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nach Beschäftigung. Alle Menschen werden die
Langeweile des Zustandes, wo man nicht Kraft an
was zu denken hat, oder die Qual desjenigen, wo
man wider seinen Willen an zu vieles denkt, ohne
sich nach eigner Wahl auf einen Gegenstand ein
schränken zu können, empfunden haben, und weni-
ge sind nur so glücklich sie selten zu fühlen, und
sich selbst gute Gesellschafter zu seyn. Nur eine
kleine Anzahl versteht die Kunst zu erlernen, die Erfahrung kennen. Die Unruhe der Geschäfte
nach Horazens Ausdruck sie sich selbst zu Freun- und die Bewegungen, die dazu erfordert werden,
den macht. Um hiezu fähig zu seyn, muß man können den Menschen unmöglich an und für sich
eine gewisse gemäßigte Mischung der Lebenssäfte selbst gefallen. Die Leidenschaften die ihnen die
haben, für welche diejenige, denen sie angeboren lebhaftesten Freuden bringen, verursachen ihne
ist, der Vorsicht so danken sollten, wie die Söhne
regierender Herren für die Erstgeburt. Ueberdem
muß man sich auch von Jugend an aufs Studi-
ren, und auf Geschäfte die viel Nachdenken erfor=
dern, gelegt haben. Der Geist lernt dabey seine schaften eine Veränderung die sie thätig erhält
Ideen in Ordnung bringen und über das Gele- Die Wallungen, die diese wirken, wachen auch
sene nachdenken. Denn das Lesen wobey der
Geist nicht thätig ist, und das er nicht durch eigne Menschen sich mit sich allein (tére à tête) und
Betrachtungen unterstützt, wird eben bald langwei=
lig. Man bändigt die Einbildungskraft wenn befinden.
man sie übt, und hat man sie einmal gelehrig ge
macht, so thut sie, was man von ihr verlangt.
Durch das öftre Nachdenken erwirbt man sich ei=
ne Fertigkeit seine Gedanken nach eigenem Gefalt
len bald auf diesen bald aus jenen Gegenstand zu
richten, oder mit selbigen auf einem stehen zu
bleiben.
die ihn verstehen vor dieser elenden Mattigkeit
und Unlust von der wir oben geredet haben. Aber
wie selten sind die Sterbliche, die ein Blut ohne
Schärfe, und Lebenssäfte ohne Gift zu einem in¬
nerlich so sanften Leben berufen? Die Lage ihrer macht eine zu große Musse daß sie die Zeit be¬
Seelen ist dem größten Haufen ganz unbekannt,
die nach dem was sie selbst von der Einsamkeit
ausstehen, auch das, was andre eben dabey leiden, wenn man sie einer Arglist beschuldigt, sind
beurtheilen, und die Einsamkeit für ein Uebel hal- nur unbeständig.
ten, so aller Welt schmerzhaft seyn muß.
Die erste Art sich zu beschäftigen, nemlich mit
dem Eindruck der äussern Gegenstände ist viel
leichter, und die Zuflucht der meisten Menschen ge-
gen die Langeweile, ja selbst diejenige, die sich auf
eine andre Art zu beschaftigen wissen, sind, um
nicht in die Mattigkeit zu fallen die die Folge des
Einerieys ist, genöthigt sich zu den Arbeiten und
Vergnügungen des größten Haufens zu bequemen.
Die Abänderung der Geschäfte und Ergötzungen
bringt die Geister wieder in Bewegung, die schwer¬
fällig zu werden anfangen, und scheint der erschöpfen
ten Einbildungskraft neues Vermögen zu geben,
Dieses ist auch die Ursache warum sich die Men=
schen mit so viel kindischen Bemühungen, und un=
nützen Geschäften abgeben, dieses bewegt sie mit
so vieler Hitze nach dem was sie ihr Vergnügen
nennen, zu laufen, und sich Leidenschaften zu erge=
ben, deren üble Folgen sie oft schon aus eigner
auch schmerzhafte und anhaltende Leiden, allein die
Menschen fürchten doch die Langeweile der Untha
tigkeit noch mehr, und finden in den Bewegungen
der Geschäfte und in der Trunkenheit der Leiden
der Einsamkeit wieder auf, und verhindern d
schäftigt, das ist, schwermüthig oder langweilig
Wenn Leute aus sogenanntem Ekel vor der We
sie verlassen, so können sie es selten aushalte
So bald sie die Unthätigkeit kennen, so bald
den Tummel der Geschäfte, und die Unruhe die
Leidenschaften mit der Langenweile der schläfrig
Unempfindlichkeit verglichen haben, so bereuen
den unruhigen Zustand dessen sie so überdrief
Dieser Umgang mit sich selbst schützt diejenige, waren. Man beschuldigt sie oft unrecht, daß
mit einer falschen Maßigung geprahlt hätten,
sie sich der Welt entzogen: sie meynten es damal
recht ehrlich, aber so wie die ausnehmende Bewe-
gung sie eine gänzliche Ruhe wünschen ließ,
reuen, in der sie beständig beschäftigt waren. D
Menschen sind leichtsinniger als verstellt, und o
Gewiß, die Bewegung in der uns die Leiden
schaften selbst in der Einsamkeit erhalten, ist s
lebhaft, daß jeder andre Zustand schlafrig zu seyn
scheint. Aus einem natürlichen Hange laufen wir
nach allem was sie erregt, solten die Eindrucke da
von uns gleich unruhige Nächte und traurige Ta-
ge kosten, weil wir uberhaupt mehr ohne als mit
Leidenschaften auszustehen haben.
(Der Beschluß folgt künftig.)