2. Ex. des Bogens B. u. 1. Ex. v. C. gesandt. Das Packet war dick; jedoch nicht übermäßig. Es wäre mir unbegreiflich, wenn man es von der reitenden Post in Wesel auf die fahrende gegeben hätte. Auf jeden Fall schließe ich hier noch 1. Ex. von D.* bey: wiewohl hoffentlich ohne Noth. Verzeyhen Sie, meine Eile, höchst verehrungswürdiger und von mir innigst geliebter Mann. Schon vor 10. Jahren waren Sie mir
    als Schriftsteller
theuer; aber Ihre Briefe haben Sie mir seit 2. Jahren
    als Mensch
noch weit schätzbarer gemacht. Ich bin und bleibe  Von ganzem Herzen der Ihrige Schenk. * Von Hamann unterstrichen; am Rand dazu vermerkt: C. statt D.
Kgsb. den 5 Aug. 86. Herzlich geliebtester Freund, Ihre letzte Zuschrift erhielt den 27 Jul. mit 2 andern Briefen. Der eine aus M. bestand aus einer einzigen Zeile und meldete mir unter dem 9 Jul. den Tod des kleinen
    Josephs
, mit deßen Geburt ich unter dem 5 erfreut worden war. Einl. an Me Hartknoch wurde durch meinen Sohn gleich bestellt, weil ich den Tag vorher an einem Durchfall p bettlägerig geworden war, mich bald erholte, aber die ganze Woche durch nicht ausgieng. Meine Hausmutter feyerte zum ersten mal ihren Geburtstag, hatte ohne mein Wißen uns. Lieschen u Louischen Miltz zu Mittag gebeten. Mamsell Podbielski kam den Nachmittag von selbst; sie erhielt also die zweite Einl. unmittelbar aus meiner Hand. Die aber nach W. ist erst gestern abgegangen. Ich war seit dem 8 Jul. eine Antwort schuldig, und es war mir unmögl. mit der ersten Post alles zu bestreiten. Sonntags erhielte den vierten abgedruckten Bogen; ich bin aber nicht im stande gewesen, ihn eher als Mittwochs anzusehen, und bin erst morgen willens ihn zu lesen. So gemächlich und behutsam muß ich mit meinem kranken Kopf umgehen. Selbst an Jacobi habe keine Zeile nach Engl. geschrieben und er ist schon auf der Rückreise, wird in 10 Tagen erwartet. Mit dem vierten Bogen muß meine Autorschaft entschieden seyn, ob selbige zum Durchbruche kommen oder ins Stecken gerathen wird. Man arbeitet dort noch an meinem Urlaube, wovon ich den Erfolg auch noch abwarten muß und vielleicht noch diesen Herbst ziehe um den ganzen Winter dort zuzubringen. Homo proponit, DEVS disponit. Sie thun der Baroneße Unrecht, die ich abgehalten Ihnen zu antworten, ohngeachtet sie von selbst dazu willig war – und die mit Gram und Kummer so überhäuft ist, daß sie nicht einmal die nöthigsten Besuche annimt. Ihre innigste Freundin hat so viel Blutspeien gehabt, daß sie beynahe alle ihre wenige Lebenskräfte darüber verloren, und fängt sich erst seit ein paar Tage an ein wenig zu erholen. Sie denkt ganz gleichförmig mit mir, und bleibt bey ihrem Entwurf und Gelübde durch die älteste Schwester die jüngsten nachzuhelfen, und ich kann ihren
    guten Willen
eben so wenig misbrauchen, wie von Ihnen, liebster Hartknoch, größere Opfer der Liebe und Freundschaft annehmen, als ich mit gutem Gewißen zu verantworten und zu verdauen im stande bin. Die
    Gaben der Natur
machen uns selbst gegen den
    Schöpfer
unerkenntlich, ungeachtet seine Natur das Minimum, wie die Kunst ein Maximum zum Ziel macht. Um Ihres
    guten Willens
würdig zu seyn, und mein
    gutes Gewißen
unverletzt zu erhalten, kann ich nicht anders als meinen Grundsätzen und Pflichten gemäß handeln. Meine Worte mögen zweydeutig und dunkel seyn, in meinen Handlungen hoffe ich einen reinen und klaren Ausdruck der innigsten Gesinnungen zu äußern, und denselben treu zu bleiben. Ich denke von
    Erziehung
, wie von allen
    Mitteln
, deren menschlicher Gebrauch lediglich von einem höheren Seegen abhängt, und einen
    mäßigen Gebrauch
ziehe ich immer einem
    erzwungenen
und
    übertriebenen
vor. Seyn Sie von meiner
    Freundschaft
und
    Erkenntlichkeit
durch meine abschlägige Antwort fester versichert. Wenn Ihnen an
    jenen
etwas im Ernst gelegen ist, so würden selbige durch die Annahme und ein schwaches obsequium eher unterdrückt und erstickt werden. Ich werde Ihre
    grosmüthige
Absichten zeitlebens im Sinn und Herzen behalten und meinen Kindern selbige einprägen und hoffe sie auch dadurch erkenntlicher und beßer und glücklicher, als durch einen unverschämten mißlichen
    Genuß
zu machen, der natürlich sätigt und zu Murren Anlaß giebt, wie das Manna in der Wüsten. Ich kann Ihnen keinen andern Beweis meines empfindlichen Herzens geben, als einen negativen. Dum tacet, clamat; also auch dum nego, fruor. Männliche, väterliche, kindliche, brüderliche Freundschaft sind gründlich, fest und stärker als Fleisch und Blut, das gleich dem Mercur steigt und fällt, von Meteoren abhängt. Meine Arbeit und meine Reise ist das Einzige, woran ich jetzt denken kann. Gott, der dies weiß, mag für alles übrige sorgen, und mir das
    Eine
überstehen helfen, von deßen Ausgang zum Theil der Rest meines Lebens und meine Entschließungen für die Zukunft abhängen. Ein Käufer zu meinem Hause das mir bisher so viel Sorgen gemacht, hat sich auch diese Woche gemeldt, und so sehr ich ihn gewünscht, habe ich auch nicht einmal Lust diese Sache abzumachen, so willig ich auch zu
    verlieren
bin, und schon 1000 fl. baar Capitalien aufgeopfert habe, meine
    Unwißenheit
im Handel und Wandel als eine Art von
    Allmosen
ansehe, die ich dem Publico schuldig bin – HE Geheime Secr. Mayer ist vorige Woche aus Deutschl. zurückgekommen und nach Curl. um vermuthl. seine Familie abzuholen. Sollte er nach Riga kommen, so hat er mich gebeten, ihn Ihrem Hause zu empfehlen, welches ich auf allen Fall vor der Hand thue. Sie kennen ihn bereits, wo ich nicht irre, persönlich. Er ist ein feiner, geschickter und dabey wegen seines Schicksals merkwürdiger Mann. Er hat mir dem M. Masius seine Schriften mitgebracht einen Gruß von Häfeli aus Deßau, der mir 2 poetische u 2 prosaische Kleinigkeiten von dem dortigen Oberhofprediger de Marées, einem außerordentl. lebhaften Greis, an deßen Autorschaft ich ebensoviel Antheil nehme, als er an meiner scheint, mitgebracht. In Berl. u Deßau hält man unsern Herder für den Verf. der Resultate, die von einem liebenswürdigen Jünglinge herkommen, und ihm Ehre machen. HE Oberhofprediger Schultz brachte mir heute selbst vor 8 Tagen den III. Theil der Michaelischen Supplemente ins Haus, auf die HE Jacobi für einen Sohn subscribirt, und bat mich Sie an Rossi zu erinnern, den ich mit der ersten beqvemen Gelegenheit erwarte. Der Wanderer Hill, dem Pfenninger den 5 Theil seiner jüdischen Briefe mit einem Misverständniße dedicirt, hat auch eine dringende Bitte an Sie, wegen der er schon unmittelbar an seine dortige Freunde schreiben wollte, die Sie aber füglicher vermittelst Ihrer Verbindungen und durch Ihren HE Sohn, den ich von mir herzl. zu grüßen bitte u meinem Michael, auszurichten imstande seyn werden. HE Comm. Rath Wolff hat ihm einige Höflichkeiten erwiesen und seine kranke Frau zu retten sich bisher vergebl. Mühe gegeben den
    Gletscher Spiritus
und den Bats. Heluet. maj. u min. zu erhalten. Die Kosten will man gern reichlich erstatten. Können Sie uns Nachricht verschaffen, ob und wo derselbe dort zu haben ist, oder wenn Sie dort hin schreiben, diese Mittel auf irgend eine gute Art hieher expediren laßen durch Ihre und vielleicht unsere Freunde in Zürich oder Schaffhausen z. E. HE Gaup, HE Steinert p so werden durch diese Gefälligkeit sämmtl. Interessenten verpflichtet werden. Ich rechne und baue auf Ihre Freundschaft, von der ich so viel Unterpfänder habe. Me Courtan hat mir vorgestern aus Pillau geschrieben, aber mit ihrer Gesundheit will es nicht fort. Ich denke diese Einl. an Ihre Frau Gemalin abzugeben, die ich seit langer Zeit nicht gesehen habe, und noch hier vermuthe. Mein Gesetz ist, keinen Besuch ohne irgend ein
    Geschäfte
oder einen Beruff dazu abzulegen. Montag vor 8 Tagen besuchte ich meinen ältesten u einzigen übergebliebnen Freund Hennings. Den Tag drauf bekommt er einen Anfall vom Schlage. Ich habe ihn vorigen Sonntag zum erstenmal sehen können, und seit dem jeden Tag in guter Hoffnung seiner Widerherstellung. Gott gebe Ihnen Gesundheit und seegne Sie mit eben dem überfließenden Maaße, das Sie mir und meinem Hause zugedacht haben. Bey ihm ist jeder gute Wille That, und erfüllt. Für mich auch jede Verheißung, gesetzt daß selbige erst auch durch die Zeit
    reif
werden muß – eine Blühte, die Frucht bringt, oder immer die Fruchtbarkeit des ganzen Baums befördert. Mein Haus u die beyde Pflegtöchter empfehlen sich samt den Eltern. Ich lese Penzels Dion halb lachend, halb ärgerlich. Muß aber noch heute damit fertig werden um mir auf die Woche völlige Muße zu verschaffen. Entschuldigen Sie die Eilfertigkeit eines alten Grillenfängers und Predigers in der Wüsten JGH. Vermerk von Hartknoch: Empf d. 6 Aug 1786   beantw d. 19 Aug 1786
Kgsb. den 7 Aug. 86. Geliebtester Mentor und Freund, Vorgestern ist D. Buck gestorben; ich war bey Ihrem Wirth angesprochen um mich zu erkundigen, ob etwas an Sie angekommen wäre, daß bey der dortigen Unruhe leicht vergeßen oder verschmißen werden könnte, zugl. habe ich abgemacht, wenn etwas anlangen sollte, solches sogl. an HE Jacobi zu befördern, wo ich heute speisen und Abrede nehmen werde. Sie können daher gantz ruhig seyn, haben auch kein ferneres Misverständnis beym Abgange der Post zu besorgen. Vorige Woche wurde Minister v Z. schon todt gesagt, und seine Stelle durch p Werder besetzt. Jetzt lebt er wieder und giebt Hoffnung gesund zu werden. Der Anfall von Raserey soll aus einem bloßen Magenkrampf entstanden seyn. Gestern habe ich die vier gedruckte Bogen erst durchlesen und übersehen können, bin fest entschloßen die Arbeit aufzugeben, weil ich völlig überzeugt bin von der Krankheit meines Kopfs und seiner Unvermögenheit. Ich denke mit nächster Post Freund Tiro davon Nachricht zu geben, und so bald ich kann an meinen Jonathan zu Pempelfort selbst zu schreiben; dem am meisten daran gelegen seyn muß, den Credit eines gesunden Urtheils nicht einzubüßen. HE Pfarrer Hippel hat gestern seine Antrittspredigt in Arnau glücklich abgelegt, und es ist alles ruhiger abgegangen, als man besorgt hat. Die Hauptursache, warum ich schreibe, ist das Anliegen Ihres Wirths und Wirthin, doch wenigstens nicht vor dem Ende der Ferien einzutreffen. Ihre Stuben sind noch offen, man treibt die Arbeit so stark wie mögl. bis 9 Uhr des Abends; aber vor diesem Termin glaubt man ohnmögl. fertig werden zu können. Vetter Jacobi reist heute ab mit seiner Familie nach Trutenau, und ich will noch diesen Mittag bey und mit ihm eßen. Wir werden uns bey dieser Gelegenheit auch Ihrer erinnern. Bitte ein gleiches dort zu thun und mich der gnädigen Herrschaft bestens zu empfehlen. Abel schreibt gegen die Resultate; und dies war das auch das Problem, woran Sie neulich dachten. Muß noch zu meinem kranken Freund laufen. Ich umarme Sie und wünsche Ihnen Gesundheit und mir ein frölich Widersehen.   Vale et faue TVO J. G. H. Ich gieng heute gegen Abend nach dem philosophischen Gange um HE Pr. Kant zu begegnen, den ich zu Hause zu stöhren befürchte, und war so glückl. ihn eben auf dem Rückwege zu begegnen. Er hat nichts als seinen Gruß zu bestellen und wünscht, daß Ihnen die Ausflucht heilsam seyn möge. Von Berl. weiß er nichts – Me Hartknoch ist gestern abgereiset, und Me Motherby hat gestern erzählt, daß Me le Noble die Albertinchen auch hätte wider abgeliefert, worüber ich sehr erschrocken bin, weil ich vorgestern Abschied nahm und die Mutter mir alles Gute von ihr sagte. Die Baroneße ist also gerechtfertigt. HE Commissarius perpetuus begegnete uns auf dem Wege mir einen Theil des Monthly Review zu bringen und biethet Ihnen seine Stube an, welches ich gleichfalls zu thun im Sinn gehabt, den Hayn Mamre zum Auditorio platonico. Sie werden sich also die nothgedrungene Inhospitalität ihrer Wirthsleute nicht anfechten zu laßen, Königsberg bald wider zu sehen, wenn es Ihnen, wie kaum zu vermuthen, auf dem lieben Lande nicht mehr behaglich werden sollte. Daheim ist daheim. Mein Anacharsis bringt mir Garvens 3 Vorlesungen in der ökonomischen Gesellschaft über den Character der Bauren mit und für sich die niedliche Bruncksche Ausgabe des Anacreons in Taschenformat. HE Pf. Fischer ist unterdeßen bey mir gewesen u hat mich nicht gefunden. Die Abhandl. über das Orientiren ist bereits nach Berl. an ihre Behörde abgegangen. Vorige Woche erhielt aus Pillau einen Brief von Me Courtan, die dort ihres Lebens auch nicht froh wird. Jachmann ist dort auch krank. Unser Prov. Rendant Fritsch, des Cons. Raths Gräf Schwager, hat hier viel Spectacle gemacht, und läuft Gefahr seinen Verstand u Dienst zu verlieren. Das preuß. Magazin soll so gefährlich nicht seyn, wie man es mir erzählt. Wegen der Glavschen Geschichte hat die Regierung hier den Druck untersagt. Hans mit dem übrigen großen und kleinen Gesindel bitten im geneigten Andenken zu bleiben. Auf glücklich Widersehen! Pempelfort den 11ten August 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 26 – Geantw eod.No 49. Hier bin ich wieder, lieber Herzens Vater, und mein erstes Geschäft ist, Dir zu sagen, daß ich wieder hier bin. Freytag Morgen reiste ich von Richmont weg, war den Abend in Dover, segelte Sonnabend Morgen um halb 7 aus dem Haven von Dover, u war um 10 Uhr vor dem Haven von Calais. Ich bin ein wenig übel aber gar nicht krank geworden, ob wir gleich Sturm hatten, u die Farth ergötzte mich unaussprechlich. Sonnabend Nachmittag um 4 Uhr reiste ich von Calais ab, und war Montag Abend zu Aachen. Dort bin ich, meinen Freunden zu gefallen u weil ich es auf der Hinreise versprochen hatte, 2 Tage geblieben, u so erst gestern Abend hier angekommen. Daß ich Dir heute weiter nicht viel schreiben kann begreifst Du. Du bist, außer Schenk, der einzige gewesen, dem ich von England aus geschrieben habe, u Du bist auch der einzige für den ich an diesem Tage die Feder in die Hand nehme. Meine Freude bey der Ankunft ist durch den Anblick meines lieben Witzenmann sehr gestört worden. Er hat sehr abgenommen, eine weit schlimmere Farbe bekommen, u ist so low spirited, daß einem aller Muth vergeht ihn aufmuntern zu wollen. – Mich verlangt sehr nach Deiner langen Epistel. Ich sage nichts von meiner vereitelten Hoffnung Dich diesen Herbst zu sehen. Mir ist als wenn die Sache sich noch anders wenden müßte. Das Werk v Schwedenborg soll Hartknoch haben wenn es irgend aufzutreiben. Es wird gegenwärtig ins Engl. übersetzt. Das lateinische original ist sehr rar. Schenk versichert mir, Dir jede Nachricht die er v mir hatte genau mitgetheilt zu haben. Er empfielt sich Dir aufs beste. Nim vorlieb guter Vater, mit diesem armen Blatte. – Wenn Schenk doch wahr sagte u die nächste Post brächte mir eine recht lange Epistel von Dir! Kann ich irgend dazu kommen, so schreibe ich am Dienstag wieder, u melde wie es zugegangen ist, daß ich von Deinem Auftrage wegen Schwedenborg nichts gewußt habe, u als Schenk deßen kurz vor meiner Abreise in einem Briefe gedachte, gar nicht wußte was er wollte. Es ist aber weiter nichts dabey versäumt als die Zeit. Ich laße den Auftrag durch Schonborn (dänischer Chargé d’affaire) der gerade der rechte Mann dazu ist besorgen. Er weiß um alle Schwedenborgische Dinge, u durch u durch ein deutscher Bidermann. – Meine Reisegefärthinn grüßt u küßt Dich. – Mein Befinden ist gut. Gott mit uns! – Von ganzem Herzen – Dein Fritz – Von Herdern noch oh immer keine Zeile. Auch v Lavatern nichts. Ist es Dir recht daß er meinem Rath folgte? Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco
Vermerk von Hamann: Erh. den 26 Aug. 86. Nach Riga geschrieben den 30 –
Pempelfort den 22ten August 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte:No 50. lieber Vater Hamann, Seit der Zeit daß ich an Dich schreibe, hat es mir noch nicht einmahl so leid gethan daß ich einen Posttag versäumen mußte, als den vergangenen. Ich lag an meinem bösen Kopfweh zu Bette. Den Posttag zuvor war ich im Gewirre des Aufräumens, welches mir herzlich sauer geworden ist. Ich sah mich gar nicht durch wie ich wieder in Ordnung u Schritt kommen wollte. Der Tag meiner Abreise von hier war mir so schnell über den Hals gekommen, daß ich nicht ganz reinen Tisch hatte machen können, sondern vieles nur bey Seite legen müßen. Nun hatte sich, während meiner Abwesenheit so viel neues gehäufft: u mit mir selbst kam ein Haufen von Durcheinander, sdaß daß ich an das Licht machen in dem allen ohne Schauder nicht denken konnte, u mich oft in einer Art von Verzweiffelung in einer Ecke meines Zimmers auf den Sthuhl warf, die Arme über einander schlug, u, anticipando vor Ermüdung einschlief. Dann ärgerte ich mich über meine Schwachheit, die mir jedes Auseinanderwirren u Schichten so unerträglich lästig, so Todesbitter werden läßt, daß mir dabey ein Angstschweiß über den andern ausbricht, u ich laut aufschreien möchte. So griff ich von neuem wieder an, u bin, nach öffterem die Hände sinken laßen u davon laufen, nun, Gott lob, so weit, daß ich mir den Angstschweiß abtrocknen kann. Der Brief an Schenk vom zweyten August ist angekommen, aber an mich noch nicht an mich. Dem Verfaßer der Resultate hat die ihn betreffende Stelle in diesem Briefe sehr wohl gethan. Er ist sehr herunter, der gute Man Mann, doch giebt sein Arzt noch immer guten Muth. – Ich sehne mich, lieber Vater, nach Deinen verheißenen Briefen. Mir ist als wären die andern nicht von Deiner Hand. Am Sonntag war ich ein wenig mürrisch, da die Post wieder nichts von Dir gebracht hatte. Die Arcana coelestia sind bestellt, u ich bin gewiß daß er Schönborn sie auftreibt. Es wird gar nicht lange anstehn daß Du Nachricht davon erhältst. Du mußt mir die Geschichte der Versäumniß Deines Auftrags schenken, sie ist zu lang. Die Schuld kommt am Ende allein auf mich; Schenk hat mich überführt. Ich habe mich genug darüber gegrämt, darauf kanst Du Dich verlaßen. Die Prinzeßinn hat betreffend Deines Urlaubs noch keine Antwort. Buchholtz ist mit seiner Frau u einem Freunde, Nahmens Rosier nach Welbergen. Wir wißen hier nichts zuverläßiges von D Stark. Der grimmige Prozeß den ihm die Berliner M. Schrift an den Hals geworfen hat, scheint mir, was seinen Hauptgegenstand betrifft, ganz leer an Beweisstücken. Ich bin bereit mein ganzes Vermögen darauf zu verwetten daß die Geheimen Gesellschafften keinen politische Quelle haben; am wenigsten eine Papistisch politische. Daß man in unsern Zeiten nach durchlöcherten Brunnen sucht geht die kein Waßer haben, u sich von Keller auf den Boden, u vom Boden in den Keller schicken, komt mir sehr natürlich vor, u läßt sich ohne Cryptojesuitismus begreiffen. Mendelssohn hat einmahl hierüber sehr vernünftige Gedanken in der MonathSchrift geäußert, glaubt aber am Ende, dem Unglück würde bald abgeholfen seyn, wenn man nur wieder anfangen wollte die Wolfische Philosophie mit Ernst zu treiben. Die neue Ausgabe meiner Briefe über Spinoza kommt diese Meße nicht zu Stande. Es ist mir blos um meines Verlegers willen leid, der, wegen der starken Nachfrage, vor einem Nachdruck bange ist. Vielleicht bringt diese Meße die Rezensionen der allgemeinen Bibliothek und noch andre Dinge. Am neugierigsten bin ich gegenwärtig auf den Aufsatz v Kant, u voll Furcht daß ihn der Sept der Monatschrift noch nicht enthalten werde. – Uebermorgen komt wieder die Weseler Post u mit Ihr vielleicht die Nachricht, wie der neue Sturm den Du mit Dom VIII wagen wolltest abgelaufen ist. Die 4 fertigen Bogen des fliegenden Briefes werde ich nun in der ersten heitern Stunde, wieder durchlesen. Mir fehlt der Bogen A, den ich morgen v Duisburg Mühlheim erhalten werde. Gott erhalte Dich, Du lieber Herzensvater! Ich küße Dir die Hände, u drücke sie fest fest an meine Brust – Dein Fritz – Der junge Spalding den ich zu Richmont traf, u der ein sehr liebenswürdiger junger Mann ist, u voll glücklicher Anlagen u guter Kentniße hat mir eine meine Vorstellung weit übertreffende Schilderung von dem Haß u der Verachtung gegen das Χstenthums der unter den Berlinischen Philosophen herrscht gemacht. Er hat z. B. Biestern sagen hören, man dürfe jetzt nur nicht nachlaßen, u in zwanzig Jahren werde u müße der Nahme Jesus im religiösen Sinne nicht mehr genannt werden. – Der historische Glaube an die Schrift, ist auch dem alten Spalding ein Gräuel. Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / franco
Vermerk von Hamann: d 6 Sept. 86
Kgsb den 22 Aug. Der Grund aller Ueberspreizung ist   1 str:Instinct von Leidenschaft zu Leidenschaft, Schwäche  Kein David ist mehr hier,unterscheiden ist das Meisterstück  Kein Jonathan ist blieben!des Verstandes. So weit ist es mit mir noch nicht gekommen. Unser vertrauliches Du, Fritz! hat lange geschlafen, und es ist die höchste Zeit, daß ich es wider aufwecke. Zur Gnüge von Dir gehört; laß uns einmal wider plaudern, und einholen was wir versäumt haben, und abmachen, theils was noch rückständig theils für die Zukunft. Es ist kein Brief, keine Ohrenbeichte; nenn es laß es ein Selbstgespräch seyn. Ich wünsche Dir mit einem Bewi Willkomm Bewill kommens-Kuß Glück zu Deiner überstandnen Reise und und gegenwärtigen nach mehr Gewiß der Ruhe und Freude in Deinem Hause und Pempelfort, nur u daß Du Alles wohlbehalten, unversehrt und gedeylicher wider gefunden haben mögst. Daß Dir Dein Johann Georg dort und sein Pendant hier einige trübe Gedanken gemacht, läßt sich leicht errathen. Sorge für keinen von beyden. Bleib des einen liebreicher Vater und des andern grosmüthiger Freund: so wird Deine Standhaftigkeit belohnt werden. Beyde sind krank gewesen; keiner zum Tode – Auch die Freude in M. ist bald verwelkt. Alles Fleisch ist wie Gras, alle Güte und Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blumen, das Gras ist verdorret und die Blumen abgefallen. Aber Eins bleibt in Ewigkeit. Die Sterblichkeit meiner Autorschaft hat Dir schon lange geahnt, und Du wirst auf diese Nachricht schon vorbereitet seyn. Ich muß Dich also mit dem Leichenbegängnis dieser unzeitigen Geburt noch beschweren, und Deinen ehrl. Tiro die Mühe und Sorgen deshalb überlaßen. Phryges sero sapiunt. Es geht meiner unstätigen Mühe, wie der Prophetin Miriam Schwester Mosis; auch diese war sie ist wie ein Todtes, das von seiner Mutter Leibe komt, es hat schon die Hälfte ihres Fleisches gefreßen. Ach Gott heile sie! Mos XII. 12, 13. Ich bin vorgestern war zum Nachtmal gewesen. Ich gehe nur Einmal des Jahrs, aber diesmal hat es später gewährt. Gestern frühe erscholl auf einmal die Nachricht, daß der König todt wäre. Die jetzt Thore wurden geschloßen, und die Regimenter huldigten. Auf den Sontag trete ich in mein 57stes Jahr. Ich habe mir vorgenommen diese ganze Woche mich nicht aus dem Hause zu ruhen. Den Tumult in meinem Gemüth kannst Du Dir leicht vorstellen, und was es mir für Gewalt kostet, so mannigfaltigste sich widersprechende Bewegungen die an neuen Hirngespinsten fruchtbar sind, nicht unterzuliegen. Nach verrichteter Andacht ergriff ich sogl. vorgestern die Feder an Dich zu schreiben. Kaum habe ich den Anfang gemacht, als Kraus mit der Post von Aus dem Oberlande ankam, wo er 5 Wochen sich aufgehalten hat. Gestern habe ich mich den ganzen Tag gequält, fortzufahren. Kraus mit seinem Lieblingsfreunde Sommer sprach an gegen Abend, und zu gleicher Zeit erhalte eine addresse von der Post ein Päckel dort abzuholen, wofür es schon zu spät war. Eben jetzt komt mein Sohn zu Hause, und es ist von B. ohne einen Buchstaben vom Dato der Absendung. Es gehören vielleicht 9 Monate dazu ehe ein empfangener Gedanke ans Licht kann und wie viel als da nach, ehe er sein volles Maas erhält oder fertig wird. In anderem Duktus (vmtl. später) notiert: Gemüthsbewegung schenkt die Kinder, und der Gedanke nährt sie. Ich besinne mich aus meiner Kindheit diese 2 Verse einige Tage lang unermüdet gesungen zu haben. Den Anfang des Liedes hab ich vergeßen weiß ich nicht mehr, aber die Weise deßelben gieng nach einem alten Gaßenhauer: Ihr Mauen oder ihr Scheuen hört p Unser vertrauliches Du, liebster Fritz! hat lange geschlafen, und es ist die hochste Zeit, daß ich es aufwecke. Laß mich plaudern vom 100 ins 1000ste und einholen, was wir ich versäumt habe und abmachen was noch rückständig für die Zukunft ist. Zuförderst wünsche ich Dir mit einem Bewillkommnungskuß Glück zur überstandnen den 27 Aug. Liebster Fritz, Ich erhielt im Aug. 89 Deinen ersten Brief und gestern Morgen bringt mir mein Michael statt des 9ten Briefes, den mir unser Tiro vom 4 d. versprach den nächsten Dienstag zu schreiben und auf den ich am 3 Posttage gewartet hatte den 49sten Brief, auf dem ich sogl. Deine Hand erkannte und darüber erschrack als über die Erscheinung eines Ariels, der mir eine Antwort auf den Willkomm brachte, den ich dir erst den vorigen Dienstag geschrieben hatte. Weil ich meinen Augen nicht traute, so sah ich nach dem Siegel, auf dem mir ein Rad in die Augen viel, und weil ich es verkehrt hielt die jungfräuliche Sphinx für den leibhaften Märtyrer Ixion ansahe. Es hatte mit dem ganzen Rätzel folgende Bewandnis. Vorgestern fiel es mir ein, weil ich die ganze Woche zu Hause bleiben wollte, und die Zeit lang würde Deinen ganzen Briefwechsel in Ordnung zu bringen. Diese Beschäftigung wirkte auf mich wie die Dulcamara und brachte mich in einen außerordentl. Schweiß und GMuhsal von Gemüthsbewegungen, da ich eben Deinen Brief empfieng. Ich war zu Hippel den ich seit 14 Tagen nicht gesehen hatte, gebeten u ließ mich entschuldigen. Daher weiß ich so genau die Anzahl Deiner Briefe, weil ich sie alle mit rother Dinte nach verrichteter Arbeit numeriert habe, ohne ein Zedelchen noch das kleinste Blättchen mit Bleystift von Deiner Hand geschrieben vermißt zu haben. Der süße Wein Deiner Zartlichkeit, an dem ich ganzer 2 Jahre gesippt hatte, war auf einen Zuge von mir erschöpft worden, und daraus wirst Du Dir leicht selbst das ebentheuerl. Spiel meiner Phantasie erklären können. Nun ich freue mich abermal, lieber Fritz daß Du und Dein alter Ego und schwesterl. Reiseengel alles nach Wunsch und zufrieden wider in Aachen und Pempelfort bis auf meinen jungen Freund WZm! gesehen hast bis auf meinen jüngsten Freund WZm. mit deßen Schicksal ich so wohl als Sinn ich leider! zu sehr sympathisire. Ich habe Dir Unrecht gethan, daß Du mermals an diesen liebenswürdigen Hausgenoßen gedacht hast, da er dreymal 2mal aber wie im Vorbeygehen ein Magister angeführt wird; und es eben der ist, an deßen Fragment B. über Matthäum B. Dich einmal mahnte. Erst nur Mein Stoltz fing war anfängl. Aus Meine Discretion, und wurde artete in Vergeßenheit und der unbekante Name machte ich immer stutzig und neugierig. Mein Vetter George ist doch wider hergestellt, wie ich schließe. In der Silhouette, die mir Meister Tiro von ihm gemacht hat, fand ich soviel homogenes mit meiner Physiognomie, daß ich Lust hätte bekam mit Dir zu tauschen, wenn ich nicht besorgen müste, daß wir uns beyde am Ende betrogen finden würden Wir katzbalgen uns beynahe alle Stunden in puncto einer Cardinaltugend, welche Ordnung heist, von der ich ein mehr als platonischer Liebhaber in abstracto bin, aber in concreto ist entre chien et loup kaum differentia specifica, und durch diesen Wortwechsel wird der Prediger etc und naseweise Zuhörer so erhitzt, daß wir wie ein Paar Virtuosen ein Duetto von stotternden und stammernden Trillern erschallen laßen, der alle Katzen weise übertrifft – – Wenn nach dem Maasstab der ehe brüderl. Vergebung die Gegenliebe zunimmt, lieber Fritz! so hab ich einen neuen zureichenden Grund Dich zu küßen und zu umarmen, daß Du einen unbesonnenen Auftrag von Hartk von meinem Verleger, worüber ich mir so viel Vorwürfe gemacht, so gütig aufgenommen und einen so langen Weg ausgesonnen hast, diesen nun auch wirkl. verdienten Mann – (für andere mag er seyn was er will und wofür Ssie ihn halten und ich habe keine Thatsachen bis auf den heutigen Tag ihn nach ihrem Fuß vor der Hand zu verdammen – einen so großen Gefallen zu thun werden, als er es mir damals versicherte. Ich will mit erster Post Ihm Deine Antwort mittheilen, und mir eine Kaufmannsche Erklärung darüber ausbitten, so wohl in Ansehung der eine Anweisung sowohl zur Bezahlung als Beförderung. Zufolge mseines Bescheides kann der vorgeschlagene Freund Schönborn in London mit diesem Geschäfte behelliget werden. Braucht Dein jüngster Sohn noch die Kämpfsche Cur mit gutem Erfolg und hat sehr gegen seine Uebel ausgeschlagen. Würde sie nicht auch dem lieben guten Magister, der mir seine Noth selbst geklagt, zuträglich seyn. Mit dem 12 Lavement fing ich an sie kalt zu nehmen, und befinde mich beßer dabey als bey der warmen. welches dem Gefühl nach wohlthätiger zu seyn scheint. Dies Resultat hat Dein armer Prometheus nicht voraussehen können. Mir hat es geahnt. Ich fürchte mich angesteckt zu werden, mit meinem durch meine empfängl. Einbildungkraft. Ich fürchte das rothe Eisen, wenn es auch schon längst seine schöne hohe rothe Farbe verloren hatt. Piscator ictus sapiet Die Physiognomie des Titels war mir schon verdächtig, und auch Deine Ankündigung war ein viel zu heißer Brey. Wenn der Titul selbst so ein gefährlich Buch ist, wie deine unsere gute Freunde zu Berlin sie dafür ausschreyen: so wollen wir unserm eigenen Geist noch weniger trauen, der von Natur ein animal scribax, wie unsere Zunge meine Feder ein animal legex ist. Noch kein Tropfen Wein, lieber Fritz in meinem Munde gehabt. Eine elende Nacht verbracht – Ich konte nicht einschlafen, und erwache seit einigen Tagen vor der Dämmerung; woran mein Nachtgeschirr schuld ist, wie Asmus sagt. Muste mich wider hinlegen, bis mir meine alte Hausmutter ihrem Baßa die angezündete Pfeife vor das Bett brachte. Ich gieng in die Frühpredigt, wo ich zu spät kam, und einen Candidaten hörte, von deßen Stimme ich einen bloß den Schall oder vielmehr den bloßen Schall sr. Stimme hörte; hierauf zu Kr Hennings, Hippel, denen Ich Deine glückl. Heimkunft meldte, und nach Haus in meinen Schlafrok eilte. Da fand ich ein Brief geschriebenes Compliment von meiner Tochter, die ich nicht mehr bitten laßen, sondern mit einer Kutsche die ich heute ohngebeten erwartetete, weil ein Kaufmann, der mein Freund ist, sie immer mit seiner Tochter abholen läßt. Ihr Vater ist vorige Woche von einer zieml. langen Reise zu Hause gekommen; ich erwartete sie also vermittelst eines Vernunftschlußes. Mein Junge war über alle Berge; aber sein Freund Nicolovius, ein wahres Muster gesetzter Jugend, überraschte mich mit einem Glückwunsch zu meinem Geburtstage. Ohne ihn Weil ich niemanden keinen Gast hatte, so klagte ich ihm meine fortgeschlagene Hoffnung Lisette und bat ihn überlies es ihm bot die Stelle meiner Lisette Reinette an. Jetzt hat die Uhr 10 geschlagen. Es ist hohe war höchste Zeit mit einer Egestio zum penso à posteriori zu schreiten. Peracti labores iucundi. So wenig es auch jetzt cantable ist, sing ich auf meine eigene Hand eines meiner alten Lieblingslieder. Herr besänftige Mein Herze war noch nicht aus der Kirche gekommen“. Besuche Käthchen auch in der Kirche der Kirche. Mutter, Ma das jüngste Marianne Sophie Mädchen und die Küchen Magd arbeiten unten in der Küche. Wundershalber Ich bin Mein Magen ist recht neugierig nach den Gerichten Trachten und Gerichten. den 28. – Laß mich Nachtrag halten und die gestrigen Einfälle zu Ende bringen. Lisette Reinette kam doch nachdem ich mich verdrießlich gewartet hatte. Da erschien endlich ein ganz gemeine Kirschsuppe. Die Erstlinge unsrer spät gepflanzten türkschen Bohnen mit Wurst reichlich belegt ohne halbe Heringe. Statt eines verhaßten Kalbsbraten, ein sehr schmackhafter Rinderbraten. Das Kuchenwerk überließ ich den Kindern, die auch rein damit fertig wurden, bis auf einen einzigen, den Lehne Käthe für ihre Freundin Louise Miltzen aufhob, deren Vater als Nachbar u Leibarzt auf nach der Kirche auf einen Augenblick angesprochen war. Morgen und Abendlieder, die mein seel. Vater zu singen gewohnt war sind eingegangen bis auf ein Mittagslied. Weil ich jetzt selten die Kirche besuchen kann, und sich der Sonntag durch einen Braten vom gemeinen Tag unterscheidet, singen wir immer 3 Lieder, fast immer dieselbigen nach dem Eßen. Es blieb also auch nach der Hausordnung, und ich laß die Predigt vor aus Hahns Postille, und warfkroch mit meinem müden Leib ins Bette bis der Caffe kam, den ich am liebsten privatim trinke, daß mir keiner zusieht als die Schenkerinn. Nach dieser verrichteten Arbeit schritt ich zu einem neuen privativen Schmause nach meinem Bureau der in einem jüngern Briefwechsel bestand, aber eigentl. zur Recension des Deinigen den wahren Anlaß gegeben hatte, der wegen des Zusammenhangs eine bloße
    Einleitung des Ganzen
war, zu dem ich mehrere Sonntage bestimmt hatte. Ich wurde mit der ersten heiter fertig und behielt noch 10 übrig. Begnügte mich an dem glücklichen Anfange und Vorschmacke. – – – – Da kam Crispus wie ein Hirsch p und sprach: ich habe Ihnen ein wenig rothe Dinte mitgebracht. Ich machte große Augen und anwortete: ich hab schon, ich hab schon. Mein Sohn hat mir gestern welche mitgebracht. Er kehrte sich an meine Einwendung nicht u zog ein Fläschgen hervor, das ich gleich für rothen Wein erkannte. Sein Busenfreund Sauer hatte ein wenig Kirschwein zum Geschenk bekommen, von denen ich auch schmecken sollte, und dieses Fläschchen überbrachte er selbst. Ich melde ihm sonst die Feyer meiner Geburtstage unter der Bedingung das Amt eines Verschneiders zu verrichten, und dann übertreibt er die Galanterie um Bouteillen Wein mitzubringen und macht mich zu seinem Mundschenken. Ich sagte ihm also warum ich keinen Verschneider dies Jahr nöthig gehabt hätte, und daß die Hausmutter ohne mein Wißen und Willen meine Bouteille rothen Wein hätte auf ihre Kosten holen laßen. Der Scherz mit der rothen Tinte bezog sich auf eine vorgestern eingeschärfte Ordre an meinen Sohn, daß er mir nicht vergeßen sollte rothe Dinte mitzubringen, die ich nöthig hatte um die Briefe zu numeriren. Weil er sich bisweilen zu genau bey meinem Sohn nach meinen Arbeiten erkundigt, so hat ihm dieser den Tag vorher geantwortet: daß ich nichts thäte, sondern Briefe numerirte, wozu er mir rothe Dinte hätte mitbringen müßen. Wie wir eben im Lachen u Plaudern waren, Unterdeßen wir lachten u plauderten, und uns       zum   freuten, wurde das Fläschchen dem jungen Gesindel überlaßen hatten meine Kinder Louischen zum Besuch erhalten, und mein Sohn den hatte die Gesellschaft der Mädchen vorher unsern Nicolovius, Raphael u Hill, der aber nach Trutenau zurückeilte, von Crispus zu S. allein. Die jungen Leute nahmen mit einem Rührey und dem kalten Brote für lieb. Louischen gieng eilte zu Fuß, Lisette fuhr zu Hause. Nicolovius und Raphael giengen ohne Regenschirm nach dem andern Ende der Stadt und ich in meinem Schloße und Wohnstube ruhiger und heiterer und zufrieden mit dem ruhigen Jahreswechsel, und der 36 Lavement Visceraloperation Ich schäme mich nicht, lieber Fritz, meiner Schwäche und Leere und Blöße, darüber d – aus der Du leider! ansehen kanst, wie ängstlich ich mit meiner Individualität beschäftigt bin, und daß es mir in meiner gegenwärtigen Lage unmögl. fällt aus diesem Zauberkreise herauszukommen. Cessante causa cessat effectus. Für die Reiseblätter, die sich Mein einförmiger Briefwechsel muß Dir hatte Dir längst eckel werden sollen, und der Honigmundmond des Deinigen hat ist von Ewigkeit für mich. Ich bin des Schreibens überdrüßig u unfähig. Der Gruß des Sehens Gegenwart kann unsre Bedürniße allein befriedigen. Die Resultate meiner dreytägigen Arbeit und meines Details werden sind die Hälfte derjenigen, die Du am besten selbst machen kannst. Meine Ruhe ist Ehre u Wohlthat und Arbeit ist Schande und Fluch für mich. Du willst doch selbst lieber am ersten als letzten Antheil nehmen. Ich will heute wider meinen fleischlichen Brauch wenigstens dem Fleische nach abwarten, und alle Tage spatziren gehen; habe mit Crispus einem jungen Freunde gestern den Abend genommen mich dazu zu nöthigen. Dein Briefwechsel hat alles übrige bisher verschlungen. Wir sind jetzt in den 50 der Zahl nach. Je seltener mehr sie nach diesem äußern Verhältniße abnehmen; je mehr wird das innere des Endzwecks zunehmen. Ich werde also nunmehr ruhig Deine Antworten auf meine letzten Briefe abwarten. Der Siebenschläfer in M. ist der jüngste von uns und beschämt uns alle 3. Er weiß mit Salomonischen Instinct die Zeit zu jedem, zum Reden und Schweigen. Laß uns bey ihm in die Schule gehen; er hat uns genauer beobachtet, als wir es bisher imstande gewesen unsere selbst wahr zu nehmen. Die Furcht ihn zu sehen wird von der Liebe, die er ausübt upredigt, überwunden werden. Sein Katholicismus beschämt unsern Protestantismus. Laß das Weitzenkorn meiner Autorschaft verwesen, daß es Frucht bringe, und bedaure weder die Kosten noch die Schande meines Krebsganges. Folglich wär der
    gerade
der
    kürzeste
, wenn das gerade von unsern Augen und von unserer Hand abhienge u als einen für das andre ein Urtheil unseres Auges ein Product unsrer Hand seyn könnte. Mein Brief wie 16   von als Dein Siegel verkenne. Hippels Bruder ist Pfarrer in Arnau; die Bauern werden bald zu Paaren gebracht werden und ihr Aufwiegler zu Schanden gemacht werden. Vorgestern haben u Michael geeßen, weil er und durch meine Zusage hätte er die Tafel eines Ministers ausgeschlagen. Vorigen Freytag hat man den Anfang gemacht die Landeskreise zu bekehren, auch die Collegien haben geschworen. An unsere Freycorps ist noch nicht gedacht. Mein Junge Michael brachte mir vorgestern die Nachricht zu Hause, daß der König sich mit den de la Haye de Launay unterhalten, man wüste nicht worüber. Ich weiß es     als will das sagen, damit jetzt, von nichts als unsren Urlaub zur Reise. Das war einer der lächerlichsten Ahnenzüge. Cons. Ethke VI 6.die mit sich über Jahre       entflohen ist. Dein alter Prospero giebt Deinem Tiro Ariel das erfreulichste Zeugnis. Er verdient Dein u mein Ariel zu seyn, wie
    alles
mit u ohne uns unter uns gemeinschaftl. ist und bleibt bis auf mündliches Abreden. Dem Gebe alles gute dem Bundesstifter alter Freundschaft und Liebe sey alles empfohlen den Deinigen Bis puero, et fiat   Johann Georg H. Der K hat noch den Tag vor seinem Ende unterschrieben, ist darüber erschöpft worden. Man ließ ihm Zeit u stellte ihm vor daß nicht mehr als 3 Unterschriften übrig waren. Er thuts, wirft die Feder zur Erde, und begiebt sich zum mit einem: Nun ist es aus! und begiebt sich zur Ruh. Nach einer vermuthl. Mensch Legende soll er noch große Schmerzen gefühlt u französische mit dem Worte an das     Anteil Ens entium entfahren seyn.
Mittwochs am Tage Zachäi den 23 Aug 86. Kein David ist mehr hier, Kein Jonathan ist blieben! Mir fallen diese zwey Verse aus meiner frühen Kindheit ein, wo ich sie mit unermüdetem Vergnügen mir vordudelte. Das Lied weiß ich nicht mehr, aber die Weise war ein bekannter Gaßenhauer zu jener Zeit. Unser vertrauliches Du hat lange geschlafen, mein lieber Fritz! und es ist die höchste Zeit, daß ich es aufwecke. Ein mittelbares und indirectes widerstand meinem Geschmack und Eigensinn. Nun laß mich wider plaudern unter vier Augen vom 100 ins 1000ste, einholen was ich versäumt habe und abmachen, was theils rückständig, theils für die Zukunft übrig ist. Zuförderst wünsch ich Dir mit einem Bewilligungskuß zur überstandnen Wallfahrt und neuen Genuß der häuslichen und einheimischen Freude und Ruhe in P. wo Du alles wohl behalten und gedeylicher widergefunden haben mögest. Dein Johann Georg und sein Pendant sind krank gewesen. Bleibe des einen liebreicher Vater und des andern großmüthiger Freund, und laß den Himmel für beyde sorgen und walten. Die Freude in M. ist bald verwelkt. Alles Fleisch ist wie Gras, alle Güte und Herrlichkeit der Menschen, wie des Grases Blumen – aber Eins bleibt in Ewigkeit. – Ich hatte mir beynahe vorgenommen, nicht mehr in Sprüchen zu reden. Der Parder kann aber seine Flecken nicht wandeln. Diesen Sonntag trete ich in mein 57stes Jahr und den vorigen habe meine Andacht gehabt. Ich gehe nur Einmal des Jahrs; bey meiner bisherigen Unruhe hat es länger gewährt. Nach verrichtetem Gottesdienst fieng ich einen Brief an Dich an. Kaum hatte ich mich hingesetzt, so kam mein Sohn mit der Nachricht zu Hause, daß Kraus eben mit der Post angekommen wäre, und sich noch ein wenig ausputzen wollte, um bey mir zu seyn. Er hat sich 5 Wochen im Oberlande umgetrieben. Mit dem Schreiben gieng es nicht mehr fort und ich nahm mir vor die ganze Woche nicht auszugehen. Den Morgen drauf entschloß ich mich wenigstens das Montagsgebet abzuwarten. Eben da ich aus dem Hause gehen wollte kamen 2 Boten mir zu melden, daß die Thore geschloßen wären und die Regimenter noch denselben Morgen schwören würden dem neuen Könige. Eine Art von Wehmuth und Schauder überfiel mich doch. Alles lief nach Königsgarten, und ich gieng aus der Kirche zu meinem Freunde Hennings, der sich Gottlob! beßert und sich zusehends erholt, aber wo nicht eine Lähmung doch Schwäche der rechten Seite wohl behalten wird, nahm daher auf die ganze Woche eventuellen Abschied, und eilte vom Packhofe so bald ich konnte zu Hause. Mein Kopf war so voll, daß es mit dem Schreiben nicht fort wollte. Gegen Abend brachte Kraus seinen Freund Sommer zu mir. Wir sitzen im Garten wie der Postbothe mir eine Addresse zu einem Päckchen brachte; es war zu spät darnach zu schicken, und ich qvälte mich den ganzen Abend mit dem Innhalt und zu errathen wo es herkäme. Gestern ließ ich meine Abwesenheit auf die ganze Woche melden. Gleich darauf erschien das Päckel. Es waren 5 Bücher von B. und das Fragment eines alten Briefes. Ich laß diesen ohne eine Sylbe unter dem Dato der Absendung zu finden, und versparte das übrige zu meinem Geburtstagschmause. Meine Unenthaltsamkeit ließ mir keine Ruhe – ich anticipirte alles und habe noch alles zu einem neuen Schmause verspart. Diese halbe Woche ist also wider vorbey und ich weiß nicht wo sie geblieben – Den Bienenschwarm in meinem Gehirn ohne eine Königin kannst Du Dir leicht vorstellen. Ein Wald rauscht in meinen Ohren, daß ich mein eigen Wort nicht hören kann. Aus Beyl. wirst Du lieber Fritz ersehen, daß ich den Willen gehabt nach London zu schreiben. Ich habe Dir so bereits Porto gnug gekostet, und ich wollte Dich dort nicht stören mit meinen unfruchtbaren Grillen, die ich daher lieber zurück behalten. Die Sterblichkeit meiner Schriftstellerey wird Dir auch schon geahnt haben. Ich muß Dich also mit dem Leichenbegängnis meiner unzeitigen Geburt beschweren und Deinem ehrlichen Tiro die Mühe und Sorge deshalb überlaßen. Ich habe schon seit 2 Posttagen seinen letzten Brief erwartet, der diesen Sonnabend vielleicht ankommen wird, um auch von ihm Abschied nehmen zu können, und das Nöthige darüber zu schreiben. Mens sana in corpore sano muß jetzt meine vornehmste Sorge seyn. Vor 14 Tagen wurde unser ProvincialRendant der Accise und ZollCasse aus dem Stegreif verrückt, und ich kann Gott nicht gnug danken, daß ich noch Ueberlegung gnug besitze meine Narrheit zu fühlen und einzusehen. Sich schämen und ärgern macht die Sache nicht beßer. Bileams Künste und Beschwörungen helfen auch nicht. Gedult ist uns noth, alles zu überwinden und endlich den Sieg zu behalten. Da meine Entkleidung und Verklärung einen so lächerlichen Riß, wie Scarrons Wams am Ellbogen bekommen, wird die Hitze mich zu sehen doch lieber Fritz! etwas kühler geworden seyn, und mit dieser Kühlung ist mir sehr gedient; aber um das Lehrgeld was es kostet thut es mir leid. Seit dem 8 d. geht es mit den Visceral-Lavements beßer, und ich habe schon gegen 30 derselben comme il faut durch den rechten Weg eingenommen. Wenn ich nur meinen unbändigen Hunger oder vielmehr Appetit etwas mehr einschränken könnte. Noch eine Erscheinung ist wichtiger oder gehört zu meiner Cur wenigstens. Den 12 d. besucht mich der junge Nicolai des alten Vetters Sohn, der auf dem Domnic zu Danzig seines Vaters Laden revidirt und sich eine Lustreise gemacht hatte. Ich entschuldigte mich wohl in Ansehung eines Gegenbesuchs, sprach aber doch den Morgen drauf bey ihm an, speiste den 14 Mittags bei Deinem Namensvetter der ein wirkl. Anverwandter von der Magenseite ist. Vorigen Freytag wurde eine Abreise nach der Kanterschen Papiermühle in Trutenau verabredet; ich tratt meinem Sohn meine Stelle in der Kutsche ab, und nach dem Mittagseßen fällt es mir ein 1½ Meilen zu Fuß zu gehen. Ich der ich in der Stadt ermüde von einem nur etwas entfernten Besuch, hielt es kaum für mögl. dies Pensum zu absolviren und hatte schon meine Maasreguln genommen unterwegs im Fall der Noth liegen zu bleiben und meinen Gefährten Raphael weiter zu expediren. Um 2 gieng ich aus um 5 bin ich da zum Wunder der ganzen Gesellschaft, wurde gezwungen meines Sohns Stelle in der Kutsche auszufüllen, und fühlte mich stark gnug auch den Rückweg zu Fuße gethan zu haben, begleitete den jungen Vetter mit seinem Gefährten Fellner aus Fr. am Mayn nach einem öffentl. Garten, wo Concert gehalten wird, und kroch im Finstern zu noch größerem Ebentheuer ohne meinen Stock, den ich meinem Sohn gegeben hatte, nach Hause; gieng den Tag drauf zur Beichte und hätte vor Freuden weinen mögen über den Vorrath von Kräften, den ich mir nicht zugetraut. Es glimmt also noch Feuer unter der Asche. Der junge Mensch hat hier viel Beyfall gefunden, eben so aufmerksam als zurückhaltend, ein würdiger Successor seines Vaters. Vorgestern hat Hippel einen Schmaus ihm zu Ehren gegeben, und wie ich höre, ist er bereits abgereiset. Es thut mir leid daß Kraus ihn nicht gesehen, bey dem er einer Vorlesung über den Homer beywohnen wollte, wie er gestern auch bey Kant gethan. Auch diese Erscheinung ist nicht überflüßig gewesen, mich in Ansehung meiner Autorschaft zu orientiren. Bartholomäi. 24. August 1786 Kraus kam noch gestern wider meine Erwartung, um mir und sich eine Diversion zu machen. Er bot mir eine Recension der Resultate an, die ich für meine ausgeben sollte, wozu ich auch willig war. Die Schwierigkeit sah er selbst ein, diesen Betrug wahrscheinlich zu machen. Ich übernahm alles auf meine Gefahr, und hätte diese Arbeit gern von ihm gesehen, weil wir alle dabey gewonnen haben würden. Die lateinsche Zeitung verdarb dies ganze Spiel. Er dachte auf dem Lande über das ganze Problem zu arbeiten; hat aber dort so viel zu beobachten gefunden, daß er an kein Studiren hat denken mögen, und kaum in seinem Homer etwas hat lesen können. In der Gegend ist auch eine kleine Loge von dem System, das zu Berlin so gebrandmarkt wird. Er ist selbst Freymäurer, hat sich aber abgesondert. Ich habe vielleicht zum werden und aufhören Anlaß gegeben. So sehr ich ihn auch als einen feinen, klugen, ehrlichen Mann liebe: so ist etwas heterogenes in unsere Natur, daß wir uns einander nicht recht trauen. Als Professor und Senator der Akademie ist er ein eben so verdienstvoller als geplagter Mann von seiner Hypochondrie zugleich bey seinen Arbeiten und Dienstfertigkeit, daß seine Launen Nachsicht fordern. Wie ist es möglich, Herzens Fritz! daß Du niemals an Deinen liebenswürdigen Hausgenoßen, den Resultatenschmidt gedacht hast. Ich habe dem Tiro den Empfang der 6 Exempl. bescheinigt die den 7 Jul. noch viel zu früh zwar für mich aber nicht für meine Freunde, Hippel, Scheffner, Kraus, Nicolovius und Brahl ankamen. Letzterer ist vorige Woche incognito nach Berlin gereist, ohne Urlaub und Umstände um desselbst die Zusätze des Gr Mirabeau zur Uebersetzung des Cincinnatus Ordens abzuholen. Ein guter Freund aus Curl. der dort was zu suchen hat, nahm ihn in seinem leichten Fuhrwerk mit; er hat einen alten Schulfreund an einem Pensionair des Königs, der sein Leib u Wundartzt ist, wollte in 4 Wochen hier seyn, und bildete dem Director ein, daß er blos nach Westpreußen gehen wollte. Mein schwärmender zwischen Catholicismo und Herrnhutianismo schwankender Freund Mayer, an dem ich sonst gedacht haben werde, kam von seiner geheimen Expedition aus Deutschl. zurück, gieng nach Curl. um vermuthl mit Frau u Kind bald wider es zu verlaßen. Er brachte mir von Häfeli 2 prosaische u eben so viel poetische Kleinigkeiten mit vom Oberhofprediger de Marées, worunter das stärkste die
    Briefe über die neuen Wächter der protestantischen Kirche
– worinn der alte Greis mir in manchem zuvor gekommen. Auch Masius hat mir durch Mayer sein Vereinigungsbuch u Aussichten der Seele zugeschickt mit dem Auftrage es zu lesen, welches ich auch gethan und thun müßen ohne mein Vorurtheil durch diese Gefälligkeit gebeßert zu haben. An einer neuen Ausgabe des ersten wird gearbeitet, das meines Erachtens weder ärger noch beßer werden kann. Was aus der Gährung herauskommen wird, gehört auch zu Gottes Geheimnißen, die man abwarten und anbeten muß. Worinn die neue Epoche sich auszeichnen wird? Der Held starb also wirkl. den 17 den Tag vor meiner wunderlichen Wallfahrt nach Trutenau. Er hat 2 Anfälle vom Schlage gehabt. Was für eine Lebenswärme, was für ein Lebensfeuer muß in seiner Natur gewesen seyn. Seinen Orden soll er dem Minister Herzberg vermacht haben. Ein sehr rührender und ihm ganz ähnlicher Zug – Hundestreue mit hündischem Lohn zu dressiren. Er war ein Mensch, ein großer Mensch in der Kunst seinesgl. zu regieren. Er war ein treuer Knecht seines Herren und Ichs. Trotz seinem guten Willen eines Anti- wurde er durch ein Schicksal u Misverständnis ein Metamachiavell. Aus der Eichel muste eine Eichel werden; zu welchem Bau diese dienen wird – beruht auf dem Willen des großen Baumeisters, der kein faber incertus ist. Beym allgemeinen denkt jeder an sich selbst. Kayserling und der Herzog von Hollstein sollen schon nach Berl. abgereist seyn. Auch ich darmer Tropf dachte an meine Reise; besann mich aber, daß ich weder schreiben noch reden kann. Ein mir unbekannter Candidat hielt mir vorgestern das Gebet über 1 Petr. V.7. Am Sonntage wurde ein Lied vom alten Scriver gesungen, das mir beynahe gantz unbekannt geworden war, in dem jede Zeile ein treffender Pfeil für mich war. Es fängt sich an: Jesu meiner Seelen Leben – Der 7 Vers schliest sich: Niemals hab ich was begehret, War es
    gut
, ich bins gewähret. Trotz einer Erfahrung von 56 Jahren – denn Phryges sero sapiuntwäßert mir noch immer der Mund nach der verbotenen Frucht der Erkänntnis deßen, was gut und böse ist. Wenn es gut ist, daß ich verstumme und mein Leid in mich freße, wenn es gut ist, lieber ein pythagorischer Maulaffe als sophistischer Kämpfer zu seyn: warum soll ich ein qu’en dira-t-on selbst meiner liebsten Freunde fürchten? Das Senfkorn meines Glaubens und Gewißens ist mir heilig, und Du ehrlicher Fritz! hast mir diesen Knüppel selbst angelegt. Bezahl also für die beyden Wochen die Druckkosten für 2 Bogen und such meinen B. der wohl freylich am unschuldigsten sich gverhalten hat zu einer gleichen Grosmuth für die 2 übrigen zu bewegen. Der Domine Politice Crispus möchte mir auch gern mit seiner flachen Hand etwas zum Denkzedel geben; er hat aber wenigstens Mitleiden mit meiner geballten Faust, die ziemlich gelähmt ist. Wenn die Sache Salamin und Carthago betrifft; so schämt sich Cato keines Solöcismi. Ein Jack with a Lantern hat mich in einen Morast geführt, aus dem ich mich mit Lebensgefahr herausarbeiten muß. Mein Plan war einfach und gerade; wie ich in den Wirbel und Schwindel gerathen bin, mag D. Herz anatomisiren und physiologisiren – Von curiren und nicht discuriren ist die Rede bey mir jetzt. Ohne praxi ist alle Theorie eine taube Nuß, und die aufzubeißen, habe ich meine morschen Zähne zu lieb. Aussichten der Seele nennt Masius seine Lieder in Prosa. Ich las dieser Tage in einem Buche:
    Der Grund aller Ueberspannung ist Leidenschaft, Schwäche
; und abermal:
    Instinct von Leidenschaft zu unterscheiden ist das Meisterstück des Verstandes
. Trefflich! Nur Jammerschade, daß die tiefste Erfahrung von einer Erscheinung abhängt und die höchste Vernunft auf ein Wortspiel hinausläuft. Freylich verliert Action und Handlung alle männliche Würde durch weibische und kindische Paßion oder Leidenschaft. Warum ist es aber in den
    verschiedensten
Fällen eben so wahr: Wenn ich schwach bin, so bin ich stark. Verstand und Erfahrung ist im Grunde einerley: wie Verstand und Anwendung einerley sind. Woher komt die Verschiedenheit des Gegensatzes. Beruht das ganze Geheimnis unserer Vernunft, ihrer Antithesen und Analogien in nichts als einer licentia poetica zu scheiden, was die Natur zusammengefügt und zu paaren, was sie hat scheiden wollen, zu verstümmeln und wider zu flicken. Der auf dem Stuhl saß, kann allein die wahrhaftige und gewiße Worte sagen sprechen:
    Siehe, ich mache alles neu
! All unser Lallen und Nachahmen ist Non-sense. Ehe ichs vergeße, muß ich noch, liebster Fritz! um Verzeihung bitten wegen der unverschämten Zumuthung in Engl. Nachfrage zu thun um Swedenborgs Arcana oder wie das Ding heißt. Eben war damals Hartkn. mir auf dem Dache, und er drang so inständig und war von Deiner Gefälligkeit so überzeugt, daß ich mich auch hierinn übertölpeln ließ. Hast Du wenigstens Erkundigung deshalb eingezogen, oder noch mehr besorgt zur Abmachung, oder hat es Dir an Muße und Gelegenheit gefehlt Dich darum zu bekümmern: so melde mir doch, daß ich ihm Bescheid geben kann. Er hat sich auf meine erste abschlägige Antwort noch nicht zufrieden gegeben; sondern seine Anerbietungen erweitert, die mich noch mehr abschrecken. Mein Gemüth ist wenigstens gantz frey in Ansehung dieser Sache – Seine Schwägerin Me Courtan ist seit 5 Wochen bey ihrer Schwester in Pillau, und wird in einigen Tagen erst erwartet. Nun heißt es, der neue König hätte seinen eignen Orden dem Min. Herzberg umgehängt. Gegeilt hat er lange darnach. La vie de M. Turgot von Condorcet enthält viel Metaphysik, und hat mir einige vergnügte Stunden gemacht. Die gute Fürstin hat wegen meines Urlaubs intercediren wollen. Von dem Erfolge weiß ich nichts. Alle die Crises zu meiner Reise und Schreiberey sind nöthig gewesen und werden heilsam für mich seyn. Abel ist zu fruchtbar, um Deinem philosophischen Aumonier furchtbar zu seyn. Biester hat Kant den Empfang seiner Abhandlung über des M. Orientiren bescheinigt, aber nichts mehr. Ob Z sich erholen wird – und die Luna eclipsiren – wie ihr schon längst geahnt. Von Stark weiß seine Familie hier auch nichts. Sein und mein alter Freund Penzel ist auch mit seinem Dio Cassius einmal herausgerückt. Du wirst auch Ruhe zu Deinen Arbeiten nöthig haben, zur neuen Ausgabe des Sp. Büchleins, des Hemsterhuis – Gott gebe Dir Friede und Kräfte, und laß Dich nicht vergeblich arbeiten. Ich erwarte doch wenigstens Antwort auf diesen Brief – – Ich muß mich von allem absondern, um mich zu sammeln. Schreibe also blos im Nothfall. Mit dem Gebrauch der Mittel werde so lange ich Hoffnung habe etwas auszurichten, fortfahren müßen, und mich mit dem neuen Jahre zu mehr Bewegung zwingen, die ich eben so sehr als Umgang verabscheue. Nichts als Umstände, von denen ich nicht Meister bin, haben über mich Gewalt; weil es mir an aller Kraft in mir selbst und meinem Willen fehlt – – Ich umarme Dich unter den treusten Wünschen für Dein ganzes Haus, und bitte Gedult zu haben mit Deinem schuldigen Mephiboset Taugenichts God mend him! Um meinen Kopf zu erleichtern hab ich noch heute an Tiro geschrieben. Erhalte ich noch etwas worauf zu antworten nöthig ist, so werde es nachholen. Jetzt ist Ruhe mein Vnum necessarium, das ich als ein Alter und Patient nöthig habe. Bey aller meiner Trägheit von außen, ist alles in Bewegung von innen. DEVS iuuabit Suum et tuum!
Kgsberg den 24 Aug. 86. Liebwerthester Herr und Freund Ihre gütige Zuschrift vom 4 d. habe den 16 erhalten. In der Voraussetzung daß der Hausvater bereits daheim ist, in Gesundheit und ruhiger Zufriedenheit, wollte ich erst die Sonnabendspost abwarten, mag aber meinen herzlichen Dank und Abschied nicht länger aussetzen. Sie haben viel Mühe und Arbeit meinethaben gehabt, die ich weder schriftlich geschweige thätlich zu erwiedern imstande bin. Ihre Treue in Besorgung meiner Angelegenheiten, iIhre Frömmigkeit meine Anfechtungen, die ich als Schriftsteller und Mensch leide, nicht zu verachten noch zu verschmähen Gal. IV 14, 15., und sich lieber Ihren Augen Weh anzutun, als meinem verwöhnten Geschmack, machen mir Hofnung, daß Sie mir die Beantwortung einiger Fragen nicht versagen werden, mit denen ich meinen Jonathan nicht belästigen mag und die sein kollernder David am bequemsten und sichersten von Ihnen einziehen kann. Ich wünschte zu wißen, wie viel Exemplaren von den 4 Bogen abgedruckt sind?            und wie viel die Kosten des Drucks genau betragen? Es geht meiner armen Muse, wie der außätzigen Schwester des jüdischen Propheten, daß sie ist wie ein Todtes, das von seiner Mutter Leibe kommt; es hat schon die Hälfte ihres Fleisches verzehrt. Ach Gott heile sie Mos. XII. Ohnegeachtet ich Vater dieser 4 Bogen bin: so ist es mir doch nicht möglich sie anzusehen, ohne ihnen ins Angesicht zu – – Der Hausvater wird für baare Bezahlung der Kosten sorgen; wie sein treuer Eleasar-Tiro-Ariel für gewißenhafte Auslieferung der Wechselbälge aus der Preße in gefängliche Verwahrung, zu den bevorstehenden Winterlustbarkeiten, für die man schon im August, als ein guter Wirth bedacht seyn muß, besonders wenn man hyperboreische Besuche vermuthend ist. Ich wollte nicht gern, daß es meiner Menschheit mit der Schriftstellerey gehen sollte, wie einem Mädchen mit ihrer Toilette, das
    kleinste Theil meines Selbst
zu werden Beym Empfang des Gegenwärtigen wird sich die Einnahme meiner Visceral- Lavements auf fünfzig belaufen, und hoffe dadurch sowohl nunmehr zum Reise oder Sitzleder Qualificierten zu werden. Sie sehen, liebwerthester Freund aus dem calculo meiner Einnahme, daß ich ein wenig mehr Lust zum Leben und Lachen als Schreiben habe. Bitte mir daher von Ihrer Freundschaft eine ebenso treuherzige Anzeige der Ausgaben zum Notabene aus und überlaße alles übrige Ihrer Klugheit und Rechtschaffenheit., die mich aller Sorgen und Scrupel überhebt. Einl. bitte
    einzuhändigen
und Ihrem Nachbar W. was mir selbst fehlt, zu wünschen. Ich umarme Sie mit allen den Gesinnungen, die Ihren edeln Handlungen correspondiren, und unterschreibe mich mit Hand und Herz zu Ihrem ergebenen und verbundensten Johann Georg Hamann. Adresse mit Siegelrest: HErrn / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
. / Frc. Wesel /
    Einschl.
Mit Bleistift vermerkt: (Für dessen Secretär, Heinrich
    Schenk
)
Dominica Pharisaei et Publicani 27 Aug. 1786. Liebster Fritz, Ich erhielt im Aug 83 Deinen
    ersten
Brief und gestern Morgen statt des neunten den mir Tiro den 4 dieses versprach den nächsten Dienstag zu schreiben den 49sten von Deiner Hand, die ich sogleich erkannte und als über eine Erscheinung erschrack, weil ich selbige für eine Antwort auf mein Willkommen ansahe, das ich Dir vorigen Donnerstag geschrieben hatte. Weil iIch traute meinen Augen nicht traute, sound sah ich vorher nach dem Siegel, auf dem mir ein Rad in die Augen fiel, und weil ich es verkehrt hielte so schien mir die jungfräuliche Sphinx der leibhafte Ixion zu seyn. Es hatte mit dem Rätzel folgende Bewandnis. Ich war die ganze vorige Woche zu Hause geblieben, und da fiel es mir vorgestern ein, auch Deinen ganzen Briefwechsel in Ordnung zu bringen. Diese Beschäftigung wirkte auf mich wie die Dulcamara, und brachte mich in einen außerordentlichen Schweiß und Wallung. Mitten in dieser Arbeit erhielt ich Deinen jüngsten Brief, und weil ich die ganze Folge mit rother Dinte numerirt habe bis auf das kleinste Zedelchen u Blättchen von Deiner Hand mit Bleystift geschrieben: so war der süße Wein, an dem ich beynahe 3 Jahre gesippt hatte, auf einem Zuge in mein Gehirn gestiegen, und Du kanst Dir das abentheuerl. Spiel meiner Phantasie leicht erklären. Nun ich freue mich abermal daß Du und mit Deinem alter Ego und begleitenden Reiseengel nach Wunsch und Herzenslust alles in Aachen und Pemp. wider gefunden hast bis auf den armen Aumonier, mit deßen Sinn u Schicksal ich leider nur zu sehr sympathisire. Ich habe Dir Unrecht gethan, als wenn Du gar nicht an diesen Genoßen Deiner φφie gedacht hättest. Zweymal hab ich ihn als Magister im Vorbeygehen angeführt gefunden, und der ist dem Wzm um deßen Fragment über Matthäum Dich unser Alc. einmal mahnte. Aus Discretion mich näher zu erkundigen, vergaß ich meiner Neugierde mich nach dem Namen und dem Logogryph deßelben zu erkundigen; weil mich beyde stutzig gemacht hatten. Ich schließe, daß mein kleiner Bruder Georg wider hergestellt, und sich widerwie ein genesener Kranke, sich doppelt beßer befindt. In der Silhouette, die Meister Tiro von ihm gemacht hat, fand ich so viel homogenes mit meiner Physiognomie, daß ich seit länger als 8 Tagen auch anfange corpulent zu werden, und mirDir meinen Jungen mit seinen Storchbeinen zum CTausch überlaßen möchte. Wir katzbalgen uns alle Tage in puncto der Cardinaltugend, von der ich ein mehr als platonischer Liebhaber in abstracto bin, die mir aber in concreto das zweydeutigste entre chien et loup ist – und denn wetteifern die beyden Virtuosen in einem Duetto von stotternden und stammelnden Trillern, die ihm nachtheiliger als mir sind – – Braucht Dein jüngster Sohn noch die Kämpfsche Mittel, und mit welchem Erfolge? Würden Sie nicht auch dem Autor, der mir selbst seine Noth gebeichtet, zuträglich seyn? Mit dem 12 Lavement machte ich den Versuch sie kalt einzunehmen, welches dem Gefühl nach wohlthätiger für mich ist. Mir hat das Resultat geahnt, was Dein Prometheus nicht voraussehen können. Ich fürchte mich daher desto mehr angesteckt zu werden durch meine bisweilen zu empfängliche Einbildungskraft. Ich traue dem Eisen nicht so bald, wenn es einmal roth geworden ist. Der Titul war mir schon verdächtig und Deine Ankündigung auch ein viel zu heißer Brey für das parteyische Publicum. Hierinn scheint mir eine kleine Uebereilung von beyden Theilen geschehen zu seyn wegen der nahen Verbindung, die dem Publico kein Geheimnis bleiben kann. Von mir hat keine Seele den Namen des Verfaßers erfahren. Außer dem ersten flüchtigen Ueberblick hab ich noch einmal das Buch gelesen. Die ersten 100 Seiten kamen mir eben so unverständlich vor, wie das erste mal. Daß sdie Resultate von keinem bloßen Candidaten sondern einem Mann herkamen, der schon eine Art von Meisterrecht erhalten zu haben schien; hierinn waren beyde mal meine Eindrücke sich ähnlich. Meine Freunde glaubten gegen das Ende mehr Erinnerungen und Schwierigkeiten gefunden u nothig gehabt zu haben. Tot capita, tot sensus. Ich war das zweitemal, wie ich es las, in Ernst krank, und es fehlt mir noch an allem um mitreden zu können. Ich verstehe noch zu wenig von Spinoza, noch weniger von Hemsterhuis und eben so wenig Deinen Brief an den letzten über den ersten. Nicolovius hat sich die Lettre sur la Sculpture verschrieben, die ihm 2½ rth kostet. Dies erste Werk im Original wird mir vielleicht einmal Dienste thun – da ich es so lange behalten kann, als ich will, die
    Manier
dieses außerordentl. Mannes zu faßen, den ich mehr bewundern als schmecken oder vielmehr genießen kann; denn seine ganze φφie scheint mir mehr Manier und Schönheit als Wahrheit und Natur zu seyn. den 23 Septbr. Ich habe drey Briefe und eben so viel an unsern B. angefangen, war so unverschämt diesen Morgen den vierten von Dir, Herzenslieber Jonathan, zu erwarten und mich drauf zu erfreuen, aber zugleich entschloßen wenigstens die schuldig gebliebene Antworten mit dieser Post abzumachen. Nun ist die Unruh einmal hier überstanden, und der König gestern früh widerabgereiset, ohne ihn gesehen, noch mich um das geringste bekümmert zu haben. Dein 50ster Brief kam den 6 huj. und No 51 den
    Tag vor dem König
an den 16. Da war Feuer im Dach, zum Glück aber selbiges mit Stroh bedeckt und die Glut hörte bald auf. Gott weiß am besten, was diese ganze Woche über in meinem Gemüth vorgegangen ist. Ueber die Standhaftigkeit Deiner Freundschaft und über ihre unverwandelbare Zärtlichkeit muß ich schweigen. An keine Winterreise ist zu denken. Mit diesem Jahr geht das zweyte Decennium meines öffentl. Lebens zu Ende. 67 wurde ich welscher Charon 77 Packhofverwalter 87 halte ich zum dritten mal um Erlaubnis zur Reise an Dein erster Brief No 49 kam eben den Tag vorher drauf an, als mein letzter abgegangen war. Ich dankte Gott für diesen
    kleinen Umstand
der mich in meinem ganzen Concept irre gemacht hätte. Ich hatte schon 2 cassirt und setzte diesen auf den Anfang des
    dritten
fort. Du hast Recht, daß ich bey der Revision Deiner Briefe unsern Mag. Prometheus zweimal genannt gefunden habe. Der Name ist mir immer wie ein Deus ex machina aufgefallen. Ich wollte bey Gelegenheit mich nach ihm erkundigen – das kann ich mich noch ziemlich klar erinnern, eshab es aber vergeßen. Ich hab es mir nicht wollen merken laßen, wie sehr ich mit ihm sympathisire, und halte mich jetzt für so verstimmt und erschlafft, daß ich jeden feineren und stärkeren Geschmack durch meinen Beyfall zu beleidigen befürchte. Die Kämpfsche Mittel hat Dein jüngster Sohn gebraucht, mit welchen Erfolge? Sollten sie dem kranken Freywilligen nicht auch gut thun. Ich bin jetzt über 80. und denke mit dem Ende dieser Portion über 100 zu kommen – Hätte ich Bewegung, und könnte meinen Hunger ein wenig mäßigen: so würde alles beßer gehen. Weil ich aber nicht arbeiten kann: so muß ich wenigstens eßen und schlafen, wenn ich nicht aus der Haut fahren soll – quod DEVS auertat! den 24 – Ich habe mich den ganzen Tag vom Morgen bis zum Abend herumgetrieben, und komme müde und matt nach Hause. Den Anfang machte ich wider alles Vermuthen bey unserm Geheimen Rath und StadtPräsidenten Hippel, bey dem Kr. Deutsch mit seiner Frau logirt, denen ich gantz fremde geworden bin, wie Scheffner, der aber nicht nach der Stadt gekommen. Es ist mir doch recht lieb dies Schaarwerk abgemacht zu haben, und recht traurig, das aus Wohlstand thun zu müßen, was man aus Freundschaft nicht füglich und mit ganzem Herzen leisten kann. Mein letzter Gang war bey der Baroneße, der ich mein achtes Vierteljahr für meine Tochter praenumerirt, das in dieser Woche zu Ende geht. Meine Absicht war zugleich etwas zuverläßigeres von unserer Veränderung zu erfahren, weil ich mich die ganze vorige Woche blos mit dem öffentlichen Gerüchte hatte behelfen müßen, und mich um nichts selbst bekümmert hatte. Der Herr ist beynahe von Bittschriften unterdrückt und erstickt worden. Jedermann spricht von großen Veränderungen, in unserm Fach. Ich glaube also nicht übel gethan zu haben, daß ich abgehalten worden bin, mich in dies Gewühl zu wagen, und diese uns bevorstehende Revolution abwarten muß. Nicht meinem Urtheil, sondern meiner Unvermögenheit habe ich die Klugheit meines Entschlußes zu verdanken. Unser Kant ist außerordentlich von Minister Herzberg unterschieden worden, und man spricht daß er eine Stelle bey der Akademie der Wißenschaften erhalten wird. An eben dem Tage, da ich Ihren letzten Brief erhielt, bekam ich gegen Abend den Sept. der Berl. Monatsschrift zu lesen, die mir eine schlechte Nacht zuzog. Was dem Publico für blauer Dunst gemacht wird! Der Octobr wird das erwartete liefern, welches sich auf das Geniewesen beziehen soll. Das Kayserlingsche Haus hat ein Anlehn von 130 / m oder150 / m Thlr. bekommen auf 30 Jahr ohne Intereßen. Crispum habe ich heute besucht, weil ich ihn die ganze vorige Woche nicht gesehn, ohngeachtet er sich vorgestern anmelden ließ, und begegnete ihn heute. Er hat diese Woche an mich gedacht, und sich meine Ruhe gewünscht – Wie unsere Wünsche auf unsere Unwißenheit beruhen. Brahl ist schon über 10 Tage hier, habe ihn aber nur im Vorbeygehen gesehen. Er hat sich vorzügl. in Engels Bekanntschaft gefallen, von deßen Launen ihn Biester keinen guten Begriff gemacht hatte. In Berlin geht das Gerüchte, daß Du, lieber Jonathan! an Garve geschrieben und ihm Anekdoten gegen Nikcolai und die Berlinsche Synagoge angeboten hättest; Seiler hätte ein gleiches gethan. Biester hätte dies so erklärt, Garve aber hatte Nicolai davon Nachricht gegeben. Biester hatte dies geleugnet; aber die Sache so erklärt, daß Garve dies an einen Freund in Sachsen gemeldet, der dieses wider wo nicht an Nicolai unmittelbar, doch an einen Berliner verrathen hätte. Ich halte alles für ein Mährchen, doch wünschte ich zu wißen, ob
    Du mit Garve in Verbindung stehst
. den 25. Heute ist der Geburtstag des Vielgeliebten. Gott gebe daß dieser Titel nicht ominös seyn möge für Preußen, wie ers für Fr. gewesen. Was ist alles versprochen, aber unter Bedingungen, welche die Erfüllung unmöglich zu machen scheinen. Das Ideal der vorigen Regierung, welches zu Berlin so lügenhaft blendend ausgestrichen wird, ist von einer Seite so niederschlagend, von der andern so täuschend, daß wohl alles im vorigen Gleise bleibend, wo nicht ärger werden wird. Es geht mit dem guten Willen, wie mit dem Morgenroth nach dem Sprichwort. Aus Riga habe 2 Briefe erhalten, aus denen ich Dir einen Auszug mittheilen muß. Weil der eine mit der Post der andere mit einem Fuhrmann ankam, der jüngste also vor dem ältesten ohne Anzeige des letzteren wurde ich wider irre gemacht. In dem vom 19 Aug. st. v. heist es, daß wenn Sie schon auf der Rückreise wären, seine Bitte um Schwedenborgs arcana coelestia wohl zu spät kommen würde. Ihre Antwort sollte entscheiden, ob er dochas Buch noch übersetzen laßen würde. Bekäme er nicht das Original durch Ihre Güte, so würde er es als einen Wink ansehen, daß er es unübersetzt liegen ließe. – Unterm 26 Aug. st. v. schreibt er, daß Reichs Correspondent in London 18 Guinées dafür fordert. Das dünkt mir zu viel, und ich möchte sie gern wohlfeiler haben. Ich weiß, daß die Bücher in London at second hand um den halben Preiß verkauft werden. Sehen Sie also, so wohlfeil wie möglich diese Arcana coelestia mir zu verschaffen. Wenn indeßen alle Stricke reißen so bin ich auch zu den 18 ℔ bereit. Das Geld soll durch Barez u Sohn von Berlin, wohin es beordert wird, gesandt werden. Sie wißen, daß ich darinn nicht säumig bin. Gesandt wird es an Hertel nach Leipzig, der es an die Behörde spediren wird und das je eher je lieber, weil ich gern künftige Ostermeße schon etwas davon übersetzt haben möchte. Da in Deutschland überall fahrende Posten gehen, so kann das Buch am besten wohl verpackt an Hertel nach Leipzig mit der fahrenden Post gesandt werden. Eine zweite Freundschaft um die ich s. bitte wäre, daß s. mir da s. eine so gute Gelegenheit dazu haben, auch folgendes aus Engl. schafften 1. The History of Greece by Mitford 2. Richardson’s Dissertation on the Litterature etc of Eastern Nations 3. History of Gr. Britain, written after a new plan by Rob. Henry. 4. Gibbon’s History on the decline of the Roman Empire. 5. Hund’s Letters on the Chevalerie 6. An Examination of Dr. Crawford’s Theory of heath and combustion by Will. Morgan 7. Observations on the animal Oeconomy and on the abuses and cure of diseases by Gardiner (printed for W. Creech) 784. 8. An Essay on the nature and cure of the phthisis pulmonalis by Th. Reid (for Cadell in the Arand) 785. Diese letztern Sachen gehen sämtlich entweder directe hieher oder wenns dies Jahr an Schiffen in London mangelt, wie es wegen der späten Jahreszeit der Fall seyn könnte, so gehen sie auf Hamburg an Buchb. B.G. Hoffmann mit der Instruction für diesen, daß er sie mit erster Gelegenheit über Lübeck unter Addresse an Herrn Herr. Roeck für mich absende.“ Auf diesen Brief den ich den 14 d. erhielt und gleich beantwortete, habe ich ihm geschrieben, daß ich mich wegen des ersten Auftrags bereits viele Vorwürfe gemacht hätte wegen ihres kurzen Aufenthalts in London, und also Ihnen unmögl. mehr zumuthen könnte – Ihre liebreiche Erklärung erlaubt mir wenigstens Ihnen dies alles mitzutheilen, und Ihrem Gutbefinden zu überlaßen. Weil ich diesem um mich verdienten Mann nicht ex propriis gefällig seyn kann: so würde dies wohl
    das letzte mal
seyn Den älteren Brief erhielte den 21 d. und darauf habe ich noch nicht antworten können, werde ihm aber melden, daß ich mich erdreistet mit diesem letzten Auftrage, damit er sich wenigstens darnach richten kann, und Ihre Antwort abwarten, ehe er weiter geht. Ach mein Seelen Jonathan! wie habe ich mich an Lavaters Predigten über Philemon erqvickt! Ich fieng sie mit dem letzten August an, und glaubte daß er über den Jonas das beste was er sagen konnte, gepredigt hatte. Ruth, Jonas und Philemon sind meine Lieblingsbücher im A. und N.T. Den Salomo hab ich und die
    Herzenserleichterung
gar 2 mal, selbst gekauft und zum Andenken von ihm. Ich habe eine
    Apologie gegen Markard
im Sinn gehabt und mich geirrt, wie es scheint. Die hab ich zu lesen gewünscht. Wenn doch die Ziehensche Predigt drunter wäre. Ein Freund hat mich so inständig drum gebeten, der erste pollnische Lehrmeister meines Joh. Mich. und hab sie ihm versprochen, aber todt vergeßen. Ich muß es aber so machen, daß noch etwas selbst zu plündern übrig bleibt – Freund Schenk ist kein Tiro sondern ein Rupertus expertus sich die Schwächen einer armen Autorseele zu Nutze zu machen. Der Stab ist einmal gebrochen und kann nicht mehr gantz gemacht werden. Hab ich nicht so viel Zaubereyen wie Bileam angewandt, mich gegen Herder anathematisirt und verflucht, eben deshalb den Druck unüberlegt angefangen um mich selbst zu binden und zu zwingen. Es fehlt mir also nicht an Stacheln im Gemüthe, die mir keine Ruhe laßen. Meine ganze Natur empört sich die gedruckten Bogen anzusehen. Wer Gottes Ehre liebt, dem ist es auch im Ernst um die Ehre seiner Freunde und ihr Wohlgefallen, und um
    Friede
zu thun, nicht
    Oel ins Feuer zu gießen
, oder mit dem Schwert Ohren und Nasen abzuhauen, wie St. Petrus kurz vor seiner Verleugnung that. Zu meiner Gesundheit und Arbeit, wenn ich nicht blos wie ein Fauler wünschen soll, gehört Ruhe. Wie zu allen meinen Besuchen ein Geschäfte und Beruf zum Grunde liegt, will ich es auch jetzt mit meinen Briefen halten, und nehme, wie ich mit Einl. gethan, von Dir, Herzenslieber Jonathan, Abschied. Gesetzt daß auch aus allem nichts werden noch herauskommen sollte; so wird dieses die schönste Arbeit für mich seyn. Aber Dein Wille geschehe! Hab ich Anlaß zu schreiben; so werde nicht saumseelig seyn. Sollte der Ausbruch der zu erwartenden Veränderungen auch diesen Plan stören: so gebe ich Dir auch Nachricht. Meine Art und Weise ist es nicht,
    Wind
zu machen, wie alle meine bisherigen Versprechungen Wind geworden. Gestern Abend verunglückte mir zu meinem großen Herzeleid das 84ste Lavement. Diesen Morgen ist es dafür ersetzt worden, ohne daß ich eine natürl. Oeffnung erwarten konnte. Also 84b) und diesen Abend 85. Lohnt es wohl dergl. elendes
    Geschreibsel
zu lesen; aber ich kann nicht anders als was mich
    beschäftigt
, Gedanken und Sinne. Wie der Kopf, so die Faust oder die 3 Schreibefinger – daß mir selbst vor allem eckelt und grauet, und natürlicher weise auch jedem Leser, wie man heuer sagt, unbefangenen Leser. Die Wahrheit wolle uns alle frey und nüchtern machen! Freund Ruprecht und Freund Prometheus, und wenn ich ja der gröste unter Euch seyn soll; so will es auch durch meine Schwachheiten und Thorheiten seyn, ohne Abbruch der
    Liebe
, der Hoffnung und des Glaubens of all denominations.
    Schreib mir zu meiner Erqvickung
und
    Stärkung
in der Wüsten, wo ich lieber Ohr als Stimme zu seyn wünsche, ohne auf Antwort zu warten, als die Bedürfnis und Nothwendigkeit mir zur Pflicht machen nach meinem laten u stricten Gewißen für Kameele und Mücken. Gott seegne Dich und die Deinigen, wie die meinigen. Mein Joh. Michel geht übermorgen in sein 18stes Jahr – Ergänze doch die Mängel der Beyl. durch Deine Hermeneutik. Ich umarme Dich – – – – – Johann Georg. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 27ten Aug bis 25ten Sept. 1786. J. G. Hamann empf den 5tenbeantw den 6ten –.
Kgsb den 29 Aug. 86. Liebwerthester Freund Der Geh. Rath Jacobi ist den 10 d. aus London heim gekommen, und hat mir den Tag drauf gl. geschrieben einen Brief, den ich am Sonnabend erhalten habe. Er meldt mir daß Schwedenborg jetzt ins Engl. übersetzt würde, und das lateinische Original sehr rar wäre. Er hat durch einen besondern Zufall, den er mir nächstens melden will, den Brief, worinn ich den Auftrag gegeben, zu spät erhalten. Er verspricht mir, Ihrem Verlangen und meinem Auftrage ein Gnüge zu thun durch einen Freund, denr lavagé und Dänischer Chargé d’affaires, der und gerade der rechte Mann ist dieses zu besorgen, weil er um alle Schwedenborgische Dinge weiß und ein deutscher Biedermann seyn soll. Ehe ich darauf antworte, erwarte ich Ihre nochmalige Erklärung so wohl in
    Ansehung des Preises
, wofür Sie ihn selbst erhalten können, als in Ansehung der Art, wie es expedirt und die Bezahlung etwa assignirt werden soll, wie auch über alles dasjenige, was Sie noch für nöthig finden zu erinnern in
    Ansehung der Art und Weise das Buch an den Ort der Bestimmung zu befördern
, um allen Misverständnißen vorzubeugen bey Aufträgen durch die dritte und vierte Hand. Gestern habe auch durch HE von Auerswald ein gedrucktes Exemplar des Lausonschen Gedichts auf die
    Gustabalda
erhalten, aber nur eine Abschrift der Ballade auf den
    heil. Barthel
. Soll ich die beyden Stücke an Sie mit der Post oder durch einen Fuhrmann addressiren. HE von Auerswald wird sich noch alle mögl. Mühe geben ein gedrucktes Exemplar aufzutreiben wenn es ihm mögl. ist. Melden Sie bey der Gelegenheit dem HE Grafen, dem es vielleicht angenehm seyn wird sich eines würdigen Mannes zu erinnern, den er ehmals seiner Gnade und Vertrauens gewürdigt. Ich hoffe, liebster Freund, daß Ihre Frau Gemalin glückl. angekommen ist und daß Sie sich alle nach Wunsch befinden. In meinem Hause ist Gottlob alles wohl und empfiehlt sich Ihrem freundschaftl. Andenken. Nach den Gedichten ist unter unsern Papieren umsonst gesucht worden. Pr Kraus reiste in den Ferien zum HE von Auerswald; daher es mir einfiel, durch diesen Weg obiges zu erhalten. Gestern Abend habe das 40ste Lavement eingenommen; und vorigen Sonntag meinen 57 Geburtstag gefeyert. Meine Arbeit habe reponiren müßen zu meiner Schande, weil Leben und Gesundheit mir lieber seyn müßen als der Kützel ungerathener Schriftstellerey, die mit zu den Anfechtungen und Versuchungen des Teufels, der Welt und des Fleisches gehören – endl. zu gewinnen u den Sieg zu erhalten. Wir leben hier in Erwartung guter Dinge, die Gott erfüllen wolle! Des alten Nicolai Sohn hat sich hier bey Gelegenheit des Domnicks, wo er den dortigen Laden revidirt, ein 14 Tage aufgehalten. Er hat hier vielen Beyfall gefunden, besuchte mich und wir haben uns einander bey Jacobi in seinem Hause hier u in Trutenau gesehen. Der alte Vetter N. hat Hofnung einen würdigen Nachfolger und Erbfeind St. Petri u seines römischen Stuhls zu erleben und dazu gebildet zu haben. Ich umarme Sie, bitte um Bescheid mit erster Post, damit ich nach Düßeldorf schreiben u die Balladen Ihnen zufertigen kann. Ihr alter   Landsmann u Freund Johann Georg Hamann. Brahl ist mit Siebert incognito nach Berlin abgereist.  In höchster Eil. Adresse mit Mundlackrest (Kopf des Sokrates nach links):
HErrn / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsb Empf u beantw d 26 Aug 1786 Nachschrift von Sophie Marianne Courtan: Erinnern Sie sich nicht mehr Ihres Versprechens l. B. mir die Bücher v. Zolikofen zu schicken; die Sie in Ihrem Taschenbuch aufzeichnen? – Ich bin gestern v. Pillau zurückgekommen – u. wünsche: daß auch Ihre Frau gesund und angelangt seyn möge, welche ich Siein meinem Namen zu umarmen bitte! den 30 Aug:S. M. C. 1786.
Pempelfort den 4ten Sept. 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 16 –  No 51 Ich habe Deinen Brief, lieber HerzensVater, und kann es nicht aussprechen wie ich Dich habe u halte. Du sagst in dem nach London bestimmten Briefe vom 22ten Juni: es hätte Dich befremdet, daß ich nicht gegen Dich eben die Freymüthigkeit ausübte, die ich Lavatern bewiese. Lieber, ich bin immer freymüthig gegen Dich; nur daß ich, im Entgegengesetzten des Tadels den Ausdruck meiner Empfindungen in Absicht Deiner immer schwäche, u das mehrste ganz verschweige. Du bist mir ein gewaltiges Zeichen, u Du sollst mir die Rede Deines u meines Gottes nicht schmähen, wenn es auch nur Rede zu mir allein wäre. Seine Erscheinungen sind nicht, wie Kant behauptet, alle nur Erscheinungen
    von Nichts
, u er hat sich öfter auch in Träumen offenbart. Sey Du wer Du willst: der Hamann, den ich mehr als liebe; der mir Andacht einflößt, u mein Herz zum Glauben stimmt –
    Der
ist kein Hirngespinst, u ich kein Thor der nur eine Wolke umfaßt. Wenn Du mir auch nicht der unverletzliche wärest der Du mir bist, so hättest Du dennoch wegen Deines Entschlußes den fliegenden Brief unvollendet zu laßen, kein qu’en dira-t-on von mir zu befürchten gehabt. Dein Glaube u Dein Gewißen sind mir so heilig, daß ich in mir selbst nichts habe was mir in eben dem Grade heilig u ehrwürdig wäre. Aber so viel hätte ich doch auch verdient, daß Du Dir in Absicht meiner wegen dieser Sache keine Gedanken u Sorgen gemacht hättest. In dem Briefe an Schenk sprichst Du gar v Ersatz der Kosten*; ein Angesinnen das schnurstraks gegen unseren Vertrag läuft, u Dich Brüchtenfällig macht. Was Deinen fliegenden Brief, nach seinem Werth als Schrift betrachtet, angeht, so finde ich bisher nichts an ihm warum er unterdrückt werden müßte. Du weißt was ich Dir besonders über die letzten Fortsetzungen geschrieben habe; derselbigen Meynung bin ich noch. den 5ten Ich wurde gestern durch einen sehr unangenehmen Besuch gestört. Heinse kam in mein Zimmer u sagte, Großmann (der Schauspieler) u seine Frau hätten v ihm verlangt, er solle sie zu mir heraus bringen u.s.w. Es war noch ein Schauspieler oder entrepreneur bey ihnen, u ein Buchhändler aus Cölln. Ich hatte Großmann schon öfter gesehen, da er noch bey Sailer war u seit dem. Der Mensch ist mir fatal. Mir wurde ganz ohnmächtig unter diesen postischen Menschen, die ich gar nicht wieder los werden konnte. Wie viel ich heute werde schreiben können steht dahin. Ich habe seit einigen Tagen einen Fluß im Kopfe der mich periodisch peinigt. Die Schmerzen fangen Morgens gegen 4 Uhr an, u laßen erst im Nachmittage nach. Gestern war es etwas beßer damit; heute ist es wieder schlimmer. Ich kenne dieses Uebel unter allerley Gestalten schon lange. Die Aerzte wißen ihm keinen rechten Nahmen; u es scheint außer dem Würkungskreise aller ihrer Mittel zu liegen. Daß Du am 24ten meinen Brief vom 11ten noch nicht hattest, nimt mich Wunder. Du mußt nun auch einen 2ten schon erhalten haben. Der Deinige eh er ankam hat mir die Zeit recht lang werden laßen, aber ich bin nun auch recht wohl mit ihm dran. Ich wüßte kaum einen v Dir erhalten zu haben, den Du so (das nach London bestimmte Blatt mit gerechnet) mit Liebe, Geist u Segen getränkt hättest. Wahrlich, Lieber, Du bist nicht allein gut zu Fuß, wie Du mit dem Gange nach Trotenau bewiesen hast, sondern es steht überhaupt mit Dir noch ganz wohl. Jedes Wort das Du über den verstorbenen König sagst, zeugt v LebensFülle u Abrahamitischer Samenenergie. Eben so jedes Wort des Commentars über die Sätze: „Der Grund aller Ueberspannung ist Leidenschaft, Schwäche“. u. „Instinkt v Leidenschaft zu unterscheiden ist das Meisterstück des Verstandes.“ – Laß mich hier Dir noch ein Wort über Deinen fliegenden Brief sagen. Wenn Du ihn auch dem Publico nicht geben willst, was hindert Dich, wenn Dir wieder gute Stunden kommen, ihn blos für Deine Freunde u in Gottes Nahmen zu vollenden? Es ist Wißbegierde von einer guten Art, u
    sonst nichts
, die mich so herzlich wünschen läßt den Plan, den Du in einem Briefe an Schenk v 12ten Juli vorgelegt hast, ausgeführt zu sehen. Mit Witzenmanns Gesundheit geht es, Gott lob, wieder alle Tage beßer. Ich mußte lachen wie er stutzte u erschrack, u so auch Schenk, da ich ihnen verkündigte, Du wolltest Deinen fliegenden Brief unvollendet laßen. – Daß ich Dir von Witzenmann vorher nicht geschrieben haben soll, wie Du mir vorwirfst, ist ein Irrthum; ich habe seiner mehr als einmahl gedacht, unter andern bey Gelegenheit der Vorlesungen v Pfenninger. Seitdem ist er in engeren Beziehungen in meinen Briefen an Dich vorgekomen, ich weiß aber nicht mehr genau, wie oder wann. Er grüßt Dich auf das kindlichste u herzlichste, u hätte gar zu gern daß ich mit Dir von dem fliegenden Briefe spräche, wie ich mit ihm davon spreche, weil er meynt das könnte helfen daß wir ihn vielleicht kriegten. Aber ich wünsche Dir vor allen Dingen Ruhe; u was helfen kann Dir diese zu verschaffen, möchte ich am liebsten thun. Buchholtz wird Dir geschrieben haben, daß sich die Prinzeßinn v Oranien wegen Deines Urlaubs an den jetzigen König gewandt hat, der aber damahls noch Kronprinz war. Die Fürstinn v Gallitzinn meynt, wenn die Sache während den Unruhen der Trohnbesteigung in Vergeßenheit gerathen wäre, so dürftest Du nur daran erinnern, u Dich als den Mann nennen, für den die Stadthalterinn geschrieben hätte. – Gott gebe daß Du noch kommst. Ich hoffe alles für Deine Gesundheit v dieser Reise. Daß ich Dir nicht mehr darüber sage, wird Dir viel gesagt seyn, wenn Du mein innerstes siehst, wie ich hoffe. Ich bin so uneigennützig u so intereßiert dabey, u in einer so mannigfaltigen Wechselwürkung, daß es mich stumm macht. Daß die neue Ausgabe meines SpinozaBüchleins erst, ich weiß selbst noch nicht wann erscheinen wird, habe ich Dir gewiß schon in meinem jüngsten Briefe gemeldet. Die Jenaer Litteratur Bengel sind gar zu schlimme Vögel, daß sie mich zwischen dem Blinden u dem Kantischen Glauben, wie Buridans Esel, in die Mitte stellen, u in Hoffnung daß ich da regieren werde. – Den Kantischen Glauben kann ich unmöglich auf mir sitzen laßen. Ich möchte eben so lieb den Verdacht ich weiß nicht welcher unnatürlichen Sünde auf mir haben. Wenn ich mich aber dagegen erkläre, so wird Kant böse werden, denn man kann an sein System nicht rühren, ohne es zu zerbrechen. Sein Weltey ist hohl, u kein Vogel hat je eins v mit so dünner Schale gelegt. Für den
    decidierten
Idealismus ist sie die Schale hart genug, u dann ists ein großes, schönes, herrliches Ey. Aber von der bloßen Heucheley irgend eines andern Inhalts, platzt das Ding wie eine Waßer- oder Seifenblase. Mein Verlangen nach der Abhandlung über das Mendelssohnsche Orientieren ist fast sehr gros, u ich bereite mich so viel ich kann, es mit Geduld anzunehmen, wenn ich sie in dem nächsten Stück der Monatschrift nicht finde. Ich begreiffe wie die Geschichte mit Hartknoch Dich geschoren haben muß. Mit dem Schwedenborg, hoff’ ich, solls ihm beßer glücken. Melde mir doch seine übrigen Aufträge, denn es schiert mich noch immer daß der erste nicht so schnell ist ausgerichtet worden ist, als er hätte ausgerichtet werden sollen. Ich höre nichts v Lavater, u will es nicht länger als morgen verschieben an ihn zu schreiben. Ach, Lieber, ich habe versäumt Dir v Leipzig aus den Pontius Pilatus, die Predigten über den Brief an Philemon, den Salomo, u ich glaube noch ein Buch unseres Johannes schicken zu laßen. Doch bin ich nicht gewiß, ob es durch mich oder durch Goeschen versäumt worden ist. Dieser Goeschen ist lange nicht was er mir schien. Daß Du Lavaters Rechenschaft an seine Freunde nicht hättest, wäre mir nicht eingefallen, da s Du sonst alles ehe als ich zu sehen bekommst. Die vertrauten Briefe die Religion betreffend vom alten Spalding, h wovon schon die 2te Auflage heraus ist, hast Du doch gesehen. Der junge Spalding las mir zu Richmont die Stelle daraus vor, über das Angesinnen denen Deisten eine Kirche in Berlin zu gestatten (S. 276), u diese Stelle gefiel mir sehr. – Hier ein Brieflein v Schenk. – Da bringt man mir Licht zum Siegeln. – Lebe wohl, Du Trauter, Lieber! Ich drücke Dich an mein Herz – Gott mit uns! Dein Fritz Jonathan. Vermerk von Hamann: Geantw auf 49. 50, 51 den 23 Sept. – 25 auf dem Fragment vom 27 Aug. nebst Einl. nach Münster auf dem Fragment vom 6. 7 den 22 Sept. Wider geschrieben den 28 Sept. * am linken Rande: heute, den 5ten, da ich Deinen Brief an Schenk noch einmahl lese, finde ich daß ich Dir unrecht gethan habe; also verzeih!
Pempelfort, den 5ten September 1786 Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erh. 16 –   No 10. Erlauben Sie, edler vortrefflicher Mann, daß ich dem heutigen Schreiben iIhres Jonathans einige Zeilen Antwort auf Ihr gütiges Briefchen an mich vom 24ten des verwichenen Monaths beylege. Ich kann, was allen Dank von Ihrer Seite betrift, zu demjenigen, was ich Ihnen in dieser Rücksicht bereits zu Anfang unserer Correspondenz gesagt, wenig mehr hinzusetzen. Wo wahre Liebe mitarbeiten hilft, da laßen sich ihre Spuren nicht verkennen. Ihrem eigenen Herzen also darf ich zu deuten überlaßen, aus welcher Quelle der Eifer und die Sorgfalt gefloßen sind, die ich in Ansehung Ihrer Aufträge mag bewiesen haben; und ob es bloße Höflichkeits-Versicherung ist, wenn ich Ihnen sage, daß ich in demjenigen was ich für Sie gethan, blos dadurch daß es für Sie geschah, einen Genuß gefunden, der mich jedesmahl unmittelbar für die damit verbundene Mühe reichlich belohnet hat. Ehe ich Ihnen die Nota des Buchdruckers über die Bogen qs. Ihres fliegenden Briefes sende, und zur Vollziehung Ihres Urtheils über das bereits davon gedruckte schreite, gewähren Sie mir die Bitte, würdiger Mann, den Proceß noch einmahl zu revidieren. Mir fällt, wenn ich an die Entschließung denke, welche Sie in Absicht dieser Schrift genommen, die Geschichte jenes großen Spartanischen Königes ein, der furchtbarsten Geißel des Persischen Uebermuths und des Rächers Griechischer Freyheit, dem eine etwas ungewöhnliche Organisation gleich nach seiner Geburt beynahe das Verdammungs Urtheil zugezogen hätte; und mir ist bey dem Auftrag, den Sie mir geben wollen, als fände ich mich in jene Zeiten versetzt, und müßte den jungen Held voll Lebenskraft in die Erde mit verscharren helfen. – – Indessen, Ihre Stimme bleibt die entscheidende, und wenn Sie auf Ihrer Entschließung verharren, so dürfen Sie Sich in Absicht derselben von hieraus die genaueste Befolgung versprechen. Leben Sie wohl, lieber, edler, vortrefflicher Mann, und erinnern Sie Sich zuweilen Ihres alten Pempelforter Correspondenten, der Ihnen von ganzer Seele ergeben ist, und die Größe und Tiefe Ihres Geistes eben so sehr bewundert, als für die erhabene Einfalt Ihres Herzens und für Ihren reinen unbefangenen Wahrheits Sinn die lauterste und innigste Verehrung fühlt. Ich verharre Ihr getreuer Tiro-Schenck Quis mihi det TE Fratrem meum – vt inveniam TE foris – – Ibi me
    docebis
– – Cant. VIII.
Vorgestern den 4 Sept. waren es zwey Jahre, wie ich des Abends Ihren ersten Brief erhielt. Vorgestern blieb ich den ganzen Tag zu Hause, um an Sie zu schreiben; siegelte den Brief zu. Gestern früh überfiel mich eine Unruhe, brach alles auf, konnte nicht einmal lesen, geschweige begreifen, was ich den Tag vorher zusammengestoppelt hatte; fieng von vorn an, ohne von der Stelle zu kommen. Heute zum dritten und letzten mal. Ein solches Chaos, eine solche indigesta moles, ohne Licht und Ordnung – eine solche Kelter und Treschtänne – Votre Majesté me pardonnera le dégout de mon détail; car c’est le puits de la Vérité – schrieb ich den 1 Januar 83 Den 18 Aug. (es war eben der Tag, wo Berlin den neuen König einziehen sahe) fällt es mir wie ein Blitz ein, aus dem Thor zu gehen. Ich ermüde bey jedem nöthigen Gange nach der Stadt, wo ich keinen Besuch ohne eine Art von Geschäfte ablege, bin diesen ganzen Sommer kaum aus dem Thore gewesen. Der Einfall aufs Land zu gehen durchglühte mich so, daß ich gegen meine Weise und Sitte mich eines fremden Stocks ohne ein Wort zu sagen bemächtigte, mit einer solchen blinden Hitze aus dem Licent laufe, daß ich beym Ueberfahrtsboot beynahe in den Pregel gestürzt wäre; weil ich durch das Geschrey eines hinter mir gehenden Menschen über mein Stolpern, auf mich selbst aufmerksam gemacht werden muste. Alles fügte sich zur Ausführung meinesr Wallfahrt, über die ich selbst lachte, und auf jeden Fall, unterwegens zu bleiben, meine Maasreguln gemacht hatte. Raphael Hippel, mein Reisegefährte kam gleich nach dem Mittagseßen, fand mich auf dem Bette ein wenig ausruhen, wollte erst gegen Abend gehen. Ich drang aber mit Bitten und Gründen durch, uns sogleich auf den Weg zu machen. Ich hielt tapferer, wie mein junger Geselle, den der Stiefel drückte, aus, legte 1½ Meilen im Sande glücklich zurück und kam mit 5 Uhr zum Erstaunen aller und meiner selbst in Trutenau an, und wäre noch denselben Abend im stande gewesen die Stadt und mein Haus zu erreichen, wenn man mich nicht zu einem Platz in der Kutsche gezwungen hätte und ich mich nicht den Tag drauf zur öffentl. Beichte gemeldet hätte, und ich die
    letzte Woche
meines 56ten Jahres mit der heil. Eucharistie anfangen wollte In dem anticipirten Entschluß diese ganze Woche für mich daheim, ohne zu wißen womit? zuzubringen, wurde ich bestärkt, da ein Bote nach dem andern Montags frühe den 21 Aug. unsere Landesleiche ankündigte. – Ich fieng vor langer Weile einen Brief an unsern J. an – Dienstags frühe den 22 brachte mir mein lieber Junge Ihr Päckchen, von dem ich schon den Abend vorher aber zu spät Wind nicht zu meiner Ruhe, weil ich nicht wuste woher? bekommen hatte. Es war das Fragment Ihres Hauptbriefes nebst den fünf gebundenen Einlagen. Es that mir damals wehe, nicht eine Zeile Postscript von Ihrem und Mariannens Befinden erhalten zu haben – Ich schloß alles in mein Bureau, bis zum XI. Sonntage nach Tr. Ich hatte aber keine Ruhe in meinen Gebeinen oder Eingeweiden, bis ich alle fünf Bände verschlungen hatte, brachte Ihre ganze Correspondenz, die ein Fach meines Bureaus füllte in Ordnung, numerirte mit rother Dinte von No 1–18, um alles zum ruhigem Genuß fertig zu haben.
    Donnerstag Abends wurde mit genauer Noth mit einem abscheulichen Willkomm an J. und einem bitter lächerlichen Abschiede von seinem ehrl. und bisher von mir geqvälten Statthalter Schenk fertig
. Freytags schien mir der Kopf ein wenig erleichtert, durchlas die ganze Correspondence mit unserm J., fand alles bis aufs kleinste Flickchen, mit Bleystift beschrieben, numerirte gleichfalls diesen ganzen Briefwechsel mit rother Dinte und reponirte ihn in die Schublade meines Schreibetisches. Mitten in dieser Arbeit überraschte mich Sonnabends der erste eigenhändige Brief aus Pempelfort, und meine erregte Phantasie sahe das neue Siegel eines Sphinx für den Ixion wegen des Rades an. Nach einer schlaflosen, unruhigen Nacht erwachte ich den 27 Aug. Mit einem Gewölke in meinem Gemüth bemerkte ich den schönen heitern Morgen, besuchte die Metten und meinen kranken Freund, den einzigen mir übergebliebenen von meinen akademischen Jahren, Kr. Hennings, und eilte nach Hause, wo ich nicht mehr als eEins meiner alten Lieblingslieder singen konnte: HErr, besänftige mein Herz, mach es vom Gedanken los. Ich muste mit den ersten
    sieben Briefen
Ihres Fachs aufhören. Lisette Reinette kam ungebeten zu Mittage. Weil wir unter uns waren, blieb alles in seinem gewöhnlichen Gleise. Das Kuchenwerk überlies ich gantz den Kindern, weil mir das Butterbrodt und Käse ein angenehmer Dessert waren. Desto weniger bekamen sie von der Bouteille Wein, welche die Hausmutter besorgt hatte. Ich war Vorleser aus Hahns Postille, womit mich Lavater im May 77 erfreute, und die seitdem mein Haus- und Sonntagsbuch ist. Der müde Leib erholte sich durch eine Stunde Mittagsschlaf. Unser Nachbar und Gesundheitsrath Miltz war gekommen und gegangen; seine einzige Tochter machte meinen 3 Mädchen Gesellschaft. Raphael und mein Michel befreuten sich mit ihrem und meinem Nicolovius. Prof. Kraus kam auch mit einem Gelächter, und gieng seiner Wege. Die jungen Leute allein nahmen mit dem kalten Braten für lieb. Das Gewölke des letzten Morgens verlor sich mit dem ersten Abend meines 57sten Jahres, unterdeßen der Himmel wie aus Eimern zu regnen anfieng. Zu diesem Jahre wurde Abrede genommen, daß ich mich zwingen müste, so viel möglich, jeden Tag auszugehen. Mit der neuen Woche war ich mit Ihren Briefen beschäftigt. Dienstags den 29 Aug. wurde mir ein Brief von Reichardt aus Berlin von seinem Schwager mitgetheilt, dem er meldete den 22 als Courier angekommen und mit außerordentl. Huld und Gnade von ihm aufgenommen zu seyn nebst den besten Aspecten für das arme Vaterland – und die bisherigen Stiefkinder des großen Oncle. Zu gleicher Zeit kamen mir Lavaters Predigten wie ein paar gebratene Tauben ins Haus geflogen. Ich konnte selbige nicht eher als mit dem 31 Aug. anfangen, auch nicht aufhören zu lesen – Der Brief an Philemon ist immer ein wahrer Leckerbißen für meinen Geschmack; wie das Büchlein
    Ruth
mit dem kleinen ungezogenen Propheten, über den er auch so schön gepredigt, daß ich dies Buch für ein non plus vltra seiner Kanzelberedsamkeit hielt. Aber hier glaub ich noch mehr isein Leben, Weben und Wesen gefühlt zu haben. Weil der Septembr. meines Jungen Geburtstag ist, so bat ich mir eine Viertelstunde Morgens oder Abends von ihm aus, weil er den gantzen Tag ziemlich besetzt ist, um den Thomas a Kempis lesen zu können; dawomit wir auch den Anfang gemacht und mit dem ersten Buche bald fertig sind. Wir vergleichen zusammen eine Castelionische oder neulateinsche und zugl. eine portugiesische Uebersetzung, die ich selbst besitze, mit der Originalausgabe eines Jesuiten. Den Volksmährchen zufolge, die mich näher angehen als die aurea Legenda des Cabinets, gehört diese Lecture zum Ton du jour et du Siecle illuminé – Den 3 d. Dom. XII p Tr. feyerte ich wegen der schlechten Witterung in angello cum libello und überlas zum andern mal Ihre Rhapsodie über Gottes- und Menschen- und Selbstführung durch Bedürfniße. Der Styl Ihres
    Gantzgefühls
erfordert ein Studium, wie die Antike – und ich möchte bisweilen ausruffen, wie der Sohn der Sunamitin: O mein Haupt, mein Haupt! Junger Mann meiner Seele und meines Herzens, mit welcher Innigkeit und Schaam hat mich Ihre Wachsamkeit auf sich selbst, Ihre Standhaftigkeit in Versuchen und Prüfungen, die Treue oder Integrität und Originalität Ihrer Ein- und Ausdrücke erfüllt! Wie theuer und unschätzbar ist mir dasdies Unterpfand Ihres unerschütterten Vertrauens, das Gott gewiß belohnen wird durch den rechten Artzt. Ich kann mir selbst nicht helfen. Trübsal und Gedult sind unser Golgotha: Erfahrung und Hoffnung, die nicht zu schanden werden läßt nach Rom V. unser Schiblemini Alles Geschreibsel, wie Sie es nennen, alles Gedrucksel ist nichts als Schwarz auf weiß. Zu Ihrem Geschriebenen fehlt mir der Text Ihrer
    Physiognomie
, und ich lese nichts als Noten ohne Text alswie in einem Schattenriß. Mein Gedrucktes besteht aus bloßem Text, zu deßen Verstande die Noten fehlen, welche aus zufälligen auditis, visis obet lectis et oblitis bestehen, und eine
    stumme Mimik
war das ganze Spiel meiner Autorschaft.
    Sie werden aus dem Tagebuch eines halben Monats leicht ersehen, von was für Winden und Wellen mein Schifflein getrieben wird, und wie leicht es wie des armen Lenz seins hätte scheitern können. Auch der liebe Prometheus Wzm hat das Resultat seiner Schriftstellerey nicht vorhersehen können; und leidet an seiner Gesundheit
    Der Grund auch meiner Ueberspannung war Leidenschaft und Schwäche. Meine unzeitige Geburt kostet Ihnen und J. außer der Schande noch baares Lehrgeld. Wie haben Sie den ehrwürdigen Vatertitel an mir
    verschwendet‥
    Aber ein solcher Beweis meiner Untüchtigkeit und Unwürdigkeit war nöthig dem reißenden Strohm Ihrer zu günstigen Vorurtheile Einhalt zu thun, und die Schuld meiner Gegenliebe zu vergrößern
; denn welchem wenig vergeben wird, der liebt weniger, als dem viel Sünden vergeben sind. Diesen Morgen habe bereits den zweiten Brief seit seiner Heimkunft aus London von unserm J. erhalten. SeineIhre wie seine Freundschaft für mich scheint auf einen Fels gegründet zu seyn. Zu meinem großen Glück war mein Brief einen Tag eher angekommenabgegangen, als sein erster ankam. Das Lesen ist zwar fruchtlos; aber das Schreiben ist mir schädlich, und beynahe unmöglich geworden. Ich freue mich wie ein Kind über jeden Brief, den ich erhalte, und habe mehr als Angst, so bald ich drauf antworten soll. Alle Gedanken verschwinden mir, so bald ich die Feder ergreife. Ich habe diese halbe Woche nichts als diesen Brief im Sinn gehabt – Der Gebrauch der Kämpfschen Visceral-Lavements thut mir wohl, und ich habe Hofnung – Mit dem 1 Jul. machte den Anfang, bildete mir aber nur ein, hämorrhoidalische Schmerzen ein, die mir bisher gantz neu und unbekannt gewesen waren, mir zugezogen zu haben. Entschloß mich daher, von oben diese Mittel zu brauchen. Seit dem 8 Aug. versuchte ich wider den nächsten Weg zu meinen Eingeweiden, bin schon über 50 kommen, und fahre alle Abend und Morgen fort, wenn diese Ordnung nicht durch eine zufällige Verstopfung unterbrochen wird. Wenn ich auch meinen Hunger beßer mäßigen könnte; aber auch diese Leidenschaft meines Magens ist Seelenschwäche, und wie Sie aus eigener Erfahrung wißen, ein Zwang und Druck langer Weile, ein horror vacui, das man gleichviel womit auszufüllen sucht. Der König wird den 17 d. hier erwartet. Alle königl. Bediente haben geschworen, bis auf unser Freycorps, an deßen Vereidung noch nicht gedacht wird. den 7. Mit allem meinem Nachsinnen weiß ich kein beßer Theil zu wählen bey der obwaltenden crisi in mir und allgemeinen Gährung um mich herum, als ruhig die Entwickelung innerer und äußerer Umstände abzuwarten. Unser Wollen und Können bleibt doch immer einim Grunde ein Werk höherer Hand, deren Führung ich mich überlaßen will, und die mich bisher, wie eine Mutter, geleitet hat. Ein Trahe me post TE, wird mir wohl Beine geben zu laufen und nicht matt zu werden, zu wandeln und nicht müde zu werden Jes. XL. 31 wie ich – den 22 des Morgens. Ich erwachte heute nach einer ruhigern Nacht von den Kanonenschüßen, womit die Abreise des Königs um 5 Uhr angekündigt wurde. Gott begleite ihn! Ich habe nicht den geringsten Antheil an dem Auflauf nehmen können, und bin nicht aus dem Hause gewesen.
    Den Tag vor seiner Ankunft erhielte den dritten Brief von J. der alle meine Geister in Bewegung brachte – Eine unüberwindlige Muthlosigkeit und Unvermögenheit hat alle meine Arbeit vergebens gemacht. Es geht mir wie man von Kranken sagt, die ein hitzig Fieber überstanden haben, und die sich auf nichts besinnen können, was sie in ihren paroxysmis alles angegeben haben
. Umsonst habe ich mich aus Ihren beyden Qvartbändchen zu stärken gesucht – Die elende Witterung mag auch das Uebel vermehrt haben. Seit gestern hat sich der Himmel aufgeklärt; aber diese Nacht hat es gereift und die Kälte ist so empfindlich, als wenn die Jahreszeit einen ganzen Monath übergesprungen hätte. Ich bin noch auf eben dem Fleck, wo ich seit 2 Jahren gewesen bin, und weiß diesen Zauber nicht aufzulösen noch zu erklären. Mein Tichten und Trachten diesen Winter zu verleben, ist also nichts als Wind gewesen und zu Waßer geworden – Die Vorsehung hat ihre Hand im Spiel; das einzige womit ich mich trösten und aufrichten kann. Sie hat eine Strafe für uns beyde abgewandt; denn weiß der Mensch, was er wünscht – Ich denke den Menschen so abscheulig zu seyn, als sie mir vorkommen, und glaube oder bilde mir ein, gleichwie ein Pelican in der Wüsten und ein Käuzlein in den verstörten Städten verwandelt worden zu seyn. Man rühmt sehr des Königs gnädiges Betragen. Die Huldigung ist ohne Schaden abgegangen. Dem Pöbel isthat kein Wein gesprungen, kein Geld ist ausgeworfen, nichts Preis gegeben worden. Er soll selbst mit der Sparsamkeit des ausgerüsteten Throns p ein wenig unzufrieden gewesen seyn. Die überhäuften Bittschriften, womit er bestürmt worden, würden ihm auch meine vereckelt haben. Vorgestern hieß es in der ganzen Stadt, daß Hippel seinen Abschied bekommen, und gestern wurde er für einen geheimen Rath ausgegeben. Das letzte komt mir wahrscheinlicher vor, wenn der Arbeiter seines Lohnes werth ist. Durch eine Cabinetsordre vom 24 Aug. wurden alle
    Geld verspillernde Freudenbezeugungen
ausdrücklich verboten – Der galante Ungehorsam des Pöbels wurde gnädiger aufgenommen, unterdeßen scheint der Honigmond mehr in Preuß. Complimenten als deutschen Realitäten hier gefeyert worden zu seyn. Unter lauter anklagenden Gedanken und Entschuldigungen, die mich ausbeunruhigt haben, ist mir kein entscheidender Wink zu Theil worden. Den halben Vormittag hat das Schießen gewährt, als wenn die Freude über den Abschied lauter seyn sollte, wie zur Ankunft. Mein Joh. Mich. traute mir keine Winterreise zu, und sagte heute zu seinem und meinem Trost, daß der König auf den May wiederkommen wird. Gott gebe, daß wir um so viel klüger als älter seyn werden um die Zeit – Wir haben heute schon das letzte Buch unsers kleinen Thomas à Kempis angefangen, welches kein Castalion sondern ein engl. römischer Pedant Dr. Widdrington übersetzt hat. Ich ließ am vorigen Sonntag auch vor Freuden einen runden Thaler springen, für den mir ein guter Freund des Desbillons Ausgabe aus Elbing zu verschreiben versprach; denn im hiesigen Buchladen hieß es, daß diese Ausgabe wegen ihrer Kostbarkeit niemals hergekommen wäre. Ob sie jetzt herkommen wird, hoff ich künftige Woche zu erfahren. Meine gegenwärtige Lage war wohl dazu gemacht, diesen kleinen Tröster zu genießen. Desperandum de mundo et sperandum in DEO. In meiner Visceralcur bin ich auf No 80. und beym Empfange dieses denke ich über 100 zu seyn; aber mit der Hauptsache, Bewegung des Gemüths u Körpers, will es nicht fort. Laßen Sie mich also, mein auserwählter und gewünschter B. schlafen, ohne mich zu rühren, noch ein langes halbes Jahr. Schreiben und Lesen lohnt für uns beyde nicht. Das letzte kann Ihnen nicht so sauer werden, wie mir das erste, vornemlich an Sie wird. Bekommen Sie Lust mir einige Zeilen zu schreiben; so wird mir das Lesen eine Erqvickung seyn wie ein Trunk
    kaltes Waßer
und armen Sündern u Kranken Wein.
    Vielleicht wird desr 87ste May dieses Jahrhunderts das verwesete und verfaulte Weitzenkorn in meiner Seele
! Der reine Λογος und der gute Wille, Licht, Leben und Weg für beyde ruhen in Gottes Schooß – Er erhalte Sie und Ihre liebe Marianne gesund, zufrieden und in vollem Seegen über Ihr ganzes Haus und die Freunde deßelben, Ihren Druffzel und das junge Paar.
    Wegen der übertragenen Druckkosten hat mich schon unser J. beruhigt, dem ich auch noch schreiben muß, wenn ich auch nicht morgen den vierten Brief erhalten sollte
. Ich ersterbe mit meinem ganzen Gesindel   Ihr   alter Ftreuer mit kindlicher Schwachheit väterlich gesinnter Freund und Bruder Johann Georg Hamann. Ihr und Mariannens Geburtstag fehlt mir noch.
Kgsberg den 15 Sept. 86. Geliebtester Freund, Ich habe den 6 dieses bereits einen zweiten Brief erhalten aus Pempelfort bey Düßeldorf unter dem 22 Aug., aus welchem folgendes: Die Arcana coelestia sind bestellt und ich bin gewiß daß Schönborn sie auftreibt. Es wird gar nicht lange anstehen, Nachricht davon zu erhalten. Die Geschichte der Versäumnis dieses Auftrages ist zu lang. Die Schuld komt am Ende allein auf mich – Ich habe mich gnug darüber gegrämt.“ Ich habe keinen von beyden Briefen noch nicht beantworten können, und da die
    Materie
unsers Briefwechsels auf einmal aufgehört hat: so können Sie selbst einsehen, daß ich meinen Freund nicht mit weiteren Aufträgen von der Art beschweren kann, auch den ersten schon mit vieler Bedenklichkeit gewagt, und mich mit Grillen deshalb gequält habe. Da die Bücher schon bestellt sind: so werde ich Ihre Erklärung ihm mittheilen, so
    bald ich schreibe
, und
    im stande bin
zu schreiben. Der eingelegte Zedel ist durch meinen Sohn in dem Hartungschen Buchladen abgegeben. und das P. S. werde ich gleichfalls durch ihn der Me Courtan mittheilen, die sich eben so gewundert hat als der Oberhofprediger Schultz, von dem ich eben jetzt komme, und der übermorgen eine die Huldigungspredigt halten soll, keine Antwort wegen des Rossi erhalten zu haben; doch aller Vermuthung nach bringt Frantz diese Exempl. mit und ich hoffe mit meiner Empfehlung Ihrer Rechtschaffenheit u Ordnungsliebe nicht zu viel für andere gesagt zu haben, weil ich wenigstens nach meiner Ueberzeugung geredt. Einl. werde nach vorgeschriebener Art nach Memel addressirt. HE von Auerswald ist gegenwärtig hier, habe ihn aber noch nicht zu sehen bekommen. Bey dem gegenwärtigen Auflauf und meinem inneren u äußeren Verhältnis dabey, kann ich mich um nichts bekümmern und kann nichts mehr thun als Gott und seine heil. Engel vtriusque generis walten zu laßen. Es ist mir eben so unbegreiflich, daß von D. Lindner nichts zu hören noch zu sehen ist. – Woran es liegt weiß ich nicht. Tout comme chez nous, heist es hier und in der ganzen Welt. Ich kann nichts schreiben, als was Sie schon wißen von Ihrem alten ergebensten Freunde Joh G. H. Adresse mit Mundlackrest und Vermerk Hamanns:
An / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / in / Riga.
Hierinn ein gedrucktes / Gedicht. Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 10 Sept 1786 beantw d 18 –
Kgsberg den 25 7. des Vielgeliebten Geburtstage. Liebster Freund Hartknoch. Ich bleibe diesen Winter zu Hause und will das 2te Decennium meines öffentl. Lebens schließen. Vom May 67 wurde ich welscher Charon. Mit 77 wurde ich Packhofverwalter. Dies Decennium geht auch mit 87 zu Ende. Der König ist bald erdrückt u erstickt worden mit Bittschriften. In so einem Gewühle wollte ich das Leben der meinigen nicht wagen. Alles redt von Veränderungen, deren Wechsel ich auch für nöthig und klug finde abzuwarten. Meine Unvermögenheit zu schreiben ist also ein Rath der Vorsehung, dem ich folgen will und folgen muste. Ihr ältester Brief vom 19 Aug kam mit dem Päckchen erst den 21 d. mir zu Händen u löste mir das Rätzel des jüngsten vom 26 Aug. auf, den ich den 14 erhalten hatte ohne einen deutl. Fingerzeig auf den ersten zu finden. Ihr Stillschweigen wegen Rossi und der Schweitzer Medicin war mir daher unerklärlich Den 16 erhielt ich den dritten Brief aus Pempelfort, noch zärtlicher als die beyden ersten. Er schreibt mir unter dem 4 d. „Mit dem Schwedenborg hoff ich soll es mir glücken. Melde mir doch, wenn ich ihm dienen kann, um den Verzug des ersten Auftrages dadurch gut zu machen.“ Ich habe eben jetzt seine 3 Briefe beantwortet und ihm auch ihren letzten Auftrag mitgetheilt, ob er Ihnen die 8 Bücher verschaffen kann. Hiemit habe zugl. meinen Briefwechsel auf dies Jahr geschloßen und von meinen Freunden dort Abschied genommen. Warten Sie also, bis ich Antwort erhalte, die ich Ihnen gleich mittheilen werde. Den Nachtrag zu Schwedenborg wegen der Expedition p habe gleichfalls ihm überschrieben. Sie fragen mich wegen einer Stelle aus meinem Briefe, die Sie nicht verstehen. Es geht mir selbst so, daß ich vergeße, was ich im Schreiben so wohl als Lesen gedacht habe. Die Verbindung, in der ich die angeführten Worte geschrieben, ist mir eben so dunkel. Daß
    die Gaben unerkenntlich machen gegen den Geber
ist eine
    traurige Erfahrung
. In einem alten Liede heist es: Ach Gott ist noch dein Geist in mir Die Gaben, die von deiner Hand ich dankbar sollt empfangen die sinds, die mich von dir gewandt, die sind nur mein Verlangen. p Sagte nicht Adam schon: das
    Weib, das Du mir zugesellt hast
. Sind Vernunft u Freyheit nicht die edelsten Gaben der Menschheit – und beyde zugl. die Qvelle alles moralischen Uebels? Ohne Misbrauch schöner u großer Talente gab es weder Gecken in superlatiuo noch Bösewichter von blendender Gestalt. Alle Geschenke werden leicht zu Feßeln und Bürden, die man sich zu erleichtern sucht, weil man nicht gern unter
    Verbindlichkeit
und im
    Zwange
, sondern lieber avthentisch leben und sein eigner Herr seyn mag. Die Natur, diese sparsame Mutter giebt Anlagen und Anläße – und ihr Gesetz des Minimi ist eine alte Sage. Vermittelst des Gegensatzes hat jede Kunst, vorzüglich die
    mimischen
und
    nachahmenden
das höchste Ideal zum Gegenstande, ein intellectuelles maximum und Hirngespinst; daher so viele Fehlschüße unter den Schützen. Wo die Natur das meiste gethan, muß der Mensch am enthaltsamsten seyn ihr Werk zu verderben und zu überladen. Mit Furcht und Zittern, Ehrerbietung und Dank nachahmen, nicht die Natur aus Eitelkeit und durch Eigendünkel
    auszustechen
suchen.
    Wenn ich nicht aus leidiger Erfahrung an mir selbst, dies innigst gedacht; so läßt es sich wenigstens denken
. Haben Sie selbst Wohlthaten genoßen: so werden ihnen ihre Gesinnungen gegen die Wohlthäter und die ganze Genealogie derselben in ihrer Seele keine geheime Geschichte seyn können. Undank ist die
    baarste Bezahlung
, womit man gegen sein eigen Gewißen und den Leumund der Welt qvit werden kann. Die ganze Kunst beruht nur auf die Erfindung einiger Mittelbegriffe seinen schwarzen Undank mit Feigeblättern zu decken oder anzustreichen mit weißer und rother Schminke. Probatum est. Seelig sind die Armen an diesem Welt- und Schulgeist! Unser verdiente Kritiker ist vom Min. Herzberg ungemein gnädig u unterscheidend aufgenommen worden, so auch vom König, der ihm, wie es heißt, eine Stelle bey der Akademie zugedacht haben soll. Zollikofer ist an Me. Courtan durch Hill abgegeben worden. Ich habe mich vorige ganze Woche nicht aus dem Hause gerührt, und meinem Gesindel soviel wie mögl. erlaubt an den ludis circensibus Antheil zu nehmen. Kein Brodt noch Wein noch Geld noch Braten noch Muthwillen ist dem Volk gestattet worden. Es hat also an Kurzweil so wohl als Mord und Todschlag gefehlt. Unser Kgsb. Unser Oberbürgermeister hat auch ist einen Geh. Rath u Stadt Praesidenten wie Berlin geworden; und Ihr HE Schwager ist auf gute Wege der Necker seines Vaterlandes zu werden. An meine Autorschaft ist nicht eher zu denken als bis ich gesunder bin. Heute das 84 Lavement u des Abends 85. Mein Appetit ist unbändig. Bewegung fehlt dem Gemüthe u Leibe. Neue Luft, Eindrücke, Triebfedern – kurzum, ein neuer Wein und ein neuer Schlauch! Comm. R. Wulff u Hill danken und freuen sich nebst mir auf die Ankunft der Schweitzermittel. Ihnen u den Ihrigen empfehle mich mit meinem ganzen Hause als Ihrtreuer Altflicker und Kannengießer Joh Ge. Hamann.    Vale et faue Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn
    Hartknoch
, / Buchhändler in /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf. d. 20 Sept 1786 beantw d 23 –
Herzenslieber Fritz Jonathan. Gestern den 27 Sept tratt mein Michael in sein 18stes Jahr. Ich hatte mich den ganzen Monath lang auf diesen Tag gefreut, der aber nicht gefeyert ward, als daß ich den ganzen Tag zu Hause zubrachte. Zum Frühstück wurden wir mit unserm kleinen Thomas Malleolus fertig. Ich ermannte mich zu einer Arbeit, vor der ich mich bisher gescheut hatte und an die ich nicht ohne Eckel und Verdruß denken konnte. Gegen Abend, wie ich im besten Schuße bin, komt ein Brief aus M. vom 7 d. wo alles dasjenige enthalten war, was Du mir unterm 4. vorläufig gemeldet hattest und worauf ich seit dem 16 gewartet. Tot et tanta negotia sind für mich allein wichtige Ursachen mich nicht in dem
    Schritt
zu übereilen. Die geheime Schreiber haben gnug auf meine Landsleute geflucht, die den neuen Landesvater überfallen und belagert haben. In einem solchen Gewühl würde auch meine Bittschrift erdrückt und erstickt worden seyn. Eben die Bescheidenheit glaube ich der großmüthigen Fürstin und der noch höheren Mittelsperson schuldig zu seyn. Ich überlaße es Dir meindies Gefühl undmeiner Unwürdigkeit für eine so ausnehmende Huld und Gnade auszudrücken, weil ich es selbst nicht im stande bin, auch unser lieben B. zu danken. Gehorsam ist das angenehmste Opfer in den Augen desjenigen, der ins
    Verborgene
sieht und
    öffentlich
vergilt. Das hab ich erfahren, und hoffe es noch augenscheinlicher zu erleben. Nichts von ohnegefähr; warum muste eben an einem so kritischen Tage, nach 9 verlornen Monathen – nonum prematur in annum, sagt Horatz – die Liebe zu meinem verlornen Briefe wieder aufwachen? Den 17 Xber pr. setzte ich zu erst die Feder an. Ich bin gestern bis in den Bogen B gekommen, muß aber meine
    Kräfte zu Rathe
halten, wenn ich nicht wieder verwildern soll. Ein Brief von meinem Freunde wird ein Labsal für mich seyn, aber die Antworten muß ich schuldig bleiben. Habe die Freundschaft, wie ich bereits gebeten, meine letzte Einlage mit dem was ich Dir geschrieben, an meinen B. zu ergänzen, dem es eben so geht wie mir, sobald es aufs Schreiben ankommt, fehlt es mir an Worten meine Gedanken auszudrücken, die unterdeßen verfliegen und verrauchen. Ich glaube auch, daß die elende Witterung eines so feuchten und kühlen Herbstes meine
    Lebensgeister
zu einer Reise gedämpft hat, und auch diese hängen von Ihm ab, der Wolken, Luft und Winden giebt Wege, Lauf und Bahn. Also manum de tabula! und Bedenkzeit zum Schritt ins Heiligtum des Cabinets. Dem Tempelhern de la Haye de Launoy soll auch der Urlaub abgeschlagen worden seyn, um den er,
    sagt man
, so dumm gewesen gleich beym Antritt der neuen Regierung anzuhalten. Sollte meine Autorschaft durch die jetzige Palingenesie eine neue Gestalt gewinnen: so bin ich meinen Freunden und Feinden, folglich auch mir selbst diesen letzten Versuch meiner Kräfte schuldig. Vaterland und Mutterkirche sind die beyde Angeln meines Patriotismus. Ich habe mehr zu beschneiden als zu flicken. Auch mein einziger mir übrig gebliebener Freund Crispus soll an meiner Arbeit keinen Theil mehr nehmen; ich will meine reine Haut zu Markt bringen. Gehts nicht; desto beßer, wenn man alles gethan hat, sich als einen unnützen Knecht zu erkennen. Hier liegt doch aller Weisheit Ende; wie dort ihr Anfang. – Ich muß mit dem 90.sten Lav. zu Bette eilen und habe nun alles für heute gesagt, was ich zu sagen im stande bin. Hör nicht auf mich zu lieben, mit mir Gedult zu haben, mir so oft Du kannst zu schreiben, mir in Ansehung der Aufträge nach London Bescheid zu ertheilen, meine Unterlaßungssünden gegen Diotime und Alc. auf Deine Schultern zu nehmen, und für meine Entschlüßungen des morgenden tages unbesorgt zu seyn, auch auf keine Antworten Dir Rechnung zu machen, als wo Ausnahmen mir nöthig scheinen werden. Ich bin unter 1000 GKüßen (leider in Gedanken) und eben so viel Grüßen an alle die Deinigen – denen ich wie Dir selbst Gesundheit, Freude und Friede wünsche, (praenumerando allenfalls bis zu dem bevorstehenden A. S. R. 87.) von mir und meinen lucubrirenden, schlafenden und spinnenden Gesindel   Dein großer Heiliger mit dem Lindwurm. J. G. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
/ Fo Wesel Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 28ten Sept 1786. J. G. Hamann empf. den 12ten Oct. beantw / den 13ten
Pempelfort den 5ten Oct. 1786. Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte): Erhalten den 18 –   No 52 Endlich einmahl wieder ein Brief von Dir, Du lieber HerzensVater! Ich hatte mir es zwar gesagt, u recht klar u deutlich gesagt, daß Du nicht eher wieder schreiben würdest, bis Du meine Antwort auf Dein letztes erhalten hättest, u dennoch konnte ich dem Erwarten nicht vollkommen steuren. Nun aber war ich heute vor 8 Tagen mit meiner Rechnung zu Ende, u erwartete also einen Brief. Am Sonntage zweifelte ich gar nicht daß einer kommen würde, u wurde unruhig da ich mich in meiner Hoffnung betrogen sah. Den folgenden Tag aber las ich in der Zeitung, daß der König erst den 22ten Koenigsberg verlaßen würde, woraus ich mir den Aufschub erklärte, u mit mehr Geduld den heutigen Tag erwartete. – Der herrschende Ton in Deinem Briefe hat etwas finsteres u trübes, das mich mit schwermüthig macht. – Meine Kopfschmerzen wovon ich Dir neulich schrieb, haben Stand gehalten, u mich bald minder bald mehr gepeinigt, Anfangs dieser Woche schien es als wenn ich das Uebel los werden sollte, aber diese gute Hoffnung dauerte kaum bis zum dritten Tage. Wenn nur beßeres Wetter kommen wollte. Die feuchten Stürme bringen mich um. Am 9ten des verwichenen Monats, Morgens, da ich wegen meiner Schmerzen noch zu Bette lag, wurde mir unversehens Dohm gemeldet. Ich ließ ihn zu mir ans Bette kommen, u hörte daß er seine Frau u noch zwey Freunde mitgebracht hatte. Alle diese Leute mußte ich nun gleich auf Mittag u Abend zum Eßen bitten, u eben so für den folgenden Tag. Dohm hat etwas in seinem ganzen Wesen, daß sich mit dem meinigen sehr verträgt. Er scheint gutmüthig u offenherzig. Für den Deismus u gegen das Χstenthum ist er wie alle Berliner Philosophen eingenommen, u spricht darüber so flach daß es einen dauert. Seine politischen Grundsätze stimmen mit den meinigen überein, u er scheute sich nicht, diesen Grundsätzen gemäß frey zu urtheilen. Ich erfuhr über manches sehr intereßante v ihm über allerley Gegenstände. Einige Tage nach ihm, den 14ten, erschien der Schweitzer Müller. Das Gesicht, die Gestalt, der ganze Ausdruck dieses Mannes, hat etwas das mir widersteht. Hingegen hat er mich durch seinen umfaßenden u tiefen Blick in den Zusammenhang der Geschichten sehr angezogen. Ich begleitete ihm am folgenden Tage, trotz meines kranken Kopfs, nach Cölln, u wir blieben zusammen bey Dohm bis Montag früh. Dohm wurde mir bey dieser Gelegenheit noch lieber; mit Müllern aber konnte ich mich gar nicht amalgamieren. Nach der Vernunft hätte das Ding umgekehrt seyn müßen. Aber es giebt nach allen Prädicamenten u Prädicabilien ein gewißes a posteriori, daßs über alles a priori triumphiert. Ich hatte Müllern sehr gebeten Heinsen ge zu Mainz wo möglich anzubringen. Eine sehr geliebte Anverwantinn des Churfürsten, die Frau v Coudenhove, gebohrne Grafinn v Hatzfeld, u mein Freund Neßelrode, hatten schon längst darauf gedacht, u auch, auf meine Veranlaßung mit Müllern darüber berathschlagt, sahen aber kaum vor, wie die Sache gelingen konnte. Nun ist Müller kaum zurück u zu Aschaffenburg am Hofe angelangt, so schreibt er mir, unter dem 26ten, daß er, es unterstützt durch die Frau v Coudenhove, es würklich fertig gebracht habe. Heinse sey Vorleser bey’m Churfürsten, mit 800 Gulden Gehalt. Die Heinsens Versorgung war mir durch eine Verkettung von Umständen u Begebenheiten – wohl nicht eigentlich zur Pflicht gemacht, aber doch so auferlegt worden, daß ich mir nicht heraus zu helfen wußte. Unser gegenseitiges Verhältniß war drückend, wegen der gänzlichen Verschiedenheit unserer Sinnes- u Denkungsart, so daß wir beyde darunter nicht wenig litten. Absit omen! rief ich aus, da ich in Deinem Briefe las, Du hättest die jungfräuliche Sphinx meines Siegels für den leibhaften E Ixion angesehen. – Laß mich bey dieser Gelegenheit Dich an Dein Versprechen erinnern, mir ein που στω, welches ich, wie Du behauptetest v Mendelssohn, u zwar sündiger Weise gefordert hätte, mir zu geben. Ich habe Lavaters Predigten über Philemon noch nicht ganz durch. Vieles, sehr vieles darin erquickt auch mich in einem hohen Grade. Aber was ist Erquickung in einer Krankheit wie die meinige! – Warum soll ich heucheln. Mein Χstenthum ist die elendeste Sache v der Welt; nichts im Grunde als Quacksalberey – – – Was das Ende von dem allem seyn wird weiß ich nicht; mag auch nicht darüber reden, ehs entschieden ist. den 6ten –. Noch einmahl, das beste ist, ich schweige. Es ist das einzige. – Wie habe ich nicht gestrebt? Wo habe ich nicht gesucht? – Ich fand, nur anders eingehüllt, mein eigenes Elend, meine eigene Armuth, bald mit, bald ohne Quacksalberey u Betteley. Und ich werde nun bald 44 Jahre alt. Du hast die mehrsten Punkte meiner letzten Briefe ganz unberührt gelaßen. Es kommt mir vor als schwiegest Du geflißentlich v Kant. Du sagst, der erwartete Aufsatz v ihm werde im October erscheinen, u solle sich auf das Geniewesen beziehen. Ich habe Dich schon einmahl gebeten, Lieber, u bitte Dich itzt nochmahls, mir nie dergleichen dunkle Nachrichten zu schreiben. Meine Einbildungskraft wird dadurch aufgebracht, u mein Geist zerstreut, ohne Frucht. Daß ich Garven Anecdoten gegen Nicolai u Genoßen angeboten hätte, ist grund falsch. Ich habe aus Veranlaßung meines Verlegers Loewe Garven ein Exempl. meiner Rechtfertigung geschickt, u in Beziehung auf S 97. dieser Rechtfertigung, ihm von dem Uhrheber des Märchens v einbrechendem Catholicismus, Nachricht gegeben. Mein Brief foderte nicht einmahl eine Antwort, u ich erlaubte Garven v der darin ertheilten Nachricht, jeden Gebrauch zu machen den er für gut hielt,
    auch ohne dabey meinen Nahmen zu verschweigen
. Garve hat mir in einem freundschaftlichen u verbindlichen Tone geantwortet. Ich sehe der Entwickelung dieser Sache ganz ruhig entgegen. Unterdeßen ist mir hiedurch ein Licht über eine Stelle in Nicolais hämischer Antwort auf Lavaters Erklärung aufgegangen, wo er von dem herum reisenden schönen Geiste spricht, der den Prospectus seiner Werke in der Tasche trüge, welches ich gleich auf Leuchsenring deutete, u mich nur wunderte, daß man sich jetzt auf einmahl so scharf v ihm abschneiden wollte. Einliegend die Abschrift eines Biljets dieses Leuchsenrings an Lavater, nebst Lavaters Antwort. Schloßer in Emendingen hat sie mir mitgetheilt. Dieser war vor kurzem in Zurich, u hat nach seiner Zurückkunft eine Epistel an Leuchsenring geschrieben, die wahrscheinlich ans Licht kommen wird. Sie enthält gute Sachen, aber ihr Gegenstand ist ganz schimärisch. Lavater u Leuchsenring sollten ihre Sache vor einer Commißion von etwa 4 ausgesuchten Männern ausmachen, die ihren Ausspruch alsdann dem Publico vorlegen sollten, u so den Streit zu Ende bringen sollten. Seit Juni habe ich keine Briefe v Lavater, sehe aber morgen einer Antwort auf 2 die ich ihm hinter einander geschrieben, entgegen. – Die Predigt über Ziehen, die Rechtfertigung über den Magnetismus u andre Gegenstände betreffend, mit einem Exempl. des Pontius Pilatus, sollst Du unverzüglich erhalten. Ich habe wegen des Schwedenborgs aus England noch keine Antwort, u vermuthe daß Dir Schönborn die Versendung wird unmittelbar angezeigt haben. Die andern Bücher will ich auch besorgen. Ich kann aber mit der heutigen Post nicht schreiben; es soll unfehlbar mit der nächsten geschehen. – Die Briefe über die Kantische Philosophie im Deutschen Merkur hast Du doch gelesen? – Auch die Rezension der Resultate in den Götting. Anzeigen? Mich verlangt, was die Meße bringen wird. Tausend Grüße v Wzm u Schenk. Warum Du ersterem den Nahmen Prometheus beygelegt, wißen wir nicht recht. Er fährt fort sich zu erholen. Gott erhalte Dich u laße mich bald etwas erfreuliches v Dir hören. Dein Brief an Buchholz ist besorgt. Ich leide heute außerordentlich an meinem Kopf. Noch einmahl, lebe wohl! Von ganzem Herzen Dein Fritz.
Kgsb den 5 8t. 86. Lieber HerzensFritz! Wenn Du mir auch unhold wärst – und nur der Fluß aus Deinem Kopf ausgefahren ist, über den Du in Deinem letzten Briefe klagtest. Mit jedem Posttage beynahe wünsche ich mir einen von Dir zu sehen. Mein Letztes ist auch einen liegen geblieben, nicht aber durch meine Schuld. Daß ich Arbeit siehst Du aus Beyl. die es mir unmögl. fällt beßer abzuschreiben. Freund Tiro wird meine Hand wohl lesen können. Die neuen Noten sind mit rother Dinte. Die rothe Stelle gehört in den Text. Die auf den letzten Seiten sind versetzt. Ich will noch die schwersten Stellen übersehen. Auf der ersten Seite: Den eilften Jänner (86) – – quem semper acerbum Semper honoratum, sic DI voluistis, habebo, erfuhr ich p No 14: (weil der Weihbischof sich schon längst in eines fremden Herrn Gebiete sich aus den Preuß. Staaten entfernt hatte) – – unter Pauken- und Trompetenschall. Die Anziehungen der Sprüche habe ich so viel mögl. in die Anmerkungen verlegt. Bin ich bald im stande die Fortsetzung zu überschicken: so wünschte ich, um die Noten ins reine bringen zu können, nicht mit der Post sondern aus Leipzig noch ein oder 2 Exempl. der 4 abgedruckten Bogen übermacht zu sehen. Warte aber erst die Folge ab, ehe unser Tiro Anstalt macht. Mein äußerl. Ansehen hat sich sehr durch die Cur gebeßert, und ich habe seitdem zugenommen und ein runder Gesicht bekommen. Montags mit dem 101 Lav. eine Halte gemacht, die mir zu lange währt. Nur mein grimmiger Appetit wird durch Reisen gebrochen werden, und durch Zerstreuung des Gemüths, das durch die elende Jahreszeit noch mehr leidt. Seit gestern ist der Himmel ein wenig klarer, aber die Wettergläser fallen schon wider so stark wie mögl. Die Wege müßen inpraticable seyn, und meine Einbildung schaudert schon, wenn ich sie mir in Gedanken vorstelle. Ich kann so wenig Kälte, als eine geheitzte Stube vertragen – und diese Zwischenzeit greift mich sehr an. Das Berl. Blättchen schreibt schon viel von Veränderungen in unserm Fach, aber nicht zu meinem Trost. Es ist also nicht blos um Urlaub, sondern um meine ganze Lage zu thun, deren Veränderung ich nöthig finde gegenwärtig zu erleben. Ich mag sehen wo ich will, so finde ich noch nichts, warum mir etwas gereuen, oder meinen gefaßten Entschluß umstimmen könnte. Unsere Erwartung beßerer Zeiten dürfte schwerl. in diesem Leben erfüllt werden. den 25 8br. Nach 20 Tagen bin ich im stande das Blatt umzukehren, und mache heute den ersten Versuch einen Brief zu schreiben; da ich heute und besonders vor 8 Tagen mit Briefen von Dir, mein lieber Fritz Jonathan, erqvickt und gelabt worden bin. Gottlob! daß Dein Kopfschmerz aufgehört hat; ich kenne das Uebel nicht aus Erfahrung, so wüste und schwach mein Kopf ist, habe aber so viel andere leiden sehen. Beynahe hatte ich einen irreparable dummen Streich gemacht. Mich überfiel den 5 d. ein Flußfieber, daß ich nicht widerweiter schreiben konnte. Den ganzen Tag drauf lieg ich im Schlummer, behelf mich mit ein wenig Habergrütze u Semmel, schlaf wider ein; befinde mich im stande gegen Abend aufzustehen. Sonntags fühle mich beynahe gantz munter, bin so unvorsichtig Abendbrodt zu eßen, und nehme den Tag drauf eine Purganz seyn ohne an das
    Flußfieber
zu denken, das nicht gantz nicht halb zeitig geworden war. Laß mich wider gelüsten an diesem Tage, wo ich mir vorgenommen hatte enthaltsam zu seyn; etwas zu eßen. Kaum bin ich fertig; so überfällt mich ein Fieber, mit der Phantasey als wenn sich ein kalter Geist auf mich legte. Dies war Mittags den 9. Zu meinem Glück fall ich darauf wieder in einen tiefen Schlafe, der bis nach dem Dienstag gegen Abend anhielt, wo ich mich wider zu ermuntern anfieng und währender Zeit scheint meine Natur die crisin glücklich überstanden zu haben. Es stand alles so still und feyerlich um mich herum, daß ich mich wunderte, ohne daß ich vom Geringsten etwas wuste. Man war fast für mein Leben, wenigstens für eine schwere Krankheit besorgt gewesen. Ich habe mir schon einmal die Gicht durch ein unvorsichtiges Aderlaßen und Flußfieber ohne es zu wißen zugezogen, und bin auch dies Uebel durch den Gebrauch der Dulcamara zu einem gantz andern Behuf, glücklich losgeworden. Nun habe ich ein ander Experiment meiner Einfalt gemacht das noch ärger hatte ablaufen können, durch eine Purganz im Flußfieber. Mittwochs den 11 kam mein Flußfieber in Ausbruch mit einem Krampf u Husten, der mich zum Ersticken zusammenschnürte und wieder zu zersplittern drohte. Endlich bekam die materia peccans durch alle Schleusen ihren Ausfluß. Der Graf Kaiserlingk besuchte mich und da ich mich wegen meines Apparatus entschuldigte, schickte er mir ein Quispeldoor, das eben zu rechter Zeit kam, wie ich es am nöthigsten hatte. Ich bin wie neu geboren, seit dem Sonntag im stande aufzustehen, aber so erschreckl. matt, daß ich mich noch gar nicht erholen und zu Kräften kommen kann. Außer ein paar Vomitiven habe ich fast lauter Hausmittel gebraucht – All mein Kämpfsches Embonpoint ist verschwunden – Den 14 kam der Octob. der Berl. Monatsschrift an, habe sie aber erst den 20 zum Frühstück lesen können, mit solcher Alteration, daß ich es wagen muste ein paar Gläser kalt Waßer zu trinken – nicht wegen des Innhalts, sondern wegen der Urtheile die ich darüber gehört, und die so wenig mit dem meinigen übereinstimmten. Ich glaube, daß Krankheit mehr an meinen Empfindungen schuld gewesen; denn sonst ist der Innhalt dieser Schrift sehr wichtig für mich. Meine gantze Natur scheint sich geändert zu haben; und ich bin vollig hergestellt, bis auf den Mangel an Kräften u Lebenswärme. Seit Sonntags eße ich wider Fleisch; alles, was ich genieße, hat den Geschmack von Ambrosia. Mein Hunger ist nicht so unbändig; aber doch scheint meine Entkräftung aus dem Magen zu kommen. Ich habe heute Glaubersches Saltz eingenommen, aber ohne Wirkung. Uebrigens scheint auch diese Krankheit eine herrliche Zubereitung auf meine Reise zu seyn, an die ich mit dem Anfange des neuen Jahres mit allem Ernst denke;
    spätestens
in Gesellschaft Hartknochs. Ich schreibe, lieber Fritz Jonathan alles durcheinander; denn mein Kopf ist schwach und voll. Um ihn ein wenig zu wetzen, habe ich diese Woche Ferguson’s History of the Fall and Termination of the Roman Republic zu lesen angefangen und bin eben mit dem I. Buch der Hälfte des I Vol. fertig. Arbeiten kann ich noch nicht, und es unterhält mich auf eine angenehme Art ohne Anstrengung. Ich freue mich daß Du von Deinem Hauptübel erleichtert bist; im vorigen Briefe blieb mir doch diese Besorgnis in petto. Gott gebe doch auch dem lieben Wzm. Gesundheit; ich wünschte ihn noch gern in Deinem Hause zu sehen und ihn da zu genießen. Mein Michael hat mir diese Woche einen Fund gemacht, den ich habe ohne es gewußt zu haben. Es sind seine Beyträge zum christl. Magazin. Ich nannte ihn Resultatenschmidt u wollte dies dadurch gut machen daß ich ihn in einen Prometheus verwandelte, ohne eine andere Nebenidee, als seine Leiden, die er sich zugezogen. In Berlin soll man ihn gar für einen
    fanatischen Atheisten
halten; ich begriff dies auch nicht, bis man mir erklärte, daß dort Atheisten wären alle die der Vernunft absprächen das Vermögen Gott zu erkennen, u eine andere Qvelle als die Philosophie suchten. Wenn er nicht darüber zu lachen im stande ist; so sag es ihm lieber nicht. Kant harmonirt gar nicht mit den Berlinern; sondern hat vielmehr Ursache mit ihnen unzufrieden zu seyn. Eben hör ich von der Vorrede zu einem M. Jacob, der ihn drum ersucht, ohne an seinem Buch weiter Antheil zu nehmen. Meine Urtheile beruhen vielleicht oft auf meiner besondern Laune u Lage. So laß ich Lavater über Philemon in einer Dürre der Seele, wo ich glaubte alles Gefühl von Freundschaft u Erkenntlichkeit u Moralität verloren zu haben. Mein Mitgefühl deßen ich fähig war, gereichte mir zum Trost, und ich konnte mir selbst Rechenschaft geben von dem außerordentl. Geschmack, mit dem ich für diesen kleinen Brief eingenommen war, den manche keiner Stelle im Kanon werth halten. Mit dem ersten Theil der Vorlesungen über das N. T. gieng es mir eben so. Die beyden folgenden Theile haben nicht den Eindruck in mir gemacht – aber ich unterstehe mich noch nicht zu urtheilen – und warte mit Verlangen auf die Fortsetzung. Meynst Du, lieber Fritz Jonathan, daß es andern beßer geht wie Dir mit Deinem Christentum. Wundere Dich also nicht, daß Du allenthalben
    Dein eigen Elend
findest. Mit solchen Gesinnungen – hoff ich ist man nicht fern vom Reich Gottes, das nicht μετα παρατηρησεως kommt. Luc. XVII. Hast Du gesucht? Hast Du gestrebt? Hast Du geredt? Hast Du nichts als durchlöcherte Cisternen gefunden? Nun so versuchs ein Vierteljahr mit
    Stille seyn und Hoffen
– um mit Deinem 45sten
    stärker
zu werden. Fürchtet euch nicht, steht fest, und seht zu – Der HErr wird für uns streiten, und wir werden stille seyn Exod. XIV. Gnug auf heute den 26 8br 86. Ohngeachtet meiner willigen Natur hat die Arzney gestern nur ein einzig mal und spät gewürkt. Die Nacht ist schlechter als die vorigen gewesen; ich habe dennoch heute zum ersten mal früher, wie bisher aufstehen können. Du machst mir Vorwürfe die mehrsten Puncte unberührt gelaßen zu haben. Ich habe daher Deine 3 letzten Briefe von neuen durchgelesen. Die Hauptsache war Deine Nachricht aus Münster, worüber Du mich auf den Brief von unserm lieben B. verwiesest; den ich bisher eben so wenig darauf antworten können. Was konnte ich in dem Tumult meines Gemüths darüber schreiben. Es war doch alles geschehen, daß ich
    Gebrauch
davon machen sollte. Nur war die Frage: welchen? Gleich zu platzen, und zu fahren. Dergl. Anlagen machten mich behutsamer, und achtsamer, um nichts zu verderben, und mit desto mehr Anstand und Ueberlegung zu Werk zu gehen. Ich habe keine Weltkenntnis u mache auch keine Ansprüche darauf; aber meine Grundsätze und Empfindungen kann ich nicht verleugnen, und es thut mir nicht leid, ihnen treugeblieben zu seyn. Drey Geschwüre oder 3 Pfeile stecken in mir, die mir keine Ruhe laßen. Mein Urlaub zur Reise, die jetzige Reformation, in so fern selbige auf meine ganze Lage Einfluß haben kann, und denn meine leidige Autorschaft. Alle 3 hängen zusammen, wirken in einander, und sichnd sich im Wege. Eine Crisis, die nicht von mir abhängt, muß alles zur Reife bringen. Mir ist jetzt kein anderer Schritt übrig, als ins Cabinet zu gehen; denn nach den Gesetzen muß ich unmittelbar beym Könige die Erlaubnis suchen zu einer Reise aus dem Lande – Wenn ich Vortheil und Genuß von dieser Reise für meine Gesundheit u Gemüthsruhe haben soll: so muß ich mit
    gutem Gewißen
und ohne
    Unruhe oder Sorgen
die Reise thun. Mit dem nächsten Jahre habe ich 20 dem Könige gedient, die Hälfte als Uebersetzer, die andere als Packhofverwalter. Ich habe in Ansehung meines Dienstes so viel auf dem Herzen, daß ich mich nicht entbrechen kann, dem Minister darüber reinen Wein einzuschenken. Dixi et liberaui animam meam. Brahl hat diesen Schritt schon gethan, und es ist mir lieb einen
    Vorgänger
zu haben, nach dem ich mich richten kann, und den Erfolg vielleicht abwarten. Man hat seinem Vorgänger bey der letzten Reduction 5 rth des Monats entzogen, da er von allen 4 AcciseEinnehmern die gröste Arbeit hat, also gegen alles Recht u Billigkeit, wie man in Berl. gantz blind aufs Gerathewohl ohne Kenntnis der Sachen durchzuschneiden gewohnt ist. Was meine Autorschaft anbetrifft, so habe ich zwar über dasie abgedruckte 4 Bogen den Stab gebrochen, aber die Sache selbst liegt mir mehr am Herzen als jemals, und ich habe alle die Feuer- und Waßerproben nicht umsonst ausgestanden, sondern bin desto mehr
    gestählt
worden in meinem Vorsatz. Ich nehme an Deinen Aufmunterungen, lieber Jonathan, vielen Antheil, aber den Sporn hat kein Autor nöthig, und hierinn bin ich eben so sehr Autor als Mensch, und schäme mich dieses Bekenntnißes nicht. Was ich
    mir selbst
und dem
    Publico
schuldig bin, oder wenigstens für eine Schuld ansehe, muß mit dem letzten Heller geleistet werden. Wie meine Autorschaft einen
    Anfang
gehabt, so mag sie auch ein
    Ende
nehmen. Lieber nichts, wie halb! Die Art, wie ich mich gegen meinen ältesten Freund Herder darüber manifestirt, ist mir noch heute so heilig als denselben Augenblick, da ich es schrieb; und so lange ich nicht durch beßere Einsichten überführt werde, daß ich seit dem 17 Xbr. wo ich die Feder ansetzte, in einem Taumel gelebt, ohne bisher von selbigem nüchtern geworden zu seyn. Alles was ich zu Anfang dieses Briefes geschrieben, gilt nicht, weil ich die Beyl. noch einmal durchsehen und ins reine schreiben will. Von Kants Abhandl. konnte ich damals eben so wenig schreiben bey aller Mühe die ich mir gab mehr und etwas bestimmtes davon zu erfahren. Was ich erfuhr, schrieb ich. Ich habe sie jetzt selbst gelesen, und bin eben so klug, wie ich gewesen bin. Was sie für Eindruck bey mir gemacht, hab ich Dir schon gemeldt. Kraus hat mir die Kälte und den sanften Ton so empfohlen, und es verdroß mich weder eins noch das andere darinn finden zu können. Ich las den Sonntag vor meinem Recidiv Ehlers Winke mit zieml. Intereße an dem Ton dieses Mannes; gegen das Ende überfällt mich ein Unwille, ohne recht zu wißen wie? und warum? Ich konnte mir selbst den Grund meines Verdrußes nicht erklären. Meine erste Arbeit war dies Buch von neuen durchzugehen, um mir wenigstens Rechenschaft von meinem Gefühl geben zu können. Es läuft alles auf die jesuitische Chicane heraus mit der Zweydeutigkeit des Worts Vernunft. Ich begreife in aller Welt nicht, wie so ein paar Männer wie Kant und Ehlers aus einem Ton pfeifen und sich einer so niedrigen u plumpen List bedienen ihren Gegnern aufzubürden, als wenn von der Vernunft die Rede, die Gottes Gabe und der Character der Menschheit ist, und daß selbst Crispus sich durch einen solchen Schein der
    Sanftmuth
und
    Kälte
sich blenden laßen kann. So sehr diese ganze Sophisterey in die Augen fällt: so schwer ist es, das rechte Ende zu finden, um sie in ihrer Blöße zdarzustellen. Die Leute reden von Vernunft, als wenn sie ein wirkliches Wesen wäre, und vom lieben Gott, als wenn selbiger nichts wie ein Begriff wäre. Spinoza redt von einem Object, causa sui; und Kant von einem Subject, causa sui. Ehe dies Misverständnis gehoben wird, ist es unmögl. sich einander zu verstehen. Weiß man erst, was Vernunft ist; so hört aller Zwiespalt mit der Offenbarung auf. Ich kann aber darüber nicht schreiben, weil ich mir selbst noch nicht Gnüge thun kann. Ich hoffe aber, werde wenigstens nicht eher ruhen, bis ich mit gehöriger Deutlichkeit alle diese verworrenen Begriffe aus einander setzen kann. Du erinnerst mich an
    ein Versprechen, lieber Fritz, von dem ich nichts weiß, Dir ein που στω zu geben, welches Du gefor-dert und zwar sündiger Weise gefordert, wie ich mit Mendelssohn behauptet haben soll
. Das ist auch dunkel für mich, bringt meine Einbildungskraft wie Deine eigene auf und zerstreut mich im hin und herdenken ohne Frucht. Wo hab ich das
    Versprechen
gethan und diese
    Behauptung
? Stoß mich mit der Nase drauf, wenn ich bitten darf; so hart, wie mögl. und erklär mir das Rätzel. Es schwahnt mir so etwas, aber ich weiß nicht was? das Du nicht recht verstanden haben must. Der deutsche Merkur ist noch nicht hier, und kommt sehr spät. Die Gottingschen Anzeigen in puncto der Resultate habe ich schon besorgt. Vorigen Sonnabend schickte mir Reichardts Schwager seinen
    Brief an Mirabeau
mit der Nachricht, daß eine Krankheit, von der er sich aber schon erholt, ihn auf der Reise nach Paris überfallen und selbige rückgängig gemacht hätte, und daher von ihm bis auf den Frühling ausgesetzt wäre. Die ganze Anekdote vom
    Frachtbriefe
verstehe ich nicht, und kann den Witz der darinn liegen soll, nicht mit Lavater reimen. Ich bin diesen ganzen Nachmittag durch Besuche gestört worden, und liege meiner Erschöpfung an Kräften beynahe unter. Heinse ist doch der Verf. der Laidion. Ich kenne den Mann sonst weiter nicht. Dohm wurde mir einst als ein sehr geitziger u eigennütziger Mann beschrieben. M Pleßing, den ich hier während seines Aufenthalts kennen lernte, wuste die Höflichkeit nicht gnug zu rühmen, womit er ihn in Berlin aufgenommen hatte. Sie waren vermuthlich Glaubensgenoßen. Mit Müllers Bruder, der sich bey Herder aufhielt, bin ich in Verbindung gewesen, die seitdem gänzl. aufgehört, wie mein ganzer Briefwechsel. Er schrieb mir damals viel von seinem Bruder, von der gänzlichen Veränderung seiner Denkungsart, welche in der Umarbeitung seiner Geschichte merklich seyn würde. Diese neue Ausgabe ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Der Aufenthalt in Berlin schien ihn damals gantz impraegnirt zu haben. Ich genieße nur ein Buch, so lang ich es in der Hand habe; so bald ich es weglege, bleibt mir nichts als ein wahres Gespenst übrig. So bald ich nur kann, werde ich an die Abschrift meiner Umarbeitung Hand anlegen. Novembr u Decbr ist bestimmt Deine Bücher, Spinoza’s Moral und Hemsterhuis und die Resulltate von neuen zu lesen. Vielleicht bitte ich mir im Nothfall Erläuterungen über dasjenige aus, was ich nicht zu verstehen im stande bin. Man erwartet hier mit jeder Post die neuen Veränderungen im Militair, womit der Anfang gemacht werden soll. Biester soll wirkl. ein Monitorium wegen St. erhalten haben, und man zweifelt hier gar an der Erscheinung des Novb. welches mir unwahrscheinl. vorkommt. Daß seine Schrift mit dem neuen Jahr aufhören würde, hat sich B. immer selbst prophezeyt. Auch sagt man, daß nichts ins Cabinet kommen sondern alles an seine Behörde sogl. gewiesen werden soll. Hippel hat auch mit dieser Post sein Geh. Raths Diplom bekommen. Hast Du des alten Cartesianers sein Cogito erhalten. Ich vermuthe nicht, daß er mit seinem Sum nicht fertig geworden ist. Den Meßkatalog habe auch diesmal nicht selbst gelesen; mein Sohn muste mir Rechenschaft geben einen Abend, da ich noch zu schwach war, selbst zu lesen. Was ich selbst sehe u lese, verschlägt nicht viel bey mir, geschweige was ich blos höre. Ich muß aufhören, lieber Fritz, und kann nicht mehr. Hab Gedult mit meinem Geschmier, und zerstümmelten Brocken. Du wirst das fehlende ergänzen, und das übrige errathen können, auch alles zum besten auslegen. Ich muß schlechterdings aufhören; so erschöpft bin ich. So bald ich kann, schreib ich wieder. Wenn ich auch nicht arbeiten kann, bin ich nicht müßig, und ungeachtet aller Zerstreuungen, hoff ich meinen Endzweck nicht aus dem Gesichte zu verlieren. Der liebe B. wird auch mein Stillschweigen recht auszulegen wißen. Gott erhalte Dich gesund und alle die lieben Deinigen Wzm u unsern Tiro. Mein Junge freut sich Deines geneigten Andenkens. Wir werden uns mit Gottes Hülfe einander sehen – Im Schweiß Deines Angesichts heißt es auch wohl; desto schmackhafter wird es seyn, und desto gedeylicher so Gott will. Siehe Er ists, der die Berge macht, den Wind schafft und
    zeigt dem Menschen, was er reden soll
! stand heute in meinem Morgenseegen und gehörte zu meinem Frühstück Amos IV. 12. Gott sey mit uns allen!   Dein alter απορουμενος, αλλ’ ουκ εξαπορουμενος 2 Cor. IV, 8. Hans Ge. H. Adresse:
Herrn / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. / Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 5ten – 28 Oct 1786 J. G. Hamann empf den 5ten Nov – beantw den 10ten u 14ten
Pempelfort den 13ten Oct. 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: No 53 lieber HerzensVater Erst gestern erhielt ich Deinen lieben Brief vom 26ten, kann Dir aber heute nichts mehr darauf sagen, als daß er mich sehr gefreut hat. Heinse bringt heute den letzten Nachmittag bey mir zu. Er verreist morgen früh, weil Briefe von Neßelrode gekommen sind, die sehr auf seine Abreise draingen. Ich habe diese Woche viel mit ihm zu thun gehabt, weil er ganz unglaublich ängstlich u schüchtern ist. Witzenmann wird wahrscheinlich Profeßor der Philosophie in Duisburg. Die Profeßoren haben ihn gewählt, u werden künftige Woche deswegen Ihren Vorschlag nach Berlin thun. Es wird mir entsetzlich nahe gehen, ihn nicht mehr in meinem Hause zu haben. Wahrscheinlich behalte ich ihn doch bis Ostern. Wenn nur Gott ihm Gesundheit geben wollte. Ich fürchte sehr, die Schwindsucht wird ihm Meister. Mit mir fängt es an wieder beßer zu gehen. Gestern Abend erhielt ich den Leipziger MeßCatalogus, habe aber noch nicht Zeit gehabt, ihn durchzugehen. Die Berliner MonathsSchrift ist zu meinem großen Verdruß noch nicht erschienen. Ich begreife nicht woran das liegt. Künftigen Sonntag wird sie doch wohl endlich kommen. Daß dieses Stück einen Aufsatz von Kant enthalten werde,
    der sich auf die Seite der Berliner neige
, hat mir mein Verleger Goeschen auch schon gemeldet. Dohm glaubte, er würde mehr auf meiner Seite seyn. Aber dergleichen kann sich in 14 Tagen Zeit, mehr als zehnmal ändern. Diese Woche hatte ich den jungen Lavater, der in Göttingen Medizin studiert bey mir. Er hatte die Reise mit einem Cavalier aus der Nachbarschaft gemacht. Dieser junge Mensch hat mir ungemein gefallen. Er hat gute Kenntniße, viel Geist, und eine schöne Stimmung der Seele – Ueber den Magnetismus erfuhr ich so viel von ihm, daß ich Lavatern mehr als je bedaure, sich damit befleckt zu haben. Ein kleines Brieflein erhielt ich v ihm am vergangenen Dienstag. Er meldet mir, daß am 2ten Bogen seiner Rechtfertigung gedruckt werde, u er mir nächstens mehr schreiben würde. Meiners, Feder u Leß, die seine Handschrift gelesen hätten, behaupteten, Nikolai würde von diesem Schlage sich nicht erholen. – Ob Du mir gleich nicht schreiben willst, so hoffe ich, Du schreibst mir doch, damit ich wenigstens erfahre wie es um Deine Gesundheit steht, u obe ob der fliegende Brief guten Wind behält. – Da läutet es 4 Uhr. Ich muß schließen. Noch einmahl Dank für Dein Brieflein u die gute Nachricht die es mir brachte. Gott erhalte Dich. Wahrscheinlich schreibe ich Dir am Dienstag wieder, u melde daß Reichard hier gewesen. Zufolge eines Briefes von Claudius, müßte er schon seit 3 Tagen hier seyn. – Ich herze Dich mit innigster Liebe, u grüße Dein ganzes Haus, nahmentlich den 18 Jährigen Johann Michael – Dein Fritz Jonathan. Adresse:
An den Herrn J. G. Hamann / zu / Koenigsberg. / Frco
Vermerk von Hamann: den 25 8br. 86. Geantw den 25, 26 – Wiedergeschrieben den 4–9 Novbr
Kgsb. den 29 8br Dom XX. 86 Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Ihr zweiter Brief kam gestern gegen Abend zu meinem Trost und Labsal an, woraus ich ersehe, daß Sie mir mein bisheriges Stillschweigen auf den ersten nicht übelgenommen hattben, den ich den 27 Sept erhielt, am Geburtstage meines Jungen, mit dem ich den Thomas à Kempis zu Ende brachte und an eben dem Tage, da er in sein 18tes Jahr tratt,
    Muth bekam meine ungerathenen vier Bogen durchzugehen
. Ich war schon den 16 Sept. durch einen Brief von unserm J. auf den Innhalt des Ihrigen vorbereitet, den Tag vor des Königs Einzug. Sie können sich also leicht die Gährung in meinem Gemüthe vorstellen, und daß es mir an dem guten Willen nicht gefehlt, die zuvorkommende Gnade der Erl. Fürstin flugs anzuwenden. Der Wind war mir aber entgegen, und ich kam mit meinem Schifflein nicht von der Stelle. Unser Freund hatte mich auf Ihre Nachricht verwiesen, und da nichts von ohngefehr geschieht: so war die Vorsehung auch hier im Spiel, und hat alles wohl gemacht. Ich bin heute vor 8 Tagen zum erstenmal nach einem Lager aufgestanden, von dem ich gar noch nicht mich wider erholen kann. Sie wißen, daß ich mit dem 1 Jul. die Kämpfsche Cur anfieng. Mit dem 8 Lavement muste aufhören, wegen Schmerzen von einer zufälligen Verletzung, wobey ich mir Anfälle der güldenen Ader einbildete. Ich entschloß mich daher den Kräuter- und Wurzel-Extract von oben einzunehmen. Weil ich aber mehr Vertrauen zu dem nächsten Wege hatte, so machte ich den 8 Aug. den ersten Versuch, mir selbst diese Visceralmittel beyzubringen. Dies gieng wider mein Vermuthen beßer, als ich mir vorgestellt hatte. Ich kam den 2 Oct. die wenigen verunglückten abgerechnet auf 101 und entschloß mir eine kleine Pause zu machen. Jedermann wunderte sich über mein außerordentliches embonpoint; welches mir gantz natürlich zu seyn schien, weil ich mich von oben und unten nährte. Nichts beunruhigte mich als mein unbändiger Appetit bey meiner sitzenden Lebensart, und ich sah kein ander Mittel jenen zu brechen, als die Aussicht einer Reise, und die unumgängl. Veränderung der gewohnten Diät und damit verbundenen Ideenganges. Weil Kälte und besonders feuchte unausstehlich für mich; so ist die unangenehmste Jahreszeit für mich, ehe es zum Einheitzen kommt, und wenn damit aufgehört werden soll. Meine Amtsstube wurde schon geheitzt, und ich behalf mich noch zu Hause in meinem Schlafpeltze. Ich schrieb also meine Unbehaglichkeit blos diesem Wechsel der Jahreszeit zu. Donnerstags den 5 d. fieng ich einen Brief an J. an
    dem ich den Anfang meiner neusten Umarbeitung mittheilen wollte
. Bey der ersten Seite muste ich abbrechen, brachte den ganzen Freytag im Bette und im Schlafe zu, der mir kaum Zeit ließ ein wenig Haberschleim und eine halbe Semmel zu eßen. Sonnabends war im stande gegen Abend aufzustehen. Sonntags war schon frühe auf die Beine, ließ es mir gut schmecken, und zu einem Abendbrodt verleiten. Um diesen Fehler gut zu machen, nahm ich Montags den 9 eine gewöhnl. Abführung ein, befifand mich gantz leidlich in meinem Bette, ohne an mein Flußfieber einmal zu denken. Laß mich gelüsten, ein wenig zu Mittag zu eßen. Auf einmal überfällt mich ein Fieber, deßen neue Gestalt und Erscheinung mich aufmerksam machte, fall wieder auf einmal in einen noch tieferen Schlaf, von dem ich mich erst Dienstags Nachmittags ermunterte, fand alles um mich in einer feyerlichen Stille, die ich mir nicht erklären konnte, desto munterer aber meinen Artzt und Freund u Nachbar, den Regimentsfeldscherer Miltz, der mir in einem Faulfieber vor ein paar Jahren und nun wider redliche Dienste gethan, deßen Methode eben so wunderlich als sein Patient ist. In meinem 50sten Jahr zog ich mir die Gicht zu durch ein Aderlaß an Flußfieber von dem ich nichts wuste. Ich war des Blutlaßens von Jugend auf gewohnt. Mein Vater kam zuletzt auf 13mal des Jahrs, und ich hatte es schon bis 5 gebracht, reducirte mich allmählich auf Frühling und Herbst. Ich hielte also mein damaliges Flußfieber für eine bloße Erinnerung meines gewohnten Praeservatifs. Das andere Jahr stellte sich die Gicht wider ein an demselben dato. Das dritte Jahr bekam ich sie bey der Dulcamara-Cur, die ich zu einer gantz andern Absicht brauchte. Seitdem weiß ich von keiner Gicht mehr und hab eben so wenig Blutlaßen nöthig. Nun hatte ich mir bald ein größer Uebel zuziehen können durch den unzeitigen Gebrauch einer Abführung bey einem Flußfieber, das mir eben so wenig ahndete als damals. Mein Artzt hatte mich gantz meiner Natur überlassen müßen, die ihre Arbeit ehrlich im Schlafe ausgeführt hatte. Er hat mir mehr Vertrauen zu meiner Constitution eingeflößt, ohnedurch deren Integrität, woran ich niemals Glauben gehabt, ich nicht ohne einen Riß oder Ausbruch so gut davon gekommen wäre seyn soll. Ich habe über 8 Tage kein Buch beynahe ansehen können. Zufällig brachte mir jemand Ferguson’s History of the Progress and Termination of the Roman Republices in 3 Qvartbänden, und besorgte, daß dieses Werk zu trocken für mich seyn würde. Verzeyhen Sie mir, daß ich so weitläuftig bin. Die Krankheit ist mir in mancher Rücksicht sehr eindrücklich geworden, und wirdist, wie ich hoffe, sehr wohlthätig und nothwendig gewesen. Die Materia peccans kam bald zur Reife und in ihren rechten Gang; die Krämpfe und Schmerzen hörten auch geschwinder auf, als ich es mir vorstellte. Außer ein paar kleinen Dosen Ipecacuanha bestand meine ganze Cur in Hausmitteln und einer wunderbaren Diät, die aber recht meinem Geschmack in gesunden Tagen angemeßen war. Den 17 Oct. hielt ich einen Schmauß in Johannisbeeren, die ich seit meiner Kindheit nicht habe genießen können, weil sie mir die Zähne stumpf machten, und zu denen ich diesen Sommer etwas lüstern geworden bin. Es war für mich eine unbekannte Neuigkeit, daß selbige so spät in den Herbst aushalten. Mein Freund Nicolovius brachte mir die ganze Lese die in seinem Garten übrig war, und ich verzehrte 3 Schüßelchen mit dem grösten Geschmack. Die 3 letzten Tage, welche ich im Bette zubringen muste, habe ich von Sauerkraut aus der Pfaltz und holl. Heeringen gelebt, die womit mich mein Freund der hiesige Kaufmann Jacobi versorgte; und dies alles nach Vorschrift meines Artztes, des
    Philosophen von Breddau
, unter welchem Namen er im Lande bekannt ist, von seinem ehmaligen Landgute; das er verkauft und in die Stadt gezogen, wegen der Erziehung seiner einzigen Tochter, die ein sehr fähiges u gutmüthiges Mädchen ist und mit meinen Kindern so zusammenhängt, wie die Väter. Seit dem ich aufstehen kann, habe ich Erlaubnis Fleisch zu eßen. Jeder Bißen Brodt und jedes Gericht hat einen gantz neuen Reitz für mich. Anstatt des unbändigen Hungers genieße ich alles mit einem Wohlgefallen, der mich begeistert; aber meine Mattigkeit ist unaussprechlich, und ich kann zu keinen Kräften kommen. Ich kann weder recht stehen noch gehen; und fall des Abends mit einer gänzl. Entkräftung in mein Bette. Ich eße fast wie in gesunden Tagen, trink Vormittag beynahe ein Bierglas Wein mit dem gelben vom Ey zugerichtet, und nachmittags ein Spitzglas reinen rothen Portugieser. Alles erqvickt mich, ohne mir Kräfte zu geben. Lesen ist für mich eine eben so große Bedürfnis als Nahrung, und wirkt auf meine Lebensgeister. Ferguson schmeckt mir in ähnlichem Maaße, und ist für meinen Seelenhunger eben das, was ein Stück Rindfleisch mit Meerrettig, Pasternack oder Senff, und eine Schüßel weißer durchgeschlagner Erbsen mit einem gefüllten Heeringe für meinen Magen sind. Meinem Freund Kraus stehen die Haare zu Berge, und kann eine solche Diät eines Patienten sich nicht denken, und ich komme selbst auf den Verdacht, daß die Unenthaltsamkeit, der ich mich selbst nicht auf frischer That bewußt bin, von Seiten meines Kopfs und Magens die Widerherstellung meiner Kräfte verzögern. den 2. Novbr. Das klare schöne heitere Wetter hat auch auf meine Gesundheit diese Woche Gottlob! Einfluß gehabt. Seit gestern hab ich eine Erneurung in mir gemerkt. Ich wollte mit Ferguson mit dem vorigen Monath fertig seyn, und kam erst gestern zu Ende. Der Besuch meiner Freundin Me. Courtan machte keinen Qveerstrich in meiner Rechnung; ich behielte noch Zeit übrig den
    entlarvten M. Mendelssohn
von dem berüchtigten Schultz durchzulaufen, der sich einbildt, daß der arme Mann an den philosophischen Betrachtungen über die jüdische Religion sich eigentl. zu Tode geärgert haben soll. So viel rebutantes auch die grobe und freche Unsittlichkeit dieses elenden Schriftstellers an sich hat; so manches drollichte Misverständnis der einfältigsten Eitelkeit läuft mit unter, daß man sich des Lachens nicht enthalten kann, und so mancher treffender Hieb, der nur in der Hand eines solchen Narren, nicht gantz blindlings, gerathen konnte. Es ist einmal Zeit nach einem so langen weitschweifigen Umwege auf das eigentl. Thema Ihres liebreichen Briefes und meiner Antwort zurückzukommen. Wenn sich solche hohe Mittelspersonen meiner Angelegenheit annehmen: so schien es mir wenigstens schicklich zu seyn, mit Discretion und Bedachtsamkeit zu Werk zu gehen. Verdenken Sie es mir also nicht, wenn ich mehr Besorgnis hatte die Sache zu verderben, als Vertrauen selbige zu fördern. Die elende Witterung dämpfte auch die ganze Zeit über meine Lebensgeister, und machte mich zu allem untüchtig und ungeschickter. Ohngeachtet ich den König nicht einmal gesehen, noch an allen öffentl. Aufzügen den geringsten Antheil genommen: so war meine Aufmerksamkeit doch ziemlich gespannt, den Anfang der neuen Regirung zu beobachten in angello cum libello; da besonders gleich von wichtigen Veränderungen, besonders in unserm Fach die Rede war. Seit ein paar Tagen laufen wider Gerüchte, die sich zu bestätigen scheinen. Unser Juge d’attribution oder Accise-Zoll und Caffe Gericht soll unter dem hiesigen Stadtgerichte stehen; und man redt gantz laut, daß mein Nachbar der Provincial Director Stockmar seinen Posten verlieren, und alles auf den alten Fuß, Accise und Zoll wider geschieden und beyde wider zum ressort der Kriegs- und Domainen Kammer gezogen werden sollen. Meine Absicht war
    diesen Nov. u Xbr meiner Autorschaft zu wiedmen
, und mit dem neuen Jahr erst wegen meines Urlaubes den letzten Schritt ins Cabinet zu thun, zu gleicher Zeit aber wegen meines Postens dem Minister unsers Departements meine ganze mißliche Lage aufrichtig zu entdecken. Nunmehr sehe ich mich aber beynahe gedrungen, mit diesen Arbeiten so viel ich kann zu eilen,
    und den neu aufgewachten litterarischen Trieb zu unterdrücken
. Ich bin leider! so wenig Herr von meiner Zunge als von meiner Feder, weder von meinem Magen noch Kopf, und ihren widersprechenden Launen. Mit meiner öffentl. Lage hat es eine eigene kützliche Bewandnis. Mein Posten ist alt, die Regie aber hat die Aufsicht des Packhofes vom Licent getheilt, so wenig auch selbige ihrer Natur nach geschieden werden können, sondern unmittelbar zusammenhängen. Mein Vorgänger behielt sein altes Gehalt, der neue Licent Inspector als ein poste de confidence noch einmal so viel. Meinem Vorgänger und dem Licent Rendanten wurden mit Gewalt 2 Stuben von ihrer Freywohnung zu Anlegung eines neuen Magazins p abgenommen. Der jetzige Licent-Inspector ursurpirt die Wohnung des Einnehmers hat seine abgenommene Zimmer recuperirt, unterdeßen ich mich mit 4 Kindern u ihrer Mutter den Winter über mit 2 Stuben kümmerlich behelfen muß. Um nicht einen zweyköpfigen Adler zu haben, entsagte ich von freyen Stücken allen kleinen Emolumenten, die von der Admiralität und der Cammer abhängen, welche sich für ihre alten Officianten intereßirten, und sich eben so wenig um seinen Nachfolger bekümmerten, wie dieser um sie. Durch diese Einrichtung wurde mein Dienst zwar sehr beqvem, aber beynahe überflüßig, und zu einem so unbeträchtlichen Bruch geworden, daß selbiger leicht von dem neugebackenen Licentinspector verschlungen werden könnte. Meine Verlegenheit würde vielleicht noch größer seyn, nach dem alten Umfange das Ganze zu verwalten. Ich sehe also kein ander Mittel, als mich dem Minister aufrichtig zu entdecken, und ihm die Entscheidung zu überlaßen. Ich bin so voll von Detail, und habe so wenig Geschicklichkeit selbigen zu verdauen, zu sichten und in Ordnung zu bringen, daß ich allen meinen Verstand und Sinnen zusammen nehmen müste zu einer guten Auseinandersetzung und Einkleidung einer so verwickelten Materie. Meine Bittschrift an den König würde also lediglich meinen Urlaub betreffen, und ich würde mich auf die Lage meiner übrigen Umstände auf den Bericht an den Minister des Departements beziehen müßen. Der Licentinspector hat seine Stelle dem Könige zu verdanken, der ihn als Printz versorgte, weil er sein Bedienter gewesen und in noch näheren Verhältnißen mit ihm gestanden.
