diff --git a/Marginal-Kommentar.xml b/Marginal-Kommentar.xml index 285bc3a..3b738d1 100644 --- a/Marginal-Kommentar.xml +++ b/Marginal-Kommentar.xml @@ -3183,10 +3183,9 @@ Brief Nr. 42 -Der Brief ist in sehr holprigem und fehlerhaftem Französisch verfasst. Übersetzung (von Joscha Sörös): Ich bin ein preußischer Edelmann, dessen katholischer Vater Geheimrat des Königs war. Ich habe mich also mit christlicher Verbundenheit zu diesem Glauben bekannt und da ich an verschiedenen Universitäten studiert habe, habe ich mit Zustimmung meines Vaters verschiedene fremde Länder gesehen. Als ich nach drei Jahren von meiner Reise zurückkehrte, bin ich auf Befehl seiner Majestät des Königs von Preußen in den Militärdienst bei einem Kürassierregiment eingetreten. Ich war gezwungen, diesen Dienst zu quittieren, da ich keinen Vorteil darin sah. Danach habe ich nach Anstellungen gesucht und bin beim königlichen General Herrn Pranitzki als Hauptmann in den Dienst getreten. Da ich nach fünf Jahren keine Beförderung erhalten hatte, habe ich den Dienst quittiert und mir wurde vom Herrn Prinzen Radziwill, Pfalzgraf von Nowgorod, angeboten, der Erzieher des minderjährigen Prinzen Radziwill zu werden. Diese Stelle habe ich angenommen, aber unglücklicherweise ist dieser Graf bankrottgegangen und drei Monate nachdem die Eltern den jungen Prinzen in ein College gegeben haben, gestorben. Folglich bin ich ohne Beschäftigung. Falls ich also die Ehre habe, Eurer Exzellenz durch mein Wissen zu gefallen, ich beherrsche Latein, Französisch und Deutsch sowie die anderen Wissenschaften, die einem jungen Kavalier von hoher Geburt nützlich sind, und die angemessene Erziehung eines jungen Herrn. +Der Brief ist in sehr holprigem und fehlerhaftem Französisch verfasst. Übersetzung (von Joscha Sörös): „Ich bin ein preußischer Edelmann, dessen katholischer Vater Geheimrat des Königs war. Ich habe mich also mit christlicher Verbundenheit zu diesem Glauben bekannt und da ich an verschiedenen Universitäten studiert habe, habe ich mit Zustimmung meines Vaters verschiedene fremde Länder gesehen. Als ich nach drei Jahren von meiner Reise zurückkehrte, bin ich auf Befehl seiner Majestät des Königs von Preußen in den Militärdienst bei einem Kürassierregiment eingetreten. Ich war gezwungen, diesen Dienst zu quittieren, da ich keinen Vorteil darin sah. Danach habe ich nach Anstellungen gesucht und bin beim königlichen General Herrn Pranitzki als Hauptmann in den Dienst getreten. Da ich nach fünf Jahren keine Beförderung erhalten hatte, habe ich den Dienst quittiert und mir wurde vom Herrn Prinzen Radziwill, Pfalzgraf von Nowgorod, angeboten, der Erzieher des minderjährigen Prinzen Radziwill zu werden. Diese Stelle habe ich angenommen, aber unglücklicherweise ist dieser Graf bankrottgegangen und drei Monate nachdem die Eltern den jungen Prinzen in ein College gegeben haben, gestorben. Folglich bin ich ohne Beschäftigung. Falls ich also die Ehre habe, Eurer Exzellenz durch mein Wissen zu gefallen, ich beherrsche Latein, Französisch und Deutsch sowie die anderen Wissenschaften, die einem jungen Kavalier von hoher Geburt nützlich sind, und die angemessene Erziehung eines jungen Herrn. Was mein Betragen betrifft, so kann ich ohne Eitelkeit sagen, dass ich mich in meinen Ämtern stets gut betragen habe, wie es Eure Exzellenz an meinen beglaubigten Nachweisen erkennen wird. Ich kann kaum ausdrücken, wie viel Freude es mir bereiten würde, in den Dienst eines liebenswerten Herrn einzutreten, von dem man so viel Gutes erzählt und dessen Haus so wohlgeordnet ist. -Was die Vergütung betrifft, wäre es mir gemäß meiner bescheidenen Umstände unmöglich, Ihnen für weniger als 160 Silbertaler zu dienen, dazu 100 Dukaten. In Ermangelung eines ehrbaren Mannes ist das nicht zu teuer, falls Eure Kinder Nutzen aus der Begabung ziehen wollen, die ich durch die Gnade Gottes erhalten habe. Ich bitte Eure Exzellenz die Güte zu haben, so schnell wie möglich zustimmend zu antworten, denn Ihre liebenswerte Antwort an die Adresse von Monseigneur de Negelein, Hauptmann des Königs von Polen, wird über meine Reise nach Warschau entscheiden. Ich empfehle mich etc. etc. - +Was die Vergütung betrifft, wäre es mir gemäß meiner bescheidenen Umstände unmöglich, Ihnen für weniger als 160 Silbertaler zu dienen, dazu 100 Dukaten. In Ermangelung eines ehrbaren Mannes ist das nicht zu teuer, falls Eure Kinder Nutzen aus der Begabung ziehen wollen, die ich durch die Gnade Gottes erhalten habe. Ich bitte Eure Exzellenz die Güte zu haben, so schnell wie möglich zustimmend zu antworten, denn Ihre liebenswerte Antwort an die Adresse von Monseigneur de Negelein, Hauptmann des Königs von Polen, wird über meine Reise nach Warschau entscheiden. Ich empfehle mich etc. etc.“ diff --git a/traditions.xml b/traditions.xml index df03aa1..0117ab1 100644 --- a/traditions.xml +++ b/traditions.xml @@ -1197,6 +1197,29 @@ Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letz Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, I 122. ZH I 234–236, Nr. 107. + + +Mein Herr, +es ist ganz natürlich, dass wir einem unbekannten Menschen eher misstrauen als jenem, von dem nur die schwachen Seiten bekannt sind. Ich glaube, Sie sind in Bezug auf mich dem ersteren Fall zuzuordnen; wegen einer Kränkung sehe ich mich allerdings zu stärkeren Maßnahmen gegen Sie angehalten. Nichtsdestotrotz halte ich Sie für einen
