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Heinrich Weber: Neue Hamanniana. München 1905, 15 f.<line type="break" />
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ZH I 64–66, Nr. 24.
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<tab="2" />Madame,<line type="break" />
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nun haben sich Ihre und Ihres Gatten Wünsche endlich erfüllt! Ich beglückwünsche Sie dazu aufrichtig. Die Teilnahme, die ich Ihrer Zufriedenheit entgegenbringe, entspricht Ihrer Aufmerksamkeit, mich davon zu unterrichten. Das Herz eines so ehrbaren Mannes wie meines Freundes hat Ihr Zutrauen, Madame, und das Glück verdient, das er in dieser Verbindung genießen wird. In Gedanken umarme ich Sie beide, meine liebe Freundin und meinen lieben Lindner. Der Gedanke an Ihre Zufriedenheit und Ihre Feierlichkeiten hat mich wahrlich in Schweizer Schwindel versetzt. Im Übrigen, Madame, ist mein Empfinden mindestens ebenso lebhaft wie die Wünsche Ihres Herrn Gatten, über die Sie sich – ob es Ihnen gefällt oder nicht – zu Unrecht beklagen. Anstatt ihn von seiner Schalkhaftigkeit zu befreien, wünschte ich ihm viele Schwierigkeiten, wenn er um Ihre Reize ansteht. Die Lust kommt auf den Geschmack und die Schönheit der Gegend lässt den Landmann erwachen. Ihr Schönen, lasst eure Liebhaber hoffen; und ihr beklagt euch zu Unrecht, wenn sie eure Leckerbissen nach dem Tischgebet des Priesters, der das Opfer segnet und den jungen Gemahl zu guter Speise einlädt, gut gebrauchen können. Mutter zu sein gefällt Ihnen, aber Sie verschmähen die damit verbundenen Kosten. Wie Ihr ältester Sohn verlange ich von Ihnen, meine liebe Mutter, bald eine kleine Schwester, die mich bei meiner Wiederkehr erheitern soll.<line type="break" />
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Liebreizendes Paar! Werdet der Tugend nicht überdrüssig; ihr schuldet Ihr diese Wollust, die wie ein sanfter Zephyr die Wogen eures zukünftigen Lebens kräuselt. Gott wird eure Wünsche begünstigen, wenn Ihr euch anstrengt, euch durch Zärtlichkeit und Treue, der das Noviziat Eurer Liebe nicht widerspricht, als würdig zu erweisen. Liebet mich, ich flehe Euch an, die Erinnerung an eure Freundschaft lässt mich erzittern, ihre Freude wiegt Euch. Wie glücklich mein lieber Lindner ist! Eure Zuwendung, Madame, wird seine Gesundheit wiederherstellen und die Annehmlichkeiten einer solch passenden Ehe werden seinen Geist wieder beruhigen.<line type="break" />
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Ich bin diese Woche, Madame, um Ihres Bruders willen in Mietow gewesen. Er war nicht da und als er zurückkam, habe ich nur ein Stündchen mit ihm geplaudert und meist über Sie. Er gibt Ihnen Recht und begrüßt die Wahl und den Entschluss seines Bruders von ganzem Herzen. Seine Geschäfte haben ihm den Kopf verdreht; das ist eine erlesene Kranke , die es nicht verfehlen wird, sein Ansehen zu festigen und ihn sogar reich zu machen; wenn er damit Erfolg hat. Das wäre ein Akt der Vorsehung, der seine Talente seinen Rivalen zum Trotz geltend machen würde.<line type="break" />
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Was mich betrifft, meine liebste Freundin, fühle ich mich hier wohl. Die Gräfin ist eine sehr geistreiche Frau. Ihre Frömmigkeit und ihr Ehrgeiz dienen als Ersatz für größere Vorzüge. Sie ist die Seele ihrer Familie, sie ist niemals untätig und verbringt ihre Zeit manchmal wie eine Hausfrau mit den Kleinigkeiten des Haushalts. Ihre Vorliebe für die Literatur ist ein klein wenig prahlerisch und überhaupt verrückt nach Kinkerlitzchen. Sie schreibt hübsche Verse über ein kirchliches Thema; aber alles hat irgendwann ein Ende. Der Herr General verdankt ihr seine Bildung und sein Benehmen. Das ist das größte Verdienst einer Frau, das einzige, das sie ehrbar macht. Obwohl sie acht Kinder zur Welt gebracht hat, riecht ihr Gesicht noch nach der Frische der Jugend und ihre Schönheit ist appetitanregend. Möge Gott Ihnen dieselbe Gnade erweisen, meine liebe Mutter! Nach diesem kleinen Seufzer küsse ich Ihnen die Hand und empfehle mich Ihrem Wohlwollen. Anspruch darauf erhebe ich aufgrund der aufrichtigsten und zärtlichen Freundschaft, mit der ich mein ganzes Leben Ihr ergebenster Diener sein werde<line type="break" />
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Grunhof, den 28. Februar 1754.<line type="break" />
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<note>Übersetzung von Joscha Sörös</note>
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