    Diese ganze Arbeit ist im Grunde nichts als ein Theil meines fliegenden Briefes, den ich trotz der gelittenen Wehen noch nicht aufgeben kann. Ob dieser Benoni als ein Benjamin meiner Autorschaft zur Welt kommen wird, weiß ich noch nicht
. Mein Urlaub zur Reise kommt jetzt in Collision mit den neuen Veränderungen und meiner Erhaltung bey diesen Ereignißen: folglich bin ich schlechterdings gedrungen erst diesen Stein aus dem Wege zu räumen, und an nichts zu denken, als mit diesen beyden Briefen nach Berlin fertig zu werden. Gott wird mir helfen, daß ich wenigstens wie ein vernünftiger und gesunder Mensch zu schreiben im stande seyn werde. Ich werde froh seyn wenn ich dies Jahr mit diesen Zwillingen fertig seyn werde –
    und denn mag der Ausgang meiner Autorschaft, so sehr mir auch daran gelegen ist, von den Wirkungen meiner Reise und der Entscheidung meiner künftigen Amtslage abhängen; da ich
    eben so sehr überzeugt bin, daß ich eben so sehr Zeit als Glück nöthig habe um meine Gedanken zu einer milderen Reife zu bringen. Je mehr mir andere und beßere Köpfe vorarbeiten; desto beßer für meine Sichel und ihre Erndte
. Nun mein auserwählter und gewünschter Sohn, Sie werden auch aus diesem verwirrten Briefe klug werden, da ich selbst nicht begreife, wie Sie meinen vorigen ohne Grauen und Eckel haben lesen können. Ich bin nicht im stande einen beßern Brief zu schreiben, und möchte nicht gern noch einen Posttag versäumen. Ich bin auch ein
    Gebundener
und in meinem kranken Kopf stoßen sich die Gedanken, wie die Böcke, und überwerfen sich wie die Kinder in der Mutter Rebecca. Ich habe gestern mein Visceralmittel wider glücklich angefangen, heute befinde mich nicht so gut als gestern, und ich werde mich auf eins einschränken müßen vor dem Schlafengehen, weil die Natur sich mit ihrem beneficio verspätet. Es bleibt also bey meinem gefaßten Entschluß, daß meine erste Arbeit seyn soll, nach Berlin in duplo zu schreiben. So bald dies geschehen, werde ich Ihnen Nachricht davon geben. Ich tappe, wie ein Blöder, der aber wenigstens die für ihn unsichtbare Hand, welche ihn führt, zu fühlen im stande ist. Gott laße Ihren 27sten Geburtstag ein Fest der Freude und des Seegens seyn für Sie, Ihre liebe Marianne, und Ihre Freunde, und erfülle unsere gemeinschaftliche Wünsche und Bedürfniße mitunseinander zu sehen und zu genießen. Ach! wenn Sie wüßten, wie gern ich Porto für die Briefe meiner Freunde bezahle, und wie mir jetzt zu Muth ist, worinn ich sonst meine angenehmste Erholung fand. Meine jüngste Tochter Marianne Sophie feyert auch diesen 18 ihren 9 Geburtstag. GOTT wird helfen! Amen. Er wird Sein Antlitz leuchten und genesen laßen die Seele Ihres alten – in Gedanken reisenden und nach Ruhe schmachtenden Hamann.
Pempelfort den 31ten Oct 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: No 54. Ich setze mich hin, lieber Vater, um Dir aus meinem Pempelfort, für dies Jahr den letzten Gruß zu schreiben. Alle mein Geräthe ist schon nach der Stadt, u ich folge in einer Stunde nach. Du wirst schon seit einigen Posttagen einen Brief von mir erwartet haben, u Du hättest ihn nicht vergeblich erwartet, wäre mir nicht bald Krankheit, bald sonst eine Widerwärtigkeit in den Weg getreten. Reichard ist nicht erschienen. Er schrieb mir aus Berlin, er sey unterwegs krank geworden, u habe deßwegen Paris dran geben u nach Hause eilen müßen. Nun ist ein Schreiben v ihm gegen Mirabeau erschienen, das einige gute Stellen hat. Du wirst aber nächstens eins v Schloßer an Leuchsenring im Museo finden, das ein beßeres Gepräge hat. Nach Lavaters eigener Rechtfertigung verlangt mich herzlich. Die grimmige Schmähschrift gegen mich in der All. Bibl. wirst Du gelesen haben. Was ist mit einem Publico anzufangen, dem man so ins Angesicht lügen darf? – Ueber Kants Abhandlung weiß ich Dir kaum etwas zu sagen. Der Mann will mit aller Gewalt eine Secte stiften. Ich will versuchen, ob ich den Leuten begreifflich machen kann, was er eigentlich lehrt. Nichts scheint mir dabey so schwer, als den Schein aller Ironie zu vermeiden. Mich verlangt, ob die Post v Donnerstag mir etwas v Dir bringen wird. Heute las ich Nikolais Verwahrung gegen Garve in der Hamburger Zeitung, die dem Eindruck zuvor kommen soll; denn das Buch hat wohl noch niemand, der nicht in Breslau oder Leipzig wohnt. Ich seh ihm mit großer Ungeduld entgegen. Der junge Spalding, den ich erwartete, ist noch nicht gekomen, hat mir aber aus Leiden geschrieben. Was ist das für ein Doctor Jakobs, der die Prüfung der Morgenstunden geschrieben hat? Hat er unter Kant studiert? – Mein Befinden ist jetzt ziemlich gut, dagegen aber meine äußeren Umstände betreffend, allerley nicht geringe Verdrießlichkeiten. Ich sehne mich nach Nachrichten v Dir, u was der 18 Geburtstag v unserm Johann Michael für Folgen gehabt hat. – Sage mir doch ein Wort v Herdern, wenn Du etwas v ihm weißt. Mit Witzenmans Gesundheit hält es sich ziemlich. Daß ihn die Akademie zu Duisburg einhellig zum Profeßor der Philosophie dort vorgeschlagen hat, habe ich Dir geschrieben. Ich zweifle sehr an der Confirmation. – Ich muß aufbrechen. Zürne nicht, Lieber, über dies leere armselige Blat. Von ganzem Herzen – Dein Fritz Jonathan. Der Verfaßer der Rezensionen gegen mich, Claudius, u Witzenmann in der All. Bib. ist zuverlaßig Eberhardt. darunter Vermerk von Hamann: Deutsches Museum Decbr. 786. No 4. Ueber dasjenige, was berühmte Schriftsteller zuweilen von sich selbst sagen (Leßing, Garve, Nicolai.) S. 529–541. Wie mißlich es bleibt von sich selbst zu reden, u zu welchen Beleidigungen oder auch Misverständnißen solches oft Gelegenheit geben kann. Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco
Vermerk von Hamann: den 11 Nov. Martinstag Geantw eod.
Kgsb. den 4 Novbr 86. Ich war mir heute ganz gewiß einen Brief von meinem Jonathan gewärtig; aber mein Michael kam wider leer nach Hause. Wenn nur nicht Hauptweh oder Krankheit an dieser Quarantaine Schuld sind: so will ich es mir gern gefallen laßen. Ich muß heute schreiben, um meinen Kopf rein zu haben; weil sich der Wind wider bey mir gedreht. Heute vor 8 Tagen wurde ich mit einem unerwarteten Briefe von meinem Alc. B. erfreut und erqvickt. Ich wollte gleich den Tag drauf antworten; aber es gieng nicht von der Stelle, und ich besann mich endlich an meiner außerordentl. Mattigkeit u Ohnmacht selbst Ursache gewesen zu seyn. Ich habe Magen und Kopf zu sehr angegriffen. Den 24 pr. fieng ich den Ferguson an, und wurde von diesem Buche so hingerißen, daß ich mich gantz selbst drüber vergaß. Meine Absicht war mit dem Monath fertig zu seyn, weil ich durchaus meine Arbeiten mit dem laufenden anfangen wollte. Die Qvalität meiner Diät, welche der Artzt mir erlaubte, war schon von der Art, daß Crispus sich kreuzte u seegnete. Der außerordentl. Wohlgeschmack hatte mich auch im Maas der Quantität verführt, und meine Leute, welche meine herkulische Mahlzeiten gewohnt sind, hatten auch zu wenig Augenmaas u zu viel Nachsicht; aber mein gebücktes Sitzen und Lesen über die 3 Qvartanten, thaten mir wohl den meisten Abbruch. Die drey ersten Tage der Woche zeichneten sich durch eine außerordentl. schöne Witterung aus; Mittwochs den 1 d. fühlte ich erst eine Erneurung meiner Kräfte. Ich war eben im 6 ten u letzten Buche des Ferguson, das mich ungemein interessirte, als Me Courtan mit ihren Kindern zum Besuch kam, und ich den
    entlarvten Moses Mendelssohn
erhielt, über deßen Titel und besonders den Todverdruß den Tag vorher, wo ich ihn in den Zeitungen laß, den Kopf zerbrochen hatte, und eben nicht viel Kluges ahnete. Ich brachte noch denselben Abend den Engl. und die Scharteke glücklich zu Ende, und hatte auch denselben Tag einen eben so glückl. Anfang mit den Kämpfschen Visceralmitteln gemacht. Vorgestern eilte ich meine Antwort nach Münster zu Ende zu bringen, aber unter sehr widrigen Aspecten, daß ich selbst nicht weißuste, was ich schrieb, noch recht weiß, was ich geschrieben habe. Trotz aller Bedenklichkeiten, ließ ich den Brief abgehen. Weil doch alles Neue spät dorthin kommt: so dient hiemit, lieber Fritz, zur vorläufigen Nachricht, daß der entlarvte M. M. von dem berüchtigten Prediger des Atheismus
    Schultz
ist, der durchaus keinem andern als sich selbst die Ehre laßen will, und weitläuftig zu beweisen sucht, daß der arme M. sich blos an seinen philosophischen Betrachtungen hat zu Tod ärgern können. Ohngeachtet des Eckels über den unschlachtigen Ton, kann man sich nicht des Lachens enthalten über die dumme Eitelkeit dieses Mannes, der wie ein Türk um sich haut und in seinem Unsinn manchen treffenden Streich thut, den die Berliner von keinem andern so derbe bekommen hätten. Auch hier heist es: non quis? sed quid? denn auch Narren sagen die Wahrheit. Das Geschwätz dieses Mannes scheint nicht gantz grundlos zu seyn. Mendelssohn, deßen Religion im Grunde nichts als Philosophie, und ihr System eine Glaubens- und Gewißenssache für ihn war, mag freylich eben so wenig imstande gewesen seyn, die φφische Betrachtungen zu verstehen und zu verdauen, als eine Blutwurst oder ein Stück Schweinefleisch zu genießen. Der eine mag eben so laut über den Atheismum des Leßings triumphirt haben, als sich anderer darüber wahrscheinlich geärgert hat. Schultz beruft sich auf kundbare Zeugniße, die er sich theils scheut, theils nicht nöthig zu haben scheint, daß er sie namentlich anführen soll. Alle Deine Data und Reichardts Anekdoten werden weidlich von ihm gebraucht und angewandt seine Hypothese wahrscheinlich zu machen und auszuputzen; und durch seine eigene Anklage sind die beyden Donnerskinder vollig absolvirt und für unschuldig erklärt. Also ein sehr reicher Stoff zu einem wirklich komischen Nachspiel – In der heutigen Hamburgschen Zeitung ist auch das zweite Stück des LXVIII. Bandes der A. Bibl. angemeldt, wornach mir auch das Maul wäßert, weil Deine und Deines Gegners Schriften recensirt worden. Unterdeßen alles mit vollen Seegeln weiter kommt, liege ich hier wieder vor Anker. Meine Absicht war diese beyde letzte Monathe des Jahrs alle zu Deinen Schriften gehorigen Acten durchzugehen und mit dem neuen Jahr nach Berlin zu schreiben. Diese Woche hat es hier so viel Gerüchte gegeben, von denen wenigstens die Hälfte wahr ist, daß ich meinen Plan umkehren muß. Dela Haye de Launoy hat wirklich seinen Abschied, ein gleiches sagt man allgemein u offentlich von meinem Nachbar, unserm Provincial-Director. Alles soll auf den alten Fuß kommen. Das Accise- und ZollGericht ist schon wirklich mit dem hiesigen Stadtgerichte combinirt, und mit meinem Dienste hat es so eine sonderbare Bewandnis, daß ich es für unumgänglich nöthig halte, mich selbst darüber zu erklären, und die erforderliche Erörterungen darüber zu geben. Ich habe zwar das Glück einen alten Posten zu besitzen, er ist aber durch die Regie so verstümmelt worden. Mein Vorgänger hatte die Aufsicht über Packhof und das ganze Licent, hatte Sitz und Stimme im jetzigen Admiralitätscollegio, das unter der Kriegs- u Domainen Cammer besteht. Man lies ihm blos den Packhof und sein altes Gehalt, behielt zwar den Titel eines Licentraths, muste aber in keiner Connexion mit der Kammer bleiben. Es wurde ein besonderer Licent-Inspector gesetzt als ein poste de confidence mit einem doppelten Gehalt neml à 600 rth. Ihm und dem Licent-Einnehmer wurden von ihrer freyen Wohnung jedem 2 Stuben abgenommen zu Anlegung eines neuen Magazins u neuer Bureaux. Man lies ihm ein kleines Emolument von den Lootsen, ohngeachtet selbige zur Admiralität und zum ressort der Kammer gehören. Ich habe mich um diese Kleinigkeit nicht bekümmert, weil ich mit keinem zweyköpfigen Adler etwas zu schaffen haben wollte. Durch Vermittelung des ehrlichen Reichardts erhielt ich im Jänner 77 meinen Packhofverwalterposten wider alle meine und jedermanns Erwartung, und zum besondern Verdruß meiner beyden Nachbarn und Vorgesetzten. Der Director hatte einen Menschen vorgeschlagen der ihm ein Capital zu Unterhaltung einer Fayence Fabric vorschießen wollte, an der er zu seiner Schande und zu seinem Schaden Antheil hatte. Mein anderer Nachbar der Licent Inspector arbeitete für seinen damals lebenden Schwiegervater. Die Erben meines Vorgängers machten eine Forderung von mehr als 900 fl. als Vergütung für den Garten p. Ich gab alles Preiß, theils aus Noth theils aus Grundsätzen. Alles war gegen mich aufgebracht, und das Leben wurde mir im ersten Jahr recht sauer gemacht. Der Licent-Inspector usurpirt vermöge eines Vergleichs die freye Wohnung des Licent- Einnehmers aus Liebhaberey zum Garten, und hat die beyden abgenommene Stuben wider an sich gebracht auch vermuthlich auf Königl. Kosten in den alten und beßern Stand setzen laßen. Ich entdeckte in einem Particulier Briefe an den damaligen Regisseur unsers Departements Mr. Morinval meine Verlegenheit. Die Untersuchung wurde denjenigen aufgetragen, über die ich mich beschwert hatte. Die Resolution fiel natürl. zu meinem Nachtheil aus, ohngeachtet Morinval mit eigener Hand einige Ausdrücke gemildert hatte. Durch diesen Vorfall wurde ich so aufgebracht, daß ich mir fest vornahm niemals mehr an die Gen Adm. zu schreiben. Daher kam es, daß ich erst meinen Urlaub durch die Direction suchte, und nur in diesem Jahr mit schwerem Herzen mich an die Adm. unmittelbar wandte. Wie ich 76 meine Bücher mit des seel. Lindners seinen verkaufen wollte, und Gott selbst mich durch ein dazwischen kommendes viertägiges Fieber an diesem raschen Vorsatz hinderte, schrieb ich einen heftigen Brief an die Adm. mit Beylegung des Catalogi. In diesem Schreiben zielte ich besonders auf Magnier den dela Haye de Launoy zum Regisseur gemacht hatte, der seinen Beförderer ebenso stürzen wollte wie er dem ersten hiesigen Directeur d’Ambrun den Hals gebrochen hatte. Weil diese Winke zufälliger weise so bald eintraffen und Magnier beym Könige kein Gehör fand, sondern fort muste, scheint dieser Umstand auch auf dela Haye de Launoy Eindruck gemacht zu haben, daß man mich damals zu befriedigen suchte und Reichardts Vermittelung wso wirksam war. Wegen dieser und mehrerer Umstände wünschte ich, wenn Gott nur immer Kräfte dazu giebt ins Cabinet wegen meines Urlaubes und zu gl. Zeit an den Minister von Werder wegen meiner ganzen Lage zu schreiben, damit er wenigstens mit Kenntnis der Sache und der Person zu entscheiden im stande ist. Aber mit meinem Kopf heist es auch, (wie von Gellerts Greise) der kaum halb seiner war, und ich hatte ihn gantz nöthig, um diesen brouillon meiner ganzen Lage in ein anständiges Geschick zu bringen, daß es sich lesen und verstehen läßt. Zu meinem großen Glück habe ich mich von Kindheit auf gewöhnen müßen mitten in Tumult zu arbeiten. Geräusch um mich hält meine Gedanken mehr zusammen, als eine stille Einsamkeit. Ohne diesen Vortheil hätte ich als Uebersetzer unmögl. fort kommen können. Dom. XXI. 5. November Crispus besuchte mich gestern und lachte herzl. über meine häusliche Akademie. Im Winter leben wir alle in 2 unmittelbar zusammen hängenden Stuben. In meiner ist die eine Wand mit Büchern bedeckt, und alle Tische u Winkel belegt. Zwey Bette für mich u meinen Sohn. In der andern schlafen Mutter u die beyde Mädchen. Zwey kleine Bücherschränke u ein Clavier. Vormittags hat mein Sohn Stunde. Nach dem Eßen komt sein Freund Nicolovius, und sie lesen den Don Quixote im spanischen. Denn kommt Raphael bisweilen, und schreibt ein paar Zeilen den Kindern vor, übt sich mit Michael im französischen. Denn kommt Hill, klimpert u singt den Mädchen etwas auf dem Clavier. Denn kommen wider zwey und machen sich über den Plutarch, wo Crispus so oft er kann, praesidirt. Mittwochs u Sonnabends komt ein pollnischer Sprachmeister. Kaum war ich mit dem Ferguson fertig, bringt man mir aus Curl. 2 schön geschriebene Handschriften Relazione del Systema politico, Ecconomico e militare di S. M S. und Origine, e Titoli della Rl. Casa di Savoja con li Acquisti fatti dalla medesima. Ich verstehe weder italienisch mehr noch den Innhalt. Wär ich im stande zu arbeiten und zu schreiben; so würde ich allen Plunder zum Henker werfen. Nun hab ich dergl. Ressources u Palliative nöthig, die im Grunde das Uebel ärger, und nur auf eine kurze Zeit und dem Schein nach erträgl. machen, daß ich aus Mangel eignen Nachdenkens mich der Himmel weiß alles womit zerstreuen und beschäftigen kann. Vorgestern wollte ich feyern; ich hatte mich an dem Briefe nach M. den Tag vorher zu Schanden geschrieben und die Witterung war so traurig, daß das Tagelicht kaum durch meine doppelten Fenstern durchschimmern konnte. Auf einmal fielen mir Pestels Fundamenta Jurisprudentiae naturalis in die Hände, welche schon wider meine Sitte, sich ein halb Jahr bey mir umgetrieben hatten. Die Philosophie dieses Mannes ist der meinigen so homogen, und der Styl so körnicht, daß ich kaum wider aufhören konnte. Kennst Du, lieber Fritz Jon. den Mann? Er soll Prof. in Leiden seyn. Je mehr also in Deiner Sache vorgearbeitet wird; desto lieber und vortheilhafter ist es mir. Noch hat keiner etwas von meiner Materie und meinen Gedanken anticipirt, als der alte würdige 72jährige Greis de Marées zu Deßau in seinen Briefen
    über die neuen Wächter der protestantischen Kirche
. Ich habe nur das 1 Heft; das 2te soll auch bereits angekommen seyn. Ich kenne es aber noch nicht, wie Tellers Antworten darauf. Je weniger mir zu sagen übrig bleibt: desto beqvemer und vortheilhafter wird meine Nachlese seyn. Ich habe diesen Nachmittag zum erstenmal Luft geschöpft, und bin in Begleitung meines Sohns längst meinen Garten gegangen. Diese kleine Bewegung hat mir wohl gethan. Es sieht schon alles nach dem Winter aus, lauter Schnee und der sumpfige Boden hält schon ziemlich und ist von Frost beynahe ausgetrocknet. Mein Barbierer ist ausgeblieben, sonst hatte ich meinen nächsten Nachbar den Director besucht, der sich oft nach meinem Befinden hat erkundigen laßen. Kaum war ich auf meiner Stube, als ich Engels Rede auf des Königs Geburtstag erhielt. Wer doch auch seiner Materie und des Ausdrucks so mächtig wäre! Es ist freylich ein Unterschied, nur so viel zu sagen, als man
    kann
und
    will
, ohne daß man muß. In einer solchen politischen Rede ist die Wahrheit blos die Folie eines Spiegels oder durchsichtigen Steins, ein vehiculum der Schönheit. Der mir so anstößige Gallicismus, welcher in der alten Rede so oft vorkam, ist hier nur einmal mir aufgefallen S. 27 so echt wie die Grundsätze Friedrichs, sind
    die
Friedr. Wilh. statt: seine Eben erfahr ich, daß Brahl eine günstige Resolution auf sein Memorial erhalten haben soll. Ich habe ihn seit 8 Tagen nicht gesehn, und will ihn morgen zu mir bitten laßen. Das Ende von diesem langen Liede läuft darauf hinaus, lieber Jonathan, daß ich an die Arbeiten meines fliegenden Briefes nicht eher denken werde, bis ich erst nach Berlin geschrieben habe, und erst mit dieser Arbeit fertig seyn muß, wenn es nur immer mögl. ist und Gott Kräfte dazu giebt. Diese Briefe müßen zusammen abgehen, und wenn ich auch dasden Rest des alten Jahres damit zubringen sollte. Hab ich übmeine Ohrenbeichte abgelegt; so mag der Minister entscheiden nach seinem Gewißen, und ich will mich gern meinem Schicksal unterwerfen bey der Beruhigung, das meinige gethan zu haben. Erhalt ich unter diesen Bedingungen, daß ich durch meine Abwesenheit keinen Nachtheil zu besorgen habe, meinen Urlaub: so werde ich gewiß eilen mich denselben zu Nutze zu machen, um unserer gemeinschaftl. Wünsche Ziel zu erreichen; denn nichts als diese Reise kann meine Gesundheit und Gemüthsruhe wider herstellen. Das individuelle meiner Autorschaft und ihres Ausganges bleibt immer mein Eigenthum, das mir nicht entwandt werden kann. Kommen andere auf die Spur meines Ganges, der jedem nahe und offen liegt: so gewinnt meine
    Absicht
durch andere mehr, als vielleicht durch meine eigene Ausführung derselben. Diese Ausführung ist noch immer zu unzeitig für mich so wohl als für die öffentl. Leser. Beyde haben noch nicht die Reife. Wenn ich auch als
    hinkender Bote
endige, was ich als
    Vorläufer
angefangen: so wird mein fliegender Brief, trotz aller widersprechender Modificationen in der Form, seinem Innhalte nach das
    bleiben
, was er
    werden sollte
. Entkleidung meiner kleinen Schriftstellerey, und Verklärung ihres Zwecks, das verkante
    Christentum
und
    Luthertum
zu erneuern, und die demselben entgegengesetzte Misverständniße aus dem Wege zu räumen, dem Drachen zu Babel einige Küchlein von Pech, Fett und Haar, unter einander gekocht, in den Rachen zu werfen. Ich wünschte sehr durch einen Brief wenigstens Deiner Gesundheit u Hauptwehs wegen beruhigt zu seyn. Gott gebe, daß ich meine beyde Briefe schreiben und reisen kann. Komt die Allg. Bibl. oder M Jacob an, und es lohnt der Mühe zu schreiben, so melde ich es Dir. B. Geburtstag u meiner Marianne ihrer fällt in diesen Mond. Vielleicht werden mich selbige zu meiner Arbeit begeistern; vielleicht mach ich dmorgen einen kleinen Versuch, wenigstens meine Loge wider zu sehen, spätestens in der Mitte dieser Woche. den 8. von Jacobi hinzugefügt: Nov. 86. Ich muste abbrechen, und darüber ist der Brief liegen geblieben und also ein Posttag versäumt worden. Vielleicht ist mir heute einer von Dir bescheert. Wir haben hier einen starken Winter, und die Kälte hat mich abgehalten auszugehen. Morgen denk ich den Anfang zu machen mit Gottes Hülfe und denn bin ich 5 volle Wochen zu Hause geblieben. Ich hörte, wie ich eben daran dachte, daß M. Jakob ein Dedicationsexemplar dem Kant zugeschickt hatte, konnte daher nicht ruhen, bis ich es auf einige Stunden durch die dritte Hand zum Ansehen erhielt. Es besteht auch in 14 Vorlesungen über die Mendelssohnschen, und ist nichts als ein abermaliger Brey der Kritik mit Kants und Schultz Worten wie er selbst sagt, und geht Dich weiter gar nichts an, lieber Jonathan, als in so fern Du an dem Schicksal der Kantschen φφie Antheil nimmst. Daß der erste Bekenner, Hofprediger Schultz, jetzt ein eben so lauter Gegner ist, werde ich Dir hoffentlich gemeldt haben und Du selbst aus dem OsterMeßCatalog ersehen haben. Ich weiß aber nichts von dem Fortgange dieser Arbeit, weil der Canal aufgehört hat, durch den ich sonst alles erfahren konnte. Ein gewißer Jenisch, der alle Woche einen Freytisch hatte ist fortgereist, nach Berlin, von da nach Holl. und noch geschwinder mit seinem Eleve nach Braunschweig zurückgegangen. Eine Uebersetzung des Agamemnons aus dem Aeschylus ist jetzt erschienen von diesem jungen Menschen, der noch ein zu wildes Feuer hat. Kant hat einige Probebogen im Mst von M. Jakob erhalten, und die Abhandl. statt einer Vorrede und hedera hält einige Bemerkungen über 2 Maximen in den Vorlesungen. Diese beyde Maximen nennt Kant ein paar Kunststücke, deren sich auch beqveme Richter zu bedienen pflegen, wenn sie nemlich den Streit entweder gütlich
    beyzulegen
, oder ihn als für gar keinen Gerichtshof gehörig
    abzuweisen
suchen. Er verweist auf S. 214 u 116 der Morgenstunden nach der alten Ausgabe. Es ist ein ewiges αυτος εφα. Man muß die Leute nur fortreden lassen, sie werden sich schon selbst widerlegen. Dem Vorwurf der logomachie setzt der Kritiker Logodädalie entgegen und verräth seine eigene Blöße und die ganze Schwäche seines Systems. Gestern bekam eine andere Neuigkeit, die
    Dich
und Deinen
    Freywilligen
, wie man ihn nennt, ein wenig näher angeht. Der Titel heist: Vorläufige Darstellung des heutigen Jesuitismus, der Rosenkreuzerey, Proselytenmacherey und Religionsvereinigung. Deutschl. als der Druckort. Es läßt sich gut gnug lesen, ist aber im Grunde eine bloße Rhapsodie, wie sie der Verf. selbst nennt, der ein ganzer Berliner und Nicolaite ist. Der weitläuftige Vorbericht geht auf das vortrefl. Buch, deßen letzte Hälfte ich Dir schon empfohlen habe und nochmals daran erinnere. Ich meyne die
    Enthüllung des Weltbürgersystems
, deßen Ueberlegenheit der Rhapsodist selbst erkennt. Letzterer redt von der Stimmung unsers Jahrhunderts zu den Erscheinungen auf dem Titel seines Buchs. Da heißt es nun S. 173. – statt sich mit nützlicheren und mehr im menschl. Gesichtskreise liegenden Wahrheiten und Gegenständen zu beschäftigen empfiehlt man vielmehr einen
    unbedingten, blinden Glauben
(bey diesem Worte wird in einer kleinen Note an den Streit des HE Jacobi mit dem unsterbl. Mendelssohn erinnert) verzweifelt an aller Wahrheit und entreißt dem Protestantismus seine gröste Stütze, neml. dieden uneingeschränkten Forschungsgeist und Vernunftbrauch, unterwirft also die Rechte der Vernunft und der Religion dem Ausspruch einer menschl. Autorität. Zu der kleinen Note komt aber unter den
    Verbeßerungen
u
    Zusätzen
hinter dem Vorbericht eine weit längere von S. XXX–XXXII. Aus dieser jesuitischen Verdrehung Deiner Meinung ist offenbar zu sehen, daß sich mit solchen verkehrten Leuten weder deutsch reden noch deutsch schreiben läßt, und daß man eine andere Sprache zu Hülfe nehmen muß, um sich ihnen verständlich zu machen oder vielmehr ihren Unverstand in die Enge zu treiben. Mein Hans Michel kommt leider! leer zurück – wenn Du nur gesund bist, will ich gerne warten. Du hast vielleicht mehr Geschäfte, als ich Zerstreuungen habe. Ohngeachtet ich ab intra auch nicht faul bin, so bin ich desto unthätiger ab extra, und es geht mir wie den Schriftgelehrten, die nicht mit einem einzigen ihrer Finger anrührten, und andere für sich lieber tragen ließen. In einer anderen Rücksicht bekümmere ich mich mehr um anderer Weinberge, als um meine eigenen. Ich tröste mich wenigstens damit, daß Faulheit u. Feigheit nicht allein schuld sind, sondern vielleicht
    meine Stunde noch nicht gekommen
    ist
Vorgestern besuchte mich Brahl, der auf seine Vorstellung vom 19 pr. den 28 ej. eine promte u günstige Resolution vom Minister sowohl als der Gen. Adm. erhalten, welche blos von G. R. Köpken unterschrieben war. Bey Verfertigung des neuen Etats der mit dem 25 May als dem Anfange des neuen Jahrs wahrscheinl. eingeführt werden wird. Vom Grafen von Mirabeau hat er mir auch das Original seines Briefes an ihn vom 1 Sept. mitgetheilt, der sein Buch betrifft und ein Beytrag der Uebersetzung ist. Er theilt ihm zugl. eine Acte de la Republique de Virginie, mit dieas freye Exercice der Religion betreffend. Der Brief ist sehr artig geschrieben und ein brouillon seiner eigenen Hand. Er erklärt nunmehr selbst den gantzen Cincinnatusorden für ein projet entierement françois, une institution purement Françoise, c’est à dire, une petite decoration, un petit embleme, une petite invention de vanité, une gentillesse en un mot, que j’ai craint à la fin le ridicule d’y mettre trop d’importance et surtout le malheur d’inspirer contre un citoyen aussi vraiment respectable que Washington des preventions assez dementies, il est vrai, par la noble et généreuse uniformité de sa conduite entiere, mais que l’activité des passions republicaines pourroit exalter et envenimer. Unterdeßen ist es ihm gleichwol angenehm sein Urtheil öffentlich bekannt gemacht und ausführlich seine Gründe entwickelt zu haben, weil sein Buch nicht nur in Amerika, sondern auch so gar zu London übersetzt worden, auch einen Einfluß auf die Meinung des Publici gehabt. Ich will noch ein paar Stellen abschreiben: Helas Mr. quand on resoudra-t-on ce grand probleme, s’il ne seroit donc pas possible que l’on constituât un pays de façon que toutes les affaires se fissent sur les lieux où elles naissent et que la justice et l’interet commun fussent respectés partout, sans qu’il fallut pour eviter de se battre, se soumettre au commandement d’un imbecille que son rang et son éducation rendroient tel, quand même la nature l’auroit constitué pour être autrement…Le genre humain fait cette grande question aux Etats unis d’Amerique et si par hazard ils repondroient mal, il faudroit le demander encore à la raison. Von der beyl. Acte sagt er: Tel est un des premiers pas que les Etats unis ont fait vers le perfectionnement de leurs Loix dont ils sont incessament occupés depuis la paix. Ah! si nos vieux gouvernemens promulguoient de tels actes Legislatifs, comme toutes les trompettes de la renommée retentiroient pour eux! Et ce qui seroit plus utile, quel essor l’esprit humain prendroit dans l’Europe regenerée… Oh! c’est ainsi, et non par un absurde persifflage et de pitoyables declamations qu’on peut lutter contre la concurrence du nouveau monde, qui, du moins il faut l’esperer, nous prendra bientôt nos hommes, si nous ne lui prenons pas bientôt sa sagesse. Brahl hat mir auch heute sein Memorial zugeschickt; ich habe es aber noch nicht Zeit gehabt anzusehen. Die Adm. führt in ihrer Antwort an, daß der König selbst den Etat revidirt und nach Gutdünken gestrichen hätte. Er ist Accise Einnehmer der Victualiencasse, deren Ertrag der kleinste ist, aber die Arbeit dabey die schwerste, weil sie in lauter kleinen Posten gröstenteils geschieht. Crispus ist Decanus der philos. Facultät und hat auch seine liebe Noth. HeEin Herr von Baczko, der blind u lahm ist aber einen thätigen unruhigen Kopf hat, hat eine Geschichte von Preußen geschrieben will Magister werden und ist ein römischKatholischer, welcher den Statuten zufolge nicht angenommen werden kann. Dieser Mensch poltert u pocht, droht gar den Minister von Z. eine öffentl. Beschimpfung, weil er ihn auf seine widerholten Briefe worunter wo ich nicht irre gar eine Dedication seiner Geschichte keiner Antwort gewürdigt; und hat Kraus in Verdacht einer Furchtsamkeit, weil er Briefe aufs Berlin gelesen in denen man sich nach Kr. Schwärmerey und
    Katholicismo
erkundigt hatte. Dieser letzte Verdacht beruht vermuthl. darauf, daß er sich einiger armen Ermländer, hier angenommen und für ihren Unterhalt gesorgt durch Vorbitte bey dem Bischof von Culm u dergl. unschuldige Handlungen die ihn beliebt, ihm Ehre machen aber auch den Eigennutz u Neid anderer reitzen. Unsere Akademie bekommt wider 3 Ausländer zu Lehrern; einen Pr. Juris König aus Halle, einen Haße der morgenl. Sprachen aus Jena, deßen Idiognomik Davids mich eben nicht sehr neugierig macht seine Uebersetzung des Buchs der Weisheit zu lesen und einen M
    Wald
aus Leipzig, der 84 den Versuch einer Einl. in die Geschichte der Kenntniße, Wißenschaften und schönen Künste zu akademischen Vorlesungen herausgegeben, die ich eben durchgelaufen und wo ich auch Deinen Namen in den Zusätzen u Verbeßerungen S. 446 nachgeholt gefunden habe. In diesem Jahr ist wider ein Bändchen von Zusätzen u Verbeßerungen ausgekommen, und es wird an Fortsetzungen dieses Misthaufens nicht fehlen. Er wird Prof. der gr. Sprache. Das betrübteste ist, daß es hier gantz an Zuwachs junger u tüchtiger Köpfe fehlt. Eben jetzt erhalte einen Brief von einem jungen Maler
    Sennwald
aus Berl. mit den Silhouetten der Baroneße Bondeli und ihrer Pflegtochter, meiner Lisette Reinette. Der liebe gute Mann verschwand hier auf einmal, ich glaubte daß er im Oberlande noch wäre, wo er sich die meiste Zeit aufgehalten hat. Meine Mädchen hatte ich damals bestellt zu meiner Reise bereits im Sommer, um meine ganze Familie mitzuführen. Er ist der bescheidenste, gutmüthigste Mensch, den ich recht geschätzt habe, in dem auch keine Berl. Ader war. Wenn ihm die Schwindsucht nicht gefährl. wird, so geht er mit einer Reise nach Rom schwanger, und meldt sich in Düßeldorf. Vielleicht steht sein Name auf meiner Silhouette, wo nicht bitte ich ihn hinten in memoriam seines unumgängl. Einspruchs in Deinem Hause zu notiren. Ein Freund brachte mir zu Ende des Julii die Aussichten der Seele u das Vereingungsbuch des Agenten M Masius, mit Bitte diese Schriften zu lesen. Seit 14 Tagen wurde ich geqvält wenigstens den Empfang dieser Bücher zu bescheinigen. Ich finde diesen Mann
    allenthalben
von einer so schwarzen u schwachen Seite durch seine eigene Documente dargestellt, als ich noch heute in seinen neuesten Beyträgen zur Predigerbibliothek lesen
    müßen
, daß ich mich recht gescheut – und froh bin mit vieler Mühe ein paar Zeilen zusammengebracht zu haben, die er kaum verstehen und schwerl. misbrauchen kann. Es hat mich aufmerksam gemacht, daß die beyden Kantianer, Schmidt u Jakobi, sich auf Crusius Philosophie beruffen. Wie Kant 763 seinen einzigen mögl. Beweis vom Daseyn Gottes schrieb, gab ein hiesiger Crusianer M. Weymann Bedenklichkeiten darüber heraus. Weil aber durch ein Edict verboten wurde über die Crusianische Philosophie zu lesen: so ist dieses Mannes Ruff und Kopf so verloschen, daß er zur öffentl. Schande als Rector einer hiesigen Stadtschule lebt. Ich wurde damals von einem Freunde ungemein aufgemuntert die Crusianische Philosophie ein wenig näher kennen zu lernen; aber es blieb, wie bey soviel andern Vorsätzen – und ich habe seitdem weder Zeit noch Gelegenheit gehabt mich um den Crusius zu bekümmern, deßen Sittenlehre ich mich blos erinnere gelesen zu haben. den 9 Ich habe Brahls Deduction gelesen, die ungemein ausgearbeitet, die Gründe so deutlich aus einander gesetzt und mit einem so genauen calculo von allen Seiten belegt sind, daß dieser Beweis von der Unwißenheit, dem Willkührlichen und dem Unrecht, womit man in Berlin zu Werk geht und wovon das Cabinet immer das Muster gegeben, unwiderstehlich ist. Ich verzweifele sehr, daß ich im stande seyn werde, meine Lage in ein solch evidentes Licht zu setzen. Das Gantze ist mannigfaltiger, verwickelter, beruht mehr auf Gesinnungen als Zahlen. Ich bin daher beynahe willens nicht nur ins Cabinet zu gehen, weil den Gesetzen gemäß mein Urlaub da gesucht werden muß, und dem Minister mich zu entdecken sondern auch an die Gen. Adm. zu schreiben und das Verfahren in Ansehung meines zweyjährigen Gesuchs in diesem Briefe zu detailliren, damit ich sie theils nicht vorbey gehe, theils meine Materie theilen und kürzer behandeln kann, indem diese 3 Schreiben ein Ganzes ausmachen. Disposition ist Oeconomie, und das Compendium aller Mittel. Habe ich erst diesen Wust aus dem Kopf; so bekümmere ich mich weiter nicht um den Ausgang und werde mit destomehr Lust und Hunger an das Ende meiner Autorschaft, wenigstens der apokryphischen denken, und an das kleine Opus
    rudimentorum
meorum,
wofür ich alles ansehe, was ich von den Sokr. Denkw. bis auf den Scheblimini geschmiert. Erhalte ich wenigstens meinen Urlaub zur Reise, so werden selbige in meine Autorschaft einen gantz andern Einfluß haben, als wenn ich gezwungen seyn sollte wie Anfangs meine Absicht war zu schreiben, dies Mittel zu Erhaltung meines Urlaubes oder der Himmel weiß was mehr? zum äußersten zu machen. Bey einer so schwebenden und wankenden Ungewißheit kann die Seele keinen sichern Schritt thun, sondern hängt in suspenso, liegt auf der Folter und ist ihrer selbst nicht mächtig. In einem solchen Zustande, der ins 3te Jahr beynahe geht, hat man wenig Lust bey sich selbst daheim zu seyn. Das Tecum habita wird eben so schwer als das nosce te ipsum bey einem bösen Gewißen. Hinc illae lacrumae – Ach lieber Fritz Jonathan. Der Kosmopolitismus u Jesuitismus ist ein Geschwür, das in jedem menschl. Busen liegt, und die Berl. Schule schwatzt wie ein Kind davon, wie die Kritik der reinen Vernunft aus Unkunde der
    menschl
. mit der man anfangen muß und sehr bekannt seyn muß, ehe man es wagt, nach jener Perle unterzutauchen und sie zu fischen. Sonst geht es uns wie dem Hunde in der bekannten Fabel, über dem Schatten verlieren wir den Bißen, über das Ideal das Reelle, und über das Epitheton der SReinigkeit die Sache selbst und ihre Substantz.
    Sprache
ist wie Young sagt, das Organon und Criterion; daher die Nothwendigkeit einer neuen Zunge und neuer Zeichen und Wunder, die unser Jahrhundert nöthig hat, das den spottenden Zuschauern, Hohenpriestern und Schriftgelehrten so ähnlich ist, von denen ich noch gestern Abend las Marc XV. 31. 32. die
    sehen
und
    glauben
wollen, wenn – unter Bedingungen, die nicht nur unvernünftig und widersprechend sondern auch unverschämt sind. Unterdeßen der große Haufe seiner architectonischen Eitelkeit sich überläßt auf lockerm Sande; so wird es dem kleinen Häuflein seiner Jünger nicht an Simone fehlen, die des Beynamens eines
    Felsens
würdig sind, weil sie auf einen solchen ihr System u Gebäu gründen. – Diesen Augenblick schickt mir Crispus im Namen Kants 3 Schriften gegen ihn, die er nicht des Lesens würdigt und ausdrückl. an den
    neugierigen
alten Mann gewiesen hat. Sie sind zu Marburg herausgekommen wo seine Philosophie Contrebande ist wie einst die Crusianische hier wurde. Ich will Dir die Titel abschreiben: Waldins Untersuchung der Weltreihen u des darauf gegründeten Beweises von der Existenz Gottes 85. 3 Bogen in 8o. D. Coing zwey Programmata in 4. vom vorigen u diesen Jahr. Das erste antwortet ad obiectiones contra argumenta quaedam pro Dei existentia; das andere setzt die Lehre von Gott fort aus der Natur u heil. Schrift. Zu gleicher Zeit läßt mir Crispus sagen daß es die
    höchste Zeit wäre an meinem Briefe nach Berlin zu arbeiten
. Ihm muß diese Nacht was geträumt haben. Unterdeßen ich auf meinen Barbierer warte, will ich lesen. Der Anlaß zu dem Verboth istsoll die Vorlesungen seyn welche dem beygel. Lections Catalogo zufolge
    Pr. Bering
hat über Schulzens Erl. lesen wollen.
    Waldin
hat Grundsätze der natürl. Religion nebst ihren neuesten u wichtigsten Streitigkeiten zum Lesebuch herausgegeben. Kant hat diese Sachen ohne Brief erhalten, u das Porto macht ihn verdrüslich. – Ich bin Gottlob! diesen Nachmittag zum ersten mal auf meinem Packhof gewesen, der außerordentlich voller Waaren ist. Der Dir. war auch sehr gütig gegen mich. Kant hat wohl gethan sich um diese kleinen Scharmüzel nicht zu bekümmern. Waldin wirft ihm Zweydeutigkeit, unbestimmte Begriffe u Abweichung vom Gebrauch zu reden vor. Nun, Herzenslieber Fritz Jonathan, schreib ich nicht eher, bis ich mit den 3 Briefen fertig bin, es wäre denn, daß die Allg. d. Bibl. mich zu einer Ausnahme erweckte. Schreib mir wenigstens, daß Du gesund bist mit Deinem ganzen Hause und den Freywilligen deßelben. Und hiemit Gott empfohlen unter den besten Wünschen p im Geist Dein alter treuer   Johann Georg. Ich fuhr wie ich zu Hause kam und mich hinsetzte, mit solcher Hitze in mein kleines Dintenfaß, daß die alte Schwanenfeder, mit der ich schreibe, mit einer Sau herauskam. Denk mich mit dem neuen Jahr zu beßern und zu verjüngen, so bald ich näher der Wallfahrt seyn werde. Wenn Du aus meinem Briefe klug worden, so bitte die Resultate nach Münster zu expediren, als commentarius meines letzten verworrenen Geschmiers. Crispus plutarchisirt und empfiehlt sich herzl. Von Jacobi auf einem eingelegtem Blatt vermerkt: Koenigsberg den 4ten 8ten Nov. 1786. J. G. Hamann empf den 19tenbeantw den 21ten
Königsberg den 6 Nov. 86. HochEdelgeborner, Hochwohlgelahrter Herr, HöchstzuEhrender Herr Magister Herr Geheim Secretaire Maier hat mir bereits den 25 Jul. c. von Johann Michael Hamann: das Buch der Vereinigung, nebst den Aussichten der Seele eingehändigt, Gemüths- und Leibesumstände haben mich von Johann Michael Hamann: aber bisher außer stand gesetzt, den Empfang der Bücher von Johann Michael Hamann: selben, eher zu bescheinigen, und Ew. HochEdelgeboren meinen ergebensten Dank für das Merkmal Ihrer Güte abzustatten. Meine Neigung und Lage entfernen mich von von Johann Michael Hamann: allen dergl. öffentlichen Angelegenheiten, welche mir jedem in einem desto zweydeutigern Lichte erscheinen vorkommen, je ehrwürdiger und heiliger scheinbarer die Absichten feyerlicher die Anmaßungen sind, zu deren Behuf sie unternommen und getrieben werden. Das erste Zeichen der Vereinigung wurde der Anlaß einer Zerstreuung, und der Anfang aller von Johann Michael Hamann: nachfolgenden Verwirrungen u. Misverständniße in dem Organo gesellschaftlicher Symbole und isolirten Projecte*, die höchstens von Johann Michael Hamann: welche mehrentheils auf neue Namen, eitle Titel und von Johann Michael Hamann: müßige leere Wörter hinauslaufen, ohne Erneurung der Begriffe und Gesinnungen. Der Glaube einer, gleich ihrem Haupte zwar unsichtbaren aber allgegenwärtigen Haupte, christlichen Kirche, ist hinlänglich kann auch das kleinste Mitglied derselben von Johann Michael Hamann: eben so völlig wegen der Mängel und Unvollkommenheiten der jeder äußerlichen Gemeinschaft eben so völlig zu beruhigen, als wegen von Johann Michael Hamann: über seiner eigene natürlichen u von Johann Michael Hamann: persönliche Gebrechen. Ich überlaße Es von Johann Michael Hamann: sey daher dem guten Hirten von Johann Michael Hamann: anheimgestellt seine zerstreute Heerde zu sammeln, u seiner der ausdrückl. seine und die herrliche Verheißung zufolge erfüllen: γενησεται μια ποιμνη, εἱς ποιμην. ταεδια προβατα – οιδασι την φωνην αὐτου – ουκ οιδασι των αλλοτριων την φωνην Joh X. Joh X. woselbst es auch heißt ein als ein characteristischer von Johann Michael Hamann: Idiotismus seiner Schmertzen, ein οιδασι und ουκ οιδασι geschrieben steht.** Unser Publicum hat so viel theils competentere theils anmaßende Kunstrichter, deren Urtheil ich weder vorgreifen noch nachreden mag, und auf deren Einfluß Ew HochEdelgebornen mehr zu rechnen können und da Ursache haben, als auf meine übrigens unbedeutende u gleichgiltige Stimme. Die Aussichten der Seele hängen übrigens von ihren Einsichten ab hängen: so habe ich volle Arbeit gnug damit zu thun, meine eigene zu berichtigen u zu befestigen in Beziehung derjenigen Glückseeligkeit, zu der zwar viele beruffen, aber wenig beruffen sind. Ew. HochEdelgeb. können sich daher auf mehr als zuviel Stimmen Rechnung machen, die ihren Einfluß auf unser Publicum äußern werden. Da die Aussichten der Seele von Ihren Einsichten abhängen: so genügt mir, meine eigne zu berichtigen und zu befestigen – selbst in Beziehung derjenigen Glückseeligkeit, zu welcher zwar viele beruffen, aber wenige erwählt sind. Ich habe die Ehre mit der schuldigsten Hochachtung zu seyn Ew. HochEdelgeb. ergebner Diener Düßeldorf den 7ten Nov. 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: 55 lieber, guter, treuer Herzensvater! Ich erhielt am Sonntage Deinen Brief v 5ten bis 26ten den 10ten Nov. Ich wurde am Dienstag verhindert fortzufahren, u heute wars vollends unmöglich. Spalding ist hier u bleibt bis Montag. Er sagt Biester u Gedicke stünden oben an am schwarzen Brette; Gedicke würde sich aber schon heraus ziehen. Was sagt Kant zu Meiners Vorrede vor seiner Psychologie? – Ich hoffe am Sonntage wieder Briefe v Dir zu haben, u Nachricht daß Du vollkommen hergestellt bist, Du lieber? – Die Finger stehen mir steif so habe ich heute schreiben müßen. Mein Befinden ist nur eben erträglich. Die vorige Woche überfiel auch mich ein Flußfieber. Geduld! Nächsten Posttag schreibe ich Dir gewiß. Daß ich Dich im innersten meines Herzens trage, ich hoffe daran zweifelst Du doch nie. Wenn ich Dich auch nur einmahl mit diesen meinen Augen gesehen, den Blick der Deinigen in mich getrunken hätte. Es ist so süß, bey’m lebhaften andenken an Jemand den man von ganzer Seele liebt, ihn in seinen Augen zu fühlen. Gott gebe Dir Gesundheit, u auch mir nur etwas mehr davon als ich gegenwärtig habe. – Ich muß schließen. Es thut mir im Herzen weh, daß ich nicht mehr als diesen Wisch heute Dir schicken kann. – Lebe Wohl, Vater, u grüß den Bruder – Dein Fritz – Adresse:
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco
Vermerk von Hamann: den 22 Nov 86. Geantw den 3. 4 Xbr. – 7.
Kgsb den 11 Nov. Martinstag 86 Vermerk von Jacobi: empf. den 23ten Nov. Mein Herzenslieber Fritz Jonathan, Ich habe zwar diese Nacht von 10–11 d. schlaflos gefeyert, aber sie ist mir einträgl. gewesen, und ich hoffe jetzt eine
    Handhabe
gefunden zu haben, nach der ich Wochen lang umsonst gesucht. Ich bin heute zum erstenmal in der Stadt gewesen, muste wohl zweymal bey Fischer nach der Post gehen, erhielt aber doch ein kleines Billet doux von Deiner Hand, war unterdeßen bey Deinem Namensvetter angesprochen, der mit seinem Grünstädter Sauerkraut u holl. Heeringen auch zu meiner Genesung beygetragen, und sprach auch bey meinem alten Freund Hennings an, der zwar ohne Krücke schon kriecht, aber von der fliegenden Gicht viel aushalten muß, und den ich ein wenig aufrichten und trösten konnte. Ich horte zu meiner großen Freude während meiner Krankheit, daß jemand die Survivance auf seinen Posten erhalten hatte bey der Saltzfactorey, der einer der einträglichsten und ansehnlichsten ist; konnte ohngeachtet aller Erkundigungen nicht den Namen seines anwartenden Nachfolgers nicht erfahren. Diese Woche komt ein Invalide von Berlin, in der Qualität eines Adiuncts. Brahls Memoire, das Crispus durchgesehen, gab vorgestern Anlaß über meine zu reden, die er auch vorher ansehen sollte. Wir waren in unsern Grundsätzen aber gar nicht einig, und er traute mir nicht zu, daß es mir mögl. seyn würde meinen Vorsatz in einem solchen Ton auszuführen. Ich wurde wankend gemacht und gestand ihm daß die Schwierigkeit mich eben abschreckte, aber sehe doch nach reifer Ueberlegung keinen andern Weg als den schmalen vor mir, meinem Entwurf Gnüge zu thun. Diese Nacht glaub ich doch einen Schlüßel oder eine Thür gefunden zu haben, oder einen Faden aus dem Labyrinth meiner Gedanken heraus zu kommen in der Nacht zum 27 Geburtstage meines lieben B. Heute ist zugl. der mein letzter Heil. in diesem Kirchenjahre; morgen erwarte ich meine Lisette Reinette, weil ihre Gespielin Assessor Hampus Tochter zu ihren Eltern abgeholt werden wird, und Crispus soll auch von mir abgeholt werden, weil ich meinen Kirchengang morgen halten will, und eine Stelle mir auf dem Kaufmannschor zum ersten mal einweyhen will – weil es mir seit langer Zeit an einem Platz nach meinem Geschmack, wo ich incognito gehen und kommen kann, gefehlt hat und ich umsonst darnach gesucht habe, bis ich ihn gantz von ohngefehr vor meiner Krankheit fand. Viel Glück zum Einzuge nach der Stadt. Gesundheit und Zufriedenheit begleite Dich! Von M. Jakob weiß ich nichts als was ich neul. geschrieben. Kant kennt ihn auch nicht u hat sehr gleichgültig von ihm gesprochen. Ich hatte blos die Neugierde zu wißen, ob sie Dich auch angienge, und habe sie nur auf wenige Stunden in meinem Hause gehabt. Die Hamb. Zeitung Garve betreffend habe nicht auftreiben können auch noch nicht die Gött. Recension, welche von Feder seyn soll, der auch gegen Kant zu Felde ziehn wird. Jakob ist Dir blos nöthig, insofern Du an der Kantschen φφie und ihren Misverständnißen Antheil nimmst. Kants Stoltz ist der
    unschuldigste
von der Welt. Feder soll seine ganze Kritik für
    Ironie
anfängl. gehalten haben. Ich habe mir die Lettres Prov. des Pascal aufgesucht, um selbige lesen zu können, so bald ich zum Schreiben kommen kann. Je mehr Du, lieber Fritz Jonathan Deine Sache mit lachenden Muthe abmachen kannst; desto näher wirst Du dem einzigen wahren Gesichtspunct kommen und dem genio Seculi zugl. Gnüge thun können. Ich muß schon meine Tochter abholen laßen, wenn ich sie morgen haben will. Sie hat ein Verlangen bezeigt hier zu seyn, und es ist eine Leiche bey der Baroneße. Eine junge Gräfin von Henkel ist plötzlich gestorben an einem Geschwür in der Lunge. Du klagst über nicht geringe Verdrüßlichkeiten, die Deine äußern Umstände betreffen. Was muß Deine Haushaltung gegen meine seyn? Die geringste Kleinigkeit aber setzt mich in Verlegenheit, und ich stutze über alles wie ein scheues Pferd besonders in Dingen, die das gemeine Leben betreffen. Da hab ich seit Michael ein kleines pollnisches Dienstmädchen, das ich gern behalten möchte wegen ihrer Treue, Stille u Gelehrigkeit alles nachzumachen, was sie sieht; sie ist aber so schwächlich u kränklich und noch eigensinniger Mittel zu brauchen, daß ich sie ungern gegen eine Dragonerinn vertausche, bey der ich den Contrast jener guten Eigenschaften besorge. Eben da ich neul. nach Münster schrieb komt ein Commissaire de quartier den Hippel für mich ausgesucht hat, daß er die Aufsicht über das einzige Haus, das mir noch übrig ist, und die Miethsleute haben soll, und bringt mir statt der Michaeliszinsen die Nachricht, daß er die vornehmsten hatte verklagen und sie auspfänden müßen. Auffallend ist es, daß der eine vor kurzer Zeit das ganze Haus kaufen wollte, und jetzt auf einmahl nicht einmal die Miethe bezahlen kann. Zwey Häuser hab ich schon mit Verlust beynahe des halben Capitals losgeschlagen, mit dem letzten war ich auch willens es so zu machen, wenn nicht Hippel u Dein Namensvetter mir dringend widerrathen hätten noch Gedult zu haben. Ich vermuthe, daß man mich blos beunruhigen und dadurch zum Verkauf aus Verdruß reitzen will; aber ein solcher Verdacht bringt mich zum Gegentheil auf. In Weimar ist alles mäusestill – Mit dem ersten Bogen meines fliegenden Briefes war H. sehr zufrieden; was er von den übrigen denkt, brauch ich nicht zu wißen. Deine Standhaftigkeit bey meinem Briefwechsel ist mir oft ein Rätzel, oder kommt mir wie ein Heroismus Deiner Freundschaft vor. Ich muß wenigstens Einen haben, dem ich meine Schwachheit ausschütten kann; und das Schicksal hat Dich zum Märtyrer derselben gemacht. Der Impetus des 27 Sept hat nur bis zum 5 Oct gefehltwährt; seit dem glüht er noch unter der Asche, und ich habe Dir über diesen Punct meine innigsten Gedanken mitgetheilt. Hintergehe ich mich selbst; so wird es mir am wehsten thun., u am nächsten gehen. Ich habe hier keinen alter ego, mit dem ich mich recht auslüften kann. Schreiben ist ein todtes, frostiges Hülfsmittel sich mitzutheilen. Reisen, meine Freunde sehen, ist jetzt mein einziges Bedürfnis, meine einzige Leidenschaft, die ich zuförderst befriedigen muß. Ob ichdie Geburtsnacht stärker wirken und fruchtbarer seyn wird als der Geburtstag, davon kann ich heut über 8 Tage erst mehr wißen. Der morgende Sonntag soll dem Dank, der Freude und der Ruhe gewiedmet seyn im Geber alles Guten! – – – den 13 – – Heut früh erhalte ein Päckchen von unserm Münzmeister Gösche mit deßen Hause meine ehmalige Verbindung seit einigen Jahren aufgehört ein Päckchen Bücher von dem Leipz. Verleger, der ein naher Verwandter seyn soll. Es war Deins mit den Lavaterschen Schriften. An statt des letzten Theils des Pontius Pilatus alle 4 Theile. Ich habe den ersten Theil schon in duplo, ein Dedications-Exemplar vom Verfaßer selbst, dem ich seit dem kaum geschrieben noch gedankt haben mag, u eins brachte mir Hartknoch. Die vom Prediger Wanowsky so sehr gewünschte Predigt über die Erdbeben in duplo, welche ich zu meiner großen Freude gleich mit ihm theilen können und das I Blatt von der Rechenschaft an seine Freunde, welches ich noch heute mit dem Nicolovius theilen werde. Aber kein Philemon, auf den ich mich so gefreut u gespitzt – Es braucht
    kein Schicken, liebster
Jonathan. Ich werde ihn mit Gottes Hülfe selbst abholen können, und melde es nur als einen neuen Beweis, daß der Commissionaire unordentl. ist und bleibt. Der gestrige Sonntag ist sonderlich gnug gewesen, hat wie die Dulcamara auf mich gewirkt. Ich stehe vom nachgeholten Schlafe erqvickt auf, fallen mir Papiere von ungefehr in die Hände, die einen so tiefen und lebhaften Eindruck von der
    Thorheit und Eitelkeit meiner Entwürfe
machen, daß ich weder aus noch ein wuste und gantz an mir selbst verzagte. Bey dieser Niederlage meines Gemüths warte ich umsonst auf meinen Barbierer, um in die Kirche zu gehen. Da ich aus der Hausthür trete, komt mir eben meine Tochter entgegen, die sonst gegen Mittag erscheint. Ich schleiche mit meinem philosophischen Bart, komme sehr spät in die Kirche, welche voll war, daß ich kaum hereinkommen konnte und mit einem Zöllnerwinkel fürlieb nehmen muste p gehe Kraus abzuholen der mit Brahl an seiner Uebersetzung arbeitet u durch mehr Besuche gestört wird. Er will nicht mit kommen und hat sich vorgenommen zu Hause zu speisen. Ich hatte eben nicht Ursache mit seinem geänderten Entschluß unzufrieden zu seyn u gestand ihm, daß mir nicht gut zu Muthe wäre. Er versprach mir mit Brahl gegen Abend anzusprechen. Ich freute mich also mit meinem Hause allein zu seyn. Der Mittag war also recht vertraulich u vergnügt. Von unserer Reise und Freunden recht viel geplaudert, ihre Gesundheit getrunken; denn die Hausmutter hatte auch für eine Bouteille Wein gesorgt. Eben wurde die Abrede genommen daß die beyden jüngsten Mädchen ihre Freundin Miltzin abholen sollten, als sie selbst in die Stube tratt in der Absicht jene zur Kirche abzuholen, aber wegen des Schnees, der sie unterwegs überfallen hatte, wars ihr desto lieber von meinen 3 Mädchen erwartet und ihnen zuvorgekommen zu seyn. Nachmittags kam Hill, Hippel u Nicolovius, und die kleine Akademie freute sich mit dem Evangelio Matthäi fertig zu werden, unterdeßen ich den jungen Deutsch als einen Profanen unterhalten muste. Gegen Abend erschien auch Brahl, der bey seinen Eltern Martin feyerte und Crispus, deßen Kopf vom Schnupfen vernagelt war u zu seinen Pflegeltern einem Kaufmann Müller eilte. Hippel und Hill blieben allein zum Abendbrodt, das in einem Apfelmuß u Pfannkuchen von
    engl. Mehl
bestand, davon ich auch einen halben schmecken muste, weil eine unserer Nachbarn die Hausmutter damit beschenkt hatte. Die Kutsche kam früh nach Lisette die mitvon Mutter u Schwester begleitet wurde. Ich blieb mit Joh. Michael allein und beschloß den Abend sehr ruhig über Pascals Briefe, die ich vor langer Weile angefangen hatte. Ach! mein lieber Fritz Jonathan. Wenn ich Dir beschreiben könnte mit welcher Zerknirschung und Wehmuth ich des Morgens mich selbst ansehe, was für ein elendes Geschöpf von meinen Freunden erwartet würde, und wie wenig ihre Rechnung mit meinem Werth oder vielmehr Unwerth stimmete: so war zwischen einem solchen Morgen und Abend wenig Zusammenhang. Ich wollte eben nach einem wohlthätigen Morgen auf meine Amtsstube gehen, als Dein u das Lavatersche Päckchen ankam. Dort erfuhr ich, daß einer unserer Leute der auch um Urlaub angehalten die Antwort bekommen, daß eben an dem Reductions Etat gearbeitet würde, und alle Beurlaubten als entbehrl. u überflüßige Officianten Gefahr liefen ausgestrichen zu werden. Ohngeachtet ich mir unmögl. vorstellen kann, daß man nicht mit dem neuen Etat das neue Jahr neml. den 25 May oder 1 Jun. abwarten sollte: ist dieses doch gleichwol ein neuer Wecker und Stachel zur Arbeit, gegen die eine unerklärliche und unüberwindliche vis inertiae in meiner Natur wirkt Der Winter ist unerhört strenge und scheint von Dauer zu seyn. Ich konnte vor Kälte auf der Loge nicht aushalten und muste zu Hause eilen, wo ich immer abgeruffen werden kann, wenn ja etwas vorfallen sollte in dieser todten Jahreszeit; daher ich diesen Brief zu Ende bringen kann, den ich schon liegen laßen wollte. Er ist ein treues Gemählde meines zerrütteten Gemüths, das zu keinem Gleichgewicht kommen kann, sondern immer gespannt oder geset erschlafft ist Eben finde einen Brief von Hartknoch, den ich gleich Anfangs meiner Krankheit erhalten, und daher zu beantworten vergeßen habe. Es ist ihm lieb, daß ich ihm habe Hoffnung zu Sw. Arcanis machen können. Er hat gl. dem Uebersetzer Kirchenrath Parschke in Weißig Nachricht davon ertheilt. Ich schrieb ihm die andern Aufträge ab und habe ihm noch nicht gemeldet, daß Du so gütig gewesen Dich dazu zu erbieten, und ich mir diese Bereitwilligkeit zu Nutze gemacht. Ich werde ihm jetzt darüber einen Wink ertheilen, erwarte aber, wenn Du Antwort darüber aus London erhältst, auch wenigstens davon Gewißheit und Innhalt, daß Hartk. sich darnach richten kann. Vor künftigen und mehr kannst Du sicher seyn. Der deutsche Merkur und das Museum kommen hier quartaliter an und das dritte von beyden wird mit dem neuen Meßgut unterwegs seyn, wovon noch nichts hier ist. Brahlen Frau kam zum Besuch mit ihrem Kinde und wurde von ihrem Mann abgeholt, der ein Eloge auf Kant im Göttingschen Almanach gelesen. Kam noch ein guter Freund – und ich muß also mit dem Ende meines Briefes eilen, und Abschied nehmen – bis ich was klügers zu schreiben und zu melden imstande bin. Markard kam mir anfängl. verdächtig vor; ich bin aber mit ihm ausgesöhnt, seitdem ich seine Beschreibung von Pyrmont gelesen habe. Ich verlange seinen Briefwechsel bald zu erleben; und hoffe daß er ihm u L. Ehre machen wird. In dem Begriff vom Atheisten bin ich einig und freue mich herzlich auf den Fortgang seiner Rechenschaft. Die Wahrheit wird an den Tag kommen und wohl denen, die es mit ihr gehalten haben! Hill, der Briefträger kann nicht länger warten. Ich umarme Dich zum Abschiede unter 1000 Seegenswünschen über Dein ganzes Haus Deinen
    Freywilligen
eingeschloßen. Mein Reisegefährte wünscht Deines gütigen Andenkens würdig zu werden und empfiehlt sich seinen gütigen Freunden u coaetaneis in guter Hoffnung. Gott gebe uns fröliche Adventszeit und erfülle unsere gemeinschaftl. pia desideria. Ich bin und ersterbe Dein alter Johann Georg. Vermerk von Jacobi auf einem eingelegtem Blatt: Koenigsberg den 11 – 13ten Nov 1786. J. G. Hamann empf den 23tenbeantw. den 22ten Xbr.
Kgsb. den 12 Nov. 86. Liebster Hartknoch Den 9 Oct. erhielt Ihren letzten Brief vom 18 Sept. Gott gebe Ihnen einen guten gelehrigen Gehülfen an dem jungen Nicolovius der Ihnen wird gemeldt haben meine Unpäßlichkeit, von der ich mich erst seit den 1 d. ein wenig wider erholt habe. Heute habe nach Düßeldorf wider geschrieben und von dort schon vor einigen Wochen die Nachricht oder Vermuthung vielmehr erhalten, daß Sw. schon unmittelbar Ihrer Addresse zufolge spedirt seyn würde. Ihre übrige Aufträge sind auch bestellt, aber noch keine Antwort darauf bekommen, an die ich heute erinnert. Daß die Schuld wegen des Rossi nicht an Ihnen lag wuste ich; es war mir aber an der Ehre Ihres Zeugnißes gelegen, das ich von Ihrer Genauigkeit abgelegt hatte und die ich daher rechtfertigen wollte. Von D. Lindner ist hier nichts zu erfahren; wäre es nicht am besten, wenn Sie sich an seinen näheren Bruder in Mitau wendeten. Der wird doch wenigstens seinen Aufenthalt wißen, oder in Rechnung mit ihm stehen. Mir ist selbst am ersteren gelegen. Die Molimina zur Reise arbeiten zieml. stark bey mir; aber nichts kann zum Ausbruch kommen. Wir leben in Erwartung großer Veränderungen und Reformationen in unserm Fache. So bald ich aus D. Nachricht erhalte, werde nicht säumen Ihnen selbige zukommen zu laßen. Gott erhalte Sie u die lieben Ihrigen gesund und erfreue Sie auch mit guten Nachrichten aus der Schweitz. Sie wißen wohl nichts wegen der Artzney, ob sie mit Hartung oder über Riga gehen. Die Kirchenräthin Neumann, für die ihr Schwager Comm. R. Wulff sie verschrieben, soll ohne alle Hoffnung liegen. Ich wünschte, daß die Patientin noch ihre Ankunft erlebte. Lichtenberg soll im Götting. Almanach ein feines Lob auf Kant eingerückt haben, deßen Philosophie in Marburg verboten worden, wie einst die Crusianische hier. Ein dasiger D. Coing der auch eine Metaphysic 765 herausgegeben hat ein paar Programmata zum Theil gegen ihn geschrieben auch Walden ein paar deutsche Bogen. Man hat sie ihm zugeschickt und er hat sie mir mitgetheilt, weil meine Neugierde größer als seine ist, sich um das Schicksal seiner φφie zu bekümmern. Drey neue Profeßores werden hier erwartet, und die Ausländer haben das Uebergewicht. HE v Baczko hat magistriren wollen; die Statuta sind aber seiner Religion entgegen. Ich umarme Sie und bin unter den besten Empfehlungen der Meinigen Ihr   alter ergebener Freund Johann Georg Hamann. Wie ich mir in meinem 50sten Jahr die Gicht durch ein unzeitiges Aderlaßen zuzog; so hätte es mir beynahe jetzt ärger gehen können durch eine eben so unzeitige Abführung. Vale et faue. Adresse mit Mundlackrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
    Riga
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf den 9 Nov. 1786
Düßeldorf den 14ten Nov. 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: 56 Erhalten den 25 Nov. Geantw den 3. 4 Xbr – 7. Lieber HerzensVater, Ich habe eben eine kleine Epistel an Kleucker, u ein Brieflein an Buchholtz abgefertigt, u mögte mich nun herzlich gern mit Dir etwas beßer als am vergangenen Posttage abfinden. Da bin ich aber heute Morgen wieder so krank aufgestanden, daß ich nur herum gehen u da sitzen kann, wie ein Traum. Spalding ist gestern übrigens abgereist. Am Sonntag besuchte mich Stolz aus Bremen bey seiner Durchreise, u speiste den Mittag bey mir. Er kam von Zürich u brachte mir gute Nachrichten v Lavaters Gesundheit u seiner bald geendigten Rechtfertigung. Von diesem Stoltz ist jüngst ein Buch, Joseph, erschienen, das ich lesen sollte u auch zu lesen anfieng; es widerstund mir aber so gewaltig, daß ich gleich im Anfang verschiedene Mahl absetzen, u es endlich ganz weg thun mußte. Das kann Lavater nicht begreifen, u hält den Joseph für ein Buch aller Bücher. Ich bitte, sieh Du Doch auch einmahl hinein. An dem Verfaßer bin ich nichts v dem gewahr geworden, was mir an seinem Buch so sehr mißfällt; mir war recht wohl in seinem Umgange. Ich habe angefangen
    vertrauliche Gespräche
zu entwerfen. Nach vielem hin u her Sinnen, u ein paar andern Versuchen, habe ich mich endlich zu dieser Form entschloßen. Wahrscheinlich werde ich des jüngsten Ausfalls in der Berliner Bibl gar nicht erwähnen. Das Ding ist zu abscheulich lügenhaft u verläumderisch. Die Kantisten werden mir es bald nicht beßer machen. Mir eckelt vor alle dem Wesen unaussprechlich. Aber ich hoffe der Muth soll mir nicht sinken, u
    Ruhe
mich belohnen. Daß mich Dein Brief sehr erfreut hat, habe ich Dir am Freytag schon gesagt, aber ich muß es Dir noch einmahl sagen. Er hat mich gelabt u erquickt. Das Versprechen welches ich Dir vorgehalten habe, u worauf ich Dich nun mit der Nase stoßen soll, habe ich in Deinen Briefen aufgesucht, aber die Stelle die ich im Sinn hatte nicht gefunden. Ich muß die Epoche noch einmahl durchgehen. Es mag wohl seyn daß ich damals unrecht verstanden habe, u Dir nun meine Auslegung anstat Deines Sinnes anführte. Es ist mir ein wahrer Jammer daß Deine weite Entfernung es mir nicht zuläßt, Dich bey dem was ich über die Kantische Philosophie zu sagen habe, zu Rath zu ziehen. Mich ärgert an seinen Auslegern das geflißentliche Verstecken des Idealismus, der doch die Seele des Systems ist. Erhaielten wird mit den Affectionen der Sinnlichkeit, Vorstellungen von Etwas als einem Realen, so hätten wir zugleich damit Vorstellungen von Ursache u Würkung, Erklärung von Raum u von Zeit, u das ganze Gerüst v objectivisierten Subjectivitäten, bliebe ohne Anwendung weil das Bedürfnis hinweg fiel. Sage mir doch, ob Dir das nicht auch handgreiflich scheint. Nach meiner Einsicht sagt die Vernunft nie mehr als idem u non idem. Ihr principium ist Bewußtseyn; die Dinge u der Lauf der Dinge construiren unsere Begriffe. Ein Turm der in den Himmel reichte, wird aber auf diese Weise nicht erbaut. Auch ist ihr das natürliches Bedürfniß der Vernunft, nicht einen Gott zu finden, sondern ihn entbehren zu können. Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll, daß Schoenborn mich u Dich ohne Nachricht wegen des Schwedenborgs für Hartknoch läßt. Spalding sagte, er hätte Bedenken getragen, ungeachtet meines ausdrückl Befehls, so viel dafür zu geben. Ich habe nun von neuem an ihn geschrieben. Den Auftrag wegen der andren Bücher habe ich meinem Freunde Schlabrendorf gegeben. Dieser aber hat mit 2 Freunden eine Reise ins Land bis nach Schottland unternommen; muß aber doch nun wieder zu Haus seyn. Das Cogito des alten Cartesianers habe ich nicht erhalten, u seitdem immer versäumt, mich anderwärts darnach umzuhören. Morgen will ich von neuem darum schreiben. Ich sehe mit großem Verlangen Deinem Nächsten Briefe entgegen, Deiner Gesundheit, Deiner Autorschaft, und der unpartheyischen Rechenschaft in der All. Bibl. wegen. – Die Rebekka unseres Claudius soll mit Ende dieses Monaths wieder in Wochen kommen, u liegt mir beständig in Gedanken. Lebe wohl Du Lieber. Gott mit uns! Dein Fritz Jonathan.
Kgsb. den 19 Novbr. 86 Dom. XXIII. Herzlich geliebter Herr Landsmann, Gevatter und Freund Daß Sie sich noch meiner erinnern, davon habe ich den 21 pr. noch einen Beweis erhalten, der mir sehr angenehm gewesen, weil ich mich eben von einem verwahrloseten Flußfieber zu erholen anfieng, das mich außerordentlich entkräftet hat. Ich bin bisher noch nicht im stande gewesen die neue Wohnung unsers guten Dorow zu erreichen, und erst vorgestern mit genauer Noth zum ersten mal bey dem Geheimen Rath Hippel gewesen. Auch Sie hat eine Krankheit unterwegs befallen – Sie reisen, s Sie schreiben, s Sie denken an Ihre Freunde, Sie geben Zeichen Ihrer Thätigkeit; mir vergeht beynahe die Lust zu allem. Meine molimina einen Urlaub zu erhalten gehen nunmehr ins dritte Jahr, und nun kommen selbige mit dem neuen Reductions-Etat in Collision, der, wie man sagt, in der Mache seyn soll. Mit dem Anfange des bevorstehenden neuen Jahres sind es 10 runde, daß ich, wie Sie am besten wißen, mit Gottes und Ihrer Hülfe Packhofverwalter bin, nachdem ich eben so viel Jahre Uebersetzer und Copist gewesen. Machen zusammen 20 Jahre. Wie nahrhaft selbige für meine Hypochondrie gewesen, läßt sich leicht ermeßen. Mein seel. Vater starb in eben dem Jahre, wie die Regie ins Land kam. Ich hatte mich um kein Brodtstudium bekümmert, mich der blinden Leidenschaft einer gelehrten wüsten Neugierde überlaßen; weil meine stotternde Zunge, und noch mehr mein Hang zur Ruhe in angello cum libello mich von Gesellschaft u öffentl. Geschäften auszuschließen schien. Die Rechnung auf meinen jüngeren Bruder wurde auch durch seine unheilbare Gemüthskrankheit vereitelt und ich war genöthigt das für ihn zu thun, was ich von ihm erwartet hatte. Mein äußerer Beruf war also Nothwendigkeit und Pflicht. Mein innerer beruhte auf 2 Umstände, die sehr zufällig waren. Die französische Sprache war die einzige, in der ich mich zum Schreiben aus Lust geübt hatte, und wozu ich durch meinen Freund Berens in Riga aufgemuntert wurde, welcher zugl. die neuste Schriften über Handel u Politik von Paris mitbrachte, und diese Modenseuche mir inoculirte. Es nahm mich also Wunder, daß kein Deutscher würdig erfunden worden war die Finanzen des großen Monarchen und Philosophen zu verwalten, und daß durch die Declaration vom April alle Kinder des Reichs für unmündig und unfähig dazu erkannt werden müsten. Ich hielt mich also die ersten Jahre ziemlich wacker in dieser
    neuen Schule
, welche mir die Vorsehung eröffnet hatte – aber leider! Bübereyen und Eulenspiegelstreiche und Infamien, und alles was die
    Sitten eines Volks
verderben kann. Wie mir unter dieser
    Bande
de brigands etrangers zu Muthe gewesen! Ich hatte für meinen Geschmack an der Sprache einer Nation gebüßt, die durch ihr point d’honneur und ihre galanterie zwey der göttlichsten und zugl. menschlichsten Gebote untergegraben, auf denen häusliche und öffentliche Sicherheit u Glückseeligkeit beruht. Wie die Arbeiten der letzten Jahre in meinem Charondienst erleichtert wurden, nahmen meine Sorgen zu, einen so unsicheren precairen neugebackenen Posten zu verlieren und ich bewarb mich dringend um einen festeren oder wie man es damals nannte,
    alten
Dienst, bey deßen Antritt mir das Leben sauer gemacht wurde durch die Forderungen der Erben meines Vorgängers, und die Unzufriedenheit meiner beyden Nachbarn und Vorgesetzten. Ich entdeckte mich darüber in einem Privatbriefe gegen den Mr. de Morinval, worauf die Untersuchung meiner Klagen denenjenigen aufgetragen wurde, gegen deren Betragen ich meinen Verdacht geäußert hatte. Ich erhielt also eine so harte und unbillige Resolution, daß ich mir fest entschloß niemals die Feder mehr in meinen Angelegenheiten an sie zu brauchen. Hiemit schloß sich das erste Jahr meines jetzigen Dienstes 777. Im Nov. 82 geschah die schreyende Ungerechtigkeit mit der Einziehung unserer Fooigelder, welche uns als ein Theil unsers Gehaltes durch so viel Rescripte stipulirt worden war, und zufällig ist in diesen Jahren die gröste Schiffahrt gewesen, welche Preußen genoßen hat. Gott sorgte damals in meiner größten Noth durch einen außerordentl. Pensionair für mich, den jungen Lindner aus Curland, von dem ich auch zu rechter Zeit
    erlöset
wurde – – den 20 – Diesen Morgen erhalte eben einen Brief von seinem würdigen Oncle, dem D. Lindner aus Halle, der vielleicht schon in Berlin seyn wird und in deßen Gesellschaft Sie sich auch vielleicht meiner erinnern werden. Dieser Zufluß war auch beynahe erschöpft, als Gott mir einen gantz unbekannten Wohlthäter in M. erweckte, nach deßen Umarmungen ich schmachte. Dieser grosmüthige junge Mann oder Engel erbot sich 85 mir bis nach Frkf. an der Oder entgegenzukommen, und ich wurde dadurch einer außerordentl. Dispensation überhoben. Ich bat daher den 1 Juny 85. bey der Direction, mir einen Urlaub von der Gen. Adm. auszuwirken, wegen meiner
    Gesundheit
und
    Familienangelegenheiten
. Auf den letzten Umstand wurde weder von Mr de la Haye de Launoy noch Grottard im geringsten Rücksicht genommen ohngeachtet ihres nepotismi; und auf den ersten geantwortet, daß es in einer so großen Stadt wie Königsberg an erfahrnen Aertzten nicht fehlen könnte. Ich wollte eben damals meinen Freund Lindner in Halle überraschen, der mich so glücklich von der Gicht geheilt, daß ich nach dem von ihm vorgeschriebenen Gebrauch der Dulcamara nicht die geringste Anwandelung mehr gehabt. Das Verdienst des Artztes hängt vom Vertrauen des Kranken ab; wie diese maltotiers ihr Glück gewiß nicht ihremr Verdienst Würdigkeit zu verdanken hatten sondern der guten Meinung des Salomon du Nord. Zum Glück konnte mein Wohlthäter die Reise nicht übernehmen, und mein freundschaftl. Artzt meldete mir zu gl. Zeit nach Halle Jena gezogen zu seyn. Ein HE von Losch, SousControleur erhielte kurze Zeit darauf ohne die geringste Schwierigkeit den gesuchten Urlaub. Ihrem Rath zufolge entschloß ich mich, Geliebtester Freund den 27 April a. c. bey der Gen. Adm. selbst anzuhalten und bat um einen Urlaub von 4 Monathen. Den 19 Jun. c erhielt ich endl. einen Urlaub auf einen einzigen Monath mit der gantz ungewöhnl. Clausul – si contre notre attente il outrepassoit ce tems, vous ferez faire ses fonctions par un Surnumeraire à ses depens, de quoi vous nous rendrez compte si le cas avoit lieu. Mit diesem Urlaub wollte man mich vermuthlich zum Besten haben. Ich muste auch dies Leid in mich freßen, und machte mich gefaßt, das
    äußerste
    Mittel
zu ergreifen, mehr aus
    Verzweifelung
als
    Ueberlegung
. Den 16 Sept. den Tag vor der Ankunft oder Einzug unsers neuen Monarchen meldete mir unser gemeinschaftl. Freund, der Philosoph zu Pempelfort, daß die Fürstin von Galliczin an die Princeßin von Oranien an den damaligen Kronprinzen geschrieben hätte, und mir durch dies Wunder und Zeichen gleichsam der Weg gebahnt wäre. Ich wurde dadurch zwar aufgeweckt theils bey des Königs Maj. unmittelbar, theils bey dem Minister und der neuen Gen. Adm. mich mein Anliegen zu erneuern. Ich bin aber nicht im stande Hand ans Werk zu legen vor Hypochondrie und Muthlosigkeit, und Mistrauen gegen mich selbst. Daß ich Grund dazu habe, zeigt dieses Specimen eines vertraul. Briefs, vor dem ich mich schämen muß. H. hat mich überredet, Ihnen, liebster Freund, mein ganzes Herz auszuschütten und die wahre Lage meiner Umstände Ihnen anzuvertrauen. Man spricht hier von des Minister von Werder Exc. Anherokunft um Preußen selbst in Augenschein zu nehmen. Auch hieß es, daß ein neuer Minister unser Departement erhalten würde; daß alle Beurlaubte als Ueberflüßige und Entbehrliche Geschöpfe von dem neuen Reductions-Etat ausgestrichen zu werden Gefahr liefen. Ich zweifele, daß man in Berlin wegen meines Postens die nöthige Auskunft finden wird. Nach der alten Einrichtung haben Packhof und Licent, ihrer Natur nach, unter eines einigen Aufsicht gestanden. Die Regie hat 2 Stellen daraus gemacht, meinem Vorgänger mit seinem alten Gehalt von 25 rth monathlich den Packhof überlaßen, und aus dem Licent einen poste de confiance mit einem doppelten Gehalt creirt. Der zweyte der diesen Poste de confiance erhielt, war ein gewißer Valtier, der meines Wißens zum zweitenmal cassirt wurde. 2. Von der freyen Wohnung, die ich mit dem Licenteinnehmer auf die Hälfte haben sollte, sind uns beyden wegen der arrangemens eines gewißen General Inspecteur Depuy, der es aux petites maisons zu seyn verdient hätte jedem von uns 2 Stuben mit Gewalt genommen worden zu Anlegung eines Magazins, der Buchhalterey und der Formule. Da der jetzige Licent Inspector Mr Marvilliers die Wohnung des Einnehmers usurpirt durch eine gütliche Verabredung mit demselben, so hat ersterer die zum Magazin bestimmte beyde Stuben recuperirt und wieder in Besitz bekommen, unterdeßen ich der meinigen entbehren muß, wo zum Unglück die Buchhalterey u Formule angelegt worden, nebst einem Theil des noch übrigen Magazins. Ich muß mich daher kümmerlich den Winter über mit zwey Stuben behelfen, von denen die eine mit meinen Büchern bekleidet ist und mit meinem Sohn darinn schlafen muß. In der zweiten müßen sich meine 3 Töchter mit der Mutter noch kümmerlicher behelfen. Die Sommerstube kann wegen der Nähe der Buchhalterey gar nicht geheitzt werden. 3. Als Königl. Freywohner sollte ich vorzüglich Antheil an dem Genuß der Thorkläfter haben, von dem ich durch neusten HoltzEtat, ich kann noch gar nicht begreifen, wie? und warum? ich gänzlich ausgeschloßen bin. Ehmals hat die Direction das an den Thoren abgeworfene KlobenHoltz allein verzehrt; vor wenig Jahren wurde von der Gen. Adm. eine fast allgemeine Vertheilung gemacht, wo ich gänzlich ausgeschloßen bin, ohngeachtet eine freye königl. Wohnung auch den freyen nothwendigen Bedarf dieses kostbaren Articuls schon in sich zu schließen vermuthen ließe. 4. Mein Vorgänger hat auch ein Emolument von den Lootsen gehabt, die von der Admiralität abhängen und aus dem man mir immer ein Geheimnis gemacht, um das ich mich nicht bekümmert, weil ich nicht mit einem zweyköpfigen Adler etwas zu schaffen haben wollte. Bey der bevorstehenden Veränderung würde diese Ursache auch aufhören, warum ich diesem Emolument bisher entsagt. 5. Ein Gräuel der Verwüstung, der bey allen königl. Bauten herrscht, liegt mir alle Tage vor der Nase. Vor einigen Jahren wurde dem Director ein neuer Holtzstall, statt des höltzernen, von Fachwerk aufgeführt. Dieser Holtzstall steht auf meinem Gehöfte. Das Jahr drauf fiel schon ein ganzes Fachwerk ein, und gegenwärtig muß selbiger schon gestützt werden, und droht den gänzl. Einfall. Mein und meines Nachbars des LicentEinnehmers oder jetzigen Inspectors Holtzstall hat schon Jahre lang gebaut werden sollen. Die Cammer und General-Administration streiten sich immer über den Fonds zu den Kosten, und wer denselben hergeben soll, unterdeßen unser Holtz dem Regen und Dieben offen steht, und alles darüber zu Grunde geht. Außer der freyen halben Wohnung, den gratificationen, (auf die ich niemals viel Rechnung gemacht und von denen auch die Administration uns die Hälfte nach Willkühr auszahlen laßen, und die gänzlich aufhören sollen auch von selbst aufgehört haben würden, weil auf das erzwungene Plus ein verhältnismäßiges Minus die natürliche und unvermeidl. Folge seyn muß,) und meinen alten Gehalt von 25 rth des Monaths, die ihren halben Werth in Vergleichung der Zeiten, wo selbiger fixirt worden ist, verloren haben, ziehe ich keinen Heller mehr als 2 : 45 : – Schreibgebühr, die ich seit dem Anfang der Regie mit dem neben mir arbeitenden Buchhalter theilen müßen, seit einigen Jahren her aber mit einem dritten getheilt werden müßen, wodurch uns eben kein Abbruch geschieht, weil selbiger auch pro rata zu den Ausgaben Intelligenzblättern p beytragen muß. Die Fooigelder waren daher ein unentbehrl. Supplement meines Gehalts und meiner Nothdurft, vornemlich zu Holtz Kleidung –– Für die Erziehung meiner Kinder und besonders der 3 Töchter hat Gott durch die Grosmuth meines Wohlthäters gesorgt, und weiß die Zinsen nicht beßer anzuwenden; denn der Hauptstock ist ein heiliges Depot bis zu unserer persönl. Bekanntschaft und mündlichen Verabredung. Was ich an Pension für meine älteste Tochter zahle bey meiner verehrungswürdigen Baroneße, die in Ansehung der übrigen Ausgaben grosmüthig mich behandelt, kann ich als keine Verschwendung ansehen, da ich in Zeit von einem Jahre selbige als die Lehrmeisterin ihrer jüngeren Schwestern widerzuerhalten Hoffnung habe Verantwortung u Arbeit hab ich bey meiner jetzigen Lage nicht gehabt. Die Schlüßel des Licents u Packhofes werden in meinem Hause abgelegt und abgeholt. Die Einnahme des Lagergeldes für alles was hier bleibt und über zehn Tage oder beym Durchgange über 14 Tage liegen bleibt, bezahlt pro 100 ℔ die Sommerwochen 6 gl. u die Winterwochen 4 gl. pr. Diese Abgabe nimmt immer mehr ab, weil der Kaufmann sich von selbst fördert, und im Fall der Noth vom Dir. u Insp. nur ⅙ eingehoben wird 1 gl. pr. die Woche von 100 ℔. Endl. hab ich noch eine DepotKammer für die beschlagene Sachen, die ich in Empfang und gegen Qvittung wider abliefern muß. Mehr wie diese leichte Arbeit bin ich auch kaum imstande wegen meiner Gemüths und Leibesschwäche zu bestreiten. Da haben Sie wenigstens, liebster Landsmann Gevatter u Freund ein treues Gemälde meiner Lage und meines Elendes, ohne daß ich mit der Wahrheit deßelben ans Licht treten darf. Eine Reise nach einem Bade würde mich vielleicht ein wenig widerherstellen, dies einzige Rettungsmittel hat man mir bisher grausam verweigert. Was bey der bevorstehenden Revolution, Reduction und Reform mein Schicksal seyn wird, weiß ich nicht, noch wie ich mich mit
    gutem
    Gewißen
dabey verhalten soll. Haben Sie noch Lust die Curatel eines alten unmündigen Freundes zu übernehmen: so geben Sie mir wenigstens Ihren guten Rath, wie ich meine Sachen anstellen soll. Ich bin auch schon entschloßen diese Reise im Winter mit meinem Sohn zu unternehmen. Freude und Genuß kann ich für meine unbekannte Freunde kaum versprechen. Claudius schreibt mir nicht mehr, und ich bin auch nicht im stande ihm zu antworten. Unser Jac. in D. ist der einzige der von meinen Briefen heimgesucht wird; er hat Sie und mich auch dies Jahr umsonst erwartet. Ich bin auch des
    Wartens
fast überdrüßig, und verzehre mein Leben darüber. Wenn es Ihnen sauer wird diesen Brief zu lesen – so vergeben Sie mir, liebster Freund. Ich habe ihn mit ebenso peinlichen Empfindungen der Schaam und des Verdrußes und des Eckels geschrieben. Gott gebe, daß ich Sie einmal beßer und angenehmer unterhalten kann. Hier liegt wenigstens der Knoten meines Stillschweigens und meiner Achtsamkeit – Nach 20 Jahren bin ich nun wider in eben der Verlegenheit, womit ich anfieng meine traurige Laufbahn. Sind Sie mit Ihrer Familie wider versammelt in Berlin? Gott laße Friede und Freude, Gesundheit und Zufriedenheit mit Ihnen wohnen und walten. Ich muß jetzt von weitem den gelehrten Kriegsläuften zusehen, und kann nichts als durch Wünsche den Ausschlag der guten Sache befördern, an der ich mit meinem armen Kopf nicht mehr Antheil nehmen kann. Beruhigen Sie mich wenigstens mit der Versicherung, daß Sie meine Unbescheidenheit aus dem rechten Gesichtspuncte, der allein Nachsicht u Mitleiden verdient, angesehen haben, und weisen Sie mich mit eben der Freymüthigkeit zurecht, womit ich Sie belästige. Ich umarme Sie und die lieben Ihrigen in Gedanken, bin samt all den meinigen Ihr ewig     verpflichteter Landsmann Gev. u Fr. Johann Georg Hamann. HE. Senewald ein junger liebenswürdiger Maler hat mir viel Freude gemacht, im Fall Sie ihn kennen oder sich einander begegnen sollten. Gott laße es allen ehrl. Leuten
    zuletzt
wohl gehen! Amen.
Dußeldorf den 20ten Nov 1786. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: 57.  den 2 Xbr Erhalten den 2 Xbr. Geantw den 3. 4–7 Du lieber guter treuer HerzensVater Du! Ich lag gestern in meinen großen Lehnstuhl gedrückt mit starken Zahnschmerzen, als der Bediente zum zweyten Mahl v der Post kam u Deinen Brief in der Hand hatte. Er kam mir gleich so schön dick entgegen dieser sehnlich erwartete Brief. Ich erbrach ihn im Zweifel, ob ich ihn unter meinen Schmerzen würde lesen können. Ich fieng an, las eine Seite, u noch eine, u wieder eine, bis zur letzten. Da sah ich mich nach meinen Zahnschmerzen um, die waren weg. Und siehe da, ich stand auf, u gieng zu Tische. – Lieber! wie mir alles so werth ist was von Dir kommt! Ich spreche so oft von Dir mit Witzenmann, u meiner Schwester, u Schenk – aber es ist alles nichts. Heute Nachmittag, da ich dem so nachdachte, u Deinen Brief noch einmahl las – dann wieder fort träumte, wenn Du nun würklich kämest, u ich die Treppe hinunter stürzte Dir entgegen – es rann mir durch Adern u Nerven daß ich hätte weinen können, wenn ich es nicht lieber gelaßen hätte. – Lieber Vater, Du mußt nur alles leiden was ich thue wenn Du kommst – Du kommst doch gewiß? Nicht wahr? Mich verlangt sehr nach dem Ausschlag Deiner Sache in Berlin. Ich habe gute Hoffnung, wenn nur Deine Briefe zeitig genug abgehen. Da ich Dir über diesen letzten Punkt nicht recht traue, so besinne ich mich hin u her, wie man auf allen Fall Dir ein wenig vorgreifen könnte. Deine Nachricht vom entlarvten Moses Mendelssohn war mir sehr willkommen, denn der Titel des Buchs war mir zu Ohren gekommen, ohne weiteres. Die Zweydeutigkeit des Titels, wie er in der Berliner Zeitung gestanden haben soll, hat verursacht das man wegen der Worte: von Jacobi, womit er endigte, in Holland vermuthet habent soll, die es sey eine Schrift v mir. Dies erzählte mir Spalding. Dohm, bey dem ich Anfrage that, meldete mir, daß diese Schrift vom entzopften Prediger herrühren würde. Du weist doch daß Zedlitz Schultzen unter den Fuß gegeben hat, dem neuen Könige mit dem Opfer seines Zopfs zu huldigen. Das Buch selbst erhielt ich gestern Abend aus Leipzig durch meinen Verleger Goeschen. Wir haben uns beynah gewälzt vor Lachen beym Durchlesen. Das ganze ist ein wahrer goldener Spiegel für die Berliner, wenn sie nur recht hinein sehen wollten. Doch übertrifft sie Schultz noch sehr an Ehrlichkeit. Ich bin neugierig ob man diese Erscheinung nicht zu einer neuen Gelegenheit machen wird, mich zu mißhandeln. den 21ten Witzenmann rief mich gestern Abend ab zu einer Parthie Biljartd. Ich habe mich anheischig gemacht alle Tage 2 Mahl, jedesmahl eine halbe Stunde vor Tische dieses Spiel mit ihm zu treiben. Eigentlich ist unser Accord auf eine ganze Stunde geschloßen. Mich wundert daß er itzt noch nicht da ist, denn es hat lang 12 Uhr geschlagen … Da höre ich ihn die Treppe herunter kommen. Nach Tische Der ganze Morgen ist mir unter allerhand Geschäfften u Hindernißen verstrichen. Ich begreiffe nicht wie andre Leute die mehr zu thun haben als ich mit ihrer Zeit auskommen, u noch Mittel brauchen sie zu vertreiben. – Witzenmann hat mir seit 14 Tagen von neuem viel Sorge gemacht. Nun geht es wieder etwas beßer. Ich zweifle daß ich ihn aufbringe. Die Vorläufige Darstellung des Jesuitismus ist mir schon vor einigen Wochen zu Gesicht gekommen, u es wundert mich daß ich Dir nicht davon geschrieben habe. Jakobs Prüfung erhielt ich doppelt; von jedem meiner beyden Verleger ein Exempl. Ich habe dieses Buchs wenn ich nicht irre in meinem jüngsten Briefe an Dich gedacht. – Die Enthüllung des WeltbürgerSystems habe ich ganz u mit ziemlichen Bedacht gelesen; am Ende aber nicht recht gewußt, was ich vom Verfaßer u seiner eigentlichen Absicht denken sollte. Um mehr darüber zu sagen müßte ich das Buch noch einmahl lesen. Du hast mir mit den Auszügen aus Mirabeau’s Schreiben an Brahl ein sehr angenehmes Geschenk gemacht. Was dieser Franzose nur mit Reichardt anfangen wird? Der Landgraf v Heßen Homburg hat ja auch eine Antwort an Mirabeau drucken laßen, in französischer Sprache. Noch ist sie mir nicht zu Gesicht gekommen. – Vergiß nicht im October August des Merkurs die Resultate der Kantischen Philosophie zu lesen. Du wirst auch hier finden, daß Kant das Heil ist das in die Welt hat kommen sollen. Ich muß keinen MenschenVerstand haben, wenn die Leute nicht toll sind. Garvens Antwort an Nikolai war Dir wahrscheinlich auch noch nicht in die Hände gefallen. Es ist komisch wie Nikolai so schnell war dem Eindruck dieser Schrift durch eine Nachricht in den Hamburger Zeitungen zuvor zu kommen. Sie war kaum aus der Preße, so waren schon so viele Fragen bey ihm eingelaufen, ob er sie nicht beantworten werde, daß er ihrer Anhäufung u Widerholung durch eine öffentliche Anzeige zuvor kommen steuren mußte. Solche Pinseleyen darf man wagen, u wagt sie mit Erfolg. Die auffallendsten Inconsequenzen u Widersprüche, die durchsichtigste u boshafteste Gleisnerey, das eckelhafteste patelinage! alles geht durch; alles gedeiht. Grüße Crispus, u vor allen Dingen meinen lieben Joh. Michael, der Dich öfter spazieren führen soll. Hast Du noch keine Lavaters Schriften durch Göeschen erhalten? Sie sind in der vorigen Meße an Dich abgegangen. Lebe recht Wohl. Ich drücke Dich an mein Herz. Dein Fritz Jonathan. Kgsb. den 1 Christm. 86. Lieber alter Freund H. HE D. Stein wird sich am besten selbst empfehlen und mit beßeren Empfehlungen versehen seyn, als ich zu ertheilen im stande bin. Als Artzt wird er Ihnen Nachricht von meinen Gesundheitsumständen u den darauf beruhenden
    Alterkrankezustand
die glaubwürdigste Nachricht ertheilen können. Gott begleite Ihn u Seine Reisegesellschaft zu einer vergnügten u gesunden Ankunft in Riga und weiterer Fortsetzung der Laufbahn!!! Ich bin von meiner jüngsten Digestion des Kopfs u Magens wider glückl. hergestellt, und diese Recidive werden nicht eher radicaliter curirt werden als durch den Postwagen, dem einzigen vehiculo meiner zu hoffenden Integration und Palingenesie. Mit dem Anf. der vorigen Woche schickte mir HE Str Wirth zu meiner großen Freude u Beruhigung eine Einl. von unserm bisher verlornen Landsmann zu, der aus Jena nach Halle sich begeben und nunmehr an seiner Promotion arbeitet. Ein junger Curl. u Schriftsteller Urban und Mitarbeiter unsers Landsmanns Mnioch, der unsers Herders Zögling seyn soll, hat den Brief mitgebracht, der bereits vom 7 8br. datirt ist und diese Woche noch beantwortet werden wird. Sie können also wegen Ihrer Caution ohne alle Sorgen u Unruhe seyn. Ich werde ihn gewiß daran erinnern, und das Intermezzo meiner Krankheit hat Schuld an dem Aufschub meiner Antwort. Den 25 pr. meldete mir J: „daß er nicht weiß was er dazu sagen soll weil Schönborn
    uns
ohne Nachricht wegen des Schw. läßt. Spalding (fil.) sagte: er hatte Bedenken getragen, ungeachtet seines (J.) ausdrückl. Befehls so viel dafür zu geben. Ich habe von neuem an ihn geschrieben. Den Auftrag wegen der andern Bücher habe ich meinem Freunde Schlabberndorf gegeben. Dieser aber hat mit 2 Freunden eine Reise ins Land bis nach Schottl. unternommen, muß aber doch nun wider zu Hause seyn. Das unterstrichene Wort im obigen passu bezieht sich auf eine Stelle die ich den 18 Oct. schon erhielt „Ich habe wegen des Schw. aus Engl. noch keine Antwort, und vermuthe daß
    Schönborn die Versendung
unmittelbar angezeigt haben wird. Die andern Bücher will ich auch besorgen. Ich kann aber mit der heutigen Post nicht schreiben; es soll unfehlbar mit der nächsten geschehen.“ Das Datum dieses Briefs war den 5 Oct. Sie sehen, daß Ihre Angelegenheit nicht schläfrig von uns getrieben wird. Wer kann vor Zwischenfällen. Diesen Augenblick bin ich mit einem Pack neuer Bücher fertig, die ich im Fluge habe lesen müßen. Die allgem Bibl. von 68 bis 70/2 Bande, das letzte Vierteljahr des Musei wegen eines merkwürdigen Briefes von Schloßer über das was Autores von sich selbst sagen z. E. Leßing, Garve, Nicolai. Sept. u Oct des Mercurs, dem gr. Ungeheuer und dem
    goldnen Hahn
, deßen Verfaßer ich gern wißen möchte, der andere geärgert und mich erbaut hat, wie ein purissimus penis so etwas wirken kann. Aber dem Reinen ist alles rein. Erfahren Sie den Verf. des goldnen Hahns so melden Sie mir ihn, wenigstens den Verleger. Pr. Haße ist hier und ein junger feuriger Mann, den ich als einen Herderianer herzl. liebe und auf die veniam eines magni ingenii Ansprüche machen kann. Ich habe seine
    Idiognomik
    Davids
nicht recht beurtheilen können. Von einem so brennenden Kopf u Herzen hat unsere Akademie was zu hoffen. Die neusten Aussichten über die Bücher des A. T. sind von ihm; ich kenne sie aber blos aus einer Recension und bin nicht neugierig seine übrige Sachen zu lesen. Er fängt mit Wunderzeichen an von Eifer und Fleiß. Wald soll unterwegens seyn, u auch diesem Gelehrten Mann ist das Gerücht günstiger, als die Idee seiner Gelehrten Geschichte, welche mich beynahe abgeschreckt u mistrauisch gemacht hatte. So wenig läßt sich aus Worten und Werken der Gelehrten schließen. Ich eile nun zum erstenmal wider auszugehen, auf mein Telonium und wo mögl. nach der Stadt. Grüßen Sie unsern Landsmann Arndt aufs herzlichste u innigste. Freyherr von Ungern Sternberg ist der neuste Kantianer der einen Blick auf die moralische u politische Welt geschrieben was sie ist und seyn wird. Bremen (Förster). Unser Meßgut ist in Trave eingefroren. Also wird Theurung im Lande seyn. Lehne Käthe geht morgen in ihr 13 Jahr. Miltz mit seiner Louise feyren auch zugl. ihren Geburtstag, also dort nicht hier. Tant mieux, wenn die Indigestion nicht wider Disciplin heischen wird. Gott erfreue unsern Claudius mit einer guten 7. und seine Rebecca, deren Termin abgelaufen ist. In dem Meßkatalog wurde ein
    Bethlehem
angemeldt, wovon nichts erfahren können. Es betraf die Mendelsohnsche u Morschelsche Farce. Wißen Sie was davon, so melden Sie mir doch. Sie können leicht denken daß ich ein näheres Interesse habe auf alles was zu diesem verworrnen Handel gehört, auf deßen trüben Gründen ich noch zum Fischzuge Rechnung mache. Mens sana in corpore sano! Empfehlen Sie mich Ihre Fr Gemalin u ganzen Hause. Ob der Gletscher Spiritus ankommen wird; die bestimmte Patientin ist schon curirt, unterdeßen erwartet man ihn für die nachgelaßene Familie. Mein großes u kleines Gesindel nimt an Gesinnungen Antheil, womit ich bin u niemals aufhören werde zu seyn   Ihr   alter treuer Landsmann, Freund und Schuldner   Joh Georg H. Gott gebe, daß ich nächstens Ihnen meinen Urlaub melden kann. Die Vorsehung hat Ihre Hand mit im Spiel zehn Jahr Uebersetzer, welscher Charon do – Packhofverwalter. Der ehrl. Landsmann u Freund, dem ich 777 im Jänner meinen Posten zu verdanken habe, schreibt mir 12 Stunden vor seiner Abreise nach Frkr. u Engl. daß er noch so viel Stunden seine Extrapost aufschieben wird um diese letzte Angelegenheit meines Lebens ins reine zu bringen. Gott begleite alle Reisende und gebe Ruhe denen daheim. Ich freue mich daß es unserm Nic. bey Ihnen gefällt und hoffe auch, daß Sie mit ihm zufrieden bleiben werden. Seine Brüder sind gestern nach Sperlings gewandert von Hartknoch ganz am linken Rande der zweiten Seite vermerkt: Empf u beantw d. 9 Dec 786.
Kgsb. den 3 Xbr. I Adv. 86 Nun lieber Fritz-Jonathan! Ich bin Dir auf No 55. 56. 57 vom 7, 14, 20 pr. Antwort schuldig und will in der alten beliebten Form eines Tagebuchs fortfahren. – Zwar gieng ich den 9 zum ersten mal auf den Packhof, die Kälte wurde aber so strenge, daß ich mich nicht oft noch weit auswagen konnte. Den 16 sah es gantz gelinde aus, und weil Hippel Freytags den Vormittag zu Hause bleibt, die übrigen Tage aber meist mit 8 Uhr ausgeht: so nahm ich mir den Abend vor ihn zu besuchen, ohne zu wißen, daß die Nacht einen neuen strengen Winter mitgebracht hatte. Weil ich einmal unterwegs war und mein Sohn, der zu Kant in Stunden gieng mich begleitete, so erreichte ich Hippels Hotel (denn das ist sein Haus im eigentlichsten Verstande) und bekam zum freundl. Willkomm Schelte, daß ich mich bey so einer Kälte ausgemacht hatte. Die
    wahre
Ursache war wohl, daß er auch sehr beschäftigt war. Ich mußte mich nolens volens ein wenig setzen und ausruhen und ich klagte ihm meine überstandene äußere u fortwährende innere Noth, daß ich nisus zum Schreiben hatte, drey Briefe in petto mit mir herumtrüge, aus allem aber nichts herauskäme. So bald ich die Feder ansetzte, träten alle Lebensgeister aus den kalten Fingerspitzen in die innersten Falten des Gehirns u Herzens –
    Schreiben Sie an Reichardt
, war sein Consilium fidele, das er mir mit einer so entscheidenden Stimme eines dirigirenden Oberbürgermeisters und Criminalrichters ertheilte, daß ich auf der Stelle anderes Sinnes wurde und seinem Rath zu folgen versprach.
    Hat Er mir den Dienst gegeben, so mag Er auch
die übrige dazu gehörigen Appartinentien ins reine und klare bringen. Mit diesem verwandelten Sinne und festen Entschluß zu dem
    Anbiß eines sauern Apfels
kroch ich meine Straße zu Hause, und wunderte mich, daß mir ein so plausibler Einfall bisher wie die gröste Impertinenz von meiner Seite vorgekommen war, als wenn ich nur an meinen Landsmann Gevatter u Freund denn schreiben könnte u mich seiner erinnerte, wenn Noth am Mann wäre. Den 18 gieng meine jüngste Marianne Sophia ins 9te Jahr, der Junge mit Hill u Raphael auf seiner Freunde der beyden Nicolovius Landgut Sperling zu Fuß. Es fiel ein gewaltiger Schnee, und ein noch größerer Hagel in meine Haushaltung. Den 19 Dom. XXIII war meiner
    Lisette
Reinette
Namenstag, sie besuchte uns, und der Bruder kam mit seinen Freunden noch vor dem Thorschluß zu Hause, und erzählte Wunder von seiner Wallfahrt. Ich war kaum im stande den
    Brief
anzufangen mit ein paar Zeilen, nahm wider eine Abführung ein, um den Montag drauf nicht ausgehen und das Schreiben desto sicherer fortsetzen zu können. Kaum setz ich mich Montags den 20 an meinen Schreibtisch, wie mir ein Brief abgegeben wird nebst einer Einladung zu Mittag unter
    zehn
Misverständnißen, die in einem Augenblick unter einander liefen, und von denen ich mich in einer ganzen Stunde nicht erholen konnte. Die Sache lief darauf hinaus. Scheffners Schwager, den ich wegen einer verdrüßl. Angelegenheit zu sprechen hatte, ist zugl. ein Schwager von dem Hofrath Lindner in Mitau, deßen Sohn ich 3/4 Jahr in Pension gehabt und seinem würdigen Bruder dem D. der sich lange in Jena aufgehalten, ohne an eine Seele geschrieben zu haben, für den Hartknoch Bürgschaft geleistet, und mich deshalb ein paar mal questionirt. Ein junger schöner Geist kam von der Akademie gieng nach Curl. heim u hatte die Einl. vom D. aus Halle mitgebracht. Dieser theilte mir die unangenehmsten Nachrichten von seinem Neffen meinem gewesenen Pensionair mit und pp und die empfangene Einladung hatte keine Beziehung weder auf Lindnersche noch Scheffnersche Angelegenheiten, die mir auf dem Herzen gelegen hatten, sondern war bloß eine Höflichkeit eines durchreisenden Fremden willen, der mich nichts angieng. Ich sahe die Einladung aus meinem Gesichtspunct an, muste wegen der Arzney im Leibe u noch mehr wegen des Briefs nach Berl. mich auf den Mittag entschuldigen, und bat mich ohn Umstände auf den morgenden Mittag zu Gaste, doch mit der Reservation, daß der Bediente mir absagen möchte, wenn HE Stadtrath Wirth, so heißt Scheffners Schwager versagt wäre oder andere Gesellschaft hätte. Kaum war der Bediente fort, so verdroß mich meine treuherzige Uebereilung – Wirths Bedienter hat mir ein Buch verschleudert daß ich dem Scheffner geliehen hatte, und unsere Verbindung hat seit einem Jahr aufgehört. Die Debatten wegen dErsetzung des Buchs hatten lange gewährt u ich hatte mich um nichts als biß zum Ausgange der Sache bekümmert. Es war Des marees I Theil seiner Theodicée, die ich mir aus Berl. verschrieben u kaum durchgelesen hatte. Keiner von uns hatte schuld, sondern der Bediente. Jeder von den Interessenten affectirt ein wenig pünctl. Ordnung; und es war halb Ernst halb Scherz, oder auch eine Neckerey die ich für Hippel angelegt hatte, der immer von Scheffner der grösten Unordnung beschuldigt wird. Ich schrieb unterdeßen mit kalter Hand fort an meinem Briefe, dachte zugl. an meine quid pro quo’s und hatte eben den Entschluß gefaßt, Dienstags in aller Frühe nach dem andern Ende der Stadt zu gehen und mich wegen meiner Einladung zu entschuldigen, als ein Bedienter mit einem Schlitten kam, den er den Pferden nicht überlaßen konnte und mich noch einmal einlud. Die Magd hatte das Gewerbe angenommen und ich hatte nicht selbst mit dem Bedienten reden können. Mit genauer Noth wurde ich mit einem klägl. Briefe an R. fertig, und hatte beynahe selbigen wider entzwey gerißen, wenn ein guter Engel nicht meiner Thorheit Einhalt gethan. Der Mittag war Dienstags recht vergnügt für mich, Wirth u Gast waren so mit einander zufrieden, daß er mich Donnerstags wider bat, und mir zu verstehen gab, daß es noch höher zugehen sollte, weil Hippel, Kant, Criminalräthe Lilienthal und Jenisch, Münzmeister Göschen, den ich Jahrlang nicht gesehen u wo ich sonst alle Donnerstage speiste und lauter Dii maiorum gentium von meiner Bekantschaft da seyn würden, welche ich alle in dem Augenblicke zu sehen wünschte, da ich mich am Dessert übernaschte. Der Fremde aus Curland hieß Urban, wußte von Herder und noch mehr von einem mir bisher unbekannt gebliebnen Landsmann
    Mnioch
mir viel zu erzählen, das mich aufmerksam machte, ohne daß ich eben an dem Erzähler viel Geschmack finden konnte, und wir uns einander gleichgiltig, u vielleicht etwas mehr blieben. Den 22 Mittwochs qvälten die Mädchen ihre Mutter bey Brahl zu gehen, wo sie längst einen Besuch schuldig waren. Wir blieben zu Abend und ich ließ mir wider gelüsten mit meinem gewöhnl. Appetit u wider meine Gewohnheit ein Abendbrodt. UnterDurch einen tiefen Schnee kamen wir endl. zu Hause. Darüber war mir der Küzel vergangen Donnerstags auch zu Gast zu gehen. Desto stärker aß ich einevon einer Qvappe – die ein Punctum machte der drey Tage nach einander genoßenen Lüsternheit. Freytags eilte ich vormittags mit Bauchgrimmen zu Hause, und muste mich gleich niederlegen. Mein äsculapischer Nachbar Miltz wurde zu Hülfe geruffen. Die Lavements wirkten nicht; es war alles mausestille in meinem Unterleibe. Alle Windbeuteleyen, zu denen meine Natur sehr aufgelegt ist, hatten aufgehört und ich qvälte mich den Sonnabend, konnte nicht liegen, nicht aufbleiben, wuste vor Angst nicht – Sonntags hörte diese ein wenig auf, aber keine Oeffnung. Montags dito. Nichts verschlug von oben und unten. Die Lavements blieben sogar. Miltz sitzt neben meinem Bette mit einem Pfeifchen, und ich versuche es ein wenig aufzustehen, wie eben ein Fremder mit einem Gruß von Claudius u Grafen Stollberg mich besucht. Ein D. Stein aus Rheinberg, der die Wolkin nach Rußl. begleitet. Die beyden Namen entführten meine Gedanken daß ich keine übrig behielt den fremden Mann anzusehen. So bald er fort ist, stürz ich ins Bette. Alles bleibt versiegelt. Den 28 des Morgens schickt Gott einen Freund ins Haus mit einem Pack Bücher, die Allg. Deutsche Bibl. vom 68/2 – 70/1 Theil, den goldenen Adler, das Neuste vom Museo, Mercur u dem grauen Ungeheuer. Die Sonnabendsunruhe u Unstätigkeit hatte zwar aufgehört, auch der Schlaf war leidlich und die Nächte. Die Lavements waren verstarkt, aber meine Natur blieb verstockt, bis ich Mittwochs des Morgens einer kleinen Ladung von Steinen, (étrons, Strunt genannt) entledigt wurde. Wer war froher wie ich und mein Miltz, der bald darauf zu mir kam. Nun hieß es: was ich heute eßen würde? Ich antwortete mit aller Bescheidenheit eines widergenesenen Sünders: Nichts, höchstens ein wenig Haberschleim mit einem Semmel. Endlich besann ich mich auf einen halben übergebliebenen holl. Heering. Nein versetzte mein Arzt, sie müßen eßen, nur nicht Fleisch. Alles was sie wollen u haben vom Geköch. Graue Erbsen. Wir wollen die Mutter fragen: Weiße Erbsen. Daran hatte ich gar nicht gedacht, noch dies Leibgericht vermuthet. Recht gut, sagte Miltz. Ach! wenn Du Erbsen hast, so mußt Du auch einen Bratheering schaffen, wenn es der Herr Doctor erlaubt. Warum nicht? Es wurde bis nach der Stadt geschickt – – Der Leckerbißen wurde im Schweiß der Nase verzehrt; aber mir war doch nicht wohl zu Muthe dabey. Ich rauchte eben mein Pfeifchen zum Caffe und wollte auf meine Bücher – als D. Stein wider erschien, deßen Perücke mich aufmerksam machte, ohne daß ich in meiner Untersuchung des Manns und seiner Bildung fortfuhr. Er schien unruhig zu werden, und ich wurde es auch über mich selbst, den ich als die Ursache der seinigen ansahe. Ich habe bisweilen weinerliche Launen, die eben nicht heraklitisch sind. In eine solche hatte ich mich auch vertieft. Das große Werk der Verdauung, in dem ich eben begriffen war, verstimmte mich vollends. Der Mann nahm seinen Abschied, und ich war besorgt, daß er mich für ein
    unglückl. Geschöpf
ansehen würde, das beynahe hysterisch, u nicht blos hypochondrisch wäre. Ueber meinen Büchern vergieng mir auch dieser schwarze Gedanke. Das Lesen hatte mich so angegriffen, daß ich eine schlaflose Nacht hatte. Donnerstag des Morgens beruhigte mich das Beneficium naturae eines gesunden natürlichen Stuhlganges, an dem ich beynahe verzweifelt hatte. Miltz hatte keine weitere Mühe, als sich abermahl um meinen Küchenzedel zu bekümmern, der auch nach meinem Geschmack ausfiel, bat mein ganzes Haus auf Gestern zu Gaste seinen, seiner Tochter und meiner Lehne Käthe Geburtstag bey ihm zu feyern. Die Nacht war wider schlecht, aber das Pack mit Büchern sollte den Morgen drauf abgeliefert werden, und der November endigte sich mit einer Antwort von Reichardt, die mich auf der Stelle gesund machte, daß ich mich auf der Stelle entschloß den Morgen drauf auszugehen, den monathl. Abschluß selbst zu machen. Reichardts Charta magna lautet von Wort zu Wort wie folget. Berl. den 25 Nov. Nur wenige Minuten vor dem Abgange der heutigen pr. Post erhalt ich Ihren lieben Brief und obendrein nur 12 Stunden vor meiner Abreise; denn morgen früh wollt ich fort. Ich werde aber morgen noch hier bleiben, werde was sie mir geschrieben in die rechten Hände liefern u Ihnen mit der nächsten reitenden Post gute Nachricht darüber ertheilen. Ich habe alle Ursache zu hoffen daß sich ihre Beschwerden jetzt werden heben laßen. Die Männer so in dem Fach nun wirken u regieren sind meine Freunde Adieu so lange, lieber bester Mann niemanden auch davon nicht von diesem Briefe, ich habe heute keinen Augenblick finden können ihm zu schreiben. Ihnen wollt ich dieses nur sagen damit sie nicht 3 Tage länger in der Ungewißheit bleiben – Ihr Reichardt. Abermal kein Schlaf. Mit dem ersten Dec. vorgestern gieng auf mein Telonium, eilte nach der Stadt voller Plane u Sorgen den beyden Mädchen eine Kleinigkeit einzukaufen; fand wider Vermuthen und gantz zufällig was ich weder gesucht noch erwartet hatte, besuchte meinen kranken Freund Hennings, hoffte bey Me Courtan den D. Stein zu finden um den Verdacht auszulöschen. Er war schon abgereist mit einem noch größeren, an den ich nicht gedacht hatte. Erfuhr zu meinem Leidwesen, daß ihr ältester Sohn ein schiefes Maul sich zugezogen, wie ich vor einem Jahre, geh voller Grillen und Gedanken zu Deinem Nahmensvetter, liebster Jonathan, wo ich holl. Heeringe finde nebst einer Privat Schüßel für mich allein die aus Sauerkraut bestand, wozu ich ein paar Gläser Bier trank. Wie ich aus dem Hause gehen will, komt mir Crispus entgegen, der mir die bittersten Vorwürfe macht, daß er mit dem Idiognosten Davids den Abend vorher eine halbe Stunde vor meiner Thür geklopft, gehustet, geruffen und wer weiß mehr gethan hat, ohne Gehör gefunden zu haben. Ich ihm aufs Dach, daß er nicht einmal die rechte Schelle zum Eingang bey mir wüste, und laufe spornstreichs zu unserm jungen Pr. Haße. Dieser liebe Mann hatte mich den 14 pr. den Tag nach seiner Ankunft besucht. Er ist aus Weimar gebürtig, ein Vorleser und Zügling unsers Herders. Die Nachricht, daß er sich gantz an die
    Ausländer
unserer Akademie,
    Mangelsdorf
, Holtzhauer u Hofr. Metzger anschloß, hatte mich ein wenig bedenklich gemacht, nebst seinem jugendl. Feuer mich mit ihm einzulaßen. Ich war ihm also den ersten GegenBesuch schuldig geblieben. Crispus hatte mir viel Gutes gesagt, mein Sohn u seine Freunde waren von seinen Vorlesungen die er mit großem Eifer u Fleiß angefangen hatte eingenommen. Die Krankheit war dazwischen gekommen. Ich eilte also diesen Besuch den 1 d. im Fluge abzumachen. Er zwang mich zum Caffé, erwartete in einer Stunde den Kraus um in die Synagoge zu gehen, und die Gewalt, die er mir anthat, gefiel mir recht sehr. Seine Bücher waren eben ins Licent angekommen u ich konnte diese Besorgung auch für ihn übernehmen. Kraus kam endl. hatte Acten von Jacobi mitgenommen in Handlungssachen und wenig Lust in die Synagoge zu gehen. Ich nahm also Haße also bey mir zu Hause, wir aßen Butterbrodt und hatten einen sehr vertraul. vergnügten Abend. Ich kannte nur seine Idiognomik Davids – Er hat
    Aussichten zu künftigen Aufklärungen
über das A. T. in Briefen geschrieben, das
    Buch der Weisheit
u 2
    Buch der Makkabäer
übersetzt und eine
    hebr
.
    Grammatik
herausgegeben, davon die erste Hälfte nur herausgekommen und die sich überhaupt auf die übrigen morgenl. Sprachen erstrecken wird auch eine lateinsche Rhetoric die Kraus der Schellerschen vorzieht. Also ein Hofnungsvoller, thätiger, und dabey bescheidner Mann. Gestern früh gieng ich selbst zu unserm Fischer, und wurde zur Freude des 3 fachen Geburtstages mit dem Empfang Deines zu zärtlichen Briefes eingeweyht. Hill lief auf die Post, und kam leer zurück. Ich eilte früh zu Hause und wollte mich gleich niederlegen mich wegen der vorigen schlaflosen Nächte zu erholen. Da fand ich einen Brief aus Berlin der den festl. Tag krönte, ohne die darauf folgende Nacht zu verderben. Diesen Morgen stand mit neuen Kräften, das Neue Kirchenjahr froh zu begehen. Mein erster Gang war zu Hippel, der sich herzlich freute, daß sein Rath so gut gelungen war, von da an das Ende der Stadt zu Reichardts Schwager Dorow, wo ich herzlich vergnügt war, sprach bey Hasse an ihn bey Hippel zu bestellen, dem ich ihn als den ersten
    Herderianer
empfohlen hatte, den ich ausstehen könnte und vielleicht lieben würde, horte das Ende einer Predigt und das öffentl. Kirchengebet mit an, besuchte die arme geplagte Courtan und ihren kranken Sohn, hielte einen sehr lustigen Mittag bey Deinem Namensvetter und meinem Banquier Jacobi, wo wir Deine Gesundheit in einem Glase Rheinwein trunken und namen Abrede
    Dienstags
es noch feyerlicher zu thun. Hill begleitete mich nach Hause; ich gab die Einl. an meinen Nachbar den Dir Stockmar ab, die ich bey Dorow zugesiegelt hatte. Jacobi war mir bey dem Dir. zuvorgekommen, und ich bekam ihn also nicht einmal zu sehen, welches mir sehr lieb war. CopiaBerl. den 26 Nov. Ich habe nicht umsonst gehofft, mein lieber Herzensfreund daß ihre Sache jetzt beßer zu treiben seyn würde. ich komme eben recht froh vom G. Finantzr. von Köpcken der itzt das Pr. Departement hat. Er kannte sie schon als meinen u Asmus Freund (wie er sich selbst ausdrückte) Ihre dortige Lage schien ihm aber nicht bekannt zu seyn. ich hatte mir zur Vorsicht alles was in ihrem Briefe ihre Stelle u Lage betraf aufgeschrieben u gab ihm das. Das historische von der ersten Einrichtung ihrer getheilten Stelle war ihm neu u intereßant; ich muste ihm den Bogen da laßen um das alles näher erwägen und zu seiner Zeit benutzen zu können. Ueber den gewünschten Urlaub sollt ich Ihnen nur sagen, daß da der Minister Werder itzt ad interim das Departement hätte u auch wohl in der Folge behalten würde, so sollten sie deshalb nur bey dem Eeinkommen, zugl. aber auch ihm dem GF.r. von Köpcken davon schreiben, in so weit es auf ihn ankäme (und das ist denn wohl alles) hätten sie zum voraus die bereitwilligste Einwilligung. Damit aber ihr Gesuch von keiner Seite Hindernis fände, so möchten sie doch im voraus mit dem Dir. Stockmar es besprechen, wie ihr Amt während ihrer Abwesenheit am besten verwaltet werden könnte, nicht als wollte er auch nur daran denken, daß die Verwaltung auf irgend eine Weise zu ihrer Last u Nachtheil während der Zeit besorgt werden sollte. Es würde dies aber doch natürl. des Ministers erster Gedanke seyn und dann wäre es gut, wenn sie mit dem Dir. Stockmar, den er als einen braven Mann zu kennen glaubt, darüber schon Abrede genommen hätten. Für den Winter meynte er würden sie eine solche Reise doch wohl nicht unternehmen u auch ich, lieber Mann glaube, daß sie es im Winter nicht thun müsten. Es ist gar zu beschwerlich für einen der das Reisen nicht gewohnt ist u es nicht studiert hat. Sollten sie indes ernstlich darauf bestehen, so schreiben sie an Köpken, lieber, einen Posttag früher als am Werder darum; oder legen auch allenfalls den Brief an den Minister bey ihm ein. ich glaube daß sie sich mit
    Vertrauen
an den GFr. von Köpken wenden können. Am besten dünkt mich würde es seyn, wenn sie sich itzt nur des Urlaubs fürs nächste Frühjahr versicherten u denn im May über Berl. kämen und wir denn hier gemeinschaftl. die Verbeßerung ihrer Lage betrieben. Sonst bliebe dies bis zu ihrer Rückkunft. Mir fällt auch eben ein daß ich den Dir. Stockmar in Kgsb. u auch hier gut gekannt habe, ich will ihnen auf allen Fall, daß sie selbst nicht gern mit ihm davon anfiengen einen Brief für ihn beylegen: es sey ihrem Urtheil gantz überlaßen ob sie es zweckmäßig finden ihm den Brief zu geben. Sie versiegeln ihn denn wohl vorher. ich reise nun nach London mit einem kleinen Umwege, denn ich fahre zuerst 11 Meilen ihrer Gegend zu. Der Markgraf v Schwed hat mich eingeladen. Von London gehe ich nach Paris, vielleicht aber auch noch umgekehrt. In Düßeldorf soll das erst nach engl. u franz. Briefen die ich dort finden werde, entschieden werden. Im May hoffe ich sie auf alle Fälle hier zu sehen, mein Lieber: seys auf dem Hin- oder Rückreisewege, denn steigen sie mit ihrem lieben Sohne bey mir auf dem Dehnhofschen Platze in Geh.R. Panslebens Hause ab. Sie thun für alle ihre Freunde wohl wenn sie mit ihrem lieben Sohne allein reisen: wenigstens wünschte ich keinen unserer braven Landsleute der in den Kreisen nicht störend werden könnte. Wir umarmen sie u alle ihre lieben aufs herzlichste.   Ihr R. N. S. Wollen sie mir die Freude machen mir bald über sich u ihre Lage etwas weiteres zu schreiben so schicken sie den Brief nur gerade hieher: mein liebes Weib besorgt ihn mir nach. Bis gegen Ende Ende Xbr. trift mich auch ein Brief von Ihnen in Düßeldorf. Adieu mein lieber Herzensfreund. Gott erhalte sie u die lieben Ihrigen gesund. Bey mir gedeyt alles gar herrlich.
    Einl. an Dir. Stockmar
. B. den 26 Erlauben Ew. W. Ihnen meinen Namen ins Gedächtnis zu bringen u zugl um die Gewogenheit zu bitten meinem theuern Freunde H. in der dortigen Anordnung zu seiner vorhabenden Reise behülflich zu seyn. Der HE GF. R. von Köpken hat mir heute die Versicherung gegeben, daß HE. H. anjetzt von hier aus den gewünschten Urlaub erhalten würde u er sich deshalb nun dort mit Ew. W. den derselbe als einen sehr braven rechtschaffenen Mann kennen wegen der Verwaltung seines Amts durch einen andern dort in Dienst stehenden Kgl. Bedienten während seiner Abwesenheit vorher zu besprechen habe, damit der Kgl. Dienst eben so wenig als auch H. selbst durch die Reise etwas verlöre. Ich habe diese Gelegenheit solches Ew. W. selbst zu schreiben desto lieber ergriffen p den 4 – – Ich habe mich gestern so müde gelaufen und geschrieben, daß ich zwar beßer wie alle vorige Nächte geschlafen; aber ich habe auf die fröhlige Tage einen sehr trübseel. heute gehabt. Heute begegnete mir ein Secretaire der Direction um mir das Empfehlungsschreiben von R. in meiner Sache mitzutheilen und aufzutragen, daß ich schriftlich bey der Direction einkommen sollte. Ich sprach auch den Dir. selbst – ich bin aber auf einmal ich weiß nicht wodurch so niedergeschlagen, daß ich mich erst besinnen muß, was ich eigentlich thun soll. Mein treuer Landsmann R. wird wol eher nach Düßeld. kommen als ich im stande seyn werde an ihn zu schreiben und ihm zu danken. Du wirst es also in meinem Namen thun. Auch Hippel ist dafür, daß ich im Winter gehe, und mein Weg ist Berl. vorbey gerade nach Münster. Ich hatte den 1 d. einen glückl. Anfang gemacht die Mendelss. Recensionen zum
    zweiten
mal zu lesen, wie ich eben das ganze Pack abgeben mußte. Du hast allerdings Ursache, Herzenslieber Jonathan empfindlich zu seyn, aber noch mehr dieselbe mit Verachtung zu unterdrücken. Wahrscheinlich ist es mir auch, daß Eberhard Verfaßer ist. Auf dem halben Wege bin ich mit dem Merkur fortgekommen; aber zuletzt wurden wir geschiedene Leute. Im Sept. u Octobr. ist keine Fortsetzung dieser lesbaren Briefe, wornach ich sehr begierig bin. Unser Meßgut ist alles in Travemünde eingefroren; wir werden hier also theure Zeit haben. Kant hat sich Meiners Psychol. wegen der Vorrede verschrieben, auch vielleicht Abel. Ich fieng Dein Spinozabüchl. an zu lesen, bin aber nicht weit darinn gekommen, habe mich lange über die Vergleichung des Tiefsinns mit dem radio u des Scharfsinns mit der Senne eines Circuls aufgehalten, ohne damit fertig geworden zu seyn. Meine Seele hat keine Ruhe noch Stätigkeit. Wenn mich nicht ein Engel beim Schopf entführt – – All das Feuer, von dem ich 3 Tage geglüht, ist wider erloschen. Alle Materie hat sich in eine Handvoll Asche verwandelt und der ganze Bau wieder Nichts. Ich kann aus der Welt so wenig klug werden, als sie aus mir. Wir wißen beyde nicht was wir von einander haben wollen. Nun schien mir das Eis gebrochen, alles im besten Gange zu seyn, und ich war im Begriff zuzufahren. Auf Einmal befind ich mich noch auf eben dem Fleck, wo ich seit 2 Jahren gewesen bin. Ruhe ist mir nach meinem Sinn; und Arbeit noch weniger. Que sais-je? que veux-je? – Den Augenblick komt Nicolovius mit
    Tellers sehr ernsthaften Beherzigungen
für den alten de Marées und eines ungenannten
    wohlmeynenden Gedanken
zu mehrerer Berichtigung der Wächterbriefe, welches ein entsetzl. Mischmasch zu seyn scheint, wo Deine Fehde, Kant und der Himmel weiß was nicht alles aufgerührt und zusammengebacken ist, daß mir beynahe graut das Ding zu lesen. – Es ist der unsinnigste und unwißendste Schwärmer! Ich bin gantz aus meinem Concept heraus, und muß schließen. Ohngeachtet Deiner blinden Nachsicht für meine Briefe getraue ich mir nicht diesen abgehen zu laßen, will lieber einen Posttag versäumen. den 5 – Es gieng mir gestern wie den 4 Oct. ich muste mich niederlegen wegen gewaltiger Stiche nach dem Herzen. Dennoch habe ich Gottlob! eine gute sanfte ruhige Nacht gehabt vor allen vorigen. Ich weiß nicht ob Verkältung oder Blähungen vielleicht beydes in gl. Maaß daran schuld sind. den 7. Heute ist es ein Jahr, daß ich mit einem schiefen Maule zu Hause kam. Referendarius Courtan wird kaum so gut davon kommen. Ich habe die 3 ersten Tage dieses Monats herrlich und in Freuden gelebt. Die 3 darauf folgenden sind desto finsterer und schwärzer für mich gewesen. Das starke Thauwetter hat auch vielleicht auf mich gewirkt; wie das heutige Morgenroth. Vorgestern speiste bey Deinem Namensvetter, Herzenslieber Fritz Jonathan, mit einem Kaufmann aus Gießen, der bey Deinem Herrn Vater gedient. Gestern nach einer langen Periode zum ersten mal wider bey Hippel, ich taugte aber zu nichts als zur Consumtion, zu keiner Conversation. An meine Sache kann ich gar nicht denken; bis der Zauber, der mich stätig macht, aufhören wird. Ich kann die unsichtbare Bande, die mich unthätig machen, nicht entzwey reißen, und muß mich einem höheren Schicksal überlaßen, das allein meiner mächtig ist. Auch Deine 3 Briefe bleiben daher unbeantwortet. Desto mehr bin ich begeistert vom Glück unserer Akademie, einen Haße hier zu haben; und von dem Vortheil, den mein Joh. Mich. und seine Freunde an einem solchen Lehrer haben werden. Auch Herder verdient meinen herzl. Dank an der Bildung eines solchen vortrefl. Mannes beygetragen zu haben. Beynahe bin ich auch mit Zedlitz ausgesöhnt und Biester. Sein Schulbuch de caussis stili latini ist beßer als was Kraus mir schon davon zum voraus gesagt. Ich fieng es vorgestern vor langer Weile an und hab es nicht eher weglegen können, bis esich es zu Ende hatte. Deinem Georg möcht ich es auch empfehlen, diesen Morgen wurde ich mit seinen
    Untersuchungen über das Buch der Weisheit
fertig. Bey der Uebersetzung wurde mir die Zeit lang und zu den Noten hatte ich auch nicht Gedult. Die Kleukersche scheint mir in einigen Stellen glücklicher und leichter gerathen zu seyn. Weil Du das Original liebst; mußt Du beyde haben. Mit desto mehr Eckel habe ich Anfang und Ende des deutschen
    Agamemnons
angesehn, von dem mir der Uebersetzer auch ein Andenken vorgestern einhändigen ließ. Er hatte Umgang in meinem Hause, und übte meinen Michael u seinen Raphael im Griechischen. Er war ein ungemein fleißiger und zugl. fähiger Kopf, aber so brausend und windig, daß man Mühe hatte ihn auszustehen. Er gieng nach Berl. bekam da ich weiß nicht wie eine Hofmeisterstelle, flog nach Holland und soll jetzt in Braunschweig seyn. Ich bin diesen Nachmittag zu Hause geblieben um diesen Brief nur zu Ende zu bringen. Auf meiner Amtsstube habe den Oct. der allg. Litt.-Zeitung durchgelaufen, wo Kant und Tittel zusammen recensirt werden. Der Beschluß fehlt noch. Kants guter Wille ist wohl kein anderer als der Göttliche, wie seine reine Vernunft der wahre Λογος. Ich habe seine Moral nur Einmal gelesen, und seine Metaph. der Natur noch gar nicht, ohngeachtet ich beyde von ihm selbst zum Geschenk erhalten. Was sein erster Apostel Hofprediger Schultz, nachheriger Gegner macht weiß ich nicht. Jenisch war der Canal durch den ich sonst alles erfuhr. Jedermann zerbricht sich hier den Kopf über die neue Brandschatzung, welche in der Mache seyn soll um die Freyheit des Tabacks, Caffé p wider einzulösen. Man redt von 6 d p rth für alle liegende Gründe nach der Schätzung im Feuer Cadastre; und vom Gehalt à 12 zu 6 prth per annum. Man kann sich kein rasender Verhältnis vorstellen. Der Bauer 2 rth. Sollte dies wahr seyn, wie wohl es unglaublich u unmögl ist: so hätte Salomon seinen Nachfolger – in optima forma. Doch bey allem Mistrauen hab ich noch immer ein Gegengewicht des Vertrauens. Es ist noch ein hoher Hüter über den hohen, und sind noch höher über die beyde. Ich kann nicht an mich selbst denken ohne Grauen und Schaudern. Reichardt hat das Seinige gethan als ein Herkules, der Bauer sollte nun auch die Hand ausstrecken – Aber ich
    kann
nicht eher, bis ich
    können
    werde
und vltra
    posse
nemo obligatur.
Mit dem Geschwür zu reisen, wär mir eben so unangenehm, als es unreif und unvorsichtig zu eröfnen. Ich muß nichts oder alles sagen. Also lieber Fritz Jonathan! hab mit mir Gedult, und dank in meinem Namen aufs zärtlichste u freundschaftl. meinem lieben Landsmann, an den ich wohl nicht eher werde schreiben bis es überstanden ist; und er sich mit mir über meine glückliche Entbindung erfreuen kann. Meine Reise muß doch wohl ein gut Werk seyn, weil es mir so schwer gemacht wird, und desto mehr Genuß wenn alle diese Schwierigkeiten überwunden seyn werden. Selbst meine Papiere habe ich nicht seit meiner vorigen Krankheit ansehn können, nicht einen Augenblick Zeit noch einen Funken Lust dazu gehabt. Meine Autorschaft steht mit meiner äußerl. Lage in so genauer Verbindung, daß jede ein Theil des Ganzen ist. Ich habe Dir es schon mehr wie einmal gesagt; aber ich bin noch nicht so weit gekommen, Dich davon überführen zu können. Die Bruchstücke sind dazu nicht hinlängl. die ich zu Papier gebracht – und ich wurde durch einen Strohm reißender Nebenumstände aus meiner Bahn verrückt. Ich habe eben so viel Sehnsucht, wie Du, mündl. zu philosophiren. Das Auge sieht mehr als der M das Ohr hören und die Feder plappern kann. Ich mag darüber nicht weiter schreiben, um mich nicht in Windbeuteleyen zu verlieren. Von meiner Seite ist es mehr als ein
    Bedürfnis
und eine
    Nothdurft
des Lebens meinen Alcibiades, Sseine u meine Freunde zu sehen und zu sprechen. Von jener Seite ein Luxus, an dem ich eben so viel Geschmack finde, wenn ich deßen theilhaftig werden kann. Meld mir doch bald gute Nachrichten aus Wandsbeck und seiner Rebecca. Gott gebe daß ich das alte Jahr ruhig beschließen kann; wie mein alberner verlorner Brief wider alles Vermuthen an den Salomon du Nord fertig wurde und den 1 Jänner 83 abgieng. An den Geh Finantzrath werd ich wenigstens schreiben müßen; kann mich aber dieser dispensiren an den Minister u ins Cabinet zu gehen, desto beßer. Ohne Plerophorie schreibe ich gar nicht., oder bitte lieber erst wen mir ein Petitum aufzusetzen. Was für traurige Nachwehen, wenn man in seiner Jugend kein Collegium stili gehört hat und quodcunque de quolibet ac quomodo schwartz auf weis elaboriren kann. Mein Michael soll absolut den Hasse über sein güldnes Buch de Caussis Stili lesen hören – Noch eine halbe Seite, die ich mit einer Grille vollmachen will, die ich schon längst im Kopfe gehabt und worinn Du oder Wzm. oder Schenk mir behülflich seyn kann. Du weist vermuthl. daß ich den ganzen Septbr. dieses Jahrs mir mit dem kleinen Thomas a Kempis eine Freude machte. Ich fand in Meusel durch einen einfältigen Irrthum einen Abdruck der Ausgabe des bekannten Fabeldichters Desbillons angeführt, die zu Mannheim ausgekommen. In meiner kleinen Castalio-Widdringtonschen Ausgabe habe ich das XXVI. Cap. des I Buchs angeführt, in edit. Nic. Lenglet Dufrenoy 1731. Dieses Kapitel hoffe ich gewiß in der neusten Ausgabe zu finden. Auf allen offentl. Bibl. war die Nachfrage umsonst. Im Buchladen erhielt die Antwort daß die Desbillonsche Ausgabe sehr prächtig u niemals hergekommen wäre. Den 17 Sept. eben da der König seinen Einzug gehalten, meldt mir ein Freund im Elbingschen Catalog den Manheimschen Nachdruck für 1 rth gefunden zu haben. Ich hole gleich einen her, und gab die Commission um mir recht was zu Gute zu thun. Erhalte das Buch ohne kaum bisher darinn geblättert zu haben, weil die Hauptsache für mich das übercomplette XXVI. Kap. des II Buchs fehlte. In den dortigen Gegenden kann des Lenglets Ausgabe keine Seltenheit seyn; ich wünschte so gern eine Abschrift dieses Kap. bey Gelegenheit zu haben. Kannst Du aus Münster oder durch irgend eine andere Art mir dazu behülflich seyn. Vielleicht hat es Zeit, bis ich selbst hinkomme, die Abschrift zu machen. Mein N. T. u der kleine Hämmerlein und Herders
    Horatz
, damit ich ihn nicht gantz ausschwitze, sind die einzigen Bücher, die ich Lust habe zum viatico mitzuführen. Nun Gott gebe, daß ich nächstens das Final schreiben kann, oder grade nach Münster. Doch dahin gehört eigentl. das Decisum. Michael studiert den Krebel. Doch aus einem Buch lernt man nichts, am wenigstens – leben, weben und seyn, was man seyn soll. Mir gehts beym Reisen, wenn ich dran denke, wie es in einem alten Liede heißt: Beydes Lachen und auch Zittern. Säß ich nur auf dem Postwagen – Aber erst soll ich
    schreiben
– Reden wird mir sauer; geschweige schreiben. Bona verba, quaeso! Verzeyh lieber Fritz-Jonathan, wenn Dir das Lesen so sauer wird, als mir das
    Schreiben zur Sache
, wozu nichts von dem gehört was ich in einem ganzen Bogen geschmiert. Wenn Deine freundschaftl. Nachsicht ausreißen wird; so wird es auch zum Durchbruch kommen mit Deinem kleinen alten Görgel. Gott wird helfen. Amen!
Kgsb. den 8 86. HöchstzuEhrender Herr Doctor, Herzlich geliebtester Freund, Endlich bin ich auch einmal mit Nachrichten von Ihnen erfreut worden; habe aber Ihr Schreiben vom 7 8br erst den 20 Novbr erhalten, und den Tag drauf HE Urban als Ueberbringer deßelben bey HE Stadtrath Wirth kennen gelernt; und vorigen 1 Advent im Vorbeygehen sehr zufällig ihm eine gute Heimreise nach Curl. wünschen können. Krankheit und Sorgen haben mich abgehalten eher zu antworten. Ich reise seit 2 Jahren und komme nicht vom Fleck. Unser liebe Landsmann, HE Kapellmeister Reichardt, hat noch alles was mögl. gethan, da er eben auf dem Sprunge war seine große Reise nach Engl u Frankr. anzutreten, mir das Eis zu brechen und Bahn zu machen. Es fehlt mir aber an Geist und Kraft und Muth, die Hand selbst anzulegen – Ich zittere und zage, wie ein wankend Rohr, das vom Winde hin und her bewegt wird. Bin weder meiner Gedanken noch meiner Worte mächtig. Mein Herkules ist über alle Berge, und ich lege wie der trägste und feigste Bauer meine Hände in den Schooß, um durch neue Wunder, und wie jener Prophet beym Haarschopf entführt zu werden. Hartknoch hat sich schon ein paarmal nach Ihrem Aufenthalt erkundigt; ich habe ihn wenigstens zufrieden gestellt. Es betrifft eine Caution wegen einer Bücherschuld. Vielleicht ist die Sache schon von Ihnen selbst ins reine gebracht; wenigstens hoffe ich, daß er wegen seiner Bürgschaft in Ruhe seyn wird. Ihr Stillschweigen hat nicht nur mich sondern auch alle Ihre hiesige Freunde beunruhigt. Gottlob! daß Sie gesund sind und Ihre Gesinnungen unsern Wünschen gemäß. Den Morgen drauf nach Empfang Ihres gütigen Schreibens gieng zu HE Assessor Hoppe um wegen der Einlage Abrede zu nehmen; er hatte aber wider all mein Vermuthen noch mit derselben Post geschrieben und der Bediente hatte diesen wichtigen Auftrag vergeßen zu bestellen. Wenige Tage drauf überfiel mich eine Verstopfung mit großen Schmerzen – und in der Unruhe meines Gemüths ist es mir nicht mögl. gewesen, ehe an etwas zu denken. Ihre Grüße an unsern Geh. Rath H. und das Toussaintsche Haus sind bestellt mit aller Sorgfalt und Genauigkeit. Ich habe vorgestern zum erstenmal wider bey ihm Mittag halten können er und Scheffner, der die Weynachts Strützel wenigstens nicht versäumt, freuen sich auf Ihre glückl. Ankunft. Es thut mir eben so leid um den verlornen Sohn wie um den armen Vater. Die andere Familienunruhe soll glückl. beygelegt seyn, aber eine zweite Tochter wurde bereits tod gesagt; vielleicht hat sie sich auch erholt, und auch der Sohn klüger, wenn es der Vater werden will. Gott helf uns allen! Ich kann Ihm wenigstens nicht gnug danken, noch so gut erlöset worden zu seyn. Meine Angst war damals groß gnug, und meine Freude auch über den Ausgang und den eigenwilligen Entschluß des Vaters, der durch die feurigen Kosten meiner Freundschaft in Harnisch gejagt worden war, und meinen redlichen Eifer verkannte, anstatt auf sich als den schuldigen böse zu seyn, es über den unrechten war Ich habe diesen Sommer die Kämpfsche Visceral-Lavements gebraucht, war in der grösten Verlegenheit mir die goldene Ader zugezogen zu haben, und entschloß mich daher die Extracte eine zeitlang zu trinken. Nachdem ich endl. überführt wurde, daß die Schmerzen und blutige Merkmale eine Verletzung zur Ursache gehabt hatten, entschloß ich mich wieder zur Sprütze und lernte damit so gut umgehen, daß ich bis 112 kam. Sie gedeyten mir so gut, daß ich anfieng dick und fett dabey zu werden. Zu Anfange des Octobers bekam ich ein Flußfieber, und begieng wie einst die Dummheit mit dem Aderlaßen, welche mir die Gicht zuzog, eine ähnliche mit einer Abführung, die bald noch gefährlichere Folgen hätte nach sich ziehen können. Mein Nachbarlicher Freund HE Regimentsfeldscherer Miltz war mein Artzt und versicherte mich, meine Natur bey der Gelegenheit noch unversehrt gefunden zu haben. Ich quäle mich jetzt mit einem unwiderstehlichen Appetit zum Eßen, und einer gänzl. Unfähigkeit meine Seelenkräfte zu gebrauchen. Bey der wenigen Bewegung, bey der traurigen einförmigen Lage in der ich lebe und zwey Jahr nach Bewegung und Veränderung der Gegenstände und Ideen schmachte, bey den heftigen Leidenschaften und der Sehnsucht nach einem Urlaube um meinen unbekannten Wohlthäter und meine Freunde zu sehen, besorge ich immer, daß die Länge die Last tragen und ich dem unglückl. Schicksal meines Bruders unter liegen werde. Ich diene nunmehr 20 Jahr unter der welschen Regie, die Hälfte als Uebersetzer, die andere als unnützer Packhofverwalter. Weder Aus- noch Einsichten erwecken mich beßere Zeiten zu hoffen; von denen es auch wohl heißen möchte: Morgenroth fällt in Koth. Unsere Akademie hat einen sehr liebenswürdigen gelehrten Mann an Prof.
    Haße
aus Jena erhalten, den Sie vielleicht auch kennen werden. Wir erwarten noch einen Pr.
    Walde
aus Leipzig, den ich aus dem einen Buche das ich von ihm gelesen nicht zu beurtheilen imstande bin. Von Halle kommt ein Pr.
    König
von dem ich nichts weiß und auch keinen Anlaß zu haben glaube, daß ich mich um ihn bekümmern sollte. Was Sie mir liebster Freund von meinem alten lieben Herder schreiben hat mich eben so entzückt als was Haße, der aus Weimar gebürtig ist, mir von ihm erzählt. Gott gebe daß wir uns in diesem bevorstehenden Jahre auch von Angesicht zu Angesicht widersehen mögen. Ich hoffe daß dieser Anblick auch zur Genesung meiner Seele vieles beytragen wird. Mein Weg ist von hier gerade nach Münster in Westphalen, und meine Rückreise geht über Düßeldorf Wandsbeck, Weimar und Deßau. Doch ich reise schon und habe noch keinen Urlaub; der bey der bevorstehenden Reform auch mißlich, da ich bisher nichts zu versäumen gehabt, und gantz unnütz leben müssen, weil mein Packhofverwalter = 0 war. Hill ist nun seit einem Jahr Hofmeister bey meinem Freund Jacobi. Meine Lisette Reinette kam den 27 d. voriges Jahr in Pension bey unserer würdigen Beaumont der Baroneße von Bondeli, welche sie in einem Jahr entläßt in der Hoffnung daß sie im Stande seyn soll ihre beyde jüngern Schwestern zu erziehen, die Gottlob! wachsen und gesund sind. Mein Johann Michael und Reisegefährte hört die Osteologie, das Syrische u Arabische, und treibt sich wacker in den Griechen herum. Melden Sie mir doch, liebster Herr Doctor, Ihre Ankunft in Berlin, damit wir uns wenigstens unterwegs nicht verfehlen. Seit dem Gebrauch der Dulcamara weiß ich weder von Gicht noch Flechte. Desto mehr Kopfbrechen macht uns hier die neue Kopfsteuer, welche uns von den bisherigen Pachten u Monopolen befreyen soll Gott schenke uns ein fröliches, vergnügtes und zufriednes Widersehen – und laß Seinen heil. guten Willen an und durch uns vollführt werden. Me Courtan braucht auch die Kämpfsche Cur getrost fort, kann aber die Lavements mit genauer Noth und höchst selten bey sich behalten. Wißen Sie einen guten Rath dafür; so theilen Sie ihn mit. Hans bittet sich ein Exempl. von Ihrer Disp. aus de vasis lymphaticis. In Berlin grüßen Sie wenn Sie dazu Muße haben einen liebenswürdigen jungen Maler
    Senewald
, bey des Pr. Henrichs Palais bey der Wittwe Qveerfeld wohnhaft. Er hat sich eine zeitlang in Preußen aufgehalten, und bereden Sie ihn uns wider zu besuchen. Diesen Brief werde bey HE Assessor Hoppe ablegen, der nächstens Antwort auf sein Schreiben erwartet. Leben Sie recht wohl unter 1000 Grüßen u Küßen von allen unsern gemeinschaftl. Freunden, Bekannten, besonders meinem sämtl. Gesindel und Ihrem   alten innigst ergebenen Freunde u Landsmann Johann Georg Hamann. mit einem Kopf der kaum halb seiner war – in voller Eil geschrieben. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
Des / HErrn D. Lindners / Wolgeboren /
    ggw
/ zu /
    Halle
.
Kgsberg den 16 Xbr. 86 um 4 Uhr Nachmittags. Lieber Gevatter und Freund, Diesen Augenblick erhalte ich die gute Nachricht, auf die ich lange gewartet, aber nicht von Euch selbst zu erhalten gehofft. Jacobi hat mich mit Furcht und Besorgnis auf diese Freude vorbereitet. Nun Gott stärke Eure liebe Rebecca nach wohl verrichteter Arbeit, und gebe Seegen zur Erziehung des glücklich angekommenen Erben. Die zu lebhafte Bewegung und Fröhlichkeit macht mich besorgt; weil ich alter Mann durch dergl. Aufwallungen bald erschöpft werde, und dafür büßen muß. Ich hatte eben die Nachricht von unserm Freunde aus P. erhalten als ein paar Tage drauf den 27 pr ein gewißer D. Stein aus Rheinberg mich besuchte mit einem Gruß von Euch und dem Grafen Stollberg, da ich eben mit meinen Gedanken oft in Eurem Wandsbeck herumirrte. Ich war eben bettlägerich an einer Verstopfung, und einen Augenblick aufgestanden, der durch den dazwischenkommenden Besuch so lang währte, daß ich bald drüber ohnmächtig geworden war. Zwey Tage drauf besuchte er mich wieder und nahm Abschied. Er ist in Me Wolke aus Deßau Gesellschaft angekommen. Ich gieng wider alles Vermuthen den 1. dieses aus und hoffte den Mann noch zu sehen, dem ich einen offenen Brief an Hartknoch mitgeben wollte. Er war aber bereits abgereiset – Ich wollte die widrigen Eindrücke, die ich besorgte durch meine Unpäßlichkeit auf ihn gemacht zu haben, ihm wo mögl. benehmen und erfuhr, daß es ihm bey andern noch ärger gegangen war In meinem Hause ist Gottlob! alles wohl. Ich kann leider! nichts als eßen, und alle meine Lebensgeister scheinen in meinem Unterleib concentrirt zu seyn. Hypochondrie und Witterung machen mich zu allem unthätig. Morgen ist es ein rundes Jahr, das ich anfieng an meiner letzten Schrift zu arbeiten. Gestern hatte ich nach langer Zeit wider einmal so viel Hertz sie anzusehen. Nach Berlin bin ich nicht im stande zu schreiben, wenn es mir auch alles kosten sollte. Der ehrl. Reichardt hat alles dort für mich gethan, was in seinen Kräften gewesen. Ich komme aber nicht von der Stelle Heut vor 8 Tagen war ich halb außer mir über der Nachricht, daß unser Herder nach Berlin einen Ruff erhalten hätte. Ich wollte den Tag drauf gl. an ihn schreiben, das ich so lange Zeit her ihm schuldig bin. J. ist der einzige gewesen, den ich mit meinen Briefen heimgesucht. Er wird des Dings auch überdrüßig seyn, wie ich meines todten unfruchtbaren Zustandes. Kant ist Mitgl. der Akademie in Berl. geworden – Daß Herder was beßeres würde, mich mit B. auszusöhnen! Ich wünschte ihn noch in W. zu sehen. Laß immerhin, lieber Claudius, alle Menschen Lügner seyn, wenn der nur treu ist, von dem unser Schicksal abhängt, und auf Seine Treue beruht meine einzige Hoffnung Euch, meine würdige Frau Gevatterin Rebecca und Euren ganzen Familien Namen zu sehen, den ich Gottes Pflege und Obhut tägl. empfehle, wie mich selbst und die meinigen. Lisette Reinette hat noch ein Jahr übrig bis auf den Termin ihrer Pension, wo ich sie so zurück zu erhalten hoffe, daß sie ihre beyde jüngern Schwestern zu erziehen im stande seyn wird, die sich heute bey einer Nachbarinn was zu gut thun. Johann Michel ist allein bey mir, und liest Campens Reise nach der Schweitz. Herdern hat unsere Akademie einen wackern jungen Mann an Prof. Haße zu verdanken, bey dem er das Syrische treibt, und das Arabische nach zurückgelegter Wallfahrt anfangen wird. Ihr seht, daß in allen unsern Entwürfen auf meine Reisecur Rücksicht genommen wird. Mehr wie denken an meine Freunde kann ich nicht. Gott gebe daß wir uns im bevorstehenden Jahr einander sehen, und mündlich alles ersetzen mögen, was sich mit Dinte und Feder nicht thun läßt. Behaltet im guten Andenken Euren an allem dem Eurigen   herzlich Theil nehmenden Gevatter und Freund, der unter Küßen und Seufzern zu allen guten Wünschen Amen! sagt. Lebt alle wohl, gesund und zufrieden, und vergeßt mir nicht den
    Namen
, daß ich ihn gehörig inscribiren kann. Außer Pathin Maria Auguste, bitte alle guten Freunde, getreue Nachbaren und würdige Comperes zu grüßen. Fröhliche Weynachten und Neujahr
Dußeldorf den 22ten Xbr 1786 Vermerk von Hamann (Erhalten-Vermerk und Nummerierung mit roter Tinte, Antwort-Vermerk mit schwarzer): Erhalten den 3 Januar 87.   58 Geantw den 30 – 31 – – Lieber HerzensFreund u Vater, die Posten gehen schon so unordentlich daß ich Deinen Brief vom 1sten–7ten Xbr erst am Dienstag erhalten habe. Ich verschob die Antwort auf den v 11–13ten Nov, weil ich Dir 2 Briefe kurz hinter einander geschrieben hatte, u einer neuen Epistel v Dir entgegen sah. Du bekömmst heute nicht viel v mir weil ich mich gar nicht wohl befinde. Nachdem ich einige Tage alle Gattungen v Schmerz am Kopf gelitten hatte, fiel mir das Uebel auf die Brust, die mir seit vorgestern so befangen ist, daß ich kaum einen Laut v mir geben kan. Die Stimmung in welcher Dein ganzer letzter Brief geschrieben ist, verräth so viel unangenehme Empfindungen, daß Deinem Jonathan, der noch dazu krank war, unmöglich wohl dabey werden konnte. Vielleicht erhalte ich in kurzem beßere Nachrichten von Dir, u kann Dir von mir beßere geben. Heute bin ich in einem hohen Grade gedrückt u niedergeschlagen. Von meinem Freunde Schönborn ist endlich eine Antwort eingelaufen. Was er mir Schwedenborgs Arc. Coel. betreffend meldet, laße ich für Dich abschreiben. Schlaberndorf war den 5ten Xbr. noch nicht wieder in London: also noch keine Antwort wegen der andern Bücher. Es verdrießt mich nicht wenig, daß es mit meinen Besorgungen nicht beßer v statten geht. Dein Auftrag wegen des Th a Kempis wird sich ohne sonderlichen Schwierigkeiten ausrichten laßen, u Du erhältst in meinem nächsten zuverläßig Nachricht darüber. Unsers Claudius Rebekka ist d 6ten dieses von einem Sohne glücklich entbunden worden u hatte hat sich auch nachher wohl befunden. Ich bin Pathe zu dem Knaben, der
    Heinrich
genannt worden ist. Mit Witzenmann sieht es übel aus. Er sehnte sich nach Kämpf in Hanau. Ich bot ihm an, daß ich ihn in einer Jagt wollte hinbringen laßen, wenn das Wetter offen bliebe. Vorigen Sonnabend wurde deswegen an Kämpf geschrieben. Nun sagt man Kämpf sey in Caßel. Wir haben auch seit 2 Tagen wieder Frost. Ehe an Kämpf geschrieben wurde habe ich mich an Hofmann, der sich gegenwartig bey dem Churfürsten v Maynz aufhält, u zu dem ich als Arzt ein ungemeßenes Vertrauen habe gewandt. Ich habe alle Mächte des Olimpus in Bewegung gesetzt, um den Unmenschen zu bewegen sich meines Freundes anzunehmen, u erwarte nun sein Gutachten mit größter Ungeduld. Ich hatte schon vor 1½ Jahren Witzenmann zu ihm nach Münster geschickt; aber weder die Prinzeßinn, noch Fürstenberg, noch Graf Neßelrode, konnten ihn bewegen über die Umstände des Kranken ernstlich nachzudenken. Gott gebe Dir einen glücklichen Beschluß des alten Jahrs, u verleihe daß wir im neuen Jahr einander sehen. Grüße Dein ganzes Haus von mir, vor allen aber unsern Joh. Michael – Dein Fritz Jonathan. Adresse:
An Herrn / Johann Georg Hamann / in / Koenigsberg /
    Frco
Vermerk von Hamann: den 3 Jänner 87.
Kgsb. den 3 Jänner 87. Alter lieber Freund Diesen Morgen vor einer Stunde erhalt ich einen Brief von meinem Jonathan aus D. d d 22 Xbr p. deßen Correspondentz ich beynahe schon aufgegeben hatte oder an der Möglichkeit ihrer Fortsetzung verzweifelte. Aber seine Freundschaft ist mir eine Ceder Gottes. Er klagt darinn über seine Gesundheit und die Unordnung der Posten. Eine abschriftl. Beyl. die Ihren Auftrag betrifft ist die einzige Wichtigkeit, und ich verzehrte vor Freuden mit meinen Kindern den Rest ihres Caviars, der einen Tag früher als Ihr Brief den 30 Xbr. ankam. Meinen herzl. Dank für Ihr freundschaftliches Andenken. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus zu diesem neuen Jahr! Daß mir dieser Wunsch von Herzen geht, können Sie leicht denken, weil Sie mir so reichlichen Antheil nehmen laßen. Gott selbst wird den Mangel meiner Widervergeltung, denn an gutem Willen fehlt es mir nicht, ersetzen. Den 14 Xbr. erfuhr die Nachricht von unsers gemeinschaftl. Freundes, meines lieben Namensbruder Georg, Hochzeit und zufälligerweise gab denselben Abend mein Joh. Mich. einen Schmauß seinen Spießgesellen und Lieblingen Nicolovius, Hill und Raphael. Lachen Sie nicht über den alten Knaben mit grauen Haaren, und laßen Sie ihn guter Dinge seyn im HErren, denn wer eine Ehfrau findet, hat einen guten Fund gethan. Prov. XVIII. 22. Daß ich das letzte mal sehr unleserlich geschrieben. Was ich Ihnen von Ungern Sternberg gemeldet, verstehe ich selbst nicht, vielleicht ist es auch eine falsche Leseart. Ich habe diese Feyertage zu Hause zugebracht u bin in diesem Jahr auch noch nicht über der Schwelle gewesen. Ich soll nach Berl. schreiben und
    kann nicht
, wenn es mir auch ich weiß nicht was kosten sollte. Habe mich wieder über meine unterbrochene Arbeit gemacht und kann auch nicht vom Fleck, daß ich beynahe wenigstens für das Leben meines alten schwindlichen Kopfs zittere. Sie können sich die Leiden eines solchen Zustandes als der meinige ist, nicht vorstellen. Es geht mir gleich als wenn die Kinder bis zur Geburt kommen und ist keine Kraft da zu gebären. So lavire ich und liege vor Anker 2 Jahr mit meinem Urlaub und meinem fliegenden Briefe ohne Wind noch Licht, kann weder den Knoten auflösen noch zerhauen. Es ist keine schwerere Arbeit als das abstine und sustine! Den 19 Xbr. komt ein gantz zerlumpter Bettler zu mir mit einem offenen Briefe von Lavater, deßen Abschrift ich auch beylegen werde. Er klagte alle seine Sachen und besonders seine Kundschaft verloren zu haben welche er durch eine fremde auf den Namen
    Müller
ersetzt. Seine Aufrichtigkeit dieses aus Noth begangene falsum zu gestehen nicht nur mir sondern auch seine Gewerke unterdrückte meinen Argwohn. Ich wies und empfahl ihn unserm Geh. Rath Hippel, der ihm eine neue Kundschaft unter seinem rechten Namen Hottinger ausgewürkt und ein Viaticum gegeben; wie ich von meiner Seite theils aus Mitleiden theils aus Achtung für Lavater that und meine Freunde dazu misbrauchte, unserm Jacobi eine Weste wegnahm und den ältesten Nicolovius auch zur Wohlthätigkeit in Wäsche bewegte. Den 27 habe ich den Menschen zum letzten mal gesehen, vermuthe aber daß es ein Betrüger gewesen, der Lavaters Zeugnis einem andern abgenommen. Bey seinem Abschiede sagte er daß er nach Danzig gienge. Die falsche Kundschaft war zu Anspach ausgestellt, und die Aussprache war einem Schweitzer gar nicht ähnlich. Hippel u Scheffner besuchten mich am Neujahr und ersterer versprach den Betrüger nicht in Danzig Ruhe zu laßen, damit ihm wenigstens der Zedel vom Lavater abgenommen werde. Ich melde dies Ihnen um sich darnach zu richten, wenn er nach Riga kommen sollte, und sich dann dieses Papiers zu bemächtigen. Werde auch vielleicht aus der Schweitz nähere Nachrichten währender Zeit erhalten. Kaum war ich diesen Buben los, erschien mir Elkana, der gestörte Kantianer, als Christ und mit einem Gruß von Pleßing. Er ist in Engl. gewesen u hat Pristley kennen gelernt. Nach der Zeit hab ich den unglückl. Menschen nicht weiter gesehen noch sonst erfahren. Seine Tollheit scheint nur auf Projecte der Navigation und das Meerwaßer süß zu machen gefallen zu seyn. Es folgt die Abschrift eines Auszugs des Briefes Schönborns an Jacobi, den dieser seinem Brief vom 22. Dezember 1786 in der Abschrift Schenks beigelegt hatte. Vgl. Nachweise zu Brief Nr. 1038. Sie sehen wenigstens hieraus, daß die Leute es ehrl. mit Ihnen meynen, und woher der theure Preis komt, den ich mir nicht erklären konnte: so wenig wie ein vernünftiger Mensch von 5 gesunden Sinnen, er mag in Deutschl. oder Großbr. zur Welt gekommen seyn, die arcana coelestia ohne Eckel lesen kann. Dafür lieber 18 Guin. an Dio Cassius und den pollnischen Uebersetzer verschwendet. Der deutsche
    Strabo
wird noch immer selbst von großen Gelehrten angeführt. Ich habe den Anfang des Cassius durchgelaufen. Es ist derselbe außerordentliche, paradoxe, an Grillen, Launen und Schlacken und Ideen von beßerem Gehalt reiche u fruchtbare Kopf. Aber auf Ihrer Hut müßen Sie seyn. Ohngeachtet der Verf. des Mnemonium auf das Königl. Handschreiben sich etwas einbilden mag und ich dies große Werk noch nicht gesehen habe, hat mich eine Abhandl. über den Aristoteles in Cäsars Denkwürdigkeiten beynahe alle Lust benommen mich darum zu bekümmern, weil er es beynahe auf jeder Seite anführt. Nein gegen einen solchen seichten Schwätzer ist mein weiland Freund Penz.el ein güldner Mann, den es mir nicht leid thut zum Freunde
    gehabt zu haben
. Dem andern P. fehlt es gantz an Beruff Autor und darauf eitel zu seyn. Des erstern Stoltz ist wenigstens mehr nach meinem Geschmack, als des andern Eitelkeit. Ueber jenen kann ich wenigstens lachen. Dieser macht mir die unangenehme Empfindung des Mitleidens und des Unwillens. Es folgt die Abschrift eines Empfehlungsschreibens, das Lavater für Kaspar Hottinger verfaßt hatte. Vgl. Nachweise. Bemächtigen Sie sich ja des Originals, wenn es Ihnen in die Hände fallen sollte; denn ich möchte beynahe schwören, daß der Bube es einem entwandt hat, denn Lav. Name wird gnug gemisbraucht. Es heißt hier, daß er ganz gewiß in Berl. erwartet wird, wie man auch den Uebergang der Princeßin u ihre Reise nach Rom auf seine Rechnung schreibt. HE Pr. Haße habe seitdem nicht mehr gesehen. Er meldte mir daß Herder ihm einen Brief mitgeben wollen aber aus Mangel an Zeit mit der Post zu schreiben versprochen. Die Nachricht von seiner Beruffung nach Berl. machte mich daß gebärden wie Bräutigam George. Ich war willens den Sontag drauf zu schreiben, warte noch immer auf eine versprochene Einl. von Haße um schreiben zu
    müßen
. Sobald es mir mögl seyn wird zu schreiben, werde ich gewiß daran denken, ihn zur Fortsetzung und Vollendung aufzumuntern. Wenn Sie den Verf. des goldnen Hahns erfahren können, wünschte ich selbigen zu wißen. Wo ist die Republick der Weltbürger gedruckt, und ist es nicht mögl. auch diesen Verf. zu wißen. Beyde Bücher haben einen außerordentl. Eindruck auf mich gemacht, und keines Menschen Urtheil mit dem meinigen gleichstimmig. Sollten Sie nicht wenigstens Bethlehem im Meßkatalog gelesen haben. Viel Glück zur zweiten Auflage der Kritik, sie wird mit einem Complement der practischen reinen Vernunft jetzt vollendet. Beynahe hätte ich noch einen Auszug aus J. Briefe vom 22 vergeßen: Von meinem Freunde Schönborn ist endl. eine Antwort eingelaufen. Was er mir Sw. Arc. Coel. betreffend meldet, laße ich abschreiben. Schlabberndorf war den 10 Xbr. noch nicht wieder in London, also noch keine Antwort wegen der andern Bücher. Es
    verdrüßt mich nicht wenig, daß es mit meinen Besorgungen nicht beßer von statten geht
“ Wir müßen also alle Gedult haben. Lieber Hartknoch. Daß Frau Rebecca den 6 Xbr. von einem Sohn entbunden worden, hab ich meines Wißens schon gemeldt. Heute meldt mir J. daß er Pathe bey von dem Knaben ist der Heinrich heist. Der Balsam mit den Tropfen kommt Zeit gnug und wenn selbige gar ausbleiben, wird noch weniger daran gelegen seyn. Aber das Gothaische Clavier macht mir so viel Unruhe, wie Ihnen; desto mehr Freude der Lehnchen – Doch davon mehr mündlich und so Gott will unterwegs – Ich kann nicht einmal an meine Schulden denken, biß meine Reise erst abgethan seyn wird. Gott sey mit Ihnen und den lieben Ihrigen. Hora ruit. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter Landsmann Freund und Schuldner Joh Ge. Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
    Riga
. / fr.
    Memel
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d 29 Dec 786 beantw d. 2 Jan 787
Kgsb den 28 Jan. IV p Ep 87. Mein alter Herzenslieber Gevatter, Landsmann und Freund. Ich wollte heute Petri Schifflein zu Ehren in die Kirche gehen, die ich nur ein einzig mal in diesem Jahr und im vorbeygehen besucht. Die Kälte ist aber ein Löwe für mich, und ich fange diesen Sonntag mit einem Briefe an Sie an, aber auch unter einem Nothzwange, den ich mir selbst aufgelegt habe. Gott gebe, daß es in Ihrem Hause so wohl steht, wie in meinem eigenen, wo alles gesund ist, mich selbst nicht ausgenommen. Gute Nachricht von Ihrer Gesundheit und der Erholung meiner Frau Gevatterin, Pathchen und übrigen Genoßen Ihres Herzens und des meinigen hat mir Pr. Haße mitgebracht, den mir Kraus den 14 Nov. p. ins Haus führte. Er machte mir Hoffnung zu einem Briefe von Ihnen, auf den ich mit gutem Gewißen nicht fügl. Rechnung machen konnte. Sie haben sich um unsere alte Pflegmutter Albertine sehr verdient gemacht, uns diesen fähigen, thätigen, unermüdeten Mann zugestutzt zu haben, bey dem mein Joh. Michel das Syrische u Arabische mit seinen Freunden lernen kann. Ich habe ihn seit dem angeführten Dato nur 2 mal in meinem Hause gesehen, erwarte ihn aber diesen Mittag mit Kraus, meinem Nachbar und Artzt Miltz deßen Tochter und meiner Lisette Reinette zu einem Haselhüner Schmause, den ich unserm Hartknoch zu danken habe; welcher mich zugl. mit der Nachricht erfreut, daß Sie mit dem III. Theil Ihrer Ideen fertig sind. Er hatte mich aber gebeten Sie um die Fortsetzung dieser Arbeit flehentlich zu bitten und daran zu erinnern. Unsers George Heyrath wißen Sie und werden sich eben so wie ich darüber gefreut haben. Ich habe gleich bey dem ersten Besuch von Hasse mit ihm die Abrede genommen, daß ich ohne eine Einl. von ihm nicht schreiben würde. Ich habe sie endl. gestern fertig bey ihm gesehen und er versprach mir, sie heute mit seiner Disp. mitzubringen. Also
    muß
ich schreiben; ohngeachtet ich Ihnen, liebster H. nichts melden kann, als immer daßelbige, was Sie schon lange wißen. Versicherungen von meiner alten Freundschaft haben Sie nicht nöthig; wegen der Ihrigen bin ich auch ruhig, und mehr durch
    thätige Beweise
überzeugt, als ich es durch leere reine Wünsche zu thun im stande gewesen bin. Die Erfüllung erwarte von der Göttlichen Vorsehung, der ich durch horrendas ambages Obscura rerum inuoluentes wie ein Blinder nachtappen muß, ohne den Weg und Ausgang meines Schicksals absehen zu können. Meine lächerl. Autorschaft ist ins Stecken gerathen, zu meinem Glück und mit meinen Reiseentwürfen geht es eben so wenig vom Fleck. Ich bin wie angenagelt und gebunden, nicht im stande mich zu rühren, und muß stille halten, die Entbindung ruhig abwarten. Das Ding mag heißen, wie es wolle, Einbildung, Hypochondrie, Eigensinn, Ahndung – De verbis simus faciles; nur daß ich die zureichenden Gründe und die wahren Ursachen mir selbst kaum recht klar und deutlich machen kann, die Wirkungen aber desto nachdrücklicher fühle. Reichardt hat noch vor seiner Abreise alles gethan, wie Sie vermuthl. selbst von ihm werden gehört haben, und ich soll blos reden oder schreiben. Das kann, mag, will und soll ich nicht. Hier liegt der Knoten, den ich nicht zerhauen noch zerschneiden will. Der ihn gemacht hat, wird ihn am besten aufzulösen wißen: so
    werden wir seyn wie die Träumende
ΨCXXVI. Meine Reise ist
    Pflicht
, und damit scherze ich nicht. Meine ganze Autorschaft ist Thorheit, und meine Verwünschungen sind Thorheiten, aus denen ich mir eben kein
    Gewißen
machen würdeund noch weniger mich
    schämen
würde selbige eben so feyerlich zu widerruffen, als ich selbige ausgeschüttet habe. Aber es ist Etwas anderes, das mir im Herzen wehe thut, und mir in meinen Nieren sticht, und das ich nicht los werden kann, als durch Reden oder Schreiben, das mir dadurch eben so zur Pflicht wird, als die Reise selbst. Irre ich hierinn; so geschieht es auf meine Kosten, und ich denke, daß mir der Kitzel vergehen wird mit der Zeit von selbst, wie ich von selbigen angefochten worden bin. Ich kann hievon nichts mehr sagen, als ich noch bisher selbst weiß, und da dies meine letzte Arbeit seyn soll, so kommt selbige zeitig gnug zum Feyerabende meines Lebens, vor oder nach der Reise. An diesem kleinen Umstande ich ist nichts gelegen. Sat cito, si sat bene. Ende gut, alles gut. Den 9 Xbr pr kam mir früher wie gewöhnlich das Berl. Blättchen in die Hände und erfuhr daraus das Gerücht von Ihrem Ruffe nach Berlin. Ohngeachtet mir die Anmeldung eben nicht gantz gefiel noch die Bestimmung, war ich vor Freuden ganz ausgelaßen, lief zu Haße ihm auch Nachricht zu geben. Er speiste aber bey dem Minister von der Gröben; und ich war willens den Tag drauf an Sie zu schreiben; aber die Hitze verrauchte, und wenn ich die Hand an die Feder legen will, ziehen sich alle Lebensgeister zurück. Ich wünschte Sie wohl, lieber Gevatter, nach Berlin um mit mehr Lust als bisher an dies Jerusalem denken zu können, aber nicht gern als einen Hohenpriester noch Chohen – lieber, Herr Abt! Die Mädchen sind schon alle da, und spucken um mich herum, daß ich werde aufhören müßen; es fehlt noch an den Junggesellen. Wenn sie meinen Magen hätten, sie wären schon längst hier – Ich habe in diesem Jahr weder nach Düßeld. noch M. geschrieben, und bin beiden Antwort schuldig. Muß aber erst mit diesem Briefe fertig seyn um einmal wider in Gang mit meiner verrosteten Feder zu kommen. den 29 – Nun sitze ich wieder mit verdorbenem Magen, schäme und ärgere mich, daß so ein alter Knabe – Was bey den bevorstehenden Neuerungen aus mir werden wird, darum bekümmere ich mich nicht. Die Neuerungen bestehen darinn, daß alles auf den alten Fuß wider kommen soll. Wird wohl alles auf eine Contradictio in adiecto hinauslaufen, und mit dem besten Willen es beßer zu machen alles ärger werden, als es gewesen ist. Mit dem Ende des Mays soll alles klar und ins reine gebracht seyn. An Schreiben ist heute nicht zu denken, noch so lange ich in suspenso leben werde, und mehr zu fürchten als zu wünschen habe. Gott gebe, daß ich die neue Ausgabe Ihrer theol. Briefe selbst von Ihnen abholen kann. Ich habe sie noch nicht einmal zu sehen bekommen. Auf den dritten Theil Ihrer Ideen freue ich mich. Gott gebe Ihnen Gesundheit – Ruhe und Freude sey bey Ihnen zu Hause! Er sorget für uns, Er hütet und wacht, es steht alles in Seiner Macht. Ich bin nicht einmal im stande diesen Umschlag der Einl. voll zu machen. Die Reise müste Wunder an mir thun, wenn Sie sich, liebster H. nicht in einer einzigen Stunde satt an mir gesehen haben sollten. Auf so gutem Wege bin ich, ein vollkommener Brutus zu werden. Leben Sie desto glücklicher mit Ihrer würdigen Hälfte und Ihren lieben Kindern, an die ich tägl. denke. Beten Sie für mich u die meinigen. Gott wird helfen. Amen. Adresse:
Des / HErrn GeneralSuperintendenten Herder / Hochwürden / in /
    Weimar
. Fr.
    Halle
Vermerk von Jacobi: e. den 11ten   b. den 12–16 Febr. 1787. Kgsb. den 30 Jänner 87. Länger kann ich mich nicht halten, lieber HerzensJonathan! Den 3 d. wurde ich durch Dein letztes Schreiben erfreuet und den 13 durch Deine Einl. aus Münster getröstet. Je mehr ich die Standhaftigkeit Eurer Freundschaft bewundere und fühle; desto mehr werd ich von meiner Unwürdigkeit niedergedrückt. Kurz ich bin noch wo ich gewesen bin, und mit mir geht es nicht von der Stelle. Ich habe nicht die Feder nach Berl. ansetzen können, und kann es noch nicht, denn ich weiß nicht was, es mir kosten sollte. Aus Verzweifelung des einen, gerieth ich auf das andere und nahm meine Handschrift vor, worüber ich mich bis in die Hälfte dieses Monats wider eckel gearbeitet habe und zuletzt alles aus dem Wege räumen mußte. Bey einem solchen Gemüthszustande ist mir unmöglich gewesen, Dir zu schreiben. Wozu meine Freunde, wie mich selbst qvälen. Für Deine Gesundheit war auch besorgt. Ich glaubte daß Du auch mit Arbeit beschäftigt wärest, wozu Deinen beßern Fortgang unterbrechen? und Dich durch meine Andenken stören. Ich glaube, daß es Dir auch nicht an Unruhe fehlt. Was macht der gute Witzenmann? Ich hoffe er lebt noch, und daß wir uns einander sehen werden – Bisweilen möchte ich mich an seine Stelle wünschen so hatte ich wenigstens die Beruhigung zu wißen, daß ich krank wäre. Nun aber ist in meiner Lage so etwas lächerliches, und so etwas schauderndes, und alles läuft so durcheinander – Vorigen Donnerstag lief ich nach der Stadt, besuche meinen kranken Freund Hennings, kam vergnügt auf meine Loge zurück, gehe zu Mittag nach Hause, gerathe auf einmal in ein solches Labyrinth von Gedanken, daß ich besorge von Sinnen zu kommen, setze mich ohne Appetit zu Tische. Man giebt mir meinen letzten weißen Kohl zu eßen, aus meinem Garten, nebst einem Stück Rindfleisch. Es schmeckt mir alles so gut, daß ich eben so ruhig und gesund wieder werde, als ich mich vor einer Stunde in der grösten Verzweifelung befand. Ich fahr den andern Tag zum ersten mal auf dem Schlitten und besuche den Pf. Hippel zum ersten mal in seiner Pfarre. Ich eße mich also bald gesund, bald krank. Mein Appetit ist also mir Gift so wohl als Arzeney, bleibt sich immer gleich, wie mein Schlaf. Die Wellen gehen so hoch, und sinken so tief, daß ich mir vornahm das Sonntags Evangelium von Petri Schifflein recht andächtig zu feyern, und zum ersten mal ordentl. in diesem Jahre in die Kirche zu gehen. Die Kälte war so fürchterlich, daß aus der Andacht nichts als ein Schmaus wurde, von dem ich gestern den ganzen Tag die Nachwehen gefühlt, und heute zu Hause bleiben muß, und diesen Brief anfange, weil ich schlechterdings nicht länger mich enthalten kann, Dir, mein lieber Jonathan zu schreiben. Die Feyertage über habe mich nicht gerührt von meinem Sterquilinio, den 15 d. gieng zum ersten mal aus dem Hause, und habe seit dem immer lavirt, sitze nun wider fest auf dem Strande. B. hat Recht, daß wir noch nicht für einander reif sind, und wenn ich nicht eine Hand der Vorsehung ahnete, die durch unsre Vorurtheile, Thorheiten und Schwachheiten regierete den Gang der Dinge, und alles zur höchsten Ehre und der Menschen wahren Besten lenkte: so würde ich vielleicht wirkl. in alles das Elend schon gerathen seyn, das ich jetzt blos fürchte und mir einbilde. Also manum de tabula! Unser Gevatter Claudius hat mir denselben Morgen, da seine Rebecca entbunden und er mit seinem
    Henrich
erfreut worden es gemeldet; ich wünschte ihm noch dieselbe Stunde Glück, und bat ihn bey einer so glückl. Entbindung desto sorgfältiger für die Kindbetterin zu seyn, die bisweilen dadurch sicher gemacht werden, und sich weniger in Acht nehmen. Gott erhalte ihm u Dir den kleinen Knaben und laß ihn wohl gerathen! IchEs ist mir lieb seinen Namen zu wißen, warum ich ihn gebeten. Eben schickt mir mein kranker Freund Hennings eine Rehkeule ins Haus. Er hat seeinen Verdruß gehabt einen Adjuncten bey seinem Dienst zu bekommen, dem er viel abgeben muß, wodurch seine Umstände geschmälert werden. Hartknoch hat mir nicht nur Caviar geschickt zu Ende des Jahrs, sondern auch vorige Woche Haselhüner, von denen ich nicht nur meinem Beichtvater sondern auch die Pflegmutter meiner Tochter abgeben können, sondern auch vorigen Sontag einen Schmauß gab, Miltz mit seiner Tochter, Crispus, dem neuen Prof. Hasse und meine Lisette zu Gast bat. Hasse brachte mir seine Disput. de Orthographia Ebraeorum, die morgen ventilirt werden wird und eine Einl. an Herder, der sich um unsere Academie durch diesen würdigen Mann sehr verdient gemacht hat. Mein Sohn u seine Freunde haben nun Gelegenheit Syrisch, arabisch p und lateinisch zu lernen. Ich hatte auf diese Einl. lange gewartet um einmal wider nach Weimar schreiben zu können. Gestern war mir so elend zu Muth, daß ich aufhören muste, um nur den Brief aus dem Gesichte zu bekommen. So leb ich, lieber Jonathan! herrlich und in Freuden, trotz einem reichen Mann, und zugl. wie ein Lazarus, der vor seiner Thür liegt und auf Engel wartet, die ihn forttragen sollen, weil er weder Hand noch Fuß rühren kann. Da meine Hoffnung von Post zu Posttage vereitelt ist, Etwas beyzulegen, und Neues zu berichten – so begnüge Dich mit der Nachricht, daß ich noch lebe, und noch immer Lust habe zu leben, so sauer es mir auch wird, weder
    eins
noch das
    andere
aufgegeben habe, weder ein wankend Rohr in der Wüste, noch ein Höfling in weichen Kleidern bin, sondern sich wie ein weicher Thon den Fingern seines Töpfers überläst, was er für ein Gefäß aus ihm machen will – und hierinn sind wir alle al pari – Der Ruffer hat seine Stimme in seiner Gewalt, wie ein guter Virtuos seiner Leyer mächtig ist.
den 17 schrieb mir Hartknoch, dem ich Deinen Extract mitgetheilt:
    Da die Anschaffung des Swed. so viel Mühe macht, so stehe ich von dieser Entreprise ab, um so mehr, da auch Sie widerrathen. Jedoch schreiben Sie, falls er schon gekauft ist, so werd ich ihn behalten
. Du kannst also ruhig seyn, lieber JJ. in Ansehung dieser verdrüßl. Commission; aber die übrigen Bücher erwartet er. Vielleicht wär es am besten, wenn selbige gegen die Ostermeße in Leipzig sind, damit er das Geld dort expediren u das Gut zugl. in Empfang nehmen kann. Du sollst künftig mit dergl. Aufträgen verschont bleiben. Mit dem Ende des vorigen Jahres hatte ich einen Vorfall den ich Dir umständl. mittheilen muß, weil er unsern Lavater mit angeht. Den 19 Xbr. komt ein Mensch zu mir, der mir einen kleinen Brief von unsern Lavater mit einer bescheidnen Blödigkeit überreicht, und einem Bettler ähnlich sahe. Es war eine dringende Empfehlung eines
    Caspar Hottingers
, sich dieses Menschen anzunehmen, an alle Freunde die ihn kennten, namentl. an Hartknoch in Riga, an Füeßli Freunde, wenn er selbst nicht mehr in Petersb. wäre, an mich in Kgsb. u an Pastor Brunner in Moskau. Ich frug ihn, wie er in eine solche unglückl. Lage gekommen wäre. Er gab sich für einen Sattlergesellen aus, der aus Pohlen käme, wo er durch die Treulosigkeit eines pollnischen Fuhrmanns all das seinige verloren hatte, und besonders seine Kundschaft, ohne die er nicht fortkommen könnte; daher er genöthigt worden wäre sich mit einer andern zu versehen, welche ihm ein Freymeister, der selbige nicht brauchte, gegeben hätte. Er wies mir eine aus Anspach, wo der Name glaub ich Müller lautete. Die Jahreszahl war darinn radirt u geändert. Lavaters kleiner Brief war Charfreytagmorgens den 14 April 86 datirt und mit einer innigen Herzlichkeit geschrieben. Seine Hand so wohl als sein beredtes Herz war gar nicht zu verkennen. Er gab vor 3 Jahre abwesend zu seyn und nach 2 Jahren auf sein Gesuch diese Empfehlung durch seine Mutter erhalten zu haben. Da ich eben so mistrauisch gegen meine eigene Schwäche bin, als gegen Bettler: so war es mir nicht mögl. meine gewöhnl. Rauhigkeit anzunehmen, sondern der Nachsatz wurde in meinem Munde umgestimmt, daß der Zusammenhang mit dem Vordersatze verloren gieng und meinem Sohn auffiel, der mich darnach daran erinnerte, daß ich den Menschen hätte anfahren wollen. Ich bot dem Menschen ein Frühstück an, gab aus meiner Armencasse, so viel selbige entbehren konnte, um wenigstens der ersten Nothdurft abzuhelfen. und überlies mich gantz dem Mitleiden für einen Unglückl. Raphael war eben bey meinen Kindern, dem ich den Brief u die falsche Kundschaft mitgab, und besonders in Ansehung
    dieses Punctes
ihm Rath zu schaffen überlies. Den Tag drauf wurde ich zu Hippel auf den Mittag gebeten, glaubte blos wegen dieses Menschen, von dem er aber gantz gleichgiltig sprach, mehr mit einer Mine, die mir gewaltig auffiel, als mündl. sich darüber auslies, sich aber zu allem mögl. erbot. Ohne diesen Anlaß wär ich gar nicht ausgegangen. Mir war nichts aufgefallen als sein schmutziges Gesicht und ein Geruch von Unreinlichkeit. Ich entschuldigte dies wegen der starken Källte, die ein so übel bedeckter Mensch hatte aushalten müßen, und daß er aus Pollen kam, wo Wirthshäuser so elend bestellt sind, und daß ein Mensch der all das Seinige verloren hätte auch gegen seinen Leib gleichgültig werden könnte. Ich war so unruhig ihm einige Erleichterung zu verschaffen, daß ich noch denselben Tag da ich ihn gesehen, selbst ausgehen und die Herberge aufsuchen wollte um ihm wenigstens reine Wäsche zu verschaffen. Meine Leute hatten Mühe mir das auszureden. Den Morgen drauf kam er wider, ich hatte einige Wäsche zusammen gebracht, woran ihn wenig gelegen zu seyn schien, und die er sich Zeit lies erst des Abends abzuholen. Bestellte ihn den Tag drauf ausfs Rathhaus, um dort verhört zu werden. Ich wartete vom Morgen bis in den späten Abend, voller Ungedult, wie das Verhör abgelaufen war. Er kam nicht. Endl. sah ich ihn Freytags, mit ein wenig Gleichgiltigkeit. Er sagte mir daß er bis gegen 1 Uhr auf dem Rathhause hätte warten müßen, und den gantzen Nachmittag bey einem Freund aus Berl. hätte zubringen müßen. Der Geh. Rath hatte ihm gesagt, daß er durch mich den Bescheid des Raths ihm zufertigen sollte. Sonnabends kam er wider, ich hatte nicht Herz ihn zu sehen u ließ ihm sagen daß ich nichts bekommen und er nach den Feyertagen vorsprechen sollte. Hill mit meinem Sohn hatte ich in die Herberge geschickt, wo er auch hatte räumen müßen, wegen seiner Unreinlichkeit wo er mit der Bezahlung groß gethan und von 2 Reisegefährten kein gutes Zeugnis mitgebracht hatte. Hill wollte nicht mit der Sprache heraus, mein Sohn war draußen stehen geblieben. Ich konnte den ungewaschnen p Menschen nicht mit dem Zeugniße des Lavaters räumen. Was uns allen auffiel, war daß seine Aussprache gar nicht schweitzerisch war, und selbige doch so schwer zu verleugnen ist. Hill der ihn in dieser Mundart anredete erfuhr nur daß er in Zürich gewesen seyn müste. Den 27 sah ich ihn zum letztenmal, wo er mir meldete einen Paß u Kundschaft nebst 2 rth zum Reisepfennig erhalten zu haben. Weil ich nicht ausgehen konnte, war es mir nicht mögl. selbst Erkundigung seinetwegen einzuziehen. Er sagte mir daß er nach Danzig gehen wollte; ich rieth ihn vorsichtiger zu seyn, und vermuthete ihn noch einmal wieder zu sehen, wo ich ihm den Zedel von Lavater abgenommen haben würde. Am Neujahrstage besuchten mich Hippel u Scheffner. Ich dankte dem ersten und klagte ihm meinen Verdacht, und wie sehr ich wünschte, daß dieser Betrüger wenigstens den Brief von Lavater auszuliefern genöthigt würde. Er wollte deshalb bey dem Gewerke, und bis nach Danzig Vorkehrungen treffen, da er viel Mühe gehabt eine Kundschaft für ihn aus zu wirken. Ich habe seit dem nichts mehr gehört, nach Riga deshalb geschrieben wenn er sich bey Hartknoch melden sollte, und bin eben nicht so bekümmert wegen der Kleinigkeiten die ich meinen Freunden abgelungert und wegen der Luftschlößer, die ich auf diesen Betrüger gebaut, als wegen des Misbrauchs, dem Lavaters Name ausgesetzt ist, und weil ich nicht wißen kann, wie der Kerl zu dem Briefe gekommen. Das Falsum mit der Kundschaft fiel mir ebenso gut als Hippel auf, aber an dem andern Falso hat keiner von uns beiden gedacht, und daß der Brief auf diesen Menschen nicht gestellt gewesen seyn kann. Schreiben Sie doch bey Gelegenheit an Lavater, ob er nichts von diesem seinem
    Hottinger
weiß, und ob er auch wirklich ein Sattlergesell gewesen. Kaum war ich diesen Menschen loß, so besucht mich ein getaufter Jude, der ehemals
    Elkana
hieß, einer der besten Zuhörer von Kant war, und rasend wurde.