    Engländer
, damit meine ich, mein Herr, dass dieses Körnchen Reflexion, dieser Hauch von Empfindung, die man für so grundlegend für den Charakter Ihrer Nation wähnt, mich auf dem steilen Weg, den ich zu bewerkstelligen habe, bestärkt. Gestatten Sie nun umgekehrt, mich für einen
    Menschen
zu halten, der trotz seines düsteren und menschenfeindlichen Anscheins den Instinkt zur Menschlichkeit herausgebildet hat, der uns dazu verhilft, all das Gute zu tun und all das Schlechte zu verhindern, zu dem wir fähig sind. +Sie halten den Nebel, den der Tag soeben durchdrungen hat, für eine Nacht, mit der man die Geheimnisse Ihrer Scham und ein Rätsel der Ungerechtigkeit verdeckt – – Sie amüsieren sich – – am Rande des Abgrundes – – mit einem Ungeheuer –. Wehe jedem verdorbenen und undankbaren Kind, das es wagt, eine muttermordende Hand an die Ordnung der Natur, dieser braven und segenbringenden Mutter, dieser zärtlichen Ernährerin, zu legen! +Ich habe den Menschen studiert, mein Herr; das Ausmaß, in dem ein Menschenherz sich verschlingen kann, und die Wirkung, die es zu erreichen vermag, erfüllen mich abwechselnd mit Furcht und Lust. Diese Erkenntnis hat meinem Geist einen ernsthaften Knick versetzt. Fügen Sie hier ein paar Kehrseiten meines Schicksals hinzu, während Sie sich an die Worte eines Ihrer großen Genies erinnern: +A thinking soul is punishment enough +But when ’t is great and wretched too; +Then ev’ry Thought draws Blood. +Dryden. +Hier bin ich also in einem fremden Land, bar jeglicher Hilfe und jeglichen Halts. Freundschaft, dem Himmel sei Dank, habe ich nie eine andere kennengelernt als jene, die die Tochter der Tugend und Schwester eines wahren Glückes ist, diese Freundschaft war Führerin und Begleiterin meiner frühesten Jugend. Hier musste ich mich leider bisher ohne ihre Ratschläge, ohne ihre Beruhigung und ohne ihre Hilfe dahinschleppen. Ich sehe mein geringes Talent mangels anderer Stützpfähle wie einen Weinstock vergehen. Schließlich, und das war der Höhepunkt meines Leides, war ich – meiner zum Trotz – gezwungen, mich auf Kosten eines Einzigen abzulenken – – mit dem ich hier mit aller aufrichtigen Treue eines ehrlichen Mannes und all der Feinfühligkeit eines Freundes Umgang hatte. Wenn ich mir unsere Vertraulichkeit vergegenwärtige, erröte ich und mache mir die schlimmsten Vorwürfe. Nachdem er mich so oft zum Blutzeugen seiner Dummheit und Niedrigkeit, zum Betrogenen seiner Angeberei und Dreistigkeit gemacht hatte, war er
    seiner
Maske überdrüssig geworden, und mir wurde die Abscheu und Verzweiflung zuteil, seine wahre Gestalt zu erblicken. Passen Sie gut auf sich und auf das auf, was Sie von einem Bösartigen zu befürchten haben, der sich den ungeheuerlichsten Fantasien hingibt – – der sich vermutlich Ihrer Freigebigkeit würdevoll bedient – – der Sie tausend Mal mit seiner Indiskretion und seinen Lügen verraten hat – – Glauben Sie an einen Gott, der die Verbrechen rächt (könnte selbst der Teufel noch weniger glauben?), glauben Sie an ihn, sage ich, und erzittern Sie! +Mir ist es weder möglich, auf meine Gefühle noch auf meine Entdeckungen genauer einzugehen. Dem Tone dieses Briefes werden Sie ohne Mühe entnehmen, dass dieser auf
    Beweisen
gründet, deren Anblick und Eröffnung Sie vielleicht erstarren lassen. Wie Sie diesen Brief aufnehmen wird über meine Maßnahmen entscheiden. Dies ist kein anonymer Brief; weder Lästerei noch Groll sind sein Anlass. Ich möchte sowohl Sie als auch den besagten Mann zufriedenstellen, falls der Inhalt dieser Zeilen oder der Verwahrer einiger Tatsachen und Papiere, die Sie interessieren dürften, Ihrer Aufmerksamkeit würdig sind. Ich bitte Sie inständigst, nichts durcheinander zu bringen; Sie müssen nur drei Personen schonen. Ihn, Sie selbst und mich. +Ich beende diesen heiklen, niederschmetternden Brief mit einem Wort und unverfrorenem Lob, dessen Hamlet sich bediente, als er sich in einer ähnlichen Situation befand: +Repent what’s past,
    avoid what is to come
+And do not sprend
    the compost on the weeds
+
    To make them ranker. Forgive me this my Virtue
+For the fatness of these pursy Times +Virtue itself of Vice must pardon beg +Yea, curb
    and woo
, for
    leave to do it good
. +Ich verbleibe in unendlicher Achtung. +Übersetzung von Joscha Sörös +
+