Die Nation schaffte ihn nach Berlin. Er kam nach Holland, wo ein Prediger der sich auch einen Freund des Lavaters nannte, seinetwegen an mich schrieb, ohne daß ich nöthig fand darauf zu antworten. Dieser unglückl. Mensch komt jetzt aus Engl. zurück. Ich wurde ihn aber bald los und habe ihn seit dem nicht gesehen noch viel Guts von ihm gehört. Er hat sich damals bey seiner Krankheit meiner nicht erinnert, so manche er auch durch seine Besuche erschreckt; und ich hoffe, daß er mich auch jetzt vergeßen wird, weil mir sein neuer Glaube so verdächtig, als seine widererlangte Gesundheit vorkommt. Unser Mathematikus der Hofprediger Schultz und seine Frau soll sich dieses Proselyten desto eifriger annehmen, daß also für ihn gesorgt ist. Vorige Woche hatte ich eine eben so unerwartete Erscheinung von meinem gewesenen Pensionair Lindner, der aus seinem Gefängniße losgekommen, seine Jugend verloren und nur auf Erlaubnis seines Vaters wartet um Soldat oder Husar zu werden. Leider witziger aber nicht ein Haar beßer geworden durch eben so traurige als schändl. Erfahrungen, wie es mir scheint. Gott gebe, daß ich irren möge! Durch dergl. Auftritte werde ich immer gerüttelt und geschüttelt, daß ich Zeit nöthig habe mich wider zu sammlen und ins Gleichgewicht zu kommen, weil ich mich in Allem spiegele u vor mir selbst erschrecke. Mit Kr. Deutsch habe bey Hippel gespeist, und die Klage des Stark erhalten, die er beym Kammerger. in Berl. eingegeben. Sie war lang und weitläuftig gnug. Den 10 d. soll das Urtheil ergangen seyn, welches ich auch zu erhalten hoffe. Beym Namensvetter Jacobi habe ich mit Kant gespeist, der seine eigene Haushaltung anlegen will und damit den Kopf voll hat. Crispus wird sein Gesellschafter seyn. Das drittemal bin in meinem eigenen Hause zu Gast gewesen, und bin immer mit verdorbnen Magen aber unermüdeten Appetit davon gekommen. Scheffner ist seit Weynachten u Neujahr wider hier gewesen. Ich habe ihm meinen Gegenbesuch einen Morgen abgelegt, weiter haben wir uns einander nicht gesehen. Mit meinem Sohn lese alle Tage im Quintilian u Telemaque. Wir sind in beyden bis auf die Hälfte, und eilen zu Ende zu kommen. Semlers Unterhaltungen mit Lavater habe zweymal nach einander durchgelesen Bey meinem ersten Ausgange in diesem Jahre sprach ich auch bey Kant an, der eben an seiner neuen Ausgabe der Kritik arbeitete und sich beklagte, daß ihm selbige schwer würde. Die Woche drauf ist die Handschrift abgegangen. Aus den Zeitungen habe ersehen, daß selbige mit einer Kritik der practischen Vernunft vermehrt werden wird. Daß Born an einer lateinschen Uebersetzung arbeitet werde ich wohl schon gemeldet haben. Ich habe nichts als eine Vorrede zu Riccii Epist. Homer. gelesen, die in einem sehr guten Ton geschrieben war und seine Disp. de Notione
    Existentiae
von 85 die mir Kant mitgetheilt, u von der ich auch schon werde geschrieben haben. Aus Riga hörte, daß Reichardt zu Weynachten in Weimar gewesen wäre. Er schrieb mir früher bey Dir zu seyn, wo er nichts von mir gefunden. Er hat alles von seiner Seiten gethan; daß ich nichts habe thun können – Da es mir unmögl. fiel nach Berl. zu schreiben, nahm ich das Spinozabüchlein vor, kam bis auf das Gleichnis des Tief- und Scharfsinns, zerbrach mir den Kopf über die Sennen und Halbmeßer, muste abbrechen und konnte nicht weiter kommen, geschweige meinen übrigen Plan bis auf Hemsterhuys u Spinoza ausführen – machte mich an meine Arbeit, wo es nicht beßer gieng, sondern ärger – – Das ist meine ganze Geschichte, worüber 1/12 dieses Jahres bereits überstanden, doch wie ich hoffe, nicht ganz verloren ist. Bleibt mir also nichts übrig als warten, bis der Wind aus dem rechten Ende blasen wird. – – den letzten Jänner Gottlob! Ich bekam einen Besuch, ohne geraucht noch mitgetrunken zu haben, weil ich ordentl. erst mit 8 meine Abendpfeife u Bouteille – überfiel mich eine unwiderstehliche Schläfrichkeit, daß ich was ich konnte zu Bett eilen muste. Dafür desto früher aufgestanden, das VI. Buch des Quintil zu Ende gebracht u das XV. u XVI des Telemaque. Dies Buch ist mir in meiner frühsten Jugend so vereckelt worden, daß ich es erst jetzt zum ersten mal gantz lese. Mein Vorleser, dem Homer und Sophokles noch warm ist, hat Vortheile für mich, die mir damals fehlten, und eben so jetzt verraucht sind. Dem ohngeachtet hat mich die Erzählung des Philoctetes bis zu kindischen Thränen gerührt und das ehrwürdige Licht, in dem Ulysses sich zeigt bey allen seinen Betrügereien. Ohngeachtet ich keinen Brief von Dir erwarten darf, wird er bey Fischer ansprechen. Gott gebe, daß Du dies Jahr so beschließen mögst, wie ich es angefangen habe. Mein jüngstes Mädchen Marianne Sophie hatte des Morgens den ganz unerwarteten einzigen und eigenen Einfall mir eine glückl. Reise zum Neujahr zu wünschen. Ich frug sie, ob sie mich gern aus dem Hause haben wollte – Sie meynte aber nicht, daß diese Ursache den Wunsch ihr eingegeben hätte. Erfreue mich bald mit guten Nachrichten von Deiner eigenen Gesundheit und der Deinigen, die Gott erhalten u seegnen wolle. Mein herzliches Andenken an Deinen kranken Freund und Hausgenoßen. Unserm Tiro hätte gern wider ein wenig in seine müßigen Stunden Eingriff gethan. Aber dem Himmel sey Dank, daß es nicht geschehen ist, so nahe ich auch einem Recidiv war. Das Autorfieber ist leichter zu vertreiben, als von Grund aus zu heilen. Wie geht es mit der Ausgabe des Alexis? Möchte Dir Gösche nicht den Verf. des Weltbürgersystems verrathen; ich verspreche mit diesem Geheimnis sehr vorsichtig umzugehen. Hippel ist viel dran gelegen, aber er soll es nicht erfahren, wenn Du es nicht erlaubst. Unter allen Urtheilen die ich gelesen und gehört, stimmt keines mit meinem.
    Der goldene Hahn
hat mir den Kopf eben so warm gemacht, trotz der Blasphemien u pp an denen sich die
    böse und ehebrecherische Art
unseres Zeitalters so sehr ärgert. – Es wird Dir leichter seyn als mir selbst dem Alcibiades meine Schande und den infandum dolorem darüber ihm selbst mitzutheilen. Ich habe Dir treue Rechenschaft gegeben, und werde kaum imstande seyn noch nöthig haben ein neues Blatt anzufangen. Habe Gedult mit Deinem alten schwachen aber treuen Johann Jürgen –
Vermerk von Hamann: Erhalten d 15 Febr. 87. Wohin bin ich gekommen, lieber alter Gevatter u. Freund, daß ich Ihnen in so langer Zeit nicht geschrieben habe? Ich fand Ihren Brief, als ich aus dem Karlsbade zurückkam; aber zugleich empfing mich ein solcher Strom u. Wirbel aufgeschobner Geschäfte, daß ich an kein Schreiben denken konnte. Ich mußte nachher an die Ideen gehen u. es war als ob alle Geister sich dagegen geverschworen hätten: Monate strichen hin, ehe ich mit Ernst daran denken konnte: nun empfing mich diese Arbeit so ganz: ich habe Monate lang mit so innigem Fleiß daran gearbeitet, daß mir abermals jede andre Richtung der Gedanken unmöglich ward. Als das 4te Buch geschloßen hatte, kam Reichard, der 8. Tage lang hier blieb u. deßen Gegenwart, so angenehm sie mir übrigens seyn mochte, einen gewaltigen Halt in meiner Gedankenreihe machte, so daß ich nachher bei dem 5. B. wie in eine neue Welt kam. Ich sehe, daß ichs jetzt nochmals umarbeiten muß, um nur ei den Faden zu verfolgen, den ich verlaßen hatte u. da alle übrige Geschäfte, Zerstreuungen, Verhinderungen ihres Weges gehen: so habe ich mich diesen Winter mehr als jemals, wie ein geplagtes Lastthier gefühlet. Biegsamkeit der Gedanken ist, glaub ich, das Erste das sich mit den Jahren verliert, wenn sie nicht durch Freundschaft und jenen lebendigen frohen Umgang erhalten wird, der mir hier völlig fehlet. Meine einzige Gesellschaft, Göthe, ist seit dem October in Rom u. ich sitze jetzt vnus solus totus allein hinter der Kirche. Eine Reihe andrer Menschen erscheinen mir wie abgetragene Kleider und ich danke Gott, wenn sie mir nicht auf den Weg kommen, um mir Tage zu verderben. Also bin ich so in mich zurück gesunken, daß mir das Leichteste schwer wird und ich mein Tagewerk vollendet glaube, wenn ich, oft auch ohne Lust u. Liebe, deren Zug mir of beinah ganz fehlet, dem ehernen Joch der Nothwendigkeit blind u. stumm folge. In dieser Lage des Gemüths war ich auch gegen sie stumm: necessitati ignosces. An Haus† hat es uns auch nicht gefehlt: denn ob wir gleich aus dem Karlsbade sehr gereinigt, gestärkt u. gesund wiedergekommen sind, worüber ich insonderheit meiner Frauen wegen, Gott danke: so hat doch der ganze Winter sie diese Gesundheit wenig in Freude genießen laßen. Seit dem November u. December ist das Haus ein Lazareth gewesen, zuerst mit einer tödtlichen Krankheit der Nichte meiner Frauen, die sich jetzt kaum wieder erholt hat: sodann mit einem äußerst beschwerlichen u. gefährlichen Keuchhusten der Kinder, an welchem noch die zwei jüngsten elend leiden. Er ist diesen Winter so epidemisch gewesen, daß in der Stadt viele Kinder daran gestorben sind: es ist ein Jammer, die armen Geschöpfe quicksen zu hören, so daß ihnen eine Reihe von Minuten hin die Luft fehlet. Abend u. Nacht ist das Uebel stärker: meine Frau hat also des Schlafs solange entbehren müßen, u. daß Freude u. Munterkeit bei solchem Getön entweiche, darf ich nicht noch sagen. So ist der Winter hingegangen, ein trauriger Freudenloser Winter. Wir hoffen auf Frühling, Trost, Aufmunterung u. neues Leben. Aber trotz meines Stillschweigens hätten Sie doch schreiben können, lieber Alter u. ich habe oft einen Brief von Ihnen mir wie eine Taube mit dem Oelblatt gewünschet. Ich dachte, die Veränderung Ihrer Regierung, Ihres Departements u. f. würde Ihnen ein Wort in den Mund geben; ich hoffte aber vergebens. Das Uebel hat Sie doch nicht auch getroffen u. stumm gemacht? Ich hoffe nicht u. warte sehnlich auf ein Wort Nachricht von Ihnen, was Sie mit Ihrem Hauswesen machen? wie Sie leben? wiefern die Veränderung der Regie Einfluß auf Ihre Lage hat u. Ihnen Ihre politische oder ökonomische Exsistenz erleichtert? u. f. Von meiner Bestimmung nach Berlin werden Sie auch gelesen oder gehört haben. Gottlob, daß es ein Grundloses Gerücht kam war, das auf gar keine andere Art wie zu jedem an mich gelangte. Reichard erzählte daß der König selbst durch Erwähnung meiner dazu Gelegenheit gegeben habe, fügte aber auch zugleich hinzu, was für Tumult u. Unruhe diese Erwähnung unter den großen u. schönen Geistern Berlins angerichtet habe, wie sie sich alle dagegen vereinigt etc. welches mir herzlich lieb ist. Dahin gehöre ich nun einmal nicht, in die Zeit u. in eine so erzwungene, aufgedrungene Lage. Ich habe, dünkt mich, Lehrgeld gnug darüber gegeben, was aus solchen Situationen herauskomt u. stecke meinen Kopf in ein solches Netz nicht. Nil mihi cum istis; nil istis mecum. Also Gott mein Schicksal empfohlen! u. ihm Dank gesagt, daß meine Gegner in Berlin für mich so heilsam wirken. Mir wird ja noch ein Plätzchen aufbehalten seyn, wo ich niemand zur Last u. zum Gräuel bin. O mein lieber alter Freund, wie schaal u. eckel wird einem das Getränk des Lebens mit andern Menschen, wenn man hie, dort u. da auf nichts als die trüben Hefen stößt. Meine Autorschaft als das principium mali ist mir bis zum höchsten Ueberdruß verleidet u. vereckelt: soviel andre Dinge meines Amts u. bürgerlichen Joches auch. Was mich noch am meisten freuet, ist das hiesige Gymnasium, ob ich gleich auch da in Absicht mancher Lehrer auf einem schönen großen Clavier ohne Saiten spiele u. auf Sancho-Pansa’s Esel einen Griechischen oder Brittischen Wettlauf halte. Die träge Masse der Materie, die vis inertiae ist die Hauptkraft der Welt: sie hält alles zusammen u. weiß nur lebendig zu seyn im Widerstande. Jacobi hat sich seit seiner Wiederkunft aus England nicht gemeldet. Göthe ist, wie gesagt, in Rom: er reiste aus dem Karlsbade dahin u. genießt viel- u. schönbeschäftigt dieser Ausflucht auf den Boden der alten claßischen Kunst. Seine Werke werden gedruckt u. die Iphigenie ist ganz neu worden. An meinen Ideen wird auch gedruckt u. ich hoffe, bald dieser Rennbahn entkommen zu seyn. Was macht Ihre Schrift? Ich habe außer den 3. ersten Bogen nichts weiter entrhalten; sagen kann ich nichts darüber, bis ich sie ganz habe. Ich bitte, zögern Sie nicht: sSie haben die Hand einmal an den Pflug gelegt, ziehen Sie sie nicht zurück u. fahren die Furche hinunter. Es steht ja nachher bei Ihnen, ob Sie die Schrift publiciren wollen oder nicht. Meine Frau empfielt sich Ihnen bestens. Ich umarme Sie, lieber Freund u. Gevatter, mit ganzer Seele. Grüßen Sie Ihr ganzes Hauswesen u. erfreuen mich bald mit einem erquickendem Briefe Herder. Inlage bitte aufs baldigste zu besorgen. Düßeldorf den 12ten Februar 1787. Vermerk von Hamann (Erhalten-Vermerk und Nummerierung mit roter Tinte, Antwort-Vermerk mit schwarzer): den 28 FebruarNo 59 Geantw. den 10–12 Marz. lieber Vater! Ich habe gestern Deinen Brief v 30ten u 31 Januar erhalten. Du machst Dir Vorwürfe daß ich Du so lange nicht geschrieben hast., u ich mache mir dieselbigen Vorwürfe in Absicht Deiner. Zwar habe ich viele u große Verhinderungen gehabt, u hätte gewiß mehr als einmahl geschrieben, ohne mich daran zu kehren daß Du nicht antwortetest, wenn ich diese Verhinderungen
    nicht
gehabt hätte. Aber bey allen diesen Verhinderungen, würde ich denn doch auch geschrieben haben, wenn der rechte Trieb dazu da gewesen wäre. Aus Deinem letzten Briefe war mir, ich weiß so ganz genau nicht was, entgegen gekommen, das sich zwischen diesen Trieb u seinen Gegenstand gestellt hatte. Ich hoffte auf einen zweyten anderen Brief von Dir; der kam nicht. Das vermehrte die Hemmung. Nun würkten einige außerordentliche Hinderniße die sich hervorthaten mit voller Gewalt. Das Schrifsteller Unwesen muß ich wohl oben an stellen. Drey Schriften habe ich für die nächste Meße zu besorgen. Ein im November angefangenes u bis auf diese Stunde noch nicht ganz vollendetes Gespräch; den Alexis v Hemsterhuis, deutsch u französisch; und mein Spinoza Büchlein mit Zusätzen. In meiner Arbeit wurde ich unaufhörlich durch kleine Unpäßlichkeiten unterbrochen; u nun kam noch folgendes dazu. 1) Sollte mein Schenk Sindicus des Bergischen Ritterschafts Collegii werden. Neßelrode hatte schon vor 3 Jahren den Anschlag dazu aus wahrem Patriotismus gemacht, u unter der Hand die Mittel zur Ausführung bereitet. Nun war er der entschiedensten Mehrheit der Stimmen gewiß u wollte die Sache durchsetzen. Ich müßte viele Bogen voll schreiben wenn ich erzählen wollte, was bey dieser Gelegenheit alles geschehen ist. Die Partheyen erhitzten sich bis beynah zum Blutvergießen. Genug die Wahl ist bi auf den künftigen Landtag verschoben worden. In den letzten Tagen dieser Begebenheit überfiel mich ein starkes mit heftigen Schmerzen verknüftes Flußfieber. An einem Tage, den 16 Januar, wo es sich etwas zur Beßerung anließ, fieng ich einen Brief an Dich an, mußte aber schon bey der 1ten Zeile aufhören. Es kamen neue Zufälle, u das Fieber wurde stärker als es vorher gewesen war. Hier muß ich mein 3tes einschieben. Von Witzenmanns Befinden habe ich Dir geschrieben daß es immer schlimmer wurde; auch, wenn ich nicht irre, daß er den Anschlag hatte zu Kämpf nach Hanau zu reisen, u.s.w. Da aus der Reise nach Hanau nichts wurde, war ich, wegen des unaussprechlichen Widerwillens den Witzenmann gegen seinen hiesigen Arzt gefaßt hatte in der größten Verlegenheit. In Düßeldorf war kein anderer zu dem er mehr Vertrauen hatte, u selbst in der Gegend nicht. Da ich Witzenmanns Krankheitsgeschichte an Hofmann nach Mainz geschickt hatte, so gerieth Dohm, der mich zu dieser Zeit besuchte auf den Gedanken, er wollte diese Krankheitsgeschichte auch dem Doctor Wedekind in Mühlheim, einem Schüler u Freunde v Hofman zu lesen geben. Dieser könnte dann wenigstens bey der Ausführung v Hoffmanns Vorschlägen Beystand leisten, u mit Hoffmann correspondieren. Hierauf schrieb Wedekind an mich, u schickte ein Gutachten. Verschiedenes in diesem Gutachten gefiel Witzenmann sehr. Gleich darauf kam Wedekind eines Geschäftes wegen hierhin, u besuchte mich u den Kranken. Der Mann gefiel Witzenmann, u gefiel ihm um so mehr, da sein hiesiger Arzt ihm das leibhafte Bild des Todes war. Einige Mittel wurden verabredet, einige Briefe wurden gewechselt, u nach 8 Tagen stattete machte uns Wedekind, auf mein Bitten den einen zweyten Besuch. In seinem letzten Briefe hatte er den Wunsch geäußert, Witzenmann bey sich in Mühlheim in zu haben. Ich lag bey Wedekinds Ankunft den zweyten Tag an meinem Flußfieber krank, u war kaum bey Sinnen vor Schmerzen. Wedekind hatte beym Eintritt in mein Haus gleich nach Witzenmann gefragt, u war zu ihm geführt worden. Hier entschloß sich der Kranke gleich dem Arzte nach Mühlheim zu folgen. Den andern Tag gieng Wedekind nach Mühlheim zurück, um die nöthigen Vorbereitungen zu machen. Den dritten (am 13ten Jan) begab sich Witzenmann auf den weg, um den 1 4ten einzutreffen. Wie nah mir diese Trennung gegangen kanst Du Dir vorstellen, denn ich war überzeugt daß ich meinen Freund nie in meinem Hause wieder sehen würde. Er selbst war im höchsten Grade bewegt, u gewiß noch viel tiefer erschüttert als ich selbst. Mühlheim am Rhein den 16ten Febr 1787. Ich konnte diesen Brief am Freytag (den 13ten) nicht vollenden, weil Kopfschmerzen u Schwindel mich nöthigten, da ich kaum eine Stunde auf gewesen mich wieder zu Bette zu legen. Ich muß nun die Fortsetzung meiner Erzählung aufgeben. Die Hauptpunkte die noch kommen sollten, waren 1) ein sterbender Graf v Hatzfeld, Schwager v Neßelrode, der mich kaum 4 Mahl in seinem Leben, u nur sehr im Vorbeygehen mich gesprochen hatte, u nun sehr verlangte daß ich zu ihm kommen möchte. Ich entschloß mich den Augenblick, ob ich gleich mein Fieber noch nicht los war, mich einzupacken u zu dem Kranken hinzufahren. Daßelbige mußte ich verschiedene Tage nach einander wiederholen. Ich wurde wieder krank, u mußte doch noch einmahl zu dem Sterbenden. Unterdeßen war Reichardt gekommen. Er blieb bis den 4ten Februar. Den 6ten fuhr ich zu meinem lieben Witzenmann, der ein so großes Verlangen zu mir hatte, als ich zu ihm. Den 7 kam ich zurück. Erst Heute wollte ich wieder hierhin reisen. Die Nachrichten die ich aber von meinem Kranken erhielt waren so bedenklich, daß ich mich schon gestern auf den Weg machte. Nun bleibe ich hier bis Sonntag. Schwerlich wird mein Freund weit in den Marz hinein leben. Er sehnt sich unaussprechlich, daß sein Leiden ein Ende nehmen möge. Ich soll Dich recht herzlich v ihm grüßen. Wenn ich so vor ihm stehe, oder nahe neben ihm ruhend ihn in meinen Armen halte – der Lebendige der mir so gut als schon gestorben ist – O, Lieber! – Wir wandeln in einem dunkeln finstern Thale! Ich muß schließen. Nim mit diesem unordentlichen elenden Geschreibe vor lieb. Ich drücke Dich an mein Herz, das im Glauben an Gott allein mich noch erhält. Dein Fritz Jonathan.
Kgsb. den 17 Febr. 87. Geliebtester Freund Vorgestern habe Einl. erhalten mit dem Auftrage selbige
    aufs baldigste
zu besorgen, welches um so mehr thun muß, da es heute eben ein ganzer Monath ist, daß ich Antwort u Dank für das empfangene schuldig bin in meiner Hausgenoßen, meiner Freunde und meinem eigenen Namen. Den 25 pr. schickte mir Me Courtan Ihr reiches und lüsternes Geschenk. Den IV Sont. nach Epiphanias wurde ein großer Schmaus gehalten in meinem Hause, wo Pr. Kraus und Haße, Regim. Feldsch. Miltz mit seiner Tochter und meine Lisette Reinette die erwünschten Gäste waren. Drey Stück brachte ich selbst meinem lieben Beichtvater, der mich dafür mit einem Atlas für meine Kinder beschenkte, den ich denselben Tag bey Kanter hatte kaufen wollen, der Preis aber mir zu theuer war. Zwey Paar gab ich der Wohlthäterin meiner Töchter, ab; und ein gebratenes schickte ich meinem alten kranken Freunde Kr. Hennings, der mit einer Rehkeule dafür dankte. Den 5ten dieses, es war ein blauer Montag habe ich die letzten vier auf meine eigene Hand verzehrt; denn leider! mein Magen ist so wacker und scharf, als mein Kopf stumpf und schläfrig ist. Unser Freund wird eben meinen Brief erhalten haben, da der seinige unterwegs gewesen, den er sine die et consule geschrieben. Ich habe eine Einl. von Haße abgewartet, um aus
    Pflicht
schreiben zu
    müßen
, und aus der Noth Tugend ge zu machten. Endlich brachte er sie mir zum Schmause, schenkte mir seine Uebersetzung des Buchs der Makk. und seine 2 Disp. über Ψ. II. Crispus aber gab 2 Bouteillen alten Frantzwein mit – Mit solchem Wucher habe ich Ihre Gaben genoßen – Gott vergelte es Ihnen, lieber Hartknoch! und erqvicke Sie und die Ihrigen mit seinem reichen Seegen, zu dem ich nichts als Wünsche beytragen kann. Jacobi schickte mir 2 Exempl. der Ukase zu, welche er von Podbielski u dieser vermuthl. durch Sie erhalten. Ich habe das zufällige Vergnügen gehabt die Petersb. Uebersetzung unsers Landsmanns mit der Rigischen zu vergleichen und mich über den Unterscheid zum Vortheil der ersteren gefreut. Danken Sie doch dem lieben Arndt für sein Andenken und daß ich den Werth deßelben erkenne und fühle – Bey der Gelegenheit fällt mir eine Anfrage ein, die ich schon lange und oft im Sinne gehabt. Ich habe den
    ersten Theil
der Polizeyordnung 82. erhalten und immer auf die Fortsetzung gewartet. Ist selbige nicht herausgekommen, oder vergeßen worden – In beyden Fällen wird er mir diese Erinnerung dies eines Defects nicht verargt werden, weil ich das Ganze liebe. Weder mit meinen Moliminibus zur Reise, noch mit meinem fliegenden Briefe geht es von der Stelle. Die neue Einrichtungen und meine künftige Lage werden mit dem Märtz, wie man sagt, schon entschieden werden. Vielleicht giebt mir dies einen Gnadenstoß, und bringt meine Faust oder Füße in Thätigkeit. Um doch nicht gantz müßig zu seyn, habe ich mit Hans den Quintilian durchgepeitscht vom 21 Xbr. bis zum 15 h. mit ihm den Telemaque zum ersten mal durchgelesen mit der grösten Zufriedenheit für uns beyde. In meiner ersten Jugend wurde mir das Buch verekelt, weil ich nicht den Vortheil hatte wie er jetzt, die Qvellen des Homers u Sophokles zu kennen, in so frischem Andenken, wie seines ist. Mit desto mehr Verdruß gähnen wir jetzt über Florians Numa Pompilius, das eine elende Misgeburt gegen jenes Meisterstück ist.
    H. dankt Gott, daß seine Gegner für ihn so heilsam gewirkt haben. Haße meynt, daß er bereits in petto
Abt
    ist in Braunschw. Diese Stelle war ihm lieber zu wünschen, und anständiger. Ein epidemischer Keuchhusten hat sein Haus diesen Winter heimgesucht
. Die ihm K. u D. dedicirte Blicke sind von Jung. Kant schenkte mir s. Exempl. das ich eben so wenig habe ausstehen und lesen können: so sehr ich mich über dies Geschenk auch gefreut habe. Ich habe Ihre Antwort gl. mit dem Anfange dieses Monats meinem J. in Düßeldorf mitgetheilt, um sich darnach richten zu können in Ansehung des Sw. und der
    zweyten Commission
, die ich ihm desto dringender empfohlen, da Sie die erstere dem Laufe der Umstände überlaßen. Theilen Sie mir liebster H. auf allen
    Fall eines günstigen Windes
etwas von Ihrem Plan zur Reise mit – Was für ein Vortheil um meinen nouitium ein wenig initiiren zu können. Alles ist für mich in einem solchen dicken Nebel, daß ich nichts abzusehen im stande bin. Gott mache mich zu allem fertig und gefaßt – Aus dem Cunctator einen eben so guten Ueberrumpler! Sie können nicht glauben, was es für ein Druck ist, so lange in suspenso zu leben, und wie sehr meine ganze Natur und ihre Oeconomie (äußere und innere) dabey leidt und fast darunter vergeht. Fiat VOLUNTAS TVA! Wie schwer ist es unserm Eigenwillen, den
    höchsten
für den
    Einzigen
und
    Besten
zu erkennen. Vis inertiae schreibt mir Herder, ist die Hauptkraft der Welt, vielleicht das Symbol
    göttlicher Ruhe
, von der alle Thätigkeit u Bewegung der Natur abhängt. Ich umarme Sie mit dankbarem vollem Herzen. Auch die Meinigen nehmen an diesen Gesinnungen für ihren Wohlthäter Theil. Gott seegne Sie und Ihr ganzes Haus in der Nähe und Ferne. Ich ersterbe Ihr alter Freund. Wenn Sie antworten müßen nach W. wünschte ich einen Einschluß um auch zur Antwort ermuntert und
    genöthigt
zu werden. Leben Sie recht wohl und haben Sie Gedult mit Ihrem gebundenen hängenden Joh Ge H. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / in /
    Riga
fr.
    Memel
.
Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Königsberg Empf d. 9 Febr 1787
Düßeldorf den 27ten Febr 1787. Vermerk von Hamann (Erhalten-Vermerk und Nummerierung mit roter Tinte, Antwort-Vermerke mit schwarzer): den 10 MartiiNo 60 Geantw. eod. 11, 12 – in folio widergeschrieben den 15, 16 – in 4to   19 – in 8o   27 – do Unser Wizenmann hat ausgelitten. Er starb am 22ten, Nachmittags zwischen 3 u 4 Uhr. Ich verlies ihn den 20ten, um die Fürstinn v Gallitzin u unsern Buchholz, die um unsern Wizenmann noch einmahl zu sehen, u um mich aufzurichten (letzteres war vornehml Buchholzens Absicht) nach Mühlheim gekommen waren, bis in mein Haus zurück zu begleiten. Witzenmann war schon so gut als todt, aber nicht ohne ein tiefes
    allein Leiden
, das einem durch die Seele gieng. – Ich weiß nicht mehr was ich Dir am Freytag vor 8 Tagen geschrieben oder nicht geschrieben habe. Könnte heute auch nichts nachholen. – Ich habe eine tiefe tiefe Schwermuth an diesem Sterbebette geholt. – Meine Schwester Helene blieb bey meinem sterbenden Freunde. Er konnte sie keinen Augenblick in diesen letzten Tagen entbehren. Dienstag Nachmittag um 3 Uhr gab sie ihm zum letzten Mahl zu trinken u höhte ihm die Küßen. Darauf gieng sie ins Neben Zimmer um an einem offenen Fenster sich die frische Luft anwehen zu laßen. Nach etlichen Minuten trat sie wieder zum Bette, u fand ihren Freund in derselben Stellung wie sie ihn verlaßen hatte, todt. Etwas Athem schwebte noch um seine Lippen, u nun drückte er die Augen vollends zu. Einliegend sein letzter Wille, mit einem Umschlage, wie er mirs den 17ten da ich bey ihm war versiegelt zustellte. Er gab mir damahls auch einen Brief v seinem Vater einem Tuchwürker zu lesen, den ich Dir ebenfalls in Abschrift schicke. Wie der Arme gerungen hat! – O daß ich dies Ringen, das vergeblich Ringen
    ohne nachzulaßen
nicht gesehen hätte! Buchholz ist den ganzen Donnerstag hier bey mir geblieben. Wir werden uns einander gegenseitig immer lieber. Seine Begierde daß Du kommen mögest ist unaussprechlich. So bald ich kann schreibe ich wieder. Behalte mich lieb. Dein Fritz Jonathan
den 10 März 87. Meins Herzens lieber Jonathan und Bruder, ich lebe noch immer in suspenso und schreibe dies auf dem Bette, wo ich Gottlob! jetzt ohne Schmerzen 14 Tage liege, als ein armer Oedipus an geschwollenen Füßen. Den
    letzten Febr
. stärkte mich Dein voriger Brief, wie ein Engel, nach einer schlaflosen unruhigen Nacht, und beschloß den zweiten Monath dieses Jahrs mit ruhiger Zufriedenheit. Ich schickte heute, wie jeden Mittwoch und Sonnabend, meinen Sohn ohne Hoffnung eines zweiten Briefs, schrieb eben an dem andern Bogen der Beyl. Ehe ich es mich verseh, stand mein Bote vor meinem Bette, daß ich beynah über seine plötzliche Erscheinung erschrak. Das schwarze Lack Deines Briefes erinnerte mich gleich an unsern seel. Märtyrer, der mir jeden Morgen und Abend im Sinn gelegen. Ich habe mehr Freudenthränen vergoßen, als mich über smeinen Verlust betrüben können. Ich rechnete beynahe auf seine persönl Bekanntschaft, aber ohne Wirth. Meine seel. Mutter starb auch an einer auszehrenden Krankheit. Viele Jahre vor ihrem Ende rief unser Vater einen Morgen uns aus dem Schlafe auf und schrie: Kinder! eure Mutter stirbt in meinen Händen. Sie ist beynahe die aller einzigste Person, von deren sanften Tode ich ein Augenzeuge gewesen bin. Vor einigen Wochen lag eine Frau, deren Mann der beliebteste Prediger für die hiesige beau monde ist, schon in den letzten Zügen, und erholte sich wider. Daher dachte ich eben so von unserm Freunde bey einer Jahreszeit, die dergl. Patienten bis an den Rand des Grabes führt. Aber Gottlob! daß Er überstanden hat und Du lieber treuer! auch eine Last weniger hast. Die
    tiefe, tiefe Schwermuth
enthält also einen
    hohen, hohen Trost
der nicht ausbleiben wird. Bey meinem Sonnabendsliede nach dem Eßen überfiel mich ein neuer Schauer und Platzregen, durch den ich vollends erleichtert und erqvickt bin.
    Der Herr
ist mein getreu
    der aller Enden
regiert mit Seinen Händen p Vor einer halben Stunde erhalte einen Brief von Scheffner mit dem ich fast seit und Jahr und Tag keine Zeile gewechselt. Er ist seit Weinachten 2 mal wider in Kgsb. gewesen, das erste mal nur auf einen einzigen Tag in einem strengen incognito. Das andre mal wollte ich ihm zuvorkommen, fand ihn aber nicht zu Hause, und kam eben von diesem Besuch so lahm zurück, daß ich mich gleich ausziehen und legen muste. Dein voriger Brief war eine Erzählung Deiner häuslichen Unruhen, an denen ich herzl. Antheil nahm, und eine gute Nachricht von dem Fortgange Deiner Arbeiten, auf die ich mich eben so innigst freue. Ich habe diese 10 ersten Tage des März in einem Zuge an Dich gedacht und jeden Tag schreiben wollen. Da mich heute Dein zweiter Brief No 60 überrascht: so bekam ich den letzten Stoß, dem ich nicht länger widerstehen konnte. Bleibt Dein lieber Tiro Schenk in Deinem Hause nach seiner Versorgung; dieser wichtige Artikul wurde mir auch von Dir im vorigen Briefe gemeldet. Dein gutes Verständnis mit Alc. B. ist meine Vermuthung und Hoffnung gewesen. Er hat also Petri Stuhlfeyer bey Dir gefeyert und Witzenmanns Heimfahrt. Ich hoffe Dir wenigstens 1½ Bogen Mst beylegen zu können mit der freundschaftlichsten Bitte aber es so wie ich damit zu machen und Dir Zeit zu laßen, wenn Du einen müßigen Augenblick zu dieser herkulischen Arbeit übrig hast, und recht zum Tadel aufgelegt bist. Den 15 Febr. bin ich mit meines Sohns geborgten Quintilian glücklich fertig geworden, und nach dem Telemaque uns beide rechtschaffen an Floriani Numa Pompilius ennuyirt, seit dem in dieser Litteratur punctum gemacht. Die Sahmsche Correspondentz hab ich verschlungen auf meinem Bette; eine Woche früher Voltaires Lebensbeschreibung. Vorgestern bringt mir Nicolovius Trenks Leben mit der Bedingung, daß er es den morgen drauf wider haben müste. Ich erhalte zu gl. Zeit ein dringendes Billet von einem alten Freunde, Kriegsrath Lilienthal, an dem ich nur noch den Familiennahmen verehre. Er bittet mich um einen engl. article von Argand’s Lampe zu übersetzen. Ich überlaße diese Arbeit Nicolov und meinem Sohn, und gehe mit wenig appetit und einem zieml. Vorurtheil und dVerdacht, den ich Scheffners Urtheil von Weynachten zuschreiben muß. Ich komm ins Lesen, bringe die halbe Nacht mit einem Lichte vor meinem Bette über dies Buch zu – wider alle meine Sitte und Diät, schlaf einige Stunden herrlich drauf und eile den Morgen gleich damit fertig zu werden. Auch Düßeldorf kommt darin vor. So erschrecklich hat mich in langer Zeit kein Buch electrisirt und illuminirt, als dieser außerordentl. Mensch, der beste Pendant, der unsern nordischen Salomon aussalomisirt. Das ist eine wahre Encyclopädie und Metaphysick der Humanität und Moralität. Sag mir doch, lieber Jonathan auch Deines Herzens Gedanken von diesem Buch und alles was Du aus dirder ersten Hand von diesem Ungeheuer und Wundergeschöpfe weißt und wißen kannst. Wie lange die Idee und das Ideal dieses Mannes mir in meinem Gehirne gelegen, kanst Du daraus schließen, weil sein Marterbild Jahre lang in meiner Sommerstube unter des Königs Kupfer hängt. Wie sich der arme Schelm über St. Pauli Gefäße des Zorns den Kopf zerbricht und dies mit seinem Ideal der Gottheit nicht unter einen Hut bringen kann! Ich habe mich am Quintilian so begeistert, daß ich gern ihn auf allen Seiten meiner Arbeit citirt hätte. Ein paar Anführungen habe ich doch Herz gehabt auszustreichen. Nichts hat mich mehr aufgerichtet als die Relatio curiosa, daß Cinna 9 Winter u Sommer an seinem Smyrna gearbeitet und Isocrates nach der sparsamsten Rechnung 10 Jahre. Ich bin dadurch so neugierig gemacht des letzten Panegyricum auch zu studieren. Er lobt Athen, und ist gegen die Barbaren eben so gestimmt, wie ich gegen die Berliner. Ich schäme mich nicht es Dir zu beichten und lüge nicht, daß ich über ein ganzes Buch Papier und mehr verderbt, ehe meine Handschrift eine Gestalt gewonnen, die ich ihr mehr wünschen als geben kann. Mit den roth gezeichneten Stellen bin noch nicht recht zufrieden. Der Catalogus meiner Schriften ist mir so sauer geworden, wie es dem Leser wird den Catalogum der Schiffe in der Odyssee durch zu zählen. Das letzte not 9 fällt weg. Die zweite rothe Stelle könnte vielleicht beßer heißen: in den Collissionsfällen unvollkommener leerer Gründe und sattsam zureichender Widersprüche. An den 2 letzten Zeilen und überhaupt der ganzen letzten Anmerkung des ersten Bogens habe gnug gefeilt; es scheint aber noch kein rechtes Geschick zu haben. Wenn ich nach Beqvemlichkeit und bey Gelegenheit eine Abschrift mit Deinen Randgloßen und Monitis erhalten kann: so kommt selbige Zeit gnug. Den 15 Febr bin ich mit einem Briefe sine die et consule aus Weimar erfreut worden. Unser alter Herder klagt, daß er seit deiner engl. Reise keine Zeile von Dir gesehen. Er kann über die 3 ersten Bogen meiner Schrifft nichts sagen, bis er sie ganz haben wird, bittet mich nicht zu zögern, da ich die Hand einmal an den Pflug gelegt, sie nicht zurückzuziehen, sondern die Furche hinunter zu fahren. Gottlob! daß nur seine Ideen unter der Preße sind. Daß er mir von den 3 Bogen nichts sagen kann, will ich gerne glauben, mag auch nichts wißen. Stachel brauch ich nicht um mit meiner Furche hinunter zu fahren. Wenn ich man erst den Hügel des Tituls durchgegraben hätte. In dem schäumenden Ton, wie ich anfieng wäre ich mit 15 Bogen nicht zu Ende gekommen. Nun hoff ich die vorige Verschwendung durch Sparsamkeit zu ersetzen. Auf diesen Fall habe ich das
    Datam
meines Anfanges zum voraus geschickt, und will mich nicht dran kehren wenn ich auch bis 89 also 30 runde Jahre an der Vollendung meines Autoreyes brüten soll. Gott helfe mir nur erst über den Titel meiner Autorschaft, denn hoff ich auch aus meinem Quintil. XII. 10 zu sagen Desinit in adversa niti, qui pervenit in summum. Scandenti circa ima labor est: ceterum, quantum processeris,
    mollietur clivus
et
    laetius solum
.
Hippel hat beßer Wort gehalten, als ich gedacht. Die Gesellen des Schweitzers sind verhört worden und haben ihn alle einmüthig für einen
    Schweitzer
und
    Zürcher
erkannt. Dies ist ein nothwendiger Anhang zu meinem vorigen Bericht über
    Heidegger
. Noch ein Misverständnis von meiner Seite, das ich immer bisher vergeßen habe zu berichtigen. Du hast mir, lieber J. nichts geschrieben von L. Philemon, wie ich mir eingebildet. Also hierinn ist kein Fehler von Seiten Göschens vorgegangen; sondern es liegt an mir. Ich habe hier von Deines Bruders Predigten gehört, die gar nicht angekommen sind auch kaum zu erwarten stehen. Wenn ich von denen mit Meßgut oder durch Hartknoch etwas erhalten könnte, geschähe mir u meinen Freunden ein großer Gefallen. Lav. zweites Heft oder die fortgesetzte Rechtfertigung ist auch nicht hier. Nach des alten guten Des marées 2ten Heft an die Wächter habe schon zum zweitenmal nach Berl. schreiben laßen und hoffe es nächstens zu erhalten. Mein alter Freund u Verleger
    Hintz
ist in Pernau plötzlich gestorben und auf der Straße liegen geblieben. Er hat kürz. geheyrathet und seine junge Frau sieht ihrer Entbindung entgegen. Daß ich an ihn gedacht, aber nur Antwort, Glückwunsch zur Heirath und meinen Dank für einen Homer den er meinem Sohn geschenkt, ist nicht meine Schuld. Sein Name steht auf der Liste die ich einmal Dir zugeschickt. Wenn man es nicht mehrern so geht, daß meine Autorschaft für sie zu spät kommt. Oculi. Ich muste gestern aufhören. Das Schreiben wurde mir im Bett zu schwer, und bey Licht leiden schon meine Augen. Mein Michael muste mir auch die Beyl. Deines Briefes vorlegen. Ich habe aber eine elende Nacht gehabt. Der fürchterl. Sturm seit vorgestern, und der schwerfällige Heerrauch in der Luft, wirken auf meinen kranken Leib und meine noch schwächere Lebensgeister. Nun Herzenslieber J. laß die Todten schlafen und ruhen von ihrer Arbeit. Schone Deine Gesundheit und lebe desto mehr für die Lebenden, auch Deine entfernten Consorten. Ich hoffe die hinterlaßene Handschriften in seiner Stube einmal durchzuwühlen. Wenn sie, wie ich vermuthe, von einigem Werth sind und verdienen erhalten zu werden, wirst Du dafür von selbst sorgen. Einen kleinen Geschmack von dem was er über Matth. im Sinn gehabt und von seinem Fragment über Kant, wünschte ich wol, wenigstens Dein unpartheyisches Gutachten. Gott wolle Dir und Deiner würdigen lieben Helena reichlich ersetzen und an den Deinigen wider vergelten. In meinen reiferen Jahren war dies das einzige Glück was ich mir wünschte, wie der seel. W. bey einem Freunde zu hausen, und hoffte dies von meinem einzigen Bruder. Gott hat mich gantz andere Wege geführt, die beßer gewesen seyn müßen, als meine thörichten Entwürfe. Nun bin ich auf meine alte Tage in ein neues Labyrinth gerathen, zu dem ich ohne neue Wunder und Zeichen keinen Ausgang zu finden weiß nichts wie Finsternis
    in
mir und
    um
mich sehe. Wie kindisch! wie wichtig! mir alles vorkomt.
Was ist der Mensch, daß Gott seiner denkt? und ihn würdigst, Dich seiner anzunehmen. Der Staub! die Made! Unser Verdienst und Würdigkeit bewegt Ihn gewiß nicht dazu! Seine grundlose Barmherzigkeit ist das Einzige – worauf wir im Leben und Tode uns verlaßen können, und welcher Abgrund für unsern Schwindel des Vernunftglaubens. Mich wundert daß die Aerzte nicht die Neugierde gehabt den Leichnam zu öffnen, daß sie über den Grund seines Uebels so verlegen waren. Ueber die gottl. Entwicklung des Satans habe ich hier eine zieml. weitläuftige Recension gelesen, die ein Freund gemacht hatte, deßen Urtheilen ich nicht recht traue u der ein reformirter Prediger in Litthauen ist. Es scheint mir die Idee, wie der Ausdruck, verfehlt zu seyn. Wenn Du kannst, bist Du wohl so gut auch ein Exemplar dieser kleinen Abhandl. den obigen Predigten beyzulegen durch Hartknoch. Kannst Du mir wohl sagen, was
    Grove
in den Argandschen Lampen bedeutet. Vielleicht hast Du dergl. selbst in Augenschein genommen. Ich habe meine und meiner Freunde Wörterbücher umsonst zu Hülfe genommen. Bocage ist die einzige Bedeutung dieses Worts vom
    Gebüsche
in beyden Sprachen u giebt keinen Verstand bey einer Lampe. Bey einer
    Laube
konnte man sich eher eine uneigentl. Bedeutung vorstellen. Aber Gesträuche läßt sich gar nicht bey einer Lampe denken. Herder muß eben meinen Brief erhalten haben, wie ich seinen erhielt. Wenn ich könnte, wollte ich gern ein paar Zeilen beyl um die Eindrücke des vorigen auszulöschen und Dich auch dazu zu nöthigen. Thu es doch. Vielleicht wird Deine neue Schrift zur Meße fertig, und hast alsdenn Anlaß. Crispus ist auch krank, ich habe ihn die ganze Zeit über nicht gesehen. Wir sind Brüder gleicher Kappen. Mehr von ihm, wenn ich mehr wißen werde. Meine Füße sind diesen Morgen Gottlob! ziemlich geschlungen. Vielleicht mache ich heute oder morgen wieder einen Versuch aufzustehen, der beßer geht, als der in voriger Woche. Gott wolle Dich und Deinen Tiro Sch. versorgen nach Eures Herzens Wunsch. Ich weiß nicht ob Du wirst lesen können was ich geschrieben habe. Es ist voller Lücken, die Du so gut wie mögl. errathen u ausfüllen wirst. Seit einigen Sonntagen habe auf meine Lisette Reinette gewartet, umsonst. Vielleicht kommt sie heute, aber nur auf einige Stunden, wie ich höre. Noch sind ¾ und dann hoffe ich sie wider aufzunehmen. Gott wolle unterdeßen meine Hütte geraumer machen. Unsere Veränderungen sollten schon zu Anfange des März eintreffen; aber ich weiß noch gar nichts. Das neue Collegium der Prov. Dir. soll schon eingerichtet seyn. Stockmar hat einen Sous- Directeur, Xenemon, einen Brabanter oder Flandrer, den ich kaum von Ansehn kenne. Man redt auch von Assessoren, die aus Berlin kommen sollen. Was über mich verhangen seyn wird, überlaße ich der Vorsehung. Sie wirds wohl machen. den 12. Der gestrige Tag nach der schlaflosen Nacht war sehr unruhig für mich. Meine Tochter verlies mich sehr frühe, u hatte Besuch von 2 Nachbarinnen Stockmars u Miltzens Töchtern. Die erste ist in langer Zeit nicht mit einem Fuß in unserm Hause gewesen, wie ihr Vater. Die 4 jungen Freunde meines Sohns, Mayer u Miltz sprachen auch auf ein paar Stunden an, und der Abend schloß sich mit einer kleinen Aergernis über eine verlogene untreue Magd. Mein linker Fuß war stärker geschwollen; aber ich habe eine erwünschte Nacht gehabt. Tiefer Schnee – und noch ärger ist, liebster Jonathan! Du must mit diesem Geschmiere und dem
    ersten
Bogen für lieb nehmen. Die Hälfte des zweiten kann nicht fertig werden. Gott schenke Dir Gesundheit, Friede und Freude des Geistes Dein Leben zu genießen. Erinnere Dich meiner, vergiß des Seeligen, und habe Mitleiden mit dem Superbus. Sey mein Paraclet bey B. dem ich nicht eher schreiben kann wbis ich weiß, was? Tausend Grüße an Deine würdige Schwester und Dein ganzes Haus. Ich bin bis in den Tod wie W. Dein Schatten und Consors Johann Georg. Der Brief muß mir aus den Augen, wenn ich noch diesen Tag etwas thun soll – Gott sey mit uns. Immanuel! Amen. Bleib auch Herders Freund und schreibe es ihm. Er wäre nicht der meinige, wär er nicht der Deinige. Vale et faue. TVVS.
Mitfasten den 14 März 87 Du wirst kaum, Herzens lieber J. mit meinem vorigen Geschmier fertig seyn, und ich überfalle Dich schon wider mit einem zweiten Briefe, wegen der schuldig gebliebnen Fortsetzung, mit der ich diesen Morgen fertig geworden bin, ohngeachtet ich gestern den ganzen Tag an einem Durchfall gearbeitet habe, der auch diese Nacht mich etwas gestört und noch nicht aufgehört hat, mir aber wohlthätig zu seyn scheint und die materia peccans der geschwollenen Füße vielleicht aus dem Wege räumen wird. Ich muste vorgestern meinen Brief an Dich mir aus dem Gesichte schaffen meinem Michel das Couvert überlaßen, beynahe auch die Aufschrift, wenn ich nicht gefürchtet hätte durch eine fremde Hand Dich zu beunruhigen. Es ist noch alles im Groben und nicht ausgearbeitet, was ich Dir jetzt schicke. Wenn aber der Gang meiner Ideen nur mehr Zusammenhang hat, beßer einleuchtet: so ist es zur letzten Feile Zeit gnug, und Dein und Deines Nachbarn Urtheil soll mir dazu behülflich seyn. Vielleicht giebt Gott Gnade, daß wir mündlich darüber unsere Köpfe zusammen stecken können. Ob die Reise nicht eben so gut meine Autorschaft befördern wird, als letztere jene; ist noch immer eine Frage für mich, deren Auflösung ich den Umständen einer höheren Regierung anheim stelle und überlaße. Note 48 bezieht sich auf die Tellersche Postill, die ich mit vieler Theilnehmung gelesen habe und Dir selbige auch empfehle. Ich habe gestern Gurlitts Compendium der φφschen Geschichte durchgelaufen, eine elende Misgeburt die im Mercur ausschweifend ausgestrichen worden. Da fand ich den lächerl. Einfall, daß Leibnitz u Wolf die Semmler und Teller der Philosophen wären. Des letztern Ausgabe von Burnet Officiis habe ich noch nicht erhaschen können. Unser Oberhofprediger Schultz, der sie mir versprochen, hat sie ausgeliehen. Kraus soll mit seiner Anti-Meinerschen Recension fertig geworden seyn. Ich begreife aber nicht wie selbige in der lateinischen Zeitung Raum haben wird. Ihn selbst habe ich noch nicht gesehn, ohngeachtet er mir versprochen mich bey seinem ersten Ausgange zu besuchen und alles woran er gearbeitet hätte, mitzutheilen. Kant machte mir den 12 Febr. ein sehr angenehmes Geschenk mit Jungs Blicken; ich habe aber das Buch weder ausstehen noch verstehen können. Das Triumvirtat machte mir schon den Inhalt verdächtig, aber eben so neugierig. Vorgestern Abend wurde ich durch das Unglück erschreckt, das meines Nachbars Tochter gehabt haben sollte an eben Tden Tage da sie uns besuchte. Es hieß sie wäre aus der Kutsche gefallen und daß sie das Bein gebrochen hätte. Das Unglück erstreckt sich aber nur auf eine Zehe des Fußes, die im Ueberfahren zerqvetscht seyn soll. Als meine Tochter in Pension kam, gab sie die Baroneße dem Vater eine abschlägige Antwort die seinige aufzunehmen, die er bey einem Hofrath Ehrenreich anbrachte, der in Comp. mit unserm Director eine Fayance Fabric anlegte, seine geschiedene Frau debauchirte, die an einen Officier sich verheyrathete. Das Mädchen hat allen Mutterwitz geerbt und ist ein Liebling des verblendeten Vaters. Mein Verhältnis zu ihm kannst Du Dir leicht vorstellen, und wie ich mich krümmen muß, um mit ihm nichts zu thun zu haben., und wie mir zu Muthe gewesen, da er mich anfangs zum Vertrauten seiner häuslichen Gräuel machte, ihren Schlangenkopf aber mehr als seinen fürchten und verabscheuen mußte. Auch Penzel hat diesem Weibe die letzte Oelung seines Schicksals zu danken. Gottlob! daß alles überstanden ist; damals hat es mir aber an Kummer, Verdruß u Sorgen nicht gefehlt. Ich sehe nun von weitem der göttlichen Entwickelung des Satans zu ἑως αν ἐκβαλη εις νικος την κρισιν, welches ich noch zeitig gnug zu erleben hoffe. — Deines ehrwürdigen Vetters in Zelle Schrift über Jerusalem war die erste, die mir gefiel und vielen Eindruck auf mich machte auch zum theil aufmunterte mein Golgatha zu Ende zu bringen oder vielmehr auszustoßen. Kürzl. habe ich die neuste gelesen, welche auch von Dir beherzigt zu werden verdient. Kanst Du mir den außerordent. Verf. melden, wird es mir sehr lieb seyn. Sie ist in Bremen im vorigen Jahr ausgekommen und heist: Gedanken über MM. J. insofern diese Schrift dem Christentum entgegen gesetzte ist. Sie ist sehr unbillig u bitter gegen Lav. auch der Styl nicht reitzend; aber das schadt der Liebe zum Inhalt nicht, noch der lautern Wahrheit, die darinn das Wort führt. den 15. Brahl besuchte mich gestern und meldete daß Kraus vorgestern auf dem Wege mich zu besuchen sich verkältet einen Artzt angenommen und sich ein paar Tage einhalten müste. Seine Recension wäre durch Kant abgegangen, beträge aber einige Bogen, und ich begreife also nicht wie selbige sich zur Aufnahme in die Zeitung qualificiren wird. Kraus hatte zwar Vollmacht gegeben zu verkürzen und zu verändern; Kant aber entgegen gesetzte Maasregeln genommen. Ohngeachtet mein linker Fuß gestern stark geschwollen war, hoffe ich doch auf die Woche ausgehen zu können und zu müßen, der Bewegung wegen. Mein Appetit ist wie gewöhnlich, aber ich kann mich jetzt des Abendbrodts gänzlich enthalten. Ich habe viel Hoffnung den
    cliuum
zu ersteigen, es mag nun so kümmerlich gehen wie es wolle, und meine Ahndung zur Mitfasten ein wenig weiter zu rücken, ist eingetroffen. Dann will ich mit Freuden eine kleine Pause machen und denke ⅓ meines Weges zurückgelegt zu haben. Vielleicht schicke ich mit nächster Post die Fortsetzung, daß Du wenigstens den Gang meiner Gedanken ungefehr übersehen kannst. Zeit will ich mir laßen. Mein Kopf ist so noch gantz verwildert und ein ganzer Wald drinnen, wo ich mir Bahn und Licht schaffen muß, damit ich mich nicht wider verliere. Nun, lieber Jonathan, erholst Du Dich auch von Deiner Schwermuth? Vergiß mir doch nicht die kleine Schrift über die göttl. Entw. den Predigten beyzulegen. Ich habe wenigstens einen Brief von dem seel. W. erhalten, und bin ihm herzlich innerl. gut gewesen, ohne es mich merken zu laßen, weil ich mich für Anhänglichkeit fürchte und in meiner Lage zu wenig Kräfte habe, die ich zu Rath halten und mich concentriren muß. Ich habe mich auf seine persönl. Bekantschaft umsonst gespitzt und gefreut, und alles auf diesen Zeitpunct verschoben. Von seinem Freunde Hausleutner hat mir mein Junge ein paar Schriften in Pf. Beyträgen zum Magasin aufgesucht, aus denen ich den Mann nicht beurtheilen kann. Meld mir doch etwas von seinen Fragm über Matth. und über das Orientiren. Kant arbeitet mit Eifer an einer weitläuftigen Vorrede zur neuen Ausgabe seiner Kritik. Ich werde zum zweiten Stück meines fliegenden Briefes noch viel nöthig haben, und mich durch ein neues Studium zu diesem Felde recht vorbereiten müßen. Die neueste confiscirte Schrift ist hier, ich habe sie aber noch nicht zu sehen bekommen. Der erste Bogen ist in Berlin die übrigen sind in Leipzig gedruckt. Ein Geh. Rath von Bork wird als Verf. angegeben; andere versichern, daß dieser Mann gegenwärtig in London sich aufhalten soll, also nicht der wahre Verfaßer seyn könne. Herzberg letztes Memoire liegt vor mir, ich habe es noch nicht ansehen können, und muß erst mit diesem Briefe fertig seyn. Daß aus der Reise mit Hartknoch was werden wird, ist kaum abzusehen. Ich habe auch in Gedanken auf dies Jahr beynahe Verzicht gethan, wenn nicht eine Revolution in meinem Gemüthe oder Lage vorgeht. Gegen Ende des Mays muß mit dem neuen Etat alles entschieden seyn. Ich wundere mich bisweilen selbst über meine Ruhe, und danke Gott für diese Wohlthat. Irre ich darin, so irre ich mir. Wenigstens leb ich noch immer guter Hoffnung, daß eine hohere Hand mir meinen Weg bereiten wird, und daß ich mit Lust und Freuden denselben zurück zu legen denke. Giebt Marianne nicht auch Hoffnung? Nun Herzenslieber Jonathan! erfreue mich bald mit einem Briefe und guten Nachrichten von
    Dir
und den
    Deinigen
. Laß mich heute schließen; wahrscheinlich werde ich nächstens, höchstens in 8 Tagen wider schreiben. Empfiehl mich bestens Deinem Alter ego und grüße auch den guten Tiro- Schenk. Ich ersterbe der Deinige JohGeH. und Comp. Ich habe heute noch viel aufzuräumen, um morgen mit Gottes Hülfe wider ein wenig arbeiten zu können. Der Cliuus liegt im Kopf – und ob ich hinter demselben ein laetius solum finden werde? Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu / Düßeldorf / Fco Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 14ten März 1787. / J. G. Hamann / empf. den 25ten beantw. den 26ten-.
Königsberg den 21 März 87. Wolgeborner Herr Kriegsrath, HöchstzuEhrender Gönner und Freund, Vorigen Sonntag besuchte mich HE Brahl und erhalte heute die Antwort, daß im Hartungschen Laden bereits ein gebundenes Exemplar nebst auch vier rohen auf Käufer wartet; und eine Parthie von den Vorlesungen hat zurückgeschickt werden müßen, weil der erste Theil einen guten Abgang gehabt, die übrigen aber liegen geblieben. Meinem Geschmack ist es mit der Folge ebenso gegangen; aber mit meinem Urtheil will ich bis zum Ende des Gantzen zurückhalten. Meine eigene Empfehlung hat also auch mit dem 1. Bande aufgehört. Ich besitze das Werk selbst, und weiß keinen andern Ausweg als meinen lieben guten Beichtvater, falls er das Buch noch nicht besitzen sollte, wie ich beynahe vermuthen muß. Mein Ihnen, HochzuEhrender Freund, zugedachter Besuch des Morgens 26 Febr. ist der letzte Gang gewesen. Ein Schmerz am linken Fuß nöthigte mich bey HE Meyer anzusprechen, und von da hinkte ich zu Hause und bin die ganze Zeit über nicht ausgewesen, habe wie ein Oedipus das Bette hüten müßen wegen einer oedematischen Geschwulst, die von jedem Druck ein Grübchen nach sich läßt. Die arthritischen Schmerzen hörten bald auf und die Geschwulst hat sich auch nach dem Gebrauch eines Wermuthsweins beynahe gantz verloren, daß ich noch diese Woche auszugehen, höchstens den nächsten Sonntag hoffe. Mein einziger Freund Crispus hat mich auch während meiner ganzen Unpäßlichkeit nicht besucht, hat am Magenkrampf viel ausgehalten und ist mit Arbeiten überhäuft gewesen. Ueber meinen Magen kann ich nicht klagen, der bleibt noch immer wacker, und ich habe mehr Ursache einen Exceß als Defect meines Appetits und außerordentlichen Geschmacks an Gottes Gaben, mit denen ich verhältnismäßig versorgt worden bin, zu besorgen. Hartknoch hat mir Haselhüner und mein noch immer kranker Freund Kr Hennings eine Rehkeule geschickt. Holländische Heeringe theile ich mit meinem Freunde und Artzt HE Milz, der sein Haus nach Wunsch verkauft und auf Ostern ein neues bezieht, auch in dem Sprengel meiner Nachbarschaft. Des Herrn Jacobi Jgfr. Base honorirt alle meine Assignationen auf Sauerkraut und da ich auf meine alte Tage ein Obstnäscher geworden bin, habe ich mich verführen laßen ein Faß geschälter Reinetten zu kaufen, von denen ich alle Tage eine gute Portion con amore verzehre, um sie dem Schicksal ihrer verfaulten Brüder zu entreißen. Ich lebe also einen stetigen Wechsel von Freud und Leid, von Schwelgerey und Dürftigkeit, halb wie der reiche Mann im Evangelio halb wie sein Schweitzer Lazarus der auf einen Vorspann der Engel zu seiner Reise in Abrahams Schooß wartet. Die heraklitische u demokritische Augenblicke sind so getheilt, daß mir der Abend so willkommen zum Schlafen ist als der Mittag zum Eßen. Unser alte Freund Hintz soll am Schlage auf der Straße gestorben seyn und seine Wittwe erwartet ihre Entbindung. Einer meiner jüngsten Freunde, Thomas Witzenmann, ist eines desto langsameren Todes gestorben. Ich habe einen einzigen Brief von ihm zum Andenken erhalten, wo er mir schon sein Ende ankündigt. Meine Freude ihn zu sehen ist also nicht erfüllt worden. Er hat die letzten Jahre seines siechen Lebens in dem gastfreien Hause meines Jonathans in D. zugebracht, starb in seinen Armen zu Mühlheim und war geboren zu Ludwichsburg, wo sein Vater ein rechtschaffener Tuchmacher ist, den ich aus einem Briefe an seinen sterbenden Sohn sehr hoch und werth schätzen muß. Einige Abhandl. des seel. und freywilligen stehen in Pfennigers Sammlung zum Magazin, die ich Ihnen meines Wißens längst mitgetheilt habe. Er hat noch einige Handschriften nachgelaßen, die ich in loco zu sehen hoffe entweder dieses laufende oder nächste Jahr mit Gottes gnädiger Hülfe. HE Pr. Kant hat mir ein angenehmes Geschenk mit seinem Dedicationsexemplar der Blicke in die Geheimniße der Natur gemacht. Ich bin aber nicht im stande gewesen dies Schaugericht zu genießen. Stillings Romane sind mehr nach meinem Geschmack‥ Das ungleiche Assortiment des Triumvirats machte mir schon den Inhalt verdächtig und ist auch eingetroffen. Göthe lebt in Rom, und der III. Theil der Ideen ist unter der Preße, Jacobi arbeitet an einer neuen Ausgabe seines Spinozabüchleins, an Dialogen aus dem fr. u übersetzten Alexis – und, mich selbst nicht zu vergeßen, seit dem 17 Xbr. 85 an dem puncto finali meiner Autorschaft und ihrer schwarzen Kunst. Mehr als 2 Bücher schönes Schreibpapier zu reiner Maculatur gemacht, und bin mit genauer Noth auf 2 Bogen = ⅓ des Ganzen. Zwölf Tage nach der merkwürdigen Epoche meines schiefen Mauls legte ich die erste Hand ans Werk, griff es mit Freuden an. Es wird mir eben so schwer die Hand vom Pfluge zurück, als die Furche herunter zu ziehen, daß ich mit dem genesenden Hiskias singen kann: ich werde mich scheuen alle meine Lebtage vor solcher Betrübnis meiner Seelen – Nein punctum, dies soll der Benoni und Benjamin meiner agonisirenden Muse seyn. Mit meinen moliminibus bin ich noch ein größerer Cunctator. Es geht mir wie unserm Philosophen und Kritiker in seiner Jugend mit dem salto mortale über den Mondschein, oder Rinnstein. Sie werden es beßer wißen, wie ich. Mein Hans Michel ist heute pro Decano bey einem # Strafe dictirt und die Heimsuchung eines academischen Lectoris hat mir 12 gl. gekostet. Er hat für die lange Weile über die medicinische Encyclopädie und zur bloßen Probe Cadauera ansehen müßen, ohne noch an seinen Cursum Medicinae pro facultate in spe zu denken. Er hört bey unserm thätigen Hasse Syrisch u arabisch, liest alle Nachmittage mit seinen beyden Nicolovius den spanischen Don Quixote und griechischen Plutarch. Vater und Sohn haben in ein paar Monathen den Quintilian durch gepeitscht, den Telemaque zum ersten mal mit eben so viel Zufriedenheit gelesen als Florians Numa Pompilius mit Ueberdruß und Ekel. – Die kleine Johanna Brahlin erscheint und meldet den Besuch ihrer Eltern an. Meine jetzige Seelenweide besteht in des Andreae Mythologia Christiana. Von seinen 300 Apologen ist kaum ein kleines Drittel übersetzt. Ich habe mit der ersten den Anfang gemacht und will meine kleine häusl. Akademie, die aus meinem Sohn und seinen 4 Freunden Hill, Raphael und dem par nobile fratrum besteht, anspannen zur Fortsetzung und Uebung. Hahn, nicht mein goldner Postillenschreiber, noch der printzmetallne Märchendichter, sondern der auf dem Sterquilinio almae nostrae disputirt den 27 h. und Raphael opponirt muß mit 8 rth für diese Ehre büßen – Wie gehts mit ihren Land- und Kirchenangelegenheiten? Ich habe seit kurzem die modernste Postille, eine Sammlung von Predigten und eine über die häusliche Andacht – und warte mit Schmerzen auf seine Ausgabe des Burnets de Officiis, die unser mildthätige Oberhofprediger ausgeliehen hat. Seit der ältesten Widerlegung des M. Jerusalems von dem Zellschen Jacobi hab ich nichts kräftigers gelesen als eines anonymen (Barbaren oder Gothen) Gedanken über do insofern diese Schrift dem Χstentum entgegen gesetzt ist sind. Sie ist in Bremen 786 bereits erschienen und bisher unbemerkt geblieben. Empfehlen Sie mich bestens der geehrten Frau Gemahlin. Ich nehme herzlichen Antheil an den Freudentagen Ihrer Nachbarschaft, und bitte die Schwatzhaftigkeit meines epistolischen Gänsekiels zu entschuldigen. Hans Michael erscheint mit glühenden Wangen vor Freuden, daß alles gut abgegangen ist; und empfiehlt sich Ihrer Gewogenheit. Ich ersterbe Dero ergebenster Freund und Diener Johann Georg Hamann. Adresse:
An / Herrn Krieges Rath
    Scheffner
/
    Sprintlacken
/
den 22 März 87. Nun mein Herzenslieber Jonathan! Noch ein paar Zeilen nebst einer kleinen Beyl. von der noch mehr gilt als von der vorigen, daß falles noch roh ist. Ich habe das Ende des letzten nicht auffinden können, und weiß nicht, ob Zusammenhang seyn wird. Ich hoffe nun bald den Hügel erstiegen zu haben, und wünsche durch Deine Erinnerungen Hülfe. In meinem armen Kopfe sind so viel Bienenschwärme. Auf die Woche denke wider auszugehen, und Luft zu schöpfen. Ich schmachte nach guten Nachrichten von Dir u den Deinigen. Den gantzen Nachmittag Besuche gehabt, endl. einmal von meinem lieben Crispus, unserm gewesenen und wahrscheinlich neuen Buchhändler Wagner mit dem Auftrage aus dem Kayserlingschen Hause eine Münzeninscription zu machen. Was die Leute sich für wunderl. Grillen von meinem Savoir faire machen. Ich verstehe nicht ein lebendiges Wort von allem dem, was man mir zumuthet. Darnach kam HE Mayer, der am Sonntage mit wenig Beyfall gepredigt hat, und zu einer sehr dürftigen PDorfpfarre künftige Woche eingeweyht werden wird. Gestern kam die Brahlsche Familie zum Besuch, und was ich in 20 Jahren nicht gethan, es gelüstete mich Lombre zu spielen, und hatte das seltene Glück einige Groschen zu gewinnen. Ich aß zum ersten mal während meiner Krankheit Abendbrodt mit eben so wackerm Appetit, als wenn ich keinen reichen Mittag gehabt hätte, und habe eine recht gute Nacht darauf gehabt. Heute bekomme einen AvisoBrief aus Lübeck, daß das von Hartknoch für meine mittelste Tochter bestellte Clavier wirkl. schon unterwegs ist, ohne daß ich aus dem ganzen Handel klug werden kann. Das Lesen wird mir schon bey Licht ein wenig sauer, geschweige zu schreiben. Wenn ich mit dem ersten Drittel meines Geschmiers fertig bin, mache ich Pause. Lohnt es
    Deiner Mühe
, und
    thut es Dir
    Gnüge
;
so muß ich schon so unverschämt seyn um eine Abschrift Dich zu bitten, weil es mir nicht möglich ist, aus meinem eigenen Wust klug zu werden. Jedesmal wenn ich abschreibe, ist was zu ändern, und das geht in secula seculorum; daß ich zuletzt nicht mehr aus noch ein weiß. Aber an eine
    Abschrift
wird nicht eher gemacht, als
    bis punctum mache
, und wenigstens mit dem Titel meiner Autorschaft fertig bin. Crispus lacht auch mit Eckel über seine Meinersche Recension, die ihm so sauer geworden ist. Darinn besteht aller Lohn unsrer Arbeit, daß man zulezt über sich selbst lacht. Vielleicht schicke ich Dir bald das Final des ersten Theils – und arbeite an dem zweiten, während Du Dich mit der Durchsicht qvälst. Gott gebe, daß ich selbige dort unter Deinen Augen vollenden kann, und unter Deinem Dache p in der leeren Stube des seel. Freywilligen. Gott gebe Dir Gesundheit und Muße mir bald zu schreiben. Mein Vorrath zum Briefe ist kümmerlich und von keinem Belange. Dein alter treuer Johann Georg unter tausend Grüßen und Wünschen.
Kgsb. den 26 März. 87. Nun, liebster Jonathan noch ein paar Zeilen. Nach einer langen Verstopfung komt endlich eine schnelle Katherine, wie man hier einen Durchfall nennt. Am gestrigen Dom. Judica und Mariä Verkündigung bin ich zum erstenmal ausgegangen mit großen Reisestiefeln, hielt meinen Kirchengang zum ersten mal in diesem Jahre, konnte aber nur bis zum ersten Theil aushalten, besuchte meinen kranken Freund Hennings, der sich seinem Ende nähert, aß und trank bey meinem Jacobi, der mich nach Hause begleitet. Heute erschien auf dem Packhofe und habe mich meinem Beichtvater gezeigt, den Kranken beßer gefunden, und schreibe diese Zeilen bey Licht – Es sind lauter geile Äste, die beschnitten werden müßen; ich hoffe aber den Hügel nächstens zu erreichen, um mich alsdann auszuruhen. Ich kann den Rauch nicht unterdrücken; ein guter Zugwind wird ihn bald vertreiben. Unser Etat soll bereits unterschrieben seyn, und ich hoffe daß er bald ankommen wird. Geschriebnen Nachrichten zufolge sollen die Gehalte wieder gestrichen seyn, und mündl. Klätschereyen zufolge habe ich Nebenbuler zu meiner freyen Wohnung. Ich freue mich also daß ich so klug gewesen bin alles abzuwarten und den ersten Zug des Spiels. Hartknoch, wie ich höre, wird sehr früh dies Jahr erwartet, kommt mit eigenem Fuhrwerk und ohn Gesellschaft, vielleicht in Rücksicht auf die meinige. Selbst hat er mir noch keine Nachricht gegeben, wiewohl ich ihn darum ersucht habe. Sobald ich nach Berlin geschrieben habe, werde ich im Stande seyn auch an unsern lieben Alc. B. zu schreiben Vergiß mir nicht das Wort Grove? Ich kann nicht mehr. Es liegt noch viel um mich herum, das ich aufräumen muß. Morgen hab ich noch einen sauren Gang zu meiner Tochter oder vielmehr ihrer Tante und Mutter. Auch meine Freundin Courtan muß ich noch diese Woche sehn. Ich bin Gottlob! ziemlich auf alles gefaßt und genieße seit ein paar Wochen einer ungewöhnlichen Heiterkeit und schmachte nach Deinen Briefen. Spare weder Hippe noch Sichel, zu schneiden und zu brennen, wenn das Ubrige werth ist Deiner Strenge und Mühe. Ich umarme Dich unter 1000 Seegenswünschen   Gott seegne Dich u die Deinigen! Amen. Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 22ten u 26ten / März 1787. J. G. Hamann beantw. Düßeldorf den 27ten März 1787. Vermerk von Hamann mit roter Tinte: erh. den 7 Apr. geantw den 8. 9. – No 61 Bester Herzens Vater! Du glaubst nicht welche Freude Dein liebevoller Brief v 10 u 12ten mir gemacht hat, u wie ich mich gegrämt habe, da es mir unmöglich wurde, der Post des folgenden Tages auch nur einige Zeilen an Dich mitzugeben. Nun kam Sonntag Dein zweyter Brief. Dank für alles, Du unaussprechlich lieber! – O daß ich einmahl bey Dir wäre! Die Beylagen habe ich gelesen, kann Dir aber heute weiter nichts darüber sagen, als daß mir beym Lesen trefflich wohl gewesen ist, u es mir eine wahre Lust ist, Dich wieder im Gange zu sehen. Du mußt noch 8 Tage Geduld mit mir haben. Heute bin ich ganz krank. Drey Mahl habe ich angesetzt um diese paar Zeilen zu schreiben, u mich immer wieder legen müßen. An Loewens Commißionär, den Buchhändler Schneider zu Leipzig ist geschrieben daß er sogleich folgende Bücher Dir schicken soll. – Lavater über Philemon. Nathanael für Nathanaele. DeMarées 2tes Heft. Lavaters Rechenschaft 2tes Blatt. Sailers einziges Mährchen in seiner Art. Die Göttliche Entwickelung des Satans. Museum Jan. u Febr. – Im Februar des Museums steht Witzenmanns Schreiben über das Orientieren. Er entschloß sich, Ende December, es drucken zu laßen. Verzeih daß ich nicht sorgte daß Du gleich dies Stück bekamst! Ich habe mich einer Menge Nachlaßigkeiten gegen Dich schuldig gemacht, welches mir leid ist, ohne daß ich mir Vorwürfe darüber machen kann. Die Predigten meines Bruders schicke ich mit meiner neuen Schrift, so bald sie gedruckt ist. Auch Herdern will ich eins schicken u an ihn schreiben. Ich war schon dazu entschloßen vor Deiner Ermahnung. Wenn ich zum Gegentheil wäre entschloßen gewesen, hätte ich zuverläßig auf Dein Wort v Sinn geändert. – Aber sage mir was das ist mit Deinen geschwollenen Füßen? Es ist doch kein Waßer? – Witzenmans Mattheus will ich Dir schicken. – In meiner Direction for managing Argand’s Patent Lamps steht nichts v Grove. Ihr müßt dort eine andre Ausgabe haben. Vielleicht ists ein Druck- oder Schreibfehler, u soll heißen Groove, eine Aushöhlung, französisch rainure. Ich habe selbst zwey solche Lampen, u für andre jüngst ein ganzes Dutzend kommen laßen. Hättest Du mir den den Zusamenhang geschrieben worin grove steht, so könnte ich Dir wahrscheinlich Auskunft geben. – Schenk ist vor wie nach bey mir, u es liegt ihm wenig daran Sindikus zu werden. Er schreibt jetzt eine Dißertation de autonomia. Auf seinen Beystand darfst Du zählen. Lene freut sich mit mir Deiner Grüße. Alles wünscht nur das Du kommen möchtest. Niemand aber bedarf wohl Deines Kommens mehr als Buchholtz. – Einliegend Abschrift eines Briefes v Stark an den Herzog v Meckelnburg. Ich erhielt sie heute v Kleucker. Starkens Klagschrift hast Du doch gesehen? Ich könte sie Dir sonst mittheilen. Die Abschrift des Briefes behältst Du. – Nimm für heute für lieb, Du Guter. Uber 8 Tage mehr. – Von ganzem HerzenDein Fritz Jonathan. Düßeldorf den 1 sten April 1787. Vermerk von Hamann (Erhalten-Vermerk und Nummerierung mit roter Tinte): den 20 Apr. rote Tinte nebst Gesprächen und des Bruders Predigten   63. Geantw den 22 Miseric. Dom. 23.
    wiedergeschrieben
den 28, 29 28. 29. 3.–95. May. den 9 May
Hier, Lieber, mein neues Büchlein. Der Vorredebogen wird umgedruckt u enthält 2 cartons. Ich schicke ihn heut über 8 Tage mit mehr Exempl. Es wird mir lange währen ehe ich Dein Urtheil über diese Schrift erfahre. Ueber alle Maaßen hat es mich gefreut, da ich in der heute eingelaufenen Beylage zu Deinem Briefe v 22ten März zwey Stellen fand, die eine ganz ungemeine Aehnlichkeit mit einer haben, die Du in diesem Gespräch finden wirst. Ich meine die vom Magnetismus u Somnambulismus. – Aber der Himmel stehe unserem Freunde Krispus bey. Da er so viele Bogen voll gegen Meiners hat recensieren müßen, so wird gegen mich ein halbes Ries kaum hinreichen – Einer meiner Freunde, der Major v Kron, ein guter u verständiger Mann kam u blieb ein paar Stunden. Nun muß geschwinde schließen u mein Paket machen. Der Brief den ich Dir übermorgen schreibe erhältst Du eher als dieses Blatt. Mitwoch schicke ich Herdern mein Gespräch u schreibe dabey. Du sagst mir doch gleich ob ich Dich nicht in den April geschickt habe. – Meine ganze Seele ist dabey indem ich Dir schreibe daß ich Dein Fritz Jonathan bin
Pempelfort den 6ten April 1787. Vermerk von Hamann (Erhalten-Vermerk und Nummerierung mit roter Tinte): den 18 – Geantw eod.   62 nebst dem V. Blatt meiner Fortsetzung in 8o u der Abschrift des Briefes nach Berlin. d 20 abgegangen. Sieh, Du Guter, da bin ich schon in meinem guten Pempelfort. Wir haben uns Hals über Kopf heraus gemacht, als wenns auch auf die Meße wäre. In der That doch auch ein beßeres
    Jubilate
als das Leipziger! In der vorigen Woche wurd’ es unversehens beschloßen. Zu dem außerordentlich schönen Wetter, u dem mit Gewalt heraus brechenden Laube, kam noch der Umstand, daß wir einen Besuch von Reventlows, auf ihrer Reise v London nach Holstein sogleich zu erwarten haben, u sie hier bequemer als in der Stadt beherbergen können, weil wir hier nur Baracken, in der Stadt aber ein ordentliches u schönes Haus haben. Wir überlegten, u fanden, es würde zur Noth sich zwingen laßen, daß wir als gestern hier einziehen könnten. Da kommt unversehens Dienstag früh ein Brief v Dohm, der uns seinen Besuch auf den folgenden Tag, mit seinem Gesandschafts Secretär, u vielleicht mit seiner Frau, auf den folgenden Tag ankündigt. Nun war unser ganzer Anschlag zernichtet, wenn es sich nicht vollends auch noch zwingen ließe, daß wir schon den Mitwochen heraus zögen. Und es ließ sich zwingen. Da sind wir nun, u ich kann Dir nicht sagen wie herzlich wir uns freuen u darob nicht müde werden, daß wir es sind. – Dohm ist ohne seine Frau gekommen, weil es sich mit einer sehr argen Verkältung womit sie behaftet ist gar nicht hatte geben wollen. Er ist hier um die nöthigen Verabredungen wegen des Kriegs gegen Heßen Caßel zu nehmen. Heute Mittag speist er bey dem Pfälzischen Kreisgesandten HE v Grein, u morgen reist er nach Coelln zurück. Du bist nun wohl schon ganz darin gefaßt, daß ich Dir am vergangenen Dienstag des Verziehens wegen nicht Wort gehalten habe. Aber wahrlich, wenn ich hätte verziehen können, hätte ich Dir auch geschrieben. Ich war krank, u das einzige was ich vermochte, war, gegen Mittag einige Zeilen an meinen ältesten Sohn zu Stande zu bringen, der Tages zuvor sich mit der Tochter meines Schwagers, Luise v Clermont, feyerlich verlobt hatte. Den 2ten Juli wird die Hochzeit seyn. Deine zwey Brieflein, das v 22ten u das v 26ten März, mit den Beylagen habe ich richtig erhalten, u weiß Dir nicht genug zu sagen, wie sehr ich über diese Beylagen mich gefreut habe. – Ueber die erste Beylage habe ich Dir Sonntag Abend schon ein Wort geschrieben; denn Sontag Abend gab ich ein Exempl meines Gesprächs für Dich auf den Postwagen, u hoffe es soll ohngefähr zugleich mit diesem Briefe überkommen. Aber Montag habe ich die Beylage erst recht genoßen, u noch einmahl, ich kann Dir nicht sagen, in welchem Grade sie mich entzückt hat. Nicht weniger Gutes kann ich v der gestern eingelaufenen bezeugen, nur daß sie mir noch nicht so geläutert scheint wie die vorige. Bey den Worten gleich im Anfange. „Es ist demnach Zeit die Acten einmahl zu schließen, mit einem lauen, scheuen: „All Fehd hat nun ein Ende!“ bin ich Dir um den Hals gefallen. – Die Abschrift soll mit Lust u Freude besorgt werden. Gott gebe daß Du nicht wieder unterbrochen werdest. Wie sehr mich nun auch verlangt zu hören daß mein neues Büchlein in Deinen Händen sey, u was für eine Aufnahme Du ihm hast gewähren können, möge mein Genius Dir zuflüstern, u Dein eigner Dir bedeuten. Herdern habe ich am Mittwoch ein Exempl geschickt u ihm dabey geschrieben. – Mehrere Exempl für Dich gehen künftige Woche ab. Du schriebst neulich, es nähme Dich Wunder, daß die Arzte nicht neugierig gewesen wären Witzenmann zu öffnen. Die Ärzte waren nicht neugierig, weil sie wegen seiner Krankheit keine Zweifel hatten; nur er selbst war einer andern Meynung. Er ist aber doch geöffnet worden. Die Lunge war ganz u gar aufgerieben u an der pleura angewachsen. Alles übrige vollkommen gesund. – In einem Buche worin er seine Gedanken aufzeichnete finde ich folgende Stelle über Dich. 1–10 Jann 86. „dies ist der Mann, deßen Patriarchalisches Herz, deßen bildervoller Kopf stupender Kopf, deßen ungeheure Gelehrsamkeit, deßen feiner schwerdtscharfer Geist, meines Erachtens seines Gleichen nicht hat. Ich beuge mich tief vor seinem Genius. – Jacobi hat viele gute Eindrücke ihm zu verdanken.“ – Meine Schwester sagt, ich müßte schließen u siegeln. – Ist es doch ein Elend daß ich gar nicht dazu kommen kann, einmahl ruhig u nach Genüge Dir zu schreiben! – Daß der Stadthalter v Dahlberg am 1sten April Coadjutor zu Mainz geworden ist, wird vor Ankunft dieses Briefes schon bey Euch erschollen seyn. – Ach, daß Du so weit, so weit v mir ab wohnst! – Lebe wohl, Du lieber Lieber! – Gott befohlen! – Bald, bald schreibe ich wieder – Dein Fritz Jonathan.
Ostern! den 8 Apr 87. im Bette Gottlob! daß Du gesund bist, Herzenslieber Bruder Jonathan! Ich erwartete mit dem lezten März eben die Freude, welche ich den letzten Febr. erlebt hatte, und war deswegen besorgt theils Deiner Gesundheit wegen, theils meiner selbst wegen, daß ich Deine Zufriedenheit gestört haben möchte, und Dich in Verlegenheit gesetzt hätte. Aber die Treue und Gedult meiner Freunde mit meinen Thorheiten und Unbesonnenheiten ist mir selbst unbegreiflich. Ich richtete mich damit auf, daß Du mit Arbeit überhäuft wärest; aber auch dieser Trost war mit einem unangenehmen Gefühl meiner eigenen Unthätigkeit vermischt. Ich warte noch immer auf unsern neuen Etat. Man hört eben so wenig Gutes als vom neuen Tarif. Von meinem geschwollenen linken Fuß habe ich bisher weiter keine Unbeqvemlichkeit gehabt, als daß ich in meinen weiten Reisestiefeln, die mir Hartknoch schon vorige Ostern gab, habe herumtappen müßen wie ein Tantzbär. Scheffner hat mich weidlich ausgelacht. Ich speiste vorigen Dienstag mit ihm – Man vermuthet sich eine Fortsetzung der Lebensläufe. Wie mir alles ein Wunder ist: so auch dies ein Geheimnis, wie Hippel bey seinen Geschäften an solchen Nebendingen denken kann, und wo er Augenblicke und Kräfte hernimmt alles zu bestreiten, Er ist Bürgermeister Policeydirector, Obercriminalrichter, nimmt an allen Gesellschaften, Journalen Antheil, pflanzt Gärten, hat einen Baugeist, sammelt Kupfer, Gemälde – weiß luxum u Oeconomie wie Weisheit und Thorheit zu vereinigen. Scheffner giebt sich auf dem Lande als Kirchenvorsteher mit Projecten à la Rochow ab, wird von seinem Freunde deshalb geschroben und geneckt, lacht selbst darüber mit. Der Gang dieser Leute ist eben so sonderbar als ihr Ton. Was ich für eine Figur zwischen ihnen vorstelle, weiß ich selbst nicht. Es scheint, daß wir uns einander lieben und schätzen, ohne uns recht zu trauen. Sie scheinen gefunden zu haben, was ich noch suche. Mit allem Kopfbrechen geht es mir wie dem Sancho Pancha, daß ich mich endlich mit seinem Epiphonem beruhigen muß: Gott versteht mich! Gestern habe ich bey aller Freude über Deinen Brief in Schmerzen zugebracht, weil ich meinen Fuß durch zu enge und zu dicke Bekleidung gereizt hatte, zu der mich Artzt und meine Freunde anriethen, wegen eines Durchfalls, den ich über acht Tage gehabt, und wegen meiner weiten Stiefel. An einem waßersüchtigen Uebel ist nicht zu denken. Die Schwulst ist blos im Gelenke des einen Fußes. Eine Frühlingscur wird alles heben. Miltz weyht heute seine neue Wohnung ein, und hat mein ganzes Haus dazu eingeladen. – Ich wollte schon gestern antworten. Dein erwünschter Brief fand mich aber über eine Arbeit, die ich gern los seyn wollte, ohne daß es mir möglich war abzubrechen. Die ganze Grille besteht darinn, Mori zweyte Ausgabe von des Isocratis Panegyr. mit der alten zu vergleichen, diese besitze ich selbst, jene hatte mein Sohn geliehen. Es wurde schon finster, und zum Glück muste ich Feyerabend machen, weil Brahl kam. Er hatte mir kurz nach Empfang Deines Briefes den Nathanael von unserm lieben Lavater zugeschickt. Ein paar Abend vorher erhielt ich das 2 Heft seiner Rechenschaft nebst der verzweifelten Metaphysik des Oberreits, wo ich schon auf das
    Museum
aufmerksam gemacht wurde, und es mir ad notam nahm. Wer ist der alte Schweitzer oder Herausgeber? Lavaters Rechenschaft ist ein Meisterstückseiner Beredsamkeit und vollen Herzens – bis auf einige wenige Stellen, wo er leider! in meinen Fehler fällt mehr zu sagen, als nöthig und nützlich ist für seine Freunde und Feinde. Ich habe es zehnmal auf der Spitze meiner Feder gehabt Dich um Verzeihung zu bitten wegen meines Misverständnißes in puncto des Philemons. Ich habe schon längst Deinen Brief deshalb nachgesehen, und gefunden, daß die Schuld an mir liegt etwas gelesen zu haben, woran Du nicht gedacht hast. Aber herzlich lieb ist mir dies
    Geschenk von Deiner Hand
; und ich wünschte nur auch einmal ein nützlicher Onesimus Dir zu werden. Gott wird meine tägl. Wünsche deshalb erhören; denn es ist eine traurige Lage, ein unnützer Knecht zu seyn bey einem guten Willen keine Kraft, keinen Einfluß der Lebensgeister zu fühlen, und die Seeligkeit der Armen am Geist zu glauben und zu hoffen. Es schlägt 8 Uhr und ich will aufstehen – Herausfahren kann ich nicht mehr – – – ich weiß nicht, wie mirs heut wird gehen – den 9 im Bette Bunter, wie ein Osterey, wurde der gestrige Tag für mich. Mutter und Sohn giengen jeder in ihre Kirche, jene den Oberhof – dieser den Hospitalprediger
    Fischer
zu hören. Ich las meinen kleinen Mädchen. Im May 77 schenkte mir Lavater Hahns Postille, an der ich 10 Jahre unermüdet fortlese und dem Geber bisweilen laut danke, weil ich dieser kleinen Postille wirkl. viel zu verdanken habe, ungeachtet ich weder die Uebersetzung noch übrige theol. Grillen und Schwärmereyen mit genauer Noth aushalten kann. Aber in gewißen Grundideen – Doch in unsern Urtheilen über Bücher, fließt das was man dabey
    denkt und fühlt
, mit dem was man lieset, so ineinander, daß man nicht im stande ist eins vom andern abzusondern – und daher so mancher Bock in meinen schwärmerischen Urtheilen. Hast Du schon den
    güldenen Hahn
gelesen? von dem ich Dir einmal geschrieben habe? Wenn Du den Autor erfährst, melde ihn doch. Das Buch ist in der Schweitz gedruckt. Eben so bin ich noch immer nach dem Verf. der
    Weltbürger
neugierig. Nach verrichteter Hausandacht in beliebter Kürze, die meinen beyden Mädchen sehr langweilig vorkam, begieng ich einen dummen Streich, und wollte versuchen, ob ich meine gemächlichsten Stiefel von weichem Leder anziehen konnte. Ich muste auf halbem Wege eilen den kranken Fuß zurückzuziehen, und mit meinen schweren weiten Reisestiefel wanderte ich nach der Stadt durch die Halle der Altstädtschen Kirche – wo der Kirchenrath sich überschreyt und kein Ende finden kann – nach meinem kranken Freunde Hennings, der über eine dicke Postill munterer, wie ich dachte saß und eben eine Predigt des ihm erbaul.
    Gisecke
angefangen hatte, den ich nur dem Namen nach kenne. Sein Wirth und nächster Blutsfreund, ein aus einem verunglückten Kaufmann reich gewordener Mäckler, kam auch in die Stube ziemlich genesen von einer schweren Krankheit. Es war von einem jungen Menschen die Rede, der nach Memel abgereiset war dort als Kaufmann auszulernen. Ich war so desorientirt, daß ich mich gar nicht besinnen konnte, daß des vor mir sitzenden Sohns Wirths Sohn gemeynt war. Wie ich mit der Nase drauf gestoßen wurde, fiel mir der junge Mensch so lebhaft ein und so manche Scene, von der ich Zeuge gewesen war, daß ich in ein solches Gedränge von associirten Ideen gerieth. Erziehung ist das Steckenpferd meines Freundes, der zu seinem Glück vielleicht keine LeibesErben hat. Philanthropie, der Deßausche Hof und der Himmel weiß, was mir nicht alles einfiel. Ich redte einige Minuten durch ein ander, und eilte beschämt aus dem Hause. Zufällig hatte erfahren daß Lilienthal, der sein altes Haus sehr vortheilhaft verkauft hatte, bereits eine neue Wohnung bezogen hätte in der Nachbarschaft meines guten lieben Crispus, wo ich gute Freunde fand, ihn selbst in neuen Plackereyen, was mit dem angekommenen Geschenk der 2000 rth für die Akademie anzufangen wäre. Lilienthal wohnt dicht neben ihn, und ich wurde hingewiesen. Er empfieng mich mit alter unveränderlicher Vertraulichkeit. Er hat das BauDepartement bey der Kammer. Die Lampe stand da; es fehlten aber noch einige Stücke, welche noch im Packhofe liegen sollten. Er klagte über den Dampf der Lampe, die er blos mit feinem Baumöl unterhält und denkt diesem Uebel durch einen Schwamm abzuhelfen. Ob ihm das Sperma ceti zu kostbar ist, weiß ich nicht. Von dem Mechanismo war er sehr eingenommen, und glaubte daß die berlinsche Reverberes, mit denen ein Freund des Miltz sehr unzufrieden ist wegen des schlechten Lichts und des woran es der Argantschen Lampe nicht fehlen soll, und des abscheul. Dampfs. Unterdeßen wünschte er einige Beobachtungen in Ansehung dieses Punctes von einem experto, und bist Du imstande mir eine Abschrift oder irgend etwas zu diesem Behuf mit zu theilen. Er erinnerte sich, daß ich ihn vor einigen Jahren schon gebeten hatte sich meines eingefallnen Holtzstalls anzunehmen, weil kein fonds dazu ausgemittelt werden konnte, weder Kammer noch Admiralität hier und in Berl. das General Directorium u die RRegie mit einander einig werden konnten, die Kosten – Ich hinkte also vergnügt zu meinem Artzt und Wirth mit der guten Nachricht eines neuen Holtzstalls, weil dieser Mangel meiner gantzen Haus Haltung bisher sehr nachtheilig gewesen, und ich keinen Schritt deshalb weiter habe thun mögen – Mein ganzes Haus war da bis auf den Michael, der erwartet werden muste, weil die Magd sich Zeit gelaßen hatte zurückzukommen. Mein Artzt warnte mich vor einem äußerl. Schaden, hatte mir schon das Eindrücken mit dem Finger verboten um nicht die lymphatische Gefäße zu verletzen, und ich werde dieser Vorschrift hinführo genau nachleben. Sauerkraut, Sauerbraten, Suppe von Sauerampf, Osterschinken, Kuchen und Bischoff, kurz alles hatte herrlich geschmeckt. Müde und schläfrich hinkte ich nach der nächsten Kirche um einen neuen Diaconen zum erstenmal zu hören, den ich als einen genauen Freund des Oberhofpredigers u seines Jacobchen kenne, wie er Deinen hiesigen Namensvetter nennt, mit dem ich auch in einer verdriesl. Verwickelung stehe wegen Hills, der mit dem Ende des Mays seine Schulfasces und Haus verlaßen will. Miltzen thut der Verkauf seines alten Hauses und der neue Ankauf leid. Dort wohnte er in Ruhe, hier ist Garten neu anzulegen – ein Haufen an Nebengebäuden zu repariren. Am Palmsontage kam es gantz zufällig, daß Jacobi mich bis in Miltzen Haus begleitete, und sich diese beyde Leute ein ander von Person kennen lernten, die in der Sparsamkeit um das gelindeste Wort zu sagen, sich einander sehr ähnlich sind und im Schein von Grosmuth und in ihren Grillen über die Erziehung, wo Geitz und Eitelkeit auch die stärksten Triebfedern sind. Hills beyde Schwestern, deren Mutter eine Schwester Miltzen ist, waren auch gebeten, aber an dem armen Bruder nicht gedacht. Jene sind wenigstens leichtsinnig und haben beynahe ihren guten Namen verscherzt. Der Vater ist vor Hochmuth und Dummheit halb gestört, ein Tyrann und Geck in seinem Hause. Miltz liebt seine Schwester, die Mitleiden und Antheil verdient. Das übrige kann man sich leicht vorstellen. Miltz hat eine einzige Tochter, ein Mädchen von recht guten Anlagen. Jedermann der ihre seel. Mutter gekannt hat, spricht mit der herzlichsten Bewunderung von ihr. Ihre Gutherzigkeit muß aber bis zur Schwäche und Schwärmerey gegangen ist. Diesem einzigen Kinde zu Gefallen, zog er vom Lande nach der Stadt, gab sie in Pension, und wollte sie bey der Baroneße anbringen. 400 fl war ihm zu viel. Alles was er thun kann, besteht in einer genauen Ehrlichkeit. Aus meiner Unterhandlung wurde also nichts, und ein Haupthindernis war die Grille des Vaters, jede Woche einen Tag u eine Nacht wenigstens sein Kind um und bey sich zu haben. Nach dem Eßen wurden noch ein paar Kinder aus der Nachbarschaft abgeholt, ein munterer abgefeimter Knabe, ein Liebling beider Eltern eines verschwenderischen Vaters und geitzigen Mutter, die aber ein Muster ehelicher Verträglichkeit seyn sollen. Das Mädchen gefiel mir gleich beym ersten Anblick und ich erstaunte, daß sie von beyden unterdrückt und fast verachtet seyn soll. Die Kinder und Weibsleute waren in einer andern Stube und ich mit Miltz u Michel allein; wie es meinem Wirth einfiel mir etwas merken zu laßen, was er lange schien auf dem Herzen gehabt zu haben. Er misbilligte den ganzen Plan oder Unplan meiner Erziehung, und ließ sich nichts gutes ahnden von meiner ältesten, die auf einem zu großen Fuß erzogen würde, und daß ich groß Unrecht thäte meine Kinder nicht selbst zu erziehen und mehr an meinen Jungen zu verwenden. Das Frühstück bey Hennings, die Lage Hills bey Jacobi lag mir so in den Gliedern. Die Gegenwart meines Sohns war mir auch im Wege. Ich war von meiner Materie so voll, daß ich weder Anfang noch Ende wußte. Muste allso zu einem mystischen Persiflage meine Zuflucht nehmen, das leider! beyden anstößig ist. „Reden Sie daß ich sie verstehen kann – Verstehen Sie ihren Vater“! Nein, mein Sohn versteht mich am wenigsten. Ich verschanzte mich also so gut ich konnte. Da kam der Nachbar und Vater der beyden Kinder, mit dem ich schon einen Mittag zugebracht hatte, aber in ziemlicher Entfernung. Wir wurden auf einmal vertrauter und ließen uns zum theil in dem Ton nicht stören, worein wir gerathen waren, ohngeachtet die Materie abgebrochen wurde. HE Melzer ist ein Mann von einem sehr vortheilhaften Ansehen, von vieler Suade. Er hat ein ansehnl Vermögen durchgebracht, das seiner Frau gehört hat, und einen der reichsten Posten hier in Berlin erhascht bey der Holtzkammerey durch einen Canal, dafür ihm die Kammer hier u dort das General-Directorium alles mögl. in den Weg zu legen sucht. Dem allen ohngeachtet ist sein Schade incurable, von innen und außen. Ich gerieth also in eine ungewöhnliche lebhafte Laune, aß wieder mein Vorsatz ein wenig Abentbrodt und die kalte Küche schmeckte mir so gut, als wenn ich keinen Mittag gehalten hatte. Hinkte also vergnügt nach Hause, wo Scheffner mich verfehlt hatte, mir von Hippel Deines HE Bruders Naßir u Zulima u Lav Rechtfertigung zurück u Campens Vorschläge, die ich noch nicht gesehen u die hier gefehlt, zum Ansehen mitgebracht. Mein Fuß war theils von dem Experiment, theils von der starken Bewegung stärker geschwollen, aber auf dem Blatt mehr als am Enkel. Die halbe Nacht war schlaflos – Ich bleibe also diesen Morgen im Bette, weil durch eine solche Pflege die Geschwulst die Nacht über etwas schlingt, und getraue mir nicht mehr meine Socken anzuziehen, weil selbige auch schon zu enge sind, will mich also meiner weiten Reisestiefel sowohl zu Hause als beym Ausgehen bedienen, wenigstens so lange bis der neue Etat ankommt; der mit jeder Post erwartet wird und spätestens im May hier seyn muß. Es war schon gegen Mittag, ich lag noch in meinem Praesepio. Der pollnisch reformirte Prediger Wanowski besuchte und sein würdiger Neveu ist nun Sprachmeister meines Michaels. Ich habe ihn lange, sehr lange nicht gesehen. Als er eben aus der Thüre geht, kommt meine Lisette Reinette zur andern herein, an die ich nicht mehr gedacht hatte. Der Tisch wird auch gedeckt, und es ist Zeit aufzustehen. Verzeih einem alten kranken alten Oedipus sein radotage, Herzenslieber Bruder Jonathan! Wie herrlich mir der Hecht und die Rehkäule meines kranken Freundes geschmeckt hat. Auch in der Küche sind die Götter, und was Cartes von seinem Cogito sagt, davon überführt mich die Thätigkeit meines Magens. Der Caffé ist auch schon absolvirt, und ich kehre zu meinem Schreibtisch, bald hätt ich gesagt vom Tisch zum Wisch. Ich mach mir Vorwürfe gnug, wegen meiner Maculatur – auch wegen der letzten vier Blätter in folio 4o und 8o die ich Dir geschickt habe. Jetzt erhältst Du nichts als diesen langen eckeln verwirrten Brief. Ich glaube, daß die Umarbeitung eben so wenig taugt, als der erste Versuch. Als wenn eine Art von Zauberey dabey zu Werk geht, kann ich aus meinen eignen Zedeln nicht klug werden, die ich hier zurück behalte. Ich glaube auch wirklich daß Verbindung und Zusammenhang
    schlechterdings noch
fehlt, und wenn alles auf die Hälfte verkürzt und so eng wie möglich zusammengezogen wird, desto beßer. Ich kann nicht anders in meiner gegenwärtigen Lage, Zerstreuung und Ohnmacht meines Gemüths arbeiten als à bâtons rompus. Mein Urtheil versagt mir eben so als mein Gedächtnis. Wenn Du nur in der Hälfte etwas Brauchbares findest, das des Erhaltens würdig ist. Allen natürl. Autorwind abgerechnet und allen Zoll der Menschlichkeit, bleibe ich noch immer bey meinem alten Resultat und würde mich weder
    schämen
noch fürchten oder scheuen selbiges zu widerruffen, daß mir noch
    immer selbst daran gelegen
ist meine Arbeit zu Ende zu bringen, und daß ich alle meine Mühe nicht für unnütz und vergeblich halte. Ich habe schon fast so gut wie, den Hügel überstiegen. Aber auf einmal findt sich ein
    unüberwindlicher Eckel
und bald eine eben so unwiderstehliche Lüsternheit, und ich will, kann und soll nicht eilen, übereile ich trotz diesem festen Vorsatz, ehe ichs mich versehe. Mein Thema ist in der That so küzlich und ich hoffe mehr Klarheit im zweiten und lezten Theile anzubringen. Aber von künftigen Dingen muß freyl. alles hypothetisch verstanden werden. Da kamen ein paar Brüder, deren Besuch ich erst am Ende der Woche erwartete. Der älteste ist des Kants amanuensis, und sein Vertrauter beynahe; auch beyde Schumachers Söhne, wie Hill, dem Wuchs nach Potsdamer. Der jüngste ist Respondens den nächsten Freytag unter einem Pörschke, der magistriret. Sie waren vorgestern bey mir eine Disputation einzureichen. Mein Fuß machte mich so unmuthig, daß ich mich gegen ihren Besuch entschuldigte. Ich habe mich in des jüngsten feinen Anstand gantz verliebt und ihn im Ernst gebeten mich öfterer zu besuchen. Der älteste ist öfters bey Courtan, seinen Bruder habe aber heute zum ersten mal gesehen, aber immer eine gute Meinung von seinen Fähigkeiten gehabt. Eben überrascht mich Kraus und beunruhigte mich mit der Zurückhaltung, womit er mir eine üble Nachricht mittheilen wollte, die ich garnicht dafür ansehen kann. Brahl hat erfahren daß die Licent Inspector stelle an einen Secretair der Direction übergeben, der Aune heißt. Ich gönne ihm selbige vor allen andern Competenten und habe ihm schon vor 3 Wochen Glück dazu gewünscht. Er ist ein gefährlicher Mensch, und trägt davon die Merkmale in seinem Gesichte, das er immer im Reden garstig verzieht. Es ist mir gnug daß alle meine Collegen mir diese Stelle zugedacht und gewünscht haben. Er hat ein Häuflein Kinder zu ernähren, und es hat ihm nicht an Industrie dazu gefehlt. Er hat eine doppelte Zunge, die er sehr unbehutsam von beyden Seiten misbraucht. Sehr übel zufrieden mit dem Director, begegnete er mir vor 8 Tagen und redt auf einmal von einem Plan der Direction, als wenn die Weisheit ihn eingegeben hätte. Ich wurde dadurch außerordentl. aufmerksam gemacht; merkte gleich, daß etwas in der Mache seyn müste. Es heißt zugl. daß an einem neuen Tarif gearbeitet wird. Wenigstens einen Schritt weiter. Bleibt mein alter Posten; so kann ich mit desto beßerm Gewißen reisen und um meinen Urlaub anhalten. Nur besorge ich, daß die Ankunft des Etats durch die Veränderung des Tarifs verzögert werden dörfte., welches mir nicht lieb wäre. Doch alles sey der väterl. Vorsorge anheim gestellt. Also unser liebe Schenk ist also auch wie unser einer geworden. Die Wahl seiner Materie ist reichhaltig und gut gewählt. Er wird doch wohl nicht Doctor werden, weil Du es eine Diss. nennst? für mein Exemplar wirst Du sorgen, wenn er nicht von selbst dran denken sollte. Doch ich habe ihm Mühe gnug gemacht im festen Andenken zu stehen. Aber Deine Gespräche werden mir recht willkommen seyn. Laß mich nicht drauf warten. Vielleicht werd ich dadurch aufgemuntert dasjenige endl. auszuführen, was ich so lange willens gewesen bin. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Hartknoch erwarte diese Woche, nebst seinem Clavier. Vielleicht kommt beydes zu gl. Zeit an. Was macht mein Namensbruder Georg. Geht es beßer? Die Gedanken vergehen mir, wenn ich an alles denke, was ich gern schreiben möchte; und nicht zu schreiben vermögend bin. Und hiemit Gott empfohlen, der Sein Werk nicht im Stich laßen wird. Er heist ja Α und Ω! Ich umarme Dich und alle die Deinigen. B. denkt an mich wie ich an Ihn! Sobald mir immer mögl, mehr von Deinem alten treuen Oedipus. Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. /
    Frco
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 8ten April / 1787. J. G. Hamann empf den 19ten. beantw den 30ten / u 1sten May.
Meine herzlich geliebte Tochter Am Palmensonntage habe ich gnug an Deinen Geburtstag gedacht, aber der 12 April war mir beynahe entfallen, und muste erst durch die Einladung Deiner Schwestern daran erinnert werden. Ich schreibe nach Berlin, und hoffe daß der Brief diesen Sontag Quasimodogeniti abgehen, und endlich einmal aus meinem Urlaube und Reise Ernst werden wird. Du kanst Dir also leicht vorstellen, wie mir der Kopf steht und wie mir dabey zu Muthe seyn muß. Ein Buch zum Andenken ist eben von mir bestellt, und Du wirst es bey Deinen nächsten Besuch wohl eingebunden und fertig finden. Nimm damit für lieb. Gott wird mir gnädig seyn und mich in den Stand setzen Dir und Deinem Geschwister länger und nochmehr Guts zu thun, als ich jetzt Euch zu wünschen im stande bin. Er wird Dich mein liebes Kind fromm und gesund erhalten, und es Euch allen in Zeit und Ewigkeit wohl gehen laßen, und vornehmlich Dich zum guten Vorbilde und Muster Deiner jüngeren Schwester machen durch Aufmerksamkeit und Gehorsam, dieen Du den Lehren und Beyspiele Deiner Wohlthäterinn schuldig bist. Laß Deine Erkenntlichkeit niemals aufhören undoder abnehmen und befleißige Dich immer würdiger zu werden der besten Wünsche Deines alten Vaters und ersten Freundes. Ich umarme Dich, und empfehle Dich göttlicher Obhut und Vorsorge – Johann Georg Hamann den 12 April 87.
    Copia
einer Bittschrift von Joh. Georg Hamann, Packhofverwalter in Königsberg, an Se. Excellenz den Herrn Minister von Werder.
d.d. Königsberg, den. 17. April 1787. Ew. Excellenz werden aus abschriftlicher Beylage zu ersehen geruhen, daß ich bereits 2. Jahre nacheinander bey Einer Königlichen General Administration um den Urlaub einer Reise zur Wiederherstellung meiner Gesundheit und zu Abmachung einiger für mich wichtigen Angelegenheiten fruchtlos angehalten habe, und mit Unglimpf abgewiesen worden bin, obgleich andere eines ähnlichen Gesuchs bey mehreren Schwierigkeiten und größeren Bedenklichkeiten gewährt worden sind. Die Beschaffenheit meiner Gesundheit läßt sich auch ohne die Bescheinigung eines Arztes aus meiner 20. jährigen Lage leicht ermessen. Ich habe seit dem 25ten May 67. unter der Regie gedient; das erste Decennium theils als Uebersetzer ins Französische, theils als Copist mehr denn Uebersetzer eines Deutschen Provincial Directoris; seit dem Juni 77 aber als Packhofverwalter des hiesigen Licents. Anfänglich bin ich mit so vieler Arbeit überladen gewesen, daß ich derselben ohne die äußerste Anstrengung meiner Kräfte unmöglich ganz allenthalben Genüge thun können (weshalb ich mich auf die Erhöhung meines monathlichen Gehalts von 16. auf 30. Rthlr, die nach der allgemeinen Reduction bey 25. stehen geblieben sind, und auf die Conduiten Listen seit 67. berufen darf); hernach aber nicht nur von häuslichen Sorgen, sondern auch vom Mitgefühl öffentlicher und allgemeiner Misverständnisse und Drangsale, deren nächster Augenzeuge ich täglich seyn mußte, dergestalt niedergedrückt worden, daß mein ganzer Vorrath von Philosophie, an dem ich von Jugend auf durch Lectüre und Erfahrung gesammelt hatte, zu Ende gieng. Da eine schwere Aussprache, eine dadurch beförderte Neigung zu einer sitzenden, stetigen Lebensart, geerbte und erworbene hypochondrische Wehen mich von Geschäften sowohl als Gesellschaft entfernen, ich mich vollends zu einem Invaliden und zu Schanden gearbeitet hatte, war mir das Gnadenbrod meines jetzigen Postens die höchste Belohnung, und ich freute mich, das Ziel meiner Wünsche erreicht zu haben; weil ich die Beruhigung genoß in einen
    alten
Posten versetzt zu seyn, der wenigstens sicherer und solider schien, als das zufällige und beynahe lächerliche Schaarwerk eines Uebersetzers
    aus dem Deutschen ins Französische
, worinn meine eigentliche erste Bestimmung bestand. Das unverantwortliche Verfahren der Regie mit den Fooi- oder Trinkgeldern, die seit 1633. den Zöllnern als ein Theil ihres Salarii waren angerechnet und durch wiederholte allerhöchste Gesetze bestätigt worden, übertrift alle „Schelmereyen und Betrügereyen, deren die Employés bey dem Accise und Zollwesen durch eine allergnädigste Cabinets Ordre d. d. Potsdam den 18ten October 82 beschuldigt wurden. Auch ich wurde also der Gefahr ausgesetzt, entweder die bisherigen Grundsätze meines Gewißens und Wandels zu verleugnen, oder mit meinen vier Kindern und ihrer Mutter umzukommen, wenn nicht die Göttliche Vorsehung durch ihre bis auf den heutigen Tag mir verborgene und unbekannte Wege das Herz eines ganz fremden entfernten Wohlthäters gerührt und mich in den Stand gesetzt hätte, die Pflichten eines Vaters gegen meine Kinder und Hausgenossen durch ihre Erhaltung und Erziehung ausüben zu können. Diesen großmüthigen Freund, meinen und der meinigen Versorger und Pflegvater von Angesicht zu sehen, uns einander persönlich kennen zu lernen, ihm von der Anwendung des mir anvertrauten außerordentlichen Depositi Rechenschaft abzulegen und das übrige mündlich zu verabreden, war der Hauptgegenstand meiner Reise nach Münster in Westphalen und das letzte Bedürfniß meines nahe an 60. Jahre gränzenden grauen Alters, das nach nichts als nach Ruhe im Grabe schmachtet. Zwey Jahre lang sind diese pia desideria durch den grausamen Despotismum welscher Barbaren vereitelt worden, welche meinen ursprünglich alten Posten durch ihre willkührlichen Verwirrungen so geschmälert und verstümmelt haben, daß derselbe beynahe von Arbeit und Verantwortung entblößt ist, und folglich das allerhöchste Intereße des Königl. Dienstes Dienstes durch die Abwesenheit meiner Reise nicht im geringsten beeinträchtigt werden konnte. Dieser Umstand war zwar das größte Glück und Verdienst meines Amtes in Rücksicht meiner hypochondrischen Imbecillität, vermehrte aber zugleich desto stärker das Gewicht meines inneren Leidens und Creutzes, und ich bin daher genöthigt den Schaden und die Blöße meines Postens aufzudecken. Packhof und Licent gehören ihrer Natur und Lage nach unzertrennlich zusammen. Mein Vorgänger hatte außer seinem Amte noch einen Sitz in dem Admiralitäts Collegio mit dem Character eines Licentraths. Durch die Regie fällt dies von selbst weg, und ich tauge am wenigsten zween Herren zu dienen. Weil er kein Französisches verstand, war man genöthigt einen ganz modernen poste de confiance zur Aufsicht des Licents zu creiren mit einem neuen stärkern Gehalt, verwandelte den ehemaligen Licent Inspector in einen bloßen Garde Magazin, bis ihm das bereits geschmälerte Gehalt von 25. Rthlr. nebst einigen Emolumenten, z.E. in Ansehung der Lootsen p. um deren eigentliche Bewandniß ich mich niemahls gekümmert habe, sondern mich an dem ausdrücklich angewiesenen begnügen ließ. Dies bestand in dem Gehalt von 25. Rthlr, einer freyen Wohnung und einem Antheil der Fooien, deren Einziehung in den einträglichsten Jahren der Schiffahrt geschah, die Preußen jemahls gehabt hat und schwerlich wieder erleben wird. Mein ganzes Amt ist darauf eingeschränkt worden: 1.) daß die Schlüßel des Packhofs von dem Castellan und den 9. Licentträgern in meine Freywohnung abgeliefert und daraus geholt werden müßen. 2.) das den Kaufleuten verhaßte Lagergeld à 6. ggl. des Sommers, von 4 ggl des Winters p% ℔ von allen Waaren, die über 10. Tage, wenn sie für die Stadt bestimmt sind, liegen bleiben; und über 14. Tage, wenn sie auswärts gehen, einzunehmen. Waaren die zum bloßen Transit Handel erlaubt sind, geben nur ⅙ = 1. ggl. p% ℔ ohne Unterschied der Waare. Da kein Kaufmann ohne die größte Noth seine Waare liegen läßt, und des Lagergeldes, wenn es nur immer möglich ist, gerne überhoben seyn mag: so ist mein Depot und Lagergeld Register eine sehr bequeme und müßige Arbeit. 3.) Mein drittes Register betrifft die noch seltenern Beschläge, welche für die Direction oder das Attributions Gericht in einer besondern dazu bestimmten Niederlage Kammer aufgehoben werden müßen. Außer dieser Einschränkung meines Dienstes – – – – – – – – Auf solche Art ist mein ursprünglich alter Posten nicht nur unkenntlich gemacht, sondern beynahe ganz verschlungen worden durch das Interim des neuen Französischen Systems. Ich würde selbst meine Gesundheit, statt selbige wieder herzustellen, durch eine Winterreise aufgeopfert haben, wenn ich es nicht für meine Schuldigkeit angesehen hätte den Ausgang der durch die neue Regierungs Epoche veranlaßten Veränderungen in ehrerbietiger Enthaltsamkeit abzuwarten. Da aber die Ausführung des neuen Etats bevorsteht: so habe mich unterwinden müßen, die eben so dringenden als wahren Bewegungsgründe meiner Reise und die mich von allen Seiten drückende Verlegenheit mit einer mir selbst ekeln Umständlichkeit zu eröffnen. Ew. Exc. werden die Erhaltung eines ehrlichen Mannes zu Herzen nehmen, gnädigst und zuvörderst geruhen, mir für diesen Sommer einen Urlaub zu einer Reise nach Westphalen zu ertheilen. Ich habe reinen Wein eingeschenkt, und stelle es Ew. Exc. höheren Einsichten und Gesinnungen für das allerhöchste Interesse und das allgemeine Beste unterthänigst anheim, die Billigkeit meiner Ansprüche auf den mir bisher entzogenen Besitz und Genuß meiner rechtmäßigen Anwartschaft näher untersuchen und mir dero höchstkräftigen Schutz gegen alle heimtückische Eingriffe meiner Ruhe und Genügsamkeit bey dem verwickelten Knoten meines Schicksals angedeyhen zu laßen, weil ich nichts so sehr wünsche, als neu geschöpften Kräften und verjüngtem Diensteifer Ew. Exc. mehr mit Früchten als mit Worten die dankbare Ehrfurcht beweisen zu können, mit welcher p.p. Die Beylagen bestanden in 2. Bittschriften vom 1ten Juni 1785 und 27. April 1786.
Kgsb den 17 April 87. Herzenslieber Jonathan, Sonnabends erhielte das Museum, war aber zu müde und zerstreut mit Andacht zu lesen, behielt mir also daßelbe zum Frühstück des Quasimodog. vor, welches ich wirklich im Bette genoß, mit einem Geschmack, der sich schwerlich beschreiben läßt. Wie habe ich um den lieben Wz. geweint, wie laut hab ich ihm für sein Testament gedankt. Ich bin gantz von diesem Nachlaß und dem Geist Deines Freundes berauscht gewesen, und habe an dem Verlust eines solchen Freundes und Gesellen erst rechte innigen Antheil nehmen können. Er ist der Ruhe werth in die er eingegangen ist. Nunmehr werd ich imstande seyn seine Res. zu lesen und zu verstehen, an denen mir immer ich weiß nicht was? gefehlt und widerstanden hat. Ich bin jetzt ein Geist und Seele mit ihm geworden, stimme gantz mit ihm und eben so halb wie Er mit Dir. Willenskraft und Verstand ist für mich einerley. Kant soll ungemein zufrieden mit seinem Styl seyn – lächerlich und philosophisch! Ich kann meinem Urtheil nicht mehr trauen, will doch meines Crispus seines abwarten. Den ganzen Sontag war ich aus meiner Ruhe gestört. Gestern habe an den Minister von Werder wegen meines Urlaubs geschrieben. Lache, wenn Du kannst, ich war so müde und aufs Haupt geschlagen, daß ich den ganzen Nachmittag auf dem Bette liegen muste und den Brief mir aus den Augen schaffen, weil ich keine ruhige Stunde gehabt hatte ihn vor mir liegen zu sehen. Diesen Morgen geht er ab, und ich finde soviel pro als contra, daß ich auf beides gefaßt seyn muß. Wo mögl. lege eine Copiam bey. Meine saure Arbeit war das Abschreiben; und nimm das hinzu, was
    ich nicht geschrieben
habe, um Dir einen Begriff zu machen, warum das was ich geschrieben habe, nicht der Rede werth ist. Ich erhielte gestern die Monatsschrift und mochte sie trotz meiner Neugierde nicht ansehen. Mein guter Genius hat mich zurück gehalten, weil ich mir die Nacht darüber verdorben hatte. Das heutige Frühstück war sehr verschieden von vorgestern. Ich habe auch gnug geheult und geweint, aber mit gantz verschiednen Empfindungen für die Todten und die Lebendigen. Ich besinne mich jetzt erst, warum ich nicht im stande war den Febr. des Mus. anzusehen. Der Münzmeister Göschen, ein Verwandter Deines Verlegers hatte Nicolais Schrift erhalten gegen Lavaters Rechtfertigung, die mir Hippel auf 3 Stunden verschaffen muste. Ich hatte einen guten Mittag bey Hippel gehabt der meinem Michael eine unerwartete Freude machte mit einem Stipendio, von dem er ihm das erste Jahr auszahlte. Ich hatte also am Januar des Museums u Nicolai eine so starke Einnahme gehabt, daß ich des seel. lieben Testament für mich nur beriechen konnte. Wunder ist es für mich gewesen, daß Du mir nicht diese Schrift gl. warm mitgetheilt hast. Was wird aus dem Wirwar der Berliner und Schweitzer werden? Ich habe wie ein Kind über Wz. geweint, und wie ein alt Weib von Crocodiel über die Berl. Monatsschrift – und zugl. Gott gedankt für die Bande meiner Unvermögenheit, womit er mich gefeßelt und zurück gehalten hat. Aus Deiner Abschrift des Starkschen Briefs habe ich schon den falschen Gang dieses verirrten und verlornen Manns voraus sehn können. Er ist mein Beichtvater gewesen und hat mich von den hieroph. Briefen selbst
    absolvirt
mit einem
    Geist
, der nicht
    sein
war. Vielleicht kann ich wie jene Maus dem verstrickten Löwen erkentlich seyn. An meine Schrift läßt sich gar nicht denken. Zur guten Nachricht habe ich gestern erfahren daß unser Departementsrath von Köpken hier auf den May erwartet wird, das ich immer in petto gewünscht u gehofft habe. Ohne Localität laßen sich keine neuen Veränderungen einführen. Nun ist es Zeit lieber Bruder und Jonathan Etwas zu thun, und in Berlin nachzuhelfen durch den Grafen von Schmettau, den Bruder der Durchlauchtigen Fürstin, die bisher zu viel Gnade geäußert in unserer gemeinschaftl. Angelegenheit. Ich bin
    schlechterdings nicht im stande die
Feder zu führen und einen vernünftigen Brief zu schreiben, und muß mich wie ein
    Blinder
und
    Lahmer
leiten laßen Den 12 d. gieng meine Lisette Reinette ins 16te Jahr. Am Palmsonntage hatte ich mich ihres Geburtstags lebhaft gnug erinnert; der Kopf war mir von dem Briefe nach Berl. so voll daß ich gar nicht weiter daran gedachte hatte. Sie hatte ihre beyde jüngern Schwestern zu sich bitten laßen, und da erfuhr ich erst die Ursache, begleitete also die beyde Mädchen und wollte meinem Crispus ein klein Schrecken machen. Kants Bedienter begegnet mich und erfuhr, daß die beyde Philosophen zusammen speisen seit dem Osterdienstage. Ich ließ also Crispum sagen daß ich in seiner Stube auf ihn warten würde. Seine alte Gouvernante oder Stubenwärterin hatte alles verschloßen, ich schickte also die Kinder weiter, da mir Kants Bedienter begegnete, meine Kinder aufgefangen hatte. Wir fanden also die beyden Junggesellen in einer kalten Stube, gantz erfroren, und Kant ließ gl. eine Bouteille guten Wein von seinem verschriebenen Frantz bringen, den er bisweilen mit einem rothen Tischwein abwechselt. Wenn ich schon ein Glas trinken soll; so kann ich nicht so bald wider aufhören. Kraus saß wie ein armer Sünder, hatte kaum die Hälfte seiner kleinen Portion verzehrt – und ich trunk noch denselben Abend mit meinem gantzen Hause eine Bowle Punch, weil ich denselben Tag einige Citronen geschenkt bekommen und Jacobi mir vor einem halben Jahre und länger eine Bouteille Frantzbrandwein geschenkt hatte, von der ich einem guten Freunde bisweilen ein Schalchen abgegeben hatte. Crispus Recension über Meiners ist mit einem
    Diplom eines Mitarbeiters
beantwortet worden, und wir haben herzl. darüber gelacht. Heute speise ich bey Deinem Namensvetter, der ein wenig nabalisirt und ein Vetter des Nicolai ist. Meine Besuche sind fast immer Geschäfte und Gott wird meinen Hill zu versorgen wißen. Sonnabends war mir einen Brief von Dir gegwartig, der mit Gottes Hülfe morgen eintreffen wird. Ich bitte Dich bey dem Geiste Wz. ruhig zu seyn und Dich von den Berl. Jägern entfernt zu halten. Laße mich nicht auf Deine Spr Gespräche und
    neues Buch
lange warten. Ich muß mich anziehen und meine Amtsstube wenigstens in Augenschein nehmen, weil ich gestern einheimisch geblieben bin. Morgen wills Gott weiter. Noch diese Seite voll zu machen, will ich Dir etwas von meinen Ebentheuern des Sonntags Qvasim erzählen. Ich begegne ganz zufallig Miltz mit seiner Tochter auf den Gange nach der HospitalKirche, wolte Hippel das Museum eingeben und versuche ob ich den Lieblingsprediger Fischer im stande bin in irgend einem Winkel zu vernehmen. Versuchte also, und machte einen Haufen Experimente; zum Text hatte er die Worte der Bergpredigt VII. 1. Richtet nicht heißt, seyd behutsam im Urtheilen.
    Handlungen
, aber keine
    Gesinnungen
laßen sich beurtheilen. Ich eilte zum Tempel hinaus, fand auf dem Heimwege noch dies und jenes ως εν παροδω zu thun und wurde Vorleser meiner kleinen Gemeine aus Hahns Postille, habe aber seitdem Miltz nicht gesehen, und Gelegenheit gehabt allerley über den Unterschied der
    Moral
und
    Casuistik
in meinen Begriffen zuberichtigen. Nun Gott empfohlen bis aufs Wiedersehen. Heute will ich gehen. Der Sturm wird mein Clavier mitbringen. Der Eisgang der Düna verzögert Hartknochs Abreise u Ankunft. den 18 – Viel Glück und Willkommen in Pempelfort. Gott gebe Gesundheit und Ruhe. An der bevorstehenden Hochzeitfreude nehme auch den herzlichsten Antheil. Bitte auch für mich einige Brosamen vom Nachtische übrig zu laßen. Die Nachricht von Dahlbergs Wahl hatte eben gelesen, wie Dein Brief ankam. Ich kann die fahrende Post nicht abwarten vor Ungedult Dein Gespräch zu lesen. Gestern habe ziemlich geraset, vermuthlich vom Frühstück der Berl. Monatsschrift. Jacobi den Verlust des Hills angekündigt im Hause unsers Oberhofpredigers wohin er mich begleitete, der ein naher Blutsfreund des Starke ist. Hartknochs Clavier von Meerbach aus Gotha ist angekommen, und muß herhalten, daß mir die Ohren gellen. Ich habe meinem Hill das Joch aufgelegt, an dem er 1½ Jahr gezogen; es war also meine Pflicht ihn wider auszuspannen. Er hat all mein Vermogen in Händen – Dein Namens- und N. Blutsvetter – mag er sich rächen an mir, wie er will. Fiat iustitia, pereat mundus. Gott wilrd helfen. Crispus liest jetzt Wz. Fragment und Testament für mich, wie ich es nenne und ansehe. Ich bin recht neugierig von ihm und Hippel zu wißen, ob ich mich in meinem Urtheile getäuscht habe., wie es ihm gegangen in Ansehung meiner. Wir haben wohl beyde nicht die Absicht gehabt uns zu schmeicheln und zu hintergehen. Mein einziger Brief an ihn war zurückstoßend und abhaltend, weil ich mein Urtheil durchaus bis auf unsere Bekanntschaft zurückhalten
    wollte
und muste. Die Resultate thaten mir kein Gnüge; aber in dem Febr des Mus. habe ich einen ganz andern und ganzen Mann erkannt, und mehr Dich lieber Jonathan, und mich selbst als ihn beweint. Gottlob! daß seine Marter überstanden, und sein Lohn
    gewiß
und nicht gemein seyn wird. Er hat mit seinem Pfunde auch für mich gewuchert. Ich werde nur nothig haben zu
    schneiden
, was andere
    gesäet
und
    gearbeitet
haben. Daß Du so gleichgiltig gegen diese Reliquie gewesen bist, ist mir noch ein Rätzel, von dem ich vielleicht den Schlüßel im Gespräch finden werde. Ich bin wie der seel.
    nur halb mit
Dir auf dem Wege, quoad materiam möchte ich sagen, aber quoad formam halte ich es mit den Berlinern, und beydes gehört doch zusammen und macht das
    Ganze
aus, wornach ich strebe, wenn es möglich ist, oder mir zugedacht zu treffen. Deine Zufriedenheit mit meiner Beyl. behagt mir eben so sehr als es mir Unruhe macht und Deine Nachsicht verdächtig. Eile daher nicht mit der Abschrift – Die erste möchte zieml. ins reine seyn aber die 3 Fortsetzungen sind nichts als Lava, unreinere Schlacken. Weil die Sache noch nicht reif ist, kann es auch meine Uebersicht derselben nicht seyn. Auf
    Starkens Antwort wird vieles ankommen. Wenn Du so gut seyn willst
, woran ich nicht zweifele, und im
    stande bist mir selbige ganz feucht
und warm zu übermachen: so geschieht mir damit der gröste Dienst. Ich kann an meine
    Arbeit
kaum denken; sie liegt wie ein schwerer Stein auf dem Kopf und auf dem Herzen. Antwort aus Berl. muß auch viel – kurz alles hängt so zusammen, daß ich mich nicht vom Fleck rühren kann, sondern beynahe
    versteinert
bin, im eigentl. Wortverstande ein
    Gebundener und Gefeßelter des HErrn meines Schicksals
, das von ihm allein entwickelt oder zerschnitten werden muß. Von meinem Helden und Propheten Trenk hör ich hier gar nichts, als allgemeines Mistrauen und beynahe Verachtung. Ich lese jetzt noch immer den Sophisten Isokrates, aber alles wie im Traum. Weil sich meine älteste Tochter ein Buch gewünscht zum Andenken ihres Geburtstages, schickte ich sogl. ihren Bruder nach Wielands Damenbibliothek und habe die 3 ersten Theile hier gefunden – Es scheint brauchbar gnug. Doch ich muß eine Abschrift meines dritten Bettelbriefes um Urlaub beylegen. Ein abscheuliches verstümmeltes Quidproquo – aus lauter Fragmenten und Trümmern meiner Gedanken und Empfindungen, die ich ersticken muß. Die Post kommt erst morgen früh, und ich möchte vor Ungedult – und Verdruß über mich selbst den 19 des Morgens im Bette. Ich war gestern nicht im stande einen Buchstaben weiter zu schreiben noch im Isokr. zu lesen. Fiel mir erst was in die Hände; da kam Brahl das neue Clavier auszuprobiren, gieng aber bald wieder. Gegen 6 Uhr Kraus im vollen Sprunge von Kant, mit dem er so lange bey Tische geseßen. Meine erste Frage war in Ansehung des Wz. wie ihm das Fragment gefiel. Nichts klar – aber schön geschrieben, man liest es mit Vergnügen. Er müßt es sich erst in Gedanken übersetzen, um es zu verstehen. Er erbot sich sogar, seine Meinung zu Papier zu bringen. Ich hielt ihn beym Wort und er versprach es mir, weil diese Woche noch Ferien sind – und ich will ihn beym Wort festhalten. Wie mir aber zu Muht war, läßt sich nicht beschreiben. Mir wurde vor meinem eigenen Urtheil Angst. Ich besorge, daß ich Raptus bisweilen bekomme oder Visionen habe., mich von lebhaften Eindrücken hinreißen laße, ohne meiner mächtig zu seyn, an Dingen Antheil nehme, die mich nichts angehen, und alles übersehe, was mir vor der Nase liegt, und vornemlich meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Wie angst mir für mich selbst ist! Ich habe gut geschlafen. Der neue Winter war mir angenehmer, als die schwülen vorhergehenden Tage, jetzt fängt mir aber auch an die Kälte empfindlicher zu werden. Vielleicht ist alles eine vorübergehender Einfluß von der Wittrung. Die Geschichte des Beseßenen im Evangelio, der in Feuer und Waßer fiel, ist immer ein trauriges Beyspiel meiner selbst gewesen; und die Sorge für meine Gesundheit, der tägl. Gebrauch meiner Reisestiefel unterhält meine Einbildungskraft – daß es schlechterdings unmögl. ist an Arbeit zu denken, und im Zusammenhange mit mir selbst zu bleiben. Wenn die
    Fürstin
also jetzt durch einen Brief nach Berlin ein Werk der Barmherzigkeit thun will, so laß sie schreiben nach Berlin – Sie wird Dir diese Gnade für mich nicht abschlagen u B. wird auch nichts dagegen einzuwenden haben. Melde mir doch alles von Starks Rechtfertigung, besonders
    wo
sie gedruckt wird, und verschaff mir ein Exempl. Wenn Göschen Verleger ist; so würdest Du auch mitten in der Arbeit eins erhalten, ob meine Ahndungen von dem Gange dieser Sache eintreffen? nach dem mir mitgetheilten Briefe und dem von der Monathsschrift widerlegten Programm. Bin ich blind? oder ist das Publicum mit Blindheit geschlagen? Diese Frage muß entschieden seyn, ehe ich weiter gehen kann; Keiner hat Recht, aber
    Einer
kann nur Recht behalten. Wenn dies Glück den Berlinern zufiele: so muß man diesen Fall absehen, und darnach Maasreguln im voraus nehmen. Je mehr jetzt darüber debattirt wird; desto beßer werde ich im stande seyn das Thema meiner kleinen Autorschaft,
    Christentum und Luthertum
, durchzuarbeiten. Dein Exemplar vom 2 Heft des Demarees wird wohl eher ankommen, als das von mir 2 mal verschriebene und bisher mit jeden Posttag umsonst erwartete. Ach lieber Jonathan! Einige Stunden an Deiner Seite verplaudert würden mehr fördern, als alles Geschmier. Hier habe ich
    keine Seele
, mit der ich über diese Materie reden kann. Nichts als
    gleichgiltige
oder – Crispi Recension über Meiners wirst Du wohl eher zu lesen bekommen als ich – Weder Kant noch ich haben sie zu sehen bekommen. Sag mir doch Deines Herzensgedanken. – Nun muß ich aufstehen. Ich habe seit ein paar Tagen wieder in meinen Socken gehen können, und die Geschwulst scheint wenigstens wo nicht ab- doch gewiß nicht zuzunehmen; auch das Gefühl der Schwere und Spannung des Abends hat sich verloren. Mein Sohn bringt nichts von der Post als dummes Zeug, daß er nachmittags widerkommen soll, und es noch 8 Tage währen wird, weil die Posten sehr unordentlich gehen. Ich bin gleichwol zu Hause geblieben, und will für Ungedulte alles so roh abschreiben, um Dir wenigstens den Gang meiner Gedanken sehen zu laßen, die ich weder auffädeln noch in Zusammenhang bringen kann, weil ich noch mehr data vom Fortgange der Händel brauche um sie an dem rechten Ende zu faßen. Den 2 Jul. wird also Geburts-Tag und Hochzeit Tag seyn. Gott laß Dir viel Freude erleben. Ich möchte ihn lieber unterwegs als gegenwärtig feyern. Miltz hat mich endlich zum erstenmal in dieser Woche besucht. Er verzehrt sich wie ein Schatten, gabhat den Schlaf verloren, wegen der Unruhe mit dem neuerkauften Hause, und wird aus Liebe des Zeitl. sich sein Leben verkürzen, und aus großer Liebe zu seiner einzigen Tochter sie vielleicht zur Wayse machen. Was ist Klugheit und Narrheit? Ist nicht alles ein Fladen? wie ein Ey dem andern ähnlich? Was für ein leidiger Tröster ist ein Mensch dem andern? Ich will noch bis auf den Abend die Post erwarten – Vergiß doch nicht
    Starkens Apologie
– oder wenigstens so viel Nachricht darüber, als es Dir mögl. seyn wird aufzutreiben? wo sie gedruckt, wie stark sie wird – Ich brauche das Ding zu
    allerhand
. Nun erhalte zur letzten Nachricht, daß die fahrende Post schwerlich vor Sonnabend erwartet wird; also muß ich mich wohl zufrieden geben nolens volens. Ich werde heute so viel crudem materiam als ich nur immer kann, auszuschütten suchen. Laß Dir nicht grauen noch eckeln vor den secretionibus Deines lahmen Patienten und Nachtwandlers. Wie geht es mit unsers Freundes Tiro Antinomie? Ist das wirklich sein Tirocinium oder die erste Blüthe seiner Autorschaft? Des Abends bey Zapfenstreich. Du must aus beyl. Brouillon ersehen, daß mein alter Kopf einem alten Käse ähnlich ist, der von Maden wibbmmelt und kribbelt. Streich aus, und melde mir wenigstens was Du erhalten u ausgeführt wünschest. Trahe me post TE; damit der truncus und stipes Dir näher kommt und so manches was er auf dem Herzen hat, ins Ohr sagen kann. Nach vollbrachter Reise wird es beßer und leichter gehen. Gott empfohlen u die lieben Deinigen nebst meinem kleinen Gesindel. JGH. Dies ist ungefehr ⅓ Das zweyte muß beßer gehen, wenn ich erst auf die rechte Spur kommen werde, die mir noch immer fehlt. Auf dem Postwagen wird sich gut nachdenken und verdauen laßen. Wenn es je zum Abschreiben kommt, laß es nicht gantz sondern blos das abschreiben, das Du billigst, und damit ich die Verbindung einigermaaßen sehn kann und den Zusammenhang oder Faden, den ich aus meinen Zeddeln nicht zu erkennen oder wider zu finden im stande bin. Incredibile, sed verum; weil ich bey dem besten Willen ordentl. zu seyn das allerconfuseste Geschöpf bin. Es folgt auf den 3 übrigen Seiten des 2. Bogens die Copia seines Gesuchs, vgl. HKB 1056 Am Schluß: Es ist mir beym Abschreiben
    übel und weh
geworden. Vermerke von Jacobi auf einem gesonderten Blatt: Koenigsberg den 17 u 18ten April 87. J. G. Hamann – empf den 29tenbeantw den 30ten u. 1.ten May
Kgsb den 22 Apr. Miseric Dom. 87. Herzenslieber Jonathan! Kein Urtheil – sondern die Nachricht Dein Päckchen erhalten zu haben und den dafür schuldigen herzlichen Dank. Freytags den 20 kam mein Sohn damit geeilt. Ich hatte einen fürchterl. Tag gehabt, voller Angst und Unruhe, über das an Dir abgelaßene. Miltz besuchte mich, der den Tag vorher in meiner Lage gewesen; ich war damals in seiner. Vielleicht war alles ein Druck der plötzlich veränderten Witterung und empfindlichen Hitze. Es war 4 Uhr nachmittags, und ich hörte nicht auf zu lesen, als bis ich zu Ende war. Um 6 des Abends kam KCrispus voller Triumph, bey so einem Wetter sich zu einem Besuch und Spatzierwege entschloßen zu haben; der mir freylich sehr unerwartet, angenehm und höchst nöthig war. Er fiel gleich über Dein Büchlein her mit einer Begierde, die ihm eben nicht gewöhnlich ist, und drang eben so inständig darauf es mit zu nehmen. Ich glaube, daß der Titel mit daran schuld war, der mir ebensowenig recht gefällt, wie Dir selbst, ohngeachtet er ciceronianisch ist. Er kann den Hume beynahe auswendig, und dankte mir den Abend noch ihn sein
    erstes
Werk über die menschl. Natur kennen gelehrt zu haben
, welches in 3 Theilen ausgekommen und wenig Eindruck gemacht hat. Ich erinnerte ihn an sein Versprechen wegen Wz. und er machte mir Hofnung nicht nur daßelbe zu erfüllen, sondern auch Anmerkungen über Dein Buch mitzutheilen, woran Dir vielleicht mehr gelegen seyn wird – weil ich noch nicht mit mir selbst einig bin, ob ich wirklich zu
    urtheilen
im stande bin. Das eine scheint mir jetzt so versagt zu seyn, als das andere, ich meine das
    Schreiben
. Du bist in Dein altes Element hereingerathen, in Deinen alten Wirbel, in den ich mich nicht getraue, und ich kann aus dem meinigen nicht herauskommen. Es geht mir mit Deinem technischen Wortkram, wie mir mit meinem Bilderkram. Ich gieng vorgestern Abend so verzagt und trostlos zu Bette über alle meine verlorne Arbeit, wuste weder Anfang noch Ende, konnte keinen Ausweg, keine Hinterthür finden. Gestern früh wachte ich muthiger auf, fand eine so leichte Auflösung des Knotens, daß ich mich wider erleichtert und beruhigt fand, gieng an meine Arbeit, konnte des Isocratis Panegyric. mit neuen Vergnügen lesen, überraschte meinen Michael über Deinen Woldemar, nahm ihm das Buch fort um es selbst zu lesen, erhielt einen Gruß von Hartknoch, der Mittags angekommen war und heute um 11 Uhr zu mir kommen wolte, bekam einen Besuch von dem guten HasseIch war willens heute nicht auszugehen, und Hartknoch abzuwarten um die bestimmte Stunde, der auch wegen eines schlimmen Fußes Miltz bey mir zu sehen wünschte. Der Schein vom guten Wetter verführte mich zum Ausgehen. Ich besuchte Hartknoch in seinem Reisepetzltze und Reisestiefeln, um ihn zu überführen, daß er im eigentl. Sinne
    Vorsorge
für mich gehabt. Der Friseur kam und ich eilte, weil ich ihn in Anfertigung seiner Meßarbeiten unterbrochen hatte, weil ich ihm sagte, daß ich noch wenigstens ein Vaterunser im Vorbeygehen der Altstädtschen Kirche beten und bald zu Hause seyn wollte. Er schrieb mir die Dohmkirche vor, als die nächste. Ich lachte, wie ich auf die Straße kam, über das Misverständnis der
    nächsten Kirche
, und ärgerte mich über meinen Aberglauben, ihm zu Gefallen einen kleinen Umweg zu thun
. Kaum habe ich meine Neugierde den Prediger D. Gräff zu hören befriedigt, bekomm ich einen physischen Anlaß bey Deinem Namensvetter anzusprechen – ich hatte an nichts weniger gedacht – als
    den
heute noch zu besuchen, expedirte mich aufs geschwindeste, mit einem Zöllnerseufzer durch die Altstädtsche Kirche, um mich auskleiden und von dem sauren Gange widererholen zu können. Hartknoch hatte mir einige Briefe mitgegeben, die ich vornahm, kam Miltz, und versprach morgen länger sich zu verweilen. Hierauf Hartknoch – So ist der Morgen verstrichen, und ich erinnere mich nichts mehr von Deinem Buche, als selbiges vorgestern im grösten Drucke der Lebensgeister gelesen zu haben. So viel weiß ich, daß es mir eben so ergangen wie unserm seel. Freunde, und wir uns beynahe mehr zu entfernen, als einander zu nähern scheinen: Mit dem Wz. bin ich noch vor der Hand
    gantz eins
, bis Crispus Vdas Verständnis öffnen wird. Bey ein paar Stellen schien es mir, daß ich Dich im stande wäre einer Uebereilung zu überführen; aber wenn ich sterben sollte, wäre es mir nicht mögl. derselben mich wider zu erinnern – und das Buch fehlt mir. Du must also Crispus abwarten. Er ist φφus ex professo und kann den Hume auswendig. Ich habe ihn studiert, ehe ich noch die Sokr. Denkw. schrieb, und meine Lehre vom
    Glauben
eben derselben Qvelle zu verdanken
. C’est assez que d’être, sagte Me dela Fayette, wie ich nur vorige Woche in einer magern Compteilatio von 4 Theilen gelesen habe, die den Titel führt Tableau historique de l’esprit et du caractere des Litterateurs Français – Ich schrieb mir das Sprüchelchen auf, indem ich mich Deiner dabey erinnerte. Ich lese jetzt wie ein Müller, der Waßer auf seine Mühle sucht, weil es ihm daran fehlt; und da scheint es mir in dem Fragment mehr zur Sache als in Deinem Gespräch gefunden zu haben. Aber die kleine Freude wird mir auch streitig gemacht. Ich weiß also nicht, woran ich bin. Verschlungen hab ich Dein Buch, aber noch nicht gelesen; also kann ich noch nicht urtheilen. Was ich also von meinem Ich sage, geht Deine
    Er
nicht im geringsten an. den 23. Abscheuliches Wetter! daß ich zu Hause bleiben muß. Mit grimmigen Appetit gestern ein Stück Sauerfleisch verzehrt. Nach dem eßen kamen die 3 Nicolouii, den mittelsten hat Hartknoch mitgebracht und nimmt ihn auf dem Rückwege wieder mit. Die Zufriedenheit des Patrons mit seinen Lehrburschen und reciproce hat mir eine seltene Freude gemacht; desto mehr Sorge Hill – Der Graf Kayserlingk brachte mir einen Graf Reuß von Plauen zu, der Regierungsrath ist. Ich konnte den Namen nicht recht vernehmen, weil ich wirkl. etwas harthörig bin, und nennte ihn immer bey seinem letzten Character. Crispus blieb aus und fängt heute seine Collegia an. Ich kann Dir also Herzenlieber Jonathan
    ohne Dein
Buch von demselben nichts weiter sagen, als in Verhältnis Deiner beyden Gegenstände einer Autorschaft zu den meinigen. Idealismus und Realismus – Christentum und Luthertum. Jene beyde sind in meinen Augen ideal – letztere real. Zwischen Deinen beyden Extremen fehlt ein Medium, das ich
    Verbalismus
nennen möchte. Meine Zwillinge sind nicht extrema, sondern Bundesgenoßen und nahe verwandt. Ich will aber den
    berlinschen
Idealismum des Christentums und Luthertums widerlegen durch einen historischen u physischen Realismum.
    Erfahrung
der
    reinen Vernunft
entgegensetzen. Diese Verwickelungen ins reine zu bringen, ist eben die herkulische Arbeit, die mir im Sinn liegt, weil ich nicht weiß, wo ich das Ding am rechten Ende angreifen soll. Wie Du selbst sagst, das
    Reelle bleibt
, das
    Ideale hängt mehr von
uns ab, und wandelbar durch den
    Verbalismum
Nominalismum. Unsere Begriffe von Dingen sind wandelbar durch eine neue Sprache, durch neue Zeichen, die neue Verhältniße uns gegenwärtig machen oder vielmehr die ältesten ursprünglichen, wahren widerherstellen.
Verzeih es meiner Eitelkeit, wenn ich Dir aufrichtig gestehe, daß mir meine eigene Autorschaft auch näher liegt, als Deine, und mir selbst auch der Absicht und dem Innhalte nach wichtiger und nützlicher zu seyn scheint. Idealismus u Realismus sind nichts als entia rationis, wächserne Nasen – Christenthum u Lutherthum sind res facti, lebendige Organe und Werkzeuge der Gottheit u Menschheit. Crispi Schulphilosophie ist mir eben so unentbehrlich, als Wz. Testament. Ich komme zeitig genug nach ihrer Arbeit das zu erndten was sie gesäet haben. In Deinen Augen mag auch mein ganzer Plan Idealismus seyn. Laß mir die Zufriedenheit etwas mehr Realismum drinnen zu finden, bis ich des Gegentheils überführt werde. Sobald ich unterliege, will ich gern mein Gewehr strecken: so lange ich Hofnung habe – will ich alles
    mögliche
daran setzen, den Plunder meiner
    individuellen
Vernunft. Voluisse sat est, nicht wie Kant es meynt und c’est assez que d’être. Indem die Berliner
    ideelle
Jesuiten verfolgen, sollen sie für die
    reelle
erkannt werden. Je mehr sie fripons spielen, desto ärgere dupes sollen und müßen sie erscheinen. Wenn ich das nicht erreichen kann, so ist mir an den übrigen Kleinigkeiten wenig gelegen.
Ist es nichts als Eitelkeit, was mich blendt; so muß ich mich freylich auch den Strafen dieses Plageteufels unterwerfen. Ist es ein beßerer Geist, der mich treibt: so wird die Wahrheit gewinnen durch Einfalt gegen Lüge und Schalkheit. Mehr läßt sich darüber nicht sagen, weil ich selbst nichts mehr davon weiß. Thu mir aber die Liebe und übermache mir Starkes Schutzschrift; ich muß data haben, und schlechterdings darnach meine
    Hypothese
bilden, um wenigstens
    wahrscheinlich
denken und handeln zu können, wo mir die Wahrheit zu hoch oder zu tief liegt.
Mein grimmiger Appetit wird wohl durch nichts als die Reise gebrochen werden. Wenn von dort etwas dazu beygetragen werden kann, so wirst Du Deine Freundschaft auch in diesem Stück eher
    übertreiben
, als
    verleugnen
. Hat unser Freund Tiro Muße zum Abschreiben; so sey so gut die Arbeit ihm dadurch zu erleichtern, daß Du allen offenbaren unnützen Ueberfluß und Unsinn ausstreichst. Je kürzer, desto beßer – damit ich nur einen Faden meines Gedankenganges vor mir habe, den ich hier selbst nicht mir widerherzustellen im Gange bin. Also ohne Barmherzigkeit gestrichen alle üppige, ungesunde Zweige – Unserm Oberhofprediger zu gefallen las ich gestern früh im Bette die hierophantischen Briefe, die am schändlichsten unter allen meinen Schriften abgedruckt sind; vorige Woche eben so zufällig die Einfälle und Zweifel – Ich verstehe mich selbst nicht und begreife nicht, wie es mögl. ist diese Misthaufen – Aber den Saamen von allem, was ich im Sinn habe, finde ich allenthalben – Mein fester Vorsatz und Wunsch ist, anders zu schreiben, ruhiger und deutlicher. Aber die altera natura läßt sich auch mit keiner furca austreiben; und Dir geht es nicht beßer mit Deinem
    Seyn
, Idealismo u Realismo, im Grunde nichts als Bilderkram. Abstracter oder concreter, läuft auf Eins hinaus. Verbalismus oder Figurismus! Dieselbe Uebertragung und communicatio idiomatum des Geistigen und Materiellen, der Ausdehnung und des Sinns, des Körpers und Gedankens. Allen Sprachen liegt eine allgemeine zum Grunde, Natur, deren Herr, Stifter und Urheber ein Geist ist, der allenthalben und nirgends ist, deßen Sausen man hört, ohn zu wißen den terminum a quo und ad quem, weil er frey ist von allen materiellen Verhältnissen und Eigenschaften, im
    Bilde
, im
    Worte
aber innerlich.
Ist die Rede von einem
    jungen
Most, so verseht euch mit
    neuen
Schläuchen. Ist die Rede von einer bloßen Einkleidung
    alter
Wahrheiten; so braucht keine
    neue
Lappen, durch die der Riß des Alten ärger wird. In meiner Materie und Form ist die Rede von beyden; und die Anwendung verhältnismäßig, hypothetisch, nicht einfach und absolut. Was Gott zusammengefügt hat, kann keine Philosophie scheiden; eben so wenig vereinigen, was die Natur geschieden hat. Ehebruch und Sodomiterey sündigen gegen Natur und Vernunft., die Elemente philosophischer Erbsünden, todte Werke der Finsternis, mit den Organis unseres innern und äußern Lebens., unsers physischen Seyns = Natur und metaphysischen Seyns = Vernunft. Vielleicht scheint Dir alles was ich ausschütte, eine Folge meines gestern verdorbenen Magens – Seys, ihm hab ich wenigstens den pruritum eines beßer guten Willens mehr zu verschlingen, als sich verdauen läßt, zu verdanken, und meine Experimente zu machen, die ein gesunder nicht im stande ist, manchen Kranken nach zuthun. Wenn Krankheit und Arzneykunst auf
    Einbildung
hinausläuft: so sind sie doch beide nicht umsonst auf der Welt, bereichern die Erfahrung und füllen den Beutel. Gewinn und Verlust sind Loose – im Ganzen bestimmt, in den einzelnen Fällen durch die Natur des Zufalls, aber nicht durch die Einsicht unserer Vernunft zu bestimmen. Auch Irrthümer u Ketzereyen auf die man bona fide kommt, sind bisweilen lehrreicher als der alte Sauerteig der Orthodoxie und Ετεροδοξιε, den man mala fide mit dem Munde bekennt ohne Antheil des Gewißens. Ich bildete mir ein in meinem Isocrates und dem Lob der Helena etwas gefunden zu haben, was zum Ἑν και παν. Es thut mir aber selbst nicht Genüge. Gleich im Anfange auf dem ersten Blatt der kl. Ausgabe Hier. Wolfii heist es von Melissus, ὁς απειρων το πληθος πεφυκοτων των πραγματων, ὡς ΕΝΟΣ οντος του ΠΑΝΤΟΣ επεχειρησεν αποδειξεις ἑυρισκειν. – Die Idee zu der in Holland geschlagenen Müntze auf den Salomon in Norden: Nil reliquum erat steht wie gerufen am Ende des dritten Briefes an Alexanders Vater ουδεν γαρ εσται λοιπον ετι πλην ΘΕΟΝ γενεθαι. Der in die Sonne fliegende Adler hat mich an die Grille eines Engländers erinnert, der da den Sitz der Hölle verlegte.
Ich habe vielleicht mehr geschrieben, als für uns beide gut ist, weil ich weder im stande bin mich hinlänglich zu erklären, noch Du den Zusammenhang meiner Bruchstücke einzusehen. Was ich von meinem Crispus im stande bin auszupreßen, werde ich Dir unverholen mittheilen, und nach ihm auch mein Heil versuchen. Die Wahrheit muß aus der Erde herausgegraben werden, und nicht aus der Luft geschöpft, aus Kunstwörtern – sondern aus irrdischen und unterirrdischen Gegenständen erst ans Licht gebracht werden durch sinnl. Gleichniße und Parabeln der höchsten Ideen und transcendenten Ahndungen, die keine directi sondern blos reflexi radii seyn können, wie Du aus Deinem Baco anführst. Außer dem principio cognoscendi giebt es kein besonderes principium essendi für uns. Cogito, ergo sum, ist in diesem Verstande wahr. Hartknoch kam Abschied nehmen u fährt diesen Abend an; auch Miltz besuchte mich. Ich habe nichts als Grütze, einen holl. Heering u Butterbrodt geeßen. War aber so müde, daß ich mich nach dem Eßen niederlegen muste, welches ich lange nicht nöthig gehabt, und lange meine Gewohnheit gewesen. Kraus kann ich kaum heute vermuthen, er müßte denn wie Freytags eine Ausnahme machen. Bringt er was, so legs ich bey. Seine Recension wirst Du eher als ich zu lesen bekommen; Kant hat sie auch nicht angesehen. Ich erwarte also wie Dir Crispini scrinia behagen werden. Dem alten neuen Dialogismus muß sehr anders modificirt geworden seyn von den Gesprächen, die im Sp. Büchlein angekündigt wurden. Von der
    Beyl.
hab ich am wenigsten verstanden; vermuthlich weil ich mich schon stumpf gelesen hatte Kants Ästhetik kommt auch heraus. Ich denke nächstens von ihm gebeten zu werden, oder mich selbst zu Gast zu bitten; wenn ich den Commentarium über Wz. und Deinen Hume werde gelesen haben. Mein Brief ist auch nun in Berlin; vielleicht komt auch Antwort, daß ich definitive nach Münster schreiben kann.
Vergiß nicht, daß ich sine libro TVO darüber geschrieben habe. Ich bin eben so geneigt zu einer amende honorable, wenn ich mich eines beßern überführen werde. Jetzt scheint Dein Thema mir zu weit aus meinem Wege zu liegen. Auch Dein Thema selbst aus dem Pascal ist zu einseitig. Natur und Vernunft sind so gut correlata als opposita.
    Faire
et
    confondre
gilt von einem u dem andern. Scepticismus u Dogmatismus können eben so füglich bey u neben einander stehen, als Erkenntnis und Unwißenheit, Zweifel mit beyden, die αντιθεσεις τῆς ψευδωνυμου γνωσεως mit der Plerophorie des Urtheils und Willens, das Unkraut mit dem Weizen, der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten mit dem regelmäßigen Laufe der Natur.
Mein Freund Arndt hat mir den ersten Theil des Glossarii von 200 Sprachen geschickt. Ein bloßes
    Schaugericht
, vielleicht brauchbar einmal für meinen Sohn, wenn er im Pollnischen fleißiger ist und weiter kommt. Die deutsche und französische Vorrede fehlt noch. Es sind 200 Sprachen. Druck und Papier prächtig. Jetzt geh ich zu meinem Isocrates um wo mögl. mit dem Panegyricus fertig zu werden. Mein jüngster u frühster Wunsch ist immer gewesen, der Autor eines kleinen Buchs zu seyn, wie dieser Panegyricus ist und damals die deutsche Uebersetzung des Montesquieu über die Große u Verfall der Römer war, in meinen Augen und nach meinem damaligen Urtheil. Nachher hat mir
    Holberg
mehr Gnüge gethan, ungeachtet seiner Maculaturgestalt. Wenn ich mit meinem fliegenden Briefe fertig werde, will ich gern die Feder wegwerfen und zerstampfen. Man bedauert, daß der seel. Wz. nicht sich über das Positive erklären können; ich nicht. Sein Fragment that mir völlige Gnüge am Morgen Quasimodogeniti, den ich lange behalten werde, gesetzt daß ich auch geirrt haben sollte.
Komt Crispus, so ist noch Raum. Leb mit den Deinigen wohl und Gott empfohlen. Mein Fuß schlingt, und ich befinde mich beßer als ichs verdiene. Gott gebe daß wir uns einander sehen und mittheilen können. In guter Hofnung des Besten für uns beyde umarmt Dich Dein alter Oedipus Brutus. Was ist Vaels – ein Flecken, ein Bad? Der Prediger wandert und circulirt unter meinen Freunden. Ich habe beyde mit vielem Antheil gelesen, noch Freytags vor dem Abendseegen. Katechisiren must Du aber nicht, weil ich alles unter den Händen vergeße – Ich schließe, weil nichts kommt und habe nicht Zeit, was ich geschrieben habe anzusehen, bitte alles zum besten auszulegen und ersterbe Dein aufrichtiger Albus.
Spezialbefehl der Regierung
    Copia
.
Daß bey der jetzigen Stelle des Packhofverwalters Hamann zu Koenigsberg wenige und theils unnütze Geschäfte zu versehen sind, solches ist hier schon bekannt, und wird in deßen unterm 16ten m.c. anhero eingereichten Vorstellung von ihm selbst bekräftigt. Da nun die überflüßige Posten bey der jetzigen Accise – Einrichtung auf ausdrücklichen Allerhöchsten Befehl eingezogen, die wenig beschäftigten aber mit andern verbunden werden sollen, so ist des Supplicanten Stelle mit der Licent – Buchhalterey vereiniget, er aber auf eine verhältnismäßige Pension gesetzt worden, wodurch er bey seinen kränklichen Umständen zu der gewünschten Ruhe gelangen wird. So bald also derselbe, nach dem Anfange des neuen Etats – Jahres, die Packhofniederlage an den dazu ernannten Bedienten übergeben und von der dortigen Direction die gewöhnliche Decharge darüber erhalten haben wird, stehet ihm frey, die vorhabende Reise auf so viele Monathe, als er will, anzutreten, bis dahin aber muß er in Königsberg verbleiben, welches ihm, auf sein desfalsiges Gesuch hiemit zum Bescheide eröfnet wird. Berlin den 26 April 1787. Auf Sr. Kgl. Maj. allergnädigsten Special-befehl. Sig. Werder.
Castor den 27 Apr. 87. Vous etes malin! – Machst Du eben so große Augen, mein lieber Pollux! – als damals zum ersten mal über dies Zeugnis. Glaubst Du – oder verlangst Du außer den Empfindungen, klare Beweisgründe. – Geschichte ist
    Anfang
und
    Ende
. Wenn wir
    eins
sagen, versteht sich
    beides
, weil eins das andere in sich schliest, wie essentia u existentia. Den 20 erhielt ich Dein ängstlich erwartetes Geschenk. Ich verschlung das Büchlein, und es war mir nicht wohl darnach. Crispinus überraschte wie ein angelus ex machina, bemächtigte sich, wieder seine Art, des Büchleins, und that mir einen großen Gefallen; weil ich nicht so bald meine dunklen Empfindungen zu entwickeln im stande war, und wegen der Ursache ungewiß war. Mistrauisch gegen mich, wie Pollux – und ungewiß, ob Witterung, Unterleib oder anticipatio des Gefühls Vernunftgründe vermuthen ließ. – Den Tag drauf kam Hartknoch, und ich laß Deinen Woldemar durch einen Zufall, der auch auf mich wirkte und neue Empfindungen nebst parallelen Ideen oder Begriffen in mir hervorbrachte. Die Geschichte des Sonntags weist Du – Die Witterung war schlechter und mein herkulischer Appetit ärger, wie jemals. Montags nahm Hartknoch Abschied, Witterung trübe, der Kopf sub tutela, ich schrieb fort an Dich und blieb den ganzen Tag zu Hause. Dienstags bey Hippel zu Gaste mit neuem Appetit. Crispinus wohnt in der Nähe, ich brannte vor Neugierde ihn zu sehn. Er gab mir Deinen
    Hume
traurig wider, beklagte sich am Mangel der
    Einheit
(den zu finden ichund zu empfinden ich schnell und übereilt zu lesen genöthigt bin) machte mir aber von neuem Hoffnung zu einem Aufsatz über Wz. Fragment, mit dem er
    sehr zufrieden
war bis auf
    aber
, die ich noch nicht weiß, und die mir vielleicht so gleichgiltig seyn werden, als das
    fehlende positive
Von Kant versicherte er eben das, der den Tod dieses Mannes sehr bedauert und sich gewünscht hätte, auch Lust gehabt hatte sich näher mit ihm einzulaßen. Ich fiel erst über das Fragment, weil ich es für nöthig u nützlich hielt mein eigen Urtheil zu verificiren. Es fielen mir Striche dabey auf, die ich zu erklären glaubte und zu verstehen schien. Mittw. vorgestern fieng ich Deinen Hume an zu lesen und legte einen halben Bogen zum Aufschreiben ins Buch. Der
    Titel
ist mir das Gesicht, und die
    Vorrede
der Kopf, bey denen ich mich immer am längsten aufhalte und beynahe physiognomisire. Da fiel mir manches ein. Mein Sohn hatte Zeichen zuerst bemerkt vom Kraus, auf die ich mich freute. Sie fangen aber erst mit S. 93 an. Mir ist immer mehr, wie Dir am
    Anfange
mehr als
    Ende
gelegen. Dies ist der Anfang der Analysis, und jenes das Ende der Synthetik, beyde gehören zusammen und beziehen sich auf einander, wie Vernunft und Glaube. Das Subject ist mir entfallen: vielleicht meine Urtheilskraft. Im besten Lesen kommt mir ein Qveerstrich im Wurf, und ich findeand mich gedrungen Deinen Hume fortzulegen, weil ich von meinem Gefühl hingerißen wurde, und meine hinkende Vernunft ein artifex mille artium trotz dem Vulkan ist. Es geht mir mit der Kritik, wie Dir mit der Philosophie. Ich habe ein
    kunstrichterliches Mistrauen
, das eben so arg ist, als mein kritischer Pruritus. Es geht mir mit Büchern, wie mit Menschen. Leidenschaft – Leidenschaft – Leidenschaft wie des Demosthenis Actio. Ich schrieb Dir von dem electrischen Eindrucke, den der
    Beytrag
zur Kirchenhistorie in der poetischen Geschichte und arabischen Märchen vom güldnen Hahn auf mich gemacht hatte, und hab mich durch das Buch beynahe prostituirt. Man konnte gar nicht begreifen, wie ich die in dem Buche enthaltene Blasphemien und Obscenitäten hatte verdauen können. Ich hatte einen Kampf beynahe darüber, die Brochure zu kaufen. Der Uebersetzer des Grecourt schickte es zurück dem Mann, der es ihm verschrieben hatte. Ich machte mir ein Gewißen daraus Geld dafür auszugeben, und suchte es bey den Juden anzubringen – Es hat mir 10 mal leid gethan, ich habe darnach geschickt und gelungert über 6 Wochen umsonst –; je saurer es mir wurde wider in meine Klauen zu bekommen: desto mehr nahm der Appetit zu dieser verbotenen Frucht zu. Ich schämte mich meiner selbst, und gab schon alle Hofnung auf, suchte meine Lüsternheit zu unterdrücken. Dem ohngeachtet war mir daran gelegen, meine Urtheile (die Phoenomene u Meteore) doch zu untersuchen. Ich sollte Deine Schrift beurtheilen: und hatte die hypochondrische Furcht und Besorgnis auf meinem Herzen, daß ich gar nicht mehr zu urtheilen im stande wäre – hatte das Buch Deinem Namensvetter, Pr. Haße und was noch ärger ist dem Kritiker der reinen Vernunft, der im Kayserlingschen Hause und bey Hippel von meinem enthusiastischen Geschmack gehört, und mit dem ich selbst darüber im
    lachenden Muthe
gesprochen hatte. Dein Hume wurde weggelegt, und ich machte eine neue Probe meines Urtheils und Geschmacks, mit einem Ναφε – Es ist mir unmögl meine widerholte Empfindung zu verleugnen, und ich finde so viel Beziehungen auf meine Ideen mit denen ich schwanger gehe, so viele αρθρα των φρενων zu meinem fliegenden Briefe. Ich erholte mich von dem Paroxysmo meiner kritischen Muthlosigkeit, und traute mir etwas mehr zu auch bey Deiner neuen Schrift
    mitreden
zu können, was für unsere beyderseitige Freundschaft keinen nachtheiligen Einfluß haben wird. Ich lies vieles in dem Buche übrig, um allmählich näher zu prüfen und explicable zu machen – entschloß mich Mittwochs zu Mittag den Miltz zu besuchen, den ich seit einigen Tagen nicht gesehen hatte. Er war nicht zu Hause, weil er alle Tage spatziren gehn muß. Ich erwartete ihn und er kam eher als ich es vermuthete. Ich hatte mit Fleiß gleich nach dem Eßen Caffé getrunken um noch eine Pfeife rauchen zu können ein paar Stunden hernach. Binnen der Zeit bekommt mein jüngstes Mädchen einen Anfall vom kalten Fieber; auch diese Kleinigkeit hatte auf meinen Besuch und die Dauer deßelben Einfluß. Wider meine Gewohnheit rauchte ich 2 Pfeifen und lies mir das Bier schmecken, da ich sonst nur des Abends trinke. Der arme Mann ist gantz trostlos geht mit Todesgedanken schwanger und kann seiner starken Vernunft den unüberlegten Verkauf seines alten u Ankauf des neuen Hauses nicht vergeben Gestern speise ich bey Jacobi, bring ihm den
    goldenen Hahn
, eße Sauerkraut, das mir die Base verwahrt hatte und eingeschnittnen Kalbsbraten und vom Nachtisch mit solchem Hunger, der Sensation machte auf Wirth und die übrige Gesellschaft vtriusque generis, unterdeßen ich mich meiner selbst schämte und über mich ärgerte. Wir sitzen bey Tische, wie Kraus gl. einem Mittagsgespenst erscheint. Er hatte allein geeßen, weil Kant Dienstags bey Kayserlings oft speißt. Er hatte mir vor ein paar Stunden die 3 Stücke seiner Recension zugeschickt, die ich in der Tasche trug nebst Deinem Buche. Jacobi giebt eine kleine Bouteille in 16o Pedro Ximenes zum besten. – Kraus bekam Lust zu einem Semmel den er kaum halb verzehren konnte. Wirth u er schlürfen den Wein, wie Claudius Keuchel. Crispinus begleitete mich nach Hause, gab mir zu verstehen, daß
    Kant
    nicht recht
    mit seiner Recension zufrieden wäre
, hatte die außerordentl. Freundschaft, die ich nicht Herz hatte ihm zuzumuthen, nicht nur die allgem. Litter. Zeitung von selbst anzubieten, sondern versprach mir sie zu corrigiren und alles widerherzustellen wie ers gemeynt u gesagt oder geschrieben hatte. Sonntags soll ichs haben, spätestens, samt dem Aufsatz des über Witzenmann. Ich wollte michr seine Laune zu nutze machen und Erklärungen seiner Anstriche ausholen; aber sein Kopf war mit andern Grillen voll, und ich konnte ihn zu nichts bringen. Das meiste sind Striche; wenig Lautbuchstaben seines Sinns. S. 94 hatte er dazugeschrieben Cf.
    Wz in D. M.
S. 111 beym letzten Abschnitt:
    Subrept
.
S. 118 beym Er.
    O viel
! S. 123. beym d.i.
    nicht doch
! S. 131 bey Sp u Rec.
    oder umgekehrt
. S. 142 die
    Dinge wahrnehmen
: Nun S. 152. bey der letzten Zeile: πρ. ψ S. 159 eingegliedertes Glied: σκοτος S. 172 bey mat. fac. p. 126 Beyla In der Beylage fand er lauter Misverständnis S. 224. bey der untersten Zeile πρ. ψ Kurz S. 93 ist der erste Strich seiner Bleyfeder; je weiter er gelesen, je mehr werden ihrer – bald schräg, horizontal und perpendicular. Ich will erst Dein Urtheil der Recension wißen und nachher weiter gehen, wenn Dir an seiner Denkungs- und Prüfungsart etwas gelegen ist. Ich verstehe seine Recension noch nicht, aber
    politisch
ist sie und Sapienti sat. Er hat seine Empfindungen mit und Vernunftgründe mit factis belegt – und ich halte
    Materie
und
    Form
meines Beyfalls und eines
    genauen Studiums
von beyden würdig. Nun mein lieber Jonathan J Pollux über Deinen
    Vorbericht
. Das
    sollte
wäre freylich beßer gewesen, ich meyn meyne 3 Gespräche statt eines. Die Dosis ist zu stark für einen Patienten mit nüchternem Magen, der
    Galle
verräth – auch die Personen nicht gut gewählt oder glücklich bezeichnet. Das
    Er
zu sehr nach dem Zuschnitte des
    Ichs
. Glaube, Vernunft = Idealismus; Realismus. Hume: Kant: Leibnitz: Spinoza
    Glaube hat Vernunft
eben so nöthig: als diese jenen hat.
    Philosophie
ist aus Idealismo u Realismo: wie unsere
    Natur
aus Leib u Seele zusammengesetzt. Qui bene distinguit, optime definire potest – und beydes gehört zum eignen Unterricht und ein Lehrer anderer zu seyn. Mir komt es nicht vor, daß Realismus und Idealismus den Inhalt der Vernunft, als der Schul u künstl. u sectirischen ihren
    füglich mit
befaßen konnten; sondern eher umgekehrt. Die
    Schulvernunft
theilt sich nur in Idealismum u Realismus. Die rechte u ächte weiß nichts von diesem erdichteten Unterscheid, der nicht in der
    Natur der Sache
gegründet ist, und der
    Einheit
widerspricht, die allen unsern Begriffen zum Grunde liegt, oder wenigstens liegen
    sollte
.
Das
    Oder
der Verbindungsart hinter der
    Aufschrift
läßt sich nach deinem eignen Urtheil nicht gantz rechtfertigen und hat Verzeihung nöthig. Die
    Beylage
ist auf ein disjunctives aut, aut gebauet und vielleicht beruht selbiges am Ende des Vorberichts eben so gut auf einem error calculi.
    Scimus
et hanc veniam
– – Ein allgemeines Bedürfnis
    jeder
Philosophie, ohne Unterscheid ist
    petitio
principii
und nichts eher zu nehmen, als was uns eingeräumt wird, nicht über das Terrain die Richtung zu verlieren Was ist die
    gemeine Art
des Wortgebrauchs? Zeugniße. Sind Verhältniße keine
    Dinge
, die
    Eigenschaften
haben? – und ist wol ein wirkliches Daseyn ohne Dinge, Eigenschaften und Verhältniße möglich oder denkbar? Sollte die sinnliche Erkenntnis nicht apodictischer seyn als die Vernunfterkenntnis? Hat
    ungewiße
Erkenntnis nicht Vernunftgründe nöthig; wozu braucht
    gewiße
Erkenntnis dergl. Jede Philosophie besteht aus gewißer und ungewißer Erkenntnis = aus Idealismo und Realismo = aus Sinnlichkeit und Schlüßen. Wozu soll blos die ungewiße Glaube genannt werden – Was sind nicht –
    Vernunftgründe
? Ist Erkenntnis ohne Vernunftgründe mögl. eben so wenig als sensus sine intellectu. Zusammengesetzte Wesen sind keiner einfachen Empfindung, noch weniger Erkenntnis fähig. Empfindung kann in der menschl. Natur eben so wenig von Vernunft, als diese von der Sinnlichkeit geschieden werden. Die Bejahung identischer Sätze schliest zugleich die Verneinung widersprechender Sätze in sich. Identität und Widerspruch sind von gantz gleicher Gewisheit, beruhen aber oft auf einem optischen oder transcendentellen schein, Gedanken-Schatten auf und Wortspiele. Die
    Sprache
ist die wächserne Nase, die Du Dir selbst angedreht, der Pappeldeckel, den Du deinem Spinoz. vorhängst, und in Deiner gantzen Denkungsart oben schwimmt, wie geronnen Fett. Empfindung muß durch Vernunftgründe eingeschränkt werden. Erkenntnis aus dem Glauben ist im Grunde identisch mit dem: Nil in intellectu – Also ein ewiges und fortgesetztes Διαλληλων λογος und τροπος liegt allen deinen Schlüßen zum Fundament oder ist das Centrum, welches Dich ohn Dein Wißen fortreißt und an sich zieht, Dich selbst und Deine Leser schwindlich macht, daß alles auf
    Identität
und
    Contradiction
immer läuft in einer neuen Gestalt, der alter Sauerteig gährt, und der Knäuel unter Deinen Händen zunimmt, anstatt
    entwickelt
zu werden. Das ist das
    Qvecksilber
Deiner
    Philosophie
, welches Du umsonst zu figiren bemüht bist. – Bejahung des
    Daseyns an sich
– Das abstracteste Verhältnis, das nicht verdient zu den
    Dingen
, geschweige als ein besonderes
    Ding
angesehen und gerechnet zu werden; gleichwol der
    Talisman
Deiner Philosophie und Dein
    Aberglaube
an verba praetereaque nihil sind die Götzen Deiner Begriffe, wie Spinoza den Buchstaben zum Wort und Werkmeister sich einbildete … so leichtsinnig
    ist die
    Ethik
, daß mir davor eckelt, und ich begreife nicht, wie es mögl. ist die Juno diese cartesianisch-kabbalistische Juno für eine Göttin anzusehen, wenn die Berl. Philosophen nicht eben so schwärmerisch von Jerusalem und eben so lächerlich ehrerbietig geurtheilt hätten. Bald wird alles verraucht seyn, und sich verblutet haben. Dein
    Er
ist der
    Schatten
, das
    Echo
Deines Ichs, verstümmelt und schwankend. –
    Freundschaft der Wahrheit, gutes inneres Bewustseyn
Verleugnung – der Wahrheit oder des innern Bewustseyns? Ich finde allenthalben ein
    Oder
wie hinter der Aufschrift, eine willkührl. Verknüpfungsart, die Deinem eigenen System nachtheilig und Deinen Gegnern günstig ist, gewesen und seyn wird. Gestern Abend schlug ich die Citata der 1. Erinnerung auf, und erstaunte nichts in Absicht der
    Lehrbegriffe
(Ideal. u Real.) geäußert zu finden. Ich will gleich noch einmal diese Stellen aufschlagen und sie bey Tage, bey hellen Tage lesen. – – Welcher Jude und Philosoph kann sich vorstellen daß S. 162–164 von
    Humens Glauben
die Rede seyn kann. Ist Offenbarung der Natur mit Hume so nahe verwandt, daß man von selbst darauf fallen kann und ist der
    Uebergang auf die Religion der Christen
nicht eine Gräuelsuppe für den Juden durch eine
    Verknüpfsart
, die Verzeihung und bald möchte ich sagen Abbitte von Deiner Seite verdient. Ich war von
    Hume voll
, wie ich die Sokr. Denkw. schrieb, und darauf bezieht sich S. 49 meines Büchleins.
    Unser eigen Daseyn u die Existenz
außer uns muß
    geglaubt
und kann auf keine andere Art bewiesen werden. Kennst Du des Hume Treatise on human Nature Vol. I. vom Verstande Vol. II. von den Leidenschaften III. von der Sittenlehre die 739 ausgekommen sind, sein erstes Werk? Crispin dankt mir immer dafür, wenn er daran denkt, daß er das Buch durch mich hat zuerst kennen lernen. Da erscheint Hume in so roher Natur, ihrer Blöße u Stärke. Er Crispin kann sich wirkl. rühmen, den Hume beynahe auswendig zu kennen. Ich habe nichts als ein Gespenst im Kopf u Auszüge, die ich weder lesen noch mich daraus finden kann. Spinoza ist Dein Hauptschlüßel und seine Gläser für Deine Augen vielleicht geschliffen, aber unrein und gefärbtes Glas. Wie kannst Du S. 23 beschuldigen daß M. ohne
    die geringste Veranlaßung
Dir christl. Gesinnungen aufgebürdet, die weder christl. noch die Deinigen waren.
    Im Glauben bgeboren werden
ist das Humisch oder philosophisch oder – ? Jetzt setzt Du nicht christliche sondern selbst
    jüdische
Autoritäten eines Hume und Spinoza entgegen und wilst die Dir beschuldigten gänzl. verleugnen durch den
    Dialect
, der Dir geläufig ist, und den kein Leser fest zu halten im stande seyn wird, weil er wie ein Aal schlüpfrich ist. –
    Vorsichtigkeit
und
    Ton
der Äußerung – verdient Erwiederung der
    Vorsicht
und
    des Tons
! Wahrheit kehrt sich nicht an Vorsicht noch Ton; ist vierschrötig. Du setzest zum voraus, daß die transsc. Idealisten Dich
    gnug verstanden haben
. Sie selbst leugnen es – Ist die Schuld Dein Glaube, oder ein Mangel ihrer Selbsterkenntnis? S. 8. Sich selbst verstehen – und nicht ungedultig werden. Die Menschen, Er, Du und ich suchen was sie wißen, und wißen nicht was sie suchen S. 54. Es ist gar keine Unmöglichkeit, sondern eine Unvermeidlichkeit, den transsc. Ideal.
    unrecht zu faßen
. Daseyn ist Realismus muß geglaubt werden. Verhältniße sind Idealismus, beruht auf Verknüpfungs- und Unterscheidungsart. Hume’s Essays ein
    lustiges Buch
– nicht
    Er
, sondern
    jeder Leser
versteht Dein
    Lächeln
. Aber S. 3. verstehe ich die Worte gar nicht.
    Gut, daß ich es erfahre
– Hier kann ich den hiatum oder das Beziehungswort
    es
nicht erklären.
Il y a des mysteres imprimés et publiés comme il y a des mensonges imprimés. Der Buchstabe mag immerhin gedruckt seyn, der Verstand u Sinn läßt sich nicht drucken. Wilst Du mir nicht die Stelle im Sextus Empirikus u Aristoteles mittheilen. Sind es nicht Aussprüche einer menschl. Autorität, wenn es Dir um
    Hume
,
    Reid
und Spinoza mehr als um die Sachen selbst zu thun ist, und Deine Rechtfertigung durch ihre Lehrsätze
    rechtfertigst
,
    beschönigst
und – Wenn Du im Glauben geboren bist: so konnte nicht von solchen späten, wurmstichigen und verdächtigen Autoritäten die Rede seyn, und der
    christl. Glaube
wäre immer allem philosophischen Laut vorzuziehen – Aber der christl. ist wieder eine bloße Hinterthür zum Abzuge, ein pallium der nackten Wahrheit. S. 79. Das Seyn ist keine Eigenschaft! – ist die Fähigkeit alle Eigenschaften zu tragen, keine Eigenschaft? Ist es keine Ungereimtheit diese Fähigkeit und Möglichkeit als das
    Erste
zu seyntzen – Ach mein lieber Jonathan Pollux! Du
    verstehst Dich selbst nicht
, und bist
    zu übereilt Dich
andern verständlich zu machen und Deine kranke Philosophie andern mitzutheilen, aus einem Principio des
    guten Willens
– Ich will der erste seyn, Dich auf die Ausfälle vorzubereiten, die du dir zuziehen wirst. – Auch Deiner Arbeit hab ich manchen Aufschluß meiner eigenen zu danken; ich bin auch in vielen DBagatellen und Hauptzügen Deiner Idiosynkrasie ähnlich und Dir dem Blute nach anverwandt. –
    Schön geschrieben
! sagt jedermann, wenn man mit den Sachen nicht recht einstimmen kann. Ein solches Lob ist die ärgste Beleidigung für mich. Nein Vernunft ist unsichtbar, ohne Sprache: aber freylich ist sie der
    einzige Ausdruck
der Seele und des Herzens zur Offenbarung und Mittheilung unsers Innersten. Das Bewußtseyn der Schönheit verdirbt ihren Werth und Eindruck. Die äsopische und sokratische Sprache verschönert sich, als ein Organon ächter, lebendiger, verhältnismäßiger Vernunft. Schönheit ist ein mimischer Engel des Lichts, deßen Nachahmung istch zum Muster nehme, so sehr ich den Sinn verabscheue.
Hättest Du Deinem
    Hume
ohne Schnupfen und Flußfieber, bey einer Flasche Wein und nach einem guten Pudding aufgeführt: so hätte ich mit mehr gesellschaftl. Antheil und Ssympathetischem Appetit gelesen; aber Dein grämliches Lächeln, Dein trauriges Fasten, Deine Schlaflosigkeit machen mir unangenehme Eindrücke. – Der unbarmherzige Er giebt Deinen Leidenschaften
    Köder
, die Dir nachtheilig sind – Dein Beyspiel warnt mich noch mehr meinem Autorküzel Zaum und Gebiß anzulegen –. Hättest Du Dich damals weniger anstößig für einen philosophischen Judenmagen erklärt: so hattest Du keine Rechtfertigung und keine Nachrede nöthig gehabt. Wenn man sich nicht einander verstehen will noch kann: so hilft alles Reden nichts, sondern macht nur das Uebel ärger. Je
    mehr Worte
, desto mehr Stoff zu Misverständnißen; Worte ohne Begriffe und Begriffe ohne wirkliche Gegenstände? Z.E. Seyn, u die VIII Defin. der Ethica. Ist das
    Seyn
und das
    Seyn an sich
ein wirklicher Gegenstand! nein sondern das allgemeinste
    Verhältnis
, deßen
    Daseyn
und deßen
    Eigenschaften
geglaubt werden müßen, und ohne
    Instrumente
weder deutlicher, noch näher, noch größer ex- und intensiue den Einsichten des Dritten gebracht und gemacht werden können – Statt
    Fußsalbe
ist für den ungeneigten blindgläubigen Leser nicht so am nöthigsten
    Augensalbe
Hic oculis ego
    nigra
meis
collyria lippus Inlinere – – Hat man mit Roß und Mäulern zu thun kann, so muß man die collyria aus der Medicina Veterinaria brauchen. Verstehst Du nun HerzensPollux mein
    Sprach-principium
der
    Vernunft
und daß ich mit Luther die ganze φφie zu einer
    Grammatik
mache, zu einem Elementarbuch unserer Erkenntnis, zu einer Algebra und Construction nach Äquationen und abstracten Zeichen, die per se
    nichts
und per analogiam alles mögl. u wirkl. bedeuten. Kennst Du Wachters Spinozismum im Judentum Amst. 699 Er hat sich einige Wochen auf meinem Tische umgetrieben. Bey dem Beschluß meines letzten Briefes an Dich fiel er mir in die Hände. Ein langweiliges eckles Buch, wo Spinoza nicht um ein Haar beßer als Machiavel widerlegt wird. Eben dieses Autors Elucidarium Cabalisticum Rom. 706 habe ich vor mehr als 20 Jahren in Curl. gelesen und Auszüge gemacht ohne sie zu verstehen nebst seiner eben so kleinen Diss. amica de haeresi circa mensas. Dogmatismus u Scepticismus haben für mich die vollkommenste Identität wie Natur und Vernunft, und wie ich Dir schon gesagt, faire et confondre ist ein ebenso homogenes oder relatives Werk. Analysis u Synthesis muß nach gantz ähnlichen Gesetzen geschehen. Analysis nicht vzerstören, sondern zergliedern. Synthesis nicht vermischen, sondern zusammensetzen. Beydes nach den Kennzeichen und Gesetzen der Natur u ihrer Generation, deren Nachahmung und Composition sich die NatKunst zum Muster nehmen muß. Ich verstehe zum Theil beßer als Crispinus die gegliederte Glieder – aber ins
    Unendliche theilbare
und
    wirkl. getheilte Materie ist
auch für mich σκοτος und beruht auf kabbalistischen, kartesianischen oder leibnitzianischen Teufelchen, Monaden u Engelchen, der ich, meine Vernunft u φφie ziemlich entbehren kann. Werd ich mit meinen Nachwehen fertig: so erlaub ich Dir auch, mich zu zerschneiden und escalpiren nach Herzenslust und Wohlgefallen. Vielleicht bekomm ich morgen von Dir Briefe, schwerl. aus Berlin. Ich habe gestern die Apologie durchblättert das erste Heft, wo über Kant pro und contra und Sailers Mährchen steht. Vergiß nicht lieber Jonathan- Pollux!
    Starkens Rechtfertigung
und Deinen Castor Oedipus. den 29 Jubilate. Ich war vorgestern mit meinem Briefe eher fertig, als ich dachte; und gieng zu Miltz um ihm zu melden, daß das Fieber bey meiner Marianne zum dritten mal ausgeblieben war. Darauf besuchte ich Crisp. der bey Hippel geschmauset hatte, trostlos und hungrig war. Er hatte den Abend vorher einen Gast gehabt und ihn mit einem Gerichte Fische bewirthet, ohne selbst geeßen zu haben. Ich schalt ihn, weil seine Schlaflosigkeit vielleicht vom leeren Magen hergekommen war – und sich Abendbrodt nach 10 Gerichten bestellte, die für ihn blos Schaugerichte gewesen seyn müßen. Läst sich ein solcher Wiedersinn denken? Mein Sohn gieng gestern in aller früh auf der Nicolovius Gut Sperling, schlief also die Nacht bey ihnen. Ich muste daher selbst bey
    Fischer
gehen, fand nichts von Dir, mein lieber Jonathan. War willens Me Courtan zu besuchen, sie ließ mir aber den Tod ihrer Stiefmutter melden, der Commerc.- räthin Toussaint. Kam gleich von der Loge zu Hause, muste Nachmittags schlafen. Meine Kinder waren alle ausgeflogen, die Leute arbeiteten im Garten. Ich nahm die Recension vor, welche ich den Abend vorher von Crispus corrigirt erhalten hatte. Es sind häsliche Druckfehler darinn z.E. S. 32. und die Zahl anstatt aus der Zahl S. 39 zu heller Vernunfteinsicht, nicht halber S. 40 Aussprüche, nicht Ansprüche. War eben im Begriff Dich zu lesen oder was ich geschrieben hatte, darüber anzusehen. Kommt Wagner und bringt mir das
    ausführl. Lehrgebäude der Religion
, von dem neulich bey Hippel die Rede war – wuste aber von allem nichts mehr. Mit der
    ersten Zeile
der Vorrede stößt mir ein Geruch von Bahrdt in die Nase, an dem ich mich satt und überdrüßig gelesen habe. Wir speisen bey
    Hippel
mehrentheils zusammen, im Kayserlingschen Hause ist er auch accreditirt, sonst der Haß u Verachtung des ganzen Publici, als Buchhändler u Nachfolger des Kanters. Wollte ein Lombard anlegen, und wird wahrscheinlich die Rudera des Kanterschen Ladens wider an sich kaufen. Ich studiere das Original, und finde den Mann brauchbar, wie jedermann, der sonst mit Abscheu von ihm redte. Kraus u Brahl überraschen mich, der erste kann bey aller seiner Politik u Moral meinen Gast nicht ausstehen, kam blos das
    Museum
abzuholen um sein Versprechen erfüllen zu können – ich hatte mein geliehenes Exemplar auch verliehen. Kraus fand kein Waßer im Hause wegen der
    Gartenarbeit
, nach dem Buch konnt ich auch nicht schicken wegen der
    Gartenarbeit
. Er setzt sich an das Clavier, springt eine zweite Saite. Sein erstes Wort ist immer Waßer, er würdigte kaum mein edles Bier des Schmeckens; und meine Gäste giengen im grösten Regen weg – Weil ich keinen mehr genießen konnte; so war es mir lieb ihrer los und jeden für seinen Eigensinn bestraft zu sehen. Meine Kinder kamen gut nach Haus; ich trieb Hans zu Bette der 5 Meilen gegangen war, weckte ihn vor 6 Uhr auf, wegen des
    Museums
, das Kraus diesen Morgen erhalten hat. Ich dorfte also in meiner jetzigen Diät keine Ausnahme machen, wie ich entschloßen war im äußersten Nothfall. Ich trink meinen Caffé im Bett und mein Frühstück war das
    ausführl. Religionslehrgebäude
. Ich lese
    wach, aufmerksam
und
    ungläubig
und mit einem gantz besondern Gemisch des Wohlgefallens und Mistrauens,
    medicinische
,
    transcendentelle
und paradoxe pp über Bonnet, Jerusalem, der mit Spinoza verglichen wird S. 167. citirt der leibhafte Bahrdt sich selbst, erkenne in dem Abschnitt: Menschen
    beurtheilung
meine eigene Theorie mir das vor mir liegende Phaenoma zu erklären, und kann nicht eher als über die Hälfte des Buchs XXXV. Vom Gewißen S. 212, mich mit Gewalt los reißen. Mit diesem Wunder der Conformität mit dem Irrlehrer Bahrdt stand ich auf, las die Predigt aus meinem Hahn, gieng mit Mutter und Kindern zum ersten mal im Garten herum, und habe Dir diese Relationem curiosam nicht vorenthalten wollen. Mein Urtheil geht wie meine Kenntnis bis S. 211. wohl zu merken. Ich war willens meinen vorgestern geschriebnen Brief in Ordnung zu bringen, ich fürchte, Du wirst so wenig lesen als verstehen können. Du wirst aber, Herzenslieber Jonathan noch
    ecklere gedruckte Sachen und Urtheile
zu lesen bekommen, als mein geschriebenes ist. Laß Dir vor der
    Qvelle
des meinigen daher nicht grauen. Es fließt wenigstens aus einem
    vollen Herzen
– Prüfe und entschuldige das scharfe und stumpfe meines Urtheils an den beyden Gegenständen, von denen die Rede ist. Lies den
    goldnen Hahn
deßen Autor ich so gern wißen möchte und am
    ausführl
.
    Lehrgebäude der Religion
bis S. 211. Ich habe meinen Mittag und Caffé zu Leibe – und habe mittlerweile bis zur S. 259 gelesen, empfehle Dir sehr den
    Beschluß über das Recht zu denken und zu urtheilen
. Laß Dir das Buch empfohlen seyn, und prüfe meinen Beyfall den ich
    heute Bahrdt
gebe en gros., denn zum Detail habe ich weder Zeit noch Lust, möchte beynahe das Buch selbst kaufen, wenigstens mit
    guten Gewißen
empfehlen, weil mir der Mann mit
    Licht
und
    Leben
von der Liebe redt. Ach! noch ist nichts aus Berlin zu vermuthen. Vielleicht erhalte ich Eetwas diese Woche zwischen
    Jubilate
und
    Cantate
.
Meine Briefe sind ein lebendiges Gemälde meiner wüsten Lebens- und Denkungsart, daß ich zu keiner Ruhe kommen kann, immer von innen und außen, von vorn und hinten hin und her geworfen werde. Ueberhaupt finde ich es für nöthig Dich vorzubereiten auf die neuen Unruhen, welche die Fortsetzung Deiner Autorschaft Dir zuziehen wird, eine reiche Erndte neuer Logomachien besorge ich, vielleicht mehr aus Freundschaft als
    mit Grunde
. Desto beßer, wenn ich mich irre! Deine Materie hängt allerdings mit meiner zusammen; ich bin aber noch lange nicht so weit, daß ich davon reden kann, geschweige schreiben mag. Vernunft ist für mich ein
    Ideal
, deßen Daseyn ich voraussetze, aber nicht beweisen kann durch das Gespenst oder die Erscheinung der
    Sprache
und ihrer
    Wörter
. Durch diesen Talismann hat mein Landsmann das Schloß seiner Kritik aufgeführt, und durch diesen allein kann der Zauberbau aufgelöst werden.
Es lohnt nicht ein Wort weiter zu verlieren, bis man einig darüber ist, was jeder durch Vernunft und Glauben versteht, nicht was Hume, Du und ich und er verstehn, sondern was die
    Sache
ist, und ob es eine ist. Ein allgemeines Wort ist ein leerer Schlauch, der alle Augenblick anders modificirt, und überspannt platzt und gar nicht mehr Luft in sich behalten kann; und lohnt es wol sich um ein tummes Saltz, und einen
    Balg
zu zanken der ohne Innhalt ist? Vernunft ist die Qvelle aller Wahrheiten und aller Irrthümer. Sie ist der Baum des Erkentnißes Gutes und Böses. Allso haben beide Theile Recht, beide Unrecht, die selbige vergöttern und selbige lästern. Glaube eben so die Qvelle des Un- wie des Aberglaubens. Aus einem Munde geht
    Loben
und
    Fluchen
Jac. III. Das Adiutorium der Sprache ist die Verführerin unsers Verstandes, und wird es immer bleiben, bis wir auf den Anfang und Ursprung und das olim wider zurück und zu Hause kommen. Petitio principii ist das Gegengift des unächten Misbrauchs der Dinge, und ihres Misverständnißes.
    Seyn, Glaube, Vernunft
sind lauter Verhältniße, die sich nicht absolut behandeln laßen, sind keine Dinge sondern reine Schulbegriffe,
    Zeichen
zum Verstehn, nicht Bewundern, Hülfsmittel unsere Aufmerksamkeit zu erwecken, nicht zu feßeln, wie die Natur
    Offenbarung
ist nicht ihrer selbst, sondern eines hoheren Gegenstandes, nicht ihrer Eitelkeit, sondern Seiner Herrlichkeit, die ohne erleuchtete und bewaffnete Augen nicht sichtbar ist, noch sichtbar gemacht werden kann, als unter neuen Bedingungen, Werkzeugen und Anstalten, Abstractionen und Constructionen, die eben so gut gegeben werden müßen und nicht aus der Luft geschöpft werden können als die alten Elemente.
Deine Theorie ist ein wirkliches Flickwerk philosophischer und menschlicher Autoritäten – Fühlst Du das nicht, lieber Jonathan, und daß es Dir am Ende Deiner Arbeit geht nach der Weiber Weise, die aus Buhl- Betschwestern werden. So weiland, so jetzt. den 30. Kraus kam ohne Aufsatz. Die Miethsleute unten hatten einen Nachtag zu feyern, weil die Tochter vorige Woche Hochzeit gegeben hatten. Er war um seinen Saal ersucht worden, und es sollte die ganze Nacht gespielt u getanzt werden. Daher er sich Nachtlager bey Deinem Namensvetter bestellt und den ganzen Nachmittag bey mir blieb. Das Schreiben bey Licht greift meine Augen an; ich setzte also meinen Bahrdt fort, und hab ihn diesen Morgen im Bette zu Ende gebracht. Aus eigener Erfahrung und Mitgefühl kann ich den Eindruck mir vorstellen, den dies Buch auf die
    Pharisäer unsers Jahrhunderts
und dieser Welt machen wird. Der Einfluß seines medicinischen Studii ist sichtbar. Mens sana in corpore sano ist das Problem seiner Moral; die sich auf eine
    moralische Heilkunde
auflöst und mit der Kunst zu sterben schliest dieser Theil; der immer nachläßiger und gewißenloser ausgearbeitet ist, je weiter er fortgeht. Ich habe von neuen bemerkt, wie meine Hitze im Lesen mich in Affect und
    Leidenschaft
setzt, die mich fortreißen In Deinem Vorberichte finde ich, liebster Jonathan! alles was Deine Feinde oder Gegner sich zu Nutze machen werden, und warum ich auch nicht einig mit Dir seyn kann. Warum setzst Du
    Deine eigene Philosophie
entgegen? Sollte dieser Unterscheid nicht durch die Einheit der allgemeinen Vernunft und des Sensus communis wegfallen. Der Zusammenhang u die Identität Deiner Grundsätze u ihrer Resultate ist von der einen Seite so natürl. wie von der andern. Du hättest Dir ihre Philosophie zu eigen machen sollen, und ihre Misstimmung augenscheinlich machen. Das wirkliche Daseyn ist nichts als ein ens rationis. Empfindung und Vernunfterkenntnis beruhen beiderseits auf Verhältnißen der Dinge ihrer Eigenschaften mit unsern Werkzeugen ihrer Empfänglichkeit, wie auf die Verhältniße unserer Vorstellungen. Es ist reiner Idealismus
    Glauben
und
    Empfinden
vom
    Denken
abzusondern.
    Geselligkeit
ist das wahre Principium der Vernunft und Sprache, durch welche unsere Empfindungen und Vorstellungen modificirt werden. Diese und jene Philosophie sondert immer Dinge ab, die gar nicht geschieden werden können. Dinge ohne Verhältniße, Verhältniße ohne Dinge. Es giebt keine absolute Geschöpfe, und eben so wenig absolute Gewisheit. Allenthalben stoß ich auf
    identische Sätze
, deren Identität unter neuen Ausdrücken, Gleichungen, und Formeln von Dir nicht gemerkt wird, und daher bald bejaht, bald verneint wird, weil die Begriffe in einer andern Uniform erscheinen. Wenn wir unsern Empfindungen, unsern Vorstellungen
    glauben
;
dann hört freylich aller Unterscheid auf. Wir können für uns dieser Zeugen nicht entbehren, aber niemanden durch ihre Uebereinstimmung widerlegen. Was war es denn für ein großes Vergehen, Dir
    christl. Gesinnungen
aufzubürden? – Wozu Dein Christentum wie Deine Philosophie unterscheiden – Wenn M. nichts als
    jüdische
Gesinnungen entgegenzusetzen hatte; so war sein Beyfall auf
    Ansehen
das weder Gründe noch eigene Einsicht ausschließt, gestützt. Gegen alle Deine Erklärungen ist eben so viel als gegen Ms seine einzuwenden. Die Streitigkeit läuft also auf einen
    religiösen Wortstreit
hinaus von beiden Seiten. Wenn man bekent eine andere Philosophie und Religion in petto zu haben. Hume würde Dich eben so gut beschuldigen, daß Du ihm
    christl. Gesinnungen
aufbürden wolltest, die eben so wenig die seinigen sind, als die jüdischen Dir anstehen können. Durch alle diese Nebendinge wird die Hauptsache mehr verdunkelt als aufgeklärt. Was Dir aus Leidenschaft wiederfährt, werden deine Gegner mit kaltem Blute und daher auch beßer und absichtlicher thun, als Du im stande bist. Meine beide Autoritäten hier Kant u Kr. klagen beyde über Deine Dunkelheit und daß Du den ersten nicht recht gefaßt, noch verstanden hast. Beyde sind desto mehr mit der
    Sprache
des Freywilligen zufrieden, und bewundern die Kunst seiner ihrer Deutlichkeit. Niemand kann Dir verbieten, was andere Vernunft nennen, Wahn zu wißen, wie Dir niemand verbieten kann das strittige Ding Glauben zu nennen. Bey einer andern Philosophie, bey einer andern Religion, ist eine andere Sprache unvermeidlich, andere Vorstellungen, andere Namen für dieselbe Gegenstände, die jeder aus dem Gesichtspunct seiner Nothwendigkeit oder Freywilligkeit bezeichnet. Da jeder an der Analysi des andern und an der Synthesi seiner eignen Begriffe arbeitet, so ist keine
    Stätigkeit
möglich von beyden Seiten, sondern ein ewiges Drehen und We ein unvermeidlicher Wechsel – Dein Buch ist sehr lehrreich für mich und die Wirkungen, die es hervorbringen wird, werden es noch mehr seyn – aber die
    Offenbarung
dieses Misverständnißes ist ein Wunderwerk, das ich noch gar nicht zu leisten im stande bin, und die Zeit wird den Zauber die optische Täuschung von selbst aufheben. Jeder wünscht die
    Umschaffung
der bisherigen Philosophie, hofft sie, arbeitet daran, trägt sein Scherflein dazu bey. Was in Deiner Sprache das
    Seyn
ist, möchte ich lieber das
    Wort
nennen. Moses und Johannes, Christentum und Judentum, die Lebendigen und Todten zu vereinigen – die durch den
    Thurmbau
sich verwildern, in gesellschaftl. Zerstreuung, durch die Taubeneinfalt des Geistes ohne tyrannische Feßeln gleichgesinnt, und aus
    gemeinschaftl. Sündern
übereinstimmende Brüder des Sinns zu machen. Wenn Du ein blindgläubiges und harthöriges Publicum
    voraussetzt
oder glaubst; so muß man nicht durch Gründe, noch
    vernünftige Discourse
S. 191. die Fortpflanzung seines Glaubens zu bewirken suchen. Herzenslieber Pollux und Jonathan. Es thut mir wehe, daß Du noch immer am Spinoza kauest, und den armen Schelm von cartesianischem Diabolo und kabbalistischem Somnambulisten, dem Leibnitz seine Harm. praestab. entwandt haben soll, noch immer wie einen Stein im Magen mit Dir herumträgst. Giebt es wohl einen denkbaren Unterscheid zwischen Essenz u Existenz? läst sich eine Causa ohne Effect und dieser ohne jene denken? Giebt es für relative Begriffe, absolute Dinge? Ναφε και μιμνας απιστειν an alle dergl. Hirngespinste, Wort und
    Zeichen
de mauvaises plaisanteries mathematischer Erdichtungen zu willkührlichen Constructionen philosophischer Fibeln und Bibeln, welche dürftige Elemente sind das geoffenbarte Wort zu verstehen, aber so wenig Schlüßel des Sinns, des Begriffs als Charaden Definitionen eines Wortes sind. Den kleinsten Satz von Zweideutigkeit zu befreyen ist keine leichte sondern die schwerste Arbeit – das kleinste Flickwort zu bestimmen, ist keine leichte, aber eckle Arbeit. Noch weiß ich weder was Hume noch was wir beide unter Glauben verstehen – und je mehr wie darüber reden oder schreiben würden, je weniger wird uns gelingen diesen Qvecksilber fest zu halten – Sat prata biberunt. Glaube ist nicht jedermanns Ding, und auch nicht communicable, wie eine Waare, sondern das Himmelreich und die Hölle in uns. Glauben daß ein Gott sey und Glauben, daß keiner sey ist ein identischer Widerspruch. Zwischen Seyn und Glauben ist eben so wenig Zusammenhang als zwischen Ursache und Wirkung, wenn ich das
    Band der Natur
entzwey geschnitten habe – Incredibile, sed verum.
den 1 May Der Brief ist liegen geblieben durch einen eignen Zusammenhang der Dinge. Ich war verdrüslich auf mich selbst, Dir lauter leere, unverständliche, unangenehme Sottisen zu schreiben. Ich hatte mich wider an einem Gericht Fische überladen; fällt mir der April der Berl. Monatsschrift in die Hände; weil ich alles gleich vergeße, und in der ersten Brunst selbst nicht weis: so fiel mir das Stück gantz neu auf und ich fühlte Deine Mishandlung vielleicht ärger, als Du sie empfinden magst, aber noch mehr Deine
    Schuld
daß Du nicht treu gnug in Deiner Rechtfertigung mit der Sache umgegangen, und Vertraulichkeiten eingemischt, die weder das Publicum, nach Deinem eigenen Maasstabe, noch die eiteln Gegner verdienen. Du und Lav. thun ein sehr überflüßig Werk, euch gegen eure Freunde zu rechtfertigen. Auch die Bundeslade des christl. Glaubens hat keinen Usas nöthig. Mendelssohn u seine Freunde ärgern sich an dem
    Losungsworte
, das Du durch
    Auctoritäten
rechtfertigst, die in meinen Augen auch keine Vernunftgründe und eben so zweydeutig sind. Ich wollte alles zerreißen, um Dich nicht noch mehr zu betrüben; muste wenigstens abstehen, zu schreiben, und hatte einen sehr
    finstern
    Nachmittag
und
    unruhigen Abend
, in Rücksicht auf meine eigene Autorschaft, an der ich zugl. mit verzweifelte. Deine geheime Geschichte läuft mit meiner ziemlich parallel, und ist die Parabel jedes Suchers, Nicodemus und Nathanaels. Ich fieng die Kritik zu lesen an, las noch einmal die in der Beyl. angeführte Stelle. Glaube: Vernunft = Realismus: Idealismus. Nichts als reine Worte, reine Vorstellungen, von denen das Ding nirgends ist, noch bewiesen werden kann. Ich lies mir die
    metaphysischen Anfangsgründe der Naturwißenschaft
    geben
, die ich noch nicht gelesen hatte, weil ich durch die lange Note der Vorrede abgeschreckt worden war, und die ich mir seit 4 Wochen vorgenommen mit Kraus durchzugehen, weil ich mir nicht Stärke gnug in der Mathematik zutraute. Es gieng wie geschmiert, und ich konnte nicht eher aufhören bis ich mit dem Buche fertig war. Du kanst Dir leicht vorstellen, wie muthlos ich zu Bette gieng, über Deine und meine eigenen vereitelten molimina des guten Willens, und über die neue Triumpfe reiner Eitelkeit. Mein einziger Trost bestand darinn, daß ich mit meiner kleinen Autorschaft noch in saluo war und wenigstens sagen konnte; wie oftmals: Periissem, nisi periissem! Langsam und klug zu Werke zu gehen – nicht eher die Feder anzusetzen, bis ich
    mich selbst
verstehe – und
    gedultig auszuharren
– das Schicksal meiner
    Reise
und meiner
    Autorschaft
einer höheren Hand und Leitung ohne mich zu beunruhigen, zu überlaßen. Ich sehe in diesem
    Wirwarr
einen beßern Plan, als ich mir selbst entwerfen könnte, und finde Ehre und Vortheile darinn ihn zu meinem eigenen zu machen, wie man
    Unsinn
zum vehiculo des Verstandes anwenden kann. Ich habe ein schweres Exempel und Problem zu
    berechnen
, und über ein
    Thema
zu reden, zu deßen Behandlung ich jedes Wort
    abwägen
muß; kann mich also nicht übereilen, wozu meine
    Natur
immer geneigter ist und derie Hand des Willens immer beßer seyn, als die Vernunft zu dictiren im stande ist. So viel Hoffnung ich selbst habe, theile ich Dir brüderlich mit, auch den
    Grund
meines Glaubens nicht
    in
mir, sondern
    außer
mir, der allein durch die
    That
sich rechtfertigen und sich selbst beweisen muß. Alle übrige Beredsamkeit ist Sophisterey, die sich durch reine gute Worte nicht widerlegen läßt, sondern durch die Kraft der Sachen und Dinge. Fehlt mir die, so will ich lieber Schweigen und dadurch zu Schanden werden, als durch misliches Reden und Schreiben. Gestern Abend war ich so verzagt, daß ich nicht daran dachte diesen Morgen so ruhmräthig meinen Brief schließen zu können. Die 1. Definition hat mir des Spinoza Ethik so vereckelt, daß ich nicht im stande bin weiter fortzufahren, und ich kann mir Deinen Geschmack Deinen aushaltenden Geschmack und Leßings seinen an einem solchen Straßenräuber und Mörder der gesunden Vernunft und Wißenschaft nicht erklären. Komme ich nach Pempelfort: so will ich ihn entführen, wenn Du mich auch eines Kirchenraubs und Sacrilegii deshalb öffentl. anklagen solltest. Philosophi – credula natio. Mahl Dir ein NB. in Deinem Seneca Nat Quaest. Lib VI. c. 26. Iß Dein Brodt mit Freuden und Deinen Wein mit gutem Muthe und verdirb nicht die Freude, die Hochzeitfreude Deines Sohns durch αλλοτριοφρονια. – Laß die Berliner fortqvacken, und die Vögel pfeifen und schnattern; bleibe daheim, stecke Dein Schwert in die Scheide, und mach punctum mit Kreuzzügen und Ritterfahrten für eine Dulcinee. Sey ein Philosoph, das heist ein unbefangener Zuschauer und hör auf ein olympischer Klopffechter zu seyn. Folge meinem guten
    Rathe
    Beyspiele
Tace et esto Philosophus!
und bleibe mein Freund wie ich Dein Hans Jörgele. Bußtag den 2 May Σιγα και μιμνας πιστευειν. Mein Herzenslieber Jonathan! Ich leg ein Geschmier bey, das ich Dir kaum anrathen kann zu lesen. Meine impertinente Lage von außen und innen verbietet mir alles Urtheilen. Ich weiß selbst nicht, wie mir zu Muthe ist, und bin noch weniger im stande anderer Sinn zu ergründen. Wenigstens weiß ich jetzt kein Haar weniger und mehr, was Vernunft und Glaube, Idealismus und Realismus ist. Je mehr darüber geredt und geschrieben wird, desto verwirrter werden die Begriffe. Wäre ich auch im stande zu urtheilen – Aus dem eckeln Detail meines Lebenslaufes erhellt sattsam meine Unfähigkeit im geringsten Zusammenhange. Innwendig sind Magen, Herz und Kopf im ewigen Zwiespalt. Auswendig gehts nicht beßer. Gestern Abend verfiel ich so mit meinem Hans, das ich mir vornahm allein zu reisen, wenn ich heute Antwort aus Berlin erhielte. Wird wohl nichts kommen, so wenig als von Deiner Hand. Bisweilen ärgere ich mich über Deine freundschaftl. Gedult und Nachsicht, einen so abgeschmackten Briefwechsel, wie ich den meinigen erkenne und empfinde, nicht längst abgebrochen zu haben. Ohne Eckel läst sich meine Faust nicht errathen – und aus der Klaue ist die Bestialität meiner Gedanken- und Fühllosigkeit augenscheinlich und handgreiflich. Ich tappte heute einmal nach der Vesper, hörte statt meines Beichtvaters einen Candidaten, dem es nicht an Gaben des äußerl. Vortrages fehlte, über Jerem. XXIX. 11. und muste wieder nach Hause eilen lente, weil mir das Gehen sauer wird. Wenn Du so aufrichtig als ich seyn willst und Deine Eindrücke für Urtheile verrathen: so wirst Du an den Cruditäten, die ich Dir mitgetheilt, gnug haben, und ich bescheide mich selbst, daß jetzt die Zeit aufzuhören entschieden ist, und ich so wenig als ein Verschnittener mir eine Schäferstunde weiter vermuthen kann. Zum Reisen taug ich vielleicht noch weniger – Ich weiß von allem nichts mehr, und habe auch wenig Lust mich darum zu bekümmern. – Was ich thun kann, hab ich lieber J.J. gethan, Dich auf mehr Kunstrichter meines Gelichters, die nicht beßer verstehen, aber ärger misverstehen, Dich zubereiten wollen. Unter meinen Umständen wäre Beyfall und Tadel kein opus bonae fidei. Was ich verstehe, beruhigt mich nicht in Ansehung des übrigen – ich bin aber eben so wenig im stande Dich eines beßern zu belehren, als den Knoten aufzulösen. Also manum de tabula – Erreichst Du Deine Absicht, für die Du geschrieben hast: so sey ruhig. Im Gegenfall bleib es auch, und bekümmere Dich um kein ärgeres Gänsegeschrey, noch Hundegebell. Deine Erscheinung im Gespräch muß Deinen
    Feinden und Gegnern
angenehmer seyn, als Deinen Freunden, die Dir Schlaf, Appetit, und nicht eine so lustige Mine über Hume’s Essays wünschen, als der falsche Er Dir beylegt, der kein guter Gesellschafter für unpartheyische Leser ist, noch für Patienten, sondern wie Woldemar ein Selbstpeiniger und Menschenqväler, wie wir alle sind, theils aus Dummheit, theils aus Schalkheit der schönen erworbnen Natur auf Kosten der Einfalt und Güte. Ich habe heute
    Beichte und Bekehrung eines Erzlavaterianers
gelesen und beßer gefunden, so wenig ich auch davon verstanden habe, weil es sich auf ein ander Buch bezieht, das ich mir auch bestellt. Ich dispensire Dich aber Dich um das
    Bahrdtsche Lehrgebäude der Religion
zu bekümmern, deßen Anfang mich vorigen Sonntag so täuschte, daß ich auch beynahe eine Beichte u Bekehrung dieses Pharisäers vermuthete. Von dem Erzlavaterianer wünsche ich mehr zu lesen, wie er verspricht. Diac. Mayer besuchte mich zum ersten mal in seinen Pontificalibus eines Abbé mit frisirten Haar. Er, der in einer eigenen Lage ist, beschwerte sich auch kein Buch mehr verstehen zu können, und bat sich dem ohngeachtet recht dringend Deinen neben mir liegenden Hume aus. Er ist des bekannten Mathematikers Sohn in Gryphswalde, hat Mathematik auch zu seinem Leibstudio gemacht, und der speculative Geschmack machte ihn so lüstern. Er ist ein Schüler des Kants hier gewesen und war also neugierig über Idealismum und Realismum sein Gehörtes u selbstgedachtes zu vergleichen. Ob was herauskommen wird, weiß ich nicht. Kraus hat mir nichts gebracht, und der älteste Nicolouius meldt mir daß die Berl. Post diesen Abend noch nicht hier wäre. Mein Hans hat den ganzen Tag eine so traurige Gestalt in meinen Augen gehabt, daß ich seine Liebe daraus wenigstens schließen muß. Ohngeachtet ich an meiner Reise für dies Jahr zweifele; so wollte ich doch nicht gern einen Minister Polonius statt eines folgsamen Gefährten und Freundes, um und neben mir haben. Er war vielleicht unschuldiger als ich selbst, und die Sache ist keiner Erklärung fähig. Es war Eifersucht auf den Credit der Mutter und seiner Freunde, und auf die Rechte sein Vater, ältester und nächster Vertrauter zu seyn. Allzulieb ist Haß: wie allzuklug dumm. den 3 – Nach einer ruhigen Nacht bin ich mit gutem Muthe aufgewacht. Außer Deinem Hume hab ich mir ein paar Tage mit dem goldnen Hahn und der reinen Vernunft den Kopf zerbrochen, und nach dem gemeinschaftl. Grunde drey so verschiedener Menschlichkeiten gesucht, aber so wenig gefunden, das nicht der Rede werth ist.
    Ueberall ist meine Weide
. Mir schmeckt auch alles. Ist es pica oder Hunger – aber ich muß in beyden Fällen büßen. Das Thema und Problema meiner kl. Autorschaft wird mir blutsauer; ich kann es nicht aufgeben, so lang ich noch Hoffnung habe, die von Glauben und Vernunft unterstützt wird. Solltest Du es, lieber Jonathan, der Mühe werth finden mein Chaos copiren zu laßen: so nimm ohne Gewißenhaftigkeit Dir die Mühe, alles was Dir impassable fällt getrost auszustreichen, damit ich einen Faden behalte zur Fortsetzung. Lese ich selbst das dumme Zeug; so schlägt es mich nieder und macht mich Muthlos. Die
    Kunst Geister zu beschwören
besteht in
    Worten
. Man soll mir nicht umsonst den Namen eines Magus gegeben haben; ich will ihn wenigstens so gut behaupten wie weiland unser Salomo. Verdient eine solche Pralerey nicht Knuten und Faustschläge? ich mach mich auch darauf gefaßt. Meine ursprüngl. Grille war, durch das Ende meinesr Autorschaft den Urlaub selbst zu bewürken. Ich gab selbige auf, aus einer Art von Selbstbescheidenheit und Menschengefälligkeit, weil ich gegen meinen Eigensinn mistrauisch gemacht worden bin. Meine Hypochondrie ist ein Bucephalus, der auf seinen Reiter wartet. – – Vergiß nicht des
    Starkes Apologie
– aber bekümmere Dich um nichts, das in Deinen Schlaf, Appetit und Gemüthsruhe Eingriff thun kann, womit Du an den väterlichen Freuden und des Bräutigams Glück Antheil zu nehmen schuldig bist. Ja leider giebt es mehr reine Vernunft und leeren Glauben, und mehr
    Rationes
als
    portiones
,
wie ein pollnischer Edelmann mit einem Wortspiel seiner Sprache scherzte, und einen Proviantcommissair abwießs. Ich schreib nicht eher nach M. bis ich Bescheid erhalte – und vielleicht nicht eher nach Pempelfort als beym Empfang der starken Apol. und übrigen Gaben, die wohl nicht eher als mit dem Meßgut ankommen werden. Gott sey mit Dir und mit den Deinigen. Meine beste Wünsche für das glückliche junge Paar! Die
    Salbe
vom Fisch ist gut für die Augen und Recipe ein Stück von dem
    Herzen
und der
    Leber
, leg es auf glühende Kohlen, und der Engel Raphael nehme den Eh- und Dintenteufel gefangen und binde ihn in die Wüste ferne in Egypten. Eine lachende
    Leber
ohn
    Herzen
thut keine Wirkung. Hume’s Herz verlang ich nicht. Er ist ein guter Rabbulist, aber ein elender Paraklet, noch immer beßer als der jüdische Schwätzer Mückenfänger und cartesianische Teufel im Gewande des mathematischen Lichtes. Es schlägt 9 Uhr und ich eile auf meine Amtsstube mit dem N.T. in der Tasche und dem goldnen Hahn unterm Arm. Lebe recht wohl und schreibe
    wenn
und
    wie
Du willt. Nur vor allen Dingen leb zufrieden mit Gott, Seiner großen um und kleinen Welt in Dir. Laß Ihn in beyden schalten und walten, als Herr, Vater und Bräutigam – eifersüchtigen Nebenbulers des Ich – Du und Er ist im Singulari und Plurali – Lebwohl bis aufs Widersehen. Die Grüße der Meinigen verstehen sich von selbst. Des Bräutigams würdige Tante, meinen Namensvetter Georg, Freund Tiro – Eben erhalt ein Entrée-Billet zur Cantate Sulamith und Eusebia auf den 9 May. von den Juden oder eigentl. der Friedländerschen Familie. Eine mir unerwartete Galanterie; denn die Juden meiden beynahe mein Haus nach der Fehde mit Mendelssohn. Ich habe mich wie Bersillie entschuldigt, und meine Kinder samt der Mutter substituirt. – Vale et faue! Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
. / Fco Wesel.
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 27ten Apr bis 2ten May 1787 J. G. Hamann empf den 13ten
Hier ist mein Tom. III. Idearum, liebster Hamann, Ich wünsche Ihnen dazu guten Appetit u. daß er Ihnen nicht harte oder lose Speise dünke. Das letzte ist er mir wenigstens nicht geworden, eher das erste. Der Winter ist für unser Haus eine böse Zeit gewesen; der Husten hatte bei den Kindern so stark Posto gefaßt, ha daß er bei dem Jüngsten noch sein Recht behaupten will. Meine Frau hat viel dabei ausstehen müßen. Ich wünsche Ihnen, einer frohere Zeit durchlebt zu haben: denn die unsre war öde u. traurig. Göthe ist noch in Italien u. kreuzt jetzt Siciliens Küsten umher. Daß Dahlberg zum Coadjutor in Mainz u. Worms gewählt worden, wird Ihnen die Zeitung gesagt haben. Von Jacobi habtte ich lange nichts gehört, bis er sich wieder durch ein Büchelchen meldete. Ich werde ihm nächstens ein Ähnliches schicken, deßen Druck verzögert ist, Ihnen gleichfalls, lieber Alter u. ich wünsche, daß es Sie zur guten Stunde finde. Wunderbar verändern sich mit den Jahren auch der Menschen Sinne. Die Blüthen der Phantasie fallen mir von Tage zu Tage mehr herunter; das Lob wird mir gleichgültig u. fast widrig, weil ich sehe, wie u. wem es ertheilt wird, auch daß es mir nichts hilft. Der Tadel wird mir auch ein gewohnter jargon u. ich möchte als ein oft gebranntes Kind bei jedem Buch beinah die Recension in deßen u. deßen Seele abfaßen. Was ich mir von Jahr zu Jahr mehr wünsche ist Nutzbarkeit u. Wahrheit. Mein Morgen war unbedachtsam, mein Mittag ist lastvoll; Gott gebe mir einen zwar nicht müßigen, aber ruhigen Abend. Alles ist Eitelkeit hienieden u. das WSchema dieser Welt vergehet. Ueber Reichard hätte ich mancherlei zu schreiben; doch ich warte ich lieber, bis die Sache sich mehr entwickelt. Er ist ein Preuße, der gute Reichard! Machen Sie doch, liebster Gevatter, meinen besten Gruß an Hippel u. Scheffner. Letzterm möchte ich so gern ein Ex. von den Ideen schicken u. ihn um sein Urtheil aus landesfreundlicher Seele bitten; aber ich habe keins. Ich will bei Hartkn. ansuchen, daß er ihm eins überantworte. Grüßen Sie doch auch Fischern, wenn er Ihnen aufstößt. Ich schäme mich, daß ich ihm solange einen Br. schuldig bin; aber ich bin einmal im völligen Bankerut der Correspondenz. Haßens Wohlseyn u. seine Bestrebsamkeit in Königsb. freuet mich; ich danke für Seinen Briefe u. bitte ihm meine Theilnehmung zu bezeugen. Für seinen Bruder hat sich noch nichts thun laßen: es liegen zu viel am Teich Bethesda. Wenn er sich mit Paradoxieen in Acht nimmt, kann er in Königsb. ein vergnügtes, nützliches Leben führen. Es ist schön, in
    seiner
Jugend bereits ein so bestimmtes Ziel zu haben, nach welchem man strebe. Ich wollt’, ich hätte es auch gehabt; jetzt ist die Blüthe meiner Zeit vorüber. Leben Sie wohl, bester lieber alter Freund u. Landsmann. Gehe es Ihnen u. Ihrem Hause wohl an Leib u. Seele. Verzeihen Sie den armen Brief eines Entkräfteten, der fast nicht mehr zu schreiben weiß; es wird eine beßere Stunde geben. Meine Frau empfielt sich aufs beste u. schönste. Ihr Bruder ist jetzt hier, der ihre Niece, die einige Jahre bei uns war, zurückholet. Der Informator unsres Hauses ist Gottlob Pfarrer geworden u. ich habe ihn vorigen Sonntag eingeführet. Uebermorgen gehen die 2. ältesten ins Gymnasium, die 2. folgenden bei einen Candidaten. Mit dem Anfange des Frühlings verändert sich unser Haus also sehr. Gott gebe, daß wir uns selbst auch erneuern u. verjüngt werden. Ihnen wünsche ich Alles, liebster H. was ich mir selbst wünsche. Vale et faveTuo H. Vermerk von Hamann: W. 28. Apr. 87. Erhalten den 18. Jun. – durch HE Hartknoch.
Vermerk von Hamann, Nummerierung und Erhalten-Vermerk von roter Tinte: 64   den 12 May. Geantw. den 13, 14.Pempelfort den 30ten April 1787. Deine zwey Briefe, lieber Vater Hamann, der vom 9ten, u der v 18ten, sind richtig angekommen. Ich hab es mir auferlegen müßen den ersten bis hieher unbeantwortet zu laßen, weil ich zu krank war, um auch nur das nöthigste verrichten zu können. Den 10ten kamen sind Reventlows angekommen, u geblieben bis zum 19ten. Den 14ten wurde ich mit meinem bösen Kopfübel heimgesucht, welches sich, wie gewöhnlich an der rechten Seite fest setzte, u noch nicht hat weichen wollen. Gestern den ganzen Tag u den größten Theil der vergangenen Nacht habe ich entsetzlich ausgestanden. Dein Brief kam um Mittag, u erfreute mich sehr durch den Beyfall den Du dem letzten Werke meines lieben Wizenmanns giebst. Meine Gleichgültigkeit gegen diese Reliquie ist Dir ein Räthsel; u mir ist es mehr als ein Räthsel, daß Du mir so etwas auf den Kopf zusagen kannst, daß ich Dir nicht früher v diesem Aufsatz geschrieben, u hernach versäumt habe, die zwey Hefte v Leipzig aus Dir gleich schicken zu laßen, dazu haben so viele u vielerley Dinge mitgewirkt, daß mir davor schwindelt, ein kritisches Verzeichnis davon zu entwerfen. Ich weiß auch nicht einmahl mehr gewiß ob ich bloß versaumt habe die ordre nach Leipzig zu ertheilen, oder es mit Vorbedacht unterließ. Ich erinnere mich wenigstens in Bedenken gestanden zu haben was ich thun sollte. Da Kants Aufsatz über das Orientieren erschien, schriebst Du mir darüber mit freundschaftlicher Offenherzigkeit. Ich antwortete eben so u kündigte Dir mein Gespräch an. Hierauf zogst Du Dich zurück, umgiengst den Artikul v Kant, u sagtest etwas über die Hauptpuncte seiner Lehre, welches mir so vorkam, als wolltest Du mich nur abweisen. – Mein Gespräch, daß damahls (Ende Xbr.) bis S 122 fertig war (Die Beylage war vor der Erscheinung v Kants Aufsatz über das Orientieren schon entworfen), hatte ich auf feines Postpapier abschreiben laßen, um vor dem Druck Dein Urtheil darüber zu erfahren. Ich behielt die Abschrift zurück, weil ich glaubte, Du wolltest nichts davon wißen, wenn ich oder Wizenmann gegen Kant schrieben. Da hast Du das ganze Räthsel, wenn ja ein Räthsel da ist. – Crispus Urtheil über Wizenmanns Schreiben ist in der That läppisch, u es freut mich daß Du ihn bey’m Worte gehalten hast, sein Urtheil darüber schriftlich aufzusetzen. Ich glaube die Herren sind mit dem Stück schon früher bekannt gewesen. Es ist wenigstens nicht wahrscheinlich, daß Kants sehr active Freunde ihm nicht sollten eine Schrift zugesandt haben, die allgemeine Aufmerksamkeit erregt hat u großen Beyfall findet. Schon den 6ten Februar war dieses Stücks des Museums in meinen Händen. Also schon 3 Monathe daß es die Preße verlaßen hat. – Der gute Wizenmann, wie ihn Dein Beyfall gefreut haben würde, wenn er es erlebt hätte! – Sage mir doch, wenn es möglich ist, was Dich hindern konnte in den Resultaten, dem wesentlichen nach, denselbigen Mann zu erkennen. Nie bin ich in meiner Erwartung mehr betrogen worden, als da Du sdiese Schrift so kaltsinnig aufnahmst. Zu Witzenmann selbst sagte ich v den Resultaten, was Voltaire v seinem enfant prodigue sagte: mon enfant est bossu, mais il se porte bien.“ – Gieb mir einen Rath wegen der 2ten Auflage, die für die künftige Meße erforderlich seyn wird. – Und soll ich das Schreiben über d an Kant dieser 2ten Auflage, oder einer zweyten Auflage meines Gesprächs beydrucken laßen. Letzteres war meine Absicht, u ich habe deswegen v Gespräch nur 900 Ex abziehen laßen, die, wie ich vermuthe vor Ausgang des Jahrs vergriffen seyn werden. Witzenmans Schreiben hat einige Stellen die gegen Mißverstand nicht genug gesichert sind u einer Zugabe bedürfen. Z. B. S 138 u 39. – Der Unfug des Kantischen Orientierens ist auch nicht ganz an seiner Quelle entblößt. Wizenman war schon zu schwach da er sich entschloß diesen Aufsatz drucken zu laßen, als daß es eine recht scharfe Kritik damit hätte vorgenommen werden können. Was nicht durch Ausstreichen gut gemacht werden konnte, daran ist keine sonderliche Verbeßerung geschehen. – – Der Entwurf über Matthäus ist den 16ten in einem Packet an Dich abgegangen. Auch hierüber bitte ich um Deinen Rath. Du weißt, Wizenmann verlangt in seinem letzten Willen ausdrücklich, daß seine Aufsätze vor der Publication sorgfältig gereinigt werden sollen. Wem könnte man diesen Matthäus anvertrauen? Wäre Hafelyn vielleicht der Mann? Ich habe v Hafelyn noch nie eine Zeile gelesen. Wizenmann sagte, er wäre minder affectiert et se mirant, als die andern Zürcher, aber doch auch nicht ganz frey v diesem Fehler. Du mußt mir jemand vorschlagen, denn ich bin nicht fähig hier eine Parthie zu ergreiffen. Wie mich nach Donnerstag verlangt, wo ich wieder Briefe v Dir, u darin Dein Urtheil über mein Gespräch zu erhalten hoffe, ist unaussprechlich. Seiner Zeit mußt Du mir auch melden, was Kant zum Lobe
    meines Styls
gesagt hat, u Crispus gegen meine Klarheit. Vor allen Dingen aber mußt Du mir folgende Stelle aus Deinem gestern angekommenen Briefe erklären. „Ich bin wie der Seelige nur
    halb eins
Dir auf dem Wege, quoad materiam möchte ich sagen, aber quoad formam halte ich es mit den Berlinern, u beydes gehört doch zusammen u macht das
    Ganze
aus, wornach ich strebe, wenn es möglich ist, oder mir zugedacht zu treffen.“ – Den ersten Satz versteh ich vollkommen, u du sagst auch daßelbige schon am Anfange Deines Briefs: „ich stimme ganz mit ihm (Wiz) und eben so halb wie Er mit Dir“. Von allen folgenden aber versteh ich nicht das geringste, u jeder folgende Satz macht mir den vorhergegangenen noch unerklärlicher. Ich habe nie etwas gesehen das mir inextricabler geschienen hätte. Bey meinen argen Kopfschmerzen gestern mußte ich das nun beständig in Gedanken haben u hin u her werfen; es war eine rechte Marter. Erklären mußt Du mirs zur Vergütung schlechterdings. Morgen schreibe ich nach Münster wegen Deines Urlaubs, u nach Leipzig wegen des Starkischen Buchs. Aber wie ich aus der Berliner MonatsSchrift verstanden zu haben glaube, soll das Buch erst nach Entscheidung des Proceßes heraus kommen. Ich werde mich zugleich an meine beyde Verleger wenden, u auch . Ich werde wegen des goldenen Hahns u des Verfaßers des Systems der Weltbürger Republik Erkundigung einziehen. Der goldene Hahn ist mir noch gar nicht zu Gesicht gekommen. Was den Verfaßer des Systems der einer Weltbürger Republik betrifft, so stand im Januar der Berliner MonatsSchrift,
    der bekannte Herausgeber dieser Schrift zu Wernigerode sey wahrscheinlich auch ihr
    Verfaßer
. Sollte dieser bekannte Herausgeber der Bibliothekar Benzler seyn? Ueber die Verlegenheit wegen der Argandschen Lampe habe ich recht lachen müßen. Der Mann muß den gläsernen Cilinder nicht über den brennenden Doch gesetzt haben, sonst ist es unmöglich daß die Lampe schwadmen kann. Die ganze Mechanik, die so einfach wie möglich ist, hat allein zum Zweck, mittels der zwey Luftsäulen die die Flamme fest halten, ein unbewegliches helles Licht, ohne allen Dampf zu verursachen. Es ist wunderlich daß der Mann seine Lampe anzündete, eh er alle Stücke beysammen hatte. Das Spermaceti Oel kann entbehrt werden. Ich selbst brenne gewöhnlich nur Baumoel. Das Spermacetioel giebt aber freylich ein helleres Licht. Hier in Abschrift ein zweyter Brief den ich über Wizenmann an Hausleutner schrieb. Du kanst diese Abschrift behalten. Dagegen schicke Du mir den Brief den Du während ich in England war v meinem Freunde erhalten hast. SMeine Schwester Lotte u Schenk, die ihn gelesen haben, sagen er sey sehr intereßant. Ich laße ihn abschreiben u schicke Dir das Original zurück. Die Abschreiberinn der Beylage küßt Dir die Hände. Mit den Berlinern gebe ich mich ohne Noth gewiß nicht weiter ab. Ich zweifle aber daß sie mich in Ruhe laßen. Kommen sie mir so nah daß ich gewiß bin ihnen die Klinge bis ans Heft in den Leib zu jagen, so mag ich mich schon rühren – Deine Ahndungen wegen des Ausgangs des Krieges über Jesuitismus möcht ich wißen. Mir komt die Hypothese der Berliner so offenbar wie ein Märchen vor, daß ich gar nicht wüßte wie ich es anfangen sollte, um sie einen Augenblick für etwas anders anzusehen. Daß Stark u andre gewünscht haben ein bischen hexen zu können; daß Eein Betrüger dem andern sein Geheimniß absieht, u die Kunst vollkommener macht, u.s.w: das kommt mir sehr natürlich vor. Was aber die Berliner erzählen u prophezeihen, daß das scheint mir der menschlichen Natur u allem was wir von den Gestalten die sie anzunehmen fähig ist wißen, durchaus zu widersprechen. Nikolais Anmerkungen gegen Lavater u Sailer habe ich noch nicht gesehen. den 1sten May. Ich schrieb gestern Abend noch das nöthige Deinetwegen an die Prinzeßin, damit der Brief desto gewißer heute Morgen auf die Post käme. Hernach zündete ich zu einer Taße Thee eine Pfeife Tobak an u las Deine Vte Fortsetzung. Ich war kaum damit fertig u wollte noch einmahl lesen, als mein Arzt, Hofrath Abel erschien. Er hatte mir wißen laßen daß er gern zum Nachteßen bleiben möchte. Wir spielten 1½ Parthien Schach u giengen zu Tisch. Ich gab beym Nachtische die Geschichte Deines Bekannten mit der Argandschen Lampe zum besten, deren Mechanik er so sehr bewundert, u sich gegen den Dampf den sie verursacht mit einem naßen Schwamm hilft. Wir haben herzlich gelacht. Versäume ja nicht mich an der weiteren Entwickelung dieser Geschichte Theil nehmen zu laßen, u mir zu melden, ob die Reparation Deines Holzstalls bey’m Schein dieser Lampe sich würklich zum Ziel legt. Deine Vte Beylage habe ich heute früh noch einmahl gelesen, u daraus v Deinem Geiste so viel in mich aufgenommen., als ich faßen konnte. Du glaubst nicht wie ich an Dir kaue u sauge; wie Du noch mich oft aufrichtest, u
    wie Du mich hältst
. Sonnabend kam mir der Gedanke daß ich die hierophantischen Briefe wieder lesen wollte. Ich ergriff den Band der Kreuzzuege u blieb daran hängen, u erquickte mich unsäglich. Mein Vorhaben die hierophantischen Briefe wieder zu lesen, ist aber nicht unausgeführt geblieben. Das mehrste darin kann ich nicht verstehen, weil ich, meines Wißens v Stark nichts als seine
    alte u neue Mysterien
, u auch diese Schrift nur flüchtig gelesen habe. Die neue Abschrift Deines fliegenden Briefes soll unternommen werden mit dem Anfang der künftigen Woche. Leuchsenring ist v Zürich weg u wieder nach Berlin. Von da will er nach Pyrmont. Dieses hat er v Carlsruh aus an Dohm geschrieben, mit dem er viel Umgang zu Berlin gehabt hat, so wie auch mit Tellern, der ihn heimlich mit dem Judenmädchen copulieren wollte, wenn die Entführung gelungen wäre. Es fand sich aber daß die große Liebe des Mädchens zu Leuchsenring ein Märchen war. Es hatte gar keine Lust sich entführen zu laßen. Loewens Commißionair, der Buchhändler Schneider, hat vielleicht die Schriften die ich ihm aufgetragen hatte an Dich zu befördern nicht abgeschickt, weil er böse auf mich ist war. Die Packen die ich für Loewe an ihn abzuschicken hatte giengen über Frankfürt, durch die Hände eines Spediteurs, der
    Pater
    de
    Johann Balthasar Grunelius
firmiert. Schenk hat wahrscheinlich Mühe gehabt diese sonderbare firma zu behalten, u sie darum so fest sich imprimiert, daß er auch Schneidern den Vornahmen
    Johann
    Balthasar
ertheilte. Dies hat Schneidern so sehr entrüstet, daß er Briefe u Packete gar nicht annehmen wollte. Goeschen der von dem Lärm hörte, war zum Glück so gut u so klug daß er alles einzog, u hernach Schneidern bewog alles zu ubernehmen. Hierauf ließ nun aber gleich der tief beleidigte Schneider seinen Zorn gegen den unschuldigen Frankfurter Spediteur aus, u bedeutete ihm in zwey grimmigen Briefen, daß wenn gleich er (Grunelius) ein
    Balzer
wäre, so wollte er (Schneider) darum doch keiner seyn wollte. Auch gegen mich äußerte er seinen Schmerz, aber mit großer Zurückhaltung. Ich habe ihm auf der Stelle eigenhändig u sehr höflich geantwortet, so daß hoffentlich nun alles beygelegt seyn wird. Du wirst aus meinem Briefe an Hausleutner sehen, daß wir hier Willens sind Wizenmann einen Grabstein zu legen. Gieb Deinen Rath wegen einer Inschrift. Einen Schattenriß von unserm Lieben bekommst Du auch; u wenn Du willst auch eine sehr seiner Locken. Er hatte das schönste blonde Haar das ich je gesehen shabe. Schenk arbeitet fleißig an seiner Abhandlung, die eine inaugural Dißertation wird, um mit der erhaltenen Licenz die Doctorwürde zu vereinigen. Sie wird im September erscheinen, u der Verfaßer hofft, sie Dir persönlich zu überreichen. – Ich thue was ich kann um mirs nicht in den Kopf zu setzen daß Du würklich kommen wirst. Verbrandte Kinder scheuen das Feuer. Von einem bekannten Koenigsberger Gelehrten existiert ein bekanntes Buch über den Aristoteles, u ich kann mich weder auf den Nahmen des Gelehrten, noch auf den Titel des Buchs besinnen. Sey so gut u weise mich in Absicht des einen u des andern zurecht. – Vor allen Dingen aber mußt Du nicht vergeßen mir die dunkle Stelle in Deinem letzten Briefe auszulegen. Ich kann mich nicht darauf besinnen, ob ich Dir in meinem letzten Briefe schon gemeldet habe, daß ich in Gottes Nahmen meinen Georg habe nach Goettingen abreisen laßen. Heute ist die Nachricht v seiner glücklichen Ankunft eingelaufen. Meiners u der junge Lavater haben es über sich genommen, ihn dort auf die beste Weise einzurichten u über ihn zu wachen. Er selbst ist v Mißtrauen gegen sich auf das lebhafteste durchdrungen, u vollkommen überzeugt, daß die Worte des Salomo:
    Wer sich auf sein Herz verläßt der ist ein Narr
, keinen Menschen näher als ihn angehen können. Das weitere muß ich nun abwarten. Ich glaube nichts wesentliches zu beantworten unterlaßen zu haben, u will nun schließen – Ich drücke Dich an mein Herz! Gott gebe daß ich bald recht frohe Nachrichten v Dir erhalte – Wie ich Dich liebe weiß Gott, der mich endlich einmahl ansehen wolle. Ich lebe in immerwährendem Gebeth, oder vielmehr in immerwährenden Aufschreyen zu ihm – Was wird es endlich werden? – Noch einmahl ich drücke Dich fest fest an mein Herz Dein Fritz Jonathan
Königsberg den 9. May 87. 3 – 4 Uhr Nachm. Gelobt sey der HERR! – der Strick ist zurißen, und unsere Seele ist entrunnen, wie ein Vogel, und wir sind los. Unsere Hülfe steht im Namen des HERRN, der
    Himmel
und
    Erde
gemacht hat! Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn, Ihr alter, unwürdiger Vater erhält vor eine halbe Stunde Resolution auf Sr. Königl. Maj. allergnädigsten Special-Befehl von Sr. Excellentz dem StaatsMinister von Werder Exzellentz, Urlaub zur Reise, Abschied nebst einer verhältnismäßigen Pension, und freye Vollmacht zu der
    gewünschten Ruhe zu gelangen.
Mit Lachen und Zittern meld ich dies zu aller erst, wenn Ihnen auch die Lust vergangen seyn sollte, einen alten wunderlichen Mann näher zu sehen: so ist es Wonne für mich, ohne daß ich von Pflicht reden darf, dies letzte Bedürfnis meines Lebens noch erfüllt zu sehen und zu stillen. Ich kann weder reden noch schreiben. Letzteres wird wohl nicht eher geschehen, als wenn ich Ihnen den Termin meiner Abreise melden kann. Unserem Jonathan werde ich das übrige mitzutheilen anheim stellen. Gott erhalte Sie und Ihre Marianne und seegne Sie mit Freuden Seines Antlitzes, nach der Fülle Ihres Herzens und meiner Wünsche. Ich bin gantz der Ihrige – so wahr mir GOTT hilft und Sein heiliges Evangelium! – Johann Georg Hamann. Adresse: HErrn / Franz von Bucholz Quod scripsi, scripsi. Posce ME. den 10 May
Kgsb. den 9 May 87.
    Copia
Daß bey der jetzigen Stelle des Packhofverwalters H zu K. wenige und theils unnütze Geschäfte zu versehen sind, solches ist hier schon bekannt, und wird in deßen unterm 16 m c. anhero eingereichten Vorstellung von ihm selbst bekräftiget. Da nun die überflüßigen Posten bey der jetzigen Accise- Einrichtung auf ausdrückl. Allerhöchsten Befehl eingezogen, die wenig beschäftigten aber mit andern verbunden werden sollen: so ist des Supplicanten Stelle mit der Licent-Buchhalterey vereiniget, er aber auf eine Verhältnismäßige Pension gesetzt worden, wodurch er bey seinen kränklichen Umständen zu der gewünschten Ruhe gelangen wird. So bald also derselbe, nach dem Anfange des neuen Etats Jahres, die Packhofniederlage an den dazu ernannten Bedienten übergeben und von der dortigen Direction die gewöhnliche Decharge darüber erhalten haben wird, stehet ihm frey die vorhabende Reise auf so viel Monathe, als er will, anzutreten, bis dahin muß er noch in Kgsb. verbleiben, welches ihm auf sein diesfalsiges Gesuch hiemit zum Bescheide eröffnet wird. Berl.   den 26 April 87. Auf Sr. Kgl. Maj. allergnädigsten Special-Befehl Sig. von Werder. Gleich nach dem Mittag erhielte ich diesen Brief auf dem Bette, mein Herzenslieber J.J. Kaum hatte ich mich erholte, überraschte mich jemand vom Licent, der in demselben Bureau arbeitet, ich glaubte daß er mit Absicht käme; er schien aber von nichts zu wißen. Ich stand auf, und schrieb ein paar Zeilen in Beyl. deren Ausstattung u Besorgung ich Dir lasseüberlasse. Mein gantzes Haus gieng aus auf ein Freybillet welches ich vorige Woche auf die Trauercantate Sulamith u Eusebia erhielt, die auf Kosten der Judenschaft hier aufgeführt wird. An einem so feyerlichen Tage erhalt ich meinen Abschied. Den 4 speiste ich bey Hippel, kam vergnügter zu Hause, wie ich hingegangen war, weil ich den MTag vorher mitr den Magen bey unserm Namensvetter verdorben hatte an Kartoffeln. Meine Lehne Käthe kam mir mit einem Päckchen entgegengelaufen, das Fischer mir eben zugeschickt hatte. Es enthielt Deine 7 Dona und eine Handschrift die meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich fiel so hitzig drüber her, daß ich mich auszuziehen vergaß – sonst meine erste Arbeit, sobald ich zu Hause komme. Kleider sind mir eine Last. Wie Tag und Gesicht ausgieng, wollte ich ein wenig Luft schöpfen. Mein Sohn begegnete mir in der Hausthüre; ich bat ihn mir zu Gefallen noch einmal umzukehren, stand und bedachte mich, gieng ein wenig nach dem Ufer des Pregels zu und eilte zurück – und mit dem Abendseegen ins Bett, wo mich ein Frost überfiel. Weil ich mich weder erwärmen noch einschlafen konnte, überfiel mich eine Unruhe und Furcht vor einem schiefen Maul. Die Magd muste um Mitternacht nach Ipecacuanha laufen – Ich konnte mich den Sonnabend drauf nicht besinnen selbige eingenommen zu haben. Miltz besuchte mich auch, gab mir eine Dosis Rhab. ein, und machte eine zweite fertig, wenn die erste nicht wirken sollte. Alles gieng nach Wunsch, ich lag den ganzen Sonnabend im Schlafe, hatte eine gute Nacht, und brauchte Sonntags nichts einzunehmen. Mein Sohn komt von der Frühpredigt und meldt mir, daß die Post nichts mitgebracht hätte. Welche Post? die Berlinsche. Ich dachte an nichts und erwartete nichts mehr; aber mit dieser eingeschlummerten und aufgeweckten Iddee war mir der ganze Sonntag Cantate, auf den ich mich gefreut hatte verdorben. Der ganze modus procedendi meiner Wander- und Autorschaft erschien mir in einem so ärgerlichen Zusammenhange und garstigen Lichte, daß mir alles abscheulich vorkam. Mir blieb also nichts als der letzte unmittelbare Schritt ins Cabinet, wodurch ich alles wieder ins Geschick und zur Entscheidung zu bringen hoffte. Ich brachte den gantzen Sonntag wie in der Hölle zu, hlag den ganzen Tag ohne mich zu rühren – und fürchte mich noch mehr vor der Nacht. – Die war ruhiger, wie ich gedacht, und ich fuhr Montags mit heitern Kopf u Herzen in der handschriftl. Reliquie unsers seel. Freundes fort – bis mir Nachmittags die Noth zwang meiner Augen wegen nach dem ersten besten gedruckten Buch zu langen, das ich aus meinem Lager reichen konnte. Gestern frühe wurde ich mit der Handschrift fertig, und habe mich satt geweint und daran geweidet. Wie ich Dich bedauert habe, einer so guten Seele einer so feinen Meisterhand beraubt zu seyn, und daß ein so schönes Denkmal nicht zu Ende gebracht worden. Ich stutzte bey dem ersten Strich eines Bleystifts und erkannte oben den Finger meines B. an der Zahl. Sollte diese Reliquie nicht des Drucks würdig seyn, zum Vortheil seiner Eltern und seiner frommen Mutter. Ich wünschte daß sein Freund
    Hausleutner
deßen Geschmack ein wenig mehr sectirisch als philosophisch ist mir vorkommt nicht eine kleine Uebersicht übernehmen. Ich erwarte liebster Jonathan Deine Vorschrift ob ich es wider durch Einschluß übermachen oder selbst einhändigen soll. In beyden Fallen hoffe ich es noch genauer durchzusehen, welches nöthig wäre. So legt er dem kananäischen Weibe: Sohn Davids in den Mund – –
Gleich darauf fiel es mir ein die Resultate noch einmal durchzulesen; aber Dir die Wahrheit zu beichten, machten sie im
    Ganzen
einen gantz dem ersten ähnlichen und fast noch nachtheiligern Eindruck, als das erste mal. Ich bin kein Welt- noch Schulmann und nicht im stande dieser doppelten Unwißenheit, die ich wenigstens erkenne, abzuhelfen.
    Hippel
u durch ihn
    Scheffner
,
    Kant
,
    Kraus
,
    Brahl
und
    Nicolovius
sind Theilnehmer Deiner Einlagen und meines Danks. Kraus ist sehr freundlich gewesen gegen meinen Sohn beym Empfang. Ich habe ihn seit einigen Tagen nicht gesehen. Er leidt an der güldenen Ader. Gestern Abend schickte er mir einige versprochene
    Data zur Beurtheilung des W. Aufsatzes im Mus
. die das garnicht sind was er mir versprach und was ich erwartete. Ich denke Dir das Original mitzubringen. Ich konnte sie erst diesen Morgen lesen. – – den 10 – im Bette. Hatte noch gestern von Miltz, Kraus, Brahl und Mayer Besuch, der sehr bunt durch einander gieng. Weil ich wie ein hysterisch altes Weib vor allem auffahre, das mich überrascht: so gieng es mir auch mit Miltz, der in der traurigsten Gestalt vor mir stand, wie ich auf einmal die Thür aufmachte, und ihn lauschend vor mir stehn sahe. Der Mann härmt sich das Leben ab wegen seines gekauften u verkauften Hauses. Meine Kinder hatten seine Tochter mitgenommen. Ich hatte ihn schon Vormittags zu mir gebethen auch nach dem Eßen zu ihm geschickt. Er war aber nicht zu Hause gewesen – da war er; mein Einfall meine Familie auf dem Landhause, wo er selbst viele Jahre gelebt, unterzubringen war eine Seifblase und wie alle meine Entwürfe weder gehauen noch gestochen. Kraus nahm auch an meiner äußerl. Lage mehr Antheil, als er in seinem eigenen Fall zu thun pflegt. Brahl kann seinen Oncle Miltz nicht leiden und war aus seinem gewöhnl. Phlegma, das seiner Mutter eigen gewesen seyn soll, von der Miltz als seiner Schwester mit viel Liebe redt, in seines alten Vaters Feuer gerathen, der sein Nädlerhandwerk niedergelegt, und sich einen großen Obstgarten seit kurzem gekauft. Er gab mir aber das erste Licht und die gröste Beruhigung, weil ich mir einbildete mit dem 1 Jun. ausziehen zu müßen, wozu mir gantz natürlich mehr Zeit laßen muß, da gegenwärtig alle Miethen besetzt sind. Mayer liest noch an Deinem ersten Exemplar über den Realismum – blieb zuletzt muste aber allein gehen, weil es ihm zu lange währte mich zu Hippel zu begleiten, den ich noch überhaupt und besonders sprechen wollte. Ich zog mich also an und ließ mich von meinem Sohn unter dem Arm entre chien et loup führen. Der Weg wurde mir sehr sauer. Ich fand Hippel u Michael gieng zu Rahphael um in seiner Begleitung mich wider heim zu schleppen. Hippel nahm allen mögl. Antheil, versprach mir zu Unterbringung meiner Familie behülflich zu seyn, wozu er als Policeydir. die Mittel in Händen hat, bot mir 3 mal seine Kutsche an mich nach Hause führen zu laßen – wohin ich aus Schmertzen meines Fußes nicht eilen konnte und fast in Ohnmacht gesunken und unterwegs liegen geblieben wäre. Ich kam erschöpft nach Hause, und schlief beßer als ich es vermuthet hatte. Ich bin heute im Bette geblieben, wo mein Fuß erträgl. ist und erwarte noch Crispum, wenn er Wort hält. Bey Hippel habe ich ihn schon auf morgen halb entschuldigt, wo auch
    Haße
zum ersten mal seyn wird,
nebst
    Kant
. Das CriminalColleg wird von ihm als Hof- und Halsrichter bewirthet. Morgen werde ich dem Director meinen Scharrfuß in den weiten Stiefeln machen. Ich habe wenigstens nicht umsonst geschrieben, sondern selbst
    bekräftigt
, was man
    schon gewußt hat
. Hat man Wahrheiten von mir berichtet, so will ich gern mein eigener Zeuge seyn. Sind Verläumdungen im Spiel gewesen; so werden sie auch durch die Zeit an den Tag kommen. Ich schließe also mein bisheriges öffentliches Leben in einer kleinen Warte, wo ich 20 Jahre lang Schildwach gehalten habe. Was ich jetzt anfangen werde weiß ich nicht. Noch liegt alles auf der leichten Achsel und ich sehe diese letzte crisis meines Schicksals als eine Wohlthat der Vorsehung an, selbst von der unangenehmen Seite, die bey allen auch den glücklichsten Veränderungen unvermeidlich ist. Gott hat zum voraus durch meinen A.B. für meine Bedürfniße gesorgt, daß ich von eigentl. Noth keine Ahndung einmal habe. Vor meiner abgelegten Reise kann ich an keinen Plan denken, und will also blos sorgen meine 3 Mädchen u ihre Mutter in saluo zu bringen. Neigung für Preußen habe ich niemals gehabt, sondern mein Vaterland mehr par Principe und aus Pflicht oder Schuldigkeit geliebt. Die Erde ist des HErrn und in diesem Sinn bin ich ein Weltbürger. Ich bin in keinem einzigen Fache zu Hause, weder zum Gelehrten noch zu Geschäftsmann bestimmt, weiß nirgends Bescheid – ein wahrer Maulaffe, dem große Gesellschaft und klösterliche Einsamkeit unerträglich sind – kann keine Zeile noch Brief in Versen nicht einmal in Prose schreiben. Nichts bleibt mir übrig als mich der mütterl. Vorsehung in die Arme zu werfen. Sie hat mich verzogen, sie mag es verantworten und am besten wißen, wozu sie mir und durch mich meinen Kindern das Daseyn gegeben und bestimmt. Ich weiß von allem nicht ein lebendiges Wort, wie es zugegangen von Anfang an bis auf den heutigen Tag. Ein wahrer Traum – Wir sehen uns also Herzenslieber Jonathan, wenn und wie Gott will, noch diesen Sommer. Die Bahn ist gemacht, das Eis ist gebrochen – das ist alles was ich Dir zu melden weiß. Kurz, ich reise in omni sensu – werde mich wie ein leibhafter Antipode des Nicolai um nichts bekümmeren – so wenig ein Mentor meines Sohns als mein eigener seyn. Ein guter Engel mag beyde hüten. Der alte hat es so nöthig als der junge Mensch. In Deßau möchte ich gern Freund Häfeli und den alten des Marrees persönlich kennen lernen und wenigstens im vorbeygehen sehen. Schreibst Du an Herder und Asmus: so werden Sie von Deiner Hand meine gegenwärtige Freyheit und Verlegenheit mich darinn zu schicken und Gebrauch davon zu machen vererfahren. Doch Du hast auch alle Hände voll mit Zurüstungen um bald ein glücklicher Großvater zu werden. Gott mache den 2 Jun. zu einem neuen, doppelten und vierfachen Seegens und Freudentage. Was macht mein Namensbruder George. Sey vollkommen, wie unser Vater im Himmel, der sein Antlitz leuchten läßt ohne Ansehn der Person. – Ich hoffe bey Kant nächstens gebeten zu werden. Er arbeitet an seinem eigenen System fort, ohne sich um die ganze Welt viel zu bekümmern, weder was sie selbst thut noch von ihm urtheilt. Zu verdenken ist es ihm nicht, daß er erst damit fertig seyn will. Das übrige wird sich von selbst finden. Er beschuldigt Dich, ihn nicht zu verstehen, und beklagt eben das an sich selbst. Ich werde alles aus dem Wege mir schaffen, was zu meiner Autorschaft Jahre lang Stelle Dir einmal den Wechsel vor, mit dem ich meinen Brief schließen muß, und wie mir zu Muthe seyn muß. Erst kommt Hill mit einem verstellten Gesichte über die Nachricht, die er heute von Brahl gehört wegen meines Schicksals und daß Brahl ihn versichert hätte, daß eine verhältnismaßige Pension sich auf ⅙ meiner 25 rth berechnen ließe, bittet mich dahero Vorkehrungen zu machen, daß ich wenigstens mein ganzes Gehalt behielte. Dies war der Anfang meiner Unruhe. Bald darauf erscheint der ehrliche Crispus in schwarzer Liverey die mir heute auffiel und die ich gestern nicht bemerkt haben muß – hat ein wenig von der Galle des Tobiasfisches in der Tasche, und meine Augen so damit gesalbt, daß die Schuppen ziemlich abgegangen sind; mir die Nothwendigkeit ans Herz gelegt meinen Brief beßer auszulegen, als ihn der Minister verstanden zu haben scheint, mir mein volles Gehalt zur Pension auszubedingen oder bey einer widerhergestellten Gesundheit einen andern Posten vorzubehalten. Ich habe in dem Freudentaumel meines Herzens nichts von den Folgen verstanden und von der Unmöglichkeit mich und meine Kinder lange zu unterhalten, ohne meines B. Wohlthat unverantwortlich zu verschleudern. Die Freyheit über die ich gejauchzt, wäre also mein augenscheinlicher Untergang und dieder schwärzeste Undank gegen einen so grosmüthigen Wohlthäter. Was für ein armer blinder Man ich bin und zeitlebens bleiben werde! Er hat mir gewiesen, wie leicht es mir seyn würde, alles was ich an den Minister geschrieben in diesen Sinn einzulenken. Ich sehe nunmehr meine Thorheit und Schande ein. Vor Freuden meinen Willen gekriegt zu haben zu meiner Reise, ich bin zum Kinde geworden. – Ich sehe nun alles vom rechten Ende ein, weiß selbst nicht, ob ich über meinen Heroismum lachen oder weinen soll. Zu beyden ist reicher Stoff. Dem gegebenen Rath meines Freundes will ich folgen. Ich kann mir kaum viel Wirkung davon versprechen; aber Buße muß ich thun in Staub und Asche. Er verbot mir meine geschriebene Briefe heute abgehen zu laßen; aber in diesem Puncte mache ich eine Ausnahme. Ich will alle meine letzte Kräfte zusammen nehmen an den Minister zu schreiben, und ihm das Misverständnis und die Folgen für mein Schicksal vorzustellen, wenigstens bey meiner Rückkunft gesichert zu seyn. Gott mag das übrige entscheiden und entwickeln. Sieh! lieber Jonathan die Unklugheit und Thorheit eines alten Mannes. Ihr habt es gut gemeint mit mir, liebe Freunde; ich auch eben so gut mit Euch. Was ist der Mensch daß Du sein gedenkst. Der Held ein Wurm, wenn sich Gott nicht sein annimmt. Ich bin selbst an meinem Wahnsinn schuld B. hat einen Sohn nöthiger als einen Vater. Letzterer fehlt mir. Doch der im Himmel wird sein verlornes Kind nicht verlaßen und ihmes auf die Beine helfen und den rechten Weg weisen, durch dies mühseelige Leben mit Ehre und Schande, wie es mir gut ist, hindurch zu dringen. Ist es nicht im Grunde ein
    überkluger Stoltz
, der mich zum Narren macht. Ich habe Dir dies Cabinetstück meines Herzens nicht entziehen wollen. Wollte Gott daß mein Fall zum Aufrichten anderer etwas beytragen könnte! Ist etwas vom
    Fels
in mir: so kann mir nichts schaden. Hat mich der Satan gesichtet: so mag er die Kleien meines alten Adams selbst fressen und davon bersten. Wenn ich gleich sinke, bin ich deshalb noch nicht untergegangen. Die ganze Lauge werde auf diesen alten grauen Scheitel ausgegoßen. Gott wird meine armen Kinder und ihrer ehrl. Mutter schonen. Sey ruhig, lieber Jonathan, sorge und fürchte nichts, Gottes Wille geschieht, wenn unserer gebrochen wird. Ein wahrer Einsturz des Himmels für mich, der in nichts als einem alten wüsten verwünschten Schloß bestand. Laß Dir die Hochzeit freude nicht versaltzen. Ich will euer Freund nicht seyn wenn ich es nicht werth bin – und dann dankt Gott meiner loß geworden seyn. Noch immer hoffe ich eines beßeren, und denn werden wir uns desto beßer genießen können; wozu Gott Geist und Gnade geben wolle. Amen. Diese Episode bleibt unter uns. Vermerk von Jacobi auf gesondertem Blatt: Koenigsberg den 9ten u 10ten May 1787. J. G. Hamann empf. den 20ten – beantw den 22ten
Kgsb. den 13 May Vocem Jucunditatis 87 Liebster Jonathan, ich schreibe wenige Zeilen, um Dich zu beruhigen wegen meines neulichen dithyrambischen Exitus und Dir innigst zu danken für den schönen langen Brief, den ich gestern zu meiner Freude erhalten, aber wie Du leicht erachten kannst, nicht so bald zu beantworten im stande seyn werde. Ich habe meinen ersten Kirchengang heute gehalten und bin nicht vorige Woche aus dem Hause gewesen, habe die Nacht nach meines Philipp Crispus Augensalbe keinen Schlaf gehabt – auch diese Nacht elend geschlafen, sprach heute bey Kr. Lilienthal an, der herzlich über sich selbst lachte und von der Stelle Deines Briefes eine Abschrift nahm aus meinem Munde. Er ist nun in allem vollig zurecht gewiesen, von da sprach ich bey seinem Nachbar Crispus an. Wir konnten uns aber einander weder verstehen noch erklären, weil die Schlaflosigkeit dieser Nacht mir den Kopf zu wüste gemacht hatte. Bey meinem Gönner und Nachbar, dem Director sprach ich auch an und theilte ihm die Resolution mit. Er las sie mit einer naso adunco, die zum Mahlen war, und auch dieser schwere Gang ist abgemacht. Kraus hat an Biester geschrieben u meines Schicksals gedacht, Kant dem Hartknoch aufgetragen sich beym Minister zu melden Hippel sich erboten, wenn ich nicht schreiben könnte, es für mich zu thun. Ich dachte morgen fertig zu werden, erwarte aber meine Lisette, die gestern geweint bey der Nachricht die ihr der Bruder hinterbracht. Kann ich nicht morgen fertig werden: so hoff ich wenigstens gewiß auf Himmelfahrt. Ich habe gestern des Sp. Ethic an die Schloßbibl. durch meinen Sohn abliefern laßen, und werde reinen Tisch machen, weil in meiner jetzigen Lage an keine Autorschaft zu denken ist. Mittwochs vormittags fieng ich Dein Spinoza Büchlein wider an, muste aber bey der
    innwohnenden unendl
. Ursache aufhören S. 15. Sey ruhig und folge dem Rath unsers seel. Freundes. Ich wünschte Dein Päckl. zu erhalten aus Leipzig, vielleicht bringt es Hartknoch mit, und hoffe daß die erste Schrift in die Sammlung gehört, zu welcher Arbeit der Stuttgarter das nächste Recht hat. Meinen Dank für die Beylage u Abschrift Deiner würdigen lieben Schwester wirst Du ersetzen. Ich bin beschämt und gerührt, und versteinert! An Deines George glücklicher Verpflanzung nehme ich den grösten Antheil. Gott schenkt mir so viel Trost ein, daß ich mehr vor Freuden weine als vor Kummer, und der Becher überläuft. Der junge Graf Kayserlingk holte mich heut frühe ab, und versicherte, daß eine große Revolution mit der Judenschaft zu Berlin in der Mache wäre. Heute geht eine Estafette wegen des neuen Tarifs von der Kaufmannschaft ab; auch der Minister Werder wird in Danzig, neml. beym Fahrwaßer, auch hier erwartet. Seit meines A. B. ersten und zweiten Briefe habe keinen solchen Tumult in meiner Seele erlebt als den 9 d. bey Empfang der Hiobspost und den Abend drauf bey Nathans Kabinets predigt, und ich habe noch mitbis diese Stunde alle Augenblick mit meinem Uebermuth zu kämpfen, den Meister Martin noch vielleicht nöthig hat. Gott hat mir an Crispus einen Philipp gegeben, der am Ende immer recht behält. Curatel und Tutel habe ich nöthig, und Gott läßt es daran nicht fehlen. Beßer wär es freylich, wenn ich ihrer entbehren könnte. Im Grunde scheint mir meine Unenthaltsamkeit Schwäche zu seyn, und keine Stärke. Die Zeit als eine Tochter der Vorsehung versteht sich auf die große Kunst irrende Ritter zu bekehren. Ich will sie daher walten laßen. Wirds Eurer Mühe lohnen ein so elend jämmerlich Ding zu sehen?! Kant, wie mir Kraus versichert, hat an Deinem Dedications-Exemplar weit mehr Antheil genommen, als er gewohnt ist, und ich gedacht habe. Ich hoffe Dir von allem Gott gebe mündlich Red und Antwort zu geben, was ich Dir bisher schuldig geblieben bin und vor der Hand bleiben muß. Leider sehe ich in meinen privatissimis und domesticis nichts als mala publica, und möchte immer jene anwenden, diesen abzuhelfen. Dieser Schwindel oder optische Betrug macht mich unfähig einen festen Gesichtspunct zu finden und mich daran zu halten. Gott wird zu meiner Genesung mir Sein Antlitz leuchten laßen! Laß mein lieber Herzens J. J. nicht Deine Hochzeitfreuden durch mein trauriges Andenken betrübt werden den 14 – Ich habe diese Nacht wieder Gottlob! geschlafen und wachte wie neu geboren auf. Gestern war mein Haus wie ein Taubenschlag, daß ich gantz erschöpft zu Bette gieng. Konnte erst um 11 Uhr auf den Packhof kommen, habe einen zieml. Entwurf zu meiner Antwort an den Minister gemacht, der so Gott will am Himmelfahrts Tage fertig seyn u abgehen soll. Machte meinem Stiefbruder dem Inspector Marvilliers ein Compliment, theilte ihm auch die Resolution Glück mit und wünschte ihm Glück einen Nachfolger seiner Stelle, weil die Form der meinigen aus Mangel deßelben zerbrochen werden müßen. Aufgebracht durch seine Theilnehmung und die Sym- und Antipathie unsers Schicksals u unsrer Denkungsart, entschloß ich mich auf einmal bey dem Namensvetter zu eßen, nachdem ich meinen kranken Freund Hennings besucht hatte. Der Mittag war sehr heiter und lustig, ich trunk auf meine eigene Hand eine Bouteille Ale aus, der Oberhofprediger Schultz kam hin, und das Gespräch wurde beynahe zu lebhaft von meiner Seite. Wir giengen in Gesellschaft zusammen aus, und ich überraschte die beyden Philosophen beym Nachtisch, trunk nolens volens noch ein paar Gläser Frantzwein. Kant interessirte sich sehr für mein Schicksal; ich habe ihm meine erste Stelle als Uebersetzer zu danken, dachte auch an Dich und Dein Gespräch in allem guten und mit Dank und werd mich nächstens zu Mittag einladen laßen. Kraus begleitete mich zur Baroneße Bondeli, wo ich Caffé trank der mich wie ein Nectar schmeckte. Der Tag endigte sich mit einem Besuch bey meinem würdigen Beichtvater Matthes, wo ich die letzte Oelung der Freundschaft erhielt zur Stärkung auf die ganze Woche und die Arbeit derselben. Seine Frau erzählte mir, wie sehr mich ihr Mann liebte und daß er gestern wie ein Kind um mich geweint. Er ist ein sehr heftiger auffahrender Mann, der im Affect seiner selbst nicht mächtig ist. Mir war immer Angst daß er den Special-Befehl in Stücke reißen würde. Wie ich zu Hause kam, erfuhr daß meine liebe Gevatterin Me Courtan in der Kutsche bey mir gewesen, und beynahe gestern für Alteration das Fieber bekommen hat. Man hat bey Jacobi nach mir geschickt, wo ich schon fort gewesen; und ich werde sie morgen sehen. Kant hat mir angerathen an Hartknoch zu schreiben, um meine Sache dem Geheimen Commercerath Simson zu empfehlen, der in Berlin jetzt Wunder thut. Zu einem nähern Schwager Laval hab ich kein Vertrauen, aber jenem Rath will ich folgen. Courtan hat den Kopf voll ähnlicher Anschläge gehabt, und ich werde sie morgen besuchen um sie zu beruhigen. Du siehst was meine Katastrophe für Lärmen macht und ich danke Gott so viel und warme Freunde zu haben, welches auch zum Glück des Lebens und zum Trost im Unglück gehört. Giebt mir Gott diese Nacht wider Schlaf; so hoffe ich zur Arbeit unter den Händen gestärkt zu seyn. Am Himmelfahrtstage wünsch u hoff ich mit einem Briefe nach Berlin fertig zu seyn und denn mag es gehen wie es gehe, mein Vater in der Höhe weiß allen Sachen Rath. Miltz hat mich auch diesen Morgen besucht, ich besorgte ihn vorgestern aufgebracht zu haben. Aber seine gleichmüthige Freundschaft machte mich so aufgeräumt, daß er alles für Tummheit und Unerfahrenheit ansieht. Ich fühle wenigstens neue Lebenskraft und einen Aufschluß von dem Wort, das mich immer aufmerksam gemacht, ohne es recht verstanden zu haben. ουκ εκ μετρου διδωσιν ὁ Θεος το πνευμα Joh III 34. Auch selbst in meinem eignen Hause finde ich eine Theilnehmung, die ich nicht vermuthet, und mir angenehm ist. Mehr kann ich heute nicht, und weiß auch nicht. So bald ich nur kann mehr. Ich habe wenigstens auch Dich lieber Jonathan beruhigen wollen. Tausend Grüße an alle Deinigen von mir und meinem Haus. Die übrigen sind in der Küche und wißen von nichts. Leb wohl, glücklich und vergnügt. Gott seegne das junge Ehepaar und laße Dir Freuden u Wonnen erleben in secula seculorum Amen. Grüße den Doctorandum, und laße keine Zeile weiter schreiben, bis ich komme – Gotte gebe bald – bald – bald. JGHamann. Adresse:
HErrn / Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
/
    Fc Wesel
Vermerk von Jacobi: Koenigsberg den 13ten u 14ten May 87 J. G. Hamann empf den 24tenbeantw den 22ten
Hochwolgeborner Herr, Sr. Königl. Majestät wirklich geheimer Finanzrath, Hochzuverehrender HErr, Ew. Hochwolgebornen sind schon längst durch meinen Landsmann und Freund HE. Kapellmeister Reichard zur Theilnehmung meines Schicksals bewogen worden, und die Verschlimmerung deßelben durch meine eigene Schuld wird Ihnen, Hochzuverehrender Herr, dort eher und näher als mir selbst bekannt geworden seyn. Ich begreife es nicht, wie Es hat mir anders als nur in einem schweren Anfall der höchsten Hypochondrie hat einfallen und gelüsten können, an des dirigirenden HErrn Etatsminister von Werder Excellenz eine Supplique zu schreiben, die mir deßelben Ungnade und zur Strafe meiner Unbesonnenheit eine Resolution zugezogen hat, welche die ich den 9 d. erhalten und durch solche dadurch dergestalt beübertäubt und erschüttert worden bin, daß ich erst nach einem harten Zweykampfe, mich nicht eher als gestern frühe nach einer schlaflosen Nacht mich zu erholen vermocht habe. Ich erkenne freylich die verdiente Züchtigung u küße die durch und küße mit kindlicher Ehrfurcht die Hand durch welche ich treulich gedemüthigt worden bin, getröste mich aber gleichwohl durch eben dieselbe Hand, welche ich mit kindlicher Ehrerbietung küße, von meinem schweren tiefen Fall wider aufgerichtet und von meinen geschlagen Wunden geheilt zu werden. Mit Reue und Leid bekenne ich mein Vergehen, flehe aber zugleich um Vergebung und Erlaßung der schmählichen Todesstrafe an, zu der ich mich durch einen völligen plötzlichen Abschied verurtheilt worden bin worden bin, mit meinem ganzen Hause umzukommen und zu verhungern, weil ich mich nimmermehr entblößen werde mich an dem Depot eines Wohlthäters, ohne ihn erst persönlich zu kennen, vergreifen werde und die bloße Zinsen hauptsächl. zur nothdürftigen Erziehung meiner vier Kinder angewandt habe. Ew. Hochwohlgeboren werden daher geruhen in geneigte und ernstliche Erwägung zu ziehen 1o daß mein Verbrechen im Grunde Innersten des Herzens ein blinder ungedultiger Diensteifer gewesen, der mein Leiden vermehrt, in dem ich mir selbst immer selbst am stärksten die vorgeworfene
    Wenigkeit
und (zum Theil)
    Unnützlichkeit
meiner bestallungsgemäßen Geschäfte vorgeworfen und zu Gemüthe gezogen habe, ohngeachtet trotz des verhältnismäßigen Gehalts, wobey während meiner 20 jezt unerkannten Dienstjahre leider! den Rest meines schwächlichen Vermögens zugesetzt habe, und beynahe dadurch zum Bettler geworden bin. 2o daß ich nicht aus Mangel Dürftigkeit meines guten und beßern Willens, sondern eigentlich vielmehr durch die von dortausher erhaltene Bestallung, in meiner jetzigen Packhofverwalter Stelle zu meiner ärgsten Folter so dergestalt eingeschränkt worden bin und mir die zweyjährige Weigerung eines rechtmäßigen Uebels zur Erneurung meiner geschwächten Gesundheit und zur Abmachung meiner
    letzten
und einzigen Privat- und Familien Angelegenheiten desto so empfindlicher werden mußte nahe gegangen, indem ich diese doppelte Nothreise am füglichsten bey und sehr gern während ders mir zur Last gelegten
    wenigen und unnützen
Geschäfte
Stillstandes u Müßigganges gern zurückgelegt hätte, und wegen der um zu den neuen bevorstehenden Veränderungen eben am meisten beunruhigt worden bin, desto gerüsteter u wackerer zu seyn. 3o daß der in der allerhöchsten Resolution vom 24 Apr. angeführte
    ausdrückliche allerhöchste Befehl
dem ächten ursprünglichen von Friedrich Wilhelm glorr. And. günstig ist herstammenden Pakhofverwalter günstiger sey, und selbigen in seine erste vorige Activität hätte restituirt und dabey erhalten werden, hingegen der neuerdings mit fast doppeltem zweymahl höherem Gehalt von den Franzosen von der eingeflicktesezte und jetzt ganz nunmehr überflüßigegewordene Inspecteur, deßen Amtsverrichtung mit meiner Pakhofverwaltung verbunden war, füglicher eingezogen und annulirt werden soll.
4o daß mir der
    Wunsch
durch die eröffnete und gewiesene Thür des Abschiedes zur Ruhe zu gelangen mir weder in meinen Sinn noch Gedanken gekommen war, sondern im Gegentheil nach überstandner Reise mit erneuerten Kräften und völlig erleichtertem Herzen mich
    mehreren
,
nützlichen und wichtigen Geschäften aufzuopfern entschloßen, und mir just die bey der jetzigen verstümmelten Packhofverwalter Stelle leere und lange Weile zur schwersten Last und Schande geworden war
3o daß der in der allerhöchsten Resolution vom 26? Apr. angeführte ausdrückliche allerhöchste Befehl dem ächten von Friedr. Wilh. glorr. Andenkens herstammenden und festgesezten Packhofverwalter günstiger sey, dieser also in seine alte, erste, eigenthümliche Activität hätte restituirt, hingegen der neuerdings von den Franzosen, mit fast doppeltem Gehalte eingeflikte u jezt ganz überflüßige Inspecteur füglicher eingezogen u annulirt werden soll, als ein zur Amtsverrichtung des Phv. natürlich gehöriger Theil u Zweig, der durch willkührl. eigenmächtige Gewalt abgetrennt worden war. 4. daß der
    Wunsch
durch die geeröfnete u gewiesene Thür des Abschiedes zur Reise zu gelangen, mir weder in meinen Sinn noch Gedanken gekommen war, sondern just die bey der iezigen verstümmelten Pakhofverwalterstelle leere u lange Weile zur schwersten Last u Schande gereichte, u ich vielmehr im Gegentheil gesonnen war u entschloßen war, nach überstandener Reise mit erneuerten Kräften u erleichtertem Herzen mich mehreren u nüzlichern Geschäften aufzuopfern. 5. glaubte ich oder bildete mir ausdrücklich zu dieser einzigen Bedienung ihrer Art tüchtig und vorzüglich bestimmt u gebildet zu seyn, weil nichts als und mich durch Treue und Uneigennüzigkeit zu ihren Geschäften nothwendig sind, als dem als den Hauptbedingungen eines solchen Amts nicht nur dazu qualificirt, sondern auch 10 Jahre und weil ich mich mit dem Gerippe eines Packhofverwalters ganze 10 Jahre mich hatte begnügen laßen, und daher folglich die nächsten und rechtmäßigsten u ältesten Ansprüche auf das ganze und völlige Loos habe meines unmittelbaren Vorgängers u seiner Vorfahren für mich hatte. 6. In dieser Rücksicht sah ich die war es mir nur möglich, mit war es mir nur möglich, mit so vieler Gleichgültigkeit die jezt täglich zunehmende Beförderung so mancher jüngerer Leute zuzusehen, die lange nach mir und einst theils unter mir gedient hatten die bey noch weit
    wenigeren unbestimmten
und weit
    entbehrlichen
Geschäften, als die meinigen je gewesen mit desto freygebigerem Gehalt ausgestattet worden sind und noch hinfort werden. 7. Es ist mir daher unbegreiflich, wie ich wegen meiner wenigen theils unnützen theils übrigen Geschäfte Wenigkeit und Unbrauchbarkeit so hart strenge bestraft werden soll, unterdeßen der jetzige Nachfolger des eingeschobnen französischen Inspecteur, der eigentl. eingeführt wurde blos dazu diente den alten preuß. von Könige Friedrich Wilhelm constituirten Packhofverwalter seines Ansehens u Einflußes in Geschäfte zu berauben und weiter nichts als monathl. Etats u Rapports in seiner Muttersprache dort einzuschicken durch die jezige Administration zu vollkommenerer zu einer solchen Ruhe gelangt, die als mir selbst gegönnt worden ist und bey der ich der schon überflüßig beschäftigten Buchhalterey geschämt hätte überlästig zu werden gelangen soll, auf Kosten der schon überladenen u überflüßig beschwerten Buchhaltung – 8. Habe ich in einer fast übertrieben unerkannten Bescheidenheit und theils aus ängstl. Bedenklichkeit wegen daß ich bey allen nur mir möglichen mißlichen Folgen des neuen Operationsplans und meiner zunehmenden Erschöpfung und Sorgen, wenigstens die Erhaltung des Packhofverwalters, und die Landesväterliche Nachsicht und Vorsorge aller ohne ihre Schuld außer Activität gesezten Bedienten vermuthet und gehofft habe. Ew. Hochwolgeb. geruhen demnach zum Merkmahl meiner Verzeihung u zur Milderung, des nicht nur über mich selbst, sondern über mein ganzes Haus, welches aus vier Kindern, ihrer armen Mutter u einer einzigen Dienstbothin besteht, ergangene Urtheil, dero guten Rath u Beystand angedeyen zu laßen 1. ob ich mich bey Ihro Excellence dem dirigirenden StaatsMinister abermalen melden, und wegen meines gut gemeinten, aber zu heftig ausgelaßenen Diensteifers Gnade hoffen darf? 2.
    ob
und
    wie
mir aus der Grube wieder helfen kann, in die ich gefallen oder gestürzt worden bin, damit ich nicht durch gröbere u ärgere Verzweifelungsmittel in noch tieferes Elend gerathe, wenn sich ein grausameres denken läßt, als die Noth mit den Seinigen zu verhungern, und die gewünschte Ruhe und Erndte zwanzig mühseeliger kümmerlicher Jahre, durch einen einzigen Fehltritt mit Schimpf u Hohn zu verlieren? Hierüber erflehe eine baldige Antwort, u ersterbe mit der tiefsten Ehrerbietung Ew. Hochwolgeboren ganz unterthäniger Diener.
Ew. Excellenz unterm 16 Apr c. auf Sr. königl. Majestät allergnädigsten Special-Befehl erlaßene Resolution habe ich den 9 d. erhalten, und daraus mit dem innigsten Herzeleid ersehen I. daß mein unterthaniges Gesuch um Urlaub zu einer Reise, die mir schon Jahre lang, als das
    letzte Geschäfte meines privatlebens
, und das einzige Rettungsmittel mein natürliches Daseyn zum Dienst des Königs und Vaterlandes zu erhalten und zu erneuern, gegen alle meine Meinung und Absicht ausgedeutet und gantz unrecht verstanden worden II. daß dieer
    ausdrückliche allerhöchste Befehl
, welcher für den alten einzigen gesetzmäßigen Packhofverwalter streitet, zum Nachtheil deßelben eben so willkührlich und widersinnig ausgelegt und angewandt wird. Meine Vernunft und mein ganzes Herz empört sich dasjenige schon für einen allergnädigsten Specialbefehl zu erkennen, was ich für nichts anders als für die Resolution eines dortigen mir unbekannten Widersachers und Erbfeindes halten muß, der sein eigenes doppeltes Misverständnis zum Grunde gelegt hat, um mich nicht nur für untüchtig u unfähig des königl. Dienstes zu erklären sondern auch mich nebst meinen vier Kindern und ihrer armen Mutter, nach einem zwanzigjährigen Kummerleben zu einem noch grausamern Hungertode, ohne die allergeringste Untersuchung als einen Mißethäter der das dort schon bekannte selbst eingestanden verurtheilt und mir eine ebenso schreckliche als schändliche eröffnet und anweiset, zu einer
    gewünschten
Ruhe zu gelangen, die mir nicht in Sinn und Gedanken gekommen. So barbarisch u hämisch bin ich nicht von der französischen Administration erwartet. Das erstemal wurde ich von ihr mit leeren Worten zum Stillschweigen gebracht. Das zweite mal bewilligte sie mir anstatt der gebetenen 4 Monathe einen einzigen und zwar unter so unmögl. und harten Bedingungen, denen ich nicht vermögend war mich zu unterw. ein Gnüge zu leisten. Aber zum jetzigen dritten mal habe ich zwiefältiges empfangen, mir eine Thür zum Urlaube und Reisepaß und zugl. gänzl. Abschiede gewiesen, welche dem ausdrücklichen allerhöchsten Befehl Sr. Königl. Maj. und meinen Wünschen, Absichten u Gesinnungen gerade entgegen liegt, weil solche lediglich darauf abzweckten mich mit neuen Gesundheitskräften, die ich durch den tödlichen Verdruß an unnützen und mühseeligen Kleinigkeiten erschöpft hatte, wider auszurüsten, aller häuslichen Angelegenheiten zu entledigen und den Rest meines übrigen Lebens dem Dienste des fromm gesinnten Monarchen und zu wiedmen und mit mehrerer Thätigkeit den bisher gehemmten Eifer zu ersetzen. Wie kann aber einem allergnädigsten Special-Befehl Glauben beymeßen und Gehorsam leisten, der offenbar sich selbst, dem ausdrückl. allerhöchsten Befehl und noch stärker dem gantzen Innhalte meiner unterthänigen Bittschrift widerspricht. Ich kann muß daher ein Geheimnis der Bosheit vermuthen, zu dem die daselbst angeführte allergnädigste Willensmeinung sowohl als Ew. Exc. heiliger Name und Unterschrift gemisbraucht worden. Ich muß mich der kleinsten Wahrscheinlichkeit eines unächten, erschlichenen untergeschobenen Richterspruchs und Urthels so lange beruhigen, biß die Wahrheit und Unschuld durch die strengste Untersuchung der dort schon bekanten Thatsachen ans Licht gebracht seyn wird, und mittlerweile mit doppelter Freymüthigkeit meinen Mund aufthun für mein eigenes und der Meinigen Leben und zur Rechtfertigung meines bisher ungescholtenen Characters. Wenn es
    dort
schon bekannt ist, daß d bey dem
    jetzigen
Packhofverwalter
    wenige und theils unnütze Geschäfte
zu versehen sind: so kann es eben daselbst – wo meine Bestallung hergekommen unmöglich unbekannt seyn,
    wie
? und
    wodurch
? dieser alte Dienst Stelle mishandelt so verstümmelt und so unkenntlich geworden, daß kaum ein Schatten ihrer ursprünglichen Einsetzung und eigentlichen Bedeutung und Bestimmung vom Könige Friedrich Wilhelm glorwürdigen Andenkens eingesetzten Bedeutung und Bestimmung von des glorwürdigen Monarchen Friedrich Wilhelm so glorwürdigen Andenkens durch den König übrig geblieben ist. Der ehmalige Packhofverwalter war zugleich wirklicher und der ganzen Lage der Sache nach, natürlicher Aufseher des Licent. Die Franzosen machten theilten ihrer politischen und sophistischen Plusmacherey zufolge 1 in 2, und suchten durch den Nepotismum ihrer eigenen Creaturen die Landeskinder zu unterdrücken. Daher wurde von ihnen eine gantz moderne Puppe, als Licent-Inspecteur, eingeführt, mit einem reichlichen Gehalt und Ansehen ausgestattet. Dieser nagelneue Oelgötze spielte die Rolle eines Kleinmeisters und großen Herrn, um theils die Kaufleute, theils die Unterdienten zu chicaniren, ihnen zu conniviren, auch allenfalls mit beyden zu colludiren, und unter Deckmantel des allerhöchsten Interesse sein eigenes, als ein Miethling, zu beobachten und zu befördern. Hierinn bestand der wahre und thätige Geist seines Amts und Beruffs. Dem alten Packhofverwalter wurde die Unkunde der französischen Sprache zum Verbrechen gemacht und ihm er wurde sein ganzes Ansehens und Einflußes beraubt. Gleichwol lies man ihm, zum Schein der Gerechtigkeit, ein bereits geschmälertes und kümmerliches Gehalt, nebst einer halbirten Freywohnung, wo die Schlüßel der Licentgebäude aufbewahrt blieben, und die mühseelige Arbeit neuer, unnütziger überflüßiger und theils unnützer Register, unterdeßen die ganze buchstäbliche Last des wichtigen neugebackenen Inspecteur dela Douane in der Anfertigung der monathlichen Etats und der dazu gehörigen französischen Berichte bestand. Nach dem ich zehn volle lange Jahre in der mislichen und willkührlichen Lage eines Uebersetzers, unter einer welschen und oberdeutschen Direction mehr zu Schanden geqvält als gearbeitet hattet: erhielt ich als eine außerordentliche Belohnung und Gnade das Gerippe eines alten Dienstes, beruhigte mich mit der gesetzmäßigen Sicherheit deßelben und mit lebte der allgemein erwünschten Hoffnung, die vorige verjährte Verfaßung und mit derselben zugleich mein mir zugefallenes Urthel Loos widerhergestellt und für ergänzt zu sehen, welches Glück ich ruhig abzuwarten entschloßen war. Ein neuer beträchtlicher Verlust meines kümmerlichen Soldes und Einkommens brachte mich zur äußersten Verzweifelung. Durch eine Art von Wunder wurde ich und mein Haus vor der einbrechenden Hungersnoth bewahrt, zur Gedult beruhigt und gestärkt, zugleich aber zu einer Reise erweckt, zu welcher weshalb ich, wegen der dort
    damals unbekannten wenigen und theils unnützen Geschäfte bey meiner höchst verstümmelten Stelle
, um Urlaub flehte, mehr dringenden Freunden zu Gefallen, als aus eigener Ueberzeugung, eine solche Wohlthat von der mir feindseeligen und gehäßigen Administration zu erhalten, die aus einigen Winken meine etwas heftige und leidenschaftliche Denkungsart kannte. Ich gab Ich gab mir ihr selbst also durch Verweigerung einer Erlaubnis, die jedem andern gewährt würde, das Schwert in die Hand den alten hiesigen Packhofverwalter durch Verweigerung meiner einer Erlaubnis, die jedem andern gewährt wurde
    zu Tode zu ärgern
, nachdem ihr Anschlag ihn zu
    verhungern
fehlgeschlagen war. Meine Seele hat zwar das Ende jener infamen, Land und Leute Sitten Leute verderblichen Administration erlebt, ohne daß ich konnte aber in der allgemeinen Freude über ihren Sturz und Fall keinen rechten Antheil nehmen. Ich wurde je länger je mehr durch die traurigsten Ahnungen und durch ein dunkles Mistrauen gegen ihre Nachfolgerinn beunruhigt, und in ohne deren neuen Operationsplan ich mit der grösten Gleichgiltigkeit erwartete, ohne mich um sie es zu bekümmern, das mir nichts Gutes weißagte. Je mehr und lauter man von der bevorstehenden Catastrophe und der Widerherstell Erneuerung desr alten Zollwesens Systems geschwatzt wurde von dem glorwürdigen Könige Fr. Wilh. gegründeten Verfaßung plauderte und schwatzte; desto schlimmer übler wurde mir zu Muthe – und in einem solchen Paroxysmo meiner Hypochondrie habe ich mich erkühnt, meine Zuflucht unmittelbar zu Ew. Exc. hohen Person und Protection zu nehmen, und meine die Bedürfniße und Verlegenheiten mit der ängstlichsten Treue und Redlichkeit, und meinen mit dem innigsten Kummer um den Schaden Josephs zu eröffnen und aufzudecken. Ich that das mit einem solchen übertäubten Verdruß, daß ich nicht einmal es mir an ein genausm Concepte fehlt und mich überhaupt damit beruhige, es der reinsten strengsten Wahrheit gemäß gedacht zu gemeynt zu haben. Ich weiß nicht, durch welchen Canal die
    Wenigkeit und Unnützlichkeit
meine bey der
    jetzigen
Packhofverwaltung zu versehenen Geschäfte, dort schon vor meiner unterthänigen Vorstellung bekannt geworden seyn mag, und möchte mich sehr gern der niederschlagenden Vermuthung entäußertledigt seyn, daß die jetzige General-Administration auf den Trümmern der ehmaligen ein noch zweydeutigeres und schlimmeres Gebäude zu beschleunigen im Schilde führte. Es gehört allerdings Zeit und Mühe dazu, den Schutt und Wust der zerstörten Regie aus dem Wege zu räumen und tief gnug bis auf das Fundament alter ursprünglicher Verfaßung zu graben. Desto leichter ist es, Die so noch schon wenigen Treuen und Redlichen im Lande vollends auszuwurzeln oder zu bettlägerichen Bettlern, und vereiterte imbecilen Invaliden und Altflickern vermittelst allergnädigsten Specialbefehle umzuschaffen und zu verunstalten, ist ein feines Pharaospiel und ein gröberer Kindermord. Ich lebe aber der guten Zuversicht daß es der
    jetzigen
mehr reformirten als erweiterten Administration mit einer solchen ihrer politischen und aufgewärmten Altflickerey, durch gottliche Protection und Hülfe eben so wenig von ihrer wie u noch weniger wie der vorigen gerathen soll wird mich nur in die Versuchung zu führen, daß ich mich an dem Unterpfande meines unbekanten Wohlthäters mich vergreifen und meine eigenen Kinder u ihre arme Mutter bestehlen soll – – möchte der Vorsehung sey es anheimgestellt, meine 4 unschuldige Kinder und ihre arme Mutter zu versorgen Familie abzuwarten, die nicht nöthig haben sollen gewiß dafür zu büßen sollen, daß mein Vorfahr der französischen Sprache nicht mächtig war und ein Vormund Licentinspector, zum Vormund nöthig hatte der Amtsvorsteher ihres Vaters der französischen Sprache nicht mächtig war und sich einen ungedienten Licentinspector zum Vormund gefallen mußte, der dem ganzen Packhofverwalter mir entbehrlich gewesen wäre. Ehe will ich es auf den Versuch ankommen laßen, ob der jetzige Finantzgoetze bersten und platzen seine verrätherische Eingeweide ausschütten, für untüchtig erkannt werden erklärt werden soll des Königl. Interesse und des Vaterlandes Wohlfahrt mit gesunder Vernunft zu verwalten, oder ob sie im stande seyn wird einen von ihrer würdigen Vorgängerin schon geviertheilten Preuß. Packhofverwalter vollends pro Patria zu Tode zu ärgern. Auf der linken Bogenhälfte:Jes XI. 10 Meine gewünschte
    Ruhe
, wie der Prophet sagt Jes XI. 10, wird
    Ehre
seyn, und der Weg zu beiden zu gelangen weder blinde Uebereilung, noch schwärzere Rache: sondern freywillige Ergebung in jeden Specialbefehl eines höhern Willens, ohne mich darum zu bekümmern: von wannen er komt und wohin er fahrt. Gott ist noch Richter auf Erden, und läßt die Sünde nicht walten. Wegen der brennbaren Materie, womit ich von allen Seiten umgeben bin, will ich den
    Funken
in mir verscharren, und nicht die
    hier
beßer näher als dort bekanten Gründel mit Feuerflammen offenbaren, will meinen
    Wurm
krümmen, der manches schlechtes Herz, woran es hier und dort nicht fehlt, nagen und freßen könnte. Das meinige ist von beßerm edlerm und festerm Metall, als die Zähne Schlangen Knochen von Zähnen solcher verfluchten Geschöpfe Insecten, die von der Natur dazu verflucht sind, auf ihrem
    Bauch
zu gehen und Erde zu eßen ihr Leben lang. Ich bin 1730 geboren, wurde schon 46 ein academischer Bürger. Meine beyderseitige Eltern waren Fremdlinge und haben mich durch ihr Beyspiel zu Dankbarkeit für den göttlichen Seegen in Preußen gewöhnt u erzogen. Dies mein Vaterland ist mir mehr durch darinn erlittene Drangsale als genoßene Herrlichkeit noch theurer, lieber und werther geworden. Mit eben so schlechtem Geschick als Glücke bin habe ich wenige Jahre nur als Hofmeister in Curland und Liefland zugebracht. Ich habe Menschen kennen, schätzen, lieben und dulden, mich selbst aber ihrer vorzüglich fürchten gelernt. Unterstützt von großmüthigen Kaufleuten und Freunden in Riga, habe ich mein mütterliches Erbtheilegut auf Reisen in Deutschland, Holland u Engl. verschwendet, wie in den ersten Dienstjahren einen zieml. Theil meines Gehalts auf französische Wörterbücher aus Neigung zu einem Beruff, der mir diese Sprache so vereckelt, daß ich sie darüber gänzlich vernachläßigt habe. Ich habe nicht nur Römer und Griechen, sondern auch einstmals die Urkunden morgenländischer Wahrheit und Lügen ian der Qvelle studiert. Nach dem ich das beste, was in Frankreich und Engl. über die damals noch ziemlich neumodische Handlungs- und Finanzwißenschaft geschri gedruckt ist, vielleicht mit zu vielem Geschmack gelesen hatte, fiel es mir ein, die güldene Praxis der Geschäfte zu versuchen, entschloß mich zu diesem Behuf einen ganzen Monath als außerordentlicher Copist bey dem hiesigen Magistrat und ein halbes Jahr bey der Kriegs- und DomainenCammerKanzley, umsonst zu dienen. Hierauf habe ich zehn Jahre, gleich einem unverdroßenen Charon auf einem Uebersetzer Schifflein gerudert, und habe noch 10 Jahre bey dem
    tödlichen Verdruß über wenige und theils unnütze
Geschäfte mit den Brosamen für lieb genommen, unterdeßen fregierige, unbrauchbare, unverschämte Hände mit den und Tagediebe mit den fettesten Leckerbißen gemästet wurden, und für
    Zeisigarbeit
sich
    Eselsfutter
, nach einem hiesigen Sprichwort,
    Eselsfutter
nahm sich anmaaßten. Ich habe also zwanzig köstliche Jahre theils lavirt theils vor Anker gelegen am Vorgebirge guter Hoffnung, mit gottlicher Hülfe aus allerhöchster Gnade endlich einmal ein
    ganzer Packhofverwalter
mit einer neu völlig widerhergestellten Wohnung und übrigen Pertinentien zu werden. Dies war der unbewegliche Terminus und das Non plus ultra meiner demüthigen, standhaften Wünsche und meinesr zeitlichen Wohlfahrt. Die Packhofverwaltung in meiner Vaterstadt ist immer die einzige Buhlschaft gewesen, für die ich mit herkulischer Gedult und beynahe Ulyßischer Klugheit die beste Hälfte meines Lebens aufgeopfert habe und in ihrem Schoß dasieß seltene Glück einer vorherbestimmten Ehe, die den Mann und mit seinem Amte wie mit seinem Weibe zu einem Fleische vereinigt. Ein solchers Dienst Amt wie die alte Packhofverwalterstelle erfordert keine andere Talente und Verdienste als Uneigennützigkeit und Treue, und zu einem solchen Amte habe ich die ältesten und gerechtesten Ansprüche,. die mir kein noch so geheimer Finanzachitophel absprechen soll Ein verdorbener Philosoph u Pedant hatte sich am besten dazu geschickt über ein vermischtes zusammengerafftes Lumpengesindel von verdorbenen Kaufleuten, Handwerkern Feldwebeln, Taglöhnern, Zöllnern und Sündern, gleich jenem Dornbusch in der ältesten heiligen Fabel, Jud. IX. 14. zu schweben, und die alte Sitten und Mannzucht, das dort nicht mehr bekante durch Franzosen bis auf das Mark verzehrte Sittenzucht und das dort
    kaum mehr bekannte
schon ausgeschwitz SVVM CUIQVE wenigstens hier wiederherzustellen und in Gang zu bringen in meinem Vaterlande und kleinen Wirkungskreise widerherzustellen und aufzufrischen. Die jetzige Adm. geht einen leichten Schritt weiter als die würdige Vorläuferinn, welche blos den alten Packhofverwalter von Geschäften muthwillig entblößte, und aus aller Activität setzte, und dadurch ihrer würdige Nachfolgerin die Bahn brach diesen Posten mit Haut und Haar zu anulliren und aus dem Wege zu räumen. Anstatt dem ausdrückl. allerhöchsten Befehl zu gehorsamen, kraft deßen der überflüßige nunmehr gantz unbrauchbare französische Licent-Inspecteur eingezogen werden soll und der rechtmäßige Packhofverwalter in die ganze Würde seiner ursprüngl. Bestimmung und Auctorität wider eingeführt werden sollte, verdreht sie den Sinn der allerhöchsten Willensmeinung, bestätigt einen französischen Wechselbalg zu einem vollkommenen Müßiggange, und legt beschwert die andere bereits beschäftigte bedienten Buchhalter mit neuen Arbeiten. Meine jetzige Stelle wird unter dem Vorwande weniger und unnützer Geschäfte eingezogen, als wenn dies meine Schuld und nicht vielmehr die Qvelle meiner tödtlichen Leiden und Uebel gewesen wäre, die ich selbst freywillig des Gewißens wegen angetreten habe. Niemand bis diese Stunde weiß, die woher die Geschäfte hergenommen werden sollen, für die so viele Assessores mit sehr beträchtlichen und unverhältnismäßigen Gehältern gestempelt sind, worunter so manche sehr spät in den Weinberg gekommen, wenigstens lange nach mir, einige so gar unter mir auf einmal in die Höhe geschoßen sind. Von einigen weiß man gar nicht, durch welche brabantsche güldene Bulle oder eiserne Schicksale von dort bis sich hieher verirrt sind. Ich will lieber ein Schlachtopfer der Wahrheit als ein zum niederträchtigen feigen feilen Verräther derselben der Wahrheit und mir zugleich des allerhöchsten und allgemeinsten Interesse zu werden, und mich gern meinem Schicksal unterwerfen. Da ich aber nicht anders als glauben kann, daß die Unterschrift Ew Excellenz durch falsche Suggestion eines erschlichen seyn muß, die auf nichts als gewißen falschen Begriffen u Berichten beruhen, da selbige sich selbst, meinem Gesuch, und dem ausdrückl. allerhöchsten Befehle widerspricht, da mir eine mit einem beleidigenden Spott eine
    Thür zur
    erwünschten
einer erwünschten
    Reise
eröffnet wird, die meiner redlichen Meinung erst recht möglich zu werden und mit meinen frischen Kräften mich dem Dienste des geliebten Monarchen und seines Königreiches zu wiedmen, ins Angesicht schlägt: so überlaße ich Ew Excellenz Weisheit und Grosmuth sich eines armen unschuldig verschmähten u betrübten Märtyrers gnädigst anzunehmen, damit die pfeifenden Klagen einer Spitzmaus sich nicht in ein mitternächtliches Hahnengeschrey verwandeln, von dem manchem Ungeheuer dort die Haut schaudern möchte. Da meine die Sache mein Gewißen, meinen guten Name, und mein und der meinigen Leben betrifft: so hoffe ich von Gott und den Einsichten sowohl als den grosmüthigen Gesinnungen Ew Excellenz den
    ausdrückl. allergnädigsten Befehlen
und der
    nothgedrungenen Vorstellungen
eines treuen und gehorsamen Unterthanen u Bedienten angemeßene Befehle, von denen mein Verhalten denen ich mit einem blinden Gehorsam und einer dem allge Gnüge zu leisten willig und bereit bin, weil mir dem das allgemeinen u allerhöchsten beste näher OPTIMO maximo als mein individuelles minimum angesehe liegt mit Füßen treten will.Johann Georg Hamann. Kgsberg Am
    Erhörungs Sontage u Himmelsfahrtsfeste
87.
Vermerk von Hamann, Nummerierung und Erhalten-Vermerk mit roter Tinte: 65   den 2 Jun.   Geantw eod. Pempelfort den 22ten May 1787 Lieber! Ich habe Sonntag Vormittag Deinen Brief vom 9ten u 10ten erhalten, u alles drehte sich mir über dem Lesen des Tyrannen Urtheils aus Berlin im Leibe herum – Aber um Gottes Willen, Lieber, sey unbekümmert. Du hast zwey Söhne die Wagen u Pferde halten. Auf den Schindanger mit den Mähren, wenn die elenden 300 Rthl nicht wo anders überschießen wollten! Lohnt es wohl der Mühe sich hierüber den Kopf zu zerbrechen u bekümmert zu seyn? – Sey gutes Muths, komm, u seegne Deine Kinder! – Es ist mir leid daß Du neuerdings nach Berlin geschrieben hast. Aber es ist geschehen. Mich verlangt auf übermorgen wo ich wieder Briefe v Dir zu erhalten hoffe. An Buchholtz habe ich heute geschrieben u ihm Deinen Einschluß nebst einer Abschrift des Berliner Bescheids geschickt. Auch an die Prinzeßinn habe ich geschrieben, u ihr gleichfals eine Abschrift des Bescheids geschickt. Ich kann mich nach zwey Mahl 24 Stunden von dem Eindruck den das scheußliche Ding auf mich gemacht hat noch nicht erholen – O, wenn Du doch mit Weib u Kindern zu uns kommen wolltest! – – – – Meine Schwester kam mich zu bereden, weil ich den ganzen Morgen in einem fort geschrieben hatte, daß ich ein wenig mit ihr im Garten herum gehen möchte. Ich saß noch da wie ich aus dem Bette gekommen war, u wollte mich zuvor ankleiden. Hernach holte ich sie in ihrem Zimmer ab u wir giengen spazieren. Da sah ich den Bedienten den ich mit meinen Briefen auf die Post geschickt hatte zurück komen, u mit Briefen auf mich zugehen. Der an mich war v der Prinzeßinn, u beyde Mahle, gestern Abend u heute früh dem Bedienten nicht mitgegeben worden. Ein andrer Brief u Zeitungen v derselbigen Post waren mir gestern Abend richtig eingehändigt worden. Die Nachläßigkeiten u Unordnungen des hiesigen Comptoirs sind unverantwortlich. Aber dießmahl haben sie es gut gemacht, weil es mir lieb ist gerade so der Prinzeßinn geschrieben zu haben wie ich ihr geschrieben habe, welches nicht geschehen wäre, wenn ich ihren Brief gestern erhalten hätte. Du erhältst einliegend ihren Brief im Original. Gesetzt auch Werder hätte es nicht gut mit Dir gemeint, so wird er nun dem Grafen von Schmettau sein Wort doch wohl halten
    müßen
. Wenn Du Dein ganzes Gehalt als Pension behältst, so wüßte ich nicht wasßs Dir glücklicheres hätte begegnen können als eine solche Entlaßung. Ich hoffe alles geht nach Wunsch u es wird am Ende doch noch wahr daß ich Dich mit diesen meinen Augen sehe. Richte Dich so ein daß Du gegen den 15.ten Juli in Pempelfort bist. Alsdenn bin von Aachen zurück, wohin ich Ende Juni erst hingehe; denn die Hochzeit ist den 2ten Juli, u wenn ich anders geschrieben habe, so ist ein Schreibfehler gewesen. Deine Briefe v 23.ten April u 2ten May, lieber HerzensVater, kann ich heute nicht beantwortetn. Mein Buch gebe ich Dir Preis, und mich selbst wirst Du schon beßer kennen lernen. Unterdeßen behelfe Dich mit mir so gut Du kanst. Wenn ich der nicht bin der ich zu seyn glaube, so kann ich nicht davor. Wißentliche Verstellung ist nicht in mir, u es ist mir nie in den Sinn gekommen weder dem Publikum noch irgend jemand etwas weis zu machen. Wegen Starkens Rechtfertigung habe ich an meine beyden Verleger u auch an Kleucker geschrieben. Auch gebeten wegen des Verfaßers der Enthüllung nachzuforschen, u des goldenen Hahns. Den Schlüßel zur Enthüllung, der nach dem Meßcatalogus bey Goeschen heraus gekommen ist, wirst Du auf meinen Befehl, vielleicht schon vor Empfang dieses Briefes erhalten haben. Das Packet das Schneider an Dich befördern sollte, ist also noch immer nicht angekommen? – Von Reimarus ist ein Büchlein gegen mich, Wizenmann u Kant heraus gekommen. Aeußerst flach, aber doch voll Tücke. Er hat selbst hat es mir geschickt mit einem Briefe, der lange liegen mag eh ich ihn beantworte. Mich verlangt nach Mirabeau Essais sur M Mendelssohn, wo ich es allem Vermuthen nach tüchtig ab kriegen werde. Wenn ich nur gesund wäre, daß das alles sollte mich wenig anfechten. Am Sontag vor 8 Tagen bekam zu meinen andern Uebeln noch ein Wechselfieber. Einige Unzen China haben mir dieses vom Halse. Es giebt sich auch wohl mit dem übrigen wenn das warme Wetter anhält. Seit gestern habe ich wieder einige Spuren v Leben in mir, welches mir seit vielen Wochen ganz gemangelt hat. Die vorige Wochen habe ich mir Trenks Leben vorlesen laßen. Da Du mich dieses Buch vornehmen hießest, erschrack ich, weil ich den Verfaßer, da er noch hier im Lande war ein paar Mahl gesehen, auch ein u andres v ihm gelesen, u einen herzlichen Widerwillen gegen das alles empfunden hatte. Seine LebensGeschichte hat mich aber doch ergözt. Er ist gerade so wie er in seinem Buche da steht, nicht wie er v sich darin spricht. Recht auf seinem Platz war er eigentlich nur in der Sternschanze. Was Du v dem Buch im Ganzen sagst ist vortrefflich. Da mir vor einiger Zeit v Obereits verzweifelter Metaphysik schribst, wußte ich noch nichts v diesen Blättern. Seit dem sind sie mir zugeschickt worden. Der Verfaßer des Vorberichts ist der Prinz Eugen v Würtenberg. Die Striche in Wizenmans Matthäus sind nicht v Buchholtz, der, so viel ich mich erinnere diese Handschrift nie gehabt hat, sondern v mir. Betreffend die Herausgabe dieses Werks habe ich Dir neulich (den 1sten May) geschrieben, u sehe darüber Deiner Antwort entgegen. – Kanst Du mir den nachtheiligen Eindruck den die Resultate auf Dich gemacht haben, u nun in noch höherem Grade machen nicht bedeuten? Wenn Du es könntest u thun wolltest, geschähe mir ein ungemeiner Gefallen. – Die Veranlaßung zum Matthäus ist mein erster Brief an Mendelssohn gewesen, u überhaupt die Philosophie die Wizenmann v mir eingesogen hatte. Er verfiel in eine entsetzliche Angst des Unglaubens, in mit der er sechs Monathe lang kämpfte. Da er nun klar zu sehen glaubte, daß v Seiten der Philosophie keine Hülfe zu hoffen sey, u schlug er den andern Weg ein, u so entstanden die Betrachtungen über den Matthäus, zu denen er deswegen auch immer eine ganz besondre Liebe hatte. – Lebe wohl, Du lieber! Gott erhalte u stärke Dich Dein Fritz Jonathan. Am linken Rand der dritten Briefseite:
    Vaels
ist ein holländisches Dorf, eine Stunde v Aachen, wo die in Aachen wohnenden Protestanten u Menoniten ihre Kirchen haben. Mein Schwager hat dort große Anlagen gemacht laßen, u ist selbst dahin gezogen. Nun wird aus diesem Dorf allmählich eine Stadt.
Pfingstmont. den 28 May 87. Tausendmal willkommen zu Ihrer Heimkunft, alter lieber Landsmann, Gevatter und Freund. Gott gebe daß Sie alles gesund und zufrieden wider gefunden haben. Der gute D. brachte mir den 19 zu Pferde den Vorläufer ihrer musikalischen Schicksale in Paris. Der Franzos ist nicht Gott, nicht Menschen getreu, sagte der alte Deßau. Wir können auch mit Friedr. Wilh. darauf antworten: wir habens auch erfahren. Gestern erhielt in Gesellschaft meiner jungen Freunde,
    Nicolovius
,
Hill und
    Raphael Hippel
die unvermuthete Nachricht in einer einzigen Zeile. Ich war heute schon in aller Früh, und weckte den Apostel u Evangelisten auf dem Roßgarten aus dem Schlafe um wenigstens den Tag Ihrer Ankunft zu wißen. Er wuste nichts mehr vom hellen Tage, sprach bey dem Grafen Kayserling von Lustenau, der aus einem
    Blättchen
(dergl es viele giebt) daß Sie angekommen u von der Pr. Friderike beschenkt worden war. Unser Geh. Rath Hippel erfreute sich auch der guten Nachricht, sein Nachbar Pr Kraus gleichfalls. Haben Sie nichts von meinen dortigen Freunden zu erzählen. Jonathan Jacobi stattet den 2 Junii seinen Sohn aus. Virchau hat mir einen impliciten Grus von unserm Asmus gebracht. Hartknoch wird auch bald mit unsers Herders neuen Gesprächen hier seyn. Mein Schicksal wird Ihnen auch schon bekannt seyn. Jedermann nimmt hier Antheil daran. Dort hatte ich keinen Freund meines Wißens, weil ich unmögl. so bald Sie vermuthete. So erfreut mir selbige ist; so hat sie mir doch in meinem Concept ein wenig irre gemacht. Ich habe die ganze Zeit in der grösten Verzweifelung gelebt, und das Gewitter hat mir in den Gliedern gelegen. Bin seit Jahr und Tag nicht vermögend gewesen einen Brief, kaum ein Billet zu schreiben auch nicht an Sie, liebster Freund, geschweige Ihrer Vorschrift folgen, u bey dem Departementsrath mich zu melden. Ist er ein ehrlicher Mann, desto beßer für ihn und für mich. Ich wollte nicht den geringsten Einfluß in die neuen Einrichtungen mir anmaaßen, sondern überlies alles der Vorsehung. Jedermann drängte mich um den Packhofverwalterdienst mich zu melden. Ich konnte eben so wenig als ich wollte. Endlich schrieb ich in der grösten Angst den 16 Apr. an den Minister wegen meines Urlaubs, wollte den Qvark aus dem Kopfe u dem Gesichte haben. Wie ich damit fertig bin, muß ich mich zu Bette legen u fühlte mich so matt, daß ich an unsern seel. Qvandt dachte, wenn er von der Kantzel kam. Ebenso war mir zu Muth. Den 9 d. erhalt ich, abermal bettlägerig, eine Resolution, über die ich mich wunderte, erstaunte, ärgerte, lachte. Ich theilte alles den Tag drauf nach Düßeldorf mit. Gegen Abend, da ich mit meinem Briefe beynahe fertig war kommt Kraus zu mir, und thut mir auf einmal die Augen auf über meine Noth u ihrer Kinder ihre. Ich weiß selbst nicht wie mir geschieht, und erschreck auf einmal über meine traurige Lage. Den Sonntag drauf gehe ich wider zum erstenmal aus und theilte den allergnädigsten Special-Befehl zu verhungern mit meinem gantzen Hause meinem theuren Nachbar dem Dir. mit, der sich gantz unwißend stellt, ohngeachtet sich Aune schon den Dienstag in der Marterwoche auf der Straße verrathen hat mit dem hier angefertigten Operationsplan, der eben in der Mache war, und in so fern selbige meine Personalität angieng. Nachdem ich die ganze Woche umsonst an ein P.M. an den Minister gearbeitet hatte, fällt mir auf einmal ein den 20 einen recht kriechenden Brief an den Departementsrath zu erkünsteln; vom Pfingst heil. Abend bin ich mit meinem Memorial an die Excell. fertig geworden. Mittler weile haben meine Freunde an ihre dortige für mich geschrieben Me Courtan an ihren Schwager u den Geh. Comm. Rath Simson nebst Comm. Secr. Bährens auf ihr Gesuch; Gr. von Kayserlingk an die Gr. von Wartensleben, Ghr. H. an den Minister v Gaudi, Münzmeister an den G. F. R. Engelbrecht. Von meiner ersten Vorstellung an die Excell. habe ich keine gute Ahndung gehabt, und gab unserm φφen von Pempelfort davon Nachricht, um im Nothfall dort zu wirken. Ich zweifele, daß mein Pro Mem. vom Pfingst heil. Abend mit der ersten Post abgehen wird, und will diese Woche meine Andacht halten, den Tag drauf als den 1 Jun. denke ich mit der Uebergabe meiner Register und Schlüßel fertig zu seyn. Ist es Blindheit oder Muth, Gott weiß es, mir ist das Herz so leicht, als wenn ich neugeboren werde. Wegen Ihrer Abwesenheit war ich willens mich in Berl. gar nicht aufzuhalten, sondern in Deßau auszuruhen und meinen Häfeli und den alten ehrwürdigen Greis des Marées kennen zu lernen. Da Sie jetzt wider daheim sind, wünschte ich, so incognito als mögl., Nachtlager bey Ihnen zu erhalten mit meinem Sohn. Kein Mensch hat hier mein P.M. gesehen, und ich behalte es im Hinterhalte, höchstens bis zum 1 Juni oder 2ten Posttage. Es scheint mir zu glühend, und ein unschuldiger ehrlicher Tropf ist nur im stande ein solcher Waghals zu seyn. Das Datum des Pfingst heil. Abends bleibt unverrückt, weil ich an demselben fertig wurde oder es wenigstens meynte zu seyn. Vielleicht erhalte ich währender Zeit andere Eindrücke, Winke oder Nachrichten, die mich anders bestimmen. Verzeyhen Sie, liebster Gevatter und Landsmann, daß ich Sie immer mit meinen malis domesticis behelligen muß. Was Ihnen Paris seyn muß, ist für mich das deutsche
    Babel
. Wißen Sie nicht mit welchen barbarischen güldenen Bullen versehen ein gewißer Xheremont ins Land gekommen seyn muß. Ich habe ein einzig mal in meinem Leben das Unglück gehabt mit ihm bey dem seel. Kloht zu speisen, wo er auf meine Stelle und ich vis-à-vis zu sitzen bekam. Ich habe seitdem den Menschen nicht gesehen, und kenne ihn auch nicht mehr. Er ist Assessor geworden mit dem Titel eines Kriegsrath, bekomt 800 rth ohne daß jemand seine Geschäfte weiß, noch seine Verdienste. Er stand damals vom Tisch auf in einer großen Gesellschaft, wo er zum ersten mal als ein Phaenomen oder Meteor erschien und nahm mit den Worten Abschied: C’est une compagnie odieuse! Die laute Gesellschaft verstummte auf einmal und keiner hatte das Herz ihn aus der Thür oder aus dem niedrigen Fenster zu werfen. Für die 24 gl: Porto welche mir der so genannte
    allergnädigste Special-Befehl
mit meinem ganzen Hause zu verhungern kostet, hab ich um ein Vorspannpaß angehalten, zur Beförderung meiner Reise die mir damals so auf dem Herzen lag, daß ich an nichts weiter dachte. Jetzt muß ich doch abwarten biß alles ins Reine gebracht seyn wird. Gott seegne Sie u Ihre liebe Familie. Ich küße Sie in Gedanken guter Hoffnung uns einander zu sehen und bitte mich der lieben Frau Gevatterin u Pathchen nebst Comp. anzumelden. Melden Sie mir doch den Tag ihrer Ankunft, daß ich ihn in meinem Hauskalender eintragen kann.   Ihr alter Landsmann, Freund und Gevatter. Lisette Reinette ist
    gestern
und
    heute
zu Hause mit dem Ende des Jahres ist ihre Lehrzeit bey unserer Beaumont zu Ende und ich hoffe ein ganzer Packhofverwalter mit einer
    ganzen
Wohnung zu seyn und zu werden. Die Meinigen sind die Ihrigen und vice versa. Meine Beichte ist ΨLVII – anno aetatis et quietis meae. Eigenhändig Gott Lob! ohne Brille. ad interim Pensionnaire par excellence depuis la date omineuse du XXIV. Avril. Gloria in excelsis et pax hominibus bonae voluntatis. Amen! Auf der Adressseite: Unter den Denkwürdigkeiten dieses laufenden Jahres gehört noch daß ich 21 May um 11 Uhr den
    ersten
Mittag bey der Frau Schwester bey einem Sauerbraten, Limburger Käse u einer Bolle Ale und um 1 Uhr den
    zweyten
Mittag bey HE Münzmeister Gösche (nach einer vieljährigen eclipsi) im Garten bey einer pommerschen Mandelsuppe, einer Schüßel Carotten mit Flinsen und Holl. Heeringen einem Ragout mit Kapern und abermal Limburgschen Käse, auch mehr als Einem Glase Constantia gehalten habe ohne die geringste Gefährde und Beschwerde meines Magens. Ein Mann der noch so fein sehen schreiben, eßen und trinken kann qualificirt sich noch nicht zum Invaliden und Pensionnaire – es sey denn par excellence und ad interim. Vale et faue Lisette hat mich im Schreiben mit der 1 Sonate des Haydn Oeuvre XVII. erlabt auf einem Clavier was der ehrl. Hartknoch ihrer Schwester Lehnchen geschenkt hat. Das übrige mit Gottes Hülfe mündl. Adresse mit Mundlackrest:
An / meinen
    einzigen
Freund in Berlin /
Kgsb. den 2 Junii 87. Herzens lieber Jonathan, Mein erster Gang war heute bey Fischer, wo ich schon von weiten einen Brief liegen sahe, der mich anzulachen schien; von da bey Deinem Namensvetter, der auch seinen 36 Geburtstag, wo ich nicht irre feyert. Ich nahm mir da einen Augenblick Zeit Deinen Brief u die erfreul Beylage anzusehen. Von da bey Me Courtan, die auch an meiner Freude Antheil nahm, von da bey meinem Beichtvater, dem ich heilig hatte angelobt ihn an dem ersten Wink Theil nehmen zu laßen. Ich bin wie neugeboren, aber Gottlob! nach dem überstandenen Sturm kommt eine Stille und ein desto heiterers Wetter. Ich sehe allenthalben Spuren der Vorsehung, die jeden meiner Schritte lenkt und mir den rechten Weg zeigt. Aber gearbeitet habe ich wacker, und meine Freunde haben mich beynahe binden müßen. Was in meiner Seele alles vorgegangen, weiß Gott am besten. Gottlob! daß alles überstanden ist, und sich nunmehr das Gewölke in mir und außer mir aufklärt. Mein Brief nach Berl. kam mir allerdings närrisch vor. Aber nunmehr ist es mir lieb daß es geschehen ist. Am Sonntage Exaudi schrieb ich einen
    kriechenden Brief
an den Geh. Finantzrath von Köpcken, deßen Departement Preußen ist. Am Pfingstheil. Abend wurde ich endl. mit meinem pro Memoria an Minister von Werder fertig. Denselben Tag gieng hier ein blindes Gerüchte, daß Schulenburg an seine Stelle gerückt wäre. Den Pfingstsonntag schrieb mir Reichards Schwager, daß er in Berl. angekommen war. Den Tag drauf schrieb ich ihm einen sehr muntern Brief, wo ich den gantzen Statum causae meldete, nachdem ich 8 Tage vorher seine Schrift erhalten, die mich mehr als irgend eine hier interessirt, sowenig ich auch zum musicalischen Publico gehöre. Darauf denk ich die nächste Woche Antwort zu erhalten. Der Brief an Minister ist nicht eher als den 1 Junii abgegangen. Den Tag vorher wurde der Etat der Pensionaires hier publicirt, ob er den Abend vorher angekommen, wie es heißt, weiß ich nicht. Das Datum ist vom 4 May. Da ist mir die Hälfte meines Gehalts, also 150 rth zur jährl. Pension ausgesetzt. Ich war damit zufrieden, so ungl. auch die Vertheilung überhaupt ausgefallen. Für einen Menschen der nichts dafür zu arbeiten hat, ist es gnug. Von Rechtswegen sollte ich das ganze Gehalt zur Pension erhalten haben gleich den Tabacksofficianten u andern die ohne ihre Schuld außer Activität gesetzt sind. Den 1. vorgestern geschah die Abnahme, machte mich sehr unruhig, gieng aber zu meiner Zufriedenheit von Statten, und man fand alles ordentlich bis auf eine Assignation, die blos von meinem Nachbar dem bisherigen Licent Inspector unterschrieben war und nicht vom Director, dem ich heute eine Vorstellung deshalb einreichte. Heute habe meine Decharge erhalten, bin mit meinem Hause zur Beicht gegangen. Kaum komm ich aus der Kirche, wo Me die auch zur Vorbereitung gewesen war zu mir komt, voller Freuden mit einem Briefe vom Geh. Commerzrath Simson. Sie trank ein einziges Schälchen Caffé und fuhr in der Kutsche fort.
    Copia
.
Wertheste Freundin, beruhigen Sie sich wegen HE Hamann und beruhigen Sie auch zugl. Ihren Freund, deßen Sache bey weitem nicht so schlecht übel stehet, als Sie es sich dort vorgestellt haben; man glaubte hier, ihm durch den Abschied mit 180 rth (ist ein error calculi pro 150) Pension eine Wohlthat zu erweisen, itzt aber, da man vom Gegentheil spricht, hoffe ich, daß der Abschied widerrufen werden wird. Ich habe seinetwegen mit dem Departementrath v. K. gesprochen und er wird diese Angelegenheit morgen in der Versammlung vorlegen, also längstens über 8 Tage erfahren Sie das Schicksal Ihres Freundes, welches, ich bin es gewiß, in diesem Fall nicht ungünstig seyn kann. Empfangen Sie zugl meinen besten Dank, daß Sie mir einmal eine Gelegenheit gegeben haben Ihnen zu zeigen, welchen Werth ich auf Ihre Freundschaft setze. Würdigen Sie mich ferner derselben p Simpson.Berl. den 28 May. Ich hätte den Geburts- und Hochzeittag heute bey dem Namensvetter gefeyert, aber ich habe viel auf dem Herzen gegen ihn – und mich des jungen Paars in der Kirche erinnert. Gott laße Dir Freude u Seegen erleben – Hill ist auch den 1 d. aus seinem Dienste gegangen und hat 1½ Jahr bey Deinem unwürdigen Namensvetter aufgeopfert. Gott wird es dem armen Jungen gewiß vergelten. Nun bin ich neugierig, was mein p. M. bey dem Minister für Wirkung thun wird. Ich habe ihn um einen Reisepaß bis nach Berl. gebeten, das Duplum meines Gehalts zum Verhältnis meiner Pension bestimmt und allen mögl. Unfug getrieben, den sich nur ein ehrl. Mann gegen einen großen Herrn erlauben kann, keinen meiner Freunde darüber zu Rathe gezogen, und meinen Muth, wie ein Patriot, gekühlt. Meine Freunde, besonders Hippel und Kraus hatten keinen andern Gesichtspunct als meine Erhaltung, den ich nicht ganz zu dem meinigen machen konnte. Copiam meiner Acten bringe ich selbst. Ich habe eine Ruhe der Seelen, die ich bisweilen selbst für Verkleidung ansahe, jetzt aber davon beßer zu urtheilen im stande bin. Nach Münster kann nicht eher schreiben, bis ich fertig bin, und in diesem Geschäfte hoffe und wünsche ich
    endelich
zu seyn Prov XXII. 29. Ihr macht es, wie der Patriarch Joseph, mit seiner Familie Gen. XLV. 20. Ich gehe so leicht wie mögl. und werde schon mit der neuen Woche Anstalt machen. Der morgende Sonntag ist Eucharistia und Viaticum.Der Hamb. Buchhändler Vischamp ist aus Petersburg hier angekommen u scheint sich zu gefallen. Er speißt alle Tage bey Kayserling. Er hat mir einen Comte de Bernier de Suze, Piémontois als den Verf. des Erreurs et dela Verité genannt, der sich zu Niewenpot 7 Meilen von Cleve bey einer Baronin von Neßelrode, geb. Haxhausen aufhalten soll. Er ist ein sehr unterhaltender Mann, dem ich wenig trauen kann. Die ehemaligen St. Martinisten sollen jetzt Thevecotes heißen. Ja, lieber Fritz Jonathan, es geht alles nach Wunsch, wenn es nach Gottes willen geht, und die Prinzeßin ist eine wahre DEA ex machina – Wenn Dir so viel an mir gelegen ist, so must Du am besten meine Empfindungen auszudrücken im stande seyn. Ich bin nicht werth aller Barmherzigkeit – Ich gehe gerade nach
    Münster
. Dies ist mein fester Vorsatz und propositum, ohne eine höhere Disposition. Also gehe Deinen Weg, wie ich meinen gehe – Nun lese ich erst daß die Hochzeit den 2 Julii ist und daß ich heute einen Monath früher in petto gefeyert. Auch auf Deiner genealogischen Tafel steht der 2 Jul. als Geburtstag. Ich bin leider! meiner Sinnen nicht mehr mächtig. Kraus u Brahl waren hier. Des letztren Verleger hat ein Exemplar seiner Uebersetzer durch den Düßeldorfschen Buchhändler besorgt. Hier ist noch keins. Guten Abend! Trin. Des Abends. Jetzt komme ich von meinem Beichtvater, den ich diesen Nachmittag besucht, beynah unruhiger, wie ich hingegangen war. Ich liebe die Frühpredigten und verschlief diesen Morgen; vertiefte mich in Gedanken bey meinem Caffé und Pfeife Taback, fand ein Lied, in dem ich meinen ganzen Zustand abgemahlt fand und womit ich mich zugl. tröstete. Den II vers fand ich schon unterstrichen. Jetzt fand ich am gGanzen eben so viel Geschmack. Auf Gerathwol setz ich den Anfang hin:
    O Jesu, siehe drein
– Nach dem Eßen war ich bey Hippel angesprochen, um ihn an den tröstl. Winken Theil nehmen zu laßen. Ich finde nirgends die Sympathie, welche der meinigen entspricht, und mache mir deshalb Vorwürfe – auch Besorgniße. Auf Deinen vorigen Brief zu kommen, ist die Abhandlung über Aristoteles in Cäsars Journal und ich kenne den Verf. ziemlich genau. Er heist Pleßing, und sein Vater ist ein Preuße; er hat 2 Octavbände von der Abgötterey geschrieben, die mir gefielen als ein zieml. gelehrtes Werk für einen Landprediger. Der Sohn hatte mancherley Schicksale gehabt und Werthersche Leiden, daher er mit Göthe bekannt geworden. Semmler hat seinen Namen mit dem ersten Buchstaben angeführt im I. Theil seines Lebens. Aus
    diesem
    Umstande
vermuthe ich, daß er an Dich geschrieben. Er wollte hier griechisch lernen, die Recension eines Drama kam ihn in die Qveere, und sie gerieth ihm länger als irgend eine der Litteratur Zeitung. Sie machte einige Beylagen unsrer hiesigen Zeitung aus. Er gab hier eine lange Predigt heraus, ist überhaupt ein animal scribax, der Wochen lang einsitzen konnte Osiris, Mnemonium p sind von ihm. Er wird sich blind und so leer aus schreiben, daß nicht ein Tröpfchen übrig bleiben wird. Was reifes und gesundes ist kaum von ihm zu erwarten. Er ist mit
    Dohm
in Berl. sehr bekannt worden und dedicirte ihm seinen Osiris. Ihm ist an einem gelehrten Namen gelegen, und hat die Freude erhascht, wie einen Schatten. Es lohnt kaum mehr zu sagen. Melde mir doch, ob Du durch Deinen Nachbar von ihm gehört, oder ob er sich unmittelbar an Dich gewandt. Im letzten Fall wirst Du ihn bald übersehen können, daß er mehr ein Schwätzer als Denker ist. Die Hypothese der Berlinschen Schule kommt mir nicht als ein Mährchen vor. Hier möchten sie quoad materiam mehr Recht haben als quoad formam. Das Pabstum ist eine Absonderung desr menschl. Natur und des fleischl. Χstentums oder wie der seel. Witzenmann sich ausdrückte, eine göttl. Entwickelung des Antichrists durch das menschl. Geschlecht. Gott ruht, und der Menschenfeind ist auch des Nachts geschäftig sein Unkraut auszustreuen selbst durch Jünger, wie Petrus und Judas p. Der Schein der
    Vernunft
und der Religion, der Sittenlehre und selbst des Evangelii sind splendide Mittel auch (wo es mögl. wäre) die Auserwählten in den Irrthum zu verführen. Matth. XXIV. 24. Er spukt im Cabinet und in der Wüsten Bileam und Kaiphas weißagen, ohne sich
    selbst recht
zu verstehen noch
    verstanden
zu werden. Conf. 2 Chron. XVIII. 20–22. Alle Hypothesen sind gut, auch Mährchen nicht zu verachten; aber die Anwendung erfordert Behutsamkeit. Spinoza wußte seiner Hypothese eine
    Form
zu geben, die einer Demonstration ähnlich sah. Du glaubst, darum schreibst Du; Deine Gegner glauben auch vielleicht und zittern. Ich habe die Berl. Recension Deines Dav. Hume abschriftl. gelesen. Sie hat auch an Deiner
    Form
manches auszusetzen. In welchem Zusammenhange ich damals geschrieben weiß ich nicht. Wir werden darüber vielleicht am besten mündl. sprechen können. Da ich ein Verhältnis angegeben habe, das Dir bekannt seyn muß; neml. des seel. W. seins zu Dir: so könnte das meinige nicht gantz unverständlich seyn. Du hängst überhaupt zu viel an Kunstwörtern der philosophischen Sprache, die in meinen Augen nicht viel beßer als wächserne Nasen sind. Und hierüber ist Spinoza das deutlichste Beyspiel. Mich verlangt nach Herders Gesprächen und Hartknochs Ankunft. Diesen Augenblick schickt mir Me Courtan das elende Geschmier über M. M. Character u Schriften ins Haus, den ich damit fortjagte. Der seel. Mann lachte u beschwerte sich einmal über die Art womit ihn Zimmerman in der Erfahrung angeführt hätte. Das ganze Buch taugt nicht so viel als das leere Lob einer einzigen Stelle von Zimmermann. Auf Mirabeau bin ich auch neugierig. den 4 Ich komme aus dem Montagsgebet und komme in meinem alten Gleis die Früh- und Wochenpredigten zu besuchen. Mein brutaler Magen macht mir viel zu schaffen. Eben habe ich mein letztes Haus für 4150 fl. losgeschlagen, das ist das dritte, bey jedem gegen die Hälfte verloren. Die Capitalien sind schwer anzubringen für 5 p %. Also neue Sorge für mich, und Geschäfte, zu denen ich nicht das geringste Geschick habe. Gott gebe mir auf meine alten Tage einen Schwiegersohn, den ich zum Vormunde und Curator in Geldsachen installiren kann. Mein Kopf leidet, da ich sonst von eigentl. Schmerzen nicht weis. Ich muß ausgehn und ein Redingotte oder etwas ähnl. besorgen. Ein Kleid auf dem Leibe, u eins im Mantelsack, mit dem ich dem
    braunen Mann
ähnlich sehe, und nothdürftige Wäsche ist des irrenden Ritters u jungen Knappen gantze Equipage. Ich kann nicht aushalten und muß laufen. Morgen kommt mein P.M. in Berl. an was es nach sich ziehen wird, überlaße ich der Vorsehung und Wahrheit – – Vielleicht feyre ich den 2 Jul. unterwegs. Gott sey mit uns allen, den Deinigen u Meinigen! Amen! den 5 auf dem Bette. Mich überfiel gestern ein Flußfieber, daß ich die gröste Mühe hatte zu Hause zu kommen. Nachdem ich mich an bekannten und unbekannten Orten ausgeruht hatte, wurde mir mein Sohn nachgeschickt, der mich vollends zu Hause schleppte. Ich verfiel sogleich in einen tiefen Schlaf, und bin jetzt erleichtert. Mehr schreiben kann ich nicht. Fortsetzung auf dem freien Raum einer Abschrift des Briefs von Thomas Wizenmann vom 4. Juli 1786 (vgl. Brief Nr. 990), die Johann Michael Hamann machte. Darauf bezieht sich Hamanns Anmerkung und der zunächst folgende Absatz. Erhalten den 15 Jul. 86 Geantw. den 22, 23 N.S. am Dreyeinigkeitsfeste 3. Juni 1787. Ist meines Joh Mich. Tatze, der seinen alten Vater in seinen gelehrten Untugenden übertreffen will; in seiner Kindheit schrieb er beßer. Predigen ohne Beyspiel hilft nicht. Was macht Dein
    George mit dem Mantelsack
? Ich schrieb schlecht und ich weiß nicht was an unsern seel. Freund; weil sein Vertrauen über die Schnur sind, und wenn ich Ja sage, nicht gern wiederruffen mag, mir lieber ein wenig Zeit laße Ja zu sagen. Eurer eigenen Ehre wegen müßt Ihr schon mit
    mir für lieb nehmen
. Wenn es nur zu Gottes Ehre gereicht, so wollen
    wir
die Schande gern tragen, und uns theilen in der Last. Ihr beide meine Unwürdigkeit, und ich Eure doppelte Freundschaft.
    Ob fugam vacui Copeyia des kriechenden Briefes
. Ew. Hochwolgeboren sind schon längst durch meinen Landsmann u Freund HE Capellm. R. zur Theilnehmung meines Schicksals bewogen worden, und die Verschlimmerung deßelben durch meine eigene Schuld wird Ihnen h. Herr, dort eher und näher, als mir selbst bekannt geworden seyn. Es hat mir nur in einem schweren Anfall der höchsten Hypochondrie einfallen u gelüsten können an des dirigir. HE EtatsMin. von W. Exc. eine Supplique zu schreiben, die mir deßelben Ungnade, und zur Strafe meiner Unbesonnenheit eine Resolution zugezogen hat, die ich den 9 d. erhalten und dadurch dergestalt übertäubt worden bin, daß ich nach einem harten Zweykampfe, mich nicht eher als erst gestern frühe nach einer schlaflosen Nacht mich zu erholen vermocht habe. Ich erkenne freylich die verdiente Züchtigung, durch welche ich treul. gedemüthigt worden bin, getröste mich aber gleichwol durch eben dieselbe Hand, welche ich mit kindlicher Ehrfurcht küße, von meinem tiefen Fall wider aufgerichtet und von meinen geschlagenen Wunden geheilt zu werden. Mit Reue und Leid bekenne ich mein Vergehen, und flehe zugl. um Vergebung u Erlaßung der schmähl. Todesstrafe, zu der ich durch einen plötzl. Abschied verurtheilt worden bin mit meinem ganzen Hause umzukommen und zu verhungern. Ew Hochw geruhen in geneigte u ernstl. Erwägung zu ziehen 1. daß mein Verbrechen im Innersten des Herzens ein blinder ungedultiger Diensteifer gewesen, in dem ich mir selbst immer die
    Wenigkeit
und (zum Theil) Unnützlichkeit meiner bestallungsgemäßen Geschäfte vorgeworfen u zu Gemüthe gezogen habe, trotz des verhältnismäßigen Gehaltes, wobey während meiner 20 leider! jetzt unerkannten Dienstjahre den Rest meines schwächl. Vermögens zugesetzt habe und beynahe zum Bettler geworden bin 2. daß ich nicht aus Dürftigkeit meines guten Willens, sondern vielmehr durch die von dort her erhaltene Bestallung in meiner jetzigen Packhofv. Stelle dergestalt eingeschränkt worden bin und mir die zweyjährige Weigerung eines rechtmäßigen Urlaubes zur Erneuerung meiner Gesundheit und zur Abmachung meiner letzten und einzigen Privat- und Familien Angelegenheit desto empfindlicher nahe gegangen, da ich diese doppelte Nothreise am füglichsten und sehr gern während des mir zur Last gelegten Stillstandes u Müßigganges zurückgelegt hatte, um zu den bevorstehenden Veränderungen desto gerüsteter u wackerer zu seyn. 3. Daß der in der allergnädigsten Resolution von 26 Apr. c. angeführte ausdrückl. Kgl. Befehl dem ächten von Fridr. Wilh. glorr. And. herstammenden und festgesetzten Packhofverwalter günstiger sey, dieser also in seiner ersten, alten eigentüml. Activität hatte restituirt, hingegen der neuerdings von den Franzosen mit fast doppeltem Gehalt eingeflickte und jezt gantz überflüßige Inspecteur füglicher eingezogen und annullirt werden sollte, als ein zur Amtsverrichtung des Packhofv. natürl. gehörigen Theil und Zweig, der durch willkührl. eigenmächtige Gewalt abgetrent worden war. 4 Daß der
    Wunsch
durch die geöffnete Thür des Abschiedes zur Ruhe zu gelangen mir wiweder in meinen Sinn noch Gedanken gekommen war, sondern just die bey der jetzigen verstümmelten Packhofv.stelle leere und lange Weile mir zur schwersten Last u Schande gereichte, u ich vielmehr gesonnen u entschloßen war nach überstandener Reise mit erneuerten Kräften und erleichtertem Herzen mich mehreren u nützlichen Geschäften aufzuopfern. 5 glaubte ich zu dieser einzigen Bedienung ihrer Art vorzüglich bestimmt und gebildet zu seyn, und mich durch Treue und Uneigennützigkeit, als die Hauptbedingungen eines solchen Amts nicht nur dazu qualificirt, sondern hatte mich auch 10 Jahre mit dem Gerippe eines Pakh.V. begnügen laßen, folglich die nächsten, rechtmäßigsten u ältesten Ansprüche auf das ganze und völlige Erbe meines unmittelbaren Vorgängers und seiner Vorfahren für mich hatte. 6. In dieser Rücksicht war es mir nur mögl. mit so vieler Gleichgültigkeit, die jetzt tägl zunehmende Beförderung jüngerer Leute zuzusehen, die lange nach mir, theils unter mir gedient hatten, bey noch weit wenigeren unbestimmten u entbehrl. Geschäften, als die meinigen je gewesen, mit desto freygebigern Gehalt ausgestattet worden sind und werden. Fortsetzung des Kriechenden Briefes. 7. Es ist mir daher unbegreiflich, wie ich meiner Wenigkeit u Unbrauchbarkeit so strenge bestraft werden soll, unterdeßen der jetzige Nachfolger des eingeschlichnen französischen Inspecteur, der blos dazu diente den alten hiesigen von Friedr. Wilhelm constituirten Packhofverwalter seines Ansehens und Einflußes zu berauben und monatl. Etats und Rapports in seiner Muttersprache dort einzuschicken, durch die jetzige Administration noch zu einer vollkommnern Ruhe, als mir gegönnt worden ist, gelangen soll auf Kosten der schon überladenen und überflüßig beschäftigten Buchhalterey. 8. Daß ich bey allen nur mögl. mißlichen Folgen des neuen Operationsplans und meiner zunehmenden Erschöpfung und Sorgen wenigstens die Erhaltung des Packhofverwalters und die Landesväterl. Nachsicht und Vorsorge aller ohne ihre Schuld außer Activität gesetzten Bedienten vermuthet und gehofft habe. Ew. Hochwolg. geruhen demnach zum Merkmal meiner Verzeihung und zu Milderung des nicht nur über mich selbst, sondern über mein ganzes Haus, welches aus 4 Kindern, ihrer armen Mutter und einer einzigen Dienstbotin besteht, ergangenen Urtheil, mir Dero guten Rath und Beystand angedeyen zu laßen. 1. ob ich mich bey Ihro Exc. dem dirigirenden Staatsminister abermalen melden und wegen meines gut gemeinten, aber zu heftig ausgelaßenen Diensteifers Gnade hoffen darf? 2.
    ob
und
    wie
mir aus der Grube wider geholfen werden kann, in die ich gefallen oder gestürzt worden bin, damit ich nicht durch gröbere und ärgere Verzweifelungsmittel in noch tieferes Elend gerathe, wenn sich ein grausameres denken läßt, als die Noth mit den Seinigen zu verhungern, und die gewünschte Ruhe und Erndte 20 mühseeliger, kümmerl. Jahre durch einen einzigen Fehltritt mit Schimpf u Hohn zu verlieren? Hierüber erflehe eine baldige Antwort u ersterbe p Am Erhörungs-Sonntage und Himmelfahrtfeste. Status causae oder P. M. von Freund Crispus, durch Mme Courtan den 18 May abgegangen an ihren Schwager, den geh. Commercienrath Laval u do Simpson. Der erste hat noch nicht geantwortet. Der Packh. H. nachdem er schon 2 Jahre hinter einander um Urlaub zu einer für ihn überaus nöthigen u wichtigen Reise vergebens gebeten hatte, widerholte diese Bitte vorigen Monat zum dritten mal u stellte dabey theils die Beschaffenheit seines Postens, bey welchem durch seine Reise keine Verwahrlosung des allerhöchsten Interesse statt finde, theils die Beschaffenheit seiner Gesundheit vor, die der durch die Reise am besten aufgeholfen werden würde. Beyde Gründe scheinen bey Hofe ausgelegt worden zu seyn, als ob Supplicant selbst seinen Posten für entbehrlich u seine Gesundheit für unwiederbringl. erklärt und sonach in den Quiescentenstand versetzt zu werden gewünscht hätte. Aber was 1. seine Gesundheitsumstände anbetrifft: so hat er durch seine vormalige äußerst mühseel. Amtsarbeit u durch häusl. Sorgen u sitzende Lebensart sich dermalen temporaire körperl. Beschwerden zugezogen, hoffte aber davon eben durch die Reise befreyt zu werden, da er eben dadurch einer Haussorge, die mit bisher an seiner Gesundheit nagte, sich entledigen würde, und da er sonst einer treffl. Constitution sich zu erfreuen gehabt. Weit gefehlt sich für eigentl. invalide u unfähig zu allem Dienste zu erklären, hat er vielmehr erklärt, daß er durch die Reise seine Gesundheit zu erneuern und frische Kräfte zum Dienste wieder zu erlangen gedenke. Und was 2. den Posten anbelangt: so hat zwar Suppl. mit einer höchst seltnen Treuherzigkeit den ganzen Umfang der damit verknüpften freyl. nicht großen Arbeit aufgedeckt, aber auch angezeigt, wie fern er 1.) von diesem Posten, selbst wenn er als ein bloßes Gnadenbrodt angesehen würde, gleichwol seine 10 jahrige außerordentl. anstrengende Uebersetzerdienste, nach welchen er erst dazu gelangt ist, wohl verdient haben möchte   2. wie es zugegangen, daß dieser Posten der gleichwol noch immer Arbeit hat, Ordnungsliebe u Treue erfordert, nicht mit noch mehr Arbeit verknüpft ist. Neml von dem ursprüngl. als Packhofverw. Dienst, womit ehedem außer dem Beysitz im AdmiralitätCollegio noch die Inspection über das ganze Licent verbunden war, ist letzterer durch die franz. Administr. weil der damalige Packhofv. ein stockdeutscher war, abgetrennt und zu einem besondren Posten mit 2 mal so viel Gehalt für Franzosen erschaffen worden. Weit gefehlt sich vor mehr Arbeit zu scheuen, hat vielmehr Suppl. aus wahrem Gewißenstriebe diese Lage seines Postens aufgedeckt, um wenn man es für billig fände mehr Arbeit wieder zu verknüpfen, seine Bereitwilligkeit dazu erklärt. Suppl. hat in allen jetzt 20 Jahren mit allgemein bekannter Treue u die ersten 10 Jahre bey einer fast sclavischen Arbeit gedient. Er ist wirkl. jetzt unter allen Accise u Zoll Officianten, den Dienstjahren nach (: beynahe :) der älteste. Als solcher hätte er wohl mit mehrerm Rechte als somanche jüngern, sich um weitere Beförderung melden können. Er that es nicht, weil er seinen altfundirten Posten ob selbiger gleich nur 300 rth trägt für unverlierbar hielt und weil er selbigen nicht eben wegen der damit verknüpften mäßigen Arbeit, aber wohl des Umstandes wegen, daß die dabey statt findenden Geschäfte von andern Bureaux unabhängig und nicht mit großer Verantwortung verbunden sind, seiner von allen Durchsteckereyen u Verwirrungen abgeneigten Denkungsart am angemeßensten fand. Soll nun gleichwol Kraft des allerhöchsten Kgl. Befehls, daß bey der jetzigen Accise Einrichtung überflüßige Posten eingezogen und die wenig beschäftigten verbunden werden sollen der Packhofverwalter als zu wenig beschäftigt eingehen: so wäre immer noch erst genau zu untersuchen ob nicht beßer die damit verknüpft gewesene Licentinsp. mit derselben vereinigt würde; die letztere obgl. sie durch franz. Einrichtung an 500 rth (1000 mit den Etmolumenten die jetzt eingezogen und dafür 600 Etatsmäßig sind) und noch so viel Emolumente hat, doch im Grunde noch weniger Arbeit giebt als selbst der Pakhov. Posten: auch wäre zu untersuchen ob die neuen Aßeßorenstellen bey der Prov. Direction welche mit so hohem Gehalt versehen u zum Theil an Personen von so jungem Amtalter gegeben worden, nicht wirkl. genau besehen, ohne alle Arbeit seyn werden. Erlaßung von allem Dienst kann Suppl. unmögl. weder wünschen noch ertragen; denn da er selbst bey den 300 rth seines Postens mit seinen 4 heranwachsenden Kindern nicht leben konnte, ohne sein bischen Vermögen allmähl. gantz zuzusetzen so muß er bey einer blos verhältnismäßigen Pension mit den Seinigen, durchaus, unverschuldeter Weise, in Noth u Elend gerathen. Abgegangen den 18 May. Ob fugam vacui. Nach erhaltener Decharge reichte ich der Direction folgende Vorstellung ein. Dem allergn. Special Befehl d d Berl. den 26 Apr c. gemäß habe ich zwar vom E Kgl. Ostpr. Prov. Directorio nach geschehener Uebergabe der Hiesigen Packhofverwaltung die gewöhnl. Decharge erhalten. Da aber dem HE Kriegsrath de Xhenemont unter den Belegen meiner zehnjährigen Packhofverwaltung einer de ao 82. No 4: über 99 rth, 89 gr. der blos von HE p de Marvilliers unterschrieben worden, bedenklich vorgekommen ist: so sehe mich genöthigt bey E Kgl. Ostpr. Prov Dir. ergebenst anzusuchen,
    entweder
beyl. Beleg No 4. annoch beliebigst zu autorisiren;
    oder
mir geneigt eine Special-Decharge zu meiner u meiner Erben Sicherheit zu ertheilen: weil 1. alle Assignationes von einigen Betragen immer von E. Licent-Casse
    vorschußweise
ausgezahlt und die Hinlänglichkeit derselben von dem Einnehmer erkannt u angenommen worden; mir daher weiter nichts obgelegen hat, als die von der Licent Casse geschehene Auszahlung in mein Register einzuschreiben und in Ausgabe zu bringen 2. weil HE de Marvilliers nicht nur bey Einhändigung dieser Assignation sondern auch bey der neuerdings geschehnen Verification des Calculatoris mir öffentl. die mündl. Versicherung gegeben daß er für die Gültigkeit haftete; mithin kein Bedenken tragen wird, seine mündl. Erklärung auch schriftl. zu bekräftigen. 3. Ist hierüber nichts vorschrift mäßiges in meiner Bestallung d d Berlin 4. Feb. 77 enthalten. 4. hab ich mir niemals erlaubt mich um die Anwendung u Bestimmung der von meinen Vorgesetzten oder in ihrem Namen mir praesentirten Assignationen weiter als zu meiner Amtspflicht gehört, mich zu bekümmern. Folgl. müßte Aussteller dieser Assignation und der Licenteinnehmer der das Geld ausgezahlt hat ledigl. deshalb responsable bleiben und ich mit den Meinigen vor aller Verantwortung gedeckt und gesichert seyn durch eine Special-Decharge oder vollständige Authorisation. Kgsb. den 2 Junii 87. H. Kgl. Pensionn.a.c. Dieses Geld ist gebraucht um das halbe Magazin wider in Wohnzimmer zu verwandeln, unterdeßen ich der meinigen entbehren muß. Der Licent Insp. u Einnehmer spielten sich einander in die Charten; weil dieser in jenes Wohnung zieht. Der Dir. verstand sich zu keiner Authorisation. Man hat sich darüber brav gezankt, u Marvill. bracht mir eine Caution wegen dieses Postens vor das Bett u nahm mit vieler Courtoisie Abschied. Er wird gnug gegen die Dir. denunciiren. Ich habe mich allein
    selbst
denunciirt, und niemals um das geringste bekümmert. Billet-doux an Namensvetter des Morgens nach einer schlaflosen Nacht. Lieber HE. Gevatter und Freund Nicht
    Spatziergänge
, sondern
    Krankenbesuche
, wo nicht zu ererben noch zu erwerben ist, werden in das
    Hauptbuch
des großen Menschengläubigers und Menschenrichters eingetragen, wenn es einmal heißen wird:
    was ihr nicht gethan habt einem unter diesen Geringsten
, das habt ihr
    mir auch nicht gethan
. Sollte die populaire Dogmatik hierüber neuerer u näherer Offenbarungen gewürdigt worden seyn: so wird es die Zeit lehren. Ich habe Freytags mein Amt niedergelegt; Sonnabends Vormittags meine Decharge auf der Direction u Nachmittags vom Altar erhalten. Montags frühe mein letztes Haus, zwar wider mit ⅓ Verlust, aber mit vieler Zufriedenheit an rechtschaffene Leute verkauft, die ich noch denselben Nachmittag besuchte aber so krank nach Hause kam, daß ich meinen Schneider weder sehen noch sprechen konnte. Für meinen armen verlaßenen Hill Freund Hill habe ich auch sgesorgt, wenn ers annehmen will, u denke an weiter nichts als meine Reise, welche ich mit einem Sprunge aus meinem Lager auf den Posttwagen wo nur immer mögl. mit nächster Woche in Θtes Namen anzutreten wünsche; weil ich selbst meine Krankheit als eine Praeservativ-cur zur Reise ansehe u allen Schlamm u Unrath heim laßen will. Die 1000 fl. liegen seit Dienstag einsam bey mir. Aus der Beyl. (es war die Punctation des KaufContr.) sehen Sie das übrige, das Mich. baar ausgezahlt werden wird. Nun komt es noch auf die Gewißensfragen an: ob Sie bey diesem freundschaftl. Depot an den bezahlten Zinsen viel eingebüßt, daß Sie sich bis zu meiner Heimkunft dieses Waysen annehmen wollen u ob ihre liebe 3 Kinder dabey um 1% reicher oder meine 4 um do ärmer werden sollen. Es sollte mir leid thun, wenn es mir in der Freundschaft mit dem Buchstaben J wie mit dem Buchstaben B. gehen sollte. Ich unterwerfe mich meinem Schicksal und bin auf jeden Fall Ihr längst vorbereiteter u kräftig ausgerüsteter Freund u Diener J G. H. Kgl. Pension. u in Abrahams Schooß liegender Lazarus dem übermorgenden Evangelio zu folge Ew. Exc. werden geruhen meine arme Familie in dem bisherigen Genuß der halben Freywohnung zu schützen, und mit hoher Hand auf die Wiederherstellung und Ergänzung bedacht seyn und mich zu dem volligen Zustand eines
    gantzen
hiesigen Packhofverwalters verhelfen, deßen diese jetzige Stelle gegen 20 Jahre ungerechter Weise entsetzt gewesen. Ew. Excell. weise und huldreiche Vorsorge einen im Konigl. Dienste verarmten Mann, der sich an dem Gottespfennig seiner Kinder ohne Sünde und Schande nicht vergreifen kann, und der mit Gott und Menschen gekämpft Ge XXXII. 28. 30. das Angesicht seines Wohlthäters zu
    sehen
und zu
    genesen
, mit einer verhältnismäßigen Pension zu unterstützen, erkenne mit fußfälligem Danke. Da ich als ein
    ohne seine Schuld
außer Activität gesetzter Kgl. Bedienter laut eines ausdrückl. allerhöchsten Befehls auf mein volles Gehalt Anspruch machen kann: so wäreürde die allerkleinste Verhältnis zur Gnugthuung des erlittenen und neuerdings meinem ganzen Hause zugedachten Uebels das Duplum seyn; so wie ich zum Ersatz des bezahlten Porto mir schmeichele von Ew. Exc. Grosmuth einen Konigl. Freypaß zu meiner Reise zu erhalten, die ich in Gesellschaft meines ältesten Kindes und einzigen Sohns, welcher sich zu meiner großen Zufriedenheit der Arzneywißenschaft wiedmen wird, abzulegen genöthigt bin. Ich werde für diese außerordentl. Huld verpflichtet seyn mich bey meiner Durchreise in Berlin so viel zu laßen, daß ich mich zu Ew Exc. Füßen werfen und meinen persönl. Dank mehr mit Empfindungen als Worten abstatten kann. KGott wird Ew Exc. und Dero hohes Haus nicht unbelohnt, noch meine brünstige Seufzer für das unverrückte Wohl deßelben unerhört laßen.
    Seine Ehre ist es, eine Sache verbergen
; aber der Könige und ihrer
    Minister Ehre ist es, eine Sache
    zu erforschen
(Prov. XXV. 2) Auch in der Dunkelheit giebts göttlich schöne Pflichten Und unbemerkt sie thun, heißt als Held verrichten. Die Fabel erzählt, wie eine pfeifende dankbare MausSpitzmaus sich um einen im Netze des Jägers verstrickten Löwen verdient gemacht haben soll. VIXI. SCRIBSI. ET. LIBERAVI. ANIMAM. J. G. H.  Kgl. Preuß. Packhofverw. und zeitiger Pensionnaire par excellence depuis la dette omineuse du XXVI. Aout. Kgsb. den 26. May am Pfingstheil. Abend 87. Ψ LVII = anno aetatis et quietis meae. Vermerk von Jacobi auf abgesondertem Blatt: Koenigsberg den 3ten Juni 1787. J. G. Hamann empf den 14tenbeantw den 22ten. –
den 9 Junii 87. Nachmittags. IHabe mich nach dem Eßen zum ersten mal aus dem Bette gemacht, und fange liebster Jonathan, den letzten Brief an Dich an. Vielleicht über 8 Tage schon auf deßr Post mit Gottes Hülfe, spätestens den 14 Jun. Der erste Termin ist meinen Wünschen der letzte meinen UmKräften und Umständen gemäßer. Bis hieher hat der Herr geholfen. Gottlob! Das Magen und Flußfieber ist leichter als das letzte gewesen, und eine wahre PraeservatifCur zur Reise. Mein Hunger, den ich bisweilen einen Seelenhunger nannte, hat jetzt andere Gegenstände. Alles schmeckt, aber ich kann mich beßer enthalten. Habe diese ganze Woche weder Fleisch noch Suppe angerührt. Pflaumen und ein Semmel mit Butter ist heute mein Mittag gewesen. Schon Montags des Morgens muste ich meinen Brief abbrechen, weil mir der Kopf weh that. Ein gantz ungewohntes Uebel für mich. Das Wetter war schön, aber ein kalter starker Wind. Meine Tour sehr weit, bis ans Ende der Stadt. Ich bestellte den Schneider des Abends mich zu besuchen, that noch ein paar Nebenwege, und eilte zu Me Dorow wo ich ausruhen wollte und Mittag halten, bey einem Stückchen Butterbrodt. Sie hatten Mandelmilch, einen Schweinssauerbraten, ein Stückchen Pöckelfleisch. Ich trank ein groß Glas kalt Waßer zum Willkom, und mir fieng an kalt zu werden; genoß von allem mit Appetit, das Ale schmeckte mir zu süß und nicht so gut wie das erste mal. Sie hatte ihr jüngstes Engelchen entwöhnt, auch an der Brust Schmerzen, und uns war beyden nicht recht wohl, sondern wir wurden schläfrich, gehe zum Käufer meines Hauses, der nicht zu Hause war. Ein altes gebücktes Mütterchen unterhielt mich, und ich freute mich über die reinliche stille Wirthschaft, ohne Magd p. Das Mutterchen wuste nicht was sie mir vorsetzen wollte, ich muste 7 Aepfel aus ihrem Garten annehmen, bot mir Caffé an. Mich fror und ich eilte fort, ohngeachtet sie nach ihrem Mann geschickt hatte. Ich eilte um mich warm zu gehen, reichte 2 von meinen Aepfeln der Dorow durchs Fenster, begegnete Virchaux und den Käufer meines Hauses & Comp. fertigte alles im vorbeygehen ab, wollte mich ein Viertelstündchen bey dem Grafen v Kayserling aus ruhen, der in Stunde war, man bot mir den Garten an; ich eilte weiter – Mir wurde immer übler, trat in eine D. Apotheke, um Nachrichten von D. Lindner zu haben. Man war aufs Land gefahren u wußte von nichts. Ich hatte dem Assessor Hopp schon oft versprochen ihn zu besuchen und meynte dieses abzumachen. Die Noth nach Hause zu eilen wurde immer dringender. Endl. erreichte ich mit schwerem Othem und bleiernen Lenden mein Revier. Ich besorgte umzufallen, muste bey einem Häcker eintreten, die Stubenluft bekam mir auch nicht, die Frau bat mich in ihren Garten richt über dem Hause zu treten; und mich dort einem Canape im Lustbüdchen zu bedienen. Auch das that ich; aber es half nichts und ich taumelte weiter. Nach dem Sinken hör ich jemanden im Galop hinter mir, ich kehrte mich um, und es war mein Junge, den die Leute mir nachgeschickt hatten. Der kam wie ein Bote vom Himmel; denn ich konnte nicht mehr aus der Stelle und arbeitete wie im Sande – Gleich ins Bett, und in Schlaf, in dem ich schon mehr wie ein Meisterstück abgelegt. Miltz kam, Kraus war da, der Schneider kam zum Maasnehmen. Niemand war zu Haus und das in einem Zuge bis auf die 2 Zeilen die ich Dienstagsmorgens schrieb. Den gantzen Tag lag ich ohne Kopfweh noch Schmerzen, als die Erschütterungen des Hustens, war aber nicht im stande zu lesen noch mich aufzurichten. Wieder eine gute Nacht; und zum Frühstück einen Brief mit einem großen Siegel vom Geh. Rath K.
    kriechender
wie meiner, mit der wichtigen Nachricht daß NB auf sein Bitten meine Pension mit 50 rth vermehrt worden wäre, dies schien ihm
    hinlängl. mich für erst in meinem Schicksal, welches ihm nahe geht, beruhigen zu können
. Verspricht mir in der
    Folge zu weiterer Beförderung
im Dienste behülflich
    zu seyn u überläßt mir sogar
die Wahl. Schließl. hat er das Vertrauen zu meiner Einsicht, daß meine
    jetzige
Stelle (der Brief war vom 30 May datirt) das dabey vermachte Gehalt nicht verdient hat u neben einer andern Bedienung gar wohl verwaltet werden kann. Ich steckte alle diese Courtoisien hinters Ohr und freute mich so krank wie ich war, den Mann auf ein Haar getroffen zu haben. Bald drauf kam ein neuer Assessor des neuen Prov. Directorii mit der erhaltnen Zulage meiner Pension, und ich dankte Gott, und meine Krankheit gieng ihren Schritt unter den angenehmsten Danksagungen fort. Unter manchen Besuchen kam auch der gute Graf u entschuldigte sich nicht zu Hause gewesen zu seyn. Donnerstags des Morgens kam ein noch angenehmerer Brief von dem ehrl. Reichardt, den ich gar nicht vermuthete, vom 2 d. Er billigte meine Gleichgiltigkeit, der ich nicht recht traute, versprach mir alle Hülfe, wenn er die Sache erst beßer wüste, weil meine Nachricht ihm nicht hinlängl. u deutlich gnug wäre, um darinn etwas zu thun. Bette u Stube warten auf mich u meinen Sohn. Das allererfreulichste war
    Lindners Aufenthalt in
Berl. und wenn ich bald käme, er mein Reisegefährte seyn würde auf eine gute Strecke des Weges. Das war ein Balsam auf mein Haupt. Ich fuhr vor Freuden auf, weil ich die paar Tage her immer an ihn gedacht hatte, wie ich in Berl. etwas von ihm erfahren würde und wie ich nach Halle deshalb einen Umweg machen müßte. Und nun war er da – und Reichardt macht mir Hoffnung ihn zu meinem unserm Reisegefährten zu haben. Kein größer Glück für mich, und für meinen Sohn, hätte ich mir können träumen laßen.
    Er würde weder uns, schreibt Reichardt, noch unsern Freunden auf irgend eine Weise im Wege seyn
und ich hätte einen
    so guten sichern Vorsorger für meinen schwachen Körper
. So viel schreibt er aus
    Reminiscentz des vorigen Tages
wo er mit ihm sie zusammen gespeist, um mir diese Hoffnung zu machen. Weder Dir, lieber Jonathan noch weniger unserm A. B. dem ich immer diesen Artzt gewünscht und in petto gehabt, wenigstens sein consillium wird es leyd thun diesen einzigen Mann in seiner Art kennen zu lernen, auf den der Seegen seiner frommen Mutter ruht, die er wie ein Held hier gepflegt und sich ihr zu Liebe beynahe selbst aufgeopfert hat. Ich glaube Dir davon schon geschrieben zu haben. Dieses außerordentl. Geschick der Vorsehung treibt mich keinen Posttag zu versäumen, und die Freude dieser Nachricht hat die Auflösung meiner Krankheit befördert und meine Widerherstellung versäumt. Montags komt mein Schneider, dem ich zu Gefallen nicht aufstehen konnte. Diese 8 Tage im Bette habe ich
    mein Haus bestellt
, und alles darinn bereitet. Nach einer gantz schlaflosen Nacht schrieb ich gestern ein Billet doux an Deinen Namensvetter, der mich Nachmittags besuchte. Er hat all mein Vermögen in Händen, und ich traue ihm – Uns war beyde ein wenig vor Erläuterungen angst; es gieng alles nach Wunsch ab. Heute habe ich ihm die 1000 erhaltenen oder ausgezahlten fl. auf das verkaufte Haus zugeschickt. Wie er fort war, kam die Reihe an Hill, den ich an meine Stelle in mein Haus aufnehmen will, und ich hoffe, daß auch dies Mittel ihm und mir gelingen wird den
    SchuhKnecht
abzulegen, den er bisher gespielt. Dergl. Scenen sind ein wenig stark und wirken ärger als Ipecacuanha, aber wohlthätig für mein Gemüth, das dadurch erleichtert wird, und für den Körper zugl. Bey Gelegenheit der Ipecac. muß ich noch eine Kleinigkeit nachholen, die Du einem Patienten verzeihen wirst. Rhabarb und Cremor Tartari machten meine Natur Dienstags nicht williger. Mitwochs gieng es von oben, aber erfolgte auch nichts. Ich entschloß mich kurz u gut zum Lavement, mit dem mir faeces wie Kieselsteine abgiengen. Seitdem ist mein unterleib in ziemlicher Ordnung und auf gutem Wege. Miltz hat mich angerathen morgen auszugehen aber scharf eingebunden, mäßig zu seyn und corrobarantien widerrathen. Vielleicht speise ich seit vielen Jahren bey Motherby mit Kant, um von diesem Hause Courtans Schwester u Nachbarin u unserm φφen Abschied zu nehmen. Crispus hat einen Gegner seiner Recensio an Eberhard gefunden, nach der wir beyde sehr neugierig sind. In Berl. weiß man noch nichts von Hartknoch der mit seinem Sohn erwartet wird u mir H. Gespräche hoffentl. mitbringt. Jacobi hat mir guten Rath gegeben zu meinen Reiseanstalten. Ich gehe so leicht als mögl. Im Charivari beyde, die mir schon ehmals wohlgethan haben. Ein guter Schlafpeltz, so gut ich nur bekommen und bezahlen kann, ein Redingotte und einen Rock, mit einem halb Dutzend Hemden. Der Käufer meines Hauses ist ein Sattler emeritus und beschlägt meinen alten Coffre, den letzten den ich zum Glück übrig behalten habe. Auf einen Vorspannpaß vom Minister werde nicht warten. Nicht blos aus Sparsamkeit wäre er mir lieb. Meine einzige Angelegenheit in Berlin besteht darinn, daß meine
    Leute nicht in ihrer Freywohnung während meiner Abwesenheit gestört werden
. Diese Kleinigkeit hoffe ich zu erhalten auch
    Zeitlebens
. Aber auf den Gegenfall wär Hill der einzige Freund, der im stände wäre sich meiner armen Bücher u Papiere, die in der grösten Verwirrung liegen, anzunehmen. Also muß er in mein Haus, oder wir sind
    ewig geschieden
, und
    ich dabey
am ärgsten geprellt. Dieser Hauptpunct muß also in den ersten Tagen der Woche ins reine gebracht seyn. Mehr kann ich heute nicht. den 10. Dom I. p Tr. Ich habe noch gestern die 3 Blätter Beyl. abgeschmiert um die Acten zu completiren. Eben da ich fertig war, tratt Brahl herein mit einem Unbekannten, der mich versicherte längstens gekannt zu haben. Es war la Garde aus Berl. der seinen neuen Laden in Libau revidiren geht. Der Besuch war mir sehr gleichgiltig, ich bat mir daher die Erlaubnis aus einen Heering der neben mir stand zum Abendtbrodt eßen zu können; und mich befiehl eine ungemeine Lustigkeit. Für Brahl ließ ich auch einen schlachten, und la Garde trank ein Glas Bier. Ich war so zerstreut sorglos daß ich nicht einmal nach Mirabeaus Mendelssohn zu fragen neugierig war. Brahl hätte ihn wohl mitgebracht, oder daran gedacht, wenn was Zzu lesen oder anzusehen da gewesen wäre. Erschöpft mehr von außen als innen eilte ich zu Bette. Gegen 5 Uhr wurde mir die Zeit zu lang und ich weckte mein Haus, genoß mein Frühstück im Bette, wollte meinen Brief fortsetzen, wie ich in einen sanften Schweiß gerieth, den ich abwarten muste, und gegen 8 aufstehen konnte mit erneuerten Kräften und gestärktem Vorsatz den 18 aufzubrechen. Beyl. sind blos für Dich u B. Ich wollte nicht gern, daß etwas nach B. witterte, und habe keine Lust mich mit den dortigen Circumforaneis abzugeben, weiß ihnen Dank, daß bisher verschont geblieben. Will ihnen gern selbst aller Mühe überheben mich zu verdammen oder seelig zu sprechen, kann alles selbst thun. Habe mich in meiner Krankheit an Agricola Sprichwörter erqvickt, und gestern die Ausgabe des Heynii von Apollodor zum ersten mal ansehen können; alle 4 Theilchen durchgelaufen. Vielleicht finde ich in Deiner Bibl. um ihn zu lesen. Aber ein Gericht wünschte ich bey Dir zu genießen; das ist Reid oder Ried’s Essays. Ich habe mich fast geärgert sie blos nach einer deutschen Recension von Dir angeführt zu finden. So ein Werk must Du
    haben
, und in diesem Punct will ich mir noch immer ein wenig philosophische Neugierde erlauben: so wenig ich auch hier in der Zeit eine Auflösung der Frage erwarte:
    was ist der Mensch
? Da fällt mir ein Sprichwort aus Agricola ein: Was sollten wir von Gott wißen und niemand weiß, was seine Seele thut, wenn er schläft? Herders Gespräche wünschte ich unterwegs. Ich erwarte Hartknoch diese Woche und vermuthe daß er sich in Weimar aufhält. Sein Sohn soll meinem ähnl. seyn, wie la Garde sagt. Der Junge liest mir vorvorige Woche, da er die Gnomiker des Bruncks las einen Spruch des Solons. Ich habe ihn die letzte ziemlich einweyhen müßen. Der Vers gefiel mir selbst daß ich ihn behalten habe Ἁμα γαρ αελπτα συν Θεοισιν ηνυσα Αμα δ’ ου ματην ερδον. Gott gebe daß er wahr werden mag; aber meine Leute werden froh seyn mich aus dem Hause zu haben; ich, wenn ich nur erst den Hill als meinen Statthalter drin hätte. Es wird aber noch ein wenig Arbeit kosten den bereisten Handwerksburschen u SchuhKnecht ihm auszuziehen. Daß ich es gut mit ihm gemeynt habe, wird er zeitig gnug erfahren. Der Versuch mit seinem gewesenen Patron war kein bloßer Spaß, sondern im rechten Ernst gemeynt. Ich hatte mein ganzes Capital ihm aufgesagt, mich in die gröste Verlegenheit setzen können und vielleicht mein Geld in die hiesige Bank geben müßen oder – – Es ist alles gut abgelaufen und unsere Freundschaft wird hoffe ich desto fester und gründlicher werden. Er ist übrigens ein treuer und kluger Verwalter im Zeitlichen, und fühlt es daß es kein bloßer Titel ist,
    Freund
und
    Gevatter
zu heißen und zu seyn. Ich muß Hill gegen ihn und vice versa rechtfertigen, das ich auch noch zu erleben hoffe, und gegen
    beide
recht gehandelt zu haben Mein Valet mit Kant bey Motherby ist erst heute über 8 Tage. Die Witterung ist so kalt, der Nord so stark daß ich erst die Erlaubnis meines Artztes abwarten will, um aus zu gehen. Ich halte meinen Mittag zu Hause, und meine Leute haben zum Glück Kohl. Wenn ich aus gehe, so geschieht es von dem Oberhofprediger Schultz Abschied zu nehmen, mit dem ich den Anfang machen und Turretin Hermeneutic auch Telleri Exc. abgeben will. Er giebt jetzt eine populaire Dogmatik in Druck. Ich vermuthe Crispum und sein
    Jacobchen
bey ihm zu überraschen. Letzteres Diminutiv ist der Eckelnahme des Namensvetters, der sein Nachbar u peripatetischer Layen u Logenbruder ist. Kraus und Kant haben ohne zu wißen das kleine Billet-doux mir zugespitzt. Mein ältester Freund Hennings ist vorgestern des Abends entschlafen. Gottlob für ihn u seine lachenden Erben! Er ist 5 Jahre älter wie ich geworden. Ich habe sein Gemälde vom seel. Lindner geerbt, u seine Silhouette von ihm zum dAndenken erhalten. Er gab mir einmal ein kleines engl. Praesentirtellerchen, das schon verbogen u zerbrochen ist, auf dem noch immer meine Tasse, mein Bierglas und mein Tintenfäschen steht, und ohne das mir immer etwas fehlt; wie des Grafen Kayserlings Qvispeldoor mir unentbehrl. geworden ist, das ich besonders am Anfang auch bey andern Leuten vermiste. Du mein lieber Jonathan Du wirst einen verwöhnten alten Kerl an mir finden, den Du viel zu gut halten wirst müßen – und wirst dem Himmel danken das wider los zu seyn, was Du Dir gewünscht hast. Wenn es nicht gut wäre, uns einander zu sehen, würde es uns allen nicht so sauer geworden seyn. Der äußerliche Mensch hat kein Warum? Gottes Wille hat auch kein Warum? Agricola hat beyde Sprichwörter gut auszulegen gewußt. Widersprüche zu verdauen, ist noch immer eine pica meines alten Magens, der des Spiels nicht satt werden kann. Noch eins, bester Jonathan, nenne mich wie Du willst; aber dutzen kann ich mich unmöglich, als unter 4 Augen. Nach einem Gelehrten, nach einem Philosophen suche auch nicht bey mir; Du findest wahrhaftig nichts von allen dem, was Du mir zutraust. – – den 11 – Gestern war für mich ein saurer Tag. Ich wurde wegen der schlaflosen Nacht nach der ersten Mittagsmahlzeit schläfrig, hatte den guten Willen noch die letzte Vesper von meinem Beichtvater zu hören, wenn ich auch spät gekommen wäre, wie der Asessor des Directorii mich besucht und mich neugierig macht, ihn mit einer Pfeife Toback u Bouteille Bier zu bewirthen, auf die er sich selbst gebeten hatte. Er erzählte mir so viel, daß ich nicht wuste wo ich meinen Kopf laßen sollte. Der Schlaf war wenigstens verflogen, aber alles was ich nach Berl. geschrieben, wurde mir eckel und zu Waßer. Ich gieng zum Oberhofprediger meinen ersten Abschied zu nehmen und er begleitete mich mit seinem hohenpriesterl. Seegen, der mir wohl that. Darauf kam ein Stück Arbeit mit Hill, auch mit diesem
    Coge intrare
bin ich Gottlob fertig geworden. Er zieht heute ein. Ich muß schlechterdings eine Mannsperson der meine u meines Sohns Stelle vertritt im Hause haben, weil lauter Weibsleute allein sich nicht helfen können, besonders bey meinen vermischten Angelegenheiten, Bücher p und
    Hill
ist der einzige Mensch u Freund, der dazu taugt. Er that mir also die
    gröste Wohlthat
, woran er gar nicht glauben konnte; und ich hoffe, daß der Aufenthalt in meinem Hause ihm eben so wohlthätig seyn wird. Nach einem abscheul. Mittelgericht kam ein gewißer
    Bötticher
, wie ein Bothe Gottes in mein Haus, an den ich von selbst nicht gedacht haben würde. Es ist einer der außerordentl. Menschen, der seit seines Hierseyns an mich wie eine Klette gehangen hat, trotz meiner Gleichgiltigket u Entfernung. Ist famulus des Cantzler Seegners gewesen also sein Lieblingsstudium die Mathematik, hat sich verheirathet mit einer Person von etwas Vermögen, die er herzl. liebt, und eine außerordentl. Neigung und Talent zu Kindern, hat dummes Zeug in diesem Fache geschrieben ist aber in der Practik der geschickteste u glücklichste Mann. Hat ein Institut angelegt, mit dem die Eltern außerordentl. zufrieden sind, und seine Schule die aus 6 jungen Leuten besteht, ist ein Muster u. kl. Wunder. Er hat jetzt eine Art von Spinnrocken erfunden, das eine ansehnl. Praemie verdiente und die Probe ausgehalten hat, wo ein armes Mensch wenigstens noch einmal bis viermal so viel wie bisher verdienen kann, mit 2 oder 4 Spindeln, wovon 2 sich selbst zwirnen u die übrigen zu Baumwolle oder Flockseide gebraucht werden können. Diesem Menschen fehlt ein Gehülfe zu seinem ErziehungsInstitut und dazu wäre Hill ein auserlesener Mensch. Mit diesem Project muß ich heute oder morgen fertig werden und bring es zum Stande: so habe ich noch ein gutes gemeinnütziges Werk zu Wege gebracht, wodurchzu mein eigen Bedürfnis eines Hausfreundes u Eleasers Gelegenheit gegeben. Mein Coffre ist da und wir kommen mit einem Rock und einem Gott wenigstens Vater u Sohn. Des dritten wegen habe ich auch die beste Hofnung. Ich hoffe vor Freuden gesund zu werden, wso bald ich auf dem Postwagen einen Platz haben werde. Heute über 8 Tage, so der HErr des Lebens will, daß wir uns einander sehen u genießen sollen. Vermerk von Jacobi auf gesondertem Blatt: Koenigsberg den 10ten AuJuni 1787. J. G. Hamann empf den 21tenbeantw den 22ten
Pempelfort den 22ten Juni 1787 Vermerk von Hamann: Angekommen in Berl. den 27 Jun. Erhalten von Freund Reichardt den 28 – Geantw. in Münster den 18 Jul. lieber Herzens Vater Ich habe Dir nicht schreiben können weil ich krank war u immer kränker wurde. Ich habe viel ausgestanden, u weiß nicht ob ich sagen darf daß es anfange etwas beßer zu gehen. Deine 3 Briefe, der v. 14ten May, v 5ten u v 11ten sind richtig eingelaufen; der letzte gestern. – Es soll also doch wahr werden daß ich Dich sehe! Guter Gott! – Mich verlangt herzlich auf Nachrichten v Dir aus Berlin. Mit saurer Mühe habe ich heute Morgen an die Prinzeßin, an Buchholtz, u an Claudius geschrieben. Claudius wird sich wundern daß es würklich dazu gekommen ist daß Du reisest. – Du schriebst neulich daß Du gerade zu nach Münster wolltest. Also nicht eher nach Pempelfort wie Du vorher beschloßen hattest? – Bin ich einiger Maaßen wieder auf den Beinen so reise ich Ende der zukünftigen Woche nach Vaels. Den 14ten Juli gedenke ich wieder hier zu seyn. Mariane kommt Anfangs September nieder. Bis den 1sten August wolte Buchholtz zu Welbergen bleiben. Sollte Dir der Entschluß kommen, wie Du ehmals vorhattest, über Düßeldorf nach Münster zu reisen, so würde ich mich sehr freuen. – – Ich bin so matt, so dahin, lieber Vater, daß ich über nichts das Herz habe den Mund aufzuthun. Herders Gott wirst Du nun gelesen haben, u auch das XVte Buch der Ideen. Wenn Du mir nur einen andern als diesen Herderischen Gott mitbringst. Mit dem Herderischen hatte uns Kant schon Ao 1763 begnadigt. Aber es ist recht gut daß dies alles so allmählich mehr an den Tag komt. Ich halte mich noch immer an dem wenigen was ich von einer Kraft weiß welche die Welt überwindet. Aber es geht mir wie Petro da er auf den Wogen wandelte. Reids Essais findest Du bey mir. Du hast mich daran erinnert daß ich dies Buch lesen wollte. Während ich mein Gespräch schrieb, war ich sehr ungeduldig darauf, u konnte es weder geliehen noch zu Kauf bekomen. Ich schrieb nach England; aber das Buch kam erst da das Gespräch gedruckt war. Ich danke Dir herzlich für alles was Du mir mitgetheilt hast. Mit dem pro memoria u beygefügten Schreiben bin ich über alle Maaßen zufrieden. Desgleichen mit dem Billet doux an den NahmensVetter. Die
    Vor
sehung, nicht die bloße
    Zu
sehung walte über Dich u Deinen lieben Begleiter, u führe Euch bald, bald in meine Arme. Es wäre schön wenn Ihr auch Lindnern mitbrächtet. – Hamann, Vater – O, wenn Du vor mir stehen wirst! Ich fühle Genesung in allen meinen Gebeinen in dem Augenblick wo ich dieses schreibe. Es st sind nicht Worte; es ist Wahrheit was ich sage. Schreibe mir doch überall wo Du Dich etwas aufhältst, oder laß Deinen Sohn mir ein paar Zeilen schreiben, damit ich immer genau von dem Fortgange Deiner Reise unterrichtet sey, u in welcher Richtung Du näher rückst. Ich küße Euch beyde, u reiche Lindnern, den Du mir schon gewogen machen wirst, die Hand. Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan.
Berlin den 30 Jun. 87. Mein auserwählter, mein erwünschter Franz. Ihren 21sten Brief vom 1 d. erhielt den 16 zu meiner großen Beruhigung. Den 21. gieng ich von Königsberg ab und bin in einem Zuge, den 268. mit genauer Noth, aber glücklich angekommen bey meinem lieben Landsmann, Gevatter und Freund Reichardt, in deßen Hause ich die liebreichste Pflege von ihm und seiner Familie genieße. Auch meinen Freund D. Lindner hab ich hier gefunden, der die Absicht hatte mich nach Weimar zu begleiten, und den ganzen Vormittag den Gebrauch der Arzneyen bey mir abgewartet hat, sich nach einigen Bedenklichkeiten entschloßen mich zum Ruhepunct meiner Wallfahrt zu begleiten. Er traut mir zu den nächsten Dienstag wider abreisen zu können – Weil uns eine Gelegenheit bis nach Magdeburg lieber wäre als die Post, und wir uns nach ersterer erkundigen müßen: so werden Sie aus Magdeburg erst die positive Nachricht unserer Abreise erhalten, und ich erwarte von Ihrer zuvorkommenden Zärtlichkeit einen Brief von Ihrer Hand in
    Bielfeld
, um unsern Weg nach
    Welbergen
, deßen Lage dies- oder jenseits Münster mir unbekannt ist, zu dirigiren. Ich komme also mit einem äsculapischen Mentor und seinem alumno meinem Johann Michael nach
    Welbergen
, wo ich am liebsten den Julius und unsere erste Zusammenkunft zu erleben und zu genießen wünschte – auch meine Gesundheit am baldigsten wider herzustellen hoffe. Ich wollte diese Zeilen im Bette schreiben. Mich überfiel ein Schwindel, der mich nöthigte aufzustehen. Meine Oedipus-Füße machen mir das Sitzen und Gehen schwer. Die Geschwulst hat sich ein wenig gelegt, wird aber vermuthlich durch die Fortsetzung der Reise wider zu nehmen. Bereiten Sie Ihre liebenswürdige Marianne auf den Anblick eines alten kranken braunen Mannes zu. Find ich bey Ihnen keine Ruhe; so giebt es keine mehr hienieden für mich. Aber auf Kosten der Ihrigen, mein auserwählter, mein erwünschter Franz, ist freylich ein Opfer, deßen Sie nur fähig sind, und unser treuer Nachbar in Pempelfort, an den mein guter Wirth schreibt. Gott gebe, daß wir uns gesund oder wenigstens zufrieden einander sehen. Ich bin nicht im stande auszugehen und irgend jemanden hier zu sehen, ohngeachtet es mein Vorsatz war den HE. Grafen von Schmettau mir darzustellen, und ihn für den Antheil zu danken, den er an der Beförderung unsrer gemeinschaftl. Wünsche und Angelegenheiten genommen. Mein freundschaftl. Artzt wird Ihnen weder gleichgiltig noch beschwerlich seyn, auch zur Bewillkommung des erwünschten Gastes einigen guten Rath ertheilen können. Woran es Ihnen fehlt, damit bin ich desto reichlicher versehen, mit Thränen der Freude. Wir haben die beyde Abende hier unter Gewitter zugebracht. Mündlich mehr. Gott seegne Sie und Marianne mit häuslichen Freuden, und mache mich zum glücklichen Genoßen derselben und Ihrer Freunde. Auch ich ewig und gantz   Dein alter treuer Hans. Adresse:
An / HErrn Franz Buchholtz / Erbherrn von Welbergen / zu /
    Münster
.
den 30 Jun. 87.
Hochzuehrender Herr Verehrungswürdiger Freund Verzeihen Sie, wenn ich diesmal mit meinen Briefen zu voreilig bin ohne erst den Ihrigen abzuwarten, weil mir die Sache zu wichtig scheint, und ich nicht gerne ein dispensator iniustus seyn möchte. Der Brief mit dem Königl. Accise und Post-Siegel, an deßen Ankunft Sie schon bey uns alle Hofnung aufgaben, ist den 1ten July Sontag um 12 Uhr in meiner Abwesenheit angekommen mit folgender Aufschrift: Resolution für den vormaligen Packhofs Inspector Hamann. Sobald ich nach Hause gekommen, und mir die liebe Hausmutter den Brief eingehändigt bin ich sogleich zu ihrem alten Freund He. Pr. Kraus und dann auf die Post gegangen, wo der Post Secretaire, deßen Name ich nicht weiß, sonst aber die schönsten und fettsten Baken unter allen Postbedienten hat, den Tag Ihrer Abreise nämlichen 21ten Juny aufgeschrieben, und den Brief retour gehen laßen auch mir das Porto zurück gegeben hat. – Bey He Oberhofprediger bin ich gleichfalls gewesen, und habe ihn an das mit der Meße aus Leipzig angekommene Päckchen an He Prediger Lauwitz erinnert, wovon er auch schon gehöret. Auf seine Bitte ging ich zu He Hartung, um es mir in seinem Namen auszubitten oder es bey ihm bringen zu laßen. Die Leute bey He Hartung aber sagten, daß sie kein Päckchen erhalten, ungeachtet He. Brahl versichert es gesehen zu haben, und gar vermuthet He. Hartung habe es schon nach Tilsit geschickt, welches He. Brahl glaubt erfahren zu können. – Ferner soll die Quittung für die Pension ein andermal in Rthlr und Gr. eingerichtet werden. – He Böttcher haben Hill und Nikolowius besucht. Wir haben uns über das gute Wetter zu Ihrer Reise sehr gefreut, und mit Verlangen erwartet, ob wir aus Marienwerder einen Brief erhalten würden, welches aber nicht geschehen, und uns sehr angenehm gewesen, weil wir glauben, Sie haben vielleicht in einem Zuge die Reise bis Berlin gemacht. He Milz besucht uns fleißig um Nachricht von Ihnen zu hören, auch ist He Pred. Wannowsky und He. prof. Kraus einmal hier gewesen. Ihre liebe Hausmutter und liebe Kinder sind gottlob alle recht gesund, und wünschen Ihnen und Ihrem ihrem lieben Hans Gesundheit und alles Wohlergehen. Auch ich wünsche von Herzen, daß Gott Sie und Ihren lieben Sohn stärken möge zu vollenden Ihren Weg, und mir meinen theuren alten Freund und Wolthäter noch noch lange erhalten wolle. Alle Ihre alten und jungen Freunde laßen Sie und Ihren Sohn recht herzlich grüßen. Noch erinnert mir Ihre liebe Hausmutter, Ihnen zu melden, daß He. Lieutenand Smitkau in des gewesenen General Inspectors Haus schon eingezogen sey. Ich bin beimit aller Hochachtung ihr ewig verpflichteter Freund und Diener. Christian Hill. Königsberg den 2ten July 1787 Adresse
Des / HErrn Packhoffverwalter Hamann / HochEdelgeboren. / in / Berlin. / bey He. Capellmeister Reichard
Vermerk von Hamann: Erhalten den 2 Aug. Geantw. im P. S. den 4 –
Berl. den 2 Jul. 87. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund, Eben da ich alle Hoffnung aufgab Hartknoch zu sehen und deshalb unruhig ward, weil ich auf der Post nichts von seiner Ankunft erfahren konnte, und durch seine Familie einen Wink seines wirklichen Daseyns in Kgsb. erhalten hatte, tratt er den 18 pr. mit seinem Sohn in meine Stube, und erfreute mich mit der Nachricht auch von Ihnen einen Brief mitgebracht zu haben in seinem Pack. Donnerstags drauf den 21. reise ich mit meinem Sohn ab, und bin in einem Zuge gefahren, den 28 lebendig u folglich glücklich gnug angekommen, eben zur Mittagszeit, wurde aus dem Posthause von unserm wackern Reichardt in sein Haus heimgeholt, und werde hier wie ein Kind gepflegt, von dem besten Wirth, der ganzen
    Albertischen
Familie, und unserm würdigen Landsmann D. Lindner, der mir die Wohlthat erwiesen hier auf mich zu warten, und u die noch größere Freundschaft erzeigen wird, mich nach Wellbergen in Sicherheit zu bringen, wo ich meiner völligen Genesung entgegen eile. Daß ich aus einem annullirten Packhofverwalter ein Königl. Pensionnair geworden bin, ⅔ meines Gehalts genieße, völlig frey von Geschäften, Amtssorgen – daß ich mein Haus versorgt durch meinen ehrl. Hill der meine u meines Sohns Stelle darinn vertritt. Hierinn besteht mein gegenwärtiges Glück, deßen Loos mir lieblich ist, und von dem ich meine Palingenesie und die Redintegration meiner Leibes und Gemüthskräfte bald erwarte. Ich weiß alter lieber trauter Herder, daß Sie an meiner Zufriedenheit Antheil nehmen, und Sie können leicht denken wie mir bey meiner gegenwärtigen Freyheit nach dem 20jährigen Frohn- und Sclavendienste zu Muthe ist, und wie mir die Luft schmeckt die ich jetzt erst anfange zu schöpfen, und erst beßer gewohnt werden muß, bevor ich selbige recht genießen kann. Alle unsere Glückseeligkeit besteht doch in nichts als einem
    Vorschmacke
einer beßern Welt und daran müßen wir uns hienieden begnügen. Ich wünschte nun freylich auch schon in Weimar und in Ihrem Bischofssitze zu seyn, und wenn es auf den Magnetismus der Seele ankäme: wäre ich freylich schon da und vielleicht glücklicher als der Schwärmer an den Ufern Siciliens. Aber hier sitz ich alter Oedipus mit geschwollnen Füßen, die mit KräuterKüßen umwickelt sind gleich des auferweckten Lazarus Leichnam – brauche Arzney für meinen verdorbnen Magen und geschwächten Eingeweiden – werde von einem Seelenhunger und organischer Unverdaulichkeit, wie von Scylla u Charybdis, auf beyde Seiten angefochten und lebe wie ein wahres Amphibion anscheinender Gesundheit und wirklicher Krankheit, als ein Phaenomenon entgegengesetzter Täuschung, sich selbst und andern ein Rätzel. Gott gebe, daß alles bey Ihnen dem gesunden Laufe der Natur treuer und gemäßer gehen möge, und ich wünsche bald mit den besten Nachrichten darüber beseeligt zu werden, bis ich bey meiner Rückreise mich selbst davon überzeugen kann. Ihr letzter Brief machte mir wenigstens so gute Hofnung zur Widerherstellung meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin, als ich zu meiner eignen habe im 57 Jahr meines Alters und meiner Ruhe – das mich Gott unter so vielen Veränderungen des Schicksals hat erleben laßen und beynahe überstehen geholfen hat. Den III. Theil Ihrer Ideen habe ich nebst den Gesprächen über
    Gott
noch in den letzten Augenblicken meines Auszuges aus Preußen durchgelaufen, und wünsche mir das Ende der Ideen selbst abholen zu können, wozu ich Ihnen als zur Krone des ganzen Werks Kräfte und Ruhe wünsche. Sie und SpinozaJacobi thun dem Spinoza zu viel Ehre, ich bin daher mit keinem von beyden recht zufrieden; aber darinn mit Ihnen ganz einig, daß alles philosophische Misverständnis auf Wortstreit hinausläuft. Als ein Kranker und Patient kann ich aber meinem Urtheil nicht trauen, auch nicht meinem Geschmack. Fac vt valeas ist jetzt mein einziges Studium., und corpus sanum das unentbehrlichste Organum, Sensorium und vehiculum einer mens sana und ihre feste Burg und Capitolium. Ich freue mich in Pempelfort auf ein schönes Gericht, Reid’s Essays, die dort für mich fertig liegen. Mein Reisegefährte hat mir sein Specimen inaugurale de Specimine Lymphaticorum anvertraut. Metzger hat mir auch eine gelehrte Empfehlung mitgegeben; besonders aber Kant einen Speciellen Gruß, den ich am liebsten mündlich bestellen will – und Haße die herzlichsten Erinnerungen seiner dankbaren Liebe und Ergebenheit. Hier habe ich zu meiner großen Freude die Pariser Ausgabe des Metastasio gefunden, und lese mit außerordentl. Vergnügen im XII u letzten einen Auszug aus des Aristoteles Poetik, von dem ich mich wundere, daß noch keine Uebersetzung deßelben bekannt geworden. D. Lindner erscheint zu Mittag und es ist mir daran gelegen, daß er seine Zurückkunft über Weimar nimmt; ich werde nicht vergeßen ihn daran zu erinnern und ihn dazu aufzumuntern, weil ich auf seine consilia medica und Sermones fideles einen ungemeinen Werth setze, und Sie so wohl als Ihr ganzes Haus dabey gewinnen wird. Der Keichhusten wird Ihre lieben Kleinen wnun wohl verlaßen haben. Unser gute Landsmann hier geniest eines
    außerordentl. häuslichen Glücks
, an dem ich meine herzl. Freude habe. Seine würdige Schwiegermutter ist auch hier und eine sehr heitere gutmüthige Frau. Ich habe hier des seel. Alberti Schriften kennengelernt, und der Geist so wohl als der Seegen des Vaters scheint auf alle Kinder zu ruhen. Ich wundere mich, daß meine beyde Frau Gevatterinnen sich noch nicht einander kennen; ich traue beyden eine sehr harmonische Denkungsart zu. Mit der morgenden Post gehe ab ungeachtet einiger Bedenklichkeiten meines Begleiters; lieber wär es mir, wenn unsere Hoffnung eine Gelegenheit bis Magdeburg zu finden erfüllt würde. – – den 5. Wir sind noch hier, und warten heute eine Gelegenheit nach Magdeburg ab. Ich habe Leuchsenring, Spalding, Gedicke zufällig kennen gelernt, und den Improvisadore Filistri gestern declamiren gehört. Der Zustand meiner Gesundheit und meines Gemüths macht mich zu allem Genuß ungeschickt. Der Reitz zur Nahrung ist noch immer stark. Meine Füße sind sehr geschlungen; demohngeachtet gehe ich noch immer in der traurigen Gestalt eines völligen Patienten, und bin es auch mehr innerlich als äußerlich. Ungeachtet der zärtlichsten Freundschaft und Pflege habe ich hier keine Ruhe und wünsche nur das Ziel meiner Wallfahrt zu erreichen, welches nicht in B. ist, wie Sie liebster H. leicht erachten können. Morgen Mittag gehen wir ab, und länger bin ich auch nicht im stande zu bleiben. Von einem solchem Heimweh nach Welbergen werde ich gedrückt und gezogen. Ich weiß nicht, wie mir zu Muthe ist. Mein Weg ist dunkel. Gott gebe, daß wir uns gesund einander sehen. Nahe sind wir uns schon gnug; aber demohngeachtet ist eine Scheidewand, die ich zu wenig Kraft habe aus dem Weg zu räumen. – Ich umarme Sie, liebster Gevatter, Landsmann und Freund! Gott erhalte Sie, Ihre verehrungswürdige Frau und alle die lieben Ihrigen – und schenke uns alten ein fröhlich Widersehen. Ich kann nicht schreiben, das wißen Sie. Behalten Sie im guten Andenken Ihren alten H. Meine Haus- u Reise- Gesellschaft empfiehlt sich bestens. Morgen setze ich meinen Wanderstab wills Gott weiter fort. Ich weiß von meinen Sinnen nicht – und wie ich hergekommen bin. So ist alles ex abrupto zugegangen – und muß sich erst allmählich entwickeln. Adresse:
An / HErrn General-Superintendenten Herder / in /
    Weimar
.
/ frey
KgsBerlin den 3 Jul. 87. Aus unserer heutigen Abreise ist nichts geworden, weil der Arzt sich selbiger widersetzt hat. Ich habe keine Ruhe mehr hier; die Post geht nicht eher als
    Sonnabends
. Daher wünschte ich mir Gelegenheit, die eher abgienge und uns wenigstens bis Magdeburg brächte, um von da unsern Weg nach
    Welbergen
fortsetzen zu können. Gott gebe uns eine vergnügte Zusammenkunft, mein auserwählter, Franz. Ich weiß selbst nicht, wie mir zu Muthe ist, und hoffe bey Ihnen erst recht zu Hause und in Ruhe zu seyn. Meine zärtlichsten Küße und Grüße von Ihrem alten Johann Georg. In Bielefeld sehe ich einigen Zeilen von Ihnen entgegen – Adresse:
An / HErrn Franz Buchholz / Erbherrn von Welbergen / zu /
    Münster
.
d. 3. Jul. 87.
Magdeburg Montags den 9 Jul. gegen 6 Uhr des Morgens Herzlich geliebtester Herr Landsmann, Gevatter und Freund Unter häufigen Erinnerungen alles Guten, was wir einzeln und sämtlich genoßen und beobachtet hatten während unsers Aufenthaltes in Ihrem Hause, sind wir glücklich vorgestern des Abends hier angelangt; versuchte gestern zum erstenmal in Schuhen auszugehen. Mein erster Gang war bey dem HE Consistorialrath Funck, deßen freundschaftlicher Willkom mich aufmunterte den V. Sontag nach Trin. in 2 Kirchen zu feyern, und der so gütig war uns bey dem Regierungs Assistentzrath Philippi einzuführen, wo wir den ganzen Tag zubringen mußten. Wir fahren mit unserm Fuhrmann so zufrieden, daß wir uns entschloßen bey seinem Wirth im goldenen Engel einzukehren, und unsere Reise mit eben demselben Fuhrwerk über Helmstedt, Braunschweig, Hannover und Pr. Minden bis Bielefeld fortzusetzen. In 4 Tagen hoffen wir dort zu seyn und zahlen 30 rth. Meine weite Stiefel sind bey Ihnen liegen geblieben und bisher wegen der guten Witterung ziemlich entbehrlich gewesen. Mein Hirtenstab ist unterwegens vergeßen und mein Tobakmagazin überfahren und zermalmt worden. Hierinn bestehen alle kleine Widerwärtigkeiten unserer bisherigen Wallfahrt. Der Wagen ist fertig, und ich bin wider von neuen in Kräuterküßen eingewickelt. Mit erneuertem Andenken Ihrer Freundschaft und Liebe, empfehle ich mich mit meinen Reisegefährten. Gott seegne Sie und alles was zu
    Ihrem Hause
gehört und an unsern Gesinnungen für selbiges Antheil nimmt, mit denen ich vorzüglich ersterbe Ihr alter ewig verpflichteter Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
An / HErrn Reichardt / Königl. Preuß. Kapellmeister / zu / Berlin.
    frey.
Kgsb Münster den 18 Juli 87. Zu den 3 Verhältnißen, unter denen ich sonst schrieb, ist die eines liebreichen Wirths hinzugekommen, liebster Reichardt! Ich habe gnug an dem Vergnügen, das in Ihrem Hause und in Ihrer mir unendlich schätzbaren Familie genoßen und woran ich Theil genommen, unterwegs theils allein, theils mit meinen Reisegefährten Theil genommen, widergekäut, und bin gleich bey meiner glücklichen Ankunft, vorgestern Abends, mit neuen Merkmalen Ihres freundschaftlichen Andenkens und Sorgfalt erfreut worden. Die 3 Einlagen sind von meiner Gevatterin und Freundin Me Courtan, für die Sie die Bestellung an die Behörden gern übernehmen werden. Aus Magdeburg haben Sie einen kleinen Aviso-Brief vermuthlich erhalten, den mir Ihre würdige Frau Schwiegermutter so dringend aufgetragen. Mein Versuch in Schuhen auszugehen ist mir schlecht bekommen. Es war mir sehr angenehm den Consistorialrath Funck kennen zu lernen und meinen alten Freund den Assistenzrath Philippi widerzufinden; aber seine Gemalin war nicht sichtbar, und schien nicht so viel Antheil an der Zufriedenheit ihres Gemals Manns zu nehmen, als der Fall bey Ihnen zu seyn
    schien
. Es war nun wohl kein bloßer Schein, sondern baare That, die mir Ihr Haus auf zeitlebens unvergeßlich gemacht hat. Ich kann an Ihre liebe Frau und die Ihrigen nicht denken, ohne Seegens- und Friedenswünsche. In Braunschweig besuchte uns ein Landsmann, HE Jenisch und erfuhren bey unserm Abzuge D. Biesters Ankunft aus Hamburg. Mit schwer geschwollnen Füßen durch die kleine Excursion, die ich in Magdeburg versucht und gewagt hatte muste ich meine Reise fortsetzen; wir kamen den 13 in Bielfeld an, wo ich theils die Stube, theils das Bette hüten muste. Sontags nachmittags kam ein Brief von B. an, der uns meldete bereits von Welbergen nach Münster zurückgekommen zu seyn; daher wir Montags des Morgens mit Extrapost abfuhren und des Abends gegen 9 entre chien et loup anlangten. Ich habe gestern den ganzen Tag liegen müßen, und weil mir das Schreiben im Liegen zu beschwerlich wird, bin ich eben zur Cafféstunde aufgestanden um diesen Brief zu vollenden – Mein guter B. hat einen Brief von Jac. erhalten, da ich eben den in Berlin eingelaufenen Brief mit ein paar Zeilen beantwortete und Ihre litterarische Nachrichten ihm mittheilte. Noch kann ich mich kaum besinnen, wie ich her gekommen bin, und unser liebe Reisegefährte und Engel Raphael erklärt meine gegenwärtige Entkräftung für natürl. Folgen der Reise und ludernden Lebensart, deutsch zu sagen, die ich wegen meiner ödopischen Ungemächlichkeit führen muß. So bald ich wider hergestellt werde, schreibe ich weitläuftiger. Ich hoffe alles gefunden zu haben, was ich hier gesucht und gewünscht habe, und ein freyes neues Herz zum Genuß der Freude und des Lebens wird die Ausbeute meiner Wallfahrt hier bald seyn. Alles, was mir in Ihrem Hause
    gefallen
hat, finde ich auch
    hier
, nur
    concentrirter
; der einzige Unterschied liegt in meinem Geschmack, der mehr für das Mönchs- als Hofleben gestimmt ist. Die Fürstin lebt auf dem Lande und wird morgen erwartet. Ihre Silhouette hängt hier zur Seite neben mir. Sie soll ein Göthe ihres Geschlechtes seyn. Nun mein liebster Herzens Freund! Die Post will abgehen, und mehr bin ich nicht im stande zu schreiben. Laßen Sie mir Zeit mich erst ein wenig zu erholen und zu mir selbst zu kommen. Gnug zu Ihrer Theilnehmung, daß ich glaube alles, und vielleicht mehr, als ich gesucht und erwartet habe, hier zu finden zu meiner Widerherstellung und Erneurung meiner erloschenen Kräfte. Ich umarme Sie mit dem dankbarsten gefühlvollsten Herzen, und wenn noch ein verirrter Brief bey Ihnen einlaufen sollte: so werden Sie es sich nicht verdrießen laßen ihn hieher zu recht zu weisen. Für Besorgung meiner vergeßenen Sachen nach Magdeburg danke herzlich. Mein Freund Philippi wollte diese Woche nach Berlin gehen, und ich warte nur auf Gelegenheit an ihn zu schreiben, wenn ich seine Rückkunft wider vermuthen kann. Mein Wirth ist mit seiner lieben Hälfte ausgegangen. Freund Druffel vertritt seine Stelle. Doctor Lindner und Hans erinnern sich Ihrer genoßenen Güte aufs zärtlichste. Empfehlen Sie mich und Comp. bestens meiner liebreichen Frau Gevatterin und sämtlichen Geschwistern HE Referendarius Alberti nicht zu vergeßen p. Von meinem kindl. Gehorsam habe ich Ihrer verehrungswürdigen Frau Schwiegermutter eine Probe bereits abgelegt durch meinen Aviso Brief aus Magdeburg. Gott seegne und erhalte Ihre lieben Kinder und den kleinen Mann, der sich des alten erinnert. So bald ich kann, mehr. Noch habe nach Kgsb. nicht schreiben können, meine liebe Gevatterinn Me Courtan hat sich meiner bereits erinnert, ich bitte selbige auch nicht in Ansehung der Reliquien von unserm seel. Kreutzfeld zu vergeßen. Nochmals Gott empfohlen von Ihrem Pfleggaste und ewigen Freunde Joh. Ge. Hamann. Den 1 d. ist eine Resolution für mich angekommen, wie Hill meinem Sohn meldet, die wider von ihm zurückgeschickt worden. Ob es der Mühe lohnt sich darum zu bekümmern? und ob selbige mit der schriftl. Versicherung, deren Abschrift Sie so gütig gewesen sind mir mitzutheilen, übereingestimmt haben mag? Verzeihen Sie, daß
    Hill
nicht den Brief an uns freygemacht hat – ich bitte in solchem Fall uns nicht durch den Vorschuß des Porto zu beschämen. Grüßen Sie HE Sennewald den ich hier oder bey meiner Rückreise dort zu sehen und mich für seine zuvorkommende Freundschaft zu bedanken hoffe, vielleicht in unserm Vaterlande – Adresse mit rotem Lacksiegel JGH:
An / HErrn Reichardt / Königl. Preuß. Kapellmeister / zu /
    Berlin
. /
    frey Hanau
.
Hamann – Oder wenn ich dich Vater nennen darff: Vater meines Herzens – An Dich will ich mich schließen. Denn in dieser stunde hast Du Mir Banden von der seele gelöset und feßeln gebrochen, die ich ohne Dich mit ins Grab genommen hätte – Gott was das ist, Dich selbst u Christus in einem Menschen zu fühlen der seine eigne Größe u kleinheit selbst nicht sieht noch faßet. aber habe Dank Dank auf ewig von Deinem Dir Neugewordenen Sohn Joann Ernst Druffel Vermerk von Hamann: den 18 Jul. 87. Münster den 18 Jul. 87. Hier bin ich, mein Herzens lieber Fritz Jonathan seit vorgestern Abend, und schreibe diese Zeilen auf dem Bette, das ich seit gestern hüten muß wegen meiner geschwollenen Füße, der ich aber nunmehr bald hoffe los zu werden. Ich werde hier wie ein Kind und Bruder des Hauses gepflegt, und wenn sich nun nicht meine seelische Natur nicht erholt: so verlier ich alle Hofnung zu einer Erneurung meiner Leibes- und GemüthsKräfte. Den 27 pr. kam ich in Berlin an, fand einen Bewillkommnungsbrief von Claudius, bin dort nicht aus dem Hause gewesen. Mein treuer Wirth, Landsmann Gevatter und Freund hat alles für mich abgemacht, und ich eilte weg, um nicht dort gantz an Füßen gesund zu werden – Habe Leuchsenring, Gedicke, Spalding kennen gelernt. Biester war abwesend und kam an eben dem Tage in Braunschweig an, als wir durchreisten. Ein junger Landsmann, der Uebersetzer des Agamemnons besuchte uns. Hier fand ich einen Brief von Reichardt nebst Einl. aus Pr. auf mich warten, nebst einer Stelle die Dich, lieber Fritz, betrifft: „Für Jacobi, dem ich heute nicht wieder schreiben mag, will ich Ihnen doch ein paar Worte sagen. Ich sah Engel gestern und kam im Gespräch auf J. er sagte mir die Theaterdirection, der er jetzt gantz lebt, daß er so gar seine Lehrstelle beim Gymnasium niedergelegt hat, hindere ihn an aller φφischen Lectüre; er kenne also J. neueste Schrift auch nicht, höre aber von seinen Freunden, daß sie weit klärer und bestimmter geschrieben sey, als seine vorigen Schriften über denselben Gegenstand und daß er im Grunde mit Moses nur um sehr wenig, um ein Nichts aus einander sey. Von Moses Morgenstunden fügte er hinzu: so sehr er sie auch als ein Meisterstück der Diction ehrte, sey er doch in Meinungen u Beweisart gantz verschieden gesinnt. Die Recension über J. Schrift in der Voßischen Zeitung ist von Biester. J. kent sie noch wohl noch nicht, ich will drum schreib schicken und sie hier beylegen“ – Ich leiege wie ein Lazarus mit Tüchern umwunden um meine bereits ziemlich geschlungenen Füße, und lebe übrigens vom luxu einesdes reichen Manns umgeben. Mir ist aber wie einem Menschen zu muthe, der selbst nicht weiß, wie ihm geschehen, und wie er von einem so weiten Ende hergekommen ist. Mein Alc. B. entspricht gantz dem Ideal meines Herzens. Seiner lieben kindlichen Marianne Gesundheit bekümmert mich und ist meine einzige Sorge. Ich hoffe hier bald daheim und zu Hause zu seyn, so bald ich nur wieder aufstehen kann und Da kam eben
    Mariane
mit Deinem Briefe an unsern
    Franz
. Meinen jüngsten Freund
    Druffel
habe ich gestern kennen gelernt, und wird mit meinem Michael sich im Griechischen üben. Unser Engel und Gefährte Raphael, vulgo D. Lindner, hat sich um uns wie sein Namensgenante um den alten blinden Tobias und Sohn verbindlich gemacht, wird auch hier nicht αχρηστος seyn. Lieber Fritz Jonathan, auch Dir bin ich anräthig ihn wegen Deiner Hauptschmerzen zu rath fragen. Mein Vertrauen ist unermeßlich zu seiner Treue und Liebe. Zwey Eigenschaften, die nicht feil sind und nicht durch Specimina pro Gradu erworben werden können. Die gute Fürstin Aspasia ist auf dem Lande, und ihren alten Freund Pericles hat mein Junge heute in der Kirche gesehen. Ich habe mir in
    Reichardts
Hause trefflich gefallen, und den Wirth noch mehr schätzen und lieben gelernt, als aus den Freundschaftsdiensten, die ich ihm schuldig bin. Seine
    Frau
, ihre
    Mutter
und beyde
    Schwestern
, ihr
    Bruder
, und die zahlreiche Familie sind ein Ausbund guter Menschenseelen, die mich mit Berlin beynahe ausgesöhnt haben. Hier lieg ich wie in Abrahams Schooße und lebe als Augen und Ohrenzeuge einer Harmonie, die der erste Philosoph unter den Sternen wahrzunehmen glaubte. Laß mich so lang ich will und kann, träumen und schlummern in meiner empfindseeligen Lage. Man erwartet Dich hier im August, sey so gut und mache unsere Erwartung wahr. Komme wenn Du kannst dem lieben Erndte- und meinem Geburts Monathe zuvor. Mich verlangt eben so sehr Dich zu sehen; aber meine vis inertiae dient zum Gleich- oder Uebergewichte der Ruhe, die ich, nach so vieler Unruhe, mit langen Zügen zu genüßen nöthig habe um wieder in den Gang zu kommen. Ich muß noch nach Berlin schreiben, und aufhören. Also auf Glücklich Anschauen und baldiges Einander sehen. Ich umarme Dich, und schreibe so bald ich kann, mehr und nicht auf dem Bette. Von meinem Reisegefährten u Michael die beste Empfehlungen Deines alten Johann George. Wir grüßen die Deinigen mit einstimmigem Herzen Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
. / zu /
    Pempelfort
Vermerk von Jacobi: Münster den 18ten Juli 1787. JG Hamann – empf den 19tenbeantw. den 20ten
Pempelfort den 20ten Juli 1787. Ja, Lieber, ich will der Erndte u Deinem Geburtsmonathe zuvor kommen, denn ich ertrags nicht, Dich so nahe zu wißen u nicht bey Dir zu seyn. Den Tag meiner Ankunft kann ich nicht bestimmen, aber es müßte mir sehr hinderlich gehen, wenn ich nicht in der Mitte der künftigen Woche schon bey Euch wäre. Unser Alcibiades,
    der Schlaue
, hat mich zwar nach Münster eingeladen, aber mir kein Quartier in seinem Hause angebothen. Ich fahre aber gerade vor seiner Thüre an, u werde mir schon Platz zu machen wißen. – Grüß ihn herzlich von mir, u er soll wegen meiner Gesinnungen gegen Herder: vultu mutabilis, albus, et ater, unbekümmert seyn, u sich nur umsehen, ob man zu Münster Pyrmonter Waßer haben kann. Er muß mir 8 bis 10 Flaschen schaffen. Und Du sorge daß Deine Füße geschlungen sind, denn ich bringe die deutsche Uebersetzung des Alexis mit, die mußt Du mit mir
    durchgehen
. Die Handschrift sollte übermorgen fort; nun behalte ich sie noch zurück. Da wird Buchholtz sich an der vereinigten u renforcierten schönen Natur von Hemsterhuis u mir laben können. – Was Reichardt von Engel berichtiget ist lustig genug. Die Rezension in der Voßischen Zeitung habe ich gelesen u gleich auf Biester gerathen. Ich suchte sie mir zu verschaffen, gereizt durch Deine Adoption; denn Du schriebst: „
    Auch
die Berlinische Rezension hat an Deiner Form manches auszusetzen“ – ater, et albus! – Es freut mich daß Du Leuchsenring gesprochen hast. Daß Nikolai gegenwärtig zu Pyrmont ist, um, wie er selbst sagt, sich v den Bißen der Hyder des Jesuitismus u Catolicismus zu heilen, wirst Du schon wißen. Daß Schloßer u ich
    auf die Seite der
    Vernunftfeinde
getreten, sieht er als ein Zeichen v jüngsten Tage an. Mit ihm verwundert sich darüber der deutsche Merkur unaussprechlich. Grüße Raphaelen u den jungen Tobias von mir aufs beste. Wie ich mich auf Euch alle freue! Wenn ich doch nur gleich einsitzen u fort reisen könnte! Lindnern will ich meine Noth gläubig klagen, nur muß er sich durch die confusionem judicii cum experientia, die sich bey meinen Berichten oft ereigenen wird, nicht irre machen laßen. Ich habe noch an die Prinzeßinn schreiben wollen u sehe daß es schon halb eilf ist, u ich nur eilig siegeln muß. – Lebe wohl Herzens Vater! Bald, bald in Deinen Armen!Dein Fritz Jonathan. Buchholtz muß der Prinzeßinn d zu wißen thun daß mich der Abgang der Post übereilt hat, u daß ich nach Münster komme Dich zu bewillkommen. Adresse:
An Herrn J. G. Hamann – / Abzugeben bey / Herrn Franz Buchholtz – / Erbherrn zu Welbergen – / zu / Münster / Frco
Vermerk von Hamann: Erhalten den 21 Jul. 87. Geantw den 22 – Dom VII.
Auf einem Himmelbette in Münster den 22 Jul. Dom VII. 87. Marianne theilte uns schon vorgestern Abend ihren Plan mit, Dich, Herzenslieber Fritz nebst der schwesterlichen Gesellschaft aufzunehmen und einen Platz auszumitteln in dem Hause, vor deßen Thür Du gerade anzufahren willens bist. Wenn Du also herkomst, wirst Du keine Mühe haben die Stube und das Himmelbette zu finden, und Deinen Dich eben so sehnlich erwartenden Freund. Mit meiner Krankheit hat es weiter nichts auf sich, weil ich Gottlob! ohne die geringste Schmerzen und mit der höchsten Zufriedenheit und Pflege das Bett hüten kann. Mein linker Fuß ist noch im Enkel etwas geschwollen, und leidet bey einer veränderten Lage; der rechte scheint völlig hergestellt und scheint das Gehen und Sitzen beßer vertragen zu können. Ich denke noch heute der großen Kräuterküßen loßzuwerden und meiner monströsen Schuhe, mit denen ich mich bisher habe placken müßen. Den ersten Abend lernte ich nichts als die Bibliothek u den Speisesaal meiner jetzigen Heimath kennen. Den Tag drauf zog ich in mein Himmelbett, und kenne also nichts mehr weder von den Gelegenheiten des Hauses noch des Orts. Der schlaue Alcibiades, da er nach Münster Dich eingeladen hat, dachte sich also die ganze große Stadt nach meinem engen Gesichtspunct, den ich selbst davon habe und eben nicht sehr zu erweitern wünsche, wenn ich wegen meines guten Appetits nicht mehr Bewegung nöthig fände. Frantz macht es also wie Fritz, und beyden geht es wie es leider allen Philosophen geht, die was sie voraussetzen, nicht nöthig finden erst zu beweisen, und dadurch öfters zu kleinen Misverständnißen Anlaß geben. Dienstags, den Tag nach meiner Ankunft, lernte ich Freund Druffel kennen. Mittwochs überraschte mich die Fürstin Aspasia in praesepio, mein Michael begleitete Alcib. zu ihr und er kam voller Entzückung nach Hause, weißagte mir auch viel Genuß, und hatte den würdigen Exm. Pericles auch näher kennen gelernt – Donnerstags brachte die Fürstin Ihre Familie zu B. – und heute ist Hans Mich. nach Angelmodde gegangen. Mein Gemüth scheint sich merklich zu erholen und zu erheitern, daß ich gute Hoffnung habe zu einem kleinen Rückwege in meine Jugend. Mir ist
    wohl
, und beßer als ich und meine Freunde mir es zugetraut haben. An Fähigkeit zum Genuß scheint es mir noch gar nicht zu fehlen. Der Mangel an Nahrungsmitteln ist meiner Humanität nachtheilig gewesen, und hat der Animalität das Uebergewicht gegeben, von der ich wider zu genesen hoffe, unter so guten Augen und Händen – Komm also, lieber Fritz, so bald dDu kannst – mit Deiner Uebersetzung des Alexis, die ich sehr zu sehen verlange. Ich habe Weickhardts philosophischen Artzt mit Vergnügen durchgelesen, und heute 2 mal des seel. W. erste Entwickelung. Deine Einwürfe gegen seine Erklärung haben mir am besten gefallen und kommen mir gründlich vor. Von dem mir zugedachten Päcklein weiß noch nichts, und ich erwarte mit Ungedult auf Nachricht von Ankunft deßelben aus Kgsb. wohin ich noch gar nicht schreiben können, und wo man nach eigenhändigen Nachrichten von mir auch ein wenig ungedultig seyn wird. Ich hoffe Dich also, mein lieber Jonathan, noch diese Woche von Angesicht zu sehen und zu umarmen – glückliche Ankunft und gut Reisewetter nebst den herzl. Grüßen von Deinem alten Georg u Comp. Adresse:
Herrn / Geheimten Rath
    Jacobi
/ in /
    Pempelfort
.
Vermerk von Jacobi: Münster den 22ten Juli 1787. J. G.
    Hamann
.
Münster den 31 Jul. 87. Per tot discrimina rerum bin ich Gottlob! den 16 d. mit geschwollnen Füßen und kranken Magen hier in den Hafen eingelaufen. Gottes Vorsehung hat mir den würdigen D. Lindner zum Artzt und Reisegefährten mitgegeben, der mich wie eine Mutter sein eigen Kind gepflegt hat und noch pflegt. Morgen den 1 Aug. an Petri Kettenfeyer hoffe ich meiner bisherigen Windeln entledigt zu werden. Den 23 überraschte uns HE. Geh. Rath Jacobi und vergrößerte den Genuß unserer gemeinschaftl. Freude. Er wird diese Woche noch hier bleiben und hat mir das Mst des Alexis nebst der Uebersetzung mitgebracht, die ich eben mit Vergnügen geendigt habe, und bietet Ihnen beydes zum Verlage an. Er hat das Honorarium, welches von Ihnen abhängen wird, ist für einen gemeinschaftl. Freund für uns bestimmt, der Ihnen auch nicht gleichgiltig seyn wird, den ich aber nicht nennen darf. Dieser Punct bleibt Ihnen überlaßen. Weil ich geglaubt habe Ihnen damit einen Gefallen zu thun, und Aussichten auf mehr zu eröffnen: so habe ich die Wahrheit von Ihnen gesagt, und ihn dadurch aufgemuntert, diesen Versuch zu machen. Seyn Sie wenigstens so gütig baldigst zu antworten, alter lieber Freund. Sie haben es mit dem liebenswürdigsten großmüthigsten Manne zu thun, und machen Sie in Ansehung des Honorarii, Ihren Ueberschlag. Hemsterhuis Name ist bekannt, und dieser Dialog giebt den letzten Meisterstücken, die von Kant so bewundert wurden nichts nach. Die neue Auflage der Kritik ist auch hier und Jacobi hat sich ein Exemplar davon angeschafft, ich habe noch keine Zeit gehabt es anzusehen. Meine Gesundheit erfordert den tägl. Gebrauch der Arzneyen. Wegen meiner Füße habe ich das Bette hüten müßen. Vorgestern purgirt, heute vomirt. Gott gebe, daß Sie mit den Ihrigen sich desto beßer befinden mögen. Ihr Arnauisches Meßer ist hier schön ausgeschliffen worden, und des Herrn Sohns Pfeife hat unterwegens treulich ausgehalten. Wir denken bald Jacobi nach Pempelfort zu folgen, ohngeachtet ich wegen Mariannens Entbindung und ihrer Gesundheitsumstände durch diese Entfernung nicht recht in Ruhe seyn werde. In Berlin habe ich gar nicht ausgehen können, und auch mehrentheils das Bett hüten müßen. Jacobi wird sehr gemahnt eine neue Auflage seines Spinoza Büchleins zu veranstalten; er ist aber mit Löwen unzufrieden, hat es Ursache zu seyn – Er denkt auch an den 2ten Theil seiner vermischten Schriften, von denen auch der erste eine neue Auflage des ersten Theils nöthig wäre. Auch hierauf könnten sie vielleicht rechnen, nur mit der Bedingung, sich ohne den zweyten auf den ersten nicht zu verstehen. Haben Sie die Güte wenigstens auf dies pro Mem. mit der ersten Post zu antworten und die Einlage durch
    Hill
besorgen zu laßen. Sie haben es mit einem edlen, rechtschaffenen Mann zu thun, auf den Sie sich verlaßen können, wie ich es ihm versichert, daß er es auf die mit ihm zu nehmende Abrede thun könnten. Auf die Woche reist er wieder nach Hause und wird auf mein Wort mit dem Druck bey Eyrich den Anfang machen laßen, in der Voraussetzung, daß Sie keine Gefahr dabey laufen werden. Behalten Sie mich in gutem Andenken und verzeyhen Sie, daß ich so kurz seyn muß. Künftig bald mehr, wenn ich zu mehr Gesundheit u. Ruhe gelangt seyn werde. Ich umarme Sie, liebster Hartknoch, und empfehlen Sie sich Ihrer Frau Gemalin und Herrn Sohn in meinem u meiner Reisegefährten Namen. Ich bin ewig Ihr alter Landsmann und Freund JG H. Vermerk von Hartknoch: HE Hamann in Münster Empf d 11 Aug 1787 beantw d 17 –
Pempelfort, Montag Abend, um 8 Uhr, den 6ten Aug. 1787. lieber Herzens Vater! Hier sitze ich, u warte Deiner, mit einer Freude u einer Sehnsucht, die Du ahnden magst. Ich herze Euch lieben Kommenden nach der Reihe; Dich, u Lindnern, u Johann u Michael; u wollte ich hätte u hielte Euch schon. Meine Reise ist sehr glücklich gewesen. Sontag Morgen vor sieben Uhr war ich schon zu Mühlheim, und vor zwölfen in Pempelfort. Eine Meile von Düßeldorf, am Ausgang des Waldes, sprangen Lene u Bruder Eduard aus dem Gebüsch hervor. Lene setzte sich zu mir in den Wagen, Eduard neben den Kutscher, u der Bediente hinten aufs Coffer. Lotte u meine Kinder empfiengen mich zu Pempelfort, u man konnt es ihnen recht ansehen daß sie froh waren, mich wieder zu haben. Auf dem dem Wege von Ratingen nach Pempelfort hatte ich mit Lene das Lager für Dich, Lindnern u Johann Michael schon abgestochen, u wie’s nun eingerichtet ist, sollt Ihr alle, denke ich, wohl zufrieden seyn. Den Augenschein thaten wir gleich nach der Ankunft hinzu – Wenn Ihr nur kommt wie Ihr versprochen habt! Ich werde nicht ruhig seyn, bis ich Euch würklich hier habe. Ich laße die Pferde die Euch abholen sollen zu Dorsten im Geist einkehren. Es ist es das beste WirtsHaus dort, wenigstens nach dem Posthause, wo Ihr ohne dem nicht einkehren könnt, weil Ihr mit Miethpferden kommt, u mit Miethpferden wieder abfahrt. – Gott gebe Euch eine glückliche u vergnügte Reise! den 7ten –. Ich bin heute mit etwas Kopfweh aufgestanden. Ich hatte gleich vorgestern, u gestern wieder, so viele Plackereyen, daß es mich gestört hat, u weit mehr als sonst, weil ich die 14 Tage in Münster so ganz frey u froh zugebracht, u an gar nichts gedacht hatte. So soll es wieder seyn, so bald Du kommst. Es ist gar gut u schön, Du Lieber, daß Du gekommen bist, und kommen wirst. Am Sonnabend, da ich schon Abschied genommen hatte, nahm Buchholtz mich noch besonders, um wegen eines Anschlags, die Gesundheit seiner Frau betreffend, mit mir zu reden. Er wünscht daß Lindner sich gefallen laßen möchte nach Mainz Aschaffenburg zu reisen, um, der lieben Mariane wegen, mit Hofmann Rath zu pflegen. Ich hatte schon einige Tage zuvor hierüber mit Buchholtz gesprochen, u glaube, auch Dir davon gesagt zu haben. Nun aber meinte Buchholtz, es wäre gut wenn Lindner die Reise noch vor Marianens Niederkunft unternähme, u sie allenfals nach der Niederkunft wiederholte. Ich sollte Dir hierüber schreiben, weil Buchholtz zu schüchtern ist, die Zumuthung selbst zu thun. Wahrscheinlich habt Ihr Euch nun schon über alles dieses besprochen, da Du Deinen Entschluß hierhin zu reisen bekannt machtest. Auch habe ich der Prinzeßinn aufgetragen, die hierüber zu nehmende Abrede zu beschleunigen. Die Prinzeßinn glaubt wie ich, daß es zu nichts nützen könne, wenn Lindner vor der Nie Marianens Niederkunft nach Aschaffenburg gienge; auch sehe ich nicht, wie Du fürs erste Lindnern gut mißen könntest. Nun Ade, Du Lieber! Morgen schreibst Du mir: ich komme! Wenn ich nur den Brief schon hätte! – Noch einmahl die herzlichsten Grüße unserm Lindner u Johann Michael. Des letzteren Brief an Hill geht heute ab. Ich herze Dich mit voller Liebe – Dein Fritz Jonathan Lotte u Lene rufen Dir, mit ausgebreiteten Armen, Grüße u Willkomm entgegen. Adresse:
An Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Münster.
Vermerk von Hamann: den 8 Aug. 87. Geantw. eod.
M. den 8 Aug. 87. Eben dachte ich, lieber Fritz Jonathan, an ein Anmeldungsschreiben, da ich Deine Einladung erhielt. W Du wirst es zeitig gnug bedauern, Dir eine solche Heimsuchung zugezogen zu haben. Es war schon alles abgemacht, nach einigen Debatten. Gott wolle nur die Kopfschmerzen aus dem Wege räumen und aus Pempelfort verbannen. Sonntags u Montags ist unser Frantz mit gutem Erfolge wieder in einer offenen Kutsche ausgefahren. Ich komme auch unter glückl. auspiciis für den D. Raphael zum Pyrmonter anzulangen. Seine bisherigen Mittel fangen an beßer zu wirken auf
    Eingeweide
und
    Haut
, durch Auswurf und Ausschlag. Ob die Maße dadurch geändert werden wird, weiß ich nicht, muß es hoffen und wünschen. – – Gestern bin ich wider zum erstenmal per pedes apostolorum ausgegangen, habe mich im Dohm umgesehen und mit meinen Freunden, worunter auch Rath Schücking ist, bey Druffel Caffe getrunken. Cormann fehlt noch, ohne daß man weiß warum? noch wie? Schücking kam vorgestern her. Wir haben uns noch wenig einander genießen können. Die Schuld liegt wohl an mir. Der Sohn des Epaminondas, sagt mein Michael, heißt Stesimbrotus, wurde gekrönt und geköpft, für sein Glück u seinen Ungehorsam. Fiat iustitia et pereat mundus. In Plutarchs
    Abhandl. unter den moralischen
, wo der
    Character der Römer u Griechen
verglichen wird, steht diese Anekdote u die Qvelle derselben Diesen Augenblick kommt Cormann – und ich stehe auf, ihn zu bewillkommen. – Zu Mittag ist es endlich im Rath der Wächter entschieden, daß wir erst den 11 d Sonnabends abreisen und Dom X. uns in Pempelfort widersehen Nicht allein ich, sondern ihrer drey kommen, nach St. Jacobi IV. 15. Morgen waren wir willens nach Angelmodde zu wallfahrten. Diotime kommt nach der Stadt mit
    Ablaß
und es ist mir lieb bey meinen Umständen eines operis operati überhoben zu seyn, womit ich würkl. besorgte eine Sünde wider Ihren Geist zu begehen. Wenn ich gesunder und ein wenig leutseeliger ohne den bösen Daemon meiner Hypochondrie und noch ärgern Diät von dem Pyrmonter in P. wider zurück komme: so wird es vielleicht ein beßer mit mir gehen. – Wie Dir und Deinen beyden würdigen Schwestern bey meinen Launen zu Muthe seyn wird. Habe wenigstens, lieber Jonathan die Barmherzigkeit selbige auf den Plagegeist, von dem ich beseßen werde, vorzubereiten, damit sie nicht dadurch in Ihrer Erwartung irre gemacht werden, und Du mit Deiner guten Meynung und Vorurtheile der Freundschaft zu Schanden wirst. Es bleibt also dabey, daß wir den 12 eintreffen werden. Frantz kann nicht schreiben und hat heute gnug mit der Post zu thun. Die medicinische Angelegenheit ist abgemacht. Von alle diesem mündlich mehr. Die herzlichen Empfehlungen u Grüße von uns allen. Alles übrige mündlich und bald gegenwärtig, von Angesicht zu Angesicht. Was sich nicht sprechen noch schreiben läßt, wollen wir uns einander aus Aug und Herz lesen. Hiemit Gott empfohlen von Deinem alten und seinen Reisegefährten, die Gott begleite und an Ort und Stelle bringe! Von unserer ganzen Familie die herzlichsten Grüße an Dich u die Deinigen. Daß Druffel, Schücking u Cormann dazu gehören, versteht sich am Rande, und der alte Freund Doctorandus Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
.
Vermerk von Jacobi: Münster den 8ten August 1787 J. G. Hamann empf den 9ten
Pempelfort den 9ten August 1787. Abends um 8 Uhr. Eben erhalte ich Deinen Brief, u bin voll Freuden daß Du kommst. Ich schicke Dir meinen Bedienten entgegen, der Wagen u Pferde für Dich in Dorsten bestellen, u Dich bis nach Pempelfort begleiten soll. Zu Mühlheim findest Du meinen Wagen, Kutscher u Pferde. Mündlich erzähle ich Dir, warum ich Dir Wagen u Pferde nicht bis Dorsten entgegen schicken konnte. Es ist im Grunde auch so am beßer, den einzigen Punkt ausgenommen, daß ich nicht gewiß weiß, ob sich auf der Post zu Dorsten, ein recht bequemer Wagen finden wird. Die Wege sind aber gut u eben, u in 4 Stunden Zeit bist Du zu Mühlheim. Ich hoffe Du machst Dich Sonntag bey guter Zeit auf den Weg, damit Du früh hier ankommst. Wir kommen Dir nicht entgegen, sondern erwarten Dich hier. Stehe Sontag nicht zu spät auf, aber auch nicht zu früh. – Lieber Lindner, u liebes Hanschen, ich grüße u küße Euch. Reiset alle glücklich. Gott befohlen! Ich freue mich herzlich darauf Euch zu sehen unter meinem Dach, worunter die Bäume mit verstanden sind. – Ihr kehrt nun nicht im Geist, sondern im Posthause ein. Mein Bedienter besorgt alles. Wenn er aber etwas albernes besorgen will, so thut ihm Einhalt; denn es ist nicht der, den ich bey mir hatte, sondern No 2, deßen Nahmen Du Voltaire last, u der Wolter heißt – Nun Ade! Tausend Grüße von den Schwestern, die auf alles gefaßt sind. Du wirst dicht neben uns schlafen. – Alle guten Engel geleiten Dich! Ich herze Dich u Deine Begleiter von ganzer Seele Dein Fritz Jonathan. Adesse:
An Herrn / Johann Georg Hamann
Vermerk von Hamann: Erhalten im Thor von
    Dorsten
den 11 Aug um 7 Uhr des Abends.
Pempelfort den 13 Aug. 87. Mein erwünschter, mein auserwählter Franz, Gestern kamen wir glücklich hier an um 5 Uhr gegen Abend – der Anfang unserer Reise war ein wenig verdrüßlich, weil ich meinen grünen Charivari zu Hause gelaßen hab, und die Witterung rauh war und feucht, folglich nicht den Maasregeln der vorigen Tage gegen meinen kleinen Ausschlag angemeßen. Mein Mittag in Dürmen bestand also in einigen Löffeln Biersuppe. Der Wagen, den uns der sonst gefällige Postmeister geben konnte, war nicht so beqvem, aber doch bedeckt gnug vor einem Platzregen, der uns überfiel, aber zum Glück zu rechter Zeit aufhörte. Er war demjenigen ähnlich, den wir den vorigen Mittag im
    großen
Saale der
    besten
Fürstinn ruhig abgewartet hatten; währte aber etwas länger. Im Thor von Dorsten kam uns ein Bedienter mit einem Briefe aus P. zuvor, der alles zu unserer Aufnahme im Posthause auf das ordentlichste besorgt war. Jetzt war die Reyhe an den lieben D. Raphael zu fasten, der über Kopfschmerzen und Verkältung klagte. Wir speisten mit einem Sohn der Postmeisterin, einem Vicarius, und ich ließ mir gelüsten ein kleines halbes gebratenes Huhn schmecken zu laßen. Gestern fuhren wir in einer alten beqvemen Kutsche ab, hielten in Bruch oder zu Mühlheim jenseit der Ruhr einen vergnügten Mittag, und kamen unter anhaltenden Regen, der mich an das Evangelium Dom. X. p. T. erinnerte, erwünscht an, wo alles zu unserer Ruhe und Pflege zubereitet war. Ich hoffe, liebster, bester Franz, daß Sie eben so umständlich seyn werden, uns Ihr und Mariannen Befinden zu melden. Gott gebe, daß sich alles zu unserer gemeinschaftlichen Zufriedenheit bald entwickeln möge, und entferne alles, was Ihre häusliche Glückseeligkeit stören möge, die noch so manchen Wunsch des Wachstums übrig hat. Ich kann es unmöglich vergeßen, daß ich auch Ihnen den jetzigen neuen Genuß der Freude und des Lebens zu verdanken habe, und eben so viel Hoffnung zu einer beßern Erneuerung. Heute bin zum ersten mal im Garten gewesen, und habe meinem freundschaftlichen Artzte meinen Besuch abgestattet, der ein paar niedliche Zimmer in einer besondern Wohnung hat, und in dieser Lage beßer zu schlafen, als in der Nähe eines lästigen Patienten, der ihm immer vor Augen lag, und ein wenig zu arbeiten im stande seyn wird. Auch unsere doppelt kranke Marianne wird sich erleichtert fühlen durch die gegenwärtige Leere, und eine Bürde weniger haben. Ich hätte vorzüglich nöthig mich in Ansehung Ihrer Leute zu entschuldigen, welche die gröste Ursache haben sich über meinen
    pollnischen Abschied
, wie man es bey uns nennt, zu beschweeren. Ich bin ehmals in Trinkgelder gegen Bediente, ohne es zu wißen, zu freygebig gewesen – und habe in Ihrem Hause noch einige Gründe mehr gehabt, mich des entgegengesetzten Fehlers verdächtig zu machen, meinen Lieblingsempfindungen zum Trotz, aus vielleicht eben so sophistischen Gründen, die ich Gelegenheit haben werde Ihrem Urtheil anheim zu stellen, weil Sie schon wißen, wie sauer mir urtheilen und wählen wird. Den 14 – Zum Willkom meiner Muße habe ich des seeligen Hallers
    Tagebuch seiner Beobachtungen über Schriftsteller
und
    über sich selbst
gefunden, von hinten das Buch angefangen und mich an den
    Fragmenten religiöser Empfindungen
nicht satt lesen können. Ihnen und der Princeßin wünschte ich auch diese Lectür. Gestern erhielt auch unser Jonathan die Lettre remise au Roi de Prusse par Mirabeau, die uns allen außerordentlich Gnüge gethan hat. Ne pas trop gouverner. Der Salomon du Nord ist treffend, und Joseph scharf beurtheilt. Der erste Probebogen von Alexis ist auch angekommen, und gestern Abend ein Epistelchen vom Compere Claudius. Vater und Sohn wohnen in einer Stube neben J. J. und ich wünschte die Einrichtung dieses schönen Sommersitzes zum Muster Ihrer künftigen Wohnung, an die ich im
    Geiste
denke – Aus der kleinen Colonie der größeren Bibliothek merke ich eine strenge Ordnung, die uns beyden, mein erwünschter Franz, nicht gegeben ist, und Tante Lehne wie Claudius Sie nennt, scheint diesen Geist in der ganzen Haushaltung eingeführt zu haben. Kein Wunder daß Jonathan diese Schwester sein Alter Ego nennt. / Mein würdiger Pendant, Corman, Coeurman oder Herzensmann wird schon nach Welbergen abgegangen seyn. Freund Ernst Schuld ist abgetragen; Er selbst wird hier erwartet. Mit meinen Füßen geht es nach Wunsch. Fleisch, Fische und Melonen sind mir untersagt; desto mehr schmause ich im Gemüse, woran der Garten reich ist, und die Auswahl Leonore überlaßen wird. Meine Zunge wird auch reiner, und die Witterung sich auch wohl zur Brunnencur beßern, die unser J. wegen eines Catarrhe auf einige Tage hat einstellen müßen. Von lauter guten Aussichten umgeben, wozu selbst ein nahe liegendes Carthäuser Kloster gehört. Vier Apotheken sind mir hier angeboten. Sie können sich daraus den luxum Ihres Patienten vorstellen, um ein würdiger Brunnengast zu werden. Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten, besonders in Beziehung Mariannens für unsern Artzt, der mir bald entbehrlich werden wird, und deßen Cur ich auch Ehre zu machen hoffe. Leben Sie recht wohl und denken so fleißig an uns, wie wir es hier thun, und ich vor allen Anlaß habe, Gott und Ihnen zu danken. Grüßen und empfehlen Sie unsern gemeinschaftlichen Freunden Ihren alten Invaliden in spe Johann Georg. Zusatz Jacobis: Ich grüße u küße Dich; lieber Franz, mit Deiner Mariane herzlich u treulich Dein Fritz. Adresse:
An / HErrn
    Frantz Bucholz
/ Herrn von Welbergen / zu /
    Münster
.
den 13 Aug. 87
Pempelfort. auf dem Bette den 16 Aug. 87. Den 2 d. erfreute mich und beschämte mich zum Theil Ihr zärtlicher Brief vom 27 pr. Herzlich geliebtester Gevatter Landsmann und Freund. Seit Dom. X. bin ich hier, ohne dem Zweck meiner Reise und den Bedürfnißen meiner Gesundheit näher zu seyn. Allenthalben meinen Freunden, und folglich mir selbst zur Last, weil ich so wenig genießen kann als ich selbst geniesbar bin. Mit meinen Füßen geht es zwar beßer, aber die innere Qvelle des Uebels ist zu voll und die materia peccans erfordert Zeit zur Auflösung und Abführung, welche der Stärkung und Widerherstellung vorhergehen muß. Auf dem ersten Preuß. Dorfe im Westphälischen kam uns die mitgegebene Reisekost sehr zu statten, und selbst in Münster habe ich mich mehr wie einmal an dem Vorrathe der übrig gebliebenen
    Gries
der gastfreyen Vorsorge und Zärtlichkeit erqvickt und mit widerholten und doppelten Geschmack Ihrer würdigen Gattin und der Albertischen Familie erinnert – an die
    Ehre
, die
    Freude
und die
    Fülle
Ihres Hauses, den darin herrschenden Geist der Einheit und Ordnung zurückgedacht, den Gott erhalten und seegnen wolle – reichlich und täglich! Wie sehr dank ich der Vorsehung, daß ich der Pflege Ihres kleinen Lieblings nicht im Wege gewesen. Küßen Sie die kleine Mutter von dem alten Mann, der mit Kranken sympathisirt und zu seiner Widergenesung noch immer Hoffnung hat, aber nicht so gut zu Fuß ist, sie einzuholen und mit Pathchen und Hermannchen mitzuspielen. Sie werden sich aus meiner Lage und der vi inertiae meines Gemüths, die sich aller Bewegung und Thätigkeit widersetzt die
    Nothwendigkeit
meines zähen Stillschweigens leicht erklären können, und daß ich noch zu nichts tauge, zu allem stumpf und unbehülflich bin. Den 23 pr. überraschte mich Jonathan Jacobi, brauchte hier den Pyrmonter und reiste den 4 d. wider ab. Da wurde die Abrede genommen zu meiner Brunnencur in Pempelfort. Ich bin während meines Aufenthalts in Münster kaum im stande gewesen ein paar Tage auszugehen und mich in der Stadt umzusehen. Meine Unpäßlichkeit und meines Wirths seine war also das einzige Thema, wovon ich hätte schreiben können. Auf die letztere hatte ich vorzüglich bey der Gesellschaft meines medicinischen Raphaels Rücksicht genommen. Der Anblick meines B. ist Beweis gnug des feinsten Nervensystems, daß ich keinen nähern Schlüßel nöthig hatte, um meine Neugierde zu befriedigen. Mit unsern kleinen Vertraulichkeiten kann niemand gedient seyn. Die Absicht und die Art meiner Reise qualificirt sich zu keinen Beschreibungen. Vestigia me terrent – Bene latuit ist der Wunsch und die einzige Glückseeligkeit oder vielmehr Bedürfnis meines Lebens. B. Marianne ist ihrer Entbindung nahe, und an ihrer Jugend nagt ein verwahrloseter Wurm einer schleichenden Auszehrung – Da haben Sie ein Concert von 3 Patienten, von denen keiner zur Correspondenz taugt. Wir reisen nicht wie die Herren Berliner, fürs Publicum, sondern mit den individuelsten Privatabsichten Hans Michael hätte Ihnen nichts schreiben können, als daß sein alter Vater theils auf dem Bette theils auf der Stube zubringen muß, unter ewigem Gebrauche purgirender, auflösender und ausführender Mittel, mit einem Schwager unsers wohlthätigen Wirths zum Zeitvertreibe das Griechische vorgenommen. (Es ist ein junger
    Detten
und war einer der nächsten Nachbarn.) mit einem gefälligen Gelehrten, Prof. Kistenmaker, einigen Umgang gehabt, der ihn mit Büchern v alten Autoren versorgte und daß ich mein Bette und meinen Tisch mit einer Menge Büchern belegt, von denen ich die wenigsten habe bestreiten können. Es geht uns mit unserer Schreibfeder, wie mit unserer Zunge. Und unserer Unvermögenheit wegen uns zu trösten, muß Vater und Sohn dem Horatz sein Di bene fecerunt nachbeten. Erwarten Sie also keine Unterhaltung, bis ich derselben ein wenig fähiger seyn werde. Pempelfort kennen Sie so gut als ich, und daß wir uns, liebster Reichardt, Ihrer öfters und freundschaftlich erinnern, versteht sich von selbst. Morgen fange ich eine neue Cur mit dem hiesigen berühmten Hoffmannschen
    Kalkwaßer
an, wodurch unser Freund L. meine Genesung und den Gebrauch des Pyrmonter, wozu ich eben hieher gekommen bin, zu befördern hofft. Ich reise wie ein Kranker, der sich um nichts bekümmern kann, der sich und seine Freunde, die er heimsucht, bedauert, und seine
    elende Klügeleyen
mitzutheilen sich fürchten muß, somnia aegri. Wie sollte es mir einfallen ein
    Lobredner
oder
    Kunstrichter
meiner Freunde, meiner wohlthätigen Freunde zu seyn, auf deren Mitleiden und Nachsicht ich allein Ansprüche machen muß – den 17 – Ardinghello fiel mir gestern in die Hände, und ich konnte nicht eher aufhören, bis ich damit fertig war. Eben so gieng es mir mit
    Hallers Tagebuche
, das ich bey meiner Ankunft gleich vor mir fand. Den Tag darnach erhielten wir die merkwürdige Epistel des Mirabeau. Diese Unenthaltsamkeit meines Appetits im Lesen und Eßen ist ein unüberwindliches Palliativ und pabulum meiner langen Weile, die ich mir leider selbst zu meiner Muse erwählt. Franz Buchholtz, Erbherr von
    Welbergen
ist der einzige Titel, den mein Münsterscher Freund hat. Ungeachtet seiner hypochondrischen Diät, mit der er sich seit vielen Jahren seiner Uebel erleichtert hat durch eine strenge Beobachtung einer gesetzmäßigen Lebensart, mit der er sich vor den Wirkungen der Luft in Acht nehmen muß, ist er ein paar mal in einer offenen Kutsche mir zu Gefallen ausgefahren, und wird wie ich hoffe sich dieses selbst aufgelegten Joches allmählich entäußern können. Der Umgang in seinem Hause ist sehr eingeschränkt, desto angemeßener aber meinem Geschmack. Einer meiner angenehmsten und merkwürdigen Tage, die ich in Münster erlebt, war der erste Besuch im Hause der Prinzeßin, der herrlichen
    Bibliothek
und schönen Garten. Es war der
    neunte
August. Eines Hemsterhuis
    Diotima
ist eine so merkwürdige und einzige Erscheinung ihrer Art – daß ich armer Invalide eben so viel Zeit nöthig haben werde den Schatz ihres Geistes und Herzens, als ihrer in allen Sprachen, Wißenschaften und Künsten reichen und prächtigen Sammlung zu übersehen und anzuwenden. Der alte Pericles von Fürstenberg und mein junger Alcib. B. sind ihre vertrautesten Freunde. Sie können also leicht denken, daß des letzteren Haus eine
    hohe Schule
für mich gewesen ist, und seyn wird – und wie sehr mir mens sana in corpore sano nöthig ist zum Genuß alles Guten, womit ich in
    Münster
und
    hier
umgeben bin, noch immer leider! wie ein Tantalus. Zu unsern innigsten Hausfreunden in Münster gehörte ein gewißer
    Druffel
,
der diesen Herbst nach Göttingen gehen wird um das Jus dort zu studieren, und ein D. Corman, der in Welbergen lebt, und nach der Stadt kam mich kennen zu lernen. HE
    Schücking
der einige Gedichte in Voßens Musenalmanach geliefert, kam dort auch zum Besuch, und wird hier gleichfalls erwartet. Meinen alten Freund
    Kleuker
aus Osnabrück hoffe ich auch nächstens kennen zu lernen. An HE von Schuken. Zufriedenheit mit seinem Aufenthalt in Schlesien nehme ich vielen Antheil. Leuchsenr. wird schwerlich hier erwartet. Ob er nach M. kommen wird? D. Biester werde vielleicht hier kennen lernen. Ueber die Nachricht von meines alten Freundes, des jetzigen Kammergerichtsraths Philippi erwünschten Verpflanzung nach B. habe ich mich herzl. gefreut. Er wird für die Handschuh, die meine älteste Tochter mir gestrickt, Sorge tragen, auch für die alten Stiefel, daß ich sie einmal mit einer
    guten
    Gelegenheit
hieher oder nach Münster wieder erhalte, oder allenfalls auf meinem Rückwege mitnehmen kann. Ich setze zum voraus, daß Sie zufällig Anlaß haben sich meiner zu erinnern, wenn Sie ihn etwa sehen sollten. den 18. Ich bin gestern zum ersten mal ausgefahren nach Grafenberg, habe diesen Morgen mein Frühstück im Saal versucht. Es geht alles so langsam mit mir, daß ich nicht von der Stelle komme. Unterdeßen muß ich nolens volens so viel Gedult mit mir selbst haben, als meine Freunde mir zum Muster und Vorbilde dienen. Diese Woche wurden wir mit einem Briefe von Claudius erfreut; deßen Kinder aber auch krank sind. Gott erbarm sich aller Kranken, unter denen ich der gesundeste und vornehmste bin, weil ich selbst nicht weis, wo es mir eigentlich fehlt. Sie haben, liebster Gevatter, gnug gelesen, um mein bisheriges und ferneres Stillschweigen nebst der Quarantaine deßelben beurtheilen zu können. Den Aufschluß Ihres Musäus haben wir sämtlich in Münster mit vieler Zufriedenheit gelesen. Sie haben den Knoten geschürzt, und waren auch schuldig zur Entwickelung deßelben das Ihrige beyzutragen. Nur ein einzig mal nach Hause geschrieben, noch keinen einzigen der von dort erhaltnen Briefe beantworten können. Ich warte mit Schmerzen auf gute Nachricht von Mariannens Entbindung, an deren Cur ich wie an meiner eigenen Antheil nehme, und deren Druck ich mitfühle. – Wenn ich nur ein wenig arbeiten könnte, so würde es zur Zerstreuung dienen. Aber hinc illae lacrumae – daß ich nicht einmal, einen Brief schreiben kann, und immer mehr in Unthätigkeit versinke, wie in einem Morast – Haben Sie also Gedult mit mir, und laßen Sie mir Zeit zu meiner Erholung und Wiederherstellung, wenn ich selbige noch erleben soll. Ich umarme Sie und alle die Ihrigen – von der
    lieben trauten Mutter
und
    Grosmutter
an bis auf die jüngsten
    Enkel
und übrige sämtliche Genoßen Ihres mir unvergeßlichen Hauses und Busens. Mein herumschwärmender Junge und an mich gefeßelte Freund und Reisegefährte nehmen an meinen Gesinnungen den innigsten Antheil. Die Vorsehung erfülle alles, was ich nicht auszudrücken und zu äußern im stande bin. Ihr glücklicher Mitgefühl wird leichtlich alles errathen, was mein
    Jonathan
hier und seine ihm ähnliche
    beyde Schwestern
mir aufgetragen haben. Er hat mit seinem unbeholfenen Gast alle Hände voll, und mit dem Abdruck des Alexis wird auch geeilt, damit er vor der Meße fertig werde. Weil alle Dito’s kein Rätzel für Sie seyn können: So bleibe selbige in petto Ihres alten unvermögenden pppp Pilgrims J. G. H. den 20 Morgen wird der Anfang mit dem Pyrmonter gemacht. Tausend Grüße und Küße an alle von allen! Ich kann nicht mehr. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
An / Herrn Reichardt, / Königl. Preuß. Kapellmeister / in / Berlin.
Aller liebster Herr Inspecter! Wenn sie sich wohl befinden so soll es angenehm zu vernehmen sein, hier sind wir alle wohl, außer der Buchhalter Strauss ist gestorben; bester Herr Inspecter der KriegsRath de xenemony soll ihr Wohnung bekommen, falls dieselben ausziehen, den ich muß frey gestehn daß ich mir auch umb die Wohnunge bewerben wolte allein ich glaube nicht daß ichs sie bekomme NB: fals d HEr Inspecter sie nicht behalten, darf ich sie gantz gehorsamst bitten, Wenn sie ja nicht die gelegenheit behalten wollen u ausziehn; für mich ein gut wort einzulegen, wenn sie durch Berlin kommen solten; sie können versichert sein daß Nie diese gute Handlung vergeßen werde in dem ich willens bin Mein Hauß zu verkauffen; Mein bester HEr Insp: ich Muß ihnen benachrichtigen daß meine Tochter Braut ist wo ich überzeugt bin daß sie auch antheil nehmen werde u daß mit einem Land Junker Mit Nahmens Parpatt bey Dantzig; hier ist nichts neues außer was die Hamburger Zeitung uns schreiben, wenn ich bitten dörft wenn dieselben schreiben an mir auch denkte, in dem mich ihr wohl befinden sehr angenehm sein würde, ich bin u verbleibe mit Hochachtung
    Ihr
treu liebender Freund und Diener
    Gomm
Königsberg 18t Aug. 87
in eil Mein Resp: an den HErrn Sohn bitte nicht zu vergessen. Adresse mit Mundlackrest:
An / des / HErrn Inspector / Hammann / HochEdelgebohren /
    zu
/
    Minster
/
    per couvert
.
Vermerk von Hamann: den 30 Aug. geantw. den 15 Sept.
Pempelfort den 18 Aug. 87. Meine herzlich geliebteste Freundin und Gevatterin, Den 16 Jul. erhielte ich Ihr erstes Andenken vom 5 das nach Berlin bestimmt war und mir nach Münster nachgeschickt wurde. Mein bisheriges Stillschweigen wird durch die Nachrichten, die Sie durch Hill erhalten haben, keine Rechtfertigung verdienen. Ich begreife selbst nicht, wie es mir mögl. gewesen, in Einem Zuge 7 schlaflose Nächte auszuhalten. In den letzten kam es zu fieberhaften Phantasien. In
    Marienwerder
hatte ich einige vergnügte Stunden bey meinem alten Freunde, dem CanzleyDir. Megerlin, und seiner herzlichen Frau, die mich in große Versuchung setzen mich auszuruhen – In
    Fordon
und
    Bromberg
kam es wurde wieder über eine Ruhe Station zu Rath gegangen. Meine Ungedult den D. Lindner festzuhalten überwog alle Bedenklichkeit. Endlich langte ich gantz erschöpft den 28 in Berlin an. Nach einer halben Stunde auf einer Bank im Posthause kam
    Reichardt
wie ein Engel in einer Kutsche geflogen und holte mich in sein gastfreies wohlthätiges Haus, wo ein
    geschmackvolles
Mittagsmahl bereitet stand. Ich ließ es mir so gut schmecken, daß noch denselben Abend mein Uebel ausbrach. Ich habe 8 Tage in Berlin in völliger Penitenz eines Kranken zugebracht, kam gar nicht aus dem Hause, konnte wenigen Antheil nehmen an allem dem Guten, womit ich überhäuft wurde, erhielt Bewillkommungsbriefe von meinem hiesigen Jonathan und Gev. Claudius, konnte kaum dem letzteren antworten und marterte mich einige Zeilen an
    Herder
zu schreiben, den ich nicht über das Herz bringen konnte so nahe und unbegrüßt vorbeyzugehen. Den 6ten Jul. verließ ich mit Gewalt Berlin in Gesellschaft meines freundschaftl. Artztes – nicht ohne einen Antrieb der Vorsehung, weil kurz nach meiner Abreise mein liebreicher Wirth mit Krankheit 2 Kinder heimgesucht worden, und ich darüber untröstlich geworden wäre der
    dritte
Patient gewesen zu seyn. Was Reichardts Haus für einen unauslöschl. Eindruck gemacht hat, davon einmal mündlich mehr. Was für Ordnung in einer so zahlreichen Familie herrscht, läßt sich ohne Bewunderung und Entzückung nicht beschreiben. Die ganze Albertische Familie ist ein Muster
    guter
    herzlicher
Menschen.
    Großmutter
, ihre Tochter, eine wahre Hausehre 2 Schwestern, ein Bruder, ein junger Schmohl, ein Häuflein zusammengebrachter Kinder – kurz eine Fülle und Hülle natürlicher Güte und Einfalt, eine Harmonie des Geistes und Herzens, die dort im
    Kleinen
, wie hier im
    Großen
herrscht. Den 7 Jul. kamen wir mit unserm braven Fuhrmann in einer beqvemen Kutsche in Magdeburg an, nachdem wir die ersten 100 Meilen in einer Laube Mittags gefeyert hatten, wo der V. Sonntag nach Trin. und das Evangelium vom Fischzuge Petri herrlich gefeyert wurde; bey Cons. Rath Funk, an den ich einen herzl. Gruß von unserm würdigen
    Böttcher
zu bestellen hatte führte mich zu unserm gemeinschaftl. Freunde, dem Aßistentzrath Philippi, deßen Gemalin aber für die Freunde ihres Mannes nicht sichtbar war. Ein für mich sehr auffallender Unterscheid von Reichardts
    Hausehre
. (Ich hatte in Berlin Hartknochs Reisestiefel und die von der Lisette Reinette gestrickte Handschuh vergeßen zu meinem großen Nachtheile unterwegs. In Aus Reichardts Hause ist alles uns nachgeschickt worden, aber zu spät – und in Philippi’s Hause habe ich die Eindrücke nicht erhalten, die ich aus Berlin mitgenommen hatte, so unvergeßlich jenem auch unsere Freundschaft geblieben war.) Den 10 überraschte uns Jenisch in Braunschweig und meldete uns ein zu D. Biesters Ehren angestelltes Gastmal an. Meine Füße wurden immer dicker, und meine Diät eingeschränkter. Den 13. hatten wir einen schlechten Wirth an
    Schlüter
in
    Herforden
; einen desto beßern des Abends an Fehr zu Minden in der Stadt
    Berl
. Den 14. kamen wir zu Bielfeld und hatten abermal einen erwünschten Wirth an HE Küsten, wo ich nach Münster mich anmeldete und Hofnung hatte gerade nach Welbergen zu fahren. Ich muste den Sonntag auf dem Bette zubringen, geschweige aus dem Hause kommen. Nachmittags kam einige Stunden früher ein Brief von meinem B. der unsere Abreise beschleunigte. Unser Fuhrmann hatte nunmehr seinen Abschied, mit dem wir von Berl. aus sehr zufrieden gewesen waren, und wir giengen mit Extrapost gerade nach Münster, weil unser Freund schon von seinem Gute dort heimgekommen war. Also kamen wir den 16
    Jul
.
des Abends zwischen 8–9 glücklich an und wurden von Marianne empfangen, und bewillkommt, die uns zu Ihrem und meinem
    Franz
führte. Den 167 muste ich das Bette hüten wegen meiner geschwollnen Füße und seitdem hat meine Cur fortgewährt. Denselben Tag lernte ich den Nächsten Freund des Hauses
    Druffel
kennen, der noch diesen Herbst nach Göttingen gehen wird. Den 18 war ich mit genauer Noth imstande ein paar Zeilen auf dem Bette zu schreiben um meines Jonathans in Berlin erhaltnen Brief zu beantworten und ihm mein näheres Daseyn zu melden. Den 19 wurde ich von der Fürstin überrascht, die den Tag drauf mit ihrer Tochter
    Mimi
und ihrem
    Mitri
(Demetrius) wider erschien. Den 22 war Hans in Angelmodde auf einem Dorfe, wo die Princeßin sich mit ihrer Familie eingerichtet hat. Den 23. des Abends erschien in
    Lebensgröße
mein längst geliebter
    JacobiJonathan
. Den 25 versuchte ich zum erstenmal aufzustehen; und den 27 Mittags mitzuspeisen, und auszufahren um die Wälle der Stadt. Den 28 speiste die Princeßin hier und der Exminister,
    Pericles
von Fürstenberg. Der Gebrauch von oben und unten wirkender Mittel muste immer fortgesetzt werden. Den 29 lernte ich einen liebenswürdigen Jüngling in dem einzigen Bruder der Marianne,
    Detten
, kennen, den ich gleich meinem Sohn zum Freunde bestimmte. Den 1. meines Geburtsmonats wagte ich zu Fuß auszugehen, und erhielt von der Fürstin 2 Bouteillen Cap-Wein, den ich bis zu beßerer Gesundheit versparen muste. Den 2 wurde mit einem Briefe von Reichardt u Einl. aus Kgsb. an meinen Sohn erfreut. 3 entschloß mich zur Haberschleimdiät, empfieng von
    Jonathan
ein
    Buch
u eine
    Schreibtafel
zum beständigen Andenken. Mein zerbrochenes Tabac magazin aus Magdeburg war schon durch 2 Tabatieren von
    eben demselben
ersetzt. Den 4. reiste Jonathan, mir eine Stätte hier zu bereiten. Den 5 u 6. entschloß sich unser
    Frantz
mit
    Marianne
und
    mir
, nach vielen Jahren seine erste Ausfahrt in einer offenen Chaise zu thun. Wir freuten uns alle über diesen glücklich abgelegten Versuch – Weil er keine eigene Pferde hält; so werden immer 4 Postpferde dazu gebraucht. Eine fast unverantwortliche Verschwendung in meinen Augen, weil der ganze Weg kaum der Rede werth ist. Den 7 kam HE
    Schücking
aus
    Bonn
an, von dem einige glückl. Gedichte in dem Voßischen Musenalmanach stehen sollen. Ich war denselben Nachmittag mit der ganzen Gesellschaft bey Druffel zum Caffé. In seiner Mutter Apotheke wurden alle Arzeneyen gemacht, von denen ich in Münster bisher gelebt hatte, und die kein Ende nahmen. Kräuterküßen um meine geschwollene Füße und andere ditos von noch ärgerm Schlage. Den 8 kam der letzte Freund meines B. von seinem Gute Welbergen an.
    Arnold Corman
, deßen heil. Einfalt und Verbindlichkeit und Schicksal mit meinem ziemlich parallel läuft. Der 9 war der
    merkwürdigste
Tag, den ich in Münster zugebracht. Hemsterhuis Diotima überhob mich der Reise oder Ausfahrt nach ihrer Bauerhütte zu Angelmodde, speiste bey uns und führte uns in ihr schön angelegtes Hotel und den dazu gehörigen Garten, der mir eben so gefiel, als mich die Bibliothek in Erstaunen und Entzücken versetzte. Wie sehr würden Sie, liebste Freundin und Gevatterin, von dieser einzigen Frau ihres Geschlechts eingenommen seyn, die an
    Leidenschaft
für
    Größe
und
    Güte
des Herzens siech ist. Da ist ein Vorrath in allen Sprachen, und Wißenschaften. Wie bedauerte ich meinen Hans nicht mitgenommen zu haben. Er wurde aber auch mit einer engl. Uebersetzung des Euklides bedacht, und alles was in duplo von Hemsterhuis Schriften da war, wurde mir zu Theil; was fehlte habe ich noch zu hoffen. Den 11 fuhren wir mit Extrapost nach Pempelfort ab. In Dorsten auf dem halben Wege hielten wir Nachtlager, wo im Thore schon ein Bedienter No. 2 erwartete, alles im Posthause besorgt hatte, was zu unserer Pflege nur nöthig war. Sonntags den 12 wartete schon die Kutsche auf uns nebst dem nöthigen Mittags Eßen und wir kamen nach 5 gegen Abend in Pempelfort erwünscht an. Die zärtliche Sorgfalt meines Jonathans und seiner ihm ähnlichen und würdigen Schwestern
    Helena
und
    Lotte
übertrifft alles – Die erste ist sein
    ander Ich
, wie er sie nennt und die Seele seiner vortreflichen und herrlichen Haushaltung. Ich bin von allem übertäubt und wie man bey uns sagt,
    verblüfft
. Mit meinen Füßen geht es ziemlich jetzt; aber Magen und Kopf bleiben noch zurück. Gestern habe mit einer neuen Cur, dem Kalkwaßer des in diesen Gegenden berühmten D. Hoffmann, einst in Münster jetzt in Maynz den Anfang gemacht. Ich bin zum erstenmal ausgefahren mit dem Anfange meiner neuen Cur. Heute zum erstenmal Fleisch und zwar Sauerbraten geeßen und eben brachte mir Jonathan die
    ersten
Kirschen aus seinem prächtigen Garten, der voller Seltenheiten ist. Mein Sohn ist mit dem D. L. heute auf der Bibliothek und zum erstenmal im Hause zu Düßeldorf gewesen, das eben so sehenswürdig seyn soll. Nachmittags sind sie nach der hiesigen berühmten Gallerie gegangen – und ich von
    diesem
und beynahe
    allen Genuß
sequestrirt, lebe mir selbst und meinen grosmüthigen Freunden zur Last – möchte mich magnetisiren laßen, um entdecken zu können, was mir eigentl. fehlt, da ich alles für Leib und Seele habe, was sich nur ersinnen läßt. Diesen Morgen zum erstenmal im Saal Caffé getrunken, aus dem man in den Garten gehen kann. Ich werde noch eine Woche nöthig haben, um den Pyrmonter Brunnen brauchen zu können. Wenn dieser nicht anschlägt; so weiß ich nichts mehr, was mir helfen könnte. In Münster machte mich Mariannens nahe Entbindung und die Vermuthung einer zehrenden Krankheit unruhig, wodurch sie sich selbst unkenntlich geworden seyn soll. Wegen seiner bin ich ruhiger, und kann mir alle seine Zufälle aus dem feinen zarten Nervensystem erklären, das aus seiner ganzen Bildung in die Augen fällt und für ihn einnimmt. den 19. Am Zöllner Sonntage Gestern Abends fuhr noch mit meinem liebreichen Wirth durch und um die Stadt, die schöne Straßen u Gebäude hat – habe auch den Rhein gesehen, die Wohnung nebst den uns zugedachten Stuben und die ansehnl. Bibliothek. Mein linker Fuß behält noch immer Geschwulst, hindert mich an Bewegung – und die Eingeweide scheinen allen Ton verloren zu haben. Appetit ist immer da, aber Verdauung fehlt und kein Nahrungssaft, der Kräfte giebt, sondern in Schleim und Geschwulst, selbst im Gesichte und um den Augen besonders ausartet – also von Haupt bis in die Füße, wodurch mein Gemüth immer schwerfälliger wird. den 20 – Hofrath Abel, der Hausartzt und mein freundschaftlicher Reisegefährte haben heute gemeinschaftlich beschloßen, daß ich morgen den Pyrmonter anfangen soll. Oft sinkt mir alle Hoffnung Preußen wider zu sehen – und ich habe hier alles, was ich mir nur wünschen kann. Ueberfluß zum Genuß, nur Kräfte zum Verdauen, weder Magen, noch Herz noch Kopf, noch Füße. Da die Brunnencur einen neuen Stillstand machen wird, eile ich mit diesem Briefe fertig zu werden. Meinem Sohn geht es Gottlob desto beßer, und dem fehlt es Gottlob! an nichts, verliert auch nicht weder Zeit noch Absicht seiner Reise, hat Gelegenheit gnug zu sehen, zu hören und zu lernen, auch das Glück geliebt zu werden. Der beste Ersatz, den sich ein abnehmender Vater wünschen kann, die seinigen zunehmen und wachsen zu sehen. Während meiner Brunnencur werde ich nicht zu schreiben im stande seyn – Vielleicht bin ich so glücklich Ihnen beßere Nachrichten liebste Freundin, nach verrichteter Arbeit mitzutheilen. Trösten Sie sich wenigstens mit meinem Schicksal, und Gott gebe Ihnen Gedult und Muth auch ihr häusliches Kreutz zu ertragen. Wenn Sie können, geben Sie mir doch gute Nachrichten von der Beßerung Ihres kranken Herrn Sohns, und daß Sie zufriedener sind. Vergeßen Sie auch nicht meine Hausmutter und wie es bey mir aussieht. Wir wollen uns der Führung unsers himmlischen Vaters überlaßen, der am besten weiß, was zum Glück und Wohl seiner Kinder auf Erden dient, und dem wir alle unsere Sorgen anheimstellen können. Er sorget für uns, Er hütet und wacht – Unsere Lage ist nicht ein
    ungefähr
oder
    Zufall
, sondern ein Plan der höchsten Weisheit und Liebe – Mein Jonathan Jacobi hat mir ausdrückl. vorgestern aufgetragen auch in seinem Namen einen herzl. Gruß beyzulegen. Wie wohl würde es Ihnen thun, den kleinen
    Kreis
meiner
    neuen Welt
zusammen zu sehen. Was für ein Ausbund von menschlichen Herzen, in deren Mittelpunct ich lebe
    gelebt habe
und Hoffnung behalte, verjüngt noch
    länger
zu leben – und
    beßer
im
    Geist
, als nach Fleisch und Blut, das ohne ein kleines Kreutz, bald übermüthig würde. Ich habe Ihren Wunsch erfüllt und geschrieben. Nehmen Sie mit dem leeren Innhalt zum Anfange für lieb, biß ich erst meiner mächtig werde. Behalten Sie mich in gutem Andenken, und empfehlen Sie mich bey Gelegenheit Ihrer Nachbarschaft vis-à-vis. Vergeßen Sie auch nicht sich der meinigen zu erinnern, wie ich Ihnen und den Ihrigen gerne mehr Gutes
    wünschen
    möchte
.
Hans treibt sich in den schönen Gegenden hier ein wenig herum und nimmt an meinen Gesinnungen herzl. Antheil. Die
    gute
Henriette wird auch seine Schwestern nicht vergeßen. Ich küße Ihnen Hand und Mund, als ein alter, unwandelbarer Freund u Diener Johann Georg Hamann. Adresse mit rotem Lacksiegelrest:
à Madame / Madame Courtan, / née Toussaint / à /
    Königsberg
mit roter Tinte vermerkt: Nro 14
Königsberg den 20ten Aug. 87. Vermerk von Hamann: No 2 Erhalten den 30 Aug. Geantw: den 16–18 Sept. Verehrungswürdiger theurer Gönner u. Freund Ihr werthes Schreiben, so ich den 15 h. erhalten, hat mich und Ihre liebe zurückgebliebene Familie von vielen Besorgnißen, die uns Ihrentwegen beunruhigten, befreyet. Wie sehr wir DichSie wegen Ihrer geschwollenen Füße bedauert, und wie innigst wir ihre vollige Beßerung wünschen will ich verschweigen. Die Schicksahle Ihrer Reise und die Ursache Ihres Stillschweigens hab’ ich He. Milz, He Pr. Kraus, He Brahl und He. Böttcher sogleich mitgetheilet. Ihre liebe Lisette Reinette hat mir versprochen alles für mich bey der gnädigen Baronesse zu bestellen. An He Hampus, der in sich ietzt in Riesenburg befindet, hab ich Ihren Dank für seine gute Empfehlung nach Marienwerder noch nicht bestellen können. Der Mad. Courtant hab ich in Pennart, wo sie sich den Sommer über aufhält, Nachricht von Ihnen gebracht, und ihr die größte Hälfte des Briefes hauptsächlich das was sie angeht, vorgelesen. Sie hat sich sehr darüber gefreut, und Ihre liebe Hausmutter und Kinder auf den 27t zu sich auf das Land gebeten; gewiß Ihren Geburtstag zu feyern, zu dem ich Ihnen von Herzen Glück wünsche. Nur seh ich nicht ab, wie das schöne Geschlecht ohne Wagen wird zu Fuße dahin wandern können. Denn aller meiner Vorsicht ungeachtet, wär ich, bey dem ietzigen schlimmen Wetter, das uns die Ernte sehr traurig macht, von den glatten spitzigen Steinen, so bisweilen einen Schuh tief unter Waßer liegen, beynah wie vorigen Herbst der junge Niklovius herab gefallen. Diese mögen diesen Tag dahero feyern oder nicht, so wollen wenigstens ich und die Nikolovius ihn mit vieler Freude bey einer rothen Mahlzeit begehen. Mein Umgang ist mit diesen edeln Junglingen weit vertrauter und häufiger seit Ihrer Abwesenheit geworden, und man nennt uns schon die 3 Brüder. Vorzüglich ist der älteste N. anietzo in Königsberg mein einziger wahrer Freund, den ich als ein mir unerreichbares Muster der Enthaltsamkeit und Beständigkeit bewundre. Mit ihm gehe ich die ersten Capitel im Genesis blos noch grammaticalisch und annalitisch durch. Macht er weitere Fortschritte, so lese ich die Psalmen mit ihm. Im neuen Testament sind wir bis an den Brief an die Römer gekommen, wo wir den Koppe zu unserm Führer erwählet. Sobald mein matter Körper es erlaubt, denken wir unter dem Beystand von Oben kleine gemeinschaftliche Versuche in der practischen Homilitik zu machen. Mit He Böttcher, den ich ietzt zum 2ten mahle besucht, und der auch einmal Ihr liebes Haus besucht hat, steh ich bis ietzt noch in keiner nähern Verbindung. Hingegen hat mir He Einnehmer Rousselle eine Condition in den ersten Elementen aller Schulwißenschaften, der Musik und französischen Sprache bey seinem Sohne, den er noch mit einem andern zu paaren willens ist, angetragen, und ist erböthig mir selbst meine Französische Aussprache zu verbessern und mich auf alle mögliche Art und Weise zu empfehlen und fortzuhelfen. Ich hab versprochen nach einigen Wochen, die iezt verfloßen, anzufangen, und nun durch einen Umstand, den ich durch He B. gehöret, wovon die eingefallene Nase ein Beweis seyn soll, beynah scheu gemacht, hinzugehen, und in nicht geringer Versuchung mein Wort zu brechen. Ich beschwöre Sie, Verehrungswürdiger Freund, nicht auf mich zu zürnen sondern mir von Herzen zu vergeben, wenn ich noch nicht bin das was Sie und ich wünschen, und ich noch nicht so zufrieden lebe, wie ich sollte und könnte. Die Ursache hiervon mag in meinem kranken Körper, den ich mir zur Last herumschleppe, oder in meiner Seele liegen, die wie Pfenniger sagt, der mich sehr beschämt gemacht hat, noch in Palästina herumflattert, so habe ich dennoch die feste Zuversicht, daß Leib und Seel genesen und ich beydes Gesundheit und Ruhe erlangen werde. Ich muß gestehen bis iezt wechseln noch bey mir Augenblicke, die mich befallen und mir nichts anders als Tod und Grab ringsumher zeigen, mit solchen in denen ich mit keinem Nabal tauschen mochte, und wo ich die heiterste Aussicht in die Zukunft vor mir sehe. Ich schreibe Ihnen diese Gedanken meines Herzens, die sonst jedem verschloßen sind, weil Sie’s mir aufgetragen haben. Thue ich dieses nicht so haarklein, wie sSie wünschen, so bitte ich um Nachsicht. Daß ich meine Briefe bey He. Commercien-Rath Fischer bringen darf, freut mich recht sehr. Ihre liebe Hausmutter hat mir so gar das Porto für den ersten Brief Ihres Sohnes wiedergeben, obschon ich mich dagegen sehr geweigert. Raphael hat seinen Brief richtig erhalten. He Contr. Gomm ist mit dem PaßirZettel sehr zufrieden gewesen, und hat mir eine Einlage mitgegeben. Das von mir verlangte Datum wegen des Nikolai Reisebeschreibung ist der 26te May. 87. Ihre Einlage an Hartknoch hat der Nikol. den 18 h. nach Riga geschickt und auf Antwort gedrungen. Die liebe Hausmutter hat noch kein Geld nöthig, wie sie sagt, und den 27t July 2 Fuder Holz eingekauft. Sie nebst den Kindern haben die Mad. Courtant den 17 July besucht, und sind in einer großen Gesellschaft zum Nachteßen in des alten Brahls Garten den 19ten. h. gebeten gewesen. He und Mad. Brahl nebst Hannchen und Lottchen sind in meiner Abwesenheit nach Galgarben den 17ten h. hier gewesen, und waren eben um halbzehn Uhr des Abends weggegangen als ich nach Hause kam. Ihre liebe Hausgenoßen wie auch mein Onkel, die He Nikol. Mad. Courtant, He Böttcher etc grüßen Sie und Ihren Sohn herzlich. Daß sich der He Geheim-Rath Jacobi meiner erinnert hat mich sehr gefreut. Ich bitte gleichfalls meiner bey ihm und He D. Raphael zu gedenken, auch Ihren Sohn von mir zu grüßen, Ihnen beyden wünsch ich Gesundheit und jedes Gute auf Ihrer Reise mit der größten Bitte nicht zu vergeßen. Ihren treu ergebenen und ewig schuldigen Freund. Hill. Aus dem Briefe Ihres Sohnes den ich den 18 h. erhalten, seh ich daß mein 1ter Brief angekommen. Was darin wegen des Ministers steht, hat He Reichard mir bereits gemeldet Elysium Pempelfort den 21 Aug. Mein lieber Freund Hill, Heute habe den Pyrmonter angefangen, nachdem D. Lindner mit Hofrath Abel gestern darüber einig geworden, und ich befinde mich so wohl daß ich Hoffnung habe unter Gottes Seegen wieder ein wenig aufzuleben. Seit Dom. X. bin ich hier, ohne etwas von den hiesigen Schönheiten genoßen zu haben und habe über 10 Tage in Gram und Sorgen über meinen hülflosen Zustand, wiewohl Gottlob! ohne äußere und leibliche Schmerzen zugebracht, desto mehr aber voller innerlicher Unruhe. Die Geschwulst meiner Füße und besonders des linken hat sich ziemlich gelegt und die Stärkung der Eingeweide wird auch wohl befördert werden. Geben Sie Einl. mit der
    beßeren Nachricht
mündl. ab und trösten Sie auch damit Courtan, melden Sie mir auch von Ihrem Sohn dem Referendario. Und was machen Sie und wie sieht es in meinem Hause aus. Es fehlt doch nicht wenigstens an Nothdurft? Komt Ihr lieber Oncle und Cousine Louischen auch fleißig zu meinen Kindern. Besucht auch Lisette und Reinette Mutter u Schwestern. Während meiner Cur werde ich wohl auch kaum zu schreiben imstande seyn. Diesen Morgen kam zu meiner Erquickung ein kleiner Brief aus Münster. Wenn doch nur
    Marianne
erst entbunden wäre, und gegen die Besorgniße einer zehrenden Krankheit Ernst gebraucht werden könnte! Ich warte mit Ungedult auf Antwort aus Riga. Mahnen Sie doch durch Freund Nicolovius darum, und laßen Sie mich auch nicht so lange warten, von Ihren und meinen häuslichen Umständen etwas zu erfahren. Wenn ich nur ein wenig in meiner Gesundheit seyn werde: so wird es mir auch an Zeitvertreib und Arbeit nicht fehlen. Mein Tagebuch so leer es auch ist, wird Ihnen Me Courtan mittheilen können. Wegen meiner Füße habe ich bisher nicht gehen können und muß mich noch mit Socken behelfen, die ich mir in Riga kaufte – und durch diesen Mangel der Bewegung wurde auch die Cur meiner Eingeweide gehemmt, deren Ton vornemlich widerhergestellt werden muß. Thun Sie mir den Gefallen auch von dieser Verlegenheit meinem alten Freund HE Jacobi Nachricht zu geben, daß ich noch gar nicht an Ihn schreiben kann. Mit Holtz wird meine Hausmutter wohl bereits versorgt seyn, und wenn es ihr woran fehlen sollte, wird sie so viel Vertrauen zu Ihnen haben es mir zu melden, und Sie kennen die Mittel und Wege dem Mangel abzuhelfen. Unterdeßen ich herrlich und in Freuden lebe bey meinem Lazaruszustande, wollte ich ungern, daß es dort am Nothdürftigen fehlen sollte, zu deßen Einschränkung ich zum Besten meiner Gesundheit genöthigt bin. Was macht meine Reinette Lisette? Ich habe ihr noch unmögl. antworten können, und wünschte, daß mit Verlauf des Jahres zur Gesellschaft der lieben Mutter u Schwestern zu Hause käme; werde deshalb, so bald ich nur kann, deshalb an die gnädige Baroneße selbst schreiben. Ich hoffe daß Ihnen die Zeit nicht lang werden wird in meiner kleinen Bibliothek, die ich hier mit dem grösten Ueberfluß ersetzt finde. Alle diese Nachrichten von den Annehmlichkeiten unsers Aufenthalts im Schooß der Freundschaft, der innigsten Freundschaft, von der man in unsern Gegenden keinen rechten Begriff noch Gefühl haben kann, und davon Sie auch manchen Vorschmack auf Ihrer Wallfahrt genoßen haben. Noch eine Bitte an meine Mutter das Porto Ihnen und unserm Freunde Raphael zu ersetzen, wenn durch Unordnung der Bestellung irgend dergl. ihm so wohl als Ihnen zur Last fallen sollte. Grüßen und küßen Sie herzlich die Unsrigen, alle Freunde und Gönner, unter denen ich auch meinen Beichtvater nicht zu vergeßen bitte. Hat Ihr lieber Oncle sein Haus verkauft? Melden Sie mir doch etwas umständlicher, von allem, was unsere Hausfreunde betrifft. Gott wolle alle mala domestica abwenden, und Sie mit Klugheit darinn ausrüsten, daß Sie meiner guten Hausmutter mit dem besten Rath auch thätig beyspringen können; und daß Ihnen auch kein Ueberdruß dadurch zuwächst. Ich empfehle Sie und alle
    Lieben
und
    Trauten
Göttlicher Obhut und freundlichem Andenken, als Ihr alter Freund und älterer Bruder. Haben Sie so viel Vertrauen zu mir, wie ich zu Ihnen. Gute Nachricht von Ihren Schwestern? Grüßen Sie die Ihrigen u leben Sie wohl.
Pempelfort d. 23. Aug. 87. Vorgestern des Morgens hatte eben mit dem Pyrmonter den Anfang gemacht, als mich Ihr kleiner Brief, mein auserwählter u erwünschter Franz, überraschte, und desto stärker würkte, da den Abend vorher, wie es hieß, mit der Post nichts angekommen war. Das
    Symptom mit der rothen Wange
ist schon damals nicht unbemerkt geblieben. Das
    starke Laufen
zur Mittagszeit,
    Gemüths Sorgen
und
    Ärgerniß
sind keine annehmliche Nachrichten für mitleidende Brüder u Schwestern, die nächstens beßere wünschen u hoffen zu ihrer herzlichen Theilnehmung. Gott wolle unserer lieben Marianne helfen, daß Sie bald eine fröhliche Mutter wird. Hievon hängt alles übrige ab, wie Sie leicht erachten können. Ich habe mich auch genug auf der Herreise darüber geärgert unsern Charivari oder
    Laubküttel
nicht mitgenommen zu haben, die ich bei meiner gegenwärtigen Brunnencur noch mehr vermiße. Da aber Ärgerniß die Pia Desideria der Patienten nicht fördert und kein Nütze ist: so bitte beide Uniformen, damit kein Misgriff vorgehe, baldigst zu übermachen. Hofrath Abel hat sich auch des ehrlichen Steudels als seines alten Freundes erinnert gegen unsern D. L. erinnert und möchte ihm gern von seiner gegenwärtigen Lage etwas melden. Sie werden mir auch von seiner Antwort, wenn Sie eine erhalten das Nöthige für Bruns (?) abgeben, an den ich vorgestern ein paar Zeilen geschrieben. Ich schmachte nach Briefen aus Königsberg ohngeachtet ich noch nicht selbige zu beantworten im Stande bin. Gestern ist hier ein Eloge du Roi de Prusse par l’auteur de l’Essai Général de Tactique angekommen, das eben nicht sonderlich unsere Neugierde befriedigt hat. Ein Oberster Gibert? von dem ich mehr zu sehen hoffe um sein Schriftsteller Tallent näher beurtheilen zu können daß sich an dieser Lobrede nicht übersehen läßt. Vorigen Sonnabend habe ich zum erstenmale Düßeldorf, unseres Jonathans Haus u seine Bibliotheck besehen. An Materien, meine Kräfte zu üben und zu erheitern fehlt es nicht; aber mit den Letzten sieht es noch kümmerlich aus u es gehört Zeit dazu, um verrostetes Eisen zu wetzen. Was soll ich alter Mann Ihnen noch schreiben? Sie kennen mein inneres Kreuz, das ich mit mir herumtragen muß – und die
    Gesinnung
meines Herzens für Ihr und Mariannens Heil und Leben und wie innig selbige mit dem Meinigen zusammen hängen. Behalten Sie also das doppelte
    Kleeblatt
in Ihrem Andenken, wie wir uns hier sämtlich und sonders Ihres Hauses und
    der dazu gehörigen Edlen und Erkohrenen
mündlich und herzlich erinnern. Wecken Sie mich, liebster Franz, bald mit einer guten Bothschaft von Marianne aus meinem Seelenschlaf. Gott erhöre die besten Wünsche Ihres alten Johann Georg H.
Pempelfort den 27ten Aug. 1787. Meine herzensliebe Tochter, Dein Brief vom 25ten Jun. hat den ganzen Tag vor mir gelegen, und nun beym Lichte bin ich erst im Stande darauf zu antworten. Ich erhielt ihn auch spät Abends bey meiner Ankunft in Münster den 16ten Jul. Seit dem 12ten d. M. bin ich hier, und seit dem 21ten, da ich den Pyrmonter Brunnen zu trinken angefangen, habe ich einige Hoffnung mich zu erholen. Diesen Augenblick kommt Nachricht aus Münster an, daß Marianne am Bartholomäus-Tage glücklich von einer Tochter entbunden worden, die den Tag darauf den Namen Maria Johanna Gertrud erhalten. Gott sey gelobt und erhalte Eltern und Kind! Mit dieser Freude meines Geburtstages gehe ich zum Abendbrode, zu dem ich Lust bekomme, woran es mir vor einer Viertelstunde gänzlich zu fehlen schien. Kommen mir eben die beiden Schwestern meines Jonathans entgegen mit einem schönen Schlafpelze zum Angebinde meines Geburtstages. Die älteste heißt Tante
    Lotte
und hat alles Sanfte ihres Bruders; die jüngere,
    Helene
, besitzt desselben Feuer und ist die Seele seiner Haushaltung. Am 6ten Jul. frühe reiste ich von Berlin ab, weil ich mich nach Ruhe zu einer ordentlichen Cur sehnte und nicht länger zu halten war. Den 8ten hielten wir Rasttag in Magdeburg, wo ich den Versuch machte auszugehen; brachte den ganzen Tag vergnügt bey meinem alten Freunde Philippi zu. Meine Füße wurden schlimmer, und ich kam mit genauer Noth bis Bielfeld. Hier mußte ich etliche Tage theils im Bette, theils in der Stube zubringen. Am 15ten kam Antwort von unserm Wohlthäter, dem ich meine Ankunft gemeldet hatte. Am 16ten reisten wir endlich von Bielfeld ab, und kamen des Abends in Münster an, wo uns Marianne an der Hausthüre entgegen kam und zu ihrem lieben Franz führte. Den Tag darauf fieng ich sogleich meine Cur an und seitdem habe ich mich immer gequält. Den 1ten d. M. versuchte ich zum erstenmale in Münster auszugehen. Den 12ten kamen wir hier an, und seit dem 21ten trinke ich den Pyrmonter. Mein rechter Fuß ist völlig hergestellt; die Geschwulst am linken aber will nicht aufhören. den 30ten. Heute haben wir einmal wieder Sonnenschein gehabt. Der Gebrauch des Pyrmonters verträgt sich nicht mit dem Schreiben, kaum mit Lesen. Bücher und Briefe liegen um mich herum, und ich habe so viel für meine Lüsternheit und Neugierde, daß ich weder Anfang noch Ende zu finden weiß. Pempelfort ist ein kurfürstliches Jagdschloß, das der schönen Stadt Düsseldorf noch näher liegt als uns die
    Huben
. Das meiste sind Gärten. Der alte Jacobi besitzt hier einen großen Garten nebst einem Gewächshause und einer Stärk-Fabrik. Neben seinem Hause und Garten liegt unseres Jonathans Kunstgarten und schöne Wohnung nebst einem Nebengebäude, wo unser Doctor residirt. Wir beide sind neben seinen Zimmern. Der Garten besteht aus vier Partieen, einem großen grünen Platze der mit lauter Orange- und Myrthenbäumen besetzt ist; darauf kommt ein Salon von Ulmen; hierauf ein schönes Bosket voll exotischer Gewächse, worin ein großer Teich, wo der Geh. Rath alle Mittage die Karpfen selbst füttert, so wie seine schönen Tauben. Nach dem Teiche kommt ein Bach, und hinter demselben noch eine Anhöhe voller Blumenstöcke und fremder, seltener Bäume und Gesträuche. Zur Seite steht das Gewächshaus, wo der Gärtner wohnt. Hier ist ein dunkler Schattenriß meines Elysiums, wo ich lebe und die Erneuerung meines Lebens hoffe. Wenn Du bedenkst, herzensliebe Tochter, wie lange und in welchem Joche ich gelebt – die plötzliche Veränderung und Uebertreibung meiner geschwächten Kräfte zur Reise – so kannst Du leicht erachten, daß ich wenigstens im Winter nicht an die Rückreise denken kann, und meine angefangene Cur gänzlich wieder zerstören würde. Zu meiner künftigen ökonomischen Einrichtung muß ich auch Anstalt machen, wenigstens von weitem, und den Gang der Vorsehung über mein künftiges zeitliches Schicksal näher zur Entwicklung abwarten mit
    gesunder
und
    reifer
Ueberlegung. Alles was Du mit den Meinigen thun kannst, ist zu
    beten
und unserem Vater im Himmel alles anheimzustellen. Er wirds wohl machen, und hat es bisher mit der That bewiesen, daß er die Seinigen weder verläßt noch versäumt, sondern allem menschlichen Dichten und Trachten an Mitteln und Wegen unendlich überlegen ist. Wie und wohin selbige abzielen, davon weiß ich selbst nichts, will es auch nicht wissen. Die Zeit wird es uns lehren und offenbaren, was sein Wille und unser Bestes ist. den 3ten. Heute habe ich wieder einen schlimmen Tag gehabt. Dein Bruder wird Dir mehr Nachricht ertheilen. Erfreue mich bald wieder mit einem Briefe. Uebe Dich, herzensliebe Tochter, einfältig, kindlich und herzlich zu schreiben an Deinen alten Vater, nicht witzig und künstlich. Suche mit aller
    Treue
die noch übrige Zeit bey unserer Wohlthäterin anzuwenden, und brauche den Schatz zum Troste Deiner Mutter und zum Heil Deiner Schwestern, damit ich desto mehr Ursache habe, Gott zu danken und mich eurer zu freuen bey meiner Heimkunft.
P. den 28 Aug. 87. Mein erwünschter Franz;
    Heil
und
    Freude
Ihnen und Mariannen zu Ihrer kleinen lieben Johanna, Maria, Gertrudis, die Gott erhalten und seegnen wolle mit reichen Wohlthaten des Lebens in Zeit und Ewigkeit. Gleich nach Empfang der guten Nachricht wurde ich von den beyden Tanten hier mit einem Angebinde zu meinem 58sten Jahre überrascht, das mir desto rührender und auffallender war, weil ich mir denselben Morgen einen Schlafpeltz in petto gewünscht hatte und wenig Wahrscheinlichkeit vor mir sahe in diesen Gegenden zu einer solchen Beqvemlichkeit. Alle
    Wünsche
, alle Begierden meines Herzens und meiner Seele
    sind
und
    werden
täglich erfüllt. Trotz dieser lebendigen Erkenntnis, die ich mit dem Munde bekenne, kann ich das Schema eines traurigen Ritters und die äußere Gestalt deßelben nicht abwerfen, und mich selbst aus einem kriechenden in ein fliegendes Insect verwandeln – zu meinem eigenen und anderer unvermeidlichen Aergerniße. Der
    alle Dinge weiß, Herzen und Nieren prüft
, wird sein Spiel mit den Menschenkindern entwickeln und rechtfertigen – auch mich von dem Leibe dieses Todes und den Banden der Eitelkeit los machen, mit denen ich mich schleppen muß. Der Brunnen scheint recht gute Wirkung zu thun, und ich werde mit demselben so lang es nur möglich seyn wird fortfahren. Bald werde ich aufhören ein
    Oedipus
zu seyn und wider geschuht und gestiefelt einher gehen können. Von meines Freundes
    Raphael
guten
    Gesinnungen
Ihnen erkenntlich, gefällig und nützlich zu seyn (an meiner Stelle) werde ich täglich mehr und mehr überzeugt. Er wird alles eingehen, was in seinen Umständen und Vermögen steht, und Gott wird seinen guten Willen seegnen. Ohne Seinen Seegen taugt weder
    Wille
noch
    Werk
, und nichts ist gut ohne diesen Einfluß. An Lust und Materie zu arbeiten fehlt es mir hier nicht; aber mein Lesen und Schreiben wird mir durch meine Cur ziemlich eingeschränkt, daß ich kaum aus der Stelle und vom Fleck kommen kann. Ich danke Ihnen recht sehr, mein erwünauserwählter Frantz, daß Sie das Geschäfte der Verabredung mit D. L. unserm Jonathan überlaßen haben. Mehr zu schreiben, erlaubt mir der Pyrmonter nicht. Gott erhöre unser gemeinschaftliches Gebet für Eltern und Tochter, die ich aufs herzlichste im Geist und Sinn grüße und küße. Erfreuen Sie uns mit der Fortsetzung guter Nachrichten und Zeitungen – Freund Ernst bringt mir wohl das Stammbuch meiner Lisette Reinette mit, an die ich gestern Abend die ersten Zeilen zu schreiben anfieng, als die doppelte Geburtsfeyer des neuen und alten Menschen durch Abendeßen und Punschtrinken auf einmal unterbrochen wurde. Nochmals die besten Wünsche, Grüße und Küße von Ihrem Alten und Comp
Elysium – Pempelfort den 1 Sept. 87. Unser Geburtsmonath, Herzlich geliebter Herr Gevatter, Landsmann und Freund, ist glücklich überlebt, und wir sind um ein Jahr reifer geworden. Daß wir uns Ihrer hier erinnert, können Sie sich leicht denken. Aber daß ich von Tante Leotte heute zum guten Morgen einen Gruß aus Weimar erhalten würde, hat mir zwar nicht geträumt; aber vielleicht geahndet Seit einigen Jahren muß Ihnen mein matter, stumpfer Briefwechsel ein treuer Spiegel meiner
    traurigen Lage
gewesen seyn. Mein Herz schlug mir,
    Ihnen so nahe in Berlin zu seyn
. Ich qvälte mich einige Tage Ihnen ein paar Zeilen zu schreiben; aber es wollte nicht von der Stelle, und alle meine Seelenkräfte waren stätig. Wie ich den 21 Jun abreise, dachte jedermann, daß ich unterwegs liegen bleiben würde. In Marienwerder fand ich gantz unvermuthet bey dem Kanzley Dir. Megerlein, der ehmals im Kanterschen Buchladen war und jetzt durch die Heyrath einer reichen gutherzigen Wittwe Kanzleydirector dort, eine so unvermuthete herzl. Aufnahme, daß ich mich bald hätte überreden laßen zu einem Rasttage. Meine Ungedult den D. Lindner in Berl. zu erreichen und fest zu halten, ließ mir aber keine Ruhe. In Bromberg wurde ich wider versucht von Fleisch u. Blut. Ich überwand alle Bedenklichkeiten und erreichte nach so viel schlaflosen Nächten, die mir eine fieberhafte Hitze und Schwäche zuzogen den 28 unsers Kapellmeisters Haus, wo ich die treuste Pflege und liebreichste Sorgfalt genoß. Sie kennen die
    Albertische
Familie, und den Enthusiasmum unsers patriotischen Freundes, der alle meine Geschäfte übernahm und glücklich zu stande brachte, ohne daß ich nöthig hatte mich vom Flecke zu rühren. Den 6 Jul. giengen wir mit einem Magdeburgischen Fuhrmann ab. Ich zwar mit
    geschwollnen
Füßen und kranken Eingeweiden. In Magdeburg ermannte ich mich und versuchte wider in Schuhen auszugehen, feyerte Dom. V. den Fischfang Petri bey einem alten Freunde, damaligen Assistenzrath Philippi, lernte den Consist. R. Funk kennen, an den mir ein kindl. Gruß von einem verdienten Manne, der eine glückl. Pension bey uns angelegt hat und
    Bötticher
heißt, auf die Seele gebunden war. Wir waren mit unserm Magdeb. Fuhrmann und seiner beqvemen Chaise so zufrieden, daß wir ihn bis nach Bielfeld verdungen. Was der Engel Raphael dem alten Tobias war, that D. Lindner und Hans Michel spielte artig gnug die Rolle eines Kammerdieners. Dem kranken Wallfahrer wurde also der trübsalsvolle Weg, so viel nur immer möglich erleichtert bis nach
    Bielfeld
, wo wir den 14. Jul. ankamen, und nach einem hündischen Wirth in
    Herforden
einen desto leutseeligern an dem Posthalter
    Küster
in den 3 Kronen finden. Hier meldete ich meine glückl. Ankunft meinem Alc. B. den ich noch auf seinem Gute Welbergen zu überraschen hofte. An Ausgehen war nicht zu denken. Die Antwort aus
    Münster
kam zeitiger, als wir dachten und wir reisten den Montag frühe 16 Jul. mit Extrapost von Bielfeld ab, und erreichten selbige Münster noch denselben Abend, glücklich und zufrieden bis auf meine Uebel die ich mitgebracht hatte und durch die Reise ärger geworden waren. Den 23. überraschte uns schon Jon. J. aus Pempelfort und brauchte den Pyrmonter bis zum 4. Aug. wo er abreiste, und mir auch Lust machte den Pyrmonter in seinem Elysio zu trinken. Die bevorstehende Entbindung der Marianne welche den 24. mit einer Maria Johanna Gertrud erfolgt ist, und die Vortheile der Landluft bewogen uns den 11 Aug. Münster zu verlaßen u hieher zu eilen, wo D. Raphael und der hiesige Hausartzt Hofr. Abel alles mögl. zu meiner Palingenesie aufbiethen. Mit des berühmten Hoffmanns Kalkwaßer machte ich einen Versuch, der aber nicht gelingen wollte. Meine Kräfte waren erschöpft, und die Natur wollte beynahe unterliegen. Den 21 wurde mit dem Pyrmonter bey
    schönem Wetter
ein sehr glücklicher Anfang gemacht. Mars zu Hülfe genommen. Den 27 kam ich auf 7 Gläser von 3. Ich habe mich seitdem auf 6 eingeschränkt, die guten Tage wechselten immer mit den bösen wie bey einem Fieber. Gestern entschloß ich mich zum
    Schwefel
, und heute befinde mich wie neugeboren. Der Brunnen thut mehr Wirkung und ich habe gute Hofnung die
    Absicht
meiner Reise beßer zu erreichen, als alses bisher geschehen können, und alles Gute, was mir Gott auf meine alte Tage scheint bereitet zu haben, mehr genießen zu können. Mein rechter Fuß ist zwar beynahe wider hergestellt; der linke aber noch immer geschwollen, die Brust belegt, Kopf und Geist unter dem schwersten Drucke – mir selbst und andern zur Last, bis zur Verzweifelung, ohne selbst zu wißen noch finden zu können, was mir eigentl. fehlt. Das Lesen ist mir verboten, Schreiben und Denken verbietet sich von selbst. Molimina und nisus, Drang ohne Kräfte noch Nachdruck, blinde Wehen einer Gebärerin, hypochondrische Grillen, die ich nicht zu erklären geschweige zu heben im stande bin. Heute ist mir wo nicht wohl, doch erträglich, und ich habe den Geburtsundtag meines Michaels mit einem: Sey Lob und Ehr p zum erstenmal im P. Kunstgarten unterm Bart und mit heiserer Brust einweyhen können. Ich glaube, liebster ältester Freund, daß diese Deduction hinlängl. seyn wird nicht nur mein bisheriges Stillschweigen, sondern auch die MühseeÄngstlichkeit meines in den letzten Jahren kümmerl. leeren und mühseligen Briefwechsels zu entschuldigen. Wegen meiner lächerlichen Fehlgeburt, womit ich meine Schriftstellerey beschließen
    wollte
aber nicht
    konnte
, wurde unser J. der Märtyrer, der einzige Märtyrer meines radotage, und wir haben schon mehr wie einmal darüber gelacht, daß es ihm mögl. gewesen so lange meine
    kindische
    Wahn
    Naschhaftigkeit
auszuhalten. Ich besorge, daß er seit unsermeiner persönl. Bekanntschaft manche eben so schwere Proben der Gedult mit meinen bösen Launen bisher schon ausgehalten und noch zu erwarten hat. Ich bin durch einen unbegreifl. Magnetismum bisherweilen so desorganisirt und werde in einen so abscheul. Nachtwandler verunstaltet, daß man nach der triftigsten Ueberlegung zuletzt selbst nicht weiß, ob ein so komisch-weinerlicher εαυτοντιμωρουμενος Mitleiden oder Gelächter verdient. Bey dieser Gemüths- und Lebenslage und so lange noch die Fortdauer meiner Cur zur Genesung von medicinischen Gesetzgebern abhängt, werden Sie mir Zeit laßen, allmählich wieder in den Gang zu kommen. Will man mich hier nicht länger haben; so flüchte wider nach Münster, wo ich bisher völlig unbrauchbar und untüchtig gewesen bin. Gott gebe nur, daß wir je später desto gesunder einander widersehen, woran in dieser Neige des laufenden Jahres wohl schwerlich wird zu denken seyn. Da ich durch den unvorsichtigen Gebrauch des Aderlaßens mir die ersten Anfälle der Gicht und einer Purganz beym Flußfieber die Gefahr eines faulen und fast tödl. zugezogen habe: so wünschte ich bald über die Folgen Ihres Brechmittels beruhigt zu werden, und daß Sie bald gänzlich davon hergestellt würden, weil ich leider! den Mangel der Gesundheit so nachdrücklich an mir selbst fühlen muß, und Ihre Amtsgeschäfte so wol als Autorplane eben so viel Anstrengung als Oekonomie der Kräfte unentbehrlich machen. Mein trauriges Beyspiel würde Sie, liebster Herder! am augenscheinlichsten warnen und überzeugen können. Wie schwach mein Kopf geworden ist, und wie wenig ich mit Nutzen gegenwärtig lesen, und wie mein Urtheil durch Mangel des Gedächtnißes eingeschränkt und eingeschreckt worden, können Sie sich kaum vorstellen. Ich vergeße alles unter Händen, und habe nur einigen Genuß, so lange ich ein Buch unter Händen habe. Lege ich es bey Seite, so sind die Eindrücke so verworren, als die Züge meiner Hand auf diesem zu zarten Papier. Sie können leicht denken, daß ich dem Umfange Ihrer Ideen nicht gewachsen bin, und daß meine Neugierde dadurch sehr gereitzet, das Ende derselben zu sehen. Heute vor 8 Tagen habe ich das erste Gespräch über Gott gelesen, und hoffe das zweite morgen vorzunehmen, weil ich dies Buch nur vor meiner Abreise durchzulaufen gedrungen war. Unser gemeinschaftliche Freund hier wird auch durch meine Gegenwart ein wenig verhindert an der zweiten Auflage seines Spinoza Büchleins zu arbeiten, und hat sich bereits mehr wie einmal erinnert Ihnen noch eine Antwort schuldig zu seyn, die er abtragen wird, so bald er nur ein wenig sich erleichtert fühlen wird, von dieser Autorschuld, die er gern vom Halse haben will. Ich habe mich fast 2 Jahre lang über Sp. geqvält, ohne ihn selbst recht verstehen zu können, noch was andere über ihn geschrieben haben, und bin willens noch einen Versuch zu machen, alles nach chronologischer Ordnung zu lesen was neuerdings über diesen cartesianischen Glaubensheld neuerdings herausgekommen. Mens sana in corpore sano ist die conditio sine qua non – sich denken und schreiben läßt. XIII Dom. Ich habe keine Nacht gehabt, den Pyrmonter aussetzen müßen, und einen Beweis von meiner Untüchtigkeit, das geringste zu thun als Eßen, Trinken, Schlafen. Die 2te Ausgabe vom Spinoza Büchlein erscheint also nicht mit dieser Meße. Da unser J. den Anfang gemacht über Sp. zu schreiben; so ist es mir lieb, daß ich ihn zuerst über das mir dunkle Original und seinen Commentar darüber zu Rath ziehen kann. Sie werden also mit uns beyden Gedult haben, mit dem kranken alten Mann und seinem Pflegvater, dem das Leben sauer gnug gemacht wird, wie seinen beyden Theil nehmenden würdigen Schwestern. Ich muß leider! in den Tag hinein leben, und weiß meine Rückreise nach Münster nicht zu bestimmen. Gott wolle alles zu Seiner Ehre und unserm gemeinschaftl. Heil gedeyen laßen, gebe Ihnen Gesundheit und Stärke zur Vollendung Ihrer Ideen und Sammlung der zerstreuten Blätter. Dr. Lindners eigentl. Absicht war es uns blos nach Weimar zu begleiten. Es hat Mühe gekostet, ihn nach Münster zu überreden. Er empfiehlt sich Ihnen bestens, und wird vielleicht mündl. Nachrichten bringen. Einem rechtschaffenen Artzte muß mehr an Erfahrung als Ehre gelegen seyn. Mehr kann ich nicht. Gnug, liebster Herder, ich lebe und habe noch immer Muth gnug zu hoffen. Wie viel habe ich hier einzusammeln, wenn aber Hände und Füße gebunden sind, so muß man Gedult haben. Haben Sie es also auch mit uns, ich rede immer in meinem und meines mit mir geplagten Wirths Namen. Erhält mich Gott, so komm ich und melde mich – Sat cito, si sat bene. Meiner verehrungswürdigen Frau Gevatterin küßen Vater und Sohn die Hände. Gott laße es Ihnen und den Ihrigen wohl gehen und seegne Ihr ganzes Haus nebst Pathchen. Tante Lotte wird die Mängel dieser Einl. ersetzen. Ich umarme Sie und drücke Sie an mein Herz in Gesellschaft meines J.J. und ersterbe Ihr alter treuer Freund J. G. H. u Sohn. Adresse von fremder Hand:
An / des Herrn General-Superintendenten
    Herder
/ Hochwürden /
    zu
Weimar.
Elysium – Pempelfort den 15ten Sept. 1787. Ich fange den zweiten Brief an Dich an, liebe Reinette Lisette, um Deine Erwartung auf eine Antwort Deines ersten zu ersetzen. Heute vor acht Tagen thaten wir eine Lustreise nach dem Schlosse Benrad. Bey unserer Zurückkunft fanden wir das junge Ehepaar aus Aachen, den ältesten Sohn meines Jonathan, der seine Cousine, von Clermont, unlängst geheirathet. Heute wurde hier die edle Fürstin erwartet, und es waren ihr schon Postpferde entgegengeschickt; aber ein Anfall von ihrem Hüftweh hat unsere Erwartung getäuscht. Mit meiner Besserung geht es allmählich. Den Pyrmonter werde ich so lange brauchen müssen, als die Witterung erlaubt. Die dazu gehörige Bewegung ist mir sehr beschwerlich, weil mir Sitzen, Lesen und Schreiben verboten wird. Ich habe unsern Garten beym Brunnen ausgemessen. Er beträgt über 300 Schritte in die Länge, und gegen 200 in die Breite. Zwey schöne Myrthenbäume stehen in voller Blüthe jetzt am Eingange und neben ihnen zwey blühende Granatbäume. Die Orangerie ist außerordentlich mit Früchten gesegnet. Der darauf folgende Sallon aus lauter Ulmen, fast 14 Reihen in die Länge und 12 in die Breite. Unser nächster Nachbar ist der alte 72jährige Vater, der epileptischen Zufällen ausgesetzt ist und nur in Begleitung eines Hüters spazieren geht. Sein und unser Garten ist durch den Bach geschieden, die Düssel, von welcher die schöne Stadt ihren Namen hat. Ihre Lage ist ungemein angenehm und jedes der Thore hat eine Allee. Ueberhaupt ist die ganze Gegend reizend, die meine beiden Reisegefährten besser kennen als ich. Die Liebe und Ehre, so Dein alter, kranker Vater in diesem ganzen Hause hier genießt vom Größten bis zum Kleinsten, ist unbeschreiblich, und ich habe Arbeit nöthig gehabt, sie zu
    erdulden
und mir zu
    erklären
. Alles was mir nur an den Augen anzusehen ist, dafür wird gesorgt mit eben so viel Geschmack als Gutmüthigkeit. Ich bin des Schreibens müde und mein Kopf will damit nicht fort. Fürchte Gott, liebes Kind, und vergiß Deine Eltern und Geschwister nicht, wie ich euch alle in meinem Sinn und Herzen trage. Lies nicht aus Vorwitz sondern mäßig, und frage den guten Hill, ehe Du ein Buch nimmst, um Rath, oder den Professor Kraus. In dem besten Garten giebt es Nesseln an denen man sich verbrennen kann. Gewöhne Dich lieber, gute Bücher oft zu lesen, als an das leidige Naschen; auch, Deine eigenen Gedanken aufzusetzen, gute Stellen auszuziehen und in Deine eigene Mundart zu übersetzen.
P. den 16 Sept. Dom XV. 87. Lieber Freund Hill, warum nennen Sie mich nicht auch so? Ihren Brief vom 20 pr. habe den 30 erhalten. Die Antwort auf Einl. bat HE Gomm vorzulesen, wie auch die Beyl. an meine Lisette Reinette. Auf Ihr Billet u Einschluß von Freund Hartknoch wurde den gantzen Donnerstag von 11 Uhr des Morgens an bis in die Nacht gewartet, weil der Alexis nach Leipzig zur Meße abgeschickt werden sollte. Wie alle Hoffnung aus war, und ich mir nolens volens zu Frieden geben mußte, erhielte ich Freytags um 10 Uhr alles nach Wunsch und über Erwartung. HE Geh. r. antwortet selbst nach Riga, und ich hoffe, daß es nicht umsonst seyn wird in dieser Angelegenheit meine Wünsche nicht nur befriedigt sdn auch übertroffen zu haben. Erlauben Sie den Mädchen nicht meine Briefe an Sie zu erbrechen, den einzigen Fall ausgenommen, daß Sie auf die hohen Berge und in die Wüsteneyen unsers Vaterlandes sich vor den Verfolgungen der Hypochondrie hatten flüchten müßen. Wer kann denn meine Briefe der Mutter u den Kindern vorlesen? Ist Lehnchen schon im Schreiben so weit? Was aus Hans Michel geworden ist, weiß ich nicht. Er hat mir lauter Confusion u Unordnung nachgelaßen, die mich auf ihn verdrüßlich macht. Weder aus Frankf. am Mayn, wie ihm aufgetragen worden, noch aus Aschaffenburg geschrieben, wo nicht mit der heutigen Post noch etwas ankommt. Ich habe heute den Pyrmonter ausgesetzt, um ein paar Zeilen schreiben zu können. Zeit und Weile bey allem Ueberfluß und Genuß wird mir lang, um nur etwas arbeiten zu können, da ich mit
    Materialien
von allen Seiten umgeben bin. Tausend Dank Ihrem gütigen Oncle und Me Courtan, daß sie auch für das Vergnügen meiner lieben Waysen sorgen. Ich bin nicht einmal im stande nach Münster noch nach Berl. zu schreiben, wo ich so viel Gutes genoßen. HE Secr. Dorow und seine Frau werden die Freundschaft haben das
    Rätzel meines Stillschweigens
zum Besten bey meinem liebreichen Wirth und der heil. Familie auszulegen, bis ich im stande seyn werde mich selbst und meine flüchtigen Reisegefährten zu rechtfertigen, und das Siegel zu erbrechen, warum ich wenig zu schreiben habe, als was man dort beßer weiß, als ich es erzählen kann, und warum es mir beynahe unmögl. fällt, die geringste Thätigkeit meines Kopfs zu äußern. Ist nichts von dem Päckl. angekommen, daß ich von hier aus schon in Kgsb erhalten sollte? Es wird deshalb wider nach Leipz. geschrieben. Ich habe HE Einnehmer gebeten deshalb im Hart. Buchladen wachsam zu seyn. Wenn die Mutter Geld hat, oder den 27 d. zur Pension etwas erhällt: so bitte für meine Lisette das Journal einer Reise nach Frankr. von Me de la Roche einzukaufen und halb einbinden zu laßen. HE Kanter nimmt nichts mehr als 15 gl. für so einen Band, und Sie können ihm den Band der
    Schweitzerreise
aufzeigen um diesen darnach einbinden zu laßen. Man erwartet auch das Journal ihrer Reise nach Engl. nebst einem Roman unter dem Titel:
    der schöne Bund
, den man hier schon in der Handschrift gehabt. Das Kupfer der Verf. hoffe ich auch zu erhalten u Lieschen mitzubringen. Meinem Hans habe ich allenfalls wenn er auf Grünstadt kommen sollte, das Empfehlungsschreiben unsers J. an seine Eltern mitgegeben um mich anzumelden, wenn es mir
    mögl.
seyn wird auf der Rückreise, wie ich
    gewiß
    willens
bin, anzusprechen und die mündl. Aufträge zu bestellen. Meine freundschaftl. Grüße an das ganze Haus – Ist von HE
    Bengels engl. Sammlung nicht
der zweite Theil angekommen? und die Vertheilung geschehen. Freund Nicolovius wird Ihnen dabey hülfreiche Hand geleistet haben. Mein eigener Zustand ist mir die beste Erklärung Ihres Mischmaschgefühls, wie es Pestalozzi nennt im letzten Theil seines schönen Buchs. Was in meines Sohns Seele vorgeht, kann ich mir ebenso wenig erklären. Ich habe mehr, da ich gestern u heute in seinen Papieren gewühlt, als 30 u 40 Anfänge gefunden, besonders von Briefen an seinen Raphael. Bey seiner Rückkunft werde ich ernstlicher darauf dringen müßen, daß er sich wenigstens darüber erklärt, warum er mit keinem seiner Briefe fertig werden kann. Mit meinen Füßen scheint es beßer zu gehn, als mit meinen Eingeweiden. Werden Sie noch diesen Winter aushalten in meinem Hause? Ist etwas, dem ich abzuhelfen im stande bin. Ist meine liebe Hausmutter mit einer andern Dienstbotin versorgt, und macht ihr diese nicht das Leben vor ihrem Abschiede sauer? Haben Sie auch Vertrauen gnug, was fehlt, deutsch heraus zu sagen, und mir Ihre Noth zu klagen mit dem Vertrauen, daß ich mit aller mögl. Vorsicht dabey zu Werk gehen werde? den 17 – Hemsterhuis Diotima, unsere Diaphane Aspasia ist heute spät angekommen, habe einen doppelten Mittag gehalten und diesen Abend gefastet. Die Fürstin hat einen fürchterl. Husten mitgebracht und begab sich früh zur Ruhe nach dem ihr zur Natur gewordenen Gebrauch des Opiums. Sie werden nächstens auch ein Exemplar des übersetzten Alexis erhalten. Komt HE Prof. auch bisweilen in unser Haus. Er hat mir doch nicht übel genommen, daß ich offen an ihn geschrieben habe. Ich wollte ihm blos die Nachricht in Ansehung seines Schwaben mittheilen und so bald ich von Antwort höre, ihm die Fortsetzung mittheilen. Ich habe den Gebrauch des Pyrmonters gestern und heute wegen der elenden Witterung ausgesetzt werde es auch wohl morgen thun müßen, bis unsere Gäste abgereiset sind. Kleuker wird auch diese Woche hier erwartet. Morgen freue ich mich den Abend gantz allein mit meinem Jonathan zuzubringen, wenn die Krankheit der Fürstin nicht ihren Aufenthalt und einen Familienball für die Aachener Gäste stören wird. den 18 – Der erste Theil von Starks Apol. ist diesen Morgen angekommen. Die Pr. ist wegen ihrer schlimmen Nacht verhindert worden heute abzureisen und wird es morgen in aller Früh thun. Seyn Sie auch so gut der Lieschen Beyl. vorzulesen, weil sie allein nicht wird fortkommen können. Geben Sie ihr zugl. einen Wink dem Bruder deshalb nicht Vorwürfe zu machen. Schreib doch fleißig! hilft ebenso wenig als: Vater iß nicht so viel! Es wird ihn mehr beschämen u aufmuntern, wenn sie desto öfterer an ihn schreibt, und uns beyde entschuldigt. Ich habe so viel angefangene Briefe an seine Schwester u Freunde gefunden, daß ihn vielleicht der Ueberfluß an Materialien und der gute Wille ein Journal u förml. Reisebeschreibung zu liefern verwirrt. Der Stoltz keine Fehler zu begehen mag auch an seiner Stätigkeit schuld seyn. Ich wollte gerne diesen Mangel an seine Freunde ersetzen, wenn ich nur auch könnte. Wir müßen schon mit einander Gedult haben, und einer des andern Last tragen. Der erste Theil von Starks Apologie ist heute angekommen. Mein Kopf ist heute so schwer und so schwach – Grüßen Sie alle unsere Freunde und die Ihrigen, die Sie besuchen, Ihren Oncle und alle bereits angeführten. Ich kann nicht mehr und werde von meinem JJ. zum Caffé eingeladen. Bald mehr und beßer. Herzl. Gruß und Kuß an die liebe Mutter meiner lieben Kinder. Raphael wird unser Andenken bey HE G R. erneuren und alles zum Besten kehren. Schreiben Sie bald umständlicher und lieben Sie Ihren alten Freund JGH.
P. den 20 Sept. 87. Herzenslieber Franz, Montags gegen Abends kam die gute Fürstin mit
    guten Nachrichten
von Ihnen und Mariannen an, beunruhigte uns aber mit einem argen Husten und übrigen Unheil für Ihre eigene Person, die sie bey einer solchen Jahreszeit und Witterung aussetzte. Gestern früh ist sie weiter gereiset, im Gefolge unserer besten Wünsche. Diesen Morgen haben wir Beyl. erhalten, aus denen Sie ersehen werden, daß Hans Michael sich dem D. Raphael zum Reisegefährten aufgedrungen und durch die Einwilligung unsers Jonathans auch die meinige überstimmt hat. Beyde hatten versprochen zu schreiben, wir sahen mit jeder Post einer Nachricht von ihrer Ankunft entgegen. Der Verdruß über ihr das beiderseitige Stillschweigen stieg gestern bey Ankunft der Estafette aufs höchste; unterdeßen ist der Brief an D. L. sogl. von Jacobi an Heinse, den alten Freund und Gast des Hauses bestellt worden, um im Fall der Noth denselben von Hr. Hoffmann erbrechen zu laßen. Unsere gestrige Verlegenheit ist heute gestillt worden, und Sie werden alles aus den beyden Beyl. urkundl. ersehen. Gott laße Ihre Sorgfalt für die Widerstellherstellung der lieben jungen Mutter und unsern Antheil daran geseegnet seyn und erfüllt werden. Amen. Seyn Sie, Herzensguter Franz, wegen meines bisherigen Stillschweigens so unbekümmert, wie ich wegen des Ihrigen durch Ihre Erklärung hinführo seyn werde; weil mir immer das meinige selbst unverantwortlich in meinen eigenen Augen bisweilen geschienen hat. Wegen der übeln Witterung habe ich zwar diese ganze Woche den Pyrmonter ausgesetzt; bin aber mit genauer Noth im stande gewesen auf meiner Lisette Reinette Brief den ich den 16 Jul. audurch Ihre Hand erhielt, und die beyden letzten meines Vicaire Hill zu beantworten. So bald die Witterung sich beßern wird, will mit dem Pyrmonter so lange wie mögl. fortfahren. Mit den Füßen wird es beßer, und der linke ist nur noch etwas geschwollen, ab- und zunehmend; der rechte aber dem Wechsel weniger unterworfen. – Eben erhalte einen Brief von Kraus, der an unsern Schwaben denkt, und noch immer hofft ihn einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, weil er ihn so oft und lebhaft im Geiste vor sich sieht. Wenn Sie, liebster
    Frantz
, Antwort auf Ihr Schreiben erhalten, theilen Sie doch auch so viel Sie mögen, mit. Jonathan mag seine mit Ihnen genommene Abreden selbst verantworten, und sich darüber erklären. Mariannens Gesundheit liegt mir, wie meine eigene am Herzen. Ich hoffe, daß Sie den Gebrauch der Mittel dazu zu gelangen so treulich anwenden wird, als ich noch genöthigt bin den Gebrauch derselben fortzusetzen, so langsam es auch noch mit meinem
    Kopf
und
    Eingeweiden
geht. Wenn ich nur
    jenen
erst mehr brauchen könnte: so würde ich auch die Lüsternheit meines Magens beßer im Zaum halten können. Bey
    Arbeit
würde auch meine
    Nahrung
beßer gedeyen, und Diät ist ein Theil unserer animalischen Oekonomie. Aus Mangel eigener Gedanken, muß ich lesen wie ein Schmarotzer mit einem unverschämten Hunger, der mir selbst ärgerlich ist. Um etwas wider
    vornehmen
und
    anfangen
zu können, muß ich gesünder seyn, wenigstens so lange ich Hoffnung habe, versuchen und aushalten, ob ich in diesem Endzweck weiter komme. Glückt es mir hierin, so sehe ich als meine Pflicht und die zweite Absicht meiner jetzigen Wallfahrt an, den Autor über seine Werke zu Rath zu ziehen und über jede Dunkelheit bey ihm Licht zu holen, so bald ich nur wider im stande seyn werde mit ganzem Kopfe noch einmal was er geschrieben, unter seinen Augen und mit seinem Beystande zu lesen. Ich habe dies zu meiner eignen Beruhigung nöthig, und unserm Jonathan scheint auch eben so viel daran gelegen zu seyn, uns einander zu wetzen. Mens sana in corpore sano gehört zu einem solchen Experiment. Die Zeit dazu, steht nicht in meiner Hand; aber vorsätzlich will ich weder meine eigene verlieren, noch meines Nächstens seine unnütz verderben: sondern mit beyden gewißenhaft und ökonomisch zu Werk gehen, und mich auf ein voluisse in magnis einschränken. Für D. Raphael möchte ich menschlicher weise wie für mich selbst Bürge leisten, daß er Ihnen und mir nichts abschlagen und alles eingehen wird, wenn er im geringsten absehen kann Ihnen auf irgend eine Art nützlich und nöthig zu seyn. Mein Urtheil über seine Geschicklichkeit und sorgfältige Vorsicht bleibt nach der reifsten Prüfung unverändert, auch hierüber wird die Zeit die beste Lehrmeisterin seyn. Warten Sie liebster Frantz erst seine Zurückkunft ab und die Aufschlüße die er mit sich bringen wird, ohne sich selbst noch ihn zu übereilen, und trauen Sie einer Vorsehung, die sich bis auf das kleinste Haar unseres Haupts erstreckt, bis auf jedes Ja und Nein, das unserm Munde entfliegt, oder vielmehr zu entfliegen scheint. Ich sollte
    glücklich seyn und an Den nicht denken
, der so viel an allem, was ich jetzt schon genieße beygetragen? Ach! daß ich nichts als denken und wünschen kann. Desto mehr wird Gott
    thun
, der allein gut ist und ein Vater unser aller, deßen Wille geschieht im Himmel und auf Erden – Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig und offenbart sich den unmündigen. Ich umarme und küße aufs herzlichste Vater Frantz, Mutter Marianne und die kleine Marianne Gertrud – den 21. Heute erwarten wir Kleuker hier, den ich mich auch freue von Angesicht zu Angesicht nach so vielen Jahren, kennen zu lernen. J. verführte mich gestern zum Abendbrodt in Mama Lehne Speisezimmer, wo wir ganz allein waren, weil das junge Paar aus Aachen par compagnie sich nicht recht wol befand. Ich habe gut geschlafen und bin voller Grillen über den gestern erhaltnen pharisäischen Brief des Crispi Amici aufgewacht, der mir verbieten will zwier zudes Tags zu eßen., das mir eben so paradox vorkomt, als wenn Ernst Dr. mir zumuthen will – kann er seinen Freunden zugefallen nicht über P. und D. nach G. gehen: so werde ich meine archimedische Maasreguln auch nicht turbiren und mich Seinetwegen in dem parabolischen und encyclopädischen Plan meiner dreyfachen Cur irre machen laßen. Er mag sich auch an meinen piis desideriis auf dem kürzesten Wege die hohe Schule zu erreichen, begnügen und sich in Acht nehmen nicht zu gelehrt, nicht zu weise wieder heim zu kommen. Ich habe heute den Pyrmonter aber mahl ausgesetzt, um ein paar Zeilen an
    Eleazar Hill
zu schreiben in häuslichen und öffentl. Angelegenheiten, den Crispus mit einer zu spitzigen Feder als einen
    Hausvogt
behandelt. Wenn Sie Lust haben, mir was rechtes zu schreiben: so eilen Sie mit Weile Ihren Brief auszufertigen. Sat cito, si sat bene. Denken Sie immer im besten mit Marianne des alten kranken Grosvaters, der Ihnen darinn vorgehen und nachfolgen wird, mit dem besten Appetit auch gantz und ewig der Ihrige zu seyn und mit Gottes Hülfe zu bleiben, lieber Frantz und MarianneIhr alter Johann Georg Hamann. Grüßen Sie den ehrl. Coeurman, wenn Sie nach W. schreiben. D. Raphael soll die silbernen Löffel, die er mitgenommen, wider abliefern, und geben Sie ihm, lieber HerzensFrantz, das Stammbuch mit, so bald Marianne einen Gruß von Gertrudchen an Lisette Reinette wird eingetragen haben. Wenn die Sechswochen vorbey sind, ist es Zeit gnug Gäste einzuladen. Ich glaube auch, daß Sie recht haben, und daß die beste Frau bisweilen unrecht haben kann und unrecht haben muß, auch bey der
    besten
    Meynung
von der Welt. „Sie sind ein Mann von himmlischer Weisheit Güte“ – fängt Heinze seine Antwort auf das dem Lindner mitgegebene Empfehlung an – und mit eben dem Entzücken habe ich Ihr Resultat gelesen:
    Machts nur, wie ihr wollt.
Ferner: Hoffmann hat sich nicht lange zieren dürfen und seine Weisheit geschwind herausorakeln müßen. Diesen Morgen früh um 5 Uhr sind (Michel und sein Mentor) nach der Bergstraße, Heidelberg, Schwetzingen und Manheim abgereiset dd Aschaffenburg den 18 Sept. Wenn Sie mir erlauben zu machen wie ich will: so werden Sie und Marianne Noth haben mich los zu werden. – und nochmals Gott empfohlen mit Herz, Mund und Hand! Zusatz Jacobis: Lieber Franz, unser Hamann hat dir das nöthigste schon geschrieben. Unsere in Münster genommene Abrede war folgende. Du solltest mit Marianne, Ende Oktober zu mir kommen, in mein Haus in der Stadt, u ich wollte sorgen daß ich um diese Zeit mein Winterquartier bezogen hätte. Alsdann solltest Du mit Marianen u Eurer Gertrude so lange bey mir bleiben als es Euch gefiele, hernach Hamann mit nach Münster nehmen, u mich mit den Schwestern dort im Februar erwarten. – Nach Münster kann ich (auch ohne genommene Rücksicht auf Hamann) gegenwärtig nicht kommen, u überhaupt nicht aus der Stelle gehen, bis ich die 9 neue Ausgabe meiner Briefe über Spinoza besorgt habe. Noch habe ich nicht die Feder dazu angesetzt, u fühle auch keinen Trieb dazu, bis Hamann seine Gelübde erfüllt, u mich gewißermaaßen dazu eingesegnet hat. – Es gehe alles wie es kann. Deine Worte:
    Machts wie Ihr wollt
, spreche ich v ganzem Herzen nach, ohne eine Einschränkung beyzufügen. Mehr kann ich nicht thun. Unser Vater gewinnt merklich an Gesundheit, Munterkeit u Stärke. Meine Liebe zu ihm wächst noch mit jedem Tage‥‥Ich kann von ihm nicht reden. Ich habe meine Opp. Posth. des Spinoza Dahlbergen in Trier leihen müßen. Hamann bittet mit mir, das Exemplar das ich ihm zu Münster geschenkt, hierhin zu schicken. Da kannst Du das Stammbuch beypacken laßen. Hier der Alexis. Ich hoffe er soll dir einiges Vergnügen machen. / Wir haben gestern u vorgestern den 1sten Theil v Starkens Rechtfertigung verschlungen, u ganz ungemeines Vergnügen dabey genoßen. Hamann hätte so wenig als ich dem Manne das zugetraut. Nun dürsten wir nach dem Urtheil. Für Druffeln schicke ich mit nächstem Postwagen einen Alexis u mein Bild. Grüß ihn herzlich v mir u entschuldige mich. Ich hätte ihn so gern vor seiner Abreise nach Göttingen noch gesehen. Die 26 Pistolen hat die Prinzeßinn eingereicht, u Du hast sie also auf die Lindnern mitgegebenen 25 Carolinen zu gut. Ich herze Dich Brüderlich, u mit wahrhaft unaussprechlicher Liebe Dein F H J. Eben sagt mir Hamann ich solle Dir doch Starkens Apologie empfehlen.
P. den 21 Sept. 87. Lieber Elieser Hill; ich habe diese ganze Woche den Pyrmonter ausgesetzt wegen der elenden Witterung, die sich erst heute ein wenig mit einem starken Sturme erheitert hat. Vorgestern reisete Hemsterhuis Diotima, unsere Diaphane Aspasia ungeachtet ihres Steckhustens p ab. Gott begleite Sie! GDenselben Mittag kam eine Estafette aus Münster an mit einer Einl. an D. Lindner. Ich hatte mir schon einige Tage vorher mit meinem Hans Michael im Herzen ausgesöhnt aber die Verlegenheit Einl. zu befördern stieg aufs höchste. ESie wurde auf gut Glück an den Verfasser des
    Ardinghello
HE Heinse, der viele Jahre als Hausgenoße hier, wie ich gelebt habe. Gestern frühe kam endl. ein Brief von Hans aus Aschaffenburg an, der alles wieder gut machte, und ihn aus der verlornen Gunst wieder eingesetzt hat mit Uebergewicht. Diesen Morgen wo ich früher wie gewöhnlich erwachte, kam ein Brief von Heinse, der uns meldete, daß der sanfte Mentor mit dem jungen Feuer- und Talentvollen Ebentheurer, schon so früh in der Stille einen feinen Beobachter den 18 um 5 Uhr des Morgens nach der Bergstraße, Heidelberg, Schwetzingen und Manheim abgereist wäre mit den glücklichsten Aspecten in ihren Angelegenheiten, deren Schwierigkeiten wir besorgt und einen weit spätern Termin ihrer Abfertigung vermuthet hatten. Ich war so vorsichtig gewesen, Hmeinen Hans von einem Briefwechsel zu dispensiren; er war aber ohne mein Wißen von Geh. Rath gebeten worden, so bald mögl. von ihrer Ankunft Nachricht zu geben u hatte sein Wort vor sich gegeben. – den 22 – Mein alter Freund Kleuker ist gestern angekommen, und Me dela Roche meldete uns einen andern Gast an, Prof. Bartola von Pavia, den zweiten Improvvisatore, den Hans zu sehen bekommen wird, der sein Handwerk nicht so gemein machen soll als Filisteri in Berlin. Das junge Paar aus Aachen nebst einem HE von Clermont u einem Silhouetteur Escherig sind auch noch hier. Gestern Mittag habe zum erstenmal unsern kranken nächsten Nachbar den Aeltervater
    Jacobi
kennen gelernt. Er hat einige 70 ist aber noch ein Mann voller Feuer, der seiner aufgegebnen prächtigen ZuckerFabrique ähnlich sieht, die man ohne Bewunderung und Mitleiden als ein wüstes Schloß nicht ansehen kann. Ich
    kann
und
    will
nicht wegen meiner Cur um das geringste mich bekümmern. Bey aller langen Weile fehlt es mir an Zeit meinen unauslöschl. Appetit zu stillen. Den übrigen Genuß überlaße meinem Sohn, der seinen Freunden einmal desto mehr mündlich Nachricht geben wird und den Mangel der schriftl. desto reichlicher ersetzen. Wenn nur meine beyde Reisegefährte tüchtig gesehn werden, so will ich gern untallein untüchtig seyn. 2 Cor XIII. – und lieber unter so guten leidlichen Bedingungen krank seyn, als ihrentwegen besorgt und unruhig. Vorgestern erhielt einen Brief vom 11 von HE Pr. Kraus, den ich erst gestern Mittags in der Verdauungsstunde unter einer tiefen Laube zu lesen, gantz und recht zu lesen im stande war, und so bald wie
    es mir mögl
. ist beantworten werde, mit dieser oder einer nächsten Post. Ich hatte erst nöthig Ihren ersten Brief aufzusuchen. Mein Auftrag den
    ersten
Brief nach meiner Abreise zurückzusenden, konnte gar nicht auf die später einlaufende angewandt werden. Danken Sie also unserm Freunde herzl. für die Abschrift so wol, und auch der lieben Hausmutter für ihren klugen Entschluß zu erbrechen das abderitische Geheimnis und meinen nächsten Freund zu Rathe zu ziehen und mit einem redlichen Vertrauen zu
    überlaufen
. Ich bin mit allem vom Grunde der Seelen zufrieden. Sollte es bis zum Ausräumen kommen: so werden Sie mein Haus nicht verlaßen, für meine Bücher und Papiere sorgen, alle meine Freunde aufbiethen, eine
    gute Gelegenheit
zum Obdach und zur
    Nothdurft
, woran es mir bisher gefehlt hat, besorgen, wo möglich auf der Freyseite, wo ich Licht und Luft, von Jugend auf dazu gewöhnt genießen kann. Vielleicht Ihr Oncle seine Gelegenheit? oder hat er sein Haus noch glücklicher verkauft? Wenigstens wird er sich auch der Meinigen ohne seinen Schaden annehmen. Ziehen Sie auch vor allen Reichardts würdigen Schwager Secr. Dorow und seine gute Frau zu Rathe. Schreiben kann ich nicht, bis nach abgelegter Cur, die ich auf die Woche wider anzufangen und so lange es die Witterung und Jahreszeit erlaubt, fortzusetzen gedenke. Auf die dringende Einladung meines wohlthätigen Frantz und seiner kranken Marianne, den ganzen Winter in Münster zuzubringen, habe ich auch schon geantwortet mit einem:
    Kommt Zeit, kommt Rath
. Sie allein giebt die
    Form
und Reife menschlichen Entwürfen und unsern Schicksalen, die aller Kritik reiner Ideale überhoben und überlegen sind. Von dem Briefe meines Sohns den Raphael den 18 Aug. erhalten weiß ich nichts, unterdeßen hoffe ich daß er die Pflichten meines Sohns in puncto der Freundschaft übertreffen wird. Der Virtuos Heinse vergleicht den alten kranken Vater einer arabischen Nacht Conf. Joh. XI.9, 10. V. 19–17. Ich bin nachbarn gewesen, und habe Kleuker auf der Remise besucht, wo die Schule mit den Kindern von meinem alten Freunde Schenk gehalten wird, und Gäste beherbergt werden. Dies schöne Gebäude liegt mit einem kleinen Geköchgarten richt über der großen Hofpforte. Auf dem Hofe selbst eine kleine Wohnung, die man in Curl.
    Herberge
nennt, D. Lindner und D. Chavet der die Fürstin begleitete, haben die zwey kleine Zimmer mit einem kleinen Canapé und einem großen Kettenhund Bacchus – Aus Bürgel haben wir einen jungen Windhund, Cito mitgebracht, den
    Mama Helene
zu seiner Diana gewählt und gemacht. Dom. XVI. 23. September Lieber Hill, ich gebe Ihnen so kleine Umstände, um Sie hier bekannt zu machen, wenn Ihnen eine neue Streiferey anwandeln sollte. Sie haben Ihr Gutes bereits genoßen und werden mir also das paradiesische Leben nicht misgönnen. Ich habe mir ein solches Glück auf der Welt nicht mehr träumen laßen, als mir Gott auf meine alte Tage zugedacht, nach dem ich länger als 20 Jahre verträumt und beynahe in einen Todesschlaf gesunken war. Kleuker hat die abgedruckte Bogen einer
    Neuen Prüfung u Erklärung des Christentums
u der Offenbarung gegen den Hierokles der 85. zu Halle ausgekommen, mitgebracht. Ich wollte morgen heute ihm zu Gefallen den Pyrmonter wider anfangen und in seiner Gesellschaft trinken. Diese Nacht soll ein starkes Gewitter gewesen seyn und ein Platzregen, der nach meinem Wunsch mich der Gefälligkeit überhoben, daß ich heute einen Ruhetag halten kann. Wir hoffen noch einen guten langen Herbst, und eine herrl. Weinerndte an der Mosel. Wer hat den Buchladen bekommen? Sie theilen mir überhaupt zu wenig Nachrichten aus meinem Hause u meiner Vaterstadt mit. Diesen Mittag sind 2 Brüder de Florincourt zu Gaste, welche von Mösers Tochter Fr. von Vogt als Bergkundige empfohlen worden. P. ist wie ein Taubenschlag, und das philosophische Ideal der
    besten Welt
für meinen
    Geschmack
und
    Augenmaaß
. Mein Loos ist mir aufs lieblichste gefallen. Meine anhaltende Engbrüstigkeit macht mich, bey aller Hofnung einer Beßerung, noch bisweilen für meine Gesundheit besorgt, und daß etwas oedematisches zurückgeblieben. Ich gehe noch immer in meinen Berlinschen Socken von Tuchleisten wegen meiner Füße. Der linke bleibt unveränderlich, außer daß sich die Falten der Strümpfe stark eindrücken. Mit dem rechten aber ist es noch tägl. wandelbar. Die Geschwulst des Tages nimmt in der Nacht ab, wo ich immer ein Kräuterküßen mich umbinden laßen muß. In Abwesenheit meines Raphaels u Michels, sind HE Peter u Wolther so gut mich an- und ausziehen zu helfen. Mama Lehne hat die Sorge für meine Wäsche übernommen die durch meinen Kammerdiener Ihren guten Freund, ziemlich in Unordnung gerathen ist. Zum Glück bin ich so klug gewesen alles aufzuschreiben und fand diesen Zedel zu meiner Freude unter meinen Papieren, habe ihn der Mama überliefert, die den Kammerdiener zur Rechenschaft fordern wird. Sagen Sie dies meiner lieben Hausmutter, die wie
    alles, was mir angehört
, abwesend wie gegenwärtig, hier geschätzt und geachtet wird. Der Pfahl meiner Gesundheit ist mir höchst wohlthätig und unentbehrlich, bescheiden und müßig von mir zu halten. Bey meinem ersten Besuch auf Diotimens Gartenhause wurde mir ein leerer Platz angewiesen, auf dem eine kleine Wohnung gebaut werden sollte – in der mein gantzes Haus Raum haben sollte. Aber der Prediger in der Wüsten vergißt nicht sein Ithaka – ausgieng und wußte nicht wo er hinkam, durch den Glauben ein Fremdling in einem Lande der Verheißung – weder die
    Weisheit
noch die
    Schätze Egyptens
, will ich mich an den halten, den ich nicht
    sehe
, als
    sehe
ich ihn, und mittlerweile
    schmecken
wie freundlich Er ist. Diesen Winter ist an keine Reise zu denken; da ich bisher an nichts denken können, als an die Widerherstellung meiner Gesundheit, die von dem großen Kunstrichter in B. für reinen Wahnsinn erklärt und bescheinigt worden in französischer und deutscher Sprache. Ich habe die
    Urkunde
davon in Händen, und hoffe eben so gute Beweise von meiner Widerherstellung zu liefern, als ich von meiner wirkl. Krankheit, die ich niemals geleugnet habe aber so wenig geglaubt worden, wenigstens mit theilnehmendem Mitleiden, desto mehr mit hämischer Verachtung und Schadenfreude, Merkmale und speciöse Anzeigen gegeben habe. Erhalten wir einen Brief von Hans, so werde es Ihnen melden. Ob D. L. den Winter hier bleiben wird, wie in M. darauf angelegt ist, weiß ich nicht, und überlaß es seinem eignen Gewißen u Urtheil. Grüßen Sie die gute Hausmutter, und schreiben Sie mir, wenn Sie sich über sie zu beschweren haben. Die man lieb hat, zieht man beym Ohr, wenn sie nicht von selbst gehen wollen. Wenn ich heimkomme, soll es eins meiner ersten Geschäfte seyn die beyden Brüder auf Ihrem Landgute zu beschmausen und ihre würdige Tante kennen zu lernen, an die ich öfters Anlaß habe zu denken mich zugl. meiner eignen zu erinnern. Leben Sie wohl und hören nicht auf mich zu lieben. Grüßen Sie die gnädige Tante auf dem Tragheim u die ganze Gesellschaft. Kann Lehnchen nicht bald schreiben und hat sie nicht ihren freundschaftl. Anweiser ungedultig gemacht und Marianchen abgeschreckt?
P. den 23 7br Dom. XVI. Herbst Anf. Den 21 Aug. da ich eben den Pyrmonter angefangen hatte, war ich blos imstande eine offene schedulam beyzulegen weil ich blos Ihnen Antwort u Nachricht von Ihrem Schwaben mittheilen wollte, von dem ich seitdem nichts gehört habe, und in dem Fall nicht ermangeln werde den Erfolg Ihnen zu melden. Durch den ersten Brief vom 11 d. welchen ich gegen Abend den 20 erhielt aufgemuntert
    versuche
ich heute lieber Profeßor und alter Freund! Ihnen zu danken, daß Sie sich meiner Hausangelegenheiten annehmen und meine gute Hausmutter nicht abgeschreckt haben Sie fernerhin im Nothfall der Meinigen anzunehmen. Soll ich mich wegen der
    unerklärlichen Anordnung
rechtfertigen? so werden Sie mir erlauben mit den
    verkehrten
Berl. ebenso
    verkehrt
zu handeln, und Ihnen auf Ihr Gewißen zu fragen: ob Ihnen die Zurückweisung einer Resolution vom 14 Jun. nach so manchen vorgefallnen Zwischenhandlungen und ertheilten Anordnungen nicht noch weit unerklärlicher seyn muß, als meine laconische Freyheit oder Licentz, den Minister von meiner wirkl. Abreise und persönl. Aufwartung einen deutlichen Wink zu geben und allenfalls darauf vorzubereiten. Der Glaube versetzt Berge und der gute Wille verpflanzt Feigenbäume, und in Ermangelung
    zureichender Gründe
deckt man die reinsten Blößen mit Feigenblättern. Wißen Sie, liebster Freund, wie elend ich abreisete in der lächerl. Einbildung auf dem Postwagen ohne Arzney meine stockende verdorbene Säfte aufzulösen. In Marienwerder wurde ich auf eben eine so unerwartete als dringend liebreiche Art von unserm guten Schwaben Megerlein gebeten einen Posttag auszuruhen. Kaum hofte ich Fordon erreichen zu können; schöpfte aber Muth das äußerste zu thun, um meinen alten Freund D. Lindner zu fixiren, wenigstens zu consuliren und in
    gantz andern Absichten
, als meiner eigenen Person, zur Reisegesellschaft zu persuadiren. Ich bildete mir ein, daß sein Weg nach Holland gienge. Da wir uns in Berl. bey unserm würdigen, für mich unvergeßl. Landsmann Reichardt einander fanden: war seine Meinung blos mich nach Weimar zu begleiten. Den 28 Jun. kam ich auf dem Posthause zu Mittag in Berl. an mit geschwollnen Füßen, nach 8 schlaflosen Nächten und nach einer Zehrung von 14 fl. den Weg über von 84 Meilen, wenn meines Sohns Rechnung richtig ist. Die erste Mahlzeit in Berl. bekam mir so gut, daß ich den ganzen Vorrath, den ich unterwegs gesammlet und von Hause noch mitgenommen habe, auf einmal von mir gab. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie ich dort die 6 Tage welche ich theils im Bette theils in der Stube zubringen muste, in dem Reichardtschen Hause gepflegt worden bin, und was für eine musterhafte Einrichtung bey einer so zahlreichen Familie herrscht. Man erschrickt über die beyden Tafeln, die jeden Mittag gedeckt sind, und bewundert noch mehr die Harmonie der
    Albertischen
Geistes u Herzens im Ganzen, die edle schöne Einfalt in Wahl und Genuß – Den 1 Jul. besorgte mein liebreicher Wirth alles beym Minister, was ich nicht abzumachen im stande war. So wenig ich auch an Ergötzlichkeiten Antheil nehmen konnte, und an Gesellschaften, habe ich doch den jungen Spalding, Gedicke, den berüchtigten Leuchsenring pp gesehen. Ich ließ mich durch nichts aufhalten u frühe Morgens den 6 Jul. giengen wir mit einem Magdeburger Fuhrmann ab, mit deßen beqvemen Kutsche und guten Verhalten wir so zufrieden waren, daß wir ihn bis nach Bielfeld mitnahmen. Den 8 hielten wir Rasttag, wagte es in Schuhen auszugehen, feyerte das Evangelium von Petri Fischzuge, bestellte einen Gruß an Cons. Funk und überraschte unsern alten Freund Philippi, der denselben Morgen an mich gedacht hatte. Den 10 wurde von Jenisch in Braunschweig überrascht, wo eben Biester beschmaust werden sollte und mit genauer Noth den kleinen Ungemächlichkeiten einer unverdienten Celebrität zu entwischen suchte. Den 13 kam ich in Bielefeld an mit dickern Füßen und muste Qvarantaine halten, schrieb an meinen Alcibiades, der mir seinen Aufenthalt auf dem Gute
    Welbergen
gemeldet hatte bis zu Ende des Monaths, wo ich ihn zu überraschen hofte. Wider Vermuthen erhielt ich mit einer frühern Post eine Einladung nach Münster, wo wir mit Extrapost hineilten und den 16 Jul. ankamen. Hier war eine förmliche Cur nöthig, die sich mit Vomitiven anfieng und mit auflösenden Mitteln so lange fortgesetzt wurde, daß mir alle Lust zu leben darüber vergieng. Da lag ich in einem großen Himmelbette, eine chusse percée zur Seite, und lernte den innigsten Hausfreund
    Ernst
    Druffel
kennen, der diesen Michaelis nach Göttingen geht und nach vielen Ueberlegungen dort das Ius hören wird. Ein junger vortrefl. Mann von mancherley Talenten, mit einer feinen Physiognomie und einem großen Höcker, den er sich durch seine Wildheit erworben. In einem solchen Zustande besuchte mich des Hemsterhuis Diotima – den 23 kam mein
    Jonathan
brauchte hier den Pyrmonter bis zum 4 Aug. den 11 reisete ich von Münster ab u langte Dom. X. hier an, wo Hofrath Abel als Hausartzt sich mit D. Lindner vereinigten mir endlich stärkende Mittel zu geben, nachdem ich mich beynahe während meines ganzen Aufenthalts zu Münster des Fleisches gänzlich enthalten hatte. Kleuker ist seit vorigen Freytag hier und nachdem ich die vorige ganze Woche den Pyrmonter wegen der schlechten feuchten Witterung aussetzen müßen, denke ich morgen wider von neuen in seiner Gesellschaft den Gebrauch dieses Mittels fortzusetzen. An meinem Geburtstag kam die Nachricht von der glückl. Entbindung einer jungen Tochter an, die allen desto erfreulicher war weil Marianne meines Franz junge Frau aus ihrem ersten Kindbette ein
    schleichendes Fieber
behalten hatte, das von dem Arzt in Münster verwahrloset worden war, und weshalb D. Lindner in Gesellschaft meines Sohns nach Aschaffenburg gereiset um den Aesculap dieser Gegend Geh. Rath Hoffmann zu Rath zu ziehen. Meines lieben Franzen Kopf und sein Haarwuchs ist sehr ähnl. dem Gemälde des in seiner Jugend gestorbenen D. Kühn in meiner Sommerstube. Es ist ein eben so liebenswürdiger als außerordentlicher Mensch. Ich wurde durch seine hypochondrische Diät, durch die Krankheit seiner Marianne und meine eigene beunruhigt, daß ich weniger Genuß gehabt, als in diesem
    Elysium
, wo eine Uebereinstimmung und Ordnung herrscht, die nicht schöner noch vollkommener gedacht werden kann. Mein Fritz Jonathan hat 2 Halbschwestern, davon die jüngste
    Mama Lehne
die Seele seiner Haushaltung ist; die älteste
    Tante Lotte
des noch lebenden Vaters unsers nächsten Nachbars Wirthschaft führt. Zwey Bediente No 1. oder Peter und No 2. Wolther, ein Kutscher ein Gärtner, ein kleiner Bursch von Copiste, 1 französische Kammerjungfer, 1 Stubenmädchen u eine Köchin; lauter ausgelernte, gesittete, zugestutzte Leute, die alles mit lachendem Muthe, im Singen und ohne Zwang ihre Arbeit thun. Der älteste Sohn hat seiner seel. Mutter Tochter eine Fräul. von Clermont vor einigen Monathen geheyrathet und das junge Paar ist aus Aachen zum Besuche hier. Der 2te Georg studiert seit Ostern zu Göttingen. Der jüngste Max ist noch zu Hause nebst der einzigen Tochter
    Clärchen
, die einige Stunden von HE. Schenk unterrichtet werden, und die übrigen unter Aufsicht der Mama Lehne oder besondern Lehrmeistern arbeiten, worunter auch der irrende graeculus gehört, und mit ihnen jetzt das Zeichnen angefangen hat, auch die Reitschule bey seiner Widerkunft besuchen soll. In meines Franzen Wirthschaft herrscht mehr Verschwendung, als Ueberfluß. Er ist zu philosophisch, zu gutmüthig, zu abhängig von den Launen seiner Diät und Hypochondrie. Behilft sich mit einem grundehrlichen, aber blos dem guten Willen nach brauchbaren Bedienten. Die liebe Marianne ist von einer Grosmutter erzogen u von ihrer leibl. Mutter scheu gemacht worden, die eine beßere Wirthin zu seyn scheint. Sie hat daher ihre Noth mit den beyden Mädchen, und durch ihre Unpäßlichkeit auch bisweilen zu wenig Gedult wie durch ihre Jugend nicht Erfahrung gnug, verdorbenes Gesinde durch Zucht zu beßern. Frantz hat sich selbst und sie zu lieb um den kleinen Mängeln abzuhelfen oder vielmehr vorzubauen. Sie hat allen Geschmack am Lesen verloren – unterdeßen die beyden würdigen Schwestern meines Jonathans im Shakesp. und Humens Geschichte eben so bewandert sind als in allen schönen Künsten ihres Geschlechts und zugl. eben so sehr der Feder gewachsen. Kurz ich lebe hier in einer wahren Feenwelt, ohne ein Dichter zu seyn. Die Fürstin ist ein Wunder ihres Geschlechts, der alte Pericles und Ex-Minister von Fürstenberg ihr Schatten, und Sie können sich leicht von einer Frau einen Begriff machen, die unausgesetzt jede Woche 2 Briefe von ihrem Sokrates im Haag bekommt, und eben so genau antwortet. Kurz dieser kleine Circul von ausgesuchten Köpfen und Herzen hängt wie eine Klette zusammen, und Sie können leicht denken, wie desorganisirt ich anfangs durch ihren Magnetismum der von allen Seiten gleich stark auf mich wirkt und wie schwer es mir anfängl. geworden meinen 5 Sinnen zu trauen, weil ich alles für Täuschungen meiner befangenen Einbildungskraft ansahe, und noch bis diese Stunde meinen Augen und Gefühlen nicht trauen kann. Wie sehr wünsche ich öfters meinen lieben Crispum zum Zeugen und Teilnehmer meines Glücks, und wie oft entfährt mir der Seufzer: DEVS nobis haec OTIA FECIT. den 24. Ich habe heute meinen Pyrmonter wider in Gesellschaft des olim Prudentius, jetzt Kleuker genannt angefangen und es zum ersten mal bis auf eine gantze Bouteille gebracht. Stieg anfängl. von 3 bis 7 Gläser, muste aber wider auf 4 und 3 herunter, habe
    vor
und
    nach
dem Caffé Oefnung gehabt. Eine Engbrüstigkeit und Heiserkeit beunruhigt mich bisweilen. Der rechte Fuß wechselt, schwillt mehr u weniger den Tag über. Mit meinem Gehirn und Eingeweiden hoffe ich auch allmählig ins reine zu kommen. Gestern Abend erhielt mein Jonathan ein Schreiben nebst der ersten Hälfte der neuesten Apologie. Die andere wird in ein paar Monathen fertig werden. Der Buchdrucker Schlegel in Erfurt ist davon gelaufen und dadurch der Abdruck verzögert worden. Der gewes’ne Canonicus ist 3 Jahr älter als mein erwünschter GastWirth, der es Witzenmann bis an sein Ende gewesen und dem Verf. der eleusinischen Geheimniße und des Ardinghello zu seiner Reise nach Italien und jetzigen Posten in Aschaffenburg verhalf. Er hat sich viele Jahre lang hier aufgehalten – Die beyden Schwestern und noch ein Bruder Eduard sind aus der zweiten Ehe des noch lebenden Vaters, der durch die grösten Unternehmungen, deren Spuren um uns herum wüste liegen und außerordentl. Schicksale sich epileptische Zufälle und eine dadurch geschwächte Vernunft zugezogen hat. Was sagt man zu des gewesenen Preuß. Oberhofpredigers Deduction in loco? Verdient der Mann nicht, mein Beichtvater gewesen zu seyn? und einen △ Hut mit der Feder eines Mamamuschi? Ihr Ruhm ist nicht fein, daß Sie seit 10 Jahren keine Zeile von einem der würdigsten Schriftsteller Preußens gelesen. Sie wünschen sich + Politik und eine andere Moral, als ein armer Sünder hat oder zu haben begehren kann. Freylich schmeckt die Ihrige nach dem Sauerteige Herodis und nach dem Sauerteige der Pharisäer. Wie können Sie in aller Welt einem filio thalami das Fasten empfehlen, und mir abrathen zwier des Tages zu eßen und zu trinken. Wer
    hier schmeckt
, wird
    dort
zu
    sehn
bekommen, wie freundlich der HErr des Weltalls ist. Nein, lieber Crispe, bleiben Sie mir mit Ihrer hypo- und metakritischen Diät und HungerKur vom Leibe. Ein solcher helluo im Lesen und ein solcher Abstinens im recensiren und kritisiren und Richten, daß man sich hier in meinem pythagorischen Silentio und polygrammatischen manischen Schwindel (wie Agrippas Act. XXVI. 25) gar nicht finden kann – Eben erhalte den Nachtrag von Originalschriften der Illuminatensecte v. ihrem Stifter Adam SpartacusIch hoffe den vielversuchten Invaliden beßer zu kennen u tiefer als Sie – Gesetzt, daß mancher irrende Ritter der besten Welt eben so nöthig seyn sollte, als irgend ein moralischer u politischer Clausner wie ich leider seyn muß: so sage ich mit Herzen und Munde: Fiat Voluntas TVA. Keiner lebt ihm selber, und keiner stirbt ihm selber. Ich habe heute ein freundschaftl. Schreiben von meinem lieben Wirth, Landsmann Gevatter und Freunde aus Berl. erhalten. Bis Ostern hat es mit der Wohnung Zeit, aus der ich
    vertrieben
zu werden wünsche; weil ich selbige für meine 4 Kinder nicht brauchen kann und die Zurückkunft meiner Lisette Reinette und die Ersparung der bisher für sie bezahlten Pension für die Bedürfniße künftiger Miethe hinreichen wird, durch Göttl. Seegen. Wir haben ordentl. 6 Gerichte ohne Dessert sind aber von 1 – bis 2 mehrentheils fertig habe nicht nöthig den halben Nachmittag und Abend mit Colloquiis familiaribus und iudiciis trascendentalibus zu verderben. Ach! wenn Sie wüsten mit was für Leckerbißen, Schätzen, Büchern und Papieren ich hier umgeben bin, und gl einem neuen Tantalus mehr sehen und riechen als genießen muß; so würden Sie mir kaum meine Lüsternheit zur Sünde rechnen und Enthaltsamkeit und ephectische Ataraxie predigen, die der Mangel an VerdauungsKräften u Gegenständen und die Schwäche der reinen Vernunft u des guten Willens von selbst verbietet – Eben kommen die beyden Schwestern mit D. Raphael und dem Ebentheurer Michael in mein Zimmer geplatzt. Wir hatten auf den Mittwoch ihre Ankunft calculirt. Da war Freude wie bey den Engeln im Himmel, wenn ein irrender Sünder Buße thut. Michael hat den Ritt zu Pferde nach Grünthal gethan, den alten Vater nicht zu Hause gefunden, weiß von den beiden schönen Schwestern unsers lieben Jacobi, meines alten Gevatters nicht schön gnug zu reden, hat den Vetter Reinold gesehen. Es ist alles in Aufruhr, und wir speisten heute eine Stunde früher zu Nacht, neml. um 8 Uhr. Er ist nach Düßeldorf mit einem Briefe von Wichtigkeit gelaufen, zu meinem alten Freunde Schenk alias Tiro, der Doctor werden wird, wenn die Karten gut gespielt werden und an einer Disputation de Autonomia auf allen Fall arbeitet. Ich bin von der Gen. Adm. und – für einen rasenden Eliasjünger erklärt worden. Helfen Sie mir die Anordnung erklären, wie eine Resolution vom 14 Juni den 8 Sept. an einen abwesenden, der sich bey seiner Durchreise melden laßen, zum zweiten mal addressirt werden kann. HE Pr. Kant Auftrag ist von mir buchstäbl. bestellt worden. Machen Sie Ihren Mittagsgenoßen unsere aufrichtigste Empfehlung trotz unser – der Politik und unserer freyeren Moral und zwiefachen Diät. Nehmen Sie sich der Meinigen an, wenn selbige Rath und That nöthig haben sollten – Grüßen Sie unsern Jacobi, an den ich sobald ich kann, selbst schreiben werde – den Bischofshof und alle, die uns eines treuen Andenkens in der Ferne und bene latentes, ohne all unser Verdienst und Würdigkeit werth halten. Mein Jonathan theilt alle Gesinnungen für Sie und die mir g wie Er gut sind, und trägt mir auf Sie nach Pempelfort zu bitten um selbst meine relationes curiosas bewähren. Vale et faue TVO Hamann Auf dem ersten Stück der
    vaterl. Chronik
von Schubart komt auch der nordische Magus vor nebst seinem Landsmann dem Kr. d. R. V. – Ach! wie vieles hatte ich zu erzählen von M. Seyffer und ppp Auf der Anschrift-Seite: Erst den 28 7br abgegangen, nachdem ich mich erst beym Abgange der Post auf die
    Aspasia
besinnen können. So mürbe ist mein Kopf – Tausend Glückwünsche und Freudenbezeigungen zu einer Tochter die Ihrer vortrefl. Mutter ähnlich werden möge. Autor und Vaterwonne unserem alten Freunde, Erbherren auf Faulen. Ich hoffe selbst alles cum mente sana in corpore sano in Augenschein zu nehmen und mich währender Zeit alten kranken Mann dem besten Andenken zu empfehlen, und selbiges so oft zu erneuern bis ich selbst komme. a Dio, das heist Gott empfohlen. Adresse:
An / HErrn Prof.
    Kraus
/ in /
    Königsberg
.
Signiert mit roter Tinte: Nro 9.
P. den 3 Oct. Liebster Herr Doctor, Reisegefährte, Landsmann und alter Freund, Wir sehnen uns Nachrichten aus M. zu erhalten? ob die Cur bereits im Gange mit unserer Freundin Marianne und wie Ihre Aspecten für den Winter sind? Ihr alter Patient wechselt ärger wie der Mond – Jedermann versichert, daß ich weiter komme, und ehe ich michs versehe, kommen Rückfälle, wo ich alle Hofnung verliere. Mit dem Pyrmonter und dem Gebrauch der China fahre ich zwar fort, wünsche aber, daß die Witterung bald mir befehlen möchte punctum zu machen oder ein claudatur parenthesis. Gestern war alles erträglich und schien den besten Weg zu gehen. Heute bin ich mir selbst unausstehlich, und mit dem Ich verändert sich die ganze Natur um mich herum. Seit vorgestern habe ich das Abendeßen abgeschaft und heute will ich am Tisch vom Ueberbringer Abschied nehmen mit umgewandtem Teller. – Ich wollte Ihnen schon vor 8 Tagen schreiben und eine Recension Ihresr Probeschrift anmelden No 177 der lateinischen Zeitung, wo Ihnen ein lateinischer Schnitzer scheint vorgerückt zu werden
    novatus
anstatt
    nouam
operam. Ich weiß aber nicht, wer Recht hat; denn ein alter Ratio ist meine Suppellex curta, und ich werde bald alles vergeßen; daher ich jetzt zu meinem Trost Mystiker lese und mich an ihre Theoria von der Abgeschiedenheit erbaue. Wir haben den lutherschen Pastor Hartmann und HE Hoffmann zu Mittag gehabt, und Sontags letzteren auf seinem Höfchen zu Stoffel besucht. Mit meinem Appetit zum Lesen sieht es wie gewöhnlich aus; nichts will aber gedeyen und anschlagen. Das Schreiben ist beym Pirmonter verboten und ich habe bisher immer mit einer gantzen Bouteille fertig werden können; aber heute sieht es mit meinem Kopf sehr mislich aus, und ich möchte alles widerruffen was ich gestern dem Hofr. Abel gestanden habe. Mit dem linken Fuß sieht es noch eben so aus. Er schwillte den Tag etwas und ist am Morgen geschlungen. Nun Gott wird helfen Amen! und ein seel. Ende alles Uebels machen. Jonathan,
    Mama
und
    Tante
grüßen und Hans Michel Ihr Reisegefährte empfiehlt sich bestens Ihrem Andenken. Vergeßen Sie nicht Ihren alten wunderlichen Grillenfänger, und erfreuen Sie ihn mit beßeren Nachrichten als er Ihnen leider von sich zu ertheilen im stande ist – besonders mit beßeren von Ihrer Patientin, an der Gott Ihren Fleiß und Ihre Sorgfalt seegnen wolle. Leben Sie recht wohl und vergeßen nicht Ihren alten Freund und Patienten Joh. Georg Hamann. Zusatz Johann Michael Hamanns: Als einen Zusatz zu den Nachrichten meines Vaters, muß ich Ihnen noch die Bekanntschaft, die ich heute mit Prof. Günther aus Duisburg gemacht habe, melden. Er besah unsern Garten in botanischer Rücksicht und hat sich zu einem Tausch noch fehlender Gewächse erboten. Sein Hauptfach soll Anatomie seyn, worin er schon öffentlich viel Stärke gewiesen. Er hat mir sehr gerathen, diesen Winter die medicinischen Collegia in Münster nicht zu versäumen, ohngeachtet er selbst gestand, daß der Unterricht mehr für Wundärzte, als Studierende eingerichtet sey. Vielleicht lernen Sie die dortigen Anstalten jezt näher kennen und dann können Sie mir am besten rathen. Ich empfehle mich Ihrem künftigen Andenken und gebe noch nicht die Hofnung auf, Sie hier oder dort noch einmahl zu sehen. Adresse von Joh. Mich. Hamann mit rotem Lacksiegelrest:
An / Herrn Doctor Lindner. /
Pempelfort den 3 Oct. 87. Mein Herzenslieber Franz, HE. R. Kleuker wird Ihnen den besten Bericht von meinem äußern Gesundheitszustande, als Augen- und Ohrenzeuge abstatten können, den Sie mit der Zeit mit Ihren eigenen Sinnen vergleichen mögen. Ich fahre noch mit dem Pyrmonter fort, und liege unter der dazu nöthigen Quarantaine. Denken und Schreiben verbietet sich selbst. Was im Verborgenen geschieht, weiß Gott am besten.
    Erlösung, Vergebung brauchen wir alle
unter denen ich leider! der vornehmste bin. Die Winterabende sind lang, und Gott wolle uns beyden nur Gesundheit geben, über unsere Grundsätze zu schwatzen, und uns einander, so viel als möglich, verständlicher zu machen. Mein enger Kopf hat kaum zu einer Idee Raum, wenn selbige wie ein Sauerteig aufgeht, und bey meiner jetzigen Schwäche traue ich dem kahlen grauen Schalke nicht, eine Juno von einer Wolke zu unterscheiden, den Körper von seinem Schatten. Mein Vertrauter zu seyn, haben Sie das erste Recht – ohne Feder und Dinte, sondern Aug ins Auge, Mund zu Mund, ohne Unterhändler noch Mittelwerkzeuge. Ich hoffe zu Gott, daß meine Versuche hier und dort, dort und hier nicht ganz mislingen werden. Wenn ich ein unnützer Knecht bleibe: so liegt weder die Schuld an Ihrer That, noch an meinem Wunsch nützlicher zu werden. Aber gnug hievon! Was macht Ihre liebe kleine Gertrud und die kranke Marianne und Ihr Artzt? Diesen will ich selbst um gute Zeitungen mahnen, und hoffe alles im guten und beßeren Zustande zu finden. Unser Freund Ernst wird wahrscheinlich schon abgereiset seyn. Die guten Engel, seine Begleiter, denk ich, wachsamer, als alle menschliche Einschränker seiner Lage, deren
    Undenklichkeit
mich eben ein wenig neugieriger und dringender machte, als ich hätte seyn sollen. Ich kenne aus Erfahrung die Blendwerke der
    Menschenfurcht
. Aber auch bey mir trifft das Sprichwort ein:
    Artzt! hilf dir selber
! Also gut für beyde, nicht vertraulicher und umständlicher hierüber geworden zu seyn. Sagen Sie ihm das beste in meinem Namen, sobald Sie ihm schreiben. Ich und Hans Michel danken beyderseits für ertheilte Genehmigung unsers Unfugs. – Das Faß Roter ist bereits abgegangen und die Proben des angekommenen Malaga werden mit der nächsten Woche befördert werden; doch Ueberbringer wird alle Aufträge, Grüße und Wünsche von uns allen beßer mündlich ausrichten, als ich es schriftlich zu thun im stande bin. Gott seegne meinen lieben Franz, unsere Marianne und die kleine liebe Gertrud reichlich aus den Schätzen des Heils. Ich ersterbe mit Herz, Hand und Mund Ihr alter treuer Johann Georg. Bitte den jungen Detten unserer zu erinnern. Gott empfohlen zum vergnügten Widersehen! Die beyden Bücher habe richtig erhalten Adresse:
HErrn / Franz Buchholz / Erbherrn zu Welbergen /
    Düßeldorf
.
Postvermerke: Detten / Detten
Pempelfort. Elys. den 16 8br 87. Alter lieber guter Landsmann und Freund Vorgestern um Mitternacht kam Diotime an. Gestern frühe habe ich meine Quarantaine geschloßen. Netto 40 Tage den Pyrmonter getrunken. Damit die Zahl der Flaschen der Tage ihrer gleich sey, bin ich noch willens zwey bey gutem Wetter allmählig extra regulam auszuleeren. Nach geschloßener Cur erhielte einen Brief von meiner Tochter, die sich Ihnen mit vielen Knixen bestens empfiehlt, und wenigstens mit dem Munde der Vorsehung dankt, wie ihr alter Vater, daß Gott Sie als einen Raphael zu meinem Reisegefährten und Erhalter meiner Gesundheit und Widerhersteller derselben ausgerüstet und verliehen hat. Sie meldet mir alles Gute vom Tragheim und Licent, und hat mir eine unaussprechl. Freude gemacht mit der Erzählung eines Besuchs, den mein ältester Jugendfreund Christoph Berens mir gegeben in der Absicht mich mit seiner Familie und in seiner Kutsche nach Berl. mitzunehmen. Da er mich nach 30 Jahren nicht zu sehen bekommen: so hat er sich wenigstens an meiner Posterität, und ihrer Magenseite satt gesehen, und Pr. Kraus hat ihm diesen Anblick verschafft. Er bleibt den Winter über in Berl. und wird sich mit seiner Frau und einzigen Sohn den er aus Deßau abholt, bey seiner Rückreise länger in uns. Vaterstadt aufhalten. Die Gestern Abend oder vielmehr in dieser vorigen Mitternacht ist der Ex-Minister Pericles auch angekommen. Es werden Anstalten zur Jagd gemacht und ich liege noch im Bette – und muß mit allem Decoro die Stube hüten. Seit dem 1 d. Monaths eße ich kein Abendbrodt mehr und laße es mir zu Mittage desto beßer schmecken. HE Hofr. A. hat mir gestern Martialia verschrieben und ich werde mit der China und dem noch kleinen Rest ebenfalls schließen. Mart. Solut. Ed. gr. XV. S rad. Ari gr VI. linam. ac. gr. II # alb. gr. X tägl. 3 Stück einzunehmen. Die Fürstin komt mit neuen Versicherungen des Asch. Chirons und seiner Hoffnung zur Genesung unserer lieben
    Marianne
. Ich habe seit dem ich die beyden Stücke des Magnetisten gelesen habe einen kleinen Verdacht u. beynahe Abscheu für seine Stärke in Theorien u Demonstrationen bekommen. Ihren Brief vom 10 d. habe ich mitgetheilt, und machen Sie sich auf die widerholten Instructionen gefaßt, womit sie beladen ist. Sie kennen den Mann und sein
    starkes
Vertrauen auf sein radotage, und es wird Ihnen nicht schwer werden, bey aller mögl. Condescendence Ihr Gewißen unbefleckt zu erhalten. Erfreuen Sie uns bald mit der Fortsetzung guter Nachricht vom Fortgange Ihrer Bemühungen. Es würde Ihnen doch eine Freude seyn den Winter, wenn es nöthig u nützlich ist, unter 2 Reconvaliscirenden aufzuopfern, und gemeinschaftl. Dank der göttl. Vorsehung zu genießen. Unsers Franzen B. Vorschrift zum Silentio pythagorico komt zu spät. Sie bleiben immer wie Apell hinter der Wand des hofnungsvollen Hofartztes, und unter uns wird nur in petto mit 4 Augen an der Erfüllung unserer Wünsche und Ihrer thätigen Ausführung gedacht. Grüßen Sie Coerman wenn er noch da ist. Den 5 8b habe ich einem kleinen Almanach zum Gedächtniße des mit pollnischem Abschiede Reisenden eingetragen. Ich habe einen Hunger zu arbeiten, den ich nicht länger unterdrücken kann. Adelungs Fortsetzung u Ergänzungen zum Jöcher liegen auf meinem Bette und ich möchte gern mit den dicken Quartanten noch heute fertig werden. Bruckeri Historia philosophica und Leibnitii opera omnia müßen hier u in Düßeldorf auch noch genützt werden ohne die Deos minorum gentium in 8. et 12 und was ich noch in Düßeldorf finden werde. Die Illuminaten u Starkschen Acten haben bisher auf dem Teppich gelegen, der alte Hierophant wartet mit Schmerzen auf den 2ten Theil der letzten. Im LXXV Bande der Allg. D. Bibl. ist ihm auch das Ohr gerupft worden, bey Gelegenheit des noch älteren Knaben Dès Marées in Deßau. Der Eremita peregrinans und reconvalescens möchte gern ein Zeichen seines
    Daseyns
von sich geben, wenn es seine Kräfte und Aertzte erlauben. Ich erwarte zuförderst von Ihnen veniam concionandi, nicht mehr in der Wüsten, sondern im Elysio Daß Sie in der lateinschen Zeitung recensirt sind habe ich Ihnen liebster Freund, meines Wißens schon gemeldet. Im 1 Theil des Adelungs habe Akenside’s Observations on the Origin and use of lymphatics vessels in den Philosophical Transactions de ao 757 angeführt gefunden. Anzolii Brief an Pequel in Hemsterhuys messi aura Heidelb. 659 wird von Ihnen gewiß angeführt seyn. Wir haben schon 2 mal hier einheitzen müßen – werden also uns bald nach D. retiriren müßen. Bitte Franz und Marianne den Extrait meines unleserl. Schreibens mitzutheilen und die liebe kleine Gertrud fleißig auch in meinem Namen zu küßen, wozu Sie keinen Leiter nöthig haben werden. Gott gebe, daß wir uns alle gesund und zufrieden in M. widersehen!!! Auch mein Faß ist voll; aber ich muß den Zapfen einstecken. Meinen Glückwunsch an Franz zu Sseinem Muth
    Ausnahmen
zu versuchen, die ihm beßer thun werden als die ewige Regeln und
    peinliche Gesetze
. An dergl. Licentiis poeticis habe ich noch immer Geschmack – Jedermann sagt mir viel Gutes von meiner zunehmenden Gesundheit. Ich befinde mich bey meinem non liquet recht angemeßen, und
    will nichts
    wißen
    La diete des alimens
nous rend la santé du corps et
    celle des hommes
la tranquilleté des ames,
sagt ein sehr liebenswürdiger Freund des JJ Rousseau, ein Saint-Pierre in seinen Epoques Etudes de la Nature an denen ich mich nicht satt lesen kan, und die ich auch meinem Franz mitzubringen hoffe.
    La diete des hommes
ist mein RecipeIch umarme Sie unter tausend Grüßen von Jonathan Mama und Tante, die Sie so gütig seyn werden auszutheilen. Erfreuen Sie bald wieder mit ein paar Zeilen und guten Nachrichten Ihren alten par diete auf dem Bett liegenden Landsmann und übrigens vergnügten Freund JGH. Hans ist auf der Reitschule, und wünscht auch im guten Andenken bey Ihnen u unserm Freund u seinem olim griechischen Nachbar zu bleiben. Gott empfohlen. Adresse von fremder Hand:
An / den Herrn Doctor Lindner / bey Herrn Buchholz /
    in
/
    Münster
.
K. den 18ten Oct. 87 Verehrungswürdiger u. lieber Freund Ihren ersten Brief vom 16ten Sept. habe den 29ten Sept. erhalten, und die beyden Einl. an He Cont. Gomm und Lisette Reinette abgegeben. Den 2ten Brief vom 28 Sept. mit Einl. an He. Prof. Kraus und He Hippel habe den 10ten Oct. erhalten. Ich würde früher geantwortet haben, wenn ich Poetical Library Vol. II. eher erhalten hätte. Gestern habe ich es, Gott sey Dank abgemacht, und bin für mein Herumlaufen dadurch reichlich belohnt, daß ich die Exemplare der fehlenden Subscribenten unterbringen können. Ihr Exemplar gratis habe aufbewahrt, um es Ihnen bey Ihrer Zurückkunft einzuhändigen. Bey Gelegenheit dieser Sache habe auch Ew. Exellenz He Graf Kayserling gesprochen. Die Exemplare vom Alexis, die den 23ten Sept. von dort abgegangen seyn sollen, sind hier noch nicht angekommen. Ich bin sehr vergnügt darüber, daß Sie damit zufrieden sind, daß Ihre liebe Hausmutter die Resolution erbrochen. Den 2ten Oct. war ich bey He. Geheimenrath Hippel gebeten, wo wir feyerlich Ihre und Ihres Sohnes Gesundheit getrunken. Auch habe ich statt Ihrer die alte gute Tante in Sperling beschmauset. Sie scheint nicht darüber böse zu seyn, weil sie mich gar dem Erzpriester Goldbeck zum Capellan in Schacken vorgeschlagen, worüber Ihr Freund Nikolovius ihre Verlegenheit gezeiget, wenn ich es ausgeschlagen hätte, weil ich nur Dorfschulmeister werden will. Doch haben wir uns beyde über ihren Einfall herzlich gefreuet, und ich mich gewundert, daß das Andenken so redlicher Leute, auf die ich nie Rechnung gemacht, daß sie sich meiner im guten erinnern würden, meinen verlohrnen Muth nicht wieder beleben können. Denn bis ietzt erfahr ich noch nicht was Seneka sagt: die Verzweiflung führe zur Gewißheit, und ich harre mit Sehnsucht auf den Augenblick, wo ich mit Petrarch sagen könnte. insin’allor’io gracqui A me noposo, e graue: Da quel di’innanzi a me medesmo piacqui Meine Schwermuth würde bald geheilt seyn, wenn nur mein kranker und matter Körper gesund würde. Mein Trost ist noch einmal in meinem Leben nach Böhmen zu gehen, und mich da zu Töplitz im Teiche Bethesda 6 Wochen zu baden, weil ich dieses Bad, welches ich vor 2 Jahr nur halb eine Woche gebraucht, sehr heilsam für meine Umstände gefunden habe. Ich werde alle Mühe anwenden um dieses noch einmal möglich zu machen. Auf meine Anfrage vom 14ten Aug. an Michael Hamann was ich mit der Einl. vor Herders Schwester machen soll, ist keine Antwort erfolget. Jetzt hat He Nikolovius eine andre Einl. erhalten, mit der dringendsten Bitte selbige zu beförden. Ich habe sie beyde in ein Couvert unter der Adreße an Herder eingeschlossen, und den 9ten Oct. nach Weimar geschickt. Das Päckchen was sSie von dort aus hier bekommen sollten, ist noch nicht angekommen. Den 26 Sept. bin ich bey He Jacobi gewesen, und habe 2 verschiedene Summen Geld erhalten, 90 fl in Dütchen, und 189 fl Courant. Den 27ten habe von der Baronesse Bondely das Quartal nebst Auslagen 124 fl. gezahlt. Die vorige Köchin, die unter dem Deckel der Freundlichkeit und des Scherzes ihre Unarten bis zum Abschied ausgeübet, hat Ihr Haus verlaßen, und eine andre schon ihren Dienst angefangen. Der 4te Theil von Lienhard, und der Mad de la Roche Reisen durch Frankreich ist auch schon eingekauft. Nur hat Lisette die Schweizer Reise, wornach ich’s soll einbinden lassen, ausgeliehen. Sobald ich diese erhalten, worauf ich ietzt dringe werde ich die Bücher zu He. Kanter bringen. Den Dengelschen Buchladen hätte He Hartung bekommen, wenn nicht He Commerz. R. Wulff Lust bekommen hätte, den Laden kaufen zu wollen, der dem Dengel das Priveligium der Zeitung schenken will. Bis ietzt hat ihn noch keiner von beyden. He. Comm. R. hat mich auch einen Sontag auf der Straße ergriffen, und zum Mittagsessen in sein Haus geführet. Ich konnte aber die Mahlzeit nicht vollenden, weil ein Feuer in der Küttelgaße beim Mälzenbräuer Willerbach uns vom Tische verjagte. Doch habe ich die Mahlzeit dem He. Wulff gerne geschenket, nachdem ich sein Münz- und Naturalien Cabinet, das durch das Saturgische sehr vermehrt worden, gesehn. Dergleichen habe ich nie bey einer Privatperson in Deutschland gefunden. He Feldprediger Schröder hat um die 2te Demoiselle Wulff angehalten, die ihr Vater auch gleich willens gewesen, ihm zu geben, wär nicht der Vater einer weit schönern aber ärmern Braut, mit der sich He F.P. Schröder schon als Studiosus versprochen haben soll, mit der ganzen Liebes Correspondenz hingegangen, wodurch He. F. P. die große Fabel des Volks geworden. Die Sache soll bis nach Berlin gegangen seyn. Doch wird vermuthlich He. F. P. mit seiner reichen Braut abziehen. Meinem Oncle Milz, mit dem ich beynahe zerfallen, habe ich Ihre Gratulation mitgetheilet. Er ist aber nicht Ihr Nachfolger im Rhodischen Hause geworden, sondern wohnt ietzt hinter der Münz bey Doc. Braunfisch. Der Mad. Courtant, und Ihren übrigen guten Freunden habe das wichtigste Ihrer Briefe gleichfals mitgetheilet, die sich alle sehr freuen und allen Antheil an Ihrer Reise nehmen. Ueberdem läßt Sie Mad. Courtant bitten, es sich nicht zur Pflicht zu machen ihr zu antworten, und lieber Ihre Cur und Gesundheit abzuwarten. Ihrem Auftrage gemäß habe auch den Secr. Torhoff gebeten, in Berlin alles zum Besten zu kehren. Nur bin ich noch gewaltig scheu in das Haus des He. Jacobi so oft zu gehen, und habe deswegen He. Stein, dem ich begegnet, gebeten, alle Ihre Grüße zu bestellen. Ich bitte deswegen recht sehr um Nachsicht gegen den Misantropen, der übrigens mit aller Treue ist Ihr ewig schuldiger Freund und Diener Hill. Ihre liebe Hausmutter und Kinder grüßen und küßen Sie und Ihren Sohn. Desgleichen alle übrigen Freunde und Bekannte. Der mit der vorigen Post an Sie abgegangene Brief mit Einl. von Ihren lieben Mädchen ist nicht mit meiner Hand mit dem Socrates gesiegelt, weil sondern durch He. Hippel, weil ich der Meinung war, daß lieber Lisette ihn siegeln möchte, um Ihnen vielleicht Unruhe wegen meines Stillschweigens zu ersparen, das ich nicht vermeiden konnte, weil Poetical Lib. Vol. II noch nicht vertheilt war, und ich auch den Alexis noch abwarten wollte, der auch noch nicht angekommen. Ein Compliment an meinem Landsmann He. Prof. Bartola. Auch ist mir das Ende Ihres letzten Briefes sehr dunkel. Ihre liebe H. M. hat noch ein halb Achtel Holz von He. Jacobi genommen. von Hamann am Anfang des Briefes vermerkt: Erhalten den 28 Oct. Dom. XXI. Geantw. den 24 Novbr. u Dom XXV. vltim. des Kirchenjahrs. Vermerk von Hamann: Erhalten den 10 Novbr 87. Lieber alter Freund, Ich erröthe über mein langes Stillschweigen; aber ich kann mir nicht helfen. Auch jetzt bin ich so müde u. matt von Predigt, Kirchen Rechnungen, Briefen, u. andern Amtsschreibereien, daß ich nur diese zerst. Bl. mit einem kleinen Lebenszeichen begleiten kann. Denn ich wollte doch nicht gern, daß Sie solche aus einer fremden Hand empfingen. Alles ist eitel, liebster H., schreiben u. mühen; insonderheit wenn man ewig getrieben wie ein Mühlenpferd in die Runde gehet. Auch Sie haben des Lebens Ueberdruß geschmeckt; möge es Ihnen jetzt in der Fremde wohl u. Ihr hospitium Ihnen die stärkendste Erholung seyn. Meine Fr. empfielt sich Ihnen aufs freundschaftlichste: sie ist ziemlich wohl bei ihren Umständen, nur trägt sie auch wie ich die Last des Lebens., da bald diesem bald jenem ihrer Kleinen etwas fehlt. Fürchten Sie sich nicht, liebster H., es soll Ihnen bei uns so wohl werden, als es Ihnen war, da Sie mich in Riga hinter der Rußischen Kirche besuchten. Auch hier ists hinter der Kirche u. mein Haus liegt wie eine Kloster-Einöde, wo wir uns auch wie zwei Klosterbrüder nach einer langen Pilgrimschaft wieder sehen werden. Meine Schwester ist sehr krank; oder wohl gar schon todt. Vorige Woche empfange ich einen Br. von ihr, den 1. Mai datirt, u. in einem Br. ihres Mannes, vom 3. Sept. datirt, liegend. Ihre klagende, seufzende Stimme darinn geht mir an Herz u. Seele: ich habe an sie, an ihren Mann u. an Trescho geschrieben, um nur Gewißheit über Leben u. Tod zu erhalten. An Jacobi schicke ich kein besonders Ex. der zerstr. Bl., weil ich leider keins habe. Sie sind mir alle aus den Händen gerißen; u. ich glaube auch, daß ihm am Inhalt dieses Theiles nicht so gar viel liegt. Grüßen Sie ihn aufs beste u. entschuldigen es, daß ich das Päckchen an ihn couvertire; ich thue es, weil er die Post frei hat. Was er lesen will, wird er wohl aus Ihrem Ex. lesen. Leben Sie wohl, lieber Alter. Viel Freude u. Gesundheit sei mit Ihnen u. Ihrem Sohn. Herzlich wird es mich freuen, Sie wieder zu sehen; vielleicht schmecke auch ich einen Tropfen Jugend wieder. Viel Grüße ans ganze Jakobische Haus. Ich kann nicht mehr schreiben; ich weiß kaum, wo mir der Kopf stehet. Vale, Veranni mi, vale. Herder. W. 28. Okt. 87 Düßeldorf den 2 Nov. 87. Mit Gottes gnädiger Hülfe, der ich Leben, Gesundheit und so viel neue Wohlthaten zu verdanken habe, bin ich entschloßen mit Anfange der bevorstehenden Woche, den 5 d. von hier wider heimzugehen, und wünsche Sie! Ihre liebe Marianne nebst der kleinen Gertrud, und alles dort zufrieden und vergnügt wieder zu sehn. Von Jonathan, der sich heute beßer als gestern befindet und seit mehr als einem Posttag auf Nachrichten von dort erwartet, werde ich mich, wo immer möglich, mit einem
    pollnischen Abschiede
weg zu stehlen suchen. In Ansehung meiner übrigen
    Unterlaßungssünden
gegen Sie, Herzens lieber Franz werde mich mündlich rechtfertigen, und verspreche mir Vergebung, dem Sonntags-Evangelio zufolge Dom. XXII. Ich umarme Sie, und hoffe, daß es Ihnen lieb seyn wird, Ihren alten Vater verjüngt und lustig und so Gott will, gutes Muthes wider zu sehn. Ihre Handschriften und della Moneta werde nicht ermangeln mitzubringen. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie meinen lieben D. Raphael von dem bald gantz Ihrigen Johann Georg und Michael. Adresse:
HErrn / Franz Bucholz / Herrn von Welberg / zu /
    Münster
.
Münster den 7 9br. 87. Mein Herzens lieber Jonathan, Wie ich aus Deinem Hause herausgekommen bin, weiß ich nicht. Gut für mich war es wenigstens, daß ich nach dem Posthause gefahren wurde. Meine Besorgnis verschlafen zu haben – die elende regnichte Witterung – und der Himmel weiß alles, was mich blind und unsichtbar machte, daß ich weder Sinn noch Muth hatte von der Stelle zu gehen. Außer dem
    Colonel de Bright
waren noch 2 Kaufleute oder Fabricanten aus Wahrendorf nebst einem kranken do ihrem Vetter, dem der Abschied von Düßeldorf sehr schwer geworden war, und der sich den ganzen Tag von dem Valet der vorigen Nacht erleichtern muste, nebst einem Stutzer aus Wismar unsere Reisegesellschaft, die lebhaft gnug war, bis auf den alten Kalmäuser, der nicht Lust hatte den Mund aufzuthun, und leider wenig Geschmack an dem Corps-de-garde – und reisenden Handwerksburscheneinfällen fand. Ich hatte weder in Duisburg Lust zu eßen noch eßen zu sehen, und behalf mich mit 3 Birnen und ein paar Züge Mallaga, womit Mamma Lene uns bedacht hatte, und wofür ich ihr im Herzen nicht gnug danken konnte. Ich freute mich auf einen ruhigen Abend. Mein alter Bekannter, der Vicarius in Dorsten hatte die Grausamkeit uns beide, welche am letzten aus dem Postwagen steigen konnten weiter zu weisen, weil alles besetzt war von 2 Extrakutschen. Ich muste also bey einer dunklen Leuchte und elenden Wetter ein anderes Gasthaus aufsuchen, wo die Postillon-Pferde stehen, fand eine alte Frau mit ihrer Tochter am Kaminfeuer. Es war schon 11 und der Appetit vergangen vor dem Anblick der unreinen Gesichter und Schüßeln. Man wies uns ein kleines aber kaltes Stübchen an mit einem beßern Bette, als ich erwartete, und waren sicher aufgeweckt zu werden, weil der Schwager da zu Hause gehörte und wider vorbey fahren mußte. Gestern kam ich noch unruhiger nach Dülmen; mit einem
    Franciscaner
mehr, an deßen seraphischen Gesichte in der Kutte ich meine Augen, besonders wenn er eingeschlafen war weidete, wurde aber vor Freuden beynahe ausgelaßen, daß ein extrapost uns entgegen gekommen war. Ihre Wahrsagung war also eingetroffen, und meine Furcht, bey einem so elenden Wege in der Nacht zu fahren. Unser Platz wurde durch einen neuen Reisegefährten besetzt, und ich dankte Gott für meines Alcibiades Vorsorge, die mir eine neue arrha seiner Freundschaft war. Seit gestern Abend sind wir also nach Herzenswunsch hier, gegen 9 kamen wir an und der Postwagen hat erst diesen Morgen M erreicht. Gertrudchen hat sich herzlich über den Knopf meiner Schlafmütze gefreut, und konnte sich nicht satt dran sehn. Der Hausartzt D. Druffel wollte eben abgehen, wie wir ankamen. Frantz u Marianne nebst dem Raphael haben gestern Mittag bey Diotime gespeist und der erste ist Sonnabends in Allmodde gewesen, diesen Mittag einen kleinen Anfall von Colicschmerzen gehabt, wodurch unser Mittag ein wenig gestört worden; wünscht aber sehr bald selbst schreiben zu können. Mit Mariane soll es gut gehen, und die Hoffnung nimmt zu. Wilhelm hat eben aus dem Hause geschafft werden müßen, und deshalb die Dummheit im Sinn haben wollen gehabt seine Herrschaft gerichtlich zu belangenverklagen. Mein rechter Fuß hat auch die betise begangen, wider während der Reise zu schwellen, ich hoffe aber, daß es weder von folgen noch Dauer seyn wird – Nun, mein HerzensJonathan, mehr ist es nicht möglich zu schreiben. Ich bin leider! hier schon eben so tief in meine Paradoxologismen gerathen, wie in P. Theilen Sie die innigsten Grüße und Küße meines Herzens und guten Willens von mir und uns allen dem Artzt und seinen Patienten mit, zuförderst an Mama und Tante, und was zu Ihrer Familie gehört, HE Schenck, dem HE Hofrath, dem HE Rector R u Hoffmann. Mehr kann ich heute nicht Vale et faue, mein Jonathan, Tuo Fugitivo Germano. Sobald ich kann mehr – Gott empfohlen. Adresse:
An / Herrn Geheimen Rath Jacobi / zu / Düßeldorf.
Vermerk von Jacobi: Münster den 7ten Nov. 1787. J. G. Hamann. empf den 9ten
Münster den 8 Novbr. 87. Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund Erst jetzt wird es mir mögl. Ihren letzten Brief, den ich den 24 Sept in Pempelfort erhielt, zu beantworten. Gedacht habe ich oft gnug an Ihre Liebe und Treue, die ich in Ihrem Hause genoßen und die mir Zeit lebens unvergeßlich seyn und bleiben wird. Am guten Willen Sie davon zu versichern, hat es auch nicht gefehlt, aber desto mehr an Kräften und Vermögen, denselben mit der That zu bezeigen. Ich habe mich mit nichts als der
    Absicht
meiner Reise, die Ihnen bekannt ist, beschäftigen können. Der Pyrmonter in P. hat mir wohlgethan. Ich habe meine Quarantaine mit 40 Bouteillen vom 21 Sept bis zum 15 Oct. glücklich zu Ende gebracht, den letzten mit dem Reformationsfeste zogen wir nach Düßeldorf. Den 5ten d. reiste ich mit einem pollnischen Abschiede hieher, und bin den 6ten mit geschwollen Füßen wieder angekommen. Mein rechter Fuß war völlig widerhergestellt; durch die zweytägige Reise bin ich durch eine neue Geschwulst wieder beunruhigt worden: sie scheint aber nicht von Folgen zu seyn, und ich bin nun wieder unter der Aufsicht meines lieben Reisegefährten Raphaels, ich meyne unsern Landsmann D. Lindner, deßen Abreise noch eben so wenig als meine eigene Heimkunft abzusehen ist, und der sich Ihrem freundschaftlichen Andenken bestens empfiehlt. So sehr ich auch Ursache habe Gott für die Erleichterung meiner Uebel zu danken: so kann ich doch meinem
    Kopf
noch eben so wenig als meinen
    Füßen
trauen. Mein Magen und meine Eingeweide sind noch eben so wenig in meiner Gewalt, und der Appetit zum Genießen noch nicht so gebändigt, wie es die traurige Disciplin der Medicin ihren Candidaten oder Märtyrern vorschreibt. Mit der leidigen Arbeit des Denkens und Schreibens will es gar nicht fort; und ich habe keine Hofnung mehr ein brauchbarer und thätiger Mensch zu werden. Die zwanzig Jahre des Jochs, das ich getragen habe, sind nicht mehr zu ersetzen, und das einzige, auch klügste, was mir zu thun übrig bleibt ist ein finis coronans opusSie kennen meinen Jonathan, und seine beyde würdige Schwestern. Um alles kurz und sinnlich zu sagen, bin ich dort eben so gepflegt worden, als in Ihrem erwünschten Hause und von Ihrer Familie, an die ich ohne die lebhafteste und zärtlichste Erinnerung nicht denken kann. Wie geitzig ich die Nachmittage genützt, ohngeachtet meiner Brunnencur, meine Neugierde und Lüsternheit unter den Büchern zu stillen, und wie viel zurück geblieben, können Sie leicht erachten – und wie sauer es mir geworden, mich davon zu entwöhnen, und daß ich es für schlechterdings nöthig fand, mich auf Einmal und plötzlich loszureißen und Gewalt anzuthun. Jetzt bin ich wenigstens imstande, den
    Urheber meines Glückwechsels
beßer als bey meiner ersten Ankunft zu genießen. Ich eilte damals nach Pempelfort um einer kleinen
    Gertrud
Platz zu machen, mit der mein B. von seiner
    Marianne
den 24 Aug. erfreut worden. Am 27 ej. kam diese gute Nachricht in P. an wo eben mein Geburtstag gefeyert und der alte Mann mit einem Peltz beschenkt wurde Nun, mein liebster Gevatter, Landsmann, Hauswirth und Freund, werden Sie hinlänglich ermeßen, daß ich mir eben so wenig mit völliger Widerherstellung meiner Gesundheit eben so wenig schmeicheln kann, als aus einem Greise ein Jüngling zu werden. Ein solches Wunder läßt sich freylich nicht natürlicher Weise erwarten: aber desto mehr habe ich Ursache Gott zu danken, daß alles
    erträglich
ist, und dem besten und höchsten Ziele meiner Wünsche
    so nahe als möglich
kommt. Ist dies nicht schon gnug und mehr als zu viel, über all mein Verdienst und Würdigkeit. Was hätte ich in
    einer solchen Lage
Ihnen melden oder durch meinen Joh. Michel berichten können, daß irgend einen Werth für Ihre Neugierde gehabt hätte, oder Ihrer Aufmerksamkeit würdig gewesen wäre. Jac. ist durch meinen Aufenthalt um ein ganzes vierteljahr und um den halben Sommer gebracht worden, ohne daß wir beyde wißen, wo uns die Zeit unter den Händen geblieben ist. Er hat ebensoviel Ursache Gott zu danken, daß er meiner loßgeworden, als ich die gröste Ursache habe Gott und ihm zu danken für alle die Zufriedenheit und Liebe, womit ich ihm eben so wenig überlästig geworden, als Sie und die Ihrigen mich gerne noch einen Posttag länger beherbergt hätten. War es nicht gut, daß ich von
    Ihnen damals eilte
, da eben ein neues Hauskreutz im Anzuge war? und es wird auch ihm gut seyn, daß er wieder zu seiner Arbeit kommen kann, die er mit der neuen Ausgabe seines Spinozabüchleins, wie es unser Claudius nennt schwanger gieng und er durch meinen Besuch davon abgehalten worden. Ich habe nach der Analogie der christlichen Liebe von mir selbst angefangen, und lebe der guten Hoffnung, daß Sie in Ihrer neuen Wohnung alles Gute gefunden haben und immer mehr genießen werden, was ich Ihnen wünsche und von Grund der Seelen gönne, auch mich auf die Zeit freue, noch einmal ein längerer und beßerer Augenzeuge einmal wider zu werden, als ich es das erstemal seyn konnte. Gott laße Ihre lieben Kleinen von Tag zu Tag
    schöner und beßer
    gedeyen
zu Seiner Ehre und zur Freude der Eltern, an deren Wohl ich den innigsten Antheil nehme und immer nehmen werde – und erwecke immer mehr Herzen reicher Edlen, um Sie in den Stand zu setzen und zu erhalten, armen Wanderern Gutes zu thun.   Sie machen mir den Vorwurf von meinen M. Freunden zu
    wenig
geschrieben zu haben. Ich habe dies thun müßen, um der Wahrheit treu zu bleiben, die durch viel Worte und Umständlichkeit leicht beleidigt werden kann. Ich bin erst seit 2 Tagen hier, und wie bey Ihnen glücklich aufgehoben, wie ein Kind vom Hause und ein Bruder von Blut und Gemüth. Die Fürstin und Ihren würdigen Freund den Minister von Fürstenberg habe ich wegen meiner geschwollnen Füße noch nicht besuchen können. Sie ist heute nach Allmodde, einem Bauerhause, wo sie den Sommer so spät als möglich verlängert abgegangen. Ihr Haus und Ihre schöne Bibliothek ist mir offen, und mein Wirth hat mir die besten beyden Zimmer seiner Wohnung eingeräumt; sein Gut Welbergen, wo einer seiner nächsten Freunde Dr. Cörmann lebt, hoffe ich bey dem ersten guten Wege kennen zu lernen. Unserer lieben kränklichen Marianne einziger Bruder
    Detten
ist nebst dem Prof. Kistenmaker, den ich ehstens zu besuchen hoffe der einzige Umgang meines Johann Michels. Um Münster werde ich mich wenig bekümmern. Düßeldorf ist weit lebhafter und volkreicher. Dr. Drüffel, deßen Bruder mein guter Freund hier wurde aber seit Michaelis nach Göttingen gegangen, ist der Hausartzt, den ich heute zum zweiten mal gesehen; er und unser liebe Landsmann Raphael arbeiten mit gleichem Eifer und gutem Erfolge! den 9 – Ich habe schwere, finstere Träume gehabt, da ich fast gar nicht zu träumen gewohnt bin, und ich habe gestern Nacht mit zu viel Leichtsinn es mir schmecken laßen. Meine Füße haben aber zusehends abgenommen, und meine Schwefelpulver haben trefflich gewürkt. Der Caffé hat gut geschmeckt und ein Thélöffel Martis ist auch schon herunter. Dr. Lindner hat einen so lächerlichen scandaleusen Traum gehabt, der sich kaum anders als mündlich mittheilen läßt.
    Franz Alcibiades
,
    Marianne
und
    Gertrud
legten auch ihren Morgenbesuch bey dem alten Mann ab und es wurde manches von unsern bekannten und unbekannten Freunden und Freundinnen gesprochen, bis zu einer sanften Erschütterung der Eingeweide und Nervenfibern. So vergehen unsere Stunden und Tage wie ein Geschwätz, das aus Wohl- und Mistönen zusammengesetzt ist zur Harmonie des Gantzen. Tout comme chez Vous – Nichts von dem schönen Stoff zu witzigen Briefen und langweiligen Reisebeschreibungen, die sich zum Lesen und Schreiben qualificiren. – MINIMUM est quod scire
    laboro
,
schrieb ich zu Pempelfort in das Stammbuch eines nach Göttingen wandernden Magister
    Seiffert
aus Stuttgard. Alles worum sich andere reisende gelehrte und ungelehrtere Handwerksburschen bekümmern, reitzt meine Neugierde nicht weder im theologischen noch politischen noch litterarischen Fache. Ich nehme mit jedermann für lieb, und jedermann, der will, mit mir – Damit wir auch was zu thun haben, und nicht unser Brodt gantz unnütz eßen, hat Hans mit seinem Freunde Detten heute das Engl. angefangen, wird hier die Reitschule und das Zeichnen, womit er zu D. den Anfang gemacht, fortsetzen. Marianne hat mich zu ihrem engl. Sprachmeister ernannt, und weil ich mein welsches fast gänzlich ausgeschwitzt, ist der Doctor L. so gut den Abt Gagliani della Moneta verstehen zu helfen, nachdem ich mehr als einmal durch das Friedländersche Comptoir nach Napoli geschrieben, und den ich wider Vermuthen bey dem alten würdigen Pericles Fürstenberg gefunden. Diesen Mittag haben wir alle Abrede genommen Sie, liebster Reichardt, mit unserer ganzen sokratischen Heerde in Ihrem neuen Hause zu überraschen; – und denn, so lange Sie wollen, zu sitzen. Wenn Sie meinen alten Freund Philippi sehen, so erinnern Sie sich meiner, und ihn an meine deponirte Reisestiefel und die von meiner Lisette Reinette gestrickte Handschuh, die ich nicht vergeßen werde bey meiner Heimreise abzuholen. Ich denke ihm noch mit dem Ende dieses oder zum Anfange des bevorstehenden neuen Jahres ein paar Zeilen zu schreiben. Wenn Sie einen meiner ältesten Freunde, den Rathsherrn
    Christoph Berens
in Berlin zufällig sehen, so erkennen Sie ihn auch dafür und danken ihm für die Liebe, womit er sich in meiner Abwesenheit sich um die Meinigen bekümmert hat. Sagen Sie ihm, daß ich so glücklich bin, als ein abgenutzter Greis auf der Welt Gottes bey allen unvermeidlichen Uebeln der besten Welt unter den Trümmern einer guten Natur seyn kann. Ich wollte schon schließen; zum Glück fällt mir noch Eins bey. Kraus hat mir ein einziges mal seit meiner Abreise geschrieben, und diesen Brief habe ich den 20 Sept. erhalten. Die Hauptsache war mir zu melden, daß er den 5 d. eine Resolution vom 14 Junii erbrochen hatte, von der er Abschrift beylegte, wie folget Das von dem vormal. Packhof Insp. H. zu Kgsbg. bey dem Chef des Kgl. Gen. Accise und Zoll Departements unterm 26 m. pr. eingereichte Gesuch wegen Ertheilung eines freyen Postpaßes zu einer in Privatangelegenheiten von ihm anzutretenden Reise findet deshalb nicht statt, weil dergl. Päße nur denen Accise u Zollbedienten, welche in Kgl. Aufträgen reisen oder zu ihren Posten sich verfügen, nicht aber denen, die in ihren eigenen Geschäften Reisen vornehmen ertheilt werden; übrigens ist Supplicant wegen Vermehrung seiner Pension mit 50 rth schon beschieden worden, weshalb derselbe hiermit zur Ruhe verwiesen wird. Berl. den 14 Junii 87.   Sign. Werder Diese Resolution ist bereits den Posttag nach meiner Abreise eingelaufen, und daher von meinen Leuten retour geschickt worden. Wie selbige so spät zum zweiten mal zurückgekommen, weiß ich nicht, da des HE Etatsministers Excell. von meiner Durchreise benachrichtigt worden. Zugleich bittet mich mein Freund, wegen der Wohnung meiner Familie mir mehr Sicherheit zu verschaffen; weil bis Ostern 88 wohl alles noch in statu quo bleiben, aber weiterhin es sehr zweifelhaft seyn dürfte, und der Brief an Sie nichts von einer
    Zeit
sagte. Aßeßor Fischer, dem ich es nicht verdenken würde, nachdem ihm 3 andere vorgesprungen wären, hätte sich endl. auch als der vierte Competent um diese Wohnung gemeldet, und erwartete posttägl. einen Bescheid, der, wie sich aus der ganzen Lage der Sache vermuthen läßt, leicht dahin ausfallen kann, daß er von Ostern ab meine Wohnung zu beziehen befugt werde – Ich melde Ihnen dieses blos, liebster Landsmann, Gevatter und Freund, ohne Ihnen weiter das
    geringste in dieser
Sache als im
    äußersten
    Nothfalle
zuzumuthen, und überlaße alles der göttlichen Vorsehung, und daß meine Freunde in Kgsb. sich meiner verlaßenen Familie annehmen werden. Weiter habe ich seitdem keine Sylbe gehört. Im Fall Sie dort zufällig etwas erfahren sollten, würden Sie höchstens durch unsern guten Dorow meine Leute darauf vorbereiten. Da Sie so vielen Antheil an meinem Schicksal genommen, habe ich es für meine Pflicht gehalten Sie zu avertiren, daß ich auch auf diesen Wechsel gefaßt bin und seyn muß. Sie werden also diese Relationem curiosam als keinen Auftrag ansehen, sich dieser
    Sache
    weiter anzunehmen
, als insofern Sie zufällig Anlaß bekamen meinen Leuten einen Wink zu geben, und sich darein zu schicken und zu fügen, was Noth zur Pflicht macht – – den 10. Ich bin heute wider mit neuen
    Bewegungsgründen
, zu einer strengeren Diät aufgestanden und habe eine neue Morgenconferenz mit meinem Raphael gehalten, wie dieser Busenfeind zu bekämpfen. Schärfe in meinen Säften und eine Art von Seelenhunger in meinen Begierden scheinen gemeinschaftlich mich zu einem Uebermaas in jedem Genuß hinzureißen, daß ich ohne Bewußtseyn meiner selbst handle, und weder meinen Empfindungen noch Urtheilen trauen kann. Es ist das Werk einer höheren Hand aus diesem Chaos ein System hervorzubringen, und durch ein Fiat Lux den Nebel meiner Atmosphäre zu vertreiben, die mich selbst blind und andern unsichtbar macht. Erfreuen Sie mich, wenn Sie können und wollen, mit guten Nachrichten von Ihrem Hause, und küßen Sie meine verehrungswürdige und liebreiche Frau Gevatterinn mit allen, die in
    Berl
. und zu
    Hamburg
Ihnen angehören – Unter Ihren
    kleinen
erinnere ich mich zuförderst meiner Pathin. In Pempelfort und Düßeldorf und hier in Münster denkt man Ihrer und der Ihrigen oft und im besten. Freund Raphael und Hans Michel stimmen in meinen Gesinnungen überein. Freund Sennebald, den neuen Prof. Sp. und was sonst – überlaße Ihrer freundschaftl. Vorsorge, wie auch alle Mängel und Lücken meines Briefstyls zu ergänzen und auszufüllen. Ich ersterbe Ihr alter unvermögender Oedipus und GevatterJoh. Ge. Hamann
Münster den 13 Nov. 87. Herzlich geliebteste Gevatterin und Freundin, Den 4 Oct. wurde ich mit Ihrer liebreichen Zuschrift erfreut und ganz Pempelfort nahm an meiner Freude Antheil. Ich habe 40 Bouteillen Pyrm. ausgeleert, und damit meine Quarantaine glücklich geendigt, die nicht gantz ohne Gedeyen gewesen. Mein Appetit ist noch immer unbändig und mir unerklärlich. Ich habe den October über durch das Abendeßen so viel möglich zu vermeiden gesucht. Mein rechter Fuß war völlig hergestellt und geschlungen, aber der linke blieb wandelbar. Mit dem Gefühl meiner Erholung wurde auch eine Munterkeit mir und andern beynahe gefährlich. Auch die Nahrung meiner Neugierde, die ich in dem Schatze meines Jonathans an Büchern und Briefen zu stillen suchte, wuchs mir über den Kopf, und auf einmal wachte in mir meine Bestimmung auf, den Urheber meines Glücks hier aufzusuchen. Von Mariannens Umständen, die den 24 Aug mit einer jungen
    Gertrud
niedergekommen war, erfuhren wir in P. nichts. Mein lieber Reisegefährte Raphael war mit Hänschen den 8 Sept. nach Aschaffenburg abgereiset um den Geh. Rath Hoffmann über die Auszehrung, womit Marianne bedroht wurde, nach glückl. Entbindung zu ihrer Cur rathzufragen. Hänschen begleitete ihn zu seinem großen Vergnügen und seit dem 26 Sept war D. Lindner hieher gegangen um seine neue Patientin hieselbst abzuwarten – Den letzten Nov. geschah unser Einzug in Düßeldorf, wo mein Jonathan eins der schönsten, prächtigsten Häuser besitzt, dicht am Thor und am Wall der Stadt. Zwey der schönsten Stuben wurden uns beyden, Vater u Sohn, hier zu Theil. Hier wurde die Versuchung noch größer, bey
    der
    ganzen Bibliothek
, für meinen schwachen Kopf und unersättl. Magen. Ohne Gewalt war die Scheidung unmögl. und ein neuer Rückfall meiner gestützten u geflickten Gesundheit noch gefährlicher. Die Vorsehung verließ mich nicht und ich verschwand mit meinem Sohn den 5ten dieses aus meines Jonathans Zauberschloße, mit einem pollnischen Abschiede, ohne selbst zu wißen wie? Der Postwagen war voll, die Witterung kläglich. Ein
    Colonel de Bright
, der sich in Pempelfort als ein Avanturier gemeldet und den Tag vor unserer Abreise um Empfehlungen an die Princeßin Gallitzin gebettelt hatte, beschäftigte und ermüdete meine Aufmerksamkeit. Ich war Dienstags zu Mittag gantz erschöpft – wurde aber beynahe entzückt, wie mir der Postmeister auf der letzten Station vor Münster in
    Dulmen
zum freundl. Willkomm meldete daß eine Extrapost, die Alcibiades mir entgegengeschickt hatte, unserer erwartete. Ich dankte Gott und fühlte mich wie neugeboren, wünschte unserer bisherigen Reisegesellschaft gute Nachfolge, die erst den Morgen drauf angekommen und wir waren schon vor 9 Uhr Abends just zum Abendbrodt und fanden
    Frantz, Marianne
und unsern
    D
.
    Raphael
auf uns warten voller Freuden und Zufriedenheit von allen Seiten. Die ganze Familie war eben zu Mittage bey der Princeßin gewesen, bey der man meine Gesundheit getrunken hatte, und einen baaren Kuß von Mann und Weib. – Den Sonntag XXII hatte ich in Düßeldorf den ersten Versuch gemacht meine Stiefel anzuziehen, ich that daher die Reise gestiefelt, und darüber waren die Schuhe vergeßen worden. Bey meiner Ankunft waren meine Füße stark geschwollen, der rechte ärger als der linke. Ich wurde sehr niedergeschlagen und gerieth in eine schwermüthige Furcht alles gewonnene wider verloren zu haben. Den 10 that ich den ersten Spatziergang in Stiefeln, und erhielt einen zärtl. Brief von Jonathan nebst einer Einl. aus Weimar und der
    dritten
Sammlung der Zerstreuten Blätter, die ich aber noch nicht habe ansehen können. Den 11 Dom. XXIII. gieng Frantz in sein 29 Jahr und es war eine gute Ahndung gewesen, die mich angetrieben hatte ohne es zu wißen, denselben hier feyern zu können. Vormittag habe ich hier die ersten Kirchen besucht und den würdigen Ex-minister von Fürstenberg, meinen hiesigen Pericles, der sich herzlich freute mich so ziemlich erneuert und verjüngt wiederzusehen. Er hatte mir ein Werk meines Lieblingsautors Gagliani vom Münzwesen nach Pempelfort geschickt, den Mann selbst in Paris gekannt, und bot mir sehr grosmüthig den Gebrauch seiner ganzen Bibliothek an. Seine
    Adelheid
, Hemsterhuisens
    Diotima
, und Aspasie- Diaphane, ich meyne unsere Princeßin hat gleichfalls die Schlüßel zu der Ihrigen für mich zurück gelaßen, und die Erlaubnis gegeben so oft ich wollte Caffé bey ihr zu bestellen. Ich bin willens heute den Anfang zu machen. Sie ist auf Ihrem Bauersitz Allmodde – O wie viel werde ich Ihnen, liebste Gevatterin u Freundin, von dieser großen und guten Seele erzählen können, die mehr als schwesterlich Ihnen verwandt ist. Hans Michel hat eben einen neuen Ueberrock angezogen, den ihm Marianne u Frantz haben machen laßen, um Ihnen die Hände zu küßen und sich Ihnen und Henriettens nebst den übrigen Genoßen und Freunden Ihres Hauses bestens zu empfehlen. Er wird die
    Reitschule
welche er zu Düßeldorf nebst dem
    Zeichnen
angefangen, hier fortsetzen, und hatte mit
    Max
das Griechische angefangen, wurde auch dafür an seinem Geburtstage mit einem neuen schönen Rocke ausstaffiert. Marianne hat mich zu ihrem Sprachmeister im Engl. angenommen, mit meinem D. Raphael übe ich mich ein wenig im ital welches ich beynahe vergeßen habe. Nun liegt mir noch eine Reise nach
    Wellbergen
im Kopf; vor welcher ich aber noch erst die Hütte zu
    Allmodde
sehen muß, ehe die Muse nach der Stadt zieht. / Gestern Nacht – denn leider ißt man hier u zu Düßeldorf immer erst um 9 Uhr u Mittags um 1. habe ich zum ersten mal mit dem hiesigen Hausartzte D. Druffel, einem Bruder meines nach Franz zweiten hiesigen Freundes gespeist, der zu Michaelis nach Göttingen abgereiset ist. Ich habe Ihnen schon gemeldet meines Wißens, daß mein lieber Alcibiades in seiner Wirthschaft der gröste Philosoph auf Gottes weiten Erdboden ist nächst mir, und meines Jonathans seine in P. und D. ein Muster von Ordnung, die er seinen beyden Schwestern, der Mama und Tante zu verdanken hat. Ich bin 3 Monathe, weniger einige Tage, kein Müßiggänger der
    hohen Schule
zwischen den beyden Amazonen gewesen, die ich wie Schwestern geliebt und bewundert habe; und ich werde auch an dem hiesigen
    Reichstage
vermöge meines
    pollnischen Indigenats
Antheil nehmen müßen. Dort habe ich meinen cursum absoluirt, und hier hoff ich noch mehr, mit Gottes Hülfe nicht gantz umsonst
    hergeschickt worden
zu seyn, und glaube an beyden Arten mein
    Element
gefunden zu haben,
    Nahrung
und
    Beruff
. Daß s Seine Hand mein Schicksal regiert und am Steuerruder wirkt, fühl ich täglich mehr. Ich habe gestern Mittag zum ersten mal außerhalb meinem Vaterlande Ithaca graue Erbsen geeßen, und ich hab es auch meinem Michael angesehen, daß er sich nicht so gut zum Cosmopoliten qualificirt als unser gute D. Raphael. Sie werden uns also, liebste Freundin und Gevatterin mit Göttlicher Hülfe in Ihrem Hause widersehen, aber die Zeit ist in Seiner Hand und nicht in unserer Faust, hängt auch nicht von unserm Calcul ab. Der mich unter so viel
    Wundern
und
    Zeichen
hergeführt hat, wird mich auch mit Fried und Freud heimbringen ins rechte Vaterland! Kyrie, eleison. und mir jeden Himmel, jedes Elysium auf Erden zu verleiden wißen. Bisher ist es immer wie auf der Hochzeit zu Cana gegangen, wo es auch hieß: Meine Stunde ist noch nicht kommen. Sobald die schlägt, hilft kein Herzmütterchen! nicht und meine Füße sollen denn weder dicke seyn, noch müde werden. Ich werde sie brauchen können, wie ein Adler seine Flügel. Gott bezahle es Ihnen, daß Sie auch für die Meinigen sorgen, und vergelte es reichlich den Ihrigen, die ich sämtlich und sonders in Gedanken umarme und in Gesellschaft derer, die ich hier die Meinigen nenne, alles Gute wünsche. den 14 – D. Raphael wollte mich heute magnetisiren, aber ohne Erfolg. Wir lasen gestern des
    Gmelins Brief
an den ehemals hier lebenden Dr. Hoffmann. Ich bin gestern bey Diotima gewesen und habe auf ihrer Bibl. mir den Caffé gut schmecken laßen. Morgen komt sie vom Lande zurück. Ach! liebste Freundin, wir würden Sie in dem Creyse, wohin mich die Vorsehung versetzt hat, hier auch wie in Ihrem
    Elemente
seyn. Was für eine Welt! was für neue Erscheinungen! was für Ideale der Menschheit! von denen sich kaum bey uns
    ahnden
läßt, wenn man auch so glücklich in seinem Suchen gewesen ist, wie ich es im Geruchnuß der wenigen, mit und unter denen ich gelebt. Wie angenehm wird es einmal seyn, davon zu schwatzen und sich deßen zu erinnern – und wie viel wird es kosten sich wider zu
    entwöhnen
, woran man sich gesund und groß gesogen hat. Hans hat heut die
    Reitschule
angefangen bey einem Oberbereiter Weyrothen, einem beßeren Bruder des ehemal. Avanturiers, der mit Ehrenreich in Verbindung stand. Der alte Pericles hat sich um Reiten und Fechten sehr verdient gemacht, durch die Neigung zu diesen Leibesübungen, die hier auf einem gantz neuen wißenschaftl. und mathematischen Fuß getrieben werden. Der Fechtmeister Miquel ist ein tägl. Gesellschafter der Fürstin, die mit Freuden auch meinem Sohn diesen Vortheil wird angedeyen laßen. Eben erhalte einen Gruß von unserm lieben Hartknoch in einem freundschaftl. Briefe von meinem alten Correspondenten Prudentius, vulgo Kleuker, mit dem ich 14 Tage in Pempelf. den Brunnen getrunken habe. Das erste Buch, was ich hier gelesen, sind die
    Schwärmer
oder
    Theobald
von dem berüchtigten Jung, das mir viel Gnüge gethan, besonders der erste Theil. In Pempelfort war das erste Buch des
    Hallers
Recensionen besonders theologischer Bücher, an denen ich auch meine Freude gehabt, und besonders war mir sein Tagebuch merkwürdig. Aus der Me de la Roche ihrem Journal habe ich 2 Bücher kennen lernen,
    Etudes de la Nature
von einem der nächsten u. würdigsten Freunde des J. J. Rousseau und die
    Lettres Helvetiennes
,
die ich Ihnen gern wünschte. Jon. hatte die ersten selbst ohne den Werth des Buchs zu kennen, und verschrieb sich die letzten. Die Pomona steht in genauem Briefwechsel mit Mama Lehne, wird aber sehr ungl. beurtheilt. Ich habe von ihren Briefen u Handschriften zu lesen bekommen, Ihr Kupfer u mehr als einen Gruß, fürchte mich aber vor allen neuen Verbindungen, weil ich an den wenigen
    genug
und
    mehr
habe als ich bestreiten kann. Nach dem Tode des seel. Hennings ist der Rathherr Christoph Berens aus Riga der
    Dechant
oder Älteste meiner noch lebenden Freunde. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr mich sein Andenken u der Besuch bey der Bar.onesse gefreut und erqvickt hat. Meine Lisette Reinette komt den 28 Xbr. wider zu Ihrer lieben Mutter u Schwestern. Ich denke noch vor Verlauf der Zeit an meine alte Wohlthäterinn zu schreiben. Sie werden auch bey dieser Veränderung meine Abwesenheit ersetzen, und sowohl meiner Tochter als ihrer gnädigen Tante behülflich seyn. Wegen meines Eleasar Hill bin ich in Sorgen, daß er in meinem Hause nicht Genüge hat noch selbiges anzuwenden weiß, wie ers verdient, und wie ich es mit ihm gemeynt habe. Ich hoffe doch wohl, daß meine Mutter soviel haben wird, mit ihrer Haushaltung auszukommen. Lehnchen hat mir mit einem kleinen Briefe viel Freude gemacht, weil sie mir von allem Gartengeköche Rechenschaft gegeben. Wenn sie den Brief selbst geschrieben, und ein wenig fertiger so aus ihrem eigenen Gehirn schreiben könnte: so wäre ich weit beßer zufrieden, als mit den Knicksen und Complimenten, worinn mein liebes ältestes Mädchen zu sehr eine Lisette Reinette mir zu spielen scheint. Ich mag das gute Kind nicht gern mit dem Eindrucke, den Ihre Briefe auf mich gemacht haben oder machen, betrüben oder beunruhigen; da ich ohnehin Ursache habe gegen meine guten so wohl als bösen Eindrücke mistrauisch zu seyn. den 16 des Morgens gegen 8. Der helle Morgen hat mich heute zum ersten mal munter gemacht aufzustehen und das ganze Haus zu wecken. Vielleicht besuche ich die Pr.inzessin welche gestern angekommen u eine Tagreise mit Perikles thun will. Ihnen, liebste beste Freundin! überlaß ich die Sorge mir zu berichten, ob und wie meinem Hill zu helfen steht und ob es ihm am guten Willen oder reinen Vernunft fehlt, klug und zufrieden mit den Umständen seiner Lage zu seyn. Meinetwegen soll er nicht das kleinste Glück, das ihm aufstoßen könnte, verscherzen oder von sich weisen. Gott wird mein Haus wol hüten und in Seinen Schutz nehmen, daß er deshalb ohne Besorgnis wie ich selbst seyn kann. Ich habe bey meinen Maasreguln so wohl auf ihn als mich selbst Rücksicht genommen. Seyn sie so gütig sich deshalb erst mit meiner lieben Hausmutter zu besprechen, ehe sie ihm selbst auf den Zahn fühlen, oder ziehn Sie allenfalls meinen Prof. Kraus zu Rath, der auch oeconomica beßer für andere als sich selbst versteht. Eine philosophische Haushaltung wie meine und die jetzige, ist ein sehr unterhaltendes und erkenntliches Schauspiel für einen treuen Beobachter. C’est du comique larmoyant, eine dem Gaumen auffallende Mischung von Süß und Sauer – zu deßen Genußschmack man durch Ueberredung genöthigt werden muß. Kom eben von unserer Diaphane, die aber schon mit Pericles und ihrer Familie nach einem Städtchen Laar gefahren zum Schulexamen. Dies gehört zum Departement des würdigen Exministers, und Erziehung ist sein und ihr Steckenpferd. Eine Tochter von Henriettens oder Lieschen Alter, ein Sohn à 16 und eines Bruders Tochter, Gräfin von Schmettau, ein kleines allerliebstes Wundergeschöpf, ein wahres Sibyllenkind – Ein gewißer M. Haas ist der Aufseher, sieht mehr nach einem Aumonier als Mentor aus. Frantz habe zum ersten mal in seinem Schlafapparatu gesehen, liegt wie ein poupon eingewickelt im Bette, der sich unter seinen Decken und 7 Häuten nicht rühren kann; Marianne war schon geputzt und wurde unten von ihrer Mutter erwartet. Mit welcher Sorglosigkeit ich hier lebe, läßt sich nicht beschreiben. Wenn noch ein Endchen Tocht in meiner Lebenslampe übrig ist: so fehlt es ihr weder an Oel noch Wein zur Nahrung und zum Heil meiner Wunden und zum Ersatz meiner verlornen Kräfte; die ich aber zu Rath halten muß, wenn ich meine Heimath widersehen soll. Am XI Dom. verzagte ich beynahe an allem, und erlag unter den Reinigungen und Abführungen – Weder Othem noch Füße wollten mehr fort. Meine Brust ist nun ziemlich frey, mein Othem wird immer stärker, mein zwar schwacher Kopf immer heiterer und leichter, mein Seelenhunger lenksamer. Jedermann sah mich mit Mitleiden an, und die mich lieben, wundern und freuen sich, wenn es mir wie allen Genesenden geht, oder ich die hinten und vorn ausschlagen von Kitzel und Muthwillen des Selbstgefühls. Auch nützlich zu werden hab ich hier ein großes Feld – und Sie wißen, wie schwer es mir wird, langsam zu gehen, und wie bald ich im Laufen ermüde. Also Gedult hat man zu allem nöthig, und auch die hängt von den zunehmenden Kräften ab, die ich von Gott erwarte zu allem, wozu Er mich beruffen hat in diesem Weinberge – Alle meine wenige und seltene Freunde sind die Ihrigen und denken Ihrer im Besten. Was für ein schönes Trio würden Sie hier zwischen Mariannen und Diaphanen, und zwischen den beyden Amazonenschwestern meines Jonathans. Glauben Sie es mir im Ernst, daß dergl. Ideen bisweilen angezapft werden, und daß der Prediger in der Wüsten samt seinen andächtigen Zuhörern und Zuhörerinnen sich bisweilen berauscht und Mühe hat dergl. Grillen zu unterdrücken und wider auszulöschen, wenn sie in Brand gerathen. Wir wollen aber keiner Versuchung eine Erlösung von allem Uebel zu verdanken haben: sondern lieber alles mit
    Enthaltsamkeit ertragen
, wie mein politischer Freund Crispus vermahnt. den 17 im Bette. Das frühe Aufstehen bekommt mir noch nicht; ich muß die Morgenstunden im Bette abwarten. Gestern war ich den ganzen Vormittag schläfrig und mein linker Fuß des Abends geschwollen. Daß ich meinen Kopf noch zu keiner Arbeit brauchen kann, und wie unbeholfen ich zum Schreiben und Denken bin, werden Sie aus dieser Probe ersehen. Wegen des Porto verlieren Sie kein Wort mehr und eben so wenig Groschen. Das pollnische Porto ist gnug. Ich muß hier in allem freygehalten werden nebst meinem Michael, der sich Ihnen nochmals herzlich empfiehlt und alle Ursache hat Gott für unser Schicksal zu danken. Unser Reisegefährte bleibt auch den Winter über hier, weil man ihn nicht weglaßen will, und er hier nützlich und brauchbar ist, und nimmt an meinen Gesinnungen für Ihr Haus mit Blut und Muth Antheil. Vergeben Sie einem alten kranken Freunde das gantz abscheuliche Geschmier und Gewäsche. Wenn ich dort wieder seyn werde, soll alles mit mehr Sinn und Geist ausgelegt werden, was sich durch den todten Buchstaben nicht ausdrücken läßt – In meinem Kopf sieht es wie am Cartesianischen Himmel aus – alles voller Wirbel, die ein beßeres System, als ich jetzt zu zeichnen imstande bin, vertreiben und aufklären wird. So lange müßen wir beyde schon warten u Gedult haben. Ich küße Ihnen Hand und Mund mit den freundschaftlichsten Wünschen der dankbarsten Liebe und Hochachtung, mit der ich zeitlebens schuldig bin zu seyn Ihr alter Freund u Gevatter Joh. Georg H. Ich erwarte heute den ersten Brief aus Düßeldorf und habe blos ein
    Aviso
meiner glückl. Ankunft bisher ertheilen können – muß also auch schreiben und alles aufwärmen – aus Mangel der
    Zeit
und der
    Kräfte
. Gott seegne uns! Amen. Liebwertheste Freundin und Gevatterinden 24 Nov. 87. Heute vor 8 Tagen lag ich im Bette, und hatte nach dem an Sie geendigten Briefe, einen an meinen Jonathan angefangen als die vortrefl. Fürstin mit ihrer ganzen Familie erschien, und ehe sie aus dem Thore nach ihrem Bauersitze zu Fuß gieng, uns mit Gruß und Kuß vorher seegnen wollte. Vorgestern wurde hier das Fest der heil. Caecilia gefeyert, ohngefehr so ein Fest wie bey den Juden meines Namensvetters für die Jugend. Die Nacht drauf wurde ihr zu Ehren ein Ständchen gebracht, daraus eine garstige Schlägerey mit der Wache entstanden, die sehr mishandelt und blutig geschlagen worden. Ein Doct. Juris, 2 Vicarii, wie man hier die Candidaten Theol. nennt p sind als Burschen u Rädelsführer nunmehr erkannt worden, werden aber wohl der Strafe entgehen, weil die hiesige Justice mehr ecclesiastisch als militairisch ist. Ich habe von dem Ständchen und Lerm nichts gehört, wurde aber durch einen Tumult in meinen Eingeweiden aufgeweckt, und durch von einem Durchfall heimgesucht, der mich sehr abmattete aber auch sehr heilsam für mich gewesen. Der Anlaß war der Gebrauch neuer Chinapillen statt der bisherigen Eisenmittel. Mein linker Fuß ist seitdem so geschlungen daß er kaum von dem rechten mehr zu unterscheiden ist, und D. Raphael sehr mit der kritischen Perturbation zufrieden. Bey der reichen Diät, die in Düßeldorf und hier gewöhnlich von 4 und 5 Gerichten, bey dem alten Rheinwein, den ich gewöhnlich trinke und dem Gläschen Alicante, den
    Frantz
zu seinem Leibwein hat und von dem ich bisweilen koste, war eine kleine Ausleerung höchst nöthig. Heute feyren wir den Geburtstag unseres kleinen
    Engels
Gertrud, die just das erste Vierteljahr ihres Lebens schließt. Es ist ein frommes liebes Kind, das dem alten kranken Mann gut zu seyn scheint, und besonders sich an der Troddel seiner Schlafmütze nicht satt sehen kann. Ich lege Ihnen eine Einl. an unsern lieben Prof. Kraus offen bey, der diese licentiam poeticam nicht übel nehmen wird, so wenig als Sie, weil ich glaube, daß Sie gegenseitige Assistentz nöthig haben werden um meine Insectenschrift zu lesen. Ich erwarte heute Briefe aus Düßeldorf; Gott gebe daß ich mit
    Einl. aus Kgsb.
zugl. beseeligt werde, auch von Ihrer lieben Hand, die ich küße und
    mich
Ihrem Andenken nebst den meinigen hier und dort bestens empfehle. Gott erhöre alle Wünsche, die ich thue; doch Seine Gnade übertrifft unendlich alles was unser Herz ersinnen und begehren kann. Sie ist über uns Allen und allenthalben jeden Morgen, Mittag und Abend neu und unerschöpflich für jeden, der darauf
    merkt
. Aus Pempelfort und Düßeldorf und von meinen jetzigen Wirthen und Hausgenoßen werden Sie auf das zärtlichste und innigste gegrüßt. Daß ich an unsers seel. Kreutzfelds Reliquien gedacht in Berl. – habe ich Ihnen meines Wißens schon gemeldt. Ich habe soviel mit den Lebendigen zu thun, daß ich mich um die Todten wenig bekümmern kann, und Sie wißen, daß ich jede Autorschaft als die Excremente der menschl. Natur ansehe, um die man sich nur als Kranker oder Artzt, daß heißt, Diener der Kranken bekümmern muß. Es ist Mittag und ich freue mich aufs liebe Eßen und Trinken, und eben so sehr auf den Augenblick beydes wieder los zu geben werden und der Erde wieder zu geben, was aus ihr genommen ist. Vergeben Sie mir diese ungezogene Natursprache. Sie ist die Mutter meiner dürftigen Philosophie, und das Ideal dieser ungerathenen Tochter, welche mit ihren Füßen auf der Erde steht und geht, nur mit ihren Augen den Himmel erreichen kann, von ferne, von weitem und je länger, desto dunkler. Je mehr die Nacht meines Lebens zunimmt, desto heller wird der Morgenstern im Herzen, nicht durch den Buchstaben der Natur, sondern durch den Geist der Schrift, dem ich mehr als jenem zu verdanken habe Erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihrer Gesundheit und dem Wohlbefinden der Ihrigen. Entschuldigen Sie mein Geschwätz und Geschmier. Meine Gedanken schweifen so weit herum, und ich werde so öfters gestört, daß es unmögl. ist selbige in Ordnung zu bringen. Leben Sie recht wohl, und erinnern Sich immer im Besten Ihres alten Freundes u Comp. Joh. Georg H. P. S. In der deutschen Zeitung steht ein Mährchen von einer Rabenmutter dort, die ihr Kind durch eine barbarische Zucht umgebracht. Ist die Geschichte wahr, und ihr Name bekannt? so melden Sie uns doch denselben. Blaugraues Couvert mit Adresse, rotem Lacksiegel (Wappen) und Postvermerken:
à Madame / Madame Courtan / née Toussaint / à /
    Koenigsberg
/
    en Prusse
.
Hildesheim Bogen mit roter Tinte signiert: Nro 15 A. Zettel mit roter Tinte signiert: Nro 15 B.
Dußeldorf den 16ten Nov 1787. Der Winter ist da, aber die Leute hören noch nicht auf zu reisen. Heute vor 8 Tagen, da ich eben das Packet an Buchholtz gesiegelt hatte, trat Neßelrode, der v Aschaffenburg zurück kam, mit allen seinen politischen Angelegenheiten in mein Zimmer. Damalen kündigte er mir einen Cavaliere Landriani aus Pavia an, der die Reise mit ihm gemacht hätte, bey ihm logieren u noch ein besondres dringendes Empfelungsschreiben an mich hätte. Beyde kamen den Abend zu mir, u da ich am folgenden Morgen meinen Gegenbesuch, etwas spät, machte; mußte ich zum Mittagseßen bleiben. Landriani ist ein guter angenehmer Mann, der viel weiß u sich emsig um noch mehr Kenntniße bewirbt; übrigens ganz ein Philosoph nach der heutigen Art, voll Eroberungsbegierde
    der Qualität aus der Quantität
. Mir kam der Gedanke, ob die Leute nicht einmahl auf den Versuch gerathen würden, das Reden so weit zu vervollkommnen, durch Analyse der Töne u ihrer Verhaltniße, daß ein Verständniß ohne Gedanken dadurch möglich würde. Größere Vollkommenheit d Rede erleichtert ja Aufmerksamkeit, Combination, u.s.w: warum sollte nicht eine Vollkommenheit möglich seyn, die vollends alle Thätigkeit des Geistes unnöthig machte. – Mir war sonderbar dabey zu Muth, dies einmahl wieder so
    ganz rein
vor mir zu haben: diese Forschungs Art, u diesen Geist der großen Welt; beydes zwey Mahl, oder daßelbige doppelt, aber der Proportion nach im umgekehrten Verhältniß. Bey dem lebhaften Gefühl dieser Consonanz, erschien mir meine Dißonanz daß ich sie wie mit Händen greiffen konnte. Wie einem unter solchen Umständen zu Muth ist, hast Du wohl ofter u stärker gefühlt als sonst ein Mensch auf Erden. Alles lief doch ganz erträglich ab, u ich behauptete unter andern die Absurdität, daß Lavater eins der größten Genies v Europa sey, u bewies, daß es keinen schrecklieneren u gefährlichern Aberglauben gäbe, als das Vertrauen auf die gesunde Vernunft. In Absicht des letzteren that mir die Geschichte des Illuminatismus so treffliche Dienste, daß ich fühlte, wie mir der Lorbeer rund um den Kopf hervor wuchs. – Ich erzehle so viel v Landriani, weil er noch immer hier ist. Gestern kam er v einer Excursion nach Elberfeld zurück, u heute speist er zum 2ten Mahl bey mir. Nach Tische muß ich der Marschallinn DeMuy aufwarten, die auch angekommen ist, u zwar schon vor drey Tagen. Daß ich von Dir weiter gar nichts erfahre, ist weder schön noch gut. Ich habe seit dem 3 Briefe erhalten die Dich mit angehen, u die ich Dir deswegen schicke. Du bist so gut u sorgst daß ich sie bald zurück erhalte. – Ganz v ohngefähr höre ich, daß unter den Sachen die Du hier zurück gelaßen hast, Dein unentbehrliches grünes Camisol, u Dein Schlafpelz ist. Ich laße sie beydes heute Nachmittag, mit den Schuhen etc einpacken u auf den Postwagen geben; damit es nicht wieder versäumt werde wie am Mitwoch. – V Mama Lene die herzlichsten Grüße. – Lebe wohl, Lieber, u bleibe mein Vater! Ich bleibe, so lang ich Etwas bin u bleiben kann Dein ehrlicher Jonathan. Im 8ber des Museums steht ein trefflicher Aufsatz v D. Albers in Bremen, u eine schöne Erzählung:
    der Geburtstag
; aber auch ein Brief v Schloßer an mich, der keine gute Folgen haben wird. Biester hat sich im Nov des Museums schon geregt, u Schloßern in einem Stück, Cagliostro betitelt, angegeifert. Ich grüße u küße Euch alle, meinen lieben J. Michael ja nicht ausgeschloßen! Ich danke diesem herzlich für den Brief an Max. Vermerk von Hamann: Erhalten den 17 9ber   Geantw eod. remittirt den Brief v Gevatterin H. aus Weimar vom 2 Nov. an Tante Lotte, den Frantz den 10 erhielt – nebst einemdem Briefe von Hartknoch dd den 13 Oct. Riga. von Reichardt dd den 10 Nov. Berl. Häfeli den 31 Oct. Wörlitz bey Deßau. noch beygelegt Herders Brief vom 28 8br. Weimar und Kleukers vom 12 Nov.   Osnabrück. Widergeschrieben den 19 bis zum 24 nebst unsern ersten Resultaten über p. 7. des Spinozabüchleins.
M. den 17 Nov. 87 auf dem Bette. Noch ehe wir uns einander gesehen hatten, Herzenslieber Fritz, warst Du der Jonathan meiner Seele und wirst es seyn und bleiben, so lange ich meines Daseyns und Lebens mir bewußt seyn werde, nach so vielen und großen Verbindlichkeiten für alle das Gute, welches ich von Dir und Deinen
    würdigen Schwestern besonders
, und überhaupt von allen die zu Deinem Hause gehören bis auf die
    fromme Magd Deiner Küche
reichlich mit allen äußern und innern Sinnen, aber auch gedeylich genoßen habe. Du mußt und wirst Dich an meinem
    Herzen
begnügen, wie ich alles dem
    Deinigen
zu verdanken habe. Weil ich nicht den Genoßen und Werkzeugen Deiner Wohlthaten erkenntlich seyn kann; so ist mir auch nicht viel daran gelegen, es ihnen zu scheinen. Was ich Deinem dienstfertigen unverdroßenen Peter zugedacht habe, bleibt ihm aufgehoben. Wie hast Du aber lieber Fritz! ein solches Dilemma schreiben können zum Willkomm hieher: ὁποιον επος εφυγεν ερκος οδοντων! möchte ich mit dem Vater Homer sagen – neml.
    Entweder
    geht es Euch dort sehr übel oder ihr thut sehr übel an mir
– Wendest Du so die Kritik der reinen Vernunft an? Wie sollte es mir mögl. seyn übel an Dir oder irgend einem der Deinigen zu thun. Du hast am Ende Deines Billet-doux durch ein P.S. zwar Widerruff gethan. Aber ein Paralogismus wird durch keine Exclamation ausgelöscht. Wie hat Dir ein solcher Argwohn aus dem Schatz Deines guten Herzens entfahren können – Nein, lieber Jonathan; es geht uns
    hier Gottlob! allen sehr wohl
– Wir leben hier wie die Kinder, und wie dort die Engel im hohen Himmelsthron – und daß wir kein Uebels gegen Dich im Sinn gehabt, hast Du bey Erhaltung meiner wilden aviso Zedels Selbst erkannt und gefühlt, oder durch Ausruffungen zu verstehen gegeben, die Dir beßer gerathen als Vernunftschlüße. Ich will Dir ein gantz anderer Kunstrichter seyn, ein weit näherer, wie mein Landsmann, und habe Ursache mir ein wenig Eifersucht zu gut zu halten, wenn Du noch wie damals in den todten Buchstaben seiner Kritik so vertieft bist, daß Du alles bisweilen um Dich vergaßest. Zur Freundschaft, wie zur Ehe, taugt keine Bulerey, keine Schöngeisterey, noch
    sophistische Schmincke
. Ich sehe in dem Spiegel meines eignen Herzens so viele Menschengestalten, daß ich mich meiner eignen nicht schämen darf, wenn sie auch etwas zu viel vom panischen Zuschnitt haben sollte: so bin ich deswegen nicht häslicher, noch der häßlichste unter allen meinen
    nächsten
, die ich wie mich
    selbst zu lieben
ohne Ansehen der Person schuldig bin, dem königl. Gesetz zu folgen, wie es Dein Namensapostel nennt – Solchen guten
    Menschenkindern
, dergl. ich
    dort
kennen gelernt habe nicht nur
    in
Deinem Hause, sondern auch durch die Verbindung deßelben. Ich meyne das □ = meines Raphaels Collega,
    Hofr. Abel
– den alten freund
    Schenk
,
nicht mehr Tiro wie einst, sondern D. V. J in spe, den braven Rector Reitz, der mit den Augen seiner Sibylle, eine Wurzel alles Uebels, mir offenbarte, und unsern guten gefalligen Theobald
    Hoffmann
, der sich von allen mystischen Befleckungen seiner Büchersamml. mit jungfräulicher Reinigkeit zu bewahren sucht in seinem Wandel und Handel. Der Uebersetzer des Alexis wird die Symbole meiner Gesinnungen in verständlichern und gefälligern Atticismen und Germanismen übersetzt den 4 Freunden mitzutheilen wißen, wie die Grillen des alten Priesters zu Adonis und des lunatischen Hysps. – – –
    Wo bin ich? lieber Jonathan
– Laß mir Zeit, wider mich zu besinnen und zu mir selbst zu kommen. Doch ich will lieber dem Gange der Umstände folgen, als ihren Faden zerreißen, wie eine aufgebrachte Parze. Mein Avisobrief war mit vieler Unruhe geschrieben; unterdeßen hielte ich es für eine Schuldigkeit Dich über meine glückl. Ankunft und Reise zu befriedigen. Meine geschwollne Füße machten mich besorgt alles wider einzubüßen, was ich in meiner Quarantaine zu Elysium erbeutet hatte. Hiezu kam der Taumel meiner plötzl. und zwar erwünschten aber noch nicht vermutheten Ueberkunft. Unter diesem äußern und innern Drang wurde ich mit einer Seite meines halben Bogens fertig. Die Geschwulst meiner Füße war kein Recidiv, sondern ein bloßes Symtom einer Schwäche – und ich war schon den 10 im stande
    gestiefelt
auszugehen – und wohin? und einen Spatziergang mit der ganzen Familie zu machen. Den 11 bestellte ich die Aufträge aus D. in des guten Perikles Exc. Hause, der zum Beweise seiner gnädigen Gesinnungen mir den Gebrauch seiner Bibl. anerbot und denselben Abend wurde unsers Frantz Geburtstag zum 29 mal gefeyert mit einem Kalbsbraten u Wild und 2 Bouteill. Champ. Der alte Mann aß u trank trotz dem verlornen Sohn im Evangelio. Den 12 speiste zum ersten mal mit D. Druffel und gewann dadurch das Vergnügen über
    Gmelins Brief
an Dr. Hoffmann. Den 13 nahm das letzte Deiner Schwefelpulver auf Jonathans Gesundheit ein, und beschmauste Diotimens Bibliothek, wo ich Coffé trank u eine Pfeife rauchte auch von Raphael mit Michael abgeholt wurde. Des Abends wurden Vorlesungen über Jonathans Sp.Büchlein entamirt – Den 14 u 15 sollte magnetisirt werden von meinem Raph – aber ohne Erfolg, aus Mangel
    eines
hinl. Rapports – der mir schon bey dem ersten Gericht grauer Erbsen zu Mittag geahndet hatte. Vater und Sohn aßen par gout sans gout die kleinen härtlichen pisa wie ein paar hungrige
    Ithaker
; unser Reisegefährte beschäftigte sich mit einer Kritik des Geschmacks, wie ein leibhafter Weltbürger oder Cosmopolit. Den 16 erwachte ich früher, fuhr nach lutherscher Art und Kunst aus dem Bette heraus, weckte meinen Sohn und das weibl. Gesinde um The für mich zu haben, und spatzierte den schönen kalten Morgen zur Princeßin, die aber schon ein paar Stunden früher nach Laar mit Pericles zum dortigen Schulexamen ausgefahren war. Dieser frühzeitige Spatziergang machte mich schläfrig den ganzen Tag – und des Abends war mein linker Fuß stärker geschwollen. Dem medicinischen Rath zu folge habe ich also diesen Morgen im Bette bleiben müßen und smeinen The getrunken, ein paar Blätter meines
    schwarzen Buchs
verschluckt und diese Epistel angefangen – als H. Diotime P. Adelheit und unsere Muse Aspasie Diaphane vor meinem Bette erschien, wo ich e grege porcus an einem Hirtenbriefe für Jonathan wie ein krumm geschloßener laborirte und schwitzte, daß es rauchte u dampfte – Der Schreck über diese Erscheinung hat mir so wohl gethan, daß ich getrost und flugs fortzufahren im stande war. Daß Du mitten unter uns gewesen, versteht sich von selbst, oder wie man im Sprichwort sagt, am Rande, den Du Dich so
    breit
und
    geraum
denken must, wie die Säume und Phylacteria der jüdischen Pharisäer und Schriftgelehrten, die sich beßer auf die Kritik, als Dein minutus φφus, verstanden. Nun auf Dein Dilemma wieder zurück zu kommen.
    Entweder geht es Euch dort sehr übel
– Hier an dem eigentl. Orte meiner Bestimmung und meines Ausganges aus meinem Vaterlande. War es nicht mein Frantz, der mich
    rief
und mich
    ausrüstete
zu dieser ganzen Laufbahn, die ich mit Fried und Freude zu vollenden der gutenbesten Hofnung lebe und des bestens Willens bin. Hier sollte es mir übel gehen, wo ich wie ein Fisch und wie ein Vogel in meinem rechten
    Element
leben kann – Aber Du, armer Jonathan, hast sehr übel an Deinen beyden Schwestern und an mir Lazaro, quoad tunc, gethan, das harte Joch, und die schwere Last einer so
    männlichen
Freundschaft, einer so
    heiligen
Leidenschaft, als unter uns obwaltet, Ihrem Geschlecht, das die Natur weicher und zahmer gebildet hat aufzubürden. Du hast mir manche saure, manche schwere Stunde gemacht diesen von Dir begangenen Staatsfehler oder Qveerstrich durch die Rechnung meines Plans zu verzeyhen. Sobald ich nur wider durch die in Deinem Hause genoßene Pflege, die freylich auf unsere Organe und die Widerherstellung derselben natürlicher weise durch die angemeßensten
    Mittel
am schnellsten und kräftigsten wirkt, auf die Beine war, brauchte ich selbige um mit einer Art von Paroxysmo der Gefahr zu entrinnen. Hast Du denn nicht gemerkt, lieber Jonathan, daß die beyden Amazonen es gemeinschaftlich darauf angelegt hatten, mich alten Mann um die Ehre meiner ganzen Philosophie, um alle Deine günstigen Vorurtheile für selbige, auf denen Deine bisherige Freundschaft beruht und zuletzt uns beiderseits in solche Verlegenheit zu setzen, daß wir uns beyde wie ein paar mitternächtliche philosophische Gespenster lächerlich vorgekommen wären. Ich weiß es beßer als jemand, daß Deine beyde würdige Schwestern eine Ausnahme Ihres Geschlechts sind; aber Tante Lotte muß sich an der Ehre begnügen, daß ein so
    stoltzer
Mensch, als Sie mich kennt, kein ander Mittel als die Flucht ergreifen müßen, und Sseine Bagage drüber im Stich gelaßen., für deren gütige Auslieferung Mama Helene grosmüthig besorgt ist – wie ich heut zu Mittag ersehen habe. Um auf die Geschichte des heutigen Tages wider zurück zu kommen, lag ich noch immer im Bett, und Frantz saß vor mir und trieb seine exercitia redintegrationis und frictionis an den Füßen und zwischen den Fingern derselben mit seinem rothen Tuche, als Gertrudchen mit ihrer Mama inständigst den alten Mann ersuchte aufzustehen und sich anzuziehen, weil das liebe Eßen angerichtet werden sollte. – Eben zum Dessert kam Dein praegnanter Brief und brachte uns einen so herrlichen Nachtisch mit, daß wir noch nicht so lustig und laut vergnügt gewesen sind, so wenig es uns auch an sprachseeligen Nächten gefehlt hat – Nun, mein Herzenslieber Jacobi! ich bin nicht im stande den Spaß, den ich uns mit Deinem Dilemma vornahm auszuführen, wie ich den Entwurf dazu gemacht hatte. Deine Liebe, Sorge und Aufmerksamkeit und Deiner würdigen Schwestern ihre macht sich selbst bezahlt und ist durch den
    Seegen von oben
gnug belohnt, womit er Endzweck und Absicht erreicht, und wo nicht gantz erreicht durch meine Schuld, doch die Hoffnung des plus vltra befördert und immer näher bringt. Das Schreiben will noch gar nicht fort. Ich habe an Reichardt mit voriger Post antworten können und bin diese halbe Woche mit genauer Noth zu stande gekommen der Gevatterin Courtan Etwas zu schreiben was nicht gehauen noch gestochen ist. Mein Plan ist jetzt
    Allmodde
in Augenschein zu nehmen und denn so bald es mögl. nach
    Wellbergen
mit der ganzen Familie zu flüchten. Es wird uns allen lieb seyn, wenn es Dich auch gelüsten sollte uns in diesem Elysium zu überraschen. Ueberall ist meine Weide! – und wir leben hier durcheinander, wie die Wilden in einer sehr glücklichen Autonomie oder beynahe künstl. Ungezogenheit. Es ist eine
    Wohlthat
, am
    gegenwärtigen
mehr Geschmack zu haben als an allem übrigen was dießeits oder jenseits liegt; gesetzt daß alles auf eine Täuschung oder Fiction hinauslaufe: so will ich selbige genießen, als das beste Intermezzo meiner Wanderschaft. Auch hier sind die Götter – Küche und Tempel, Stall und Pallast. Alles ist
    gut
– alles ist
    eitel
! Wohl
mir, daß ich imbecillitatem hominisund securitatem DEJ mit gl. Intension zu fühlen im stande bin. Das erste Buch das ich hier gelesen sind Jungens
    Schwärmer
. Der erste Theil ist ein wahrer Leckerbißen für meinen Geschmack gewesen und ich habe die Meisterhand darinn bewundert, aber der zweite Theil ist verfuschet. Was ist das für ein Buch, wo er Dich auch aufgeführt. Hat mich Platons Sirenenstimme in Gagliani Dialogen entzückt: so lese ich mit noch mehr Wonne den Morellet als einen
    Zeugen
der
    beßern
Wahrheit deren Freundschaft mir lieber ist als Schöngeisterey u Demonstrirsucht. Pericles hat mir artige Nachrichten von Gagliani mitgetheilt den er persönl. gekannt hat und der seine
    Autorverdienste
einem Oncle der Maior domus zu Napel gewesen schuldig ist. Unser Raphael ist im ital. stärker und wir machen ein Trio. In dem Werke della Moneta herrscht ein sehr
    tiefer ernster Ton
, der durch den Leichtsinn des gallischen Witzes und des Pariser Geschmacks scheint gantz verstimmt worden zu seyn. „Will der alte Schwätzer Feyerabend machen und seine kakelnde Hand ruhen laßen! Den Augenblick manum de tabula! – – Adresse:
An / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
.
M. den 19 9br 87. Herzenslieber Jonathan; Ich fühlte ein so starkes Rupfen an meinem Ohr von meinem Schutzgeist, daß ich vorgestern des Abends meinen Brief abbrechen muste, ex abrupto. Heute bin durch einen Bedienten der Diotime erinnert worden alle Schriften des Hemst. auszuliefern, um eins das Dir gehörte auszusuchen – Ich habe gleich bey meiner Ankunft mich selbst daran erinnert Dein Exemplar des Simon noch zurückbehalten zu haben, und bat meinen Hans auf der Stelle die Durchsicht mit dem meinigen gemeinschaftl. zu übernehmen. Der Procrastinator und Cunctator kam mit seinen gewöhnlichen Exceptionen, die mich aufbrachten; und ich nahm es mir vor, diese Arbeit mit einem: Coge intrare auf der Stelle und ehsten Tags abzumachen. Ich habe es heute gethan und habe nichts als das Avertissement nöthig gehabt eigenhändig abzuschreiben; das übrige mit meinem gelehrten Handlanger durchgelaufen, und keine Lücke wahrnehmen können. Also die Hauptsache ist nun abgemacht, und Dank nebst Entschuldigung folgen zugleich. Durch den Bedienten ließ ich sagen, daß meine
    ursprüngliche
    Gemüthsart
zum Nehmen williger wäre, als zum
    Geben
und daß ich alle diese Schriften nicht so leichtsinnig auf Discretion ausliefern könnte; versprach, das
    Deinige
noch heute einzuliefern, weil es erst morgen mit Miquel nach
    Allngelmodde
abgehen wird, und wenn es noch mehr Misverständniße beträfe, selbige mündl. mit Ihr. Durchlauchten abzumachen. Denn die gnädige Diaphane Aspasie hat mir wirkl. einige verehrt, andere blos geliehen, und darüber mag Sie Selbst entscheiden weil ich meinem Gedächtniße nicht traue. Den 13 d. haben wir die ersten nächtl. Vorlesungen über Dein Spinoza büchl. gehalten. Frantz fechtet für Dich, als wenn es sein eigen Fell beträfe, und ich spiel mit eben der Heftigkeit den Advocatum diaboli im Namen der Berliner. Wenn Dir also die Ohren gellen, lieber Jonathan: so weist Du die Ursache, und kannst wegen des Ausganges gantz ruhig für Dich selbst und für uns seyn. Ich habe Dich diesen Morgen mehr wie zehnmal in Gedanken geküßt für die Begeisterung, womit ich die Widerlegung des Galiani von dem wackern Morellet lese, der meine Waffen gegen Dich wetzt. Beynahe zweifele ich, daß Du die Gedult gehabt das Werk gantz durchzugehen, denn ein Bogen wBlatt war noch nicht aufgeschnitten. Du kannst es aber roh gelesen haben. Meine Zufriedenheit mit diesemn Buche Dialogues gieng niemals auf die Form Materie, sondern blos auf die
    platonische
Form, die ich leider! kenne und der ich eben so wenig kenne traue als der peripatetischen. Ich schäme mich niemals meine Urtheile zu reformiren; aber ist nicht einmal der Fall dazu. Ein eben so sonderbares Vergnügen macht mir der gesetzte reife Ton seiner ersten Schrift della Moneta, die so gesetzt sittsam so gesetzt andächtig geschrieben ist, daßals man in den Dialogen den witzigen Kleinmeister und Schöngeist und mercurialischen Leichtsinn der auf dem fremden Boden ausgeartet ist, poßierlich findt, nach der Widerlegung eines gründlichen und leutseeligen Mannes – Von meinen Sachen ist noch nichts angekommen. Bey uns ist alles gut und wie wir es
    dort
wünschen. Deine lieben Kinder, Deine würdigen Schwestern alteram Ego und Tante und das □ empfiehl mich bestens. Frantz
    hofft
und
    glaubt
nächstens mit mir oder ohne mich zu schreiben. Behalt uns in gutem Andenken, wie wir es thun. Mit Morellet hat es doch wohl auch Zeit, weil Frantz u Raphael vielleicht auch Michel von meiner Begeisterung angestekt, auch neugierig sind, sich daraus zu erbauen. Den
    Gmelin
habe Dir bereits empfohlen; wie
    Winhold
ankommt, bitten wir uns auch Theil nehmen zu laßen, wie an allen dem Guten, womit der Himmel Euch eher heimsucht wie uns. Mit Marianne geht es Gottlob! recht gut. Ich ersterbe Dein alter treuer Freund u Jonathan. reciproce in secula seculorum – Amen! Muß erst diesen Brief abgeben und hernach erst
    schwarze Grütze
trinken. den 20 – Diesen Morgen hab ich den Simon zurückerhalten mit der Nachricht, daß das gesuchte Buch sich gefunden hätte und nicht von der Handschrift des Simon die Rede gewesen wäre. Ich hatte Dir es gern mit einer so guten Gelegenheit wider geliefert; HE Miquel war aber schon abgereiset. Das Mst bleibt also aufgehoben, bis sich eine anderweitige sichere findet; und werde wie für mein eigenes sorgen. Von der allgem. Litteratur-Zeitung ist nichts als der Sept. hier und zum Unglück fängt sich die Recension des Crispus mit dem 1 Oct. an. Es ist eine große Gährung in meinem Kopf, aus der aber nichts als Schaum heraus komt. Ich habe noch gegenwärtig gnug mit Gagliani della Moneta und Morellet zu thun, mit meinem zu- und abnehmenden linken Fuß, mit der Reitzbarkeit meines Stomachi und dem Krampf des Sphincters, der sich nach Ddrey und 4 Dosen des Schwefelpulvers nicht entspannen will. Mein D. Raphael meynt, daß ich die Eisenartige Mittel mit Pillen nun nöthig habe abzuwechseln. Que sais-je? sagte der alte Montagne. Jetzt will ich abbrechen, und auf Gelegenheit warten fortzufahren oder dieses Blatt in statu quo an die Behörde laufen zu laßen mit dem ersten dem besten Anlaße, der mir in den Weg kommen wird. den 21. um 7 Uhr 20 M. des Abends Der Kasten ist diesen Augenblick angekommen mit unsern Sachen für den alten Hans und den jungen Michel, der ein Herrmanns mythologisches Handbuch vermißt, das er noch nicht durchgelesen und ich kaum ansehen können. Tausend Dank für gütige Besorgung. Habe heute in Gesellschaft des Raph. die Post besucht und den Brief nebst Gruß und GrKuß von Alc. B. richtig erhalten, welches alles hiemit bescheinige. Mit dem Morellet bin ich heute fertig geworden und lese jetzt mit weniger Sympathie Tom. III. des la Harpe. Pericles habehat ichuns heute besucht, ich war auf dem Wege zu ihm, wurde durch ein impromptu meines alui gestört. Gestern Nacht haben wir Punch getrunken, der mir wohlthätiger gewesen als alle seit 2 Tagen verschluckte Schwefelpulver. Heute mit Pillen den Anfang gemacht, und diesen Nachmittag Erdbeeren aus Welbergen eingenommen. den 22. Meine Schuh mit Bändern fehlen mir. Ich vermiße selbige eben da ich mich anziehn wollte um auszugehen. Die Witterung ist aber so schlecht, daß nichts daraus geworden. Wir haben heute, lieber Jonathan, ein schönes Frühstück erhalten und ich bin eben mit der Abschrift zweyer Briefe fertig, womit ich meinen Freund Crispum beseeligen will mit nächster Post. Einer von dem würdigen Lamezan, und der andere von einem HE von
    Sturmfeder
, der zu dem seltenen Geschlechte der Oncle Toby und Bramble gehört. Beyde betreffen einen gewißen Schwaben
    Steudel
der des Crispi Jonathan ist. Diese Abschriften sollen mit nächster Post nach Kgsb. gehen unter meiner Gevatterin Courtan Einschluß, offen, damit sie selbige auch zu lesen bekommt. Die Pillen haben gestern schön gewürkt und mein linker oedipus ist diesen Morgen ist von dem rechten kaum zu unterscheiden gewesen; habe leider! aber zu viel von einer gebratenen Gans geeßen in memoriam aller unbekannten Märtyrer, die von der argen Welt noch bis auf den heutigen Tag sich vor dem Feuer und der Küche zu fürchten haben. Da ist die schwarze Stunde des Caffés! – Euer Düßeldorfer Leder scheint dem Schreib- das hiesige dem Druckpapier ähnlich zu seyn ceteris paribus; daher wünsche ich mir das zurückgelaßene – den 23 – Diese Nacht ist der Heil. Cäcilie zu Ehren ein Ständchen gebracht worden, das mit einer blutigen Schlägerey mit der Wache aufgehört. Unter den lustigen Burschen sind 2 Vicarii u ein junger Doct. Juris gewesen. Ich habe nichts von beyden gehört, ohngeachtet der Vorfall in unserer Nachbarschaft gewesen, und wurde dafür durch einen Tumult in meinen Gedärmen aufgeweckt worden, der mir aber sehr heilsam gewesen, weil mein linker Fuß auf einmal so geschlungen, daß er nicht mehr vom rechten zu unterscheiden ist. Das war eine perturbatio critica und ein sehr guter Aspect für meinen Freund Raphael, und der Patient findt sich durch diese außerordentl. Ausgabe ungemein erleichtert. den 24 9br. Wir feyern heute das erste Vierteljahr der kleinen, lieben, allerliebsten Gertrud, die gegen den alten kranken Mann sehr artig thut und überhaupt ein erwünschtes gutartiges Kind ist. Ich habe die ganze Woche an Commere Courtan und Freund Crispus geschrieben, habe noch an Hill und meine 3 Mädchen zu schreiben. Morgen soll das ganze Pack abgehen. Da ist ein vidimirtes Protocoll unserer ersten Session. Die zweite geschah den 19 huj. in einer langen nicht so auspiciösen Morgenstunde. Der Text war der
    kleine
    Roman
des ungenannten Autors vom pollnischen Rocke von p. 8 und das
    Praeludium
bis auf den Bilderkram p. 10. Durch den bevorstehenden Mittag kam es zu keinem Schluß, wie bey einem zerrißenen pollnischen Reichstage. Wir werden uns des gegenwärtigen Vollmonds zu Nutze machen zu einer neuen Conferenz über die angedeutete Parasche des Grundtextes. Das darüber ausgefertigte Protocoll soll zu seiner Zeit unserm Jonathan in gehöriger Form ausgefertigt und mitgetheilt werden, von dem die Fortsetzung unserer Sessionen abhängen wird. Die herzlichsten Grüße von uns allen an Dich und alle die Deinigen dort, von den Deinigen hier cet. Johann Georg H Geht es gut mit der Revision der neuen Ausgabe? Gott laße alles zu Seiner Ehre, und dem gemeinen Besten gereichen, dem wir alles unsrige gern aufopfern wollen. Amen! Adresse:
HErrn / Geheimen Rath Jacobi / Wolgeboren / zu /
    Düßeldorf
/ Nebst einer franz. Handschrift
Münster den 23 Nov. 87. Gestern waren diese Briefe angekommen und mein Frühstück war es selbige flugs für Sie abzuschreiben, lieber Freund Crispus, dem selbige noch mehr behagen werden als mir selbst. Ersterer ist vom Regierungsrath, HE von Lamezan an meinen Frantz, unter denen eine so innige Liebe als zwischen Vater u Sohn, Bruder und Bruder obwaltet. Der zweite ist von einem schwäbischen Cavalier, Herrn von Sturmfeder, der in Schwaben u in der Pfaltz Güter haben soll, und deßen orthographische Eigenheiten ich in meiner Copie so viel nur mögl. beybehalten habe. Diese Briefe betreffen alle Ihren biedern leidenden Schwaben, den wir alle hieher zu ziehen hoffen mit eben so guten Erfolge für seine Gesundheit – Es waren 3 paar der neuen Erfindung von Lamezan seinem Briefe beygelegt, und ich habe eins fast mit Gewalt meinem lieben
    Frantz
Alc. abgepocht. Die Sache wird hier bey unserm Pericles mit allem Eifer getrieben werden, und Sie würden, alter lieber Freund, vielleicht imstande seyn Testimonia für den würdigen Candidaten in Berl. auf allen Fall auszuwirken, wovon der
    stoltze
Patient aber nichts wißen muß. Unter diesem Vorwand habe ich wenigstens die botanischen Silhouetten erpreßt. Nicht mehr wie einen einzigen Brief von Ihnen lieber Profeßor erhalten. Wie viel habe ich in Gedanken an Sie geschrieben; wie manche Stunde habe ich mich mit Ihnen überworfen. Sie wißen daß meine Freundschaft etwas von der Xantippe an sich hat. Ich habe mich in Pempelfort und Düßeldorf den Kopf über Ihre Recension des Glossarii wacker zerbrochen. Zum Glück hat man hier erst den Septembr. Mein lieber Jonathan erhält mit jeder Post beynahe gelehrte Nachrichten und Neuigkeiten. Wie ich da gewühlt, können Sie leicht erachten. Meiner widerauflebenden Gesundheit wegen, gab mir Gott ein hieher zu flüchten. Ich habe wie Jakob mich fortstehlen müßen. Ohne Gewalt und List wäre keine Trennung möglich gewesen. Das Gute was ich dort aufgeopfert, ist von mehr als einer Seite hier ersetzt, und es war Pflicht den Urheber meines Glücks, Frantz und Marianne, auch meinen Reisegefährten und treuen Artzt widerzusehen. Ein längerer Aufenthalt hatte mich dort verwildert. Ich kam den 6 d. mit dicken Füßen wieder an, mit Extrapost die mir von hier entgegen geschickt wurde. Gestern habe ich den Gebrauch der martialischen Mittel ausgesetzt und zum erstenmal China Pillen gebraucht, die mir in 24 Stunden so außerordentlich wohl gethan, daß mein linker kranker Fuß kaum mehr von dem rechten zu unterscheiden. Diesen gantzen Morgen habe ich an einem Durchfall laborirt, den mein guter Artzt für eine kritische Entscheidung meiner sich wider ermannenden und erholenden Natur ansieht. Marianne giebt ebensoviel Hoffnung ohngeachtet der traurigen Witterung, die uns eingeschloßen hält. Auf die Woche hoffe ich die groß- und gutmüthige Fürstin Amalie auf ihrem Bauersitze Angelmodde zu ertappen, und denn geht die gantze Familie nach
    Wellbergen
dem Rittersitze meines auserwählten u. geliebten
    Franz
. Hat Ihnen, lieber Profeßor, mein alter
    Christoph Berens
nichts an mich aufgetragen, über deßen Andenken und den Besuch, den er bey meiner Lisette Reinette in Ihrer Gesellschaft abgelegt, und Ihnen für die mir und ihr erwiesene Ehre herzlich danke. Wie angenehm mir dieser Winter verlaufen wird, wenn Gott Gesundheit erhält und meiner Wiedergenesung Anfang fördert, können Sie lieber Freund Crispus leicht erachten.
    Jonathan
hat mir Bücher mitgegeben und theilt mir bis auf seine Briefe mit, die er bekommt. Die Fürstin hat mir ihre prächtige Bibliothek auch offen gelaßen, wo ich eine Pfeife zu Caffe, Chocolade auch ein Glas Wein nur fodern darf. Der würdige Pericles hat mir Gagliani della Moneta geliehen, den er von Person gekannt hat. Vorgestern besuchte er mich und schrieb sich die Werke des Gagliani auf, nebst dem Espion devalisé, wo sie verzeichnet sind. Wir lesen alle Tage mit dem D. Raphael u Michael und sein großer Gegner Morellet nennt es selbst ein sehr schätzbares Werk. Es ist wie Tag u Nacht von seinen Dialogues unterschieden, die nach einem petit-maitre und bel esprit aussehen, der in Frankreich ganz ausgeartet ist. Pericles hat ihn in Napoli als einen
    windigen Passagier
genau gekannt. Damals soll sein würdiger vortrefl. Oncle gelebt haben, der in Napoli eine Stelle bekleidet, wie der grand aumonier in Frankr. vorstellt, den ital. Namen habe ich vergeßen u an dem Werke Antheil gehabt haben soll. Es herrscht ein sehr gesetzter überlegter reif u tief gedachter Ton in diesem Buche. Des Morellet Refutation de l’ouvrage qui a pour titre Dialogues etc. à Londr. 770. p. 360 gr. 8o habe ich erst diese Woche zu Ende gebracht mit der grösten Zufriedenheit und habe mich eben so geärgert, daß dies Buch
    noch nicht übersetzt worden
, da es ein wahres Meisterstück ist und ich den Empfehlungen des Voltaire und deutschen Mercurs niemals getraut. Geärgert habe ich mich noch mehr daß der deutsche Uebersetzer der Gespräche nicht aufgemuntert worden seine Anerbietung des beßern Buch della Moneta auch zu liefern. Morellet hat eine allerliebste feine Stachelschrift gegen den Linguet geschrieben unter dem Titel: Theorie du Paradoxe, die von Heinse u seinem damaligen Wirth meinem Jonathan Auszugsweise im deutschen ausgekommen. Die starkere Widerlegung der Dialogues ist in 4 Monathen nach Ausgabe der Dialogen fertig gewesen und im April 70 abgedruckt, wurde durch die Censur unterdrückt und dorfte nicht eher als im Nov. 74. öffentl. verkauft werden. Ein wahres Muster und Meisterstück über politische Gegenstände zu philosophiren. Sie müßen Domine Politice! schlechterdings dies Buch lesen und wo mögl. bring ich es mit. Michael übersetzt mir die Vorrede zum
    Werk
della Moneta, die
    deßelben
würdig ist und ein schönes Frontispice des Ganzen. Morellet arbeitet seit vielen Jahren an einem Dictionnaire de Commerce, von dem sich was Neues und Aechtes erwarten läßt. Kurz, liebster Crispus! ich weiß oft nicht wie mir zu Muthe ist und durch welche Wege der Vorsehung ich hier versetzt worden bin ohn all mein Verdienst u Würdigkeit. Nach so viel harten u bittern Prüfungen, die sich kein anderer vorstellen kann, der nicht in meiner Stelle und Lage gewesen, lebe ich in einem Ueberfluß u Genuß, alles desjenigen was mein Herz und Kopf sich nur irgend wünschen und ersinnen kann. Daß meine Begierden nicht die
    mäßigsten
sind, auf Nichts oder Alles gehen, wißen Sie, und wie viel mir die kleinste Verleugnung gekostet, läßt sich leicht ermeßen. Vergeßen Sie doch nicht sich der
    meinigen
und des
    Hills
anzunehmen, der sein Glück nicht aufopfern soll. Antworten Sie mir doch bald, auch besonders in puncto Ihres lieben Schwaben, an dem ich einen künftigen Freund zu verleben hoffe. Frantz hat mir gestern u heute erlaubt seine Briefe zu lesen, worinn er scrupuleuser wie Jonathan ist, die haben mich sehr für den unglückl. Mann eingenommen. Theilen Sie mir Ihre Meinung in Ansehung der allenfalls nöthigen Testimonien mit und geben Sie mir doch einige Nachrichten von Ihren Gesinnungen für mich, die sich doch wol kaum durch meine Entfernung geändert haben. Zum schreiben taug ich noch nicht und mein Kopf ist ein altes und neues Chaos, dem es an Licht fehlt an Wärme und Ruhe, die ich erst bey meiner Heimkunft wider zu finden und post festum zu genießen hoffe. Lieber Vetter Verzeyhen Sie daß ich einen beschmierten Bogen zu diesem Briefe gerafft, den meine Gevatterinn u Freundin offen Ihnen überreichen wird. Grüßen Sie Jacobi, bey deßen Eltern mich mein Sohn gemeldet, seine Nachbarschaft und bey der ersten Gelegenheit Ihre Aspasie u den Gemal derselben von Ihrem alten ewigen Fr. Hamann signiert mit roter Tinte: Nro 11.
Münster den 24 Nov. Mein rechtschaffener würdiger Freund und Theilnehmer. Seit dem 6 d. bin ich mit meinem Sohn wieder hier; aber seit den 28 pr. bin ich Ihnen eine Antwort auf Ihren
    letzten
Brief schuldig, deßen Datum mir unkenntlich. Ihre Pünctlichkeit in Ausrichtung meiner Angelegenheiten geht zu weit, und macht mich eben so unruhig, als Sie es selbst in Betreibung der Geschäfte sind. Hoffentl. haben Sie den Ertrag für Vol. II des engl. Buchs auszahlen u sich darüber bescheinigen laßen. Bey dieser Gelegenheit erlauben Sie mir eine kleine Anmerkung zu machen, daß man von einer Excell. nur Ew. sagt, wenn man zu selbiger unmittelbar spricht; in der dritten Person sagt man nur
    Seiner
oder des
    Grafen v K. Excell.
Zweytens betrübt mich Ihr Eigensinn ein
    Dorfschulmeister
zu werden, wenn Ihnen Gott einen Wink giebt zu einer
    Capellanstelle
. Nicht
    mein
sondern Dein Wille geschehe. Ein solcher Schein selbstgefälliger und erwählter Demuth ist im Grunde und deutsch zu reden, ein nasenweiser Stoltz. Gieb mir mein Sohn Dein Herz, sagt die höchste Weisheit, und laß meine Wege Deinen Augen wohlgefallen. Mit diesem kindlichen Sinn komt man auf der Erde weiter, und am sichersten auch im Himmel. Freylich führt die Verzweifelung zur
    Gewisheit
, nemlich unserer
    Thorheit
. Mein lieber Herr Candidat – den weisen Seneka und zärtlichen Petrarch bey seite gesetzt laßen Sie sich, als Dorfschulmeister und Diaconus τα ιερα γραμματα, τα δυναμενα σε σοφισαι εις σωτηριαν 2 Tim III. 15. empfohlen seyn. Durch des Propheten Wort wurde der aussätzige Naeman gesund und Ihr alter Freund Oedipus lebt auch der besten Hofnung, noch einmal wider verjüngt zu werden, sollte es auch im Sinn des alten Sprichworts erfüllt werden: Bis pueri senes. Dom. vlt. des Kirchenjahrs. 25. November Der Teich zu Töplitz hat sie von den Flecken, die Sie aus Welschland durch das Geschwätz eines Reisegefährten mitgebracht, nicht reinigen können, und wird eben so wenig Wunder thun, als die Decocten, womit Sie sich vollends zu Grunde gerichtet; so sehr ich Sie auch bey meiner Abreise, vor und nach derselben beschworen habe, und mich nicht nur der Rath Ihres Oncles sondern auch des Barbierers, den Sie unserer beyderseitigen Warnungen vorzogen, weil er mit Ihnen in Ein Horn bließ und sich Ihre Schwachheit zu Nutze machte. Hat nicht die Schwermuth durch Ihre übermüthige Cur zugenommen? Wozu braucht ein Candidat der Theol. eine athletische Gesundheit – ja wenn er ein Apostel seiner Thorheit, und ein
    starker Geist
gleich dem wie Hiob, die Erde zu durchwallen auf Kosten seiner Beine und der edeln Zeit. War des Menschen sohn nicht selbst ein Mann der Schmerzen, und sah nach 50 aus, da er kaum 30 Jahr alt war. Sind nicht Gellert u Pascal die elendesten Valetudinarier gewesen., und sollten Sie nicht lieber suchen in ihren Schriften als in Seneca und Petrarchs bewandert zu werden. Ihr Eifer mir in Kleinigkeiten zu dienen ist mir lächerlich. Meine Hauptabsicht war Ihnen in meinem Hause
    Ruhe
und
    Mittel
zu verschaffen, zu Ihrer
    Selbsterziehung
und
    Ausbildung
, deren Nothwendigkeit Sie selbst einsehen müßen. Meynen Sie, daß zum Dorfschulmeister weniger gehört als zum Capellan? Nach meiner Rückkunft aus Engl. lebte ich bey meinem seel. Vater als sein Hausvogt., der auf alles Achtung gab, was darinn vorgieng. Mein Studiren im gr. und den 2 morgenländischen Sprachen war nichts als ein Deckmantel, unter dem ich meine Verwaltung trieb. In den glückl. Jahren lernte ich erst studieren und von der damaligen Erndte habe ich lange gelebt. Die
    neue Muße
, die mir Gott jetzt schenkt, scheint noch wohlthätiger für mich als jene erste zu seyn. Bey allen meinen ins Auge fallenden Leibesgebrechen, mit denen ich die Reise thun müßen und Ungemächlichkeiten, welche ich kaum Leiden nennen kann, weil sie mehr andern als mir selbst zur Last gewesen, bin ich nicht unthätig gewesen, habe ich mehr gearbeitet, als in den 20 Jahren meines kümmerl. Dienstes. Ich habe hier Schätze gesammlet und sehe noch eine so reiche Erndte vor mir, daß ich mit beladenem Kopf hoffe mein Vaterland zu erreichen. Sie können leicht denken, daß weder von Gold noch Silber die Rede ist. Von letzterm habe ich nicht mehr als 2 Stüver aus Pempelfort mitgebracht, die ich seit Monathen in meiner Weste trage; und mein Beutel hält nichts als ein einzigen Fed.d’or und einen einzigen Louis d’or, den ich dem Kammerdiener HE Peter meines Jonathans mit Fleiß beynahe schuldig geblieben bin. Michel hat noch einige Scheidemünze von einem Louis d’or übrig den ich ihm zu seiner glückl. Ausflucht nach Aschaffenburg mitgab und von den letzten Louis d’or die wir zu unserer Rückreise aus D. nach Münster übrig hatten, wo ich ihm die Casse überlies. Wir bitten und sagen, auch mehr wie Einmal, was uns fehlt: daß wir also kein Geld nöthig haben und auf den Fall habe ich auch versprochen den Mund aufzuthun. Kurz nach meiner Ankunft entdeckte ich meinem Wohlthäter meine Lage, der mir reichlich gab um die Reisegefährten, der den Vorschuß gethan hatte, denselbigen ersetzen zu können. Die lateinsche Apotheke hat meine Freunden viel gekostet, und mein Raphael ist ziemlich liberal gewesen durch die besten Mittel meine Genesung zu beschleunigen: 40 Kruken Pyrmonter und China hat mein Jonathan in P. – und seine beyde würdigen Schwestern haben mich mütterlich und wie einen leibl. Bruder geqvält; ja was noch ärger ist, ich habe es ihnen mit dem
    Schein
des
    gröbsten Undanks
vergelten müßen, mit einem so künstlichen Leichtsinn, der bis auf diese Stunde ihnen ein Rätzel seyn muß, zu dem ich alle Kräfte meines Herzens und Kopfs nöthig gehabt habe – – Doch halt! Das
    Ende meines letzten Briefes
ist
    Ihnen sehr dunkel
– mir lieber Herzens Hill noch mehr, weil ich bey dem höchsten Gott betheuren kann, daß ich nicht mehr weiß, kein Wörtchen mehr weiß von dem, was ich geschrieben habe. Das einzige weiß ich, daß es sich auf die kleine Verrätherey, freundschaftliche u edle Verrätherey bezog die der liebenswürdige N. meinem Sohn anvertraut hatte und die mystische Ohrenbeichte, die Sie mir einen Posttag später als ein hinkender Bote thaten, aus der ich eben so wenig klug werden konnte, als Sie durch meine Gardinenpredigt gebeßert worden sind. Sie
    baten mich um Vergebung
, daß Sie nicht so zufrieden (in meinem Hause und unter den zurückgelaßnen Meinigen)
    lebten, wie Sie sollten und könnten
. Sie wusten nicht ob die Ursache in der Seele oder in einem Leibe läge, den Sie (ihrer philosophischen Hypothese zufolge) als
    krank
immer voraussetzen, und (als ein Manichäer) die
    Materie
anklagten als die Scheinursache des herrschenden Uebels und das Werkzeug des bösen Principii. Sie beriefen sich auf einen Schweitzer Wahrsager, der ihre Grillen in Palästina hätte herumflattern sehen und der ebenso wen nirgends am wenigsten in seinem Vaterlande und der Heimath ihres alten Freundes daheim wäre und seyn könnte. Sie redten von Tod und Grab und gleich darauf von dem Glück eines Nabals, und von den heitersten Aussichten in die Zukunft. Alle diese Cruditäten und Grillen ohne Zusammenhang geben Sie mir für die
    Sprache Ihres Herzens
aus, das sich blos aus Freundschaft für mich eröffnete, und jedem
    verschloßen
blieb. Ja leider! am meisten dem unglückl. Eigenthümer deßelben, der ohne
    Selbsterkenntnis
von den Geheimnißen seines Herzens einem alten Mann ein Mährchen aufbürden will – credat Judaeus Apella! Haben Sie, armer Freund die Barmherzigkeit für
    mich
, wenn Ihnen auch selbst nichts daran gelegen seyn sollte, mir das
    dunkle
auch in den Bart zu reiben, um meine
    Gegendunkelheit
entschuldigen zu können, wenn es mir nicht mögl. seyn sollte selbiger abzuhelfen. Da geben Sie mir wieder die vertraul. Nachricht, daß Sie mit
    Ihrem
    Oncle
beynahe zerfallen, der mein wahrer hülfreicher Freund und Artzt mehr als einmal gewesen, ohne mir den geringsten Wink über den Anlaß dieses Vorfalls zu ertheilen. Ein feiger scheuer Feind des Jacobischen Hauses sind Sie auch – Mit meiner Hausmutter und ihren beiden Mädchen können Sie eben so wenig zufrieden seyn, als ich es selbst bisweilen bin, und
    gleichwol seyn muß
? Ja, es geht Ihnen wie einem nicht nur kranken, sondern auch ungezognen Kinde, das alles wegwirft, was man ihm giebt, und immer noch etwas verlangt, was man nicht weis oder nicht geben kann. Alles was Ihnen Gott gegeben, der Oncle, der Patron, der Wirth. Nichts ist nach Ihrem verschloßnen Eigensinn
    recht
und
    was
und
    wie
es aussehen soll, das können Sie selbst nicht sagen noch erklären. Wenn Ihnen eine Capellanstelle angeboten wird, sagen Sie mit trotzigem Herzen und heuchelndem Munde: Nein. Ich
    will
ein Schulmeister seyn, ohne zu wißen, wozu Sie taugen; denn mit solchen Gesinnungen taugt man so wenig für diese als für jene Welt. Sie glauben wie jener ungedultige Prophet
    billig
    zu zürnen
mit Gott und ihrem Nächsten, und über jedes Geschöpf, das verwelkt, über jeden Schatten, der ihm wohlthut, und über die Sonne selbst, wenn sie sticht – über Ihren kranken Leib – über den
    steinernen
Brief, mit dem ich Sie verfolgen muß, den ich Sie bitte statt meiner zu zerreißen. Die Reyhe wird zeitig gnug an Ihren alten kranken exulirenden Freund kommen, dieser wird zuletzt als Ihr ärgster und erster Feind erscheinen. Bin ich es nicht, der zu Ausführung Ihrer ersten übereilten Wanderschaft behülflich gewesen – War ich es nicht, der Sie in das gehäßige Haus bis in das zweite Jahr verbannte – Ist es mir nicht sauer gnug geworden Sie während meiner Ausflucht in diemeine 4 kahle Wände meiner Hütte zu verbannen – Warnte Sie nicht damals schon Ihr guter Genius, daß ich Sie beynahe mit einem Coge intrare und bey dem Schopf ihrer Haare von dem Steindam ans Licent verpflanzen muste, weil meine Absicht war ihrem esprit ambulant zu einer sitzenden Lebensart zu gewöhnen, und aus einem peripatetischen Handwerksburschen und magnetischen Nachtwandler einen ανθρωπον του Θεου, ein Gefäß und Werkzeug εις τιμην, ἡγιασμενον και ευχρησον τῳ Δεσποτῃ, εις παν εργον αγαθον ἡτοιμασμενον – an Ihnen zu erleben. Quod petis hic est Horat Lib I. Ep. XI. nicht in meinem
    böhmischen
    Bade
, noch in
    Palästina
– Erinnern Sie sich Ihres Taufbundes und wünschen Sie sich kein gelobtes Land nach dem Fleische. Sapere
    aude
;
so wird keine
    Krankheit
Sie hindern, keine äußerliche Lage der Umstände – weder Tod noch Leben, weder Grundsätze noch Kräfte, weder bevorstehende noch weit aussehende Höhen und Tiefen Sie in der Laufbahn die Ihnen verordnet ist, aufhalten können, zum Kleinode Ihres Beruffs zu gelangen – Ich bin wider genöthigt Luftstreiche zu thun, weil Sie so unbestimmt über Kleinigkeiten nach Ihrem Augenmaaße, an denen aber nach meinem alles gelegen, sich auslaßen. Worüber sind Sie mit Ihrem Oncle zerfallen? Hat er Unrecht gehabt, wozu war es nöthig sich mit ihm zu überwerfen – Hat er Recht gehabt: desto schlimmer für Sie. Recht muß in Ewigkeit recht bleiben, und vermehrt sich wie ein Schneeball, unser kleinstes Unrecht gegen das IV Gebot. Ist er nicht der leibl Bruder Ihrer Christl. Mutter, und ist Ihnen an Seinen Seegen nichts gelegen. Kurzsichtiger, vielleicht sollte ich sagen, blinder Jüngling, der mehr als einen
    Vater
nöthig hat, wie ich mehr als einen
    Sohn
. Die
    Natur
und das
    Glück
thut nichts umsonst; beyde sind Töchter der Hände
    Gottes
zu Wohlthaten u Strafen. Wer hat des HErrn
    Sinn
erkannt, vor der
    Erfüllung der Zeit
? Er ist nur a posteriori sichtbar selbst seinem Diener u Minister des A. B. Im N. heißt es: Sie werden post factum sehen wen Sie gestochen haben – einst in Palästina auf dem kleinen Hügel Golgotha. Meine liebe Lehne Käthe, deren ich mich eben erinnere, weil die H. Katharina heute hier gefeyert wird, hat mir einen Brief geschrieben, der recht nach meinem Herzen war, wo sie mir von jedem Geköche in unserm Garten Rechenschaft giebt. So was schmeckt mir wie dem alten Isaac das Wildbret seines Sohns. Ist meine Hausmutter mit der neuen Magd beßer zufrieden. Was sie von der vorigen schreiben daß sie unter
    dem Deckel der Freundlichkeit und des Scherzes ihre Unarten bis zum Abschiede ausgeübt
, kann ich nicht errathen mit aller meiner fruchtbaren Einbildungskraft. Ich will schlechterdings wißen umständl. wißen, wie sich meine gute Hausmutter gegen sie beträgt, ob Sie so viel Vertrauen haben ihr zu sagen, wo sie nicht thut wie sie sollte – und ob sie und ich imstande bin Ihren Bedürfnißen abzuhelfen oder zuvorzukommen. Sonst sollte Ihnen Jacobi auszahlen, so viel er als mein alter Freund gegen mich verantworten könnte. Reicher nach Hause zu kommen als ich ausgegangen bin, dazu habe ich bey aller meiner Habsucht u Nothdurft kein Herz. Wie es mit den Reisekosten aussehen wird, überlaß ich der Väterl. u Mütterl. Vorsehung, die mich so
    wunderbar
und mit so großen Zeichen sSeines Beystandes und Seiner ausdrückl. Sendung und Ausrüstung zu einer so weiten Reise, zu der ich nicht von selbst gelaufen, sondern mit Gewalt gezogen worden bin, gestärkt hat und tägl. unterstützt. Winkt Sie Gott zu der ersten besten Versorgung, sie mag seyn wie sie wolle – so bin der erste der Sie für einen Thoren schelten wird, wenn Sie sich das geringste Gewißen daraus machen mein Haus aus dem Stegreife zu verlaßen. Das sage ich Ihnen Ein für allemal mit männlicher Aufrichtigkeit. Vergelten kann ich Ihnen Ihre Treue nicht und ich traue es noch weniger den Meinigen zu. Aber der alte Gott, dem ich mein Haus u was dazu gehört empfohlen habe und tägl. empfehle, wird es an Ihnen u den Ihrigen desto reichlicher thun, und beßer als wir beyde wißen, wenn
    Ihnen
der Aufenthalt nicht länger mehr
    gut
, und
    mir
nöthig seyn sollte. In diesem Glauben u Vertrauen suchen Sie mich auch nachzuahmen und sich durch
    Gottes
Wort zu stärken und zu bevestigen. Michel schreibt an seinen braven Freund Nicolovius – wird mich bey ihm u seinem HE Bruder entschuldigen. Grüßen Sie Ihren lieben adiunctum Raphael Hippel, der praestanda praestiren wird ohne meine Vorschrift bey meinem alten Gönner dem HE Geheimen Rath. Wenn ich 3 Mägen und 3 Köpfe und 6 Fäuste hätte nebst eben so viel Augen: so könnte ich doch nicht
    alles
bestreiten, um meine Lüsternheit und den Kitzel meines Geschmacks und unersättl. Neugierde zu befriedigen. Mögen meine
    Freunde
den vollgesognen Schwamm einmal ausdrücken, wie Gideons Fell – Gott schenke Ihnen Herzenslieber Hill, zum Neuen Jahr ein
    reines Hertz
und einen neuen
    gewißen Geist
über Ihre wahre Bestimmung in jeder Lage Ihres Schicksals und gebe Ihnen
    erleuchtete Augen
qui bona sua norint, und was zu Ihrem körperl. und geistl. Frieden dient. Dies sey Ihr eigener Wunsch und Ihres neu verpflichteten und dem guten Willen nach erkentlichen Freundes Johann Georg Hamann. Hinführo bitte die Briefe gerade nach
    Münster
laufen zu laßen, und wegen des hier zu zahlenden Porto unbesorgt zu seyn, worinn man dort füglich sparen kann. Adresse von Michael Hamann:
An / Herrn Candidaten Hill /
    zu
/ Königsberg.
    An meine liebe älteste Tochter
Drey Briefe von Dir habe ich erhalten, meine Herzens liebe Lisette Reinette, ohne selbige noch bisher beantwortet zu haben. Der erste vom 12 Aug. für meinen Geburts-tag kam erst den 28 Sept an. Der zweite vom 14 den 30 ej. und der dritte vom 4 Oct. den 15ten am 40sten Tage meiner Pyrmonter Cur und zum Schluß dieser Quarantaine. Ich danke Dir herzlich für Dein treues Andenken Deines alten kranken Vaters, der Gottlob! von Tage zu Tage sich immer mehr erholt, aber sich noch schonen muß, und weder Augenblicke noch Kräftig übrig hat. Nun sind wir Gottlob! alle wider hier zusammen, und leben wie die Kinder, bald möchte ich sagen, wie die Engel im Himmel, in Freuden und Unschuld. In Pempelfort hatte ich 2 Arzte und Hofrath Abel hat mich abmit vieler Freundschaft und Sorgfalt in Abwesenheit meines lieben Reisegefährten abgewartet. Letzterer tritt eben herein mit seiner Uhr in der Hand um mir zu melden, daß die Post in einer halben Stunde abgehen wird, und ich habe noch Deinen beyden Schwestern ein Wort zu schreiben. Wenn ich werde
    Angelmonde
den Bauersitz der Fürstin werde gesehen haben, geht die Reise so Gott will nach
    Wellbergen
, von wo Dein Bruder an Dich schreiben, und an der Abschrift der Handschriften von der seel. Freyin v Bondeli fleißiger seyn wird als es ihm hier möglich ist. Entschuldige ihn und mich besonders gegen die
    gnädige Tante
– die mit meiner Unvermögenheit Mitleiden haben wird. Ich bin weder mit Worten noch mit der That imstande Ihr für alle Freundschaft und Liebe, die Sie mir in Dir erwiesen zu danken. Gott wird die Wünsche meines Herzens für Ihr Wohl und aller derjenigen, die unter Ihren Flügeln leben und weben, reichlich erfüllen. Sage Ihr – Ihrer würdigen Freundin – Deinen sämtl. Gespielen und dem guten Vater der guten Tochter so gut wie Du kannst, was Dein Herz Dir in den Mund legen wird. Unter den besten Seegenswünschen ersterbe Dein treuer Vater Johann Georg. Münster den 25 Nov. am letzten Sonntag des Kirchenjahrs Gertrudchen hat gestern ihr erstes Vierteljahr glücklich geendigt. Ihr Vater u Mutter versichern Dich Ihrer herzl. Liebe und nehmen an allen aufrichtigen Antheil, die an meinen HerzenGesinnungen so nahen sind als meinem Andenken. Gott seegne Dich u laße alles wohl gelingen!
Ddorf den 27ten Nov 1787. Vermerk von Hamann: Erhalten den 28 – – Geantw den 9 – 11 Xbr. in Welbergen. Abgegangen den 12 lieber Herzens Vater, Ich bin die ganze vergangene u diese Woche bestandig krank, u nun besonders seit 8 Tagen sehr leidend gewesen. Dein Brief hat mir in der Seele wohl gethan. Was Du über meine Schwestern sagst verstehe ich nicht ganz. Lene hat sich seit Deiner Abreise Sorgen gemacht u sich gegrämt, weil sie fürchtet, aus zu großem Vertrauen daß Du in das innerste ihres Herzens u ihrer Seele schautest, nicht vorsichtig genug gewesen zu seyn, allen Verdacht, daß Du Ihr auf irgend eine Art beschwerlich seyn könntest, zu entfernen. Eigentlich war diese Hypothese meine Erfindung, u es hat mich nachher genug gereut, daß ich ein Wort darüber mir hatte entfallen laßen. Nun kam Dein Brief u schien Bestättigung. Lene klagt, sie müße wohl ein sehr unholdes Wesen, mehr als sie selbst es je gefürchtet hätte seyn, da was sie mit größter Lust aus
    eigener
Begierde thäte, doch das ein Ansehen hätte gewönne, als handelte sie nur aus fremdem Triebe, oder wohl gar mit Unlust. Sie läßt Dich herzlich grüßen, nicht ohne Ansprüche an die Redlichkeit jenes irrenden Stallmeisters, „der sich so oft u so schön mit einem: Gott versteht mich! zu beruhigen wußte.“ – Nur das: „ohne sich darum zu bekümmeren von seinen
    Beßeren
verstanden zu werden“, will diesem Stallmeister nicht recht u noch viel weniger ein, als dem fahrenden Ritter, seinem Herrn. Aber auch darin doch unendlich beßer als der Ritter, daß gewiß seine „Verlegenheit wie der Stolz eines Zwerges ist, der darum sorgt, seiner Statur die Lange einer Elle ansetzen zu können, um wegen seiner Spannenkürze nicht übersehen zu werden, u für eine volle Person der respective Gesellschaft zu gelten.“ – Auch von Lotte soll ich Dich so wahr u warm u nachdrücklich grüßen, als ichs nur zu bestellen wüßte. – Schenk ist Dir mit Herz, Geist Seele ganz ergeben – D Abel erinnert sich bey Gelegenheit daß Du ein vortrefflicher außerordentlicher Mann bist, u bittet seinem Collegen recht viel schönes zu sagen. Theobald Hoffmann habe ich diese Tage nicht gesehen, wohl aber den Gruß an HE Rector Reiz bestellt, u mir wegen seiner Entdeckung einer Wurzel alles Uebels in Dir Erläuterung zu verschaffen gesucht, ohne sie zu finden. Ich habe unter meinem kränkeln am 2ten Theil v Starkens Apologie, über 2½ Alphabet groß, eine fast zureichende u erwünschte Zerstreuung. Von dem Verfaßer selbst habe ich noch kein Exempl, sondern nur vom Buchhändler, u vermuthe daß Ihr zu Münster auch schon werdet versehen seyn. Nach meinem Urtheile hat Stark alle ihm gemachten Beschuldigungen
    vollkommen
hinreichend widerlegt. Es findet sich so gar beurkundet, daß die Functionen des Clericats, antipapistisch, und noch ausdrücklicher antijesuitisch waren. Eine Stelle, die Frau v d Recke angehend ist Meisterhaft, u im besten Tone geschrieben. Andre gegen Nickolai, u vornehml. gegen Biester, sind mörderlich, u ich glaube der letztere hat keinen andern Ausweg, als sich eine Kugel vor den Kopf zu schießen. Ein Vergnügen beßerer Art hat mir Wienholts in Bremen Beytrag zu den Erfahrungen über den Magnetismus gemacht. Mir war als wenn ein erquikender Balsam über mich ausgegoßen würde. Den Beschluß macht ein Antwortschreiben auf einen Brief an W, in der Broschüre: Briefe von u an Lavater. Dieses Antwortsschreiben ist v der ersten Silbe bis zur letzten trefflich. Sorge daß Du das Buch bekommst; es wird auch allen dort wohl machen. Die Stelle v Jung über mich steht im Theobald T II S 68–
    71
. Einliegend Herders u Kleuckers Brief mit vielem Dank zurück – Morgen gebe ich 4 Heftchen v Lavater für Buchholtz auf den Wagen. – Ich schriebe gern mehr aber ich kann nicht. – von ganzem Herzen – Dein Jonathan.
Düßeldorf den 29sten Nov 1787. Vermerk von Hamann: Erhalten den 1 Xbr.
    bey der Heimkunft von Angelmodde
. Geantw den 10 Xbr. in Welbergen. Abgegangen den 12.
lieber Herzens Vater! Ich habe Deinen den 24sten abgeschickten Brief, der vorgestern hätte ankommen sollen, u auch vermuthl angekommen ist, erst heute Morgen von der Post, oder aus der Tasche meines Kutschers, der die Briefe abzuholen pflegt, erhalten. Ich hatte allerhand Bedenken dabey die Sache förmlich zu untersuchen, vornehml diese, daß man in Zukunft, es sey auf der Post oder in meinem Hause, einen solchen zurückgehaltenen B Brief lieber verbrennen, als zu spät überreichen möchte. Mein Blättchen v Dienstag wirst Du erhalten haben. Ich befinde mich etwas beßer, aber nicht viel. Seit einigen Tagen habe ich empfindliche Schmerzen an den Augen, u das A rechte ist geschwollen. Die SyndicatsWahl verursacht viel Geräusch in meiner Einsideley, so daß es sie oft mehr einem Conclav als einer Zelle gleicht. Schenk hätte wahrscheinlich die mehrsten Stimmen noch erhalten, aber er wollte schlechterdings mit der Sache nichts mehr zu schaffen haben. Schücking scheitert, weil das Jülichsche Ritterschafts Collegium ihm das Indigenat weigert. Ein Abtrünniger sagte zu ihm: Ja, er hätte ihm zwar seine Stimme versprochen, aber er hätte nicht gewußt, daß es für das Indigenat wäre; das gäbe man keinem Fremden. – Da tritt Schücking eben herein. Er war schon vorhin da, und ist wieder gekommen um mit mir zu Nacht zu eßen. Ich soll Dich u Euch alle herzlich v ihm grüßen. Sein guter Muth bey seinem Schifbruche freut mich. – Eine wichtige Begebenheit, u nicht ohne alle Beziehung auf mich, ist die Zurückberufung des Ministers v Hompesch auf seinen alten Posten nach München. Sie haben sich dort so fest gefahren, daß kein andrer Rath mehr war, als bittend zu dem Manne zurück zu kehren, der sich im Jahr 1779, daß Vertrauen der Nation in einem so hohen Grade erworben hatte. Gott gebe nur daß er sich aussehe, ohne meiner zu bedürfen, u ich habe mehrere Gründe es zu hoffen. den 30ten Schücking ist nicht zum Nachteßen geblieben, u war nur gekommen um sein Wort zurück zu nehmen, welches er nicht eher sagte, als da man zu Tische rief. Ich habe nicht zum besten geschlafen, ohne mich darum heute schlimmer zu befinden. Mit den Augen hat es sich so gar etwas gebeßert. Nim, lieber Vater, meinen innigen,
    tief
,
    tief
, tief! empfundenen Dank, für den Ueberschickten Auszug an. Ich habe keine Worte für das, was an meiner Seite ist, zwischen Dir u mir. – Danke auch Buchholtzen. Der Fortsetzung Eurer Debatten sehe ich mit Sehnsucht entgegen. Mit meiner Revision der Briefe über Spinoza, bin ich noch nicht weit gekommen, u vor ohngefähr 8 Tagen wurde ich durch einen Strohm anderer Ideen, ganz davon weg gerißen. Aber diese I Unterbrechung, wird im Grunde nichts unterbrechen, sondern vielmehr meine Arbeit fördern und abkürzen. Deine Schuhe sind mit großer Mühe herbey geschafft worden. Niemand wollte davon wißen, u Peter bewießs aus Gründen a priori, daß sie nicht gefunden werden könnten, weil sie ein unmögliches Wesen, ein Unding wären; denn Du hättest nur 1 paar Schuhe gehabt; diese wären jüngst nach Münster geschickt worden; u da es nun unmöglich sey, das 1 paar Schuhe zugleich 2 paar Schuhe wären, so sey das reclamierte paar Schuhe ein Hirngespinst. Allen diesen Argumenten setzte Mama Lene weiter nichts als ein nachdrückliches:
    suche er nur überall
, u sehe er nur einmahl recht unter dem Bette zu. Da fanden sie sich dann, u, nach Peters aussage, ganz hinten an der Mauer. Was Du aber von dem Düßeldorfer Leder sagst, kann schwerlich v diesen Schuhen hergenommen seyn, denn es sind allem Anscheine nach Koenigsberger, u meine Leute versichern hoch u theuer, es wären hier keine für Dich gemacht worden. Den Morellet kannst Du fürs erste noch behalten. Es freut mich Deine anhaltende Zufriedenheit mit diesem Buche um so mehr, da es unter die Zahl derjenigen Bücher gehört, die ich mehr als einmahl zu lesen, u mehr als einmahl zu verschenken pflege, welches letztere ich mir beynah zur Pflicht mache, wenn entgegengesetzte Sophistereien, von wichtigen Rezensenten, welche mehr auf den Vortrag als die Sache sehen, dringend empfolen worden, u in einem summarischen Begriffe dem Leser dergestalt insinuirt u eingegeben worden sind, daß Männer wie Morellet dabey als Schriftsteller erscheinen,
    welche sich nur das Ansehn geben der
Sachen
    kundig zu seyn
, da sie doch in einem Mißverstande der Vernunft u Erfahrung; in einem Aberglauben an übel verdaute Grundsätze u unschickliche Beyspiele, im Mißbrauche der Anwendung &cet. &cetera. &cetera, auf das jämmerlichste begraben liegen. Ich sage daß ich es beynah für Pflicht ansehe, ins dergleichen Fällen gutmüthige Leser zu ermuntern, sich durch den Augenschein zu überführen, daß was man ihnen als Fleuretten verbuhlter Schöngeisterey über astronomische u optische Theorien vorgespiegelt, etwas beßeres, u v weit gemeinnützigern Inhalt seyen, als jene Sophistereyen, die man sie ermahnt hatte, den Schaumünzen des ehrwürdigen Alterthums gleich zu schätzen. – Und hiemit wäre dann das im Morellet nicht aufgeschnitten gewesene Blat im Morellet gebührend aufgeschnitten, u die etwa dadurch verursachte Ungeduld nothdürftig u abbittend entschuldigt. Die Hefte v Lav für Buchholtz sind am Mitwoch auf den Postwagen zu geben versäumt worden. Ohnfehlbar kommen sie mit dem nächsten, u ich werde Wienholts Beytrag beylegen. – Es schlagt 11 Uhr. – Ade! Ade! – mit Herz u Seele Dein Jonathan
M. den 2 Xbr. 1 Adv. 87. Vermerk von Jacobi: empf den 8ten   b. den 21ten
    Sonderlicher, denn Frauenliebe
! werde auch an unserer Freundschaft erfüllt, mein lieber HerzensFritz Jonathan! wie David in seiner Elegie weißagte. Gottlob! daß Du Dich wider beßerst. Ich habe nur einmal in meinem Leben schlimme Augen gehabt, die ich von meiner letzten Reise aus Liefl. mitbrachte. Ich glaube daß ich damals eben an der Wortfügung der franz. Sprache schrieb. Es war aber eine langweilige traurige Woche für mich – und jetzt habe ich wieder Anlaß für mein Gesicht täglich besorgter zu werden. Meine polypragmatische Martha hat weder an einem Gerichte noch Buche gnug, und ihre komisch weinerliche Launen nehmen auch zu. Es sind mehr Dank und Freuden-thränen für alle Wohlthaten, die ich auf meine alte Tage genieße, als Bußthränen für die leider! unerkannten Sünden, die mit unterlaufen – mehr arletitisches als attisches Saltz, und Lauge taugt nicht zum Augenwaßer – Doch laß mich in der ungebundenen Form eines Journals fortfahren, nach Maasgabe meines Almanachs. Ich habe Dir gemeldt, mit welcher trunknen Schwärmerey ich den 22 pr. den Brief des Lamezans u die Beyl. des HE von Sturmfeder und Steudels Pis. abschrieb für unsern Crispus. Frantz war so treuherzig mir die Corresp. seiner Manheimer Freunde mitzutheilen, womit ich mich D den gantzen Abend beschäftigte. Den Morgen drauf weckte mich ein Durchfall, und hielt zum erstenmal hier Mittagsschlaf. Den 24 wurde der erste vierteljahrige Geburtstag der kleinen Trudchen gefeyert. Der letzte Sonntag des Kirchenjahrs war Posttag der bis Uhr in einem fortwährte. Nachdem die Post mit einem zieml. dicken Briefe an meine Freundin Courtan abgegangen war mit offener Einl. an Crispus, ein paar flüchtigen Zeilen an mein Mädchen, und einem versiegelten Hirtenbriefe an meinen Hill, trunk ich Caffé und feyerte das Fest der Heil. Catharina in der Minderbrüder- und Dominicaner Kirche. Wir waren bey einem Vetter Giese, einem Weinhändler eingeladen, aber unsere Häuslichkeit war uns lieber. Der Herzog von Braunschw. war angekommen. Wir giengen das Wirthshaus vorbey, sahen einen Auflauf von Menschen, erfuhren aber erst die Ursache von Dr. Druffel, der seine Patientin besuchte. Die Fürstin hat ihn zu Nacht bewirthet. Montags bewillkommete ich den Anbruch des Winters, und gieng auf meine eigene Hand zum ersten mal spatziren, fand glücklich den Weg wider nach Hause. Die Fürstin mit ihrem Freunde waren zu Nacht, und da wurde eine Wallfahrt nach Ihrer Villa verabredet. Den 27 wurde ein lang aufgeschobener Besuch bey dem Vicarius Conrad zu St. Moritz abgelegt. Marianne bekam Besuch und hatte schon einige Tage sich schlechter als bisher befunden. Der
    Artzt, der geliebte
(Colos. IV. 14) stöhnte auch, begleitete Frantzen und mich, holte sich aber die letzte Oelung aus einer überheitzten Stube und der Gesellschaft dreyer Tobacksraucher, wie unser Wirth pp waren. Seine Schwester die einen sehr guten Caffé für Marianne gemacht hatte, verschwand auch. Frantz hatte sich mit mir vormittags über politische Grundsätze gezankt u schickte mir des Abends ein kleines Mst. zu, welches den Titel: Impetus hypochondriacus hatte, worinn ich einige Beziehung auf unsern Wortwechsel zu finden meynte. Michel hatte denselben Abend den Anfang im Tanzen gemacht, wird aber ein beßerer Reuter als Tänzer werden, und scheint mit der neuen Methode des hiesigen Gymnasiasten à la Furstenberg sehr zufrieden zu seyn. Ich habe einen andern Weyrother in Kgsb. gekannt, der diesem Bruder oder Vetter nicht ähnlich, sondern ein Ebentheurer war, und von einem eben so großen wo nicht größern ein Jahrlang umsonst gefüttert wurde. Den Tag drauf speiste hier die älteste Schwester der Marianne zusammen nebst einer Mlle Grammer, deren Bruder u Bräutigam D. Becker wegen der Händel jener Caecilien Nacht, zum ersten mal hier. Dein Brief mit den beyden
    remittirten Einl
. kam an. Mir lag aber ein
    Cento enthusiasticus
im Kopf, mit deßen Abschrift ich eilen muste. Es war Nothwehr gegen den impetum des Hypochondristen und seine Politick. Michel hat mit einem Buchhändler Theissing Bekanntschaft gemacht, der ihm mit vieler Höflichkeit zuvorgekommen. Er kam den 29. des Morgens mit einem großen Pack Bücher an, die ihm
    Frantz
aufgegeben auszunehmen. Für sich hatte er den 2ten Band des
    Ardinghello
und für mich den
    Thurm von Samarah
, eine
    warnende Geschichte für Astrologen, Zeichendeuter, Magier und alle Liebhaber geheimer Wißenschaften mit
. Ich fiel wie ein hungriger Wolf auf dieses arabische Feenmärchen, hätte beynahe das Mittagseßen drüber vergeßen, las unter einem Ausbruch v Exclamationszeichen fort. Auf einmal finde ich den Bogen J. doppelt und den Defect des Bogens K. Der Faden der Erzählung wurde zurißen u zugl. meine Aufmerksamkeit, ich sah das übrige nur mit flüchtigem Blicke an, und warf das Buch fort mit dem Auftrage es zurück zu bringen. Mein Urtheil hatte sich auf einmal umgestimmt, ich fand nicht mehr den
    Pendant zur Geschichte des goldenen Hahns
, das Senfkorn meiner eigenen φφien darin, und war um so verdrüßlicher, weil dies das einzige vorräthige Exemplar seyn sollte, das noch übrig wäre. Franz u Marianne besuchten ihre Tante im Kloster Nießing, hatten 4 Stunden in einer kalten Stube zugebracht; für deren beßere Pflege sie in einen verdrüßl. Rechtshandel verwickelt sind, kamen daher verfroren u muthlos zu Hause. Unser liebe Raphael hatte sich zwar wider erholt, machte sich auch Sorgen und befürchtete ein Recidiv, und mit dem Verhalten der Patientin etwas unzufriedener als gewöhnlich. Des Nachts wurde er aufgeweckt durch einen Schmerz am Finger, an dem sich Marianne unter dem Nagel gestochen hatte. Dr. Forkenberg wurde zu rathe gezogen, und das zurückgehaltene Fieber kam zum Ausbruche und wurde reif. Die Patientin wurde in der Bibl. gebettet – und ich gerieth auf den plötzl. Einfall nach Wellbergen zu flüchten, um als ein Kranker nicht der Pflege näherer im Wege zu seyn und meine Hypochondrie nicht zu einem Ausbruch zu reitzen. Des Morgens kam mein Sohn mit dem vermißten Bogen K angestrichen, weil sich wider Vermuthen noch ein Exemplar gefunden hatte. Ich hielt es der Mühe werth die weggeworfene Schrift noch einmal durchzugehen und kam auf mein erstes günstiges Urtheil wider zurück, überredete Franz es zu behalten, las es noch zur
    Warnung des alten Magus in Norden
, und wurde von neuem Ueberzeugt, daß sich alle
    Zeichendeuter
menschl. Gesichter und Handlungen, Anschläge, Projecte und ihrer Bewegungsgründe eben so sehr an dem tragischen Ausgange spiegeln können. Die Moral komt zieml mit der göttl im Drama des Hiobs überein XXXIX 34. u XLII. 1–6 überein. Der übermüthige Kalife wurde erst toll, hernach krank und fuhr zuletzt lebendig ins Reich des alten φφen und schönen Geistes
    Eblis
;
der niedrige, verachtete Zwerg Gulchenruz verlebte Jahrhunderte in der süßen Ruhe u in dem Glücke einer ewigen Kindheit und guten Gesellschaft von Märtyrern – Ich wünschte sehr, wenn ein guter freygebiger Freund mir die
    Geschichte des goldnen Hahns
und des
    Thurms von Samarah
in einem Bändchen gebunden schlecht und recht verehren mochte, zum Andenken der breiten Randgloßen und gewißer besondren Ansichten u Ahndungen, womit ich zur Schande meines ästhetischen u metaphysischen Urtheils verschlungen und geschmekt habe. Kaum war ich mit dem Thurm fertig; so konnte ich der Versuchung nicht widerstehen in dem zweyten Band des
    Arthingello
zu naschen, und dem
    Leckerbißen
des jugendl. Lesers vorzugreifen. Gegen Abend kam eine Erinnerung und neue Einladung, den ersten des Christmonats unsere verabredete Wallfahrt nach Angelmodde an der Werse zu vollziehen. Marianne hatte sich durch den Schlaf schon ziemlich erholt und der letzte Sonnabend oder Sabbath des Kirchenjahrs, der letzte Monath des bürgerl. Jahrs stellte sich gleich einem geschmückten Bräutigam ein. Ich wurde mit meinem Ardinghello, dem Virtuosen und Metaphysiker, dem Gesetzgeber der neusten Colonie des verblichnen Jahrhunderts fix u fertig, genoß des seltenen beneficium eines automatischen Stuhlgangs ohne Vermittelung meiner Chinapillen, und machte in Deinem Feyerpeltze die Morgencour unserer lieben Marianne, welche dem Himmel sey Dank! sans comparaison wie eine Ratze geschlafen hatte, und uns ihren Seegen zu unserer Wallfahrt ertheilte. Ich stieg eine kl. Viertelstunde eher in die Kutsche zum Empfange unsers
    Franzen
ausstaffirt, und wir fuhren wie ein paar Platzmeister oder filii Tartari mit 4. Pferden hinter vier Spielfenstern mit 4 grünen seidnen Vorhängen – halb unter platonischen Gesprächen, halb unter einem Silentio pythagorico sehr frölich unserer Straße. Der Weg war so holperich und hart, daß ich Erschütterungen des Gehirns davon fühlte. Mein Nebensitzer befand sich beßer dabey als ich. Je weiter, je ebener schien mir die Bahn; dennoch kamen wir erst um 1 Uhr an. Die Hausgöttin war mit 2 Jägern ausgegangen und ich lösete den HE Miquel ohne ihn zu kennen, weil ich ihn für einen maitre d’hotel ansahe bey der kleinen lieben Amalie ab, als ein alter Schulmeister, der das Handwerk gewohnt wäre. Die Aufmerksamkeit meiner Schülerin machte mir viel Freude. HE Miquel war verschwunden und eilte nach der Stadt. Die Fürstin kam und wollte mir einen Vorschmack der schönen Gegend geben, bis an den Zusammenfluß der beyden Bäche. Ich lief, daß mir der Othem vergieng. Der Weg gieng über eine lange hohe Brücke; ich entschuldigte mich mit meinem Schwindel, ohne des leeren Magens zu erwähnen. Man schlug mir den Weg unten vor – aber wie es darauf ankam die Brücke zu erklettern; da war Noth am Mann und der steife Philolog hob sich und hob sich ohne die Höhe erreichen zu können – Die Knie thaten mir so weh, daß mir das Weinen so nah als das Lachen war. Das Schwingen war mir alten Mann unmögl. Ich rutschte also mit vieler Mühe und Wehen auf die schmale Brücke hinauf und kroch an der Lehne glücklich hinüber, that meine beide Augen so weit als mögl. auf, und sahe die Gränze des Waßers – Darauf gieng es zur Tafel im vollen Trabe, den ich nicht Zeit hatte selbst zu bemerken. Die Gerichte standen wie eine kleine Flotte ausgerüstet. Meine hungrige Muse ist nicht im stande einen genauen Catalogum davon anzufertigen, sondern wählte sich wie der Vogel des Apolls die heilige neuner Zahl. Eine
    pommersche
    Mandelsuppe
stand neben
    Sauerkraut
, wie ein paar Zwillingsschwestern. Ich nahm dazu einen Schnitt
    Rindfleisch
mit Weißbrodt und Pfeffer gepudert; durfte nicht mehr aus Achtsamkeit des auf mich wartenden
    Sauerbratens
. Hier trank ich einer alten Sitte der Diät zufolge zwey Gläser kräftiges Biers. Mein katholischer Magen ließ sich auch gelüsten 2 Löffel
    eingerührter Eyer
zu schmecken. Ein fetter
    Kurren oder Puten
braten hatte allen Reitz einer sanften schmachtenden Blonden in meinen Augen. Ein
    Pudding
schwam im rothen Wein. Ein
    Mandelkuchen
des vorigen Tages; eine
    Apfeltorte
, die erst gebacken war. Wären wir heute gekommen; so war das dritte Gebacknis schon bestellt. Ein Glas Bordeaux und 2 oder 3 Gläser Tokayer, wovon der eine trüber und
    Georgii
    Ausbruch
, der andere klarer und feuriger war. Alles wurde mit einem Schnittchen
    schwarzbrot
und
    Butter
beschloßen, und man stand von der Tafel auf. Auf 2 Schälchen Caffé zu einer Pfeife Knaster trank ich noch ein großes Glas mit Salzerwaßer. So wurde der 1. des Christm. gefeyert und das alte Kirchenjahr zurückgelegt. Ich saß schon in der Kutsche, wie das ganze Dorf über meinen Namen ein
    Gelächter
erhub. Weil es schon über 6 und der Mond noch nicht aufgegangen war, wurde uns ein Wegweiser mitgegeben, und unser Hans ist auf den Freytag zur Geburtsfeyer der Amalchen Pr. Mimi eingeladen worden. Ich sang vor Freuden unterwegs einige Lieder vor, mit denen ich gewöhnl. den Sabbath jeder Woche zu weyhen gewohnt bin, so heiser wie ein Rabe. Marianne war aufgestanden und ich erschien in der Bibl. u dem jetzigen Krankenzimmer mit Deinem letzten Briefe in der Hand. Mimi u Mitri waren sehr liebenswürdig und haben mir außerordentl. und beßer gefallen als damals wie wir unsern Verdacht einander mittheilten. Letzteren habe erst das uns vertraute Dintenfaß eigenhandig abgeliefert u meinen nachläßigen Michel entschuldigt, der für seine Vergeßenheit mehr als einmal ausgescholten worden. Bey meiner Ankunft stellte sich ein zweites Beneficium meiner verstockten u überstopften Natur ein. Anstatt des Abendbrodts begnügte mich an einer Pfeife mit einer Bouteille von Marianens Bier. Ich las noch in des St. Pierre Voyage einige Blätter; aber mit meinen Füßen sah es beßer aus, wie ich dachte. Der linke war nur ein wenig dicke in den Stiefeln geworden. Aber wie ich in mein Bette steigen sollte, gieng es noch härter wie bey der Brücke – Ich fühlte die steife Ungemächlichkeit des Alters so stark, wie vor meiner Abreise aus Kgsberg. Ich habe das neue Jahr mit einem Posttage angefangen und so vergnügt geeßen, wie ich das ganze Jahr die Sonntage zu feyern wünschte, die Fastarbeit ausgenommen. Marianne speiste wieder mit uns, und ich in meinem grünen Wams u meiner Schlafmütze. Nach dem Eßen fiel es mir ein, in die Capuciner Kirche zu gehen. Wir kamen aber für die Predigt zu früh, und eilten nach Hause zu unserm Caffé. Mit meiner ersten Dosi von Pillen bin ich heute fertig geworden, und erwarte noch die zweite diesen Abend. In meiner Diät habe ich weiter nichts geändert, als daß ich das weiße Brodt abgeschafft und mich seit länger als eine Woche mit dem Pumpernickel beßer befinde. Den alten Rheinwein habe auch abgeschafft und diesen Mittag einen Anfang mit dem Bordeaux gemacht, der mir eben so gut schmeckt, wie Anfangs der erstere, an dem ich den Geschmack ich weiß nicht wie auf einmal verloren habe. Sollte ich meine Idee ausführen als Vorläufer nach Welbergen zu gehen: so wird Michael das Mst von Simon, den Theil von la Harpe und die Voyage des St. Pierre, die mir mehr Vergnügen giebt als ich erwartete, je weiter ich komme, aufs beste durch unsern Franz befördern. Vielleicht geht dieser Brief nicht eher ab, bis ich meine Idee ausgebrütet habe. Ich muß nach W. schreiben und habe die III Samml. noch nicht ansehen können, auch nach Osnabrück. Das Stillschweigen meiner Leute daheim macht mir auch Sorgen. Gott schenke Dir, lieber Jonathan Gesundheit und verbrenne lieber diesen Brief, ehe Du Deine Augen an meine mikroskopischen Buchstaben verdirbst. Mit meinem Journal will ich schließen und Deinen letzten Brief so bald ich kann, beantworten. Was meynst Du vom 2ten Bande des Ardinghello. Ich gehöre leider! auch zu den Armseel. die keinen Begriff von Leben und Freyheit und Virtus haben, noch von Großheit des Characters. LDer geliebte Arzt ist auch nicht der vernünftigen Meinung daß der Mensch die beste Kost für den Menschen sey, und daß wir Cannibalen die eigentl. Verklärung des 1000jährigen Reichs zu verdanken haben werden, ist für mich ein altes Glaubensgeheimnis; aber dieser Fisch ist nicht jedermanns Ding – und weder für einen welschen noch Capernaitischen Gaumen. Vale. Ich will noch einige Zeilen anhängen, ehe ichs vergeße. Wienholt habe diesen Morgen erhalten u morgen wills Gott zu lesen anfangen; also den brauchen wir nicht. Aber an Neuigkeiten ist hier Theurung, aber zu meiner intellectuellen Diät höchst nöthig. Von Spinoza II. wünschte ich wenigstens etwas zu erfahren. An
    Stark
, der
    Litteraturzeitung
ist hier kaum in diesem Jahr zu denken. Hast Du noch keine Antwort von Schönborn? An
    Berkleys
Schriften und vorzügl an seinen
    Principles
wäre mir sehr gelegen. Vielleicht sehen wir uns in Welbergen, das Du noch kennst? Die Erscheinung wäre mir höchst angenehm. Franz ist so besorgt, daß mir die Zeit lang währen wird, und daß ich der Bücher nicht entbehren kann. Wenn er wüste, wie mir vor dieser
    losen Speise
eckelte, und daß eine Enthaltsamkeit davon weit nöthiger ist, als im leibl. Eßen und Trinken. Ach wen Du wüstest, wie mir Gagliani schmeckt della Moneta. Ich bin kaum auf die Hälfte des Werks u Pericles hat mir zu seinen übrigen Werken Hoffnung gemacht. Er führt in dieser Schrift eine noch ältere an über die
    Arte del Governo
,
die mir bisher gantz unbekannt geblieben. Michael bringt mir eben die Uebersetzung der Vorrede, die ein Meisterstück ist. Pericles sagt: sie „sie schmeckte ihm nach dem goldnen
    Zeitalter der Schreibart
– aber der Geist des Alterthums ist noch köstlicher in Gedanken und ihrer Composition für den Sinn, als für den stoltzen Rythmum des Gehörs. Wenn die Arbeit gut gerathen ist und ich selbige nachfeilen kann, schicke ich vielleicht seine Abschrift davon zu. Ich habe eine engl. Uebersetzung des Camoens bey der Fürstin gefunden, von der ich mir viel verspreche. Aus Mangel eines portugiesischen Wörterbuchs habe ich das Original das ich selbst besitze, bisher nicht lesen können. Hier ist eine starke Vorrede und reiche Noten. Die Uebersetzung ist in Versen by Will Julius Mickle Oxf. 76. 4o den 3 Xbr. Nach einem tiefen stätigen Schlafe wurde ich heute durch die Früharbeit der Schornsteinfeger aufgeweckt, und ich besann mich daß ich im Geiste, ohne Bewußtsein den Geburtstag meiner mittelsten Tochter Käthe gefeyert hatte, oder wahrscheinlich meine Leute denselben bey Milzens und seiner
    Louise
ihren in dreyfacher Freude sich der abwesenden erinnert hatten. Es that mir also nicht leid, daß mein Becher auch übergelaufen und ich mehr wie meine Gesellen mit Oel gesalbt worden war. Noch zwey Hauptbegebenheiten muß ich nachholen zur Geschichte des verfloßnen Tages. M. hat ein Billet gestern Morgen aus Angelmodde erhalten, aus dem wir sahen, daß unsere freygebige Dea hospita mit ihren hungrigen u durstigen Gästen nicht unzufrieden zu seyn schien. Weil sich dies Billet auf einen
    halben
Brief aus Göttingen bezog: so war M. auch so gütig und freundschaftl. mir die zurückgeschickte Hälfte auch mitzutheilen. Ich las ihn vielleicht mit der Aufmerksamkeit eines eifersüchtigen Nebenbulers, und bewunderte den systematischen Geist des Briefstellers; wurde deshalb von unserm Frantz laut und herzlich ausgelacht, der obenein die Uebereilung sich für einen größeren Systematiker alszu halten, und seinem Busen und Hausfreunde zu viel Ehre anthäte. Zu meinem Glück enthielt ich mich ernsthaft darauf zu antworten in Gegenwart der unschuldig beunruhigten Marianne, die mich in Verdacht hat, daß ich auf Dr. böse geworden wäre, weil er nicht nach P. gekommen wäre. Wie falsch ich hierinn von der lieben Patientin beurtheilt werde – und wie unmögl. es mir ist, ihr dies Vorurtheil zu benehmen. Ich hätte ihn freylich gern dort gesehen, aber nicht meinet, sondern
    seinet
und
    Mariannens
willen. Auch Deine Gleichgiltigkeit war mir recht nach Wunsch, und ich dankte Gott daß ich dieser schweren Lection überhoben war wie
    glühend Eisen
anzufaßen, ohne hinlängl. Werkzeuge und Gefahr laufen muste mich selbst zu verbrennen, so lieb ich auch meine weiche Haut habe. Ich habe mich sogar gefürcht einen Brief bisher von ihm zu erhalten, den ich aus mehr als Einer Ursache nicht zu beantworten wüßte. Wie nöthig ist es dem pius Aeneas gewesen, durch ein
    didicisse fideliter artes
sich ein wenig zu zerstreuen, oder noch mehr, seine Sitten reifer zu machen und die Hörner wilder Leidenschaften u Einbildungen abzustoßen – das
    erste
Gebot der
    zweyten
Tafel und großen Verheißung kennen zu lernen, die Pflichten der Selbstliebe und
    Bescheidenheit
gegen seinen Nächsten vtriusque sexus zu studieren. Irre ich
    mir
und thue dem irrenden Ritter unrecht oder zu viel – so sauer mir das Knien wird, will ich von Grund des Herzens gern Abbitte thun. Es sieht heute nach Thauwetter aus und mein Entschluß ist befestigt nach W. zu flüchten, so bald ich kann. Giebt Gott nur Gesundheit, soll es mir an Arbeit und Zerstreuung dort nicht fehlen. Also bald mehr und näher zum Text. Es fehlt mir an
    Raum
u
    Zeit
.
Welbergen den 4 Xbr. des Abends. Ihnen, Herzenslieber Franz! und Ihrer guten Marianne sage ich den herzlichsten Dank für die Bedeckung, die Sie mir auf allen Fall zu meiner Wallfahrt mitgegeben haben. Ich bin Gottlob! glücklich hier gegen 6 Uhr angekommen, mit Hülfe eines Wegweisers, den wir in Witteringen bekamen. Einen Tag später, wäre vielleicht wegen des gänzl. aufgegangenen Grundes die Fahrt nicht so glücklich abgelaufen. Wie sehr durch meine unvermuthete Ankunft unser Freund Coermann überrascht worden, können Sie leicht erachten. Die Wahl der
    Küchen
- und
    Bücherstube
ist noch nicht entschieden. Beyde sind meinem Geschmack gleich angemeßen. Weil letztere aber lange nicht gebraucht worden: so Sscheinen die Röhren ihren Dienst verlernt zu haben, und ich habe meine deshalb besorgte und zu sorgfältige Wirthin auf das beste zu beruhigen gesucht, weil ich hier allenthalben zu Hause bin und in Gesellschaft gutgesinnter Menschen, die eben so viel Vertrauen zu mir zu haben scheinen, als ich für sie fühle. Kurz, liebster HerzensFranz, ich bin auf Ihrem Grund und Boden, und unter Ihrem Obdach. Morgen werde ich erst bey Tage mich umsehen und die Aussicht der Gegend genießen können. Mehr kann ich heute nicht schreiben. Küßen Sie Mariane und Ihre kleine Gertrud. Die hiesige ist diese Woche 7 Monathe alt und ein außerordentlich starkes Kind, von einer sehr lachenden zufriedenen Mine, das sich nur beym Einwindeln ein wenig ungebärdig ansteltlen soll. Ich werde nicht vergeßen, auch abwesend an den Freuden Antheil zu nehmen, die Ihnen diesen Freytag zugedacht sind. Meinen herzlichsten Gruß an den vielgeliebten Arzt mit der Nachricht, daß sich meine Füße gut gehalten haben. Hans wird sich meiner Aufträge erinnern. HE D. Coerman hat heut eben seine Arbeit verrichtet und ist mit der Einnahme der Schatzungen fertig geworden, und vorige Woche ein paar Tage bey seinem Schwager gewesen, daß ich also hier zu gebührender Zeit angekommen bin. Seine und seiner Engel beste Empfehlung an Ihr ganzes Haus von dem ältesten Genoßen deßelben, der mit der Ausführung deßelben recht zufrieden ist und Gott und Ihnen dafür dankt behülflich dazu gewesen zu seyn. Gute Nacht. Leben Sie recht wohl und erfreuen mit guten Nachrichten Ihren ewigen Freund und Diener Joh. Ge. H. Adresse:
HErrn / Franz Bucholz / Herrn von Welbergen / zu /
    Münster
.
Welbergen den 6 Xbr 87. Vermerk von Jacobi: empf den 18ten – b. den 21. Mein liebster Jonathan, zu meinem Glück reisete ich vorgestern ab und kam des Abends an. Ein Tag Aufschub hätte den Weg grundlos und meine Reise unmögl. gemacht. Hier sitze ich eingeschloßen wegen der elenden Witterung, in guter Hoffnung, daß der Himmel sich aufklären wird. Das Schloß gefällt mir außerordentlich. An Gegenständen fehlt es nicht für meine Neugierde und Aufmerksamkeit. D. Cormann hat mir seine Bücherstube eingeräumt, oder ich habe vielmehr mir selbige gewählt. Nur Schade daß der Ofen nicht recht brauchbar ist. Ich habe mich daher diesen Morgen in seine Wohnstube einbetten müßen, neben der
    Küche
, die so prächtig ist, als ich kaum in Engl. kaum an Schönheit gesehen habe, und der ganzen Anlage des Schloßes und Hofes völlig entspricht. Mein Wirth und seine Frau sind die gutmüthigsten und bestgesinnten Leute. Nur wünschte ich, daß meine Stube wegen des Ofens eingerichtet wäre, um darinn mehr mein eigener Herr zu seyn und arbeiten zu können, auch Luft zu schöpfen. den 7 – Ich muste gestern die meiste Zeit im Bette zu bringen; das schöne Wetter hat mich heute ein wenig aufgeheitert. Ich habe mich im Garten ein wenig umsehen können, die beyde Thürme deßelben u die Kapelle die M zwischen beyden in der Mitte liegt, nebst dem Orangerie Hause in Augenschein nehmen können genommen. Wir haben der Prinzeßin Geburtstag gefeyert und eine Bouteille Wein von denen die mir Frantz mitgegeben, auf unserer Freunde Gesundheit ausgeleert. Diesen Ich denke morgen meines Wirths Bücherstube wider zu beziehen, weil der eiserne Ofen nunmehr Zug hat und auf die Woche mit Gottes Hülfe zu meiner hiesigen Lebensart völlig eingerichtet zu seyn. Die kleine Gertrud welche den 7 May zur Welt gekommen hat ihren Eltern mit dem Ausbruch des ersten Zahns auch eine große Freude gemacht, und ich finde hier gnug, was mich interessirt, wenn ich nur meinen Kopf beßer brauchen könnte. Auch für meine Diät wird dieser Aufenthalt heilsam seyn. Der Geschmack an Wein hat gänzl aufgehört und ich befinde mich sehr gut bey dem hiesigen Bier. Es wird mir nicht leid thun meinem Instinkt hieher blindlings gefolgt zu haben, so ähnlich er auch dem Impromtu aussahe, mit dem ich Dein Haus u Düßeldorf verlaßen muste. Ohne ein wenig Gewalt mir anzuthun, hätte ich beydes nicht ausführen können, und Du giebst mir Anlaß meine ungestüme Ausführung wenigstens gegen Deine beyde würdige Schwestern zu rechtfertigen: so sehr ich Dich auch gebeten habe mich dieser Mühe und Arbeit zu überheben.
    Was ich darüber schon geschrieben, verstehst Du nicht gantz
. Von
    Empfindungen
kann man freylich nicht mit der Deutlichkeit schreiben, als sich Begriffe entwickeln laßen. Das liegt in der Natur der Sache. Die
    Worte
habe ich vergeßen; aber für den
    Sinn
kann ich mit gutem Gewißen Bürge seyn. Die Liebe, die ich in Deinem Hause u von den Deinigen genoßen hat keine Verhältniße zu meinem Verdienst. Ich bin wie ein Engel vom Himmel darinn aufgenommen worden. Wenn ich ein leibhafter Sohn des Zeus oder Hermes gewesen wäre; hätte ich nicht größere Opfer der Gastfreyheit und grosmüthiger Verleugnung finden können, worinn sich Mama als Deine und meine Nächste unsterblich hervorgethan. Ihre Wohlthaten werden meinem Gedächtniße und meinen Gefühlen Zeitlebens unvergeßlich seyn u bleiben. Wenn mir an meiner Gesundheit etwas gelegen ist; und welcher Mensch liebt nicht das
    beste Gut mseines Lebens
: so weiß ich und bin überzeugt, daß ich Ihrer Pflege und unermüdeten Sorgfalt so wohl als Selbstverleugnung den grösten Theil meiner Widerherstellung zu verdanken habe. Sollte ich nun diese Anstrengung und Uebertreibung des Mitleidens blos meinen Bedürfnißen, und nicht vielmehr Deinem Vorurtheil der Freundschaft für mich zuschreiben, und mir etwas anmaaßen, was Dir mehr als mir selbst gehörte. Der Schein der gröbsten Undankbarkeit war mir erträglicher, als eine solche Ungerechtigkeit gegen Dich und mich selbst. Nein, fiat iustitia et pereat mundus. Ich muste auch hier sans principe par principe handeln. Nein wahre Dankbarkeit ist unsichtbar, und thut sich weder durch Bücklinge noch durch Sprache, die wie die meinige stammeln muß, Gnüge; sie kehrt wie Du weißt, dem
    Gegenstande ihrer Verehrung
den Rücken zu, und will nicht gesehen seyn. Ich habe Deine Verlegenheit geahndet; aber aus der Deinigen hättest Du auch meine eigene Bbeurtheilen können – auch meine
    Sorgen
, meinen
    Gram
beherzigen können, daß Du der wahre Urheber der gar zu ungl. Meinung bist, die Du von Deinem Dir bisher den Buchstaben aber nicht dem Antlitze nach erkannten Freunde gehegt und mitgetheilt hast. Die Wahrheit macht uns frey, und man verliert dadurch nichts, allen Selbstbetrug selbst zu zerstören, und diese Nothwendigkeit lieber an sich selbst auszuüben, als die Zeit ihrem Zahn oder Besen zu überlaßen, sich an Hirngespinsten zu rächen. Der ehrl. Stallmeister wäre nicht so oft geprellt worden, wenn er Menschen so gut verstanden hätte, als er sich vielleicht einbildete von Gott verstanden zu seyn. Wer sich an dem begnügt, muß gewartig seyn von Menschen ausgelacht und gemishandelt zu werden. den 10 – Gestern wurde mit einem Briefe von der Fürstin erfreut, auch mein Sohn gab mir Nachricht von der Ankunft meiner Schuhe, aber daß nichts weder von Dir, mein lieber Jonathan, noch von Hause beygelegt worden wäre. Ich schäme mich der lieben Mama auch mit dieser Kleinigkeit Verdrus gemacht zu haben. Aber mein armer Kopf geht mit so viel Grundeis, daß ich nicht weiß, was ich thue, und ich bin hier auf der hohen Schule, die ich mir gar nicht vermuthet habe, daß ich gar nicht an meine mitgebrachte u im Sinn gehabte Arbeit denken kann. Meine geschwollne Füße nehmen nicht ab, wie bey meiner Ankunft in Münster, wo ich völlig hergestellt wurde; ich habe einen Fluß in der Achsel, daß ich meinen rechten Arm nicht brauchen kann, und eine Flechte an die mich Jahre lang geqvält und von der mich mein guter Raphael 2 mal glücklich curirt meldt sich wieder u beunruhigt mich arger als sonst. Er hat ein klein Sinngedicht auf den Geburtstag gemacht, das mir Hans mitgetheilt und meinen
    ganzen Beyfall
hat. Hier ist es: Du wurdest geboren ein Engel – Mehr als Engel zu werden Auf dem Wege, den Gott Dich führt, Durch die, die Dich gebahr. Vollend ihn und werd es! Unsere Wünsche, unsere Hoffnung begleiten Dich! Ich habe diese Nacht zwar schlaflos zugebracht. Sie ist die erste, welche ich in meiner gewälten Stube geschlafen, wo der Ofen nunmehr in Ordnung ist, und ich hoffe mit dieser Woche in beßern Gang zu kommen. Zu meinem Unstern fand ich meinen Wirth über das Leben der berüchtigten Actrice Bellamy, und ich that mir die Gewalt an dies eckle Buch durchzulaufen weil ich nichts im stande war vorzunehmen u die elende Witterung mich die paar Tage lang bettlägerig gemacht hat. Heute hat sich die Luft ein wenig aufgeklärt – und mein Gemüth auch. Nach widerholten Ueberlegungen des abgebrochenen Thema, weiß ich keinen andern Rath noch Entschluß, mein lieber Jonathan, als daß Du stoltz alle in Deinem Hause von Deinen lieben und würdigen Schwestern mir erwiesene Wohlthaten, als
    Dir Selbst
gethan auf Deine eigene Rechnung schreibst, weil Dein alter Freund insoluable ist und Du beßer im stande ist alles gut zu machen, auch zum Theil schuldig für die Folgen Deiner Vorurtheile für mich zu büßen, und die Folgen zu übernehmen. Man war eben die Woche, wo ich Dein Haus verließ, willens gewesen mich einstimmig und feyerlich nach Münster und dem
    Geburtstage unsers Frantz
einzuladen. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie lieb und angenehm es mir gewesen, durch eine blinde Ahndung diesem Wunsche zuvorgekommen zu seyn
    von selbst
und aus
    eigener Bewegung
. Mein gröster Trost ist hier, nicht
    gelaufen
, sondern eben so
    nachdrücklich gezogen worden zu seyn
. Ich mußte dort auch Gewalt brauchen um durchzudringen u meinen Endzweck zu erreichen. Hätte ich Bitten u Gründen nachgegeben und einen einzigen Tag verzögert: so wäre aus meiner jetzigen Reise nichts geworden, die nicht
    vergeblich
oder
    verloren
seyn wird. Ich war dem ältesten und innig nächsten Freund meines Franz meinen Besuch schuldig und hatte mein
    Wort
ihm von mir gegeben bey unserer ersten Bekanntschaft. Ohngeachtet ich kein Sclave meines Worts bin, so bin ich mir doch weder eines sophistischen noch politischen Leichtsinns in Erfüllung meiner Pflichten gewohnt. Mein Scepticismus u Dogmatismus ist nicht willkührlich, sondern in dem
    Wesen
und den
    Zufälligkeiten
der Dinge und ihrer Natur gegründet, die nicht von mir abhängen, sondern umgekehrt.
    Dein Haus ein Conclave
! Welche Catastrophe, die ich mich freue nicht erlebt zu haben. Schücking begleitet den Churfürsten nach Wien. Er hat bey seinem Abwesschiede auch an mich gedacht. Aus Hills Stillschweigen, das mir seltsam vorkommt, vermuthe ich, daß Dein Alexis noch nicht angekommen ist, und sein Stillschweigen darauf beruht. An dem Deinigen ist doch wohl nicht die Fortdauer Deiner Krankheit und schlimmen Augen schuld. Beruhige mich deshalb so bald Du kannst. Du wirst das Mst. des Simon, dela Harpe III. und den ersten Theil des Reisejournals richtig erhalten haben. Mit dem zweyten Theil bin ich nicht fertig geworden u habe ihn mitgenommen, aber noch gar nichts ansehen können. Ich hoffe daß es Dir gelingen wird unsere genommene Verabredung der Mama u Tante annehmlich zu machen und alle bisherige Misverständniße meiner Gesinnungen, Verpflichtungen und Achtsamkeiten, die auf die redlichste Ehrerbietung und Erkenntlichkeit hinausgehen, weder einen andern Grund noch ein ander Ziel als diese haben können und wirkl. haben, zu heben und in ihr rechtes Licht zu setzen – Gott seegne Dich, Dein Haus und alle, die dazu gehören, ist mein tägl. Wunsch. Ich schmeichle mir, daß wir uns diesen Winter einander sehen werden, und bald gute Nachricht von Deiner völligen Genesung nebst guten Nachrichten u Einl. von Hause. Entschuldige mich doch an unsern Prudentius, daß ich ihm noch nicht antworten kann. Ich habe seinen Brief u die Weimarschen mSachen mitgenommen, aber außer den angeführten Gebrechen, habe ich auch seit einiger Zeit KopfWehen, die empfindlich, doch von keiner Dauer sind, und die ich nicht anders als durch die ungewohnte Heitzung der eisenen Ofen erklären kann, weil ich derselben nicht gewohnt bin. Meinen herzlichsten Gruß und Kuß an Mama, Tante, Deine lieben Kinder und die Genoßen und Freunde. Lebe wohl und vergiß nicht Deinen   alten Johann Georg in eremooder Pathmo. Das Schreibzeug taugt nichts und eben so wenig der Kopf u die Faust des Briefstellers. Für beßere Dinte wird schon gesorgt. Nun laß mich ruhen, und thue ein gleiches. den 11 des abends. Nun mein lieber Jonathan! Mit genauer Noth bin ich mit einer leider! zu langen Antwort auf den Brief der guten Fürstin fertig, und ein wenig ruhiger. Entschuldige das abscheul. Geschmier, welches Du Mühe haben wirst zu lesen. Ich habe nicht das Herz es anzusehen und noch einmal durchzugehen. Morgen denke ich ein wenig mehr für mich zu leben, und will mit dem 2 Theil des S. Pierre den Anfang machen. Wir haben zwey zu laue Tage gehabt, daß man einen bösen Einfluß auf die Gesundheit befürchten muß. Beruhige mich doch bald wegen Deiner Augen u Kopfschmerzen. Heute sind 8 Tage verstrichen mit lauter Nebendingen. Die schwachen Geschöpfe sind immer die ungedultigsten und unenthaltsamsten. Optimus Maximus ist allein langmüthig – und allein fähig ein
    gleichgültiger, unparteyischer Richter
zu seyn – ohne Vorurtheil noch Leidenschaft, und diese Gedult unsers HErrn achtet für eure Seeligkeit, sagt der weyl. hitzige Petrus. Es ist Zeit für mich zu Bett zu gehen und mir selbst eine Gardinenpredigt zu halten. Diese Nacht soll es mit dem Schlafe beßer gehen, als die beyden vorigen. Peracti labores iucundi. Wie viel Dinge liegen mir im Sinn die sich beßer erzählen als schreiben laßen. Wir sehen uns diesen Winter noch, so der Herr will und wir leben. Melde mir den Ausgang des Conclave – und ob Du bey dem schwesterl. Parlament unsere gemeinschaftl. Sache gewonnen oder verloren hast. Auf jeden Fall an Mama u Tante die herzlichsten Empfehlungen von dem alten Mann, den man hier zu Lande für einen 100jährigen Nestor ausgeschrien hat. Die Bauren in Angelmodde lachten aus vollem Halse, als sie mich bey meinem Namen ruffen hörten. So außerordentl. kam es ihnen vor daß es einen Menschen auf der Welt geben konnte, der Hamann hieß. Doch Du gehst mit Staatsentwürfen schwanger. Vergiß nicht fidem Diabolum Daemonum, qui credunt et contremiscunt. Gottes Seegen u Schutz über Dich u alle die lieben Deinigen ppp. Nun zum letztenmal gute Nacht – und angenehme Ruhe von allen todten Werken der Finsternis. a Dieu à revoir.
Königsb. den 10ten
    Demb
87.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 – Verehrungswürdiger u. lieber Freund Beynahe glaube ich, daß mein weinerliches Schreiben vom 18ten Oct. Ihnen mißgefallen, oder garnicht zu Händen gekommen ist, weil Sie mich und Ihre lieben Hausgenossen seit so langer Zeit mit keiner Zeile von Ihrem Wohlseyn erfreut haben. Demohngeachtet erfordert meine Pflicht, Sie ietzt zu unterbrechen; und Ihnen zu melden, daß die 6 Exemplare vom Alexis den 4ten Decemb. endlich angekommen sind, damit Sie alle Nachsuchungen, wo diese geblieben seyn könnten, unterlassen möchten. Denselben Tag habe ich sie Ihrem Auftrag gemäß vertheilt, und eins für mich behalten. Für dieses Denkmahl eines freundschaftlichen Andenkens an mich bitte ich Sie edler Hamann dem He. Geh. R. Jacobi gehorsamst von mir zu danken. Auch He. K. R. Hippel hat es mir zur heiligsten Pflicht gemacht, Sie zu bitten ihn außer seiner Danksagung noch besonders an He Geh. R. zu empfehlen – Ich habe einen neuen Mäcen He. Graf v. Keyserling, verlohren, dem ich bey seinem Leben den 2ten T. von Poetical Library für seinen abwesenden Neffen überbrachte, und mich mit der Bitte empfahl, meiner zu gedenken, wenn jemand im Italienischen Information nehmen wollte. Der seel. Graf war gleich so geneigt, seinen altesten Großsohn He. Graf Heinrich von mir unterrichten laßen zu wollen, hatte aber bey meiner Wiederkunft seinen Entschluß geändert, und fragte mich, ob ich auch Englisch verstände. Ungeachtet ich ihm meine Stärke und Schwäche in dieser Sprache offenherzig heraussagte, war er doch mit meiner Erklärung zufrieden, und ließ den G. Heinrich Stunden nehmen. Zu gleicher Zeit both er mir 4 mal die Woche seinen Tisch an, welches ein Donnerschlag für mich war, weil ich es nicht auszuschlagen wagte. Denn meine so oft angefangene Cur, deren Hälfte ich ietzt glücklich erreichet, und welche ich nun mehr als jemahls bedurfte, weil mich Verzweiflung diesen Sommer in eine offenbahre Krankheit gestürzt hat, wurde ietzt auf einmal unterbrochen. Ich nahm dahero dieses so gut gemeinte Anerbieten wie ein Sünder an, der sein Todesurtheil hört und die Hofnung jemahls wieder gesund zu werden und froh zu leben, welche mich noch erhalten, wurde mir ietzt wieder auf einmal geraubet. Seit dieser Zeit ist auch jeder Trieb zur Thätigkeit ganz in mir erloschen, und wie ein verunglücktes Schiff vermag ich nicht mehr dem unruhigen Strudel meines Geschicks zu wiederstreben. Um mein Amt gehörig vorzustehen, bringe ich die Zeit, wo die Schreken der Aussicht in die Zukunft mich weniger verfolgen mit Erlernung des Accents und der Aussprache der englischen Wörter im Dictionär des Sheridan zu. Obgleich diese Arbeit mit saurer vorkommt als den Gotthard im Winter zu übersteigen, so läßt sie doch bisweilen einen Strahl der Hofnung in meiner Seele hervorbrechen, wenn ich träume, daß sie ein Mittel werden könne mehr englische Schüler zu erhalten, und ich dadurch in den Stand gesetzt werde nach Töplitz oder dem Carlsbade das einzige Mittel zu meiner Ruhe zu gehen. Wenigstens bin ich fest entschloßen, wenn ich nicht mehr Schüler erhalte, den 1ten May auf ein Jahr lang eine Condition anzunehmen, und dann aufzubrechen. – So sehr ich auch ein Einsiedler und traurig bin, scheinen Ihre liebe Hausmutter und Kinder harmlos und munter zu seyn. Sie haben den 2ten Decembr sämmtlich den Geburtstag des He. Milz und seiner Tochter feyerlich begangen, indeß ich mich an meinen schwarzen Phantasien geweidet, und mein einzig zurückgebliebener und zärtlich fühlender Freund N. mir sein Dach und seine Kartoffeln mitgetheilet hat. Gott lohn’s dem edeln Jüngling für sein treues Herz, der einzig mich hier noch liebt, und mich noch dann und wann im Leben noch Vergnügen finden läßt „O Spirto beato quale Se’, quando altrui fai tale?“ Wir haben den Ariost geendiget, und lesen ietzt den Petrarch, der so wenig wir auch davon verstehen, uns manche Wonne fühlen läßt. Dieser wahre Freund denkt auf Ostern Baccalaur zu werden, und liest deswegen fleißig Hebräisch mit mir, wo er mit meiner Schwäche fürlieb nimmt, und ich ihm jedes Wort analisiren muß. Ich wünschte von Herzen daß die Helene mich ebenso fleißig im Französischen besuchen möchte, als ich bereit bin mit ihr vorzunehmen, und mich jedesmal innerlich freue wenn sie kömmt, um Ihnen auch nur einen schwachen Beweis von meinen erkenntlichen Gesinnungen bezeigen zu können, für die so viel geleisteten Wohlthaten, deren Dank ich Ihnen Leider ewig schuldig bleiben muß. Ich habe deswegen schon Ihrer Liesette Reinette Winke gegeben, Ihre Helene zum Fleiß zu ermuntern, weil meine Vorstellungen nicht viel helfen, und meine Zu erstere gebeten mein stürmendes und menschenfliehendes Wesen für würkliche Leibes- und GeistesSchwäche erklären zu wollen. Ich habe auch das Clavier Ihrer ältesten Tochter überlaßen müssen, nicht wie man vorgiebt aus Mangel an Lust sowohl des Lehrers als des Schülers, sondern einzig u allein weil ich die Bachischen Sachen nicht überhöre, und darüber beym Aufsagen zu hitzig werde, als es mein kranker Geist iezt auszuhalten vermag. Will Ihre liebe Lisette bey Ihrer Zurückkunft aus der Pension meine gute Absicht nicht verkennen, und mit meiner wenigen Kenntniß in der Geschichte fürlieb nehmen, so will ich fleißiger mit ihr seyn als ietzt wo ich an eine sehr unbequeme Stunde angewiesen bin, und gerne noch die wenige Zeit meines Hierseyns die letzte Hand an meiner ersten und fleißigsten Schülerinn lege. Da mir mein eigenes Weiterkommen in Kenntnißen bey meiner Krankheit so gleichgültig ist, so ist kein Wunder daß ich nicht noch thätiger im Lehren anderer bin. Ich bin Ihr ewig schuldiger Freund Hill il Romeo. Tausend Grüße von Ihrer lieben Familie, sämmtlichen Freunden, u He. Wagner.
Welbergen den 10 Decbr. 87. Herzens lieber Franz! Meine erste Arbeit ist hier gewesen das mir anvertraute papirne Kästchen mit Briefen durchzulesen – Wie sehr haben Sie den seeligen Freund verkannt, und wie unwürdig erscheint der unschlachtige Windbeutel mit seiner Klaue, die kaum buchstabiren kann, Ihres Vertrauens – Gottlob! daß nach dem gestern erhaltenen Bericht meines Joh. Mich. alles dort nach Wunsch geht. Ich bin mit der ersten Wahl meines Zimmers so zufrieden, als überhaupt mit meinemdem glücklich ausgeführten Entschluße meiner ganzen Wallfahrt. Auch an meinem Bette ist eine Schelle, und wir sind uns hier zu allem näher bey Hand. Der Ofen ist nunmehr in gutem Stande und zieht vortreflich; habe aber dort schon bemerkt, daß mein Kopf sich noch erst an die eiserne Heitzung gewöhnen muß. Die Witterung ist sehr niederschlagend. Freytags habe ich zum erstenmal aus dem Hause gehen können, und heute wieder einen kleinen Spatziergang nach dem Wiesenbusche gethan, und den
    Blick
nach der Welberger Kirche und der Abtey Langenhorst ein paar Minuten genoßen. Die Luft ist aber so schwül, daß alles davon ermattet. Unserm D. Coerman habe das Lesen wacker abgerathen; das ihm nachtheiliger als mir zu seyn scheint. Des gemeinschaftlichen Bestens willen, bitte ich Sie, Herzenslieber Franz, hierinn einstimmig mit mir zu handeln. Ich hoffe daß meine Reise nicht umsonst und fruchtlos seyn wird, und daß ich wenigstens Ihnen einige Materialien sammlen und mitbringen werde, um Ihre Ideale zu berichtigen, zu ergänzen, oder auch wenigstens näher zu prüfen. Mit Briefen wollen wir uns beyde einander verschonen. Seyn Sie meinetwegen unbesorgt. Zum Ueberfluß will ich wegen meiner Hypochondrischen Uebel wegen ein paar Zeilen für unsern Artzt den geliebten beylegen. Es fehlt mir weder an Gesellschaft, noch Pflege, noch Beschäftigung, und ich habe alles, was ich nur wünschen kann Wir haben den 7 hier auch gefeyert. Die kleine Gertrud, welche den 7 May zur Welt gekommen, erfreute uns hier mit dem Ausbruche ihres ersten Zahns, und wir haben der jüngeren Namensschwester gute Nachfolge gewünscht. Gott laße Mariannens Cur ferner wohl gedeyen, daß wir uns bald in Welbergen einander widersehen und hier genießen können. Ich umarme Sie, Herzens lieber Franz, mit den herzlichsten Wünschen von uns allen und bin, wie Sie, gantz und ewig Ihr treuer alter Johann Georg H.
Erlauchte Fürstin, Gnädige Frau, Ew. Durchlauchten huldreiche Zuschrift habe erst den 9ten d. erhalten, weil selbige einige Stunden nach meiner Abreise von Münster am 4 angekommen seyn soll. Der Hauptabsicht der darinn enthaltenen Anfrage ist bereits von meinen dortigen Freunden Genüge geschehen, an deren genoßener Freude und Ehre ich nur im Geiste den lebhaftesten Antheil nehmen können. So wenig ich auch im stande bin, Gnädige Fürstin, den in Angelmodde gehabten Genuß weder mündlich noch schriftlich zu erkennen, und so sehr ich mich auch genöthigt fühle, wegen meiner Unvermögenheit und Schwäche mich alles Umganges annoch zu entäußern bis zu beßerer Erholung meiner erschöpften Kräfte, die ich mehr wünsche als hoffe: so halte ich es doch für eine Art von Gewißenspflicht einen verlornen Einfall, den Ew. Durchlauchten einer zu günstigen Aufmerksamkeit gewürdigt haben, und zu einem Grundsatze aufzunehmen geruhen, näher zu bestimmen „Ein Ackermann muß freylich auf die köstliche Frucht der Erde warten, und so lange gedultig seyn, bis er den Morgen- und Abendregen empfahe“, wie es in der Epistel Jac. V. 7. ausdrücklich geschrieben steht. Dies versteht sich aber nur unter zwey vorausgesetzten Bedingungen: nemlich, wenn er 1.) sein Feld nach den
    verschiedenen Eigenschaften
 des
    Bodens
gehörig zubereitet, und 2.) demselben
    guten
und
    reinen
Saamen anvertrauet  hat. Matth. XIII. 24. Gleichwol scheint derselbe Apostel gegen das Ende seiner Epistel anzudeuten, daß die physischen Erscheinungen mit den moralischen Begebenheiten dieser Welt in weit näherer Verbindung und Beziehung stehen, als es unserer heutigen Philosophie kaum möglich seyn wird einzusehen und zu glauben, indem er eine Theurung von 3¼ Jahren dem ernsten Gebete zuschreibt, das dem Feuereifer eines Propheten entfuhr, der in einer durch sein Wort veranlaßten Hungersnoth, sich nur der armen Wittwe zu Sarepta annahm. Diesem zwar sonderbaren und außerordentl. Beyspiel zu folge, glaube ich, daß alle
    Grundsätze
der Oeconomie rurale, dieser Mutter aller Künste u Wißenschaften, nebst jeder menschl. u irrdischen Arithmetique politique höheren Maasregeln unterworfen, aller Vernunft und Erfahrung unerforschlich und unauflöslich sind. Eine willige Ergebung in den Gottlichen Willen der Vorsehung, und eine muthige Verleugnung unserer eigensinnigsten Schoosneigungen bleibt also wohl das kräftigste Universalmittel gegen jeden Wechsellauf der Dinge und menschl. Urtheile, sie mögen für oder wider uns scheinen. Ohne sich also auf
    Grundsätze
zu verlaßen, die mehrentheils von Vorurtheilen des Zeitalters abgezogen sind, noch selbige ohne Prüfung zu verschmähen, weil sie zu den Elementen der gegenwärtigen Welt und unserm Zusammenhange mit derselben gehören ist wohl der unerschüttlichste Grund einer sichern Ruhe: alle unsere Sorgen auf Den zu werfen, der uns zugesagt hat, daß Er für uns sorgen, weder uns noch die unsrigen verlaßen nochund versäumen, den Geist und Einfluß Seiner Gegenwart uns gönnen wird – alle Tage bis an der Welt Ende. Wir haben an der logischen lautern Milch des Evangelii ein festes prophetisches Wort, deßen Leuchte die Dunkelheit unsers Schicksals vertreibt bis der Tag anbrechen und der Morgenstern aufgehn wird. Wir haben einen Versöhner und Fürsprecher, der uns erlöst hat von dem eiteln Wandel nach väterl. Weise, und deßen Blut beßere Dinge redt als des ersten Märtyrers und Heiligen – Ihm trauen Sie, daß Er jedes
    Werk
des
    Glaubens
, jede
    Arbeit
der
    Liebe
und die
    Gedult
unserer
    Hoffnung
ans Licht bringen treu und reichlich vergelten wird. Hierinn besteht das Alpha und Omega meiner ganzen Philosophie, an der ich täglich zu meinem Troste und Zeitvertreibe saugen und kauen muß. Mehr weiß ich nicht, und verlange auch nichts mehr zu wißen. Trotz meiner unersättl. Lüsternheit und Neugierde finde ich nirgends – als in diesem Einzigen das wahre göttliche
    All
und
    Ganze
für Jedermann, ohne Ansehn der Person und des Geschlechts. Heute sind es bereits acht Tage, Gnädige Fürstin, daß ich hier bin, ohne noch das geringste in Rücksicht derjenigen Kleinigkeiten vorgenommen zu haben, die mich aus Münster zogen. Ich bin durch meine Gesundheitsumstände und theils durch Angelegenheiten zerstreut worden, von denen ich mir dort nichts träumen ließ, und die eben so sehr meinen schwachen Kopf als mein Gemüth und Mitgefühl angreifen. Ich habe diesen Nachmittag meinen Abschluß mit diesen Nebensachen gemacht. Ohne um Nachsicht für meinen verworrenen Brief zu erflehen hoffe ich bey meiner Rückkunft, nicht ohne Bewegungsgründe und Anlaß Ew Durchl. desto öfterer beschwerlich zu fallen, und ersterbe mit der tiefsten Ehrfurcht und den innigsten Wünschen für das Wohl Dero hohen Hauses Ew. Durchlauchten Meiner gnädigen Fürstin unterthänigst verpflichteter Diener – Johann Georg Hamann.
Welbergen den 11 Christm. 87.
Hamann kommentierte den Brief am Rand mit Bibelstellen: Zu HKB 1124 (VII 377/11): 1 Petri. V. 6 Zu HKB 1124 (VII 377/12–13): Matth. XXVIII. 20 Zu HKB 1124 (VII 377/14): 1 Petr. II. 2 Zu HKB 1124 (VII 377/15): 2 Petr. I. 19. Zu HKB 1124 (VII 377/20–21): 2 Thess. I. 3.
den 11. Liebster Herr Doctor, Landsmann, Reisegefährte und Freund. Meine Füße verdienen das große Compliment nicht. Bey meiner Ankunft machten sie eine gute Miene, aber seitdem sind sie ärger geworden. Sonntags Abends machte mir die Fr D. Coerman einen warmen Umschlag von Kley, Saltz u Hoppen in eine Serviette; sie waren des Morgens ziemlich geschlungen, aber des Abends eben so arg wie vorher. Diesen Morgen geht es ebenso, und ich werde die Nacht abwarten. Meine Flechte wird auch eiternder, und das Liegen und Sitzen wird mir ebenso schmerzhaft, als die Hülfe mit dem rechten Arm wegen des Schmerzens in der Achsel. Wir haben nur Freytags und gestern Wetter gehabt, das zum Ausgehen und Luft zu schöpfen erträgl. gewesen. Ich vermuthe daß wegen der dünnen Schuhe die Kälte den Füßen nachtheilig ist. Der linke fieng auch an dick zu werden; hat sich aber erholt, und ist beynahe in Statu quo. Die Wärme und Röthe hat sich beynahe gänzl. verloren. Mit dem Gebrauch der Pillen fahre ich ordentlich fort. Meine Diät ist hier einfacher. Zum Glase Wein habe ich fast keinen Appetit; sondern ich halte mich ans Bier, das mir gut thut und den offenen Leib befördert. Ich habe gestern abend aber nichts als Waßer getrunken u keine Gesellschaft dem D. Coerman gemacht zur dritten Pfeife. Heute sind es 8 Tage, daß ich hier bin, ohne das geringste noch zu meinen Absichten anfangen zu können. An Patienten fehlt es hier nicht an incurablen u melioris spei. Zu welchen ich gehöre, weiß ich selbst nicht. Die gute Fr. D. Coermann hat einen starken Husten und
    verdient Mitleiden
. Sie hat vor ihrer Entbindung viel Kopfschmerzen gelitten, und ist davon erleichtert. Auch ihr Appetit hat seitdem zugenommen. Ich glaube daß der Husten blos Erkältung zum Grunde hat. Sonnabends und Sontags war Meße, und vorgestern kam sie mit naßen Füßen zu Hause, wodurch das Uebel vermehrt wurde. Gestern Abend hat sie ein wenig rothen Wein mit Candiszucker eingenommen. Ob hitzige Sachen bey einem so trocknen Husten gut sind, werden Sie beßer einsehen. Sie hat diese Nacht beßer geschlafen und der pfeifende Ton hat sich auch ein wenig gelegt. Die arme Frau hat nicht nur mit der Haushaltung und einem halbjährigen Kinde volle Arbeit, sondern auch mit ihrem lieben philosophischen Mann, der ein Pendant des Gastes ist. Was wir hier beyde für eine Rolle spielen, übertrifft alle komische Carricatur. Ach lieber Artzt, bilden Sie doch meinen Hans Michel ein wenig nach sich, daß er ein wenig von mir ausartet. Schlafen Sie in meiner Stube; so halten Sie ihn doch zur Ordnung an, und zu einer strengen Aufmerksamkeit auf sich selbst, was er unter Händen hat und um ihn vorgeht, damit er kein Mann im Mond, sondern ein vernünftiger Weltbürger wird, nicht blos lesen und zur Noth schreiben, sondern auch handeln und leben lernt. Sie werden sich dadurch nicht nur um den jungen Menschen, sondern auch seinen kranken alten Vater und Ihren alten Freund verdient machen, und Gott wird Sie dafür belohnen. Ich habe mich herzl. gefreut über das kleine Sinngedicht, das Hans so gut gewesen ist mir mitzutheilen. Wenn es mir mögl. ist, will ich der Fürstin auf Ihre höchst gnädige Zuschrift antworten. Wenn Sie können; so geben Sie derselben so gut Sie können zu verstehen, wie ungeschickt ich noch zum Schreiben bin. An eine Antwort nach W. u O. läßt sich noch garnicht denken. Ich hoffe aber, daß ich bald dahin kommen werde meinen Ballast im Kopf aufzuräumen, und mit leichterm Herzen Münster wider zu sehen. Ich habe hier Zerstreuung und Arbeit gefunden, an die ich gar nicht gedacht habe, und mit der ich auch bald fertig zu werden denke, und dann auf mich selbst zurückkommen und auf das Ziel meiner kleinen Ausflucht. Keine lange Weile ist für mich hier abzusehen. Mein Vorrath an Pillen reicht noch auf ein paar Tage. Wenn ich damit fortfahren soll; so bitte mir ein neues Schächtelchen aus. Finden Sie andere Mittel für nöthig; so überlaße es gleichfalls Ihrem Gutbefinden. Ich bin mit meiner gewählten Stube recht sehr zufrieden. Sie ist die beqvemste für mich im ganzen Hause; und in Ansehung des Äußerl. fehlt mir hier nicht das Allergeringste – Gott seegne Ihre Cur an unserer lieben Marianne. Mit ihrer kranken Zehe wird es doch wohl so bald wie mit dem Finger abgemacht seyn. Auch das Engl. werden Sie nicht vergeßen. Ich wünschte hier auch allen philosophischen u oekonomischen Fragen und Antworten beßer gewachsen zu seyn; vielleicht ist meine Krankheit daran Schuld, daß ich nicht so gleichgültig seyn kann immer Einerley zu hören und Einerley zu sagen wie einer, der auf Einer Saite herumirrt, ohne von der Stelle kommen zu können, weder mit dem Vtile noch Dulce. Stellen Sie sich ein paar Kranke vor von sehr gesunden Appetit u Schlafe, von sehr ähnlicher Waßerscheue, sich den Finger naß zu machen, von gleich
    gutem Willen
gesund zu werden, durch widersprechende Wunder, ohne den Gebrauch der reinen Vernunft und ohne die kleinsten Hausmittel der tägl. Erfahrung – und denen es alle Augenblicke wie jenen zwey alten Weibern geht, die sich für Geschöpfe einer unsichtbaren Welt ansehen wegen ihrer blöden und von Vorurtheilen begeisterten Augen. Wir haben mehr als einen Artzt nöthig, die Medicinader – die Medicinader uns öffnen zu laßen. Folgen Sie dem guten Ruffe der Witterung, uns nach dem Puls zu fühlen. Sie werden uns allen willkommen seyn und hier volle Nahrung und Weide für Ihre Neugierde und Beobachtungsgeist finden. Leben Sie recht wohl und vergeßen Sie nicht die mitleidende Hustende, die gutherzige Wirthin Ihres alten Freundes, Reisegefährten und Landsmanns. Bitte Ihre Hälfte von Michels seiner abzureißen. Vale et faue Tuo H.
den 12. Xbr. des Morgens 87. Liebster Herr Doctor, ich gieng gestern müd vom Schreiben bey Zeiten zu Bette, ohne zu rauchen u habe nichts als Waßer getrunken; hoffte diesen Morgen nach einer beßern Nacht als die beyde vorigen gewesen sind, mit aufgeräumtem Kopf an meine eigene Arbeit zu gehen. Habe aber schlecht geschlafen, den ganzen Tag gestern keine Oeffnung gehabt, ohngeachtet die letzte Dosis aus 10 Pillen bestandend. Diesen Morgen eben so viel eingenommen. Mein Fuß sieht ziemlich geschlungen aus, sind mir aber des Abends immer eiskalt. Meine Flechte wird immer ärger und greift weiter um sich. Auch Engel hat diese Nacht stark gehustet, nach dem des Abends getrunknen Thé. Der Wein hat ihr beßer gethan. Sie haben hier nicht einmal ein wenig Stern-Anis. Der Kopf thut mir weh, nicht abhaltend, sondern Stoßweise; auch meine Achsel will nicht recht beßer werden. Das Gehen wird mir sauer, und ich fühle eine Unlust in allen meinen Gliedern, worüber jedermann hier klagt. Ich bin nun Gottlob! mit allem fertig und werde an Niemand so leicht mehr schreiben als an meinen lieben Hans, den ich auch dazu anzuhalten bitte. Heute will ich den Anfang machen für mich zu leben – wenn es nur mit meiner Gesundheit erträglich ist. Dies ist das einzige, was mich stört und beunruhigt. Ich wünschte Sie mit der ganzen Familie zehnmal lieber hier als mich dort. Vielleicht wird Ihnen der Weg gebahnt, wie mir, nach diesem schönen Landsitz, der beßer verdiente genutzt zu werden. Wills Gott bald mündlich mehr in loco. Vergeßen Sie nicht was für den Husten der Engel und theilen Sie meine Grüße und Küße reichl. aus. Ich umarme Sie mit gantzem Herzen als Ihr alter ewig verpflichteter Freund H. Adresse:
N. S. / An des HErrn Doctor Lindners / Wolgeboren.
W. den 17 Xbr. D. III Adv. Liebster Herr Doctor und Freund, Ich war gestern kaum im stande die Post abzuwarten, und gieng gleich darauf zu Bette ohn das geringste genoßen zu haben. Nachmittags nahm ein wenig The mit Milch und des Abends nur Arrack von Arnold Cormann: im Thee. Diesen Morgen habe 2 Tassen Milch getrunken Fortsetzung durch Arnold Cormann: nach der Milch stark gezwitzet, so daß hembdt bett und alles nas gewesen hernach 3½ taße Kaffe mit milch getrunken: um 12 uhr ein wenig biersuppe einen souppen teller voll genossen, diesen nachmittag ein tass Kaffee mit milch getrunken, und den ganzen tag hindurch nicht vom bette gewesen, ausser ½ stunde, damit das bette gemacht werden konnte. so weit gestern geschrieben als den 17ten Xbr: gestern abend hat er schleim gegessen, etwas sbäter the mit Arrac, punsch können wir nicht machen weilen zu steinfurt noch bis jetzt keine sitronen obhanden sind, bitten uns einige überzusenden, gegen sonntag können wir auch zu steinfurt sitronen haben, weilen gegen die zeit sitronen ankommen, gestern abend sbät haben wir die schulter mit einen wollenen lappen vorgeschriebener massen braks gerieben. wir sehn oft aus dem fenster und es will noch kein anhaltend gut wetter werden, das thut uns wehe, weilen wir alsdan keine hofnung haben, daß sie bald kommen werden: sie können sich nicht vorstellen, wie sie lieber Herr doctor, und der junge Herr Haman hie fehlen: meine ungeschicktheit mit kranken umzugehen, demüthiget mich ensezlich aus allen bewegungen, die ich thue, blickt eine steifheit herfür, die unverzeylich ist: aber dies ist eine übung für mich, die ich gern unternehme, aber unser Haman mues viel geduld mit mir haben eins freuet mich, daß meine Engel sich so gut dazu schickt: ich seze den brief fort, weilen Haman nicht gut selbsten schreiben kan, wollen aber mit meinen unordentlichen brief für lieb nehmen: es ist jetzt ½ auf 8 uhr, bin so eben nach ihn hin gewesen, er hat diesen nacht zimlich gut geschlafen, heut morgen die milch zu sich genommen, und Engel schenkt ihn jetzt den the Ein und werde nach den the trinken hingehn, um die schulter zu Reiben. das nasse wetter soll auch wohl stark auf ihn wirken, Haman hat einen husten, der will nicht los, bittet etwas dafür zu schiken. Engel hat sich nach den Einnehmen gut befunden und mit den husten sich in etwa gebessert: sie danket für die gütige vorsorge und viele grüsse an ihnen lieber HE doctor und von mir an Herrn Haman und Bucholtzen auch von Haman viele grüße und umarmt sie, auch ich umarme sie und bin Welbergen den 18ten Xbr 87. ihr treu Ergebener freund und Diener Arnold Corman. Sie liebster HE Doctor und Hans Michel kennen meine Art krank zu seyn. Bitte sich aber nicht deshalb zu beunruhigen. gestern hat unser Haman 2 mahl offen leib gehabt. Vermerk von Hamann: Erhalten den lezten Sonntag im Jahr, zu Wellbergen, auf dem Bette. Liebster Freund u. Gevatter Hamann, Mit 2. Worten will ich Ihnen nur sagen, daß unsre heilige siebende Zahl voll ist, indem meine Frau vorigen Dienstag, den 11. Dec. um 11. Uhr Mittags von ihrem 6. ten Sohne glücklich entbunden worden. Sie fürchtete sich vor der Niederkunft diesmal sehr u. jagte mir zuletzt selbst Angst ein; die Stunde kam Gottlob! unvermuthet, leicht, froh u. glücklich. Der Knabe sieht mir ähnlicher, als Einer seiner Brüder, befindet sich sehr wohl u. hat vorigen Donnerstag die Namen
    Karl Ferdinand Alfred
erhalten. Die Mutter ist gesund, ruhig froh u. heiter, wie neugebadet, wie neugebohren. Freuen Sie sich also mit uns, lieber alter Freund u. verkündigen Sie dem Jacobischen Hause die Freude. Laßen Sie auch etwas von sich hören, u. leben nicht, als ob Sie, jetzt näher, wie in einer andern Welt lebten. Heut kein Wort mehr. Das redlichste Lebewohl. Ihr ewiger Herder. den 17. Dec. 87. Weimar.
Aus dem Bette, Freytag den 21ten Dec 1787. Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 Xbr an demselben Tage als D. Raphael u Michael in Welbergen erschienen. lieber Herzensfreund und guter Vater Ich habe Deinen Brief vom 3ten am Tage Mariä Empfängniß, den 8ten, u den aus Welbergen vorigen Dienstag erhalten. Ich bin diese ganze Zeit beständig krank, wiewohl nur einen Tag bettlägerichg gewesen. Da ich den 2ten Theil von Starkens Apologie für Dich einpackte, war ich kaum im Stande dies zu thun, u es wäre mir unmöglich gewesen dabey zu schreiben. Dieses sollte mit der reitenden Post geschehen, u so war der Brief doch noch eher in Deinen Händen als das Buch. Auch hätte ich Dir am 12ten wenigstens einige Zeilen geschrieben, wenn nicht gerade durch die Prinzeßinn die Nachricht eingelaufen wäre, Du seyst nach Welbergen abgegangen. Ob ich gleich darauf vorbereitet war, so machte doch diese Nachricht, u verknüpft mit dem Umstande, daß Du gar niemand mit genommen hättest, einen solchen Eindruck auf mich, daß es mir für diesmahl unmöglich wurde zu schreiben. Dieses Staunen worin ich blieb, da ich v durch Niemanden nähere Nachrichten bekam, u mein sehr schlechtes Befinden waren Schuld, daß ich auch die 2 folgenden Posttage verstreichen ließ. Am Dienstage da ich Deinen Brief aus Welbergen, nachdem die münsterische Post schon abgegangen war, erhielt, war ich sehr versucht, Dir per Estafette zu antworten, u es wäre auch gewiß geschehen, wenn ich nur mit dem Schreiben hätte zurecht kommen können. – Wegen Deiner Gesundheit bin ich äußerst besorgt. Lieber, das kann unmöglich gut gehen in dem feuchten morastigen Welbergen – Ich kann mir vorstellen wie dem guten Buchholz mag zu Muthe gewesen seyn, da er es geschehen laßen mußte daß Du dahin abgiengest. Deine Erläuterungen über Materie u Form Deines Abschiedes v hier, will ich unkritisiert auf sich beruhen laßen. Ich weiß daß v dem Vorurtheile, wie Du es nennst, meiner Freundschaft für Dich, mir nichts genommen, sondern das es stärker ist als es je gewesen. Eben so wenig hat sich die Liebe u Verehrung meiner Schwestern gegen Dich vermindert. Wir alle sind überzeugt, Gott versteht Dich würklich. Und bey mir ist das ein solcher fester Glaube, daß ich zu anderem Glauben mich daran hinauf schwingen kan. Du, u was ich in Absicht Deiner so tief empfinde u unwiderstehlich ahnde, dies zusammen ist mir ein köstliches factum. Mein guter Oheim in Zelle hat mir seinen leichten u überzeugenden Beweis geschickt, u ich habe dieses Buch mit ganz ungemeinem Geschmack gelesen. Ich schicke Dir es so bald die Schwestern damit fertig sind. Von einem Dichter, Samuel Gottlieb Bürde, habe ich ein Exempl geistliche Poesien erhalten, begleitet mit einem Briefe der mir Freude gemacht hat, aber durch die abscheuliche Nachlaßigkeit von Loewe oder seines Leipziger Commißionairs, 8 Monathe alt geworden war. Ich will Dir das Büchlein mit dem Briefe schicken. Unter den Poesien sind verschiedene die auf mich einen starken Eindruck gemacht haben; unter andern ein Oratorium, der Gekreuzigte, u ein OsterPsalm. Ich habe oft gedacht wie schön es wäre, wenn Du einmahl eben so unvermuthet wieder her kämest als Du weg gegangen bist. Ich will aber auch gern zu Dir kommen, u komme gewiß auf den ersten bedeutenden Wink den ich v Dir erhalte. Mein Haus ist würklich verkauft, an Herren Merrem, der die einzige Tochter der vertrautesten Freundinn meiner seeligen Frau, ge der Madam Wichelhaus geheirathet hat. Wir hatten immer gewünscht das Haus in diesen Händen zu sehen, ohne die geringste Hoffnung dazu zu haben. Gerade in diesem Augenblicke wäre sie am lächerlichsten gewesen, da Merrem ein prächtiges Haus zu Elberfeld, mit Garten, Wiesen, u aufs schönste gelegen, welches ihm von seiner Frauen Seiten zugefallen, mit vielen Kosten ganz neu hatte neu hatte einrichten, u alles Geräthe, bis auf das letzte hatte hinbringen laßen, um es die vorige Woche zu beziehen. – Ich v meiner Seite hatte das Project mein Haus zu verkaufen einschlafen laßen, u Lene u ich waren, ohne Verabredung, in unserem stillen Sinne darüber Eins geworden, nicht mehr davon zu reden. Da wird mir nun den 7ten, Abends da man schon die Lichter angezündet hatte, Herr Merrem gemeldet; er wünsche nur zwey Worte mit mir zu reden. Ich konnte nicht begreiffen was das wäre, was den Mann um diese Stunde zu mir führte, u wurde auf seine unerwartete Frage, ob ich würklich gesonnen sey mein Haus zu verkaufen, etwas bestürzt; antwortete aber, ohne mich weiter zu bedenken, Ja, sagte den Preis, u wir wurden des Handels einig. – So ist denn also auch dies geschehen, u ich werde ein Landmann ganz u gar. Einliegender Brief v Hill ist gestern angekommen. Laß mich doch bald erfahren wie es um das Packet Alexis steht. Hier auch ein Brief von Claudius, der Dich mit angeht; u Hahns Antwort an Theobald Hoffmann, die stuffenweise Entwickelung des Schopfungsplans betreffend. Wegen Berkley’s Principles, u discourse addressed to an infidel Mathem, habe ich längst geschrieben; auch Nachricht erhalten, daß beydes nächstens komen soll. Schönborn hat noch nicht geschrieben; ich aber auch noch nicht an ihn. Ich bin überhaupt mit meiner Correspondenz jezt wieder schrecklich zurück. An Prudentius will heute noch geschwinde ein paar Zeilen schreiben u Dich entschuldigen. – Lebe wohl Du Lieber! Gott gebe daß ich bald gute Nachrichten von Deiner Gesundheit erhalte. Von Mama die herzlichsten Grüße! Dein Fritz Jonathan. Herzlichgeliebtester. Ich war bey meinem vorgestrigen Schreiben zu übereilt, weil ich zu besorgt für An- und Fortschaffung des Erforderlichen war, um Ihnen meine Meinung über Ihren Zufall und meinen Rath vollständiger geben zu können. Gewisse Krankheiten, deren Saamen tief in der Constitution des Körpers liegt, pflegen, wenn sie gleich auf Jahre weichen u radical gehoben zu seyn scheinen, durch starke Revolutionen der Gesundheit, die durch wichtige Krankheiten, wie Ihre letztere, oder plötzliche große Veränderung in der Diät veranlaßt worden, gerne wieder aufzuleben. Beydes trift bey Ihnen zusammen, u der neue Ausbruch der Flechte läßt aus gleichen Gründen auf ihren ehemaligen Gefährten, die Gicht schließen, die, wie es ihrer Natur sehr gemäß ist, ietzt nur ihren Sitz verändert hat. Bey diesen Umständen muß unsre Sorgfalt hauptsächlich dahin gerichtet seyn, den Körper durch keine zu starken Ausleerungen zu schwächen, die das Uebel leicht auf innre edle Theile ziehen können. Daher keine Aderläße, die nur eine Art der Gicht, die entzündungsartige, u doch behutsam erfodert, keine heftigen Purganzen. Durch beständige gleichförmige Unterhaltung der Ausdünstung, u angemeßene diaphoretische Mittel allein, muß der Gefahr vorgebeugt, u durch diese u zugleich die Säfte, oder die solida, wie man will, verbessernde Mittel das Uebel bestritten werden. Auch Ihre Diät sey nicht schwächend, aber auch nicht scharf, zu reitzend, süchtig und den Magen durch Unverdaulichkeit oder Uebermaaß zu lästig, dabey beständig unterhaltene gelinde Oefnung, täglich 1–2mal. Ich habe in Jena eine Frau gekannt, die eine alte Gicht durch den blossen Gebrauch von Fliederthee, wovon sie Morgens u Abends iedesmal ein Maaß trank, u dabey ohngefehr eine gute Messerspitze Cremor 🜿ri nahm, glücklich hob. Heute haben wir vergebens auf neue Nachrichten von Ihnen, oder unserm lieben Cormann gehoft. Ich erwarte nur die Antwort auf mein letzteres, um Ihnen eine völlig angemeßne Kur zu verordnen. Hauptsächl. laßen Sie mich wißen, ob Sie nichts fieberhaftes spüren, u wie’s mit der Brust steht. Unsere liebe Marianne fängt morgen die dritte Periode ihrer Chinaabkochung an. Sie hat sich die ganze Zeit her vorzügl. gut gehalten, trotz der elendesten Witterung. Die Tanzstunde ist fast die einzige Bewegung, die sie sich machen kann. Hinderten mich diese Umstände nicht, ich hätte satteln laßen u mich zu Ihnen durchgeklopft. Nun die nächste Nachricht von Ihnen soll mich bestimmen. Tägl. sprechen wir von unserer Fahrt nach Welbergen. Der heutige kürzeste Tag scheint mit seinen Schlacken auf Frost zu praeludiren. Melden Sie mir doch, ob ihr Schmerz sich sehr auf einen Fleck concentrirt, oder mehr verbreitet, u wie sonst Schlaf u Appetit ist. Gott empfohlen, er bringe uns bald wieder zusammen, mit ganzem Herzen Ihr Münster den 21. Xbr 87.treuergebener Freund u Diener G E Lindner. Zettel: Sollte es wirkl. Gichtanfall seyn so kann das Reiben nichts helfen. Die Nachricht von Ihrer Krankheit, liebster Vater! war für uns alle äußerst traurig. Von der Geringfügigkeit derselben, mit der uns, unser D. Raphael beruhigt und
    seiner
unermüdeten Vorsorge, hoffen wir baldige Beßerung. Erfreuen Sie uns bald, mit der Erfüllung aller Wünsche und Hofnungen, die wir für Sie haben! Ich habe Ihnen nichts zu melden, als daß alles hier unverändert in gutem Zustande ist und weder Briefe noch sonst etwas für Sie angekommen sind. Unsere Tanzstunden gehen in ein paar Tagen zu Ende und es ist noch nicht ausgemacht ob wir noch einen zweyten Monat zulegen. Die Fürstinn ist gestern in die Stadt gekommen, ohne Ihre Kinder u wird sich zur Erholung ein paar Tage hier aufgehalten. Mitris Geburtstag wird nicht eher gefeyert, als bis sie völlig nach der Stadt gezogen ist, welches nach Heil. Drey K. geschehen soll. An eine Reise zu Ihnen habe ich nicht denken wollen, weil ich Ihre Gesinnungen darüber weiß u zugleich einsah wie wenig ich Ihnen bey diesen Umständen behülflich seyn könnte. Jezt trage ich mich mit der Hofnung, auf die kommenden Feyertage meinem Verlangen Sie und Ihr W. zu sehen auf eine bequemere Art u ohne meinem Nachtheil Gnüge thun zu können. Die Ausführung überlaße ich günstigen Umständen Mit welcher Freude wird Sie dann umarmen Ihr Hans! Sollen wir Ihnen Starks Apologie schicken? Hippel soll mehrmals angeführt seyn. Adresse mit rotem Lacksiegel:
HErrn / HErrn Johann, George, Hamann / zu /
    Welbergen
. /
Vermerk von Hamann: den 23 Xbr. Geantw den 24 –
W. den 24 Xbr. 87. Ich sitze schon über eine Stunde in meinem Bette vor einem Schreibtische, ohne daß ich selbst weiß was ich schreiben soll. Nun, liebster Herr Doctor, wäre es wohl die höchste Zeit, daß Joh. Mich. herüber käme und Sie ihn begleiteten. Gefahr scheint auch Gottlob überstanden zu seyn. Die große Portion a 2 Suppenlöffel voll. Ich weiß nichts mit Zuverläßigkeit auf alle die Fragen, die Sie mir zu thun, zu beantworten. Nichts fieberhaftes – die Füße sind   geschlungen und ich fühl jetzt nichts als Mattigkeit. Der Fürstin Fortsetzung durch Arnold Cormann: Sie können sehen liebster HE Doctor: daß unser Haman nicht imstande ist fortzufahren: die Gefahr ist vorbey, er ist aber entkräftet; scheint aber sonsten heut morgen Recht munter und vergnügt zu seyn, außer daß er nicht schreiben kan. sein sohn würde ihn jetzt recht erwünscht kommen. während seiner krankheit haben wir nichts fieberhaftes bemerkt weder kopfweh noch ziehen in den Gliedern, frösteln aber wohl mangel an Eßlust. auch haben wir keine Ubelkeiten gesbührt: seine krankheit ist ein blos besinnungsloser zustand verbunden mit Röcheln in der Brust und einen husten, der aber nicht gar heftig ist und jetzt sich merklich bessert ausser heut morgen noch ein wenig gehustet, dies leite ich von den zu vielen biertrinken von gestern abend her: an den füssen sbührt man gar keine dicke mehr und mit der flechte stehts gut. von Gicht sbührt Haman nichts, habe aber bis jetzt noch des morgens und abends das Reiben fortgesezet. Die geschickte medizin ist auf, ausser noch einen halben pott voll von den saft für die brust davon wird alle 2 stunden noch ein theelöffel voll genommen, hat nach den Einnehmen gar keine Übelkeiten gekrigt: vom bette ist er zeit 8 tagen nicht gewesen, ausser nur ein weniges damit das bette gemacht werden konnte, hat sonsten noch appetit zum kaffee besonders aber zum biertrinken, gestern krigt er einen appetit zu eine wassersuppe, sonsten aber nichts gegessen als gekochte pflaumen gestofte auch Rauhe apfeln: er schläft jetzt ein wenig, der Athem wird ihn aber schwer und Röchelt jetzt gar nicht. das ists all, was ich weis. gestern abend hat Haman ein wenig gepunschet und darnach gut geschlafen: an oefnungen hats ihn auch zeit kurzen nicht gefehlt 2 bis 3. 4 mahl des tages sie liebster Herr Doctor! sollen wohl jetzt nicht gut abkommen können, aber sagen sie doch Herrn Haman, daß er vor allen diese feyertage herüber komme, wir verlangen Recht nach ihn, besonders würde seine gegenwart seinen HE vater neu beleben und erfreuen: bald kommen sie allzusammen her. viele grüsse von Haman und Engel und mir an alle ich mues eilen weilen der briefträger abgeht: leben sie wohl. Herr Haman umarmt sie wie auch ich sie umarme und bin   ihr treul. Ergebener freund und diener Arnold Corman Welbergen den 24ten Xbr 87 Vermerk von Hamann: Erhalten den 30 Xbr. Dußeldorf den 25ten Xbr 1787. Hier, lieber Herzens Vater, ein Brief von Herder. Wahrscheinlich die Nachricht von seiner Frauen Niederkunft. Gott gebe daß sie glücklich gewesen sey! – Ich dürste nach guten Nachrichten von Deinem Befinden. Das meinige beßert sich wieder. Mein Brief von Dienstag wird doch nun in Deinen Händen seyn. Ich vergaß Dir zu melden, daß Hompesch schon den 10ten in München wieder seinen Abschied erhalten hat. Er hat sich über meine Erwartung brav gehalten, u gerade so wie ich es ihm eingebunden hatte. Ein Erz Schurke, Nahmens
    Stubenrauch
, sollte seinen ganzen Einfluß behalten, u da Hompesch dies nicht zugeben konte, erklärte der Churfürst, daß er nicht Willens sey sich Gesetze vorschreiben zu laßen, u HE v H könne nur wieder gehen woher er gekommen wäre, aber bey Nacht, um Aufsehen zu sehr verhindern. Aber tausende v Menschen umringten nichts desto weniger Hompeschens Wohnung bey seiner Abreise, u eine Menge die Nach nachkam u ihn nicht mehr fand, lief nach Stubenrauchs Hause, wo sie alle Fenster einwarfen u es beynah stürmten. – Ein Spitzbube, Saint Martin, der, auf die Versicherung Hompesch würde wieder Minister, sich anheischig gemacht hat, dem Churfürsten 600 / m Rth vorzuschießen, hat ihm eine Staffette nach Bolheim (seinem Hompeschens Rittersitze) nachgeschickt, mit flehentlicher Bitte doch nicht so hartnäckig zu seyn; alles könne noch beygelegt werden. Hompesch aber ist noch in der Pfalz, wo er viele alte Freunde hat, u sie nach der Reihe besucht. Müller ist wieder in Mainz, u Neßelrode, der, weil seine Frau krank geworden war, vor ohngefähr 3 Wochen wieder hin ist, schrieb mir, den Verfaßer der Ardinghello betreffend folgendes. Figurez Vous que l’Electeur à force d’entendre proner l’Ardinghello àa tancé Heinse de ne lui en avoir pas donné d’exemplaire, en a absolument exigé un, et a été si transporté à la lecture, qu’il a comblé l’auteur d’éloges, et lui a fait don de 20 Carolins. Ich habe den 2ten Theil des Ardingello sehr flüchtig gelesen, u mein Urtheil kanst Du Dir vorstellen, da Du weißt wie ich urtheile, u beständig einerley Leitfaden habe. Den gl goldenen Hahn u Turm v Samarah (den ich noch nicht kenne) sollst Du zusammen gebunden v mir erhalten. Während meiner Unpäßlichkeit habe ich mir la vie de mon pere vorlesen laßen u das großte Vergnügen dabey genoßen. Mama Lene ist ganz entzückt v dem Buche. Von den etudes de la nature ist eine neue Ausgapbe in 4 Bänden erschienen. – Die lettres Helvetiennes sind, ins Deutsche übersetzt zu Bamberg heraus gekommen. So viel für heute. Gott gebe Dir frohe Christtage, u laße Dich das Jahr gesund beschließen Dein Fritz Jonathan
Welbergen den 11. Jänner 88 auf meinem Lager. Gott gebe Ihnen, Herzensguter Franz, und Ihrer lieben Marianne in diesem Jahre und allen übrigen so viel Gutes, als Sie mir beym Beschluß des vergangenen und Eintritt des neuen erwiesen haben. – Heute ist der 27ste Tag, daß ich bettlägerig bin, und 8 Tage vorher hatte ich bereits meinen Schlaf verloren, der sich noch nicht wieder finden will. Besonders ist diese Nacht eine der unruhigsten für mich gewesen. Mit genauer Noth kann ich des Tages eine Stunde aufbleiben. Mein Sohn wird auf die Woche in Gesellschaft D. Coermans nach Münster kommen. Mehr bin ich nicht im stande zu schreiben. Vorgestern habe ich die ersten Bissen Fleisch wider geeßen und seit ein paar Tagen fange ich wider an ein wenig zu lesen. So lange habe ich mit Kopf und Magen fasten müssen. Marianne wird der gnädigen Fürstin meinen innigsten Dank erwiedern. Gott seegne Sie Herzenslieber Franz, Mutter und Tochter! Ich umarme Sie allerseits in Gedanken und ersterbe Ihr alter Joh. Ge. Inspector bey den Tobacks Magazinen, ist jezt in Berlin um sich einen Dienst zu er‥… hat auch wirklich einen der besten, erhalten, aber erst als Nachfolger des Renntmeister des
    Wenkstern
. Ein Mensch wie Der! u. wie viele würdige Männer mit Weib u. Kinder! die verhungern – – jede Post bringt neues u. sonderbares.
    den 7 Feb
: Den freundlichsten guten Morgen, wünscht Ihnen mein Herz im stillen, wehrter Freund! Ich bin seit 3 Tage wieder mit meinem bösen Brust- u. Magenkrampf geplagt, habe den Doctor
    Elsner
angenommen, u. will versuchen, ob er mir beßer thun wird, als Brodt In diesen Schmerzvollen Tagen, habe ich diesen Br: begonnen, u. werde ihn auch schließen, mit schwerem Kopfe zwar, aber mit liebevollem Herzen; Sehen Sie also nicht auf die Quelle, die nicht so sehr angegriffen ist, als mein Kopf, der wirklich mich Stundenlang ängstiget. – Ich muß Ihnen doch an eine kleine Lecture denken, die ich dieser Tage gemacht: in einem Theile der Völkerkunde. Ein niedliches Stück v. Pfr: B e aus Marpurg.
    Spinoza
,
    Hume u Mendelssohn
, drey Mânen – Ein feines schönes Lob auf
    Quant
.
Vielleicht haben Sie es schon angesehn. Ich lese jezt das Morizsche Magazin der Seelenkunde. So manches Stück darin amüsirt mich, aber wie viel Gewäsche im ganzen! auch das kleine Büchelchen wider den Trenck, ein Saalbader gegen den andern! wäre wohl zu wünschen, daß ein vernünftiger aufstände, u. dem hochmüthigen u. eitlen Alten, eine Lehre gäbe; die er wohl bis zum Grabe nöthig haben wird. Sie müßen doch dort, viel neues erfahren: aber freylich, vieles läßt sich nicht schreiben. Dancken Sie doch Ihre geliebten Freunde insgesammt für die Erinnerung u. Grüße an mich – Ich liebe, schätze sie, denn sie sind Freunde meines Freundes, u. thun ihm; Gott seegne, stärke, u. erhalte sie! Freylich wäre ich unter sie glücklich, würde meine Gesundheit, durch die Zufriedenheit die mein Herz alsdann genöße, stärken; dann bey mir hängt sie ganzlich v. meinen Gefühle ab – Allein, kann eine Pflanze sich versezzen? so ich – sterben muß ich an der eisernen Kette an der ich gelebt, u. bin auch resignirt. – Der junge Hartknoch, ist durch ein Faulfieber u. Bräune im Halse, dem Tode nahe gewesen, dennoch ihm entlauffen, erholt sich langsam. Auch Nikolovius ist krank gewesen – Nun so will ich schließen, mein wehrter u. Theurer Freund, u. Sie, nebst Ihre würdigen Freunde, dem Schuze des Allgütigen empfehlen – Möchte ich doch bey den ersten Nachrichten von Ihnen, Befriedigung, in Ansehung Ihres Wohlbefindens erhalten! Lieben Sie mich immer, Bester Freund, u. haben Sie Mitleiden u. Nachsicht mit meinen Schwächen. Ich habe keine Einlagen mehr, als die von Lisettchen erhalten – Die Baronin ist wohl, u. ich werde über 14 Tage mit ihr zu dem
    Geßerschen
Concerte fahren, um Fräulein von
    Hallmann
singen zu hören – Mutterchen beßert sich, ich hatte eben hingeschickt; Raphael hat mich vorigen Sonnabend zu Abend besucht. Was sagen Sie zu der Medaille die Geheimtrath
    Hippel
erhalten? Ich habe mich darüber als ein Kind gefreut. HE Studiosus
    Reibnitz
wird nachstens zum Profeßor Juree promoviren. Die Profeßoren die im Lande ausgebildet werden, taugen mehr als die fremde!
    Quant
.
    Kreuzfeldt
    Krause
. gegen
    Mangelsdorff
!! Nun das lezte Lebe wohl, nebst einer freundschaftlichen Umarmung S. M. Courtan. Eben kam Ihr
    Lenchen
in eigner Person, u. bringt mir eine Einlage für Hänschen, u. küßt Sie zärtlich, auch Mutterchen läßt mich erinnern, ihren Gruß an Sie zu melden. Wie Ihre Kinder lang werden! Sie werden sie kaum wiedererkennen. Adresse mit Postvermerken und Siegel:
Monsieur / Monsieur Hamann / Homme de Lettres / à /Münster Welbergen /
    franco Berlin
Vlubris, vulgo Welbergen den 19 Febr. 11 Uhr Gottlob! außer dem Bette. Herzenslieber Franz, Gott gebe, daß Sie mit Ihrer lieben Marianne und der kleinen Gertrud recht gesund, vergnügt und zufrieden dort leben mögen. Unser liebe Dr. Raphael hatte vorgestern einen blutigen Auswurf, und leidet seit dem an seinem BrustSchmerz und den damit widrigen Symtoms, aber in guter Hoffnung wider davon erleichtert zu werden. Dr. Arnold hat heute ein Vomitif einnehmen müßen, seines Schleims wegen unter der Glatze und auf der Brust; muste heute ein wenig genöthigt werden, ist aber jetzt sehr mit der glücklichen Ausführung nach geschehener That vergnügt. Ich bin gestern zum erstenmal 2 Stunden und drüber von 11 bis 1 außer meinem Lager gewesen, und habe wider in Gesellschaft miteßen können, werde mich aber noch diese Woche vom Fleisch enthalten. Vorgestern habe auf der lieben guten Fürstin Gesundheit Mohn-Klöße geeßen und dieder ganzen Gesellschaft zu kosten gegeben mit beynahe allgemeinen Beyfall – heute wird die lezte Hälfte verzehrt werden, mit dem herzlichsten Dank und lebhaftesten Reminiscere der durchlauchtigen Geberin, welche anbey auch Ihre 3 Bücher zurück erhält, an denen ich mich auch geweidet. Den Nachmittag Ihrer Abreise bekam ich Witterung von 2 Mst. in Ihrer Stube, die schon so lange hier gelegen haben, ohne daß ich den geringsten Laut davon gehört. Wie habe ich an dem Noli me nolle mit Kopf und Herz geschmaust, und genieße noch den Nachschmack davon. Was für ein strebender Mensch und ausstechender Vater ist unser ehrliche, redliche es mit Gott und Menschen gut meinende Caspar! Gott laße ihn reichlich Freude und Wonne lecken. Was für ein Dornbusch vom Vater bin ich gegen jene Ceder im Garten Gottes; der aber sich auch dem Mose in jenem offenbarte – Also können wir ohne Neid und Eifersucht der Gaben anderer genüßen, und Gott danken, daß solche Menschen von solchem Schlage unsere
    Freunde
sind. Man will decken, und mein Appetit ist nicht krank gewesen; wie mein Schlaf, der sich auch diese Nacht Gottlob! gebeßert hat seit eilf Wochen. Gott seegne Sie und die
    lieben Ihrigen
, ist hier unser gemeinschaftlicher Wunsch und das einstimmige Echo. Ich umarme Sie mit dem zärtlichsten dankbarsten Herzen und bin, so lang ich bin und seyn werde Ihr alter Johann Georg. Amen! Adresse von fremder Hand:
An / Herrn Franz Bucholz / Erbherrn von Welbergen. /
    zu
/ Münster. Nebst einem Päckchen / Bücher, gezeichnet / H.F.B / Münster.
Düßeldorf den 22ten Febr 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 Febr. zu Welbergen. Geantw wenigstens geschrieben den 27 – 29. durch Franz. Ich hoffe, lieber Vater, daß Du Dich gegenwärtig beßer befindest als ich. Ich habe seit 4 Wochen arg gekränkelt, u bin jetzt so herunter, daß ich mir vorkomme wie der alte Swift, da er seinen letzten Brief schrieb. Das Leben dieses außerordentlichen Mannes, v Sheridan, ist seit 14 Tagen fast meine einzige Lectüre gewesen. Vielen Dank, Lieber, für die mitgetheilten Briefe. Der v Nicolovius hat mich bis zu Thränen gerührt – Laß mich ja erfahren wie es weiter mit Hill geht; der Zustand dieses Unglücklichen ist mir durch Mark u Gebein gegangen. Mein George wünscht mich auf Ostern zu besuchen. Ich schicke Dir seinen Brief. Ich habe ihm geschrieben, er soll kommen. Du mußt den Jungen sehen. Ich habe deswegen große Lust ihm bis Münster entgegen zu reisen. Aber Mama Lene wünscht, daß wir, er u ich, Ostern hier seyen, weil sie den 2ten Feyertag ein Fest anrichten will. George soll mir schreiben, wie bald er abreisen, u wenn er in Münster seyn kann. Will es sich mit dem Abholen nicht fügen, so begleite ich ihn zurück. Du aber mußt mich auch wißen laßen, ob Du gegen den 9ten März wieder in Münster zu seyn gedenkst. Du findest auch einliegend 2 Briefe v Reichardt, welche ein u andres enthalten was Dich intereßieren wird. Was den Dich betreffenden Punkt angeht, so schreibt heute Mama Lene um Lindnern zu entschuldigen. Nach dem Bericht der Prinzeßinn sind Deine Geschwüre nichts als Folgen v Spanischen Fliegen. Ich habe v einem bloßen Semfplaster einmahl eine solche Wunde am Beine gehabt, die mir lange zu schaffen machte. Mein Vater, trotz seiner gesunden Säfte, hat 2 Mahl an Wunden v spanischen Fliegen lange u sehr gelitten. – Wärest Du nur einmahl wieder in Münster! Mit dem Gedruckten, das ich Dir schicke, machst Du was Du für gut findest. Ich hätte Dir so viel zu melden u zu erzählen, aber mein Kopf ist wüste, daß an kein besinnen u sondern zu denken ist. Es hat mich gefreut, wenigstens Deine Hand auf der Adreße des Packets zu erblicken, welches Du mir durch die Prinzeßinn zufertigtest. Grüße Lindenern. Ich küße meinen lieben Johann Michael, ob ich ihm gleich ein wenig böse bin, weil er mir nie Nachrichten v Dir gab. Ich herze Dich, Gott weiß mit welcher Liebe Dein F J. Von Hamann auf der Rückseite des letzten Blattes notiert: Nebst 2 Briefen von Freund Reichard dd 19 Jan. 16 Febr. worinn eine Abschrift von Kants Antwort an D. Selle über die Grundsätze der reinen φφie Brief von Jonathans Georg Arnold dd den 13 Febr. c. remittirt
    Welbergen
den 27 Febr. 88. um 10 Uhr des Morgens.
Vermerk von Jacobi: beantw. den 16ten März. Mein Herzenslieber Jonathan, Hättest Du alle Briefe erhalten welche seit so manchen schlaflosen Nächten, die schon ganzer 8 Tage von meinem fast vierteljährigen Krankenlager, im Sinn an Dich geschrieben! – Nun habe ich so viel zu erzählen, daß ich nicht weiß wie und wo ich anfangen und aufhören soll. Wird Dein Kopf nicht auch zu schwach seyn für die indigesta moles, die sich in meinem gesammlet. Vorgestern frühe erzählte mir mein Sohn, der eben nicht viel von Träumen weiß, daß er die Nacht auf einen Tag nach Düßeldorf geritten gewesen wäre und daselbst erfahren, daß Du seit vielen Wochen auch bettlägerig gewesen wärst. Wenn ich denselben Tag gekonnt hätte, würde ich schon Montags geschrieben haben. Ich hatte den heutigen Tag dazu bestimmt nach einer wahrscheinl. Schätzung meiner zunehmenden Kräfte, von der ich gestern die
    erste
Probe gefühlt und abgelegt. Ich war nemlich im stande noch einmal so lange, fast 4 Stunden nach einander aufzusitzen, legte mich ohne Entkleidung zum ersten mal nieder, um zum Abendbrodt desto leichter aufstehn zu können, das in einem Teller Vorkost, 2 oder 3 Gläser von der guten Fürstin Bier u. einem Pfeifchen besteht. Ohne an die Post zu denken, erhielt ich ein dickes Päckchen mit Briefen von Dir u von Hause, nach denen ich seit langer Zeit geschmachtet, war aber nicht imstande selbige selbst zu erbrechen noch zu lesen; sondern muste dies wider meine Art u Sitte meinem Famulo überlaßen. Diese Nacht ist schlafloser als die vorigen gewesen; unter deßen habe ich diesen Morgen keine Ruhe im Bette gehabt, bin eine ganze Stunde früher wie sonst aufgestanden, und mache mit diesen Zeilen an Dich den Anfang meines verjüngten u erneuerten Briefwechsels. Hier muste eine Pause machen, vor und nach dem Mittagseßen mich vor Mattigkeit niederlegen. Was half es mir nun, eine Stunde früher angefangen zu haben. Mittlerweile habe ich 3 Oefnungen gehabt, die kritisch gewesen seyn sollen, weil meine diesen Morgen noch ziemlich belegte Zunge nun auf einmal rein geworden. den 29 – Meine Entkräftung und Unlust nahm gestern so überhand, daß es mir sauer fiel aufzubleiben und umsonst aufzustehen versuchte. Ohngeachtet der sehr guten Nacht meldete sich diesen Morgen doch wieder mein kritischer Durchfall. Mein Puls war stärker, meine Zunge rein; aber weder Kraft noch Lust mich zu rühren. D. Cormann ist heute unserm lieben
    Frantz
entgegengeritten, der diesen Abend erwartet, morgen hier rasten und übermorgen widerabreisen wird. Ich hoffe ihm entgegen gehen zu können, und habe mich aufgerafft mit beßerm Erfolge – Ich habe mir das Schwatzen in meiner horizontallen Lage so angewöhnt, daß ich den Mund nicht still halten kann, überließe mich diesem Wortfluße, als der einzigen Bewegung, die ich mir damals machen konnte. Zum Eßen hatte ich mein Maul eben so gern gebraucht; da war mir aber ein Korb und Gebiß angelegt. Kopf und Magen blieben mir fast immer thätig; aber der Schlaf fehlte mir desto mehr. Meine Neugierde einen Versuch mit Opium zu machen wurde auch einmal befriedigt, aber vornemlich in der Absicht den Ausschlag zu befördern. Ich habe aber einen Abscheu vor dem Gebrauch dieses Mittels durch die einzige Probe, die ich in meinem Leben gemacht, bekommen; es ist dem ganzen
    Geschmack
meiner
    Natur
zuwieder
, und ich werde mich nach keinem zweiten Versuch mehr sehnen – Die Crisis währt fort; ich habe diesen Nachmittag 5 Oefnungen gehabt, und bin dadurch mehr erleichtert als entkräftet worden. Nun zur Geschichte meiner Krankheit ab ouo. Den 5 Nov. taumelte ich aus Deinem Hause, freute mich über die Achtsamkeit Deines Kutschers der auf mich wartete. Die Witterung war so elend daß es mir unmöglich gewesen wäre den kleinen Weg nach dem Posthause zu Fuß zu thun. Eben so sehr entzückt Extrapost auf mich wartend zu finden kam ich den Abend drauf bey guter Zeit an, und freute mich Münster zum erstenmal in seiner nächtl. Erleuchtung zu sehen. Die Straßen schienen mir lauter Hallen eines vom Altare erleuchteten großen Tempels zu seyn. Meine Ankunft war ein sehr herzlicher Willkommen und meine Reisegefahrten außerordentl. damit zufrieden, daß ich sie eines ausdrückl. Briefes überhoben hatten, durch den sie eben im Begriff gewesen waren mich auf den nächsten Sonntag den 11 Nov. Dom. XXIII. auf Franzens Geburtsfest feyerlichst einzuladen. Ich war also ihren Wünschen ohne es zu wißen zuvorgekommen. – Der erste Abend wurde also sehr vergnügt zugebracht. Als ich den Morgen drauf meine Füße ansahe, die eben so dick zurück kamen wie ich sie in Kgsb. aufgeladen hatte, gieng es mir durch Mark und Bein. War es Verzweifelung, oder Leichtsinn oder beßere Bewegungsgründe, daß ich mich dieser traurigen Gedanken bald entschlug, die mir wie ein electrischer Funke durch die Seele fuhren. Alles schien mir verloren zu seyn, der liebreichen Mama außerordentliche Pflege, Dein Aufwand in Pyrmont und martialischen Hülfsmitteln zu meiner Stärkung. Wie nahe gieng es mir, meinem
    Raphael
untreu geworden zu seyn! Ich erinnerte mich gantz lebhaft der feyerlichen Mine, womit er mich an einem Morgen im Vertrauen zu mir sagte: lieber H. ich habe nichts mehr als noch einen einzigen guten Rath für Sie übrig. Voller Ungedult spitzte ich die Ohren; aber wie sunken sie, als er mir ein Fontanell vorschlug. In der Hitze begieng ich das mir gewohnl. quid pro quo, Fontenelle mit einem Haarseil zu verwechseln. Ich eine Wunde an meinem Leibe – ohne die höchste Noth – kam mir als das wiedersinnigste Ding vor, und bestarkte mich desto mehr in meinem Vorurtheil für den Weg der Stärkung, der meinen Neigungen mehr schmeichelte und leider! die meisten Stimmen für mich hatte. den 29 Febr auf dem Bette. Ich muste gestern abbrechen, und mich ein wenig auf meinem Lager stärken zum Empfang des lieben Frantz der gestern Abend zwischen 7–8 glücklich ankam und den ich in der Küchenstube, meinem ersten Logis hier überraschte. Wie sich meine Lenden zu krümmen schienen bey dem ersten Treppensteigen seit so viel Wochen. Diese Nacht habe in Hitze zugebracht und mit dem Morgen fuhr mein gestriger Durchlauf fort. Ich bin nicht einmal zum Anfange der Geschichte meiner Krankheit gekommen, die Dir nicht gleichgiltig seyn und Dich lieber Jonathan! überführen wird, daß mich kein böser Geist in diese Wüste geführt, und daß ich selbige nächst göttlicher Hülfe mit einem triumphirenden Ευρηκα! werde gegen den von Dir bestimmten Termin verlaßen und
    Dich
nebst Deinem
    George
in Münster werde umarmen können. Der gesetzte, männliche feste Ton, in dem er schreibt, hat mir viel Freude gemacht und noch mehr Neugierde ihn von Angesicht und persönlich kennen zu lernen. – Ich habe 3 Briefe von Dir zu beantworten, und werde bestmöglichst das versäumte nachzuholen wißen. Gott erhalte Dich nur gesund. Ich glaubte eher wegen
    Deiner Arbeit mit der neuen Auflage
von Dir ein wenig vergeßen zu seyn, und mochte nicht gern etwas ärgeres argwohnen. Du hast auch Ursache, mit Deiner Gesundheit säuberlich umzugehen, nichts als eine physische Unmöglichkeit soll mich abhalten, Dir entgegenzueilen. Was ich aus Kgsb. erhalten, theile ich auch mit, bitte aber es mit umlaufender Post nebst dem
    Stammbuche
meines Sohnes zurück, weil ich gern D. Arnolds und seiner guten Angela Andenken von hier mitnehmen wollte, auch meiner Gevatterin antworten. Dein lieber Max und Clärchen sind auch wohl so gut ein paar Worte in meiner Tochter Stammbuch einzutragen. Bring doch die Mythologie mit, welche der unartige Hans Michel dort gelaßen hat, ohn daß weder er noch ich selbige angesehen haben. Ich zweifele ob ich im stande seyn werde, heute aufzustehen. Meine Entkräftung geht fast bis zur Ohnmacht. Dies scheint aber auch die letzte entscheidende Crisis meiner Krankheit zu seyn, und ich hoffe durch selbige einer ὁλοκληρια oder Redintegration meiner ganzen animalischen Oeconomie nahe zu seyn. Alles was ich weder mit Mund noch Feder auszudrücken im stande bin, sage in meinem Namen und der Meinigen – der besten Mama und Tante, und Deinen lieben Kindern in der Nähe und Fern. Gott sey mit uns allen – Amen!
Welbergen den 27 Febr. 88 Innigst geliebteste Freundin und Gevatterin! Diese sehnlichst und längst erwünschte und erwartete Antwort von Ihnen kam gestern an nebst einem großen Pack von meinem Jonathan in Düßeldorf an, der auch ⅙ des laufenden Jahres hatte verfließen laßen, ohne eine Zeile an mich bisher geschrieben zu haben, und dem ich noch wirklich Antwort auf 2 Briefe des vergangenen schuldig geblieben war. den 11 März – Der dritte Besuch meines lieben Frantz und ein neues Recidiv hat diesen Aufschub veranlaßt, den ich kaum entschuldigen darf. Sie wollen den Ursprung meines Uebels wißen. Mein treuer Freund Miltz sagte mir schon zum voraus, daß ich den Rest meines Faulfiebers mit mir nehmen müße, und damals vor meiner Abreise keine Zeit war zu einer förmlichen Cur. Meine ganze Reise ist ein Wunder und wie ich bis Berlin in einem einzigen Zuge habe aushalten können. Ich war schon zu Hause nicht mehr des Abends im Bette vermögend mich selbst umzukehren, und die liebe Mutter traute mir nicht zu, daß ich imstande seyn würde auszuhalten, ohne entweder liegen zu bleiben oder wieder heim zu kommen. Meine Ungedult D. Lindner nicht zu verfehlen und die geheime Ahndung, wie nöthig ich diesen Schutzgeist und Raphael zu meiner Erhaltung nöthig haben würde. Ich fand in unsers Landsmanns Hause die zärtlichste Pflege, und an der ganzen Albertischen Familie ein Heer dienstbarer Geister, eilte, was ich konnte, versuchte in Magdeburg auszugehen; die Geschwulst meiner Füße nahm aber immer mehr zu. Wie ich aus dem Schooß meines Franz durch Jacobi entführt wurde wißen Sie. Hofrath Abel als Hausartzt wurde hier mit zu Rathe gezogen, die Versuchung zum Genuß war hier noch stärker als in Münster. Der alte Raphael konnte auf dem Wege der Reinigung nicht fortfahren, und wurde mit den Vorschlägen zu Stärkungsmitteln überstimmt. Man eilte mit dem Pyrmonter und Eisenmitteln, und aller Aufwand und Pflege wurde verschwendet; ich kam nach Münster mit ebenso dicken Füßen zurück, als ich aus Kgsb. mitgenommen hatte. Raphael Lindner war unterdeßen mit einer Cur an Mariannen beschäftigt, that zu diesem Behufe mit Hans Michel eine Wallfahrt zu dem hiesigen Aesculap Geh. Rath Hoffmann. Jonathan zog nach Düßeldorf, und ich verschwand auf einmal und kam wieder nach Münster, wo Freude und Genuß mich wieder zerstreuten. Das Gut meines Frantz lag mir immer im Kopf, und einer seiner ältesten und vertrautesten Freunde D. Arnold Corman auf demselben, über deßen Character und Schicksal mir Frantz einen langen Brief schon geschrieben und die Silhouette des außerordentl. Mannes zugeschickt hatte. Er war mir zu Gefallen bey meiner Ankunft hier gewesen und ich hatte ihm meine Freundschaft und meinen Besuch auf das feyerlichste zugesagt. Münster zu verlaßen, ohne
    Angelmodde
,
den Landsitz der Fürstin und ihr Bauerhaus gesehen zu haben, war mir unmöglich. Den 1 Xbr. that Frantz diese Wallfahrt mit mir an einem der schönsten Tage, dergl. ich in meinem ganzen Leben genoßen habe. Den Sontag drauf gieng der erste Winter ab und nun war kein Halten mehr. Ich reiste den 4 Xbr mit Extrapost in Begleitung eines Gefährten zur Aufwartung ab und kam des Abends glücklich an; war auf meines Frantz Grund u Boden, bey seinem alten Freunde Arnold und seiner (Angela) Engel, also zu Hause. Die
    Stärkung
hatte freylich gewürkt; aber die Wurzel des Uebels war geblieben und hatte noch ärger um sich gegriffen. Meine Lebensgeister waren in einer Gährung mit meinen verdorbenen Säften um die Wette. Eßen und Trinken schmeckte, der Ueberfluß umgab mich und das Gift meiner Krankheit hatte reichen Dünger und zog alle die Nahrung an sich, welche ich glaubte zur Erholung meiner Kräfte nöthig zu haben. Jeder Posttag brachte in Jon: Elysium Neuigkeiten oder Briefe, an deren Inhalt ich immer Antheil nahm. In Münster war der Genuß der Freundschaft noch zerstreuender für mich, und ich war noch weniger mein eigener Herr. Ich kam also in der guten Hoffnung her, ein wenig mehr
    Ruhe
zu finden – und mein Wunsch ist erfüllt worden auf eine Art, die ich nicht vorhergesehen habe, nicht zu neuen Arbeiten, sondern zu meiner Genesung, an der ich schon beynahe verzweifelt hatte, und wie ein Oedipus wenigstens mit
    einem
linken dicken Fuß mein Leben zu beschließen gefaßt war. Bey meiner Ankunft suchte ich mir die beqvemste Stube aus neben der Schlafstube meines Wirths Philemon und seiner Baucis. Weil der Ofen reparirt werden muste, nahm ich die erste halbe Woche in der Wohn- und Speise oder eigentl. Küchenstube für lieb, bezog mit der vollen Woche des II Adv. mein eigen Zimmer, wo das Kindbette vor einem halben Jahr gehalten war und ein Bücherschrank stand. Mit dieser Veränderung verlor sich mein Schlaf in der ersten Woche, wurde den III. Adv. bettlägerig bis auf das heutige Datum. Den zweyten Weynachtstag kam mein D. Raphael u sein famulus Michael an zu meiner grösten Freude, mit der noch angenehmern Nachricht, daß er mit der Cur Mariannens fertig wäre, sie wohlbehalten verlaßen hätte und nicht zum bloßen Besuch hier wäre sondern mich nun ausdrückl. abzuwarten. Mein Uebel wurde von ihm für ein
    schleimichtes
    Faulfieber
erklärt. Noch denselben Abend setzte er eine spanisches Fliegenpflaster. Meine Zunge war beynahe kohlschwarz und zotigt. Den 18 Jan. zeigte sich auf einmal ein Gallenfieber, und zugl. ein Ausschlag auf den Fingern bis auf die Hälfte der Hand. Der Rücken soll mit allen andern von Friesel, Peteschen und Geschwüren besäet gewesen seyn. Unter den letztern waren 2 größere, die einen Wundartzt erforderten. Frantz hatte die ausdrückl. Instruction widerholt, keine Kosten zu sparen. Wir sind hier mit kleinen Städtchen umgeben. Unser Medicinapotheker in der Grafschaft
    Steinfurt
konnte keinen vorschlagen, es wurde also deshalb im Nothfalle nach Münster geschrieben. D. Arnold hatte zur Entbindung seiner Engel einen Prof. Erpenbach, Nachfolger des dortigen Archiaters und zum Hinterhalt einen Wundarzt Laubner gehabt. Dieser wurde zuerst zu Hülfe genommen, machte mir zwey Incisionen, schien aber meinem D. Raphael nicht zuverläßig gnug. Daher wurde Erpenbach auch zu Hülfe genommen, der in Strasburg sich lange aufgehalten, Medicin, Chirurgie und Accouchement als gräfl. Leibarzt und Prof. legens der Philosophie u Medicin hier öffentl. treibt, und mich bisher abgewartet. Die kleinste Wunde ist diese Woche völlig geheilt und die größere macht auch Hoffnung Den 4 Febr. kam Frantz, Marianne und die Fürstin mit ihren 3 Kindern zum Besuch; reiseten aber den 6 ab, und ich lag wie ein Klotz im Bette. Den 13 kam Frantz allein zum zweiten Besuch u reiste den 15 ab. Der dritte Besuch von Frantz allein war den 28, (wo ich von neuen befiel mit einem Durchfall) bis zum 1. d. Ein Vomitif erleichterte meinen überladenen Magen den 1 d. Es bestand in 200 Tropfen Huxhamschen Weinb. Vorigen Sonntag Judica thaten 560 Tropfen und 1½ gr. Tartar. emet. keine Wirkung und seitdem ist mein Magen, der wie mein Kopf die ganze Krankheit durch, leider! zu thätig gewesen, auf einmal schlaff geworden – und mein freundschaftl. Raphael, der ein ebenso gewißenhafter Arzt als sorgfältiger Krankenwärter und Pfleger ist hat engl. Gedult und alle medicinische Gelehrsamkeit und Künste nöthig, sich in die Widersprüche und Launen des Patienten sowohl als seiner verjährten, verwickelten und hartnäckigen Krankheit Uebel zu schicken und zu finden. Will die Vorsehung durch seine Hand ein Wunder zu meiner Redintegration thun; so ist sie allein imstande ihm zu vergelten: denn ich muß aus Tob. IX.2 zu Gottes und meines Freundes Ehre sagen – Liege ich meinem Schicksal unter: so ist es nicht seine Schuld. Auch nicht meine, wenn ich zu viel thue: so wenig als mein Verdienst, wenn ich mäßig bin. Der alle meine Schulden getragen, hat auch für diese Sünde büßen müßen und nöthig mir tägl. selbige zu vergeben. Wie ich darunter leide und kämpfe – ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Ich danke Gott durch Jesum Christum unsern HErrn – Röm VII. 24, 25. Ein guter Geist hat mich wenigstens in diese Wüste geführt, wo ich Ruhe gefunden habe zu meiner
    Beßerung
sowohl, als
    Genesung
. Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HErrn Werk verkündigen – In welcher Unruhe würde ich seyn, wenn ich nicht die
    Gnade
genoßen hatte, die ich damals nicht erkannte, vom
    Joche aller Geschäfte ausgespannt
zu seyn. Ich weine nichts als Freudenthränen. Die meinigen und alle meine dortigen Freunde wären nicht imstande mir die
    Pflege
angedeyen zu laßen, die Wohlthaten, welche ich hier genieße – Wie ist ihrer so eine große Summe! Sollte ich sie zählen, so würde ihrer mehr seyn denn des Sandes Ψ 139, 17, 18. Es ist wirklich eine Wohlthat für diese feuchte u sumpfige Gegend, daß der Grund sandig ist, und sich das Waßer ebenso geschwind verliert als sammlet. Jonathan erwartet seinen Sohn George aus Göttingen in den OsterFerien zum Besuch, und bestellte mich den 9 d. nach Münster. Zu meinem Glück ist dieser Termin bis auf den April verlängert, und ich erwarte auf die Woche den vierten und letzten Besuch meines Frantz – Sein
    Welbergen
, besonders wenn meine Hofnung einer völligen Genesung hier erfüllt werden sollte, soll meinem Andenken heilig und geseegnet seyn. den 12 um 10 Uhr Morgens. Ich habe gestern zum ersten mal bis 6 Uhr des Abends aufbleiben und heute um 9 Uhr Morgens aufstehen können, habe mich gewaschen und erwarte den Meister mit dem Scheermeßer um nach 3 Tagen einmal wider mit eßen zu können, das ich bisher ebenso lange hinter dem Vorhange meines Himmelbettes gethan, der aber heute wider aufgezogen worden. Mein gestriges Abendbrodt war ein gantz neuer Dominicaner von einem halben Biscuit und einem kleinen Stück Pfefferkuchen, beyde von jungfräulichen Handen, weiß nicht in welchem Kloster jenseits Münster gebacken – Man nennt hier Dominicaner ein Butterbrodt von Pumpernickel mit Weißbrodt belegt. Ich hatte heute Appetit zu einem Vomitif, muste aber mit einem Rhabarber für lieb nehmen wegen der 2tägigen Verstopfung auf die 6 Oefnungen des Dominica Judica. Gestern tröstete mich Raphael oder erschreckte mich vielmehr mit dem Anfall der Hypochondrie, als Kennzeichen einer nahen Genesung. Der freudige Geist
    enthalte
mich! von Unmäßigkeit und Traurigkeit. Nun, liebste Frau Gevatterin, verzeihen Sie mein verwirrtes Geschmier. In meinem Kopf geht es wie in einer Wind und Waßermühle. Sie können sich bey einer solchen Lage leicht vorstellen, wie schwer und beynahe unmögl. ist Briefe zu schreiben. Ich bin die ganze Zeit meines Aufenthalts immer in medicinischer Zucht gewesen, und sehr oft in der strengsten Diät eingeschränkt worden. Neben dem Gallenfieber stellte sich ein Eiterungsfieber meiner Geschwüre ein. Ich hatte also Morgens und Abends meine volle Arbeit. Reinigung hinderte die so nöthige Stärkung, und diese widersprach jener. Ich war unter dem Genuß der zärtlichsten, freygebigsten, aufmerksamsten Freundschaft immer Versuchungen, Zerstreuungen und Erschöpfungen ausgesetzt, denen ich so gern und willig unterlag. Der Gebrauch der Arzneymittel fährt täglich und fast stündlich fort, muß noch die meiste Zeit im Bette zubringen. Mein Artzt nahm gleich bey seiner Ankunft meine Schlafstube ein und ich wurde gleich den andern Tag in Franz. u Mariannens ihre eine Treppe höher gebracht, wo ich eine freyere Luft und hellere Aussicht genieße, und Hans Michel schläft neben mir. Laßen Sie mich heute aufhören – Ist Freund Kraus böse auf mich, daß er mich keiner Antwort würdigt – Oster heil. Abend den 21 März
    Münster
Am heil. Abend vor dem Palmensonntag kam Franzens Kutsche an – und stellen Sie sich das Wunder vor. Mit Frühlings Anfang Mittwoch den 19 steig ich herein, nachdem ich die im Garten liegende Kapelle mir hatte aufschlüßen laßen um ein deutsches luthersches V. U. darin zu beten, befehl ich mich Gott und steig um 7 Uhr mit meinen beiden dienstbaren Geistern D. Raphael und famulus Michael in die Kutsche, leere zu Mittag eine kleine Bouteille Mallaga in einem Wirthshause aus und bin gegen 6 Uhr vor meines Franzen Hausthüre, wo Marianne uns entgegen kommt, von der ich vorgestern gehört daß sie wider in geseegneten Umständen ist, in denen ich auch D. Cormanns Engel, in deren Wochenstube und Kindbette ich geschlafen, zurückgelaßen habe. Finde 2 Briefe auf mich warten einen von meinem Jonathan Jacobi mit einem dicken Pack und den andern von unserer frommen Fürstin, die noch denselben Abend uns besuchte. Ich legte mich gleich nieder; da komt ein weiland Poet, Rath Schücking, setzt sich zu den Füßen meines Bettes und geht gegen 10 erst unten zum Abendbrodt. Nach einem Sprung aus dem Bette wo ich über ¼ jahr zugebracht, in die Kutsche auf eine ganze Tagesreise war es mir sehr erwartet geschwollne Füße zu haben, die aber gleich den Morgen drauf in sich giengen. Am linken ist mir dennoch eine Binde angelegt worden. Vorgestern kam Schücking wider zum Caffé, bringt mir ein klein lateinisches Liederbuch seiner Kirche zum Andenken, die Fürstin aber in ihrer Tasche 2 Bouteille Capwein und aß mit uns. Gestern nahm Schücking Abschied, Mittags bekam einen Kuchen von der Fürstin, deßen Teig meinem Artzt nicht gefiel und mir dafür ein Glas Cap Wein verordnete – Des Abends tractirte Marianne mit einem Glase Vin de Tinto und ich habe heute die Chinacur die ihr auf Verschreibung des Maynzischen Leibartztes Geh. Rath Hoffmann angefohlenrathen jede Stunde 3 Löffel voll und einen Schluck Mallaga hinterher. Meine seit kurzem zum 4 mal belegte Zunge beßert sich und nun geht es auf dem Wege zur Stärkung fort. Auf Treppen muß ich beynahe getragen werden, so entkräftet bin. Morgen sind wir bey Me Detten, Mariannes Mutter eingeladen, ich besuche sie zum ersten mal, meine beyde Gefahrten haben schon einmal geschmaust.
    Ob
und
    wie
ich hinkommen werde, weiß Gott. Zum Glück ist es in der Nachbarschaft. Gott gebe Ihnen
    fröhliche
Ostern, liebste Freundin und Gevatterin, thue an Ihnen und den Ihrigen so viel Wunder der Gnade und Barmherzigkeit, wie ich hier täglich erlebe und erfahre – auch zu meiner
    Reinigung
und
    Stärkung
. Wieder einen Brief von Jonathan, der mit seinem Sohn Georg und seinen beyden Schwestern Mama Lehne (der jüngsten seiner) und Tante Lotte (der ältesten, des gestörten Vaters Haushälterin) nächstens herkommen werden. Die Fürstin erwartet auch ihren Plato aus dem Haag, Hemsterhuis. Was Sie nicht lesen noch verstehen, laßen Sie getrost aus; ich verspreche alles mündlich zu erklären und zu ersetzen. Nun ich hoffe, daß meine liebe Hausmutter völlig widerhergestellt ist. Sie hat sich gewiß geärgert und ein Brechmittel sollte HE Miltz nicht gespart haben. Gott gebe, daß wir uns einander gesund und froh widersehen. Ich habe meines kranken Freundes Hill 2 Briefe übergelesen und bin nicht imstande ihn zu verstehen und darauf zu antworten. Bey meiner ihm gemachten Erklärung bleibt es, daß
    wenn
er sich um ein haar Gelegenheit findt in eine beßere Lage zu kommen, er selbige nicht aus den Händen laßen sondern in Gottes Namen sich daran halten soll, ohne auf mein Haus zu sehen, weil er in dem Fall mir dadurch ein Opfer zu bringen, sich selbst und mir den grösten Vorwurf zuziehen wird und ich alle seine geleisteten Dienste dafür zu erkennen aufhören würde. Er ist sein ärgster Feind, und hält jedermann dafür. Hab ich ihm die Schlüßel von meinem Bureau gegeben oder meiner Hausmutter? An dieser Nachfrage ist mir viel gelegen, dies zu wißen. Ich weiß hier von nichts, bekümmere mich auch um nichts; weil es so wenig kann als will. Die einzigen Nachrichten aus meiner Heimath, die mich gewißermaaßen befriedigen, kommen von Ihrer lieben Hand, die ich dafür küße und seegne. Fahren Sie fort, liebste Freundinn und Gevatterin, und verlieren Sie nicht die Gedult mit einem alten kranken Mann. Gott wird Ihnen auch zu der Ruhe und Zufriedenheit helfen, nach der Sie schmachten, und die mir so reichlich (unter allem kleinen Kreutz und Leiden) zu theil wird. Mein Artzt u Gefahrte D. Raphael empfiehlt sich Ihnen bestens, als weitläuftiger BlutsVerwandter, aber noch weit näherer Muthsfreund, den die Vorsehung zum Werkzeuge meiner Erhaltung und Rettung gebraucht, und sich um seine alte seel. Mutter kaum so verdient gemacht als um Ihren u seinen alten Freund. Ostern den 23 März im Bette. Gestern Abend war hier ein sehr starkes Gewitter. Meine Hypochondrie spielt in mir, wie im Fieber; auf einen sehr heitern Tag, der mich bisweilen ausgelaßen macht, folgt mehrentheils ein trüberer und gesetzter. Nach einer sehr ruhigen Nacht, bin ich mit Reisegedanken von mancherley Art aufgewacht. Die Erschöpfung meiner Kräfte ist außerordentlich, und wird viel Zeit erfordern. Gott Lob, daß es gegen den Sommer geht. Die Fürstin hat mir ihren Garten und ihr Haus zum Gebrauch des Pyrmonter angeboten. Der Vorsicht sey alles anheimgestellt, sie wird mich führen nach ihrem weisen Rath und gnädigen Willen, dem ich mich ergeben habe und gern aufopfern will. Ich hoffe, daß meine dortige Freunde Nachsicht für mich haben werden, daß ich nicht hier und dort zugleich seyn und zweyen Herren dienen kann, und will mich bestreben meine arrerages bey meiner Heimkunft zu ersetzen u ihnen so zur Last leben und auf dem Halse liegen, wie ich es hier thun muß. Wie ein schwacher Weinrebe kann ich ohne Stütze nicht leben und muß mich an der halten, die mir jetzt die nächste ist. Was kann ich schreiben, als das Beste von andern und viel Gleichgiltiges von mir, der bekannt ist und sich selbst ähnlich bleibt nur mit dem kleinen Unterscheide daß je mehr der äußere Mensch abnimmt, desto mehr der innere wächst, je älter und unvermögender, desto ruhiger, zufriedner und vergnügter ich werde – ein tägliches Wohlleben mitten unter manchem Druck, den ich Gottlob! wenig fühle und den Er tragen hilft, daß ich gnug dafür danken kann. In was für Kummer und Beklemmung, würde ich mich jetzt befinden, wenn ich meinen Willen gekriegt hätte. Gott hat mir Feyerabend gegeben, mich aus dem Gange öffentl. Geschäfte ausgespannt, zu denen ich so wenig tauge als zum Umgange mit der Welt. Ich lebe hier im Schooße der Freunde von gleichem Schlage, von gleichem Gelichter und die sich wie Hälften zu meinen Idealen der Seele paßen. Mit was für
    Empfindung
hab ich immer in Molters
    Scherzen
das Klaglied gelesen; es ist in ein Triumpflied erfüllt worden. Ich habe
    gefunden
und bin meines Fundes so froh wie jener Hirte und das Weib im Evangelio und wenn es einen Vorschmack des Himmels auf Erden giebt – so ist mir dieser verborgene Schatz, diese köstliche Perle zu Theil geworden – nicht aus Verdienst und Würdigkeit, sondern es ist Gnade und Gabe einer höhern Hand, die ich anbeten und küßen muß. Sie war mir nöthig und heilsam, zu meiner
    Reinigung
und
    Stärkung
, wie mein geliebter Lucas von seiner Cur meiner Krankheit redt. Die Katholiken welche ich hier habe kennen gelernt sind wie Nacht und Tag unterschieden von den Nicolaiten ihren – wie Frantz vom seel. Kirchenrath Buchholtz, der mich zum Abendmal einladen ließ den Tag vor meiner öffentl. Anklage, wie civitas Dei, die beste Gotteswelt, von der die im Argen liegt. Ich bin hier wie eine Biene und Ameise und sammle alles was ich nur kann zur Erndte in meiner Heimath und gegen die lange Weile meiner immer hungrigen und durstigen Seele, die eben so wenig feyern als arbeiten kann, nach Art und Weise der künstlichen Taglöhner. Ich habe also nichts als Widersprüche zu schreiben und müste meinen Freunden als ein alter Prahlhans und Aechzer beschwerlich fallen und anstößig werden. Beßer ist, ich schweige und verspare alles zu meiner Heimkunft, wo Auge Mund und Herz zugleich reden und zeugen können so wohl für Wahrheit und Lüge; jeder urtheile nach seinem Sinn und gönne mir den meinigen. Meine Leute wollen mir einbilden, daß die Baroneße einen Brief von mir erwartet. Ich hoffe Sie beßer zu kennen, und eben daßelbe von Ihr in Ansehung meiner. Mein alter Freund Jacobi hätte auch eben so viel Recht zu Nachrichten, da ich ihm alles anvertraut habe. Wo nicht anders, schreibe ich gewiß aus dem Hause seiner lieben Familie, die ich mir eben so fest in meinem Herzen vorgesetzt habe zu sehen als meine beyde Gevattern in Weimar, der mir seine zerstreuten Blätter geschickt mir die Entbindung seiner Caroline vor Weynachten schon gemeldet, ohne daß ich auf einen dieser beyden Briefe bisher antworten können. Claudius habe aus Berl. geschrieben und seitdem keine Zeile. Kleuker hat mir einen Wanderstab geschickt den ich Prudentius nenne nach dem lateinschen Namen seiner Ahnen und Vorfahren, um mich zu erinnern die bevorstehende VII. Decade meines Lebens, in die ich mich bisweilen versteige, prudentius das heist nach der alten platdeutschen Aussprache
    Klöker
anzufangen und anzuwenden. Erfreuen Sie mich bald, liebste Freundin und Gevatterin, wieder mit Nachrichten, mit beßeren von Ihrer Gesundheit und Gemüthsruhe. Mein geheilter Rücken ist diesen Morgen des chirurgischen Scapulaire und Bandage entledigt worden, und ich will nun aufstehen um zu einem Gastmal, dem ersten hier, hinzuhinken oder mich vielmehr dahin führen zu laßen von meinem Hans Michel und seinem Freunde Moritz Detten, der auch die Medecin studiert. Fahren Sie fort nach Ihrer alten geprüften und bewährten Freundschaft sich meiner Hausangelegenheiten anzunehmen, wie Gott es für die Ihrigen thun wolle und thut. Grüßen Sie Ihre Familie und Nachbarschaft und empfehlen Sie mich dem treuen Andenken der Ihrigen u meinigen. Wenn Sie die Baroneße und HE Jacobi sehen, theilen Sie mit meine unveränderl. Gesinnungen, dergl. ich auch gewärtig bin und lesen Sie Molters Liedchen, das unter meinen Büchern steht hinter Logaus Gedichten. Gott seegne uns alle nach Seiner Liebe im Geist des heute auferstandnen Sohns der Liebe, mit Leben und allen Wohlthaten deßelben. Hans Michel ist nach der Kirche gegangen und denkt oft an Ihr Haus. Meiner alten Mutter empfehlen Sie doch
    Sorge
für ihre Gesundheit, und verbieten ihr alle Sorgen um ihren Sohn und seinen alten Vater. Er im Himmel sorget für uns alle, und Ihn wollen wir für alles sorgen laßen, unser Brodt mit Freuden eßen und unsern Wein mit gutem Muthe trinken. Nur Schade daß sich meine mit Bier oder Waßer behelfen müßen unterdeßen wir leider! wie die Reichen leben und dafür büßen müßen an Händen die nicht schreiben und Füßen die nicht gehen können. Alle meine Freunde sind die Ihrigen wie ich selbst. Ich küße und herze Sie als Ihr alter Freund und ewig ergebenster Johann Georg Hamann. Couvert mit rotem Lacksiegel (Wappen mit H) und Adresse von Johann Michael Hamanns Hand:
An / Madam
    Courtan
/ gebohrne Toußaint /
    zu
/ Königsberg.
    Frey
Vlubris den 3 Mart. 88 in praesepio, auf dem Bette. Ich habe Ihren Besuch hier, Herzens lieber Franz, zwar nicht so genießen können, wie ich hoffte und wollte, aber mich wenigstens desto mehr gefreut über die Heiterkeit und Integrität Ihres Wohlbefindens während AufIhres kurzen Aufenthalts. Den ganzen Tag des 1 Marz im Bette zugebracht, und nicht eher als Sonntag Laetare des Abends aufgestanden um es machen zu laßen, dafür war ich auch im stande bey Tische zu seyn, legte mich erschöpft nieder und vielleicht etwas verkältet. Nach einigen leichten Anwandelungen von Colick und ängstl. Blähungen, habe eine der ruhigsten Nachte gehabt. Schon vorgestern erwachte mit dem ungewohnl. Appetit zu einem Vomitif, zu dem sich D. Raphael wegen Ihrer bevorstehenden Abfahrt nicht beqvemen wollte. Mittags musten wir uns beide dazu entschlüßen, und ein paar kleine Loffel voll Vini Antim. Hunh. brachten alles zum Vorschein, was ich den Tag vorher in Ihrer Gegenwart meinem schwachen Magen und seiner Diarrhoe zum Trotz verschlungen hatte. War halb gezwungen im stande einen Besuch von D. Cormann aus Borchorst und Rentmeister Becker aus Steinfurt anzunehmen, und plauderte mehr, als es sich für einen so abgematteten Invaliden schickte. Morgen hoffe ich wider auf meinen 2 oder 3 Beinen zu seyn und meinen Stuhl zu füllen. Ich feyre das runde Vierteljahr meiner Residenz mit einer relatione curiosa an unsern Jonathan, der das
    feuchte
und
    morastige
Welbergen nicht ungeahndet gescholten haben soll. Ein paar Stunden nach Ihrer Abreise fiel mir die
    Antwort
auf Ihre
    Anfrage
ein. Letztere hielt ich für eine Beurtheilung des Verhältnißes. Mit meinen
    Urtheilen
bin ich niemals zurückhaltend, so bald ich mich ihrer bewußt bin, und schäme mich gar nicht wenn ich sie auch mit keinem andern Grunde, als einem non possum dicere quare der bloßen dunkeln Empfindung belegen kann. Ich kam warm von des seel. Canonici, sein Name ist mir nicht zur Hand zu unserm D. Arnold, der eben so warm über das Verhältnis brütete. Es kann mich also sehr
    leicht
und würklich der Schlüßel des Verhältnißes verdroßen haben, weil es dem
    Begriffe
widersprach, den ich mir eben von des seel. Mannes Character geschmidet hatte. Und auf dieses
    Misverhältnis
bezog sich mein Verdruß, weder auf Ihre Schrift noch auf meine Meinung von derselben. D. Arnold ist auch mit dieser Erklärung zufrieden und bildet sich wenigstens ein, daß ich ihm selbige auch damals zu verstehen gegeben habe. Wo ich nicht im stande bin zu urtheilen, wird es mir leicht damit hinter dem Berge zu halten und blos in diesem Fall läßt sich kein Urtheil von mir herausholen, weil ich keins gehabt habe, und ist keine Politik nöthig. Ich kenne keine andere als die ein vehiculum der Wahrheit und Aufrichtigkeit ist – Sie haben mir, Herzenslieber Frantz, ein Buch nachgelaßen, das mir nicht von ungefehr in die Hände gefallen und mir herzlich wohl thut. Der alte Chapelle ist ein wahrer Seelenschmaus für meinen Geschmack. Sollte dies Buch noch nicht übersetzt seyn: so werd ich es erneuern u schließe wie dieser alte Mann seine Laufbahn mit diesem vortreffl. Werke über eine Materie, worinn ich mir längst mehr Unterricht und gründliche Ueberzeugung gewünscht. Schon in meiner frühsten Jugend qvälte ich mich an eines gelehrten Juristen ich glaube Stryck gelehrten Quartanten de iure Sabbathi, ohne damit fertig werden zu können, noch zu einem Resultat zu kommen – Ich habe unsern D. Arnold mit dem Eckelnamen eines Heuchlers geärgert; nun macht mich unser Jonathan auch zu einem Hypocrite
    reversed
– und leider verstehe ich den Sinn des engl. Beyworts nicht. D. Raphael und famulus Michael sind auch keine lebendige Wörterbücher. Gottlob! daß der terminus unsrer Abfahrt ein wenig prolongirt ist. Ist das zurückgelaßene mineral. Buch von Canonicus von Beroldingen? – Sollte das zu Cöllen in 12o oder 16o gedruckte
    geistl. Psalterlein
dort zu bekommen und durch meinen Freund Detten in dem Buchl. oder bey den Trödlern u Antiqvariis aufzutreiben seyn: so wäre dem alten lüsternen Reconvalescirenden mit dieser Näscherey sehr gedient, der aus seinem alten Gesangbuche öfters singt:
    Ueberall ist meine Weide
! Endlich erscheint der Pr. Erpenbeck mit seinem lapide diuino aut infernali, findet die kleine Wunde schon gänzl. geheilt mit einer kleinen Rinde und die größere eilt mit Macht unter den besten Aspecten nach. Eine Stunde nach den Vomitif zeigte sich das erste Sediment auf meinem Urin und die jetzige Crisis welche wol mit Gottes Hülfe die letzte und entscheidende seyn dürfte, wirkt durch alle nur mögl. Wege und Ausgänge. Das lose Maul feyert auch nicht, aber der arme kahle Kopf hat Ruhe nöthig, und kann oder will nicht weiter mitweder Auge undnoch Hand – NB bey Lichte. Freude und Friede, Gesundheit und Einigkeit walte über Franz und Seine gute liebe Marianne. Tausend herzliche Grüße und Seegenswünsche von allen den Ihrigen und meinigen zu Welbergen. Und hiemit Gott empfohlen zur guten Nacht und vergnügtem Widersehen. Der alte Mann vom Berge. Joh. Georg. Adresse von fremder Hand:
An / Herrn Franz Bucholz / Herrn von Welbergen /
    zu
/ Münster. nebst ein Hafen
Vlubris den 4. März 88 Lieber Fritz Jonathan! Heute ist es ein rundes volles Vierteljahr, daß ich in dieser
    feuchten
und
    morastigen
Wüste und Burg residire, nicht wie Du sie schiltst, sondern wie in einem lustigen Gefilde und fruchtbaren Thal, wo ich meine Palingenesie und ὁλοκληριαν Act. III. 16 meines Heils, statt des Frühlings, erwarte. Gottlob! daß der terminus fatalis des 9 Martii bis zum April verlängert worden! Etiam hoc erat in votis – Ich stehe heute wieder zum ersten mal auf nach einem schweren beynahe viertägigen Lager. Doch ehe ich zur Geschichte meiner Krankheit komme, wirst Du vielleicht gern die Bewegungsgründe wißen wollen, welche mich so plötzlich nach Welbergen versetzt. Sie sind so mannigfaltig, daß ich nicht alle weder zählen noch schreiben kann. 1. Die mir natürl. Neugierde den Erbsitz unsers
    Franz
kennen zu lernen und in Augenschein zu nehmen, da fast tägl. von einer Wallfahrt und Auswanderung dahin, nicht kurzen Lustreise gesprochen wurde, und allerley vom Freunde D. Corman und seiner Angela, und mir in diesem seltenen Paar nichts weniger als einen Philemon mit seiner Baucis nach verjüngtem Maasstabe denken und vorstellen konnten. 2. Frantz hatte mir unter seinen frühsten Briefen die Silhouette, den Character und das Schicksal dieses wirklich außerordentlichen Mannes mit der grösten Vertraulichkeit mitgetheilt. Den 8 Aug. erschien D. Arnold selbst in Person, und verschwand eben so bald. Ich gab ihm die Hand auf meine Freundschaft und einen Gegenbesuch von Dauer und Stätigkeit. Mein gegebenes Wort lag mir immer auf dem Herzen; es war mir aber alles daran gelegen, dieses Paar ein acht Tage wenigstens allein zu genießen, ohne so viel Nebenverhältniße unserer ganzen Caravane. Münster konnte ich ohnmögl. verlaßen ohne unsere fromme Fürstin auf ihrem Landsitze überrascht zu haben. Dies geschah nach Herzenswunsch den 1 Xbr. an dem schönsten Tage, den ich in meinem ganzen Leben behalten werde. Mit ihm nahm auch der erste Winter auf einmal Abschied. Da gieng es über Hals und Kopf. Montags den 3 erhielt ich das Jawort zu meiner Reise von Marianne, von deren Ausspruch das Amen unsers Frantzens abhieng. Dienstag des Morgens reiste ich mit Extrapost nach glücklich überwundenen Bedenklichkeiten und Schwierigkeiten mit einem mir gantz unerwarteten u unbekannten Begleiter ab, der die Stelle eines dienstbaren Geistes vertratt und mir desto angenehmer war, da ich ein sehr unbehülflicher Autodiaconus nicht daheim, geschweige unterwegs und in der Gestalt eines Oedipus mit einem geschwollnen linken Fuße bin. Und so kam ich noch bey guter Zeit mit der grosten Ungedult aber vor meiner Erwartung hier an – Ich war im Eigentum meines Franz, auf seinem Grund und Boden, folglich zu Hause. Mein Wirth einer seiner ältesten und innigsten Freunde, und das bisherige Problem jetzt mein Nächster im Original mit allen Datis in natura und in der Qvelle, die ich mir beßer zu Nutz machen konnte als alle Schattenriße, hieroglyphische Charactere und idealische Hypothesen. Kurz, ich freute mich mit meinen eigenen Augen ohne Brille sehen zu können. Der dritte Hauptbewegungsgrund meines Ritterzuges war ein Bedürfnis meines homunculi interni nach seinem Element
    der langen Weile
. Fruges consumere natus ohne Kräfte selbige zu verdauen noch zu verleugnen lebte ich in einem unaufhörlichen Zweykampfe mit Versuchungen, wo ich immer unterlag und den kürzern zog, unter lauter Zerstreuungen, die jeder Posttag häufte – In Münster gieng es nicht beßer. Mit dem Ferment meiner Lebensgeister wuchs immer daser geheime Schade meiner bemäntelten Nahrungssäfte. Mit der Wirthschaft meiner Zeit sah es so liederlich aus, daß ich keinen müßigen Augenblick mehr finden konnte um Herders zerstreute Blätter zu lesen, und ihm dafür zu danken – und dergl. kleine Angelegenheiten waren unzählich, die mir im Sinn lagen und zu deren Abmachung ich meine alte Muse und Muße unumgänglich brauchte. HEV est, quod petis. Vlubris est Εὑρηκα meum. Es ist aus allem nichts geworden, aber zu meinem Gewinn au bout du compte, wie ich
    glaube
und
    hoffe
. Die Wahl des Zimmers wurde mir überlaßen; da es mir unangenehm ist von Menschen isolirt zu seyn: so gefiel mir keins so sehr als das dritte neben der Schlafstube meines Wirths. Ein großes Himmelbette, worinn seine Engel ihr Kindbette gehalten hatte, nebst einem Lehnstuhl und Seßel, die ein beqvemeres Faulbette ausmachten und ein Repositorium mit Büchern und die schöne etwas dunkle Aussicht waren gantz nach meinem Geschmacke. Weil aber der Ofen reparirt werden muste; so war es gantz in meinem Plan die halbe Woche in der Küchenstube, welches zugl. die Eß und Wohnstube ist, mich zu behelfen. – Mit der vollen Woche (den 2 Adv.) bezog ich meine eigene Stube. den 5 – Der 7 Dec als der Princeßin Mimi Geburtstag war wegen der herrlichen Witterung uns allen eindrücklich und wurde durch die Entdeckung der zwey ersten Unterzähne in Gertrudchens Munde noch köstlicher. Ich besuchte den Garten, die Kapelle, den Pavillon aber mit schweren trägen Schritt, und hielt mein Mittagseßen den Tag drauf im Bette, das neben der Wiege stand und abends in der Eltern Schlafzimmer gebracht wurde. Mit der neuen vollen Woche des 2 Advents bezog ich erst meine eigene Stube, wo ich meinen gewöhnl. Schlaf vermißte. Hier vertiefte mich in so viel Urkunden zum Studio meines räthselhaften Problems, daß ich es für das rathsamste hielt für die 3 Interessenten, ich meyne Philemon, Baucis und den neuen Gast den 11 Xbr. punctum auf das feyerlichste zu machen, eilte meine angefangene Briefe an Dich, die christl. Diotime und nach Münster zu endigen, um der langen Weile, die mir zu ahnden anfieng mit Arbeiten auf eigener Hand, entgegen zu gehen. Mittwochs las ich des S. Pierre Reisebeschr. aus und wollte an den kleinen Versuch meiner Anmerkungen über Dein Spinozabüchlein gehen, nemlich von S. 7–10. So bald ich auf Sp. u Hemst. komme, stehen die Ochsen am Berge, weil ich mich seit Jahren qväle diese beyde Qvellen zu untersuchen. Hierzu wird bey mir eine besondere Muße und Laune erfordert, die ich wohl unterwegs nicht haben werde, sondern einmal zu Hause erwarten muß. Die euclidische Schaale des einen und die platonische des andern ist mir verdächtig, daß ich meine morsche faule Zähne nicht an ein paar tauben Nüßen misbrauchen will, in denen ich statt des Kerns einen Wurm oder vielleicht die reinen Reliquien seiner Excremente vermuthe. Herders Gott wird vermuthl. zu mehr Untersuchungen Anlaß geben, die mir vorarbeiten und die Mühe erleichtern werden. Alle Lügensysteme sind natürl. Auswüchse unserer verdorbenen Grundlagen, die allen Menschen gemein sind. Ein Schlüßel für alle, Eine Sonne für den Tag, unzähliche für die Nacht. Wer im Tage wandelt, stößt sich nicht. Wir sind beruffen zu Kindern des Lichts und nicht der Finsternis. Es gieng mit meiner kleinen Arbeit nicht recht fort und ich beschloß die zweite Woche mit einigen Besuchen im Dorf unter Begleitung des D. Arnold bey meinem Barbierer, dem handfesten Meister Wisesling, bey einem Schuhmacher, bey unserm Hofjäger der seinem Beruffe nachgieng, und einem gleichfalls verreisten Hospes, wie man die Krüger hier nennt. Den
    III Adv. 16 Xbr. kam ich
zum Mittagseßen, kehrte aber meinen Teller um, und bat um Erlaubnis den
    Boten
abwarten zu dürfen ohne was zu genießen. Er kam mit Briefen von meinen Münsterschen Gefährten, und ich
    gieng mit selbigen in mein Bett, das ich seit dem bis jetzt noch immer hüten
muß. Nachdem ich mich lange gnug drinn gewältzt, habe ich endlich ziemlich still und stätig so horizontal liegen gelernt, daß ich mich allmählich zu einer perpendicul ähnl. Stellung und ihren krummen u stumpfen Winkeln wider gewöhnen muß. Ohne zu wißen, was mir fehlte war ich kaum im stande Buchstaben zu schreiben, die ich selbst lesen konnte, endl. einen eben so unnützen Brief an meinen Artzt über meinen Zustand. Mein hospes ersetzte so gut er konnte durch seinen Bericht. Noch war ich im stande am Ende der dritten Woche den Geburtstag des Printzen Mitri den 22 Xbr. in petto zu feyern und Meister Wiseling erhielt ein außerordentl. Biergeld für meinen geputzten Bart. Am letzten Advent den 23 erhielt zum heil. Christ einen neuen kleinen Münsterschen Almanach, über deßen längst gewünschte und erbetene Ankunft ich mich wie ein kleines Kind freute, weil es mir in Ansehung eines solchen Haus- und Tagbuchs wie dem Abt Gagliani geht und ich ohne selbiges Dir mein lieber Fritz Jonathan auch keine Historiam vitae et morbiorum meorum zu leisten im stande seyn würde. Den II. Weynachtstag oder vielmehr Abend gegen 10 Uhr wurde mir gleich einer engl. Erscheinung die Ankunft meines D. Raphael und Famuli Michael angemeldt. Ich mußte alle meine Kräfte zusammen raffen um nicht vor Freuden und Bewunderung in Ohnmacht zu fallen. Sie hatten sich bey der letzten Meile verirrt, waren vom Postillon im Stich gelaßen worden und in einem Morast stecken geblieben, wo sich ehrl. Bauern noch ihrer angenommen hatten. Vor allem neugierig zu wißen, wie lange ich meinen Artzt hier bleiben sehen könnte, war der erste Balsam die ganz unerwartete erfreul. Nachricht, daß die Cur mit Marianne glücklich geschloßen wäre, er sie wohlbehalten verlaßen hätte, und er nicht zu einem Besuch, sondern mit der Absicht käme, meine
    ganze Krankheit
ausdrücklich und exclusive abzuwarten bis zu einer glücklichen Auflösung des verwickelten Uebels. Wie redlich er sein Wort gehalten und wie sauer er sich es hat müßen werden laßen, wird der Fortgang lehren. Franz hatte dem D. den Auftrag widerholt,
    nichts zu sparen
und
    keine Kosten zu schonen
! So hungrig und müde die Reisenden und angekommene Gäste waren; wurde mir noch dieselbe Nacht den 26 Xbr eine spanische Fliege aufgelegt. Sie that die beste Wirkung und in wenig Tagen war die Wunde ganz heil, daß ich weder das geringste fühlte, noch vielmehr weiter jemand daran dachte. Den Morgen drauf den 27 bezog ich Fr. u Mar. Schlafzimmer, das mir nunmehro unendlich beßer gefiel wegen meines Schlafgesellen, der neben mir ein Bette bekam. Mehr Licht und Luft, statt der Stämme und des dunkeln Schattens hatte ich nun mehr den hohen Gipfel der Tannen zu meinem Gesichtspunct, und D. Raphael nahm meine untere Stube ein. Meine Krankheit bekam den Namen eines
    schleimichten Faulfiebers
. Den 28 speiste Pastor Kuhlmann hier, der mir als ein sehr exemplarischer Mann bey einem gut besetzten Tische, als ein guter Jäger nach jedem Winde der Neuigkeiten und Krug Legenden, anbey als ein großer Exorcist aller nur ersinnlichen Hexereyen und Zauberkünste beschrieben worden war. Um mich diesem Hohenpriester und Oberhirten in Person darstellen zu können, that ich mir die Gewalt an zum Miteßen und Augenschein ausdrückl. aufzustehen – vielleicht wegen der ebentheuerl. Gerüchte, die von meiner Ankunft in dieser Gegend circulirten. Man machte mich beynahe zu dem ewigen Juden
    Ahasverus, ehemaligen Schuhflicker in Jerusalem
, oder zu einem flüchtigen Pater rediuiuus, wenigstens für einen 100 bis 140 jährigen Greis, einen Descendenten des Jonker Christian van Oldenhüss, die dit Hüss Welberg gebauet hefft Obiit Ao 1583 wie auf seinem Gemälde im Küchensaal mit dem Pinsel geschrieben steht, der alte Familienangelegenheiten hier mit unserm Franz ins reine zu bringen hätte. Dieser vorwitzige Versuch aufzustehen war der letzte, den ich seit meiner Krankheit gemacht hatte. Er bekam mir sehr schlecht, ich muste mitten unter der Mahlzeit nach meinem Bette – und der Pastor loci hatte mich wenigstens für einen 80 jährigen Greis geschätzt. den 6 – Diese Nacht ist nicht so gut, als die vorige gewesen, doch ruhig gnug; habe meinen Mittag im Bette gehalten, und bin erst nach dem Eßen aufgestanden. – Nun fahre ich in der Geschichte meiner Krankheit fort und auf dem Trübsalsvollen Weg der Reinigung, die noch immer nöthiger schien als Stärkung. Am letzten Abend des verfloßenen Jahrs machte mir Frantz eine überaus große Freude mit einem neuen Collectaneen Buche in 4o das einige Nächte immer neben mir liegen muste, worin ich aber noch keine einzige Zeile habe schreiben können. Ein 8o Band liegt noch in Münster, nicht zu Collectaneen sondern zu Confessionen u Soliloquien in eben so unbefleckter Jungfrauschaft. Den 2 Jänner versuchte ein paar Zeilen in Valerio Maximo zu lesen, den Mich. auf dem Balken oder Boden gefunden hatte – den 3 die erste Pfeife wider zu rauchen. Die schlaflosen Nächte hörten nicht auf, oder wechselten höchstens. Weder Arzney- noch Nahrungsmittel konnten meine Natur zu einer förml. Erklärung bringen. Den 14 machte den Versuch gegen die Nacht mit einem Opiat, weil immer ein Ausschlag vermuthet wurde. Den 17 u 18 zeigte sich auf einmal ein
    Gallenfieber
. Meine bisher schwarze und zottigte Zunge wurde in einer Nacht rein. Ich konnte wieder ein wenig lesen und
    Burigny Leben
des Erasmus von Rotterdam fiel mir in die Hände, das ich lange gewünscht hatte. Kurz darauf brach ein Flechtenartiger (herpetischer) Ausschlag auf den äußern Fingern aus, inwendig wurde die Haut unempfindlich wie ein Pergament, und mein Rücken soll einem Blumenstück von allen mögl. Arten von Friesel, Peteschen und kleinen Geschwüren ähnlich gewesen seyn, ein einziges auf der Brust, das ich statt eines Speciminis der übrigen selbst ansehn konnte – ein paar unter der einen Achsel machten mir viel Schmerzen. Zwey auf dem Rücken unterschieden sich aber durch ihre Größe und Fülle unter einer Brut von kleinen, die erweicht und geöffnet werden musten, wozu ein äußerlicher Wundarzt erfordert wurde. Mein sorgfältiger Rd Dr. Raphael schrieb deshalb an unsern Medicin- Apotheker in Steinfurt und zugl. eventualiter nach Münster. Ersterer wuste keinen dort vorzuschlagen und unser hospes Arnold empfahl einen gewißen Chirurgum Laubner in Neukirchen, den er auf den Nothfall zur Entbindung seiner Engel im Nothfall bey sich gehabt hatte, wenn Prof. Erpenbach aus Steinfurt nicht allein als Accoucheur fertig geworden wäre. HE Laubner kam den 27 Jänner selbst, und sein Anblick beruhigte mich von dem panischen Eindruck, den sein Bruder den Tag vorher auf mich gemacht hatte. Dieser junge Mensch sah unsern nach Vieh herumziehenden Fleischern ähnlich, erkundigte sich wohl um den Schaden Josephs und schien auch einem Handlanger der Chirurgie ähnlich zu seyn, begnügte sich aber für heute seinen Bruder zu entschuldigen und auf morgen anzumelden, schickte auch ein ganzes Glas mit einer Salbe noch denselben Abend. Der Mann selbst gefiel mir beßer als sein Vorläufer, und ich faßte Muth mich der ersten Operation eines Wundartztes in meinem ganzen Leben zu überlaßen. Ich habe noch keine einzige Wunde noch nicht die kleinste Heimsuchung eines äußerlichen Artztes an meinem Leibe nöthig gehabt. Ich fühlte weder die Sonde noch die zwey kleine Schnitte, und weinte vor Freude und Schaam über meine lächerliche Furcht vor einer so leicht überstandnen Operation. Mein von so vielen kleinen Geschwüren punctirter und durchlöcherter Rücken schien aber meinem sorgfältigen Freunde, der nicht nur als gewißenhafter Arzt sondern auch als der sorgfältigste Krankenpfleger und Wärter unermüdet und an Gedult so wohl als Vorsicht unerschöpflich ist, mehr als eine handwerksmäßige Behandlung und behende Incision zu erfordern; daher wurde HE. Prof. Erpenbach der sich in Strasburg mit der Chirurgie, Accouchement nebst der ganzen Arzneywißenschaft einige Jahre lang beschäftigt hatte. Dr. Raphael that zu diesem Behuf selbst eine Reise nach Steinfurt, lernte den Mann kennen, und ich sah ihn den 1 Febr. den 7 Ich beklage Dich, lieber Fritz Jon. daß Du so ein tummes Geschwätz lesen mußt; habe wenigstens ein wenig Mitleiden mit dem alten kranken Mann, der nichts klügeres u beßeres schreiben kann. – Dieser mein Artzt brachte mir ein Scapulaire, um mich in selbiges einzukleiden und fuhr per fomentationes fort, was der erste vielleicht mit Pflastern gethan hätte. Den 4 kam Frantz u Marianne in Begleitung oder Duce pia Diotima an. Den 5 speiste gar die ganze Gesellschaft in meiner Stube. Ich lag wie ein Klotz, hören und sehen vergieng mir und ich fiel in einen Schlaf – Den 9 schickte mir die Fürstin 10 Krucken von ihrem Bier, und Mohnsaat, nach dem ich lüstern war, und 2 gute Mahlzeiten von selbigem bestritt. Alles gieng gut, nur die Entkräftung währte immer fort. Ich konnte manchen Tag mich nicht rühren um das Bette machen zu laßen. Die Hypothese der
    Stärkung
stieß mir immerfort; ich machte Versuche von der
    laten Observantz
in meiner Diät, weil mir die
    stricte
unerträglich wurde. Raphael überlies mich dem Instinct meines Magens – Das Uebel nahm überhand, aber keine Kräfte emergirten, muste also wider auf den schmalen W Pfad des Hungers und der Enthaltsamkeit zurück u.s.w. Den 13 war der zweyte Besuch meines treuen
    Franz
. (Kopf und Magen hielten immer Stich; aber der Schlaf wurde verscheucht und war lauter Stückwerk.) Er hatte mir das Museum mitgebracht, und ich las den
    Febr
. den 15 nach seiner Abreise, mit mehr Antheil des Herzens als des Sinns, weil ich vieles nicht verstand. Denselben Nachmittag fand mein Sohn von ungefehr das Noli me nolle im Mst von Lavater, auf das ich wie ein hungriger Wolf fiel und den Morgen drauf den 16 das zweite Bändchen las. Dom. Reminiscere las ich Deinen Beytrag zum Febr. das
    zweite
mal und war imstande einige mehr grammaticalische als φφische Noten zu schreiben. Mittags aß ich der Fürstin
    Mohnklöße
, die mir das Museum geschickt hatte ohne mir vom Innhalt etwas merken zu laßen, aber es bald zurück verlangte. Den 18 Febr war ich zum ersten mal im stande mich wider an Tisch zu setzen und mitzueßen, enthielt mich aber noch vom Fleische. Den 11 Jänner versuchte die ersten Zeilen an Frantz zu schreiben. Den 19 Febr. schrieb ich zum zweiten mal. Den 20 fieng ich erst an den zweiten Theil des
    Stark
zu lesen, mit dem ich hatte den Anfang machen sollen um Deinen Hirtenbrief zu verstehen, in dem mir jetzt viele Stellen deutlicher wurden. Versuchte nunmehr auch des Abends aufzustehen, rauchte meine Pfeifen Toback statt des Abendbrodts, und trank 2 bis 3 Gläser von der Fürstin Bier. Den 22 war ein allgemeines Freudenfest im ganzen Hause über 3 Hauben, welche die gute Engel von der frommen Fürstin zum Geschenk erhielt. Den 23 wurde mit
    Stark
fertig und versuchte die ersten Bratfische. Dom. Oculi aß den ersten Bißen Fleisch den 26 die erste Fleischsuppe, wurde ohne an Post zu denken mit dem Päckchen von
    Dir
, Herzenslieber Autor Jonathan und Beyl. aus Kgsb. erfreut. Den 27 wurde meine Zunge, die weder so schwarz und rauh aber hartnäckiger als das erste mal, den Nachmittags von neuen flugs rein. Den 28 der dritte Besuch vom lieben Franz, aber zugleich stellte sich die kritische Diarrhoe ein, in der ich mich von neuen verwahrlosete. Den 1. d. erwachte ich mit einem Appetit nach einem Vomitif, gegen das D. Raphael schwierig war wegen der Abreise des Erbherrn u Gastes, den ich schlecht genießen, aber mich desto mehr über seine Heiterkeit freuen konnte. Mittags war Besuch von D. Arnolds Bruder aus Brachhorst, der einen Rentmeister Becker aus Steinfurt mit sich bracht. Mein freundschaftl. Artzt versäumte beynahe den Mittag um ein klein Vomitif abzuwarten, das mich von allem dem erleichterte was ich den Tag vorher in
    Alcibiades
    Gegenwart
verschlungen hatte. Gegen Abend war ich im stande den Besuch der beyden Gäste anzunehmen. Seit dem ist mein Magen, der bisher den
    starken Geist
gespielt hatte, zur feigen Memme geworden. Ich habe einige Tage Pappe mit Malaga einen Zwieback geßen, ein wenig Hühnersuppe – Kurz nach dem Vomitif erschien ein Sediment in meinem Urin, das gestern früh aufhörte, und des Mittags sich wider einstellte, gegen die Nacht wider verschwand. Alle Abend muß ich eine starke Ausdünstung abwarten, und die Natur bedient sich aller mögl Wege zur Ausführung. Die kleine Wunde ist zu und mit einer Rinde bedeckt. Den 3 besuchte mich einmal wider Pr. Erpenbach mit dem lapide infernali et divino. Jeder Verband macht Freude und Hoffnung zu einer baldigen Widerherstellung. Vorgestern habe zum ersten mal meine Strümpfe mir selbst anziehen, und meine gewöhnl. Beinkleider über Deine Caleçons. Für Dein Pallium pelliceum habe ich Dich 1000 mal geseegnet. Ich schone ihn aber wie meines Augapfels wegen des panni serici zum Oberzeuge und weil ich gern unversehrt ad patriam bringen möchte. Heute habe ich mich zum ersten mal meinen kahlen Kopf mit kaltem Waßer waschen und baden können. Ob meine ὁλοκληρια
    dieseits
oder
    jenseits
liegt weiß Gott am besten. Mens sana in corpore sano. Unser Virtuos in Babel soll mit seiner Suppe wenigstens warten, bis mein Puckel wider gesund ist. Mein armer Artzt Raphael ist von seinem wilden Patienten gnug scalpirt worden. Einmal sagte er zu mir mit einem fast wehmüthigen Gesichte: Ich
    thue alles was ein Freund thun kann
– aber hier findt auch ein ne quid nimis! statt; und
    mein Dank ist der bitterste Spott
. Mäßigkeit ist eine Bürgermeistertugend; ich habe kein metrum weder in meinem
    Gehör
noch in meiner
    Seele
. ανευ μετρου το πνευμα, sag ich mir zuweilen zu meinem Trost. Was Du von den spanischen Fliegen sagst, paßt gar nicht auf meine Geschwüre, noch auf meinen Ausschlag. Juxta se posita haben keine Beziehung der Causalität auf einander. Als der Sohn eines Wundartzt hab ich spanische Fliegen und die dabey vorfallende Symptome gnug gesehen und darüber schwatzen gehört. Nun auf Deine 3 Briefe, lieber Fritz Jonathan und was mir sonst noch in den Wurf u Schuß kommen wird. den 8. Daß Krankheiten auch an Deinem langen Stillschweigen Schuld gewesen, suchte ich mir durch die Vorstellung auszureden, daß Du mit der neuen Ausgabe Deines Buchs beschäftigt seyn würdest, und ich machte mir viel Grillen in mehr als einer schlaflosen Nacht über den letzten Brief vor meiner Krankheit. Als ich Deinen Beytrag zum Museo las, befremdete mich von Dir vergeßen zu seyn. Dein Päckchen kam eben an da ich den Tag drauf willens war zu schreiben, ohne mir das geringste merken zu laßen, daß ich durch die Fürstin etwas erhalten hatte, weil sie mir nichts vom Inhalt des Musei sagte. Den 28 pr. fieng ich zum
    dritten
mal zu lesen an, muste aber bey S. 171 stehen bleiben, weil Franzens Besuch und mein Recidiv mich unterbrochen haben. Daß Du auch an mich gedacht, merkte ich an einer Stelle auf die ich mich nicht mehr besinnen konnte, und die mir sehr zufällig in die Augen fallen mußte. So sehr ich mich über die Erinnerung freue; so bin ich doch besorgt, daß Du der Freundschaft zu Liebe mit der Klugheit eines Weltmanns vorsichtiger mit dem Hohenpriester und theol. Händeln umgiengest, und ihn nicht durch
    ausdrückl. Anführung einer meiner Brochüren
an mich erinnert hättest. In den hierophantischen Briefen die 75 herauskamen, wurde der erste Verdacht des Kryptokatholicismus gegen den Mann in seiner damaligen Lage gegen meiner in meinem Vaterlande gerügt. Was für eine Kluft von Jahren und Revolutionen bis zum Aufgange der Berlinischen Dianae, prolis Jouis oder ihres vom Himmel gefallenen Bildes. Jetzt ist der Eifer des Triumvirats für den Protestantismum ein eben so großes Miracul in meinen Augen als des Darmstädtschen Dictatoris Zellotypia für die Orthodoxie. In beyden Theilen ein blinder Affect, und politischer Deus ex machina. Sie brennen von gantz ähnl. Eifer gegen den Katholicismum, und sind in ihrem Herzen für ihn gantz brüderlich gleichgesinnt, bekennen sich mit lauter Stimme zur Tolerantz, und ihre Werke überschreyen ihr Maulbekenntnis durch die That. Wer ist imstande zu diesem Chaos zu sprechen: Es werde Licht! Wie hat mir die vier Tage lang der Kopf über dies monstrum horrendum gebrannt gleich einem feuerspeienden Berge! Ein Scribler in kleinen Heften, der mit Einfällen u Zweifeln ficht, ist unter der Würde dieses orthodoxen Goliath, es muste ein Triumvirat der babylonischen Hure seyn, nur ein solches war dem aufgeblähten Wanste seines Stoltzes angemeßen. Nun komt es auf die Frage an: Ist denn der Definitor wirklich so rein und weiß, wie er sich gebrannt und gewaschen hat? Sind denn die Sünder des römischen T und griechischen Θ wirklich so scheußlich und schwarz – oder ist hier kein
    Unterscheid
, keine differentia specifica dieses ehebrecherischen Geschlechts? und sind sie alle Brüder von gleichem Schroot und Korn, keines Schußes Pulver werth in den Augen des alten Mannes vom (Koenigs)
    Berge
, der zu
    Welbergen
in stoltzer Ruhe auf seinem Krankenbette lag, weinte daß er nicht eßen und lachte, daß er nicht schreiben konnte, wie ihn leider! gelüstete. Nicht eine Zeile mehr, Herzenslieber Fritz Jonathan über Materie und Form meines Abschiedes aus Deinem
    Elysio
und
    Burg
zu D. zu deren Verkauf ich Dir Glück wünsche und statt des Kunstgartens mit der Zeit ein ländlicher Tusculum. Meinen eben so herzl. als ehrerbietigen Grüße und Küße an Deine bestgesinnte und Deiner ganzen Freundschaft, welche die meinige zum immerwährenden Einschluße hat, würdige Schwestern Mama und Tante. Vergebt es alle samt und sonders dem ehrlichen Knappen eines irrenden Ritters, wenn ihm in der Angst sich selbst nicht zu verstehen, und noch ärger misverstanden zu werden von vorschnellen Auslegern, so mancher Seufzer wider Wißen und Willen entfährt. Mit smeiner
    Ueberzeugung
von Gott würklich verstanden zu seyn, leb ich wenigstens guter Hofnung. Ein guter Vater nimmt sich und läßt sich ein wenig mehr Zeit und Jahre lang die Wünsche seiner Kinder zu verstehen; als diese die Absichten und Winke ihrer Väter, sie mögen so arg seyn wie sie wollen. Nach dieser Analogie vermuthe ich daß der Vater im Himmel mehr Jahrhunderte nöthig hat die Plane seiner Kinder hienieden auszuführen, ins reine zu bringen, als selbige Augenblicke anwenden ihre pia desideria auszustoßen oder zu entwerfen, schwarz auf weiß. Bringe mir doch Deines guten Oheims Beweis u Bürde mit nil alienum a me puto, was Dich anhgeht – Wenn ich kommen kann und soll, laß mich ungebeten kommen und mit einem pollnischen Abschied oder vielmehr ohne alle Form, nicht ohne Materie des schönsten großen Danks mit Fried und Freud heimfahren meine Straße, duce DEO et naso meo, quem mihi dedit. Meinen herzl. Gruß an Theobald Hoffmann für den mitgetheilten Brief. Vergiß nicht Berkley’s Principles etc. Prudentius heist mein dritter delphischer Fuß, und ist zugleich ein Symbol
    klüger
(prudentius) zu handeln und zu wandeln vor Eintritt der VII. Decade meines köstl. Lebens, auf die ich mich nicht frühe gnug vorbereiten kann, wenn es so weit mit mir kommen sollte selbige würklich zu erleben. Sorge
    Du für mein Pack in Leipzig mit den Lavaterianis u Seidels Mährchen. Warum sollen wir beyde darum gebracht werden
durch
    einen unnützen Commissionair
. Ich verliere ungern eine Stecknadel, die mir beschärt und zugedacht ist von meinen Freunden. Also vergiß nicht – Du hast doch des Hemsterh. Mst des Simon nebst den ausgelesnen Büchern richtig erhalten aber den Empfang noch nicht bescheinigt. Mama Lene wird auch vom neuen Abelard so gut denken lernen, als vom Leben des Urvaters. Wir sind in unserm Geschmack und Urtheilen homogener als Sie es selbst weiß. Es ist nicht alles für Einen Tag, das menschl. Leben besteht aus vielen Abenden, und jeder hat sein bescheiden Theil, das sich für den andern nicht schickt, weil alles zu seiner Jahreszeit genoßen werden muß. Hat Dir nicht Heinse den zweiten Theil zugeschickt und merkst Du nicht, warum ich darnach frage. Die Politica des zweiten Briefes sind αλλοτρια für mich. Paroli auf alle Deine Christ- und Neujahrswünsche; die bis 790 für uns beide gelten sollen. Gott gebe Dir behüte Dich für Autorsorgen, wie mich für dem leidigen Bauchdienst der Gefräßigkeit und Völlerey! Meine Zufriedenheit über den prolongirten Termin bis in den April hast Du ersehen. Wie ich mich freue meinen Namensvetter und meinen Gottingschen jungen Fuchs zu sehen. Er soll seine Noth von dem alten haben und dem Famulo deßelben – den 10 – frühe um 9 Uhr. Den gestrigen Sonntag hatte schon durch ein Misverständnis und aus Ahndung vorgestern des Morgens beym Erwachen und des Abends vor dem Einschlafen anticipirt, indem ich das Ev. u die Ep. aus meinem griechischen N.T. las. Gestern den ganzen Tag gelegen ohne mein Bett machen zu laßen und dafür heute desto früher aufstehen können, um den verschlafenen Dom. Judica einzuholen, der ein blauer Montag wurde. Er war zu einem Vomitif bestimmt. Den 1 d. wirkten 200 Tropfen Huph. Wein eine reichliche Uebergabe; gestern konnten 560 Tropfen 1½ gr. □emet. eine Tasse The, und eine trocken gerauchte Pfeife Toback die Uebelkeiten nicht zum Ausbruch bringen; dafür 6 Oefnungen und 6 Löffel Biersuppe u do zum Abendbrodt ist meine ganze Nahrung gewesen. Vorgestern gieng auch ohne meine Pappe und mein Gläschen Wein zu Bette. Mein Magen hat sich endlich bekehrt und scheint allen Appetit und Lüsternheit verlohren zu haben. Occidit seu pars – Achillea, magister artis und autor et officina omnium meorum malorum. Habe ich sonst zu viel gethan, so war es nicht meine Schuld; bin ich jetzt mäßig; ist es nicht mein Verdienst. Jetzt eile ich die 4 ventriculos meines Gehirns eben so zu reinigen und zu erleichtern, von allem Wust der darinn kocht und den ich so unverschämt bin – – War nicht die sokratische Philosophie die Mutter des Scepticismi und Cynismi, wie des Epicurismi u Stoicismi – wie der welsche Catholicismus der Vater des mannigfaltigen Aberglaubens und einförmigen Atheismo in jeder Theorie und Praxis ist und bleibt bis ans Ende der Tage. Nun abermal zur Antwort Deines dritten Briefs. Du siehst lieber Fritz J. daß ich wenigstens den guten Willen habe Dir nichts schuldig zu bleiben. Mit der baaren oder papiernen Münze wirst Du es nicht so genau nehmen. Swifts letzter Brief ist mir entfallen, steht er in den 3 Tom. posth. oder in Sheridan – den ich gern zu lesen wünsche und den Du nicht vergeßen wirst mitzubringen, ohngeachtet ich nicht viel erwarte. Orrery u Delary besitze selbst und den dicken Esq. Swift habe ich in Engl. gelesen. Fehlt also zu meinen Collectaneis die Uebersicht des Sh. Laß Dein Herz nicht noch Deinen kranken Kopf von Autorsorgen beschwert werden, damit es Dir nicht wie mir geht. Os ventriculi heißt auch im Gr. καρδια und seit meiner letzten Krankheit ist Baco mir verdachtig mit der Vormundschaft des Magens, er bleibt der dritte und ist nicht der erste. Herz u Kopf haben den Vorrang in unserm animalischen System. Laß der Mamma Marthe ihren Willen. Ich darf also nicht um Verzeihung bitten Dir meine ganze Brieftasche ohne Auswahl zugeschickt zu haben. Mamma Marthe thut einen Eingriff in mein Amt, und schickt falcem in alienam messem. Wenn ich einen Artzt scalpire, so handele ich wie ein
    Freund
und nach der Kritik meiner Vernunft. Der Erfolg wird ihn nicht nur entschuldigen?! sondern ihn so wohl als mich
    rechtfertigen
. Er hat eben so viel Ursache Gott zu danken ihm eine solche complicirte intricate, incarcerirte Krankheit zur
    Vollendung
oder vielmehr
    Zernichtung
seines eitlen Studierens in Collegiis und todten oder blinden Handleitern zugeschickt zu haben, als einen solchen Patienten, der alle feindseel.
    Minen
und
    Launen
, grobes und kleines Geschütze gegen seine Wißenschaft und die Politik derselben hat spielen und springen laßen. Gottes Vorsehung hat durch diesen Engel Raphael Wunder an mir gethan und ist am besten im stande auf eine ähnliche Art seine engl. Gedult und Klugheit gegen die Sophismen meiner Natur und ihres Schadens und gegen die ambages und sesquipedalia verba meiner schweren jetzt wider zum dritten und Gott gebe! zum letzten mal belegten Zunge ausgerüstet hatte. Mein Ausschlag an den Fingern konnte eben so wenig physische Folgen der spanischen Fliegen seyn, als die Heerde von Geschwüren u Ausschlagen auf meinem Rücken, durch eine metaphysische Consequentz und rhetorische Figur wurde die der Tempel zu Ephesus ein Aschenhaufen, weil Alexander in eben der Nacht zur Welt kam. Mit dem Gedruckten habe ich bereits vor Empfang deßelben Deinen Willen erfüllt und will fortfahren, so bald ich kann. Wenn Dein Kopf nur nicht noch
    wüster
wird durch die Schwatzhaftigkeit meiner Berichte! Die Addresse des Packs war nicht von meiner eignen sondern des unartigen Hans Michels Hand, Raphaels auf dem letzten Briefe. „Der junge Herr sieht viel zu klug aus für diesen Namen“ soll Deine neue Haushälterin zu ihm gesagt haben. So lachten die glückl. Einwohner aus vollem Halse in Angelmodde, daß es einen Menschen geben könnte, der meinen Namen führte. Der arme Junge hat alle Hände voll mit seinem Vater, an deßen Erbsünde er auch laborirt, ohne zu bedenken daß πολλα γραμματα εις μανιαν περιτρεπουσι, wie der zwar nicht h. doch weise Festus die Consequentz auf Paulum machte. Meinen Gruß an Freund Schenk und die lieben Seinigen, wo ich den letzten Mittag hielt. Kann er mir nicht aus Gesneri oder seinem eignen Schatz von Gelehrsamkeit sagen wo Noli me nolle geschrieben steht und was es an der
    Stelle
für eine Bedeutung hat. Nach den Debatten der Welb. Academie sind nur 2 Bedeutungen vermöge der Syntaxis mögl. me entw. acc. cum infinitiuo oder wird von nolle regiert. Im ersten Fall hieß es: an meinem guten Willen soll es nicht fehlen gl. Noli (putare, suspicari) me nolle im zweyten: verschmähe mich nicht i. e. meine Lehren. Nolo eum, ich mag von ihm nichts wißen, er ist nicht nach meinem Sinn. Wenn mein famulus nicht Herz hatte mein vicarius zu seyn hatte er wenigstens an seinen Freund Max schreiben können, dem er Glandorps Formenlehre mir alten lüsternen Knaben zu gefallen mitgenommen hat, aber hier so gut aufgehoben ist als des Herrmanns Mythologie Kistenmaker de verbis Mediis ist bey HE Schenk gut aufgehoben u ein donum auctoris. Der gute Frantz hat unter manchen andern Büchern ein franz. Werk hier gelaßen, das meine Neugierde ebenso gereitzt als befriedigt hat über eine Materie wo ich längst mehr Unterricht nöthig gehabt u mehr Ueberzeugung gewünscht – und daher auch in Deiner Bibl. Die Lust es selbst zu übersetzen ist mir vergangen, und ich hoffe daß es schon längst wäre. Ich will den gantzen Titel abschreiben La necessité du culte public parmi les Chretiens, etablie et defendue contre la Lettre de Mr. D.L.F.E.M. sur les Assemblées des Religionaires en Languedoc. Ecrite à un Gentilhomme Protestant de cette Province et imprimee en France sous le faux titre de Rotterdam 1745 par Mr.
    Armand dela Chapelle
, Pasteur de l’Eglise Wallonne dela Haye. ib. (Scheurleer)
746. p. 406. gr. 8. Ich bin vorgestern bis p. 288 gekommen, ob ich die Beyl ansehen werde, weiß ich nicht. Es ist der Schwanengesang eines Greises, und selbst der polemische Ton sehr lehrreich für mich gewesen; nur gegen das Ende weniger interessant und zu individuel und eine RecapitulationDenk nicht daß ich die Schadenfreude nicht eben so reichlich genoßen die Berl. so weidlich gezüchtigt zu sehen, und daß die Nothwehr den Definitor auch entschuldigt und die Nothwendigkeit, dem
    Fleisch und Blut
seiner muthwilligen Leser nicht nur gewachsen sondern auch überlegen zu seyn. Als Einkleidung! – aber es ist sein
    eigen Fell
, das er mishandelt, und er giebt so viel Blößen sich selbst, als er andern aufdeckt. Der philosophische Garve that mehr Wirkung und der Bibliothekar wurde wenigstens mit einem Gallenfieber heimgesucht. Der dreikopfige Cerberus wird die orthodoxe Lauge abschütteln, wie katholisches Weyhwaßer. Wenigstens noch keinen Laut von den physischen Folgen gehört; an metaphysischen Conseqvenzen pro et contra wird es nicht fehlen u Dir an relationibus curiosis auch nicht – die Du mir auch mittheilen wirst mündl. oder schriftl. Mein herzenslieber Fritz Jonathan! sey kein
    politischer Rathgeber
, wenn Du gute Tage behalten willst u schone Deinen kranken Swiftschen Schedel – und laß Dich durch keine rathfreygebige Freunde Gevatter u Vetter zu theol. u philosop. Katzbalgereien verhetzen. Hätte ich damals guten Rath erkannt u nicht den meisten Stimmen u meinen eigenen Begierden nach Genuß gefolgt: so wären Deine Pyrm. und der Mama mütterl. Freundschaft nicht so verschwendet – In dieser feuchten u morastigen Wüste –
    geseegnet
sey der Erbherr deßelben! es hat ihm weidlich gekostet, der Marianne 200 Citronen, zwey Ärtzte und ein Laus Deo aus der lateinschen Garküche, das sich gewaschen haben wird – es ist aber Sein eigener guter Wille gewesen son bon plaisir, wie der allerchristlichste König maulkoset – Auch Dein Elysium wird nicht vergeßen seyn; aber in Welbergen hat der Greis von Ottocars seinen 7 Hügeln gefunden – lange Weile, seine alte Muse und credite Posteri! Ruhe – Ruhe – Ruhe – Euch Dämagogen sey unbeneidt Actio (ὑποκρισις) mit samt ihren Dictionibus, Fictionibus und politicotheol. Factionibus. Laß mich zum Schluß mit der horazischen Spitz und Landmaus Dir zu guter letzt zuruffen: Haud mihi vite Est opus hac, ait et Valeas: hic sylva cauusque Tutus ab insidiis tenui solabiter eruo. Laß den schlafenden Brutus von selbst erwachen. Ein Schriftsteller, der eilt heute und morgen verstanden zu werden, läuft Gefahr übermorgen vergeßen zu seyn. Nimm einem alten Ruperto experto seine Winke nicht übel, nicht Dich nicht unter das unschlachtige und verkehrte Geschlecht zu mischen um nicht von ihnen zerrißen zu werden. Erinnern darf ich Dich nicht; ich weiß daß Du nicht leer, lieber Fritz Jonathan, mit Deinem und meinem George in spe erscheinen wirst. Ach wenn Du mir Neckers neues Werk aus der feuchten Preße mitbringen könntest! Wie ich darnach schmachte Wind und Waßer für meine eigene Mühle darinn zu finden. Wie viel Kreuzzüge sind durch meinen grauen kahlen Kopf hier durchgegangen! von denen doch einige haften mögen. Nach dem Pfluge und der Egge hat es an dem guten Säemann nicht gefehlt, und ich hoffe Garben zu sammlen in meine leere Bücher – Auch Herders zerstreute Blätter habe erst auf meinem Lager lesen können, und mich gefreut auch einige meiner verstoßenen Kinder von ihm adoptirt zu sehen. Ich hoffe in meinem alten Thema: Religion und Sprache, ein wenig weiter gekommen zu seyn. Hierauf beruht das Problem so wohl menschlicher als gesellschaftlicher Glückseeligkeit. Aufklärung und Erziehung sind Folgen, nicht eitle prolegomena Doch wozu promissoris tanto hiatu – Ach meine Eitelkeit ist zwar gekreuzigt, aber weder tod noch schon begraben. Wenn ich nicht an amphoras denken kann, liegen mir doch immer noch vrcei im Sinn – Hast Du so viele Morellets verschenkt und verthan; so bekommst auch Dein Anlehn nicht wider. Mein Politicus Crispus soll an diesem Geschenk Antheil nehmen. Er hat so einen zu schlechten Rock für Deine Bibliothek und paßt sich eher für die halben Bände der meinigen. Es wird Dir leicht werden einen andern zu verschreiben und ihn beßer binden zu laßen. Ich hoffe daß Du eben so treuherzig mir etwas abschlagen kannst, als ich zu geilen. Ihr müßt es fühlen, daß ein alter Mann vom Berge euch heimgesucht hat. Laß mich den Ueberschlag machen und rechnen: Der goldene Hahn u der Thurm zu Samaria – Ardinghello, und Stark, wenn Du diese Schulden eintreiben kannst, nebst dem Päckchen in Leipzig. Necker? Alles übrige was mir noch einfallen sollte zum Lesen und Widergeben. Die fromme Diotime soll auch eine überflüßige Doublette aus Ihrer Bibliothek für den poetischen Bericht einbüßen. Bey meiner Zurückkunft von mir nach Münster, will ich um nichts als das dortige Triumvirat: Alcibiades, Aspasie – Diaphane und Pericles bekümmern – instar omnium. Den Jordanum Bruno will ich euentualiter in Weimar bestellen aus der Bibliothek zu Göttingen oder Jena. Den Brief des Ministers an den Grafen von Schmettau erwarte ich auch noch am liebsten in originali als ein Stück meiner Acten, von denen ich keinen Starkschen Gebrauch machen werde – wenigstens in copia. Mein Prof Aulicus Erpenbach schickte dem Philemon und seiner Baucis ein Hochzeitgedicht von einem gewißen Siegfried von Goue. Die lettische Mythologie fiel mir auf und ich erkundigte mich nach diesem Kraftmann, der Feldmarschall oder eigentl. Ober Lieut. der hochgräfl. Steinfurtschen Armée ist. Ich ziehe Nachrichten von diesem Manne ein, die aus dem Munde eines Freundes ein weniger günstiger ausfiele, als die Stimme des Publici. Dies machte mich neugierig nach den Opp. omnibus und da höre daß sein jüngstes Werk die Freymäurer angeht; in der allg. Bibl. nicht gut beurtheilt seyn soll, und er mit einem Feldzuge gegen die reisenden Buchführer schwanger geht. Mit genauer Noth bekomm ich von diesem Manne, der ein Polygraph und mir völlig unbekannt bisher geblieben
    Gedanken von Monarchie und Republick
1 Theil 75 durchzulesen.
    Naemah
; ein Schauspiel in dem Geister erscheinen ein guter und ein halbschlägiger, der die Naemah verführt, des großen Mizraim Gemalin trotz aller seiner ägyptischen und hieroglyphischen Weisheit und Freymäurerey. Sonderbare Verhängniße eines nunmehrigen Benedictiners vom Stande in den Begebenheiten des Osterreichschen Grafen von S. 2 Theile Münster 784 die meinen hochwürdigen Nachbarinnen, einer in Engl. u Ital. gelehrten Gräfin von Meerfeld, dedicirt sind. Er hat auch prosaische Gedichte, Ode auf Gellerts Tod, Freymäurer Reden, Duodrams und Donna Diana, ein Trauerspiel geschrieben nebst
    Betrachtungen über die Einsichten der uns bekannten ältesten Völker
– zu einem schönen Roman ist mir noch Hoffnung gemacht aber seine ubrigen Werke kann ich hier nicht auftreiben. Einen Besuch des Mannes selbst habe ich mir verbitten müßen; aber seine Producte sind mir nicht gantz gleichgiltig. Im Meusel wird wenigstens ein completer Catalogus davon stehen. Von der Erscheinung eines gelehrten Holländers Prof. dela Marck in Steinfurt, wo er ein patriotisches und politisches Institut hat anlegen wollen habe ich auch hier spuken gehört. Mein Spürhund hat 3 Bücher von diesem Mann in einem alten Catalogo gefunden, deren Innhalt mich auch lüstern gemacht hat, über Grotium cet. vielleicht weiß unser Freund Schenk mehr von ihm um mir einiges Licht geben zu können. Hierum bekümmert sich kein Mensch hier, am wenigsten Philemon und Baucis und mein Prof. aulicus kaum um meine vulnera postica, ist mit dem Steinfurtschen Rentmeister seinem Schwager Becker stoltz vorbey geritten und hat meinem Hans wenig Hoffnung gemacht, ansprechen zu können. – Es ist Zeit für uns beide, aufzuhören. Tausend Grüße an Deine beyde Schwestern Martha u Maria, an Deine lieben Kinder daheim und zu Aachen u den Apostel Georg, auch Deinen verstummten Bruder nicht zu vergeßen, dem es vermuthl. an einem poetischen Frühling fehlt. Nun, Herzens F lieber Fritz Jonathan, schreib und lies Dich nicht zum Sw Swift; sondern sey Cunctator und Festina lente. Gut Ding will Weile haben. Quod cito fit, cito perit. Nimm Dich vor den Kretern und ihren κακαις ὁμιλιαις in Acht, a fabis abstineto und lach so viel Du kannst über deinen alten Sancho Pancha, der sich begnügt von
    Gott verstanden zu seyn
und ohne von
    Frantz
und
    Jonathan
gezogen zu werden diese wohlthätige und heilsame Wüste kaum vor Ostern oder dem 1 April Philemons Geburtstag verlaßen wird. Auch hier wohnen die Götter, sagte jener Philosoph von seiner Küche. Mein Hans Michel treibt sich um und sonnt sich; D. Raphael macht sich aus Pernant Excerpte und ich eile in meine Arche, Wiege und mein Kämmerlein, einen holzernen Himmel über mich u Gardinen um mich. Laß mich schlafen, aber mein Herz soll wachen. Eßen und Schreiben auch Lesen geht nicht mehr. Vale et faue TVO et Meis. Nolle alium nicht aliquem. Stammbuch u retour meine Briefe erwarte mit der nächsten Post um meiner Gevatterinn antworten zu können. Copia ob fugam vacui. S. 154. Anstand hatte ich lieber gesetzt S. 155.
    Zorn
und Leidenschaft
    diese
S piam fraudem S. 157. Gnug St. war – wenn er beybehielt und dem selben gemäß S. 162 Energie für Wirklichkeit. 167. mit
    ihr
NB. S. 168 Die Erscheinungen eines refractirten Radii als p verstehe ich nicht aus mathematischer u optischer Unkunde. Operation scheint nicht das rechte Wort zu seyn. Den göttl. Strahl – verstehe ich nicht. Wär die Gewalt des sinnl. Eindrucks p do S. 168, 169 der Weg nach dem gelobten Lande über eine Eselsbrücke – do S. 168, 169.** Eine Sache die nicht ist kan sich nicht offenbaren. Offenbarung setzt allerdings so wohl das Seyn der Sache als die Unwißenheit des dem die Offenb. geschieht zum voraus. Nicht das
    Seyn
sondern das Attribut des HErrn der sich für den Gott des Volks erklärte wurde offenbart. Wie lieber Jonathan, wenn Du Dir die neue Ausgabe in 4 Theilen der Etudes anschafftest u mein angestrichenes Exemplar für meine Lisette Reinette ausmustertest. Das
    Ideen aufregende
eine Wendung? Ohne Anthropomorphismus ist keine Offenbarung mögl. = ohne Fleisch u Blut. S. 170. Die Hauptsache ist die Eigenschaft eines sich mittheilenden, gesell. Wesens. Imbecillitate hast Du ein corrigirtes Exemplar gehabt, im gedruckten steht ein Gedächtnisfehler. Die Stelle ist aus einer Epistel des Seneca. Imbecillus ein malerisches Bild von bacillus, der ohne Strebe nicht gehen kann. S. 171. Beßer Begriffe als Lehre – so ausschlie
    ßend
, so überschwenglich. Ich kan die ομοιο τελευτα nicht leiden,
    dawider wider
. Kants Unterscheidung des absoluten u symbolischen Anthropomorphismus, der ihm der einzige zu seyn scheint – ist ein Pendant zu den Beobachtungen u Berechnungen der Sternkunde, die zieml. weit hergeholt sind den so nahe liegenden Abgrund uns. Univ. aufzudecken. S. 164*) ist dunkel u unverdaulich für mich. Ist ein lebendiger Gott = Summa intelligentia. Da der alte Cartesianische Sauerteig Cogito ergo sum. Ein ὑστερον προτερον Spiel (vermuthl. Wortspiel) worinn der Deismus (der römische) allein gewinnt u der Theismus (griechische Atheismus) – also die neue Ausgabe soll den terminum a quo et ad quem erörtern. S. 164 Signum exclamandi ein Ende der Junkerschen Verse S. 170 warum wüßten corrigirt. Wüßten oder wußten wißen scheint mir richtiger Cetera desunt.
Düßeldorf den 16ten März 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 17  Geantw Oster heil. Abend den 21 im Bette. lieber Herzens Vater! Buchholtz wird Dir seine Nachlaßigkeit schon gebeichtet haben. Ich erhielt Deinen Brief vom 29ten erst vorgestern Abend, u konnte mich nicht darüber zufrieden geben, was Du alles möchtest gedacht haben, daß ich nicht antwortete, u auch das Stambuch u die Briefe nicht zurück schickte. Ich gebe nun heute ein großes Pack für Dich auf die fahrende Post, welches enthalten wird 1) die mitgetheilten Briefe, 2) das Stambuch, in welches wir alle geschrieben haben, auch Freund Schenk. Das Einkleben meines Kupferstiches besorge ich wenn ich nach Münster komme. – 3) Verschiedene Bücher, worunter Du auch Swifts Leben v Sheridan finden wirst. Ich wünschte daß Du dieses gleich vornehmen möchtest, damit Du gethan habest wenn ich komme. Sey unbesorgt wegen des Verwischens deßen was ich mit Bleyfeder hinten ein excerpiert habe; es ist bereits mit Vermehrungen abgeschrieben. Ubrigens sorge ein wenig daß alles rein u ganz bleibe. – Was Du mir von Deinem Befinden meldest hat mich herzlich traurig gemacht. Mich wundert daß man Dir noch nicht die Krätze inoculiert, Dich in einen Kuhstall gebettet, Dir Menschen Urin zu trinken gegeben, u wer weiß was sonst noch für Mittel mit an Dir versucht hat, welche in dem dispensatorio, aus welchem Du, wie es scheint, bedient wirst, zu stehen pflegen. Du zürnst wohl über dieses etwas bittre Urtheil; aber ich kann nicht helfen, weil ich vor Verdruß ersticken möchte. Gott stehe Dir bey gegen seinen apocryphischen Engel, u gebe daß ich Dich in 14 Tagen zu Münster wenigstens
    lebendig
finde. Meinen George erwarte ich übermorgen. Er kommt zu Pferde über Unna, Iserlohn u Elberfeld. Ich freue mich herzlich auf den Jungen; u würde mich noch einmahl so sehr freuen, wenn ich mehr Hofnung zu einer glücklichen Reise mit ihm nach Münster hätte. Sie werden in dem Welbergen Deine Natur bis zur letzten Crisis critisieren, u Dich so reinigen, daß Du nur gewiß volkommen gesund seyn würdest, wenn Du nicht gestorben wärest. – In dem Brieflein v Buchholtz, worin er mir seine Nachläßigkeit beichtet, meldet er nicht ein Wort v Deinem Befinden; auch stand nichts davon in einem Biljet welches ich den Posttag vorher von ihm erhielt; nicht ein Wink davon daß er selbst in Welbergen war. Nun erwarte ich mit Ungeduld künftigen Dienstag, ob ich auch da nichts hören werde. – Mit meinem eigenen Befinden ist es ohngefähr so geblieben wie ich Dir neulich schrieb. Gestern endlich hat mir Abel ein Mittel verordnet, worauf ich einige gute Würkung Beßerung verspüre. Heute klagt Tante Lotte, u ich fürchte ein Flußfieber. Die Mama treibts wie gewöhnlich. Beyde laßen Dich herzlich grüßen – – Lieber, lieber Hamann! wenn ich Dich einmahl wieder in meinen Armen halte! – Du antwortest mir doch gleich? – Wenn ich Dienstag munter bin schreibe ich wohl noch einmahl mit der reitenden Post, u Du bekommst dann beyde Briefe zugleich – Ich trage Dich in meinem Herzen. Gott mit uns! Dein Fritz Jonathan Ich will die Briefe die ich Dir zu schicken haben, doch lieber unter dies Couvert als ins Packet legen. – Nach der Mythologie, die zurück geblieben ist, soll v neuem gesucht werden. Schenk versicherte mich damahls, sie sey nicht zu finden.
Feste Burg oder das Haus Welbergen im Stift Münster, Amt Horstmark, nahe bey der hochadl. Abtey Langenhorst und der Grafschaft Steinfurt. Den 16 März, am Palm Sonntage 88. Gestern Abend ist unsers Franzens Wagen angekommen, mein lieber Fritz Jonathan, und ich bin reisefertig, Gott weis noch welchen Tag in dieser stillen Woche abzureisen. Heute sind es ein rundes volles Viertel-Jahr, daß mein das ich auf dem dem Siechenbette gewährt und Krankenlager an Fiebern mancherley Art, an einem schle schleimhaften Faul- Gallen-Eiterungs fieber p u derl. Fiebern mehr zugebracht. Mein Rücken wird ist auch heil beynahe heil, und ich will ihm gern unsern Freund Orpheus kann Preis geben, mir mir den das Tact μετρον einzubläuen; aber zu dem mir an dem es das aber meinem Ohr wie meinem Gemüthe von der Natur scheint versagt zu seyn, die mich weder zum Virtuosen noch Bürgermeister bestimmt hat. bisweilen tröste ich mich mit dem Au Ich tröste mich bisweilen an Zu meinem Trost fällt mir bisweilen ich weiß nicht mit welchem Fuge der Ausspruch des heil Johannes sei ein. War es der Täufer ich weiß nicht weder mit welchem Fuge noch ob es der Täufer oder Apostel war ου γαρ εκ μετρου διδωσιν ὁ Θεος το πνευμα. Mein griechisches klein in schwarz Korduan gebundenes Bengelsches N. T. habe ich mitgenommen: Hic niger est, hunc tu Romane caueto, aber gegen keinen Mißionair noch Exjesuiten nöthig gehabt hat sich an meine Luthersche verstockte Seele gewagt, nothig aufzuheben mit: Statt einer Lutherschen deutschen Bibel habe ich mich mit einer römisch katholischen Uebersetzung behelfen müßen, die zu Augsburg 76 in gr. 8 herausgekommen, und die ich kaum Kräfte gnug habe zu handhaben. Mein Wirth Philemon wollte hatte diesen Morgen den
    guten Willen
ein Habicht zu schießen vor meinem Fenster der wie des Noah Rabe sich vor vor unserer Nase hin u her flog; aber sein Schnabel hatte noch einen
    reinen
Instinct. Dafür hat macht unsere gute Engel Angela Baucis die Freude, einen allgemeinen Tumult Aufruhr mit der freudigen Nachricht daß die ihre Kuh diesen Augenblick von einem kalbt, Schade! daß ich nicht weder entlaufen noch mich darauf zu Gast bitten kann Von Warda unten auf der Seite mit Bleistift vermerkt: steht hinter dem Titelentwurf: Das Triumvirat und der Dictator.
Vermerk von Hamann: Erhalten den 21 wie ich eben den vorigen beantwortet hatte. Geantwortet im P.S. des von neuem erbrochnen. Dußeldorf den 21ten März 1788. Ich kann Dir, lieber HerzensVater, für Deine vorgestern mit der fahrenden Post angekommene Epistel, meinen Dank heute nur mit wenigen Worten schreiben, weil ich Kopfweh habe, wie jetzt fast alle Morgen, welches ich zum Theil dem Gebrauche einer Arzeney zuschreibe, von der ich übrigens gute Wirkungen zu verspüren glaube, u noch beßere in der Folge erwarte. Gewiß hätte ich gestern in Vorrath geschrieben, wenn ich nicht eine dringende Arbeit mich daran verhindert hätte, über der ich schon vorgestern den ganzen Tag geseßen hatte, u gestern wieder, vom frühen Morgen an bis Abends um 8 Uhr sitzen mußte, so daß ich mit Noth noch eben zu rechter Zeit nach Pempelfort zum Nachteßen kam, wo Tante Lotte dem Göttinger Fuchs den ersten Schmaus gab. – – – Da kommen die M Briefe v der Münsterschen Post, u die Nachricht daß Du glücklich angekommen bist – Wie kann ich nun weiter schreiben – Verzeih mein letzten Brief; das bittre Urtheil über Lindnern – – Ich will alles leiden was Ihr wollt, wenn Du nur wieder gesund wirst. Mein George ist vorgestern Abend angekomen, u es thut mir wohl in bey mir zu haben. Wir haben überlegt daß Mama u Tante mit nach Münster reisen können, wenn wir erst den 6ten April von hier aufbrechen. George kommt früh genug nach Goettingen zurücken wenn er den 14ten v Münster abreist. Meine herzlichsten Grüße an die Prinzeßinn u Buchholz. Unmöglich kann ich ihnen heute antworten. Sage unterdeßen der Prinzeßinn, daß ich den bösen Humor in meinem jüngsten Briefe an Dich, nicht aus ihrer Relation geschöpft hatte; sie kann ganz ruhig darüber seyn. Was ich Dir an Büchern noch schuldig bin bringe ich mit. Im letzten Packet kamen sie nicht mit, weil der Stark verliehen ist; der Thurm v S u. g. Hahn seit 3 Monathen bey’m Buchbinder steckt, u der 2te Theil v Ardinghello einzuthun vergeßen worden ist. Wegen eines neuen Exempl v Morellet habe ich damahls gleich geschrieben, um Dir das, welches Du in Händen hast ge zu laßen. Dufour hat aber keins auftreiben können. Nun habe ich noch ein altes gefunden, an dem aber Titel u vorbericht fehlen, daß ich Dir im Fall der Noth geben kann. Ich hoffe aber Dufour treibt noch ein gutes Exempl auf – Was sprichst Du v meinen prächtigen Bänden, da ich mir kaum halbe Bände erlaube, u das mehrste blos cartonieren laße? Gestern ist Starks Nachtrag angekommen. Wieder ein Band v 637 Seiten, ohne Vorrede u Beylagen. „Er könne sich, schreibt er mir, noch immer nicht in den Miniatur Geschmack unserer Leser hineinstudieren. NB.
    Sorge, Lieber, daß ich mit umlaufender Post Nachricht erhalte, wie Dir die Reise bekomen ist.
Schenk soll ein pro memoria über das noli me nolle zurecht machen. Ich hatte verstanden:
    Verschmähe mich nicht
; u Schenk sagte damahls ich hätte recht, u bleibt dabey. Von Mama u Tante kan ich Dir nicht sagen, was sie u ich möchten, daß Du v ihnen wüßtest. Beyde sind Dir v Herzen zugethan. Meine Kinder grüßen, u George freut sich herzlich daß Du wohl magst daß er zu Dir komme. Zum Swift wird er sich weder studieren noch ärgern, aber ich glaube es wird ein guter Mensch aus ihm. Was ich von etwas intereßanten Briefen bekommen habe, bringe ich alles mit. Ich höre Kant hat in seiner Kr. d. pr. Vnft (die ich noch nicht habe) des seel Wizenmanns in allen Ehren gedacht. Die Göttinger haben nicht glauben können daß Alexis eine Uebersetzung sey. S. die Rec., u Brief v Seyffer den mir George mitgebracht hat. Ich herze Dich, lieber, in Gedanken, daß mir das Herz davon klopft Dein Jonathan
Oster heil. Abend, des Morgens frühe im Bette
    Wo
ich jetzt bin, Herzens lieber Jonathan! weist Du aus den eigenhandigen Zeilen, die ich gleich bey meiner Ankunft in Gesellschaft des
    Frühlings
den 19 d. hintennach schrieb. Der Sprung von einem vierteljährigen Lager in
    Franzens
Wagen und die Fahrt einer fast ganzen Tagesreise, war ein wenig übereilt. Der eine fehlt durch Nachläßigkeiten, der andere durch entgegengesetzte Extrema; und wir haben alle Verzeihung unter einander nöthiger, als Scheidemünze zum Wechsel der Gesellschaft. Das Mst unsers Zürchschen Joh. Caspar und das gedruckte Andenken für meinen Sohn sind mein Frühstück am grünen Donnerstage gewesen. Tausend Dank Ihm und auch Dir für promte Beförderung. Trotz Deiner gegenwärtigen φφschen Muße, bleibst Du den Pflichten öffentl. Geschäftsträger treu, die Du ehmals mit Ruhm und Ehre verwaltet hast, und wie ich hoffe, noch im verjüngten Maasstabe verwalten wirst, wenn meine Ahndungen nicht trügen. Meine
    Ruhe
zu Vlubris wäre durch Dein dickes Pack umgeworfen worden; also auch Unrecht hat Recht, wenn man sich Zeit läßt den Lauf der Dinge abzuwarten, so krumm wie er auch geht. Mein erster froher Genuß bestand in 2 Briefen, von Dir und der Diotima, die bald darauf in Person gl. einer Dea ex machina erschien, weil wir Sie
    wünschten
, an Sie
    dachten
, und von Ihr
    schwatzten
. Sie gieng vor dem Abendbrodt weg und ich ins Bett, wo ich bey einer Chocolade suppe fasten muste, weil mir eine ganze Bouteille Mallaga unterwegs, ein Fuß vom gekochten Huhn und ein Bißen Pumpernickel mit Butter zur Last gelegt wurde. Kaum hatte ich Zeit die beyden Briefe u die Bücher recht anzusehen als unser alter hospes zu Bürgel sich zu den Füßen wodes liegenden Rabbi setzte, und erst um 10 Uhr zu Tisch unten gieng. Ich fürchte mich vor der Nacht, aber der verlorne Sohn hat sich hier wider eingestellt, und ich habe die 3 Nächte in dieser Heimath herrlich geschlafen. Hat Dich mein vorletzter Brief, Fr. Jon. traurig gemacht, so wird mein allerletzter Dich geärgert haben. War er nicht dicker als meine beyde verdorrete ausgetrocknete Lenden, trotz dieser feuchten, morastigen Gegend. Am stillen Mittwoch frühstückte ich bey grauem Tage unter den Küßen ohne Pulver noch Pillen, stand früher auf und kleidete mich zum ersten mal wider an, wagte es die Treppe allein herunter zu zittern und zu schleichen überraschte die Baucis mit ihrem Philemon, der mir die Kapelle öffnen muste um wenigstens ein teutsches P. N. in einer römischen proseuche zu stammeln. Um 7 Uhr setzten wir uns in die Kutsche, kaum waren eine viertelstunde gefahren, als ein zufälliger Einfall unsern Mentor Angelicus erinnerte sein Geld vergeßen zu haben. Der Famulus angelicus muste den Rückweg nehmen. D. Arnold holte uns ein und schwazte noch ein vale! Statt bey dem Schultheißen Mittag zu halten, muste es bey einer alten Frau geschehen die der Hexe zu Endor ähnlich sahe. Ein Meteor von Schulmeister wartete auf uns und vertrieb mir die lange Weile der bestellten Biersuppe mit seiner unruhigen Neugierde, die uns für holl. Expatrioten ansahe, oder für 3 irrende Ritter. Die alte hospita wünschte mir 3 mal gute Beßerung und fröhliche Ostern, ich reciproce. In der Herberge hatte der alte kranke Mann den unaussprechl. Verdruß Dein gestohlnes Quispeldoor zu vergeßen, deßen Rückkehr ich tägl. erwarte, und behelfe mich im Bette mit dem porcellnen Nachtgeschirr, das mir seit dem ich
    rein Waßer
saufe, unentbehrlicher als der kleine Münstersche Almanach des Tages ist – und so kamen wir gegen 6 Uhr an, ich etwas entfremdet von dem städtischen Leben u Sitten gleich einer mus rusticus, finde mich aber tägl. beßer in der städtischen großen Welt und lebe so herrlich und in Freuden, daß ich morgen zu Gast mich führen laßen will bey Me. Detten, weil mein linker Fuß eine der Bandagen trägt, die sonst das Scapulaire meines zerfetzten Rückens befestigten. Diesen Abend ist alles abgelegt gleich den Grabtüchern deseines Auferstandnen. Halleluja! Argere Dich und schäme Dich, lieber Jonathan, wenn Du willst und noch kanst über einen locum topicum Deines letzten Briefes, der für mich und meinen Deinen Augen apokryphisch höchst schimpflich und empfindlich ist. Es thut mir leid daß der auf unser beyder Urtheil und Ehrlichkeit aufgehobene und gewältzte Stein auf Dein philosophisches Seherauge so schwer zurück fällt. Wär ich damals klug gewesen, und mir selbst treuer als den Consiliis aulicis und sibillinischen Oraculsprüchen, hatte ich nicht die Pferde hinter den Wagen gespannt, und vom schmalen Wege der Reinigung auf die Heerstraße der Stärkung und Aufklärung geeilt: so hatte Dein Elysium und Gesundbrunnen die Ehre gehabt – nun aber war sie dem feuchten sumpfigen Thale zugedacht, und ich brachte die Kräfte des Wohllebens hieher zurück. Mama wollte den alten Bengel
    erziehen
, da es zu spät war, und er entlief Ihrer Zucht.
    Bitter Urtheil
ist heilsam, wenn es auf data und nicht assumta und supposita beruht; dies ist aber die Erbsünde der Psilosophie, und
    gegen den Geist
reiner Vernunft, der von ihren Antipoden gekrittelt wird. Der Anlaß Deines heftigen Ausfalls gegen meinen Menschenverstand und gegen mein Menschengefühl der
    Selbstliebe
, die mir so heilig als
    Nächstenliebe
und die Furcht eines höhern als beyde ist – war freylich edel, köstlich, ein Excess
    Deiner Freundschaft
, Deiner
    parteyischen Freundschaft
, übertriebenen Wohl guten Willens; aber die
    köstliche Salbe
durch eine schädliche tödl. Fliege Eccles. Also Schläge zum Dank – und nochmaligen Warnung Dich vor Deinen philosophischen Blase und Plagegeist in Obacht zu nehmen. Meine letzte Krisis zu Welbergen bestand in einer Anwandelung meiner ersten und ältesten Muse, die mich dort auf einmal überrascht hat. Komt sie zu Unfall; so must Du Gevatter seyn. Ich will das selbst thun, dafür was ich Dir zu vereckeln bemüht gewesen seyn. Vielleicht komt ein kleiner attischer Versuch funkelnagel neu auf die Welt über das Triumvirat und den Dictator mit einer doppelten Zuschrift an
    Jemand
und
    Jedermann
. Der Jemand soll zu Deiner Strafe kein anderer seyn als Du
    autor mali
durch Deinen Steckbrief im Museo – also bist Du im nächsten Verstande Compere zu dem Knaben meiner Sara oder Hagar. Ich will den
    freudigen
Geist des Psalmisten zu Hülfe nehmen und über Dich, mich selbst und die ganze Welt zu lachen über die Humanität der leidigen Autorschaft. Oyslo sagte der Stallmeister des spanischen Ritters zu seiner Hausehre. Diese Anekdote seieh als kein Evangelium, sondern als einen Vorboten als ein Frühlingsblümchen von Genesung an auch als ein Feigenblatt meines silentii pythagorici in meiner neuen gegenwärtigen Lage Wozu soll ich sorgen daß alles mir anvertraute
    rein und gantz bleibe
? Hast Du das letzte Pack etwa versehrt zurückerhalten. Weder mit meinem Wißen noch Willen. Mit einem blaupapiernen Bande kann es nicht so genau abgehen für einen BetKranken der auf dem Faulbette oft liegen muß und sich mit seinen volumen nach dem Lichte drehen. Der Nachmittag des grünen Donnerstags wurde mit den beyden ersten Monathen des Berl. Luna u dem Jänner der A. G. Z. verschmaust. Rath Schücking kam zum Caffe u brachte mir die
    Cautiones
zum Geschenk mit, an denen ich mich gestern erbauen wolte. Zum Abend war die fromme Fürstin u brachte mir 2 vrceos Capwein in Ihrer eigenen Tasche mit. Gestern war mein schlimmer Tag. Marianne und Gertrudchen und Franzens Besuch zum Trotz bin ich in der II Sectio des Sheridani, für den ich Dich küße und umarme. So ein kritisch politisches Werk habe ich gar nicht erwartet. Mein Collectaneen Buch ist in vollem Gange. Nun verstehe ich den hypocrite reversed. In so gutem Verstande magst Du mich auch dem mad Parson parallelisiren. Kurz ich bin alles was Du willst vor Freude über ein so schönes Buch, und denke aus Swifts Herzen und Seele über die Torrys u Whigs, Eure theologisch-politische Vorurtheile und Parteylichkeit und Misverständniße in Kutschen mit vier und 6 Pferde, auf einer alten Rossinante, das Dir der Bauch schüttern soll. Wenn ich nur nicht ein Lügenprophet werde und es meiner schwangern Muse nach der Empfängnis abermal unrichtig geht. Vor einem solchen Unglück kann die ehrlichste Gebährmutter nicht und ihre Lusus sind den Legibus einer hohen Natur unterworfen und unterthan – Gestern schickte die fromme Dido ein Gebacknis, an deßen Teig der Kritikus des reinen jüdischen diätischen Geschmacks vieles auszusetzen hatte; dagegen erlaubte er mir ein Gläschen Cap Wein auf Gesundheit der Geberin. Mein schlimmer Tag währte trotz der Gesellschaft des Dechanten Elias und seines würdigen Biographen bis Schücking kam. Die Geberin mild und D. Druffel wurden umsonst erwartet u ich hatte mir ein Biersüpplein auf meinem Faulbette bestellt; weil sich Niemand einstellte u Schücking fortgeschlichen war, vorfolglich Noth an Mannschaft zum Abendbrodt, ermannte ich mich selbst und machte Gesellschaft. Marianne trank mit uns ein Glas von Deinem Vino de Tinto auf Deine Gesundheit in petto ohne an unsere eigene zu denken, noch post coenam an Gäste, als Nicodemus Schücking kam, noch einmal zu eßen gegeben werden muste um den hungrigen Wolf satt zu machen, der wie ein Ascanius ohne alle mores fraß, daß ich ihn an Sirachs Sittensprüche und mich selbst an ihm spiegeln muste. Diesen Morgen geht er nach Bürgel Herpen ab und ich liege noch zum letzten Verband, habe heute die Hoffmannsche China mit Kaltwaßer angefangen, das mir noch beßer als Mariannen thun soll. Küß Deine Martha u Maria nebst Deinem kleinen Gesindel. Du mit Deinem göttingschen Ritter S. George werden hier schmerzlich und voller Sehnsucht tägl. erwartet. Macht uns keinen April. Stellt Euch wie der Frühling und sein Welbergscher Mercurius ein im gehörigen Termino. Laß Dich in keine Logomachien ein mit Deinem Knappen und Gott gebe gute Gesundheit und Witterung, daß Du mittlerweile Großpapa wirst. Warte noch ein wenig mit den aufgetragnen Küßen, bis ich aufgestanden bin, Deine Caleçons wenigstens auf dem Leibe habe und mein kleiner Landsmann vom barbieren aus Lingen, wo der Reformator Loen vergeßnen Andenkens sein Spiel trieb – Auch schönen Dank und frohliche Ostern an Dein ganzes Haus und Deinen Alltagsgast, den galanten Hofmann Schenk – Viel Glück zur Wallfahrt nach Deinem Elysium. Veni et vide den ewigen Ahasverus, flüchtigen Pater von Wellbergen, le vieillard dela Montagne ou plutot de 7 Collines d’Ottocar, Ihn Selbst von Angesicht zu Angesicht und Compp. Schäme Dich nicht; es soll all Dein kritischer Unfug vergeßen, vergraben und vergeben seyn. Schone meine Freunde und denke an Deinen Vorrang dieser kleinen Heerde. Viuat hodie et cras et in secula seculorum der gute Hirte Seiner Schaafe. Viuant ad dexteram Eius; zur Linken stehen die stößigen Böcke mit Hörnern und Klauen N.S. Komm doch fein beladen her, wie ein Kameel, lieber Jonathan. Die Weisshauptiana,
    welche ich nicht gelesen habe
, bring zum Exempel mit. Des S. Real Uebersetzung v Thom. à Kempis ob ich vielleicht das in Lenglet Ausgabe 30 stehende letzte Capitel des 1 Buchs darinn übersetzt oder wenigstens angemerkt finden sollte. Doch S. Real lebte ja lange vorher wo ich nicht irre – Mir schaudert vor der Algebra in den Calonnianis; ach daß Neckers letzte Schrift fertig wäre!!!! Vielleicht bescheert der Himmel auch noui monstri quid ex Africa zu Deinem Willkomm u Empfang. Doch wir wollen uns auch ohne Zeitungen u Bücher die Zeit nicht lang werden laßen. Bleib zu nur gesund und halte Wort und vergiß die Humanität nicht bey der Autorität. Ich will nur den am 27 pr. angefangenen Brief an Commere C. schließen um mich gleich wieder Deinem Sheridan in die Arme zu werfen, der mir von der Vorsehung recht bescheert kommt; die Excerpta halten mich auf, die von Deinen sehr verschieden sind – Dennoch hoffe ich vor Deiner Ankunft fertig zu seyn und von dem übrigen auch das meiste zu bestreiten. Lebe recht wohl. Ohne einen Gruß an Raphael abgetragen zu haben, erinnert er mich Dich u Euch alle zu grüßen und empfiehlt sich bestens dem geneigten Andenken seiner dortigen Freunde, welche zugl. die meinigen sind. HE Hofr Abel vergiß nicht. Du bist zuverläßiger als unser liebe Frantz Alcibiades, den ich schon heute wacker
    schmackostert
habe. Ist dieser ritus paschalis auch dort Sitte, daß der am frühesten aufsteht, dem andern ein Fell giebt. Morgen werd ich kaum verschlafen, weil ich zu Gast gebeten bin. So was schreib ich mir hinters Ohr. Die moralschen Pharisäer mögen mich immerhin einen Freßer und Weinsäufer und gourmand im Scherze schelten. Lebe wohl und nochmals Gott empfohlen au revoirJoh Ge. H.
    Fortgesetzt Nachmittag
Der Brief war eben versiegelt um ihn aus den Augen zu haben als Marianne mit Deinem letzten erscheint. Also bist Du im stande gewesen, lieber Fritz Jonathan, die lange Epistel durchzuwaden ohne im Sande zu ersaufen, oder Dein Kopfweh ärger zu machen. Das bittere Coloquintengericht hat der Doctor nicht gelesen, aber Deine Submission zur Abbitte. Er ist ein guter Mann, und zur Güte gehört etimmer eine Art von Größe,
    nicht umgekehrt
. Wir sehen alle mit Verlangen dem jungen Großpapa und seinem Begleiter entgegen. Michel freut sich eines neuen Spießgesellen; ich hoffe unsere Kinder werden ihre Väter in puncto der Freundschaft. Doch mögen sie sich wißen; wir wollen uns darum nicht bekümmern und nur dafür sorgen, daß wir uns genießen können einander zu guter letzt. Marianne freut sich insonderheit auf die Ankunft Deiner beyden Begleiterinnen. Sie trug mir auf selbige einzuladen, ich schützte aber meine Untüchtigkeit vor Geschäfte an Damen, wie Moses an Pharao zu verwalten – und die gnädige Frau auf dem Hause Welbergen – Ich freue mich von Grund der Seele Mama und Tante zu sehen und Abbitte zu thun wegen meines pollnischen Abschiedes. Um durch Vorrede aller Nachrede vorzubeugen, bestehe ich
    ausdrückl
.
    auf dem Mdefecten Morellet und
wünschte nur daß Titel u Vorbericht durch eine leserlichere Hand als meine eigene supplirt wird und dadurch Zeit ersparen kann. An dem Innhalt ist mir gelegen und an der Materie; die Einkleidung u Form mag mein Gagliani behalten. Also keine weitere Umstände, um ein anderes Exemplar. Die Ausgabe kann beßer angewandt werden und ein Verschwender wie Du muß zur Oekonomie angehalten werden. Dergl. quid pro quo denk ich bist Du an mir gewohnt mir Dinge prächtiger und trauriger als sie wirklich sind vorzustellen. Ich habe keine Absicht gehabt den Bänden Deiner Bibliothek eine Schmeicheley zu sagen. Sie kamen mir von ferne und von hinten so prächtig vor. Ungeachtet ich sehr geitzig seyn muß, gebe ich doch einem Engl u Franz. gern gantze Bände. Den Nachtrag von Stark bringst Du wohl mit. Die mit rother Dinte angemerkte Sorge war bereits erfüllt. Ich befinde mich Gottlob nun mehr als 3 Tage beßer, als bey meiner Ankunft. Worinn besteht die gegenwartige Arzney, die Du brauchst. Ich bin auch ein wenig in der lateinischen u griechischen Küche jetzt bewanderter als ehmals. Kennst Du auch schon die Simaruba, welche auch ein paar mal versucht. Ich freue mich eben so herzl. Deinen Sohn zu sehen und wünsche Dir viel Freude an Ihm u Seinen Geschwistern zu erleben. Mit meinem habe mich wegen der Abschrift der Bondelischen Corresp. wacker herumgezankt und wir hätten beynahe beyde vom Leder gezogen. So brav bin ich auf alt meine alte Tage geworden – Die Freundschaft sey ein milder Wein, der uns erwärme, aber nicht erhitze, bis zum Herzklopfen. Ich kann die Recension der Gött. Zeitung von Alexis nicht sehen, aber die in der lateinischen habe gelesen. Dein Name wird sehr gemein gemacht; ich will ihn nicht entweyhen durch meine Zueignung an Jemand. Pulcrum est
    digito
monstrari
– Frohliche Ostern mit den Deinigen, wie mit den meinigen. Gott gebe bald mündl. mehr – und weiter zu kommen. Entschuldige mich wenn und wo und wie Du kannst gegen alle Dir bekannte meine Gläubiger denen ich ohne meine Schuld Antworten schuldig bleiben muß. Hat Prudentius die Pfarre im Weimarschenorms nicht bekommen? Vale et faue Seni Tuo! Ich freue mich auf die Deduction, die nicht à la Stark et à la Nicolai sondern à la Schenk seyn wird – a Dio. Kennst Du schon das Stück über Völkerkunde über Hume? Adresse:
HErrn / HErrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
Ddorf den 25ten März 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 – Geantw. am Sonntage Quasimodogeniti den 30 – lieber Herzens Vater! Ich bin heute mit einem argen Swindel aufgewacht, u darf nicht schreiben, wenn nicht gewiß ein heftiges Kopfweh folgen soll. Gestern vormittag kam mein Fritz aus Aachen, u gleich nach Tische Dohm. Sie hatten zusammen eine Reise nach Creyfeld u Duisburg üb unternommen. Fritz gieng alsdann auf einen Tag nach Eßen; u hier wollten sie wieder zusammenstoßen u 2 Tage bleiben. Der Besuch war mir angenehm; wäre ich nur gesund. Um nicht leer vor Dir zu erscheinen, schicke ich Dir 1) eine Antwort v Boie, auf eine
    Anfrage
wegen Dohm, zu
    der Du mich veranlaßtest
. 2) ein nachheriges Schreiben v mir an Boie. 3) Eine Replick auf den Artickel über Anonymität im Febr der B. MthsSchrift. Bey dieser Gelegenheit habe ich Dich, nach meiner Gewohnheit nicht allein beraubt oder geplündert, sondern auch, gegen meine Art, bestohlen. – – Eben erhalte ich Deinen Brief, mit vier andern. Ich habe mich nicht bändigen können, sondern versuchen müßen in Deinem Briefe hie u da zu lesen. Du Lieber, Lieber Lieber Du! – – Ich habe Dir vornehmlich wegen meiner Reise mit Mama u Tante schreiben wollen. Mama kann nicht mitkommen wenn sie nicht auch Max u Clärchen mitbringen darf. Da solltest Du
    anstelliger
Mann nun überlegen u rathen, ob das geschehen könnte. Clärchen könnte mit Martha u Maria in einem Bette schlafen, wenn das Bette etwas groß wäre. Max u George auf einer Matratze auf der Erde in meinem Zimmer. Wir hatten an den beyden Zimmern, wovon ich das vörderste vorigen Sommer eingenommen für uns alle genug. Von Dir bin ich überzeugt daß Du Mariannen nichts wirst aufbürden laßen, was ihr zu schwer fällt, zu mahl da sie, wie ich höre, wieder guter Hoffnung ist. – Grüße Buchholtz u die Prinzeßinn, u entschuldige mich besonders bey der letzteren daß ich ihr heute nicht schreibe. Ich danke Gott daß Du so wohl bist. Auch mit mir wirds bald beßer werden. Am Freytag schreibe ich wieder. – Mich freuet daß Du an Sheridan so viel Genuß findest als ich daran gefunden habe. Das Hypocrite reversed, glaubte ich, kanntest Du aus der Briefsammlung hinter Popes Werken. – Ich bin nicht ohne Hoffnung Dir das neue Buch v Necker zu bringen, welches würklich heraus seyn soll u ein Deus ex machina seyn soll, wie die Starkische Orthodoxie. Das Stück Volkerkunde über Hume ist mir unbekannt, u kenne ich den Prof Quanz nicht den Mad Courtan bey dieser gelegenheit nannte – Kants neuem Buche sehe ich mit Verlangen entgegen. Er erklärt darin, daß wenn man seinen transc. nicht annehme, der Spinozismus das bündigere System sey. – Die Rec v Ardinghello, u v Herders Gott in der Allg. L. Zeitung, sind v Einem Manne,
    Rehberg
in Hanover. – Ich muß durchaus aufhören zu schreiben. Grüße Raphael u Joh. Michael. – Ich herze Dich! – Dein Fritz Jonathan
Münster Dom Quasimodog. den 30 März 88 auf dem Bette. Herzenslieber Jonathan Du wirst mit allen Deinigen willkommen hier seyn. Gleich wurde bey Empfang Deines letzten Briefes der Ueberschlag und die Anordnung gemacht ohne die geringste Schwierigkeit, eine einzige Rücksicht ausgenommen, die gestern eben so zuverläßig entschieden werden konnte. Marianne war wegen ihres abgehenden Gesindes in Verlegenheit wegen einer Magd, diese ist auch gestern nach Wunsch – und alles ist bereitet zu Eurer Ankunft auf den 6. wozu Gott Dir gute Gesundheit schenken und alle Schwierigkeiten so glücklich heben wolle, wie hier geschehen ist. Ich wollte schon gestern schreiben; aber die Fürstin mit Pericles kam zum Besuch und ich eilte mit Coxe Briefen über die Schweitz fertig zu werden, nach der französischen Uebersetzung, die mir unvermuthet in die Hände fielen und mich ganz hinrißen. In Deiner Bibliothek werden sie hoffentlich nicht fehlen. Ich muß das Bette hüten wegen des
    kalten Bades
für meine Füße, die dadurch wider mein Vermuthen sichtbar gestärkt werden. Der Sprung aus einem vierteljährigen Krankenbette in eine Kutsche zu einer Tagereise war zu plötzlich, und ich war auf diese Geschwulst mehr zubereitet als mein geliebter Artzt Lucas, der vielleicht beschon unterwegens seyn wird bey Eurer Ankunft. Er eilt nach
    Berlin
und ich kann mit guten Gewißen nichts seinem ernsten Entschluß entgegensetzen; denn was hat er
    nicht
    alles für mich gethan
? Heute mache ich den
    ersten
Versuch auszugehen und mit unserer Familie bey der frommen Fürstin zu speisen. Meine Entkräftung ist unglaublich und beynahe unaussprechlich, besonders eine Treppe zu
    steigen
. Mit meinem Appetit habe ich noch immer zu kämpfen, und tägl. Erinnerungen meines harthörigen und eigensinnigen Magens auszustehen, der weder sein Abstine noch Sustine lernen will. Die Abwesenheit des Raphaels wird vielleicht auf meine Einbildungskraft beßer wirken, als seine Gegenwart; wenigstens speiset sie mich mit den unwahrscheinlichsten Hofnungen und Erwartungen ab. Mit allen Deinen Büchern bin ich Gottlob! fertig. Mit dem Biographen Sh. und seinem Helden wurde ich gegen das Ende misvergnügt. Für einen solchen Preis wünschte man sich ein Cretin und walliser idiot zu seyn, als Sw. Talente, und ihren traurigen Ausgang, Erfüllung seiner Ahndungen: I am a fool! Was für ein Spiegel und zugl. Riegel, uns weiser zu machen – Ecce homo! Eben so widersprechend bin ich durch
    Calonne Schriften
begeistert worden, deren Innhalt mich wenig zu interessiren schien, der aber alle Eindrücke des Starkschen Rechts undHandels und Wortwechsels mit der berlinschen Schule vielleicht ausgelöscht hat. Mein
    esoterisches
Urtheil über den Brandenburgschen Necker, bekommt nun fast das Uebergewicht über mein exoterisches, dem ich mich bisher mehr mit Leidenschaft als Gewißenhaftigkeit, mehr mit
    Fleiß
als aus
    Instinct
überlaßen. Unter allen Arithmetiken ist die politische die allerverdächtigste für mich. Mit
    Zahlen
läßt sich alles machen was man will, wie mit
    Wörtern
; ich bin gegen alle mathematische Beweise, in petto mistrauisch. Ein Financier muß einem
    Gesetzgeber
ähnlicher, als ein Banquier seyn. Das neueste Werk des Neckers wird meinen Einsichten angemeßener seyn, und ich warte zum
    Abschluß meines Vorurtheils
desto ungedultiger darauf. Auch Calonne scheint mir ein hypocrite reversed gegen seine Antagonisten zu seyn. D. Quandt steht in der Brochure dela Litterature allemande angeführt, war ein Vorfahr des nachherigen Oberhofpredigers Stark und das schläfrige Haupt der Orthodoxen gegen die Pietisten, die unter Fr. Wilhelm den Meister spielten, und gegen die Hallenser. Er besaß eine außerordentliche Beredsamkeit der Minen und des Körpers – Als Kronprintz war Salomo genöthigt immer ein Zuhörer von ihm zu seyn, weil Qvandt sich immer hören laßen muste, wenn der König nach Preußen kam. Von seinen gelehrten Diebstälen u von seinem Geitze hat man noch eine Menge bey uns laufender
    Mährchen u Erzählungen
– auch viele Abschriften von seinen Predigten. Er hatte den Eigensinn nichts drucken zu laßen, als eine Bibel
    mit
u ein Gesangbuch
    ohne
Vorrede. Sein natürl. Phlegma vertratt zugl. die Stelle der Politique. Mündlich mehr von ihm. Wie ich Ihmzu Deiner
    Anfrage Anlaß
gegeben, kann ich mich eben so wenig mehr besinnen als zum
    Briefe an Boie
? Mein alter Kopf ist wie ein Sieb, in dem blos die Kleie zurück bleibt, und alles übrige durchfällt ich weis nicht wohin? Boiens Versuch gefällt mir beßer als Dein punisch-hannibalischer Groll gegen die -
    iner
zum Vortheile der -
    aner
. Es geht, wie bey den Whigs u Torys und wie bey allen Neckereyen zwischen Vernunft und Leidenschaft. Brauch lieber Jonathan, Deine beyde Ohren für beyde Parteyen – und
    trink
    tiefer
um
    nüchtern
zu werden. Ich lese mit eben dem Hunger und unersättl. Geschmack als ich
    eße
. Zufällig komt mir
    Sailers Glückseeligkeitslehr
in die Hände, und ich habe den ersten Theil beynahe verschlungen. Die Fürstin hat mir des würdigen Manns
    Logik
geschenkt, auf die mich im Geist freue. Dies erinnert mich an sein Mährchen in
    Deinem Pack
, das Du, ich bitte Dich inständigst darum, mir schlechterdings verschaffen oder verzeihe mirs! ersetzen mußt, um den Credit eines
    anstelligen
Manns nicht zu verlieren, den Du mir aufbürdest, und beßer verdienst – Eine kritische Freundin war mit Deinem Wortspiel auf die
    Luna
und den blauen Mantel nicht zufrieden, um mit Deinem beßern Geschmack an Realismus zu streiten. Ich habe die Schande deßelben auf
    mich
genommen. Mit dem Lappen aus den Kreuzzügen bin ich noch mit mir einig, und ich wünschte, daß die Drohung u der Trost prophetisch wäre und erfüllt würde. Deine Mittheilung ist ein
    Wort zu seiner Zeit
, zu dem ich gern mein Imprimatur hinzufügen möchte, und mir dafür ein Exempl. so
    bald es da ist
, verspreche oder erbitte. Meine Wehen sind gantz unterdrückt worden, haben wenigstens aufgehört, weil sie vermuthlich
    falsch
waren. Daß Mama und Tante Deine lieben Kinder mitbringen würden und
    müsten
, habe ich in meinem Sinn als vorausgesetzt angenommen. Hans Michel freut sich darauf, und hat gestern das Fechten, Keuleschwingen und p angefangen. – – Aus dem Bette und angekleidet. Ich bin verspätet mit Aufstehen, habe mich früher gemeldet – muß also eilen über Hals und Kopf. Pfenninger über das N.T. habe selbst. Deines würdigen Oheims Buch ist das letzte vom überschickten und ich hoffe heute damit fertig zu werden. Unser liebe Franz hat seine Osterandacht gehabt und ich rechne darauf mit seinem neuen Beichtvater, dem Observanten Schnesenberg zu speisen, der des ehrl. Fuchs Stelle vertritt. Tausend Grüße, Küße und Wünsche an die lieben Reisende und den herzlichsten Willkommen an alle sämtlich und sonders Mama und Tante. Alle übrige Freunde, den ältesten Tiro-Schenk p Lebe wohl auf glücklich und fröhlich Widersehen! Zusatz von Bucholtz: liebster, ihr kommt also, und das ist mir recht lieb. besonders freut mich, dich zu sehen, und oft zu sehen, obschon du einen so strengen und gewiß unrechten allgemeinsatz am ende deiner antwort an boje sagst. den 30ten märzmit ganzem herzen dein Franz gruß von amalien Adresse: An den Herrn / Geheimen Rath Jacobi / zu /
    Düßeldorf
Ddorf den 30ten Marz 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 2. April. Geantw eod nebst einem P.S. des D. Raphael zum Vale et faue! lieber HerzensVater. Da hast Du Neckers neues Buch, welches ich Dir schicke, ohne es selbst gelesen zu haben. Zugleich hätte ich gern Starkens Nachtrag geschickt; aber ich habe noch einige Blätter darin zu lesen, u dann will auch Schenk es gern ansehen. Mein Befinden ist seit vorgestern merklich beßer geworden. Wir sind in vollem Ausziehen. Die 3 letzten Tage dieser Woche habe ich mich jämmerlich plagen müßen, den Saal u das Speisezimmer zu Pempelfort mit Kupferstichen u Gipsköpfen auszuzieren. Nun bin ich an der Bibliothek. Da v einer neuen Ordnung der Dinge die Frage ist, ist es gar nicht der Rede werth was ich thun
    laßen
kann. Das schwerste ist aber nun geschehen, u alles auf das genaueste angeordnet. Du mußt durchaus noch einmahl nach Pempelfort kommen, u sehen wie es nun da aussieht. Du schreibst in Deinem letzten Briefe von einem Buche das ich mit nach Münster bringen soll,
    welches Du noch nicht gelesen hättest
, u weder ich noch Schenk kann heraus bringen, was es für ein Buch ist. Ich will versuchen Deine Züge nach zu machen: Die Welss hauptione,
    welche ich noch nicht gelesen habe
, bring zum Exempel mit.
Ich sehe zuversichtlich Nachrichten v Dir mit nächster Post entgegen. Du wirst Dich eines Vorschlags von Schloßer zu einer Zirkular Correspondenz erinnern, den ich höchst ungern annahm. – Ich schicke Dir den ersten Zirkel Brief, der manches enthält was Dich ergötzen wird. Seitdem habe ich keine neue Anfechtung gehabt. Aber schloßer meldet, daß er doch ehestens wieder ein Scriptum aussenden werde. Ich habe nicht das Herz mich auf die Gevatterschaft, wozu Du mich einladest, zu freuen, bis ich das Kind auf dem Arm habe – Du kriegst aber, wenn es nicht zur Welt kommt etwas recht arges von mir zu hören. Ich herze Dich, Du lieber! – Grüße in meine Seele was zu Dir gehört Dein Fritz Jonathan.
    Münster
den 2 April 88 um 4 Uhr Nachmittags.
Herzenslieber Fritz Jonathan, nach einem doppelten Fußbade mit kaltem Waßer, das meinen schwachen Füßen sehr wohlthätig zu seyn und zu werden scheint, lag ich noch im Bette, und Franz lagsaß neben mir, als Marianne wie ein Engel Gottes mit Deinem Päckchen erschien. Franz erhielte die Erlaubnis es zu erbrechen, ich ließ ihm das Buch und hielt mich an Deinen Brief und die geschriebene Beyl. die ich mit mannigfaltigem Vergnügen überschaut habe; abeyr
    y
o
    n
ist mir ein unauflöslicher Chiffre. Der meinige betrift die von mir noch nicht gelesene Schriften des Ex-illuminaten und Illuminanten Weisshaupt = Weisshauptiana. Sein Realismus und das reformirte System des unterirrdischen Lichtordens. Ich bin mit den ersten IV Kap des Neckerschen Buchs fertig, und möchte Dich vor Liebeshunger freßen, daß Du Dir selbst den Genuß entzogen und mir denselben gegönnt hast. Ich war schon gantz auf Calonne Seite und Du hast das Urtheil meiner schwankenden Seele wieder zum Gleich- oder vielmehr Uebergewicht gebracht. Mein Kopf ist so erschüttert von dem Inhalt und dem Ton dieses Neckerschen Meisterstücks, daß ich ein paar Zeilen schreiben muß, um nicht in meinem Laufe zu stürzen. Hier ist schon alles auf EmEuren Empfang eingerichtet, und Ihr werdet mit offenen Armen von uns allen erwartet, unter denen ich nicht der letzte noch unterste seyn will noch seyn kann. Mein lieber
    Raphael
hat bereits die Post auf den Sonnabend bestellt und wird also dem Fest Eurer Erscheinung nicht beywohnen, als dem Geiste nach. Gottes reicher Seegen begleite Ihn wie meine Wünsche, die mit der Abnahme meines Lebens zunehmen und niemals aufhören werden. Fast möchte ich schwören, daß Seine Abwesenheit mir vortheilhafter seyn wird, als Seine Gegenwart – wie es den guten Wittwen mit ihren seel Männern geht. Er ist spatzieren gegangen und kann also mir weder persönlich, noch mündlich seine Gesinnungen auftragen, für die ich aber
    Bürge
bin vermöge der Gemeinschaft unter
    guten Menschen
und
    ehrlichen Freunden
durch den
    Geist
, für den es keinen Unterschied der Sprachen und Zungen giebtWir speiseten Dom. Quasimodogen. bey unserer frommen Fürstin, die ich lieber Philotea alsoder Jelänger jelieber nennen möchte als Diotime mit dem Haagschen Platon. Ich habe heute des seel. Franciscus dvon Sales Schrift die Siegelstücke angefangen, und erbaue mich alle Morgen aus Sailers vollständigem Lese und Gebetbuch, in das ich arger als unser Johann verliebt bin, nachdem ich seine
    Glückseeligkeitslehre
kennen gelernt habe. Ich mache mir ein Gewißen draus, diese Woche auszugehen – Das Gewißen liegt aber an meinen Füßen, die eine Unvermögenheit noch haben, welche mir unerklärlich (irreparable) scheint. Kopf ist heiter, der Puls schlägt gut, wird alle Tage stärker und freyer. Ob otium und cibus alienus eine solche Wirkung thun können, daß ich mich zu den Quasimodogenitis rechnen kann, weiß ich nicht. Was ist am wißen gelegen, wenn man genießen kann. Meine Lüsternheit bey meinem Rückwege Dein Elysium widerzusehen, wenn es auch nur auf Einen Mittag als ein Gespenst seyn sollte, ist mir schon lange vor Deiner Einladung in den Sinn und zum Entschluß gekommen. Ich kann mir aus der alten Leere keinen Begriff von der neuesten Fülle machen – Du hast Recht, mit der Gevatterschaft sieht es sehr mißlich aus. Ich mag lieber Gast, als Wirth seyn und bin zu letztem gar nicht gemacht, weil ich selbst Koch spielen müstemuß.
    Laß
alles thun; das Spiel ist in guten Händen, und Du wirst Deine lange Weile wohl beßer anzuwenden wißen. Gottlob! daß ich harthörig bin und es von Tag zu Tag mehr werde. Ich werde zu all Deinen Scheltworten den Kopf nicken und lachen, ohne in meiner Philosophie, miihren Stoicismo und Cynismo mich irre machen zu
    laßen
. Auch Zusehen ist eine Arbeit. Pericles hielte mir eine schöne Vesper vorigen Sonntag und schenkte mir seine Schulverordnung, die Sprickmann eingekleidet, und er entworfen hat. Von seinen Gedanken uber das
    Gefühl der Wahrheit
bekante er sich selbst als Verfaßer. Ich habe beide Montag zum Frühstück durchgelesen u Necker p. 79 in meinem Exemplar notirt. EVon dem Einfluß
    der Religion in das Finantzwesen
kann freylich ein Necker schreiben; aber ich kenne einen abgedankten Zöllner, und vielleicht mehr als Einen – aber ein solches Sujet wie ein Hofmann zu behandeln, dazu ist nur ein Necker geschaffen oder ausgebildet. Hic Rhodus hic salta. Laß mich weiter lesen – oder den Blutygel sich vollends dick saugen, biß das Buch aufhört. Ach lieber Herzens Jonathan Gott seegne Dich und bringe Dich mit Deiner ganzen völligen Reisegesellschaft unter Begleitung des Ritters St. Georg glücklich und gesund in unser Haus und in unsere Arme. Dein alter ewiger Jude. Hamann Zusatz Gottlob Immanuel Lindners: Ohne es gelesen zu haben, sage ich hier Amen zu dem, was Hamann geschrieben, um zugleich ein dürftiges, aber herzliches vale et fave für den anzuschließen, dessen Bild meine Seele immer u allenthalben hegen und pflegen wird. G E Lindner. Ich erwarte nichts mehr mit
    der Post
, sondern Dich selbst, etwa noch wenn es angeht die chinesischen Sachen, die ich noch ansehen wollte. im Deguignes. Das übrige, so Gott will, mündlich. Ich muß pausiren – DEVS nobiscum omnibus! Adresse: An / Herrn Geheimen Rath,
    Jacobi
/
    zu
/ Düßeldorf.
Pempelfort den 22ten April 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 23 Grüße Dich Gott, Du Lieber! Ich bin, ohne alle widrige Zufälle, Sonntag Mittag, um halb Eins, glücklich hier angekommen. Freund Schenk empfieng mich mit einem Exemplar v Schloßers Seuthes, u der Versicherung, das Buch würde mir nicht wenig Freude machen. Ich fragte ob nicht mehrere Exemplare da wären, damit Dir gleich eins geschickt werden könnte. „Nur eins für Sie u eins für mich, antwortete Schenk, aber ich will das meinige schicken.“ Dieses ist nun Sontag Abend auf die fahrende Post gebracht worden, u ist, bey Empfang dieses Briefes, entweder schon in Deinen Händen, oder Du erhältst es doch gleich nachher. Ich bin etwas krank, lieber Vater, hoffe aber, es soll beßer ablaufen, als ich gestern fürchtete. Ich hatte etwas Fieber; das innere des Mundes an der rechten Seiten war mir sehr geschwollen; am Halse setzten sich Drüsen; Kopf u Augen thaten mir empfindlich weh, u es war mir überall nicht recht. Heute geht es mir zwar nicht viel beßer; aber es ist genug daß es nicht schlimmer geworden ist; u ich habe nun guten Muth auf morgen. Heute werde ich wohl nichts von Euch vernehmen, es wäre denn daß mein Manuscript sich wieder gefunden hätte. Grüße Buchholtz u Marianen von uns allen auf das herzlichste. Ich hätte Buchholtzen gewiß geschrieben, wenn nicht meine Unpäßlichkeit dazwischen gekommen wäre. Dein Arzt Druffel sprach mir von einem hiesigem Arzte, seiner Gelehrsamkeit, seinem Verstande u Character mit so vielem Lobe, daß ich bedauerte, seine Bekanntschaft nicht schon gemacht zu haben. Hierauf sagte Druffel, er wäre dem Doctor Jansen eine Antwort schuldig, u er würde ihn bey dieser Gelegenheit ermuntern, mir einen Besuch zu machen. Nun höre ich aber v Schenk daß dieser Jansen ein platter Mensch ist, u wünschte also sehr mit seinem Besuch verschont zu werden. Sey also so gut, Lieber, u sage Druffeln,
    so bald Du ihn siehst: Ich wünschte, aus gewißen Ursachen, daß er in seiner Antwort an D. Jansen meiner nicht gedächte, u ihn auf keine Weise ermunterte meine Bekanntschaft zu suchen
. Goethe hat Rom verlaßen, u ist auf dem Rückwege; man erwartet ihn zu Weimar in wenigen Wochen. So schreibt mir, aus Weimar, ein Freund v Goethe u Herder, der Bergsecretair Voigt. Ich freute mich dieser Nachricht besonders um Deinetwillen. Du wirst also, so Gott will, auch diesen Gegenstand Deiner Reise nicht verfehlen. Hier ist alles grün; aber ich fürchte wir behalten kein Blatt; wegen der Menge v Maykäfern. Neckers Buch habe ich angefangen, u ich kann nicht sagen welche Freude es mir macht. Ich bin aber erst bis S 138 gekommen. Mich verlangt nach Deinem Urtheil über
    Seuthes
, vornehmlich auch deswegen, weil es nicht mehr als billig war, daß Schloßer mir ihn dedicierte. Morgen Abend gebe ich die Bücher, die ich Dir zu schicken versprochen habe auf die fahrende Post, u schreibe mit der nächsten reitenden unfehlbar an Amalia, die ich dich
    aufs beste
von mir zu grüßen bitte. Lebe wohl Du lieber Liebender Du! Du Freund, wie ich keinen weiß und kenne! – Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan Adresse:
An Herrn J. G. Hamann / Abzugeben bey / Herrn Franz Buchholtz / Erbherrn zu Welbergen / zu / Münster / Frco.
Pempelfort den 23ten April 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 – lieber Herzens Vater, Freund und Hamann Du wirst meinen Brief von gestern u das Packet mit dem Seuthes erhalten haben. Meinem Versprechen gemäß gebe ich heute folgendes für Dich auf die fahrende Post Starks Nachtrag} Januar 88 des. D. Museums, welches Stück} zum Behalten. Schloßers Erklärung über Cagliostro enthält} Correspondance de Necker avec Mr de Calonne Condillac, Essai sur l’origine des connoissances humaines Johnson’s Lives P. III. (wegen Swift.) Diese 3 Schriften bist Du so gut, nach davon, mit Gemächlichkeit gemachtem,
    hinlänglichem
Gebrauch, auf dem Postwagen zurück zu schicken. Ich lege bey 1 Reimarus, über medizinische ZwangsOrdnung, für HE Doctor Druffel, zum Behalten. 2 Ein Packet für die Prinzeßinn. Du bist so gut dafür zu sorgen, daß es gleich an ihr Haus gebracht, u die Beförderung nach Angelmodde empfolen werde. Mit meiner Gesundheit geht es wieder ziemlich gut. Ich bringe meine Zeit ordnen u Briefschreiben zu, und lohne mir die Mühe mit Necker. Heute früh war ich daran Goethen, dem ich nicht entgegen reisen kann, entgegen zu schreiben, als man mir von der Post die Allg. Lit. Zeit. brachte, mit einer langen Recension meines David Hume. Darüber ist der Brief an Goethe liegen geblieben, weil ich nachher andre dringendere Briefe zu schreiben hatte. Die Rezension schicke ich Dir übermorgen mit der reitenden Post, so daß Du sie vielleicht noch vor diesem Packet erhalten wirst. Du schickst sie mir dann Sonntag Abend mit der reitenden Post zurück. Buchholzen, Marianen, u meinem lieben J. Michael, die herzlichsten Grüße. Dein Fritz Jonathann. Ich bin nicht ohne Hoffnung daß mein Goettinger Student das Manuscript mit genommen hat; denn mir fehlen auch 2 Bücher aus denen er blos die Titul abschreiben wollte, um sie im voraus in Göttingen zu bestellen u binden zu laßen – dem werde ich den Kopf waschen! Adresse:
An Herrn
    J. G. Hamann
. / Abzugeben bey / Herrn Franz Buchholtz, Erbherrn zu / Welbergen / zu / Münster / Nebst einem Packet / gezeichnet H. H. libri / Franco.
Pempelfort den 25ten April 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 26 – lieber HerzensVater! Ich habe vorgestern Abend ein Packet an Dich, mit einem kurzen Briefe, welcher die Factura enthält, auf die fahrende Post geschickt, u hoffe es ist morgen, vor Ansicht dieses, schon in Deinen Händen. In dem Briefe versprach ich, daß ich heute, mit der reitenden Post die Rezension meines Gespräches über Idealismus u Realismus nachsenden wollte, welches ich hiemit erfülle, und ein zweytes Blatt, welches die Rezension v Starkens Nachtrag enthält, beyfüge. Du wirst so gut seyn, mir beyde Blätter Sonntag Abend mit der reitenden Post zurück zu schicken, weil ich diese Zeitung mit sieben andern in Gesellschaft halte, u nicht zu lange warten laßen darf. Ich bin nicht im Stande meinen Rezensenten zu errathen. Vielleicht kann Boie mir ihn entdecken. Mein Kutscher ist von der Post zurück gekommen, u hat keine Briefe v Münster mitgebracht, welches mich ein wenig beunruhigt, wegen Deiner ausdrücklichen Verheißung, daß ich mit der heutigen Post Briefe v Dir erhalten sollte. Gestern erhielt ich einen Brief v Baron Hirschen, den ich Dir, der Sonderbarkeit wegen überschicken. Den Brief erwarte ich zurück, das Avertißement aber kanst Du behalten, u Dich gelegentlich bey Deinem Doctor u der Prinzeßinn damit breit machen. Einliegenden, unter einem bloßen Couvert angekommenen Ble Beiyschluß an Lindner, muß ich Dir zur Besorgung überschicken, weil ich seine Adreße nicht weiß. Für heute muß ich es hiemit genug seyn laßen, um noch ein paar Worte an die Prinzeßinn zu schreiben. Ich hoffe Sprickmann hilft für Deine Gesundheit sorgen. Grüße ihn wenn Du ihn siehst. Künftigen Posttag, so Gott will mehr. Die herzlichsten Grüße an Buchholtz ewig Dein Fritz Jonathan – Gamaliel Act. V. vergl. m. d. Allg. L. Z. No 92. Ich habe dem Goettinger Studenten zum Theil Unrecht gethan; die 2 Bücher haben sich,
    am unrechten Ort
gefunden. Mama Lene versichert, das Manuscript sey gewiß nicht unter seinen Sachen. Doch werde ich anfragen. Vermerk von Hamann: Zurückgeschickt die beyden Abhandlungen des Bercley den 2 Theil v S. Pierre Reisebeschreibung nebst Wizelmanns gedruckten Abhandl. von der Fürstin, auch das Ende meiner Vorlesung über das Sp. Büchlein.
M. den 27 Apr. Rogate 88 Vermerk von Jacobi: empf den 28ten Apr   beantw den 29ten Liebster Fritz-Jonathan-Gamaliel! Gottlob! daß Du wider wider hergestellt bist. Ich bin heute so kraftlos aus dem Bette aufgestanden, daß ich mich kaum zu rühren im stande bin. Ich habe mir die ganze vorige Woche ziemlich angegriffen mit stätiger Arbeit. Den 21 d kam D. Arnold K. hier und reiset morgen früh ab. Den 23 erhielte Dein erstes, eine Stunde drauf die Beyl. der fahrenden Post, als ich eben Einl. beantwortete. Das Gespräch muste erst verschlungen werden. Mein guter Wille war Dir noch den selben Mittwoch zu schreiben; es wurde mir aber unmögl. Gestern kam Dein
    zweites
mit einem noch dickeren Pack an. Ich habe die Allg. Litt. Zeitung gleich gelesen und diesen Morgen im Bette
    widerholt
aber eben so wenig verstanden, als Franz. Vielleicht hat mir dieses Frühstück den Magen verdorben oder die Flügel gelähmt. Nach dem Grunde Deines neuen Namens habe in der Qvelle gesucht ohne ihn deutlich finden zu können; es wäre denn daß Deine Gesinnungen für die
    schalen und
    seichten
auf ihre Unwißenheit und Gedankenlosigkeit stoltzen Schriftsteller, mit Gamaliels für die Jünger u Apostel ähnlich wären. Melde mir, ob ich dies recht verstanden habe. Ob es lohnt gegen das
    unüberwindliche Aergernis verwirrter Köpfe
länger zu kämpfen? Es macht mich traurig und schlägt mich nieder, nur daran zu denken. Durch einen speculativen Geist und eine attische Beredsamkeit läßt sich die taube Otter nicht beschwören. Simsons Füchse und sein Eselskinnbacken – die euklidische Demonstration und platonische Mausfalle ist auch nicht mein Geschmack und in Ansehung der letzteren mag Dein Recensent nicht gantz Unrecht haben, daß die Kunst sich selbst schadt; gegen Sophisten aber brauchbar ist. Mein Vorurtheil für Monarchie ist Dir bekannt, liebster Gamaliel. Bey aller Verschiedenheit der Formen giebt es eine Einheit ihres guten und bösen Geistes von denen sie getrieben werden gleich den Wunderthieren und Rade im Ezechiel. Ich bin aber nicht im stande ein vernünftiges Wort heute zu schreiben und den Knäuel meiner impliciten Begriffe oder Ahndungen, wie Du es nennst zu entwickeln. Eine vollkommene Republick ist ein Mährchen wie das von der Atlantis. Viel Köpfe, viel Sinnen. Bey aller optischen Mannigfaltigkeit, ist eine physische Einheit, und bey aller optischen Einheit eine physische Mannigfaltigkeit. Die Nacht hat viele Sonnen nöthig, der Tag an einer gnug. Distingue tempora et concordabit Natura et Scriptura. Der Schlüßel von beyden fehlt und liegt im Brunnen der
    Wahrheit
. Was ist Wahrheit? und dennoch ist die
    Bestimmung
des
    Monarchen
nichts als ein Zeugnis derselben – – zu dem man geboren und gesalbt seyn muß. Conf Joh. XVIII. 37. Die ganz offenbare Unordnung und Verwüstung der ursprüngl. Vernunftanlagen durch die äußern Weltumstände ist aber ein unauflösliches Räthsel, (wenn man nicht mit Simsons oder Kants Kalbe pflügt) des göttl = vernunftähnlichen Ursprungs, und nur die Kritik und deren transcendentelles Bestreben alle andern Erkenntnis Kräfte der Natur zu beherrschen, zeuget als die
    Königin Metaphysik
von der reinen Vernunft, in welcher der letzte Grund aller sophistischen Unwißenheit u Gedankenlosigkeit zu finden ist, ohne daß man nothig hat die
    Sterne
deshalb um Rath zu fragen, und auf die Autorität schaler u seichter Kunstrichter stoltz zu seyn. Ich halte es noch immer für eine fruchtlose Arbeit an subordinirten Grundsätzen zu flicken und ihren Widerspruch aufzudecken. Man muß sich schlechterdings entschließen tiefer zu graben oder höher zu steigen. Wer dazu nicht Herz noch Gedult hat und sein gleichzeitiges Jahrhundert verleugnen kann, dem ist es immer beßer: manum de tabula! An Deine Handschrift läßt sich hier gar nicht denken. Marianne versichert, daß Peter dem Vetter Georg hat
    einpacken geholfen
. Also ist es sehr leicht, daß die Handschrift so gut als die 2 Bücher durch Peters Hände in den Coffre gekommen. Ich habe hier eine ähnl. Angst mit den 2 Stammbüchern der Fürstin gehabt, die auf einmal verschwunden waren. Hans hatte nicht seinen Namen einmal unterschrieben, weil er noch eine griechische Stelle übersetzen wollte. Ich habe in ein paar Tage keine Ruhe gehabt, weil meine Einbildungskraft immer das ärgste und äußerste sieht und sich darauf gefaßt macht. Hans muste Donnerstags nach Angelmodde deshalb, und die Fürstin hatte sie das letzte mal mitgenommen ohne mein Wißen und Willen. Sie kommt heute nach Münster. Freund Schenk wird auch ungehalten seyn über einen Riß der in sein Dedicationsexemplar von Frantz gemacht worden mit dem seidenen Bande. Zum Glück geht der Riß nicht in den Text sondern blos durch den ungedruckten Rand S. 65. Ich glaube daß der Schwiegervater beßer als die hiesigen Buchbinder dies zu leimen im stande seyn wird. Amyntas scheint mir zu
    unwißend
und
    leichtgläubig
, desto ähnlicher
    unserm
und vielleicht
    jedem
Publico; das einseitig und übereilt ist, und mit dem Sokrates mit seiner Laune den Rücken hält. Die Götter halten es selten mit unsern Catonen u Patrioten, vielleicht weil sie die Sache aus einem andern Gesichtspuncte ansehen, der menschlicher und nicht so stoisch ist, oder so abstract als der philosophische und politische. Perikles hat mich gestiefelt zu meiner Abreise, sich
    meiner
in Paderborn erinnert und mir ein paar Stiefel geschenkt, die zu Deinem Peltz und der Fürstin chinesischen Schlafrock gehören. Ich habe mich von dem guten Mauritz nach St. Lamberti führen laßen und habe Albers gehört, den ehrl. Observanten vor 8 Tagen, der mir beynahe beßer gefiel, komme aber so erschöpft nach Hause, daß ich wohl nicht im stande seyn werde noch einen Gang zu thun. Ich ruhte eben am Ende der Seite aus, und wurde gantz unerwartet mit Einl. aus Kgsb. erfreut, die ich lieber Jonathan mittheile, 2 an meinen Hans u 1 an mich. Gottlob! es steht alles gut in meinem Hause, und man scheint durch die Nachrichten von Habe mich ein paar Straßen durchgeschleppt und bin beynahe ohnmächtig zu Hause gekommen. Wie ich zu Kräften kommen werde, begreife ich nicht. Den Auftrag wegen des dortigen Arztes habe an D. Dr. bestellt, der recht wohl damit zufrieden war daß er nicht schreiben durfte. Das Buch des Reimarus auch gestern Abend ihm zugeschickt. D Wirthrosen liegt hier auf den Tode an einem Faulfieber wo unser gute Hausartzt nichts als ein gewöhnl. vermuthete. Habe heute den letzten Band von Monde primitif angefangen an dem ich mich ganz verseßen habe, weil ich mehr darin fand als erwarten konnte den offentl. Urtheilen zufolge. Ich eile mit dem Ende dieses Monaths fertig zu werden um den May desto beßer zur Bewegung und Cur anwenden zu können. Habe Gedult mit meinem Hypochonder, der mich reitet, daß ich alles finster und schwarz ansehe und laß mich bald an der Freude des widergefundenen Groschen Antheil nehmen. Die lateinische Zeitung schicke bestelltermaaßen zurück und danke für gütige Mittheilung deßelben. Die Einl. an meinen Raphael soll mit der nächsten Post fortgehen. Kannst Du mir nicht sagen, wo sie herkommt. Die herzlichsten u zärtlichsten Grüße an Dich u die lieben Deinigen von uns allen samt und sonders. Bitte die 3 Briefe bald zurück damit wir darauf antworten können. Der vierte ist es schon. Einer der Schloßerschen Briefe ist hier liegen geblieben. Es ist mir nicht möglich weiter zu schreiben. Lebe wohl, bleibe gesund und mein Freund. On pourroit appeller crime de lèze-raison cette ambition singuliere des hommes de ne voir jamais que l’arbitraire, leur caprice, leur simple volonté dans la plupart de leurs institutions; comme si les hommes pourroient etre mus par d’autres considerations que par celle de l’ordre auquel est attaché le bonheur physique et moral de l’humanité entiere et par consequent celui de chaque individu. Mein Urtheil über Seuthes ist nicht
    gar
geworden P. S. Dem Briefe an die Fürstin zu folge kann ich ihr das sokratische Gespräch mittheilen, wovon ich durch den zufalligen Riß abgeschreckt worden bin. Ich bin in keiner Geschichte am wenigsten in der Thomischen zu Hause, also nicht imstande die Anspielungen der Namen zu beurtheilen, zu denen mehr Gelehrsamkeit gehört als
Pempelfort den 29ten April 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 30 April Geantw. den 7 May. Ich habe, lieber Vater, Deinen Brief v 27ten mit den Beylagen erhalten, und bin über Dein schlimmes Befinden recht betrübt geworden. Auch mir geht es übel genug, u die vorige Nacht hatte ich solche Beängstigungen u ein solches Unbehagen, daß ich gewiß glaubte, ich würde heute Morgen nicht aufstehen können. Doch bin ich gegenwärtig aus dem Bette, und will Dir nun Deine Briefe, für deren Mittheilung ich Dir recht sehr danke, zurück schicken. Ich lege einen Brief von meinem Studenten bey, den Du auch der Prinzeßinn zeigen magst, wenn die Gelegenheit dazu bey der Hand ist. Die zwey Bücher wovon ich neulich schrieb, sind nicht mit in Münster gewesen, sondern waren hier am unrechten Orte liegen geblieben. Den Nahmen Gamaliel hatte ich mir in dem Verstande gegeben, den Du mit Mühe nur errathen haben willst, da sich doch schwerlich ein anderer gedenken läßt. Ich zielte hauptsächlich darauf, daß die Rede des Mannes doch keine beßere Folge hatte, als daß die Apostel
    gestäupt
u von neuem bedroht wurden. Mathematisch oder Hypochondrisch genau habe ich die Vergleichung nicht erwogen – Aus einem Briefe, der zugleich mit dem Deinigen gekommen ist, vernehme ich, daß mein Rezensent der Geh. Secretär Rehberg ist; derselbige, welcher den Ardinghello und Herders Gott rezensiert hat. Wenn Du an Krause schreibst, so gedenke meiner mit einem nachdrücklichen Gruß u neuer Einladung nach Pempelfort, auf Pyrmonter,- Triburger,- Spaa u Selzer Waßer, u Rhein,- Burgunder,- u Cap Wein. Nach Tische will ich ihn immer von Staatswirtschaft unterhalten, bis er eingeschlafen ist; auch, wenn er an mir nicht genug hat, zu diesem Ende den Minister Edelsheim von Carlsruhe kommen laßen, den ich Freytag u Sonnabend zu Gast gehabt habe. Unsern Hans Michael bitte ich, den lieben Nicolovius recht herzlich u freundschaftlich von mir zu grüßen. – Auch recht viele Grüße v mir an Lindner bitte ich zu bestellen. Ich weis nichts von mehr von dem Briefe an ihn, als daß er mit der preußischen Post gekommen ist. Daß Couvert war mit einer Heraldischen Encyclopedie gesiegelt; ich erinnere mich kaum ein angefülteres Wappen gesehen zu haben. Unserm Franz schreibe ich, so Gott will, am Freytag. – Mit Herz u Seele Dein Fritz Jonathan Vermerk von Hamann: Zurückgeschickt die beyden Abhandlungen des Bercley den 2 Theil v S. Pierre Reisebeschreibung nebst Wizelmanns gedruckten Abhandl. von der Fürstin, auch das Ende meiner Vorlesung über das Sp. Büchlein.
Münster am Sonnt. Exaudi! den 4 May 88 Κρατιστε Θεοφιλε Steudel! Homo sum, und Sie sind der gemeinschaftliche Freund unsers liebreichen wohlthätigen Franz und des biedern Crispus, vulgo Kraus. Auch ich bin ein Lazarus – ein Meister in der schwarzen Kunst der Carricaturmahlerey, die
    Silhouette Ihrer
Seele, ihrem eigenen
    gegebenen
Umriß gemäß, ein Pendant – denn was Ihre glühende Einbildungskraft ist, das stellt die unbändige Unenthaltsamkeit meines verdorbenen Magens und die Unvermögenheit seiner Verdauungskraft physiologisch vor. Ich habe kein metrum weder im Auge noch Ohr, und was andern zu viel scheint, ist mir selber gnug. Weil der
    körperliche Umgang
mit Freunden, nach Ihrer Erklärung des
    Schreibens
, ohne Seele ein leeres todtes Werk, und der äußere Buchstabe ein bloßes Sinnbild und Zeichen eines unsichtbaren Dei ex machina: so werden Sie den sympathetischen Zusammenhang meiner Gesinnungen mit Ihrem Schicksale ohne mehrere Mittelbegriffe errathen und die Ellipsin derselben leicht ergänzen können. Ich setzte mich mit geschwollnen Füßen und einer 20jährigen Ladung böser Säfte, die ich durch eine sitzende grillenfängerische Lebensart, leidenschaftliche Unmäßigkeit p in Nahrungsmitteln des Bauchs und Kopfs gesammelt hatte, den 21 Jun. p. auf den Postwagen, und glaubte, die zurückgebliebene Hefen eines palliative weggeräumten Faulfiebers p würden durch Bewegung der Eingeweide und Zerstreuung neuer Gegenstände sich von selbst heben. Erreichte mit genauer Noth Berlin, fand dort einen Engel Raphael von Reisegefährten und Artzt an meinem alten Freund D. Lindner, der Ihnen nicht gantz unbekannt seyn wird, beschwor ihn aus gantz andern Absichten mich bis hieher zu begleiten, wo ich den 16 Jul. p. Sie können erachten, in welchem Zustande ankam. Seit dieser ganzen Zeit ist an meiner Reinigung und Stärkung unabläßig geflickt und gestümpert worden. In Welbergen habe eine Quarantaine von 3 Monathen ausgehalten an Faul- Gallen- Fluß und Entzünd Wundfieber, Ausschlägen und Geschwüren. Von Schmerzen wenig gefühlt, an Heiterkeit des Gemüths bey der grösten Ohnmacht hat es auch nicht gefehlt. Mein Appetit und Schlaf ist beynahe unveränderlich. Alles schmeckt tanquam papavere sesamoque sparsa. Nur wird mir das Abstine eben so schwer wie Ihnen das Sustine. Wie theuer mein Besuch dem freygebigen Franz bisher gekostet, wie wenig ich meinem
    guten
    Willen
ihm auf irgend eine Art
    nützlich
und
    brauchbar
zu seyn Gnüge thun kann. Kurz ich lebe ohne Gram und Schaam, fruges consumere natus, muß Gewißen und Ehre,
    Blödigkeit
und
    Delicatesse
verleugnen. Der Verlust meines Amts, dem ich nach der Abdankung der welschen Verwaltung erst recht vorstehen wollte, war bey meiner Abreise aus Preußen mein gröstes Herzeleid, und nunmehr sehe ich diesen Queerstrich als mein gröstes Glück an, da ich mich ebenso wenig zu einer öffentl. Bedienung als zum gemeinen Umgange des Lebens wegen einer schweren Aussprache und hypochondrischen Launen schicke. DEVS nobis haec otia fecit – Den 5 April reiste mein D. Raphael ab und hinterließ mich in Umständen, die ich für den Schlüßel meiner ganzen verwickelten Krankheit jetzt ansehen muß. Ein paar Tage drauf zeigten sich Spuren der
    güldnen Ader
. Mein Vater seines Handwerks ein Wundarzt und seines Glaubens ein Stahlianer, sah allenthalben molimina und wünschte sich immer dies beneficium naturae. Ich hatte niemals die geringste Anwandelung gefühlt und dachte ebenso wenig als mein freundschaftl. Artzt daran. Die beneficia naturae sind mir so verdächtig als den Phrygiern die Danai dona ferentes. Unterdeßen ist Gottlob! alles erträglich. Jung kann ich nicht mehr werden; und ich gehe der VII Decade entgegen. Der mich durch eine enge schmutzige Pforte in diese beste Welt geführt, wird auch aus diesem Labyrinthe mir herauszuhelfen wißen coeco regens vestigia filo, daß ich die
    rechte Heimath
, das Vaterland der Geister nicht verfehle. Ich habe bisher ebenso wenig Ursache den Tod zu wünschen als zu fürchten, mich in die Wel Erde zu verlieben, als sie, die unser aller Mutter ist, zu verachten. Sie sehen daß ich kein Artzt bin, und daß es auch in diesem Falle nur gar zu oft heißt: Artzt hilf Dir selber. Miracul und Spectacul sind auch eben nicht mein Lieblings Geschmack. Das Schreiben wird mir jetzt noch saurer als das Reden. Ich freue mich über jeden Brief den ich erhalte, und mir stehen die Haare zu Berge, wenn ich drauf antworten soll. Ich bin seit einem halben Jahr meinem nächsten Freunde, Gevatter und Landsmann in Weimar Dank u Antwort auf 2 Briefe schuldig, weil mens sana in corpore sano mir zum körperl. Umgange des Briefwechsels mit Freunden unentbehrl. zu seyn scheint. Ihr ganz zufälliges Vertrauen zu mir scheint mein Mistrauen gegen mich selbst überwogen zu haben. Das Maximum Ihrer siebenfachen Hölle oder vielmehr Fegfeuer ist mit dem Minimo eines Εαυτον τιμωρουμενου ziemlich homogen, nach dem Principio coincidentiae extremorum oppositorum, das ich ohne Ruhm zu melden dem philosophischen Märtyrer Jordano Bruno, der auf dem Scheiterhaufen starb, gestohlen habe – Erst vorgestern den 2 May habe ich Ihre Zuschrift von meinem beynahe zu peinlich gewißenhaften Pfleger erhalten können. Ich habe heute selbige zum Frühstücke oder Metten widerholt, als ein lebendiges Ecce homo! mit Andacht und Erbauung. Die letzten Worte Ihres Briefes haben mich aufgerichtet, und ich habe mehr Ursache Ihren Artzten als dem Selbstgefühl eines Kranken zu trauen, deßen Ungedult nach seinem eigenen Geständnis sich gantz natürlicher Weise in Wuth und Verzweifelung verliert. Diese letzten Worte laßen sich füglicher auf Ihre eigene Lage deuten: Gottlob! das ärgste ist vorüber und wir hoffen alles. Ja, liebster Theophile St. Gott kennt Sie beßer als Sie leider! sich selbst kennen. Er weiß sehr gut, daß es mit all Ihrem Toben nicht so böse gemeint ist, wie Ihre hyperbolische Schreibart züchtigen Ohren auffallen muß. Sie werden bald statt Ihres verhaßten Motto ausruffen können: Mein Daseyn ist Liebe, mein Leben ein unvergänglicher Genuß voller Gnade und Wahrheit. Der Ueberdruß des Lebens ist eine Folge der Symtome vieler Krankheiten besonders solcher welche die Nerven angreifen. In einem solchen Paroxysmo trank auch Hiob Unrecht wie Waßer, und je mehr Schulden uns vergeben und erlaßen werden, desto mehr wächst die Liebe. Sie ist stark wie der Tod und die Eifersucht ist fest wie die Hölle. Ihre Ampeln sind wie die brennende und flammende Ampeln. Je
    thätiger
oder
    leidender
man ist, desto mehr herrscht der leidige Egoismus in aus. Zu Gedult gehört herculische Stärke, die den Schwachen mächtig macht. Genügsamkeit an Seiner Gnade ist der beste Schild und der gröste Lohn. Sie haben lange genug mit einer ägyptischen Magd gebult – und über die Mutter Gottes wie ein römischer Meßpfaffe den Sohn der Liebe, und die Gemeinschaft seines Geistes verschmäht. Sehen Sie mich wenigstens als einen Raben an, als den Vorboten der Taube, die in ihrem Munde ein Zweiglein vom Oelbaum mit grünen Blättern dem harrenden Patriarchen in der Arche brachte. Ja laßen Sie sich
    versöhnen
nicht mit Ihrem
    Daseyn
, sondern mit dem
    großen
und
    unbekannten
Gott, den wir als den Vater aller seiner guten und bösen Kinder anruffen, der uns den Beruf gegeben Seinen Namen zu heiligen, die Ankunft seines Reichs zu befördern, und deßen heiliger Wille unser zeitliches Glück und nichts weniger als
    ewige Seeligkeit
ist, die wir
    Seiner
    Gedult
und nicht unserm Verdienste noch guten Werken, sondern Seinen piis desideriis, die im Grunde unsere eigene dunklen Wünsche sind, zu verdanken haben. Ich habe manche Thorheit aus
    langer Weile
begangen, daß Verzweifelung auch eine begeisternde Muse glaube ich wohl, sie schickt sich aber beßer zu einer verstörenden als schöpferischen. Doch leider! sind unsere Geschöpfe unbarmherzige Verstümmler der Natur, giebt es einfache natürl. Puncte, auf die sich alles reduciren läßt, oder besteht alles aus mathematischen Linien. Wie wollen Sie ohne
    Machtsprüche
Jahrtausende gleich Wochen und Momenten behandeln, Centner wie Pflaumfedern weghauchen und eine ridiculus mus in ein Riesengebürge verwandeln. Ich habe in des einfältigen Saint Pierre Etudes de la Nature nicht solche pudelnärrische poßierliche Mährchen gefunden als in den Epoques des Buffons. Quanto rectius hic, qui nil molitur inepte, ich meine den alten Dichter Moses, der 6 Tage und 6 Wochen nöthig hat um ein System anschaulich zu machen, das im Rauch aufgehen soll vielleicht durch den Brand eines bösen Nachbaren, dem es sein Daseyn zu verdanken haben soll. Ich bin in der Astronomie u Botanik der gröste Idiot, habe mich beynahe von Kindheit an blind gelesen, und kann nicht satt werden. Denselben Tag wie ich Ihren Brief erhielt, fiel mir in Johnsons Lebensbeschreibungen engl. Dichter just der Theil in die Hände, der das Leben eines sehr unglückl. Mannes enthielt, Mr. Sauvage. Sein Biograph sagt von ihm: He had the
    peculiar felicity
, that his attention never deserted him, he was present to every object and regardful to the most trifling occurrences. He had the
    art
of escaping from his own reflections and accomodating himself to every new scene.
Es fehlt mir gänzlich an diesem
    Glück u Geschick
, und ich muß den Mangel von beyden durch todte Gesellschaft ersetzen. So lange ich ein Buch in der Hand habe, währt mein Genuß. Leg ich es weg, so bin ich beynahe eben so klug wie ich gewesen bin. Ich bin in meiner Seele überzeugt, daß Gott nicht nur am besten
    wiße
was Sie leiden, sondern daß auch weder kleines noch großes ohne Seinen ausdrücklichen
    Willen
geschehe. Aber diese Ueberzeugung Ihnen mitzutheilen, hängt ebensowenig von mir als von Ihnen selbst ab. Der Glaube ist nicht
    Jedermanns Ding
. So wenig unser Daseyn vom Willen des Fleisches noch vom Willen des Mannes abhängt. Ohne eine
    individuelle Vorsehung
kann Gott weder Regent des Weltalls noch Richter der Menschen und Geister seyn. Ich bin von dieser Wahrheit a priori durch das gegebene Wort der Offenbarung und a posteriori durch meine und die tägl. Erfahrung überzeugt. Das höchste Wesen ist im eigentlichsten Verstand ein
    Individuum
das nach keinem andern Maasstab als den er selbst giebt und nicht nach willkührl. Voraussetzungen unsers Vorwitzes und naseweisen Unwißenheit gedacht oder eingebildet werden kann. Das Daseyn der kleinsten Sache beruht auf
    unmittelbare Eindrücke
auf keine
    Schlüße
. Das unendliche ist ein Abgrund. Alles endliche ist begränzt und kann durch einen Umriß bezeichnet werden. Eine höhere Liebe scheint uns Grausamkeit. Der den Sohn seines Wohlgefallens durch Leiden vollkommen gemacht hat, hat eben diese Kelter, diese KreutzesTaufe nöthig um die Schlacken der Naturgaben, die er nicht als ein Eigenthum zu ihrem eigenen willkührl. Gebrauch an Ihnen verschleudert wißen will, zu seinem Dienst, zu seiner Ehre, zu Ihrem
    Frieden
und
    Gewinn
zu läutern. Nicht des irrdenen Schmeltztiegels wegen sondern des darinn enthaltnen edlen Metalls müßen Sie sich nicht befremden laßen. Dem Himmel sey Dank daß es hoch über den Sternen ein Wesen giebt, das von sich sagen kann: Ich bin, der ich bin – Alles unter dem Monde sey wandelbar und wetterwendisch – Mein Freund Kant hat die Beobachtungen und Rechnungen der neuesten Astronomen nöthig, um sich von den Abgründen der menschl. Unwißenheit einen Begriff zu machen. Die Beweise davon dürfen nicht so weit hergeholt werden, sie liegen uns weit näher. Der Beweis der Unsterblichkeit aus dem wachsenden Mond und dem Wunderstern im Wallfisch ist für mein Gesicht ebenso unbrauchbar. Diese Wahrheit ist auch für mich res facti Nach der
    Lage und Natur der Dinge
ist manches unmöglich. Aber unsere Begriffe zu ändern und zu berichtigen scheint nicht so gantz unmöglich zu seyn. Die meisten sind wächserne Nasen, Gemächte der Sophisterey und der Schulvernunft. Sie wünschen sich also einen gesunden Leib um selbigen an einem Project zum Behuf der Bauern aufzuopfern. Der Umriß Ihrer ungeheuren Kette komt mir so verdächtig vor, und Sie begucken die Glieder mit einem so bewaffneten Auge. Der Abgrund Ihrer Qualen ist gleich des Pascals seinen neben seinen Sorgstuhl. Wenn Sie so fortfahren über Ihre Uebel zu brüten, sich selbige siebenfach größer als sie menschl. Weise seyn können sich vorzustellen, gegen den Stachel auszuschlagen: so ist das freylich Ihrer Cur und der zu selbiger nöthigen Ruhe nicht vortheilhaft. Sie geben dadurch dem Engel des Menschenfeindes und Verläumders den besten Vorwand mit seinen Spießruthen und Ducaten zu Talch noch freygebiger zu seyn und den Knoten des Drama noch mehr zu verwickeln, übel ärger zu machen. Ich weiß kein beßer Feigenpflaster auf Ihre Beulen als die
    Göttliche
    Thorheit des Evangelii
, wer ist thätiger gewesen, wer hat mit mehr Gedult, als der Menschensohn! Er hatte nicht wo er sein Haupt hinlegt. Er kam in sein Eigentum und seine Unterthanen nahmen ihn nicht auf. Wie muß einem Mann von seinem unschuldigen reinen Character unter einem Volk zu Muth gewesen seyn unter dem Pfaffenregiment der Hohenpriester und dem moralischen Otterngezücht der Pharisäer. Was für göttl. Selbstverleugnung gehört dazu sich zu den rohen Begriffen der 12 Boten herunterzulaßen, die noch einfältiger waren und mehr Bauerstoltz hatten als unsere Leibeigene, den Hang politischer Kannengießereyen zu unterdrücken, und ihre groben Misverständniße eines Himmelreichs zu berichtigen. Hätte Luther nicht den Muth gehabt ein Ketzer zu werden, würde Sailer nicht imstande gewesen seyn ein so schönes Gebetbuch zu schreiben, aus dem ich mich alle Morgen erbaue, so sehr ich auch dem guten Lavater ehe ich das Buch kente die Empfehlung deßelben übel nahm. Meynen Sie daß die gelehrten Profeßionen anders als Handwerkmäßig getrieben werden müßen. Die gröste Ketzerey wird es seyn, wenn Sie sich gelüsten laßen wollten die Narrheiten der After Alchemisten ad oculum zu demonstriren oder sich an den Meßdienern der Flora zu vergreifen. Veritas odium parit – Habt Saltz in
    euch
und Friede unter einander. Narren und Aftergelehrte muß man ungeheyt laßen.
Von Jacobi zunächst am Briefkopf vermerkt: empf den 10tenSpäter von Jacobi vermerkt: May 88.   empf den 10ten beantw den 13ten M. den 7 May 88. Mein Herzens lieber Fritz Jonathan. Deinen letzten Brief erhielte den letzten April, da ich mit dem Court de Gebelin fertig wurde. Den 1 d war wider im stande mich anzukleiden und mitzueßen. Seit dem 2 stehe ich mit Tages Anbruch auf, trinke den Caffé außer dem Bette und befinde mich sehr wohl bey dieser neuen Lebensordnung. Frantz ist heute zum ersten mal auch früh aufgestanden, befindet sich aber nicht recht dabey wie es allen geht, die der Frühstunde nicht gewohnt sind. Den 25 pr. holte mich der ehrl. Sprickmann zu einem kleinen Spatzierwege ab. Den 3 habe ich einen sehr zufriednen Nachmittag in seiner Bücherstube zugebracht. Morgen denke ich ihn nach seiner Country-Tavern zu begleiten. Hans war diesen Sonntag nach Angelmodde mit dem Briefe unseres S. Georgii. Die Fürstin hat den Brief noch zurückbehalten und wird heute zu Mittag bey uns erwartet. Die Stammbücher sind da; wie geht es mit Deiner verlornen Handschrift. Marianne behauptet daß Peter einpacken geholfen ohne Mama und Tante. Die gute Fürstin hat mir die Besorgung der Witzenm. Abhandlung und der
    Lav. Briefe an Garve
überlaßen, in denen ich die beste Entwickelung meiner eigenen Gedanken über den Styl gefunden habe. Unsere Individualität muß allerdings in jedes Puncte und Perioden wirken. Hieneben liegt der Wisch über einen kleinen Abschnitt Deines Spinoza büchleins. Ich habe mich aller Freyheit bedient, die sich ein feindseeliger Kunstrichter nimmt. Ich hoffe lieber Jonathan! daß Du mir diesen gutherzigen aber nicht verargen wirst. An
    Spinoza
und
    Hemsterhuis
läßt sich bey meiner jetzigen Lage nicht denken. Ich will Dich ausreden laßen, und meine Sichel brauchen, zur bloßen Nachlese. Worauf Du mit dem Namen Gamaliel gezielt hast, läßt sich eben so wenig mathematisch als hypochondrisch weder denken noch ahnden. Gamaliel war wie alle unsere Toleranzprediger ein Politicus und Lehrer des schnaubenden Sauls, ein Pharisäer. Der Anschlag war gegen das Leben der Apostel V. 33. da wider war Gamaliel, und darinn war das Consistorium allerdings folgsam. Drohungen hatten nicht gefruchtet IV. 17. Sie begnügten sich also selbige durch schimpfliche Schläge noch eindrücklicher zu machen, und die Erhaltung ihres Lebens hatten die Apostel wirklich dem Gamaliel zu verdanken, der gegen ein solches Correctif nichts einzuwenden hatte und bloß billig und klug genug war zu temporisiren, und nicht zugeben wollte den Knoten mit dem Schwert aufzulösen. Du hast den Schiedsrichter ohne Beruff gespielt, und man hat Dir mehr Unrecht gethan als Deinen Clienten, deren Denkungsart Ihren Gegnern angemeßener ist als Deine. Gamaliel war gar nicht parteyisch für die Apostel und suchte die Ehre seiner Amtsbrüder zu decken durch einen sehr klugen und billigen Rath, den er durch Thatsachen wahrscheinlich machte. Deiner Vergleichung fehlt es aber gantz an historischer Richtigkeit und Deinen Mittelbegriffen an Analogie mit dem sensu communi, in dem dieser Name gebraucht wird von allen bisherigen Schriftstellern und in der Urkunde erscheint. Mit Berkeley bin ich fertig und wünschte sehr den zweyten Theil, so wenig ich auch von ihm erwarte. Dies ist das Werk, worinn Hume die gröste Entdeckung unsers φφischen Jahrhunderts gefunden hat. Daher ist es mir lieb und wichtig, weil ich Qvellen liebe und aus selbigen am liebsten selbst schöpfen mag. Der engl. Buchhändler ist schuldig dies Buch zu
    ergänzen
oder
    zurückzunehmen
. Condillac gefällt mir beßer; ich bin kaum in der Hälfte. Die Fürstin hat mir eine Fortsetzung des Monde primitif zugeschickt. Es ist aber die IX Livraison und geht gantz die griech
    griechische Sprache
an. Seine Grammaire universelle u Comparative nebst den Origine du Langage et de l’ecriture sind ein gantz vortrefliches Werk. Es ist von diesen zwey Theilen ein Auszug herausgekommen, den ich sehr begierig bin nicht nur kennenzulernen sondern auch mir selbst anzuschaffen. Hans muß die beyden Quartanten studieren cum grano salis. Auch die Hirngespinste dieses Mannes sind
    lehrreich
. Ich denke erst künftige Woche nach Hause zu schreiben, und weiß nicht wo ich Augenblicke hernehmen soll alles zu bestreiten, was noch vor mir liegt. Swifts Leben ist sehr leer für mich gewesen; desto reichhaltiger des unglückl. Savage, nach deßen Werken ich trachten werde, so bald ich zu Hause bin. Sprickmann hat eine Duodez Ausgabe von Johnson’ Works of the English Poets. Im 45 Vol. stehen die Gedichte des Savage, auf die ich mich freue. Der VII. Theil dieser Ausgabe enthält Pope’s Leben wo ich mehr erwartet als gefunden habe. Daß der zweite Theil von St. Pierre Reisen aus Vergeßenheit Dir nicht abgeliefert worden, habe ich meines Wißens schon gemeldet. Starkes Nachtrag ist noch beym Buchbinder. Die Fürstin hat den Seuthes unserm Pericles mitgetheilt. Ich habe seit dem Sont. Exaudi an einem Hirtenbrief geschrieben, mit dem ich erst gestern ins reine gek zu Ende gekommen bin. Von Lindner noch keine Zeile. – Eben kommt Dein Briefchen an Franz an. Gottlob! daß Du gesund bist und alles
    recht
und
    gut
in Deinem Elysium. Gott erhalte Euch samt und sonders bey gutem Wohlseyn! Franz trinkt zum zweiten mal diesen Morgen Caffé und werde nach einer Tasse Chocolade durch sein Beyspiel    Schreiben ist eine erschöpfende Arbeit für mich – Die Fürstin wurde umsonst erwartet und entschuldigte sich durch ein Billet daß sie nach Angelm. hätte eilen müßen wegen einer ihr zugestoßnen Unpäßlichkeit die ihr schon die ganze Woche in den Gliedern gelegen hätte. Ich komme eben aus Ihrem Hause wo ich hörte daß sie zu Fuß abgegangen ist. Den Seuthes hat sie zurück gelaßen, ich hoffe Verzeihung von unserm Freund für den zufälligen Riß. Wenn ich mich besinnen könnte, was ich eigentl. über das Buch geschrieben habe, würde ich mein Urtheil genauer bestimmen können. Ich halte alle Regierungsformen für gleichgiltig, und bin gewiß daß alle Producte und Ungeheuer der Gesellschaft wieder Natur Producte eines höheren Willens sind, den wir anzubeten und nicht zu richten Gewißen und Noth und Klugheit verpflichtet. Der Theokratie geht es wie der Physiokratie; einerley Misverständnis und Misbrauch von ihren Tadlern u Bewunderern, Kunstrichtern u Lobrednern. Meine Zufriedenheit hängt mit diesen Hypothesen meines Glaubens und meiner besten Erkenntnis zusammen, die jeder andere für Wahn halten mag. Hat der Hausvater mit dem Unkraute Gedult und Nachsicht: so mag ein jeder für seinen Acker und Garten sorgen. Ich habe keinen, und mag mir die Finger an Neßeln nicht verbrennen. Ich halte mich an die
    letzte Worte Davids
, so wenig ich auch das Ende dieser Weißagung verstehe und absehe. Alle Monarchen sind in meinen Augen Schattenbilder der güldnen Zeit, wo
    Ein
Hirt und
    Eine
Heerde seyn wird, ἡ καρδια και ἡ ψυχη μια – ἁπαντα κοινα wie in der ersten Kirche so im tausendjährigen Reich. Ich rede also von Zeiten in der Ferne und Weite, von Vergangenheit und Zukunft. Wizelm. Abhandl. habe auch beygelegt, aber die Lavaterschen Briefe an Garve hat Franz gebeten noch einen Posttag liegen zu laßen. Wie gefällt Dir der Einfall, mit dem ein Freund dem Quesnoi die Arme hielt und ausrief: arretez, le
    Mieux
est l’ennemi du
    Bien
vous allez tout gâter.
Ein Republicaner liebe sein freyes Vaterland und der Unterthan eines Monarchen trage sein Joch ohne gegen den Stachel zu löcken – Jeder thue seinem Beruff Gnüge aus Liebe der offentl. Ordnung und allgemeinen Ruhe. Saltz in uns und Friede unter einander. Die Post geht ab. Gott erhalte Dich lieber Fritz Jonathan Deine liebe Schwestern und Kinder gesund und erfreue mich bald mit der Nachricht Deines wiedergefundnen Mst. Ich umarme Dich u die Deinigen in meinem u aller Namen. Morgen wird mich Freund Sprickmann abholen. Ich weiß nicht wo ich die Zeit hernehmen soll die mir unter Händen verschwindt. Verzeih also mein Stillschweigen, das aus legalen Ursachen – grüß Freund Schenk und Theobald u alles das sich meiner erinnert. Dein alter – – Adresse von der Hand J. M. Hamanns:
A Monsieur / Monsieur Jacobi / Conseiller intime / à Duesseldorff / Nebst einem Pack / Bücher, unter gleicher / Adreße.
Pempelfort, den 9ten May 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 10 – Ich würde unruhig geworden seyn, lieber Herzens Vater Hamann, da ich mit der heutigen Post wieder keinen Brief von Dir erhielt, wenn nicht die Prinzeßinn zum Glück geschrieben, u gemeldet hätte, Du wärest wohl. Zufolge meinem, durch Buchholtz gethanen versprechen, erhältst Du hiebey 1. Ein Schreiben an mich v Doct Hufeland, im Nahmen der Exped d Allg. Lit. Zeitung, nebst meiner Antwort, u dem No 14 der deutschen Zeitung. – NB. Die deutsche Zeitung mußt Du vor meiner Antwort lesen, weil Du sonst eine Stelle in dieser nicht sentieren kannst. 2 Ein Schreiben meines Rezensenten, des geh Secretär Rehberg in Hannover, nebst meiner Antwort. – Ich lege ein älteres Schreiben eben dieses Rehberg bey, deßen in meiner Antwort auf sein jüngstes gedacht wird. 3 Ein Brief v Fritz Stollberg (in Abschrift, weil ich das Original, dem Verlangen des Schreibers gemäß, an Schloßer geschickt habe) nebst meiner Antwort. 4 Ein Exemplar des No 92 der Allg. Lit. Zeitung, für in Dein Archiv. Du magst diese siebenSachen auch der Prinzeßinn u Fürstenbergen mittheilen, sorge aber daß ich die 3 ersten Nummern richtig, u nicht später als mit der Post von Montag über 8 Tage zurück erhalte. Der lieben holden Fürstinn schreibe ich, so Gott will, am Dienstag. Grüße sie in meine Seele, u sage ihr vorläufig meinen Dank für das gestern eingelaufene Packet. Auch noch dieses: Sie braucht mir das Schriftchen v Wizenmann nicht zurück zu schicken; es war gleich mein Wille daß sie es behalten sollte. Mein verlohrner Groschen hat sich wieder gefunden, unter den Sachen meines Studenten, der nicht wußte wie er dazu kam. Es ist nun wieder in meinen Händen, u ich erhielt zugleich ein Dedications Exempl der philosophischen Bibliothek v Feder u Meiners. Dieses Buch bringen die Munsterischen Buchhändler gewiß mit v der Meße. Noch habe ich von Leipzig nichts erhalten; hoffe aber daß am Sonntag etwas kommen soll. Mit meiner Gesundheit ist es diese Woche etwas beßer als die vorige gegangen; aber doch darf ich kaum sagen, daß mir nur halb recht ist. Ich muß noch ein paar Zeilen an Buchholtz schreiben, u es ist schon halb eilf. – Lebe wohl, u bleibe Deinem Jonathan was man einem Jonathan bleiben soll. Ich herze Dich mit treuer Liebe Dein
    Fritz J
Die Gewißheit daß Struwe Hufeland den Brief der Exp. d. Allg. Lit. Zeitung geschrieben hätte, erhielt ich durch einen Reisenden, HE Schlegel aus Copenhagen, der seine Hand kannte. Vermerk von Hamann: Aus Friedr. Leopold Grafen Stolbergs Briefe dd Neuenburg den 28 April 88.   bey Schloßers launichter Antwort auf die unbescheidene Anforderung der Berliner ist mir Corbiellesi eingefallen, der in Verbindung mit jungen Leuten stand die Chansons gegen die Maintenon gemacht hatten. Er lag an Podagra als der Lieutenant de Police d’Argenson zu ihm kam ihn zu verhören: d’Arg. Où avez vous soupé un tel jour? Corb. en baillant: je ne m’en souviens pas. d’Arg. Ne connoissez vous pas tels et tels Princes? Corb. je ne m’en souviens pas du tout. d’Arg. Il me semble qu’un homme comme Vous devroit se souvenir de ces choses-là.
    Corb
. Oui Mr. mais devant un homme comme Vous, je ne suis pas un Homme comme moi.
Vermerk von Jacobi: Hamann. Muenster den 10ten May 88 empf den 12ten   beantw den 13ten Münster den 10 May 88. Herzenslieber Jonathan Fritz. Gleich nach Abgang Deines gestrigen Briefs wird der meinige angekommen seyn. Frantz hat Dein Pack nach Angelmodde mitgenommen, um meine
    Freude
mit der holden frommen Fürstin zu theilen. Aus Mangel eines beßeren theile ich die Kindereyen mit, die ich von Hause erhalten u die ich mir zur baldigen Beantwortung wider ausbitte. Auf Dein ausdrückliches Erinnern habe ich W. Abhandl. Dir beygelegt, die hier bleiben sollte. Die Correspondence des Neckers habe auch gern aus den Augen haben wollen u lege selbigen die Lavaterschen Briefe bey. Mittwochs holte mich Rath Sprickman nach Lohmanns Hause ab, wo ich einen vergnügten Nachmittag gehabt. Unsere Vertraulichkeit ist gegenseitig u ich glaube, daß Du lieber Jonathan nicht übelnehmen wirst ihm die beyde Lavaterschen Briefe sub sigillo mitgetheilt zu haben. Gestern wollte ich dem Pericles einen Salamalec machen, er war nicht zu Hause. Ich wollte ihm auch den Monkes abgeben, habe mich aber anders bedacht und will die noch übrigen Bücher, blos wegen der von ihm gemachten angestrichnen Stellen ein wenig durchblättern. Die erste Hälfte des 2ten Theils im Condillac enthielt nur blos einen Auszug des
    Dubos
und
    Warburton
, bey dem mir beynahe der Muth vergieng; desto mehr habe ich am Ende geerndtet und empfehle Dir sehr dies
    Handbuch
aus dem ich viel gelernt. Mit der Litteratur Zeitung machst Du mir ein angenehmes Geschenk; es ist allerdings ein Actenstück. Ich zweifele sehr daß Du mit dem Recensenten Dich jemals oder
    so bald
einverständigen wirst. Est vir publici sapiens et nimis sapit sibi. Ueber den Anschlag, die Elise von der Gegenpartey abwendig zu machen, habe ich herzlich gelacht; er schickt sich zur Spindelpolitik und Rockenphilosophie der schönen Geisterwelt, die ich lieber mit einem † besprechen als zu einem Bündniße citiren mag, den ich trau keinem Fürsten noch Schlangenbündniße. Προσεχετε απο των ανθρωπων steht in der geheimsten Instruction des verborgensten Beruffs, Matth. X. besonders hat man sich zu hüten für alle, die parteyisch in Ansehung unserer, oder für die wir es sind. Deine Autorverbindungen werden Deiner
    Ruhe
einmal nachtheilig werden und die κακαι ὁμιλιαι mit Profeßions verwandten u Glaubensgenoßen in Deine Grundsätze und Handlungen mehr Einfluß erhalten, als Du jetzt absehen kannst. Laß jeden seine Haut zu Markt bringen. Was geht uns die bürgerl. Verfaßung der Juden und der Negern an? Ihre Stunde ist noch nicht kommen – Ich habe die Stelle in der Deutschen Zeitung nicht riechen können und muß mit der Nase drauf gestoßen werden. Es hat mir an Zeit gefehlt Deiner Vorschrift zu folgen und die Recension noch einmal durchzulesen, da ich wegen der Abreise unsers Frantz mit den Beylagen eilen muste. Gestern habe sein Jawort zu der meinigen erhalten, und wir werden uns in Deinem Elysio noch einmal zu
    guter
    Letzt
sehen. Ich werde denmeinen Plan zu meiner Heimfahrt erst bey Dir bestimmen, Dein u der Deinigen Beyhülfe zum Einpacken nöthig haben, denn ich traue den akademischen Füchsen wso wenig als mir selbst, da ich nichts als Maulaffe und Kunstrichter leider seyn kann und mir übel u weh wird zuzusehen, geschweige selbst meine Sinnen und Fäuste zu brauchen. Mein linker Fuß wird tägl. dicker und der rechte fängt an auch Gesellschaft zu machen. Ich stehe jeden Morgen wenigstens um 4 höchstens gegen 5 auf. Das Gehen so nachtheilig als das Sitzen, also zwischen Thür u Angel. Je mehr ich mich aus dem Labyrinthe heraus zu arbeiten suche, desto tiefer gerathe ich in neue Irrgänge. Monde primitif ist ein wahrer Pendant zum Buffon – Aus den
    Origines Greques
ersehe, daß
    lateinische u französische
zum voraus gegangen und nicht mitgekommen sind. Ich freue mich auf Pauw Recherches. Ich vermuthe daß die Qvelle zum
    Seuthes
in Xenophons Feldzuge liegt. Hast Du lieber Jonathan Fritz wegen des Rißes um Verzeihung gebeten in Franzens u meinem Namen. Für ein Andenken wirst Du sorgen als Mecän. Warum hast Du nicht auch das Schreiben des alten de Marées beygelegt, an dem mir
    viel
gelegen ist, weil ich den Mann selbst zu sehen hoffe und wünsche. Ich besorge mehr als einen Halb u Stiefbruder des Hierophanten in ihm zu finden. Häfeli soll guter Mann zwischen uns seyn. Von meinem Raphael ist nichts zu hören; weshalb ich für ihn in Sorgen bin. Diesen Monath muß ich noch alle Kräfte zusammnehmen, wenn ich mein Maas voll machen will. Mit dem Jun. meine Cur anfangen und an meinen Abschied aus Münster denken. Der Kopf raucht mir, wenn ich dran denke. Der mich hergeführt wird mein Engel zum Rückwege seyn und alles vor- und zubereiten, Berge und Thäler hügeln zum Thal zu einer Ebene machen mitdurch mseine dienstbare Geister, auf die ich mehr als auf meine Beine rechnen muß. Fiat voluntas TVA! enthält alle pia desideria in nuce. Verzeih, liebster Fritz Jonathan, mein unzusammen hängendes Geschmier und werde über meine Besorgnis u Freyheit Dir selbige merken zu laßen nicht unwillig. Cur ego amicum offendam in nugis? Die Folgen sind bisweilen ernsthaft gnug. Ueberlaß der Zeit die Verklärung Deinder guten Sache. Recht thun ist beßer als recht haben. Ich fühle lauter Eis in meinen Füßen. Es ist heil. Abend und morgen eins der schönsten Feste – Laß mich Othem schöpfen – Der freudige Geist enthalte uns. Ich küße und umarme Dich und die Deinigen unter den herzlichsten Seegenswünschen. Ich habe die Correspond. des Neckers u Lavaters lieber zurückbehalten vielleicht findt sich Gelegenheit. Für die Zurückkunft der 3 Beyl. werde sorgen. Vergiß nicht den Brief des alten Zionswächters und mach daß ich bald nach Hause antworten kann. Lebe wohl und habe Gedult mit Deinem alten Joh Ge.
Pempelfort den 13ten May 88 Vermerk von Hamann: Erhalten den 14 Geantw den 16, 17 Lieber Herzens Vater! Ich bin heute morgen mit einem so argen Schwindel aufgewacht, daß ich mich kaum besinnen u szu mir selbst komen konnte. Auch jetzt vermach ich kaum aus den Augen zu sehen, u habe arge Schmerzen. Ich schicke Dir mit vielem Dank die mitgetheilten Briefe aus Koenigsberg zurück, die ich mit Vergnügen gelesen habe. In den Briefen der Elise ist doch etwas v kalter Ziererey, das mir nicht behagt, u mich zweifelhaft läßt, ob die Kälte v der Ziererey, oder die Ziererey v der Kalte herrührt. Den Brief v De Marrees hatte ich zurück behalten, aus Gründen welche Du geahndet zu haben scheinst. Hier ist er, nebst einem Briefe v Reichardt, den ich vorigen Posttag allein deswegen nicht beylegte, weil ich fest glaubte, Du hättest unmittelbar v Lindner umständlichere Nachrichten. Wie in aller Welt, Lieber, kommst Du zu dem frühen Aufstehen? Billigt das Dein Arzt? Wäre ich nicht krank, ich hätte eine Spottschrift gegen Fürstenberg, Amalia, Mariane und Sprickmann ergehen laßen, darüber daß sie nicht einmahl vermögen einen Weisen, einen Magum zu regieren; was werden sie mit andern Menschen ausrichten? – Bleib Du hübsch im Bette, wenigstens bis Morgens um 8 Uhr, u sorge nur so gedekt zu seyn, daß Du nicht schwitzest. Wir alle sind in voller Freude darüber, daß wir Dich Anfangs Juni wieder haben sollen – Grüße Sprickmann., Dein Wesen mit ihm thut mir wohl. Es ist ganz recht daß Du ihm Lavaters Briefe mitgetheilt hast. Wie oft muß ich Dirs wiederhohlen, daß Du mehr recht hast als ich selbst über das Meinige zu schalten. Du magst also Sprickmann auch alles was ich zul Freytag geschickt habe zeigen. – Ich sage Dir noch einmahl, grüß ihn. Ich zielte nicht auf eine besondre Stelle, sondern auf Beckers ganzen Aufsatz. Meiners hatte die Rechtmäßigkeit des Negernhandels, aus Gründen des Nützlichen darthun wollen; u Becker antwortet, (wahrscheinlich weil er den Tag vorher ein gutes Buch gelesen hatte), solche arme Wichte wie wir, könnten daher kein Recht bestimmen, u thäten beßer uns an dem Satz zu halten:
    was ihr nicht wollt das Euch Leute thun sollen, das thut Ihr ihnen auch nicht
. Ich kann nicht mehr schreiben; der Kopf w will mir zerspringen. Entschuldige mich bey Amalien. Ueber die Idee der Schloßerinn in Absicht der Frau v der Recke habe ich gelacht u ein X gemacht wie Du; auch so darüber an Schloßer geschrieben, u Deiner dabey gedacht. nach einem gestern v der Schloßerinn eingelaufenen Briefe, hat Schloßer die Idee an die v. d. R. so zu schreiben wie er vor hatte aufgegeben; er konnte nicht damit zu Stande komen. Meine Anmerkungen uber diese Idee hatte er noch nicht. – Auch über Rehberg denke ich gerade wie Du. Ich fürchte aber nicht daß er mir zu nahe kommen wird. Diese Art Menschen sind mir – ich möchte sagen
    geläufig
. Rehberg aber hat immer eine gewiße Derbheit, die ich achte, u ist kein Heuchler. – Von Leipzig habe ich noch nichts. Wie mich nach dem Büchlein v der v d. Recke, u Zimmermanns Schrift verlangt, kannst Du Dir vorstellen. Lebe Wohl. Grüße Franz u Marianen in meine Seele – Gott mit uns! Dein Fritz Jonathan. Höre doch auf mit den Entschuldigungen wegen des Rißes in Schenks Seuthes.
Vermerk von Jacobi: Hamann. Munster den 14ten May 88   Unger empf den 15.   b den 16ten M. den 14 M. 88. 9½ Uhr Ich bin auf dem Sprunge nach Angelmodde zu wallfahren und erhalte, lieber Herzens Jonathan Dein erwünschtes Schreiben nebst Beyl. die ich mitnehmen und noch einmal durchlesen werde. Die Beyl. des vorigen wären auch mit gekommen wen nicht Franz um den Aufschub eines Posttages gebeten hatte. Mache nur, daß Dein Schwindel aufhört, und nimm nicht an meinen minimis zu viel Antheil. Am heil Abend fallen mir die Livres Classiques de l’Empire de la Chine vom Abt Pluquet übersetzt, in die Hände. Franz hatte selbige aus unserer guten Fürstin Bibliothek mitgenommen ohne sie angesehen zu haben. Auf meinem Faulbette hatten sie auch schon einen Monath auf mich gewartet. Ich laufe des Jesuitischen Gemälde von China mit Eckel durch und erbaue mich desto mehr an Confucius. Dadurch bekomm ich lust Deinen Chuking den ich nicht Herz gehabt habe anzulesen und habe mich so vertieft, daß ich nicht aufhören konnte als biß ich damit gestern zu Mittag damit fertig wurde. Vor Freuden bekomme ich Lust u Muth nach St. Mauritz zu gehen – und habe den gestrigen Tag mit 4 Gläser Punsch beschloßen, die ich der Mutter Marianne halb abgeilen und abpochen muste. Meines Artzt u Freundes Druffels Rath zu folge und den Eindrücken der kalten Witterung gemäß – liege ich jetzt später im Bette, und folge Eurem Rath – Heute nach Angelmodde gestern nach Mauritz u morgen vielleicht nach Lohmanns Hause. Also herrlich und in Freude. Gott lob! daß meine Unruhe um Raphael umsonst gewesen ist. Ich habe heute Alexis I zum zweiten mal durchstudiert und habe den Kopf davon zieml. voll. Komm ich bey zeiten nach hause: so werde noch ein paar Worte hinzusetzen. Verspät ich, so hat Hans den Auftrag diese Zeilen zu befördern. Tausend Dank für Beyl. Die hamb. Zeitung hat Elise recensirt; von Zimmermanns Schrift weiß noch kein lebendiges Wort. Nur vor allen Dingen alles vermieden, was Deine Migraine reitzt und den Schwindel vermehrt. Gott empfohlen. Sonnabends schreib mit Gottes Hülfe gewiß. Gott mit uns allen. Amen. 6½ Uhr. Ich komme eben von Angelmodde wider heim voller Zufriedenheit über den herrl. Tag den ich halb im Gezelt halb am Caminfeuer zugebracht habe – Perikles kam auch nach der Mahlzeit zu Pferde hin. Ich habe Zimmermanns Schrift dort gefunden, die ich morgen erhalten werde und Kants Kritik der practischen Vernunft. Deine Briefe habe alle dort gelaßen und erwarte selbige morgen wieder zurücke. Neckers Correspondance habe auch durchgelaufen. Wieviel komt es auf die Ordnung an, mit der man die Dinge lieset. Von dem Innhalt kann ich nicht urtheilen, der geht mich auch wenig an und ist über meinem Horizont. Aber mit der Form bin ich ausgesöhnt und Calonne gefällt mir nicht mehr. Necker mag sich immer in seinen Rechnungen geirrt haben; sein Verfahren ist offener und redlicher als seines hämischen Gegners mit seinem Billet doux und politischer Zurückhaltung. Quousque tandem – – Du kannst Dich man auf diesen Anfang eines Hirtenbriefes gefaßt machen, wen Du nicht bald aufhörst ein
    metaphysischer Catilina
zu seyn. Meine Lebensgeister sind in einem solchen Taumel, daß ich heute nicht mehr schreiben kann. Morgen wills Gott nach Lohmanns Hause zu unserm Freunde Sprickmann, den ich seit 8 Tagen nicht gesehen habe und nach deßen Schwindel ich mich auch erkundigen muß. Mit der nächsten Post hoffe ich beßere Nachrichten von Deiner Gesundheit zu erhalten. Tausend Grüße an die Deinigen von dem alten dito Oedipo. Vale et faue!
Durchlauchtige Fürstin, Gnädige Frau, Ew. Durchlauchten habe die Ehre die versprochene Handschrift zu übersenden mit dem unterthänigsten Dank für alles Gute, das ich gestern in Angelmodde genoßen, und mir so wohl getan hat, ohngeachtet ich mich gelüsten ließ, noch ein wenig Abendbrodt zu kosten / Histoire naturelle de la Parole, extraite du Monde Primitif, 8. „C’est un precis des Principes sur la
    Grammaire universelle et comparative
– et sur
    l’origine de Language et de l’Ecriture
à l’usage des jeunes gens. C’est un exposé simple et rapide de ce qui compose deux Vol. in 4o du Monde Primitif. En les debarrassant de toute discussions nous avons quelquefois substitué de nouvelles definitions aux anciennes, afin de les rendre plus nettes et plus exactes. Pour en faciliter l’aquisition, nous avons mis cet Abregé au plus bas prix qu’il nous a été possible.
Ich besitze die Lettre sur les Desirs, aber die sur l’homme et ses rapports fehlt mir hier – denn meines Wißens ist sie unter meinen Büchern zu Hause. Um die Additions mit Nutzen lesen zu können, bin ich genöthigt mir den Gebrauch dieses Werks von Ew. Durchlauchten auszubitten. / Eben kommt der Bote, dem ich den Peltz sowohl als den
    Kant
zum Einbinden mitgegeben habe. Ich bin letzteren nicht im stande zu lesen, und habe ihn bloß durchblättern können. Muß das übrige unterdrücken, das Ew. Durchl. beßer ergänzen werden, als ich es im stande bin auszudrücken in meinem und unser aller Namen. Ersterbe Ew. Durchlauchten ewig verpflichteter Diener Joh. Georg Hamann den 15 May 88.
Pfort den 16ten May 1788 Vermerk von Hamann: Den 17 geantw. eod. Ich bin noch nicht beßer, lieber Herzensvater, u habe mir eben ein Tränklein verschreiben laßen, das helfen soll. Gott lohne Dir, daß Du mir so fleißig Nachricht v Dir giebst. Einliegend ein besonderer Abdruck der Gründe gegen die Abschaffung des Χstenthums, aus dem May des Museums. Mehrere Exempl davon folgen Montag mit dem Postwagen. Vorgestern erhielt ich das Büchlein d v d Reck, u habe mich über Stolberg geärgert, daß er so viel Wesens davon machen konnte. Es ist ein eben so albernes als tückisches Ding; eine wahre Galgenfrist für die Berliner. Deinem mit künftiger Post versprochenen Briefe sehe ich mit Verlangen entgegen, u hoffe zu Gott, daß ich bis dahin wieder im Stande seyn werde zu antworten. – Erhalte mich in gutem Andenken bey unsern Freunden. Mit innigster Liebe Dein Fritz – Ich schicke 2 Abdrücke, damit unsere liebe Holde gleich eins haben könne. Vermerk von Hamann: Meister Thomas der Schuster in Berlin S. 267. 268 Ueber Friedrich den Großen und meine Unterredungen mit ihm kurz vor seinem Tode. Von dem Ritter von Zimmermann. Kgl. Großbritt. Leibarzt – Hofrath. Leipz. 788 S. 301. Nun hat der König seinen Zweck erreicht. Sack glaubt nicht an Gott den Vater, Spalding nicht an Gott den Sohn u Teller nicht an den heil. Geist. Epoques raisonnées sur la vie d’Albert de Haller, par le Comte Maximilian de Lamberg Leipz. 78 p. 39. den berühmten Anekdotensammler in Bayern. Briefe von Selkof an Wolmar Zürich 777. vom witzigen Schulmeister Hottinger in Zürich. Zimmerman souvenez vousAnhang S. 251. du bon Vieillard que Vous avez vu ici den 18 May 88 am Sont. Trinitatis Hoc est membrum nostrum imperiale sacro-caesareum p S. 221. Vermerk von Jacobi: empfangen den 20ten May   b. den 23ten Münster den 16 May 88. Lieber Herzens Jonathan Fritz, Marianne u Hans sind diesen Morgen nach Angelmodde gegangen und ich halte mit unserm lieben Frantz allein Haus. Gestern war bey Sprickmann in Lohmans Hause und habe in seinem nah gelegnen Garten seine ganze Familie kennen gelernt, wie ich schon mehr als einmal gewünscht. Seine Tochter feyerte eben Ihren 13 oder 14 Geburtstag. Es war also ein guter Tag aber bey mir nicht recht heiter. Morgen erwarte ihn und schreibe daher heute provisorie, weil ich nicht zu lesen im stande bin. Die neul. mir anvertrauten Beylagen kommen bestellter maaßen mit dem herzlichsten Dank zurück. Ich habe sie mit gestärktem Vergnügen zum zweiten mal durch gelesen. Bringt mir Hans Deinen letzten Brief mit Einl. zurück so lege alles zusammen. Deine Antwort hat mir beßer und beßer gefallen als Rehbergs Zuschrift, auf deßen Duplick ich neugierig warte. Ich kann mich auch nicht besinnen sein Verhältnis u das Lichtenbergsche Magazin gelesen zu haben, welches hier bey der Fürstin oder sonst aufzutreiben hoffe. Hab ich vergeßen den Inhalt; so wird er mir jetzt mehr einleuchten wegen der Scrupel, die mir sein Briefwechsel gegen ihn veranlaßt hat. Ein sehr blinder aber viel mehr zu eitler Handleiter des FlPublici, das ich mir nicht so unmündig u kindisch vorstelle, sondern wie jede εξουσιαν τεταμενην, und jedes velamen der Vorsehung und περιβολαιον, δια τους αγγελους, der unsichtbaren Kräfte und ihres unmerkl. Einflußes physici oder vorherbestimten Harmonie wegen. Das Christentum nimmt mit einem Plätzchen entre deux larrons, wie der Stifter deßelben gern fürlieb. Sie wird nicht gejagt, sondern es werden ihr 2 Flügel eines großen Adlers gegeben, und es fehlt ihr nicht an Nahrung in der Wüste, so wenig sans comparaison wie der kleine Görgel in den abscheuligen WSümpfen die Du Dir in Welb. einbildetest. Es freut mich in der Seele, daß ein so liebenswürdiger gutgesinnter vortrefl. Man an meine Projecten alles mögl auf meiner Heimfahrt zu
    genießen
, wie ich während meines beynahe volljährigen exilii peripatetici in M. P. und W. mehr utiliter als honeste gethan habe, Antheil nimmt. Auch Hollstein wird heimgesucht werden von dem alten Oedipo, und ich werde so viel dona impressa und
    gute Werke
mitnehmen als ich in meinen Coffresforts beherbergen und in meinen Winkeltaschen mitschleppen kann um meine alte Muse der langen Weile unterwegs den Mund zu stopfen.
Verzeih mir, daß ich Dir wegen des menschl. Fehlers, den ein Satyr unserm Geschlecht vorwarf, auch das kalte und warme Deines Othems zur Last lege. Wie kann ein
    wütender
zugl. ein
    verständiger
und
    schlauer
Man in Deinen Augen seyn, mit den 2 beyden Augen Deines Urtheils so angeschielt werden. Deine Philosophie und Gnosis aus Geschichte u Erfahrung nicht auf den Zehen zu treten komt mir 1. die alte Geschichte des nur in neuem Balge erscheinenden Catholicismus nicht als ein Idealismus sondern leider! unsterblicher und unwiderleglicher Realismus vor. 2.
    Unrecht zu bekommen
u zu haben ist keine Unmöglichkeit, sondern eine Wirkung unser Humanität, die ich niemals zu verleugnen oder abzulegen despotisch und positiv gnug seyn werde. Du kannst das Uebel freylich nicht sehen, weil Du selbst mit einem geheimen Katholicismus leider! inficirt bist, und wie es allen Gesetzgebern geht, nicht Herz gnug hast den Stab über Deinen eignen Kopf zu brechen. Ein Mann der
    unschuldig
für einen Bösewicht und Lotterbuben gehalten wird. Ich finde keinen so großen Heroismum drinnen, Schwachheiten zu bekennen, die nackte Wahrheit offen zu legen, geheime Schaden, die jedermann in und an und um sich fühlt aufzudecken, Sokrates und Plato zu verleugnen u zu verrathen dem alten Weibe zu Gefallen, oder der Dulcinée unserer irrenden Ritter. Krokodillenthränen sind leichter als Werke desr Sinnesänderung. Des besten, edelsten rechtschaffnen Menschen göttl. Verhängnis war es ein pendard zu seyn. Die ächtesten Urkunden u Zeugniße, alle Enargie und Energie von Zeichen u Wundern. Du scheust Dich nicht, Gamaliel factice, meinen ehmaligen Beichtvater dem ich die Absolution der lächerlichsten Autorsünden und witzigsten Verleumdungen zu verdanken habe als einen harten, ehrgeitzigen planvollen, dem Geist nach geschornen Maul und Bauchpfaffen zu lästern. Ach Deine politische Freundschaft übertrifft alle pias fraudes, die Du so nachdrückl. an andern rügst und mit Deiner spitzen Feder in petto ärger als das babelsche Otterngezüchte treibst und selbst ausübst. Wie kannst Du einen sich selbst über
    Hals u Kopf herunterstürzenden
Wie willst Du einen solchen wütenden Menschen
    aufhalten
– Lege die Feder nieder, schöpfe eine frische freye Luft, und weine über Deine eigene Visionen nicht wie ein altes Weib sondern wie eine würdige Tochter – nicht des Mendelssohnschen sondern paulinischen Jerusalems die unser aller Mutter ist über das traurige Schicksal aller 9 Musen mit dicken Bäuchen und vollen Eutern für die Oster und Michaelis meße, des gähnenden und wiehernden Publici. Babel hat seinen Geist der Offenbarung oder vielmehr Ueberlieferung verdächtig gnug gemacht. Lieber ein Zöllner und Sünder, als der Beyfall mit den Füßen, den Du vielleicht unter Pedantismum verstehst.
Verschleudere nicht all Dein philosophisches Mitleiden zum besten der Starken, die keinen Artzt nöthig haben, behalte noch ein wenig für die unglückl. Feinde übrig, die bey aller ihrer guten Meinung und guten Willen
    Namen
auszurotten und heterogene Elemente
    in Eins zu werfen
, tief gefallen sind und immer tiefer fallen in die Grube, die sie andern gegraben haben.
Spiele die Rolle eines Acteurs, Courtisan nach den Winken des paradoxen Diderot. Wenn Du nöthig findest Dich vor den feindseel. Berlinern zu hüten, so hast Du eben so viel und vielmehr noch mehr Ursache vor ihren orthodoxen und zelotypischen Gegnern auf Deiner Hut zu seyn. Man kommt mit leichter Mühe so weit, daß man
    thun muß
, was man nicht laßen kann oder will. Zum letzten mal liebster Jonathan u Gamaliel Fritz, laß Dich nicht von den literarischen Renommisten hinreißen, und mische Dich nicht als
    Laye
in die Händel und Amtsgeschäfte der Schriftgelehrten. Sey weder ihr Pendant, noch Pedant – weder ihr Patron noch Sykophant. Ob die Demuth eine Kostgängerin der Eitelkeit, oder diese bey jener freye Kost genießt. Die Anonymität und Pseudonymität können beyde eben so unschuldig als zweydeutig seyn. Was es mit Gevatter Asmus Anstellung bey der Bank für ein Bewandnis hatte, möchte ich gern genauer wißen. Nexus rerum und idearum ist nicht einerley;
    bürgerl. u moralische
Rechtmäßigkeit eben so verschieden. Der liebe gute Pericles war mit
    Seuthes
sehr zufrieden, auch mit des des Marées politischen Urtheilen. Ich halte es mit dem heil. ConfuciusQue celui qui est
    empereur
, n’entreprenne de changer rien dans les
    Rites
et dans la
    Musique
s’il n’a pas la vertu des Sages; et que celui qui est
    sage
se garde bien de
    vouloir
changer rien dans les Rites ou dans la Musique, s’il n’est Empereur, ni
    Juste milieu
ou
    Milieu immuable
.
Vergiß nicht für das mir zugedachte Exemplar des Seuthes Sorge zu tragen. Ich habe es nicht recht lesen können und nur mit dem allgemeinen Eindruck für lieb nehmen müßen, und halte es nicht immer mit denen ich sympathisire, weil ich Freunden nicht zu viel traue so wenig als mir selbst et ab hoste consiliumIch erwarte mit Hans Zimmermanns Schrift die eben in Angelmodde gelesen wurde. Dem Fragment des Alexis II habe ich den meisten Aufschluß zum Character des Haagschen Sokrates zu danken, dem der hyperborëische so entgegen gesetzt ist als die beyde Pole des Magneten und unserer Erdkugel – Ich machte aus unsern Differentia specifica der Diotime kein Geheimnis. Die vierte Art des Ruhms d’amuser le peuple wäre mehr nach meinem Geschmack und überlaße gern la gloire la plus solide d’eclairer les hommes, la plus douce des les faire du bien et la plus riche et la plus feconde de les defendre des maux – aux etres
    actifs qui veulent
, et a leur essence
    active et voulante
. Les petites tetes, les nonante et
9 statt 20 × 4 + 19 les 1000 vertus et proprietes dans 2 gouttes, qui se confondent sans autre changement que la
    duplication
de leur energie,
ohne die übrigen Idiotismen zu überzählen. Der
    Schein
hängt nicht von uns, sondern von andern ab; mais il faut que nous donnions l’etre. Die Natur ist allerdings un ouvrage de Penelope; und ohne Principes destructeurs giebt es wenige generationen. Vnius corruptio, alterius generatio. Die Gerechtigkeit ist bey Fürsten wie die Wahrheit bey Philosophen. Ohne Gerechtigkeit giebt es keine Existenz – ist allerdings wahr, aber nur in einem Sinn, der dem Verfaßer nicht eingefallen ist. Die Themis eine Tochter des Himmels u der Erde welche von dem stupiden Böotien geglaubt und angebetet wird scheint mir evidenter als die Tochter des Jupiters und der Liebe. Wenn Cupido darunter verstanden wird, so weiß ich wie eine Tochter des Ganymedes und Donnerers und diese neue Knabenschänderey fruchtbar geworden, le sentiment
    d’individualité
de l’ame avec
    l’étendue
    figurée et determinée
du corps – mais il est fait naturel que ceux qui sont les plus capables des sensations sublimes sont rarement les mêmes qui y reflechissent le plus.
Ich habe mich umsonst über einige Anmerkungen über l’homme et ses rapports gefreut, werde kaum im stande seyn, weder den Text noch die Randgloßen auszustehen und auszuhalten. Wie wahr heißt es p. 24 des gedruckten corporis delicti: Ce qu’on a devoué souvent du nom de Philosophie n’est proprement que la lie, qui demeure après l’effervescence de l’imagination. Kantens Kritik der practischen Vernunft habe angesehen u das Exemplar der Fürstin, ein paar Stunden drauf zum Buchbinder befördert, weil ich weder den Elementen noch der Methode gewachsen bin, die neue Ausgabe noch nicht habe lesen können und die alte gänzl. vergeßen habe. Die Noten des seel. Witzenmann habe gelesen. Du hättest es nicht zugeben sollen daß er Dich zum Stifter einer Secte und besondern Philosophie gemacht, die er nach Deinem Namen getauft und wie die Vorhaut der Beschneidung entgegen gesetzt hat. Als paterfamilias hattest Du Censor desjenigen seyn sollen, was sub vmbra alarum und auf Deinen Gränzen geschrieben, wenigstens nicht selbst Gevatters Stelle oder Pflegvater des Kindes seyn sollen und es mit einem Attestat dem Publico ankündigen. Der Spatzierweg mit Franz hat mir wohl gethan, so viel Ueberwindung ich auch nothig hatte mich dazu zu entschließen, weil mein famulus zum Anziehen fehlte. Ich warte mit Schmerzen auf die Widerkehr der Fußgänger und das, was sie mir mitbringen werden. Ich lese jetzt die Histoire des Atlantes oder Histoire des hommes. In der Fürstin Bibl. fehlt der erste Theil den ich zum Glück bey Sprickmann gefunden. Kannst Du mir den Namen des Verf. nennen, so wäre es mir lieb, aber mit Zuverläßigkeit. In Court de Gebelin habe ich
    notre
Histoire
ancienne angeführt gefunden – Sollte es daßelbe Buch seyn und ist es ein gemeinschaftl. Werk wie Buffons Histoire dela Nature mit Aubenton? Er redt von einem Peuple primitif wie jener von einer Langue primitive den 17 des Morgens. Eben erhalte die 2 Exempl. der Sw. Uebersetzung und danke in meinem und der Theilnehmerin Namen, die mir
    gestern Deine Briefe nicht zurück
geschickt und sich über eine schlaflose Nacht beklagt haben soll. Ich
    zweifele
daß ich morgen wider hinfahren werde, weil sie übermorgen selbst hereinkommen wird, und ich nicht weiß wo ich die Augenblicke hernehmen soll diesen Monath aus meinem Wust heraus zu kommen, mit dem ich mich ab extra u intra überlade und überladen werde. Cura vt valeas, laß Deine Hauptsorge seyn. Ich predige und bin leider! taub. Das Leben ist mehr denn die Nahrung, und doch freß und sauf ich zum Nachtheil meiner Gesundheit, die immer mehr unterdrückt als befördert wird. Es ist ein wahres Kreutz, zu thun was man haßt und haßen zu müßen, was man selbst thut, und diesen Widerspruch mit sich herum zu schleppen. Ich suche wie ein Narr nach den Abschriften des Circularbriefwechsels und weiß nicht wo selbige geblieben sind. Mein letzter Trost ist, daß
    Frantz
sie haben wird. C’est un gouffre – Er soll mir heute suchen, es mag wieihm so sauer werden als es mir wird. Ich habe Dir doch nicht diese Abschriften mitgegeben – lieber Jonathan. Vielleicht werde ich von dieser Angst und Unruhe durch mein treues Ebenbild desr Unordnung, Scrupulosität und Leichtsinnigkeit befreyt. In der Aergernis hast Du das
    alberne
und
    tückische
Ding gelesen. Ich hoffe darüber zu lachen so sehr ich den
    Einfluß
alberner und tückischer Dinger fürchte, die den Schein für sich haben, und im Grunde nichts sind, oder den Schein wider sich haben und für nichts geachtet werden. Die Berliner werden sich die Galgenfrist zu Nutz machen und selbige zu Verbeßerung Ihres Plans anwenden können. Wenn Dein
    Correspondent
stutzig gemacht worden, wird es dem großen Haufe nicht ärger gehen – und sind die Demagogen oder Ochlogogen nicht gleicher Meinung. Nil admirari – nil aspernari: sondern mit Galgenvögeln verständig und schlau umgehen nicht wie ein wütender Steine und Prügel gegen sie brauchen, sondern die Lockpfeife um sie zu amusiren und sicher zu machen. An ihrer Aufklärung, Bekehrung, p ist nicht zu denken, und sie verdienen diese unerkannte Wohlthat nicht. Dadurch geben wir Ihnen neue Waffen, mit denen sie dem Himmel sey Dank! nicht umzugehen wißen.
    Uebereilung
und
    Leidenschaft
war die Qvelle des Misverständnißes von der einen Seite und wird es wahrscheinlich auch von der andern seyn. Was Du
    dort
abscheulich nennst, komt mir gantz natürl. und beynahe rechtmäßig vor. Es ist
    abscheulich
, wenn Wahrheit u Unschuld von ihren Bekennern mishandelt wird. Kurz, wir sind alle Sünder und mangeln des Ruhms, den wir uns anmaaßen und zu besitzen einbilden, und ich finde hier keinen Unterscheid, welcher der Rede werth ist. Urbanität und Rusticität sind lange keine Humanität, an deren gerechten und unwandelbaren MittelPunct mich halte. Das Suum cuique ist die Grundlage aller Existenz – und aller Pflicht, aber das Suum cuique zu bestimmen nicht unsere Sache, aber leider! ein allgemeiner u herrschender Misbrauch Je weniger u seltener ich schreibe, desto eher kannst Du mich Herzenslieber Fritz Jonathan! in Person erwarten. Gott gebe nur, daß wir uns gesund und zufrieden einander widersehn. Ich habe Deinen Rath und Beyhülfe höchst nöthig um
    reisefertig
zu werden. Die Haare stehen mir zu Berge, wenn ich daran denke, wie ich es anfangen soll. Wäre ich nur erst wider
    unterwegs
nur! so müste ich nolens volens plus vltra – davon mündl. mehr! Ursache hast Du wohl nicht meine Ankunft zu wünschen, aber desto mehr wird es kosten die Abreise zu befördern und meiner los zu werden. So geht es mit allen unsern Wünschen – wie uns selbst. Staub, Erde und Asche! Was ist der Mensch, daß Du sein gedenkst und des Menschen Kind, daß Du Dich seiner annimmst – Engel und Freunde zu unseren dienstbaren Geistern macht. Ist unsere Eitelkeit oder unsere Demuth Blendwerk? Wer nährt beyde – wozu sind beyde nöthig und nützlich, wie Himmel und Erde, zu unserm Daseyn? Der Manichäismus und Atheismus liegt in unserer Natur und in unsern Misverständnißen derselben – das Gegengift ist der Geist unsichtbarer und unerkannter Wahrheit, die durch das Christentum erhöht worden, wie die eherne Schlange vom Gesetzgeber Moses. Wem um den Geist zu thun ist, der kehrt sich weder an die
    Materie
,
noch
    Form
der Wahrheit; die Kräfte und Wirkungen derselben, nicht die Elemente und vehicula sind die Gegenstände der Erfahrung und Mittheilung oder Fortpflanzung. Mein Kopf schwärmt und schwindelt ärger wie Deiner. Ich muß aufhören unter den herzlichsten Seegenswünschen Dich bald wieder hergestellt zu sehen und im vollen Genuß Deiner lieben Schwester Kinder u Freunde. Lebe wohl und verzeih mein abscheuliches Geschmier. Ich weiß selbst nicht wie mir zu Muth ist. Alles befindt sich hier wohl und denkt fast tägl. an Pempelfort. Erfreu uns nächstens mit guten Nachrichten von Deiner Erholung und   Ruhe! Dein alter erschöpfter Johann Georg
Ich kann nicht begreifen, wo Deine Abschriften der Circular Briefe hingekommen sind. Franz hat gesucht und findet nichts unter seinen Sachen.
    Du
    hast sie doch wohl nicht mitgenommen
. Die Fürstin hat selbige erwartet ohne sie erhalten zu haben. Pericles hat sie gehabt aber den Tag drauf gleich nach Hause geschickt. Auf diesen Umstand besinne mich, weil er Eindruck auf mich machte. Der einzige Ausweg ist noch, daß Du selbige vielleicht der Fürstin hast geben wollen, und sie unter Deinen Sachen zurück gekommen sind. Ich kann heute unmögl. schreiben. Du wirst mir verzeihen, daß ich versprochen habe und nicht beßer erfüllen kann. Gott sey mit uns allen! den 18 Dom. Trinit. Ich habe mich an Zimmermann über Fr.
    gesund
und
    wider wacker
gelesen, und eine Suppe zum Frühstück verschlungen die Franz für sich bestellt hatte und den Appetit dazu verloren. Sic vos non vobis – Mein gestriger Paroxysmus kam vielleicht von einer Arbeit her die ich über einige von uns. christl. Aspasia in den Sokr. Denkw. angestrichene Stellen – an denen ich gestern einen großen Bogen verdorben immer von neuem anfieng ohne von der Stelle zu kommen. Zimmerm. Anhang uber seine eigene Krankheit u ersten Unterredung ist mir eben so wichtig als die Nachrichten vom Könige. Man muß den Verf. der
    Einsamkeit
kennen und seinen Held studirt haben um alles cum grano salis zu verstehen mit einem breiten Rande zu Gloßen. Dein
    von Leßing gesagtes Wort
kommt auch vor; aber das Gemälde des Geheimniskrämers übertrift die Carricatur des armen Oberreit, der ihm noch immer wie ein Stein auf dem Herzen liegt. Nur wünschte ich den Eindruck woder Elise mit Deinem Urtheil vergleichen zu können. Meister Thomas der Schuster in Berlin hat mich an seinen Zunftgenoßen einem Herzens freunde des Crispus erinnert, bey dem ich mir ein Paar Stiefel zur Reise machen lies und
    Camper
zurm lesen gab. Wenn Sack ein
    Naturkundiger
ist, so mag es mit dem Glauben an Gott den Vater nicht – der zweite soll ehmals ein Socinianer gewesen seyn – aber in Ansehung Tellers bin ich mit dem Meister Thomas vollig einstimmig. Des Salomons in Norden
    Seele
war sein
    Name
. Er irrte also nicht im Begriff sondern nur im Worte. Er liebte das Christentum wie die Medicin und wünschte sich einen
    Artzt
deßen Mittel auf der Stelle wirkten wie ein Blitz und in einem
    guten Wort
bestanden, das aus seinem Munde gieng.
War wieder ein
    Nahme
schuld, daß er die
    Sache
nicht verstand. Ich bin heute nicht nach Angelmodde gegangen und will die Fürstin lieber morgen hier sehen, wenn Sie Wort halten kann. Nun kann ich unsers Reich. Nachricht von dem Verdruß der Berl. beßer verstehen aber des Marees von einem agyptischen Namensvetter schreibt vom Kayser deines Melodrama B. F. Köhler Döbel und G H. Lückenwald sind lauter Hieroglyphen für mich aus denen ich nicht rime noch raison heraus bringen kann. Ich lege also die letzten Beyl. mit an nebst den 2
    Briefen des Lav
. und der
    Corresp des Necker
um alles in saluo zu bringen. Beynahe besorge ich daß alle meine Unruhe wegen der verlornen Abschriften des epistolarischen Cycli auf einer Täuschung meiner Erinnerungskraft beruht. Gott gebe es zu meiner Zufriedenheit; denn wenn ich was suche ohne es finden zu können, fühle ich eine Gahrung in meinen Lebensgeistern, die mich beynahe zur Verzweifelung bringt. Habe ich die Abschriften wirkl. zum Behalten bekommen oder hast Du
    selbige
mir blos zum
    Lesen geliehen
und selbige zurück erhalten oder selbst zurückgenommen. Beruhige und besänftige mich drüber; denn mein Kopf ist eine Laterna magica. Wenn Du gute Maasregeln, lieber Jonathan Fritz zu meiner Heimfahrt nimmst, so werde ich meinen alten Freund Häfeli, den alten Elias facie ad faciem kennen lernen, und vielleicht seinen Bruder im Calvin den Vater des lüderl. Renegaten und Apostaten Penzel; auch möchte ich gern Pleßing Vater u Sohn in Wernigerode sehen. Die Marschroute ist eine wahre Qvadratur des Cirkels, die ich mir von Dir verspreche. Bringst Du die ins reine, eris mihi magnus Apollo und die Phyllis der Metaphysik soll Dich krönen zu ihrem Statthalter und vicarius mit einem Schleier u einer Nachthaube, wie die nordischen Magi gemahlt werden. Souvenez vous, mon cher Jonathan d’un mechant Vieillard et de sa famille comme je me ressouviens de Vous, de vos dignes soeurs et de vos chers enfans et de tous nos amis communs. Ich habe ein P. S. aus der
    Vulgata
zu den 4 Motti im Stambuch der Prinzeßin zusammen geflickt, das ich selbst nicht verstehe und daher auch nicht auszulegen im stande bin. Ich wills Dir abschreiben. Es macht und vertreibt die Kopfschmerzen wie der heil. Matthias das Eis giebt und bricht, nimmt oder bringt. Si q. Sages de ce monde sont parvenus par leurs Etudes dela Nature (speculum in aenigmate) à la vision d’un Etre des Etres de raison, d’un Maximum personifie: Dieu a revelé (facie ad faciem) l’humanité de Sa vertu et de sa Sagesse dans les Origines etymologiques de l’Evangile Judaeis Scandalum; Graecis Stultitiam 1 Cor I. 23. 24. XIII. – – Vetera transierunt ecce facta sunt omnia noua 2 Cor V. 17 per Eum qui dixit: Ego sum Α et Ω Apoc. XXI. 6. Prophetiae euacuabuntur, Linguae cessabunt, Scientia destruetur, euacuabitur quod ex parte est – Non est
    Judaeus
neque
    Graecus
: non est servus neque liber: non est masculus neque femina. OMNES-UNUS Gal. III. 28.
Auf besonderem schmalen Zettel: DEVS erat verbum – et vita erat lux hominum, quam tenebrae non comprehenderunt et mundus per IPSUM factus non cognovit. Vnigenitus in sinu Patris, Ipse enarrauit contubernalibus terrae filiis – Ipse
    didicit
ex iis quae
    passus
est Ebr. V. 8.
Παθηματα, vera μαθηματα et
    Magna Moralia
Sicuti aliquando – ita et nunc – Rom. XI. 30, 31. L’hypocrite renversé, le Sophiste arctique Philologus seminiverbius Act. XVII. 18. Π et
Ψ. λοσοφος farcicruci / farcifer Metacriticus bonae spei et
    voluntatis
, Pierre à deux poles – et parfois frayeur vice cotis, exsors ipse secandi – – – –
à Munster ce 17 May la veille du Dimanche de la S. Trinité 88. Fehlte noch des Sancho Pancha Sprichwort u 1 Cor 9. 10. doch was fehlt nicht alles auf der Welt. Ergo abeat cum ceteris erroribus!
    Arger
hab ich es nicht machen können um die neue französische Schnitzer aus den Etudes de la nature
    gut
zu machen. Vale et faue Democrito et Heraclito Tuo. Adresse: HErrn / Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu /
    Düßeldorf
.
Vermerk von Jacobi: empf den 22ten   b den 23ten M. den 21 May 88 Gottlob! daß das Tränkchen seine Schuldigkeit gethan hat. Mit mir wirst Du auch nunmehr ausgesöhnt seyn. Die Einl. hätte schon vor 8 Tagen, lieber Herzens Jonathan abgehen sollen, aber Frantz war an dem Aufschube schuld; und weil ich Necker p beylegen wollte, kam mir die fahrende Post beqvemer vor, wegen des Porto. Den Brief aus Göttingen erhielte erst Sonntags Abends, lange nach Abgang der Post. Unsere christl. Aspasie hat heute mit uns gespeist. Diese Nacht wieder einmal gut geschlafen und sahe sehr munter aus. Wir erwarten Sie Abends wider und morgen halten wir bey Ihr Mittag vermuthl. mit dem Rath Druffel. Die Fürstin ist nicht miszufrieden, und ich bin dadurch von einem garstigen paroxysmo dadurch curirt und begeistert worden. Dein Urtheil habe in dem geschriebnen Briefe gelesen. Abschrift an den guten Grafen hat sie mitgenommen. Du gehst mit der unschuldigen Frau zu cavalierement und fast möchte ich sagen zu
    berlinisch
um, oder zu
    starkisch
. Ist es denn nicht möglich Dich ein wenig kälter in der Sache zu machen, oder soll ich selbst mit der magischen Wünschelruthe kommen? Lieber Jonathan, werde doch ein kalter Zuschauer des Katzengebalges, wenn Du von dem Spiel
    Nutzen
und
    Vergnügen
haben willst. Ich bin gestern auf einen erhaltnen Wink bey Freund Sprickmann gewesen; aber zum
    zweiten
mal hypochondrisch. Der Schwindel qvält ihn sehr. Sollte nicht der seel. Haßenkampf der unweise Geistl. seyn, von dem Zimmermann redt. Die fromme Aspasie hat sich an dem eiteln Ton des Ritters geärgert und also das Vergnügen nicht genießen können, das mir zu theil geworden. Der Stahlwein bekommt mir gut und ich hoffe auf die Woche in der Mitte derselben den Drieburger anzufangen, den unser medicinischer Arzt dem Pyrmonter vorzieht. Wir waren Montags bey der DBase Heckman zum Caffé und ich trank ein Glas Ale mit dem HofCammerrath. Gestern waren sie bey uns zum Abendbrodt. Marianne klagt über Kopfweh u alte Zufälle; sie scheint diesen neuen Anfall durch die Wallfahrt nach Angelmodde verschlimmert zu haben. Die holde Freundin läßt Dir sagen, daß Du nicht mit Schreiben Dir Zwang anthun sollst. Sie ist u bleibt von Deinen Gesinnungen auch ohne schriftl. Zeichen überzeugt. Pericles ist in Paderborn und kommt erst morgen über 8 Tage zurück. Antworte mir doch, ob es ein Traum mit den Abschriften des epistolarischen Pique-nique ist, nach der ich so viel gesucht ohne eine Spur davon finden zu können? Ich kenne der Elise Schrift blos aus einer Recension der neuen
    Hamb.
    Zeitung
und traue dem Recensenten eben so wenig als der Muse und dem Hierophanten in Darmstadt. Entweder
    allen gleichviel
, oder
    keinem
weiter als er mit
    sich selbst
übereinstimmt, ohne Rücksicht auf meine eigene Denkungsart, die hier in keine Rechnung kommt. Daher haben
    alle
Recht in meinen Augen und eben so viel Unrecht – ohne Ansehen der Person. Tausend Grüße an Dich u die Deinigen von uns allen, und dem alten Leyermann chorda qui semper oberrat eadem. Joh. Georg. Kälte ist Mangel des Gefühls und Ziererey Mangel des Geschmacks. Mangel an beyden ist leichter zu ersetzen als Ueberfluß auszurotten. Wenn ich meine Elise sehen werde, hoffe ich mit ihren Werken zufriedner zu seyn, als ich es mit ihren
    Briefen
seyn kann. DEUS prouidebit!
Vermerk von Jacobi: Hamann. Münster den 22ten May 88. empf den 26ten   beantw den 27ten M. den 22 May 88. Gestern Abend kam unsere holde Fürstin mit einem Dutzend Zahnstocher und einem
    Etwas
in der Tasche, das ich errathen sollte. Kurz es war von der Elise. Wir fielen darüber her, und lasen beyde wie Du die Zueignung an den verehrungswürdigen Charon Bode von dem sie jeden Schritt ihres litterarischen Lebens gebilligt zu sehen wünschte – den mit Deductionen und Urkunden oder Belägen schwer beladenen Vorbericht des Herrn Verlegers und fanden gleich im Eingange des
    Etwas
einen reichen Stoff zur Kritik. Es gieng zum Abendbrodt. Frantz bat mich, daß ich meiner schone und nicht die Nacht mir verderben. Ich versprach und hielt Wort, machte diesen Morgen im Bette einen zweiten Versuch ab ouo anzufangen und das gelesene zu widerholen, mit nüchternem wachenden Auge das Ganze im Zusammenhange anzusehen. Ich sahe eben daßelbige was der Freund St. darinn gesehen hatte den Held und die Muse in ihrer Blöße und Lebensgröße. Da ich beyde persönlich kenne und genauer kenne als mich, mittelbar und unmittelbar: so kanst Du mir zutrauen, daß in dem
    Etwas
so viel Wahrheit liegt als in der Caricatur des medicinischen Politikers und Hypochondrischen Enthusiasten. Mit Deiner Behandlung einer Schwester im Apoll ist keiner zufrieden. Man muß Kunst nicht Scharfrichter seyn – die Verhältniße der Natur im Geschlecht und Stande niemals aus dem Gesichte verlieren und – da alles was ins Ohr gesagt wird auf den Dächern des Publici und den Zinnen der heil. Litteratur Gefahr läuft ausposaunt zu werden und der jüngste Tag anfängt von den neuen Kirchenlehrern anticipirt zu werden, mit Furcht und Zittern seinen litterarischen Wandel
    anzustellen
suchen, und sich immer erinnern durch Zufälle die keine menschl. Klugheit voraussehen kann, zur Verantwortung und Rechenschaft gezogen werden zu können. Stark hat weder den Dialect noch den Geist der wahren Kritik, die gleich der ανωθεν σοφια, sagt Dein apostolischer Namensvetter in seinem Hirtenbriefe Cap 3. zuerst – die Vulgata ist jetzt meine Lieblingsübersetzung pudica, sich mit keinen Catins einläßt, deinde pacifica, modesta, suadibilis, bonis consentiens (Trosve Rutulusve fuat) plena misericordia et fructibus bonis, αδιακριτος και ανυποκριτος. Der Renomist unser Freund in Carlsruhe hat mehr Recht zur Nothwehr oder Selbsterklärung und Vertheidigung als irgend jemand von den Antiberlinern. Also suum cuique, mne mittas in alienam messem falcem tuam. Das
    Etwas
ist immer mehr wie nichts, aber so wichtig ist es in meinen Augen nicht, wie es dem lieben Grafen vorkommt, daß die Layen zu einem Kreutzzuge gegen die Moslems aufgeboten werden müsten. Der kluge Märtyrer Nicolai erwartet ruhig bis sich der Nebel nach und nach wird gelegt haben, durch welchen der reine Strahl der Warheit aus dem geläuterten Protestantismus jetzt hin und wider noch nicht durchdringen kann. sSic repente träumt sich ein schnaubender Märterer zu einem eben so eifrigen Blutzeugen; und so empfindlich ist der Staub den Augen, an dem unsere eigene muthwillige Füße und Maasreguln schuld haben. Sapienti sat. Hier will ich aufhören, und wenn noch etwas vorfallen sollte, es übermorgen hinzufügen. den 23 – Ich kam gestern später, wie ich wollte, doch früher als die andern zu unserer Holden, die mit der Elise Buch beschäftigt war und eben so voll von Unwillen über ihr Geschwätz als ich mit der Absicht diese Blätter in Schutz zu nehmen. Ach liebster Jonathan! wie wenig wir von Wahrheit zu errathen im stande seyn, wenn es nicht
    Kinder
u
    Narren
auf der Welt gebe, die ohne es zu wißen sich selbst verrathen, unterdeßen die Weisen in ihrem
    Harnisch
oder
    Deckmantel
der
    Klugheit
die Feigen und leichtgläubigen und ehrlichen Leute, die alles nach den Worten nehmen und wie ein Evangelium in sich schlucken, überlisten oder zum besten haben. Ohne mich an den Menschlichkeiten eines Schwärmers oder Schwärmerin zu stoßen und zu ärgern, nehm ich ihre Schwachheiten als einen von ihnen selbst gegebnen Maasstab an, ihre Worte und Handlungen cum grano salis zu verstehen, und ihre Blindheit ist mir nützlicher als die schönste Aufklärung der so genannten beaux-esprits und esprits forts, die bey aller ihrer moralischen Engelgestalt, in meinen Augen Lügenapostel sind. Gestern habe ich den Gagliani della Moneta wider angefangen, den ich ohne Dollmetscher u Gebrauch der Wörterbuchs aus Mangel der Zeit durchgepeitscht habe, und bin entschloßen ihn zum
    zweiten
mal beßer zu brauchen, wenn ich auch andere Arbeiten darüber aufgeben solte. Es ist mir mehr daran gelegen den Gang mancher blendender Irrthümer, ihre Genesin und apocalypsin zu kennen; weil ihr Ursprung und ihre Wurzel mehrentheils in
    Wahrheiten
liegt, die man nicht
    recht verstanden
oder
    falsch
    angewandt
hat. Worinn liegt dieser Misbrauch? Das ist ein Problem von Wichtigkeit für mich. Die Ketzergeschichte ist der wichtigste Theil pragmatischer Kirchenhistorie, wie das
Böse eine Haupttriebfeder der
    besten
    Welt
. Nicht Dornen u Disteln auszurotten – das überlaß ich gern den bewaffneten Händen der Elise, sondern meine Muse braucht ihre schwache Augen, Sinnen und Verstand, die natürl. Geschichte des Unkrauts zu beobachten – und dasjenige was andere verwerfen, ohne sich die Mühe und Zeit zu nehmen, zu untersuchen, nicht nach Erscheinungen und Zeichen, sondern nach andern Verhältnißen der Natur und Kunst zu beurtheilen, ohne Einbildung und Leidenschaft. Daher meine so paradox scheinende Urtheile über so viele Bücher z. E. des güldenen Hahns. Ich verstand von dem Kornhandel sehr wenig und die Materie gieng mich noch weniger an; aber die Form war hinreißend. Voltaire und der deutsche Mercur urtheilten wie das Publicum und jeder Laye. Was Morellet bewiesen hat, ahndete mir, und wünschte es zu erleben. Die Sache gieng mich nichts an, aber die
    Methode
desto mehr, weil sie der Weg aller Hypothese ist
, zu denen immer mehr Kraft gehört als zum orthodoxen Nachbeten und heterodoxen Widerspruch. Wie rein, bescheiden und beynahe göttlich philosophirte Gagliani als ein junger Mensch in seinem Vaterlande – und wie petit-maitre und Virtuosenmäßig ist dieser fruchtbare Kopf im gallicanischen Babel ausgeartet und verwildert. Wäre ein anderer Boden ohne so vortrefliche Anlagen dazu fähig gewesen? ohne ausstechende Gaben, ohne gemisbrauchtes Nachdenken wäre dies nicht möglich gewesen – und ohne Philosophie kann man kein Sophist werden. Siehe doch durch Dohms Schwiegervater den Uebersetzer der Gaglianischen Dialogen zu erfahren. Er machte sich auch anheischig dies Werk zu übersetzen, das es eben so verdient als das parisische Product. Wen Du einmal die Anekdoten des Espion devalisé von diesem monstro lesen wirst, so kannst Du beßer vielleicht den Zusammenhang meiner Gesinnungen beßer einsehen über diesen
    Zwerg
    und Riesen
– denn er ist zu beiden von der Mutter Natur bestimmt, deren Ausnahmen eben so sehr unsere Aufmerksamkeit verdienen als ihre Regeln und Muster. Auch in ihren Launen liegt
    Weisheit
und
    Kraft
, die uns nicht verächtlich sondern lehrreich seyn muß.
    Lust
u
    Liebe
überwindt den sinnlichen Eckel der Vernunft und Nasenweisheit – des Geschmacks und Geruch, die nicht iudices competentes für den Geist sind.
den 24 – Eben erhalte Deinen Brief und freue mich mit der
    Beyl
. wenigstens Franz einen Gefallen thun zu können, der sie gern lesen wollte. Ich brütete eben über Condillacs Theorie der Systeme und konnte nicht eher Halt! machen als beym X Kap. über den Spinozisme, wo ich meine Gedanken ein wenig anstrengen will. Ich bin mit seinem engl. Geschmack sehr zufrieden und empfehle Dir diesen Autor, der
    facta
zu seinem Text und Grundlage macht, und facta beruhen auf
    Glauben
; dieser ist
    actio
– und kein abstractes Kunstwort, kein Zankapfel. Ich kenne
    mich selbst
nicht, geschweige
    Dich
, mein Herzens lieber Fritz Jonathan. Gedult ist das θειον der Freundschaft, und Menschen oder Nächstenliebe. Bisweilen wünschte ich Dir meinen Briefwechsel vereckeln zu können, und sehe schlechte Federn und Materialien als Mittel der Vorsehung an; weil mir mehr an dem, was Dir nützlich ist, als meinem sinnl. Genuß Deiner Liebe und Güte gelegen ist, die dem Geber und Nehmer nachtheilig seyn kann und beyde bisweilen verwöhnt.
Ich weiß nicht mehr welches Rescript des nordischen Salomo zu der Stelle im Schiblemini Anlaß gegeben. Die Worte
    und Beystand
sind in meinem Exemplar ausgestrichen. Das par la Grace de Dieu ist zwar auf den Münzen aber nicht in den Edicten ausgelaßen. Je mehr meine Augen abnehmen, desto kleiner wird meine Handschrift, und ich werde kaum im stande seyn das Corpus delicti herzustellen. Habe ich Dich nicht praevenirt, daß an
    allen Stellen
nichts gelegen ist, die Dir Mühe kosten. Es ist mir lieb daß St. sich seines Beichtkindes erinnert nach 11 Jahren. Aber ich fürchte mich vor seinem
    lustigen Glimpf
und seinem Dialog. Ein witziger φφe nennt die Satyre les armes de la mauvaise cause. Weh ihm wenn er in der Kunst zu lügen die Muse und nicolaitische Pythia aussticht! Gestern speiste die Holde Mittag mit uns und reiset heute ab; ich wills Gott, morgen nach Ihrem Tabernakel oder Zelt. Dii Deaeque me perdant, sagte jener Kunstrichter, wenn ich weiß was ich geschrieben habe um Abbitte in Deßau nothig zu haben oder Beyfall in Neuburg zu erwarten. Alles was ich mit dem Ende dieses Monats erhalten, bringe am
    liebsten
selbst mit ohne ausdrückl. Vorschrift des Gegentheils. Ich habe das neue Trauerspiel, Göthens Egmont, durchblättern müßen und bin nicht im stande Deinen Brief zu beantworten noch zu schreiben. Vielleicht wird es künftigen Monath mündlich beßer gehen. Ich muß noch in der nächsten Woche alles bestreiten was möglich ist, um den Driburger trinken zu können. Tausend Grüße und Küße von uns allen an Mama, Tante, fromme Kinder, getreue Nachbarn und alles was zum tägl. Brodte in Pempelfort gehört. Lebe wohl bis zum Widersehen, lieber Jonathan! Dein eben so treuer als weicher Joh. Ge. Adresse: An / Herrn Geheimen Rath
    Jacobi
/
    zu
/ Düßeldorf.
Pempelfort den 23ten May 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 24 – Geantw. eod. lieber Herzens Freund u Vater. Ich habe Deine beyden Briefe erhalten, u will Dich nun zuvörderst wegen der CircularCorresp beruhigen, die ich mitgenommen habe. Nicht allein habe ich Dir mehr als einmahl gesagt, daß ich sie mitnehmen wolle, um eine Abschrift für Dich machen zu laßen; sondern ich habe ich Dir auch v hier aus geschrieben, daß der Copiste damit beschäftigt sey. Der gute Franz hat mich gedauert, u doch mußte ich lachen, daß er nun zum zweytenmahl so unschuldig in die Klemme kam, u es fl fiel mir dabey ein was ich meine seel Frau einmahl zu einem Bedienten sagen hörte: „Nun, wenn ers nicht gethan hat, so hätt’ ers doch thun können“. Ihr konnt beyde, jeder in seinem Fach, eine sehr heilsame Lehre daraus ziehn. Mir ist noch etwas eingefallen bey Deinem Briefe v 16ten – 18ten; eine Stelle aus dem Scheblimini, wo es S 76 heißt: „daß man ohne besondre göttliche Gnade u Beystand Eingebung und Beystand eines Scheblimini, weder Inhalt zu verdauen, noch Unterschrift zu lesen versteht.“ – Dieser Brief hat dadurch Epoche in meinem Leben gemacht, daß er mich zuerst genöthigt hat eine Brille zu gebrauchen. Die Brille allein aber wollte es noch nicht thun, u ich habe sie mit einem Zuge aus Dolontschen Fernglase verstärken müßen. Ich sage Dir wahrlich nicht mehr als die trockene Wahrheit. Ich erhielt den Brief Dienstag Abend um 9 Uhr. Da ich fest darauf rechnete, daß der Postwagen mir ihn bringen würde, so schickte ich meinen Peter in die Stadt, mit dem Auftrage, daß er dem Posthalter, allenfals auch der Posthalterinn so lange anliegen sollte, bis dazu gethan würde, daß ich mein Packet noch denselben Abend erhielt. Nun gab ich mich dran u wollte Deinen Brief lesen, u siehe da, es war fast keine Möglichkeit ihn zu entziefern. Aus Begierde den Inhalt zu wißen hielt ich an, bis ich vor Augen- u Kopfschmerzen nicht mehr konnte. Es war ohngefähr 11 Uhr, u ich war noch nicht am Ende der 2ten Seite. Am folgenden Morgen setzte ich v Frischen an, mußte aber wieder, wegen Augen u Kopfschmerzen aufhören, ehe ich am Ende der 4ten Seite war, u bekam nun eine Migraine, die bis zum folgenden Morgen anhielt dauerte. Gestern früh holte ich nun zwey Brillen von meiner seel. Frau herbey, um die beste auszusuchen; u da die beste noch nicht hinlänglich war, schritt ich zur Anwendung des Dolontschen Glases. Der Gebrauch des doppelten Glases griff aber meine Augen wieder so sehr an, daß ich lange Pausen machen mußte, u so erst am Abend den ganzen Brief von neuem durchgelesen hatte. Noch habe ich den beygelegten Zettel zu entziefern, wozu woran ich heute morgen einen neuen Versuch gemacht; es hielt mich aber zu lange auf, u ich muß es bis nach Abgang der Post verschieben. – Dein gestern Abend eingelaufenes Brieflein, habe ich sehr gut lesen können. Du fängst aber würklich seit kurzem an viel kleiner u undeutlicher zu schreiben. Aber so etwas wie der Brief vom 16ten – 18ten ist mir noch nicht zu Gesicht zu gekommen. Sonst lese bin ich mit Deiner Handschrift so bekannt, daß ich sie fast wie gedrucktes lese; Schenk desgleichen. Aber mit diesem Briefe ist es ihm gegangen wie mir. Eine ganze Stunde hat er sich mit der ersten Seite geplagt; konnte vieles gar nicht heraus bringen; mußte ablaßen, u hatte Augen wie ein Drache. Bey allem dem, Du Guter, unaussprechlich Lieber, hast Du meinen wärmsten Dank für diesen Brief. Die Stolbergen angehende herrliche Stelle, werde ich dem Guten mittheilen, u ihn gewiß recht sehr dadurch erfreuen – das Büchlein der v der Recke habe ich so wenig in der Ärgerniß gelesen, daß ich Mühe hatte nicht darüber einzuschlafen. Mama Lene kanns bezeugen, die, da die Reihe zu lesen an sie kam, mir mein Fischblut oft genug vorgeworfen hat. Was Du in dem Briefe an Stolberg für Hitze angesehen hast, ist nur das Feuer, wovon Büffon sagt daß es über dem Schreiben komme, wenn man, was man über eine Sache zu sagen hat überdenkt, u nun zusammen faßt. – Ich wundre mich zuweilen, wie Du so lange mit mir, der nichts verhelt, hast umgehen können, u mich doch so oft mißkennst. – Du wirst antworten, ich kenne mich selbst nicht – das mag denn seyn. Vorgestern erhielt ich einen Brief v Stark, den ich nicht beylege, weil ich ihn morgen beantworten u dann Schloßern schicken will, u er das Abschreiben nicht lohnt. Die 2 einzigen Merkwürdigen Stellen will ich ausziehen. S 1. „Da Sie mir es aber erlauben; so will ich, wenn es Ihnen bequem ist, u ich Sie an nichts dadurch abhalte, im Julius, wenn ich v Schwalbach abreise, eine kleine Excursion auf Düßeldorf machen, u denn auf ein paar Tage Ihnen aufwarten in Pempelfort. Ist mein Beichtkind Hamann noch bey Ihnen? Ich habe vor einiger Zeit gehört, daß derselbe schon einige Zeit sich bey Ihnen aufhielte, u es wird mir lieb sein, wenn ich ihn nach 11 Jahren wieder sehen sollte.“ Ich antworte ihm, daß es Dir gleichfals lieb seyn würde. S. 3. „Von meinem ganzen Werke ist diese Maße ein gedrängter Auszug, in Form eines Dialogs erschienen, der den Titel führt, der
    Berlinismus
, unter dem Druckort, Templin u Epesus. Er wird Ihnen gefallen. – Die ausländische Zionswächterinn habe ich auf 7–8 Bogen abgefertigt, u ich hoffe daß ich es ziemlich glimpflich u lustig gemacht habe. Spott u Satyre dürfte am Ende wohl die beste Ruthe seyn, womit man diese Menschen züchtigen müßte: u da der Bruder Lucian das Stück Arbeit der Schwester Elise ausgeputzt, v welcher Haschka sagt, daß ihr die Zionswächter mit der Aufklärungsfackel unter die Haube gefahren wären, u das Nikolai der Geist sey, der die neue Pythia v unten auf, wenn sie sich auf den Dreyfus gesetzt inspirire, so hat der Bruder Lucian auch seinen Hohn mitbekommen. Sie werden erstaunen, welcher Lügen sich diese Leute hier abermahls schuldig gemacht haben. Da ich schon seit 8 Tagen das Manuscript abgeschickt habe, so hoffe ich, daß diese kleine Schrift bald im Publicum seyn wird.“ Da Ihr dort die das Etwas der E. v d R noch nicht habt, so schicke ich Dir mein Exempl. Ich habe eine Antwort v Hufeland bekommen – das 3te von de Marées (dem Du Abbitte thun wirst) – u v Leipzig, unter andern, 2 Schriften v Obereit, wovon eine, die ich angesehen habe, schöne treffliche Gedanken zu enthalten scheint. Ueber alles dieses nächstens. Ich muß jetzt schließen weil die Post abgeht. Behalte mich
    Lieb
! Ich bin daß nicht ganz unwerth – Komm doch ja bald!! – Dein Fritz Jonathan. Pater Frank soll abgedankt, u die Illuminaten in München oben drauf seyn. So hat Belderdusch, der kürzlich abgedankte Pfälz Minister Dohmen erzählt. – Ich glaube es noch nicht. – Soviel ist gewiß, daß der Illuminaten Verfolger Strobl im Zuchthause sitzt. Tante Lotte hat die Briefe über des Onkels JubelFeyer, nicht v Aachen zurück geschickt; Du erhältst sie folglich erst mit nächster Post.
Pempelfort den 27.ten May 1788. Vermerk von Hamann: Erhalten den 28 in Angelmodde durch HE Miquel. Geantw den 31 im Musaeo der Fürstin lieber Herzens Vater, Freund und
    Hamann
! Ich habe Sonnabend den Pyrmonter Brunnen angefangen, u heute in der Frühe schon meine sieben Gläser genoßen; darauf im Saal Caffee getrunken, u Deinen gestern Abend eingelaufenen Brief zum 2.ten Mahle gelesen; darauf eine gestern vollendete Arbeit durchgegangen u zum Abschreiben fertig gemacht; darauf einen Brief an meinen Studenten nach Göttingen geschrieben; u nun gleich muß ich eine Arbeit für einen Freund vor die Hand nehmen, mit der ich kaum auf den Abend fertig seyn werde. Gott lob, ich befinde mich vollkommen wohl, u es ist eine Sünde daß Du nicht hier bist, u Dich eben so wohl befindest. – Wenn wirst Du denn kommen? Meinen Dank für Deinen letzten Brief müßtest Du mit Deinen eigenen Augen in den meinigen lesen. – – Du Lieber, Lieber, Du! – – Hier die zwey Briefe über des alten Onkels AmtsJubelfeyer. Du mußt aber meines Sohns Brief durchaus zuerst lesen, u den Brief der Tochter des würdigen Alten an Tante Lotte nachher. Das Buch della Moneta ist nicht vom Abbate Gagliani, sondern von seinem Oheim, dem Präsidenten. (Das Buch della Moneta ist doch vom Abbate) Dieses hörte ich neulich vom Minister Edelsheim, u wurde mir v Neßelrode bestättigt. Beyde haben den Präsidenten u den Abbé sehr gut gekannt. – Die Erkundigung wegen der versprochenen Uebersetzung will ich einziehen. Von Stolberg habe ich auf meinen ersten Brief eine allerliebste Antwort erhalten, die ich Dir mit nächster Post schicken werde. Er kommt wahrscheinlich mit seiner Frau nach Wisbaden u Pempelfort. Ich fürchte sehr Schloßer ist krank, weil wir seit länger als 14 Tagen keine Briefe. Ich lebe hierüber in steigender Unruhe seit vorigen Mitwoch. Spendire doch immer einen Umschlag zu Deinen Briefen wenn Du mir schreibst, zumahl v Münster aus, wo immer bey den blos gefaltenen Briefen, zwey Blätter unter das Siegel gefaßt werden. Habe ich Dir schon gemeldet, daß wir eine Kuh haben, u jetzt selbst Butter u noch sonst allerley machen? Die verwittwete Herzoginn v Braunschweig hat an den verstorbenen König, auf die guten Nachrichten die ihr Zimmermann von dem Kranken gebrachte hatte, einen Glückwunsch geschrieben, worauf der König geantwortet hat. Diese Antwort soll sehr demüthigend für Zimmermann seyn, u ist HE Nikolai v der Herzoginn ausgeliefert worden. – Man hört v allen Seiten, daß es dem Windbeutel schrecklich übel gehen wird. Lieber Herzens Vater! Ich schäme mich, daß ich Dir immer nur elende Wische schicke; u kann doch nicht anders. Lavater hat einen christlichen Religions Untericht geschrieben, der mir unaussprechlich wohl thut. Das erste Heft (mehr ist nicht heraus) beträgt 126 Seiten. Ich bin an der 72ten. Wegen Wizenmanns Matthäus erwarte ich diese Woche Antwort von Häfeli. – In de Marees 3ten Heft enthalten die 2 ersten Briefe viel anstößiges; aber weiter hinein findet man sich in alles. Mama Lene schrieb darüber am Freytage an ihre Schwester nach Aachen: „Der ehrwürdige Greis steht in seinem echten Χstenthume so glorreich da, daß man ihm die Knie umfaßen möchte; u unter seinem Silberhar glänzt ein so warmes Blut auf der Stirne, daß einem das Herzklopfen davon ankommt.“ Da ist Herr Schenk, u das Schreiben hat ein Ende. Lebe wohl, Du Trauter, Lieber! – Gehe doch in Dich, und sage Dir selbst, wie lieb ich Dich habe! – Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan. Der Brief wurde umfangreich von Hamann interlinear kommentiert: Auf der ersten Seite: Zu HKB 1166 (VII 491/27) „Hier die zwey Briefe“: remittirt den letzten May Zu HKB 1166 (VII 491/27) „Amtsjubelfeyer“: am Sonntage vor Pfingsten Zu HKB 1166 (VII 491/28) „meines Sohns Brief“: dd Hannover den 11 – Göttingen den 15 May Zu HKB 1166 (VII 491/28–29) „Tochter des würdigen Alten“: Caroline Zu HKB 1166 (VII 491/29) „an Tante Lotte“: dd Zelle den 15 16 May Auf HKB 1166 (VII 491/29) „nachher“ folgend: Vom Thurm geblasen die Melodie seines Favoritliedes:
    Gott ist mein Lied
. Der ganze Magistrat die ältesten 2/3 Kinder (Mädchen) der Pfarrei Echte geboren Hanne in weiß gekleidet streut den Weg mit blumen   Der Greis zwischen dem Abbt von Loccum u Consistorialrath Koppe, Printz Ernst Printz von Mecklenburg Strelitz als communicant. die Landschaft, das ganze Tribunal, Cantzley und Hofgericht. Gesungen vor der Predigt: Wie groß ist des Allmächtigen Güte   des Nachmittags Kirche um 2 Uhr aus   Ein groß Diner auf dem Rathhause von 86 Personen 36 in der Pfarrei für die Dames u Freunde. Me Wichmann mit der Ludwigschen Pension Am oberen Rand der zweiten Seite: Die Schüler der 1 Claße mit Fackeln Music 20 deutsche 4 lateinische Gedichte, der Greis giebt ab und an ein groß Soupé auf dem Rathhause allen Jacobiten, den Magistratspersonen u ihren Frauen. Wir halten den 4. u 5 May dieses Jahres für die schönsten Tage unsers Lebens. – Auch ihr Georg wähnte nie glücklicher gewesen zu seyn. Dienstags Familienschmaus u Mittwochs schied alles von einander. Schwester Juste   Montags Mittag wurden alle Kinder des Zucht u Werkhauses von dem Oncle bewirthet. Auf der leeren vierten Seite: φφische Gespräche über das Vergnügen von Aug. Wilh. Rehberg Hochfürstl. Osnabrückscher Regirungs Sekretair Nürnberg (Felßecker) 785: S. 130 – 8 Arist u Cleanth. Bezieht sich auf seine ersten Gespräche über die Bestimmung des Menschen unter dem Titel Cato Basel (Thurneysen) 780 Hemsterhuis a) ein Schriftsteller, deßen Werke alles übertreffen was jemals in der Art gedacht u geschrieben ist selbst den Plato und den s. Jahrhundert nicht werth ist S. 30 bey Gelegenheit der Lettre sur les desirs führt Diderots Mst. Jaques le Fataliste an S. 119 idem Sprache der Menschen am Anfang dazu
    Nicht
nach Regeln – auch
    nicht
nach abc ordnung – sondern
    nach dem Leben
aufgenommen. I. Theilchen Erfurt (GA Kayser 780. S. 160, 8o Dem Volk in Sachsen u Thüringen zugeeignet vom Verfaßer – für Jörge Thauer, ein Düringer C. VIII Briefe zweener Domherren. Im April u May 787. Frf. u Leipz. 787. S. 77. 8o Zwischen einem DomDechanten u dem Baron von der H…C… Domicellaren zu… seinen Vetter. Drey an den Domdechanten. Vom letztern 4, Antworten des ersteren 4. bey Gelegenheit des Gerüchts daß der König von Preußen seinen zweiten Sohn zum Coadiutor in Würzburg u Bamberg machen wolle.
Münster den 30ten Mai 1788. Meine herzensliebe Tochter, Den 8ten d. M. erhielt ich den letzten Brief zu meiner großen Freude und Beruhigung; ich ersah daraus, daß es der lieben Mutter und den Meinigen wohl geht, und daß meine Freunde sich meiner noch im Guten erinnern. Ich schreibe diese Zeilen im Museo der frommen Fürstin, deren Garten ich mir zu Nutz mache, da ich gestern den Drieburger statt des Pyrmonters, auf Gutbefinden meines jetzigen Arztes, Druffel, angefangen habe. Mein linker Fuß bleibt noch immer dicker als der rechte; mein Appetit immer zu stark, und der Schlaf wie eines gesunden Menschen. Gott Lob habe ich keine Schmerzen im Leibe, auch mein Gemüth ist ruhig und ziemlich heiter, aber zu nichts aufgelegt als, leider! zum Lesen, worin ich eben so unersättlich bin als im Essen. Den 1ten Juni denke ich mit Ernst an meine Abreise. Franz und Marianne werden mich bis Pempelfort begleiten. Gott, der mich unter so vielen Wundern hergeführt hat, wird es an seinen Gnadenmitteln nicht fehlen lassen, mich wieder heimzubringen zu euch und eurer lieben Mutter, die Er erhalten wolle bey gutem Muthe und gesunden Kräften. Ich freue mich von Grund der Seele über Deinen Eifer, an der Erziehung Deiner Schwestern zu arbeiten. Unterstütze auch Deine alte, gute Mutter, und erleichtere ihr das Leben, in wirthschaftlichen und häuslichen Geschäften. Für all das Gute, was Du in dem Hause Deiner Wohlthäterin empfangen hast, höre niemals auf, erkenntlich zu seyn, mehr in der That als mit guten Worten. Habe Gott vor Augen und im Herzen, so wirst Du allen Versuchungen widerstehen können, wozu Gott nach seinem heiligen Rathe sowohl Freunde als Feinde brauchen kann, um uns im Guten fest zu machen und gegen alles Böse gesetzt und entschieden, daß wir doch endlich den Sieg behalten zu seiner Ehre und unserm Heile, das er allein kennt und das in seiner Vaterhand ist. Ich habe dieses auf dem Stuhle und mit dem Schreibgeräthe der christlichen Aspasie geschrieben, und muß nun aufhören, weil es Mittag schlägt und Dein Bruder mich abholen wird. Ich bringe Dir den Metastasio mit, den sie Dir zum Andenken schenkt. Keine
    Mutter
noch
    Schwester
kann so viel Liebe haben, als sie für Deinen alten Vater und alles was ihn angeht und zu seinem Glück gehört. Bete für sie und für die übrigen Wohlthäter Deines Vaters und Bruders, dem es eben so geht wie mir, daß er mehr wird erzählen können, als er zu schreiben im Stande ist. den letzten Mai. Ich sitze wieder an eben der Stelle wo ich gestern saß. Morgen werde ich den Anfang machen an meiner Abreise zu arbeiten, deren Termin aber von Franz und Marianne abhängt. Letztere wird mir behülflich seyn mit ihrem Einflusse. Das allerhöchste, was ich einräumen kann, ist gegen das Ende des bevorstehenden Monats. In Pempelfort wird es auch kosten, mich loszureißen. Danket Gott, liebe Kinder, für alles Gute, das ich genossen. Wie viel hat den lieben, guten Franz meine Krankheit an Arzneyen und Pflege gekostet! Er hat Ursache sich zu freuen, daß er seine Gäste los wird, und doch hätte er mich bald überredet, noch diesen Sommer und Winter bey ihm zuzubringen. Deiner beiden Schwestern Folgsamkeit und Fortgang freut mich. Gott wird Dir Deine Treue vergelten und mein täglich Gebet für euch alle gnädig erhören. Lene Käthe wird mir nicht übel nehmen, daß ich nicht ausdrücklich antworte. Sage ihr, daß ihr Brief mir Freude gemacht hat. Auch an Hill kann ich nicht schreiben und fände es auch mißlich, da er meine Briefe nicht versteht. Melde mir, ob er noch in unserm Hause ist, und suche alles aus dem Wege zu räumen, was seiner Gemüthsruhe nachtheilig seyn möchte. Deine Einfälle bey einem
    Besuche
sind nicht nach meinem Geschmack gewesen; Du mußt den Kützel unterdrücken lernen über die Schwachheiten Deines leidenden und unbesonnenen Nächsten. Ich habe gestern ein Beyspiel gesehen, das mich erinnert, nicht zu gerecht oder zu strenge oder zu weise in dergleichen Fällen zu seyn, und weder die gute noch die böse Laune zu übertreiben, sondern Mitleiden zu haben, wenn uns ein Mensch besucht, der seiner nicht mehr mächtig ist, ihn, so viel man kann, mit einer guten Art aus seinem Hause zu verbannen. Dieß ist das anständigste für Dein
    Geschlecht
und für Deine
    Jahre
. Meine herzlichsten Grüße Deiner unvergessenen Pflegemutter; ich werde ihr meinen Dank persönlich stammeln. Auch alle Deine Gespielinnen sind mir immer in frischem Andenken, wenigstens wenn ich erwache und mich von der Last eines jeden Tages und der Fülle des genossenen Guten erhole. Ruhe, Ruhe ist mein einziger Wunsch, nach einem so langen Abendmale, das mir auf meine alten Tage vorbehalten gewesen. Grüßt und küßt eure liebe Mutter, die ich gesund und zufrieden wiederzusehen wünsche und mich darauf freue. Ich habe mit jedem Posttage auf eine Antwort von meiner lieben Freundin und Gevatterin gewartet, auf gute Nachricht von ihr und den lieben ihrigen, die Gott alle in seine Hut nehmen wolle, daß ich alle, die er mir gegeben, wohlbehalten wieder finde. Mehr läßt sich unmöglich schreiben. Gott sey mit euch allen, lieben Kinder, und sorget für die Gesundheit eurer guten Mutter, durch eine gute Aufführung ihr das Leben leichter und erträglicher zu machen. An dem täglichen Brode wird es euch Gott nicht fehlen lassen. Habt Vertrauen zu den Freunden, die uns Gott gegeben hat, und schämet euch nicht, sie zu Rath zu ziehen, und suchet euch immer mehr eures Glückes würdiger zu machen. Wenn D. Raphael ankommt, so lasset euch alles haarklein erzählen, was wir nicht schreiben können. Gott sey mit euch, liebe alte Mutter, Herzens Lisette Reinette, Käthe Lene und Marianne, wie mit uns allen, in Zeit und Ewigkeit, Amen! Lebt wohl. au revoir – zum fröhlichen, glücklichen Wiedersehen. Euer alter, treuer Vater Johann Georg Hamann.
Vermerk von Jacobi: Hamann. Münster den 31ten May 88 empf den 2ten Juni.   beantw den 3ten den letzten May 88 Im Musaeo der holden Diaphane und christl. Aspasia. Heute ist nichts Herzenslieber Fritz-Jonathan von Dir eingelaufen; Deinen letzten Brief erhielt ich in Alngelmodde durch HE. Miquel. Den Tag drauf fieng ich den Driburger Brunnen an, und morgen in Angelmodde mit dem ersten meine Sorgen zum Abzuge in meine Heimath. Vorigen Sonntag habe ich die eine Hälfte der guten Nachbaren kennen gelernt, und nun die andere. Ich hatte mir vorgenommen nicht mehr an Dich zu schreiben, dem Verbot der Gesundheiträthe zu folge – Habe endlich eine Antwort an meine Lisette Reinette fertig gemacht, und werde noch ein paar Zeilen an Freund Crispus hinzufügen, weil Hans mit dieser Post nicht auskommen kann, und wir alte Leute uns den jungen beqvemen müßen. Heute ist nichts von Dir, lieber Jonathan! eingelaufen, so oft ich auch vor der Pforte gieng meinen bestellten Briefträger entgegen zu sehen. Wenn nur nicht Deine Gesundheit wieder leidt; so mag alles gut seyn, und ich habe gegen Dein Stillschweigen nichts einzuwenden; ich werde es als ein Jus talonis ansehen. In No 2. ist mir ein Ausdruck aufgefallen der meinen lieben
    Namensvetter
angeht, von dem die gute Caroline keinen Nachdruck beym Leser vermuthet haben kann. Sollte er wirklich so ein Feind des Burschen-Lebens und Wandels seyn, als er
    wähnt
? Du nimmst mir meine nasenweise Freundschaft gewiß nicht übel und weist noch wie sehr ich damals mit Deinem
    langen Unwillen
über einen Jugendstreich unzufrieden war. Anstatt dem verlornen Sohn, der sich von selbst einstellte, entgegen zu kommen, gieng Dein Groll zu weit und währte zu lange. Begehe nicht daßelbe Extreme in Deinem Vertrauen. Du kennst sein pantomimisches Talent, nimm Dich ein wenig in Acht, daß er es nicht gegen alte Leute gegen seine Lehrer und Freunde misbraucht. Die Wahrheit macht uns frey, nicht ihre Nachamung – sondern ein sympathetisches lebendiges Gefühl, das unsern Worten und Handlungen zum Grunde liegen muß. Sey aufmerksamer auf sein Auge, als auf seinen Mund – Auch ich bin Vater, und meine Sorgen für meinen einzigen Sohn nehmen von Tage zu Tage zu. Verdenk es mir also nicht, daß ich so dringend an Deine künftigen Sorgen Antheil nehme und denselben so gern zuvorkommen möchte. Jedes ingenium praecox kommt mir verdächtig vor und am meisten ein zu schneller Catonischer Ton – der wie die Coquetterie eine Vorläuferin des Selbstbetruges und Unfalls wird – Behalte diesen Wink
    für Dich
und mache einen guten Gebrauch davoran zum Besten meines Namensvetters, den ich liebe und von dem ich beßer hoffe als urtheile. Ist es wahr, lieber Jonathan Fritz, was ich neulich vielleicht im Traum gehört, daß des schweitzerischen Geschichtsschreibers Styl dem Magen unsers Freundes Schenk widersteht. Ist er ihm zu schön, zu künstlich, oder zu stark? Ich habe die neue Ausgabe noch nicht gelesen – und den Innhalt der ersten ziemlich ausgeschwitzt. Sein politisches System soll dem vorigen ziemlich entgegengesetzt seyn. Mit dem Geist ändert sich auch die Sprache. Die Verwechselung des Präsidenten mit dem Abt kommt mir sehr wahrscheinlich vor. In dem Buche von der Münze herrscht so ein gesetzter, reifer Geschmack, der mir ein sehr wichtiges Problem gewesen ist, zu dem ich eine sehr künstliche Hypothese nöthig fand um es mir zu erklären. Er redt in diesem Werk von einem größeren über die ganze Politik – von seinem Schicksal, das ich mit der Denkungsart des jungen Manns von 20 Jahren nicht stimmig machen konnte. Pericles wird den nächsten Mittwoch erwartet und ich will ihm den Montluc und welschen Staatsmann wider abliefern, den ich blos gelesen habe des alten Procardi wegen: Valent verba sicut nummi; denn das politische Fach liegt nunmehr gantz außer meiner Sphäre und ich schränke mich blos auf die liebe Grammatic ein. Hast Du des P. Buffier seine, so leih sie mir wenn ich dort ankomme, wegen einer treffenden Stelle, die Meursius anführt. Kennst Du Rehbergs Cato Basel 780, den ich in seinen φφischen Gesprächen über das Vergnügen Nürnb. 85 anführt. Mein Hans fand heute das letztere in dem Musäo u ich will es mitnehmen um es anzusehen. Mir sind beyde Dialogen gantz unbekannt. Ich vermuthe eher, daß Schlotzer
    arbeitet
als daß er
    krank
ist. Wie gefällt Dir der Frkf. Articul über Starks Proceß mit seinem Herrn Verleger? Viel Glück zur Kuh!! Was Windbeuteley heißt, ist im Grunde medicinische Politik. Die Holde hat mir den Necker geschenkt – also erwarte ich dafür Lavaters Religions unterricht vom Autor. Gestern habe erst Kleukers Brief vom Nov. pr. beantworten können durch eine zufällige Gelegenheit, neml. eine Reise des Vicarii Conraadt zu St. Mauritz. Gehe doch in Dich, lieber Jonathan und beherzige, wie wenig Du zureichende Gründe hast mich zu lieben und mir so gut zu seyn, wie ich ohne Gründe aus Thatsachen mehr als vermuthen muß. Morgen wills Gott nach Angelmodde. Wie mich die medicinische Disciplin in meiner Laufbahn hindert. Das Buch über die offentl. Erziehung ist wirkl. von Diderot trotz des initial- u final-motto aus der Vulgata. Küße und grüße Mama und Tante, Deine liebe Kinder in der Nähe und Ferne und wenn es Gottes Wille ist, bleibe mein Freund, wie ich fest entschloßen bin zu seyn und zu bleiben    Dein alter redlicherHans Jürgen.    Erhalte mich in gutem Andenken Deiner Hausfreunde, Schenk, Ho. Abel, Theodor p p p.
den 1 Jun. Dom. II p Tr. 88. Liebster Herr Profeßor und treuer Freund! Ich komme eben von Almo Angelmodde mit Hans zurück – und bin vielleicht zum letzten mal da gewesen, zum ersten mal nicht so zufrieden wie sonst – mit dem heutigen dato fangen sich meine molimina zur Heimfahrt an, an die ich ohne Contrast und vermischten Gewühl von Leidenschaften nicht denken kann. Ich hoffe, daß Sie Ihren alten Oedipum diesen Herbst wider haben werden. Der linke Fuß bleibt immer geschwollen – alt bleibe ich und kann auf keine Widerherstellung mehr rechnen. Ich war besorgt Sie unwißend beleidigt zu haben. Desto tiefer und lebhafter war meine Freude über Ihren letzten Brief den ich Domin. Vocem iucunditatis den ich den 27 April erhielt. Zu Anfange des Mays gab mir Franz eine Antwort des unglückl. Schwaben zu lesen, an der er fast 3 Monathe gearbeitet. Es waren 16 große dichk vollgeschriebene Seiten in 4o. Er erinnert sich Ihrer und meiner mit vieler Zärtlichkeit, und schreibt: Der Gruß von meinem lieben Kraus hat mich sehr erfreut. Es ist ein lieber herrl. Mann von Seele edler Seele, ohne alle Praetension und sein warmes liebevolles Herz umfaßt seinen Freund ganz. Er ist nur von sehr wenigen gekannt und das ist sehr natürl. Du würdest ihn lieb sehr lieben, mehr lieben denn mich wenn Du ihn kenntest. Noch habe ich seit 1½ Jahr auf einen heißen freundschaftl. Brief nicht antworten können. Bedenke wie mich dies martern müßen.“ Desto unversöhnlicher ist er über sein Schicksal und die siebenfache Hölle seines überlästigen ihm viel zu langen Daseyns aufgebracht, schilt die Artzte, die ihm einen Anschein von Beßerung weiß machen wollen – lacht mit Laune über des P. Cochems pudelnärrische Mährchen, über die botanische und alchymische Ketzereyen, über die Meßpfaffen der Göttin Flora – über die Potentaten, welche Goldmacher und Theriakkrämer der Unsterblichkeit in ihren durchlauchtigen großmächtigen Schutz nehmen. Er arbeitet an einem
    Versuch
über die vergangene und zukünftige Geschichte der Oberfläche des Erdbodens – und an Projecten die Bauern glücklicher und klüger zu machen. Ich zweifele wie er selbst, daß beydes zu stande kommen wird – und besorge, daß wir beyde auf dem unrechten Wege sind die verlorne Gesundheit wiederzufinden, und kaum im stande einen vernünftigen Gebrauch von diesem Schatz zu machen, wen wir auch das Glück hätten zum Besitz deßelben zu gelangen. Ich schrieb ihm daher um sein Vertrauen zu verdienen oder zu verscherzen ein volles Qvartblatt – ohn zu wißen wie er es aufnehmen und verstehen wird. Zufälliger Weise muste ich das Leben des unglückl. Savage lesen in Johnson’s Samml. von Biographien in eben den Tagen wie ich den Brief unsers kranken Eßlingers zu lesen erhielt. Frantz konnte nicht eher als Trinitatis den Einschluß seiner Antwort expediren. Mit dem ganzen Plan scheint es völlig vorbey zu seyn. Die Gehalter sind überhaupt sehr schlecht, und der Heautontimorumenos würde sich schwerlich in das Glück finden können, unter einem
    krummen Stabe zu wohnen
. Sein Auge ist zu sehr an die geraden Linien verwöhnt, und sein Geschmack zu schaamhaft, auf Krücken zu gehen. Er sagt von sich selbst, daß
    er bey allen seinen Toben gantz ausnehmend gutherzig ist
, und hierinn scheint er nicht gantz unrecht zu haben: so zuträglich es ihm übrigens wäre seine Begriffe von sich selbst und manchen Dingen ein wenig zu rectificiren und zu berichtigen den 2 – auf dem Bette. Ich bin gestern mit einer Art von Flußfieber und Schnupfen, weil wir seit ein paar Tagen nach einer außerordentl. Hitze eine eben so schleunige Kälte von Nordostwinden gehabt haben, daß Rath Druffel mein Artzt mir gestern rathen ließ den Brunnen auszusetzen, und diesen Morgen im Bette bey einer Tasse The zuzubringen. Die Witterung hat sich wider gebeßert. Der Himmel ist heiter, die Luft soll milder geworden seyn und ich hoffe morgen wieder den Drieburger fortsetzen zu können in der Fürstin schönem Garten und eben so schönen Musaeo das ich aber wegen der Cur und dabey nöthigen Bewegung nicht nach Wunsch nützen kann. Der Gemal und Freund Hemsterhuis wird von seiner Diotime in 14 Tagen erwartet. Pericles kommt auch diesen Mittwoch zu Hause von einer kleinen Reise. Ich habe die ganze Zeit meines Aufenthalts unter der Disciplin der Aerzte zugebracht. Dr. Raphael, mein Schutzengel und Reisegefährte wird schon von Stettin angekommen seyn und Ihnen mündl. alles erzählen können, wovon er Augenzeuge hier gewesen ist. Meine Unmäßigkeit ist ein wahrer Satans Engel, deßen ich mich bis auf diese Stunde nicht entschlagen kann, und ein tägl. Kreutz dem ich tägl. unterliege. Wenn die Hochzeitfreuden hier aufhören werden: so hoffe ich, ohne Mühe, trotz Ihnen fasten zu können und werde mich eben so gut casteyen können als ich ein ganzes Jahr im Schmausen wie ein reicher Mann zugebracht habe. Heute sind wir bey Mariannens Mutter Me Detten zu Gast, wo ich zum zweiten mal speisen und ein einzig mal (vorgestern) 2 Tassen Caffé und ein Spitzglas Wein getrunken habe. Seit Raphaels Abreise habe ich mit dem Rath Sprickmann etwas mehr als Bekanntschaft gemacht, auf den ich schon in Kgsberg mein Facit gestellt. Ich habe ihn aber zum ersten mal den 13 April bey der Fürstin kennen gelernt. Er hat den schönen Wißenschaften u Theater gänzl. entsagt, auch beynahe alle vorigen Verbindungen – ist ein großer Verehrer des unsers
    Kant
, dem zu Gefallen er mehr als einmal nach Kgsberg zu Fuß hat gehen wollen, wird von Hypochondrie und Schwindel sehr heimgesucht und lebt wie ein Einsiedler. Geschichte, Rechtsgelehrsamkeit und Philosophie haben seinen vorigen Geschmack gantz misgestimmt – Krankheit und häusliche Umstände laßen ihm wenige Augenblicke übrig seine Lieblingsneigungen zu befriedigen. An dem Briefe des
    Klein
habe ich gar keinen Antheil. Der seel.
    Kreutzfeld
und seine Erben kennen ihn beßer aus einem Briefwechsel nach dem Tode wegen des Accessit. Vielleicht hat der Halbbruder Ihrer als seines nächsten Freundes erwähnt. Ich habe mich um Bekanntschaften mit Gelehrten nicht bekümmern können und blos auf den kleinen Circul des Franz und meines Jonathans Jacobi eingeschränkt. Frantz, Diotima, Pericles, Sprickmann sind mein ganzes Universum. Vielleicht werde ich den Haagschen Sokrates oder Plato noch hier zu sehen aber nicht zu genießen bekommen. Er schreibt mit jeder Post an seine
    Diotime
,
die gestern noch einen erhielt am 6 des Monats Thorgelion, den er als den Geburtstag des heil. Sokrates feyert. Ich habe den Anfang eines Alexis II du Militaire im Mst gelesen. Diderot ist eben so vertraut mit ihrem Gemal umgegangen, wo er lange ein Hausgenoße gewesen, und deßen Mst von eigner Hand verbeßert ich auch Erlaubnis gehabt – ohne
    Einschränkung
zu genießen. Noch ein
    Jahr
konnte ich hier zubringen, ohne fertig zu werden, bey einem solchen Reichtum von Genuß Maas zu halten ist eine Kunst, von der ich den stärksten unerkannten Beweiß durch meine Rückreise ablege. Gestern brachte ich zum Andenken Neckers neuestes theol. Werk mit, das Jonathan längst erhielt, aber durch meinen Ausbruch der Hämorrhoiden es mit Aufmerksamkeit zu lesen verhindert wurde. Der Jonathan aus Pempelfort hat mir mit den herzlichsten Empfehlungen eine Einladung sein Elysium zu besuchen aufgetragen, wo Sie sehr willkommen seyn werden. Ich arbeite, was ich kann, ihn von seiner Fehde und den Alliirten der Antiberliner abzuziehen. Frantz geht mit seinem ganzen Hause nach Pempelfort, wo wir noch zusammenbleiben und wo ich erst meine Marschroute bestimmen und einpacken werde. Ich werde über Grünstadt, wo ich in unsers gemeinschaftl. Freundes Hause an Ihn zu schreiben denke. Ich bin nicht im stande an meine Kinder zu schreiben, habe erst vorige Woche zufällig einen Brief des
    Kleukers
von Nov. beantworten können, bin nach
    Weimar
Antworten auf 2 Briefe, einen Dank für die zerstreute Blätter und ein Glückwünschungsschreiben auf die frohe Nachricht der letzten Entbindung schuldig. Niemand kann sich von meiner Lage – innern und äußern Lage des Körpers und Gemüths einen Begriff machen – wie
    guten Tage
und
    böse Stunden
und der Zusammenhang meiner Umstände und ihre Anwendung mich erschöpfen und beynahe aufreiben, daß ich nicht im stande bin gegenwärtigen und abwesenden Freunden mich mitzutheilen und zwey Herren zugl. zu dienen, mit gleicher Aufmerksamkeit. Ich bin nach Berl. zwey Antworten schuldig meinem Landsmann, Gevatter u Freunde, dem ich mein ganzes Glück gewißer maaßen zu verdanken habe und der sich noch unendlich verdienter um meine Dankbarkeit durch das Gute, das ich auf meiner DurchReise genoßen, gemacht hat und dem ich meine Schulden niemals abzutragen im stande seyn werde, wenn ich auch Methusalems Alter erreichte. Den
    Dechanten meiner Freunde
hoffe in Hamburg oder in Berl. oder daheim zu umarmen. Was für ein Abendmal die Vorsehung am Ende meines mühseel. u köstl. Lebens mir aufbewahrt hat! Wie schäme ich mich jetzt über den Verlust meines halben Dienstes damals getobt zu haben, wie unser Theophilus St. in Eßlingen. Mit welcher Rührung sag ich jetzt: DEVS nobis haec otia fecit, dem Virgilschen Schäfer nach! Er hat noch niemals was versehn in seinem Regiment, nein! was er thut und läßt geschehn. Das nimmt ein gutes End. Ende gut, alles gut. Daraus läßt sich der Ton des Gantzen, nach der alten Music, wenigstens beurtheilen – Da ich an meine Freundin u Gevatterin nicht selbst schreiben kann: so haben Sie wenigstens die Liebe für mich Ihr sowohl als unsern Reichards Schwester, welche ich auch als die
    Dechantin meiner Freundinnen
ansehen kann, und des ehrlichen Dorows Frau von meinem guten Willen beyde bald wider zu sehn. Vielleicht haben Sie auch das Glück die christl. Aspasie, Pericles Adelheid und Hemst. Diotime, und in ihr das Muster ihres
    Standes
und
    Geschlechts
kennen zu lernen! wen meines Jonathans Einladung und pia desideria erfüllt werden sollten. Ich bin jetzt aufgestanden. Grüßen Sie unsern Freund Jacobi, der mein Bestes unter anderm bey unserm Provincial-Einnehmer im Fall der Noth und die Meinigen eben so wenig als mich selbst vergeßen wird – unsers würdigen Oberhofpredigers Haus und das
    Müllersche
. Wenn Sie auch die schwarze arabische Grütze und das Abendbrodt verleugnen können: so werden Sie sich doch Mittags Ihres alten fahrenden Ritters beym Gläschen Wein und Dessert unsers verehrungswürdigen Kritikers bey langer Weile, seiner bejahrten Muse erinnern. Ich glaubte, daß die Ausarbeitung der Zigeuner s Sie beschäftigte. Die betagte s Sara denkt an keine Autorschaft mehr; glauben Sie also nicht die aegri somnia und den Erzählungen und sehen Sie meinen D. Raphael für keinen Engel an, und se. Relationes curiosas für kein Evangelium. Meine einzige Curae sind jetzt Reiseplane, deren Ausführung von der höchsten Vorsehung abhängt die irrende Ritter und ihre dummehrl. Stallmeister zum Besten hat zu Absichten die dem Auctor fabulae am besten bekannt sind, gewiß beßer als den dramatischen Handwerkern und Taglöhnern. Nun liebster Profeßor, und Freund Crispus, vergeßen Sie nicht in Ihren peripatetischen Excursionen den einst sedentem in telonio. Alle Briefe von dort können am sichersten und beqvemsten hinführo bey dem HE Commercienrath Fischer nach Pempelfort, mein Elysium besorgt werden. Morgen erwarte die Fürstin und meinen ehrlichen Wirth aus dem Pathmo Welbergen. Hans empfiehlt sich bestens dem Andenken m seines Lehrers, wartet die Reitschule beym Oberwachtmeister Weyrother ab, einem würdigen Bruder des avanturiers und Compagnon – hört über den Euclides den Prof. und ex-jesuiten Görz und die Reichsgeschichte secundum Pütterum bey Freund Sprickmann – ist leider! zu wenig Zeit ein Schüler des Mr. Miquel gewesen im Fechten, Voltigiren und der durch Pericles erneuerten Gymnastik – Mündlich, wills Gott mehr – für die lange Winterabende, die immer meine Lieblingsjahrzeit und ein Vorbild meines Alters gewesen. Wo möglich hoffe ich in Manheim den Regierungsrath Lamezan kennen zu lernen wegen seiner genauen Verbindung mit unserm Frantz und Moser noch einmal widerzusehen. Meine dicke Beine werden mich zu öftern Ruhestellen nöthigen, dergl ich zu Wernigerode und zuverläßiger in Wörlitz zu finden hoffe. Wie es mir in Berl. gehen wird, weiß ich nicht. Mein gastfreier Wirth ist mit seinem neuen Hause sehr wohl zufrieden, und ich hoffe es noch mehr zu seyn. Vielleicht gehe ich über
    Danzig
und
    Marienburg
.
An Möwe kann ich im Sarge nicht denken, weil ich mich über den kleinen Maul und Bauchpfaffen ärgere, der ohne an die Geschichte des Manichäismus zu denken, bisher an meinem Shaftesbury wie an seinen Nägeln kaut. Laßen Sie ihn durch
    Freund Brahl
, den ich nebst den Seinigen bestens zu grüßen bitte, an sein Gewißen oder an Schaam wenigstens erinnern. Alles übrige, woran ich nicht denke noch denken kann, überlaße Ihrer ahnenden Freundschaft zu ersetzen und zu ersetzen – wenn Sie nach Faulen schreiben oder dort Ferien halten sollten; so vergeßen Sie nicht ein Gläschen Wein mehr zu trinken und den Abgang des verbannten Caffé zu compensiren. Ich umarme Sie herzlich, und versichere daß alle meine hiesigen Freunde und Gönner, Mecaene und Jonathane an den Gesinnungen Antheil nehmen wo mit ich niemals, so lange ich lebe und denke – auch ohne zu schreiben – und trotz meines pythagorischen capucinischen Stillschweigens, aufhören werde zu seyn   Ihr alter treuergebener Freund und Oedipus   Johann Georg H. Ich bringe, wenn ich kann Seilers Gebetbuch u Logik mit. Haben Sie seine
    Glückseeligkeitslehre
gelesen? Er hat Kant und Asmus studiert. Vale et faue! Mein gewesener Beichtvater wird diesen Sommer in Pempelfort erwartet. Ich habe halbe Abrede genommen, mich in Duisburg magnetisiren zu laßen von einem dortigen Prof. Günther. Adresse:
Herrn Profeßor Kraus in
    Königsberg
Signiert mit roter Tinte: Nro 10. Von Kraus vermerkt: Vom BesoldungsEtat der Provinzialcassen ist H. auf den Besoldungsetat der Generalcasse gesetzt und bey seinem Nahmen angemerkt daß er bis zu seiner wirkl Wiederansetzung 200 rl haben soll – Auch bey Borrhert ist das angemerkt – 300 rl an Wartegeld.
Pempelfort d 3ten Junius 1788 Vermerk von Hamann: Erhalten den 4 – Geantw den 14. 15. Zugl. des Gr. v Stollberg Brief remittirt. lieber Herzensvater! Mit meinem Wohlbefinden hat es keine 24 Stunden Bestand gehabt, wozu, eines Theils die veränderte Witterung, u andern Theils ein Besuch, der mir zwar angenehm war, aber mich in alle Wege aus meinem Gleise bringen mußte, vieles beygetragen haben mag. Es war am Mitwoch Abend, als ich vor der Thüre meines Hauses unter der Rebenlaube saß, u mit Mama Lene Thee trank, als ich unversehens, erst einen niedlichen Jagdhund, und da ich mich umwendete, meinen alten Bekannten u Freund, den Grafen v Sickingen erblickte. Er ist noch bey mir, u wird mich erst zu Anfang der künftigen Woche verlaßen. Ich habe bey dieser Gelegenheit sehr lebhaft gefühlt, wie manche Veränderungen, die mir nicht leid sind, seit fünf Jahren in mir vorgegangen sind. – Du wirst sehen, lieber Vater, Gott hilft mir. Sage der Holden, ich hätte diesen Augenblick Antwort v Genf wegen der Mineralien erhalten, u würde sie ihr mit nächster Post überschicken. Dank, herzlichen Dank, Du Lieber! wegen Deiner Anmerkungen über den Nahmensvetter. Rehbergs Cato habe ich nicht gelesen, wohl aber die Gespräche über das Vergnügen, die er mir zuschickte u mir dabey schrieb. Der Brief enthielt eine Frage, Spinoza betreffend. Ich antwortete wenige Zeilen, u schickte ihm die Briefe an Mendelssohn, welche eben die Preße verlaßen hatten. – Auf mein Danksagungsschreiben hat er noch nicht geantwortet. Schloßer ist krank gewesen, aber er hat auch gearbeitet. Die Frucht seiner Arbeit hat mir die Post so eben gebracht. Wenn ich sie gut finde, so erhältst Du Sonnabend eine Abschrift. Noch habe ich keine Zeile davon gelesen. Von Starckens Prozeß mit Fleischer hatte mir schon vor 4 Wochen der hiesige Buchhändler Tänzer Nachricht gegeben. Er wußte die Sache v dem jungen Fleischer selbst, der auf der Meße war. Dieser Nachricht zu folge hat aber der Frankfurter Scheffenstuhl Fleischern gleich Unrecht gegeben. Von Schenk kanst Du nie gehört haben, daß ihm der Styl des Geschichtschreibers Müller widerstünde. Er hatte die Schweitzergeschichte noch gar nicht gelesen, u nahm erst vor einigen Tagen den ersten Theil mit nach Haus. Ich aber habe ihm öfter daraus vorgelesen, u mit dem was ich ihm vorlas, schien er eben so zufrieden wie ich selbst zu seyn. Hier Stolbergens Antwort auf meinen ersten Brief, deren Mittheilung ich Dir jüngst versprach. Ich habe ihm noch nicht geantwortet; es soll aber gewiß am Freytag. Die Augen thun mir so weh, u mein Kopf ist so trübe, daß ich zu schreiben aufhören muß. Du erhältst mit nächster Post gewiß wieder Nachricht v mir – Wann gedenkst zu kommen? Und werden Buchholtz u Mariane Dich begleiten? Von Claudius habe ich kürzlich zwey Brieflein erhalten, die ich Dir schickte, wenn nicht zu viel dabey zu commentieren wäre. Er grüßt Dich aufs herzlichste, u kann es nicht erwarten, daß er Dich sieht. Ich habe ihm geschrieben, er soll her kommen. Von ganzem Herzen Dein Fritz Jonathan. den 4 Jun. 88 Nur zwey Worte, liebster Freund Raphael zum freundlichen Willkommen in unserer Vaterstadt. Die Fürstin ist hier zu Mittag und ich arbeite was ich kann um der Bücher los zu werden, deren End ich nicht absehen kann. Gegen die Mitte dieses Monats geht unsere ganze Familie nach Pempelfort genommener Abrede zufolge den 29 fieng ich den Drieburger Brunnen an. Die Witterung schlug aber den letzten May von einer Hundstags schwülen Luft zu seinem entgegengesetzten Extrem um, daß ich diese ganze Woche nicht habe fortsetzen können. Eine Hämorrhoidalcolick wie bey Ihrer Abreise hat sich gleichfalls eingestellt, und wenn die Luft morgen ein wenig milder ist, hoffe ich morgen fortzufahren. Druffel ist
    Rath
geworden an D. Wurstersohns Stelle. Der linke Fuß ist immer geschwollen. Der Appetit zum Eßen und Lesen unauslöschlich. Unser Landsmann Reichard hat mir den Tag nach Ihrer Abreise Einl. besorgt und ich erhielt den 26 pr. die Nachricht Ihrer Abreise nach Stettin, warte mit Ungedult auf die Botschaft Ihrer glückl. Ankunft in Kgsberg und ferner in dem Hafen Ihrer künftigen Reise. Meine Molimina der Autorschaft in Wellbergen waren nichts als aegri somnia und mens sana in corpore sano gehört zu einem neuen Versuch, und im Ernst daran zu denken. Ich bin in 8 Tagen 3 mal in Welbergen gewesen – das letzte mal nicht so froh wie gewöhnl. Die Fürstin hatte einen Durchfall und ich litte an meiner HämorroidalColick, bey der ich einige Tropfen mehr an Blut verloren. Dr. Arnold, unser alte hospes wird hier erwartet. Wir erinnern uns allesamt Ihrer sehr oft im Besten, wozu ich die meiste zureichende Ursache habe. Montags schmausten wir bey Me Detten und tranken in der Fürstin Garten Caffé; ich tägl. meinen Brunnen. Der Fürst und Hemsterhuis wird in 14 Tagen hier erwartet. Vermuthl. werde ich beyde noch kennen lernen; denn Sie wißen, wie lange es mit dem motiuntur u romuntur währt. Tausend Grüße von anwesenden und abwesenden Freunden, denen Sie immer gegenwärtig sind. Marianne befindt sich nach einigen Anfällen bey denen wir ein Recidiv des verjährten Uebels zu fürchten anfiengen, recht munter und Frantz wie gewöhnlich. Die Post eilt und ich habe mich auf einen Augenblick nur fort gestohlen. Gott erhöre alle Wünsche, liebster D. Raphael, die ich für Sie tägl thue, und schenke Ihnen auf Ihre alte Tage so viel Genuß, als ich hier erlebt cum grano salis mit einigen Selsen der Nachwehen pp Leben Sie recht wohl, grüßen Sie alle gute Freunde u Gönner die sich meiner erinnern, HE Stadtr. Wirth, Kr. Scheffner und ppp Vergeßen Sie nicht auch meine halbe Köthe zu besuchen, und trösten die Meinigen, wenn Sie meinethalben bekümmert seyn sollen. Ich hatte ebensoviel nur noch mehr Ursache zu Sorgen; ich habe alle von mir geworfen, und mein Schicksal ist in guter Hand, die mich bisher wie die Jugend geführt und mich in meinem unvermögenden Alter nicht verlaßen noch versäumen wird. Famulus Hans empfiehlt sich Ihnen bestens. Wenn Sie nach Curl. kommen, vergeßen Sie auch dort nicht Ihres alten invaliden, incorrigiblen Freund u Patienten Joh. Georg Hamann. Adresse von Johann Michael Hamann mit rotem Lacksiegelrest:
An / Herrn Doctor Lindner / zu / Königsberg –
Ew. Durchlauchten haben meine Unruhe darüber, daß mir die Post nichts mitbrachte, gestern Abend gestillt, weil ich hoffe, daß die Schmerzen eines noch so empfindlichen Flußes von keinen Folgen noch Dauer seyn werden, und vielleicht schon heute überstanden sind. Freylich ist ein Besuch bey solchen Umständen eine neue Folter für die Ungedult eines Kranken und steht seiner Genesung im Wege. / Ich habe gestern den Brunnen wider angefangen und wurde des Morgens von D. Kormann und des Abends von Franz überrascht; aber heute bin ich durch die Witterung abgeschreckt worden. Unsere Abreise ist auf den 18 höchstens ausgesetzt, weil den Tag vorher der Hochzeittag noch gefeyert werden soll. Die Werke des Marquis de S. Simon habe gestern abgeliefert; mit Diderots Handschriften hoffe heute fertig zu werden. Verzweifelung wird meinen Eigensinn curiren, und Nothwendigkeit meiner Lüsternheit ein Ende machen. Ein Knoten, den man nicht Zeit hat aufzulösen, muß zerschnitten werden mit der Scheere der Parce. Unter einem solchen Gewühl von Grillen bin ich nicht im stande das geringste zu schreiben – Ew Durchlauchten kennen unser aller Gesinnungen und mein Verlangen noch Angelmodde zum letzten mal zu sehen. Joh. Ge. Hamann Münster Dom III p. Tr. 88. Vermerk von Jacobi: Hamann. Empf den 16ten beantw. den 17ten den 14 Jun 88 im Musaeo und auf dem Stuhl unserer holden Fürstin, Liebster Jonathan, Ich kann nicht schreiben, bin aber fest entschloßen den 19 oder Donnerstags mit der Post abzugehen. Mit Deiner Gesundheit hoffe ich, geht es beßer, wenigstens ist Dir ein guter Vorrath nöthig zu der Unruhe, die Du Herzens lieber Fritz Dir aufgeladen hast oder Dir zugedacht ist. Unser ganzes Haus komt abgeredter maaßen. Ich verspaare alles auf unser Widersehen. Wenn ich nur erst im Zuge seyn werde. Ich weiß von meinen Sinnen nicht, noch wie mir zu Muthe ist. In Deinem Elysio hoffe ich wird alles beßer werden. Die Einl. von Gr. Stollberg ist zu Hause; will ihn lieber künftigen Mittwoch schicken und mich noch einmal melden. Aus unsern Experimenten zu Duisburg wird wohl nichts werden. Mittwochs erwarte ich gantz gewiß ein paar Zeilen von Dir. Der Printz und Hemst. werden so viel ich weiß in ein paar Tagen erwartet; aber ich kann mich alle Tage weniger auf mein Gehör verlaßen und höre nichts als rausende rauschende Wälder in meinem kranken Kopf. Was ich seitdem erhalte, bringe alles mit. Die herzlichsten Grüße an Mama, Tante Deine lieben Kinder und übrige Hausgenoßen., die ich alle gesund und vergnügt wider zu sehen hoffe. Halte eine Postcharte fertig um meine Marschroute zu bestimmen und trage so viel Du kannst und willst zu meiner Expedition bey. Hast Du wegen des verlornen Packs nach Leipzig geschrieben? Mündlich, so Gott will mehr und alles übrige was ich nicht zu schreiben vermag.   Gott empfohlen. Dein alter   Joh. Ge. den 15 Dom IV p Tr. Dies ist wohl der letzte Sonntag den ich in Münster erlebe. Den ersten in Pempelfort werde beßer feyren. Mein Kopf ist so erschöpft, daß ich in der Einbildung, die Post gienge gestern ab, obige Zeilen schrieb. Mir fehlt mens sana in corpore sano und ich bin zu nichts aufgelegt, tauge zu nichts. Mache doch, Herzenslieber Fritz Jonathan, daß ich im Zuge mich wider erhole. Donnerstag bin ich auf dem Postwagen – wenn der Herr will und wir leben. Die 4 Tage wird Gott auch überstehen helfen. Ich hoffe in Deinem Elysium noch ein wenig Luft zu schöpfen. Gott empfohlen. Von HauLindner u von Hause Briefe, die ich
    selbst
mittheilen muß. Bis dahin Gott empfohlen unter 1000 Grüßen u Küßen. Ich
    erwarte gewiß ein paar
    Zeilen mit der
Mittwochspost und was Du zu erinnern hast. N.S. Franz und Marianne sind ausgefahren um einen Versuch zu machen, wie Gertrudchen u die Amme die Bewegung der Kutsche vertragen können. Sie können daher erst mit der nächsten Mittwochspost ihre Ankunft dort anmelden und haben mir aufgetragen dies vorläufig in ihrem Namen zu thun. Mehr kann ich nicht – Inter bonos bene
Pempelfort den 17ten Juni 1788. Ich erwarte Dich, lieber HerzensVater, mit offenen Armen, und mit dem Herzen das Du kennst. Eben so ruft Dir Mama Lene, mit Auge Mund u allem was an ihr ist das herzlichste Willkommen entgegen; Dir und allen Deinen lieben Begleitern. Mich wundert daß Du Dich des Postwagens bedienen willst. Weiter als bis Dorsten leide ich aber nicht daß Du Dich seiner bedienst, denn von da ich an rechne ich daß Du in mein Territorium trittst. Einen Bedienten kann ich Dir diesmahl nicht bis Dorsten entgegen schicken, weil Wolter krank ist, u ich, verschiedener Umstände wegen, Petern nicht schicken u 2 Tage ohne alle Bedienung seyn kann. Laße Morgen Abend mit der reitenden Post durch Fürstenberg, die Prinzeßinn oder sonst jemand Pferde u Wagen zu Dorsten auf Freytag, den 20ten bestellen, so daß Du von dort in der Frühe nach Mühlheim abfahren kannst. Zu Mühlheim findest Du meinen Wagen u meine Pferde, u kommst so gemächlich Freytag Abend zu Pempelfort an. Hanzs Michael soll mein Renthmeister seyn, u ich ersetze ihm seine Auslagen. Morgen Abend meldest Du mir daß diese Einrichtungen gut geheißen u getroffen sind. Diese Nachricht erhalte ich Donnerstag Abend, u laße dann gleich den Kutscher nach Mühlheim abfahren. Wie unser Franz mit Mariane u Trutchen seine Reise einzurichten gedenkt, erfahre ich dann zugleich. Grüße sie recht herzlich von mir u den Schwestern, u sage ihnen, daß wir alle sie willkommen heißen. Sickingen werdet Ihr noch hier treffen; er wird euch aber wenig hindern, u bleibt gewiß nicht länger, als bis zu Anfang der künftigen Woche. Das Experiment daß wir zu Duisburg machen wollten, kann diesmahl nicht gemacht werden, weil wir uns wenigstens 3 Tage dort aufhalten müßten. Ich will Günther bitten daß er hieher kommt, wenn Du ausgeruht bist. – Gott geleite Dich! – Die Postcharte wird sich schon finden. Dein Befehl, daß ich sie parat halten soll, hat mir nicht gefallen. – Wegen des Packets habe ich von Leipzig Antwort erhalten. Hierüber mündlich. – Ich werde übermorgen mit großem Verlangen der Ankunft der Post entgegen sehen, und mit noch größerem Freytag Dir selbst. – Ich habe einige Tage her in großer Unruhe gelebt von Besuchen Rückkehrender aus Wesel u Cleve, die ihren Weg über Düßeldorf nahmen. – Ich verlaße mich auf Hans Michael, daß er unter Wegs gute Sorge für Dich tragen wird. – Ich herze Dich, Du Bester, mit innigster, treuester Liebe – Dein Fritz Jonathan. M. den 18 Jun. 88 Liebster Herzens Jonathan, ich habe heute fast den ganzen Tag auf dem Bette und im Liegen zugebracht. Unsere holde Amalie hat mich übermocht einen Hauderer der Post vorzuziehen; schon Frantz erbot sich dazu und Hans machte mir auch den Kopf warm, und der meinige ist so schwach, daß ich mich nach ihm gar nicht richten kann. Es bleibt also bey der guten frommen Fürstin Abrede, die mich franco frey bis nach P. schaffen wird. Alle Aufwartung habe ich verbeten; ich habe an meinem filius famulus gnug, und es wird ihm wohl thun, wenn er
    dienen
lernt und die Probejahre seinem alten kranken Vater wiedmet. Mama wird an Ihren ungerathnen Sohn zu ziehen haben. Ihr scheint Gottlob! alle vergeßen zu haben, wie sauer ich euch das Leben gemacht. Den 20 des Abends fuhr ich aus Kgsberg und denselben Morgen bin ich auch willens Münster zu verlaßen. Ich werde also der letzte hier im Hause seyn – Frantz ist noch laconischer wie ich. Gleiche Brüder, gleiche Kappen. Verzeih mein kurzes und abscheuliches Schreiben. Tausend Grüße u Küße zum voraus. Johann Georg. Auf dem Zettel der Nachschrift oben von Jacobi notiert: Hamann. Münster den 18ten Juni 88. empf den 19ten. N. S. Diesen Augenblick komt HE Miquel mit der Nachricht daß der Fuhrmann uns den 20 Freytags frühe von hier aus, aber nur bis Mühlheim Sonnabends morgens schaffen wird. Also erwarte ich
    Sonnabends frühe
Chaise und Pferde zu Mühlheim um weiter in Pempelfort befördert zu werden. Ich hoffe daß Du mich verstehst. Ich gehe Freytags morgens ab und erwarte Deinen Vorspann und Fuhrwerk Sonnabends frühe in Mühlheim. Joh. Georg. H. Adresse:
An / Herrn Geheimen Rath
    Jacobi
/ zu / Düßeldorf.
Mitau den 8 Aug. 1760 Herzlich geliebtester Freund, Gott lob! daß ich nun weiß, woran ich bin. Nein! wäre mir eben so lieb als Ja! gewesen. Ich war mir des Neins schon so gewiß, daß ich dafür eben so entzückt gedankt hatte als ich jetzt für meines Bruders Ja! thue. Ein für alle mal. So lange ich hier bin, muß ich alle Posttage ein Paar Zeilen von Ihnen erhalten. Darauf müßen Sie mir, liebster Freund die Hand geben. Können Sie nicht schreiben, so muß Baßa eine Stunde vor Abgang der Post immer erscheinen und Ihr Secretair seyn. Sie sehen, daß so schwer meine Forderungen sind, ich solche immer so leicht als möglich Ihnen zu machen suche. Der Geld hat und es nicht ausgeben will ist ein Narr; aber ein noch größerer, der gute Freunde von Gott bekommen und das Herz nicht über sie zu disponiren. Battons le fer, pendant qu’il est chaud. Mein Bruder
    will
– – seinen Abschied. So weit sind wir Gott lob! Nun komt es darauf an: Mein Bruder
    hat
– seinen Abschied. Termin ist eine Sache für sich und kommt immer auf andere Umstände an zu verkürzen und zu verlängern. Ich werde nicht ein Wort daher sagen; und mir und meiner Reise ist es gleichgiltig, ob er in 8 tagen oder Wochen abkommen kann; weil mein Termin nicht seiner, und seiner nicht meiner ist; ich eben so lieb ohne ihn als mit ihm reisen möchte. Wenn ich von meinem Bruder seine
    WillensErklärung
verlangt: so weiß ich sehr gut, daß ich ihm mehr zugemuthet als er leisten kann; ich habe aber auch selbige nur als eine Formalität nöthig mich in Ansehung des vergangenen und künftigen vor Menschen zu legitimiren. Seine Noth, die Kenntnis seiner Verfaßung ist Wille genung von seiner Seite; und Beruf genung von der meinigen, ihn herauszureißen. Wie schwach, wankelmüthig, matt übrigens sein Wille ist, kann ich von selbst ohne nähere Umstände leicht erachten. Da Sie ihm, liebster Freund, seinen Abschied schon zubereitet, ehe er mit seiner Willens Erklärung fertig geworden: so bitte ich jetzt um nichts mehr, als dies Werk so geschwind als möglich zu vollenden. Da er nicht einmal
    wollen
kann; so darf man gewiß wenig Thätigkeit auch hierinn erwarten von ihm selbst. Wenn man schon ein Samariter seyn will, so muß man die Last des Kranken auf seinen Esel zu laden wißen um bald die Herberge zu erreichen, wo für seine Wunden gesorgt werden kann. Es wäre mir lieb, falls er mit seiner Supplique noch nicht eingekommen und der rohe Entwurf in meinem beyliegenden Briefe an ihn zum Grunde gelegt werden könnte. Es sind nichts als Empfindungen der Natur und Wahrheit darinn, der man sich nicht schämen und von deren Bekänntnis man sich durch nichts abschrecken laßen soll. Ob man ein guter oder schlechter Schulmann ist, dadurch ist unser Glück weder gemacht noch verdorben; ein ehrlicher Mann zu seyn, und das Bild davon unserm eigenen Gemüth und andern vorzuhalten, durch diesen Spiegel uns selbst und andere dazu zu modeln, gehört so wohl zu unserm Glück als zu unserer Pflicht, wenn wir beyde kennen und lieben. Sollte mein Bruder, wie Sie mir dazu Hofnung machen, einen honorablen Abschied erhalten: so ist er um desto mehr verbunden diese kleine Demüthigung sich selbst aufzulegen – Das Gefühl der darinn enthaltenen Gesinnungen ist nothwendig für ihn, wenn er und andere aus dieser seiner Catastrophe klüger werden sollen pp. Wenn er seinen Abschied hat, so würde seine Gemüthsbeschaffenheit dadurch erleichtert werden und er könnte als Volontair die Schule so lange abwarten, als es erforderlich wäre. Eben das Interesse das sie gehabt haben dem Publico nützlich zu werden in Besetzung dieser Stelle wird Sie jetzt selbige antreiben ihren mislungenen Versuch so bald als mögl. dadurch abzuhelfen, daß einem würdigern darinn Platz gemacht wird. Eben die Freundschaft, die Sie in Ansehung meines Bruders leichtgläubig gemacht verbindet sie jetzt ihn von den Feßeln loß zu machen – Sie sind also der einzige, dem in dieser Sache mit Feuer zu agiren erlaubt ist, sie mögen ihre Schule, oder ihren Freund ansehen; so wird das Ende jetzt den Ton des ganzen Stücks – erklären, und ich weiß, daß man weder ihren öffentl. noch privat verbindlichkeiten etwas wird vorrücken können. Sie sehen selbst hieraus, daß ich nur mit Rath aber nicht mit That weder Ihnen noch meinem Bruder an die Hand gehen darf. Sie sind vielleicht zu nahe zum ersteren, und ich zu entfernt zum letzteren. Wir können uns einander eben so glückl. secundiren, als wir uns unglückl. überwerfen können. Bleiben Sie Ihrer Rolle so treu als ich der meinigen zu seyn gedenke; die Blätter zu unserm Spiel werden uns von der Vorsehung ausgetheilt. Der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne zum ewigen Leben, an den Nieten dieses lebens ist ohnedem nichts gelegen. Laß die Todten ihre Todten beweinen. Wohl dem, wohl der, die ruhen können von ihrer Arbeit und die sich des Gefolgs ihrer Werke nicht schämen dürfen. Ich erwarte mit erster Post Nachricht, gehe morgen nach Platohnen, wills Gott, in Gesellschaft meines Wirths ihrenunsern lieben Cadet zu besuchen. Meinen herzl. Gruß an Ihre liebe Hälfte und übriges ganzes Haus. Gott laße sie allesamt Seiner väterl. Obhut empfohlen seyn. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtig ergebener Freund, Hamann.
Kgsberg den 1 May 79 Freylich bin ich Christianchen und Carolinchen und meiner lieb werthesten Frau Gevatterin auf Ihre drey Postscripte vom Januar 78 noch eine Antwort schuldig; aber – aber – aber – Freylich hätt ich auf frischer That neulich den 19. Nov. eben deßelben Jahrs die glückliche und erfreuliche Ankunft meiner jüngsten Tochter
    Marianne Sophia
feyerlichst anmelden sollen – und was mich dazu bewogen die drey besten Matronen zu W. W. W. aufzubiethen gegen die Einflüße des Skorpions – – Ist etwa mein Brief den ich den 27 des vorigen Christmonats schrieb nicht angekommen??? oder liegt die Schuld am
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